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German Pages 1153 [1156] Year 2012
Großkommentare der Praxis
Wieczorek/Schütze
Zivilprozessordnung und Nebengesetze Großkommentar 4., neu bearbeitete Auflage begründet von Dr. Bernhard Wieczorek weiland Rechtsanwalt am BGH herausgegeben von Professor Dr. Dr. h.c. Rolf A. Schütze Rechtsanwalt in Stuttgart Zwölfter Band §§ 1067–1109; Internationales Zivilprozessrecht; Rechtsquellen und Materialien Bearbeiter: Professor Dr. Dr. h.c. Rolf A. Schütze
Stand der Bearbeitung: 1. September 2012 Zitiervorschlag: z.B.: Wieczorek/Schütze/Schütze § 1067 ZPO Rn. 3
ISBN 978-3-11-028491-1 e-ISBN 978-3-11-028505-5 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2013 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Datenkonvertierung und Satz: jürgen ullrich typosatz, Nördlingen Druck und Bindung: Strauss GmbH, Mörlenbach ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Bearbeiterverzeichnis
Die Bearbeiter der 4. Auflage Bearbeiterverzeichnis Bearbeiterverzeichnis
Professor Dr. Hans-Jürgen Ahrens, Universität Osnabrück, Richter am OLG Celle a.D. Professor Dr. Dorothea Assmann, Universität Potsdam Professor Dr. Wolfgang Büscher, Richter am BGH, Honorarprofessor Universität Osnabrück Dr. Lothar Gamp, Rechtsanwalt, Brandenburg Professor Dr. Martin Gebauer, Universität Tübingen Uwe Gerken, Vors. Richter am OLG Oldenburg Dr. Helge Großerichter, Rechtsanwalt, München Professor Dr. Burkhard Hess, Universitäten Heidelberg und Luxemburg, Direktor des Max Planck Institute for International, European and Regulatory Procedural Law, Luxemburg Professor Dr. Volker Michael Jänich, Universität Jena, Richter am OLG Jena Dr. Ferdinand Kruis, Rechtsanwalt, München Professor Dr. Wolfgang Lüke, LL.M. (Chicago), Universität Dresden, Direktor des Instituts für Ausländische und Internationale Rechtsangleichung, Richter am OLG Dresden a.D. Professor Dr. Heinz-Peter Mansel, Universität Köln, Direktor des Instituts für internationales und ausländisches Privatrecht Professor Dr. Dirk Olzen, Universität Düsseldorf Professor Dr. Christoph G. Paulus, LL.M. (Berkeley), Humboldt-Universität zu Berlin Professor Dr. Hanns Prütting, Universität zu Köln, Direktor des Instituts für Verfahrensrecht Dr. Hartmut Rensen, Richter am LG Aachen Dr. Fabian Reuschle, Richter am LG Stuttgart Professor Dr. Mathias Rohe, M.A., Universität Erlangen, Richter am OLG Nürnberg a.D. Dr. Stephan Salzmann, Dipl.-Kfm., Rechtsanwalt, Steuerberater, München Dr. Christoph Schreiber, Universität zu Kiel Professor Dr. Klaus Schreiber, Universität Bochum Professor Dr. Götz Schulze, Universität Potsdam Professor Dr. Dr. h.c. Rolf A. Schütze, Rechtsanwalt, Stuttgart, Honorarprofessor Universität Tübingen Professor Dr. Stefan Smid, Universität Kiel Professor Dr. Christoph Thole, Universität Tübingen Professor Dr. Roderich C. Thümmel, LL.M. (Harvard), Rechtsanwalt, Stuttgart, Honorarprofessor Universität Tübingen Dr. Eyk Ueberschär, Rechtsanwalt/Mediator (BAFM), Lehrbeauftragter, Universität Potsdam Professor Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock, FernUniversität Hagen Dr. Andreas Wax, Maître en Droit, Rechtsanwalt, Stuttgart Professor Dr. Matthias Weller, Mag. rer. publ., EBS Law School Wiesbaden Professor Dr. Stephan Weth, Universität des Saarlandes Dr. Wolfgang Winter, Rechtsanwalt, München
V
Bearbeiterverzeichnis
VI
Vorwort
Vorwort Vorwort Vorwort Schütze Die 4. Auflage des Großkommentars zur ZPO erscheint zwei Jahre nach Abschluss der 3. Auflage. Hat das Erscheinen der Vorauflage wegen des Reformeifers des Gesetzgebers, der teilweise geradezu in eine Reformwut ausartete, etwa 15 Jahre in Anspruch genommen, weil zahlreiche Manuskripte kurz vor der Drucklegung durch immer neue Gesetzesänderungen zur Makulatur wurden, so ist die 4. Aufl. nunmehr auf 3 Jahre geplant. Herausgeber, Verlag und Autoren werden alles tun, um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen. Der zuerst erscheinende Band XII enthält die Kommentierung des 11. Buchs der ZPO und den Abdruck der Verordnungen und der Richtlinien, deren Aus- und Durchführung die §§ 1067 ff. beinhalten und die zu deren Verständnis notwendig sind. Es ist kein Zufall, dass dieser Band zunächst erscheint, sind doch die §§ 1067 ff. bisher nicht vollständig in einem Großkommentar erläutert. Dieser Band enthält weiter drei Grünbücher, die zusammen mit anderen Materialien als Auslegungshilfen zum Verordnungsrecht, das Gegenstand des 11. Buchs der ZPO ist, dienen mögen. Eine Einführung in das internationale Zivilverfahrensrecht mit Materialien und Texten rundet den internationalen Band ab. Die international verfahrensrechtlichen Bestimmungen der ZPO und des FamFG sind an ihrem gesetzessystematischen Standort kommentiert. Die weiteren Bände sollen in kurzen Abständen folgen. Für Anregungen und konstruktive Kritik sind Herausgeber und Autoren – wie bisher – dankbar. Dank gebührt dem Verlag de Gruyter für das groß angelegte verlegerische Unternehmen und Frau Birte Treder sowie den Herren Jan Schmidt und Christian Klinkert für die sachkundige Begleitung des Werkes und aufmunternden Zuspruch. Stuttgart/München, im August 2012
VII
Rolf A. Schütze
Schütze
Vorwort
Schütze
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Inhaltsübersicht
Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht
Vorwort ______ VII Abkürzungsverzeichnis ______ XV Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur ______ XXIX
Zivilprozessordnung ELFTES BUCH Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union Erster Abschnitt. Zustellung nach der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007, §§ 1067–1071 ______ 1 Zweiter Abschnitt. Beweisaufnahme nach der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001, §§ 1072–1075 ______ 17 Dritter Abschnitt. Prozesskostenhilfe nach der Richtlinie 2003/8/EG, §§ 1076–1078 ______ 33 Vierter Abschnitt. Europäische Vollstreckungstitel nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004, ______ 45 Titel 1. Bestätigung inländischer Titel als Europäische Vollstreckungstitel, §§ 1079–1081 ______ 48 Titel 2. Zwangsvollstreckung aus Europäischen Vollstreckungstiteln im Inland, §§ 1082–1086 ______ 57 Fünfter Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 ______ 70 Titel 1. Allgemeine Vorschriften, §§ 1087–1089 ______ 72 Titel 2. Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl, §§ 1090–1091 ______ 79 Titel 3. Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls in Ausnahmefällen, § 1092 ______ 83 Titel 4. Zwangsvollstreckung aus dem Europäischen Zahlungsbefehl, §§ 1093–1096 ______ 86 Sechster Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 ______ 97 Titel 1. Erkenntnisverfahren, §§ 1097–1104 ______ 98 Titel 2. Zwangsvollstreckung, §§ 1105–1109 ______ 118
Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch 1.
IX
Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. 2007 L 324, 79 ff.) ______ 131
Inhaltsübersicht
2.
Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Ziviloder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (ABl. 2001 C 151, 4 ff.) ______ 154
3.
Entscheidung der Kommission zur Erstellung eines Handbuchs über die Empfangsstellen und eines Glossars über die Schriftstücke, die nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten zugestellt werden können (ABl. 2001 L 298, 1 ff., geändert durch ABl. 2002 L 125, 1 ff.) ______ 180
4.
Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001 L 174, 1 ff.) ______ 181
5.
Richtlinie (EG) Nr. 2003/8 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindeststandards für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (Prozesskostenhilferichtlinie) (ABl. 2003 L 26, 41 ff., berichtigt durch ABl. 2003 L 32, 15 ff.) ______ 203
6.
Verordnung zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozesskostenhilfe sowie eines Vordrucks für die Übermittlung der Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im grenzüberschreitenden Verkehr (EG-Prozesskostenhilfevordruckverordnung – EG-PKHVV) (BGBl. I 2004, S. 3538) ______ 215
7.
Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl. 2004 L 143, 15 ff.) ______ 223
8.
Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. 2006 L 399, 1 ff.) ______ 239
9.
Verordnung (EG) Nr. 861/2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. 2007 L 199, S. 1 ff.) ______ 272
10. Grünbücher a. Grünbuch der Kommission Prozeßkostenhilfe in Zivilsachen: Probleme der Parteien bei grenzüberschreitenden Streitsachen (Grünbuch KOM 2000, 51 ff.) ______ 300 b. Grünbuch über ein Europäisches Mahnverfahren und über Maßnahmen zur einfacheren und schnelleren Beilegung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert (Grünbuch KOM 2002, 746 ff.) ______ 318 c. Grünbuch Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Grünbuch KOM 2009, 175 ff.) ______ 395 11. Materialien zum Verordnungsrecht a. Bericht der Kommission über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der X
Inhaltsübersicht
Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (KOM 2007, 769 ff.) ______ 406 b. Mitteilung der Kommission betreffend den gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (KOM 2004, 90 ff.) ______ 415
Der internationale Zivilprozess 1. 2.
XI
Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht ______ 427 Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen ______ 512 a. Multilaterale Rechtshilfeverträge ______ 513 aa. Haager Zivilprozessabkommen vom 17.7.1905 (RGBl. 1909, 409) ______ 513 α. Ausführungsgesetz vom 5.4.1909 (RGBl. 1909, 430) ______ 521 bb. Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954 (BGBl. II 1958, S. 577) ______ 523 α. Deutsche Denkschrift zu dem Übereinkommen (BTDrucks. III/Nr. 350) ______ 532 β. Ausführungsgesetz vom 18.12.1958 (BGBl. I 1958, S. 939) ______ 543 cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15.11.1965 (BGBl. II 1977, S. 1453) ______ 546 α. Deutsche Denkschrift zu dem Übereinkommen (BTDrucks. 8/217, S. 38 ff.) ______ 554 β. Ausführungsgesetz v. 22.12.1977 (BGBl. I 1977, S. 3105) ______ 596 dd. Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18.3.1970 (BGBl. II 1977, S. 1472) ______ 599 α. Ausführungsgesetz vom 22.12.1977 (BGBl. I 1977, S. 3105) ______ 610 ee. Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht vom 7.6.1968 (BGBl. II 1974, S. 937) ______ 613 α. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. VII Nr. 992) nebst Anlage (erläuternder Bericht) ______ 619 β. Ausführungsgesetz zum Übereinkommen (BGBl. I 1974, S. 1453) ______ 629 γ. Begründung zum Ausführungsgesetz (BTDrucks. VII Nr.993) ______ 631 b. Bilaterale Rechtshilfeverträge ______ 640 aa. Deutsch-amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 29.10.1956 (Auszug, BGBl. II 1956, S. 488) ______ 640 bb. Deutsch-britisches Abkommen über den Rechtsverkehr vom 20.3.1928 (RGBl. II 1928, S. 623) ______ 641 α. Ausführungsverordnung vom 5.3.1929 (RGBl. II 1929, S. 135, zuletzt geändert durch Gesetz v. 27.7.2001, BGBl. I 2001, S. 1887) ______ 648 cc. Deutsch-griechisches Abkommen vom 11.5.1938 über die gegenseitige Rechtshilfe in Angelegenheiten des bürgerlichen und des Handelsrechts (RGBl. II 1939, S. 848) ______ 649 α. Ausführungsverordnung vom 31.5.1939 (RGBl. II 1939, S. 847, zuletzt geändert durch Gesetz v. 27.7.2001, BGBl. I 2001, S. 1887) ______ 656
Inhaltsübersicht
dd. Deutsch-marokkanischer Vertrag über die Rechtshilfe und Rechtsauskunft in Zivil- und Handelssachen vom 29.10.1985 (BGBl. II 1988, S. 1954) ______ 658 α. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. XI Nr. 2026) ______ 666 ee. Deutsch-türkisches Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen vom 28.5.1929 (RGBl. II 1930, S. 6) ______ 682 α. Deutsche Denkschrift (RTDrucks. IV 1928, Nr. 1405) ______ 686 β. Ausführungsverordnung vom 26.8.1931 (RGBl. II 1931, S. 537, zuletzt geändert durch Gesetz v. 27.7.2001, BGBl. I 2001, S. 1887) ______ 687 ff. Deutsch-tunesischer Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 19.7.1966 (Auszug, BGBl. II 1969, S. 890) ______ 689 3.
Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge ______ 698 a. Multilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge ______ 700 aa. Lugano II Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 mit Protokollen 1–3 (ABl. EU 2007 Nr. L 339, S. 3) ______ 700 α. Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (unterzeichnet am 30. Oktober 2007 in Lugano) – Erläuternder Bericht von Professor Fausto Pocar, Inhaber des Lehrstuhls für Völkerrecht an der Universität Mailand (2009/C 319/01) ______ 731 bb. Moselschiffahrtsabkommen vom 27.10.1956 (Auszug, BGBl. II 1956, S. 1838) ______ 835 cc. Übereinkommen über den Internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 (Auszug, BGBl. II 1985, S. 130, 666) und Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 3. Juni 1999 (verkündet am 2. September 2002 als Anlage zu dem Gesetz vom 24. August 2002, Auszug, BGBl. II 2002, S. 2140) ______ 836 α. Übereinkommen über den Internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 (Auszug, BGBl. II 1985, S. 130, 666) ______ 836 β. Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 3. Juni 1999 (verkündet am 2. September 2002 als Anlage zu dem Gesetz vom 24. August 2002, Auszug, BGBl. II 2002, S. 2140) ______ 840 dd. Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) vom 19.5.1956 (Auszug, BGBl. II 1961, S. 1119) ______ 843 ee. Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.4.1958 (BGBl. II 1961, S. 1006) ______ 844 α. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. III Nr. 2583) ______ 849 ff. Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973 (BGBl. II 1986, S. 825) ______ 856 α. Verwilghen-Bericht (BTDrucks. 10/258) ______ 866 XII
Inhaltsübersicht
b. Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge ______ 957 aa. Deutsch-tunesischer Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 19.7.1966 (BGBl. II 1966, S. 890) ______ 957 α. Ausführungsgesetz (BGBl. I 1969, S. 333) ______ 965 β. Deutsche Denkschrift zu dem Vertrag (BTDrucks. V Nr. 3167) ______ 970 bb. Deutsch-israelischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 20.7.1977 (BGBl. II 1980, S. 935, 1531) ______ 1009 α. Deutsche Denkschrift zu dem Vertrag (BTDrucks. VIII Nr. 3866) ______ 1018 c. Ausführungsgesetze ______ 1033 aa. Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen und Abkommen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz – AVAG) idF d. Bek. v. 3.12.2009 (BGBl. I, S. 3830), zuletzt geändert durch Art. 6 d. G. v. 23.5.2011 (BGBl. I S. 898 [2094]) ______ 1033 bb. Gesetz zur Aus- und Durchführung bestimmter Rechtsinstrumente auf dem Gebiet des internationalen Familienrechts (Internationales Familienrechtsverfahrensgesetz – IntFamRVG) vom 26. Januar 2005 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 23. Mai 2011 (BGBl. I S. 898) ______ 1049 4.
XIII
Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ______ 1067 a. Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln vom 24.9.1923 (RGBl. II 1925, S. 47) ______ 1068 b. Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26.9.1927 (RGBl. II 1930, S. 1068) ______ 1070 c. UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 (BGBl. II 1961, S. 122) ______ 1073 aa. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. III Nr. 2160) ______ 1080 d. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 (BGBl. II 1964, S. 426) ______ 1093 aa. Vereinbarung über die Anwendung des Europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (BGBl. II 1964, S. 449) ______ 1102 bb. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. IV Nr. 1597) ______ 1103
Inhaltsübersicht
XIV
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis a.A. Abk. ABl. abl. Abs. abw. A.C. AcP ADSp. a.E. AEUV a.F. AG AGB AGBG AGS AHK AktG All E.R. Allg. Allg.M. Alt. a.M. AMBl BY AMG Am. J. Comp. L. Am. J. Int. L. amtl. ÄndVO AnfG Anh. Anl. Anm. AnwBl AO AöR AP App. ArbG ArbGG Arb. Int. ArbuR Art. art. AUG Aufl. AuR AusfG AusfVO Ausg. ausl.
XV
anderer Ansicht Abkommen Amtsblatt ablehnend(e/er) Absatz abweichend The Law Reports, Appeal Cases Archiv für die civilistische Praxis [Band (Jahr) Seite] Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alter Fassung Aktiengesellschaft, auch Amtsgericht, auch Ausführungsgesetz, auch Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen (Jahr, Seite) Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Anwaltsgebühren spezial Alliierte Hohe Kommission Aktiengesetz All England Law Reports Allgemein (e/er/es) allgemeine Meinung Alternative anderer Meinung Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge Arzneimittelgesetz American Journal of Comparative Law American Journal for International Law amtlich Änderungsverordnung Anfechtungsgesetz Anhang Anlage Anmerkung Anwaltsblatt Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts Corte di appello (Italien); Cour d’appeal (Belgien, Frankreich) Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Arbitration International Arbeit und Recht Artikel Article Auslandsunterhaltsgesetz Auflage Arbeit und Recht Ausführungsgesetz Ausführungsverordnung Ausgabe ausländisch
Abkürzungsverzeichnis
AuslInvestmG AVAG AWD AWG BAföG BAG BAGE BAnz. BauR bay. BayObLG BayObLGZ BayVBl. BB BBergG BBl. Bd. Bearb. BEG begr. Beil. Bek. belg. Bem. Ber. BerDGVR ber. bes. Beschl. bestr. betr. BeurkG BezG BfA BFH BFHE BFH/NV BFH-PR BG BGB BGBl BGE BGH BGHR BGHZ BinSchG BinSchVerfG Bl. BNotO BörsG BPatG
Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters Außenwirtschaftsgesetz Bundesausbildungsförderungsgesetz Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, Amtliche Sammlung Bundesanzeiger Baurecht bayerisch Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen, Amtliche Sammlung Bayerische Verwaltungsblätter Betriebs-Berater Bundesberggesetz Bundesblatt der Schweizerischen Eidgenossenschaft Band Bearbeitung Bundesentschädigungsgesetz begründet Beilage Bekanntmachung belgisch Bemerkung(en) Bericht Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht berichtigt besonders Beschluss bestritten betreffend Beurkundungsgesetz Bezirksgericht Bundesanstalt für Arbeit Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofs Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Entscheidungen des Bundesfinanzhofs für die Praxis der Steuerberatung Bundesgericht (Schweiz) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts, Amtliche Sammlung Bundesgerichtshof Systematische Sammlung der Entscheidungen des BGH Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen; amtliche Sammlung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Binnenschifffahrtsgesetz Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Binnenschifffahrtssachen Blatt Bundesnotarordnung Börsengesetz Bundespatentgericht
XVI
Abkürzungsverzeichnis
BR BRAGO BRAO BR(-Drucks.) BRAK-Mitt. Breith. brit. BSG BSGE BSHG BStBl. BT(-Drucks.) Buchst. BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwG BVerwGE BWNotZ bzw. BYIL C.A. Cahiers dr. europ. Cass. Civ. (com., soc.) Cass. (Italien) S.U. Cc (cc) ch. Ch. D. CIM
Bundesrat Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte Bundesrechtsanwaltsordnung Bundesrat(-sdrucksache) Bundesrechtsanwaltskammer Mitteilungen Sammlung von Entscheidungen aus dem Sozialrecht. Begr. v. Breithaupt britisch Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts, Amtliche Sammlung Bundessozialhilfegesetz Bundessteuerblatt Bundestag(-sdrucksache) Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Amtliche Sammlung Gesetz über das Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, Amtliche Sammlung Mitteilungen aus der Praxis, Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg beziehungsweise The British Yearbook of International Law Court of Appeal (England) Cahiers de droit europèen
CPO CR
Cour de Cassation (Frankreich/Belgien), Chambre civile (commerciale, sociale) Corte di cassazione, Sezioni Unite Code civil (Frankreich/Belgien/Luxemburg); Codice civile (Italien) Chapter Chancery Divison Convention internationale concernant le transport des marchandises par chemins des fer; Internationales Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr Convention on the International Sale of Goods (Wiener Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenkauf) Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck (Anlage A zum COTIF) Civil Justice Quarterly Journal du droit international (Frankreich) Commen Market Law Reports Commen Market Law Review Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßenverkehr Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr Cour supèrieure de justice (Luxemburg) Codice di procedura civile (Italien). Code de procédure civile (Frankreich/Belgien/ Luxemburg) Civilprozeßordnung Computer und Recht
DAR das. DAVorm DB Dem. Rep. DGVZ
Deutsches Autorecht daselbst Der Amtsvormund Der Betrieb (Jahr, Seite) Demokratische Republik Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung
CISG CIV Civ. J. Q. Clunet C.M.L.R. CML Rev. CMR COTIF Cour sup. CPC, cpc
XVII
Abkürzungsverzeichnis
DGWR d.h. d. i. P. Dir. Comm. Int. Dir. Com. Scambi int. DIS DiskE Diss. DJ DJT DJZ DNotV DNotZ doc. DöV DR DRiZ DRpfl DRZ Drucks. D. S. DStR DStZ dt DtZ DuR DVBl. DVO DZWIR
Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht das heißt Droit international privé Diritto del commercio internationale Diritto communitario negli scambi internazionali Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit Diskussionsentwurf Dissertation Deutsche Justiz, Zeitschrift für Rechtspflege und Rechtspolitik Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung Zeitschrift des Deutschen Notarvereins Deutsche Notarzeitschrift (früher: Zeitschrift des Deutschen Notarvereins, DNotV) Document Die öffentliche Verwaltung Deutsches Recht Deutsche Richterzeitung Der Deutsche Rechtspfleger Deutsche Rechts-Zeitschrift Drucksache Recuil Dalloz Sirey Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuerzeitung deutsch (e/er/es) Deutsch-Deutsche Rechtszeitschrift Demokratie und Recht Deutsches Verwaltungsblatt Durchführungsverordnung Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht
E € E. C. C. EFG EFTA EG EG-BewVO EGBGB EGGVG EGMR EG-PKHVV EGStGB EheG Einf. EinfG EingV Einl. EMRK ENA entspr. Entw. ErbbauVO Erg. Erl.
Entwurf Euro European Commercial Cases Entscheidungen der Finanzgerichte European Free Trade Association Einführungsgesetz; Europäische Gemeinschaft Europäische Beweisaufnahmeverordnung Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EG-Prozesskostenvordrucksverordnung Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Ehegesetz Einführung Einführungsgesetz Einigungsvertrag Einleitung (Europäische) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten Europäisches Niederlassungsabkommen entsprechend Entwurf Verordnung über das Erbbaurecht Ergebnis Erläuterungen
XVIII
Abkürzungsverzeichnis
ESA EuAÜ EÜ EU EuBagatellVO EuBVO EuGH EuGHE EuGVVO EuGVÜ
EuInsVO EuR Europ. L. Rev. EuÜHS EuVTVO EuZVO EuZVR EuZW EV
evtl. EVÜ EWG EWGV EWiR EWIV EWS EWZ EzA EzFamR aktuell f. FamFG FamG FamR FamRÄndG FamRZ FamS ff. FG FGG FGPrax FGO Fn. Foro it. franz. FS
XIX
Europäisches Übereinkommen über die Staatenimmunität Europäisches Rechtsauskunftsübereinkommen (Genfer) Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit Europäische Union Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen Europäische Beweisaufnahmeverordnung Europäischer Gerichtshof Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft, Amtliche Sammlung Europäische Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Brüsseler EWG-Übereinkommen vom 27.9.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Europäische Insolvenzverordnung Europarecht European Law Review Europäisches Übereinkommen über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit 1961 Europäische Vollstreckungstitelverordnung Europäische Zustellungsverordnung Europäisches Zivilverfahrensrecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertrag – eventuell Europäisches Schuldvertragsübereinkommen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht Europäischer Wirtschaftsraum Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht Entscheidungssammlung zum Familienrecht aktuell folgend(e) Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Familiengericht Familienrecht Familienrechtsänderungsgesetz Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Familiensenat fortfolgende Finanzgericht; Festgabe; Freiwillige Gerichtsbarkeit Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Fußnote Foro italiano französisch Festschrift
Abkürzungsverzeichnis
Fundst. FuR
Fundstelle(n) Familie und Recht
G. Gaz. Pal. GBBerG GBl GBO g.E. geänd. GebrMG gem. GenfA GenfP GenG GeschMG GewO GG ggf. Giur it. GK GKG GmbH GmbHG GmbHR Gruchot GRUR GrS GS GSZ GVBl. GVBl. RhPf. GVG GWB
Gesetz La Gazette du Palais (Frankreich) Grundbuchbereinigungsgesetz Gesetzblatt Grundbuchordnung gegen Ende geändert Gebrauchsmustergesetz gemäß Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche 1927 Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln 1923 Genossenschaftsgesetz Geschmacksmustergesetz Gewerbeordnung Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Giurisprudenza italiana Großkommentar Gerichtskostengesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von Gruchot Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Großer Senat Gedächtnisschrift Großer Senat in Zivilsachen Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz- und Verordnungsblatt Rheinland-Pfalz Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
H HaftpflG HmbGVBl. HausTWG HBÜ
Heft Haftpflichtgesetz Hamburger Gesetz- und Verordnungsblatt Haustürwiderrufsgesetz Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen High Court Handbuch Rechtsprechung der Hessischen Verwaltungsgerichte Handelsgesetzbuch Hinterlegungsordnung Haager Landkriegsordnung herrschende Lehre House of Lords herrschende Meinung Hoge Raad (Niederlande) Höchstrichterliche Rechtsprechung Herausgeber, herausgegeben Halbsatz Haager Zivilprozessabkommen 1905
H. C. Hdb. HessVGRspr HGB HinterlO HKO hL H. L. h.M. H. R. HRR Hrsg., hrsg. Hs HZPA
XX
Abkürzungsverzeichnis
HZPÜ HZÜ
Haager Übereinkommen über den Zivilprozess Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen
ICC ICLQ i.d.F. i.d.R. IGH i.e.S. ILM ILR insb. IPRax i.S.d. i.S.v. i.ü. i.V.m. IWB IWF i.w.S. IZPR IZVR i. Zw.
International Chamber of Commerce (Internationale Handelskammer) The International and Comparative Law Quarterly in der Fassung in der Regel Internationaler Gerichtshof im engeren Sinne International Legal Materials International Law Reports insbesondere Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts im Sinne des im Sinne von im Übrigen in Verbindung mit Internationale Wirtschaftsbriefe Internationaler Währungsfond im weiteren Sinne Internationales Zivilprozessrecht Internationales Zivilverfahrensrecht im Zweifel
JA JbIntR JBl. J. Bus. L. JbRR JFG
Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch für internationales Recht Justizblatt; Juristische Blätter (Österreich) The Journal of Business Law (England) Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechtes Journal of International Arbitration Justizministerialblatt Justizministerialblatt von Nordrhein-Westfalen Jurisdiktionsnorm (Österreich) Jahrbuch für Ostrecht Jahrbuch für die Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit Juristische Rundschau Vierteljahresschrift für die gesamte Zivilrechtspflege Juristische Ausbildung Das juristische Büro Juristentag(es) Juristische Schulung Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums Baden Württemberg Justizverwaltungsblatt Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz Juristische Wochenschrift Juristenzeitung
J. Int. Arb. JMBl. JMBlNrw JN JOR JPS JR Judicium JURA JurBüro JurTag(s) JuS Justiz JVBl JVEG JW JZ KAGG Kap KG KGBl.
XXI
Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kapitel Kammergericht, Kommanditgesellschaft Blätter für Rechtspflege im Bezirk des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen
Abkürzungsverzeichnis
KO KonsulG KostO KrG krit. KTS KV KWG
Konkursordnung Konsulargesetz Kostenordnung Kreisgericht kritisch Zeitschrift für Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen (Jahr, Seite) Kostenverzeichnis Gesetz über das Kreditwesen
LAG Lb LG Lit. LJ LJV LM LS LSG LuftfzRG LuftVG LUG
LwVfG LZ
Gesetz über den Lastenausgleich; auch Landesarbeitsgericht Lehrbuch Landgericht Buchstabe The Law Journal (England) Landesjustizverwaltung Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, hrsg. von Lindenmaier und Möhring Leitsatz Landessozialgericht Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen Luftverkehrsgesetz Gesetz betr. das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst (LiteratururheberG) Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. 10. 2007 luxemburgisch Gesetz über die strukturelle Anpassung der Landwirtschaft an die soziale und ökologische Marktwirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik Landwirtschaftsanpassungsgesetz Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht
m. ausf. N. maW MDR MittBayNot. MittRhNotK MittRuhrKn Mot. MSA MünchKomm-BGB MünchKomm-Ins MünchKomm-ZPO MuW m.w.N.
mit ausführlichen Nachweisen mit anderen Worten Monatsschrift für Deutsches Recht Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer Mitteilungen der Ruhrknappschaft Bochum Motive Haager Minderjährigenschutzabkommen Münchener Kommentar zum BGB Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung Markenschutz und Wettbewerb (Jahr, Seite) mit weiteren Nachweisen
Nachw. N. C. p. c. Nds.Rpfl NdsVBl NEhelG n.F. NJW NJWE WettR
Nachweis(e/n) Nouveau Code de procédure civile Niedersächsische Rechtspflege Niedersächsische Verwaltungsblätter Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder neue Fassung; neue Folge Neue Juristische Wochenschrift NJW-Entscheidungsdienst Wettbewerbsrecht
LugÜ I LugÜ II lux. LwAnpG
XXII
Abkürzungsverzeichnis
NJW-RR NTS NotBZ Nov. Nr. NRW, NW NVwZ NZA NZA-RR NZG NZI NZM
Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungsreport Zivilrecht NATO-Truppenstatut Zeitschrift für die notarielle Beratungs- und Beurkundungspraxis Novelle Nummer Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht, Rechtsprechungs-Report Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung Neue Zeitschrift für Mietrecht
öffentl. öGZ öJBl ÖJZ Österr. ÖRiZ OFD OGH OGHZ OHG OLG OLG-NL OLGR OLGRspr OLGZ OrderlagerscheinV OVG
öffentlich (österr.) Gerichts-Zeitung Österreichische Juristische Blätter Österreichische Juristen-Zeitung Österreichisch (en, es) Österreichische Richterzeitung Oberfinanzdirektion Oberster Gerichtshof (für die britische Zone, Österreich) Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs für die britische Zone in Zivilsachen Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht OLG-Rechtsprechung Neue Länder OLG-Report: Zivilrechtsprechung der Oberlandesgerichte Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Orderlagerscheinverordnung Oberverwaltungsgericht
PA PatAnwO PatG PersV PflVG PKH PKHRL ProdHG Prot. ProzRB PStG PStV
Patentamt Patentanwaltsordnung Patentgesetz Die Personalvertretung Pflichtversicherungsgesetz Prozesskostenhilfe Prozesskostenhilfe-Richtlinie Produkthaftungsgesetz Protokoll Der Prozess-Rechts-Berater Personenstandsgesetz Personenstandsverordnung
RabelsZ RAG Rb. Rbeistand RBerG RdA RdL Rdn. Recht RefE RegBl
Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Reichsarbeitsgericht Rechtsbank (Niederlande) Der Rechtsbeistand Rechtsberatungsgesetz Recht der Arbeit Recht der Landwirtschaft (Jahr, Seite) Randnummer Das Recht, Rundschau für den Deutschen Juristenstand Referentenentwurf Regierungsblatt
XXIII
Abkürzungsverzeichnis
RegE ReichsschuldenO RFH RG RGBl RGes. RGRK RGSt RGZ Rh.-Pf RIDC RIW RL ROW Rpfl. RpflG Rs Rspr. RuStAG RzW RuS RVG s. S. s.a. SaBremR Sachg SachenRBerG SAE SächsVBl S. C. ScheckG SchiedsVZ SchlHA SchRegO SchRG Sch-Ztg SchuldR SchwJbIntR Sec. Sess. SeuffArch SeuffBl SGB SGG SJZ s.o. sog. SozG Sp. StAZ StGB
Regierungsentwurf Reichsschuldenordnung Reichsfinanzhof; amtliche Sammlung der Entscheidungen des RFH Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichsgesetz Reichsgerichtsrätekommentar Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen (1.1880 – 77.1944; Band, Seite) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen; amtliche Sammlung der Reichsgerichtsentscheidungen in Zivilsachen Rheinland-Pfalz Revue internationale de droit comparé Recht der Internationalen Wirtschaft Richtlinie Recht in Ost und West Der Deutsche Rechtspfleger Rechtspflegegesetz Rechtssache Rechtsprechung Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht Recht und Schaden Rechtsanwaltsvergütungsgesetz siehe Seite siehe auch Sammlung des bremischen Rechts Sachgebiet Sachenrechtsbereinigungsgesetz Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände Sächsische Verwaltungsblätter Supreme Court Scheckgesetz Zeitschrift für Schiedsverfahren Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schiffsregisterordnung Schiffsregistergesetz Schiedsmannszeitung Schuldrecht Schweizer Jahrbuch für Internationales Recht Section Session Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten Seufferts Blätter für Rechtsanwendung in Bayern Sozialgesetzbuch Sozialgerichtsgesetz Süddeutsche Juristenzeitung siehe oben sogenannte Sozialgericht Spalte Zeitschrift für Standesamtswesen Strafgesetzbuch
XXIV
Abkürzungsverzeichnis
StIGH StPO StB str. StRK stRspr. StuB StuW StVG Suppl. StVZO s.u. SZIER
Ständiger Internationaler Gerichtshof Strafprozessordnung Der Steuerberater strittig Steuerrechtsprechung in Karteiform. Höchstgerichtliche Entscheidungen in Steuersachen ständige Rechtsprechung Steuern und Bilanzen Steuer und Wirtschaft Straßenverkehrsgesetz Supplement Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung siehe unten Schweizer Zeitschrift für internationales und europäisches Recht
teilw. ThürBl Tit. TRG T. P. R. TranspR Trib. Trib. com.
teilweise Blätter für Rechtspflege in Thüringen und Anhalt Titel Gesetz zur Neuregelung des Fracht-, Speditions- und Lagerrechts Tijdschrift voor Privaatrecht (Niederlande) Transportrecht Tribunal; Tribunale Tribunal de commerce (Belgien/Frankreich)
u.a. u.Ä. Übers. Übk. UFITA UmweltHG UN unstr. UNÜ Urt. usw. u.U. UNUVÜ
und andere(m) und Ähnliche(s) Übersicht Übereinkommen Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Umwelthaftungsgesetz United Nations unstreitig UN-Übereinkommen 1958 Urteil und so weiter unter Umständen UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
UWG v. VA VAG Var. VerbrKrG Verf. VerfGH VerglO Verh. VerlG VerlR VermA VersR VerschG
XXV
versus Versicherungsaufsicht Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen (Versicherungsaufsichtsgesetz) Variante Verbraucherkreditgesetz Verfassung Verfassungsgerichtshof Vergleichsordnung Verhandlungen Gesetz über das Verlagsrecht Verlagsrecht Vermittlungsausschuss Versicherungsrecht, Juristische Rundschau für die Individualversicherung Verschollenheitsgesetz
Abkürzungsverzeichnis
VerwAO Vfg VG VGH vgl. VIZ VO VOBl Voraufl. Vorb. VR VVG VwGO VwVG VwVfG VZS
Verwaltungsanordnung Verfügung Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Zeitschrift für Vermögens- und Immobilienrecht Verordnung Verordnungsblatt Vorauflage Vorbemerkung Verwaltungsrundschau Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz) Verwaltungsgerichtsordnung (Bundes-) Verwaltungsvollstreckungsgesetz Verwaltungsverfahrensgesetz Vereinigte Zivilsenate
WahrnG
WertpBG WG WieDÜ WieKÜ WiGBl W. L. R. WM w.N. WRP WuB WÜD WÜK WuM WuW WVRK WZG
Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (Urheberrechtswahrnehmungsgesetz) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, als Fortsetzung der von Otto Warneyer hrsg. Rechtsprechung des Reichsgerichts Warneyer, Rechtsprechung des Reichsgerichts, soweit sie nicht in der amtlichen Sammlung der Entscheidungen des RG abgedruckt ist, hrsg. von Warneyer Washingtoner Weltbankübereinkommen für Investitionsstreitigkeiten Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz) Wertpapierbereinigungsgesetz Wechselgesetz Wiener Übereinkommen 1961 (Diplomanten) Wiener Übereinkommen 1963 (Konsuln) Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets Weekly Law Reports Wertpapier-Mitteilungen weitere Nachweise Wettbewerb in Recht und Praxis Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen Wohnungswirtschaft und Mietrecht Wirtschaft und Wettbewerb Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge Warenzeichengesetz
Yb. Eurp. L.
Yearbook of European Law
ZAkDR ZAP z.B. ZBB ZBinnSch ZBlFG ZBlJugR ZBR ZEuP ZfA
Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht Zeitschrift für die Anwaltspraxis zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Binnenschifffahrt Zentralblatt für die freiwillige Gerichtsbarkeit und Notariat Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt Zeitschrift für Beamtenrecht Zeitschrift für Europäisches Privatrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Arbeitsrecht
Warn. WarnRspr WBÜ WEG
XXVI
Abkürzungsverzeichnis
ZfB ZfG ZfRV ZfS ZfSH ZGB ZGR ZHR Ziff. ZIP ZIR ZLR ZMR ZöffR ZPO ZRHO ZPR ZRP ZS ZSEG ZSR z.T. zust. ZustDG ZustErgG ZVersWiss ZVG ZVglRWiss ZZP ZZPInt
XXVII
Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für Gesetzgebung Zeitschrift für Rechtsvergleichung (Österreich) Zeitschrift für Schadensrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Sozialhilfe Zivilgesetzbuch (DDR/Schweiz) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Niemeyers Zeitschrift für internationales Recht Zeitschrift für Luftrecht und Weltraumrechtsfragen Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zeitschrift für öffentliches Recht Zivilprozessordnung Rechtshilfeordnung in Zivilsachen Zivilprozessrecht Zeitschrift für Rechtspolitik Zivilsenat Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen Zeitschrift für Schweizer Recht zum Teil zustimmend EG-Zustellungsdurchführungsgesetz Zuständigkeitsergänzungsgesetz Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Zwangsversteigerungsgesetz) Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Zivilprozess Zeitschrift für Zivilprozess International
Abkürzungsverzeichnis
XXVIII
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
Anders/Gehle AK/Bearbeiter Arens/Lüke Bamberger/Roth/Bearbeiter Baumann/Brehm Baumbach/Lauterbach/ Hartmann Baur/Grunsky Baur/Stürner
Bernhardt Blomeyer ZPR Blomeyer I Blomeyer II Brox/Walker Bruns Bruns/Peters ZVR Bunge Fasching Gebauer/Wiedmann Geimer Anerkennung Geimer IZPR Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung Geimer/Schütze IRV
Geimer/Schütze EZVR Gerhardt Gloy/Loschelder/Spätgens Grunsky I (alt.: Grundlagen) Grunsky II Grunsky ZPR Hahn/Mugdan
Hahn/Stegemann
XXIX
Das Assessorexamen im Zivilrecht, 10. Aufl. 2010 Ankermann/Wassermann (Hrsg.) Alternativkommentar zur Zivilprozessordnung, 1987 Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2006 Bamberger/Roth (Hrsg.) Beck’scher Online-Kommentar zum BGB, Stand: 1.8.2012, Edition 24 Zwangsvollstreckung, 2. Aufl. 1982 Zivilprozessordnung, 70. Aufl. 2012 Grunsky Zivilprozessrecht, 13. Aufl. 2008 (begr. von Baur) Baur/Stürner/Bruns Zwangsvollstreckungsrecht, 13. Aufl. 2006 (C. F. Müller); 12. und frühere Auflagen unter dem Titel Baur/Stürner Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht; 3. Aufl. 1987 (Vahlen) unter dem Titel Bruns/Peters Zwangsvollstreckungsrecht Das Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1968 Zivilprozessrecht, Erkenntnisverfahren 2. Aufl. 1985 Zivilprozessrecht, Erkenntnisverfahren, 2. Aufl. 1985 Zivilprozessrecht, Vollstreckungsverfahren, 1975 Zwangsvollstreckungsrecht, 9. Aufl. 2011 Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 1979 Zwangsvollstreckungsrecht, 3. Aufl. 1987 (Vahlen) [siehe Baur/Stürner] Zivilprozess und Zwangsvollstreckung in England und Schottland, 2. Aufl. 2005 Lehrbuch des österreichischen Zivilprozessrechts, 2. Aufl. 1990 Gebauer/Wiedmann (Hrsg.) Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl. 2010 Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, 1995 Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl., 2009 Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/1 1983, Bd. I/2 1984, Bd. II 1982 Geimer/Schütze (Hrsg.) Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Loseblattsammlung, Stand: 42. Ergänzungslieferung 10/2011; frühere Auflagen unter dem Titel Bülow/Böckstiegel/Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl. 2010 Vollstreckungsrecht, 2. Aufl. 1982 Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl. 2010 Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl. 1974 Grundzüge des Zwangsvollstreckungs- und Konkursrechts, 4. Aufl. 1987 Zivilprozessrecht, 13. Aufl. 2008 Hahn Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Neudruck 1983 unter: Hahn/Mugdan Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen; Band 2 Materialien zur Zivilprozessordnung Abt. 1, Hrsg. Stegemann, 2. Aufl. 1881; Band 2 Materialien zur Zivilprozessordnung Abt. 2, Hrsg. Stegemann, 2. Aufl. 1881; Band 8 Materialien zum Gesetz betr. Änderungen der Zivilprozessordnung, Gerichtsverfassungsgesetz und Strafprozessordnung, fortgesetzt von Mugdan, 1898 Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, 2. Band, Die gesammelten Materialien zur Civilprozessordnung und dem Einführungsgesetz zu derselben vom 30.1.1877, 1. und 2. Abt. 1881, Neudruck 1983 unter dem Titel: Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 2
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
Hellwig Lehrbuch
Lehrbuch des deutschen Zivilprozessrechts, Band 1 (1903), Band 2 (1907), Band 3 (1909) Hellwig System System des deutschen Zivilprozessrechts, 2 Bände, 1912 Jauernig I (alternativ: ZPR) Jauernig/Hess Zivilprozessrecht, 30. Aufl. 2011, von der 10. bis zur 29. Aufl. unter dem Titel Jauernig Zivilprozessrecht (begr. von Lent) Jauernig II Jauernig/Berger Zwangsvollstreckungs- und Konkursrecht, 23. Aufl. 2010 (begr. von Lent) Kallmann Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und Vergleiche, 1946 Kegel/Schurig IPR Internationales Privatrecht, 9. Aufl. 2004 Koch Unvereinbare Entscheidungen i.S.d. Art. 27 Nr. 3 und 5 EuGVÜ und ihre Vermeidung, 1993 Kondring Die Heilung von Zustellungsmängeln im internationalen Zivilrechtsverkehr, 1995 Kropholler/von Hein EuZPR Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2011, 8. Aufl. 2005 unter dem Titel Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht Lachmann Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. 2008 Langendorf Prozessführung im Ausland und Mängelrüge im ausländischen Recht, 1956 ff. Linke/Hau IZPR Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl. 2011, 4. Aufl. 2006 unter dem Titel Linke Internationales Zivilprozessrecht Lüke ZPR Zivilprozessrecht, 10. Aufl. 2011 (begr. von Arens) Maier Handbuch der Schiedsgerichtsbarkeit, 1979 Martiny Handbuch Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach autonomem Recht, in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. III/1, 1984 Mayr/Czernich Europäisches Zivilprozessrecht, 2006 MünchKomm-ZPO/Bearbeiter Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2007 ff. Musielak Grundkurs Grundkurs ZPO, 10. Aufl. 2010 Musielak/Bearbeiter Kommentar zur Zivilprozessordnung, 8. Aufl. 2011 Nagel/Gottwald IZPR Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 2007; bis zur 3. Aufl. unter dem Titel Nagel Internationales Zivilprozessrecht Nikisch ZPR Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 1952 Paulus ZPR Zivilprozessrecht, 4. Aufl. 2010 Pukall ZPR Der Zivilprozess in der Praxis, 6. Aufl. 2006 Rauscher/Bearbeiter EuZPR Rauscher (Hrsg.) Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht (EGVollstrTitelVO, EG-MahnVO, EG-BagatellVO, EG-ZustVO 2007, EG-BewVO, EG-InsVO), 3. Aufl. 2011; frühere Auflagen unter dem Titel Rauscher (Hrsg.) Europäisches Zivilprozessrecht Reithmann/Martiny/ Bearbeiter Internationales Vertragsrecht, 7. Aufl. 2010 Riezler IZPR Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, 1949 (Nachdruck 1995) Rosenberg/Schwab/ Gottwald ZPR Zivilprozessrecht, 17. Aufl. 2010 Rosenberg/Gaul/ Schilken ZVR Gaul/Schilken/Becker-Eberhard Zwangsvollstreckungsrecht, 12. Aufl. 2010; frühere Auflagen unter dem Titel Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht Saenger/Bearbeiter (teilw.: Hk-Bearbeiter) Saenger (Hrsg.), Zivilprozessordnung, Handkommentar, 4. Aufl. 2011 Schack Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 4. Aufl. 2011 Schack IZVR Internationales Zivilverfahrensrecht, 5. Aufl. 2010 Schellhammer ZPR Zivilprozessrecht, 13. Aufl. 2010 Schilken ZPR Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 2010 Schlosser Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl. 1989
XXX
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
Schlosser EuZPR Schmidt Schönke/Kuchinke ZPR Schütze Schiedsgericht und Schiedsverfahren Schütze DIZPR Schütze RV Schütze/Tscherning/Wais Schwab/Walter Stein/Jonas/Bearbeiter Stickelbrock Thomas/Putzo/Bearbeiter Waldner Wolf Zeiss/Schreiber ZPR Zimmermann Zöller/Bearbeiter
XXXI
EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 2009 Europäisches Zivilprozessrecht in der Praxis, 2004 Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 1969 Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 5. Aufl. 2012 Deutsches Internationales Zivilprozessrecht unter Einschluss des Europäischen Zivilprozessrechts, 2. Aufl. 2005 Rechtsverfolgung im Ausland, 4. Aufl. 2009 Handbuch des Schiedsverfahrens, 2. Aufl. 1990 Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl. 2005 ZPO, 22. Aufl. 2002 ff. Inhalt und Grenzen richterlichen Ermessens im Zivilprozess, 2002 ZPO, 33. Aufl. 2012 Der Anspruch auf rechtliches Gehör, 2. Aufl. 2000 Gerichtliches Verfahrensrecht, 1978 Zivilprozessrecht, 11. Aufl. 2009, bis zur 9. Aufl. 1997 unter dem Titel Zeiss Zivilprozessrecht Zivilprozessordnung, 9. Aufl. 2011 ZPO, 29. Aufl. 2012
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
XXXII
1. Abschnitt. Zustellung nach VO (EG) Nr. 1393/2007
Vor § 1067
ELFTES BUCHSCHÜTZE Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union Vor § 1067 Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union 1. Abschnitt. Zustellung nach VO (EG) Nr. 1393/2007 Vorbemerkung Seit dem Säulenwechsel von Amsterdam und Nizza wird das europäische Zivilver- 1 fahrensrecht zunehmend durch europäische Verordnungen geregelt. Diese gelten EUweit, direkt jedoch nicht im Verhältnis zu Dänemark.1 Ebenso wie die EuGVVO ist die EuZVO durch völkerrechtlichen Vertrag für Dänemark anwendbar.2 Soweit die Notwendigkeit besteht, die Anwendung europäischen Verordnungsrechts in Deutschland im Hinblick auf spezifisch deutsche prozessuale Notwendigkeiten zu regeln erfolgt dies in dem neu angefügten 11. Buch der ZPO mit „offenem Ende“. Ergänzend zur Einfügung des 11. Buchs ist die ZRHO neu bearbeitet worden.3 Regelungszweck ist die Vereinheitlichung und Beschleunigung der Verfahrensabläufe bei der Anwendung europäischen Verordnungsrechts.4
ERSTER ABSCHNITT Zustellung nach der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 Vorbemerkung zu §§ 1067–1071 Durch das EG-Beweisaufnahmedurchführungsgesetz vom 4.11.2003,5 durch das die 2 §§ 1067–1075 in die ZPO eingefügt wurden, sind die innerstaatlichen Anpassungen zunächst für die Anwendung der VO (EG) Nr. 1348/2000 (EuZVO) geschaffen worden. Die VO (EG) Nr. 1348/2000 ist zwischenzeitlich aufgehoben und durch die VO (EG) Nr. 1393/ 20076 ersetzt worden. Dadurch sind Veränderungen im Abschnitt 1 erfolgt. Die §§ 1070 (Annahmeverweigerung auf Grund der verwendeten Sprache) und 1071 (Parteizustellung aus dem Ausland) sind fortgefallen. Die EuZVO soll das Zustellungsverfahren vereinfachen und beschleunigen, war es 3 doch insbesondere die lange Verfahrensdauer, die bei Verfahren mit internationalem Bezug zu Problemen führte.7 Dabei orientiert sich die EuZVO in ihrer Grundkonzeption am Haager Zustellungsübereinkommen. Letztlich bleibt sie aber auf halbem Wege stehen.8 Denn sie bevorzugt weiterhin die förmliche Zustellung im Wege der Rechtshilfe und verbessert lediglich die zwischenstaatlichen Übermittlungswege.
_____
1 Dänemark beteiligt sich nicht an den Maßnahmen des Dritten Teils des AEUV (Art. 1 Abs. 1 des Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks zum AEUV). Vgl. zur Problematik der Anwendung der VO (EG) Nr. 44/2001 in Dänemark Jayme/Kohler Europäisches Kollisionsrecht 2005: Hegemonialgesten auf dem Weg zu einer Gesamtvereinheitlichung, IPRax 2005, 481 ff. (485 f.). 2 Vgl. Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen, ABl. EG L 300/ 55; dazu sind Beschlüsse des Rates ergangen v. 24.7.2006, ABl. EG L 120/23 und 30.11.2009, ABl. EG 2009 I L 331/26. 3 Vgl. dazu Jastrow Europäische Zustellung und Beweisaufnahme 2004 – Neuregelungen im deutschen Recht und konsularische Beweisaufnahme, IPRax 2004, 11 ff. (13). 4 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann Grundzüge 11. Buch, Rdn. 2. 5 BGBl. 2003 I 2166. 6 Abgedruckt unten sub Rechtsquellen und Materialien zum 11. Buch, Nr. 1. 7 Vgl. Linke Probleme der internationalen Zustellung, in: Gottwald (Hrsg.), Grundfragen der Gerichtsverfassung und der internationalen Zustellung, 1999, S. 95 ff. 8 Vgl. Hess Die Zustellung von Schriftstücken im europäischen Justizraum, NJW 2001, 15 ff. (19).
1
Schütze
Vor § 1067
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
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Die erstrebte Vereinfachung ist in der Praxis aber – leider – nur unvollkommen eingetreten. Eine Studie im Auftrag der Kommission über die Anwendung der EuZVO hat gravierende Mängel ans Tageslicht gebracht, die zu Vorschlägen zur Änderung und Verbesserung der EuZVO geführt haben.9 Die Reform ist durch die Neufassung der §§ 1067 f. umgesetzt worden. Die prozessuale Geltendmachung von Einwendungen gegen die Zulässigkeit einer 5 Zustellung nach der EuZVO ist im Gesetz nicht geregelt. Derartige Einwendungen können durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG und Antrag auf einstweilige Verfügung gemäß § 29 Abs. 2 EGGVG in Verbindung mit § 49 FamFG bei dem Oberlandesgericht geltend gemacht werden. Ist die Zustellung einmal erfolgt, ist noch nicht alles verloren. In diesem Fall kann ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung und einstweilige Anordnung auf Nichtübermittlung des Zustellungszeugnisses gerichtet werden.10 Auf die Verfahren nach der EuZVO sind auch die Regelungen der ZRHO11 anzuwen6 den. Nach § 9 ZRHO werden die Prüfungsstellen bei der verwaltungsmäßigen Prüfung und Überwachung des Schriftverkehrs auch im Rahmen der EuZVO tätig. Sie erteilen den deutschen Übermittlungs- und Empfangsstellen Auskunft. Nach Art. 27 ZRHO können die Landesjustizverwaltungen im Bereich der EuZVO jedoch von einer Beteiligung der Prüfungsstelle absehen. Die Überwachung der Erledigung ausgehender Ersuchen nach der EuZVO ist in §§ 31 ff. ZRHO geregelt, die eingehender Ersuchen in §§ 65 a ff. ZRHO. Die notwendigen Formulare sind im Anhang zur ZRHO enthalten. Schrifttum Bajons Internationale Zustellung und Recht auf Verteidigung, FS Schütze 1999, S. 49 ff.; Baur Erläuternder Bericht zum Europäischen Übereinkommen vom 26. Mai 1997 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. EG Nr. C 261 v. 27.6.1997, S. 26 ff.; Brenn EZV – Europäische Zustellungsverordnung, 2002; Ekelmans Le règlement 1348/2000 relatif à la signification et à la notification des actes judiciaires et extrajudiciaires, Journal des tribunaux 2001, 481 ff.; Emde Zulässigkeit von Direktzustellungen ausländischer Prozessbevollmächtigter an deutsche Parteien nach Art. 14 EuZVO? NJW 2004, 1830 ff.; Försterling Zum Begriff „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO bei Anwendbarkeit der EuZVO, IPRax 2005, 124; Geimer Neuordnung des internationalen Zustellungsrechts, 1999; Geimer „Windhunde“ und „Torpedos“ unterwegs in Europa, IPRax 2005, 505 ff.; Geimer Betrachtungen zur internationalen (aktiven und passiven) Rechtshilfe und zum grenzüberschreitenden Rechtsverkehr, FS Spellenberg, 2010, S. 407 ff.; Gottwald Sicherheit vor Effizienz? – Auslandszustellung in der Europäischen Union in Zivil- und Handelssachen, FS Schütze 1999, S. 225 ff.; Gsell Direkte Postzustellung an Adressaten im EU-Ausland nach neuem Zustellungsrecht, EWS 2002, 115 ff.; Heckel Die fiktive Inlandszustellung auf dem Rückzug – Rückwirkungen des europäischen Zustellungsrechts auf das nationale Recht, IPRax 2008, 218 ff.; Heiderhoff Die Rangordnung der Zustellungsarten, IPRax 2007, 293 ff.; Heiderhoff EG-ZustVO 2007, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Bearbeitung 2010; Heinze Fiktive Inlandszustellungen und der Vorrang des europäischen Zivilverfahrensrechts, IPRax 2010, 155 ff.; Heidrich Amts- und Parteizustellungen im internationalen Rahmen: Status quo und Reformbedarf, EuZW 2005, 743 ff.; Hess Die Zustellung im europäischen Justizraum, NJW 2001, 15 ff.; Heidrich Neues deutsches und europäisches Zustellungsrecht, NJW 2002, 2417 ff.; Heidrich Noch einmal: Direktzustellung nach Art. 14 EuZVO, NJW 2004, 3301 ff.; Heidrich Überset-
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9 Vgl. BR-Drucks. 594/94 v. 20.7.2005; dazu Rösler/Siepmann Die geplante Reform der europäischen Zustellungsverordnung, RIW 2006, 512 ff.; Sujecki Verordnungsvorschlag zur Änderung der Europäischen Zustellungsverordnung – Ein Schritt in die richtige Richtung, EuZW 2006, 1. 10 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 214; Schütze Klagen vor US-amerikanischen Gerichten – Probleme und Abwehrstrategien, RIW 2005, 579 ff. (582). 11 Vgl. dazu Rauscher/Heiderhoff EG-ZustVO, Art. 1, Rdn. 5.
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1. Abschnitt. Zustellung nach VO (EG) Nr. 1393/2007
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zungserfordernisse im europäischen Zivilverfahrensrecht, IPRax 2008, 400 ff.; Heidrich Rechtspolitische Überlegungen zur Umsetzung von Art. 15 der Europäischen Zustellungsverordnung – VO (EG) Nr. 1393/ 2007, IPRax 2008, 477 ff.; Hess Von der internationalen Rechtshilfe zur justiziellen Kooperation – Entwicklung und Perspektiven eines dynamischen Rechtsgebiets, GS Koussoulis, 2012, S. 145 ff.; Jastrow Auslandszustellungen im Zivilverfahren – Erste Praxiserfahrungen mit der EG-Zustellungsverordnung, NJW 2002, 3382 ff.; Jastrow Europäische Zustellung und Beweisaufnahme 2004 – Neuregelungen im deutschen Recht und konsularische Beweisaufnahme, IPRax 2004, 11 ff.; Kondring Voraussetzungen, Wirkung, Wirksamkeit und Rechtswirkung der Zustellung: Eine scheinbar babylonische Begriffsverwirrung um das auf die internationale Zustellung anwendbare Recht, IPRax 2007, 138 ff.; Kuntze-Kaufhold/Beichel-Benedetti Verjährungsrechtliche Auswirkungen durch das Europäische Zustellungsrecht, NJW 2003, 1998 ff.; Lindacher Europäisches Zustellungsrecht – Die VO (EG) Nr. 1348/2000: Vorschrift, Auslegungsbedarf, Problemausblendung, ZZP 114 (2001), 179 ff.; Mann Die Verjährungsunterbrechung nach § 167 ZPO bei der Auslandszustellung, NJW 2004, 1138 ff.; Marchal Escalona El nuevo régimen de la notificación en el espacio judicial europeo, 2002; Meyer Europäisches Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, IPRax 1997, 401 ff.; Rahlf/Gottschalk Das Europäische Zustellungsrecht, EWS 2004, 303 ff.; Rauscher Der Wandel von Zustellungsstandards zu Zustellungsvorschriften im Europäischen Zivilprozessrecht, FS Kropholler, 2008, S. 851 ff.; Rösler/Siepmann Die geplante Reform der europäischen Zustellungsverordnung, RIW 2006, 512 ff.; Schack Einheitliche und zwingende Regeln der internationalen Zustellung, FS Geimer 2002, S. 931 ff.; Schmidt Parteizustellung im Ausland durch Einschreiben mit Rückschein – Ein gangbarer Weg? IPRax 2004, 13 ff.; Sharma Zustellungen im Europäischen Binnenmarkt, Diss. Tübingen 2002; Stadler Neues europäisches Zustellungsrecht, IPRax 2001, 514 ff.; Stadler Die Reform des deutschen Zustellungsrechts und ihre Auswirkungen auf die internationale Zustellung, IPRax 2002, 471 ff.; Stroschein Parteizustellung im Ausland, Diss. Köln 2009; Sujecki Verordnungsvorschlag zur Änderung der Europäischen Zustellungsverordnung – Ein Schritt in die richtige Richtung, EuZW 2006, 1; Sujecki Europäische Zustellungsverordnung (EuZVO), in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., 2010, S. 1657 ff.; Tsikritas Probleme der Zustellung durch die Post im europäischen Rechtsverkehr, ZZPInt 8 (2003), 309 ff.; Vollkommer/Huber Neues Europäisches Zivilverfahrensrecht in Deutschland – Das Gesetz zur grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung, NJW 2009, 1105 ff.; Wijngaarden-Maack Internationale Zustellung nach der EuZVO und internationale Zuständigkeit bei Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Exklusivvertriebsvertrages, IPRax 2004, 212 ff.
§ 1067
§ 1067 Zustellung durch diplomatische oder konsularische Vertreter Eine Zustellung nach Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 (ABl. EU Nr. L 324 S. 79), die in der Bundesrepublik Deutschland bewirkt werden soll, ist nur zulässig, wenn der Adressat des zuzustellenden Schriftstücks Staatsangehöriger des Übermittlungsstaats ist. Übersicht Sachlicher Anwendungsbereich 1 1. Zivil- oder Handelssache 1 2. Zustellungsadressat 2 II. Räumlicher Anwendungsbereich 3 III. Völkergewohnheitsrechtliche diplomatische oder konsularische Zustellung 4 IV. Vorbehalt nach Art. 13 Abs. 2 EuZVO 6 I.
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V.
Staatsangehörigkeitsprinzip 6 1. Zustellung an Deutsche im Ausland 2. Zustellung an Ausländer in Deutschland 8 VI. Verstoß gegen § 1067 9 VII. Rechtsmittel 10
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§ 1067
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I. Sachlicher Anwendungsbereich 1
1. Zivil- oder Handelssache. Die Streitigkeit, die Gegenstand des zuzustellenden Schriftstücks ist, muss zivil- oder handelsrechtlicher Natur sein. Art. 1 der EuZVO limitiert die Anwendbarkeit auf die Zustellung von Schriftstücken in Zivil- und Handelssachen. Der Begriff entspricht dem in Art. 1 EuGVVO/LugÜ II1 sowie Art. 1 Abs. 1 EuGVÜ/ LugÜ I. Um eine einheitliche Anwendung im europäischen Justizraum zu gewährleisten ist autonom zu qualifizieren.2 Die Grundsätze, die der EuGH in der Sache LTU v. Eurocontrol3 entwickelt hat, gelten auch im Rahmen der EuZVO. Auch die Geltendmachung von Ersatzansprüchen des Verletzten im Strafprozess (Adhäsionsverfahren) ist zivilrechtlicher Natur. Das entspricht Art. 5 Nr. 4 VO (EG) Nr. 44/2001 und Art. 5 Nr. 4 EuGVÜ/ LugÜ I.4 Ausgeschlossen sind öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, insbesondere steuer-, verwaltungs- und zollrechtliche Sachen.5
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2. Zustellungsadressat. Der Wortlaut des Art. 13 spricht für eine Beschränkung der Zustellungsart auf natürliche Personen. Das wäre zu eng. Die Zustellung soll allgemein im Bereich der EuZVO möglich sein, also auch auf die Zustellung an juristische Personen.6 Die Staatsangehörigkeit juristischer Personen wird durch ihr Gründungsstatut bestimmt. Man wird innerhalb der EU nach der Rechtsprechung des EuGH insbesondere in der Sache „Überseering“7 davon ausgehen müssen, dass nicht nur die Parteifähigkeit von Gesellschaften im internationalen Zivilprozessrecht vom Gründungsstatut bestimmt wird,8 sondern auch die Staatsangehörigkeit. Der Sitz tritt im Rahmen der Zustellung an die Stelle des Wohnsitzes natürlicher Personen. II. Räumlicher Anwendungsbereich
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Die Formulierung in § 1067 ist missverständlich. Die EuZVO gilt aufgrund des Verordnungsrechts nicht für Dänemark und ist nur auf Zustellungen von Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks anzuwenden. Durch völkerrechtlichen Vertrag ist die Anwendbarkeit der VO aber im Verhältnis zu Dänemark vereinbart,9 so dass – deshalb – die Zustellung aus allen EU Staaten sich nach der EuZU bestimmt und § 1067 auch für Zustellungen aus Dänemark anwendbar ist.
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1 Vgl. Rauscher/Heiderhoff EG-ZustVO, 2007, Art. 1, Rdn. 1; Schmidt Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 294. 2 Vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A 3, Art. 1, Rdn. 22; Rauscher/Heiderhoff EG-ZustVO 2007, Vorbem, Rdn. 32 ff.; Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 1 EuZVO, Rdn. 2; Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, EuZVO, Überblick, Rdn. 19. 3 Vgl. EuGH Rs. 29/76 – LTU v. Eurocontrol – EuGHE 1976, 1541 = NJW 1977, 489 mit Anm. Geimer = RIW/AWD 1977, 40 mit Anm. Linke = Rev.crit. 1977, 772 mit Anm. Droz. 4 Vgl. dazu Kohler Adhäsionsverfahren und Brüsseler Übereinkommen 1968, in: Will (Hrsg.), Schadensersatz im Strafverfahren, 1990, S. 74 ff. 5 Vgl. im Einzelnen Geimer/Schütze EuZVR, A 1, Art. 1, Rdn. 2 ff. 6 Vgl. Rauscher/Heiderhoff EG-ZustVO 2007, Art. 13, Rdn. 2. 7 Vgl. EuGH Rs. C-208/2000 – Überseering BV v. NCCB GmbH – EuGHE 2002 I, 9919 = NJW 2002, 3614 = RIW 2002, 2425. 8 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 187. 9 Vgl. im Einzelnen Rauscher/Heiderhoff EG-ZustVO 2007, Einl. Rdn. 3.
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1. Abschnitt. Zustellung nach VO (EG) Nr. 1393/2007
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III. Völkergewohnheitsrechtliche diplomatische oder konsularische Zustellung Nach allgemeinem Völkergewohnheitsrecht ist die formlose Zustellung durch diplo- 4 matische oder konsularische Vertreter an eigene Staatsangehörige des Entsendestaats zulässig, soweit die Grenzen des Amtsbezirks nicht überschritten werden.10 Das deutsche Recht sieht deshalb auch vor, dass deutsche Auslandsvertretungen Zustellungen in eigener Zuständigkeit vornehmen,11 soweit der Adressat deutscher Staatsangehöriger und zur Annahme der Zustellung bereit ist.12 Über sein Recht zur Verweigerung formloser Zustellung ist er zu belehren.13 Art. 13 Abs. 1 EuZVO geht hierüber hinaus und lässt die diplomatische oder konsula- 5 rische Zustellung an Personen mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat zu, und zwar unabhängig von der Staatsangehörigkeit. Damit folgt die Verordnung dem Postulat eines einheitlichen europäischen Rechtsraums, in dessen Grenzen Erleichterungen gegenüber der allgemeinen internationalen Zustellung gelten müssen. IV. Vorbehalt nach Art. 13 Abs. 2 EuZVO Art. 13 Abs. 2 EuZVO stellt den Mitgliedstaaten frei, sich durch einen Vorbehalt auf 6 die diplomatische oder konsularische Zustellung in den völkergewohnheitsrechtlich gezogenen Grenzen zurückzuziehen. Deutschland hat von dieser Möglichkeit – ebenso wie Belgien, Frankreich, Italien, Litauen, Luxemburg, Malta, Polen, Rumänien, die Slowakei, Slowenien und Spanien – Gebrauch gemacht.14 Lettland lässt die Zustellung nach Art. 13 EuZVO bei EU-Angehörigen als Adressaten zu. V. Staatsangehörigkeitsprinzip 1. Zustellung an Deutsche im Ausland. Nach der EuZVO sind deutsche Zustellun- 7 gen nur an deutsche Staatsangehörige im Ausland zulässig. Art. 13 EuZVO lässt zwar eine Zustellung auch an andere Staatsangehörige zu, wenn der Zustellungsstaat keinen Vorbehalt nach Art. 13 Abs. 2 EuZVO erklärt hat. § 31p ZRHO15 beschränkt die Zustellung
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10 Vgl. Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 101.5, Fn. 35; Pfennig Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen, 1988, S. 35; Zöller/Geimer § 183, Rdn. 136. 11 Vgl. dazu auch § 31p ZRHO. 12 Vgl. Geimer IZPR, Rdn. 2138 mwN. 13 Vgl. zu den Erfordernissen ordnungsgemäßer Belehrung Schütze Formlose Zustellung im internationalen Rechtsverkehr, RIW 2000, 20 ff. 14 Vgl. § 1 ZustDG v. 9. Juli 2001, BGBl. 2001 I 1536, gleichlautend mit § 1067. Auf das ZustDG ist Bezug genommen in den Angaben der Mitgliedstaaten gemäß § 23 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten vom 29. Mai 2000, ABl. 2001/C 151/04. 15 § 31p ZRHO: (1) Eine Zustellung von gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücken durch deutsche Auslandsvertretungen ohne Anwendung von Zwang ist möglich, wenn der Zustellungsempfänger deutscher Staatsangehöriger ist. Die Auslandsvertretung soll jedoch nur in Ausnahmefällen in Anspruch genommen werden (S. § 13). (2) Sofern der Zustellungsempfänger nicht deutscher Staatsangehöriger ist, ist eine solche Zustellung in dem Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates nicht zulässig, wenn der Mitgliedstaat erklärt hat, dass er eine solche Zustellung nicht zulässt. Ob ein Mitgliedstaat eine solche Erklärung abgegeben hat, ergibt sich aus dem Länderteil.
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aber auf deutsche Staatsangehörige. § 13 ZRHO beschränkt derartige Zustellungen weiter auf Ausnahmefälle, die insbesondere dann vorliegen, wenn die zuständigen Stellen im Zustellungsstaat zur Rechtshilfe nicht bereit sind, Rechtshilfe nur auf vertragsloser Grundlage geleistet wird oder ein Eilfall vorliegt. Das engt die Zustellung durch deutsche Auslandsvertretungen im Geltungsbereich der EuZVO auf ein Minimum ein.16 Es ist nur die Alternative des Eilfalls im Geltungsbereich der EuZVO denkbar. 8
2. Zustellung an Ausländer in Deutschland. Nur eine Zustellung an Staatsangehörige des Absendestaats ist zulässig. Es genügt nicht, dass der Zustellungsadressat Angehöriger eines anderen Mitgliedsstaates ist.17 Da § 1067 eine Schutzvorschrift zu Gunsten des Zustellungsadressaten ist, scheidet eine diplomatische oder konsularische Zustellung bei Doppel- und Mehrfachstaaten aus. Dasselbe gilt für Staatenlose. Nur die Zustellung durch ausländische Auslandsvertretungen an eigene Staatsangehörige, die keine weitere Staatsangehörigkeit besitzen, ist in Deutschland zulässig. Die Beschränkung auf Ausnahmefälle, die nach der ZRHO für die Zustellung durch deutsche Auslandsvertretungen gilt, findet keine analoge Anwendung auf Zustellungen durch ausländische diplomatische oder konsularische Vertretungen in Deutschland. Der Entsendestaat kann im Einzelnen regeln, wie er die Zustellung im Rahmen von Art. 13 EuZVO regeln will. VI. Verstoß gegen § 1067
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§ 295 ist anwendbar. Der Verstoß gegen die Vorschriften über die diplomatische und konsularische Zustellung macht die Zustellung unwirksam. Jedoch ist § 189 anwendbar.18 VII. Rechtsmittel
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Für die Rechtsmittel gilt deutsches Rechts, insb. §§ 252, 567 ff.19
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§ 1068 Zustellung durch die Post (1) Zum Nachweis der Zustellung nach Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 1393/ 2007 genügen der Rückschein oder der gleichwertige Beleg. (2) Ein Schriftstück, dessen Zustellung eine deutsche Empfangsstelle im Rahmen von Artikel 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 zu bewirken oder zu
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(3) Die Auslandsvertretung kann zwar nur ohne Zwang zustellen (§ 13 Abs. 1), jedoch ist auch diese Zustellung eine gültige Zustellung im Sinne der Zivilprozessordnung. Die Zustellung wird gemäß § 183 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch das Zustellungszeugnis der ersuchten Auslandsvertretung (§ 16 des Konsulargesetzes) nachgewiesen. (4) Auf § 1070 ZPO wird verwiesen. (5) Über das Annahmeverweigerungsrecht ist der Empfänger durch die Übermittlungsstelle gem. Muster ZRH 6 zu belehren; dies gilt nicht, wenn das Schriftstück in eine der Amtssprachen des Empfangsmitgliedstaates übersetzt ist. (6) Die §§ 33 und 34 gelten entsprechend. 16 Vgl. Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 13 EuZVO, Rdn. 135. 17 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1067, Rdn. 4. 18 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1067, Rdn. 5. 19 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1067, Rdn. 6.
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1. Abschnitt. Zustellung nach VO (EG) Nr. 1393/2007
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veranlassen hat, kann ebenfalls durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden.
I. II. III.
Übersicht Zulässigkeit unmittelbarer Postzustellung 1 Verhältnis zu § 183 Nr. 1 4 Zustellung in das Ausland 5 1. Einschreiben mit Rückschein als zulässige Zustellungsform 5 2. Zustellungsberechtigter 7 3. Heilung von Zustellungsmängeln 8
IV.
V. VI.
Zustellung aus dem Ausland 9 1. Sprache 9 2. Zustellungsform 13 3. Zustellungsberechtigter 14 4. Einschaltung deutscher Empfangsstelle 15 Verstoß gegen § 1068 16 Rechtsmittel 17
I. Zulässigkeit unmittelbarer Postzustellung Art. 14 EuZVO lässt die Zustellung durch die Post grundsätzlich zu. Das ist ein großer 1 Fortschritt gegenüber dem Haager Zustellungsübereinkommen.1 Die Übermittlung durch die Post vereinfacht und beschleunigt die Zustellung. Jedoch ist Art. 14 EuZVO nur als Option ausgestaltet. Es liegt in der Regelungsbefugnis der Mitgliedstaaten zu bestimmen, ob und unter welchen Bedingungen die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke durch die Post zugelassen wird. Die Option nach der EuZVO besteht nur für gerichtliche Schriftstücke und an Zustel- 2 lungsadressaten in einem anderen Mitgliedstaat. Gerichtliche Schriftstücke sind nach dem Glossar solche, die aus einem bereits eingeleiteten gerichtlichen Verfahren herrühren oder für die Einleitung eines solchen Verfahrens bestimmt sind. Hierzu gehören: Klageschrift, Ladung, gerichtliche Verfügung, gerichtliches Schreiben, Schriftsatz, Streitverkündungsschrift, Mahnbescheid, Vollstreckungsbescheid, Urteil, Versäumnisurteil, Beschluss, Kostenfestsetzungsbeschluss. Dagegen sind außergerichtliche Schriftstücke u.a. die notarielle Urkunde und der Anwaltsvergleich. Für sie ist die unmittelbare Postzustellung nicht zulässig.2 Die Postzustellung bringt zwar Erleichterungen bei der Zustellung über die Grenze. 3 Sie ist aber deshalb in der Praxis problematisch, weil der Rückschein zuweilen nicht oder spät übermittelt wird.3 Es wäre besser gewesen, der modernen Entwicklung Rechnung zu tragen und die Zustellung durch Kurierdienste zuzulassen. Deren Zustellungsnachweise sind sehr viel zuverlässiger als der postalische Rückschein. II. Verhältnis zu § 183 Abs. 1 Nr. 1 Auch § 183 Abs. 1 Nr. 1 lässt die Zustellung im Ausland durch Einschreiben mit Rück- 4 schein zu, soweit aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen Schriftstücke unmittelbar durch die Post übersandt werden dürfen. Abs. 3 der Bestimmung lässt aber die Regelungen von Art. 14 EuZVO ausdrücklich unberührt und verweist hinsichtlich der Durchführung auf §§ 1068 Abs. 1, 1069 Abs. 1. § 183 ist deshalb subsidiär.4
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1 Vgl. Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 14 EuZVO, Rdn. 136. 2 AA, jedenfalls für die EuZVO, Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 15 EuZVO, Rdn. 147. 3 Vgl. dazu Rauscher/Heiderhoff EG-ZustVO 2007, Art. 14, Rdn. 2. 4 Vgl. Schmidt Parteizustellung im Ausland durch Einschreiben mit Rückschein – Ein gangbarer Weg? IPRax 2004, 13 ff. (14); Zöller/Geimer § 183, Rdn. 7.
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III. Zustellung in das Ausland 1. Einschreiben mit Rückschein als zulässige Zustellungsform. Die Zustellung ist nur in der Form des Einschreibens mit Rückschein zulässig. Unzulässig ist die Zustellung durch „Einschreiben Einwurf“, durch das nur der Einwurf in den Briefkasten des Adressaten dokumentiert wird.5 Sie ist aber immer in der in Abs. 1 vorgesehenen Form zulässig, unabhängig von den Zustellungserfordernissen im Aufenthaltsstaat des Adressaten. Das Gericht hat nicht nachzuprüfen, welche Voraussetzungen dieser Staat aufgestellt hat.6 Der Rückschein genügt zum Nachweis der Zustellung. § 1068 Abs. 1 wiederholt die 6 Beweisregel des § 183 Abs. 4 ZPO. Der Rückschein ist keine öffentliche Urkunde i. S. des § 415,7 er enthält nach Abs. 1 S. 2 lediglich eine gesetzliche Beweisregel, die den Beweis nicht ausschließt, dass die Bestätigung auf dem Rückschein falsch ist. Zum Nachweis der Zustellung ist auch jedes andere Beweismittel zulässig.8 5
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2. Zustellungsberechtigter. Streitig ist, ob die Zustellungsform des § 1068 nur staatlichen Stellen oder auch Privatpersonen, insbesondere Rechtsanwälten offen steht.9 Hess bejaht das uneingeschränkt,10 Emde verneint die Zulässigkeit, allerdings für die Zustellung in Deutschland.11 Es ist zu differenzieren. Auch das deutsche Recht kennt die private Zustellung von gerichtlichen Entscheidungen, z.B. des Arrestbeschlusses nach § 922 Abs. 2 oder der einstweiligen Verfügung nach §§ 936, 922 Abs. 2. Hätte Deutschland die Parteizustellung derartiger Entscheidungen aus dem Bereich der Postzustellung ausschließen wollen, dann hätte es nahe gelegen, dies ausdrücklich zu erklären. Nach Art. 14 EuZVO jedenfalls besteht kein Anlass die Parteizustellung durch die Post von Deutschland in das Ausland nicht zuzulassen, wenn der Zustellungsstaat dies zulässt.
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3. Heilung von Zustellungsmängeln. Für die Heilung von Zustellungsmängeln findet § 189 Anwendung.12 Der BGH13 und ihm folgend Teile der Rechtsprechung14 halten § 189 (§ 187 a.F.) auf die Auslandszustellung für unzulässig, da es sich bei der Zustellung um einen Hoheitsakt handele, der auf andere Weise nicht ersetzbar sei. Das ist bei Unterlassungsverfügungen, bei denen die Zustellung den Hoheitsakt der Vollziehung enthält, richtig,15 jedoch keine Besonderheit der Auslandszustellung. Die zwischenzeitlich h.L. wendet – zu Recht – § 189 auch auf Auslandszustellungen an.16
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5 Vgl. Saenger/Saenger § 1068, Rdn. 1. 6 AA Saenger/Saenger § 1068, Rdn. 2; ebenso wohl Thomas/Putzo/Hüßtege § 1068, Rdn. 1. 7 Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1068, Rdn. 7 halten die Qualität des Rückscheins als öffentliche Urkunde für zweifelhaft. 8 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1068, Rdn. 7; Thomas/Putzo/Hüßtege § 1068 Rdn. 1. 9 Vgl. dazu Geimer „Windhunde“ und „Torpedos“ unterwegs in Europa, IPRax, 2005, 505 ff. 10 Vgl. Hess Noch einmal: Direktzustellungen nach Art. 14 EuZVO, NJW 2004, 3301 ff. 11 Vgl. Emde Zulässigkeit von Direktzustellungen ausländischer Prozessbevollmächtigter an deutsche Parteien nach Art. 14 EuZVO? NJW 2004, 1830 ff. 12 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1067, Rdn. 5. 13 Vgl. BGHZ 58, 77, 98, 156. 14 Vgl. z.B. OLG Hamm, RIW 1996, 156. 15 Vgl. Schütze Zur Zustellung nach § 176 ZPO im einstweiligen Verfügungsverfahren, BB 1978, 587; str. vgl. zum Meinungsstand, Schack Internationales Zivilverfahrensrecht, Rdn. 692 ff. 16 Vgl. Geimer Internationales Zivilprozessrecht, Rdn. 2103; Kondring Die Heilung von Zustellungsmängeln im internationalen Zivilrechtsverkehr, 1995, S. 184 ff.; Geimer Die „konsularische Zustellung durch die Post“, RIW 1996, 722 ff. (724); Schack Internationaler Zivilverfahrensrecht, Rdn. 692 ff.; Schütze DIZPR, Rdn. 566.
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1. Abschnitt. Zustellung nach VO (EG) Nr. 1393/2007
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IV. Zustellung aus dem Ausland 1. Sprache. § 1068 beschränkt die zulässige Sprachenvielfalt auf die Sprachen des Empfangsmitgliedstaates, also deutsch, und des Übermittlungsmitgliedstaates, soweit der Zustellungsadressat Staatsangehöriger dieses Staates ist. Bei Staatenlosen scheidet die Postzustellung aus, soweit das zuzustellende Schriftstück nicht deutsch abgefasst oder von deutscher Übersetzung begleitet ist. Bei Mehrstaatern genügt es, wenn der Zustellungsadressat auch die Staatsangehörigkeit des Übermittlungsmitgliedstaates besitzt. Denn das Abstellen auf die Staatsangehörigkeit geht von der Vermutung aus, dass jedermann die Sprache des Staates versteht, dessen Staatsangehöriger er ist. Bei juristischen Personen ist für die Bestimmung der Staatsangehörigkeit – jedenfalls im Bereich der EU – auf das Gründungsstatut abzustellen (vgl. § 1067, Rdn. 2). Die alternative Möglichkeit der Benutzung bestimmter fremder Sprachen nach § 1068 ist auf die Fälle beschränkt, in denen der Zustellungsadressat Angehöriger des Übermittlungsmitgliedstaates ist.17 In allen anderen Fällen ist nur die Benutzung der deutschen Sprache zulässig. Das gilt selbst in den Fällen, in denen der Zustellungsadressat eine andere Sprache besser versteht. So ist die Zustellung in einem Prozess in Irland an einen US-amerikanischen Zustellungsadressaten in Stuttgart nur unter Benutzung der deutschen Sprache zulässig. § 1068 schließt nicht das Recht des Zustellungsadressaten zur Annahmeverweigerung nach Art. 8 EuZVO aus. Wenn der Zustellungsadressat zwar Staatsangehöriger des Übermittlungsmitgliedstaates ist, dessen Sprache aber nicht beherrscht, kann dieser die Annahme des zuzustellenden Schriftstücks verweigern. Diese Fälle werden zwar relativ selten vorkommen, sind aber insbesondere bei Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Eheschließung möglich. Auch Sportler werden heute ja zunehmend ohne weitere Prüfung der Sprache eingebürgert, um sie in der Nationalmannschaft starten lassen zu können. Auch bei der Postzustellung hat eine Belehrung über das Recht zur Annahmeverweigerung zu erfolgen. Mit der Reform der EuZVO hat der europäische Gesetzgeber ein einheitliches Belehrungsformular eingeführt.18
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2. Zustellungsform. Es ist nur die Versandform des Einschreibens mit Rückschein 13 zulässig. Die einfache Postzustellung oder die durch Einwurfeinschreiben können keine wirksame Zustellung herbeiführen. Auch die Kurierzustellung ist ausgeschlossen (vgl. Rdn. 5). Für die Heilung von Zustellungsmängeln vgl. § 1069, Rdn. 5. 3. Zustellungsberechtigter. Im Anschluss an Entscheidungen des LG Trier19 und 14 des OLG Köln20 wird diskutiert, ob die Parteizustellung durch die Post in Deutschland zulässig ist, wenn der ausländische Staat – wie Griechenland21 – die Parteizustellung gerichtlicher Schriftstücke praktiziert.22 Mit Geimer muss man annehmen, dass dies nur dann zulässig ist, wenn der ausländische Staat den zustellenden Rechtsanwalt als Über-
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17 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1068, Rdn. 9. 18 Anl. II EuZVO; vgl. dazu Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 8 EuZVO, Rdn. 103. 19 Vgl. LG Trier, NJW-RR 2003, 287. 20 Vgl. OLG Köln, IPRax 2004, 521. 21 Beide Entscheidungen sind zu griechischen Zustellungen ergangen. 22 Vgl. dazu Emde Zulässigkeit von Direktzustellungen ausländischer Prozessbevollmächtigter an deutsche Parteien nach Art. 14 EuZVO, NJW 2004, 1830 ff.; Geimer „Windhunde“ und „Torpedos“ unterwegs in Europa, IPRax 2005, 505 ff.
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Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
mittlungsstelle i.S. von Art. 2 Abs. 1 EuZVO benennt („sonstige Person“). Das hatte Griechenland in den entschiedenen Fällen versäumt. 15
4. Einschaltung deutscher Empfangsstelle. Wird eine deutsche Empfangsstelle eingeschaltet, so kann diese ihrerseits durch die Post an den Zustellungsadressaten zustellen. § 65k ZRHO verweist auf für die Zustellung geltenden inländischen Vorschriften. Damit erfolgt die Zustellung dann nach § 175. Diese Zustellungsform wahrt die Erfordernisse des § 1068. Diese Norm wiederholt lediglich die Regel des § 175. Die Einschaltung deutscher Empfangsstellen bei der Postzustellung soll aber nicht der Faulheit ausländischer Übermittlungsstellen Vorschub leisten. Abs. 3 ist deshalb als Kann-Vorschrift ausgestaltet. Ist die Postzustellung nach Art. 14 Abs. 1 EuZVO für die ausländische Behörde möglich, so muss sie diesen Weg nutzen. Die Einschaltung der deutschen Empfangsstelle kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht.23 V. Verstoß gegen § 1068
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§ 295 ist anwendbar. VI. Rechtsmittel
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Für die Rechtsmittel gilt deutsches autonomes Recht, insb. §§ 252, 567 ff.24
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§ 1069 Zuständigkeiten (1) Für Zustellungen im Ausland sind als deutsche Übermittlungsstelle im Sinne von Artikel 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007)zuständig: 1. für gerichtliche Schriftstücke das die Zustellung betreibende Gericht und 2. für außergerichtliche Schriftstücke dasjenige Amtsgericht, in dessen Bezirk die Person, welche die Zustellung betreibt, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat; bei notariellen Urkunden auch dasjenige Amtsgericht, in dessen Bezirk der beurkundende Notar seinen Amtssitz hat; bei juristischen Personen tritt an die Stelle des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts der Sitz; die Landesregierungen können die Aufgaben der Übermittlungsstelle einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte durch Rechtsverordnung zuweisen. (2) Für Zustellungen in der Bundesrepublik Deutschland ist als deutsche Empfangsstelle im Sinne von Artikel 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 dasjenige Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk das Schriftstück zugestellt werden soll. Die Landesregierungen können die Aufgaben der Empfangsstelle einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte durch Rechtsverordnung zuweisen. (3) Die Landesregierungen bestimmen durch Rechtsverordnung die Stelle, die in dem jeweiligen Land als deutsche Zentralstelle im Sinne von Artikel 3 Satz 1 der
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23 Vgl. Saenger/Saenger § 1068 Rdn. 4; Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 7 EuZVO, Rdn. 2; Thomas/Putzo/Hüßtege § 1068, Rdn. 3. 24 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1068, Rdn. 11.
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1. Abschnitt. Zustellung nach VO (EG) Nr. 1393/2007
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Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 zuständig ist. Die Aufgaben der Zentralstelle können in jedem Land nur einer Stelle zugewiesen werden. (4) Die Landesregierungen können die Befugnis zum Erlass einer Rechtsverordnung nach Absatz 1 Nr. 2, Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 Satz 1 einer obersten Landesbehörde übertragen.
I.
II.
III.
Übersicht Zuständigkeit für Zustellungen in das Ausland 1 1. Gerichtliche Schriftstücke 2 2. Außergerichtliche Schriftstücke 3 3. Ausschließlichkeit der Zuständigkeit 4. Konzentrationsermächtigung 5 Zuständigkeit für Zustellungen aus dem Ausland 6 1. Empfangsstellen 6 2. Örtliche und sachliche Zuständigkeit 7 3. Ausschließlichkeit der Zuständigkeit 4. Konzentrationsermächtigung 9 Zentralstellen 10 1. Bestimmung von Zentralstellen 10 a. Auskunfterteilung 11 b. Lösung von Zustellungsschwierigkeiten 12
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c. Übermittlung in Ausnahmefällen 13 2. Bestimmung der deutschen Zentralstellen 14 IV. Übertragung der Ermächtigung auf oberste Landesbehörde 15 V. Verstoß gegen Zuständigkeitsvorschriften 16 VI. Anwendung der ZRHO 17 VII. Annahmeverweigerung 18 1. Zulässige Sprachen des zuzustellenden Schriftstücks 18 2. Zurückweisungsrecht des Zustellungsadressaten 19 3. Frist 23 4. Belehrung 24 VIII. Heilung 25
I. Zuständigkeit für Zustellungen in das Ausland Die EuZVO hat das System der zentralen Stellen des Haager Zivilprozessüberein- 1 kommens durch eine dezentralisierte grenzüberschreitende Zustellung1 ersetzt. Nach Art. 2 Abs. 1 EuZVO benennt jeder Staat Übermittlungsstellen, die für die Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke zuständig sind. Übermittlungsstellen können nicht nur Behörden und Amtspersonen sein, sondern auch „sonstige Personen“. Das eröffnet den Weg für eine Zustellung durch Rechtsanwälte, wenn diese als Übermittlungsstellen genannt werden. Die Schwierigkeiten, die offenbar im deutsch-griechischen Rechtsverkehr aufgetreten sind, hätten auf diese Weise gelöst werden können.2 Abs. 1 gilt für deutsche Übermittlungsstellen, Abs. 2 für deutsche Empfangsstellen. 1. Gerichtliche Schriftstücke. Gerichtliche Schriftstücke sind: Klageschrift, La- 2 dung, gerichtliche Verfügung, gerichtliches Schreiben, Schriftsatz, Streitverkündungsschrift, Mahnbescheid, Vollstreckungsbescheid, Urteil, Versäumnisurteil, Beschluss und Kostenfestsetzungsbeschluss.3 Für die Zustellung dieser Schriftstücke ist das Prozessgericht Übermittlungsstelle. Dieses ist das betreibende Gericht. Das gilt jedoch nur, soweit das Gesetz eine Amtszustellung vorsieht. Soweit nach deutschem Recht eine Parteizustellung erfolgt, z.B. bei Zustellung von Beschlüssen zur Vollziehung des Arrestes nach § 922 Abs. 2 oder der einstweiligen Verfügung handelt es sich zwar um gerichtliche Schriftstücke, es besteht aber kein „betreibendes Gericht“. Der Ratio des § 1069 entspre-
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Vgl. Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 2 EuZVO, Rdn. 1. Vgl. dazu Geimer „Windhunde“ und „Torpedos“ unterwegs in Europa, IPRax 2005, 505 ff. (506). Zu den Abgrenzungskriterien vgl. Rauscher/Heiderhoff EG-ZustVO 2007, Art. 1, Rdn. 7 ff.
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chend sind diese gerichtlichen Entscheidungen als außergerichtliche Schriftstücke zuständigkeitsrechtlich zu behandeln. Allgemein ist für die Zuständigkeit nach Abs. 1 bei Beschlüssen danach zu differenzieren, ob die Zustellung zur Inlaufsetzung der Rechtsbehelfsfristen (§ 329 Abs. 3, § 166 Abs. 2) erfolgt oder in Rahmen der Zwangsvollstreckung (§§ 794 Abs. 1 Nr. 3, 795, 750 Abs. 1). Bei gerichtlichen Schriftstücken ist das „betreibende Gericht“, d.h. das Prozessgericht, örtlich und sachlich zuständig. 3
2. Außergerichtliche Schriftstücke. Außergerichtliche Schriftstücke sind solche, die zur Wahrung, Durchsetzung oder Vollstreckung eines Anspruchs außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens zugestellt werden müssen, insbesondere die notarielle Urkunde und der Anwaltsvergleich sowie Entscheidungen, für die Parteizustellung vorgesehen ist (vgl. Rdn. 2). Sachlich zuständig ist das Amtsgericht, örtlich zuständig das Gericht, in dessen Sprengel der Zustellungsbetreibende Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Bei Zustellung durch einen Vertreter ist dessen Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt bedeutungslos. Bei Betreiben der Zustellung durch eine juristische Person ist für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit auf deren Sitz abzustellen. § 17 ist anwendbar. Bei Zustellung notarieller Urkunden ist wahlweise auch das Amtsgericht am Amtssitz des Notars örtlich zuständig. Dasselbe gilt in entsprechender Anwendung für den vollstreckbaren Anwaltsvergleich, der nach § 796c von einem Notar in Verwahrung genommen und für vollstreckbar erklärt worden ist.
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3. Ausschließlichkeit der Zuständigkeit. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit nach Abs. 1 ist ausschließlich.
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4. Konzentrationsermächtigung. Die Landesregierungen oder die oberste Landesbehörde nach Delegation gem. Abs. 4 können die Zuständigkeit der Übermittlungsstellen konzentrieren. II. Zuständigkeit für Zustellungen aus dem Ausland
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1. Empfangsstellen. Die Durchführung der Zustellung an den Zustellungsadressaten obliegt nach Art. 6 EuZVO den Empfangsstellen im Zustellungsstaat. Diese sind verpflichtet, unverzüglich, spätestens 7 Tage nach Erhalt des zuzustellenden Schriftstücks, eine Empfangsbestätigung unter Verwendung des vorgesehenen Formblatts an die Übermittlungsstelle zu übersenden. Nach Art. 7 EuZVO bewirkt oder veranlasst die Empfangsstelle so bald wie möglich die Zustellung des Schriftstücks in der Form des Empfangsstaates oder, soweit dies mit dem Recht des Empfangsstaates vereinbar ist, in der von der Übermittlungsstelle gewünschten Form. Einzelheiten sind in §§ 65 b ff. ZRHO für die Zustellung nach der EuZVO in Deutschland geregelt.
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2. Örtliche und sachliche Zuständigkeit. Die Zuständigkeit der Empfangsstellen ist einheitlich für gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke geregelt. Sachlich zuständig ist das Amtsgericht, örtlich zuständig das Gericht des Sprengels, in dem die Zustellung durchgeführt werden soll.
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3. Ausschließlichkeit der Zuständigkeit. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit nach Abs. 2 ist ausschließlich. Schütze
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1. Abschnitt. Zustellung nach VO (EG) Nr. 1393/2007
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4. Konzentrationsermächtigung. Die Landesregierungen oder die oberste Landes- 9 behörde nach Delegation gem. Abs. 4 können die Zuständigkeiten der Empfangsstellen konzentrieren. Das ist geschehen: Nordrhein-Westfalen:4 Amtsgericht Duisburg (für die Amtsgerichtsbezirke Duisburg, Duisburg-Hamborn und Duisburg-Ruhrort); Amtsgericht Essen (für die Amtsgerichtsbezirke Essen, Essen-Borbeck und Essen-Steele); Amtsgericht Gelsenkirchen (für die Amtsgerichtsbezirke Gelsenkirchen und Gelsenkirchen-Buer); Amtsgericht Herne (für die Amtsgerichtsbezirke Herne und Herne-Wanne); Amtsgericht Mönchengladbach (für die Amtsgerichtsbezirke Mönchengladbach und Mönchengladbach-Rheydt). III. Zentralstellen 1. Bestimmung von Zentralstellen Nach Art. 3 EuZVO hat jeder Mitgliedstaat eine Zentralstelle zu benennen. Die 10 Zentralstellen sind mit der Durchführung von Zustellungen mit einer Ausnahme nicht direkt befasst. Ihre Aufgabe ist dreifach: a. Auskunfterteilung. Die Zentralstellen erteilen den Übermittlungsstellen Aus- 11 künfte. Das ist wichtig, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Vielzahl der Gerichte, die angesichts der Nichtausschöpfung der Konzentrationsermächtigung als Übermittlungsstellen tätig werden, genügend Erfahrung im europäischen und internationalen Zustellungsrecht besitzen, um ihre Aufgabe schnell und sachgerecht zu erfüllen. Die Auskunfterteilung kann sich auf die Zustellungsform, die Sprache, die zuständige Empfangsstelle im Land des Zustellungsadressaten pp. beziehen. Die meisten dieser Auskünfte lassen sich dem Justizatlas entnehmen. Aber auch dessen Handhabung mag Schwierigkeiten für ein kleines Amtsgericht bringen. Mit dem Auskunftsrecht korrespondiert eine Auskunftspflicht der Zentralstellen. Diese besteht aber nur gegenüber den Übermittlungsstellen. Soweit Auskünfte an andere an der Zustellung beteiligte oder interessierte Personen erteilt werden, erfolgt dies auf freiwilliger Basis.5 b. Lösung von Zustellungsschwierigkeiten. Nach Art. 3 lit. b EuZVO soll die 12 Zentralstelle nach Lösungswegen suchen, wenn bei der Übermittlung von Schriftstücken zum Zwecke der Zustellung Schwierigkeiten auftauchen. Solche Probleme können bei der Ausfüllung von Formblättern, der verwendeten Sprache oder bei Kostenrechnungen auftreten.6 Eine Diskussion zwischen Übermittlungsstelle und ausländischer Empfangsstelle könnte – schon aus sprachlichen Gründen – zu Verzögerungen und Missverständnissen führen. Deshalb ist die Zentralstelle, die die größere Erfahrung hat, am besten geeignet, einzugreifen. c. Übermittlung in Ausnahmefällen. In Ausnahmefällen kann die Zentralstelle 13 auch um Weiterleitung eines Schriftstücks ersucht werden. Gemeint ist hier nicht die
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4 Vgl. Verordnung über die Zuständigkeiten im Rechtshilfeverkehr zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften (Zuständigkeits-VO Rechtshilfe – ZustVO EUZHA v. 6.1.2004), GV NRW 2004, 24. 5 AA wohl Rauscher/Heiderhoff EG-ZustVO 2007, Art. 3, Rdn. 2 und Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 3 EuZVO, Rdn. 2, die offenbar eine Verpflichtung zur Auskunfterteilung auch über die Übermittlungsstellen hinaus annehmen. 6 Vgl. Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter Europäischem Einfluss, Art. 3 EuZVO, Rdn. 52.
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Zentralstelle des Übermittlungsstaates, sondern die des Empfangsstaates.7 Diese Möglichkeit steht nicht zur Erleichterung der Arbeit der Übermittlungsstelle offen, die sich die Mühen der Auffindung der zuständigen Empfangsstelle ersparen will. Sie ist für Ausnahmefälle geschaffen, in denen etwa die Empfangsstelle wegen Generalstreiks, politischer Unruhen oder Naturkatastrophen unerreichbar ist.8 14
2. Bestimmung der deutschen Zentralstellen. Die Landesregierungen bestimmen selbst die Zentralstellen nach Art. 3 S. 1 EuZVO oder ermächtigen die oberste Landesbehörde hierzu. In Deutschland sind als Zentralstellen bestimmt: Baden-Württemberg: Amtsgericht Freiburg Bayern: Bayerisches Staatsministerium der Justiz Berlin: Senatsverwaltung für Justiz Brandenburg: Ministerium der Justiz und für Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg Bremen: Landgericht Bremen Hamburg: Amtsgericht Hamburg Hessen: Präsidentin oder Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main Mecklenburg-Vorpommern: Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen: Niedersächsisches Justizministerium Nordrhein-Westfalen: Oberlandesgericht Düsseldorf Rheinland-Pfalz: Ministerium der Justiz Saarland: Ministerium der Justiz Sachsen: Oberlandesgericht Dresden Sachsen-Anhalt: Ministerium der Justiz Schleswig-Holstein: Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Integration Thüringen: Thüringer Justizministerium IV. Übertragung der Ermächtigung auf oberste Landesbehörde
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Von der Befugnis zur Übertragung der Befugnis zum Erlass von Rechtsverordnungen nach Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 1 hat Gebrauch gemacht: Hamburg:9 Übertragung der Ermächtigung auf die Justizbehörde V. Verstoß gegen Zuständigkeitsvorschriften
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Für Verstöße gegen die in § 1069 normierten örtlichen und sachlichen Zuständigkeiten gelten die allgemeinen Regeln der Unzuständigkeit.10 Dasselbe gilt für Rechtsmittel bei fehlerhafter Zustellung. So finden §§ 567 ff. Anwendung.
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7 Vgl. Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter Europäischem Einfluss, Art. 3 EuZVO, Rdn. 53; Rauscher/Heiderhoff EG-ZustVO 2007, Art. 3, Rdn. 5. 8 Vgl. Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter Europäischem Einfluss, Art. 3 EuZVO, Rdn. 53; Rauscher/Heiderhoff EG-ZustVO 2007, Art. 3 Rdn. 7. 9 Vgl. Zweite Verordnung zur Weiterübertragung bundesgesetzlicher Verordnungsermächtigungen im Justizbereich vom 10. Februar 2004, HmbGVBl. 2004, 61. 10 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1069, Rdn. 7.
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1. Abschnitt. Zustellung nach VO (EG) Nr. 1393/2007
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VI. Anwendung der ZRHO Trotz des unmittelbaren Verkehrs zwischen den Gerichten nach europäischem Zu- 17 stellungsrecht bleibt die Funktion der Prüfungsstellen nach §§ 9, 27, 65 b ZRHO unberührt.11 Die Zustellung bleibt auch dann Angelegenheit der Justizverwaltung, wenn die Landesjustizverwaltung nach § 27 ZRHO von einer Beteiligung der Prüfungsstelle absieht. Es besteht also Weisungsgebundenheit gegenüber der Justizverwaltung. Art. 97 GG gilt nicht.12 VII. Annahmeverweigerung 1. Zulässige Sprachen des zuzustellenden Schriftstücks. Die EuZVO stellt keine 18 Beschränkungen hinsichtlich der Sprache auf, in der das zuzustellende Schriftstück abgefasst sein muss. Die Zustellung von Schriftstücken ist in jeder beliebigen Sprache zulässig. Schriftstücke können bei Zustellungen von Deutschland aus an einen Empfänger in einem Mitgliedstaat – mit Ausnahme Dänemarks – in deutscher oder in jeder anderen Sprache abgefasst sein. Es muss sich nicht notwendigerweise um die Sprache eines Mitgliedstaates handeln. 2. Zurückweisungsrecht des Zustellungsadressaten. Die Zustellung soll die 19 Kenntnis des Zustellungsadressaten vom Inhalt des zugestellten Schriftstücks sicherstellen und damit eine effiziente Gewährung rechtlichen Gehörs gewährleisten. Der Zustellungsadressat muss also die Möglichkeit haben, den Inhalt des Schriftstücks zu verstehen. Das wird fingiert, wenn das Schriftstück in der Sprache des Empfangsmitgliedstaates abgefasst ist. Der Ire mit Wohnsitz in Lissabon muss sich damit abfinden, dass ihm eine Klage des Landgerichts Stuttgart mit portugiesischer Übersetzung zugestellt wird, auch wenn er weder die deutsche noch die portugiesische Sprache beherrscht. Die Annahme der Zustellung kann verweigert werden, wenn sie nicht in der Sprache 20 des Empfangsmitgliedstaates abgefasst oder jedenfalls von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet ist. Bei Staaten mit mehreren Amtssprachen genügt die Abfassung oder Übersetzung in eine Amtssprache, auch wenn der Zustellungsadressat sie nicht versteht. Der Zustellungsadressat kann die Annahme eines Schriftstücks nicht verweigern, wenn er die Sprache, in der das Schriftstück abgefasst ist, versteht. Problematisch mag sein, wie unzulänglich der Zustellungsadressat die Sprache beherrschen muss, um die Zustellung verweigern zu können. Ein Deutschlehrer in Stockholm mag Goethe und Schiller in deutscher Sprache lesen können. Das besagt aber noch nicht, dass er hinreichende Sprachkenntnisse für das Verständnis einer deutschen Streitverkündung hat. Die Entscheidung über die Sprachkenntnisse soll nach h.L. durch das Prozessgericht erfolgen.13 Das ist aber praktisch unmöglich. Soll das Prozessgericht eine Sprachprüfung abhalten, oder wie soll die Feststellung der Sprachkenntnisse des Zustellungsadressaten erfolgen? Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass eine Beweisaufnahme über die Sprachkenntnisse das Verfahren unnötig verzögern und eine Unsicherheit über die
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11 Vgl. Zöller/Geimer § 1069, Rdn. 1. 12 Vgl. Zöller/Geimer § 1069, Rdn. 1. 13 Vgl. Geimer/Schütze EuZVR A. 3, Art. 8 EuZVO, Rdn. 8; Meyer Europäisches Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, IPRax 1997, 401 ff. (403); Nagel/Gottwald Internationales Zivilprozessrecht, § 7, Rdn. 51.
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Wirksamkeit der Zustellung hervorrufen würde. Sachgerecht ist allein, den Zustellungsadressaten selbst entscheiden zu lassen, ob er sich für hinreichend sprachkundig hält.14 Durch die großzügige Anordnung der Rückwirkung der erneuten Zustellung bei Zurückweisung geschieht der anderen Partei kein wesentlicher Nachteil, selbst wenn die Zurückweisung zu Unrecht erfolgt. Bei juristischen Personen ist auf die Sprachkenntnisse des Organs, das die juristi21 sche Person vertritt, abzustellen. Denn an dieses ist zuzustellen. Dabei kann nicht gefordert werden, dass alle Mitglieder des Organs die Sprache, in der das zuzustellende Schriftstück abgefasst ist, verstehen. Es genügt, wenn das für juristische Fragen zuständige Mitglieds des Organs entsprechend sachkundig ist.15 Bei großen Gesellschaften, die eine international tätige Rechtsabteilung haben wird man die Sprachkenntnis des zuständigen Mitarbeiters genügen lassen können. 22 Die Annahmeverweigerung kann auch gegenüber der Empfangsstelle erklärt werden.16 23
3. Frist. Die Frist für die Annahmeverweigerung ist in der Neufassung der EuZVO (Art. 8 Abs. 1 EuZVO) – anders als in der VO (EG) 1348/2000 – auf 1 Woche festgesetzt. Damit konnte § 1070, der eine zweiwöchige Frist vorsah, ersatzlos gestrichen werden. Der Zustellungsadressat muss sich jetzt sputen, die Annahmeverweigerung zu erklären. Der Zustellungsadressat kann die Annahme der Übergabe auch noch nachträglich binnen der Frist verweigern. Die Frist ist eine Notfrist i.S. von § 224 Abs. 1, d. h. sie kann weder verkürzt noch verlängert werden. Versäumt der Zustellungsadressat die Frist, so ist die Zustellung wirksam, auch wenn er die Sprache des zugestellten Schriftstücks nicht versteht. Die Fristbestimmung gilt auch analog in den Fällen, in denen Art. 6 EuZVO nicht unmittelbar anwendbar ist, insbesondere bei postalischen Direktzustellungen nach Art. 14 EuZVO.17 Art. 14 EuZVO sieht zwar ein Annahmeverweigerungsrecht nicht vor, es ist aber nach der ratio des Art. 8 EuZVO, Rechtsklarheit nach Fristablauf zu schaffen, nicht vereinbar, das Damoklesschwert der Unwirksamkeit der Zustellung wegen Unkenntnis der benutzten Sprache durch den Zustellungsadressaten ohne zeitliche Begrenzung über dem Verfahren hängen zu lassen.
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4. Belehrung. Die Belehrung ist in formalisierter Form in Art. 8 Abs. 1 EuZVO vorgeschrieben. Der Zustellungsadressat ist mit dem Formblatt Anh. II davon in Kenntnis zu setzen, dass er unter den Bedingungen des Art. 8 EuZVO ein Annahmeverweigerungsrecht hat. Unterbleibt die Belehrung so liegt eine fehlerhafte Zustellung vor. Heilung ist möglich. Jedoch beginnt die Wochenfrist für die Ablehnung erst vom Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Belehrung zu laufen.
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14 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 204; Schütze Übersetzungen im europäischen und internationalen Zivilprozessrecht – Probleme der Zustellung, RIW 2006, 352 ff. (353); Schütze Rechtsverfolgung im Ausland, 4. Aufl., 2009, Rdn. 239; Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 8, Rdn. 107. 15 Vgl. Schütze RIW 2006, 353 ff. (353). 16 Vgl. OLG Frankfurt/Main, OLGR 2009, 151; Zöller/Geimer § 1069, Rdn. 6. 17 Vgl. BT-Drucks. 15/1062.
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2. Abschnitt. Beweisaufnahme nach VO (EG) Nr. 1206/2001
Vor § 1072
VIII. Heilung Nach mancherlei Bocksprüngen des EuGH unter der VO (EG) Nr. 1348/2000, die un- 25 ter der Devise standen: „Dem Mann muss geholfen werden“ hat die VO (EG) Nr. 1393/ 2007 nunmehr Klarheit geschaffen. Art. 8 Abs. 3 EuZVO greift die Grundsätze auf, die der EuGH in der Leffler-Entscheidung aufgestellt hat.18 Bei Zustellungsmängeln wegen fehlender, fehlerhafter oder sinnentstellender Übersetzung und der Annahmeverweigerung des Zustellungsadressaten kann die Zustellung erneut mit ordnungsgemäßer Übersetzung erfolgen. Zur Wahrung einer etwaigen Frist wird auf das Datum der ersten – fehlerhaften – Zustellung als entscheidend abgestellt. Damit ist einem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Der griechische Kläger, der genau weiß, dass der irische Beklagte kein Griechisch versteht, kann zur Fristwahrung getrost die griechische Klageschrift ohne Übersetzung zustellen lassen, ohne Nachteile (etwa wegen Versäumung einer Klagefrist, Eintritt der Verjährung pp.) befürchten zu müssen, wenn er nach Ablehnung der Annahme der Klageschrift die Übersetzung fertigen und erneut zustellen lässt.
Vor § 1072
§ 1070 weggefallen § 1071 weggefallen 2. ABSCHNITT. BEWEISAUFNAHME NACH VO (EG) NR. 1206/2001
ZWEITER ABSCHNITT Beweisaufnahme nach Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 18
Vorbemerkung zu §§ 1072–1075 Die zwischenstaatliche Beweisaufnahme im Rechtsverkehr der EU-Staaten unter- 1 einander – mit Ausnahme Dänemarks – ist durch die VO (EG) Nr. 1206/2001 (EuBVO)1 geregelt. Die EuBVO bringt Vereinfachungen durch Beschleunigung der Übermittlungsvorgänge und die Zulassung der unmittelbaren Beweisaufnahme durch das Gericht des Gerichtsstaates nach seinem Recht. Zwei Wege der Beweisaufnahme im Ausland kennt die Verordnung: – Die Beweisaufnahme durch das ersuchte ausländische Gericht: Das Prozessgericht kann ein ausländisches Gericht ersuchen, eine notwendige Beweisaufnahme im Wege der Rechtshilfe durchzuführen. Hierfür steht der unmittelbare Weg zwischen den Gerichten offen (Art. 2 EuBVO). – Die unmittelbare Beweisaufnahme durch das ersuchende Gericht: Art. 17 EuBVO eröffnet die Möglichkeit für eine unmittelbare Beweisaufnahme durch das ersuchende Gericht. Diese ist allerdings nur statthaft, wenn sie auf freiwilliger Grundlage und
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18 Vgl. EuGH Rs. C-443/03 – Götz Leffler v. Berlin Chemie AG = RIW 2006, 382 = EWS 2006, 41 = NJW 2006, 491; dazu Heidrich Amts- und Parteizustellungen im internationalen Rahmen: Status quo und Reformbedarf, EWS 2005, 743 ff. (747); Rauscher Urteilsanmerkung, JZ 2006, 251 ff.; Rösler/Siepmann Zum Sprachenproblem im Europäischen Zustellungsrecht, NJW 2006, 475 ff.; Schütze Übersetzungen im europäischen und internationalen Zivilprozessrecht – Probleme der Zustellung, RIW 2006, 352 ff.; Stadler Ordnungsgemäße Zustellung im Wege der remis au parquet und Heilung von Zustellungsfehlern nach der Europäischen Zustellungsverordnung, IPRax 2006, 116 ff. 1 Abgedruckt unten sub Rechtsquellen und Materialien zum 11. Buch, Nr. 4.
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Vor § 1072
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
ohne Zwangsmaßnahmen erfolgen kann (Abs. 2). Soweit eine Zeugenvernehmung Gegenstand der Beweisaufnahme ist, ist der Zeuge darüber zu belehren. 2
Die Mitgliedstaaten bestimmen weiterhin Zentralstellen. Deren Aufgabenbereich ist aber gegenüber dem Haager Beweisübereinkommen erheblich eingeschränkt (Art. 3 EuBVO). 3 §§ 1072–1075 sind durch das EG-Beweisaufnahmedurchführungsgesetz vom 4.11. 20032 in die ZPO eingefügt worden. Sie bringen Anpassungen für die Anwendung der EuBVO in deutschen Verfahren. Zur Abwehr unzulässiger Beweisaufnahmen kann ein Antrag auf gerichtliche Ent4 scheidung nach § 23 EGGVG, unter Umständen verbunden mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 29 Abs. 2 EGGVG in Verbindung mit § 49 FamFG gestellt werden.3 Schrifttum Adolphsen Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen, in: Marauhn (Hrsg.), Bausteine eines europäischen Beweisrechts, 2007, S. 1 ff.; Alio Änderungen im deutschen Rechtshilferecht: Beweisaufnahme nach der Europäischen Beweisaufnahmeverordnung, NJW 2004, 2706 ff.; Berger Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit der Gerichte auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen (EuBVO), IPRax 2001, 522 ff.; Berger Grenzüberschreitende Beweisaufnahme zwischen Österreich und Deutschland, FS Rechberger, 2005, S. 39 ff.; Betetto Introduction and Practical Cases on Council Regulation (EC) No 1206/2001 on Cooperation between the Courts of the Member States in the Taking Evidence in Civil and Commercial Matters, EuLF 2006, 137 ff.; Diago Diago La Ontención de Pruebas en la Union Europea, 2003; Freudenthal Internationale Bewijsverkrijging: van Haagse en Europese samenwerking, Nederlands Internationaal Privaatrecht, 2002, 109 ff.; Gazeas Die Europäische Beweisanordnung – ein weiterer Schritt in die falsche Richtung? ZRP 2005, 18 ff.; Geimer Internationale Beweisaufnahme, 1998; Hau Grenzüberschreitende Beweisaufnahme im Europäischen Justizraum, ERA-Forum 2005, 224 ff.; von Hein EG-BewVO, in: Rauscher (Hrsg.), Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Bearbeitung 2010; Hess Neue Formen der Rechtshilfe im Europäischen Justizraum, GS Blomeyer, 2004, S. 617 ff.; Hess/Müller Die Verordnung 1206/EG zur Beweisaufnahme, ZZPInt 6 (2001), 149 ff.; Huber Europäische Beweisaufnahmeverordnung (EuBVO), in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2005, S. 1337 ff.; Die Europäische Beweisaufnahmeverordnung (EuBVO) – Überwindung der traditionellen Souveränitätsvorbehalte? ZGP 2003, 115 ff.; Jastrow Europäische Zustellung und Beweisaufnahme 2004 – Neuregelungen im deutschen Recht und konsularische Beweisaufnahme, IPRax 2004, 11 ff.; Jayme Extraterritoriale Beweisbeschaffung und Vollstreckungshilfe für inländische Verfahren durch ausländische Gerichte, FS Geimer 2002, S. 375 ff.; Knöfel Kommentar zur Verordnung (EG), Nr. 1206/2001, in: Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 562.1 ff. (mit umfangreichen Nachweisen); Knöfel Vier Jahre Europäische Beweisaufnahmeverordnung – Bestandsaufnahme und aktuelle Entwicklungen, EuZW 2008, 267 ff.; Leipold Neue Wege im Recht der internationalen Beweiserhebung – Einige Bemerkungen zur Europäischen Beweisaufnahmeverordnung, FS Schlechtriem, 2003, S. 91 ff.; Leipold Das neue Europäische Beweisrecht, Ritsumeikan Law Review 20 (2003), 85 ff.; Leitzen Die grenzüberschreitende Beweisaufnahme in Zivilsachen, Jura 2007, 201 ff.; Markus Neue Entwicklungen bei der internationalen Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen, Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2002, 65 ff.; Mayer/Lindemann, Leichter als gedacht: Beweise im Ausland erheben, AnwBl. 2008, 864 f.; Müller Grenzüberschreitende Beweisaufnahme im Europäischen Justizraum, 2004; Rechberger/ McGuire Die Europäische Beweisaufnahme-Verordnung und Österreich, ÖJZ 2006, 53 ff.; Schoibl Die Fortentwicklung der grenzüberschreitenden Rechtshilfe in Europa: Die neue Europäische Beweisaufnahmeverordnung 1206/2001, FS Batliner II, S. 75 ff.; Schoibl Grenzüberschreitende Rechtshilfe im Europäischen Justizraum: Die unmittelbare Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssache nach der Verordnung (EG)
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BGBl. 2003 I 2166. Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 238.
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2. Abschnitt. Beweisaufnahme nach VO (EG) Nr. 1206/2001
§ 1072
1206/2001 – eine Skizze, FS Machacek und Matscher, 2008, S. 883 ff.; Schulze Dialogische Beweisaufnahmen im internationalen Rechtsverkehr – Beweisaufnahmen im Ausland durch und im Beisein des Prozessgerichts, IPRax 2001, 527 ff.; Stadler Grenzüberschreitende Beweisaufnahme in der Europäischen Union – Die Zukunft der Rechtshilfe in Zivilsachen, FS Geimer 2002, S. 1281 ff.; Tsikrikas, Einige Gedanken über den Anwendungsbereich der Europäischen Beweisverordnung, FS Simotta, 2012, S. 635 ff.; Vorwerk Beweisaufnahme im Ausland. Neue Wege für den deutschen Prozess, AnwBl. 2011, 369 ff.
§ 1072
§ 1072 Beweisaufnahme in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union Soll die Beweisaufnahme nach der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. EG Nr. L 174 S. 1) erfolgen, so kann das Gericht 1. unmittelbar das zuständige Gericht eines anderen Mitgliedstaats um Aufnahme des Beweises ersuchen oder 2. unter den Voraussetzungen des Artikels 17 der Verordnung (EG) Nr. 1206/ 2001 eine unmittelbare Beweisaufnahme in einem anderen Mitgliedstaat beantragen.
I.
II.
Übersicht Sachlicher Geltungsbereich 1 1. Zivil- oder Handelssache 1 2. Beweisaufnahme im Ausland für deutsche Verfahren 3 3. Verwendungszweck der Ergebnisse der Beweisaufnahme 5 Beweismittel 7 1. Augenscheinsbeweis 8 2. Urkundenbeweis 9 3. Zeugenbeweis 10 4. Sachverständigenbeweis 11
5. Parteivernehmung 12 Beweisaufnahme im Wege der Rechtshilfe 13 IV. Unmittelbare Beweisaufnahme 15 V. Kein Ausschluss extraterritorialer Beweisbeschaffung 16 VI. Anwendung der ZRHO 18 VII. Kosten und Sicherheitsleistung 19 VIII. Verstoß gegen § 1072 21 IX. Rechtsmittel 22 III.
I. Sachlicher Geltungsbereich 1. Zivil- oder Handelssache. Die EuBVO ist ihrem sachlichen Geltungsbereich nach 1 auf Beweisaufnahmen in Zivil- oder Handelssachen beschränkt (Art. 1 Abs. 1 EuBVO). Der Begriff der Zivil- oder Handelssache entspricht dem in Art. 1 EuGVVO/LugÜ II sowie Art. 1 Abs. 1 EuGVÜ/LugÜ I.1 Er ist autonom zu qualifizieren,2 um eine einheitliche Anwendung im europäischen Justizraum zu gewährleisten.3 Auch die Geltendmachung von
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1 Vgl. Knöfel in: Geimer/Schütze IRV, 562.33; Knöfel, Vier Jahre Europäische Beweisaufnahmeverordnung – Bestandsaufnahme und aktuelle Entwicklungen, EuZW 2008, 267 ff. (267); Mayr/Czernich Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 366; Rauscher/von Hein EG-BewVO Art. 1, Rdn. 1 („lehnt sich an Art. 1 Brüssel I-VO, Art. 1 EG-ZustellVO und Art. 1 Abs. 1 HBÜ an“); Schmidt Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 336; Tsikrikas Einige Gedanken zum Anwendungsbereich der Europäischen Beweisverordnung, FS Simotta, 2012, S. 635 ff. (636). 2 Vgl. EuGH Rs. 29/76 – LTU v. Eurocontrol – EuGHE 1976, 1541 = NJW 1977, 489 mit Anm. Geimer = RIW/AWD 1977, 40 mit Anm. Linke = Rev.crit. 1977, 772 mit Anm. Droz. 3 Vgl. Alio Änderungen im deutschen Rechtshilferecht: Beweisaufnahme nach der Europäischen Beweisaufnahmeverordnung, NJW 2004, 2706 ff.; Hess/Müller Die Verordnung 1206/01/EG zur
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§ 1072
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Ersatzansprüchen des Verletzten im Strafverfahren gegen den Schädiger (Adhäsionsprozess) ist zivilrechtlicher Natur. Das entspricht Art. 5 Nr. 4 VO (EG) Nr. 44/2001 und Art. 5 Nr. 4 EuGVÜ/LugÜ I.4 Ausgeschlossen sind insbesondere steuer-, verwaltungs- und zollrechtliche Streitigkeiten. Art. 1 Abs. 1 EuBVO statuiert nicht die Bereichsausnahmen des Art. 1 Abs. 2 VO (EG) 2 Nr. 44/2001. Diese sind deshalb nicht tale quale für die EuBVO zu übernehmen.5 Die Verfahren nach Art. 1 Abs. 2 lit. a und b (Nr. 1 und 2) der Regelwerke sind ausgenommen, weil eine besondere europarechtliche Regelung hierfür geschaffen werden sollte,6 die sich auf die internationale Zuständigkeit und die Wirkungserstreckung von gerichtlichen Entscheidungen bezog. Das ist inzwischen geschehen. Es besteht kein Anlass, diese Materien aus dem Geltungsbereich der EuBVO auszunehmen. Dasselbe gilt für insolvenzrechtliche Verfahren. Sozialrechtliche Gegenstände sind ausgenommen, weil sie jedenfalls nach deutschem Verständnis dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Bei Schiedsverfahren ist die Anwendung der EuBVO nur unter zwei Voraussetzungen möglich: Das Schiedsverfahren muss eine zivil- oder handelsrechtliche Streitigkeit zum Gegenstand haben und ein Gericht muss im Rahmen seiner Hilfsfunktion tätig werden.7 3
2. Beweisaufnahme im Ausland für deutsches Verfahren. § 1072 betrifft nur Beweisaufnahmen über die Grenze in einem deutschen gerichtlichen Verfahren. Gerichtliche Verfahren sind nur solche vor staatlichen Gerichten, nicht vor privaten Gerichten, insbesondere also Verbands-, Vereins- und Schiedsgerichten. 8 Schiedsgerichten ist der Weg der Beweiserhebung über die Grenze nach der EuBVO jedoch nicht vollständig verschlossen. Sie können – ebenso wie unter der Geltung des Haager Beweisübereinkommens9 – den Weg über § 1050 wählen.10 Hierin liegt keine Umgehung des Art. 1
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Beweisaufnahme im Ausland, ZZPInt 6 (2001), 149 ff.; Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 1 EuBVO, Rdn. 17; Mayr/Czernich Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 366; Rauscher/von Hein EG-BewVO Art. 1, Rdn. 1; Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 1 EuBVO, Rdn. 1; Zöller/Geimer § 363, Rdn. 85. 4 Vgl. dazu Kohler Adhäsionsverfahren und Brüsseler Übereinkommen 1968, in: Will (Hrsg.), Schadensersatz im Strafverfahren, 1990, S. 74 ff. 5 Vgl. Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 1 EuBVO, Rdn. 18; Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 1, Rdn. 4. 6 Vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A 1, Art. 1, Rdn. 66 ff. 7 Vgl. Mayr/Czernich Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 367; vgl. im Übrigen Schoibl Europäische Rechtshilfe bei der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen durch ordentliche Gerichte für Schiedsgerichte, FS Rechberger, 2005, S. 513 ff. 8 Vgl. Fumagalli La nuova disciplina comunitaria dell’assunzione delle prove all’estero in materia civile, Rivista di diritto internazionale privato e processuale 2002, 327 ff. (333); Huber in: Gebauer/Wiedmann Privatrecht unter europäischem Einfluss, Art. 1 EuBVO, Rdn. 25; Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 1, Rdn. 9. 9 Vgl. dazu Erläuterung zu Art. 1 des Haager Beweisübereinkommens, Deutsche Denkschrift, BTDrucks. VII Nr. 4892; Saathoff Möglichkeiten und Verfahren gerichtlicher Hilfe zugunsten fremdnationaler Handelsschiedsverfahren mit internationaler Beteiligung, Diss. Köln 1987; Schütze Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 5. Aufl., 2012, Rdn. 364 f. 10 Vgl. Alio Änderungen im deutschen Rechtshilferecht: Beweisaufnahme nach der Europäischen Beweisaufnahmeverordnung, NJW 2004, 2706 ff. (2706 f.); Berger Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit der Gerichte auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 522 ff. (523); Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 1 EuBVO, Rdn. 25; Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 1 Rdn. 9; vgl. dazu aus österreichischer Sicht Mayr/Czernich Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 367 und Schoibl Europäische Rechtshilfe bei der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen durch ordentliche Gerichte für Schiedsgerichte, FS Rechberger, 2005, S. 513 ff.
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2. Abschnitt. Beweisaufnahme nach VO (EG) Nr. 1206/2001
§ 1072
Abs. 2.11 Will das Schiedsgericht nach den Bestimmungen der EuBVO Beweise im Ausland erheben, so erlässt es einen Beweisbeschluss und leitet diesen mit einem Rechtshilfeersuchen an das zuständige staatliche Gericht nach § 1050 weiter, das dann nach den Bestimmungen des Haager Beweisübereinkommens oder der EuBVO verfährt.12 Der Begriff des Gerichts ist nicht auf Zivilgerichte beschränkt. Entscheidend ist nicht 4 der Gerichtszweig, vielmehr die Natur der Streitsache. So können auch Strafgerichte in Adhäsionsverfahren Beweis im Ausland nach der EuBVO erheben. Auf der anderen Seite ist für Zivilgerichte die Beweiserhebung nach europäischem Recht in den Zivilsachen kraft Zuweisung ausgeschlossen. Ersuchendes Gericht kann jedes Gericht sein, bei dem ein Verfahren in einer Zivil- oder Handelssache anhängig oder zu eröffnen ist. 3. Verwendungszweck der Ergebnisse der Beweisaufnahme. Der sachliche Gel- 5 tungsbereich der EuBVO ist enger als der nach dem Haager Beweisübereinkommen. Während Letzteres alle gerichtlichen Handlungen erfasst, fallen unter die EuBVO nur Maßnahmen der Beweisaufnahme. Der Begriff der Beweisaufnahme ist – ebenso wie der der Zivil- oder Handelssache – autonom zu interpretieren.13 Darunter fallen nach der treffenden Definition von von Hein die Maßnahmen auf Beschaffung einer Information, die der richterlichen Wahrheitsfindung bzw. Überzeugungsbildung dienen.14 Grundsätzlich gilt die Vorschrift für alle zivilprozessualen Beweisverfahren nach §§ 355 ff.15 Sie findet auch im Urkundsprozess Anwendung.16 Es genügt auch, wenn die Verwendung in einem selbständigen Beweisverfahren 6 nach §§ 485 ff. erfolgen soll.17 Dieses kann zwar nach § 485 Abs. 2 auch der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen, hat im Übrigen aber den Zweck, Beweismittel in einem späteren Prozess zu sein (§ 493). Es ist damit ein vorsorgliches Beweismittel. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung die Verwertung ausländischer Beweissicherungsmaßnahmen ablehnt. 18 Würde man die Möglichkeiten der EuBVO im Rahmen selbständiger Beweisverfahren nicht nutzen, dann ginge ein wichtiges Beweismittel im deutschen Zivilprozess verloren. II. Beweismittel Als Beweismittel, die durch die Beweiserhebung im Ausland nach der EuBVO erho- 7 ben werden können, kommen im Grundsatz alle nach §§ 371 ff. in Betracht.
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11 So jedoch Fumagalli La nuova disciplina dell’assunzione delle prove all’estero in materia civile, Rivista di diritto internazionale privato e processuale, 2002, 327 ff. (333 f.); Schmidt Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 375. 12 Vgl. Schütze Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 5. Aufl., 2012, Rdn. 365. 13 Vgl. Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 1 EuBVO, Rdn. 21; Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 1, Rdn. 14. 14 Vgl. Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 1, Rdn. 14. 15 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1072, Rdn. 3. 16 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1072, Rdn. 3. 17 Vgl. Berger Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit der Gerichte auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 522 ff. (523); Hess/Müller Die Verordnung 1206/01/EG zur Beweisaufnahme im Ausland, ZZPInt 6 (2001), 149 ff. (152); Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 1 EuBVO, Rdn. 30; Schmidt Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 372; Stadler Grenzüberschreitende Beweisaufnahmen in der Europäischen Union – Die Zukunft der Rechtshilfe in Beweissachen, FS Geimer 2002, S. 1281 ff. (S. 1302 f.). 18 Vgl. OLG Köln NJW 1983, 2779; OLG Hamburg IPRax 2000, 530; LG Hamburg IPRax 2001, 45; vgl. dazu auch Ahrens Grenzüberschreitende selbständige Beweisverfahren – eine Skizze, FS Schütze 1999, S. 1 ff.
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§ 1072
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1. Augenscheinsbeweis. Gegenstand eines Ersuchens kann der Beweis durch Augenschein eines im Ausland belegenen Gegenstandes nach § 371 sein. Daneben kann der Partei die Vorlage des Augenscheinsobjektes nach § 144 aufgegeben werden.19
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2. Urkundenbeweis. Die Urkundenvorlage im Wege der Rechtshilfe nach der EuBVO hat ihre wesentliche Bedeutung bei Beweisantritt durch Vorlage der Urkunde durch einen Dritten nach §§ 428 ff., 142.
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3. Zeugenbeweis. Gegenstand des Beweisersuchens kann die Zeugenvernehmung nach §§ 373 ff. sein. Wenn der im Ausland lebende Zeuge auf Bitte des Gerichts – nach erforderlicher Belehrung – nicht in der mündlichen Verhandlung erscheint, ist die richterliche Vernehmung nur im Wege der passiven Rechtshilfe nach Art. 17 EuBVO möglich. Im Übrigen kann nach Art. 10 EuBVO verfahren werden.
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4. Sachverständigenbeweis. Im Grundsatz dürfen von einem deutschen Gericht beauftragte Sachverständige auch im Ausland tätig werden, da sie nicht hoheitlich handeln und durch ihre Tätigkeit die Souveränität des ausländischen Staates nicht verletzt wird.20 Das gilt zunächst für die Einholung von Informationen von dem ausländischen Hersteller einer Maschine, deren Mangelhaftigkeit Gegenstand des Gutachtens ist oder der Benutzung ausländischer Bibliotheken pp. aber auch darüber hinaus. Umfassender ist es im Rahmen des Anwendungsbereichs von Art. 17 EuBVO.21 Art. 17 Abs. 3 EuBVO erlaubt die Durchführung der Beweisaufnahme durch einen vom ersuchenden Gericht bestellten Sachverständigen.
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5. Parteivernehmung. Bei der Parteivernehmung ist zu differenzieren. Die Anhörung der Partei nach § 141 ist kein echtes Beweismittel.22 Sie dient nur dem besseren Verständnis des Parteivortrags. Die Parteivernehmung nach §§ 445 ff. ist ein echtes Beweismittel. Sie ist zwar nach § 445 Abs. 1 nur subsidiär für den Fall, dass eine Partei, die den ihr obliegenden Beweis mit anderen Beweismitteln nicht vollständig geführt oder andere Beweismittel nicht vorgebracht hat. Das ändert aber nicht ihre Natur als Beweismittel. Die Parteivernehmung fällt deshalb in den Geltungsbereich der EuBVO.23 III. Beweisaufnahme im Wege der Rechtshilfe
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§ 1072 stellt dem Gericht zunächst den Weg des Beweisersuchens nach Artt. 4 ff. EuBVO zur Wahl. Die Beweisaufnahme erfolgt aufgrund eines Ersuchens, das auf dem Formblatt A, gegebenenfalls dem Formblatt I gestellt werden muss. Das Beweisersuchen wird im unmittelbaren Geschäftsverkehr an das ersuchte Gericht in dem Staat, in dem die Beweiserhebung erfolgen soll, weitergeleitet (Art. 2 EuBVO). Die zuständigen Gerichte sind in dem Handbuch der Kommission aufgeführt, das nach den Angaben der Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 EuBVO erstellt ist. Die Angaben sind nicht immer vollständig und aktuell, stimmen teilweise auch nicht mit der Praxis über-
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19 Vgl. zu der damit verbundenen Problematik Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 1 EuBVO, Rdn. 38. 20 Vgl. Geimer IZPR, Rdn. 445; Musielak Beweiserhebung bei auslandsbelegenen Beweismitteln, FS Geimer 2002, S. 761 ff. (772); Zöller/Geimer § 363, Rdn. 5e; aA Hau Gerichtssachverständige in Fällen mit Auslandsbezug, RIW 2003, 822 ff. (823 f.). 21 Vgl. dazu Hau Gerichtssachverständige in Fällen mit Auslandsbezug, RIW 2003, 822 ff. 22 Vgl. Zöller/Greger § 141, Rdn. 1. 23 Vgl. Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 1, Rdn. 15.
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2. Abschnitt. Beweisaufnahme nach VO (EG) Nr. 1206/2001
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ein.24 Bei Schwierigkeiten kann die Zentralstelle angerufen werden, die Auskünfte erteilt (Art. 3 Abs. 1 lit. a EuBVO), bei Schwierigkeiten nach Lösungsmöglichkeiten sucht (Art. 3 Abs. 1 lit. b EuBVO) und – in Ausnahmefällen – das Ersuchen an das zuständige Gericht weiterleitet (Art. 3 Abs. 1 lit. c EuBVO). Das ersuchte Gericht erledigt das Ersuchen nach seiner lex fori (Art. 10 Abs. 2 EuB- 14 VO). Das deutsche Gericht kann – unter Verwendung des Formblattes A – beantragen, dass das Ersuchen in einer besonderen Form nach deutschem Recht erledigt wird (Art. 10 Abs. 3 EuBVO). Es gelten Artt. 10 ff. EuBVO. Für die Teilnahmerechte der Beteiligten vgl. § 1073. Das Ersuchen muss unverzüglich, spätestens innerhalb von 90 Tagen nach Eingang erledigt werden (Art. 10 Abs. 1 EuBVO). IV. Unmittelbare Beweisaufnahme Art. 17 EuBVO eröffnet die Möglichkeit der unmittelbaren Beweisaufnahme25 durch 15 das ersuchende Gericht im Ausland. § 1072 weist den deutschen Richter lediglich auf diese Möglichkeit hin. Diese Möglichkeit ist vielleicht der größte Fortschritt der EuBVO gegenüber dem bisherigen Rechtszustand, stellt sie doch sicher, dass das Prozessgericht die Beweisaufnahme selbst durchführt und sich – bei der Zeugenvernehmung – einen Eindruck von der Glaubwürdigkeit des Zeugen verschaffen kann. Im Rahmen der Anwendung von Art. 17 EuBVO ist § 363 ausgeschlossen.26 Allerdings schließt das nicht aus, dass der Partei, die nicht an der Beweisaufnahme mitwirkt – etwa eine Ortsbesichtigung nicht zulässt oder verhindert – Beweisnachteile entstehen.27 Die Durchführung unmittelbarer Beweisaufnahme bedarf der Einschaltung der Zentralstelle bzw. der zuständigen Behörde nach Art. 3 Abs. 3 EuBVO. Der Zentralstelle obliegt die Prüfung, ob die Erfordernisse des Art. 17 Abs. 5 EuBVO gegeben sind, also – das Ersuchen in den Anwendungsbereich der EuBVO fällt, – das Ersuchen die nach Art. 4 EuBVO erforderlichen Angaben enthält und – die beantragte Beweisaufnahme mit den wesentlichen Rechtsgrundsätzen der lex fori des ersuchten Gerichts vereinbar ist. Die unmittelbare Beweisaufnahme ist nur statthaft, wo sie auf freiwilliger Grundlage und ohne Zwangsmaßnahmen erfolgen kann (Art. 17 Abs. 2 EuBVO). Zeugen sind hierüber zu belehren. V. Kein Ausschluss extraterritorialer Beweismittelbeschaffung Die EuBVO schließt nicht aus, dass Beweismittel aus dem Ausland während des 16 deutschen Prozesses ins Inland verbracht werden und dort Gegenstand einer inländischen Beweisaufnahme werden.28
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24 Vgl. für die Probleme im Rechtsverkehr mit Spanien Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 2 EuBVO, Rdn. 52. 25 Vgl. dazu Schoibl Grenzüberschreitende Rechtshilfe im europäischen Justizraum, FS Machacek und Matscher, 2008, S. 883 ff. 26 Vgl. Hess/Müller Die Verordnung 1206/01/EG zur Beweisaufnahme im Ausland, ZZPInt 6 (2001), 149 ff. (162); Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 17 EuBVO, Rdn. 1. 27 Vgl. Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 17 EuBVO, Rdn. 2; Stadler Grenzüberschreitende Beweisaufnahmen in der Europäischen Union – Die Zukunft der Rechtshilfe in Beweissachen, FS Geimer 2002, S. 1281 ff. (1299). 28 Vgl. Berger Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit der Gerichte auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 522 ff. (526 f.); Coester-Waltjen Einige
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Das gilt zunächst für die Beschaffung von Beweisurkunden aus dem Ausland.29 Soweit sich eine Vorlagepflicht aus §§ 422, 423 ergibt, kann das deutsche Gericht die Vorlage einer Urkunde auch dann nach § 425 anordnen, wenn diese sich nicht in Deutschland befindet. Dasselbe gilt für die Urkundenvorlage nach § 142.30 Bei Zeugen will Coester-Waltjen differenzieren.31 Ist der als Zeuge benannte Dritte im 17 Hinblick auf das Beweisthema dem Forumstaat so verbunden,32 wie es für eine Beklagtenrolle notwendig wäre, so soll er sowohl als Zeuge geladen oder sanktionsbewehrt zu einer schriftlichen Zeugenaussage aufgefordert werden können. Ist der Dritte in diesem Sinne nicht gerichtspflichtig, so soll es bei der Vernehmung im Wege der Rechtshilfe bleiben. Diese Unterscheidung ist wenig sinnvoll. Denn die Gerichtspflichtigkeit hat nur für die Parteien Bedeutung. Möglich ist nur die Aufforderung an die Partei, den Zeugen in die Sitzung zu stellen, deren Nichtbeachtung sanktionslos bleibt oder die formlose Bitte an den Zeugen ohne Androhung von Zwangsmitteln.33 Eine formlose Aufforderung ist kein hoheitlicher Akt.34 Jedoch wird man fordern müssen, dass der Zeuge über sein Recht, nicht vor Gericht zu erscheinen, zu belehren ist. Streitig ist, ob ein Zeuge im Ausland schriftlich nach § 377 Abs. 3 befragt werden kann.35 VI. Anwendung der ZRHO 18
Das nationale Recht wird durch die EuBVO nicht verdrängt.36 Die Prüfungsstelle ist einzuschalten, soweit die Landesjustizverwaltung nicht von einer Beteiligung der Prüfungsstelle absieht (§ 27 ZRHO). § 38a Abs. 1 ZRHO regelt die Teilnahme von Richtern und Gerichtssachverständigen im Rahmen der Beweisaufnahme nach der EuBVO im Ausland. VII. Kosten und Sicherheitsleistung
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Die Kostentragung bestimmt sich nach Art. 18 EuBVO.37 Danach ist das Verfahren grundsätzlich kostenfrei. Nach Art. 18 Abs. können für die Erledigung des Ersuchens die Erstattung von Gebühren und Auslagen nicht verlangt werden.
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Überlegungen zur Beschaffung von Beweisurkunden aus dem Ausland, FS Schlosser 2005, S. 147 ff.; Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 1 EuBVO, Rdn. 35 ff.; Müller Grenzüberschreitende Beweisaufnahme im Europäischen Justizraum, 2004, S. 145; Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 1, Rdn. 18; Zöller/Geimer § 363, Rdn. 4. 29 Vgl. hierzu eingehend Coester-Waltjen Einige Überlegungen zur Beschaffung von Beweisurkunden aus dem Ausland, FS Schlosser 2005, S. 147 ff.; Musielak Beweiserhebung bei auslandsbelegenen Beweismitteln, FS Geimer 2002, S. 761 ff. 30 Vgl. Berger Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit der Gerichte auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 522 ff. (527); Coester-Waltjen Einige Überlegungen zur Beschaffung von Beweisurkunden aus dem Ausland, FS Schlosser 2005, S. 147 ff. (153); Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 1 EuBVO, Rdn. 39; Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 1 Rdn. 31; Stadler Grenzüberschreitende Beweisaufnahmen in der Europäischen Union – Die Zukunft der Rechtshilfe in Beweissachen, FS Geimer 2002, S. 1281 ff. (1290). 31 Vgl. Coester-Waltjen Einige Überlegungen zur Beschaffung von Beweisurkunden aus dem Ausland, FS Schlosser 2005, S. 147 ff. (159 ff.). 32 Vgl. auch Geimer IZPR, Rdn. 430, der auf „minimum contacts“ abstellen will. 33 Vgl. Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 1, Rdn. 40. 34 Vgl. Berger Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit der Gerichte auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 522 ff. (527); Geimer IZPR, Rdn. 431; Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 1, Rdn. 40; Musielak Beweiserhebung bei auslandsbelegenen Beweismitteln, FS Geimer 2002, S. 761 ff. (770). 35 Vgl. dazu Schabenberger Der Zeuge im Ausland im deutschen Zivilprozess, Diss. Freiburg 1996, S. 197 f. 36 Vgl. Zöller/Geimer § 1072, Rdn. 8. 37 Vgl. zu den Kosten der Beweisaufnahme eingehend Zöller/Geimer § 1072, Rdn. 9.
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2. Abschnitt. Beweisaufnahme nach VO (EG) Nr. 1206/2001
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Eine Ausnahme von der Kostenfreiheit besteht in drei Fällen: für Aufwendungen für Sachverständige und Dolmetscher; für Aufwendungen, die durch Benutzung von Kommunikationstechnologien – insbesondere Videokonferenzen und Telekonferenzen – auf Verlangen des ersuchenden Gerichts entstehen (Art. 10 Abs. 4 EuBVO); für Aufwendungen, die durch die Erledigung der Beweisersuchens in der Form des Staates des ersuchenden Gerichts auf dessen Verlangen entstehen (Art. 10 Abs. 3 EuBVO).
Für entstehende Sachverständigenkosten kann Sicherheitsleistung nach Art. 18 20 Abs. 3 EuBVO verlangt werden. VIII. Verstoß gegen § 1072 Bei einem Verstoß gegen § 1072 gelten dieselben Regeln wie bei der Beweisaufnah- 21 me nach deutschem autonomen Recht.38 IX. Rechtsmittel Die Bestimmungen über die Beweisaufnahme nach deutschem autonomen Recht 22 sind anwendbar, insbesondere §§ 252, 511 ff., 567 ff.39
§ 1073
§ 1073 Teilnahmerechte (1) Das ersuchende deutsche Gericht oder ein von diesem beauftragtes Mitglied darf im Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 bei der Erledigung des Ersuchens auf Beweisaufnahme durch das ersuchte ausländische Gericht anwesend und beteiligt sein. Parteien, deren Vertreter sowie Sachverständige können sich hierbei in dem Umfang beteiligen, in dem sie in dem betreffenden Verfahren an einer inländischen Beweisaufnahme beteiligt werden dürfen. (2) Eine unmittelbare Beweisaufnahme im Ausland nach Artikel 17 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 dürfen Mitglieder des Gerichts sowie von diesem beauftragte Sachverständige durchführen.
I. II. III.
Übersicht Teilnahmerechte des Gerichts 1 Teilnahmerechte der Parteien und Sachverständiger 4 Unmittelbare Beweisaufnahme 6
IV. V. VI.
Kosten 7 Verstoß gegen § 1073 Rechtsmittel 9
8
I. Teilnahmerechte des Gerichts Abs. 1 konkretisiert die Teilnahmerechte der Prozessbeteiligten im deutschen Zivil- 1 verfahren bei der Beweisaufnahme durch das ersuchte ausländische Gericht. Die Rege-
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Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1072, Rdn. 9. Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1072, Rdn. 10.
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lung war notwendig, da Art. 12 Abs. 1 EuBVO das Teilnahmerecht von Beauftragten des ersuchenden Gerichts unter den Vorbehalt stellt, dass dies mit dem Recht des ersuchenden Gerichts vereinbar ist. Teilnahmeberechtigt ist das Gericht,1 d.h. die Kammer oder der Senat, oder ein einzelnes Mitglied des Gerichts (beauftragter oder ersuchter Richter2 nach § 375). Das Gericht kann auch einen Beauftragten ernennen, der nicht Angehöriger des Spruchkörpers ist,3 z.B. einen Sachverständigen.4 Nicht teilnahmeberechtigt – jedenfalls als Gerichtsbeauftragte – sind andere bei Gericht Tätige, z.B. zur Ausbildung zugewiesene Referendare oder deutsche oder ausländische öffentliche Stellen (einschließlich der Konsuln).5 Der Genehmigung der Bundesregierung bedarf die Teilnahme von richterlichem Per2 sonal nicht (§ 38a Abs. 1 ZRHO). Die beabsichtigte Teilnahme und die Beteiligung sind auf Formblatt A anzuzeigen (§ 38a Abs. 1 ZRHO). Für etwa notwendige dienstrechtliche Genehmigungen gilt dasselbe für eine Teilnahme an einer Beweisaufnahme im Inland an einem anderen als dem Prozessort. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob in einem Prozess vor dem Landgericht Stuttgart Beweis in Brüssel oder in Hamburg erhoben wird. § 1073 lässt etwaige dienstrechtliche Erfordernisse nicht entfallen. 3 Die bloße Teilnahme an der Beweisaufnahme ist nützlich, aber nicht ausreichend. Art. 12 Abs. 3 EuBVO gibt dem ersuchenden Gericht die Möglichkeit, die aktive Teilnahme an der Beweisaufnahme zu beantragen. Dies hat formularmäßig auf Formblatt A zu geschehen. Der Antrag wird regelmäßig dahingehen, dass das Gericht oder der Beauftragte Fragen an den Zeugen stellen kann. Wird keine besondere Art der Beteiligung beantragt, so legt das Rechtshilfegericht die Vorgehensweise nach seiner lex fori fest.6 II. Teilnahmerechte der Parteien und Sachverständiger 4
Art. 11 Abs. 1 EuBVO gibt den Parteien ein Anwesenheitsrecht bei der Beweisaufnahme im Ausland. Dasselbe gilt für ihre Vertreter, insbesondere Prozessbevollmächtigte. Das Teilnahmerecht steht unter dem Vorbehalt, dass das Recht des ersuchenden Gerichts dies zulässt. § 1073 stellt dieses Teilnahmerecht der Parteien und ihrer Vertreter im deutschen Prozess ausdrücklich klar und verweist hinsichtlich des Umfangs des Teilnahmerechts auf das deutsche Recht. Das deutsche Recht gewährleistet nicht nur ein Recht der Teilnahme der Parteien und ihrer Vertreter. Nach § 397 muss der Vorsitzende dem Zeugen auch eine zulässige Frage vorlegen, auch wenn er sie nicht für sachdienlich hält.7 Darüber hinaus kann der Vorsitzende Parteien und Prozessbevollmächtigen nach § 397 Abs. 2 auf Verlangen gestatten, an den Zeugen unmittelbar Fragen zu stellen.
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1 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1073, Rdn. 5. 2 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1073, Rdn. 5; Zöller/Geimer § 1073, Rdn. 5. 3 Vgl. Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 12, Rdn. 4; Schmidt Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 343; Zöller/Geimer § 1073, Rdn. 6. 4 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1073, Rdn. 7. 5 Vgl. Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 12 Rdn. 4. 6 Vgl. Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 12 EuBVO, Rdn. 166; Mayr/Czernich Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 376; Stadler Grenzüberschreitende Beweisaufnahme in der Europäischen Union – Die Zukunft der Rechtshilfe in Beweissachen, FS Geimer 2002, S. 1281 ff. (1294). 7 Vgl. BGH NJW 1997, 802.
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2. Abschnitt. Beweisaufnahme nach VO (EG) Nr. 1206/2001
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Auch Sachverständige sind teilnahmeberechtigt. Sachverständiger ist ein solcher, 5 der von einem deutschen Gericht nach §§ 402 ff. bestellt worden ist.8 III. Unmittelbare Beweisaufnahme Abs. 2 eröffnet den Weg zur unmittelbaren Beweisaufnahme nach Art. 17 EuBVO. 6 Hier liegt der materiell wohl größte Fortschritt, den die EuBVO für die Beweisaufnahme über die Grenze gebracht hat.9 Denn nach den bestehenden völkerrechtlichen Bestimmungen über die Beweisaufnahme im Ausland, insbesondere dem Haager Beweisübereinkommen, ist eine direkte Beweisaufnahme durch den Richter des ersuchenden Gerichts auf dem Hoheitsgebiet des ersuchten Staates nicht zulässig.10 Wählt das Gericht den Weg der unmittelbaren Beweisaufnahme, so ist § 363 nicht mehr anwendbar.11 Die unmittelbare Beweisaufnahme steht nicht nur Richtern, sondern auch Sachverständigen offen.12 Auf diese Weise darf der Sachverständige – was außerhalb des Geltungsbereichs der EuBVO zweifelhaft ist (vgl. dazu § 1072, Rdn. 11) – einen Ortstermin im Ausland durchführen. § 404a ist zu beachten, vgl. Art. 17 Abs. 6 EuBVO. IV. Kosten Die Kosten bestimmen sich nach Art. 18 EuBVO, im Übrigen nach autonomem Recht 7 (ZPO und JVEG).13 V. Verstoß gegen § 1073 Die Rechtsfolgen von Verstößen gegen § 1073 sind dieselben wie bei der Verletzung 8 der Regeln über die Beweisaufnahme nach autonomem deutschen Recht.14 VI. Rechtsmittel Es gilt deutsches Recht der Beweisaufnahme, insbesondere kommen §§ 252, 511 ff., 9 567 ff. zur Anwendung.15
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§ 1074 Zuständigkeiten nach der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 (1) Für Beweisaufnahmen in der Bundesrepublik Deutschland ist als ersuchtes Gericht im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 dasjenige Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Verfahrenshandlung durchgeführt werden soll.
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8 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1073, Rdn. 10. 9 Vgl. Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 17 EuBVO, Rdn. 1. 10 Vgl. Mayr/Czernich Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 382. 11 Vgl. Hess/Müller Die Verordnung 1206/01/EG zur Beweisaufnahme im Ausland, ZZPInt 6 (2001), 149 ff. (162); Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 17 EuBVO, Rdn. 2. 12 Vgl. Thomas/Putzo/Reichold § 1073, Rdn. 2. 13 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1073, Rdn. 16. 14 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1073, Rdn. 17. 15 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1073, Rdn. 18.
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(2) Die Landesregierungen können die Aufgaben des ersuchten Gerichts einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte durch Rechtsverordnung zuweisen. (3) Die Landesregierungen bestimmen durch Rechtsverordnung die Stelle, die in dem jeweiligen Land 1. als deutsche Zentralstelle im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 zuständig ist, 2. als zuständige Stelle Ersuchen auf unmittelbare Beweisaufnahme im Sinne von Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 entgegennimmt. Die Aufgaben nach den Nummern 1 und 2 können in jedem Land nur jeweils einer Stelle zugewiesen werden. (4) Die Landesregierungen können die Befugnis zum Erlass einer Rechtsverordnung nach den Absätzen 2 und 3 Satz 1 einer obersten Landesbehörde übertragen.
I.
II. III.
Übersicht Zuständigkeit für Beweisaufnahmen im Inland 1 1. Zuständigkeit des Amtsgerichts 2 2. Konzentrationsermächtigung 3 Übermittlung des Ersuchens 4 Zentralstellen 6 1. Bestimmung von Zentralstellen und deren Aufgaben 6 a. Auskunfterteilung 7
IV.
b. Lösung von Schwierigkeiten bei der Beweisaufnahme über die Grenze 8 c. Weiterleitung eines Ersuchens in Ausnahmefällen 9 2. Deutsche Zentralstellen 10 Übertragung von Funktionen auf oberste Landesbehörde 11
I. Zuständigkeit für Beweisaufnahmen im Inland 1
Nachdem sich die Abwicklung von Beweisaufnahmen über die Grenze über Zentralstellen nach dem Haager Beweisübereinkommen als zu schwerfällig und zeitraubend erwiesen hat,1 ist der unmittelbare Geschäftsverkehr nach der EuBVO der entscheidende Vorteil im europäischen Beweisrecht. Dessen Zulassung in Art. 2 EuBVO konkretisiert § 1074 durch die Bestimmung der Zuständigkeit für Beweisaufnahmen im Inland im Rahmen von vor ausländischen Gerichten schwebenden Prozessen. Nach Art. 2 Abs. 1 EuBVO kann das ausländische Gericht ein Beweisersuchen unmittelbar an das deutsche Gericht (ersuchtes Gericht) übersenden.
2
1. Zuständigkeit des Amtsgerichts. Ersuchtes Gericht ist das Amtsgericht, in dessen Sprengel die Verfahrenshandlung durchgeführt werden soll. Sollen Verfahrenshandlungen an verschiedenen Orten durchgeführt werden, etwa die Einnahme des Augenscheins im Sprengel des Gerichts A, die Zeugenvernehmung im Sprengel des Gerichts B, so ist jeweils ein besonderes Ersuchen erforderlich. Die Ersuchen können gleichzeitig gestellt werden. Das ist jedoch nur sinnvoll, wenn sie parallel erledigt werden können, da andernfalls die 90 Tagesfrist des Art. 10 Abs. 1 EuBVO u.U. zu kurz ist. Funktionell ist nicht der Rechtspfleger, sondern der Amtsrichter zuständig.2
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1 Vgl. Berger Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit der Gerichte auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen (EuBVO), IPRax 2001, 522 ff.; Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 2 EuBVO, Rdn. 47; Schlosser EU-Zivilprozessrecht, EuBVO, Art. 2, Rdn. 1. 2 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1074, Rdn. 4.
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2. Abschnitt. Beweisaufnahme nach VO (EG) Nr. 1206/2001
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2. Konzentrationsermächtigung. Die Landesregierungen haben die Befugnis zur 3 Konzentration der ersuchten Gerichte. Hiervon haben Gebrauch gemacht: Nordrhein-Westfalen:3 Amtsgericht Duisburg (für die Amtsgerichtsbezirke Duisburg, Duisburg-Hamborn und Duisburg-Ruhrort); Amtsgericht Essen (für die Amtsgerichtsbezirke Essen, Essen-Borbeck und Essen-Steele); Amtsgericht Gelsenkirchen (für die Amtsgerichtsbezirke Gelsenkirchen und Gelsenkirchen-Buer); Amtsgericht Herne (für die Amtsgerichtsbezirke Herne und Herne-Wanne); Amtsgericht Mönchengladbach (für die Amtsgerichtsbezirke Mönchengladbach und Mönchengladbach-Rheydt) Rheinland-Pfalz:4 Amtsgericht am Sitz des Landgerichts für den Bezirk des Landgerichts. Hamburg: Amtsgericht Hamburg5 Berlin: Amtsgericht Berlin-Schöneberg6 II. Übermittlung des Ersuchens Die Übermittlung des Ersuchens erfolgt im unmittelbaren Rechtsverkehr der Gerichte. 4 Es gilt Art. 4 EuBVO für Form und Inhalt des Ersuchens. Das Ersuchen muss auf den dazu vorgesehenen Formblättern7 gestellt werden. Die Verwendung der Formblätter ist zwingend.8/9 Formblatt A sieht neben einer Bezeichnung von Parteien, deren Vertretern, des ersuchenden und ersuchten Gerichts und der an der Beweisaufnahme teilnehmenden Personen eine Darstellung von Art und Gegenstand des Falles, eine kurze Erläuterung des Sachverhalts und die Beschreibung der durchzuführenden Beweisaufnahme vor. Im Übrigen gilt § 83 ZRHO für Form und Fristen der Erledigung. Ist das Gesuch nicht 5 auf den vorgeschriebenen Formblättern gestellt oder ist es unvollständig, so muss es zurückgewiesen werden. Es gilt Art. 8 Abs. 1 EuBVO. Das Ersuchen und die ihm beigefügten Unterlagen bedürfen gem. Art. 4 Abs. 2 EuBVO nicht der Beglaubigung oder einer sonstigen gleichwertigen Formalität. III. Zentralstellen 1. Bestimmung von Zentralstellen und deren Aufgaben Nach Art. 3 EuBVO hat jeder Mitgliedstaat eine oder – bei Bundesstaaten mit mehre- 6 ren Rechtssystemen oder Staaten mit autonomen Gebietskörperschaften (Art. 3 Abs. 2 EuBVO) – mehrere Zentralstellen zu benennen. Die Zentralstellen sind mit der Durchfüh-
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3 Vgl. Verordnung über Zuständigkeiten im Rechtshilfeverkehr zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften (Zuständigkeits-VO Rechtshilfe – ZustVO EUZHA) GV NRW 2004, 24. 4 Vgl. Fünfzehnte Landesverordnung zur Änderung der Landesverordnung über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit v. 28.Juli 2005, GVBl. RhPf. 2005, 360. 5 Vgl. § 1 Nr. 9 RHi ErsAGzustV idF v. 27.2.2004, GVBl. 2004, 187. 6 Vgl. § 9 Abs. 1 ZustV v. 8.5.2008, GVBl. 2008, 116. 7 Abgedruckt unten sub Rechtsquellen und Materialien zum 11. Buch, Nr. 4. 8 Vgl. dazu Erwägungsgrund 9: „Eine schnelle Übermittlung des Ersuchens um Beweisaufnahme erfordert den Einsatz aller geeigneten Mittel, wobei bestimmte Bedingungen hinsichtlich der Lesbarkeit und der Zuverlässigkeit des eingegangenen Dokuments zu beachten sind. Damit ein Höchstmaß an Klarheit und Rechtssicherheit gewährleistet ist, müssen die Ersuchen um Beweisaufnahme anhand eines Formblatts übermittelt werden, das in der Sprache des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts oder einer anderen von diesem Staat anerkannten Sprache auszufüllen ist. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, auch für die Kommunikation zwischen den betreffenden Gerichten nach Möglichkeit Formblätter zu verwenden.“ 9 Vgl. Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 4 EuBVO, Rdn. 85; Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 4, Rdn. 25; Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 4 EuBVO, Rdn. 4.
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rung von Beweisaufnahmen über die Grenze nicht direkt befasst. Ihre Aufgabe ist dreifach: 7
a. Auskunfterteilung. Die Zentralstellen sind verpflichtet, Auskunft über alle die EuBVO und ihre Anwendung betreffenden Fragen zu erteilen. Das ist eine besonders wichtige Funktion, da die Sammlung und Veröffentlichung über die Zuständigkeiten im Rahmen der Verordnung nur mangelhaft und schwer zugänglich sind. Berechtigt zur Stellung eines Auskunftsverlangens sind nach dem Wortlaut der Bestimmung nur Gerichte, nicht Privatpersonen. Diese können jedoch bei Gericht anregen, ein entsprechendes Auskunftverlangen zu stellen.10 Das Gericht ist jedoch nicht verpflichtet, einer solchen Anregung zu folgen. Berechtigt zur Auskunfterteilung sind deutsche und ausländische Gerichte. Die Beschränkung auf ausländische Gerichte, die in der Literatur teilweise vertreten wird,11 lässt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn der Bestimmung herleiten. Art. 3 Abs. 1 lit. a EuBVO soll der Faulheit von Gerichten nicht Vorschub leisten. Informationen, die anderweit aus leicht zugänglichen Quellen12 erlangt werden können, sollen nicht Gegenstand von Informationsersuchen sein. Dasselbe gilt für Auskünfte über ausländisches Recht.13 Die Zentralstelle kann die Erledigung derartiger Anfragen ablehnen.
8
b. Lösung von Schwierigkeiten bei der Beweisaufnahme über die Grenze. Schwierigkeiten können bei einem Ersuchen dann auftreten, wenn Missverständnisse und Kontroversen im Zusammenhang mit der Vervollständigung unvollständiger Ersuchen, der Sprache, der Form und der Kosten im unmittelbaren Verkehr zwischen den Gerichten auftreten.14 Erst wenn der Weg über Art. 3 Abs. 1 lit. b EuBVO scheitert, ist nach §§ 36 Abs. 5 S. 3, 31 Abs. 4 ZRHO zu verfahren.
9
c. Weiterleitung eines Ersuchens in Ausnahmefällen. In Ausnahmefällen leitet die Zentralstelle nach Art. 3 Abs. 1 lit. c EuBVO ein Ersuchen auf Antrag eines ersuchenden Gerichts an das zuständige Gericht weiter. Dabei ist die Zentralstelle allein auf die Weiterleitung beschränkt. Eine eigene Prüfungskompetenz des Antrags steht ihr nicht zu.15 § 82 Abs. 2 ZRHO konkretisiert die Ausnahmeregel dahin, dass die Weiterleitung nur in begründeten Ausnahmefällen erfolgen darf. Das bedeutet, dass die Zentralstelle ein Prüfungsrecht hinsichtlich des Tatbestandmerkmals des Ausnahmefalles hat und – wenn es diesen verneint – das Ersuchen zurückweisen muss.16 Ausnahmefälle i.S. von Art. 3 Abs. 1 lic. EuBVO werden selten sein. Sie können insbesondere dann auftreten, wenn Zweifel über die Zuständigkeit des ersuchten Gerichts bestehen etwa bei positivem oder negativem Kompetenzkonflikt oder weil sich Gerichtsbezirke geändert haben. Ein Ausnahmefall ist auch dann gegeben, wenn sich das ersuchte Gericht willkürlich weigert, das Ersuchen im unmittelbaren Geschäftsverkehr entgegenzunehmen.17
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10 Vgl. Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 3 Rdn. 3. 11 Vgl. Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 3 EuBVO, Rdn. 56. 12 Das gilt insbesondere für die Länderberichte zur ZRHO und das Handbuch der Kommission. 13 Vgl. Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 3 Rdn. 2. 14 Vgl. Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 3 Rdn. 6. 15 Vgl. Berger Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit der Gerichte auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen (EuBVO), IPRax 2001, 522 ff. (523); Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 3 EuBVO, Rdn. 57, Fn. 138. 16 Vgl. Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 3 EuBVO, Rdn. 57. 17 Vgl. Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 3 Rdn. 8.
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2. Abschnitt. Beweisaufnahme nach VO (EG) Nr. 1206/2001
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2. Deutsche Zentralstellen. Die Landesregierungen bestimmen die Zentralstellen 10 nach Art. 3 EuBVO entweder selbst oder ermächtigen eine oberste Landesbehörde hierzu. In Deutschland sind als Zentralstellen bestimmt: Baden-Württemberg: Amtsgericht Freiburg Bayern: Bayerisches Staatsministerium der Justiz Berlin: Senatsverwaltung für Justiz Brandenburg: Ministerium der Justiz und für Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg Bremen: Landgericht Bremen Hamburg: Amtsgericht Hamburg Hessen: Hessisches Ministerium der Justiz Mecklenburg-Vorpommern: Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern Niedersachsen: Niedersächsisches Justizministerium Nordrhein-Westfalen: Oberlandesgericht Düsseldorf Rheinland-Pfalz: Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz Saarland: Ministerium der Justiz Sachsen: Präsident des Oberlandesgerichts Dresden Sachsen-Anhalt: Ministerium der Justiz Schleswig-Holstein: Ministerium für Justiz, Gleichstellung und Integration Thüringen: Thüringer Justizministerium IV. Übertragung von Funktionen auf oberste Landesbehörde Von der Übertragungsbefugnis zum Erlass von Rechtsverordnungen nach Abs. 2 und 3 11 S. 1 haben Gebrauch gemacht: Hamburg:18 Übertragung der Ermächtigung auf die Justizbehörde
§ 1075
§ 1075 Sprache eingehender Ersuchen Aus dem Ausland eingehende Ersuchen auf Beweisaufnahme sowie Mitteilungen nach der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 müssen in deutscher Sprache abgefasst oder von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein.
I. II. III.
Übersicht Sachlicher Geltungsbereich 1 Ausschließlichkeit der Benutzung der Gerichtssprache 2 Keine Ausnahmen bei Sprachkenntnis der Beteiligten 3
IV. V.
Rechtsfolgen der Benutzung einer nicht zugelassenen Sprache 4 Verstoß gegen § 1075 5
I. Sachlicher Geltungsbereich § 1075 konkretisiert Art. 5 EuBVO. Der sachliche Geltungsbereich beider Bestimmun- 1 gen deckt sich. Beide Regelungen beziehen sich nur auf Rechtshilfeersuchen und Mit-
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18 Vgl. Zweite Verordnung zur Weiterübertragung bundesgesetzlicher Verordnungsermächtigungen im Justizbereich vom 10. Februar 2004, HmbGVBl. 2004, 61.
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§ 1075
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
teilungen nach der EuBVO, nicht jedoch auf Beweisaufnahmehandlungen. Die Sprachenfrage für die Beweisaufnahme selbst ist nicht in Art. 5 EuBVO geregelt. Sie bestimmt sich nach dem auf die Beweisaufnahme anwendbaren Verfahrensrecht.1 Die Beweisaufnahme in Deutschland ist deshalb zwar auch in deutscher Sprache durchzuführen,2 fällt jedoch nicht unter § 1075. Deshalb findet auf die Beweisaufnahme auch § 185 Abs. 1 S. 1 GVG Anwendung.3 Wird die Beweisaufnahme unter Beteiligung eines der deutschen Sprache nicht Mächtigen durchgeführt, so ist ein Dolmetscher beizuziehen.4 Beherrschen alle Beteiligten – einschließlich des Protokollführers5 – die deutsche Sprache, so kann die Beweisaufnahme auch in fremder Sprache durchgeführt werden.6 II. Ausschließlichkeit der Benutzung der Gerichtssprache 2
Art. 5 EuBVO schreibt für das Beweisersuchen die Benutzung der Gerichtssprache(n) des ersuchten Mitgliedstaates vor. Das ist nach § 184 GVG deutsch. § 1075 konkretisiert Art. 5 EuBVO. Die EuBVO folgt damit nicht dem Beispiel von Art. 4 Abs. 2 Haager Beweisübereinkommen, wonach – soweit kein Vorbehalt gemacht worden ist – Rechtshilfeersuchen auch in englischer oder französischer Sprache abgefasst werden oder von einer Übersetzung in diese Sprachen begleitet sein können. Bei der wachsenden Zahl von nicht außerhalb des Sprachgebiets verständlichen Sprachen in der EU wäre eine solche Regelung sinnvoll gewesen. Prestigeerwägungen haben in der EuBVO eines solche Regelung wohl verhindert.7 Die Abfassung des Ersuchens wird durch die Benutzung des Formblatts A (in deutscher Sprache) erleichtert. III. Keine Ausnahmen bei Sprachkenntnis der Beteiligten
3
§ 185 Abs. 2 GVG macht für den Fall, dass alle Beteiligten eine fremde Sprache beherrschen Ausnahmen von der Verpflichtung zur Benutzung der Gerichtssprache und der Notwendigkeit der Zuziehung eines Dolmetschers nach § 185 Abs. 1 GVG.8 Angesichts des klaren Wortlauts des § 1075 kann die Ausnahme des § 185 Abs. 1 GVG nicht für eingehende Ersuchen gelten.9 Dasselbe gilt für Mitteilungen im Rahmen des Beweisaufnahmeverfahrens über die Grenze. Das ist sachgerecht, da sonst die administrative Durchführung erschwert würde. Wegen der weitgehend formularmäßigen Abwicklung entstehen auch keine unzumutbaren Schwierigkeiten für die ausländischen Beteiligten. IV. Rechtsfolgen der Benutzung nicht zugelassener Sprache
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Wird das Ersuchen in nicht zugelassener Sprache gestellt, also in einer anderen als der deutschen Sprache, so wird es nicht bearbeitet. Die Frist des Art. 10 Abs. 1 EuBVO
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1 Vgl. Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 5 EuBVO, Rdn. 87; Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 10, Rdn. 3. 2 Vgl. Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 10 EuBVO, Rdn. 127; Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 10 Rdn. 5. 3 Vgl. Rauscher/von Hein EG-BewVO Art. 10, Rdn. 5. 4 Vgl. zu der Qualität des Dolmetschers Schütze DIZPR, Rdn. 196. 5 Vgl. Schack IZVR, Rdn. 646. 6 Vgl. Saenger/Saenger § 1075, Rdn. 1. 7 Vgl. Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 5, Rdn. 3. 8 Vgl. im Einzelnen Wieczorek/Schütze/Schreiber 3. Aufl., § 185 GVG, Rdn. 7 f. 9 Vgl. Rauscher/von Hein EG-BewVO, Art. 5, Rdn. 1; Saenger/Saenger § 1075, Rdn. 1.
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3. Abschnitt. Prozesskostenhilfe nach RL 2003/8/EG
Vor § 1076
wird nicht in Lauf gesetzt.10 Das ersuchte Gericht kann es aber nicht einfach nicht beachten. Es muss das Ersuchen nach Formblatt B für erledigungsunfähig erklären11 und so dem ersuchenden Gericht die Chance geben, das Gesuch erneut in deutscher Sprache zu stellen. Das gebietet die gemeinschaftsrechtliche Kooperationspflicht.12 V. Verstoß gegen § 1075 Es gelten die allgemein Regeln des deutschen autonomen Rechts.13
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DRITTER ABSCHNITT Prozesskostenhilfe nach der Richtlinie 2003/8/EGVor § 1076 3. Abschnitt. Prozesskostenhilfe nach RL 2003/8/EG Vorbemerkung zu §§ 1076–1078 §§ 1076–1078 regeln die Umsetzung der Prozesskostenhilferichtlinie 2003/8/EG. 1 Diese gilt nicht unmittelbar in Deutschland, bedarf vielmehr der Einführung in das deutsche Recht. Die Prozesskostenhilferichtlinie soll Mindeststandards für die Armenrechtsgewährung 2 im grenzüberschreitenden Verkehr gewährleisten, wobei dahingestellt bleiben mag, ob „grenzüberschreitende Verfahren armer Leute … gewiss eine Randerscheinung im großen ‚litigation business‘ sind.“3 Jedenfalls haben EU-Bürger nach Art. 47 Abs. 3 der Grundrechtscharta vom 8. Dezember 20004 einen Anspruch auf Armenrecht, um Ansprüche gerichtlich durchsetzen oder sich gegen Ansprüche gerichtlich verteidigen zu können. Schrifttum Fischer Grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe nach dem EG Prozesskostenhilfegesetz, ZAP 2005, 225 ff.; Gottwald Prozesskostenhilfe für grenzüberschreitende Verfahren in Europa, FS Rechberger, 2005, S. 173 ff.; Hau Europäische Prozesskostenhilferichtlinie, in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., 2010 S. 1971 ff.; Hau Prozesskostenhilfe für Ausländer und Auslandsansässige im deutschen Zivilprozess, GS Konuralp, 2009, Bd. I, S. 409 ff.; Jastrow Grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe in Zivilsachen – die EG-Richtlinie 8/2003, MDR 2004, 75 ff.; Rellermeyer Rechtspflegergeschäfte nach dem EG-Prozesskostenhilfegesetz, RPfl. 2005, 61 ff.; Schmidt Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 376 ff.; Schoibl Gemeinsame Mindestvorschriften für die europäische Prozesskostenhilfe in Zivilsachen, JBl. 2006, 142 ff.; 233 ff.
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10 Vgl. Rauscher/von Hein EG-BewVO Art. 5, Rdn. 5. 11 Vgl. Huber in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 5 EuBVO, Rdn. 93; Schlosser EU-Zivilprozessrecht, Art. 5 EuBVO, Rdn. 1. 12 Vgl. dazu Hess IPRax 2001, 389 ff. (393). 13 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1075, Rdn. 5. 1 Abgedruckt unten sub Rechtsquellen und Materialien zum 11. Buch, Nr. 5. 2 Die Termini Armenrecht und Prozesskostenhilfe werden synonym benutzt. Der überkommene Begriff des Armenrechts, der sich international durchgesetzt hat und in internationalen Übereinkommen über die Rechtshilfe benutzt wird, ist aus politischen Gründen von „Justizsoziologen“ geändert worden, ohne dass sich materiell etwas geändert hätte. 3 So Gottwald Prozesskostenhilfe für grenzüberschreitende Verfahren in Europa, FS Rechberger, 2005, S. 173 ff. (173). 4 ABl. EG C 346/1, 20 v. 18.12.2000.
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§ 1076
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
§ 1076 § 1076 Anwendbare Vorschriften Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union nach der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. EG Nr. L 26 S. 41, ABl. EU Nr. L 32 S. 15) gelten die §§ 114 bis 127a, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.
I.
II.
Übersicht Sachlicher Anwendungsbereich 1 1. Grundsatz: Internationale Streitigkeit 1 2. Zivil- oder Handelssache 4 3. Verfahrensart 7 Persönlicher Geltungsbereich 8
III. IV. V.
1. Natürliche Person 8 2. Legaler Aufenthalt 10 3. Unerheblichkeit der Staatsangehörigkeit 11 Räumlicher Geltungsbereich 12 Anspruchsberechtigung 13 Anwendbarkeit der §§ 114 ff. 14
I. Sachlicher Anwendungsbereich 1
1. Grundsatz: Internationale Streitigkeit. Der Anwendungsbereich der Richtlinie ist auf „Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug“ beschränkt (Art. 1 Abs. 1 PKHRL). Art. 2 bringt eine Legaldefinition dieser Streitigkeiten. Eine internatonale Streitigkeit liegt dann vor, wenn Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt der armen Partei in einem Mitgliedstaat der EU liegt und das Verfahren, für das Armenrecht begehrt wird, in einem anderen Mitgliedstaat der EU geführt wird. Nicht ausreichend ist, dass der Gegner des Antragstellers im Ausland Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.1 Die Bestimmung des Wohnsitzes erfolgt nach gleichen Kriterien wie in Artt. 2, 59 f. 2 VO (EG) Nr. 44/2001.2 Der europäische Gesetzgeber hat darauf verzichtet, einen einheitlichen gemeineuropäischen Wohnsitzbegriff zu schaffen und verweist auf das Recht der Mitgliedstaaten. Ob und in welchem Mitgliedstaat der Wohnsitz der armen Partei liegt, bestimmt sich nach dem Recht des Staates des behaupteten Wohnsitzes. Soweit das Prozessrecht des Mitgliedstaates nicht auf sein Zivilrecht Bezug nimmt, sondern Regeln über einen prozessualen Wohnsitzbegriff kennt,3 sind diese maßgebend. Ebenso wie das EuGVÜ verzichtet die VO (EG) Nr. 44/2001 auf den gewöhnlichen 3 Aufenthalt als Anknüpfung an die Zuständigkeit.4 Diese Regelwerke können zur Auslegung deshalb nicht herangezogen werden. Auch hier muss man für die Bestimmung des Begriffes des gewöhnlichen Aufenthalts auf das Recht des behaupteten gewöhnlichen Aufenthalts abstellen. Behauptet ein Marokkaner im Rahmen des Armenrechtsverfahrens für einen Zivilprozess in Stuttgart, er habe gewöhnlichen Aufenthalt in Brüssel, so ist das belgische Recht für den Aufenthaltsbegriff maßgebend.
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1 Vgl. Hau in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Rdn. 11; Wagner Zur Vereinheitlichung des internationalen Zivilverfahrensrechts vier Jahre nach Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrags, NJW 2003, 2344 ff. (2346). 2 Vgl. Zöller/Geimer § 1076, Rdn. 3. 3 Vgl. dazu Geimer/Schütze EuZVR, A. 1, Art. 59, Rdn. 8 ff. mit Beispielen. 4 Vgl. dazu Geimer/Schütze EuZVR, A. 1, Art. 2, Rdn. 20.
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3. Abschnitt. Prozesskostenhilfe nach RL 2003/8/EG
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2. Zivil- oder Handelssache. Die Streitigkeit, die Gegenstand der Prozessführung ist, 4 muss eine Zivil- oder Handelssache5 zum Gegenstand haben. Der Begriff entspricht dem in Art. 1 VO (EG) Nr. 44/20016 sowie Art. 1 Abs. 1 EuGVÜ/LugÜ. Er ist autonom zu qualifizieren7, um eine einheitliche Anwendung im europäischen Justizraum zu gewährleisten. Auch die Geltendmachung von Ersatzansprüchen des Verletzten im Strafverfahren gegen den Schädiger (Adhäsionsverfahren) ist zivilrechtlicher Natur. Das entspricht Art. 5 Nr. 4 VO (EG) Nr. 44/2001/LugÜ II und Art. 5 Nr. 4 EuGVÜ/LugÜ I.8 Ausgeschlossen sind öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, insbesondere steuer-, verwaltungs- und zollrechtliche Angelegenheiten (Art. 1 Abs. 2 Richtlinie).9 Die Ausklammerung öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten mag angesichts des Entwicklungsstandes der Europäischen Gemeinschaften „antiquiert“ sein,10 der europäische Gesetzgeber hat sich aber für die Beschränkung auf zivil- und handelsrechtliche Streitigkeiten entschieden. Das ist hinzunehmen. Zivilrechtlicher Natur sind – unabhängig von dem Gerichtszweig, in dem Ansprüche geltend zu machen sind (materiellrechtliche Einordnung)11 – auch familien-, arbeits- und patentrechtliche Ansprüche.12 Nachdem bestimmte Zivilsachen in Art. 1 Abs. 2 VO (EG) Nr. 44/2001 und den ent- 5 sprechenden Bestimmungen in EuGVÜ/LugÜ I und II aus dem Anwendungsbereich der Regelwerke ausgenommen sind, könnte man geneigt sein diese Rechtssachen auch aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie auszunehmen. Das wäre aber zu formal. Entscheidend ist der jeweilige Grund für die Ausnahme. Die Verfahren nach Art. 1 Abs. 2 lit. a und b (Nr. 1 und 2) der Regelwerke sind von der 6 Anwendung ausgenommen, weil eine besondere europarechtliche Regelung hierfür geschaffen werden sollte.13 Das ist inzwischen im familienrechtlichen Bereich durch VO (EG) Nr. 1347/2000 und 2201/2003 weitgehend geschehen. Für güterrechtliche Streitgegenstände und erbrechtliche Materien sollen eigene Verordnungen erarbeitet werden (Brüssel III und IV). Für Insolvenzverfahren ist eine europarechtliche Regelung in der EuInsVO geschaffen worden. Es besteht deshalb kein Grund, Zivilsachen, die unter Art. 1 Abs. 2 lit. a und b VO (EG) Nr. 44/2001 oder den Ausnahmekatalog der Nr. 1 und 2 EuGVÜ/LugÜ I fallen, aus dem Geltungsbereich der Richtlinie auszunehmen.14 Etwas anderes gilt für die Materien der sozialen Sicherheit und der Schiedsgerichtsbarkeit. Diese fallen nicht unter den Begriff der Zivilsache in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie. Angelegenheiten der sozialen Sicherheit sind regelmäßig öffentlich-rechtlicher Natur – jedenfalls nach
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5 Zum Begriff der Handelssache vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A. 1, Art. 1 Rdn. 24 ff.; Luther Zur Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen und Schiedssprüchen in Handelssachen im deutschitalienischen Rechtsverkehr, ZHR 127 (1964), 145 ff. 6 Vgl. Schmidt Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 77; zurückhaltend Hau in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Europäische Prozesskostenrichtlinie, Rdn. 10 („in Anlehnung an“). 7 Vgl. EuGH Rs. 29/76 – LTU v. Eurocontrol – EuGHE 1976, 1541 = NJW 1977, 489 mit Anm. Geimer = RIW/AWD 1977, 40 mit Anm. Linke = Rev. crit. 1977, 772 mit Anm. Droz. 8 Vgl. dazu Kohler Adhäsionsverfahren und Brüsseler Übereinkommen 1968, in: Will (Hrsg.), Schadensersatz im Strafverfahren, 1990, S. 74 ff. 9 Vgl. Hau in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Europäische Prozesskostenhilferichtlinie, Rdn. 10; Zöller/Geimer § 1076, Rdn. 3. 10 Vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A. 1, Art. 1 Rdn. 1; Schlosser EU Zivilprozessrecht, 2. Aufl., 2002, Art. 1 Rdn. 3. 11 Vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A. 1, Art. 1, Rdn. 27 ff. 12 Vgl. Hau in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Europäische Prozesskostenhilferichtlinie, Rdn. 21. 13 Vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A. 1, Art. 1, Rdn. 66 ff. 14 Vgl. ausdrücklich für insolvenzrechtliche Ansprüche Hau in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Europäische Prozesskostenhilferichtlinie, Rdn. 10.
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deutschem Rechtsverständnis15 – und schon deshalb aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen. Würde man Verfahren vor den Schiedsgerichten unter die Richtlinie fallen lassen, dann würde über die „Hintertür“ der Weg zum Armenrecht im Schiedsverfahren eröffnet, was nach allgemeiner Ansicht nicht der Fall ist.16 Im Übrigen ist die Richtlinie nach Art. 3 Abs. 2 lit. b auf die Geltendmachung von Ansprüchen vor staatlichen Gerichten und nach lit. a dieser Bestimmung auf die vorprozessuale Beratung vor eben diesen Gerichte beschränkt. 7
3. Verfahrensart. §§ 1076 ff. gelten für alle gerichtlichen Verfahren unabhängig von dem Gerichtszweig, soweit eine Zuständigkeit für Zivil- und Handelssachen besteht. Die PKHRL regelt zwar auch das außerprozessuale Armenrecht, unterscheidet terminologisch aber nicht zwischen Prozesskosten- und Beratungshilfe. Unter Prozesskostenhilfe in §§ 1076 ff. ist nur diejenige i.S. von §§ 114 ff. zu verstehen. Soweit die PKHRL grenzüberschreitende Beratungshilfe vorsieht, ist die Umsetzung im Beratungshilfegesetz erfolgt. II. Persönlicher Geltungsbereich
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1. Natürliche Person. Der persönliche Anwendungsbereich ist auf natürliche Personen beschränkt (Art. 3 Abs. 1). Juristische Personen fallen nicht unter die PKHRL, auch nicht Parteien kraft Amtes, die an die Stelle juristischer Personen getreten sind.17 Auch sind Pläne, Verbraucherschutzorganisationen in den Geltungsbereich der PKHRL einzubeziehen, nicht verwirklicht worden.18 Über die Verpflichtungen aus der Richtlinie hinaus hat der deutsche Gesetzgeber die 9 Armenrechtsgewährung für juristische Personen europäisiert. Nach § 116 Abs. 1 Nr. 2 sind juristische Personen und parteifähige Vereinigungen, die in einem Mitgliedsstaat der EU oder des EWR gegründet oder dort ansässig ist, einer inländischen juristischen Person oder parteifähigen Vereinigung gleichgestellt. Hierbei handelt es sich um eine Vorschrift, auf die §§ 1076–1078 nicht anwendbar ist.
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2. Legaler Aufenthalt. Der Antragsteller muss sich legal in dem Mitgliedstaat aufhalten (Art. 4). Der Begriff der Legalität des Aufenthaltsortes ist ausländerrechtlich zu qualifizieren. Ob der Aufenthalt legal im Sinne von Art. 4 ist, bestimmt sich nach dem Recht des tatsächlichen Aufenthalts. Beantragt ein Marokkaner mit gewöhnlichem Aufenthalt in Brüssel Prozesskostenhilfe, so bestimmt sich die Legalität seines Aufenthalts in Belgien nach belgischem Recht.
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3. Unerheblichkeit der Staatsangehörigkeit. Die Staatsangehörigkeit der armen Partei ist unerheblich. Das Diskriminierungsverbot des Art. 4 PKHRL verbietet eine unterschiedliche Behandlung von EU-Bürgern und Drittstaatsangehörigen. Ungeregelt ist die Rechtsstellung der Staatenlosen. Sie genießen nach der Ratio des Art. 4 PKHRL auch
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15 Anders z.B. das belgische Recht; vgl. zu diesem Problem bei der Anwendung des deutsch-belgischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrages Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung, Bd. II, S. 257 f. 16 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 114, Rdn. 37; Maier Handbuch der Schiedsgerichtsbarkeit, 1979, Rdn. 13; Schütze/Tscherning/Wais Handbuch des Schiedsverfahrens, 2. Aufl., 1990, Rdn. 592; Wieczorek/Schütze/Schütze 3. Aufl., § 1034, Rdn. 39. 17 Vgl. Schmidt Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 379. 18 Vgl. Hau in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Europäische Prozesskostenrichtlinie, Rdn. 13.
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3. Abschnitt. Prozesskostenhilfe nach RL 2003/8/EG
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die Vergünstigung der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe. Das ergibt sich für Deutschland im Übrigen auch aus dem New Yorker Abkommen über die Rechtsstellung von Staatenlosen vom 28.8.1954,19 dessen Art. 16 Abs. 2 Inländerbehandlung für die Gewährung von Armenrecht vorschreibt. III. Räumlicher Geltungsbereich Der räumliche Geltungsbereich der Richtlinie umfasst alle EU-Staaten mit Ausnah- 12 me Dänemarks. Im Hinblick auf die besondere Situation Dänemarks20 und die Vorbehalte Dänemarks ist Dänemark in Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie aus ihrem Geltungsbereich ausgeklammert. Es ist aber zu erwarten, dass durch die Verträge der EU mit Dänemark21 eine faktische Erstreckung stattfindet. Im Übrigen ist der räumliche Geltungsbereich der Richtlinie mit dem der VO (EG) Nr. 44/2001 identisch.22 IV. Anspruchsberechtigung Für die Anspruchsvoraussetzungen und die Anspruchsberechtigung für die Rechts- 13 verfolgung vor deutschen Gerichten gelten die §§ 114 ff., die im Einklang mit der PKHRL stehen, teilweise über diese hinausgehen. Über die Voraussetzungen der Gewährung des Armenrechts für die Prozessführung vor ausländischen Gerichten entscheidet das zuständige Gericht oder die zuständige Behörde dieses Staates (Art. 15 Abs. 1 PKHRL). Die Bewilligungsvoraussetzungen richten sich nach der jeweiligen lex fori.23 Diese müssen den Mindeststandards der PKHRL entsprechen. Abweichend von der autonomen deutschen Regelung ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Instanzenzug. Vgl. dazu § 1078, Rdn. 8. V. Anwendbarkeit der §§ 114 ff. Auf die Armenrechtsgewährung über die Grenze, die Gegenstand der Prozesskos- 14 tenhilferichtlinie ist, finden in Verfahren vor deutschen Gerichten die §§ 114 ff. ZPO Anwendung.24 Die deutsche Regelung steht mit den Erfordernissen der Richtlinie im Einklang, insbesondere auch das Erfordernis der hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung in § 114 ZPO (Art. 6 PKHRL).25 Hinsichtlich der Prüfung der Armut findet sich in § 1078 Abs. 3 ZPO eine Anpassungsregelung zur Berücksichtigung unterschiedlicher Lebenshaltungskosten in den betroffenen Staaten (Wohnsitz-/Aufenthaltsstaat und Gerichtsstaat). Vgl. dazu dort Rdn. 6 f.
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19 BGBl. 1976 II 473. 20 Vgl. dazu Kohler Vom EuGVÜ zur EuGVVO: Grenzen und Konsequenzen der Vergemeinschaftung, FS Geimer 2002, S. 461 ff. (468 ff.). 21 Vgl. dazu Jayme/Kohler Europäisches Kollisionsrecht 2005: Hegemonialgesten auf dem Weg zu einer Gesamtvereinheitlichung, IPRax 2005, 481 ff. (485 f.). 22 Vgl. dazu Thomas/Putzo/Reichold § 1076, Rdn. 1. 23 Vgl. Gottwald Prozesskostenhilfe für grenzüberschreitende Verfahren in Europa, FS Rechberger, 2005, S. 173 ff. (180). 24 Vgl. Thomas/Putzo/Reichold § 1076, Rdn. 2; Zöller/Geimer § 1076, Rdn. 4. 25 Vgl. Schmidt Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 378; Zöller/Geimer § 1076, Rdn. 4.
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Die Richtlinie enthält zwar ein Diskriminierungsverbot (Art. 4), regelt aber bedauerlicherweise nicht das rechtliche Gehör im Verfahren auf Gewährung der Prozesskostenhilfe. So bleibt es bei der verfassungsrechtlich problematischen Regelung des § 117 Abs. 2 ZPO. Dem Antragsgegner wird rechtliches Gehör nicht gewährt, obwohl gerade er am besten falsche Angaben aufdecken und zu den Vermögensverhältnissen des Antragstellers vortragen könnte. 15 Die Regelung der §§ 114, 116 ZPO steht im Übrigen im Einklang mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 4 der Richtlinie. § 114 ZPO differenziert bei natürlichen Personen nicht hinsichtlich der Staatsangehörigkeit. Auch Ausländer und Staatenlose haben Anspruch auf Gewährung von Armenrecht.26 Für juristische Personen hat § 116 Abs. 1 Nr. 2 das Postulat des Art. 4 der Richtlinie nunmehr verwirklicht. Ausländische juristische Personen oder parteifähige Vereinigungen, die im Inland oder einem Staat der EU oder des EWR gegründet und dort ansässig sind, sind inländischen juristischen Personen gleichgestellt. Das gilt nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes auch im Hinblick auf Dänemark, obwohl dieser Staat aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie nach Art. 1 Abs. 3 ausgeschlossen ist.
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§ 1077 Ausgehende Ersuchen (1) Für die Entgegennahme und Übermittlung von Anträgen natürlicher Personen auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (Übermittlungsstelle). Die Landesregierungen können die Aufgaben der Übermittlungsstelle einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte durch Rechtsverordnung zuweisen. Sie können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (2) Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die in Artikel 16 Abs. 1 der Richtlinie 2003/8/EG vorgesehenen Standardformulare für Anträge auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe und für deren Übermittlung einzuführen. Soweit Standardformulare für Anträge auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe und für deren Übermittlung eingeführt sind, müssen sich der Antragsteller und die Übermittlungsstelle ihrer bedienen. (3) Die Übermittlungsstelle kann die Übermittlung durch Beschluss vollständig oder teilweise ablehnen, wenn der Antrag offensichtlich unbegründet ist oder offensichtlich nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/8/EG fällt. Sie kann von Amts wegen Übersetzungen von dem Antrag beigefügten fremdsprachigen Anlagen fertigen, soweit dies zur Vorbereitung einer Entscheidung nach Satz 1 erforderlich ist. Gegen die ablehnende Entscheidung findet die sofortige Beschwerde nach Maßgabe des § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 statt. (4) Die Übermittlungsstelle fertigt von Amts wegen Übersetzungen der Eintragungen im Standardformular für Anträge auf Prozesskostenhilfe sowie der beizufügenden Anlagen
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26 Vgl. OLG Düsseldorf, MDR 1994, 301; LAG Hessen MDR 2001, 478; Thomas/Putzo/Reichold § 114, Rdn. 2; Wieczorek/Schütze/Steiner 3. Aufl., § 114, Rdn. 3; Zöller/Philippi § 114, Rdn. 5.
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a)
in eine der Amtssprachen des Mitgliedstaats der zuständigen Empfangstelle, die zugleich einer der Amtssprachen der Europäischen Union entspricht, oder b) in eine andere von diesen Mitgliedstaaten zugelassene Sprache. Die Übermittlungsstelle prüft die Vollständigkeit des Antrags und wirkt darauf hin, dass Anlagen, die nach ihrer Kenntnis zur Entscheidung über den Antrag erforderlich sind, beigefügt werden. (5) Die Übermittlungsstelle übersendet den Antrag und die beizufügenden Anlagen ohne Legalisation oder gleichwertige Förmlichkeiten an die zuständige Empfangsstelle des Mitgliedstaats des Gerichtsstands oder des Vollstreckungsmitgliedstaats. Die Übermittlung erfolgt innerhalb von 14 Tagen nach Vorliegen der gemäß Absatz 4 zu fertigenden Übersetzungen. (6) Hat die zuständige Stelle des anderen Mitgliedstaats das Ersuchen um Prozesskostenhilfe aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers abgelehnt oder eine Ablehnung angekündigt, so stellt die Übermittlungsstelle auf Antrag eine Bescheinigung über die Bedürftigkeit aus, wenn der Antragsteller in einem entsprechenden deutschen Verfahren nach § 115 Abs. 1 und 2 als bedürftig anzusehen wäre. Abs. 4 Satz 1 gilt für die Übersetzung der Bescheinigung entsprechend. Die Übermittlungsstelle übersendet der Empfangsstelle des anderen Mitgliedstaats die Bescheinigung der Bedürftigkeit zwecks Ergänzung des ursprünglichen Ersuchens um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe.
I. II. III.
Übersicht Zuständigkeit für ausgehende Ersuchen 1 Standardformulare 4 Ablehnung des grenzüberschreitenden Armenrechtsantrags 6 1. Prüfungspflicht der Übermittlungsstelle 6 2. Verfahren 8 3. Entscheidung 9 4. Rechtmittel 10
a. Einlegung der Beschwerde 11 b. Beschwer 12 c. Frist 13 IV. Übersetzungen und Vollständigkeitsprüfungen 14 V. Verfahren der Übermittlung 15 VI. Ablehnung des Ersuchens im Ausland 1. Ablehnung 17 2. Bedürftigkeitsbescheinigung 18 3. Übersendung der Bedürftigkeitsbescheinigung 19 VII. Kosten 21
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I. Zuständigkeit für ausgehende Ersuchen Art. 14 Abs. 1 PHKRL fordert die Errichtung von Übermittlungsstellen. Das ist im in- 1 ternationalen Rechtsverkehr üblich. Abs. 1 überträgt die Aufgaben der Übermittlungsstelle dem Amtsgericht des Sprengels des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts des Antragstellers. Das ist sachgerecht und entspricht der Regelung in § 10 Abs. 1 AusfG zum Haager Zivilprozessübereinkommen.1 Anträge auf Gewährung grenzüberschreitender PKH innerhalb der EU (mit Ausnahme Dänemarks) und internationale Armenrechtsanträge nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen 1954 werden zuständigkeitsrechtlich gleich behandelt.
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G vom 18. Dezember 1958, BGBl. 1958 I 939.
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Die Aufgaben des Amtsgerichts im Rahmen des § 1077 sind nach § 20 Nr. 6 RPflG auf den Rechtspfleger übertragen.2 Es handelt sich um echte Rechtspflegerangelegenheiten, auf die §§ 5 bis 11 RPflG uneingeschränkt Anwendung finden.3 Der Richter ist nur in Ausnahmefällen zuständig.4 Die Länder können die Zuständigkeiten konzentrieren und Amtsgerichte durch Rechtsverordnung bestimmen, die die Aufgaben der Übermittlungsstelle für mehrere Amtsgerichtsbezirke wahrnehmen. Das erleichtert die Bearbeitung, weil Gerichte mit Erfahrung im internationalen Rechtsverkehr und fachlicher Kompetenz bestimmt werden können. Von der Konzentrationsermächtigung hat bisher noch kein Bundesland Gebrauch gemacht. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Aufgaben der Übermittlungsstelle sind: Bearbeitung eines Antrags und Fertigung 3 notwendiger Übersetzungen (Abs. 4); Entscheidung über die Übermittlung eines Antrags (Abs. 3); Übersendung des Antrags an die zuständige Empfangsstelle des Mitgliedstaates (Abs. 5) und Ausstellung einer Bedürftigkeitsbescheinigung (Abs. 6). II. Standardformulare 4
Durch Verordnung vom 21.12.2004 hat Deutschland Vordrucke für die Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Armenrechtsantragstellers und die Übermittlung der Anträge im grenzüberschreitenden Verkehr eingeführt.5 5 Die Übermittlungsstellen sind verpflichtet, diese Formblätter auch zu verwenden. Nach der PKHRL ist die Benutzung der Standardformulare nicht zwingend vorgeschrieben. Die Verwendung der in alle Amtssprachen der EU übersetzten Standardformulare erleichtert den Verkehr zwischen Übermittlungs- und Empfangsstellen und den für die Armenrechtsbewilligung zuständigen Gerichten und Behörden nicht nur sprachlich, vermeidet auch Rückfragen, da die Formulare zugleich Checklisten darstellen, die alle notwendigen Angaben enthalten. Der deutsche Gesetzgeber hat deshalb in Abs. 2 den zwingenden Gebrauch der Standardformulare vorgeschrieben. III. Ablehnung des grenzüberschreitenden Armenrechtsantrags
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1. Prüfungspflicht der Übermittlungsstelle. Das Amtsgericht als Übermittlungsstelle hat keine rein technische Funktion der Weiterleitung des Armenrechtsantrags. Abs. 3 statuiert ein Prüfungsrecht und eine Prüfungspflicht. Das steht in Einklang mit Art. 13 Abs. 3 PKHRL, der es dem nationalen Gesetzgeber freistellt, die Übermittlungsstelle zu ermächtigen, die Übermittlung eines Antrags abzulehnen, wenn dieser offensichtlich unbegründet ist oder nicht in den Anwendungsbereich der PKHRL fällt. Die offensichtliche Unbegründetheit in Abs. 3 ist die nach Art. 6 Abs. 1 PKHRL. Die Prüfung, ob der Antrag in den Anwendungsbereich der PKHRL fällt, ist zugleich eine der Anwendbarkeit des Übereinkommens. Sie erfordert volle Aufklärung des Sach-
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2 Vgl. dazu Saenger/Rathmann § 1077, Rdn. 1. 3 Vgl. Rellermeyer Rechtspflegergeschäfte nach dem EG-Prozesskostenhilfegesetz, Rpfl 2005, 61 ff. (62). 4 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1077, Rdn. 4. 5 Vgl. Verordnung zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozesskostenhilfe sowie eines Vordrucks für die Übermittlung der Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im grenzüberschreitenden Verkehr (EGProzesskostenvordrucksverordnung – EG-PKHVV), BGBl. 2004 I 3538, abgedruckt unten sub Rechtsquellen und Materialien zum 11. Buch, Nr. 6.
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3. Abschnitt. Prozesskostenhilfe nach RL 2003/8/EG
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verhalts und eine abschließende Entscheidung. Das gilt etwa für die Bestimmung des Wohnsitzes des Antragstellers oder der Qualifikation der Streitsache als zivil- oder handelsrechtlich. Die Prüfung dagegen, ob der Antrag unbegründet ist, geht nur dahin, ob die Un- 7 begründetheit offensichtlich, in der Regel also der Antrag missbräuchlich6 ist. Denn da die Behörden des Gerichtsstaats über die Gewährung des Armenrechts letztlich entscheidet, kann die Prüfung der Übermittlungsstelle nur auf evidente Fälle beschränkt sein.7 2. Verfahren. Das Amtsgericht kann die für die Evidenzprüfung der „offensichtli- 8 chen Unbegründetheit“ notwendigen Unterlagen – soweit diese nicht in deutscher Sprache abgefasst oder von einer deutschen Übersetzung begleitet sind – von Amts wegen ins Deutsche übersetzen lassen. Dem Antragsteller ist rechtliches Gehör zu gewähren. Eine mündliche Verhandlung findet nicht statt, § 127 Abs. 1 S. 1. 3. Entscheidung. Eine zusprechende Entscheidung ergeht nicht. Führt die Prüfung 9 dazu, dass der Antrag unter den Anwendungsbereich der PKHRL fällt und nicht offensichtlich unbegründet ist, so übermittelt das Amtsgericht den Antrag antragsgemäß. Die ablehnende Entscheidung erfolgt durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss ist dem Antragsteller zuzustellen, § 329 Abs. 3. Die ablehnende Entscheidung hindert den Antragsteller nicht, einen Armenrechtsantrag unmittelbar im Gerichtsstaat zu stellen. Die Entscheidung des Amtsgerichts entfaltet Bindungswirkung nur hinsichtlich der Verpflichtung zur Übermittlung des Antrags. Stellt der Antragsteller einen Antrag auf Prozesskostenhilfe unmittelbar im Gerichtsstaat, so findet nicht die PKHRL, sondern das autonome Recht der lex fori Anwendung.8 4. Rechtsmittel. Gegen die ablehnende Entscheidung findet die sofortige Be- 10 schwerde statt. Anwendbar sind §§ 127 Abs. 2 S. 2 und 3. a. Einlegung der Beschwerde. Die sofortige Beschwerde kann wahlweise beim 11 Amtsgericht (iudex a quo) oder beim Landgericht (iudex ad quem) eingelegt werden (§ 569 Abs. 1 S. 1). Das kann durch Beschwerdeschrift geschehen, aber auch durch Einlegung zu Protokoll der Geschäftsstelle (§ 569 Abs. 2). b. Beschwer. Erfolgt die Ablehnung der Übermittlung, weil der Antrag wegen der 12 wirtschaftlichen oder persönlichen Verhältnisse des Antragstellers offensichtlich unbegründet (Art. 5 Abs. 1 PKHRL) i.S. von Abs. 3 ist, so ist die sofortige Beschwerde immer zulässig. Erfolgt die Ablehnung jedoch, weil der Antrag nicht in den Anwendungsbereich der PKHRL fällt, etwa, weil das Verfahren, für das Prozesskostenhilfe beantragt wird, keine zivil- oder handelsrechtliche Streitigkeit zum Gegenstand hat, so muss der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigen, §§ 127 Abs. 2 S. 2, 511 Abs. 2 Nr. 1.
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6 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1077, Rdn. 9. 7 Vgl. Gottwald Prozesskostenhilfe für grenzüberschreitende Verfahren in Europa, FS Rechberger, 2005, S. 173 ff. (181); Jastrow Grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe in Zivilsachen – Die EG-Richtlinie 8/2003, MDR 2004, 75 ff. (76). 8 Vgl. Saenger/Rathmann § 1076, Rdn. 5.
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c. Frist. Die Frist zu Einlegung der sofortigen Beschwerde beträgt 1 Monat. Sie beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von 5 Monaten nach Verkündung, § 569 Abs. 1 S. 2. Die Frist ist eine Notfrist. IV. Übersetzungen und Vollständigkeitsprüfung
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Der Antrag soll entscheidungsreif übermittelt werden. Deshalb hat das Amtsgericht den Antrag auf Vollständigkeit zu überprüfen. Die Eintragungen in das Standardformular und die Anlagen sind in eine der Amtssprachen des Empfangsmitgliedstaates, die zugleich eine der Amtssprachen der EU entspricht oder eine andere in dem Empfangsmitgliedstaat zugelassene Sprache zu übersetzen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass eine einheitliche Sprache benutzt wird. Wird das Armenrecht für eine Prozessführung in Belgien beantragt, so können die Angaben im Standardformular in die französische Sprache übersetzt und Anlagen in flämischer Sprache beigefügt werden, wenn der Antragsteller diese bereits in der Sprache vorlegt. Das dient der Beschleunigung und spart Kosten. Die Übersetzungen müssen nicht von einem vereidigten Übersetzer gefertigt werden. Auch der Antragsteller kann die Übersetzungen vornehmen oder der Rechtspfleger, wenn er der Sprache mächtig ist. Denn Abs. 4 konkretisiert nur die in Art. 13 Abs. 4 PKHRL statuierte Verpflichtung, den Antragsteller bei der Beschaffung der erforderlichen Übersetzung der Anlagen zu unterstützen. Legt der Antragsteller Übersetzungen vor, so ist das Amtsgericht nicht gehalten, deren Richtigkeit zu überprüfen. Einer Beglaubigung bedarf die Übersetzung nicht. Die Kosten der Übersetzung trägt nach Art. 13 Abs. 6 PKHRL der deutsche Justizfiskus. V. Verfahren der Übermittlung
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Binnen 14 Tagen nach Prüfung der Vollständigkeit des Antrags, seiner Anlagen und Vorliegen der Übersetzungen hat das Amtsgericht den Antrag nebst Anlagen an die Empfangsstelle des Mitgliedstaates des Gerichtsstandes oder des Vollstreckungsmitgliedstaates zu übersenden. Hat die sofortige Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluss des Amtsgerichts Erfolg, so beginnt der Fristlauf mit Zustellung der Beschwerdeentscheidung. VI. Ablehnung des Ersuchens im Ausland
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Art. 5 Abs. 4 PKHRL trifft eine Regelung für den Fall unterschiedlicher Höhe der Lebenshaltungskosten im Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat des Antragstellers und im Gerichtsstaat. Lebt der Antragsteller in einem Staat mit hohen Lebenshaltungskosten und soll der Prozess in einem Staat mit geringen Lebenshaltungskosten geführt werden, so kann es vorkommen, dass der Gerichtsstaat aufgrund der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Antragstellers keine Bedürftigkeit annimmt, dieser aber nach der Situation an seinem Wohnsitz oder Aufenthaltsort die Prozesskosten dennoch nicht aufbringen kann. Auch in diesem Fall muss nach Art. 5 Abs. 4 PKHRL das Armenrecht gewährt werden.
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1. Ablehnung. Die Ablehnung des Armenrechts kann nach Übermittlung des Antrags nach Abs. 5 erfolgen. Dem steht gleich, dass die zuständige Stelle des anderen Mitgliedstaats ankündigt oder angekündigt hat, dass es einem Antrag des Antragstellers aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht stattgeben werde. Schütze
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3. Abschnitt. Prozesskostenhilfe nach RL 2003/8/EG
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Das kann auch generell erfolgen. Bestehen in dem Staat des Gerichtsstandes oder dem Vollstreckungsmitgliedstaat Tabellen für die Bedürftigkeit und ist der Antragsteller hiernach nicht bedürftig, so wäre es eine bloße Förmelei, die Ablehnung oder die Ankündigung der Ablehnung abzuwarten. 2. Bedürftigkeitsbescheinigung. Die Bedürftigkeitsbescheinigung des in Deutsch- 18 land Domizilierten oder sich hier Aufenthaltenden wird unter Berücksichtigung der Erfordernisse von § 115 Abs. 1 und 2 ausgestellt. Zuständig ist das Amtsgericht. Die Übersetzung der Bedürftigkeitsbescheinigung in eine der Sprachen des Abs. 4 S. 1 wird vom Amtsgericht auf Kosten des deutschen Justizfiskus herbeigeführt. Im Übrigen gilt Abs. 4 S. 1 entsprechend. 3. Übersendung der Bedürftigkeitsentscheidung. Hat die zuständige Stelle im 19 Ausland nach Erhalt des Armenrechtsantrags diesen abgelehnt oder seine Ablehnung angekündigt, so übersendet das Amtsgericht in Ergänzung des Antrags die Bedürftigkeitsbescheinigung an die ausländische Empfangsstelle. Die Frist beträgt ebenfalls 14 Tage nach Vorliegen der Übersetzung. Abs. 5 S. 2 gilt nach seiner ratio entsprechend. Erfolgt die Ausstellung der Bedürftigkeitsbescheinigung vor Übersendung des An- 20 trags weil die Ablehnung wegen der ausländischen Schwellenwerte zu erwarten ist, so werden Antrag, Bedürftigkeitsbescheinigung und Anlagen mit den entsprechenden Übersetzungen zusammen übersandt. Die Frist des Abs. 5 S. 2 ist zu beachten. VII. Kosten In dem Verfahren vor der Übermittlungsstelle fallen für den Antragsteller keine 21 Kosten an. Nimmt er den Antrag zurück oder wird dieser nach Abs. 3 von der Übermittlungsstelle oder von der zuständigen Behörde des Gerichts- oder Vollstreckungsstaates abgelehnt, so hat er die Auslagen zu tragen, § 28 Abs. 3 GKG.9
§ 1078
§ 1078 Eingehende Ersuchen (1) Für eingehende Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ist das Prozessgericht oder das Vollstreckungsgericht zuständig. Die Anträge müssen in deutscher Sprache ausgefüllt und die Anlagen von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein. Eine Legalisation oder gleichwertige Förmlichkeiten dürfen nicht verlangt werden. (2) Das Gericht entscheidet über das Ersuchen nach Maßgabe der §§ 114 bis 116. Es übersendet der übermittelnden Stelle eine Abschrift seiner Entscheidung. (3) Der Antragsteller erhält auch dann grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe, wenn er nachweist, dass er wegen unterschiedlich hoher Lebenshaltungskosten im Mitgliedstaat seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts einerseits und im Geltungsbereich dieses Gesetzes andererseits die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. (4) Wurde grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe bewilligt, so gilt für jeden Rechtszug, der vom Antragsteller oder dem Gegner eingeleitet wird, ein neuer-
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Vgl. Saenger/Rathmann § 1077, Rdn. 6.
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§ 1078
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liches Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe als gestellt. Das Gericht hat dahin zu wirken, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Bewilligung der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe für den jeweiligen Rechtszug darlegt.
I. II. III.
Übersicht Zuständigkeit für eingehende Ersuchen Förmlichkeiten des Antrags aus dem Ausland 3 Entscheidung 4
1
IV. V. VI.
Rechtsmittel 5 Unterschiedlich hohe Lebenshaltungskosten 6 Weitere Rechtszüge 8
I. Zuständigkeit für eingehende Ersuchen 1
Nach Art. 14 Abs. 1 PKHRL sind die Empfangsbehörden durch die Mitgliedstaaten zu bestimmen. Das erfolgt in Abs. 1 S. 1. Danach ist zuständig das Prozessgericht, bei dem das Verfahren geführt werden soll oder das Vollstreckungsgericht, das für die beabsichtigte Zwangsvollstreckungsmaßnahme zuständig ist. Das entspricht § 117 Abs. 1. Diese Bestimmung ist auch für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe anwendbar. Zuständig ist der Rechtspfleger,1 soweit eine Zuständigkeit des Vollstreckungsge2 richts besteht. Wird jedoch Prozesskostenhilfe für die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem Verfahren beantragt, in dem eine richterliche Handlung erforderlich ist, so der zur Entscheidung in der Hauptsache zuständige Richter auch zur Entscheidung für die Prozesskostenhilfeentscheidung zuständig.2 Die Zuständigkeit ist ausschließlich.3 II. Förmlichkeiten des Antrags aus dem Ausland 3
Der Antrag muss in deutscher Sprache abgefasst, die Anlagen von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein, soweit sie nicht ohnehin deutschsprachig sind. Eine Übersetzung durch einen vereidigten Übersetzer oder eine Beglaubigung oder Legalisierung sind nicht erforderlich. III. Entscheidung
4
Das Gericht entscheidet über den Antrag unter Anwendung deutschen Rechts nach Maßgabe der §§ 114 bis 116. Erforderlich sind Bedürftigkeit und hinreichende Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Klage oder die Durchführung der Zwangsvollstreckung. Hier sind für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe keine anderen Maßstäbe anzulegen als bei Armenrechtsanträgen von im Inland domizilierten oder sich aufhaltenden Antragstellern. Lediglich bei der Bedürftigkeitsprüfung können durch unterschiedliche hohe Lebenshaltungskosten im Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat des Antragsteller und in Deutschland abweichende Prüfmaßstäbe angelegt werden, dazu Rdn. 6.
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Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1078, Rdn. 3. Vgl. Zöller/Geimer § 1076, Rdn. 7. Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1078, Rdn. 3.
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4. Abschnitt. Europäische Vollstreckungstitel
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IV. Rechtsmittel Gegen die ablehnende Entscheidung ist die sofortige Beschwerde nach § 127 Abs. 2 5 S. 2 gegeben.4 Die Notfrist des § 569 Abs. 1 S. 1 beträgt einen Monat. Gegen die Bewilligung des Armenrechts findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse unter den Voraussetzungen und in dem Verfahren nach § 127 Abs. 3 statt. V. Unterschiedlich hohe Lebenshaltungskosten Ist der Antragsteller nach deutschen Standards nicht bedürftig i.S. von §§ 114 f., 6 kann er wegen der höheren Lebenshaltungskosten in seinem Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat die Kosten der Prozessführung in Deutschland aber nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen, so ist ihm nach Abs. 3 Prozesskostenhilfe zu gewähren. Abs. 3 korrespondiert mit § 1077 Abs. 6 und entspricht der Vorgabe in Art. 5 Abs. 4 PKHRL. Hat der Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat eine § 1077 Abs. 6 entsprechende Regelung 7 erlassen, die für den Fall der unterschiedlich hohen Lebenshaltungskosten die Ausstellung einer Bedürftigkeitsentscheidung vorsieht, so ist diese allein für den Nachweis der Bedürftigkeit geeignet. In allen anderen Fällen kann der Nachweis in jeglicher Weise erbracht werden.5 VI. Weitere Rechtszüge Nach § 115 Abs. 1 S. 1 erfolgt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für jeden Rechts- 8 zug besonders. Das gilt auch für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe.6 Da aber in einigen Mitgliedstaaten die Armenrechtsgewährung nicht nach Rechtszügen getrennt, sondern für das gesamte Verfahren erfolgt und Art. 9 Abs. 3 PKHRL bestimmt, dass Prozesskostenhilfe auch gewährt wird, wenn ein Rechtsbehelf eingelegt wird, geht der deutsche Kompromiss dahin, dass der Antrag für alle Rechtszüge als gestellt gilt. Es ist also kein neuer Antrag für den jeweiligen weiteren Rechtszug erforderlich. Allerdings muss vor Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die höhere Instanz der Antragsteller darlegen, dass die Voraussetzungen für die Armenrechtsgewährung gegeben sind. Sind diese nicht mehr gegeben, so ist der Antrag abzulehnen.7 4. Abschnitt. Europäische Vollstreckungstitel
VIERTER ABSCHNITT Europäische Vollstreckungstitel nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 Vor § 1079 Vorbemerkung zu §§ 1079–1086 Durch §§ 1079–1086 wird die Ausführung der VO (EG) Nr. 805/2004 geregelt. Dieses 1 Regelwerk sollte ein Abschied vom Vollstreckbarerklärungsverfahren durch Klauselertei-
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4 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1078, Rdn. 7. 5 Vgl. Saenger/Rathmann § 1077, Rdn. 2, die allerdings annehmen, dass der geforderte Nachweis der Bedürftigkeit nach deutschem Recht und damit wohl auch unter Missachtung einer Bedürftigkeitsentscheidung des Wohnsitz- und Aufenthaltsortes des Antragstellers erfolgen könne. 6 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1078, Rdn. 8; Thomas/Putzo/Reichold § 1078, Rdn. 3. 7 Missverständlich Saenger/Rathmann § 1078, Rdn. 3: „... so wird die Gewährung von PKH abzulehnen sein.“ Sie ist abzulehnen!
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lung, wie es insbesondere die VO (EG) Nr. 44/2001 kennt, für einen wirtschaftlich bedeutsamen Bereich sein. Bei unbestrittenen Forderungen sollte jede Entscheidung von einem Gericht im Geltungsbereich der EuGVVO ohne vorherige Klauselerteilung in allen EU-Staaten (mit Ausnahme Dänemarks) vollstreckt werden können. Dieses hehre Ziel ist an der Haltung der Verbraucherschützer gescheitert,1 die die Verordnung im Interesse ihrer Klientel zu einer Mogelpackung gemacht haben. Mit der Beschränkung des Europäischen Vollstreckungstitels gegen Verbraucher mit Wohnsitz im Erststaat ist der europäische Vollstreckungstitel zu einem Papiertiger geworden. Da die überwältigende Zahl unbestrittener Forderungen solche mit kleinen Beträgen gegen Verbraucher sind und Verbraucher regelmäßig kein Vermögen außerhalb ihres Wohnsitzstaates haben, ist die praktische Bedeutung der VO (EG) Nr. 805/2004 gering. Die der Verordnung vorangestellte Erwägung Nr. 18, die von gegenseitigem Vertrauen in die ordnungsgemäße Rechtspflege der Mitgliedstaaten spricht, stammt wohl aus einer Zeit, bevor die Verbraucherschützer in letzter Minute doch noch die Privilegien ihrer Klientel, die auf dem Grundsatz: Kein Vertrauen in fremde Justiz bei Verbraucherbeteiligung2 basieren, durchgesetzt haben.3 Die Regelung der §§ 1079 ff. ist nicht ausschließlich.4 Der Gläubiger eines europäi2 schen Vollstreckungstitels hat ein Wahlrecht, ob er das vereinfachte Verfahren des 11. Buchs der ZPO betreibt oder das Klauselerteilungsverfahren nach der EuGVVO. Das stellt Art. 27 EuVTVO ausdrücklich klar.5 Die Parallelität der Verfahren nach EuGVVO und EuVTVO führt dazu, dass der Gläubiger sich zwei Zwangsvollstreckungstitel verschaffen kann.6 Natürlich kann diese Titelvermehrung nicht zur Mehrfachvollstreckung und -befriedigung führen. Die Lösung kann nur über das zweitstaatliche Vollstreckungsrecht gefunden werden. Schrifttum Arnold/Hilbig/Zenker Kommentar EuVTVO, in: Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 541, 5 ff.; D’Avout La ciculation automatique des titres exécutoires imposée par le règlement 805/2004 du 21 avril 2004, rev. crit. 2006, 1 ff.; Bach Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa, 2008; Bajons, Von der Internationalen zur Europäischen Urteilsanerkennung und -vollstreckung, FS Rechberger, 2005, 1 ff.; Becker Grundrechtsschutz bei Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im europäischen Zivilverfahrensrecht – Bestimmung der Grenzen für die Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels, Diss. Köln 2004; Beltz Le titre exécutoire européen (TEE), Recueil Dalloz, 2005, 2707 ff.; Biavati Some Remarks about the European Regulation creating an Enforcement Order for unconstested Claims, FS Kerameus, 2009, S. 75 ff.; Bittmann Vom Exequatur zum qualifizierten Klauselerteilungsverfahren, 2008; Bittmann Die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung eines Europäischen Vollstreckungstitels, IPRax 2008, 445 ff.; Bitt-
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1 Vgl. dazu Mankowski Europäischer Vollstreckungstitel und prozessualer Verbraucherschutz, FS Kerameus, 2009, S. 785 ff. 2 Vgl. zur Konterkarierung des Grundsatzes des Vertrauens in die Justiz der Mitgliedstaaten im Rahmen der Nachprüfung der internationalen Zuständigkeit auch Schütze DIZPR, Rdn. 292; Schütze Internationales Zivilprozessrecht und Politik, FS Georgiades, 2005, S. 577 ff. (580 ff.). 3 Die Regelung wird begrüßt von Hilbig in: Geimer Schütze IRV, 541.91 f. (Art. 6 EuVTVO, Rdn. 31 ff.), dort auch eine Darstellung der Historie der Norm. 4 Vgl. dazu Mayr/Czernich Europäisches Zivilprozessrecht, 2006, Rdn. 387; Rauscher/Pabst EGVollstrTitelVO, Art. 27 Rdn. 1; Rellermeyer Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, Rpfl. 2005, 389 ff. (390). 5 Vgl. auch Nr. 20 der der Verordnung vorangestellten Erwägungen; weiter Bittmann Das Verhältnis der EuVTVO zur EuGVVO, IPRax 2011, 55 ff.; Kienle Effektiver Zugang zum (doppelten) Recht? – Ein Zwischenruf zum Verhältnis von EuGVO und EuVTVO, EuZW 2010, 334 ff.; Mankowski Wieviel Bedeutung verliert die EuGVVO durch den Europäischen Vollstreckungstitel? FS Kropholler, 2008, S. 829 ff. 6 Vgl. zu der Problematik Mankowski Wieviel Bedeutung verliert die EuGVVO durch den Europäischen Vollstreckungstitel? FS Kropholler, 2008, S. 829 ff. (835).
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4. Abschnitt. Europäische Vollstreckungstitel
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mann Verordnung über den europäischen Vollstreckungstitel (EuVTVO), in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., 2010, S. 1497 ff.; Bittmann Der Kostenfestsetzungbeschluss nach § 104 ZPO als Europäischer Vollstreckungstitel, RPfl. 2009, 369 ff.; Bittmann Das Verhältnis der EuVTVO zur EuGVVO, IPRax 2011, 55 ff.; Bittmann Ortdnungsgeldbeschlüsse nach § 890 ZPO als Europäische Vollstreckungstitel? IPRax 2012, 62 ff.; Boschiero The forthcoming European enforcement order. Towards a European law-enforcement area, riv.dir.int. 2003, 394 ff.; Burgstaller/Neumayr Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, ÖJZ 2006, 179 ff.; Coester-Waltjen Einige Überlegungen zu einem künftigen europäischen Vollstreckungstitel, FS Beys, 2003, S. 183 ff.; Coester-Waltjen Der neue europäische Vollstreckungstitel, JURA 2005, 394 ff.; Coester-Waltjen Und noch einmal: Der europäische Vollstreckungstitel, FS Yessiou-Faltsi, 2007, S. 39 ff.; Coester-Waltjen Der Europäische Vollstreckungstitel – Bestandsaufnahme und kritische Bewertung, FS Ansay. 2006, S. 47 ff.; Correa Delcasso Le titre exécutoire européen et l’inversion du contentieux, RIDC 2001, 61 ff.; Costa da Silva O Título Executivo Europeu, 2005; Ernst, Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, JurBüro 2005, 568 ff.; Franzmann Die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 – notarielle Urkunden europaweit vollstreckbar, MittBayNot 2004, 404 ff.; Freitag Anerkennung und Rechtskraft europäischer Titel nach EuVTO, EuMahnVO und EuBagatellVO, FS Kropholler, 2008, 759 ff.; Freudenthal De Europese Executoriale Titel en de Europese betalingsbevelprocedure: afstemming van Europese rechtsmaatregeln, Nederlands Internationaal Privaatrecht, 2004, 393 ff.; Funken, Das Anerkennungsprinzip im internationalen Privatrecht, 2009; Gebauer Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, NZ 2006, 103 ff.; Geimer Verbesserungen der Rechtsverfolgung über die Grenze in der Europäischen Union – Einige Bemerkungen zum Europäischen Vollstreckungstitel, FS Vollkommer, 2006, 385 ff.; Geimer Das Brüssel I-System und seine Fortentwicklung im Lichte der Beschlüsse von Tampere, FS Németh, 2003, S. 229 ff.; Gerling Die Gleichstellung ausländischer mit inländischen Vollstreckungstiteln durch die Verordnung zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen: Im Vergleich zum bisherigen Recht und zur Rechtslage in den USA, 2006; Halfmeier Die Vollstreckungsgegenklage im Recht der internationalen Zuständigkeit, IPRax 2007, 381 ff.; Heringer, Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, 2007; Hess Die Integrationsfunktion des europäischen Zivilverfahrensrechts, IPRax 2001, 389 ff.; Hess Europäischer Vollsteckungstitel und nationale Vollstreckungsgegenklage, IPRax 2004, 493 ff.; Hess Europäisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 533 ff.; Hök Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, ZAP 2005, 159 ff.; Hüßtege Braucht die Verordnung über den europäischen Vollstreckungstitel eine ordrepublic-Klausel? FS Jayme, 2004, S. 371 ff.; Hüßtege Der europäische Vollstreckungstitel, in: Gottwald (Hrsg.), Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit in der Europäischen Union, 2004, S. 113 ff.; Klumpp Die Zustellungsformen der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels, 2009; König EuVTVO: Belehrungserfordernisse und Anwendungsbereich, IPRax 2008, 141 ff.; Kohler Systemwechsel im europäischen Anerkennungsrecht: Von der EuGVVO zur Abschaffung des Exequaturs, in: Baur/Mansel (Hrsg.), Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 2002, S. 147 ff.; Kohler Von der EuGVVO zum Europäischen Vollstreckungstitel – Entwicklungen und Tendenzen im Recht der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, in: Reichelt/Rechberger (Hrsg.), Europäisches Kollisionsrecht, 2004, S. 63 ff.; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., 2011, S. 763 ff.; Laenens Le titre exécutoire européen en Belgique, FS Kerameus, 2009, S. 689 ff.; Leible/Lehmann Die Verordnung über den Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen und ihre Auswirkungen auf die notarielle Praxis, NotBZ 2004, 453 ff.; Luckey Der Europäische Vollstreckungstitel (EG-VO Nr. 805/2004), ZGS 2005, 389 ff.; Mankowski Europäischer Vollstreckungstitel und prozessualer Verbraucherschutz, FS Kerameus, 2009, S. 785 ff.; Münch Die vollstreckbare Notariatsurkunde im Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 805/2004, FS Rechberger, 2005, S. 395 ff.; Oberhammer Der Europäische Vollstreckungstitel: Rechtspolitische Ziele und Methoden, JBl 2006, 477 ff.; Pfeiffer Einheitliche unmittelbare und unbedingte Urteilsgeltung in Europa, FS Jayme, 2004, S. 675 ff.; Rausch, Vereinfachte Unterhaltsvollstreckung in der EU mit dem neuen Europäischen Vollstreckungstitel, Familie und Recht 2005, 437 ff.; Rauscher Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, 2004; Rauscher/Pabst Verordnung (EG) Nr. 805/2004, in Rauscher (Hrsg.), Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., 2006, S. 1197 ff.; Rechberger Die Verordnung zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen und die europäische Rechtsschutzkultur, FS Kerameus, 2009, S. 1141 ff.; Rechberger Die neue Generation – Bemerkungen zu den Verordnungen Nr. 805/2004, Nr. 1896/2006 und Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates, FS Leipold, 2009, S. 301 ff.; Rechberger/Frauenberger-Pfeiler Der Europäische Vollstreckungstitel – Eine Annäherung, FS Fischer, 2004, S. 399 ff.; Reichel Das EG-Vollstreckungs-
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Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
titel-Durchführungsgesetz und die Auswirkungen auf das arbeitsgerichtliche Verfahren, NZA 2005, 389 ff.; Rellermeyer Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, Rpfl. 2005, 389 ff.; Riedel Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, ProzessRB, 2005, 324 ff.; Riajvec Der Europäische Vollstreckungstitel – am Beispiel Sloweniens, ZZPInt 12 (2007), 155 ff.; Ringwald Europäischer Vollstreckungstitel nach der EuVTVO und Rechtsbehelfe des Schuldners, 2011; Röthel/Sparmann Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, WM 2006, 2285 ff.; Roth Der Kostenfestsetzungsbeschluss für eine einstweilige Verfügung als Anwendungsfall des Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen, IPRax 2008, 235 ff.; Rotmann Der Schutz des Dritten in der europäischen Mobiliarzwangsvollstreckung – Eine rechtsvergleichende Untersuchung vor dem Hintergrund der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen, Diss. Heidelberg 2007; Stadler Das europäische Zivilprozessrecht – Wie viel Beschleunigung verträgt Europa? IPRax 2004, 2 ff.; Stadler Kritische Anmerkungen zum Europäischen Vollstreckungstitel, RIW 2004, 801 ff.; Stein Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen tritt in Kraft – Aufruf zu einer nüchternen Betrachtung, IPRax 2004, 181 ff.; Stein Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen – Einstieg in den Ausstieg aus dem Exequaturverfahren bei Auslandsvollstreckung, EuZW 2004, 679 ff.; Storme Ein einheitlicher Europäischer Vollstreckungstitel als Vorbote eines weltweiten Titels, FS Nakamura, 1996, S. 581 ff.; Strasser Praxisprobleme bei der Zwangsvollstreckung aus einem Europäischen Vollstreckungstitel, RPfl. 2007, 249 ff.; Taborowski Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen – ein kurzer Überblick aus polnischer Sicht, IPRax 2007, 250 ff.; Tarzia Il titolo esecutivo Europeo per crediti non contestati, FS Schlosser 2005, S. 985 ff.; Tsikrikas Die Einlegung von Rechtsbehelfen im Vollstreckungsverfahren aufgrund eines europäischen Vollstreckungstitels, ZZPInt 11 (2006), 51 ff.; Wagner Vom Brüsseler Übereinkommen über die Brüssel-I Verordnung zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2002, 75 ff.; Wagner Die neue EG-Verordnung zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2005, 189 ff.; Wagner Das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zum Europäischen Vollstreckungstitel – unter besonderer Berücksichtigung der Vollstreckungsabwehrklage, IPRax 2005, 401 ff.; Wagner Der Europäische Vollstreckungstitel, NJW 2005, 1157 ff.; Yessiou-Faltsi Die Folgen des Europäischen Vollstreckungstitels für das Vollstreckungsrecht in Europa, in: Gottwald (Hrsg.), Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen in der Europäischen Union, 2004, S. 213 ff.; Yessiou-Faltsi The European Enforcement Order After Five Years of Experience in Greece, Revue Hellénique de Droit International 61 (2008), 735 ff.; Zilinsky De Europese Executoriale Titel, 2004.
TITEL 1 Bestätigung inländischer Titel als Europäische Vollstreckungstitel § 1079
§ 1079 Zuständigkeit Für die Ausstellung der Bestätigungen nach Artikel 9 Abs. 1, Artikel 24 Abs. 1, Artikel 25 Abs. 1 und Artikel 6 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl. EU Nr. L 143 S. 15) sind die Gerichte, Behörden und Notare zuständig, denen die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels obliegt. 1. 2.
I. II.
Übersicht Sachlicher Anwendungsbereich Notwendigkeit der Bestätigung
Schütze
1 4
III.
Zuständigkeit
6
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4. Abschnitt. Europäische Vollstreckungstitel
§ 1079
I. Sachlicher Anwendungsbereich Der sachliche Anwendungsbereich der EuVTVO erfasst Zivil- und Handelssachen 1 (Art. 2 Abs. 1). Der Begriff entspricht dem in Art. 1 EuGVVO/LugÜ II1 sowie Art. 1 Abs. 1 EuGVÜ/LugÜ I. Um eine einheitliche Anwendung im europäischen Justizraum zu gewährleisten, ist autonom zu qualifizieren. Die Grundsätze die der EuGH2 in der Sache LTU v. Eurocontrol3 entwickelt hat, gelten auch im Rahmen der EuVTVO. Auf die Art der Gerichtsbarkeit kommt es nicht an (Art. 2 Abs. 1 EuVTVO). Auch die Geltendmachung von Ersatzansprüchen des Verletzten im Strafprozess (Adhäsionsverfahren) sind zivilrechtlicher Natur. Das entspricht Art. 5 Nr. 4 EuGVVO/LugÜ II und Art. 5 Nr. 4 EuGVÜ/LugÜ I.4 Auch die Entscheidungen im Ordnungsmittelverfahren nach § 890 fallen unter den Begriff der Zivilsache nach Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuVTVO.5 Allerdings müssen die verfahrensrechtlichen Mindeststandards der Artt. 12 ff. EuVTVO eingehalten sein.6 Da liegen nach der Rechtsprechung des BGH entscheidende Probleme. Das deutsche Recht sieht bei Antragsgegnern keine den Mindestvoraussetzungen der Artt. 12 ff. EuVTVO entsprechende Belehrung vor. Dies führte in dem vom BGH entschiedenen Fall letztlich zur Verweigerung der Bestätigung. Bei der Durchsetzung von Ordnungsgeldbeschlüsssen im Ausland bleibt bei fehlender Belehrung aber immer noch der Weg über die Klauselerteilung nach der EuGVVO. Ausgeschlossen vom Anwendungsbereich der EuVTVO sind öffentlichrechtliche An- 2 gelegenheiten, insbesondere Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten. Art. 2 Abs. 1 EuVTVO nimmt ausdrücklich Ansprüche gegen den Staat als acta iure imperii7 aus. Das ist aus deutscher Sicht eine überflüssige Ausnahme, da für derartige Ansprüche ohnehin kein Gerichtsbarkeit der deutschen Gerichte besteht.8 Die Ausnahme fällt jedoch bei Verzicht auf die Immunität des ausländischen Staates weg.9 Die Ausnahme gilt nur für Ansprüche gegen ausländische Staaten, da nur sie Immunität vor deutschen Gerichten genießen, nicht für Ansprüche gegen den deutschen Staat, solange sie nur zivilrechtlicher Natur sind.
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1 Vgl. Arnold in: Geimer/Schütze IRV, 541. 29 (Art. 1 EuVTVO, Rdn. 1; Bittmann in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 2 EuVTVO, Rdn. 15; Heringer Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, 2007, S. 54; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., 2011, Art. 2 EuVTVO, Rdn. 1; Mayr/Czernich Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 391; Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Einl., Rdn. 44. 2 Vgl. zur Anwendbarkeit der EuGH Rechtsprechung zu EuGVVO, EuGVÜ und LugÜ Hüßtege Braucht die Verordnung über den europäischen Vollstreckungstitel eine ordre public-Klausel? FS Jayme, 2004, S. 371 ff. (372); Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 2, Rdn. 4. 3 Vgl. EuGH Rs. 29/76 – LTU v. Eurocontrol – EuGHE 1976, 1541 = NJW 1977, 489 mit Anm. Geimer = RIW/AWD 1977, 40 mit Anm. Linke = Rev. crit. 1977, 772 mit Anm. Droz. 4 Vgl. dazu Kohler Adhäsionsverfahren und Brüsseler Übereinkommen 1968, in: Will (Hrsg.), Schadensersatz im Strafverfahren, 1990, S. 74 ff. 5 Vgl. BGH NJW 2010, 1883 = IPRax 2012, 72, mit Besprechungsaufsatz Bittmann Ordnungsgeldbeschlüsse nach § 890 ZPO als Europäische Vollstreckungstitel? ebenda, 62 ff.; zur Diskussion in der Literatur vgl. Arnold in: Geimer/Schütze IRV, 541.33 (Art. 2 EuVTVO, Rdn. 4), Der EuGH hat den Ordnungsgeldbeschluss nach § 890 ZPO als Zivilsache i.S. von Art. 1 EuGVVO qualifiziert, vgl. EuGH Rs. C-406/09 – Realchemie Nederland BV v. Bayer CropScience AG – NJW 2011, 3568. 6 Vgl. BGH IPRax 2012, 72; Bittmann IPRax 2012, 62 ff. (65 f.). 7 Darin ist keine Einschränkung des sachlichen Geltungsbereichs gegenüber der VO (EG) Nr.44/2001 zu sehen. Auch dort sind – ohne ausdrückliche Erwähnung – Ansprüche aus acta iure imperii gegen ausländische Staaten ausgenommen, vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 2 EuVTVO, Rdn. 2. 8 Vgl. dazu im Einzelnen Schütze DIZPR, Rdn. 78 ff. 9 Vgl. im Einzelnen Geimer IZPR, Rdn. 629 ff.
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3
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
Zur Herstellung eines Gleichlaufs mit der EuGVVO und den entsprechenden Regelungen in EuGVÜ und LugÜ I und II nimmt Art. 2 Abs. 2 EuVTVO die gleichen Sachgebiete aus. II. Notwendigkeit der Bestätigung
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Die Bestätigung nach Art. 9 Abs. 1 und die Ersatzbestätigung nach Art. 6 Abs. 3 EuVTVO ersetzen für gerichtliche Titel die Klauselerteilung. Es handelt sich um eine modifizierte Klauselerteilung nach § 724.10 Entsprechendes gilt für gerichtliche Vergleiche nach Art. 24 Abs. 1 und für notarielle Urkunden nach Art. 25 Abs. 1 EuVTVO. Ohne Bestätigung ist eine Vollstreckung nicht möglich. Nach Art. 20 Abs. 2 EuVTVO hat der Gläubiger den Vollstreckungsbehörden des Vollstreckungsmitgliedsstaates die Bestätigung zusammen mit einer Ausfertigung der Entscheidung und ggf. einer Transkription oder Übersetzung der Bestätigung zu übermitteln. Dem Gläubiger können mehrere Ausfertigungen erteilt werden, da er in mehreren Mitgliedstaaten die Zwangsvollstreckung betreiben können muss und es u.U. in einem Vollstreckungsstaat mehrere Vollstreckungsorgane gibt.11 In Deutschland ist für das Verfahren § 733 ZPO entsprechend anwendbar.12 Die Bestätigung setzt Vollstreckbarkeit im Ursprungsstaat voraus. Rechtskraft wird nicht gefordert. Vorläufige Vollstreckbarkeit genügt.13 Die Frage der Vollstreckbarkeit beurteilt sich nach erststaatlichem Recht (Recht des Ursprungsstaates).14 Es ist Vollstreckbarkeit im formellen Sinne erforderlich.15 Die Bestätigung wird mit der Mitteilung an den Gläubiger wirksam, 16 um den Überraschungseffekt der Zwangsvollstreckung nicht zu gefährden. Die Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit oder Beschränkung der Vollstreckbarkeit nach Art. 6 Abs. 2 EuVTVO dienen zum Nachweis der Nicht(mehr)Vollstreckbarkeit. Eine Bestätigung dynamisierter Unterhaltstitel nach § 1612 a BGB ist nicht zulässig.17 5 Diese fallen nicht unter den Anwendungsbereich der EuVTVO, da ein bezifferter Betrag fehlt.18 Wenn jedoch eine Bezifferung nach § 245 FamFG erfolgt, ist eine Bestätigung möglich.19 Dasselbe gilt für die Anrechnung des Kindergeldes (§ 1612 b BGB), die in dynamisierter Form zulässig ist.20
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10 Vgl. Schütze Internationales Zivilprozessrecht, in: Locher/Mes (Hrsg.), Beck’sches Prozessformularbuch, 11. Aufl., 2010, I.T.8. Dort auch ein Formulierungsvorschlag für den Antrag auf Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel. 11 Vgl. Hilbig in: Geimer/Schütze IRV, 541.127 (Art. 9 EuVTVO, Rdn. 23) mit weiteren Nachweisen. 12 Vgl. Hilbig in: Geimer/Schütze IRV, 541.127 (Art. 9 EuVTVO, Rdn. 23). 13 Unstr., vgl. für Nachweise Hilbig in: Geimer/Schütze IRV, 541.83 (Art. 6 EuVTVO, Rdn. 9, Fn. 17). 14 Vgl. Bittmann in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 6 EuVTVO, Rdn. 48; Geimer IZPR, Rdn. 3180 j; Hilbig in: Geimer/Schütze IRV, 541.83 (Art. 6 EuVTVO, Rdn. 10). 15 Vgl. Hilbig in: Geimer/Schütze IRV, 541.84 (Art. 6 EuVTVO, Rdn. 11); vgl. auch zu Art. 31 EuGVÜ EuGH – Rs. C-267/97 – Cousier v. Fortisbank SA – EuGHE 1999 I, 2543 = IPRax 2000, 18. 16 Vgl. Hilbig in: Geimer/Schütze IRV, 541, 129 f. (Art. 9 EuVTVO Rdn. 25); Leible/Freitag Forderungsbeitreibung, 2008, § 5, Rdn. 28. 17 Vgl. Zöller/Geimer § 1079, Rdn. 7. 18 Vgl. Zöller/Geimer § 1079, Rdn. 7. 19 Vgl. Wagner Das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zum Europäischen Vollstreckungstitel – unter besonderer Berücksichtigung der Vollstreckungsabwehrklage, IPRax 2005, 401 ff. (409 f.). 20 Vgl. Wagner Das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zum Europäischen Vollstreckungstitel – unter besonderer Berücksichtigung der Vollstreckungsabwehrklage, IPRax 2005, 401 ff. (409 f.).
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III. Zuständigkeit Anwendbar ist § 724. Das Gericht des ersten Rechtszuges ist zuständig für die Bestä- 6 tigung, wenn der Rechtsstreit bei einem höheren Gericht anhängig ist, von diesem Gericht. Das entspricht Art. 6 Abs. 1 EuVTVO. Funktionell zuständig ist nach § 20 Nr. 11 RPflG der Rechtspfleger.21 Weiterhin bleibt jedoch eine Befassung des Richters nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 2, 6 RPflG unberührt.22 In Kinder- und Jugendhilfesachen liegt die Zuständigkeit beim Jugendamt, dem 7 nach § 60 S. 3 SGB VIII die Beurkundung der Verpflichtungserklärung übertragen ist.23 Im Übrigen entscheidet bei Einwendungen das für das Jugendamt zuständige Amtsgericht, § 60 S. 3 Nr. 2 SGB VIII. Bei notariellen Urkunden liegt die Zuständigkeit für die Bestätigung bei dem Notar, der die Verpflichtung beurkundet hat, § 797 Abs. 2. Bei vollstreckbaren Anwaltsvergleichen ist darauf abzustellen, wer den Vergleich für 8 vollstreckbar erklärt hat.24 Ist die Vollstreckbarerklärung nach § 796 b erfolgt, so ist das Prozessgericht zuständig, das für die gerichtliche Geltendmachung des zu vollstreckenden Anspruchs zuständig wäre. Ist die Vollstreckbarerklärung durch einen Notar nach § 796 c erfolgt, so ist dieser für die Bestätigung zuständig. 21222324
§ 1080 Entscheidung § 1080 (1) Bestätigungen nach Artikel 9 Abs. 1, Artikel 24 Abs. 1, Artikel 25 Abs. 1 und Artikel 6 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 sind ohne Anhörung des Schuldners auszustellen. Eine Ausfertigung der Bestätigung ist dem Schuldner zuzustellen. (2) Wird der Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung zurückgewiesen, so sind die Vorschriften über die Anfechtung der Entscheidung über die Erteilung einer Vollstreckungsklausel entsprechend anzuwenden.
I. II. III.
Übersicht Verfahren 1 Entscheidung 2 Zurückweisung des Antrags 3 1. Zurückweisung des Antrags auf Bestätigung 4
IV.
2. Zurückweisung des Antrags auf Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit 5 Kosten und Gebühren 6
I. Verfahren Das Verfahren wird auf Antrag eingeleitet.1 Der Antrag ist nicht fristgebunden und 1 kann jederzeit gestellt werden, Art. 6 Abs. 1 S. 1 EuVTVO. Die Prozessvollmacht des Verfahrens, das zu dem Titel geführt hat, wirkt fort. Da es sich bei der Bestätigung um eine Art modifizierter Klauselerteilung handelt und der An-
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21 Vgl. Saenger/Saenger § 1079, Rdn. 3; Zöller/Geimer § 1079, Rdn. 9. 22 Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 9 EuVTVO, Rdn. 4, Fn. 2. 23 Vgl. Saenger/Saenger § 1079, Rdn. 4. 24 Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1079, Rdn. 1. 1 Vgl. für ein Muster Schütze Internationales Zivilprozessrecht, in: Locher/Mes, Beck’sches Prozessformularbuch, 11. Aufl., 2010, I.T.8, S. 473 ff.
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trag zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden kann, besteht im Übrigen kein Anwaltszwang, § 78 Abs. 5. Eine Anhörung des Schuldners findet in dem Bestätigungsverfahren nicht statt. Das ist hinnehmbar, da der Schuldner durch einen Berichtigungs- oder Widerrufsantrag nach Art. 10 EuVTVO (vgl. dazu § 1081) rechtliches Gehör erhalten kann. II. Entscheidung 2
Die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel wird auf dem Formblatt Anh. I zur EuVTVO ausgestellt, Art. 9 Abs. 1 EuVTVO. Die Bestätigung erfolgt in der Sprache, in der die Entscheidung abgefasst ist, Art. 9 Abs. 2 EuVTVO. Die Entscheidung ist förmlich nur an den Schuldner zuzustellen (Abs. 1 S. 2), an den Gläubiger formlos.2 Für die Zustellung innerhalb des Geltungsbereichs der EuVTVO kommt die EuZVO zur Anwendung.3 Im Übrigen ist § 183 zu beachten.4 Bei Rechtsnachfolge sind §§ 727 ff. anzuwenden.5 III. Zurückweisung des Antrags
3
Abs. 2 ist unklar.6 Die Fassung legt nahe, dass § 732 entsprechend anwendbar ist.7 Diese Norm betrifft aber nur Einwendungen des Schuldners gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel. Man muss differenzieren:
4
1. Zurückweisung des Antrags auf Bestätigung. Gegen die Zurückweisung des Antrags auf Bestätigung nach Art. 6 Abs. 1 EuVTVO ist die Klage auf Bestätigung analog § 731 gegeben.8 Zuständig ist Gericht, das für die Bestätigung zuständig ist. Dieses ist das Prozessgericht erster Instanz i.S. von § 731. Dagegen hat der Schuldner gegen die Bestätigung nur den Antrag auf Berichtigung oder Widerruf nach Art. 10 Abs. 2 EuVTVO i.V.m. § 1081. Im Übrigen ist gegen die Bestätigung kein Rechtsbehelf möglich (Art. 10 Abs. 4 EuVTVO).
5
2. Zurückweisung des Antrags auf Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit. Wird der Antrag auf Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit bzw. Beschränkung der Vollstreckbarkeit nach Art. 6 Abs. 2 EuVTVO zurückgewiesen, so ist § 732 analog anzuwenden. Zuständig ist das Gericht, das die Bestätigung erteilt hat. Hilbig9 hält diesen Weg für ungeeignet, favorisiert vielmehr die sofortige Beschwerde, die befristete Rechtspflegererinnerung oder bei Versagung durch das Jugendamt die Beschwerde nach § 1 Abs. 2 BeurkG. Statt der Einlegung eines Rechtsbehelfs hat der Gläubiger zwei weitere Möglichkeiten, die Zwangsvollstreckung trotz Verweigerung der Bestätigung zu betreiben. Der
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2 Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1080, Rdn. 2. 3 Vgl. Kropholler/von Hein EuZPR, Art. 9 EuVTVO, Rdn. 6. 4 Vgl. Zöller/Geimer § 1080, Rdn. 3. 5 Vgl. Zöller/Geimer § 1080, Rdn. 5. 6 Vgl. dazu Leible/Lehmann Die Verordnung über den Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen und ihre Auswirkungen auf die notarielle Praxis, NotBZ 2004, 453 ff. (459). 7 Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1080, Rdn. 3. 8 Thomas/Putzo/Hüßtege § 1080, Rdn. 3 halten dies immerhin für möglich, bleiben im Übrigen unentschieden. 9 Vgl. Hilbig in: Geimer/Schütze IRV, 541.131 f. (Art. 9 EuVTVO Rdn. 34 mit umfangreichen Nachweisen für den Streitstand).
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Gläubiger kann die Vollstreckbarerklärung nach Art. 38 EuGVVO beantragen (Art. 27 EuVTVO)10 oder einen neuen Antrag stellen.11 IV. Kosten und Gebühren Ebenso wie für die erstmalige Erteilung der Vollstreckungsklausel fallen keine Ge- 6 richtskosten für die Bestätigung an. Der Rechtsanwalt erhält keine besondere Gebühr, da die Bestätigung zum Rechtszug gehört, § 19 Abs. 1 Nr. 12 RVG analog. Für die Verfahren auf Ausstellung der Bestätigung oder Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit bzw. Beschränkung der Vollstreckbarkeit bei Verweigerung der Bestätigung fallen Gerichtskosten und Anwaltskosten wie Verfahren nach §§ 731 ff. an.
§ 1081 Berichtigung und Widerruf § 1081 (1) Ein Antrag nach Artikel 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 auf Berichtigung oder Widerruf einer gerichtlichen Bestätigung ist bei dem Gericht zu stellen, das die Bestätigung ausgestellt hat. Über den Antrag entscheidet das Gericht. Ein Antrag auf Berichtigung oder Widerruf einer notariellen oder behördlichen Bestätigung ist an die Stelle zu richten, die die Bestätigung ausgestellt hat. Die Notare oder Behörden leiten den Antrag unverzüglich dem Amtsgericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz haben, zur Entscheidung zu. (2) Der Antrag auf Widerruf durch den Schuldner ist nur binnen einer Frist von einem Monat zulässig. Ist die Bestätigung im Ausland zuzustellen, beträgt die Frist zwei Monate. Sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung der Bestätigung, jedoch frühestens mit der Zustellung des Titels, auf den sich die Bestätigung bezieht. In dem Antrag auf Widerruf sind die Gründe darzulegen, weshalb die Bestätigung eindeutig zu Unrecht erteilt worden ist. (3) § 319 Abs. 2 und 3 sind auf die Berichtigung und den Widerruf entsprechend anzuwenden.
I. II.
III.
Übersicht Sachlicher Geltungsbereich 1 Zulässigkeit von Berichtigung und Widerruf 2 1. Berichtigung 3 2. Widerruf 4 Verfahren 6 1. Zuständigkeit 6 a. Gerichtliche Bestätigung 6 b. Notarielle oder behördliche Bestätigung 7
IV.
c. Ausschließlichkeit der Zuständigkeit 8 2. Frist 9 3. Beschlussverfahren 11 a. Antrag 11 b. Entscheidung 12 Rechtsmittel 13
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10 Vgl. dazu Bittmann Das Verhältnis der EuVTVO zur EuGVVO, IPRax 2011, 55 ff.; Kienle Effektiver Zugang zum (doppelten) Recht? EuZW 2010, 334 ff.; Mankowski Wieviel Bedeutung verliert die EuGVVO durch den Europäischen Vollstreckungstitel? FS Kropholler, 2008, S. 829 ff. 11 Vgl. Hilbig in: Geimer/Schütze IRV, 541.132 (Art. 9 EuVTVO, Rdn. 38; Kropholler/von Hein EuZPR, Art. 9 EuVTVO, Rdn. 7.
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I. Sachlicher Geltungsbereich 1
Der sachliche Geltungsbereich von Art. 10 EuVTVO und damit auch von § 1081 bezieht sich zunächst nur auf als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidungen. Er umfasst aber darüber hinaus auch öffentliche Urkunden nach Art. 25 Abs. 3 EuVTVO und gerichtliche Vergleiche nach Art. 24 Abs. 3 EuVTVO.1 II. Zulässigkeit von Berichtigung und Widerruf
2
Art. 10 Abs. 4 EuVTVO schließt einen Rechtsbehelf gegen die Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel aus. Die einzigen Möglichkeiten, eine Abänderung oder Beseitigung des Titels zu erreichen sind Berichtigung und Widerruf nach Art. 10 Abs. 1 EuVTVO. § 1081 regelt das deutsche Verfahren hierfür. Unberührt von dem Rechtsmittelausschluss in Art. 10 Abs. 4 EuVTVO bleiben die Rechtsmittel gegen die zu bestätigende Entscheidung selbst.2 Sie richten sich nach der jeweiligen lex fori. Art. 6 Abs. 3 EuVTVO setzt eine Anfechtbarkeit der Entscheidung voraus.
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1. Berichtigung. Eine Berichtigung der Bestätigung nach Art. 10 Abs. 1 lit. a EuVTVO ist zulässig, wenn „die Entscheidung und die Bestätigung aufgrund eines materiellen Fehlers voneinander abweichen.“ Das ist zunächst der Fall bei Schreibfehlern.3 Darüber hinaus ist aber auch jede Abweichung von Titel und Bestätigung zu berücksichtigen. Das betrifft insbesondere die Angaben in Formblatt Anhang I Nr. 2–6.4 Leitlinie kann § 319 sein.5 Alles was nach dieser Bestimmung zur Berichtigung führt, ist auch geeignet, eine Berichtigung nach Art. 10 EuVTVO zu begründen. Der Gläubiger muss zwar nach Art. 20 EuVTVO Ausfertigungen der Entscheidung und der Bestätigung den zuständigen Vollstreckungsbehörden vorlegen, jedoch gilt das Übersetzungserfordernis nur für die Transkription oder die Bestätigung nach Art. 20 Abs. 2 lit. c EuVTVO. Diese Übersetzung werden die Vollstreckungsbehörden regelmäßig zugrunde legen. Deshalb ist Art. 10 Abs. 1 lit. a EuVTVO im Sinne des Schuldnerschutzes weit auszulegen.6
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2. Widerruf. Nach Art. 10 Abs. 1 lit. b EuVTVO kann die Bestätigung widerrufen werden, wenn sie „eindeutig“ zu Unrecht erteilt worden ist. Das Tatbestandsmerkmal der Eindeutigkeit ist eine Leerformel. Entweder ist die Bestätigung zu Unrecht erteilt oder nicht. Es kann keinen Unterschied machen, ob dies offensichtlich ist und ob der Bestätigung eine Art Kainsmal anhaftet. Die Situation ist rechtsähnlich der nach Art. 34 Nr. 1 EuGVVO. Auch dort ist das Merkmal der Offensichtlichkeit beim ordre public Ver-
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1 Vgl. Hilbig in: Geimer/Schütze IRV, 541.139 (Art. 10 EuVTVO, Rdn. 7); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., 2011, Art. 10 EuVTVO, Rdn. 1. 2 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 10, Rdn. 4; Zöller/Geimer § 1081, Rdn. 2. 3 Vgl. Bach Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa, 2008, S. 190 f.; Bittmann in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss Art. 10 EuVTVO, Rdn. 83; Kropholler/von Hein EuZPR, Art. 10 EuVTVO, Rdn. 4. 4 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 10, Rdn. 13. 5 Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht Art. 10 EuVTVO, Rdn. 4; Stein Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen tritt in Kraft – Aufruf zu einer nüchternen Betrachtung, IPRax 2004, 181 ff. (190); Zöller/Geimer § 1081, Rdn. 3. 6 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 10, Rdn. 11 ff.
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4. Abschnitt. Europäische Vollstreckungstitel
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stoß nur eine Wortspielerei ohne praktische Bedeutung.7 Rauscher/Pabst8 versuchen den redaktionellen Unsinn zu retten, indem sie der „Eindeutigkeit“ den Sinn einer Beweislastregelung geben, wonach der Antragsteller den Verstoß gegen die in der Verordnung festgelegten Voraussetzungen zu beweisen hat. Das mag hingehen, ergibt sich aber ohnehin aus allgemeinen Beweislastregeln. Der Widerruf kann insbesondere darauf gestützt werden, dass der Anspruch nicht 5 dem sachlichen Geltungsbereich der EuVTVO unterfällt (Art. 2), die Forderung nicht unbestritten war (Art. 3) oder keine Zuständigkeit nach Art. 6 Abs. 1 lit. b EuVTVO bestanden hat oder die Mindestvorschriften der Artt. 12 ff. EuVTVO nicht eingehalten wurden.9 Der Widerruf kann auch darauf gestützt werden, dass der Verbraucher seinen Wohnsitz nicht im Staat hat, in dem die Entscheidung ergangen ist (Art. 6 Abs. 1 lit. d EuVTVO). III. Verfahren 1. Zuständigkeit a. Gerichtliche Bestätigung. Zuständig zur Entscheidung über Berichtigung und 6 Widerruf ist das Gericht, das die Bestätigung ausgestellt hat, vorausgesetzt, dass dies ein deutsches Gericht ist. Das deutsche Recht kann keine fremden Zuständigkeiten regeln. § 1081 bestimmt nur, welches deutsche Gericht bei deutschem europäischen Vollstreckungstitel zuständig ist und dass kein deutsches Gericht für Berichtigung oder Widerruf eines von einem ausländischen Gericht erlassenen europäischen Vollstreckungstitel Zuständigkeit besitzt. Im Übrigen ist § 1081 Abs. 1 nur eine Wiederholung des ohnehin in Art. 10 Abs. 1 manifestierten Grundsatzes der Zuständigkeit des Ursprungsgerichts. b. Notarielle oder behördliche Bestätigung. Auch bei Bestätigungen öffentlicher 7 Urkunden durch Behörden und Notare nach § 1079 bleibt die Zuständigkeit für Berichtigung und Widerruf bei den staatlichen Gerichten. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Sprengel die Behörde oder der Notar, die die Bestätigung ausgestellt haben, ihren Sitz haben (Abs. 1 S. 4). Der Antrag auf Berichtigung oder Widerruf ist jedoch bei dem Notar oder der Behörde einzureichen, die die Bestätigung erstellt haben. Der Notar oder die Behörde haben den Antrag unverzüglich an das Gericht weiterzuleiten. Sie haben keine Entscheidungsbefugnis, können die Berichtigung oder den Widerruf der Bestätigung – selbst wenn sie den Antrag für begründet halten – nicht aussprechen. Der Antrag kann – entsprechend § 569 Abs. 1 – auch direkt bei dem zuständigen Amtsgericht eingereicht werden. Dieses hat den Notar oder die Behörde zu informieren. c. Ausschließlichkeit der Zuständigkeit. Die Zuständigkeit ist ausschließlich.10
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2. Frist. Der Antrag auf Berichtigung ist nicht fristgebunden.11 Der Antrag auf Wider- 9 ruf kann nur binnen einer Frist von 1 Monat gestellt werden. Bei Zustellung im Ausland verlängert sich die Frist auf 2 Monate. Sie ist eine Notfrist i.S. von § 224 und kann nicht verlängert werden. Jedoch ist die Wiedereinsetzung möglich (§ 233).12
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7 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 294. 8 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 10, Rdn. 16. 9 Vgl. Kropholler/von Hein EuZPR, Art. 10 EuVTVO, Rdn. 6. 10 Vgl. Hilbig in: Geimer/Schütze IRV, 541.141 (Art. 10 EuVTVO, Rdn. 14). 11 Vgl. Kropholler/von Hein EuZPRt, Art. 10 EuVTVO, Rdn. 17; Zöller/Geimer § 1081, Rdn. 5. 12 Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1081, Rdn. 3.
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Die Frist beginnt mit der Zustellung der Bestätigung, frühestens jedoch mit der Zustellung des Titels, auf die sich die Bestätigung bezieht. Nur bei Kenntnis beider Entscheidungen können die Parteien beurteilen, ob ein Widerrufsgrund vorliegt. Bei öffentlichen Urkunden, bei denen die Bestätigung von einem Notar oder einer Behörde ausgestellt worden ist, genügt zur Fristwahrung die Antragstellung bei dem bestätigenden Notar oder der bestätigenden Behörde oder dem zuständigen Amtsgericht. Teilweise wird die Fristbestimmung als verordnungswidrig angesehen, da Art. 10 10 EuVTVO keine Frist vorsieht.13 Art. 10 Abs. 2 EuVTVO überlässt aber das Verfahren der Berichtigung und des Widerrufs der lex fori des Ursprungsmitgliedstaates. Im Rahmen dieser Ermächtigung konnte Deutschland die Fristbestimmung einführen.14 Die Regelung ist sinnvoll, da über die Bestandsfähigkeit der Bestätigung möglichst schnell Klarheit herrschen muss.15 Der Regelung in § 1081 steht Art. 10 Abs. 4 EuVTVO auch nicht entgegen, da diese Norm sich nur auf Rechtsbehelfe außerhalb von Berichtigung und Widerruf bezieht.16 3. Beschlussverfahren 11
a. Antrag. Das Verfahren wird durch Antrag eingeleitet. Der Antrag kann sowohl für Berichtigung als auch Widerruf auf dem Formblatt in Anhang VI gestellt werden. Die Benutzung des Formblatts ist jedoch nicht obligatorisch, der Antrag kann auch formlos gestellt werden.17 Er muss jedoch für den Widerruf begründet werden. Der Antragsteller muss konkret darlegen, gegen welche Erfordernisse der EuVTVO die Bestätigung verstößt. Es genügt nicht der bloße Vortrag, die Bestätigung sei rechtwidrig oder verordnungswidrig erteilt worden. Wenn der Antragsteller geltend machen will, dass es sich um eine Verbrauchersache handele und er zum Zeitpunkt der Entscheidung seinen Wohnsitz nicht im Ursprungsmitgliedstaat hatte, so muss er darlegen, warum es sich um eine Verbrauchersache gehandelt habe und wo er seinen Wohnsitz gehabt hat. Die fehlende oder unzureichende Begründung macht den Antrag unzulässig.18 Antragsberechtigt ist zunächst der Schuldner.19 Aber ein Antragsrecht besteht auch für den Gläubiger soweit er durch die Bestätigung belastet ist, etwa weil der Forderungsbetrag zu niedrig übertragen wurde.20 Das gilt jedoch nur für die Berichtigung, nicht für den Widerruf. Für den darauf gerichteten Antrag ist nur der Schuldner antragsberechtigt.21
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13 Vgl. Leible/Lehmann Die Verordnung über den Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen und ihre Auswirkungen auf die notarielle Praxis, NotBZ 2004, 453 ff. (460); Thomas/Putzo/Hüßtege § 1081, Rdn. 3. 14 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 10, Rdn. 19. 15 Vgl. Zöller/Geimer § 1081, Rdn. 5. 16 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 10, Rdn. 19; Wagner Die neue EG-Verordnung zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2005, 189 ff. (197); Rauscher/Pabst Das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zum Europäischen Vollstreckungstitel – unter besonderer Berücksichtigung der Vollstreckungsabwehrklage, IPRax 2005, 401 ff. (404). 17 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 10, Rdn. 21; Thomas/Putzo/Hüßtege § 1081, Rdn. 4; Zöller/Geimer § 1081, Rdn. 6. 18 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 10, Rdn. 23. 19 Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., 2011, Art. 10 EuVTVO, Rdn. 3. 20 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 10, Rdn. 18. 21 Vgl. Bittmann in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 10 EuVTVO, Rdn. 82; Zöller/Geimer § 1081, Rdn. 2.
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b. Entscheidung. Funktional zuständig für die Entscheidung ist der Rechtspfleger 12 (§ 20 Nr. 11 RechtspflG). Die Entscheidung erfolgt durch Beschluss. Dieser ist zu begründen. Der Beschluss, der Widerruf oder Berichtigung ausspricht ist nach Abs. 3 i.V.m. § 319 Abs. 2 mit der Bestätigung zu verbinden. IV. Rechtsbehelfe Gegen den Beschluss, der dem Berichtigungs- oder Widerrufsantrag stattgibt, findet 13 nach Abs. 3 i.V.m. § 319 Abs. 3 die sofortige Beschwerde statt. Gegen den ablehnenden Beschluss ist die befristete Erinnerung statthaft,22 § 319 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 RechtspflG. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Hilft er der Erinnerung nicht ab, so legt er sie zur Entscheidung dem Richter vor. Gegen dessen zurückweisenden Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben.23 Im Übrigen ist bei Bestätigungen, die unter Verstoß gegen die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 1 EuVTVO ergangen sind, nach Ausschöpfung der Rechtsmittel die Individualbeschwerde zum EGMR gegeben.24
TITEL 2 Zwangsvollstreckung aus Europäischen Vollstreckungstiteln im Inland § 1082 Vollstreckungstitel § 1082 Aus einem Titel, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, findet die Zwangsvollstreckung im Inland statt, ohne dass es einer Vollstreckungsklausel bedarf.
I.
Übersicht Europäischer Vollstreckungstitel als Grundlage der Zwangsvollstreckung 1 1. Grundsatz 1 2. Entbehrlichkeit der Vollstreckungsklausel 3 3. Klauselerteilung für einen anderen als den im Titel bezeichneten Gläubiger oder
II. III. IV. V. VI.
gegen einen anderen als den im Titel bezeichneten Schuldner 4 Anwendbarkeit der §§ 750 ff. 5 Erinnerung 6 Vollstreckungsgegenklage 7 Drittwiderspruchsklage 8 Verbot der Nachprüfung 9
I. Europäischer Vollstreckungstitel als Grundlage der Zwangsvollstreckung 1. Grundsatz. § 1082 hat zunächst deklaratorische Wirkung. Die Norm bestätigt nur, 1 was ohnehin schon (europäisches) Recht ist. Nach Art. 5 EuVTVO wirkt der europäische Vollstreckungstitel in allen Mitgliedstaaten (außer Dänemark), ohne dass eine Anerkennung, Vollstreckbarerklärung, Exequierung, Homologierung pp. notwendig wäre. Der europäische Vollstreckungstitel ist hinsichtlich der Zwangsvollstreckung wie ein inlän-
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22 Vgl. OLG Zweibrücken, RPfl. 2009, 222; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 10 EuVTVO, Rdn. 18. 23 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1081, Rdn. 8. 24 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 10 Rdn. 27 f.
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Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
discher Titel zu behandeln. Deshalb statuiert Art. 20 Abs. 1 S. 2 EuVTVO, dass eine als europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung unter den gleichen Bedingungen vollstreckt wird wie eine im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangene Entscheidung. Der Vollstreckungstitel entfaltet im Vollstreckungsmitgliedstaat keine weitergehende Wirkung als im Ursprungsmitgliedstaat.1 Das folgt schon aus dem Grundsatz, dass die Anerkennung nur Entscheidungswirkungen erstrecken, nicht neue erzeugen kann.2 2 Nach Art. 20 Abs. 1 S. 1 EuVTVO gilt für das Vollstreckungsverfahren das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaates. Dieser ist in dessen Ausgestaltung frei, darf den europäischen Vollstreckungstitel nur nicht schwereren Bedingungen unterwerfen als inländische Titel. Die Formulierung in Art. 20 Abs. 1 S. 2 EuVTVO (gleiche Bedingungen) ist insoweit missverständlich. Europäische Vollstreckungstitel können durchaus auch unter erleichterten Bedingungen zur Vollstreckung zugelassen werden, wie das in § 1082 durch die Zulassung der Vollstreckung ohne Klausel geschieht. Die Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaates. Es gibt keine besondere europäische Vollstreckbarkeit.3 Jedoch gilt auch hier der Grundsatz, dass ein Titel im Zweitstaat keine weitergehenden Wirkungen als im Erststaat entfalten kann.4 3
2. Entbehrlichkeit der Vollstreckungsklausel. Die Gleichstellung des europäischen Vollstreckungstitels mit einem deutschen Titel allein beseitigt aber noch nicht das Erfordernis der Klauselerteilung nach § 725. Hier statuiert § 1082, dass es der Klauselerteilung nicht bedarf. § 1082 schließt die Erteilung der Vollstreckungsklausel nicht aus. Die Situation entspricht der in § 929, der eine Vollstreckungsklausel für entbehrlich erklärt, diese aber in den Fällen des § 727 für zulässig und notwendig erklärt.
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3. Klauselerteilung für einen anderen als den im Titel bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den im Titel bezeichneten Schuldner. Soll die Zwangsvollstreckung für einen anderen als den im Titel bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den im Titel bezeichneten Schuldner stattfinden, so ist eine Klauselerteilung notwendig. § 727 ist anwendbar. § 727 gilt für alle Vollstreckungstitel.5 Ebenso wie im Rahmen von § 929 bedarf es bei Rechtsnachfolge von Gläubiger oder Schuldner einer Titel übertragenden Vollstreckungsklausel. II. Anwendbarkeit der §§ 750 ff.
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Anwendbar sind §§ 750 ff. 6 Damit sind alle Vollstreckungsrechtsbehelfe der ZPO auch gegenüber ausländischen europäischen Vollstreckungstiteln zulässig,7 so § 765a, 766, 767.8
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1 Vgl. Hilbig in: Geimer/Schütze IRV, 541. 155 f. (Art. 11 EuVTVO, Rdn. 2. 2 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 319. 3 Vgl. Geimer Exequaturverfahren, FS Georgiades, 2005, S. 489 ff. (494); Zöller/Geimer § 1082, Rdn. 5. 4 Vgl. Kropholler/von Hein EZPR, Art. 20 EuVTVO, Rdn. 4, die die hier vertretene Meinung in der Vorauflage unrichtig interpretieren. 5 Vgl. dazu Loritz Die Umschreibung der Vollstreckungsklausel, ZZP 95 (1982), 310 ff.; Loritz Rechtsnachfolge und Umschreibung der Vollstreckungsklausel in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, ZZP 106 (1993), 1 ff.; Thomas/Putzo/Putzo § 727 Rdn. 1; Wieczorek/Schütze/Paulus 3. Aufl., § 727, Rdn. 3. 6 Vgl. Rauscher/Pabst Art. 20 EG-VollstrTitelVO, Rdn. 1; Thomas/Putzo/Hüßtege § 1082 Rdn. 1. 7 Vgl. Bittmann in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 20 EuVTVO, Rdn. 158. 8 Vgl. Bittmann in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 20 EuVTVO, Rdn. 158.
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4. Abschnitt. Europäische Vollstreckungstitel
§ 1082
III. Erinnerung Gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung findet die Erinnerung nach § 766 6 statt.9 IV. Vollstreckungsgegenklage10 Einwendungen gegen den durch den europäischen Vollstreckungstitel festgestellten 7 Anspruch können mit der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden. Es findet § 1086 Anwendung. V. Drittwiderspruchsklage Die Drittwiderspruchsklage nach § 771 findet statt, wenn die deutschen Gerichte 8 nach Art. 22 Nr. 5 VO (EG) Nr. 44/2001 zuständig sind,11 d.h. die deutschen Gerichte, wenn und soweit die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist.12 VI. Verbot der Nachprüfung Die deutschen Vollstreckungsorgane haben kein Nachprüfungsrecht, ob die Bestäti- 9 gung hätte erteilt werden dürfen. Auch eine fehlerhafte Bestätigung im Ursprungsmitgliedstaat ist hinzunehmen.13 So sind bestätigte Titel zu vollstrecken, die nicht unter den Geltungsbereich der EuVTVO fallen oder bei denen aus sonstigen Grünen die Bestätigung nicht hätte erteilt werden dürfen. Der Schuldner muss in diesen Fällen im Ursprungsmitgliedstaat einen Antrag auf Widerruf oder Berichtigung stellen.14
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9 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 20, Rdn. 35; Thomas/Putzo/Hüßtege § 1082, Rdn. 2; Zöller/Geimer § 1082, Rdn. 3. 10 Vgl. dazu insbes. Wagner Das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zum Europäischen Vollstreckungstitel – unter besonderer Berücksichtigung der Vollstreckungsabwehrklage, IPRax 2005, 401 ff.; Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 20, Rdn. 36. 11 Vgl. Hüßtege Braucht die Verordnung über den europäischen Vollstreckungstitel eine ordre-publicKlausel? FS Jayme, 2004, S. 371 ff. (384). 12 Zur Anwendbarkeit von Art. 22 Nr. 5 EuGVVO auf Drittwiderspruchsklagen vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A. 1, Art. 22, Rdn. 268. 13 Vgl. Zöller/Geimer § 1082, Rdn. 7. 14 Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 11 EuVTVO, Rdn. 1; Rellermeyer Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, RPfl. 2005, 389 ff. (401), Zöller/Geimer § 1082, Rdn. 7; aA Jayme/Kohler Europäisches Kollisionsrecht 2004: Territoriale Erweiterung und methodische Rückgriffe, IPRax 2004, 481 ff. (486, Fn. 73).
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§ 1083
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§ 1083 Übersetzung § 1083 Hat ein Gläubiger nach Artikel 20 Abs. 2 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 eine Übersetzung vorzulegen, so ist diese in deutscher Sprache zu verfassen und von einer hierzu in einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union befugten Person zu beglaubigen.
I. II.
Übersicht Notwendigkeit der Übersetzung Erfordernisse der Übersetzung 1. Verständlichkeit 2
1 2
III.
2. Beglaubigung 3 Rechtsfolgen mangelhafter Übersetzung 4
I. Notwendigkeit der Übersetzung 1
Nach Art. 20 Abs. 2 lit. c der EuVTVO ist eine Übersetzung in die Sprache des Vollstreckungsmitgliedstaates vorzulegen. Dies ist notwendig, da Fremdsprachenkenntnisse der Vollstreckungsorgane nicht vorausgesetzt werden können. Da Deutschland nur eine Amtssprache kennt, ist eine etwa erforderliche Übersetzung in die deutsche Sprache notwendig. § 1083 dient nur der Klarstellung. Es handelt sich um die nach Art. 30 Abs. 1 lit. b EuVTVO notwendige Konkretisierung, die der Kommission mitgeteilt worden ist. Die Übersetzung ist regelmäßig nur insoweit erforderlich als es sich nicht um Teile der Bestätigung handelt, die nicht durch Ankreuzen oder Aufnahme von Bezeichnungen in die Formblätter ausgefüllt werden können.1 Das ist regelmäßig bei notwendigen ergänzenden oder erläuternden Einträgen der Fall. Allerdings müssen auch Bezeichnungen des Gerichts, insbesondere wenn die ursprüngliche Bezeichnung deutsch war, übersetzt werden, so Chorzow in Königshütte, Bratislava in Pressburg pp. II. Erfordernisse der Übersetzung
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1. Verständlichkeit. Für die Qualität der Übersetzung gelten die allgemeinen Grundsätze im internationalen Zivilprozessrecht.2 Die Übersetzung muss verständlich sein. Sprachliche Eleganz oder auch nur Richtigkeit kann nicht gefordert werden. Sinnentstellende Fehler machen die Übersetzung dagegen unbrauchbar. Die Übersetzung ist keine Übersetzung im Rechtssinne mehr.
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2. Beglaubigung. Die Übersetzung ist zu beglaubigen. Die Beglaubigung ist die Bestätigung der Richtigkeit der Übersetzung. Sie ist aber nicht bindend. Die Richtigkeit der Übersetzung ist eine Tatfrage. Die Beglaubigung begründet nur eine – widerlegbare – Vermutung für die Richtigkeit der Übersetzung.3
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1 Vgl. LG München, 6 T 6032/09 (juris); Bittmann in: Gebauer/Wiedmann Art. 20 EuVTVO, Rdn. 164 mwN; Hilbig in: Geimer/Schütze IRV, 541.22 (Art. 20) EuVTVO, Rdn. 13. 2 Vgl. dazu Schütze Probleme der Übersetzung im Zivilprozessrecht, FS Sandrock, 2000, S. 871 ff.; Schütze Übersetzungen im europäischen und internationalen Zivilprozessrecht – Probleme der Zustellung, RIW 2006, 352 ff. (353 f.). 3 Vgl. Schütze Probleme der Übersetzung im Zivilprozessrecht, FS Sandrock, 2000, S. 871 ff. (874); Schütze Übersetzungen im europäischen und internationalen Zivilprozessrecht – Probleme der Zustellung, RIW 2006, 352 ff. (354).
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4. Abschnitt. Europäische Vollstreckungstitel
§ 1084
Die Ermächtigung zur Beglaubigung kann von den zuständigen Behörden irgendeines Mitgliedstaates erteilt sein.4 Ein belgischer Übersetzer, der nach belgischem Recht zur Beglaubigung befugt ist, kann eine Übersetzung eines europäischen Vollstreckungstitels eines französischen Gerichts in die deutsche Sprache im Rahmen des § 1083 wirksam beglaubigen. Die Frage, ob die Beglaubigung von einem ermächtigten Übersetzer stammt, ist eine Tatfrage. Der Antragsteller trägt die Darlegungs- und Beweislast. § 293 ist nicht anwendbar.5 III. Rechtsfolgen mangelhafter Übersetzung Eine sinnentstellende Übersetzung ist eine Nichtübersetzung. Das Erfordernis des 4 Art. 20 Abs. 2 lit. c EuVTVO ist nicht erfüllt. Die für die Vollstreckung notwendigen Unterlagen sind nicht vollständig. Vollstreckungsmaßnahmen dürfen nicht erfolgen. Der Schuldner kann Erinnerung nach § 766 einlegen,6 wenn aus dem Titel dennoch vollstreckt wird.
§ 1084
§ 1084 Anträge nach den Artikeln 21 und 23 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 (1) Für Anträge auf Verweigerung, Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach den Artikeln 21 und 23 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 ist das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zuständig. Die Vorschriften des Buches 8 über die örtliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts sind entsprechend anzuwenden. Die Zuständigkeit nach den Sätzen 1 und 2 ist ausschließlich. (2) Die Entscheidung über den Antrag nach Artikel 21 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 ergeht durch Beschluss. Auf die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung der bereits getroffenen Vollstreckungsmaßnahmen sind § 769 Abs. 1 und 3 sowie § 770 entsprechend anzuwenden. Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist auch ohne Sicherheitsleistung zulässig. (3) Über den Antrag auf Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung nach Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 wird durch einstweilige Anordnung entschieden. Die Entscheidung ist unanfechtbar.
I.
Übersicht Anwendungsbereich 1 1. Kollidierende andere Entscheidung 2 a. Unvereinbare Urteilswirkungen 3 b. Zeitliche Priorität der abweichenden Entscheidung 4 c. Identität des Streitgegenstandes 5 d. Parteienidentität 6 e. Präklusion 7
2. Rechtsbehelf gegen europäische Vollstreckungstitel, sowie Antrag auf Berichtigung oder Widerruf der Bestätigung 9 3. Sicherungsvollstreckung 10 4. Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen außergewöhnlicher Umstände 11
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Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1083, Rdn. 4. AA Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1083, Rdn. 4. Vgl. zur Zulässigkeit Bittmann in: Gebauer/Wiedmann Art. 20 EuVTVO, Rdn. 158 f.
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§ 1084
II.
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Verfahren 12 1. Sachliche Zuständigkeit 12 2. Örtliche Zuständigkeit 13 3. Ausschließlichkeit der Zuständigkeit 14
III.
Entscheidung 15 1. Auslegungsgrundsätze 15 2. Beschlussverfahren 16 3. Einstweilige Anordnung 17 4. Endgültigkeit der Entscheidung
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I. Anwendungsbereich 1
§ 1084 regelt vier unterschiedliche Fälle: Die Verweigerung der Vollstreckung wegen Urteilskollision, die Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung bei Rechtsbehelfen des Schuldners gegen den europäischen Vollstreckungstitel, die Sicherungsvollstreckung und die Aussetzung von Vollstreckungsmaßnahmen unter außergewöhnlichen Umständen. 1. Kollidierende andere Entscheidung
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Kollidierende Entscheidungen sind unerwünscht. § 328 Abs. 1 Nr. 3 statuiert deshalb als Erfordernis der Anerkennung, dass keine Kollision mit einem inländischen Urteil oder einer anzuerkennenden früheren ausländischen Entscheidung vorliegen darf.1 Das Gesetz behandelt den Vorrang bei Kollisionen von Entscheidungen zwar nicht als Unterfall des ordre public.2 Jedoch ist das Erfordernis im öffentlichen Interesse aufgestellt.
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a. Unvereinbare Urteilswirkungen. Die Urteilswirkungen des Europäischen Vollstreckungstitels müssen mit denen einer anderen Entscheidung unvereinbar sein. Der Begriff der „Unvereinbarkeit“ ist gemeinschaftsrechtlich autonom zu qualifizieren.3 Er ist derselbe wie in Art. 34 Nr. 3 VO (EG) Nr. 44/2001 und Art. 27 EuGVÜ/LugÜ I. Es gilt deshalb der weite Verfahrensbegriff den der EuGH4 entwickelt hat.5 Nicht nur gegensätzliche Entscheidungen gegen den gleichen Beklagten sind unvereinbar, auch identische bzw. teilidentische Entscheidungen sind unvereinbar, da sie zu einer Titeldoppelung führen.6 Insbesondere sind Urteile aus Vertrag mit solchen auf Feststellung der Nichtigkeit des Vertrages unvereinbar. Nicht unvereinbar sind Entscheidungen, die unterschiedliche Teile einer Forderung betreffen.7 Unerheblich ist, ob die Unvereinbarkeit mit einer inländischen oder einer anerkannten ausländischen Entscheidung vorliegt.8
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1 Vgl. dazu Lenenbach Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozessrecht, 1997. 2 Vgl. Geimer Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, 1995, S. 112; Schütze DIZPR, 2. Aufl., 2005, Rdn. 335. 3 Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 21 EuTVO, Rdn. 4. 4 Vgl. EuGH Rs. 144/86 – Gubisch v. Palumbo – EuGHE 1987, 4861 = NJW 1989, 665 = RIW 1988, 818 mit Anm. Linke; EuGH Rs. C-406/92 – The owners of the cargo lately laden on board the ship Tatry v. The owners of the ship Maciej rataj – EuGHE 1994 I, 5439 = EWS 1995, 90 mit Besprechungsaufsatz Lenenbach Gerichtsstand des Sachzusammenhangs nach Art. 21 EuGVÜ? ebenda 361 ff. 5 Vgl. im Einzelnen Geimer/Schütze EuZVR, A. 1, Art. 34, Rdn. 166 ff. 6 Vgl. Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/1, S. 996. 7 Vgl. Hilbig in: Geimer/Schütze IRV, 541.248 (Art. 21 EuVTVO, Rdn. 17). 8 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 21, Rdn. 5; Stein Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen tritt in Kraft – Aufruf zu einer nüchternen Betrachtung, IPRax 2004, 181 ff. (182).
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4. Abschnitt. Europäische Vollstreckungstitel
§ 1084
b. Zeitliche Priorität der abweichenden Entscheidung. Während nach Art. 34 4 Nr. 3 EuGVVO die zweitstaatliche Entscheidung immer privilegiert ist, stellt Art. 21 Abs. 1 lit. a EuVTVO auf die zeitliche Priorität ab. Abzustellen ist auf den Eintritt der Rechtskraft. Ist das ausländische Urteil zeitlich nach der inländischen Entscheidung in Rechtskraft erwachsen, so ist die Anerkennung schon deshalb ausgeschlossen, weil die Rechtskraft der ausländischen Entscheidung nur relativ, die der inländischen dagegen absolut wirkt.9 Soweit die Rechtskraft der ausländischen Entscheidung vor der Rechtskraft des inländischen Urteils eintritt greift Art. 21 Abs. 1 lit. a EuVTVO ein und bewirkt eine Anerkennungssperre. Es gelten die gleichen Grundsätze wie für § 328 Abs. 1 Nr. 3.10 c. Identität des Streitgegenstandes. Der Streitgegenstand beider Entscheidungen 5 muss identisch sein. Es gelten die zur EuGVVO entwickelten Grundsätze.11 Nach der Kernpunkttheorie des EuGH ist ein weiter Verfahrensbegriff zugrunde zu legen.12 Es kommt also – anders als bei der deutschen Streitgegenstandslehre – nicht auf den Klagantrag an, sondern ob der Kernpunkt beider Verfahren gleich ist. Das ist in der Rechtsprechung des EuGH zu bejahen für das Leistungsurteil und das negative Feststellungsurteil (wegen eben dieser Leistungsverpflichtung). d. Parteienidentität. Art. 21 Abs. 1 lit. a verlangt Identität der Parteien. Problema- 6 tisch sind die Fälle der Rechtskrafterstreckung auf Dritte.13 e. Präklusion. Die Vollstreckung darf nur verweigert werden, wenn die Unverein- 7 barkeit im gerichtlichen Verfahren des Usprungsmitgliedstaates nicht geltend gemacht worden ist und nicht geltend gemacht werden konnte (Art. 21 Abs. 1 lit. c EuVTVO). Die Unvereinbarkeit muss deshalb nicht geltend gemacht worden sein, weil sie nicht geltend gemacht werden konnte. Auch zur Vollstreckungsgegenklage wird die Präklusion daran geknüpft, dass es dem Schuldner subjektiv möglich war, die Einwendung vorzubringen.14 Die Präklusionswirkung tritt nicht ein, wenn der Beklagte unverschuldet von dem 8 widersprechenden Titel keine Kenntnis hatte. Nicht geltend gemacht werden kann die Unvereinbarkeit auch dann, wenn der Ursprungsstaat einen dem europäischen Vollstreckungstitel widersprechenden ausländischen Titel nicht anerkennt, der Vollstreckungsstaat dies dagegen tut. Eine solche Fallkonstellation kann etwa entstehen, wenn ein österreichisches Gericht einen europäischen Vollstreckungstitel bestätigt hat, obwohl eine widersprechende New Yorker Entscheidung vorlag, da das New Yorker Urteil mangels Verbürgung der Gegenseitigkeit (§ 79 EO) nicht beachtet wurde.15 Im deut-
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9 Vgl. Kallmann Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und Vergleiche, 1946, S. 220, Fn. 17; Riezler Internationales Zivilprozessrecht, 1949, S. 521. 10 Vgl. dazu Schütze DIZPR, Rdn. 335. 11 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 21, Rdn. 7; zweifelnd Hilbig in: Geimer/Schütze IRV 541.248 (Art. 21 EuVTVO, Rdn. 16), die auf den unterschiedlichen Text in den Verordnungen und im EuGVÜ hinweist. 12 Vgl. EuGH Rs. 144/86 – Gubisch v. Palumbo – EuGHE 1987, 4861 = NJW 1989, 665; EuGH Rs. C-406/92 – The owners of the cargo lately laden on board the ship Tatry v. The owners of the ship Maciej rataj – EuGHE 1994 I, 5439 = EWS 1995, 90. 13 Vgl. dazu Koch Unvereinbare Entscheidungen iSd Art. 27 Nr. 3 und 5 EuGVÜ und ihre Vermeidung, 1993, S. 50 und Lenenbach Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozessrecht, 1997, S. 173. 14 Vgl. eingehend Burghard Die Präklusion der zweiten Vollstreckungsgegenklage, ZZP 106 (1993), 23 ff. 15 Vgl. dazu Geimer/Schütze EuZVR, E. 18, Rdn. 20 ff. mwN.
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schen Vollstreckungsverfahren ist die Entscheidung aus New York jedoch zu berücksichtigen, da nach h.L. die Gegenseitigkeit im Verhältnis zu New York verbürgt ist.16 9
2. Rechtsbehelf gegen europäischen Vollstreckungstitel, sowie Antrag auf Berichtigung oder Widerruf der Bestätigung. Das Verfahren nach § 1084 regelt in Abs. 3 die Fälle des Art. 23 EuVTVO: – Der Schuldner hat einen Rechtsbehelf gegen eine als europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung eingelegt. Dazu gehören zunächst die Fälle nach Art. 19 EuVTVO, die insbesondere Fälle unzulänglicher Ladung betreffen. Darüber hinaus fallen hierunter auch Rechtsbehelfe gegen die bestätigte Entscheidung selbst, die durch Art. 10 Abs. 4 EuVTVO nicht abgeschnitten sind. Denn diese Norm betrifft nur Rechtsbehelfe gegen die Bestätigung. – Der Schuldner hat die Berichtigung oder den Widerruf der Bestätigung nach Art. 10 EuVTVO i.V.m. § 1081 beantragt.
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3. Sicherungsvollstreckung. Nach Art. 23 EuVTVO kann das Gericht auf Antrag des Schuldners bei Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die bestätigte Entscheidung oder Antrag auf Berichtigung oder Widerruf – das Vollstreckungsverfahren auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder – die Vollstreckung von der Leistung einer Sicherheit abhängig machen. Die Beschränkung auf Sicherungsmaßnahmen oder die Anordnung einer Sicherheitsleistung erfolgt nach gerichtlichem Ermessen.17 Entscheidend müssen die Erfolgsaussichten der Verfahren auf Beseitigung von Titel und/oder Bestätigung sein. Im Übrigen sind die Interessen von Gläubiger und Schuldner abzuwägen. Hat der Gläubiger schon im Ausland Sicherheit in ausreichender Höhe geleistet, so kommt eine nochmalige Sicherheitsleistung18 oder die Beschränkung der Vollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen nicht in Betracht.
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4. Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen außergewöhnlicher Umstände. Art. 23 lit. c lässt die bedingungslose Einstellung der Zwangsvollstreckung unter außergewöhnlichen Umständen zu. Da die Sicherungsvollstreckung genügend Möglichkeiten gibt, die Parteiinteressen zu wahren, kann eine bedingungslose Aussetzung nur die Ausnahme sein, etwa wenn der bestätigte Titel gegen den ordre public des Vollstreckungsstaates verstößt.19 II. Verfahren
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1. Sachliche Zuständigkeit. Zuständig ist das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht. Funktionell zuständig ist der Richter, nicht der Rechtspfleger.20
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16 Vgl. BGH RIW 1984, 557; Geimer/Schütze EuZVR, E. 1, Rdn. 287 mwN. 17 Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EuVTVO, Rdn. 6; Rauscher/Pabst EGVollstrTitelVO, Art. 23, Rdn. 5. 18 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 23, Rdn. 9. 19 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 23, Rdn. 10. 20 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 23, Rdn. 18; Thomas/Putzo/Hüßtege § 1084, Rdn. 2; Zöller/Geimer § 1086, Rdn. 3. A.A. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1084, Rdn. 3.
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4. Abschnitt. Europäische Vollstreckungstitel
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2. Örtliche Zuständigkeit. Örtlich zuständig ist das Gericht des Sprengels, in dem 13 der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, im Übrigen das, in dem nach § 23 Klage erhoben werden kann, regelmäßig also, wo Vermögen belegen ist. § 828 Abs. 2 ist anwendbar.21 3. Ausschließlichkeit der Zuständigkeit. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit 14 sind nach Abs. 1 S. 3 ausschließlich. § 802 ist anwendbar.22 III. Entscheidung 1. Auslegungsgrundsätze. Bei der Entscheidung sind die Begriffe der EuVTVO in 15 gleicher Weise zu interpretieren wie sie der EuGH für EuGVÜ und EuGVVO entwickelt hat.23 Grundsätzlich ist die autonome Auslegung24 anzuwenden, und zwar unter Zugrundelegung der rechtsvergleichenden Methode.25 Damit wird auch der Gefahr vorgebeugt, dass die nationalen Vollstreckungsgerichte mit ihrer häufig sozialpolitisch begründeten Schuldnerschutzpraxis das europäische Recht unterlaufen. Notfalls muss dem EuGH vorgelegt werden.26 2. Beschlussverfahren. Die Entscheidungen nach § 1084 ergehen durch Beschluss. 16 Abs. 2 S. 1 ordnet dies für die Entscheidung über die Verweigerung der Vollstreckung wegen kollidierender anderweitiger Entscheidung nach Art. 21 EuVTO ausdrücklich an. Aber auch die Entscheidung nach Abs. 3 über die Aussetzung und Beschränkung der Vollstreckung erfolgt durch Beschluss (§ 707 Abs. 2 S. 1). Es ist rechtliches Gehör zu gewähren. 3. Einstweilige Anordnung. Über die Aussetzung oder Beschränkung der Voll- 17 streckung nach Art. 23 EuVTVO wird durch einstweilige Anordnung entschieden. § 707 gilt entsprechend,27 insbesondere Abs. 2 S. 2, der die Unanfechtbarkeit des Beschlusses anordnet. Dies ist in Abs. 3 S. 2 zur Klarstellung noch gesondert aufgeführt. Es ist rechtliches Gehör zu gewähren, sofern nicht sofort zu entscheiden ist. In diesem Fall kann das rechtliche Gehör nachgeholt werden, da die einstweilige Anordnung – ebenso wie die nach § 707 – jederzeit wieder aufgehoben werden kann.
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21 Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1084, Rdn. 2. 22 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1084, Rdn. 3. 23 Vgl. Bittmann in: Gebauer/Wiedmann Überblick vor EuVTVO, Rdn. 13; Rauscher/Pabst EGVollstrTitelVO, Einl. Rdn. 36. 24 Vgl. dazu Basedow Europäisches Zivilprozessrecht, in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. I, 1982, S. 113 ff.; Geimer/Schütze EuZVR, A. 1, Einl., Rdn. 125 ff.; Martiny Autonome und einheitliche Auslegung im europäischen internationalen Zivilprozessrecht, RabelsZ 45 (1981), 427 ff.; Pfeiffer Grundlagen und Grenzen der autonomen Auslegung des EuGVÜ, Jahrbuch junger Zivilrechtswissenschaftler, 1991, S. 71 ff.; Schlosser Vertragsautonome Auslegung, nationales Recht, Rechtsvergleichung und das EuGVÜ, GS Bruns, 1980, S. 45 ff.; Scholz Das Problem der autonomen Auslegung des EuGVÜ, 1998. 25 Vgl. dazu Geimer Zur Auslegung des Brüsseler Zuständigkeits- und Vollstreckungsübereinkommens in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968, EuR 12 (1977), 341 ff.; Martiny Autonome und einheitliche Auslegung im europäischen internationalen Zivilprozessrecht, RabelsZ 45 (1981), 427 ff.; Schütze DIZPR, Rdn. 7; Schütze Internationales Zivilprozessrecht und Rechtsvergleichung, FS Waseda, 1988, S. 323 ff. 26 Vgl. Bittmann in: Gebauer/Wiedmann Überblick vor EuVTVO, Rdn. 13. 27 Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1084, Rdn. 3.
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4. Endgültigkeit der Entscheidung. Gegen den Beschluss nach Abs. 2 S. 1 ist die sofortige Beschwerde gegeben.28 Gegen den Beschluss nach Abs. 3 ist kein Rechtbehelf gegeben. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Eine Aufhebung der nach Art. 23 EuVTVO i.V.m. Abs. 1, 3 getroffenen einstweiligen Maßnahmen muss erfolgen, wenn im ausländischen Verfahren über den Rechtsbehelf entschieden worden ist.29
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§ 1085 Einstellung der Zwangsvollstreckung Die Zwangsvollstreckung ist entsprechend den §§ 775 und 776 auch dann einzustellen oder zu beschränken, wenn die Ausfertigung einer Bestätigung über die Nichtvollstreckbarkeit oder die Beschränkung der Vollstreckbarkeit nach Artikel 6 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 vorgelegt wird. 3435
I. II.
Übersicht Nichtvollstreckbarkeit oder Beschränkung des europäischen Vollstreckungstitels 1 Notwendigkeit der Nichtvollstreckbarkeitsbescheinigung 3
III. IV.
Anwendbarkeit von § 775 Anwendbarkeit von § 776
4 5
I. Nichtvollstreckbarkeit oder Beschränkung des Europäischen Vollstreckungstitels 1
Ein europäischer Vollstreckungstitel kann nach Art. 10 Abs. 1 EuVTVO berichtigt oder widerrufen werden, wenn die Entscheidung und die Bestätigung aufgrund eines materiellen Fehlers voneinander abweichen oder wenn die Erfordernisse der Verordnung für die Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel nicht vorliegen. Hierüber ist nach dem Recht des Ursprungsstaates – in Deutschland nach § 1081 – zu entscheiden. Hierüber wird auf Antrag eine Bescheinigung nach Art. 6 Abs. 2 EuVTVO erteilt. 2 Die als europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung kann – neben Berichtigung und Widerruf – auch aufgehoben werden. Das ist beispielsweise bei der erfolgreichen Vollstreckungsgegenklage der Fall. Dasselbe gilt für die erfolgreiche Individualbeschwerde vor dem EGMR, wenn eine Bestätigung trotz Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 erteilt und nicht nach Art. 10 EuVTVO korrigiert wird.1 Auch über die Aufhebung der Entscheidung ist eine Nichtvollstreckbarkeitsbescheinigung auszustellen. II. Notwendigkeit der Nichtvollstreckbarkeitsbescheinigung 3
Im Interesse der Einheitlichkeit der Verfahrens- und Entscheidungsformalien wird das Verfahren auch hinsichtlich der Aufhebung oder Beschränkung des europäischen Vollstreckungstitels über Formblätter abgewickelt. Hier ist zu differenzieren: Während die Benutzung der Formblätter bei dem Antrag auf Berichtigung und Widerruf nicht
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28 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 21, Rdn. 15; Zöller/Geimer § 1084, Rdn. 2. 29 Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 23, Rdn. 19; Wagner Das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zum Europäischen Vollstreckungstitel – unter besonderer Berücksichtigung der Vollstreckungsabwehrklage, IPRax 2005, 401 ff. (404). 1 Vgl. dazu Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 10, Rdn. 37 f.
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§ 1086
4. Abschnitt. Europäische Vollstreckungstitel
zwingend2 und eine formlose Stellung des Antrags zulässig ist, kann die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 1085 nur aufgrund einer Bestätigung nach Art. 6 Abs. 2 EuVTVO unter Benutzung des Formblatts in Anh. IV gestellt werden. Vorzulegen ist eine Ausfertigung der Bestätigung. III. Anwendbarkeit von § 775 Eine Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach § 775 Nr. 1 und 2 4 kann erfolgen, wenn die Bestätigung über die Nichtvollstreckbarkeit oder die Beschränkung der Vollstreckbarkeit nach Art. 6 Abs. 2 EuVTVO vorgelegt wird. Das schließt nicht aus, dass die Zwangsvollstreckung auch in den Fällen des § 775 Nr. 3 bis 5 eingestellt oder beschränkt wird. Die Regelung des § 1085 ist nicht abschließend.3 Hat der Schuldner den titulierten Betrag nach Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel gezahlt und weist dies in einer öffentlichen Urkunde oder einer vom Gläubiger ausgestellten Privaturkunde nach, so ist die Zwangsvollstreckung nach § 775 Nr. 4 einzustellen. IV. Anwendbarkeit von § 776 § 776 gilt ohne Einschränkung. Das folgt aus der Anwendbarkeit von § 775. Hinsicht- 5 lich ausländischer Entscheidungen ist die korrespondierende Rechtsfolge des § 776 anzuwenden.4 Es ist auf die funktionale Vergleichbarkeit mit den Entscheidungen nach § 775 Nr.1 und 2 abzustellen, um die Rechtsfolge des § 776 zu bestimmen.
§ 1086 Vollstreckungsabwehrklage § 1086 (1) Für Klagen nach § 767 ist das Gericht ausschließlich örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz hat, oder, wenn er im Inland keinen Wohnsitz hat, das Gericht, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung stattfinden soll oder stattgefunden hat. Der Sitz von Gesellschaften oder juristischen Personen steht dem Wohnsitz gleich. (2) § 767 Abs. 2 ist entsprechend auf gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden anzuwenden. Übersicht I. Anwendungsbereich 1 1. Verhältnis zu Art. 6 EuVTVO 3 2. Verhältnis zu Art. 10 EuVTVO 4 3. Regelungsbereich von § 1086 5 4. Gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden 6
II. III. IV. V.
Internationale Zuständigkeit Örtliche Zuständigkeit 8 Sachliche Zuständigkeit 9 Zulässige Klagegründe 10
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Vgl. Rauscher/Pabst EG-VollstrTitelVO, Art. 10, Rdn. 21. Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1085, Rdn. 1/2. Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1085, Rdn. 1/2.
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§ 1086
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
I. Anwendungsbereich § 1086 erlaubt die Geltendmachung von Einwendungen gegen den titulierten Anspruch vor einem anderen als dem Prozessgericht (Ursprungsgericht). Es wird deshalb diskutiert, ob die Norm verordnungskonform ist.1 Man wird das bejahen können, da es sich immer um Einwendungen handeln muss, über die das Ursprungsgericht nicht entscheiden konnte und dessen Entscheidung selbst nicht in Frage gestellt wird.2 § 1086 eröffnet also keine Möglichkeit einer révision au fond. Dem Schuldner bleibt es jedoch unbenommen, anstelle der Vollstreckungsgegen2 klage in Deutschland die Einwendungen gegen den Anspruch im Erststaat geltend zu machen.3 Er muss sich jedoch entscheiden. Einer gleichzeitigen Geltendmachung im Ursprungs- und Vollstreckungsstaat steht Art. 27 EuGVVO entgegen. Hat ein Gericht entschieden, so steht einer erneuten Geltendmachung vor den Gerichten des anderen Staates Art. 33 EuGVVO entgegen. 1
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1. Verhältnis zu Art. 6 EuVTVO. Einwendungen gegen die Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel sind im Verfahren nach Art. 6 EuVTVO geltend zu machen. Diese sind auf das Fehlen eines Erfordernisses des Art. 6 Abs. 1 lit. a–d EuVTVO beschränkt. Der Schuldner muss etwa bei einer Verbraucherforderung im Bestätigungsverfahren bereits geltend machen, dass er seinen Wohnsitz nicht im Staat des Ursprungsgerichts im Zeitpunkt der Entscheidung gehabt habe. Für die Entscheidung ist das Ursprungsgericht zuständig.
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2. Verhältnis zu Art. 10 EuVTVO. Da gegen die Bestätigung kein Rechtsmittel gegeben ist (Art. 10 Abs. 4 EuVTVO) lässt Art. 10 die Geltendmachung von Einwendungen in beschränktem Umfang zu, die im Bestätigungsverfahren zu berücksichtigen gewesen wären. Bei einem Abweichen der Bestätigung von der Entscheidung aufgrund eines materiellen Fehlers ist eine Berichtigung, bei einem offensichtlichen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 lit. a–d EuVTVO ein Widerruf zulässig. Für die Entscheidung ist das Ursprungsgericht zuständig.
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3. Regelungsbereich von § 1086. Da die Vollstreckung aus einem europäischen Vollstreckungstitel wie die aus einem inländischen Titel erfolgt, ist für die Geltendmachung von Einwendungen, die den durch die Entscheidung festgestellten Anspruch selbst betreffen, in Deutschland die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 gegeben.
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1 Bejahend Gsell Die Geltendmachung nachträglicher materieller Einwendungen im Wege der Vollstreckungsgegenklage bei Titeln aus dem Europäischen Mahn- oder Bagatellverfahren, EuZW 2011, 87 ff.; mit ausführlicher Darstellung des Streitstandes; Zöller/Geimer § 1086, Rdn. 1; Wagner Die neue EGVerordnung zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2005, 401 ff. (405 ff.); verneinend Hess Europäischer Vollstreckungstitel und nationale Vollstreckungsgegenklage, IPRax 2004, 493 ff.; Leible/Lehmann Die Verordnung über den Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen und ihre Auswirkungen auf die notarielle Praxis, NotBZ 2004, 453 ff. (461). 2 Vgl. jedoch Halfmeier Die Vollstreckungsgegenklage im Recht der internationalen Zuständigkeit, IPRax 2007, 381 ff. (387); Hess Europäischer Vollstreckungstitel und nationale Vollstreckungsgegenklage, IPRax 2004, 493 ff.; Hess/Bittmann Die Verordnungen zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und eines Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen – Ein substantieller Integrationsschritt im Europäischen Zivilprozessrecht, IPRax 2008, 305 ff. (310) mwN und einer Darstellung der Diskussion. 3 Vgl. Zöller/Geimer § 1086, Rdn. 2; aA Hess/Bittmann IPRax 2008, 305 ff. (310).
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4. Abschnitt. Europäische Vollstreckungstitel
§ 1086
Für die Entscheidung ist – abweichend von § 767 Abs. 1 – nicht das Prozessgericht erster Instanz – das wäre das Ursprungsgericht – vielmehr ein Gericht im Vollstreckungsstaat zuständig. Das ist systemwidrig, kann aber hingenommen werden, da die Entscheidung selbst nicht angegriffen und ihre Richtigkeit nicht in Frage gestellt wird. 4. Gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden. Gerichtliche Vergleiche 6 und öffentliche Urkunden fallen unter § 1086, soweit sie nach Art. 24 EuVTVO als europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden sind. Auf sie ist hinsichtlich der Zuständigkeit § 1086 direkt, hinsichtlich der Zulässigkeit der Geltendmachung von Einwendungen § 767 Abs. 2 entsprechend anzuwenden. II. Internationale Zuständigkeit Die internationale Zuständigkeit ergibt sich aus Art. 22 Nr. 5 EuGVVO.4 Unter diese 7 Norm fallen auch Klagen, die die Vollstreckbarkeit eines Titels insgesamt in Frage stellen wie die Vollstreckungsgegenklage.5 III. Örtliche Zuständigkeit Örtlich zuständig ist das Wohnsitzgericht des Schuldners. Der Wohnsitz ist nach § 13 8 zu bestimmen. Der Sitz von juristischen Personen steht dem Wohnsitz einer natürlichen Person gleich. Das entspricht § 17 und ist in gleicher Weise anzuwenden.6 Gesellschaften i.S. von § 1086 sind die Gesellschaften des § 17. Bei fehlendem Wohnsitz oder Sitz im Inland ist das Gericht des Ortes zuständig, in dessen Sprengel die Zwangsvollstreckungsmaßnahme durchgeführt werden soll. § 16 ist nicht anwendbar. Der Aufenthalt wirkt nicht zuständigkeitsbegründend. Finden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Sprengeln verschiedener Gerichte statt, so gilt § 35. Die Zuständigkeit ist ausschließlich.7 Das entspricht § 802. IV. Sachliche Zuständigkeit § 1086 weist die Zuständigkeit für die Vollstreckungsgegenklage nicht dem Prozess- 9 gericht zu, das regelmäßig im Ausland liegt. Der Gesetzgeber hat es versäumt, die sachliche Zuständigkeit zu regeln. Diese liegt aus der ratio der Bestimmung beim Amtsgericht als Vollstreckungsgericht.8 In Unterhaltssachen ist das Familiengericht nach § 23 b GVG zuständig.9 Auch die sachliche Zuständigkeit ist nach § 802 ausschließlich.10
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4 Vgl. Zöller/Geimer § 1086, Rdn. 4. 5 Vgl. EuGH, Rs. Nr. 220/84 – AS Autoteile v. Malhé – EuGHE 1985, 2267 = NJW 1985, 2892; Geimer/Schütze EuZVR, A. 1 Art. 22, Rdn. 268 mwN; Rauscher/Mankowski Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 22 Brüssel I-VO, Rdn. 55. 6 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1086, Rdn. 3. 7 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1086, Rdn. 3. 8 Vgl. Zöller/Geimer § 1086, Rdn. 5. 9 Vgl. Zöller/Geimer § 1086, Rdn. 6. 10 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1086, Rdn. 3.
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Vor § 1087
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
V. Zulässige Klagegründe Es können nur die nach § 767 Abs. 2 zulässigen Einwendungen geltend gemacht werden. Die Einwendung muss nach dem Zeitpunkt entstanden sein, in dem ein Widerruf der Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel zulässig war. Für die Fristbestimmung gilt § 1081 Abs. 2. 11 Für Prozessvergleiche und öffentliche Urkunden gilt abweichend von § 797 Abs. 4 die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2. Da Artt. 24, 25 EuVTVO hinsichtlich des Widerrufs auf Art. 10 EuVTVO verweisen gilt hinsichtlich der Präklusionsfrist dasselbe wie für gerichtliche Titel. Ausgeschlossen von der Zulässigkeit der Geltendmachung gegen einen europäi12 schen Vollstreckungstitel ist der Einwand des Rechtsmissbrauchs, der auf Tatsachen gegründet wird, die im Verfahren des Widerrufs der Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel hätten geltend gemacht werden können. Das gilt beispielsweise für die Fälle,11 in denen sittenwidrige Ratenkreditzinsen verlangt und tituliert worden sind oder für unzulässig gehaltene Ehegattenbürgschaften. Würde man diese – im deutschen Recht umstrittenen – Einwendungen gegenüber dem europäischen Vollstreckungstitel zulassen, so führte das zu einer verschleierten révision au fond. Derartige Einwendungen muss der Schuldner im Ursprungsstaat mit den dort gegebenen prozessualen Möglichkeiten verfolgen. 5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
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FÜNFTER ABSCHNITT Europäisches Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 Vor § 1087 Vorbemerkung zu §§ 1087–1096 1
Durch die §§ 1087–1096 wird die Durchführung der VO (EG) Nr. 1896/2006 geregelt. Nachdem in den meisten Mitgliedstaaten der EU – mit Ausnahme von Dänemark, Finnland, Großbritannien, Irland und den Niederlanden – bereits seit langem gerichtliche Mahnverfahren zu schnellen Durchsetzung von voraussichtlich nicht bestrittenen Forderungen existieren, soll die VO (EG) Nr. 1896/2006 EU-weit der raschen und kostengünstigen Durchsetzung von regelmäßig unbestrittenen Forderungen dienen. Das europäische Mahnverfahren führt zu einem eigenständigen Titel, der auf einem Formular, das die VO vorgibt, ausgefertigt wird. Die EuMahnVO sieht ein einstufiges Verfahren vor. Sie erlaubt elektronische Mahnverfahren, soweit das nationale Recht dies vorsieht. § 1088 trägt dem für das deutsche Recht Rechnung. Nach Art. 29 EuMahnVO haben die Mitgliedstaaten der Kommission Angaben zu den 2 zuständigen Gerichten, den Überprüfungsverfahren, den Kommunikationsmitteln und den Sprachen gemacht.12 Das europäische Mahnverfahren führt nur bei unbestrittenen Forderungen zum Ti3 tel. Erhebt der Schuldner nämlich Einspruch gegen den europäischen Zahlungsbefehl, so wird das Verfahren vor den zuständigen Gerichten des Ursprungsstaats nach den Regeln des ordentlichen Zivilprozesses fortgeführt (Art. 17 Abs. 1 EuMahnVO).
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11 Vgl. dazu die Fallgruppen bei Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 704, Rdn. 44. 12 Abgedruckt bei Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., 2010, A. 7, Anh. VII, (S. 1348 ff.).
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5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
Vor § 1087
Schrifttum Graf von Bernstorff Mahnverfahren, Forderungsdurchsetzung und Kontenpfändung in der EU, RIW 2007, 88 ff.; Graf von Bernstorff Der Europäische Zahlungsbefehl, RIW 2008, 548 ff.; Correa Delcaso La proposition de règlement instituant une procédure européenne d’injonction de payer, Rev.int.dr.comp., 57 (2005), 143 ff.; Diamatopoulos Moderne Tendenzen im Recht des Mahnverfahrens unter dem Einfluss der Rechtsprechung des EuGH-Luxemburg und des Entwurfs einer gemeinsamen europäischen Zivilprozessordnung, FS Beys, 2003, S. 267 ff.; Einhaus Europäisches Mahnverfahren: Grenzüberschreitende Verweisung bei Unzuständigkeit? EuZW 2005, 165 ff.; Einhaus Qual der Wahl: Europäisches oder internationales deutsches Mahnverfahrens? IPRax 2008, 323 ff.; Fabian Die Europäische Mahnverfahrensverordnung im Kontext der Europäisierung des Prozessrechts, 2010; Freitag Rechtsschutz des Schuldners gegen den Europäischen Zahlungsbefehl nach der EuMahnVO, IPRax 2007, 509 ff.; Freitag Anerkennung und Rechtskraft europäischer Titel nach EuVTVO, EuMahnVO und EuBagatellVO, FS Kropholler, 2008, S. 759 ff.; Freitag/Leible Erleichterung der grenzüberschreitenden Forderungsbeitreibung in Europa: Das Europäische Mahnverfahren, BB 2008, 2750; Fucik/Weber Das österreichische und das Europäische Mahnverfahren, ÖJZ 2008, 829 ff.; Gruber EG-MahnVO, in: Rauscher (Hrsg.), Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Bearbeitung 2010; Gsell Die Geltendmachung nachträglicher materieller Einwendungen im Wege der Vollstreckungsgegenklage bei Titeln aus dem Europäischen Mahn- oder Bagatellverfahren, EuZW 2011, 87 ff.; Gundlach Europäische Prozessrechtsangleichung – dargestellt am Beispiel des Mahnverfahrens, 2005; Hess Strukturfragen der europäischen Prozessrechtsangleichung – dargestellt am Beispiel des Europäischen Mahn- und Inkassoverfahrens, FS Geimer 2002, S. 339 ff.; Hess/Bittmann Die Verordnungen zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und eines Verfahrens für geringfügige Forderungen – ein substantieller Integrationsschritt im Europäischen Zivilprozessrecht, IPRax 2008, 305 ff.; Kloiber Das Europäische Mahnverfahren, ZfRV 2009, 68 ff.; Kodek Auf dem Weg zu einem Europäischen Mahnverfahren? FS Rechberger, 2005, S. 283 ff.; Kodek Kommentar zur EuMahnVO, in: Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 570.39 ff.; Kormann Das neue Europäische Mahnverfahren im Vergleich zu den Mahnverfahren in Deutschland und Österreich, 2007; Kresse Das europäische Mahnverfahren, EWS 2008, 508 ff.; Mayr Das europäische Mahnverfahren und Österreich, JBl. 2008, 503 ff.; McGuire Das neue Europäische Mahnverfahren (EuMVVO): Über das (Miss-)Verhältnis zwischen Effizienz und Schuldnerschutz, Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht 2007, 303 ff.; Meyer-Berger Mahnverfahren und Vollstreckung – Probleme und Entwicklungen aus nationaler und europäischer Sicht, 2007; Perez-Ragone Europäisches Mahnverfahren, 2004; Pernfuss, Die Effizienz des Europäischen Mahnverfahrens, 2009; Preuss Erlass und Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls, ZZP 122 (2009), 3 ff.; Prütting Die aktuellen Entwicklungen des europäischen Zivilprozessrechts, insbesondere das künftige europäische Mahnverfahren, FS Yessiou-Faltsi, 2007, 497 ff.; Rechberger Zum Entwurf der Einführung eines europäischen Mahnverfahrens, FS Yessiou-Faltsi, 2007, S. 513 ff.; Rechberger Das Europäische Mahnverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 25 ff.; Rechberger/Kodek Orders for Payment in the European Union, 2001; Roth/Hauser Das neue Europäische Mahnverfahren, ecolex 2007, 568 ff.; Röthel/Sparmann Das Europäische Mahnverfahren, WM 2007, 1101 ff.; Salten Das neue Europäische Mahnverfahren, MDR 2008, 1141 ff.; Schollmeyer Europäisches Mahnverfahren, IPRax 2002, 478 ff.; Sujecki Das neue europäische Mahnverfahren im Vergleich zu den Mahnverfahren in Deutschland und Österreich, Diss. Passau, 2007; Sujecki Europäisches Mahnverfahren nach dem Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission, EuZW 2005, 45 ff.; Sujecki Europäisches Mahnverfahren – Geänderter Verordnungsvorschlag, ZEuP 2006, 124 ff.; Sujecki Das elektronische Mahnverfahren – eine rechtsvergleichende und europarechtliche Untersuchung, 2008; Sujecki Das europäische Mahnverfahren nach dem gemeinsamen Standpunkt, EuZW 2006, 609 ff.; Sujecki Europäische Verordnung zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (EuMVVO), in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., 2010, S. 2001 ff.; Sujecki Abkürzungen zum Merken, EuMVVO und EuGFVO, AnwBl. 2011, 374 f.; Tschütscher/Weber Die Verordnung zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens, ÖJZ 2007, 303 ff.; Vollkommer/Huber Neues Europäisches Zivilverfahrensrecht in Deutschland – Das Gesetz zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung, NJW 2009, 1105 ff.; Zangl Österreichisches und Europäisches Mahnverfahren, Zbornik Pravne fakultate Univerze v. Mariboru IV/1 (2008), S. 273 ff.
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§ 1087
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
TITEL 1 Allgemeine Vorschriften § 1087
§ 1087 Zuständigkeit Für die Bearbeitung von Anträgen auf Erlass und Überprüfung sowie die Vollstreckbarerklärung eines Europäischen Zahlungsbefehls nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1) ist das Amtsgericht Wedding in Berlin ausschließlich zuständig.
I II.
Übersicht Geographischer Geltungsbereich 1 Sachlicher Geltungsbereich 2 1. Zivil- oder Handelssache 2 2. Ausgeschlossene Sachgebiete 3 3. Grenzüberschreitende Rechtssache 4. Bezifferte Geldforderung 6
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III. IV. V. VI.
5. Währung 7 Sachliche Zuständigkeit 8 Funktionale Zuständigkeit 11 Örtliche Zuständigkeit 12 Verhältnis zu §§ 688 ff. 13
I. Geographischer Geltungsbereich 1
Die Regelung betrifft nur Mahnverfahren, die in Deutschland durchgeführt werden. Voraussetzung ist, dass mindestens eine Partei ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem der anderen Mitgliedstaaten – mit Ausnahme Dänemarks – hat (grenzüberschreitende Rechtssache, vgl. Rdn. 5). II. Sachlicher Geltungsbereich
2
1. Zivil- oder Handelssache. Die EuMahnVO ist in ihrem sachlichen Anwendungsbereich beschränkt auf Zivil- und Handelssachen (Art. 2 Abs. 1 EuMahnVO). Der Begriff der Zivil- oder Handelssache entspricht dem in Art. 1 EuGVVO/LugÜ II, Art. 1 EuGVÜ/ LugÜ I.1 Er ist autonom zu qualifizieren,2 um eine einheitliche Anwendung im europäischen Justizraum zu gewährleisten. Ausgeschlossen sind Ansprüche in Steuer- und Zollsachen, in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten sowie Ansprüche gegen Staaten auf Haftung aus hoheitlichem Handeln (acta iure imperii) (Art. 2 Abs. 1 S. 2 EuMahnVO). Die Ausklammerung dieser Ansprüche wäre nach deutschem Recht unnötig gewesen, weil sie entweder nicht unter den Begriff der Zivil- oder Handelssache zu subsumieren wären oder aus Immunitätsgesichtspunkten. Immerhin dient die Ausführung der Klarstellung in den 26 Mitgliedstaaten, in denen die Verordnung gilt.
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1 Vgl. Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 2 EuMahnVO, Rdn. 1; Mayr Das europäische Mahnverfahren und Österreich, JBl. 2008, 503 ff. (505); Rechberger Das Europäische Mahnverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.) Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 25 ff. (30); Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 2, Rdn. 3; Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Art. 2 EuMVVO, Rdn. 28. 2 Vgl. Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Überblick zur EuMVVO, Rdn. 19; zur autonomen Auslegung des Begriffs der Zivilsache vgl. EuGH Rs. 29/76 – LTU v. Eurocontrol – EuGHE 1976, 1541 = NJW 1977, 489 mit Anm. Geimer = RIW/AWD 1977, 40 mit Anm. Linke = Rev.crit. 1977, 722 mit Anm. Droz.
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5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
§ 1087
2. Ausgeschlossene Sachgebiete. Ausgenommen aus dem sachlichen Geltungsbe- 3 reich der EuMahnVO sind weiterhin nach Art. 2 Abs. 2 EuMahnVO Ansprüche betreffend – die ehelichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts, – Konkurse, Verfahren im Zusammenhang mit dem Abwickeln zahlungsunfähiger Unternehmen oder anderer juristischer Personen, gerichtliche Vergleiche, Vergleiche und ähnliche Verfahren, – die soziale Sicherheit, – Ansprüche aus außervertraglichen Schuldverhältnissen, soweit – diese nicht Gegenstand einer Vereinbarung zwischen den Parteien oder eines Schuldanerkenntnisses sind, oder – diese sich nicht auf bezifferte Schuldbeträge beziehen, die sich aus gemeinsamem Eigentum an unbeweglichen Sachen ergeben. Die Bereichsausnahmen des Art. 2 Abs. 2 EuMahnVO3 decken sich nicht mit denen in 4 Art. 1 Abs. 2 EuGVVO. Sie sind deshalb nicht für die Definition des Begriffs der Zivil- oder Handelssache heranzuziehen. Art. 2 Abs. 2 EuMahnVO ist insoweit lex specialis. 3. Grenzüberschreitende Rechtssache. Die EuMahnVO und damit §§ 1087 ff. gelten 5 nicht für nationale Mahnverfahren. Für sie verbleibt es bei der autonomen Regelung.4 Für deutsche Mahnverfahren sind also weiterhin §§ 688 ff. anwendbar. Bei der Bestimmung, welche Mahnsache grenzüberschreitend ist, ist auf den Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt der Parteien abzustellen. Dieser muss in verschiedenen Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Dänemarks) liegen. Der Sitz einer juristischen Person ist dem Wohnsitz einer natürlichen Person gleichzustellen. Für die Wohnsitzbestimmung gelten Artt. 59 f. EuGVVO (Art. 3 Abs. 2 EuMahnVO). 4. Bezifferte Geldforderung. Mit dem europäischen Mahnverfahren können nur be- 6 zifferte Geldforderungen geltend gemacht werden (Art. 4 EuMahnVO). Im Gegensatz zu manchen nationalen Rechten der Mitgliedstaaten5 besteht keine Wertgrenze.6 Es können Geldforderungen in unbegrenzter Höhe geltend gemacht werden. Allerdings ist Fälligkeit Voraussetzung. Ein europäisches Mahnverfahren auf künftige Leistung ist ausgeschlossen. 5. Währung. Die EuMahnVO enthält keine Regelung über die Währung der Geldfor- 7 derung.7 Die Frage unterliegt dem jeweiligen autonomen Recht8 der lex fori. Wird das europäische Mahnverfahren in Deutschland anhängig gemacht, so gilt § 688 Abs. 1 ZPO. Der Betrag muss auf Euro lauten. Das ist zulässig, da der Gläubiger einer Fremdwährungsforderung im deutschen Recht die Möglichkeit hat, diese auf andere Weise durchzusetzen.9
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3 Vgl. dazu Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 2, Rdn. 4 ff. 4 Vgl. Rechberger Das Europäische Mahnverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 25 ff. (31). 5 Zur Wertgrenze im österreichischen Recht vgl. Kodek in Fasching/Konecny Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., III, § 244 Rdn. 39 mwN. 6 Vgl. Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 4, EuMahnVO, Rdn. 6. 7 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 4, Rdn. 2. 8 Vgl. Kodek, in: Geimer/Schütze IRV, Art. 4 EuMahnVO Rdn. 7. 9 Vgl. dazu EuGH Rs. 22/80 – Boussac Saint-Frères v. Gerstenmeyer – EuGHE 1980, 3427; dazu auch Mankowski Einstweiliger Rechtsschutz und Vorlagepflicht nach Art. 177 Abs. 3 EWG-Vertrag, JR 1983, 402 ff.
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III. Sachliche Zuständigkeit Sachlich zuständig ist das Amtsgericht. § 1087 gilt jedoch nicht für arbeitsrechtliche Streitigkeiten. Hier ist keine Konzentration des Mahnverfahrens vorgesehen. Zuständig ist das Arbeitsgericht.10 Eine sachliche Zuständigkeit des Schiedsgerichts scheidet schon deshalb aus, weil 10 das Mahnverfahren zu den schiedsunfähigen Verfahrensarten gehört.11 8 9
IV. Funktionale Zuständigkeit 11
Funktional zuständig ist nach § 20 Nr. 7 RPflG der Rechtspfleger. Das entspricht der Zuständigkeit für Mahnverfahren nach §§ 688 ff. ZPO (§ 20 Nr. 1 RPflG).12 Das ist sachgerecht, da sich die Prüfung des Antrags auf Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls auf die Prüfung der Schlüssigkeit der Angaben in dem Antragsformular beschränkt.13 Gegen die Zurückweisung des Antrags ist die befristete Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG gegeben.14 Für die Zuständigkeit des Richters in den Ausnahmefälle des Art. 20 EuMahnVO vgl. § 1090. V. Örtliche Zuständigkeit
12
Ausschließlich örtlich zuständig ist das Amtsgericht Berlin-Wedding. Diese Konzentration entspricht dem Bestreben, eine zeitnahe und kostengünstige Bearbeitung bei einem Gericht zu ermöglichen, das auch die technischen Möglichkeiten zur maschinellen Bearbeitung von Anträgen auf Erlass des europäischen Zahlungsbefehls besitzt (vgl. § 1088). In Arbeitssachen ist keine Konzentration der Verfahren bei einem Gericht vorgesehen. hier verbleibt es bei der Zuständigkeitsregelung der EuGVVO. Zuständig ist das Arbeitsgericht, das bei Erhebung einer Klage nach Artt. 2 ff. EuGVVO zuständig wäre.15 VI. Verhältnis zu §§ 688 ff.
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Der Gläubiger ist nicht gezwungen, ein europäisches Mahnverfahren einzuleiten, wenn dieses zulässig ist. Das europäische Mahnverfahren verdrängt nicht das Verfahren nach §§ 688 ff. ZPO. Der Gläubiger hat ein Wahlrecht, welches der Verfahren er wählt.16 An der Zuständigkeit ändert sich jedoch nichts. Auch für das Verfahren nach §§ 688 ff. ZPO ist bei Fehlen eines inländischen allgemeinen Gerichtsstandes des Schuldners für
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10 Vgl. Vollkommer/Huber Europäisches Zivilverfahrensrecht in Deutschland – Das Gesetz zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung, NJW 2009, 1105 ff. (1106); Zöller/Geimer § 1089, Rdn. 6. 11 Vgl. Schütze Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 5. Aufl., 2012, Rdn. 476; Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., 2005, Kap. 16, Rdn. 55. 12 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 6, Rdn. 28. 13 Vgl. Zöller/Geimer § 1087, Rdn. 3. 14 Vgl. Vollkommer/Huber NJW 2009, 1105 ff. (1106). 15 Vgl. Zöller/Geimer § 1087, Rdn. 6. 16 Vgl. Freitag/Leible Erleichterung der grenzüberschreitenden Forderungsbeitreibung in Europa. Das Europäische Mahnverfahren, BB 2008, 2750 ff. (2755); Rechberger Das Europäische Mahnverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 25 ff. (28); Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Einl., Rdn. 21; Röthel/Sparmann Das Europäische Mahnverfahren, WM 2007, 1101 ff. (1105); Vollkommer/Huber NJW 2009, 1105 ff. (1107); Zöller/Geimer § 1087, Rdn. 7.
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§ 1088
5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
das Mahnverfahren das Amtsgericht Berlin-Wedding ausschließlich zuständig (§ 689 Abs. 2 S. 2 ZPO).
§ 1088
§ 1088 Maschinelle Bearbeitung (1) Der Antrag auf Erlass des Europäischen Zahlungsbefehls und der Einspruch können in einer nur maschinell lesbaren Form bei Gericht eingereicht werden, wenn diese dem Gericht für seine maschinelle Bearbeitung geeignet erscheint. § 130a Abs. 3 gilt entsprechend. (2) Der Senat des Landes Berlin bestimmt durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Zeitpunkt, in dem beim Amtsgericht Wedding die maschinelle Bearbeitung der Mahnverfahren eingeführt wird; er kann die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin übertragen.
I. II.
Übersicht Einreichung des Antrags Maschinell lesbare Form
1 4
III.
Zeitpunkt der Einreichung
8
I. Einreichung des Antrags Art. 7 Abs. 5 EuMahnVO1 ermächtigt die Mitgliedstaaten, anstelle der an sich vor- 1 gesehenen Einreichung des Antrags auf Erlass des europäischen Zahlungsbefehls in Papierform andere – auch elektronische – Kommunikationsmittel – soweit diese im Ursprungsmitgliedstaat zulässig und dem Ursprungsgericht zur Verfügung stehen, zuzulassen. Soweit dieser Weg gewählt wird kann die Prüfung nach Art. 8 S. 2 EuMahnVO im Rahmen eines automatisierten Verfahren erfolgen. § 1088 sieht die Einreichung in nur maschinell lesbarer Form nicht als ausschließ- 2 lich an. Das würde auch Art. 7 Abs. 5 EuMahnVO widersprechen. Die Einreichung des Antrags in Papierform ist weiterhin zulässig.2 Die Möglichkeit der Antragseinreichung in nur maschinell lesbarer Form ist darauf 3 beschränkt, dass diese dem Gericht geeignet erscheint, d.h. das Gericht auch die technischen Möglichkeiten zur Annahme und Bearbeitung des Antrags in dieser Form hat. II. Maschinell lesbare Form Es ist keine bestimmte maschinell lesbare Form vorgeschrieben.3 Das entspricht der 4 Regelung in § 130 a Abs. 1 und § 690 Abs. 3. Entscheidend sind die technischen Voraussetzungen bei dem Amtsgericht Berlin-Wedding. Das Amtsgericht Wedding hat schon seit dem 1. Oktober 1987 die maschinelle Bear- 5 beitung von gerichtlichen Mahnverfahren eingeführt. Damit verbunden war eine Konzentration der Bearbeitung aller Berliner Mahnsachen beim Amtsgericht Wedding. Am 1. Juli 2005 wurde dann ein zentrales Mahngericht Berlin-Brandenburg beim Amtsgericht Wedding eingerichtet. Zwischenzeitlich wurde das maschinelle Verfahren in der ganzen
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Vgl. zur Form des Antrags Salten Das neue Europäische Mahnverfahren, MDR 2008, 1141 ff. (1142). Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 7, Rdn. 23. Vgl. Zöller/Geimer § 1088, Rdn. 2.
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§ 1089
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
Bundesrepublik eingeführt. Für Mahnverfahren aus dem Ausland ist seit dem 12.12.2008 nach § 689 Abs. 2 S. 2 das Amtsgericht Wedding zuständig. Für diese Mahnverfahren kommt das maschinelle Mahnverfahren zur Anwendung. 6 Für das europäische Mahnverfahren gilt dies jedoch nicht. Vorerst können Anträge nur in Papierform auf dem Postwege eingereicht werden. Gleichwohl ist die elektronische Schnittstelle konzipiert, welche Anfang 2011 über das EGVP (elektronische Gerichtsund Verwaltungspostfach) zum Einsatz kommen sollte. Nach Einführung wird es unabhängig von der maschinellen Verarbeitung möglich sein, elektronische Anträge über ein Internetportal zu stellen. Es ist nach einer Mitteilung des Amtsgerichts Wedding auch geplant, eine entsprechende Schnittstellenbeschreibung an die Mahnsoftware-Herstellen herauszugeben, um diesen eine Anpassung und Erweiterung ihrer Software zu ermöglichen. 7 Sobald die technischen Anbindungen für eine elektronische Antragstellung geschaffen sind, ermächtigt § 1088 Abs. 2 den Senat des Landes Berlin durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Zeitpunkt zu bestimmen, in dem die maschinelle Bearbeitung eingeführt wird. Die Ermächtigung kann durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung Berlin übertragen werden. Es ist beabsichtigt, einen Hinweis hierauf auf der Internetseite des Europäischen Mahngerichts zu veröffentlichen. III. Zeitpunkt der Einreichung 8
Solange Anträge nur in Papierform eingereicht werden können kommt es für die Fristberechnung auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrag beim Gericht an. Durch Verweisung auf § 130 a Abs. 3 ist klargestellt, dass es bei elektronischer Einreichung – sobald sie denn möglich ist – auf die Aufzeichnung in der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts ankommt, nicht auf den Ausdruck.
§ 1089
§ 1089 Zustellung (1) Ist der Europäische Zahlungsbefehl im Inland zuzustellen, gelten die Vorschriften über das Verfahren bei Zustellungen von Amts wegen entsprechend. Die §§ 185 bis 188 sind nicht anzuwenden. (2) Ist der Europäische Zahlungsbefehl in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zuzustellen, gelten die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1393/ 2007 sowie für die Durchführung § 1068 Abs. 1 und § 1069 Abs. 1 entsprechend.
I. II.
Übersicht Zustellung nach nationalem Prozessrecht 1 Zustellung im Inland 5
III. IV.
Zustellung im Ausland 6 Heilung von Zustellungsmängeln
8
I. Zustellung nach nationalem Prozessrecht 1
Der europäische Zahlungsbefehl ist nach Art. 12 Abs. 5 EuMahnVO dem Antragsgegner nach der lex fori des Mahngerichts zuzustellen. § 1089 setzt diese Norm in das deutsche Zustellungsrecht um. Es finden damit die §§ 166 ff. Anwendung. Allerdings muss dabei sichergestellt werden, dass die Artt. 13, 14 und 15 EuMahnVO als Mindeststandards Schütze
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5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
§ 1089
berücksichtigt werden.1 Die Zustellung an den Antragsgegner und seinen Verfahrensbevollmächtigten kann nur erfolgen – a. b.
c.
d.
– a.
b.
c. d.
e.
f.
bei Nachweis des Empfangs: durch persönliche Zustellung mit datierter Empfangsbestätigung durch den An- 2 tragsgegner oder seinen Verfahrensbevollmächtigten, Artt. 13 lit. a, 15 EuMahnVO: durch persönliche Zustellung mit datierter schriftlicher Erklärung des Zustellers, dass der Antragsgegner oder sein Verfahrensbevollmächtigter den Zahlungsbefehl erhalten oder die Annahme unberechtigt verweigert haben, Artt. 13 lit. b, 15 EuMahnVO; durch postalische Zustellung, bei der der Antragsgegner oder sein Verfahrensbevollmächtigter die datierte Empfangsbestätigung unterzeichnet und zurückgesandt hat, Artt. 13, lit. c, 15 EuMahnVO, oder durch elektronische Zustellung (z.B. Fax oder e-mail), bei der der Antragsgegner oder sein Verfahrensbevollmächtigter die datierte Empfangsbestätigung unterzeichnet und zurückgesandt hat, Artt. 13 lit. d, 15 EuMahnVO. ohne Nachweis des Empfangs: bei persönlicher Zustellung an den Antragsgegner oder seinen Verfahrensbevoll- 3 mächtigten an eine in derselben Wohnung lebende Person oder eine dort beschäftigte Person, Artt. 14, Abs. 1 lit. a, 15 EuMahnVO; bei Zustellung in den Geschäftsräumen des Antragsgegners oder seines Verfahrensbevollmächtigten an einen dort beschäftigten Mitarbeiter, wenn der Antragsgegner Selbständiger oder eine juristische Person ist, Artt. 14, Abs. 1 lit. b, 15 EuMahnVO; bei Hinterlegung des Zahlungsbefehls im Briefkasten des Antragsgegners oder seines Verfahrensbevollmächtigten, Artt. 14, Abs. 1 lit. c, 15 EuMahnVO; bei Hinterlegung des Zahlungsbefehls beim Postamt oder den zuständigen Behörden mit entsprechender schriftlicher Benachrichtigung des Antragsgegners oder seines Verfahrensbevollmächtigten im Briefkasten, soweit in der schriftlichen Benachrichtigung das Schriftstück eindeutig als gerichtliches Schriftstück bezeichnet und darauf hingewiesen wird, dass die Zustellung durch die Benachrichtigung als erfolgt gilt und damit Fristen zu laufen beginnen; bei postalischer Zustellung, wenn die Zustellung im Inland erfolgt und eine Erklärung des Zustellers gem. Art. 14 Abs. 3 EuMahnVO vorliegt, Artt. 14 Abs. 1 lit. e, 15 EuMahnVO; bei elektronischer Zustellung mit automatischer Sendebestätigung, wenn der Antragsgegner oder sein Verfahrensbevollmächtigte sich mit dieser Art der Zustellung einverstanden erklärt hat, Artt. 14 Abs. 1 lit. f, 15 EuMahnVO.
Die Mindestanforderungen der Artt. 13–15 EuMahnVO genügen §§ 166 ff., mit Aus- 4 nahme der §§ 185–188.2 Soweit das deutsche Zustellungsrecht rigidere Anforderungen stellt, gelten diese. Die Zustellungsnormen der EuMahnVO weichen das deutsche Zustellungsrecht nicht auf.
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1 Vgl. Hess/Bittmann Die Verordnungen zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und eines Verfahrens für geringfügige Forderungen – Ein substantieller Integrationsschritt im Europäischen Zivilprozessrecht, IPRax 2008, 305 ff. (308); Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 12 EuMahnVO, Rdn. 8; Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 12, Rdn. 12; Rechberger Das Europäische Mahnverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 25 ff. (40); Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Art. 12 EuMVVO, Rdn. 58. 2 Vgl. Zöller/Geimer § 1089, Rdn. 1.
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§ 1089
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
II. Zustellung im Inland 5
Für die Inlandszustellung kommen §§ 166 ff. zur Anwendung. Jedoch ist die öffentliche Zustellung nach §§ 185 ff. ausgeschlossen. § 1089 Abs. 1 trägt damit Artt. 13 f. EuMahnVO Rechnung, die diese Zustellungsart nicht vorsehen.3 III. Zustellung im Ausland
Ist der europäische Zahlungsbefehl im Geltungsbereich der EuZVO zuzustellen, so ist diese anzuwenden. Für die Modalitäten im deutschen Recht gelten §§ 1068 Abs. 1 und § 1069 Abs. 1. Obwohl die EuZVO nicht für Dänemark gilt (Art. 1 Abs. 3 EuZVO) findet die Verordnung kraft völkerrechtlichen Vertrags mit Dänemark vom 19.10.20054 Anwendung im Bereich der EU. Hat die Zustellung außerhalb der EU zu erfolgen, so findet § 183 Anwendung. Wegen 7 des eingeschränkten Geltungsbereichs in Art. 3 Abs. 1 EuMahnVO kann eine Zustellung ausserhalb der EU nur in seltenen Fällen notwendig werden, in denen der Antragsgegner Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der EU bei Antragstellung hat, später aber in einen Drittstaat verzieht oder die Zustellung an ihn aus anderen Gründen außerhalb der EU stattfindet.
6
IV. Heilung von Zustellungsmängeln 8
Für die Heilung von Zustellungsmängeln findet § 189 Anwendung.5 Der BGH6 und ihm folgend Teile der Rechtsprechung7 halten § 189 (§ 187 a.F.) auf die Auslandszustellung für unzulässig, da es sich bei der Zustellung um einen Hoheitsakt handele, der auf andere Weise nicht ersetzbar sei. Das ist bei Unterlassungsverfügungen, bei denen die Zustellung den Hoheitsakt der Vollziehung enthält, richtig,8 jedoch keine Besonderheit der Auslandszustellung. Im Mahnverfahren hat diese Argumentation keine Bedeutung, da dieses nur für die Geltendmachung von bezifferten Geldforderungen zur Verfügung steht. Die zwischenzeitlich h.L. wendet – zu Recht – § 189 auch auf Auslandszustellungen an.9
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3 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 12, Rdn. 13. 4 ABl. EU Nr. L 299, S. 62, abgedruckt bei Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., 2010, A. 15. 5 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1067, Rdn. 5. 6 Vgl. BGHZ 58, 77, 98, 156. 7 Vgl. z.B. OLG Hamm, RIW 1996, 156. 8 Vgl. Schütze Zur Zustellung nach § 176 ZPO im einstweiligen Verfügungsverfahren, BB 1978, 587; str. vgl. zum Meinungsstand, Gloy/Loschelder/Spätgens Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., 2005, § 99, Rdn. 20 mwN. 9 Vgl. Geimer IZPR, Rdn. 2103; Kondring Die Heilung von Zustellungsmängeln im internationalen Zivilrechtsverkehr, 1995, S. 184 ff.; Geimer Die „konsularische Zustellung durch die Post“, RIW 1996, 722 ff. (724); Schack IZVR, Rdn. 692 ff.; Schütze DIZPR, Rdn. 566.
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§ 1090
5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
TITEL 2 Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl § 1090
§ 1090 Verfahren nach Einspruch (1) Im Fall des Artikels 17 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 fordert das Gericht den Antragsteller mit der Mitteilung nach Artikel 17 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 auf, das Gericht zu bezeichnen, das für die Durchführung des streitigen Verfahrens zuständig ist. Das Gericht setzt dem Antragsteller hierfür eine nach den Umständen angemessene Frist und weist ihn darauf hin, dass dem für die Durchführung des streitigen Verfahrens bezeichneten Gericht die Prüfung seiner Zuständigkeit vorbehalten bleibt. Die Aufforderung ist dem Antragsgegner mitzuteilen. (2) Nach Eingang der Mitteilung des Antragstellers nach Absatz 1 Satz 1 gibt das Gericht, das den Europäischen Zahlungsbefehl erlassen hat, das Verfahren von Amts wegen an das vom Antragsteller bezeichnete Gericht ab. § 696 Abs. 1 Satz 3 bis 5, Abs. 2, 4 und 5 sowie § 698 gelten entsprechend. (3) Die Streitsache gilt als mit der Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls rechtshängig geworden, wenn sie nach Übersendung der Aufforderung nach Absatz 1 Satz 1 und unter Berücksichtigung der Frist nach Absatz 1 Satz 2 alsbald abgegeben wird.
I.
Übersicht Überleitung in den ordentlichen 1 Zivilprozess
II.
Bezeichnung des zuständigen Gerichts
3
III. IV. V.
Abgabe an das Streitgericht Zuständigkeitsstreit 11 Beginn der Rechtshängigkeit
7 12
I. Überleitung in den ordentlichen Zivilprozess Art. 17 EuMahnVO regelt die Wirkungen der Einlegung des Einspruchs gegen den 1 Zahlungsbefehl. Nach dem Einspruch hat der Antragsteller zwei Möglichkeiten: – Er erklärt, dass das Verfahren mit der Einlegung des Einspruchs erledigt sein soll. Diese Erklärung kann bereits mit dem Antrag, aber auch später erfolgen, Art. 7 Abs. 4 EuMahnVO, jedoch nur bis zum Erlass des Zahlungsbefehls, Art. 17 Abs. 4 S. 2 EuMahnVO.1 – Gibt der Antragsteller keine Erklärung des Nichtbetreibens ab, so wird das Verfahren nach nationalem Recht gemäß den Regeln des ordentlichen Zivilprozesses weitergeführt, Art. 17 Abs. 1 EuMahnVO. Der Antragsteller muss keine weiteren Erklärungen abgeben oder Anträge stellen. Anders als nach § 696 Abs. 1 ist kein Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens notwendig.2 Die Überleitung in den ordentlichen Zivilprozess bestimmt sich nach der lex fori 2 des Gerichtes, vor dem das europäische Mahnverfahren geführt wird, Art. 17 Abs. 2 Eu-
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1 Vgl. Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 7 EuMahnVO, Rdn. 25; Tschütscher/Weber Die Verordnung zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens, ÖJZ 2007, 303 ff. (308). 2 Vgl. Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 17 EuMahnVO, Rdn. 5.
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Schütze
§ 1090
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
MahnVO.3 Im deutschen Recht finden §§ 696 f. in der Modifizierung durch § 1090 Anwendung. II. Bezeichnung des zuständigen Gerichts Das Mahngericht fordert den Antragsteller zusammen mit der Mitteilung über den Einspruch nach Art. 17 Abs. 3 EuMahnVO auf, das zuständige Gericht für die Durchführung des Streitverfahrens zu bezeichnen und setzt dem Antragsteller hierfür eine angemessene Frist. Diese Frist sollte nicht mehr als 2 Wochen betragen. 4 Der Antragsteller kann das zuständige Gericht auch schon im Antrag auf Erlass des europäischen Zahlungsbefehls stellen, zweckmäßigerweise in dem Formular Anh. I unter „Zusätzliche Erklärungen und weitere Angaben“ Nr. 11. Für den deutschen Antragsteller ist das nichts Neues, muss er im Mahnverfahren nach §§ 688 ff. ohnehin im Mahnantrag nach § 690 Abs. 1 Nr. 5 das Gericht bezeichnen, das für das streitige Verfahren zuständig ist. Die Aufforderung ist dem Antragsgegner mitzuteilen, § 1090 Abs. 1 S. 3. Diese Mitteilung, für die keine Form vorgesehen ist, kann unterbleiben, wenn das zuständige Gericht bereits im Antrag auf Erlass des europäischen Zahlungsbefehls bezeichnet worden ist. Die Bezeichnung eines ausländischen Gerichts ist unzulässig. Das kann bei Verbraucherstreitigkeiten dazu führen, dass dem Antragsteller keine internationale Zuständigkeit zur Verfügung steht und ihm nichts anderes übrig bleibt, als Verfahrensbeendigung zu beantragen.4 Das ist die Folge der Privilegierung von Verbrauchern und der Zweiklassengesellschaft im europäischen Zuständigkeitsrecht.5 Nur dann, wenn der Antragsteller das zuständige Gericht bereits im Antrag auf Er5 lass des europäischen Zahlungsbefehls oder innerhalb der nach § 1090 Abs. 1 gesetzten Frist bezeichnet worden ist, tritt die Rückwirkung der Rechtshängigkeit durch die Fiktion in § 1090 Abs. 3 ein. Die Fristsetzung ist mit der Belehrung zu verbinden, dass die Zuständigkeit vom 6 Streitgericht geprüft und von diesem über sie entschieden wird. 3
III. Abgabe an das Streitgericht Das Mahngericht gibt das Verfahren von Amts wegen an das vom Antragsteller bezeichnete Gericht ab. Hat der Antragsteller das Gericht bereits im Zahlungsbefehlsantrag bezeichnet, so erfolgt die Abgabe unverzüglich nach Einlegung des Einspruchs, andernfalls nach Eingang der Bezeichnung des zuständigen Gerichts, jedoch nicht vor Eingang des weiteren Kostenvorschusses nach § 12 Abs. 3 GKG,6 den das AG Wedding einzufordern hat. Die Abgabe ist den Parteien mitzuteilen und ist nicht anfechtbar, § 696 Abs. 1 S. 3. 8 Mit Eingang der Akten bei dem Streitgericht gilt der Rechtsstreit dort anhängig, § 696 Abs. 1 S. 4. Davon unabhängig tritt die Rechtshängigkeit kraft Fiktion u.U. schon mit Zustellung des Antrags auf Erlass des europäischen Zahlungsbefehls ein, vgl. Rdn. 12. Die vor dem Mahngericht erwachsenden Kosten werden als Kosten des Streitverfah9 rens vor dem ordentlichen Gericht behandelt, § 696 Abs. 1 S. 5 i.V.m. § 281 Abs. 3 S. 1. 7
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3 Vgl. dazu Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 17, Rdn. 4; Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Art. 17 EuMVVO, Rdn. 71. 4 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 17, Rdn. 10 f. 5 Vgl. Schütze Der Verbraucher im europäischen Justizraum oder: die Zweiklassengesellschaft im europäischen Zivilprozessrecht, FS Graf von Westphalen, 2010, S. 621 ff. 6 Vgl. Zöller/Geimer § 1090, Rdn. 3.
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5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
§ 1090
Kraft Verweisung in § 698 gelten die Bestimmungen über die Abgabe des Verfahrens 10 unabhängig davon ob das Verfahren bei dem Mahngericht als Streitgericht oder einem anderen vom Antragsteller bezeichneten Gericht durchgeführt werden soll. IV. Zuständigkeitsstreit Die Abgabeverfügung des Rechtspflegers ist für das Streitgericht nicht bindend. Ein 11 Zuständigkeitsstreit ist nicht vom Mahn-, sondern vom Streitgericht zu entscheiden.7 Das entspricht der Regelung im deutschen Mahnverfahren und ergibt sich aus der Bezugnahme auf § 696 Abs. 5. V. Beginn der Rechtshängigkeit Der Antrag auf Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls macht den Anspruch 12 nicht rechthängig. Das entspricht der Regelung im deutschen Mahnverfahren. Nach § 696 Abs. 3 und § 700 Abs. 2 wird der Eintritt der Rechtshängigkeit auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides fingiert, wenn und soweit die Streitsache alsbald nach Erhebung des Widerspruchs abgegeben wird.8 Abs. 3 übernimmt diese Regelung für den europäischen Zahlungsbefehl. Rechtshängigkeit wird auf den Zeitpunkt der Zustellung des europäischen Zahlungsbefehls fingiert, wenn – der Antragsteller nicht beantragt, das Verfahren nach Einspruch zu beenden, Art. 17 Abs. 1 EuMahnVO und – er binnen der nach Abs. 1 Satz 2 gesetzten Frist das zuständige Gericht bezeichnet hat und – das Verfahren alsbald abgegeben wird. Der Begriff der Alsbaldigkeit ist – ebenso wie in § 696 Abs. 3 – derselbe wie in § 167.9 13 Dabei kommt es nur darauf an, dass der Antragsteller den Antrag auf Abgabe an das Streitgericht fristgerecht und ordnungsgemäß gestellt hat. Bei einer erst nach längerer Zeit erfolgten Abgabe können in der Sphäre des Gerichts oder des Antragsgegners liegende Versäumnisse dem Antragsteller nicht zum Nachteil gereichen.10 Abgabe ist der Zeitpunkt des Eingangs der Akten beim Streitgericht 14 Mit der Rechtshängigkeit tritt perpetuatio fori i.S. von § 261 Abs. 3 Nr. 2 ein. Ist das 15 Streitgericht bei Eingang der Akten an sich nicht zuständig, bestand aber eine Zuständigkeit bei Zustellung des Zahlungsbefehls, dann bleibt seine Zuständigkeit dank der Fiktion des Abs. 3 erhalten, wenn die Abgabe alsbald erfolgt. Ein zwischenzeitlicher Fortfall der die Zuständigkeit begründenden Umstände ist unschädlich.
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7 Vgl. Zöller/Geimer § 1090, Rdn. 2. 8 Vgl. dazu Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 12, Rdn. 15. 9 Vgl. für § 696 Abs. 3 BGH NJW 2008, 1672; 2009, 1213; Roth Anmerkung, JZ 2008, 895. 10 Vgl. BGHZ 103, 28; Wieczorek/Schütze/Olzen 3. Aufl., § 696, Rdn. 22.
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§ 1091
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
§ 1091§ 1091 Einleitung des Streitverfahrens § 697 Abs. 1 bis 3 gilt entsprechend.
I. II.
Übersicht Anwendbarkeit deutschen Rechts für die Einleitung des Streitverfahrens 1 Anspruchsbegründung 2
III. IV.
Klageerwiderung 3 Termin zur mündlichen Verhandlung
4
I. Anwendbarkeit deutschen Rechts für die Einleitung des Streitverfahrens 1
Kraft der Verweisungsnorm in Art. 17 Abs. 1, 2 EuMahnVO findet auf die Einleitung des Streitverfahrens deutsches Recht zur Anwendung. § 1091 enthält eine Einschränkung insoweit, als die Anwendung von § 697 Abs. 4 und 5 ausgeschlossen ist. Nach Einleitung des Streitverfahrens kann der Antragsgegner seinen Einspruch also nicht zurücknehmen. Wenn der Antragsgegner das Verfahren kostengünstig erledigen will, dann kann er den Anspruch anerkennen, § 307.1 II. Anspruchsbegründung
2
Nach Abgabe des Verfahrens an das Streitgericht muss der Antragsteller seinen Anspruch innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Aufforderung durch die Geschäftsstelle begründen, § 697 Abs. 1. Die Anspruchsbegründung muss alle Erfordernisse des § 253 Abs. 2 enthalten. III. Klageerwiderung
3
Nach Eingang der Anspruchsbegründung ist wie bei einer Klageschrift nach § 272 zu verfahren. IV. Termin zur mündlichen Verhandlung
Solange die Anspruchsbegründung nicht vorliegt, wird Termin zur mündlichen Verhandlung nur auf Antrag des Antragsgegners anberaumt. Als solcher Antrag genügt der Antrag auf Durchführung des Streitverfahrens. Die entsprechende Bestimmung des § 696 Abs. 1 S. 1 ist in § 1090 Abs. 2 S. 2 zwar nicht in Bezug genommen, gilt aber kraft der Verweisungsnorm in Art. 17 Abs. 1 S. 2, 2 EuMahnVO. Die Bezugnahme in § 1090 Abs. 2 S. 2 sollte die Anwendung anderer Bestimmungen der ZPO nicht ausschließen, sondern nur die Abgabe des Verfahrens regeln. 5 Durch die verspätete Anspruchsbegründung entstehen dem Antragsteller im Übrigen keine Nachteile.
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Vgl. Zöller/Geimer § 1091, Rdn. 2.
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5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
§ 1092
TITEL 3 Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls in Ausnahmefällen § 1092
§ 1092 Verfahren (1) Die Entscheidung über einen Antrag auf Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls nach Artikel 20 Abs. 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 ergeht durch Beschluss. Der Beschluss ist unanfechtbar. (2) Der Antragsgegner hat die Tatsachen, die eine Aufhebung des Europäischen Zahlungsbefehls begründen, glaubhaft zu machen. (3) Erklärt das Gericht den Europäischen Zahlungsbefehl für nichtig, so endet das Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006. (4) Eine Wiedereinsetzung in die Frist nach Artikel 16 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 findet nicht statt.
I.
Übersicht Erfordernisse der Überprüfung des europäischen Zahlungsbefehls 1 1. Nicht rechtzeitige Zustellung 3 2. Höhere Gewalt 4 3. Unverschuldete Nichteinlegung des Einspruchs 6 4. Unverzügliches Tätigwerden 7
II. III. IV.
5. Offensichtlich zu Unrecht erlassener Zahlungsbefehl 8 Zuständigkeit 10 Verfahren 11 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand 14
I. Erfordernisse der Überprüfung des europäischen Zahlungsbefehls Art. 20 EuMahnVO sieht eine Überprüfung mit dem Ziel einer Nichtigerklärung des 1 europäischen Zahlungsbefehls vor.1 Dieser Rechtsbehelf ist dem deutschen Recht an sich unbekannt und stellt eine Zwischenlösung zwischen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff.2 und Gehörsrüge nach § 321 a dar.3 Art. 20 EuMahnVO setzt nicht nur Mindeststandards für eine Überprüfung, enthält im Sinne einer einheitlichen Regelung im Geltungsbereich der EuMahnVO vielmehr eine abschließende Regelung.4 Die Erfordernisse für die Überprüfung entsprechen denen nach Art. 18 EuBagatellVO 2 und Art. 19 EuVTVO.5 Erforderlich ist in jedem Fall, dass die Einspruchsfrist nach Art. 16 Abs. 2 EuMahnVO abgelaufen ist. Hat der Antragsgegner Einspruch eingelegt oder kann er dies noch, so ist ein Überprüfungsverfahren nach Art. 20 EuMahnVO unzulässig. 1. Nicht rechtzeitige Zustellung. Ist die Zustellung des europäischen Zahlungsbe- 3 fehls in einer der Formen des Art. 14 EuMahnVO ohne Nachweis des Empfangs durch den Antragsgegner so spät erfolgt, dass der Antragsgegner keine angemessenen Vorkeh-
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1 Vgl. dazu Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 20 EuMahnVO, Rdn. 7 ff.; Rechberger Das Europäische Mahnverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 25 ff. (42 ff.); Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Art. 20 EuMVVO, Rdn. 77 ff. 2 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 20, Rdn. 2. 3 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1092, Rdn. 2. 4 Vgl. Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 20 EuMahnVO, Rdn. 3 f. mwN. 5 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 20, Rdn. 2; Rechberger Das Europäische Mahnverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 25 ff. (43).
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§ 1092
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
rungen für seine Rechtsverteidigung treffen konnte, so ist sein Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Als angemessene Frist ist in jedem Falle die 30 Tagesfrist des Art. 16 Abs. 2 EuMahnVO anzusehen. Man wird diese Frist gewähren müssen, da der Verordnungsgeber eben eine solche Überlegungsfrist, die ja auch der Prüfung der Aussichten der Rechtsverfolgung, der Konsultierung eines Rechtsanwalts pp. dient, für die Entscheidung der Einlegung des Einspruchs für angemessen angesehen hat.6 2. Höhere Gewalt. Höhere Gewalt oder außergewöhnliche Umstände, die zur Unmöglichkeit der rechtzeitigen Einlegung des Einspruchs führen, sind der zweite Überprüfungsgrund nach Art. 20 Abs. 1 lit. b EuMahnVO. Der Begriff der höheren Gewalt und außergewöhnlichen Umständen ist verordnungsautonom unter Benutzung der rechtsvergleichenden Methode zu interpretieren.7 Während alle Rechtsordnungen der höheren Gewalt Wirkungen im Hinblick auf Rechtsverhältnisse beimessen,8 wechselt der Begriffsinhalt – ebenso wie beim ordre public – in den einzelnen Rechtsordnungen nach den jeweiligen politischen, rechtspolitischen und sozialpolitischen Anschauungen. Eine internationale Begriffsbestimmung versuchen die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive (ERA 600) zu geben. Art. 36 definiert zunächst neben den als Act of God im engeren Sinne zu qualifizierenden Naturereignissen (Erdbeben, Feuersbrunst pp.) einige Ereignisse als höherer Gewalt gleichstehend: Aufruhr, Aufstand, Krieg, Arbeitskämpfe (Streik und Aussperrung). Diese Definition wird man im Rahmen der EuBagatellVO übernehmen können. Dies sind relevante Ereignisse, soweit sie nach äußerster, billigerweise zu erwartender Sorgfalt nicht vorausgesehen und verhindert werden können. So ist ein Streik der Postdienste an sich ein Fall höherer Gewalt. War aber der Streik angekündigt und hätte der Beklagte vorher das Bestehen der Forderung bestreiten können, so kann er sich hierauf nicht berufen. Die außergewöhnlichen Umstände sollen den Begriff der höheren Gewalt über die 5 klassischen Fälle des Act of God erweitern. Immer muss es sich um Umstände handeln, die bei normalem Ablauf der Geschehnisse nicht zu erwarten waren. Der Begriff ist enger als der des Zufalls im deutschen Recht. Keinesfalls dürfen Schlampigkeiten zur Anwendung der Norm führen. Gruber will deshalb die außergewöhnlichen Umstände nicht auf Unglücksfälle beschränken.9
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3. Unverschuldete Nichteinlegung des Einspruchs. Die Nichteinlegung des Einspruchs innerhalb der Einspruchsfrist muss unverschuldet gewesen sein. Das gilt für beide Alternativen (Art. 20 Abs. 1 lit. a und b EuMahnVO). Auch leichte Fahrlässigkeit genügt.
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4. Unverzügliches Tätigwerden. Beide Alternativen des Art. 20 Abs. 1 EuMahnVO erfordern ein unverzügliches Tätigwerden des Antragsgegners. Der Begriff ist verordnungsautonom auszulegen.10 Zur Auslegung des Begriffs kann die Legaldefinition in
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6 A.A. Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 20, EuMahnVO, Rdn. 10, der eine kürzere Frist für ausreichend hält, weil der Antragsgegner ja zunächst durch einen begründungslosen Einspruch die Vollstreckbarkeit des europäischen Zahlungsbefehls verhindern kann. Dabei wird übersehen, dass eine Rücknahme des Einspruchs nicht möglich ist, vgl. § 1091, Rdn. 1. 7 Vgl. zur Interpretation des europäischen Verordnungsrechts in der Rechtsprechung des EuGH und für weitere Nachweise Geimer/Schütze EuZVR, Einl. A. 1, Rdn. 125 ff.; Hess Europäisches Zivilprozessrecht, 2010, § 4, Rdn. 42 ff. 8 Vgl. dazu im Einzelnen Fontane Höhere Gewalt im Dokumentenakkreditivgeschäft, 2001. 9 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 20, Rdn. 24. 10 Vgl. Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 20 EuMahnVO, Rdn. 16; Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 20, Rdn. 21.
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5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
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§ 121 Abs. 1 BGB herangezogen werden. Der Antragsgegner muss also ohne schuldhaftes Zögern tätig werden. Das Erfordernis des Tätigwerdens ist schwammig. Es genügt nicht irgendein Tätigwerden, etwa die Terminsvereinbarung mit einem Rechtsanwalt. Gemeint ist die Einreichung eines Überprüfungsantrags nach Art. 20 EuMahnVO bei dem zuständigen Gericht. Hierfür muss man dem Antragsgegner eine gewisse Frist zubilligen, um seine prozessualen Möglichkeiten zu prüfen. Eine Frist von 14 Tagen ist das Äußerste, was man ihm zubilligen kann, um Unverzüglichkeit anzunehmen.11 5. Offensichtlich zu Unrecht erlassener Zahlungsbefehl. Art. 20 Abs. 2 EuMahn- 8 VO eröffnet eine Überprüfungsmöglichkeit des Zahlungsbefehls auf Rechtsfehler. Diese Norm setzt voraus, dass der Zahlungsbefehl „offensichtlich“ zu Unrecht erlassen worden ist. Bedauerlicherweise hat sich der europäische Verordnungsgeber auch hier der unpräzisen „Offensichtlichkeit“ bedient, der sich einer Definition entzieht.12 Die Regelung ist ebenso wie Art. 34 Abs. 1 EuGVVO dahin auszulegen, dass sie restriktiv anzuwenden ist.13 Keinesfalls darf die Anwendung von Art. 20 Abs. 2 EuMahnVO dazu führen, dass dem Antragsgegner eine zweite Möglichkeit zur Erhebung eines Einspruchs eröffnet wird. Die Rechtsprechung des BGH zu Vollstreckungsbescheiden14 ist nicht auf das europäische Mahnverfahren zu übertragen.15 Man wird dem Antragsgegner ein Überprüfungsrecht nur dann gewähren müssen, 9 wenn der Rechtsfehler für ihn bei Zustellung des Zahlungsbefehls und innerhalb der Einspruchsfrist nicht erkennbar war. Andernfalls ist er nicht schutzwürdig. Er könnte ja Einspruch einlegen und eine Überprüfung des Zahlungsbefehls dadurch herbeiführen. II. Zuständigkeit Ausschließlich zuständig zur Entscheidung über den Überprüfungsantrag ist das 10 Amtsgericht Berlin-Wedding, § 1087. III. Verfahren Das Verfahren wird durch Antrag eingeleitet. Antragsberechtigt ist der Antragsgeg- 11 ner. Der Antrag kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Es besteht kein Anwaltszwang. Der Antragsgegner hat die Tatsachen, die nach seinem Vorbringen eine Überprü- 12 fung des Zahlungsbefehls nach Art. 20 Abs. 1 oder 2 EuMahnVO rechtfertigen, glaubhaft zu machen. Für die Glaubhaftmachung gilt § 294.16 Die Glaubhaftmachung kommt insbesondere für die Frage des Verschuldens in Betracht. Im Übrigen hat das Gericht die Voraussetzungen von Art. 20 EuMahnVO von Amts wegen zu prüfen. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Dieser ist unanfechtbar. Die Entschei- 13 dung lautet bei Begründetheit des Antrags auf Nichtigkeit des Zahlungsbefehls. Das Ver-
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11 Vgl. Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 20, EuMahnVO, Rdn. 16. 12 Vgl. für Definitionsversuche Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 20 EuMahnVO, Rdn. 24 ff. 13 Vgl. Rechberger Das Europäische Mahnverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 25 ff. (43) mwN; Thomas/Putzo/Hüßtege § 1092, Rdn. 8. 14 Vgl. BGHZ 7, 101, 380. 15 Vgl. Freitag Rechtsschutz des Schuldners gegen den Europäischen Zahlungsbefehl, IPRax 2007, 509 ff. (511); aA Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 20 EuMahnVO, Art. 20, Rdn. 25. 16 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1092, Rdn. 5.
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§ 1093
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fahren wird nicht wie bei einem fristgerechten Einspruch in ein Streitverfahren übergeleitet.17 Mit der Nichtigerklärung ist Klagerecht jedoch nicht verbraucht. Der Antragsteller kann den Anspruch erneut18 – auch im europäischen Mahnverfahren – geltend machen. IV. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand 14
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Einspruchsfrist ist unzulässig, § 1092 Abs. 4. Das Überprüfungsverfahren nach Art. 20 EuMahnVO ersetzt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und tritt an ihre Stelle.19
TITEL 4 Zwangsvollstreckung aus dem Europäischen Zahlungsbefehl § 1093
§ 1093 Vollstreckungsklausel Aus einem nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 erlassenen und für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehl findet die Zwangsvollstreckung im Inland statt, ohne dass es einer Vollstreckungsklausel bedarf.
I.
Übersicht Titel nach der EuMahnVO als Grundlage der Zwangsvollstreckung 1 1. Grundsatz 1 2. Entbehrlichkeit der Vollstreckungsklausel 4 3. Klauselerteilung für einen anderen als den im Titel bezeichneten Gläubiger oder
II. III. IV. V.
gegen einen anderen als den im Titel bezeichneten Schuldner 6 Anwendbarkeit der §§ 750 ff. 7 Erinnerung 8 Vollstreckungsgegenklage 9 Drittwiderspruchsklage 10
I. Titel nach der EuMahnVO als Grundlage der Zwangsvollstreckung 1
1. Grundsatz. § 1093 hat – ebenso wie § 1082 – zunächst deklaratorische Wirkung. Die Norm bestätigt zunächst nur, was ohnehin schon (europäisches) Recht ist. Nach Art. 19 EuMahnVO wirkt der europäische Vollstreckungstitel in allen Mitgliedstaaten (außer Dänemark), ohne dass eine Anerkennung, Vollstreckbarerklärung, Exequierung, Homologierung pp. notwendig wäre. Der Titel nach der EuMahnVO ist hinsichtlich der Zwangsvollstreckung wie ein inländischer Titel zu behandeln. Deshalb statuiert Art. 21 Abs. 1 S. 2 EuMahnVO, dass ein vollstreckbar gewordener europäischer Zahlungsbefehl unter den gleichen Bedingungen vollstreckt wird wie eine im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangene Entscheidung. 2 Nach Art. 20 Abs. 1 S. 1 EuMahnVO gilt für das Vollstreckungsverfahren das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaates. Dieser ist in dessen Ausgestaltung frei, darf den europäi-
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17 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1092, Rdn. 6; Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 20, Rdn. 10; Thomas/Putzo/Hüßtege § 1092, Rdn. 14; Zöller/Geimer § 1092, Rdn. 3. 18 Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1092, Rdn. 14. 19 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1092, Rdn. 7; Zöller/Geimer § 1092, Rdn. 4.
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5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
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schen Vollstreckungstitel nur nicht schwereren Bedingungen unterwerfen als inländische Titel. Die Formulierung in Art. 20 Abs. 1 S. 2 EuMahnVO (gleiche Bedingungen) ist insoweit missverständlich. Vollstreckbare europäische Zahlungsbefehle können durchaus auch unter erleichterten Bedingungen zur Vollstreckung zugelassen werden, wie das in § 1093 durch die Zulassung der Vollstreckung ohne Klausel geschieht. Die EuMahnVO verlangt ledigllich eine Gleichstellung mit inländischen Titeln, keine Besserstellung.1 Die Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaates. 3 Es gibt keine besondere europäische Vollstreckbarkeit.2 2. Entbehrlichkeit der Vollstreckungsklausel. Die Gleichstellung des vollstreck- 4 baren europäischen Zahlungsbefehls mit einem deutschen Titel allein beseitigt aber noch nicht das Erfordernis der Klauselerteilung nach § 725. Hier statuiert § 1093, dass es der Klauselerteilung nicht bedarf. § 1093 schließt jedoch die Erteilung der Vollstreckungsklausel nicht aus. Die Situation entspricht der in § 929, der eine Vollstreckungsklausel für entbehrlich erklärt, diese aber in den Fällen des § 727 für zulässig und notwendig erklärt. Die Klauselerteilung hat keine Bindungswirkung für andere Verfahren. Erhebt der 5 Schuldner nach Klauselerteilung Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der im Ausland titulierten Forderung, so hat das Prozessgericht im Rahmen der Inzidentanerkennung zu prüfen, ob die Wirkungen des europäischen Zahlungsbefehls wirklich nach der EuMahnVO erstreckt worden sind. 3. Klauselerteilung für einen anderen als den im Titel bezeichneten Gläubiger 6 oder gegen einen anderen als den im Titel bezeichneten Schuldner. Soll die Zwangsvollstreckung für einen anderen als den im Titel bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den im Titel bezeichneten Schuldner stattfinden, so ist eine Klauselerteilung notwendig.3 § 727 ist anwendbar. § 727 gilt für alle Vollstreckungstitel.4 Ebenso wie im Rahmen von § 929 bedarf es bei Rechtsnachfolge von Gläubiger oder Schuldner einer Titel übertragenden Vollstreckungsklausel. II. Anwendbarkeit der §§ 750 ff. Anwendbar sind §§ 750 ff. 5 Damit sind alle Vollstreckungsrechtsbehelfe der ZPO 7 auch gegenüber ausländischen europäischen Vollstreckungstiteln zulässig,6 so § 765 a, 766, 767.7
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1 Vgl. Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 21 EuMahnVO, Rdn. 4. 2 Vgl. Geimer Exequaturverfahren, FS Georgiades, 2005, S. 489 ff. (494). 3 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 19, Rdn. 2. 4 Vgl. dazu Loritz Die Umschreibung der Vollstreckungsklausel, ZZP 95 (1982), 310 ff.; Loritz Rechtsnachfolge und Umschreibung der Vollstreckungsklausel in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, ZZP 106 (1993), 1 ff.; Thomas/Putzo/Putzo § 727 Rdn. 1; Wieczorek/Schütze/Paulus 3. Aufl. § 727, Rdn. 3. 5 Vgl. Rauscher/Rauscher Europäisches Zivilprozessrecht, Einl. EGMahnVO, Rdn. 39; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1093, Rdn. 3; Zöller/Geimer § 1094, Rdn. 4. 6 Vgl. Klippstein in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 20 EuVTVO, Rdn. 58 zur entsprechenden Regelung in der EuVTVO. 7 Vgl. Klippstein in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 20 EuVTVO, Rdn. 58 zur entsprechenden Regelung in der EUVTVO.
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§ 1094
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III. Erinnerung 8
Gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung findet die Erinnerung nach § 766 statt.8 IV. Vollstreckungsgegenklage9
9
Einwendungen gegen den durch den europäischen Zahlungsbefehl festgestellten Anspruch können mit der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden.10 Es findet § 1086 Anwendung. V. Drittwiderspruchsklage
10
Die Drittwiderspruchsklage nach § 771 findet statt, wenn die deutschen Gerichte nach Art. 22 Nr. 5 VO (EG) Nr. 44/2001 Zuständigkeit besitzen, wenn und soweit die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist.11
§ 1094 Übersetzung § 1094 Hat der Gläubiger nach Artikel 21 Abs. 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 eine Übersetzung vorzulegen, so ist diese in deutscher Sprache zu verfassen und von einer in einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union hierzu befugten Person zu beglaubigen. 891011
I. II.
Übersicht Notwendigkeit der Übersetzung Erfordernisse der Übersetzung 1. Verständlichkeit 4
1 4
2. Beglaubigung 5 III. Rechtsfolgen mangelhafter Übersetzung 7
I. Notwendigkeit der Übersetzung 1
Im Vollstreckungsverfahren hat die Partei, die die Vollstreckung betreibt mit dem Antrag u.a. nach Art. 21 Abs. 2 der EuMahnVO eine Ausfertigung des für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehls und falls erforderlich eine Übersetzung in die Sprache des Vollstreckungsmitgliedstaates oder – falls es in diesem Staat mehrere Amtssprachen gibt – nach Maßgabe der Rechtsvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates in die Verfahrenssprache oder in eine solche Sprache, die das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaates zulässt, vorzulegen. Die Übersetzung ist – wenn der Vollstreckungsstaat
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8 Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1093, Rdn. 5; Zöller/Geimer § 1093, Rdn. 4. 9 Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1093, Rdn. 5 (allgemein). 10 Vgl. Gsell Die Geltendmachung nachträglicher materieller Einwendungen im Wege der Vollstreckungsgegenklage bei Titel aus dem Europäischen Mahn- oder Bagatellverfahren, EuZW 2011, 87 ff. mit einer umfassenden Darstellung des Streitstandes zur Verordnungskonformität der Vollstreckungsgegenklage. 11 Zur Anwendbarkeit von Art. 22 Nr. 5 EuGVVO auf Drittwiderspruchsklagen vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A. 1, Art. 22, Rdn. 268.
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5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
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fremdsprachliche Titel nicht vollstreckt – obligatorisch.1 § 1094 lässt nur die deutsche Sprache zu. Die Übersetzungsnotwendigkeit bezieht sich auf das Formblatt E (Europäischer Zah- 2 lungsbefehl).2 Wegen der Standardisierung des europäischen Zahlungsbefehls durch ein vorgeschriebenes Formular ist für eine Übersetzung kein Raum, wenn der Zahlungsbefehl in der Sprache des Vollstreckungsstaates abgefasst ist. Ist ein anderssprachiges Formular verwendet, so muss übersetzt werden.3 Die Notwendigkeit einer Übersetzung kann sich insbesondere in zwei Fällen ergeben: 3 – Die „Wichtigen Hinweise für den Antragsgegner“ sind zu übersetzen4 und – die in nichtdeutscher Sprache abgefasste Bezeichnung des Gerichts und des Gerichtsortes sind zu übersetzen. So ist beispielsweise Chorzów mit Königshütte, Bratislava mit Pressburg zu übersetzen. II. Erfordernisse der Übersetzung 1. Verständlichkeit. Für die Qualität der Übersetzung gelten die allgemeinen Grund- 4 sätze im internationalen Zivilprozessrecht.5 Die Übersetzung muss verständlich sein.6 Sprachliche Eleganz oder orthographische Richtigkeit kann nicht gefordert werden. Sinnentstellende Fehler machen die Übersetzung dagegen unbrauchbar. Die Übersetzung ist dann keine Übersetzung im Rechtssinne mehr. 2. Beglaubigung. Die Übersetzung ist zu beglaubigen. Die Beglaubigung ist die Be- 5 stätigung der Richtigkeit der Übersetzung. Sie ist aber nicht bindend. Die Richtigkeit der Übersetzung ist eine Tatfrage. Die Beglaubigung begründet nur eine – widerlegbare – Vermutung für die Richtigkeit der Übersetzung.7 Die Ermächtigung zur Beglaubigung kann von den zuständigen Behörden irgendei- 6 nes Mitgliedstaates erteilt sein. Ein belgischer Übersetzer, der nach belgischem Recht zur Beglaubigung befugt ist, kann eine Übersetzung aus der polnischen Sprache im Rahmen von § 1094 wirksam beglaubigen. Die Frage, ob die Beglaubigung von einem ermächtigten Übersetzer stammt, ist eine Tatfrage. Der Antragsteller trägt die Darlegungs- und Beweislast. § 293 ist nicht anwendbar. III. Rechtsfolgen mangelhafter Übersetzung Eine sinnentstellende Übersetzung ist eine Nichtübersetzung. Das Erfordernis des 7 Art. 21 Abs. 2 lit. b der EuMahnVO ist nicht erfüllt. Die für Vollstreckung notwendigen Unterlagen sind nicht vollständig. Vollstreckungsmaßnahmen dürfen nicht erfolgen. Der
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1 Vgl. Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 21 EuMahnVO, Rdn. 5. 2 Abgedruckt unten sub Rechtsquellen und Materialien zum 11. Buch, Nr. 8. 3 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 21, Fn. 1; Röthel/Sparmann Das Europäische Mahnverfahren, WM 2007, 1101 ff. (1103, Fn. 44). 4 Vgl. Zöller/Geimer § 1094, Rdn. 1. 5 Vgl. dazu Schütze Probleme der Übersetzung im Zivilprozessrecht, FS Sandrock, 2000, S. 871 ff.; Schütze Übersetzungen im europäischen und internationalen Zivilprozessrecht – Probleme der Zustellung, RIW 2006, 352 ff. (353 f.). 6 Vgl. Zöller/Geimer § 1094, Rdn. 1. 7 Vgl. Schütze Probleme der Übersetzung im Zivilprozessrecht, FS Sandrock, 2000, S. 871 ff. (872); Schütze Übersetzungen im europäischen und internationalen Zivilprozessrecht – Probleme der Zustellung, RIW 2006, 352 ff. (354).
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§ 1095
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Schuldner kann Erinnerung nach § 766 einlegen, wenn aus dem Titel dennoch vollstreckt wird.
§ 1095
§ 1095 Vollstreckungsschutz und Vollstreckungsabwehrklage gegen den im Inland erlassenen Europäischen Zahlungsbefehl (1) Wird die Überprüfung eines im Inland erlassenen Europäischen Zahlungsbefehls nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 beantragt, gilt § 707 entsprechend. Für die Entscheidung über den Antrag nach § 707 ist das Gericht zuständig, das über den Antrag nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 entscheidet. (2) Erinnerungen, die den Anspruch selbst betreffen, sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, nach Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls entstanden sind und durch den Einspruch nach Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 nicht mehr geltend gemacht werden können.
I.
Übersicht Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung 1 1. Voraussetzungen 2 2. Zuständigkeit 3
II. III.
3. Verfahren 4 4. Entscheidung 7 Vollstreckungsgegenklage Verfahrenskonkurrenzen
9 12
I. Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung 1
Nach Art. 20 EuMahnVO ist eine Überprüfung des europäischen Zahlungsbefehls mit dem Ziel der Nichtigerklärung möglich. § 1095 ergänzt § 1092, der die Modalitäten des Überprüfungsverfahrens im deutschen Recht regelt. Darüber hinaus stehen dem Antragsgegner (Schuldner) alle Rechtsbehelfe zur Verfügung, die das deutsche Recht gegen einen Vollstreckungstitel kennt.1 Die Regelung in Artt. 22, 23 EuMahnVO ist nicht abschließend.2 § 1095 regelt die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung während des Überprüungsverfahrens.
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1. Voraussetzungen. Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung setzt voraus, dass ein Antrag nach § 1092 gestellt ist. Der Antrag nach § 1095 kann mit dem Antrag nach § 1092 verbunden, aber auch noch später gestellt werden.
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2. Zuständigkeit. Zuständig ist das Gericht, das über den Antrag nach Art. 20 EuMahnVO entscheidet. Das ist nach §§ 1092, 1087 das Amtsgericht Berlin-Wedding. Die Zuständigkeit ist ausschließlich.
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1 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 20, Rdn. 13 für die Geltendmachung von Einwendungen, die nach Zustellung des Zahlungsbefehls entstanden sind; Zöller/Geimer § 1095, Rdn. 1. 2 Vgl. Kormann Das neue Europäische Mahnverfahren im Vergleich zu den Mahnverfahren in Deutschland und Österreich, 2007, S. 167 ff.; aA Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 22 EuMahnVO, Rdn. 8, der befürchtet, die Zielsetzungen der EuMahnVO würden durch Rückgriff auf nationales Recht unterlaufen.
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5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
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3. Verfahren. Kraft Verweisung in § 1095 findet § 707 entsprechende Anwendung. 4 Erforderlich ist ein Antrag des Schuldners. Dieser kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden. Der Antrag muss auf eine bestimmte Anordnung gerichtet sein, hilfsweise auf eine andere.3 Die bloße Beantragung von Vollstreckungsschutz erfüllt nicht die Erfordernisse eines zulässigen Antrags. Dem Gläubiger ist rechtliches Gehör zu gewähren (Art. 103 GG).4 Jedoch kann bei be- 5 sonderer Eilbedürftigkeit eine befristete Anordnung ohne vorherige Anhörung des Gegners ergehen. Diese ist dann jedoch unverzüglich nachzuholen.5 Es muss ein Rechtsschutzbedürfnis vorliegen. Dieses setzt voraus, dass die Überprü- 6 fung nicht aussichtslos ist. 4. Entscheidung. Das Gericht entscheidet durch Beschluss. Die Entscheidung kann 7 folgenden Inhalt haben: – Einstellung der Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung des Schuldners. Die Art der Sicherheit richtet sich nach § 108. – Einstellung der Vollstreckung ohne Sicherheitsleistung des Schuldners. Diese Möglichkeit besteht nur ausnahmsweise, wenn dem Schuldner durch die Vollstreckung ein nicht wiedergutzumachender Nachteil droht und er zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist. Der Schuldner muss glaubhaft machen, dass er zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. – Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung. – Zurückweisung des Antrags. Das Gericht hat bei der Auswahl der Mittel im Rahmen der Einstellung der Zwangs- 8 vollstreckung nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln. Dieses ist grundsätzlich nicht überprüfbar. Deshalb ist der Beschluss über die Einstellung der Zwangsvollstreckbar nicht anfechtbar. Eine Anfechtung kann nur in Ausnahmefällen erfolgen.6 II. Vollstreckungsgegenklage Einwendungen gegen den durch den europäischen Zahlungsbefehl titulierten 9 Anspruch können im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden.7 Während § 796 Abs. 2 für das deutsche Mahnverfahren für die Präklusion von Einwendungen darauf abstellt, ob die Gründe, auf denen sie beruhen, nach Zustellung des Vollstreckungsbescheids entstanden sind und durch den Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden konnten, modifiziert § 1095 Abs. 2 diese Regel dahin, dass auf die Zustellung des europäischen Zahlungsbefehls abgestellt wird. Erfordernis für die Geltendmachung von materiellrechtlichen Einwendungen gegen 10 den Anspruch selbst, ist: – Die Einwendung muss nach Zustellung des Zahlungsbefehls entstanden sein. Bei der Aufrechnung kommt es dabei auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung, nicht den des Entstehens der Aufrechnungslage an.8
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3 Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 707, Rdn. 6; aA Wieczorek/Schütze/Hess 3. Aufl., § 707, Rdn. 15. 4 Vgl. OLG Celle MDR 1986, 62; Thomas/Putzo/Hüßtege § 707, Rdn. 9; Wieczorek/Schütze/Hess 3. Aufl., § 707, Rdn. 16. 5 Vgl. Wieczorek/Schütze/Hess 3. Aufl., § 707, Rdn. 16 mwN. 6 Vgl. zu den einzelnen Fallgruppen Wieczorek/Schütze/Hess 3. Aufl., § 707 Rdn. 31. 7 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 20, Rdn. 13. 8 Vgl. im Einzelnen § 723, Rdn. 30 ff.
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§ 1096
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Die Einwendung darf nicht durch Einspruch nach Art. 16 EuMahnVO geltend gemacht werden können. Im Übrigen gelten die Vorschriften des § 767. III. Verfahrenskonkurrenzen
12
Die Präklusion nach § 1095 wirkt nicht gegenüber dem Überprüfungsverfahren nach Art. 20 EuMahnVO. Dieses ist nicht ausgeschlossen.9
§ 1096
§ 1096 Anträge nach den Artikeln 22, 23 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006; Vollstreckungsabwehrklage (1) Für Anträge auf Verweigerung der Zwangsvollstreckung nach Artikel 22 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr, 1896/2006 gilt § 1084 Abs. 1 und 2 entsprechend. Für Anträge auf Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 ist § 1084 Abs. 1 und 3 entsprechend anzuwenden. (2) Für Anträge auf Verweigerung der Zwangsvollstreckung nach Artikel 22 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 gilt § 1086 Abs. 1 entsprechend. Für Klagen nach § 767 sind § 1086 Abs. 1 und § 1095 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.
I.
Übersicht Verweigerung der Zwangsvollstreckung nach Art. 22 Abs. 1 EuMahnVO 1 1. Kollidierende andere Entscheidung 2 a. Unvereinbare Urteilswirkungen 3 b. Zeitliche Priorität der anderweitigen Entscheidung 5 c. Identität des Streitgegenstandes 6 d. Parteienidentität 7 e. Präklusion 8 2. Verfahren 10 a. Sachliche Zuständigkeit 10 b. Örtliche Zuständigkeit 11 c. Ausschließlichkeit der Zuständigkeit 12
II.
III.
3. Entscheidung 13 a. Auslegungsgrundsätze 13 b. Beschlussverfahren 14 Aussetzung oder Beschränkung der Vollsgtreckung nach Art. 22 Abs. 2 EuMahnVO 15 1. Sicherungsvollstreckung 16 2. Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen außergewöhnlicher Umstände 17 3. Verfahren 18 Verweigerung der Zwangsvollstreckung wegen Erfüllung 19 1. Erfüllung der titulierten Forderung 2. Zuständigkeit 20 3. Vollstreckungsgegenklage 21
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I. Verweigerung der Zwangsvollstreckung nach Art. 22 Abs. 1 EuMahnVO 1
§ 1096 Abs. 1 S. 1 regelt den Fall der Verweigerung der Zwangsvollstreckung wegen Urteilskollision und enthält Durchführungsbestimmungen für Art. 22 EuMahnVO. Art. 22 EuMahnVO schließt nicht aus, dass der Antragsgegner einen Antrag nach Art. 20 Abs. 2 EuMahnVO im Staat des Mahngerichts stellt.1
_____ 9 1
Vgl. Zöller/Geimer § 1095, Rdn. 5. Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 22, Rdn. 27.
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5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
§ 1096
1. Kollidierende andere Entscheidung Kollidierende Entscheidungen sind unerwünscht. § 328 Abs. 1 Nr. 3 statuiert deshalb 2 als Erfordernis der Anerkennung, dass keine Kollision mit einem inländischen Urteil oder einer anzuerkennenden früheren ausländischen Entscheidung vorliegen darf.2 Das Gesetz behandelt den Vorrang bei Kollisionen von Entscheidungen nicht als Unterfall des ordre public.3 Jedoch ist das Erfordernis im öffentlichen Interesse aufgestellt. Kodek4 meint im Gegensatz zu Freitag,5 das die Regelung nicht primär gegen Fälle der Doppeltitulierung gerichtet sei, es vielmehr um die Vermeidung echter Widersprüche gehe. a. Unvereinbare Urteilswirkungen. Die Urteilswirkungen des europäischen Zah- 3 lungsbefehls müssen mit denen einer anderen Entscheidung unvereinbar sein. Der Begriff der „Unvereinbarkeit“ ist gemeinschaftsrechtlich autonom zu qualifizieren.6 Er ist derselbe wie in Art. 34 Nr. 3 EuGVVO/Lug II und Art. 27 EuGVÜ/LugÜ I.7 Es gilt deshalb der weite Verfahrensbegriff den der EuGH8 entwickelt hat.9 Nicht nur gegensätzliche Entscheidungen gegen den gleichen Beklagten sind unvereinbar, auch identische bzw. teilidentische Entscheidungen sind unvereinbar, da sie zu einer Titeldoppelung führen.10 Insbesondere sind Urteile aus Vertrag mit solchen auf Feststellung der Nichtigkeit des Vertrages unvereinbar. Unerheblich ist, ob die Unvereinbarkeit mit einer inländischen oder einer anerkann- 4 ten ausländischen Entscheidung vorliegt.11 b. Zeitliche Priorität der abweichenden Entscheidung. Während nach Art. 34 5 Nr. 3 EuGVVO die zweitstaatliche Entscheidung immer privilegiert ist, stellt Art. 22 Abs. 1 lit. a EuMahnVO auf die zeitliche Priorität ab. Abzustellen ist auf den Eintritt der Rechtskraft. Ist das ausländische Urteil zeitlich nach der inländischen Entscheidung in Rechtskraft erwachsen, so ist die Anerkennung schon deshalb ausgeschlossen, weil die Rechtskraft der ausländischen Entscheidung nur relativ, die der inländischen dagegen absolut wirkt.12 Soweit die Rechtskraft der ausländischen Entscheidung vor der Rechtskraft des europäischen Zahlungsbefehls eintritt, greift Art. 22 Abs. 1 lit. a EuMahnVO ein und be-
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2 Vgl. dazu Lenenbach Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozessrecht, 1997. 3 Vgl. Geimer Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, 1995, S. 112; Schütze DIZPR, 2. Aufl., 2005, Rdn. 335. 4 Vgl. Kodek in: Geimer/Schütze IRV, Art. 22 EuMahnVO, Rdn. 3. 5 Vgl. Freitag Rechtsschutz des Schuldners gegen den Europäischen Zahlungsbefehl, IPRax 2007, 509 ff. (512). 6 Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 21 EuVTVO, Rdn. 4 zur entsprechenden Regelung in der EuVTVO. 7 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 22, Rdn. 3. 8 Vgl. EuGH Rs. 144/86 – Gubisch v. Palumbo – EuGHE 1987, 4861 = NJW 1989, 665 = RIW 1988, 818 mit Anm. Linke; EuGH Rs. C-406/92 – The owners of the cargo lately laden on board the ship Tatry v. The owners of the ship Maciej rataj – EuGHE 1994 I, 5439 = EWS 1995, 90 mit Besprechungsaufsatz Lenenbach Gerichtsstand des Sachzusammenhangs nach Art. 21 EuGVÜ? ebenda, 361 ff. 9 Vgl. im Einzelnen Geimer/Schütze EuZVR, A. 1, Art. 34, Rdn. 166 ff. 10 Vgl. Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/1, S. 996. 11 Vgl. Rauscher/Pabst Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 21 EG-VollstrTitelVO, Rdn. 3; Stein Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen tritt in Kraft – Aufruf zu einer nüchternen Betrachtung, IPRax 2004, 181 ff. (182). zur entsprechenden Regelung in der EuVTVO. 12 Vgl. Kallmann Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und Vergleiche, 1946, S. 220, Fn. 17; Riezler Internationales Zivilprozessrecht 1949, S. 521.
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wirkt eine Anerkennungssperre. Es gelten die gleichen Grundsätze wie für § 328 Abs. 1 Nr. 3.13 6
c. Identität des Streitgegenstandes. Der Streitgegenstand beider Entscheidungen muss identisch sein. Es gelten die zur EuGVVO entwickelten Grundsätze.14 Nach der Kernpunkttheorie des EuGH ist ein weiter Verfahrensbegriff zugrunde zu legen.15 Es kommt also – anders als bei der deutschen Streitgegenstandslehre – nicht auf den Klagantrag an, sondern ob der Kernpunkt beider Verfahren gleich ist. Das ist in der Rechtsprechung des EuGH zu bejahen für das Leistungsurteil und das negative Feststellungsurteil (wegen eben dieser Leistungsverpflichtung).
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d. Parteienidentität. Art. 22 Abs. 1 lit. a EuMahnVO verlangt Identität der Parteien. Problematisch sind die Fälle der Rechtskrafterstreckung auf Dritte.16
e. Präklusion. Die Vollstreckung darf nur verweigert werden, wenn die Unvereinbarkeit im gerichtlichen Verfahren des Usprungsmitgliedstaates nicht geltend gemacht worden ist und nicht geltend gemacht werden konnte (Art. 22 Abs. 1 lit. c EuMahnVO). Die Unvereinbarkeit muss deshalb nicht geltend gemacht worden sein, weil sie nicht geltend gemacht werden konnte. Auch zur Vollstreckungsgegenklage wird die Präklusion daran geknüpft, dass es dem Schuldner subjektiv möglich war, die Einwendung vorzubringen.17 Die Präklusionswirkung tritt nicht ein, wenn der Schuldner unverschuldet von dem 9 widersprechenden Titel keine Kenntnis hatte. Nicht geltend gemacht werden kann die Unvereinbarkeit auch dann, wenn der Ursprungsstaat einen dem europäischen Zahlungsbefehl widersprechenden ausländischen Titel nicht anerkennt, der Vollstreckungsstaat dies dagegen tut. Eine solche Fallkonstellation kann etwa entstehen, wenn ein österreichisches Gericht einen europäischen Zahlungsbefehl erlassen hat, obwohl eine widersprechende New Yorker Entscheidung vorlag, da das New Yorker Urteil mangels Verbürgung der Gegenseitigkeit (§ 79 EO) nicht beachtet wurde.18 Im deutschen Vollstreckungsverfahren ist die Entscheidung aus New York jedoch zu berücksichtigen, da nach h.L. die Gegenseitigkeit im Verhältnis zu New York verbürgt ist.19
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2. Verfahren 10
a. Sachliche Zuständigkeit. Zuständig ist das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht. Funktionell zuständig ist der Richter, nicht der Rechtspfleger.20
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13 Vgl. dazu Schütze DIZPR, Rdn. 335. 14 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 22, Rdn. 6. 15 Vgl. EuGH Rs. 144/86 – Gubisch v. Palumbo – EuGHE 1987, 4861 = NJW 1989, 665; EuGH Rs. C-406/ 92 – The owners of the cargo lately laden on board the ship Tatry v. The owners of the ship Maciej rataj – EuGHE 1994 I, 5439 = EWS 1995, 90. 16 Vgl. dazu Koch Unvereinbare Entscheidungen iSd Art. 27 Nr. 3 und 5 EuGVÜ und ihre Vermeidung, 1993, S. 50 und Lenenbach Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozessrecht, 1997, S. 173. 17 Vgl. eingehend Burghard Die Präklusion der zweiten Vollstreckungsgegenklage, ZZP 106 (1993), 23 ff. 18 Vgl. dazu Geimer/Schütze EuZVR, E. 18, Rdn. 20 ff. mwN. 19 Vgl. BGH RIW 1984, 557; Geimer/Schütze EuZVR, E. 1, Rdn. 287 mwN. 20 Vgl. Zöller/Geimer § 1096, Rdn. 1.
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5. Abschnitt. Europäisches Mahnverfahren
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b. Örtliche Zuständigkeit. Örtlich zuständig ist das Gericht des Sprengels, in dem 11 der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, im Übrigen das, in dem nach § 23 Klage erhoben werden kann, regelmäßig also, wo Vermögen belegen ist. § 828 Abs. 2 ist anwendbar.21 c. Ausschließlichkeit der Zuständigkeit. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit 12 sind nach Abs. 1 S. 3 ausschließlich. § 802 ist anwendbar. 3. Entscheidung a. Auslegungsgrundsätze. Bei der Entscheidung sind die Begriffe der EuMahnVO in 13 gleicher Weise zu interpretieren wie sie der EuGH für EuGVÜ und EuGVVO entwickelt hat.22 Grundsätzlich ist die autonome Auslegung23 anzuwenden, und zwar unter Zugrundelegung der rechtsvergleichenden Methode.24 Damit wird auch der Gefahr vorgebeugt, dass die nationalen Vollstreckungsgerichte mit ihrer häufig sozialpolitisch begründeten Schuldnerschutzpraxis das europäische Recht unterlaufen. Notfalls muss dem EuGH vorgelegt werden.25 b. Beschlussverfahren. Die Entscheidungen nach §§ 1096 Abs. 1 S. 1, 1084 ergehen 14 durch Beschluss. Abs. 2 S. 1 ordnet dies für die Entscheidung über die Verweigerung der Vollstreckung wegen kollidierender anderweitiger Entscheidung ausdrücklich an. II. Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach Art. 22 Abs. 2 EuMahnVO Nach Art. 23 EuMahnVO kann der Schuldner, der einen Antrag auf Überprüfung 15 nach Art. 20 EuMahnVO gestellt hat, Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung beantragen. Bei einem inländischen europäischen Zahlungsbefehl ist das Verfahren in § 1095 geregelt. § 1096 Abs. 1 S. 2 trifft eine entsprechende Regelung für im Ausland erlassene europäischen Zahlungsbefehle. 1. Sicherungsvollstreckung. Nach Art. 23 EuMahnVO kann das Gericht auf Antrag 16 des Schuldners bei Antrag auf Überprüfung nach Art. 20 EuMahnVO – das Vollstreckungsverfahren auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder – die Vollstreckung von der Leistung einer Sicherheit abhängig machen.
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21 Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege §§ 1096, Rdn. 4, 1084, Rdn. 2. 22 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 22, Rdn. 6, 8. 23 Vgl. dazu Basedow Europäisches Zivilprozessrecht, in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. I, 1982, S. 113 ff.; Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/1, S. 56 ff.; Martiny Autonome und einheitliche Auslegung im europäischen internationalen Zivilprozessrecht, RabelsZ 45 (1981), 427 ff.; Pfeiffer Grundlagen und Grenzen der autonomen Auslegung des EuGVÜ, Jahrbuch junger Zivilrechtswissenschaftler, 1991, S. 71 ff.; Schlosser Vertragsautonome Auslegung, nationales Recht, Rechtsvergleichung und das EuGVÜ, GS Bruns, 1980, S. 45 ff.; Scholz Das Problem der autonomen Auslegung des EuGVÜ, 1998. 24 Vgl. dazu Geimer Zur Auslegung des Brüsseler Zuständigkeits- und Vollstreckungsübereinkommens in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968, EuR 12 (1977), 341 ff.; Martiny Autonome und einheitliche Auslegung im europäischen internationalen Zivilprozessrecht, RabelsZ 45 (1981), 427 ff.; Schütze DIZPR, Rdn. 7; Schütze Internationales Zivilprozessrecht und Rechtsvergleichung, FS Waseda, 1988, S. 323 ff. 25 Vgl. Klippstein in: Gebauer/Wiedmann Überblick vor EuVTVO, Rdn. 20 f.
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Die Beschränkung auf Sicherungsmaßnahmen oder die Anordnung einer Sicherheitsleistung erfolgt nach gerichtlichem Ermessen.26 Entscheidend müssen die Erfolgsaussichten des Verfahrens auf Überprüfung sein. Im Übrigen sind die Interessen von Gläubiger und Schuldner abzuwägen. Hat der Gläubiger schon im Ausland Sicherheit in ausreichender Höhe geleistet, so kommt eine nochmalige Sicherheitsleistung27 oder die Beschränkung der Vollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen nicht in Betracht. 17
2. Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen außergewöhnlicher Umstände. Art. 23 lit. c EuMahnVO lässt die bedingungslose Einstellung der Zwangsvollstreckung unter außergewöhnlichen Umständen zu. Da die Sicherungsvollstreckung genügend Möglichkeiten gibt, die Parteiinteressen zu wahren, kann eine bedingungslose Aussetzung nur die Ausnahme28 sein, etwa wenn der Zahlungsbefehl gegen den ordre public des Vollstreckungsstaates verstößt.29
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3. Verfahren. Das Verfahren ist das des § 1084. Im Gegensatz zur Verweigerung der Zwangsvollstreckung nach § 1096 Abs. 1 S. 1 ist für die Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung auch § 1084 Abs. 3 anwendbar. Entschieden wird also durch einstweilige Anordnung. Die Entscheidung ist unanfechtbar. III. Verweigerung der Zwangsvollstreckung wegen Erfüllung
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1. Erfüllung der titulierten Forderung. Nach Art. 22 Abs. 2 EuMahnVO ist die Erfüllung der im europäischen Zahlungsbefehl titulierten Forderung Verweigerungsgrund für die Vollstreckung. Die Erfüllung muss nach dem Zeitpunkt entstanden sein, in dem die Einspruchsfrist ablief. Für eine vor diesem Zeitpunkt eintretende Erfüllung gilt der Grundsatz des Verbots der révision au fond, Art. 22 Abs. 3 EuMahnVO.
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2. Zuständigkeit. Für das Verfahren nach Art. 22 Abs. 2 EuMahnVO ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz hat, hilfsweise das Gericht des Sprengels, in dem die Zwangsvollstreckung stattfinden soll oder stattgefunden hat, § 1086 Abs. 1.
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3. Vollstreckungsgegenklage. Bei der Vollstreckungsgegenklage wegen Erfüllung des titulierten Anspruchs nach § 767 gilt für die Zuständigkeit dasselbe wie für das Verfahren auf Verweigerung der Zwangsvollstreckung. Durch die Verweisung auf § 1095 Abs. 2 wird noch einmal klargestellt, dass die Einwendung präkludiert ist, soweit sie nach Zustellung des europäischen Zahlungsbefehls entstanden ist und durch den Einspruch nicht geltend gemacht werden kann.
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26 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 223, Rdn. 2. 27 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 23, Rdn. 3. 28 Vgl. Rauscher/Gruber EG-MahnVO, Art. 223, Rdn. 3: „ultima ratio“. 29 Vgl. Rauscher/Pabst Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EG-VollstrTitelVO, Rdn. 9 zur entsprechenden Regelung in der EuVTVO.
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6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
Vor § 1097
SECHSTER ABSCHNITT 6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 Vor § 1097 Vorbemerkung zu §§ 1097–1109 Durch §§ 1097–1109 wird die Ausführung der EuBagatellVO geregelt. Ziel der Verord- 1 nung ist die Einführung eines zivilrechtlichen Verfahrens für Bagatellstreitigkeiten, das in einigen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft – z.B. Österreich1 – schon existiert. Damit soll der Zeit- und Kostenaufwand, den der ordentliche Zivilprozess mit sich bringt, gesenkt werden. Dazu dienen die Formalisierung der Klageerhebung durch ein Klageformular und die Schriftlichkeit des Verfahrens als Regel. Erstaunlicher und erfreulicher Weise sind die Pläne des Rates, den Geltungsbereich der VO bei Verbrauchern auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers zu beschränken, nicht umgesetzt worden. Damit hat man den Fehler, der bei der EuVTVO gemacht worden ist, nicht wiederholt. Man wollte den Geltungsbereich der VO nicht – wie bei der EuVTVO – auf ein Minimum beschränken Nach der EuBagatellVO ist es möglich, einen Titel auch für bestrittene Forderungen 2 zu erhalten, der ohne Exequatur europaweit vollstreckbar ist. Das ist ein Fortschritt und eine Fortentwicklung des mit der EuMahnVO eingeschlagenen Weges. Gemäß Art. 25 EuBagatellVO hat Deutschland Angaben zu den zuständigen Gerich- 3 ten, Kommunikationsmittels und den Rechtsmitteln gemacht.2 Allerdings sind die Anga-
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1 Vgl. dazu Schneider Das Bagatellverfahren im österreichischen Recht, 2001 2 Art. 25 (1) a) – Zuständige Gerichte Für den Erlass von Urteilen im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen sind sämtliche Amtsgerichte nach den Regeln über ihre örtliche Zuständigkeit zuständig. Art. 25 (1) b) – Kommunikationsmittel Flächendeckend stehen folgende Möglichkeiten der Kommunikation zur Verfügung: Post einschließlich privater Zustelldienste, Telefax. Im Land Brandenburg ist daneben ein elektronischer Zugang zu allen Amtsgerichten und zu dem Brandenburgischen Oberlandesgericht möglich. Elektronische Dokumente gemäß § 130 a ZPO können mittels eines elektronischen Gerichtsbriefkastens über die Internetseite www.gerichtsbriefkasten.de eingereicht werden. Die technischen Einrichtungen für eine prozessual wirksame Einreichung der Dateien finden sich unter www.erv.brandenburg.de sowie weitere Informationen auf den jeweiligen Internetseiten der Gerichte. In Bremen ist ein elektronischer Zugang zu allen Amtsgerichten und zu dem Hanseatischen Oberlandesgericht nach Maßgabe des § 130 a ZPO möglich. Die technischen Anforderungen für eine prozessual wirksame Einreichung der Dateien können über die jeweiligen Internetseiten der Gerichte erlangt werden. Im Land Hessen ist bei allen Amtsgerichten die Einreichung von elektronischen Dokumenten nach Maßgabe des § 130 a ZPO möglich. Die technischen Anforderungen für eine prozessual wirksame Einreichung der Dateien finden sich unter www.hmdj.hessen.de. Art. 25 (1) c) – Berufungsgerichte Gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Urteile ist nach Maßgabe der Regelungen der Zivilprozessordnung, insbesondere §§ 511 ff. ZPO das Rechtsmittel der Berufung eröffnet. Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Zur Entscheidung über die Berufungen gegen Urteile im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen sind sämtliche Oberlandesgerichte nach den Regeln über ihre örtliche Zuständigkeit berufen. Art. 25 (1) d) – Zugelassene Sprachen Es ist allein die deutsche Sprache zu benutzen. In den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung haben die Sorben das Recht, vor Gericht sorbisch zu sprechen. Art. 25 (1) e) – Zuständige Behörden Vollstreckungsgericht ist ebenfalls das Gericht der Hauptsache.
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§ 1097
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ben vor der Reform des § 119 GVG gemacht worden. Damit ist die Angabe, dass Berufungsgerichte die Oberlandesgerichte seien, unrichtig geworden. Schrifttum Brokamp Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, 2008; Cuypers The first stage of the abolition of the exequatur in the European Union, The Columbia Journal of European Law 14 (2008), 371 ff.; Engels Europäisches Bagatellverfahren ab 2009, AnwBl 2008, 51 f.; Ernst Einführung eines europäischen Zivilverfahrens für geringfügige Forderungen, JurBüro 2009, 229 ff.; Freitag Anerkennung und Rechtskraft europäischer Titel nach EuVTVO, EuMahnVO und EuBagatellVO, FS Kropholler, 2008, S. 759 ff.; Freitag/Leible Erleichterung der grenzüberschreitenden Forderungsbeitreibung in Europa: Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, BB 2009, 2 ff.; Fucik Das Eu-Bagatellverfahren nach der ZVN 2009, ÖJZ, 2009, 437 ff.; Gsell Die Geltendmachung nachträglicher materieller Einwendungen im Wege der Vollstreckungsgegenklage bei Titeln aus dem Europäischen Mahn- oder Bagatellverfahren, EuZW 2011, 87 ff.; Haibach Zur Einführung des ersten europäischen Zivilprozessverfahrens: Verordnung (EG) Nr. 861/2007, EuZW 2008, 137 ff.; Hau Das neue europäische Verfahren zur Beitreibung geringfügiger Forderungen, JuS 2008, 1056 ff.; Heger Europa ganz praktisch – Das Gesetz zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung, DStR 2009, 435; Hess/Bittmann Die Verordnungen zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und eines Verfahrens für geringfügige Forderungen – ein substantieller Integrationsschritt im Europäischen Zivilprozessrecht, IPRax 2008, 305 ff.; Jahn Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, NJW 2007, 2890 ff.; Jelinek Das Europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff.; Kramer European Small Claims Procedure: Striking the Balance between Simplicity and Fairness in European Litigation, ZEuP 2008, 355 ff.; Majer Grenzüberschreitende Durchsetzung von Bagatellforderungen – Die Verordnung zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen, JR 2009, 270 ff.; Mayer/Lindemann/Haibach Small Claims Verordnung, 2009; Nardone Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, RPfl. 2009, 72 ff.; Netzer Die Ausführungsbestimmungen zum Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen im deutschen Recht, ZNotP 2010, 183 ff.; Rechberger Die neue Generation – Bemerkungen zu den Verordnungen Nr. 805/ 2004, Nr. 1896/2006 und Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und Rates, FS Leipold, 2009, S. 301 ff.; Ring Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen, IWB 2009, 1065 ff.; Roth Das neue Europäische Bagatellverfahren, ecolex 2007, 812 ff.; Salten Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, MDR 2009, 244 ff.; Scheuer Die Verordnung zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen, ZaK 2007, 402, 226; Schoibl Miszellen zum Europäischen Bagatellverfahren, FS Leipold, 2009, 335 ff.; Schriever Europäisierung des deutschen Zivilprozessrechts – Nach Europäischem Mahnverfahren nun das Bagatellverfahren, AnwBl 2005, 487 ff.; Sujecki Vereinheitlichung des Erkenntnisverfahrens in Europa: Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, EWS 2008, 323 ff.; Sujecki Europäische Verordnung zur Einführung eines Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (EuGFVO), in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl. 2010, S. 2057 ff.; Varga Eu-BagatellVO, in: Rauscher (Hrsg.), Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Bearbeitung 2010; Vollkommer/Huber Neues Europäisches Zivilverfahrensrecht in Deutschland – Das Gesetz zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung, NJW 2009, 1105 ff.
TITEL 1 Erkenntnisverfahren § 1097
§ 1097 Einleitung und Durchführung des Verfahrens (1) Die Formblätter gemäß der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. EU Nr. L 199 S. 1) und andere Anträge oder Erklärungen können als Schriftsatz, als Telekopie oder nach Maßgabe des § 130 a als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht werden. Schütze
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6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
§ 1097
(2) Im Falle des Artikels 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 wird das Verfahren über die Klage ohne Anwendung der Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 fortgeführt.
I. II.
Übersicht Geographischer Anwendungsbereich 1 Sachlicher Anwendungsbereich 2 1. Zivil- oder Handelssache 2 2. Ausgeschlossene Rechtsgebiete 3 3. Grenzüberschreitende Rechtssache 5 4. Streitwert 6
III. IV. V. VI.
Zuständigkeit 7 Verfahrenseinleitung 8 Andere Anträge im Verlauf des Verfahrens 11 Verfahrenskonkurrenzen und Verfahrensüberleitung 12
I. Geographischer Anwendungsbereich Die Regelung betrifft nur Bagatellverfahren, die in Deutschland durchgeführt wer- 1 den. Voraussetzung ist, dass mindestens eine Partei ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der EU – mit Ausnahme Dänemarks – hat (grenzüberschreitende Rechtssache, vgl. Rdn. 5). II. Sachlicher Anwendungsbereich 1. Zivil- oder Handelssache. Die EuBagatellVO ist in ihrem sachlichen Anwen- 2 dungsbereich beschränkt auf Zivil- und Handelssachen (Art. 2 Abs. 1 EuBagatellVO). Der Begriff der Zivil- und Handelssache entspricht dem in Art. 1 EuGVVO/LugÜ II,1 Art. 1 EuGVÜ/LugÜ I und Art. 2 EuMahnVO. Er ist autonom zu qualifizieren,2 um eine einheitliche Anwendung im europäischen Justizraum zu gewährleisten. Ausgeschlossen sind Ansprüche in Steuer- und Zollsachen, in verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten sowie Ansprüche gegen Staaten auf Haftung aus hoheitlichem Handeln (acta iure imperii) (Art. 2 Abs. 1 EuBagatellVO). Die Herausnahme dieser Ansprüche wäre nach deutschem Recht unnötig gewesen, weil sie entweder nicht unter den Begriff der Zivil- und Handelssache zu fassen sind oder aus Immunitätsgesichtspunkten. Immerhin dient die Aufführung der Klarstellung in den 26 Mitgliedstaaten, in denen die Verordnung gilt. 2. Ausgeschlossene Sachgebiete. Ausgenommen aus dem sachlichen Geltungsbe- 3 reich der EuBagatellVO sind weiterhin nach Art. 2 Abs. 2 EuBagatellVO Ansprüche betreffend – den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen; – die ehelichen Güterstände, das Unterhaltsrecht und das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts;
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1 Vgl. Freitag/Leible Erleichterung der grenzüberschreitenden Forderungsbeitreibung in Europa: Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen BB 2009, 2 ff. (2); Haibach Zur Einführung des ersten europäischen Zivilprozessverfahrens: Verordnung (EG) Nr. 861/2007, EuZW, 2008, 137 ff. (139), Jahn Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, NJW 2007, 2890 ff. (2891); Jelinek Das europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff. (61); Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 2, Rdn. 2; Sujecki Vereinheitlichung des Erkenntnisverfahrens in Europa: Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, EWS 2008, 323 ff. 324); Sujecki in: Gebauer/Wiedmann EuGFVO, Überblick, Rdn. 17. 2 Vgl. EuGH Rs. 29/76 – LTU v. Eurocontrol – EuGHE 1976, 1541 = NJW 1977, 489 mit Anm. Geimer = RIW/AWD 1977, 40 mit Anm. Linke = Rev. crit. 1977, 722 mit Anm. Droz.
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Konkurse, Verfahren im Zusammenhang mit der Abwicklung zahlungsunfähiger Unternehmen oder anderer juristischer Personen, gerichtliche Vergleiche, Vergleiche und ähnliche Verfahren; die soziale Sicherheit; die Schiedsgerichtsbarkeit; das Arbeitsrecht; die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen, mit Ausnahme von Klagen wegen Geldforderungen; die Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte, einschließlich der Verletzung der Ehre.
4
Die Bereichsausnahmen des Art. 2 Abs. 2 EuBagatellVO decken sich nicht mit denen in Art. 1 Abs. 2 EuGVVO.3 Sie sind deshalb nicht für die Definition des Begriffs der Zivilund Handelssache heranzuziehen. Art. 2 Abs. 2 EuBagatellVO ist insoweit lex specialis. Jedoch können zur Auslegung der deckungsgleichen Bereichsausnahmen die Grundsätze zur EuGVVO herangezogen werden.4
5
3. Grenzüberschreitende Rechtssache. Bei der Bestimmung, welches Verfahren grenzüberschreitend ist, ist auf den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort der Parteien abzustellen. Dieser muss in verschiedenen Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Dänemarks) liegen. Der Sitz einer juristischen Person ist dem Wohnsitz natürlicher Personen gleichzustellen. Für die Wohnsitzbestimmung gelten Artt. 59 f. EuGVVO (Art. 3 Abs. 2 EuBagatellVO). Es genügt, wenn eine der Parteien ihren Wohnsitz gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem Gerichtsstaat hat. Hat der Beklagte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat, der Kläger in einem Drittstaat, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Art. 2 Abs. 2 EuGVVO.5
6
4. Streitwert. Das Verfahren nach der EuBagatellVO steht nur für Verfahren mit einem Steitwert bis zur Höhe von 2000 € zur Verfügung (Art. 2 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO). Zinsen, Kosten und Auslagen bleiben bei der Berechnung außer Betracht. Das gilt nicht, wenn der Kläger diese Ansprüche als Hauptforderung geltend macht.6 Übersteigt der Wert der Forderung die Streitwertgrenze, so ist eine Teilklage im europäischen Bagatellverfahren zulässig,7 wenn hierfür ein vernünftiger Grund besteht, etwa die Vollstreckungsmöglichkeiten beim Schuldner begrenzt sind oder der Kläger das Kostenrisiko minimieren will. Eine willkürliche Streitwertstückelung ist dagegen unzulässig.
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3 Vgl. Jahn Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, NJW 2007, 2890 ff. (2892); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 2 EuGFVO, Rdn. 1 f. 4 Vgl. Rauscher/Varga EG-BagatellVO Art. 2, Rdn. 19. 5 Vgl. Jelinek Das Europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff. (59); Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 3, Rdn. 6; Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Art. 4 EuGFVO, Rdn. 34. 6 Vgl. Jahn NJW 2007, 2890 ff. (2891); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 2 EuGFVO, Rdn. 10. 7 Vgl. Brokamp Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, 2008, S. 13 f.; Hau Das neue europäische Verfahren zur Beitreibung geringfügiger Forderungen, JuS 2008, 1056 ff. (1059); a.A. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 2 EuGFVO, Rdn. 11.
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6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
§ 1097
III. Zuständigkeit Weder die EuBagatellVO noch die deutschen Ausführungsbestimmungen der 7 §§ 1097 ff. enthalten Regelungen für die Zuständigkeit. Es gelten deshalb die allgemeinen Zuständigkeitsnormen. Da nur grenzüberschreitende Rechtsstreitigkeiten von Parteien aus Mitgliedstaaten der EU (mit Ausnahme Dänemarks) in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, muss immer eine Zuständigkeit nach europäischem Zivilverfahrensrecht, also der EuGVVO gegeben sein.8 Wegen der Beschränkung der Streitwerthöhe auf Euro 2000.— ist in Deutschland sachlich zuständig immer das Amtsgericht. IV. Verfahrenseinleitung Das Verfahren ist bestimmt durch Formblattstrenge.9 Es kann nur durch ein Form- 8 blatt eingeleitet werden. 10 Das ausgefüllte und unterschriebene Formblatt kann als Schriftsatz, als Telekopie oder auf elektronischem Wege eingereicht werden. Im letzteren Fall ist § 130 a anzuwenden. Die Klageerhebung auf elektronischem Wege setzt also voraus, dass – diese Form der Aufzeichnung für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und – mit einer qualifizierten Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist. Bei dem Erfordernis der qualifizierten Signatur handelt es sich um eine Ordnungsvorschrift, deren Nichtbeachtung sanktionslos bleibt. Das führt zu einer Ungleichbehandlung des Klägers, der die Klage in Papierform einreicht und des Klägers, der sich des elektronischen Weges bedient.11 Diese Ungleichbehandlung ist vom Gesetzgeber aber gewollt. Eine Klageerhebung auf anderem Wege ist nicht zulässig, insbesondere nicht 9 durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle und Telegramm.12 Auch eine Klageerhebung zu Protokoll der Geschäftsstelle nach § 129 a ist unzulässig.13 Die Formulare sind so klar, dass der Kläger eine Ausfüllung auch ohne Hilfe der Geschäftsstelle schaffen kann. Bei der Verfahrenseinleitung durch Telefax oder auf elektronischem Wege ist es 10 nicht notwendig, das Dokument in Papierform nachzureichen. Dies kann zu Verwirrung führen und belastet die Akten.14
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8 Vgl. Freitag/Leible Erleichterung der grenzüberschreitenden Forderungsbeitreibung in Europa: Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, BB 2009, 2 ff. (3); Sujecki Vereinheitlichung des Erkenntnisverfahrens in Europa: Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, EWS 2008, 323 ff. (325); Vollkommer/Huber Neues Europäisches Zivilverfahrensrecht in Deutschland – Das Gesetz zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung, NJW 2009, 105 ff. (1108). 9 Vgl. Netzer Die Ausführungsbestimmungen zum Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen im deutschen Recht, ZNotP 2010, 183 ff. (184). 10 Das Formblatt ist u.a. abgedruckt bei Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., 2010, A. 8, Anh. I (S. 1378 ff.). 11 Vgl. Zöller/Greger § 130 a, Rdn. 4. 12 Vgl. Netzer ZNotP 2010, 183 ff. (184); Zöller/Geimer § 1097, Rdn. 2. 13 Vgl. Netzer ZNotP 2010, 183 ff. (184). 14 Vgl. dazu Bodendorf Vorab per Fax, eine zweifelhafte Methode, FS Schütze 1999, S. 129 ff.
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§ 1098
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V. Andere Anträge im Verlauf des Verfahrens 11
Andere Anträge oder Erklärungen im Verlauf des Verfahrens, z.B. die Antwort gem. Formblatt C der Verordnung auf eine gerichtliche Aufforderung nach Formblatt B können in gleicher Weise eingereicht werden. VI. Verfahrenskonkurrenzen und Verfahrensüberleitung
Die EuBagatellVO beansprucht keine ausschließliche Geltung. Der Kläger hat die Wahl, ob er seinen Anspruch in einem ordentlichen Zivilprozess oder in einem Verfahren nach der EuBagatellVO geltend machen will. Macht der Kläger einen Anspruch im Verfahren nach der Verordnung geltend, der 13 nicht in deren Anwendungsbereich fällt, so hat das Gericht den Kläger darüber zu unterrichten, dass das Verfahren nicht nach der EuBagatellVO geführt werden kann (Art. 4 Abs. 3 EuBagatellVO). Der Kläger kann dann die Klage zurücknehmen. Das Gericht hat ihm hierfür eine Frist zu setzen. Nimmt er die Klage innerhalb der Frist nicht zurück, so wird das Verfahren als ordentlicher Zivilprozess weitergeführt. Macht der Kläger einen arbeitsrechtlichen Anspruch geltend, so muss er Verweisung an das Arbeitsgericht beantragen. Entsprechendes gilt für Ansprüche, die nicht in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fallen, z.B. sozialrechtliche Ansprüche.
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§ 1098
§ 1098 Annahmeverweigerung auf Grund der verwendeten Sprache Die Frist zur Erklärung der Annahmeverweigerung nach Artikel 6 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 beträgt eine Woche. Sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Schriftstücks. Der Empfänger ist über die Folgen einer Versäumung der Frist zu belehren.
I. II. III.
Übersicht Anwendbarkeit der EuZVO 1 Zulässige Sprachen 4 Annahmeverweigerungsrecht 6 1. Annahmeverweigerung bei Zustellung 10
IV. V. VI.
2. Annahmeverweigerung nach Zustellung 11 Notfrist 12 Belehrung 14 Heilung 16
I. Anwendbarkeit der EuZVO 1
Art 13 Abs. 1 EuBagatellVO bestimmt als Regelzustellung die durch die Post. Die VO begnügt sich nicht – wie die EuVTVO und die EuMahnVO – mit der Aufstellung von Mindeststandards, sondern stellt eigenständige Verfahrensvorgaben für die Mitgliedstaaten auf.1 Im Übrigen wird – soweit eine Zustellung durch die Post nicht möglich ist – auf die Zustellungsarten in Artt. 13 und 14 in der EuVTVO verwiesen.
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1 Vgl. Jahn Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, NJW 2007, 2890 ff. (2893); Jelinek Das europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff. (66 f.); Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 13, Rdn. 1.
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6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
§ 1098
Soweit die EuBagatellVO Zustellungen vorschreibt, erfolgen diese im Geltungsbe- 2 reich der VO nach der EuZVO.2 Deshalb gelten auch §§ 1069 ff. § 1098 betrifft nur die Zustellung von Schriftstücken in einem deutschen Verfahren 3 nach der EuBagatellVO ins Ausland. II. Zulässige Sprachen Nach Art. 6 Abs. 1 EuBagatellVO sind alle verfahrensrelevaten Schriftstücke (Klage, 4 Klagebeantwortung, Widerklage, weitere Schriftsätze) einschließlich der Beweisunterlagen in der oder den Sprachen des angerufenen Gerichts abzufassen.3 Für die Zustellung von Schriftstücken im Rahmen des Verfahrens, z.B. des Klage- 5 formblattes nebst der Beweisunterlagen (Art. 5 Abs. 2 EuBagatellVO) sieht die Verordnung zunächst keine Übersetzung vor. Die Unterlagen werden in der Sprache (oder einer der Sprachen) des Prozessgerichts zugestellt. Das deutsche Gericht stellt das Klageformblatt an den polnischen Beklagten in Warschau also in deutscher Sprache zu ohne vorherige Prüfung, ob der Adressat die deutsche Sprache versteht. III. Annahmeverweigerungsrecht Die Zustellung soll die Kenntnis des Zustellungsadressaten vom Inhalt des zugestellten Schriftstücks sicherstellen und damit eine effiziente Gewährung rechtlichen Gehörs gewährleisten. Der Zustellungsadressat muss also die Möglichkeit haben, den Inhalt des Schriftstücks zu verstehen. Art. 6 Abs. 3 EuBagatellVO gibt dem Zustellungsadressaten ein Ablehnungsrecht der Annahme, wenn die Kenntnisnahme aus sprachlichen Gründen nicht gesichert ist. Ist das Schriftstück in der Sprache des Mitgliedstaates abgefasst, in dem die Zustellung erfolgt, so wird die Kenntnis des Zustellungsadressaten fingiert. Er hat kein Ablehnungsrecht, auch wenn er die Sprache nicht versteht. Der spanische Beklagte mit Wohnsitz in Österreich, der die deutsche Sprache nicht beherrscht, hat kein Ablehnungsrecht bei Zustellung eines deutschen Klageformulars. Das ist sachgerecht, hat er doch auch kein Ablehnungsrecht wenn ihm eine deutsche Klage zugestellt wird. Ist das Schriftstück nicht in einer der Sprachen des Empfangsmitgliedstaates abgefasst, so besteht ein Ablehnungsrecht dann, wenn der Zustellungsadressat die Sprache nicht versteht. Bei Zustellung in Schweden besteht die Möglichkeit der Ablehnung also immer, wenn das Schriftstück nicht in schwedischer Sprache abgefasst ist. Problematisch mag sein, wie unzulänglich der Zustellungsadressat die Sprache beherrschen muss, um die Annahme des Schriftstücks zu verweigern. Ein Deutschlehrer in Stockholm mag Goethe und Schiller in deutscher Sprache lesen und verstehen können. Das besagt aber noch nicht, dass er mit der deutschen Terminologie eines deutschen Bagatellverfahrens vertraut ist. Über die Sprachkenntnis kann nicht das Prozessgericht entscheiden. Sachgerecht ist allein, den Zustellungsadressaten seine Sprachkenntnisse beurteilen zu lassen. Bei juristischen Personen ist auf die Sprachkenntnisse des Organs, das die juristische Person vertritt, abzustellen. Denn an dieses ist zuzustellen. Dabei kann nicht gefordert werden, das alle Mitglieder des Organs die Sprache, in der das zuzustellende
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2 Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 13 EuGFVO, Rdn. 1; MünchKomm-ZPO/ Rauscher 3. Aufl., 2008, Anh. II zu Buch 11, Rdn. 26. 3 Vgl. dazu Jelinek Das Europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff. (78).
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Schriftstück abgefasst ist, beherrschen. Es genügt, wenn das für juristische Fragen zuständige Mitglied des Organs entsprechend sprachkundig ist.4 Bei großen Gesellschaften, die eine international tätige Rechtsabteilung haben, wird man die Sprachkenntnisse des zuständigen Mitarbeiters genügen lassen können. 10
1. Annahmeverweigerung bei Zustellung. Die Annahmeverweigerung kann bei Zustellung des Schriftstücks erklärt werden. Das ist aber regelmäßig technisch nicht möglich, da die Regelzustellung nach Art. 13 Abs. 1 EuBagatellVO die durch die Post ist. Der Zustellungsadressat kennt bei Zustellung den Inhalt des Schriftstücks nicht. Er kann es nur entgegennehmen.
11
2. Annahmeverweigerung nach Zustellung. Der Zustellungsadressat kann die Annahmeverweigerung nach erfolgter Zustellung und Kenntnisnahme des Schriftstücks erklären. Die Erklärung ist gegenüber dem Prozessgericht abzugeben. Da die Zustellung nach der EuZVO erfolgt, ist ihr Formblatt Anh. II zu dieser VO beizufügen, das den Zustellungsadressaten über sein Annahmeverweigerungsrecht und die Frist binnen derer es auszuüben ist, belehrt. Der deutsche Gesetzgeber hat deshalb gut daran getan, die Frist in § 1098 in gleicher Weise festzulegen, die Art. 8 Abs. 1 EuZVO entspricht, so dass keine Probleme mit der Benutzung des Formblattes entstehen. IV. Notfrist
§ 1098 setzt die Frist zur Erklärung der Verweigerung der Annahme auf eine Woche fest. Diese Frist ist eine Notfrist i.S. von § 224 Abs. 1 ZPO, d.h. sie kann weder verkürzt noch verlängert werden. Bei ihrer Versäumung ist nur die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 233 ff. möglich.5 Die Frist beginnt mit dem Empfang des Schriftstücks.6 nicht erst mit der Kenntnisnahme. Diese ist unerheblich. 13 Versäumt der Zustellungsadressat die Frist, so ist die Zustellung wirksam, auch wenn er kein Deutsch versteht.7 Die Übersetzungslast trifft nun ihn. Er muss sich selbst Kenntnis von dem Inhalt des Schriftstücks verschaffen. Der Einwand der Verweigerung rechtlichen Gehörs ist ihm verwehrt, weil er die Möglichkeit zur Nichtannahme des Schriftstücks nicht genutzt hat.
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V. Belehrung Die notwendige Belehrung über die Frist erfolgt nach dem Muster 6 ZRH zur ZRHO. Sie muss enthalten: die Information des Zustellungsadressaten über die Nichtverlängerbarkeit der Frist und den Verlust des Annahmeverweigerungsrechts nach Fristablauf.8 Nicht erforderlich ist eine Belehrung über die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Unterbleibt die Belehrung oder ist sie fehlerhaft, so beginnt die Notfrist nicht zu lau15 fen. Heilung ist möglich. Die Frist zur Ablehnung beginnt dann mit dem Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Belehrung zu laufen.
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4 Vgl. Schütze Übersetzungen im europäischen und internationalen Zivilprozessrecht – Probleme der Zustellung, RIW 2006, 352 ff. (353). 5 Vgl. Zöller/Geimer § 1098, Rdn. 3. 6 Vgl. Zöller/Geimer § 1098, Rdn. 2. 7 Vgl. Netzer ZNoTP 2010, 183 ff. (184). 8 Vgl. Thomas/Putzo/Reichold § 1098, Rdn. 1.
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§ 1099
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VI. Heilung Ist die Zustellung unwirksam weil der Zustellungsadressat zulässigerweise von sei- 16 nem Annahmeverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hat, so kann eine erneute Zustellung mit Übersetzung erfolgen, wenn und sobald die andere Partei eine Übersetzung nach Art. 6 Abs. 3 EuBagatellVO vorgelegt hat. Für die Rückwirkung der Zustellungswirkungen gilt Art. 8 Abs. 3 EuZVO (vgl. dazu § 1069, Rdn. 25).
§ 1099 Widerklage § 1099 (1) Eine Widerklage, die nicht den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 861/ 2007 entspricht, ist außer im Fall des Artikels 5 Abs. 7 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 als unzulässig abzuweisen. (2) Im Fall des Artikels 5 Abs. 7 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 wird das Verfahren über die Klage und die Widerklage ohne Anwendung der Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 fortgeführt. Das Verfahren wird in der Lage übernommen, in der es sich zur Zeit der Erhebung der Widerklage befunden hat.
I. II.
Übersicht Begriff der Widerklage 1 Zulässigkeit der Widerklage 3 1. Unterfallen des Widerklageanspruchs unter den Anwendungsbereich der EuBagatellVO 4
III. IV.
2. Konnexität 6 3. Form und Frist 7 Klageabweisung als unzulässig Fortführung des Verfahrens bei Überschreiten der Wertgrenze
8 11
I. Begriff der Widerklage Art. 5 Abs. 6 EuBagatellVO lässt die Erhebung einer Widerklage zu, definiert den Be- 1 griff jedoch nicht. Er ist derselbe wir in Art. 6 Nr. 3 EuGVVO.1 Die Erwägungen (Nr. 16) zur Begründung der EuBagatellVO führen hierzu aus: „Der Begriff der „Widerklage“ sollte im Sinne des Artikels 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 als Widerklage verstanden werden, die auf demselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Klage selbst gestützt wird. Die Artikel 2 und 4 sowie Artikel 5 Absätze 3, 4 und 5 sollten entsprechend für Widerklagen gelten.“ Art. 6 Nr. 3 EuGVVO schafft einen besonderen Gerichtsstand (forum reconventionis) 2 für konnexe Widerklagen, d.h. solche Widerklagen, deren Streitgegenstand denselben Vertrag oder denselben Lebenssachverhalt betrifft wie die Klage.2 Die Voraussetzung bei dieser Voraussetzung sind enger als in Art. 28 Abs. 3 EuGVVO,3 wo für die Bestimmung des Zusammenhangs bei der Berücksichtigung internationaler Rechtshängigkeit die
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1 Vgl. Jelinek Das Europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff. (84); Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 5, Rdn. 13; Zöller/Geimer § 1099, Rdn. 1. 2 Vgl. zum Gerichtsstand der Widerklage im europäischen Recht Eickhoff Gerichtsbarkeit und internationale Zuständigkeit für Aufrechnung und Widerklage unter besonderer Berücksichtigung des Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens, 1985. 3 Vgl. Geimer/Schütze/Geimer Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/1, 1983, S. 522; Geimer/Schütze/Geimer Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., 2010, A. 1, Art. 6, Rdn. 57 m.w.N. in Fn. 82.
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§ 1099
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„Kernpunkttheorie“ des EuGH4 anwendbar ist.5 Die deutsche Rechtsprechung ist sehr restriktiv.6 Die Widerklage in Art. 5 Abs. 6 EuBagatellVO setzt Konnexität i.S. von Art. 6 Nr. 3 EuGVVO voraus.7 Es sind zwar nach der EuGVVO auch inkonnexe Widerklagen zulässig, wenn sich der Kläger (und Widerbeklagte) auf die Widerklage einlässt und damit eine Zuständigkeit kraft Einlassung schafft.8 Derartige inkonnexe Widerklagen lässt die EuBagatellVO jedoch nicht zu. II. Zulässigkeit der Widerklage 3
Die Widerklage ist unter folgenden Voraussetzungen zulässig.
1. Unterfallen des Widerklageanspruchs unter den Anwendungsbereich der EuBagatellVO. Die Widerklage ist nur zulässig, wenn der widerklagend geltend gemachte Anspruch nicht unter eine der ausgeschlossenen Materien des Art. 2 Abs. 2 EuBagatellVO fällt.9 Es ist also nicht zulässig, in einem Verfahren nach der EuBagatellVO auf Rückzahlung eines Darlehens einen arbeitsrechtlichen Anspruch im Wege der Widerklage geltend zu machen, weil arbeitsrechtliche Ansprüche nach Art. 2 Abs. 2 lit. f EuBagatellVO im europäischen Bagatellverfahren nicht geltend gemacht werden können. Die Widerklage darf darüber hinaus keine nach Art. 2 Abs. 1 S. 2 EuBagatellVO Streitigkeit betreffen. Der Streitwert des Widerklageanspruchs darf Euro 2000.— nicht überschreiten. Da5 bei ist unerheblich, ob der Streitwert von Klage und Widerklage zusammen die Wertgrenze überschreitet.10 Gegenüber einer Klage mit einem Streitwert von 1800.— Euro ist eine Widerklage mit einem Streitwert von 1500.— Euro also noch zulässig.
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6
2. Konnexität. Klage und Widerklage müssen konnex sein. Die Erhebung inkonnexer Widerklagen ist ausgeschlossen, vgl. Rdn. 2.
7
3. Form und Frist. Die Widerklage muss in der Form des Art. 4 EuBagatellVO erhoben werden,11 d. h. unter Benutzung des Formblatts A, Art. 5, Abs. 6 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 EuBagatellVO.12 Die Verordnung sieht keine Frist für die Erhebung der Widerklage vor. Über Art. 19 EuBagatellVO ist § 33 anzuwenden, wo aber ebenfalls keine Frist vorgeschrieben ist. Nach allgemeiner Meinung ist die Widerklage im ersten Rechtszug – wie für die Widerklage im Rahmen des § 256 Abs. 2 statuiert – nur bis zum Schluss der münd-
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4 Vgl. dazu Wernecke Die Einheitlichkeit des europäischen und des nationalen Begriffs vom Streitgegenstand, 2003. 5 Vgl. Geimer/Schütze/Geimer Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., 2010, A. 1 Art. 27, Rdn. 30 ff.; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 27 EuGVO, Rdn. 6 ff. 6 Vgl. LG Mainz IPRax 1984, 100; LG Köln RIW 1997, 956; AG Trier NJW 2005, 1013. 7 Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 5 EuGFVO, Rdn. 13; Rauscher/Varga EGBagatellVO, Art. 5, Rdn. 13. 8 Vgl. Geimer/Schütze/Geimer Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., 2010, A. 1, Art. 6, Rdn. 58. 9 Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 5 EuGFVO, Rdn. 14; Rauscher/Varga EGBagatellVO, Art. 5, Rdn. 14. 10 Vgl. Freitag/Leible Erleichterung der grenzüberschreitenden Forderungsbeitreibung in Europa, BB 2009, 2 ff. (3); Hess/Bittmann Die Verordnungen zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und eines Verfahrens für geringfügige Forderungen, IPRax 2008, 305 ff. (311); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 5 EuGFVO, Rdn. 17; Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 5, Rdn. 15. 11 Vgl. Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 5, Rdn. 17. 12 Vgl. Jelinek Das Europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff. (84).
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6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
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lichen Verhandlung zulässig.13 Diese Regelung passt wegen der grundsätzlichen Schriftlichkeit des Verfahrens nur für den Fall der Anordnung der mündlichen Verhandlung nach Art. 7 Abs. 1 lit. c EuBagatellVO. Im Übrigen ist die Widerklage nur bis zum Ablauf der 30 Tagesfrist in Art. 7 Abs. 1 EuBagatellVO oder der erweiterten Frist des Art. 5 Abs. 1 lit. a zulässig. III. Klageabweisung als unzulässig Sind die Erfordernisse der Widerklage – mit Ausnahme der Wertgrenze des Streitge- 8 genstandes – nicht erfüllt, so erfolgt eine Klageabweisung als unzulässig. Die Regelung in Abs. 1 war notwendig, da die EuBagatellVO die Frage der Klagabweisung als unzulässig oder unbegründet nicht regelt und die Bestimmung nach Art. 19 der lex fori anheimgegeben ist. Abs. 1 findet sowohl in den Fällen Anwendung, in denen die Widerklage schon ge- 9 nerell unstatthaft ist, z.B. weil ihr Streitgegenstand nicht in den Anwendungsbereich der EuBagatellVO fällt, als auch weil die Konnexität zwischen Klage und Widerklage fehlt.14 Auch im Rahmen der Widerklage gilt Art. 7 Abs. 1 lit. a EuBagatellVO. Das Gericht 10 kann den Widerkläger zur Ergänzung der die Widerklage betreffenden Angaben auffordern, und muss es nach § 139 tun, der über Art. 19 EuBagatellVO Anwendung findet.15 IV. Fortführung des Verfahrens bei Überschreiten der Wertgrenze Überschreitet der Streitwert der Widerklage Euro 2000.— so wird das Verfahren nach 11 der EuBagatellVO für Klage und Widerklage nicht fortgeführt. Es geht in den ordentlichen Zivilprozess über, Art. 5 Abs. 7 S. 1 EuBagatellVO. Das Verfahren wird in dem Stadium fortgeführt, in dem es sich als Bagatellverfahren befand, d.h. Prozesshandlungen der Parteien, Entscheidungen des Gerichts, Beweiserhebungen pp. bleiben wirksam.16 Übersteigt der Streitwert der Widerklage Euro 5000.—, so hat das Amtsgericht nach 12 § 506 an das Landgericht zu verweisen, das nun als erstinstanzliches Gericht entscheidet. Der Beklagte im europäischen Bagatellprozess kann also die Fortführung des Baga- 13 tellverfahrens verhindern, wenn er eine – zulässige – Widerklage mit einem Streitwert über Euro 2000.— erhebt. Das ist eine unbefriedigende Situation. Dem Kläger wird die von ihm gewählte Verfahrensart genommen. Diese Regelung ist nur erträglich, wenn der Streitwert der Widerklage nicht willkürlich gewählt und die Widerklage nicht offensichtlich unbegründet ist. In diesen Fällen liegt ein Rechtsmissbrauch vor.
§ 1100
§ 1100 Mündliche Verhandlung (1) Das Gericht kann den Parteien sowie ihren Bevollmächtigten und Beiständen gestatten, sich während der Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten
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13 Vgl. für viele BGH, NJW-RR 1992, 1085; Wieczorek/Schütze/Hausmann 3. Aufl., § 33, Rdn. 23. 14 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1099, Rdn. 3. 15 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1099, Rdn. 4. 16 Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 5 EuGFVO, Rdn. 18; Zöller/Geimer § 1099, Rdn. 2.
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und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. § 128a Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 bleibt unberührt. (2) Die Bestimmung eines frühen ersten Termins zur mündlichen Verhandlung (§ 275) ist ausgeschlossen.
I.
Übersicht Fernverhandlung 1 1. Mündliche Verhandlung 1 2. Technische Mittel 2 3. Durchführung der Verhandlung
II.
4. Anwendbarkeit von § 128 a Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 4 Kein früher erster Termin 7
3
I. Fernverhandlung 1
1. Mündliche Verhandlung. § 1100 findet nur Anwendung, wenn – ausnahmsweise – mündliche Verhandlung angeordnet wird. 1 Die EuBagatellVO ist beherrscht vom Grundsatz der Schriftlichkeit des Verfahrens. Das Gericht kann jedoch nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 eine mündliche Verhandlung abhalten, wenn es diese für notwendig hält oder wenn eine der Parteien einen entsprechenden Antrag stellt. Nach Art. 7 Abs. 1 lit. c. EuBagatellVO sind die Parteien in diesem Fall zu einer mündlichen Verhandlung zu laden, die binnen 30 Tagen nach Ladung stattfinden muss.
2
2. Technische Mittel. Art. 8 BagatellVO lässt die Durchführung der mündlichen über Videokonferenz oder unter Zuhilfenahme anderer Mittel der Kommunikationstechnologie zu. § 1100 regelt die Umsetzung in das deutsche Prozessrecht. Voraussetzung ist, dass die entsprechenden technischen Mittel sowohl bei dem Gericht als auch bei den Prozessbeteiligten (Parteien, Verfahrensbevollmächtigte) vorhanden sind. Es ist auch eine gemischte Fernverhandlung zulässig, bei der nur einer oder mehrere Prozessbeteiligte sich an einem anderen Ort aufhalten, die anderen aber an der mündlichen Verhandlung im Sitzungsraum teilnehmen. Ob diese Verhandlungsart wirklich der schnellen, einfachen und kostengünstigen Durchführung des Verfahrens dient,2 mag füglich bezweifelt werden.
3
3. Durchführung der Verhandlung. § 1100 regelt – ebenso wie Art. 8 EuBagatellVO – nur die Anwesenheit der Prozessbeteiligten in der mündlichen Verhandlung, nicht die Durchführung der mündlichen Verhandlung selbst. Diese betimmt sich nach Art. 19 EuBagatellVO nach der lex fori.3 Auf ein europäisches Bagatellverfahren vor einem deutschen Gericht ist also deutsches Zivilprozessrecht anzuwenden. Damit gelten §§ 128 ff.,4 allerdings mit den Einschränkungen, die sich aus der EuBagatellVO (Grundsatz der Schriftlichkeit des Verfahrens) und §§ 1097 ff. ergeben. Beträgt der Streitwert weniger als 600 Euro, so ist § 495 a nicht anwendbar.5 Denn die EuBagatellVO stellt Verfahrensregeln auf, die nicht dem richterlichen Ermessen anheimgegeben sind. Auch die obligatorische mündliche Verhandlung auf Antrag (§ 128 a S. 2) widerspricht Art. 5 EuBagatellVO.
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1 Vgl. dazu Jelinek Das Europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff. (71). 2 So Netzer Die Ausführungsbestimmungen zum Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen im deutschen Recht, ZNotP 2010, 183 ff. (185). 3 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1100, Rdn. 2; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 19 EuGFVO, Rdn. 1. 4 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1100, Rdn. 2; Netzer ZNotP 2010, 183 ff. (185). 5 AA Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1100, Rdn. 2.
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4. Anwendbarkeit von § 128a Abs. 1 S. 2 und Abs. 3. Hat das Gericht einer oder al- 4 len Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten gestattet, sich an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Prozesshandlungen vorzunehmen (z.B. Beweisanträge zu stellen), so ist die Verhandlung zeitgleich in Bild und Ton an den auswärtigen Aufenthaltsort der nicht anwesenden Partei(en) und Prozessbevollmächtigten und in das Sitzungszimmer zu übertragen, § 128 a Abs. 1 S. 2. Alle Beteiligten müssen dem Verlauf der Verhandlung zeitgleich folgen können. Es genügt nicht, eine früher aufgenommene Videoaufnahme abzuspielen. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung durch Bild- oder Tonübertragung nach Abs. 1 setzt weder einen Antrag noch das Einverständnis der Parteien voraus.6 Die Übertragung wird nicht aufgezeichnet. Es ist jedoch ein Protokoll nach §§ 159 f. 5 aufzunehmen, mit den Einschränkungen des § 161. Die Entscheidungen über die Durchführung der Fernvernehmung und ihre Modalitä- 6 ten sind nicht anfechtbar, § 128 a Abs. 3. II. Kein früher erster Termin Die Durchführung eines frühen ersten Termins zur mündlichen Verhandlung ist un- 7 zulässig. Abs. 2 hat Vorrang vor § 275, der an sich nach Art. 19 EuBagatellVO anwendbar wäre. Das ist sachgerecht, sieht doch die EuBagatellVO keinen frühen ersten Termin vor. Nach Art. 7 EuBagatellVO darf eine mündliche Verhandlung nur angesetzt werden, wenn Klagebegründung und -erwiderung vorliegen. Dem würde § 275 Abs. 3 widersprechen.7 Hartmann8 hält die Regelung zwar für nicht überzeugend, aber wohl nicht für unzulässig.
§ 1101 Beweisaufnahme § 1101 (1) Das Gericht kann die Beweise in der ihm geeignet erscheinenden Art aufnehmen, soweit Artikel 9 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 nichts anderes bestimmt. (2) Das Gericht kann einem Zeugen, Sachverständigen oder einer Partei gestatten, sich während einer Vernehmung an einem anderen Ort aufzuhalten. § 128a Abs. 2 Satz 2, 3 und Abs. 3 bleibt unberührt.
I.
II.
Übersicht Zulässige Beweismittel 1 1. Grundsatz 1 2. Beschränkungen 2 Ermessen des Gerichts 6
III. IV. V.
Fernvernehmung 7 Parteiöffentlichkeit 9 Beweisaufnahme über die Grenze
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I. Zulässige Beweismittel 1. Grundsatz. Auch im europäischen Bagatellverfahren sind im Grundsatz alle Be- 1 weismittel nach §§ 371 ff. zulässig, die das anwendbare Zivilprozessrecht kennt. Das sind
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Vgl. Zöller/Geimer § 100, Rdn. 2. Vgl. Zöller/Geimer § 1100, Rdn. 4. Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1100, Rdn. 3.
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§ 1101
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
im deutschen Bagatellprozess: Augenscheinseinnahme, Urkundsbeweis, Zeugenbeweis, Sachverständigenbeweis und Parteivernehmung. Für das Beweisverfahren gilt ungeachtet der Regeln des Art. 9 EuBagatellVO der Grundsatz des Freibeweises,1 der sich jedoch in den Grenzen des Art. 9 Abs. 2 und 3 EuBagatellVO halten muss.2 Das Gericht muss nach § 286 den Inhalt des gesamten Verfahrens werten und nach freier Überzeugung entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung wahr oder unwahr ist. Die Behauptung ist bewiesen, wenn das Gericht von ihrer Wahrheit überzeugt ist, wobei man keine unerfüllbaren Anforderungen stellen darf.3 Im europäischen Bagatellverfahren mit seinen Beweismittelbeschränkungen ist die Messlatte für die Wahrheitsermittlung dabei niedriger als im normalen Zivilprozess zu legen. Das Beweismaß nach der ZPO bleibt unberührt.4 2. Beschränkungen. Die umfassende Zulassung von Beweismitteln kollidiert mit den Grundsätzen der Einfachheit, Kostengünstigkeit und Beschleunigung des Bagatellprozesses.5 Deshalb modifiziert Art. 9 EuBagatellVO die Wahl der Beweismittel, ohne ihre grundsätzliche Zulässigkeit anzutasten. Varga6 bezeichnet die Einschränkungen unter dem Gesichtspunkt der Kosteneffizienz – zu Unrecht – als „merkwürdige Neuerung“, die nur schwer mit dem Gedanken des Freibeweisverfahrens zu vereinbaren sei. 3 Das Gericht ist zunächst beschränkt auf das am wenigsten aufwändige Beweismittel, wenn mehrere Beweismittel zur Verfügung stehen, Art. 9 Abs. 3 EuBagatellVO. Steht ein Zeuge für eine tatsächliche Behauptung zur Verfügung, so ist dieses Beweismittel dem Sachverständigengutachten vorzuziehen, zumal der Zeuge eine schriftliche Aussage machen kann, Art. 9 Abs. 1 S. 2 EuBagatellVO. Die Wahrheitsfindung darf darunter aber nicht leiden. Ein beschleunigtes und kostengünstiges Verfahren darf nicht zu einem oberflächlichen denaturieren. Die Parteien verdienen auch im Bagatellverfahren ein richtiges, kein billiges Urteil. Sonst kann man sie gleich in die Mediation schicken. Bei Einholung eines Sachverständigengutachtens ist den Kosten Rechnung zu tra4 gen, Art. 9, Abs. 2 S. 2 EuBagatellVO. Diese Bestimmung ist aber immer im Kontext zu Art. 9 Abs. 2 S. 1 und Art. 9 Abs. 3 EuBagatellVO zu sehen. Das Gericht soll auf die Kosten schauen. Keinesfalls darf es ein notwendiges Sachverständigengutachten nicht einholen, weil die Kosten möglicherweise den Streitwert übersteigen. Ist das Sachverständigengutachten der einzige Weg, die Wahrheit zu ermitteln, dann muss er unabhängig von den Kosten gewählt werden. Das erfordert der Grundsatz der Fairness des Verfahrens. Keinesfalls darf eine Beweislastentscheidung ergehen, nur weil das Sachverständigengutachten zu teuer wäre. Das Gericht kann Beweis auch durch schriftliche Einvernahme von Zeugen, Sach5 verständigen und Parteien einholen, Art. 9 Abs. 1 S. 2 EuBagatellVO. Der Beweis durch Parteivernehmung ist dabei auf die Fälle der §§ 445 und 447 beschränkt. Es kann nur auf Antrag einer Partei die Vernehmung des Gegners oder mit Zustimmung der anderen Partei die Vernehmung der beweisbelasteten Partei anordnen. Allerdings ist als Ausnahme 2
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1 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1101, Rdn. 1; Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 9, Rdn. 1. 2 Vgl. Jahn Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, NJW 2007, 2890 ff. (2892); Netzer Die Ausführungsbestimmungen zum Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen im deutschen Recht, ZNotP 2010, 183 ff. (195). 3 Vgl. BGH WM 1998, 1689. 4 Vgl. Netzer ZNotP 2010, 183 ff. (185); Thomas/Putzo/Reichold § 1101, Rdn. 1. 5 Dennoch sind die Beschränkungen der EuBagatellVO nicht abschließend. Beweisverbote der lex fori sind daneben anwendbar; vgl. Jelinek Das Europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff. (73). 6 Vgl. Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 9, Rdn. 11.
Schütze
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6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
§ 1101
auch die Parteivernehmung von Amts wegen nach § 448 zulässig. Diese Möglichkeit sollte aber nicht überstrapaziert werden. Die – zulässige – schriftliche Einvernahme setzt voraus, dass Zeuge, Sachverständiger oder Partei vom Gericht vorher über ein etwaiges Zeugnisverweigerungsrecht und die Strafbarkeit einer falschen Aussage oder eines unrichtigen Gutachtens belehrt wird. II. Ermessen des Gerichts Das Gericht kann die Beweiserhebung (Bestimmung der Beweismittel und Umfang 6 der Beweisaufnahme) nach seinem Ermessen gestalten. Das ist für den deutschen Zivilprozess nichts Neues. Die Grundsätze des § 284 finden Anwendung. Die Regelung in Art. 9 Abs. 2 S. 1 EuBagatellVO, die vorschreibt, dass Beweis durch Sachverständige oder mündliche Aussagen nur zuzulassen sind, wenn sie erforderlich sind, ist für den deutschen Zivilprozess eine Binsenwahrheit. III. Fernvernehmung In Übereinstimmung mit Art. 9 Abs. 1 S. 3 EuBagatellVO kann das Gericht eine Fern- 7 vernehmung zulassen. Voraussetzung ist, dass eine Beweisaufnahme über Videokonferenz oder andere Mittel der Kommunikation technisch durchführbar ist. Regelmäßig werden Zeugen, Sachverständige oder Parteien keinen Zugang zu einer Technologie haben die eine Fernvernehmung gestattet, selbst wenn das Gericht über die entsprechende Ausrüstung verfügt. Eine weitere Einschränkung der Fernvernehmung ergibt sich aus § 357 Abs. 1, aber auch aus § 128 a Abs. 3. Danach wird die Übertragung nicht aufgezeichnet. Um den Parteien ausreichend rechtliches Gehör zu gewähren, müssen also beide Parteien an der Fernvernehmung teilnehmen können. Das ist auch die Regelung von S. 2 und 3 des § 128 a Abs. 2, die anwendbar sind. Es ist höchst zweifelhaft, dass in einem europäischen Bagatellverfahren, bei dem es um geringfügige Forderungen geht und regelmäßig „kleine Leute“ beteiligt sind, für alle Beteiligten ein Zugang zu entsprechenden Kommunikationsmöglichkeiten gegeben ist. Es bleiben wahrscheinlich die Fälle, in denen sich die Parteien im Sitzungszimmer befinden und ein Zeuge oder Sachverständiger, der über entsprechende Kommunikationstechnologie verfügt, vernommen wird. Die Übertragung wird nicht aufgezeichnet. Entscheidungen über die Durchführung 8 der Fernvernehmung und ihre Modalitäten sind nicht anfechtbar, § 128 a Abs. 3. IV. Parteiöffentlichkeit Auch für die Beweisaufnahme nach der EuBagatellVO gilt der Grundsatz der Partei- 9 öffentlichkeit.7 § 357 ist anwendbar. Den Parteien ist gestattet, der Beweisaufnahme beizuwohnen. Es gelten auch §§ 358–360. V. Beweisaufnahme über die Grenze Die Beweisaufnahme im Ausland erfolgt nach der EuBVO8 und §§ 1072 ff., soweit die 10 Beweisaufnahme im Geltungsbereich der EuBVO stattfinden muss, im Übrigen nach den staatsvertraglichen und autonomen Regelungen über die Beweisaufnahme im Ausland.9
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111
Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1101, Rdn. 6. Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 9 EuGFVO, Rdn. 2. Vgl. dazu Schütze DIZPR, Rdn. 220 ff.
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§ 1102
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§ 1102 Urteil § 1102 Urteile bedürfen keiner Verkündung. Die Verkündung eines Urteils wird durch die Zustellung ersetzt.
I. II.
Übersicht Grundsatz 1 Zustellung anstelle der Verkündung
III.
Rechtsmittel
5
2
I. Grundsatz 1
Im Verfahren nach der EuBagatellVO ist eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich. Das Gericht kann nach Art. 7 Abs. 1 lit. c jedoch eine mündliche Verhandlung anordnen, die dann auch über Videokonferenz oder andere Mittel der Kommunikationstechnologie stattfinden kann (Art. 8 EuBagatellVO, § 1100 Abs. 1). Ein früher erster Termin zur mündlichen Verhandlung nach § 275 ist allerdings ausgeschlossen, (§ 1100 Abs. 2). II. Zustellung statt Verkündung
Die Verkündung des Urteils ist nicht vorgesehen. Sie ist aber nicht ausgeschlossen.1 Es steht im Belieben des Gerichts, das Urteil zu verkünden. Jedoch entfällt dadurch nicht das Zustellungserfordernis. Die Zustellung ist das Entscheidende. Sie tritt an Stelle der Verkündung, und zwar auch dann, wenn das Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen ist.2 Art. 7 Abs. 2 S. 2 EuBagatellVO ordnet die Zustellung für jede Art von Urteilen an. 3 Die Zustellung des Urteils ist Wirksamkeitserfordernis.3 Ohne Zustellung beginnt die Rechtsmittelfrist nicht zu laufen. Ein Vollstreckungsverfahren kann nicht eingeleitet werden. §§ 1106 ff. setzen ein zugestelltes Urteil voraus. Die Zustellung erfolgt durch die Post mit Empfangsbestätigung (Art. 13 EuBagatell4 VO). Ist diese Art der Zustellung nicht möglich, so ist nach Artt. 13 f. EuZVO zu verfahren.4 §§ 1067 ff. finden Anwendung. 2
III. Rechtsmittel 5
Die Zulässigkeit von Rechtsmitteln und das Rechtsmittelverfahren ist nach Artt. 17, 19 EuBagatellVO der lex fori des Prozessgerichts überlassen.5 Für deutsche Verfahren kommen deshalb §§ 511 ff. zur Anwendung. Dabei ist zu beachten, dass auch für das
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1 Vgl. Netzer Die Ausführungsbestimmungen zum Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen im deutschen Recht, ZNotP 2010, 183 ff. (186); Thomas/Putzo/Reichold § 1002, Rdn. 1; Zöller/Geimer § 1102, Rdn. 1. 2 Vgl. Zöller/Geimer § 1102, Rdn. 1. 3 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1102, Rdn. 4; Netzer ZNotP 2010, 183 ff. (186); Zöller/Geimer § 1102, Rdn. 1. 4 Vgl. dazu Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 13 EuGFVO, Rdn. 4. 5 Vgl. Jelinek Das Europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff. (77); Netzer ZNotP 2010, 183 ff. (186); Sujecki in: Gebauer/Wiedmann Art. 17 EuGFVO, Rdn. 69.
Schütze
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6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
§ 1103
Rechtsmittelverfahren die modifizierte Kostenregelung der Artt. 16, 17 Abs. 2 EuBagatellVO gilt. Bei grundsätzlicher Kostentragungspflicht der unterlegenen Partei sind außergerichtliche Kosten insoweit nicht zu erstatten als sie in keinem Verhältnis zur Klageforderung stehen. Die Zulässigkeit dieser Regelung ist zweifelhaft. Es widerspricht den Grundsätzen prozessualer Gerechtigkeit, dass eine obsiegende Partei teilweise auf ihren Kosten „sitzen“ bleibt.6 In Erfüllung der Verpflichtung in Art. 17 Abs. 1 EuBagatellVO hat Deutschland eine 6 Erklärung zu den zuständigen Gerichten und Behörden, den Kommunikationsmitteln und den zugelassenen Sprachen (vgl. Vorbem. zu §§ 1097–1109 FN 2) abgegeben.
§ 1103
§ 1103 Säumnis Äußert sich eine Partei binnen der für sie geltenden Frist nicht oder erscheint sie nicht zur mündlichen Verhandlung, kann das Gericht eine Entscheidung nach Lage der Akten erlassen. § 251 a ist nicht anzuwenden.
I.
Übersicht Säumnis 1 1. Nichtäußerung innerhalb gesetzter Frist 2 2. Nichterscheinen zum Termin zur mündlichen Verhandlung 3
II. III. IV.
Verschulden 4 Entscheidung nach Lage der Akten Unanwendbarkeit von § 251 a 6
5
I. Säumnis § 1103 definiert zwei Fälle der Säumnis.1
1
1. Nichtäußerung innerhalb gesetzter Frist. Der erste Fall der Säumnis betrifft den 2 Fall der Durchführung des schriftlichen Verfahrens nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO. Dem Beklagten steht nach Abs. 3 der Norm die Möglichkeit zur Klagebeantwortung binnen 30 Tagen unter Benutzung von Teil II des Formblatts C oder auf andere geeignete Weise ohne Formblattbenutzung offen. Nutzt der Beklagte diese Möglichkeit nicht, so kann das Gericht eine Entscheidung fällen soweit es nicht nach Art. 7 Abs. 1 lit. a–c verfährt, was es bei Säumnis des Beklagten nicht tun sollte. 2. Nichterscheinen zum Termin zur mündlichen Verhandlung. Nach Art. 7 3 Abs. 1 lit. c EuBagatellVO kann das Gericht eine mündliche Verhandlung anordnen, die binnen 30 Tagen nach der Ladung stattzufinden hat. Immer muss es sich um einen Verhandlungstermin i.S. von § 137 handeln. Das Nichterscheinen in einem anderen Termin, etwa einem Beweistermin, genügt nicht.2 Das Nichterscheinen zum Termin – unabhängig vom Grund – führt zur Säumnis.
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6 Vgl. dazu Schütze Kostenerstattung und ordre public Überlegungen zur deutsch-amerikanischen Urteilsanerkennung, FS Németh, 2003, S. 795 ff.; Schütze Armenrecht, Kostenerstattung und faires Verfahren, FS Machacek und Matscher, 2008, S. 919 ff. (924 f.). 1 Vgl. dazu Jelinek Das Europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff. (80 f.); Netzer ZNotP 2010, 183 ff. (186). 2 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1103, Rdn. 4.
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§ 1104
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II. Verschulden 4
Ein Verschulden ist nicht erforderlich.3 Für die Anwendung des § 1103 genügt die bloße Säumnis. Damit erwächst den Parteien kein Nachteil. Die unverschuldete Säumnis kann über Art. 18 EuBagatellVO und § 1104 geltend gemacht werden. III. Entscheidung nach Lage der Akten
5
Die Säumnis einer oder beider Parteien führt zu einer Entscheidung nach Lage der Akten.4 Entscheidungsgrundlage bei der Entscheidung nach Lage der Akten ist der zum Zeitpunkt der Säumnis vorliegende Streitstoff, also der Inhalt der Schriftsätze sowie alle Anlagen und Urkunden, die sich bei den Akten befinden. Die Entscheidung nach Lage der Akten ist ein kontradiktorisches Urteil.5 Obwohl § 251 a unanwendbar ist, gelten die Grundsätze – mit Ausnahme der Voraussetzung der früheren mündlichen Verhandlung – auch im Rahmen des § 1103. Der Erlass eines Urteils nach Lage der Akten setzt eine entsprechende Belehrung voraus.6 IV. Unanwendbarkeit von § 251 a
6
Nach § 251 a darf eine Entscheidung nach Lage der Akten nur ergehen, wenn in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist. Da das schriftliche Verfahren nach der EuBagatellVO die Regel ist und nur ausnahmsweise mündlich verhandelt wird scheidet die Anwendbarkeit von § 251 a aus, da sie die Säumnisentscheidung auf Ausnahmefälle begrenzen und den Grundsätzen der Einfachheit und Beschleunigung des Verfahrens widersprechen würde.
§ 1104
§ 1104 Abhilfe bei unverschuldeter Säumnis des Beklagten (1) Liegen die Voraussetzungen des Artikels 18 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 vor, wird das Verfahren fortgeführt; es wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor Erlass des Urteils befand. Auf Antrag stellt das Gericht die Nichtigkeit des Urteils durch Beschluss fest. (2) Der Beklagte hat die tatsächlichen Voraussetzungen des Artikels 18 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 glaubhaft zu machen.
I.
Übersicht Unverschuldete Säumnis 1 1. Säumnisentscheidung 1 2. Mangelhafte Zustellung 2 3. Höhere Gewalt 5 4. Unverschuldete Nicht- oder Zuspäteinlassung 7
II.
III. IV.
Verfahren 8 1. Zuständigkeit 8 2. Schriftliches Verfahren 9 3. Glaubhaftmachung 10 Entscheidung 12 Rechtsmittel 13
_____ 3 4 5 6
A.A. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1103, Rdn. 5. Vgl. dazu Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 7, Rdn. 5. Vgl. Wieczorek/Schütze/Gerken 3. Aufl., § 251 a, Rdn. 10. Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 7 EuGFVO, Rdn. 9.
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6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
§ 1104
I. Unverschuldete Säumnis 1. Säumnisentscheidung. Das vereinfachte Verfahren nach der EuBagatellVO bringt 1 es mit sich, dass die Verteidigung des Beklagten zuweilen mehr eingeschränkt ist als im ordentlichen Zivilprozess. § 1104 regelt die verfahrensmäßige Durchsetzung der Überprüfung des Urteils nach Art. 18 EuBagatellVO und sichert die Gewährung rechtlichen Gehörs des Beklagten,1 wenn gegen ihn eine Säumnisentscheidung nach Art. 7 Abs. 3 EuBagatellVO i.V.m. § 1103 ergangen ist. Immer ist eine Säumnisentscheidung Erfordernis der Anwendung des § 1104. Sonstige Fälle der Verweigerung oder unzulänglichen Gewährung rechtlichen Gehörs fallen nicht unter die Norm. Die Überprüfungsgründe des Art. 18 EuBagatellVO sind Art. 20 EuMahnVO nachgebildet,2 doch wurde der Überprüfungsgrund des Art. 20 Abs. 2 EuMahnVO nicht übernommen.3 2. Mangelhafte Zustellung. Art. 18 Abs. 1 lit. a (i) EuBagatellVO betrifft den Fall, 2 dass dem Beklagten das Klageformblatt oder die Ladung zur mündlichen Verhandlung – wenn eine solche ausnahmsweise angeordnet wird – nicht in der Form des Art. 14 EuZVO erfolgt ist. § 1068 regelt die Modalitäten der Zustellung. Zum Nachweis der Zustellung genügen der Rückschein oder ein gleichwertiger Beleg. Zum Nachweis der Zustellung genügt auch jedes andere Beweismittel, vgl. § 1068, Rdn. 6. Nach Art. 18 Abs. 1 lit. a (i) EuBagatelllVO genügt allein das Fehlen des Rückscheins oder eines anderen Nachweises, um die Zustellung fehlerhaft zu machen. Auf die effektiv erfolgte Zustellung und die Kenntnisnahme des Beklagten kommt es zunächst nicht an. Jedoch ist eine Heilung nach § 189 im deutschen Prozess4 – und nur in diesem Fall 3 kommt § 1104 zur Anwendung – möglich. Lässt sich die Zustellung nach § 1068 nicht durch die dadurch vorgesehenen Beweismittel nachweisen, so wird die Zustellung dennoch als wirksam angesehen, wenn der Beklagte von der Klage oder Ladung Kenntnis erlangt hat. Übergibt der Zusteller dem Beklagten das ordnungsgemäß ausgefüllte Klageformblatt, vergisst er aber die Zustellungsbestätigung auszustellen oder weiterzuleiten, so ist die Zustellung wirksam. Die Zustellung soll die Gewährung rechtlichen Gehörs sicherstellen. Die Belange des Adressaten sind auch dann gewahrt wenn nur der Zustellungsnachweis fehlt. Ist die Zustellung ordnungsgemäß erfolgt, aber nicht so rechtzeitig, dass der Beklag- 4 te sich angemessen verteidigen konnte, so kann er sich nicht auf die Nichtrechtzeitigkeit berufen, wenn er diese verschuldet hat. Es handelt sich hier regelmäßig um Fälle der Zustellungsvereitelung. Das ist z.B. der Fall, wenn der Beklagte unerreichbar sein will (indem er seine Adresse verheimlicht) oder indem er – dieser Fall ist in der Praxis vorgekommen – sich als seinen Bruder ausgibt und dem Zusteller erklärt, der Beklagte sei ver-
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1 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1104, Rdn. 2; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 18 EuGFVO, Rdn. 1. 2 Vgl. Jelinek Das Europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff. (77); Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 18, Rdn. 5. 3 Vgl. dazu Hess/Bittmann Die Verordnungen zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und eines Verfahrens für geringfügige Forderungen – ein substantieller Integrationsschritt im europäischen Zivilprozessrecht, IPRax 2008, 305 ff. (313), Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 18 EuGFVO, Rdn. 7; Mayr Das europäische Mahnverfahren und Österreich, JBl. 2008, 503 ff. (515 ff.). Kritisch dazu Brokamp Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, 2008, S. 1235 f. 4 Zur Heilung bei der Zustellung im Ausland vgl. Geimer Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl., 2009, Rdn. 2102 ff. mit umfangreichen Nachweisen.
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§ 1104
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
storben. In diesen Fällen hat er sich die Beeinträchtigung seines rechtlichen Gehörs selbst zuzuschreiben. 5
3. Höhere Gewalt. Ist die Säumnis des Beklagten durch höhere Gewalt oder außergewöhnliche Umstände verursacht worden, so ist ein Überprüfungsgrund nach Art. 18 Abs. 1 lit. b EuBagatellVO vor. Der Begriff von höherer Gewalt und außergewöhnlichen Umständen ist verordnungsautonom unter Benutzung der rechtsvergleichenden Methode zu interpretieren.5 Während alle Rechtsordnungen der höheren Gewalt Wirkungen im Hinblick auf Rechtsverhältnisse beimessen,6 wechselt der Begriffsinhalt – ebenso wie beim ordre public – in den einzelnen Rechtsordnungen nach den jeweiligen politischen, rechtspolitischen und sozialpolitischen Anschauungen. Eine internationale Begriffsbestimmung versuchen die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive (ERA 600) zu geben. Art. 36 definiert zunächst neben den als Act of God im engeren Sinne zu qualifizierenden Naturereignissen (Erdbeben, Feuersbrunst pp.) einige Ereignisse als höherer Gewalt gleichstehend: Aufruhr, Aufstand, Krieg, Arbeitskämpfe (Streik und Aussperrung). Diese Definition wird man im Rahmen der EuBagatellVO übernehmen können. Dies sind Ereignisse, die nach äußerster, billigerweise zu erwartender Sorgfalt nicht vorausgesehen und verhindert werden konnten. Allerdings muss man fordern, dass die höhere Gewalt ursächlich war und der Beklagte nicht anderweit Vorsorge treffen konnte. So ist ein Streik der Postdienste an sich ein Fall höherer Gewalt. War aber der Streik angekündigt und hätte der Beklagte vorher das Bestehen der Forderung bestreiten können, so kann er sich hierauf nicht berufen. Auf die Rechtmäßigkeit eines Arbeitskampfes kommt es nicht an. Die außergewöhnlichen Umstände sollen den Begriff der höheren Gewalt über die 6 klassischen Fälle des Act of God erweitern. Immer muss es sich um Umstände handeln, die bei normalem Ablauf der Geschehnisse nicht zu erwarten waren. Der Begriff ist enger als der des Zufalls im deutschen Recht. Keinesfalls dürfen Schlampigkeiten zur Anwendung der Norm führen. 7
4. Unverschuldete Nicht- oder Zuspäteinlassung. Die Säumnis muss unverschuldet gewesen sein. Der Beklagte muss ohne sein Verschulden gehindert gewesen sein, bei nicht rechtzeitiger Zustellung Vorbereitungen für seine Verteidigung treffen oder bei Vorliegen höherer Gewalt oder Auftreten außergewöhnlicher Umstände das Bestehen der Klagforderung zu bestreiten. Auch leichte Fahrlässigkeit ist ausreichend. Hat der Hund die Klageschrift gefressen, so ist das verschuldet. Hundehalter müssen Papiere für Hunde unzugänglich aufbewahren. II. Verfahren
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1. Zuständigkeit. Zuständig ist das Prozessgericht, das die Entscheidung erlassen hat, Art. 18 Abs. 1 EuBagatellVO.
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2. Schriftliches Verfahren. Das Gericht entscheidet im schriftlichen Verfahren. Dem Antragsgegner (Gläubiger) ist rechtliches Gehör zu gewähren. Dies geschieht durch Einräumung einer Frist zur Stellungnahme zu dem Antrag. Die Stellungnahme kann sich
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5 Vgl. zur Interpretation des europäischen Verordnungsrechts in der Rechtsprechung des EuGH und für weitere Nachweise Geimer/Schütze EuZVR, Einl. A. 1, Rdn. 125 ff.; Hess Europäisches Zivilprozessrecht, 2010, § 4, Rdn. 42 ff. 6 Vgl. dazu im Einzelnen Fontane Höhere Gewalt im Dokumentenakkreditivgeschäft, 2001.
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6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
§ 1104
nur auf die Nichterfüllung der Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 EuBagatellVO beziehen, denn nur diese sind Gegenstand des Überprüfungsverfahrens. 3. Glaubhaftmachung. Der Antragsteller hat das Vorliegen der Voraussetzungen 10 des Art. 18 Abs. 1 EuBagatellVO glaubhaft zu machen. Für die Glaubhaftmachung gilt § 294.7 Die Glaubhaftmachung kommt insbesondere für die Frage des Verschuldens in Betracht. Im Übrigen hat das Gericht die Voraussetzungen von Art. 18 Abs. 1 EuBagatellVO von Amts wegen zu prüfen. Zur Glaubhaftmachung geeignet sind alle Beweismittel. Auch die eidesstattliche 11 Versicherung ist ein geeignetes Mittel zur Glaubhaftmachung. Es reicht aus, dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit des behaupteten Geschehensablaufs dargetan wird.8 III. Entscheidung Bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 EuBagatellVO ist das Urteil – 12 trotz des missverständlichen Wortlauts von Art. 18 Abs. 2 S. 2 EuBagatellVO – nicht nichtig.9 Das Urteil ist nur – nach Überprüfung – vernichtbar.10 Die Tatsache, dass die Rechtsfolge des Vorliegens von Überprüfungsgründen zur Fortführung des Verfahrens führt, bedeutet nicht die automatische Nichtigkeit des Urteils ohne Entscheidung. Die Situation ist rechtstechnisch ähnlich der Einlegung eines Einspruchs nach § 342. Das Gericht kann folgende Entscheidungen fällen: – Das Gericht weist den Antrag auf Überprüfung ab weil die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 EuBagatellVO nicht gegeben sind. Das Urteil bleibt in Kraft. Die Entscheidung erfolgt durch Beschluss. – Das Verfahren wird fortgesetzt. Das Verfahren wird in den Stand zurückversetzt, in es sich vor Erlass des Urteils befand (§ 1104 Abs. 1 S. 1). – Die Entscheidung erfolgt durch Beschluss. Der Beschluss hat konstitutive Wirkung. Das Urteil wird von Anfang an nichtig. Einer Aufhebung des Urteils bedarf es nicht. IV. Rechtsmittel Die Entscheidung, die die Fortsetzung des Verfahrens ausspricht und gegebenen- 13 falls die des Ausspruchs der Nichtigkeit ist unanfechtbar. Nur das Urteil, das nach Fortführung des Verfahrens ergeht, kann mit den normalen Rechtsmitteln angefochten werden. In dem Rechtsmittelverfahren sind dann auch das Vorliegen der Überprüfungsgründe nach Art. 18 Abs. 1 EuBagatellVO und die Richtigkeit der Beschlüsse über die Fortführung des Verfahrens und die Nichtigkeit des Urteils zu prüfen. Gegen die Entscheidung, die den Antrag auf Überprüfung abweist, ist die Beschwer- 14 de gegeben.
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7 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1104, Rdn. 7; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 18 EuGFVO, Rdn. 6. 8 Vgl. im Einzelnen Wieczorek/Schütze/Assmann 3. Aufl., § 294, Rdn. 10 mwN. 9 AA Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1104, Rdn. 5; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 18 EuGFVO, Rdn. 8. 10 Vgl. Jelinek Das Europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff. (77): „Gibt das Gericht dem Antrag statt, so hebt es das Urteil auf.“
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Schütze
§ 1105
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
TITEL 2 Zwangsvollstreckung § 1105
§ 1105 Zwangsvollstreckung inländischer Titel (1) Urteile sind für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung zu erklären. § 712 und § 719 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 707 sind nicht anzuwenden. (2) Für Anträge auf Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach Artikel 15 Abs. 2 in Verbindung mit Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Die Entscheidung ergeht im Wege einstweiliger Anordnung. Sie ist unanfechtbar. Die tatsächlichen Voraussetzungen des Artikels 23 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 sind glaubhaft zu machen.
I. II.
Übersicht Vorläufige Vollstreckbarkeit 1 Beschränkung der Zwangsvollstreckung 3
III. IV. V.
Zuständigkeit 5 Glaubhaftmachung Entscheidung 8
7
I. Vorläufige Vollstreckbarkeit 1
Art. 15 Abs. 1 EuBagatellVO sieht vor, dass Urteile, die in einem Verfahren nach der EuBagatellVO ergehen, ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar sind. § 1105 setzt diese Regelung um und passt die Terminologie dem deutschen Recht (vorläufige Vollstreckbarkeit) an. Anders als nach § 708 ist in der Verordnung kein ausdrücklicher Ausspruch vorgesehen. § 1105 Abs. 1 S. 1 verpflichtet den deutschen Richter aber, der Klarheit halber, die vorläufige Vollstreckbarkeit im Tenor auszusprechen. 2 Die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung ist unbedingt. Auch der Schuldner kann die Vollstreckung nicht bei einem für ihn nicht zu ersetzenden Nachteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden. § 712 ist ausgeschlossen. Das bedeutet auch, dass die vorläufige Vollstreckbarkeit nicht abgewendet werden kann. Der Schuldner kann auch nicht die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bei Einlegung eines Rechtsmittels nach § 719 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 707 betreiben. Er kann nur nach Art. 23 EuBagatellVO vorgehen. Vgl. dazu § 1109. II. Beschränkung der Zwangsvollstreckung 3
Art. 23 BagatellVO lässt eine Beschränkung der Zwangsvollstreckung bei Schweben eines Rechtsmittels oder der Möglichkeit zu dessen Einlegung in der Weise zu, dass das Vollstreckungsverfahren auf Sicherungsmaßnahmen beschränkt oder die Vollstreckung von der Leistung einer Sicherheit abhängig gemacht wird. Art. 15 Abs. 2 BagatellVO sieht vor, dass diese Möglichkeit auch besteht, wenn das Urteil in dem Vollstreckungsmitgliedstaat zu vollstrecken ist, in dem es ergangen ist. Soll ein deutsches Urteil nach der EuBagatellVO in Deutschland vollstreckt werden, so bestimmt sich die Beschränkung der Vollstreckung allein auf die Möglichkeiten des Art. 23 EuBagatellVO.1
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Vgl. Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 15, Rdn. 7.
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§ 1106
6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
Auf Anträge nach Art. 23 lit. c findet § 1105 keine Anwendung. Denn Abs. 2 erfasst 4 nach seinem klaren Wortlaut nur Anträge auf Beschränkung der Zwangsvollstreckung, nicht deren Aussetzung. III. Zuständigkeit Die Zuständigkeit für Anträge auf Beschränkung der Zwangsvollstreckung für einen 5 ausländischen Titel bestimmt sich nach § 1109 i.V.m. § 1084 Abs. 1. Zuständig ist das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht, vgl. § 1084, Rdn. 12 ff. § 1105 Abs. 2 S. 1 regelt nur die Zuständigkeit für die Entscheidung auf Beschränkung 6 der Zwangsvollstreckung für deutsche Titel. Hier ist das Gericht der Hauptsache, also das Gericht zuständig, das die Entscheidung erlassen hat. Das entspricht der Regelung in §§ 719, 707 und ist deshalb systemgerecht. IV. Glaubhaftmachung Im Verfahren der Beschränkung der Zwangsvollstreckung sind die tatsächlichen 7 Voraussetzungen des Art. 23 EuBagatellVO nur glaubhaft zu machen. Für die Glaubhaftmachung gilt § 294.2 Allerdings hat diese Erleichterung der Beweisführung praktisch keine Bedeutung. Denn die drei Fälle tatsächlicher Voraussetzungen sind ohne Schwierigkeiten urkundlich zu beweisen. V. Entscheidung Die Entscheidung ergeht durch Beschluss im Wege einstweiliger Anordnung. Da der 8 Beschluss unanfechtbar ist, ist es ratsam, den Schuldner anzuhören. Die Anhörung kann in Eilfällen unterbleiben. Es gelten die zu § 922 entwickelten Grundsätze. Allerdings kann die Entscheidung jederzeit auf Grund neuen Vorbringens abgeändert werden.3 Nur so ist die mangelnde Anhörung des Gläubigers mit den Grundsätzen der Gewährung rechtlichen Gehörs vereinbar. Die Entscheidung ist zu begründen. 9
§ 1106
§ 1106 Bestätigung inländischer Titel (1) Für die Ausstellung der Bestätigung nach Artikel 20 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 ist das Gericht zuständig, dem die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels obliegt. (2) Vor Ausfertigung der Bestätigung ist der Schuldner anzuhören. Wird der Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung zurückgewiesen, so sind die Vorschriften über die Anfechtung der Entscheidung über die Erteilung einer Vollstreckungsklausel entsprechend anzuwenden.
I. II.
Übersicht Sachlicher Anwendungsbereich Zuständigkeit 3
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1
III. IV.
Verfahren 4 Anfechtung der Entscheidung
7
Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1105, Rdn. 4. Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1105, Rdn. 5; Zöller/Geimer § 1105, Rdn. 5.
Schütze
§ 1106
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
I. Sachlicher Anwendungsbereich § 1106 betrifft nur inländische Titel, die im Verfahren nach der EuBagatellVO ergehen.1 Art. 20 Abs. 2 EuBagatellVO sieht vor, dass Urteile mit einer Bestätigung versehen werden können. Die Bestätigung ersetzt die Klauselerteilung.2 Es handelt sich um eine modifizierte Klauselerteilung nach § 724.3 Das mit der Bestätigung versehene Urteil entspricht der vollstreckbaren Ausfertigung nach § 724 Abs. 1. Sie manifestiert den Bestand und die Vollstreckbarkeit im Geltungsbereich der EuBagatellVO. Die EuBagatellVO sieht – anders als die EuVTVO – einen gerichtlichen Vergleich nicht vor. Vergleichen sich die Parteien in einem Verfahren nach der EuBagatellVO, so kann dieser nicht mit der Bestätigung versehen werden. Auf den Vergleich finden §§ 796 a, 796 b Anwendung. Ohne Bestätigung ist eine Vollstreckung nicht möglich. Nach Art. 21 Abs. 2 EuBaga2 tellVO hat der Gläubiger den Vollstreckungsbehörden des Vollstreckungsmitgliedstaates die Bestätigung zusammen mit einer Ausfertigung des Urteils und ggf. einer Transkription oder Übersetzung der Bestätigung zu übermitteln. 1
II. Zuständigkeit 3
Anwendbar ist § 724. Das Gericht des ersten Rechtszuges ist zuständig für die Bestätigung, wenn der Rechtsstreit bei einem höheren Gericht anhängig ist, dieses Gericht. Funktionell zuständig ist nach § 20 Nr. 11 RPflG der Rechtspfleger.4 Weiterhin bleibt jedoch eine Befassung des Richters nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 2, 6 RPflG unberührt.5 III. Verfahren
Die Bestätigung wird auf Antrag einer Partei erteilt, Art. 20 Abs. 2 EuBagatellVO. Eine Bestätigung von Amts wegen ist ausgeschlossen. Die Bestätigung kann auch für und gegen den Rechtsnachfolger erteilt werden. § 727 ist anwendbar. Desgleichen ist die Erteilung einer Bestätigung für und gegen den Nacherben und Testamentsvollstrecker gem. § 728 und gegen den Vermögens- oder Firmenübernehmer nach § 729 zulässig. 5 Dem Schuldner ist rechtliches Gehör zu gewähren, § 1106 Abs. 2 S. 1.6 Die Anhörung ist zwingend, da keine Möglichkeit der Berichtigung oder des Widerrufs der Bestätigung vorgesehen ist.7 Die Anhörung kann nicht nachgeholt werden.8 Mit der Zustellung des Antrags ist dem Schuldner eine Frist zur Stellungnahme zu setzen. Diese ist im Gesetz nicht bestimmt. Angemessen sind zwei Wochen bei inländischem, und vier Wochen bei ausländischem Schuldner.9
4
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1 Vgl. Netzer Die Ausführungsbestimmungen zum Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen im deutschen Recht, ZNotP 2010, 183 ff. (187); Zöller/Geimer § 1106, Rdn. 1. 2 Vgl. Netzer ZNotP 2010, 183 ff. (187); Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 20, Rdn. 3. 3 Vgl. Hess/Bittmann Die Verordnungen zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahren und eines Verfahrens für geringfügige Forderungen, IPRax 2008, 305 ff. (313); Zöller/Geimer § 1106, Rdn. 1. 4 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1106, Rdn. 3; Thomas/Putzo/Hüßtege § 1106, Rdn. 3; Zöller/Geimer § 1106, Rdn. 1. 5 Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 20 EuGFVO, Rdn. 4. 6 Varga bezeichnet dies als höchst problematisch, da die EuBagatellVO ein solches Anhörungsrecht nicht vorsieht, vgl. Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 20, Rdn. 7; ebenso Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 20 EuGFVO, Rdn. 6. 7 Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1106, Rdn. 4. 8 Vgl. Zöller/Geimer § 1106, Rdn. 2. 9 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1106, Rdn. 4.
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6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
§ 1107
Nach Ablauf der Frist zur Stellungnahme entscheidet das Gericht ohne mündliche 6 Verhandlung. Die Entscheidung ergeht in formalisierter Form auf Formblatt D des Anhangs IV zur EuBagatellVO. Einer förmlichen Zustellung der Bestätigung bedarf es nicht.10 IV. Anfechtung der Entscheidung Die Erteilung der Bestätigung ist unanfechtbar.11 Der Schutz des Schuldners ist den- 7 noch nicht verletzt. Entweder ist das Urteil rechtskräftig. Dann ist kein Anfechtungsgrund gegeben. Oder der Schuldner kann ein Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen und dann nach Art. 23 EuBagatellVO im Verfahren nach § 1109 vorgehen. Die Anfechtung der Ablehnung der Erteilung der Bestätigung ist dagegen zulässig 8 (Abs. 2 S. 2). Es finden die Regeln über die Anfechtung der Entscheidung über die Erteilung der Vollstreckungsklausel Anwendung. In entsprechender Anwendung von § 731 ist die Klage auf Erteilung der Bestätigung gegeben.12
§ 1107 Ausländische Vollstreckungstitel § 1107 Aus einem Titel, der in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 ergangen ist, findet die Zwangsvollstreckung im Inland statt, ohne dass es einer Vollstreckungsklausel bedarf.
I.
Übersicht Entscheidung nach der EuBagatellVO als Grundlage der Zwangsvollstreckung 1 1. Grundsatz 1 2. Entbehrlichkeit der Vollstreckungsklausel 4 3. Klauselerteilung für einen anderen als den im Titel bezeichneten Gläubiger
II. III. IV. V.
oder gegen einen anderen als den im Titel bezeichneten Schuldner 5 Anwendbarkeit der §§ 750 ff. 6 Erinnerung 7 Vollstreckungsgegenklage 8 Drittwiderspruchsklage 9
I. Entscheidung nach der EuBagatellVO als Grundlage der Zwangsvollstreckung 1. Grundsatz. § 1107 hat zunächst deklaratorische Wirkung. Die Norm bestätigt nur, 1 was ohnehin schon (europäisches) Recht ist. Nach Art. 20 Abs. 1 EuBagatellVO wirkt die Entscheidung nach der EuBagatellVO in allen Mitgliedstaaten (außer Dänemark), ohne dass eine Anerkennung, Vollstreckbarerklärung, Exequierung, Homologierung pp. notwendig wäre. Das Urteil ist hinsichtlich der Zwangsvollstreckung wie ein inländischer Titel zu behandeln. Nach Art. 21 Abs. 1 S. 1 EuBagatellVO gilt für das Vollstreckungsverfahren das Recht 2 des Vollstreckungsmitgliedstaates. Dieser ist in dessen Ausgestaltung frei, darf das Urteil nach der EuBagatellVO nur nicht schwereren Bedingungen unterwerfen als inländische Titel. Die Formulierung in Art. 21 Abs. 1 S. 2 EuBagatellVO (gleiche Bedingungen) ist in-
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Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1106, Rdn. 5; Zöller/Geimer § 1106, Rdn. 2. Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1106, Rdn. 4; Thomas/Putzo/Hüßtege § 1106, Rdn. 7. Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 1106, Rdn. 4.
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§ 1107
Elftes Buch – Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union
soweit missverständlich. Vollstreckungstitel nach der EuBagatellVO können durchaus auch unter erleichterten Bedingungen zur Vollstreckung zugelassen werden, wie das in § 1107 durch die Zulassung der Vollstreckung ohne Klausel geschieht. 3 Die Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach dem Recht des Ursprungsmitgliedsstaates. Es gibt keine besondere europäische Vollstreckbarkeit.1 4
2. Entbehrlichkeit der Vollstreckungsklausel. Die Gleichstellung des europäischen Vollstreckungstitels mit einem deutschen Titel allein beseitigt aber noch nicht das Erfordernis der Klauselerteilung nach § 725. Hier statuiert § 1107, dass es der Klauselerteilung nicht bedarf. § 1107 schließt die Erteilung der Vollstreckungsklausel nicht aus. Die Situation entspricht der in § 929, der eine Vollstreckungsklausel für entbehrlich erklärt, diese aber in den Fällen des § 727 für zulässig und notwendig erklärt.
5
3. Klauselerteilung für einen anderen als den im Titel bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den im Titel bezeichneten Schuldner. Soll die Zwangsvollstreckung für einen anderen als den im Titel bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den im Titel bezeichneten Schuldner stattfinden, so ist eine Klauselerteilung notwendig. § 727 ist anwendbar. § 727 gilt für alle Vollstreckungstitel.2 Ebenso wie im Rahmen von § 929 bedarf es bei Rechtsnachfolge von Gläubiger oder Schuldner einer Titel übertragenden Vollstreckungsklausel. II. Anwendbarkeit der §§ 750 ff.
6
Anwendbar sind §§ 750 ff. 3 Damit sind alle Vollstreckungsrechtsbehelfe der ZPO auch gegenüber ausländischen europäischen Vollstreckungstiteln zulässig,4 so §§ 765a, 766, 767.5 III. Erinnerung
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Gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung findet die Erinnerung nach § 766 statt.6
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1 Vgl. Geimer Exequaturverfahren, FS Georgiades, 2005, S. 489 ff. (494); Zöller/Geimer § 1082, Rdn. 5 zu der entsprechenden Bestimmung nach EuVTVO. 2 Vgl. dazu Loritz Die Umschreibung der Vollstreckungsklausel, ZZP 95 (1982), 310 ff.; Loritz Rechtsnachfolge und Umschreibung der Vollstreckungsklausel in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, ZZP 106 (1993), 1 ff.; Thomas/Putzo/Hüßtege § 727 Rdn. 1; Wieczorek/Schütze/Paulus 3. Aufl., § 727, Rdn. 3. 3 Vgl. Netzer Die Ausführungsbestimmungen zum Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen im deutschen Recht, ZNotP 2010, 183 ff. (188); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 21 EuGFVO, Rdn. 1; Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 21, Rdn. 1; Thomas/Putzo/Hüßtege § 1107, Rdn. 3. 4 Vgl. Klippstein in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 20 EuVTVO, Rdn. 58 zu der entsprechenden Bestimmung in der EuVTVO. 5 Vgl. Klippstein in: Gebauer/Wiedmann Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Art. 20 EuVTVO, Rdn. 58 zu der entsprechenden Bestimmung in der EuVTVO. 6 Vgl. Netzer ZNotP 2010, 183 ff. (188); Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 21 EuGFVO, Rdn. 1; Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 21, Rdn. 2; Thomas/Putzo/Hüßtege § 1107, Rdn. 3, Rdn. 2; Zöller/Geimer § 1107, Rdn. 2.
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6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
§ 1108
IV. Vollstreckungsgegenklage7 Einwendungen gegen den durch den im Urteil nach der EuBagatellVO titulierten 8 Anspruch können mit der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden.8 Es findet § 1086 Anwendung, vgl. § 1109 Abs. 2. V. Drittwiderspruchsklage Die Drittwiderspruchsklage nach § 771 findet statt, wenn die deutschen Gerichte 9 nach Art. 22 Nr. 5 VO (EG) Nr. 44/2001 zuständig sind,9 d.h. die deutschen Gerichte, wenn und soweit die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist.10
§ 1108 Übersetzung § 1108 Hat der Gläubiger nach Artikel 21 Abs. 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 eine Übersetzung vorzulegen, so ist diese in deutscher Sprache zu verfassen und von einer in einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union hierzu befugten Person zu erstellen.
I. II.
Übersicht Notwendigkeit der Übersetzung Erfordernisse der Übersetzung 1. Verständlichkeit 4
1 4
III.
2. Keine Beglaubigung 5 Rechtsfolgen mangelhafter Übersetzung 8
I. Notwendigkeit der Übersetzung Im Vollstreckungsverfahren hat die Partei, die die Vollstreckung betreibt mit dem 1 Antrag u.a. nach Art. 21 Abs. 2 lit. b EuBagatellVO eine Ausfertigung der Bestätigung i.S. des Art. 20 Abs. 2 EuBagatellVO und falls erforderlich eine Übersetzung in die Sprache des Vollstreckungsmitgliedstaates oder – falls es in diesem Staat mehrere Amtssprachen gibt – nach Maßgabe der Rechtsvorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaates in die Verfahrenssprache oder in eine solche Sprache, die das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaates zulässt, vorzulegen. § 1108 lässt nur die deutsche Sprache zu. Die Übersetzungsnotwendigkeit bezieht sich auf das Formblatt D (Bestätigung eines 2 im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen Urteils).1 Wegen
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7 Vgl. dazu insbes. Gsell Die Geltendmachung nachträglicher materieller Einwendungen im Wege der Vollstreckungsgegenklage bei Titeln aus dem Europäischen Mahn- oder Bagatellverfahren, EuZW 2011, 87 ff. mit einer Darstellung des Streitstandes um die Verordnungskonformität der Zulassung der Vollstreckungsgegenklage; weiter Wagner Das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 805/ 2004 zum Europäischen Vollstreckungstitel – unter besonderer Berücksichtigung der Vollstreckungsabwehrklage, IPRax 2005, 401 ff. 8 Vgl. Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 21 EuGFVO, Rdn. 1. 9 Vgl. Hüßtege Braucht die Verordnung über den europäischen Vollstreckungstitel eine ordre-publicKlausel? FS Jayme, 2004, S. 371 ff. (384) zu der entsprechenden Regelung in der EuVTVO. 10 Zur Anwendbarkeit von Art. 22 Nr. 5 EuGVVO auf Drittwiderspruchsklagen vgl. Geimer/Schütze EuZVR, A. 1, Art. 22, Rdn. 268. 1 Abgedruckt unten sub Rechtsquellen und Materialien zum 11. Buch, Nr. 9.
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§ 1108
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der Standardisierung der Bestätigung durch ein vorgeschriebenes Formular ist für eine Übersetzung wenig Raum. Nach Jelinek2 muss wegen der mangelnden Bereitschaft der Rechtspflegeorgane, sich mit kyrillischer oder griechischer Schrift zu beschäftigen, eine Übersetzung auch der Formularangaben erfolgen. Für das Formular selbst kann das nicht gelten, da die deutsche Fassung der in der anderen Sprache entspricht. Die Notwendigkeit einer Übersetzung kann sich insbesondere in zwei Fällen erge3 ben: – Das Formular enthält individuelle Angaben in dem Feld 3.8 „Sonstige Angaben“, dessen Ausfüllung fakultativ ist3 oder – die Bezeichnung des Gerichts und des Gerichtsortes ist in nichtdeutscher Sprache abgefasst. So ist beispielsweise Chorzów mit Königshütte zu übersetzen. II. Erfordernisse der Übersetzung 4
1. Verständlichkeit. Für die Qualität der Übersetzung gelten die allgemeinen Grundsätze im internationalen Zivilprozessrecht.4 Die Übersetzung muss verständlich sein. Sprachliche Eleganz oder orthographische Richtigkeit kann nicht gefordert werden. Sinnentstellende Fehler machen die Übersetzung dagegen unbrauchbar. Die Übersetzung ist keine Übersetzung im Rechtssinne mehr.
2. Keine Beglaubigung. Die Übersetzung ist nicht notwendigerweise zu beglaubigen. Es genügt, dass die Übersetzung von einer hierzu befugten Person stammt. Die Ermächtigung zur Beglaubigung kann von den zuständigen Behörden irgendei6 nes Mitgliedstaates erteilt sein. Ein belgischer Übersetzer, der nach belgischem Recht zur Beglaubigung befugt ist, kann eine Übersetzung aus der polnischen Sprache im Rahmen von § 1108 wirksam erstellen. Die Frage, ob die Übersetzung von einem ermächtigten Übersetzer stammt, ist eine Tat7 frage. Der Antragsteller trägt die Darlegungs- und Beweislast. § 293 ist nicht anwendbar. 5
III. Rechtsfolgen mangelhafter Übersetzung 8
Eine sinnentstellende Übersetzung ist eine Nichtübersetzung. Das Erfordernis des Art. 21 Abs. 2 lit. b EuBagatellVO ist nicht erfüllt. Die für Vollstreckung notwendigen Unterlagen sind nicht vollständig. Vollstreckungsmaßnahmen dürfen nicht erfolgen. Der Schuldner kann Erinnerung nach § 766 einlegen, wenn aus dem Titel dennoch vollstreckt wird.
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2 Vgl. Jelinek Das Europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr, Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff. (86). 3 Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1108, Rdn. 2; Zöller/Geimer § 1108, Rdn. 1. 4 Vgl. dazu Schütze Probleme der Übersetzung im Zivilprozessrecht, FS Sandrock, 2000, S. 871 ff.; Schütze Übersetzungen im europäischen und internationalen Zivilprozessrecht – Probleme der Zustellung, RIW 2006, 352 ff. (353 f.).
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6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
§ 1109
§ 1109 Anträge nach den Artikeln 22 und 23 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007; Vollstreckungsabwehrklage § 1109 (1) Auf Anträge nach Artikel 22 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 ist § 1084 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden. Auf Anträge nach Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 ist § 1084 Abs. 1 und 3 entsprechend anzuwenden. (2) § 1086 gilt entsprechend.
I. II.
Übersicht Ablehnung der Vollstreckung 1 Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung 4
III. IV.
Vollstreckungsgegenklage 8 Auslegungsgrundsätze 13
I. Ablehnung der Vollstreckung Art. 22 EuBagatellVO regelt den Fall der Urteilskollision. Die Vollstreckung ist abzu- 1 lehnen, wenn die ausländische Entscheidung nach der EuBagatellVO mit einem früheren deutschen, in einem anderen Mitgliedstaat oder Drittstaat ergangenen Urteil unvereinbar ist. Voraussetzung ist, dass die kollidierende Entscheidung zwischen denselben Parteien und wegen desselben Streitgegenstandes ergangen ist und – soweit es sich um ein ausländisches Urteil handelt – dieses anerkannt ist. Die Formulierung in Art. 22 EuBagatellVO „die Voraussetzungen für die Anerkennung erfüllt sind“ ist aus deutscher Sicht missverständlich, da eine ausländische Entscheidung automatisch in dem Zeitpunkt formlos anerkannt wird, in dem die Voraussetzungen der Anerkennung vorliegen und eine Inlandsbeziehung gegeben ist.1 Hat der Urteilsschuldner die Unvereinbarkeit im erststaatlichen Verfahren nicht geltend gemacht, obwohl er sie geltend machen konnte, so ist er mit dem Versagungsgrund präkludiert. Vgl. für Einzelheiten der Urteilskollision § 1096, Rdn. 2 ff. Art. 22 EuBagatellVO erweitert die Durchsetzbarkeit von Bagatellurteilen gegenüber 2 Entscheidungen nach § 328.2 Denn in § 328 Abs. 1 Nr. 3 gilt der Prioritätsgrundsatz nur bei Kollision zweier ausländischer Entscheidungen. Deutsche Urteile sind, unabhängig, wann sie ergangen sind, immer ein Anerkennungshindernis. Für die Ablehnung der Vollstreckung sind § 1084 Abs. 1 und 2 entsprechend anzu- 3 wenden. Das bedeutet: – Ausschließlich sachlich zuständig zur Entscheidung über die Ablehnung der Vollstreckung ist das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht. Funktionell zuständig ist der Richter, nicht der Rechtspfleger.3 Örtlich zuständig ist das Gericht des Sprengels, in dem der Schuldner im Inland seinen Wohnsitz hat, im Übrigen das, bei dem nach § 23 Klage erhoben werden kann, also wo Vermögen belegen ist. § 828 ist anwendbar.4 – Die Entscheidung über den Versagungsantrag ergeht durch Beschluss. Es ist rechtliches Gehör zu gewähren. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde gegeben (§ 567 Abs. 1 Nr. 2).5
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Vgl. Schütze DIZPR Rdn. 364 ff. Vgl. Rauscher/Varga EG-BagatellVO, Art. 22, Rdn. 2. Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1109, Rdn. 3. Vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege § 1109, Rdn. 3. Vgl. Zöller/Geimer § 1084, Rdn. 2 zur entsprechenden Bestimmung in der EuVTVO.
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II. Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung Die Vollstreckung kann nach § 23 EuBagatellVO bei Einlegung eines Rechtsmittels oder der Möglichkeit hierzu nach Art. 16 EuBagatellVO oder bei Schweben eines Verfahrens über die Überprüfung eines Urteils nach Art. 20 EuBagatellVO auf Sicherungsmaßnahmen beschränkt oder von der Leistung einer Sicherheit abhängig gemacht werden. Darüber hinaus ist eine Aussetzung des Vollstreckungsverfahrens bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände möglich (Art. 23 lit. c EuBagatellVO). Für das Verfahren gilt hinsichtlich der Zuständigkeit dasselbe wie bei der Ableh5 nung der Vollstreckung. Ausschließlich sachlich zuständig zur Entscheidung über die Aussetzung oder Be6 schränkung der Vollstreckung ist das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht. Funktionell zuständig ist der Richter, nicht der Rechtspfleger. Örtlich zuständig ist das Gericht des Sprengels, in dem der Schuldner im Inland seinen Wohnsitz hat, im Übrigen das Gericht des Sprengels, in dem nach § 23 Klage erhoben werden kann. 7 Anders als im Fall der Ablehnung der Vollstreckung erfolgt die Entscheidung über die Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung durch einstweilige Anordnung. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Eine Aufhebung der getroffenen Maßnahmen muss erfolgen, wenn im ausländischen Verfahren über das Rechtsmittel entschieden worden ist.6
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III. Vollstreckungsgegenklage 8
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11 12
Einwendungen gegen den titulierten Anspruch können vor einem anderen als dem Prozessgericht im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden. § 1086 gilt entsprechend.7 Zur Verordnungskonformität vgl. § 1086 Rdn. 1. Da die Vollstreckung aus einem Titel nach der EuBagatellVO wie aus einem deutschen Titel erfolgt, ist in Deutschland die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 gegeben. Für die Entscheidung ist – abweichend von § 767 Abs. 1 – nicht das Prozessgericht 1. Instanz – das wäre das ausländische Prozessgericht – sondern ein deutsches Gericht zuständig. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich in erster Linie nach dem Wohnsitz des Schuldners. Hilfsweise ist das Gericht des Ortes zuständig, in dessen Sprengel die Zwangsvollstreckungsmaßnahme durchgeführt werden soll. § 16 ist nicht anwendbar. Der schlichte Aufenthalt wirkt nicht zuständigkeitsbegründend. § 1086, auf den Abs. 2 verweist, regelt die sachliche Zuständigkeit nicht. Diese liegt nach der ratio der Bestimmung beim Amtsgericht als Vollstreckungsgericht,8 in Unterhaltssachen ist das Familiengericht nach § 23 b GVG zuständig.9 Örtliche und sachliche Zuständigkeit sind nach § 802 ausschließlich. Für die Zulässigkeit von Klagegründen vgl. § 1086, Rdn. 10 ff.
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6 Vgl. zur entsprechenden Regelung nach Art. 23 EuVTVO Rauscher/Pabst Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 23 EG-VollstrTitelVO, Rdn. 15; Wagner Das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zum Europäischen Vollstreckungstitel – unter besonderer Berücksichtigung der Vollstreckungsabwehrklage, IPRax 2005, 401 ff. (404). 7 Vgl. Gsell Die Geltendmachung nachträglicher materieller Einwendungen im Wege der Vollstreckungsgegenklage bei Titeln aus dem Europäischen Mahn- oder Bagatellverfahren, EuZW 2011, 87 ff. mit umfassenden Nachweisen, auch zur Verordnungskonformität der Vollstreckungsgegenklage; Thomas/Putzo/Hüßtege § 1009, Rdn. 10; Zöller/Geimer § 1109, Rdn. 1. 8 Vgl. Zöller/Geimer § 1086, Rdn. 5 zur entsprechenden Bestimmung in der EuVTVO. 9 Vgl. Zöller/Geimer § 1086, Rdn. 6 zur entsprechenden Regelung in EuVTVO.
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6. Abschnitt. Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen
§ 1109
IV. Auslegungsgrundsätze Bei der Entscheidung über Anträge nach Artt. 22 f. EuBagatellVO, § 1109 sind die Be- 13 griffe der EuBagatellVO in gleicher Weise zu interpretieren die der EuGH zu EuGVÜ und EuGVVO entwickelt hat.10 Grundsätzlich ist die autonome Auslegung anzuwenden11 und zwar unter Zugrundlegung der rechtsvergleichenden Methode.12 Damit wird der Gefahr vorgebeugt, dass die nationalen Vollstreckungsgerichte mit ihrer häufig sozialpolitisch begründeten Schuldnerschutzpraxis das europäische Recht unterlaufen. Das gilt insbesondere für die Auslegung des Begriffs der „außergewöhnlichen Umstände“ in Art. 23 lit. c EuBagatellVO.
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10 Vgl. Rauscher/Pabst Europäisches Zivilprozessrecht, EG-VollstrTitelVO, Einl., Rdn. 34 zur entsprechenden Regelung in der EuVTVO. 11 Vgl. dazu Basedow Europäisches Zivilprozessrecht, in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. I, 1982, S. 113 ff.; Geimer/Schütze EuZVR, Einl., Rdn. 125 ff.; Martiny Autonome und einheitliche Auslegung im europäischen internationalen Zivilprozessrecht, RabelsZ 45 (1981), 427 ff.; Pfeiffer Grundlagen und Grenzen der autonomen Auslegung des EuGVÜ, Jahrbuch junger Zivilrechtswissenschaftler, 1991, S. 71 ff.; Schlosser Vertragsautonome Auslegung, nationales Recht, Rechtsvergleichung und das EuGVÜ, GS Bruns 1980, S. 45 ff.; Scholz Das Problem der autonomen Auslegung des EuGVÜ, 1998. 12 Vgl. dazu Geimer Zur Auslegung des Brüsseler Zuständigkeits- und Vollstreckungsübereinkommens in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968, EuR 12 (1977), 34 ff.; Martiny Autonome und einheitliche Auslegung im europäischen internationalen Zivilprozessrecht, RabelsZ 45 (1981), 427 ff.; Schütze DIZPR, Rdn. 7; Schütze Internationales Zivilprozessrecht und Rechtsvergleichung, FS Waseda, 1988, S. 323 ff.
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Inhaltsverzeichnis
Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis Schütze 1.
Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. 2007 L 324, 79 ff.) ______ 131
2.
Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Ziviloder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (ABl. 2001 C 151, 4 ff.) ______ 154
3.
Entscheidung der Kommission zur Erstellung eines Handbuchs über die Empfangsstellen und eines Glossars über die Schriftstücke, die nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten zugestellt werden können (ABl. 2001 L 298, 1 ff., geändert durch ABl. 2002 L 125, 1 ff.) ______ 180
4.
Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001 L 174, 1 ff.) ______ 181
5.
Richtlinie (EG) Nr. 2003/8 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindeststandards für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (Prozesskostenhilferichtlinie) (ABl. 2003 L 26, 41 ff., berichtigt durch ABl. 2003 L 32, 15 ff.) ______ 203
6.
Verordnung zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozesskostenhilfe sowie eines Vordrucks für die Übermittlung der Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im grenzüberschreitenden Verkehr (EG-Prozesskostenhilfevordruckverordnung – EG-PKHVV) (BGBl. I 2004, S. 3538) ______ 215
7.
Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl. 2004 L 143, 15 ff.) ______ 223
8.
Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. 2006 L 399, 1 ff.) ______ 239
9.
Verordnung (EG) Nr. 861/2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. 2007 L 199, S. 1 ff.) ______ 272
10. Grünbücher ______ 300 a. Grünbuch der Kommission Prozeßkostenhilfe in Zivilsachen: Probleme der Parteien bei grenzüberschreitenden Streitsachen (Grünbuch KOM 2000, 51 ff.) ______ 300
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Schütze
Inhaltsverzeichnis
b. Grünbuch über ein europäisches Mahnverfahren und über Maßnahmen zur einfacheren und schnelleren Beilegung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert (Grünbuch KOM 2002, 746 ff.) ______ 318 c. Grünbuch Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Grünbuch KOM 2009, 175 ff.) ______ 395 11. Materialien zum Verordnungsrecht ______ 406 a. Bericht der Kommission über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (KOM 2007, 769 ff.) ______ 406 b. Mitteilung der Kommission betreffend den gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (KOM 2004, 90 ff.) ______ 415
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1. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
1. Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/ 2000 des Rates 1. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke (ABl. 2007 L 324, 79 ff.) Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch Vorbemerkung: Die Schwerfälligkeiten, die das Haager Zivilprozessübereinkommen und – später – das Haager Zustellungsübereinkommen, die zu teilweise sehr langer Verfahrendauer führten, sollten durch europäisches Verordnungsrecht beseitigt werden. Das führte zur VO (EG) Nr. 1348/2000 (EuZVO). Die Erfahrungen in der Praxis waren nicht befriedigend. Die VO (EG) Nr. 1348/2000 ist deshalb zwischenzeitlich aufgehoben und durch die VO (EG) Nr. 1393/2007 ersetzt worden. Die EuZVO soll das Zustellungsverfahren vereinfachen und beschleunigen, war es doch insbesondere die lange Verfahrensdauer, die bei Verfahren mit internationalem Bezug zu Problemen führte.1 Dabei orientiert sich die EuZVO in ihrer Grundkonzeption am Haager Zustellungsübereinkommen. Letztlich bleibt sie aber auf halbem Wege stehen.2 Denn sie bevorzugt weiterhin die förmliche Zustellung im Wege der Rechtshilfe und verbessert lediglich die zwischenstaatlichen Übermittlungswege. Die prozessuale Geltendmachung von Einwendungen gegen die Zulässigkeit einer Zustellung nach der EuZVO ist im Gesetz nicht geregelt. Derartige Einwendungen können durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG und Antrag auf einstweilige Verfügung gemäß § 29 Abs. 2 EGGVG in Verbindung mit § 49 FamFG bei dem Oberlandesgericht geltend gemacht werden. Ist die Zustellung einmal erfolgt, ist noch nicht alles verloren. In diesem Fall kann ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung und einstweilige Anordnung auf Nichtübermittlung des Zustellungszeugnisses gerichtet werden.3 Auf die Verfahren nach der EuZVO sind auch die Regelungen der ZRHO4 anzuwenden. Nach § 9 ZRHO werden die Prüfungsstellen bei der verwaltungsmäßigen Prüfung und Überwachung des Schriftverkehrs auch im Rahmen der EuZVO tätig. Sie erteilen den deutschen Übermittlungs- und Empfangsstellen Auskunft. Nach Art. 27 ZRHO können die Landesjustizverwaltungen im Bereich der EuZVO jedoch von einer Beteiligung der Prüfungsstelle absehen. Die Überwachung der Erledigung ausgehender Ersuchen nach der EuZVO ist in §§ 31 ff. ZRHO geregelt, die eingehender Ersuchen in §§ 65 a ff. ZRHO. Die notwendigen Formulare sind im Anhang zur ZRHO enthalten. Die Ausführung der EuZVO im deutschen Prozessrecht ist in den §§ 1067–1071 geregelt. Geltungsbereich: Mitgliedstaaten der EU mit Ausnahme Dänemarks, das sich allgemein nicht an den Maßnahmen nach Art. 67 AEUV beteiligt. Für Dänemark gilt die EuZVO so zwar nicht als Verordnungsrecht, wohl aber aufgrund Staatsvertrags mit der EU5
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1 Vgl. Linke Probleme der internationalen Zustellung, in: Gottwald (Hrsg.), Grundfragen der Gerichtsverfassung und der internationalen Zustellung, 1999, S. 95 ff. 2 Vgl. Hess Die Zustellung von Schriftstücken im europäischen Justizraum, NJW 2001, 15 ff. (19). 3 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 214; Schütze Klagen vor US-amerikanischen Gerichten – Probleme und Abwehrstrategien, RIW 2005, 579 ff. (582). 4 Vgl. dazu Rauscher/Heiderhoff EG-ZustVO, Art. 1, Rdn. 5. 5 Vgl. Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die Zustellung gerichtlicher und aussergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Hnadelssachen, ABl. 2005
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Schütze
Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Schrifttum: Bajons Internationale Zustellung und Recht auf Verteidigung, FS Schütze 1999, S. 49 ff.; Baur Erläuternder Bericht zum Europäischen Übereinkommen vom 26. Mai 1997 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. EG Nr. C 261 v. 27.6.1997, S. 26 ff.; Brenn EZV – Europäische Zustellungsverordnung, 2002; Ekelmans Le règlement 1348/2000 relatif à la signification et à la notification des actes judiciaires et extrajudiciaires, Journal des tribunaux 2001, 481 ff.; Emde Zulässigkeit von Direktzustellungen ausländischer Prozessbevollmächtigter an deutsche Parteien nach Art. 14 EuZVO? NJW 2004, 1830 ff.; Försterling Zum Begriff „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO bei Anwendbarkeit der EuZVO, IPRax 2005, 124; Geimer Neuordnung des internationalen Zustellungsrechts, 1999; Geimer „Windhunde“ und „Torpedos“ unterwegs in Europa, IPRax 2005, 505 ff.; Geimer Betrachtungen zur internationalen (aktiven und passiven) Rechtshilfe und zum grenzüberschreitenden Rechtsverkehr, FS Spellenberg, 2010, S. 407 ff.; Gottwald Sicherheit vor Effizienz? – Auslandszustellung in der Europäischen Union in Zivil- und Handelssachen, FS Schütze 1999, S. 225 ff.; Gsell Direkte Postzustellung an Adressaten im EU-Ausland nach neuem Zustellungsrecht, EWS 2002, 115 ff.; Heckel Die fiktive Inlandszustellung auf dem Rückzug – Rückwirkungen des europäischen Zustellungsrechts auf das nationale Recht, IPRax 2008, 218 ff.; Heiderhoff Die Rangordnung der Zustellungsarten, IPRax 2007, 293 ff.; Heiderhoff EG-ZustVO 2007, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrechtrecht, Bearbeitung 2010; Heiderhoff Keine Inlandszustellung an Adressaten mit ausländischem Wohnsitz mehr?, EuZW 2006, 225 ff.; Heinze Fiktive Inlandszustellungen und der Vorrang des europäischen Zivilverfahrensrechts, IPRax 2010, 155 ff.; Heidrich Amts- und Parteizustellungen im internationalen Rahmen: Status quo und Reformbedarf, EuZW 2005, 743 ff.; Hess Die Zustellung im europäischen Justizraum, NJW 2001, 15 ff.; Hess Neues deutsches und europäisches Zustellungsrecht, NJW 2002, 2417 ff.; Hess och einmal: Direktzustellung nach Art. 14 EuZVO, NJW 2004, 3301 ff.; Hess Übersetzungserfordernisse im europäischen Zivilverfahrensrecht, IPRax 2008, 400 ff.; Hess Rechtspolitische Überlegungen zur Umsetzung von Art. 15 der Europäischen Zustellungsverordnung – VO (EG) Nr. 1393/2007, IPRax 2008, 477 ff.; Jastrow Auslandszustellungen im Zivilverfahren – Erste Praxiserfahrungen mit der EGZustellungsverordnung, NJW 2002, 3382 ff.; Jastrow Europäische Zustellung und Beweisaufnahme 2004 – Neuregelungen im deutschen Recht und konsularische Beweisaufnahme, IPRax 2004, 11 ff.; Kondring Voraussetzungen, Wirkung, Wirksamkeit und Rechtswirkung der Zustellung: Eine scheinbar babylonische Begriffsverwirrung um das auf die internationale Zustellung anwendbare Recht, IPRax 2007, 138 ff.; KuntzeKaufhold/Beichel-Benedetti Verjährungsrechtliche Auswirkungen durch das Europäische Zustellungsrecht, NJW 2003, 1998 ff.; Lindacher Europäisches Zustellungsrecht – Die VO (EG) Nr. 1348/2000: Vorschrift, Auslegungsbedarf, Problemausblendung –, ZZP 114 (2001), 179 ff.; Mann Die Verjährungsunterbrechung nach §167 ZPO bei der Auslandszustellung, NJW 2004, 1138 ff.; Marchal Escalona El nuevo régimen de la notificación en el espacio judicial europeo, 2002; Meyer Europäisches Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, IPRax 1997, 401 ff.; Rahlf/Gottschalk Das Europäische Zustellungsrecht, EWS 2004, 303 ff.; Rauscher Der Wandel von Zustellungsstandards zu Zustellungsvorschriften im Europäischen Zivilprozessrecht, FS Kropholler, 2008, S. 851 ff.; Rösler/Siepmann Die geplante Reform der europäischen Zustellungsverordnung, RIW 2006, 512 ff.; Schack Einheitliche und zwingende Regeln der internationalen Zustellung, FS Geimer 2002, S. 931 ff.; Schmidt Parteizustellung im Ausland durch Einschreiben mit Rückschein – Ein gangbarer Weg?, IPRax 2004, 13 ff.; Schütze Übersetzungen im europäischen und internationalen Zivilprozessrecht – Probleme der Zustellung, RIW 2006, 352 ff., zugleich in griechischer Sprache weitgehend inhaltsgleich: Translation of Legal Documents according to the Rules of European and International Civil Procedural law – Problems attached to Service of Legal Documents, Athen 2008; Sharma Zustellungen im Europäischen Binnenmarkt, Diss. Tübingen 2002; Stadler Neues europäisches Zustellungsrecht, IPRax 2001, 514 ff.; Stadler Die Reform des deutschen Zustellungsrechts und ihre Auswirkungen auf die internationale Zustellung, IPRax 2002, 471 ff.; Stroschein, Parteizustellung im Ausland, Diss. Köln 2009; Sujecki Verordnungsvorschlag zur Änderung der Europäischen Zustellungsverordnung – Ein Schritt in die richtige Richtung, EuZW 2006, 1; Sujecki Europäische Zustellungsverordnung (EuZVO), in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., 2010, S. 1657 ff.; Tsikritas Probleme der Zustellung durch die Post im europäischen Rechtsverkehr, ZZPInt 8 (2003), 309 ff.; Vollkommer/Huber Neues
_____ L 300/55. Dänemark hat die Erklärung abgegeben, dass das Abkommen auf die Neufassung der EuZVO ausgedehnt wird, ABl. 2008 L 331/21.
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1. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
Europäisches Zivilverfahrensrecht in Deutschland – Das Gesetz zur grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung, NJW 2009, 1105 ff.; Wijngaarden-Maack Internationale Zustellung nach der EuZVO und internationale Zuständigkeit bei Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Exklusivvertriebsvertrages, IPRax 2004, 212 ff.
Text Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates Amtsblatt Nr. L 324 vom 10.12.2007, S. 79–120 Erwägungen: (1) Die Union hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zum schrittweisen Aufbau dieses Raums erlässt die Gemeinschaft unter anderem im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Maßnahmen. (2) Für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts muss die Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen, die in einem anderen Mitgliedstaat zugestellt werden sollen, zwischen den Mitgliedstaaten verbessert und beschleunigt werden. (3) Der Rat hat mit Rechtsakt vom 26. Mai 19976 ein Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union erstellt und das Übereinkommen den Mitgliedstaaten zur Annahme gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften empfohlen. Dieses Übereinkommen ist nicht in Kraft getreten. Die bei der Aushandlung dieses Übereinkommens erzielten Ergebnisse sind zu wahren. (4) Am 29. Mai 2000 hat der Rat die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten7 angenommen. Der wesentliche Inhalt des Übereinkommens hat in jene Verordnung Eingang gefunden. (5) Am 1. Oktober 2004 hat die Kommission einen Bericht über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 angenommen. Diesem Bericht zufolge hat sich die Übermittlung und Zustellung von Schriftstücken in den Mitgliedstaaten seit Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 im Allgemeinen verbessert und beschleunigt, doch werden bestimmte Vorschriften nicht gänzlich zufrieden stellend angewandt. (6) Die Wirksamkeit und Schnelligkeit der gerichtlichen Verfahren in Zivilsachen setzt voraus, dass die Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke unmittelbar und auf schnellstmöglichem Wege zwischen den von den Mitgliedstaaten benannten örtlichen Stellen erfolgt. Die Mitgliedstaaten dürfen erklären, dass sie nur eine Übermittlungs- oder Empfangsstelle oder eine Stelle, die beide Funktionen zugleich
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6 ABl. C 261 vom 27.8.1997, S. 1. Der Rat hat am Tag der Fertigstellung des Übereinkommens von dem erläuternden Bericht zu diesem Übereinkommen Kenntnis genommen. Dieser erläuternde Bericht ist auf Seite 26 des vorstehenden Amtsblatts enthalten. 7 ABl. L 160 vom 30.6.2000, S. 37.
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
wahrnimmt, für einen Zeitraum von fünf Jahren benennen wollen. Diese Benennung kann jedoch alle fünf Jahre erneuert werden. (7) Eine schnelle Übermittlung erfordert den Einsatz aller geeigneten Mittel, wobei bestimmte Anforderungen an die Lesbarkeit und die Originaltreue des empfangenen Schriftstücks zu beachten sind. Zur Sicherstellung der Übermittlung muss das zu übermittelnde Schriftstück mit einem Formblatt versehen sein, das in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Ortes auszufüllen ist, an dem die Zustellung erfolgen soll, oder in einer anderen vom Empfängerstaat anerkannten Sprache. (8) Diese Verordnung sollte nicht für die Zustellung eines Schriftstücks an den Bevollmächtigten einer Partei in dem Mitgliedstaat gelten, in dem das Verfahren anhängig ist, unabhängig davon, wo die Partei ihren Wohnsitz hat. (9) Die Zustellung eines Schriftstücks sollte so bald wie möglich, in jedem Fall aber innerhalb eines Monats nach Eingang bei der Empfangsstelle erfolgen. (10) Um die Wirksamkeit dieser Verordnung zu gewährleisten, sollte die Möglichkeit, die Zustellung von Schriftstücken zu verweigern, auf Ausnahmefälle beschränkt werden. (11) Um die Übermittlung und Zustellung von Schriftstücken zwischen den Mitgliedstaaten zu erleichtern, sollten die in den Anhängen dieser Verordnung enthaltenen Formblätter verwendet werden. (12) Die Empfangsstelle sollte den Zustellungsempfänger schriftlich unter Verwendung des Formblatts darüber belehren, dass er die Annahme des Schriftstücks bei der Zustellung oder dadurch verweigern darf, dass er das Schriftstück binnen einer Woche an die Empfangsstelle zurücksendet, wenn es nicht in einer Sprache, die er versteht, oder in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Zustellungsortes abgefasst ist. Diese Regel sollte auch für später erfolgende Zustellungen gelten, wenn der Empfänger sein Verweigerungsrecht ausgeübt hat. Diese Verweigerungsregeln sollten auch für die Zustellung durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen, die Zustellung durch Postdienste oder die unmittelbare Zustellung gelten. Die Zustellung eines Schriftstücks, dessen Annahme verweigert wurde, an den Zustellungsempfänger sollte durch die Zustellung einer Übersetzung des zuzustellenden Schriftstücks an den Zustellungsempfänger bewirkt werden können. (13) Auf eine schnelle Übermittlung muss auch eine schnelle Zustellung des Schriftstücks in den Tagen nach seinem Eingang folgen. Konnte das Schriftstück nach Ablauf eines Monats nicht zugestellt werden, so setzt die Empfangsstelle die Übermittlungsstelle davon in Kenntnis. Der Ablauf dieser Frist bedeutet nicht, dass der Antrag an die Übermittlungsstelle zurückgesandt werden muss, wenn feststeht, dass die Zustellung innerhalb einer angemessenen Frist möglich ist. (14) Die Empfangsstelle sollte auch in den Fällen weiterhin alle für die Zustellung des Schriftstücks erforderlichen Schritte unternehmen, in denen es nicht möglich war, die Zustellung des Schriftstücks innerhalb eines Monats zu bewirken, beispielsweise weil der Beklagte urlaubsbedingt nicht zuhause war oder sich aus dienstlichen Gründen nicht in seinem Büro aufhielt. Die Übermittlungsstelle sollte jedoch zur Vermeidung einer unbefristeten Pflicht der Empfangsstelle, Schritte zur Zustellung des Schriftstücks zu unternehmen, in dem Formblatt eine Frist festlegen können, nach deren Ablauf die Zustellung nicht mehr erforderlich ist. (15) Aufgrund der verfahrensrechtlichen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestimmt sich der Zustellungszeitpunkt in den einzelnen Mitgliedstaaten nach unterschiedlichen Kriterien. Unter diesen Umständen und in Anbetracht der möglicherweise daraus entstehenden Schwierigkeiten sollte diese Verordnung deshalb eine Regelung vorsehen, nach der sich der Zustellungszeitpunkt nach dem Recht des EmpfangsmitSchütze
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1. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
gliedstaats bestimmt. Muss jedoch nach dem Recht eines Mitgliedstaats ein Schriftstück innerhalb einer bestimmten Frist zugestellt werden, so sollte im Verhältnis zum Antragsteller als Datum der Zustellung das Datum gelten, das sich aus dem Recht dieses Mitgliedstaats ergibt. Diese Regelung des doppelten Datums besteht nur in einer begrenzten Zahl von Mitgliedstaaten. Diejenigen Mitgliedstaaten, die diese Regelung anwenden, sollten dies der Kommission mitteilen, die diese Information im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichen und über das Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen, das durch die Entscheidung 2001/470/EG des Rates8 eingerichtet worden ist, zugänglich machen sollte. (16) Um den Zugang zum Recht zu erleichtern, sollten die Kosten, die dadurch entstehen, dass bei der Zustellung eine Amtsperson oder eine andere nach dem Recht des Empfangsmitgliedstaats zuständige Person mitwirkt, einer von diesem Mitgliedstaat nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung im Voraus festgesetzten einheitlichen Festgebühr entsprechen. Das Erfordernis einer einheitlichen Festgebühr sollte nicht die Möglichkeit ausschließen, dass die Mitgliedstaaten unterschiedliche Festgebühren für unterschiedliche Arten der Zustellung festlegen, sofern sie diese Grundsätze beachten. (17) Es sollte jedem Mitgliedstaat freistehen, Personen, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, Schriftstücke unmittelbar durch Postdienste per Einschreiben mit Rückschein oder gleichwertigem Beleg zustellen zu lassen. (18) Jeder an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligte sollte Schriftstücke unmittelbar durch Amtspersonen, Beamte oder sonstige zuständige Personen des Empfangsmitgliedstaats zustellen lassen können, wenn eine solche unmittelbare Zustellung nach dem Recht dieses Mitgliedstaats zulässig ist. (19) Die Kommission sollte ein Handbuch mit Informationen zur ordnungsgemäßen Anwendung dieser Verordnung erstellen, das über das Europäische Justizielle Netz für die Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen zugänglich gemacht werden sollte. Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten ihr Möglichstes tun, um sicherzustellen, dass diese Informationen aktuell und vollständig sind, insbesondere hinsichtlich der Kontaktinformationen zu den Empfangs- und den Übermittlungsstellen. (20) Die Berechnung der in dieser Verordnung vorgesehenen Fristen und Termine sollte nach Maßgabe der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine9 erfolgen. (21) Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse10 erlassen werden. (22) Der Kommission sollte insbesondere die Befugnis zur Aktualisierung oder technischen Anpassung der Formblätter in den Anhängen übertragen werden. Da es sich bei diesen Maßnahmen um Maßnahmen von allgemeiner Tragweite zur Änderung bzw. Streichung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung handelt, müssen sie nach Artikel 5 a des Beschlusses 1999/468/EG im Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen werden. (23) In den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien der von den Mitgliedstaaten geschlossenen bilateralen oder multilateralen Übereinkünfte oder
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8 ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 25. 9 ABl. L 124 vom 8.6.1971, S. 1. 10 ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23. Geändert durch den Beschluss 2006/512/EG (ABl. L 200 vom 22.7.2006, S. 11).
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Vereinbarungen sind, insbesondere des Protokolls zum Brüsseler Übereinkommen vom 27. September 196811 und des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965,12 hat diese Verordnung in ihrem Anwendungsbereich Vorrang vor den Bestimmungen der Übereinkünfte oder Vereinbarungen mit demselben Anwendungsbereich. Es steht den Mitgliedstaaten frei, Übereinkünfte oder Vereinbarungen zur Beschleunigung oder Vereinfachung der Übermittlung von Schriftstücken beizubehalten oder zu schließen, sofern diese Übereinkünfte oder Vereinbarungen mit dieser Verordnung vereinbar sind. (24) Die nach dieser Verordnung übermittelten Daten sollten angemessen geschützt werden. Diese Frage wird durch die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr13 und die Richtlinie 2002/ 58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation)14 geregelt. (25) Spätestens am 1. Juni 2011 und danach alle fünf Jahre sollte die Kommission die Anwendung der Verordnung prüfen und gegebenenfalls erforderliche Änderungen vorschlagen. (26) Da die Ziele dieser Verordnung auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. (27) Im Interesse einer besseren Übersicht und Verständlichkeit sollte die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 aufgehoben und durch die vorliegende Verordnung ersetzt werden. (28) Gemäß Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands beteiligen sich das Vereinigte Königreich und Irland an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung. (29) Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Dänemark nicht bindend oder anwendbar ist –
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11 Brüsseler Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckbarkeit gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 299 vom 31.12.1972, S. 32. Konsolidierte Fassung im ABl. C 27 vom 26.1.1998, S. 1). 12 Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen. 13 ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1). 14 ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37. Geändert durch die Richtlinie 2006/24/EG (ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 54).
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1. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
KAPITEL I Allgemeine Bestimmungen Artikel 1 Anwendungsbereich (1) Diese Verordnung ist in Zivil- oder Handelssachen anzuwenden, in denen ein gerichtliches oder außergerichtliches Schriftstück von einem in einen anderen Mitgliedstaat zum Zwecke der Zustellung zu übermitteln ist. Sie erfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta iure imperii“). (2) Diese Verordnung findet keine Anwendung, wenn die Anschrift des Empfängers des Schriftstücks unbekannt ist. (3) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff „Mitgliedstaat“ alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks. Artikel 2 Übermittlungs- und Empfangsstellen (1) Jeder Mitgliedstaat benennt die Amtspersonen, Behörden oder sonstigen Personen, die für die Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke, die in einem anderen Mitgliedstaat zuzustellen sind, zuständig sind, im Folgenden „Übermittlungsstellen“ genannt. (2) Jeder Mitgliedstaat benennt die Amtspersonen, Behörden oder sonstigen Personen, die für die Entgegennahme gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke aus einem anderen Mitgliedstaat zuständig sind, im Folgenden „Empfangsstellen“ genannt. (3) Die Mitgliedstaaten können entweder eine Übermittlungsstelle und eine Empfangsstelle oder eine Stelle für beide Aufgaben benennen. Bundesstaaten, Staaten mit mehreren Rechtssystemen oder Staaten mit autonomen Gebietskörperschaften können mehrere derartige Stellen benennen. Diese Benennung ist für einen Zeitraum von fünf Jahren gültig und kann alle fünf Jahre erneuert werden. (4) Jeder Mitgliedstaat teilt der Kommission folgende Angaben mit: a) die Namen und Anschriften der Empfangsstellen nach den Absätzen 2 und 3, b) den Bereich, für den diese örtlich zuständig sind, c) die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für den Empfang von Schriftstücken und d) die Sprachen, in denen das Formblatt in Anhang I ausgefüllt werden darf. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission jede Änderung dieser Angaben mit. Artikel 3 Zentralstelle Jeder Mitgliedstaat benennt eine Zentralstelle, die a) den Übermittlungsstellen Auskünfte erteilt; b) nach Lösungswegen sucht, wenn bei der Übermittlung von Schriftstücken zum Zwecke der Zustellung Schwierigkeiten auftreten; c) in Ausnahmefällen auf Ersuchen einer Übermittlungsstelle einen Zustellungsantrag an die zuständige Empfangsstelle weiterleitet. 137
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Bundesstaaten, Staaten mit mehreren Rechtssystemen oder Staaten mit autonomen Gebietskörperschaften können mehrere Zentralstellen benennen.
KAPITEL II Gerichtliche Schriftstücke ABSCHNITT 1 Übermittlung und Zustellung von gerichtlichen Schriftstücken Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken (1) Gerichtliche Schriftstücke sind zwischen den nach Artikel 2 benannten Stellen unmittelbar und so schnell wie möglich zu übermitteln. (2) Die Übermittlung von Schriftstücken, Anträgen, Zeugnissen, Empfangsbestätigungen, Bescheinigungen und sonstigen Dokumenten zwischen den Übermittlungs- und Empfangsstellen kann auf jedem geeigneten Übermittlungsweg erfolgen, sofern das empfangene Dokument mit dem versandten Dokument inhaltlich genau übereinstimmt und alle darin enthaltenen Angaben mühelos lesbar sind. (3) Dem zu übermittelnden Schriftstück ist ein Antrag beizufügen, der nach dem Formblatt in Anhang I erstellt wird. Das Formblatt ist in der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaats oder, wenn es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Ortes, an dem die Zustellung erfolgen soll, oder in einer sonstigen Sprache, die der Empfangsmitgliedstaat zugelassen hat, auszufüllen. Jeder Mitgliedstaat gibt die Amtssprache oder die Amtssprachen der Organe der Europäischen Union an, die er außer seiner oder seinen eigenen Amtssprache(n) für die Ausfüllung des Formblatts zulässt. (4) Die Schriftstücke sowie alle Dokumente, die übermittelt werden, bedürfen weder der Beglaubigung noch einer anderen gleichwertigen Formalität. (5) Wünscht die Übermittlungsstelle die Rücksendung einer Abschrift des Schriftstücks zusammen mit der Bescheinigung nach Artikel 10, so übermittelt sie das betreffende Schriftstück in zweifacher Ausfertigung. Artikel 5 Übersetzung der Schriftstücke (1) Der Antragsteller wird von der Übermittlungsstelle, der er das Schriftstück zum Zweck der Übermittlung übergibt, davon in Kenntnis gesetzt, dass der Empfänger die Annahme des Schriftstücks verweigern darf, wenn es nicht in einer der in Artikel 8 genannten Sprachen abgefasst ist. (2) Der Antragsteller trägt etwaige vor der Übermittlung des Schriftstücks anfallende Übersetzungskosten unbeschadet einer etwaigen späteren Kostenentscheidung des zuständigen Gerichts oder der zuständigen Behörde. Artikel 6 Entgegennahme der Schriftstücke durch die Empfangsstelle (1) Nach Erhalt des Schriftstücks übersendet die Empfangsstelle der Übermittlungsstelle auf schnellstmöglichem Wege und so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerSchütze
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1. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
halb von sieben Tagen nach Erhalt des Schriftstücks, eine Empfangsbestätigung unter Verwendung des Formblatts in Anhang I. (2) Kann der Zustellungsantrag aufgrund der übermittelten Angaben oder Dokumente nicht erledigt werden, so nimmt die Empfangsstelle auf schnellstmöglichem Wege Verbindung zu der Übermittlungsstelle auf, um die fehlenden Angaben oder Schriftstücke zu beschaffen. (3) Fällt der Zustellungsantrag offenkundig nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung oder ist die Zustellung wegen Nichtbeachtung der erforderlichen Formvorschriften nicht möglich, sind der Zustellungsantrag und die übermittelten Schriftstücke sofort nach Erhalt unter Verwendung des Formblatts in Anhang I an die Übermittlungsstelle zurückzusenden. (4) Eine Empfangsstelle, die ein Schriftstück erhält, für dessen Zustellung sie örtlich nicht zuständig ist, leitet dieses Schriftstück zusammen mit dem Zustellungsantrag an die örtlich zuständige Empfangsstelle in demselben Mitgliedstaat weiter, sofern der Antrag den Voraussetzungen in Artikel 4 Absatz 3 entspricht; sie setzt die Übermittlungsstelle unter Verwendung des Formblatts in Anhang I davon in Kenntnis. Die örtlich zuständige Empfangsstelle teilt der Übermittlungsstelle gemäß Absatz 1 den Eingang des Schriftstücks mit. Artikel 7 Zustellung der Schriftstücke (1) Die Zustellung des Schriftstücks wird von der Empfangsstelle bewirkt oder veranlasst, und zwar entweder nach dem Recht des Empfangsmitgliedstaats oder in einem von der Übermittlungsstelle gewünschten besonderen Verfahren, sofern dieses Verfahren mit dem Recht des Empfangsmitgliedstaats vereinbar ist. (2) Die Empfangsstelle unternimmt alle erforderlichen Schritte, um die Zustellung des Schriftstücks so rasch wie möglich, in jedem Fall jedoch binnen einem Monat nach Eingang auszuführen. Konnte die Zustellung nicht binnen einem Monat nach Eingang vorgenommen werden, verfährt die Empfangsstelle wie folgt: a) Sie teilt dies der Übermittlungsstelle unverzüglich unter Verwendung der Bescheinigung mit, die in dem Formblatt in Anhang I vorgesehen und gemäß Artikel 10 Absatz 2 auszufüllen ist, und b) Sie unternimmt weiterhin, sofern die Übermittlungsstelle nichts anderes angibt, alle für die Zustellung des Schriftstücks erforderlichen Schritte, falls die Zustellung innerhalb einer angemessenen Frist möglich scheint. Artikel 8 Verweigerung der Annahme eines Schriftstücks (1) Die Empfangsstelle setzt den Empfänger unter Verwendung des Formblatts in Anhang II davon in Kenntnis, dass er die Annahme des zuzustellenden Schriftstücks bei der Zustellung verweigern oder das Schriftstück der Empfangsstelle binnen einer Woche zurücksenden darf, wenn das Schriftstück nicht in einer der folgenden Sprachen abgefasst oder keine Übersetzung in einer der folgenden Sprachen beigefügt ist: a) einer Sprache, die der Empfänger versteht, oder b) der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaats oder, wenn es im Empfangsmitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Ortes, an dem die Zustellung erfolgen soll. 139
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(2) Wird der Empfangsstelle mitgeteilt, dass der Empfänger die Annahme des Schriftstücks gemäß Absatz 1 verweigert hat, so setzt sie die Übermittlungsstelle unter Verwendung der Bescheinigung nach Artikel 10 unverzüglich davon in Kenntnis und sendet den Antrag sowie die Schriftstücke, um deren Übersetzung ersucht wird, zurück. (3) Hat der Empfänger die Annahme des Schriftstücks gemäß Absatz 1 verweigert, kann die Zustellung dadurch bewirkt werden, dass dem Empfänger im Einklang mit dieser Verordnung das Dokument zusammen mit einer Übersetzung des Schriftstücks in eine der in Absatz 1 vorgesehenen Sprachen zugestellt wird. In diesem Fall ist das Datum der Zustellung des Schriftstücks das Datum, an dem die Zustellung des Dokuments zusammen mit der Übersetzung nach dem Recht des Empfangsmitgliedstaats bewirkt wird. Muss jedoch nach dem Recht eines Mitgliedstaats ein Schriftstück innerhalb einer bestimmten Frist zugestellt werden, so ist im Verhältnis zum Antragsteller als Datum der Zustellung der nach Artikel 9 Absatz 2 ermittelte Tag maßgeblich, an dem das erste Schriftstück zugestellt worden ist. (4) Die Absätze 1, 2 und 3 gelten auch für die Übermittlung und Zustellung gerichtlicher Schriftstücke nach Abschnitt 2. (5) Für die Zwecke von Absatz 1 gilt Folgendes: Erfolgt die Zustellung gemäß Artikel 13 durch diplomatische oder konsularische Vertretungen bzw. gemäß Artikel 14 durch eine Behörde oder Person, so setzen die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen bzw. die zustellende Behörde oder Person den Empfänger davon in Kenntnis, dass er die Annahme des Schriftstücks verweigern darf und dass Schriftstücke, deren Annahme verweigert wurden, diesen Vertretungen bzw. dieser Behörde oder Person zu übermitteln sind. Artikel 9 Datum der Zustellung (1) Unbeschadet des Artikels 8 ist für das Datum der nach Artikel 7 erfolgten Zustellung eines Schriftstücks das Recht des Empfangsmitgliedstaats maßgeblich. (2) Muss jedoch nach dem Recht eines Mitgliedstaats ein Schriftstück innerhalb einer bestimmten Frist zugestellt werden, so ist im Verhältnis zum Antragsteller als Datum der Zustellung der Tag maßgeblich, der sich aus dem Recht dieses Mitgliedstaats ergibt. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Übermittlung und Zustellung gerichtlicher Schriftstücke nach Abschnitt 2. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks (1) Nach Erledigung der für die Zustellung des Schriftstücks vorzunehmenden Schritte wird nach dem Formblatt in Anhang I eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt, die der Übermittlungsstelle übersandt wird. Bei Anwendung von Artikel 4 Absatz 5 wird der Bescheinigung eine Abschrift des zugestellten Schriftstücks beigefügt. (2) Die Bescheinigung ist in der Amtssprache oder in einer der Amtssprachen des Übermittlungsmitgliedstaats oder in einer sonstigen Sprache, die der Übermittlungsmitgliedstaat zugelassen hat, auszustellen. Jeder Mitgliedstaat gibt die Amtssprache oder die Amtssprachen der Organe der Europäischen Union an, die er außer seiner oder seinen eigenen Amtssprache(n) für die Ausfüllung des Formblatts zulässt.
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1. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
Artikel 11 Kosten der Zustellung (1) Für die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke aus einem anderen Mitgliedstaat darf keine Zahlung oder Erstattung von Gebühren und Auslagen für die Tätigkeit des Empfangsmitgliedstaats verlangt werden. (2) Der Antragsteller hat jedoch die Auslagen zu zahlen oder zu erstatten, die dadurch entstehen, a) dass bei der Zustellung eine Amtsperson oder eine andere nach dem Recht des Empfangsmitgliedstaats zuständige Person mitwirkt; b) dass ein besonderes Verfahren der Zustellung gewählt wird. Auslagen, die dadurch entstehen, dass bei der Zustellung eine Amtsperson oder eine andere nach dem Recht des Empfangsmitgliedstaats zuständige Person mitwirkt, müssen einer von diesem Mitgliedstaat nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung im Voraus festgesetzten einheitlichen Festgebühr entsprechen. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die jeweiligen Festgebühren mit.
ABSCHNITT 2 Andere Arten der Übermittlung und Zustellung gerichtlicher Schriftstücke Artikel 12 Übermittlung auf konsularischem oder diplomatischem Weg Jedem Mitgliedstaat steht es in Ausnahmefällen frei, den nach Artikel 2 oder Artikel 3 benannten Stellen eines anderen Mitgliedstaats gerichtliche Schriftstücke zum Zweck der Zustellung auf konsularischem oder diplomatischem Weg zu übermitteln. Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen (1) Jedem Mitgliedstaat steht es frei, Personen, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertretungen ohne Anwendung von Zwang zustellen zu lassen. (2) Jeder Mitgliedstaat kann nach Artikel 23 Absatz 1 mitteilen, dass er eine solche Zustellung in seinem Hoheitsgebiet nicht zulässt, außer wenn das Schriftstück einem Staatsangehörigen des Übermittlungsmitgliedstaats zuzustellen ist. Artikel 14 Zustellung durch Postdienste Jedem Mitgliedstaat steht es frei, Personen, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch Postdienste per Einschreiben mit Rückschein oder gleichwertigem Beleg zustellen zu lassen.
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Artikel 15 Unmittelbare Zustellung Jeder an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligte kann gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch Amtspersonen, Beamte oder sonstige zuständige Personen des Empfangsmitgliedstaats zustellen lassen, wenn eine solche unmittelbare Zustellung nach dem Recht dieses Mitgliedstaats zulässig ist.
KAPITEL III Außergerichtliche Schriftstücke Artikel 16 Übermittlung Außergerichtliche Schriftstücke können zum Zweck der Zustellung in einem anderen Mitgliedstaat nach Maßgabe dieser Verordnung übermittelt werden.
KAPITEL IV Schlussbestimmungen Artikel 17 Durchführungsbestimmungen Die Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Elemente dieser Verordnung wie die Aktualisierung oder technische Anpassung der Formblätter in den Anhängen I und II werden nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle gemäß Artikel 18 Absatz 2 erlassen. Artikel 18 Ausschuss (1) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. (2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5 a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8. Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten (1) War ein verfahrenseinleitendes Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nach dieser Verordnung zum Zweck der Zustellung in einen anderen Mitgliedstaat zu übermitteln und hat sich der Beklagte nicht auf das Verfahren eingelassen, so hat das Gericht das Verfahren auszusetzen, bis festgestellt ist, a) dass das Schriftstück in einem Verfahren zugestellt worden ist, das das Recht des Empfangsmitgliedstaats für die Zustellung der in seinem Hoheitsgebiet ausgestellten Schriftstücke an dort befindliche Personen vorschreibt, oder b) dass das Schriftstück tatsächlich entweder dem Beklagten persönlich ausgehändigt oder nach einem anderen in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren in seiner Wohnung abgegeben worden ist, Schütze
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1. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
und dass in jedem dieser Fälle das Schriftstück so rechtzeitig zugestellt oder ausgehändigt bzw. abgegeben worden ist, dass der Beklagte sich hätte verteidigen können. (2) Jeder Mitgliedstaat kann nach Artikel 23 Absatz 1 mitteilen, dass seine Gerichte ungeachtet des Absatzes 1 den Rechtsstreit entscheiden können, auch wenn keine Bescheinigung über die Zustellung oder die Aushändigung bzw. Abgabe eingegangen ist, sofern folgende Voraussetzungen gegeben sind: a) Das Schriftstück ist nach einem in dieser Verordnung vorgesehenen Verfahren übermittelt worden. b) Seit der Absendung des Schriftstücks ist eine Frist von mindestens sechs Monaten verstrichen, die das Gericht nach den Umständen des Falles als angemessen erachtet. c) Trotz aller zumutbaren Schritte bei den zuständigen Behörden oder Stellen des Empfangsmitgliedstaats war eine Bescheinigung nicht zu erlangen. (3) Unbeschadet der Absätze 1 und 2 kann das Gericht in dringenden Fällen einstweilige Maßnahmen oder Sicherungsmaßnahmen anordnen. (4) War ein verfahrenseinleitendes Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nach dieser Verordnung zum Zweck der Zustellung in einen anderen Mitgliedstaat zu übermitteln und ist eine Entscheidung gegen einen Beklagten ergangen, der sich nicht auf das Verfahren eingelassen hat, so kann ihm das Gericht in Bezug auf Rechtsmittelfristen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligen, sofern a) der Beklagte ohne sein Verschulden nicht so rechtzeitig Kenntnis von dem Schriftstück erlangt hat, dass er sich hätte verteidigen können, und nicht so rechtzeitig Kenntnis von der Entscheidung erlangt hat, dass er sie hätte anfechten können, und b) die Verteidigung des Beklagten nicht von vornherein aussichtslos scheint. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nur innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem der Beklagte von der Entscheidung Kenntnis erhalten hat, gestellt werden. Jeder Mitgliedstaat kann nach Artikel 23 Absatz 1 erklären, dass dieser Antrag nach Ablauf einer in seiner Mitteilung anzugebenden Frist unzulässig ist; diese Frist muss jedoch mindestens ein Jahr ab Erlass der Entscheidung betragen. (5) Absatz 4 gilt nicht für Entscheidungen, die den Personenstand betreffen. Artikel 20 Verhältnis zu von den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften oder Vereinbarungen (1) Die Verordnung hat in ihrem Anwendungsbereich Vorrang vor den Bestimmungen, die in den von den Mitgliedstaaten geschlossenen bilateralen oder multilateralen Übereinkünften oder Vereinbarungen enthalten sind, insbesondere vor Artikel IV des Protokolls zum Brüsseler Übereinkommen von 1968 und vor dem Haager Übereinkommen vom 15. November 1965. (2) Die Verordnung hindert einzelne Mitgliedstaaten nicht daran, Übereinkünfte oder Vereinbarungen zur weiteren Beschleunigung oder Vereinfachung der Übermittlung von Schriftstücken beizubehalten oder zu schließen, sofern sie mit dieser Verordnung vereinbar sind. (3) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission: a) eine Abschrift der zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünfte oder Vereinbarungen nach Absatz 2 sowie Entwürfe dieser von ihnen geplanten Übereinkünfte oder Vereinbarungen sowie b) jede Kündigung oder Änderung dieser Übereinkünfte oder Vereinbarungen.
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Artikel 21 Prozesskostenhilfe Artikel 23 des Abkommens über den Zivilprozess vom 17. Juli 1905, Artikel 24 des Übereinkommens über den Zivilprozess vom 1. März 1954 und Artikel 13 des Abkommens über die Erleichterung des internationalen Zugangs zu den Gerichten vom 25. Oktober 1980 bleiben im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten, die Vertragspartei dieser Übereinkünfte sind, von dieser Verordnung unberührt. Artikel 22 Datenschutz (1) Die Empfangsstelle darf die nach dieser Verordnung übermittelten Informationen – einschließlich personenbezogener Daten – nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie übermittelt wurden. (2) Die Empfangsstelle stellt die Vertraulichkeit derartiger Informationen nach Maßgabe ihres nationalen Rechts sicher. (3) Die Absätze 1 und 2 berühren nicht das Auskunftsrecht von Betroffenen über die Verwendung der nach dieser Verordnung übermittelten Informationen, das ihnen nach dem einschlägigen nationalen Recht zusteht. (4) Die Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG bleiben von dieser Verordnung unberührt. Artikel 23 Mitteilung und Veröffentlichung (1) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die Angaben nach den Artikeln 2, 3, 4, 10, 11, 13, 15 und 19 mit. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, ob nach ihrem innerstaatlichen Recht ein Dokument gemäß Artikel 8 Absatz 3 und Artikel 9 Absatz 2 innerhalb einer bestimmten Frist zugestellt werden muss. (2) Die Kommission veröffentlicht die gemäß Absatz 1 mitgeteilten Angaben im Amtsblatt der Europäischen Union, mit Ausnahme der Anschriften und sonstigen Kontaktdaten der Stellen und der Zentralstellen und ihrer geografischen Zuständigkeitsgebiete. (3) Die Kommission sorgt für die Erstellung und regelmäßige Aktualisierung eines Handbuchs, das die Angaben nach Absatz 1 enthält und in elektronischer Form bereitgestellt wird, insbesondere über das Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen. Artikel 24 Überprüfung Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss spätestens am 1. Juni 2011 und danach alle fünf Jahre einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung vor, wobei sie insbesondere auf die Effizienz der nach Artikel 2 bezeichneten Stellen und die praktische Anwendung des Artikels 3 Buchstabe c und des Artikels 9 achtet. Diesem Bericht werden erforderlichenfalls Vorschläge zur Anpassung dieser Verordnung an die Entwicklung der Zustellungssysteme beigefügt.
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1. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
Artikel 25 Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 (1) Die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 wird mit Beginn der Geltung dieser Verordnung aufgehoben. (2) Jede Bezugnahme auf die aufgehobene Verordnung gilt als Bezugnahme auf die vorliegende Verordnung nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang III. Artikel 26 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Sie gilt ab dem 13. November 2008 mit Ausnahme des Artikels 23, der ab dem 13. August 2008 gilt. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in den Mitgliedstaaten. anhängen!!!1
ANHANG I ANTRAG AUF ZUSTELLUNG VON SCHRIFTSTÜCKEN (Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten)1 Referenznummer: … 1. ÜBERMITTLUNGSSTELLE 1.1. Name/Bezeichnung: 1.2. Anschrift: 1.2.1. Straße und Hausnummer/Postfach: 1.2.2. PLZ und Ort: 1.2.3. Staat: 1.3. Tel. 1.4. Fax (*) 1.5. E-Mail (*): 2. EMPFANGSSTELLE: 2.1. Name/Bezeichnung: 2.2. Anschrift: 2.2.1. Straße und Hausnummer/Postfach: 2.2.2. PLZ und Ort: 2.2.3. Staat: 2.3. Tel. 2.4. Fax (*) 2.5. E-Mail (*): 3. ANTRAGSTELLER 3.1. Name/Bezeichnung: 3.2. Anschrift: 3.2.1. Straße und Hausnummer/Postfach:
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1 ABl. L 324 vom 10.12. 2007, S. 79. (*) Angabe freigestellt.
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3.2.2. PLZ und Ort: 3.2.3. Staat: 3.3. Tel. (*) 3.4. Fax (*) 3.5. E-Mail (*): EMPFÄNGER 4.1. Name/Bezeichnung: 4.2. Anschrift: 4.2.1. Straße und Hausnummer/Postfach: 4.2.2. PLZ und Ort: 4.2.3. Staat: 4.3. Tel. (*) 4.4. Fax (*) 4.5. E-Mail (*): 4.6. Personenkennziffer oder Sozialversicherungsnummer oder gleichwertige Kennnummer/Kennnummer des Unternehmens oder gleichwertige Kennnummer (*): VERFAHREN DER ZUSTELLUNG 5.1. Gemäß den Rechtsvorschriften des Empfangsmitgliedstaats: 5.2. Gemäß folgendem besonderen Verfahren: 5.2.1. Falls dieses Verfahren der Zustellung mit dem Recht des Empfangsmitgliedstaats unvereinbar ist, soll die Zustellung nach seinem Recht erfolgen: 5.2.1.1. Ja 5.2.1.2. Nein ZUZUSTELLENDES SCHRIFTSTÜCK 6.1. Art des Schriftstücks: 6.1.1. gerichtlich 6.1.1.1. schriftliche Vorladung 6.1.1.2. Urteil 6.1.1.3. Rechtsmittel 6.1.1.4. sonstiger Art 6.1.2. außergerichtlich 6.2. Datum oder Frist, nach dem/der die Zustellung nicht mehr erforderlich ist (*): … (Tag) … (Monat) … (Jahr) 6.3. Sprache des Schriftstücks: 6.3.1. Original (BG, ES, CS, DE, ET, EL, EN, FR, GA, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV, sonstige Sprache): 6.3.2. Übersetzung (*) (BG, ES, CS, DE, ET, EL, EN, FR, GA, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV, sonstige Sprache): 6.4. Anzahl der Anlagen: RÜCKSENDUNG EINER ABSCHRIFT DES SCHRIFTSTÜCKS ZUSAMMEN MIT DER BESCHEINIGUNG ÜBER DIE ZUSTELLUNG (Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007) 7.1. Ja (in diesem Fall ist das zuzustellende Schriftstück zweifach zu übersenden) 7.2. Nein
1. Nach Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 + müssen alle für die Zustellung erforderlichen Schritte so bald wie möglich, in jedem Fall aber innerhalb eines Monats nach Eingang des Schriftstücks erfolgen. Ist es nicht möglich gewesen, die Zustellung innerhalb eines Monats nach Eingang vorzunehmen, so muss dies der Übermittlungsstelle durch Angabe in Nummer 13 der Bescheinigung über die Zustellung bzw. Nichtzustellung von Schriftstücken mitgeteilt werden. 2. Kann der Antrag anhand der übermittelten Informationen oder Dokumente nicht erledigt werden, so müssen Sie nach Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 + auf schnellstmöglichem Weg
_____ (*) Angabe freigestellt.
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1. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
Verbindung zu der Übermittlungsstelle aufnehmen, um die fehlenden Angaben oder Schriftstücke zu beschaffen. Geschehen zu: … am: … Unterschrift und/oder Stempel: …
Referenznummer der Übermittlungsstelle: … Referenznummer der Empfangsstelle: …
EMPFANGSBESTÄTIGUNG (Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten) Diese Bestätigung ist auf schnellstmöglichem Weg und so bald wie möglich, in jedem Fall aber innerhalb von sieben Tagen nach Eingang des Schriftstücks zu übermitteln. 8. TAG DES EINGANGS: Geschehen zu: … am: … Unterschrift und/oder Stempel: …
Referenznummer der Übermittlungsstelle: … Referenznummer der Empfangsstelle: …
BENACHRICHTIGUNG ÜBER DIE RÜCKSENDUNG DES ANTRAGS UND DES SCHRIFTSTÜCKS (Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten)1 Der Antrag und das Schriftstück sind sofort nach Eingang zurückzuschicken. 9. GRUND FÜR DIE RÜCKSENDUNG 9.1. Der Antrag fällt offensichtlich nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung: 9.1.1. Das Schriftstück betrifft nicht Zivil- oder Handelssachen 9.1.2. Die Zustellung erfolgt nicht von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat
_____ 1
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ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 79.
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
9.2. Aufgrund der Nichtbeachtung der erforderlichen formellen Voraussetzungen ist die Zustellung nicht möglich: 9.2.1. Das Schriftstück ist nicht mühelos lesbar 9.2.2. Die zur Ausfüllung des Formblatts verwendete Sprache ist unzulässig 9.2.3. Das empfangene Schriftstück stimmt mit dem versandten Schriftstück inhaltlich nicht genau überein 9.2.4. Sonstiges (genaue Angaben): 9.3. Das Verfahren der Zustellung ist mit dem Recht des Empfangsmitgliedstaats nicht vereinbar (Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007) Geschehen zu: … am: … Unterschrift und/oder Stempel: …
Referenznummer der Übermittlungsstelle: … Referenznummer der Empfangsstelle: …
BENACHRICHTIGUNG ÜBER DIE WEITERLEITUNG DES ANTRAGS UND DES SCHRIFTSTÜCKS AN DIE ZUSTÄNDIGE EMPFANGSSTELLE (Artikel 6 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten)1 Der Antrag und das Schriftstück wurden an die folgende, örtlich zuständige Empfangsstelle weitergeleitet: 10. ZUSTÄNDIGE EMPFANGSSTELLE 10.1. Name/Bezeichnung: 10.2. Anschrift: 10.2.1. Straße und Hausnummer/Postfach: 10.2.2. PLZ und Ort: 10.2.3. Staat: 10.3. Tel. 10.4. Fax (*) 10.5. E-Mail (*): Geschehen zu: … am: … Unterschrift und/oder Stempel: …
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(*) Angabe freigestellt.
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1. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
Referenznummer der Übermittlungsstelle: … Referenznummer der zuständigen Empfangsstelle: …
EMPFANGSMITTEILUNG DER ÖRTLICH ZUSTÄNDIGEN EMPFANGSSTELLE AN DIE ÜBERMITTLUNGSSTELLE (Artikel 6 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten)1 Diese Mitteilung ist auf schnellstmöglichem Weg und so bald wie möglich, in jedem Fall aber innerhalb von sieben Tagen nach Eingang des Schriftstücks zu übermitteln. 11. TAG DES EINGANGS Geschehen zu: … am: … Unterschrift und/oder Stempel: …
Referenznummer der Übermittlungsstelle: … Referenznummer der Empfangsstelle: …
BESCHEINIGUNG ÜBER DIE ZUSTELLUNG BZW. NICHTZUSTELLUNG VON SCHRIFTSTÜCKEN (Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten)1 Die Schriftstücke werden so rasch wie möglich zugestellt. Konnte die Zustellung nicht binnen einem Monat nach Eingang vorgenommen werden, teilt die Empfangsstelle dies der Übermittlungsstelle mit (gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007) 12. DURCHFÜHRUNG DER ZUSTELLUNG 12.1. Tag und Ort der Zustellung: 12.2. Das Dokument wurde 12.12.2.1. gemäß dem Recht des Empfangsmitgliedstaats zugestellt, und zwar 12.12.12.2.1.1. übergeben 12.12.12.12.2.1.1.1. dem Empfänger persönlich: 12.12.12.12.2.1.1.2. einer anderen Person: 12.12.12.12.12.2.1.1.2.1. Name: 12.12.12.12.12.2.1.1.2.2. Anschrift: 12.12.12.12.12.12.2.1.1.2.2.1. Straße und Hausnummer/Postfach: 12.12.12.12.12.12.2.1.1.2.2.2. PLZ und Ort: 12.12.12.12.12.12.2.1.1.2.2.3. Staat: 12.12.12.12.12.2.1.1.2.3. Beziehung zum Empfänger: Familienangehöriger … Angestellter … Sonstiges … 12.12.12.12.2.1.1.3. am Wohnsitz des Empfängers
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ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 79.
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12.12.12.2.1.2. auf dem Postweg zustellt 12.12.12.12.2.1.2.1. ohne Empfangsbestätigung 12.12.12.12.2.1.2.2. mit der beigefügten Empfangsbestätigung 12.12.12.12.12.2.1.2.2.1. des Empfängers: 12.12.12.12.12.2.1.2.2.2. einer anderen Person: 12.12.12.12.12.12.2.1.2.2.2.1. Name: 12.12.12.12.12.12.2.1.2.2.2.2. Anschrift: 12.12.12.12.12.12.12.2.1.2.2.2.2.1. Straße und Hausnummer/Postfach: 12.12.12.12.12.12.12.2.1.2.2.2.2.2. PLZ und Ort: 12.12.12.12.12.12.12.2.1.2.2.2.2.3. Staat: 12.12.12.12.12.12.2.1.2.2.2.3. Beziehung zum Empfänger: Familienangehöriger … Angestellter … Sonstiges … 12.12.12.2.1.3. in anderer Art und Weise zugestellt (bitte genaue Angabe): 12.12.2.2. in folgender besonderer Art und Weise zugestellt (bitte genaue Angabe): 12.3. Der Empfänger des Schriftstücks wurde schriftlich davon in Kenntnis gesetzt, dass er die Entgegennahme des Schriftstücks verweigern kann, wenn es weder in einer Sprache, die er versteht, noch in einer Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Zustellungsortes abgefasst ist oder wenn dem Schriftstück keine Übersetzung in einer dieser Sprachen beigefügt ist. 13. MITTEILUNG GEMÄSS ARTIKEL 7 ABSATZ 2 DER VERORDNUNG (EG) Nr. 1393/2007 Die Zustellung konnte nicht binnen einem Monat nach Eingang des Schriftstücks vorgenommen werden. 14. VERWEIGERUNG DER ANNAHME Der Empfänger verweigerte die Annahme des Schriftstücks aufgrund der verwendeten Sprache. Das Schriftstück ist dieser Bescheinigung beigefügt. 15. GRUND FÜR DIE NICHTZUSTELLUNG DES SCHRIFTSTÜCKS 15.1. Wohnsitz nicht bekannt 15.2. Empfänger unbekannt 15.3. Das Schriftstück konnte nicht vor dem Datum bzw. innerhalb der Frist nach Nummer 6.2 zugestellt werden. 15.4. Sonstiges (bitte angeben): Das Schriftstück ist dieser Bescheinigung beigefügt. Geschehen zu: … am: … Unterschrift und/oder Stempel: …
ANHANG II BELEHRUNG DES EMPFÄNGERS ÜBER SEIN ANNAHMEVERWEIGERUNGSRECHT (Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten)1 Bulgarisch Litauisch Spanisch Ungarisch Tschechisch
_____ 1
ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 79.
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1. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
Maltesisch Deutsch Niederländisch Estnisch Polnisch Griechisch Portugiesisch Englisch Rumänisch Französisch Slowakisch Irisch Slowenisch Finnisch Lettisch … Geschehen zu: am: Unterschrift und/oder Stempel: DE: Die Zustellung des beigefügten Schriftstücks erfolgt im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1393/ 2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten. Sie können die Annahme dieses Schriftstücks verweigern, wenn es weder in einer Sprache, die Sie verstehen, noch in einer Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Zustellungsortes abgefasst ist, oder wenn ihm keine Übersetzung in einer dieser Sprachen beigefügt ist. Wenn Sie von Ihrem Annahmeverweigerungsrecht Gebrauch machen wollen, müssen Sie dies entweder sofort bei der Zustellung gegenüber der das Schriftstück zustellenden Person erklären oder das Schriftstück binnen einer Woche nach der Zustellung an die nachstehende Anschrift mit der Angabe zurücksenden, dass Sie die Annahme verweigern. ANSCHRIFT: 1. Name/Bezeichnung: 2. Anschrift: 2.1. Straße und Hausnummer/Postfach: 2.2. PLZ und Ort: 2.3. Staat: 3. Tel. 4. Fax (*) 5. E-Mail (*): ERKLÄRUNG DES EMPFÄNGERS Ich verweigere die Annahme des beigefügten Schriftstücks, da es entweder nicht in einer Sprache, die ich verstehe, oder nicht in einer Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Zustellungsortes abgefasst ist oder da dem Schriftstück keine Übersetzung in einer dieser Sprachen beigefügt ist.
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(*) Angabe freigestellt.
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Ich verstehe die folgende(n) Sprache(n): Italienisch Schwedisch Sonstige bitte angeben: … …
ANHANG III ENTSPRECHUNGSTABELLE Verordnung (EG) Nr. 1348/2000
Vorliegende Verordnung
Artikel 1 Absatz 1
Artikel 1 Absatz 1 Satz 1
–
Artikel 1 Absatz 1 Satz 2
Artikel 1 Absatz 2
Artikel 1 Absatz 2
–
Artikel 1 Absatz 3
Artikel 2
Artikel 2
Artikel 3
Artikel 3
Artikel 4
Artikel 4
Artikel 5
Artikel 5
Artikel 6
Artikel 6
Artikel 7 Absatz 1
Artikel 7 Absatz 1
Artikel 7 Absatz 2 Satz 1
Artikel 7 Absatz 2 Satz 1
Artikel 7 Absatz 2 Satz 2
Artikel 7 Absatz 2 Satz 2 (Einleitungssatz) und Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe a
–
Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b
Artikel 7 Absatz 2 Satz 3
–
Artikel 8 Absatz 1 Einleitungssatz
Artikel 8 Absatz 1 Einleitungssatz
Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a
Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b
Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b
Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a
Artikel 8 Absatz 2
Artikel 8 Absatz 2
–
Artikel 8 Absätze 3 bis 5
Artikel 9 Absätze 1 und 2
Artikel 9 Absätze 1 und 2
Artikel 9 Absatz 3
–
–
Artikel 9 Absatz 3
Artikel 10
Artikel 10
Artikel 11 Absatz 1
Artikel 11 Absatz 1
Artikel 11 Absatz 2
Artikel 11 Absatz 2 Unterabsatz 1
–
Artikel 11 Absatz 2 Unterabsatz 2
Artikel 12
Artikel 12
Schütze
152
1. Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke
Verordnung (EG) Nr. 1348/2000
Vorliegende Verordnung
Artikel 13
Artikel 13
Artikel 14 Absatz 1
Artikel 14
Artikel 14 Absatz 2
–
Artikel 15 Absatz 1
Artikel 15
Artikel 15 Absatz 2
–
Artikel 16
Artikel 16
Artikel 17 Einleitungssatz
Artikel 17
Artikel 17 Buchstaben a bis c
–
Artikel 18 Absätze 1 und 2
Artikel 18 Absätze 1 und 2
Artikel 18 Absatz 3
–
Artikel 19
Artikel 19
Artikel 20
Artikel 20
Artikel 21
Artikel 21
Artikel 22
Artikel 22
Artikel 23 Absatz 1
Artikel 23 Absatz 1 Satz 1
–
Artikel 23 Absatz 1 Satz 2
Artikel 23 Absatz 2
Artikel 23 Absatz 2
–
Artikel 23 Absatz 3
Artikel 24
Artikel 24
Artikel 25
–
–
Artikel 25
–
Artikel 26
Anhang
Anhang I
–
Anhang II
–
Anhang III
153
Schütze
Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1348/ 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (ABl. 2001 C 151, 4 ff.) 2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23 Einführung Dieses Amtsblatt enthält einen Teil der Informationen, die gemäß Artikel 23 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 zu veröffentlichen sind.1 Es handelt sich um die von den Mitgliedstaaten mitgeteilten Angaben gemäß den Artikeln 2 (Ursprungsstellen), 3, 4, 9, 10, 13, 14, 15 und 19 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000. Die Angaben Deutschlands gelten nur vorläufig, bis das deutsche Gesetz zur Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften in Kraft tritt. Es sei ferner daran erinnert, dass die Verordnung nicht für Dänemark gilt. Die Angaben zu den von jedem Mitgliedstaat zu benennenden Empfangsstellen werden hier nicht aufgeführt, da das Handbuch, das diese Angaben enthält, vor seiner Veröffentlichung dem Ausschuss gemäß Artikel 18 der Verordnung vorgelegt werden muss. Mit den hier veröffentlichten Informationen, insbesondere den Angaben zu den Zentralstellen, kann die Verordnung in der Praxis angewendet werden. Nach Maßgabe der Verordnung obliegt es nämlich den Zentralstellen, „den Übermittlungsstellen Auskünfte zu erteilen“, „nach Lösungswegen zu suchen, wenn Schwierigkeiten auftreten“, und „in Ausnahmefällen auf Ersuchen einer Übermittlungsstelle einen Zustellungsantrag an die zuständige Empfangsstelle weiterzuleiten.“ Die Empfangsstellen können, sobald sie von den Mitgliedstaaten benannt worden sind, die Aufgaben, die ihnen aufgrund der Verordnung obliegen, ab deren Inkrafttreten wahrnehmen. Solange die Angaben zu den Empfangsstellen nicht veröffentlicht sind, gilt die Zustellung von Schriftstücken in der Zeit vom Inkrafttreten der Verordnung bis zur Veröffentlichung dieser Angaben als „Ausnahme“ gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c). In der Praxis können sich die Übermittlungsstellen daher bis zur Veröffentlichung der Angaben zu den Empfangsstellen an die Zentralstelle des Mitgliedstaats wenden, in dessen Hoheitsgebiet ein Schriftstück zuzustellen ist, um die Zentralstelle zu ersuchen, – Namen, Anschrift und sonstige Angaben gemäß Artikel 2 Absatz 4 bezüglich der Empfangsstelle(n) mitzuteilen, die in dem betreffenden Fall zuständig ist (sind), um eine direkte Kontaktaufnahme zu ermöglichen, oder – den Zustellungsantrag an die zuständige Empfangsstelle weiterzuleiten. Um mit der Zentralstelle des Mitgliedstaats Verbindung aufzunehmen, in dessen Hoheitsgebiet die Zustellung zu erfolgen hat, kann die Übermittlungsstelle gegebenenfalls die Zentralstelle ihres eigenen Mitgliedstaats einschalten.
_____
1 Die Informationen sind teilweise veraltet. Änderungen können dem Europäischen Gerichtsatlas entnommen werden (Verf.).
Schütze
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2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23
BELGIEN Artikel 2 Übermittlungsstellen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Geschäftsstellen der Friedens- und Polizeigerichte. Geschäftsstellen der Gerichte erster Instanz. Geschäftsstellen der Handelsgerichte. Geschäftsstellen der Arbeitsgerichte. Geschäftsstellen der Appelationshöfe (und der Arbeitsgerichtshöfe). Geschäftsstellen des Kassationshofs. Staatsanwaltschaft (einschließlich des Arbeitsauditoriats). Gerichtsvollzieher (huissiers de justice). Artikel 3 Zentralstelle
Zentralstelle ist die „Chambre nationale des huissiers de justice/Nationale Kamer van Gerechtsdeurwaarders“. Chambre nationale des huissiers de justice/Nationale Kamer van Gerechtsdeurwaarders Avenue Henri Jaspar 93/Henri Jasparlaan 93 B – 1060 Brüssel Tel. (32-2) 538 00 92 Fax (32-2) 539 41 11 E-Mail: [email protected] [email protected]. Sprachkenntnisse: Französisch, Niederländisch, Deutsch und Englisch. Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken Das Antragsformular (Formblatt) kann außer in Französisch, Niederländisch und Deutsch auch in Englisch ausgefüllt werden. Artikel 9 Datum der Zustellung Belgien beabsichtigt, von Artikel 9 abzuweichen. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks Das Bescheinigungsformular kann außer in Französisch, Niederländisch und Deutsch auch in Englisch ausgefüllt werden.
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Schütze
Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Belgien lässt die Zustellung nach Artikel 13 Absatz 1 in seinem Hoheitsgebiet nicht zu. Artikel 14 Zustellung durch die Post Belgien lässt die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke durch die Post unter folgenden Voraussetzungen zu: – per Einschreiben mit Rückschein oder gleichwertiger Bescheinigung; – Erfordernis einer Übersetzung gemäß Artikel 8; – Verwendung eines von der Zentralstelle erstellten Formulars. Artikel 15 Unmittelbare Zustellung Belgien hat keine Einwände gegen die unmittelbare Zustellung gemäß Artikel 15 Absatz 1. Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten Die belgischen Gerichte können unbeschadet der Bestimmungen des Absatzes 1 den Rechtsstreit entscheiden, wenn alle Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Absatz 4 ist innerhalb eines Jahres nach Erlass der Entscheidung zu stellen.
DEUTSCHLAND In der Bundesrepublik Deutschland gilt bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (EG-Zustellungsdurchführungsgesetz – ZustDG) vorläufig, dass a) alle Stellen einschließlich Zentraler Behörden, denen im wechselseitigen Zustellungsverkehr Zuständigkeiten aufgrund des in Den Haag abgeschlossenen Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen oder aufgrund der dieses Übereinkommen oder das Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozess ergänzenden Zusatzvereinbarungen zugewiesen sind, auch für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten zuständig sind und b) Zustellungen, die ohne besonderes Ersuchen unmittelbar durch die Post vorgenommen werden, für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland nur in der Versandform des Einschreibens mit Rückschein und nur unter der weiteren Bedingung zugelassen werden, dass das zuzustellende Schriftstück in einer der folgenden Sprachen abgefasst oder ihm eine Übersetzung in eine dieser Sprachen beigefügt ist: Deutsch oder Schütze
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2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23
eine der Amtssprachen des Übermittlungsmitgliedstaats, sofern der Adressat Staatsangehöriger dieses Mitgliedstaats ist.
GRIECHENLAND Artikel 2 Übermittlungsstellen Übermittlungsstellen sind die Staatsanwaltschaften beim „Aeropagus“ (letztinstanzliches Berufungsgericht), bei den Berufungsgerichten und bei den erstinstanzlichen Gerichten. Artikel 3 Zentralstelle Zentralstelle ist das Justizministerium. Υπουργείο Δικαιοσύνης/Ipourgio Dikeosinis Mesogíon 96 GR–11527 Athen Tel. (30-1) 771 41 86 Fax (30-1) 771 59 94. Verantwortlich für die Entgegennahme der Dokumente sind Frau Argyro Eleftheriadou, Frau Eirini Kouzeli und Herr Georgos Kouvelas. Diese Beamten beherrschen Englisch und Französisch. Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken Das Antragsformular (Formblatt) kann außer in Griechisch auch in Englisch oder Französisch ausgefüllt werden. Artikel 9 Datum der Zustellung Griechenland beabsichtigt nicht, von Artikel 9 Absätze 1 und 2 abzuweichen. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks Griechenland lässt für die Ausfüllung des Bescheinigungsformulars außer Griechisch Englisch und Französisch zu. Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Griechenland hat keinen Vorbehalt gegen die Anwendung dieses Artikels.
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Schütze
Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Artikel 14 Zustellung durch die Post Griechenland akzeptiert die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke durch die Post, sofern die Schriftstücke per Einschreiben übermittelt werden und vom Empfänger, dessen gesetzlichem Vertreter oder seinem Ehepartner, seinen Kindern, Geschwistern oder Eltern entgegengenommen werden. Artikel 15 Unmittelbare Zustellung Griechenland hat keine Einwände gegen die Anwendung dieses Artikels. Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten Die griechischen Gerichte sind nicht verpflichtet, ungeachtet des Absatzes 1 den Rechtsstreit zu entscheiden, wenn alle Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Absatz 4 ist innerhalb von drei Jahren nach Erlass der Entscheidung zu stellen.
SPANIEN Artikel 2 Übermittlungsstellen Übermittlungsstellen sind in Spanien die Urkundsbeamten der erstinstanzlichen Gerichte (Secretarios Judiciales de los Juzgados de Primera Instancia). Artikel 3 Zentralstelle Als Zentralstelle wird für Spanien die „Subdirección General de Cooperación Jurídica Internacional del Ministerio de Justicia“ (Unterabteilung „Internationale justizielle Zusammenarbeit“ des Justizministeriums) benannt. Subdirección General de Cooperación Jurídica Internacional Ministerio de Justicia San Bernardo, 62 E–28015 Madrid Fax (34) 913 90 44 57. Zurzeit ist die Zentralstelle nur auf dem Postweg erreichbar. Sprachkenntnisse: Spanisch, Französisch und Englisch. Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken Das Antragsformular (Formblatt) kann außer in Spanisch auch in Englisch, Französisch und Portugiesisch ausgefüllt werden.
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2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23
Artikel 9 Datum der Zustellung Gemäß Artikel 9 Absatz 3 wird Spanien Artikel 9 Absatz 2 nicht anwenden. Die Nichtanwendung erfolgt aus Gründen der Rechtssicherheit und um einen wirksamen Rechtsschutz zu gewährleisten. Das spanische Rechtssystem lässt nicht zu, dass als Zustellungsdatum ein anderes Datum als das nach Absatz 1 gilt. Für die Festsetzung des Zustellungsdatums gilt demnach das Recht des Empfangsmitgliedstaats. Zivilrechtliche Verfahren sind in Spanien nicht an bestimmte Fristen gebunden. Innerhalb eines Verfahrens beginnen etwaige Fristen ab dem Tag nach der Zustellung des Schriftstücks. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks Eine Zustellungsbescheinigung gemäß Artikel 10 kann nicht in einer anderen Sprache ausgestellt werden. Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Spanien erhebt keine Einwände gegen eine Zustellung durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen unter den in Artikel 13 Absatz 1 festgelegten Voraussetzungen. Artikel 14 Zustellung durch die Post Eine Zustellung durch die Post ist per Einschreiben mit Rückschein zulässig. Das Zustellungsformblatt ist in spanischer Sprache auszufüllen. Artikel 15 Unmittelbare Zustellung Spanien hat keine Einwände gegen die unmittelbare Zustellung nach Artikel 15 Absatz 1. Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten In Spanien können die Gerichte entgegen Artikel 19 Absatz 1 die Aussetzung des Verfahrens aufheben und den Rechtsstreit entscheiden, sofern die Voraussetzungen des Absatzes 2 gegeben sind. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand muss innerhalb eines Jahres nach Erlass der Entscheidung gestellt werden.
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Schütze
Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
FRANKREICH Artikel 2 Übermittlungsstellen 1. 2.
Gerichtsvollzieher (huissiers de justice). Dienststellen der Gerichte (Kanzlei, Geschäftsstelle, Sekretariat), die für die Zustellung von Schriftstücken zuständig sind. Artikel 3 Zentralstelle Zentralstelle ist das „Bureau de l’entraide judiciaire civile et commerciale.“
Bureau de l’entraide judiciaire civile et commerciale Direction des affaires Civiles et du sceau 13, place Vendôme F–75042 Paris Cedex 01 Tel. (33) 144 86 14 83/(33) 144 86 14 01 Fax (33) 144 86 14 06. Sprachkenntnisse: Französisch und Englisch. Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken Das Antragsformular (Formblatt) kann auch in Englisch ausgefüllt werden. Artikel 9 Datum der Zustellung Frankreich beabsichtigt, von Artikel 9 Absatz 2 abzuweichen. Inhalt der abweichenden Regelung Erweiterung des Anwendungsbereichs von Artikel 9 Absatz 2 durch Aufhebung der nachstehenden Bedingungen: – Schriftstück im Rahmen eines Verfahrens – Schriftstück, dessen Zustellung innerhalb einer bestimmten Frist zu erfolgen hat. Absatz 2 lautet daher wie folgt: „Für die Zustellung eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Schriftstücks ist im Verhältnis zum Antragsteller als Datum der Zustellung der Tag maßgeblich, der sich aus dem Recht des Übermittlungsmitgliedstaats ergibt.“ Gründe für die abweichende Regelung Als Datum der Zustellung gilt gegenüber dem Antragsteller das Datum der Übermittlung des Schriftstücks durch die französische Übermittlungsstelle. Dieses Datum ist nicht nur für Schriftstücke im Rahmen eines Verfahrens von Bedeutung, sondern auch für außergerichtliche, von einem „huissier de justice“ zugestellte Schriftstücke, für die das Gesetz vorschreibt, dass sich deren Zustellungsdatum, von dem die Aufrechterhaltung oder Ausübung eines Rechts abhängt, zweifelsfrei bestimmen lässt. Dies gilt unter anderem für bestimmte Schriftstücke im Zusammenhang mit der Vermietung von Geschäftsräumen (Kündigung, Verlängerung des Mietvertrags, UmwidSchütze
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2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23
mung) oder mit Landpachtverträgen (Kündigung, Kündigung wegen Eigenbedarf, Vorkaufsrecht) oder in Verbindung mit Sicherheitsleistungen oder Vollstreckungsmaßnahmen (Pfändung oder Räumungsbefehl). Überdies können mit dem Zustellungsdatum eines Schriftstücks, für das gesetzlich keine Zustellungsfrist vorgeschrieben ist, Rechtswirkungen verbunden sein. Dies gilt sowohl für gerichtliche Schriftstücke (z.B. Zustellungsdatum eines Urteils, das für die Rechtsmittelfrist maßgeblich ist) als auch für außergerichtliche Schriftstücke (z.B. ein Zahlungsbefehl, der eine Verjährung unterbrechen oder Verzugszinsen auslösen kann). In diesen Fällen ist es im Interesse der Rechtssicherheit geboten, dass der Antragsteller unverzüglich Kenntnis von dem genauen Zustellungsdatum erhält. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks Das Bescheinigungsformular kann auch in Englisch ausgefüllt werden. Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Frankreich beabsichtigt nicht, Einwände gegen die Anwendung von Artikel 13 Absatz 1 in seinem Hoheitsgebiet zu erheben. Artikel 14 Zustellung durch die Post Per Einschreiben mit Rückschein, auf dem die versandten Schriftstücke aufgeführt sind, oder auf andere Weise, mit der sich das Absende- und Übergabedatum sowie der Inhalt der Sendung nachweisen lässt. Artikel 15 Unmittelbare Zustellung Frankreich hat keine Einwände gegen eine unmittelbare Zustellung gemäß Artikel 15 Absatz 1. Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten Die französischen Gerichte können ungeachtet des Absatzes 1 den Rechtsstreit entscheiden, sofern alle Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist innerhalb eines Jahres nach Erlass der Entscheidung zu stellen.
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
IRLAND Artikel 2 Übermittlungsstellen Übermittlungsstellen sind die 26 dem „Circuit Court Office“ der einzelnen Grafschaften angeschlossen „County Registrars“. Artikel 3 Zentralstelle The Master The High Court Four Courts Dublin 7 Irland. Mitteilungen in Englisch oder Gälisch können per Post oder per Fax (Nr. (353-1) 872 56 69) an das „Central Office of the High Court“ gerichtet werden. Das „Central Office of the High Court“ kann auch telefonisch unter der Nummer (353-1) 888 60 00 kontaktiert werden. Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken Das Antragsformular (Formblatt) kann neben Englisch und Gälisch auch in Französisch ausgefüllt werden. Artikel 9 Datum der Zustellung Irland beabsichtigt, von Artikel 9 abzuweichen, um zu vermeiden, dass unter bestimmten Umständen zwischen dem Antragsteller und dem Empfänger unterschiedliche Zustellungsdaten maßgeblich sind. Darüber hinaus wäre die Einführung einer solchen Regelung zum derzeitigen Zeitpunkt insbesondere wegen ihrer nicht hinreichend klaren Formulierung nicht mit der gegenwärtig geübten Rechtspraxis vereinbar. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks Die Zustellungsbescheinigung kann neben Englisch und Gälisch auch in Französisch ausgefüllt werden. Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Irland hat keine Einwände gegen eine Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen.
Schütze
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2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23
Artikel 14 Zustellung durch die Post Die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke durch die Post ist per Einschreiben unter vorheriger Bezahlung zulässig, sofern sichergestellt ist, dass nicht zugestellte Schriftstücke zurückgesandt werden. Artikel 15 Unmittelbare Zustellung In Bezug auf Artikel 15 Absatz 2 erklärt Irland, dass es keine Einwände dagegen hat, dass an einem Gerichtsverfahren Beteiligte gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch einen „Solicitor“ in Irland zustellen lassen. Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten Ein irisches Gericht kann ungeachtet des Artikels 19 Absatz 1 den Rechtsstreit auch dann entscheiden, wenn keine Bescheinigung über die Zustellung oder Abgabe eingegangen ist, sofern alle Bedingungen nach Absatz 2 erfüllt sind. Hinsichtlich Artikel 19 Absatz 4 obliegt es dem zuständigen Gericht, sich zu überzeugen, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem der Beklagte von der Entscheidung Kenntnis erhalten hat, gestellt wurde.
ITALIEN Artikel 2 Übermittlungsstellen 1. 2.
Zentralbüros der Gerichtsvollzieher bei den Berufungsgerichten (Uffici unici degli ufficiali giudiziari costituiti presso le Corti di appello). Zentralbüros der Gerichtsvollzieher bei den Gerichten erster Instanz, die nicht Sitz des „Corte di Appello“ sind, und bei ihren Außenstellen (Uffici unici degli ufficiali giudiziari costituiti presso i tribunali ordinari che non siano sede di Corte di appello e presso le relative sezioni distaccate). Artikel 3 Zentralstelle Zentralstelle ist das Zentralbüro der Gerichtsvollzieher beim Berufungsgericht Rom.
Ufficio unico degli ufficiali giudiziari presso la Corte d’appello di Roma via C. Poma, 5 I – 00195 Rom Tel. (39) 06 37 51 73 34 Fax (39) 06 372 46 67. Nach Italien zuzustellende Schriftstücke sind auf dem Postweg zu übermitteln. Sie werden den Übermittlungsstellen ebenfalls auf dem Postweg zurückgeschickt. Sprachkenntnisse: Italienisch, Französisch und Englisch. 163
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken Das Antragsformular (Formblatt) kann außer in Italienisch auch in Französisch und Englisch ausgefüllt werden. Artikel 9 Datum der Zustellung Italien beabsichtigt nicht, von Artikel 9 Absätze 1 und 2 abzuweichen. Für das Datum der Zustellung ist daher das Recht des Empfangsstaats maßgeblich. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks Das Bescheinigungsformular kann außer in Italienisch in Französisch und Englisch ausgestellt werden. Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Eine unmittelbare Zustellung gerichtlicher Schriftstücke durch diplomatische oder konsularische Vertretungen an Personen, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, ist nicht zugelassen, außer wenn das Schriftstück einem italienischen Staatsbürger mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat zuzustellen ist. Eine Zustellung gerichtlicher Schriftstücke durch diplomatische oder konsularische Vertretungen eines Mitgliedstaats an Personen, die ihren Wohnsitz in Italien haben, ist nicht zugelassen, außer wenn das Schriftstück einem Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats zuzustellen ist. Artikel 14 Zustellung durch die Post Die Zustellung von Schriftstücken durch die Post ist nur dann zulässig, wenn diese mit einer Übersetzung ins Italienische versehen sind. Artikel 15 Unmittelbare Zustellung Jeder an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligte kann gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch zuständige Amtspersonen des Empfangsmitgliedstaats zustellen lassen. Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten Die italienischen Gerichte haben nicht die Befugnis, ungeachtet des Absatzes 1 den Rechtsstreit zu entscheiden. Schütze
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2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23
LUXEMBURG Artikel 2 Übermittlungsstellen Die Gerichtsvollzieher fungieren als Übermittlungsstellen. Artikel 3 Zentralstelle Zentralstelle ist die Generalstaatsanwaltschaft beim Obersten Gerichtshof. Parquet général près la Cour supérieure de justice Boîte postale 15 L–2010 Luxemburg Tel. (352) 47 59 81-336 Fax (352) 47 05 50 E-Mail: [email protected]. Sprachkenntnisse: Französisch und Deutsch. Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken Das Antragsformular (Formblatt) kann außer in Französisch auch in Deutsch ausgefüllt werden. Artikel 9 Datum der Zustellung Luxemburg gibt hierzu keine Erklärung ab, so dass Artikel 9 Absätze 1 und 2 in der Fassung der Verordnung anwendbar sind. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks Das Bescheinigungsformular kann außer in Französisch auch in Deutsch ausgestellt werden. Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Eine unmittelbare Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke durch diplomatische oder konsularische Vertretungen Luxemburgs im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ist nicht zugelassen. Eine solche Zustellung durch diplomatische oder konsularische Vertretungen anderer Mitgliedstaaten in Luxemburg ist ebenfalls nicht zugelassen, außer wenn das Schriftstück einem Staatsangehörigen des Übermittlungsmitgliedstaats zuzustellen ist.
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Schütze
Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Artikel 14 Zustellung durch die Post Die einfache Zustellung („notification“) gerichtlicher Schriftstücke per Post ist zulässig (die amtliche Zustellung („signification“) muss von einem Gerichtsvollzieher nach Maßgabe des luxemburgischen Rechts vorgenommen werden). Die Zustellung von Schriftstücken per Post muss per Einschreiben mit Rückschein und unter Wahrung der Verordnungsbestimmungen über die Übersetzung erfolgen. Artikel 15 Unmittelbare Zustellung Luxemburg lässt die Möglichkeit nach Artikel 15 zu, sofern der Gerichtsvollzieher im Empfangsstaat nicht für die Richtigkeit der Form und des Inhalts des ihm vom Beteiligten unmittelbar zugestellten Schriftstücks, sondern nur für die Form und Art der Zustellung im Empfangsstaat verantwortlich ist. Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten Die luxemburgischen Gerichte können ungeachtet des Artikels 19 Absatz 1 den Rechtsstreit entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 gegeben sind. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Artikel 19 Absatz 4 kann als unzulässig erklärt werden, wenn er nicht innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem der Beklagte von der Entscheidung Kenntnis erhalten oder nachdem die Handlungsunfähigkeit geendet hat, gestellt wird; der Antrag kann jedenfalls nur binnen eines Jahres nach Zustellung der Entscheidung gestellt werden.
NIEDERLANDE Artikel 2 Übermittlungsstellen 1. 2.
Die Gerichtsvollzieher. Die Gerichte („kantongerecht, arrondissementsrechtbank, gerechtshof en Hoge Raad“ – etwa: Amtsgericht, Landgericht, Gerichtshof und Hoher Rat), sofern sie einen gesetzlichen Auftrag im Zusammenhang mit der Vorladung von Personen oder der Zustellung von Schriftstücken haben. Artikel 3 Zentralstelle
Die Zentralstelle ist bis zum Inkrafttreten des neuen Gerichtsvollziehergesetzes (Mitte 2001) die „Koninklijke Vereniging van Gerechtsdeurwaarders“ und anschließend die „Koninklijke Beroepsorganisatie van Gerechtsdeurwaarders“.
Schütze
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2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23
Die Anschrift der beiden Vereinigungen lautet: Varrolaan 100 3584 BW Utrecht Postbus 8138 3503 RC Utrecht Niederlande Tel. (31-30) 689 89 24 Fax (31-30) 689 99 24 E-Mail: [email protected] (nach Inkrafttreten des neuen Gerichtsvollziehergesetzes: [email protected]). Die Zentralstelle kann Schriftstücke per Post, Fax, E-Mail oder Telefon in niederländischer oder englischer Sprache empfangen und übermitteln. Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken Das Antragsformular (Formblatt) kann außer in Niederländisch auch in Englisch ausgefüllt werden. Artikel 9 Datum der Zustellung Die Niederlande beabsichtigen nicht, von Artikel 9 Absätze 1 und 2 abzuweichen. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks Die Zustellungsbescheinigung kann außer in Niederländisch auch in Englisch ausgefüllt werden. Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Die Niederlande erheben keine Einwände gegen die Möglichkeit, dass ein Mitgliedstaat Personen, die ihren Wohnsitz in den Niederlanden haben, gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertretungen ohne Anwendung von Zwang zustellen lässt. Artikel 14 Zustellung durch die Post Die Niederlande sind mit der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke durch die Post unter folgenden Voraussetzungen einverstanden: a) die Zustellung durch die Post an Personen, die sich in den Niederlanden befinden, erfolgt per Einschreiben; 167
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
b) Schriftstücke, die auf dem Postweg an Personen geschickt werden, die ihren Wohnsitz in den Niederlanden haben, sind in Niederländisch verfasst oder ins Niederländische übersetzt bzw. in einer Sprache verfasst oder in diese übersetzt, die die Person, für die das Schriftstück bestimmt ist, versteht. Artikel 15 Unmittelbare Zustellung Die Niederlande haben keine Einwände gegen eine unmittelbare Zustellung. Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten Die niederländischen Gerichte können (infolge der dazu in Vorbereitung befindlichen Durchführungsvorschriften) ungeachtet des Absatzes 1 den Rechtsstreit entscheiden, wenn alle Voraussetzungen nach Absatz 2 erfüllt sind. Nach dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung getroffen wurde, kann eine neue Frist erteilt werden, wenn der Antrag auf Erteilung dieser neuen Frist innerhalb eines Jahres ab dem Tag eingereicht wird, zu dem entschieden wurde.
ÖSTERREICH Artikel 2 Übermittlungsstellen Übermittlungsstellen sind die Bezirksgerichte, die Landes- und Oberlandesgerichte, das Arbeits- und Sozialgericht Wien, das Handelsgericht Wien, der Jugendgerichtshof Wien sowie der Oberste Gerichtshof. Artikel 3 Zentralstelle Zentralstelle ist das Bundesministerium für Justiz. Bundesministerium für Justiz Postfach 63 A–1016 Wien oder Bundesministerium für Justiz Museumstraße 7 A–1070 Wien oder Bundesministerium für Justiz Neustiftgasse 2 A–1070 Wien Tel. (43-1) 521 52-22 92 (43-1) 521 52-21 15 (43-1) 521 52-21 30 Fax (43-1) 521 52-28 29
Schütze
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2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23
E-Mail: [email protected] [email protected] [email protected] Sprachkenntnisse: Deutsch und Englisch. Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken Das Antragsformular (Formblatt) kann außer in Deutsch auch in Englisch ausgefüllt werden. Artikel 9 Datum der Zustellung Die Republik Österreich beabsichtigt nicht, von Artikel 9 Absätze 1 und 2 abzuweichen. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks Das Bescheinigungsformular kann außer in Deutsch auch in Englisch ausgestellt werden. Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Gegen die Zustellung nach Artikel 13 Absatz 1 bestehen keine Einwände. Artikel 14 Zustellung durch die Post Gemäß Artikel 14 Absatz 2 werden für die Zulässigkeit von Postzustellungen, die von einem anderen Vertragsstaat ausgehen und im Hoheitsgebiet der Republik Österreich vorgenommen werden sollen, folgende Bedingungen festgelegt: 1. Die im Postweg zuzustellenden Schriftstücke müssen in der Amtssprache des Zustellungsortes abgefasst oder mit einer beglaubigten Übersetzung in diese Sprache versehen sein. 2. Ist diese Sprachenregelung nicht eingehalten, so steht dem Zustellungsempfänger ein Annahmeverweigerungsrecht zu. Macht er von diesem Recht Gebrauch, so ist die Zustellung als nicht bewirkt anzusehen. Der Zustellungsempfänger muss über das Annahmeverweigerungsrecht schriftlich belehrt werden. 3. Der Zustellungsempfänger hat von seinem Annahmeverweigerungsrecht dadurch Gebrauch zu machen, dass er innerhalb von drei Tagen gegenüber der Stelle, die das Schriftstück zugestellt hat, oder gegenüber der Absendestelle unter Rücksendung des Schriftstücks erklärt, dass er zur Annahme nicht bereit ist. Die Frist beginnt mit der Zustellung; der Postlauf wird in diese Frist nicht eingerechnet, so dass das Datum des Poststempels maßgeblich ist. 169
Schütze
Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
4.
Die Postsendungen müssen unter Benützung der im Weltpostverkehr üblichen „internationalen Rückscheine“ übersandt werden.
Für die Belehrung des Zustellungsempfängers im Fall einer Postzustellung empfiehlt sich folgender Text: „Das angeschlossene Schriftstück wird Ihnen unter Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten, ABl. L 160 vom 30. Juni 2000, S. 37 ff., zugestellt. Sie sind berechtigt, die Annahme des Schriftstückes zu verweigern, wenn dieses nicht in deutscher Sprache abgefasst oder nicht mit einer beglaubigten Übersetzung in diese Sprache versehen ist. Sollten Sie von diesem Annahmeverweigerungsrecht Gebrauch machen wollen, müssen Sie innerhalb von drei Tagen ab der Zustellung gegenüber der Stelle, die das Schriftstück zugestellt hat, oder gegenüber der Absendestelle unter Rücksendung des Schriftstückes an eine dieser Stellen erklären, dass Sie zur Annahme nicht bereit sind.“ Artikel 15 Unmittelbare Zustellung Die Republik Österreich erklärt, dass sie Zustellungen gerichtlicher Schriftstücke unmittelbar durch Amtspersonen, Beamte oder sonstige zuständige Personen des Empfangsstaats auf ihrem Hoheitsgebiet nicht zulässt. Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten Die österreichischen Gerichte können ungeachtet des Absatzes 1 den Rechtsstreit unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 entscheiden. Die Republik Österreich gibt keine Frist gemäß Artikel 19 Absatz 4 letzter Unterabsatz für die Stellung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an.
PORTUGAL Artikel 2 Übermittlungsstellen Portugal benennt als Übermittlungsstelle das „Tribunal de Comarca“ in Person des Gerichtsvollziehers. Artikel 3 Zentralstelle Zentralstelle ist die „Direcção-Geral da Administração da Justiça“ (Generaldirektion Justizverwaltung). Direcção-Geral da Administração da Justiça Avenida 5 de Outubro, n.° 125 P – 1069-044 Lisboa Schütze
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2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23
Tel. Fax
(351) 217 90 62 33-44 (351) 217 90 62 49. Sprachkenntnisse: Portugiesisch, Spanisch, Französisch und Englisch. Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken
Das Antragsformular (Formblatt) kann außer in Portugiesisch auch in Spanisch ausgefüllt werden. Artikel 9 Datum der Zustellung Portugal beabsichtigt, von Absatz 2 abzuweichen, da die Festlegung unterschiedlicher Zustellungsdaten anhand zweier verschiedener Rechtsordnungen Unklarheiten zu Lasten der Rechtssicherheit hervorrufen kann. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks Das Bescheinigungsformular kann außer in Portugiesisch auch in Spanisch ausgestellt werden. Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Portugal hat keinen Vorbehalt gegen die Anwendung dieses Artikels. Artikel 14 Zustellung durch die Post Portugal hat keinen Vorbehalt gegen die Anwendung dieses Artikels. Artikel 15 Unmittelbare Zustellung Portugal lässt diese Form der Zustellung auf seinem Hoheitsgebiet aus Gründen der Rechtssicherheit nicht zu. Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten Portugal nimmt Artikel 19 Absatz 2 nicht in Anspruch. Portugiesische Gerichte können daher die darin gebotene Möglichkeit nicht anwenden. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Bezug auf Rechtsmittelfristen kann innerhalb eines Jahres ab Erlass der angefochtenen Entscheidung gestellt werden (Artikel 19 Absatz 4). 171
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FINNLAND Artikel 2 Übermittlungsstellen Übermittlungsstellen sind die erstinstanzlichen Gerichte, die Berufungsgerichte, der Oberste Gerichtshof und das Justizministerium. Artikel 3 Zentralstelle Zentralstelle ist das Justizministerium. Oikeusministeriö PL 1/Eteläesplanadi 10 FIN – 00131 Helsinki Tel. (358-9) 18 25 76 28 Fax (358-9) 18 25 75 24 E-Mail: [email protected] Schriftstücke können per Post, per Fax oder per E-Mail übermittelt werden. Sprachkenntnisse: Finnisch, Schwedisch und Englisch. Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken Das Antragsformular kann außer in Finnisch auch in Englisch ausgefüllt werden. Artikel 9 Datum der Zustellung Finnland beabsichtigt, nach Maßgabe von Absatz 3 von den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 abzuweichen. Für diese Bestimmungen gibt es in ihrer derzeitigen Fassung im finnischen Rechtssystem keine ersichtliche Ratio legis, so dass sie in der Praxis nicht angewandt werden können. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks Das Bescheinigungsformular kann außer in Finnisch auch in Englisch ausgestellt werden. Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Finnland hat keine Einwände gegen diese Form der Zustellung.
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2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23
Artikel 14 Zustellung durch die Post Finnland lässt die Zustellung von Schriftstücken durch die Post unter der Voraussetzung zu, dass der Empfänger eine Empfangsbestätigung unterzeichnet oder den Empfang in anderer Weise bestätigt. Außer Ladungen können andere Schriftstücke auch per Post an eine vom Empfänger den zuständigen Behörden mitgeteilte Anschrift zugestellt werden. Artikel 15 Unmittelbare Zustellung Finnland hat keine Einwände gegen diese Form der Zustellung. Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten Finnland beabsichtigt keine Mitteilung gemäß Absatz 2 dieses Artikels. Die finnischen Gerichte dürfen demnach keinen Rechtsstreit nach Maßgabe von Absatz 2 entscheiden. Eine Mitteilung gemäß Absatz 4 ist daher ebenfalls nicht erforderlich.
SCHWEDEN Artikel 2 Übermittlungsstellen Übermittlungsstellen sind Gerichte, Gerichtsvollzieher und andere schwedische Amtspersonen, die zivil- und handelsrechtliche Schriftstücke zustellen. Artikel 3 Zentralstelle Zentralstelle ist das Justizministerium. Justitiedepartementet S – 103 33 Stockholm Tel. (46-8) 405 10 00 Fax (46-8) 20 27 34 E-Mail: [email protected]. Informationen können per Post, per Fax oder je nach den im Einzelfall geltenden Bestimmungen auf andere Weise entgegengenommen werden. Eine Kontaktaufnahme ist auch telefonisch möglich. Sprachkenntnisse: Schwedisch und Englisch. Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken Das Antragsformular kann außer in Schwedisch auch in Englisch ausgefüllt werden. 173
Schütze
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Artikel 9 Datum der Zustellung Schweden beabsichtigt nicht, Artikel 9 Absatz 2 im Verhältnis zum Antragsteller anzuwenden, da es der schwedischen Rechtsordnung fremd ist, im Verhältnis zum Antragsteller und zum Empfänger von einem unterschiedlichen Zustellungsdatum auszugehen. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks Das Bescheinigungsformular kann auch in Englisch ausgestellt werden. Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Schweden lässt die Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen zu. Artikel 14 Zustellung durch die Post Schweden stellt keine besonderen Bedingungen an die Zulässigkeit einer Zustellung durch die Post. Artikel 15 Unmittelbare Zustellung Schweden erhebt keine Einwände dagegen, dass jeder an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligte gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch Beamte oder sonstige zuständige Personen zustellen lassen kann. Schwedische Behörden sind jedoch nicht verpflichtet, entsprechenden Anträgen stattzugeben. Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten Schwedische Gerichte können den Rechtsstreit nur dann entscheiden, wenn die Voraussetzungen von Artikel 19 Absatz 2 und von Artikel 19 Absatz 1 erfüllt sind. Schweden hat nicht die Absicht, eine Erklärung nach Artikel 19 Absatz 4 abzugeben.
VEREINIGTES KÖNIGREICH Artikel 2 Übermittlungsstellen 1.
England und Wales: Übermittlungsstelle ist „The Senior Master, for the attention of the Foreign Process Department, Royal Courts of Justice.“
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2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23
2.
3.
4.
Schottland: Übermittlungsstellen sind die „Messengers-at-Arms“ (Gerichtsvollzieher) und die „accredited solicitors“ (diese sind für einen bestimmten Rechtsbereich, z.B. Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Strafrecht usw. zugelassen). Nordirland: Übermittlungsstelle ist „The Master (Queen’s Bench and Appeals), Royal Courts of Justice.“ Gibraltar: Übermittlungsstelle ist „The Registrar of the Supreme Court of Gibraltar.“ Artikel 3 Zentralstelle
1.
England und Wales: The Senior Master For the attention of the Foreign Process Department (Room E10) Royal Courts of Justice Strand London WC2A 2LL Vereinigtes Königreich Tel. (44-207) 9 47 61 91 Fax (44-207) 9 47 62 37.
2.
Schottland: Scottish Executive Civil Justice and International Division Hayweight House Lauriston Street Edinburgh EH3 9DQ Schottland Vereinigtes Königreich Tel. (44-131) 221 67 60 Fax (44-131) 221 68 94.
3.
Nordirland: The Master (Queen’s Bench and Appeals) Royal Courts of Justice Chichester Street Belfast BT1 3JF Vereinigtes Königreich Tel. (44-28) 90 72 47 06 Fax (44-28) 90 23 51 86.
4.
Gibraltar: The Registrar of the Supreme Court of Gibraltar Supreme Court Main Street Gibraltar Tel. (350) 788 08 Fax (350) 771 18.
Die Kommunikation erfolgt auf dem Postweg, per Fax, E-Mail oder Telefon. Die Zentralstelle ist für die Prüfung der Übersetzungen verantwortlich. 175
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Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken Das Vereinigte Königreich lässt für das Ausfüllen des Antragsformulars Französisch als zusätzliche Sprache zu. Artikel 9 Datum der Zustellung Das Vereinigte Königreich beabsichtigt, von den Bestimmungen abzuweichen, da die innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die Fristen und Verjährungsfristen durch diesen Artikel noch komplizierter würden. Es ist wichtig, den Zeitpunkt der Zustellung zweifelsfrei feststellen zu können, da dieser dafür maßgebend ist, ab wann eine Partei ein Versäumnisurteil beantragen kann. Nach Auffassung des Vereinigten Königreichs ist nicht hinreichend klar, wie diese Bestimmung genau gemeint ist und wie sie in der Praxis angewendet werden soll; dadurch könnte es zu weiteren Unsicherheiten kommen. Die Frage sollte daher so lange dem innerstaatlichen Recht überlassen bleiben, bis geprüft werden kann, wie die Bestimmung nach Einführung der Verordnung in den anderen Mitgliedstaaten praktisch angewandt wird. Artikel 10 Bescheinigung über die Zustellung und Abschrift des zugestellten Schriftstücks Das Vereinigte Königreich lässt für das Ausfüllen des Bescheinigungsformulars Französisch als zusätzliche Sprache zu. Artikel 13 Zustellung von Schriftstücken durch die diplomatischen oder konsularischen Vertretungen Das Vereinigte Königreich hat keine Einwände gegen die Anwendung von Artikel 13 Absatz 1 in seinem Hoheitsgebiet. Artikel 14 Zustellung durch die Post Als first class mail (Zustellung am nächsten Tag) oder als Luftpost. Artikel 15 Unmittelbare Zustellung 1.
2.
England, Wales und Nordirland: England, Wales und Nordirland lehnen die Möglichkeit der unmittelbaren Zustellung gemäß Artikel 15 Absatz 1 ab. Schottland: Schottland hat keine Einwände gegen die unmittelbare Zustellung gemäß Artikel 15 Absatz 1.
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2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23
Artikel 19 Nichteinlassung des Beklagten Entsprechend dem Haager Übereinkommen können die Gerichte im Vereinigten Königreich ungeachtet des Artikels 19 Absatz 1 einen Rechtsstreit entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 gegeben sind. Frist, innerhalb derer der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Erlass der Entscheidung gemäß Absatz 4 zu stellen ist: 1. England, Wales und Nordirland: Prüft das Gericht einen Antrag auf Nichtigerklärung eines Versäumnisurteils, ist darauf zu achten, dass der Antrag umgehend gestellt worden ist. 2. Schottland: Der Antrag muss innerhalb eines Jahres nach Erlass der Entscheidung gestellt werden. Dies entspricht dem Haager Übereinkommen und der innerstaatlichen Prozessordnung.
ANHANG DEUTSCHLAND Liste der Zentralen Behörden (Stand April 2001) Baden-Württemberg
Präsident des Amtsgerichts Freiburg Holzmarkt 2 D-79098 Freiburg Tel. (49-761) 205-0 Fax (49-761) 205-18 00
Bayern
Präsidentin des Oberlandesgerichts München Prielmayerstraße 5 D-80097 München Tel. (49-89) 55 97-1 Fax (49-89) 55 97-35 75
Berlin
Senatsverwaltung für Justiz von Berlin Salzburger Straße 21.25 D-10825 Berlin Tel. (49-30) 90 13-0 Fax (49-30) 90 13-20 00
Brandenburg
Ministerium der Justiz und für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg Heinrich-Mann-Allee 107 D-14460 Potsdam Tel. (49-331) 866-0 Fax (49-331) 866-30 80/30 81
Bremen
Der Präsident des Landgerichts Domsheide 16 D-28195 Bremen Tel. (49-421) 361-42 53 Fax (49-421) 361-67 13
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Hamburg
Präsident des Amtsgerichts Hamburg Sievekingplatz 1 D-20335 Hamburg Tel. (49-40) 428 43-0 Fax (49-40) 428 43-43 18/43 19
Hessen
Hessisches Ministerium der Justiz und für Europaangelegenheiten Luisenstraße 13 D-65185 Wiesbaden Tel. (49-611) 32-0 Fax (49-611) 32-27 63
Mecklenburg-Vorpommern
Justizministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern Demmlerplatz 14 D-19053 Schwerin Tel. (49-385) 588-0 Fax (49-385) 588-34 53
Niedersachsen
Niedersächsisches Ministerium der Justiz und für Europaangelegenheiten Am Waterlooplatz 1 D-30169 Hannover Tel. (49-511) 120-0 Fax (49-511) 120-51 70/51 81
Nordrhein-Westfalen
Präsident des Oberlandesgerichts Düsseldorf Cecilienallee 3 D-40474 Düsseldorf Tel. (49-211) 49 71-0 Fax (49-211) 49 71-548
Rheinland-Pfalz
Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz Ernst-Ludwig-Straße 3 D-55116 Mainz Tel. (49-6131) 16-0 Fax (49-6131) 16-48 87
Saarland
Ministerium der Justiz des Saarlandes Zähringerstraße 12 D-66119 Saarbrücken Tel. (49-681) 501-00 Fax (49-681) 501-58 55
Sachsen
Präsident des Oberlandesgerichts Dresden Postfach 12 07 32 D-01008 Dresden
Sachsen-Anhalt
Ministerium für Justiz des Landes Sachsen-Anhalt Wilhelm-Höpfner-Ring 6 D-39116 Magdeburg Tel. (49-391) 567-01 Fax (49-391) 567-42 26
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2. Angaben der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 23
Schleswig-Holstein
Ministerium für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein Lorentzendamm 35 D-24103 Kiel Tel. (49-431) 988-0 Fax (49-431) 988-38 70
Thüringen
Thüringer Justizministerium Werner-Seelenbinder-Straße 5 D-99096 Erfurt Tel. (49-361) 37-950 00 Fax (49-361) 37-958 88
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3. Entscheidung der Kommission zur Erstellung eines Handbuchs über die Empfangsstellen und eines Glossars über die Schriftstücke, die nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten zugestellt werden können (ABl. 2001 L 298, 1 ff., geändert durch ABl. 2002 L 125, 1 ff.) 3. Erstellung eines Handbuchs über die Empfangsstellen (1) Zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 ist es erforderlich, ein Handbuch mit Angaben über die Empfangsstellen nach Artikel 2 dieser Verordnung zu erstellen und zu veröffentlichen. (2) Gemäß Artikel 17 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 ist darüber hinaus ein Glossar in den Amtssprachen der Europäischen Union über die Schriftstücke zu erstellen, die nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 zugestellt werden können. (3) Die Kommission hat daher anhand der ihr von den Mitgliedstaaten mitgeteilten Angaben das im Anhang zu dieser Entscheidung beigefügte Handbuch und Glossar nach Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 erstellt. (4) Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 wird das Handbuch im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Es ist angezeigt, auch das Glossar zu veröffentlichen. (5) Um die Ziele der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 erreichen zu können, müssen die Übermittlungsstellen über ein Handbuch verfügen, das so oft wie möglich aktualisiert wird. Daher ist es erforderlich, dass die Kommission unbeschadet der in Artikel 17 Buchstabe a) dieser Verordnung vorgesehenen jährlichen Aktualisierung eine Fassung des Handbuchs auf ihrer Internetseite zur Verfügung stellt, die sie anhand der ihr von den Mitgliedstaaten mitgeteilten Änderungen regelmäßig aktualisiert. Es ist angezeigt, im Hinblick auf das Glossar ebenso vorzugehen. (6) Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses nach Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1348/ 2000. Artikel 1 (1) Das Handbuch nach Artikel 17 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 ist in Anhang I zu dieser Entscheidung beigefügt. (2) Das Glossar nach Artikel 17 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 ist in Anhang II zu dieser Entscheidung beigefügt. Artikel 2 (1) Das Handbuch und das Glossar nach Artikel 1 werden auf der Internetseite Europa veröffentlicht. (2) Unbeschadet der jährlichen Aktualisierung des Handbuchs nach Artikel 1 Absatz 1 führt die Kommission regelmäßige Aktualisierungen anhand der ihr von den Mitgliedstaaten mitgeteilten Änderungen durch. Diese Entscheidung ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
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4. Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme
4. Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001 L 174, 1 ff.) 4. Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme Vorbemerkung: Die zwischenstaatliche Beweisaufnahme im Rechtsverkehr der EU-Staaten – mit Ausnahme Dänemarks – untereinander ist durch die VO (EG) Nr. 1206/ 2001 (EuBVO) geregelt. Die EuBVO bringt Vereinfachungen durch Beschleunigung der Übermittlungsvorgänge und die Zulassung der unmittelbaren Beweisaufnahme durch das Gericht des Gerichtsstaates nach seinem Recht. Zwei Wege der Beweisaufnahme im Ausland kennt die Verordnung: – Die Beweisaufnahme durch das ersuchte ausländische Gericht: Das Prozessgericht kann ein ausländisches Gericht ersuchen, eine notwendige Beweisaufnahme im Wege der Rechtshilfe durchzuführen. Hierfür steht der unmittelbare Weg zwischen den Gerichten offen (Art. 2 EuBVO). – Die unmittelbare Beweisaufnahme durch das ersuchende Gericht: Art. 17 EuBVO eröffnet die Möglichkeit für eine unmittelbare Beweisaufnahme durch das ersuchende Gericht. Diese ist allerdings nur statthaft, wenn sie auf freiwilliger Grundlage und ohne Zwangsmaßnahmen erfolgen kann (Abs. 2). Soweit eine Zeugenvernehmung Gegenstand der Beweisaufnahme ist, ist der Zeuge darüber zu belehren. Die Mitgliedstaaten bestimmen weiterhin Zentralstellen. Deren Aufgabenbereich ist aber gegenüber dem Haager Beweisübereinkommen erheblich eingeschränkt (Art. 3 EuBVO). Die Durchführung der EuBVO in Deutschland ist in §§ 1072–1075 geregelt. Diese Bestimmungen sind durch das EG-Beweisaufnahmedurchführungsgesetz vom 4.11.2003 in die ZPO eingefügt worden. Sie bringen Anpassungen für die Anwendung der EuBVO in deutschen Verfahren. Zur Abwehr unzulässiger Beweisaufnahmen kann ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG, unter Umständen verbunden mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 29 Abs. 2 EGGVG in Verbindung mit § 49 FamFG gestellt werden. Geltungsbereich: Mitgliedstaaten der EU mit Ausnahme Dänemarks, das sich allgemein nicht an den Maßnahmen nach Art. 67 AEUV beteiligt Schrifttum: Adolphsen Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen, in: Marauhn (Hrsg.), Bausteine einers europäischen Beweisrechts, 2007, S. 1 ff.; Alio Änderungen im deutschen Rechtshilferecht: Beweisaufnahme nach der Europäischen Beweisaufnahmeverordnung, NJW 2004, 2706 ff.; Berger Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit der Gerichte auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen (EuBVO), IPRax 2001, 522 ff.; Berger Grenzüberschreitende Beweisaufnahme zwischen Österreich und Deutschland, FS Rechberger, 2005, S. 39 ff.; Betetto Introduction and Practical Cases on Council Regulation (EC) No. 1206/2001 on Cooperation between the Courts of the Member States in the Taking Evidence in Civil and Commercial Matters, EuLF 2006, 137 ff.; Diago Diago La Ontención de Pruebas en la Union Europea, 2003; Freudenthal Internationale Bewijsverkrijging: van Haagse en Europese samenwerking, Nederlands Internationaal Privaatrecht, 2002, 109 ff.; Gazeas Die Europäische Beweisanordnung – ein weiterer Schritt in die falsche Richtung?, ZRP 2005, 18 ff.; Geimer Internationale Beweisaufnahme, 1998; Hau Grenzüberschreitende Beweisaufnahme im Europäischen Justizraum, ERA-Forum 2005, 224 ff.; Hau Grenzüberschreitende Beweisaufnahme im Europäischen Justizraum, ERA-Forum 2005, S. 224 ff.; von Hein EG-BewVO, in: Rauscher (Hrsg.), Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Bearbeitung 2010; Hess Neue Formen der Rechts-
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
hilfe im Europäischen Justizraum, GS Blomeyer, 2004, S. 617 ff.; Hess/Müller Die Verordnung 1206/EG zur Beweisaufnahme, ZZPInt 6 (2001), 149 ff.; Huber Europäische Beweisaufnahmeverordnung (EuBVO), in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluß, 2. Aufl., 2010, S. 1733 ff.; Huber Die Europäische Beweisaufnahmeverordnung (EuBVO) – Überwindung der traditionellen Souveränitätsvorbehalte?, ZGP, 2003, 115 ff.; Jastrow Europäische Zustellung und Beweisaufnahme 2004 – Neuregelungen im deutschen Recht und konsularische Beweisaufnahme, IPRax 2004, 11 ff.; Jayme Extraterritoriale Beweisbeschaffung und Vollstreckungshilfe für inländische Verfahren durch ausländische Gerichte, FS Geimer 2002, S. 375 ff.; Knöfel Kommentar zur Verordnung (EG), Nr. 1206/2001, in: Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 562.1 ff.; (mit umfangreichen Nachweisen); Knöfel Vier Jahre Europäische Beweisaufnahmeverordnung – Bestandsaufnahme und aktuelle Entwicklungen, EuZW 2008, 267 ff.; Leipold Neue Wege im Recht der internationalen Beweiserhebung – Einige Bemerkungen zur Europäischen Beweisaufnahmeverordnung, FS Schlechtriem, 2003, S. 91 ff.; Leipold Das neue Europäische Beweisrecht, Ritsumeikan Law Review 20 (2003), 85 ff.; Leitzen Die grenzüberschreitende Beweisaufnahme in Zivilsachen, Jura 2007, 201 ff.; Markus Neue Entwicklungen bei der internationalen Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen, schweiz. Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2002, 65 ff.; Mayer/Lindemann, Leichter als gedacht: Beweise im Ausland erheben, AnwBl. 2008, 864 f.; Müller Grenzüberschreitende Beweisaufnahme im Europäischen Justizraum, 2004; Rechberger/McGuire Die Europäische Beweisaufnahme-Verordnung und Österreich, öJZ 2006, 53 ff.; Schoibl Die Fortentwicklung der grenzüberschreitenden Rechtshilfe in Europa: Die neue Europäische Beweisaufnahmeverordnung 1206/2001, FS Batliner II, S. 75 ff.; Schoibl Grenzüberschreitende Rechtshilfe im Europäischen Justizraum: Die unmittelbare Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssache nach der Verordnung (EG) 1206/2001 – eine Skizze, FS Machacek und Matscher, 2008, S. 883 ff.; Schulze Dialogische Beweisaufnahmen im internationalen Rechtsverkehr – Beweisaufnahmen im Ausland durch und im Beisein des Prozessgerichts, IPRax 2001, 527 ff.; Stadler Grenzüberschreitende Beweisaufnahme in der Europäischen Union – die Zukunft der Rechtshilfe in Zivilsachen, FS Geimer 2002, S. 1281 ff.; Tsikrikas Einige Gedanken über den Anwendungsbereich der Europäischen Beweisverordnung, FS Simotta, 2012, S. 653 ff.; Vorwerk Beweisaufnahme im Ausland. Neue Wege für den deutschen Prozess, AnwBl. 2011, 369 ff.
Text Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen Amtsblatt Nr. L 174 vom 27.6.2001, S. 1–24 Erwägungen: (1) Die Union hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem die Freizügigkeit gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zum schrittweisen Aufbau dieses Raums erlässt die Gemeinschaft unter anderem im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Maßnahmen. (2) Für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts sollte die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme verbessert, insbesondere vereinfacht und beschleunigt werden. (3) Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere daran erinnert, dass neue verfahrensrechtliche Vorschriften für grenzüberschreitende Fälle, insbesondere im Bereich der Beweisaufnahme, auszuarbeiten sind. (4) Dieser Bereich fällt unter Artikel 65 des Vertrags. (5) Da die Ziele dieser Verordnung – die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Gerichten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen – Schütze
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4. Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme
auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können, kann die Gemeinschaft diese Maßnahmen im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Grundsatz der Subsidiarität annehmen. Entsprechend dem in demselben Artikel niedergelegten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. (6) Bislang gibt es auf dem Gebiet der Beweisaufnahme keine alle Mitgliedstaaten bindende Übereinkunft. Das Haager Übereinkommen vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen gilt nur zwischen elf Mitgliedstaaten der Europäischen Union. (7) Da es für eine Entscheidung in einem bei einem Gericht eines Mitgliedstaats anhängigen zivil- oder handelsrechtlichen Verfahren oft erforderlich ist, in einem anderen Mitgliedstaat Beweis erheben zu lassen, darf sich die Tätigkeit der Gemeinschaft nicht auf den unter die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten fallenden Bereich der Übermittlung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen beschränken. Daher muss die Zusammenarbeit der Gerichte der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme weiter verbessert werden. (8) Eine effiziente Abwicklung gerichtlicher Verfahren in Zivil- oder Handelssachen setzt voraus, dass die Übermittlung der Ersuchen um Beweisaufnahme und deren Erledigung direkt und auf schnellstmöglichem Wege zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten erfolgt. (9) Eine schnelle Übermittlung der Ersuchen um Beweisaufnahme erfordert den Einsatz aller geeigneten Mittel, wobei bestimmte Bedingungen hinsichtlich der Lesbarkeit und der Zuverlässigkeit des eingegangenen Dokuments zu beachten sind. Damit ein Hoechstmaß an Klarheit und Rechtssicherheit gewährleistet ist, müssen die Ersuchen um Beweisaufnahme anhand eines Formblatts übermittelt werden, das in der Sprache des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts oder in einer anderen von diesem Staat anerkannten Sprache auszufüllen ist. Aus denselben Gründen empfiehlt es sich, auch für die weitere Kommunikation zwischen den betreffenden Gerichten nach Möglichkeit Formblätter zu verwenden. (10) Ein Ersuchen um Beweisaufnahme sollte rasch erledigt werden. Kann das Ersuchen innerhalb von 90 Tagen nach Eingang bei dem ersuchten Gericht nicht erledigt werden, so sollte dieses das ersuchende Gericht hiervon unter Angabe der Gründe, die einer zügigen Erledigung des Ersuchens entgegenstehen, in Kenntnis zu setzen. (11) Um die Wirksamkeit dieser Verordnung zu gewährleisten, ist die Möglichkeit, die Erledigung eines Ersuchens um Beweisaufnahme abzulehnen, auf eng begrenzte Ausnahmefälle zu beschränken. (12) Das ersuchte Gericht sollte das Ersuchen nach Maßgabe des Rechts seines Mitgliedstaats erledigen. (13) Die Parteien und gegebenenfalls ihre Vertreter sollten der Beweisaufnahme beiwohnen können, wenn dies im Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts vorgesehen ist, damit sie die Verhandlungen wie im Falle einer Beweisaufnahme im Mitgliedstaat des ersuchenden Gerichts verfolgen können. Sie sollten auch das Recht haben, die Beteiligung an den Verhandlungen zu beantragen, damit sie an der Beweisaufnahme aktiver mitwirken können. Die Bedingungen jedoch, unter denen sie teilnehmen dürfen, sollten vom ersuchten Gericht nach Maßgabe des Rechts seines Mitgliedstaats festgelegt werden. (14) Die Beauftragten des ersuchenden Gerichts sollten der Beweisaufnahme beiwohnen können, wenn dies mit dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts 183
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vereinbar ist, damit eine bessere Beweiswürdigung erfolgen kann. Sie sollten ebenfalls das Recht haben, die Beteiligung an den Verhandlungen zu beantragen – wobei die vom ersuchten Gericht nach Maßgabe des Rechts seines Mitgliedstaats festgelegten Bedingungen zu beachten sind –, damit sie an der Beweisaufnahme aktiver mitwirken können. (15) Damit die Beweisaufnahme erleichtert wird, sollte es einem Gericht in einem Mitgliedstaat möglich sein, nach seinem Recht in einem anderen Mitgliedstaat mit dessen Zustimmung unmittelbar Beweis zu erheben, wobei die von der Zentralstelle oder der zuständigen Behörde des ersuchten Mitgliedstaats festgelegten Bedingungen zu beachten sind. (16) Für die Erledigung des Ersuchens nach Artikel 10 sollte keine Erstattung von Gebühren und Auslagen verlangt werden dürfen. Falls jedoch das ersuchte Gericht die Erstattung verlangt, sollten die Aufwendungen für Sachverständige und Dolmetscher sowie die aus der Anwendung von Artikel 10 Absätze 3 und 4 entstehenden Auslagen nicht von jenem Gericht getragen werden. In einem solchen Fall hat das ersuchende Gericht die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die unverzügliche Erstattung sicherzustellen. Wird die Stellungnahme eines Sachverständigen verlangt, kann das ersuchte Gericht vor der Erledigung des Ersuchens das ersuchende Gericht um eine angemessene Kaution oder einen angemessenen Vorschuss für die Sachverständigenkosten bitten. (17) Diese Verordnung sollte in ihrem Anwendungsbereich Vorrang vor den Bestimmungen zwischen den Mitgliedstaaten geschlossener internationaler Übereinkommen haben. Es sollte den Mitgliedstaaten freistehen, untereinander Übereinkünfte oder Vereinbarungen zur weiteren Vereinfachung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme zu treffen, sofern diese Übereinkünfte oder Vereinbarungen mit dieser Verordnung vereinbar sind. (18) Die nach dieser Verordnung übermittelten Daten müssen geschützt werden. Da die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr und die Richtlinie 97/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation Anwendung finden, sind entsprechende spezielle Bestimmungen in dieser Verordnung über Datenschutz nicht erforderlich. (19) Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 99/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse erlassen werden. (20) Um eine einwandfreie Anwendung dieser Verordnung sicherzustellen, sollte die Kommission deren Durchführung prüfen und gegebenenfalls die notwendigen Änderungen vorschlagen. (21) Das Vereinigte Königreich und Irland haben gemäß Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten. (22) Dänemark beteiligt sich gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks nicht an der Annahme dieser Verordnung, die daher für Dänemark nicht bindend und Dänemark gegenüber nicht anwendbar ist – Schütze
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4. Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme
KAPITEL I Allgemeine Bestimmungen Artikel 1 Anwendungsbereich (1) Diese Verordnung ist in Zivil- oder Handelssachen anzuwenden, wenn das Gericht eines Mitgliedstaats nach seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften a) das zuständige Gericht eines anderen Mitgliedstaats um Beweisaufnahme ersucht, oder b) darum ersucht, in einem anderen Mitgliedstaat unmittelbar Beweis erheben zu dürfen. (2) Um Beweisaufnahme darf nicht ersucht werden, wenn die Beweise nicht zur Verwendung in einem bereits eingeleiteten oder zu eröffnenden gerichtlichen Verfahren bestimmt sind. (3) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Mitgliedstaat“ die Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks. Artikel 2 Unmittelbarer Geschäftsverkehr zwischen den Gerichten (1) Ersuchen nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a) (nachstehend „Ersuchen“ genannt) sind von dem Gericht, bei dem das Verfahren eingeleitet wurde oder eröffnet werden soll (nachstehend „ersuchendes Gericht“ genannt), unmittelbar dem zuständigen Gericht eines anderen Mitgliedstaats (nachstehend „ersuchtes Gericht“ genannt) zur Durchführung der Beweisaufnahme zu übersenden. (2) Jeder Mitgliedstaat erstellt eine Liste der für die Durchführung von Beweisaufnahmen nach dieser Verordnung zuständigen Gerichte. In dieser Liste ist auch der örtliche Zuständigkeitsbereich und gegebenenfalls die besondere fachliche Zuständigkeit dieser Gerichte anzugeben. Artikel 3 Zentralstelle (1) Jeder Mitgliedstaat bestimmt eine Zentralstelle, die a) den Gerichten Auskünfte erteilt; b) nach Lösungswegen sucht, wenn bei einem Ersuchen Schwierigkeiten auftreten; c) in Ausnahmefällen auf Ersuchen eines ersuchenden Gerichts ein Ersuchen an das zuständige Gericht weiterleitet; (2) Bundesstaaten, Staaten mit mehreren Rechtssystemen oder Staaten mit autonomen Gebietskörperschaften können mehrere Zentralstellen bestimmen. (3) Jeder Mitgliedstaat benennt ferner die in Absatz 1 genannte Zentralstelle oder eine oder mehrere zuständige Behörden als verantwortliche Stellen für Entscheidungen über Ersuchen nach Artikel 17.
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KAPITEL II Übermittlung und Erledigung der Ersuchen ABSCHNITT 1 Übermittlung des Ersuchens Artikel 4 Form und Inhalt des Ersuchens (1) Das Ersuchen wird unter Verwendung des im Anhang enthaltenen Formblattes A oder gegebenenfalls des Formblattes I gestellt. Es enthält folgende Angaben: a) das ersuchende und gegebenenfalls das ersuchte Gericht; b) den Namen und die Anschrift der Parteien und gegebenenfalls ihrer Vertreter; c) die Art und den Gegenstand der Rechtssache sowie eine gedrängte Darstellung des Sachverhalts; d) die Bezeichnung der durchzuführenden Beweisaufnahme; e) bei einem Ersuchen um Vernehmung einer Person: – Name und Anschrift der zu vernehmenden Personen; – die Fragen, welche an die zu vernehmenden Personen gerichtet werden sollen, oder den Sachverhalt, über den sie vernommen werden sollen; – gegebenenfalls einen Hinweis auf ein nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht; – gegebenenfalls den Antrag, die Vernehmung unter Eid oder eidesstattlicher Versicherung durchzuführen, und gegebenenfalls die dabei zu verwendende Formel; – gegebenenfalls alle anderen Informationen, die das ersuchende Gericht für erforderlich hält; f) bei einem Ersuchen um eine sonstige Beweisaufnahme die Urkunden oder die anderen Gegenstände, die geprüft werden sollen; g) gegebenenfalls Anträge nach Artikel 10 Absätze 3 und 4, Artikel 11 und Artikel 12 und für die Anwendung dieser Bestimmungen erforderliche Erläuterungen. (2) Die Ersuchen sowie alle dem Ersuchen beigefügten Unterlagen bedürfen weder der Beglaubigung noch einer anderen gleichwertigen Formalität. (3) Schriftstücke, deren Beifügung das ersuchende Gericht für die Erledigung des Ersuchens für notwendig hält, sind mit einer Übersetzung in die Sprache zu versehen, in der das Ersuchen abgefasst wurde. Artikel 5 Sprachen Das Ersuchen und die aufgrund dieser Verordnung gemachten Mitteilungen sind in der Amtssprache des ersuchten Mitgliedstaats oder, wenn es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Ortes, an dem die beantragte Beweisaufnahme durchgeführt werden soll, oder in einer anderen Sprache, die der ersuchte Mitgliedstaat zugelassen hat, abzufassen. Jeder Mitgliedstaat hat die Amtssprache bzw. die Amtssprachen der Organe der Europäischen Gemeinschaft anzugeben, die er außer seiner bzw. seinen eigenen für die Ausfüllung des Formblatts zulässt.
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4. Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme
Artikel 6 Übermittlung der Ersuchen und der sonstigen Mitteilungen Ersuchen und Mitteilungen nach dieser Verordnung werden auf dem schnellstmöglichen Wege übermittelt, mit dem der ersuchte Mitgliedstaat sich einverstanden erklärt hat. Die Übermittlung kann auf jedem geeigneten Übermittlungsweg erfolgen, sofern das empfangene Dokument mit dem versandten Dokument inhaltlich genau übereinstimmt und alle darin enthaltenen Angaben lesbar sind.
ABSCHNITT 2 Entgegennahme des Ersuchens Artikel 7 Entgegennahme des Ersuchens (1) Das ersuchte zuständige Gericht übersendet dem ersuchenden Gericht innerhalb von sieben Tagen nach Eingang des Ersuchens eine Empfangsbestätigung unter Verwendung des Formblatts B im Anhang; entspricht das Ersuchen nicht den Bedingungen der Artikel 5 und 6, so bringt das ersuchte Gericht einen entsprechenden Vermerk in der Empfangsbestätigung an. (2) Fällt die Erledigung eines unter Verwendung des Formblatts A im Anhang gestellten Ersuchens, das die Bedingungen nach Artikel 5 erfüllt, nicht in die Zuständigkeit des Gerichts, an das es übermittelt wurde, so leitet dieses das Ersuchen an das zuständige Gericht seines Mitgliedstaats weiter und unterrichtet das ersuchende Gericht unter Verwendung des Formblatts A im Anhang hiervon. Artikel 8 Unvollständiges Ersuchen (1) Kann ein Ersuchen nicht erledigt werden, weil es nicht alle erforderlichen Angaben gemäß Artikel 4 enthält, so setzt das ersuchte Gericht unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 30 Tagen nach Eingang des Ersuchens das ersuchende Gericht unter Verwendung des Formblatts C im Anhang davon in Kenntnis und ersucht es, ihm die fehlenden Angaben, die in möglichst genauer Weise zu bezeichnen sind, zu übermitteln. (2) Kann ein Ersuchen nicht erledigt werden, weil eine Kaution oder ein Vorschuss nach Artikel 18 Absatz 3 erforderlich ist, teilt das ersuchte Gericht dem ersuchenden Gericht dies unverzüglich, spätestens 30 Tage nach Eingang des Ersuchens unter Verwendung des Formblatts C im Anhang mit; es teilt dem ersuchenden Gericht ferner mit, wie die Kaution oder der Vorschuss geleistet werden sollten. Das ersuchte Gericht bestätigt den Eingang der Kaution oder des Vorschusses unverzüglich, spätestens innerhalb von 10 Tagen nach Erhalt der Kaution oder des Vorschusses unter Verwendung des Formblatts D. Artikel 9 Vervollständigung des Ersuchens (1) Hat das ersuchte Gericht gemäß Artikel 7 Absatz 1 auf der Empfangsbestätigung vermerkt, dass das Ersuchen nicht die Bedingungen der Artikel 5 und Artikel 6 erfüllt, oder hat es das ersuchende Gericht gemäß Artikel 8 davon unterrichtet, dass das Ersu187
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chen nicht erledigt werden kann, weil es nicht alle erforderlichen Angaben nach Artikel 4 enthält, beginnt die Frist nach Artikel 10 Absatz 1 erst mit dem Eingang des ordnungsgemäß ausgefüllten Ersuchens beim ersuchten Gericht zu laufen. (2) Sofern das ersuchte Gericht gemäß Artikel 18 Absatz 3 um eine Kaution oder einen Vorschuss gebeten hat, beginnt diese Frist erst mit der Hinterlegung der Kaution oder dem Eingang des Vorschusses.
ABSCHNITT 3 Beweisaufnahme durch das ersuchte Gericht Artikel 10 Allgemeine Bestimmungen über die Erledigung des Ersuchens (1) Das ersuchte Gericht erledigt das Ersuchen unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 90 Tagen nach Eingang des Ersuchens. (2) Das ersuchte Gericht erledigt das Ersuchen nach Maßgabe des Rechts seines Mitgliedstaats. (3) Das ersuchende Gericht kann unter Verwendung des Formblatts A im Anhang beantragen, dass das Ersuchen nach einer besonderen Form erledigt wird, die das Recht seines Mitgliedstaats vorsieht. Das ersuchte Gericht entspricht einem solchen Antrag, es sei denn, dass diese Form mit dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts unvereinbar oder wegen erheblicher tatsächlicher Schwierigkeiten unmöglich ist. Entspricht das ersuchte Gericht aus einem der oben genannten Gründe nicht dem Antrag, so unterrichtet es das ersuchende Gericht unter Verwendung des Formblatts E im Anhang hiervon. (4) Das ersuchende Gericht kann das ersuchte Gericht bitten, die Beweisaufnahme unter Verwendung von Kommunikationstechnologien, insbesondere im Wege der Videokonferenz und der Telekonferenz, durchzuführen. Das ersuchte Gericht entspricht einem solchen Antrag, es sei denn, dass dies mit dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts unvereinbar oder wegen erheblicher tatsächlicher Schwierigkeiten unmöglich ist. Entspricht das ersuchte Gericht aus einem dieser Gründe dem Antrag nicht, so unterrichtet es das ersuchende Gericht unter Verwendung des Formblatts E im Anhang hiervon. Hat das ersuchende oder das ersuchte Gericht keinen Zugang zu den oben genannten technischen Mitteln, können diese von den Gerichten im gegenseitigen Einvernehmen zur Verfügung gestellt werden. Artikel 11 Erledigung in Anwesenheit und unter Beteiligung der Parteien (1) Sofern im Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts vorgesehen, haben die Parteien und gegebenenfalls ihre Vertreter das Recht, bei der Beweisaufnahme durch das ersuchte Gericht zugegen zu sein. (2) Das ersuchende Gericht teilt in seinem Ersuchen unter Verwendung des Formblatts A im Anhang dem ersuchten Gericht mit, dass die Parteien und gegebenenfalls ihre Vertreter zugegen sein werden und dass gegebenenfalls ihre Beteiligung beantragt wird. Diese Mitteilung kann auch zu jedem anderen geeigneten Zeitpunkt erfolgen. Schütze
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(3) Wird die Beteiligung der Parteien und gegebenenfalls ihrer Vertreter an der Durchführung der Beweisaufnahme beantragt, so legt das ersuchte Gericht nach Artikel 10 die Bedingungen für ihre Teilnahme fest. (4) Das ersuchte Gericht teilt den Parteien und gegebenenfalls ihren Vertretern unter Verwendung des Formblatts F im Anhang Ort und Zeitpunkt der Verhandlung und gegebenenfalls die Bedingungen mit, unter denen sie teilnehmen können. (5) Die Absätze 1 bis 4 lassen die Möglichkeit des ersuchten Gerichts unberührt, die Parteien und gegebenenfalls ihre Vertreter zu bitten, der Beweisaufnahme beizuwohnen oder sich daran zu beteiligen, wenn das Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts dies vorsieht. Artikel 12 Erledigung in Anwesenheit und unter Beteiligung von Beauftragten des ersuchenden Gerichts (1) Sofern mit dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts vereinbar, haben die Beauftragten des ersuchenden Gerichts das Recht, bei der Beweisaufnahme durch das ersuchte Gericht zugegen zu sein. (2) Der Begriff „Beauftragte“ im Sinne dieses Artikels umfasst vom ersuchenden Gericht nach Maßgabe des Rechts seines Mitgliedstaats bestimmte Gerichtsangehörige. Das ersuchende Gericht kann nach Maßgabe des Rechts seines Mitgliedstaats auch andere Personen wie etwa Sachverständige bestimmen. (3) Das ersuchende Gericht teilt in seinem Ersuchen unter Verwendung des Formblatts A im Anhang dem ersuchten Gericht mit, dass seine Beauftragten zugegen sein werden und gegebenenfalls, dass ihre Beteiligung beantragt wird. Diese Mitteilung kann auch zu jedem anderen geeigneten Zeitpunkt erfolgen. (4) Wird die Beteiligung der Beauftragten des ersuchenden Gerichts an der Beweisaufnahme beantragt, legt das ersuchte Gericht nach Artikel 10 die Bedingungen für ihre Teilnahme fest. (5) Das ersuchte Gericht teilt dem ersuchenden Gericht unter Verwendung des Formblatts F im Anhang Ort und Zeitpunkt der Verhandlung und gegebenenfalls die Bedingungen mit, unter denen die Beauftragten daran teilnehmen können. Artikel 13 Zwangsmaßnahmen Soweit erforderlich, wendet das ersuchte Gericht bei der Erledigung des Ersuchens geeignete Zwangsmaßnahmen in den Fällen und in dem Umfang an, wie sie das Recht des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts für die Erledigung eines zum gleichen Zweck gestellten Ersuchens inländischer Behörden oder einer beteiligten Partei vorsieht. Artikel 14 Ablehnung der Erledigung (1) Ein Ersuchen um Vernehmung einer Person wird nicht erledigt, wenn sich die betreffende Person auf ein Recht zur Aussageverweigerung oder auf ein Aussageverbot beruft, a) das nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts vorgesehen ist oder 189
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b) das nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts vorgesehen und im Ersuchen bezeichnet oder erforderlichenfalls auf Verlangen des ersuchten Gerichts von dem ersuchenden Gericht bestätigt worden ist. (2) Die Erledigung eines Ersuchens kann über die in Absatz 1 genannten Gründe hinaus nur insoweit abgelehnt werden, als a) das Ersuchen nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung nach Artikel 1 fällt oder b) die Erledigung des Ersuchens nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt oder c) das ersuchende Gericht der Aufforderung des ersuchten Gerichts auf Ergänzung des Ersuchens gemäß Artikel 8 nicht innerhalb von 30 Tagen, nachdem das ersuchte Gericht das ersuchende Gericht um Ergänzung des Ersuchens gebeten hat, nachkommt oder d) eine Kaution oder ein Vorschuss, die gemäß Artikel 18 Absatz 3 verlangt wurden, nicht innerhalb von 60 Tagen nach dem entsprechenden Verlangen des ersuchenden Gerichts hinterlegt bzw. einbezahlt werden. (3) Die Erledigung darf durch das ersuchte Gericht nicht allein aus dem Grund abgelehnt werden, dass nach dem Recht seines Mitgliedstaats ein Gericht dieses Mitgliedstaats eine ausschließliche Zuständigkeit für die Sache in Anspruch nimmt oder das Recht jenes Mitgliedstaats ein Verfahren nicht kennt, das dem entspricht, für welches das Ersuchen gestellt wird. (4) Wird die Erledigung des Ersuchens aus einem der in Absatz 2 genannten Gründe abgelehnt, so setzt das ersuchte Gericht unter Verwendung des Formblatts H im Anhang das ersuchende Gericht innerhalb von 60 Tagen nach Eingang des Ersuchens bei dem ersuchten Gericht davon in Kenntnis. Artikel 15 Mitteilung über Verzögerungen Ist das ersuchte Gericht nicht in der Lage, das Ersuchen innerhalb von 90 Tagen nach Eingang zu erledigen, setzt es das ersuchende Gericht unter Verwendung des Formblatts G im Anhang hiervon in Kenntnis. Dabei sind die Gründe für die Verzögerung anzugeben sowie der Zeitraum, der nach Einschätzung des ersuchten Gerichts für die Erledigung des Ersuchens voraussichtlich benötigt wird. Artikel 16 Verfahren nach Erledigung des Ersuchens Das ersuchte Gericht übermittelt dem ersuchenden Gericht unverzüglich die Schriftstücke, aus denen sich die Erledigung des Ersuchens ergibt, und sendet gegebenenfalls die Schriftstücke, die ihm von dem ersuchenden Gericht zugegangen sind, zurück. Den Schriftstücken ist eine Erledigungsbestätigung unter Verwendung des Formblatts H im Anhang beizufügen.
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ABSCHNITT 4 Unmittelbare Beweisaufnahme durch das ersuchende Gericht Artikel 17 (1) Beauftragt ein Gericht eine unmittelbare Beweisaufnahme in einem anderen Mitgliedstaat, so übermittelt es der nach Artikel 3 Absatz 3 bestimmten Zentralstelle oder zuständigen Behörde in diesem Staat unter Verwendung des Formblatts I im Anhang ein entsprechendes Ersuchen. (2) Die unmittelbare Beweisaufnahme ist nur statthaft, wenn sie auf freiwilliger Grundlage und ohne Zwangsmaßnahmen erfolgen kann. Macht die unmittelbare Beweisaufnahme die Vernehmung einer Person erforderlich, so teilt das ersuchende Gericht dieser Person mit, dass die Vernehmung auf freiwilliger Grundlage erfolgt. (3) Die Beweisaufnahme wird von einem nach Maßgabe des Rechts des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts bestimmten Gerichtsangehörigen oder von einer anderen Person wie etwa einem Sachverständigen durchgeführt. (4) Die genannte Zentralstelle oder die zuständige Behörde des ersuchten Mitgliedstaats teilt dem ersuchenden Gericht unter Verwendung des Formblatts J im Anhang innerhalb von 30 Tagen nach Eingang des Ersuchens mit, ob dem Ersuchen stattgegeben werden kann und, soweit erforderlich, unter welchen Bedingungen nach Maßgabe des Rechts ihres Mitgliedstaats die betreffende Handlung vorzunehmen ist. Die Zentralstelle oder die zuständige Behörde kann insbesondere ein Gericht ihres Mitgliedstaats bestimmen, das an der Beweisaufnahme teilnimmt, um sicherzustellen, dass dieser Artikel ordnungsgemäß angewandt wird und die festgelegten Bedingungen eingehalten werden. Die Zentralstelle oder die zuständige Behörde fördert den Einsatz von Kommunikationstechnologie, wie Video- und Telekonferenzen. (5) Die Zentralstelle oder die zuständige Stelle kann die unmittelbare Beweisaufnahme nur insoweit ablehnen, als a) das Ersuchen nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung nach Artikel 1 fällt, b) das Ersuchen nicht alle nach Artikel 4 erforderlichen Angaben enthält oder c) die beantragte unmittelbare Beweisaufnahme wesentlichen Rechtsgrundsätzen ihres Mitgliedstaats zuwiderläuft. (6) Unbeschadet der nach Absatz 4 festgelegten Bedingungen erledigt das ersuchende Gericht das Ersuchen nach Maßgabe des Rechts seines Mitgliedstaats.
ABSCHNITT 5 Kosten Artikel 18 (1) Für die Erledigung des Ersuchens nach Artikel 10 darf die Erstattung von Gebühren oder Auslagen nicht verlangt werden. (2) Falls jedoch das ersuchte Gericht dies verlangt, stellt das ersuchende Gericht unverzüglich die Erstattung folgender Beträge sicher: – der Aufwendungen für Sachverständige und Dolmetscher und 191
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der Auslagen, die durch die Anwendung von Artikel 10 Absätze 3 und 4 entstanden sind. Die Pflicht der Parteien, diese Aufwendungen und Auslagen zu tragen, unterliegt dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts. (3) Wird die Stellungnahme eines Sachverständigen verlangt, kann das ersuchte Gericht vor der Erledigung des Ersuchens das ersuchende Gericht um eine angemessene Kaution oder einen angemessenen Vorschuss für die Sachverständigenkosten bitten. In allen übrigen Fällen darf die Erledigung eines Ersuchens nicht von einer Kaution oder einem Vorschuss abhängig gemacht werden. Die Kaution oder der Vorschuss wird von den Parteien hinterlegt bzw. einbezahlt, falls dies im Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts vorgesehen ist.
KAPITEL III Schlussbestimmungen Artikel 19 Durchführungsbestimmungen (1) Die Kommission sorgt für die Erstellung und regelmäßige Aktualisierung eines Handbuchs, das auch in elektronischer Form bereit gestellt wird und die von den Mitgliedstaaten nach Artikel 22 mitgeteilten Angaben sowie die in Kraft befindlichen Übereinkünfte oder Vereinbarungen nach Artikel 21 enthält. (2) Die Aktualisierung oder technische Anpassung der im Anhang wiedergegebenen Formblätter erfolgt nach dem Beratungsverfahren gemäß Artikel 20 Absatz 2. Artikel 20 Ausschuss (1) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. (2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 3 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG. (3) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung. Artikel 21 Verhältnis zu bestehenden oder künftigen Übereinkünften oder Vereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten (1) In den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien einschlägiger, von den Mitgliedstaaten geschlossener bilateraler oder multilateraler Übereinkünfte oder Vereinbarungen sind, insbesondere des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozess und des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen, hat diese Verordnung in ihrem Anwendungsbereich Vorrang vor den Bestimmungen, die in den genannten Übereinkünften oder Vereinbarungen enthalten sind. (2) Diese Verordnung hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, dass zwei oder mehr von ihnen untereinander Übereinkünfte oder Vereinbarungen zur weiteren Vereinfachung der Beweisaufnahme schließen oder beibehalten, sofern sie mit dieser Verordnung vereinbar sind.
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(3) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission a) zum 1. Juli 2003 eine Abschrift der zwischen den Mitgliedstaaten beibehaltenen angeführten Übereinkünfte oder Vereinbarungen nach Absatz 2, b) eine Abschrift der zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünfte oder Vereinbarungen nach Absatz 2 und den Entwurf von ihnen geplanter Übereinkünfte oder Vereinbarungen sowie c) jede Kündigung oder Änderung dieser Übereinkünfte oder Vereinbarungen. Artikel 22 Mitteilungen 1. 2. 3. 4.
Jeder Mitgliedstaat teilt der Kommission bis zum 1. Juli 2003 Folgendes mit: die Liste nach Artikel 2 Absatz 2 sowie eine Angabe des örtlichen und gegebenenfalls fachlichen Zuständigkeitsbereichs der Gerichte; den Namen und die Anschrift der Zentralstellen und zuständigen Behörden nach Artikel 3 unter Angabe ihres örtlichen Zuständigkeitsbereichs; die technischen Mittel, über die die in der Liste nach Artikel 2 Absatz 2 aufgeführten Gerichte für die Entgegennahme von Ersuchen verfügen; die Sprachen, die für die Ersuchen nach Artikel 5 zugelassen sind.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission alle späteren Änderungen dieser Angaben mit. Artikel 23 Überprüfung Bis zum 1. Januar 2007 und danach alle fünf Jahre legt die Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung vor, wobei sie insbesondere auf die praktische Anwendung des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe c) und Absatz 3 und der Artikel 17 und 18 achtet. Artikel 24 Inkrafttreten (1) Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2001 in Kraft. (2) Diese Verordnung gilt ab dem 1. Januar 2004, mit Ausnahme der Artikel 19, 21 und 22, die ab dem 1. Juli 2001 gelten. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in den Mitgliedstaaten.
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ANHANG FORMBLATT A Ersuchen um Durchführung einer Beweisaufnahme nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1) 1. 2. 3.
4.
5.
6.
7.
Aktenzeichen des ersuchenden Gerichts: Aktenzeichen des ersuchten Gerichts: Ersuchendes Gericht: 3.1. Bezeichnung: 3.2. Anschrift: 3.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 3.2.2. PLZ + Ort: 3.2.3. Staat: 3.3. Tel.: 3.4. Fax: 3.5. E-Mail: Ersuchtes Gericht: 4.1. Bezeichnung: 4.2. Anschrift: 4.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 4.2.2. PLZ + Ort: 4.2.3. Staat: 4.3. Tel.: 4.4. Fax: 4.5. E-Mail: In der Rechtssache des Klägers/Antragstellers: 5.1. Name: 5.2. Anschrift: 5.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 5.2.2. PLZ + Ort: 5.2.3. Staat: 5.3. Tel.: 5.4. Fax: 5.5. E-Mail: Vertreter des Klägers/Antragstellers: 6.1. Name: 6.2. Anschrift: 6.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 6.2.2. PLZ + Ort: 6.2.3. Staat: 6.3. Tel.: 6.4. Fax: 6.5. E-Mail: Gegen den Beklagten/Antragsgegner: 7.1. Name: 7.2. Anschrift: 7.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 7.2.2. PLZ + Ort: 7.2.3. Staat: 7.3. Tel.:
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8.
9.
10.
11. 12.
13.
7.4. Fax: 7.5. E-Mail: Vertreter des Beklagten/Antragsgegners: 8.1. Name: 8.2. Anschrift: 8.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 8.2.2. PLZ + Ort: 8.2.3. Staat: 8.3. Tel.: 8.4. Fax: 8.5. E-Mail: Anwesenheit und Beteiligung der Parteien: 9.1. Die Parteien und gegebenenfalls ihre Vertreter werden bei der Beweisaufnahme anwesend sein. 9.2. Die Beteiligung der Parteien und gegebenenfalls ihrer Vertreter wird beantragt. Anwesenheit und Beteiligung der Beauftragten des ersuchenden Gerichts: 10.1. Die Beauftragten werden bei der Beweisaufnahme anwesend sein. 10.2. Die Beteiligung der Beauftragten wird beantragt. 10.2.1. Name: 10.2.2. Titel: 10.2.3. Dienststellung: 10.2.4. Aufgabe: Art und Gegenstand des Falls und kurze Erläuterung des Sachverhalts (ggf. in der Anlage): Durchzuführende Beweisaufnahme: 12.1. Beschreibung der durchzuführenden Beweisaufnahme (ggf. in der Anlage) 12.2. Vernehmung von Zeugen 12.2.1. Vor- und Zuname: 12.2.2. Anschrift: 12.2.3. Tel.: 12.2.4. Fax: 12.2.5. E-Mail: 12.2.6. Zu folgenden Fragen oder zu folgendem Sachverhalt: (ggf. in der Anlage): 12.2.7. Zeugnisverweigerungsrecht nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts (ggf. in der Anlage): 12.2.8. Bitte um Aufnahme der Aussage: 12.2.8.1. unter Eid 12.2.8.2. unter eidesstattlicher Versicherung 12.2.9. Alle anderen Informationen, die das ersuchende Gericht für erforderlich hält (ggf. in der Anlage) 12.3. Andere Beweisaufnahme: 12.3.1. Zu prüfende Schriftstücke und eine Beschreibung der erbetenen Beweisaufnahme (ggf. in der Anlage): 12.3.2. Zu prüfende Gegenstände und eine Beschreibung der erbetenen Beweisaufnahme (ggf. in der Anlage): Ich bitte Sie, das Ersuchen: 13.1. in folgender nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts vorgesehener besonderen Form (Artikel 10 Absatz 3) und/oder unter Einsatz der in der Anlage beschriebenen Kommunikationstechnologien (Artikel 10 Absatz 4) zu erledigen. 13.2. Hierfür sind folgende Angaben erforderlich:
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Benachrichtigung über die Weiterleitung des Ersuchens nach Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1) 14. Das Ersuchen fällt nicht in die Zuständigkeit des unter Nummer 4 genannten Gerichts und wurde an das folgende Gericht weitergeleitet: 14.1. Bezeichnung des zuständigen Gerichts: 14.2. Anschrift: 14.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 14.2.2. PLZ + Ort: 14.2.3. Staat: 14.3. Tel.: 14.4. Fax: 14.5. E-Mail: Geschehen zu: Datum:
FORMBLATT B Empfangsbestätigung über den Eingang eines Ersuchens um Beweisaufnahme nach Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1) 1. 2. 3. 4.
5. 6.
Aktenzeichen des ersuchenden Gerichts: Aktenzeichen des ersuchten Gerichts: Bezeichnung des ersuchenden Gerichts: Ersuchtes Gericht: 4.1. Bezeichnung: 4.2. Anschrift: 4.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 4.2.2. PLZ + Ort: 4.2.3. Staat: 4.3. Tel.: 4.4. Fax: 4.5. E-Mail: Das Ersuchen ist am … (Empfangsdatum) bei dem unter Nummer 4 genannten Gericht eingegangen. Das Ersuchen kann aus folgenden Gründen nicht bearbeitet werden: 6.1. Die im Formblatt verwendete Sprache ist unzulässig (Artikel 5) 6.1.1. Bitte verwenden Sie eine der folgenden Sprachen: 6.2. Das Dokument ist nicht lesbar (Artikel 6).
Geschehen zu: Datum:
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FORMBLATT C Bitte um ergänzende Angaben für die Durchführung einer Beweisaufnahme Nach Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1) 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Aktenzeichen des ersuchten Gerichts: Aktenzeichen des ersuchenden Gerichts: Bezeichnung des ersuchenden Gerichts: Bezeichnung des ersuchten Gerichts: Das Ersuchen kann erst erledigt werden, wenn folgende ergänzenden Angaben vorliegen: Das Ersuchen kann erst erledigt werden, wenn gemäß Artikel 18 Absatz 3 eine Kaution hinterlegt oder ein Vorschuss einbezahlt wurde. Die Kaution oder der Vorschuss sollten wie folgt hinterlegt bzw. einbezahlt werden:
Geschehen zu: Datum:
FORMBLATT D Bestätigung des Eingangs der Kaution oder der Sicherheit nach Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1) 1. 2. 3. 4. 5.
Aktenzeichen des ersuchenden Gerichts: Aktenzeichen des ersuchten Gerichts: Bezeichnung des ersuchenden Gerichts: Bezeichnung des ersuchten Gerichts: Die Kaution oder der Vorschuss ist am … (Tag des Eingangs) bei dem unter Nummer 4 genannten Gericht eingegangen.
Geschehen zu: Datum:
FORMBLATT E Mitteilung betreffend den Antrag auf Erledigung in besonderer Form und/oder unter Einsatz von Kommunikationstechnologie nach Artikel 10 Absätze 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1) 1. 2. 3. 4. 5.
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Aktenzeichen des ersuchten Gerichts: Aktenzeichen des ersuchenden Gerichts: Bezeichnung des ersuchenden Gerichts: Bezeichnung des ersuchten Gerichts: Dem Antrag auf Erledigung des Ersuchens in der unter Nummer 13.1. des Ersuchens (Formblatt A) angegebenen Form kann nicht entsprochen werden, da 5.1. die beantragte Form mit dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts unvereinbar ist;
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5.2. die Einhaltung der beantragten Form aufgrund erheblicher tatsächlicher Schwierigkeiten nicht möglich ist: Dem Antrag auf Erledigung des Ersuchens unter Einsatz von Kommunikationstechnologie gemäß Nummer 13.1. des Ersuchens (Formblatt A) kann nicht entsprochen werden, da 6.1. der Einsatz von Kommunikationstechnologie mit dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts unvereinbar ist; 6.2. der Einsatz von Kommunikationstechnologie aufgrund erheblicher tatsächlicher Schwierigkeiten nicht möglich ist.
Geschehen zu: Datum:
FORMBLATT F Unterrichtung über Termin und Ort der Beweisaufnahme und über die Bedingungen für die Beteiligung nach Artikel 11 Absatz 4 und Artikel 12 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1) 1. 2. 3.
4.
5. 6. 7. 8.
Aktenzeichen des ersuchenden Gerichts: Aktenzeichen des ersuchten Gerichts: Ersuchendes Gericht: 3.1. Bezeichnung: 3.2. Anschrift: 3.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 3.2.2. PLZ + Ort: 3.2.3. Staat: 3.3. Tel.: 3.4. Fax: 3.5. E-Mail: Ersuchtes Gericht: 4.1. Bezeichnung: 4.2. Anschrift: 4.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 4.2.2. PLZ + Ort: 4.2.3. Staat: 4.3. Tel.: 4.4. Fax: 4.5. E-Mail: Termin der Beweisaufnahme: Ort der Beweisaufnahme, falls dieser nicht den unter Nummer 4 genannten Angaben entspricht: Ggf. Bedingungen, unter denen sich die Parteien und gegebenenfalls deren Vertreter beteiligen können: Ggf. Bedingungen, unter denen sich die Beauftragten des ersuchenden Gerichts beteiligen können:
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4. Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme
FORMBLATT G Mitteilung über Verzögerungen nach Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28 Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1) 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Aktenzeichen des ersuchten Gerichts: Aktenzeichen des ersuchenden Gerichts: Bezeichnung des ersuchenden Gerichts: Bezeichnung des ersuchten Gerichts: Das Ersuchen konnte aus folgenden Gründen nicht innerhalb von 90 Tagen nach Eingang erledigt werden: Das Ersuchen wird voraussichtlich bis zum … (geschätzter Termin) erledigt werden.
Geschehen zu: Datum:
FORMBLATT H Benachrichtigung über das Ergebnis des Ersuchens nach Artikel 14 und Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Ziviloder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1) 1. 2. 3. 4. 5.
Aktenzeichen des ersuchten Gerichts: Aktenzeichen des ersuchenden Gerichts: Bezeichnung des ersuchenden Gerichts: Bezeichnung des ersuchten Gerichts: Das Ersuchen wurde erledigt.
Anbei werden folgende Schriftstücke, aus denen sich die Erledigung des Ersuchens ergibt, übermittelt: 6. Die Erledigung des Ersuchens wurde abgelehnt, weil 6.1. die zu vernehmende Person sich auf ein Recht zur Aussageverweigerung oder ein Aussageverbot 6.1.1. nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts 6.1.2. nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts berufen hat. 6.2. Das Ersuchen fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung. 6.3. Die Erledigung des Ersuchens fällt nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchten Gerichts nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt. 6.4. Das ersuchende Gericht ist dem Antrag des ersuchten Gerichts vom … (Zeitpunkt des Antrags) auf ergänzende Angaben nicht nachgekommen. 6.5. Eine Kaution oder ein Vorschuss, um die bzw. den gemäß Artikel 18 Absatz 3 gebeten wurde, ist nicht hinterlegt bzw. einbezahlt worden Geschehen zu: Datum:
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FORMBLATT I Ersuchen um direkte Beweisaufnahme nach Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1) 1. 2. 3.
4.
5.
6.
7.
Aktenzeichen des ersuchenden Gerichts: Aktenzeichen der Zentralstelle/zuständigen Behörde: Ersuchendes Gericht: 3.1. Bezeichnung: 3.2. Anschrift: 3.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 3.2.2. PLZ + Ort: 3.2.3. Staat: 3.3. Tel.: 3.4. Fax: 3.5. E-Mail: Zentralstelle/zuständige Behörde des ersuchten Staats: 4.1. Bezeichnung: 4.2. Anschrift: 4.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 4.2.2. PLZ + Ort: 4.2.3. Staat: 4.3. Tel.: 4.4. Fax: 4.5. E-Mail: In der Rechtssache des Klägers/Antragstellers: 5.1. Name: 5.2. Anschrift: 5.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 5.2.2. PLZ + Ort: 5.2.3. Staat: 5.3. Tel.: 5.4. Fax: 5.5. E-Mail: Vertreter des Klägers/Antragstellers: 6.1. Name: 6.2. Anschrift: 6.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 6.2.2. PLZ + Ort: 6.2.3. Staat: 6.3. Tel.: 6.4. Fax: 6.5. E-Mail: Gegen den Beklagten/Antragsgegner: 7.1. Name: 7.2. Anschrift: 7.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 7.2.2. PLZ + Ort: 7.2.3. Staat: 7.3. Tel.: 7.4. Fax: 7.5. E-Mail:
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4. Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme
8.
Vertreter des Beklagten/Antragsgegners: 8.1. Name: 8.2. Anschrift: 8.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 8.2.2. PLZ + Ort: 8.2.3. Staat: 8.3. Tel.: 8.4. Fax: 8.5. E-Mail: 9. Die Beweisaufnahme erfolgt durch: 9.1. Name: 9.2. Titel: 9.3. Dienststellung: 9.4. Aufgabe: 10. Art und Gegenstand des Falls und kurze Erläuterung des Sachverhalts (ggf. in der Anlage): 11. Durchzuführende Beweisaufnahme: 11.1. Beschreibung der durchzuführenden Beweisaufnahme (ggf. in der Anlage): 11.2. Vernehmung von Zeugen: 11.2.1. Vor- und Zuname: 11.2.2. Anschrift: 11.2.3. Tel.: 11.2.4. Fax: 11.2.5. E-Mail: 11.2.6. Zu folgenden Fragen oder zu folgendem Sachverhalt (ggf. in der Anlage): 11.2.7. Zeugnisverweigerungsrecht nach dem Recht des Mitgliedstaats des ersuchenden Gerichts (ggf. in der Anlage): 11.3. Andere Beweisaufnahme (ggf. in der Anlage): 12. Das ersuchende Gericht ersucht um direkte Beweisaufnahme unter Einsatz folgender Kommunikationstechnologien (ggf. in der Anlage): Geschehen zu: Datum:
FORMBLATT J Mitteilung der Zentralstelle/zuständigen Behörde nach Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1) 1. 2. 3. 4.
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Aktenzeichen des ersuchenden Gerichts: Aktenzeichen der Zentralstelle/zuständigen Behörde: Bezeichnung des ersuchenden Gerichts: Zentralstelle/zuständige Behörde: 4.1. Bezeichnung: 4.2. Anschrift: 4.2.1. Straße + Hausnummer/Postfach: 4.2.2. PLZ + Ort: 4.2.3. Staat: 4.3. Tel.: 4.4. Fax: 4.5. E-Mail:
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5.
Mitteilung der Zentralstelle/zuständigen Behörde: 5.1. Der direkten Beweisaufnahme gemäß dem Ersuchen wird stattgegeben: 5.2. Der direkten Beweisaufnahme gemäß dem Ersuchen wird unter folgenden Bedingungen stattgegeben (ggf. in der Anlage): 5.3. Die direkte Beweisaufnahme gemäß dem Ersuchen wird aus folgenden Gründen abgelehnt: 5.3.1. Das Ersuchen fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung: 5.3.2. Das Ersuchen enthält nicht alle erforderlichen Angaben nach Artikel 4: 5.3.3. Die beantragte direkte Beweisaufnahme steht im Widerspruch zu wesentlichen Rechtsgrundsätzen des Mitgliedstaats der Zentralstelle/zuständigen Behörde:
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5. Festlegung gemeinsamer Mindeststandards für die Prozesskostenhilfe
5. Richtlinie (EG) Nr. 2003/8 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindeststandards für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (Prozesskostenhilferichtlinie) (ABl. 2003 L 26, 41 ff., berichtigt durch ABl. 2003 L 32, 15 ff.) 5. Festlegung gemeinsamer Mindeststandards für die Prozesskostenhilfe Vorbemerkung: Die Prozesskostenhilfe-Richtlinie soll einheitliche Mindeststandards für die Armenrechtsgewährung setzen. Darüber hinaus dient sie der Übermittlung von Armenrechtsanträgen und stellt Übersetzungs- und Prüfungspflichten auf. Durch die Verwendung von Standardformularen sollen Sprachprobleme vermieden, jedenfalls gemildert werden. Die Richtlinie ist durch §§ 1076–1078 ZPO im deutschen Recht umgesetzt worden. Die Richtlinie betrifft nur Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug. Sie gilt nicht für die Armenrechtsgewährung nach §§ 114 ff. ZPO in rein innerstaatlichen Streitigkeiten. Geltungsbereich: Mitgliedstaaten der EU mit Ausnahme Dänemarks Schrifttum: Fischer Grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe nach dem EG Prozesskostenhilfegesetz, ZAP 2005, 225 ff.; Gottwald Prozesskostenhilfe für grenzüberschreitende Verfahren in Europa, FS Rechberger, 2005, S. 173 ff.; Hau Europäische Prozesskostenhilferichtlinie, in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., 2010 S. 1971 ff.; Hau Prozesskostenhilfe für Ausländer und Auslandsansässige im deutschen Zivilprozess, GS Konuralp, 2009, Bd. I, S. 409 ff.; Jastrow Grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe in Zivilsachen – die EG-Richtlinie 8/2003, MDR 2004, 75 ff.; Knöfel Prozesskostenhilfe im internationalen Zivilverfahrensrecht – Grundlagen und aktuelle Probleme, FS Kaissis, 2012, S. 501 ff.; Rellermeyer Rechtspflegergeschäfte nach dem EG-Prozesskostenhilfegesetz, RPfl. 2005, 61 ff.; Schmidt Europäisches Zivilprozessrecht, Rdn. 376 ff.; Schoibl Gemeinsame Mindestvorschriften für die europäische Prozesskostenhilfe in Zivilsachen, JBl. 2006, 142 ff., 233 ff.
Text Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen Amtsblatt Nr. L 26 vom 31.1.2003, S. 41–47, berichtigt durch Amtsblatt Nr. L 32 vom 7.2.2003, S. 15 Erwägungen: (1) Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zum schrittweisen Aufbau dieses Raums erlässt die Gemeinschaft unter anderem im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Maßnahmen. (2) Gemäß Artikel 65 Buchstabe c des Vertrags schließen diese Maßnahmen die Beseitigung der Hindernisse für eine reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren ein, erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften. 203
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(3) Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung in Tampere vom 15. und 16. Oktober 1999 den Rat ersucht, Mindeststandards zur Gewährleistung eines angemessenen Niveaus der Prozesskostenhilfe bei grenzüberschreitenden Rechtssachen in allen Ländern der Union zu verabschieden. (4) Alle Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950. Die vorliegende Richtlinie kommt unter Einhaltung dieser Konvention zur Anwendung, insbesondere unter Wahrung des Grundsatzes der Gleichheit beider Streitparteien. (5) Diese Richtlinie zielt darauf ab, die Anwendung der Prozesskostenhilfe in Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug für Personen zu fördern, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten. Das allgemein anerkannte Recht auf Zugang zu den Gerichten wird auch in Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bestätigt. (6) Unzureichende Mittel einer Partei, die als Klägerin oder Beklagte an einer Streitsache beteiligt ist, dürfen den effektiven Zugang zum Recht ebenso wenig behindern wie Schwierigkeiten aufgrund des grenzüberschreitenden Bezugs einer Streitsache. (7) Da die Ziele der beabsichtigten Maßnahme auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. (8) Diese Richtlinie soll vor allem eine angemessene Prozesskostenhilfe in Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug gewährleisten, indem gemeinsame Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in solchen Streitsachen festgelegt werden. Eine Richtlinie des Rates ist hierfür das geeignetste Rechtsinstrument. (9) Diese Richtlinie findet in zivil- und handelsrechtlichen Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug Anwendung. (10) Jede Person, die an einer unter diese Richtlinie fallenden zivil- oder handelsrechtlichen Streitsache beteiligt ist, muss in der Lage sein, ihre Rechte geltend zu machen, auch wenn sie aufgrund ihrer persönlichen finanziellen Situation die Prozesskosten nicht tragen kann. Die Prozesskostenhilfe gilt als angemessen, wenn sie dem Empfänger einen effektiven Zugang zum Recht unter den in dieser Richtlinie vorgesehenen Voraussetzungen ermöglicht. (11) Die Prozesskostenhilfe sollte die vorprozessuale Rechtsberatung zur außergerichtlichen Streitbeilegung, den Rechtsbeistand bei Anrufung eines Gerichts und die rechtliche Vertretung vor Gericht sowie eine Unterstützung oder Befreiung von den Prozesskosten umfassen. (12) Es bleibt dem Recht des Mitgliedstaats des Gerichtstands oder des Vollstreckungsmitgliedstaats überlassen, ob die Prozesskosten auch die dem Empfänger der Prozesskostenhilfe auferlegten Kosten der Gegenpartei einschließen können. (13) Unabhängig von ihrem Wohnsitz oder ihrem gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats müssen alle Unionsbürger Prozesskostenhilfe bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug in Anspruch nehmen können, wenn sie die in dieser Richtlinie genannten Voraussetzungen erfüllen. Gleiches gilt für die Angehörigen von Drittstaaten, die ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat haben. (14) Es sollte den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, Schwellenwerte festzulegen, bei deren Überschreiten von einer Person unter den in dieser Richtlinie festgelegten BeSchütze
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5. Festlegung gemeinsamer Mindeststandards für die Prozesskostenhilfe
dingungen anzunehmen ist, dass sie die Kosten des Verfahrens tragen kann. Derartige Schwellenwerte sind anhand verschiedener objektiver Faktoren wie Einkommen, Vermögen oder familiäre Situation festzulegen. (15) Das Ziel dieser Richtlinie könnte jedoch nicht erreicht werden, wenn die Personen, die Prozesskostenhilfe beantragen, nicht die Möglichkeit erhielten, nachzuweisen, dass sie nicht für die Prozesskosten aufkommen können, obwohl ihr Vermögen den vom Mitgliedstaat des Gerichtsstands festgelegten Schwellenwert überschreitet. Bei der Bewertung, ob Prozesskostenhilfe auf dieser Grundlage zu gewähren ist, können die Behörden im Mitgliedstaat des Gerichtsstands Informationen darüber berücksichtigen, dass der Antragsteller in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, die finanziellen Kriterien für die Gewährung der Hilfe erfüllt. (16) Die Möglichkeit, im konkreten Fall auf andere Regelungen zurückzugreifen, die einen effektiven Zugang zum Recht gewährleisten, stellt keine Form der Prozesskostenhilfe dar. Sie kann jedoch die Annahme rechtfertigen, dass die betreffende Person trotz ungünstiger finanzieller Verhältnisse die Prozesskosten tragen kann. (17) Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, Anträge auf Prozesskostenhilfe für offensichtlich unbegründete Verfahren, oder aus Gründen, die mit dem Wesen, insbesondere den Erfolgsaussichten der Sache zusammenhängen, abzulehnen, sofern Rechtsberatung vor Prozessbeginn angeboten wird und der Zugang zum Recht gewährleistet ist. Bei ihrer Entscheidung über das Wesen und insbesondere die Erfolgsaussichten eines Antrags können die Mitgliedstaaten Anträge auf Prozesskostenhilfe ablehnen, wenn der Antragsteller eine Rufschädigung geltend macht, jedoch keinen materiellen oder finanziellen Schaden erlitten hat, oder wenn der Antrag einen Rechtsanspruch betrifft, der in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Geschäft oder der selbstständigen Erwerbstätigkeit des Antragstellers entstanden ist. (18) Die Komplexität und die Unterschiede der Gerichtssysteme der Mitgliedstaaten sowie die durch den grenzüberschreitenden Charakter von Streitsachen bedingten Kosten dürfen den Zugang zum Recht nicht behindern. Die Prozesskostenhilfe sollte daher die unmittelbar mit dem grenzüberschreitenden Charakter einer Streitsache verbundenen Kosten decken. (19) Bei der Prüfung der Frage, ob die persönliche Anwesenheit vor Gericht erforderlich ist, sollten die Gerichte eines Mitgliedstaats in vollem Umfang die Möglichkeiten berücksichtigen, die sich aus der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen ergeben. (20) Wird Prozesskostenhilfe gewährt, so muss sie sich auf das gesamte Verfahren erstrecken, einschließlich der Kosten für die Vollstreckung eines Urteils; dem Empfänger sollte die Prozesskostenhilfe weiter gewährt werden, wenn ein Rechtsbehelf entweder gegen ihn oder von ihm eingelegt wird, sofern die Voraussetzungen im Hinblick auf die finanziellen Verhältnisse und den Inhalt der Streitsache weiterhin erfüllt sind. (21) Die Prozesskostenhilfe ist gleichermaßen für herkömmliche Gerichtsverfahren und außergerichtliche Verfahren wie die Schlichtung zu gewähren, wenn ihre Anwendung gesetzlich vorgeschrieben ist oder vom Gericht angeordnet wird. (22) Die Prozesskostenhilfe sollte unter den in dieser Richtlinie festgelegten Voraussetzungen auch für die Vollstreckung öffentlicher Urkunden in einem anderen Mitgliedstaat gewährt werden. (23) Da die Prozesskostenhilfe vom Mitgliedstaat des Gerichtsstands oder vom Vollstreckungsmitgliedstaat gewährt wird, mit Ausnahme der vorprozessualen Rechtsberatung, wenn die Person, die Prozesskostenhilfe beantragt, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Mitgliedstaat des Gerichtsstands hat, muss dieser Mitgliedstaat 205
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sein eigenes Recht unter Wahrung der in dieser Richtlinie festgeschriebenen Grundsätze anwenden. (24) Die Prozesskostenhilfe sollte von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats des Gerichtsstands bzw. des Vollstreckungsmitgliedstaats gewährt oder verweigert werden. Dies gilt sowohl für die Verhandlung der Sache als auch für die Entscheidung über die Zuständigkeit. (25) Die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen sollte zwischen den Mitgliedstaaten so geregelt werden, dass die Information der Öffentlichkeit und der Fachkreise gefördert und die Übermittlung der Anträge auf Prozesskostenhilfe von einem Mitgliedstaat in einen anderen erleichtert und beschleunigt wird. (26) Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahren der Notifizierung und Übermittlung orientieren sich unmittelbar an denen des am 27. Januar 1977 in Straßburg unterzeichneten Europäischen Übereinkommens über die Übermittlung von Anträgen auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe, im Folgenden „Übereinkommen von 1977“ genannt. Für die Übermittlung der Anträge auf Prozesskostenhilfe wird eine Frist gesetzt, die im Übereinkommen von 1977 nicht vorgesehen ist. Die Festsetzung einer relativ kurzen Frist trägt zu einer geordneten Rechtspflege bei. (27) Die nach dieser Verordnung übermittelten Daten sollten geschützt werden. Da die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr und die Richtlinie 97/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre im Bereich der Telekommunikation Anwendung finden, sind spezielle Bestimmungen zum Datenschutz in der vorliegenden Richtlinie nicht erforderlich. (28) Die Einführung eines Standardformulars für Anträge auf Prozesskostenhilfe und für die Übermittlung der Anträge auf Prozesskostenhilfe bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug wird die Verfahren vereinfachen und beschleunigen. (29) Darüber hinaus sollten diese Antragsformulare sowie nationale Antragsformulare auf europäischer Ebene über das Informationssystem des gemäß der Entscheidung 2001/470/EG eingerichteten Europäischen Justiziellen Netzes zur Verfügung gestellt werden. (30) Die zur Durchführung dieser Richtlinie erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse erlassen werden. (31) Die Festlegung von Mindestnormen für Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, günstigere Bestimmungen für Personen, die Prozesskostenhilfe beantragen und erhalten, vorzusehen. (32) Das Übereinkommen von 1977 und das 2001 in Moskau unterzeichnete Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Übermittlung von Anträgen auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe bleiben auf die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens von 1977 oder des Protokolls sind, anwendbar. In den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten hingegen hat diese Richtlinie Vorrang vor den Bestimmungen des Übereinkommens von 1977 und des Protokolls. (33) Das Vereinigte Königreich und Irland haben gemäß Artikel 3 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands im Anhang zum Vertrag über die Europäische Union und im Anhang zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Richtlinie beteiligen möchten. Schütze
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5. Festlegung gemeinsamer Mindeststandards für die Prozesskostenhilfe
(34) Nach den Artikeln 1 und 2 des Protokolls über die Position Dänemarks, das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist, beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie, die für Dänemark demnach nicht bindend oder anwendbar ist.
KAPITEL I Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen Artikel 1 Ziele und Anwendungsbereich (1) Ziel dieser Richtlinie ist die Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen. (2) Diese Richtlinie gilt für Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug in Zivilund Handelssachen, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt. Sie erfasst insbesondere keine Steuer- und Zollsachen und keine verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten. (3) Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck „Mitgliedstaat“ alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks. Artikel 2 Grenzüberschreitende Streitsachen (1) Eine grenzüberschreitende Streitigkeit im Sinne dieser Richtlinie liegt vor, wenn die im Rahmen dieser Richtlinie Prozesskostenhilfe beantragende Partei ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat des Gerichtsstands oder dem Vollstreckungsmitgliedstaat hat. (2) Der Wohnsitzmitgliedstaat einer Prozesspartei wird gemäß Artikel 59 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen bestimmt. (3) Der maßgebliche Augenblick zur Feststellung, ob eine Streitsache mit grenzüberschreitendem Bezug vorliegt, ist der Zeitpunkt, zu dem der Antrag gemäß dieser Richtlinie eingereicht wird.
KAPITEL II Anspruch auf Prozesskostenhilfe Artikel 3 Anspruch auf Prozesskostenhilfe (1) An einer Streitsache im Sinne dieser Richtlinie beteiligte natürliche Personen haben Anspruch auf eine angemessene Prozesskostenhilfe, damit ihr effektiver Zugang zum Recht nach Maßgabe dieser Richtlinie gewährleistet ist. (2) Die Prozesskostenhilfe gilt als angemessen, wenn sie Folgendes sicherstellt: a) eine vorprozessuale Rechtsberatung im Hinblick auf eine außergerichtlichen Streitbeilegung; 207
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b) den Rechtsbeistand und die rechtliche Vertretung vor Gericht sowie eine Befreiung von den Gerichtskosten oder eine Unterstützung bei den Gerichtskosten des Empfängers, einschließlich der in Artikel 7 genannten Kosten und der Kosten für Personen, die vom Gericht mit der Wahrnehmung von Aufgaben während des Prozesses beauftragt werden. In Mitgliedstaaten, in denen die unterliegende Partei die Kosten der Gegenpartei übernehmen muss, umfasst die Prozesskostenhilfe im Falle einer Prozessniederlage des Empfängers auch die Kosten der Gegenpartei, sofern sie diese Kosten umfasst hätte, wenn der Empfänger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Mitgliedstaat des Gerichtsstands gehabt hätte. (3) Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, einen Rechtsbeistand oder eine rechtliche Vertretung vor Gericht bei Verfahren vorzusehen, die speziell darauf ausgerichtet sind, den Prozessparteien zu ermöglichen, sich selbst zu vertreten; dies gilt nicht, wenn das Gericht oder eine andere zuständige Behörde etwas anderes zur Gewährleistung der Gleichheit der Parteien oder in Anbetracht der Komplexität der Sache beschließt. (4) Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass sich die Empfänger der Prozesskostenhilfe angemessen an den Prozesskosten beteiligen, wobei die Voraussetzungen nach Artikel 5 zu berücksichtigen sind. (5) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die zuständige Behörde die Prozesskostenhilfe von den Empfängern ganz oder teilweise zurückverlangen kann, wenn sich ihre finanziellen Verhältnisse wesentlich verbessert haben, oder wenn die Entscheidung zur Gewährung der Prozesskostenhilfe aufgrund falscher Angaben des Empfängers getroffen wurde. Artikel 4 Diskriminierungsverbot Die Mitgliedstaaten gewähren Unionsbürgern und Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, die Prozesskostenhilfe ohne jede Diskriminierung.
KAPITEL III Voraussetzungen und Umfang der Prozesskostenhilfe Artikel 5 Voraussetzungen für die finanziellen Verhältnisse (1) Die Mitgliedstaaten gewähren den in Artikel 3 Absatz 1 genannten Personen, die aufgrund ihrer persönlichen wirtschaftlichen Lage teilweise oder vollständig außerstande sind, die Prozesskosten nach Artikel 3 Absatz 2 zu tragen, Prozesskostenhilfe zur Gewährleistung ihres effektiven Zugangs zum Recht. (2) Die wirtschaftliche Lage einer Person wird von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats des Gerichtsstands unter Berücksichtigung verschiedener objektiver Faktoren wie des Einkommens, des Vermögens oder der familiären Situation einschließlich einer Beurteilung der wirtschaftlichen Ressourcen von Personen, die vom Antragsteller finanziell abhängig sind, bewertet. (3) Die Mitgliedstaaten können Schwellenwerte festsetzen, bei deren Überschreiten davon ausgegangen wird, dass der Antragsteller die Prozesskosten nach Artikel 3 AbSchütze
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5. Festlegung gemeinsamer Mindeststandards für die Prozesskostenhilfe
satz 2 teilweise oder vollständig tragen kann. Diese Schwellenwerte werden nach den in Absatz 2 des vorliegenden Artikels genannten Kriterien festgelegt. (4) Die gemäß Absatz 3 des vorliegenden Artikels festgelegten Schwellenwerte dürfen nicht verhindern, dass Antragstellern, die die Schwellenwerte überschreiten, Prozesskostenhilfe gewährt wird, wenn sie den Nachweis erbringen, dass sie wegen der unterschiedlich hohen Lebenshaltungskosten im Mitgliedstaat ihres Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts und im Mitgliedstaat des Gerichtsstands die Prozesskosten nach Artikel 3 Absatz 2 nicht tragen können. (5) Prozesskostenhilfe muss nicht gewährt werden, wenn die Antragsteller im konkreten Fall effektiven Zugang zu anderen Regelungen haben, die die Prozesskosten gemäß Artikel 3 Absatz 2 decken. Artikel 6 Voraussetzungen für den Inhalt der Streitsache (1) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass Anträge auf Prozesskostenhilfe für offensichtlich unbegründete Verfahren von den zuständigen Behörden abgelehnt werden können. (2) Wird vorprozessuale Rechtsberatung angeboten, so kann die Gewährung weiterer Prozesskostenhilfe aus Gründen, die mit dem Wesen, insbesondere den Erfolgsaussichten der Sache zusammenhängen, abgelehnt oder eingestellt werden, sofern der Zugang zum Recht gewährleistet ist. (3) Bei der Entscheidung über das Wesen, insbesondere die Erfolgsaussichten, eines Antrags berücksichtigen die Mitgliedstaaten unbeschadet des Artikels 5 die Bedeutung der betreffenden Rechtssache für den Antragsteller, wobei sie jedoch auch der Art der Rechtssache Rechnung tragen können, wenn der Antragsteller eine Rufschädigung geltend macht, jedoch keinen materiellen oder finanziellen Schaden erlitten hat, oder wenn der Antrag einen Rechtsanspruch betrifft, der in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Geschäft oder der selbstständigen Erwerbstätigkeit des Antragstellers entstanden ist. Artikel 7 Durch den grenzüberschreitenden Charakter der Streitsache bedingte Kosten Die im Mitgliedstaat des Gerichtsstands gewährte Prozesskostenhilfe umfasst folgende unmittelbar mit dem grenzüberschreitenden Charakter der Streitsache verbundenen Kosten: a) Dolmetschleistungen; b) Übersetzung der vom Gericht oder von der zuständigen Behörde verlangten und vom Empfänger vorgelegten Schriftstücke, die für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich sind; und c) Reisekosten, die vom Antragsteller zu tragen sind, wenn das Gesetz oder das Gericht dieses Mitgliedstaats die Anwesenheit der mit der Darlegung des Falls des Antragstellers befassten Personen bei Gericht verlangen und das Gericht entscheidet, dass die betreffenden Personen nicht auf andere Weise zur Zufriedenheit des Gerichts gehört werden können.
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Artikel 8 Vom Mitgliedstaat des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts zu übernehmende Kosten Der Mitgliedstaat, in dem die Person, die Prozesskostenhilfe beantragt hat, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, gewährt die erforderliche Prozesskostenhilfe gemäß Artikel 3 Absatz 2 zur Deckung: a) der Kosten für die Unterstützung durch einen örtlichen Rechtsanwalt oder eine andere gesetzlich zur Rechtsberatung ermächtigte Person in diesem Mitgliedstaat, bis der Antrag auf Prozesskostenhilfe gemäß dieser Richtlinie im Mitgliedstaat des Gerichtsstands eingegangen ist; b) der Kosten für die Übersetzung des Antrags und der erforderlichen Anlagen, wenn der Antrag auf Prozesskostenhilfe bei den Behörden dieses Mitgliedstaats eingereicht wird. Artikel 9 Weitergewährung der Prozesskostenhilfe (1) Die Prozesskostenhilfe wird den Empfängern in vollem Umfang oder teilweise weitergewährt, um die Kosten für die Vollstreckung eines Urteils im Mitgliedstaat des Gerichtsstands zu decken. (2) Ein Empfänger, dem im Mitgliedstaat des Gerichtsstands Prozesskostenhilfe gewährt wurde, erhält Prozesskostenhilfe gemäß dem Recht des Mitgliedstaats, in dem die Anerkennung oder Vollstreckung beantragt wird. (3) Vorbehaltlich der Artikel 5 und 6 wird Prozesskostenhilfe weiter gewährt, wenn ein Rechtsbehelf gegen den oder vom Empfänger eingelegt wird. (4) Die Mitgliedstaaten können in jeder Phase des Verfahrens auf der Grundlage der Artikel 3 Absätze 3 und 5, Artikel 5 und Artikel 6 eine neuerliche Prüfung des Antrags auf Prozesskostenhilfe vorsehen; dies gilt auch für Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3 des vorliegenden Artikels. Artikel 10 Außergerichtliche Verfahren Die Prozesskostenhilfe ist unter den in dieser Richtlinie festgelegten Voraussetzungen auf außergerichtliche Verfahren auszudehnen, wenn die Parteien gesetzlich verpflichtet sind, diese anzuwenden, oder den Streitparteien vom Gericht aufgetragen wird, diese in Anspruch zu nehmen. Artikel 11 Öffentliche Urkunden Für die Vollstreckung öffentlicher Urkunden in einem anderen Mitgliedstaat wird unter den in dieser Richtlinie festgelegten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe gewährt.
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5. Festlegung gemeinsamer Mindeststandards für die Prozesskostenhilfe
KAPITEL IV Verfahren Artikel 12 Für die Gewährung der Prozesskostenhilfe zuständige Behörde Unbeschadet des Artikels 8 wird die Prozesskostenhilfe von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats des Gerichtsstands gewährt oder verweigert. Artikel 13 Einreichung und Übermittlung der Anträge auf Prozesskostenhilfe (1) Anträge auf Prozesskostenhilfe können eingereicht werden: entweder a) bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem der Antragsteller seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Übermittlungsbehörde), oder b) bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats des Gerichtsstands oder des Vollstreckungsmitgliedstaats (Empfangsbehörde). (2) Anträge auf Prozesskostenhilfe sind auszufüllen und die beigefügten Anlagen zu übersetzen a) in der bzw. die Amtssprache oder einer bzw. eine der Amtssprachen des Mitgliedstaats der zuständigen Empfangsbehörde, die zugleich einer der Amtssprachen der Europäischen Gemeinschaft entspricht; oder b) in einer anderen bzw. eine andere Sprache, mit deren Verwendung sich dieser Mitgliedstaat gemäß Artikel 14 Absatz 3 einverstanden erklärt hat. (3) Die zuständigen Übermittlungsbehörden können entscheiden, die Übermittlung eines Antrags abzulehnen, wenn dieser offensichtlich a) unbegründet ist oder b) nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt. Artikel 15 Absätze 2 und 3 findet auf solche Entscheidungen Anwendung. (4) Die zuständige Übermittlungsbehörde unterstützt den Antragsteller, indem sie dafür Sorge trägt, dass dem Antrag alle Anlagen beigefügt werden, die ihres Wissens zur Entscheidung über den Antrag erforderlich sind. Ferner unterstützt sie den Antragsteller gemäß Artikel 8 Buchstabe b bei der Beschaffung der erforderlichen Übersetzung der Anlagen. Die zuständige Übermittlungsbehörde leitet der zuständigen Empfangsbehörde in dem anderen Mitgliedstaat den Antrag innerhalb von 15 Tagen nach Erhalt des in einer der Amtssprachen gemäß Absatz 2 ordnungsgemäß ausgefüllten Antrags und der beigefügten, erforderlichenfalls in eine dieser Amtssprachen übersetzten Anlagen zu. (5) Die nach Maßgabe dieser Richtlinie übermittelten Schriftstücke sind von der Legalisation und gleichwertigen Formalitäten befreit. (6) Für die nach Absatz 4 erbrachten Leistungen dürfen die Mitgliedstaaten kein Entgelt verlangen. Die Mitgliedstaaten, in denen die Person, die Prozesskostenhilfe beantragt hat, ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, können festlegen, dass der Antragsteller die von der zuständigen Übermittlungsbehörde übernommenen Übersetzungskosten zurückzahlen muss, wenn der Antrag auf Prozesskostenhilfe von der zuständigen Behörde abgelehnt wird.
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Artikel 14 Zuständige Behörden und Sprachen (1) Die Mitgliedstaaten bezeichnen die für die Übermittlung des Antrags („Übermittlungsbehörden“) bzw. den Empfang des Antrags („Empfangsbehörden“) zuständige Behörde oder Behörden. (2) Jeder Mitgliedstaat übermittelt der Kommission folgende Angaben: – Name und Anschrift der zuständigen Empfangsbehörden oder Übermittlungsbehörden nach Absatz 1; – räumlicher Zuständigkeitsbereich dieser Behörden; – verfügbare Kommunikationsmittel dieser Behörden zum Empfang der Anträge; und – Sprachen, in denen der Antrag ausgefüllt werden kann. (3) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, welche Amtssprache(n) der Europäischen Gemeinschaft außer ihrer bzw. ihren eigenen Amtssprache(n) beim Ausfüllen der gemäß dieser Richtlinie eingehenden Anträge auf Prozesskostenhilfe für die zuständige Empfangsbehörde akzeptabel ist bzw. sind. (4) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die Angaben gemäß den Absätzen 2 und 3 vor dem 30. November 2004. Jede Änderung dieser Angaben wird der Kommission spätestens zwei Monate, bevor die Änderung in dem betreffenden Mitgliedstaat wirksam wird, mitgeteilt. (5) Die Angaben gemäß den Absätzen 2 und 3 werden im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Artikel 15 Bearbeitung der Anträge (1) Die für die Entscheidung über die Anträge auf Prozesskostenhilfe zuständigen einzelstaatlichen Behörden tragen dafür Sorge, dass der Antragsteller in vollem Umfang über die Bearbeitung des Antrags unterrichtet wird. (2) Die vollständige oder teilweise Ablehnung der Anträge ist zu begründen. (3) Die Mitgliedstaaten sehen einen Rechtsbehelf gegen Entscheidungen vor, mit denen Anträge auf Prozesskostenhilfe abgelehnt werden. Die Mitgliedstaaten können Fälle ausnehmen, bei denen ein Antrag auf Prozesskostenhilfe entweder von einem Berufungsgericht oder von einem Gericht abgelehnt wird, gegen dessen Entscheidung in der Hauptsache nach nationalem Recht kein Rechtsbehelf möglich ist. (4) Ist ein Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung über die Ablehnung oder Einstellung der Prozesskostenhilfe aufgrund von Artikel 6 verwaltungsrechtlicher Art, so unterliegt er in allen Fällen der gerichtlichen Überprüfung. Artikel 16 Standardformular (1) Zur Erleichterung der Übermittlung der Anträge wird nach dem in Artikel 17 Absatz 2 genannten Verfahren ein Standardformular für Anträge auf Prozesskostenhilfe und für die Übermittlung dieser Anträge erstellt. (2) Das Standardformular für die Übermittlung von Anträgen auf Prozesskostenhilfe wird spätestens am 30. Mai 2003 erstellt. Das Standardformular für Anträge auf Prozesskostenhilfe wird spätestens am 30. November 2004 erstellt. Schütze
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5. Festlegung gemeinsamer Mindeststandards für die Prozesskostenhilfe
KAPITEL V Schlussbestimmungen Artikel 17 Ausschuss (1) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. (2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 3 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG. (3) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung. Artikel 18 Information Die zuständigen einzelstaatlichen Behörden arbeiten zusammen, um die Information der Öffentlichkeit und der Fachkreise über die verschiedenen Systeme der Prozesskostenhilfe insbesondere über das gemäß der Entscheidung 2001/470/EG eingerichtete Europäische Justizielle Netz zu gewährleisten. Artikel 19 Günstigere Bestimmungen Diese Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, günstigere Bestimmungen für Antragsteller und Empfänger von Prozesskostenhilfe vorzusehen. Artikel 20 Verhältnis zu anderen Übereinkünften Diese Richtlinie hat zwischen den Mitgliedstaaten in ihrem Anwendungsbereich Vorrang vor den Bestimmungen, die in den von den Mitgliedstaaten geschlossenen bilateralen und multilateralen Übereinkünften enthalten sind, einschließlich a) des am 27. Januar 1977 in Straßburg unterzeichneten Europäischen Übereinkommens über die Übermittlung von Anträgen auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe geändert durch das 2001 in Moskau unterzeichnete Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Übermittlung von Anträgen auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe; b) des Haager Abkommens von 25. Oktober 1980 über die Erleichterung des internationalen Zugangs zu den Gerichten. Artikel 21 Umsetzung in innerstaatliches Recht (1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens am 30. November 2004 nachzukommen; dies gilt jedoch nicht für Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a, dessen Umsetzung in nationales Recht spätestens am 30. Mai 2006 erfolgt. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme. 213
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(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen. Artikel 22 Inkrafttreten Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft. Artikel 23 Adressaten Diese Richtlinie ist gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft an die Mitgliedstaaten gerichtet.
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6. EG-Prozesskostenhilfevordruckverordnung
6. Verordnung zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozesskostenhilfe sowie eines Vordrucks für die Übermittlung der Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im grenzüberschreitenden Verkehr (EG-Prozesskostenhilfevordruckverordnung – EGPKHVV) (VO vom 21. 12. 2004 BGBl. F, 3538 ff.) 6. EG-Prozesskostenhilfevordruckverordnung Auf Grund des § 1077 Abs. 2 der Zivilprozessordnung, der durch Artikel 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3392) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium der Justiz: § 1 Vordrucke Für die Erklärung der Partei sowie für die Übermittlung derartiger Anträge nach Artikel 13 der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. EG Nr. L 26 S. 41, ABl. EU Nr. L 32 S. 15) werden die in der Anlage bestimmten Vordrucke eingeführt. § 2 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Schlussformel Der Bundesrat hat zugestimmt. Anlage (zu § 1) Formular für die Übermittlung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe Ggf. Angabe von Gründen, die eine besonders zügige Antragsbearbeitung rechtfertigen: Aktenzeichen: Übermittlung von:
Datum der Übermittlung:
Angaben zur Übermittlungsbehörde: Bezeichnung der Übermittlungsbehörde: Mitgliedstaat: Sachbearbeiter: Anschrift: Telefon: Fax: E-Mail: an:
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Angaben zur Empfangsbehörde: Bezeichnung: Mitgliedstaat: Anschrift: Telefon: Fax: E-Mail: Angaben zum Antragsteller auf Prozesskostenhilfe: Name und Vorname bzw. Firmenbezeichnung: Name und Vornahme des Vertreters des Antragstellers, sofern Letzterer minderjährig oder prozessunfähig ist: Name und Vorname eines etwaigen Vertreters des Antragstellers, sofern Letzterer volljährig und prozessfähig ist (Anwalt, Rechtsbeistand usw.): Anschrift: Telefon: Fax: E-Mail: Vom Antragsteller verstandene Sprache(n): Angaben zum Verfahren 1. Handelt es sich beim Antragsteller auf Prozesskostenhilfe um Kläger oder Beklagten? 2. Die Prozesskostenhilfe wird beantragt für: a) vorprozessuale Rechtsberatung () b) Beistand (Beratung und/oder Vertretung) im Rahmen eines außergerichtlichen Verfahrens () c) Beistand (Beratung und/oder Vertretung) im Rahmen eines geplanten Gerichtsverfahrens () d) Beistand (Beratung und/oder Vertretung) im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens () In diesem Fall sind anzugeben: – Nummer der Rechtssache: – Datum der Verhandlungen: – Bezeichnung des Gerichts: – Anschrift des Gerichts: e) Beistand und/oder Vertretung im Rahmen eines Rechtsstreits über eine bereits ergangene gerichtliche Entscheidung? () In diesem Fall sind anzugeben: – Name und Anschrift dieses Gerichts: – Datum der Entscheidung: – Gegenstand des Rechtsstreits: – Rechtsbehelf gegen die Entscheidung () – Vollstreckung der Entscheidung () 3. Gegenpartei: 4. Kurze Beschreibung des Streitgegenstands sowie in den Fällen unter Ziffer 2 Buchstabe a, b und c Angaben zur Ermittlung des wahrscheinlich zuständigen Gerichts:
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6. EG-Prozesskostenhilfevordruckverordnung
Empfangsbestätigung Die Empfangsbehörde: Bezeichnung: Mitgliedstaat: Aktenzeichen: Empfangsdatum: Sachbearbeiter: Anschrift: Telefon: Fax: E-Mail: Gegebenenfalls Übermittlung des Antrags an: Bezeichnung: Sachbearbeiter: Anschrift: Telefon: Fax: E-Mail: bestätigt den Empfang des von der folgenden Übermittlungsbehörde übersandten Antrags: Übermittlungsbehörde: Bezeichnung: Mitgliedstaat: Aktenzeichen: Sachbearbeiter: Ort: Datum: Unterschrift: Anlage (zu § 1) Formular für Anträge auf Prozesskostenhilfe in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Anleitung 1. Bitte lesen Sie diese Anleitung sorgfältig durch, bevor Sie das Antragsformular ausfüllen. 2. Alle in diesem Formular verlangten Angaben müssen erteilt werden. 3. Ungenaue, unzutreffende oder unvollständige Angaben können die Bearbeitung Ihres Antrags verzögern. 4. Falsche oder unvollständige Angaben in diesem Antrag auf Prozesskostenhilfe können negative Rechtsfolgen haben, d.h. der Antrag kann abgelehnt werden oder Sie können strafrechtlich verfolgt werden. 5. Bitte fügen Sie alle Unterlagen zur Stützung Ihres Antrags bei. 6. Dieser Antrag lässt Fristen für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens oder Einbringung eines Rechtsmittels unberührt. 7. Bitte datieren und unterzeichnen Sie den ausgefüllten Antrag und senden Sie ihn an folgende Behörde: 217
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() 7. a. Sie können Ihren Antrag an die zuständige Übermittlungsbehörde des Mitgliedstaats senden, in dem Sie Ihren Wohnsitz haben. Diese Behörde wird Ihren Antrag dann an die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats weiterleiten. Wenn Sie diese Option wählen, geben Sie bitte Folgendes an: Name der zuständigen Behörde des Wohnsitzmitgliedstaats: Anschrift: Telefon/Fax/E-Mail: () 7. b. Sie können diesen Antrag direkt an die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaates senden, wenn Sie wissen, welche Behörde zuständig ist. Wenn Sie diese Option wählen, geben Sie bitte Folgendes an: Name der Behörde: Anschrift: Telefon/Fax/E-Mail: Verstehen Sie die Amtssprache oder eine der Amtssprachen dieses Mitgliedstaats? () ja () nein Wenn dies nicht der Fall ist, in welchen Sprachen kann sich die zuständige Behörde mit Ihnen für die Zwecke der Prozesskostenhilfe verständigen? A. Angaben über die Person, die Prozesskostenhilfe beantragt: A.1. Geschlecht: () männlich () weiblich Nachname und Vorname (gegebenenfalls Firmenname): Datum und Ort der Geburt: Staatsangehörigkeit: Nummer des Personalausweises: Anschrift: Telefon: Fax: E-Mail: A.2. Gegebenenfalls Angaben über die Person, die den Antragsteller vertritt, wenn dieser minderjährig oder nicht prozessfähig ist: Nachname und Vorname: Anschrift: Telefon: Fax: E-Mail: A.3. Gegebenenfalls Angaben über den Rechtsbeistand des Antragstellers (Rechtsanwalt, Prozessbevollmächtigter usw.): () im Wohnsitzmitgliedstaat des Antragstellers: Nachname und Vorname: Anschrift: Telefon: Fax: E-Mail: () in dem Mitgliedstaat, in dem die Prozesskostenhilfe gewährt werden soll: Nachname und Vorname: Anschrift: Telefon: Fax: E-Mail:
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B: Angaben über die Streitsache, für die Prozesskostenhilfe beantragt wird: Bitte fügen Sie Kopien allfälliger Unterlagen zur Stützung Ihres Antrags bei. B.1. Art der Streitsache (z.B. Scheidung, Sorgerecht für ein Kind, Arbeitsverhältnis, handelsrechtliche Streitsache, Verbraucherstreitigkeit): B.2. Streitwert, wenn der Gegenstand der Streitsache in Geld ausgedrückt werden kann, unter Angabe der Währung: B.3. Beschreibung der Umstände der Streitsache unter Angabe von Ort und Datum sowie allfälliger Beweise (z.B. Zeugen): C. Angaben zum Verfahren Bitte fügen Sie Kopien allfälliger Unterlagen zur Stützung Ihres Antrags bei: C.1. Sind Sie Kläger oder Beklagter? Beschreiben Sie Ihre Klage oder die gegen Sie erhobene Klage: Name und Kontaktangaben der Gegenpartei: C.2. Etwaige Gründe für eine beschleunigte Behandlung dieses Antrags, z.B. Fristen für die Einleitung eines Verfahrens: C.3. Beantragen Sie Prozesskostenhilfe in vollem Umfang oder nur teilweise? Wenn Sie nur teilweise Prozesskostenhilfe beantragen, geben Sie bitte an, auf welchen Teil sich diese erstrecken soll: C.4. Die Prozesskostenhilfe wird beantragt für: () vorprozessuale Rechtsberatung () Beistand (Beratung und/oder Vertretung) im Rahmen eines außergerichtlichen Verfahrens () Beistand (Beratung und/oder Vertretung) im Rahmen eines geplanten Gerichtsverfahrens () Beistand (Beratung und/oder Vertretung) im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens. In diesem Fall sind anzugeben: – Nummer der Rechtssache: – Datum der Verhandlungen: – Bezeichnung des Gerichts: – Anschrift des Gerichts: () Beistand und/oder Vertretung im Rahmen eines Rechtsstreits über eine bereits ergangene gerichtliche Entscheidung? In diesem Fall sind anzugeben: – Name und Anschrift des Gerichts: – Datum der Entscheidung: – Art des Rechtsstreits: () Rechtsbehelf gegen die Entscheidung () Vollstreckung der Entscheidung C.5. Angabe der voraussichtlichen Zusatzkosten aufgrund des grenzüberschreitenden Bezugs der Rechtssache (z.B. Übersetzungen, Reisekosten): C.6. Verfügen Sie über eine Versicherung oder sonstige Rechte und Ansprüche, die eine Gesamt- oder Teilabdeckung der Prozesskosten bieten könnten? Wenn ja, machen Sie bitte nähere Angaben dazu: D. Familiäre Situation: Wie viele Personen leben mit Ihnen im selben Haushalt? In welchem Verhältnis stehen diese zu Ihnen (dem Antragsteller):
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Nachname und Vorname
Verhältnis zum Antragsteller
Geburtsdatum (bei Kindern)
Ist diese Person vom Antragsteller finanziell abhängig?
Ist der Antragsteller von dieser Person finanziell abhängig?
Ja/Nein
Ja/Nein
Ja/Nein
Ja/Nein
Ja/Nein
Ja/Nein
Ja/Nein
Ja/Nein
Ja/Nein
Ja/Nein
Ja/Nein
Ja/Nein
Ja/Nein
Ja/Nein
Ist eine Person, die nicht mit Ihnen im selben Haushalt lebt, von Ihnen finanziell abhängig? Wenn ja, machen Sie bitte folgende Angaben: Nachname und Vorname
Verhältnis zum Antragsteller
Geburtsdatum (bei Kindern)
Sind Sie von einer Person, die nicht in Ihrem Haushalt lebt, finanziell abhängig? Wenn ja, machen Sie bitte folgende Angaben: Nachname und Vorname
E.
Verhältnis zum Antragsteller
Finanzielle Situation:
Bitte erteilen Sie alle Angaben Sie selbst betreffend (I), über Ihren Ehegatten oder Partner (II), Personen, die von Ihnen finanziell abhängig sind und mit Ihnen im selben Haushalt leben (III) oder Personen, von denen Sie finanziell abhängig sind, die mit Ihnen im selben Haushalt leben (IV). Wenn Sie andere Finanzmittel als Unterhalt von einer Person bekommen, von der Sie finanziell abhängig sind und mit der Sie nicht im selben Haushalt leben, geben Sie diese Mittel unter „Sonstiges Einkommen“ in E.1. an. Wenn Sie andere Finanzmittel als Unterhalt an eine Person zahlen, die von Ihnen finanziell abhängig ist und nicht mit Ihnen im selben Haushalt lebt, geben Sie diese Mittel unter „Sonstige Ausgaben“ in E.3. an. Fügen Sie entsprechende Unterlagen wie Ihre Einkommenssteuererklärung, eine Bestätigung über Ihren Anspruch auf staatliche Leistungen usw. bei. Bitte geben Sie in der nachstehenden Tabelle an, auf welche Währung die Beträge lauten.
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6. EG-Prozesskostenhilfevordruckverordnung
E.1. Angaben über das durchschnittliche Monatseinkommen
I. Antragsteller
II. Ehegatte oder Partner
III. Abhängige Personen
IV. Personen, die den Antragsteller unterstützen
I. Antragsteller
II. Ehegatte oder Partner
III. Abhängige Personen
IV. Personen, die den Antragsteller unterstützen
I. Antragsteller
II. Ehegatte oder Partner
III. Abhängige Personen
IV. Personen, die den Antragsteller unterstützen
– Bezüge: – Gewinn aus Geschäftstätigkeit: – Pensionszahlungen: – Unterhaltszahlungen: – Angabe staatlicher Zahlungen: 1. Familien- und Wohnungsbeihilfe: 2. Arbeitslosengeld und Sozialhilfe: – Einkommen aus Kapitalvermögen (aus beweglichem Vermögen und Immobilien): – Sonstiges Einkommen: Gesamt: E.2. Vermögen – Immobilien, die als ständiger Wohnsitz genutzt werden – Sonstige Immobilien: – Grundbesitz: – Spareinlagen: – Aktien: – Kraftfahrzeuge: – Sonstiges Vermögen: Gesamt E.3. Monatliche Ausgaben – Einkommensteuer: – Sozialversicherungsbeiträge: – Kommunalsteuern: – Hypothekenzahlung: – Miet- und Wohnungskosten: – Schulgebühren: – Kosten für die Obsorge für Kinder:
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E.3. Monatliche Ausgaben
I. Antragsteller
II. Ehegatte oder Partner
III. Abhängige Personen
IV. Personen, die den Antragsteller unterstützen
– Schuldenzahlung: – Kreditrückzahlung: – gesetzlich vorgeschriebene Unterhaltszahlungen: – Sonstiges Ausgaben: Gesamt:
Ich erkläre, dass die Angaben richtig und vollständig sind, und verpflichte mich, der antragsprüfenden Behörde etwaige Änderungen meiner finanziellen Situation unverzüglich mitzuteilen. Ort und Datum
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Unterschrift
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7. Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels
7. Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl. 2004 L 143, 15 ff.) 7. Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels Vorbemerkung: Die VO (EG) Nr. 805/2004 (EuVTVO) sollte ein Abschied vom Vollstreckbarerklärungsverfahren durch Klauselerteilung, wie es insbesondere die VO (EG) Nr. 44/2001 kennt, für einen wirtschaftlich bedeutsamen Bereich sein. Bei unbestrittenen Forderungen sollte jede Entscheidung von einem Gericht im Geltungsbereich der EuGVVO ohne vorherige Klauselerteilung in allen EU-Staaten (mit Ausnahme Dänemarks) vollstreckt werden können. Dieses hehre Ziel ist an der Haltung der Verbraucherschützer gescheitert, die die Verordnung im Interesse ihrer Klientel zu einer Mogelpackung gemacht haben. Mit der Beschränkung des Europäischen Vollstreckungstitels gegen Verbraucher mit Wohnsitz im Erststaat ist der europäische Vollstreckungstitel zu einem Papiertiger geworden. Da die überwältigende Zahl unbestrittener Forderungen solche mit kleinen Beträgen gegen Verbraucher sind und Verbraucher regelmäßig kein Vermögen außerhalb ihres Wohnsitzstaates haben, ist die praktische Bedeutung der EuVTVO gering. Die Durchführung der EuVTVO in Deutschland ist durch §§ 1079–1086 geregelt. Diese Regelung ist nicht ausschließlich. Der Gläubiger eines europäischen Vollstreckungstitels hat ein Wahlrecht, ob er das vereinfachte Verfahren des 11. Buchs der ZPO betreibt oder das Klauselerteilungsverfahren nach der EuGVVO. Das stellt Art. 27 EuVTVO ausdrücklich klar. Die Parallelität der Verfahren nch EuGVVO und EuVTVO füht dazu, dass der Gläubiger sich zwei Zwangsvollstreckungstitel verschaffen kann. Diese Titelvermehrung darf jedoch nicht zur Mehrfachvollstreckung und-befriedigung führen. Die Lösung kann nur über das zweitstaatliche Vollstreckungsrecht gefunden werden. Geltungsbereich: Mitgliedstaaten der EU mit Ausnahme Dänemarks, das sich allgemein nicht an den Maßnahmen nach Art. 67 AEUV beteiligt Schrifttum: Arnold/Hilbig/Zenker Kommentar EuVTVO, in: Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 541.5 ff.; D’Avout La ciculation automatique des titres exécutoires imposée par le règlement 805/2004 du 21 avril 2004, rev. crit. 2006, 1 ff.; Bach Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa, 2008; Bajons Von der Internationalen zur Europäischen Urteilsanerkennung und -vollstreckung, FS Rechberger, 2005, 1 ff.; Becker Grundrechtsschutz bei Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im europäischen Zivilverfahrensrecht – Bestimmung der Grenzen für die Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels, Diss. Köln 2004; Beltz Le titre exécutoire européen (TEE), Recueil Dalloz, 2005, 2707 ff.; Biavati Some Remarks about the European Regulation creating an Enforcement Order for unconstested Claims, FS Kerameus, 2009, S. 75 ff.; Bittmann Vom Exequatur zum qualifizierten Klauselerteilungsverfahren, 2008; Bittmann Die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung eines Europäischen Vollstreckungstitels, IPRax 2008, 445 ff.; Bittmann Verordnung über den europäischen Vollstreckungstitel (EuVTVO), in: Gebauer/ Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., 2010, S. 1497 ff.; Bittmann Der Kostenfestsetzungbeschluss nach § 104 ZPO als Europäischer Vollstreckungstitel, RPfl. 2009, 369 ff.; Bittmann Das Verhältnis der EuVTVO zur EuGVVO, IPRax 2011, 55 ff.; Bittmann Ordnungsgeldbeschlüsse nach § 890 ZPO als Europäische Vollstreckungstitel?, IPRax 2012, 62 ff.; Boschiero The forthcoming European enforcement order. Towards a European law-enforcement area, riv.dir.int. 2003, 394 ff.; Burgstaller/Neumayr Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, öJZ 2006, 179 ff.; Coester-Waltjen Einige Überlegungen zu einem künftigen europäischen Vollstreckungstitel, FS Beys, 2003, S. 183 ff.; Coester-Waltjen Der neue europäische Vollstreckungstitel, JURA 2005, 394 ff.; Coester-Waltjen Und noch einmal: Der europäische Vollstreckungstitel, FS Yessiou-Faltsi, 2007, S. 39 ff.; Coester-Waltjen Der Europäische Vollstreckungstitel- Bestandsaufnahme und kritische Bewertung, FS Ansay, 2006, S. 47 ff.; Correa Delcasso Le titre exécutoire européen et l’inversion du contentieux, RIDC 2001, 61 ff.; Costa da Silva O Título Executivo Europeu, 2005; Ernst Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, JurBüro2005, 568 ff.;
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Franzmann Die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 – notarielle Urkunden europaweit vollstreckbar, MittBayNot 2004, 404 ff.; Freitag Anerkennung und Rechtskraft europäischer Titel nach EuVTO, EuMahnVO und EuBagatellVO, FS Kropholler, 2008, 759 ff.; Freudenthal De Europese Executoriale Titel en de Europese betalingsbevelprocedure: afstemming van Europese rechtsmaatregeln, Nederlands Internationaal Privaatrecht, 2004, 393 ff.; Funken Das Anerkennungsprinzip im internationalen Privatrecht, 2009; Gebauer Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, NZ 2006, 103 ff.; Geimer Verbesserungen der Rechtsverfolgung über die Grenze in der Europäischen Union – Einige Bemerkungen zum Europäischen Vollstreckungstitel, FS Vollkommer, 2006, 385 ff.; Geimer Das Brüssel I-System und seine Fortentwicklung im Lichte der Beschlüsse von Tampere, FS Németh, 2003, S. 229 ff.; Gerling Die Gleichstellung ausländischer mit inländischen Vollstreckungstiteln durch die Verordnung zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen: Im Vergleich zum bisherigen Recht und zur Rechtslage in den USA, 2006; Halfmeier Die Vollstreckungsgegenklage im Recht der internationalen Zuständigkeit, IPRax 2007, 381 ff.; Heringer Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, 2007; Hess Die Integrationsfunktion des europäischen Zivilverfahrensrechts, IPRax 2001, 389 ff.; Hess Europäischer Vollsteckungstitel und nationale Vollstreckungsgegenklage, IPRax 2004, 493 ff.; Hess Europäisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 533 ff.; Hök Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, ZAP 2005, 159 ff.; Hüßtege Braucht die Verordnung über den europäischen Vollstreckungstitel eine ordre-public-Klausel?, FS Jayme, 2004, S. 371 ff.; Hüßtege Der europäische Vollstreckungstitel, in: Gottwald (Hrsg.), Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit in der Europäischen Union, 2004, S. 113 ff.; Klumpp Die Zustellungsformen der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels, 2009; König EuVTVO: Belehrungserfordernisse und Anwendungsbereich, IPRax 2008, 141 ff.; Kohler Systemwechsel im europäischen Anerkennungsrecht: Von der EuGVVO zur Abschaffung des Exequaturs, in: Baur/Mansel (Hrsg.), Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 2002, S. 147 ff.; Kohler Von der EuGVVO zum Europäischen Vollstreckungstitel – Entwicklungen und Tendenzen im Recht der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, in: Reichelt/Rechberger (Herausg.), Europäisches Kollisionsrecht, 2004, S. 63 ff.; Kropholler/von Hein Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., 2011, S. 763 ff.; Laenens, Le titre exécutoire européen en Belgique, FS Kerameus, 2009, S. 689 ff.; Leible/Lehmann Die Verordnung über den Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen und ihre Auswirkungen auf die notarielle Praxis, NotBZ 2004, 453 ff.; Luckey Der Europäische Vollstreckungstitel (EG-VO Nr. 805/2004), ZGS 2005, 389 ff.; Mankowski, Europäischere Vollstreckungstitel und prozessualer Verbraucherschutz, FS Kerameus, 2009, S. 785 ff.; Münch Die vollstreckbare Notariatsurkunde im Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 805/2004, FS Rechberger, 2005, S. 395 ff.; Oberhammer Der Europäische Vollstreckungstitel: Rechtspolitische Ziele und Methoden, JBl 2006, 477 ff.; Pfeiffer Einheitliche unmittelbare und unbedingte Urteilsgeltung in Europa, FS Jayme, 2004, S. 675 ff.; Rausch Vereinfachte Unterhaltsvollstreckung in der EU mit dem neuen Europäischen Vollstreckungstitel, Familie und Recht 2005, 437 ff.; Rauscher Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, 2004; Rauscher/Pabst Verordnung (EG) Nr. 805/2004, in Rauscher (Hrsg.), Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., 2006, S. 1197 ff.; Rechberger Die Verordnung zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen und die europäische Rechtsschutzkultur, FS Kerameus, 2009, S. 1141 ff.; Rechberger Die neue Generation – Bemerkungen zu den Verordnungen Nr. 805/2004, Nr. 1896/2006 und Nr. 861/ 2007 des Europäischen Parlaments und des Rates, FS Leipold, 2009, S. 301 ff.; Rechberger/FrauenbergerPfeiler Der Europäische Vollstreckungstitel – Eine Annäherung, FS Fischer (P.), 2004, S. 399 ff.; Reichel Das EG-Vollstreckungstitel-Durchführungsgesetz und die Auswirkungen auf das arbeitsgerichtliche Verfahren, NZA 2005, 389 ff.; Rellermeyer Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, Rpfl. 2005, 389 ff.; Riedel Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, ProzessRB, 2005, 324 ff.; Riajvec Der Europäische Vollstreckungstitel – am Beispiel Sloweniens, ZZPInt 2007, 155 ff.; Ringwald Europäischer Vollstreckungstitel nach der EuVTVO und Rechtsbehelfe des Schuldners, 2011; Röthel/Sparmann Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, WM 2006, 2285 ff.; Roth Der Kostenfestsetzungsbeschluss für eine einstweilige Verfügung als Anwendungsfall des Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen, IPRax 2008, 235 ff.; Rotmann Der Schutz des Dritten in der europäischen Mobiliarzwangsvollstreckung – Eine rechtsvergleichende Untersuchung vor dem Hintergrund der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbesttrittene Forderungen, Diss. Heidelberg 2007; Stadler Das europäische Zivilprozessrecht – Wie viel Beschleunigung verträgt Europa?, IPRax 2004, 2 ff.; Stadler Kritische Anmerkungen zum Europäischen Vollstreckungstitel, RIW 2004, 801 ff.; Stein Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene
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7. Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels
Forderungen tritt in Kraft – Aufruf zu einer nüchternen Betrachtung, IPRax 2004, 181 ff.; Stein Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen – Einstieg in den Ausstieg aus dem Exequaturverfahren bei Auslandsvollstreckung, EuZW 2004, 679 ff.; Storme Ein einheitlicher Europäischer Vollstreckungstitel als Vorbote eines weltweiten Titels, FS Nakamura, 1996, S. 581 ff.; Strasser Praxisprobleme bei der Zwangsvollstreckung aus einem Europäischen Vollstreckungstitel, RPfl. 2007, 249 ff.; Stürner (M.) Die EuVTVO als Baustein des Europäischen Zivilprozessrechts, FS Simotta, 2012, S. 587 ff.; Taborowski Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen – ein kurzer Überblick aus polnischer Sicht, IPRax 2007, 250 ff.; Tarzia Il titolo esecutivo Europeo per crediti non contestati, FS Schlosser 2005, S. 985 ff.; Tsikrikas Die Einlegung von Rechtsbehelfen im Vollstreckungsverfahren aufgrund eines europäischen Vollstreckungstitels, ZZPInt 11 (2006), 51 ff.; Wagner Vom Brüsseler Übereinkommen über die Brüssel-I Verordnung zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2002, 75 ff.; Wagner Die neue EG-Verordnung zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2005, 189 ff.; Wagner Das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zum Europäischen Vollstreckungstitel – unter besonderer Berücksichtigung der Vollstreckungsabwehrklage, IPRax 2005, 401 ff.; Wagner Der Europäische Vollstreckungstitel, NJW 2005, 1157 ff.; Yessiou-Faltsi Die Folgen des Europäischen Vollstreckungstitels für das Vollstreckungsrecht in Europa, in: Gottwald (Hrsg.), Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen in der Europäischen Union, 2004, S. 213 ff.; Yessiou-Faltsi The European Enforcement Order After Five Years of Experience in Greece, Revue Hellénique de Droit International 61 (2008), 735 ff.; Zenker Zur Vollstreckbarkeit insolvenzrechtlicher Titel nach der EuVTVO – zugleich ein Beitrag zur Auslegung von Art. 25 EuInsVO, FS Simotta, 2012, S. 741 ff.; Zilinsky De Europese Executoriale Titel, 2004.
Text Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen Amtsblatt Nr. L 143 vom 30.4.2004, S. 15 Erwägungen: (1) Die Gemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dazu erlässt die Gemeinschaft unter anderem im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Maßnahmen. (2) Am 3. Dezember 1998 nahm der Rat den Aktionsplan des Rates und der Kommission zur bestmöglichen Umsetzung der Bestimmungen des Amsterdamer Vertrags über den Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts an (Wiener Aktionsplan). (3) Auf seiner Tagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere bekräftigte der Europäische Rat den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen als Eckpfeiler für die Schaffung eines echten europäischen Rechtsraums. (4) Am 30. November 2000 verabschiedete der Rat ein Programm über Maßnahmen zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Dieses Programm sieht in seiner ersten Phase die Abschaffung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens, d.h. die Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen vor. (5) Der Begriff „unbestrittene Forderung“ sollte alle Situationen erfassen, in denen der Schuldner Art oder Höhe einer Geldforderung nachweislich nicht bestritten hat und der Gläubiger gegen den Schuldner entweder eine gerichtliche Entscheidung oder einen 225
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vollstreckbaren Titel, der die ausdrückliche Zustimmung des Schuldners erfordert, wie einen gerichtlichen Vergleich oder eine öffentliche Urkunde, erwirkt hat. (6) Ein fehlender Widerspruch seitens des Schuldners im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) liegt auch dann vor, wenn dieser nicht zur Gerichtsverhandlung erscheint oder einer Aufforderung des Gerichts, schriftlich mitzuteilen, ob er sich zu verteidigen beabsichtigt, nicht nachkommt. (7) Diese Verordnung sollte auch für Entscheidungen, gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden über unbestrittene Forderungen und solche Entscheidungen gelten, die nach Anfechtung von als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigten Entscheidungen, gerichtlichen Vergleichen und öffentlichen Urkunden ergangen sind. (8) Der Europäische Rat hat in seinen Schlussfolgerungen von Tampere die Auffassung vertreten, dass der Zugang zur Vollstreckung einer Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Entscheidung ergangen ist, durch den Verzicht auf die dort als Voraussetzung einer Vollstreckung erforderlichen Zwischenmaßnahmen beschleunigt und vereinfacht werden sollte. Eine Entscheidung, die vom Gericht des Ursprungsmitgliedstaats als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, sollte im Hinblick auf die Vollstreckung so behandelt werden, als wäre sie im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangen. So erfolgt beispielsweise im Vereinigten Königreich die Registrierung einer bestätigten ausländischen Entscheidung nach den gleichen Vorschriften wie die Registrierung einer Entscheidung aus einem anderen Teil des Vereinigten Königreichs und darf nicht mit einer inhaltlichen Überprüfung der ausländischen Entscheidung verbunden sein. Die Umstände der Vollstreckung dieser Entscheidung sollten sich weiterhin nach innerstaatlichem Recht richten. (9) Dieses Verfahren sollte gegenüber dem Vollstreckbarerklärungsverfahren der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen einen erheblichen Vorteil bieten, der darin besteht, dass auf die Zustimmung des Gerichts eines zweiten Mitgliedsstaats mit den daraus entstehenden Verzögerungen und Kosten verzicht werden kann. (10) Auf die Nachprüfung einer gerichtlichen Entscheidung, die in einem anderen Mitgliedstaat über eine unbestrittene Forderung in einem Verfahren ergangen ist, auf das sich der Schuldner nicht eingelassen hat, kann nur dann verzichtet werden, wenn eine hinreichende Gewähr besteht, dass die Verteidigungsrechte beachtet worden sind. (11) Diese Verordnung soll der Förderung der Grundrechte dienen und berücksichtigt die Grundsätze, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Sie zielt insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung des Rechts auf ein faires Verfahren, wie es in Artikel 47 der Charta verankert ist, zu gewährleisten. (12) Für das gerichtliche Verfahren sollten Mindestvorschriften festgelegt werden, um sicherzustellen, dass der Schuldner so rechtzeitig und in einer Weise über das gegen ihn eingeleitete Verfahren, die Notwendigkeit seiner aktiven Teilnahme am Verfahren, wenn er die Forderung bestreiten will, und über die Folgen seiner Nichtteilnahme unterrichtet wird, dass er Vorkehrungen für seine Verteidigung treffen kann. (13) Wegen der Unterschiede im Zivilprozessrecht der Mitgliedstaaten, insbesondere bei den Zustellungsvorschriften, müssen die Mindestvorschriften präzise und detailliert definiert sein. So kann insbesondere eine Zustellungsform, die auf einer juristischen Fiktion beruht, im Hinblick auf die Einhaltung der Mindestvorschriften nicht als ausreichend für die Bestätigung einer Entscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel angesehen werden. Schütze
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(14) Alle in den Artikeln 13 und 14 aufgeführten Zustellungsformen sind entweder durch eine absolute Gewissheit (Artikel 13) oder ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit (Artikel 14) dafür gekennzeichnet, dass das zugestellte Schriftstück dem Empfänger zugegangen ist. In der zweiten Kategorie sollte eine Entscheidung nur dann als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, wenn der Ursprungsmitgliedstaat über einen geeigneten Mechanismus verfügt, der es dem Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, eine vollständige Überprüfung der Entscheidung gemäß Artikel 19 zu verlangen, und zwar dann, wenn das Schriftstück dem Empfänger trotz Einhaltung des Artikels 14 ausnahmsweise nicht zugegangen ist. (15) Die persönliche Zustellung an bestimmte andere Personen als den Schuldner selbst gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstaben a) und b) sollte die Anforderungen der genannten Vorschriften nur dann erfüllen, wenn diese Personen das betreffende Schriftstück auch tatsächlich erhalten haben. (16) Artikel 15 sollte auf Situationen Anwendung finden, in denen der Schuldner sich nicht selbst vor Gericht vertreten kann, etwa weil er eine juristische Person ist, und in denen er durch eine gesetzlich bestimmte Person vertreten wird, sowie auf Situationen, in denen der Schuldner eine andere Person, insbesondere einen Rechtsanwalt, ermächtigt hat, ihn in dem betreffenden gerichtlichen Verfahren zu vertreten. (17) Die für die Nachprüfung der Einhaltung der prozessualen Mindestvorschriften zuständigen Gerichte sollten gegebenenfalls eine einheitliche Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ausstellen, aus der die Nachprüfung und deren Ergebnis hervorgeht. (18) Gegenseitiges Vertrauen in die ordnungsgemäße Rechtspflege in den Mitgliedstaaten rechtfertigt es, dass das Gericht nur eines Mitgliedstaats beurteilt, ob alle Voraussetzungen für die Bestätigung der Entscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel vorliegen, so dass die Vollstreckung der Entscheidung in allen anderen Mitgliedstaaten möglich ist, ohne dass im Vollstreckungsmitgliedstaat zusätzlich von einem Gericht nachgeprüft werden muss, ob die prozessualen Mindestvorschriften eingehalten worden sind. (19) Diese Verordnung begründet keine Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, ihr innerstaatliches Recht an die prozessualen Mindestvorschriften in dieser Verordnung anzupassen. Entscheidungen werden in anderen Mitgliedstaaten jedoch nur dann effizienter und schneller vollstreckt, wenn diese Mindestvorschriften beachtet werden, so dass hier ein entsprechender Anreiz für die Mitgliedstaaten besteht, ihr Recht dieser Verordnung anzupassen. (20) Dem Gläubiger sollte es freistehen, eine Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen zu beantragen oder sich für das Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 oder für andere Gemeinschaftsrechtsakte zu entscheiden. (21) Ist ein Schriftstück zum Zwecke der Zustellung von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat zu versenden, so sollte diese Verordnung, insbesondere die darin enthaltenen Zustellungsvorschriften, zusammen mit der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten, und insbesondere mit deren Artikel 14 in Verbindung mit den Erklärungen der Mitgliedstaaten nach deren Artikel 23, gelten. (22) Da die Ziele der beabsichtigten Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprin227
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zip geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. (23) Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse erlassen werden. (24) Gemäß Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands haben diese Mitgliedstaaten mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten. (25) Dänemark beteiligt sich gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Dänemark somit nicht bindend oder anwendbar ist. (26) Gemäß Artikel 67 Absatz 5 zweiter Gedankenstrich des Vertrags ist für die in dieser Verordnung geregelten Maßnahmen ab dem 1. Februar 2003 das Mitentscheidungsverfahren anzuwenden – HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
KAPITEL I Gegenstand, Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen Artikel 1 Gegenstand Mit dieser Verordnung wird ein Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen eingeführt, um durch die Festlegung von Mindestvorschriften den freien Verkehr von Entscheidungen, gerichtlichen Vergleichen und öffentlichen Urkunden in allen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, ohne dass im Vollstreckungsmitgliedstaat ein Zwischenverfahren vor der Anerkennung und Vollstreckung angestrengt werden muss. Artikel 2 Anwendungsbereich (1) Diese Verordnung ist in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt. Sie erfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta jure imperii“). (2) Diese Verordnung ist nicht anzuwenden auf a) den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, die ehelichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts; b) Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren; c) die soziale Sicherheit; d) die Schiedsgerichtsbarkeit. (3) In dieser Verordnung bedeutet der Begriff „Mitgliedstaaten“ die Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks. Schütze
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Artikel 3 Vollstreckungstitel, die als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden (1) Diese Verordnung gilt für Entscheidungen, gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden über unbestrittene Forderungen. Eine Forderung gilt als „unbestritten“, wenn a) der Schuldner ihr im gerichtlichen Verfahren ausdrücklich durch Anerkenntnis oder durch einen von einem Gericht gebilligten oder vor einem Gericht im Laufe eines Verfahrens geschlossenen Vergleich zugestimmt hat oder b) der Schuldner ihr im gerichtlichen Verfahren zu keiner Zeit nach den maßgeblichen Verfahrensvorschriften des Rechts des Ursprungsmitgliedstaats widersprochen hat oder c) der Schuldner zu einer Gerichtsverhandlung über die Forderung nicht erschienen oder dabei nicht vertreten worden ist, nachdem er zuvor im gerichtlichen Verfahren der Forderung widersprochen hatte, sofern ein solches Verhalten nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats als stillschweigendes Zugeständnis der Forderung oder des vom Gläubiger behaupteten Sachverhalts anzusehen ist oder d) der Schuldner die Forderung ausdrücklich in einer öffentlichen Urkunde anerkannt hat. (2) Diese Verordnung gilt auch für Entscheidungen, die nach Anfechtung von als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigten Entscheidungen, gerichtlichen Vergleichen oder öffentlichen Urkunden ergangen sind. Artikel 4 Begriffsbestimmungen 1.
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Im Sinne dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen: „Entscheidung“: jede von einem Gericht eines Mitgliedstaats erlassene Entscheidung ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung wie Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl oder Vollstreckungsbescheid, einschließlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses eines Gerichtsbediensteten. „Forderung“: eine Forderung auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme, die fällig ist oder deren Fälligkeitsdatum in der Entscheidung, dem gerichtlichen Vergleich oder der öffentlichen Urkunde angegeben ist. „Öffentliche Urkunde“: a) ein Schriftstück, das als öffentliche Urkunde aufgenommen oder registriert worden ist, wobei die Beurkundung i) sich auf die Unterschrift und den Inhalt der Urkunde bezieht und ii) von einer Behörde oder einer anderen von dem Ursprungsmitgliedstaat hierzu ermächtigten Stelle vorgenommen worden ist; oder b) eine vor einer Verwaltungsbehörde geschlossene oder von ihr beurkundete Unterhaltsvereinbarung oder -verpflichtung. „Ursprungsmitgliedstaat“: der Mitgliedstaat, in dem eine Entscheidung ergangen ist, ein gerichtlicher Vergleich gebilligt oder geschlossen oder eine öffentliche Urkunde ausgestellt wurde und in dem diese als Europäischer Vollstreckungstitel zu bestätigen sind. „Vollstreckungsmitgliedstaat“: der Mitgliedstaat, in dem die Vollstreckung der/des als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigten Entscheidung, gerichtlichen Vergleichs oder öffentlichen Urkunde betrieben wird. Schütze
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„Ursprungsgericht“: das Gericht, das mit dem Verfahren zum Zeitpunkt der Erfüllung der Voraussetzungen nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben a), b), und c) befasst war. Bei den summarischen Mahnverfahren in Schweden (betalningsföreläggande) umfasst der Begriff „Gericht“ auch die schwedische kronofogdemyndighet (Amt für Beitreibung).
KAPITEL II Der europäische Vollstreckungstitel Artikel 5 Abschaffung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens Eine Entscheidung, die im Ursprungsmitgliedstaat als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, wird in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass die Anerkennung angefochten werden kann. Artikel 6 Voraussetzungen für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel (1) Eine in einem Mitgliedstaat über eine unbestrittene Forderung ergangene Entscheidung wird auf jederzeitigen Antrag an das Ursprungsgericht als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt, wenn a) die Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist, und b) die Entscheidung nicht im Widerspruch zu den Zuständigkeitsregeln in Kapitel II Abschnitte 3 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 steht, und c) das gerichtliche Verfahren im Ursprungsmitgliedstaat im Fall einer unbestrittenen Forderung im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) oder c) den Voraussetzungen des Kapitels III entsprochen hat, und d) die Entscheidung in dem Mitgliedstaat ergangen ist, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz im Sinne von Artikel 59 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 hat, sofern – die Forderung unbestritten im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) oder c) ist, – sie einen Vertrag betrifft, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann und – der Schuldner der Verbraucher ist. (2) Ist eine als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung nicht mehr vollstreckbar oder wurde ihre Vollstreckbarkeit ausgesetzt oder eingeschränkt, so wird auf jederzeitigen Antrag an das Ursprungsgericht unter Verwendung des Formblatts in Anhang IV eine Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit bzw. der Beschränkung der Vollstreckbarkeit ausgestellt. (3) Ist nach Anfechtung einer Entscheidung, die als Europäischer Vollstreckungstitel gemäß Absatz 1 bestätigt worden ist, eine Entscheidung ergangen, so wird auf jederzeitigen Antrag unter Verwendung des Formblatts in Anhang V eine Ersatzbestätigung ausgestellt, wenn diese Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar ist; Artikel 12 Absatz 2 bleibt davon unberührt.
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Artikel 7 Kosten in Verbindung mit dem gerichtlichen Verfahren Umfasst eine Entscheidung eine vollstreckbare Entscheidung über die Höhe der mit dem gerichtlichen Verfahren verbundenen Kosten, einschließlich Zinsen, wird sie auch hinsichtlich dieser Kosten als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt, es sei denn, der Schuldner hat im gerichtlichen Verfahren nach den Rechtsvorschriften des Ursprungsmitgliedstaats der Verpflichtung zum Kostenersatz ausdrücklich widersprochen. Artikel 8 Teilbarkeit der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel Wenn die Entscheidung die Voraussetzungen dieser Verordnung nur in Teilen erfüllt, so wird die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel nur für diese Teile ausgestellt. Artikel 9 Ausstellung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel (1) Die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel wird unter Verwendung des Formblatts in Anhang I ausgestellt. (2) Die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel wird in der Sprache ausgestellt, in der die Entscheidung abgefasst ist. Artikel 10 Berichtigung oder Widerruf der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel (1) Die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel wird auf Antrag an das Ursprungsgericht a) berichtigt, wenn die Entscheidung und die Bestätigung aufgrund eines materiellen Fehlers voneinander abweichen; b) widerrufen, wenn sie hinsichtlich der in dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen eindeutig zu Unrecht erteilt wurde. (2) Für die Berichtigung oder den Widerruf der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ist das Recht des Ursprungsmitgliedstaats maßgebend. (3) Die Berichtigung oder der Widerruf der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel können unter Verwendung des Formblatts in Anhang VI beantragt werden. (4) Gegen die Ausstellung einer Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ist kein Rechtsbehelf möglich. Artikel 11 Wirkung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel Die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel entfaltet Wirkung nur im Rahmen der Vollstreckbarkeit der Entscheidung.
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KAPITEL III Mindestvorschriften für Verfahren über unbestrittene Forderungen Artikel 12 Anwendungsbereich der Mindestvorschriften (1) Eine Entscheidung über eine unbestrittene Forderung im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) oder c) kann nur dann als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, wenn das gerichtliche Verfahren im Ursprungsmitgliedstaat den verfahrensrechtlichen Erfordernissen nach diesem Kapitel genügt hat. (2) Dieselben Erfordernisse gelten auch für die Ausstellung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel oder einer Ersatzbestätigung im Sinne des Artikels 6 Absatz 3 für eine Entscheidung, die nach Anfechtung einer Entscheidung ergangen ist, wenn zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die Bedingungen nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) oder c) erfüllt sind. Artikel 13 Zustellung mit Nachweis des Empfangs durch den Schuldner (1) Das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück kann dem Schuldner wie folgt zugestellt worden sein: a) durch persönliche Zustellung, bei der der Schuldner eine Empfangsbestätigung unter Angabe des Empfangsdatums unterzeichnet, oder b) durch persönliche Zustellung, bei der die zuständige Person, die die Zustellung vorgenommen hat, ein Dokument unterzeichnet, in dem angegeben ist, dass der Schuldner das Schriftstück erhalten hat oder dessen Annahme unberechtigt verweigert hat und an welchem Datum die Zustellung erfolgt ist, oder c) durch postalische Zustellung, bei der der Schuldner die Empfangsbestätigung unter Angabe des Empfangsdatums unterzeichnet und zurückschickt, oder d) durch elektronische Zustellung wie beispielsweise per Fax oder E-Mail, bei der der Schuldner eine Empfangsbestätigung unter Angabe des Empfangsdatums unterzeichnet und zurückschickt. (2) Eine Ladung zu einer Gerichtsverhandlung kann dem Schuldner gemäß Absatz 1 zugestellt oder mündlich in einer vorausgehenden Verhandlung über dieselbe Forderung bekannt gemacht worden sein, wobei dies im Protokoll dieser Verhandlung festgehalten sein muss. Artikel 14 Zustellung ohne Nachweis des Empfangs durch den Schuldner (1) Das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück sowie eine Ladung zu einer Gerichtsverhandlung kann dem Schuldner auch in einer der folgenden Formen zugestellt worden sein: a) persönliche Zustellung unter der Privatanschrift des Schuldners an eine in derselben Wohnung wie der Schuldner lebende Person oder an eine dort beschäftigte Person; b) wenn der Schuldner Selbstständiger oder eine juristische Person ist, persönliche Zustellung in den Geschäftsräumen des Schuldners an eine Person, die vom Schuldner beschäftigt wird; c) Hinterlegung des Schriftstücks im Briefkasten des Schuldners; Schütze
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d) Hinterlegung des Schriftstücks beim Postamt oder bei den zuständigen Behörden mit entsprechender schriftlicher Benachrichtigung im Briefkasten des Schuldners, sofern in der schriftlichen Benachrichtigung das Schriftstück eindeutig als gerichtliches Schriftstück bezeichnet oder darauf hingewiesen wird, dass die Zustellung durch die Benachrichtigung als erfolgt gilt und damit Fristen zu laufen beginnen; e) postalisch ohne Nachweis gemäß Absatz 3, wenn der Schuldner seine Anschrift im Ursprungsmitgliedstaat hat; f) elektronisch, mit automatisch erstellter Sendebestätigung, sofern sich der Schuldner vorab ausdrücklich mit dieser Art der Zustellung einverstanden erklärt hat. (2) Für die Zwecke dieser Verordnung ist eine Zustellung gemäß Absatz 1 nicht zulässig, wenn die Anschrift des Schuldners nicht mit Sicherheit ermittelt werden kann. (3) Die Zustellung nach Absatz 1 Buchstaben a) bis d) wird bescheinigt durch a) ein von der zuständigen Person, die die Zustellung vorgenommen hat, unterzeichnetes Schriftstück mit den folgenden Angaben: i) die gewählte Form der Zustellung und ii) das Datum der Zustellung sowie, iii) falls das Schriftstück einer anderen Person als dem Schuldner zugestellt wurde, der Name dieser Person und die Angabe ihres Verhältnisses zum Schuldner, oder b) eine Empfangsbestätigung der Person, der das Schriftstück zugestellt wurde, für die Zwecke von Absatz 1 Buchstaben a) und b). Artikel 15 Zustellung an die Vertreter des Schuldners Die Zustellung gemäß Artikel 13 oder Artikel 14 kann auch an den Vertreter des Schuldners bewirkt worden sein. Artikel 16 Ordnungsgemäße Unterrichtung des Schuldners über die Forderung Um sicherzustellen, dass der Schuldner ordnungsgemäß über die Forderung unterrichtet worden ist, muss das verfahrenseinleitende Schriftstück oder das gleichwertige Schriftstück folgende Angaben enthalten haben: a) den Namen und die Anschrift der Parteien; b) die Höhe der Forderung; c) wenn Zinsen gefordert werden, den Zinssatz und den Zeitraum, für den Zinsen gefordert werden, es sei denn, die Rechtsvorschriften des Ursprungsmitgliedstaats sehen vor, dass auf die Hauptforderung automatisch ein gesetzlicher Zinssatz angerechnet wird; d) die Bezeichnung des Forderungsgrundes. Artikel 17 Ordnungsgemäße Unterrichtung des Schuldners über die Verfahrensschritte zum Bestreiten der Forderung In dem verfahrenseinleitenden Schriftstück, einem gleichwertigen Schriftstück oder einer Ladung zu einer Gerichtsverhandlung oder in einer zusammen mit diesem Schriftstück oder dieser Ladung zugestellten Belehrung muss deutlich auf Folgendes hingewiesen worden sein: 233
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a) auf die verfahrensrechtlichen Erfordernisse für das Bestreiten der Forderung; dazu gehören insbesondere die Frist, innerhalb deren die Forderung schriftlich bestritten werden kann bzw. gegebenenfalls der Termin der Gerichtsverhandlung, die Bezeichnung und die Anschrift der Stelle, an die die Antwort zu richten bzw. vor der gegebenenfalls zu erscheinen ist, sowie die Information darüber, ob die Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben ist; b) auf die Konsequenzen des Nichtbestreitens oder des Nichterscheinens, insbesondere die etwaige Möglichkeit einer Entscheidung oder ihrer Vollstreckung gegen den Schuldner und der Verpflichtung zum Kostenersatz. Artikel 18 Heilung der Nichteinhaltung von Mindestvorschriften (1) Genügte das Verfahren im Ursprungsmitgliedstaat nicht den in den Artikeln 13 bis 17 festgelegten verfahrensrechtlichen Erfordernissen, so sind eine Heilung der Verfahrensmängel und eine Bestätigung der Entscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel möglich, wenn a) die Entscheidung dem Schuldner unter Einhaltung der verfahrensrechtlichen Erfordernisse nach Artikel 13 oder Artikel 14 zugestellt worden ist, und b) der Schuldner die Möglichkeit hatte, einen eine uneingeschränkte Überprüfung umfassenden Rechtsbehelf gegen die Entscheidung einzulegen, und er in oder zusammen mit der Entscheidung ordnungsgemäß über die verfahrensrechtlichen Erfordernisse für die Einlegung eines solchen Rechtsbehelfs, einschließlich der Bezeichnung und der Anschrift der Stelle, bei der der Rechtsbehelf einzulegen ist, und gegebenenfalls der Frist unterrichtet wurde, und c) der Schuldner es versäumt hat, einen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung gemäß den einschlägigen verfahrensrechtlichen Erfordernissen einzulegen. (2) Genügte das Verfahren im Ursprungsmitgliedstaat nicht den verfahrensrechtlichen Erfordernissen nach Artikel 13 oder Artikel 14, so ist eine Heilung dieser Verfahrensmängel möglich, wenn durch das Verhalten des Schuldners im gerichtlichen Verfahren nachgewiesen ist, dass er das zuzustellende Schriftstück so rechtzeitig persönlich bekommen hat, dass er Vorkehrungen für seine Verteidigung treffen konnte. Artikel 19 Mindestvorschriften für eine Überprüfung in Ausnahmefällen (1) Ergänzend zu den Artikeln 13 bis 18 kann eine Entscheidung nur dann als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, wenn der Schuldner nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats berechtigt ist, eine Überprüfung der Entscheidung zu beantragen, falls a) i) das verfahrenseinleitende oder ein gleichwertiges Schriftstück oder gegebenenfalls die Ladung zu einer Gerichtsverhandlung in einer der in Artikel 14 genannten Formen zugestellt wurden, und ii) die Zustellung ohne Verschulden des Schuldners nicht so rechtzeitig erfolgt ist, dass er Vorkehrungen für seine Verteidigung hätte treffen können, oder b) der Schuldner aufgrund höherer Gewalt oder aufgrund außergewöhnlicher Umstände ohne eigenes Verschulden der Forderung nicht widersprechen konnte, wobei in beiden Fällen jeweils vorausgesetzt wird, dass er unverzüglich tätig wird. Schütze
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(2) Dieser Artikel berührt nicht die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, eine Überprüfung der Entscheidung unter großzügigeren Bedingungen als nach Absatz 1 zu ermöglichen.
KAPITEL IV Vollstreckung Artikel 20 Vollstreckungsverfahren (1) Unbeschadet der Bestimmungen dieses Kapitels gilt für das Vollstreckungsverfahren das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats. Eine als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung wird unter den gleichen Bedingungen vollstreckt wie eine im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangene Entscheidung. (2) Der Gläubiger ist verpflichtet, den zuständigen Vollstreckungsbehörden des Vollstreckungsmitgliedstaats Folgendes zu übermitteln: a) eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, und b) eine Ausfertigung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, und c) gegebenenfalls eine Transkription der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel oder eine Übersetzung dieser Bestätigung in die Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats oder – falls es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt – nach Maßgabe der Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats in die Verfahrenssprache oder eine der Verfahrenssprachen des Ortes, an dem die Vollstreckung betrieben wird, oder in eine sonstige Sprache, die der Vollstreckungsmitgliedstaat zulässt. Jeder Mitgliedstaat kann angeben, welche Amtssprache oder Amtssprachen der Organe der Europäischen Gemeinschaft er neben seiner oder seinen eigenen für die Ausstellung der Bestätigung zulässt. Die Übersetzung ist von einer hierzu in einem der Mitgliedstaaten befugten Person zu beglaubigen. (3) Der Partei, die in einem Mitgliedstaat eine Entscheidung vollstrecken will, die in einem anderen Mitgliedstaat als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt wurde, darf wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthaltsorts eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung es auch sei, nicht auferlegt werden. Artikel 21 Verweigerung der Vollstreckung (1) Auf Antrag des Schuldners wird die Vollstreckung vom zuständigen Gericht im Vollstreckungsmitgliedstaat verweigert, wenn die als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland ergangen ist, sofern a) die frühere Entscheidung zwischen denselben Parteien wegen desselben Streitgegenstands ergangen ist und b) die frühere Entscheidung im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangen ist oder die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung im Vollstreckungsmitgliedstaat erfüllt und c) die Unvereinbarkeit im gerichtlichen Verfahren des Ursprungsmitgliedstaats nicht geltend gemacht worden ist und nicht geltend gemacht werden konnte. 235
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(2) Weder die Entscheidung noch ihre Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel dürfen im Vollstreckungsmitgliedstaat in der Sache selbst nachgeprüft werden. Artikel 22 Vereinbarungen mit Drittländern Diese Verordnung lässt Vereinbarungen unberührt, durch die sich die Mitgliedstaaten vor In-Kraft-Treten der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 im Einklang mit Artikel 59 des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen verpflichtet haben, Entscheidungen insbesondere der Gerichte eines anderen Vertragsstaats des genannten Übereinkommens gegen Beklagte, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Drittlands haben, nicht anzuerkennen, wenn die Entscheidungen in den Fällen des Artikels 4 des genannten Übereinkommens nur in einem der in Artikel 3 Absatz 2 des genannten Übereinkommens angeführten Gerichtsstände ergehen können. Artikel 23 Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung –
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Hat der Schuldner einen Rechtsbehelf gegen eine als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung eingelegt, wozu auch ein Antrag auf Überprüfung im Sinne des Artikels 19 gehört, oder die Berichtigung oder den Widerruf einer Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel gemäß Artikel 10 beantragt,
so kann das zuständige Gericht oder die befugte Stelle im Vollstreckungsmitgliedstaat auf Antrag des Schuldners a) das Vollstreckungsverfahren auf Sicherungsmaßnahmen beschränken oder b) die Vollstreckung von der Leistung einer von dem Gericht oder der befugten Stelle zu bestimmenden Sicherheit abhängig machen oder c) unter außergewöhnlichen Umständen das Vollstreckungsverfahren aussetzen.
KAPITEL V Gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden Artikel 24 Gerichtliche Vergleiche (1) Ein Vergleich über eine Forderung im Sinne von Artikel 4 Nummer 2, der von einem Gericht gebilligt oder vor einem Gericht im Laufe eines Verfahrens geschlossen wurde, und der in dem Mitgliedstaat, in dem er gebilligt oder geschlossen wurde, vollstreckbar ist, wird auf Antrag an das Gericht, das ihn gebilligt hat oder vor dem er geschlossen wurde, unter Verwendung des Formblatts in Anhang II als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt. (2) Ein Vergleich, der im Ursprungsmitgliedstaat als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, wird in den anderen Mitgliedstaaten vollstreckt, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass seine Vollstreckbarkeit angefochten werden kann. Schütze
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7. Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels
(3) Die Bestimmungen von Kapitel II (mit Ausnahme von Artikel 5, Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 9 Absatz 1) sowie von Kapitel IV (mit Ausnahme von Artikel 21 Absatz 1 und Artikel 22) finden entsprechende Anwendung. Artikel 25 Öffentliche Urkunden (1) Eine öffentliche Urkunde über eine Forderung im Sinne von Artikel 4 Absatz 2, die in einem Mitgliedstaat vollstreckbar ist, wird auf Antrag an die vom Ursprungsmitgliedstaat bestimmte Stelle unter Verwendung des Formblatts in Anhang III als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt. (2) Eine öffentliche Urkunde, die im Ursprungsmitgliedstaat als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, wird in den anderen Mitgliedstaaten vollstreckt, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass ihre Vollstreckbarkeit angefochten werden kann. (3) Die Bestimmungen von Kapitel II (mit Ausnahme von Artikel 5, Artikel 6 Absatz 1 und Artikel 9 Absatz 1) sowie von Kapitel IV (mit Ausnahme von Artikel 21 Absatz 1 und Artikel 22) finden entsprechende Anwendung.
KAPITEL VI Übergangsbestimmung Artikel 26 Übergangsbestimmung Diese Verordnung gilt nur für nach ihrem In-Kraft-Treten ergangene Entscheidungen, gerichtlich gebilligte oder geschlossene Vergleiche und aufgenommene oder registrierte öffentliche Urkunden.
KAPITEL VII Verhältnis zu anderen Rechtsakten der Gemeinschaft Artikel 27 Verhältnis zur Verordnung (EG) Nr. 44/2001 Diese Verordnung berührt nicht die Möglichkeit, die Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung über eine unbestrittene Forderung, eines gerichtlichen Vergleichs oder einer öffentlichen Urkunde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 zu betreiben. Artikel 28 Verhältnis zur Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 Diese Verordnung lässt die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 unberührt.
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KAPITEL VIII Allgemeine und Schlussbestimmungen Artikel 29 Informationen über Vollstreckungsverfahren und -behörden Die Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, um der Öffentlichkeit und den Fachkreisen folgende Informationen zur Verfügung zu stellen: a) Informationen über die Vollstreckungsverfahren und -methoden in den Mitgliedstaaten und b) Informationen über die zuständigen Vollstreckungsbehörden in den Mitgliedstaaten, insbesondere über das mit der Entscheidung 2001/470/EG des Rates eingerichtete Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen. Artikel 30 Angaben zu den Rechtsbehelfen, Sprachen und Stellen (1) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission Folgendes mit: a) das in Artikel 10 Absatz 2 genannte Berichtigungs- und Widerrufsverfahren sowie das in Artikel 19 Absatz 1 genannte Überprüfungsverfahren; b) die gemäß Artikel 20 Absatz 2 Buchstabe c) zugelassenen Sprachen; c) die Listen der in Artikel 25 genannten Stellen; sowie alle nachfolgenden Änderungen. (2) Die Kommission macht die nach Absatz 1 mitgeteilten Informationen durch Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union und durch andere geeignete Mittel öffentlich zugänglich. Artikel 31 Änderungen der Anhänge Änderungen der Formblätter in den Anhängen werden gemäß dem in Artikel 32 Absatz 2 genannten Beratungsverfahren beschlossen. Artikel 32 Ausschuss (1) Die Kommission wird von dem in Artikel 75 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vorgesehenen Ausschuss unterstützt. (2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 3 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8. (3) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung. Artikel 33 In-Kraft-Treten Diese Verordnung tritt am 21. Januar 2005 in Kraft. Sie gilt ab dem 21. Oktober 2005 mit Ausnahme der Artikel 30, 31 und 32, die ab dem 21. Januar 2005 gelten. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in den Mitgliedstaaten. Schütze
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8. Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens
8. Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. 2006 L 399, 1 ff.) 8. Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens Vorbemerkung: Nachdem in den meisten Mitgliedstaaten der EU – mit Ausnahme von Dänemark, Finnland, Großbritannien, Irland und den Niederlanden – bereits seit langem gerichtliche Mahnverfahren zu schnellen Durchsetzung von voraussichtlich nicht bestrittenen Forderungen existieren, soll die EuMahnVO EU-weit der raschen und kostengünstigen Durchsetzung von regelmäßig unbestrittenen Forderungen dienen. Das europäische Mahnverfahren führt zu einem eigenständigen Titel, der auf einem Formular, das die VO vorgibt, ausgefertigt wird. Die EuMahnVO sieht ein einstufiges Verfahren vor. Die EuMahnVO erlaubt elektronische Mahnverfahren, soweit das nationale Recht dies vorsieht. § 1088 trägt dem für das deutsche Recht Rechnung. Das europäische Mahnverfahren führt nur bei unstrittenen Forderungen zum Titel. Erhebt der Schuldner nämlich Einspruch gegen den europäischen Zahlungsbefehl, so wird das Verfahren vor den zuständigen Gerichten des Ursprungsstaats nach den Regeln des ordentlichen Zivilprozesses fortgeführt (Art. 17 Abs. 1 EuMahnVO). Die Durchführung der EuMahnVO ist in §§ 1087–1096 geregelt. Geltungsbereich: Mitgliedstaaten der EU mit Ausnahme Dänemarks, das sich allgemein nicht an den Maßnahmen nach Art. 67 AEUV beteiligt Schrifttum: Graf von Bernstorff Mahnverfahren, Forderungsdurchsetzung und Kontenpfändung in der EU, RIW 2007, 88 ff.; Graf von Bernstorff Der Europäische Zahlungsbefehl, RIW 2008, 548 ff.; Correa Delcaso La proposition de règlement instituant une procédure européenne d’injonction de payer, Rev.int. dr.comp., 57 (2005), 143 ff.; Diamatopoulos Moderne Tendenzen im Recht des Mahnverfahrens unter dem Einfluss der Rechtsprechung des EuGH-Luxemburg und des Entwurfs einer gemeinsamen europäischen Zivilprozessordnung, FS Beys, 2003, S. 267 ff.; Einhaus Europäisches Mahnverfahren: Grenzüberschreitende Verweisung bei Unzuständigkeit?, EuZW 2005, 165 ff.; Einhaus Qual der Wahl: Europäisches oder internationales deutsches Mahnverfahrens?, IPRax 2008, 323 ff.; Fabian Die Europäische Mahnverfahrensverordnung im Kontext der Europäisierung des Prozessrrechts, 2010; Freitag Rechtsschutz des Schuldners gegen den Europäischen ZB, IPRax 2007, 509 ff.; Freitag Anerkennung und Rechtskraft europäischer Titel nach EuVTVO, EuMahnVO und EuBagatellVO, FS Kropholler, 2008, S. 759 ff.; Freitag/Leible Erleichterung der grenzüberschreitenden Forderungsbeitreibung in Europa: Das Europäische Mahnverfahren, BB 2008, 2750; Fucik/Weber Das österreichische und das Europäische Mahnverfahren, öJZ 2008, 829 ff.; Gruber EGMahnVO, in: Rauscher (Hrsg.), Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Bearbeitung 2010; Gsell Die Geltendmachung nachträglicher materieller Einwendungen im Wege der Vollstreckungsgegenklage bei Titeln aus dem Europäischen Mahn- oder Bagatellverfahren, EuZW 2011, 87 ff.; Gundlach Europäische Prozessrechtsangleichung – dargestellt am Beispiel des Mahnverfahrens, 2005; Hess Strukturfragen der europäischen Prozessrechtsangleichung – dargestellt am Beispiel des Europäischen Mahn- und Inkassoverfahrens, FS Geimer 2002, S. 339 ff.; Hess/Bittmann Die Verordnungen zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und eines Verfahrens für geringfügige Forderungen – eine substantiellen Integrationsschritt im Europäischen Zivilprozessrecht, IPRax 2008, 305 ff.; Kloiber Das Europäische Mahnverfahren, ZfRV 2009, 68 ff.; Kodek Auf dem Weg zu einem Europäischen Mahnverfahren?, FS Rechberger, 2005, S. 283 ff.; Kodek Kommentar zur EuMahnVO, in: Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 570.39 ff.; Kormann Das neue Europäische Mahnverfahren im Vergleich zu den Mahnverfahren in Deutschland und Österreich, 2007; Kresse Das europäische Mahnverfahren, EWS 2008, 508 ff.; Markus Schweizer Mahntitel und deren Behandlung unter dem revidierten Lugano-Übereinkommen und der EuGVVO, FS Kaissis, 2012, S. 653 ff.; Mayr Das europäische Mahnverfahren und Österreich, JBl. 2008, 503 ff.; McGuire Das neue Europäische Mahnverfahren (EuMVVO): Über das (Miss-)Verhältnis zwischen Effizienz und Schuldnerschutz, Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht 2007, 303 ff.; Meyer-Berger Mahnverfahren und Vollstreckung – Probleme und Entwicklungen aus nationaler und europäischer Sicht, 2007; Perez-Ragone Europäisches Mahnverfahren, 2004; Pernfuss Die Effizienz des Europäischen Mahnverfahrens, 2009; Preuss Erlass und
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Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls, ZZP 122 (2009), 3 ff.; Prütting Die aktuallen Entwicklungen des europäischen Zivilprozessrechts, insbesondere das künftige europäische mahnverfahren, FS Yessiou-Faltsi, 2007, 497 ff.; Rechberger Zum Entwurf der Einführung eines europäischen Mahnverfahrens, in: FS Yessiou-Faltsi, 2007, S. 513 ff.; Rechberger Das Europäische Mahnverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 25 ff.; Rechberger/Kodek Orders for Payment in the European Union, 2001; Roth/Hauser Das neue Europäische Mahnverfahren, ecolex 2007, 568 ff.; Röthel/Sparmann Das Europäische Mahnverfahren, WM 2007, 1101 ff.; Salten, Das neue Europäische Mahnverfahren, MDR 2008, 1141 ff.; Schollmeyer Europäisches Mahnverfahren, IPRax 2002, 478 ff.; Sujecki Das neue europäische Mahnverfahren im Vergleich zu den Mahnverfahren in Deutschland und Österreich, Diss. Passau, 2007; Sujecki Europäisches Mahnverfahren nach dem Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission, EuZW 2005, 45 ff.; Sujecki Europäisches Mahnverfahren – Geänderter Verordnungsvorschlag, ZEuP 2006, 124 ff.; Sujecki Das elektronische Mahnverfahren – eine rechtsvergleichende und europarechtliche Untersuchung, 2008; Sujecki Das europäische Mahnverfahren nach dem gemeinsamen Standpunkt, EuZW 2006, 609 ff.; Sujecki Europäische Verordnung zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (EuMVVO), in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl., 2010, S. 2001 ff.; Sujecki Abkürzungen zum Merken, EuMVVO und EuGFVO, AnwBl. 2011, 374 f.; Sujecki Das Europäische Mahnverfahren und dessen Umsetzung in den Niederlanden, FS Kaissis, 2012, S. 1005 ff.; Tschütscher/Weber Die Verordnung zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens, öJZ 2007, 303 ff.; Vollkommer (G.)/Huber Neues Europäisches Zivilverfahrensrecht in Deutschland – Das Gesetz zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung, NJW 2009, 1105 ff.; Zangl Österreichisches und Europäisches Mahnverfahren, Zbornik Pravne fakultate Univerze v. Mariboru IV/1 (2008), S. 273 ff.
Text Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens Amtsblatt Nr. L 399 vom 30.12.2006, S. 1–32 Erwägungen: (1) Die Gemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zur schrittweisen Schaffung eines solchen Raums erlässt die Gemeinschaft unter anderem im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Maßnahmen. (2) Gemäß Artikel 65 Buchstabe c des Vertrags schließen diese Maßnahmen die Beseitigung der Hindernisse für eine reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren ein, erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften. (3) Auf seiner Tagung am 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere forderte der Europäische Rat den Rat und die Kommission auf, neue Vorschriften zu jenen Aspekten auszuarbeiten, die unabdingbar für eine reibungslose justizielle Zusammenarbeit und einen verbesserten Zugang zum Recht sind, und nannte in diesem Zusammenhang ausdrücklich auch das Mahnverfahren. (4) Am 30. November 2000 verabschiedete der Rat ein gemeinsames Programm der Kommission und des Rates über Maßnahmen zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Darin wird die Schaffung eines besonderen, gemeinschaftsweit einheitlichen oder harmonisierten Verfahrens zur Erwirkung einer gerichtlichen Entscheidung in speziellen Schütze
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8. Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens
Bereichen, darunter die Beitreibung unbestrittener Forderungen, in Erwägung gezogen. Dies wurde durch das vom Europäischen Rat am 5. November 2004 angenommene Haager Programm, in dem eine zügige Durchführung der Arbeiten am Europäischen Zahlungsbefehl gefordert wird, weiter vorangebracht. (5) Am 20. Dezember 2002 nahm die Kommission ein Grünbuch über ein Europäisches Mahnverfahren und über Maßnahmen zur einfacheren und schnelleren Beilegung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert an. Mit dem Grünbuch wurde eine Anhörung zu den möglichen Zielen und Merkmalen eines einheitlichen oder harmonisierten Europäischen Mahnverfahrens zur Beitreibung unbestrittener Forderungen eingeleitet. (6) Für die Wirtschaftsbeteiligten der Europäischen Union ist die rasche und effiziente Beitreibung ausstehender Forderungen, die nicht Gegenstand eines Rechtsstreits sind, von größter Bedeutung, da Zahlungsverzug eine der Hauptursachen für Zahlungsunfähigkeit ist, die vor allem die Existenz von kleinen und mittleren Unternehmen bedroht und für den Verlust zahlreicher Arbeitsplätze verantwortlich ist. (7) Alle Mitgliedstaaten versuchen, dem Problem der Beitreibung unzähliger unbestrittener Forderungen beizukommen, die meisten Mitgliedstaaten im Wege eines vereinfachten Mahnverfahrens, doch gibt es bei der inhaltlichen Ausgestaltung der einzelstaatlichen Vorschriften und der Effizienz der Verfahren erhebliche Unterschiede. Überdies sind die derzeitigen Verfahren in grenzüberschreitenden Rechtssachen häufig entweder unzulässig oder praktisch undurchführbar. (8) Der daraus resultierende erschwerte Zugang zu einer effizienten Rechtsprechung bei grenzüberschreitenden Rechtssachen und die Verfälschung des Wettbewerbs im Binnenmarkt aufgrund des unterschiedlichen Funktionierens der verfahrensrechtlichen Instrumente, die den Gläubigern in den einzelnen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, machen eine Gemeinschaftsregelung erforderlich, die für Gläubiger und Schuldner in der gesamten Europäischen Union gleiche Bedingungen gewährleistet. (9) Diese Verordnung hat Folgendes zum Ziel: die Vereinfachung und Beschleunigung grenzüberschreitender Verfahren im Zusammenhang mit unbestrittenen Geldforderungen und die Verringerung der Verfahrenskosten durch Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens sowie die Ermöglichung des freien Verkehrs Europäischer Zahlungsbefehle in den Mitgliedstaaten durch Festlegung von Mindestvorschriften, bei deren Einhaltung die Zwischenverfahren im Vollstreckungsmitgliedstaat, die bisher für die Anerkennung und Vollstreckung erforderlich waren, entfallen. (10) Das durch diese Verordnung geschaffene Verfahren sollte eine zusätzliche und fakultative Alternative für den Antragsteller darstellen, dem es nach wie vor freisteht, sich für die im nationalen Recht vorgesehenen Verfahren zu entscheiden. Durch diese Verordnung sollen mithin die nach nationalem Recht vorgesehenen Mechanismen zur Beitreibung unbestrittener Forderungen weder ersetzt noch harmonisiert werden. (11) Der Schriftverkehr zwischen dem Gericht und den Parteien sollte soweit wie möglich mit Hilfe von Formblättern abgewickelt werden, um die Abwicklung der Verfahren zu erleichtern und eine automatisierte Verarbeitung der Daten zu ermöglichen. (12) Bei der Entscheidung darüber, welche Gerichte dafür zuständig sind, einen Europäischen Zahlungsbefehl zu erlassen, sollten die Mitgliedstaaten dem Erfordernis, den Zugang der Bürger zur Justiz zu gewährleisten, gebührend Rechnung tragen. (13) Der Antragsteller sollte verpflichtet sein, in dem Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls Angaben zu machen, aus denen die geltend gemachte Forderung und ihre Begründung klar zu entnehmen sind, damit der Antragsgegner anhand fundierter Informationen entscheiden kann, ob er Einspruch einlegen oder die Forderung nicht bestreiten will. 241
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(14) Dabei muss der Antragsteller auch eine Bezeichnung der Beweise, der zum Nachweis der Forderung herangezogen wird, beifügen. Zu diesem Zweck sollte in dem Antragsformular eine möglichst erschöpfende Liste der Arten von Beweisen enthalten sein, die üblicherweise zur Geltendmachung von Geldforderungen angeboten werden. (15) Die Einreichung eines Antrags auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls sollte mit der Entrichtung der gegebenenfalls fälligen Gerichtsgebühren verbunden sein. (16) Das Gericht sollte den Antrag, einschließlich der Frage der gerichtlichen Zuständigkeit und der Bezeichnung der Beweise, auf der Grundlage der im Antragsformular enthaltenen Angaben prüfen. Dies ermöglicht es dem Gericht, schlüssig zu prüfen, ob die Forderung begründet ist, und unter anderem offensichtlich unbegründete Forderungen oder unzulässige Anträge auszuschließen. Die Prüfung muss nicht von einem Richter durchgeführt werden. (17) Gegen die Zurückweisung des Antrags kann kein Rechtsmittel eingelegt werden. Dies schließt allerdings eine mögliche Überprüfung der zurückweisenden Entscheidung in derselben Instanz im Einklang mit dem nationalen Recht nicht aus. (18) Der Europäische Zahlungsbefehl sollte den Antragsgegner darüber aufklären, dass er entweder den zuerkannten Betrag an den Antragsteller zu zahlen hat oder, wenn er die Forderung bestreiten will, innerhalb von 30 Tagen eine Einspruchsschrift versenden muss. Neben der vollen Aufklärung über die vom Antragsteller geltend gemachte Forderung sollte der Antragsgegner auf die rechtliche Bedeutung des Europäischen Zahlungsbefehls und die Folgen eines Verzichts auf Einspruch hingewiesen werden. (19) Wegen der Unterschiede im Zivilprozessrecht der Mitgliedstaaten, insbesondere bei den Zustellungsvorschriften, ist es notwendig, die im Rahmen des Europäischen Mahnverfahrens anzuwendenden Mindestvorschriften präzise und detailliert zu definieren. So sollte insbesondere eine Zustellungsform, die auf einer juristischen Fiktion beruht, im Hinblick auf die Einhaltung der Mindestvorschriften nicht als ausreichend für die Zustellung eines Europäischen Zahlungsbefehls angesehen werden. (20) Alle in den Artikeln 13 und 14 aufgeführten Zustellungsformen gewähren entweder eine absolute Gewissheit (Artikel 13) oder ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit (Artikel 14) dafür, dass das zugestellte Schriftstück dem Empfänger zugegangen ist. (21) Die persönliche Zustellung an bestimmte andere Personen als den Antragsgegner selbst gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstaben a und b sollte die Anforderungen der genannten Vorschriften nur dann erfüllen, wenn diese Personen den Europäischen Zahlungsbefehl auch tatsächlich erhalten haben. (22) Artikel 15 sollte auf Situationen Anwendung finden, in denen der Antragsgegner sich nicht selbst vor Gericht vertreten kann, etwa weil er eine juristische Person ist, und in denen er durch einen gesetzlichen Vertreter vertreten wird, sowie auf Situationen, in denen der Antragsgegner eine andere Person, insbesondere einen Rechtsanwalt, ermächtigt hat, ihn in dem betreffenden gerichtlichen Verfahren zu vertreten. (23) Der Antragsgegner kann seinen Einspruch unter Verwendung des in dieser Verordnung enthaltenen Formblatts einreichen. Die Gerichte sollten allerdings auch einen in anderer Form eingereichten schriftlichen Einspruch berücksichtigen, sofern dieser klar erklärt ist. (24) Ein fristgerecht eingereichter Einspruch sollte das Europäische Mahnverfahren beenden und zur automatischen Überleitung der Sache in einen ordentlichen Zivilprozess führen, es sei denn, der Antragsteller hat ausdrücklich erklärt, dass das Verfahren in diesem Fall beendet sein soll. Für die Zwecke dieser Verordnung sollte der Begriff „ordentlicher Zivilprozess“ nicht notwendigerweise im Sinne des nationalen Rechts ausgelegt werden. Schütze
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8. Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens
(25) Nach Ablauf der Frist für die Einreichung des Einspruchs sollte der Antragsgegner in bestimmten Ausnahmefällen berechtigt sein, eine Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls zu beantragen. Die Überprüfung in Ausnahmefällen sollte nicht bedeuten, dass der Antragsgegner eine zweite Möglichkeit hat, Einspruch gegen die Forderung einzulegen. Während des Überprüfungsverfahrens sollte die Frage, ob die Forderung begründet ist, nur im Rahmen der sich aus den vom Antragsgegner angeführten außergewöhnlichen Umständen ergebenden Begründungen geprüft werden. Zu den anderen außergewöhnlichen Umständen könnte auch der Fall zählen, dass der Europäische Zahlungsbefehl auf falschen Angaben im Antragsformular beruht. (26) Gerichtsgebühren nach Artikel 25 sollten beispielsweise keine Anwaltshonorare oder Zustellungskosten einer außergerichtlichen Stelle enthalten. (27) Ein Europäischer Zahlungsbefehl, der in einem Mitgliedstaat ausgestellt wurde und der vollstreckbar geworden ist, sollte für die Zwecke der Vollstreckung so behandelt werden, als ob er in dem Mitgliedstaat ausgestellt worden wäre, in dem die Vollstreckung betrieben wird. Gegenseitiges Vertrauen in die ordnungsgemäße Rechtspflege in den Mitgliedstaaten rechtfertigt es, dass das Gericht nur eines Mitgliedstaats beurteilt, ob alle Voraussetzungen für den Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls vorliegen und der Zahlungsbefehl in allen anderen Mitgliedstaaten vollstreckbar ist, ohne dass im Vollstreckungsmitgliedstaat zusätzlich von einem Gericht geprüft werden muss, ob die prozessualen Mindestvorschriften eingehalten worden sind. Unbeschadet der in dieser Verordnung enthaltenen Vorschriften, insbesondere der in Artikel 22 Absätze 1 und 2 und in Artikel 23 enthaltenen Mindestvorschriften, sollte das Verfahren der Vollstreckung des Europäischen Zahlungsbefehls nach wie vor im nationalen Recht geregelt bleiben. (28) Die Berechnung der Fristen sollte nach Maßgabe der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine erfolgen. Der Antragsgegner sollte darüber unterrichtet sowie darauf hingewiesen werden, dass dabei die gesetzlichen Feiertage in dem Mitgliedstaat des Gerichts, das den Europäischen Zahlungsbefehl erlässt, berücksichtigt werden. (29) Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Schaffung eines einheitlichen, zeitsparenden und effizienten Instruments zur Beitreibung unbestrittener Geldforderungen in der Europäischen Union, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkung daher besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. (30) Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sind nach Maßgabe des Beschlusses 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse zu erlassen. (31) Das Vereinigte Königreich und Irland haben gemäß Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung der vorliegenden Verordnung beteiligen möchten. (32) Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieses Beschlusses, der für Dänemark nicht bindend und nicht auf Dänemark anwendbar ist.
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Artikel 1 Gegenstand (1) Diese Verordnung hat Folgendes zum Ziel: a) Vereinfachung und Beschleunigung der grenzüberschreitenden Verfahren im Zusammenhang mit unbestrittenen Geldforderungen und Verringerung der Verfahrenskosten durch Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens, und b) Ermöglichung des freien Verkehrs Europäischer Zahlungsbefehle in den Mitgliedstaaten durch Festlegung von Mindestvorschriften, bei deren Einhaltung die Zwischenverfahren im Vollstreckungsmitgliedstaat, die bisher für die Anerkennung und Vollstreckung erforderlich waren, entfallen. (2) Diese Verordnung stellt es dem Antragsteller frei, eine Forderung im Sinne von Artikel 4 im Wege eines anderen Verfahrens nach dem Recht eines Mitgliedstaats oder nach Gemeinschaftsrecht durchzusetzen. Artikel 2 Anwendungsbereich (1) Diese Verordnung ist in grenzüberschreitenden Rechtssachen in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt. Sie erfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta jure imperii“). (2) Diese Verordnung ist nicht anzuwenden auf a) die ehelichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts, b) Konkurse, Verfahren im Zusammenhang mit dem Abwickeln zahlungsunfähiger Unternehmen oder anderer juristischer Personen, gerichtliche Vergleiche, Vergleiche und ähnliche Verfahren, c) die soziale Sicherheit, d) Ansprüche aus außervertraglichen Schuldverhältnissen, soweit i) diese nicht Gegenstand einer Vereinbarung zwischen den Parteien oder eines Schuldanerkenntnisses sind, oder ii) diese sich nicht auf bezifferte Schuldbeträge beziehen, die sich aus gemeinsamem Eigentum an unbeweglichen Sachen ergeben. (3) In dieser Verordnung bedeutet der Begriff „Mitgliedstaat“ die Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks. Artikel 3 Grenzüberschreitende Rechtssachen (1) Eine grenzüberschreitende Rechtssache im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem des befassten Gerichts hat. (2) Der Wohnsitz wird nach den Artikeln 59 und 60 der Verordnung (EG) Nr. 44/ 2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen bestimmt. Schütze
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8. Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens
(3) Der maßgebliche Augenblick zur Feststellung, ob eine grenzüberschreitende Rechtssache vorliegt, ist der Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls nach dieser Verordnung eingereicht wird. Artikel 4 Europäisches Mahnverfahren Das Europäische Mahnverfahren gilt für die Beitreibung bezifferter Geldforderungen, die zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls fällig sind. Artikel 5 Begriffsbestimmungen 1. 2. 3. 4.
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Ursprungsmitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, in dem ein Europäischer Zahlungsbefehl erlassen wird, „Vollstreckungsmitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, in dem die Vollstreckung eines Europäischen Zahlungsbefehls betrieben wird, „Gericht“ alle Behörden der Mitgliedstaaten, die für einen Europäischen Zahlungsbefehl oder jede andere damit zusammenhängende Angelegenheit zuständig sind, „Ursprungsgericht“ das Gericht, das einen Europäischen Zahlungsbefehl erlässt. Artikel 6 Zuständigkeit
(1) Für die Zwecke der Anwendung dieser Verordnung wird die Zuständigkeit nach den hierfür geltenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts bestimmt, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 44/2001. (2) Betrifft die Forderung jedoch einen Vertrag, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, und ist der Verbraucher Antragsgegner, so sind nur die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in welchem der Antragsgegner seinen Wohnsitz im Sinne des Artikels 59 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 hat. Artikel 7 Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls (1) Der Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls ist unter Verwendung des Formblatts A gemäß Anhang I zu stellen. (2) Der Antrag muss Folgendes beinhalten: a) die Namen und Anschriften der Verfahrensbeteiligten und gegebenenfalls ihrer Vertreter sowie des Gerichts, bei dem der Antrag eingereicht wird; b) die Höhe der Forderung einschließlich der Hauptforderung und gegebenenfalls der Zinsen, Vertragsstrafen und Kosten; c) bei Geltendmachung von Zinsen der Zinssatz und der Zeitraum, für den Zinsen verlangt werden, es sei denn, gesetzliche Zinsen werden nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats automatisch zur Hauptforderung hinzugerechnet; d) den Streitgegenstand einschließlich einer Beschreibung des Sachverhalts, der der Hauptforderung und gegebenenfalls der Zinsforderung zugrunde liegt; 245
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e) eine Bezeichnung der Beweise, die zur Begründung der Forderung herangezogen werden; f) die Gründe für die Zuständigkeit, und g) den grenzüberschreitenden Charakter der Rechtssache im Sinne von Artikel 3. (3) In dem Antrag hat der Antragsteller zu erklären, dass er die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht hat, und anerkannt, dass jede vorsätzliche falsche Auskunft angemessene Sanktionen nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats nach sich ziehen kann. (4) Der Antragsteller kann in einer Anlage zu dem Antrag dem Gericht gegenüber erklären, dass er die Überleitung in ein ordentliches Verfahren im Sinne des Artikels 17 für den Fall ablehnt, dass der Antragsgegner Einspruch einlegt. Dies hindert den Antragsteller nicht daran, das Gericht zu einem späteren Zeitpunkt, in jedem Fall aber vor Erlass des Zahlungsbefehls, hierüber zu informieren. (5) Die Einreichung des Antrags erfolgt in Papierform oder durch andere – auch elektronische – Kommunikationsmittel, die im Ursprungsmitgliedstaat zulässig sind und dem Ursprungsgericht zur Verfügung stehen. (6) Der Antrag ist vom Antragsteller oder gegebenenfalls von seinem Vertreter zu unterzeichnen. Wird der Antrag gemäß Absatz 5 auf elektronischem Weg eingereicht, so ist er nach Artikel 2 Nummer 2 der Richtlinie 1999/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 über gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen zu unterzeichnen. Diese Signatur wird im Ursprungsmitgliedstaat anerkannt, ohne dass weitere Bedingungen festgelegt werden können. Eine solche elektronische Signatur ist jedoch nicht erforderlich, wenn und insoweit es bei den Gerichten des Ursprungsmitgliedstaats ein alternatives elektronisches Kommunikationssystem gibt, das einer bestimmten Gruppe von vorab registrierten und authentifizierten Nutzern zur Verfügung steht und die sichere Identifizierung dieser Nutzer ermöglicht. Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission über derartige Kommunikationssysteme. Artikel 8 Prüfung des Antrags Das mit einem Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls befasste Gericht prüft so bald wie möglich anhand des Antragsformulars, ob die in den Artikeln 2, 3, 4, 6 und 7 genannten Voraussetzungen erfüllt sind und ob die Forderung begründet erscheint. Diese Prüfung kann im Rahmen eines automatisierten Verfahrens erfolgen. Artikel 9 Vervollständigung und Berichtigung des Antrags (1) Das Gericht räumt dem Antragsteller die Möglichkeit ein, den Antrag zu vervollständigen oder zu berichtigen, wenn die in Artikel 7 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind und die Forderung nicht offensichtlich unbegründet oder der Antrag unzulässig ist. Das Gericht verwendet dazu das Formblatt B gemäß Anhang II. (2) Fordert das Gericht den Antragsteller auf, den Antrag zu vervollständigen oder zu berichtigen, so legt es dafür eine Frist fest, die ihm den Umständen nach angemessen erscheint. Das Gericht kann diese Frist nach eigenem Ermessen verlängern.
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8. Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens
Artikel 10 Änderung des Antrags (1) Sind die in Artikel 8 genannten Voraussetzungen nur für einen Teil der Forderung erfüllt, so unterrichtet das Gericht den Antragsteller hiervon unter Verwendung des Formblatts C gemäß Anhang III. Der Antragsteller wird aufgefordert, den Europäischen Zahlungsbefehl über den von dem Gericht angegebenen Betrag anzunehmen oder abzulehnen; er wird zugleich über die Folgen seiner Entscheidung belehrt. Die Antwort des Antragstellers erfolgt durch Rücksendung des von dem Gericht übermittelten Formblatts C innerhalb der von dem Gericht gemäß Artikel 9 Absatz 2 festgelegten Frist. (2) Nimmt der Antragsteller den Vorschlag des Gerichts an, so erlässt das Gericht gemäß Artikel 12 einen Europäischen Zahlungsbefehl für den Teil der Forderung, dem der Antragsteller zugestimmt hat. Die Folgen hinsichtlich des verbleibenden Teils der ursprünglichen Forderung unterliegen nationalem Recht. (3) Antwortet der Antragsteller nicht innerhalb der von dem Gericht festgelegten Frist oder lehnt er den Vorschlag des Gerichts ab, so weist das Gericht den Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls insgesamt zurück. Artikel 11 Zurückweisung des Antrags (1) Das Gericht weist den Antrag zurück, a) wenn die in den Artikeln 2, 3, 4, 6 und 7 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, oder b) wenn die Forderung offensichtlich unbegründet ist, oder c) wenn der Antragsteller nicht innerhalb der von dem Gericht gemäß Artikel 9 Absatz 2 gesetzten Frist seine Antwort übermittelt, oder d) wenn der Antragsteller gemäß Artikel 10 nicht innerhalb der von dem Gericht gesetzten Frist antwortet oder den Vorschlag des Gerichts ablehnt. Der Antragsteller wird anhand des Formblatts D gemäß Anhang IV von den Gründen der Zurückweisung in Kenntnis gesetzt. (2) Gegen die Zurückweisung des Antrags kann kein Rechtsmittel eingelegt werden. (3) Die Zurückweisung des Antrags hindert den Antragsteller nicht, die Forderung mittels eines neuen Antrags auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls oder eines anderen Verfahrens nach dem Recht eines Mitgliedstaats geltend zu machen. Artikel 12 Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls (1) Sind die in Artikel 8 genannten Voraussetzungen erfüllt, so erlässt das Gericht so bald wie möglich und in der Regel binnen 30 Tagen nach Einreichung eines entsprechenden Antrags einen Europäischen Zahlungsbefehl unter Verwendung des Formblatts E gemäß Anhang V. Bei der Berechnung der 30-tägigen Frist wird die Zeit, die der Antragsteller zur Vervollständigung, Berichtigung oder Änderung des Antrags benötigt, nicht berücksichtigt. 247
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(2) Der Europäische Zahlungsbefehl wird zusammen mit einer Abschrift des Antragsformulars ausgestellt. Er enthält nicht die vom Antragsteller in den Anlagen 1 und 2 des Formblatts A gemachten Angaben. (3) In dem Europäischen Zahlungsbefehl wird der Antragsgegner davon in Kenntnis gesetzt, dass er a) entweder den im Zahlungsbefehl aufgeführten Betrag an den Antragsteller zahlen kann, oder b) gegen den Europäischen Zahlungsbefehl bei dem Ursprungsgericht Einspruch einlegen kann, indem er innerhalb von 30 Tagen ab dem Zeitpunkt der Zustellung des Zahlungsbefehls an ihn seinen Einspruch versendet. (4) In dem Europäischen Zahlungsbefehl wird der Antragsgegner davon unterrichtet, dass a) der Zahlungsbefehl ausschließlich auf der Grundlage der Angaben des Antragstellers erlassen und vom Gericht nicht nachgeprüft wurde, b) der Zahlungsbefehl vollstreckbar wird, wenn nicht bei dem Gericht nach Artikel 16 Einspruch eingelegt wird, c) im Falle eines Einspruchs das Verfahren von den zuständigen Gerichten des Ursprungsmitgliedstaats gemäß den Regeln eines ordentlichen Zivilprozesses weitergeführt wird, es sei denn, der Antragsteller hat ausdrücklich beantragt, das Verfahren in diesem Fall zu beenden. (5) Das Gericht stellt sicher, dass der Zahlungsbefehl dem Antragsgegner gemäß den nationalen Rechtsvorschriften in einer Weise zugestellt wird, die den Mindestvorschriften der Artikel 13, 14 und 15 genügen muss. Artikel 13 Zustellung mit Nachweis des Empfangs durch den Antragsgegner Der Europäische Zahlungsbefehl kann nach dem Recht des Staats, in dem die Zustellung erfolgen soll, dem Antragsgegner in einer der folgenden Formen zugestellt werden: a) durch persönliche Zustellung, bei der der Antragsgegner eine Empfangsbestätigung unter Angabe des Empfangsdatums unterzeichnet, b) durch persönliche Zustellung, bei der die zuständige Person, die die Zustellung vorgenommen hat, ein Dokument unterzeichnet, in dem angegeben ist, dass der Antragsgegner das Schriftstück erhalten hat oder dessen Annahme unberechtigt verweigert hat und an welchem Datum die Zustellung erfolgt ist, c) durch postalische Zustellung, bei der der Antragsgegner die Empfangsbestätigung unter Angabe des Empfangsdatums unterzeichnet und zurückschickt, d) durch elektronische Zustellung wie beispielsweise per Fax oder E-Mail, bei der der Antragsgegner eine Empfangsbestätigung unter Angabe des Empfangsdatums unterzeichnet und zurückschickt. Artikel 14 Zustellung ohne Nachweis des Empfangs durch den Antragsgegner (1) Der Europäische Zahlungsbefehl kann nach dem Recht des Staats, in dem die Zustellung erfolgen soll, dem Antragsgegner auch in einer der folgenden Formen zugestellt werden:
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a) persönliche Zustellung unter der Privatanschrift des Antragsgegners an eine in derselben Wohnung wie der Antragsgegner lebende Person oder an eine dort beschäftigte Person; b) wenn der Antragsgegner Selbstständiger oder eine juristische Person ist, persönliche Zustellung in den Geschäftsräumen des Antragsgegners an eine Person, die vom Antragsgegner beschäftigt wird; c) Hinterlegung des Zahlungsbefehls im Briefkasten des Antragsgegners; d) Hinterlegung des Zahlungsbefehls beim Postamt oder bei den zuständigen Behörden mit entsprechender schriftlicher Benachrichtigung im Briefkasten des Antragsgegners, sofern in der schriftlichen Benachrichtigung das Schriftstück eindeutig als gerichtliches Schriftstück bezeichnet oder darauf hingewiesen wird, dass die Zustellung durch die Benachrichtigung als erfolgt gilt und damit Fristen zu laufen beginnen; e) postalisch ohne Nachweis gemäß Absatz 3, wenn der Antragsgegner seine Anschrift im Ursprungsmitgliedstaat hat; f) elektronisch, mit automatisch erstellter Sendebestätigung, sofern sich der Antragsgegner vorab ausdrücklich mit dieser Art der Zustellung einverstanden erklärt hat. (2) Für die Zwecke dieser Verordnung ist eine Zustellung nach Absatz 1 nicht zulässig, wenn die Anschrift des Antragsgegners nicht mit Sicherheit ermittelt werden kann. (3) Die Zustellung nach Absatz 1 Buchstaben a, b, c und d wird bescheinigt durch a) ein von der zuständigen Person, die die Zustellung vorgenommen hat, unterzeichnetes Schriftstück mit den folgenden Angaben: i) die gewählte Form der Zustellung, und ii) das Datum der Zustellung sowie, und iii) falls der Zahlungsbefehl einer anderen Person als dem Antragsgegner zugestellt wurde, der Name dieser Person und die Angabe ihres Verhältnisses zum Antragsgegner, oder b) eine Empfangsbestätigung der Person, der der Zahlungsbefehl zugestellt wurde, für die Zwecke von Absatz 1 Buchstaben a und b. Artikel 15 Zustellung an einen Vertreter Die Zustellung nach den Artikeln 13 oder 14 kann auch an den Vertreter des Antragsgegners bewirkt werden. Artikel 16 Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl (1) Der Antragsgegner kann beim Ursprungsgericht Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl unter Verwendung des Formblatts F gemäß Anhang VI einlegen, das dem Antragsgegner zusammen mit dem Europäischen Zahlungsbefehl zugestellt wird. (2) Der Einspruch muss innerhalb von 30 Tagen ab dem Tag der Zustellung des Zahlungsbefehls an den Antragsgegner versandt werden. (3) Der Antragsgegner gibt in dem Einspruch an, dass er die Forderung bestreitet, ohne dass er dafür eine Begründung liefern muss. (4) Der Einspruch ist in Papierform oder durch andere – auch elektronische – Kommunikationsmittel, die im Ursprungsmitgliedstaat zulässig sind und dem Ursprungsgericht zur Verfügung stehen, einzulegen. 249
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(5) Der Einspruch ist vom Antragsgegner oder gegebenenfalls von seinem Vertreter zu unterzeichnen. Wird der Einspruch gemäß Absatz 4 auf elektronischem Weg eingelegt, so ist er nach Artikel 2 Nummer 2 der Richtlinie 1999/93/EG zu unterzeichnen. Diese Signatur wird im Ursprungsmitgliedstaat anerkannt, ohne dass weitere Bedingungen festgelegt werden können. Eine solche elektronische Signatur ist jedoch nicht erforderlich, wenn und insoweit es bei den Gerichten des Ursprungsmitgliedstaats ein alternatives elektronisches Kommunikationssystem gibt, das einer bestimmten Gruppe von vorab registrierten und authentifizierten Nutzern zur Verfügung steht und die sichere Identifizierung dieser Nutzer ermöglicht. Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission über derartige Kommunikationssysteme. Artikel 17 Wirkungen der Einlegung eines Einspruchs (1) Wird innerhalb der in Artikel 16 Absatz 2 genannten Frist Einspruch eingelegt, so wird das Verfahren vor den zuständigen Gerichten des Ursprungsmitgliedstaats gemäß den Regeln eines ordentlichen Zivilprozesses weitergeführt, es sei denn, der Antragsteller hat ausdrücklich beantragt, das Verfahren in einem solchen Fall zu beenden. Hat der Antragsteller seine Forderung im Wege des Europäischen Mahnverfahrens geltend gemacht, so wird seine Stellung in nachfolgenden ordentlichen Zivilprozessen durch keine Maßnahme nach nationalem Recht präjudiziert. (2) Die Überleitung in ein ordentliches Zivilverfahren im Sinne des Absatzes 1 erfolgt nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats. (3) Dem Antragsteller wird mitgeteilt, ob der Antragsgegner Einspruch eingelegt hat und ob das Verfahren als ordentlicher Zivilprozess weitergeführt wird. Artikel 18 Vollstreckbarkeit (1) Wurde innerhalb der Frist des Artikels 16 Absatz 2 unter Berücksichtigung eines angemessenen Zeitraums für die Übermittlung kein Einspruch beim Ursprungsgericht eingelegt, so erklärt das Gericht den Europäischen Zahlungsbefehl unter Verwendung des Formblatts G gemäß Anhang VII unverzüglich für vollstreckbar. Das Ursprungsgericht überprüft das Zustellungsdatum des Europäischen Zahlungsbefehls. (2) Unbeschadet des Absatzes 1 richten sich die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung für die Vollstreckbarkeit nach den Rechtsvorschriften des Ursprungsmitgliedstaats. (3) Das Gericht übersendet dem Antragsteller den vollstreckbaren Europäischen Zahlungsbefehl. Artikel 19 Abschaffung des Exequaturverfahrens Der im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbar gewordene Europäische Zahlungsbefehl wird in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass seine Anerkennung angefochten werden kann.
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Artikel 20 Überprüfung in Ausnahmefällen (1) Nach Ablauf der in Artikel 16 Absatz 2 genannten Frist ist der Antragsgegner berechtigt, bei dem zuständigen Gericht des Ursprungsmitgliedstaats eine Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls zu beantragen, falls a) i) der Zahlungsbefehl in einer der in Artikel 14 genannten Formen zugestellt wurde, und ii) die Zustellung ohne Verschulden des Antragsgegners nicht so rechtzeitig erfolgt ist, dass er Vorkehrungen für seine Verteidigung hätte treffen können, oder b) der Antragsgegner aufgrund höherer Gewalt oder aufgrund außergewöhnlicher Umstände ohne eigenes Verschulden keinen Einspruch gegen die Forderung einlegen konnte, wobei in beiden Fällen vorausgesetzt wird, dass er unverzüglich tätig wird. (2) Ferner ist der Antragsgegner nach Ablauf der in Artikel 16 Absatz 2 genannten Frist berechtigt, bei dem zuständigen Gericht des Ursprungsmitgliedstaats eine Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls zu beantragen, falls der Europäische Zahlungsbefehl gemessen an den in dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen oder aufgrund von anderen außergewöhnlichen Umständen offensichtlich zu Unrecht erlassen worden ist. (3) Weist das Gericht den Antrag des Antragsgegners mit der Begründung zurück, dass keine der Voraussetzungen für die Überprüfung nach den Absätzen 1 und 2 gegeben ist, bleibt der Europäische Zahlungsbefehl in Kraft. Entscheidet das Gericht, dass die Überprüfung aus einem der in den Absätzen 1 und 2 genannten Gründe gerechtfertigt ist, wird der Europäische Zahlungsbefehl für nichtig erklärt. Artikel 21 Vollstreckung (1) Unbeschadet der Bestimmungen dieser Verordnung gilt für das Vollstreckungsverfahren das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats. Ein vollstreckbar gewordener Europäischer Zahlungsbefehl wird unter den gleichen Bedingungen vollstreckt wie eine im Vollstreckungsmitgliedstaat vollstreckbar gewordene Entscheidung. (2) Zur Vollstreckung in einem anderen Mitgliedstaat legt der Antragsteller den zuständigen Vollstreckungsbehörden dieses Mitgliedstaats folgende Dokumente vor: a) eine Ausfertigung des von dem Ursprungsgericht für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehls, die die für seine Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, und b) gegebenenfalls eine Übersetzung des Europäischen Zahlungsbefehls in die Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats oder – falls es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt – nach Maßgabe der Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats in die Verfahrenssprache oder eine der Verfahrenssprachen des Ortes, an dem die Vollstreckung betrieben wird, oder in eine sonstige Sprache, die der Vollstreckungsmitgliedstaat zulässt. Jeder Mitgliedstaat kann angeben, welche Amtssprache oder Amtssprachen der Organe der Europäischen Union er neben seiner oder seinen eigenen für den Euro251
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päischen Zahlungsbefehl zulässt. Die Übersetzung ist von einer hierzu in einem der Mitgliedstaaten befugten Person zu beglaubigen. (3) Einem Antragsteller, der in einem Mitgliedstaat die Vollstreckung eines in einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Europäischen Zahlungsbefehls beantragt, darf wegen seiner Eigenschaft als Ausländer oder wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthaltsorts im Vollstreckungsmitgliedstaat eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung es auch sei, nicht auferlegt werden. Artikel 22 Verweigerung der Vollstreckung (1) Auf Antrag des Antragsgegners wird die Vollstreckung vom zuständigen Gericht im Vollstreckungsmitgliedstaat verweigert, wenn der Europäische Zahlungsbefehl mit einer früheren Entscheidung oder einem früheren Zahlungsbefehl unvereinbar ist, die bzw. der in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland ergangen ist, sofern a) die frühere Entscheidung oder der frühere Zahlungsbefehl zwischen denselben Parteien wegen desselben Streitgegenstands ergangen ist, und b) die frühere Entscheidung oder der frühere Zahlungsbefehl die notwendigen Voraussetzungen für die Anerkennung im Vollstreckungsmitgliedstaat erfüllt, und c) die Unvereinbarkeit im gerichtlichen Verfahren des Ursprungsmitgliedstaats nicht geltend gemacht werden konnte. (2) Auf Antrag wird die Vollstreckung ebenfalls verweigert, sofern und insoweit der Antragsgegner den Betrag, der dem Antragsteller in einem Europäischen Zahlungsbefehl zuerkannt worden ist, an diesen entrichtet hat. (3) Ein Europäischer Zahlungsbefehl darf im Vollstreckungsmitgliedstaat in der Sache selbst nicht nachgeprüft werden. Artikel 23 Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung Hat der Antragsgegner eine Überprüfung nach Artikel 20 beantragt, so kann das zuständige Gericht im Vollstreckungsmitgliedstaat auf Antrag des Antragsgegners a) das Vollstreckungsverfahren auf Sicherungsmaßnahmen beschränken, oder b) die Vollstreckung von der Leistung einer von dem Gericht zu bestimmenden Sicherheit abhängig machen, oder c) unter außergewöhnlichen Umständen das Vollstreckungsverfahren aussetzen. Artikel 24 Rechtliche Vertretung Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsbeistand ist nicht zwingend a) für den Antragsteller im Hinblick auf die Beantragung eines Europäischen Zahlungsbefehls, b) für den Antragsgegner bei Einlegung des Einspruchs gegen einen Europäischen Zahlungsbefehl. Schütze
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Artikel 25 Gerichtsgebühren (1) Die Gerichtsgebühren eines Europäischen Mahnverfahrens und eines ordentlichen Zivilprozesses, der sich an die Einlegung eines Einspruchs gegen den Europäischen Zahlungsbefehl in einem Mitgliedstaat anschließt, dürfen insgesamt nicht höher sein als die Gerichtsgebühren eines ordentlichen Zivilprozesses ohne vorausgehendes Europäisches Mahnverfahren in diesem Mitgliedstaat. (2) Für die Zwecke dieser Verordnung umfassen die Gerichtsgebühren die dem Gericht zu entrichtenden Gebühren und Abgaben, deren Höhe nach dem nationalen Recht festgelegt wird. Artikel 26 Verhältnis zum nationalen Prozessrecht Sämtliche verfahrensrechtlichen Fragen, die in dieser Verordnung nicht ausdrücklich geregelt sind, richten sich nach den nationalen Rechtsvorschriften. Artikel 27 Verhältnis zur Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten. Artikel 28 Informationen zu den Zustellungskosten und zur Vollstreckung Die Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, um der Öffentlichkeit und den Fachkreisen folgende Informationen zur Verfügung zu stellen: a) Informationen zu den Zustellungskosten, und b) Information darüber, welche Behörden im Zusammenhang mit der Vollstreckung für die Anwendung der Artikel 21, 22 und 23 zuständig sind, insbesondere über das mit der Entscheidung 2001/470/EG des Rates eingerichtete Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen. Artikel 29 Angaben zu den zuständigen Gerichten, den Überprüfungsverfahren, den Kommunikationsmitteln und den Sprachen (1) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission bis zum 12. Juni 2008 Folgendes mit: a) die Gerichte, die dafür zuständig sind, einen Europäischen Zahlungsbefehl zu erlassen; b) Informationen über das Überprüfungsverfahren und die für die Anwendung des Artikels 20 zuständigen Gerichte; c) die Kommunikationsmittel, die im Hinblick auf das Europäische Mahnverfahren zulässig sind und den Gerichten zur Verfügung stehen; d) die nach Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe b zulässigen Sprachen. 253
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Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission über alle späteren Änderungen dieser Angaben. (2) Die Kommission macht die nach Absatz 1 mitgeteilten Angaben durch Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union und durch andere geeignete Mittel öffentlich zugänglich. Artikel 30 Änderung der Anhänge Die Formblätter in den Anhängen werden nach dem in Artikel 31 Absatz 2 vorgesehenen Verfahren aktualisiert oder in technischer Hinsicht angepasst; solche Änderungen müssen den Vorschriften dieser Verordnung vollständig entsprechen. Artikel 31 Ausschuss (1) Die Kommission wird von dem nach Artikel 75 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 eingesetzten Ausschuss unterstützt. (2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5 a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG, unter Beachtung von dessen Artikel 8. (3) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung. Artikel 32 Überprüfung Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss bis zum 12. Dezember 2013 einen detaillierten Bericht über die Überprüfung des Funktionierens des Europäischen Mahnverfahrens vor. Dieser Bericht enthält eine Bewertung des Funktionierens des Verfahrens und eine erweiterte Folgenabschätzung für jeden Mitgliedstaat. Zu diesem Zweck und damit gewährleistet ist, dass die vorbildliche Praxis in der Europäischen Union gebührend berücksichtigt wird und die Grundsätze der besseren Rechtsetzung zum Tragen kommen, stellen die Mitgliedstaaten der Kommission Angaben zum grenzüberschreitenden Funktionieren des Europäischen Zahlungsbefehls zur Verfügung. Diese Angaben beziehen sich auf die Gerichtsgebühren, die Schnelligkeit des Verfahrens, die Effizienz, die Benutzerfreundlichkeit und die internen Mahnverfahren der Mitgliedstaaten. Dem Bericht der Kommission werden gegebenenfalls Vorschläge zur Anpassung der Verordnung beigefügt. Artikel 33 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Sie gilt ab dem 12. Dezember 2008 mit Ausnahme der Artikel 28, 29, 30 und 31, die ab dem 12. Juni 2008 gelten. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in den Mitgliedstaaten.
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9. Verordnung (EG) Nr. 861/2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen Schütze (ABl. 2007 L 199, 1 ff.) Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch 9. Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen Vorbemerkung: Ziel der Verordnung ist die Einführung eines zivilrechtichen Verfahrens für Bagatellstreitigkeiten, das in einigen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft – z.B. Österreich – schon existiert. Damit soll der Zeit- und Kostenaufwand, den der ordentliche Zivilprozess mit sich bringt, gesenkt werden. Dazu dienen die Formalisierung der Klageerhebung durch ein Klageformular und die Schriftlichkeit des Verfahrens als Regel. Erstaunlicher und erfreulicher Weise sind die Pläne des Rates, den Geltungsbereich der VO bei Verbrauchern auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers zu beschränken, nicht umgesetzt worden. Damit hat man den Fehler, der bei der EuVTVO gemacht worden ist, nicht wiederholt. Man wollte den Geltungsbereich der VO nicht – wie bei der EuVTVO – auf ein Minimum beschränken. Nach der EuBagatellVO ist es möglich, einen Titel auch für bestrittene Forderungen zu erhalten, der ohne Exequatur europaweit vollstreckbar ist. Das ist ein Fortschritt und eine Fortentwicklung des mit der EuMahnVO eingeschlagenen Weges. Die Durchführung der EuBagatellVO ist in §§ 1097–1109 geregelt. Geltungsbereich: Mitgliedstaaten der EU mit Ausnahme Dänemarks, das sich allgemein nicht an den Maßnahmen nach Art. 67 AEUV beteiligt Schrifttum: Brokamp Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, 2008; Cuypers The first stage of the abolition of the exequatur inm the European Union, The Columbia Journal of European Law14 (2008), 371 ff.; Engels Europäisches Bagatellverfahren ab 2009, AnwBl 2008, 51 f.; Ernst Einführung eines europäischen Zivilverfahrens für geringfügige Forderungen, JurBüro 2009, 229 ff.; Freitag Anerkennung und Rechtskraft europäischer Titel nach EuVTVO, EuMahnVO und EuBagatellVO, FS Kropholler, 2008, S. 759 ff.; Freitag/Leible Erleichterung der grenzüberschrreitenden Forderungsbeitreibung in Europa: Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, BB 2009, 2 ff.; Fucik Das EU-Bagatellverfahren nach der ZVN 2009, öJZ, 2009, 437 ff.; Gsell Die Geltendmachung nachträglicher materieller Einwendungen im Wege der Vollstreckungsgegenklage bei Titeln aus dem Europäischen Mahn- oder Bagatellverfahren, EuZW 2011, 87 ff.; Haibach Zur Einführung des ersten europäischen Zivilprozessverfahrens: Verordnung (EG) Nr. 861/2007, EuZW 2008, 137 ff.; Hau Das neue europäische Verfahren zur Beitreibung geringfügiger Forderungen, JuS 2008, 1056 ff.; Heger Europa ganz praktisch – Das Gesetz zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung. DStR 2009, 435; Hess/Bittmann Die Verordnungen zur Einführung Europäischen Mahnverfahrens und eines Verfahrens für geringfügige Forderungen – ein substantieller Integrationsschritt im Europäischen Zivilprozessrecht, IPRax 2008, 305 ff.; Jahn Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, NJW 2007, 2890 ff.; Jelinek Das Europäische Bagatellverfahren aus österreichischer Sicht, in: König/Mayr (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht in Österreich II, 2009, S. 47 ff.; Knežević Zur Berufung gegen ein Urteil im serbischen Bagatellverfahren, FS Simotta, 2012, S. 311 ff.; Kramer European Small Claims Procedure: Striking the Balance between Simplicity ands Fairness in European Litigation, ZEuP 2008, 355 ff.; Majer Grenzüberschreitende Durchsetzung von Bagatellforderungen – Die Verordnung zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen, JR 2009, 270 ff.; Mayer/Lindemann/Haibach Small Claims Verordnung, 2009; Nardone Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, RPfl. 2009, 72 ff.; Netzer Die Ausführungsbestimmungen zum Europäischen Verfahren für geringsfügige Forderungen im deutschen Recht, ZNotP 2010, 183 ff.; Rechberger Die neue Generation – Bemerkungen zu den Verordnungen Nr. 805/2004, Nr. 1896/2006 und Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und Rates, FS Leipold, 2009, S. 301 ff.; Ring Europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen, IWB 2009, 1065 ff.; Roth Das neue Europäische Bagatellverfahren, ecolex 2007, 812 ff.; Salten Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, MDR 2009, 244 ff.; Scheuer Die Verordnung zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen, ZaK 2007, 402, 226; Schoibl Miszellen zum Europäischen Bagatellverfahren, FS Leipold, 2009, 335 ff.;
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Schriever Europäisierung des deutschen Zivilprozessrechts – Nach Europäisachem Mahnverfahren nun das Bagatellverfahren, AnwBl 2005, 487 ff.; Sujecki Vereinheitlichung des Erkenntnisverfahrens in Europa: Das Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, EWS 2008, 323 ff.; Sujecki Europäische Verordnung zur Einführung eines Europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (EuGFVO), in: Gebauer/ Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl. 2010, S. 2057 ff.; Sujecki Die smallclaims Verordnung in den Niederlanden, FS Simotta, 2012, S. 601 ff.; Varga Eu-BagatellVO, in: Rauscher (Hrsg.), Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Bearbeitung 2010; Vollkommer/Huber Neues Europäisches Zivilverfahrensrecht in Deutschland – Das Gesetz zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Forderungsdurchsetzung und Zustellung, NJW 2009, 1105 ff.
Text Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen Amtsblatt Nr. L 199 vom 31.7.2007, S. 1–22 Erwägungen (1) Die Gemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zur schrittweisen Schaffung eines solchen Raums erlässt die Gemeinschaft unter anderem im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Maßnahmen. (2) Gemäß Artikel 65 Buchstabe c des Vertrags schließen diese Maßnahmen die Beseitigung der Hindernisse für eine reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren ein, erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften. (3) Bisher hat die Gemeinschaft in diesem Bereich unter anderem bereits folgende Maßnahmen erlassen: Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten, Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, Entscheidung 2001/470/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die Einrichtung eines Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen, Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen und Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens. (4) Der Europäische Rat forderte auf seiner Tagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere den Rat und die Kommission auf, gemeinsame Verfahrensregeln für vereinfachte und beschleunigte grenzüberschreitende Gerichtsverfahren bei verbraucher- und handelsrechtlichen Ansprüchen mit geringem Streitwert zu verabschieden. (5) Am 30. November 2000 verabschiedete der Rat ein gemeinsames Programm der Kommission und des Rates über Maßnahmen zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. In dem Programm wird auf die Vereinfachung und Beschleunigung der Beilegung grenz273
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überschreitender Streitigkeiten Bezug genommen. Dies wurde durch das vom Europäischen Rat am 5. November 2004 angenommene Haager Programm, in dem eine aktive Durchführung der Arbeiten zu geringfügigen Forderungen gefordert wird, weiter vorangebracht. (6) Am 20. Dezember 2002 nahm die Kommission ein Grünbuch über ein Europäisches Mahnverfahren und über Maßnahmen zur einfacheren und schnelleren Beilegung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert an. Mit dem Grünbuch wurde eine Konsultation über Maßnahmen zur Vereinfachung und Beschleunigung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert eingeleitet. (7) Viele Mitgliedstaaten haben vereinfachte zivilrechtliche Verfahren für Bagatellsachen eingeführt, da der Zeit-/Kostenaufwand und die Schwierigkeiten, die mit der Rechtsverfolgung verbunden sind, nicht unbedingt proportional zum Wert der Forderung abnehmen. Die Hindernisse für ein schnelles Urteil mit geringen Kosten verschärfen sich in grenzüberschreitenden Fällen. Es ist daher erforderlich, ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen einzuführen. Ziel eines solchen europäischen Verfahrens sollte der erleichterte Zugang zur Justiz sein. Die Verzerrung des Wettbewerbs im Binnenmarkt aufgrund des unterschiedlichen Funktionierens der verfahrensrechtlichen Instrumente, die den Gläubigern in den einzelnen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, machen eine Gemeinschaftsregelung erforderlich, die für Gläubiger und Schuldner in der gesamten Europäischen Union gleiche Bedingungen gewährleistet. Bei der Festsetzung der Kosten für die Behandlung von Klagen im Rahmen des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen sollten die Grundsätze der Einfachheit, der Schnelligkeit und der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden müssen. Zweckdienlicherweise sollten die Einzelheiten zu den zu erhebenden Gebühren veröffentlicht werden und die Modalitäten zur Festsetzung dieser Gebühren transparent sein. (8) Mit dem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen sollten Streitigkeiten mit geringem Streitwert in grenzüberschreitenden Fällen vereinfacht und beschleunigt und die Kosten verringert werden, indem ein fakultatives Instrument zusätzlich zu den Möglichkeiten geboten wird, die nach dem Recht der Mitgliedstaaten bestehen und unberührt bleiben. Mit dieser Verordnung sollte es außerdem einfacher werden, die Anerkennung und Vollstreckung eines Urteils zu erwirken, das im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen in einem anderen Mitgliedstaat ergangen ist. (9) Diese Verordnung soll der Förderung der Grundrechte dienen und berücksichtigt insbesondere die Grundsätze, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Das Gericht sollte das Recht auf ein faires Verfahren sowie den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens wahren, insbesondere wenn es über das Erfordernis einer mündlichen Verhandlung und über die Erhebung von Beweisen und den Umfang der Beweisaufnahme entscheidet. (10) Zur Vereinfachung der Berechnung des Streitwertes sollten dabei Zinsen, Ausgaben und Auslagen unberücksichtigt bleiben. Dies sollte weder die Befugnis des Gerichts, diese in seinem Urteil zuzusprechen, noch die nationalen Zinsberechnungsvorschriften berühren. (11) Zur Erleichterung der Einleitung des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen sollte der Kläger ein Klageformblatt ausfüllen und beim zuständigen Gericht einreichen. Das Klageformblatt sollte nur bei einem zuständigen Gericht eingereicht werden. (12) Dem Klageformblatt sollten gegebenenfalls zweckdienliche Beweisunterlagen beigefügt werden. Dies steht der Einreichung weiterer Beweisstücke durch den Kläger während des Verfahrens jedoch nicht entgegen. Der gleiche Grundsatz sollte für die Antwort des Beklagten gelten. Schütze
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(13) Die Begriffe „offensichtlich unbegründet“ im Zusammenhang mit der Zurückweisung einer Forderung und „unzulässig“ im Zusammenhang mit der Abweisung einer Klage sollten nach Maßgabe des nationalen Rechts bestimmt werden. (14) Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen sollte schriftlich durchgeführt werden, sofern nicht das Gericht eine mündliche Verhandlung für erforderlich hält oder eine der Parteien einen entsprechenden Antrag stellt. Das Gericht kann einen solchen Antrag ablehnen. Diese Ablehnung kann nicht separat angefochten werden. (15) Die Parteien sollten nicht verpflichtet sein, sich durch einen Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsbeistand vertreten zu lassen. (16) Der Begriff der „Widerklage“ sollte im Sinne des Artikels 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 als Widerklage verstanden werden, die auf denselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Klage selbst gestützt wird. Die Artikel 2 und 4 sowie Artikel 5 Absätze 3, 4 und 5 sollten entsprechend für Widerklagen gelten. (17) Macht der Beklagte während des Verfahrens ein Recht auf Aufrechnung geltend, so sollte diese Forderung nicht als Widerklage im Sinne dieser Verordnung gelten. Daher sollte der Beklagte nicht verpflichtet sein, das in Anhang I vorgegebene Klageformblatt A für die Inanspruchnahme eines solchen Rechts zu verwenden. (18) Der Empfangsmitgliedstaat für die Zwecke der Anwendung des Artikels 6 sollte der Mitgliedstaat sein, in dem die Zustellung oder in den die Versendung eines Schriftstücks erfolgt. Damit die Kosten verringert und die Fristen verkürzt werden, sollten Unterlagen den Parteien vorzugsweise durch Postdienste mit Empfangsbestätigung zugestellt werden, aus der das Datum des Empfangs hervorgeht. (19) Eine Partei kann die Annahme eines Schriftstücks zum Zeitpunkt der Zustellung oder durch Rücksendung innerhalb einer Woche verweigern, wenn dieses nicht in einer Sprache abgefasst ist, die die Partei versteht oder die Amtssprache des Empfangsmitgliedstaates ist, (wenn es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Ortes, an dem die Zustellung erfolgen soll oder an den das Schriftstück gesandt werden soll) und ihm auch keine Übersetzung in diese Sprache beiliegt. (20) Bei der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme sollten die Mitgliedstaaten vorbehaltlich der nationalen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Gericht seinen Sitz hat ist, den Einsatz moderner Kommunikationsmittel fördern. Das Gericht sollte sich für die einfachste und kostengünstigste Art und Weise der Beweisaufnahme entscheiden. (21) Die praktische Hilfestellung, die die Parteien beim Ausfüllen der Formblätter erhalten sollen, sollte Informationen zur technischen Verfügbarkeit und zum Ausfüllen der Formblätter umfassen. (22) Informationen zu Verfahrensfragen können auch vom Gerichtspersonal nach Maßgabe des einzelstaatlichen Rechts erteilt werden. (23) Angesichts des Ziels dieser Verordnung, Streitigkeiten mit geringem Streitwert in grenzüberschreitenden Rechtssachen zu vereinfachen und zu beschleunigen, sollte das Gericht auch in den Fällen, in denen diese Verordnung keine Frist für einen bestimmten Verfahrensabschnitt vorsieht, so schnell wie möglich tätig werden. (24) Die Berechnung der in dieser Verordnung vorgesehenen Fristen sollte nach Maßgabe der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine erfolgen. (25) Zur schnelleren Durchsetzung geringfügiger Forderungen sollte das Urteil ohne Rücksicht auf seine Anfechtbarkeit und ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar sein, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist. 275
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(26) Immer wenn in dieser Verordnung auf Rechtsmittel Bezug genommen wird, sollten alle nach dem einzelstaatlichen Recht möglichen Rechtsmittel umfasst sein. (27) Dem Gericht muss eine Person angehören, die nach nationalem Recht dazu ermächtigt ist, als Richter tätig zu sein. (28) Wenn das Gericht eine Frist setzt, sollte es die betroffene Partei über die Folgen der Nichtbeachtung dieser Frist informieren. (29) Die unterlegene Partei sollte die Kosten des Verfahrens tragen. Die Kosten des Verfahrens sollten nach einzelstaatlichem Recht festgesetzt werden. Angesichts der Ziele der Einfachheit und der Kosteneffizienz sollte das Gericht anordnen, dass eine unterlegene Partei lediglich die Kosten des Verfahrens tragen muss, einschließlich beispielsweise sämtlicher Kosten, die aufgrund der Tatsache anfallen, dass sich die Gegenpartei durch einen Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsbeistand hat vertreten lassen, oder sämtlicher Kosten für die Zustellung oder Übersetzung von Dokumenten, die im Verhältnis zum Streitwert stehen oder die notwendig waren. (30) Um die Anerkennung und Vollstreckung zu erleichtern, sollte ein im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes Urteil in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt werden und vollstreckbar sein, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass die Anerkennung angefochten werden kann. (31) Es sollte Mindeststandards für die Überprüfung eines Urteils in den Fällen geben, in denen der Beklagte nicht imstande war, die Forderung zu bestreiten. (32) Im Hinblick auf die Ziele der Einfachheit und Kosteneffizienz sollte die Partei, die ein Urteil vollstrecken lassen will, in dem Vollstreckungsmitgliedstaat – außer bei den Stellen, die gemäß dem einzelstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats für das Vollstreckungsverfahren zuständig sind – keine Postanschrift nachweisen und auch keinen bevollmächtigten Vertreter haben müssen. (33) Kapitel III dieser Verordnung sollte auch auf die Kostenfestsetzungsbeschlüsse durch Gerichtsbedienstete aufgrund eines im Verfahren nach dieser Verordnung ergangenen Urteils Anwendung finden. (34) Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse erlassen werden. (35) Insbesondere sollte die Kommission die Befugnis erhalten, die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit Aktualisierungen oder technischen Änderungen der in den Anhängen vorgegebenen Formblätter zu erlassen. Da es sich hierbei um Maßnahmen von allgemeiner Tragweite handelt, die eine Änderung bzw. Streichung von nicht wesentlichen Bestimmungen und eine Hinzufügung neuer nicht wesentlicher Bestimmungen der vorliegenden Verordnung bewirken, sind diese Maßnahmen gemäß dem Regelungsverfahren mit Kontrolle des Artikels 5 a des Beschlusses 1999/468/EG zu erlassen. (36) Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Schaffung eines Verfahrens zur Vereinfachung und Beschleunigung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert in grenzüberschreitenden Rechtssachen und die Reduzierung der Kosten, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkung besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. Schütze
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(37) Das Vereinigte Königreich und Irland haben gemäß Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten. (38) Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Dänemark nicht bindend und nicht auf Dänemark anwendbar ist.
KAPITEL I Gegenstand und Anwendungsbereich Artikel 1 Gegenstand Mit dieser Verordnung wird ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen eingeführt, damit Streitigkeiten in grenzüberschreitenden Rechtssachen mit geringem Streitwert einfacher und schneller beigelegt und die Kosten hierfür reduziert werden können. Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen steht den Rechtssuchenden als eine Alternative zu den in den Mitgliedstaaten bestehenden innerstaatlichen Verfahren zur Verfügung. Mit dieser Verordnung wird außerdem die Notwendigkeit von Zwischenverfahren zur Anerkennung und Vollstreckung der in anderen Mitgliedstaaten im Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen Urteile beseitigt. Artikel 2 Anwendungsbereich (1) Diese Verordnung gilt für grenzüberschreitende Rechtssachen in Zivil- und Handelssachen, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt, wenn der Streitwert der Klage ohne Zinsen, Kosten und Auslagen zum Zeitpunkt des Eingangs beim zuständigen Gericht 2000 EUR nicht überschreitet. Sie erfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta iure imperii“). (2) Diese Verordnung ist nicht anzuwenden auf: a) den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, b) die ehelichen Güterstände, das Unterhaltsrecht und das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts, c) Konkurse, Verfahren im Zusammenhang mit der Abwicklung zahlungsunfähiger Unternehmen oder anderer juristischer Personen, gerichtliche Vergleiche, Vergleiche und ähnliche Verfahren, d) die soziale Sicherheit, e) die Schiedsgerichtsbarkeit, f) das Arbeitsrecht, g) die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen, mit Ausnahme von Klagen wegen Geldforderungen, oder 277
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h) die Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte, einschließlich der Verletzung der Ehre. (3) In dieser Verordnung bedeutet der Begriff „Mitgliedstaat“ die Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks. Artikel 3 Grenzüberschreitende Rechtssachen (1) Eine grenzüberschreitende Rechtssache im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem des angerufenen Gerichts hat. (2) Der Wohnsitz bestimmt sich nach den Artikeln 59 und 60 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001. (3) Maßgeblicher Augenblick zur Feststellung, ob eine grenzüberschreitende Rechtssache vorliegt, ist der Zeitpunkt, zu dem das Klageformblatt beim zuständigen Gericht eingeht.
KAPITEL II Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen Artikel 4 Einleitung des Verfahrens (1) Der Kläger leitet das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen ein, indem er das in Anhang I vorgegebene Klageformblatt A ausgefüllt direkt beim zuständigen Gericht einreicht oder diesem auf dem Postweg übersendet oder auf anderem Wege übermittelt, der in dem Mitgliedstaat, in dem das Verfahren eingeleitet wird, zulässig ist, beispielsweise per Fax oder e-Mail. Das Klageformblatt muss eine Beschreibung der Beweise zur Begründung der Forderung enthalten; gegebenenfalls können ihm als Beweismittel geeignete Unterlagen beigefügt werden. (2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, welche Übermittlungsarten sie zulassen. Diese Mitteilung wird von der Kommission bekannt gemacht. (3) Fällt die erhobene Klage nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung, so unterrichtet das Gericht den Kläger darüber. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin nicht zurück, so verfährt das Gericht mit ihr nach Maßgabe des Verfahrensrechts des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren durchgeführt wird. (4) Sind die Angaben des Klägers nach Ansicht des Gerichts unzureichend oder nicht klar genug, oder ist das Klageformblatt nicht ordnungsgemäß ausgefüllt und ist die Klage nicht offensichtlich unbegründet oder nicht offensichtlich unzulässig, so gibt das Gericht dem Kläger Gelegenheit, das Klageformblatt zu vervollständigen oder zu berichtigen oder ergänzende Angaben zu machen oder Unterlagen vorzulegen oder die Klage zurückzunehmen, und setzt hierfür eine Frist fest. Das Gericht verwendet dafür das in Anhang II vorgegebene Formblatt B. Ist die Klage offensichtlich unbegründet oder offensichtlich unzulässig oder versäumt es der Kläger, das Klageformblatt fristgerecht zu vervollständigen oder zu berichtigen, so wird die Klagezurück- bzw. abgewiesen. (5) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass das Klageformblatt bei allen Gerichten, in denen das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen eingeleitet werden kann, erhältlich ist. Schütze
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Artikel 5 Durchführung des Verfahrens (1) Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen wird schriftlich durchgeführt. Das Gericht hält eine mündliche Verhandlung ab, wenn es diese für erforderlich hält oder wenn eine der Parteien einen entsprechenden Antrag stellt. Das Gericht kann einen solchen Antrag ablehnen, wenn es der Auffassung ist, dass in Anbetracht der Umstände des Falles ein faires Verfahren offensichtlich auch ohne mündliche Verhandlung sichergestellt werden kann. Die Ablehnung ist schriftlich zu begründen. Gegen die Abweisung des Antrags ist kein gesondertes Rechtsmittel zulässig. (2) Nach Eingang des ordnungsgemäß ausgefüllten Klageformblatts füllt das Gericht Teil I des in Anhang III vorgegebenen Standardantwortformblatts C aus. Es stellt dem Beklagten gemäß Artikel 13 eine Kopie des Klageformblatts und gegebenenfalls der Beweisunterlagen zusammen mit dem entsprechend ausgefüllten Antwortformblatt zu. Diese Unterlagen sind innerhalb von 14 Tagen nach Eingang des ordnungsgemäß ausgefüllten Klageformblatts abzusenden. (3) Der Beklagte hat innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung des Klageformblatts und des Antwortformblatts zu antworten, indem er Teil II des Formblatts C ausfüllt und es gegebenenfalls mit als Beweismittel geeigneten Unterlagen an das Gericht zurücksendet oder indem er auf andere geeignete Weise ohne Verwendung des Antwortformblatts antwortet. (4) Innerhalb von 14 Tagen nach Eingang der Antwort des Beklagten ist eine Kopie der Antwort gegebenenfalls zusammen mit etwaigen als Beweismittel geeigneten Unterlagen an den Kläger abzusenden. (5) Macht der Beklagte in seiner Antwort geltend, dass der Wert einer nicht lediglich auf eine Geldzahlung gerichteten Klage die in Artikel 2 Absatz 1 festgesetzten Wertgrenze übersteigt, so entscheidet das Gericht innerhalb von 30 Tagen nach Absendung der Antwort an den Kläger, ob die Forderung in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt. Gegen diese Entscheidung ist ein gesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. (6) Etwaige Widerklagen, die mittels Formblatt A zu erheben sind, sowie etwaige Beweisunterlagen werden dem Kläger gemäß Artikel 13 zugestellt. Die Unterlagen sind innerhalb von 14 Tagen nach deren Eingang bei Gericht abzusenden. Der Kläger hat auf eine etwaige Widerklage innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung zu antworten. (7) Überschreitet die Widerklage die in Artikel 2 Absatz 1 festgesetzte Wertgrenze, so werden die Klage und die Widerklage nicht nach dem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen, sondern nach Maßgabe des Verfahrensrechts des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren durchgeführt wird, behandelt. Artikel 2 und Artikel 4 sowie die Absätze 3, 4 und 5 des vorliegenden Artikels gelten entsprechend für Widerklagen. Artikel 6 Sprachen (1) Das Klageformblatt, die Antwort, etwaige Widerklagen, die etwaige Antwort auf eine Widerklage und eine etwaige Beschreibung etwaiger Beweisunterlagen sind in der Sprache oder einer der Sprachen des Gerichts vorzulegen. (2) Werden dem Gericht weitere Unterlagen nicht in der Verfahrenssprache vorgelegt, so kann das Gericht eine Übersetzung der betreffenden Unterlagen nur dann anfordern, wenn die Übersetzung für den Erlass des Urteils erforderlich erscheint. 279
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a) der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaats oder – wenn es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt – der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Ortes, an dem die Zustellung erfolgen soll oder an den das Schriftstück gesandt werden soll, oder b) einer Sprache, die der Empfänger versteht, abgefasst ist, so setzt das Gericht die andere Partei davon in Kenntnis, damit diese eine Übersetzung des Schriftstücks vorlegt. Artikel 7 Abschluss des Verfahrens (1) Innerhalb von 30 Tagen, nachdem die Antworten des Beklagten oder des Klägers unter Einhaltung der Frist des Artikels 5 Absatz 3 oder Absatz 6 eingegangen sind, erlässt das Gericht ein Urteil oder verfährt wie folgt: a) Es fordert die Parteien innerhalb einer bestimmten Frist, die 30 Tage nicht überschreiten darf, zu weiteren die Klage betreffenden Angaben auf, b) es führt eine Beweisaufnahme nach Artikel 9 durch, c) es lädt die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung vor, die innerhalb von 30 Tagen nach der Vorladung stattzufinden hat. (2) Das Gericht erlässt sein Urteil entweder innerhalb von 30 Tagen nach einer etwaigen mündlichen Verhandlung oder nach Vorliegen sämtlicher Entscheidungsgrundlagen. Das Urteil wird den Parteien gemäß Artikel 13 zugestellt. (3) Ist bei dem Gericht innerhalb der in Artikel 5 Absatz 3 oder Absatz 6 gesetzten Frist keine Antwort der betreffenden Partei eingegangen, so erlässt das Gericht zu der Klage oder der Widerklage ein Urteil. Artikel 8 Mündliche Verhandlung Das Gericht kann eine mündliche Verhandlung über Video-Konferenz oder unter Zuhilfenahme anderer Mittel der Kommunikationstechnologie abhalten, wenn die entsprechenden technischen Mittel verfügbar sind. Artikel 9 Beweisaufnahme (1) Das Gericht bestimmt die Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme, die im Rahmen der für die Zulässigkeit von Beweisen geltenden Bestimmungen für sein Urteil erforderlich sind. Es kann die Beweisaufnahme mittels schriftlicher Aussagen von Zeugen oder Sachverständigen oder schriftlicher Parteivernehmung zulassen. Des Weiteren kann es die Beweisaufnahme über Video-Konferenz oder mit anderen Mitteln der Kommunikationstechnologie zulassen, wenn die entsprechenden technischen Mittel verfügbar sind. (2) Das Gericht kann Sachverständigenbeweise oder mündliche Aussagen nur dann zulassen, wenn dies für sein Urteil erforderlich ist. Dabei trägt es den Kosten Rechnung. (3) Das Gericht wählt das einfachste und am wenigsten aufwändige Beweismittel.
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Artikel 10 Vertretung der Parteien Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder einen sonstigen Rechtsbeistand ist nicht verpflichtend. Artikel 11 Hilfestellung für die Parteien Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Parteien beim Ausfüllen der Formblätter praktische Hilfestellung erhalten können. Artikel 12 Aufgaben des Gerichts (1) Das Gericht verpflichtet die Parteien nicht zu einer rechtlichen Würdigung der Klage. (2) Das Gericht unterrichtet die Parteien erforderlichenfalls über Verfahrensfragen. (3) Soweit angemessen, bemüht sich das Gericht um eine gütliche Einigung der Parteien. Artikel 13 Zustellung von Unterlagen (1) Unterlagen werden durch Postdienste mit Empfangsbestätigung zugestellt, aus der das Datum des Empfangs hervorgeht. (2) Ist eine Zustellung gemäß Absatz 1 nicht möglich, so kann die Zustellung auf eine der Arten bewirkt werden, die in den Artikeln 13 und 14 der Verordnung (EG) Nr. 805/ 2004 festgelegt sind. Artikel 14 Fristen (1) Setzt das Gericht eine Frist fest, so ist die betroffene Partei über die Folgen der Nichteinhaltung dieser Frist zu informieren. (2) Das Gericht kann die Fristen nach Artikel 4 Absatz 4, Artikel 5 Absätze 3 und 6 und Artikel 7 Absatz 1 ausnahmsweise verlängern, wenn dies notwendig ist, um die Rechte der Parteien zu wahren. (3) Kann das Gericht die Fristen nach Artikel 5 Absätze 2 bis 6 sowie Artikel 7 ausnahmsweise nicht einhalten, veranlasst es so bald wie möglich die nach diesen Vorschriften erforderlichen Verfahrensschritte. Artikel 15 Vollstreckbarkeit des Urteils (1) Das Urteil ist ungeachtet eines möglichen Rechtsmittels vollstreckbar. Es darf keine Sicherheitsleistung verlangt werden. (2) Artikel 23 ist auch anzuwenden, wenn das Urteil in dem Mitgliedstaat zu vollstrecken ist, in dem es ergangen ist.
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Artikel 16 Kosten Die unterlegene Partei trägt die Kosten des Verfahrens. Das Gericht spricht der obsiegenden Partei jedoch keine Erstattung für Kosten zu, soweit sie nicht notwendig waren oder in keinem Verhältnis zu der Klage stehen. Artikel 17 Rechtsmittel (1) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, ob ihr Verfahrensrecht ein Rechtsmittel gegen ein im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes Urteil zulässt und innerhalb welcher Frist das Rechtsmittel einzulegen ist. Diese Mitteilung wird von der Kommission bekannt gemacht. (2) Artikel 16 gilt auch für das Rechtsmittelverfahren. Artikel 18 Mindeststandards für die Überprüfung des Urteils (1) Der Beklagte ist berechtigt, beim zuständigen Gericht des Mitgliedstaats, in dem das Urteil im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangen ist, eine Überprüfung des Urteils zu beantragen, sofern a) i) ihm das Klageformblatt oder die Ladung zur Verhandlung ohne persönliche Empfangsbestätigung gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zugestellt wurde und ii) die Zustellung ohne sein Verschulden nicht so rechtzeitig erfolgt ist, dass er Vorkehrungen für seine Verteidigung hätte treffen können, oder b) der Beklagte aufgrund höherer Gewalt oder aufgrund außergewöhnlicher Umstände ohne eigenes Verschulden daran gehindert war, das Bestehen der Forderung zu bestreiten, wobei in beiden Fällen vorausgesetzt wird, dass er unverzüglich tätig wird. (2) Lehnt das Gericht die Überprüfung mit der Begründung ab, dass keiner der in Absatz 1 genannten Gründe zutrifft, so bleibt das Urteil in Kraft. Entscheidet das Gericht, dass die Überprüfung aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe gerechtfertigt ist, so ist das im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangene Urteil nichtig. Artikel 19 Anwendbares Verfahrensrecht Sofern diese Verordnung nichts anderes bestimmt, gilt für das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen das Verfahrensrecht des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren durchgeführt wird.
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KAPITEL III Anerkennung und Vollstreckung in einem anderen Mitgliedstaat Artikel 20 Anerkennung und Vollstreckung (1) Ein im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes Urteil wird in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt und vollstreckt, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass die Anerkennung angefochten werden kann. (2) Auf Antrag einer Partei fertigt das Gericht eine Bestätigung unter Verwendung des in Anhang IV vorgegebenen Formblatts D zu einem im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen Urteil ohne zusätzliche Kosten aus. Artikel 21 Vollstreckungsverfahren (1) Unbeschadet der Bestimmungen dieses Kapitels gilt für das Vollstreckungsverfahren das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats. Jedes im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangene Urteil wird unter den gleichen Bedingungen vollstreckt wie ein im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangenes Urteil. (2) Die Partei, die die Vollstreckung beantragt, muss Folgendes vorlegen: a) eine Ausfertigung des Urteils, die die Voraussetzungen für den Nachweis seiner Echtheit erfüllt; und b) eine Ausfertigung der Bestätigung im Sinne des Artikels 20 Absatz 2 sowie, falls erforderlich, eine Übersetzung davon in die Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats oder – falls es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt – nach Maßgabe der Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats in die Verfahrenssprache oder eine der Verfahrenssprachen des Ortes, an dem die Vollstreckung betrieben wird, oder in eine sonstige Sprache, die der Vollstreckungsmitgliedstaat zulässt. Jeder Mitgliedstaat kann angeben, welche Amtssprache oder Amtssprachen der Organe der Europäischen Union er neben seiner oder seinen eigenen für das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen zulässt. Der Inhalt des Formblatts D ist von einer Person zu übersetzen, die zur Anfertigung von Übersetzungen in einem der Mitgliedstaaten befugt ist. (3) Für die Vollstreckung eines Urteils, das in dem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen in einem anderen Mitgliedstaat erlassen worden ist, darf von der Partei, die die Vollstreckung beantragt, nicht verlangt werden, dass sie im Vollstreckungsstaat über a) einen bevollmächtigten Vertreter oder b) eine Postanschrift außer bei den Vollstreckungsagenten verfügt. (4) Von einer Partei, die in einem Mitgliedstaat die Vollstreckung eines im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Urteils beantragt, darf weder wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer noch wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthaltsorts im Vollstreckungsmitgliedstaat eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung auch immer, verlangt werden.
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Artikel 22 Ablehnung der Vollstreckung (1) Auf Antrag der Person, gegen die die Vollstreckung gerichtet ist, wird die Vollstreckung vom zuständigen Gericht im Vollstreckungsmitgliedstaat abgelehnt, wenn das im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangene Urteil mit einem früheren in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland ergangenen Urteil unvereinbar ist, sofern a) das frühere Urteil zwischen denselben Parteien wegen desselben Streitgegenstandes ergangen ist, b) das frühere Urteil im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangen ist oder die Voraussetzungen für die Anerkennung im Vollstreckungsmitgliedstaat erfüllt und c) die Unvereinbarkeit im gerichtlichen Verfahren des Mitgliedstaats, in dem das Urteil im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangen ist, nicht geltend gemacht wurde und nicht geltend gemacht werden konnte. (2) Keinesfalls darf ein im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes Urteil im Vollstreckungsmitgliedstaat in der Sache selbst nachgeprüft werden. Artikel 23 Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung Hat eine Partei ein im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes Urteil angefochten oder ist eine solche Anfechtung noch möglich oder hat eine Partei eine Überprüfung nach Artikel 18 beantragt, so kann das zuständige Gericht oder die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat auf Antrag der Partei, gegen die sich die Vollstreckung richtet, a) das Vollstreckungsverfahren auf Sicherungsmaßnahmen beschränken b) die Vollstreckung von der Leistung einer von dem Gericht zu bestimmenden Sicherheit abhängig machen oder c) unter außergewöhnlichen Umständen das Vollstreckungsverfahren aussetzen.
KAPITEL IV Schlussbestimmungen Artikel 24 Information Die Mitgliedstaaten arbeiten insbesondere im Rahmen des gemäß der Entscheidung 2001/470/EG eingerichteten Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen zusammen, um die Öffentlichkeit und die Fachwelt über das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, einschließlich der Kosten, zu informieren. Artikel 25 Angaben zu den zuständigen Gerichten, den Kommunikationsmitteln und den Rechtsmitteln (1) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission bis zum 1. Januar 2008 mit, a) welche Gerichte dafür zuständig sind, ein Urteil im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen zu erlassen; Schütze
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b) welche Kommunikationsmittel für die Zwecke des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen zulässig sind und den Gerichten nach Artikel 4 Absatz 1 zur Verfügung stehen; c) ob nach ihrem Verfahrensrecht Rechtsmittel im Sinne des Artikels 17 eingelegt werden können, und bei welchem Gericht sie eingelegt werden können; d) welche Sprachen nach Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe b zugelassen sind; und e) welche Behörden für die Vollstreckung zuständig sind und welche Behörden für die Zwecke der Anwendung des Artikels 23 zuständig sind. Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission über alle späteren Änderungen dieser Angaben. (2) Die Kommission macht die nach Absatz 1 mitgeteilten Angaben durch Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union und durch alle anderen geeigneten Mittel öffentlich zugänglich. Artikel 26 Durchführungsmaßnahmen Die Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung, einschließlich durch Hinzufügung neuer nicht wesentlicher Bestimmungen, die eine Aktualisierung oder eine technische Änderung der Formblätter in den Anhängen bewirken, werden nach dem in Artikel 27 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen. Artikel 27 Ausschuss (1) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. (2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5 a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8. Artikel 28 Überprüfung Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss bis zum 1. Januar 2014 einen detaillierten Bericht über die Überprüfung des Funktionierens des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen, einschließlich der Wertgrenze einer Klage gemäß Artikel 2 Absatz 1, vor. Dieser Bericht enthält eine Bewertung des Funktionierens des Verfahrens und eine erweiterte Folgenabschätzung für jeden Mitgliedstaat. Zu diesem Zweck, und damit gewährleistet ist, dass die vorbildliche Praxis in der Europäischen Union gebührend berücksichtigt wird und die Grundsätze der besseren Rechtsetzung zum Tragen kommen, stellen die Mitgliedstaaten der Kommission Angaben zum grenzüberschreitenden Funktionieren des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen zur Verfügung. Diese Angaben beziehen sich auf die Gerichtsgebühren, die Schnelligkeit des Verfahrens, die Effizienz, die Benutzerfreundlichkeit und die internen Verfahren für geringfügige Forderungen der Mitgliedstaaten. Dem Bericht der Kommission werden gegebenenfalls Vorschläge zur Anpassung der Verordnung beigefügt.
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Artikel 29 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Sie gilt ab dem 1. Januar 2009, mit Ausnahme des Artikels 25, der ab dem 1. Januar 2008 gilt. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in den Mitgliedstaaten.
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10. Grünbücher a. Grünbuch der Kommission Prozeßkostenhilfe in Zivilsachen: Probleme der Parteien bei grenzüberschreitenden Streitsachen (Grünbuch KOM 2000, 51 ff.) 10. a. Grünbuch der Kommission Prozeßkostenhilfe
TEIL I: Überblick Die vermehrte Nutzung der im Vertrag garantierten Rechte des freien Verkehrs von Personen, Waren und Dienstleistungen führt zum Anstieg möglicher grenzüberschreitender Streitfälle. Solche Streitfälle kommen nicht nur zwischen Großunternehmen vor; sie können auch Kleinbetriebe und Einzelpersonen betreffen, die lediglich über geringe Mittel verfügen. Einzelne können etwa während ihres Urlaubs oder einer Einkaufsfahrt ins Ausland einen Verkehrsunfall erleiden, oder sie könnten Waren kaufen, die sich später als fehlerhaft oder gefährlich erweisen. Ihr Ehegatte kann die eheliche Lebensgemeinschaft mit den gemeinsamen Kindern verlassen haben und in einem anderen Land seßhaft werden. In diesen Fällen müssen sie möglicherweise in dem Staat klagen, in dem der Streit entstanden ist, oder, schlimmer noch, sie werden in diesem Staat verklagt. Ein Kleinunternehmen kann Waren im Ausland verkaufen und später in dem Staat, in dem der Käufer seinen Wohnsitz hat, verklagt werden. Ein Verbraucher kann Waren über Internet aus dem Ausland bestellen, die nie geliefert werden oder Mängel aufweisen. Der Umfang der „Prozeßkostenhilfe“ kann sich je nach betreffendem Staat unterscheiden. Für die Zwecke dieses Grünbuchs faßt die Kommission unter dem Begriff „Prozeßkostenhilfe“ folgende Leistungen zusammen: – kostenlose bzw. nur zu einem geringen Satz verrechnete Rechtsberatung sowie die Vertretung durch einen Rechtsanwalt vor Gericht; – gänzliche oder teilweise Befreiung von sonstigen Kosten wie Gerichtsgebühren, die normalerweise zu tragen wären; – direkte Übernahme der mit einem Verfahren verbundenen Kosten wie den Anwaltshonoraren, Gerichtsgebühren, Beträgen für Zeugen, den aus der Pflicht der Partei resultierenden Kosten, als Verlierer im Rechtsstreit die Kosten der obsiegenden Partei zu tragen, usw. Eine Person, die im Ausland verklagt wird oder dort eine Klage einbringen möchte, könnte auf drei Stufen Prozeßkostenhilfe benötigen: (1) Erstens Rechtsberatung vor Prozeßbeginn; (2) Zweitens Unterstützung durch einen Anwalt während des Prozesses und Befreiung von den Gerichtsgebühren; (3) Drittens Hilfe, wenn ein im Ausland ergangenes Urteil für vollstreckbar erklärt oder vollstreckt wird. Während der letzten Jahre wurden in zahlreichen Fragen an das Europäische Parlament und Schreiben an die Kommission einige der Probleme deutlich, die sich stellen, wenn Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Wohnsitzstaat in Streitigkeiten oder Prozesse verwickelt sind, Prozeßkostenhilfe in Anspruch nehmen möchten. Eine vergleichende Studie über die einzelstaatlichen Regelungen im Bereich der Prozeßkostenhilfe zeigte, daß es dabei deutliche Unterschiede gibt, die den Parteien in grenzüberschreitenden Streitsachen große Probleme bereiten. Schütze
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10. a. Grünbuch der Kommission Prozeßkostenhilfe
Die Kommission hat bereits Initiativen in diesem Bereich unterstützt, wie etwa den von Professor D. Walters 1996 für die Kommission und unter der Schirmherrschaft des Rates der Anwaltschaften der EU (CCBE) erstellten „Leitfaden der Beratungs- und Prozeßkostenhilfe im EWR“ sowie das Seminar an der Universität von Angers im April 1998 über Prozeßkostenhilfe, das sich auf den Bericht von Professor Adrian Wood mit dem Titel „Zugang zu Prozeßkostenhilfe in den Mitgliedstaaten der EU: Probleme und Lösungsmöglichkeiten“ stützte, der eine finanzielle Unterstützung aus dem GROTIUS-Programm erhalten hat. Die Kommission prüft auch das verwandte Problem der Betreibung von Anwaltsund Gerichtskosten. Sie wird im Laufe des ersten Halbjahres 2000 ein Arbeitspapier zu diesem Thema erstellen. Selbst bei einer nur oberflächlichen Betrachtung zeigt sich, daß die Zielsetzung, die Regelung und Handhabung der Prozeßkostenhilfe in den Mitgliedstaaten wesentliche Unterschiede aufweisen. In einigen Mitgliedstaaten wird bezweckt, allen rechtliche Unterstützung und den Zugang zu den Gerichten zu sichern, während die Prozeßkostenhilfe in anderen Mitgliedstaaten als Teil des Sozialsystems zu sehen ist und nur den bedürftigsten Personen zugute kommt. Diese Unterschiede haben auch praktische Auswirkungen: In einigen Staaten gibt es ein gut entwickeltes System, bei dem der Staat oder eine staatliche Einrichtung den betreffenden Rechtsanwälten direkt eine realistische Vergütung leistet, wohingegen in anderen Staaten die Regelung darin besteht, daß die Rechtsanwälte selbst (entweder freiwillig oder verpflichtend) ihre Dienste kostenlos oder zu einem niedrigeren Gebührensatz anbieten. In zahlreichen Mitgliedstaaten wurde dieses System grundlegend reformiert oder soll bald geändert werden. Nachdem die einzelstaatlichen Regelungen grundsätzlich nur für Verfahren gelten, die im Hoheitsgebiet des betreffenden Staates geführt werden, stößt ein Kläger von Mitgliedstaat A, der Prozeßkostenhilfe im Mitgliedstaat B benötigt, auf zahlreiche Schwierigkeiten, wobei einige unmittelbar darauf zurückzuführen sind, daß der Kläger im Ausland ansässig ist. Diese Probleme können sich aus folgenden Faktoren ergeben: – Der Erfordernis, in dem Mitgliedstaat, in dem die Prozeßkostenhilfe in Anspruch genommen wird, einen Wohnsitz zu haben oder sich dort aufzuhalten; – Bedingungen hinsichtlich der Vermögensverhältnisse des Klägers; – Bedingungen hinsichtlich der Begründetheit oder der Erfolgsaussichten des Verfahrens, für das Prozeßkostenhilfe beantragt wird; – Fehlender Information über den Zugang zu Prozeßkostenhilfe in anderen Mitgliedstaaten oder über Möglichkeiten zur Übermittlung von Ansuchen um Prozeßkostenhilfe in anderen Mitgliedstaaten; – Der Tatsache, daß einzelstaatliche Regelungen über Prozeßkostenhilfe die zusätzlichen Kosten für grenzüberschreitende Streitsachen nicht berücksichtigen (Übersetzung von Dokumenten, zweifache Rechtsberatung, Zustellung von Dokumenten usw.); – Sprachprobleme Die an zweiter und dritter Stelle genannten Hindernisse können zwar auch Antragsteller im Inland betreffen, bei ausländischen Antragstellern jedoch verstärkt auftreten. Diese Probleme werden im folgenden noch näher erläutert. Es ergibt sich unmittelbar aus den Grundfreiheiten des EG-Vertrags, daß ein Bürger in der Lage sein muß, zur Lösung von Streitfällen, die aus seiner Tätigkeit in Ausübung 301
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
einer dieser Freiheiten resultieren, vor den Gerichten eines Mitgliedstaats in derselben Weise wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats zu klagen oder verklagt zu werden. In vielen Fällen kann dieses Recht auf Zugang zu den Gerichten nur dann wirksam ausgeübt werden, wenn Prozeßkostenhilfe zu bestimmten Bedingungen verfügbar ist. Da keine gemeinschaftsweite Regelung besteht, obliegt es den Mitgliedstaaten, in ihrer Rechtsordnung genaue Verfahrensregeln zum Schutz der Rechte zu erlassen, die sich für Einzelpersonen aus Gemeinschaftsrechtsnormen ableiten lassen, einschließlich der Rechte in bezug auf Prozeßkostenhilfe. Solche Regeln dürfen weder jene Personen benachteiligen, die nach Gemeinschaftsrecht über einen Gleichbehandlungsanspruch verfügen, noch die vom Gemeinschaftsrecht garantierten Grundfreiheiten einschränken. Bereits in Titel VI des Vertrags über die Europäische Union in der Fassung des Vertrags von Maastricht wurde die justitielle Zusammenarbeit in Zivilsachen als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse angesehen, unabhängig von der Art der Rechte, bei denen Zusammenarbeit erforderlich war. Titel VI sollte „unbeschadet der Zuständigkeiten der Europäischen Gemeinschaft“ diese ergänzen und zur Verwirklichung einer „immer engeren Union“ beitragen; d.h. über ein Europa als reiner Markt hinausgehen. Nach dem Vertrag von Amsterdam ist die Frage der justitiellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitenden Bezügen in Titel IV EG-Vertrag (Artikel 65) geregelt. Der Rat kann nun Maßnahmen etwa zur Beseitigung der Hindernisse für eine reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren ergreifen. In den Schlußfolgerungen der Sondertagung in Tampere am 15. und 16. Oktober 1999 über die Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der Europäischen Union hat der Europäische Rat den Rat aufgefordert, auf Vorschlag der Kommission Mindeststandards zur Gewährleistung eines angemessenen Niveaus der Prozeßkostenhilfe bei grenzüberschreitenden Rechtssachen in allen Ländern der Union zu verabschieden. Dieses Grünbuch stellt einen ersten Schritt zur Erreichung dieser Zielsetzung dar. Neben Verpflichtungen, die sich unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben, sind auch andere internationale Rechtsakte von Bedeutung. Insbesondere gewährt Artikel 6 Absatz 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (die für alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gilt) jedem Angeklagten das Recht, unentgeltlich rechtlichen Beistand zu erhalten, falls er nicht über die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers verfügt und dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist. Zusätzlich zu dieser speziellen Vorschrift, die nur für Strafverfahren gilt, wurde aus dem allgemeinen Recht nach Art. 6 auf ein faires Verfahren unabhängig von der Verfahrensart unter bestimmten Umständen ein Recht auf Prozeßkostenhilfe abgeleitet. In diesem Grünbuch, das sich vor allem auf Prozeßkostenhilfe in Zivilsachen konzentriert, werden die bestehenden Hindernisse für einen wirksamen Zugang der Bürger Europas, die in einem anderen Mitgliedstaat einen Rechtsstreit führen, zu Prozeßkostenhilfe geprüft und einzelne Reformvorschläge dargelegt. Das Hauptziel ist jedoch, Bemerkungen interessierter Parteien einzuholen. Die Kommission fordert daher alle interessierten Parteien auf, ihre Bemerkungen schriftlich bis zum 31. Mai 2000 an folgende Anschrift zu richten: Der Generaldirektor Generaldirektion Justiz und Inneres Europäische Kommission Rue de la Loi 200 B-1049 Brüssel Fax: (+32 2) 2967481
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TEIL II: Entwicklung einer Gemeinschaftspolitik zur Verbesserung des Zugangs zu Prozeßkostenhilfe für die Parteien grenzüberschreitender Streitsachen Die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Systemen, die dieses Problem hervorrufen, sind großteils historisch bedingt, aber das ist in diesem Zusammenhang von geringer Bedeutung. Die Weigerung zu einer Veränderung hat vor allem politische und finanzielle Gründe, auch wenn dies kaum ausdrücklich gesagt wird. Diese Gründe lassen sich jedoch aus einer vergleichenden Studie der einzelnen nationalen Systeme leicht ableiten: – Jede Änderung der derzeitigen Regelungen könnte die Kosten für die verantwortlichen Regierungen und letztlich die Steuerzahler erhöhen; – Jede Verbesserung des Zugangs zu Prozeßkostenhilfe könnte die Zahl der Prozesse erhöhen (es gibt Debatten darüber, ob die Ausgaben für Prozeßkostenhilfe nachfrage- oder angebotsorientiert sind); – Es könnte sich die Frage nach der Qualität der Prozeßkostenhilfe stellen, wobei eine Verbesserung die Nachfrage nach weiteren Verbesserungen schaffen könnte; – Es besteht die Befürchtung, daß eine kohärente Politik nur mit einem bestimmten Grad an Harmonisierung zu erreichen wäre. In manchen Mitgliedstaaten wird derzeit überlegt, wie ein für alle Bürger erschwinglicher Zugang zu den Gerichten gewährleistet werden kann. Dabei werden auch Lösungen geprüft, die über die Bereitstellung von Prozeßkostenhilfe hinausgehen und auf der Einführung oder Ausweitung an Bedingungen geknüpfter Gebühren, einer Versicherung durch die Mandanten oder Rechtsanwälte oder auf Marktlösungen zur Verringerung der Anwaltskosten beruhen. Prozeßkostenhilfe wird dabei jedoch nach wie vor eine wichtige Rolle spielen. Um sicherzustellen, daß die Interessen der Parteien in Streitfällen mit grenzüberschreitenden Bezügen sowie die zusätzlichen Probleme, mit denen sie konfrontiert sind, berücksichtigt werden, sind Überlegungen auf Gemeinschaftsebene und die Entwicklung einer Gemeinschaftspolitik über Prozeßkostenhilfe erforderlich. Denkbar wären dabei verschiedene Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierungen von Gemeinschaftsbürgern aufgrund des Wohnsitzes oder der Staatsangehörigkeit und zur Beseitigung bzw. Verringerung der Hindernisse durch zusätzliche Kosten grenzüberschreitender Streitsachen und der Unterschiede der einzelstaatlichen Regelungen in bezug auf finanzielle Kriterien und die Prüfung der Begründetheit der Klage.
A. Persönliche Voraussetzungen 1. Gegenwärtige Situation in den Mitgliedstaaten Ein Gemeinschaftsbürger, der ein Rechtsproblem in einem anderen Mitgliedstaat hat als jenem, in dem er ansässig ist, muß, selbst wenn er Informationen über die Rechtslage und die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozeßkostenhilfe in diesem Staat hat, noch verschiedene Hürden bewältigen. Zuerst muß er klären, ob er nach der Rechtsordnung des Staates, in dem er Prozeßkostenhilfe in Anspruch nehmen möchte, überhaupt zum Kreis der Anspruchsberechtigten gehört. 303
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Im allgemeinen sind die Regelungen der Mitgliedstaaten für die Prozeßkostenhilfe vom Territorialitätsprinzip gekennzeichnet, so daß nur für Verfahren in diesem Staat Unterstützung gewährt wird (in den skandinavischen Staaten gibt es einzelne Ausnahmen dazu, die jedoch nur für besondere Verfahren wie das grenzüberschreitende Sorgerecht für Kinder gelten). Ein Gemeinschaftsbürger, der im Mitgliedstaat A ansässig und im Mitgliedstaat B Kläger oder Beklagter in einem Rechtsstreit ist, wird daher kaum Unterstützung vom Staat A bekommen, sondern die Rechtslage im Mitgliedstaat B prüfen müssen. Nicht alle Mitgliedstaaten behandeln jedoch Antragsteller auf Prozeßkostenhilfe unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, ihrem Wohnsitz und ihrem Aufenthalt in dem Staat der Prozeßführung in gleicher Weise. Auch internationale Verträge und Übereinkommen, denen die Mitgliedstaaten beigetreten sind, wirken sich auf die Regelung über Prozeßkostenhilfe aus und komplizieren die Situation. Es können jedoch vier Gruppen unterschieden werden: – Manche Mitgliedstaaten gewähren Prozeßkostenhilfe unabhängig von Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz; – Ein Mitgliedstaat gewährt Ausländern nur auf Grundlage der Gegenseitigkeit Prozeßkostenhilfe; – Ein Mitgliedstaat gewährt nur den im Inland Ansässigen Prozeßkostenhilfe, so daß den Staatsangehörigen, die dort keinen Wohnsitz haben, bestimmte Vergünstigungen durch Prozeßkostenhilfe nicht gewährt werden; – Einige Mitgliedstaaten gewähren ihren Staatsangehörigen unabhängig vom Wohnsitz Prozeßkostenhilfe und stellen Ausländer, die auf ihrem Staatsgebiet ansässig sind bzw., in einzelnen Fällen, ihren Aufenthalt haben, gleich. Bei den beiden letztgenannten Staatengruppen kann eine Person, die nicht im betreffenden Staat ansässig ist, aber dort klagen möchte oder verklagt wird, in diesem Staat keine Prozeßkostenhilfe erhalten. Aus den obigen Beispielen zeigt sich, daß Parteien grenzüberschreitender Streitsachen in einigen Staaten zwischen zwei Stühle fallen und weder in ihrem Herkunftsland noch in ihrem Aufnahmestaat Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben. Ergänzend sei hinzugefügt, daß in einigen Mitgliedstaaten Organisationen aufgrund der bestehenden nationalen Gesetze Anspruch auf Prozeßkostenhilfe haben. Diese Tatsache könnte in einem grenzüberschreitenden Rahmen eine bedeutende Auswirkung auf die Art und Weise haben, wie die Mitgliedstaaten die Richtlinie 98/27 über Unterlassungsklagen (die spätestens am 1. Januar 2001 umzusetzen ist) anwenden. Die Prozesskostenhilfe könnte nämlich das wesentliche Problem lösen, mit dem Verbraucherverbände rechnen müssen, wenn sie versuchen, vom ihnen durch die Richtlinie gewährten „locus standi“ Gebrauch zu machen, und zwar aus Geldmangel. Die Auswirkungen des Gemeinschaftsrechts auf diese Erfordernisse Die Frage der Vereinbarkeit solcher Erfordernisse (Wohnsitz, Staatsangehörigkeit, Aufenthalt im Hoheitsgebiet usw.) mit dem Gemeinschaftsrecht ist sehr komplex. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat darüber im Zusammenhang mit Prozeßkostenhilfe noch nie zu entscheiden gehabt. Es gibt jedoch zahlreiche Fälle zu ähnlichen Bereichen, aus denen sich bestimmte Schlußfolgerungen ableiten lassen. – Erstens dürfte feststehen, daß eine förmliche Regelung, nach der Prozeßkostenhilfe auf Staatsangehörige jenes Staates beschränkt wird, in dem der Prozeß stattfindet oder stattzufinden droht (der „Aufnahmestaat“), gegen Gemeinschaftsbürger, die in dem Aufnahmestaat arbeiten (unabhängig davon, ob sie dort ihren Wohnsitz haben oder Schütze
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nicht), oder ihre Familien angehörigen, für deren Unterhalt sie aufkommen, nicht geltend gemacht werden kann.1 – Zweitens zeigt die jüngere Rechtsprechung, daß einem Gemeinschaftsbürger mit Wohnsitz im Aufnahmestaat unabhängig von seiner Arbeitnehmereigenschaft dieselbe Behandlung gewährt werden muß wie Staatsangehörigen dieses Staates.2 – Drittens hat der Gerichtshof entschieden, daß das Recht, in einen anderen Mitgliedstaat auch nur für eine gewisse Zeit als Dienstleistungsempfänger einzureisen (ein vom Gemeinschaftsrecht garantiertes Recht) das Recht mitumfaßt, im Hinblick auf den Schutz der körperlichen Unversehrtheit gleichermaßen wie Staatsangehörige dieses Staates behandelt zu werden (siehe das Urteil Cowan).3 Wie der Gerichtshof ferner in einem jüngeren Urteil festgestellt hat, ist es eine logische Folge der vom Gemeinschaftsrecht garantierten Freiheiten, daß die Begünstigten dieser Freiheiten ebenso wie die Staatsangehörigen dieses Staates die Gerichte eines Mitgliedstaats mit Rechtsstreitigkeiten befassen können (siehe das Urteil Data Delecta Aktibolag).4 – Schließlich hat der Gerichtshof im Urteil Bickel5 festgestellt, daß der Anspruch auf Gebrauch der eigenen Sprache in einem Strafverfahren in den Anwendungsbereich des EG-Vertrags und somit unter das Verbot jeder Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit nach Artikel 12 (ex-Artikel 6) EG-Vertrag fällt. Demnach kann ein Gemeinschaftsbürger, gegen den im Aufnahmestaat (im vorliegenden Fall die italienische Provinz Bozen) ein Strafverfahren eingeleitet wurde, seine eigene Sprache (Deutsch) gebrauchen. Der Kläger wurde somit nicht nur einem italienischen Staatsbürger, sondern einem italienischen Staatsbürger mit Wohnsitz in der Provinz Bozen (dem dieses Vorrecht nach italienischem Recht zugestanden wird) gleichgestellt, ohne daß er in diesem Staat Arbeitnehmereigenschaft oder einen Wohnsitz haben mußte. Insgesamt zeigt diese Rechtsprechung, daß jeder Begünstigte einer vom Gemeinschaftsrecht garantierten Grundfreiheit (einschließlich ein Empfänger von Dienstleistungen oder ein Käufer von Waren in einem anderen Mitgliedstaat) sowohl hinsichtlich der formellen Berechtigung zur Klageerhebung als auch der damit verbundenen praktischen Modalitäten einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des Aufnahmestaats hat, unabhängig davon, ob er in diesem Staat einen Wohnsitz hat oder hatte bzw. sich dort auch nur aufhält. Das tatsächliche Recht auf Zugang zu den Gerichten und damit der Anspruch auf Prozeßkostenhilfe ist eine logische Folge des Rechts auf
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1 Dies ergibt sich aus dem Urteil Mutsch (Rs. 137/84, Slg. 1985, 2681), in dem der Gerichtshof festgestellt hat, daß das Recht, sich in einem Gerichtsverfahren seiner eigenen Sprache zu bedienen, in besonderem Maße zur Integration des Wanderarbeitnehmers in die Lebensverhältnisse des Aufnahmelandes beiträgt und daher unter den Begriff der „sozialen Vergünstigung“ im Sinne des Artikels 7 Absatz 2 der Verordnung 1612/68 fällt. Wanderarbeitnehmer, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats sind, konnten dieses Recht daher unter denselben Bedingungen wie die Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaats ausüben. Diese Begründung sollte a fortiori auch für die Prozeßkostenhilfe gelten. Die Rechtsprechung zeigt ferner, daß dieses Recht auch Grenzarbeitnehmern (siehe Meints, Rs. C-57/96, Slg. 1997, I-6689) und Familienmitgliedern des Arbeitnehmers, für deren Unterhalt er aufkommt, zusteht (siehe Deak, Rs. 94/84, Slg. 1985, 1873 und Bernini, Rs. C-3/90, Slg. 1992, 1071). 2 Siehe das Urteil Martinez Sala, Rs. C-85/96, Slg. 1998, I-2694. Dieser Fall betraf den Zugang zu Sozialleistungen des Mitgliedstaats zu denselben Bedingungen, obwohl die Klägerin keinen Arbeitsvertrag hatte. 3 Urteil vom 2. Februar 1989, Rs. 186/87, Slg. 1989, 195. Dieser Fall betraf einen Anspruch aus der französischen Entschädigungsregelung für Opfer von Straftaten. Dem Kläger (ein Staatsangehöriger des Vereinigten Königreichs) wurde als einfachem Touristen (und Dienstleistungsempfänger) ein Gleichbehandlungsanspruch mit französischen Staatsangehörigen zugestanden, obwohl er zum maßgeblichen Zeitpunkt weder in Frankreich gearbeitet noch einen Wohnsitz gehabt hatte. 4 Urteil vom 26. September 1996, Rs. C-43/95, Slg. 1996, I-4661. 5 Urteil vom 24. November 1998, Bickel & Franz, Rs. C-274/96, Slg. 1998, I-7637.
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Klageerhebung, sofern auch ein Angehöriger des betreffenden Staates mutatis mutandis anspruchsberechtigt wäre. Dies würde bedeuten, daß nicht nur Vorschriften zur Beschränkung des Anspruchs auf Prozeßkostenhilfe auf Staatsangehörige des betreffenden Staates, sondern auch die Festlegung von Wohnsitz- oder Aufenthaltserfordernissen für Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten gegen Artikel 12 EG-Vertrag verstoßen und daher gegen Gemeinschaftsbürger, die im Aufnahmestaat einen Rechtsstreit führen, nicht geltend gemacht werden könnten. Selbst eine formell nicht diskriminierende Bedingung (wie ein Wohnsitz- oder Aufenthaltserfordernis, das gleichermaßen für In- und Ausländer gilt) könnte eine versteckte Diskriminierung darstellen (da Inländer dieses Kriterium leichter erfüllen als Ausländer)6 und somit verboten sein, sofern nicht objektive Gründe dafür vorliegen. Der Mitgliedstaat müßte solche Gründe im betreffenden Fall einwenden; a priori läßt sich jedoch schwer sagen, worin diese bestehen könnten. In diesem Zusammenhang muß auch berücksichtigt werden, daß die Partei bei einer grenzüberschreitenden Streitsache meist zwei Rechtsanwälte – einen in ihrem Herkunftsstaat, der sie vorweg berät, sowie einen im Aufnahmestaat, der die Streitsache betreut – benötigen wird. Eine Regelung des Aufnahmestaats, nach der die Gewährung von Prozeßkostenhilfe bezüglich der Befassung eines Rechtsanwalts außerhalb dieses Staates strengeren Erfordernissen unterliegt, als diejenige, die gelten, wenn der Rechtsanwalt innerhalb dieses Staates ansässig ist, könnte ebenfalls eine versteckte Diskriminierung gegenüber der Partei (hinsichtlich ihres Rechts, Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen) und des Rechtsanwalts (hinsichtlich seines Rechts, Dienstleistungen anzubieten) darstellen.7 Eine Bestimmung mit begrenztem Geltungsbereich, die jedoch direkt die Prozeßkostenhilfe betrifft, ist Artikel 44 des Brüsseler Übereinkommens (Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen von 1968, das mehrmals geändert wurde und dem alle Mitgliedstaaten als Vertragsparteien angehören). Dieser Artikel kommt zur Anwendung, wenn ein „Urteilsgläubiger“, d.h. ein erfolgreicher Kläger, die Vollstreckung eines in einem Vertragsstaat erwirkten Urteils in einem anderen Vertragsstaat erreichen möchte. Nach dieser Regelung genießt eine Person, der in dem Staat, in dem das Urteil ergangen ist, Prozeßkostenhilfe oder Kosten- und Gebührenbefreiung gewährt wurde, automatisch hinsichtlich der Prozeßkostenhilfe oder Kosten- und Gebührenbefreiung die günstigste Behandlung, die das Recht des Vollstreckungsstaates vorsieht. Aufgrund dieser Bestimmung kann der Kläger – zwar nur in einem begrenzten Geltungsbereich – günstiger behandelt werden als Staatsangehörige des Aufnahmestaats, die dort eine Klage einbringen.
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6 Siehe dazu das Urteil Bickel aaO. Die angefochtene nationale Vorschrift enthielt Elemente, die sowohl direkt als auch indirekt diskriminierend waren, indem nur deutschsprachige italienische Staatsangehörige mit Wohnsitz in der Provinz Bozen das Recht auf Gebrauch der deutschen Sprache in Gerichtsverfahren hatten. Wie der Gerichtshof entschieden hat, mußten nicht nur die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten als Italien mit Wohnsitz in der Provinz Bozen, sondern auch jene, die sich dort nur vorübergehend aufhielten, italienischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in dieser Provinz gleichgestellt werden, da die meisten italienischen Staatsangehörigen, die dieses Recht in Anspruch nahmen, tatsächlich in der Provinz Bozen wohnten, während die Mehrzahl der deutschsprachigen Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten dieses Kriterium nicht erfüllten. 7 Siehe Urteil vom 30. November 1995, Gebhard, Rs. C-55/94, Slg. 1995 I-4165 (freie Niederlassung), Urteil vom 28. März 1996, Guiot, Rs. C-272/94, Slg. 1996-I-1905 (freier Dienstleistungsverkehr) und Urteil vom 28. April 1998, Kohl, Rs. C-158/96, Slg. 1998-I-1831 (freier Empfang von Dienstleistungen).
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2. Die Auswirkungen anderer internationaler Rechtsakte Neben Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht, die in allen Mitgliedstaaten anwendbar sind, hat auch die Europäische Menschenrechtskonvention Auswirkungen.8 In Artikel 6 über ein faires Verfahren sind besondere Erfordernisse für die Gewährung von Prozeßkostenhilfe in Strafverfahren festgelegt (Absatz 3). Diese Bestimmung wurde so ausgelegt, daß bedürftige Personen auch in Zivilverfahren Anspruch auf Prozeßkostenhilfe haben, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist (siehe Airey gegen Irland A32-1979). Obwohl die Frage, inwieweit Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention diese Verpflichtung auch für Zivilverfahren festlegt, überaus bedeutend ist, kann darauf keine eindeutige Antwort gegeben werden. Fest steht jedoch, daß dieser Artikel die Regelungen über Prozeßkostenhilfe in den Vertragsstaaten beeinflußte. Schließlich sollen auch zwei Haager Übereinkommen genannt werden, nämlich das Übereinkommen II vom März 1954 über den Zivilprozeß und das Übereinkommen XXIX vom 25. Oktober 1980 über die Erleichterung des internationalen Zugangs zu den Gerichten. Das Übereinkommen II, das von Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal, Spanien und Schweden ratifiziert worden ist, enthält einen Abschnitt über Prozeßkostenhilfe. Die Vertragsparteien werden darin im wesentlichen verpflichtet, die Inländerbehandlung auf Staatsangehörige anderer Vertragsparteien auszudehnen. Das von Finnland, Frankreich, den Niederlanden, Spanien und Schweden ratifizierte Überein kommen XXIX geht weiter, indem es festlegt, daß Staatsangehörige der Vertragsparteien und Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Vertragsstaat haben, zum Zwecke des Anspruchs auf Prozeßkostenhilfe in Gerichtsverfahren in den Vertragsstaaten wie in diesem Staat ansässige Staatsangehörige dieser Vertragspartei behandelt werden. Dieser Grundsatz gilt auch für die Rechtsberatung vor Prozeßbeginn, sofern sich die betreffende Person in dem Staat, in dem die Beratung in Anspruch genommen wird, aufhält. Eine allgemeine Ratifizierung und die ordnungsgemäße Anwendung des Haager Übereinkommens über die Erleichterung des internationalen Zugangs zu den Gerichten wäre höchst wünschenswert. Die Kommission hat dem Rat dazu 1986 einen Vorschlag für eine Empfehlung übermittelt (KOM (86) 610 endg. vom 13.11.1986). Das Europäische Parlament und der Wirtschafts- und Sozialausschuß haben diese Vorschlag begrüßt, der jedoch auf Ebene des Rates und der Mitgliedstaaten ohne Wirkungen geblieben ist. Lösungsmöglichkeiten Derzeit bilden die internationalen Regelungen und die Gemeinschaftsrechtsnormen über grenzübergreifende Ansprüche auf Prozeßkostenhilfe in derselben Weise wie für Staatsange hörige des Aufnahmestaates ein kompliziertes Stückwerk, das die Bürger über ihre konkreten Rechte im Unklaren läßt. Das Haager Übereinkommen von 1980 über internationalen Zugang zu den Gerichten ist zwar eindeutig formuliert, wurde jedoch nur von wenigen Mitgliedstaaten ratifiziert. Der Anwendungsbereich der Europäischen Menschenrechtskonvention ist hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Verpflichtungen der Vertragsparteien zur Gewährung von Prozeßkostenhilfe nicht eindeutig. Die Pflichten nach Artikel 12 EG-Vertrag sind einheit-
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8 Das Verhältnis zwischen dem Gemeinschaftsrecht und der Menschenrechtskonvention ist sehr komplex. In diesem Zusammenhang genügt die Feststellung, daß alle Mitgliedstaaten Vertragsparteien und damit von der Konvention gebunden sind.
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lich anwendbar, aber nicht eindeutig umschrieben; sie müssen aus der Rechtsprechung abgeleitet werden und sind daher für die Bürger unzugänglich. Bevor Regelungsmaßnahmen in diesem Bereich ergriffen werden, sollten die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten nach Artikel 12 (ex-Artikel 6) EG-Vertrag klargestellt werden und die Notwendigkeit einer allgemeinen Ratifizierung des Haager Übereinkommens über die Erleichterung des internationalen Zugangs zu den Gerichten sollte unterstrichen werden. Die Kommission würde Bemerkungen interessierter Parteien zur Frage begrüßen, welche Vorgehensweise für diesen Bereich geeignet, und insbesondere darüber, ob eine Regelung auf Gemeinschaftsebene erforderlich ist. Nach Ansicht der Kommission sollten diese Grundsätze zur Wahrung der Transparenz in einer leicht zugänglichen und verbindlichen Form festgelegt werden. Die Kommission wird daher prüfen, ob sie Maßnahmen vorschlagen sollte, in denen die Pflichten der Mitgliedstaaten, Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten bei der Gewährung von Prozeßkostenhilfe bzw. der gesamten oder teilweisen Befreiung von Kosten oder Gebühren weder direkt noch indirekt zu diskriminieren, eindeutig festgelegt sind. Die Kommission würde von interessierten Parteien ferner gerne erfahren, ob dieser Grundsatz wie beim Haager Übereinkommen von 1980 auch auf Drittstaatsangehörige, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat haben, ausgedehnt werden sollte. Die Kommission würde auch Bemerkungen zur Frage begrüßen, ob die Mitgliedstaaten die Erweiterung des Anwendungsbereiches der Prozesskostenhilfegesetze als eine mögliche Lösung der finanziellen Probleme betrachten, mit denen Verbraucherverbände rechnen müssen, wenn sie im Rahmen der obengenannten „Unterlassungsrichtlinie“ als qualifizierte Einrichtungen einen Rechtsbehelf einlegen. B. Inhaltliche Voraussetzungen Selbst wenn der Kläger die persönlichen Voraussetzungen im Aufnahmestaat erfüllt, muß er noch nachweisen, daß die in der Rechtsordnung dieses Staates vorgesehenen Anspruchsvoraussetzungen insbesondere hinsichtlich der finanziellen Kriterien und der Begründetheit des Falles, für den er Prozeßkostenhilfe beantragt, vorliegen, sowie daß Prozeßkostenhilfe für die entsprechende Verfahrensart in Anspruch genommen werden kann. (a) Finanzielle Anspruchsvoraussetzungen Einige Mitgliedstaaten setzen einen bestimmten Betrag fest, der sich je nach Familienstand, Einkommen und Vermögen des Antragstellers unterscheiden kann. Verdient er mehr als diese Summe, besteht kein Anspruch auf Prozeßkostenhilfe. Diese Regelung scheint zwar neutral zu sein, da sie keine offene Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes enthält, läßt jedoch die unterschiedliche Einkommenshöhe in den Mitgliedstaaten unberücksichtigt, insbesondere dort, wo der betreffende Betrag an das im Wohnsitzland des Antragstellers staatlich garantierte Mindesteinkommen anknüpft. Ein Antragsteller mit Wohnsitz in einem Hochpreisstaat, dessen Vermögen den finanziellen Kriterien in diesem Staat genügen würde, der jedoch in dem (Niedrigpreis-) Staat, in dem das Verfahren stattfinden soll, über dem Schwellenwert liegt, hat somit keinen Anspruch auf Prozeßkostenhilfe. Andere Mitgliedstaaten legen hingegen keinen bestimmten Betrag fest. Der Antragsteller muß nachweisen, daß er die Kosten der Verfahrensführung nicht bestreiten kann, Schütze
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was meist durch eine von den Behörden des Wohnsitzstaats ausgestellte Bestätigung über die Vermögensverhältnisse des Antragstellers nachzuweisen ist. Bei ordnungsgemäßer Anwendung diese Regelung können die Behörden sowohl das Vermögen des Antragstellers als auch die voraussichtlichen Kosten des Rechtsstreits berücksichtigen. Die unterschiedlichen Voraussetzungen in den Mitgliedstaaten haben abschreckende Wirkung auf Personen, die einen grenzüberschreitenden Streitfall führen möchten, insbesondere auf jene aus einem Hochpreisstaat, die in einem Niedrigpreisstaat an einem Verfahren beteiligt sind, und stellen somit ein zusätzliches Hindernis für den wirksamen Zugang zum Recht dar. Erschwerend kommt hinzu, daß die Prozeßkostenhilfe in einigen Staaten zurückzuzahlen ist, wenn sich die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers innerhalb einer gewissen Zeitspanne verbessern. (b) Voraussetzungen hinsichtlich der Begründetheit des Verfahrens, für das Prozeßkostenhilfe beantragt wird Die Mitgliedstaaten versuchen im allgemeinen, unbegründete Anträge auf Prozeßkostenhilfe durch die Prüfung der Begründetheit abzuwenden. Unbegründete Anträge können abgelehnt werden, wobei jedoch das Ermessen der Entscheidungsträger den EUBürgern große Probleme beim Zugang zum Gerichtssystem eines anderen Mitgliedstaats bereiten kann. Die meisten Mitgliedstaaten prüfen die Begründetheit der Klage aufgrund variabler Kriterien, die Raum für einen breiten Ermessensspielraum lassen. In einigen Fällen wird verlangt, daß die Klage „hinreichende Aussicht auf Erfolg hat“, „der Kläger voraussichtlich obsiegen wird“, „eine nicht die Prozeßkostenhilfe beanspruchende Partei nicht von der Führung des Verfahrens absehen würde“ und ähnliches. Diese Kontrolle wird in einigen Mitgliedstaaten relativ formell gehandhabt, während sie in anderen Mitgliedstaaten die Form einer richtiggehenden Vorprüfung annehmen kann. (c) Voraussetzungen hinsichtlich der Verfahrensart, für die Prozeßkostenhilfe beantragt wird In den meisten Mitgliedstaaten kann Prozeßkostenhilfe für Verfahren bei allen Gerichten in Zivil-, Handels-, Verwaltungs- oder Strafverfahren gewährt werden. In einigen Mitgliedstaaten ist Prozeßkostenhilfe bei bestimmten Gerichten, z.B. Verwaltungsgerichten, oder für bestimmte Klagen wie etwa Verleumdungsklagen ausgeschlossen. Lösungsmöglichkeiten Die Herausforderung besteht darin, Möglichkeiten zur Beseitigung oder Verringerung der Probleme der Parteien bei grenzüberschreitenden Streitsachen zu finden, ohne in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Regelung der Prozeßkostenhilfe nach ihren Vorstellungen einzugreifen. – Die finanziellen Kriterien richten sich bei jedem System nach der Höhe der Prozeßkosten und des Einkommens im betreffenden Staat. Eine Person mit Wohnsitz in einem Hochpreisstaat, die dort die finanziellen Voraussetzungen erfüllen würde, könnte bei Führung eines Rechtsstreits in einem Niedrigpreisstaat über ein zu hohes Einkommen verfügen, um einen Anspruch auf Prozeßkostenhilfe zu haben. Die Unterschiede bei den finanziellen Kriterien spiegeln jedoch nicht nur diese Kosten und die Einkommenshöhe wider, sondern können sich auch durch einen unterschiedlichen Ansatz in bezug auf den Zugang zu den Gerichten ergeben, da die Kriterien in einzelnen Staaten selbst unter Berücksichtigung der Einkommensunterschiede großzügiger geregelt sind als in 309
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anderen Staaten. Es wäre nicht sinnvoll, vom Staat der Prozeßführung grundsätzlich zu verlangen, einfach die Kriterien des Wohnsitzstaats des Antragstellers anzuwenden, da eine Partei aus dem Mitgliedstaat A dadurch im Mitgliedstaat B günstiger behandelt werden könnte als die in diesem Staat ansässigen Parteien. Eine gezieltere Lösung könnte jedoch darin bestehen, auf die Kriterien des Staates der Prozeßführung ergänzt um ein „Korrektiv“ oder eine „Abwägung“ abzustellen, mit der die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in beiden Staaten berücksichtigt werden können, oder eine flexiblere und objektivere Prüfung vorzusehen, bei der die Behörden sowohl das verfügbare Einkommen des Antragstellers als auch die Kosten der Verfahrensführung einbeziehen können. – Bei der Prüfung der Begründetheit muß zumindest die Transparenz vergrößert werden. Dies könnte durch die Pflicht zur Festlegung und Veröffentlichung der angewandten Kriterien nicht nur im Staat der Prozeßführung, sondern auch in den anderen Mitgliedstaaten erreicht werden. Dafür könnten die durch das Übereinkommen des Europarats von 1977 über die Übermittlung von Anträgen auf Bewilligung der Prozeßkostenhilfe eingerichteten Behörden zuständig sein (der Mechanismus, mit dem grenzüberschreitende Anträge auf Prozeßkostenhilfe übermittelt werden können, siehe nachstehend). Darüber hinaus sollten die Behörden verpflichtet werden, die Gründe für die Ablehnung eines Antrags auf Prozeßkostenhilfe wegen fehlender Begründetheit genau darzulegen. C. Das Problem der Zusatzkosten durch grenzüberschreitende Bezüge einer Streitsache Selbst wenn der Kläger die rechtlichen Hürden überwunden und in dem Staat, in dem er den Rechtsstreit führt, Anspruch auf Prozeßkostenhilfe hat, wird er wohl erkennen müssen, daß die Regelung auf inländische Streitsachen abstellt und die zusätzlichen Kosten aufgrund des grenzüberschreitenden Bezugs des Falles nicht berücksichtigt werden. Diese Zusatzkosten können sich aus folgenden Elementen ergeben: (1) Notwendigkeit der Befassung zweier Rechtsanwälte. Sicherlich haben die Richtlinien über die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit für Rechtsanwälte in den Mitgliedstaaten den grenzüberschreitenden Zugang zu Rechtsanwälten verbessert. Der Kläger wird in der Praxis jedoch meist zwei Anwälte benötigen – einen im Herkunftsstaat (d.h. in seinem Wohnsitzstaat), um einen Überblick über die Rechtslage und die Verfahren im Aufnahmestaat zu erhalten, sowie einen zweiten im Aufnahmestaat, der ihn in Detailfragen berät und gegebenenfalls vor Gericht vertritt. In den meisten Fällen gewährt der Herkunftsstaat keine Prozeßkostenhilfe, wenn die Beratung ausländisches Recht betrifft oder es sich um einen Fall handelt, der im Ausland verhandelt wird. Auch der Aufnahmestaat wird möglicherweise keine Prozeßkostenhilfe für die Dienste eines Rechtsanwalts in einem anderen Staat zur Verfügung stellen, selbst wenn die Beratung einen Rechtsstreit betrifft, der im Aufnahmestaat geführt wird. Die Regelung in diesem Staat könnte zudem vorsehen, daß jedenfalls nur die Gebühren für einen Rechtsanwalt erstattet werden. Die Frage der Zulässigkeit solcher Bedingungen wurde in Punkt A behandelt; solange es diese jedoch gibt, ist es sehr wahrscheinlich, daß der Antragsteller zwischen zwei Stühle fällt und die Zusatzkosten eines Rechtsanwalts im Herkunftsstaat selbst zu tragen hat. (2) Kosten für Übersetzung und Dolmetscherdienste. Für die Verhandlung und für die Beratungen zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Mandanten im Aufnahmestaat könnten Dolmetscherdienste erforderlich sein, sofern kein Rechtsanwalt gefunden werden konnte, der sich mit dem Kläger in einer gemeinsamen Sprache verständigen kann. Auch Unterlagen müssen möglicherweise übersetzt werden. Schütze
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(3) Verschiedenen Faktoren wie erhöhten Reisekosten der Parteien, Zeugen, Rechtsanwälte usw. Lösungsmöglichkeiten Wie kann am besten sichergestellt werden, daß die zusätzlichen Kosten aufgrund grenzüberschreitender Streitsachen kein Hindernis für den Zugang zu den Gerichten darstellen. Sollte der Herkunftsstaat zumindest die in diesem Staat angefallenen Zusatzkosten der Rechtsberatung vor Prozeßbeginn übernehmen, selbst wenn das Verfahren in einem anderen Staat stattfindet. (Selbst diese Lösung könnte für die Partei nur von geringem Nutzen sein, da die Auskünfte eines Rechtsanwalts im Herkunftsstaat des Antragstellers über die Rechtslage und die Verfahren in einem anderen Staat möglicherweise zu wenig detailliert sind, als daß die Partei auf einen zweiten Rechtsanwalt in diesem Staat verzichten könnte.) D. Wirksamer Zugang zu einem ausreichend qualifizierten Rechtsanwalt Eine Partei in einer grenzüberschreitenden Streitsache, die im Staat der Prozeßführung nicht persönlich anwesend ist, könnte sich mit dem sehr schwierigen praktischen Problem konfrontiert sehen, einen Rechtsanwalt in diesem Staat zu finden, der sie in dieser Rechtssache vertritt. Die Partei benötigt einen Rechtsanwalt, der zur Vertretung vor den zuständigen Gerichten befugt ist, über Erfahrung im betreffenden Sachgebiet verfügt und, wenn möglich, eine gemeinsame Sprache mit ihr teilt. Die Partei könnte auch einen Rechtsanwalt in ihrem Herkunftsstaat befassen wollen, der ihr erste Auskünfte erteilt, über Kenntnisse der Rechtsnormen und des Rechtssystems im Staat der Prozeßführung verfügt, die Sprache in diesem Land beherrscht und ihr behilflich ist, mit einem Rechtsanwalt im Aufnahmestaat in Kontakt zu treten. Nationale und gemeinschaftsweite Datenbanken Die Kommission begrüßt die Schaffung von Datenbanken über Vertreter der Rechtsberufe. In einigen Staaten (z.B. Deutschland) bestehen solche Datenbanken bereits auf nationaler Ebene. Die Kommission hat insbesondere durch das GROTIUS-Programm ein Projekt des CCBE über die Frage der Errichtung einer Datenbank der Rechtsanwälte in Europa finanziert, die den Bürgern der Europäischen Union zugänglich gemacht werden könnte. Die auf den einzelnen Datenbanken gespeicherten Informationen könnten zwar je nach Land kleine Unterschiede entsprechend den anwendbaren Berufsregeln aufweisen, sollten jedoch die Gerichte, vor denen der Rechtsanwalt vertretungsbefugt ist, seine Spezialgebiete und Erfahrungsbereiche, seine Sprachkenntnisse und seine Verfügbarkeit (auf freiwilliger Basis oder automatisch) für Verfahren im Rahmen der Prozeßkostenhilfe anführen. Einzelstaatliche Anwälte könnten innerhalb eines Europäischen Netzes der Rechtsanwälte als Verbindungspersonen für einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten tätig werden. Diese Verbindungspersonen sollten Anwälte sein, die bereit sind, Rechtssachen mit Anknüpfungspunkten in mehr als einem Mitgliedstaat falls erforderlich auch im Rahmen der Prozeßkostenhilfe oder kostenlos zu übernehmen. Sie müßten in der Lage sein, ihre Mandanten in ihrem eigenen Mitgliedstaat in folgenden Fragen zu beraten: – Einleitung eines Verfahrens oder Verteidigung in einer Rechtssache in einem anderen Mitgliedstaat; – Bekämpfung der Vollstreckung eines in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Urteils im Herkunftsstaat des Mandanten; – Zugang zu Prozeßkostenhilfe in einem anderen Mitgliedstaat; 311
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sowie ihre Mandanten aus einem anderen Mitgliedstaat hinsichtlich folgender Bereiche: – Einleitung eines Verfahrens oder Verteidigung in einer Rechtssache im Mitgliedstaat des Rechtsanwalts; – Vollstreckung eines in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Urteils in diesem Staat; – Zugang zu Prozeßkostenhilfe in diesem Mitgliedstaat. Die Verbindungspersonen sollten die notwendigen Formblätter für die Korrespondenz zwischen den betreffenden Gerichten bearbeiten und die Rechtssache der zuständigen Behörde im anderen Mitgliedstaat weiterleiten können. Wo die Möglichkeiten des Rechtsanwalts enden, sollte er sich mit einem anderen Anwalt des Netzes in Verbindung setzen können, damit der Fall in einer anderen Rechtsordnung fortgesetzt wird. Um die Idee eines Netzes für die entsprechenden Berufsgruppen interessant und für die Begünstigten leicht erkennbar zu machen sowie die Qualität der angebotenen Dienste zu sichern, könnte ein ISO-ähnliches System erwogen werden, bei dem die daran teilnehmenden Rechtsanwälte etwa die Möglichkeit erhalten, ein bestimmtes Emblem oder Logo neben ihrem eigenen zu führen. Nur diese Rechtsanwälte würden dann auf den offiziellen Listen aufscheinen, die unionsweit verbreitet und u.a. auch bei den Delegationen und Büros der Kommission in den Hauptstädten der Mitgliedstaaten für die Bürger bereitgestellt werden. Die Kommission würde es begrüßen, Bemerkungen interessierter Parteien über Möglichkeiten zur Durchführung dieser Ideen zu erhalten. E. Technische Verfahren Neben den bereits genannten Problemen könnte für die Parteien in grenzüberschreitenden Streitsachen auch das Verfahren zur Beantragung von Prozeßkostenhilfe im Ausland ein Hindernis für den Zugang zu den Gerichten darstellen. Die Frage der Vorgehensweise bei der Beantragung von Prozeßkostenhilfe im Ausland ist zumindest in der Theorie relativ einfach zu lösen, da alle Mitgliedstaaten der Union mit Ausnahme von Deutschland das Übereinkommen des Europarats von 1977 über die Übermittlung von Anträgen auf Bewilligung der Prozeßkostenhilfe, das „Straßburger Übereinkommen“, ratifiziert haben. Nach diesem Übereinkommen können Anträge in einem Staat gestellt und über ein System von durch die Vertragsparteien benannten Übermittlungs- und Empfangsstellen in den Vertragsstaat gelangen, in dem die Prozeßkostenhilfe beantragt wird. Mit dieser Regelung wurde bezweckt, Antragsteller auf Prozeßkostenhilfe zu unterstützen, die damit nicht mehr die zuständigen Behörden im Ausland ermitteln müssen, sondern sich darauf beschränken können, der Übermittlungsstelle in ihrem Herkunftsstaat einen Antrag zuzuleiten, die ihnen dann dabei behilflich ist, die notwendigen Unterlagen zusammenzustellen und gegebenenfalls die einschlägigen Stellen zu übersetzen, bevor der Antrag an die Empfangsstelle im Aufnahmestaat gesandt wird. Grundsätzlich können der Antrag und die ergänzenden Unterlagen nach Wahl des Antragstellers entweder in der Sprache der Empfangsbehörde oder in Englisch bzw. Französisch abgefaßt werden. Die Vertragsparteien können jedoch einen Vorbehalt gegenüber der Möglichkeit einlegen, den Antrag in Englisch oder Französisch zu stellen und darauf bestehen, daß er in der Sprache des Aufnahmestaats verfaßt wird. – Das Übereinkommen wird durch einen Leitfaden über die Verfahren, der periodisch aktualisiert wird und derzeit nur den zuständigen Behörden zur Verfügung steht, Schütze
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sowie durch Empfehlungen des Ministerkomitees ergänzt. Die derzeit gültige Empfehlung (Nr. R (97) 6) behandelt u.a. die rasche Abwicklung von Ansprüchen und enthält ein Formblatt für die Antragstellung, das die Vertragsparteien verwenden und anerkennen sollen. Die Durchführung des Übereinkommens wird von einem multilateralen Ausschuß der Vertragsparteien überwacht, der dem Ministerkomitee Bericht erstattet und auch Vorschläge zur Verbesserung der Funktionsweise des Übereinkommens unterbreitet.
Das Übereinkommen scheint jedoch relativ selten angewandt zu werden. Die geringe Nutzung läßt sich möglicherweise auf mangelnde Kenntnisse über den Anspruch auf Prozeßkostenhilfe im Ausland9 und die vom Übereinkommen geschaffenen Instrumente zurückführen. Offenbar sind auch die zentralen Behörden nicht ausreichend über die geltenden Rechtsnormen anderer Staaten oder über etwaige Änderungen informiert. Es besteht auch die Gefahr, daß Verzögerungen bei der Übermittlung eines Antrags auf Prozeßkostenhilfe dazu führen, daß der Antrag nicht binnen angemessener Frist geprüft wird. Lösungsmöglichkeiten Das Übereinkommen von 1977 über die Übermittlung von Anträgen auf Bewilligung der Prozeßkostenhilfe wurde nicht von allen Mitgliedstaaten ratifiziert. Darüber hinaus haben einige Staaten Vorbehalte hinsichtlich der Sprachenregelung angebracht, die den Klägern Probleme bereiten. Es ist zu prüfen, ob man sich auf die bestehenden Instrumente des Straßburger Übereinkommens konzentrieren sollte oder ob die Mitgliedstaaten der Union unabhängig davon auf Gemeinschaftsebene tätig werden sollten. Wählt man die erste Option, wäre zumindest eine Empfehlung erforderlich, in der alle Mitgliedstaaten zur Ratifizierung des Straßburger Übereinkommens aufgefordert werden. Der Vorteil dabei wäre, daß auf bereits bestehenden Strukturen aufgebaut und Doppelarbeit vermieden wird. Eine solche Lösung würde allerdings wenig zusätzlichen Nutzen bringen, da bereits 14 der 15 Mitgliedstaaten das Übereinkommen unterzeichnet haben und die Probleme hinsichtlich seiner Funktionsweise, insbesondere die geringe Nutzung und Verzögerungen, nicht gelöst würden. Die zweite Möglichkeit könnte im Rahmen einer weitergehenden und integrierten Maßnahme auf Unionsebene verwirklicht werden. Sie könnte etwa darin bestehen, daß stärker lokalisierte Empfangsstellen geschaffen werden, ein Formblatt erstellt wird, die Ablehnung von Anträgen begründet werden muß und eine Überprüfungsmöglichkeit gegeben ist. Ferner könnten die Nutzung neuer Technologien zur Übermittlung von Formblättern und Informationen und der Kontakt zwischen den zuständigen Behörden gefördert werden. Schließlich könnte auch ein Handbuch oder Leitfaden für die zuständigen Behörden, für Anspruchsberechtigte auf Prozeßkostenhilfe und Rechtsanwälte erstellt, regelmäßig aktualisiert und gegebenenfalls im Internet veröffentlicht werden. Damit würde die Transparenz steigen und, was in diesem Bereich besonders wichtig sein kann, Verzögerungen würden verringert werden. Das vor kurzem unterzeichnete Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen vom 26. Mai 1997 (ABl.
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9 In einigen Staaten können Anträge direkt an die zuständige Behörde übermittelt werden, wodurch die vom Übereinkommen geschaffenen Instrumente nicht benötigt werden.
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C 261 vom 27. August 1997) (das derzeit als Verordnungsentwurf vorliegt) könnte als Muster für ein solches System dienen. Die Übermittlungsbehörde sollte sicherstellen müssen, daß alle dem Aufnahmestaat übermittelten Unterlagen und ergänzenden Dokumente richtig sind. Schließlich sei noch darauf hingewiesen, daß die vielen Fragen an europäische Stellen zu dieser bisher nur einzelstaatlich geregelten Angelegenheit das Fehlen einer Pflicht zur Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten aufzuzeigen scheinen. Probleme, die die Behörden zweier Mitgliedstaaten betreffen, könnten oft durch einen Brief oder einen Telefonanruf gelöst werden.
F. Information und Ausbildung Jede Verbesserung der Rechtsgrundlage für den Zugang zu den Gerichten ist nur von begrenztem Wert, wenn sie den Anspruchsberechtigten nicht hinreichend mitgeteilt wird. Informationen über die Rechte und Verfahren wurden bisher vor allem auf einzelstaatlicher Ebene und meist nur über die im Inland verfügbaren Hilfsmittel und Unterstützungsmaßnahmen bereitgestellt. Nur selten wird versucht, den Gemeinschaftsbürgern ihre Rechte in der gesamten Gemeinschaft darzulegen, und die bereitgestellten Informationen werden auch nicht auf die einzelnen „Ansprechpartner“ abgestimmt, wie es nötig wäre, damit sie tatsächlich von Nutzen sind. Daher wäre eine Unterscheidung erforderlich zwischen: (1) Information der Bürger als den möglichen Anspruchsberechtigten auf Prozeßkostenhilfe über die bestehenden Rechte und Verfahren in der Union; (2) Information der betreffenden Berufsgruppen, wie sie den Antragstellern Zugang zu Prozeßkostenhilfe verschaffen können; (3) Information der Berufsgruppen, die Entscheidungen über die Gewährung von Prozeßkostenhilfe ausführen. Professor D. Walters hat 1995 für die Kommission unter der Schirmherrschaft des CCBE einen Leitfaden der Beratungs- und Prozeßkostenhilfe im EWR erstellt. Dieser Leitfaden enthält Informationen über die entsprechenden Regelungen im EWR, d.h. in Norwegen, Island und Liechtenstein, der jedoch hauptsächlich auf die Erfordernisse der in Punkt 2) genannten Gruppe, der Angehörigen der Rechtsberufe, abstellt. Da sich die Rechtsnormen der Mitgliedstaaten ständig ändern, sollte dieser Leitfaden häufiger aktualisiert und, da ihn die Behörden der beteiligten Staaten nicht zu nutzen scheinen, besser bekanntgemacht werden. Ferner wurde ein Leitfaden mit dem Titel „Wie Sie Ihre Rechte im europäischen Binnenmarkt geltend machen“ erstellt, damit Einzelpersonen darüber unterrichtet werden, wie sie Probleme bei der Ausübung ihrer im Binnenmarkt garantierten Freiheiten lösen können. Der Leitfaden wurde im Rahmen der Initiative „Dialog mit Bürgern und Unternehmern“ erstellt und beschreibt verschiedene Rechtschutzmöglichkeiten auf nationaler und europäischer Ebene einschließlich der Prozeßkostenhilfe. Die Prozeßkostenhilfe wird in diesem Leitfaden beigefügten Ländermerkblättern, zu denen alle Mitgliedstaaten beigetragen haben, näher erläutert. Diese Ländermerkblätter enthalten Angaben über den Zugang zu Prozeßkostenhilfe, die Anspruchsberechtigung und die verschiedenen Arten der Prozeßkostenhilfe, die zur Verfügung stehen. Auch Kontaktstellen werden darin aufgeführt, die weitere Auskünfte erteilen können. Die einzelnen Ländermerkblätter werden in die 11 Amtssprachen der EU übersetzt, so daß die Bürger in ihrer eigenen Sprache Informationen über die Regelungen in anderen Mitgliedstaaten erhalten können. Schütze
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Der Leitfaden und die Ländermerkblätter werden Anfang 2000 veröffentlicht. Die Ländermerkblätter können dann auf der Internetseite „Dialog mit Bürgern“ unter http:// europa.eu.int/citizens abgerufen werden. Lösungsmöglichkeiten Um einen wirksamen Zugang zu Informationen über die bestehenden Rechte zu gewähr leisten, wird die Erstellung einer aktuellen Broschüre über den Zugang zu den Gerichten empfohlen, der von den zuständigen Behörden an Verbraucherverbände, Bürgerberatungsstellen und Rechtsanwaltskammern weitergeleitet werden könnte. Da eine solche Initiative bereits unternommen wurde, könnten wohl die besten Ergebnisse erzielt werden, wenn auf dem bereits Vorhandenen, d.h. dem Leitfaden über Prozeßkostenhilfe, aufgebaut wird. Die Broschüre könnte in ihrer geänderten Form nicht nur die ursprünglich enthaltenen Angaben über Verfahren für Prozeßkostenhilfe und Kontaktstellen, sondern auch Informationen von den vorgeschlagenen Datenbanken der Rechtsanwälte und das in den Buchstaben D und E genannte Handbuch umfassen. Damit würde ein Verzeichnis qualifizierter Rechtsanwälte vorliegen, die Prozeßkostenhilfe in Fällen mit Bezügen zu anderen EU-Mitgliedstaaten handhaben können. Diese Information sollte in allen Sprachen der Mitgliedstaaten erhältlich sein. Sie könnte im Rahmen der Initiative „Dialog mit Bürgern und Unternehmern“ oder des Leitfadens „Zugang zum Recht“ sowie auch auf elektronischem Weg bereitgestellt werden und sollte regelmäßig aktualisiert werden. Darüber hinaus sollte eine Fassung für Laien erstellt werden, die z.B. Reiseprospekten beigelegt werden kann und praktische Informationen über den Anspruch auf Prozeßkostenhilfe für Ausländer, die richtige Vorgehensweise und die Anschrift der zuständigen Behörden enthält. Der im Rahmen der Initiative „Dialog mit Bürgern und Unternehmern“ erstellte Leitfaden mit dem Titel „Wie Sie Ihre Rechte im europäischen Binnenmarkt geltend machen“ und insbesondere die Ländermerkblätter über Prozeßkostenhilfe könnten besser bekanntgemacht werden. Die nationalen Behörden werden aufgefordert, auf diese Unterlagen hinzuweisen, die nützliche Informationen für Personen enthalten, die Prozeßkostenhilfe in Anspruch nehmen möchten. Die Bürger sollten Bescheid wissen, daß solche Informationen zur Verfügung stehen. Solche Initiativen könnten durch Maßnahmen zur Förderung der Ausbildung und der interdisziplinären Bildung sowie zur Information der Berufsgruppen, die mit Prozeßkostenhilfe befaßt sind (Rechtsanwälte, Richter, Polizeibeamte, Sozialarbeiter, Einwanderungsbehörden), ergänzt werden. Ferner könnte überlegt werden, entsprechende Ausbildungsangebote im Rahmen von internationalen Kursen zu schaffen. Auch die Einrichtung eines ständigen Informationszentrums könnte erwogen werden, das den Rechtsanwälten, die bereit sind, im Rahmen der Prozeßkostenhilfe tätig zu werden, aktuelle Informationen liefert. Die Unterstützung durch die Gemeinschaft könnte ein starker Anreiz für junge, nicht ausschließlich auf ihr Rechtssystem spezialisierte Anwälte sein und sie ermutigen, eher diesen Weg als eine traditionelle Karriere als Wirtschaftsanwalt einzuschlagen. Daß Rechtsanwälte, die im Rahmen der Prozeßkostenhilfe bestimmt werden, in einzelnen Mitgliedstaaten nur eine geringe bzw. gar keine Entschädigung erhalten, kann nur negative Auswirkungen auf die Qualität der erbrachten Leistungen haben. Informationskampagnen zielen meist stärker auf den einzelnen Bürger, der besser informiert werden soll, als auf die öffentlichen Stellen und Behörden ab, die dazu da sind, ihn zu beraten. Die Kommission hat Fortbildungsmöglichkeiten etwa für Zollbeam315
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te an den Außengrenzen der Union geschaffen. Derartiges könnte auch für Beamte, die mit Prozeßkostenhilfe befaßt sind, erwogen werden. G. Reform der einzelstaatlichen Regelungen für die Prozeßkostenhilfe und alternative Möglichkeiten, den Zugang zu den Gerichten sicherzustellen Bei Überlegungen über die Probleme der Parteien beim Zugang zu Prozeßkostenhilfe in grenzüberschreitenden Streitsachen darf nicht übersehen werden, daß einige Mitgliedstaaten aufgrund der Kosten eines gut funktionierenden Systems der Prozeßkostenhilfe alternative Möglichkeiten geprüft haben, mit denen sichergestellt werden kann, daß sich die Bürger den Rechtsschutz leisten können. Zu den Alternativen, über die beraten wird oder die eingeführt wurden, gehören: – An Bedingungen geknüpfte Honorare. Vor allem im Vereinigten Königreich werden solche Regelungen angewandt, bei denen die Rechtsanwälte nicht honoriert werden, wenn ihr Mandant den Fall verliert, jedoch einen bestimmten Prozentsatz des Schadensersatzes erhalten, wenn er gewinnt. Eine solche Regelung hat bestimmte Vorteile. Die Partei trägt dabei jedoch das Risiko, als Verlierer im Rechtsstreit die Kosten der anderen Partei tragen zu müssen, und nach nationalem Recht hat sie die Kosten der obsiegenden Partei zu begleichen. Darüber hinaus hat ein Anwalt wenig Anreiz, einen Fall auf dieser Grundlage zu übernehmen, sofern er nicht davon ausgehen kann, daß sein Mandant den Fall gewinnen wird. – Rechtsschutzversicherungen. In einigen Mitgliedstaaten werden Rechtsschutzversicherungen als Möglichkeit zur Sicherstellung des Zugangs zu den Gerichten gefördert. In Deutschland haben etwa die meisten Familien eine solche Versicherung abgeschlossen. In Schweden wird nach der jüngsten Reform Prozeßkostenhilfe nur dann gewährt, wenn vom Antragsteller unter den gegebenen Umständen nicht verlangt werden konnte, daß er eine Rechtschutzversicherung abschließt. Diese Tendenz könnte positive Auswirkungen haben, da dadurch ein breiterer, erschwinglicher Zugang zu den Gerichten geschaffen wird. Dennoch ist etwas Vorsicht geboten. Die Mitgliedstaaten scheinen zu zögern, Rechtsschutzversicherungen gesetzlich vorzuschreiben. Die Versicherungen werden daher auf kommerzieller Basis abgeschlossen und müssen somit sowohl für die Versicherungsunternehmen als auch für die Bürger attraktiv sein, damit sie Erfolg haben. Der Schutz würde voraussichtlich je nach betreffendem Staat unterschiedlich sein und minderbemittelte Personen würden kaum eine solche Versicherung abschließen. Daher müßten die Mitgliedstaaten wohl ein gewisses Maß an Prozeßkostenhilfe zumindest für die ärmsten Bevölkerungsschichten aufrechterhalten. Ein allgemeiner Trend zu Rechtsschutzversicherungen könnte für die Parteien in grenzüberschreitenden Streitsachen auch Nachteile bringen. Ist das Risiko einer Prozeßführung im Ausland nicht ausdrücklich im Versicherungsvertrag abgedeckt, müßte die betreffende Person nach wie vor auf die Prozeßkostenhilfe im Aufnahmestaat zurückgreifen. Wenn die Partei in einem Staat ansässig ist, in dem Rechtsschutzversicherungen nicht üblich sind und in einem Staat einen Rechtsstreit führt, in dem dies sehr wohl der Fall ist, könnte die Regelung über Prozeßkostenhilfe in diesem Staat bereits auf ein Minimum reduziert worden sein oder die Partei nur dann Anspruch auf Prozeßkostenhilfe haben, wenn nach den im Aufnahmestaat geltenden Kriterien unter den gegebenen Umständen nicht von ihr erwartet werden konnte, daß sie eine Rechtsschutzversicherung abschließt. Nachdem der Europäische Rat den Rat erst vor kurzem ersucht hat, Mindeststandards zur Gewährleistung eines angemessenen Niveaus der Prozeßkostenhilfe in grenzSchütze
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überschreitenden Streitsachen zu verabschieden, kann nicht hingenommen werden, daß Reformen auf einzelstaatlicher Ebene dieses Ziel in Frage stellen. Mitgliedstaaten, die ihre Regelungen über Prozeßkostenhilfe ändern wollen, müssen daher sicherstellen, daß diese Änderungen nicht im Widerspruch zur Gemeinschaftspolitik stehen. Lösungsmöglichkeiten Wie kann am besten sichergestellt werden, daß das Ziel, ein angemessenes Niveau der Prozeßkostenhilfe in grenzüberschreitenden Streitsachen zu gewährleisten, nicht durch Reformen der Regelung über Prozeßkostenhilfe in den Mitgliedstaaten beeinträchtigt wird. Wie kann die Strategie der Festlegung von Mindestnormen für diesen Bereich am besten umgesetzt werden.
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
b. Grünbuch über ein Europäisches Mahnverfahren und über Maßnahmen zur einfacheren und schnelleren Beilegung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert (Grünbuch KOM 2002, 746 ff.) 10. b. Grünbuch über ein Europäisches Mahnverfahren INHALT Zielsetzung des Grünbuchs Konsultation der interessierten Kreise 1.
TEIL I: EINFÜHRUNG 1.1. Anwendbarkeit einer europäischen Regelung nur auf Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug oder auch auf reine Inlandssachen 1.2. Wahl des geeigneten Rechtsinstruments zur Annäherung des Verfahrensrechts
2.
TEIL II: EIN EUROPÄISCHES MAHNVERFAHREN 2.1. Einführung 2.1.1. Zugang zu wirksamem Rechtsschutz bei Pflichtversäumnis seitens des Schuldners ohne erkennbares Bestreiten des behaupteten Anspruchs hinsichtlich Art, Umfang und Rechtmäßigkeit 2.2. Definition des Mahnverfahrens 2.3. Handlungsbedarf auf Gemeinschaftsebene 2.4. Hintergrund 2.4.1. Initiativen zur Einführung eines europäischen Mahnverfahrens vor Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam 2.5. Der Vertrag von Amsterdam und seine Auswirkungen 2.6. Die Schlussfolgerungen von Tampere 2.7. Das Programm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung 2.8. Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen als erste Stufe eines zweistufigen Ansatzes 2.9. Ein Grünbuch als zweite Stufe des Ansatzes
3.
DER EUROPÄISCHE ZAHLUNGSBEFEHL 3.1. Allgemeiner Ansatz 3.1.1. Übersicht über die verschiedenen Verfahrenstypen in den Mitgliedstaaten 3.2. Anwendungsbereich des Verfahrens 3.2.1. Beschränkung auf Zahlungsansprüche? 3.2.2. Sollte das Verfahren nur für bestimmte Anspruchsarten nutzbar sein bzw. sollten bestimmte Anspruchsarten von dem Verfahren ausgeschlossen werden? 3.2.3. Obergrenze für die geltend zu machende Summe (bzw. – bei Einbeziehung von nicht auf Zahlung gerichteten Ansprüchen – des Streitwerts)? 3.2.4. Sollte die Inanspruchnahme des Mahnverfahrens obligatorisch sein? 3.3. Verfahrensvorschriften 3.3.1. Internationale Zuständigkeit in grenzüberschreitenden Streitigkeiten – Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten? 3.3.2. Vorschriften zur Regelung der Zuständigkeit in dem Mitgliedstaat, dessen Gerichte zuständig sind 3.3.3. Vorschriften zur Bestimmung der für das Verfahren zuständigen Person 3.3.4. Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls
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10. b. Grünbuch über ein Europäisches Mahnverfahren
3.3.5. Umfang der gerichtlichen Prüfung des Anspruchs 3.3.6. Gerichtliche Entscheidung über den Zahlungsbefehl 3.3.7. Der Entscheidung beigefügte Belehrung des Schuldners über seine Verfahrensrechte und -pflichten 3.3.8. Zustellung des Zahlungsbefehls an den Schuldner 3.3.9. Widerspruch seitens des Schuldners 3.3.10. Auswirkungen des Widerspruchs 3.3.11. Auswirkungen bei nicht oder nicht fristgerecht erhobenem Widerspruch 3.3.12. Vorschriften betreffend anwaltliche Vertretung? 3.3.13. Vorschriften betreffend Kosten (Gerichtsgebühren, sonstige Auslagen) und ihre Erstattung 3.3.14. Vollstreckung 4.
TEIL III: MASSNAHMEN ZUR VEREINFACHUNG UND BESCHLEUNIGUNG DER STREITBEILEGUNG IM FALLE GERINGFÜGIGER FORDERUNGEN 4.1. Geltendes EG-Recht – Frühere Gemeinschaftsinitiativen 4.2. Hintergrund 4.3. In den Mitgliedstaaten vorhandene Verfahren für Streitigkeiten mit geringem Streitwert 4.3.1. Streitwertgrenze 4.3.2. Arten von Streitigkeiten 4.3.3. Obligatorisches oder fakultatives Bagatellverfahren 4.3.4. Einleitung des Verfahrens 4.3.5. Vertretung und Beistand 4.3.6. Alternative Verfahren der Streitbeilegung 4.3.7. Lockerung Bestimmter Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme 4.3.8. Einführung eines ausschließlich schriftlichen Verfahrens 4.3.9. Lockerung der inhaltlichen Anforderungen an das Urteil und zeitliche Vorgaben 4.3.10. Kosten 4.3.11. Ausschluss/Beschränkung von Rechtsmitteln 4.4. Handlungsbedarf auf Gemeinschaftsebene
5.
ANWENDUNGSBEREICH EINER REGELUNG FÜR GERINGFÜGIGE FORDERUNGEN 5.1. Streitwertgrenze 5.2. Arten von Streitigkeiten 5.3. Obligatorisches oder fakultatives Bagatellverfahren
6.
VEREINFACHUNG DES VERFAHRENSRECHTS 6.1. Gemeinsame Mindestvorschriften für Formulare 6.2. Vertretung und Beistand 6.3. Alternative Verfahren der Streitbeilegung 6.4. Lockerung bestimmter Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme 6.5. Einführung eines ausschließlich schriftlichen Verfahrens 6.6. Lockerung der inhaltlichen Anforderungen an das Urteil und zeitliche Vorgaben 6.7. Kosten 6.8. Ausschluss/Beschränkung von Rechtsmitteln 6.9. Weitere Vereinfachungsmöglichkeiten
7.
DIE FRAGEN IM ÜBERBLICK
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Zielsetzung des Grünbuchs Mit diesem Grünbuch soll eine Konsultation aller interessierten Kreise über Maßnahmen eingeleitet werden, die auf Gemeinschaftsebene ergriffen werden könnten: – zur Einführung eines europäischen Mahnverfahrens, d.h. eines spezifischen Verfahrens zur raschen und effizienten Beitreibung voraussichtlich unbestrittener Forderungen, das in allen Mitgliedstaaten verfügbar wäre, und – zur Vereinfachung und Beschleunigung der Beilegung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert (Bagatellsachen), also eines Bereichs der Streitbeilegung, in dem Verfahrensbeschleunigung und Kostenbegrenzung von besonderer Bedeutung sind, wenn verhindert werden soll, dass die Geltendmachung derartiger Forderungen unwirtschaftlich wird. Das Grünbuch stützt sich auf eine vergleichende Untersuchung der gegenwärtig in den Mitgliedstaaten praktizierten Lösungen für die relevanten Verfahrensfragen. Es soll die Ermittlung nachahmenswerter Verfahrensweisen erleichtern, die als Vorbild für europäische Regelungen dienen könnten. Konsultation der interessierten Kreise – Die Kapitel 1, 2, 3 und 5 des Grünbuchs enthalten eine Reihe von Fragen zu den nach Meinung der Kommission wichtigsten Aspekten, die bei der Bewertung möglicher Initiativen für ein europäisches Mahnverfahren einerseits und Maßnahmen zur einfacheren und schnelleren Beilegung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert andererseits geklärt werden müssen. Am Ende des Grünbuchs sind diese Fragen noch einmal im Überblick zusammengefasst. Die Kommission würde begründete Antworten zu diesen Fragen von allen Interessierten begrüßen. Selbstverständlich sind über die Beantwortung dieser Fragen hinaus Anmerkungen zu weiteren Aspekten dieser Themen, auch wenn sie nicht in diesem Grünbuch angesprochen werden, willkommen. Die Antworten auf die Fragen sowie gegebenenfalls sonstige Kommentare sollten bis spätestens 31. Mai 2003 an folgende Adresse gesandt werden: Europäische Kommission Generaldirektion Justiz und Inneres, Referat A.3 B-1049 Brüssel Fax: (+32-2) 299 64 57 E-Mail: [email protected] – Um die Bearbeitung der eingehenden Antworten und Kommentare zu erleichtern, wird darum gebeten, jeweils anzugeben, wenn dieselben Beiträge mehrfach (z.B. per E-Mail und per Fax) übermittelt worden sind. Die Antworten und Kommentare können auf der Website der Kommission veröffentlicht werden, sofern der Absender dem nicht ausdrücklich widerspricht. Im Frühjahr 2003 wird die Kommission untersuchen, ob eine öffentliche Anhörung abgehalten werden sollte, um die in dem Grünbuch angesprochenen Themen weiter zu erörtern.
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1. TEIL I: EINFÜHRUNG Das Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen1 ist als derzeitiges Arbeitsprogramm der Kommission in erster Linie auf die Vereinfachung der Anerkennung und Vollstreckung von in anderen Mitgliedstaaten ergangenen Urteilen gerichtet und nicht auf die Annäherung oder Harmonisierung des Verfahrensrechts. In diesem Programm wird allerdings festgestellt, dass in bestimmten Bereichen die Abschaffung der Zwischenmaßnahmen, die nach wie vor zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen notwendig sind, mit der gemeinschaftsweiten Einführung eines spezifischen Verfahrens einhergehen könnte, und zwar entweder in Form eines durch Verordnung geregelten einheitlichen Verfahrens oder in Form eines harmonisierten Verfahrens, das jeder Mitgliedstaat nach Maßgabe einer Richtlinie einführt. Entsprechend den Schlussfolgerungen des Europäischen Rats von Tampere wird in dem Programm ausdrücklich eine gemeinsame Regelung gefordert für – ein spezifisches Verfahren zur raschen und effizienten Beitreibung unbestrittener Forderungen (Europäisches Mahnverfahren) und – die Vereinfachung und Beschleunigung der Beilegung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert (Bagatellsachen). Bagatellverfahren und Mahnverfahren sind zwar unterschiedlichen verfahrensrechtlichen Bereichen zuzuordnen, doch stellen sich bei einer etwaigen Harmonisierung oder Einführung eines einheitlichen europäischen Verfahrens zum Teil dieselben Probleme. Es handelt sich hier um die ersten Initiativen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit, die direkt die Verfahrensvorschriften zur Erwirkung einer vollstreckbaren Entscheidung betreffen. Den beiden Bereichen gemeinsam sind zwei Fragestellungen, die die Art und Weise einer europäischen Regelung betreffen (deren Lösung aber durchaus unterschiedlich ausfallen kann): 1.1. Anwendbarkeit einer europäischen Regelung nur auf Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug oder auch auf reine Inlandssachen Vorstellbar wären Vorschriften, die allein für Streitsachen mit geringem Streitwert oder für Mahnverfahren gelten, an denen zwei Parteien mit Wohnsitz in verschiedenen Mitgliedstaaten beteiligt sind. Damit wären nur Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug erfasst. Andererseits wird der grenzüberschreitende Bezug einer Streitsache möglicherweise erst sichtbar, wenn der Gläubiger die Vollstreckung betreiben will und dabei feststellt, dass sie in einem anderen Mitgliedstaat zu erfolgen hat, weil der Schuldner in diesen Staat gezogen ist oder nur dort über pfändbares Vermögen verfügt. Auch wäre es unter Umständen unbefriedigend, ein effizientes europaweites Verfahren nur für internationale Forderungen vorzusehen, während Gläubiger bei Streitigkeiten mit reinem Inlandsbezug möglicherweise auf das langwierige ordentliche Zivilverfahren angewiesen sind, das ihren berechtigten Ansprüchen nicht genügt. Über praktische Erwägungen und Gerechtigkeitsaspekte hinaus könnte ein ausgeprägtes Missverhältnis, was die Effizienz der Gläubigern aus anderen Mitgliedstaaten für die Beitreibung ihrer – geringfügigen
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ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 1.
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oder unbestrittenen – Forderungen zur Verfügung stehenden Verfahren anbelangt, direkte Auswirkungen auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts haben. Dies wäre bedenklich, wenn Streitparteien in der Europäischen Union keinen Zugang zu einem vergleichbar leistungsfähigen Rechtsschutz hätten. Die Gleichheit von Bürgern und Geschäftspartnern in einem integrierten Raum setzt jedoch Waffengleichheit in rechtlicher Hinsicht voraus. Ein Unternehmen, das in einem Mitgliedstaat tätig ist, dessen Rechtsordnung eine rasche und effektive Durchsetzung von Ansprüchen ermöglicht, dürfte erhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber einem Konkurrenten haben, dessen rechtliche Rahmenbedingungen keine vergleichbar wirksamen Verfahren zu bieten haben. Derartige Unterschiede können Unternehmen sogar davon abschrecken, das ihnen nach dem EG-Vertrag zustehende Niederlassungsrecht in anderen Mitgliedstaaten wahrzunehmen. Aus diesem Grund könnte sich die Anwendung etwaiger Regelungen für Mahn- und Bagatellverfahren auch auf reine Inlandssachen als nützlich erweisen. Frage 1: Sollten die europäischen Regelungen für Mahn- und Bagatellverfahren nur auf Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug oder auch auf reine Inlandssachen anwendbar sein? Nehmen Sie bitte zu den Vor- und Nachteilen eines eingeschränkten bzw. erweiterten Anwendungsbereichs beider Regelungen Stellung. 1.2. Wahl des geeigneten Rechtsinstruments zur Annäherung des Verfahrensrechts Mit der Wahl des Rechtsinstruments, das für die Annäherung des Verfahrensrechts als geeignet angesehen wird, sind erhebliche Folgen verbunden. Eine Richtlinie könnte auf die Grundprinzipien beschränkt werden, so dass die Mitgliedstaaten das Verfahren in gewissem Maße nach ihren eigenen Bedürfnissen gestalten könnten. Da sie jedoch verpflichtet sind, ihre Rechtsvorschriften den Anforderungen der Richtlinie anzupassen, hätte dies unweigerlich die Ersetzung der entsprechenden innerstaatlichen Regelung zur Folge. Eine direkt anwendbare Verordnung ließe den Mitgliedstaaten demgegenüber keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten. Die Einführung eines einheitlichen europäischen Verfahrens bedeutet aber noch nicht, dass dieses Verfahren innerstaatliches Recht verdrängen würde. Es könnte auch als Alternative verstanden werden, die ohne Reibungsverluste neben den einzelstaatlichen Verfahren für geringfügige oder unbestrittene Forderungen angeboten würde. In welchem Maße ist unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips Einheitlichkeit erforderlich, um das gewünschte Plus an Effizienz und Handhabbarkeit zu erlangen? Wie viel Handlungsfreiheit und Flexibilität kann den Mitgliedstaaten eingeräumt werden, ohne das ursprüngliche Ziel, die Erleichterung gleichen und gleich effizienten Zugangs zum Recht, zu beeinträchtigen? Zu bedenken ist auch, dass sich zwischen einheitlichen und harmonisierten Verfahren nicht so leicht unterscheiden lässt, wie dies auf den ersten Blick erscheinen mag. Auch im Fall einer Verordnung würden alle Fragen, die bewusst von einer Regelung ausgenommen werden, für ergänzende innerstaatliche Vorschriften offen bleiben, ja würden geradezu nach einer innerstaatlichen Regelung verlangen. Beispielsweise wäre durchaus denkbar, einer Verordnung den Vorzug zu geben, um sicherzustellen, dass die Grundprinzipien eines europäischen Mahnverfahrens einheitlich geregelt werden, die weniger zentralen Fragen aber den Mitgliedstaaten zu überlassen, die sie nach ihren eigenen Bedürfnissen möglicherweise unterschiedlich regeln könnten. Gleichzeitig könnte sich eine Richtlinie in Bezug auf die wesentlichen Aspekte eines Bagatellverfahrens als Schütze
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das geeignetere Rechtsinstrument erweisen. In jedem Fall gilt es, die wesentlichen Verfahrensaspekte festzulegen, die eine Harmonisierung rechtfertigen und in einem Rechtsinstrument – sei es nun in Form einer Verordnung oder einer Richtlinie – geregelt werden müssen. Im Folgenden werden die wesentlichen Verfahrensfragen für Mahn- und Bagatellverfahren getrennt erörtert. Frage 2: Ist eine Verordnung oder eine Richtlinie das geeignete Rechtsinstrument für Mahnund Bagatellverfahren?
2. TEIL II: EIN EUROPÄISCHES MAHNVERFAHREN 2.1. Einführung 2.1.1. Zugang zu wirksamem Rechtsschutz bei Pflichtversäumnis seitens des Schuldners ohne erkennbares Bestreiten des behaupteten Anspruchs hinsichtlich Art, Umfang und Rechtmäßigkeit Ein Großteil der Gerichtsverfahren in den Mitgliedstaaten ist bekanntermaßen nicht in erster Linie darauf gerichtet, eine abschließende, unparteiische Entscheidung über streitige Tatsachen oder Rechtsfragen zu erwirken. Es ist vielmehr immer häufiger die Regel und nicht die Ausnahme, dass der Gläubiger, ohne dass ein konkreter Rechtsstreit besteht, die Justiz in Anspruch nehmen muss, um einen vollstreckbaren Titel zu erwirken, mit dem er eine Forderung, der der Schuldner nicht nachkommen kann oder will, im Wege der Zwangsvollstreckung beitreiben kann.2 Diese Situation stellt die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten vor vielfältige Herausforderungen. Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass die tatsächlich strittigen Fälle zu einem möglichst frühen Zeitpunkt im Verfahren von denjenigen unterschieden werden, in denen in Wirklichkeit kein Rechtsstreit besteht. Diese Unterscheidung ist für den effizienten Einsatz der begrenzten Ressourcen, die den Gerichten zur Verfügung stehen, zwar nicht ausreichend, jedoch notwendig. Sie ermöglicht es den Gerichten, sich auf die Beilegung tatsächlicher Streitfälle zu konzentrieren und in angemessenem Zeitrahmen Recht zu sprechen. Dieses Ziel ist jedoch nur zu erreichen, wenn ein schnelles und wirksames Verfahren für unstrittige Forderungen vorhanden ist und der Justiz die Entlastung bringt, die zur Vermeidung beträchtlicher Rückstände unerlässlich ist. Angesichts der oben erwähnten Zahl unstrittiger Fälle ist daher ein Prozessrecht, das eine effiziente Rechtsprechung gewährleistet, ein entscheidender Faktor für die Leistungsfähigkeit der gesamten Rechtsordnung.
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2 2000 waren die spezifischen Bagatellverfahren, die in den Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, Gegenstand einer von der Kommission durchgeführten Studie. Der Fragebogen, der in diesem Zusammenhang an die Mitgliedstaaten verteilt wurde, enthielt auch einige Fragen zu unbestrittenen Forderungen. Die Antworten der Mitgliedstaaten sind im Abschlussbericht von Evelyne Serverin, Directeur de recherche am CNRS IDHE-ENS CACHAN, in einer Tabelle zusammengefasst (Des Procédures de traitement judiciaire des demandes de faible importance ou non contestées dans les droits des EtatsMembres de l’Union Européenne, Cachan 2001, S. 30). Ihnen ist zu entnehmen, dass der Anteil der unbestrittenen Forderungen an der Gesamtheit der von den erstinstanzlichen ordentlichen Zivilgerichten behandelten Rechtssachen in den Ländern, in denen umfassende statistische Daten vorhanden sind, zwischen 50% (Irland) und über 80% (Deutschland, Österreich, Schweden) beträgt.
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Die rasche Eintreibung ausstehender Forderungen, deren Rechtmäßigkeit nicht in Frage gestellt wird, ist für die Wirtschaftsbeteiligten in der Europäischen Union von größter Bedeutung. Ein Rechtsrahmen, der dem Gläubiger keinen Zugang zu rascher Regulierung unbestrittener Ansprüche garantiert, räumt zahlungsunwilligen Schuldnern möglicherweise bis zu einem gewissen Grad Straffreiheit ein und schafft auf diese Weise einen Anreiz, Zahlungen absichtlich zum eigenen Vorteil zurückzuhalten.3 Zahlungsverzug ist einer der wichtigsten Gründe für die Insolvenz, die das Überleben der Unternehmen, insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen, gefährdet und zahlreiche Arbeitsplätze kostet. Wenn selbst für die Beitreibung unbestrittener Forderungen lästige zeit- und kostenaufwendige Gerichtsverfahren angestrengt werden müssen, führt dies zwangsläufig zu einer Verschärfung dieser schädlichen wirtschaftlichen Folgen. 2.2. Definition des Mahnverfahrens Alle Mitgliedstaaten versuchen, das Problem der Beitreibung einer Masse unbestrittener Forderungen auf dem Rechtsweg aus ihrer eigenen Perspektive im Rahmen ihrer Rechtstraditionen und Verfahren zu lösen. Wie zu erwarten, weichen die einzelstaatlichen Lösungswege sowohl in technischer Hinsicht als auch in Bezug auf den Erfolg stark voneinander ab. In manchen Mitgliedstaaten sind die wichtigsten verfahrensrechtlichen Instrumente im Umgang mit Forderungen, die nicht Gegenstand eines Rechtsstreits sind, Versäumnisurteile, im Rahmen des ordentlichen Zivilprozesses vorgesehene besondere summarische Verfahren oder sogar einstweilige Verfügungen, die ihrer Wirkung nach so gut wie definitiv sind, da sich in der Praxis kaum ein Hauptverfahren anschließt.4 In einigen Mitgliedstaaten hat sich allerdings ein eigenes Mahnverfahren als besonders wirkungsvoll erwiesen, um die rasche und kostengünstige Beitreibung von Forderungen zu erwirken, von denen anzunehmen ist, dass sie unbestritten bleiben. Zurzeit ist ein solches Verfahren im Zivilprozessrecht von elf Mitgliedstaaten (Österreich, Belgien, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, Portugal, Spanien, Schweden) vorgesehen.5 Die französische injonction de payer und das deutsche Mahnverfahren sind die bekanntesten Beispiele. In den letzten Jahren wurden Zahlungsbefehle auch in Spanien und Portugal eingeführt, wo Gläubigern zuvor ein vollstreckbarer Titel dieser Art nicht zur Verfügung stand.6 Diese Entwicklung zeigt, dass dieser Verfahrenstyp in der Europäischen Union zunehmend geschätzt wird. Die in den Mitgliedstaaten verfügbaren Mahnverfahren unterscheiden sich beträchtlich voneinander, und zwar in so entscheidenden Aspekten wie Anwendungsbereich, Zuständigkeit für die Erteilung eines Zahlungsbefehls oder formale und materielle Vo-
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3 Gestützt auf die Ergebnisse einer Studie, die 1994 im Auftrag der Kommission durchgeführt wurde (European Late Payment Survey – Intrum Justitia), schätzte die Kommission in ihrer Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament „Wege zu einer effizienteren Erwirkung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in der Europäischen Union“, ABl. C 33 vom 31.1.1998, S. 3, Absatz 38, den Anteil der Fälle vorsätzlich herbeigeführten Zahlungsverzugs unionsweit auf 35%. 4 In den Niederlanden hat das Fehlen eines kurzen, einfachen und kostengünstigen Verfahrens zur Beitreibung von Forderungen dazu geführt, dass die Gerichte extensiven Gebrauch von einstweiligen Verfügungen (kort geding) machen. 5 In Belgien hat sich allerdings das summarische Mahnverfahren (procédure sommaire d’injonction de payer) aufgrund struktureller Mängel (beispielsweise muss dem Zahlungsbefehl ein förmliches Schreiben vorausgehen) als beschwerlicher als die ordentlichen Zivilverfahren erwiesen und konnte sich daher in der Rechtspraxis nicht durchsetzen. 6 In Portugal hat sich die Leistungsfähigkeit des Mahnverfahrens seit 1998 nach einer gründlichen Reform der seit 1993 geltenden diesbezüglichen Rechtsvorschriften verbessert. In Spanien wurde 1999 der proceso monitorio eingeführt.
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raussetzungen für eine positive Entscheidung. Trotz der Unterschiede zwischen den vorhandenen Verfahrenstypen sind ihnen die nachstehenden Merkmale gemeinsam, die somit für die Definition des Mahnverfahrens herangezogen werden können. Auf Antrag des Gläubigers entscheidet das Gericht oder eine andere zuständige Behörde über die Forderung, ohne dass dem Schuldner zuvor Gelegenheit gegeben wird, sich zu äußern. Diese Entscheidung wird dem Schuldner mit der Aufforderung zugestellt, entweder der Entscheidung nachzukommen oder die Forderung innerhalb einer bestimmten Frist zu bestreiten. Bleibt der Schuldner untätig, kann der Zahlungsbefehl vollstreckt werden. Nur wenn er Widerspruch erhebt, kann ein ordentliches Verfahren eingeleitet werden. Im Gegensatz zu den üblichen Verfahrensregeln bleibt es dem Adressaten des Zahlungsbefehls überlassen, das streitige Verfahren einzuleiten. Diese Umkehr der Verfahrensinitiative, die im Französischen besonders prägnant mit inversion du contentieux bezeichnet wird, in Kombination mit dem Schutz der Verteidigungsrechte durch die Möglichkeit für den Schuldner, die Erteilung eines vollstreckbaren Titels zu unterbinden, ist das Hauptmerkmal des Mahnverfahrens. 2.3. Handlungsbedarf auf Gemeinschaftsebene Es dürfte auf der Hand liegen, dass Dauer und Kosten eines ordentlichen Zivilverfahrens, das für unbestrittene Ansprüche ungeeignet ist, bei Rechtssachen mit grenzüberschreitendem Bezug erst recht die Grenze des Verhältnismäßigen überschreiten können. Die Unkenntnis über die Rechtsordnung anderer Mitgliedstaaten und die daraus folgende Notwendigkeit, einen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen, die zeitaufwendige Zustellung von gerichtlichen Schriftstücken an Parteien außerhalb des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren stattfindet, sowie die Auslagen für Übersetzungen sind nur die augenfälligsten Faktoren, die Gläubigern mit grenzüberschreitenden Ansprüchen das Leben schwer machen. Mit diesen Problemen ist jeder grenzüberschreitende Rechtsstreit verbunden, unabhängig davon, ob ein Anspruch strittig ist oder nicht. Dessen ungeachtet wird der Unterschied zwischen einem raschen Beitreibungsverfahren für reine Inlandssachen und dem Zeit- und Kostenaufwand, der entsteht, wenn die Parteien ihren Wohnsitz in unterschiedlichen Mitgliedstaaten haben, unerträglich, wenn die Rechtmäßigkeit des betreffenden Anspruchs noch nicht einmal vom Schuldner bestritten wird. Diese Situation begünstigt zahlungsunwillige Schuldner in grenzüberschreitenden Streitigkeiten und schreckt Wirtschaftsbeteiligte möglicherweise davon ab, ihre Tätigkeit über die Grenzen ihres Herkunftsmitgliedstaats hinaus auszuweiten, beeinträchtigt also den Handel zwischen den Mitgliedstaaten. Selbst wenn es in allen Mitgliedstaaten ein effizientes einzelstaatliches Verfahren zur Beitreibung unbestrittener Forderungen gäbe (was gegenwärtig bei weitem nicht der Fall ist),7 würde dies die Situation nicht entscheidend verbessern, da die tief greifenden Unterschiede zwischen derartigen Verfahren und die mangelnde Vertrautheit mit ihnen an sich bereits erhebliche Hindernisse für die Beilegung grenzüberschreitender Streitigkeiten darstellen. Ein harmonisierter europäischer Zahlungsbefehl würde maßgeblich dazu beitragen, den Zugang zu einer effizienten Rechtsprechung zu erleichtern. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es sich bei Streitigkeiten mit grenzüberschreitendem Bezug keineswegs ausschließlich um Fälle handelt, bei denen die am Hauptverfahren beteiligten Parteien in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind. Eine ur-
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7 Selbst in den Mitgliedstaaten, in denen es Mahnverfahren gibt, sind sie häufig (in Österreich, Belgien, Italien und Luxemburg) nicht anwendbar, wenn der Schuldner im Ausland ansässig ist.
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sprünglich reine Inlandssache kann grenzüberschreitenden Charakter annehmen, weil ein in einem Mitgliedstaat ergangenes Urteil in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden muss, z.B. wenn der Schuldner seinen Wohnsitz in diesen Staat verlegt hat oder nur dort über pfändbares Vermögen verfügt. Die Vollstreckbarerklärung (Exequatur), die Voraussetzung dafür ist, dass ein Urteil in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, in dem es ergangen ist, vollstreckt werden kann,8 verursacht Verzögerungen und Kosten in einem Maße, dass der Rat und die Kommission die Abschaffung solcher Zwischenmaßnahmen im Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen9 als eine der Prioritäten der Gemeinschaft hervorheben. Wenn die Möglichkeit bestünde, gemäß den Regeln der internationalen Zuständigkeit einen vollstreckbaren Titel in dem Mitgliedstaat zu erwirken, in dem die Vollstreckung durch ein harmonisiertes Mahnverfahren angestrebt wird, würde in etlichen Fällen die Notwendigkeit, zum Zwecke der Vollstreckung grenzüberschreitend tätig zu werden, überhaupt entfallen. In den Fällen, in denen die Vollstreckung außerhalb des Mitgliedstaates, in dem die Entscheidung ergangen ist, unumgänglich ist, könnte die generelle Einführung eines europäischen Mahnverfahrens die Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren erheblich erleichtern oder sogar überflüssig machen.10 Die Aufrechterhaltung des Rechts auf Nichtanerkennung eines ausländischen Vollstreckungsurteils ist zu einem großen Teil Folge der unterschiedlichen einzelstaatlichen Gesetzgebung und der mangelnden Kenntnis ausländischer Vorschriften, insbesondere hinsichtlich ihrer Übereinstimmung mit den Anforderungen, die sich aus der Aufzählung der Gründe für eine Ablehnung oder Aufhebung der Vollstreckbarerklärung ergeben.11 Bei Versäumnisurteilen – und Zahlungsbefehle sind insoweit Versäumnisurteile, als sie nur dann vollstreckbar werden, wenn der Schuldner untätig bleibt und keinen Widerspruch einlegt12 – gilt diese Argumentation insbesondere für die heikle Frage der Wahrung der in Artikel 34 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 44/ 2001 des Rates verankerten Verteidigungsrechte. Wenn ein europäisches Mahnverfahren einheitliche Vorschriften auch für den Schutz der Verteidigungsrechte enthielte, könnte die vollständige Abschaffung der Zwischenmaßnahmen zur Anerkennung und Vollstreckung in greifbare Nähe rücken.13 Es ist fraglich, ob ein europäisches Mahnverfahren ausschließlich für die grenzüberschreitende Streitbeilegung gelten sollte. Neben den allgemeinen Überlegungen zu die-
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8 Das Vollstreckbarerklärungsverfahren (Exequaturverfahren), das ursprünglich in Artikel 31 ff. des Übereinkommens von Brüssel über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (konsolidierte Fassung in ABl. C 27 vom 26.1.1998, S. 1) niedergelegt wurde, wurde abgeändert und ist nun in Artikel 38 ff. der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000, ABl. L 12, S. 1 geregelt, die am 1. März 2002 in Kraft trat. 9 ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 1. 10 Diese Auffassung wurde bereits in der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Wege zu einer effizienteren Erwirkung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in der Europäischen Union“, ABl. C 33 vom 31.1.1998, S. 3 vertreten. 11 Artikel 45 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 34 und 35 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates. 12 Der Europäische Gerichtshof hat die Übereinstimmung von Zahlungsbefehlen mit Artikel 27 Absatz 2 des Brüsseler Übereinkommens von 1998, der Versäumnisurteile in Verfahren regelt, auf die sich der Beklagte nicht eingelassen hat, in folgenden Rechtssachen geprüft: Hengst Import BV gegen Campese (C-474/93), 13.7.1995, Slg. 1995 I-2113 (italienisches procedimento d’ingiunzione) und in Klomps gegen Michel (C-166/80), 16.6.1981, Slg. 1981, 1593 (deutsches Mahnverfahren). 13 Das unvermeidliche Risiko einer falschen Auslegung bzw. Anwendung dieser Vorschriften in Einzelfällen stellt in dieser Hinsicht kein Hindernis dar, da derartige Fehler in einem rein inländischen Kontext die Vollstreckbarkeit eines Urteils nicht ausschließen, solange das Urteil selbst von der unterlegenen Partei nicht angefochten wird.
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ser Frage im Zusammenhang mit den anderen Themen des vorliegenden Grünbuchs14 sollten die folgenden Gedanken berücksichtigt werden. Angesichts der Tatsache, dass ein Mahnverfahren im Kern ein Verfahren zur Beitreibung einer Masse unbestrittener Forderungen ist und auf dem Gerichtswege betrieben wird, weil allein die Gerichte befugt sind, vollstreckbare Titel zu erlassen, wäre es vertretbar, eine Situation, die eine deutliche Unausgewogenheit hinsichtlich der Effizienz der den Gläubigern in den einzelnen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehenden verfahrensrechtlichen Mittel impliziert, als Wettbewerbsverzerrung im Binnenmarkt einzustufen.15 Mit der Einführung eines europäischen Mahnverfahrens könnte im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip ein weiterer Beitrag zur rechtlichen Harmonisierung geleistet werden, da derartige Verfahren nicht untrennbar mit anderen Vorschriften für Zivilverfahren verknüpft sind, sondern gesondert zu betrachten sind. Nur wenn das Mahnverfahren durch den Widerspruch des Schuldners beendet wird, kann es in ein ordentliches Zivilverfahren übergehen. Daher würde die Einführung eines europäischen Mahnverfahrens keine weitere Annäherung der verfahrensrechtlichen Vorschriften in den Mitgliedstaaten erforderlich machen. Aus den oben dargelegten Gründen und um der Kommission die Mittel an die Hand zu geben, den Handlungsbedarf auf Gemeinschaftsebene und die Art der erforderlichen Maßnahmen besser einzuschätzen, verfolgt das vorliegende Grünbuch u.a. das Ziel, mehr Informationen über die Funktionsweise der verfahrensrechtlichen Vorschriften für die Beitreibung unbestrittener Forderungen in Form eines Mahnverfahrens oder eines anderen Verfahrens in den Mitgliedstaaten zu sammeln. Die Analyse des vorhandenen gesetzlichen Rahmenwerks führt nicht zwangsläufig zu den richtigen Schlussfolgerungen, was die Leistungsfähigkeit eines bestimmten Verfahrens in der alltäglichen Praxis betrifft. Je unterschiedlicher die Akzeptanz und der Erfolg der Verfahren, die der einfacheren und schnelleren Erwirkung einer vollstreckbaren Entscheidung über letzten Endes unbestrittene Forderungen dienen, desto ausgeprägter das oben skizzierte Ungleichgewicht und desto dringender der Bedarf für eine Angleichung innerhalb der Gemeinschaft. Frage 3: Sind bei der Anwendung des Mahnverfahrens oder eines anderen Verfahrens zur Beitreibung unbestrittener Forderungen in Ihrem Mitgliedstaat Probleme aufgetreten und wenn ja, welche? Geben Sie bitte an, wie hoch die Akzeptanz dieser Verfahren ist und wie erfolgreich sie in der Praxis sind. Gelten diese Verfahren auch für Streitigkeiten mit grenzüberschreitendem Bezug, bei denen entweder der Gläubiger oder der Schuldner seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat? Falls ja, sind bei der Anwendung Probleme aufgetreten und wenn ja, welche? Falls nein, wie ist über unbestrittene Forderungen mit grenzüberschreitendem Bezug zu entscheiden?
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14 Siehe oben 1.1. 15 Laut der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament „Wege zu einer effizienteren Erwirkung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in der Europäischen Union“, ABl. C 33 vom 31.1.1998, S. 3, Absatz 38 ergab die Studie „European Payment Habits Survey“, Intrum Justitia (siehe Fußnote 3), dass der Anteil vorsätzlich herbeigeführter Zahlungsrückstände in Mitgliedstaaten, in denen die Verfahren zur Erwirkung und Vollstreckung von Urteilen schnell, kostengünstig und effizient sind, deutlich unter dem unionsweiten Durchschnitt von 35% liegt.
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2.4. Hintergrund 2.4.1. Initiativen zur Einführung eines europäischen Mahnverfahrens vor Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam 2.4.1.1. Der Storme-Vorschlag 1993 legte eine Arbeitsgruppe von Sachverständigen des Verfahrensrechts unter dem Vorsitz von Professor Marcel Storme der Kommission einen Vorschlagsentwurf für eine Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften und Regelungen betreffend bestimmte Aspekte des zivilrechtlichen Streitbeilegungsverfahrens in den Mitgliedstaaten (den so genannten Storme-Vorschlag)16 vor. Diese erste umfassende Auseinandersetzung mit den grundlegendsten Merkmalen des Zivilprozesses,17 die sich auf eine eindeutig binnenmarktorientierte Argumentation stützt,18 stellt in einem Abschnitt detaillierte Regeln für ein Mahnverfahren auf und erkennt damit die besondere Bedeutung einer Harmonisierung in diesem Bereich an.19 Obwohl dieser Vorschlag nie in eine Gesetzgebungsinitiative der Kommission mündete, ist er dennoch ein wichtiges Referenzwerk, das wertvolle Anregungen enthält. 2.4.1.2. Die Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs 1998 legte die Kommission ihren Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Handelsverkehr vor.20 Mit der Begründung, dass Folgen des Zahlungsverzugs wie z.B. eine dem Gläubiger zustehende Verzinsung nach Ablauf des Fälligkeitstermins nur dann abschreckend wirken könnten, wenn sie mit schnell, wirksam und kostengünstig arbeitenden Beitreibungsverfahren gekoppelt seien,21 verpflichtete Artikel 5 des Entwurfs die Mitgliedstaaten, dafür Sorge zu tragen, dass ein beschleunigtes Beitreibungsverfahren für unbestrittene Geldforderungen bestehe, und legte einige wesentliche Mindestmerkmale eines solchen Verfahrens fest. Auch wenn der Begriff ‚Mahnverfahren‘ in dem Text nicht verwendet wird, dürfte die Annahme zulässig sein, dass den Verfassern des Entwurfs vor allem ein sol-
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16 Der Text erschien 1995 unter dem Titel Storme (ed.), Rapprochement du droit judiciaire de l’Union Européenne – Approximation of judiciary law in the European Union, Dordrecht/Boston/London. 17 Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass diesem Vorschlag eine Empfehlung des Europarats betreffend Maßnahmen zur Vereinfachung des Zugangs zum Recht vorausging („Recommendation No. R (81) 7 On Measures Facilitating Access to Justice“ vom 14.5.1981). In dieser Empfehlung sprach sich der Europarat dafür aus, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass bei unbestrittenen oder nachgewiesenen bezifferten Forderungen innerhalb kurzer Zeit, ohne unnötige Formalitäten oder Kosten und ohne persönliches Erscheinen vor Gericht, ein Endurteil ergehen kann („provisions should be made for undisputed or established liquidated claims to ensure that in these matters a final decision is obtained quickly without unnecessary formality, appearances before the court or costs“). 18 Der einführende Bericht von Prof. Marcel Storme befasst sich ausführlich mit der Notwendigkeit einer Harmonisierung des Zivilprozessrechts, die sich aus der Schaffung eines Binnenmarkts ergibt, und behandelt das Thema sowohl unter ökonomischen Gesichtspunkten als auch im Hinblick auf die Rechtsgrundlagen der Gemeinschaftsgesetzgebung in diesem Bereich. 19 Die Arbeitsgruppe hatte ursprünglich die Absicht, ein vollständiges Modell einer europäischen Zivilprozessordnung zu entwerfen. Den endgültigen Vorschlag kennzeichnet jedoch eine deutliche Diskrepanz zwischen Bereichen (wie z.B. dem Mahnverfahren), die im Detail behandelt werden und für die ein gemeinsames harmonisiertes Verfahren vorgeschlagen wird, und anderen, in denen er sich auf die Aufstellung allgemeiner Grundsätze oder Mindeststandards beschränkt. 20 KOM (98) 126 endg., ABl. C 168 vom 3.6.1998, S. 13. 21 Erwägungsgrund 14 des Vorschlags, der zu Erwägungsgrund 20 der Richtlinie wurde.
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ches Verfahren vorschwebte.22 Die Richtlinie, die schließlich am 29. Juni 200023 gestützt auf Artikel 95 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft angenommen wurde, folgte einem zurückhaltenderen Ansatz. Statt der Einführung eines (möglicherweise neuen) spezifischen Verfahrens verpflichtet Artikel 5 die Mitgliedstaaten, dafür Sorge zu tragen, dass ein vollstreckbarer Titel binnen 90 Kalendertagen im Einklang mit ihren jeweiligen nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erwirkt werden kann.24 Es bleibt abzuwarten, ob die Umsetzung von Artikel 5 zu spürbaren Veränderungen in den einzelstaatlichen Verfahren führt.25 In jedem Fall ist diese Bestimmung als ein vorsichtiger erster Schritt anzusehen und nicht als letzter Schritt des Prozesses, an dessen Ende die Einführung eines effizienten europäischen Beitreibungsverfahrens für unbestrittene Forderungen steht. 2.5. Der Vertrag von Amsterdam und seine Auswirkungen Mit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam wird die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen von der dritten Säule (Artikel K.1 (6) EUV) in die erste Säule überführt. Gemäß Artikel 61 c) und 65 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ergreift die Gemeinschaft Maßnahmen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitenden Bezügen, soweit sie für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich sind. Laut Artikel 65 c) schließen diese Maßnahmen die Beseitigung der Hindernisse für eine reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren, erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften ein. Diese neue Gemeinschaftskompetenz verlieh der Diskussion über eine weitergehende Annäherung des Verfahrensrechts auch im Bereich der unbestrittenen Forderungen neuen Schwung.26 2.6. Die Schlussfolgerungen von Tampere Auf seiner Tagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere unterstützte der Europäische Rat den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung in Zivilsachen und anderen
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22 Die Begründung des Vorschlags nahm ausdrücklich Bezug auf die französische injonction de payer und das deutsche Mahnverfahren. 23 Richtlinie 2000/35/EG, ABl. L 200 vom 8.8.2000, S. 35. Die Umsetzungsfrist ist am 8. August 2002 abgelaufen. 24 Artikel 5 (Beitreibungsverfahren für unbestrittene Forderungen) lautet: „(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass ein vollstreckbarer Titel unabhängig von dem Betrag der Geldforderung in der Regel binnen 90 Kalendertagen ab Einreichung der Klage oder des Antrags des Gläubigers bei Gericht oder einer anderen zuständigen Behörde erwirkt werden kann, sofern die Geldforderung oder verfahrensrechtliche Aspekte nicht bestritten werden. Dieser Verpflichtung haben die Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften nachzukommen. (2) Die jeweiligen nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften müssen für alle in der Europäischen Gemeinschaft niedergelassenen Gläubiger die gleichen Bedingungen vorsehen. (3) In die Frist des Absatzes 1 von 90 Kalendertagen sind nachstehende Zeiträume nicht einzubeziehen: a) die Fristen für Zustellungen; b) alle vom Gläubiger verursachten Verzögerungen, wie etwa der für die Korrektur von Anträgen benötigte Zeitraum.“ 25 Es ist wohl damit zu rechnen, dass die meisten, wenn nicht alle Mitgliedstaaten den Anspruch erheben werden, dass ihr Verfahrensrecht diese Bedingungen bereits erfüllt. In dieser Hinsicht hängt viel von der Auslegung der Formulierung „in der Regel“ ab. Bezieht sie sich nur auf den rechtlichen Rahmen oder auch auf die empirischen Tatsachen der praktischen Effizienz der Gerichte? 26 Das heißt jedoch nicht, dass die Artikel 61 Buchstabe c) und 65 als einzige Rechtsgrundlage für ein europäisches Mahnverfahren in Betracht kämen.
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Entscheidungen der Justizbehörden als Eckstein der künftigen justiziellen Zusammenarbeit innerhalb der Union. Unter der Überschrift „Größere Konvergenz im Bereich des Zivilrechts“ ersuchte er den Rat und die Kommission, neue verfahrensrechtliche Vorschriften für grenzüberschreitende Fälle insbesondere zu den Punkten auszuarbeiten, die unabdingbar für eine reibungslose justizielle Zusammenarbeit und für einen verbesserten Zugang zum Recht sind. Mahnbescheide wurden ausdrücklich als eines der Beispiele für solche entscheidenden Punkte aufgeführt.27 Der Europäische Rat ersuchte den Rat und die Kommission, bis Dezember 2000 ein Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung anzunehmen. Im Rahmen dieses Programms sollten auch Arbeiten in Bezug auf einen europäischen Vollstreckungstitel und über diejenigen verfahrensrechtlichen Aspekte initiiert werden, bei denen zur Erleichterung der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gemeinsame Mindeststandards für notwendig erachtet werden. 2.7. Das Programm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung Das gemeinsame Maßnahmenprogramm der Kommission und des Rates zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, das am 30. November 2000 vom Rat angenommen wurde, hob die Abschaffung des Exequaturverfahrens für unbestrittene Forderungen als eine der Prioritäten der Gemeinschaft hervor. Mit Hinweis auf den Widerspruch, der in dem Umstand bestehe, dass ein Exequaturverfahren die Vollstreckung von Entscheidungen in Bezug auf unbestrittene Forderungen verzögern könne, bezeichnete das Programm diesen Bereich als einen der ersten, in denen das Exequatur abgeschafft werden sollte, da die rasche Beitreibung ausstehender Forderungen eine absolute Notwendigkeit für den Handel und den an einem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts interessierten Wirtschaftskreisen seit jeher ein Anliegen sei.28 Wie bereits erwähnt zielt das Programm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung in erster Linie auf die Vereinfachung der Anerkennung und Vollstreckung von in anderen Mitgliedstaaten ergangenen Urteilen ab. Es ist kein Programm zur Harmonisierung des einzelstaatlichen Verfahrensrechts. Die Annäherung der verfahrensrechtlichen Vorschriften in Form von Mindeststandards oder durch Harmonisierung wird nicht als Ziel an sich betrachtet, sondern als flankierende Maßnahme, die in bestimmten Bereichen eine Vorbedingung für die gewünschten Fortschritte in Richtung einer schrittweisen Abschaffung des Exequaturverfahrens sein könnte.29 Im selben Dokument wird betont, dass in bestimmten Bereichen die Abschaffung des Exequaturverfahrens durch die Schaffung eines echten europäischen Vollstreckungstitels zum Ausdruck kommen könnte, der im Wege eines in der Gemeinschaft eingeführten spezifischen einheitlichen oder harmonisierten Verfahrens erlangt würde.30 Dabei ist hervorzuheben,
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27 Schlussfolgerungen des Vorsitzes Rdn. 38. 28 ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 1, Abschnitt I B 3. 29 Es ist in diesem Zusammenhang bezeichnend, dass Aspekte, die sich für eine Harmonisierung oder die Aufstellung von Mindeststandards eignen, in dem Programm unter der Überschrift „Flankierende Maßnahmen zur gegenseitigen Anerkennung“ behandelt werden. 30 Abschnitt II A 2 b) des Programms. Auch wenn an dieser Stelle weder ein Mahnverfahren noch irgendein anderes spezifisches Verfahren genannt wird, belegt die Tatsache, dass in Abschnitt III A ein europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen als Teil der ersten Umsetzungsstufe
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dass die Abschaffung des Exequaturverfahrens und die Harmonisierung des Verfahrensrechts zweierlei Dinge sind. Das Exequaturverfahren setzt voraus, dass eine Entscheidung ergangen ist, und betrifft den Zugang zu einer grenzüberschreitenden Vollstreckung; bei der Harmonisierung geht es dagegen um den effizienten Zugang zum Recht mit dem Ziel, eine Entscheidung zu erwirken, unabhängig davon, ob diese Entscheidung im Ausland vollstreckt werden muss oder nicht. Ungeachtet des oben dargelegten Zusammenhangs zwischen beiden Fragen ist es doch wichtig, ihre Eigenständigkeit ebenso im Gedächtnis zu behalten wie die Tatsache, dass sie unabhängig voneinander behandelt werden können. An dieser Stelle soll der Hinweis genügen, dass die Abschaffung des Exequaturverfahrens völlig irrelevant für den Gläubiger in einer grenzüberschreitenden Sache ist, der einen Schuldner in einem anderen Mitgliedstaat verklagen muss, in dem es kein effizientes Verfahren zur Beitreibung unbestrittener Forderungen gibt. Dagegen dürfte sich durch ein solches Verfahren, mit dem eine Entscheidung im Wohnsitzstaat des Schuldners erwirkt wird, in den meisten Fällen die Notwendigkeit erübrigen, diese Entscheidung in einem dritten Mitgliedstaat zu vollstrecken. Andererseits wird es immer Urteile oder andere Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen wie Prozessvergleiche und öffentliche Urkunden geben (einschließlich derer, die durch nichtharmonisierte Verfahren erwirkt werden), die außerhalb des Mitgliedstaats, in dem sie ergehen, vollstreckt werden müssen. 2.8. Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen als erste Stufe eines zweistufigen Ansatzes Unter Berücksichtigung der oben erwähnten Umstände entschied sich die Kommission für eine zweistufige Strategie, die zwei Ziele verfolgt: – Abschaffung des Exequaturverfahrens unter der Voraussetzung, dass bei sämtlichen Vollstreckungstiteln für unbestrittene Forderungen bestimmte Mindeststandards gewahrt werden, ungeachtet der Art des Verfahrens, das der Entscheidung bzw. dem Vollstreckungstitel vorausging, und – Einführung eines spezifischen harmonisierten Beitreibungsverfahrens für Forderungen, die voraussichtlich nicht bestritten werden, d.h. des europäischen Mahnverfahrens, wenn auch nicht in Form eines einzigen Rechtsinstruments. Dieser Ansatz erlaubt rasche Fortschritte bei der Abschaffung des Exequaturverfahrens für sämtliche Fälle, die sich durch die verifizierbare Unstreitigkeit von Art und Umfang des Anspruchs auszeichnen (nicht nur Zahlungsbefehle); gleichzeitig kann die Einführung eines harmonisierten Mahnverfahrens mit aller Sorgfalt vorbereitet werden. Im April 2002 nahm die Kommission den Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen31 an. Diese Gesetzgebungsinitiative stellt die erste Stufe der zweistufigen Strategie dar und regelt die Abschaffung des Exequaturverfahrens für sämtliche Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, wobei der Anwendungsbereich nicht auf Entscheidungen in einem spezifischen Verfahren beschränkt ist. Voraussetzung für die Abschaffung von Zwischenmaßnahmen ist die Einhaltung einiger verfahrensrechtlicher Mindeststandards
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vorgeschlagen wird, dass eine derartige Harmonisierung insbesondere für die Beitreibung unbestrittener Forderungen ins Auge gefasst wurde. 31 KOM (2002) 159 endg.
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für die Zustellung von Schriftstücken; dazu zählen die Zustellungsverfahren, die Zeitspanne zwischen Zustellung und Urteil, die zur Vorbereitung der Verteidigung zur Verfügung steht, und die ordnungsgemäße Belehrung des Schuldners. Nur wenn die Übereinstimmung mit diesen Anforderungen vom ursprünglichen Gericht bescheinigt wird, kann davon abgesehen werden, die Wahrung der Verteidigungsrechte in dem Mitgliedstaat, in dem das Urteil vollstreckt werden soll, zu kontrollieren. Für diese Bescheinigung sind mehrsprachige Vordrucke auszufüllen. Dieses Verfahren soll Gläubigern einen greifbaren Nutzen bringen, indem es ihnen Zugang zu rascher und effizienter Vollstreckung im Ausland verschafft, ohne Inanspruchnahme der Gerichte in dem Mitgliedstaat, in dem die Vollstreckung erfolgen soll, und ohne die damit verbundenen Verzögerungen und Auslagen. 2.9. Ein Grünbuch als zweite Stufe des Ansatzes Das vorliegende Grünbuch stellt die zweite Stufe dieser Strategie dar und ist im Zusammenhang mit der Politik der Kommission zu sehen, die in dem Programm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung aufgeworfenen Fragen zum Gesamtkomplex der unbestrittenen Forderungen aufzugreifen. Aus den obigen Überlegungen zur Durchführung des Programms zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung und den allgemeinen Betrachtungen zu den Gründen, die für die Einführung eines europäischen Mahnverfahrens sprechen,32 sollte sich die logische Schlussfolgerung ergeben, dass die im vorliegenden Grünbuch verfolgte verfahrensrechtliche Harmonisierung und die erleichterte Anerkennung und Vollstreckung sich weder gegenseitig ausschließen noch im Widerspruch zueinander stehen oder sich überschneiden. Vielmehr ergänzen die beiden Kommissionsinitiativen einander. Ein europäisches Mahnverfahren würde nicht nur in allen Mitgliedstaaten faire und ausgewogene Bedingungen für Gläubiger und Schuldner schaffen, indem es beiden Seiten gleichen Zugang zum Recht verschafft, sondern auch weitere Fortschritte im Bereich von Anerkennung und Vollstreckung mit sich bringen, indem es sogar die im Vorschlag für einen europäischen Vollstreckungstitel als notwendig vorgesehene Bescheinigung überflüssig macht.
3. Der europäische Zahlungsbefehl 3.1. Allgemeiner Ansatz Das vorliegende Grünbuch soll eine umfassende Konsultation zu den möglichen Wegen zur Einführung eines spezifischen – einheitlichen oder harmonisierten – europäischen Mahnverfahrens einleiten. Zu diesem Zweck werden die möglichen Regeln eines solchen Verfahrens einzeln behandelt, soweit möglich in der chronologischen Reihenfolge, in der sie im Laufe des Verfahrens zur Anwendung kämen. Die einzelnen Aspekte werden auf Grundlage einer einleitenden kurzen Übersicht über die einschlägigen Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten dargestellt. Sie sollte zur Diskussion anregen, um die in der Europäischen Union vorhandenen nachahmenswerten Verfahren – oder gegebenenfalls innovative Lösungen – zu ermitteln. Das Ergebnis dieser Analyse sollte ein neues unionsweites Mahnverfahren sein, das den Bürgern Europas zusätzlichen Nutzen bringt.
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Siehe oben 2.3.
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Die isolierte Betrachtung der einzelnen Merkmale eines Mahnverfahrens bliebe für sich genommen jedoch unvollständig und unzureichend, da sie zwangsläufig das große Ganze aus den Augen verlöre: die angestrebte Einführung eines Verfahrens, dessen Einzelteile sich auf harmonische Weise ineinander fügen und ein ausgewogenes Ganzes bilden. Aus diesem Grund soll der Erörterung der Einzelfragen ein kurzer Überblick über die verschiedenen „Familien“ von Mahnverfahren in Europa vorausgehen, um einen Einblick in die Verfahrensmerkmale zu geben, die in den verschiedenen nationalen Regelungen miteinander verknüpft werden. Bei der Behandlung der Einzelaspekte des Verfahrens müssen die möglichen Wechselbeziehungen zwischen ihnen berücksichtigt werden. Die Entscheidung, ob man einem der verbreiteten Modelle folgt oder durch die Kombination von Elementen der verschiedenen vorhandenen Vorlagen, möglicherweise ergänzt durch innovative Merkmale, etwas Neues schafft, wird von entscheidender Bedeutung sein. 3.1.1. Übersicht über die verschiedenen Verfahrenstypen in den Mitgliedstaaten Allgemein können in Europa zwei Typen von Mahnverfahren unterschieden werden. Trotz geringfügiger Abweichungen lassen sich die Rechtsvorschriften aller Mitgliedstaaten, die über ein Mahnverfahren verfügen, zwei verschiedenen Kategorien zuordnen. Kennzeichnend für das Modell, das als „beweispflichtiges Verfahren“ bezeichnet werden könnte (Belgien, Frankreich, Griechenland, Luxemburg, Italien, Spanien), ist das Erfordernis für den Gläubiger, einen schriftlichen Beweis für die Rechtmäßigkeit der Forderung beizubringen. Ohne einen solchen Urkundsbeweis kann ein Zahlungsbefehl nicht beantragt werden. Auf diese Weise wird mutwilligen Anträgen entgegengewirkt. Das Gericht erteilt einen Zahlungsbefehl nach einer summarischen Prüfung des Antrags. Dem Urkundsbeweis kommt in dieser Phase daher größte Bedeutung zu. Existiert ein solcher schriftlicher Beweis, und belegt er die Forderung hinreichend, so dass die Entscheidung des Gerichts zur Erteilung eines Zahlungsbefehls gerechtfertigt ist? Die Würdigung dieser Fragen durch das Gericht gehört zu den Schutzgarantien für den Schuldner, und zwar auch in der Phase des Verfahrens, in der er keine Gelegenheit hat, sich zur Begründetheit des Antrags zu äußern. Forderungen, die selbst anhand der ausschließlich vom Gläubiger vorgelegten Angaben unbegründet sind oder die nicht durch schriftliche Beweise belegbar sind, müssen vom Gericht in einem sehr frühen Verfahrensstadium ausgeschlossen werden. Wird hingegen ein Zahlungsbefehl erteilt, wird damit in gewisser Weise bescheinigt, dass ihm eine Begründetheitsprüfung vorausging. In den meisten Mitgliedstaaten, die das „beweispflichtige“ Modell anwenden (Frankreich, Griechenland, Italien, Spanien), wird dem Schuldner nur eine Gelegenheit gegeben, gegen die Forderung Widerspruch zu erheben. Sobald die Widerspruchsfrist abgelaufen ist, wird der Zahlungsbefehl rechtskräftig und kann nicht mehr angefochten werden. Der andere Verfahrenstyp, der als „nicht beweispflichtig“ qualifiziert werden kann, ist in Österreich, Finnland, Deutschland, Schweden und Portugal anzutreffen. Typisch für dieses Verfahren ist, dass das Bestehen des Anspruchs vom Gericht in keiner Weise nachgeprüft wird. Genügt der Antrag den Formvorschriften, erteilt das Gericht den Zahlungsbefehl ohne weitere Prüfung der Begründetheit der Forderung.33 Während der „beweispflichtige“ Verfahrenstyp offensichtlich einen gewissen Mindestschutz des Schuld-
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33 Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass in Österreich seit kurzem neue Rechtsvorschriften gelten, die eine summarische Sachprüfung des Anspruchs vorschreiben (Näheres hierzu s.u. 3.3.5).
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ners durch das Gericht als unverzichtbar voraussetzt, stellt der „nicht beweispflichtige“ Verfahrenstyp auf die Eigenverantwortung des Schuldners ab. Dabei handelt es sich in gewisser Weise um die Reinform der Umkehr der Verfahrensinitiative, da das Schicksal des Falles allein vom Tätigwerden des Schuldners (bzw. von seiner Untätigkeit) ohne weitere Intervention des Gerichts abhängt. Hat der Schuldner die Möglichkeit, eine vollstreckbare Entscheidung durch ein einfaches „Nein“, d.h. durch Bestreiten des Anspruchs, abzuwenden, gelten weitere Schutzmaßnahmen nicht als erforderlich. Die anderen größeren Abweichungen folgen aus dieser Betrachtungsweise. Findet keine Prüfung statt, ist ein Urkundenbeweis offenkundig nicht erforderlich, denn er ist nur ein Hilfsmittel, um eine solche Kontrolle zu ermöglichen. Wird die Forderung vom Gericht nicht geprüft, erhält das ganze Verfahren eher einen administrativen Anstrich,34 so dass die Beteiligung eines Richters nicht notwendig erscheint. In allen Mitgliedstaaten, die diesen Verfahrenstyp anwenden, werden Zahlungsbefehle daher entweder von der Geschäftsstelle des Gerichts oder wie in Schweden von den Vollstreckungsbehörden, d.h. von außerhalb der Gerichtsbarkeit angesiedelten Verwaltungsbehörden, erteilt. Interessanterweise wird in diesen Mitgliedstaaten der fehlende Schutz, den eine inhaltliche Prüfung der Forderung durch ein Gericht bietet, häufig dadurch kompensiert, dass der Schuldner nicht nur einmal, sondern zweimal Gelegenheit erhält, die Forderung anzufechten. In Finnland, Deutschland und Schweden ergeht nach Ablauf der Widerspruchsfrist eine zweite (vollstreckbare) Entscheidung, gegen die der Schuldner innerhalb einer bestimmten Frist Einspruch einlegen kann. Der Zahlungsbefehl (in Deutschland Vollstreckungsbescheid) wird erst dann rechtskräftig, wenn der Schuldner diese zweite Gelegenheit, die Forderung anzufechten, verstreichen lässt. Zwei Mitgliedstaaten sind allerdings in jüngster Zeit von diesem Schema abgewichen. Sowohl Österreich als auch Portugal folgen dem „nicht beweispflichtigen“ Modell, haben sich aber aus Effizienzgründen für ein einstufiges Verfahren entschieden. Der Schuldner hat nur einmal Gelegenheit, Widerspruch zu erheben. Nutzt er diese Gelegenheit nicht, wird der Zahlungsbefehl rechtskräftig, ohne dass eine weitere anfechtbare Entscheidung ergeht. Österreich und Portugal sind anschauliche Beispiele für die Möglichkeit, die leistungsfähigsten Elemente aus den beiden klassischen Modellen eines Mahnverfahrens auszuwählen und miteinander zu kombinieren. Das österreichische Mahnverfahren verbindet die Einfachheit des „nicht beweispflichtigen“ Modells (kein Urkundsbeweis, keine inhaltliche Prüfung der Forderung, Bearbeitung ohne Beteiligung eines Richters) mit der strengen Einschränkung der Widerspruchsmöglichkeiten des „beweispflichtigen“ Verfahrens. Der Gläubiger kann somit in kaum mehr als zwei Wochen eine Entscheidung erwirken, die nicht nur vollstreckbar, sondern rechtskräftig ist.35 Könnte ein solches hybrides Modell Vorbild für eine Lösung auf europäischer Ebene sein?36 Oder sollte man sich für eines der oben beschriebenen Standardverfahren entscheiden? Lässt sich die kulturelle Kluft zwischen den traditionellen Verfahren des „beweispflichtigen“ und des „nicht
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34 Die Verwendung des Begriffs „administrativ“ verweist auf die fehlende Bewertung der Begründetheit der Forderung. Sie sollte nicht als Infragestellung des justiziellen Charakters des Verfahrens als solchem missverstanden werden. Nur Schweden geht so weit, die Durchführung des Mahnverfahrens einer Verwaltungsbehörde zu übertragen. 35 Gleichwohl ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die gegenwärtige Widerspruchsfrist von 14 Tagen ab 1. Januar 2003 auf 4 Wochen verlängert wird (s.u. 3.3.9.1). 36 In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass sowohl Österreich als auch Portugal den Anwendungsbereich ihres Mahnverfahrens durch einen Hoechstbetrag begrenzen. Diese Tatsache könnte als Vorsichtsmaßnahme zur Vermeidung unerträglicher Auswirkungen eines neuen höchst effizienten Verfahrens verstanden werden.
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beweispflichtigen“ Typs überhaupt überbrücken und wenn ja wie? Wie viel Verantwortung kann dem Schuldner übertragen werden? Gibt es einen gerichtlichen Mindestschutz für Schuldner gegen die Geltendmachung unbegründeter Forderungen durch Zahlungsbefehle? Die folgende Erörterung möglicher Strategien zur Behandlung der Einzelaspekte eines Mahnverfahrens ist im Lichte dieser allumfassenden Fragen zu betrachten. Die von den verschiedenen Mitgliedstaaten gefundenen Lösungen können und sollten nicht losgelöst von dem generellen Ansatz, für den sie sich entschieden haben, analysiert werden. Jeder denkbare Vorschlag für einen europäischen Zahlungsbefehl muss angesichts des komplizierten Zusammenspiels der verschiedenen Verfahrensaspekte sein eigenes Gleichgewicht herstellen. Im Folgenden wird, wo immer es angebracht erscheint, auf die Auswirkungen bestimmter Optionen auf den Charakter des gesamten Verfahrens gesondert eingegangen. 3.2. Anwendungsbereich des Verfahrens 3.2.1. Beschränkung auf Zahlungsansprüche? Der Anwendungsbereich des spezifischen Verfahrens zur Erwirkung eines Vollstreckungstitels, das Unstreitigkeit des Anspruchs unterstellt und die Umkehr der Verfahrensinitiative beinhaltet, ist in den meisten Mitgliedstaaten (Österreich, Belgien, Deutschland, Griechenland, Luxemburg, Portugal, Spanien) auf bezifferte Zahlungsansprüche beschränkt. In Frankreich, Finnland, Italien und Schweden kann dieses Verfahren dagegen auch für andere Verpflichtungen genutzt werden. Das heißt, das Verfahren dient in diesen Mitgliedstaaten nicht nur der Erwirkung eines Zahlungsbefehls (injonction de payer), sondern auch der Erwirkung einer Leistungsanordnung (injonction de faire). Das Spektrum der in Frage kommenden Ansprüche ist unterschiedlich, schließt jedoch in der Regel die Lieferung oder Rückgabe beweglichen Vermögens und die Zwangsräumung ein.37 Bei der Frage, ob ein harmonisiertes europäisches Verfahren auch andere als auf Zahlung gerichtete Ansprüche einschließen sollte, ist Folgendes zu berücksichtigen: Angesichts der Tatsache, dass es in zivilrechtlichen Streitigkeiten in der überwiegenden Mehrheit der Fälle um Geldforderungen geht, wäre eine Leistungsanordnung im Vergleich zum Zahlungsbefehl von relativ geringem praktischem Nutzen.38 Im Übrigen eignen sich Verpflichtungen, die nicht in einer Zahlung bestehen, per definitionem weniger für eine Standardisierung durch Formulare oder Datenverarbeitung, da der Anspruch selbst (und die vollstreckbare Entscheidung) grundsätzlich präzise Formulierungen erfordern, die wesentlich schwieriger sind als die bloße Benennung einer Geldforderung in Euro und Cent (oder einer anderen Währung).
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37 Gemäß Artikel 639 der italienischen Zivilprozessordnung sind Forderungen, die sich auf eine bestimmte Menge vertretbarer Sachen oder auf die Rückgabe einer bestimmten beweglichen Sache beziehen, zulässig. Das schwedische „ordentliche Beistandsverfahren“ (handräckning) kann in Anspruch genommen werden, um eine Zwangsräumung, die Herausgabe beweglicher Sachen, die Erfüllung einer Lieferpflicht, das Entfernen von Gegenständen, die Erfüllung eines Beschäftigungsvertrags und die Durchsetzung eines Betretungsverbots oder einer Zugangsberechtigung für ein Grundstück oder Gebäude zu erwirken. Gemäß Artikel 1425-1 der französischen Zivilprozessordnung kann eine injonction de faire zur Durchsetzung jeder, auch nicht in einer Geldzahlung bestehenden vertraglichen Verpflichtung genutzt werden; allerdings muss mindestens eine der Vertragsparteien eine Privatperson sein. 38 In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass das Verfahren zur Erwirkung einer injonction de faire in Frankreich wenig erfolgreich war und dass in einem Reformvorschlag des Präsidenten des Tribunal de Grande Instance de Paris seine Abschaffung empfohlen wurde.
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Frage 4: Sollte ein europäisches Mahnverfahren auf Zahlungsansprüche beschränkt werden? Falls nein, welche Arten von nicht auf Zahlung gerichteten Ansprüchen sollten einbezogen werden? 3.2.2. Sollte das Verfahren nur für bestimmte Anspruchsarten nutzbar sein bzw. sollten bestimmte Anspruchsarten von dem Verfahren ausgeschlossen werden? Hinsichtlich der Art oder der Rechtsgrundlage der (Zahlungs-)Ansprüche, die im Mahnverfahren geltend gemacht werden können, gelten in einigen Mitgliedstaaten (Österreich, Belgien, Griechenland, Italien, Spanien, Schweden)39 keinerlei Einschränkungen. Bei den anderen Mitgliedstaaten sind zwei verschiedene Ansätze zur Einschränkung des Anwendungsbereichs dieses Verfahrens erkennbar. In Frankreich und Portugal ist das Mahnverfahren nur für Forderungen zulässig, die sich aus vertraglichen Verpflichtungen ergeben, Ansprüche im Zusammenhang mit unerlaubten Handlungen sind somit ausgeschlossen.40 In Deutschland, Finnland und Luxemburg werden nicht die Ansprüche definiert, die für das Mahnverfahren in Frage kommen; stattdessen ist vorgeschrieben, dass in bestimmten genau bezeichneten Fällen kein Zahlungsbefehl bzw. Mahnbescheid erlassen werden darf.41 Die oben beschriebenen Unterschiede sind jedoch nicht so ausgeprägt, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mögen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass in vielen Mitgliedstaaten die Vorlage eines Urkundsbeweises des Anspruchs Voraussetzung für den Erlass eines Zahlungsbefehls ist. Diese Bedingung dürfte bei Ansprüchen aus Deliktshaftung kaum zu erfüllen sein. Daher ist der Unterschied zwischen einem auf vertragliche Ansprüche beschränkten Mahnverfahren und einem Verfahren, das für alle Anspruchsarten zur Verfügung steht, jedoch die Vorlage eines Urkundsbeweises verlangt (wie in Belgien, Griechenland, Italien und Spanien), eher marginal. Es wird sorgfältig zu prüfen sein, ob und inwieweit der Anwendungsbereich eines europäischen Mahnverfahrens auf bestimmte Anspruchsarten beschränkt werden muss, und falls ja, auf welche Weise die Beschränkung erfolgen sollte. Die Zulassung sämtlicher (Zahlungs-)Ansprüche wäre zweifellos die klarste Lösung, da jede Einschränkung unvermeidlich Auslegungsschwierigkeiten hinsichtlich der Unterscheidung zwischen zulässigen und unzulässigen Ansprüchen42 mit sich bringt und eine dem Erlass des Zahlungsbefehls vorausgehende Prüfung durch das Gericht oder die zuständige Behörde erforderlich macht. Jede derartige Beschränkung erschiene nur gerechtfertigt, wenn die
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39 Die Voraussetzung, dass eine vorbehaltlose und fällige Verpflichtung gegeben sein muss, wird als selbstverständlich betrachtet und gilt nicht als Einschränkung im Sinne dieses Abschnitts. 40 Gemäß Artikel 1405 der französischen Zivilprozessordnung kann sich eine injonction de payer neben vertraglichen Verpflichtungen auch auf bestimmte gesetzliche Verpflichtungen wie z.B. Rentenbeiträge beziehen. 41 In Luxemburg ist der Erlass eines Zahlungsbefehls für Ansprüche aus einem Miet- oder Pachtverhältnis, aus Arbeits- und Lehrverträgen nicht zulässig. In Deutschland gilt eine wesentlich begrenztere Einschränkung, die sich nur auf Verbraucherkredite mit einem Zinssatz bezieht, der den in 688 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO festgelegten Hoechstsatz übersteigt. In Finnland kann das Verfahren nicht auf Streitigkeiten angewandt werden, in denen ein außergerichtlicher Vergleich zwischen den Parteien unzulässig ist. 42 So werden beispielsweise Schadensersatzforderungen aus einem vorvertraglichen Verhältnis (culpa in contrahendo) in einigen Mitgliedstaaten (z.B. Deutschland) den vertraglichen Ansprüchen zugerechnet und in anderen der Deliktshaftung (z.B. Frankreich).
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zwingende Notwendigkeit bestünde, bestimmte Streitgegenstände aus dem Anwendungsbereich des Verfahrens auszuschließen. So könnte eine typische, strukturbedingt schwache Position der Schuldner in bestimmten Bereichen als Gefährdung des angemessenen Schutzes der Verteidigungsrechte betrachtet werden, auch wenn die Möglichkeit besteht, den Anspruch zu bestreiten und auf diese Weise eine vollstreckbare Entscheidung abzuwenden. Frage 5: Sollte ein europäisches Mahnverfahren nur für Ansprüche mit Bezug auf bestimmte Bereiche des Zivil- und Handelsrechts gelten bzw. sollten bestimmte Anspruchsarten ausgeschlossen werden? Geben Sie in beiden Fällen bitte die Anspruchsarten an, die einbezogen bzw. ausgeschlossen werden sollten. 3.2.3. Obergrenze für die geltend zu machende Summe (bzw. – bei Einbeziehung von nicht auf Zahlung gerichteten Ansprüchen – des Streitwerts)? Die Anwendbarkeit eines Mahnverfahrens kann nicht nur durch Bestimmung der zulässigen Anspruchsarten beschränkt werden, sondern auch durch die Festlegung einer Obergrenze für die geltend zu machende Summe (bzw. – bei Einbeziehung von nicht auf Geldzahlung gerichteten Ansprüchen – für den Streitwert). In einigen Mitgliedstaaten (Österreich, Belgien, Portugal und Spanien) gelten für Zahlungsbefehle bestimmte Hoechstbeträge,43 in anderen (Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg und Schweden) wird von einer derartigen Beschränkung abgesehen.44 Da das Mahnverfahren der effizienten und kostengünstigen Regelung unstreitiger Ansprüche und nicht der Beilegung von Bagatellsachen dienen soll und da die Unstreitigkeit eines Anspruchs in keiner Weise an die Höhe der betreffenden Summe geknüpft ist, ließe sich eine solche Zugangsbeschränkung allenfalls mit dem Schutz des Schuldners vor einem etwaigen nicht wieder gutzumachenden Schaden im Falle der Vollstreckung einer zu einem späteren Zeitpunkt aufgehobenen Entscheidung rechtfertigen.45 Diese Argumentation lässt sich jedoch nur aufrechterhalten, wenn das ordentliche Verfahren, dessen sich der Gläubiger bedienen muss, dem untätig bleibenden Schuldner tatsächlich ein höheres Schutzniveau bietet als das Mahnverfahren. Dies ist jedoch zu bezweifeln, da in nahezu allen Mitgliedstaaten der Erlass eines Versäumnisurteils zulässig ist, wenn sich der Schuldner nicht bei einer Gerichtsverhandlung zu dem Anspruch
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43 Die entsprechende Summe ist in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich. Sie liegt in Belgien bei ca. 1850 EUR, in Portugal bei ca. 3750 EUR und in Spanien bei ca. 30000 EUR. In Österreich wird der Hoechstbetrag durch kürzlich verabschiedete Rechtsvorschriften ab 1. Januar 2003 von 10000 EUR auf 30000 EUR angehoben. 44 In Luxemburg gibt es in Abhängigkeit von der geltend gemachten Summe zwei unterschiedliche Verfahren (ordonnance conditionelle de paiement und provision sur requête). Die für Forderungen über 10000 EUR geltende provision sur requête wurde erst 1997 eingeführt. Sie weicht von der ordonnance conditionelle de paiement insoweit ab, als es sich im Wesentlichen um eine einstweilige Maßnahme handelt, die nicht rechtskräftig werden kann. 45 Dem österreichischen Hoechstbetrag liegt die Absicht zugrunde, den Schuldner vor der Gefahr einer Existenzvernichtung zu bewahren. In der jüngsten Debatte über die Anhebung des Hoechstbetrags spielte auch das Verhältnis zwischen Streitwert und Wahrscheinlichkeit, dass die Forderung unbestritten bleibt, eine erhebliche Rolle. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Mahnverfahren in Österreich obligatorisch ist (s.u. 3.2.4). In allen übrigen Mitgliedstaaten hat der Gläubiger die freie Wahl, sich für dieses Verfahren zu entscheiden, wenn er glaubt, mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen zu können, dass der Schuldner die Forderung nicht bestreiten wird.
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einlässt, unabhängig vom Streitwert und ohne dass die Rechtmäßigkeit der Forderung einer eingehenderen Prüfung als im Mahnverfahren unterzogen würde.46 Interessanterweise lässt die vergleichende Analyse der Rechtsvorschriften für das Mahnverfahren in den Mitgliedstaaten keinen klaren Zusammenhang zwischen dem unbeschränkten Zugang zum Verfahren und einem verstärkten Schutz der Rechte des Schuldners erkennen. In den meisten Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Österreichs), in denen ein Urkundsbeweis oder eine Prüfung der Begründetheit der Forderung nicht erforderlich ist und in denen nicht nur Richter zum Erlass einer Entscheidung ermächtigt sind (Deutschland, Schweden und Finnland), gilt das Mahnverfahren für Geldforderungen in unbegrenzter Höhe. In Portugal und Spanien ist die Begrenzung der geltend zu machenden Summe möglicherweise zum Teil dadurch zu erklären, dass das Mahnverfahren im Verfahrensrecht dieser Mitgliedstaaten relativ neu ist und daraus eine gewisse Vorsicht resultiert.47 Aus den obigen Überlegungen ergibt sich die Frage, ob und wenn ja aus welchen Gründen eine Begrenzung des in einem Mahnverfahren geltend zu machenden Betrags als notwendig erachtet wird (und bei welcher Summe die Grenze gezogen werden sollte) oder ob das Verfahren ungeachtet des Streitwerts anwendbar sein sollte. Frage 6: Sollte ein europäisches Mahnverfahren nur für Ansprüche bis zu einer bestimmten Höhe gelten? Falls ja, wo sollte die Obergrenze liegen? 3.2.4. Sollte die Inanspruchnahme des Mahnverfahrens obligatorisch sein? Mit Ausnahme Österreichs steht in allen Mitgliedstaaten, die über ein Mahnverfahren verfügen, dieses Verfahren als fakultatives Mittel zur Beitreibung von Forderungen zur Verfügung, für das sich der Gläubiger im Allgemeinen nur dann entscheidet, wenn er Grund zu der Annahme hat, dass die Rechtmäßigkeit seines Anspruchs nicht bestritten wird. In Österreich ist das Mahnverfahren zwingend vorgeschrieben und nicht von einem Antrag des Gläubigers abhängig. Auch wenn der obligatorische Charakter des Mahnverfahrens als erster Schritt jedes Verfahrens, das Zahlungsansprüche unterhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Streitwertgrenze zum Gegenstand hat, aus den besonderen Umständen in Österreich erklärbar ist,48 bleibt doch abzuwarten, ob diese Argumentation auch auf europäischer Ebene als haltbar erachtet wird. Entgegen der ursprünglich verfolgten Absicht kann ein obligatorisches Mahnverfahren durchaus zusätzliche Verzöge-
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46 Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass gegen ein Versäumnisurteil im Allgemeinen ordentliches Rechtsmittel eingelegt werden kann, während dies in einigen Mitgliedstaaten beim Mahnverfahren nicht möglich ist (s.u. 3.3.11.2). 47 Bemerkenswert ist ferner, dass die Hoechstsumme in Österreich und Portugal in den letzten Jahren erheblich angehoben wurde und eine weitere Anhebung gerade erst verabschiedet wurde (Österreich) bzw. gegenwärtig erörtert wird. 48 Vor der Reform des Mahnverfahrens 1983 wurde der Zahlungsbefehl durch den Widerspruch des Schuldners einfach außer Kraft gesetzt. Um seinen Anspruch weiterzuverfolgen, war der Gläubiger gezwungen, einen neuen Rechtsstreit nach den Regeln des ordentlichen Verfahrens zu beginnen, was als übermäßig schwerfällig erachtet wurde und die Akzeptanz dieses Verfahrens erheblich beeinträchtigte. Die Einführung eines obligatorischen Mahnverfahrens, das automatisch als ordentliches Verfahren fortgesetzt wird, wenn der Schuldner den Anspruch bestreitet, wird offensichtlich als zufriedenstellende Lösung dieses Problems angesehen. Nichtsdestotrotz dürfte die zwingend vorgeschriebene Verfahrenseinleitung durch Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls keine unabdingbare Voraussetzung für die reibungslose Überführung in ein ordentliches Verfahren im Falle des Bestreitens der Forderung durch den Schuldner sein.
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rungen verursachen, wenn die Parteien das Verfahren durchlaufen müssen, obwohl von Anfang an klar ist, dass der Schuldner den Anspruch bestreiten wird.49 Frage 7: Sollte das europäische Mahnverfahren zwingend vorgeschrieben bzw. nur dann fakultativ sein, wenn die Forderung nach Ansicht des Gläubigers unbestritten bleiben wird? 3.3. Verfahrensvorschriften 3.3.1. Internationale Zuständigkeit in grenzüberschreitenden Streitigkeiten – Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten? Wenn Kläger und Beklagter ihren Wohnsitz in zwei unterschiedlichen Mitgliedstaaten haben, richtet sich die internationale Zuständigkeit nach den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates. Danach gilt als allgemeine Regelung, dass Beklagte vor den Gerichten des Mitgliedstaats zu verklagen sind, in dem sie ihren Wohnsitz haben (Artikel 2 Abs. 1). Die Verordnung enthält jedoch zahlreiche Ausnahmen, die entweder dem Kläger die Wahl eines vom Wohnsitz des Beklagten abweichenden Gerichtsstands ermöglichen oder sogar eine ausschließliche Zuständigkeit ungeachtet des Wohnsitzes des Beklagten vorsehen. Es stellt sich hier die Frage, ob ein Rechtsinstrument für ein europäisches Mahnverfahren besondere Vorschriften zur internationalen Zuständigkeit enthalten sollte, die vor den Regelungen der Ratsverordnung (EG) Nr. 44/2001 Vorrang hätten. Es wäre zu überlegen, ob für diese Verfahrensart den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz hat, die ausschließliche Zuständigkeit übertragen werden könnte. Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen: Einerseits würde der Gläubiger des Vorteils beraubt, den Schuldner in seinem (des Gläubigers) Wohnsitzmitgliedstaat verklagen zu können oder zumindest in dem Mitgliedstaat, der in manchen Fällen nach Widerspruchserhebung für das ordentliche Hauptverfahren (ausschließlich) zuständig ist. Liegt eine solche ausschließliche Zuständigkeit vor, so muss das streitige Verfahren im Falle des Widerspruchs seitens des Beklagten unter Umständen in einen anderen Mitgliedstaat verlegt werden, weil eine besondere Vorschrift für das Mahnverfahren die Zuständigkeitsvorschriften für das ordentliche Verfahren nicht beeinträchtigen darf. Hieraus könnten beträchtliche verfahrensrechtliche Probleme entstehen. Andererseits könnte die Rechtssicherheit, die aus einer einfachen und klaren Regelung der internationalen Zuständigkeit erwächst, diese möglichen Nachteile, die für eine begrenzte Anzahl von Fällen entstehen, aufwiegen. Eine solche Vorschrift könnte auch zur Gewährleistung der Verteidigungsrechte beitragen. Insbesondere würde sich durch die Regelung, dass ein Mahnverfahren nur in dem Mitgliedstaat stattfinden kann, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz hat, eine grenzüberschreitende Zustellung des Zahlungsbefehls an den Beklagten erübrigen, was angesichts der entscheidenden Bedeutung der Zustellung dieses Schriftstücks für die Verteidigungsrechte50 nicht unwesentlich ist. Komplikationen und Verzögerungen, die bei grenzüberschreitender Zustellung eintreten können, ließen sich auf diese Weise vermeiden und das
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49 Nach Auskunft der österreichischen Behörden bringt das zwingend vorgeschriebene Mahnverfahren allerdings keine Verzögerungen mit sich, da die Widerspruchsfrist gleichzeitig der Vorbereitung der Verteidigung dient und somit zu einer beschleunigten Behandlung der Sache im ordentlichen Verfahren beiträgt. 50 Näheres hierzu s.u. 3.3.8.
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Verfahren könnte so beschleunigt und effizienter gestaltet werden. In jedem Fall ist sorgfältig zu prüfen, ob die möglichen Vorteile einer entsprechenden Zuständigkeitsregelung eine Abweichung von den wohl ausgewogenen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die internationale Zuständigkeit tatsächlich rechtfertigen. Frage 8: Sollte die ausschließliche internationale Zuständigkeit für ein europäisches Mahnverfahren in grenzüberschreitenden Streitigkeiten bei den Gerichten des Wohnsitzmitgliedstaats des Schuldners liegen? 3.3.2. Vorschriften zur Regelung der Zuständigkeit in dem Mitgliedstaat, dessen Gerichte zuständig sind Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die über ein Mahnverfahren verfügen, weisen hinsichtlich der Verteilung der Zuständigkeit für dieses Verfahren erhebliche Unterschiede auf. In einigen Mitgliedstaaten (Österreich, Italien, Luxemburg) gelten die allgemeinen Zuständigkeitsregelungen für ordentliche Verfahren, andere haben besondere Vorschriften erlassen. In nahezu allen Mitgliedstaaten liegt die Zuständigkeit für das Mahnverfahren bei den Gerichten am Wohnsitz des Beklagten. Häufig hat der Kläger zusätzlich die Möglichkeit, das Gericht an dem Ort anzurufen, an dem die fragliche Verpflichtung (in den meisten Fällen die Zahlung) zu leisten ist, und/oder an dem Ort, an dem die Vollstreckung des Zahlungsbefehls erwirkt wird. Deutschland ist insoweit als Ausnahme zu erwähnen, da für das dortige Mahnverfahren grundsätzlich das Gericht am Wohnsitz des Gläubigers zuständig ist.51 Unionsweit geltende einheitliche Vorschriften wären sicherlich eine Erleichterung für Kläger aus einem anderen Mitgliedstaat, da sie sich nicht mit den Besonderheiten der Rechtsordnung des Mitgliedstaats auseinandersetzen müssten, in dem das Verfahren stattfindet. Gleichwohl scheint es fraglich, ob eine europäische Regelung Vorschriften zur innerstaatlichen Zuständigkeitsverteilung in den Mitgliedstaaten enthalten sollte. Es wäre eher im Einklang mit Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates, die Zuständigkeitsvorschriften auf die Festlegung des Mitgliedstaats zu beschränken, der in grenzüberschreitenden Rechtsstreiten zuständig ist. Unterschiedliche Zuständigkeitsregelungen würden es in jedem Fall erforderlich machen, über diese Vorschriften in leicht zugänglicher Form zu informieren, beispielsweise über das Europäische Justizielle Netz.
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51 § 689 Abs. 2 ZPO. Dieser Besonderheit dürfte die Absicht zugrunde liegen, die Handhabbarkeit des Verfahrens für Gläubiger, die sehr häufig Mahnbescheide zu beantragen haben, zu verbessern, indem sie ihre sämtlichen Ansprüche ungeachtet des Wohnsitzes des Schuldners vor einem einzigen Gericht geltend machen können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich beim Mahnverfahren um ein rein schriftliches Verfahren handelt und es daher für den Schuldner kaum von Belang ist, woher der Mahnbescheid kommt und wo Widerspruch einzulegen ist. Allerdings wird diese Vorschrift für Fälle, in denen der Schuldner ohne Wohnsitz in Deutschland ist, durch 703 d abgeändert. In diesen Fällen geht die Zuständigkeit an das Gericht über, das nach den ordentlichen Zuständigkeitsvorschriften für das Hauptverfahren (nach Einlegung des Widerspruchs durch den Schuldner) zuständig wäre. Dasselbe gilt für Mahnverfahren vor den Arbeitsgerichten. Allgemein gesprochen hat das Vorhandensein gesonderter Zuständigkeitsvorschriften für das Mahnverfahren einerseits und für ordentliche Verfahren andererseits zur Folge, dass der Rechtsstreit einem anderen Gericht übertragen werden muss, wenn der Schuldner Widerspruch einlegt und damit ein ordentliches Verfahren auslöst.
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Frage 9: Sollte ein europäisches Rechtsinstrument für ein Mahnverfahren Vorschriften enthalten, mit denen die zuständigen Gerichte in den Mitgliedstaaten bestimmt werden? Falls ja, wie sollten diese Vorschriften lauten? 3.3.3. Vorschriften zur Bestimmung der für das Verfahren zuständigen Person Einer der entscheidenden Unterschiede zwischen den Verfahrenstypen, die weiter oben als „beweispflichtiges“ und „nicht beweispflichtiges“ Modell bezeichnet wurden, besteht darin, dass Länder mit Verfahren des ersteren Typs (Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, Spanien) die Befugnis zum Erlass des Zahlungsbefehls dem zuständigen Richter übertragen, während Länder mit Verfahren des letzteren Typs (Österreich, Finnland, Deutschland, Portugal, Schweden52) diese Befugnis an Bedienstete der Geschäftsstelle des Gerichts (greffier, Rechtspfleger) oder, wie im Falle Schwedens, der Vollstreckungsbehörden delegieren. Wie oben angedeutet lässt sich diese unterschiedliche Vorgehensweise zumindest teilweise durch den strukturellen Unterschied erklären zwischen Entscheidungen, die das Ergebnis einer summarischen Würdigung der Sache selbst auf Grundlage eines Urkundsbeweises sind, und solchen, die sich allein auf den Umstand stützen, dass der Schuldner den Anspruch nicht bestreitet. Für die Frage, ob man sich für eines der beiden Modelle bzw. eine Kombination von Elementen beider Modelle entscheiden oder diese spezielle Frage den Mitgliedstaaten überlassen soll, ist folgender Aspekt wichtig: Die Schaffung eines Mahnverfahrens, das von der Geschäftsstelle des Gerichts abgewickelt wird, kann erheblich zur Entlastung der Richter beitragen, so dass sie sich auf die wirklich „schweren Fälle“ konzentrieren können. Nichtsdestotrotz ist zu berücksichtigen, dass selbst in Fällen, in denen der Anspruch vom Schuldner nicht bestritten wird, die Person, die für das Mahnverfahren zuständig ist, mit komplizierten Rechtsproblemen konfrontiert werden kann, beispielsweise: Wurde das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Antragsgegner ordnungsgemäß zugestellt? Ist die vom Gläubiger vorgetragene Begründung des Anspruchs in sich widersprüchlich oder lässt sie gar eine betrügerische Absicht vermuten? Hat der Antragsteller ausreichend begründet, warum er Anspruch auf Zinsen hat, die den gesetzlichen Zinssatz überschreiten? Hat der Antragsgegner, der die Widerspruchsfrist versäumt hat und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, die Frist ohne eigenes Verschulden versäumt?53 Es versteht sich von selbst, dass die Fähigkeit von Gerichtsbediensteten, diese Aufgabe zu lösen, von Umfang und Qualität ihrer juristischen Ausbildung abhängt, die offensichtlich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat erhebliche Unterschiede ausweist.54 Wenn also die Befugnisübertragung bevorzugt wird, wäre sorgfältig zu prüfen, welche Grenzen den Befugnissen der Gerichtsbediensteten in einem europäischen Mahnverfahren gesetzt werden sollten. Einige Mitgliedstaaten haben versucht, dieses Problem dadurch zu lösen, dass die Gerichtsbediensteten entweder die Möglichkeit haben oder
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52 Diese Befugnisübertragung an Gerichtsbedienstete im Falle unbestrittener Ansprüche ist auch in Mitgliedstaaten zu finden, in denen es kein gesondertes Mahnverfahren gibt, z.B. in Versäumnisverfahren im Vereinigten Königreich. 53 Zumindest in Österreich fallen die Entscheidungen über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und gegebenenfalls die Ablehnung eines (z.B. verspätet eingelegten) Widerspruchs in die Zuständigkeit des Rechtspflegers (vorbehaltlich der in der vorausgehenden Fußnote erläuterten Einschränkungen). In Deutschland werden derartige Entscheidungen dagegen von einem Richter getroffen. 54 Rechtspfleger in Österreich und Deutschland erfahren eine mehrjährige juristische Ausbildung.
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verpflichtet sind, „schwere Fälle“ an den zuständigen Richter zu verweisen.55 In diesem Fall müssten die Kriterien für die obligatorische Hinzuziehung eines Richters klar definiert werden. Frage 10: Sollte ein Rechtsinstrument für einen europäischen Zahlungsbefehl Bestimmungen enthalten, wer in einem Gericht (Richter, Gerichtsbedienstete) für das Verfahren zuständig und befugt ist, einen Zahlungsbefehl zu erteilen? Falls ja, wie sollten diese Vorschriften lauten? 3.3.4. Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls 3.3.4.1. Inhalt des Antrags, insbesondere zur Bezeichnung des Anspruchs und seiner Rechtsgrundlage Die grundlegenden Angaben, die in einem Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls enthalten sein müssen, wie Namen und Anschriften der Parteien, geltend gemachter Betrag – gegebenenfalls einschließlich Zinsen und Kosten – sowie die Bezeichnung der Umstände, die zur Begründung des Anspruchs angeführt werden, erscheinen einleuchtend und weitgehend unumstritten. Ein Punkt, der einen gewissen Anlass zu Diskussion bieten könnte, sind die inhaltlichen Anforderungen an eine ausreichende Beschreibung der Anspruchsgründe. Die Bandbreite der in den Mitgliedstaaten derzeit für Mahnverfahren geltenden Rechtsvorschriften reicht von Bedingungen, die mit denen einer Klageschrift im ordentlichen Verfahren identisch sind (Italien), bis zu bloßen stichpunktartigen Verweisen auf die Grundlagen des Anspruchs (Schweden, Österreich, Deutschland, Finnland).56 Der zu diesem Aspekt zu wählende Ansatz steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit den Entscheidungen über einige andere grundlegende Fragen, die im vorliegenden Grünbuch aufgeworfen werden. Die erforderliche Qualität und Ausführlichkeit der Anspruchsbegründung hängt weitgehend davon ab, in welchem Umfang der Anspruch vom Gericht geprüft wird. Geht dem Zahlungsbefehl eine (summarische) rechtliche Würdigung durch das Gericht voraus, so muss die Darstellung der grundlegenden Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, so umfassend sein, dass die gerichtliche Prüfung möglich ist. Wenn es dagegen dem Antragsgegner obliegt, durch Einlegen eines Widerspruchs eine Sachprüfung in Gang zu setzen, und der Zahlungsbefehl in Ermangelung eines Widerspruchs ergeht, ohne dass selbst eine oberflächliche Prüfung der Begründetheit des Anspruchs erfolgt, so reicht es aus, wenn die Angaben den Antragsgegner in die Lage versetzen, den Anspruch zu erkennen und zu entscheiden, ob er ihn bestreiten will oder nicht.
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55 In Portugal müssen Fragen, in denen der Gerichtsbedienstete Zweifel hegt, von einem Richter entschieden werden. Im finnischen Mahnverfahren sind die Gerichtsbediensteten, die keinerlei juristische Ausbildung haben müssen, verpflichtet, „schwere Fälle“ an Personen mit juristischer Ausbildung, d.h. Notare oder Richter, zu verweisen. 56 Das dem Antragsvordruck in Schweden beigefügte Merkblatt veranschaulicht die Anforderungen, die an eine klare Darstellung des Gegenstands der Forderung gestellt werden, anhand folgenden Beispiels: Kauf eines Fahrzeugs, Kennzeichen BMG 689, am 19. Januar 1996.
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Frage 11: Welche inhaltlichen Anforderungen sollten für die Beantragung eines europäischen Zahlungsbefehls gelten? Welche Bedingungen sollten insbesondere für die Beschreibung der Umstände gelten, die zur Begründung des Anspruchs angeführt werden? 3.3.4.2. Erforderlicher Urkundsbeweis des Anspruchs Auf das Erfordernis, einen Urkundsbeweis des Anspruchs vorzulegen, als kennzeichnendes Element eines „beweispflichtigen“ Mahnverfahrens wurde bereits hingewiesen. Der eindeutige Vorteil im Sinne eines Schutzes des Schuldners vor unbegründeten Forderungen besteht darin, dass das Gericht anhand der Ausführungen des Gläubigers und des von ihm vorgelegten Urkundsbeweises eine rechtliche Sachprüfung vornimmt. Dies ist abzuwägen gegen den Effizienzverlust, der einerseits durch die Notwendigkeit einer solchen Prüfung verursacht wird und andererseits durch die Schwierigkeiten, die sich aus der erforderlichen Vorlage schriftlicher Beweise für den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung ergeben. Einfach ausgedrückt geht es um folgende Kernfragen: Wird eine gerichtliche Prüfung der Frage, ob der Anspruch begründet ist, als unverzichtbar erachtet, oder kann es vollständig dem Schuldner überlassen bleiben, den Anspruch zu bestreiten, und soll die Tatsache, dass kein Widerspruch eingelegt wurde, für sich genommen eine Entscheidung zugunsten des Anspruchstellers rechtfertigen? Für eine gründliche Bewertung der Bedeutung und der Auswirkungen einer obligatorischen Vorlage von Urkundsbeweisen ist es äußerst wichtig zu wissen, wie großzügig bzw. wie restriktiv diese Anforderung zu verstehen ist, mit anderen Worten, welche Arten von Schriftstücken als hinreichender Beweis des Anspruchs zugelassen sind. Übertrieben strenge Bedingungen, die effektiv auf die Forderung hinauslaufen, dass der Antragsgegner den Anspruch ausdrücklich anerkennt, würden das Mahnverfahren weitgehend seines praktischen Nutzens berauben. Demgegenüber könnten zu lasche Vorschriften die effektive Kontrolle durch das Gericht in einem Maße verwässern, dass der Wert eines obligatorischen Urkundsbeweises selbst in Frage gestellt würde. Die Mitgliedstaaten, die dem „beweispflichtigen“ Modell folgen (Belgien, Frankreich, Griechenland, Luxemburg, Italien, Spanien) legen in dieser Hinsicht, gelinde gesagt, nicht dieselben Maßstäbe an. Es bestehen erhebliche Unterschiede, was die Genauigkeit und Ausführlichkeit der einschlägigen Bestimmungen betrifft. In Frankreich beschränkt sich Artikel 1407 Zivilprozessordnung auf die Feststellung, dass dem Antrag schriftliche Belege beizufügen sind,57 ohne weitere Hinweise darauf, welchen Anforderungen ein solcher Beleg genügen müsste. Es bleibt somit den Gerichten überlassen, in ihren Einzelfallentscheidungen konkretere Leitlinien zu entwickeln. Die belgischen Rechtsvorschriften gehen einen Schritt weiter und verlangen ein vom Schuldner stammendes Schriftstück, wobei klargestellt wird, dass dieses nicht auf eine Anerkennung des Anspruchs hinauslaufen muss.58 Das spanische und insbesondere das italienische Recht enthalten umfangreiche und detaillierte Aufzählungen und Definitionen dessen, was einen Urkunds-
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57 Art. 1407 Absatz 3: „La requête doit être accompagnée des documents justificatifs“. Artikel 11.2 (4) des „Storme-Vorschlags“ erscheint nicht weniger ungenau hinsichtlich der qualitativen Anforderungen, jedoch anspruchsvoller hinsichtlich der quantitativen Voraussetzungen: „The application … shall be accompanied by all documentary evidence in support of the claim“ (Dem Antrag … sind sämtliche Urkundsbeweise zur Begründung des Anspruchs beizufügen). 58 Artikel 1338 der belgischen Zivilprozessordnung (französische Fassung: „… un écrit émanant du débiteur“). In den vorbereitenden Arbeiten zu dieser Bestimmung werden ein Bestellzettel, ein vom Schuldner unterzeichneter Empfangsschein und eine anerkannte Rechnung als Beispiele für gültige Schriftstücke genannt.
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beweis für die Zwecke des Mahnverfahrens darstellt. 59 Eine gründliche Behandlung sämtlicher durch diese Bestimmungen erfassten Schriftstücke würde den Rahmen des vorliegenden Grünbuchs sprengen. An dieser Stelle möge der Hinweis genügen, dass der Anspruch in beiden Mitgliedstaaten durch Schriftstücke belegt werden kann, die allein vom Gläubiger verfasst und vom Schuldner nicht unterschrieben wurden.60 Angesichts dieser Unterschiede sollte nicht unterschätzt werden, welche komplexen Fragen bei dem Versuch, eine Definition der als Beweis in Mahnverfahren zugelassenen Schriftstücke zu erarbeiten, geklärt werden müssen. Dieser Aspekt könnte auch bei der Erörterung der allgemeinen Frage zu berücksichtigen sein, ob der Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls von der Vorlage eines Urkundsbeweises des Anspruchs abhängig gemacht werden sollte. Frage 12: Sollte die Vorlage eines Urkundsbeweises des behaupteten Anspruchs Voraussetzung für die Beantragung eines europäischen Zahlungsbefehls sein? Falls ja, welche Arten von Schriftstücken sollten als ausreichender Beweis eines Anspruchs gelten? 3.3.4.3. Formale Anforderungen – Verwendung von Vordrucken Mehrere Mitgliedstaaten, die ein Mahnverfahren kennen, stellen amtliche Vordrucke zur Verfügung (Österreich, Deutschland, Luxemburg, Portugal, Schweden, Spanien),61 wobei deren Verwendung in einigen zwingend vorgeschrieben ist,62 in anderen eine Alternative zur Klageschrift darstellt.63 In den Mitgliedstaaten, in denen eine Klageschrift eingereicht werden kann oder muss, gelten hierfür entweder dieselben Anforderungen wie im ordentlichen Zivilverfahren64 oder die Klageschrift kann in vereinfachter Form eingereicht werden, für die die Angabe der Parteien und ihres Wohnsitzes, des Betrages und des Anspruchsgrunds ausreicht.65 Die Verwendung von Vordrucken ist ein spezielles Mittel zur Strukturierung der Angaben, die für die Einleitung eines Mahnverfahrens erforderlich sind. Dies kann verschiedene Zwecke erfüllen. Erstens ist ein solches Formblatt hilfreich für den Antragsteller, vor allem dann, wenn er nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, da es die Punkte aufführt, die für die Einreichung eines zulässigen Antrags angegeben werden müssen, und im Idealfall durch einige Erläuterungen zu den einzelnen Punkten ergänzt wird. Zweitens stellt ein solches Formular ein wichtiges Mittel dar, um den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung zu erleichtern, vor allem in Verbindung mit der Möglichkeit, den Antrag bei Gericht auf elektronischem Wege zu stellen. Darüber hinaus kann in grenzüberschreitenden Sachen das Vorhandensein mehrsprachiger Vordrucke
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59 Artikel 812 der spanischen bzw. Artikel 633–636 der italienischen Zivilprozessordnung. Die Aufzählungen sind in beiden Fällen nicht abschließend. 60 Die spanischen Bestimmungen lassen vom Gläubiger allein stammende Schriftstücke zu, die entweder die Umstände des behaupteten konkreten Anspruchs oder, in Ergänzung zu einem anderen Schriftstück, in dem der geltend gemachte Betrag erwähnt wird, eine langfristige Beziehung zwischen den Parteien belegen. 61 In Frankreich sind nichtamtliche, von privaten Verlagen herausgegebene Vordrucke erhältlich. 62 Dies gilt für Österreich, Deutschland (außer bei Zustellung im Ausland) und Portugal (sofern das Formular für den betreffenden Fall geeignet ist). 63 Dies ist in Luxemburg der Fall, wo eine vereinfachte Verfahrenseinleitung nur mittels einer mündlichen oder schriftlichen déclaration au greffe (bei der Geschäftsstelle des Gerichts abgegebene Erklärung) möglich ist. 64 Italien. 65 Spanien (Artikel 814 Zivilprozessordnung).
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erheblich zur Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren beitragen, da die Notwendigkeit von Übersetzungen und die damit verbundenen Kosten und Verzögerungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Schließlich dürfte ein standardisierter Antrag notwendige Voraussetzung für eine standardisierte Entscheidung sein, die dann unionsweit für die Vollstreckung verwendet werden könnte. Die Entwicklung eines europäischen Vordrucks würde, selbst wenn sie im Lichte der vorausgehenden Überlegungen als wesentlich erachtet wird, einige technische Probleme aufwerfen. Die einzelstaatlichen Bestimmungen zu einer Reihe von Fragen wie z.B. den Kostenarten, für die eine Erstattung gefordert werden kann, weisen erhebliche Unterschiede auf und diese müssten voraussichtlich sowohl im Vordruck selbst als auch in den Erläuterungen ihren Niederschlag finden. Ein Vordruck, der nur in den Kernpunkten einheitlich gestaltet ist und den Mitgliedstaaten in anderen Punkten eine gewisse Flexibilität für ihren speziellen Bedürfnissen angepasste Fragen oder die Aufnahme weiterer Punkte einräumt, könnte eine tragfähige Strategie für den Umgang mit diesen komplexen Problemen darstellen. Frage 13: Sollte die Verwendung eines Vordrucks für die Beantragung eines europäischen Zahlungsbefehls zwingend vorgeschrieben werden? Falls ja, welchen Inhalt sollte der Vordruck haben? 3.3.4.4. Antragstellung bei Gericht auf elektronischem Wege und Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung im Allgemeinen Kommunikation zwischen dem Gericht und den Parteien Wenn die Kommunikation zwischen dem Gericht und den Parteien auf elektronischem Wege, vor allem über E-Mail, erfolgen kann, bieten sich weitere Möglichkeiten zur Straffung der Verfahren und zu erheblichen Zeit- und Kostenersparnissen. Dieses Argument erscheint angesichts der beträchtlichen Verzögerungen, die häufig auf dem normalen Postweg oder bei der förmlichen Zustellung von Schriftstücken von einem Mitgliedstaat in einen anderen auftreten, in Bezug auf grenzüberschreitende Rechtssachen besonders einleuchtend. Der zunehmende Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung bei der Abwicklung von Mahnverfahren durch die Gerichte in den Mitgliedstaaten könnte durch die Einreichung (standardisierter) Anträge auf elektronischem Wege noch zusätzlich erleichtert werden, da die Gerichte so darauf verzichten könnten, die vom Antragsteller durch die Eingabe des Antrags in ihr Rechnersystem bereits geleistete Arbeit zu wiederholen. Die elektronische Übermittlung eines Schriftstücks durch den Antragsteller an das Gericht dürfte eher eine technische als eine rechtliche Herausforderung darstellen, da sie nicht mit denselben komplizierten Fragen verbunden ist wie die förmliche Zustellung gerichtlicher Schriftstücke auf elektronischen Kommunikationswegen. Demzufolge ist in einigen Mitgliedstaaten die Antragstellung unter Verwendung elektronischer Medien erlaubt oder wird erprobt.66 Wie zu erwarten, sind die Mitgliedstaaten, die bei der Abwicklung des Mahnverfahrens generell umfassenden Gebrauch
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66 In Deutschland ist die Online-Antragstellung nur bei einigen der Gerichtsbezirke möglich, in denen zentrale Mahngerichte eingerichtet wurden (s.o. 3.3.2, Fußnote 50). In diesem Fall wird das gesamte Verfahren maschinell bearbeitet.
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von der elektronischen Datenverarbeitung machen, auch in dieser Hinsicht schon besonders weit. Ein Rechtsinstrument für ein europäisches Mahnverfahren sollte eine weitere Öffnung für den technologischen Fortschritt nicht behindern, sondern vielmehr fördern, um eine effizientere Behandlung von Rechtssachen dort zu unterstützen, wo dies das Recht der Parteien auf ein faires Verfahren in keiner Weise gefährdet. Es dürfte jedoch sehr zu bezweifeln sein, ob ein entsprechender Vorschlag vorschreiben sollte, dass bestimmte Verfahren für die Kommunikation mit den Gerichten zur Verfügung stehen müssen, da dies die Mitgliedstaaten, bei denen die Entwicklung der Rechnerinfrastruktur ihrer Gerichte noch aussteht, überfordern würde. Es ist eine Frage der weiteren technischen Entwicklung, vor allem in Bezug auf die Sicherheit und Zuverlässigkeit der elektronischen Kommunikation, ob und in welchem Maße diese Verfahren auch für die Zustellung von Schriftstücken an die Parteien eingesetzt werden können.67 Bearbeitung der Rechtssache bei Gericht Die potenziellen Einsatzmöglichkeiten der Informationstechnologie beschränken sich nicht auf die Kommunikation zwischen dem Gericht und den Parteien. Sie kann auch als leistungsfähiges Werkzeug für die Bearbeitung der Rechtssache durch das Gericht eingesetzt werden. Jede Entlastung von Aufgaben, die maschinell erledigt werden können, räumt dem Gericht mehr Zeit ein, sich mit tatsächlich komplizierten Fragen zu befassen. Da die Ansprüche, um die es in einem Mahnverfahren geht, vor allem wenn sie unbestritten bleiben, zu den „leichten“ Fällen zu zählen sind und dem Gericht in standardisierter Form vorgelegt werden sollten, bieten sie sich für eine verstärkte Nutzung der elektronischen Datenverarbeitung geradezu an. Gegenwärtig setzen mehrere Mitgliedstaaten (Österreich, Finnland, Frankreich, Schweden) die Datenverarbeitung in ihren jeweiligen Mahnverfahren allein zur Unterstützung bei der Registrierung der Fälle, der Fristenüberwachung, der Kostenberechnung usw. ein. Die Entscheidung über den Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls selbst bleibt der Person überlassen, die für das Verfahren zuständig ist, also dem Richter oder Gerichtsbediensteten. Demgegenüber ist Deutschland beim Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung einen maßgeblichen Schritt weiter gegangen, indem das gesamte Verfahren in mehreren Gerichtsbezirken maschinell bearbeitet wird. Die in Verbindung mit speziellen Vordrucken verwendete Software ermöglicht eine automatische Prüfung, ob Angaben fehlen, der Antrag offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist oder sonstige außerordentliche Umstände vorliegen (Antragsgegner mit Wohnsitz im Ausland, ungewöhnlich hohe Zinsen usw.).68 Nur wenn diese Prüfung Probleme feststellt, wird die Sache dem Rechtspfleger vorgelegt. Andernfalls wird der Mahnbescheid ohne menschliche Mitwirkung automatisch versandt, ebenso wie der Vollstreckungsbescheid und eine Kostenrechnung, sofern der Antragsgegner keinen Widerspruch einlegt. Erhebt der Antragsgegner rechtzeitig Widerspruch, wird die Sache automatisch an das Gericht abgegeben, das für das ordentliche Verfahren zuständig ist. Aus den obigen Absätzen sollte anschaulich geworden sein, welche bemerkenswerten und vielfältigen Einsatzmöglichkeiten die Computertechnologie und die elektronische Kommunikation bieten. Im Hinblick auf den engen Zusammenhang zwischen die-
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Zur Zustellung von Schriftstücken siehe im Einzelnen unter 3.3.8. Eine ähnliche automatische Prüfung erfolgt auch in Österreich.
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10. b. Grünbuch über ein Europäisches Mahnverfahren
sen Fragen und anderen strategischen Entscheidungen über die Kernaspekte eines europäischen Mahnverfahrens69 sollte das vorliegende Grünbuch als Plattform für eine breit angelegte Diskussion über die Rolle der elektronischen Kommunikation und Datenverarbeitung in einer europäischen Regelung dienen. Frage 14: Welche Rolle sollten Computertechnologie und elektronische Datenverarbeitung a) in der Kommunikation zwischen dem Gericht und den Parteien und b) bei der Abwicklung des europäischen Mahnverfahrens durch das Gericht spielen? 3.3.5. Umfang der gerichtlichen Prüfung des Anspruchs Es dürfte auf der Hand liegen, dass das Gericht, bei dem ein Zahlungsbefehl beantragt wird, die Zulässigkeit des Antrags und seine eigene von Amts wegen bestehende internationale Zuständigkeit70 prüfen muss. (Die Zulässigkeitsprüfung dient der Feststellung, ob der behauptete Anspruch in den Anwendungsbereich des Mahnverfahrens fällt, d.h. ob ein zivilrechtlicher Anspruch und eine Geldforderung vorliegt, ein zwingend vorgeschriebener Vordruck korrekt ausgefüllt wurde, der Antrag unterschrieben wurde usw.) Was die Sache selbst betrifft, wird erneut der Unterschied zwischen den Mahnverfahren des so genannten „beweispflichtigen“ Typs und des „nicht beweispflichtigen“ Typs deutlich. Im Allgemeinen kann in den Mitgliedstaaten, die dem „beweispflichtigen“ Modell folgen, ein Zahlungsbefehl nur dann ergehen, wenn die Prüfung der Angaben des Antragstellers und des von ihm vorgelegten Urkundsbeweises zu dem Ergebnis führt, dass der Anspruch begründet ist. In einem Verfahren des „nicht beweispflichtigen“ Typs hängt dagegen eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers nicht von einer vorausgehenden inhaltlichen Prüfung hinsichtlich des Bestehens des behaupteten Anspruchs ab.71 Für welche Option man sich entscheidet, ist untrennbar mit der Frage verbunden, ob man eines der beiden Modelle und seine bestimmenden Merkmale generell bevorzugt. Wie bereits in Bezug auf die erforderliche Vorlage eines Beweises für den Anspruch bzw. die notwendige Behandlung durch einen ordentlichen Richter hervorgehoben, stehen sich hier zwei Denkweisen gegenüber: Die eine überträgt dem Antragsgegner die volle Verantwortung dafür, eine gegen ihn gerichtete Entscheidung zu verhindern und ein streitiges Verfahren auszulösen, die andere geht vom Grundsatz eines Mindestschutzes für den Schuldner aus.
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69 Es ist z.B. offensichtlich, dass ein automatisiertes Verfahren nach dem deutschen Modell, wie es im Haupttext beschrieben wird, nur denkbar ist, wenn das Gericht keine Sachprüfung des Anspruchs vornimmt, die nur von einem Menschen zu leisten ist. 70 Lässt sich der in einem Mitgliedstaat ansässige Beklagte, der vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats verklagt wird, auf das Verfahren nicht ein, so hat sich das Gericht nach Artikel 26 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn seine Zuständigkeit nicht nach dieser Verordnung begründet ist. 71 In Österreich darf gemäß 448 Abs. 2 ZPO kein Zahlungsbefehl ergehen, wenn die Forderung offensichtlich nicht einklagbar ist (z.B. Spielschulden) oder noch nicht fällig ist. Von solchen Fällen abgesehen wurde mangels ausdrücklicher Bestimmungen zu diesem Punkt in der juristischen Fachliteratur kontrovers diskutiert, ob und in welchem Umfang die Begründetheit des behaupteten Anspruchs zu prüfen ist. In der gerichtlichen Praxis wurde diese Frage im Allgemeinen überaus großzügig gehandhabt. Durch die neuen Rechtsvorschriften, die ab 1. Januar 2003 in Kraft treten, wird jedoch ausdrücklich klargestellt, dass das Gericht eine summarische Prüfung hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Anspruchs entsprechend der Vorgehensweise vor Erlass eines Säumnisurteils, d.h. auf Grundlage der unbestrittenen Tatsachenbehauptungen des Antragstellers, vorzunehmen hat.
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Um eine Entscheidung für das eine oder andere Modell treffen zu können, mag es hilfreich sein, die folgenden Aspekte ihrer praktischen Umsetzung zu untersuchen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass selbst die Mitgliedstaaten, die auf eine institutionalisierte Sachprüfung verzichten, ein gewisses „Sicherheitsventil“ eingebaut haben, da entweder infolge entsprechender ausdrücklicher Bestimmungen oder nach gängiger Praxis offensichtlich unbegründete Anträge zurückgewiesen werden.72 Mit anderen Worten: Die Notwendigkeit eines gewissen Schutzes für Schuldner, die sich nicht auf das Verfahren einlassen, vor mutwilligen Forderungen wird auch im „nicht beweispflichtigen“ Modell anerkannt. Es könnte sinnvoll sein, wenn eine diesem Modell folgende europäische Regelung eine ausdrückliche Vorschrift enthielte, die die diesbezüglichen Pflichten der Gerichte möglichst klar umreißt. Folgende Beispiele werden in der juristischen Fachliteratur genannt: Eine gebührende Würdigung der praktischen Unterschiede zwischen dem Mindestschutz, der durch die Ausmusterung offensichtlich unbegründeter Ansprüche gewährt wird, und der vorgeschriebenen Prüfung des Anspruchs nach dem „beweispflichtigen“ Mahnverfahren wäre nur möglich, wenn ausreichende Informationen über den Umfang dieser Prüfung zur Verfügung stünden. Die Einseitigkeit des der Entscheidung vorausgehenden Verfahrens scheint unvermeidlich zur Folge zu haben, dass die von den Gerichten durchgeführte Prüfung nach Plausibilitäts- oder Glaubwürdigkeitsmaßstäben erfolgt und keine gründliche Würdigung der Rechtmäßigkeit des Anspruchs darstellt. Es hängt zu einem großen Teil von den Anforderungen an den Urkundsbeweis und den Vortrag des Antragstellers ab, ob das Gericht in der Lage ist, mehr als eine höchst oberflächliche Prüfung der Sache selbst vorzunehmen.73 Die bloße Tatsache, dass in allen Mitgliedstaaten, die sich für das „beweispflichtige“ Verfahren entschieden haben, die Gerichte nur dann einen Zahlungsbefehl erlassen, wenn sie den Anspruch für begründet halten, schließt nicht aus, dass es maßgebliche Unterschiede in der praktischen Umsetzung dieses Grundsatzes gibt, bzw. sie ist für sich genommen keine Garantie für einen Schutz des Schuldners auf hohem Niveau. Um europaweit einheitliche Standards zu gewährleisten, könnte sich die Festlegung einiger allgemeiner Leitlinien bezüglich der Gründlichkeit der Sachprüfung als notwendig erweisen. Frage 15: Sollte vor Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls die Rechtmäßigkeit des Anspruchs geprüft werden? Falls ja, nach welchen Kriterien sollte geprüft werden? 3.3.6. Gerichtliche Entscheidung über den Zahlungsbefehl 3.3.6.1. Sollte ein Zahlungsbefehl über eine Teilforderung möglich sein? Wenn der Antrag die formalen oder materiellen Voraussetzungen nur für einen Teil der geltend gemachten Forderung erfüllt, stellt sich die Frage, ob für diese Teilforderung
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72 In § 23 des schwedischen Gesetzes über das summarische Verfahren heißt es: „Wenn anzunehmen ist, dass der Anspruch des Antragstellers … unbegründet und ungerechtfertigt ist, sollte der Antrag so behandelt werden, als sei er vom Antragsgegner bestritten worden“. 73 Die Tatsache, dass in Italien und Griechenland das Gericht den Antragsteller auffordern kann, zusätzliche Schriftstücke vorzulegen oder sich zu bestimmten Aspekten oder Details näher einzulassen, wenn es den ursprünglichen Antrag als unzureichend erachtet, könnte als Hinweis auf eine etwas strengere Prüfung der Rechtmäßigkeit des Anspruchs betrachtet werden. Letzten Endes wären für eine gründliche Behandlung dieser Fragen weitere Informationen über die übliche Anwendung dieser Vorschriften in allen Mitgliedstaaten, die dem „beweispflichtigen“ Modell folgen, erforderlich.
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ein Zahlungsbefehl erlassen werden sollte.74 Diese Frage wird von manchen Mitgliedstaaten (Deutschland, Luxemburg) für ihre einzelstaatlichen Verfahren negativ beantwortet – sie verfolgen also einen klaren Ansatz nach dem Motto „Alles oder nichts“. Wenn der Zahlungsbefehl nicht für den gesamten Anspruch einschließlich der geltend gemachten Zinsen und Kosten erlassen werden kann, muss er in Gänze abgelehnt werden.75 Die Verfahren in Frankreich und Belgien folgen einem anderen Ansatz. Wenn der zuständige Richter den behaupteten Anspruch nur teilweise als gerechtfertigt erachtet, erlässt er eine injonction de payer nur über die gültige Teilforderung. Gegen diese Entscheidung kann kein Rechtsmittel eingelegt werden, der Gläubiger hat jedoch zwei Möglichkeiten, auf die teilweise Ablehnung zu reagieren. Ist er entschlossen, den gesamten Anspruch einschließlich des vom Gericht zurückgewiesenen Teils geltend zu machen, muss er auf die Zustellung des Zahlungsbefehls an den Schuldner verzichten und ein ordentliches Verfahren einleiten. Betreibt er dagegen die Zustellung und Vollstreckung der teilweisen injonction de payer, verwirkt er das Recht auf ein weiteres Gerichtsverfahren zur Beitreibung der Restforderung.76 Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die Unterschiede zwischen den beiden Regelungen in der tagtäglichen Umsetzung weitgehend verwischen können. Wenn beispielsweise die Gerichte gängiger Praxis folgend oder sogar aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung77 dem Gläubiger vor Zurückweisung des Antrags Gelegenheit geben, die Antragsmängel zu beheben bzw. die Hauptforderung oder die geltend gemachten Zinsen so zu verringern, dass ein Zahlungsbefehl ergehen kann, so läuft dies praktisch darauf hinaus, ihm die Entscheidung zu überlassen, ob er sich mit dem vom Gericht als gerechtfertigt anerkannten Betrag zufrieden gibt oder ein ordentliches Verfahren zur Beitreibung des gesamten Anspruchs einleitet. Beiden oben beschriebenen Vorgehensweisen liegt das Bestreben zugrunde, die Aufteilung einer Sache in zwei getrennte Verfahren – ein Mahnverfahren über einen Teil des Anspruchs und ein ordentliches Zivilverfahren über den anderen Teil – und die daraus resultierende Komplexität zu vermeiden, die dem Hauptzweck des Mahnverfahrens, nämlich der vereinfachten Beitreibung voraussichtlich unbestrittener Forderungen, zuwiderlaufen würde. Frage 16: Sollte die Möglichkeit bestehen, einen europäischen Zahlungsbefehl nur für einen Teil des geltend gemachten Anspruchs zu erlassen? 3.3.6.2. Entscheidung in standardisierter Form Wie bereits erwähnt besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Verwendung von Vordrucken für die Antragstellung und für die Entscheidung über den Antrag. In
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74 Dieser Fall ist von einem Zahlungsbefehl zu einem Anspruch zu unterscheiden, von dem nur ein Teil vom Antragsgegner bestritten wird. 75 § 691 Abs. 1 der deutschen ZPO. In Österreich gilt diese Vorschrift nur, wenn der Anspruch teilweise unbegründet ist. Ist dagegen der Antrag teilweise unzulässig, kann ein Zahlungsbefehl über den zulässigen Teilanspruch ergehen. 76 Art. 1409 Zivilprozessordnung: „Si, au vu des documents produits, la demande lui paraît fondée en tout ou partie, le juge rend une ordonnance portant injonction de payer pour la somme qu’il retient. … Si le juge ne retient la requête que pour partie, sa décision est également sans recours pour le créancier, sauf a celui-ci à ne pas signifier l’ordonnance et à procéder selon les voies de droit commun“. 77 Eine solche Pflicht besteht in Deutschland gemäß § 691 Abs. 1 ZPO.
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beiden Fällen ergeben sich ähnliche Vorteile, wenn auch in unterschiedlichen Verfahrensstufen. Während ein Antragsvordruck den Zugang zur Justiz erleichtert, würde eine standardisierte Entscheidung eine Entlastung in Verfahren bringen, in denen der Zahlungsbefehl in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem er ergeht, vollstreckt werden soll. Soll der europäische Zahlungsbefehl in anderen Mitgliedstaaten unmittelbar vollstreckbar sein, müssen alle für die Vollstreckung benötigten Angaben klar und unmissverständlich im Zahlungsbefehl ausgewiesen sein. Um nur ein Beispiel für die praktischen Schwierigkeiten zu nennen: In manchen Mitgliedstaaten wird von Amts wegen ein bestimmter Zinssatz auf die Forderung erhoben, der in der Entscheidung nicht genannt wird oder auf den nur als gesetzlicher Zinssatz hingewiesen wird. Für die Vollstreckungsbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Entscheidung ergeht, mag dies selbstverständlich sein, im Ausland ist es jedoch nicht nachvollziehbar und daher nicht vollstreckbar. Ein standardisierter europäischer Zahlungsbefehl müsste daher den anwendbaren Zinssatz explizit beziffern, selbst wenn dies nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem er erlassen wird, normalerweise nicht erforderlich ist. Die Mitgliedstaaten und andere, die über Erfahrungen in diesem Bereich verfügen, könnten einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung eines Formulars, das diesen Anforderungen möglichst umfassend Genüge tut, leisten, wenn sie der Kommission typische Probleme der erwähnten Art mitteilen würden, die bei der Vollstreckung von in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen häufig auftreten. Frage 17: Sollte der europäische Zahlungsbefehl in standardisierter Form erteilt werden? Falls ja, welchen Inhalt sollte eine standardisierte Entscheidung haben? 3.3.6.3. Möglichkeit für den Gläubiger, gegen eine (teilweise) Ablehnung des Antrags auf Erlass eines Zahlungsbefehls Rechtsmittel einzulegen? Möglichkeit, einen Zahlungsbefehl wiederholt zu beantragen? In den Mitgliedstaaten, die über ein Mahnverfahren verfügen, scheint es gängige Praxis zu sein, Rechtsmittel gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Erlass eines Zahlungsbefehls auszuschließen. Die einfache und überzeugende Erklärung für das Fehlen eines Rechtsmittels ergibt sich daraus, dass es dem Antragsteller frei steht, ein ordentliches Zivilverfahren zu demselben Anspruch einzuleiten. Manche Mitgliedstaaten lassen sogar eine erneute Beantragung eines Zahlungsbefehls nach Berichtigung der formalen oder materiellen Mängel zu, die zur Zurückweisung des ersten Antrags führten.78 Es wäre überlegenswert, ob eine entsprechende ausdrückliche Bestimmung in eine europäische Regelung aufgenommen werden sollte.79
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78 Dies scheint zumindest in Italien, Luxemburg und Deutschland der Fall zu sein. In den anderen Mitgliedstaaten ist diese Möglichkeit in den einschlägigen Bestimmungen dem Wortlaut nach nicht ausdrücklich vorgesehen. 79 Artikel 11.4 des Storme-Vorschlags stellt klar, dass die Ablehnung eines Antrags in Gänze oder zum Teil durch das Gericht keine rechtskräftige Entscheidung darstellt und dass kein Rechtsmittel gegen eine solche Ablehnung zulässig ist („if the court refuses the application in whole or in part, such refusal shall not have the effect of res iudicata. No appeal shall lie against such a refusal“).
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10. b. Grünbuch über ein Europäisches Mahnverfahren
Frage 18: Sollte die Einlegung eines Rechtsmittels gegen die (teilweise) Ablehnung eines Antrags auf Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls unzulässig sein? Sollte die Möglichkeit bestehen, nach einer solchen Ablehnung erneut einen Antrag auf Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls für denselben Anspruch zu stellen? 3.3.7. Der Entscheidung beigefügte Belehrung des Schuldners über seine Verfahrensrechte und -pflichten Um ein faires Verfahren zu gewährleisten, muss dem Schuldner zusammen mit dem Zahlungsbefehl eine Belehrung über seine Verfahrensrechte und -pflichten zugestellt werden. Es kann keineswegs als gegeben angesehen werden, dass der Antragsgegner mit den spezifischen Merkmalen eines Mahnverfahrens vertraut ist. Daher ist eine kurze, aber umfassende Belehrung Voraussetzung dafür, dass der Schuldner, ohne eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen zu müssen, in der Lage ist, in voller Kenntnis der Folgen innerhalb der kurzen Fristen zu entscheiden, ob er den Anspruch bestreiten will oder nicht. Obwohl der genaue Inhalt dieser Belehrung in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich ist, scheint über folgende Kernelemente Einigkeit zu bestehen: – Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit, die Widerspruchsfrist sowie die formalen Voraussetzungen des Widerspruchs wie die Anschrift des Gerichts oder der Behörde, bei der er einzulegen ist; – Hinweis auf die Vollstreckbarkeit des Zahlungsbefehls, falls nicht fristgerecht Widerspruch eingelegt wird. Wenn das Gericht vor Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls keine inhaltliche Prüfung hinsichtlich des Bestehens des Anspruchs vornimmt, könnte es als notwendig erachtet werden, den Antragsgegner über diese Tatsache aufzuklären, um den Eindruck zu vermeiden, er müsse nicht selbst tätig werden, um eine Würdigung des Anspruchs als unbegründet zu erreichen.80 In einem einstufigen Verfahren, in dem der Antragsgegner, wenn er keinen Widerspruch erhebt, keine weitere Möglichkeit hat, ordentliches Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen, könnte darüber hinaus ein entsprechender warnender Hinweis an den Schuldner angebracht sein.81 Aus einer Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Belehrung des Schuldners ergibt sich zwangsläufig die Zusatzfrage nach den Rechtsfolgen, falls dieser Pflicht nicht nachgekommen wird. Dazu ist anzumerken, dass die Missachtung der einschlägigen Vorschriften zwar in manchen,82 jedoch nicht in allen Mitgliedstaaten die Nichtigkeit des Zahlungsbefehls zur Folge hat. In Österreich und Italien hat zum Beispiel eine unterlassene ordnungsgemäße Belehrung des Beklagten über die Widerspruchsfrist keinerlei Folgen, da die Ansicht vertreten wird, es liege in der Verantwortung des Beklagten, sich die zu seiner Verteidigung erforderlichen Informationen zu beschaffen. Die gesetzliche Frist gilt unabhängig davon, ob dem Zahlungsbefehl ein entsprechender Hinweis beigefügt war oder nicht. Angesichts dieses signifikanten Unterschieds wäre die Schaffung eines einheitlichen Standards im Zusammenhang mit einem europäischen Rechtsin-
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80 § 692 Abs. 1 Ziff. 2 der deutschen ZPO schreibt eine entsprechende Belehrung vor. Auch in Österreich wird der Beklagte darüber belehrt, dass der Zahlungsbefehl sich auf die vom Kläger gemachten Angaben stützt und deren Richtigkeit nicht überprüft wurde. 81 Artikel 1413 der französischen Zivilprozessordnung enthält eine entsprechende Verpflichtung. 82 Artikel 1413 der französischen und Artikel 134 der luxemburgischen Zivilprozessordnung sind in diesem Punkt sehr klar („à peine de nullité“).
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strument unumgänglich, um einen unionsweit gleichen Schutz der Verteidigungsrechte zu gewährleisten. Frage 19: Welche Elemente sollte die einem europäischen Zahlungsbefehl beigefügte Belehrung des Schuldners über seine Verfahrensrechte und -pflichten enthalten? Welche Konsequenzen sollte die Nichterfüllung dieser Hinweispflicht haben? 3.3.8. Zustellung des Zahlungsbefehls an den Schuldner Wenn man den potenziellen Bestandteil eines europäischen Mahnverfahrens bestimmen sollte, der am wichtigsten und kompliziertesten ist, dürften am ehesten die Zustellungsvorschriften für den Zahlungsbefehl in Frage kommen. Die besondere Bedeutung der Zustellungsvorschriften im Rahmen eines Mahnverfahrens ist leicht zu erklären. Mit der Zustellung beginnen nicht nur, wie in vielen anderen Bereichen des Verfahrensrechts, die Fristen, d.h. sie ist nicht nur der Bezugspunkt für die Feststellung, ob der Schuldner die Widerspruchsfrist eingehalten hat. Typisch für einen Zahlungsbefehl ist, dass er nur dann erteilt und vollstreckbar wird, wenn sich der Schuldner nicht auf das Verfahren eingelassen hat. Es wird davon ausgegangen, dass der Schuldner sich bewusst zu diesem Verhalten entschlossen hat, und zwar entweder, weil er die Forderung als begründet anerkennt oder weil er das Gerichtsverfahren bewusst ignorieren will. Mangels einer eindeutigen Reaktion des Schuldners ergibt sich der Beweis, dass er in der Lage war, sich in voller Kenntnis der Sachlage für ein Fernbleiben vom Prozess zu entscheiden, allein aus der korrekten, fristgerechten Zustellung der Schriftstücke, mit denen er über die Forderung, seine Verfahrensrechte und -pflichten und die Folgen seiner Untätigkeit in Kenntnis gesetzt wurde. Die Vorschriften für die Zustellung von Schriftstücken, die in den Mitgliedstaaten entwickelt wurden, gründen auf offenkundig sehr unterschiedlichen Denkweisen. Zunächst kann sicher unterstellt werden, dass die folgende Grundhaltung von allen geteilt wird: Die persönliche Zustellung von Schriftstücken an den Empfänger ist wünschenswert, in der Praxis jedoch häufig schwierig zu bewerkstelligen; daher müssen bestimmte Formen einer Ersatzzustellung zulässig sein, damit das System funktionsfähig bleibt. Gleichwohl könnten die in den einzelnen Mitgliedstaaten praktizierten Lösungen kaum weiter auseinander liegen. Um diese Vielfalt zu veranschaulichen, mag eine kurze Gegenüberstellung der englischen und französischen Verfahrensregeln genügen. In England erfolgt die Zustellung in erster Linie mit der first class mail (vorrangig beförderte Briefsendungen), d.h. ohne Empfangsbestätigung. Dabei wird ohne diesbezüglichen Beleg unterstellt, dass der Beklagte das betreffende Schriftstück tatsächlich erhalten hat; das Verfahren setzt also großes Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Post voraus. Für die Ausnahmefälle, in denen keine ordnungsgemäße Zustellung erfolgte, steht dem Leidtragenden eines solchen Versagens nach dem Verfahrensrecht der Antrag auf Aufhebung einer infolge nicht ordnungsgemäßer Zustellung ergangenen gerichtlichen Entscheidung als Rechtsmittel zur Verfügung. Im krassen Gegensatz zu diesem pragmatischen und kostengünstigen Ansatz vertrauen die französischen Rechtsvorschriften die Zustellung einer injonction de payer nur Angehörigen eines bestimmten Berufszweigs (huissiers de justice) an, die über eine gründliche juristische Ausbildung verfügen. Sie haben nicht nur die Aufgabe, den Zahlungsbefehl dem Schuldner zuzustellen, sondern auch die Pflicht, dem Empfänger über die schriftlichen Anweisungen in der Gerichtsentscheidung selbst hinaus die rechtliche Bedeutung des Schriftstücks zu erläutern. Wenn der Empfänger nicht angetroffen wird und eine Ersatzzustellung erfolgen muss, beweist das franSchütze
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zösische Verfahrensrecht sein Misstrauen gegenüber diesem Vorgehen, indem es die Zustellung der meisten ihrer Rechtsfolgen beraubt. Selbst die persönliche Zustellung eines Zahlungsbefehls z.B. an die Ehefrau des Beklagten löst nicht den Beginn der Widerspruchsfrist aus. Sie beginnt erst ab dem ersten Vollstreckungsakt in sein Vermögen, d.h. dem letztmöglichen Zeitpunkt, zu dem er von dem Verfahren Kenntnis erhält. Es steht außer Zweifel, dass die französische Regelung einen starken Schutz der Verteidigungsrechte bietet. Nicht zu leugnen ist jedoch auch, dass der Einsatz voll ausgebildeter Juristen für die Zustellung von Schriftstücken seinen Preis hat. Es wäre theoretisch möglich, ein Rechtsinstrument für einen europäischen Zahlungsbefehl zu schaffen, das keinerlei Vorschriften für die Zustellung von Schriftstücken enthält, und die diesbezüglichen Fragen dem einzelstaatlichen Recht oder, in grenzüberschreitenden Sachen, dem einzelstaatlichen Recht in Verbindung mit Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten83 zu überlassen. Ein echtes europäisches Mahnverfahren ist jedoch ohne eine gewisse Angleichung der Zustellungsvorschriften kaum denkbar. Die automatische Vollstreckbarkeit der Entscheidung in allen Mitgliedstaaten, die integraler Bestandteil eines europäischen Zahlungsbefehls sein sollte, ist ohne gemeinsame Zustellungsvorschriften nur schwer vorstellbar. Das ist die eindeutige Lehre, die aus den Vorarbeiten zum kürzlich angenommenen Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen zu ziehen ist. Dabei kam man einmütig zu der Überzeugung, dass sich Artikel 27 Absatz 2 des Brüsseler Übereinkommens von 196884 in der Praxis als Haupthindernis für die Anerkennung und Vollstreckung erwiesen hat und die Garantie gewisser Mindeststandards für die Zustellung unabdingbare Voraussetzung für die Abschaffung der Vollstreckbarerklärung sein muss. Der Vorschlag selbst enthält relativ detaillierte Mindestanforderungen zu diesem Aspekt, ohne rechtliche Verpflichtung der Mitgliedstaaten, ihre Rechtsvorschriften entsprechend anzupassen. Stattdessen stellt die Beachtung dieser Vorschriften eine Bedingung für die Bestätigung einer Gerichtsentscheidung als europäischer Vollstreckungstitel dar, der seinerseits Voraussetzung dafür ist, dass das Urteil in allen Mitgliedstaaten vollstreckt werden kann. Es erscheint unumgänglich, dass ein europäischer Zahlungsbefehl mangels bindender einheitlicher Zustellungsvorschriften demselben Bestätigungsverfahren oder sogar dem Exequaturverfahren unterworfen werden müsste. Um diese bedauerliche Konsequenz, die das Verfahren eines großen Teils seiner Attraktivität berauben würde, zu vermeiden, sollte eine Gesetzgebungsinitiative im Prinzip einen bedeutenden Schritt weiter gehen und eine wirkliche Angleichung der Vorschriften für die Zustellung von Schriftstücken in Angriff nehmen.85 Zahlreiche Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, bedürfen weiterer Erörterung. Um nur einige zu nennen: Sollte die Angleichung auf das Mahnverfahren beschränkt sein, so dass für eine spezifische Verfahrensart eigene Vorschriften geschaffen
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83 ABl. L 160 vom 30.6.2000, S. 37. 84 Nun mit geringfügigen Änderungen als Artikel 34 Absatz 2 in Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates enthalten, die am 1. März 2002 in Kraft getreten ist. 85 Dabei ist auch folgende Aussage in Abschnitt II B 1 des Programms zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung zu beachten: „Zur Verbesserung der Sicherheit, der Wirksamkeit und der Zügigkeit der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke, die ganz eindeutig eine der Grundlagen für das gegenseitige Vertrauen zwischen den nationalen Rechtssystemen darstellt, wäre eine Harmonisierung der in diesem Bereich anwendbaren Regeln oder die Ausarbeitung von Mindeststandards anzustreben.“ Im Bereich der Mahnverfahren erscheinen Fortschritte in dieser Hinsicht ganz besonders dringlich.
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werden, oder sollte sie sich auf die Zustellung von Schriftstücken im Allgemeinen erstrecken, möglicherweise in einem eigenen Rechtsinstrument? Sollte man sich auf Mindeststandards beschränken oder auf eine weiter gehende Harmonisierung hinarbeiten? Welche Formen der Zustellung, insbesondere der Ersatzzustellung, sollten zulässig sein? Könnten die relevanten Bestimmungen des Vorschlags für eine Verordnung des Rates zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels als Anregung dienen? Das vorliegende Grünbuch soll eine umfassende Debatte über all diese Fragen in Gang setzen. Dabei sollte vor allem die Zustellung eines bestimmten Schriftstücks, des Zahlungsbefehls, in einem bestimmten Kontext im Mittelpunkt stehen, ohne dass die möglichen, über diesen Bereich hinausgehenden Auswirkungen außer Acht gelassen werden sollen. Frage 20: Sollte ein Rechtsinstrument für einen europäischen Zahlungsbefehl Vorschriften für die Zustellung von Schriftstücken in diesem spezifischen Verfahren enthalten oder sollten in diesem Zusammenhang die allgemeinen Zustellungsvorschriften harmonisiert werden? Falls ja, welchen Inhalt sollten diese Vorschriften haben? 3.3.9. Widerspruch seitens des Schuldners 3.3.9.1. Widerspruchsfristen Die Widerspruchsfristen nach einzelstaatlichem Recht reichen von einer Woche86 bis zu sechzig Tagen87 ab Zustellung des Zahlungsbefehls an den Schuldner, wobei in den meisten Mitgliedstaaten eine Frist von etwa zwei Wochen gilt.88 Manche Mitgliedstaaten (Italien, Schweden) setzen keine feste Frist, sondern lassen ein gewisses Maß an Flexibilität zu, indem sie es dem Gericht bzw. der zuständigen Behörde innerhalb bestimmter Grenzen überlassen, eine den besonderen Umständen des Einzelfalls angepasste Frist einzuräumen. Frankreich und Portugal knüpfen die Berechnung der Widerspruchsfrist an die Art der Zustellung des Zahlungsbefehls, um einem Schuldner, der den Zahlungsbefehl nicht persönlich vom Zusteller in Empfang genommen hat, eine etwas großzügigere Frist einzuräumen.89 In Deutschland wird die Widerspruchsfrist auf einen Monat, also mehr als das Doppelte verlängert, wenn der Antragsgegner seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat oder Vertragsstaat des Luganer Übereinkommens hat.
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86 In Deutschland gilt die einwöchige Frist nur für Verfahren vor den Arbeitsgerichten. In Schweden wird die Frist von Fall zu Fall festgelegt, in der Regel werden jedoch in gewöhnlichen Fällen zehn Tage als ausreichend erachtet. 87 In Italien liegt die normale gesetzliche Frist bei 40 Tagen; sie kann jedoch den Erfordernissen des jeweiligen Falls angepasst und auf nicht weniger als 10 Tage verkürzt oder auf nicht mehr als 60 Tage verlängert werden. 88 Belgien (15 Tage), Finnland (üblicherweise 14 Tage), Deutschland (14 Tage für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten), Griechenland (15 Tage), Luxemburg (15 Tage), Portugal (15 Tage), Spanien (20 Tage). In Schweden darf die Frist zwei Wochen ohne besondere Gründe nicht überschreiten. In Österreich wird die derzeitige Frist von 14 Tagen ab 1. Januar 2003 auf 4 Wochen verlängert; gleichzeitig wird der in einem Mahnverfahren geltend zu machende Hoechstbetrag auf 30000 EUR angehoben. In Frankreich wird dem Schuldner eine Frist von einem Monat zur Einlegung des Widerspruchs eingeräumt. 89 In diesem Fall wird die Widerspruchsfrist in Portugal um 5 Tage (d.h. auf insgesamt 20 Tage) verlängert. In Frankreich hat die nicht an den Empfänger persönlich erfolgte Zustellung wesentlich einschneidendere Folgen: Die Frist wird nicht geändert, beginnt jedoch erst ab dem Zeitpunkt des ersten Vollstreckungsakts in das Vermögen des Schuldners (Artikel 1416 Zivilprozessordnung).
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Dieser kurze Überblick veranschaulicht die große Vielfalt möglicher Fristenregelungen, die weit über die bloße Festlegung einer bestimmten Anzahl Tage oder Wochen hinausgeht. Letzten Endes ist die Wahl einer bestimmten Frist eher eine technische Frage, die voraussichtlich keine großen Probleme aufwerfen wird. Gleichwohl ist zu bedenken, dass der zur Verteidigungsvorbereitung benötigte Zeitraum umso länger wird, je anspruchsvoller die formalen und materiellen Anforderungen an eine schriftliche Erwiderung sind. Darüber hinaus hängt die Bedeutung der Widerspruchsfrist zu einem großen Teil davon ab, ob es sich bei dem gesamten Mahnverfahren um ein einstufiges oder zweistufiges Verfahren handelt. Hat der Schuldner eine zweite Gelegenheit zum Anfechten des Anspruchs, indem er gegen eine nach Ablauf der ersten Widerspruchsfrist ergangene zweite Entscheidung Einspruch erhebt, müsste ein verspäteter Widerspruch gegen die erste Entscheidung nur als Einspruch gegen die zweite Entscheidung gewertet werden.90 In einem einstufigen Verfahren wird der Zahlungsbefehl dagegen nach Ablauf der Widerspruchsfrist nicht nur vollstreckbar, sondern gleichzeitig rechtskräftig. Frage 21: Welche Frist sollte für den Widerspruch gegen eine Forderung gelten? Sollten bestimmte Merkmale des Einzelfalls Einfluss auf die Widerspruchsfrist haben und falls ja, welche? 3.3.9.2. Anforderungen an den Widerspruch In einigen Mitgliedstaaten (Frankreich, Deutschland, Schweden) sind die formalen und materiellen Anforderungen an den Widerspruch gegen eine Forderung auf das absolute Mindestmaß beschränkt. Es reicht aus, wenn der Antragsgegner eine schriftliche Erklärung einreicht, dass er dem Anspruch widerspricht; eine Begründung ist nicht erforderlich. Häufig liegt dem Zahlungsbefehl selbst ein sehr einfacher Vordruck bei, der nur ausgefüllt, unterzeichnet und an das Gericht geschickt zu werden braucht.91 In anderen Mitgliedstaaten (Italien, Luxemburg, Portugal, Schweden) muss der Widerspruch dagegen zumindest eine summarische Begründung enthalten. In Italien muss der Beklagte sogar sämtliche Gründe für seinen Widerspruch aufführen. Gründe, die zu diesem Zeitpunkt nicht genannt werden, können zu einem späteren Zeitpunkt nicht in das Verfahren eingeführt werden. In Österreich ist nach der jüngsten Reform des Mahnverfahrens ein Widerspruch ohne Begründung nur in Verfahren vor dem (für Forderungen mit einem Streitwert bis zu 10000 EUR zuständigen) Bezirksgericht zulässig. Bei Ansprüchen oberhalb dieser Grenze (d.h. in Verfahren vor dem Gerichtshof) muss der Einspruch des Beklagten den Vorschriften für die Klagebeantwortung in ordentlichen Verfahren entsprechen.92
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90 In Deutschland ist der Mahnbescheid nach Ablauf der Widerspruchsfrist nicht selbst vollstreckbar, vielmehr folgt auf Antrag des Gläubigers ein Vollstreckungsbescheid. Nach 694 ZPO muss ein verspäteter Widerspruch gegen einen Mahnbescheid zugelassen werden, solange kein Vollstreckungsbescheid erlassen wurde (d.h. auch ein noch so verspäteter Widerspruch verhindert den Erlass des Vollstreckungsbescheids), und ist als Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid zu werten, falls dieser bereits ergangen ist. In Luxemburg scheint Ähnliches zu gelten. 91 In Deutschland braucht der Schuldner z.B. nur in dem Vordruck anzukreuzen, ob er dem Anspruch insgesamt oder nur einem Teil des Anspruchs widerspricht, sowie in letzterem Falle anzugeben, welcher Teil der Forderung bestritten wird. 92 Auf Grundlage der Einzelfallentscheidungen österreichischer Gerichte in ordentlichen Verfahren ist jedoch zu erwarten, dass ein Einspruch auch dann als zulässig erachtet wird, wenn er den inhaltlichen Anforderungen nicht entspricht. Die Folgen diesbezüglicher Mängel beschränken sich darauf, dass der
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Eine solche Anforderung könnte jedoch eine „Büchse der Pandora“ voller komplexer Rechtsprobleme öffnen, wenn ein bestimmter, vom Widerspruch zu erfüllender inhaltlicher Mindeststandard hinsichtlich des Vortrags zur Sache selbst als Voraussetzung für die Zulässigkeit des Widerspruchs zu verstehen wäre.93 Wenn das Gericht einen Widerspruch als unzulässig zurückweisen könnte, weil er nicht hinreichend begründet wurde, könnte dies eine heikle Frage darstellen und wäre der Transparenz und Verständlichkeit eines Mahnverfahrens nicht unbedingt förderlich. Schließlich ändert auch eine offenkundig fehlende Begründung eines Widerspruchs nichts an der Tatsache, dass der Anspruch bestritten wird und nicht als unstreitig angesehen werden kann, es sei denn, der Vortrag des Beklagten ist völlig absurd, so dass er nicht einmal einen Widerspruch darstellt. Die Entscheidung darüber, ob die zur Bestreitung des Anspruchs vorgetragenen Argumente begründet sind, hat mit der Sache selbst zu tun und sollte in einem ordentlichen Zivilverfahren getroffen werden. Es wäre nachvollziehbarer, wenn das Bestreiten einer Forderung zum frühest möglichen Zeitpunkt des Verfahrens, d.h. im Widerspruch, begründet werden müsste, nicht als Voraussetzung für die Zulässigkeit des Widerspruchs, sondern um eine sorgfältige Vorbereitung und eine Straffung des nachfolgenden ordentlichen Verfahrens zu ermöglichen.94 Strenge diesbezügliche Maßstäbe können jedoch nicht ohne Auswirkungen auf die Frist bleiben, die dem Beklagten zum Vorbringen seiner Einwendungen eingeräumt wird. Die etwaigen Einbußen im Hinblick auf eine effiziente und rasche Abwicklung des Mahnverfahrens selbst sind gegen die positiven Auswirkungen abzuwägen, die eine Verpflichtung zum Einreichen eines begründeten Widerspruchs auf das nachfolgende Verfahren hätte. Versteht man das Mahnverfahren als rasches und effizientes Mittel, um herauszufinden, ob ein Anspruch vom Schuldner bestritten wird, und andernfalls eine vollstreckbare Entscheidung zu fällen, so dürfte es mit dieser Logik in Einklang stehen, für das Einlegen des Widerspruchs nicht mehr als ein einfaches „Nein“ zu verlangen. Frage 22: Sollten formale oder materielle Voraussetzungen für den Widerspruch gelten? Falls ja, wie sollten diese Voraussetzungen lauten? 3.3.10. Auswirkungen des Widerspruchs Wenn der Schuldner dem Anspruch fristgerecht widerspricht, wird der Zahlungsbefehl nicht vollstreckbar. Will der Gläubiger eine vollstreckbare Entscheidung erwirken, muss er seine Bemühungen im Rahmen eines ordentlichen Zivilverfahrens fortsetzen.
_____ Beklagte die Zuständigkeit des Gerichts zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr anfechten kann, sowie auf einige Kostenaspekte. 93 Dies scheint im finnischen Mahnverfahren der Fall zu sein. Hier muss der Beklagte, der den Anspruch bestreitet, die Gründe für seinen Widerspruch vorbringen und die Beweismittel angeben, die er vorzulegen beabsichtigt. Die Sache wird nur dann in ein ordentliches Verfahren überführt, wenn der Beklagte hinreichende Gründe für den Widerspruch vorgetragen hat. Ähnliches gilt für Schweden, wo die Einwendungen des Schuldners verworfen werden können, wenn sie offensichtlich unbegründet sind. Inwieweit sich diese beiden Positionen voneinander unterscheiden hängt von ihrer alltäglichen Auslegung und ihrer praktischen Anwendung ab. 94 Diese Argumentation scheint der neuen österreichischen Lösung für Verfahren vor dem Gerichtshof erster Instanz zugrunde zu liegen.
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Diese Merkmale sind allen Mahnverfahren gemeinsam,95 lassen jedoch Raum für gewisse Unterschiede, insbesondere in Bezug auf die beiden folgenden Aspekte, zu denen einige kurze Bemerkungen angebracht erscheinen. Erstens haben die Mitgliedstaaten unterschiedliche Strategien gewählt, was das weitere Schicksal des Zahlungsbefehls selbst nach Einlegen eines Widerspruchs betrifft. In einigen Mitgliedstaaten (Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg) wird der Zahlungsbefehl Gegenstand des anschließenden ordentlichen Verfahrens. Mit anderen Worten: Der Zahlungsbefehl wird durch das Urteil entweder bestätigt oder aufgehoben. In anderen Mitgliedstaaten dagegen (Österreich, Deutschland, Schweden96) setzt der Widerspruch den Zahlungsbefehl faktisch außer Kraft und das anschließende ordentliche Verfahren wird durchgeführt, als habe er nie existiert. Da die Wahl der einen oder anderen Strategie das Mahnverfahren selbst nicht berührt, sondern nur das ordentliche Verfahren im Anschluss an einen Widerspruch, kann durchaus bezweifelt werden, ob dieser Aspekt in einem europäischen Rechtsinstrument geregelt werden muss. Sollte diese Frage bejaht werden, müsste man sich für eine bestimmte Vorgehensweise entscheiden. Der zweite erwähnenswerte Aspekt betrifft die Überleitung in das ordentliche Verfahren, wenn der Schuldner den behaupteten Anspruch bestreitet. In einigen Mitgliedstaaten (Österreich, Italien, Portugal, Spanien) ist diese Überführung automatische Folge des Widerspruchs, während sie in anderen (Deutschland, Luxemburg, Schweden, Spanien97) auf Antrag einer der beiden Parteien98 erfolgt.99 Da die automatische Fortsetzung zweifellos die raschere und weniger aufwendige Lösung darstellt, bedürfte das Erfordernis eines weiteren Antrags einer überzeugenden Rechtfertigung. Es ließe sich möglicherweise argumentieren, dass der Gläubiger in manchen Fällen wegen der Verfahrensdauer und -kosten kein ordentliches Verfahren anstrebt, z.B. in Bagatellsachen, und daher seine Beitreibungsversuche auf das Mahnverfahren beschränken möchte.
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95 In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass in Luxemburg ein streitiger Zahlungsbefehl nur vor dem juge de paix nach den Vorschriften des ordentlichen Zivilverfahrens fortgesetzt wird. Bei Ansprüchen, die in die Zuständigkeit des tribunal d’arrondissement fallen, gelten die Vorschriften des Verfahrens für einstweilige Verfügungen (référé). 96 Bei Deutschland und Schweden ist zu berücksichtigen, dass es sich um zweistufige Verfahren handelt. Die erste Phase des Verfahrens, in der der Schuldner nicht gehört wird, mündet in einer Gerichtsentscheidung (Deutschland: Mahnbescheid), die dem Antragsgegner aufträgt, den Anspruch entweder anzuerkennen oder ihm zu widersprechen, die jedoch selbst nie vollstreckbar wird. Wenn der Schuldner weder zahlt noch widerspricht, muss das Gericht eine zweite Entscheidung erlassen, die ihrerseits vollstreckbar ist (in Deutschland: Vollstreckungsbescheid) und die einem Versäumnisurteil gleich steht. Die Darstellung der Auswirkungen des Widerspruchs im Haupttext gilt nur, wenn der Schuldner bereits gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt hat. Lässt er die erste Frist verstreichen und erhebt erst gegen den Vollstreckungsbescheid Einspruch, wird diese zweite Gerichtsentscheidung Gegenstand des anschließenden ordentlichen Verfahrens. 97 Spanien wird absichtlich in beiden Kategorien aufgeführt: Gemäß Art. 818 Zivilprozessordnung werden die Parteien bei einem Streitwert unter 3000 EUR automatisch zur Verhandlung geladen, während bei Ansprüchen oberhalb dieser Grenze der Gläubiger einen entsprechenden Antrag stellen muss. In Schweden und Spanien scheint das Initiativrecht auf den Gläubiger beschränkt zu sein. 98 In Deutschland und Luxemburg haben beide Parteien die Möglichkeit, die Sache in das ordentliche Verfahren zu überführen, da der Schuldner unter bestimmten Umständen ein Interesse daran haben kann, eine rechtskräftige Entscheidung zu erwirken, in der das Nichtbestehen des behaupteten Anspruchs festgestellt wird. 99 In Spanien, Schweden und Luxemburg ist der Antrag binnen eines Monats, vier Wochen bzw. sechs Monaten nach Einlegen des Widerspruchs zu stellen. In Deutschland (696 Abs. 1 ZPO) und Luxemburg kann der Gläubiger diesen Antrag für den Fall, dass Widerspruch eingelegt wird, bereits im ursprünglichen Antrag auf Erlass des Mahnbescheids stellen.
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Eine tragbare Lösung könnte darin bestehen, dass bereits mit der ursprünglichen Antragstellung durch einfaches Ankreuzen auf dem Vordruck vorsorglich der Antrag zur Einleitung des ordentlichen Verfahrens eingereicht werden könnte. Frage 23: Sollte ein Rechtsinstrument für einen europäischen Zahlungsbefehl Bestimmungen darüber enthalten, ob der Zahlungsbefehl durch einen Widerspruch außer Kraft gesetzt wird oder Gegenstand des anschließenden ordentlichen Verfahrens wird? Falls ja, wie sollten diese Bestimmungen lauten? Frage 24: Sollte im Falle eines Widerspruchs gegen einen behaupteten Anspruch die Sache automatisch in ein ordentliches Verfahren überführt werden oder nur auf Antrag einer der Parteien? 3.3.11. Auswirkungen bei nicht oder nicht fristgerecht erhobenem Widerspruch 3.3.11.1. Notwendigkeit einer weiteren Entscheidung – ein- oder zweistufiges Verfahren Ein wesentlicher Unterschied zwischen den verschiedenen Mahnverfahren ergibt sich daraus, ob es sich um ein einstufiges oder ein zweistufiges Verfahren handelt. Das einstufige Modell (Österreich, Frankreich, Italien, Portugal, Griechenland100) zeichnet sich dadurch aus, dass das Gericht eine einzige Entscheidung in der Sache selbst erlässt: den Zahlungsbefehl, der ergeht, ohne dass der Schuldner gehört wird. Lässt der Schuldner die Widerspruchsfrist ungenutzt verstreichen, so wird diese Entscheidung vollstreckbar. Im Allgemeinen wird der Ablauf der Frist und die daraus resultierende Vollstreckbarkeit von einem Gerichtsbediensteten durch einfaches Anfügen einer Vollstreckungsklausel (formule exécutoire) an den Zahlungsbefehl101 bestätigt. In den übrigen Mitgliedstaaten, die über ein Mahnverfahren verfügen (Belgien, Finnland, Deutschland, Luxemburg, Schweden), kann der ursprüngliche Zahlungsbefehl (in Deutschland: Mahnbescheid) selbst nicht vollstreckbar werden; stattdessen muss eine zweite vollstreckbare Entscheidung ergehen (in Deutschland: Vollstreckungsbescheid, im Folgenden als „Vollstreckungstitel“ bezeichnet).102 Der allein durch den
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100 Der Beitrag von G. Nikolopoulos Order for Payment in Greece in Walter Rechberger/Georg Kodek (eds.), Orders for payment in the European Union, Kluwer Law International 2001, S. 165, 167 ist in diesem Punkt nicht eindeutig. Der Autor hebt hervor, dass der Gläubiger den Zahlungsbefehl dem Schuldner erneut zustellen kann und damit eine weitere Widerspruchsfrist von zehn Tagen einsetzt. Wenn die zweite Zustellung fakultativ ist, wie die Wortwahl des Autors vermuten lässt, ist unklar, warum der Gläubiger, der bereits eine endgültige und vollstreckbare Entscheidung erwirkt hat, dem Schuldner eine weitere Gelegenheit zum Widerspruch einräumen sollte. Ist die zweite Zustellung dagegen obligatorisch, wäre das griechische Mahnverfahren den zweistufigen Verfahren zuzurechnen. 101 In Frankreich wird die Vollstreckungsklausel gemäß Art. 1422 Zivilprozessordnung nicht automatisch vom Gericht angefügt, sondern auf gesonderten Antrag des Klägers. In Österreich wird die Tatsache, dass der Zahlungsbefehl rechtskräftig und vollstreckbar ist, nicht von einem Verwaltungsbediensteten des Gerichts, sondern von einem Richter oder Rechtspfleger bestätigt. Gegen diese Bestätigung kann ohne zeitliche Befristung ordentliches Rechtsmittel eingelegt werden (7 Abs. 3 EO). 102 In Schweden und Finnland besteht der erste Schritt nicht in einer Zahlungsaufforderung, sondern in einer Aufforderung zur Erwiderung und zur Abgabe einer Erklärung, ob der behauptete Anspruch anerkannt oder bestritten wird, stellt also streng genommen keinen Zahlungsbefehl dar. Gleichwohl ist bezeichnendes Merkmal aller zweistufigen Verfahren, dass das Gericht (bzw. in Schweden die
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Erlass einer zweiten Entscheidung verursachte Zusatzaufwand für den Antragsteller und insbesondere für das Gericht ist in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich und hängt von den verfahrensrechtlichen Einzelbestimmungen der nationalen Rechtsvorschriften ab. Wenn wie in Luxemburg sowohl der Zahlungsbefehl als auch der Vollstreckungstitel von einem Richter erlassen werden muss, so bedeutet dies, dass im Zuge des Mahnverfahrens dieselbe Sache zwei Mal von einem Richter behandelt werden muss. Daher dürfte sich die Entlastung der Richter von einfachen und unstreitigen Fällen – in manchen Mitgliedstaaten eines der Hauptziele des Mahnverfahrens – in Grenzen halten. Wird der Vollstreckungstitel dagegen wie in Deutschland von einem Bediensteten der Geschäftsstelle des Gerichts (Rechtspfleger) oder wie in Schweden von einer Vollstreckungsbehörde verfügt, dürfte der praktische Unterschied zwischen dem Erlass eines Vollstreckungstitels und dem Anfügen einer Vollstreckungsklausel in einem einstufigen Verfahren minimal sein. Da allgemein gesprochen das einstufige Modell das größere Effizienzpotenzial zu bieten scheint, ist zu prüfen, ob es überzeugende oder sogar zwingende Gründe für die Einführung eines zweiten Schritts gibt. Soll in erster Linie der Antragsteller zur Mitteilung verpflichtet werden, ob die Forderung innerhalb der Zahlungsfrist ganz oder teilweise beglichen wurde,103 wären andere Wege, die ohne eine zweite Gerichtsentscheidung auskommen, denkbar. Ein weiteres mögliches Argument, dass nämlich mit einem Vollstreckungstitel die Frist für das Einlegen eines Rechtsmittels in Gang gesetzt wird, setzt voraus, dass das Vorhandensein eines solchen Rechtsmittels als notwendig erachtet wird. Diese Frage wird im nächsten Abschnitt behandelt. Frage 25: Sollte ein europäisches Mahnverfahren als einstufiges oder zweistufiges Verfahren gestaltet werden, d.h. sollte die ursprüngliche Entscheidung vollstreckbar sein oder sollte nach Ablauf der Widerspruchsfrist eine zweite Entscheidung (ein „Vollstreckungstitel“) erforderlich sein? 3.3.11.2. Rechtsmittel gegen den Zahlungsbefehl Es gibt einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Entscheidung für das einstufige oder das zweistufige Verfahren und dem Vorhandensein einer zweiten Gelegenheit, den Anspruch nach Ablauf der Widerspruchsfrist durch ordentliches Rechtsmittel anzufechten.104 Während in den Mitgliedstaaten, die sich für das einstufige Modell entschieden haben, der Zahlungsbefehl gleichzeitig vollstreckbar und rechtskräftig wird, wenn der Antragsgegner keinen Widerspruch einlegt, räumen die in der Europäischen Union
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Vollstreckungsbehörde) sich zwei Mal mit der Sache befassen muss und erst der zweite Schritt mit einer vollstreckbaren Entscheidung endet. Aus diesem Grund werden im Folgenden zur Vereinfachung die Begriffe „Zahlungsbefehl“ und „Vollstreckungstitel“ zur Bezeichnung des ersten bzw. zweiten Schritts sämtlicher zweistufiger Verfahren verwendet, auch wenn dies für die beiden genannten Mitgliedstaaten nicht ganz korrekt ist. 103 In Deutschland und Luxemburg ergeht der Vollstreckungsbescheid nur auf Antrag des Gläubigers, wobei der Antrag binnen sechs Monaten nach Ablauf der Zahlungs- bzw. Widerspruchsfrist eingereicht werden muss. In Deutschland kann der Antrag nicht vor Ablauf der Widerspruchsfrist gestellt werden und muss eine Erklärung enthalten, ob und welche Zahlungen auf den Mahnbescheid geleistet worden sind (699 Abs. 1 ZPO). 104 Dies schließt natürlich die Möglichkeit eines außerordentlichen Rechtsmittels nicht aus, beispielsweise eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn der Schuldner den Zahlungsbefehl ohne eigenes Verschulden tatsächlich nie erhalten hat und daher nicht Gelegenheit hatte, Widerspruch zu erheben.
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praktizierten zweistufigen Verfahren dem Schuldner eine zweite Gelegenheit ein, den Anspruch zu bestreiten und die Sache durch Einspruch gegen den Vollstreckungstitel in ein ordentliches Verfahren zu überführen.105 Diese beiden Fragen sind daher im Zusammenhang zu betrachten. Wie bereits dargestellt könnte das Vorhandensein einer weiteren Gelegenheit, Rechtsmittel einzulegen, bis zu einem gewissen Grad als Ausgleich dafür angesehen werden, dass vor Erlass des Zahlungsbefehls kein Urkundsbeweis vorgelegt werden muss und keine Sachprüfung durch einen Richter stattfindet. In einigen Mitgliedstaaten, die ein einstufiges Modell anwenden und kein weiteres Rechtsmittel zulassen (Österreich,106 Portugal), findet jedoch keinerlei rechtliche Würdigung des behaupteten Anspruchs durch das Gericht statt. Demgegenüber kann in Belgien und Luxemburg gegen den in einem zweistufigen Verfahren erlassenen Vollstreckungstitel Rechtsmittel eingelegt werden, obwohl der Vollstreckungstitel von einem ordentlichen Richter nach rechtlicher Würdigung schriftlicher Beweise erlassen wurde. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die in einem zweistufigen Verfahren vorhandene Möglichkeit, gegen den Vollstreckungstitel Rechtsmittel einzulegen, nicht automatisch mit einem besseren Schutz der Verteidigungsrechte verbunden ist; dies gilt insbesondere für die Rechte, die durch die Vorschriften über die Zustellung von Schriftstücken garantiert sind. Wenn der Vollstreckungstitel die Rechtsmittelfrist in Gang setzen soll, muss er dem Schuldner ebenso wie der Zahlungsbefehl förmlich zugestellt werden.107 Die Wahrscheinlichkeit, dass bei der Zustellung eines Schriftstücks Probleme auftreten, dürfte kaum durch die bloße Tatsache, dass derselben Person bereits ein anderes Schriftstück zugestellt wurde, geringer werden. So muss sich das Gericht möglicherweise, obwohl der Zahlungsbefehl dem Schuldner erfolgreich zugestellt wurde, mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand befassen, weil der Vollstreckungstitel den Schuldner nicht erreicht hat. Wenn der Schuldner den Zahlungsbefehl ordnungsgemäß erhalten hat und wie vorgeschrieben über das laufende Verfahren einschließlich des Fehlens eines Rechtsmittels nach Ablauf der Widerspruchsfrist belehrt wurde, dürfte durchaus in Frage zu stellen sein, warum ihm eine weitere Gelegenheit zur Anfechtung des Anspruchs in Form eines ordentlichen Rechtsmittels eingeräumt werden sollte. Andererseits überträgt ein einstufiges Verfahren ohne Rechtsmittel und ohne gerichtliche Prüfung des Anspruchs dem
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105 In diesen Mitgliedstaaten kommt die Entscheidung im Allgemeinen einem Versäumnisurteil gleich und ist mit denselben ordentlichen Rechtsmitteln anfechtbar wie ein Versäumnisurteil. In Deutschland kann gegen den Vollstreckungsbescheid innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung (binnen einer Woche bei Verfahren vor dem Arbeitsgericht) Einspruch eingelegt werden. In Luxemburg beträgt die Frist zum Einlegen einer opposition 15 Tage ab Zustellung. In Schweden kann der Schuldner binnen eines Monats nach Erlass des Vollstreckungstitels eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. Nach Art. 1343 (3) der belgischen Zivilprozessordnung hat der Schuldner die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Möglichkeiten, die Entscheidung anzufechten: entweder durch Berufung (richterliche Überprüfung durch ein höheres Gericht, ein Berufungsgericht) oder durch Einspruch (der zu einem streitigen Verfahren vor dem Gericht führt, das den Vollstreckungstitel verfügt hat). In Finnland wird die Entscheidung tatsächlich als Versäumnisurteil bezeichnet. Seine Zustellung an den Schuldner erfolgt in der Regel gleichzeitig mit der Vollstreckung. Der Schuldner hat 30 Tage ab Zustellung Zeit, Rechtsmittel einzulegen. 106 In Bezug auf Österreich gilt dies nur bis zum 31. Dezember 2002. Nach diesem Datum sind die Gerichte verpflichtet, eine summarische Prüfung hinsichtlich der Begründetheit des Anspruchs vorzunehmen; Näheres hierzu s.o. 3.3.5. 107 Dabei ist zu berücksichtigen, dass in Finnland die Zustellung der zweiten Entscheidung Sache des Gläubigers und nicht Voraussetzung für die Vollstreckung ist, in der Regel jedoch zu Beginn der Vollstreckung erfolgt. Hierdurch lässt sich die Wahrscheinlichkeit von Problemen möglicherweise verringern, da der Zeitpunkt, zu dem der Schuldner zweifelsfrei Kenntnis von der Existenz einer vollstreckbaren Entscheidung erhielt, leichter festzustellen sein dürfte als der Zeitpunkt der bloßen Zustellung des Schriftstücks.
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Schuldner als mit den Vorschriften für Gerichtsverfahren nicht vertrautem Verbraucher eine überaus hohe, wenn nicht zu hohe Verantwortung. Frage 26: Sollte nach Ablauf der Widerspruchsfrist ein ordentliches Rechtsmittel gegen einen europäischen Zahlungsbefehl (oder in einem zweistufigen Verfahren gegen einen Vollstreckungstitel) eingelegt werden können? 3.3.11.3. Rechtskraft der Entscheidung In der überwiegenden Mehrheit der Mitgliedstaaten (Österreich, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Spanien, Schweden und teilweise Luxemburg108) und unabhängig davon, ob es sich um ein einstufiges oder zweistufiges Verfahren handelt, wird die vollstreckbare Gerichtsentscheidung rechtskräftig, wenn der Schuldner dem Anspruch nicht widerspricht und nicht innerhalb der gesetzlichen Frist Rechtsmittel gegen den Zahlungsbefehl einlegt, soweit dies in dem betreffenden Mitgliedstaat möglich ist. Ohne den Versuch unternehmen zu wollen, in eine tief schürfende rechtsphilosophische Diskussion einzusteigen, bezeichnen im Rahmen dieses Grünbuchs die Begriffe Rechtskraft und rechtskräftig die endgültige Beilegung des betreffenden Klagegrunds zwischen den Parteien, wobei die Endgültigkeit der Entscheidung ihren Niederschlag nicht nur darin findet, dass kein Rechtsmittel eingelegt werden kann, sondern auch darin, dass die Entscheidung nicht in nachfolgenden Gerichtsverfahren überprüft werden kann. Belgien und Portugal stellen insoweit eine Ausnahme dar, als der Schuldner in diesen Mitgliedstaaten selbst nach Unanfechtbarwerden des Zahlungsbefehls das Bestehen bzw. die Rechtmäßigkeit des behaupteten Anspruchs bestreiten kann, entweder in einem späteren ordentlichen Verfahren109 oder durch Einspruch gegen die Vollstreckung der Entscheidung.110 Im Sinne der Rechtssicherheit und eines Verfahrens, das in einer nicht vorläufigen, sondern abschließenden Entscheidung der behandelten Sache mündet, dürfte ein Ausschluss der Möglichkeit, den Zahlungsbefehl selbst nach Ablauf der Widerspruchs-/ Rechtsmittelfristen anzufechten, vorzuziehen sein, sofern nicht zwingende Gründe für eine solche Möglichkeit sprechen oder sie erforderlich machen.111 Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass acht der zehn Mitgliedstaaten, die über ein Mahnverfahren verfügen, keine Bedenken haben, einer solchen Entscheidung Rechtskraft zu verleihen. Wenn die anzuwendenden Verfahrensvorschriften einen ordnungsgemäßen Schutz der Vertei-
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108 In Luxemburg stellt das Verfahren vor dem tribunal d’arrondissement ein Verfahren für einstweilige Verfügungen dar und kann daher nur in einer vorläufigen Entscheidung münden. Nur die von einem juge de paix erlassenen Zahlungsbefehle können Rechtskraft erlangen. 109 Diese Möglichkeit besteht in Belgien. 110 Für Portugal gilt: Da nur Urteile Rechtskraft erlangen können und der von einem Gerichtsbediensteten ohne Prüfung des Anspruchs erlassene Zahlungsbefehl mangels ausdrücklicher Bestimmungen bezüglich seiner Rechtskraft einem Urteil nicht gleichzusetzen ist, ist die Schlussfolgerung zulässig, dass der Schuldner seinen Einspruch gegen die Vollstreckung des Zahlungsbefehls mit dem Nichtbestehen der Schuld begründen kann. 111 Damit würde die Möglichkeit eines außerordentlichen Rechtsmittels nicht ausgeschlossen, z.B. eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (relèvement de forclusion), weil sich herausstellt, dass der Zahlungsbefehl dem Schuldner nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde und dieser daher ohne eigenes Verschulden keine Kenntnis von dem Zahlungsbefehl erhielt.
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digungsrechte gewährleisten, sollten einem Zahlungsbefehl mit der Wirkung einer tatsächlich endgültigen Entscheidung keine größeren Hindernisse im Wege stehen. Frage 27: Sollte ein europäischer Zahlungsbefehl nach Ablauf der Widerspruchsfrist und/oder Rechtsmittelfrist rechtskräftig werden? 3.3.12. Vorschriften betreffend anwaltliche Vertretung? Die Frage, ob und in welchem Umfang in Mahnverfahren Anwaltszwang besteht, wird in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich geregelt und ist eng verknüpft mit der jeweiligen allgemeinen Regelung der Notwendigkeit, sich vor Gericht von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen. In Italien, Belgien und Griechenland besteht generell Anwaltszwang, auch für den Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls und den Widerspruch. In Finnland, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Portugal und Schweden besteht weder für den Antragsteller noch für den Antragsgegner Anwaltszwang. In Spanien kann der Antrag auf Erlass eines Zahlungsbefehls ohne anwaltlichen Beistand gestellt werden, während der Widerspruch von einem Rechtsanwalt unterzeichnet werden muss, wenn dies nach den allgemeinen Vorschriften über den Anwaltszwang in ordentlichen Verfahren erforderlich ist.112 In Österreich schließlich muss sich der Kläger von einem Rechtsanwalt vertreten lassen, wenn der Anspruch die Streitwertgrenze überschreitet, die in einem ordentlichen Verfahren Anwaltszwang begründet, während der Beklagte grundsätzlich selbst Einspruch einlegen kann und nur für das anschließende ordentliche Verfahren einen Rechtsanwalt benötigt.113 Es versteht sich zwar nicht unbedingt von selbst, dass eine europäische Regelung für ein spezifisches Mahnverfahren Bestimmungen hinsichtlich des (nicht bestehenden) Anwaltszwangs enthalten sollte, wodurch sie zwangsläufig mit den einschlägigen allgemeinen Vorschriften in dem einen oder anderen Mitgliedstaat in Konflikt geraten würde. Gleichwohl könnte es als vorteilhaft erachtet werden, die Anforderungen an das Einlegen des Widerspruchs auf möglichst niedrigem Niveau anzusiedeln und den Schuldner für den simplen Akt, der unterstellten Unstreitigkeit des behaupteten Anspruchs zu widersprechen, vom Anwaltszwang zu befreien. Frage 28: Sollte ein Rechtsinstrument für einen europäischen Zahlungsbefehl Vorschriften über das Nichtbestehen eines Anwaltszwangs im Mahnverfahren enthalten? Falls ja, wie sollten diese Vorschriften lauten? 3.3.13. Vorschriften betreffend Kosten (Gerichtsgebühren, sonstige Auslagen) und ihre Erstattung Um die vollständige Vollstreckung eines Zahlungsbefehls in anderen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, deren Vollstreckungsbehörden mit den einschlägigen Rechtsvorschriften
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112 Artikel 814 (2) und 818 (1) Zivilprozessordnung. 113 Gegenwärtig liegt die Streitwertgrenze bei 4000 EUR. Ab 1. Januar 2003 erstreckt sich der Anwendungsbereich des Mahnverfahrens auch auf Ansprüche zwischen 10000 EUR und 30000 EUR. Für diese neu hinzugekommenen Ansprüche gilt für beide Parteien auch für den Einspruch Anwaltspflicht. In Mahnverfahren vor den erstinstanzlichen Arbeitsgerichten dagegen besteht für keine Partei Anwaltspflicht, ungeachtet des Streitwerts.
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oder gar der Berechnung der erstattungspflichtigen Kosten in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsbefehl ergangen ist, nicht vertraut sind, müsste der europäische Zahlungsbefehl eine ausdrückliche und unmissverständliche Aufstellung dieser Kosten enthalten. Angesichts der überaus unterschiedlichen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu diesem Punkt114 ist zu bezweifeln, ob es empfehlenswert wäre, materielle Bestimmungen zur Erstattung von Rechtskosten in ein Rechtsinstrument für einen europäischen Zahlungsbefehl aufzunehmen, die unter Umständen im Widerspruch zu den im ordentlichen Verfahren geltenden Rechtsvorschriften stehen. Stattdessen könnte es vorteilhafter erscheinen, einige Einzelfragen von besonderer Bedeutung für das Mahnverfahren herauszuarbeiten, die u.a. dafür bestimmend sind, wie kostengünstig und attraktiv das Verfahren für die Parteien ist. So könnte es z.B. sinnvoll sein, dafür Sorge zu tragen, dass den Parteien im Falle, dass der Schuldner dem Anspruch widerspricht, keine zusätzlichen Kosten aus dem Mahnverfahren entstehen, sondern die zugehörigen Gerichtsgebühren und Anwaltskosten durch die Kosten abgedeckt sind, die für das anschließende ordentliche Verfahren berechnet werden. Andernfalls könnten die Gläubiger aus reinen Kostengründen vom Mahnverfahren abgeschreckt werden. Frage 29: Sollte ein Rechtsinstrument für einen europäischen Zahlungsbefehl Vorschriften über die Kosten des Verfahrens und ihre Erstattung enthalten? Falls ja, wie sollten diese Vorschriften lauten? 3.3.14. Vollstreckung Bei den Vollstreckungsvorschriften scheint zwar im Großen und Ganzen für die hier erörterten Zwecke keine Angleichung erforderlich zu sein, dennoch könnten die beiden folgenden Aspekte eine Überlegung wert sein. 3.3.14.1. Vorläufige Vollstreckbarkeit Die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Zahlungsbefehls wirft unterschiedliche Fragen auf, die vor allem von der Art des Verfahrens (einstufiges oder zweistufiges Modell) und dem damit verbundenen Vorhandensein oder Fehlen eines Rechtsmittels gegen den Bescheid abhängen. Wenn der Zahlungsbefehl in einem einstufigen Verfahren rechtskräftig wird, sobald die Widerspruchsfrist abgelaufen und kein weiteres Rechtsmittel möglich ist, kann vorläufige Vollstreckbarkeit nur vor Ablauf der Widerspruchsfrist oder nach Einlegen des Widerspruchs eintreten. In der Regel gehen die Mitgliedstaaten mit einem einstufigen Verfahren (Österreich, Frankreich, Italien, Portugal, Spanien, aber nicht Griechenland115) nicht von einer vorläufigen Vollstreckbarkeit des Zahlungsbefehls aus, sondern machen den Ablauf der Widerspruchsfrist zur Voraussetzung für das Anfügen der Vollstreckungsklausel. Ausnahmen gibt es teilweise für Ansprüche, zu deren
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114 Zur Veranschaulichung dieser Vielfalt sei hier nur Schweden als Beispiel angeführt: Gemäß 46 und 48 des schwedischen Gesetzes über das summarische Verfahren und einer Regierungsverordnung ist die Erstattungsfähigkeit der Auslagen des Gläubigers begrenzt, da der Schuldner nicht verpflichtet werden kann, den Gläubiger für seine eigene Arbeit und die seines Rechtsbeistands über einen bestimmten bescheidenen Betrag (z.Zt. 315 SEK) hinaus zu entschädigen. 115 In Griechenland kann der Schuldner, wenn er Widerspruch einlegt, die Aussetzung der Vollstreckung bis zur endgültigen Entscheidung der Sache beantragen.
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Beleg dem Gericht ein sehr überzeugender Urkundsbeweis wie ein Scheck oder Wechsel vorgelegt wird.116 Wenn fristgerecht Widerspruch erhoben wird und dieser den Zahlungsbefehl nicht ohnehin außer Kraft setzt,117 ist der Zahlungsbefehl nicht vorläufig vollstreckbar.118 Den meisten Mitgliedstaaten mit einem zweistufigen Verfahren (Finnland, Deutschland, Luxemburg, Schweden) ist gemeinsam, dass die erste Gerichtsentscheidung („Zahlungsbefehl“, Mahnbescheid) grundsätzlich nicht vollstreckbar ist, während die zweite Entscheidung, die nach Ablauf der Widerspruchsfrist ergeht („Vollstreckungstitel“, Vollstreckungsbescheid) bis zur endgültigen Entscheidung über den hiergegen eingelegten Einspruch „nur“ vorläufig vollstreckbar ist. Die weiteren Voraussetzungen für die vorläufige Vollstreckung (z.B. eine Sicherheitsleistung seitens des Gläubigers) sind sehr unterschiedlich.119 Frage 30: Sollte ein europäischer Zahlungsbefehl vorläufig vollstreckbar sein? Falls ja, welche Voraussetzungen sollten für die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Aussetzung der vorläufigen Vollstreckung gelten? 3.3.14.2. Grenzüberschreitende Vollstreckung – der Zahlungsbefehl als europäischer Vollstreckungstitel ohne Vollstreckbarerklärung Ausgehend von der Annahme, dass der Rat zu gegebener Zeit eine Verordnung auf Grundlage des Vorschlags der Kommission für eine Verordnung zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen 120 annehmen wird, durch den die Vollstreckbarerklärung (Exequatur) für sämtliche Gerichtsentscheidungen zu unstreitigen Geldforderungen unter bestimmten Bedingungen abgeschafft werden soll, liegt es auf der Hand, dass ein europäischer Zahlungsbefehl ebenfalls in den Anwendungsbereich einer solchen Verordnung fallen würde. Im Idealfall sollte die Einführung eines europäischen Mahnverfahrens jedoch einen Schritt weiter gehen und den Gläubiger von der Pflicht befreien, die Entscheidung vom Gericht, das sie erlässt, als europäischen Vollstreckungstitel bestätigen zu lassen. Voraussetzung dafür, dass der europäische Zahlungsbefehl von Anfang an den Status eines europäischen Vollstreckungstitels erhält, ist jedoch, dass auf den Schutz der Verteidigungsrechte verzichtet
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116 Art. 642 der italienischen Zivilprozessordnung; Art. 649 ermöglicht die Aussetzung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf Antrag des Schuldners, wenn zwingende Gründe für die Aussetzung vorliegen. In Österreich gilt für Ansprüche dieser Art ein eigenes Mahnverfahren (das Mandats- und Wechselmandatsverfahren), nach dem der Zahlungsbefehl selbst nach Einlegen von Einwendungen vorläufig vollstreckbar werden kann, ohne dass der Kläger eine besondere Gefährdung seines Anspruchs darlegen müsste. 117 Zu diesem Aspekt s.o. 3.3.10. 118 Italien stellt in dieser Hinsicht eine Ausnahme dar, da ein Zahlungsbefehl, gegen den Widerspruch erhoben wurde, nach Art. 648 Zivilprozessordnung unter bestimmten Bedingungen als vorläufig vollstreckbar erklärt werden kann, z.B. wenn der Widerspruch nicht auf einen Urkundsbeweis gestützt wird. 119 Der Vollstreckungsbescheid in Deutschland z.B. ist im Grunde ein ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbarer Titel (§§ 700 Abs. 1 und 708 Abs. 2 ZPO). Auf Antrag des Schuldners kann das Gericht aber die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung anordnen, sofern der Schuldner, von Ausnahmefällen abgesehen, eine Sicherheitsleistung erbringt (§§ 719 und 707 ZPO). In Luxemburg stellt der von einem tribunal d’arrondissement erlassene Vollstreckungstitel von Natur aus eine einstweilige Maßnahme dar; vorläufige Vollstreckbarkeit kann mit oder ohne Sicherheitsleistung gewährt werden. 120 KOM (2002) 159 endg. vom 18.4.2002.
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werden kann, der ansonsten durch die Prüfung hinsichtlich Einhaltung bestimmter Mindeststandards vor allem bei der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks im Zuge des Bestätigungsverfahrens gewährleistet wird. Dies erscheint jedoch nur denkbar, wenn das Rechtsinstrument für das europäische Mahnverfahren selbst bindende Vorschriften oder Mindeststandards für die Zustellung von Schriftstücken enthält – die hiermit zusammenhängenden Fragen wurden bereits erörtert.121 Frage 31: Sollte ein europäischer Vollstreckungstitel in anderen Mitgliedstaaten ohne Vollstreckbarerklärung und ohne entsprechende Bescheinigung des Ursprungsmitgliedstaats, wie derzeit beim Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen vorgesehen, unmittelbar vollstreckbar sein? Wenn ja, welche Anforderungen sind an eine solche unmittelbare Vollstreckbarkeit zu stellen?
4. TEIL III: MASSNAHMEN ZUR VEREINFACHUNG UND BESCHLEUNIGUNG DER STREITBEILEGUNG IM FALLE GERINGFÜGIGER FORDERUNGEN Unter Bürgern sowie kleinen und mittleren Unternehmen in den Mitgliedstaaten scheint der Eindruck zu wachsen, dass ihre Rechtsordnung ihren Ansprüchen nicht ganz gerecht wird. Für viele ist der Gang zu den Gerichten zu kostspielig, zu langwierig und zu kompliziert. Je geringfügiger die Forderung, desto schwerer wiegen diese Nachteile, da Kosten, Zeitaufwand und Ärger (die „dreiköpfige Hydra“122) nicht unbedingt proportional zur Höhe der Forderung abnehmen. Infolgedessen haben viele Mitgliedstaaten für geringfügige Forderungen (Bagatellsachen) ein vereinfachtes zivilrechtliches Verfahren eingeführt. Gleichzeitig ist aufgrund der zunehmenden Inanspruchnahme des durch den EGVertrag garantierten freien Personen-, Waren- und Dienstleistungsverkehrs mit einem Anstieg der Streitigkeiten mit grenzüberschreitendem Bezug zu rechnen. Die Schwierigkeiten, in einer grenzüberschreitenden Streitsache rasch und preiswert eine Entscheidung zu erwirken, sind deutlich größer als bei einer reinen Inlandssache. So wird es häufig nötig sein, zwei Rechtsanwälte zu beschäftigen. Darüber hinaus entstehen Kosten durch die Inanspruchnahme von Übersetzern und Dolmetschern und durch die Anreise der Streitparteien, Zeugen, Rechtsanwälte usw. In diesem Zusammenhang können Fragen verschiedenster Art aufgeworfen werden: Reisende können im Urlaub oder beim Einkauf im Ausland in einen Unfall verwickelt werden oder Waren kaufen, die sich im Nachhinein als mangelhaft oder gefährlich erweisen. Verbraucher können über das Internet Waren aus dem Ausland bestellen, die nie versandt werden oder sich als fehlerhaft herausstellen. Die potenziellen Schwierigkeiten sind natürlich nicht auf Streitigkeiten zwischen Privatpersonen beschränkt. Auch Kleinunternehmer kann die Durchsetzung ihrer Ansprüche in einem anderen Mitgliedstaat vor Probleme stellen. Ein Hotelier, dessen Gast seine Rechnung nicht zahlt, sollte seine berechtigten Forderungen wirksam geltend machen können. Wenn es jedoch an einem Verfahren fehlt, dessen Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zum Streitwert steht, wird es für den Gläubiger fragwürdig, ob der Rechtsweg in seinem Fall wirtschaftlich sinnvoll ist. Gegenwärtig stehen
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Siehe oben 3.3.8. Jacob, J. Justice between man and man, in: Current legal problems, 1985, 211.
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die Kosten, die damit verbunden sind, ein Urteil gegen einen Schuldner in einem anderen Mitgliedstaat zu erwirken, häufig in keinem Verhältnis zu der Summe, um die es geht. Viele Menschen geben angesichts der Verfahrenskosten und eingeschüchtert durch die zu erwartenden praktischen Schwierigkeiten jede Hoffnung auf, Ansprüche, die ihnen ihrer Ansicht nach rechtmäßig zustehen, tatsächlich durchsetzen zu können. Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam und infolge der Schlussfolgerungen des Europäischen Rats von Tampere steht die Europäische Union vor der großen Aufgabe sicherzustellen, dass Einzelpersonen und Unternehmen in einem wahren europäischen Rechtsraum nicht durch die Unvereinbarkeit oder die Komplexität der Rechtsordnungen in den Mitgliedstaaten daran gehindert oder davon abgehalten werden, von ihren Rechten Gebrauch zu machen. Da es sich hierbei in Bezug auf Bagatellsachen um ein besonders virulentes Problem handelt, werden Maßnahmen in diesem speziellen Bereich des Zivilprozessrechts als äußerst dringend erachtet. 4.1. Geltendes EG-Recht – Frühere Gemeinschaftsinitiativen Der Einfluss des EG-Rechts auf das einzelstaatliche Zivilprozessrecht ist noch recht begrenzt, mit einer Ausnahme: Der Europäische Gerichtshof hat Artikel 12 (ex-Artikel 6) des EG-Vertrags (Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit) dahingehend ausgelegt, dass er der Anwendung des einzelstaatlichen Zivilprozessrechts Grenzen setzt, wenn sie zu Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit führen würde. Der EGH hat in verschiedenen Fällen123 Folgendes festgestellt: „Eine nationale zivilprozessuale Vorschrift eines Mitgliedstaats, die die Staatsangehörigen und juristischen Personen aus einem anderen Mitgliedstaat zur Leistung einer Sicherheit wegen der Prozesskosten verpflichtet, wenn sie gegen einen seiner Staatsangehörigen oder eine dort ansässige Gesellschaft gerichtlich vorgehen wollen, fällt in den Anwendungsbereich des EG-Vertrags im Sinne des Artikels 6 Absatz 1 und unterliegt dem in diesem Artikel verankerten allgemeinen Diskriminierungsverbot“. Allerdings war zu einem früheren Zeitpunkt anerkannt worden, dass ein solcher begrenzter Einfluss auf das einzelstaatliche Recht nicht ausreiche, da auf diese Weise nur die schlimmsten Folgen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften beseitigt würden, und dass ein funktionsfähiger Binnenmarkt mehr verlange. Es sei eine Annäherung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften erforderlich, um den Zugang zum Recht für Bürger und Unternehmen zu verbessern. Aus diesem Grund beauftragte die Kommission 1990 eine Sachverständigengruppe (,Commission European Judiciary Code“), eine Studie über die Angleichung der Rechtsvorschriften und Regelungen zu bestimmten Aspekten des zivilrechtlichen Streitbeilegungsverfahrens in den Mitgliedstaaten zu erstellen. Der Bericht dieser Arbeitsgruppe (der so genannte „Storme-Bericht“124) wurde 1994 veröffentlicht. Er enthielt eine Reihe von Vorschlägen zur Annäherung der verschiedenen Aspekte des Zivilverfahrens, die jedoch nicht in die Tat umgesetzt wurden. Auf Gemeinschaftsebene wurde das Problem der geringfügigen Forderungen bislang von zwei Seiten angegangen:
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123 Siehe: C-323/95, Hayes gegen Kronenberger, Slg. 1997, S. I-1711; Rechtssache C-43/95, Data Delecta Aktiebolag, Slg. 1996, S. I-4661; Rechtssache C-122/96, Saldanha, Slg. 1997, S. I-5325. 124 Storme, M. Study on the approximation of the laws and rules of the Member States concerning certain aspects of the procedure for civil litigation, Final Report, Dordrecht, 1994.
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Beweggrund war zum einen die Verbesserung des Rechtsschutzes für Verbraucher:125 Auf der Grundlage des Grünbuchs über den Zugang der Verbraucher zum Recht und die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten der Verbraucher im Binnenmarkt126 von 1993 nahm die Kommission 1996 einen Aktionsplan für den Zugang der Verbraucher zum Recht und die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten der Verbraucher im Binnenmarkt127 an. In ihrem Aktionsplan schlug die Kommission die Einführung eines vereinfachten europäischen Formblatts vor, um auf diese Weise den Zugang zu den Gerichten zu verbessern. Zum anderen ging es um die Zahlungsmoral wie in dem Richtlinienvorschlag der Kommission von 1998 zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Handelsverkehr,128 in dem die Einführung eines Verfahrens für geringfügige Forderungen in allen Mitgliedstaaten vorgeschlagen wurde. 4.2. Hintergrund Die gegenwärtigen Bemühungen sind vor dem Hintergrund des Inkrafttretens des Vertrags von Amsterdam und der Schlussfolgerungen des Europäischen Rats von Tampere zu sehen, in denen das Ziel einer schrittweisen Entwicklung eines „Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ festgeschrieben wurde. Im Vergleich zum StormeBericht ist der jetzige Ansatz in seiner Tragweite recht beschränkt, da er die Einführung gemeinsamer Verfahrensregeln nicht für sämtliche Zivilverfahren anstrebt, sondern nur für eine bestimmte Art von Streitsachen, nämlich Bagatellsachen. Der Handlungsbedarf auf diesem Gebiet ist wiederholt zum Ausdruck gebracht worden: – Der Wiener Aktionsplan129 erachtete u.a. Folgendes als erforderlich: „Ermittlung der Zivilverfahrensregeln mit grenzüberschreitenden Auswirkungen, die im Hinblick auf einen erleichterten Zugang der europäischen Bürger zu den Gerichten dringend anzugleichen sind, und Prüfung der Frage, ob entsprechende zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit der Zivilverfahren auszuarbeiten sind“. – Die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere (Oktober 1999) forderten eine Vereinfachung und Beschleunigung der grenzüberschreitenden Gerichtsverfahren bei verbraucher- und handelsrechtlichen Klagen mit geringem Streitwert. „V. Besserer Zugang zum Recht in Europa 30. Der Europäische Rat ersucht den Rat, auf Vorschlag der Kommission Mindeststandards zur Gewährleistung eines angemessenen Niveaus der Prozesskostenhilfe bei grenzüberschreitenden Rechtssachen in allen Ländern der Union sowie besondere gemeinsame Verfahrensregeln für vereinfachte und beschleunigte grenzüberschreitende Gerichtsverfahren bei verbraucher- und handelsrechtlichen Klagen mit geringem Streitwert sowie bei Un-
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125 Vgl. hierzu KOM (1984) 692 endg. und KOM (1987) 210 endg. 126 KOM (1993) 576 endg. 127 KOM (1996) 13 endg. 128 Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Handelsverkehr (ABl. C 168 vom 3.6.1998, S. 13). Artikel 6 sah ein „vereinfachtes Verfahren für geringe Geldforderungen“ vor. Die Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. L 200 vom 8.8.2000, S. 35) enthält allerdings keine entsprechende Bestimmung. 129 Aktionsplan des Rates und der Kommission zur bestmöglichen Umsetzung der Bestimmungen des Amsterdamer Vertrags über den Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, ABl. C 19 vom 23.1.1999, S. 1, Rdn. 41 d).
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terhaltsklagen und bei unbestrittenen Forderungen zu verabschieden. Auch sollten alternative außergerichtliche Verfahren von den Mitgliedstaaten geschaffen werden. 31. Für mehrsprachige Formulare oder Schriftstücke, die in grenzüberschreitenden gerichtlichen Rechtsstreitigkeiten unionsweit anzuwenden wären, sollten gemeinsame Mindeststandards aufgestellt werden. Derartige Schriftstücke oder Formulare sollten dann unionsweit bei allen Gerichtsverfahren als gültige Dokumente gegenseitig anerkannt werden.“ – Expertenausschüsse der Kommission stuften anlässlich ihrer Tagungen am 29. November 1999 und 28. Mai 2002 die Verfahren mit geringem Streitwert als vorrangiges Thema ein. – Das Maßnahmenprogramm des Rates zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung130 fordert die „Vereinfachung und Beschleunigung der Beilegung von grenzüberschreitenden Streitigkeiten mit geringem Streitwert“. – Auch das Europäische Parlament bringt die Notwendigkeit vereinfachter und beschleunigter grenzüberschreitender Gerichtsverfahren bei verbraucher- und handelsrechtlichen Klagen mit geringem Streitwert zum Ausdruck.131 4.3. In den Mitgliedstaaten vorhandene Verfahren für Streitigkeiten mit geringem Streitwert Im Anschluss an die Schlussfolgerungen von Tampere richtete die Kommission einen Fragebogen an die Mitgliedstaaten mit der Bitte um eine Darstellung der im Falle von geringfügigen Forderungen anwendbaren einzelstaatlichen Verfahren. Die Antworten der Mitgliedstaaten132 wurden in einer Studie ausgewertet.133 Vereinfachte Verfahren für geringfügige Forderungen gibt es in Deutschland, Spanien, Frankreich, Irland, Schweden und im Vereinigten Königreich. Sie zeichnen sich vor allem durch folgende Merkmale aus: – In Spanien, Irland, Schweden und im Vereinigten Königreich (England/Wales, Schottland und Nordirland) gibt es spezielle Verfahren, die gegenüber den ordentlichen Verfahren in mehreren Punkten einfacher gestaltet sind: In vielen Fällen wird die Einleitung des Verfahrens z.B. durch einen speziellen Vordruck erleichtert. Bestimmte Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme sind gelockert und das Verfahren kann in ausschließlich schriftlicher Form abgewickelt werden. Des Weiteren besteht keine oder nur eingeschränkte Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. – In Deutschland gibt es kein spezielles Verfahren für geringfügige Forderungen, doch können die Gerichte in solchen Fällen das Verfahren nach eigenem Ermessen gestalten.134 – In Frankreich gibt es zwar kein eigenes Verfahren für geringfügige Forderungen, doch ist die Einleitung des Verfahrens beim tribunal d’instance im Wege einer einfachen Erklärung bei der Geschäftsstelle (déclaration au greffe) vereinfacht worden.
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130 ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 1. 131 ABl. C 146 vom 17.5.2001, S. 4. 132 Griechenland hat den Fragebogen nicht beantwortet. Nach dem Grünbuch über den Zugang der Verbraucher zum Recht (KOM (1993) 576 endg.) gibt es ein solches Verfahren in Griechenland (Artikel 466– 472 der griechischen Zivilprozessordnung). 133 Des Procédures de traitement judiciaire des demandes de faible importance ou non contestées dans les droits des Etats-membres de l’Union Européenne, Exploitation de l’enquête de la Commission européenne „Les procédures judiciaires applicables aux demandes de faible importance“, Rapport final: Evelyne Serverin, Directeur de recherche au CNRS IDHE-ENS CACHAN, Cachan, 2001. 134 § 495 a ZPO.
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In Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Luxemburg, den Niederlanden und Portugal gibt es keine speziellen Verfahren.135 In Finnland enthält die Zivilprozessordnung zahlreiche Vereinfachungen verschiedenster Art gegenüber dem ordentlichen Verfahren. So gibt es z.B. Vordrucke, um einen Anspruch geltend zu machen oder anzufechten, Richter und andere Gerichtsbedienstete können zur Beratung der Parteien verpflichtet werden, auf Angabe der Rechtsgrundlage kann verzichtet werden, es besteht kein Anwaltszwang für die Parteien, bestimmte Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme sind gelockert, es werden keine Sachverständigen verwendet und das Verfahren kann in ausschließlich schriftlicher Form abgewickelt werden. Die Wahl zwischen dem ordentlichen Verfahren und den vereinfachten Verfahrensformen wird jedoch nicht auf Grundlage des geltend gemachten Betrags (d.h. auf quantitativer Basis) getroffen, sondern anhand qualitativer Kriterien. Die vereinfachten Verfahrensformen werden in einfacheren, weniger komplexen Fällen ungeachtet des geltend gemachten Betrags verwendet. In Österreich enthält die Zivilprozessordnung Bestimmungen zur Vereinfachung der Verfahrensregeln für Verfahren vor den Bezirksgerichten, die für Ansprüche bis zu einem Streitwert von 10000 EUR zuständig sind. Die Vereinfachungen betreffen die (nicht obligatorische) Vertretung durch einen Rechtsanwalt, die Belehrungspflicht des Richters gegenüber nicht anwaltlich vertretenen Parteien, die Verfahrenseinleitung, die Lockerung bestimmter Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme und Einschränkungen hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Rechtsmittel. Die einzelnen Vereinfachungen werden im Folgenden aufgeführt, obwohl sie streng genommen nicht als eigenes Bagatellverfahren angesehen werden mögen. Die wichtigsten Merkmale der vorhandenen Verfahren für Bagatellsachen lassen sich wie folgt zusammenfassen: 4.3.1. Streitwertgrenze In allen Mitgliedstaaten, die über Verfahren für geringfügige Forderungen verfügen, gelten für derartige Verfahren bestimmte Streitwertgrenzen, die jedoch sehr unterschiedlich sind:136 600 EUR (Deutschland), 1235 und 2470 EUR (Schottland137), 1270 EUR (Irland), 2038 EUR (Schweden), 3005 EUR (Spanien), 3294 EUR (Nordirland), 3811 EUR (Frankreich) und 8234 EUR (England/Wales).138 4.3.2. Arten von Streitigkeiten In den meisten Mitgliedstaaten, die über Bagatellverfahren verfügen, gelten derartige Verfahren nicht nur für Geldforderungen.
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135 Dies ergibt sich aus den Antworten der Mitgliedstaaten auf den Fragebogen. 136 Es handelt sich um die vor dem 1. Januar 2002 geltenden Streitwertgrenzen in inländischer Währung, die in Euro umgerechnet wurden. 137 In Schottland gibt es zwei vereinfachte Verfahren: Das Small Claims Procedure (bis 750 GBP), das für Privatpersonen gedacht ist, und das Summary Cause Procedure (über 750 GBP bis 1500 GBP), das verbraucherrechtliche Ansprüche, Beitreibungsklagen von Unternehmen und Klagen von Eigentümern auf Wiederinbesitznahme ihres Grundbesitzes umfasst. 138 Zinsen auf die Hauptforderung und Auslagen werden nicht berücksichtigt.
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In Schottland,139 Irland140 und England/Wales141 sind die vereinfachten Verfahren bestimmten Streitigkeiten vorbehalten. In England/Wales,142 Irland143 und Schweden144 darf das vereinfachte Verfahren für bestimmte Arten von Streitigkeiten nicht verwendet werden. In Deutschland145 ist das vereinfachte Verfahren nicht auf bestimmte Arten von Streitigkeiten beschränkt. 4.3.3. Obligatorisches oder fakultatives Bagatellverfahren In Deutschland, 146 England/Wales, 147 Schottland, 148 Spanien 149 und Schweden 150 ist die Anwendung des vereinfachten Verfahrens obligatorisch (für Streitigkeiten unterhalb der Streitwertgrenze). Gleichwohl kann eine Streitsache in den meisten dieser Mitgliedstaaten vom Richter oder auf Antrag einer Partei in das ordentliche bzw. ein förmlicheres Verfahren überführt werden. In Frankreich und Irland ist das Bagatellverfahren fakultativ. In Nordirland wird bei Ansprüchen unter 2000 GBP das Bagatellverfahren angewandt, es sei denn, Streitgegenstand ist eine Schuld oder Vertragsstrafe und der Kläger entscheidet sich für das ordentliche Zivilverfahren. Selbst dann kann der Beklagte jedoch eine Erklärung zur Anzeige seiner Verteidigungsabsicht abgeben, verbunden mit
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139 Das schottische Small Claims Procedure gilt nur für Klagen zur Beitreibung von Geldforderungen bis 750 GBP (ohne Zinsen und Auslagen) – ausgenommen Klagen wegen Unterhaltszahlungen bzw. vorläufigen Unterhaltszahlungen und Verleumdungsklagen – sowie für Klagen zur Durchsetzung nicht auf Zahlung gerichteter Ansprüche (ad factum praestatum) oder zur Wiederinbesitznahme beweglichen Vermögens, sofern in diesen Fällen alternativ zum nicht in Zahlung bestehenden Anspruch eine Geldforderung nicht über 750 GBP (ohne Zinsen und Auslagen) erhoben wird. 140 In Irland gilt das Small claims procedure für Ansprüche wegen fehlerhafter Waren oder mangelhaft ausgeführter Arbeiten, geringfügiger Sachschäden und verweigerter Rückgabe einer Mietkaution. 141 In England gilt das Small Claims Procedure für Schadensersatzforderungen wegen Personenschaden unter 1000 GBP, Schadensansprüchen wegen Baufälligkeit, bei denen die Instandsetzungsforderungen unter 1000 GBP liegen, und alle sonstigen Forderungen mit einem Streitwert unter 5000 GBP. 142 In England/Wales sind Ansprüche wegen Belästigung oder gesetzwidriger Zwangsräumung von Wohnraum vom Small Claims Procedure ausgeschlossen. 143 In Irland sind Forderungen im Zusammenhang mit Verträgen, Raten-/Kreditkaufverträgen, unerlaubten Handlungen und dem Familienrecht vom Small Claims Procedure ausgeschlossen. 144 In Schweden sind familienrechtliche Sachen vom Bagatellverfahren ausgeschlossen. 145 Das Verfahren für Streitigkeiten mit geringem Streitwert kann in jedem Rechtsstreit angewandt werden, der in die sachliche und örtliche Zuständigkeit des betreffenden Amtsgerichts fällt. Amtsgerichte sind nicht zuständig für arbeitsrechtliche Streitigkeiten, dienstrechtliche Ansprüche gegen die Steuerbehörden und Klagen gegen Gerichte und Beamte wegen Überschreitung ihrer Befugnisse oder Untätigkeit im Amt. 146 In Deutschland können die Parteien die Rückkehr zum Normalprozess nicht verlangen. Es liegt im Ermessen des Gerichts, jederzeit zum Normalprozess zurückzukehren; dies ist jedoch in der Praxis eher die Ausnahme. 147 In England/Wales kann das Gericht eine Bagatellsache in ein anderes Verfahren (z.B. Schnellverfahren) überführen. 148 In Schottland kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei die Sache einem förmlicheren Verfahren unterstellen, wenn es zu der Überzeugung gelangt, dass eine schwierige Rechtsfrage oder eine Tatsachenfrage von außergewöhnlicher Komplexität berührt wird. Einem entsprechenden gemeinsamen Antrag der Parteien muss das Gericht stattgeben. 149 In Spanien ist das mündliche Verfahren für Ansprüche unter 500000 ESP zwingend vorgeschrieben. 150 In Schweden kann eine Partei die Anwendung des ordentlichen Verfahrens verlangen, wenn der Anspruch von besonderer, über den Streitgegenstand hinausgehender Bedeutung für die Rechtsbeziehung zwischen den Parteien ist.
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der Forderung, die Sache als Bagatellsache zu behandeln; das Gericht ist verpflichtet, dieser Forderung nachzukommen. 4.3.4. Einleitung des Verfahrens Derzeit gibt es Formulare für die Geltendmachung der Forderung bei Gericht nur in England/Wales, 151 Schottland, 152 Nordirland, 153 Schweden, 154 Irland, 155 Spanien 156 und Frankreich. In Frankreich gibt es einen vereinfachten Weg zur Einleitung des Verfahrens für geringfügige Forderungen beim tribunal d’instance in Form einer einfachen Erklärung bei der Geschäftsstelle (déclaration au greffe). Ein Vordruck ist vorhanden, muss jedoch nicht verwendet werden. Die déclaration au greffe kann auch mündlich abgegeben werden. In dem damit eingeleiteten Verfahren werden die Parteien durch den Gerichtsbediensteten (greffier) von der Verhandlung schriftlich oder mündlich unterrichtet. In Deutschland gibt es keinen Vordruck; allerdings können sämtliche Anträge und Erklärungen mündlich erfolgen. In Österreich kann die Klage beim Bezirksgericht am Wohnsitz des Klägers mündlich zu Protokoll erklärt werden; das Bezirksgericht leitet die Sache an das zuständige Gericht weiter. In keinem Mitgliedstaat muss der Antrag Angaben zur Rechtsgrundlage enthalten, nur die Tatsachen müssen vorgetragen werden. Demzufolge besteht auch kein Anwaltszwang für den Antragsteller. 4.3.5. Vertretung und Beistand In den meisten Mitgliedstaaten steht für die Einleitung des Verfahrens Unterstützung durch einen Gerichtsbediensteten oder Helpdesk zur Verfügung (Deutschland, England/Wales, Schottland, Nordirland, Schweden, Irland, Österreich). Darüber hinaus steht der Richter einer nicht anwaltlich vertretenen Partei während der Verhandlung insbesondere in Verfahrensfragen unter Wahrung der Unparteilichkeit bei (Irland, Frankreich, Deutschland, Schweden,157 England/Wales, Nordirland158 und Österreich).
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151 Es gibt einen Vordruck, der für Ansprüche aller Art, einschließlich Bagatellsachen, verwendbar ist. 152 Die Verwendung des Vordrucks ist obligatorisch. Merkblätter mit Anleitungen, wie das Formular auszufüllen ist, sind von den Gerichtsbediensteten erhältlich, die die Antragsteller auch mündlich beraten. 153 Die Verwendung eines Vordrucks ist gemäß Gerichtsvorschriften zwingend. 154 Es gibt einen Vordruck, der für Ansprüche aller Art, einschließlich Bagatellsachen, verwendbar ist. 155 In Irland gibt es eigene Vordrucke für die Geltendmachung des Anspruchs und für die Erwiderung des Antragsgegners; beide sind beim Gerichtsbediensteten erhältlich, der auch beim Ausfüllen des Formulars behilflich ist. 156 Die Einführung eines Formulars ist derzeit in Vorbereitung (in Anwendung von Artikel 437 und 812 Zivilprozessordnung). 157 Wer Hilfestellung bei der Verfahrenseinleitung benötigt, kann sich an ein erstinstanzliches Gericht oder einen öffentlichen Inkassodienst wenden. Rechtsgrundlage dieser Unterstützung ist die allgemeine Pflicht der öffentlichen Verwaltung zum Dienst am Bürger. Aus dieser Dienstpflicht ergibt sich, dass die Bürger sich telefonisch oder persönlich an ein erstinstanzliches Gericht wenden können, um sich in allgemeiner Form zu einem Verfahren und den zugehörigen Vorschriften beraten zu lassen. Im Übrigen ist der Gerichtspräsident gehalten, in der Vorbereitungsstufe einer Instanz Sorge zu tragen, dass sämtliche die Streitsache betreffenden Fragen geklärt werden und die Parteien sämtliche Punkte, auf die sie sich berufen können, vortragen. 158 Der District Judge führt beide Parteien durch die Verhandlung und steht jeder Partei, die dies wünscht, bei. Er hilft bei der Formulierung der an Zeugen gerichteten Fragen und kann Zeugen nach deren Befragung durch die Parteien aus eigenem Entschluss selbst vernehmen.
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Gegenwärtig besteht in keinem Mitgliedstaat Anwaltszwang in Verfahren mit geringem Streitwert.159 In Frankreich vertreten die Parteien in der Praxis ihre Sache häufig selbst, ohne anwaltlichen Beistand, und erscheinen mit mehr oder weniger vollständiger Akte zur Verhandlung. Gleichwohl ist es in allen bestehenden Verfahren für Bagatellsachen möglich, sich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. In Schweden, Deutschland, England/Wales, Schottland und Nordirland kann sich eine Partei auch durch eine Person vertreten lassen, die kein ausgebildeter Rechtsanwalt ist. 4.3.6. Alternative Verfahren der Streitbeilegung In mehreren Mitgliedstaaten sind im Rahmen der gerichtlichen Verfahren alternative Formen der Streitbeilegung eingeführt worden. (Die alternative Streitbeilegung wird im Folgenden auch mit dem englischen Akronym „ADR“ für „Alternative Dispute Resolution“ bezeichnet.) In Irland sind Bemühungen um eine alternative Streitbeilegung unmittelbar mit dem Verfahren für Streitigkeiten mit geringem Streitwert verknüpft. Der Small Claims Registrar erleichtert Schlichtung, Mediation und informelle Gespräche im Bemühen, den Streit beizulegen, ohne dass ein Urteil ergeht. Die geltenden Verfahrensregeln in Schottland sehen zwar nicht ausdrücklich vor, dass der Sheriff eine Streitbeilegung auf dem Schlichtungs- oder Mediationswege vermittelt. Gleichwohl sollte der Sheriff möglichst versuchen, die Streitpunkte zwischen den Parteien bei der ersten Verhandlung ohne Beweiserhebung zu ermitteln. Diese Strategie wird nach den neuen Regeln, die im Rahmen der gegenwärtigen Reform in Vorbereitung sind, verstärkt. Wenn die neuen Vorschriften verabschiedet werden, werden sie ausdrücklich vorsehen, dass der Sheriff den Versuch unternimmt, den Streit durch Aushandlung eines Vergleichs beizulegen. Zu einem staatlich geförderten gerichtlichen Beratungssystem, das gegenwärtig als Pilotprojekt in einem der Sheriff Courts erprobt wird, gehört auch eine Mediationsstelle, der bestimmte Fälle übertragen werden können, und zwar entweder von einem Berater oder vom Gericht. Der Erfolg dieses Angebots wird derzeit evaluiert. Auch in anderen Mitgliedstaaten gibt es Vorschriften zur Erleichterung der alternativen Streitbeilegung im Rahmen gerichtlicher Verfahren, unabhängig davon, ob sie über gesonderte Bagatellverfahren verfügen oder nicht. Die Bandbreite dieser Vorschriften reicht vom schlichten Einräumen der Möglichkeit, ADR-Verfahren in Anspruch zu nehmen (z.B. in Belgien160 und Frankreich161), über die entsprechende Aufforderung (in Spanien,162 Italien,163
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159 In Spanien besteht allerdings Anwaltszwang bei Verfahren mit einem Streitwert über 150000 ESP. 160 Der durch das Gesetz über die Mediation in Familiensachen vom 21. Januar 2001 in die Zivilprozessordnung eingeführte Artikel 665 räumt dem Richter die Möglichkeit ein, auf gemeinsamen Antrag der Parteien oder von sich aus, aber mit Zustimmung der Parteien, einen Mediator zu bestellen. 161 Siehe Artikel 131-1 bis 131-15 Zivilprozessordnung zur gerichtlichen Mediation. 162 Gemäß Artikel 414 und 415 des Gesetzes Nr. 1/2000, das am 9. Januar 2001 in Kraft trat, ist der Richter verpflichtet, den Parteien zu Beginn des so genannten ordentlichen Verfahrens nach Stellung ihrer Anträge eine Schlichtung oder einen Vergleich nahe zu legen. 163 Gemäß Artikel 183, 185 und 350 Zivilprozessordnung hat der Richter alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um im Einzelfall zu beurteilen, ob auf ein Urteil verzichtet werden kann und die notwendigen Voraussetzungen für den Abschluss des Verfahrens im Wege einer einfachen Feststellung, dass sich die Parteien geeinigt haben, vorliegen.
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Schweden164 und England/Wales165) bis zur kraft Gesetz oder richterlicher Anordnung bestehenden Pflicht, vor Anrufung eines Gerichts eine alternative Streitschlichtung in Anspruch zu nehmen (z.B. in Deutschland,166 Belgien167 und Griechenland168). 4.3.7. Lockerung Bestimmter Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme Die Lockerung bestimmter Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme ist in den meisten Mitgliedstaaten ein entscheidender Aspekt der Verfahren mit geringem Streitwert. In vielen Fällen wird dem Richter in dieser Hinsicht gewisse Ermessensfreiheit eingeräumt. In England/Wales und Nordirland gelten die strengen Regeln der Beweisaufnahme nicht für Bagatellverfahren. Ohne Erlaubnis des Gerichts darf bei einer Verhandlung kein schriftlich oder mündlich abgegebenes Sachverständigengutachten verwendet werden. Das Gericht muss Aussagen nicht beeiden lassen und kann die Befragung durch die gegnerische Partei beschränken. Zeugenaussagen können schriftlich erfolgen; gängige Praxis ist jedoch, das Erscheinen der Zeugen beim Prozess bzw. der Schlussverhandlung nahe zu legen. Das Gericht kann jede Verfahrensweise wählen, die es als fair betrachtet. Der Richter kann jeden Zeugen zunächst selbst vernehmen, ehe er die Befragung durch andere Personen zulässt. Auch in Schottland und Schweden sind die übliche Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme gelockert. In Schottland findet nach der ersten Verhandlung eine weitere Sitzung zur Beweisaufnahme statt, sofern dies erforderlich ist. Der Richter sollte möglichst versuchen, die Streitpunkte zwischen den Parteien bei der ersten Verhandlung ohne Beweiserhebung zu ermitteln. Ausführliche Schriftsätze zur Klagebegründung sind nicht erforderlich. Die üblichen Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme sind gelockert, es gibt jedoch keine Beschränkung der Beweismittel. Schriftliche Zeugenaussagen werden als Urkundsbeweis gewertet.
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164 Gemäß Kapitel 42, 17 Zivilprozessordnung hat das Gericht alles daran zu setzen, um eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits zu ermöglichen. 165 Gemäß Verfahrensregel 26.4 und 44.5 der Zivilprozessordnung (Civil Procedure Rules) für England und Wales, die am 26. April 1999 in Kraft trat, kann das Gericht ein Verfahren aussetzen, um den Parteien die Möglichkeit zu geben, Mediation in Anspruch zu nehmen. Das Gericht kann den Parteien eine Geldbuße auferlegen, wenn sie die Mediation verweigern. 166 Nach § 15 a Abs. 1 Gesetz betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung (EGZPO) kann durch Landesgesetz bestimmt werden, dass in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht bis zu einem Streitwert von 750 EUR sowie in bestimmten Nachbarrechts- und Ehrverletzungsstreitigkeiten die Erhebung einer Klage erst zulässig ist, nachdem vor einer anerkannten Gütestelle ein Einigungsversuch stattgefunden hat. Eine ohne den Einigungsversuch erhobene Klage wäre in diesem Fall als unzulässig abzuweisen. Bislang haben vier Länder von der Möglichkeit des obligatorischen außergerichtlichen Einigungsversuchs Gebrauch gemacht. Ist die Klage erhoben, soll das Gericht nach § 279 ZPO in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. Es kann daher den Parteien in jeder Lage des Verfahrens in der mündlichen Verhandlung oder schriftlich Vergleichsvorschläge unterbreiten und für einen Güteversuch das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen. Aufgrund des Ermessens des Gerichts ist es im Verfahren nach § 495 a ZPO (Verfahren für Bagatellsachen) auch denkbar, das Verfahren zum Zwecke einer außergerichtlichen Streitbeilegung zum Ruhen zu bringen. 167 Die Inanspruchnahme eines außergerichtlichen Verfahrens ist nach der Zivilprozessordnung z.B. in arbeits- und pachtrechtlichen Streitigkeiten zwingend vorgeschrieben. Eine Gesetzesvorlage, die gegenwärtig beraten wird, sieht eine umfassende Reform der Zivilprozessordnung vor, durch die jedem Richter die Möglichkeit eingeräumt werden soll, ein Mediationsverfahren anzuordnen. 168 Gemäß Artikel 214 Zivilprozessordnung kann über Streitigkeiten, die in die Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts fallen, erst verhandelt werden, nachdem ein Schlichtungsversuch unternommen wurde.
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In Deutschland kann das Gericht Beweise nach billigem Ermessen frei erheben. Es ist weder an die gesetzlichen Beweismittel noch an die Bestimmungen des Beweisverfahrens gebunden. Das Ermessen des Gerichts wird jedoch begrenzt durch das Gebot des fairen Verfahrens, den Anspruch auf rechtliches Gehör, das Willkürverbot, das Gebot der Verhältnismäßigkeit und das Gebot der Unparteilichkeit. In Österreich kann das Gericht in bestimmten Fällen die von den Parteien vorgeschlagene Beweisaufnahme ablehnen.169 In England und Wales, Nordirland, Schweden170 und Deutschland besteht die Möglichkeit zur Durchführung von Videokonferenzen. In Spanien,171 Schweden,172 Deutschland und Irland können Zeugen, statt persönlich vor Gericht zu erscheinen, ihre Aussagen auch schriftlich machen. In Nordirland sind schriftliche Zeugenaussagen zulässig, es wird jedoch nicht häufig Gebrauch von dieser Möglichkeit gemacht. 4.3.8. Einführung eines ausschließlich schriftlichen Verfahrens Die Möglichkeit eines ausschließlich schriftlichen Verfahrens (statt mündlicher Verhandlungen) besteht derzeit in Schweden,173 Nordirland,174 Schottland,175 Deutschland, England/Wales und Spanien. In Deutschland sind schriftliche Verfahren die Regel. Die Parteien können jedoch die mündliche Verhandlung verlangen. In England kann ein Urteil nur dann nach einem ausschließlich schriftlichen Verfahren ergehen, wenn dies nach Meinung des Richters angebracht ist und die Parteien dem zustimmen; derartige Fälle sind jedoch selten.
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169 Gegenwärtig besteht diese Möglichkeit nur bei Forderungen, die im Vergleich zum Gesamtanspruch gering sind (nicht mehr als 10% des Gesamtanspruchs betragen). Ab 1. Januar 2002 wird diese Möglichkeit auf sämtliche Streitigkeiten mit einem Streitwert unter 1000 EUR ausgeweitet. 170 Die mündliche Verhandlung kann telefonisch abgehalten werden, wenn dies unter Berücksichtigung des Streitgegenstands, der Kosten eines persönlichen Erscheinens und der Unannehmlichkeiten für die Parteien, die sich aus ihrem persönlichen Erscheinen ergeben können, angebracht erscheint. Den Meinungen der Parteien wird dabei Rechnung getragen. In der Praxis kommt es durchaus vor, dass die Parteien per Telefonkonferenz an der Verhandlung teilnehmen, vor allem in Verfahren mit geringem Streitwert. 171 In Spanien sind schriftliche Zeugenaussagen in bestimmten Fällen zulässig (Artikel 381 Zivilprozessordnung). 172 Schriftliche Zeugenerklärungen sind nur dann zulässig, wenn die Zeugenvernehmung während oder außerhalb der Hauptverhandlung oder bei Gericht nicht möglich ist, oder wenn besondere Gründe vorliegen, in Bezug auf Kosten oder Unannehmlichkeiten, die nach Ansicht des Gerichts mit einer Vernehmung während oder außerhalb der Hauptverhandlung verbunden wären, in Bezug auf den Beitrag zum Verfahren, den es sich von einer solchen Vernehmung erwartet, auf die Bedeutung der Aussage oder auf sonstige Umstände. Von dieser Möglichkeit wird jedoch selten Gebrauch gemacht und die Vorschriften werden demzufolge restriktiv angewandt. 173 Von dieser Möglichkeit wird dann Gebrauch gemacht, wenn mündliche Verhandlungen unter Berücksichtigung der Sachlage nicht erforderlich sind und von keiner Partei verlangt werden. 174 Ein ausschließlich schriftliches Verfahren ist nach den Rechtsvorschriften zwar zulässig, spielt jedoch in der Praxis keine große Rolle. Die Zulässigkeit eines solchen Verfahrens eröffnet Antragstellern, die nicht im Gerichtsbezirk wohnen, gleichwohl die (tatsächlich auch wahrgenommene) Möglichkeit, ihre Anträge schriftlich zu begründen und nicht persönlich vor Gericht zu erscheinen. In streitigen Fällen kann es sich allerdings für den Antragsteller nachteilig auswirken, wenn er nicht zur Verhandlung erscheint und sich allein auf seine schriftlichen Erklärungen verlässt. 175 Das schriftliche Verfahren in Schottland gilt nur für unstreitige Ansprüche.
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4.3.9. Lockerung der inhaltlichen Anforderungen an das Urteil und zeitliche Vorgaben In Deutschland braucht das Urteil in einem Verfahren mit geringem Streitwert keine Sachverhaltsdarstellung zu enthalten. Für die rechtliche Begründung reicht es aus, wenn die wesentlichen Gründe zu Protokoll gegeben wurden. Eine allgemeine zeitliche Vorgabe für die Erledigung einer Rechtssache gibt es in keinem Mitgliedstaat. Eine Frist für die Urteilsverkündung gilt gegenwärtig in Spanien176 (10 Tage), Schweden (14 Tage), Schottland (28 Tage) und Österreich (4 Wochen).177 4.3.10. Kosten Die Verfahrensregeln in Bezug auf die Kostenerstattung weisen erhebliche Unterschiede auf. In vielen Mitgliedstaaten hat der Beklagte, wenn er unterliegt, sämtliche Kosten zu tragen. In England/Wales, Schottland, Frankreich,178 Irland, Nordirland179 und Schweden gelten jedoch bestimmte Grenzen für die Kostenerstattung. Sie reichen von Nichterstattung (Irland) bis zur Beschränkung auf die Gerichtsgebühren (Nordirland) und auf feste Höchstbeträge, die in manchen Fällen vom Streitwert abhängen (England/Wales, Schottland, Schweden). 4.3.11. Ausschluss/Beschränkung von Rechtsmitteln Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten hinsichtlich einer möglichen Beschränkung der Rechtsmittel gegen Entscheidungen in Verfahren mit geringem Streitwert weisen erhebliche Unterschiede auf. In Irland und Spanien180 gelten keinerlei Beschränkungen der Rechtsmittel. In Schottland kann sich das Rechtsmittel nur auf Rechtsfragen beziehen. In Schweden unterliegt das Rechtsmittel einer vorherigen Zulassung, die gewährt wird, wenn besondere Umstände vorliegen, z.B. die Bedeutung des Falls für die Anwendung des Rechts. In England/Wales muss ein Rechtsmittel in jedem Fall zunächst zugelassen werden, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die die Freiheit des Einzelnen berühren. In Nordirland ist das Recht, Rechtsmittel einzulegen, in Verfahren mit geringem Streitwert derzeit stark eingeschränkt.181 Allerdings gibt es Vorschläge für Gesetzesänderungen, durch die dieses Recht erweitert wird.
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176 Die Nichteinhaltung dieser Frist hat jedoch keine rechtlichen Konsequenzen. 177 Die Nichteinhaltung dieser Frist hat jedoch keine rechtlichen Konsequenzen. 178 Die Begrenzung der Kostenerstattung ist in Artikel 695 Zivilprozessordnung geregelt. 179 In Nordirland sind nur die regulären Gerichtsgebühren zu tragen, es sei denn, der District Judge gelangt zu der Überzeugung, dass sich eine der Parteien unangemessen verhalten hat (in diesem Fall kann er dieser Partei sämtliche Kosten einschließlich Zeugenentschädigungen auferlegen), oder das Verfahren wurde als ordentliches Zivilverfahren eingeleitet (in diesem Fall können sämtliche Kosten auferlegt werden). 180 In Spanien gelten jedoch Beschränkungen hinsichtlich der zulässigen Beweismittel (Artikel 460 Zivilprozessordnung). 181 Der District Judge hat die Möglichkeit bzw. auf Anordnung des High Court die Pflicht, dem High Court jede Rechtsfrage, die sich aus einem Urteilsspruch ergibt, zur Entscheidung vorzulegen.
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In Frankreich und Deutschland unterliegt die Möglichkeit, ein Rechtsmittel einzulegen, bestimmten Streitwertgrenzen (25 000 FRF = 3811 EUR in Frankreich bzw. 600 EUR in Deutschland), die in der Praxis bedeuten, dass in Verfahren mit geringem Streitwert kein Rechtsmittel eingelegt werden kann. In Deutschland wird die Berufung gleichwohl zugelassen, wenn es sich um einen Fall von grundsätzlicher Bedeutung handelt. In Österreich kann gegen Urteile über Ansprüche unterhalb 2000 EUR nur Berufung eingelegt werden, wenn Nichtigkeit (gravierende Verfahrensfehler) geltend gemacht wird oder wenn es sich um Rechtsfragen handelt.182 4.4. Handlungsbedarf auf Gemeinschaftsebene Wie bereits erwähnt nimmt der mit dem Rechtsweg verbundene Zeit-/Kostenaufwand und Ärger nicht unbedingt proportional zur Höhe der Forderung ab. Im Gegenteil wiegen diese Hindernisse umso schwerer je geringfügiger der Anspruch. Aus diesem Grund haben viele Mitgliedstaaten vereinfachte zivilrechtliche Verfahren für Bagatellsachen eingeführt. Der Studie „Cost of Judicial Barriers for Consumers in the Single Market“ aus dem Jahr 1995183 sind folgende Fakten zu entnehmen, die sich zwar auf Verbrauchersachen mit geringem Streitwert beziehen, gleichwohl von allgemeinerem Interesse sind: – 24% der Bürger in den Mitgliedstaaten erwerben gelegentlich (meist während einer Auslandsreise) Waren oder Dienstleistungen bis zu einem Wert von 2000 EUR in anderen EU-Staaten.184 10% dieser Verbraucher sind unzufrieden und zwei Drittel sind nicht willens oder nicht in der Lage, ihre Ansprüche geltend zu machen. Die Erhebung zeigt auch, dass der Binnenmarkt für langlebige Güter praktisch inexistent ist. Aufgrund der Gefahr, Instandsetzungs- oder Geldrückgabeansprüche nicht geltend machen zu können, werden derartige Güter selten im Ausland gekauft. – Die Gesamtkosten eines grenzüberschreitenden Verfahrens zur Durchsetzung eines verbraucherrechtlichen Anspruchs im Wert von 2000 EUR schwanken je nach beteiligten Mitgliedstaaten zwischen 980 EUR und 6600 EUR; bei einem Verfahren am Wohnsitzort des Beklagten liegen die durchschnittlichen Kosten bei 2489 EUR. Die Mindest- und die Durchschnittskosten eines Verfahrens am Wohnsitzort des Klägers sind rund 3% niedriger, die Hoechstkosten sogar 11% niedriger als bei einem Verfahren am Wohnsitzort des Beklagten. Da der Kläger selbst dann einen Teil der Kosten zu tragen hat, wenn er obsiegt, und immer die Gefahr besteht, im Falle des Scheiterns die gesamten Kosten tragen zu müssen, wird ein vernünftiger Verbraucher nicht wegen 2000 EUR vor Gericht gehen. – Darüber hinaus ziehen die Verbraucher auch die Dauer des Rechtswegs in Betracht. Entscheidende Faktoren sind in diesem Zusammenhang das Verfahren (insbesondere die Zustellung von Schriftstücken) und die Vollstreckung. Während es in manchen Mitgliedstaaten Verfahren gibt, die ein Jahr oder weniger dauern können, benötigen die für verbraucherrechtliche Ansprüche mit geringem Streitwert zuständigen Gerichte in Irland und vor allem in Italien zur Streitbeilegung mehrere Jahre. Im
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182 Eine Berufung, die sich auf Tatsachenbehauptungen oder die Bewertung von Beweismitteln stützt, ist ausgeschlossen (501 Zivilprozessordnung). 183 Cost of Judicial Barriers for Consumers in the Single Market, Hanno von Freyhold, Volkmar Gessner, Enzo L. Vial, Helmut Wagner (Eds.), A Report for the European Commission (Directorate General XXIV), Zentrum für Europäische Rechtspolitik an der Universität Bremen, October/November 1995, erhältlich unter: http://www.freyvial.de/Publications/egi-2.pdf. 184 Eurobarometer-Erhebung vom 17. Mai 1995 (43.0).
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Durchschnitt dauert ein grenzüberschreitender Zivilprozess in Europa nahezu 2 Jahre, wenn der Wohnsitz des Beklagten Gerichtsstand ist, und 21/2 Jahre, wenn der Wohnsitz des Klägers Gerichtsstand ist (weil in diesem Fall die Zustellung von Schriftstücken und das Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren die Verfahrensdauer verlängern). Die Daten deuten auf eine gewisse Rechtsunsicherheit für Verbraucher im Binnenmarkt hin. Das hat zur Folge, dass gut informierte Verbraucher unbekannte Märkte meiden, und schlecht informierte Verbraucher bei Käufen im Ausland Risiken eingehen. Die für die Beilegung grenzüberschreitender Streitigkeiten vorhandenen Strukturen sind alles andere als vertrauenswürdig, leicht zugänglich und wirksam. Berechnungen der unmittelbaren Kosten für den Verbraucher deuten darauf hin, dass die Gesamtkosten der Rechtsunsicherheit für Verbraucher im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr beträchtlich sind. Wenn man die verschiedenen Kostenarten addiert, kommt man auf Gesamtkosten in der Größenordnung von 7230–73 790 Millionen EUR.
Die Tatsache, dass die Schwierigkeiten, die einer raschen und kostengünstigen Urteilsfindung entgegenstehen, in Rechtssachen mit grenzüberschreitendem Bezug offensichtlich verschärft werden, wird auch in dem Bericht der interdisziplinären Sachverständigentagung zum Thema grenzüberschreitende Erledigung von Rechtssachen mit geringem Streitwert in Europa hervorgehoben, die 1998 unter der Schirmherrschaft der britischen EU-Präsidentschaft stattfand.185 Mangelnde Kenntnisse über die Rechtsordnung anderer Mitgliedstaaten und die daraus resultierende Notwendigkeit, einen Rechtsanwalt zu konsultieren, der mit der Zustellung von Schriftstücken an eine Partei in einem anderen Mitgliedstaat verbundene höhere Zeitaufwand und die zusätzlichen Kosten für Übersetzungen sind nur einige der Faktoren, die zu dieser Sachlage beitragen. Aus diesen Gründen stehen die Kosten, die damit verbunden sind, ein Urteil gegen einen Beklagten in einem anderen Mitgliedstaat zu erwirken, häufig in keinem Verhältnis zu der Summe, um die es geht; dies gilt umso mehr für geringfügige Ansprüche. Wenn es in diesem Fall an einem Verfahren fehlt, das in einem angemessenen Verhältnis zum Streitwert steht, entweder weil die Rechtsordnung eines Mitgliedstaats ein solches Verfahren nicht vorsieht oder seine Anwendung für Rechtssachen mit grenzüberschreitendem Bezug ausschließt, wird es für den Gläubiger fragwürdig, ob der Rechtsweg in seinem Fall wirtschaftlich sinnvoll ist. Viele Gläubiger geben angesichts der Verfahrenskosten und eingeschüchtert durch die zu erwartenden praktischen Schwierigkeiten jede Hoffnung auf, Ansprüche, die ihnen ihrer Ansicht nach rechtmäßig zustehen, tatsächlich durchsetzen zu können. Um der Kommission die Mittel an die Hand zu geben, den Handlungsbedarf auf Gemeinschaftsebene und die Art der erforderlichen Maßnahmen besser einzuschätzen, verfolgt das vorliegende Grünbuch u.a. das Ziel, mehr Informationen über die Funktionsweise der bestehenden Verfahren für Ansprüche mit geringem Streitwert zu sammeln. Die bloße Analyse des vorhandenen verfahrensrechtlichen Rahmens reicht nicht aus, um die richtigen Schlüsse hinsichtlich der Leistungsfähigkeit eines spezifischen Verfahrens in seiner täglichen Anwendung zu ziehen. Je unterschiedlicher die Akzeptanz und der Erfolg der Verfahren, die der einfacheren und schnelleren Beilegung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert und grenzüberschreitendem Bezug dienen, desto aus-
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185 Multidisciplinary Conference of Experts, Resolving Small Claims Across European Borders, 22./23. Juni 1998, Down Hall, Hatfield Heath, Hertfordshire.
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geprägter das oben skizzierte Ungleichgewicht und desto dringender der Bedarf für eine Annäherung innerhalb der Gemeinschaft. In diesem Zusammenhang sollte klargestellt werden, dass sich eine etwaige EURegelung für geringfügige Forderungen in die bestehenden ebenso wie in künftige EUVorschriften im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen einfügen würde. Bei grenzübergreifenden Bagatellsachen würde die Zustellung nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten erfolgen.186 Der Umstand, dass ein Schuldner eine Forderung in einem europäischen Mahnverfahren (siehe Teil II dieses Grünbuchs) angefochten hat, ist für das anschließende Verfahren (ordentliches Verfahren oder Verfahren für geringfügige Forderungen, sofern es sich bei dem streitigen Anspruch um eine geringfügige Forderung handelt) unerheblich. Ein in einem Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes Urteil, das eine unbestrittene Forderung betrifft, könnte als europäischer Vollstreckungstitel gelten (sobald die entsprechende Verordnung187 erlassen ist und die übrigen Voraussetzungen für die Erteilung eines solchen Titels erfüllt sind). Frage 32: Sind bei der Anwendung der Verfahren für geringfügige Forderungen in Ihrem Mitgliedstaat Probleme aufgetreten und wenn ja, welche? Geben Sie bitte an, wie hoch die Akzeptanz dieser Verfahren ist und wie erfolgreich sie in der Praxis sind. Gelten diese Verfahren auch für Streitigkeiten mit grenzüberschreitendem Bezug, bei denen entweder der Kläger oder der Beklagte seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat? Welche Probleme treten gegenwärtig bei der grenzüberschreitenden gerichtlichen Durchsetzung von geringfügigen Forderungen auf? Im Zusammenhang mit der Akzeptanz und dem Erfolg der bestehenden Verfahren sei ferner darauf hingewiesen, dass es nach Erlass einer EG-Regelung für geringfügige Forderungen in erster Linie darauf ankommen wird, die Bürger über dieses neue Verfahren zu informieren, damit auch in der Praxis ein effektiver Zugang zum Recht gewährleistet ist. Ein Weg, um die Öffentlichkeit und die Fachwelt über dieses Verfahren zu informieren, besteht darin, auf die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen einzelstaatlichen Behörden, insbesondere über das Europäische Justizielle Netz für Zivil- und Handelssachen (das mit Entscheidung 2001/470/EG des Rates188 eingerichtet wurde), zurückzugreifen. Frage 33: Auf welche Weise können die EU-Bürger am besten über eine neue Gemeinschaftsregelung zur Einführung eines Verfahrens für geringfügige Forderungen informiert werden?
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186 ABl. L 160 vom 30.6.2000, S. 37. 187 KOM (2002) 159 endg., Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen. 188 Entscheidung des Rates vom 28. Mai 2001 über die Einrichtung eines Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen, ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 25.
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5. ANWENDUNGSBEREICH EINER REGELUNG FÜR GERINGFÜGIGE FORDERUNGEN Abgesehen von den zwei Fragenkomplexen, auf die in der Einführung hingewiesen wurde (Teil I: geeignetes Rechtsinstrument, Anwendbarkeit nur auf Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug oder auch auf reine Inlandssachen), stellen sich bei einer künftigen Gemeinschaftsregelung für geringfügige Forderungen eine Reihe weiterer Fragen, die zwei verschiedenen Kategorien zuzuordnen sind: – Der eine Fragenkomplex steht im Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich der Regelung für geringfügige Forderungen. Dabei geht es u.a. um die Frage der Streitwertgrenze für Bagatellsachen, für welche Arten von Streitigkeiten das Bagatellverfahren gelten sollte und ob es zwingend vorgeschrieben oder fakultativ sein sollte. Mit dieser Frage befasst sich das folgende Kapitel. – Der zweite Fragenkomplex betrifft die konkreten Verfahrensregeln, durch die sich das Bagatellverfahren vom ordentlichen Verfahren unterscheidet, d.h. es geht um die Frage, welche Verfahrensregeln denkbar sind und geeignet wären, um sicherzustellen, dass Einzelpersonen und Unternehmen nicht daran gehindert oder davon abgehalten werden, von ihren Rechten Gebrauch zu machen. Die betreffenden Verfahrensregeln berühren alle Verfahrensstufen eines Zivilprozesses (Einleitung des Verfahrens, Verfahrensablauf, Entscheidung und Kosten, Vollstreckbarkeit der Entscheidung und Anfechtung). Mit dieser Frage befasst sich das anschließende Kapitel (6.). Eine künftige Gemeinschaftsregelung für geringfügige Forderungen wirft eine Reihe spezifischer Fragen in Bezug auf ihren Anwendungsbereich auf: Welche Streitwertgrenze soll für das Bagatellverfahren gelten, für welche Arten von Streitigkeiten soll das Bagatellverfahren anwendbar sein und sollte das Verfahren zwingend vorgeschrieben oder fakultativ sein? Alle drei Fragen sind bis zu einem gewissen Grad miteinander verknüpft. 5.1. Streitwertgrenze Da es sich bei den Begriffen „Bagatellsache“ oder „geringfügige Forderung“ um quantitativ bestimmte Begriffe handelt, erscheint die Festsetzung einer quantitativen Obergrenze auf Grundlage des Streitwerts erforderlich. Ansprüche unterhalb dieses Grenzwerts wären dann als „geringfügig“ bzw. als Bagatellsache einzustufen. Zwar wird in manchen Rechtsordnungen die Wahl zwischen dem ordentlichen Verfahren und den vereinfachten Verfahrensformen nicht auf Grundlage des geltend gemachten Betrags (d.h. auf quantitativer Basis) getroffen, sondern anhand qualitativer Kriterien (siehe 4.3). Die vereinfachten Verfahrensformen werden in einfacheren, weniger komplexen Fällen ungeachtet des geltend gemachten Betrags verwendet. Nichtsdestotrotz dürfte eine quantitative Definition vorzuziehen sein, denn eine Rechtssache, die keine größeren Rechtsfragen berührt und deren Sachlage klar ist, die jedoch einen hohen Streitwert hat, kann kaum als Bagatellsache eingestuft werden. Die Streitwertgrenze für Bagatellverfahren ist in den Mitgliedstaaten, in denen derartige Verfahren existieren, sehr unterschiedlich (zwischen 600 EUR und 8234 EUR). Dabei scheint es eine generelle Tendenz zur Anhebung dieser Grenzwerte zu geben. Die Streitwertgrenze sollte nicht zu niedrig angesetzt werden, um sicherzustellen, dass das Bagatellverfahren über einen Anwendungsbereich von ausreichender praktischer Bedeutung verfügt und – im Einklang mit den Schlussfolgerungen von Tampere – unmittelbare Auswirkungen auf das tägliche Leben der Bürger hat. Andererseits könnte 379
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sich auch eine zu hoch angesetzte Streitwertgrenze als problematisch erweisen. Die Vereinfachung der Verfahrensregeln ist nur in Fällen gerechtfertigt, in denen die Gerichtskosten in keinem Verhältnis zum Streitwert stehen. Ein zu hoher Grenzwert könnte sich aufgrund von Überlegungen, die den wirksamen Rechtsschutz der Bürger betreffen, als Hindernis für die Einführung signifikanter Vereinfachungen des Verfahrensrechts erweisen. Als annehmbarer Kompromiss wäre eine Streitwertgrenze zwischen 1000 EUR und 2000 EUR vorstellbar. Im Falle eines fakultativen Verfahrens (siehe 5.3) wäre eine höhere Streitwertgrenze denkbar, da in jedem Fall die Anwendung des ordentlichen Verfahrens möglich wäre. Vorstellbar wäre auch eine gemeinsame Mindeststreitwertgrenze, unterhalb derer das Bagatellverfahren in allen Mitgliedstaaten anzuwenden wäre, wobei den Mitgliedstaaten jedoch die Möglichkeit offen stünde, einen höheren Grenzwert anzusetzen. Auch die Festsetzung eines zusätzlichen maximalen Grenzwerts könnte in Erwägung gezogen werden. Frage 34: Sollte es eine Streitwertgrenze für Bagatellverfahren geben? Wenn ja, wo sollte die Grenze für einen geringfügigen Streitwert gezogen werden? Sollte es eine einheitliche Streitwertgrenze für alle Mitgliedstaaten geben? Oder wäre ein gemeinschaftsweit geltender Mindestgrenzwert (und Hoechstgrenzwert) ausreichend? 5.2. Arten von Streitigkeiten Während das Mahnverfahren darauf abzielt, für unstreitige Ansprüche binnen eines angemessenen Zeitraums einen vollstreckbaren Titel zu erwirken (möglicherweise durch Einsatz der Datenverarbeitung), ist das Bagatellverfahren für Forderungen gedacht, die vom Beklagten bestritten werden. Daher liegt kaum ein Grund vor, das Bagatellverfahren auf Zahlungsansprüche zu beschränken. Da die Sache vor einem Richter verhandelt wird – und sei es in einem noch so vereinfachten Verfahren –, muss das Urteil nicht so abgefasst werden, dass es durch Ankreuzen von Kästchen in einen Vordruck übernommen werden kann (was im Falle von nicht auf Zahlung gerichteteten Ansprüchen Schwierigkeiten bereiten könnte). Auch aus diesem Grund gelten in den meisten Mitgliedstaaten, die über Bagatellverfahren verfügen, derartige Verfahren nicht nur für Geldforderungen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob das Verfahren auf bestimmte Arten von Streitigkeiten beschränkt werden sollte bzw. ob bestimmte Anspruchsarten von diesem Verfahren ausgeschlossen werden sollten. In den Rechtsvorschriften einiger Mitgliedstaaten sind derartige Einschränkungen vorgesehen. Die Schlussfolgerungen von Tampere beziehen sich auf besondere gemeinsame Verfahrensregeln für vereinfachte und beschleunigte grenzüberschreitende Gerichtsverfahren bei „verbraucher- und handelsrechtlichen Klagen mit geringem Streitwert sowie bei Unterhaltsklagen“. Mit dem Bagatellverfahren sollen langwierige und kostspielige Verfahren für Streitigkeiten mit geringem Streitwert vermieden werden. Daher würde es zunächst logisch erscheinen, das Verfahren auf zivil- und handelsrechtliche Streitsachen aller Art anzuwenden. Dies könnte jedoch in Fällen, in denen eine substanzielle und kostenintensive Beweisaufnahme (z.B. Sachverständige) erforderlich ist, Probleme aufwerfen. Andererseits wären flexible Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme denkbar, die dem Richter in diesem Punkt erhebliche Ermessensfreiheit einräumt (s.u. 6.4). Darüber hinaus könnte es schwierig sein, bestimmte Arten von Streitigkeiten zu bestimmen, die in Schütze
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der Regel komplexer und daher für ein Bagatellverfahren ungeeignet sind. Selbst bei Schadensersatzansprüchen, die eher zu den komplexeren Fällen zählen dürften, könnte ein gegebenenfalls erforderliches Gutachten in schriftlicher Form abgegeben werden, so dass ein schriftliches Verfahren machbar wäre. In diesem Zusammenhang sind zwei weitere Fragen relevant: die Kostenerstattung und die Frage, ob das Verfahren zwingend vorgeschrieben oder fakultativ ist. Wenn die Erstattung von Sachverständigenentschädigungen (die selbst in Streitigkeiten über einfache vertragliche Ansprüche notwendig werden kann) in einem obligatorischen Bagatellverfahren beschränkt werden sollte, würde fraglich, ob die Durchsetzung von Ansprüchen, die durch derartige Beweismittel belegt werden müssten, noch wirtschaftlich sinnvoll wäre. Bei der Bestimmung der geeigneten Arten von Streitigkeiten muss auch der Tatsache Rechnung getragen werden, dass in manchen Mitgliedstaaten bestimmte Streitigkeiten (z.B. familienrechtliche Sachen) nicht im ordentlichen Zivilverfahren behandelt werden. Daher könnte sich die Einführung eines Bagatellverfahrens als vereinfachtes ordentliches Verfahren für derartige Rechtssachen als problematisch erweisen. Bei nicht auf Zahlung gerichteten Ansprüchen bestimmt im Allgemeinen der Kläger den Streitwert. Ist das Bagatellverfahren für Streitigkeiten mit geringem Streitwert zwingend vorgeschrieben, wäre es also Sache des Klägers zu bestimmen, ob das Verfahren auf seinen Anspruch anzuwenden ist oder nicht. Um möglichem Missbrauch vorzubeugen, wird der Streitwert in einigen Mitgliedstaaten vom Richter festgesetzt. Frage 35: Sollte das Bagatellverfahren auf Zahlungsansprüche beschränkt werden? Frage 36: Auf welche Arten von Streitigkeiten sollte das Bagatellverfahren anwendbar sein? Sollten bestimmte zivil- und handelsrechtliche Streitsachen ausgeschlossen werden? Oder sollte das Verfahren nur für bestimmte, ausdrücklich aufgeführte zivil- und handelsrechtliche Streitsachen anwendbar sein? 5.3. Obligatorisches oder fakultatives Bagatellverfahren Fakultatives Verfahren Es wäre denkbar, ein zusätzliches europäisches Bagatellverfahren in Form eines fakultativen Verfahrens, wie es derzeit in Frankreich, Irland und Nordirland existiert, zu schaffen, von dem die vorhandenen einzelstaatlichen Verfahren unberührt bleiben. Das hätte jedoch zur Folge, dass das Bagatellverfahren in der Praxis kaum genutzt würde, vor allem dann nicht, wenn es nur auf Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug anwendbar wäre. Es wäre auch zu prüfen, bei wem die Entscheidung für oder gegen das Bagatellverfahren liegen sollte. Um zu gewährleisten, dass die Parteien gleiche Rechte im Verfahren genießen, scheint es sinnvoll, dass der Kläger das Verfahren als Bagatellverfahren einleiten, der Beklagte jedoch Einspruch hiergegen erheben könnte, so dass das ordentliche Verfahren anzuwenden wäre. Das Bagatellverfahren wäre demzufolge nur mit Zustimmung beider Parteien anzuwenden. Da die Parteien jedoch häufig gegensätzliche Interessen verfolgen und daher nicht in allen Fällen beide für ein kurzes Verfahren sind, könnte die praktische Anwendung des Verfahrens erheblich eingeschränkt werden.
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Obligatorisches Verfahren Ein obligatorisches Verfahren (wie in Deutschland, England/Wales, Schottland, Spanien und Schweden) würde einen umfassenderen Anwendungsbereich des Bagatellverfahrens gewährleisten, vor allem dann, wenn es nicht nur für Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug gälte. Gleichwohl könnte es in bestimmten Fällen sinnvoller sein, das Normalverfahren anzuwenden, obwohl der Streitwert unterhalb des Grenzwerts für geringfügige Forderungen liegt. Um diese Entscheidung nicht den Parteien zu überlassen, wäre zu erwägen, die Überleitung eines Bagatellverfahrens in ein ordentliches Verfahren in das Ermessen des Richters zu stellen. Eine solche Entscheidung hätte Auswirkungen auf alle anderen verfahrensrechtlichen Vereinfachungen im Bagatellverfahren (z.B. Einschränkungen der Rechtsmittel). In den meisten Fällen wird der Richter die Überleitung in das ordentliche Verfahren erwägen, um die normalen Vorschriften für die Beweisaufnahme anwenden zu können. Daher wäre es denkbar, den Richter zu ermächtigen, die normalen Vorschriften der Beweisaufnahme auch ohne Überleitung des Verfahrens anzuwenden, wobei die übrigen Regeln des vereinfachten Verfahrens von dieser Ermessensfreiheit ausgenommen wären (s.u. 6.4). Dabei sollte man sich vor Augen halten, dass diese Frage im Zusammenhang mit den Möglichkeiten zur Vereinfachung des Verfahrensrechts steht, beispielsweise dem Verzicht auf eine mündliche Verhandlung oder den Einschränkungen der Kostenerstattung und ihren Folgen. Frage 37: Sollte das Bagatellverfahren obligatorisch oder fakultativ sein? Sollte das Gericht die Möglichkeit haben, ein Bagatellverfahren in ein ordentliches Verfahren überzuleiten? Wenn ja, unter welchen Bedingungen? Sollten die Parteien die Möglichkeit haben, ein Bagatellverfahren in ein ordentliches Verfahren überzuleiten? Wenn ja, unter welchen Bedingungen?
6. VEREINFACHUNG DES VERFAHRENSRECHTS Eine Vereinfachung der Verfahrensvorschriften bei geringfügigen Forderungen ist auf allen Verfahrensstufen möglich (Beginn des Verfahrens, Verfahrensablauf, Entscheidung und Kosten, Vollstreckbarkeit der Entscheidung und Anfechtung). Die hier genannten Möglichkeiten sind in der einen oder anderen Form in den bestehenden Bagatellverfahren (und in gewissem Umfang auch in den ordentlichen Verfahren anderer Mitgliedstaaten) zu finden, stellen jedoch nur eine Auswahl aus einem sehr viel breiteren Spektrum dar. Den folgenden Vorschlägen zur Vereinfachung des Verfahrensrechts liegt die Absicht zugrunde, den Verfahrensaufwand im Hinblick auf den geringen Streitwert in Grenzen zu halten und das Verfahren so benutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, gleichzeitig jedoch dem Bürger durch ein rechtsstaatliches Verfahren einen wirksamen Rechtsschutz zu garantieren. 6.1. Gemeinsame Mindestvorschriften für Formulare Ein einfach auszufüllendes und auf die absolut notwendigen Angaben beschränktes Standardformular würde die Verfahrenseinleitung erheblich erleichtern.
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Zu den unverzichtbaren Angaben könnten gehören: Name und Anschrift der Parteien und des Gerichts, der geltend gemachte Anspruch, einschließlich einer kurzen Beschreibung der Sachlage, Datum und Unterschrift.
Auch in den Schlussfolgerungen von Tampere (Rdn. 31) werden gemeinsame Mindeststandards für mehrsprachige Formulare erwähnt. Ziel sollte ein Formblatt sein, das keine Angaben verlangt, für die der Antragsteller juristischen Beistand benötigen würde (z.B. rechtliche Ausführungen oder die juristisch korrekte Formulierung der beantragten Entscheidung). Falls erforderlich könnte der Richter oder ein Gerichtsbediensteter den Parteien Anleitungen zu Ergänzungen geben, die im Laufe des Verfahrens erforderlich werden (s.u. 6.2). Zur Vermeidung von Problemen könnte das Formblatt Ausfüllanweisungen enthalten. Das vereinfachte europäische Formular, das von der Kommission im Aktionsplan für den Zugang der Verbraucher zum Recht und die Beilegung von Rechtsstreitigkeiten der Verbraucher im Binnenmarkt189 von 1996 vorgeschlagen wurde, und die bereits bei der Kommission erhältlichen Formblätter für Verbraucherbeschwerden190 könnten als Vorlage herangezogen werden. In dem Aktionsplan schlug die Kommission die Einführung eines vereinfachten europäischen Formblatts vor, um auf diese Weise den Zugang zu den Gerichten zu verbessern. Auch für die weiteren Verfahrensstufen (z.B. die Klageerwiderung des Beklagten) wäre die Einführung von Formblättern vorstellbar. Diese könnten auch über das Internet bereitgestellt werden. Das würde die Dinge vor allem für Parteien erleichtern, die ihren Wohnsitz nicht in dem Mitgliedstaat haben, in dem sich das Gericht befindet, insbesondere dann, wenn sich trotz aller Bemühungen um eine Harmonisierung zwischen den Mitgliedstaaten geringfügige Unterschiede in den Formularen als notwendig erweisen. Es wäre in Betracht zu ziehen, für die Verfahrenseinleitung und die weitere Kommunikation zwischen den Prozessparteien und dem Gericht die Verwendung moderner Kommunikationsmittel wie Fax oder E-Mail zuzulassen. Während Mitteilungen per Fax in zunehmendem Maße von den Gerichten akzeptiert werden, ist die Kommunikation auf elektronischem Wege nur in Ausnahmefällen möglich und nur über spezielle Datenübertragungssysteme. Auch Mitteilungen per E-Mail sind aufgrund der schwierigen Verifizierung der Authentizität des Dokuments problematisch. Im Hinblick auf den gemeinschaftlichen Rechtsrahmen für elektronische Signaturen191 könnte sich die Verfahrenseinleitung per E-Mail jedoch künftig stärker durchsetzen. Zu beachten ist ferner, dass die technischen Kommunikationsmöglichkeiten ein allgemeiner Aspekt des Zivilverfahrens sind und kein spezifisches Problem des Bagatellverfahrens. Frage 38: Sollten gemeinsame Mindeststandards für Formulare eingeführt werden? Wenn ja, welche Vorschriften wären denkbar? Für welche Verfahrensstufen sollten die Formulare verwendet werden? Sollte der Einsatz moderner Kommunikationsmittel ermöglicht werden?
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189 KOM (1996) 13 endg. 190 http://europa.eu.int/comm/consumers/policy/developments/acce_just/acce_just03_de.html. 191 Siehe insbesondere die Richtlinie 1999/93/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 1999 über gemeinschaftliche Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen, ABl. L 13 vom 19.1.2000, S. 12.
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6.2. Vertretung und Beistand Da Bagatellverfahren u.a. zum Ziel haben, den Parteien eine rasche und kostengünstige Streitbeilegung zu ermöglichen, ist es in keinem Mitgliedstaat zwingend vorgeschrieben, sich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen; es ist jedoch in allen Mitgliedstaaten möglich. Der vorhandene Rechtsrahmen erscheint zufriedenstellend, da das Bagatellverfahren vor allem juristischen Laien den Zugang zum Recht erleichtern sollte und da der anwaltlichen Vertretung nichts entgegensteht. Eine weitere Verbesserung könnte die Möglichkeit darstellen, sich durch Laien vertreten zu lassen, wie sie bereits in einigen Mitgliedstaaten besteht (Deutschland, England/Wales, Schottland und Nordirland). Diese Option könnte in erster Linie für Unternehmen von Interesse sein, die sich insbesondere in einfach gelagerten Fällen durch eigene Mitarbeiter vertreten lassen könnten. Tatsächlich verzichten die Parteien in vielen Fällen auf einen Rechtsanwalt. Um ihnen dennoch wirksamen Beistand zu gewähren, bieten viele Mitgliedstaaten Hilfestellung durch Gerichtsbedienstete bei der Einleitung des Verfahrens, vor allem beim Ausfüllen von Formularen, an. Auf diese Weise lassen sich u.U. Verzögerungen vermeiden, die durch unvollständige Anträge und nachträgliche Korrekturen entstehen. Nichtjuristen könnten allerdings in späteren Verfahrensstufen weiterer Unterstützung bedürfen. Daher sind in den Bagatellverfahren der meisten Mitgliedstaaten ausführliche Schriftsätze nicht erforderlich und der Richter ist in gewissem Umfang zur Belehrung der Parteien verpflichtet. Er sollte auf eine vollständige Klärung der Sachlage hinarbeiten und die Parteien insbesondere in Verfahrensfragen unterstützen. Im Interesse einer besseren Handhabbarkeit des Bagatellverfahrens wäre eine Verpflichtung des Richters zur Belehrung der Parteien denkbar. Auch im Falle einer weitreichenden Hinweispflicht müsste selbstverständlich Sorge getragen werden, dass der Richter seine Neutralität bewahrt und keine eigenen Ermittlungen von Amts wegen durchführen darf. Die Unterstützung für Laien könnte durch die Möglichkeit der unmittelbaren Klageerhebung bei Gericht, d.h. durch mündlichen Antrag zu Protokoll, vervollständigt werden, da sich auf diese Weise die Schwellenangst von Menschen abbauen ließe, die im Umgang mit Behörden unerfahren sind. Frage 39: Sollten nicht anwaltlich vertretene Streitparteien in verfahrensrechtlichen Fragen Hilfestellung erhalten? Falls ja, in welchem Umfang? Sollte eine Vertretung durch Laien möglich sein? 6.3. Alternative Verfahren der Streitbeilegung Als weitere Verfahrensvariante für Bagatellverfahren könnten Formen der alternativen Streitbeilegung (beispielsweise Schlichtung, Mediation und informelle Gespräche) eingeführt werden. (Die alternative Streitbeilegung wird im Folgenden auch mit dem englischen Akronym „ADR“ für „Alternative Dispute Resolution“ bezeichnet.) Sie wären mit dem Vorteil verbunden, die Arbeitsbelastung der Gerichte ebenso wie die Kosten zu verringern. Auf diese Weise wären Einsparungen in erheblichem Umfang zu erzielen, sowohl bei Gerichtsgebühren und anderen Kosten eines Rechtsstreits als auch hinsichtlich der von Parteien und Richter aufzubringenden Zeit und Energie. Außerdem dürfte die Herbeiführung eines Kompromisses weniger Zeit in Anspruch nehmen als die Erwirkung und Vollstreckung eines Gerichtsurteils. ADR-Verfahren könnten daher wesentlich Schütze
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dazu beitragen, die angestrebte Reduzierung des Kosten- und Zeitaufwands zu erreichen, die für alle zivil- und handelsrechtlichen Verfahren von Interesse ist, jedoch aus offensichtlichen Gründen in Bagatellverfahren besondere Bedeutung genießt. Hinsichtlich der Frage, ob die alternative Streitbeilegung zwingend vorgeschrieben oder fakultativ sein sollte, sind verschiedene Möglichkeiten erwägenswert. Sie reichen vom schlichten Einräumen der Möglichkeit, ADR-Verfahren im Rahmen von gerichtlichen Verfahren in Anspruch zu nehmen, bis zur entsprechenden Aufforderung seitens der Gerichte. Es wäre sogar denkbar, die Inanspruchnahme einer ADR-Maßnahme zur zwingenden Voraussetzung für die Erwirkung einer richterlichen Entscheidung zu machen. Gleichwohl ist zu beachten, dass die alternative Streitbeilegung ein allgemeiner Aspekt des Zivilverfahrens ist und kein spezifisches Thema im Zusammenhang mit Bagatellsachen. Aus diesem Grund hat sich die Kommission mit dieser Frage in einem eigenen Grünbuch befasst, dem Grünbuch über alternative Verfahren zur Streitbeilegung im Zivil- und Handelsrecht.192 Frage 40: Sollten Formen der alternativen Streitbeilegung in Bagatellverfahren eingeführt werden? Wenn ja, sollte ihre Inanspruchnahme fakultativ oder obligatorisch sein? 6.4. Lockerung bestimmter Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme Ein wesentlicher Aspekt der meisten Bagatellverfahren ist die Beweiserleichterung, um das Verfahren zu verkürzen und Kosten zu sparen. Ein denkbarer Weg, diesem Ziel näher zu kommen, wäre eine Beschränkung der zulässigen Beweismittel. So könnten besonders kostenintensive Beweismittel (z.B. Sachverständige) ausgeschlossen werden. Allerdings könnte dies in bestimmten Fällen zur Folge haben, dass die Feststellung des Sachverhalts nahezu unmöglich wird. Aus diesem Grund sehen fast alle Bagatellverfahren die Lockerung bestimmter Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme statt einer Beschränkung der Beweismittel vor. Folgende Lösungen wären denkbar: – Zulässigkeit schriftlicher Erklärungen von Zeugen und/oder Parteien – – Hierdurch wären insbesondere in grenzüberschreitenden Rechtssachen erhebliche Einsparungen bei den Reisekosten zu erzielen. – Telefon- und Videokonferenzen – – Auch hierdurch ließen sich Reisekosten einsparen; darüber hinaus wäre diese Lösung mit dem zusätzlichen Vorteil des direkten Kontakts zwischen dem Gericht und den Parteien bzw. Zeugen verbunden. Sie könnte die Beweiswürdigung durch das Gericht erleichtern und würde die Möglichkeit der Befragung durch die gegnerische Partei eröffnen. Es liegt auf der Hand, dass die erforderlichen technischen Voraussetzungen geschaffen werden müssten. – Zulassung bestimmter Beweismittel durch den Richter
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192 Grünbuch über alternative Verfahren zur Streitbeilegung im Zivil- und Handelsrecht, KOM (2002) 196 endg. (http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/gpr/2002/com2002_0196de01.pdf). Für Bagatellverfahren ist insbesondere das Kapitel „ADR im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens“ von Interesse.
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Im Interesse eines möglichst umfassenden Geltungsbereichs des Bagatellverfahrens und seiner Anwendbarkeit auf die verschiedensten Arten von Streitigkeiten scheinen flexible Regeln für die Beweisaufnahme eine geeignete Lösung. Erwägenswert wäre auch, die Zulassung bestimmter Beweismittel im konkreten Fall in das Ermessen des Richters zu stellen, der demzufolge nicht an die normalen Vorschriften zur Beweisaufnahme gebunden wäre. Dies hätte zur Folge, dass der Richter die benötigten Beweismittel im Einzelfall gestützt auf seine Ausbildung und Erfahrung selbst bestimmen könnte und in Abhängigkeit von den jeweiligen Umständen ein mehr oder weniger förmliches Verfahren durchführen könnte. Auf den ersten Blick mag dies ein sehr weitgehender Vorschlag sein. Gleichwohl sollte geprüft werden, ob eine einfache und flexible Lösung dieser Art im Sinne der Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens und unter Berücksichtigung des geringen Streitwerts akzeptabel wäre. In Deutschland wurde dieser Weg mit Erfolg beschritten. Es könnte auch ausdrücklich festgeschrieben werden, dass in jedem Fall das in Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerte Recht auf ein faires Verfahren zu wahren ist. Dieser Schritt könnte, wie in einigen Mitgliedstaaten (z.B. Schottland und Deutschland) geschehen, mit einer Einschränkung der Rechtsmittel (siehe 6.8) verbunden werden. Erwägenswert wäre ferner die Beschränkung der Gründe, aus denen Rechtsmittel eingelegt werden kann, auf Rechtsfragen und die Verletzung grundlegender Prinzipien eines fairen Verfahrens wie z.B. des Rechts auf rechtliches Gehör oder des Gebots der Unparteilichkeit. Auch Verfahrensfehler könnten vom Berufungsgericht als Gründe für die Anfechtung der Gerichtsentscheidung zugelassen werden. Frage 41: Sollte die Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme in bestimmten Punkten gelockert werden? Wenn ja, welche und in welchem Umfang? 6.5. Einführung eines ausschließlich schriftlichen Verfahrens Eine weiter gehende Möglichkeit ist die Einführung eines ausschließlich schriftlichen Verfahrens (ohne mündliche Verhandlung). Auf diese Weise lassen sich in einfach gelagerten Fällen in erheblichem Umfang Kosten sparen, insbesondere bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten, und die für die Urteilsverkündung notwendige Frist wäre deutlich kürzer. Dabei könnte in Erwägung gezogen werden, dem Richter im Rahmen des oben (6.4) dargelegten Ermessensspielraums die Entscheidung zu überlassen, ob in einem spezifischen Fall eine mündliche Verhandlung erforderlich ist oder nicht. Auch dies wäre eine flexible Lösung, die an den Einzelfall angepasst werden könnte. Vor allem dann, wenn das Bagatellverfahren obligatorisch werden soll, könnte zwingend vorgeschrieben werden, dass auf Antrag einer Partei eine mündliche Verhandlung stattfinden muss, um zu vermeiden, dass die Regelung in Konflikt mit den verfahrensrechtlichen Garantien von Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention und Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gerät. Ist das Bagatellverfahren fakultativ, könnten die Parteien in jedem Fall eine mündliche Verhandlung erzwingen, in dem sie sich für das ordentliche Verfahren entscheiden, gegebenenfalls auch noch nach Einleitung des Verfahrens.
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Frage 42: Sollte die Möglichkeit eines ausschließlich schriftlichen Verfahrens (statt mündlicher Verhandlungen) eröffnet werden? Wenn ja, unter welchen Bedingungen? 6.6. Lockerung der inhaltlichen Anforderungen an das Urteil und zeitliche Vorgaben Neben der Vereinfachung des Verfahrens könnte die Urteilsverkündung auch durch eine Lockerung der inhaltlichen Anforderungen an die richterliche Entscheidung beschleunigt werden. Dabei wäre vor allem an eine Lockerung der Vorschriften hinsichtlich der Urteilsbegründung zu denken. Diese Möglichkeit könnte in Verbindung mit Einschränkungen hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Rechtsmittel (siehe 6.8) eingeräumt werden. In Fällen, in denen kein Rechtsmittel zugelassen ist, könnte sich das Urteil auf die wesentlichen rechtlichen und sachlichen Punkte beschränken. Wenn Rechtsmittel allein in Bezug auf Rechtsfragen zulässig sind, könnten zumindest die Regeln für die Beweiswürdigung gelockert werden. Erwägenswert wäre auch, für Fälle, in denen das Urteil mündlich verkündet wird, vorzusehen, dass Berufung eingelegt werden muss, damit ein ausführliches Urteil abgefasst wird. Wird kein Rechtsmittel eingelegt und erlangt das Urteil Rechtskraft, könnte eine gegebenenfalls erforderliche schriftliche Ausfertigung des Urteils auf die wesentlichen Fakten oder sogar auf den Urteilsspruch beschränkt werden. Eine allgemeine zeitliche Vorgabe für die Erledigung einer Rechtssache gibt es in keinem Mitgliedstaat; ein solcher Zeitrahmen könnte sich auch angesichts des unterschiedlichen Komplexitätsgrads der einzelnen Fälle als problematisch erweisen. Darüber hinaus kann die Verfahrensdauer auch durch bestimmte Faktoren beeinflusst werden, die sich dem Einfluss des Gerichts entziehen (z.B. Probleme im Zusammenhang mit der Zustellung von Schriftstücken oder Nichterreichbarkeit von Zeugen). Im Zusammenhang mit der Lockerung der inhaltlichen Anforderungen an ein Urteil wäre auch zu prüfen, ob eine Frist nach Abschluss des Verfahrens gesetzt werden sollte, innerhalb derer das Urteil verkündet werden müsste. Gegenwärtig schwanken die geltenden Fristen für die Urteilsverkündung zwischen 10 Tagen (Spanien) und 28 Tagen (Schottland). Je nachdem, wie stark die inhaltlichen Anforderungen an das Urteil gelockert werden, könnte eine Frist zwischen 14 und 28 Tagen angemessen sein. Frage 43: Sollten die inhaltlichen Anforderungen an das Urteil gelockert werden? Falls ja, in welchem Umfang? Sollte es zeitliche Vorgaben für die Urteilsverkündung geben? 6.7. Kosten Die Erstattung von Kosten und Auslagen wie Gerichtsgebühren, Auslagen für Zeugen, Sachverständige und Rechtsanwälte spielt für den Gläubiger und seine Fähigkeit, einzuschätzen, ob der Rechtsweg in seinem Fall wirtschaftlich sinnvoll ist, eine wichtige Rolle. Die Bedeutung der Vorschriften für die Erstattung von Kosten und Auslagen sollte nicht unterschätzt werden. Einige Mitgliedstaaten (England/Wales, Schottland, Nordirland, Frankreich, Irland, Schweden) weichen in ihren Bagatellverfahren von der weit verbreiteten allgemeinen Regel ab, die Kostenerstattung danach auszurichten, welche 387
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Partei in welchem Umfang obsiegt. Die diesbezüglichen Vorschriften sollten auch im Zusammenhang mit der Frage betrachtet werden, ob das Bagatellverfahren obligatorisch oder fakultativ ist. Obligatorisches Verfahren Ist das Bagatellverfahren zwingend vorgeschrieben (siehe 5.3) und hat der Kläger nicht die Möglichkeit, sich stattdessen für das ordentliche Verfahren zu entscheiden, könnten einschneidende Beschränkungen der Kostenerstattung einen Gläubiger von der Geltendmachung eines geringfügigen Anspruchs (oder zumindest von der Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts) abhalten, weil das finanzielle Endergebnis negativ ausfallen könnte, selbst wenn er den Prozess gewinnt. Eine Regel, die keinerlei Erstattung der Gerichtsgebühren (und gegebenenfalls erforderlicher Zeugen- und Sachverständigenentschädigungen) für den Kläger vorsieht, würde ein Gerichtsverfahren zur Durchsetzung sehr geringer Ansprüche unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten äußerst fragwürdig erscheinen lassen. Eine derartige Regel dürfte nicht dazu beitragen, den angestrebten erleichterten Zugang zum Recht zu verwirklichen. Selbst wenn der Streitwert die Kosten überschreitet, würde der Kläger am Ende nicht den gesamten geschuldeten Betrag erhalten. Er würde in diesem Fall in gewisser Weise den Preis für die raschere Urteilsverkündung zahlen. Andererseits könnte sich jemand, gegen den grundlos Klage eingereicht wird, zu beträchtlichen Ausgaben gezwungen sehen, um sich der Klage zu erwehren. Ähnliche Erwägungen gelten auch für den Fall, dass die Kostenerstattung durch einen Hoechstbetrag begrenzt wird. In Bezug auf die Anwaltskosten könnte argumentiert werden, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts gerade durch das Konzept des Bagatellverfahrens überflüssig gemacht wird. Eine Partei, die dennoch beschließt, einen Anwalt zu Rate zu ziehen, sollte auch die Kosten hierfür tragen. Auch sollte niemand nur deshalb in ein kostspieliges Gerichtsverfahren verwickelt werden, weil die andere Partei einen Anwalt in Anspruch nimmt. Andererseits könnte eine spürbare Begrenzung der Erstattung von Anwaltskosten in einem obligatorischen Bagatellverfahren effektiv darauf hinauslaufen, dass eine anwaltliche Vertretung praktisch ausgeschlossen wird. Die meisten Parteien gehen nicht mutwillig vor Gericht; sie würden jedoch der Möglichkeit, einen Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen, beraubt und wären gezwungen, ihre Ansprüche selbst vor Gericht zu vertreten. Im Gegensatz zum Rechtsanwalt, der nur die Interessen seines Mandanten zu vertreten hat und ihn ausführlich berät, muss selbst die beste Hilfestellung des Gerichts neutral bleiben und ist daher beschränkt auf Verfahrensfragen oder Belehrung über die Rechtslage. Sicherlich soll gewährleistet werden, dass das Bagatellverfahren auch ohne anwaltliche Beratung durchgeführt werden kann; gleichwohl ist eine solche Hilfe nicht zu ersetzen. In einem obligatorischen Bagatellverfahren wäre daher das Für und Wider einer Begrenzung der Kostenerstattung sorgfältig zu prüfen. Fakultatives Verfahren Ist das Verfahren für beide Parteien fakultativ (siehe 5.3), sind diese Fragen von geringerer Bedeutung. Gleichwohl werden sie bestimmenden Einfluss darauf haben, inwieweit das Bagatellverfahren in der Gerichtspraxis tatsächlich angewandt wird. Eine Partei, die ihre Interessen nicht selbst vor Gericht vertreten möchte oder mit erheblichen Kosten (z.B. für Zeugen oder Sachverständige) rechnet, wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit für das ordentliche Verfahren entscheiden. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass sich größere und mittlere Unternehmen im Allgemeinen von Rechtsanwälten vertreten lassen. Da Streitigkeiten über geringfügige Forderungen häufig zwischen UnternehSchütze
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men oder in Unternehmer-Verbraucher-Beziehungen auftreten, könnte eine Begrenzung der Kostenerstattung zur Folge haben, dass das Bagatellverfahren in der Praxis nur in Streitfällen zwischen Einzelpersonen zur Anwendung kommt, die beide auf einen Anwalt verzichten. Frage 44: Sollte die Kostenerstattung beschränkt werden? Falls ja, in welchem Umfang? 6.8. Ausschluss/Beschränkung von Rechtsmitteln Im Interesse einer Kostenreduzierung und schneller erlangter Rechtssicherheit könnten Einschränkungen der Anfechtungsmöglichkeit erwogen werden. Von diesem wichtigen Mittel zur Verkürzung des Verfahrens machen die Mitgliedstaaten in ihrem ordentlichen Verfahren und, soweit vorhanden, im Bagatellverfahren in unterschiedlichem Maße Gebrauch (Schottland, Schweden, England/Wales, Nordirland, Frankreich, Deutschland). Einerseits könnte erwogen werden, Rechtsmittel völlig auszuschließen; dies wäre zweifellos der effektivste Weg, das Verfahren zu beschleunigen und Kosten einzusparen. Andererseits könnte eine derartige Lösung problematisch sein, weil die Parteien daran gehindert wären, selbst gegen – aus ihrer Sicht – schwerwiegendste Fehler des erstinstanzlichen Gerichts Berufung einzulegen. Damit könnte der Eindruck richterlicher Willkür entstehen. Zu erwägen wäre auch, dass Anfechtungsrecht nicht gänzlich auszuschließen, sondern zu beschränken. Da der Richter an das materielle Recht und – bei aller Lockerung der Beweispflicht – an das Gebot eines fairen Verfahrens gebunden ist (s.o. 6.4 und 6.5), könnte auch eine Beschränkung der Anfechtungsgründe auf Rechtsfragen (und somit der Ausschluss von Sachfragen) in Betracht gezogen werden. Auf diese Weise ließe sich die langwierige und kostspielige Aufhebung eines Urteils und seine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht zur Aufnahme eines neuen Verfahrens aufgrund fehlerhafter Tatsachenfeststellungen vermeiden. Als weiterer zulässiger Grund für die Einlegung eines Rechtsmittels wäre die Verletzung grundlegender Prinzipien eines fairen Verfahrens denkbar. Dies wäre mit dem Vorteil verbunden, dass die konkrete Ausgestaltung des recht allgemeinen Gebots eines fairen Verfahrens durch die richterlichen Entscheidungen nicht den Gerichten der ersten Instanz allein überlassen bliebe. Zur Vermeidung von Verfahrensverzögerungen durch aussichtslose Rechtsmittel wäre es ferner möglich, die Zulassung eines Rechtsmittels von der Zustimmung des Berufungsgerichts oder des erstinstanzlichen Gerichts abhängig zu machen. Diese Möglichkeit könnte insbesondere in Bezug auf schwerwiegende Verfahrensfehler in Erwägung gezogen werden. Dabei wäre eine Übertragung dieser Entscheidung an das Berufungsgericht vorzuziehen, da andernfalls, wenn das erstinstanzliche Gericht über die Zulassung eines Rechtsmittels gegen sein eigenes Urteil entscheiden würde, der Eindruck richterlicher Willkür entstehen könnte. Angesichts des geringen Streitwerts sollte von der Möglichkeit, Rechtsmittel bei einer dritten Instanz einzulegen, abgesehen werden, da dies besonders lange Verzögerungen verursachen kann. Frage 45: Sollten Rechtsmittel ausgeschlossen oder eingeschränkt werden? Falls ja, in welchem Umfang? 389
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6.9. Weitere Vereinfachungsmöglichkeiten Es könnten weitere Möglichkeiten bestehen, die Verfahrensregeln in Bagatellverfahren zu vereinfachen, um auf diese Weise die Streitbeilegung einfacher, schneller und kostengünstiger zu gestalten und für die Betroffenen leichter handhabbar zu machen. Frage 46: Welche weiteren Möglichkeiten zur Vereinfachung des Verfahrensrechts für Bagatellsachen sind vorstellbar?
7. DIE FRAGEN IM ÜBERBLICK Frage 1: Sollten die europäischen Regelungen für Mahn- und Bagatellverfahren nur auf Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug oder auch auf reine Inlandssachen anwendbar sein? Frage 2: Ist eine Verordnung oder eine Richtlinie das geeignete Rechtsinstrument für Mahn- und Bagatellverfahren? Frage 3: Sind bei der Anwendung des Mahnverfahrens oder eines anderen Verfahrens zur Beitreibung unbestrittener Forderungen in Ihrem Mitgliedstaat Probleme aufgetreten und wenn ja, welche? Geben Sie bitte an, wie hoch die Akzeptanz dieser Verfahren ist und wie erfolgreich sie in der Praxis sind. Gelten diese Verfahren auch für Streitigkeiten mit grenzüberschreitendem Bezug, bei denen entweder der Gläubiger oder der Schuldner seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat? Falls ja, sind bei der Anwendung Probleme aufgetreten und wenn ja, welche? Falls nein, wie ist über unbestrittene Forderungen mit grenzüberschreitendem Bezug zu entscheiden? Frage 4: Sollte ein europäisches Mahnverfahren auf Zahlungsansprüche beschränkt werden? Falls nein, welche Arten von nicht auf Zahlung gerichteten Ansprüchen sollten einbezogen werden? Frage 5: Sollte ein europäisches Mahnverfahren nur für Ansprüche mit Bezug auf bestimmte Bereiche des Zivil- und Handelsrechts gelten bzw. sollten bestimmte Anspruchsarten ausgeschlossen werden? Geben Sie in beiden Fällen bitte die Anspruchsarten an, die einbezogen bzw. ausgeschlossen werden sollten. Frage 6: Sollte ein europäisches Mahnverfahren nur für Ansprüche bis zu einer bestimmten Höhe gelten? Falls ja, wo sollte die Obergrenze liegen? Frage 7: Sollte das europäische Mahnverfahren zwingend vorgeschrieben bzw. nur dann fakultativ sein, wenn die Forderung nach Ansicht des Gläubigers unbestritten bleiben wird?
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Frage 8: Sollte die ausschließliche internationale Zuständigkeit für ein europäisches Mahnverfahren in grenzüberschreitenden Streitigkeiten bei den Gerichten des Wohnsitzmitgliedstaats des Schuldners liegen? Frage 9: Sollte ein europäisches Rechtsinstrument für ein Mahnverfahren Vorschriften enthalten, mit denen die zuständigen Gerichte in den Mitgliedstaaten bestimmt werden? Falls ja, wie sollten diese Vorschriften lauten? Frage 10: Sollte ein Rechtsinstrument für einen europäischen Zahlungsbefehl Bestimmungen enthalten, wer in einem Gericht (Richter, Gerichtsbedienstete) für das Verfahren zuständig und befugt ist, einen Zahlungsbefehl zu erteilen? Falls ja, wie sollten diese Vorschriften lauten? Frage 11: Welche inhaltlichen Anforderungen sollten für die Beantragung eines europäischen Zahlungsbefehls gelten? Welche Bedingungen sollten insbesondere für die Beschreibung der Umstände gelten, die zur Begründung des Anspruchs angeführt werden? Frage 12: Sollte die Vorlage eines Urkundsbeweises des behaupteten Anspruchs Voraussetzung für die Beantragung eines europäischen Zahlungsbefehls sein? Falls ja, welche Arten von Schriftstücken sollten als ausreichender Beweis eines Anspruchs gelten? Frage 13: Sollte die Verwendung eines Vordrucks für die Beantragung eines europäischen Zahlungsbefehls zwingend vorgeschrieben werden? Falls ja, welchen Inhalt sollte der Vordruck haben? Frage 14: Welche Rolle sollten Computertechnologie und elektronische Datenverarbeitung in der Kommunikation zwischen dem Gericht und den Parteien sowie der Abwicklung des europäischen Mahnverfahrens durch das Gericht spielen? Frage 15: Sollte vor Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls die Rechtmäßigkeit des Anspruchs geprüft werden? Falls ja, nach welchen Kriterien sollte geprüft werden? Frage 16: Sollte die Möglichkeit bestehen, einen europäischen Zahlungsbefehl nur für einen Teil des geltend gemachten Anspruchs zu erlassen? Frage 17: Sollte der europäische Zahlungsbefehl in standardisierter Form erteilt werden? Falls ja, welchen Inhalt sollte eine standardisierte Entscheidung haben? Frage 18: Sollte die Einlegung eines Rechtsmittels gegen die (teilweise) Ablehnung eines Antrags auf Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls unzulässig sein? Sollte die Möglichkeit bestehen, nach einer solchen Ablehnung erneut einen Antrag auf Erlass eines europäischen Zahlungsbefehls für denselben Anspruch zu stellen? Frage 19: Welche Elemente sollte die einem europäischen Zahlungsbefehl beigefügte Belehrung des Schuldners über seine Verfahrensrechte und -pflichten enthalten? Welche Konsequenzen sollte die Nichterfüllung dieser Hinweispflicht haben? 391
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Frage 20: Sollte ein Rechtsinstrument für einen europäischen Zahlungsbefehl Vorschriften für die Zustellung von Schriftstücken in diesem spezifischen Verfahren enthalten oder sollten in diesem Zusammenhang die allgemeinen Zustellungsvorschriften harmonisiert werden? Falls ja, welchen Inhalt sollten diese Vorschriften haben? Frage 21: Welche Frist sollte für den Widerspruch gegen eine Forderung gelten? Sollten bestimmte Merkmale des Einzelfalls Einfluss auf die Widerspruchsfrist haben und falls ja, welche? Frage 22: Sollten formale oder materielle Voraussetzungen für den Widerspruch gelten? Falls ja, wie sollten diese Voraussetzungen lauten? Frage 23: Sollte ein Rechtsinstrument für einen europäischen Zahlungsbefehl Bestimmungen darüber enthalten, ob der Zahlungsbefehl durch einen Widerspruch außer Kraft gesetzt wird oder Gegenstand des anschließenden ordentlichen Verfahrens wird? Falls ja, wie sollten diese Bestimmungen lauten? Frage 24: Sollte im Falle eines Widerspruchs gegen einen behaupteten Anspruch die Sache automatisch in ein ordentliches Verfahren überführt werden oder nur auf Antrag einer der Parteien? Frage 25: Sollte ein europäisches Mahnverfahren als einstufiges oder zweistufiges Verfahren gestaltet werden, d.h. sollte die ursprüngliche Entscheidung vollstreckbar sein oder sollte nach Ablauf der Widerspruchsfrist eine zweite Entscheidung (ein „Vollstreckungstitel“) erforderlich sein? Frage 26: Sollte nach Ablauf der Widerspruchsfrist ordentliches Rechtsmittel gegen einen europäischen Zahlungsbefehl (oder in einem zweistufigen Verfahren gegen einen Vollstreckungstitel) eingelegt werden können? Frage 27: Sollte ein europäischer Zahlungsbefehl nach Ablauf der Widerspruchsfrist und/oder Rechtsmittelfrist rechtskräftig werden? Frage 28: Sollte ein Rechtsinstrument für einen europäischen Zahlungsbefehl Vorschriften über das Nichtbestehen eines Anwaltszwangs im Mahnverfahren enthalten? Falls ja, wie sollten diese Vorschriften lauten? Frage 29: Sollte ein Rechtsinstrument für einen europäischen Zahlungsbefehl Vorschriften über die Kosten des Verfahrens und ihre Erstattung enthalten? Falls ja, wie sollten diese Vorschriften lauten? Frage 30: Sollte ein europäischer Zahlungsbefehl vorläufig vollstreckbar sein? Falls ja, welche Voraussetzungen sollten für die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Aussetzung der vorläufigen Vollstreckung gelten? Frage 31: Sollte ein europäischer Vollstreckungstitel in anderen Mitgliedstaaten ohne Vollstreckbarerklärung und ohne entsprechende Bescheinigung des Ursprungsmitgliedstaats, wie derzeit beim Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen vorSchütze
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gesehen, unmittelbar vollstreckbar sein? Wenn ja, welche Anforderungen sind an eine solche unmittelbare Vollstreckbarkeit zu stellen? Frage 32: Sind bei der Anwendung der Verfahren für geringfügige Forderungen in Ihrem Mitgliedstaat Probleme aufgetreten und wenn ja, welche? Geben Sie bitte an, wie hoch die Akzeptanz dieser Verfahren ist und wie erfolgreich sie in der Praxis sind. Gelten diese Verfahren auch für Streitigkeiten mit grenzüberschreitendem Bezug, bei denen entweder der Kläger oder der Beklagte seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat? Welche Probleme treten gegenwärtig bei der grenzüberschreitenden gerichtlichen Durchsetzung von geringfügigen Forderungen auf? Frage 33: Auf welche Weise können die EU-Bürger am besten über eine neue EURegelung zur Einführung eines Verfahrens für geringfügige Forderungen informiert werden? Frage 34: Sollte es eine Streitwertgrenze für Bagatellverfahren geben? Wenn ja, wo sollte die Grenze für einen geringfügigen Streitwert gezogen werden? Sollte es eine einheitliche Streitwertgrenze für alle Mitgliedstaaten geben? Oder wäre ein gemeinschaftsweit geltender Mindestgrenzwert (und Hoechstgrenzwert) ausreichend? Frage 35: Sollte das Bagatellverfahren auf Zahlungsansprüche beschränkt werden? Frage 36: Auf welche Arten von Streitigkeiten sollte das Bagatellverfahren anwendbar sein? Sollten bestimmte zivil- und handelsrechtliche Streitsachen ausgeschlossen werden? Oder sollte das Verfahren nur für bestimmte, ausdrücklich aufgeführte zivil- und handelsrechtliche Streitsachen anwendbar sein? Frage 37: Sollte das Bagatellverfahren obligatorisch oder fakultativ sein? Sollte das Gericht die Möglichkeit haben, ein Bagatellverfahren in ein ordentliches Verfahren überzuleiten? Wenn ja, unter welchen Bedingungen? Sollten die Parteien die Möglichkeit haben, ein Bagatellverfahren in ein ordentliches Verfahren überzuleiten? Wenn ja, unter welchen Bedingungen? Frage 38: Sollten gemeinsame Mindeststandards für Formulare eingeführt werden? Wenn ja, welche Vorschriften wären denkbar? Für welche Verfahrensstufen sollten die Formulare verwendet werden? Sollte der Einsatz moderner Kommunikationsmittel ermöglicht werden? Frage 39: Sollten nicht anwaltlich vertretene Streitparteien in verfahrensrechtlichen Fragen Hilfestellung erhalten? Falls ja, in welchem Umfang? Sollte eine Vertretung durch Laien möglich sein? 393
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Frage 40: Sollten Formen der alternativen Streitbeilegung in Bagatellverfahren eingeführt werden? Wenn ja, sollte ihre Inanspruchnahme fakultativ oder obligatorisch sein? Frage 41: Sollte die Vorschriften im Hinblick auf die Beweisaufnahme in bestimmten Punkten gelockert werden? Wenn ja, welche und in welchem Umfang? Frage 42: Sollte die Möglichkeit eines ausschließlich schriftlichen Verfahrens (statt mündlicher Verhandlungen) eröffnet werden? Wenn ja, unter welchen Bedingungen? Frage 43: Sollten die inhaltlichen Anforderungen an das Urteil gelockert werden? Falls ja, in welchem Umfang? Sollte es zeitliche Vorgaben für die Urteilsverkündung geben? Frage 44: Sollte die Kostenerstattung beschränkt werden? Falls ja, in welchem Umfang? Frage 45: Sollten Rechtsmittel ausgeschlossen oder eingeschränkt werden? Falls ja, in welchem Umfang? Frage 46: Welche weiteren Möglichkeiten zur Vereinfachung des Verfahrensrechts für Bagatellsachen sind vorstellbar?
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10. c. Grünbuch Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001
c. Grünbuch Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Grünbuch KOM 2009, 175 ff.) 10. c. Grünbuch Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 Das Grünbuch ergänzt den Bericht der Kommission über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen („die Verordnung“). 1 Mit dem Grünbuch soll eine breit angelegte Konsultation einschlägiger Kreise eingeleitet werden, um Informationen darüber zu sammeln, wie die Funktionsweise der Verordnung in Bezug auf die in dem Bericht angesprochenen Aspekte verbessert werden kann. Die Kommission bittet alle Interessenten bis spätestens 30. Juni 2009 um Stellungnahme zu nachstehenden Punkten und um sonstige sachdienliche Beiträge an folgende Anschrift: Europäische Kommission Generaldirektion Justiz, Freiheit und Sicherheit Referat E2 – Ziviljustiz B – 1049 Brüssel Fax: + 32 (0) 2 299 64 57 E-Mail: [email protected] Die Beiträge werden im Internet veröffentlicht. Die beigefügte Datenschutzerklärung gibt Aufschluss darüber, wie mit den personenbezogenen Daten der Konsultationsteilnehmer und ihren Beiträgen verfahren wird. Berufsverbände werden gebeten, sich im Kommissionsregister der Interessenvertreter einzutragen.2
1. ABSCHAFFUNG ALLER FÜR DIE ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG AUSLÄNDISCHER ENTSCHEIDUNGEN ERFORDERLICHEN ZWISCHENMAßNAHMEN („EXEQUATURVERFAHREN“) Für die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen bedeutete das in der Verordnung vorgesehene Exequaturverfahren im Vergleich zum früheren, im Rahmen des Brüsseler Übereinkommens von 1968 vereinbarten Verfahren eine Vereinfachung. Dennoch lässt sich in einem Binnenmarkt ohne Grenzen Bürgern und Unternehmen nur schwer vermitteln, dass es sowohl zeitaufwändig als auch kostspielig sein kann, seine Rechte im Ausland geltend zu machen. Wenn man bedenkt, dass Anträge auf Vollstreckbarerklärung fast immer zum Erfolg führen und die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen nur in den seltensten Fällen versagt wird, erscheint die Abschaffung des Exequaturverfahrens in Zivil- und Handelssachen keineswegs abwegig. Praktisch würde dies hauptsächlich streitige Forderungen betreffen. Die Abschaffung des Exequaturverfahrens müsste jedoch mit den entsprechenden Garantien einhergehen.
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1 ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1. 2 (http://ec.europa.eu/transparency/regrin). Dieses Register wurde im Rahmen der Europäischen Transparenzinitiative eingerichtet, um der Kommission und der breiten Öffentlichkeit Informationen über die Ziele, Finanzmittel und die Struktur von Interessenverbänden an die Hand zu geben.
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Bei unbestrittenen Forderungen hat das Exequaturverfahren einer Kontrolle der Mindestanforderungen an die Zustellung verfahrenseinleitender Dokumente im Ursprungsmitgliedstaat und an die Information des Schuldners über die Forderung und das Verfahren Platz gemacht. Außerdem soll in Ausnahmefällen eine Überprüfung stattfinden dürfen, wenn nämlich die Zustellung an den Schuldner nicht so rechtzeitig erfolgt ist, dass dieser Vorkehrungen für seine Verteidigung hätte treffen können, oder wenn der Schuldner aufgrund höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände der Forderung nicht widersprechen konnte („Nachprüfung“). In diesem Fall muss der Gläubiger allerdings nach wie vor ein Bestätigungsverfahren durchlaufen, wobei dieses Verfahren allerdings in der Regel im Ursprungsmitgliedstaat und nicht im Vollstreckungsmitgliedstaat stattfindet. Die für Unterhaltspflichten geltende Verordnung (EG) Nr. 4/20093 schafft hingegen das Exequaturverfahren für unbestrittene und für bestrittene Forderungen ab durch Harmonisierung der Vorschriften über das anwendbare Recht; der Schutz der Verteidigungsrechte wird durch das Verfahren der Nachprüfung gewahrt, das im Anschluss an die Entscheidung eingeleitet werden kann. Die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 geht mithin davon aus, dass angesichts der geringen Zahl „problematischer“ Urteile, deren Anerkennung und Vollstreckung beantragt wird, der freie Verkehr von Gerichtsentscheidungen möglich sein muss, solange dem Antragsgegner im Nachhinein ein wirksamer Rechtsbehelf zur Verfügung steht. Würde in Zivil- und Handelssachen generell so verfahren, könnte mangels Harmonisierung eines solchen Nachprüfungsverfahrens eine gewisse Rechtsunsicherheit infolge der wenigen Fälle entstehen, in denen der Antragsgegner nicht in der Lage war, vor dem ausländischen Gericht seinen Standpunkt zu vertreten. Deshalb wäre zu überlegen, ob nicht eine stärkere Harmonisierung des Nachprüfungsverfahrens wünschenswert wäre. Frage 1: Sind Sie der Ansicht, dass im Binnenmarkt der freie Verkehr von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ohne irgendwelche Zwischenverfahren gewährleistet sein müsste (Abschaffung des Exequaturverfahrens)? Wenn ja, meinen Sie, dass einige Garantien beibehalten werden sollten? Wie sollten diese Garantien gegebenenfalls aussehen?
2. FUNKTIONSWEISE DER VERORDNUNG IM INTERNATIONALEN RECHTSSYSTEM Wenn der Binnenmarkt funktionieren und die Handelspolitik der Gemeinschaft im Inneren und auf internationaler Ebene erfolgreich sein soll, müssen gleiche Voraussetzungen beim Zugang zur Justiz auf der Grundlage präziser und klarer Regeln über die gerichtliche Zuständigkeit nicht nur für die Beklagten, sondern auch für Kläger mit Wohnsitz in der Gemeinschaft gegeben sein. Ähnliches gilt auch, wenn die eine Partei in der Gemeinschaft und die andere Partei in einem Drittstaat ansässig ist. Die Lösung dieser Probleme sollte nicht jedem einzelnen Mitgliedstaat überlassen bleiben, zumal in einigen Mitgliedstaaten Fragen der Auffang- bzw. Restzuständigkeit („subsidiary jurisdiction“) gar nicht geregelt sind. Ein gemeinsamer Lösungsansatz würde den Rechtsschutz für EG-Bürger und Unternehmen in der Gemeinschaft verbessern und die Anwendung zwingender EG-Rechtsvorschriften sicherstellen.
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ABl. L 7 vom 10.1.2009, S. 1.
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10. c. Grünbuch Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001
Um Beklagte mit Wohnsitz in Drittstaaten in den Anwendungsbereich der Zuständigkeitsvorschriften einzubeziehen, wäre zu überlegen, inwieweit sich die Vorschriften in der Verordnung über besondere Zuständigkeiten unter Verwendung der jetzigen Anknüpfungspunkte auch auf Beklagte mit Wohnsitz in Drittstaaten übertragen lassen. Außerdem wäre abzuwägen, inwieweit es notwendig und zweckmäßig ist, bei Rechtsstreitigkeiten, in denen der Beklagte in einem Drittstaat ansässig ist, zusätzliche Anknüpfungspunkte für die Zuständigkeit einzuführen („Auffangzuständigkeit“). Erklärtes Ziel der bestehenden nationalen Regeln ist die Sicherung des Zugangs zur Justiz; zu fragen wäre nun, welche einheitlichen Vorschriften sich anbieten würden. Dabei müsste ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem Zugang zur Justiz einerseits und der völkerrechtlichen Courtoisie andererseits gefunden werden. Drei Anknüpfungspunkte wären denkbar: die Zuständigkeit, die sich aus der Ausübung einer Tätigkeit ergibt, sofern der Rechtsstreit mit dieser Tätigkeit zusammenhängt, die Zuständigkeit, die sich aus der Belegenheit eines Vermögensgegenstands ergibt, sofern der Rechtsstreit mit diesem Gegenstand zusammenhängt, und eine Notzuständigkeit („forum necessitatis“), die ein Verfahren in den Fällen ermöglicht, in denen eigentlich kein Gericht zuständig wäre.4 Eine Harmonisierung der Vorschriften betreffend Ansprüche gegenüber in einem Drittstaat ansässigen Personen würde die Gefahr von Parallelverfahren vor einem Gericht eines Mitgliedstaates und einem Gericht eines Drittstaates erhöhen. Deshalb gilt es zu prüfen, in welchen Fällen der Zugang zu den Gerichten der Mitgliedstaaten ungeachtet von anderswo anhängigen Verfahren gesichert sein muss und in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen es zweckmäßig sein kann, den Gerichten zu gestatten, sich zugunsten der Gerichte von Drittstaaten für unzuständig zu erklären. Dies könnte beispielsweise dann geschehen, wenn die Parteien vereinbart haben, dass ausschließlich die Gerichte eines Drittstaates zuständig sein sollen, wenn der Rechtsstreit aus anderweitigen Gründen in die Zuständigkeit eines Drittstaates fallen würde oder wenn in einem Drittstaat bereits ein Verfahren angestrengt wurde.5 Schließlich wäre zu prüfen, inwieweit bei einer Ausweitung des Anwendungsbereichs der Zuständigkeitsregeln auch gemeinsame Regeln über die Wirkung von in Drittstaaten ergangenen gerichtlichen Entscheidungen eingeführt werden sollten. Eine Harmonisierung der Wirkung von Entscheidungen von Drittstaatsgerichten würde insbesondere den Bürgern eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft, gegen die vor einem Gericht eines Drittstaats ein Verfahren angestrengt wurde, größere Rechtssicherheit bieten. Gäbe es nämlich gemeinsame Vorschriften zur Anerkennung und Vollstreckung von in Drittstaaten ergangenen gerichtlichen Entscheidungen, wüssten sie im Voraus, unter welchen Umständen eine Entscheidung eines Gerichts eines Drittstaats in den Mitgliedstaaten vollstreckbar wäre. Dies ist vor allem dann von Interesse, wenn eine Entscheidung gegen zwingendes Gemeinschaftsrecht verstößt oder das Gemeinschaftsrecht die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedstaaten vorsieht.6
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4 Siehe „forum necessitatis“-Regel in Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009. Diese Regel stellt sicher, dass in Fällen, in denen kein mitgliedstaatliches Gericht nach der Verordnung zuständig wäre, die Sache ausnahmsweise dennoch vor einem solchen Gericht verhandelt werden kann, wenn es nicht zumutbar ist oder es sich als unmöglich erweist, ein Verfahren in einem Drittstaat, zu dem der Rechtsstreit einen engen Bezug aufweist, einzuleiten oder zu führen. 5 Hierzu sei auf die in dem Bericht zitierte Studie zur „subsidiary jurisdiction“ verwiesen wie auch auf die Arbeiten der Europäische Gruppe für Internationales Privatrecht (GEDIP) und speziell auf deren Sitzung in Bergen im September 2008 (siehe http://www.gedip-egpil.eu/gedip_documents.html). 6 Dieses Problem kam unter anderem im Zusammenhang mit Sammelklagen von Verbrauchern zur Sprache, die sich gegen Unternehmen aus der EU in Drittstaaten (z.B. den Vereinigten Staaten) richten.
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Frage 2: Ließen sich die Vorschriften der Verordnung zu den besonderen Zuständigkeiten auch auf Beklagte in Drittstaaten übertragen? Sollte es Ihrer Ansicht nach für diese Fälle noch weitere Anknüpfungspunkte zur Bestimmung der Zuständigkeit geben? Wie sollte die Verordnung die Fälle regeln, in denen das Gericht eines Drittstaats die ausschließliche Zuständigkeit besitzt oder das Verfahren bereits vor einem Gericht eines Drittstaats anhängig ist? Unter welchen Bedingungen sollten in einem Drittstaat ergangene gerichtliche Entscheidungen in der Gemeinschaft anerkannt und vollstreckt werden dürfen, wenn diese zwingendes Gemeinschaftsrecht berühren oder wenn die ausschließliche Zuständigkeit bei einem Gericht eines Mitgliedstaats liegt?
3. GERICHTSSTANDSVEREINBARUNGEN Gerichtsstandsvereinbarungen sollten eine größtmögliche rechtliche Wirkung entfalten können, nicht zuletzt aufgrund ihrer praktischen Bedeutung im internationalen Handel. Daher sollte geprüft werden, inwieweit und auf welche Weise die Verordnung der Wirkung derartiger Vereinbarungen mehr Gewicht verleihen könnte, speziell bei Parallelverfahren. Eine Lösung könnte darin bestehen, dass das in der Gerichtsstandsvereinbarung als ausschließlich zuständig bezeichnete Gericht das Verfahren nicht mehr, wie es derzeit noch Pflicht ist, aufgrund der Rechtshängigkeit aussetzen muss.7 Der Nachteil dabei ist, dass es zu Parallelverfahren mit sich widersprechenden Entscheidungen kommen könnte. Eine andere Lösung könnte bei Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstands in der Umkehrung der Rechtshängigkeitsregel bestehen. Bei dieser Variante wäre es zunächst an dem in der Vereinbarung bezeichneten Gericht, seine Zuständigkeit festzustellen, so dass ein anderes, ebenfalls angerufenes Gericht das Verfahren aussetzen müsste, bis die Zuständigkeit des gewählten Gerichts festgestellt ist. Diese Lösung sieht die Verordnung bereits dann vor, wenn keine der Parteien ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat. Mit einer solchen Regel würden die innergemeinschaftlichen Vorschriften weitgehend an die internationale Praxis angeglichen. Der Nachteil dieser Lösung ist der, dass bei Ungültigkeit der Vereinbarung eine Verfahrenspartei dies erst vor dem in der Vereinbarung bezeichneten Gericht feststellen lassen muss, bevor sie das ansonsten zuständige Gericht anrufen kann. Alternativ dazu könnte die Rechtshängigkeitsregel beibehalten, aber gleichzeitig eine direkte Absprache und Zusammenarbeit zwischen beiden Gerichten ins Auge gefasst werden, wobei beispielsweise dem zuerst befassten Gericht zur Auflage gemacht wird, über die Frage der Zuständigkeit innerhalb einer bestimmten Frist zu befinden und das später angerufene Gericht regelmäßig über den Verfahrensverlauf zu unterrichten. Bei dieser Variante müsste allerdings sichergestellt sein, dass die klagende Partei nicht aus Gründen, auf die sie keinen Einfluss hat, einen rechtmäßigen Gerichtsstand verliert. Die Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen könnte auch dadurch erhöht werden, dass bei Verstoß gegen solche Vereinbarungen – beispielsweise in Form von
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7 Nach der Rechtshängigkeitsregel muss bei Verfahren, die in mehreren Mitgliedstaaten wegen desselben Anspruchs und mit denselben Streitparteien anhängig sind, jedes Gericht, das nach dem zuerst befassten Gericht angerufen wurde, das Verfahren von Amts wegen aussetzen, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht.
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Verzögerungstaktiken oder der Geltendmachung von Default-Klauseln in Kreditverträgen – Schadenersatz fällig wird. Eine weitere Lösung könnte darin bestehen, dass dann, wenn es sich bei den Parallelverfahren zum einen um ein Verfahren in der Sache und zum anderen um eine (negative) Feststellungsklage handelt, die Anwendung der Rechtshängigkeitsregel ausgeschlossen oder zumindest sichergestellt wird, dass die Verfallsfristen in Bezug auf den Anspruch in der Sache für den Fall gehemmt werden, dass die Feststellungsklage abgewiesen wird. Schließlich könnten die Unwägbarkeiten in Bezug auf die Gültigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung dadurch vermieden werden, dass eine Standardklausel vorgegeben wird mit dem möglichen Nebeneffekt, dass dadurch die Feststellung der Zuständigkeit durch die Gerichte beschleunigt wird.8 Diese Option ließe sich mit einigen der oben beschriebenen Lösungsvorschläge kombinieren: Die Akzeptanz von Parallelverfahren oder die Umkehrung der Erstzuständigkeitsregel könnte auf die Fälle beschränkt werden, in denen die Gerichtsstandsvereinbarung der von der Verordnung vorgeschriebenen Form folgt. Frage 3: Welche der oben genannten bzw. welche sonstigen Lösungen sind Ihrer Ansicht am besten geeignet, um die Wirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen in der Gemeinschaft zu erhöhen?
4. GEWERBLICHER RECHTSSCHUTZ Für das Funktionieren des Binnenmarktes ist es von grundlegender Bedeutung, dass gewerbliche Schutzrechte in der Gemeinschaft wirksam durchgesetzt und auch angefochten werden können. Das materielle Recht zum Schutz des geistigen Eigentums9 ist bereits weitgehend Teil des gemeinschaftlichen Besitzstands. Die Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums10 strebt demgegenüber eine Annäherung bestimmter verfahrensrechtlicher Aspekte im Zusammenhang mit der Durchsetzung des gewerblichen Rechtschutzes an. Um den Mangel an Rechtssicherheit zu beheben und die durch Parallelverfahren verursachten hohen Kosten zu mindern, hat die Kommission die Schaffung eines integrierten einheitlichen Gerichtssystems auf europäischer Ebene zur Beilegung von Patentstreitigkeiten vorgeschlagen, das es ermöglichen würde, Entscheidungen über die Gültigkeit oder die Verletzung eines Europäischen Patents oder in Zukunft auch eines Gemeinschaftspatents zu fällen, die für den gesamten Binnenmarktraum rechtsverbindlich sind.11 Am 20. März 2009 nahm die Kommission überdies eine Empfehlung an den Rat über die Aufnahme von Verhandlungen für den Abschluss eines internationalen Übereinkommens zwischen der Europäischen Gemein-
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8 Zur Erhöhung der Rechtsverbindlichkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung wird bisweilen eine harmonisierte Kollisionsnorm vorgeschlagen, um die einheitliche Anwendung der Vorschriften der Verordnung sicherzustellen. Es sei darauf verwiesen, dass in der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) die Frage des auf Gerichtsstandsvereinbarungen anwendbaren Rechts ausgeklammert wird. 9 Zu den Rechten des geistigen Eigentums zählt auch das Urheberrecht, das hier jedoch nicht behandelt wird. Da es sich nicht um ein eintragungspflichtiges Recht handelt, fällt es nicht unter die Vorschriften über die ausschließliche Zuständigkeit der Verordnung. 10 Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 45). 11 KOM (2007) 165.
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
schaft, ihren Mitgliedstaaten und anderen Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens an.12 Solange das einheitliche Patentgerichtssystem jedoch noch nicht eingeführt ist, können für etwaige Defizite des aktuellen Systems Lösungen im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 gesucht werden. Zur besseren Koordinierung parallel laufender Patentverletzungsverfahren wäre eine Intensivierung des wechselseitigen Austauschs zwischen den parallel befassten Gerichten und/oder der Ausschluss der Rechtshängigkeitsregel im Falle negativer Feststellungsklagen denkbar (siehe Ziffer 3 oben). Im Zusammenhang mit der Koordinierung von Verfahren wegen Verletzung oder Nichtigkeit eines Patents werden in der allgemeinen Studie mehrere Lösungen vorgeschlagen, um missbräuchlichen Verfahrenstaktiken entgegenzuwirken, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden soll. Derartige Probleme ließen sich jedoch mit dem einheitlichen Patentgerichtssystem in den Griff bekommen; in diesem Fall wären Änderungen an der Verordnung nicht notwendig. Für den Fall einer Verbindung von Patentverletzungsverfahren, bei denen die Beklagten einer Gruppe von Unternehmen angehören, die eine gemeinsame Unternehmenspolitik verfolgen, könnte die Lösung in einer besonderen Vorschrift bestehen, die es ermöglicht, gegen mehrere Parteien gerichtete Verfahren wegen Verletzung bestimmter gewerblicher Schutzrechte vor den Gerichten desjenigen Mitgliedstaates anzustrengen, in dem die die Unternehmenstätigkeit koordinierende Partei oder die Partei, die den engsten Bezug zu der Patentverletzung aufweist, niedergelassen ist. Gegen eine solche Vorschrift könnte sprechen, wie auch der Gerichtshof anmerkte, dass sie weitgehend faktenabhängig ist, wodurch die Zahl möglicher Gerichtsstände zunehmen könnte, was wiederum der Berechenbarkeit der Zuständigkeitsregeln der Verordnung und dem Grundsatz der Rechtssicherheit abträglich ist. Außerdem könnte eine solche Vorschrift dem „Forum shopping“ Vorschub leisten. Ersatzweise könnte eine Neuformulierung der Bestimmung zur Zuständigkeit in Fällen, in denen mehrere Parteien verklagt werden, ins Auge gefasst werden, um die Rolle der Gerichte des Mitgliedstaates zu stärken, in dem der Hauptverantwortliche niedergelassen ist. Frage 4: Welches sind Ihrer Ansicht nach die Hauptdefizite des gegenwärtigen Systems der Patentstreitbeilegung, die im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 behoben werden sollten, und mit welcher der oben beschriebenen Lösungen ließe sich der Schutz des gewerblichen Eigentums sowohl für die Rechteinhaber in Bezug auf die Durchsetzung und Verteidigung ihrer Rechte als auch für die Personen, die diese Rechte anfechten wollen, im Rahmen der Verordnung am ehesten verbessern?
5. RECHTSHÄNGIGKEIT UND IM ZUSAMMENHANG STEHENDE VERFAHREN Bei der Vorschrift zur Rechtshängigkeit wäre zu überlegen, ob die aktuellen Probleme nicht durch eine Intensivierung des wechselseitigen Austauschs zwischen den parallel befassten Gerichten und/oder durch Außerkraftsetzung der Vorschrift im Falle negativer Feststellungsklagen behoben werden könnten (siehe Ziffer 3 oben). Im Rahmen der Vorschrift zur Konnexität von Verfahren wäre zu überlegen, inwieweit es sinnvoll sein könnte, Sammelklagen durch und/oder gegen mehrere Parteien auf
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der Grundlage einheitlicher Regeln zuzulassen. Der Gefahr negativer Kompetenzkonflikte könnte durch Kooperations- und Kommunikationsmechanismen zwischen den beteiligten Gerichten begegnet werden sowie durch die Verpflichtung seitens des Gerichts, das sich für unzuständig erklärt hat, die Sache erneut zu verhandeln, wenn sich das zuerst angerufene Gericht für unzuständig erklärt hat. In Artikel 30 Absatz 2 müsste präzisiert werden, dass die für die Zustellung verantwortliche Stelle die Stelle ist, die die zuzustellenden Schriftstücke zuerst erhält. Weil Datum und Zeitpunkt des Empfangs so wichtig sind, sollten die für die Zustellung verantwortlichen Stellen oder je nach Fall die Gerichte genau festhalten, wann genau sie die Schriftstücke zum Zwecke der Zustellung erhalten bzw. wann das verfahrenseinleitende Schriftstück bei Gericht eingereichtet wird. Eine weitere Möglichkeit wäre, die Bestimmungen in Artikel 6 Nummer 1 dahingehend zu erweitern, dass Verfahren auch verbunden werden dürfen, wenn das Gericht die Zuständigkeit für eine bestimmte Zahl der Beklagten besitzt. Frage 5: Halten Sie die Koordinierung von vor den Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten rechtshängigen Verfahren (Parallelverfahren) für verbesserungswürdig? Sollte das Gemeinschaftsrecht Ihrer Ansicht nach eine Verbindung von Verfahren, die durch und/oder gegen mehrere Parteien angestrengt werden, ermöglichen?
6. EINSTWEILIGE MASSNAHMEN Der freie Verkehr einstweiliger Maßnahmen ist laut Bericht in mehrfacher Hinsicht problematisch. So müsste vor allem auch mit Blick auf Artikel 9 Absatz 4 der Richtlinie 2004/48/EG klargestellt werden, dass ohne Anhörung des Beklagten angeordnete Maßnahmen13 auf der Grundlage der Verordnung anerkannt und vollstreckt werden können, wenn der Beklagte die Möglichkeit hat, die Maßnahme anschließend anzufechten. Die Frage der Verteilung der Zuständigkeiten für von einem nicht in der Sache zuständigen Gericht angeordnete einstweilige Maßnahmen könnte anders gelöst werden, als dies gegenwärtig nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Fall ist. So könnte vor allem das Erfordernis der „realen Verknüpfung“ wegfallen, wenn der Mitgliedstaat, dessen Gerichte in der Hauptsache zuständig sind, das Recht hätte, eine einstweilige Maßnahme, die von einem nach Artikel 31 zuständigen Gericht eines Mitgliedstaates angeordnet wurde, aufzuheben, zu ändern oder anzupassen. Die Rolle des mit dem Antrag befassten Gerichts würde darin bestehen, das Verfahren in der Hauptsache durch die „leihweise Gewährung eines Rechtsschutzes“ zu unterstützen, vor allem dann, wenn ein wirksamer vorläufiger Rechtsschutz nicht in allen Mitgliedstaaten gewährleistet ist; dabei greift es jedoch nicht in die Zuständigkeiten des Gerichts ein, vor dem die Hauptsache verhandelt wird. Sobald die Hilfsmaßnahme nicht mehr benötigt wird, kann sie von dem in der Hauptsache zuständigen Gericht aufgehoben werden. Auch hier kann ein Austausch zwischen den beteiligten Gerichten hilfreich sein. Hierdurch würde es möglich, wirksamen vorläufigen Rechtsschutz in Europa überall dort zu suchen, wo es ihn gibt.
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13 Es handelt sich um Maßnahmen, die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom Gericht auf Antrag einer Partei ohne Anhörung der Gegenseite angeordnet werden.
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Was die Rückzahlungsgarantie für eine Zwischenzahlung betrifft, wäre es vielleicht sinnvoll festzulegen, dass diese nicht unbedingt in Form einer vorläufigen Zahlung oder einer Bankgarantie erfolgen muss. Dem gegenüber ließe sich der Standpunkt vertreten, dass die Rechtsprechung eine passende Antwort auf dieses Problem finden wird. Im Falle der Abschaffung des Exequaturverfahrens müsste Artikel 47 der Verordnung angepasst werden. Dabei könnte Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 als Anhaltspunkt dienen. Frage 6: Sollte der freie Verkehr einstweiliger Maßnahmen in der hier und in dem Bericht beschriebenen Weise verbessert werden? Gibt es noch andere Wege, um Verbesserungen auf diesem Gebiet zu erzielen?
7. VERHÄLTNIS ZWISCHEN VERORDNUNG UND SCHIEDSGERICHTSBARKEIT Schiedsverfahren spielen im internationalen Handel eine große Rolle. Schiedsvereinbarungen sollten daher eine größtmögliche rechtliche Wirkung entfalten und die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen sollte gefördert werden. Das New Yorker Übereinkommen von 1958 funktioniert nach allgemeinem Dafürhalten relativ gut und wird von denen, die es praktisch nutzen, geschätzt. Es erscheint daher sinnvoll, das Übereinkommen so zu lassen, wie es ist, oder zumindest darauf aufzubauen, sollten weitere Maßnahmen geplant werden. Nichtsdestotrotz sollten bestimmte Aspekte der Verordnung im Verhältnis zur Schiedsgerichtsbarkeit zur Sprache gebracht werden, nicht, um die Schiedsgerichtsbarkeit zu regeln, sondern in erster Linie, um einen reibungslosen Verkehr von Schiedssprüchen zu gewährleisten und Parallelverfahren zu verhindern. Vor allem eine (teilweise) Rücknahme der Ausschlusses der Schiedsgerichtsbarkeit vom Anwendungsbereich der Verordnung könnte sich positiv auf das Zusammenspiel mit Gerichtsverfahren auswirken. So könnten beispielsweise der Schiedsgerichtsbarkeit zuarbeitende Gerichtsverfahren von der Verordnung erfasst werden. Eine besondere Zuständigkeitsregel könnte in diesen Fällen die Rechtssicherheit erhöhen. Ein Vorschlag lautet beispielsweise, für solche Verfahren den Gerichten des Mitgliedstaates, in dem das Schiedsverfahren stattfindet, die ausschließliche Zuständigkeit zu übertragen, sofern die Parteien nichts Anderes vereinbart haben.14 Wenn die Schiedsgerichtsbarkeit nicht mehr zu den Ausnahmen zählen würde, wären außerdem sämtliche Zuständigkeitsvorschriften der Verordnung im Falle der Anordnung einstweiliger Maßnahmen im Zuge eines Schiedsverfahrens anwendbar (und nicht nur Artikel 31). Gerichtlich angeordnete einstweilige Maßnahmen sind wichtig, um die Wirksamkeit eines Schiedsverfahrens zu gewährleisten, insbesondere solange das Schiedsgericht noch nicht gebildet ist. Sodann könnte die Streichung der Ausnahmeregelung die Anerkennung von Entscheidungen über die Gültigkeit einer Schiedsvereinbarung ermöglichen und Klarheit in Bezug auf die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen bringen, mit denen ein
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14 Würde diesem Ansatz gefolgt, müsste es einheitliche Kriterien geben, anhand deren sich der Ort des Schiedsverfahrens bestimmen ließe. Die allgemeine Studie schlägt vor, ihn an der Schiedsklausel der Parteien oder der Entscheidung des Schiedsgerichts festzumachen. Lässt sich der Ort auf diese Weise nicht feststellen, werden als Anknüpfungspunkt die Gerichte des Mitgliedstaates vorgeschlagen, die aufgrund der Verordnung für den Rechtsstreit zuständig wären, wenn es keine Schiedsgerichtsvereinbarung gäbe.
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Schiedsspruch bestätigt oder aufgehoben wird.15 Auf diese Weise ließen sich Parallelverfahren zwischen ordentlichen Gerichten und Schiedsgerichten vermeiden, die darauf zurückzuführen sind, dass eine Schiedsklausel in einem Mitgliedstaat als gültig und in einem anderen als ungültig angesehen wird. Denkbar wäre auch eine generelle Koordinierung der Verfahren vor einem ordentlichen Gericht und einem Schiedsgericht, bei denen es um die Gültigkeit einer Schiedsvereinbarung geht. So könnte beispielsweise die Erstzuständigkeit für die Entscheidung über das Bestehen, die Gültigkeit und den Geltungsbereich einer Schiedsvereinbarung bei den Gerichten des Mitgliedstaates liegen, in dem das Schiedsverfahren stattfindet. Dies könnte wiederum kombiniert werden mit einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen den befassten Gerichten und Fristen für die Parteien, die die Gültigkeit der Vereinbarung bestreiten. Eine einheitliche Kollisionsnorm in Bezug auf die Gültigkeit von Schiedsvereinbarungen, die beispielsweise an dem Recht des Staates anknüpft, in dem das Schiedsverfahren stattfindet, könnte das Risiko vermindern, dass eine Vereinbarung in einem Mitgliedstaat als gültig und in einem anderen als ungültig angesehen wird. Eine solche Norm könnte die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen auf Gemeinschaftsebene im Vergleich zu Artikel II Abs. 3 des New Yorker Übereinkommens deutlich verbessern. Was die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen betrifft, die nach dem New Yorker Übereinkommen vollstreckbar sind, könnte für diese eine Regelung getroffen werden, wonach die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung versagt werden kann, die mit einem solchen Schiedsspruch unvereinbar ist. Alternativ oder ergänzend dazu könnte der Mitgliedstaat, in dem der Schiedsspruch erfolgte, für ausschließlich zuständig erklärt werden, um die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs und einen fairen Ablauf des Schiedsverfahrens zu bestätigen; nach dieser Bestätigung könnte der Schiedsspruch in der Gemeinschaft ungehindert zirkulieren. Schließlich bestünde noch die Möglichkeit, unter Berufung auf Artikel VII des New Yorker Übereinkommens die Anerkennung von Schiedssprüchen auf EU-Ebene weiter zu erleichtern (dies könnte auch in einem separaten Gemeinschaftsinstrument geschehen). Frage 7: Was sollte Ihrer Ansicht nach auf Gemeinschaftsebene unternommen werden? Halten Sie es für sinnvoll, die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen zu verbessern für eine gute Koordinierung der Verfahren vor ordentlichen und vor Schiedsgerichten zu sorgen die Wirksamkeit von Schiedssprüchen zu verbessern.
8. SONSTIGES 8.1. Anwendungsbereich Nach Annahme der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 sollten Unterhaltssachen vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgeschlossen werden. Artikel 71, der das Verhältnis zwischen der Verordnung und Übereinkommen auf besonderen Rechtsgebieten regelt, sollte so eng wie irgend möglich gefasst werden.
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15 Dies gilt besonders für die Aufhebung eines Schiedsspruchs wegen Verstoßes gegen zwingendes Gemeinschaftsrecht (z.B. das Wettbewerbsrecht).
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8.2. Zuständigkeit Da der Wohnsitz wichtigster Anknüpfungspunkt für die Feststellung der Zuständigkeit ist, wäre zu prüfen, ob hierfür ein Gemeinschaftskonzept entwickelt werden könnte. Des Weiteren stellt sich die Frage, inwieweit es sinnvoll wäre, einen nicht ausschließlichen Gerichtsstand am Ort der Belegenheit beweglicher Vermögensgegenstände einzurichten, soweit es um dingliche Rechte oder den Besitz an diesen Gegenständen geht. Im Zusammenhang mit Arbeitsverträgen wäre zu fragen, inwieweit eine Verbindung von Klagen gemäß Artikel 6 Absatz 1 zugelassen werden sollte. Bei der ausschließlichen Zuständigkeit wäre zu überlegen, ob bei Verträgen über die Anmietung von Büroraum die Wahl des Gerichtsstands erlaubt sein soll. Beim Anmieten von Ferienhäusern könnte eine gewisse Flexibilität von Vorteil sein, um zu vermeiden, dass im Streitfall ein für alle Parteien gleichermaßen abgelegener Gerichtsstand zum Zuge kommt. Ferner stellt sich die Frage, ob die ausschließliche Zuständigkeit im Gesellschaftsrecht (Artikel 22 Absatz 1) auf weitere Bereiche der unternehmensinternen Organisation und Entscheidungsprozesse in einer Gesellschaft ausgedehnt werden sollte. Schließlich könnte eine allgemein gültige Definition des Begriffs des „Sitzes“ ins Auge gefasst werden. In Bezug auf Artikel 65 wäre zu überlegen ob nicht eine einheitliche Regelung für Verfahren unter Beteiligung Dritter angestrebt werden sollte, die sich gegebenenfalls auf Forderungen gegenüber ausländischen Dritten beschränken könnte. Möglich wäre auch, es bei den Unterschieden im Zivilrecht der Mitgliedstaaten zu belassen, aber Artikel 65 so umzuformulieren, dass sich das innerstaatliche Recht auf eine einheitliche Lösung zubewegen kann. Wenn außerdem bei einer Streitverkündung das Gericht, vor dem die Forderung gegenüber dem Dritten verhandelt wird, verpflichtet wird, die Zulässigkeit der Streitverkündung zu prüfen, könnte dies die Unsicherheit in Bezug auf die Wirkung der Entscheidung im Ausland verringern. Bei Seerechtsangelegenheiten stellt sich die Frage, ob die Verordnung eventuell eine Verbindung von Verfahren, die die Einrichtung eines Haftungsfonds bezwecken, und von Haftungsklagen zulassen sollte. Was die Bindewirkung einer Gerichtsstandsvereinbarung in Konnossements für Drittinhaber betrifft, haben die Beteiligten vorgeschlagen, dass der Verfrachter durch die Gerichtsstandsklausel gebunden, aber gleichzeitig auch berechtigt sein soll, die Klausel gegenüber ordnungsgemäßen Drittinhabern geltend zu machen, es sei denn, aus dem Konnossement geht der Gerichtsstand nicht eindeutig hervor. Ferner ist zu überlegen, ob der Wortlaut von Artikel 15 Absatz 1 Buchstaben a und b der Verordnung betreffend Verbraucherkredite nicht an die Definition des Verbraucherkreditvertrags in der Richtlinie 2008/48/EG angepasst werden sollte.16 In Anbetracht der auf Gemeinschaftsebene laufenden Arbeiten zum kollektiven Rechtsschutz17 stellt sich die Frage, ob für diese Verfahren besondere Zuständigkeitsvorschriften gebraucht werden.
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16 Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 66). 17 Vgl. das Grünbuch über kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren für Verbraucher (KOM (2008) 794 vom 27.11.2008) und das Weißbuch zu Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts (KOM (2008) 165 vom 2.4.2008).
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10. c. Grünbuch Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001
8.3. Anerkennung und Vollstreckung Im Zusammenhang mit der Anerkennung und Vollstreckung wäre zu überlegen, inwieweit man sich des Problems des freien Verkehrs von Urkunden annehmen sollte.18 In Familiensachen (Verordnungen (EG) Nrn. 2201/2003 und 4/2009) wird die Streitbeilegung in einer öffentlichen Urkunde automatisch in den übrigen Mitgliedstaaten anerkannt. Zu fragen ist, inwieweit für sämtliche oder bestimmte Zivil- und Handelssachen eine „Anerkennung“ sinnvoll sein könnte, wobei die besonderen rechtlichen Wirkungen öffentlicher Urkunden zu berücksichtigen sind. Ferner könnte der freie Verkehr von Entscheidungen über die Verhängung finanzieller Sanktionen dadurch verbessert werden, dass sichergestellt wird, dass die Höhe der Sanktion entweder vom Ursprungsgericht oder von einer zuständigen Stelle im Vollstreckungsmitgliedstaat festgesetzt wird. Es sollte auch geprüft werden, inwieweit die Verordnung die Einziehung von nicht nur dem Gläubiger, sondern auch dem Gericht oder den Finanzbehörden zustehenden Beträgen ermöglichen sollte. Im Stadium der Vollstreckung könnte der Rechtsschutz auch durch Einführung eines einheitlichen, in allen EG-Amtssprachen verfügbaren Formulars verbessert werden, das einen Auszug aus dem Urteil enthält.19 Damit müsste nicht mehr das gesamte Urteil übersetzt werden und dennoch wäre dafür gesorgt, dass alle sachdienlichen Informationen (z.B. über anfallende Zinsen) den Vollstreckungsbehörden bekannt sind. Die Kosten für die Vollstreckung können durch Abschaffung des Erfordernisses, eine Zustelladresse oder einen Zustellungsbevollmächtigten20 zu benennen, gesenkt werden. Infolge der Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene, insbesondere durch die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten,21 dürfte dieses Erfordernis heute überholt sein. Frage 8: Lässt sich Ihrer Ansicht nach die Verordnung durch obige Vorschläge verbessern?
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18 Das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung vom 18. Dezember 2008 ebenfalls auf eine europäische öffentliche Urkunde verwiesen. 19 Vgl. Verordnung (EG) Nr. 4/2009. 20 Ein Zustellungsbevollmächtigter ist eine Person, die während eines Gerichtsverfahrens für eine Partei tätig wird. 21 ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 79.
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
11. Materialien zum Verordnungsrecht a. Bericht der Kommission über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1206/ 2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (KOM 2007, 769 ff.) 11. a. Anwendung der VO (EG) Nr. 1206/2001
1. HINTERGRUND Dieser Bericht der Kommission wurde gemäß Artikel 23 der Verordnung (EG) Nr. 1206/ 2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen1 abgefasst. Vor 2001 gab es auf dem Gebiet der Beweisaufnahme kein für alle Mitgliedstaaten verbindliches Rechtsinstrument. Im Jahr 2001 erließ der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen, welche Verfahrensregeln festlegt, um die Beweisaufnahme in einem anderen Mitgliedstaat zu erleichtern. Seit 1. Januar 2004 ist die Verordnung in der gesamten Europäischen Union mit Ausnahme von Dänemark anwendbar. Sie ersetzt im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten das Haager Übereinkommen von 1970. Die Verordnung und alle für ihre Anwendung maßgeblichen Informationen können im Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen eingesehen werden: http://ec.europa.eu/justice_home/judicialatlascivil/html/te_information_de.htm Seit Inkrafttreten der Verordnung hat die Kommission die Anwendung der Verordnung bei verschiedenen Anlässen im Rahmen des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen erörtert. In Absprache mit dem Justiziellen Netz hat die Kommission auch einen Praktischen Leitfaden für die Anwendung der Verordnung erstellt. Zudem hat die Kommission eine Studie über die Anwendung der Verordnung angefordert. 1.1. Sitzungen des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivilsachen Die Anwendung der Verordnung wurde auf verschiedenen Sitzungen des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivilsachen erörtert. Anlässlich der Jahressitzungen aller Mitglieder des Justiziellen Netzes am 13./14. Dezember 2004 sowie am 11. Dezember 2006 waren die Sitzungen Diskussionen über die Erfahrungen mit der Anwendung der Verordnung gewidmet. Es standen folgende Hauptthemen zur Debatte: – praktische Probleme (z.B. wurden Ersuchen in einigen Fällen immer noch an die Zentralstellen übermittelt, in den Formblättern wurde manchmal die Sprache des ersuchenden Staates verwendet, sowie weitere Kommunikationsprobleme zwischen den ersuchenden und den ersuchten Gerichten);
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ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1.
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11. a. Anwendung der VO (EG) Nr. 1206/2001
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der Anwendungsbereich der Verordnung, insbesondere die Begriffe „Zivil- und Handelssachen“ und „Beweis“ (insbesondere Probleme, die bezüglich der Entnahme von DNA- und Blutproben aufgetreten sind, vor allem im Zusammenhang mit Vaterschaftstests); der Einsatz moderner Kommunikationstechnik im Zusammenhang mit der Beweisaufnahme. Insbesondere gab es Beschwerden darüber, dass in vielen Mitgliedstaaten die technischen Mittel für Videokonferenzen noch nicht zur Verfügung stünden.
Am 21. April 2005 beriet das Justizielle Netz über einen Entwurf für den Praktischen Leitfaden, der von den Kommissionsdienststellen in Absprache mit dem Justiziellen Netz erstellt wurde. Der Leitfaden soll Parteien, Richtern, Rechtsanwälten und Zentralstellen eine Orientierungshilfe an die Hand geben und ein besseres Verständnis der Verordnung ermöglichen. Er ist unter folgender Adresse abrufbar: http://ec.europa.eu/civiljustice/evidence/evidence_ec_guide_de.pdf Ende 2006 und Anfang 2007 verteilte die Kommission 50 000 Exemplare des Praktischen Leitfadens an die Mitgliedstaaten. Alle Gerichte, die von der Anwendung der Verordnung betroffen sind, müssten ein Exemplar dieses Leitfadens erhalten haben. 1.2. Studie über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 Wie oben erwähnt, hat die Kommission zur Vorbereitung dieses Berichts eine Studie über die Anwendung der Verordnung angefordert, die von einem externen Auftragnehmer ausgearbeitet wurde. Die Studie ist unter folgender Adresse abrufbar (in englischer Sprache): http://ec.europa.eu/justice_home/doc_centre/civil/studies/doc_civil_studies_en.htm Gegenstand dieser Studie war eine empirische Analyse über die Anwendung der Verordnung insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob durch die Anwendung der Verordnung die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten bei der Beweisaufnahme verbessert, vereinfacht und beschleunigt wurde. Der Studie liegt eine Erhebung zugrunde, die von dem Auftragnehmer von November 2006 bis Januar 2007 durchgeführt wurde, und basiert auf 424 von 544 Antworten zu einem Fragebogen über die Anwendung verschiedener Artikel dieser Verordnung. Der Fragebogen wurde von den Verwaltungen der Mitgliedstaaten, von Richtern, Rechtsanwälten und anderen von der Anwendung der Verordnung betroffenen Personen beantwortet.
2. DIE ANWENDUNG DER VERORDNUNG (EG) NR. 1206/2001 Dieser Abschnitt konzentriert sich auf die Frage, ob die Anwendung der Verordnung die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten bei der Beweisaufnahme vereinfacht und beschleunigt hat, sowie auf die praktische Anwendung verschiedener Bestimmungen der Verordnung.
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
2.1. Zeitaufwand für die Erledigung von Ersuchen Die Studie zeigt, dass die meisten Ersuchen um Beweisaufnahme innerhalb von 90 Tagen erledigt werden, wie in Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung vorgesehen (siehe Anhang I). Den Antworten auf den Fragebogen zufolge ist dies schneller als vor dem Inkrafttreten der Verordnung. Es gibt jedoch auch eine erhebliche Anzahl an Fällen, bei denen die 90-Tage-Frist überschritten wird. In einigen Fällen werden sogar mehr als 6 Monate benötigt. Zudem variiert die für die Erledigung der Ersuchen benötigte Zeit zwischen den Mitgliedstaaten in erheblichem Maße. Besonders bemerkenswert ist, dass in vielen der Mitgliedstaaten, die der Europäischen Union 2004 beigetreten sind, Ersuchen in der Regel innerhalb von 90 Tagen erledigt werden, während die in einigen der anderen Mitgliedstaaten benötigte Zeit tendenziell länger ist. 2.2. Zentralstellen Es scheint, dass die Zentralstellen im Allgemeinen bei der Ausführung der ihnen durch die Verordnung übertragenen Aufgaben (siehe Anhang II) effizient arbeiten. Jedoch scheint die Effizienz zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten in erheblichem Maße zu variieren. Die Studie zeigt auch, dass die Zentralstellen manchmal Lösungen für Probleme unterschiedlicher Art suchen müssen, die im Zusammenhang mit einem Ersuchen aufgetreten sind, wie in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung vorgesehen.2 Trotz der Tatsache, dass gemäß der Verordnung die Übermittlung der Ersuchen um Beweisaufnahme unmittelbar zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten erfolgen soll, und dass folglich die Zentralstellen Ersuchen nur „in Ausnahmefällen“ an das zuständige Gericht weiterleiten sollen, zeigt die Studie, dass die Zentralstellen „manchmal“ oder sogar „oft“ Ersuchen an das zuständige Gericht weiterleiten. Es kann daher der Schluss gezogen werden, dass in der gegenwärtigen, noch andauernden Anpassungsphase die Verordnung noch nicht ausreichend bekannt ist, und dass jegliche Anstrengung unternommen werden sollte, um sie bei den Gerichten in der Europäischen Union besser bekannt zu machen. 2.3. Formulare Die Studie zeigt, dass die Verwendung von Standard-Formularen im Allgemeinen unproblematisch war (siehe Anhang III). Die Einführung dieser Formulare ist sehr positiv aufgenommen worden und wird als ein Hauptgrund für die Vereinfachung und Beschleunigung der Beweisaufnahme gesehen. Jedoch sind die Personen, die mit dem Ausfüllen der Formulare befasst sind, nicht immer ausreichend geschult, was zu Problemen bei der Verwendung der Formulare führt. Insbesondere scheint es, dass die Formulare manchmal nicht vollständig ausgefüllt werden und dass Informationen fehlen, die für die Erledigung eines Ersuchens erforderlich sind.
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2 Die in den Fragebögen angegebenen Bemerkungen geben jedoch nur wenig Aufschluss über die Art der Probleme, mit denen sich die Zentralstellen zu befassen hatten.
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11. a. Anwendung der VO (EG) Nr. 1206/2001
2.4. Kommunikationstechnik Die Studie zeigt, dass der Einsatz der in Artikel 10 Absatz 4 und Artikel 17 Absatz 4 der Verordnung vorgesehenen Kommunikationstechnik die Beweisaufnahme in anderen Mitgliedstaaten in der Praxis vereinfacht und beschleunigt hat, dass diese aber immer noch ziemlich selten eingesetzt wird. In den Fällen, in denen Kommunikationstechnik zum Einsatz kam, insbesondere in Form von Videokonferenzen, hat dies im Allgemeinen nicht zu Problemen geführt (siehe Anhang IV). Diese Feststellungen zeigen, dass einerseits die Beweisaufnahme durch den Einsatz von Kommunikationstechnik erheblich erleichtert wird, dass aber andererseits das in der Kommunikationstechnik liegende Potenzial derzeit leider immer noch wenig genutzt wird, da die benötigte Technik nur in begrenztem Maße zur Verfügung steht.3 In Zukunft sollten von den Mitgliedstaaten erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um verstärkt von der Kommunikationstechnik, insbesondere in Form von Videokonferenzen, Gebrauch zu machen. Die Bedeutung einer weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs wurde vom Rat in seiner Sitzung vom 12./13. Juni 2007 unterstrichen, in der er die Fortsetzung der Arbeiten im Bereich der E-Justiz „mit dem Ziel der Schaffung einer technischen Plattform auf europäischer Ebene“ forderte, sowie vom Europäischen Rat, der in seiner Sitzung vom 21./22. Juni 2007 beschloss, dass „der Rat den elektronischen Rechtsverkehr („E-Justiz“) auch weiter fördern sollte“. 2.5. Übermittlung von Ersuchen Der Studie zufolge (siehe Anhang V) scheinen Ersuchen und Mitteilungen in der Regel „auf dem schnellstmöglichen Wege“ übermittelt zu werden (Artikel 6 der Verordnung).4 2.6. Unmittelbarer Geschäftsverkehr zwischen den Gerichten Im Gegensatz zum Haager Übereinkommen von 1970 über die Beweisaufnahme sieht die Verordnung als eine der wichtigsten Neuerungen im Vergleich zum Haager Übereinkommen vor, dass die Übermittlung der Ersuchen um Beweisaufnahme unmittelbar zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten erfolgen soll. Die Studie zeigt, dass die ersuchenden und die ersuchten Gerichte (Artikel 2) im Allgemeinen ihre Aufgaben im Rahmen der Verordnung effizient erfüllen. Hierbei bestehen jedoch Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten. Die unmittelbare Übermittlung der Ersuchen zwischen den Gerichten scheint zu keinen besonderen Problemen geführt zu haben. Wie weiter oben angegeben (unter 2.2), gibt es in der gegenwärtigen Anpassungsphase immer noch zahlreiche Fälle, in denen aufgrund fehlender Kenntnis der Verordnung unmittelbare Kontakte zwischen den Gerichten nicht genutzt werden und die Beweisaufnahme verzögert wird, da die Zentralstellen gebeten werden, Ersuchen an das zuständige Gericht weiterzuleiten.
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3 Die Gerichte, bei denen Videokonferenztechnik zurzeit verfügbar ist, sind im Handbuch des Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen aufgeführt. Gegenwärtig ist Videokonferenztechnik bei allen Gerichten in den Niederlanden und Portugal verfügbar sowie bei bestimmten Gerichten in Österreich, Zypern, Estland, Finnland, Deutschland, Irland, Slowenien, Schweden und im Vereinigten Königreich. 4 Alle Mitgliedstaaten akzeptieren Ersuchen auf dem Postweg, die meisten (alle außer Polen und Spanien) auch per Fax. E-Mail wird nur in 13 Mitgliedstaaten akzeptiert (Tschechische Republik, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Irland, Italien, Lettland, Malta, Portugal, Slowenien und Slowakei).
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
2.7. Unmittelbare Beweisaufnahme (Artikel 17) Ein weiteres wichtiges Merkmal der Verordnung ist die Möglichkeit der unmittelbaren Beweisaufnahme durch das ersuchende Gericht in einem anderen Mitgliedstaat. Die Studie zeigt, dass von der in Artikel 17 der Verordnung vorgesehenen unmittelbaren Beweisaufnahme immer noch sehr wenig Gebrauch gemacht wird. In den Fällen, in denen sie eingesetzt wurde, ging die Beweisaufnahme jedoch einfacher und schneller vonstatten, ohne dass besondere Probleme auftraten (siehe Anhang VII). 2.8. Anwendung von Artikel 18 (Kosten) Aus der Studie geht hervor, dass Artikel 18 der Verordnung im Allgemeinen keine besonderen Probleme hervorgerufen hat (siehe Anhang VIII). Die Studie zeigt jedoch, dass die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Gesetzen bezüglich der Erstattung von an Sachverständige gezahlten Honoraren manchmal als negativ angesehen werden. 2.9. Auslegungsprobleme Die Studie zeigt, dass die Verordnung zu keinen größeren Auslegungsproblemen geführt hat. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass die Begriffe „Zivil- oder Handelssachen“, „Beweis“ und „Gericht“ nicht immer klar sind und dass mitunter eine Präzisierung ihres Inhalts gewünscht wird (siehe Anhang IX). Wie es scheint, hat besonders die Tatsache, dass der Begriff „Beweis“ in der Verordnung nicht definiert ist, Probleme bereitet. Dies hat zu erheblich voneinander abweichenden Interpretationen darüber geführt, was im Sinne der Verordnung als „Beweis“ anzusehen ist, insbesondere bezüglich der Entnahme von DNA- und Blutproben sowie Gutachten zur Fürsorge für Familien und Kinder. Die Kommission respektiert zwar die Tatsache, dass letztendlich der Europäische Gerichtshof für die Auslegung des Beweisbegriffs verantwortlich ist,5 sie ist jedoch der Ansicht, dass dieser Begriff eigenständig interpretiert werden sollte und dass zur Erreichung der Ziele der Verordnung der Anwendungsbereich der Verordnung durch eine zu enge Auslegung nicht unnötig eingeschränkt werden sollte. Zu dieser Frage sollte der Meinungs- und Erfahrungsaustausch im Rahmen des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivilsachen fortgesetzt werden. 2.10. Verweis auf nationales Recht Die Tatsache, dass die Verordnung mehrmals auf das einzelstaatliche Recht Bezug nimmt, wird nicht als besonders problematisch angesehen. Der Studie zufolge wird jedoch manchmal die Ansicht geäußert, dass eine stufenweise Harmonisierung des einzelstaatlichen Rechts erfolgen sollte (siehe Anhang X).
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5 In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass beim Europäischen Gerichtshof derzeit eine Frage bezüglich der Auslegung der Verordnung anhängig ist. In der Rechtssache C-175/06 (Tedesco/ Fittings SrL) fragt das Vorlagegericht, ob ein Ersuchen um Übermittlung einer Warenbeschreibung gemäß Artikel 128 und 130 des italienischen Gesetzes über gewerbliches und geistiges Eigentum eine der Formen der Beweisaufnahme ist, die in der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vorgeschrieben sind.
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11. a. Anwendung der VO (EG) Nr. 1206/2001
2.11. Vereinbarkeit mit dem Haager Übereinkommen von 1970 Die Vereinbarkeit der Verordnung mit anderen Rechtsinstrumenten wie dem Haager Übereinkommen von 1970 über die Beweisaufnahme bereitet keine Probleme (siehe Anhang XI). 2.12. Vereinfachung und Beschleunigung der Beweisaufnahme Die Verordnung hat die Beweisaufnahme vereinfacht und beschleunigt (siehe Anhang XII), wenn auch von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat erhebliche Unterschiede festzustellen sind.
3. SCHLUSSFOLGERUNGEN Bezüglich der Anwendung der Verordnung Nr. 1206/2001 seit ihrem Inkrafttreten im Jahr 2004 zieht die Kommission die folgenden Schlussfolgerungen: Seit der Anwendung der Verordnung geht die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten bei der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen im Allgemeinen besser, einfacher und schneller vonstatten. Die Verordnung hat ihre zwei Hauptziele erreicht, nämlich erstens die Vereinfachung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und zweitens die Beschleunigung der Beweisaufnahme, und dies in einem relativ zufriedenstellenden Ausmaß. Die Vereinfachung wurde hauptsächlich durch die Einführung des unmittelbaren Geschäftsverkehrs zwischen den Gerichten (auch wenn Ersuchen manchmal oder sogar öfters immer noch an die Zentralstellen gerichtet werden) und durch die Einführung von Standard-Formularen erreicht. Was die Beschleunigung betrifft, kann der Schluss gezogen werden, dass die meisten Ersuchen um Beweisaufnahme innerhalb von 90 Tagen, wie von der Verordnung vorgesehen, erledigt werden, d.h. schneller als vor Inkrafttreten der Verordnung. Folglich sind keine Änderungen der Verordnung erforderlich, jedoch sollte ihre Funktionsweise verbessert werden. Insbesondere sollten in der gegenwärtigen, noch andauernden Anpassungsphase gewisse Aspekte bezüglich der Anwendung der Verordnung verbessert werden: Zunächst ergibt sich aus verschiedenen Feststellungen, dass – trotz der Diskussionen, die im Europäischen Justiziellen Netz für Zivilsachen geführt wurden, und der Verfügbarkeit des Praktischen Leitfadens in allen Mitgliedstaaten – die Verordnung noch nicht ausreichend bekannt ist. Dies führt zu unnötigen Verzögerungen und Problemen. Die im Rahmen des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen geleisteten Arbeiten sollten in den Mitgliedstaaten besser genutzt werden, und vor allem sollte sichergestellt werden, dass der Praktische Leitfaden in Rechtskreisen weit verbreitet wird. Wie es scheint, variiert das Ausmaß, in dem die Beweisaufnahme erleichtert und beschleunigt wurde, zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten erheblich. Besonders offensichtlich wird dies anhand der Zeit, die für die Beweisaufnahme benötigt wird, da in einigen Mitgliedstaaten der Zeitrahmen von 90 Tagen oft nicht eingehalten wird. Doch auch bei der Effizienz der Zentralstellen und der Verfügbarkeit moderner Kommunikationstechnik, insbesondere für Videokonferenzen, gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Zuletzt muss der Schluss gezogen werden, dass nicht nur das Potenzial der Kommunikationstechnik bei weitem noch nicht voll ausgeschöpft wird, sondern dass auch die 411
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Möglichkeit der unmittelbaren Beweisaufnahme, einer wichtigen Neuerung der Verordnung, noch immer recht selten genutzt wird. Abschließend ist Folgendes festzuhalten: – Die Kommission unterstützt – über die Verbreitung des Praktischen Leitfadens hinaus – alle weiteren Bemühungen, den Bekanntheitsgrad der Verordnung in Rechtskreisen zu erhöhen. – Die Kommission ist der Ansicht, dass von den Mitgliedstaaten Maßnahmen ergriffen werden sollten, um sicherzustellen, dass der Zeitrahmen von 90 Tagen für die Erledigung von Ersuchen eingehalten wird. – Die Kommission ist der Ansicht, dass die Möglichkeiten der modernen Kommunikationstechnik, insbesondere zur Durchführung von Videokonferenzen, die ein wichtiges Mittel zur Vereinfachung und Beschleunigung der Beweisaufnahme darstellen, bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind, und unterstützt die Mitgliedstaaten darin, Maßnahmen zur entsprechenden Ausstattung ihrer Gerichte zu ergreifen, um Videokonferenzen im Rahmen der Beweisaufnahme durchführen zu können. Die Bedeutung einer weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs wurde auch vom Rat (auf seiner Sitzung vom 12./13. Juni 2007) sowie vom Europäischen Rat (auf seiner Sitzung vom 21./22. Juni 2007) hervorgehoben.
ANHANG I: ZEITAUFWAND FÜR DIE ERLEDIGUNG EINES ERSUCHENS Wie hoch ist Ihrer Erfahrung nach der durchschnittliche Zeitaufwand für die Erledigung eines Ersuchens? Werden Ersuchen schneller als vor Inkrafttreten der Verordnung erledigt?
ANHANG II: ZENTRALSTELLEN Wie effizient sind die Zentralstellen bei der Übermittlung von Informationen an die Gerichte und der Suche nach Lösungen für Probleme, die sich bei einem Ersuchen stellen können? Wie oft mussten die Zentralstellen Probleme im Zusammenhang mit einem Ersuchen lösen? Wie oft haben die Zentralstellen Ihrer Erfahrung nach Ersuchen eines Gerichts an das zuständige Gericht weitergeleitet?
ANHANG III: FORMULARE Sind bei der Verwendung der Formulare Probleme aufgetreten? Wenn ja, bei welchen Formularen? Warum?
ANHANG IV: KOMMUNIKATIONSTECHNIK Wie oft wird die Kommunikationstechnik für die Beweisaufnahme eingesetzt? Bei welcher Art von Ersuchen? Hat sich die Beweisaufnahme in anderen Mitgliedstaaten durch den Einsatz der Kommunikationstechnik vereinfacht und beschleunigt? Sind durch den Einsatz der Kommunikationstechnik Probleme entstanden? Wenn ja, welche?
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11. a. Anwendung der VO (EG) Nr. 1206/2001
ANHANG V: ÜBERMITTLUNG VON ERSUCHEN Werden die an Ihren Mitgliedstaat gerichteten Ersuchen und Mitteilungen auf dem „schnellstmöglichen Wege“ (Artikel 6 der Verordnung) übermittelt, mit dem sich Ihr Mitgliedstaat einverstanden erklärt hat?
ANHANG VI: UNMITTELBARER GESCHÄFTSVERKEHR ZWISCHEN DEN GERICHTEN Wie effizient erfüllen die ersuchenden und ersuchten Gerichte (Artikel 2) ihre Aufgaben im Rahmen der Verordnung? Hat der direkte Kontakt zwischen den Gerichten besondere Probleme verursacht?
ANHANG VII: UNMITTELBARE BEWEISAUFNAHME Wie häufig wird von der unmittelbaren Beweisaufnahme Gebrauch gemacht? Geht die Beweisaufnahme in anderen Mitgliedstaaten durch die Einführung dieser Methode einfacher und schneller vonstatten? Hat die Anwendung von Artikel 17 Probleme verursacht? Wenn ja, welche?
ANHANG VIII: ANWENDUNG VON ARTIKEL 18 Hat die Anwendung von Artikel 18 (Kosten) in der Praxis Probleme verursacht? Wenn ja, welche?
ANHANG IX: AUSLEGUNGSPROBLEME Hat die Auslegung der Verordnung, insbesondere in Bezug auf ihren Anwendungsbereich und den Beweisbegriff, Probleme verursacht? Hat dies zu einer Ablehnung von Ersuchen geführt (Artikel 14)?
ANHANG X: VERWEIS AUF NATIONALES RECHT Halten Sie es für problematisch, dass die Verordnung häufig auf das nationale Recht der Mitgliedstaaten verweist? Halten Sie die Harmonisierung des Verfahrensrechts der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme für wünschenswert?
ANHANG XI: VEREINBARKEIT MIT DEM HAAGER ÜBEREINKOMMEN VON 1970 Haben Sie Probleme in Bezug auf die Vereinbarkeit der Verordnung mit anderen Rechtsakten wie dem Haager Übereinkommen von 1970 über die Beweisaufnahme festgestellt?
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
ANHANG XII: VEREINFACHUNG UND BESCHLEUNIGUNG DER BEWEISAUFNAHME Geht Ihrer Erfahrung nach die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten bei der Beweisaufnahme seit Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 einfacher und schneller vonstatten?
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11. b. Mitteilung der Kommission betreffend den gemeinsamen Standpunkt des Rates
b. Mitteilung der Kommission betreffend den gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (KOM 2004, 90 ff.) 11. b. Mitteilung der Kommission betreffend den gemeinsamen Standpunkt des Rates
1. VORGESCHICHTE Übermittlung des Vorschlags an das EP und den Rat (KOM (2002) 159 endg. – 2002/0090 (COD):
18.4.2002
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses:
11.12.2002
Stellungnahme des Europäischen Parlaments in erster Lesung:
8.4.2003
Übermittlung des geänderten Vorschlags:
12.6.2003
Annahme des gemeinsamen Standpunkts:
6.2.2004
2. GEGENSTAND DES KOMMISSIONSVORSCHLAGS Dieser Vorschlag soll Gläubigern, die einen vollstreckbaren Titel für eine Geldforderung erwirkt haben, die vom Schuldner nicht bestritten worden ist, im Interesse des freien Verkehrs gerichtlicher Entscheidungen die unmittelbare Vollstreckung dieses Titels in einem anderen Mitgliedstaat ermöglichen. Bei Entscheidungen über unbestrittene Forderungen sollen demnach die Zwischenmaßnahmen wegfallen, die für die Vollstreckung in einem anderen Mitgliedstaat derzeit notwendig sind (so genanntes Exequaturverfahren), ebenso wie die Möglichkeit, die Anerkennung solcher Entscheidungen anzufechten. Damit wird erstmals nach dem Grundsatz verfahren, dass die Mitgliedstaaten die von Gerichten anderer Mitgliedstaaten erlassenen Entscheidungen in gleicher Weise behandeln müssen wie die Entscheidungen ihrer eigenen Gerichte. Gläubigern wird so eine zusätzliche unverbindliche Möglichkeit geboten, die Vollstreckung auf einfacherem Weg zu erwirken. Der Verordnungsvorschlag enthält Mindestvorschriften für die Zustellung und regelt u.a. die zulässigen Zustellungsarten sowie die Unterrichtung des Schuldners, um so die Vorbereitung der Verteidigung und damit ein faires Verfahren sicherzustellen. Nur die Einhaltung dieser Mindestvorschriften, die von den Gerichten im Ursprungsmitgliedstaat als Voraussetzung für die Bestätigung einer Entscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel nachgeprüft wird, rechtfertigt den Verzicht auf die Prüfung, ob die Verteidigungsrechte im Vollstreckungsmitgliedstaat beachtet worden sind.
3. STELLUNGNAHME ZUM GEMEINSAMEN STANDPUNKT 3.1. Allgemeines Im Anschluss an das am 27. November 2003 einstimmig gebilligte Gesamtkonzept legte der Rat am 6. Februar 2004 einen gemeinsamen Standpunkt im schriftlichen Verfahren fest. 415
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Rechtsquellen und Materialien zum Elften Buch
Der gemeinsame Standpunkt des Rates lässt den Vorschlag der Kommission in seiner geänderten Fassung im Wesentlichen unberührt. Die im gemeinsamen Standpunkt vorgenommenen Änderungen betreffen in erster Linie folgende Aspekte: – Um als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden zu können, muss eine Entscheidung dem gemeinsamen Standpunkt zufolge nicht mehr rechtskräftig sein. Die Vollstreckbarkeit der Entscheidung wird als ausreichend angesehen, auch wenn die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs besteht. Wird ein Rechtsbehelf eingelegt, ist die daraufhin ergangene Entscheidung unter den gleichen Voraussetzungen in anderen Mitgliedstaaten vollstreckbar, d.h. ohne Exequatur, auch wenn der zugrunde liegende Anspruch nicht mehr unbestritten ist, da es unzumutbar wäre, den Europäischen Vollstreckungstitel für ungültig zu erklären und den Gläubiger zu zwingen, ein neues Verfahren – und zwar dann ein Exequaturverfahren – anzustrengen. Andernfalls könnte ein Schuldner, gegen den eine Entscheidung erwirkt worden ist, die als Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, die Vollstreckung durch Einlegung eines Rechtsbehelfs – auch eines offenkundig unbegründeten – im Ursprungsmitgliedstaat verzögern und damit die Vorzüge eines Europäischen Vollstreckungstitels zunichte machen. Dies liefe dem ureigensten Ziel der Verordnung, die Vollstreckung in anderen Mitgliedstaaten zu vereinfachen und zu beschleunigen, entgegen, ja würde das genaue Gegenteil bewirken. Wird die Ausstellung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel angefochten, werden die berechtigten Interessen des Schuldners durch die Artikel 8 y und 23 (Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung) angemessen geschützt. – Der Grundsatz, wonach gegen die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel kein Rechtsbehelf möglich ist, wird im gemeinsamen Standpunkt beibehalten. Neu ist hingegen, dass der Schuldner die Berichtigung inhaltlicher Fehler in der Bestätigung (z.B. Schreibfehler) sowie den Widerruf einer eindeutig zu Unrecht erteilten Bestätigung beantragen kann. – Handelt es sich bei dem Schuldner um einen Verbraucher, genießt er besonderen Schutz, der über die Prüfung der Zuständigkeitsvorschriften der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 („Brüssel I“) hinausgeht. Eine gegen einen Verbraucher erwirkte Entscheidung kann, wenn die Forderung nicht ausdrücklich anerkannt worden ist, nur dann als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, wenn der Verbraucher seinen Wohnsitz im Ursprungsmitgliedstaat hat. – Statt die Zustellungsarten zu hierarchisieren, so dass zuerst eine persönliche Zustellung erfolgen muss, bevor auf andere Zustellungsarten zurückgegriffen werden kann, hat der Rat die freie Auswahl der im Vorschlag erschöpfend aufgelisteten Zustellungsarten zugelassen, die er um die Möglichkeit einer postalischen Zustellung ohne Empfangs- oder Übergabenachweis unter bestimmten Voraussetzungen erweitert hat. – Alle Zustellungsarten, die nicht die Garantie, aber einen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit bieten, dass das zugestellte Schriftstück dem Adressaten zugegangen ist, sind nur dann zulässig, sofern der Schuldner nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats das Recht hat, eine uneingeschränkte Nachprüfung der Entscheidung zu beantragen, wenn er trotz einer im Einklang mit der Verordnung erfolgten Zustellung ausnahmsweise von dem Schriftstück nicht rechtzeitig genug hat Kenntnis nehmen können, um Vorkehrungen für seine Verteidigung zu treffen. Die Kommission kann den gemeinsamen Standpunkt akzeptieren, der zwar den ursprünglichen Vorschlag der Kommission in der nach der Stellungnahme des Parlaments Schütze
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11. b. Mitteilung der Kommission betreffend den gemeinsamen Standpunkt des Rates
geänderten Fassung in einigen Aspekten ändert, aber am Anspruch festhält, das Exequaturverfahren sowie jede Art von Kontrolle, die auf den ordre public Bezug nimmt, abzuschaffen; er sorgt für einen gerechten Ausgleich zwischen dem Anliegen, Gläubigern die Vollstreckung im Ausland deutlich zu erleichtern, und einem angemessenen Schutz der Rechte der Schuldner. 3.2. Übernahme von Abänderungen des Parlaments in den geänderten Vorschlag und den gemeinsamen Standpunkt 3.2.1. Vollständig oder teilweise in den geänderten Vorschlag und den gemeinsamen Standpunkt übernommene Abänderungen 3.2.1.1 Erwägungsgründe Abänderung 1 (Erwägungsgrund 3 a), die auf die Anwendbarkeit des Mitentscheidungsverfahrens seit Inkrafttreten des Vertrags von Nizza verweist, wurde inhaltlich unverändert in einer leicht gekürzten Fassung übernommen. 3.2.1.2 Artikel In Abänderung 2 (Artikel 3 (4) b) des ursprünglichen Vorschlags, jetzt Artikel 2 a (1) b)) wurden zwei Änderungen der Definition einer Unterkategorie des Begriffs der „unbestrittenen Forderung“ zusammengefasst. Mit der ersten Abänderung sollte klargestellt werden, dass ein Widerspruch nur dann gültig ist, wenn er im Einklang mit den Verfahrensvorschriften des Ursprungsmitgliedstaats eingelegt worden ist. Die Kommission stimmte dieser Abänderung grundsätzlich zu, wählte aber eine Formulierung, in der nicht auf einen „förmlichen Antrag“ abgestellt wird, da diese Wortwahl möglicherweise nicht für alle Mitgliedstaaten und Verfahrensarten passt und nicht alle Fälle abdeckt, die darunter fallen sollten (z.B. wenn ein Schuldner ausdrücklich selbst der Forderung widerspricht, obwohl er sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müsste). Der Verweis auf die „maßgeblichen Verfahrensvorschriften nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats“ im geänderten Vorschlag wurde in den gemeinsamen Standpunkt übernommen. Der Rat beschloss allerdings, den Teil des Unterabsatzes, in dem es heißt, dass eine Erklärung des Schuldners, er könne seiner Zahlungsverpflichtung aus materiellen Schwierigkeiten nicht nachkommen, nicht als Widerspruch angesehen werden kann, zu streichen. Die zweite Abänderung, die einen „Einspruch oder Widerspruch des Schuldners in einem vorgerichtlichen Verfahren, der zur automatischen Überleitung in ein streitiges Gerichtsverfahren führt“, als gültigen Widerspruch einer Forderung unzulässig machen würde, wurde von der Kommission abgelehnt und auch vom Rat nicht übernommen. Diese Änderung ist unnötig und irreführend. Was das vorgerichtliche Verfahren anbelangt, so ist bereits im derzeitigen Wortlaut der Bestimmung deutlich ausgedrückt, dass der Widerspruch „im gerichtlichen Verfahren“ erfolgen muss. Die Abänderung scheint vor allem auf einen Einspruch oder Widerspruch in Mahnverfahren abzustellen, da nur diese zur automatischen Überleitung in ein streitiges Verfahren führen. Für diese Verfahren passt der Begriff „vorgerichtlich“ nicht, da es sich bereits um ein gerichtliches Verfahren handelt. Darüber hinaus ist der Fall, dass der Schuldner nicht am Verfahren teilnimmt, obwohl er die Forderung zuvor bestritten hat, im nächsten Unterabsatz dieses Artikels bereits eigens geregelt. In Abänderung 5 (Artikel 4) wurde die Beschreibung der Rechtswirkungen der Bestätigung einer Entscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel, d.h. die Abschaffung des Exequaturverfahrens, neu formuliert und der europäische Vollstreckungstitel einem 417
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„nationalen Vollstreckungstitel“ gleichgestellt. Die Kommission hielt es für besser, in direkterer Form auf die Folgen dieser Gleichstellung zu verweisen und den Wortlaut mit dem Text in Einklang zu bringen, den der Rat in Bezug auf die Abschaffung des Exequaturverfahrens für bestimmte Entscheidungen im Bereich der elterlichen Verantwortung beschlossen hat. Danach sollte eine Entscheidung, die als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, „in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt [werden], ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass die Anerkennung angefochten werden kann“. Der Rat hat den geänderten Vorschlag in diesem Punkt übernommen. Durch Abänderung 9 (Artikel 11 (1) b)) sollte die vom zuständigen Zustellungsbeamten bescheinigte Weigerung des Schuldners, das betreffende Schriftstück anzunehmen, einer erfolgten persönlichen Zustellung an den Schuldner gleichgestellt werden. Diese Abänderung ist von der Kommission angenommen und mit einer zusätzlichen Präzisierung in den gemeinsamen Standpunkt übernommen worden, wonach die Annahmeverweigerung nur dann einer erfolgten Zustellung gleichgestellt werden kann, wenn der Schuldner seine Weigerung rechtlich nicht begründen kann; ein solcher Rechtsgrund kann sich unter bestimmten Voraussetzungen insbesondere aus Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten ergeben. Abänderung 14 (Artikel 16 d) des Vorschlags) sollte klarstellen, dass die sehr kurze Beschreibung der Begründung der Forderung, die in Mahnverfahren gewöhnlich ausreicht, auch den Erfordernissen für eine Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel entspricht. Statt zusätzliche Rechtsbegriffe zu den bereits vorhandenen aufzunehmen, die die Bestimmung schwerer verständlich machen würden, schlug die Kommission vor, den Wortlaut in einer Form zu vereinfachen und zu erweitern, die jeden Zweifel diesbezüglich ausräumt. Der geänderte Vorschlag, der eine „Bezeichnung des Forderungsgrundes“ verlangt, wurde ohne weitere Änderungen in den gemeinsamen Standpunkt übernommen. 3.2.2. In den geänderten Vorschlag, jedoch nicht in den gemeinsamen Standpunkt übernommene Abänderungen Abänderung 4 betraf eine Klarstellung der Definition des Begriffs „ordentlicher Rechtsbehelf“ in Artikel 3 (6). Die Definition ist gegenstandslos geworden, nachdem die Voraussetzung der Rechtskraft aufgehoben worden ist (eine Entscheidung ist rechtskräftig, wenn gegen diese Entscheidung kein ordentlicher Rechtsbehelf mehr gegeben ist). Artikel 3 (6) wurde deshalb vollständig gestrichen. Abänderung 6 (Artikel 7 (1), wonach die Bestätigung erst dann ausgestellt werden kann, nachdem die Entscheidung über den Antrag rechtskräftig geworden ist), Abänderung 7 (Artikel 7 (4) über die Zustellung der Entscheidung über den Antrag an den Schuldner), Abänderung 8 (Artikel 8 über den Rechtsbehelf gegen die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel) und Abänderung 16 (zur Aufnahme der Abänderungen 6, 7 und 8 in das Standardformular für die Bestätigung) sollten zusammen behandelt werden, da sie alle mit der Möglichkeit eines Rechtsbehelfs gegen die Erteilung oder Ablehnung einer Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel zusammenhängen. Die Kommission hatte in ihren geänderten Vorschlag zwar kein Recht auf einen Rechtsbehelf, aber zur Stärkung der Verteidigungsrechte im Bestätigungsverfahren einen neuen Artikel 6 a aufgenommen, demzufolge der Antrag auf Erteilung einer Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel dem Schuldner zuzustellen war. Damit sollte der Schütze
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11. b. Mitteilung der Kommission betreffend den gemeinsamen Standpunkt des Rates
Schuldner die Möglichkeit erhalten, dem Gericht seinen Standpunkt im Hinblick auf die Erfüllung der Voraussetzungen für die Ausstellung der Bestätigung darzulegen, bevor es über den Antrag entscheidet. Im gemeinsamen Standpunkt wird eine andere Vorgehensweise gewählt, mit der die Zielsetzung der Abänderungen ebenfalls, wenn auch auf etwas anderem Weg, erreicht wird. Artikel 8 (4) bestimmt auch weiterhin, dass gegen die Ausstellung der Bestätigung kein Rechtsbehelf möglich ist, während die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs gegen die Ablehnung der Bestätigung nicht mehr geregelt ist, so dass hier das einzelstaatliche Recht gefragt ist. Die neu eingeführten Absätze 1, 2 und 3 sehen vor, dass der Schuldner die Berichtigung inhaltlicher Fehler in der Bestätigung sowie den Widerruf einer nach Maßgabe der Verordnung eindeutig zu Unrecht erteilten Bestätigung beantragen kann. Die Kommission kann sich dem Standpunkt des Rats anschließen, der die Rechte des Schuldners in vollem Umfang schützt, ohne dass die Vollstreckung in einem anderen Mitgliedstaat dadurch an Effizienz verliert. Abänderung 10 (Artikel 11 (2)) sah in Bezug auf die Zulässigkeit der Zustellung an den gesetzlichen Vertreter des Schuldners statt an den Schuldner selbst einen Verweis auf das innerstaatliche Recht vor. Die Diskussionen im Rat haben gezeigt, wie kompliziert es ist, das anwendbare Recht (Recht des Ursprungsmitgliedstaats oder Recht des Zustellungsorts) in Bezug auf die diversen mit der Vertretung des Schuldners zusammenhängenden Aspekte zu bestimmen. Im gemeinsamen Standpunkt wurde daher die Formulierung des ersten Kommissionsvorschlags wiederhergestellt mit einer geringfügigen Änderung im neuen Artikel 12 a. Jeder Verweis auf das einzelstaatliche Recht wurde gestrichen. Die Kommission kann diese Änderung akzeptieren, insbesondere weil die Gerichte der Mitgliedstaaten im Erkenntnisverfahren automatisch die Vereinbarkeit mit ihrem innerstaatlichen Recht (einschließlich des Internationalen Privatrechts und somit gegebenenfalls auch des Rechts des Zustellungsorts) prüfen werden. Abänderung 11 (Artikel 12 (1) des Vorschlags) sollte klarstellen, dass ein einmaliger erfolgloser Versuch einer persönlichen Zustellung an den Schuldner ausreicht, um auf eine Ersatzzustellung zurückzugreifen. Dies ist nicht mehr erforderlich, da die Rangfolge zwischen Artikel 11 und 12 im gemeinsamen Standpunkt aufgehoben worden ist. Die Abänderung enthielt überdies die Formulierung, nach der die Ersatzzustellung „insbesondere“ durch die aufgeführten Methoden zulässig sein sollte. Diese Formulierung würde die anschließende Aufzählung der Ersatzzustellungsarten zu einer nicht erschöpfenden Liste machen. Damit gäbe es keinerlei Beschränkung mehr für die zulässigen Zustellungsarten, was dem Ziel, verlässliche Mindeststandards zu schaffen, abträglich wäre. Die Abänderung wurde daher in diesem Punkt weder in den geänderten Vorschlag noch in den gemeinsamen Standpunkt übernommen. Durch Abänderung 15 (Artikel 19 (2) des Vorschlags) sollte die Möglichkeit entfallen, eine Entscheidung trotz der Nichteinhaltung der Mindestnormen für die Zustellung als Europäischen Vollstreckungstitel zu bestätigen, sofern feststeht, dass der Schuldner das betreffende Schriftstück persönlich und so rechtzeitig bekommen hat, dass er Vorkehrungen für seine Verteidigung treffen konnte. Der Rat sah in dieser Bestimmung einen gewissen praktischen Wert, fügte aber wegen der Kritik an der Vagheit der Bestimmung und der damit verbundenen Risiken die zusätzliche konkrete Bedingung ein, dass der Schuldner die Erfüllung dieser Anforderungen im Verfahren selbst explizit oder implizit durch sein Verhalten bestätigen muss. Die Kommission kann diese Änderung akzeptieren.
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3.2.3. Von der Kommission abgelehnte und nicht in den Gemeinsamen Standpunkt übernommene Abänderungen Abänderung 3 (Artikel 3 (4) c) des Vorschlags) zielte darauf ab, bei der Bewertung des Nichterscheinens des Schuldners zur Verhandlung über eine unbestrittene Forderung ein Verschulden des Schuldners als Bedingung einzufügen. Diese Bedingung würde in nahezu allen Fällen die Zustellung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel verhindern, da das Gericht des Ursprungsmitgliedstaats normalerweise nur prüfen kann, ob der Schuldner ordnungsgemäß zur Verhandlung geladen wurde. War dies der Fall und ist der Schuldner nicht erschienen, kann das Gericht nicht ausschließen, dass er unverschuldet fern geblieben ist (z.B. aufgrund eines Verkehrsunfalls auf dem Weg zum Gericht). In den problematischen Fällen, in denen es darauf ankommt, stellt das Nichtverschulden seitens des Schuldners überdies eine Voraussetzung für die Nachprüfung in außergewöhnlichen Fällen gemäß Artikel 19 a dar. Abänderung 12 (Artikel 12 (3) des Vorschlags) sah vor, die Einhaltung des Rechts des Ursprungsmitgliedstaats als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Ersatzzustellung festzuschreiben. Die Einfügung dieser Bedingung würde der Intention des Vorschlags zuwiderlaufen. Die Gerichte des Ursprungsmitgliedstaats müssen die Einhaltung der Zustellungsvorschriften ohnehin im Erkenntnisverfahren prüfen. Die Wiederholung dieser Bedingung im Zusammenhang mit der Bestätigung würde zu einer Verdoppelung der Arbeit der Gerichte des Ursprungsmitgliedstaats führen. Die Einfügung würde auch einen Rückschritt gegenüber der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates bedeuten, deren Artikel 34 (2) diese Bedingung im Gegensatz zum Brüsseler Übereinkommen von 1968 nicht mehr enthält. Mit Abänderung 13 (neuer Artikel 14 a) sollte eine neue Bestimmung eingefügt werden, nach der die Bezugnahmen in der Verordnung auf eine Gerichtsverhandlung als Bezugnahmen auf diejenigen Verfahren zu verstehen sind, die die Verhandlung ersetzen. Damit sollten jene Verfahren berücksichtigt werden, in denen keine Verhandlung stattfindet. Ein solcher neuer Artikel ist überflüssig, da die Bezugnahmen auf eine Gerichtsverhandlung einfach irrelevant und unanwendbar werden, wenn keine Verhandlung stattfindet. In diesem Fall besteht nur ein Bedarf an jenen Mindestverfahrensvorschriften, die keine Verhandlung voraussetzen. Es ist nicht klar, welches Konzept die Gerichtsverhandlung als Bezugspunkt ersetzen soll und welchen Zweck eine derart geänderte Bezugnahme in der Praxis haben könnte. 3.3. Neue durch den Rat eingeführte Bestimmungen sowie vom Rat gestrichene oder wesentlich geänderte Bestimmungen 3.3.1. Erwägungsgründe Erwägungsgrund 5 a wurde eingefügt, um die beiden Fälle einer Nichtteilnahme am Verfahren, die als fehlender Widerspruch angesehen werden (Nichterscheinen zur Verhandlung und Nichtbefolgung einer Aufforderung, die Absicht kundzutun, sich schriftlich zu verteidigen), zu verdeutlichen. Erwägungsgrund 5 b soll klarstellen, dass die Verordnung, nachdem nunmehr die Vollstreckbarkeit einer Entscheidung und nicht mehr ihre Rechtskraft für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ausreichend ist (vgl. 3.1), nicht nur auf Entscheidungen über unbestrittene Forderungen im engeren Sinne anwendbar ist, sondern auch auf Rechtsmittelentscheidungen, so dass es sich in dem Fall nicht mehr um eine unbestrittene, sondern um eine bestrittene Forderung handelt. Schütze
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11. b. Mitteilung der Kommission betreffend den gemeinsamen Standpunkt des Rates
In Erwägungsgrund 6 wurde ein Zusatz aufgenommen, aus dem hervorgeht, was die Aufhebung des Exequaturverfahrens für das Vereinigte Königreich und die Registrierung ausländischer Entscheidungen impliziert, die nach wie vor erforderlich ist, ohne jedoch wie im Exequaturverfahren die Möglichkeit einer Nachprüfung in der Sache zu bieten. Erwägungsgrund 11 a stellt die Verbindung her zwischen der Zulässigkeit der Zustellungsarten gemäß Artikel 12, die trotz ihres hohen Grades an Verlässlichkeit nicht die uneingeschränkte Garantie dafür bieten können, dass der Schuldner persönlich Kenntnis von dem ihm zugestellten Schriftstück erlangt hat, und einer Nachprüfung gemäß Artikel 19 a in den wenigen Fällen, in denen die Mindestvorschriften des Artikels 12 zwar eingehalten wurden, das betreffende Schriftstück dem Schuldner aber dennoch nicht zugegangen ist. Erwägungsgrund 11 b macht deutlich, dass die Weigerung eines Mitbewohners oder Angestellten des Schuldners, ein Schriftstück entgegenzunehmen, im Gegensatz zu Artikel 11 (1) b), wo auf diesen Fall ausdrücklich eingegangen wird, nicht einer erfolgten Zustellung gleichgestellt werden kann. In Erwägungsgrund 11 c wird präzisiert, dass der in Artikel 12 a verwendete Begriff des „Vertreters“ sowohl den gesetzlichen Vertreter eines Schuldners meint, der sich nicht selbst vor Gericht vertreten kann, als auch den vom Schuldner bezeichneten Bevollmächtigten. In Erwägungsgrund 15 a wird darauf hingewiesen, dass diese Verordnung, was die Zustellung von Schriftstücken in anderen Mitgliedstaaten anbelangt, nicht an die Stelle der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten tritt. Beide Rechtsakte sind vielmehr zusammen anwendbar. Die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 regelt, wie die Zustellung bei einem Rechtsstreit mit grenzübergreifendem Bezug zu erfolgen hat. Die den Rechtsstreit abschließende Entscheidung kann nur dann als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, wenn auch die Mindestvorschriften des Kapitels III, sofern sie anwendbar sind, eingehalten worden sind. 3.3.2. Artikel Artikel 2 wurde geändert, um deutlich zu machen, dass die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte (‚acta iure imperii‘) nicht unter das Zivil- oder Handelsrecht fällt und deshalb nicht von dieser Verordnung erfasst wird. Artikel 2 a wurde eingefügt, um die besondere Bedeutung des Begriffs „unbestritten“ hervorzuheben, der früher in Artikel 3 (4) definiert war, und um klarzustellen (in Absatz 2), dass diese Verordnung auch für Entscheidungen gilt, die nach Anfechtung einer als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigten Entscheidung über eine unbestrittene Forderung ergangen sind, obwohl die Forderung dadurch zu einer bestrittenen geworden ist. In Absatz 1 c) wurde ein zusätzlicher Verweis auf das einzelstaatliche Recht eingefügt, um sicherzustellen, dass unter den gegebenen Umständen ein mitgliedstaatliches Gericht eine Entscheidung nicht als Europäischen Vollstreckungstitel bestätigen muss, wenn die Forderung trotz des Nichterscheinens des Schuldners nach einzelstaatlichem Verfahrensrecht weiterhin als bestritten gilt. Die Absätze 5 und 6 in Artikel 3 wurden nach Verzicht auf das Rechtskrafterfordernis gegenstandslos. Absatz 3 wurde geändert, um Entscheidungen als Europäische Voll421
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streckungstitel bestätigen zu können, die sich auf noch nicht fällige Forderungen beziehen, deren Fälligkeitstag aber in der Entscheidung angegeben ist; hierzu zählen auch regelmäßig wiederkehrende Zahlungen wie Unterhaltszahlungen. Artikel 5 enthält eine allgemeine Änderung, die sich durch die ganze Verordnung zieht. Während der geänderte Kommissionsvorschlag auf das Gericht abstellt, das für die Ausstellung der Bestätigung zuständig ist, verweist der gemeinsame Standpunkt auf das Gericht, an das der Antrag zu richten ist und lässt den Mitgliedstaaten somit einen gewissen Spielraum bei der Zuständigkeitszuweisung. Der neue Absatz 1 (c 1) enthält die bereits oben unter 3.1 erläuterte Schutzbestimmung für Verbraucher. Da jetzt eine besondere Regelung für Verbrauchersachen eingeführt worden ist, wurde der Verweis auf die Einhaltung von Kapitel II Abschnitt 4 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001, wo diese Fragen behandelt werden, in Absatz 1 b) gestrichen. Mit den Absätzen 2 und 3 werden zwei neue Standardformulare eingeführt: zur Bestätigung der Nichtvollstreckbarkeit oder der Einschränkung der Vollstreckbarkeit einer zuvor als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigten Entscheidung sowie zur Erteilung einer Ersatzbestätigung im Falle einer Entscheidung, die nach Anfechtung einer als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigten Entscheidung ergangen ist. Artikel 5 a bestimmt, dass im Falle einer Entscheidung über eine unbestrittene Forderung, die eine vollstreckbare Entscheidung über Kosten in bestimmter Höhe einschließt, diese Kostenentscheidung ebenfalls uneingeschränkt vollstreckbar ist, sofern der Schuldner seiner Verpflichtung zur Kostenerstattung nicht ausdrücklich widersprochen hat. Artikel 6 wurde erheblich vereinfacht und gekürzt, allerdings ohne inhaltliche Änderungen. Artikel 7 Absatz 3 (in dem die Anzahl der dem Gläubiger auszuhändigenden beglaubigten Ausfertigungen des Europäischen Vollstreckungstitels geregelt war) wurde als überflüssig angesehen und deshalb gestrichen. Artikel 8 wurde geändert, um eine Berichtigung oder einen Widerruf der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel zu ermöglichen (siehe oben 3.1 und 3.2.2). Für das Verfahren ist das einzelstaatliche Recht maßgebend. Artikel 8 y schreibt den Grundsatz fest, dass die Abschaffung des Exequaturverfahrens, mit der im Ausland ergangene Entscheidungen den im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangenen Entscheidungen gleichgestellt werden sollen, nicht darauf hinauslaufen darf, dass eine als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung im Ausland leichter vollstreckbar ist als im Ursprungsmitgliedstaat. Der Rat hat sich im Zusammenhang mit der Abschaffung des Exequaturverfahrens bei bestimmten Entscheidungen über die elterliche Verantwortung auf eine gleichlautende Bestimmung verständigt. Ist die Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat nicht mehr oder nur unter bestimmten Voraussetzungen vollstreckbar, darf die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel nicht dahin ausgelegt werden, dass sie den Gläubiger zu einer weiteren (unbeschränkten) Vollstreckung in anderen Mitgliedstaaten berechtigt. Der Schuldner kann sich gegebenenfalls die Nichtvollstreckbarkeit oder die eingeschränkte Vollstreckbarkeit gemäß Artikel 5 (2) bestätigen lassen. Artikel 9, der Entscheidungen über unbestrittene Forderungen betraf, die vollstreckbar, aber noch nicht rechtskräftig sind, ist gegenstandslos geworden, da die Rechtskraft einer Entscheidung für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel nicht mehr erforderlich ist und wurde deshalb gestrichen. In Artikel 10 wurde ein neuer Absatz 2 aufgenommen, der die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der in Kapitel III geregelten Mindestvorschriften für die Bestätigung einer Entscheidung gemäß Artikel 5 (3) festlegt, die nach Anfechtung einer als EuropäiSchütze
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scher Vollstreckungstitel bestätigten Entscheidung ergangen ist. Folgte auf die Anfechtung ein streitiges Verfahren, so bedarf es keines besonderen Schutzes für den Schuldner nach Maßgabe von Kapitel III. Erging die Entscheidung nach der Anfechtung jedoch, weil der Schuldner nicht zur Verhandlung erschienen ist oder nicht am Verfahren teilgenommen hat, was als stillschweigendes Eingeständnis der Forderung ausgelegt worden ist, sind die Bestimmungen des Kapitels III entsprechend auf das auf die Anfechtung folgende Verfahren anzuwenden, sofern die Voraussetzungen von Artikel 2 a (1)b) oder c) gegeben sind. Artikel 11 ist unverändert bis auf die bereits unter 3.2.1.2 und 3.2.2 erörterten Änderungen. Artikel 12 enthält jetzt eine einfachere und klarere Beschreibung der zulässigen Zustellungsarten, die bereits im geänderten Kommissionsvorschlag aufgeführt waren, ohne größere inhaltliche Änderungen. Es wurden zwei neue Zustellungsarten hinzugefügt, die eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit bieten, dass das zugestellte Schriftstück dem Adressanten tatsächlich zugegangen ist: Zustellung auf dem Postweg ohne Empfangsnachweis und elektronische Zustellung mit automatisch erstellter Sendebestätigung. Es sei darüber hinaus auf die Bemerkungen zu diesem Artikel in Verbindung mit Artikel 11 unter Ziffern 3.1 und 3.2.2 verwiesen. Artikel 12 a wurde bereits unter Ziffer 3.2.2 (Abänderung 10) behandelt. Artikel 13 wurde als Einzelvorschrift gestrichen, da die Bestimmungen über die zulässigen Zustellungsnachweise in die Artikel 11 und 12 aufgenommen worden sind. Gleiches gilt für die Streichung von Artikel 14, nachdem der Rat beschlossen hatte, die Mindestvorschriften für die Zustellungsarten umfassend in den Artikeln 11 und 12 zu regeln, und zwar sowohl für das verfahrenseinleitende Schriftstück als auch, sofern anwendbar, für die Ladung zur Verhandlung. Artikel 15 wurde gestrichen, da nach allgemeiner Überzeugung des Rates darauf vertraut werden kann, dass das Recht der Mitgliedstaaten ausreichende Fristen für die Vorbereitung der Verteidigung nach Zustellung eines verfahrenseinleitenden Schriftstücks oder einer Ladung vorsieht, so dass es in diesem Fall einer Mindestregelung nicht bedarf. Artikel 17 und der ehemalige Artikel 18 wurden in einer umfassenden Regelung zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Unterrichtung des Schuldners zusammengefasst, die sowohl die Ladung zu einer Gerichtsverhandlung als auch die Erwiderung auf das verfahrenseinleitende Schriftstück in schriftlicher Form einschließt. Der Inhalt dieser Bestimmung wurde deutlich gestrafft und vereinfacht. Der Wortlaut von Artikel 19 Absatz 1 wurde angepasst; die für einen Rechtsbehelf oder eine sonstige Anfechtung vorgesehene Frist wurde aus denselben Gründen gestrichen, die auch der Streichung von Artikel 15 zugrunde lagen. Die Wiedereinführung eines geänderten Absatzes 2 wurde bereits kommentiert (siehe Ziffer 3.2.2). Artikel 20 des geänderten Kommissionsvorschlags, der zwei Ausnahmefälle regelte, nämlich zum einen den Fall, dass der Schuldner keine Vorkehrungen für seine Verteidigung treffen konnte, obwohl die Zustellung nach Maßgabe von Artikel 12 erfolgt ist (im Gegensatz zu Artikel 11 bietet Artikel 12 nicht die volle Gewähr dafür, dass der Schuldner Kenntnis von dem betreffenden Schriftstück erlangt hat), und zum anderen den Fall, dass der Schuldner unabhängig von der Zustellung aufgrund höherer Gewalt oder anderer außergewöhnlicher Umstände der Forderung nicht widersprechen konnte, ohne dass er dies zu vertreten hat, wird durch Artikel 19 a ersetzt. In Artikel 19 a werden diese beiden Fälle in Absatz 1 a) bzw. b) gesondert erfasst. Der neue Artikel ist auch insofern deutlicher als Mindestvorschrift gefasst, als er keine Voraussetzungen für eine Überprüfung in Ausnahmefällen vorschreibt, sondern die Bestätigung einer Entscheidung als Europä423
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ischer Vollstreckungstitel von entsprechenden einzelstaatlichen Verfahrensvorschriften abhängig macht. Artikel 21 wurde in mehreren Punkten geändert. Absatz 1 enthält nunmehr einen Satz, der unmissverständlich den Grundsatz festschreibt, dass eine als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigte Entscheidung unter den gleichen Bedingungen wie eine im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangene Entscheidung vollstreckt wird. Gleiches hatte das Europäische Parlament in Abänderung 5 – allerdings in einem anderen Artikel – vorgeschlagen. In Absatz 2 c) ist jetzt neben der Übersetzung eine Transkription aus dem griechischen in das lateinische Alphabet und umgekehrt aufgeführt; außerdem wird die Möglichkeit und weniger die Verpflichtung für die Mitgliedstaaten vorgesehen, außer ihrer bzw. ihren Amtssprachen eine oder mehrere andere Sprachen anzugeben, die sie für die Ausstellung der Bestätigung zulassen. Absatz 4 wurde gestrichen, da sich die Mehrheit der Mitgliedstaaten gegen eine solche Vorschrift ausgesprochen hatte. Artikel 22 wurde teilweise leicht umformuliert und präziser gefasst ohne inhaltliche Änderungen. Artikel 22 a ist neu aufgenommen worden, um bestehenden völkerrechtlichen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen, Entscheidungen gegen Beklagte mit Wohnsitz oder Aufenthalt in bestimmten Drittländern unter den in diesem Artikel genannten Umständen weder anzuerkennen noch zu vollstrecken. Er folgt Artikel 72 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 mit einer gewissen redaktionellen Anpassung. Der Wortlaut von Artikel 23 musste den inhaltlichen und terminologischen Änderungen insbesondere in Bezug auf die Anfechtung der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel (Artikel 8) und der als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigten Entscheidung (Artikel 19 a) in Ausnahmefällen angepasst werden. Die Ermessensbefugnis der Gerichte des Vollstreckungsmitgliedstaats bleibt nach diesem Artikel zwar generell erhalten, doch ist die Aussetzung des Vollstreckungsverfahrens im Gegensatz zu seiner Beschränkung nur im Ausnahmefall zulässig. Artikel 25 schließt durch Kombination der englischen und französischen Sprachfassung von Artikel 58 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 („approved by a court“ bzw. „conclues devantle juge“) außergerichtliche Vergleiche, die aufgrund einer Gerichtsentscheidung (im Französischen als „homologation“ bezeichnet) vollstreckbar geworden sind, ausdrücklich aus. Es musste aufgrund des inhaltlichen Unterschieds zwischen Entscheidungen einerseits und gerichtlichen Vergleichen und öffentlichen Urkunden andererseits ein neuer Absatz 2 a eingefügt werden, da bei letzteren keine Bezugnahme auf eine „Anerkennung“ möglich ist. Artikel 26 enthält anders als der gestrichene Absatz 3 des geänderten Kommissionsvorschlags keine besondere Voraussetzung mehr für die Bestätigung einer öffentlichen Urkunde in der Form, dass der Schuldner mit seiner Unterschrift erklärt, über die unmittelbare Vollstreckbarkeit der Urkunde in allen Mitgliedstaaten belehrt worden zu sein. Der Rat hielt dies für unnötig und zu aufwändig. Artikel 26 a entspricht Artikel 24 des geänderten Kommissionsvorschlags, der in seiner Formulierung, nicht aber in seinem Inhalt geringfügig geändert wurde. Artikel 27 und Artikel 28, die Vorschriften zur Bestimmung des Wohnsitzes des Schuldners enthielten, wurden gegenstandslos, nachdem in der ganzen Verordnung der „Wohnsitz“ durch die „Privatanschrift“ bzw. die „Geschäftsräume“ des Schuldners ersetzt worden ist mit einer Ausnahme in Artikel 5 (1) c 1), wo ein ausdrücklicher Verweis auf Artikel 59 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 eingefügt wurde, der auch in Artikel 27 enthalten war. Artikel 29 wurde vereinfacht und knüpft die Anwendbarkeit dieser Verordnung jetzt an den Tag, an dem die Entscheidung ergangen ist, der Vergleich gerichtlich gebilligt Schütze
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oder geschlossen oder die öffentliche Urkunde aufgenommen worden ist, ohne dass es einer weiteren Definition bedarf. Artikel 30 und Artikel 31, die das Verhältnis zu den Verordnungen (EG) Nr. 44/2001 und (EG) Nr. 1348/2000 regeln, wurden vereinfacht und auf ihren wesentlichen Gehalt reduziert, dass nämlich diese Verordnung Gläubiger nicht dazu verpflichtet, einen Europäischen Vollstreckungstitel zu beantragen, sondern es ihnen freistellt, sich für das Exequaturverfahren zu entscheiden, wenn es ihnen günstiger erscheint, und dass diese Verordnung die Anwendbarkeit der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 bei der Zustellung eines Schriftstücks in einem anderen Mitgliedstaat in keiner Weise beeinträchtigt. Im letzteren Fall muss diese Verordnung, wenn der Gläubiger einen Europäischen Vollstreckungstitel erwirken will, ebenfalls eingehalten werden. Der Rat hielt die im geänderten Kommissionsvorschlag enthaltenen detaillierteren Bestimmungen nicht für erforderlich. Artikel 31 a folgt dem Beispiel von Artikel 22 der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates insofern, als er die Mitgliedstaaten verpflichtet, der Kommission Informationen mitzuteilen, die für die ordnungsgemäße Anwendung dieser Verordnung von Bedeutung sind. Diese Informationen werden dann von der Kommission veröffentlicht. Auf diese Weise kann bei Änderungen flexibler verfahren werden, als wenn dieselben Informationen in einen Anhang zur Verordnung aufgenommen würden, da eine Änderung der Verordnung selbst sehr viel aufwändiger wäre. Die Artikel 32 und 33 wurden leicht geändert, um der Anwendbarkeit des Mitentscheidungsverfahrens Rechnung zu tragen, was einen zusätzlichen Verweis auf Artikel 8 des Beschlusses 1999/468/EG erforderlich machte.
4. SCHLUSSFOLGERUNG Die Kommission akzeptiert den gemeinsamen Standpunkt, da er die wesentlichen Elemente ihres ursprünglichen Vorschlags sowie der in ihren geänderten Vorschlag übernommenen Abänderungen des Parlaments enthält. Der Text stellt einen fairen, ausgewogenen Kompromiss dar. Er bringt die Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung ein großes Stück voran, indem er den freien Verkehr eines Großteils der Entscheidungen über zivil- und handelsrechtliche Forderungen ermöglicht und außer in dem Mitgliedstaat, in dem die Entscheidung ergangen ist, keine Zwischenmaßnahmen als Voraussetzung für die Vollstreckung in anderen Mitgliedstaaten vorschreibt.
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Vorbemerkung
Der Internationale Zivilprozess Schütze 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht Vorbemerkung Vorbemerkung Die Einführung in das internationale Zivilprozessrecht soll einen zusammenfassen- 1 den Überblick über das Rechtsgebiet geben. Eingehende Darstellungen finden sich in den Kommentierungen der einschlägigen Bestimmungen der ZPO und des FamFG. Ausführlich behandelt wird – anders als die sonstige Einführung – die Hemmung der Verjährung durch Klage- oder Schiedsklageerhebung im Ausland. Dieser Problemkreis wird in den Kommentierungen zum Verjährungsrecht des BGB nur sehr kurz abgehandelt und fehlt in den Erläuterungen zur ZPO fast vollständig. So erscheint es angemessen, an dieser Stelle den Problemkreis auf der Grenze von IPR und IZPR eingehend zu erörtern. Umfangreiche Literaturübersichten sind einzelnen Abschnitten als Möglichkeit vertiefter Beschäftigung mit speziellen Problemen vorangestellt. Die Einführung in das internationale Zivilprozessrecht war in der 3. Aufl. im ersten 2 Band in der Einleitung zusammen mit der Geschichte und den Grundprinzipien der ZPO behandelt. Sie gehört aber systematisch mehr in den internationalen Band, der auch die Kommentierung des 11. Buchs der ZPO und die Materialien zum europäischen und internationalen Zivilverfahrensrecht enthält.
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Übersicht Begriff, Rechtsquellen und Grundsätze des Internationalen Zivilprozessrechts ____ 3 1. Begriff des internationalen Zivilprozessrechts ____ 3 a. Internationales Zivilprozessrecht und internationales Privatrecht ____ 6 b. Internationales Zivilprozessrecht und internationales Strafprozessrecht ____ 9 c. Internationales Zivilprozessrecht und Rechtsvergleichung ____ 11 d. Internationales Zivilprozessrecht und Völkerrecht ____ 13 2. Die Rechtsquellen des internationalen Zivilprozessrechts ____ 15 a. Völkerrecht ____ 15 b. Europarecht ____ 19 c. Autonomes Recht ____ 21 d. Staatsverträge ____ 23 aa. Rechtshilfe ____ 23 bb. Internationale Zuständigkeit und gegenseitige Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Zivilurteilen und Schiedssprüchen ____ 26 cc. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit ____ 28 e. Rechtsprechung ____ 30 3. Qualifikation ____ 34
a. Qualifikation eines Systembegriffs ____ 35 b. Bestimmung des Inhalts von Begriffen ____ 37 II. Gerichtsbarkeit ____ 44 1. Diplomaten ____ 47 2. Konsuln ____ 49 3. Ausländische Staaten ____ 51 a. Erkenntnisverfahren ____ 52 b. Vollstreckungsverfahren ____ 57 4. Ausländische Staatsunternehmen und -banken ____ 60 III. Internationale Zuständigkeit ____ 63 1. Die Regelung der internationalen Zuständigkeit ____ 64 a. Die europäische Zuständigkeitsordnung ____ 64 b. Staatsverträge ____ 68 c. Autonomes Recht ____ 70 2. Örtliche und internationale Zuständigkeit ____ 72 a. Keine Bindungswirkung der Verweisung ____ 73 b. Kein Ausschluss der Berufung bei internationaler Unzuständigkeit ____ 74 c. Kein Ausschluss der Revision bei internationaler Unzuständigkeit ____ 75
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
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V.
VI.
d. perpetuatio competentiae intgernationalis ____ 76 3. Konkurrierende internationale Zuständigkeit ____ 77 a. Positiver Kompetenzkonflikt ____ 78 aa. Forum shopping ____ 79 bb. Forum non conveniens ____ 80 b. Negativer Kompetenzkonflikt ____ 81 Die Durchführung von Verfahren mit Auslandsberührung ____ 83 1. Die Stellung des Ausländers im Prozess ____ 83 a. Freier Zugang zu den Gerichten ____ 84 b. Parteifähigkeit ____ 86 c. Prozessfähigkeit ____ 88 d. Prozessführungsbefugnis ____ 90 2. Die Gerichtssprache ____ 94 3. Vertretung im Prozess ____ 95 4. Zustellung über die Grenze ____ 97 5. Armenrecht ____ 99 6. Beweis ____ 100 7. cautio indicatum solvi ____ 101 8. Anwendung ausländischen Rechts ____ 103 a. Ermittlung ausländischen Rechts ____ 104 b. Non liquet ____ 108 c. Materiellrechtliche Verweisung ____ 111 9. Revisibilität ausländischen Rechts ____ 112 a. Zulässigkeit der Überprüfung ausländischen Rechts ____ 112 b. Grenzen der Überprüfung ausländischen Rechts ____ 115 aa. Der unfähige Gutachter ____ 116 bb. Das missbilligte Ergebnis ____ 117 Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Zivilurteile ____ 118 1. Rechtsquellen ____ 119 2. Anerkennung ____ 121 3. Vollstreckbarerklärung ____ 125 4. Wirkung nicht anerkennungsfähiger Urteile ____ 130 Die Anerkennung der Wirkungen ausländischer Verfahren ____ 131 1. Internationale Rechtshängigkeit ____ 131 a. Die Einrede der Rechtshängigkeit national und international ____ 132 b. Die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit im inländischen Prozess ____ 139 aa. Europäisches Recht ____ 139 bb. Staatsvertragliche Regelungen ____ 142 cc. Deutsches autonomes Recht ____ 144
Schütze
2. Internationale Konnexität ____ 146 3. Hemmung der Verjährung durch Erhebung einer Klage vor einem ausländischen Gericht oder Schiedsgericht ____ 147 a. Kollisionsrechtliche Behandlung der Verjährung ____ 147 b. Die Hemmung der Verjährung durch ausländische Klageerhebung ____ 154 aa. Die Hemmung der Verjährung eines deutschem Recht unterliegenden Anspruchs ____ 155 bb. Die Hemmung der Verjährung eines ausländischem Recht unterliegenden Anspruchs ____ 166 c. Die Klageerhebung vor einem unzuständigen ausländischen Gericht ____ 167 d. Die Hemmung der Verjährung durch Erhebung eines ausländischen Schiedsklage ____ 171 aa. Die Differenzierung nach dem anwendbaren Recht ____ 172 bb. Die verjährungshemmende Wirkung ausländischer Schiedsklageerhebung ____ 174 cc. Der Beginn des Schiedsverfahrens ____ 178 α. Die gesetzliche Regelung nach deutschem Recht ____ 179 β. Die Regelung in institutionellen Schiedsordnungen ____ 181 dd. Die Erhebung der Schiedsklage bei unbestimmtem Schiedsort ____ 189 VII. Einstweiliger Rechtsschutz im internationalen Rechtsverkehr ____ 193 1. Der Arrestgrund des § 917 Abs. 2 ZPO ____ 193 2. Nachweis ausländischen Rechts ____ 195 3. Zustellung ____ 196 VIII. Internationales Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht ____ 197 1. Internationales Zwangsvollstreckungsrecht ____ 197 2. Internationales Insolvenzrecht ____ 202 a. Rechtsquellen ____ 203 aa. Europäisches Recht ____ 203 bb. Deutsches autonomes Recht ____ 204 cc. Staatsverträge ____ 205 b. Verfahrenseröffnung ____ 206 c. Anerkennung ausländischer Insolvenzverfahren ____ 208 aa. EuInsVO ____ 209 bb. InsO ____ 211
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Vorbemerkung
IX.
d. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen ____ 213 aa. EuInsVO ____ 213 bb. InsO ____ 215 Internationale Schiedsgerichtsbarkeit ____ 217 1. Gründe für den Abschluss einer internationalen Schiedsvereinbarung ____ 218 2. Arten internationaler Schiedsgerichte ____ 219 3. Rechtsquellen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ____ 225 4. Das internationale Schiedsverfahren ____ 227 a. Schiedsvereinbarung ____ 227 b. Ausgestaltung des Schiedsverfahrens ____ 228
c. Anwendbares materielles Recht ____ 231 5. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche ____ 232 X. Internationale Rechtshilfe ____ 234 1. Europäischer Rechtshilfeverkehr ____ 236 2. Vertraglicher Rechtshilfeverkehr ____ 237 3. Vertragsloser Rechtshilfeverkehr ____ 239 4. Durchführung der Rechtshilfe ____ 240 a. Zustellungen ____ 241 b. Beweisaufnahmen ____ 245 c. Vollstreckungshilfe ____ 247 d. Verfahrensüberleitung ____ 249 e. Verfahrenshilfe ____ 250 XI. Tabellen zum Internationalen Zivilprozessrecht ____ 251
Schrifttum Deutschland: Basedow Qualifikation, Vorfrage und Anpassung im Internationalen Zivilverfahrensrecht, in: Schlosser (Hrsg.), Materielles Recht und Prozeßrecht und die Auswirkungen der Unterscheidung im Recht der Internationalen Zwangsvollstreckung, 1992, S. 131 ff.; von Craushaar Die internationalrechtliche Anwendbarkeit deutscher Prozeßnormen, 1961; Geimer Internationales Zivilprozeßrecht, 6. Aufl., 2009; Geimer Verfassung, Völkerrecht und Internationales Zivilprozeßrecht, ZfRV 1992, 321 ff., 401 ff.; Geimer Einige Bemerkungen zum internationalen und europäischen Zivilverfahrensrecht, FS Bucher, 2009, S. 181 ff.; Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 2. Aufl., 1973 ff.; Gottwald Die Stellung des Ausländers im Prozeß, in: Habscheid/Beys (Hrsg.), Grundfragen des Zivilprozeßrechts – die internationale Dimension, 1991, S. 3 ff.; Grunsky Lex fori und Verfahrensrecht, ZZP 89 (1976), 241 ff.; Grunsky Internationales Prozeßrecht – International Law of Procedure, in: Storme/Casman (Hrsg.), Towards a Justice with a human face, 1978, S. 67 ff.; Kohler Zum internationalen Zivilprozeßrecht, ZZP 10 (1887), 449 ff.; Linke/Hau Internationales Zivilprozeßrecht, 5. Aufl., 2011; Magnus Tabellen zum internationalen Recht, 1. Heft, Zivilprozeßrecht, 2. Aufl., 1931; Matscher Die Einwirkungen des EMRK auf das Internationale Privat- und zivilprozeßuale Verfahrensrecht, FS Schwind, 1993, S. 71 ff.; Max Planck Institut für ausländisches und internationales Privatrecht (Hrsg.), Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. I, 1982; Bd. III/1, 1984; Bd. III/2, 1984; Nagel Durchsetzung von Vertragsansprüchen im Auslandsgeschäft – Klage vor dem Schieds- oder Staatsgericht im Inland oder Ausland, 1978; Nagel Geschichtlicher Überblick über die Entwicklung des internationalen Zivilverfahrensrechts, in: Zeitgenössische Fragen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1972, S. 13 ff.; Nagel Auf dem Wege zu einem europäischen Zivilprozeßrecht, 1963; Nagel Chancen des internationalen Zivilprozeßrechts beim Ausgleich von Schwierigkeiten aus Rechtsordnungen unterschiedlicher Weltanschauung, ZZP 82 (1969), 360 ff.; Nagel Die Begrenzung des internationalen Zivilprozeßrechts durch das Völkerrecht, ZZP 95 (1982), 404 ff.; Nagel/Gottwald Internationales Zivilprozeßrecht, 6. Aufl., 2007; Neuhaus Internationales Zivilprozeßrecht und internationales Privatrecht, RabelsZ 20 (1955), 201 ff.; Niederländer Materielles Recht und Verfahrensrecht im internationalen Privatrecht, RabelsZ 20 (1955), 1 ff.; von Normann Das internationale Zivilprozeßrecht, 1923; Radtke Der Grundsatz der lex fori und die Anwendbarkeit ausländischen Verfahrensrechts, Diss. München 1982; Riezler Internationales Zivilprozeßrecht und prozeßuales Fremdenrecht, 1949; Schack Internationales Zivilverfahrensrecht, 5. Aufl., 2010; Schütze Deutsches Internationales Zivilprozeßrecht, 2. Aufl., 2005; Schütze Rechtsverfolgung im Ausland, 4. Aufl., 2009; Schütze Internationales Zivilprozeßrecht und Rechtsvergleichung, Recht in Ost und West, FS zum 30jährigen Jubiläum des Instituts für Rechtsvergleichung des Waseda Universität (Waseda-FS), 1988, S. 323 ff.; Schütze Ausgewählte Probleme des internationalen Zivilprozeßrechts, 2006; Stalev Der Fremde im Zivilprozeß. Der Grundsatz der lex fori und seine Durchbrechung, in: Zeitgenössische Fragen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1972, S. 31 ff.; Ziegenhain Extraterritoriale Rechtsanwendung und die Bedeutung des Genuine-Link-Erfordernisses, 1992.
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Schütze
Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
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Vorbemerkung
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
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Tübingen 2003; Angulo Lecciones de Derecho Procesal Internacional, 1974; Calvo Caravaca/Carrascosa Gonzáles Práctica Procesal Civil Internacional, 2001; Cortes Dominguez Derecho Procesal Internacional (Ordinamiento Español), 1981; Cremades/Cabiedes Litigating in Spain, 1989; Espinar Vicente Derecho Procesal Civil Internacional, 1988; Garau/Sobino Harmonisierung europäischen internationalen Zivilverfahrensrechts durch nationale Angleichung und bilaterale Abkommen: Das Beispiel Spanien, in: Jayme, Ein internationales Zivilverfahrensrecht für Gesamteuropa, 1992, 341 ff.; Gonzáles Campos/Recondo Porrúa Lecciones de Derecho procesal internacional, 1979; Ramos Mendez Código Procesal Civil Internacional, 1985; Ramos Mendez Jurisprudencia Procesal Civil Interncional, 2001; Remón u.a. Länderbericht Spanien, in: Colman, Encyclopedia of International Commercial Litigation, Spain, 1 ff.; Schütze/Karl Länderbericht Spanien, in:
433
Schütze
Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
Geimer/Schütze IRV, 1130. 1 ff.; Virgos Soriano/Garcimartin Alferez Derecho Procesal Civil Internacional, 2000. Sri Lanka: Otto Länderbericht Sri Lanka, in: Geimer/Schütze IRV, 1131.1 ff. Sudan: Bälz Länderbericht Sudan, in: Geimer/Schütze IRV, 1132.1 ff.; Elwan Die kollisionsrechtlichen Bestimmungen im Gesetz über den zivilrechtlichen Geschäftsverkehr der Demokratischen Republik Sudan, IPRax 1986, 56 f. Südafrika: Doser Länderbericht Südafrika, in: Geimer/Schütze IRV, 1133.1 ff. Syrien: Börner Länderbericht Syrien, in: Geimer/Schütze IRV, 1135.1 ff. Tadschikistan: Mindach Länderbericht Tadschikistan, in: Geimer/Schütze IRV, 1138.1 ff. Thailand: Falder Länderbericht Thailand, in: Geimer/Schütze IRV, 1140.1 ff.; Wenk Gerichtsverfassung und Zivilprozeß in Thailand, 1960. Timor-Leste (Osttimor): Nordmeier Länderbericht Timor-Leste, in: Geimer/Schütze IRV, 1142.1 ff.; Nordmeier Timor-Leste: Neues internationales Zivilprozeßrecht, IPRax 2009, 540 f. Tschechien: Chromecek/Svoboda/Hanzlik Länderbericht Tschechische Republik, in: Colman, Encyclopedia of International Commercial Litigation, Czech Republic, 1 ff.; Wünsch Länderbericht Tschechische Republik, in: Geimer/Schütze IRV, 1145.1 ff. Türkei: Krüger Das türkische IPR-Gesetz von 1982, IPRax 1982, 252 ff.; Krüger Das türkische Gesetz Nr. 2675 vom 20.5.1982 über das internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht, 1982; Krüger/Nomer-Ertan Das türkische Gesetz Nr. 5718 vom 27.11.2007 über das internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht, IPRax 2008, 283 ff.; Schütze/Esin Länderbericht Türkei, in: Geimer/Schütze IRV, 1146.1 ff.; Tekinalp Das türkische Gesetz über internationales Privat- und Zivilverfahrensrecht von 1982, RabelsZ 47 (1983), 74 ff.; Yeşilirmak Türkish International Procedural Law in the New Millenium, GS Konuralp, 2009, Bd. 1, S. 1265 ff. Tunesien: Menhofer Neues internationales Privatrecht in Tunesien, IPRax 1999, 266 ff.; Mezghani Commentaires du Code de droit international privé, 1999; Mezghani Les innovations du code tunesien de droit international privé, RabelsZ 65 (2001), 78 ff.; Rauscher Länderbericht Tunesien, in: Geimer/Schütze IRV, 1147.1 ff. Turkmenistan: Mindach Länderbericht Turkmenistan, in: Geimer/Schütze IRV, 1149.1 ff. Uganda: Knieper Länderbericht Uganda, in: Geimer/Schütze IRV, 1150.1 ff. Ungarn: Farkas Die zivilprozeßrechtliche Stellung der Ausländer in Ungarn, 1989; Kengyel Die neue Regelung des ungarischen internationalen Zivilprozeßrechts, FS Geimer 2002, S. 397 ff.; Kengyel Das ungarische internationale Zivilverfahrensrecht und die Perspektiven für einen Beitritt zum EuGVÜ und zum Lugano Übereinkommen, in: Jayme (Hrsg.), Ein internationales Zivilverfahrensrecht für Gesamteuropa, 1992, S. 121 ff.; Kengyel Das ungarische internationale Zivilprozeßrecht und der EU-Beitritt, FS Schlosser 2005, S. 341; Kengyel Ungarn innerhalb des Tors des Lugano-Übereinkommens, FS Kaissis, 2012, S. 469 ff.; Kengyel/Harsági Länderbericht Ungarn, in: Geimer/Schütze IRV, 1151.1 ff.; Szászy International Civil Procedure, 1967; Kohlrusz/Okanyi Länderbericht Ungarn, in: Colman, Encyclopedia of International Commercial Litigation, Hungary, 1 ff.; Vékás Die Reform des internationalen Zivilverfahrensrechts in Europa, IPRax 2002, 142 ff. Ukraine: Solotych Länderbericht Ukraine, in: Geimer/Schütze IRV, 1152.1 ff. Usbekistan: Mindach Länderbericht Usbekistan, in: Geimer/Schütze IRV, 1153.1 ff. Venezuela: Para Aranguren Die venezolanische Zivilprozeßordnung von 1987 – Internationales Zivilprozeßrecht, IPRax 1989, 326 ff.; Rissel Länderbericht Venezuela, in: Geimer/Schütze IRV, 1154.1 ff. Vereinigte Arabische Emirate: Bälz Länderbericht Vereinigte Arabische Emirate, in: Geimer/ Schütze IRV, 1155.1 ff.; Krüger Grundzüge des internationalen Zivilverfahrensrechts der Vereinigten Arabischen Emirate, RIW 1993, 384 ff. Vereinigte Staaten von Amerika: American Institute, Restatement (Second) Conflict of Laws und Restatement (Third) of the Foreign Relations Law of the United States; Berman Transnational Litigation, 2003; Born/Rutledge International Civil Litigation in the United States Courts, 4. Aufl., 2007; Fellas Transatlantic Commercial Litigation and Arbitration, 2004; Kreindler Transnational Litigation, 1998; Lowenfeld International Litigation and the Quest for Reasonableness, 1994; Lowenfeld International Litigation and Arbitration, 3. Aufl., 2006; Rosenfeld/Ulrich/Dune/Busch Länderbericht USA, in: Colman, Encyclopedia of International Commercial Litigation, United States of America. 1 ff.; Schack Einführung in das US-amerikanische Zivilprozeßrecht, 4. Aufl., 2011; Schütze Länderbericht USA, in: Geimer/Schütze IRV, 1157.1 ff.; Treitz Transnational Litigation, 1996; Weintraub International Litigation and Arbitration, 1994. Vietnam: Nguyen/Wieczorek/Le Net Länderbericht Vietnam, in: Geimer/Schütze IRV, 1160.1 ff.
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I. Begriff, Rechtsquellen und Grundsätze
Zentralafrikanische Republik: Knieper Länderbericht Zentralafrikanische Republik, in: Geimer/ Schütze IRV, 1180.1 ff. Zypern: Schütze Länderbericht Zyperns, in: Geimer/Schütze IRV, 1181.1 ff. Rechtsvergleichend und Darstellung mehrerer Rechtsordnungen: Clark (Hrsg.), The Dispute Resolution Review, 2009; Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Loseblatt (mit Länderberichten zu mehr als 80 Rechtsordnungen); Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., 2010, Teil 2, S. 1699 ff.; Grubbs International Civil Procedure, 2003; Kos-RabcewiczZubkowski Cooperación Interamericana en los Procedimientos Civiles y Mercantiles, 1982; Leatheley International Dispute Resolution in Latin America, 2007; Ong Cross Border Litigation within ASEAN, 1997; Pryles Dispute Resolution in Asia, 1997.
I. Begriff, Rechtsquellen und Grundsätze des internationalen Zivilprozessrechts I. Begriff, Rechtsquellen und Grundsätze 1. Begriff des internationalen Zivilprozessrechts Schrifttum Bertele Souveränität und Verfahrensrecht, 1998; Geimer IZPR, Rdn. 1 ff.; Geimer Verfassung, Völkerrecht und internationales Zivilverfahrensrecht, ZfRV 1992, 321 ff.; Linke/Hau IZPR, Rdn. 1 ff.; Nagel Die Begrenzung des internationalen Zivilprozeßrechts durch das Völkerrecht, ZZP 75 (1962), 408 ff.; Nagel Chancen des internationalen Zivilprozeßrechts beim Ausgleich von Schwierigkeiten aus Rechtsordnungen unterschiedlicher Weltanschauung, ZZP 82 (1969), 306 ff.; Nagel/Gottwald IZPR, § 1, Rdn. 1 ff.; Riezler IZPR, S. 1 ff.; Schack IZVR, Rdn. 1 ff.
Das internationale Zivilprozessrecht umfasst die Gesamtheit der zivilverfahrens- 3 rechtlichen Normen, soweit sie Auslandsbezug haben. Das internationale Zivilprozessrecht gehört damit zum Zivilprozessrecht, ist ein Teil von ihm. Es ist – bruchstückhaft – in der ZPO normiert. Zum internationalen Zivilprozessrecht gehört auch das prozessuale Fremdenrecht,1 das die Stellung von Ausländern vor heimischen Gerichten regelt. Der terminus „internationales Zivilprozessrecht“ hat sich im deutschen und auslän- 4 dischen Sprachgebrauch durchgesetzt.2 Die Bezeichnung ist nicht glücklich. Das IZPR ist ebenso wie das IPR kein internationales, sondern nationales Recht, wenn man von einigen völkerrechtlichen Normen im Bereich der Gerichtsbarkeit absieht. Das internationale Zivilprozessrecht ist von verwandten Rechtsgebieten abzugren- 5 zen: a. Internationales Zivilprozessrecht und internationales Privatrecht Schrifttum Neuhaus Internationales Zivilprozeßrecht und internationals Privatrecht, RabelsZ 20 (1955), 201 ff.; Svetlanov The International Civil Process and Conflict of Laws, FS Boguslvskij, 2004, S. 199 ff.
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1 Vgl. dazu rechtsvergleichend Gottwald Die Stellung des Ausländers im Prozess, in: Gottwald u.a., Grundfragen des Zivilprozessrechts 1990, S. 1 ff.; Klamaris Der Ausländer im Prozess, ebenda, S. 101 ff.; Stalev Der Fremde im Zivilprozess, in: Zeitgenössische Fragen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1972, S. 31 ff. 2 Vgl. zur Entwicklung Nagel Geschichtlicher Überblick über die Entwicklung des internationalen Zivilverfahrensrechts, in: Zeitgenössische Fragen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1972, S. 13 ff.
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
6
Das IZPR wird häufig als Teilgebiet des IPR gesehen. In der deutschen und ausländischen Literatur zum IPR wird das IZPR regelmäßig mit behandelt. Für das frühere sowjetische Recht vertrat Lunz3 gar die Ansicht, das IZPR habe keine eigenständige Bedeutung. Das IZPR ist vom IPR jedoch grundsätzlich abzugrenzen.4 Jenes – das IZPR – gehört zum Verfahrensrecht, dieses – das IPR – gehört zum materiellen Recht. Die Normen des IPR beantworten die Frage, welches Recht Anwendung findet, die Normen des IZPR, welches Gericht in welchem Verfahren entscheiden und dieses kollisionsrechtlich zur Anwendung berufene Recht anwenden soll. Dabei sind IPR und IZPR mit einander verwoben. Die Zuständigkeitsfrage des IZPR steht regelmäßig vor der kollisionsrechtlichen der Rechtsanwendung. Deshalb hat ein deutsches Gericht bei der Scheidung von Ausländern zunächst zu entscheiden, ob die internationale Zuständigkeit nach § 98 FamFG gegeben ist – eine Frage des IZPR – bevor es nach Art. 17 EGBGB prüfen darf, welches Recht auf die Scheidung anzuwenden ist – eine Frage des IPR. Als wesentlicher Unterschied zum IPR wird diskutiert, ob das IZPR Kollisionsnormen 7 verfahrensrechtlicher Natur enthält. 8 Schließlich ist die Bedeutung des Gegenseitigkeitsprinzips5 im IPR und IZPR unterschiedlich. Während das IZPR das Gegenseitigkeitserfordernis noch im Bereich der internationalen Urteilsanerkennung (§ 328 Abs. 1 Nr. 5) kennt, ist die Anwendung ausländischen Rechts nicht von der Gegenseitigkeit abhängig, nachdem auch die Rudimente des Gegenseitigkeitsprinzips in Art. 31 EGBGB der IPR-Reform 1986 zum Opfer gefallen sind. 9
b. Internationales Zivilprozessrecht und internationales Strafprozessrecht. Das internationale Strafprozessrecht umfasst alle strafprozessualen Normen bei Fällen mit Auslandsbezug: Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Verfolgung von Straftaten im Ausland oder zur Strafverfolgung von Ausländern im Inland, Immunität von Staatsoberhäuptern, Diplomaten und Konsuln in deutschen Strafverfahren, Wirkungen ausländischer Strafurteile im Inland, Auslieferungs- und Asylrecht sowie Rechtshilfe in Strafsachen. 10 Das internationale Strafprozessrecht ist ebenso wenig internationales Recht wie das IZPR. IZPR und internationales Strafprozessrecht überschneiden sich teilweise, z.B. bei Adhäsionsverfahren. c. Internationales Zivilprozessrecht und Rechtsvergleichung Schrifttum Schütze Internationales Zivilprozeßrecht und Rechtsvergleichung, FS Waseda, 1988, S. 323 ff.
Während das IZPR objektives Recht ist, hat die Rechtsvergleichung Rechtsanwendungs- und Rechtsforschungsfunktion. In beiden beeinflusst sie das IZPR und dient ihr. Für das IPR hat Rabel6 die rechtsvergleichende Methode hoffähig gemacht. Für das 12 IZPR ist diese Funktion der Rechtsvergleichung heute anerkannt. Sie wird vom EuGH zur Auslegung von EuGVVO und EuGVÜ im Rahmen der vertragsautonomen und verordnungsautonomen Qualifikation angewandt.7 Der BGH hat sich ihrer bei der Gegenseitig11
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3 Vgl. Lunz Internationaler Zivilprozess, 1968, S. 9 ff. 4 Vgl. Geimer IZPR, Rdn. 19 ff.; Linke/Hau IZPR, Rdn. 38; Schack IZVR, Rdn. 23 ff. 5 Vgl. dazu Hepting Die Gegenseitigkeit im internationalen Privatrecht und internationalen Zivilprozessrecht, Diss. München 1973; Schwantag Gegenseitigkeit und „loi uniforme“ in Abkommen zum internationalen Privat- und Prozessrecht, Diss. Freiburg/Brsg. 1976. 6 Vgl. Rabel Das Problem der Qualifikation, RabelsZ 5 (1931), 241 ff. 7 Vgl. im Einzelnen Schütze DIZPR, Rdn. 7 f.
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I. Begriff, Rechtsquellen und Grundsätze
keitsfeststellung im Rahmen der Anerkennung ausländischer Zivilurteile bedient8 und für die Bestimmung eines Ersatzrechtes bei Nichtfeststellbarkeit des Inhalts eines kollisionsrechtlich zur Anwendung berufenen ausländischen Rechtssatzes ist sie unerlässlich (vgl. § 293, Rdn. 38). d. Internationales Zivilprozessrecht und Völkerrecht Schrifttum Bertele Souveränität und Verfahrensrecht – Eine Untersuchung der aus dem Völkerrecht ableitbaren Grenzen staatlicher extraterritorialer Jurisdiktion im Verfahrensrecht, 1988; Cottier Die Anwendbarkeit von völkerrechtlichen Normen im innerstaatlichen Bereich als Ausprägung der Konstitutialisierung des Völkerrechts, SZIER 9 (199), 403 ff.; Geimer IZPR, Rdn. 119 ff.; Mráz Völkerrecht im Zivilprozeß, 2004.
Das Völkerrecht bestimmt die Grenzen der Jurisdiktionsgewalt eines Staates und die 13 Regelungsbefugnis des Inhalts des internationalen Verfahrensrechts. So werden die Grenzen der Gerichtsbarkeit eines Staates durch unmittelbar wirkende Normen des Völkerrechts gezogen. Auch wird die Regelung der internationalen Zuständigkeit – die ein Staat grundsätzlich nach Gutdünken vornehmen kann9 – in ihrer Außenwirkung am Völkerrecht gemessen. Dieses erfordert eine Nähebeziehung der internationale Zuständigkeit begründenden Gerichtsstände zum Urteilsstaat (genuine link).10 Andernfalls liegt eine völkerrechtswidrige Usurpierung internationaler Zuständigkeit vor, wie es im Alien Tort Claims Act der Fall ist.11 Das internationale Zivilprozessrecht ist nationales Recht, das Völkerrecht enthält 14 allgemein verbindliche Normen. 2. Die Rechtsquellen des europäischen und internationalen Zivilprozessrechts a. Völkerrecht. Die Regelung der Gerichtshoheit eines Staates und ihre Begrenzung 15 durch die Immunität ausländischer Staaten und Amtsträger ergeben sich unmittelbar aus dem Völkerrecht. Die allgemeinen Regelungen des Völkerrechts im Hinblick auf Diplomaten und Kon- 16 suln sind in – dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18.4.196112 und – dem Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen vom 24.4.196313 und durch §§ 18–20 GVG konkretisiert in das deutsche autonome Recht übernom- 17 men worden. Die Bestimmungen im GVG gehen nicht über die Immunitäten in den Wiener Übereinkommen hinaus, erweitern jedoch den Anwendungsbereich auch auf Angehörige von Nichtvertragsstaaten.
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8 Vgl. z.B. BGHZ 49, 50. 9 Vgl. Geimer IZPR, Rdn. 848; Nagel/Gottwald IZPR, § 3, Rdn. 351; Schack IZVR, Rdn. 215; Schütze DIZPR, Rdn. 103. 10 Vgl. u.a. Bertele S. 221 ff.; Geimer IZPR, Rdn. 127; Gottwald Grenzen zivilgerichtlicher Maßnahmen mit Auslandswirkung, FS Habscheid, 1989, S. 119 ff. (130); Mann The Doctrine of Jurisdiction in International Law, RC 111 (1964-I), 1 ff. (77 ff.); a.A. Schack IZPR, Rdn. 215. 11 Vgl. Schütze Die Verweigerung der Klagezustellung bei völkerrechtwidriger Usurpierung internationaler Zuständigkeit, RIW 2009, 497 ff. 12 BGBl. 1964 II 957, 1006, 1008. 13 BGBl. 1969 II 1585, 1674, 1688.
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
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Die Staatenimmunität ist Gegenstand des Europäischen Übereinkommens über die Staatenimmunität vom 16.5.1972.14
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b. Europarecht. Wesentliche Materien des internationalen Zivilprozessrechts sind europarechtlich durch Verordnungen geregelt: – VO (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel I) vom 22.12.2000;15 – VO (EG) Nr. 1347/2000 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten (Brüssel II) vom 29.5. 2000;16 – VO (EG) Nr. 2201/2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (Brüssel II a) vom 27.11.2003;17 – VO (EG) Nr. 805/2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen vom 21.4.2004 (EuVTVO);18 – VO (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren vom 29.5.2000;19 – VO (EG) Nr. 1348/2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen vom 29.5.2000;20 – VO (EG) Nr. 1393/2007 vom 13.11.2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000;21 – VO (EG) Nr. 1206/2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen vom 28.5.2001;22 – VO (EG) Nr. 1896/2006 vom 12.12.2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens;23 – VO (EG) Nr. 861/2007 vom 11.7.2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen;24 – VO (EG) Nr. 4/2009 vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen.25
20
Die europarechtliche Regelung der internationalen Zuständigkeit und der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen im EuGVÜ hat seine
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14 BGBl. 1990 II 34. 15 ABl. 2001 Nr. L 12, S. 1. 16 ABl. 2000 Nr. L 160, S. 19; die VO ist seit dem 1.3.2005 ersetzt worden durch die VO (EG) Nr. 2201/ 2003. 17 ABl. 2003 Nr. L 338, S. 1. 18 ABl. 2004 Nr. L 143, S. 15. 19 ABl. 2000 Nr. L 160, S. 1. 20 ABl. 2000 Nr. L 160, S. 37. 21 ABl. 2000 Nr. L 324, S. 79. 22 ABl. 2001 Nr. L 174, S. 1. 23 ABl. 2006 Nr. L 399, S. 1. 24 ABl. 2007 Nr. L 199, S. 1. 25 ABl. EU Nr. L 7 v. 10.1.2009, S. 1.
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I. Begriff, Rechtsquellen und Grundsätze
Bedeutung durch die EuGVVO verloren, nachdem Dänemark – für das die EuGVVO nicht als Gemeinschaftsrecht gilt – die Verordnung aufgrund Staatsvertrages anwendet.26 c. Autonomes Recht. Zahlreiche Normen des IZPR finden sich in der ZPO, dem 21 FamFG, aber auch in anderen Gesetzen: § 38 Abs. 2 ZPO, internationale Gerichtsstandsvereinbarung; §§ 110–113 ZPO, cautio iudicatum solvi; § 183 ZPO, Zustellung im Ausland; § 293 ZPO, Nachweis und Feststellung des Inhalts ausländischen Rechts; § 328 ZPO, Anerkennung ausländischer Zivilurteile; §§ 363 f. ZPO, Beweisaufnahme im Ausland; §§ 722 f. ZPO, Vollstreckbarerklärung ausländischer Zivilurteile; § 1061 ZPO, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche; §§ 1067 ff. ZPO, justizielle Zusammenarbeit in der EU; § 98 FamFG, internationale Zuständigkeit in Ehesachen, Verbund von Scheidungs- und Folgesachen § 99 FamFG, internationale Zuständigkeit in Kindschaftssachen § 100 FamFG, internationale Zuständigkeit in Abstammungssachen § 101 FamFG, internationale Zuständigkeit in Adoptionssachen § 102 FamFG, internationale Zuständigkeit in Versorgungsausgleichssachen § 103 FamFG, internationale Zuständigkeit in Lebenspartnerschaftssachen § 104 FamFG, internationale Zuständigkeit in Betreuungs- und Unterbringungssachen, Pflegschaft für Erwachsene § 105 FamFG, Doppelfunktionalität der Normen für die örtliche Zuständigkeit § 106 FamFG, Nichtausschließlichkeit der Normen über die internationale Zuständigkeit §§ 107 ff. FamFG, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Entscheidungen in Ehesachen und anderer ausländischer Entscheidungen §§ 18–20 GVG, Gerichtsbarkeit, Immunität; § 738 a Abs. 1 HGB, Anerkennung der Wirkungen ausländischer Rechtshängigkeit Rechtshilfeordnung in Zivilsachen (ZRHO). Ausführungsgesetze zu Staatsverträgen international-zivilprozessualen Inhalts, ins- 22 besondere – Gesetz vom 20.2.2001 zur Ausführung zwischenstaatlicher Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge in Zivil- und Handelssachen (AVAG)27 und – Gesetz vom 26.1.2005 zur Aus- und Durchführung bestimmter Rechtsinstrumente auf dem Gebiet des internationalen Familierechts (IntFamRVG).28
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26 Vgl. Abkommen zwischen der EG und Dänemark vom 19.10.2005, ABl. Nr. L 299; S. 62; vgl. dazu Jayme/Kohler Europäisches Kollisionsrecht 2005: Hegemonialgesten auf dem Weg zu einer Gesamtvereinheitlichen, IPRax 2005, 481 ff. (485 f.); Nielsen Brussels I and Denmark, IPRax 2007, 506 ff. 27 BGBl. 2001 I 288, 436. Jetzt gültige Fassung v. 3.12.2009, BGBl. 2009 I, 3830. 28 BGBl. 2005 I 162.
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
d. Staatsverträge aa. Rechtshilfe 23 – – – – –
Haager Zivilprozessabkommen vom 17.7.1905;29 Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954;30 Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15.11.1965;31 Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18.3.1970;32 Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht vom 7.6.1968.33
Zu den Haager Zivilprozessübereinkommen sind zahlreiche bilaterale Zusatzvereinbarungen ergangen.34 25 Von den bilateralen Rechtshilfeverträgen sind noch von Bedeutung: – Deutsch-amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 29.10.1954;35 – Deutsch-britisches Abkommen über den Rechtsverkehr v. 20.3.1928;36 – Deutsch-griechisches Abkommen über die gegenseitige Rechtshilfe in Angelegenheiten des bürgerlichen und des Handelsrechts vom 11.5.1938;37 – Deutsch-liechtensteinische Vereinbarung vom 17.2/29.5.1958 über den unmittelbaren Geschäftsverkehr in Zivil- und Strafsachen zwischen den Justizbehörden der Bundesrepublik Deutschland und des Fürstentums Liechtenstein;38 – Deutsch-marokkanischer Vertrag vom 29.10.1985 über die Rechtshilfe und Rechtsauskunft in Zivil- und Handelssachen;39 – Deutsch-türkisches Abkommen vom 28.5.1929 über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen;40 – Deutsch-tunesischer Vertrag vom 19.7.1966 über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit.41
24
_____ 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41
RGBl. 1909 409. BGBl. 1958 II 577. BGBl. 1977 II 1453. BGBl. 1977 II 1453. BGBl. 1974 II 937. Vgl. dazu Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 102–180. BGBl. 1956 II 487. RGBl. 1928 II 623. RGBl. 1939 II 848. BAnz Nr. 73/1959. BGBl. 1988 II 1954. RGBl. 1930 II 6. BGBl. 1969 II 889.
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I. Begriff, Rechtsquellen und Grundsätze
bb. Internationale Zuständigkeit und gegenseitige Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Zivilurteilen und Schiedssprüchen – –
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Lugano-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung 26 gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30.10.2007;42 Deutsch-tunesischer Vertrag vom 19.7.1966 über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit;43 Deutsch-israelischer Vertrag vom 20.7.1977 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.44
Die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit der Schweiz, Italien, 27 Belgien, Österreich, dem Vereinigten Königreich, Griechenland, den Niederlanden, Norwegen und der Schweiz haben durch die Regelungen in der EuGVVO, dem EuGVÜ und dem LugÜ I und II ihre Bedeutung im Wesentlichen verloren.45 cc. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit – – – –
Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln vom 24.9.1923;46 28 Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26.9.1927;47 UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958;48 Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961.49
Zahlreiche bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungs-, Rechtshilfe- und Freund- 29 schaftsverträge regeln auch Fragen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, vgl. dazu Schütze Das internationale Zivilprozessrecht in der ZPO, 2. Aufl., 2011, § 1061, Rdn. 104 ff. Darüber hinaus bestehen zahlreiche internationale Übereinkommen über Spezialmaterien, vgl. ebenda § 1061, Rdn. 95 ff. e. Rechtsprechung Schrifttum Schütze Die Bedeutung der Rechtsprechung als Rechtsquelle im deutschen internationalen Zivilprozeßrecht, ZVglRWiss 92 (1993), 29 ff.
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42 ABl. EU 2007 Nr. L 339, S. 3; Das Übereinkommen ersetzt im Rahmen seines Geltungsbereichs das am 16.9.1988 geschlossene Abkommen (LugÜ I). Es ist seit dem 1.1.2010 für die EU in Kraft. 43 BGBl. 1969 II 889. 44 BGBl. 1980 II 925, 1531. 45 Vgl. dazu Schütze Das internationale Zivilprozessrecht in der ZPO, 2. Aufl., 2011, § 328, Rdn. 134 ff. Vgl. dort auch die Darstellung der multilateralen Staatsverträge über die Wirkungserstreckung von Entscheidungen in Spezialmaterien. 46 RGBl. 1925 II 47. 47 RGBl. 1930 II 1068. 48 BGBl. 1961 II 122. 49 BGBl. 1964 II 426.
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Das deutsche Recht kennt keine bindende Wirkung von Gerichtsentscheidungen über den entschiedenen Fall hinaus. Es besteht keine „binding force of precedent“ wie sie das common law kennt, wenn man von der Ausnahme des Art. 100 Abs. 2 GG für Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts absieht. Es ist aber nicht zu verkennen, dass die Rechtsprechung, insbesondere der oberen 31 Gerichte, trotz der mangelnden formellen Bindungswirkung faktische Konsequenzen hat, die einer Bindungswirkung sehr nahe kommen. Das gilt insbesondere in Bereichen des Rechts, die der Gesetzgeber nicht ausgefüllt hat und in denen lückenhafte gesetzliche Regelungen bestehen. 32 Gegenstand richterlicher Rechtsschöpfung50 auf dem Gebiet des internationalen Zivilprozessrechts sind u.a. die Bestimmung des Inhalts und der Grenzen der Immunität durch das Bundesverfassungsgericht, 51 der internationalen Zuständigkeit durch den Bundesgerichtshof52 und der internationalen Rechtshängigkeit durch die Zivilgerichte.53 Im Bereich des europäischen Zivilprozessrechts hat der Europäische Gerichtshof 33 durch seine Auslegungskompetenz die Rechtsfortbildung entscheidend beeinflusst. 3. Qualifikation Schrifttum Basedow Qualifikation, Vorfrage und Anpassung im internationalen Zivilverfahrensrecht, in: Schlosser (Hrsg.), Materielles Recht und Prozeßrecht, 1992, S. 131 ff.; Schack Zur Qualifikation des Anspruchs auf Rechnungslegung im internationalen Urheberrecht, IPRax 1991, 347 ff.; Schütze Internationales Zivilprozeßrecht und Rechtsvergleichung, FS Waseda, 1988, S. 323 ff. (324 ff.).
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Das Problem der Qualifikation – im IPR gleichzeitig von Kahn54 und Bartin55 aufgezeigt – tritt im IZPR in doppelter Weise auf: bei der Zuordnung von Rechtsinstituten oder -begriffen zum materiellen oder Prozessrecht (Qualifikation eines Systembegriffs)56 und bei der Bestimmung des Inhalts von international zivilprozessual relevanten Begriffen, insbesondere bei der Auslegung von Staatsverträgen über Materien des IZPR.
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a. Qualifikation eines Systembegriffs. Die Zugehörigkeit einer Norm zum materiellen oder zum Prozessrecht bestimmt sich nach der lex fori.57 Eine von Niederländer58 und
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50 Vgl. zur Rolle der richterlichen Rechtsschöpfung bei der Auslegung, Ergänzung und korrektiven Fortbildung des Rechts insbes. Böhmer Grundlagen der bürgerlichen Rechtsordnung, Bd. 2, 2. Abt., 1952. 51 Vgl. z.B. BVerfGE 15, 25; 16, 27. 52 Vgl. BGHZ 44, 46. 53 Vgl. dazu unten sub II. 54 Vgl. Kahn Gesetzeskollisionen, Iher. Jb. 30 (1891), S. 1 ff. 55 Vgl. Bartin De l’impossibilité d’arriver à la suppression définitive des conflits de lois, Journal Clunet 24 (1897), S. 225 ff., 446 ff.; 720 ff. 56 Vgl. dazu Riezler IZPR, S. 103. 57 Vgl. Basedow aaO, S. 131 ff.; von Craushaar Die internationalrechtliche Anwendbarkeit deutscher Prozessnormen, 1961, S. 11; Nagel IZPR, S. 139 ff.; Riezler IZPR, S. 103; Schoch Klagbarkeit, Prozessanspruch und Beweis im Lichte des internationalen Rechts, 1934; Schütze DIZPR, Rdn. 58; Wunderlich Zur Prozessstandschaft im internationalen Recht, Diss. München 1973, S. 153. 58 Vgl. Niederländer Materielles Recht und Verfahrensrecht im internationalen Privatrecht, RabelsZ 20 (1955), S. 1 ff.
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I. Begriff, Rechtsquellen und Grundsätze
Neuhaus59 favorisierte Ansicht versucht mit funktionaler Zuordnung von Systembegriffen zum materiellen Recht das ungeliebte lex-fori-Prinzip aufzuweichen. Probleme entstehen bei unterschiedlicher Zuordnung durch mehrere in Betracht 36 kommende Rechtsordnungen. Die Rechtsprechung hat sich mehrfach mit dieser Frage im Rahmen der Verjährung beschäftigt, wenn diese in einem Staat – wie den USA60 – zum Prozessrecht, im anderen – wie in der Bundesrepublik Deutschland61 – zum materiellen Recht gehörig angesehen wird. Die hL nimmt eine Rück- oder Weiterverweisung in diesen Fällen nicht vor, wendet vielmehr die lex causae an.62 b. Bestimmung des Inhalts von Begriffen. Die Anwendung von zwei- oder mehr- 37 seitigen Staatsverträgen international zivilprozessualen Inhalts – insbesondere auf dem Gebiet der internationalen Urteilsanerkennung – erfordert eine Qualifikation zur Bestimmung des Inhalts von Begriffen. Die Qualifikation nach dem Recht eines Vertragsstaates führt zu einer unterschiedli- 38 chen Anwendung des Staatsvertrages in den Vertragsstaaten.63 Die Anwendung erst-64 oder zweitstaatlichen Rechts65 ist nicht in der Lage, die einheitliche Handhabung – die wünschbar und notwendig ist – sicherzustellen. Die Anhänger dieser Qualifikation nehmen hin, dass ein Staatsvertrag über die internationale Urteilsanerkennung zu einer Einbahnstraße wird: Wenn beide Staaten eine Materie unterschiedlich zuordnen (Zivilrecht – öffentliches Recht), wie es beispielsweise im deutsch-belgischen Verhältnis bei Sozialversicherungsstreitigkeiten der Fall ist,66 dann könnte dasselbe Urteil im Staat A erlassen, im Staat B anerkannt werden, von einem Gericht im Staat B erlassen, aber nicht im Staat A. In eine Sackgasse führt auch die Einordnung nach der lex causae.67 Denn hier wird 39 das Problem der einheitlichen Anwendung nur scheinbar gelöst. Das Qualifikationsproblem wird auf die IPR-Ebene verlagert. Damit ist die lex fori des Erststaates letztlich maß-
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59 Vgl. Neuhaus Internationales Zivilprozessrecht und internationales Privatrecht, RabelsZ 20 (1955), S. 201 ff. 60 Vgl. dazu Mitscherlich/Jander Verjährungsprobleme im internationalen Privatrecht der Vereinigten Staaten, RIW/AWD 1978, S. 358 ff.; Schlink Die internationalprivatrechtliche Behandlung der Verjährung in den Vereinigten Staaten, RabelsZ 9 (1935), S. 418 ff.; Schütze Probleme der Hemmung der Verjährung durch Erhebung einer Klage im Ausland vor einem staatlichen Gericht oder Schiedsgericht im deutschen internationalen Privat- und Prozessrecht, FS Roth, 2011, S. 791 ff. 61 Vgl. RGZ 145, 121; BGH NJW 1960, 1720; BGH IPRspr. 1964/65, Nr. 257. 62 Vgl. RG JW 1911, 148; RGZ 145, 121; BGH AWD 1960, 183; OLG Hamburg AWD 1974, 561; Riezler IZPR, S. 105 ff.; Schütze FS Roth, 2011, S. 791 ff.; aA Kegel Die Grenze von Qualifikation und Renvoi im internationalen Verjährungsrecht, 1962, S. 39 ff. 63 Vgl. dazu Cramer-Frank Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, 1987, S. 39 ff.; Schütze DIZPR, Rdn. 61; Schütze FS Waseda, S. 28 ff.; Schütze Zur Auslegung internationaler Übereinkommen, FS von Maydell, 2002, S. 649 ff. 64 So jedoch für den Begriff der Zivilsache in den bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen die hL; vgl. für Nachweise Waehler Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. III/2, 1984, S. 240 (Rdn. 50). 65 So jedoch die schweizerische Lehre zum Begriff der Handelssache; vgl. Stojan Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile in Handelssachen, 1986, S. 61 mwN; zum deutschschweizerischen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen, vgl. in diesem Sinne Levis Deutschschweizerischer Vollstreckungsvertrag, ZSchwR 1937, S. 353 ff. (358). 66 Vgl. dazu Schütze FS Waseda, aaO, S. 328. 67 Der EuGH hat den Erfüllungsort in Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ nach der lex causae qualifiziert, vgl. EuGHE 1976, 1473 = NJW 1977, 491 mit Anm. Geimer = RIW/AWD 1977, 40 mit Anm. Linke (Tessili ./. Dunlop); dazu Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I, 1, 1983, S. 560 ff.; Spellenberg Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes im europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen, ZZP 91 (1978), S. 38 ff.
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gebend. Der unterschiedlichen Anwendung des Vertrages in den Vertragsstaaten ist Tür und Tor geöffnet. Eine einheitliche Anwendung von Staatsverträgen international zivilprozessualen Inhalts ist nur bei drei Qualifikationsmethoden gesichert: Vertragsautonome Qualifikation. Der EuGH hat zur Bestimmung des Inhalts zahlreicher Begriffe zunächst des EuGVÜ und später der EuGVVO ohne Rückgriff auf das Recht eines Vertragsstaates eine Interpretation aus dem Übereinkommen bzw. der Verordnung heraus vorgenommen,68 so bei der Bestimmung des Begriffs der Zivilsache in Art. 1 Abs. 1,69 der Konkurssache in Art. 1 Abs. 2 Nr. 2,70 des Ortes des schädigenden Ereignisses in Art. 5 Nr. 3,71 des Teilzahlungskaufs in Art. 1372 und des ordentlichen Rechtsbehelfs in Art. 30.73 Der EuGH geht dabei davon aus, dass zunächst das EuGVÜ und jetzt die EuGVVO ein geschlossenes Normensystem darstellt, das eine Auslegung aus sich selbst heraus erfordert. Doppelqualifikation. Zu einer einheitlichen Anwendung von internationalen Übereinkommen führt eine Doppelqualifikation oder Mehrfachqualifikation (bei mehrseitigen Verträgen).74 Danach muss ein Begriff nach dem Recht aller beteiligten Vertragsstaaten die Kriterien des Staatsvertrages erfüllen. Die Doppelqualifikation wird mit dem Argument angegriffen, sie enge den Anwendungsbereich von Staatsverträgen ein und sei – im Bereich der internationalen Urteilsanerkennung – anerkennungsfeindlich.75 Sie ist aber praktikabel und sichert die notwendige Einheitlichkeit der Anwendung von Staatsverträgen. Alternative Qualifikation. Eine einheitliche Anwendung von Staatsverträgen sichert auch die alternative Qualifikation.76 Danach ist es ausreichend, wenn das Erfordernis, das ein Staatsvertrag aufstellt (z.B. Entscheidung in einer Zivil- oder Handelssache) nach dem Recht eines Vertragsstaates vorliegt. Cramer-Frank qualifiziert ebenso wie die Anhänger der Lehre von der Doppelqualifikation auch nach erst- und zweitstaatlichem Recht, lässt es aber genügen, wenn dies nach einem Recht zu einem für die Anwendung des Vertrages positiven Ergebnis führt.
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68 Vgl. dazu Geimer Zur Auslegung des Brüsseler Zuständigkeits- und Vollstreckungsübereinkommens in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968, EuR 12 (1977), S. 341 ff.; Linke Erste Urteile des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung des EWG-Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens, RIW/AWD 1977, S. 40 ff.; Martiny Autonome und einheitliche Auslegung im Europäischen Internationalen Zivilprozessrecht, RabelsZ 45 (1981), S. 427 ff.; Martiny Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. III, 2, 1984, S. 22 ff. (Rdn. 27 ff.); Schlosser Vertragsautonome Auslegung, nationales Recht, Rechtsvergleichung und das EuGVÜ, Gedächtnisschrift für Bruns, 1980, S. 45 ff. 69 Vgl. EuGHE 1976, 1541 (LTU ./. Eurocontrol). 70 Vgl. EuGHE 1979, 733 (Gourdain ./. Nadler). 71 Vgl. EuGHE 1976, 1735 (Bier ./. Mines de Potasse d’Alsace). 72 Vgl. EuGHE 1978, 1431 (Bertrand ./. Ott). 73 Vgl. EuGHE 1977, 2175 (Industrial Diamond Supplies ./. Riva). 74 Vgl. Basedow aaO, S. 140 ff.; Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung, Bd. II, 1971, S. 258; Riezler IZPR, S. 116 f.; Schütze DIZPR, S. 18 f.; Schütze FS Waseda, aaO, S. 329; Schütze Zur Anwendung des deutsch-britischen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommens, RIW/AWD 1980, S. 170 f.; für das deutsch-belgische Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen, Harries Das deutsch-belgische Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen, RabelsZ 26 (1961), S. 629 ff. (633 f.). 75 Vgl. Cramer-Frank aaO, S. 42 f.; Waehler Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, aaO, S. 241 (Rdn. 50). 76 Vgl. Cramer-Frank aaO, S. 43 f.
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II. Gerichtsbarkeit
II. Gerichtsbarkeit II. Gerichtsbarkeit Schrifttum Albert Völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten gegen Gerichtszwang, Diss. Berlin 1984; Arnold Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität in Sicht, AWD 1969, S. 356 ff.; Bobrik Die Bedeutung der Exterritorialität der Gesandten für den Zivilprozeß, Diss. Würzburg 1934; Boguslavski Staatliche Immunität, 1965; Dahm Völkerrechtliche Grenzen der inländischen Gerichtsbarkeit gegenüber ausländischen Staaten, FS Nikisch, 1958, S. 153 ff.; Dahm/Delbrück/Wolfrum Völkerrecht, Bd. I/1, 1989, S. 452 ff. mit umfangreichen Nachweisen für die ausländische Literatur; Damian Staatenimmunität und Gerichtszwang, 1985; Eickhoff Inländische Gerichtsbarkeit und internationale Zuständigkeit für Aufrechnung und Widerklage, 1985; Esser Klagen gegen ausländische Staaten, 1990; Esser Zur Immunität rechtlich selbständiger Staatsunternehmen, RIW/AWD 1984, S. 577 ff.; Fischer/von Hoffmann Staatsunternehmen im Völkerrecht und im internationalen Privatrecht, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Heft 5, 1984; Geimer Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, 1966; Gmür Gerichtsbarkeit über fremde Staaten, Diss. Zürich 1948; Gramlich Staatliche Immunität für Zentralbanken?, RabelsZ 45 (1981), S. 545 ff.; Habscheid Die Staatenimmunität im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren, FS Giger, 1989, S. 213 ff.; Herz Die Immunität ausländischer Staatsunternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit im französischen und im deutschen Zivilprozeßrecht, Diss. Tübingen 1992; Hess Probleme der Staatenimmunität bei grenzüberschreitenden Unterlassungsklagen, JBl. 1989, S. 285 ff.; Hess Saatenimmunität bei Distanzdelikten, 1992; Karczewski Das Europäische Übereinkommen über Staatenimmunität vom 16.5.1972, RabelsZ 54 (1990), S. 533 ff.; Krauskopf Die Rechtsprechung zur Immunität ausländischer Zentralbanken und Währungsbehörden in der Bundesrepublik Deutschland, WM 1986, S. 89 ff.; Kronke Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität – Element der Kodifizierung des deutschen internationalen Zivilverfahrensrechts, IPRax 1991, S. 141 ff.; Langkeit Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, 1989; Malina Die völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten im zivilrechtlichen Erkenntnisverfahren, Diss. Marburg 1978; Matscher Überlegungen über einen einheitlichen Begriff der inländischen Gerichtsbarkeit in Zivilrechtssachen, FS Verosta, 1980, S. 299 ff.; Münch Immunität fremder Staaten in der deutschen Rechtsprechung bis zu den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 30.10.1962 und 30.4.1963, ZaöRV 24 (1964), S. 265 ff.; Pagenstecher Gerichtsbarkeit und internationale Zuständigkeit als selbständige Prozeßvoraussetzungen, RabelsZ 11 (1937), S. 337 ff.; Pinder Gerichtsfreie Personen im Erkenntnisverfahren des deutschen bürgerlichen Rechtsstreits, 1939; Ress Entwicklungstendenzen der Immunität ausländischer Staaten, ZaöRV 40 (1989), S. 217 ff.; Schaumann/Habscheid Die Immunität ausländischer Staaten nach Völkerrecht und deutschem Zivilprozeßrecht, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Heft 8, 1968; von Schönfeld Die Immunität ausländischer Staaten vor deutschen Gerichten, NJW 1986, S. 2980 ff.; Schreuer Zur Zulässigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen in Bankkonten ausländischer Staaten, FS Neumayer, 1985, S. 521 ff.; Schwenk Ausschluss fremder Staaten von der deutschen Gerichtsbarkeit, NJW 1954, S. 1596 ff.; Schwenk Exterritorialität ausländischer Staaten, MDR 1958, S. 805 ff.; Seidl-Hohenveldern Neue Entwicklungen im Recht der Staatenimmunität, FS Beitzke, 1979, S. 1081 ff.; Sonnenberger Inländische Gerichtsbarkeit über ausländische Staaten und sonstige öffentlich-rechtliche Rechtsträger, AcP 162 (1963), S. 485 ff.; Stein Zur Immunität fremder Staaten und ihrer im Ausland unterhaltenen Bankkonten, IPRax 1984, S. 179 ff.; Steinberger Zur Rechtsprechung des BVerfG zu Fragen der Immunität fremder Staaten, FS Carstens II, 1984, 889 ff.; Steinmann Ein Beitrag zu Fragen der zivilrechtlichen Immunität von ausländischen Diplomaten, Konsuln und anderen bevorrechtigten Personen sowie von fremden Staaten, die durch ihre Missionen oder auf ähnliche Weise in der Bundesrepublik tätig werden, MDR 1965, S. 706 ff., 795 ff.; Strebel Staatenimmunität, RabelsZ 44 (1980), S. 66 ff.; G. Walter Immunität in der Zwangsvollstreckung im deutschen und schweizerischen Recht, Recht in Ost und West, FS Waseda, 1988, S. 771 ff.; P.F. Walter Gibt es eine Beweislastverteilung bei der Immunität von Staaten, RIW/AWD 1984, S. 944. Zu den neueren Kodifikationen in den USA und Großbritannien vgl. Ebke Neuere Entwicklungen im US-amerikanischen Handels- und Wirtschaftsrecht, RIW/AWD 1989, S. 393 ff.; Hess Staatenimmunität bei Distanzdelikten, 1992; Ress Entwicklungstendenzen der Immunität ausländischer Staaten, ZaöRV 40 (1980), S. 217 ff.; von Schönfeld Die Staatenimmunität im amerikanischen und englischen Recht, 1983; Schreuer Neue Entwicklungen zur Immunität ausländischer Staaten vor englischen Gerichten, RIW/AWD
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
1979, S. 156 ff.; Schreuer Das US-Gesetz über die Immunität ausländischer Staaten in der Praxis der Gerichte, RIW/AWD 1985, S. 173 ff.
Die Gerichtsbarkeit begreift in sich die Befugnis, Recht zu sprechen (facultas iurisdictionis). Sie ist ein Ausfluss der Souveränität. Die Abgrenzung erfolgt nach dem Prinzip der Territorialität. Die Gerichtsbarkeit findet ihre Schranken bei Beteiligung von Exterritorialen (Im45 munen, Eximierten). Über sie hat der Staat keine oder nur beschränkte Gerichtshoheit. Zu den Immunen gehören fremde Staaten, Staatsoberhäupter oder mit fremder Staatsgewalt bekleidete Personen (Mitglieder ausländischer diplomatischer Missionen oder konsularischer Vertretungen). 46 Die Gerichtsbarkeit im Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren ist teilweise staatsvertraglich geregelt, ergibt sich im Übrigen aus allgemeinem Völkerrecht. Das GVG manifestiert in §§ 18 ff. einige völkerrechtlich ohnehin in der Bundesrepublik Deutschland geltende Regeln. Staatsvertraglich ist besonders das Europäische Übereinkommen vom 16.5.1972 über die Staatenimmunität77 bedeutsam.78 Es trat am 16.8.1990 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Vertragsstaaten sind Belgien, Deutschland, Luxemburg, Niederlande, Österreich, die Schweiz, das Vereinigte Königreich und Zypern. Es findet Anwendung nur, wenn ein Staat an einem gerichtlichen Verfahren beteiligt ist, nicht jedoch, wenn ein staatlicher Amtsträger belangt wird. Hier verbleibt es bei der Regelung der Wiener Übereinkommen.
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1. Diplomaten. Die Immunität der Mitglieder diplomatischer Missionen und ihrer Familienangehörigen ist umfassend staatsvertraglich geregelt. Das Wiener Übereinkommen vom 18.4.1961 über diplomatische Beziehungen79 gilt im Verhältnis Deutschlands zu Afghanistan, Ägypten, Albanien, Algerien, Andorra, Angola, Äquatorialguinea, Argentinien, Armenien, Aserbaidschan, Äthiopien, Australien, Bahamas, Bahrain, Bangladesch, Barbados, Belarus, Belgien, Belize, Benin, Bhutan, Bolivien, Bosnien und Herzegowina, Botswana, Brasilien, Bulgarien, Burkina Faso, Burundi, Chile, China (Taiwan), China (Volksrepublik), Costa Rica, Dänemark, Dominica, Dominikanische Republik, Dschibuti, Ecuador, Elfenbeinküste, El Salvador, Eritrea, Estland, Fidschi, Finnland, Frankreich, Gabun, Georgien, Ghana, Grenada, Griechenland, Guatemala, Guinea, Guinea-Bissau, Guyana, Haiti, Heiliger Stuhl, Honduras, Indien, Indonesien, Irak, Iran, Irland, Island, Israel, Italien, Jamaika, Japan, Jemen (beide Jemen), Jordanien, Jugoslawien (Nachf.), Kambodscha, Kamerun, Kanada, Kap Verde, Kasachstan, Katar, Kenia, Kirgisistan, Kiribati, Kolumbien, Kongo, Kongo (Demokratische Republik), Korea (Demokratische Volksrepublik), Korea (Republik), Kroatien, Kuba, Kuwait, Laos, Lesotho, Lettland, Libanon, Liberia, Libyen, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Madagaskar, Malawi, Malaysia, Mali, Malta, Marokko, Marshallinseln, Mauretanien, Mauritius, Mazedonien (ehem. jugoslawische Republik), Mexiko, Mikronesien, Moldau, Monaco, Mongolei, Montenegro, Mosambik, Myanmar, Namibia, Nauru, Nepal, Neuseeland, Nicaragua, Niederlande, Niger, Nigeria, Norwegen, Oman, Österreich, Pakistan, Panama, Papua-Neuguinea, Paraguay, Peru, Philippinen, Polen, Portugal, Ruanda, Rumänien, Russische Föderation, Sambia, Samoa, San Marino, Sao Tomé und Principe, Saudi-Arabien, Schweden, Schweiz, Senegal, Seychellen, Sierra Leone, Simbabwe, Singapur, Slowakei, Slowenien,
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77 BGBl. 1990 II 34, 1400. 78 Vgl. dazu Arnold AWD 1969, S. 356 ff.; Karczewski RabelsZ 54 (1990), S. 533 ff.; Kronke IPRax 1991, S. 141 ff. 79 BGBl. 1964 II 957.
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II. Gerichtsbarkeit
Somalia, Sowjetunion (ehem.), Spanien, Sri Lanka, St. Kitts und Nevis, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Südafrika, Sudan, Surinam, Swaziland, Syrien, Tadschikistan, Tanzania, Thailand, Timor-Leste, Togo, Tonga, Trinidad und Tobago, Tschad, Tschechoslowakei (ehem.), Tunesien, Türkei, Turkmenistan, Tuvalu, Uganda, Ukraine, Ungarn, Uruguay, Usbekistan, Venezuela, Vereinigte Arabische Emirate, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten von Amerika, Vietnam, Zaire, Zentralafrikanische Republik, Zypern. Immunität genießen die Missionschefs, die im diplomatischen Rang stehenden Mit- 48 glieder des diplomatischen Personals und die zum Haushalt des Diplomaten gehörenden Familienmitglieder. Ein weiterer Personenkreis genießt Immunität nur für im Dienst vorgenommene Handlungen. § 18 GVG verweist auf das Übereinkommen und erstreckt seine Geltung auch auf Diplomaten aus Entsendestaaten, die nicht Mitgliedstaaten des Übereinkommens sind. 2. Konsuln. Die Immunität der Mitglieder ausländischer konsularischer Vertretungen 49 ist im Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen vom 18. April 196380 umfassend geregelt. Diese Konvention gilt im Verhältnis zu Ägypten, Albanien, Algerien, Andorra, Angola, Antigua und Barbuda, Äquatorialguinea, Argentinien, Armenien, Aserbaidschan, Australien, Bahamas, Bahrain, Bangladesch, Barbados, Belarus, Belgien, Belize, Benin, Bhutan, Bolivien, Bosnien und Herzegowina, Botsuana, Brasilien, Bulgarien, Burkina Faso, Chile, China, Costa Rica, Dänemark, Dominica, Dominikanische Republik, Dschibuti, Ecuador, El Salvador, Eritrea, Estland, Fidschi, Finnland, Frankreich, Gabun, Georgien, Ghana, Grenada, Griechenland, Guatemala, Guinea, Guyana, Haiti, Heiliger Stuhl, Honduras, Indien, Indonesien, Irak, Iran, Irland, Island, Italien, Jamaika, Japan, Jemen, Jordanien, Jugoslawien (ehem.), Kambodscha, Kamerun, Kanada, Kap Verde, Kasachstan, Katar, Kenia, Kirgisistan, Kiribati, Kolumbien, Kongo (Demokratische Republik), Korea (Rep.), Korea (Demokratische Volksrep.), Kroatien, Kuba, Kuwait, Laos, Lesotho, Lettland, Libanon, Liberia, Libyen, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Madagaskar, Malawi, Malaysia, Malediven, Mali, Malta, Marokko, Marshallinseln, Mauritius, Mazedonien (ehem. jugosl. Rep.), Mexiko, Mikronesien, Moldau, Monaco, Mongolei, Montenegro, Mosambik, Myanmar, Namibia; Nepal, Neuseeland, Nicaragua, Niederlande, Niger, Nigeria, Norwegen, Oman, Österreich, Pakistan, Panama, Papua-Neuguinea, Paraguay, Peru, Philippinen, Polen, Portugal, Ruanda, Rumänien, Russische Föderation, Samoa, Sao Tomé und Principe, Saudi-Arabien, Schweden, Schweiz, Senegal, Serbien, Seyschellen, Simbabwe, Singapur, Slowakei, Slowenien, Somalia, Sowjetunion (ehem.), Spanien, St. Kitts und Nevis, Sri Lanka, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Südafrika, Sudan, Suriname, Syrien, Tadschikistan, Tansania, Thailand, Timor-Leste, Togo, Tonga, Trinidad und Tobago, Tschechien, Tschechoslowakei (ehem.), Tunesien, Türkei, Tuvalu, Ukraine, Ungarn, Uruguay, USA, Usbekistan, Vanuatu, Venezuela, Vereinigte Arabische Emirate, Vereinigtes Königreich, Vietnam, Zypern. Immunität genießen Konsularbeamte und Bedienstete des Verwaltungs- und techni- 50 schen Personals. Die Immunität ist jedoch beschränkt auf Handlungen, die in Wahrnehmung konsularischer Aufgaben durchgeführt werden. Gerichtsbarkeit besteht jedoch davon unabhängig in jedem Fall für Klagen auf Schadensersatz aus Straßenverkehrsunfällen und Klagen aus Verträgen, bei deren Abschluss nicht ausdrücklich oder erkennbar für den Entsendestaat gehandelt worden ist. Wahlkonsuln stehen den übrigen Konsularbeamten gleich, auch wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. § 19 GVG verweist auf das Übereinkommen und erstreckt seine Geltung auch auf Personen aus Ent-
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BGBl. 1969 II 1585.
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
sendestaaten, die nicht Mitgliedstaaten des Übereinkommens sind. Vgl. für Einzelheiten die Erläuterungen zu § 19 GVG. 51
3. Ausländische Staaten. Der Grundsatz par in parem non habet imperium ni iurisdictionem gilt im deutschen Recht nur eingeschränkt.
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a. Erkenntnisverfahren. Die bis 1945 in Deutschland herrschende Lehre von der absoluten Immunität ausländischer Staaten ist seit den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 30.10.196281 und 30.4.196382 zugunsten des Prinzips der eingeschränkten Immunität aufgegeben worden.83 In der ersten Entscheidung hat das BVerfG die Klage gegen einen ausländischen (den jugoslawischen) Staat hinsichtlich eines Gesandtschaftsgrundstücks für zulässig erklärt. Im zweiten Fall – einer Werklohnklage gegen den iranischen Staat – hat es den Grundsatz aufgestellt, dass ausländische Staaten nur für Ansprüche aus hoheitlicher Tätigkeit, nicht aber für solche aus nichthoheitlicher Tätigkeit Immunität genießen. Die Unterscheidung von acta iure imperii und acta iure gestionis hat nach der Natur der Staatstätigkeit zu erfolgen, die Qualifikation ist der lex fori vorbehalten. Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts haben Gesetzeskraft (Art. 100 Abs. 2 GG),84 so dass Einwendungen gegen das Prinzip der eingeschränkten Immunität85 mehr als Missfallenskundgebungen zum geltenden Recht denn als dessen Interpretation zu werten sind.86 Die Abgrenzung von hoheitlicher und nichthoheitlicher Tätigkeit ist allein nach der 53 Rechtsnatur der Handlung, nicht nach ihrer Form oder ihrem Zweck vorzunehmen.87 Deshalb sind auch Beschaffungskäufe für militärische Güter, z.B. der Kauf von Waffen und Munition88 nicht als hoheitlich anzusehen. Als nicht hoheitlich sind in der Rechtsprechung auch erachtet worden: die Tätigkeit eines staatlichen Fremdenverkehrsamtes,89 das Betreiben einer Omnisbuslinie durch eine Staatsbahn,90 das Betreiben einer Staatsreederei,91 der Abschluss eines Maklervertrages,92 die Benutzung einer Pionierfähre,93 der Abschluss eines Werkvertrages,94 der Kauf eines Gesandtschaftsgrundstücks.95 Als hoheitlich wurde dagegen angesehen: Der Bericht des Leiters von Scotland Yard 54 über die Tätigkeit einer religiösen Gemeinschaft und die Mitteilung der Ergebnisse der Untersuchung an das Bundeskriminalamt.96
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81 BVerfGE 15, 25. 82 BVerfGE 16, 27; dazu (zust.) Kimminich Das Völkerrecht in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, AöR 93 (1968), S. 485 ff.; (abl.) Trefftz Die beschränkte Immunität in der Bundesrepublik, NJW 1964, S. 957. 83 Vgl. zur Entwicklung Malina aaO; Albert Völkerrechtliche Immunität ausländischer Staaten gegen Gerichtszwang, Diss. Berlin 1984. 84 Vgl. dazu Münch Das Verfahren des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 II GG, JZ 1964, S. 163 ff. 85 Vgl. z.B. Mertens Urteilsanmerkung, AG 1976, S. 49 ff. 86 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 78. 87 Vgl. dazu Schwenk Exterritorialität ausländischer Staaten, MDR 1958, S. 805 ff.; Malina aaO S. 220 ff. 88 Vgl. BGH IPRspr. 1974 Nr. 1 b. 89 Vgl. OLG Frankfurt/Main RIW/AWD 1977, 720. 90 Vgl. LG Kiel NJW 1953, 1718. 91 Vgl. LG Bremen IPRspr. 1964/65 Nr. 59. 92 Vgl. BGH IPRspr. 1974 Nr. 1 b. 93 Vgl. BGHZ 63, 228. 94 Vgl. BVerfGE 16, 27. 95 Vgl. BVerfGE 15, 25 = NJW 1963, 435 mit krit. Anm. Wengler. 96 Vgl. BGH NJW 1979, 1101.
Schütze
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II. Gerichtsbarkeit
Das Europäische Übereinkommen über die Staatenimmunität trifft keine Differenzie- 55 rung nach acta iure gestionis und acta iure imperii,97 geht vielmehr in Art. 15 grundsätzlich von der Immunität ausländischer Staaten im Erkenntnisverfahren aus und enumeriert in Art. 1–14 kasuistisch die Tätigkeiten, deretwegen dem in Anspruch genommenen Staat keine Immunität zusteht. Dabei wird nicht zwischen Gerichtsbarkeit und internationaler Zuständigkeit unterschieden. In die Befreiungstatbestände sind jeweils die Zuständigkeitsanknüpfungen miteingefügt. Im Einzelnen sind dies die Gerichtsstände – der konnexen Widerklage (Art. 1 Abs. 2) – der Vereinbarung (Art. 2) – der rügelosen Einlassung zur Hauptsache (Art. 3) – des Erfüllungsortes (Art. 4) – des Beschäftigungsortes (Art. 5) – der Mitgliedschaft (Art. 6) – der Niederlassung (Art. 7) – des Ortes der Verleihung von gewerblichen Schutzrechten (Art. 8) – der belegenen Sache bei Immobiliarstreitigkeiten (Art. 9) – der Erbschaft (Art. 10) – der unerlaubten Handlung (Art. 11) Darüber hinaus schließt Art. 12 die Berufung auf Immunität im Schiedsverfahren 56 aus. b. Vollstreckungsverfahren. Die Möglichkeit, ausländische Staaten für Ansprüche 57 aus nichthoheitlicher Tätigkeit vor deutschen Gerichten zu verklagen, besagt noch nicht, dass aus einem Urteil in dem Prozess auch in Vermögenswerte des ausländischen Staates vollstreckt werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hat durch Beschluss vom 13.12.197798 die Zwangsvollstreckung in ein Botschaftskonto für unzulässig erklärt, weil eine allgemeine Regel des Völkerrechts besteht, dass in Vermögensgegenstände eines ausländischen Staates, die im Zeitpunkt des Beginns der Zwangsvollstreckung hoheitlichen Zwecken dienen, nicht vollstreckt werden darf.99 Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich offen gelassen, „ob und nach welchen Maßstäben Forderungen und sonstige Rechte aus anderen Konten eines fremden Staates bei Banken im Gerichtsstaat, etwa aus besonderen Konten im Zusammenhang mit Beschaffungskäufen und Anleihebegebungen oder aus Konten ohne besondere Zweckbestimmung, als hoheitliche oder nichthoheitliche Vermögensgegenstände zu qualifizieren sind und welche völkerrechtlichen Grenzen gegebenenfalls für das Beweisrecht zu beachten sind.“ Das LG Stuttgart100 hat die Zwangsvollstreckung in Konten des spanischen Staates, 58 die für den Betrieb des Konsulats bestimmt waren, für unzulässig erklärt. Dagegen hat das LG Hamburg101 die Vollstreckung in Konten der Handelsabteilung eines ausländischen Konsulats, das zugleich als public relations Behörde für Importkontakte fungierte, für zulässig erachtet.
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97 Der Grund ist, dass im Zeitpunkt der Ausarbeitung des Übereinkommens einige Staaten noch an der Lehre von der absoluten Immunität festhielten. 98 Vgl. BVerfGE 46, 342 = RIW/AWD 1978, 122 mit Anm. Seidl-Hohenveldern. 99 Vgl. dazu auch den Hellfeld-Fall DJZ 1910, 808 = Journal Clunet 1912, 1213, der allerdings noch zu einer Zeit ergangen ist, als die absolute Immunität praktiziert wurde. 100 Vgl. LG Stuttgart AWD 1973, 104. 101 Vgl. LG Hamburg RIW/AWD 1981, 712.
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Schütze
Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
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Das Europäische Übereinkommen über die Staatenimmunität differenziert auch im Vollstreckungsverfahren nicht. Es enthält ein absolutes Vollstreckungsverbot, ausgehend von der Hoffnung, dass die Mitgliedstaaten Gerichtsurteile freiwillig erfüllen werden. Art. 26 bringt eng begrenzte Ausnahmen von dem Prinzip. 4. Ausländische Staatsunternehmen und -banken Schrifttum Enderlein Zur rechtlichen Selbständigkeit sozialistischer staatlicher Unternehmen in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen, RIW 1988, 333 ff.; Esser Zu Immunität rechtlich selbständiger Staatsunternehmen, RIW 1984, 577 ff.; Fischer/von Hoffmann Staatsunternehmen im Völkerrecht und im internationalen Privatrecht, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Heft 25, 1984; Gramlich Staatliche Immunität für Zentralbanken?, RabelsZ 45 (1981), 545 ff.; Herz Die Immunität ausländischer Staatsunternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, Diss. Tübingen 1992; Krauskopf Die Rechtsprechung zur Immunität ausländischer Zentralbanken und Währungsbehörden in der Bundesrepublik Deutschland, WM 1986, 89 ff.; Krauskopf/Steven Immunität ausländischer Zentralbanken im deutschen Recht, WM 2000, 269 ff.; Mann Staatsunternehmen in internationalen Wirtschaftsbeziehungen, RIW 1987, 187 ff.
Ausländische Staatsunternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit102 – gleichgültig, ob sie privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisiert sind – genießen keine Immunität,103 unabhängig davon, aus welcher Art ihrer Tätigkeit der geltend gemachte Anspruch resultiert. Das gilt sowohl für das Erkenntnis- als das Vollstreckungsverfahren. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb die Zwangsvollstreckung in Konten der National Iranian Oil Company für zulässig erachtet.104 Dasselbe gilt im Grundsatz auch für Staatsbanken.105 Auch sie genießen weder Im61 munität im Erkenntnis- noch im Vollstreckungsverfahren. Das LG Frankfurt/Main106 hat deshalb die Vollstreckung in Konten der Central Bank of Nigeria für zulässig erachtet. Mit Gramlich107 muss man aber differenzieren. Immunität ratione personae genießen ausländische Staatsbanken nicht, auch dann nicht, wenn sie hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Jedoch sind sie für einzelne Zentralbankaufgaben (z.B. die Ausgabe von Banknoten) von der Gerichtsbarkeit ratione materiae ausgenommen.108 62 Vollstreckungsimmunität genießen Zentralbanken hinsichtlich der Vermögenswerte, die hoheitlichen Aufgaben dienen.
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102 Vgl. dazu Esser RIW 1984, S. 577 ff.; Fischer/von Hoffmann Staatsunternehmen im Völkerrecht und im Internationalen Privatrecht, Herz aaO. 103 Vgl. RGZ 103, 275; BGHZ 18, 1; OLG Saarbrücken IPRspr. 1956/57 Nr. 42; Albert Arrestverfahren gegen ausländische staatliche Unternehmen am Vermögensgerichtsstand, IPRax 1983, S. 55 ff.; zweifelnd Schack IZVR, Rdn. 181 ff. mwN für die Befürworter einer Differenzierung; differenzierend auch Herz aaO. 104 Vgl. BVerfGE 64, 1; dazu auch OLG Frankfurt/Main IPRax 1983, 68; Albert IPRax 1983, S. 55 ff.; Stein Zur Immunität fremder Staaten und ihrer im Ausland unterhaltenen Konten, IPRax 1984, S. 179 ff. 105 Vgl. dazu Gramlich RabelsZ 45 (1981), S. 545 ff.; Krauskopf WM 1986, S. 89 ff. 106 Vgl. LG Frankfurt/Main AG 1976, 47 ff. mit abl. Anm. Mertens. 107 Vgl. Gramlich RabelsZ 45 (1981), 545 ff. 108 Vgl. auch Geimer IZPR, Rdn. 626 a; Schütze DIZPR, Rdn. 92.
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III. Internationale Zuständigkeit
III. Internationale Zuständigkeit III. Internationale Zuständigkeit Schrifttum Atali Internationale Zuständigkeit im deutsch-türkischen Rechtsverkehr, 2001; Bajons Ein österreichisches System der internationalen Zuständigkeit, ZfRV 13 (1972), S. 91 ff.; Bauer Grundsätze der internationalen Zuständigkeit inländischer Gerichte im französischen Privatverfahrensrecht, RabelsZ 30 (1966), S. 483 ff.; Brandenberg Brandl Direkte Zuständigkeit der Schweiz im internationalen Schuldrecht, 1991; Breuleux Internationale Zuständigkeit, 1969; Ditandy Internationale Zuständigkeit, 2003; Eckstein Zur Lehre von der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit im deutschen Zivilprozeß, Diss. Freiburg 1951; Fragistas La compétence internationale en droit privé, Rec. 1961 III, S. 159 ff.; Eckstein La compétence internationale exclusive en droit privé, FS Segni, 1967, S. 197 ff.; Gamillscheg Internationale Zuständigkeit und Entscheidungsharmonie im internationalen Privatrecht, Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Heft 3, 1959, S. 29 ff.; Geimer Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, 1966; Geimer Verfassungsrechtliche Vorgaben bei der Normierung der internationalen Zuständigkeit, FS Schwind, 1993, S. 17 ff.; Habscheid Zur Frage nach der Jurisdiktion im Recht der Vereinigten Staaten von Amerika im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz, FS Kargados, 2004, S. 973 ff.; Haunhorst Die wesenseigene (Un-)Zuständigkeit deutscher Gerichte, Diss. Osnabrück 1992; Heldrich Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, 1969; Heldrich Die Interessen bei der Regelung der internationalen Zuständigkeit, FS Ficker, 1967, S. 205 ff.; von Hoffmann Gegenwartsprobleme internationaler Zuständigkeit, IPRax 1982, S. 217 ff.; Kralik Die internationale Zuständigkeit, ZZP 74 (1961), S. 2 ff.; Kropholler Internationale Zuständigkeit, in: Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. I, 1982, S. 183 ff.; Mann The Doctrine of Jurisdiction in International Law, Rec. 1964 I, S. 1 ff.; Matscher Etude des règles de compétence judiciaire dans certains conventions internationales, Rec. 1978 III, S. 127 ff.; Matthies Die deutsche internationale Zuständigkeit, 1955; Müller Die internationale Zuständigkeit, Deutsche Lebensreferate zum VII. Internationalen Kongreß für Rechtsvergleichung in Uppsala 1966, 1967, S. 181 ff.; Nagel Die Begrenzung der internationalen Zuständigkeit durch das Völkerrecht, ZZP 75 (1962), S. 418 ff.; Neuner Internationale Zuständigkeit, 1929; Nussbaum Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, SchJbIntR 1964, S. 25 ff.; Otto Der prozeßuale Durchgriff, 1993; Pagenstecher Gerichtsbarkeit und internationale Zuständigkeit als selbständige Prozeßvoraussetzungen, RabelsZ 11 (1937), S. 337 ff.; Pfeiffer Internationale Zuständigkeit und prozeßuale Gerechtigkeit, 1995; Reu Die staatliche Zuständigkeit im internationalen Privatrecht, 1938; Riezler Zur sachlichen internationalen Unzuständigkeit, FS Rosenberg, 1949, S. 199 ff.; Scheucher Studien zur internationalen Zuständigkeit in Vermögensstreitigkeiten, 1972; Schröder Internationale Zuständigkeit, 1971; Schütze Das Vermögen als Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit, FS Ishikawa, 2001, S. 493 ff.; Schweizer Gerichtsbarkeit und internationale Zuständigkeit im Zivilprozeß und in der freiwilligen Gerichtsbarkeit, DRiZ 1968, S. 365 ff.; Schwimann Internationale Zuständigkeit in Abhängigkeit von der lex causae?, RabelsZ 34 (1970), S. 201 ff.; Siemssen Eine Analyse der Anknüpfungen für die internationale Zuständigkeit im internationalen Zivilprozeß, Diss. Hamburg 1966; Spellenberg Internationale Zuständigkeit, JA 1978, S. 1 ff.; 57 ff.; Sperl Eine internationale Zuständigkeitsordnung in bürgerlichen Rechtssachen, NiemeyersZ (1925), S. 1 ff.; Wahl Die verfehlte internationale Zuständigkeit, 1974; Walchshöfer Die deutsche internationale Zuständigkeit in der streitigen Gerichtsbarkeit, ZZP 80 (1967), S. 165 ff.; Welp Internationale Zuständigkeit über ausländische Gesellschaften mit Inlandstöchtern im US-amerikanischen Zivilprozeß, 1982.
Die internationale Zuständigkeit regelt die Verteilung der Rechtsprechungsaufgaben 63 zwischen den Staaten. Ihr Begriff ist im deutschen internationalen Zivilprozessrecht relativ jung. Die Rechtsprechung hat die eigenständige Bedeutung der internationalen Zuständigkeit – neben der örtlichen Zuständigkeit – erst seit dem Jahre 1965 endgültig anerkannt.109
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109 Vgl. BGHZ 44, 46; zur Abgrenzung von Gerichtsbarkeit und internationaler Zuständigkeit schon BGH JZ 1958, 241 im Anschluss an Matthies aaO S. 30 und Pagenstecher RabelsZ 11 (1937), S. 337 ff.
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
1. Die Regelung der internationalen Zuständigkeit a. Die europäische Zuständigkeitsordnung. Europarechtlich ist die internationale Zuständigkeit in der EuGVVO abschließend geregelt. Dieses Regelwerk, das das EuGVÜ – das staatsvertraglichen Charakter hatte – abgelöst hat, ist aufgrund des Amsterdamer Vertrages erlassen worden.110 Deshalb umfasst der Geltungsbereich zunächst nicht Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich. Das Vereinigte Königreich und Irland haben jedoch von ihrem Recht, „to opt in“ Gebrauch gemacht, in Dänemark ist die EuGVVO aufgrund völkerrechtlichen Vertrages mit der EU anwendbar.111 Die Verordnung ist damit – zwar auf unterschiedlicher Rechtsgrundlage – im Gesamtgebiet der EU anwendbar. Die EuGVVO enthält Befolgungsnormen. Der Katalog der Zuständigkeiten verdrängt 65 die Anwendung nationalen Kompetenzrechts. Die EuGVVO gilt – wie auch ihr Vorgänger, das EuGVÜ – nur in Zivil- und Handelssachen. Öffentlichrechtliche Streitigkeiten, einschließlich Steuer- und Zollsachen werden vom Geltungsbereich der Verordnung nicht erfasst. Ausgeschlossen sind neben den öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten vier Rechtsbereiche: – Angelegenheiten, die den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, die ehelichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts betreffen; – Insolvenzverfahren; – die soziale Sicherheit; – die Schiedsgerichtsbarkeit.
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Die europäische Zuständigkeitsordnung ist geprägt vom Beklagtenschutz. Dem Grundsatz actor sequitur forum rei folgend, ist der allgemeine Gerichtsstand zwar der des Beklagtenwohnsitzes. Leider haben die sogenannten Verbraucherschützer unerträgliche kompetenzrechtliche Privilegien für Verbraucher und andere als schutzwürdig angesehene Gruppen durchgesetzt und so die europäische Zuständigkeitsordnung zu einer Zweiklassengesellschaft von Beklagten gemacht.112 Im Übrigen entspricht der Zuständigkeitskatalog – mit Ausnahme des als gemissbil67 ligt angesehenen § 23 ZPO – im Wesentlichen der deutschen autonomen Kompetenzregelung, bringt aber darüber hinaus einige dem deutschen Recht unbekannte Gerichtsstände, so z.B. den Gerichtsstand der Gewährleitungsklage und der Konnexität.
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b. Staatsverträge. Einige Staatsverträge prozessualen Inhalts enthalten Regelungen der internationalen Zuständigkeit. Befolgungsnormen113 enthält das LugÜ II, das die Zuständigkeitsordnung der EuGVVO übernommen hat ebenso wie die Vorgängerregelung
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110 Der Erlass ist gemeinschaftsrechtlich nicht unproblematisch. Vgl. dazu Besse Die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen nach dem Vertrag von Amsterdam und das EuGVÜ, ZEuP 1999, 107 ff.; Kohler Interrogations sur les sources du droit international privé après le traité d’Amsterdam, Rev. crit.dr.int.pr. 1999, 1 ff. 111 Vgl. ABl. v. 17.11.2005 L300, S. 53; vgl. dazu auch Jayme/Kohler Europäisches Kollisionsrecht 2005: Hegemonialgesten auf dem Weg zu einer Gesamtvereinheitlichung, IPRax 2005, 481 ff. (485 f.); Nielsen Brussels I and Denmark, IPRax 2007, 506 ff. 112 Vgl. dazu Schütze Der Verbraucher im europäischen Justizraum oder: die Zweiklassengesellschaft im europäischen Zivilprozessrecht, FS Graf von Westphalen, 2010, S. 621 ff. 113 Vgl. zur Unterscheidung der compétence directe begründenden Befolgungsnormen und der compétence indirecte begründenden Beurteilungsnormen Bartin Etudes sur les effets internationaux des jugements, Bd. I, 1907, S. 4 ff.; Jellinek Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, 1. Heft, 1953, S. 26 ff.
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III. Internationale Zuständigkeit
des LugÜ I, das die Kompetenzregelung des EuGVÜ114 übernommen hatte. In einem umfangreichen Katalog von Gerichtsständen ist die internationale (und teilweise auch die örtliche) Zuständigkeit unmittelbar iS einer compétence directe geregelt. An die Stelle des nationalen Zuständigkeitssystems tritt eine einheitliche europäische Zuständigkeitsordnung. Die bilateralen Staatsverträge über die internationale Urteilsanerkennung und -voll- 69 streckung enthalten lediglich Beurteilungsnormen.115 Durch die Regelung in den Staatsverträgen wird der Erstrichter nicht gebunden. Die Beurteilungsnormen werden erst im Verfahren der Wirkungserstreckung bedeutsam. An ihnen misst der Zweitrichter, ob das Erstgericht aus zweitstaatlicher Sicht international zuständig war. Die bilateralen Staatsverträge regeln also die compétence indirecte. c. Autonomes Recht. Die internationale Zuständigkeit ist in der Zivilprozessordnung 70 und im FamFG nicht umfassend geregelt. Nur sporadisch finden sich Bestimmungen, so in § 23 (Vermögensgerichtsstand), § 38 Abs. 2 (internationale Gerichtsstandsvereinbarung), § 98 FamFG (internationale Zuständigkeit in Ehesachen, Verbund von Scheidungs- und Folgesachen), § 99 FamFG (internationale Zuständigkeit in Kindschaftssachen), § 100 FamFG (internationale Zuständigkeit in Abstammungssachen), § 101 FamFG (internationale Zuständigkeit in Adoptionssachen), § 102 FamFG (internationale Zuständigkeit in Versorgungsausgleichssachen), § 103 FamFG (internationale Zuständigkeit in Lebenspartnerschaftssachen), § 104 FamFG (internationale Zuständigkeit in Betreuungs- und Unterbringungssachen, Pflegschaft für Erwachsene), § 105 FamFG (Doppelfunktionalität der Normen über die örtliche Zuständigkeit) und § 106 FamFG (Nichtausschließlichkeit der Normen über die internationale Zuständigkeit). Indirekt findet sich eine Regelung der internationalen Zuständigkeit in § 328 Abs. 1 Nr. 1 für die Anerkennung ausländischer Zivilurteile. Im Übrigen sind die Normen über die örtliche Zuständigkeit doppelfunktional in 71 dem Sinne, dass aus der örtlichen Zuständigkeit eines deutschen Gerichts die deutsche internationale Zuständigkeit folgt.116 Diese Doppelfunktionalität bedeutet, dass grundsätzlich jeder Gerichtsstand des zweiten Titels des ersten Abschnitts des 1. Buches der ZPO (§§ 12 ff.) geeignet ist, internationale Zuständigkeit zu begründen.117 Soweit nach diesen Vorschriften ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist, ist es nach deutschem Recht auch international zuständig. Darüber hinaus sind auch die Vorschriften des dritten Titels des ersten Abschnitts des 1. Buches der ZPO (§§ 38 ff.) für die Regelung der internationalen Zuständigkeit entsprechend anzuwenden.118
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114 Vgl. Geimer Eine neue internationale Zuständigkeitsordnung in Europa, NJW 1976, S. 441 ff.; Geimer Das Zuständigkeitssystem des EWG-Übereinkommens vom 27. September 1968, WM 1976, S. 830 ff.; Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I, 1, 1983, S. 106 ff.; Kropholler Internationale Zuständigkeit aaO S. 444 ff. (Rdn. 638 ff.); Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht, 4. Aufl., 1993, vor Art. 2 Rdn. 15 ff. 115 Das gilt auch für den deutsch-spanischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag. Die abweichende Ansicht von Löber Deutsch-spanisches Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Titeln (gerichtlichen Entscheidungen und öffentlichen Urkunden), RIW/AWD 1987, S. 429 ff. beruht auf einem Missverständnis der Definition der Begriffe. 116 Vgl. BGHZ 44, 46; im Übrigen für die Rechtsprechung Müller-Gindullis Das internationale Privatrecht in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, 1971, S. 83 ff.; aus dem Schrifttum Geimer IZPR, Rdn. 943 ff.; Kropholler Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. I, S. 210; Schack IZVR, Rdn. 266; Schütze DIZPR, Rdn. 155. 117 Vgl. BGH MDR 1979, 658. 118 Vgl. BGHZ 59, 23; BGH NJW 1976, 1581; 1583; BGH MDR 1979, 658. Einen Überblick über die einzelne internationale Zuständigkeit begründenden Gerichtsstände geben u.a. Geimer IZPR,
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
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2. Örtliche und internationale Zuständigkeit. Zwar sind die Normen über die örtliche Zuständigkeit doppelfunktional in dem Sinne, dass die örtliche Zuständigkeit die internationale indiziert. Beide Zuständigkeitsformen sind dessen ungeachtet eigenständig.119 Sie werden prozessual unterschiedlich behandelt. Die zuständigkeitsbegründenden Umstände sind gleich, ihr verfahrensrechtliches Schicksal ist es nicht:
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a. Keine Bindungswirkung der Verweisung. Nach § 281 Abs. 2 ZPO ist die Verweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit an ein anderes örtlich zuständiges Gericht bindend. Das angerufene Gericht wird durch die Verweisung zuständig. Dies gilt nicht für die internationale Zuständigkeit.120 Auch nach einer Verweisung im Rahmen von § 281 ZPO kann die internationale Unzuständigkeit weiterhin geltend gemacht werden. Das Gericht, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist, wird zwar örtlich, nicht aber unbedingt international zuständig.
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b. Kein Ausschluss der Berufung bei internationaler Unzuständigkeit. Ungeachtet § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung in Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche auch darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine internationale Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.121
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c. Kein Ausschluss der Revision bei internationaler Unzuständigkeit. Auch § 545 Abs. 2 ZPO gilt nicht für die internationale Zuständigkeit. Mit der Revision kann ihr Mangel gerügt werden.122
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d. Perpetuatio competentiae internationalis. Dagegen ist § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO auch auf die internationale Zuständigkeit anzuwenden.123 Fallen die zuständigkeitsbegründenden Tatsachen nach Eintritt der Rechtshängigkeit fort, so bleibt die einmal begründete internationale Zuständigkeit bestehen.124
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3. Konkurrierende internationale Zuständigkeit. Kompetenzkonflikte können im Rahmen der internationalen Zuständigkeitsordnung in positiver (die Gerichte mehrerer
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Rdn. 1126 ff.; Kropholler Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. I, S. 299 ff.; Schütze DIZPR, Rdn. 155. 119 Seit BGHZ 44, 46 = AWD 1965, 275 = LM Nr. 4 zu § 521 a ZPO mit Anm. Schneider = JZ 1966, 237 mit Anm. Neuhaus = JuS 1965, 458 mit Anm. Bähr nunmehr unstreitig. Vgl. zu der Entscheidung im Übrigen Cohn Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte, AWD 1966, S. 211 f.; Cohn Nachprüfung der internationalen Zuständigkeit durch die Rechtsmittelinstanz, NJW 1966, S. 287 ff.; Maier Nachprüfung der internationalen Zuständigkeit durch die Rechtsmittelinstanz, NJW 1965, S. 1650 ff.; Schütze Örtliche und internationale Zuständigkeit, AWD 1966, S. 94 f. 120 Vgl. BGHZ 84, 17; OLG Düsseldorf, WM 2000, 2192; LG Frankfurt/Main, IPRspr. 1979, Nr. 155 b; OLG Karlsruhe NJW-RR 1989, 187; Schütze Örtliche und internationale Zuständigkeit, AWD 1966, 94 f.; Schütze Die Bedeutung der Verweisung nach § 281 ZPO für die internationale Zuständigkeit, RIW 1995, 630 f.; Zöller/Greger § 281, Rdn. 16 a. 121 Vgl. BGHZ 44, 46 (zum alten Recht); BGH NJW 2003, 426; BGH NJW 2003, 2916; BGH NJW 2004, 1456; Geimer IZPR, Rdn. 1855 ff.; Schütze IZPR, Rdn. 109. 122 Vgl. BGHZ 44, 46 (zum alten Recht), BGH NJW 2003, 2917; Geimer IZPR, Rdn. 1855; Zöller/Hessler § 545, Rdn. 15. 123 Vgl. Geimer IZPR, Rdn. 1832 ff. (bestr.). 124 Vgl. BAG JZ 1979, 647 mit Anm. Geimer; vgl. weiter Beitzke Bemerkungen zur perpetuatio fori im deutschen internationalen Zivilverfahrensrecht, FS Rammos, 1979, S. 71 ff.; Damrau Fortdauer der internationalen Zuständigkeit trotz Wegfalls ihrer Voraussetzungen?, FS Bosch, 1976, S. 103 ff.; Jacobs Die perpetuatio fori im internationalen Recht des Zivilprozesses und der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, Diss. Köln 1962.
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III. Internationale Zuständigkeit
Staaten sind zuständig) oder negativer Form (die Gerichte keines Staates sind zuständig) auftreten.125 a. Positiver Kompetenzkonflikt. Sind die Gerichte mehrerer Staaten international 78 zuständig, so hat der Kläger die Wahl unter den verschiedenen konkurrierenden Gerichtsständen. Er kann – also wie bei der konkurrierenden örtlichen Zuständigkeit – das Gericht anrufen, das ihm zur Durchsetzung seines Anspruchs am geeignetsten erscheint. Die unbegrenzte Wahlmöglichkeit unter konkurrierenden Gerichtsständen im Rahmen der internationalen Zuständigkeit wird unter zwei Aspekten in Frage gestellt: aa. Forum shopping. Unter dem Schlagwort des forum shopping126 werden rechts- 79 politische Bedenken dagegen erhoben, dass der Kläger durch die Wahl des Forums zugleich das anwendbare Kollisionsrecht bestimmt und damit die Anwendung einer ihm günstigen Rechtsordnung herbeiführen kann.127 Auch der Verfahrensablauf, insbesondere im Hinblick auf die Beweisregeln, die in Schadensersatzprozessen, vor allem im Rahmen der product liability zugesprochenen unterschiedlich hohen Beträgen und die Durchsetzbarkeit der Entscheidung können für die Wahl des Forums bestimmend sein. Das Problem des forum shopping ist eine Folge der Unterschiedlichkeit der Prozesssysteme und des mangelnden internationalen Entscheidungseinklangs. Es ist das legitime Interesse jeder Partei, Rechtsschutz dort zu suchen, wo in materieller und prozessualer Hinsicht die größten Chancen des Erfolges bestehen. Das deutsche Recht geht deshalb – von den Fällen der Zuständigkeitserschleichung abgesehen – von einer unbeschränkten Wahlfreiheit des Klägers bei positivem Kompetenzkonflikt aus. bb. Forum non conveniens. Positive Kompetenzkonflikte werden im anglo-ameri- 80 kanischen Rechtskreis durch die forum non conveniens-Lehre gelöst.128 Danach ist unter mehreren zuständigen Gerichten nur das Gericht zuständig, das ein „convenient, appropriate forum“ ist, d.h. vereinfacht, das die engste Beziehung zum Rechtsstreit aufweist. Die Übernahme dieser Lehre, die in abgewandelter Form auch in anderen Rechten praktiziert wird,129 hat auch im deutschen Recht Befürworter gefunden.130 Sie ist aber nicht in der Lage, den positiven Kompetenzkonflikt angemessen zu lösen. Es geht um eine Abwägung von Rechtssicherheit und Zweckmäßigkeit. Dabei ist der Rechtssicherheit der Vorzug zu geben. Die Zuständigkeitsfrage kann nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt werden. Damit wird der Prozessausgang nicht mehr vorhersehbar, das Verfahren durch Zuständigkeitsstreitigkeiten verlängert. Eine verfehlte internationale
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125 Vgl. dazu Hau Positive Kompetenzkonflikte im internationalen Zivilprozessrecht, 1996. 126 Vgl. dazu Hauser Flugunfall-Haftpflicht in den USA: Was bleibt vom Warschauer Abkommen?, ZfRV 25 (1984), 151 ff. (171 ff.); Juenger/Samtleben Der Kampf ums Forum, RabelsZ 46 (1982), 708 ff.; Siehr „Forum Shopping“ im internationalen Rechtsverkehr, ZfRV 25 (1984), 124 ff.; Wortley Forum Shopping, FS Cohn, 1975, S. 197 ff. 127 Vgl. dazu Breuleux Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, 1969, S. 97 ff. 128 Vgl. dazu Berger Zuständigkeit und forum non conveniens im amerikanischen Zivilprozess, RabelsZ 41 (1977), 39 ff.; Blum Forum non conveniens, 1979; Leckszas Die Lehre des Forum non conveniens im amerikanischen Recht, 1978; Schröder S. 488 ff.; Wahl Die verfehlte internationale Zuständigkeit, 1974. 129 Vgl. z.B. für das englische Recht Kronke Neue Entwicklungen im englischen Recht der internationalen Zuständigkeit – „Unnatural forum“ und „forum non conveniens“, RIW/AWD 1977, 613 ff. 130 Vgl. z.B. Jayme Zur Übernahme der Lehre vom „forum non conveniens“ in das deutsche Internationale Verfahrensrecht, StAZ 1975, S. 91 ff.; Schröder S. 486 ff.; Siehr Ehrenzweigs lex-fori Theorie und ihre Bedeutung für das amerikanische und deutsche Kollisionsrecht, RabelsZ 34 (1970), S. 585 ff.; Wahl aaO; Wengler Adoption deutscher Kinder durch amerikanische Staatsangehörige, NJW 1959, S. 127 ff. (130).
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
Zuständigkeit in dem Sinne, dass die deutsche internationale Zuständigkeit bei mangelnder enger Inlandsbeziehung ausgeschlossen würde, besteht deshalb nicht.131 Das OLG Stuttgart132 und der BGH133 fordern allerdings nunmehr eine Inlandsbeziehung bei der Vermögenszuständigkeit nach § 23 ZPO, was in diesem Bereich zu ähnlichen Ergebnissen führt wie die Anwendung der forum non conveniens-Lehre.134 81
b. Negativer Kompetenzkonflikt. Zuweilen entsteht ein negativer Kompetenzkonflikt135 dadurch, dass sich kein Staat für international zuständig hält. Dieser glücklicherweise nicht sehr häufige Fall kann insbesondere bei folgenden Konstellationen auftreten: – Kläger- und Beklagtenstaat knüpfen unterschiedlich an;136 – Kläger- und Beklagtenstaat knüpfen zwar gleich an, bestimmen aber die Anknüpfung – z.B. den Wohnsitz – unterschiedlich;137 – die Rechtsverfolgung ist aus tatsächlichen Gründen im zuständigen Forum unmöglich, z.B. bei Stillstand der Rechtspflege.138
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Der negative Kompetenzkonflikt kann nicht zu einer Rechtsverweigerung führen. Es besteht eine internationale Notzuständigkeit.139 Einzelheiten sind streitig. Lösungen werden mannigfach angeboten.140
IV. Die Durchführung von Verfahren mit Auslandsberührung 83
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IV. Durchführung von Verfahren mit Auslandsberührung 1. Die Stellung des Ausländers im Prozess. Ausländer genießen vor deutschen Gerichten – im Grundsatz – die gleichen prozessualen Rechte und haben die gleichen Pflichten wie deutsche Parteien.141 Das deutsche Zivilprozessrecht differenziert – von dem Erfordernis der Ausländersicherheit abgesehen – nicht nach der Staatsangehörigkeit. a. Freier Zugang zu den Gerichten. Ausländer haben freien Zugang zu den Gerichten. Dieses Postulat ist heute völkerrechtlich anerkannt und in zahlreichen Staatsverträgen abgesichert.142 Das Prinzip des régime national für Ausländer, zu dem der freie Zugang zu den Gerichten gehört, ist allgemein in Art. 14 des Internationalen Paktes über
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131 Vgl. OLG München IPRax 1984, 319; Geimer IZPR, Rdn. 1075; Schack IZVR, Rdn. 565 ff.; Schütze DIZPR, Rdn. 125. 132 Vgl. OLG Stuttgart RIW/AWD 1990, 829. 133 Vgl. BGH DZWiR 1991, 245. 134 Vgl. Fischer Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte nach § 23 ZPO, RIW/AWD 1990, 794 ff.; Geimer Rechtsschutz in Deutschland künftig ohne Inlandsbezug?, NJW 1991, 3072 ff.; Schack Urteilsanmerkung, JZ 1992, 51 ff.; Schütze Zum Vermögensgerichtsstand des § 23 ZPO, DZWiR 1991, 239 ff. 135 Vgl. dazu insbes. Milleker Negativer internationaler Kompetenzkonflikt, 1975. 136 Vgl. für ein Beispiel Tribunal de la Seine Journal Clunet 59 (1932), 370. 137 Vgl. für ein Beispiel RG DR 1942, 1286. 138 Vgl. Kropholler Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts S. 269. 139 Vgl. Schütze Die Notzuständigkeit im deutschen Recht, FS Rechberger, 2005, S. 567 ff. 140 Vgl. Schack IZVR, Rdn. 458 ff.; Schütze DIZPR, Rdn. 127 ff. 141 Vgl. Luther Zum Rechtsschutz der Ausländer in der deutschen Rechtspflege, FS Bosch, 1976, S. 559 ff.; rechtsvergleichend vgl. Stalev Der Fremde im Zivilprozess. Der Grundsatz der lex fori und seine Durchbrechung, in: Zeitgenössische Fragen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1972, S. 31 ff. 142 Vgl. z.B. Art. 1 Abs. 2 des deutsch-türkischen Abkommens über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen v. 28.5.1929 und Art. VI des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages v. 29.10.1954.
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IV. Durchführung von Verfahren mit Auslandsberührung
bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966143 manifestiert. Danach genießen Ausländer in dem Staat, in dem sie Wohnsitz oder Aufenthalt haben, Inländerbehandlung im Hinblick auf Rechtsschutz und Rechtsverfolgung. Dieser Grundsatz erscheint in Zeiten des Friedens selbstverständlich. Er ist und war 85 es jedoch nicht immer. So wird in Kriegszeiten teilweise den Angehörigen eines Feindstaates die Möglichkeit, Gerichte anzurufen, beschnitten. Der alien enemy behält zwar die passive Parteifähigkeit, die aktive aber verliert er.144 b. Parteifähigkeit. Für die Bestimmung der Parteifähigkeit ist auf die Rechtsfähigkeit 86 abzustellen (§ 50 ZPO), die sich nach dem Heimatrecht der Partei bestimmt.145 Bei juristischen Personen soll das Sitzrecht entscheiden,146 wobei Verweisungen zu berücksichtigen sein sollen.147 Diese Ansicht beruht auf der Anknüpfung des Gesellschaftsstatuts an den Sitz (Sitztheorie), die bisher im deutschen internationalen Gesellschaftsrecht fast einhellig vertreten worden ist.148 Die Sitztheorie ist jedoch durch die Rechtsprechung des EuGH innerhalb des EWR zur Herstellung der Niederlassungsfreiheit eingeschränkt worden.149 Nach der Entscheidung in der Sache Überseering150 ist die Rechts- und Parteifähigkeit einer Gesellschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedstaates gegründet worden ist, anzuerkennen. Das führt dazu, dass die Sitztheorie im EWR-Bereich nur eingeschränkt angewendet werden kann mit der unerwünschten Folge eines gespaltenen Gesellschaftskollisionsrechts. Das sollte man vermeiden und jedenfalls für die Rechts- und Parteifähigkeit einheitlich anknüpfen.151 Das geht nur, wenn man auf die Inkorporation abstellt.152 Fehlt die Rechtsfähigkeit nach dem Heimatrecht der Partei, so ist sie im deutschen 87 Prozess dennoch parteifähig, wenn die Parteifähigkeit nach deutschen Recht gegeben wäre.153 Über dieses Ergebnis besteht Einigkeit. Der Weg wird zuweilen über eine entsprechende Anwendung von Art. 12 EGBGB, teilweise über § 55 ZPO analog, teilweise
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143 BGBl. 1973 II 1533. 144 Vgl. Rietzler IZPR, S. 418 f. 145 Vgl. BGH JZ 1965, 580; OLG Bremen AWD 1972, 478; LG Hamburg AWD 1974, 410; Schütze DIZPR, Rdn. 186 mwN. Eine starke Meinung will die Parteifähigkeit nach dem prozessualen Heimatrecht bestimmen; vgl. BGHZ 51, 27; BGH IPrax 2000, 21; (obiter dictum) OLG Köln WM 1961, 183; Furtak Die Parteifähigkeit in Verfahren mit Auslandsberührung, 1995, S. 54 ff.; Pagenstecher Werden die Partei- und Prozessfähigkeit eines Ausländers nach seinem Personalstatut oder nach den Sachnormen der lex fori beurteilt?, ZZP 64 (1951), S. 249 ff.; Schack IZVR, Rdn. 598; Geimer Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 2009, Rdn. 2202 mwN will alternativ an die Rechts- und Parteifähigkeit anknüpfen. 146 Vgl. BGH IPRspr. 1964/65 Nr. 4; BAG IPRspr. 1966/67 Nr. 51; Staudinger/Grossfeld BGB, (1998), Intern. GesR Rdn. 97 ff. 147 Vgl. dazu Staudinger/Grossfeld BGB, 12. Aufl., Intern. GesR Rdn. 103; Assmann Einl. Großkomm. AktG, 1991, Rdn. 586. 148 Vgl. für Nachweise für die ältere Lehre Reithmann/Martiny/Hausmann Internationales Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., 2004, Rdn. 2253. 149 Vgl. dazu Sandrock/Wetzler (Hrsg.), Deutsches Gesellschaftsrecht im Wettbewerb mit anderen Rechtsordnungen, 2004 (mit Beiträgen von Martin-Ehlers, Sandrock, Ebke, Wetzler, Ott und Hoffmann). 150 Vgl. EuGH Rs. C-208/2000 – Überseering BV v. NCCB GmbH – EuGHE 2002 I, 9919 = NJW 2002, 3614 = RIW 2002, 2425; dazu Leible/Hoffmann „Überseering“ und das (vermeintliche) Ende der Sitztheorie, RIW 2002, 925 ff.; vgl. vorher schon EuGH Rs. C-212/1997 – Centros Ltd. v. Erhvervs- og Selkabsstyrelsen – EuGHE 1999 I, 1459. 151 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 187. 152 Auf den Einfluss der EuGH-Rechtsprechung auf die Parteifähigkeit weist Wagner Grundprobleme der Parteifähigkeit, ZZP 117 (2004), 305 ff. (364 ff.) hin. Wagner Scheinauslandsgesellschaften im Europäischen Zivilprozessrecht, in: Lutter (Hrsg.), Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, 2005, S. 223 ff. verficht die These, dass Scheinauslandsgesellschaften Parteifähigkeit im deutschen Zivilprozess genießen, soweit sie nach ihrem Gründungsrecht als parteifähig anerkannt sind. 153 Vgl. dazu Schack IZVR, Rdn. 599 ff.; Schütze DIZPR, Rdn. 157, 1985, S. 73.
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über Art. 6 EGBGB gesucht. Die analoge Anwendung der Normen des Verkehrsschutzes ist bedeutsam besonders bei nach ihrem Heimatrecht nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen oder Vermögensmassen.154 c. Prozessfähigkeit. Die Prozessfähigkeit bestimmt sich nach der Geschäftsfähigkeit. Diese wird bei natürlichen Personen nach ihrem Heimatrecht,155 bei Personengesamtheiten und Vermögensmassen156 nach ihrem Sitzrecht beurteilt. Dieses bestimmt auch die Vertretungsmacht von Organen und anderen Vertretungsberechtigten.157 Aber selbst bei fehlender Geschäftsfähigkeit einer Partei im deutschen Prozess wird 89 die Prozessfähigkeit nach § 55 ZPO fingiert, wenn nach deutschem Zivilprozessrecht Prozessfähigkeit gegeben wäre.
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d. Prozessführungsbefugnis. Die Prozessführungsbefugnis beurteilt sich nach der lex fori, im deutschen Zivilprozess also nach deutschem Recht. Dieses bestimmt auch den Umfang der Prozessführungsbefugnis. 91 Bei der Prozessstandschaft ist zu differenzieren.158 Ergibt sich die Befugnis zur Geltendmachung eines Anspruchs aus materiellem Recht, so bestimmen sich Zulässigkeit und Wirkungen der Prozessstandschaft nach der lex causae, wurzelt die Befugnis zur Geltendmachung im Prozessrecht, so ist allein die lex fori anzuwenden. Nach der lex fori sind u.a. zu beurteilen: Zulässigkeit und Wirkungen der class ac92 tion,159 der Prozessführungsbefugnis des Veräußerers der streitbefangenen Forderung160 und die gewillkürte Prozessstandschaft.161 Nach der lex causae sind u.a. zu beurteilen: Die Befugnis des Miterben, Ansprüche, 93 die zum Nachlass gehören, gerichtlich geltend zu machen (§ 2039 BGB),162 die prozessualen Möglichkeiten der Gesellschafter gegen Mitgesellschafter, Geschäftsführer oder Gesellschaftsschuldner vorzugehen, um die Erfüllung von Ansprüchen der Gesellschaft durchzusetzen163 und die Befugnis des Gesamtgläubigers einer unteilbaren Leistung.164
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154 Vgl. dazu BGH NJW 1960, 1204; OLG Stuttgart NJW 1974, 1627 mit Anm. Cohn; Staudinger/Grossfeld, BGB (1998), Intern. GesR Rdn. 293. 155 Vgl. BGH JZ 1956, 535 mit krit. Anm. Neuhaus; Schütze DIZPR, Rdn. 189; die wohl hL behauptet das Bestehen einer Kollisionsnorm des internationalen Zivilprozessrechts, ohne dass in der Praxis unterschiedliche Ergebnisse zur hier vertretenen Ansicht festzustellen wären, vgl. dazu Geimer Interntionales Zivilprozessrecht, 6. Aufl., 2009, Rdn. 2217; Schack IZVR, Rdn. 603 ff. mwN; Pagenstecher ZZP 64 (1951), S. 249 ff./275; Wolf Abbau prozessualer Schranken im europäischen Binnenmarkt, GS Baur, 1992, S. 35 ff. (45). 156 Vgl. dazu BGH JZ 1956, 535. 157 Vgl. BGHZ 40, 197. 158 Vgl. dazu Fragistas Die Prozessführungsbefugnis im internationalen Prozessrecht, FS Lewald, 1953, S. 471 ff.; Schack IZVR, Rdn. 618 ff.; Schack Subrogation und Prozessstandschaft, IPRax 1995, 158 ff.; Schütze DIZPR, Rdn. 191 ff.; Wunderlich Zur Prozessstandschaft im internationalen Recht, Diss. München 1970. 159 Vgl. Schack IZVR, Rdn. 556; Schütze DIZPR, Rdn. 193. 160 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 193; Wunderlich Zur Prozessstandschaft im internationalen Recht, Diss. München 1970, S. 67 f. 161 Vgl. Bernstein Gesetzlicher Forderungsübergang und Prozessführungsbefugnis im IPR unter besonderer Berücksichtigung versicherungsrechtlicher Aspekte, FS Sieg, 1976, S. 49 ff.; Fragistas aaO S. 483; Schütze DIZPR, Rdn. 193; Wunderlich aaO S. 166 ff. 162 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 194; Wunderlich aaO S. 171. 163 Vgl. Grasmann System des internationalen Gesellschaftsrechts, 1970, S. 510 f.; Schütze DIZPR, S. 76. 164 Vgl. Fragistas aaO S. 481; Wunderlich aaO S. 172.
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IV. Durchführung von Verfahren mit Auslandsberührung
2. Die Gerichtssprache. Die Gerichtssprache bestimmt sich nach der lex fori. Sie ist 94 deutsch (§ 184 GVG). Bei Beteiligung von der deutschen Sprache nicht Mächtigen am Prozess erfährt dieser Grundsatz jedoch Durchbrechungen. Beherrschen einzelne Prozessbeteiligte die deutsche Sprache nicht, so ist ein Dolmetscher hinzuzuziehen (§ 185 Abs. 1 S. 1 GVG). Das Protokoll wird jedoch auch in diesen Fällen in deutscher Sprache abgefasst. Beherrschen alle Beteiligten die ausländische Sprache, so kann auch ohne Hinzuziehung eines Dolmetschers in fremder Sprache verhandelt werden.165 3. Vertretung im Prozess. Ausländer und Inländer sind gleichen Bedingungen un- 95 terworfen. Die Notwendigkeit der anwaltlichen Vertretung (§ 78) bestimmt sich allein nach der lex fori. Anwaltszwang besteht also auch dann im Verfahren vor dem Landgericht, wenn das auf den geltend gemachten Anspruch anwendbare Recht keinen Anwaltszwang vorsieht. Auch die Postulationsfähigkeit bestimmt sich nach der lex fori. § 78 Abs. 1 verlangt die Zulassung bei dem Prozessgericht. Damit sind ausländische Rechtsanwälte regelmäßig von der Prozessvertretung ausgeschlossen. Innerhalb der EU hat die Rechtsprechung des EuGH166 die Möglichkeiten für eine Freizügigkeit von Rechtsanwälten verbessert,167 insbesondere durch den leading case Klopp,168 in dem klargestellt wird, dass eine Doppelzulassung eines Anwalts in mehreren EU-Staaten nicht durch nationales Standesrecht untersagt werden darf. Die EU hat die Freizügigkeit von Rechtsanwälten in der Gemeinschaft durch mehrere 96 Richtlinien gefördert.169 Deutsche Rechtsanwälte können weitgehend auch EG-grenzüberschreitend tätig sein.170 Der deutsche Gesetzgeber zeigt sich recht großzügig gegenüber ausländischen Rechtsanwälten. Nach §§ 206 f. BRAO dürfen Anwälte aus WTO-Staaten – das sind weit mehr als 100 – Rechtsberatung nach ihrem Heimatrecht und Völkerrecht anbieten, wenn das Bundesjustizministerium durch Verordnung die Gleichwertigkeit ihrer Ausbildung und berufsrechtlichen Stellung festgestellt hat. Davon profitieren insbesondere amerikanische attorneys-of law.171 Für die Rechtsverfolgung vor ausländischen Gerichten hat die weitgehende Freizügigkeit für ausländischen Anwälte in Deutschland den Vorteil, dass ein des Rechts am Prozessort kundiger Anwalt im Inland zu Rate gezogen werden kann. Davon profitieren insbesondere die Niederlassungen US-amerikanischer law firms in Deutschland.
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165 § 185 Abs. 2 GVG. 166 Vgl. z.B. EuGHE 1974, 631 (Reyners); 1977, 765 (Thieffry), 1984, 2971 (Klopp). 167 Vgl. zur Freizügigkeit von Anwälten in der EU aus der älteren Literatur Boie Ein Schritt zur Freizügigkeit der Rechtsanwälte in den Europäischen Gemeinschaften, NJW 1977, 1567 ff.; Commichau Fragen zum Europäischen Anwaltsrecht, IPRax 1989, 12 ff.; Gornig Probleme der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit für Rechtsanwälte in der EG, NJW 1989, 1120 ff.; Hofmann Internationales Anwaltsrecht: Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit in der EG, Diss. Konstanz 1991; KespohlWillemer Der deutsche Anwalt in der Europäischen Gemeinschaft – rechtliche Rahmenbedingungen und Möglichkeiten, JZ 1990, 28 ff.; Schneider Anwaltsrecht im EG-Raum 1979; nunmehr im internationalen Kontext Bormann Die Deregulierung des Rechtsberatungsmarktes und die Gefährdung der anwaltlichen Unabhängigkeit, ZZPInt 8 (2003), 3 ff. (21 ff.). 168 Vgl. EuGHE 1984, 2971 = RIW 1984, 988 mit Anm. Borggreve. 169 Vgl. Anwaltsdienstleistungsrichtlinie 77/249/EWG v. 22.3.1977, ABl. EG Nr. L 78, S. 17; Hochschuldiplomanerkennungsrichtlinie 89/48/EWG v. 21.12.1988, ABl. EG (1989) Nr. L 19, S. 16; Anwaltsniederlassungsrichtlinie 98/5/EG v. 16.2.1998, ABl. EG Nr. L 77, S. 36. 170 Vgl. dazu schon Ewig Niederlassungsfreiheit für Anwälte in Europa, BRAK-Mitt. 1996, 13 ff.; KespohlWillemer Der deutsche Anwalt in der Europäischen Gemeinschaft – rechtliche Rahmenbedingungen und Möglichkeiten, JZ 1990, 28 ff. 171 Vgl. dazu Bormann Die Deregulierung des Rechtsberatungsmarktes und die Gefährdung der anwaltlichen Unabhängigkeit, ZZPInt 8 (2003), 3 ff. (21 ff.), der die dadurch entstehende bzw. begünstigte Oligopolisierung beklagt.
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
4. Zustellung über die Grenze Schrifttum Bajons Internationale Zustellung und Recht auf Verteidigung, FS Schütze 1999, S. 49 ff.; Bischof Die Zustellung im internationalen Rechtsvekehr in Zivil- und Handelssachen, 1997; Geimer Neuordnung des internationalen Zustellungsrechts, 1999; Kondring Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehrs, 1995; Linke Die Probleme der internationalen Zustellung, in: Gottwald (Hrsg.), Grundlagen der Gerichtsverfassung – Internationale Zustellung, 1999, S. 95 ff.; Pfennig Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen, 1988; Pfeil-Kammerer Deutsch-amerikanischer Rechtshilfeverkehr in Zivil- und Handelssachen, 1987; Wiehe Zustellungen, Zustellungsmängel und Urteilsanerkennung am Beispiel fiktiver Inlandszustellung in Deutschland, Frankreich und den USA, 1993.
Die Auslandszustellung172 ist weitgehend europarechtlich173 und staatsvertraglich geregelt.174 Im Übrigen erfolgen Zustellungen über die Grenze, die im inländischen Verfahren notwendig werden, nach §§ 199 ff. In den Fällen, in denen die Zustellung im Parteibetrieb erfolgt, ist ein Antrag erforderlich. Dieser ist überflüssig, wenn die Zustellung von Amts wegen bewirkt wird, z.B. bei der Klage und dem Urteil. Vgl. im Übrigen die Erläuterungen zu § 199. 98 97
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5. Armenrecht. Die früher bestehende Differenzierung von In- und Ausländern ist durch das Gesetz über die Prozesskostenhilfe vom 13.6.1980 beseitigt worden. Die Gewährung des Armenrechts (Prozesskostenhilfe) für Ausländer bestimmt sich nach denselben Grundsätzen wie für inländische Parteien, vgl. §§ 114 ff. Eine Ausnahme besteht für juristische Personen. Ausländische juristische Personen sind von der Gewährung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen, was im Hinblick auf Art. 19 Abs. 3 GG jedoch verfassungsrechtlich unbedenklich ist.175 Zediert eine ausländische juristische Person ihren Anspruch zur Einziehung auf einen prozesskostenhilfeberechtigten Inländer, so erfolgt keine Gewährung von Prozesskostenhilfe, wenn die Prozessführung allein im Drittinteresse erfolgt.176 6. Beweis Schrifttum Buciek Beweislast und Anscheinsbeweis im internationalen Recht, Diss. Bonn 1984; Coester-Waltjen Internationales Beweisrecht, 1983; Eisner Beweislastfragen und Beweiswürdigung im deutschen und amerikanischen Zivilprozeß, ZZP 80 (1967), S. 78 ff.; Frey Die Anwendung ausländischer Beweismittelvorschriften durch deutsche Gerichte, NJW 1972, S. 1602 ff.; Maassen Beweismaßprobleme im Schadensersatzprozeß, 1975; Nagel Grundzüge des Beweisrechts im europäischen Zivilprozeß, 1967; Neumeyer Der Beweis im internationalen Privatrecht, RabelsZ 43 (1979), S. 225 ff.; Pohle Zur Beweislast im internationalen Recht, FS Dölle, 1963, Bd. II, S. 317 ff.; Rühl/Fragistas Rechtspolitische und rechtsvergleichende Beiträge zum zivilprozeßualen Beweisrecht, 1929; Schoch Klagbarkeit, Prozeßanspruch und Beweis im Licht des internationalen Rechts, 1934, S. 129 ff.; Zweigert Die Zulässigkeit von Beweisen im deutschen internationalen Privatrecht, Atti de 30 Congresso Internazionale di Diritto Processuale Civile, 1969, S. 79 ff.
_____ 172 173 174 175 176
Vgl. dazu Pfennig Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen, 1988. Vgl für die Literatur zur europäischen Zustellungsverordnung Vorbem. zu §§ 1067–1071, Rdn. 6. Vgl. dazu die Zusammenstellung bei /Geimer/Schütze IRV. Vgl. § 1076, Rdn. 16 ff.; Stein/Jonas/Leipold § 114 Rdn. 88. Vgl. BGHZ 47, 289.
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IV. Durchführung von Verfahren mit Auslandsberührung
Im internationalen Beweisrecht ist zu differenzieren. Eine einheitliche Qualifikation 100 des Beweisrechts als materiell- oder prozessrechtlich ist nicht möglich. Im Einzelnen gilt Folgendes:177 – Beweisnotwendigkeit und gesetzliche Vermutungen: lex causae. – Beweiszulässigkeit: lex fori. Ausländische Beweisverbote sind unbeachtlich. – Beweismittel: lex fori. Ausnahmen gelten für Fälle, in denen Formvorschriften in die Form eines Beweismittelgebots oder -verbots gekleidet sind. Hier gilt die lex causae. – Beweiswürdigung: lex fori. Ausländische Beweisregeln (z.B. Verbot des „hearsayevidence“) sind unbeachtlich. – Beweislast: lex causae. 7. cautio iudicatum solvi Schrifttum Ahrens Ausländersicherheit im einstweiligen Verfügungsverfahren, FS Nagel, 1987, S. 1 ff.; Bajons Aktorische Kaution und gemeinschaftsrechtliches Diskriminierungsverbot, öJZ 2002, 581 ff.; Bork/SchmidtParzefall Zur Reformbedürftigkeit des § 110 ZPO, JZ 1994, 18 ff.; Bungert Sicherheitsleistung durch Ausländer und europäische Dienstleistungsfreiheit, IStR 1993, 481 ff.; Bungert Prozeßkostensicherheitsleistung ausländischer Kapitalgesellschafter und die Diskriminierungsverbote des EWG-Vertrages, EWS 1993, 315; Danelzik Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten, Diss. Bonn 1976; Haase Das Erfordernis der Prozeßkostensicherheit i.S. von § 110 ZPO im schiedsgerichtlichen Verfahren, BB 1995, 1252 ff.; Henn Ausländersicherheitsleistung für Prozeßkosten, NJW 1969, 1374 ff.; Demharter Ist ein die Leistung von Ausländersicherheit anordnendes Zwischenurteil selbständig anfechtbar?, MDR 1986, 186 ff.; Henn Ausländer-Sicherheitsleistung für Prozeßkosten, NJW 1969, 1374 ff.; Kampf Sicherheitsleistung durch britische Staatsangehörige – Ein Beitrag zur Anwendbarkeit des § 110 ZPO, NJW 1990, 3054 ff.; Kaum Ausländersicherheit für Briten – Inlandsbezug ausländischer Vorbehaltserklärungen, IPRax 1992, 18 ff.; Leible Ausländersicherheit und einstweiliger Rechtsschutz, NJW 1995, 2817 ff.; Lutterloh Sind lettländische Staatsangehörige zur Sicherheitsleistung wegen der Prozeßkosten verpflichtet?, JW 1929, 417 ff.; Negro Die Zweckmäßigkeit der Annahme des italienischen Instituts der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten seitens verschiedener Staaten, ZZP 67 (1954), 237 ff.; Reimann Der Verzicht auf die Prozeßkostensicherheit US-amerikanischer Kläger nach § 110 II, IPRax 1998, 250 ff.; Rützel Ausländersicherheit und Nebenintervention, NJW 1998, 2086 ff.; Schack Prozeßkostensicherheit im Verhältnis Deutschland – USA, FS Schütze 1999, S. 145 ff.; Schmieder Zur Höhe der Ausländersicherheit im Patentnichtigkeitsverfahren, GRUR 1982, 112 ff.; Schneider Die Sicherheitsleistung ausländischer Kläger für die Prozeßkosten des Beklagen, JurBüro 1966, 447 ff.; Schütze Zur Verbürgung der Gegenseitigkeit bei der Ausländersicherheit (§ 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), JZ 1983, 83 ff.; Schütze Die verkannte Funktion der Ausländersicherheit, IPRax 1990, 87 f.; Schütze Zur Ausländersicherheit im einstweiligen Verfügungsverfahren, IPRax 1986, 350 f.; Schütze Die deutsche Rechtsprechung zur Verbürgung der Gegenseitigkeit der Ausländersicherheit (§ 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), RIW 1992, 1026 ff.; Schütze Zur Prozeßkostensicherheit (§ 110 ZPO) von Angehörigen der ehemaligen Ostblockstaaten, NJW 1995, 496 ff.; Schütze Zur Neuregelung der cautio iudicatum solvi in Deutschland, RIW 1999, 10 ff.; Schütze Die Ausländersicherheit im internationalen Zivilprozeßrecht, in: Institute of Comparative Law in Japan (Hrsg.), Towards Comparative Law in the 21rst Century (FS Chuo Univesity), 1998, S. 737 ff.; Schütze Die Rechtsprechung des EuGH zur Ausländerkaution – Luxemburg locuta causa finita, RIW 1998, 285 ff.; Schütze Die Verpflichtung einer nicht partei- und prozeßfähigen Partei zur Stellung einer Ausländersicherheit, IPRax 2001, 193 ff.; Schütze Zur Befreiung ausländischer Kläger von der Prozeßkostensicherheitspflicht nach § 110 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, RIW 2002, 299 ff.; Schweisfurth/Blöcker Zur Fortgeltung des Haager Übereinkommens über den Zivilprozeß im Verhältnis zur Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien/Montenegro), IPRax 1996, 9 ff.; Söffing Umfang der Ausländersicherheit i.S.d. § 112 Abs. 2 ZPO, MDR 1989, 599 ff.; Streinz/Leible Prozeßkostensicherheit und gemeinschaftsrechtliches Diskriminierungsverbot, IPRax 1998, 162 ff.; Wilske/Kordts Sicherheitsleistung durch deutschen Kläger mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der EU oder des
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Vgl. für Einzelheiten Schütze DIZPR, Rdn. 220 ff.
Schütze
Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
EWR, IPRax 2005, 116 ff.; Wolf Rechtswidrigkeit der Ausländersicherheit nach EG- und Verfassungsrecht, RIW 1993, 797 ff.; Zimmermann Die Ausländersicherheit des § 110 ZPO auf dem Prüfstand des Europäischen Gemeinschaftsrechts, RIW 1992, 707 ff. Zum ausländischen Recht: Cohn Sicherheitsleistung für Prozeßkosten im deutsch-englischen Rechtsverkehr, ZZP 78 (1965), 161 ff.; Dilger Die Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten in den arabischen Staaten, ZZP 85 (1972), 408 ff.; Graupner/Lipps Prozeßkostensicherheit in Schiedsgerichtsverfahren in Grossbritannien, AWD 1963, 314 ff.; Kretschmar und Schütze Zur Verbürgung der Gegenseitigkeit bei der Ausländersicherheit im Verhältnis zum Iran, RIW 1993, 941 ff.; Müller-Ibold Befreiung von Ausländern von der Verpflichtung zur Leistung einer Prozeßkostensicherheit in Panama, IPRax 1991, 172 f.; Rau Zur Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten im venezolanischen Recht, RIW 1977, 339 ff.; Prinz von SachsenGessaphe Zur Ausländersicherheit für Mexikaner (§ 110 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), IPRax 1990, 88 ff.; Sargin A limitation to the right of effective access to justice before Turkish civil courts: „Cautio Judicatum Solvi“, ZZPInt 10 (2005), 391 ff.; Schütze Zur Ausländersicherheit in Panama, RIW 1990, 674 f.; Schütze Zur Prozeßkostensicherheit (§ 110 ZPO) von Angehörigen der ehemaligen Ostblockstaaten, NJW 1995, 496 ff.
Deutschland praktiziert das Aufenthaltsprinzip. Dieses hat durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Rechtspflegergesetzes und anderer Gesetze vom 6.8.1998178 das bis dahin geltende Staatsangehörigkeitsprinzip abgelöst. Nach § 110 ZPO sind Kläger mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland auf Verlangen des Beklagten verpflichtet, Sicherheit für die Prozesskosten zu leisten, soweit der gewöhnlich Aufenthaltsort nicht in einem EU- oder EWR-Staat besteht. Auf die Staatsangehörigkeit kommt es nicht an. Auch der deutsche Kläger, der seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort außerhalb der EU oder des EWR hat, ist also im deutschen Zivilprozess sicherheitspflichtig. 102 § 110 Abs. 2 ZPO sieht zahlreiche Befreiungen von der Sicherheitsverpflichtung vor: – staatsvertragliche Befreiung (§ 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO): Zahlreiche multilaterale und bilaterale Staatsverträge sehen eine Befreiung vor. Im Einzelnen gilt für die staatsvertragliche und die Befreiung aufgrund Wohnsitzes in EU oder EWR Folgendes: Ägypten (HZPÜ) Algerien (UNUVÜ) Argentinien (HZPÜ, UNUVÜ) Armenien (HZPÜ) Australien (HVÜ 73, UNUVÜ) Barbados (UNUVÜ) Belarus (HZPÜ, UNUVÜ) Belgien (EU, EWR, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, EUNÜ) Bosnien-Herzegowina (HZPÜ, UNUVÜ) Brasilien (UNUVÜ) Bulgarien (EU) Burkina Faso (UNUVÜ) Chile (UNUVÜ) China (Taiwan) (UNUVÜ) China (Volksrepublik) (HZPÜ nur für Sonderverwaltungsregion Macao) Dänemark (EU, EWR, HZPÜ, UNUVÜ, EUNÜ, HUVÜ 73, HUVÜ 58) Ecuador (UNUVÜ) Estland (EU, HZPA 1905, UNUVÜ) Finnland (EU, EWR, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, HUVÜ 73) Frankreich (EU, EWR, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, HUVÜ 73) Georgien (HZPÜ) 101
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BGBl. 1998 I 2030.
Schütze
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IV. Durchführung von Verfahren mit Auslandsberührung
Griechenland (EU, EWR, Art. 15 deutsch-griechisches Rechtshilfeabkommen, HVÜ 73, EUNÜ, UNUVÜ) Guatemala (UNUVÜ) Haiti (UNUVÜ) Irland (EU, EWR, UNUVÜ, EUNÜ) Island (EWR, HZPA 1905) Israel (HZPÜ, UNUVÜ, deutsch-israelischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag) Italien (EU,EWR, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, HUVÜ 73, EUNÜ) Japan (HZPÜ) Jugoslawien (ehemaliges) (HZPÜ, UNUVÜ) Kap Verde (UNUVÜ) Kasachstan (HZPÜ, UNUVÜ) Kirgisistan (HZPÜ, UNUVÜ) Kolumbien (UNUVÜ) Kroatien (HZPÜ, UNUVÜ) Lettland (EU, HZPÜ) Libanon (HZPÜ) Liberia (UNUVÜ) Liechtenstein (EWR, HUVÜ 58) Litauen (EU, HZPÜ, HUVÜ 73) Luxemburg (EU, EWR, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 73, EUNÜ) Malta (EU) Marokko (HZPÜ, UNUVÜ, deutsch-marokkanischer Rechtshilfevertrag) Mazedonien (ehemalige jugoslawische Republik) (HZPÜ, UNUVÜ) Mexiko (UNUVÜ) Moldau (HZPÜ, UNUVÜ) Monaco (UNUVÜ) Montenegro (HZPÜ, UNUVÜ) Neuseeland (UNUVÜ) Niederlande (EU, EWR, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, HUVÜ 73, EUNÜ) Niger (UNUVÜ) Norwegen (EWR, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, HUVÜ 73, EUNÜ) Österreich (EU, EWR, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58) Pakistan (UNUVÜ) Philippinen (UNUVÜ) Polen (EU, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 73) Portugal (EU, EWR, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, HUVÜ 73) Rumänien (EU, HZPÜ, UNUVÜ) Russland (HZPÜ) Schweden (EU, EWR, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, HUVÜ 73, EUNÜ) Schweiz (LugÜ I und II, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, HUVÜ 73) Serbien (HZPÜ, UNUVÜ) Seychellen (UNUVÜ) Slowakei (EU, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, HUVÜ 73) Slowenien (EU, HZPÜ, UNUVÜ) Sowjetunion (ehemalige) (HZPÜ) Spanien (EU, EWR, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, HUVÜ 73) Sri Lanka (UNUVÜ) Surinam (HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58) 463
Schütze
Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
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Tschechien (EU, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, HUVÜ 73) Tschechoslowakei (ehemalige) (HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, HUVÜ 73) Türkei (HZPÜ, EUNÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58, HUVÜ 73), deutsch-türkischer Rechtshilfevertrag) Tunesien (UNUVÜ, deutsch-tunesischer Rechtshilfe-, Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag) Ukraine (HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 73) Ungarn (EU, HZPÜ, UNUVÜ, HUVÜ 58) Uruguay (UNUVÜ) Usbekistan (HZPÜ) Vatikan (HZPÜ, UNUVÜ) Vereinigtes Königreich (EU, EWR, UNUVÜ, HUVÜ 73, EUNÜ) Zentralafrikanische Republik (UNUVÜ) Zypern (EU, HZPÜ, UNUVÜ) Vollstreckungsmöglichkeit der Kostenentscheidung (§ 110 Abs. 2 Nr. 2 ZPO): Kann die gegen den Kläger ergehende Kostenentscheidung im Staat dessen gewöhnlichen Aufenthalts aufgrund einer völkerrechtlichen Vereinbarung anerkannt und vollstreckt werden, so entfällt nach der Ansicht des Gesetzgebers das Sicherungsbedürfnis des Beklagten. Der Kläger ist nicht prozesskostensicherheitspflichtig. Diese gesetzgeberische Entscheidung ist blauäugig und praxisfern. Die Durchsetzung einer deutschen Kostenentscheidung im Ausland ist häufig – auch wenn rechtlich möglich – wirtschaftlich unsinnig, vor allem wenn es im Vollstreckungsstaat keine Erstattung außergerichtlicher Kosten gibt. Staatsvertragliche Befreiungen kommen in Betracht nach Art. 32 LugÜ II, Art. 27 deutsch-tunesischer Anerkennungs-, Vollstreckungs- und Rechtshilfevertrag 1966 und Art 2 deutsch-israelischer Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag 1977. hinreichendes Vermögen (§ 110 Abs. 2 Nr. 3 ZPO): Eignet der Kläger im Inland hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen zur Erfüllung eines Kostenerstattungsanspruchs des obsiegenden Beklagten, so entfällt eine cautio iudicatum solvi. Widerklagen (§ 110 Abs. 2 Nr. 4 ZPO): Bei Widerklagen hat der Kläger das Forum nicht gewählt. Eine Prozesskostensicherheitspflicht entfällt deshalb. Die Befreiung gilt nur für Widerklagen. Erhebt der Kläger eine selbständige Klage, obwohl er Widerklage erheben könnte, so entfällt die Prozesskostensicherheitsverpflichtung nicht. Klagen aufgrund öffentlicher Aufforderung (§ 110 Abs. 2 Nr. 5 ZPO): Die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung entfällt bei Aufgebotsverfahren. Auch hier hat der Kläger das Forum nicht gewählt. Armenrecht: Nach § 122 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist der Kläger, dem Armenrecht (Prozesskostenhilfe) gewährt worden ist von der Stellung einer Prozesskostensicherheit befreit. 8. Anwendung ausländischen Rechts Schrifttum
Arens Prozeßuale Probleme bei der Anwendung ausländischen Rechts im deutschen Zivilprozeß, FS Zajtay, 1982, S. 7 ff.; Artz Kollisionsrecht und ausländisches Recht in spanischen und deutschen Zivilverfahren, 2004; Brauksiepe Die Anwendung ausländischen Rechts im Zivilprozeß, Diss. Bonn 1965; Broggini Die Maxime „iura novit curia“ und das ausländische Recht, AcP 155 (1956), 469 ff.; Caduff Die Feststellung des anwendbaren Rechts im Prozeß (Art. 16 IPRG): Ein Leitfaden für die Abwicklung von Verfahren mit
Schütze
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IV. Durchführung von Verfahren mit Auslandsberührung
internationalen Sachverhalten, 2000; Dethloff Ausländisches Wettbewerbsrecht im einstweiligen Rechtsschutz, RabelsZ 62 (1998), 286 ff.; Dölle Über die Anwendung ausländischen Rechts, GRUR 1957, 56 ff.; Dölle Bemerkungen zu § 293 ZPO, FS Nikisch, 1958, S. 185 ff.; Dölle De l’application du droit étranger par le juge interne, Rev. crit. 1955, 233 ff.; Drobnig The use of foreign law by German Courts, in: Jayme (Hrsg.), German National Reports in Civil Law Matters for the XIVth Congress of Comparative Law, 1994, S. 5 ff.; Fastrich Revisibilität der Ermittlung ausländischen Rechts, ZZP 97 (1984), 423 ff.; Ferid Überlegungen, wie der Misere bei der Behandlung von Auslandsrechtsfällen in der deutschen Rechtspraxis abgeholfen werden kann, FS O. Möhring, 1973, S. 1 ff.; Feurer Statuta novit curia? Zur Auslegung der „Statuten“ in § 293 ZPO, ZZP 123 (2010), 427 ff.; Flessner Diskriminierung von grenzübergreifenden Rechtsverhältnissen im europäischen Zivilprozeß, ZeuP 14 (2006), 737 ff.; Flessner Das ausländische Recht im Zivilprozeß – die europäischen Anforderungen, in: Reichelt (Hrsg.), 30 Jahre IPR-Gesetz, 2009, S. 35 ff.; Fuchs Die Ermittlung ausländischen Rechts durch Sachverständige, RIW 1995, 807 ff.; Geisler Zur Ermittlung ausländischen Rechts durch „Beweis“ im Prozeß, ZZP 91 (1978), 176 ff.; Gruber Die Anwendung ausländischen Rechts durch deutsche Gerichte, ZRP 1992, 6 ff.; Hau Gerichtssachverständige in Fällen mit Auslandsbezug, RIW 2003, 822 ff.; Heldrich Probleme bei der Ermittlung ausländischen Rechts in der gerichtlichen Praxis, FS Nakamura, 1996, S. 243 ff.; Heldrich Heimwärtsstreben auf neuen Wegen, Zur Anwendung der lex fori bei Schwierigkeiten der Ermittlung ausländischen Rechts, FS Ferid, 1978, S. 209 ff.; Hetger Die Ermittlung ausländischen Rechts, FamRZ 1995, 654 f.; Hök Zur Mitwirkungspflicht der Prozeßparteien bei der Ermittlung ausländischen Rechts, JurBüro 1987, 1760 ff.; Huzel Zur Zulässigkeit eines „Auflagenbeschlusses“ im Rahmen des § 293 ZPO, IPRax 1990, 77 ff.; Jansen/Michaels Die Auslegung und Fortbildung ausländischen Rechts, ZZP 116 (2003), 3 ff.; Jastrow Zur Ermittlung ausländischen Rechts: Was leistet das Londoner Auskunftsübereinkommen in der Praxis?, IPRax 2004, 402 ff.; Jayme Die Expertise über fremdes Recht, in: Nicklisch (Hrsg.), Der Experte im Verfahren, 2005, S. 109 ff.; Jessurun d’Oliveira Foreign Law in summary proceedings, FS Voskuil, 1992, S. 119 ff.; Kawano Court Responsibilities for Determining Foreign Law, in: Stürner/Kawano (Hrsg.), International Contract Litigation, Arbitration and Judicial Responsibility in Transnational Disputes, 2011, S. 221 ff.; Kegel Die Ermittlung ausländischen Rechts, in: Müller (Hrsg.), Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 157 ff.; Kegel Zur Organisation der Ermittlung ausländischen Rechts, FS Nipperdey, 1965, Bd. I, S. 453 ff.; Kindl Ausländisches Recht vor deutschen Gerichten, ZZP 111 (1998), 177 ff.; Koehler Die Feststellung ausländischen Rechts im Prozeß, JR 1951, 549 ff.; Kötz Allgemeine Rechtsgrundsätze als Ersatzrecht, RabelsZ 34 (1970), 663 ff.; Kralik Iura novit curia und das ausländische Recht, ZfRV 3 (1962), 75 ff.; Krause Ausländisches Recht und deutscher Zivilprozeß, Diss. Konstanz 1990; Kreutzer Einheitsrecht als Ersatzrecht, NJW 1983, 1943 ff.; Krüger Zur Ermittlung ausländischen Rechts in Deutschland: Ein Bericht aus der Praxis, FS Nomer, 2003, S. 357 ff.; Küppers Zum Nachweis ausländischen Rechts im Versäumnisverfahren, NJW 1976, 489 ff.; Küster Die Ermittlung ausländischen Rechts im deutschen Zivilprozeß und ihre Kostenfolgen, Diss. Hannover 1995; Küster Zur richterlichen Ermessensausübung bei er Ermittlung ausländischen Rechts, RIW 1998, 275 ff.; Langenbeck Beiträge zur Lehre vom Beweise fremder Rechte vor inländischen Gerichten, AcP 41 (1858), 160 ff.; Lindacher Zur Mitwirkung der Parteien bei der Ermittlung ausländischen Rechts, FS Schumann, 2001, S. 283 ff.; Lindacher Zur Anwendung ausländischen Rechts, FS Beys, 2003, S. 909 ff.; Luther Kollisions- und Fremdrechtsanwendung in der Gerichtspraxis, RabelsZ 37 (1973), 660 ff.; Mankowski Privatgutachten über ausländisches Recht – Erstattungsfähigkeit der Kosten, MDR 2001, 194 ff.; Mankowski/Kerfack Arrest, einstweilige Verfügung und die Anwendung ausländischen Rechts, IPRax 1990, S. 372 ff.; Matsumoto Folgen der Nichtfeststellbarkeit ausländischen Rechts im japanischen Zivilprozeß, GS Arens, 1993, S. 207 ff.; Meier Iura novit curia, Diss. Zürich 1975; Mittermaier Über den Beweis ausländischer Gesetze in Rechtsstreitigkeiten, AcP 18 (1835), 67 ff.; Müller Zur Nichtfeststellbarkeit des kollisionsrechtlich berufenen ausländischen Rechts, NJW 1981, 481 ff.; Otto Die gerichtliche Praxis und ihre Erfahrungen mit dem Europäischen Übereinkommen vom 7.6.1968 betr. Auskünfte über ausländisches Recht, FS Firsching, 1985, S. 209 ff.; Otto Das Europäische Übereinkommen vom 7.6.1968 betreffend die Auskünfte über ausländischen Recht in der deutsch-italienischen Rechtspraxis, Jahrbücher für Italienisches Recht, Bd. 4 (1991), S. 139 ff.; Otto Das Europäische Übereinkommen vom 7.6.1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht – im Abseits?, Jahrbücher für Italienisches Recht, Bd. 7 (1994), S. 231 ff.; Otto Die Schwierigkeiten der Anwendung ausländischen Rechts – Besonderheiten des italienischen und französischen Kindschaftsrechts, StAZ 1994, 178 ff.; Otto Der verunglückte § 293 ZPO und die Ermittlung ausländischen Rechts durch „Beweiserhebung“, IPRax 1995, 299 ff.; Otto, Missstände in der deutsch-italienischen Praxis des Europäischen Übereinkommens vom 7.6.1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht, Jahrbücher für Italienisches Recht
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Schütze
Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
Bd. 8 (1995), S. 229 f.; Pfeiffer Methoden der Ermittlung ausländischen Rechts, FS Leipold, 2009, S. 283 ff.; Picone Die „Anwendung“ einer ausländischen „Rechtsordnung“ im Forumstaat: … perseverare est diabolicum!, FS Siehr, 2000, S. 569 ff.; Remien Iura novit curia und die Ermittlung fremden Rechts im europäischen Rechtsraum der Artt. 61 ff. EGV – für ein neues Vorabentscheidungsverfahren bei mitgliedstaatlichen Gerichten, FS 75 Jahre Max Planck Institut für Privatrecht, 2001, S. 617 ff.; Reu Anwendung fremden Rechts, 1938; Rodger/van Doorn Proof of Foreign Law: The Impact of the London Convention, ILCQ 46 (1997), 151 ff.; Rogoz, Ausländisches Recht im deutschen und englischen Zivilprozeß, 2008; Sangiovanni La conoscenza, l’interpretazione e l’applicazione della legge straniera da parte del giudice civile tedesco, Riv. 35 (1999), 913 ff.; Schack Surrogation und Prozeßstandschaft, Ermittlung ausländischen Rechts im einstweiligen Verfügungsverfahren, IPRax 1995, 158 ff.; Schall Deutsches Case Law? – zur Anwendung englischen Rechts unter § 293 ZPO, ZZP 122 (2009), 293 ff.; Schellak Selbstermittlung oder ausländische Auskunft unter dem europäischen Rechtsauskunftsübereinkommen, 1998; Schilken Zur Rechtsnatur der Ermittlung ausländischen Rechts nach § 293 ZPO, FS Schumann, 2001, S. 373 ff.; Schnyder Die Anwendung des zuständigen fremden Sachrechts im internationalen Privatrecht, Diss. Zürich, 1981; Schütze Ausländisches Recht als beweisbedürftige Tatsache, NJW 1965, 1652 f.; Schütze EG-Recht im deutschen Zivilprozeß, EWS 1990, 49 ff.; Schütze Feststellung und Revisibilität europäischen Rechts im deutschen Zivilprozeß, GS Baur, 1992, S. 93 ff.; Schwartze Die Ermittlung und Anwendung des Vertragsrechtes anderer EU-Staaten im deutschen Zivilprozeß nach § 293 ZPO – ein besonderer Fall, FS Fenge, 1997, S. 127 ff.; Schwung Das Ersatzrecht bei einem Verstoß des ausländischen Rechts gegen den ordre public, RabelsZ 49 (1985), 407 ff.; Sommerlad Grundsätze für die Ermittlung ausländischen Rechts im Zivilprozeß, RIW 1991, 856 ff.; Sommerlad/Schrey Die Ermittlung ausländischen Rechts im Zivilprozeß und die Folgen der Nichtermittlung, NJW 1991, 1377 ff.; Spickhoff Fremdes Recht vor inländischen Gerichten: Rechts- oder Tatfrage, ZZP 112 (1999), 265 ff.; Spickhoff Die neue Sachverständigenhaftung und die Ermittlung ausländischen Rechts, FS Heldrich, 2005, S. 419 ff.; Theiss Die Behandlung fremden Rechts im deutschen und italienischen Zivilprozeß, 1990; Trautmann Ausländisches Recht vor deutschen und englischen Gerichten, ZeuP 14 (2006), 283 ff.; Troller Prozeßrechtliche Überlegungen zu Anwendung fremden Rechts, FS Wengler, 1973, S. 839 ff.; Vrellis Überlegungen betreffend die Auslegung fremder Rechtsnormen, FS Siehr, 2000, S. 829 ff.; Wagner Fakultatives Kollisionsrecht und prozeßuale Parteiautonomie, ZEuP 1999, 6 ff.; Wengler, Der deutsche Richter vor unaufklärbarem und unbestimmten ausländischen Recht, JR 1983, 221 ff.; Wolf Das europäische Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht, NJW 1975, 1583 ff.; Wollny Auskünfte über ausländisches Recht, StAZ 1984, 479 f.; Zajtay Grundfragen der Anwendung ausländischen Rechts im Zivilprozeß, ZfRV 1971, 271 ff. Belgien: Krings L’interprétation de la loi étrangère par le juge du for et le contrôle de cette interprétation par la Cour de cassation – Quelques brèves considérations, FS Baumgärtel 1990, S. 267 ff. Brasilien: Barbosa Moreira Le juge brésilien et le droit étranger, FS Nagel, 1987, S. 14 ff. England: Andrews English Court Proceedings: Proof of Foreign Law, in: Stürner/Kawano (Hrsg.), International Contract Litigation, Arbitration and Judicial Responsibility in Transnational Disputes, 2011, S. 243 ff.; Cohn Neue Regeln zum Beweis ausländischen Rechts im englischen Zivilprozeß, RabelsZ 38 (1974), 155 ff.; Fentiman Foreign Law in English Courts, Law Quarterly Review 108 (1992), 142 ff.; Fentiman Foreign Law in English Courts, 1998; Geeroms Foreign Law in Civil Litigation, 2004; Schmitthoff Länderbericht England, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 88 ff.; Rodger/van Doorn Proof of Foreign Law: The Impact of the London Convention ICLQ 46 (1997), 151 ff.; Rogoz Ausländisches Recht im deutschen und englischen Zivilprozeß, 2008; Trautmann Ausländisches Recht vor deutschen und englischen Gerichten, ZeuP 2006, 283 ff.; Webb/Auburn La „présomption“ d’identité de la loi étrangère et de la loi du for en l’absence de preuve, Journal Clunet 105 (1978), 272 ff. Frankreich: Ancel Le juge français et la mise en ouevre du droit étranger, Rapport de la Cour de cassation 1997, 1998, S. 33 ff.; Bolard Les tribulations de la loi étrangère devant le juge français, Mélanges Ponsard, 2003, S. 106 ff.; Bolze L’application de la loi étrangère par le juge français: le point de vue d’un processualiste, D. 2001, 1818 ff.; Bureau L’application d’office de la loi étrangère, Journal Clunet 117 (1990), 317 ff.; Ferrand Die Behandlung ausländischen Rechts durch die französische Cour de Cassation, ZeuP 1994, 126 ff.; Ferrand Court’s Responsibilities for Determining Foreign Law: The French Perspective, in: Stürner/Kawano (Hrsg.), International Contract Litigation, Arbitration and Judicial Responsibility in Transnational Disputes, 2011, S. 231 ff.; Gaudemet-Tallon E Point sur l’Evolution de la Condition du Droit étranger en Droit international privé français, FS Kerameus, 2009, S. 359 ff.; Louis-Lucas Existe-t-il une compétence générale du droit
Schütze
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IV. Durchführung von Verfahren mit Auslandsberührung
français pour le règlement des conflits de lois?, Rev. crit. 1959, 405 ff.; Mayer Les procédés de preuve de la loi étrangère, Mélanges Ghestin, 2001, S. 217 ff.; Mégnin Zu einer systematischeren Anwendung fremden Rechts durch den französischen Richter, IPRax 2005, 459 ff.; Nicod Un droit venu d’ailleurs: la loi étrangère désignée par la règle de conflit, Mélanges Jestaz, 2006, S. 417 ff.; Ponsard L’office du juge et l’application du droit étrangère, Rev. crit. 1990, 607 ff.; Zajtay Länderbericht Frankreich in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 15 ff. Italien: Cappelleti „Iura novit curia“ e impossibiltà di conoscere il diritto straniero richiamato dalle normendi diritto internazionale provato, Giur. It. 1966 I, 1403 ff.; Cappelleti Mandatory Ex-Officio Application of Foreign Law: The Comparative Method as an Answer in Cases where the Foreign Law cannot be ascertained, CILSA 3 (1970), 49 ff.; Cappelleti Länderbericht Italien, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 28 ff.; Franchi Alla riceca del diritto ignoto, Giur. It. 1979 I 1, 333 ff.; Picone La prova del diritto straniero nella legge italiana di riforma del diritto internazionale privato, FS Jayme 2004, S. 691 ff.; Pocar Sulle conseguenze della mancata conoscenza del diritto straniero richiamatodalla norma di conflitto, FS Broggini, 1997, S. 413 ff.; Sangiovanni Die neue italienische Rechtsprechung zur Ermittlung des ausländischen Rechts, IPRax 2006, 513 ff.; Theiss Die Behandlung fremden Rechts im deutschen und italienischen Zivilprozeß, 1990. Japan: Matsumoto Folgen der Nichtfeststellbarkeit ausländischen Rechts im japanischen Zivilprozeß, GS Arens 1993, S. 297 ff.; Matsumoto Einige prozeßuale Probleme bei der Anwendung ausländischen Rechts im japanischen Zivilprozeß, Recht in Japan, 1993/3, 27 ff.; Peterson Das internationale Zivilprozeßrecht Japans, 2003, S. 425 ff.; Prütting Ermittlung und Anwendung von ausländischem Recht in Japan und Deutschland, FS Ishikawa, 2001, S. 397 ff. Kanada: Kadletz Fremdes Recht im kanadischen Zivilprozeß, IPRax 1999, 183 ff. Korea: Stiller Das internationale Zivilprozeßrecht der Republik Korea, 1989, S. 124 ff. Niederlande: Mostermans De processuele behandeling van het conflictenrecht, 1996. Österreich: Flessner Das ausländische Recht im Zivilprozeß – die europäischen Anforderungen, in: Reichelt (Hrsg.), 30 Jahre österreichisches IPR-Gesetz – europäische Perspektiven – 2009, S. 35 ff.; Kralik Das fremde Recht vor dem Obersten Gerichtshof, FS Fasching, 1988, S. 297 ff.; Schwimann Länderbericht Österreich, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 81 ff. Portugal: Samtleben Länderbericht Spanien, Portugal und Lateinamerika, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 49 ff. Russland: Radjuk Grenzen der Anwendung ausländischen Rechts in Russland, IPRax 2010, 370 ff.; Timochow Die Pflicht zur Ermittlung ausländischen Rechts im Prozeß, FS Boguslavskij, 2004, S. 259 ff. Schweden: Jänterä-Jareborg Svensk domstol och utländsk rätt, 1997; Jänterä-Jareborg Bristande utredning om utländsk rätt, FS Strömholm, 1997, I, S. 455 ff. Schweiz: Schnyder Die Anwendung des zuständigen fremden Sachrechts im IPR, 1981. Spanien: Artz Kollisionsrecht und ausländisches Recht im deutschen und spanischen Zivilverfahren, 2004; Calvo Caravaca/Carrascosa González The proof of foreign law in the new Spanish Civil Code 1/2000, IPRax 2005, 170 ff.; Garau Sobrino Der Beweis ausländischen Rechts in der neuen spanischen Zivilprozeßordnung vom 7. Januar 2000; 75 Jahre MPI für Privatrecht, 2001, S. 685 ff.; Ramos Mendez La Prueba del Derecho extranjero, 1980; Samtleben Länderbericht Spanien, Portugal und Lateinamerika, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 49 ff. USA: Fine American Courts and Foreign Law: The New Debate, DAJV-Newsletter 2006, 107 ff.; Hay Länderbericht Vereinigte Staaten von Amerika, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 102 ff.; Hay/Hampe Nichtermittelbarkeit ausländischen Rechts und Forum Non Conveniens, RIW 1998, 760 ff.; Henley Note: The Effect of a Failure to Prove The Law of a Foreign Country: A Presumption of Fundamental Principles Recognized by All Civilized Nations, Cal. L. Rev. 51 (1963), 632 ff.; Merryman Foreign Law as a problem, StanfordJIntL 19 (1983), 151 ff.; Miner The Reception of Foreign Law in the U.S. Federal Courts, AmJCompL 1995, 581 ff.; Sass, Foreign Law in Federal Courts, AmJCompL 29 (1981), 97 ff.; Schlesinger A Recurrent Problem in Transnational Litigation: The Effect of Failure to Invoke or Prove the Applicable Foreign Law, Cornell L. Rev. 59 (1973), 1 ff.; Schlesinger Die Behandlung des Fremdrechts im amerikanischen Zivilprozeß, RabelsZ 27 (1963), 54 ff.; Sprankling/Lanyi Pleading and Proof of Foreign Law in American Courts, StanfordJIntL 19 (1983), 3 ff. Mehrere Rechtsordnungen: Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, O (über 80 Länderberichte); Hartley Pleading and Proof of Foreign Law, ICLQ 45 (1996), 271 ff.; Jäntera-Jareborg Foreign Law in National Courts, A Comparative Perspective, Hague Academy of International
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
Law, Recueil des cours, 304 (2003), S. 185 ff.; Lando Länderbericht Skandinavien, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 128 ff.; Mayer Le juge et la loi étrangère, Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht, 1991, 481 ff.; Samtleben Länderbericht Spanien, Portugal und Lateinamerika, ebenda, S. 49 ff.; Sass Foreign Law in Civil Litigation: A Comparative Survey, AmJCompL 16 (1968), 332 ff.; Varady Foreign Law before Domestic Authorities, FSA Zajtay, 1982, S. 489 ff.; Zajtay The application of foreign law, in: Internationale Encyclopedia Comparative Law, vol. II, ch. 14, 1972.
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Der Grundsatz iura novit curia gilt trotz der missverständlichen Fassung von § 293 ZPO auch für die Anwendung ausländischen Rechts. Ausländisches Recht bewahrt nach deutscher Rechtsanschauung seinen Rechtscharakter auch bei Anwendung durch inländische Gerichte. Das bürdet dem Richter eine schwierige Aufgabe auf.179 Im Gegensatz zu vielen ausländischen Rechtsordnungen – z.B. den angelsächsischen180 – wird ausländisches Recht nicht als beweisbedürftige Tatsache angesehen.
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a. Ermittlung ausländischen Rechts. Der Richter kann sich nach § 293 der Mithilfe der Parteien bei der Ermittlung des Inhalts eines ausländischen Rechtssatzes bedienen, ist jedoch auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt. Das Gericht kann vielmehr alle erfolgversprechenden Erkenntnisquellen benutzen. Es muss auf jeden Fall von Amts wegen ermitteln.181 Die Auswahl der Erkenntnismöglichkeiten ist dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts überlassen.182 105 Als Erkenntnisquellen kommen in Betracht: – Mithilfe der Parteien: Das Gericht kann von den Parteien Belege für den Inhalt der von ihnen behaupteten ausländischen Rechtsnorm durch Privatgutachten, Vorlage von Gesetzestexten, Entscheidungsabschriften pp. fordern. Für die Entscheidungsfindung sind diese Nachweise allerdings sämtlich von der Subjektivität der interessierten Partei belastet und deshalb nur bedingt verwertbar. – Rechtsauskünfte: Das europäische Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht vom 7. Juni 1968183 ermöglicht die Einholung von Rechtsauskünften über eine zentrale Stelle nach dem Vorbild der französischen „certificats de coutûmes“. Der Wert dieser Rechtsauskünfte leidet darunter, dass sie sich auf die Beantwortung einer abstrakten Rechtsfrage beziehen, was regelmäßig für die Entscheidungsfindung nicht ausreichend ist. Auch ohne vertragliche Vereinbarungen werden Rechtsauskünfte auf Grund internationaler Courtoisie erteilt. – Sachverständigengutachten: Die in der Praxis gängigste Methode ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens, insbesondere von wissenschaftlichen Instituten, so dem Institut für internationales und ausländisches Recht und Rechtsvergleichung der Freien Universität Berlin, dem Institut für internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung der Universität Bonn, dem Institut für ausländisches und internationa-
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179 Vgl. insbes. Ferid FS O. Möhring S. 1 ff.; Kegel FS Nipperdey I, S. 453 ff.; Luther RabelsZ 37 (1973), S. 660 ff. 180 Vgl. für England Schütze in: Geimer/Schütze IRV 1156.9 f. mwN. 181 St. Rspr. vgl. BGHZ 36, 348; 57, 72; BGH WM 1987, 273. 182 St. Rspr. vgl. BGH NJW 1961, 410; 1963, 252; 1975, 2143; 1976, 1581. 183 Das Übereinkommen gilt inzwischen im Verhältnis zu Albanien, Aserbaidschan, Belarus, Belgien, Bulgarien, Costa Rica, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Georgien, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Mazedonien (ehem. jugosl. Rep.), Mexiko, Moldau, Montenegro, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Schweden, Schweiz, Serbien, Slowakei, Slowenien, Sowjetunion (ehem.), Spanien, Tschechien, Türkei, Ukraine, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Zypern.
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IV. Durchführung von Verfahren mit Auslandsberührung
les Privatrecht der Universität Freiburg, der Abteilung für internationales und ausländisches Privatrecht des Juristischen Seminars der Universität Göttingen, des MaxPlanck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht Hamburg, des Instituts für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht der Universität Heidelberg, des Instituts für internationales und ausländisches Privatrecht der Universität Köln, des Instituts für internationales Recht der Universität München und des Lehrstuhls für bürgerliches Recht, internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung der Universität Passau. 184 Auch kommen private Gutachter in Betracht.185 Die Gutachten haben gegenüber den Rechtsauskünften den Vorteil fallbezogen zu 106 sein, bergen aber die Gefahr in sich, die richterliche Tätigkeit auf den Sachverständigen zu verlagern.186 Obwohl ausländisches Recht keines „Beweises“ bedarf, hat der BGH auf das Sach- 107 verständigengutachten nach § 293 ZPO in dogmatisch angreifbarer Weise187 die Beweisregeln der §§ 402 ff. insbesondere § 411 Abs. 3 angewendet.188 b. Non liquet. Da das ausländische Recht nicht als Tatsache angewendet wird, fin- 108 den die Beweislastregeln keine Anwendung. Keine Partei kann beweisfällig werden. Mangels objektiver Beweislast darf keine Partei einen Nachteil durch die Nichtbeibringung von Nachweisen für den Inhalt ausländischen Rechts erleiden.189 Eine Klagabweisung oder Klagzusprechung wegen der Nichterweislichkeit eines von den Parteien behaupteten ausländischen Rechtssatzes ist nicht zulässig.190 Den Parteien dürfen keine Rechtsnachteile durch mangelnde Mitwirkung bei der Ermittlung ausländischen Rechts entstehen.191 Das gilt auch für die Vorschussleistung für Sachverständigengutachten.192 Ist der Inhalt eines anwendbaren ausländischen Rechtssatzes nicht feststellbar, so 109 ist ein Ersatzrecht anzuwenden.193 Lösungsmöglichkeiten werden mannigfach angeboten.194 Sachgerecht erscheint es, bei rezipierten Rechten auf das Mutterrecht zurückzugreifen, im Übrigen das Recht des Rechtskreises anzuwenden, in dem das nicht feststell-
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184 Ausgewählte Gutachten der wichtigsten Institute werden jährlich im Auftrage des Deutschen Rates für internationales Privatrecht veröffentlicht. 185 Vgl. für eine Zusammenstellung von privaten Gutachtern Hetger Sachverständige für ausländisches und internationales Privatrecht, DNotZ 1988, S. 425 ff. 186 Vgl. dazu Müller Länderbericht Deutschland, in: Müller u.a. Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968, S. 70 ff. 187 Vgl. Geisler ZZP 91 (1976), S. 176 ff. 188 Vgl. BGH NJW 1975, 1058. 189 Vgl. BGH RIW/AWD 1982, 199. 190 Vgl. BGH NJW 1961, 410. 191 AA wohl BGH NJW 1976, 1581, der die mangelnde Mitwirkung der Parteien mit der Nichtberücksichtigung des Vortrags einer Partei ahnden will. 192 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 263. 193 Zum Meinungsstand vgl. die Zusammenstellung BGH NJW 1978, 496; ferner Müller Länderbericht Deutschland aaO S. 71 ff. 194 So werden als Ersatzrecht favorisiert: Einheitsrecht (Kreuzer Einheitsrecht als Ersatzrecht. Zur Frage der Nichtermittelbarkeit fremden Rechts, NJW 1983, S. 1943 ff.); Allgemeine Rechtsgrundsätze (Kötz Allgemeine Rechtsgrundsätze als Ersatzrecht, RabelsZ 34 (1970), S. 663 ff.; Neuhaus Die Grundbegriffe des Internationalen Privatrechts, 2. Aufl., 1976, S. 391 f.); Hilfsanknüpfung (Müller Zur Nichtfeststellbarkeit des kollisionsrechtlich berufenen ausländischen Rechts, NJW 1981, S. 481 ff.); im Übrigen die Zusammenstellungen bei Schack IZVR, Rdn. 715 ff. und Schütze DIZPR, Rdn. 264 ff.
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bare Recht wurzelt.195 Es ist besser, bei Nichtfeststellbarkeit eines ivorianischen Rechtssatzes französisches Recht als Mutterrecht196 anzuwenden, denn deutsches Recht als lex fori oder bei Nichtfeststellbarkeit einer syrischen Rechtsnorm ägyptisches Recht anstelle von deutschem Recht.197 Erst wenn diese Hilfslösungen nicht zum Ziel führen, ist die Anwendung der lex fori 110 als Ersatzrecht nicht zu vermeiden. 198 Der Bundesgerichtshof ist hierbei häufig zu schnell.199 111
c. Materiellrechtliche Verweisung. Ein ausländischer Rechtssatz verliert den Charakter einer Rechtsnorm dann, wenn er nicht auf Grund kollisionsrechtlicher, sondern materiellrechtlicher Verweisung angewendet wird.200 Der ausländische Rechtssatz wird zu einer beweisbedürftigen Tatsache – ebenso wie jede sonstige Vereinbarung der Parteien. Er unterliegt den Beweisregeln der ZPO. Derjenige, der sich auf den Inhalt einer auf Grund materiellrechtlicher Verweisung anwendbaren ausländischen Norm beruft, trägt die volle Beweislast. 9. Revisilibität ausländischen Rechts Schrifttum Dölle Betrachtungen zum ausländischen, internationalen und interzonalen Privatrecht im besetzten Deutschland, FS Raape, 1948, S. 149 ff.; Dölle Über die Anwendung fremden Rechts, GRUR 1957, S. 56 ff.; Fastrich Revisibilität der Ermittlung ausländischen Rechts, ZZP 97 (1984), S. 423 ff.; Gottwald Die Revisionsinstanz als Tatsacheninstanz, 1975, S. 107 ff.; Gottwald Zur Revisibilität ausländischen Rechts, IPRax 1988, S. 210 ff.; Kerameus Revisibilität ausländischen Rechts, ZZP 99 (1986), S. 166 ff.; Lewald Le contrôle des cours suprêmes sur l’application des lois étrangères, 1937; Müller u.a. Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968 (mit Länderberichten zum französischen, italienischen, spanischen, portugiesischen, lateinamerikanischen, deutschen, österreichischen, englischen, US-amerikanischen, skandinavischen, sowjetischen und jugoslawischen Rechtszustand); Roth Fehlende Erkennbarkeit der angewandten Rechtsordnung als absoluter Revisionsgrund gemäß § 551 Nr. 7 ZPO, IPRax 1988, S. 213 ff.; Schütze Zur Revisibilität ausländischen Rechts, NJW 1970, S. 1584 f.; Schütze EG-Recht im deutschen Zivilprozeß, EWS 1990, S. 49 ff.; Schütze Feststellung und Revisibilität europäischen Rechts im deutschen Zivilprozeß, GS Baur, 1992, S. 93 ff.; Schütze Der Abschied von der Nichtrevisibilität ausländischen Rechts, EWS 1991, S. 372 f.; Steindorff Das Offenlassen der Rechtswahl im IPR und die Nachprüfung ausländischen Rechts durch das Revisionsgericht, JZ 1963, S. 200 ff.; Zajtay Die Lehre vom Tatsachencharakter
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195 Vgl. Heldrich Heimwärtsstreben auf neuen Wegen. Zur Anwendung der lex fori bei Schwierigkeiten bei der Ermittlung ausländischen Rechts, FS Ferid, 1978, S. 209 ff. (216); Schack IZVR, Rdn. 722; Schütze DIZPR, Rdn. 266; weitere Nachweise bei Müller NJW 1981, S. 481 ff. (482). 196 Vgl. zur Rezeption ganzer Rechte z.B. Zajtay Der Begriff der Gesamtrezeption fremder Rechte, AcP 170 (1970), S. 251 ff.; Schütze Die Rezeption ausländischen Rechts in Afrika, JZ 1969, S. 627 ff.; Tze-Chièn Die Aufnahme europäischen Rechts in China, AcP 166 (1966), S. 343 ff.; zur Rezeption deutschen Zivilprozessrechts vgl. Habscheid (Hrsg.) Das deutsche Zivilprozessrecht und seine Ausstrahlung auf andere Rechtsordnungen, Grundlagen- und Landesberichte anläßlich der Tagung der Wissenschaftlichen Vereinigung für Internationales Verfahrensrecht e. V. vom 11. bis 15.10.1989 in Passau, 1991. So stellte sich als Ergebnis einer Umfrage bei den Gerichten der Elfenbeinküste, die das ivorianische Justizministerium auf Bitte des Verfassers vor einigen Jahren durchgeführt hat, heraus, daß bei gesetzlich nicht geregelten Fragen französisches Recht angewendet werde. 197 Diese Methode hat der Bundesgerichtshof in der Syrienentscheidung BGHZ 49, 50 = AWD 1968, 266 mit Anm. Schütze angewandt; vgl. auch Schütze Internationales Zivilprozessrecht und Rechtsvergleichung, Recht in Ost und West, FS Waseda, 1988, S. 323 ff. 198 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 265. 199 Vgl. z.B. BGH NJW 1978, 496; kritisch Heldrich FS Ferid, 1978, S. 209 ff. 200 Vgl. Schütze Ausländisches Recht als beweisbedürftige Tatsache, NJW 1975, S. 1652 f.
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IV. Durchführung von Verfahren mit Auslandsberührung
und der Revisibilität ausländischen Rechts, in: Müller u.a., Die Anwendung ausländischen Rechts im internationalen Privatrecht, 1968 (mit Länderberichten zum französischen, italienischen, spanischen, portugiesischen, lateinamerikanischen, deutschen, österreichischen, englischen, US-amerikanischen, skandinavischen, sowjetischen und jugoslawischen Rechtszustand), S. 193 ff.
a. Zulässigkeit der Überprüfung ausländischen Rechts. Die nach § 549 a.F. ZPO 112 bestehenden Beschränkungen der Revisibilität ausländischen Rechts sind durch die Neufassung von § 545 Abs. 1 durch das FGG-Reformgesetz fortgefallen.201 Ausländisches Recht ist deshalb auch im Rahmen von § 293 ZPO voll revisibel. Aber selbst wenn man mit einer starken Meinung in der Literatur von einer Nichtrevisibilität ausländischen Rechts ausginge und die Änderung des § 545 ZPO auf eine Schludrigkeit des Gesetzgebers (Redaktionsversehen) zurückführte,202 würde das nichts ändern. Die Verletzung des § 293 ZPO war auch nach bisheriger Rechtsprechung und Lehre 113 revisibel.203 Der BGH nimmt das Recht zur Überprüfung der Feststellungen der Tatsacheninstanz dann für sich in Anspruch, wenn diese unter Verletzung der Grundsätze des § 293 ZPO schlampig ermittelt hat.204 Der fehlerhafte Gebrauch tatrichterlichen Ermessens bei der Ermittlung des Inhalts eines ausländischen Rechtssatzes ist revisibel,205 und zwar auch dann, wenn die Überprüfung ausländischen Rechts erforderlich ist.206 Dabei verwirren die grundsätzlichen Ausführungen des BGH in der Entscheidung vom 30.4. 1992207 mehr als sie helfen: „Im Allgemeinen werden die Grenzen der Ermessenausübung des Tatrichters durch die jeweiligen Umstände gezogen. An die Ermittlungspflicht werden umso höhere Anforderungen zu stellen sein, je komplexer oder fremder im Vergleich zum eigenen das fremde Recht ist“.
Der BGH benutzt in vielen Fällen den Weg über § 293 ZPO um ausländisches Recht, 114 das nach § 545 Abs. 1 ZPO nicht revisibel war und nach bestrittener Ansicht noch ist – nachzuprüfen und stellt – wenn ihm das Ergebnis nicht gefällt – Fehler bei der Ermittlung des Inhalts ausländischen Rechts fest. b. Grenzen der Überprüfung ausländischen Rechts. In der Rechtsprechung des 115 BGH zur Überprüfung der Feststellung ausländischen Rechts im Rahmen des § 293 ZPO sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden: aa. Der unfähige Gutachter. Hat die Tatsacheninstanz im Rahmen der Ermittlung 116 des Inhalts eines ausländischen Rechtssatzes einen unfähigen Gutachter bestellt, so liegt
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201 Vgl. Aden Revisibilität des kollisionsrechtlich berufenen Rechts, RIW 2009, 475 ff.; Eichel Die Revisibilität ausländischen Rechts nach der Neufassung von § 545 Abs. 1 ZPO, IPRax 2009, 389 ff.; Geimer IZPR Rdn. 2601; Hess/Hübner Die Revisibilität ausländischen Rechts nach der Neufassung des § 545 ZPO, NJW 2009, 3132 ff.; aA Schack IZVR, Rdn. 724; Thomas/Putzo/Reichold ZPO, § 545, Rdn. 8/9; Zöller/Hessler ZPO, § 545, Rdn. 8. 202 Vgl. die in der vorigen FN Zitierten. 203 Vgl. Zöller/Geimer § 293, Rdn. 6; im Übrigen Wieczorek/Schütze/Prütting 3. Aufl. § 545, Rdn. 24 ff. mwN. 204 Vgl. BGHZ 118, 151 = RIW 1992, 761. 205 Vgl. BGH IPRax 1992, 324; Geimer IZPR, Rdn. 2616, der diese Kontrolle als „Gratwanderung“ bezeichnet; Schack IZVR, Rdn. 727. 206 Vgl. BGH, NJW 2002, 3335; Pfeiffer Die revisionsrechtliche Kontrolle der Anwendung ausländischen Rechts, NJW 2002, 3306 ff.; Wieczorek/Schütze/Prütting 3. Aufl. § 545, Rdn. 25. 207 BGHZ 118, 151.
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
eine revisible Verletzung des § 293 ZPO vor. Das war der Fall, der der Entscheidung vom 21.1.1991208 zugrunde lag. Es ging um „prendas navales“ venezolanischen Rechts. Das Instanzgericht hatte ein Gutachten des rennomierten Max Planck Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg eingeholt. Ein Ermessensfehler bei der Gutachterauswahl lag also wohl kaum vor. Mit der Qualifizierung des Gutachters als „unfähig“ wollte der BGH in Wahrheit ein ihm falsch erscheinendes Ergebnis korrigieren. 117
bb. Das missbilligte Ergebnis. Gefallen hat dem BGH auch das Ergebnis in einer Entscheidung vom 13.5.1997209 nicht. Auch hier hat er eine Korrektur über eine Verletzung des § 293 ZPO vorgenommen. Es ging um die Wirksamkeit einer Garantie auf erstes Anfordern nach luxemburgischem Recht. Das Instanzgericht hatte auch hier das Gutachten eines renommierten Kenners des internationalen und ausländischen Rechts der Garantie, Welter, eingeholt. Dem BGH erschien es ungerecht, dass ein Student aus einer – nach dem anwendbaren luxemburgischen Recht – wirksamen Garantie verpflichtet sein sollt. Er schrieb dem Tatrichter ins Stammbuch, dass er in dem Fall, dass auch weitere Ermittlungen zum luxemburgischen Recht kein anderes Ergebnis brächten, ein Verstoß gegen den deutschen ordre public zu prüfen sei. Das also war des Pudels Kern.
V. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Zivilurteile V. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Zivilurteile Schrifttum Alexander Die internationale Vollstreckung von Zivilurteilen, insbesondere im Verhältnis zu Nachbarstaaten, ZbJV 1931, 1 ff.; Basedow Die Anerkennung von Auslandsscheidungen. Rechtsgeschichte – Rechtsvergleichung – Rechtspolitik, 1980; Baumann Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen, 1989; Becker Zwingendes Eingriffrecht in der Urteilsanerkennung, RabelsZ 60 (1996), 691 ff.; Bernstein Prozeßuale Risiken im Handel mit den USA (Ausgewählte Fragen zu § 328 ZPO), FS Ferid, 1978, S. 75 ff.; Bungert Rechtskrafterstreckung eines österreichischen Einantwortungsbeschlusses, IPRax 1992, 225 ff.; Chrocziel/Westin Die Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile und Schiedssprüche, ZVglRWiss 87 (1988), 145 ff.; Decker Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen im Zivilprozeß, Diss. Regensburg, 1984; Dolinar Vollstreckung aus einem ausländischen, einen Schiedsspruch bestätigenden Exequatururteile. Gedanken zur Merger-Theorie, FS Schütze 1999, S. 187 ff.; Doppfel Vollstreckbarerklärung indexierter Unterhaltstitel, IPRax 1966, 277 ff.; Doser, Gegenseitigkeit und Anerkennung ausländischer Entscheidungen (§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO), 1999; Fricke Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, 1990; Geimer Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, 1966; Geimer Grundfragen der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile, JuS 1965, 475 ff.; Geimer Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, 1995; Geimer Anerkennung ausländischer Entscheidungen auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit, FS Ferid, 1988, S. 89 ff.; Geimer Recognition and Enforcement of Foreign Judgments Outside the Scope of Application of the Brussels and Lugano Conventions: Germany, in: Walter/Baumgartner (Hrsg.), Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen außerhalb der Übereinkommen von Brüssel und Lugano, 2000, S. 219 ff.; Geimer Verfassung, Völkerrecht und internationales Verfahrensrecht, ZfRV 5 (1992), 5 ff.; Geimer „Internationalpädagogik“ oder wirksamer Beklagtenschutz, FS Nakamura, 1996, S. 169 ff.; Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/
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208 Vgl. RIW 1991, 514 = EWS 1991, 396 = NJW-RR 1991, 1211; dazu Samtleben Der unfähige Gutachter und die ausländische Rechtspraxis, NJW 1992, 3057 ff.; Schütze Der Abschied von der Nichtrevisiblität ausländischen Rechts?, EWS 1991, 372 f.; Sommerlad Grundsätze für die Ermittlung ausländischen Rechts im Zivilprozess, RIW 1991, 856. 209 Vgl. BGH RIW 1997, 687 = DZWiR 1997, 329 mit Anm. Schütze.
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V. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Zivilurteile
1, 1983; Bd. I/2, 1984; Bd. II, 1971; Gerhard L’exécution forcée transfrontière des injonctions extraterritoriales non pécunières en droit privé, 2000; Gottwald Grundfragen der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivilsachen, ZZP 103 (1990), 257 ff.; Goetze Vouching In und Third-PartyPractice: Formen unfreiwilliger Drittbeteiligung im amerikanischen Zivilprozeß und ihre Anerkennung in Deutschland, 1993; Graupner Zur Entstehungsgeschichte des § 328 ZPO, FS Ferid, 1978, S. 183 ff.; Haas Zur Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland, IPRax 2001, 195 ff.; Habscheid Zur materiellen Rechtskraft des Urteils gegen den siegreichen Kläger im internationalen Prozeßrecht, ZZP 75 (1962) , 164 ff.; Haecker Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen, 1989; Hausmann Die kollisionsrechtlichen Schranken der Gestaltungskraft von Scheidungsurteilen, 1980; Hay, The Recognition and Enforcement of American Money-Judgments in Germany, AmJCompL 40 (1992), 1001 ff.; Heidecker Über die materielle Rechtskraft ausländischer Urtheile, insbesondere ausländischer Ehescheidungsurtheile in Deutschland, ZZP 18 (1893), 453 ff.; Helms Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen im Europäischen Eheverfahrensrecht, FamRZ 2001, 257 ff.; Herrmann Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland unter Berücksichtigung des ordre public, 2000; Hess Die Anerkennung eines Class Action Settlement in Deutschland, JZ 2000, 373 ff.; 257 ff.; Ho, Policies Underlying the Enforcement of Foreign Commercial Judgments, ICLQ 46 (1997), 442 ff.; Kleinrahm/Partikel Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen, 2. Aufl., 1970; Koch Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile und ausländischer Schiedssprüche in der Bundesrepublik Deutschland, in: Gilles (Hrsg.), Effiziente Rechtsverfolgung, 1987, S. 161 ff.; Koshiyama Rechtskraftwirkungen und Urteilsanerkennung nach amerikanischem, deutschen und japanischem Recht, 1996; Lauk Die Rechtskraft ausländischer Zivilurteile im englischen und deutschen Recht, 1989; Linke Die Versäumnisentscheidungen im deutschen, österreichischen, belgischen und deutschen Recht, ihre Anerkennung und Vollstreckbarerklärung, 1971; Lorenz Die internationale Zuständigkeit als Voraussetzung für die Anerkennung ausländischer Eheurteile in Deutschland, FamRZ 1966, 465 ff.; Mansel Streitverkündung (vouching in) und Drittklage (third party complaint) im US-Zivilprozeßrecht und die Urteilsanerkennung in Deutschland, in: Heldrich/Kono, Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 63 ff.; Max Planck Institut (Hrsg.), Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechte, Bd. III/1, 1984; Martiny Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach autonomem Recht; Bd. III/2, 1984; Martiny Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach multilateralen Staatsverträgen; Waehler Anerkennung ausländischer Entscheidungen aufgrund bilateraler Staatsverträge; Wolff Vollstreckbarerklärung); Martiny Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in the Federal Republic of Germany, AmJCompL 35 (1987), 721 ff.; Matscher Vollstreckung im Auslandsverkehr von vorläufig vollstreckbaren Entscheidungen und von Maßnahmen des provisorischen Rechtsschutzes, ZZP 95 (1982), 170 ff.; Mittermaier Von der Vollstreckung eines von einem ausländischen Gerichte gefällten Urtheils, AcP 14 (1831), 84 ff.; Müller Zum Begriff der „Anerkennung“ von Urteilen in § 328 ZPO, ZZP 79 (1966), 199 ff.; Nelle Anspruch, Titel und Vollstreckung im internationalen Rechtsverkehr, 1999; Neufang Kostenverteilung im US-amerikanischen Zivilprozeß und Urteilsanerkennung in Deutschland, 2002; Nummer-Krautgasser Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen – eine Untersuchung unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsbeziehungen zwischen Österreich und der Türkei, GS Konuralp, 2009, S. 705 ff.; Reinl, Die Anerkennung ausländischer Eheauflösungen, Diss. Würzburg 1966; Reiser Anerkennung und Vollstreckung zwischen Liberalität und Rigorismus, FS Walder, 1994, S. 357 ff.; Rintelen Zwei Streitfragen betreffend die Zwangsvollstreckung aus Urtheilen ausländischer Gerichte, ZZP 9 (1886), 191 ff.; Roth Der Vorbehalt des Ordre Public gegenüber fremden gerichtlichen Entscheidungen, 1967; Rüter Zur Frage der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer kartellprivatrechtlicher Entscheidungen, in den USA und in Deutschland, 1970; Schütze Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile in der Bundesrepublik Deutschland als verfahrensrechtliches Problem, Diss. Bonn 1960; Schütze Zur Anerkennung ausländischer Zivilurteile, JZ 1982, 636 ff.; Schütze Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung USamerikanischer Schadensersatzurteile in Produkthaftungssachen in der Bundesrepublik Deutschland, FS Nagel, 1987, S. 392 ff.; Schütze Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung US-amerikanischer Zivilurteile, die nach einer pre-trial-discovery ergangen sind, in der Bundesrepublik Deutschland, FS Stiefel, 1987, S. 697 ff.; Sonnenberger Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen, Vergleiche und sonstiger Titel, in: Zeitgenössische Fragen des Internationalen Zivilverfahrensrechts, 1972, S. 209 ff.; Spiecker genannt Döhmann, Die Anerkennung von Rechtskraftwirkungen ausländischer Urteile, 2002; Spickhoff Möglichkeiten und Grenzen neuer Tatsachenfeststellungen bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, ZZP 108 (1995), 475 ff.; Süss Die Anerkennung ausländischer Urteile, FS Rosenberg, 1949, S. 229 ff.; Wagner Anerkennung und Wirksamkeit ausländischer familienrechtlicher Rechtsakte nach auto-
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nomem deutschen Recht, FamRZ 2006, 744 ff.; Wurmnest Recognition and Enforcement of U.S. Money Judgments in Germany, Berkeley Journal of International Law 23 (2005) 175 ff. Sammelwerke zum ausländischen Recht und zur Rechtsvergleichung: Börner Die Anerkennung ausländischer Titel in den arabischen Staaten, 1996 (vornehmlich Syrien); Campbell (Hrsg.), International Execution against Judgment Debtors, Loseblattsammlung; Chrocziel/Westin Die Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile und Schiedssprüche, ZVglRWiss 87 (1988), 145 ff. (Deutschland, USA, Vereinigtes Königreich); Fadlalla Die Problematik der Anerkennung ausländischer Gerichtsurteile, 2004 (arabische Staaten); Geimer/Schütze (Hrsg.), Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Loseblattsammlung; Gonzales La reconnaissance et l’exécution des jugements civils en Amerique latine, Diss. Fribourg 1979; Kerameus Rechtsvergleichende Bemerkungen zur autonomen Urteilsvollstreckung im Ausland, FS Lüke, 1997, S. 337 ff.; Kos-Rabcewicz-Zubkowski (Hrsg.), Cooperación internamericana en los procedimientos civiles y mercantiles, 1982; Krüger Zur Anerkennung ausländischer Urteile in den Golfstaaten, GS Konuralp, 2009, S. 631 ff.; Martiny Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. III/1, 1984; Möllring Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Südamerika, 1985; Platto (Hrsg.), Enforcement of Foreign Judgments Worldwide, 1989; Schütze Vollstreckung deutscher Urteile in Afrika, 1966; Schütze Anerkennung und Vollstreckung deutscher Urteile im Ausland, 1973; Schütze Die Geltendmachung deutscher Urteile im Ausland – Verbürgung der Gegenseitigkeit, 1977; Stürner Rechtskraft in Europa, FS Schütze 1999, S. 913 ff.; Walter/Baumgartner (Hrsg.), Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen außerhalb der Übereinkommen von Brüssel und Lugano, 2000; Weems (Hrsg.), Enforcement of Money Judgments Abroad, Loseblattsammlung.
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Die Wirkung von Urteilen endet an der Staatsgrenze. Voraussetzung für ihre Geltendmachung im Inland ist die Anerkennung, ggf. die Vollstreckbarerklärung. Dabei ist die Anerkennung Voraussetzung für die Vollstreckbarerklärung. Es gibt keine Vollstreckbarerklärung ohne Anerkennung.
1. Rechtsquellen. Die Geltendmachung ausländischer Zivilurteile bestimmt sich in erster Linie nach europäischem Recht und den Staatsverträgen.210 Das autonome Recht kommt zur Anwendung, wenn eine europäische oder staatsvertragliche Regelung fehlt oder weniger anerkennungsfreundlich ist.211 Europarechtlich ist die Materie im Wesentlichen durch die EuGVVO geregelt. Der wichtigste Staatsvertrag über die internationale Urteilsanerkennung ist das LugÜ II, das die europarechtliche Regelung der EuGVVO kopiert hat. Daneben hat Deutschland bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit der Schweiz, Italien, Belgien, Österreich, Großbritannien und Nordirland, Griechenland, den Niederlanden, Tunesien, Norwegen, Israel und Spanien abgeschlossen. Diese sind – soweit mit EU Staaten abgeschlossen – durch das EuGVÜ und später durch die EuGVVO weitgehend obsolet geworden. Deutschland ist Mitgliedstaat zahlreicher multilateraler Staatsverträge, die die Wirkungserstreckung von Entscheidungen in Spezialmaterien regeln. Im Übrigen bestimmen sich die Anerkennung nach § 328, die Vollstreckbarerklärung 120 nach §§ 722 f. 119
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2. Anerkennung. Durch die Anerkennung werden die Wirkungen einer ausländischen Entscheidung – mit Ausnahme der Vollstreckbarkeit – auf das Inland erstreckt. Als erstreckungsfähige Wirkungen kommen insbesondere in Betracht:
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210 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 311 ff. 211 Vgl. dazu Geimer Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, 1966, S. 58 ff.; Geimer/Schütze Internationale Urteilsanerkennung, Bd. II, S. 323.
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V. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Zivilurteile
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Rechtskraftwirkung. Die Rechtskrafterstreckung macht eine erneute inländische Entscheidung unzulässig,212 führt also nicht nur zu einem mit der ausländischen Entscheidung übereinstimmenden Sachurteil.213 Feststellungswirkung; Gestaltungswirkung;214 Streitverkündungs- und Interventionswirkung;215 Tatbestandwirkung.216 Erfordernisse der Anerkennung sind: 122 Die Entscheidung muss von einem mit staatlicher Jurisdiktionsgewalt ausgestatteten ausländischen Gericht erlassen sein. Damit scheidet die Anerkennung von Urteilen von Privatgerichten217 aus. Auf die völkerrechtliche Anerkennung des Erststaates kommt es jedoch nicht an.218 Unerheblich ist die Bezeichnung der Entscheidung (Urteil, Beschluss pp.). Entscheidung in diesem Sinne ist auch ein ausländisches Exequatururteil; eine Doppelexequierung ausländischer Urteile ist also möglich.219 Gegenstand der Entscheidung muss eine zivil- oder handelsrechtliche Streitigkeit220 sein, wobei es auf die Zugehörigkeit des Erstgerichts zu einem Gerichtszweig nicht ankommt.221 Das ausländische Urteil muss in Rechtskraft erwachsen sein.222 Der Erststaat muss Gerichtsbarkeit besessen haben.223 Das Erstgericht muss international zuständig gewesen sein.224 Die Verletzung der Normen über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit ist im Rahmen der Anerkennung unbeachtlich. Die Zuständigkeitsprüfung erfolgt unter hypothetischer Anwendung der deutschen Zuständigkeitsbestimmungen (Spiegelbildgrundsatz).225
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212 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 320. 213 So jedoch BGH NJW 1964, 1626; BGH FamRZ 1987, 370. 214 Vgl. dazu Schütze GmbHRdSch. 1967, S. 6 ff. 215 Vgl. dazu Geimer Anerkennung und Vollstreckbarerklärung französischer Garantieurteile in der Bundesrepublik Deutschland, ZZP 85 (1972), S. 196 ff. 216 Nach der hL bestimmen sich die Tatbestandswirkungen nach der lex causae; vgl. Martiny IZVR, S. 199 ff. (Rdn. 427 ff.) mwN und Geimer IZPR, Rdn. 2786 f. 217 Eine besondere Regelung gilt für Privatscheidungen, die nicht in den Geltungsbereich des § 328 fallen, deren Wirkung sich vielmehr nach IPR Grundsätzen bestimmt, vgl. dazu Kleinrahm/Partikel Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen, 2. Aufl., 1970, S. 158 ff. 218 Vgl. Schütze JZ 1982, S. 636 ff.; Martiny IZVR, S. 247 f. (Rdn. 535). 219 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 328 Rdn. 11; Schütze Die Doppelexequierung ausländischer Zivilurteile, ZZP 77 (1964), S. 287 ff.; Schütze Die Doppelexquierung ausländischer Zivilurteile, FS Spellenberg, 2010, S. 511 ff. anders die hL, vgl. dazu Kegel Exequatur sur exequatur ne vaut, FS MüllerFreienfels, 1986, S. 377 ff. 220 Zum Begriff der Handelssache bei der Anerkennung ausländischer Urteile vgl. Luther Zur Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen und Schiedssprüchen in Handelssachen im deutschitalienischen Rechtsverkehr, ZHR 127 (1964), S. 145 ff. 221 Die Anerkennung von Entscheidungen auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterliegt besonderen Regeln, vgl. dazu § 328 Rdn. 111 ff. 222 HL, obwohl das Rechtskrafterfordernis nur in § 723 Abs. 2 aufgeführt ist. 223 Vgl. dazu grundlegend Geimer Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, 1966. 224 § 328 Abs. 1 Nr. 1. 225 Vgl. dazu auch Fricke Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, 1990.
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Die prozesseinleitende Lösung oder Verfügung muss dem Beklagten, der sich auf das erststaatliche Verfahren nicht eingelassen hat,226 rechtzeitig und ordnungsmäßig zugestellt worden sein, so dass er sich angemessen verteidigen konnte. Es darf keine Kollision mit einem inländischen Urteil oder mit einer anzuerkennenden früheren ausländischen Entscheidung vorliegen. Das erststaatliche Verfahren darf nicht mit einem früher rechtshängig gewordenen inländischen Verfahren in Widerspruch stehen. Die Wirkungserstreckung darf nicht gegen den deutschen ordre public verstoßen.227 Der ordre-public Verstoß kann darin liegen, dass durch das ausländische Urteil ein gemissbilligtes Rechtsverhältnis zur Durchsetzung gebracht werden soll (materiellrechtlicher ordre public), oder darin, dass das erststaatliche Verfahren mit grundlegenden Verfahrensmaximen des deutschen Rechts unvereinbar ist (verfahrensrechtlicher ordre public).228 Zu den grundlegenden Verfahrensprinzipien gehört die Gewährung rechtlichen Gehörs.229 Besondere Probleme im Hinblick auf die ordre public Klausel sind in jüngerer Zeit bei der Wirkungserstreckung von US-amerikanischen punitive damages Urteilen,230 die nach extensiver pre-trial discovery ergangen sind,231 aufgetreten.232 Die Gegenseitigkeit muss verbürgt sein.233 Das ist dann der Fall, wenn deutsche Urteile im Erststaat unter im Wesentlichen vergleichbaren Erfordernissen in materieller und prozessualer Hinsicht anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden, wie dies nach §§ 328, 722 ff. der Fall ist. Formale Gleichheit kann nicht gefordert werden. Erleichterungen können in gewissem Maße Erschwerungen ausgleichen.234 Vgl. für eine Übersicht über die Gegenseitigkeitsverbürgung Schütze Das internationale Zivilprozessrecht in der ZPO, 2. Aufl., 2011, § 328, Rdn. 149 ff.
Das Verfahren der Anerkennung ist formlos. Jedes Gericht und jede befasste Amtsstelle entscheidet als Vorfrage über die Anerkennung. Eine Ausnahme besteht für Urteile in Ehesachen, deren Anerkennung förmlicher Feststellung durch die Landesjustizverwaltung im Verfahren nach §§ 107 ff. FamFG bedarf.235
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226 Vgl. zum Begriff der Einlassung in § 328 Abs. 1 Nr. 2 Schütze Zur Bedeutung der Einlassung im internationalen Zivilprozessrecht, RIW/AWD 1979, S. 590 ff. 227 Vgl. dazu Roth Der Vorbehalt des Ordre Public gegenüber fremden gerichtlichen Entscheidungen, 1967. 228 Vgl. dazu Baur Einige Bemerkungen zum verfahrensrechtlichen ordre public, FS Guldener, 1973, S. 1 ff.; Geimer Nichtanerkennung ausländischer Urteile wegen nichtgehöriger Ladung im Erstprozess, NJW 1973, S. 2138 ff.; Geimer Zur Nichtanerkennung ausländischer Urteile wegen nicht ordnungsgemäßen erststaatlichen Verfahrens, JZ 1969, S. 12 ff. 229 Vgl. aus der reichen Rechtsprechung BGH RIW/AWD 1978, 411. 230 Vgl. dazu Schütze Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung US-amerikanischer Schadensersatzurteile in Produkthaftungssachen in der Bundesrepublik Deutschland, FS Nagel, 1987, S. 392 ff. 231 Vgl. dazu Schütze Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung US-amerikanischer Zivilurteile, die nach einer pre-trial-discovery ergangen sind, in der Bundesrepublik Deutschland, FS Stiefel, 1987, S. 697 ff. 232 Vgl. dazu BGH RIW/AWD 1993, 132 mit Anm. Schütze. 233 Vgl. § 328, Rdn. 68 ff. 234 Vgl. dazu Schütze Die Rechtsprechung des BGH zur Verbürgung der Gegenseitigkeit (§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO), NJW 1969, S. 293 ff. 235 Vgl. dazu die Kommentierung zu §§ 107 ff. FamG, im Übrigen auch Basedow Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, 1980; Geimer Das Anerkennungsverfahren für ausländische Entscheidungen in Ehesachen, NJW 1967, S. 1398 ff.; Kleinrahm/Partikel Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen, 2. Aufl., 1970.
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V. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Zivilurteile
Eine sachliche Nachprüfung der ausländischen Entscheidung (révision au fond) ist 124 unzulässig. Die ausländische Entscheidung darf nur daraufhin nachgeprüft werden, ob die Erfordernisse der Anerkennung im Zeitpunkt des Bestehens einer Inlandsbeziehung gegeben waren.236 Dies ist insbesondere für die Verbürgung der Gegenseitigkeit wichtig. Fällt diese nach Herstellung einer Inlandsbeziehung fort und ist sie im Zeitpunkt der Prüfung der Anerkennungserfordernisse nicht mehr gegeben, so verliert die einmal erfolgte Anerkennung ihre Wirkung nicht mehr. 3. Vollstreckbarerklärung. Die Vollstreckbarerklärung setzt die Anerkennungsfähigkeit der ausländischen Entscheidung voraus. Überdies muss das ausländische Urteil einen vollstreckbaren Inhalt haben. Die Vollstreckbarerklärung erfolgt durch Gestaltungsurteil im ordentlichen Zivilprozess im Verfahren nach §§ 722 f. ZPO. Vgl. für Einzelheiten dort. Eine erneute Leistungsklage aufgrund des ursprünglichen Anspruchs ist unzulässig,237 jedoch ist eine Verbindung von Vollstreckungs- und Leistungsklage im Wege eventueller Klagehäufung möglich,238 wenn Zweifel an dem Vorliegen der Erfordernisse der Vollstreckbarerklärung bestehen, beispielsweise die Verbürgung der Gegenseitigkeit unsicher ist. Die für das deutsche autonome Recht von der Rechtsprechung239 und Teilen der Leh240 re in Frage gestellte Ausschließlichkeit der Vollstreckbarerklärung ist für den Bereich des EuGVÜ – dasselbe gilt jetzt für die EuGVVO – vom EuGH mit überzeugender Begründung bestätigt worden.241 Im Bereich der bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge gilt das Günstigkeitsprinzip. Der Gläubiger kann wählen, ob er die Vollstreckbarerklärung nach dem Staatsvertrag oder aufgrund autonomen Rechts nach §§ 722 f. betreiben will. Die Staatsverträge über die internationale Urteilsanerkennung sollen die Wirkungserstreckung erleichtern, nicht erschweren.242
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4. Wirkung nicht anerkennungsfähiger Urteile. Nicht anerkannte ausländische 130 Urteile entfalten keine Wirkungen im Inland. Dennoch ist das ausländische Urteil in einem erneuten inländischen Prozess über den ursprünglichen Anspruch nicht bedeutungslos. Es stellt eine öffentliche Urkunde iS von § 415 dar.243 Die Beweiskraft bezieht
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236 Vgl. Schütze Zum Zeitpunkt der Anerkennung ausländischer Zivilurteile, NJW 1966, S. 1598 f.; vgl. aber auch Eberlein Zu welchem Zeitpunkt müssen die Voraussetzungen für die Anerkennung ausländischer Urteile in Deutschland nach § 328 Abs. 1 Ziff. 1, 4 und 5 ZPO und der entsprechenden Bestimmungen in den Staatsverträgen gegeben sein?, 1952. 237 Vgl. Kallmann Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und gerichtlicher Vergleiche, 1946, S. 314, 320; Schütze DIZPR, Rdn. 274; Schütze Doppelte Rechtsverfolgung im In- und Ausland, DB 1967, S. 497 ff.; eine vermittelnde Meinung – angeführt von Geimer IZPR Rdn. 3167 und zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, 1966, S. 37, FN 70, bejaht ausnahmsweise ein Wahlrecht, wenn die Anerkennung zweifelhaft ist. 238 Vgl. Geimer IZPR Rdn. 3168; Geimer/Schütze Bd. I, 2, S. 1734; Schütze Zur Vollstreckung ausländischer Zivilurteile bei Zweifeln an der Verbürgung der Gegenseitigkeit, DB 1977, S. 2129 f. 239 Vgl. BGH NJW 1964, 1626; FamRZ 1987, 370; OLG Stuttgart IPRax 1990, 49; OLG Hamm FamRZ 1991, 718. 240 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 722 Rdn. 5. 241 Vgl. EuGH Rs. 42/76 (de Wolf ./. Cox) EuGHE 1976, 1759 = NJW 1977, 495 mit Anm. Geimer ebenda S. 2023; vgl. dazu auch zustimmend Geimer/Schütze aaO, Bd. I, 2, S. 1181 f.; Kropholler Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 25 Rdn. 7. 242 Vgl. dazu Jellinek Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, 1. Heft, 1953, S. 160. 243 Vgl. Schütze DB 1977, S. 2129 ff.
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sich nicht nur auf die Tatsache, dass überhaupt ein Urteil ergangen ist, sondern auch auf die Tatsachen, die darin festgestellt worden sind. Der Beweis ist jedoch widerlegbar. Andernfalls könnte über § 415 eine an sich unzulässige Vollstreckbarerklärung unter Umgehung von §§ 328, 722 f. erfolgen. VI. Anerkennung der Wirkungen ausländischer Verfahren VI. Die Anerkennung der Wirkungen ausländischer Verfahren 1. Internationale Rechtshängigkeit Schrifttum Bäumer Die ausländische Rechtshängigkeit und ihre Auswirkungen auf das internationale Zivilverfahrensrecht, 1999; Buschmann Rechtshängigkeit im Ausland als Verfahrenshindernis, 1996; Dohm Die Einrede ausländischer Rechtshängigkeit im deutschen internationalen Zivilprozeßrecht, 1996; Geimer Beachtung ausländischer Rechtshängigkeit und Justizgewährungsanspruch, NJW 1984, 527 ff.; Habscheid Zur Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens, RabelsZ 31 (1967), 254 ff.; Habscheid Non licet bei ausländischer Rechtshängigkeit, FS Lange, 1970, S. 429 ff.; Hau Positive Kompetenzkonflikte im internationalen Zivilprozeßrecht, 1996; Heiderhoff Die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit in Ehescheidungsverfahren, 1998; Kaiser/Prager Rechtshängigkeit im Ausland nach ausländischem Prozeßrecht?, RIW 1983, 667 ff.; Leipold Internationale Rechtshängigkeit, Streitgegenstand und Rechtsschutzinteresse, GS Arens, 1993, S. 227 ff.; Linke Die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit eines Scheidungsverfahrens vor deutschen Gerichten, IPRax 1982, 229 ff.; Luther Die Beachtung einer ausländischen Rechtshängigkeit im Eheprozeß, MDR 1970, 724 ff.; Mansel Inländische Rechtshängigkeitssperre durch ausländische Streitverkündungen, IPRax 1990, 214 ff.; Meyer Zur Berücksichtigung eines ausländischen Verfahrens nach §§ 263 II Nr. 1, 274 I, II Nr. 4 ZPO, MDR 1972, 110 ff.; Mittenzwei Die Verhinderung von Verfahrenskollisionen nach deutschem und europäischem Zivilprozeßrecht, 2006; Otto Die subjektiven Grenzen der Rechtshängigkeitssperre im deutschen und europäischen Zivilprozeßrecht, 2007; Schneider Wann ist die Rechtshängigkeit ausländischer Verfahren zu beachten?, NJW 1959, 88; Schütze Die Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens, RabelsZ 31 (1967), 233 ff.; Schütze Die Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens, NJW 1963, 1486 f.; Schütze Die Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens, NJW 1964, 337 f.; Schütze Die Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens, MDR 1973, 905 f.; Schütze Die Wirkungen ausländischer Rechtshängigkeit in inländischen Verfahren, ZZP 104 (1991), 136 ff.; Schütze Internationale Rechtshängigkeit und Verbürgung der Gegenseitigkeit im Verhältnis zu British Columbia, IPRax 2001, 441 ff.; Schütze Zur internationalen Rechtshängigkeit im deutschen Recht, FS Beys, 2003, 1501 ff.; Schütze Probleme der internationalen Rechtshängigkeit, FS Sawczuk, 2010, S. 489 ff.; Schumann Internationale Rechtshängigkeit (Streitanhängigkeit), FS Kralik, 1986, S. 301 ff.; Schumann Der Einwand internationaler Rechtshängigkeit am Beispiel paralleler deutschtürkischer Ehescheidungsverfahren, IPRax 1986, 14 f.; Schweickert Die Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens, NJW 1964, 336 f.; Wittibschlager Rechtshängigkeit in internationalen Verhältnissen, 1994. Belgien: Yseux La litispendance dans les relations internationales, Journal Clunet 19 (1892), 862 ff. England: McClean Jurisdiction and Judicial Discretion, IQLQ 18 (1969), 931 ff. Frankreich: Gaudemet-Tallon La litispendance internationale dans la jurisprudence française, Mélanges Holleaux, 1990, S. 121 ff. Japan: Dogauchi Parallele Verfahren in Japan und in den USA, in: Heldrich/Kono (Hrsg.), Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S. 163 ff.; Sawaki Battle of Lawsuits: Lis Pendens in International Relations, Japanese Annual of International Law 23 (1979/80), S. 17 ff. Österreich: Hoyer Zur Streitanhängigkeit im österreichischen internationalen Zivilprozeßrecht, ZfRV 10 (1969), 241 ff.; Köhler Bewirkt gleichzeitiges Vorliegen eines Verfahrens in Ehesachen vor einem ausländischen Gericht Streitanhängigkeit im Sinne von § 232 ZPO?, öJZ 1951, 559 ff.; Schuman, Internationale Rechtshängigkeit (Streitanhängigkeit), FS Kralik, 1986, S. 301 ff.
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VI. Anerkennung der Wirkungen ausländischer Verfahren
Schweiz: Schauwecker Die Einrede der Litispendenz im eidgenössischen und zürcherischem internationalen Zivilprozeßrecht, 1943; Schwander Ausländische Rechtshängigkeit nach IPRG und LugÜ, FS Oscar Vogel, 1991, S. 395 ff.; Wittibschlager Rechtshängigkeit in internationalen Verhältnissen, 1994. Spanien: Málaga La litispendencia, 1999. Türkei: Atali Beachtung ausländischer Rechtshängigkeit im türkischen Recht, ZZPInt 10 (2005), 417 ff. USA: Habscheid Bemerkungen zur Rechtshängigkeitsproblematik im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz einerseits und den USA andererseits, FS Zweigert, 1981, S. 109 ff.; Schulte Die anderweitige (ausländische) Rechtshängigkeit im US-amerikanischen Zivilprozeßrecht, 2001. Länderübergreifend und rechtsvergleichend: Kerameus Rechtsvergleichende Bemerkungen zur internationalen Rechtshängigkeit, FS Schwab, 1990, S. 257 ff.; Pålsson Institutet Litispendens i den Internationella Civilprocessrätten, Tidsskrift for Rettsvitenskap 80 (1967), 537 ff.; Pålsson The institute of lis pendens in international civil procedure, Scandinavian Studies of Law 1970, 61 ff.; Schütze Die Wirkungen ausländischer Rechtshängigkeit in inländischen Verfahren, ZZP 104 (1991) 136 ff.; Schütze Internationale Rechtshängigkeit, FS Aeropag, 2007, S. 213 ff. (Stand 1987); Schütze Probleme der internationalen Rechtshängigkeit, FS Sawczuk, 2010, S. 489 ff.; Szászy Recognition of the Legal Effects of Foreign Procedure, FS Guldener, 1973, S. 309 ff.
Rechtshängigkeit und Rechtskraft haben prozessual ähnliche Funktionen. In beiden 131 Fällen soll verhindert werden, dass zwei Gerichte über denselben Streitgegenstand mit widersprechenden Ergebnissen entscheiden. a. Die Einrede der Rechtshängigkeit national und international. Die Doppelpro- 132 zessführung ist unerwünscht. Sie birgt die Gefahr widersprechender Entscheidungen in derselben Sache mit sich, führt zur Mehrfachbelastung der Justiz und der Verschwendung derer limitierten Ressourcen. Deshalb sehen die nationalen Zivilprozessordnungen regelmäßig die Unzulässigkeit paralleler Prozesse vor inländischen Gerichten zwischen den gleichen Parteien und identischem Streitgegenstand vor. Die Möglichkeit der Mehrfachprozessführung ist eine Folge positiver Kompetenzkon- 133 flikte. Solange das Gesetz den Parteien mehrere konkurrierende Gerichtsstände für die Rechtsverfolgung zu Verfügung stellt, ist die Gefahr der Mehrfachprozessführung offensichtlich. Das Kompetenzwahlrecht der Parteien ist den kontinentaleuropäischen Verfahrensordnungen jedoch ein hohes Gut. Die Common-Law-Rechtsordnungen und insbesondere das US-amerikanische Recht sehen das anders. Durch die Lehre vom forum non conveniens244 trachten sie nach einer Reduzierung der Zuständigkeiten auf eine,
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244 Vgl. dazu Berger Zuständigkeit und forum non conveniens im amerikanischen Zivilprozess, RabelsZ 41 (1977), 39ff.; Bernasconi/Gerber La théorie du forum non conveniens – un regard suisse, IPRax 1994, 3 ff.; Blobel/Späth Zum Entwicklungsstand der Lehre vom „forum non conveniens“ in England, RIW 2001, 598 ff.; Blum Forum non conveniens, 1979; Dorsel Forum non conveniens. Richterliche Beschränkung der Wahl des Gerichtsstandes im deutschen und amerikanischen Recht, 1996; Dorward The Forum non Conveniens Doctrine and the Judicial Protection of Multinational Corporations from Forum Shopping Plaintiffs, U.Pa.J.Int’l Econ.L. 19 (1998), 141 ff.; Erwand Forum non conveniens und EuGVÜ, 1996; Felder Die Lehre vom Forum non Conveniens, 2005; Geimer Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl. 2009, Rdn. 1073 ff.; Gottwald Das Wetterleuchten des forum non conveniens, FS Jayme, 2004, S. 277 ff.; Huber Die englische forum non conveniens-Doktrin und ihre Anwendung im Rahmen des GVÜ, 1994; Juenger Forum non conveniens – Who needs ist?, FS Schütze 1999, S. 317 ff.; Leckszaz Die Lehre vom Forum non conveniens im amerikanischen Recht, 1978; Reus Die ,,forum non conveniens-doctrine“ in Großbritannien und den USA in Zukunft auch im deutschen Prozess?, RIW 1991, 542 ff.; Nuyts L’exception de forum non conveniens, 2003; Scheucher Studien zur internationalen Zuständigkeit in Vermögensstreitigkeiten, 1972, Nr. 27 ff.; Schlosser Jurisdiction and International Judicial and Administrative Co-operation, 2001, S. 56 ff.; Schütze Forum non conveniens und Rechtschauvinismus, FS Jayme, 2004, S. 1021 ff.; Spiro Forum non
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nämlich das forum conveniens, und damit die Vermeidung eines positiven Kompetenzkonfliktes. In einem solchen Fall kann es faktisch nicht zu mehrfacher Rechtshängigkeit führen. Das US-amerikanische Prozessrecht beispielsweise löst die Problematik der Mehrfachprozessführung deshalb auch über die Forum-non-conveniens-Lehre. Im nationalen Kontext ist die Begrenzung der Mehrfachprozessführung durch die 134 Zulassung der Einrede der Rechtshängigkeit unproblematisch. Das Verfahren in den verschiedenen Foren ist gleich, die Ausbildung und die Integrität der Richter sind konzeptionell dieselben. Die Kostenregelungen sind identisch. Abgesehen von Ungelegenheiten, die die Prozessführung an verschiedenen Prozessorten mit sich bringen mag, ist es für die Parteien unerheblich, ob ein Rechtsstreit vor dem Landgericht München, Stuttgart, Hamburg oder Düsseldorf geführt wird. Immer gelten die ZPO und das GVG, immer sind gleichermaßen ausgebildete Richter tätig, immer richtet sich die Kostenerstattung nach §§ 91 ff. ZPO und RVG. Für die Regelung der internationalen Rechtshängigkeit im europäischen Recht gilt 135 dasselbe wie für die nationale Rechtshängigkeit. Die EuGVVO postuliert einen einheitlichen Justizraum der Union, in dessen Bereich die Zivilprozesse zwar nicht gleich, aber immerhin äquivalent sind. Deshalb ist die ausländische Rechtshängigkeit nach Art. 27 EuGVVO245 ohne Prüfung der Anerkennungsfähigkeit der im ausländischen Prozess ergehenden Entscheidung zu berücksichtigen. Dasselbe gilt für EuGVÜ, Lug I und Lug II.246
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Conveniens, CILSA 13 (1980), 333 ff.; Ultsch Die Forum-non-conveniens-Lehre im Recht der USA (insbesondere Floridas), RIW 1997, 26 ff.; Wahl, Die verfehlte internationale Zuständigkeit, 1974. 245 Vgl. dazu Freitag Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – Positive Kompetenzkonflikte im Europäischen Zuständigkeits- und Anerkennungsrecht de lege lata und de lege ferenda, Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 2004, S. 215 ff.; Hess Lis Pendens and Related Actions, European Journal of Law Reform, 4 (2002), 57 ff.; Geimer Lis pendens in der Europäischen Union, FS Sonnenberger, 2004, S. 357 ff.; ders. „Windhunde“ und „Torpedos“ unterwegs in Europa – Art. 27 EuGVVO bzw. Art. 21 EuGVÜ/LugÜ anwendbar trotz Parteienverschiedenheit?, IPRax 2004, 521 ff.; Goebel Europäische Rechtshängigkeit und zivilprozessuales Rechtsmittelrecht nach der ZPO-Reform 2002, ZZPInt 7 (2002), 39 ff.; Jegher Abwehrmaßnahmen gegen ausländische Prozesse, Diss. Basel 2003; Lupoi The New Lis Pendens Provisions in the Brussels I and II Regulations, ZZPInt 7 (2002), 149 ff.; Makridou The institutions of Lis Pendens and Related Actions according to Regulation 44/2001 (Brussels I), FS Beys 2003, S. 941 ff.; Mittenzwei Die Verhinderung von Verfahrenskollisionen im deutschen und europäischen Zivilprozessrecht, Diss. Bonn 2006; Nieroba Die europäische Rechtshängigkeit nach der EuGVVO an der Schnittstelle zum nationalen Zivilprozessrecht, 2006; Schilling Internationale Rechtshängigkeit vs. Entscheidung binnen angemessener Frist – Zum Zusammenhang von Art. 6 I EMRK, Art. 307 EGV und Art. 27 EuGVV, IPRax 2004, 294 ff.; Schütze Lis Pendens and Related Actions, European Journal of Law Reform 4 (2002), 57 ff.; Walter Lis Alibi Pendens and Forum non Conveniens: From Confrontation via Coordination to Collaboration, European Journal of Law Reform 4 (2002), 69 ff.; Zeuner Rechtskraft und ihr Verhältnis zur Rechtshängigkeit im Rahmen des europäischen Zivilprozessrechts, FS Kerameus, 2009, S. 1587 f. 246 Vgl. dazu Albrecht Artikel 21 EuGVÜ und die Entwicklung des einstweiligen Rechtsschutzes in England seit 1988, IPRax 1992, 184 ff.; Bernheim Rechtshängigkeit und in Zusammenhang stehende Verfahren nach dem LugÜ, schweizJZ 1994, 133 ff.; Berti Gedanken zur Klageerhebung vor schweizerischen Gerichten nach Artikel 21–23 des Lugano-Übereinkommens, FS Walder, 1994, S. 307 ff.; Blackburn Lis alibi pendens and forum non conveniens in collision actions after the Civil Jurisdiction and Judgments Act 1982, Lloyd’s Maritime and Commercial Law Quarterly 1988, 91 ff.; Gaedke Konkurrenz inländischere und ausländischer Verfahren – Tatbestand und Rechtsfolgen der internationalen Streitanhängigkeit nach dem LGVÜ, öJZ 1997, 286 ff.; Geimer Beachtung ausländischer Verfahren und Justizgewährungsanspruch, NJW 1984, 527 ff.; Isenburg-Epple Die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit nach dem Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen vom 27.9.1968, Diss. Heidelberg, 1991; Leipold Internationale Rechtshängigkeit, Streitgegenstand und Rechtsschutzinteresse – Europäisches und Deutsches Zivilprozessrecht im Vergleich, GS Arens, 1993, S. 227 ff.; Otte Zur Einrede der Rechtshängigkeit bei negativer Feststellungsklage (Art. 31 CIM, Art. 21 EuGVÜ bzw. Art. 27 EuGVVO), zugleich Anm. zu zwei Entscheidungen des BGH vom 20.11.2004 (I ZR 294/02, TranspR 2004, 77 und I ZR 102/02, TranspR 2004, 79), TranspR 2004, 347 ff.; Pålsson Lis pendens under thew Brussels and Lugano Convention, FS
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Ähnlich stellt sich die Situation nach den Staatsverträgen dar. Auch hier haben die vertragsschließenden Staaten mit dem Abschluss des Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrages ihr Vertrauen in die Rechtsprechung des jeweiligen Vertragspartners dokumentiert.247 Die Ausgangslage im europäischen Recht und nach den Staatsverträgen ist der im nationalen Recht vergleichbar. Es wird von einer Gleichwertigkeit des in- und ausländischen Verfahrens ausgegangen, sodass den Parteien nichts Unzumutbares aufgebürdet wird, wenn man die ausländische Rechtshängigkeit ebenso wie die inländische behandelt. Dagegen ist die Situation außerhalb des europäischen Justizraums und der staats- 136 vertraglichen Regelungen grundlegend verschieden. Wenn eine konkurrierende Zuständigkeit der deutschen und US-amerikanischen Ge- 137 richte besteht, so sind die Parteien mit grundsätzlich unterschiedlicher Prozessführung konfrontiert:248 Die US-amerikanische Jury als Laiengericht ist etwas anders als das mit Berufsrichtern besetzte deutsche Gericht, gewählte Richter, wie wir sie in vielen USamerikanischen Bundesstaaten kennen, sind konzeptionell weniger unabhängig als ein vom Staat bestellter Richter,249 der Prozess US-amerikanischer Prägung kennt mit einer ausufernden pre-trial discovery eine den kontinentaleuropäischen Rechten fremde Form der Beschaffung von Beweismitteln und – last not least – die im US-Prozess praktizierte american rule of costs widerspricht kontinentaleuropäischem prozessualem Gerechtigkeitsdenken.250 Das alles hat letztlich zum Justizkonflikt mit den USA geführt.251 Mag also nun die Mehrfachprozessführung auch international unerwünscht sein. 138 Die Konsequenzen, sie durch die Litispendenzeinrede oder die Lehre vom forum non
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Strömholm, 1997, S. 709 ff.; Prütting Die Rechtshängigkeit im internationalen Zivilprozessrecht und der Begriff des Streitgegenstandes nach Art. 21 EuGVÜ, GS Lüderitz, 2000, S. 623 ff.; Rauscher Rechtshängigkeit nach dem EuGVÜ, IPRax 1985, 317 ff.; Rauscher/Gutknecht Teleologische Grenzen des Art. 21 EuGVÜ, IPRax 1993, 21 ff.; Schütze Die Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens nach dem EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, RIW/AWD 1975, 78 ff.; Schwander Ausländische Rechtshängigkeit nach IPRGesetz und Lugano-Übereinkommen, FS Vogel, 1991, S. 395 ff.; Stafyla Die Rechtshängigkeit des EuGVÜ nach der Rechtsprechung des EuGH und der englischen, französischen und deutschen Gerichte, 1998; Tiefenthaler Die Streitanhängigkeit nach Art. 21 Lugano-Übereinkommen, ZfRV 1997, 67 ff.; Walter Ausländische Rechtshängigkeit und Konnexität nach altem und neuen Lugano-Übereinkommen, in: Spühler (Herausg.), Internationales Zivilprozess- und Verfahrensrecht II, 2003, S. 127 ff.; Wittibschlager Rechtshängigkeit in internationalen Verhältnissen, 1994; Wolf Rechtshängigkeit und Verfahrenskonnexität nach EuGVÜ, EuZW 1995, 365 ff.; Zeuner Zum Verhältnis zwischen internationaler Rechtshängigkeit nach Art. 21 EuGVÜ und Rechtshängigkeit nach den Regeln der ZPO, FS Lüke, 1997, S. 1003 ff. 247 Vgl. dazu Schütze Rechtsverfolgung im Ausland, 4. Aufl., 2009, Rdn. 424 ff. 248 Vgl. dazu Maxeiner Die Gefahr der Übertragung deutschen Rechtsdenkens auf den USamerikanischen Zivilprozess, RIW 1990, 440 ff.; Reitz Grundlegende Unterschiede zwischen dem deutschen und dem US-amerikanischen Zivilprozessrecht: Vorzüge, die sich ausschließen?, ZZP 104 (1991), 381 ff.; Schütze Konzeptionelle Unterschiede der Prozessführung vor US-amerikanischen und deutschen Gerichten, WM 1983, 1078 ff. 249 Vgl. dazu Sandrock Eine US-Partei sponsort die Wahl eines US-Richters, RIW 2009, 577 ff.; Schütze Richterwahl-Sponsoring: Überlegungen zur ordre public-Widrigkeit von Urteilen US-amerikanischer Staatsgerichte, ZVglRWiss 100 (2001), 565 ff. 250 Vgl. dazu Schütze Kostenerstattung und ordre public-Überlegungen zur deutsch-amerikanischen Urteilsanerkennung, FS Németh, 2003, S. 795 ff.; Schütze Die Verkürzung rechtlichen Gehörs durch die american rule of costs und der Schutz der armen Partei, GS Gaspardy, 2007, S. 337 ff.; Schütze Armenrecht, Kostenerstattung und faires Verfahren, FS Machacek und Matscher, 2008, S. 919 ff. 251 Vgl. dazu Habscheid (Herausg.), Der Justizkonflikt mit den Vereinigten Staaten von Amerika, 1986 (mit Beiträgen von Stürner, Lange und Taniguchi), Schlosser Der Justizkonflikt zwischen den USA und Europa, 1985; Schütze Zum Stand des deutsch-amerikanischen Justizkonfliktes, RIW 2004, 162 ff.; Stürner U.S.-amerikanisches und europäisches Verfahrensverständnis, FS Stiefel, 1987, S. 763 ff.
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conveniens zu begrenzen, sind aber grundsätzlich von denen der Doppelprozessführung im nationalen Bereich verschieden. Während die Parteien im letzteren Fall nur ein gleiches Forum konzeptionell identischen Verfahrens verlieren, bedeutet die Beschneidung des Kompetenzwahlrechts im ersteren Fall unter Umständen, eine Partei in eine ungünstige Prozesssituation zu zwängen. b. Die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit im inländischen Prozess aa. Europäisches Recht. Nach Art. 27 EuGVVO hat das später angerufene Gericht das Verfahren auszusetzen, bis die Zuständigkeit oder Unzuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht. Bejaht das zuerst angerufene Gericht für unzuständig. Eine Anerkennungsprognose im Rahmen der Litispendenzentscheidung ist unzulässig. Der Begriff der Rechtshängigkeit wird europarechtlich abweichend vom deutschen 140 Recht definiert, um eine Windhundrennen der Parteien wegen der in den nationalen Rechten zu unterschiedlichen Zeitpunkten eintretenden Rechtshängigkeit zu vermeiden. Die Rechtshängigkeit wird durch die Anhängigkeit ersetzt. Nach Art. 30 EuGVVO tritt diese durch Einreichen des verfahrenseinleitenden Schriftstücks bei Gericht ein. Die Wirkung der Anhängigkeit endet jedoch wenn der Kläger ihm obliegende Maßnahmen nicht rechtzeitig trifft, um die Zustellung an den Beklagten zu bewirken. Bei der Prüfung der Identität des Streitgegenstandes ist die vom EuGH entwickelte 141 „Kernpunkttheorie“252 anwendbar. 139
bb. Staatsvertragliche Regelungen. Die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge messen der ausländischen Rechtshängigkeit regelmäßig Bedeutung bei positiver Anerkennungsprognose bei. Wird das im ausländischen Verfahren ergehende Urteil voraussichtlich in Deutschland anerkannt (nach welchen Kriterien auch immer) so soll die ausländische Rechtshängigkeit im inländischen Prozess gleiche Wirkungen haben wie inländische Rechthängigkeit. Die Regelung in Art. 27 LugÜ II ist dagegen mit der nach Art. 27 EuGVVO dem Inhalt 143 nach identisch.
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cc. Deutsches autonomes Recht. Das deutsche Recht kennt nur eine positivgesetzliche Regelung internationaler Rechthängigkeit. Nach § 738 a HGB ist die ausländische Rechtshängigkeit in einem deutschen Prozess zu beachten, wenn es sich um eine seerechtliche Schadensersatzklage handelt, die Erfordernisse des § 261 ZPO im Übrigen erfüllt sind, die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts auf einer dem § 738 a HGB entsprechenden Regelung beruht und die Gegenseitigkeit hinsichtlich der Beachtung deutscher Rechtshängigkeit verbürgt ist. Die ZPO kennt keine Regelung internationaler Rechtshängigkeit. Die h.L. fordert als 145 einzige Voraussetzung für die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit die Anerkennungsfähigkeit der in dem ausländischen Prozess zu erwartenden Entscheidung.253
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252 Vgl. dazu Wernecke Die Einheitlichkeit des europäischen und des nationalen Begriffs vom Streitgegenstand, 2003. 253 Vgl. RGZ 49, 344; BGH NJW 1958, 103 (obiter dictum); BGH NJW 1983, 1269 = IPRax 1984, 152 = Dir.Fam. mit abl. Anm. Tortorici; BGH NJW 1986, 2195; BGH IPRax 2001, 457; OLG Hamburg LZ 1926, 551; OLG München NJW 1972, 110; OLG Frankfurt/Main RIW/AWD 1980, 874; OLG Saarbrücken RIW 1999, 64; Geimer NJW 1984, 527 ff.; Geimer IZPR, Rdn. 2685 ff.; Habscheid RabelsZ 31 (1967), 254 ff.; Geimer Non licet bei ausländischer Rechtshängigkeit, FS Lange, 1970, S. 429 ff.; Hausmann IPRax 1982, 51 ff.; Kaiser/Prager RIW 1983, 667 ff.; Linke IZPR, Rdn. 201; Mitzgus Internationale Zuständigkeit im Vormundschafts-,
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Es ist also eine positive Anerkennungsprognose erforderlich. Im Rahmen dieser Anerkennungsprognose wird geprüft, ob die Erfordernisse des § 328 Abs. 1 ZPO für die zu erwartende Entscheidung voraussichtlich erfüllt sein werden. Diese Beurteilung ist für das Erfordernis der Vereinbarkeit mit dem deutschen ordre public praktisch unmöglich. 2. Internationale Konnexität Schrifttum Banniza von Bazan Der Gerichtsstand des Sachzusammenhangs im EuGVÜ, dem LugÜ und dem deutschen Recht, 1995; di Blase Connessione e litispendenza nella Convenzione di Bruxelles, 1993; Geimer Fora connexitatis. Der Sachzusammenhang als Grundlage der internationalen Zuständigkeit, WM 1979, 350 ff.; Geimer Entscheidungsharmonie in Europa per Entscheidungsstopp, IPRax 2001, 191 ff.; Hackspiel Berichtigende Auslegung von Art. 22 EuGVÜ durch die französische Cour de Cassation – ein nachahmenswertes Beispiel?, IPRax 1996, 214 ff.; Hau Zum Verhältnis von Art. 21 zu Art. 22 EuGVÜ, IPRax 1996, 177 ff.; Lüpfert Konnexität im EuGVÜ, 1997; Otte Umfassende Streitentscheidung durch Beachtung von Sachzusammenhängen – Gerechtigkeit durch Verfahrensabstimmung?, 1998; Roth Schranken der Aussetzung nach § 148 ZPO und Art. 28 EuGVO, FS Gerhardt, 2004, S. 747 ff.; Schütze Die Berücksichtigung der Konnexität nach dem EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, RIW/AWD 1975, 543 ff.; Schütze Lis Pendens and Related Actions, European Journal of Law Reform 4 (2002), 57 ff.; Schütze/Kratzsch Aussetzung des Verfahrens wegen konnexer Verfahren nach Art. 22 EuGVÜ, RIW 2000, 939 ff.; Walter Lis Alibi Pendens und forum non conveniens: Von der Konfrontation über die Koordination zur Kooperation, FS Schumann, 2001, S. 559 ff.; Wolf Rechtshängigkeit und Verfahrenskonnexität nach EuGVÜ, EuZW 1995, 365 ff.
Das deutsche internationale Zivilprozessrecht misst der Konnexität eines inländi- 146 schen mit einem ausländischen Verfahren keine Bedeutung zu. Eine Ausnahme besteht im Geltungsbereich des europäischen Rechts. Artikel 28 EuGVVO sieht vor, dass bei konnexen Verfahren das später angerufene Gericht entweder seine Entscheidung aussetzen oder auf Antrag einer Partei sich für unzuständig erklären kann, wenn die Verbindung in Zusammenhang stehender Verfahren nach seinem Recht zulässig und das zuerst angerufene Gericht für beide Klagen zuständig ist. Da nach deutschem Recht § 147 die Verbindung zweier Verfahren nur dann gestattet, wenn sie bei demselben Gericht anhängig sind, haben deutsche Gerichte nur die Möglichkeit der Aussetzung. 3. Hemmung der Verjährung durch Erhebung einer Klage vor einem ausländischen Gericht oder Schiedsgericht254 Schrifttum Frank Unterbrechung der Verjährung durch Auslandsklage, IPRax, 1983, S. 108 ff.; Geimer Nochmals: Zur Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung im Ausland: Keine Gerichtspflichtigkeit des Schuldners all over the world, IPRax, 1984, S. 83 ff.; Kallmann Unterbrechung der Verjährung durch ausländische Klageerhebung und Urteilsverjährung bei ausländischen Entscheiden, SchweizJZ 1945, 193 ff.; Katinszky Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung vor ausländischen Gerichten, RabelsZ 9
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Pflegschafts- und Sorgerecht, 1982, S. 376; Nagel/Gottwald IZPR, § 5 Rdn. 214; Riezler IZPR, S. 451 f.; Schack IZVR, Rdn. 754; Schneider NJW 1969, 88; Schumann Internationale Rechtshängigkeit (Streitanhängigkeit), FS Kralik, 1986, S. 301 ff.; Zöller/Greger ZPO, § 261, Rdn. 3. 254 Das Kapitel ist entnommen Schütze Probleme der Hemmung der Verjährung durch einer Klage im Ausland vor einem staatlichen oder Schiedsgericht im deutschen internationalen Privat- und Prozessrecht, FS Roth, 2011, S. 791 ff.
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(1935), S. 855 ff.; Kudlich Die privatrechtlichen Nebenwirkungen einer im Ausland erhobenen Klage, Diss. München 1962; Linke Die Bedeutung ausländischer Verfahrensakte im deutschen Verjährungsrecht, FS Nagel, 1987, S. 209 ff.; McGuire Verfahrenskoordination und Verjährungsunterbrechung im Europäischen Prozeßrecht, 2004; Sandrock Internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Verjährung nach deutschem Recht – einige geklärte und einige noch ungeklärte Streitfragen, FS Böckstiegel, 2001, S. 671 ff.; Schack Wirkungsstatut und Unterbrechung der Verjährung im Internationalen Privatrecht durch Klageerhebung, RIW 1981, 301 ff.; Schlosser Ausschlussfristen, Verjährungsunterbrechung und Auslandsklage, FS Bosch, 1976, S. 859 ff.; Schütze Die Unterbrechung und Inlaufsetzung der Verjährung von Wechselansprüchen durch ausländische Klageerhebung, WM 1967, 246 ff.; Schütze Probleme der Hemmung der Verjährung durch Klage im Ausland vor einem staatlichen oder Schiedsgericht im deutschen internationalen Privat- und Prozeßrecht, FS Roth, 2011, S. 791 ff.; Wolf Die grenzüberschreitende Verjährung zwischen internationalem und euroäischen Privat- und Prozeßrecht, FS Beys, 2003, S. 1741 ff.
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a. Kollisionsrechtliche Behandlung der Verjährung. Das deutsche Recht qualifiziert die Verjährung materiellrechtlich. Das Recht, dem der Anspruch unterliegt, bestimmt das kollisionsrechtliche Schicksal seiner Verjährung. Das ergibt sich aus Art. 12 Abs. 1 lit. d Rom I VO (bislang Art. 10 Abs. 1 lit. d EVÜ bzw. Art. 32 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB) und ist unstreitig.255 Probleme ergeben sich bei Weiter- und Rückverweisung, wenn die beteiligten Rechtsordnungen unterschiedlich qualifizieren, etwa im deutsch-amerikanischen Verhältnis. Während die Verjährung nach deutschem Recht dem materiellen Recht zuzuordnen ist, ist sie nach amerikanischer Auffassung ein Institut des Prozessrechts.256 Danach berührt die Verjährung nicht den Anspruch selbst, vielmehr nur die Möglichkeit seiner prozessualen Geltendmachung.257 Nach deutscher Auffassung ist die Verjährung also nach der lex causae, nach ameri148 kanischer nach der lex fori zu beurteilen. Für den amerikanischen Richter ist die Anwendung von Verjährungsregeln deshalb unproblematisch. Er wendet immer sein heimisches Recht an, unabhängig davon welchem Recht der Anspruch unterliegt.258 Probleme ergeben sich jedoch für den deutschen Richter, wenn er über die Verjährung eines Anspruchs entscheiden muss, der dem Recht eines der amerikanischen Bundesstaaten unterliegt. Die sich hieraus ergebenden Schwierigkeiten waren Gegenstand von mehreren Entscheidungen des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs. 149 In RGZ 2, 13 ging es um die Verjährung eines New Yorker Recht unterliegenden Wechselanspruchs, der in einem deutschen Prozess geltend gemacht wurde. Das Reichsgericht befand, dass unabhängig von der Qualifikation der Verjährung nach New Yorker Recht als prozessrechtlich, die Verjährung als Institut des sachlichen Rechts aufzufassen sei und die Klageforderung der Verjährungsfrist von 6 Jahren nach New Yorker Recht unterliege. Andernfalls müsse das Gericht unzulässigerweise ausländisches Prozessrecht anwenden.
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255 Vgl. für Nachweise Reithmann/Martiny/Martiny Internationales Vertragsrecht, 7. Aufl., 2010, Rdn. 372. 256 Vgl. Hay Die Qualifikation der Verjährung im US-amerikanischen Kollisionsrecht, IPRax 1989, 197 ff.; Lorenzen The Statute of Limitation and the Conflicts of Law, 28 (1919) Yale LJ, 429 ff.; Mitscherlich/ Jander Verjährungsprobleme im internationalen Privatrecht der Vereinigten Staaten, RIW/AWD 1978, 358 ff.; Schlink Die international-privatrechtliche Behandlung der Verjährung in den Vereinigten Staaten, RabelsZ 9 (1935), 418 ff. 257 Der Foreign Limitation Periods Act 1984 hat im englischen Recht eine Hinwendung zur materiellrechtlichen Qualifikation gebracht; vgl. dazu Carter The Foreign Limitation Periods Act, Law Q. Rev. 10 (1985), 68 ff. 258 Ausnahmen bestehen für „built-in-limitations“; vgl. dazu Mitscherlich/Jander RIW/AWD 1978, 358 ff. (359).
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Eine ähnliche Konstellation lag der Entscheidung RGZ 7, 21 zugrunde. Hier ging es 150 um einen Wechsel, der dem Recht Tennessees unterlag. Auch hier wendete das Reichsgericht nicht die Verjährungsvorschriften des Art. 100 WO der deutschen lex fori an, sondern das Verjährungsrecht Tennessees. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts kann dann spätestens seit RGZ 145, 121 als 151 gefestigt angesehen werden. Zusammenfassend stellt das RG fest: „Hiernach ist … davon auszugehen, dass auch diejenigen Vorschriften des Auslandes, welche die Verjährung als Prozessvorschriften behandeln und welche die ausländischen Gerichte deshalb stets anwenden, doch auch einen sachlich-rechtlichen Inhalt haben, der in seinen Wirkungen der sachlichrechtlichen Einrichtung der Verjährung nach deutschem Recht im Sinn des Zwischenrechts gleichkommt. Dann besteht aber kein Hindernis, auch die ausländischen Verjährungsvorschriften, namentlich auch die Verjährungsfristen anzuwenden …“
Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsprechung des Reichsgerichts aufgenommen 152 und fortgesetzt. In dem kollisionsrechtlich sehr interessanten – aber auch verwickelten – Sachverhalt, der der Entscheidung BGH, NJW 1960, 1720259 zugrunde lag, ging es um den Restkaufpreis für eine Schokoladenlieferung, der in Deutschland eingeklagt wurde, wobei die Rechte von Louisiana und Illinois anwendbar waren. Der BGH stellt fest: „Auch wenn die Verjährungsvorschriften nach amerikanischer Rechtsprechung und Rechtslehre dem Verfahrensrecht und nicht dem materiellen Recht zugeordnet werden, so hindert das nicht den deutschen Richter, sie wie materiellrechtliche Vorschriften anzuwenden. Denn die Frage, ob die Verjährung eine Einrichtung des sachlichen Rechts oder nur eine solche des Prozessrechts ist, muss nach deutschem Recht entschieden werden. Nach diesem gehört die die Verjährung dem sachlichen Recht an …“
Der deutsche Richter muss also immer die lex causae, also das Recht des Bundes- 153 staates anwenden, dem der Anspruch unterliegt. Eine Rückverweisung, weil dieses Recht die Verjährung als Institut des Prozessrechts ansieht und ggf. eine Weiterverweisung wird nicht vorgenommen. Es wird immer die lex causae angewendet.260 b. Die Hemmung der Verjährung durch ausländische Klageerhebung. § 204 BGB 154 regelt die Hemmung der Verjährung durch Klageerhebung eines deutschem Recht unterliegenden Anspruchs vor deutschen Gerichten. Die Klageerhebung vor einem ausländischen Gericht ist verjährungsrechtlich zunächst bedeutungslos. aa. Die Hemmung der Verjährung eines deutschem Recht unterliegenden An- 155 spruchs. Auszugehen ist von der Verjährungsregelung des BGB, bei der die verjährungshemmende Wirkung der Klageerhebung zunächst nur bei Klagen vor deutschen Gerichten eintritt. Hinsichtlich der verjährungshemmenden Wirkung ausländischer Klageerhebung werden im Wesentlichen drei Ansichten vertreten.
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259 Die Entscheidung wird kritisch beurteilt von Sandrock Internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Verjährung nach deutschem Recht – Einige geklärte und einige noch ungeklärte Streitfragen –, FS Böckstiegel, 2001, S. 671 ff. (674). 260 Vgl. RG JW 1911, 148, RGZ 145, 121; BGH, NJW 1960, 1720; OLG München, IPRspr. 1974, Nr. 26; OLG Hamburg, AWD 1974, 561; IPG 1974 Nr. 2 (Köln); Geimer IZPR, Rdn. 351; Kegel/Schurig Internationales Privatrecht, 9. Aufl., 2004, S. 352; Linke/Hau IZPR, Rdn. 59; Reithmann/Martiny/Martiny Internationales Vertragsrecht, Rdn. 372; Schütze DIZPR, Rdn. 59.
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– Gleichstellung in- und ausländischer Klageerhebung. Eine Gleichstellung von inund ausländischer Klageerhebung wird vor allem von Katinszky261 und Kallmann262 favorisiert.263 Katinszky geht davon aus, dass die Verjährung und deren Unterbrechung (Hemmung)264 nach deutschem materiellen Recht zu beurteilen sind. § 328 ZPO könne als Norm für die Anerkennung ausländischer Entscheidungen deshalb keine Anwendung finden. Den Sinn des § 209 a.F. BGB (jetzt § 204 BGB) sieht Katinszky darin, dass durch Einleitung eines behördlichen Verfahrens eine Gewähr für den Schuldner für eine einwandfreie Vornahme der Handlung des Berechtigten geschaffen werden solle. Das prozessuale Moment dürfe nicht in den Vordergrund gestellt werden. Im Prinzip müsse deshalb jede ausländische Klageerhebung verjährungsunterbrechend(-hemmend) wirken, sofern die Form nach Art. 11 EGBGB gewahrt sei. Die Grenze der Berücksichtigung ausländischer Klageerhebung findet Katinszky im ordre public. Hierdurch könne ausgeschlossen werden, dass die Klageerhebung dem Verpflichteten nicht in gehöriger Form bekannt wird. Zustellungsmängel sollen der verjährungshemmenden Wirkung ausländischer Klageerhebung entgegenstehen. 157 Auch Kallmann will der ausländischen Klageerhebung verjährungshemmende Wirkung beimessen, wenn das ausländische Verfahren dem inländischen entspricht.265 In gleiche Richtung gehen die Überlegungen von Kudlich.266 Schack267 und Linke 268 wollen der ausländischen Klageerhebung bei funktionaler Äquivalenz verjährenshemmende Wirkung beimessen, wobei Schack zusätzlich eine wirksame Zustellung i.S. von § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO verlangt.269 Auch Grothe fordert nur funktionale Gleichwertigkeit der ausländischen Klageerhebung und Wahrung des rechtlichen Gehörs.270 Am weitesten gehen Peters/Jacoby, die zwar nicht Anerkennungsfähigkeit der im ausländischen Verfahren zu erwartenden Entscheidung, aber immerhin die Erfüllung der Erfordernisse der Nr. 1, 2 und 5 des § 328 Abs. ZPO fordern und sich damit stark der Lehre von der Notwendigkeit der Anerkennungsfähigkeit annähern. Nach Geimer271 und Wolf272 soll die ausländische Klage-
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261 Vgl. Katinszky Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung vor ausländischen Gerichten, RabelsZ 9 (1935), 855 ff. 262 Vgl. Kallmann Unterbrechung der Verjährung durch ausländische Klageerhebung und Urteilsverjährung bei ausländischen Entscheiden, SJZ 1945, 193 ff.; Kallmann L’effet sur la prescription libératoire des actes judiciaires internvenus en pays étranger, Rev.crit. 1948, 1 ff. 263 Ebenso im neueren Schrifttum Frank, Unterbrechung der Verjährung durch Auslandsklage, IPRax 1983, 108 ff. (110); McGuire Verfahrenskoordination und Verjährungsunterbrechung im Europäischen Prozessrecht, 2004, S. 225 ff.; MünchKomm-BGB/Grothe 5. Aufl., 2006, § 204, Rdn. 9; Schack Wirkungsstatut und Unterbrechung der Verjährung im Internationalen Privatrecht durch Klageerhebung, RIW/AWD 1981, 301 ff. (differenzierend); Schack IZVR, Rdn. 872; vgl. für Literaturnachweise für das ältere Schrifttum Katinszky RabelsZ 9 (1935), 855 ff. (FN 3). 264 Vgl. zum Verhältnis von Unterbrechung und Hemmung der Verjährung nach der BGB Reform 2002 Wolf FS Beys, 2003, S. 1741 ff. (1750 ff.). 265 Funktionale Gleichwertigkeit fehlt nach Wolf FS Beys, 2003, S. 1741 ff. (1752) z.B. für die verjährenshemmende Mahnung des italienischen Rechts (Art. 1219 Abs. 1 CC) und das schriftliche Erfüllungsverlangen des niederländischen Rechts (Art. 3:317 BW). 266 Vgl. Kudlich die privatrechtlichen Nebenwirkungen einer im Ausland erhobenen Klage, Diss. München 1962, S. 11 ff. 267 Vgl. Schack RIW/AWD 1981, 301 ff. 268 Vgl. Linke Die Bedeutung ausländischer Verfahrensakte im deutschen Verjährungsrecht, FS Nagel, 1987, S. 209 ff. 269 Ebenso Frank IPRax 1983, 108 ff. (110). 270 Vgl. MünchKomm-BGB/Grothe 5. Aufl., 2006, § 204, Rdn. 9. 271 Vgl. Geimer Nochmals: Zur Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung im Ausland: Keine Gerichtspflichtigkeit des Schuldners all over the world, IPRax 1984, 83 f. 272 Vgl. Wolf Die grenzüberschreitende Verjährung zwischen internationalem und europäischem Privatund Prozessrecht, FS Beys, 2003, S. 1741 ff. (1746 ff.).
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VI. Anerkennung der Wirkungen ausländischer Verfahren
erhebung verjährungsunterbrechend wirken, wenn eine ausländische internationale Zuständigkeit besteht, der Schuldner also in dem vom Gläubiger gewählten Forum gerichtspflichtig ist. Die Vertreter dieser Ansicht wollen ausländische und inländische Klageerhebung grundsätzlich gleichstellen. Der Anerkennungsfähigkeit des im ausländischen Prozess zu erwartenden Urteils messen sie keine Bedeutung bei. – Verjährungshemmung nur bei Anerkennungsfähigkeit des im ausländischen Verfahren zu erwartenden Urteils. Eine starke Meinung in Rechtsprechung273 und Schrifttum274 will der ausländischen Klageerhebung dann verjährungshemmende Wirkung beimessen, wenn das im ausländischen Prozess zu erwartende Urteil anerkennungsfähig sein wird.275 Diese Ansicht zieht eine Parallele zur internationalen Rechtshängigkeit, wo die h.L. annimmt, dass die ausländische Klage der inländischen gleichzustellen sei, wenn eine positive Anerkennungsprognose für das im ausländischen Verfahren zu erwartende Urteil besteht.276 Niederführ277 meint eine Sondermeinung zu vertreten, indem er für die Anerkennung der verjährungsunterbrechenden Wirkung der Auslandsklage die Erfordernisse der Berücksichtigung ausländischer Litispendenz fordert. Da aber nach h.L. die Erstreckung ausländischer Rechtshängigkeit auf das Inland nur bei Anerkennungsfähigkeit der im ausländischen Verfahren zu erwartenden Entscheidung erfolgt, sieht auch Niederführ die positive Anerkennungsprognose als notwendig an. – Bedeutungslosigkeit ausländischer Klageerhebung. Die ausländische Klageerhebung hemmt die Verjährung eines deutschem Recht unterliegenden Anspruchs nicht.278 Das ergibt sich zunächst aus einer Wortinterpretation des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Wenn im BGB und in der ZPO von der Klageerhebung die Rede ist, so ist die Klageerhebung nach § 253 ZPO gemeint. Die ausländische Klageerhebung hat nur territoriale Wirkung. Die Wirkungen können nur durch Anerkennung auf das Inland erstreckt werden. Das gilt z.B. auch für die Erstreckung der Wirkungen ausländischer Rechtshängigkeit, bei der die h.L. mit juristischen Bocksprüngen eine Anerkennungsgrundlage konstruiert.279 Die territoriale Begrenzung der Wirkungen ausländischer Klageerhebung ist nicht auf die prozessualen, sondern auch auf die materiellrechtlichen Wirkungen beschränkt. Das haben schon die Väter des BGB so gesehen. In § 36 des Vorentwurfs heißt es:
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273 Vgl. RG JW 1926, 374; RGZ 129, 385; OLG Celle, OLGRspr. 17, 158; OLG Stettin, Recht 1910 Nr. 2034; OLG Hamburg, HRR 1934, 1187; LG Deggendorf, IPRax 1983, 125 mit Besprechungsaufsatz Frank ebenda 108 ff.; LG Duisburg, IPRpr. 1985, Nr. 43, S. 114. 274 Vgl. Erman/Schmidt-Räntsch BGB, 11. Aufl., 2004, § 204, Rdn. 10 a (allerdings nur für Tatbestände außerhalb des Geltungsbereichs der EuGVVO); Palandt/Ellenberger BGB, 68. Aufl., 2010, § 204, Rdn. 3; Riezler Internationales Zivilprozessrecht, 1949, S. 461 f. 275 Vgl. für Nachweise und zum Streitstand Taupitz Verjährungsunterbrechung im Inland durch unfreiwillige Beteiligung am fremden Rechtsstreit im Ausland, ZZP 102 (1989), 288 ff. (307 ff.) und Wolf Verjährungshemmung auch durch Klage vor einem international unzuständigen ausländischen Gericht?, IPRax 2007, 180 ff. 276 Vgl. BGH IPRax 2001, 457 mwN; für weitere Nachweise vgl. Dohm Die Einrede der Rechtshängigkeit im deutschen internationalen Zivilprozessrecht, 2006; Schütze Die Wirkungen ausländischer Rechtshängigkeit in inländischen Verfahren, ZZP 104 (1991), 136 ff.; Schütze Zur internationalen Rechtshängigkeit im deutschen Recht, FS Beys, 2003, S. 1501 ff. 277 Vgl. Soergel/Niederführ BGB, 13. Aufl., 1999, § 209, Rdn. 9 im Anschluss an Basedow Der internationale Schadensprozess nach Seeschiffskollisionen, VersR 1978, 495 ff. (500). 278 Vgl. Schütze Die Unterbrechung und Inlaufsetzung der Verjährung von Wechselansprüchen durch ausländische Klageerhebung, WM 1967, 246 ff.; Schütze Zur Vollstreckung ausländischer Zivilurteile bei Zweifeln an der Verbürgung der Gegenseitigkeit, DB 1977, 2129 ff. (2130). 279 Vgl. dazu Schütze DIZPR, Rdn. 394 ff.
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„Die Wirkungen, welche der Prozessbeginn auf das der gerichtlichen Entscheidung unterstellte Rechtsverhältnis äußert, werden, soweit sie dem bürgerlichen Rechte angehören, nach den Gesetzen beurteilt, welche über das Rechtsverhältnis, bei dem sie in Frage kommen, entscheiden. Den Wirkungen des Beginnes eines vor einem ausländischen Gerichte anhängigen Prozesses ist, ohne Unterschied, ob sie dem bürgerlichen Rechte oder dem Prozessrechte angehören, die Anerkennung versagt: 1. wenn die Gerichte des Staates, welchem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; 2. wenn die Klage gegen einen Deutschen erhoben ist und derselbe sich auf den Prozess nicht eingelassen hat, sofern die den Prozess einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozessgerichts in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshilfe zugestellt ist“.
Die Ansicht, dass die Auslandsklage – auch bei positiver Anerkennungsprognose – nicht verjährungshemmend wirkt, ergibt sich darüber hinaus daraus, dass die Erhebung der Klage auf Vollstreckbarerklärung nach §§ 722 f. ZPO in § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB als verjährungshemmend aufgeführt wird. Wäre schon die Auslandsklage verjährenshemmend, dann hätte es der Aufnahme der Klage auf Vollstreckbarerklärung in den Kreis der verjährenshemmenden Klagen nicht bedurft. Die Verjährung wäre ja bereits durch die ausländische Klageerhebung gehemmt worden, die zu der Entscheidung geführt hat, deren Vollstreckbarerklärung begehrt wird. Diese Regelung macht den Vertretern der Lehre von der grundsätzlichen Beachtung ausländischer Klageerhebung und denen von der Berücksichtigung bei positiverer Anerkennungsprognose offenbar Schwierigkeiten. So verfallen sie auf ausgefallene Interpretationen, wie Peters/Jacoby,280 wenn sie erläutern, dass die verjährungsunterbrechende Wirkung der Erhebung der Klage nach §§ 722 f. ZPO für den Fall gedacht sei, dass das ausländische Urteil nicht anerkennungsfähig ist. Das kann nicht sein. Entweder man vertritt die Ansicht, dass die ausländische Klage als qualifizierte Mahnung immer wirkt, dann bedarf es der Vollstreckungsklage für die Verjährungshemmung nicht oder man fordert eine positive Anerkennungsprognose, dann war diese eben falsch. 164 Es besteht auch keine Notwendigkeit, der ausländischen Klageerhebung verjährungshemmende Wirkung beizumessen, wenn das im Ausland ergehende Urteil anerkennungsfähig sein wird. Führt der ausländische Prozess nämlich zur Klageabweisung, dann ist festgestellt, dass der Anspruch nicht besteht. Die Rechtskraftwirkung wird nach § 328 ZPO auf das Inland erstreckt. Ein neuer Prozess gegen den Schuldner ist nicht möglich. Obsiegt der Gläubiger aber im ausländischen Verfahren, dass kann das Urteil nach §§ 328, 722 f. ZPO im Inland für vollstreckbar erklärt werden. Die Vollstreckungsklage wirkt verjährungshemmend, das Vollstreckungsurteil unterliegt der Urteilsverjährung. Probleme mögen entstehen, wenn das im ausländischen Verfahren ergehende Urteil 165 nicht anerkennungsfähig ist, etwa, weil die Gegenseitigkeit fehlt. Aber auch hier gilt, dass der Gläubiger sein Forum sorgsam wählen muss. Wählt er einen ausländischen Gerichtsstand für die Geltendmachung eines deutschem Recht unterliegenden Anspruchs, so muss er die verjährungsrechtlichen Nachteile tragen wie bei Wahl eines Forums, dessen Urteile im Staat, in dem der Schuldner Vermögen besitzt, nicht vollstreckt werden können. Bleiben schließlich die Fälle, in denen keine deutsche internationale Zuständigkeit gegeben ist. Hier hilft die Lehre von der Notzuständigkeit.281 163
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bb. Die Hemmung der Verjährung eines ausländischem Recht unterliegenden Anspruchs. Die Verjährung bestimmt sich nach dem auf den Anspruch anwendbaren
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Vgl. Staudinger/Peters/Jacoby BGB, Neubearbeitung 2009, § 204, Rdn. 46. Vgl. dazu Schütze Die Notzuständigkeit im deutschen Recht, FS Rechberger, 2005, S. 563 ff.
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VI. Anerkennung der Wirkungen ausländischer Verfahren
Recht, unabhängig davon, ob dieses die Verjährung dem materiellen oder dem Prozessrecht zuordnet. Unterliegt eine Forderung deshalb ausländischem Recht, so kommen §§ 203 ff. BGB nicht zur Anwendung.282 Deshalb ist Beispiel Katinszkys,283 das er zur Unterstützung seiner Ansicht bildet, schlecht gewählt. Nach der lex loci delicti commissi war in dem geschilderten Fall ohnehin ausländisches Recht anwendbar, das allein für die Hemmung der Verjährung maßgeblich sein konnte.284 c. Die Klageerhebung vor einem unzuständigen ausländischen Gericht. Zur Verjährungshemmung durch deutsche Klageerhebung wird die Ansicht vertreten, dass die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts unschädlich sei.285 Diese Grundsätze können auf die Klageerhebung vor einem unzuständigen ausländischen Gericht nicht übertragen werden. Allerdings müssen die Vertreter einer Gleichstellung von in- und ausländischer Klageerhebung, die die Auslandsklage lediglich als qualifizierte Mahnung ansehen, auch der Klage vor einem unzuständigen ausländischen Gericht verjährungsunterbrechende Wirkung beimessen. Aber auch hier fordern Geimer286 und Schack287 internationale Zuständigkeit des ausländisches forums, um – wie Geimer es in der ihm eigenen treffenden Diktion ausführt – den Schuldner nicht all over the world gerichtspflichtig zu machen. Die Anhänger der Lehre von der positiven Anerkennungsprognose der im ausländischen Verfahren zu erwartenden Entscheidung können wegen § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO der Klage vor dem unzuständigen ausländischen Gericht keine verjährungsunterbrechende Wirkung beimessen. Dasselbe gilt für diejenigen, die der Auslandsklage jegliche Wirkung absprechen. Wolf überbetont in unzulässiger Weise die Gläubigerinteressen und will gerade bei international unzuständigem Gericht Hemmung der Verjährung eintreten lassen.288 Auch der österreichische OGH hat Mitleid mit dem vor einem unzuständigen ausländischen Gericht klagenden Gläubiger und räumt ihm das Privileg ein, die Verjährungswirkung durch unverzügliche neue Klageerhebung vor dem zuständigen Gericht zu perpetuieren.289 Allerdings soll das nicht für die Klageerhebung vor dem offenbar unzuständigen Gericht gelten.
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282 Vgl. MünchKomm-BGB/Grothe 5. Aufl., 2006, § 204, Rdn. 9; Schack RIW/AWD 1981, 301 ff. (303); Staudinger/Peters/Jacoby BGB, Neubearbeitung 2009, § 204, Rdn. 41. 283 Vgl. Katinszky RabelsZ 9 (1935), 855 ff. (856): „Der deutsche Staatsangehörige A lebt in einem ausländischen Staate, mit welchem im Verhältnis zum Deutschen Reich bezüglich der Anerkennung von Urteilen keine Gegenseitigkeit verbürgt ist. A wird aufgrund einer in diesem Staat begangenen unerlaubten Handlung (in einem mir bekannten praktischen Fall: Autounfall mit Todesfolge) dem B schadensersatzpflichtig, oder er wird dem B unterhaltspflichtig. B erlangt gegen A ein rechtskräftiges Urteil in jenem Staate, die Vollstreckung ist fruchtlos. Nach Ablauf der Verjährungsfrist verlegt A seinem Wohnsitz nach Deutschland, wo er zu Wohlstand gelangt. Gegenüber der im Deutschen Reich von B angestrengten Klage erhebt A die Einrede der Verjährung und dringt damit nach der reichsgerichtlichen Rechtsprechung und der herrschenden Meinung durch.“ 284 So richtig Kudlich S. 22. 285 Vgl. BGHZ 35, 374; BGH NJW 1978, 1058; Staudingen/Peters/Jacoby BGB, Neubearbeitung 2009, § 204, Rdn. 25. 286 Vgl. Geimer IPRax 1984, 83 f. 287 Vgl. Schack RIW/AWD 1981, 301 ff. (302 f.), der allerdings in analoger Anwendung von § 212 a.F. BGB eine Heilungsmöglichkeit eröffnen will. 288 Vgl. Wolf Verjährungshemmung auch durch Klage vor einem international unzuständigen Gericht?, IPRax 2007, 180 ff. (182 f.). 289 Vgl. OHG IPRax 2009, 430 mit zustimmendem Besprechungsaufsatz von Jud/Kogler ebenda 239 ff., vgl. jedoch die frühere Entscheidung OGH IPRax 1998, 294, dazu Looschelders Anpassung und Substitution bei der Verjährungsunterbrechung durch unzulässige Auslandsklage, IPRax 1998, 296 ff.
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d. Die Hemmung der Verjährung durch Erhebung einer ausländischen Schiedsklage. Nach § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB wird die Verjährung durch „den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens gehemmt“.
aa. Die Differenzierung nach dem anwendbaren Recht. Bei Ansprüchen, für deren Geltendmachung eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen worden ist, gelten hinsichtlich der Verjährung keine Besonderheiten gegenüber der allgemeinen Regel.290 Ansprüche unterliegen der Verjährung nach dem Recht, das auf sie anwendbar ist. Hiernach bestimmt sich auch die Hemmung der Verjährung. Die Hemmung eines ausländischem Recht unterliegenden Anspruchs bestimmt sich nach dem anwendbaren Sachrecht, die Hemmung eines Anspruchs, der deutschem Recht unterliegt, nach § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB. 173 § 1051 ZPO enthält eine Kollisionsnorm zur Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts. Damit ist nach früheren Recht notwendige Suche nach der lex fori internationaler Schiedsgerichte291 und deren Bestimmung292 überflüssig geworden. Soweit §§ 1025 ff. ZPO zur Anwendung kommen (weil der Sitz des Schiedsgerichts in Deutschland liegt), ist das anwendbare materielle Recht nach der Kollisionsnorm des § 1051 ZPO zu bestimmen. Bei ausländischem Sitz bestimmt die lex fori, wie das anwendbare Sachrecht zu bestimmen ist.293 172
bb. Die verjährungshemmende Wirkung ausländischer Schiedsklageerhebung. § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB betrifft zunächst nur die Schiedsklageerhebung im Inland, die wegen des Territorialitätsgrundsatzes in § 1025 ZPO allein eine deutsche ist. Dennoch soll es nach verbreiteter Meinung nicht darauf ankommen, ob der Schiedsort im In- oder Ausland liegt. Auch ausländische Schiedsverfahren sollen zur Hemmung der Verjährung führen können.294 Sind nun Schiedsklage und Klage vor den staatlichen Gerichten verjährungsrecht175 lich vergleichbar, so mag man daran zweifeln, ob bei deutschem Recht unterliegenden Ansprüchen der Klage vor einem ausländischen Schiedsgericht jede Wirkung – wie einer Klage vor einem ausländischen Gericht – abgesprochen werden kann. Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen: – Während die staatliche Gerichtsbarkeit ein System fester – teilweise allerdings konkurrierender – Zuständigkeitsnormen kennt, ist die Schiedsgerichtsbarkeit dadurch gekennzeichnet, dass die Parteien (oder bei Nichtausübung ihres Wahlrechts eine Institution oder ein Dritter) über die Bestimmung des Schiedsortes ein einziges Forum bezeichnen und die Nationalität des Schiedsverfahren und des darin ergehen-
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290 Schreiber Schiedsgericht und Verjährung, FS Schütze 1999, S. 807 ff. (819) führt richtig aus, dass der Gesetzgeber die Schiedsgerichtsbarkeit den Verfahren vor den ordentlichen Gerichten in verjährungsrechtlicher Hinsicht gleichgestellt hat. Ebenso Sandrock FS Böckstiegel, 2001, 671 ff., allerdings kritisch gegenüber der h.L. 291 Vgl. dazu Gentinetta Die lex fori internationaler Handelsschiedsgerichte, 1973. 292 Vgl. Basedow Vertragsstatut und Arbitrage nach neuem IPR, Jahrbuch für die Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit 1 (1987), 3 ff.; Böckstiegel Die Bestimmung des anwendbaren Rechts in der Praxis internationaler Schiedsverfahren, FS Beitzke, 1979, S. 443 ff. 293 Vgl. dazu Schütze Die Bestimmung des anwendbaren Rechts im Schiedsverfahren und die Feststellung seines Inhalts, FS Böckstiegel, 2001, S. 715 ff. 294 Vgl. Erman/Schmidt-Räntsch BGB, 11. Aufl., 2004, § 204, Rdn. 28; MünchKomm-BGB/Grothe 5. Aufl., 2006, § 204, Rdn. 55; Schroeter Der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO, SchiedsVZ 2004, 288 ff. (292); teilweise wird eine Differenzierung zwischen ausländischer und inländischer Schiedsklageerhebung nicht vorgenommen, vgl. z.B. Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., 2005, § 16, Rdn. 5 ff.
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VI. Anerkennung der Wirkungen ausländischer Verfahren
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den Spruchs bestimmen. In der staatlichen Gerichtsbarkeit besteht nur in engen Grenzen über eine Gerichtsstandsvereinbarung eine originäre Wahlmöglichkeit des in- oder ausländischen Gerichts. Während im staatlichen Zuständigkeitssystem der Grundsatz der perpetuatio fori herrscht, können die Parteien in der Schiedsgerichtsbarkeit jederzeit durch eine Änderung des Sitzes des Schiedsgerichts eine Nationalitätenänderung des Verfahrens bewirken. Wenn der Sitz des Schiedsgerichts einmal bestimmt ist, dann kann er ohne Zustimmung der anderen Partei und des Schiedsgerichts nicht mehr geändert werden.
Diese Unterschiede sprechen dafür, die in- und ausländische Schiedsklageerhebung 176 gleichzustellen. Es sind die Parteien, die gemeinsam den Sitz des Schiedsgerichts bestimmen, nicht der Kläger bestimmt das Forum. Würde man der ausländischen Schiedsklageerhebung keine verjährungsunterbrechende Wirkung beimessen, dann wäre der Gläubiger rechtsschutzlos. Er hat nur ein Forum, in dem er klagen kann. Eine Notzuständigkeit kennt das Schiedsverfahren nicht. Es erscheint deshalb angemessen, auch der ausländischen Schiedsklage verjäh- 177 rungsunterbrechende Wirkung i.S. von § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB beizumessen, wenn der Schiedsort im Ausland liegt. cc. Der Beginn des Schiedsverfahrens. § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB stellt für die verjäh- 178 rungshemmende Wirkung der Schiedsklage auf den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens ab. Dieser ist nach der jeweiligen lex fori des Schiedsgerichts zu bestimmen. Es ist also auf das Recht des Schiedsortes abzustellen. α. Die gesetzliche Regelung nach deutschem Recht. Durch den Zugang des Antrags 179 des Schiedsklägers, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen, beim Schiedsbeklagten (§ 1044 ZPO) tritt Schiedshängigkeit295 ein. Die Wirkungen der Schiedshängigkeit entsprechen denen der Rechtshängigkeit im Prozess vor den staatlichen Gerichten. Das gilt auch für die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB.296 Schreiber fordert darüber hinaus – zum alten Recht – die Schiedsrichterbestellung.297 180 Nach neuem Recht ist das Gesetz eindeutig. Es genügt der Zugang des Vorlegungsantrags, der die Bezeichnung der Parteien, die Angabe des Streitgegenstandes und einen Hinweis auf die Schiedsvereinbarung enthält. β. Die Regelung in institutionellen Schiedsordnungen. Die Schiedsordnungen 181 der institutionellen Schiedsgerichte bestimmen regelmäßig den Beginn des Schiedsverfahrens autonom. Diese Bestimmung geht im Rahmen der Parteiautonomie der gesetzlichen Regelung vor.
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295 Vgl. dazu Baur Rechtshängig – Schiedshängig, FS Fasching, 1988, S. 81 ff.; Bosch Rechtskraft und Rechtshängigkeit im Schiedsverfahren, 1991; Hauck „Schiedshängigkeit“ und Verjährungsunterbrechung nach § 220 BGB, 1996, S. 31 ff. 296 Vgl. Schütze Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 5. Aufl., 2012, Rdn. 317; Sandrock FS Böckstiegel, 2001, S. 671 ff. (678 ff.); Zerbe Die Reform des deutschen Schiedsverfahrensrechts auf der Grundlage des UNCITRAL-Modellgesetzes über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 1995, S. 205. 297 Vgl. Schreiber, FS Schütze 1999, S. 807 ff. (812); ebenso Hauck S. 82, wobei sie auch die Schiedsrichterbenennung nicht für ausreichend hält, vielmehr bei mangelnder Kooperation mehrfache Initiative des Schiedsklägers fordert. Erweiterte Anforderungen stellen auch Berger Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, 1992, S. 266; Raeschke-Kessler/Berger Rechts und Praxis des Schiedsverfahrens, 3. Aufl., 1999, S. 138 f.
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Nach Art. 4 Abs. 2 ICC-SchO gilt der Tag, an dem die Schiedsklage bei dem Sekretariat eingeht als Beginn des Schiedsverfahrens. Problematisch aus deutscher Sicht mag sein, ob nicht darüber hinaus Zugang der Schiedsklage an den Schiedsbeklagten zu fordern ist. Das verneinen Reiner/Jahnel.298 In ähnlicher Weise stellt § 6.1 DIS SchO auf den Zugang der Schiedsklage bei einer DIS-Geschäftsstelle ab. Theune hält auch das für genügend und fordert keinen Zugang beim Schiedsbeklagten.299 In gleicher Weise stellen die Wiener Regeln auf die Einreichung der Schiedsklage bei dem Sekretariat ab (Art. 6 Abs. 1 Wiener Regeln).300 Dem folgt Art. 3 Abs. 2 der Schweizerischen Schiedsordnung. Auch Art. 2 der LICIA Schiedsregeln stellt auf den Eingang des Antrags bei dem Registrar ab. In gleicher Weise regelt Art. 9 der CIETAC-SchO den Beginn des Schiedsverfahrens. Fazit ist, dass die institutionellen Schiedsordnungen auf den Zugang der Schiedsklage bei der Institution abstellen, nicht auf den Zugang bei dem Schiedsbeklagten. Um eine Äquivalenz mit der Regelung in § 1044 ZPO herzustellen wird man für den Eintritt der Hemmungswirkung der Schiedsklage auf die Verjährung den Zugang bei dem Schiedsbeklagten fordern müssen.301
dd. Die Erhebung der Schiedsklage bei unbestimmtem Schiedsort. Probleme bereitet die Erhebung der Schiedsklage bei noch nicht bestimmtem Schiedsort. Hier steht bei Einleitung des schiedsrichterlichen Verfahrens noch nicht fest, ob es ein in- oder ausländisches sein wird, ob der für die Hemmung maßgebliche Zeitpunkt also nach § 1044 ZPO oder der entsprechenden ausländischen Regelung zu bestimmen. 190 Haben die Parteien den Schiedsort in der Schiedsvereinbarung oder in später nicht bestimmt, so bleibt bei Erhebung der Schiedsklage oder Stellung des Vorlegungsantrags offen, ob und zu welchem Zeitpunkt die Wirkung der Hemmung der Verjährung eintritt. Dabei ist zwischen institutionellen und ad hoc Schiedsgerichten zu unterscheiden. Bei ad hoc Schiedsgerichten führt erst die Bestimmung des Schiedsortes zu einer 191 rückwirkenden Verjährungshemmung. Die Hemmungswirkung ist aufschiebend bedingt durch die Erfüllung der Erfordernisse der Schiedsklageerhebung nach dem Recht des Schiedsortes. Bei institutionellen Schiedsgerichten ist der Schiedsort für den Beginn des Schieds192 verfahrens regelmäßig unerheblich. Die Institution bestimmt in ihrem Regelwerk autonom diesen Zeitpunkt. Erhebt der Schiedskläger Schiedsklage bei der ICC – als Beispiel für ein institutionelles Schiedsgericht – dann bestimmt sich der Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens nach Art. 4 ICC Rules. Die spätere Bestimmung des Schiedsortes durch den Gerichtshof (Düsseldorf, Wien, Paris, Zürich) ändert daran nichts. Das Schiedsverfahren beginnt mit dem Eingang der Schiedsklage beim Sekretariat (Art. 4 Abs. 2 ICC Rules). 189
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298 Vgl. Reiner/Jahnel ICC-Schiedsordnung, in: Schütze (Hrsg.), Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., 2011, Art. 4, Rdn. 2. 299 Vgl. Theune DIS-Schiedsgerichtsordnung, in: Schütze (Hrsg.), Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2005, § 6, Rdn. 2. 300 Vgl. zum Streitstand, ob die Einreichung genügt Liebscher Wiener Regeln, in: Schütze (Hrsg.), Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., 2011, Art. 6, Rdn. 1. 301 Nach Wolf FS Beys, 2003, S. 1741 ff. (1758 f.) ist die Information des Schuldners ein zwingendes Schutzprinzip.
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VII. Einstweiliger Rechtsschutz im internationalen Rechtsverkehr
VII. Einstweiliger Rechtsschutz im internationalen Rechtsverkehr VII. Einstweiliger Rechtsschutz im internationalen Rechtsverkehr Schrifttum Albrecht Das EuGVÜ und der einstweilige Rechtsschutz in England und in der Bundesrepublik Deutschland, 1991; Eilers Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes im europäischen Zivilrechtsverkehr, 1991; Gronstedt Grenzüberschreitender einstweiliger Rechtsschutz, 1994; Heinze Internationaler einstweiliger Rechtsschutz, RIW 2003, 922 ff.; Heiss Einstweiliger Rechtsschutz im europäischen Zivilrechtsverkehr (Art. 24 EuGVÜ), 1987; Morbach Einstweiliger Rechtsschutz in Zivilsachen, 1998; Kienle Arreste im internationalen Rechtsverkehr, Diss. Tübingen 1990; Ost Die Zustellung von dinglichen Arresten und einstweiligen Verfügungen im Ausland im Wege der Rechtshilfe, Die Justiz 1976, S. 134 ff.; Schütze Einstweilige Verfügungen und Arreste im internationalen Rechtsverkehr, insbesondere im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von Bankgarantien, WM 1980, S. 1438 ff.; Stürner Der einstweilige Rechtsschutz in Europa, FS Geiss, 2000, S. 199 ff.; Willeitner Vermögensgerichtsstand und einstweiliger Rechtsschutz im deutschen, niederländischen und europäischen internationalen Zivilverfahrensrecht, Diss. Heidelberg 2003.
1. Der Arrestgrund des § 917 Abs. 2 ZPO. Nach § 917 Abs. 2 ist als ausreichender Ar- 193 restgrund anzusehen, dass ein Urteil im Ausland vollstreckt werden müsste. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist weit. Auf die Staatsangehörigkeit der Parteien kommt es nicht an. Es kann deshalb auch ein Ausländer gegen einen anderen Ausländer den Arrestgrund des § 917 Abs. 2 beanspruchen.302 Im Geltungsbereich des EuGVÜ war die Anwendbarkeit dieses Arrestgrundes strei- 194 tig.303 Nach der Entscheidung Mund & Fester ./. Hatrex International Transport304 war § 917 Abs. 2 nicht anwendbar, wenn ein Urteil in einem Vertragsstaat des EuGVÜ vollstreckt werden müsste. Der deutsche Gesetzgeber hat darauf schnell reagiert und § 917 Abs. 2 im Geltungsbereich von EuGVÜ und LugÜ I für nicht anwendbar erklärt. Seit 2003 ist die Anwendbarkeit des § 917 Abs. 2 nunmehr beschränkt auf die Fälle, in denen die Auslandsvollstreckung in einem Staat erfolgen müsste, zu dem die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. 2. Nachweis ausländischen Rechts. Das Gericht muss auch im Eilverfahren das 195 ausländische Recht von Amts wegen ermitteln.305 § 293 gilt auch im Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren. Jedoch wird man wegen der Besonderheiten dieser Verfahren eine Mitwirkungspflicht der Parteien dahin annehmen müssen, das ihnen günstige ausländische Recht, auf das sie sich berufen, glaubhaft zu machen.306 3. Zustellung. Besonderheiten ergeben sich bei der Zustellung von Arrest- und 196 einstweiligen Verfügungsentscheidungen im Ausland.307 Enthält die Unterlassungsverfügung eine Strafandrohung, so lehnt die Landesjustizverwaltung die Weiterleitung des Zustellungsersuchens regelmäßig ab, weil die Zustellung in fremde Hoheitsrechte eingreift. Dem Antragsteller bleibt als Ausweg nur, die einstweilige Verfügung ohne Strafandrohung oder die Zustellung der einstweiligen Verfügung ohne Strafandrohung unter
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302 Vgl. OLG Stuttgart NJW 1952, 831; OLG Hamburg 15, 21; OLG München MDR 1960, 146; aA KG OLG 21, 93; 23, 227. 303 Vgl. dazu Dittmar Der Arrestgrund der Auslandsvollstreckung, NJW 1978, S. 1720 ff. 304 Vgl. EuGH Rs. C-398/92 EWS 1994, 95. 305 Vgl. Oldenburg IPRax 1981, 136; Schack IZVR, Rdn. 704. 306 Vgl. OLG Frankfurt/Main NJW 1969, 991 mit kritischer Anm. Franz NJW 1969, S. 1539 f.; vgl. im Übrigen für eine Begründung und die Darstellung des Streitstandes, Kienle aaO S. 120 ff. 307 Vgl. dazu Ost Die Justiz 1976, S. 134 ff.; Schütze WM 1980, S. 1438 ff.
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deren Schwärzung zu beantragen. Für den Arrestbefehl gilt entsprechendes, soweit dieser mit einem Pfändungsbeschluss über im Ausland belegenes Vermögen verbunden ist.
VIII. Internationales Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht VIII. Internationales Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht 1. Internationales Zwangsvollstreckungsrecht Schrifttum Koch Neuere Probleme des internationalen Zwangsvollstreckungsrechts einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes, in: Schlosser (Hrsg.), Materielles Recht und Prozeßrecht und die Auswirkungen der Unterscheidung im Recht der internationalen Zwangsvollstreckung, 1992, S. 171 ff.; Lange Internationale Rechts- und Forderungspfändung, 2004; Marquordt Das Recht der internationalen Forderungspfändung, Diss. Köln 1975; Mössle Internationale Forderungspfändung, 1991; Mülhausen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen deutscher Gerichte in Bankguthaben von Inländern bei Auslandsfilialen, WM 1986, S. 957 ff., 985 ff.; Remien Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, 1992; Rheinstein Die inländische Bedeutung einer ausländischen Zwangsvollstreckung in Geldforderungen (Internationale Zuständigkeit des Auslands zur Zwangsvollstreckung in Geldforderungen), RabelsZ 8 (1934), S. 277 ff.; Rosenbaum Die Zwangsvollstreckung in Forderungen im internationalen Rechtsverkehr, 1930; Schack Internationale Zwangsvollstreckung in Geldforderungen, Rpfleger 1980, S. 175 ff.; Schima Zur Zwangsvollstreckung in Forderungen im internationalen Rechtsverkehr, FS Dölle, 1963, II, S. 341 ff.; Schmidt Pfändung ausländischer Forderungen und die Zustellung von Pfändungsbeschlüssen, wenn der Drittschuldner im Ausland wohnt, MDR 1956, S. 204 ff.; Welter Zwangsvollstreckung und Arrest in Forderungen – insbesondere Kontenpfändung – in Fällen mit Auslandsberührung, 1988.
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201
Die Durchführung der internationalen Zwangsvollstreckung bestimmt sich nach der lex fori. Das deutsche Recht enthält nur eine unvollkommene positivgesetzliche Regelung der Zwangsvollstreckung über die Grenze. Nach § 791 hat das Prozessgericht 1. Instanz auf Antrag des Gläubigers eines ausländischen Titels die für die Zwangsvollstreckung zuständige Behörde zu deren Durchführung zu ersuchen, wenn und soweit der ausländische Staat deutsche Urteile im Wege der Rechtshilfe vollstreckt. Diese Regelung ist jedoch praktisch bedeutungslos, da deutsche Titel im Ausland regelmäßig der Vollstreckbarerklärung bedürfen. Zentrale Probleme der internationalen Zwangsvollstreckung sind die internationale Zuständigkeit und die Anerkennung ausländischer Akte der Zwangsvollstreckung.308 Die Gerichte des Staaten, in dem sich der Vollstreckungsgegenstand befindet, sind für die Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen international zuständig.309 Probleme ergeben sich bei der Zwangsvollstreckung in Forderungen, einmal, weil deren Belegenheit nicht immer leicht festzustellen ist, zum anderen aber auch, weil die Pfändung über die Grenze zu bewirken ist, ohne dass eine körperliche Anwesenheit eines Vollstreckungsorgans im fremden Staat notwendig ist. Die internationale Zuständigkeit zum Erlass von Pfändungsbeschlüssen folgt aus § 828 Abs. 2. Vgl. für Einzelheiten dort. Die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner im Ausland, die nach § 829 Abs. 2 Wirksamkeitserfordernis ist, scheitert jedoch regelmäßig daran, dass die Landesjustizverwaltung diese wegen des darin liegenden Hoheitsaktes ablehnt. Damit ist eine Pfändung von Forderungen, bei dem der Drittschuldner im Ausland wohnt, in der Regel unmöglich.
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Vgl. dazu Schütze DIZPR, Rdn. 441 ff. Vgl. Schack Rpfl. 1980, S. 175 ff.
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VIII. Internationales Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht
2. Internationales Insolvenzrecht Schrifttum Baumgärtel Die Grenzen der deutschen internationalen Konkurszuständigkeit im Falle des § 238 Abs. 1 KO. Zugleich ein Beitrag zur Auslegung des § 237 KO und des § 28 VerglO, FS Fragistas, Bd. I, S. 321 ff.; Ebenroth Die Inlandswirkungen der ausländischen lex fori concursus, ZZP 101 (1988), S. 121 ff.; Förger Die Stellung des Konkursverwalters im internationalen Privatrecht, Diss. Regensburg 1969; Hanisch Auslandsvermögen und Inlandsinsolvenzverfahren und vice versa, FS 100 Jahre Konkursordnung 1877– 1977, S. 139 ff.; Hanisch Deutsches Internationales Insolvenzrecht in Bewegung, ZIP 1983, S. 1289 ff.; Jayme Sanierung von Großunternehmen und internationales Konkursrecht, FS Riesenfeld, 1983, S. 117 ff.; MüllerFreienfels Auslandskonkurs und Inlandsfolgen, FS Dölle, 1963, II, S. 359 ff.; Nadelmann Internationales Insolvenzrecht: Die Kosmos-Entscheidung des Reichsgerichts, Leopold Levy und Josef Kohler, KTS 1979, S. 221 ff.; Pielorz Auslandskonkurs und Disposition über das Inlandsvermögen, 1977; Ringleb Universität und Territorialität im deutschen internationalen Konkursrecht, Diss. Freiburg 1967; Schlosser Europäische Wege aus der Sackgasse des deutschen internationalen Konkursrechts, RIW 1983, S. 473 ff.; Schmidt System des deutschen internationalen Konkursrechts, 1972; Spennemann Insolvenzverfahren in Deutschland – Vermögen in Amerika, 1981; Stoll (Hrsg.), Stellungnahmen und Gutachten zur Reform des deutschen Internationalen Insolvenzrechts, 1992; Summ Anerkennung ausländischer Konkurse in der Bundesrepublik Deutschland, 1992; Thieme Inlandsvollstreckung und Auslandskonkurs, RabelsZ 37 (1973), S. 682 ff.; Witz/Zierau Französisches internationales Konkursrecht – Neue Tendenzen und Entwicklungen in der Rechtsprechung der Cour de cassation, RIW/AWD 1989, S. 929 ff.
Das europäische und das deutsche internationale Insolvenzrecht gehen von dem 202 Grundsatz der Universalität aus.310 Die Wirkungen jeglichen Insolvenzverfahrens wirken nicht nur territorial, sondern über die Grenzen: das ausländische Insolvenzverfahren im Inland, das inländische Insolvenzverfahren im Ausland. a. Rechtsquellen aa. Europäisches Recht. Europarechtlich ist das internationale Insolvenzrecht 203 durch EuInsVO (Verordnung Nr. 1346/200) geregelt. Die Verordnung gilt nicht für Dänemark. bb. Deutsches autonomes Recht. Das deutsche autonome internationale Insol- 204 venzrecht ist in §§ 335–358 InsO geregelt. cc. Staatsverträge. Staatsvertragliche Regelungen des internationalen Insolvenz- 205 rechts fehlen in Deutschland nachdem der deutsch-österreichische Konkursvertrag durch die EuInsVO obsolet geworden ist. b. Verfahrenseröffnung. Es ist zu differenzieren. Für Hauptinsolvenzverfahren 206 knüpft Art. 3 Abs. 1 S. 1 EuInsVO an den hauptsächlichen Mittelpunkt der Interessen des Gemeinschuldners an, § 3 Abs. 1 S. 1 InsO jedoch an den allgemeinen Gerichtsstand des Gemeinschuldners, also dessen Sitz oder Wohnsitz. Territorial beschränkte Sonderinsolvenzverfahren können nach Art. 3 Abs. 2 EuInsVO 207 in Mitgliedstaaten eröffnet werden, in denen der Gemeinschuldner eine Niederlassung unterhält. Im deutschen autonomen Recht besteht eine Vermögenszuständigkeit. § 354 Abs. 1 InsO ist § 23 ZPO rechtsähnlich.
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Vgl. dazu Schack IZVR, Rdn. 1144 ff.
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c. Anerkennung ausländischer Insolvenzverfahren. Gegenstand der Anerkennung ausländischer Insolvenzverfahren können im Wesentlichen der Eröffnungsbeschluss und die behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen zur Durchführung und zur Beendigung des Insolvenzverfahrens sein.
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aa. EuInsVO. Erfordernisse der Anerkennung sind: Es muss sich um ein Haupt- oder Sekundärinsovenzverfahren handeln, wobei das anzuerkennende Verfahren in den Geltungsbereich der Verordnung fallen muss. Die Eröffnungsentscheidung muss in dem Staat, in dem die Eröffnung erfolgt ist, wirksam sein. Abzustellen ist auf erststaatliches Recht. Rechtskraft ist nicht erforderlich. Jedoch vorläufige Maßnahmen der Sicherung, wie die der Ernennung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, nicht. Die Eröffnungsentscheidung muss durch das nach der EuInsVO zuständige Gericht erlassen worden sein (Art. 3 EuInsVO). Der Eröffnungsbeschluss darf nicht gegen den deutschen ordre public verstoßen (Art. 26 EuInsVO). Die Anerkennung erfolgt formlos (Art. 17 Abs. 1 EuInsVO).
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bb. InsO. Erfordernisse der Anerkennung sind: Das Eröffnungsverfahren muss nach erststaatlichem Recht universelle Geltung beanspruchen. Wirkt das Insolvenzverfahren nur territorial, so ist eine Anerkennung ausgeschlossen. Der Erststaat muss Gerichtsbarkeit besessen haben. Der Insolvenzeröffnungsstaat muss internationale Zuständigkeit besessen haben. Es findet der Spiegelbildgrundsatz Anwendung. Die Anerkennung darf nicht gegen den deutschen ordre public verstoßen. Kein Erfordernis der Anerkennung ist die verbürgte Gegenseitigkeit. Die Anerkennung erfolgt formlos.
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d. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer insolvenzrechtlicher Entscheidungen 213 – – 214
Die Anerkennung erfolgt formlos. Die Vollstreckbarerklärung erfolgt nach den Regeln des Klauselerteilungsverfahrens der EuGVVO.
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aa. EuInsVO. Erfordernisse der Wirkungserstreckung sind: Die Eröffnung der ausländischen Insolvenz muss anerkannt sein. Die Wirkungserstreckung darf nicht gegen den deutschen ordre public verstoßen.
bb. InsO. Erfordernisse der Wirkungserstreckung sind. Die Entscheidung muss aufgrund einer anerkannten Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergangen sein. Die Entscheidung muss in Rechtskraft erwachsen sein. Die Wirkungserstreckung darf nicht gegen den deutschen ordre public verstoßen.
Die Anerkennung erfolgt formlos. Für die Vollstreckbarerklärung erklärt § 353 Abs. 1 InsO §§ 722 f. ZPO für anwendbar.
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IX. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit
IX. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit IX. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit Schrifttum Aden Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., 2003; Bajons Zur Nationalität internationaler Schiedssachen, FS Kralik, 1986, S. 3 ff.; Bartos Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 1984; Berger Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, 1992; Berger International economic arbitration, 1993; Bertheau Das New Yorker Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, 1965; Bösch Einstweiliger Rechtsschutz in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 1989; Buhmann Das auf den internationalen Handelsschiedsvertrag anwendbare nationale Recht, Diss. Regensburg 1970; Böckstiegel/Glossner Internationale Schiedsgerichtsbarkeit im Ost-West-Handel, 1975; Böckstiegel/Kröll/Nascimiento Arbitration Law in Germany, 2007; Dasser Internationale Schiedsgerichte und lex mercatoria, 1989; Gentinetta Die lex fori internationaler Schiedsgerichte, 1973; Glossner Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, AWD 1969, S. 73 ff.; Glossner/Bredow/Bühler Das Schiedsgericht in der Praxis, 3. Aufl., 1990; Haas Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche, 1991; von Heymann Der ordre public in der privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 1969; von Hoffmann Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit. Die Bestimmung des maßgeblichen Rechts, 1970; von Hülsen Die Gültigkeit von internationalen Schiedsvereinbarungen, 1973; Klein Zum Begriff des internationalen Schiedsverfahrens, Festgabe für den Schweizerischen Juristentag, 1963, S. 145 ff.; Mann Internationale Schiedsgerichte und nationale Rechtsordnung, ZHR 130 (1968), S. 97 ff.; Münzberg Prorogation und Schiedsvereinbarungen im internationalen Zivilverfahren, Zeitgenössische Fragen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1972, S. 177 ff.; Saathoff Möglichkeiten und Verfahren gerichtlicher Hilfe bei der Beweisaufnahme zugunsten fremdnationaler Handelsschiedsgerichtsverfahren mit internationaler Beteiligung, Diss. Köln 1987; Schlosser Das Recht der privaten internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., 1989; Schottelius Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1957; Schütze Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 5. Aufl., 2012; Schütze/Tscherning/Wais Handbuch des Schiedsverfahrens, 2. Aufl., 1990; Schwab Kollisionsrechtliche Fragen des deutschen internationalen Schiedsverfahrensrechts, FS Luther, 1976, S. 163 ff.; Wackenhuth Der Erfolg einer auf eine mängelbehaftete Schiedsvereinbarung gestützten Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts im Vollstreckbarkeitsverfahren eines in- und ausländischen Schiedsspruchs, soweit sich die Parteien rügelos eingelassen haben, Diss. Konstanz 1984.
Im internationalen Bereich hat die Schiedsgerichtsbarkeit die staatliche Gerichts- 217 barkeit – in einigen Bereichen – weitgehend verdrängt. 1. Gründe für den Abschluss einer internationalen Schiedsvereinbarung. Bei 218 dem Abschluss einer internationalen Schiedsvereinbarung bedarf es der Abwägung des Für und Wider im Einzelfall:311 – Schiedsgerichte empfehlen sich dort, wo die Materie des Rechtsstreits besondere Sachkunde in technischer (z.B. Bauwesen), juristischer (z.B. exotisches Recht anwendbar) oder sprachlicher Hinsicht (Unterlagen in fremder Sprache) erfordert. Deswegen enthalten internationale Anlagenverträge häufig Schiedsvereinbarungen. – Der Abschluss einer Schiedsvereinbarung ist zuweilen sinnvoll, wenn in dem Land des in Betracht kommenden Gerichtsstandes die Justiz korrupt oder überaus langsam ist.
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311 Vgl. dazu Schütze Verbesserungen des Zivilgerichtsverfahrens aus Erfahrungen mit der Schiedsgerichtsbarkeit, in: Gilles (Hrsg.), Effiziente Rechtsverfolgung – Deutsche Landesberichte zur VII. Weltkonferenz für Prozessrecht in Utrecht, 1987, S. 65 ff.; Schütze Effektivität des Rechtsschutzes vor den Schiedsgerichten, in: Gottwald (Herausg.), Effektivität des Rechtsschutzes vor staatlichen und privaten Gerichten, 2006, S. 171 ff.; Schütze Schiedsgericht und Schiedsverfahren, Rdn. 29 ff.; Schütze/ Tscherning/Wais Rdn. 1 ff.; Stumpf Vor- und Nachteile des Verfahrens vor Schiedsgerichten gegenüber Verfahren vor Ordentlichen Gerichten, FS Bülow, 1981, S. 217 ff.
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Die Kosten des Schiedsverfahrens sind regelmäßig nicht niedriger als die eines Prozesses vor staatlichen Gerichten. Trotz der grundsätzlichen Einstufigkeit sind Schiedsverfahren nicht unbedingt schneller als ordentliche Zivilprozesse. Die notwendigen Abstimmungen mit Parteien, Zeugen und Anwälten und der Mangel an prozessualen Zwangsmitteln verzögern Schiedsverfahren – insbesondere bei böswilligen Parteien – häufig. Auch ist zu berücksichtigen, dass ein Schiedsspruch der Vollstreckbarerklärung in einem Verfahren vor den staatlichen Gerichten bedarf. Die mit der Nicht-Öffentlichkeit des Schiedsverfahrens verbundene Vertraulichkeit ist insbesondere bei gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten von Vorteil. Nachteilige Folge des Schiedsverfahrens bei grundsätzlichen Streitigkeiten ist die mangelnde Präzedenzwirkung eines Schiedsspruchs. In internationalen Streitigkeiten liegt die Überlegenheit des Schiedsverfahrens gegenüber dem Prozess vor den ordentlichen Gerichten in der größeren Freizügigkeit von Schiedssprüchen gegenüber Gerichtsurteilen. Das Schiedsgericht ist in der Gestaltung des Verfahrens freier als das Staatsgericht. Das erleichtert besonders die Durchführung von Zustellungen und Beweisaufnahmen. Die förmliche Zustellung nach § 199 nimmt regelmäßig erhebliche Zeit in Anspruch. Das Schiedsgericht kann Zustellungen durch die Post vornehmen und Beweisaufnahmen im Ausland durchführen. Es ist nicht an eine bestimmte Sprache gebunden, kann vielmehr in einer den Beteiligten geläufigen Sprache verhandeln.
2. Arten internationaler Schiedsgerichte. Die Beteiligten können zwischen einem für den Einzelfall bestellten oder einem institutionellen Schiedsgericht wählen. 220 Ad hoc Schiedsgerichte werden für den konkreten Streitfall gebildet. Die Parteien bestimmen nicht nur die Zusammensetzung des Schiedsgerichts „ad hoc“, sondern auch den Verfahrensablauf. Sie sind nicht an Verfahrensregeln gebunden – solange sie sich an die Grundprinzipien eines unparteiischen Schiedsverfahrens halten.312 Der BGH differenziert hier. Was bei ausländischen Schiedsverfahren noch mit einem unparteiischen Schiedsverfahren vereinbar ist, soll es bei einem inländischen nicht mehr sein. Das ist das Ergebnis der sehr problematischen Rechtsprechung zur Entscheidung durch den vom Schiedskläger benannten Schiedsrichter als Einzelschiedsrichter für den Fall, dass der Schiedsbeklagte seines Schiedsrichterbestimmung nicht rechtzeitig vornimmt.313 221 Die Redaktion einer Schiedsvereinbarung erfordert große Erfahrung. Die Parteien können sich – wenn sie nicht in der Lage oder willens sind, selbst „maßzuschneidern“ – einer Musterschiedsordnung bedienen, die sich in großem Maße im internationalen Bereich finden. Hierzu gehören u. a. – die Schiedsordnung der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (ECE-Schiedsordnung)314 und die – UNCITRAL-Schiedsordnung.315 219
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312 Vgl. dazu Kornblum Probleme der schiedsrichterlichen Unabhängigkeit, 1968. 313 Vgl. BGHZ 54, 392 einerseits und BGHZ 98, 70 andererseits; dazu Schütze EWiR Art. 5 UNÜ 1/86, 835 und Kornblum „Ordre public transnational“, „ordre public international“ und „ordre public interne“ im Recht der privaten Schiedsgerichtsbarkeit, FS Nagel, 1987, S. 140 ff. 314 Vgl. dazu Arnold Die Schiedsgerichtsordnung der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen, AWD 1967, S. 179 ff.; Schütze/Tscherning/Wais aaO Rdn. 814 ff. 315 Vgl. dazu Glossner Die UNCITRAL-Schiedsordnung in der Praxis, RIW/AWD 1978, S. 141 ff.; Pirrung Die Schiedsverfahrensordnung der UNCITRAL, RIW/AWD 1977, S. 513 ff.; Rauh Die Schieds- und Schlichtungsordnungen der UNCITRAL, 1983.
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IX. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit
Demgegenüber haben institutionelle Schiedsgerichte eine feste Organisation und eine 222 allgemein gültige Verfahrensordnung, was die Durchführung von Verfahren häufig erleichtert. Institutionelle Schiedsgerichte sind im internationalen Bereich besonders beliebt. Als wesentliche institutionelle Schiedsgerichte im europäischen Rechtsraum kom- 223 men in Betracht:316 – Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit; – Internationale Handelskammer Paris; – Schiedsgericht der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft Wien; – Schiedsgericht der Stockholmer Handelskammer; – Schiedsgericht der Schweizerischen Handelskammern; – London Court of International Arbitration. Im Übrigen gibt es international – insbesondere in den USA und Asien – institutio- 224 nelle Schiedsgerichte zuhauf. Besondere Bedeutung – schon wegen der Zahl der Fälle – hat dabei die China International Economic and Trade Arbitration Commission (CIETAC).317 3. Rechtsquellen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit. Die Schiedsge- 225 richtsbarkeit ist in großem Maße durch zwischenstaatliche Vereinbarungen geregelt:318 – Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln vom 24.9.1923; – Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 29.9.1927; – UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958; – Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961. Darüber hinaus bestehen Regelungen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit in 226 Übereinkommen über Spezialmaterien, so auf dem Gebiet der Investitionsstreitigkeiten oder dem Verkehrsrecht. Zahlreiche bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge und der deutsch-amerikanische Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 29.10.1954 (Art. IV) enthalten Regelungen über Schiedsvereinbarungen und die Wirkungserstreckung von Schiedssprüchen. 4. Das internationale Schiedsverfahren a. Schiedsvereinbarung. Grundlage jeden Schiedsverfahrens ist eine wirksame 227 Schiedsvereinbarung, die entweder zur Entscheidung einer bereits entstandenen (Schiedsvertrag, compromis) oder einer künftigen Streitigkeit (Schiedsklausel, clause compromissoire) abgeschlossen werden kann. 319 Gegenstand der Schiedsvereinbarung muss ein bestimmtes Rechtsverhältnis sein. Die Schiedsvereinbarung bedarf nach dem UN-Überein-
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316 Vgl. dazu Schütze institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., 2011; dort auch in den Länderberichten umfangreiche Literaturnachweise zu den einzelnen institutionellen Schiedsordnungen. In der 2012 erscheinenden Ausgabe Institutional Arbitration werden auch Literaturnachweise für die neugefassten Schiedsordnungen der ICC und der Schweizerischen Handelskammern enthalten sein. 317 Vgl. dazu Kniprath Die Schiedsgerichtsbarkeit der Chinese International Economic and Trade Commission (CIETAC), 2004; Stricker-Kellerer/Moser Schiedsordnung der China International Economic and Trade Commission, in: Schütze (Hrsg.), Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., 2011, S. 495 ff. 318 Vgl. dazu oben Rdn. 28. 319 Vgl. zur Terminologie Sareika Zu den Begriffen in der Schiedsgerichtsbarkeit, ZZP 90 (1977), S. 285 ff.
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
kommen (Art. 2 Abs. 2) und dem Europäischen Übereinkommen (Art. 1 Abs. 2 lit. a) der Schriftform. Das Gleiche gilt für das deutsche autonome Recht (§ 1031), das jedoch für Schiedsvereinbarungen, an denen kein Verbraucher beteiligt ist, Erleichterungen vorsieht. b. Ausgestaltung des Schiedsverfahrens. Die Parteien sind in der Wahl des auf das Schiedsverfahren anwendbaren Rechts weitgehend frei. So statuiert Art. 5 Abs. 1 lit. a des UN-Übereinkommens eine praktisch unbegrenzte Parteiautonomie hinsichtlich der Verfahrensgestaltung. Das Europäische Übereinkommen regelt die Frage in Art. 4 Abs. 1 dahin, dass es den Parteien freisteht zu bestimmen, wie die Schiedsrichter bestellt werden sollen und welche Verfahrensregeln die Schiedsrichter einhalten müssen. Auch das deutsche autonome Recht überlässt es den Parteien, welche Gestaltung sie 229 einem internationalen Schiedsverfahren geben wollen, solange ein rechtsstaatliches Verfahren gewährleistet ist. Dazu gehört: – Keine Partei darf ihre wirtschaftliche oder soziale Überlegenheit darin ausnutzen, dem anderen Teil eine bestimmte Verfahrensordnung aufzunötigen, insbesondere hinsichtlich der Ernennung oder Ablehnung der Schiedsrichter.320 – Die Unabhängigkeit der Schiedsrichter muss gewahrt sein.321 – Das Verfahren muss rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen, insbesondere muss rechtliches Gehör in umfassendem Maße gewährt werden.
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Der Sitz des Schiedsgerichts322 bestimmt die Nationalität des Schiedsspruchs und das anwendbare Schiedsverfahrensrecht. Es ist auf den effektiven Sitz abzustellen.323 Anders knüpft das UN-Übereinkommen 1958 an. Nach dem UN-Übereinkommen sind das anwendbare Schiedsverfahrensrecht und der Sitz des Schiedsgerichts gleichwertige Anknüpfungspunkte für die Bestimmung der Nationalität eines Schiedsspruchs.324
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c. Anwendbares materielles Recht. Das anwendbare Recht wird in erster Linie durch die Parteivereinbarung bestimmt (§ 1051 Abs. 1). Die Parteivereinbarung ist – vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung – eine Sachnormverweisung. Haben die Parteien eine Rechtswahl nicht getroffen oder ist eine solche nicht feststellbar, so kommt das Recht zur Anwendung, mit dem der Gegenstand des Schiedsverfahrens die engste Verbindung aufweist. Bei der Ermittlung des Rechts der engsten Verbindung ist Art. 4 Rom I-VO anwendbar. Allgemeine Rechtsgrundsätze und eine sogenannte lex mercatoria325 darf das Schiedsgericht nur anwenden, wenn es hierzu von den Parteien ausdrücklich autorisiert ist.326 Dasselbe gilt für eine Billigkeitsentscheidung des amiable compositeur (§ 1051 Abs. 3).
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320 Vgl. dazu BGHZ 54, 392 = JZ 1971, 231 mit Anm. Habscheid; BGHZ 98, 70 = JZ 1987, 154 mit Anm. Walter; Schütze EWiR Art. 5 UNÜ 1/86, 835. 321 Vgl. dazu eingehend Kornblum Probleme der schiedsrichterlichen Unabhängigkeit, 1968. 322 Vgl. dazu Berger „Sitz des Schiedsgerichts“ oder „Sitz des Schiedsverfahrens“?, RIW 1993, 8 ff.; Rensmann Wo ergehen Schiedssprüche nach dem New Yorker Übereinkommen?, RIW 1991, 911 ff. 323 Vgl. Schütze Die Bedeutung des effektiven Schiedsortes im internationalen Schiedsverfahren, FS von Hoffmann, 2011, S. 1077 ff. 324 Vgl. Schlosser Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., 1989, Rdn. 64 f. 325 Vgl. dazu Dasser Internationale Schiedsgerichte und lex mercatoria, 1989; von Hoffmann Grundsätzliches zur Anwendung der „lex mercatoria“ durch internationale Schiedsgerichte, FS Kegel II, 1987, S. 215 ff.; Weise Lex Mercatoria. Materielles Recht vor internationalen Schiedsgerichten, 1990. 326 Vgl. Schütze Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 5. Aufl., 2012, Rdn. 397 ff.
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IX. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit
5. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche Schrifttum (allgemein): Alvarez de Pfeifle Der Ordre Public-Vorbehalt als Versagungsgrund der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung internationaler Schiedssprüche, 2009; Anderegg Zum „Doppelexequatur“ ausländischer Schiedssprüche, RabelsZ 53 (1989), 171 ff.; von Bernuth Die Doppelkontrolle von Schiedssprüchen durch staatliche Gerichte, 1995; Borges Das Doppelexequatur von Schiedssprüchen. Die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche und Exequaturentscheidungen, 1997; Borges Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen nach neuem Recht, ZZP 110 (1998), 487 ff.; Brücher Vollstreckung und Sicherung ausländischer Schiedssprüche, AWD 1967, 337 ff.; Chroziel/Westin Die Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile und Schiedssprüche, ZVglRWiss 87 (1988), 145 ff.; Dolinar Vollstreckung aus einem ausländischen, einen Schiedsspruch bestätigenden Exequatururteil. Gedanken zur Merger-Theorie, FS Schütze 1999, S. 187 ff.; Eberl Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen, in: v. Bodungen u.a., Taktik im Schiedsverfahren, 2008, S. 189 ff.; Endlich Anerkennung und Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen und die Schiedsordnungen auf nationaler und internationaler Ebene, DB 1979, 2411 ff.; Ernemann Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach § 1044 ZPO, 1979; Frische Verfahrenswirkungen, Rechtskraft – internationale Anerkennung und Vollstreckung von Prozeßvergleichen und Schiedssprüchen mit vereinbartem Wortlaut, 2005; Gessner Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen in den USA und Deutschland, 2001; Haas Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche, 1991; Jonas Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, JW 1927, 1297 ff.; Kahn Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche im Inland, ZZP 55 (1930), 114 ff.; Kilgus Zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung englischer Schiedssprüche in Deutschland, 1995; Koch Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile und Schiedssprüche in der Bundesrepublik Deutschland, in: Gilles (Hrsg.), Effiziente Rechtsverfolgung, 1987, S. 161 ff.; Kröll Recognition and Enforcement of Awards, in: Böckstigel/Kröll/Nascimiento, Arbitration in Germany, 2007, S. 479 ff.; Laschet Zur Anerkennung ausländischer Zwischenschiedssprüche, IPRax 1984, 72 ff.; Moller Schiedsverfahrensgesetznovelle und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, NZG 1999, 143 ff.; Münch Das Exequatur von Schiedssprüchen: materielle Einwendungen zur prozeßualen Verteidigung?, FS Ishikawa, 2001, S. 335 ff.; Nienaber Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im Sitzstaat aufgehobener Schiedssprüche, Diss. Münster 2002; Rensmann Anationale Schiedssprüche. Eine Untersuchung zu der Wirkung nationaler Schiedssprüche im nationalen Recht, 1997; Satmer Verweigerung der Anerkennung ausländischer Schiedssprüche wegen Verfahrensmängeln, Diss. Zürich 1994; Schlosser Vollstreckbarerklärung nicht vollstreckungsfähiger Entscheidungen?, FS Kerameus, 2009, S. 1183 ff.; Schütze Die Rolle der staatlichen Gerichte in der Schiedsgerichtsbarkeit und die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung USamerikanischer Schiedssprüche in Deutschland, DIS-MAT XII (2005), S. 85 ff.; Schütze Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche, die ohne wirksame Schiedsvereinbarung ergangen sind, FS Bucher, 2009, S. 699 ff.; Solomon Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen in der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2007; Wackenhuth Der Erfolg einer auf eine mängelbehaftete Schiedsvereinbarung gestützte Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts im Vollstreckbarerklärungsverfahren eines in- und ausländischen Schiedsspruchs, soweit sich die Parteien rügelos eingelassen haben, Diss. Konstanz 1984; Westin Die Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile und Schiedssprüche, ZVglRWiss 87 (1988), 145 ff.; Westheimer Der ausländische Schiedsspruch – Seine Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit im Inlande, ZZP 39 (1910), 241 ff. Schrifttum zum UN-Übereinkommen: Bajons Über Grenzen und Freiräume der New Yorker Schiedskonvention im Lichte der EMRK, FS Machacek und Matscher, 2008, S. 703 ff.; van den Berg The New York Arbitration Convention of 1958, 1981; Bernini The enforcement of foreign arbitral awards by national judiciaries: a trial of the New York Convention’s ambit and workability, FS Sanders, 1982, S. 51 ff.; Bertheau Das New Yorker Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, 1958, Bredin La Convention de New York du 10 juin 1958 pour la reconnaissance et l’exécution des sentences arbitrales étrangères, Journal Clunet 87 (1960), 1002 ff.; Bülow Das UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, KTS 1959, 1 ff.; Contini International Commercial Arbitration – The United nations Convention on the recognition and enforcement of foreign arbitral awrds, AmJournCompL 8 (1959), 1283 ff.; Gaja New York Convention, in: International Commercial Arbitration, 1988; Ganske Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprü-
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Schütze
Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
che, IWB F 10 (International), Gr. 4, S. 19 ff.; Gentinetta Die lex fori internationaler Handelsschiedsgerichte, 1973; Glossner Das Übereinkommen von New York über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958 – ein Fazit, FS Stödter, 1979, S. 47 ff.; Haas Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, New York, June 10, 1958, in: Weigand (Hrsg.), Practitioner’s Handbook on International Arbitration, 2002, S. 399 ff.; Klein La Convention de New York pour la reconnaissance et l’exécution des sentences arbitrales étrangères, SJZ 1961, 229 ff.; Maier Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit und UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, 1966; Marmo La Convenzione de New York sul riconoscimento delle sentenze arbitrali, Riv.dir.int. 1959, 31 ff.; Minoli La Convention de New York sur la reconnaissance et l’exécution des sentences arbitrales étrangères, Unidroit 1958, 156 ff.; Pointet La Convention de New York sur l’exécution des sentences arbitrales étrangères, 1958; Quigley ccession by United States to the United Nation’s Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, Yale.L.J. 70 (1961), 1049 ff.; Robert La Convention de New York du 10.6.1958 pour la reconnaissance et l’exécution des sentences arbitrales éttrangères, Rev. Arb. 1958, 70 ff.; Sanders New York Convention on the recognition and enforcement of foreign arbitral awards, Nederlands Tijdschrift voor Internationaal Recht 1959, 53 ff.; Sanders Commentary on the New York Convention, Yearbook Commercial Arbitration I (1976), S. 207 ff.; II (1977), S. 254 ff.; IV (1979), S. 231 ff.; Sedlaczek Das UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, ZfRV 1962, 23 ff.; Wetzmüller Der „internationale“ Schiedsspruch im UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 von New York, Diss. Mainz 1966. Sammelwerke zum ausländischen Recht und zur Rechtsvergleichung: Geimer/Schütze (Hrsg.), Internationaler Rechtsverkehr (Loseblatt); Gottwald (Hrsg.), Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1997; Kleinheisterkamp International Commercial Arbitration in Latin America, 2005; Rowley (Hrsg.), Arbitration World, 3. Aufl., 2010; Torggler (Hrsg.), Schiedsgerichtsbarkeit, 2007.
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Soweit nicht Staatsverträge eine erleichterte Durchsetzung ausländischer Schiedssprüche vorsehen, regelt § 1061 deren Wirkungserstreckung. Das deutsche Recht hat in dem Schiedsverfahrensneuregelungsgesetz auf eine eigenständige Regelung verzichtet und das UN Übereinkommen 1958 auf alle ausländischen Schiedssprüche für anwendbar erklärt, und zwar unabhängig davon, ob sie solche von Vertragsstaaten oder Nichtvertragsstaaten sind. Vgl. zu Voraussetzungen und Verfahren Schütze Das internationale Zivilprozessrecht in der ZPO, 2. Aufl., 2011, Kommentierung zu § 1061. Die Anerkennung erfolgt formlos. Die Vollstreckbarerklärung wird in einem gericht233 lichen Verfahren erteilt, das auch für die Exequierung inländischer Schiedssprüche gilt. Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BGH, der dem Gläubiger ein Wahlrecht zugestand, einen in einem Staat, in dem die „doctrine of merger“ gilt, für vollstreckbar erklärten Schiedsspruch nach § 1061 für vollstreckbar erklären zu lassen oder die Vollstreckbarerklärung des ausländischen Exequatururteils nach §§ 328, 722 f. (oder den entsprechenden Staatsverträgen) zu betreiben,327 kann der Gläubiger nach der neuen Rechtsprechung des BGH nur nach § 1061 vorgehen.328
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327 Vgl. BGH RIW/AWD 1984, 557 mit Anm. Dielmann und Schütze RIW/AWD 1984, 734; BGH RIW/AWD 1984, 644 mit Anm. Mezger; weiter Schlosser Doppelexequatur zu Schiedssprüchen und ausländischen Gerichtsentscheidungen?, IPRax 1985, S. 141 ff. 328 Vgl. BGH NJW 2009, 2826; dazu Plassmeier Ende des „Doppelexequatur“ bei ausländischen Schiedssprüchen, SchiedsVZ 2010, 82 ff.; Schütze Der Abschied vom Doppelexequatur ausländischer Schiedssprüche, RIW 2009, 817 ff.
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X. Internationale Rechtshilfe
X. Internationale Rechtshilfe X. Internationale Rechtshilfe Schrifttum Arnold Die Rechtshilfeordnung in Zivilsachen vom 19.10.1956, MDR 1957, S. 385 ff.; Carl/Menne Verbindungsrichter und direkte richterliche Kommunikation im Familienrecht, NJW 2009, 3537 ff.; Geimer/ Schütze Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 1973 ff.; Francke Verfahren der Rechtshilfe für ausländische Gerichte, Recht 1901, S. 31 ff.; Greger Verfassung und internationale Rechtshilfe, FS Schwab (Erlangen), 1990, S. 331 ff.; Hecker Handbuch der konsularischen Praxis, 1982, S. 367 ff.; Hess Neue Formen der Rechtshilfe in Zivilsachen im Europäischen Justizraum, GS Blomeyer, 2004, S. 617 ff.; Junker Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, 1987; Matscher Zwischenstaatliche Abkommen über den Rechtshilfeverkehr zwischen bürgerlichen und sozialistischen Staaten, Zeitgenössische Fragen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1972, S. 355 ff.; Mössle Extraterritoriale Beweisbeschaffung im internationalen Wirtschaftsrecht, 1990; Nagel Nationale und internationale Rechtshilfe im Zivilprozeß, Das europäische Modell, 1971; Nagel Die Bedeutung der internationalen Rechtshilfe im Zivilverfahren für die Entwicklung des Völkerrechts, Thesaurus Acrosium IV (1977), S. 1 ff.; Nagel Die „Duldung“ auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe im Zivilverfahren und ihre Bedeutung für die Entwicklung des Völkerrechts, Die Friedenswarte 59 (1976), S. 249 ff.; Nehlert Grundsätze des Rechtshilfeverkehrs mit dem Ausland in Zivilsachen, JR 1958, S. 121 ff.; von Normann Das internationale Zivilprozeßrecht, 1923; Pfennig Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen, 1988; Prieto Castro Zur internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zivilprozeßrechts, ZZP 65 (1952), S. 88 ff.; Puttfarken Rechtshilfe und Dritte Gewalt, NJW 1988, S. 2155 ff.; Schlosser Internationale Rechtshilfe und richterliche Unabhängigkeit, GS Constantineco, 1983, S. 653 ff.; Unterreitmayer Der Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in Zivil- und Handelssachen, RPfleger 172, S. 117 ff.
Die Befugnis von Gerichten und Behörden, Verfahrenshandlungen vorzunehmen, 234 endet an der Staatsgrenze. Nur bei besonderer Gestattung – sei es aufgrund staatsvertraglicher Vereinbarung oder internationaler Courtoisie – können Prozesshandlungen im Ausland durchgeführt werden. Im Übrigen bedarf es der Rechtshilfe der Gerichte und Behörden des Staates, auf dessen Territorium Zustellung, Beweisaufnahme pp. erfolgen sollen. Rechtshilfe wird geleistet aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen (vertragli- 235 cher Rechtshilfeverkehr) (§ 3 Nr. 1 ZRHO) oder aufgrund internationaler Courtoisie (comitas) (vertragloser Rechtshilfeverkehr) (§ 3 Nr. 2 ZRHO). Im Einzelnen sind fünf Gruppen zivilprozessual erheblicher Handlungen im zwischenstaatlichen Rechtsverkehr zu unterscheiden, die für die internationale Rechtshilfe in Betracht kommt: – Zustellung im Ausland; – Beweisaufnahme im Ausland; – Vollstreckungshilfe; – Verfahrensüberleitung; – Verfahrenshilfe. 1. Europäischer Rechtshilfeverkehr. Der europäische Gesetzgeber hat sich den 236 internationalen Rechtsverkehr besonders angelegen sein lassen. Insbesondere die europäische Zustellungsverordnung und die europäische Beweisverordnung haben Erleichterungen im europäischen Justizraum geschaffen. Das deutsche Verfahren ist im 11. Buch der ZPO geregelt. Vgl. dazu §§ 1067 ff. und die Kommentierung hierzu in diesem Band. 2. Vertraglicher Rechtshilfeverkehr. Die Rechtshilfe ist in großem Maße staatsver- 237 traglich geregelt. Bedeutsam sind im Einzelnen: 503
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Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
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Haager Zivilprozessabkommen vom 17.7.1905; Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954 nebst bilateralen Zusatzvereinbarungen;329 Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965; Haager Beweisübereinkommen vom 18.3.1970; deutsch-britisches Abkommen über den Rechtsverkehr vom 20.3.1928,330 das für eine Reihe früher zum britischen Empire gehörende – jetzt unabhängige – Staaten weiterhin gilt;331 deutsch-griechisches Rechtshilfeabkommen vom 11.5.1938;332 deutsch-tunesischer Rechtsschutz-, Rechtshilfe-, Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag vom 19.7.1966;333 deutsch-türkisches Rechtshilfeabkommen vom 28.5.1929;334 deutsch-marokkanischer Rechtshilfe- und Rechtsauskunftsvertrag vom 29.10.1985;335 deutsch-amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 29.10. 1954.336
Im Einzelnen bestehen Rechtshilfevereinbarungen mit folgenden Staaten: Ägypten HZPÜ 1954, HZÜ 1965 Antigua und Barbuda ZÜ 1965, dt.-brit. Abk. 1928 (zweifelhaft) Argentinien HZPÜ 1954, HBÜ 1970 Australien dt.-brit. Abk. 1928 Bahamas dt.-brit. Abk. 1928 Barbados HZÜ 1965, HBÜ 1970, dt.-brit. Abk. 1928 Belgien HZPÜ 1954 nebst Zusatzvereinbarung vom 15. 4 1959, HZÜ 1965 Botswana HZÜ 1965 Dänemark HZPÜ 1954 nebst Zusatzvereinbarung v. 1.6. 1910, geändert durch Notenwechsel vom 6.1.1932 und 1.6.1914, HZÜ 1965, HBÜ 1970 Dominica dt.-brit. Abk. 1928 Fidschi dt.-brit. Abk. 1928 Finnland HZPÜ 1954, HZÜ 1965, HBÜ 1970 Frankreich HZPÜ 1954 mit Zusatzvereinbarung v. 6.5.1961, HZÜ 1965, HBÜ 1970 Gambia dt.-brit. Abk. 1928 Grenada dt.-brit. Abk. 1928 Griechenland HZÜ 1965, dt.-griech. Abk. 1938 Island HZPA 1905 Israel HZPÜ 1954, HZÜ 1965, HBÜ 1970 Italien HZPÜ 1954, HZÜ 1965, HBÜ 1970 Jamaika dt.-brit. Abk. 1928 Japan HZPÜ 1954, HZÜ 1965
_____ 329 330 331 332 333 334 335 336
Vgl. dazu Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr 100.1 ff. RGBl. 1930 II 6. Vgl. zum Geltungsbereich Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr 520.1 ff. RGBl. 1939 II 848. BGBl. 1969 II 889. RGBl. 1930 II 6. BGBl. 1988 II 1054. BGBl. 1956 II 487.
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X. Internationale Rechtshilfe
Jugoslawien (Nachf.) Kanada Lesotho Libanon Liechtenstein
Luxemburg Malawi Malaysia Malta Marokko Mauritius Mexiko Monaco Nauru Neuseeland Niederlande Nigeria Norwegen Österreich Pakistan Polen Portugal Rumänien Russland Salomonen Schweden Schweiz Seychellen Sierra Leone Singapur Spanien St. Lucia St. Vincent und die Grenadinen Surinam Swasiland Trinidad und Tobago Tschechoslowakei Tunesien Türkei Ungarn USA Vereinigtes Königreich 505
HZPÜ 1954 HZÜ 1965, dt.-brit. Abk. 1928 dt.-brit. Abk. 1928 HZPÜ 1954 deutsch-liechtensteinische Vereinbarung vom 17.2./ 29.5.1958 über den unmittelbaren Geschäftsverkehr (BAnz. Nr. 73/59) HZPÜ 1954 nebst Zusatzvereinbarung vom 1.8.1909, HZÜ 1965, HBÜ 1970 HZÜ 1965, dt.-brit. Abk. 1928 dt.-brit. Abk. 1928 dt.-brit. Abk. 1928 HZPÜ 1954, dt.-marokk. Abk. 1985 dt.-brit. Abk. 1928 HBÜ 1970 HBÜ 1970 dt.-brit. Abk. 1928 dt.-brit. Abk. 1928 HZPÜ 1954 nebst Zusatzvereinbarung vom 30.8.1962, HZÜ 1965, HBÜ 1970 dt.-brit. Abk. 1928 HZPÜ 1954 nebst Zusatzvereinbarung vom 2.8.1909, HZÜ 1965, HBÜ 1970 HZPÜ 1954 nebst Zusatzvereinbarung vom 6.6.1959 HZÜ 1965 HZPÜ 1954 HZPÜ 1954, HZÜ 1965, HBÜ 1970 HZPÜ 1954 HZPÜ 1954 dt.-brit. Abk. 1928 HZPÜ 1954 nebst Zusatzvereinbarung vom 1.2.1910, HZÜ 1965, HBÜ 1970 HZPÜ 1954 nebst Zusatzvereinbarung vom 30.4.1910 und Abkommen vom 24.12.1929 HZÜ 1965, dt.-brit. Abk. 1928 dt.-brit. Abk. 1928 HBÜ 1970, dt.-brit. Abk. 1928 HZPÜ 1954, HZÜ 1965, HBÜ 1970 dt.-brit. Abk. 1928 dt.-brit. Abk. 1928 HZPÜ 1954 dt.-brit. Abk. 1928 dt.-brit. Abk. 1928 HZPÜ 1954, HZÜ 1965, HBÜ 1970 (Nachf.) dt.-tun. Vertrag 1966 HZPÜ 1954, HZÜ 1965, dt.-türk. Abk. 1929 HZPÜ 1954 HZÜ 1965, HBÜ 1970, dt.-am. Vertrag 1954 HZÜ 1965, HBÜ 1970, dt.-brit. Abk. 1928 Schütze
Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
Vatikan Zypern
HZPÜ 1954 HZÜ 1965, HBÜ 1970, dt.-brit. Abk. 1928
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3. Vertragsloser Rechtsverkehr. Auch wenn keine staatsvertragliche Vereinbarung besteht, wird Rechtshilfe weitgehend aufgrund internationaler Courtoisie (comitas) geleistet. Nur selten wird allerdings eine solche vertragslose Rechtshilfe ausdrücklich festgestellt, wie dies im deutsch-liechtensteinischen Verhältnis 1958 geschehen ist.337
240
4. Durchführung der Rechtshilfe. Die Erledigung ein- und ausgehender Rechtshilfeersuchen bestimmt sich nach der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO) vom 19.10.1956:338
a. Zustellungen. Nach § 199 erfolgt die im Ausland zu bewirkende Zustellung mittels Ersuchens der zuständigen Behörde oder des dort akkreditierten diplomatischen oder konsularischen Vertreters.339 Grundlage ist ein Ersuchungsschreiben des Vorsitzenden des Prozessgerichts (§ 202). Ein Antrag der Partei ist nur erforderlich, wenn die Zustellung im Parteibetrieb erfolgt. Besonderheiten gelten für die Zustellung an einen ausländischen Staat. Die Zu242 stellung von Schriftstücken im Rahmen eines Rechtsstreits ist nur zulässig, wenn der ausländische Staat keine Immunität genießt, sei es, weil der Prozess einen Anspruch aus einem actum iure gestionis betrifft, sei es, weil ein Befreiungsgrund vorliegt (z.B. Verzicht). Im Einzelnen ist die Behandlung eingehender Ersuchen in §§ 66 ff. ZRHO, die Be243 handlung ausgehender Ersuchen in §§ 11 ff. ZRHO geregelt. 244 Der BGH hält § 189 bei mangelhafter Auslandszustellung für unanwendbar.340 241
b. Beweisaufnahmen. Die Beweisaufnahme kann sich auf die Vernehmung von Zeugen, Sachverständigen oder Parteien, Augenscheinseinnahme, Aufnahme des Urkundenbeweises oder Prüfung von Urkunden, Abnahme von Eiden pp. beziehen (§ 5 Nr. 2 ZRHO). 246 Die ZRHO regelt die Behandlung ausgehender Ersuchen in §§ 36 ff., die eingehender Ersuchen in §§ 82 ff. Die Schwierigkeiten, die sich in der Praxis des deutsch-amerikanischen Rechtsverkehrs mit der pre-trial discovery ergeben haben,341 sind durch das Haager Beweisübereinkommen jetzt weitgehend gelöst. Zur Abwehr unzulässiger Beweiserhebungen werden zuweilen Parallelprozesse geführt.342 Das LG Kiel343 hat durch eine einstweilige Verfügung einer Bank verboten, Aussagen zu machen und Unterlagen vorzulegen, die Gegenstand der Anordnung eines amerikanischen Gerichts waren. 245
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337 BAnz. Nr. 73/59. 338 In der jeweils geltenden Fassung abgedruckt bei Geimer/Schütze IRV 900, 1 ff. 339 Vgl. für die praktische Durchführung Hecker aaO S. 403 ff. 340 Vgl. BGHZ 58, 177; BGH NJW 1993, 598 = ZZP 106 (1993), 391 mit abl. Anm. Schütze = LM § 328 ZPO Nr. 42 mit abl. Anm. Geimer; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 187 Rdn. 8; aA KG OLGZ 74, 328; BayObLG FamRZ 1975, 435; Bökelmann Urteilsanmerkung, JR 1972, S. 435; Geimer Urteilsanmerkung, NJW 1972, S. 1624 ff.; Schütze DIZPR, S. 246. 341 Vgl. dazu eingehend Junker Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, 1987. 342 Vgl. dazu Stiefel/Petzinger Deutsche Parallelprozesse zur Abwehr amerikanischer Beweiserhebungsverfahren?, RIW/AWD 1983, S. 242 ff. 343 RIW 1983, 206.
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XI. Tabellen zum Internationalen Zivilprozessrecht
c. Vollstreckungshilfe. Zur Einziehung von Kosten im ersuchten Staat kann um 247 Vollstreckungshilfe nachgesucht werden (§ 5 Nr. 3 ZRHO). Die Kostentitel, die im Wege der Vollstreckungshilfe durchgesetzt werden können, 248 sind u.a. die nach Artt. 18 f. HZPÜ 1954. Einzelheiten regeln §§ 41 ff. ZRHO (ausgehende Ersuchen) und §§ 89 ff. ZRHO (eingehende Ersuchen). d. Verfahrensüberleitung. In Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit 249 (insbes. Vormundschafts- und Nachlasssachen) besteht zuweilen die Notwendigkeit, ein Verfahren an die Gerichte oder Behörden eines anderen Staates abzugeben. Die Verfahrensüberleitung ist in §§ 44 f. ZRHO für ausgehende und in §§ 92 f. ZRHO für eingehende Ersuchen geregelt. e. Verfahrenshilfe. Die internationale Verfahrenshilfe (§ 5 Nr. 5 ZRHO) umfasst die 250 Rechtshilfe, soweit nichtgerichtliche Handlungen in Betracht kommen, z.B. die Übersendung von Akten und Urkunden, die Erteilung behördlicher Auskünfte, die Ermittlung von Zeugen und Berechtigten pp. Die Regelung von ausgehenden Ersuchen findet sich in §§ 46 ff. ZRHO, die von eingehenden Ersuchen in §§ 94 ff. ZRHO.
XI. Tabellen zum Internationalen Zivilprozessrecht XI. Tabellen zum Internationalen Zivilprozessrecht Die Tabellen erfassen die Staaten im Verhältnis zu denen die wesentlichen Staats- 251 verträge auf dem Gebiet des internationalen Zivilprozessrechts (vgl. sub 2) gelten, nämlich: 252 Europäisches Übereinkommen über die Staatenimmunität ESA Wiener Übereinkommen 1961 (Diplomaten) WieDÜ Wiener Übereinkommen 1963 (Konsuln) WieKÜ Haager Zivilprozessabkommen 1905 HZPA Haager Zivilprozessübereinkommen 1954 HZPÜ Haager Zustellungsübereinkommen 1965 HZÜ Haager Beweisübereinkommen 1970 HBÜ Europäisches Auskunftsübereinkommen 1968 EuAÜ Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln 1923 GenfP Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche 1927 GenfA UN-Übereinkommen 1958 UNÜ Europäisches Übereinkommen über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit 1961 EuÜHS Für die Übereinkommen zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländi- 253 scher Zivilurteile vgl. § 328 Rdn. 121 ff., für die Übereinkommen, die im Bereich der cautio iudicatum solvi bedeutsam sind vgl. § 110, Rdn. 64: Afghanistan (WieDÜ, UNÜ) Ägypten (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, UNÜ) Albanien (WieDÜ, WieKÜ, EuAÜ, GenfP, UNÜ, EuÜHS) Algerien (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ,UNÜ) Andorra (WieDÜ, WieKÜ) Angola (WieDÜ, WieKÜ) Antigua und Barbuda (WieKÜ, HZÜ, UNÜ) 507
Schütze
Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
Äquatorialguinea (WieDÜ, WieKÜ) Argentinien (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, UNÜ) Armenien (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, UNÜ) Aserbaidschan (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ, EuÜHS) Äthiopien (WieDÜ) Australien (WieDÜ, WieKÜ, HBÜ, UNÜ) Bahamas (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, GenfP, GenfA, UNÜ) Bahrain (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Bangladesh (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Barbados (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, HBÜ, UNÜ) Belarus (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Belgien (ESA, WieDÜ; WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, EuAÜ, UNÜ) Belize (WieKÜ) Benin (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Bhutan (WieDÜ, WieKÜ) Bolivien (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Bosnien und Herzegowina (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ,UNÜ, EuÜHS) Botsuana (WieDÜ, WieKÜHZÜ, UNÜ) Brasilien (WieDÜ, WieKÜ, GenfP, UNÜ) Brunei Darussalam (UNÜ) Bulgarien (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Burkina Faso (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Burundi (WieDÜ) Chile (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) China (Taiwan) (WieDÜ) China (VR) (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, UNÜ) Costa Rica (WieDÜ, WieKÜ, EuAÜ, UNÜ) Côte d’Ivoire (WieDÜ, UNÜ) Dänemark (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Dominica (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Dominikanische Republik (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Dschibuti (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Ecuador (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) El Salvador (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Eritrea (WieDÜ, WieKÜ) Estland (WieDÜ, WieKÜ, HZPA, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ) Fidschi (WieDÜ, WieKÜ) Finnland (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ) Frankreich (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Gabun (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Georgien (WieDÜ, WieKÜ, EuAÜ, UNÜ) Ghana (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Grenada (WieDÜ, WieKÜ) Griechenland (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ) Guatemala (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Guinea (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Guinea-Bissau (WieDÜ) Guyana (WieDÜ, WieKÜ) Haiti (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Heiliger Stuhl (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, UNÜ) Schütze
508
XI. Tabellen zum Internationalen Zivilprozessrecht
Honduras (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Indien (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, HBÜ, UNÜ) Indonesien (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Irak (WieDÜ, WieKü, GenfP) Iran (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Irland (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, UNÜ) Island (WieDÜ, WieKÜ, HZPA, EuAÜ, UNÜ) Israel (WieDÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, UNÜ) Italien (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Jamaica (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Japan (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, UNÜ) Jemen (WieDÜ, WieKÜ) Jordanien (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Jugoslawien (ehemaliges) (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, UNÜ, EuÜHS) Kambodscha (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Kamerun (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Kanada (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, UNÜ) Kap Verde (WieDÜ, WieKÜ) Kasachstan (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ, EuÜHS) Katar (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Kenia (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Kirgistan (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, UNÜ) Kiribati (WieDÜ, WieKÜ) Kolumbien (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Komoren (WieDÜ) Kongo (Dem.Rep.) (WieDÜ, WieKÜ) Kongo (WieDÜ) Korea (Republik) (WieDÜ, WieKü, HZÜ, UNÜ) Korea (Volksrep.) (WieDÜ, WieKÜ) Kroatien (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, UNÜ, EuÜHS) Kuba (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ, EuÜHS) Kuwait (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, UNÜ) Laos (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Lesotho (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Lettland (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Libanon (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, UNÜ) Liberia (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Libyen (WieDÜ, WieKü) Liechtenstein (WieDÜ, WieKÜ, EuAÜ) Litauen (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ) Luxemburg (ESA, WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Madagaskar (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Malawi (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ) Malaysia (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Malediven (WieKÜ) Mali (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Malta (WieDÜ, WieKÜ, EuAÜ, GenfP, GenfA, UNÜ) Marokko (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, UNÜ) Marschallinseln (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Mauretanien (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) 509
Schütze
Der Internationale Zivilprozess. 1. Einführung in das Internationale Zivilprozessrecht
Mauritius (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Mazedonien (ehem. jugsosl. Rep.) (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Mexiko (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ) Mikronesien (WieDÜ, WieKÜ) Moldau (Rep.) (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Monaco (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, HBÜ, UNÜ) Mongolei (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Montenegro (WieKÜ, HZPÜ, EuAÜ,UNÜ, EuÜHS) Mosambik (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Myanmar (WieDÜ, WieKÜ, GenfP, GenfA) Namibia (WieDÜ, WieKÜ) Nauru (WieDÜ) Nepal (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Neuseeland (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Nicaragua (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Niederlande (ESA, WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ) Niger (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Nigeria (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Norwegen (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ) Obervolta (EuÜHS) Oman (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Österreich (ESA, WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Pakistan (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, GenfP, GenfA, UNÜ) Panama (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Papua-Neuguinea (WieDÜ, WieKÜ) Paraguay (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Peru (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Philippinen (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Polen (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Portugal (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ) Ruanda (WieDÜ, WieKÜ) Rumänien (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Russische Föderation (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Sambia (WieDÜ, UNÜ) Samoa (WieDÜ, WieKÜ) San Marino (WieDÜ, HZÜ, UNÜ) São Tomé und Principe (WieDÜ, WieKÜ) Saudi-Arabien (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Schweden (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ) Schweiz (ESA, WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ) Senegal (WieDÜ; WieKÜ,UNÜ) Serbien (WieKÜ, HZPÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Serbien und Montenegro (WieDÜ) Seychellen (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, HBÜ) Sierra Leone (WieDÜ) Simbabwe (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Singapur (WieDÜ, WieKÜ, HBÜ, UNÜ) Slowakei (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Slowenien (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Somalia (WieDÜ, WieKÜ) Schütze
510
XI. Tabellen zum Internationalen Zivilprozessrecht
Sowjetunion (ehem.) (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Spanien (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Sri Lanka (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, HBÜ, UNÜ) St. Lucia (WieDÜ, WieKÜ) St. Vincent und die Grenadinen (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, UNÜ) Südafrika (WieDÜ, WieKÜ, HBÜ, UNÜ) Sudan (WieDÜ, WieKÜ) Surinam (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ) Swasiland (WieDÜ) Syrien (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Tadschikistan (WieDÜ, WieKÜ) Tansania (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Thailand (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Timor-Leste (WieDÜ, WieKÜ) Togo (WieDÜ, WieKÜ) Tonga (WieDÜ, WieKÜ) Trinidad und Tobago (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Tschad (WieDÜ) Tschechische Republik (WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Tschechoslowakei (ehem.) (WieDÜ, WieK, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, UNÜ, EuÜHS) Tunesien (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Türkei (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Turkmenistan (WieDÜ, WieKÜ) Tuvalu (WieDÜ, WieKÜ) Uganda (WieDÜ, UNÜ) Ukraine (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ EuÜHS) Ungarn (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ, EuÜHS) Uruguay (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Usbekistan (WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, UNÜ) Vanatu (WieKÜ) Venezuela (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, HBÜ, UNÜ) Vereinigte Arabische Emirate (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Vereinigtes Königreich (ESA, WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, GEnfA, UNÜ) Vereinigte Staaten (WieDÜ, WieKÜ, HZÜ, HBÜ), UNÜ Vietnam (WieDÜ, WieKÜ, UNÜ) Zentralafrikanische Republik (WieDÜ, UNÜ) Zypern (ESA, WieDÜ, WieKÜ, HZPÜ, HZÜ, HBÜ, EuAÜ, UNÜ)
511
Schütze
Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Schütze
a.
b.
Multilaterale Rechtshilfeverträge ______ 513 aa. Haager Zivilprozessabkommen vom 17.7.1905 (RGBl. 1909, 409) ______ 513 α. Ausführungsgesetz vom 5.4.1909 (RGBl. 1909, 430) ______ 521 bb. Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954 (BGBl. II 1958, S. 577) ______ 523 α. Deutsche Denkschrift zu dem Übereinkommen (BTDrucks. III/Nr. 350) ______ 532 β. Ausführungsgesetz vom 18.12.1958 (BGBl. I 1958, S. 939) ______ 543 cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15.11.1965 (BGBl. II 1977, S. 1453) ______ 546 α. Deutsche Denkschrift zu dem Übereinkommen (BTDrucks. 8/217, S. 38 ff.) ______ 554 β. Ausführungsgesetz v. 22.12.1977 (BGBl. I 1977, S. 3105) ______ 596 dd. Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18.3.1970 (BGBl. II 1977, S. 1472) ______ 599 α. Ausführungsgesetz vom 22.12.1977 (BGBl. I 1977, S. 3105) ______ 610 ee. Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht vom 7.6.1968 (BGBl. II 1974, S. 937) ______ 613 α. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. VII Nr. 992) nebst Anlage (erläuternder Bericht) ______ 619 β. Ausführungsgesetz zum Übereinkommen (BGBl. I 1974, S. 1453) ______ 629 γ. Begründung zum Ausführungsgesetz (BTDrucks. VII Nr. 993) ______ 631 Bilaterale Rechtshilfeverträge ______ 640 aa. Deutsch-amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 29.10.1956 (Auszug, BGBl. II 1956, S. 488) ______ 640 bb. Deutsch-britisches Abkommen über den Rechtsverkehr vom 20.3.1928 (RGBl. II 1928, S. 623) ______ 641 α. Ausführungsverordnung vom 5.3.1929 (RGBl. II 1929, S. 135, zuletzt geändert durch Gesetz v. 27.7.2001, BGBl. I 2001, S. 1887) ______ 648 cc. Deutsch-griechisches Abkommen vom 11.5.1938 über die gegenseitige Rechtshilfe in Angelegenheiten des bürgerlichen und des Handelsrechts (RGBl. II 1939, S. 848) ______ 649 α. Ausführungsverordnung vom 31.5.1939 (RGBl. II 1939, S. 847, zuletzt geändert durch Gesetz v. 27.7.2001, BGBl. I 2001, S. 1887) ______ 656 dd. Deutsch-marokkanischer Vertrag über die Rechtshilfe und Rechtsauskunft in Zivil- und Handelssachen vom 29.10.1985 (BGBl. II 1988, S. 1954) ______ 658 α. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. XI Nr. 2026) ______ 666 ee. Deutsch-türkisches Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen vom 28.5.1929 (RGBl. II 1930, S. 6) ______ 682 α. Deutsche Denkschrift (RTDrucks. IV (1928), Nr. 1405) ______ 686 β. Ausführungsverordnung vom 26.8.1931 (RGBl. II 1931, S. 537, zuletzt geändert durch Gesetz v. 27.7.2001, BGBl. I 2001, S. 1887) ______ 687 ff. Deutsch-tunesischer Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 19.7.1966 (Auszug, BGBl. II 1969, S. 890) ______ 689
Schütze
512
a. aa. Haager Zivilprozessabkommen vom 17.7.1905
2. a. Multilaterale Rechtshilfeverträge1 Schütze neue Seite!!!!!! 2. a. aa. Haager Zivilprozessabkommen vom 17.7.1905 (RGBl. 1909, S. 409) a. aa. Haager Zivilprozessabkommen vom 17.7.1905 Vorbemerkung: Das Abkommen ist am 27. April 1909 in Kraft getreten (RGBl. 1909, 409) und hatte durch den Beitritt der wesentlichen europäischen Staaten vor dem Zweiten Weltkrieg große Bedeutung auf dem Gebiet der Rechtshilfe.2 Es ist heute weitgehend bedeutungslos, da es im Geltungsbereich des Haager Übereinkommens über den Zivilprozess v. 1.3.1954 von diesem abgelöst worden ist (Art. 29 des Übereinkommens). Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen Geltungsbereich: Estland, Island Schrifttum: Huisman La convention internationale de La Haye du 17. juillet 1905 relative à la procédure civile, Revue de droit international et de la législation comparée 1909, 320 ff., 395 ff.; Meili-Mamelok Das internationale Privat- und Prozessrecht auf Grund der Haager Konventionen, 1911; Normann Das internationale Zivilprozessrecht auf Grund der Staatsverträge des deutschen Reiches unter Berücksichtigung der Praxis der Justizverwaltung, 1923; Schwartz Ungarns Anschluss an die Haager Konvention vom 17.7.1909 über den Zivilprozess, NiemeyersZ 1910, 16 ff.
Text Abkommen über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 RGBl. 1909, S. 409
I. MITTEILUNG GERICHTLICHER UND AUSSERGERICHTLICHER URKUNDEN Artikel 1 In Zivil- oder Handelssachen erfolgt die Zustellung von Schriftstücken, die für eine im Auslande befindliche Person bestimmt sind, innerhalb der Vertragsstaaten auf einen Antrag, der vom Konsul des ersuchenden Staates an die von dem ersuchten Staate zu bezeichnende Behörde gerichtet wird. Der Antrag hat die Behörde, von der das übermittelte Schriftstück ausgeht, den Namen und die Stellung der Parteien, die Adresse des Empfängers sowie die Art des in Rede stehenden Schriftstücks anzugeben und muß in der Sprache der ersuchten Behörde abgefaßt sein. Diese Behörde hat dem Konsul die Urkunde zu übersenden, welche die Zustellung nachweist oder den die Zustellung hindernden Umstand ergibt. Alle Schwierigkeiten, die etwa aus Anlaß des Antrags des Konsuls entstehen, werden auf diplomatischem Wege geregelt.
_____
1 Nicht mehr aufgenommen ist das deutsch-sowjetische Abkommen über allgemeine Fragen des Handels und der Seeschifffahrt v. 25.4.1958, BGBl. 1959 II 221, das seine Bedeutung weitgehend verloren hat, nachdem es im Verhältnis zu Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Kasachstan, Kirgistan, der Republik Moldau, der Russischen Föderation, Tadschikistan, Turkmenistan, der Ukraine und Usbekistan außer Kraft getreten ist. 2 Vgl. zum Geltungsbereich vor dem zweiten Weltkrieg Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 200. 1 f.
513
Schütze
Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
Jeder Vertragsstaat kann in einer an die anderen Vertragsstaaten gerichteten Mitteilung das Verlangen ausdrücken, daß der Antrag auf eine in seinem Gebiete zu bewirkende Zustellung, der die im Abs. 1 bezeichneten Angaben zu enthalten hat, auf diplomatischem Wege an ihn gerichtet werde. Die vorstehenden Bestimmungen hindern nicht, daß sich zwei Vertragsstaaten über die Zulassung des unmittelbaren Verkehrs zwischen ihren beiderseitigen Behörden verständigen. Artikel 2 Für die Zustellung hat die zuständige Behörde des ersuchten Staates Sorge zu tragen. Diese Behörde kann sich, abgesehen von den im Artikel 3 vorgesehenen Fällen, darauf beschränken, die Zustellung durch Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger zu bewirken, sofern er zur Annahme bereit ist. Artikel 3 Ist das zuzustellende Schriftstück in der Sprache der ersuchten Behörde oder in der zwischen den beiden beteiligten Staaten vereinbarten Sprache abgefaßt oder ist es von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet, so läßt die ersuchte Behörde, falls in dem Antrag ein dahingehender Wunsch ausgesprochen ist, das Schriftstück in der durch ihre innere Gesetzgebung für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen vorgeschriebenen Form oder in einer besonderen Form, sofern diese ihrer Gesetzgebung nicht zuwiderläuft, zustellen. Ist ein solcher Wunsch nicht ausgesprochen, so wird die ersuchte Behörde zunächst die Übergabe nach den Vorschriften des Artikel 2 zu bewirken suchen. Vorbehaltlich anderweitiger Übereinkunft ist die im vorstehenden Absatze vorgesehene Übersetzung von dem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder von einem beeidigten Dolmetscher des ersuchten Staates zu beglaubigen. Artikel 4 Die Ausführung der in den Artikeln 1, 2, 3 vorgesehenen Zustellung kann nur abgelehnt werden, wenn der Staat, in dessen Gebiete sie erfolgen soll, sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Artikel 5 Der Nachweis der Zustellung erfolgt entweder durch ein mit Datum versehenes und beglaubigtes Empfangsbekenntnis des Empfängers oder durch ein Zeugnis der Behörde des ersuchten Staates, aus dem sich die Tatsache, die Form und die Zeit der Zustellung ergibt. Ist das zuzustellende Schriftstück in zwei gleichen Stücken übermittelt worden, so ist das Empfangsbekenntnis oder das Zeugnis auf eins der beiden Stücke zu setzen oder damit zu verbinden. Artikel 6 1.
Die Bestimmungen der vorstehenden Artikel lassen unberührt: die Befugnis, den im Ausland befindlichen Beteiligten Schriftstücke unmittelbar auf dem Postwege zuzusenden;
Schütze
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a. aa. Haager Zivilprozessabkommen vom 17.7.1905
2.
3.
die Befugnis der Beteiligten, die Zustellungen unmittelbar durch die zuständigen Vollziehungsbeamten oder sonst zuständigen Beamten des Bestimmungslandes bewirken zu lassen; die Befugnis jedes Staates, Zustellungen an die im Auslande befindlichen Personen unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter bewirken zu lassen.
In jedem dieser Fälle besteht die vorgesehene Befugnis nur dann, wenn Abkommen zwischen den beteiligten Staaten sie einräumen oder wenn in Ermangelung von Abkommen der Staat, in dessen Gebiete die Zustellung zu erfolgen hat, nicht widerspricht. Dieser Staat kann nicht widersprechen, wenn im Falle des Abs. 1 Nr. 3 das Schriftstück ohne Anwendung von Zwang einem Angehörigen des ersuchenden Staates zugestellt werden soll. Artikel 7 Für Zustellungen dürfen Gebühren oder Auslagen irgendwelcher Art nicht erhoben werden. Jedoch ist, vorbehaltlich anderweitiger Übereinkunft, der ersuchte Staat berechtigt, von dem ersuchenden Staate die Erstattung der Auslagen zu verlangen, die durch die Mitwirkung eines Vollziehungsbeamten oder durch die Anwendung einer besonderen Form in den Fällen des Artikel 3 entstanden sind.
II. ERSUCHUNGSSCHREIBEN Artikel 8 In Zivil- oder Handelssachen kann sich die Gerichtsbehörde eines Vertragsstaats gemäß den Vorschriften ihrer Gesetzgebung mittels Ersuchens an die zuständige Behörde eines anderen Vertragsstaats wenden, um die Vornahme einer Prozeßhandlung oder anderer gerichtlicher Handlungen innerhalb des Geschäftskreises dieser Behörde nachzusuchen. Artikel 9 Die Ersuchungsschreiben werden durch den Konsul des ersuchenden Staates der von dem ersuchten Staate zu bezeichnenden Behörde übermittelt. Diese Behörde hat dem Konsul die Urkunde zu übersenden, aus der sich die Erledigung des Ersuchens oder der die Erledigung hindernde Umstand ergibt. Alle Schwierigkeiten, die etwa aus Anlaß dieser Übermittelung entstehen, werden auf diplomatischem Wege geregelt. Jeder Vertragsstaat kann in einer an die anderen Vertragsstaaten gerichteten Mitteilung das Verlangen ausdrücken, daß ihm die in seinem Gebiete zu erledigenden Ersuchungsschreiben auf diplomatischem Wege übermittelt werden. Die vorstehenden Bestimmungen schließen nicht aus, daß sich zwei Vertragsstaaten über die Zulassung der unmittelbaren Übermittelung von Ersuchungsschreiben zwischen ihren beiderseitigen Behörden verständigen.
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Schütze
Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
Artikel 10 Vorbehaltlich anderweitiger Übereinkunft muß das Ersuchungsschreiben in der Sprache der ersuchten Behörde oder in der zwischen den beiden beteiligten Staaten vereinbarten Sprache abgefaßt oder doch von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet sein, die durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder einen beeidigten Dolmetscher des ersuchten Staates beglaubigt ist. Artikel 11 Die Gerichtsbehörde, an die das Ersuchen gerichtet wird, ist verpflichtet, ihm zu entsprechen und dabei dieselben Zwangsmittel anzuwenden, wie bei der Erledigung eines Ersuchens der Behörden des ersuchten Staates oder eines zum gleichen Zwecke gestellten Antrags einer beteiligten Partei. Diese Zwangsmittel brauchen nicht angewendet zu werden, wenn es sich um das persönliche Erscheinen streitender Parteien handelt. Die ersuchende Behörde ist auf ihr Verlangen von der Zeit und dem Orte der auf das Ersuchen vorzunehmenden Handlung zu benachrichtigen, damit die beteiligte Partei ihr beizuwohnen in der Lage ist. Die Erledigung des Ersuchens kann nur abgelehnt werden: 1. wenn die Echtheit der Urkunde nicht feststeht; 2. wenn in dem ersuchten Staate die Erledigung des Ersuchens nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt; 3. wenn der Staat, in dessen Gebiete die Erledigung stattfinden soll, sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Artikel 12 Im Falle der Unzuständigkeit der ersuchten Behörde ist das Ersuchen von Amts wegen an die zuständige Gerichtsbehörde desselben Staates nach den von dessen Gesetzgebung aufgestellten Regeln abzugeben. Artikel 13 In allen Fällen, in denen das Ersuchen von der ersuchten Behörde nicht erledigt wird, hat diese die ersuchende Behörde hiervon unverzüglich zu benachrichtigen, und zwar im Falle des Artikel 11 unter Angabe der Gründe, aus denen die Erledigung des Ersuchens abgelehnt worden ist, und im Falle des Artikel 12 unter Bezeichnung der Behörde, an die das Ersuchen abgegeben wird. Artikel 14 Die Gerichtsbehörde, die zur Erledigung eines Ersuchens schreitet, hat in Ansehung der zu beobachtenden Formen die Gesetze ihres Landes anzuwenden. Jedoch ist dem Antrage der ersuchenden Behörde, daß nach einer besonderen Form verfahren werde, zu entsprechen, sofern diese Form der Gesetzgebung des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft.
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a. aa. Haager Zivilprozessabkommen vom 17.7.1905
Artikel 15 Nicht ausgeschlossen wird durch die Bestimmungen der vorstehenden Artikel die Befugnis jedes Staates, die Ersuchen unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter erledigen zu lassen, wenn Abkommen zwischen den beteiligten Staaten dies zulassen oder wenn der Staat, in dessen Gebiete das Ersuchen erledigt werden soll, nicht widerspricht. Artikel 16 Für die Erledigung von Ersuchen dürfen Gebühren oder Auslagen irgendwelcher Art nicht erhoben werden. Jedoch ist, vorbehaltlich anderweitiger Übereinkunft, der ersuchte Staat berechtigt, von dem ersuchenden Staate die Erstattung der an Zeugen oder Sachverständige gezahlten Entschädigungen sowie der Auslagen zu verlangen, welche für die wegen Nichterscheinens der Zeugen erforderlich gewordene Mitwirkung eines Vollziehungsbeamten oder durch die etwaige Anwendung des Artikel 14 Abs. 2 entstanden sind.
III. SICHERHEITSLEISTUNG FÜR DIE PROZESSKOSTEN Artikel 17 Keine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Benennung es auch sei, darf den Angehörigen eines der Vertragsstaaten, die in einem dieser Staaten ihren Wohnsitz haben und vor den Gerichten eines anderen dieser Staaten als Kläger oder Intervenienten auftreten, wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Mangels eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts auferlegt werden. Die gleiche Regel findet Anwendung auf die Vorauszahlung, die von den Klägern oder Intervenienten zur Deckung der Gerichtskosten einzufordern wäre. Die Abkommen, wodurch etwa Vertragsstaaten für ihre Angehörigen ohne Rücksicht auf den Wohnsitz Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten oder von der Vorauszahlung der Gerichtskosten vereinbart haben, finden auch weiter Anwendung. Artikel 18 Ergeht in einem der Vertragsstaaten eine Verurteilung in die Prozeßkosten gegen einen Kläger oder Intervenienten, der von Sicherheitsleistung, Hinterlegung oder Vorauszahlung auf Grund des Artikel 17 Abs. 1, 2 oder eines im Staate der Klageerhebung geltenden Gesetzes befreit ist, so ist diese Verurteilung gemäß einem auf diplomatischem Wege zu stellenden Antrag in jedem der anderen Vertragsstaaten durch die zuständige Behörde kostenfrei für vollstreckbar zu erklären. Die gleiche Regel findet Anwendung auf gerichtliche Entscheidungen, durch die der Betrag der Kosten des Prozesses später festgesetzt wird. Die vorhergehenden Bestimmungen hindern nicht, daß sich zwei Vertragsstaaten dahin verständigen, auch die Stellung eines Antrags auf Vollstreckbarkeitserklärung unmittelbar durch die beteiligte Partei zu gestatten.
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Schütze
Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
Artikel 19 Die Kostenentscheidungen werden ohne Anhörung der Parteien, jedoch unbeschadet eines späteren Rekurses der verurteilten Partei, gemäß der Gesetzgebung des Landes, wo die Vollstreckung betrieben wird, für vollstreckbar erklärt. Die für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung zuständige Behörde hat ihre Prüfung darauf zu beschränken: 1. ob nach dem Gesetze des Landes, wo die Verurteilung ausgesprochen ist, die Ausfertigung der Entscheidung die für ihre Beweiskraft erforderlichen Bedingungen erfüllt; 2. ob nach demselben Gesetze die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat; 3. ob der entscheidende Teil der Entscheidung in der Sprache der ersuchten Behörde oder in der zwischen den beiden beteiligten Staaten vereinbarten Sprache abgefaßt ist oder doch von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet wird, die vorbehaltlich anderweitiger Übereinkunft durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder einen beeidigten Dolmetscher des ersuchten Staates beglaubigt ist. Den Erfordernissen des Abs. 2 Nr. 1, 2 wird genügt durch eine Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, daß die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat. Die Zuständigkeit dieser Behörde ist, vorbehaltlich anderweitiger Übereinkunft, durch den höchsten Justizverwaltungsbeamten des ersuchenden Staates zu bescheinigen. Die Erklärung und die Bescheinigung, die soeben erwähnt sind, müssen nach Maßgabe des Abs. 2 Nr. 3 abgefaßt oder übersetzt sein.
IV. ARMENRECHT Artikel 20 Die Angehörigen eines jeden der Vertragsstaaten werden zur Wohltat des Armenrechts in allen anderen Vertragsstaaten ebenso wie die eigenen Staatsangehörigen zugelassen, sofern sie sich nach der Gesetzgebung des Staates richten, wo das Armenrecht nachgesucht wird. Artikel 21 In allen Fällen muß die Bescheinigung oder die Erklärung des Unvermögens von den Behörden des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Ausländers oder, in Ermangelung eines solchen, von den Behörden seines derzeitigen Aufenthaltsorts ausgestellt oder entgegengenommen sein. Gehören diese Behörden keinem Vertragsstaat an und werden von ihnen solche Bescheinigungen oder Erklärungen nicht ausgestellt oder entgegengenommen, so genügt die Ausstellung oder Entgegennahme der Bescheinigung oder der Erklärung durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Landes, dem der Ausländer angehört. Hält der Antragsteller sich nicht in dem Lande auf, wo das Armenrecht nachgesucht wird, so ist die Bescheinigung oder die Erklärung des Unvermögens kostenfrei von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Landes, wo die Urkunde vorgelegt werden soll, zu beglaubigen.
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a. aa. Haager Zivilprozessabkommen vom 17.7.1905
Artikel 22 Die zur Ausstellung der Bescheinigung oder zur Entgegennahme der Erklärung über das Unvermögen zuständige Behörde kann bei den Behörden der anderen Vertragsstaaten Auskünfte über die Vermögenslage des Antragstellers einziehen. Die Behörde, die über den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zu entscheiden hat, behält in den Grenzen ihrer Amtsbefugnisse das Recht, die ihr vorgelegten Bescheinigungen, Erklärungen und Auskünfte einer Nachprüfung zu unterziehen. Artikel 23 Ist die Wohltat des Armenrechts dem Angehörigen eines der Vertragsstaaten bewilligt worden, so werden für Zustellungen, die sich auf denselben Prozeß beziehen und die in einem anderen dieser Staaten zu bewirken sind, von dem ersuchenden Staate dem ersuchten Staate nur die Auslagen erstattet, die durch die Anwendung einer besonderen Form auf Grund des Artikel 3 entstanden sind. In demselben Falle werden für die Erledigung von Ersuchen dem ersuchten Staate von dem ersuchenden Staate nur die an Zeugen oder Sachverständige gezahlten Entschädigungen sowie die durch die etwaige Anwendung des Artikel 14 Abs. 2 erforderlich gewordenen Auslagen erstattet.
V. PERSONALHAFT Artikel 24 In Zivil- oder Handelssachen darf die Personalhaft sowohl als Mittel der Zwangsvollstreckung wie auch lediglich als Sicherungsmaßregel gegen die einem der Vertragsstaaten angehörenden Ausländer nur in den Fällen angewendet werden, in denen sie auch gegen Landesangehörige anwendbar sein würde. Eine Tatsache, auf Grund deren ein im Inlande wohnhafter Inländer die Aufhebung der Personalhaft beantragen kann, soll zu Gunsten des Angehörigen eines Vertragsstaats die gleiche Wirkung auch dann haben, wenn sich diese Tatsache im Ausland ereignet hat.
VI. SCHLUSSBESTIMMUNGEN Artikel 25 Dieses Abkommen soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen im Haag hinterlegt werden, sobald sechs der Hohen Vertragsparteien hierzu in der Lage sind. Über jede Hinterlegung von Ratifikationsurkunden soll ein Protokoll aufgenommen werden; von diesem soll eine beglaubigte Abschrift einem jeden der Vertragsstaaten auf diplomatischem Wege mitgeteilt werden. Artikel 26 Dieses Abkommen findet auf die europäischen Gebiete der Vertragsstaaten ohne weiteres Anwendung.
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Wünscht ein Vertragsstaat die Inkraftsetzung des Abkommens in seinen außereuropäischen Gebieten, Besitzungen oder Kolonien oder in seinen Konsulargerichtsbezirken, so hat er seine hierauf gerichtete Absicht in einer Urkunde kundzugeben, die im Archive der Regierung der Niederlande hinterlegt wird. Diese wird eine beglaubigte Abschrift davon einem jeden der Vertragsstaaten auf diplomatischem Wege übersenden. Das Abkommen tritt in Kraft für die Beziehungen zwischen den Staaten, die auf diese Kundgebung mit einer zustimmenden Erklärung antworten, und den außereuropäischen Gebieten, Besitzungen oder Kolonien sowie den Konsulargerichtsbezirken, für welche die Kundgebung erfolgt ist. Die zustimmende Erklärung wird gleichfalls im Archive der Regierung der Niederlande hinterlegt, die eine beglaubigte Abschrift davon einem jeden der Vertragsstaaten auf diplomatischem Wege übersenden wird. Artikel 27 Die Staaten, die auf der vierten Konferenz über internationales Privatrecht vertreten waren, werden zur Zeichnung dieses Abkommens bis zu der im Artikel 25 Abs. 1 vorgesehenen Hinterlegung der Ratifikationsurkunden zugelassen. Nach dieser Hinterlegung soll ihnen der vorbehaltlose Beitritt zu dem Abkommen stets freistehen. Der Staat, der beizutreten wünscht, gibt seine Absicht in einer Urkunde kund, die im Archive der Regierung der Niederlande hinterlegt wird. Diese wird eine beglaubigte Abschrift davon einem jeden der Vertragsstaaten auf diplomatischem Wege übersenden. Artikel 28 Dieses Abkommen tritt an die Stelle des Abkommens über internationales Privatrecht vom 14. November 1896 und des Zusatzprotokolls vom 22. Mai 1897. Es tritt in Kraft am sechzigsten Tage nach dem Zeitpunkte, wo alle Staaten, die das Abkommen vom 14. November 1896 gezeichnet haben oder ihm beigetreten sind, ihre Ratifikationsurkunden zu dem vorliegenden Abkommen hinterlegt haben werden, spätestens aber am 27. April 1909. Im Falle des Artikel 26 Abs. 2 tritt es vier Monate nach dem Zeitpunkte der zustimmenden Erklärung und im Falle des Artikel 27 Abs. 2 am sechzigsten Tage nach dem Zeitpunkte der Kundgebung des Beitritts in Kraft. Es versteht sich, daß die im Artikel 26 Abs. 2 vorgesehenen Kundgebungen erst erfolgen können, nachdem dieses Abkommen gemäß Abs. 2 des vorliegenden Artikels in Kraft gesetzt worden ist. Artikel 29 Dieses Abkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren, gerechnet von dem in Artikel 28 Abs. 2 angegebenen Zeitpunkte seiner Inkraftsetzung. Mit demselben Zeitpunkte beginnt der Lauf dieser Frist auch für die Staaten, welche die Hinterlegung erst nach dem Zeitpunkte bewirken oder erst nachträglich beitreten, und ebenso in Ansehung der auf Grund des Artikel 26 Abs. 2 abgegebenen zustimmenden Erklärungen. In Ermangelung einer Kündigung gilt das Abkommen als stillschweigend von fünf zu fünf Jahren erneuert. Die Kündigung muß wenigstens sechs Monate vor dem Ablaufe der im Abs. 2, 3 bezeichneten Frist der Regierung der Niederlande erklärt werden, die hiervon allen anderen Staaten Kenntnis geben wird. Schütze
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a. aa. Haager Zivilprozessabkommen vom 17.7.1905
Die Kündigung kann auf die außereuropäischen Gebiete, Besitzungen oder Kolonien oder auch auf die Konsulargerichtsbezirke beschränkt werden, die in einer auf Grund des Artikel 26 Abs. 2 erfolgten Kundgebung aufgeführt sind. Die Kündigung soll nur in Ansehung des Staates wirksam sein, der sie erklärt hat. Für die übrigen Vertragsstaaten bleibt das Abkommen in Kraft.
2. a. aa. α. Ausführungsgesetz vom 5.4.1909 (RGBl. 1909, 430)
Text Gesetz zur Ausführung des Abkommens über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 vom 5.4.1909 RGBl. 1909, S. 430
I. MITTEILUNG GERICHTLICHER UND AUSSERGERICHTLICHER URKUNDEN (Artikel 1 bis 7 des Abkommens) §1 Innerhalb des Reichs ist für die Entgegennahme des im Artikel 1 Abs. 1 des Abkommens vorgesehenen Zustellungsantrags eines ausländischen Konsuls der Präsident des Landgerichts zuständig, in dessen Bezirke die Zustellung erfolgen soll. Für die Besorgung der gemäß Artikel 2, 3 zu bewirkenden Zustellungen ist innerhalb des Reichs die Geschäftsstelle des Amtsgerichts zuständig, in dessen Bezirke die Zustellung zu bewirken ist. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auch das im Artikel 5 bezeichnete Empfangsbekenntnis mit einem Beglaubigungsvermerke zu versehen oder das dort erwähnte Zustellungszeugnis auszustellen; ebenso hat er die im Artikel 1 Abs. 1 vorgesehene Urkunde aufzunehmen, welche den die Zustellung hindernden Umstand ergibt. §2 Für eine Zustellung im Auslande, die von dem darum ersuchten Konsul des Reichs auf dem im Artikel 1 Abs. 1 des Abkommens vorgesehenen Wege bewirkt wird, beträgt die Gebühr 2 Deutsche Mark. Die gleiche Gebühr wird für eine vom Konsul gemäß Artikel 6 Abs. 1 Nr. 3 unmittelbar bewirkte Zustellung erhoben; diese Vorschrift findet keine Anwendung in den Konsularbezirken, in denen die Zustellungen der Regel nach auf einem der im Artikel 1 Abs. 3, 4 vorgesehenen Wege zu erfolgen haben.
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II. ERSUCHUNGSSCHREIBEN (Artikel 8 bis 16 des Abkommens) §3 Innerhalb des Reichs ist für die Erledigung der im Artikel 8 des Abkommens vorgesehenen Ersuchen ausländischer Gerichtsbehörden das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke die Amtshandlung vorgenommen werden soll. Für die Entgegennahme der gemäß Artikel 9 Abs. 1 durch einen ausländischen Konsul übermittelten Ersuchungsschreiben ist innerhalb des Reichs der Präsident des Landgerichts zuständig, in dessen Bezirke die Erledigung des Ersuchens erfolgen soll. §4 Für die dem Konsul des Reichs gemäß Artikel 9 Abs. 1 des Abkommens in Ansehung eines Ersuchungsschreibens obliegenden Verrichtungen beträgt die Gebühr 2 Deutsche Mark; die Gebühr wird nicht erhoben, wenn das Ersuchen keine Erledigung findet.
III. SICHERHEITSLEISTUNG FÜR DIE PROZESSKOSTEN (Artikel 17 bis 19 des Abkommens) §5 Die Vollstreckbarkeitserklärung für die im Artikel 18 des Abkommens bezeichneten Kostenentscheidungen ausländischer Gerichte erfolgt durch Beschluß des Amtsgerichts. Zuständig ist das Amtsgericht, bei dem der Kostenschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und in Ermangelung eines solchen das Amtsgericht, bei welchem in Gemäßheit des § 23 der Zivilprozeßordnung gegen den Schuldner Klage erhoben werden kann. Fehlt es auch an diesem Gerichtsstande, so ist, sofern der Kostenschuldner einem Bundesstaat angehört, das Amtsgericht für die Hauptstadt seines Heimatstaats, sofern er keinem Bundesstaat angehört, das Amtsgericht für die Stadt Berlin zuständig; soweit diese Orte in mehrere Amtsgerichtsbezirke geteilt sind, ist das Amtsgericht für den durch allgemeine Anordnung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, 3 der Zivilprozeßordnung bestimmten Bezirk zuständig. §6 Ist der Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung auf diplomatischem Wege gestellt, so hat das Amtsgericht eine von Amts wegen zu erteilende Ausfertigung seines Beschlusses der Landesjustizverwaltung einzureichen; die Ausfertigung ist, sofern dem Antrage stattgegeben wird, mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Im Falle des Artikel 18 Abs. 3 des Abkommens ist der Beschluß beiden Teilen von Amts wegen zuzustellen. §7 Gegen Beschlüsse, durch die der Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung abgelehnt wird, findet die Beschwerde nach Maßgabe der §§ 568 bis 571, 573 bis 575 der Zivilprozeßordnung statt. Die Beschwerde steht, sofern der Antrag auf diplomatischem Wege geSchütze
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stellt ist, dem Staatsanwalt, im Falle des Artikel 18 Abs. 3 des Abkommens dem Antragsteller zu. Gegen Beschlüsse, durch die dem Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung stattgegeben wird, steht dem Kostenschuldner die sofortige Beschwerde nach Maßgabe der §§ 568 bis 575, 577 der Zivilprozeßordnung zu. §8 Aus den für vollstreckbar erklärten Kostenentscheidungen findet die Zwangsvollstreckung gemäß den Vorschriften der Zivilprozeßordnung statt, die Vorschrift des § 798 findet entsprechende Anwendung. §9 Für die gerichtlichen Entscheidungen, die über den Betrag der Gerichtskosten nach Artikel 18 Abs. 2 des Abkommens zur Herbeiführung der Vollstreckbarkeitserklärung im Auslande zu erlassen sind, ist das Gericht der Instanz zuständig; die Entscheidungen ergehen auf Antrag der für die Beitreibung der Gerichtskosten zuständigen Behörde. Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde nach Maßgabe des § 567 Abs. 2 und der §§ 568 bis 575, 577 der Zivilprozeßordnung statt. Die Einlegung kann durch Erklärung zum Protokolle der Geschäftsstelle oder schriftlich ohne Mitwirkung eines Anwalts erfolgen.
IV. SCHLUSSBESTIMMUNG § 10 Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Abkommen über den Zivilprozeß in Kraft.
2. a. bb. Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954 (BGBl. II 1958, S. 577) a. bb. Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954 Vorbemerkung: Das Übereinkommen von 1954 reformiert und erweitert das Abkommen von 1905 um Vorschriften über das Armenrecht vor Verwaltungsgerichten und die kostenfreie Ausstellung von Personenstandsurkunden. Nach seinem Art. 29 tritt es für Staaten, die es ratifiziert haben, an die Stelle des Abkommens von 1905. Deutschland hat zahlreiche bilaterale Zusatzvereinbarungen über die weitere Vereinfachung des Rechtsverkehrs abgeschlossen.1 Diese sind – soweit sie vor Inkrafttreten des Übereinkommens von 1954 abgeschlossen worden sind – durch diese Konvention nicht berührt worden. Sie gelten in Ergänzung des Übereinkommens weiter. Im Verhältnis zu den Vertragsstaaten der Reformübereinkommen über die internationale Zustellung und die Beweisaufnahme im Ausland ist das Übereinkommen 1954 – teilweise – im Geltungsbereich dieser Übereinkommen durch diese ersetzt worden.
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1 Vgl. dazu Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 102 (Belgien), 103 (Dänemark), 120 (Frankreich), 160 (Luxemburg), 165 (Niederlande), 166 (Norwegen), 170 (Österreich), 172 (Polen), 175 (Schweden), 180 (Schweiz), 184 (Tschechien).
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Geltungsbereich: Ägypten, Argentinien, Armenien, Belarus, Belgien, Bosnien und Herzegowina, China, Dänemark, Finnland, Frankreich, Israel, Italien, Japan, Jugoslawien (ehemaliges), Kirgisistan, Kroatien, Lettland, Libanon, Litauen, Luxemburg, Marokko, Mazedonien (ehemalige jugoslawische Republik), Moldau (Republik), Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Schweden, Schweiz, Serbien und Montenegro, Slowakei, Slowenien, Sowjetunion (ehemalige), Spanien, Suriname, Tschechische Republik, Tschechoslowakei (ehemalige), Türkei, Ukraine, Ungarn, Usbekistan, Vatikanstadt, Zypern Schrifttum: Bülow Das neue Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1. März 1954, Rpfl. 1959, 141 ff.; Daig Weitere Entwürfe der Haager IPR-Konferenz, JZ 1952, 188 ff.; Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 100. 1 ff.; Hoyer Das Haager Prozessübereinkommen von 1954, öJZ 1958, 371 ff.; Hoyer Réflexions et propositions suggérées par la pratique en vue des Conventions de la Haye relatives à la procédure civile, FS Offerhaus und Kollewijn, 1962, S. 226 ff.; Miele Le convenzioni internazionali relative al processo civile, 1955; Ponsard La Convention de la Haye du premier mars 1954 relative à la procédure civile, Travaux du Comité français de droit international privé, 1960–1962, S. 39 ff.; Salafia Limiti di applicazione della convenzione internazionale sulla procedura civile approvata all’Aja il 1° marzo 1954 e resa executiva in Italia con legge 3 gennaio 1957, Il Monitore die tribunali, 1967, 332 ff.; Schütze Das Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1. März 1954, IWB F 10 (International) Gr. 4, S. 29 ff.; Wolff Die Vorschläge der 7. Haager Privatrechtskonferenz zur Abänderung des Haager Zivilprozessabkommens, ZZP 65 (1952), 407 ff.
Text Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 1. März 1954 BGBl. II 1958, S. 576
I. ZUSTELLUNG GERICHTLICHER UND AUSSERGERICHTLICHER SCHRIFTSTÜCKE Artikel 1 In Zivil- oder Handelssachen wird die Zustellung von Schriftstücken, die für eine im Ausland befindliche Person bestimmt sind, innerhalb der Vertragstaaten auf einen Antrag bewirkt, der von dem Konsul des ersuchenden Staates an die von dem ersuchten Staat zu bezeichnende Behörde gerichtet wird. Der Antrag, in dem die Behörde, von der das übermittelte Schriftstück ausgeht, die Namen und die Stellung der Parteien, die Anschrift des Empfängers sowie die Art des zuzustellenden Schriftstücks anzugeben sind, muß in der Sprache der ersuchten Behörde abgefaßt sein. Diese Behörde hat dem Konsul die Urkunde zu übersenden, welche die Zustellung nachweist oder den Grund angibt, aus dem die Zustellung nicht hat bewirkt werden können. Schwierigkeiten, die aus Anlaß des Antrags des Konsuls entstehen, werden auf diplomatischem Wege geregelt. Jeder Vertragstaat kann in einer an die anderen Vertragstaaten gerichteten Mitteilung verlangen, daß der Antrag, eine Zustellung in seinem Hoheitsgebiet zu bewirken, mit den in Absatz 1 bezeichneten Angaben auf diplomatischem Wege an ihn gerichtet werde. Die vorstehenden Bestimmungen hindern nicht, daß zwei Vertragstaaten vereinbaren, den unmittelbaren Verkehr zwischen ihren Behörden zuzulassen.
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Artikel 2 Die Zustellung wird durch die Behörde bewirkt, die nach den Rechtsvorschriften des ersuchten Staates zuständig ist. Diese Behörde kann sich, abgesehen von den in Artikel 3 vorgesehenen Fällen, darauf beschränken, die Zustellung durch einfache Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger zu bewirken, wenn er zur Annahme bereit ist. Artikel 3 Dem Antrag ist das zuzustellende Schriftstück in zwei Stücken beizufügen. Ist das zuzustellende Schriftstück in der Sprache der ersuchten Behörde oder in der zwischen den beiden beteiligten Staaten vereinbarten Sprache abgefaßt oder ist es von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet, so läßt die ersuchte Behörde, falls in dem Antrag ein dahingehender Wunsch ausgesprochen ist, das Schriftstück in der durch ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen vorgeschriebenen Form oder in einer besonderen Form, sofern diese ihren Rechtsvorschriften nicht zuwiderläuft, zustellen. Ist ein solcher Wunsch nicht ausgesprochen, so wird die ersuchte Behörde zunächst versuchen, das Schriftstück nach Artikel 2 durch einfache Übergabe zuzustellen. Vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung ist die in Absatz 2 vorgesehene Übersetzung von dem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder von einem beeidigten Übersetzer des ersuchten Staates zu beglaubigen. Artikel 4 Eine in den Artikeln 1, 2 und 3 vorgesehene Zustellung kann nur abgelehnt werden, wenn der Staat, in dessen Hoheitsgebiet sie bewirkt werden soll, sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Artikel 5 Zum Nachweis der Zustellung dient entweder ein mit Datum versehenes und beglaubigtes Empfangsbekenntnis des Empfängers oder ein Zeugnis der Behörde des ersuchten Staates, aus dem sich die Tatsache, die Form und die Zeit der Zustellung ergibt. Das Empfangsbekenntnis oder das Zeugnis ist auf eines der beiden Stücke des zuzustellenden Schriftstücks zu setzen oder damit zu verbinden. Artikel 6 Die vorstehenden Artikel schließen es nicht aus: daß Schriftstücke den im Ausland befindlichen Beteiligten unmittelbar durch die Post übersandt werden dürfen; daß die Beteiligten Zustellungen unmittelbar durch die zuständigen Gerichtsbeamten oder andere zuständige Beamte des Bestimmungslandes bewirken lassen dürfen; daß jeder Staat Zustellungen an die im Ausland befindlichen Personen unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter bewirken lassen darf. Eine solche Befugnis besteht jedoch in jedem Falle nur dann, wenn sie durch Abkommen zwischen den beteiligten Staaten eingeräumt wird oder wenn beim Fehlen solcher Abkommen der Staat, in dessen Hoheitsgebiet die Zustellung zu bewirken ist, ihr nicht widerspricht. Dieser Staat kann jedoch einer Zustellung gemäß Absatz 1 Nr. 3 nicht 525
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widersprechen, wenn das Schriftstück einem Angehörigen des ersuchenden Staates ohne Anwendung von Zwang zugestellt werden soll. Artikel 7 Für Zustellungen dürfen Gebühren oder Auslagen irgendwelcher Art nicht erhoben werden. Der ersuchte Staat ist jedoch vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung berechtigt, von dem ersuchenden Staat die Erstattung der Auslagen zu verlangen, die in den Fällen des Artikels 3 dadurch entstanden sind, daß bei der Zustellung ein Gerichtsbeamter mitgewirkt hat oder daß bei ihr eine besondere Form angewendet worden ist.
II. RECHTSHILFEERSUCHEN Artikel 8 In Zivil- oder Handelssachen kann das Gericht eines Vertragstaates gemäß seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften die zuständige Behörde eines anderen Vertragstaates ersuchen, eine Beweisaufnahme oder eine andere gerichtliche Handlung innerhalb ihrer Zuständigkeit vorzunehmen. Artikel 9 Die Rechtshilfeersuchen werden durch den Konsul des ersuchenden Staates der Behörde übermittelt, die von dem ersuchten Staat bezeichnet wird. Diese Behörde hat dem Konsul die Urkunde zu übersenden, aus der sich die Erledigung des Ersuchens oder der Grund ergibt, aus dem das Ersuchen nicht hat erledigt werden können. Schwierigkeiten, die aus Anlaß der Übermittlung des Ersuchens entstehen, werden auf diplomatischem Wege geregelt. Jeder Vertragstaat kann in einer an die anderen Vertragstaaten gerichteten Mitteilung verlangen, daß die in seinem Hoheitsgebiet zu erledigenden Rechtshilfeersuchen ihm auf diplomatischem Wege übermittelt werden. Die vorstehenden Bestimmungen hindern nicht, daß zwei Vertragstaaten vereinbaren, für die Übermittlung von Rechtshilfeersuchen den unmittelbaren Verkehr zwischen ihren Behörden zuzulassen. Artikel 10 Vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung muß das Rechtshilfeersuchen in der Sprache der ersuchten Behörde oder in der zwischen den beiden beteiligten Staaten vereinbarten Sprache abgefaßt oder aber von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet sein, die durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder einen beeidigten Übersetzer des ersuchten Staates beglaubigt ist. Artikel 11 Das Gericht, an welches das Ersuchen gerichtet wird, ist verpflichtet, ihm zu entsprechen und dabei dieselben Zwangsmittel anzuwenden wie bei der Erledigung eines Ersuchens der Behörden des ersuchten Staates oder eines zum gleichen Zweck gestellten Schütze
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Antrags einer beteiligten Partei. Diese Zwangsmittel brauchen nicht angewendet zu werden, wenn es sich um das persönliche Erscheinen der Parteien des Rechtsstreits handelt. Die ersuchende Behörde ist auf ihr Verlangen von der Zeit und dem Ort der auf das Ersuchen vorzunehmenden Handlung zu benachrichtigen, damit die beteiligte Partei ihr beizuwohnen in der Lage ist. Die Erledigung des Rechtshilfeersuchens kann nur abgelehnt werden: wenn die Echtheit des Ersuchens nicht feststeht; wenn die Erledigung des Ersuchens in dem ersuchten Staat nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt; wenn der Staat, in dessen Hoheitsgebiet das Ersuchen durchgeführt werden soll, die Erledigung für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Artikel 12 Ist die ersuchte Behörde nicht zuständig, so ist das Ersuchen von Amts wegen an das zuständige Gericht desselben Staates nach dessen Rechtsvorschriften abzugeben. Artikel 13 In allen Fällen, in denen das Ersuchen von der ersuchten Behörde nicht erledigt wird, hat diese die ersuchende Behörde hiervon unverzüglich zu benachrichtigen, und zwar im Falle des Artikels 11 unter Angabe der Gründe, aus denen die Erledigung des Ersuchens abgelehnt worden ist, und im Falle des Artikels 12 unter Bezeichnung der Behörde, an die das Ersuchen abgegeben wird. Artikel 14 Das Gericht hat bei der Erledigung eines Ersuchens in den Formen zu verfahren, die nach seinen Rechtsvorschriften anzuwenden sind. Jedoch ist dem Antrag der ersuchenden Behörde, nach einer besonderen Form zu verfahren, zu entsprechen, sofern diese Form den Rechtsvorschriften des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft. Artikel 15 Die vorstehenden Artikel schließen es nicht aus, daß jeder Staat Ersuchen unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter erledigen lassen darf, wenn Abkommen zwischen den beteiligten Staaten dies zulassen oder wenn der Staat, in dessen Hoheitsgebiet das Ersuchen erledigt werden soll, dem nicht widerspricht. Artikel 16 Für die Erledigung von Ersuchen dürfen Gebühren oder Auslagen irgendwelcher Art nicht erhoben werden. Der ersuchte Staat ist jedoch vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung berechtigt, von dem ersuchenden Staat die Erstattung der an Zeugen oder Sachverständige gezahlten Entschädigungen sowie der Auslagen zu verlangen, die dadurch entstanden sind, daß wegen Nichterscheinens von Zeugen die Mitwirkung eines Gerichtsbeamten erforderlich war oder daß nach Artikel 14 Absatz 2 verfahren worden ist.
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III. SICHERHEITSLEISTUNG FÜR DIE PROZESSKOSTEN Artikel 17 Den Angehörigen eines der Vertragstaaten, die in einem dieser Staaten ihren Wohnsitz haben und vor den Gerichten eines anderen dieser Staaten als Kläger oder Intervenienten auftreten, darf wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung es auch sei, nicht auferlegt werden. Das gleiche gilt für Vorschüsse, die zur Deckung der Gerichtskosten von den Klägern oder Intervenienten einzufordern wären. Die Abkommen, durch die Vertragstaaten für ihre Angehörigen ohne Rücksicht auf den Wohnsitz Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten oder von der Zahlung von Vorschüssen zur Deckung der Gerichtskosten vereinbart haben, sind weiter anzuwenden. Artikel 18 War der Kläger oder Intervenient von der Sicherheitsleistung, der Hinterlegung oder der Vorschußpflicht auf Grund des Artikels 17 Absatz 1 und 2 oder der im Staate der Klageerhebung geltenden Rechtsvorschriften befreit, so wird eine Entscheidung über die Kosten des Prozesses, die in einem Vertragstaat gegen ihn ergangen ist, gemäß einem auf diplomatischem Wege zu stellenden Antrag in jedem anderen Vertragstaat durch die zuständige Behörde kostenfrei für vollstreckbar erklärt. Das gleiche gilt für gerichtliche Entscheidungen, durch die der Betrag der Kosten des Prozesses später festgesetzt wird. Die vorstehenden Bestimmungen hindern nicht, daß zwei Vertragstaaten vereinbaren, die beteiligte Partei selbst dürfe den Antrag auf Vollstreckbarerklärung unmittelbar stellen. Artikel 19 Die Kostenentscheidungen werden ohne Anhörung der Parteien gemäß den Rechtsvorschriften des Landes, in dem die Vollstreckung betrieben werden soll, unbeschadet eines späteren Rekurses der verurteilten Partei für vollstreckbar erklärt. Die für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zuständige Behörde hat ihre Prüfung darauf zu beschränken: ob die Ausfertigung der Kostenentscheidung nach den Rechtsvorschriften des Landes, in dem sie ergangen ist, die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt; ob die Entscheidung nach diesen Rechtsvorschriften die Rechtskraft erlangt hat; ob der entscheidende Teil der Entscheidung in der Sprache der ersuchten Behörde oder in der zwischen den beiden beteiligten Staaten vereinbarten Sprache abgefaßt oder aber von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet ist, die vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder einen beeidigten Übersetzer des ersuchten Staates beglaubigt ist. Den Erfordernissen des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 wird genügt entweder durch eine Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, daß die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat oder durch die Vorlegung ordnungsmäßig beglaubigter UrkunSchütze
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den, aus denen sich ergibt, daß die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat. Die Zuständigkeit dieser Behörde ist vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung durch den höchsten Justizverwaltungsbeamten des ersuchenden Staates zu bescheinigen. Die Erklärung und die Bescheinigung, die vorstehend erwähnt sind, müssen gemäß Absatz 2 Nr. 3 abgefaßt oder übersetzt sein. Die für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zuständige Behörde hat, sofern die Partei dies gleichzeitig beantragt, den Betrag der in Absatz 2 Nr. 3 erwähnten Kosten der Bescheinigung, der Übersetzung und der Beglaubigung bei der Vollstreckbarerklärung zu berücksichtigen. Diese Kosten gelten als Kosten des Prozesses.
IV. ARMENRECHT Artikel 20 In Zivil- und Handelssachen werden die Angehörigen eines jeden Vertragstaates in allen anderen Vertragstaaten ebenso wie die eigenen Staatsangehörigen zum Armenrecht nach den Rechtsvorschriften des Staates zugelassen, in dem das Armenrecht nachgesucht wird. In den Staaten, in denen das Armenrecht auch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren besteht, ist Absatz 1 auch auf die Angelegenheiten anzuwenden, die vor die hierfür zuständigen Gerichte gebracht werden. Artikel 21 In allen Fällen muß die Bescheinigung oder die Erklärung über das Unvermögen von den Behörden des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Ausländers oder beim Fehlen eines solchen von den Behörden seines derzeitigen Aufenthaltsortes ausgestellt oder entgegengenommen sein. Gehören diese Behörden keinem Vertragstaat an und werden von ihnen solche Bescheinigungen oder Erklärungen nicht ausgestellt oder entgegengenommen, so genügt es, daß die Bescheinigung oder Erklärung durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Landes, dem der Ausländer angehört, ausgestellt oder entgegengenommen wird. Hält der Antragsteller sich nicht in dem Land auf, in dem das Armenrecht nachgesucht wird, so ist die Bescheinigung oder die Erklärung über das Unvermögen von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Landes, in dem sie vorgelegt werden soll, kostenfrei zu beglaubigen. Artikel 22 Die Behörde, die zuständig ist, die Bescheinigung oder die Erklärung über das Unvermögen auszustellen oder entgegenzunehmen, kann bei den Behörden der anderen Vertragstaaten Auskünfte über die Vermögenslage des Antragstellers einholen. Die Behörde, die über den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zu entscheiden hat, ist in den Grenzen ihrer Amtsbefugnisse berechtigt, die ihr vorgelegten Bescheinigungen, Erklärungen und Auskünfte nachzuprüfen und sich zu ihrer ausreichenden Unterrichtung ergänzende Aufschlüsse geben zu lassen.
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Artikel 23 Befindet sich der Bedürftige in einem anderen Land als demjenigen, in dem das Armenrecht nachgesucht werden soll, so kann sein Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zusammen mit den Bescheinigungen oder Erklärungen über das Unvermögen und gegebenenfalls mit weiteren für die Behandlung des Antrags sachdienlichen Unterlagen durch den Konsul seines Landes der Behörde, die über den Antrag zu entscheiden hat, oder der Behörde, die von dem Staat bezeichnet ist, in dem der Antrag behandelt werden soll, übermittelt werden. Die Bestimmungen, die in Artikel 9 Absatz 2, 3 und 4 und in den Artikeln 10 und 12 für Rechtshilfeersuchen vorgesehen sind, gelten für die Übermittlung von Anträgen auf Bewilligung des Armenrechts und ihrer Anlagen entsprechend. Artikel 24 Ist einem Angehörigen eines Vertragstaates für ein Verfahren das Armenrecht bewilligt worden, so hat der ersuchende Staat für Zustellungen jeglicher Art, die sich auf dieses Verfahren beziehen und die in einem anderen Vertragstaat zu bewirken sind, dem ersuchten Staat Kosten nicht zu erstatten. Das gleiche gilt für Rechtshilfeersuchen mit Ausnahme der Entschädigungen, die an Sachverständige gezahlt sind.
V. KOSTENFREIE AUSSTELLUNG VON PERSONENSTANDSURKUNDEN Artikel 25 Die bedürftigen Angehörigen eines Vertragstaates können sich unter den gleichen Voraussetzungen wie die eigenen Staatsangehörigen Personenstandsurkunden kostenfrei erteilen lassen. Die zu ihrer Eheschließung erforderlichen Urkunden sind von den diplomatischen oder konsularischen Vertretern der Vertragstaaten gebührenfrei zu legalisieren.
VI. PERSONALHAFT Artikel 26 In Zivil- oder Handelssachen darf die Personalhaft als Mittel der Zwangsvollstreckung oder auch nur als Sicherungsmaßnahme gegen die einem Vertragstaat angehörenden Ausländer nur in den Fällen angewendet werden, in denen sie auch gegen eigene Staatsangehörige anwendbar sein würde. Ein Grund, aus dem ein im Inland wohnhafter eigener Staatsangehöriger die Aufhebung der Personalhaft beantragen kann, berechtigt auch den Angehörigen eines Vertragstaates zu einem solchen Antrag, selbst wenn der Grund im Ausland eingetreten ist.
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VII. SCHLUSSBESTIMMUNGEN Artikel 27 Dieses Übereinkommen liegt für die bei der Siebenten Tagung der Konferenz für Internationales Privatrecht vertretenen Staaten zur Unterzeichnung auf. Es bedarf der Ratifizierung; die Ratifikationsurkunden werden beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt. Über jede Hinterlegung einer Ratifikationsurkunde wird eine Niederschrift aufgenommen; von dieser wird jedem Unterzeichnerstaat auf diplomatischem Wege eine beglaubigte Abschrift übermittelt. Artikel 28 Dieses Übereinkommen tritt am sechzigsten Tage nach der gemäß Artikel 27 Absatz 2 vorgenommenen Hinterlegung der vierten Ratifikationsurkunde in Kraft. Für jeden Unterzeichnerstaat, der später ratifiziert, tritt das Übereinkommen am sechzigsten Tage nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft. Artikel 29 Dieses Übereinkommen tritt im Verhältnis zwischen den Staaten, die es ratifiziert haben, an die Stelle des am 17. Juli 1905 in Den Haag unterzeichneten Übereinkommens über den Zivilprozeß. Artikel 30 Dieses Übereinkommen gilt ohne weiteres für das Mutterland jedes Vertragstaates. Wünscht ein Vertragstaat die Inkraftsetzung in allen oder einzelnen sonstigen Hoheitsgebieten, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt, so notifiziert er seine hierauf gerichtete Absicht durch eine Urkunde, die beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt wird. Dieses übermittelt jedem Vertragstaat auf diplomatischem Wege eine beglaubigte Abschrift. Erhebt ein Staat binnen sechs Monaten nach dieser Mitteilung keinen Einspruch, so tritt dieses Übereinkommen zwischen ihm und jedem Hoheitsgebiet in Kraft, für das der Staat, der dessen internationale Beziehungen wahrnimmt, die Notifizierung vorgenommen hat. Artikel 31 Jeder bei der Siebenten Tagung der Konferenz nicht vertretene Staat ist zum Beitritt zu diesem Übereinkommen zugelassen, es sei denn, daß ein oder mehrere Staaten, die das Übereinkommen ratifiziert haben, binnen sechs Monaten, nachdem die Niederländische Regierung den Beitritt mitgeteilt hat, dagegen Einspruch erheben. Der Beitritt wird in der in Artikel 27 Absatz 2 vorgesehenen Weise vollzogen. Es besteht Einverständnis darüber, daß ein Beitritt erst erfolgen kann, nachdem das Übereinkommen gemäß Artikel 28 Absatz 1 in Kraft getreten ist.
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Artikel 32 Jeder Vertragstaat kann sich bei der Unterzeichnung oder Ratifizierung dieses Übereinkommens oder bei seinem Beitritt zu diesem Übereinkommen das Recht vorbehalten, die Anwendung des Artikels 17 auf die Angehörigen der Vertragstaaten zu beschränken, die in seinem Hoheitsgebiet ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Ein Staat, der von der in Absatz 1 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, kann die Anwendung des Artikels 17 durch die anderen Vertragstaaten nur zu Gunsten derjenigen seiner Staatsangehörigen beanspruchen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet des Vertragstaates haben, vor dessen Gerichten sie als Kläger oder Intervenienten auftreten. Artikel 33 Die Geltungsdauer dieses Übereinkommens beträgt fünf Jahre, von dem in Artikel 28 Absatz 1 bezeichneten Zeitpunkt an gerechnet. Dies gilt auch für die Staaten, die das Übereinkommen später ratifizieren oder ihm später beitreten. Das Übereinkommen wird – außer im Falle der Kündigung – um jeweils fünf Jahre stillschweigend verlängert. Die Kündigung ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der Frist dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren; dieses gibt allen anderen Vertragstaaten davon Kenntnis. Die Kündigung kann sich auf alle oder einzelne Hoheitsgebiete beschränken, die in einer gemäß Artikel 30 Absatz 2 erfolgten Notifizierung aufgeführt sind. Die Kündigung wirkt nur für den Staat, der sie notifiziert hat. Für die anderen Vertragstaaten bleibt das Übereinkommen in Kraft.
2. a. bb. α. Deutsche Denkschrift zu dem Übereinkommen (BTDrucks. III/Nr. 350) Das Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß soll das Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 (RGBl. 1909 S. 410) ablösen. Das neue Übereinkommen verbessert und vereinfacht den Rechtsverkehr in Zivilund Handelssachen gegenüber dem Abkommen vom 17. Juli 1905 in mehrfacher Hinsicht: 1. Bei der Vollstreckbarerklärung von Kostenentscheidungen wird der Nachweis der Rechtskraft erleichtert (Artikel 19 Abs. 3); 2. bei der Vollstreckbarerklärung sind künftig die notwendigen Übersetzungs- und Beglaubigungskosten zu berücksichtigen (Artikel 19 Abs. 4); 3. die Gegenseitigkeit bei der Bewilligung des Armenrechts wird über die Verfahren in Zivil- und Handelssachen hinaus auch auf verwaltungsgerichtliche Verfahren erstreckt (Artikel 20 Abs. 2); 4. für den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts wird zusätzlich der Rechtshilfeweg vorgesehen (Artikel 23); 5. der Verzicht auf die Erstattung von Kosten, die bei der Erledigung von Zustellungsanträgen und Rechtshilfeersuchen in Armensachen entstehen, wird erweitert (Artikel 24); Schütze
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6. in den Vertragsstaaten werden die Personenstandsurkunden für bedürftige Parteien kostenfrei erteilt und gebührenfrei legalisiert (Artikel 25). Im übrigen regelt das Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 die gleichen Gegenstände wie das Haager Abkommen vom 17. Juli 1905 und das voraufgegangene Haager Abkommen vom 4. November 1896 (RGBl. 1899 S. 285) sowie das Zusatzprotokoll vom 22. Mai 1897 (RGBl. 1899 S. 295), nämlich die Erledigung von Zustellungsanträgen (Artikel 1 bis 7), die Erledigung von Rechtshilfeersuchen (Artikel 8 bis 6), die Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten und die Vollstreckbarerklärung von Kostenentscheidungen gegen den abgewiesenen Kläger (Artikel 17 bis 19), die Gegenseitigkeit bei der Bewilligung des Armenrechts (Artikel 20 bis 24) und die Personalhaft (Artikel 26). Ein Bedürfnis, die Rechtsbeziehungen im zwischenstaatlichen Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen auf diesen Gebieten zu regeln, hat sich schon sehr früh ergeben. So erklärt es sich, daß bereits am 4. November 1896 ein multilaterales Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen abgeschlossen worden ist. Damit war die Grundlage gegeben, auf der das Haager Abkommen vom 17. Juli 1905 zustande kommen konnte. Dieses Abkommen besteht seit über fünfzig Jahren. Es hat sich nach Auffassung aller Vertragsstaaten bewährt. Ihm gehören zur Zeit 21 Staaten an: Belgien, Dänemark mit Grönland, Frankreich, Finnland, Island, Israel, Italien, Jugoslawien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Schweiz, Spanien, die Tschechoslowakei, Ungarn und die Bundesrepublik Deutschland. Das Abkommen vom 17. Juli 1905 gilt zur Zeit nicht im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und folgenden Staaten: Frankreich, Österreich, Polen, Rumänien, der Tschechoslowakei sowie Ungarn. Das Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 1. März 1954 ist am 31. Oktober 1951 auf der Siebenten Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht beschlossen worden (Conférence de la Haye de Droit International privé, Actes de la septième Session, 1951, S. 377 bis 382, 390 ff.). An dieser Konferenz haben die folgenden 16 Staaten teilgenommen: Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien und Nordirland, Italien, Japan, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, die Schweiz, Spanien und die Bundesrepublik Deutschland. Das Übereinkommen ist am 1. März 1954 zur Zeichnung aufgelegt worden. Es ist inzwischen von den folgenden 14 Staaten gezeichnet worden: Belgien (1. März 1954), Dänemark (2. September 1955), Frankreich (24. Januar 1956), Finnland (17. September 1956), Italien (1. März 1954), Luxemburg (28. Juni 1954), den Niederlanden (1. März 1954), Norwegen (23. März 1954), Österreich (1. März 1954), Portugal (20. Februar 1957), Schweden (28. Juni 1954), der Schweiz (2. Juli 1954), Spanien (12. April 1957) und der Bundesrepublik Deutschland (9. April 1957). Finnland, Italien, Luxemburg, Österreich und die Schweiz haben das Übereinkommen bereits ratifiziert. Es ist gemäß Artikel 28 Abs. 1 am 12. April 1957 in Kraft getreten. Zu dem Übereinkommen ist im einzelnen folgendes zu bemerken:
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I. ZUSTELLUNG GERICHTLICHER UND AUSSERGERICHTLICHER SCHRIFTSTÜCKE (Artikel 1 bis 7) Der erste Teil regelt die Erledigung von Zustellungsanträgen im zwischenstaatlichen Rechtshilfeverkehr in Zivil- und Handelssachen. Er ist gegenüber dem Abkommen vom 17. Juli 1905 nur in den Artikeln 2, 3 und 5 ergänzt worden. Zu Artikel 1 Für Zustellungsanträge wird grundsätzlich der konsularische Weg vorgesehen. Wie sich aus Artikel 1 Abs. 1 ergibt, wird der Antrag auf Zustellung im Sinne des Übereinkommens nicht von dem ersuchenden Gericht, sondern von dem konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates gestellt. Dadurch wird jedoch nicht ausgeschlossen, daß ein Zustellungsantrag von dem ersuchenden Gericht abgefaßt und dem Konsul zur Weiterleitung übersandt wird, wie dies der deutschen Praxis entspricht. Gegenüber dem konsularischen Weg, der die Regel bilden wird, sind Erschwerungen und Erleichterungen möglich. So kann nach Artikel 1 Abs. 3 ein Vertragsstaat verlangen, daß der Zustellungsantrag auf diplomatischem Wege übermittelt wird. Von diesem Vorbehalt haben zu dem Abkommen vom 17. Juli 1905 folgende Staaten Gebrauch gemacht: Finnland, Jugoslawien, Portugal und Rumänien. Eine Erleichterung dagegen bedeutet es, wenn gemäß Artikel 1 Abs. 4 zwei Vertragsstaaten vereinbaren, daß ihre Behörden miteinander in unmittelbaren Geschäftsverkehr treten dürfen. Nach dem Abkommen vom 17. Juli 1905 ist der unmittelbare Geschäftsverkehr im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und folgenden Staaten zugelassen: Dänemark (RGBl. 1910 S. 873, RGBl. 1932 II S. 20), Luxemburg (RGBl. 1909 S. 910), den Niederlanden (RGBl. 1909 S. 908) und der Schweiz (RGBl. 1910 S. 674). Die Zustellung selbst kann, wie sich aus den nachfolgenden Artikeln 2 und 3 ergibt, entweder durch einfache Übergabe (sogenannte formlose Zustellung) oder unter Wahrung bestimmter Formen (sogenannte förmliche Zustellung) bewirkt werden. Zu Artikel 2 Dieser Artikel bezieht sich auf die sogenannte formlose Zustellung. Diese wird durch einfache Übergabe an den Empfänger bewirkt, sofern er zur Annahme bereit ist. Diese Art der Zustellung ist auch in dem Abkommen vom 17. Juli 1905 (Artikel 2) enthalten. Im Satz 1 des Artikels 2 des Abkommens vom 17. Juli 1905 ist vorgeschrieben, daß für die Bewirkung der Zustellung die zuständige Behörde des ersuchten Staates Sorge zu tragen hat. Nunmehr ist auf Antrag des britischen Delegierten durch eine Ergänzung des Satzes 1 klargestellt worden, daß die Frage, wer die Zustellung zu bewirken hat, sich nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Staates richtet (Conférence de la Haye de Droit International privé, Actes de la septième Session, 1951, S. 295, 308). Zu Artikel 3 Dieser Artikel hat gegenüber der entsprechenden Bestimmung in dem Abkommen vom 17. Juli 1905 einen neuen Absatz 1 erhalten, in dem vorgeschrieben wird, daß dem Zustellungsantrag das zuzustellende Schriftstück in zweifacher Ausfertigung beizufügen Schütze
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ist. Der Zusatz gilt sowohl für Anträge auf formlose Zustellung als auch für diejenigen, die auf die förmliche Zustellung gerichtet sind. Dies ergibt sich eindeutig aus Artikel 5 Abs. 2. Nach dieser Bestimmung kann der Zustellungsnachweis mit der einen Ausfertigung des zuzustellenden Schriftstücks verbunden werden. Dem Zustellungsverkehr war diese Übung schon bisher geläufig, so daß der neue Absatz 1 keine Umstellung in der Praxis zur Folge hat. In den Absätzen 2 und 3, die unverändert sind, werden die besonderen Voraussetzungen, unter denen die förmliche Zustellung zu bewirken ist, geregelt. Zu Artikel 4 In Artikel 4 ist ebenso wie in Artikel 4 des Abkommens vom 17. Juli 1905 vorgesehen, daß ein Zustellungsantrag nur abgelehnt werden kann, wenn die beantragte Zustellung gegen den ordre public verstoßen würde. Zu Artikel 5 Artikel 5 regelt den Zustellungsnachweis. Durch den neu eingefügten Absatz 2 wird es ermöglicht, daß der Zustellungsnachweis auf das Doppel des zuzustellenden Schriftstücks gesetzt oder damit verbunden werden kann. Diese Ergänzung steht in Zusammenhang mit der Einfügung des Artikels 3 Abs. 1. Zu Artikel 6 Diese Bestimmung, die gegenüber dem Artikel 6 des Abkommens vom 17. Juli 1905 unverändert geblieben ist, bezieht sich auf Möglichkeiten, die Zustellungen auf einem anderen als dem in dem Übereinkommen vorgesehenen diplomatischen oder konsularischen Weg zu bewirken. Sie sollen durch das Übereinkommen unter bestimmten Voraussetzungen nicht berührt werden. Der wichtigste Vorbehalt ergibt sich aus Absatz 1 Nr. 3 in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2. Er ermöglicht es, daß der diplomatische oder konsularische Vertreter des ersuchenden Staates Zustellungen an die eigenen Staatsangehörigen in jedem Fall ohne Zwang bewirken kann. Zu Artikel 7 Im Interesse der Erleichterung des Rechtshilfeverkehrs verzichten die Vertragsstaaten nach Artikel 7 ebenso wie nach dem Abkommen vom 17. Juli 1905 bei Zustellungen auf die gegenseitige Erstattung von Gebühren und Auslagen. Von diesem Verzicht sind jedoch nach Absatz 2 die Kosten, die durch eine Mitwirkung eines Gerichtsbeamten oder durch die Einhaltung einer besonderen Form gemäß Artikel 3 entstehen, ausgeschlossen. Indes können die Vertragsstaaten untereinander auch insoweit Erleichterungen vereinbaren. Solche Vereinbarungen sind für das Abkommen vom 17. Juli 1905 im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und folgenden Staaten getroffen worden. Dänemark (RGBl. 1910 S. 873, RGBl. 1932 II S. 20), Luxemburg (RGBl. 1909 S. 910), den Niederlanden (RGBl. 1909 S. 908), Norwegen (RGBl. 1909 S. 912), Schweden (RGBl. 1910 S. 456) und der Schweiz (RGBl. 1910 S. 674).
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II. RECHTSHILFEERSUCHEN (Artikel 8 bis 16) Dieser Abschnitt des Übereinkommens ist gegenüber dem Abkommen vom 17. Juli 1905 unverändert geblieben. Er betrifft die Ersuchen, die auf die Vornahme einer anderen gerichtlichen Handlung als der Zustellung oder Vollstreckung gerichtet sind (Rechtshilfeersuchen). Zu Artikel 8 Durch Artikel 8 verpflichten sich die Vertragsstaaten, Rechtshilfeersuchen gegenseitig zu erledigen. Im Vordergrund werden dabei die Ersuchen um Vernehmung von Parteien, Zeugen oder Sachverständigen stehen. Zu Artikel 9 Das Ersuchen um Beweisaufnahme oder Vornahme einer anderen gerichtlichen Handlung geht von dem Gericht aus (für das deutsche Recht vgl. § 363 ZPO). Es wird durch den Konsul des ersuchenden Staates in dem anderen Vertragsstaat übermittelt. Ebenso wie bei Zustellungsanträgen (Artikel 1 Abs. 2) kann auch bei den Rechtshilfeersuchen (Absatz 3) ein Vertragsstaat verlangen, daß statt des konsularischen Weges der diplomatische Weg gewählt wird. Für den Geltungsbereich des Abkommens vom 17. Juli 1905 haben von diesem Vorbehalt Belgien, Finnland, Jugoslawien, Portugal und Rumänien Gebrauch gemacht. Der unmittelbare Verkehr, der hier ebenso wie bei Zustellungsanträgen (Artikel 1 Abs. 4) zur Erleichterung des Rechtshilfeverkehrs vereinbart werden kann (Absatz 4), ist nach dem Abkommen vom 17. Juli 1905 im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und folgenden Staaten vorgesehen: Dänemark (RGBl. 1910 S. 873, RGBl. 1932 II S. 20), Luxemburg (RGBl. 1909 S. 910), den Niederlanden (RGBl. 1909 S. 908) und der Schweiz (RGBl. 1910 S. 674). Zu Artikel 10 Nach den internationalen Gepflogenheiten wird ein Rechtshilfeersuchen in der Sprache der ersuchten Behörde abgefaßt oder es wird ihm zum mindesten eine Übersetzung in die Sprache der ersuchten Behörde beigegeben. Dieser Grundsatz wird im Artikel 10 vertraglich festgelegt. Die Vertragsbestimmung läßt jedoch Raum für besondere Vereinbarungen über die anzuwendende Sprache und die Übersetzung sowie für die Beglaubigung, mit der die Übersetzung versehen sein muß. Solche Vereinbarungen bestehen für das Abkommen vom 17. Juli 1905 im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und folgenden Staaten: Dänemark (RGBl. 1910 S. 873, RGBl. 1932 II S. 20), Luxemburg (RGBl. 1909 S. 910), den Niederlanden (RGBl. 1909 S. 908) und der Schweiz (RGBl. 1910 S. 674). Für die Beglaubigung von Übersetzungen sind besondere Erleichterungen durch Zusatzvereinbarungen mit Norwegen (RGBl. 1909 S. 912) und Schweden (RGBl. 1910 S. 456) getroffen. Nach ihnen ist es zulässig, daß die Übersetzungen nicht nur von dem beeidigten Übersetzer (Dolmetscher) des ersuchten Staates (so das Abkommen selbst), sondern auch von einem solchen des ersuchenden Staates beglaubigt werden. Schütze
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Zu Artikel 11 Die Vertragsstaaten verpflichten sich, Rechtshilfeersuchen aus den Mitgliedstaaten wie eigene innerstaatliche Ersuchen zu erledigen. Deshalb haben sie bei der Erledigung der Rechtshilfeersuchen erforderlichenfalls dieselben Zwangsmittel anzuwenden, wie sie im innerstaatlichen Recht für die Erledigung eigener Ersuchen zur Verfügung stehen. Eine Ausnahme ist nur für das persönliche Erscheinen der Parteien vorgesehen, wie es der Eigenart der Parteivernehmung entspricht (vgl. § 451 ZPO, in dem § 380 ZPO nicht in Bezug genommen ist, und § 454 ZPO). Wie sich aus Absatz 3 ergibt, muß dem Ersuchen grundsätzlich entsprochen werden. Unter den Versagungsgründen, die hier erwähnt sind, kommt der Nummer 3, nach der die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens wegen Verstoßes gegen den ordre public abgelehnt werden kann, eine besondere Bedeutung zu. Bei Rechtshilfeersuchen ist damit derselbe Versagungsgrund vorgesehen, der auch der Erledigung von Zustellungsanträgen entgegenstehen kann (Artikel 4). Zu Artikel 12 Nach Artikel 12 soll die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens nicht daran scheitern, daß die ersuchte Behörde nicht zuständig ist. Deshalb wird wie in dem Abkommen vom 17. Juli 1905 vorgesehen, daß die ersuchte Behörde das Rechtshilfeersuchen im Inland an die zuständige Behörde weiterleitet, ohne zuvor bei dem ersuchenden Gericht Rückfrage zu halten. Zu Artikel 13 Die in Artikel 13 vorgesehene Mitteilungspflicht erstreckt sich sowohl auf die Fälle, in denen das Ersuchen nicht erledigt werden kann, als auch auf diejenigen, in denen das Ersuchen an die zuständige Behörde gemäß Artikel 12 weitergeleitet wird. Zu Artikel 14 Das ersuchte Gericht hat bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens grundsätzlich sein eigenes Recht anzuwenden. Legt jedoch das ersuchende Gericht aus irgendwelchen Gründen Wert darauf, daß bei der Erledigung des Ersuchens nicht nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Gerichts, sondern nach einer besonderen Form verfahren wird, so kann es einen entsprechenden Antrag stellen. Einem solchen Antrag ist zu entsprechen, auch wenn die gewünschte Form dem Recht des ersuchten Staates nicht bekannt ist. Der Antrag darf jedoch abgelehnt werden, wenn innerstaatliche Rechtsvorschriften des ersuchten Staates der Form entgegenstehen. Zu Artikel 15 Artikel 15 läßt die Möglichkeit unberührt, daß Rechtshilfeersuchen durch den diplomatischen oder konsularischen Vertreter eines Vertragsstaates in eigener Zuständigkeit erledigt werden. Der diplomatische oder konsularische Vertreter hat die Befugnis zur selbständigen Erledigung jedoch nur dann, wenn sie in einem Abkommen vereinbart oder wenn sie von dem Empfängerstaat ausdrücklich oder stillschweigend eingeräumt wird. Anders als bei der Erledigung von Zustellungsanträgen (Artikel 6 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 2) braucht bei Rechtshilfeersuchen ein Vertragsstaat nicht zu dulden, daß der 537
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diplomatische oder konsularische Vertreter die Vernehmung in eigener Zuständigkeit durchführt, selbst wenn es sich nur um Angehörige des Entsendestaates handelt. Zu Artikel 16 Die Vertragsstaaten verzichten im Grundsatz gegenseitig auf die Erstattung von Gebühren und Auslagen, die bei der Erledigung von Rechtshilfeersuchen entstehen. Von diesem Verzicht werden jedoch, ähnlich wie es in Artikel 7 Abs. 2 bei den Zustellungsanträgen der Fall ist, gewisse Auslagen ausgenommen, die regelmäßig einen erheblicheren Betrag ausmachen. Es sind dies insbesondere die an Zeugen oder Sachverständige gezahlten Entschädigungen. Die Vertragsstaaten können jedoch weitere Erleichterungen vereinbaren, wie dies für das Abkommen vom 17. Juli 1905 im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und folgenden Staaten geschehen ist: Dänemark (RGBl. 1910 S. 873, RGBl. 1932 II S. 20), Luxemburg (RGBl. 1909 S. 910), den Niederlanden (RGBl. 1909 S. 908), Norwegen (RGBl. 1909 S. 912), Schweden (RGBl. 1910 S. 456) und der Schweiz (RGBl. 1910 S. 674).
III. SICHERHEITSLEISTUNG FÜR DIE PROZESSKOSTEN (Artikel 17 bis 19) Zu diesem Abschnitt sind gegenüber dem entsprechenden Teil des Abkommens vom 17. Juli 1905 zwei Ergänzungen hervorzuheben. Zu Artikel 17 ist auf Antrag der britischen Delegation ein Vorbehalt (Artikel 32), der nachstehend erörtert wird, gemacht worden. Ferner sind durch Zusätze in Artikel 19 Abs. 2 und 4 Erleichterungen bei der Vollstreckbarerklärung von Kostenentscheidungen gegen den abgewiesenen Kläger geschaffen worden. Zu Artikel 17 Die Befreiung von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten, die den Staatsangehörigen der Vertragsstaaten in Artikel 17 unter bestimmten Voraussetzungen gewährt wird, hat die Rechtsverfolgung im internationalen Rechtsverkehr wesentlich erleichtert. Sie wird deshalb in dem neuen Übereinkommen unverändert beibehalten. Wie bisher tritt die Befreiung ein, wenn der an sich zur Sicherheitsleistung verpflichtete Kläger seinen Wohnsitz in irgendeinem der Vertragsstaaten hat. Auf Antrag der britischen Delegation ist jedoch nunmehr in Artikel 32 ein Vorbehalt dahin aufgenommen worden, daß ein Vertragsstaat die Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten nur zu gewähren braucht, wenn der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Hoheitsgebiet dieses Vertragsstaates hat (Conférence de la Haye de Droit International privé, Actes de la septième Session, 1951, S. 296, 357). Dieser Vorbehalt erklärt sich aus der Besonderheit des angelsächsischen Rechts, nach der ein Kläger zur Sicherheitsleistung verpflichtet ist, wenn er seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Gerichtsstaat hat. Von dem Vorbehalt zu Artikel 17 werden die Vertragsstaaten des Abkommens vom 17. Juli 1905 voraussichtlich keinen Gebrauch machen. Einen Vorbehalt werden allenfalls neue Vertragsstaaten erklären, die dem angelsächsischen Rechtskreis angehören. Schütze
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Wird ein solcher Vorbehalt erklärt, so hat dies entsprechend dem Grundsatz der Gegenseitigkeit zur Folge, daß die Angehörigen des Staates, der von dem Vorbehalt Gebrauch gemacht hat, in anderen Vertragsstaaten von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten nur dann befreit sind, wenn sie gerade im Urteilsstaat ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (Artikel 32 Abs. 2). Zu Artikel 18 Die Vollstreckbarerklärung von Kostenentscheidungen gegen den abgewiesenen Kläger soll nach Artikel 18 wie nach dem Abkommen von 1905 das Gegenstück zur Befreiung des Klägers von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten bilden. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung der Kostenentscheidung kann entweder von dem diplomatischen Vertreter des Urteilsstaates (Absatz 1) oder von dem Kostengläubiger selbst bei dem Exequaturgericht unmittelbar (Absatz 3) gestellt werden. Der Antrag durch die Partei selbst ist indes nur zulässig, wenn dies in Vereinbarungen zwischen den Vertragsstaaten vorgesehen ist (Absatz 3). Eine entsprechende Vereinbarung, die den unmittelbaren Antrag des Kostengläubigers ermöglicht, ist für das Abkommen vom 17. Juli 1905 im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland einerseits und der Schweiz (RGBl. 1930 II S. 1) sowie Italien (RGBl. 1937 II S. 145) andererseits getroffen worden. Den beiden Möglichkeiten, daß der Antrag auf Vollstreckbarerklärung der Kostenentscheidung entweder von dem diplomatischen Vertreter des Urteilsstaates oder von dem Kostengläubiger unmittelbar gestellt werden kann, wird in dem deutschen Ausführungsgesetz zu dem Übereinkommen Rechnung getragen. Zu Artikel 19 Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung selbst richtet sich nach dem Recht des Vollstreckungsstaates. In dem Übereinkommen wird die Prüfung, die das Exequaturgericht vorzunehmen hat, auf ein Mindestmaß beschränkt (Absatz 2). Hervorzuheben ist, daß eine sachliche Nachprüfung der Entscheidung zur Hauptsache und der Kostenentscheidung nicht zulässig ist. Der Nachweis der Rechtskraft der Kostenentscheidung kann nach dem Abkommen vom 17. Juli 1905 nur durch eine ausdrückliche Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates erbracht werden. Nunmehr wird durch einen Zusatz in Absatz 3 Satz 1 ermöglicht, daß der Nachweis auch mit Hilfe anderer Urkunden geführt werden kann (Conférence de la Haye de Droit International privé, Actes de la septième Session, 1951, S. 308; Actes de la sixième Session, 1928, S. 236, 237, 261). Dem Artikel 19 ist ferner auf Grund der Beratungen der 5., 6. und 7. Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht ein neuer Absatz 4 angefügt worden (Conférence de la Haye de Droit International privé, Documents relatifs a la cinquième Session, 1925, S. 22, 23, 28; Actes de la cinquième Session, 1925, Protokolle der Sitzung der 4. Kommission vom 21. Oktober 1925 S. 6 ff., vom 23. Oktober 1925 S. 1 ff., vom 3. November 1925; Actes de la sixième Session, 1928, S. 211, 235, 236, 261; Actes de la septième Session, 1951, S. 308). Nach dem Abkommen vom 17. Juli 1905 können die Kosten, die für Rechtskraftbescheinigungen, die Übersetzung und die Beglaubigung im Zusammenhang mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung entstehen, nicht berücksichtigt werden, wenn sie in der Kostenentscheidung noch nicht enthalten sind und nach dem Recht des Urteilsstaates auch nicht nachträglich festgesetzt werden können. Durch die Ergänzung des Absatzes 4 soll es künftig ermöglicht werden, auch 539
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solche Nebenkosten im Verfahren der Vollstreckbarerklärung auf Antrag mit anzusetzen.
IV. ARMENRECHT (Artikel 20 bis 24) Dieser Abschnitt ist in den Artikeln 20, 22, 23 und 24 gegenüber dem Abkommen vom 17. Juli 1905 ergänzt worden. Zu Artikel 20 In Absatz 1 wird durch den Zusatz „In Zivil- und Handelssachen“ klargestellt, daß die Gegenseitigkeit bei der Bewilligung des Armenrechts in erster Linie für Zivil- und Handelssachen vereinbart ist. Durch den neuen Absatz 2 wird die Gegenseitigkeit bei der Bewilligung des Armenrechts auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren ausgedehnt. Diese Ergänzung erlangt allerdings nur für die Vertragsstaaten Bedeutung, in denen wie in der Bundesrepublik Deutschland das Armenrecht auch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgesehen ist. Zu Artikel 21 Dieser Artikel, der gegenüber dem Abkommen vom 17. Juli 1905 unverändert geblieben ist, regelt näher, von welcher Behörde der Antragsteller, der das Armenrecht nachsucht, sich die Bescheinigung über sein Unvermögen zu besorgen hat. Zu Artikel 22 Unter der Geltung des Abkommens vom 17. Juli 1905 waren Zweifel darüber entstanden, ob das Gericht, das über den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zu entscheiden hat, weitere Nachweise für das Armenrechtsgesuch von dem Antragsteller verlangen kann. Dies wurde zum Teil verneint. Damit war die Gefahr verbunden, daß ein ergänzungsbedürftiges Armenrechtsgesuch ohne weiteres abgelehnt wurde. Durch den Zusatz am Schluß des Absatzes 2 wird nunmehr klargestellt, daß das Gericht weitere Nachweise und sonstige Unterlagen verlangen kann (Conférence de la Haye de Droit International privé, Actes de la sixième Session, 1928, S. 182, 220, 415; Actes de la septième Session, 1951, S. 308). Zu Artikel 23 Die in Artikel 23 enthaltene Bestimmung, daß der Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zusammen mit den Unterlagen auf dem Rechtshilfeweg übermittelt werden kann, ist gegenüber dem Abkommen vom 17. Juli 1905 neu eingefügt worden (Conférence de la Haye de Droit International privé, Documents relatifs a la cinquième Session, 1925, S. 22; Actes de la sixième Session, 1928, S. 193, 194, 195, 211, 217, 227, 250, 263, 264; Documents relatifs a la sixième Session, 1928, S. 396; Actes de la septième Session, 1951, S. 308). Die neue Regelung soll es einem bedürftigen Antragsteller, der sich außerhalb des Gerichtsstaates aufhält, erleichtern, sein Armenrechtsgesuch anzubringen. Dies wird sich Schütze
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vor allem in den Fällen als ein Fortschritt erweisen, in denen der Antragsteller mit den Rechtspflegeeinrichtungen im Ausland nicht vertraut ist. Für die Übermittlung des Armenrechtsgesuches wird grundsätzlich wie bei Rechtshilfeersuchen der konsularische Weg vorgesehen. Der Übermittlungsweg kann erschwert oder erleichtert werden, je nachdem, ob der diplomatische Weg oder der unmittelbare Verkehr zwischen zwei Vertragsstaaten vereinbart wird. Zu Artikel 24 Dieser Artikel entspricht dem Artikel 23 des Haager Abkommens vom 17. Juli 1905. Er ist jedoch hinsichtlich des darin enthaltenen gegenseitigen Verzichts auf die Kosten erweitert worden. Das Abkommen vom 17. Juli 1905 sieht bei der Erledigung von Zustellungsanträgen nach der Bewilligung des Armenrechts noch die Erstattung der Kosten vor, die bei der Zustellung in einer besonderen Form entstanden sind (Artikel 3 Abs. 1). Durch den neuen Absatz 1 des Artikels 24 wird dieser Verzicht ganz allgemein ausgesprochen, so daß in Armensachen Kosten auch für die Zustellung in einer besonderen Form nicht mehr zu erstatten sind. Bei Rechtshilfeersuchen in Armenrechtssachen ist der gegenseitige Verzicht auf die Erstattung von Gebühren und Auslagen gegenüber dem Artikel 23 Abs. 2 des Abkommens vom 17. Juli 1905 ebenfalls erweitert worden. Während nach jenem Abkommen die Gebühren für Zeugen und Sachverständige zu erstatten sind, gilt dies nach Artikel 24 Abs. 2 des neuen Übereinkommens nur für die Entschädigungen, die an Sachverständige gezahlt werden.
V. KOSTENFREIE AUSSTELLUNG VON PERSONENSTANDSURKUNDEN (Artikel 25) Dieser Abschnitt ist gegenüber dem Abkommen vom 17. Juli 1905 neu eingefügt worden. Zu Artikel 25 Im zwischenstaatlichen Rechtsverkehr hat sich das Bedürfnis ergeben, bei der Beschaffung von Personenstandsurkunden hinsichtlich der Kosten Erleichterungen zu gewähren. Diesem Umstand trägt Artikel 25 Rechnung. In ihm wird den bedürftigen Angehörigen eines Vertragsstaates in jedem anderen Vertragsstaat Inländerbehandlung zugesichert. In der Bundesrepublik Deutschland ist dies bereits durch § 67 Abs. 2 der VO zur Ausführung des Personenstandsgesetzes vom 12. August 1957 (BGBl. I S. 1139) und durch § 597 der Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden geschehen. Für die Legalisation der Personenstandsurkunden, die in einem anderen Vertragsstaat Verwendung finden sollen, sieht Satz 2 zugunsten des bedürftigen Antragstellers eine Gebührenbefreiung vor. Im deutschen Recht war hierzu bereits die Grundlage im § 3 des Gebührengesetzes für das Auswärtige Amt und die Auslandsbehörden vom 8. März 1936 (RGBl. I S. 137) gegeben.
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VI. PERSONALHAFT (Artikel 26) Der gegenüber dem Abkommen vom 17. Juli 1905 unverändert gebliebene Artikel 26 soll bei der Personalhaft eine Schlechterstellung der Ausländer gegenüber Inländern ausschließen. Da nach dem deutschen Recht insoweit Inländer und Ausländer gleichgestellt sind, kommt diesem Artikel in der Bundesrepublik Deutschland keine Bedeutung zu.
VII. SCHLUSSBESTIMMUNGEN (Artikel 27 bis 33) Dieser Abschnitt enthält die in multilateralen Übereinkommen üblichen Vorschriften über das Inkrafttreten und die Kündigung. Zu Artikel 27 Das Übereinkommen kann nur von den 16 Staaten, die an der Siebenten Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht im Jahre 1951 teilgenommen haben, unterzeichnet werden. Es ist inzwischen von allen Teilnehmerstaaten gezeichnet worden mit Ausnahme von Großbritannien und Nordirland sowie von Japan. Das Übereinkommen ist, wie eingangs erwähnt, bisher von Finnland, Italien, Luxemburg, Österreich und der Schweiz ratifiziert worden. Zu Artikel 28 Das Übereinkommen ist bereits in Kraft getreten, nachdem Italien als vierter Staat die Ratifikationsurkunde am 11. Februar 1957 hinterlegt hat. Zu Artikel 29 Das Übereinkommen vom 1. März 1954 soll das Abkommen vom 17. Juli 1905 im Verhältnis zu den Staaten ersetzen, die das Übereinkommen vom 1. März 1954 ratifizieren. Das Abkommen vom 17. Juli 1905 bleibt zwischen den Staaten weiterhin in Kraft, die das neue Übereinkommen nicht ratifizieren. Zu Artikel 30 Das Übereinkommen gilt grundsätzlich nur für das Mutterland. Es kann jedoch nach Artikel 30 Abs. 2 und 3 auch auf die Hoheitsgebiete erstreckt werden, deren internationale Beziehungen das Mutterland wahrnimmt. Zu Artikel 31 Das Übereinkommen ist eine sog. offene Konvention. Der Beitritt wird auch den Staaten ermöglicht, die auf der Siebenten Tagung der Haager Konferenz nicht vertreten Schütze
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a. bb. Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954
waren. Jedoch kann ein Vertragsstaat gegen den Beitritt eines Staates, der nicht zu den Unterzeichnerstaaten gehört, ein Veto einlegen. Zu Artikel 32 Der in Artikel 32 vorgesehene Vorbehalt steht mit Artikel 17 in Zusammenhang. Die Bedeutung dieses Vorbehalts und seiner Auswirkungen ist bei Artikel 17 erörtert. Zu Artikel 33 Das Übereinkommen sieht ebenso wie das Abkommen vom 17. Juli 1905 eine Geltungsdauer von zunächst fünf Jahren vor, die sich jeweils um weitere fünf Jahre verlängert, falls eine Kündigung nicht ausgesprochen wird. Das Übereinkommen ist in französischer Sprache abgefaßt; der französische Wortlaut ist allein authentisch. Das Übereinkommen ist in die deutsche Sprache übersetzt worden. Hierbei sind die Teile des Übereinkommens, die sachlich gegenüber dem Abkommen vom 17. Juli 1905 unverändert geblieben sind und bereits in die deutsche Sprache übersetzt waren, dem neuen Sprachgebrauch angepaßt worden.
2. a. bb. β. Ausführungsgesetz vom 18.12.1958 (BGBl. I 1958, S. 939)
ZUSTELLUNGSANTRÄGE UND RECHTSHILFEERSUCHEN (Artikel 1 bis 16 des Übereinkommens) §1 Für die Entgegennahme von Zustellungsanträgen (Artikel 1 Abs. 1 des Übereinkommens) oder von Rechtshilfeersuchen (Artikel 8, Artikel 9 Abs. 1), die von einem ausländischen Konsul innerhalb der Bundesrepublik Deutschland übermittelt werden, ist der Präsident des Landgerichts zuständig, in dessen Bezirk die Zustellung bewirkt oder das Rechtshilfeersuchen erledigt werden soll. An die Stelle des Landgerichtspräsidenten tritt der Amtsgerichtspräsident, wenn der Zustellungsantrag oder das Rechtshilfeersuchen in dem Bezirk des Amtsgerichts erledigt werden soll, das seiner Dienstaufsicht untersteht. §2 (1) Für die Erledigung von Zustellungsanträgen oder von Rechtshilfeersuchen ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Amtshandlung vorzunehmen ist. (2) Die Zustellung wird durch die Geschäftsstelle des Amtsgerichts bewirkt. Diese hat auch den Zustellungsnachweis (Artikel 1 Abs. 1, Artikel 5 des Übereinkommens) zu erteilen. §3 Für die Übermittlung eines Zustellungsantrages (Artikel 1 Abs. 1 und 3 des Übereinkommens) oder eines Rechtshilfeersuchens (Artikel 8, Artikel 9 Abs. 1 und 3) durch den 543
Schütze
Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
diplomatischen oder konsularischen Vertreter der Bundesrepublik Deutschland wird eine Gebühr von zwei Deutsche Mark erhoben. Diese Gebühr bleibt außer Ansatz, wenn der Zustellungsantrag oder das Rechtshilfeersuchen nicht erledigt werden kann.
VOLLSTRECKBARERKLÄRUNG VON KOSTENENTSCHEIDUNGEN (Artikel 18 und 19 des Übereinkommens) §4 (1) Kostenentscheidungen, die gegen einen Kläger ergangen sind (Artikel 18 des Übereinkommens), werden ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß des Amtsgerichts für vollstreckbar erklärt. (2) Örtlich zuständig ist das Amtsgericht, bei dem der Kostenschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und beim Fehlen eines solchen das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich Vermögen des Kostenschuldners befindet oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll. §5 (1) Ist der Antrag, die Kostenentscheidung für vollstreckbar zu erklären, auf diplomatischem Wege gestellt (Artikel 18 Abs. 1 und 2 des Übereinkommens), so hat das Amtsgericht eine von Amts wegen zu erteilende Ausfertigung seines Beschlusses der Landesjustizverwaltung einzureichen. Die Ausfertigung ist, falls dem Antrag stattgegeben wird, mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Dem Kostenschuldner wird der Beschluß nur auf Betreiben des Kostengläubigers zugestellt. (2) Hat der Kostengläubiger selbst den Antrag auf Vollstreckbarerklärung bei dem Amtsgericht unmittelbar gestellt (Artikel 18 Abs. 3), so ist der Beschluß diesem und dem Kostenschuldner von Amts wegen zuzustellen. §6 (1) Gegen den Beschluß, durch den die Kostenentscheidung für vollstreckbar erklärt wird, steht dem Kostenschuldner ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes die sofortige Beschwerde nach § 577 Abs. 1 bis 3, §§ 568 bis 575 der Zivilprozessordnung zu. (2) Der Beschluß, durch den der Antrag auf Vollstreckbarerklärung abgelehnt wird, unterliegt der Beschwerde nach §§ 568 bis 571, 573 bis 575 der Zivilprozessordnung. Die Beschwerde steht, sofern der Antrag auf diplomatischem Wege gestellt ist, dem Staatsanwalt zu. Hat der Kostengläubiger selbst den Antrag bei dem Amtsgericht unmittelbar gestellt, so ist er berechtigt, die Beschwerde einzulegen. §7 Aus der für vollstreckbar erklärten Kostenentscheidung findet die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozeßordnung statt; § 798 der Zivilprozeßordnung ist entsprechend anzuwenden.
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a. bb. Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954
§8 (1) Sollen von einem Kläger, gegen den eine Kostenentscheidung ergangen ist (Artikel 18 des Übereinkommens), in einem Vertragsstaat Gerichtskosten eingezogen werden, so ist deren Betrag für ein Verfahren der Vollstreckbarerklärung (Artikel 18 Abs. 2) von dem Gericht der Instanz ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß festzusetzen. Die Entscheidung ergeht auf Antrag der für die Beitreibung der Gerichtskosten zuständigen Behörde. (2) Der Beschluß, durch den der Betrag der Gerichtskosten festgesetzt wird, unterliegt der sofortigen Beschwerde nach § 577 Abs. 1 bis 3, § 567 Abs. 2 und 3, §§ 568 bis 575 der Zivilprozeßordnung. Die Beschwerde kann durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts eingelegt werden.
ARMENRECHT (Artikel 20 bis 24 des Übereinkommens) §9 Für die Entgegennahme von Anträgen auf Bewilligung des Armenrechts, die von einem ausländischen Konsul innerhalb der Bundesrepublik Deutschland übermittelt werden (Artikel 23 Abs. 1 des Übereinkommens), ist der Landgerichts- oder Amtsgerichtspräsident zuständig. § 1 ist entsprechend anzuwenden. § 10 (1) Ein Angehöriger eines Vertragsstaates, der im Ausland das Armenrecht für eine Klage vor einem Gericht eines anderen Vertragsstaates auf dem in Artikel 23 des Übereinkommens vorgesehenen Weg nachsuchen will, kann seinen Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zusammen mit den erforderlichen Unterlagen bei dem Amtsgericht einreichen, in dessen Bezirk er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Er kann das Gesuch bei diesem Gericht auch zu Protokoll der Geschäftsstelle erklären. (2) Für die Übermittlung eines Antrags auf Bewilligung des Armenrechts durch den diplomatischen oder konsularischen Vertreter der Bundesrepublik Deutschland werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.
SCHLUSSBESTIMMUNGEN § 11 Die Landesregierungen werden ermächtigt, zum Zwecke der Erleichterung und Beschleunigung des Rechtshilfeverkehrs durch Rechtsverordnung die Erledigung von Zustellungsanträgen und Rechtshilfeersuchen sowie die Entscheidung über Anträge auf Vollstreckbarerklärung ausländischer Schuldtitel für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte einem von ihnen zuzuweisen. Die Landesregierungen können diese Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
§ 12 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. § 13 Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 1. März 1954 in Kraft.
2. a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15.11.1965 (BGBl. II 1977, S. 1453) a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
Vorbemerkung: Das Haager Zustellungsübereinkommen ist eine Fortentwicklung des Haager Zivilprozessübereinkommens, das es in seinem Geltungsbereich ersetzt. Anlass für die Reformbestrebungen, die etwa 1960 einsetzten, waren die Auswirkungen der in Frankreich, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden praktizierten remise au parquet, die dazu führen konnte, dass gegen den nicht im Urteilsstaat wohnhaften Beklagten ein Versäumnisurteil ergehen konnte bevor er von der Einleitung des Verfahrens überhaupt Kenntnis erlangt hatte.1 Das Übereinkommen hat als wesentliche Neuerung die Schaffung einer zentralen Behörde im Zustellungsverkehr gebracht (Art. 2).2 Artt. 15 und 16 enthalten Schutzvorschriften für den Beklagten vornehmlich im Bereich der remise au parquet. Die ordre public Klausel des Art. 13 ermöglicht die Verweigerung der ordre public-widrigen Klagen. Besonders vier Klagetypen sind unter diesem Gesichtspunkt problematisch:3 punitive damages Klagen,4 Sammelklagen (class actions),5 Sammelklagen anonymer Kläger und Klageverbote (antisuit injunctions).6 Geltungsbereich: Ägypten, Antigua und Barbuda, Argentinien, Bahamas, Barbados, Belarus, Belgien, Botsuana, Bulgarien, China, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Israel, Italien, Japan, Kanada, Korea, Kuwait, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malawi, Mexiko, Niederlande, Norwegen, Pakistan, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, San Marino, Schweden, Schweiz, Seychellen, Slowakei, Slowenien, Spanien, Sri Lanka, Tschechische Republik, Tschechoslowakei (ehemalige), Türkei, Ukraine, Ungarn, Venezuela, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten, Zypern Schrifttum: Arnold Die Ergebnisse der Zehnten Tagung der Haager Konferenz für internationales Privatrecht auf dem Gebiet des internationalen Zivilprozessrechts, AWD 1965, 205 ff.; Batiffol La onzième session de la Conférence de la Haye de droit international privé, Rev. crit. 1969, 215 ff.; Bischof Die Zustellung im internationalen Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 1997, Böckstiegel/Schlafen Die Haager Reformabkommen über die Zustellung und die Beweisaufnahme im Ausland, NJW 1978, 1073 ff.; Heidenberger U.S. Supreme Court befasst sich mit dem Haager Zustellungsübereinkommen, RIW 1988, 90 ff.; Heidenberger/Barde Die Entscheidung des U.S. Supreme Court zum Haager Zustellungsübereinkommen, RIW
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1 Vgl. Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 350.1. 2 Vgl. zu den zuständigen Behörden Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr,351.4, Fn. 3. 3 Vgl. dazu Schütze Zur Zustellung US-amerikanischer Klagen in Deutschland, FS Boguslavskij, 2004, S. 325 ff. 4 Vgl. dazu Merkt Abwehr der Zustellung von „punitive damages“-Klagen, 1995. 5 Vgl. dazu BVerfG RIW 2006, 874. 6 Vgl. dazu OLG Düsseldorf RIW 1996, 237.
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a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
1988, 683 ff.; Hohmann Die Übermittlung von Schriftstücken in der Zivil-, Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit, 1977; Hollmann Auslandszustellung in US-amerikanischen Zivil- und Verwaltungssachen, RIW 1982, 784 ff.; Koch Zur Praxis der Rechtshilfe im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr – Ergebnisse einer Umfrage zu den Haager Zustellungs- und Beweisübereinkommen, IPRax 1985, 285 ff.; Koch Haager Zustellungsübereinkommen und Zustellungsdurchgriff auf Muttergesellschaften?, IPRax 1989, 313 f.; Kochinke/ Horlick Auslandszustellung einer Klage nach amerikanischen Bundesrecht, RIW 1982, 79 ff.; Merkt Abwehr der Zustellung von „punitive damages“-Klagen, 1995 (mit umfangreichen Nachweisen); Pfennig Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen, 1988; Schütze Die Haager Übereinkommen über die Zustellung und die Beweisaufnahme im Ausland, IWB F 10 (International) Gr. 4, S. 71 ff.; Stürner/Stadler Zustellung von „punitve damages“-Klagen an deutsche Beklagte nach dem Haager Zustellungsübereinkommen?, IPRax 1990, 157 ff.; Wölki Das Haager Zustellungsübereinkommen und die USA, RIW 1985, 530 ff.
Text Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965 BGBl. II 1977, S. 1453
Artikel 1 Dieses Übereinkommen ist in Zivil- oder Handelssachen in allen Fällen anzuwenden, in denen ein gerichtliches oder außergerichtliches Schriftstück zum Zweck der Zustellung in das Ausland zu übermitteln ist. Das Übereinkommen gilt nicht, wenn die Anschrift des Empfängers des Schriftstücks unbekannt ist.
KAPITEL I Gerichtliche Schriftstücke Artikel 2 Jeder Vertragsstaat bestimmt eine Zentrale Behörde, die nach den Artikeln 3 bis 6 Anträge auf Zustellung von Schriftstücken aus einem anderen Vertragsstaat entgegenzunehmen und das Erforderliche zu veranlassen hat. Jeder Staat richtet die Zentrale Behörde nach Maßgabe seines Rechts ein. Artikel 3 Die nach dem Recht des Ursprungsstaats zuständige Behörde oder der nach diesem Recht zuständige Justizbeamte richtet an die Zentrale Behörde des ersuchten Staates einen Antrag, der dem diesem Übereinkommen als Anlage beigefügten Muster entspricht, ohne dass die Schriftstücke der Legalisation oder einer anderen entsprechenden Förmlichkeit bedürfen. Dem Antrag ist das gerichtliche Schriftstück oder eine Abschrift davon beizufügen. Antrag und Schriftstück sind in zwei Stücken zu übermitteln.
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Schütze
Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
Artikel 4 Ist die Zentrale Behörde der Ansicht, dass der Antrag nicht dem Übereinkommen entspricht, so unterrichtet sie unverzüglich die ersuchende Stelle und führt dabei die Einwände gegen den Antrag einzeln an. Artikel 5 Die Zustellung des Schriftstücks wird von der Zentralen Behörde des ersuchten Staates bewirkt oder veranlasst, und zwar a) entweder in einer der Formen, die das Recht des ersuchten Staates für die Zustellung der in seinem Hoheitsgebiet ausgestellten Schriftstücke an dort befindliche Personen vorschreibt, b) oder in einer besonderen von der ersuchenden Stelle gewünschten Form, es sei denn, dass diese Form mit dem Recht des ersuchten Staates unvereinbar ist. Von dem Fall des Absatzes 1 Buchstabe b abgesehen, darf die Zustellung stets durch einfache Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger bewirkt werden, wenn er zur Annahme bereit ist. Ist das Schriftstück nach Absatz 1 zuzustellen, so kann die Zentrale Behörde verlangen, dass das Schriftstück in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des ersuchten Staates abgefasst oder in diese übersetzt ist. Der Teil des Antrags, der entsprechend dem diesem Übereinkommen als Anlage beigefügten Muster den wesentlichen Inhalt des Schriftstücks wiedergibt, ist dem Empfänger auszuhändigen. Artikel 6 Die Zentrale Behörde des ersuchten Staates oder jede von diesem hierzu bestimmte Behörde stellt ein Zustellungszeugnis aus, das dem diesem Übereinkommen als Anlage beigefügten Muster entspricht. Das Zeugnis enthält die Angaben über die Erledigung des Antrags; in ihm sind Form, Ort und Zeit der Erledigung sowie die Person anzugeben, der das Schriftstück übergeben worden ist. Gegebenenfalls sind die Umstände anzuführen, welche die Erledigung verhindert haben. Die ersuchende Stelle kann verlangen, dass ein nicht durch die Zentrale Behörde oder durch eine gerichtliche Behörde ausgestelltes Zeugnis mit einem Sichtvermerk einer dieser Behörden versehen wird. Das Zeugnis wird der ersuchenden Stelle unmittelbar zugesandt. Artikel 7 Die in dem diesem Übereinkommen beigefügten Muster vorgedruckten Teile müssen in englischer oder französischer Sprache abgefasst sein. Sie können außerdem in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Ursprungsstaats abgefasst sein. Die Eintragungen können in der Sprache des ersuchten Staates oder in englischer oder französischer Sprache gemacht werden.
Schütze
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a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
Artikel 8 Jedem Vertragsstaat steht es frei, Personen, die sich im Ausland befinden, gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter ohne Anwendung von Zwang zustellen zu lassen. Jeder Staat kann erklären, dass er einer solchen Zustellung in seinem Hoheitsgebiet widerspricht, außer wenn das Schriftstück einem Angehörigen des Ursprungsstaats zuzustellen ist. Artikel 9 Jedem Vertragsstaat steht es ferner frei, den konsularischen Weg zu benutzen, um gerichtliche Schriftstücke zum Zweck der Zustellung den Behörden eines anderen Vertragsstaats, die dieser hierfür bestimmt hat, zu übermitteln. Wenn außergewöhnliche Umstände dies erfordern, kann jeder Vertragsstaat zu demselben Zweck den diplomatischen Weg benutzen. Artikel 10 Dieses Übereinkommen schließt, sofern der Bestimmungsstaat keinen Widerspruch erklärt, nicht aus, a) dass gerichtliche Schriftstücke im Ausland befindlichen Personen unmittelbar durch die Post übersandt werden dürfen, b) dass Justizbeamte, andere Beamte oder sonst zuständige Personen des Ursprungsstaats Zustellungen unmittelbar durch Justizbeamte, andere Beamte oder sonst zuständige Personen des Bestimmungsstaats bewirken lassen dürfen, c) dass jeder an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligte Zustellungen gerichtlicher Schriftstücke unmittelbar durch Justizbeamte, andere Beamte oder sonst zuständige Personen des Bestimmungsstaats bewirken lassen darf. Artikel 11 Dieses Übereinkommen schließt nicht aus, dass Vertragsstaaten vereinbaren, zum Zweck der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke andere als die in den vorstehenden Artikeln vorgesehenen Übermittlungswege zuzulassen, insbesondere den unmittelbaren Verkehr zwischen ihren Behörden. Artikel 12 Für Zustellungen gerichtlicher Schriftstücke aus einem Vertragsstaat darf die Zahlung oder Erstattung von Gebühren und Auslagen für die Tätigkeit des ersuchten Staates nicht verlangt werden. Die ersuchende Stelle hat jedoch die Auslagen zu zahlen oder zu erstatten, die dadurch entstehen, a) dass bei der Zustellung ein Justizbeamter oder eine nach dem Recht des Bestimmungsstaats zuständige Person mitwirkt, b) dass eine besondere Form der Zustellung angewendet wird.
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
Artikel 13 Die Erledigung eines Zustellungsantrags nach diesem Übereinkommen kann nur abgelehnt werden, wenn der ersuchte Staat sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Die Erledigung darf nicht allein aus dem Grund abgelehnt werden, dass der ersuchte Staat nach seinem Recht die ausschließliche Zuständigkeit seiner Gerichte für die Sache in Anspruch nimmt oder ein Verfahren nicht kennt, das dem entspricht, für das der Antrag gestellt wird. Über die Ablehnung unterrichtet die Zentrale Behörde unverzüglich die ersuchende Stelle unter Angabe der Gründe. Artikel 14 Schwierigkeiten, die aus Anlass der Übermittlung gerichtlicher Schriftstücke zum Zweck der Zustellung entstehen, werden auf diplomatischem Weg beigelegt. Artikel 15 War zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens eine Ladung oder ein entsprechendes Schriftstück nach diesem Übereinkommen zum Zweck der Zustellung in das Ausland zu übermitteln und hat sich der Beklagte nicht auf das Verfahren eingelassen, so hat der Richter das Verfahren auszusetzen, bis festgestellt ist, a) dass das Schriftstück in einer der Formen zugestellt worden ist, die das Recht des ersuchten Staates für die Zustellung der in seinem Hoheitsgebiet ausgestellten Schriftstücke an dort befindliche Personen vorschreibt, oder b) dass das Schriftstück entweder dem Beklagten selbst oder aber in seiner Wohnung nach einem anderen in diesem Übereinkommen vorgesehenen Verfahren übergeben worden ist und dass in jedem dieser Fälle das Schriftstück so rechtzeitig zugestellt oder übergeben worden ist, dass der Beklagte sich hätte verteidigen können. Jedem Vertragsstaat steht es frei zu erklären, dass seine Richter ungeachtet des Absatzes 1 den Rechtsstreit entscheiden können, auch wenn ein Zeugnis über die Zustellung oder die Übergabe nicht eingegangen ist, vorausgesetzt, a) dass das Schriftstück nach einem in diesem Übereinkommen vorgesehenen Verfahren übermittelt worden ist, b) dass seit der Absendung des Schriftstücks eine Frist verstrichen ist, die der Richter nach den Umständen des Falles als angemessen erachtet und die mindestens sechs Monate betragen muss, und c) dass trotz aller zumutbaren Schritte bei den zuständigen Behörden des ersuchten Staates ein Zeugnis nicht zu erlangen war. Dieser Artikel hindert nicht, dass der Richter in dringenden Fällen vorläufige Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, anordnet. Artikel 16 War zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens eine Ladung oder ein entsprechendes Schriftstück nach diesem Übereinkommen zum Zweck der Zustellung in das Ausland zu übermitteln und ist eine Entscheidung gegen den Beklagten ergangen, der sich nicht auf das Verfahren eingelassen hat, so kann ihm der Richter in Bezug auf Rechtsmittelfristen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligen, vorausgesetzt, Schütze
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a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
a) dass der Beklagte ohne sein Verschulden nicht so rechtzeitig Kenntnis von dem Schriftstück erlangt hat, dass er sich hätte verteidigen können, und nicht so rechtzeitig Kenntnis von der Entscheidung, dass er sie hätte anfechten können, und b) dass die Verteidigung des Beklagten nicht von vornherein aussichtslos scheint. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nur zulässig, wenn der Beklagte ihn innerhalb einer angemessenen Frist stellt, nachdem er von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat. Jedem Vertragsstaat steht es frei zu erklären, dass dieser Antrag nach Ablauf einer in der Erklärung festgelegten Frist unzulässig ist, vorausgesetzt, dass diese Frist nicht weniger als ein Jahr beträgt, vom Erlass der Entscheidung an gerechnet. Dieser Artikel ist nicht auf Entscheidungen anzuwenden, die den Personenstand betreffen.
KAPITEL II Außergerichtliche Schriftstücke Artikel 17 Außergerichtliche Schriftstücke, die von Behörden und Justizbeamten eines Vertragsstaats stammen, können zum Zweck der Zustellung in einem anderen Vertragsstaat nach den in diesem Übereinkommen vorgesehenen Verfahren und Bedingungen übermittelt werden.
KAPITEL III Allgemeine Bestimmungen Artikel 18 Jeder Vertragsstaat kann außer der Zentralen Behörde weitere Behörden bestimmen, deren Zuständigkeit er festlegt. Die ersuchende Stelle hat jedoch stets das Recht, sich unmittelbar an die Zentrale Behörde zu wenden. Bundesstaaten steht es frei, mehrere Zentrale Behörden zu bestimmen. Artikel 19 Dieses Übereinkommen schließt nicht aus, dass das innerstaatliche Recht eines Vertragsstaats außer den in den vorstehenden Artikeln vorgesehenen auch andere Verfahren zulässt, nach denen Schriftstücke aus dem Ausland zum Zweck der Zustellung in seinem Hoheitsgebiet übermittelt werden können. Artikel 20 Dieses Übereinkommen schließt nicht aus, daß Vertragsstaaten vereinbaren, von folgenden Bestimmungen abzuweichen: a) Artikel 3 Absatz 2 in Bezug auf das Erfordernis, die Schriftstücke in zwei Stücken zu übermitteln, b) Artikel 5 Absatz 3 und Artikel 7 in Bezug auf die Verwendung von Sprachen, 551
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
c) Artikel 5 Absatz 4, d) Artikel 12 Absatz 2. Artikel 21 Jeder Vertragsstaat notifiziert dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande bei der Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde oder zu einem späteren Zeitpunkt a) die Bezeichnung der Behörden nach den Artikeln 2 und 18, b) die Bezeichnung der Behörde, die das in Artikel 6 vorgesehene Zustellungszeugnis ausstellt, c) die Bezeichnung der Behörde, die Schriftstücke entgegennimmt, die nach Artikel 9 auf konsularischem Weg übermittelt werden. Er notifiziert gegebenenfalls auf gleiche Weise a) seinen Widerspruch gegen die Benutzung der in den Artikeln 8 und 10 vorgesehenen Übermittlungswege, b) die in den Artikeln 15 Absatz 2 und 16 Absatz 3 vorgesehenen Erklärungen, c) jede Änderung der vorstehend erwähnten Behördenbezeichnungen, Widersprüche und Erklärungen. Artikel 22 Dieses Übereinkommen tritt zwischen den Staaten, die es ratifiziert haben, an die Stelle der Artikel 1 bis 7 des am 17. Juli 1905 in Den Haag unterzeichneten Abkommens über den Zivilprozess und des am 1. März 1954 in Den Haag unterzeichneten Übereinkommens über den Zivilprozess, soweit diese Staaten Vertragsparteien jenes Abkommens oder jenes Übereinkommens sind. Artikel 23 Dieses Übereinkommen berührt weder die Anwendung des Artikels 23 des am 17. Juli 1905 in Den Haag unterzeichneten Abkommens über den Zivilprozess noch die Anwendung des Artikels 24 des am 1. März 1954 in Den Haag unterzeichneten Übereinkommens über den Zivilprozess. Diese Artikel sind jedoch nur anwendbar, wenn die in diesen Übereinkünften vorgesehenen Übermittlungswege benutzt werden. Artikel 24 Zusatzvereinbarungen zu dem Abkommen von 1905 und dem Übereinkommen von 1954, die Vertragsstaaten geschlossen haben, sind auch auf das vorliegende Übereinkommen anzuwenden, es sei denn, dass die beteiligten Staaten etwas anderes vereinbaren. Artikel 25 Unbeschadet der Artikel 22 und 24 berührt dieses Übereinkommen nicht die Übereinkommen, denen die Vertragsstaaten angehören oder angehören werden und die Bestimmungen über Rechtsgebiete enthalten, die durch dieses Übereinkommen geregelt sind. Schütze
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a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
Artikel 26 Dieses Übereinkommen liegt für die auf der Zehnten Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht vertretenen Staaten zur Unterzeichnung auf. Es bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden werden beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt. Artikel 27 Dieses Übereinkommen tritt am sechzigsten Tag nach der gemäß Artikel 26 Absatz 2 vorgenommenen Hinterlegung der dritten Ratifikationsurkunde in Kraft. Das Übereinkommen tritt für jeden Unterzeichnerstaat, der es später ratifiziert, am sechzigsten Tag nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft. Artikel 28 Jeder auf der Zehnten Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht nicht vertretene Staat kann diesem Übereinkommen beitreten, nachdem es gemäß Artikel 27 Absatz 1 in Kraft getreten ist. Die Beitrittsurkunde wird beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt. Das Übereinkommen tritt für einen solchen Staat nur in Kraft, wenn keiner der Staaten, die es vor dieser Hinterlegung ratifiziert haben, dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande binnen sechs Monaten, nachdem ihm das genannte Ministerium diesen Beitritt notifiziert hat, einen Einspruch notifiziert. Erfolgt kein Einspruch, so tritt das Übereinkommen für den beitretenden Staat am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Ablauf der letzten in Absatz 2 erwähnten Frist folgt. Artikel 29 Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung, bei der Ratifikation oder beim Beitritt erklären, dass sich dieses Übereinkommen auf alle oder auf einzelne der Hoheitsgebiete erstreckt, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt. Eine solche Erklärung wird wirksam, sobald das Übereinkommen für den Staat in Kraft tritt, der sie abgegeben hat. Jede spätere Erstreckung dieser Art wird dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande notifiziert. Das Übereinkommen tritt für die Hoheitsgebiete, auf die es erstreckt wird, am sechzigsten Tag nach der in Absatz 2 erwähnten Notifikation in Kraft. Artikel 30 Dieses Übereinkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren, vom Tag seines Inkrafttretens nach Artikel 27 Absatz 1 an gerechnet, und zwar auch für die Staaten, die es später ratifizieren oder ihm später beitreten. Die Geltungsdauer des Übereinkommens verlängert sich, außer im Fall der Kündigung, stillschweigend um jeweils fünf Jahre. Die Kündigung wird spätestens sechs Monate vor Ablauf der fünf Jahre dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande notifiziert. Sie kann sich auf bestimmte Hoheitsgebiete beschränken, für die das Übereinkommen gilt. 553
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
Die Kündigung wirkt nur für den Staat, der sie notifiziert hat. Für die anderen Vertragsstaaten bleibt das Übereinkommen in Kraft. Artikel 31 Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande notifiziert den in Artikel 26 bezeichneten Staaten sowie den Staaten, die nach Artikel 28 beigetreten sind, a) jede Unterzeichnung und Ratifikation nach Artikel 26; b) den Tag, an dem dieses Übereinkommen nach Artikel 27 Absatz 1 in Kraft tritt; c) jeden Beitritt nach Artikel 28 und den Tag, an dem er wirksam wird; d) jede Erstreckung nach Artikel 29 und den Tag, an dem sie wirksam wird; e) jede Behördenbezeichnung, jeden Widerspruch und jede Erklärung nach Artikel 21; f) jede Kündigung nach Artikel 30 Absatz 3.
2. a. cc. α. Deutsche Denkschrift zu dem Übereinkommen (BTDrucks. 8/217, S. 38 ff.)
I. Überblick 1. Die Bedeutung der bisherigen Haager Zivilprozeßübereinkommen Die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht hat sich von Anfang an mit dem internationalen Zivilprozeß beschäftigt. Das erste Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 (Reichsgesetzbl. 1909 S. 409; vgl. auch das Ausführungsgesetz vom 5. April 1909 – Reichsgesetzbl. S. 430), das aus einer Revision des Haager Abkommens über das internationale Privatrecht vom 14. November 1896 und des Zusatzprotokolls vom 22. Mai 1897 hervorging (Reichsgesetzbl. 1899 S. 285, 295), hat weitgehend seine Bedeutung verloren. Es ist für die Bundesrepublik Deutschland nur noch im Verhältnis zu Island und Surinam in Kraft. Nach verschiedenen Reformbestrebungen zwischen den beiden Weltkriegen, die zu keinen konkreten Ergebnissen geführt haben (vgl. Bülow-Böckstiegel, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 2. Aufl. A I 1 a, 100.4/5), wurde von der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht auf ihrer VII. Tagung im Jahre 1951 eine revidierte Fassung des Übereinkommens über den Zivilprozeß verabschiedet und am 1. März 1954 zur Zeichnung aufgelegt. Das Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß ist für die Bundesrepublik Deutschland am 1. Januar 1960 in Kraft getreten (Vertragsgesetz vom 18. Dezember 1958 – Bundesgesetzbl. 1958 II S. 576; Bekanntmachung über das Inkrafttreten vom 2. Dezember 1959 – Bundesgesetzbl. 1959 II S. 1388; vgl. auch das Gesetz zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß vom 18. Dezember 1958 – Bundesgesetzbl. I S. 939). Das Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß ist zwischen der Bundesrepublik Deutschland und folgenden Staaten in Kraft:
Schütze
554
a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
Vertragsparteien
in Kraft am
Bundesgesetzblatt
Belgien
23.6.1958
1959 II
1388
Dänemark
18.11.1958
1959 II
1388
Finnland
12.4.1957
1959 II
1388
Frankreich
22.6.1959
1959 II
1388
Israel
19.8.1968
1968 II
809
Italien
12.4.1957
1959 II
1388
Japan
26.7.1970
1970 II
751
Jugoslawien
11.12.1962
1963 II
1328
Libanon
7.1.1975
1975 II
42
Luxemburg
12.4.1957
1959 II
1388
Marokko
14.9.1972
1972 II
1472
Niederlande
27.6.1959
1959 II
1388
Norwegen
20.7.1958
1959 II
1388
Österreich
12.4.1957
1959 II
1388
Polen
13.3.1963
1963 II
1466
Portugal
31.8.1967
1967 II
2299
Rumänien
29.1.1972
1972 II
78
Schweden
19.2.1958
1959 II
1388
Schweiz
5.7.1957
1959 II
1388
Sowjetunion
26.7.1967
1967 II
2046
Spanien
19.11.1961
1961 II
1660
Tschechoslowakei
11.8.1966
1966 II
767
Türkei
11.7.1973
1973 II
1415
Ungarn
18.2.1966
1966 II
84
Vatikanstadt
17.5.1967
1967 II
1536
Die Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 und vom 1. März 1954 geben den Vertragsstaaten eine Reihe von Möglichkeiten, durch bilaterale Zusatzvereinbarungen den Rechtshilfeverkehr zwischen zwei Staaten noch weiter zu vereinfachen, vor allem dadurch, daß ein direkter Übermittlungsweg vorgesehen wird, daß Übersetzungsfragen geregelt und auf die Erstattung von Kosten, die bei der Erledigung von Ersuchen entstehen, in weiterem Umfang verzichtet wird, als dies in den Übereinkommen vorgesehen ist. Solche Zusatzvereinbarungen, über deren Fortgeltung Einverständnis hergestellt wurde, auch wenn sie zum alten Haager Abkommen vom 17. Juli 1905 abgeschlossen wurden (Bundesgesetzbl. 1960 II S. 1853), bestehen mit Belgien (vom 25. April 1959 – Bundesgesetzbl. II S. 1524 –), Dänemark (vom 1. Juni 1910 – Reichsgesetzbl. S. 871, 873 – i.d.F. der Vereinbarung vom 6. Januar 1932 – Reichsgesetzbl. II S. 20 – und vom 1. Juni 1914 – Reichsgesetzbl. S. 205 –), Frankreich (vom 6. Mai 1961 – Bun555
Schütze
Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
desgesetzbl. II S. 1040 –), Luxemburg (vom 1. August 1909 – Reichsgesetzbl. S. 907, 910 –), den Niederlanden (vom 30. August 1962 – Bundesgesetzbl. 1964 II S. 468 –), Norwegen (vom 2. August 1909 – Reichsgesetzbl. S. 907, 912 –), Österreich (vom 6. Juni 1959 – Bundesgesetzbl. II S. 1523 –), Schweden (vom 1. Februar 1910 – Reichsgesetzbl. S. 455 –) und im Verhältnis zur Schweiz (vom 30. April 1910 – Reichsgesetzbl. S. 674 – und 24. Dezember 1929 – Reichsgesetzbl. 1930 II S. 1 –). Welche Bedeutung das Haager Zivilprozeßübereinkommen vom 1. März 1954 und die dazu geltenden Zusatzvereinbarungen haben, kann den Statistiken entnommen werden, die von den Ländern Bayern, Berlin, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und SchleswigHolstein geführt werden. Von den Gerichten dieser Bundesländer wurden im Jahre 1974 5115 Zustellungsersuchen ins Ausland gesandt. Davon entfielen 3686 (72,1%) auf Vertragsstaaten des Haager Zivilprozeßübereinkommens von 1954. 2736 Ersuchen (53,5%) gingen in solche Staaten, mit denen die Bundesrepublik Deutschland den unmittelbaren Geschäftsverkehr vereinbart hat. Von den 2717 Rechtshilfeersuchen, die aus diesen fünf Bundesländern im Ausland zu erledigen waren, entfielen 2113 (77,8%) auf Vertragsstaaten des Haager Zivilprozeßübereinkommens von 1954. Bei den eingehenden Ersuchen ist der Anteil der Staaten des Haager Zivilprozeßübereinkommens von 1954 noch höher. In den Bundesländern Bayern, Berlin, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein gingen im Jahre 1974 13486 Zustellungsersuchen aus dem Ausland ein, davon 13 331 (98,8%) aus Staaten des Haager Zivilprozeßübereinkommens von 1954 (10 835 Zustellungsersuchen – 80,3% – kamen aus Staaten, mit denen der unmittelbare Geschäftsverkehr vereinbart ist). Von den 1966 ausländischen Rechtshilfeersuchen, die in diesen Ländern im Jahre 1974 zu erledigen waren, entfielen 1941 (98,7%) auf Staaten des Haager Zivilprozeßübereinkommens von 1954 (1550 Rechtshilfeersuchen – 78,8% – kamen auf dem direkten Geschäftsweg). Es ist davon auszugehen, daß der Anteil der Vertragsstaaten des Haager Zivilprozeßübereinkommens von 1954 am gesamten Rechtshilfeverkehr in den anderen Bundesländern etwa ähnlich hoch ist. 2. Die Revision des Haager Zivilprozeßübereinkommens vom 1. März 1954 Die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht hat auf ihrer X. Tagung im Jahre 1964 begonnen, das Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß in Etappen zu revidieren. Damit wurde die bisher einheitliche multilaterale Grundlage des internationalen Rechtsverkehrs in Zivil- und Handelssachen aufgegeben, eine Entwicklung, die von der Haager Konferenz früher abgelehnt worden war (vgl. Actes de la quatrième Conférence de la Haye pour le droit international privé – Akten der IV. Konferenz – 1904, S. 82 f.). Durch die Teilung des Übereinkommens bestand die Gefahr, daß der einheitliche Übermittlungsweg für Zustellungsanträge und Rechtshilfeersuchen aufgegeben werden könnte. Eine solche Entwicklung wurde dadurch vermieden, daß, nachdem die Vorschriften über die Zustellung in dem Übereinkommen über die Zustellung vom 15. November 1965 revidiert worden waren, auch die Vorschriften über Rechtshilfeersuchen im Rahmen des neuen Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland überarbeitet wurden. Durch die Zusammenfassung der beiden Reformübereinkommen in einem Vertragsgesetz und in einem Ausführungsgesetz wird in der Bundesrepublik Deutschland die Zusammengehörigkeit von Zustellung und Rechtshilfe im internationalen Zivilprozeß hervorgehoben.
Schütze
556
a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
a) Das neue Haager Übereinkommen über die Zustellung Mit dem Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen werden nur die Artikel 1 bis 7, also das Zustellungswesen, der Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 durch neue Bestimmungen ersetzt. Diese Wirkung tritt allerdings nur zwischen den Vertragsstaaten der alten Übereinkommen ein, die dem neuen Übereinkommen angehören. Im Verhältnis eines Vertragsstaats der alten Verträge und des Übereinkommens vom 15. November 1965 zu einem Staat, der nur Mitglied der Konventionen von 1905 oder 1954 ist, sowie zwischen Staaten, die nur den früheren Konventionen angehören, bleiben die Übereinkommen von 1905 oder 1954 in Kraft. Staaten können auch nur dem Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung beitreten, ohne je Vertragsstaat der Zivilprozeßübereinkommen von 1905 oder 1954 gewesen zu sein. Das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15. November 1965 ist zunächst von folgenden Staaten ratifiziert worden und für sie am 10. Februar 1969 in Kraft getreten: Vereinigte Staaten von Amerika, auch für District of Columbia, Guam, Puerto Rico, Virgin Islands (10. Februar 1969), Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland, von dem das Übereinkommen gemäß seinem Artikel 29 ausgedehnt wurde auf Hongkong, Antigua, Bermuda, British Honduras, Virgin Islands, British Solomon Islands Protectorate, Cayman Islands, Central and Southern Line Islands, Falkland Islands, Fiji, Gibraltar, Gilbert and Ellice Islands, Guernsey, Jersey, Isle of Man, Montserrat, Pitcairn, Saint Helena, Saint Lucia, Saint Vincent, Seychelles, Turks and Caicos Islands (19. Juli 1970), Vereinigte Arabische Republik. Seitdem ist es ferner für Botsuana (1. September 1969), Norwegen, Dänemark, Schweden, Barbados (1. Oktober 1969), Finnland (10. November 1969), Japan (27. Juli 1970), Belgien (18. Januar 1971), Türkei (28. April 1972), Frankreich (1. September 1972), Israel (13. Oktober 1972), Malawi (1. Dezember 1972), Portugal (25. Februar 1974) und Luxemburg (7. September 1975) wirksam geworden. Die Niederlande haben ihre Ratifikationsurkunde am 3. November 1975 hinterlegt; das Übereinkommen tritt für diesen Staat am 2. Januar 1976 in Kraft. Außer der Bundesrepublik Deutschland haben das Übereinkommen noch die Niederlande gezeichnet, aber noch nicht ratifiziert. b) Das neue Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme Bei der XI. Haager Konferenz für Internationales Privatrecht vom 7. bis 26. Oktober 1968 wurde das II. Kapitel (Artikel 8 bis 16) der Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß von 1905 und 1954 revidiert. Die Konferenz hat am 18. März 1970 das Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen zur Zeichnung aufgelegt. Auch dieses Übereinkommen berührt nicht die Geltung der früheren Übereinkommen im Verhältnis zu und zwischen den Staaten, die das neue Übereinkommen noch nicht ratifiziert haben. Das Haager Übereinkommen vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme ist zunächst von Dänemark, Norwegen und den Vereinigten Staaten von Amerika ratifiziert worden und für diese Staaten nach seinem Artikel 38 Abs. 1 am 7. Oktober 1972 in Kraft getreten. Es ist seitdem ferner für Frankreich am 6. Oktober 1974, Portugal am 11. Mai 1975 und Schweden am 1. Juli 1975 wirksam geworden. Die Bundesrepublik Deutschland, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland, die Tschechoslowakei, Italien und Luxemburg haben das Übereinkommen gezeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben das Übereinkommen mit Wirkung vom 10. April 1973 gemäß seinem Artikel 40 auf Guam, Puerto Rico und die Virgin Islands ausgedehnt. 557
Schütze
Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
II. Zum Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen A. Grundzüge 1. Die wichtigste Neuerung Den wesentlichen Fortschritt des Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung im Ausland gegenüber dem geltenden Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß (Bundesgesetzbl. 1958 II S. 577) ebenso wie gegenüber dem (alten) Abkommen vom 17. Juli 1905 über den Zivilprozeß (Reichsgesetzbl. 1909 S. 409) stellen die Bestimmungen in den Artikeln 15 und 16 dar. Mit diesen Vorschriften werden die Gefahren eingeschränkt, die vor allem von der „remise au parquet“ für eine in einem anderen Staat wohnende Partei eines gerichtlichen Verfahrens und für den internationalen Rechtsverkehr ausgehen. a) Nach dem Recht der Länder, welche die „remise au parquet“ kennen (Frankreich, Griechenland, Luxemburg und die Niederlande sowie mit gewissen Einschränkungen auch Belgien und Italien), gilt ein Schriftstück, das für eine Person im Ausland bestimmt ist, bereits in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem der Gerichtsvollzieher es dem Staatsanwalt des zuständigen inländischen Gerichts übergeben oder es an das Ministerium des Äußeren abgesandt hat. Daneben ist, z.T. neuerdings, nach mehreren dieser Rechtsordnungen eine Übersendung der zugestellten Schriftstücke durch eingeschriebenen Brief und auf dem Wege des internationalen Rechtshilfeverkehrs notwendig (z.B. in Frankreich, Dekret Nr. 72-788 vom 28. August 1972, Journal Officiel vom 30. August 1972). Die Übermittlung auf dem Weg, den das Haager Übereinkommen vorsieht, dient jedoch lediglich der Unterrichtung des Zustellungsempfängers. Damit laufen die Einlassungsfristen bei Klagen oder Vorladungen sowie die Fristen, innerhalb derer Rechtsmittel eingelegt werden müssen, von einem fiktiven Zeitpunkt an, und zwar grundsätzlich ohne daß es auf den tatsächlichen Zugang des zuzustellenden Schriftstückes ankommt. Die Folge dieser Fiktion ist, daß häufig gegen den im Ausland ansässigen Beklagten bereits ein Versäumnisurteil ergangen oder die Rechtsmittelfrist verstrichen ist, bevor er überhaupt Kenntnis von dem Verfahren oder von dem gegen ihn ergangenen Urteil erlangen konnte. b) Das Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung im Ausland enthält zur remise au parquet eine Kompromißlösung, die weitgehend einem alten deutschen Anliegen Rechnung trägt. Schon bei den Verhandlungen über das Haager Zivilprozeßabkommen von 1905 hatte die deutsche Delegation gefordert, international die remise au parquet zu beseitigen und festzulegen, daß Zustellungen an Empfänger in den anderen Vertragsstaaten nur in den Verfahren bewirkt werden dürften, die in dem Zivilprozeßabkommen zugelassen seien (vgl. Akten der IV. Konferenz 1904, S. 90 f.). Diese deutsche Forderung konnte seinerzeit – ebenso wie bei späteren Reformbestrebungen (Akten der V. Tagung 1925, S. 299 ff., 322 f., 333, 345 f.) – nicht durchgesetzt werden. Auch das geltende Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1954 läßt die innerstaatliche Regelung über die Zustellung unberührt. Vom deutschen Standpunkt her wäre eine vollständige Beseitigung der remise au parquet erwünscht gewesen. Jedoch ließ sich diese Lösung auch jetzt nicht erreichen. Die Vertreter der Länder, deren Recht die remise au parquet vorsieht, räumten zwar ein, daß die Auswirkungen dieses Systems im internationalen Rechtsverkehr unerwünscht seien und abgeschwächt werden müßten. Sie hielten jedoch eine Regelung, die wie das Schütze
558
a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
deutsche Recht grundsätzlich die Zustellung des Schriftstückes an den Empfänger im Ausland verlangt, ebenfalls für eine „extreme Lösung“: So wie das System der remise au parquet einseitig den Kläger begünstige, schütze das System des tatsächlichen Zugangs bei Prozessen mit internationalem Einschlag weitgehend den Beklagten auf Kosten des Klägers. Die Zustellung im Ausland nehme oft recht lange Zeit in Anspruch, wobei der Kläger oder die sonst an der Prozeßführung interessierte Person Rechtsnachteile erlitten, die ihnen nicht zuzumuten seien. c) Das Übereinkommen sieht deshalb eine vermittelnde Lösung vor. Der Kompromiß ist dann gefunden worden, daß für die besonders wichtige Zustellung der Klage (Vorladung) und des Versäummsurteils „mittelbare Sanktionen“ eingeführt werden, welche die Durchführung des vertraglich festgelegten Übermittlungsverfahrens sicherstellen sollen. War zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens eine Ladung oder ein entsprechendes Schriftstück nach diesem Übereinkommen zum Zwecke der Zustellung in das Ausland zu übermitteln und hat sich der Beklagte nicht auf das Verfahren eingelassen, so hat der Richter das Verfahren so lange auszusetzen, bis er festgestellt hat, daß das Schriftstück dem Beklagten so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich hätte verteidigen können. Der Richter darf eine Versäumnisentscheidung also nicht schon deswegen erlassen, weil nach seinem Recht die Zustellung bereits als rechtzeitig im Inland erfolgt gilt. Durch diese Regelung soll das Interesse des Beklagten geschützt werden, von einem Verfahren Kenntnis zu erhalten, das gegen ihn in einem anderen Vertragsstaat geführt wird. Um unzumutbare Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, kann jeder Staat jedoch gemäß Artikel 15 Abs. 2 des Übereinkommens über die Zustellung erklären, daß seine Richter unter bestimmten Voraussetzungen den Rechtsstreit entscheiden können, obwohl kein Zustellungszeugnis vom ersuchten Staat eingegangen ist, wenn seit der Absendung des Schriftstücks mindestens 6 Monate vergangen sind. Solche Erklärungen haben die meisten bisherigen Vertragsstaaten abgegeben. Ist eine Entscheidung gegen den nicht erschienenen Beklagten ergangen und hat ein Beklagter, der sich im Ausland befindet, von dem das Verfahren einleitenden Schriftstück und von der Entscheidung nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt, so kann er nach Artikel 16 des Übereinkommens in einem Staat, in dem die Zustellung ordnungsgemäß im Inland ausgeführt worden war, innerhalb eines Jahres nach dem Erlaß der Entscheidung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. d) Eine solche Regelung ist für das deutsche Verfahrensrecht nicht notwendig, weil es nach den Vorschriften der §§ 199, 202, 335 Abs. 1 Nr. 2 Zivilprozeßordnung ausgeschlossen ist, daß ein Versäumnisurteil ergeht, ohne daß der Nachweis über die Zustellung an den Beklagten im Ausland vorliegt und die Einlassungsfrist gewahrt ist (§ 262 Abs. 2, § 335 Abs. 1 Nr. 2 Zivilprozeßordnung). Ist die ordnungsgemäße Zustellung im Ausland nicht nachgewiesen, kann der Richter, wenn die Voraussetzungen des § 203 Abs. 2 Zivilprozeßordnung vorliegen, die öffentliche Zustellung bewilligen. An diesen Grundsätzen soll sich für das deutsche Recht durch das Übereinkommen nichts ändern. Deshalb beabsichtigt die Bundesregierung nicht, eine Erklärung nach Artikel 15 Abs. 2 des Übereinkommens abzugeben, daß deutsche Richter nach Ablauf einer bestimmten Frist ein Versäumnisurteil auch dann erlassen können, wenn ein Nachweis über die ordnungsgemäße Auslandszustellung nicht vorliegt.
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Schütze
Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
2. Keine Verpflichtung der Vertragsstaaten, Zustellung im Ausland zu verlangen Das Übereinkommen geht nicht so weit, einheitlich für alle Vertragsstaaten festzulegen, in welchen Fällen zur Einleitung und während eines gerichtlichen Verfahrens eine Zustellung im Ausland notwendig ist. Es bestimmt sich vielmehr nach dem Recht des Gerichts, vor dem ein Verfahren schwebt, in welchen Fällen die „Zustellung“ im Ausland bewirkt werden muß. Damit bleibt insbesondere das System des Wahldomizils am Orte des Prozeßbevollmächtigten (Artikel 23 Abs. 2 französisches Dekret Nr. 71-740 vom 9. September 1971, Journal Officiel vom 11. September 1971) oder das System des Zustellungsbevollmächtigten (§ 174 Abs. 2, § 175 Zivilprozeßordnung) sowie der öffentlichen Zustellung (§§ 203 ff. Zivilprozeßordnung) unberührt. Die Dritte Kommission der X. Haager Konferenz ging aber von der Erwartung aus, daß Schriftstücke, die für einen Empfänger im Ausland bestimmt sind, von den Vertragsstaaten nach dem Übereinkommen in das Ausland übermittelt werden (vgl. unten zu Artikel 1). Das Übereinkommen hat jedenfalls insofern verpflichtenden Charakter, als es die Übermittlungswege festlegt, auf denen Ersuchen zu übermitteln sind, wenn nach dem Recht des Prozeßgerichts eine Zustellung oder Mitteilung in einem anderen Vertragsstaat erforderlich wird. Außerdem folgt aus dem Übereinkommen die Verpflichtung des ersuchten Staates, einem solchen Ersuchen stattzugeben und die „Zustellung“ in der für entsprechende inländische Verfahren vorgeschriebenen Form zu bewirken. 3. Neuer Übermittlungsweg Die zweite wichtige Neuerung, die das Übereinkommen vorsieht, betrifft die technische Abwicklung der Zustellung. Entsprechend dem Auftrag der IX. Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht vom 5. bis 26. Oktober 1960 (vgl. die Entschließung im Schlußprotokoll zu B III, Akten und Dokumente der IX. Tagung Band I S. 314) enthält das Übereinkommen eine neue Lösung mit dem Ziel, die Übermittlung der Zustellungsanträge und der zuzustellenden Schriftstücke sowie des Zustellungszeugnisses zu vereinfachen und zu beschleunigen. In einer Aufzeichnung der Internationalen Union der Gerichtsvollzieher und der gerichtlichen Vollzugsbeamten, die der IX. Tagung der Haager Konferenz vorlag, war vorgeschlagen worden, den internationalen Zustellungsverkehr zwischen den Gerichtsvollziehern der Vertragsstaaten abzuwickeln. Da bei einem unmittelbaren Verkehr von Gerichtsvollzieher zu Gerichtsvollzieher Fehlleitungen und damit erhebliche Verzögerungen zu befürchten waren, hat die Internationale Union der Gerichtsvollzieher später vorgeschlagen, eine zentrale Stelle einzurichten, die von den nationalen Gerichtsvollzieherorganisationen gebildet werden solle. Die X. Haager Konferenz hat den Gedanken einer „Zentralen Stelle“ aufgegriffen, deren Organisation und Zusammensetzung aber den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen. Nach Artikel 2 des Übereinkommens über die Zustellung bestimmt jeder Staat eine Zentrale Behörde, die Anträge auf Zustellungen von Schriftstücken entgegenzunehmen und das Erforderliche zu veranlassen hat. Bundesstaaten können gemäß Artikel 18 Abs. 3 des Übereinkommens mehrere Stellen bestimmen. Von dieser Möglichkeit soll in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch gemacht werden. Soweit nicht in Zusatzvereinbarungen der direkte Übermittlungsweg vereinbart ist, soll die Übermittlung über die Zentrale Behörde in Zukunft in gleicher Weise wie bei dem Übereinkommen über die Beweisaufnahme der regelmäßige Weg sein. Sie soll noch dadurch besonders erleichtert werden, daß nach dem Übereinkommen einheitliche FormuSchütze
560
a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
lare für den Zustellungsantrag und das Zustellungszeugnis eingeführt werden. Die bisherigen Übermittlungswege – der konsularische und der diplomatische Weg – sollen daneben für eine Zustellung nur noch hilfsweise in besonderen Fällen eingeschlagen werden (Artikel 9 des Übereinkommens). 4. Andere Übermittlungsarten Das Übereinkommen schreibt nicht vor, daß alle Ersuchen über diese Zentrale Behörde zu leiten sind. Es sieht vier Formen der unmittelbaren Zustellung vor, bei denen Organe des Staates, in dem die Zustellung stattfinden soll, nicht oder nur am Rande beteiligt werden (Artikel 8 und 10 des Übereinkommens). Diese Formen der Zustellung stellen nach vielen Rechtsordnungen, insbesondere auch der deutschen, einen Eingriff in die staatlichen Hoheitsrechte dar. Deshalb wird die Bundesregierung wie viele andere Vertragsstaaten von der Möglichkeit Gebrauch machen, Widerspruch gegen diese Zustellungsform einzulegen (vgl. unten zu Artikel 8 und Artikel 10). 5. Zusatzvereinbarungen Nach Artikel 24 des Übereinkommens sind Zusatzvereinbarungen zwischen Vertragsstaaten zu den Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 auch auf das Übereinkommen über die Zustellung von 1965 anzuwenden. Da für die Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zu den Staaten, mit denen ein starker Rechtshilfeverkehr besteht, Zusatzvereinbarungen über einen unmittelbaren Geschäftsverkehr in Kraft sind (Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Schweiz), werden auch dann, wenn alle Vertragsstaaten der Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 dem Übereinkommen über die Zustellung von 1965 beitreten, etwa 80% des internationalen Zustellungsverkehrs nicht über die Zentrale Behörde, sondern auf dem direkten Weg abgewickelt werden. 6. Beschränkung auf das Gebiet der Zivil- und Handelssachen Ebenso wie die Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 gilt das Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung nur für Zivil- und Handelssachen, zu denen Arbeitsrechtssachen gehören, soweit sie dem Zivilrecht zuzurechnen sind; Straf-, Verwaltungs- und Steuersachen sind aus dem Anwendungsbereich ausgenommen. Die Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 lassen es offen, nach welchem Recht zu bestimmen ist, ob eine Angelegenheit als Zivil- oder Handelssache zu werten ist (vgl. dazu Bülow-Böckstiegel, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 2. Aufl. A I 1 a, 100.8). Auch das Übereinkommen über die Zustellung regelt diese Frage nicht. Ein gewisser Hinweis ist dem gemeinsamen Formular für das Zustellungsersuchen zu entnehmen. Verwendet der ersuchende Staat dieses Formular, das mit „Ersuchen in einer Zivil- oder Handelssache“ überschrieben ist und auf das Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung im Ausland Bezug nimmt, so ist damit zugleich ein Anhaltspunkt dafür gegeben, daß es bei dem Verfahren, in dem um eine Zustellung ersucht wird, wenigstens nach dem Recht des ersuchenden Staates um eine Zivil- oder Handelssache geht.
561
Schütze
Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
7. Gebrauch des Wortes „Zustellung“ Im Sprachgebrauch des neuen Haager Übereinkommens über die Zustellung ist eine Veränderung eingetreten. Das Abkommen von 1905 und das Übereinkommen von 1954 verwenden im maßgebenden französischen Text in der Überschrift des ersten Titels das Wort „communication“, das in der deutschen Übersetzung für das Abkommen von 1905 mit „Mitteilung“, für das Übereinkommen von 1954 mit „Zustellung“ wiedergegeben wird. Im neuen Übereinkommen über die Zustellung spricht der französische Text von „signification et notification“, der englische Text nur von „Service“; die deutsche Übersetzung verwendet den Begriff „Zustellung“. Hinter diesem scheinbar formellen Problem der Terminologie verbergen sich sachliche Unterschiede zwischen den Rechten der Mitgliedstaaten der Haager Konferenz auf dem Gebiet des Zustellungswesens. Während für die Staaten des französischen Rechtskreises die Zuleitung eines Schriftstückes im Ausland in der Regel nur eine Mitteilung ist, bedeutet sie für die anderen Staaten eine Zustellung. Die deutsche Übersetzung geht, wie schon beim Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß, von der deutschen Sicht aus und verwendet in der Überschrift nur das Wort „Zustellung“, so wie der englische Text, der ebenfalls maßgeblich ist, nur das Wort „Service“ gebraucht.
B. Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen Zu Artikel 1 Der erste Artikel beschreibt den Inhalt und bestimmt den Anwendungsbereich des Übereinkommens. Das Übereinkommen gilt für Zivil- und Handelssachen, ohne daß das Übereinkommen diesen Begriff beschreibt oder festlegt, nach welchem Recht er zu bestimmen ist (vgl. oben II A 6). Anwendbar ist das Übereinkommen dann, wenn nach dem Recht des ersuchenden Staates ein gerichtliches oder außergerichtliches Schriftstück zum Zwecke der Zustellung in das Ausland zu übermitteln ist. Eine verbindliche Verpflichtung für einen Vertragsstaat, notwendige Zustellungen an Personen im Ausland gemäß dem Übereinkommen auch im Ausland durchführen zu lassen, wenn nach dem Recht des Vertragsstaats die Zustellung bereits im Inland bewirkt werden kann, enthält das Übereinkommen nicht. Die Dritte Kommission der X. Tagung der Haager Konferenz hat das Übereinkommen jedoch dahin interpretiert, daß es von den Vertragsstaaten so angewendet wird, daß erforderliche Zustellungen nach diesem Übereinkommen im Ausland vorgenommen werden (vgl. den Erläuternden Bericht des Berichterstatters V. Taborda Ferreira, Actes et documents de la dixième Session, Band III, Notification S. 366, 367, im folgenden Bericht Taborda Ferreira, Akten der X. Tagung). Das Übereinkommen über die Zustellung hat jedoch insofern verpflichtenden Charakter, als es die Wege festlegt, auf denen Ersuchen zu übermitteln sind, wenn nach dem Recht des Prozeßgerichts eine Zustellung oder Mitteilung in einem anderen Vertragsstaat erforderlich wird. Außerdem folgt aus dem Übereinkommen die Verpflichtung des ersuchten Staates, einem solchen Ersuchen stattzugeben. Die Formulierung „gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke“ ist den Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 entnommen und hat dieselbe Bedeutung wie Schütze
562
a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
in diesen Konventionen (vgl. hierzu Bülow-Böckstiegel, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen A I 1 b Fußnoten 7 und 8). Absatz 2 des Artikels 1 stellt klar, daß ein Ersuchen nicht in einen anderen Vertragsstaat geleitet werden darf, ohne daß die Anschrift des Empfängers bekannt ist. Das Übereinkommen enthält also keine Verpflichtung, auf Ersuchen eines Staates die Anschrift des Zustellungsempfängers ausfindig zu machen. Eine Veröffentlichung in Amtsblättern des ersuchten Staates oder der Anschlag an einer Gerichtstafel im ersuchten Staat ist nach dem Übereinkommen ebenfalls nicht vorgesehen. Jeder Staat regelt vielmehr in seinem nationalen Recht, wie ein Schriftstück zuzustellen ist, wenn der Aufenthalt des Empfängers unbekannt ist. Ist der Zustellungsempfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln, so entspricht es der Übung, daß die ersuchte Behörde die neue Anschrift beim Einwohnermeldeamt ermittelt. Das Ersuchen wird dann an dem neuen Wohnort des Zustellungsempfängers erledigt. Stellt sich heraus, daß der Empfänger in einem anderen Staat wohnt, so weist die ersuchte Behörde bei der Rückgabe des unerledigten Ersuchens auf den neuen Wohnsitz hin. Diese Übung wird durch Artikel 1 Abs. 2 nicht berührt. Zu Artikel 2 Wie in den einleitenden Bemerkungen bereits dargelegt wurde (oben II A 3), führt der regelmäßige Übermittlungsweg über eine von den Mitgliedstaaten einzurichtende „Zentrale Behörde“. Diese Zentrale Behörde hat die Aufgabe: a) die Zustellungsersuchen unmittelbar entgegenzunehmen; b) die Zustellung der Schriftstücke an den Empfänger zu bewirken oder zu veranlassen; c) das Zustellungszeugnis zu übermitteln oder für die Übermittlung zu sorgen. Durch diesen Weg über eine „Zentrale Behörde“ wird der konsularische Übermittlungsweg weitgehend ersetzt, den die Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 als die Regel vorsehen. Nach Ansicht der Haager Konferenz entspricht der konsularische Weg nicht mehr den Erfordernissen des modernen Rechtsverkehrs, weil er wegen der Vielzahl der eingeschalteten Stellen zu langwierig und zu zeitraubend sei. Die Dritte Kommission der X. Tagung der Haager Konferenz hat es abgelehnt, den unmittelbaren Geschäftsverkehr zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Gericht (Behörde) oder zwischen dem Gerichtsvollzieher (Zustellungsbeamten) im Absendestaat und dem Gerichtsvollzieher (Zustellungsbeamten) im Empfangsstaat zur Regel zu erheben. Der unmittelbare Verkehr kann zwar zwischen benachbarten Staaten, deren Gerichts- und Behördenaufbau ähnlich oder für jede Seite überschaubar ist, zweckmäßig sein; in den Beziehungen zwischen Ländern, für welche diese Voraussetzungen nicht zutreffen, müßte aber mit solchen Schwierigkeiten gerechnet werden, daß der unmittelbare Weg keinen Fortschritt darstellen würde. Abgelehnt wurde auch der Vorschlag, die in Artikel 6 Nr. 1 der Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 vorgesehene unmittelbare Zustellung durch die Post allgemein zuzulassen und zum regelmäßigen Verfahren zu machen. Maßgebend dafür war vor allem der deutsche Standpunkt, daß bei der Zustellung öffentliche Interessen berührt sind und schon zum Schutze des Empfängers Gerichte oder Behörden des Empfangsstaats nicht völlig übergangen werden dürfen. Das unmittelbare Zustellungsverfahren der Post bietet auch nicht genügend Sicherheit, um daran die oft weitgehenden Zustellungswirkungen für Prozesse zu knüpfen. Die zentrale Übermittlungsstelle bietet den Vorteil, daß die Gerichte, Behörden oder Gerichtsvollzieher des Absendestaates sich nur an eine Stelle im Empfangsstaat zu wen563
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
den haben, deren Anschrift ihnen ohne weiteres bekannt ist. Weitere Stellen wie diplomatische oder konsularische Vertreter und Ministerien sind nicht mehr einzuschalten; Organisation und Zusammensetzung der Zentralen Behörde bleiben jedem Mitgliedstaat überlassen (Absatz 2). Ihre Aufgaben können auch bereits bestehenden Behörden oder Instanzen übertragen werden. Der Ausdruck „Behörde“ (autorité) wurde gewählt, um klarzustellen, daß die Mitgliedstaaten die Verantwortung für die Zentrale Behörde übernehmen müssen. Artikel 2 ist in Verbindung mit Artikel 18 des Übereinkommens zu sehen, der Ausnahmen von dem Grundsatz zuläßt, daß in jedem Staat nur eine einzige Zentrale Behörde gebildet werden darf. Auf Wunsch der britischen Delegation sieht Artikel 18 Abs. 1 für einen Staat die Möglichkeit vor, außer der Zentralen Behörde weitere für ein bestimmtes Gebiet zuständige Nebenbehörden zu bestimmen. Das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und für England, für Schottland und für Nordirland je eine Nebenbehörde bestimmt. Die ersuchende Stelle muß sich jedoch nicht immer an diese Behörden wenden, sondern kann sich auch an die Zentrale Behörde wenden (Artikel 18 Abs. 2). Die Vorschriften des Übereinkommens über die Zentrale Behörde gelten auch für die Nebenbehörden. Einem Anliegen der deutschen Delegation folgend ermöglicht es Artikel 18 Abs. 3 den Bundesstaaten, für jedes Bundesland eine Zentrale Behörde zu bestimmen. Diese Regelung berücksichtigt, daß die Justiz in Bundesstaaten Aufgabe der Länder sein kann. Nach § 1 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes soll in der Bundesrepublik Deutschland in jedem Land eine Zentrale Behörde gebildet werden. Nach Artikel 21 Abs. 1 Buchstabe a) muß jeder Staat dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande die nach Artikel 2 und 18 des Übereinkommens als Zentralen Behörden bestimmten Stellen notifizieren, und zwar entweder bei der Hinterlegung der Ratifikations- oder der Beitrittsurkunde oder zu einem späteren Zeitpunkt. Zu Artikel 3 Welche staatliche oder gerichtliche Stelle im Absendestaat das Ersuchen an die Zentrale Behörde im Empfangsstaat richten kann, bestimmt sich nach dem nationalen Recht des Absendestaates. Auf deutscher Seite wird bei gerichtlichen Schriftstücken in erster Linie das Prozeßgericht in Frage kommen (§ 202 der Zivilprozeßordnung). Artikel 3 steht nicht entgegen, daß das ersuchende deutsche Gericht – wie bisher – seinen Zustellungsantrag über eine Prüfungsstelle leitet (§§ 9, 27 der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen). Private Personen können sich nicht an die Zentrale Behörde wenden. Dem Wortlaut des Artikels 3 steht aber nicht entgegen, daß ein englischer solicitor, der nach englischem Recht für die Zustellung Sorge zu tragen hat, die Zentrale Behörde um die Zustellung ersucht. Für die Abfassung des Ersuchens ist das der Konvention als Anlage beigefügte Muster zu verwenden, dessen Standardtext in englischer oder in französischer Sprache abgefaßt sein muß und außerdem in der Amtssprache des ersuchenden Staates abgefaßt sein kann (vgl. unten zu Artikel 7). Das Übereinkommen schreibt nicht vor, daß dieser Standardtext gedruckt sein muß. In Absatz 1 ist ausdrücklich bestimmt, daß weder der Antrag noch die anderen beigefügten Schriftstücke der Legalisation oder einer anderen entsprechenden Förmlichkeit bedürfen. Es genügt, wenn der Antrag die Unterschrift oder den Stempel des Absenders trägt. Ein Siegel ist nicht erforderlich. Schütze
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a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
Mit der Vorschrift des Absatzes 2, daß von allen Schriftstücken ein Doppel beizufügen ist, soll die Aufgabe der ersuchten Zentralen Behörde erleichtert werden. Nach Artikel 20 Buchstabe a) können Vertragsstaaten vereinbaren, diese Bestimmung nicht anzuwenden, also davon absehen, in ihrem Rechtshilfeverkehr Doppel beizufügen. Zu Artikel 4 Die Vorschrift bezieht sich vor allem auf formelle Mängel des Ersuchens (Fehlen der Anlagen, falsche Anschriften, Übersetzungsfehler, Fehlen eines Doppels usw.), die der Antragsteller abstellen soll. Artikel 13 des Übereinkommens über die Zustellung bestimmt demgegenüber, wann ein Ersuchen abgelehnt werden kann. Um Verzögerungen zu vermeiden, soll die Zentrale Behörde des ersuchten Staates den Antragsteller alsbald unterrichten, wenn sie der Ansicht ist, daß den Erfordernissen des Übereinkommens nicht entsprochen wurde. Der Antragsteller kann einen bestehenden Fehler leichter korrigieren, wenn die ersuchte Behörde ihm mitteilt, welcher Mangel nach ihrer Ansicht vorliegt. Artikel 4 des Übereinkommens verlangt deshalb, daß die ersuchte Behörde die Einwände gegen den Antrag einzeln anführt. Zu Artikel 5 Die Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 unterscheiden zwischen der formlosen Zustellung, bei der das Schriftstück dem Empfänger übergeben wird, wenn er zur Annahme bereit ist, und der förmlichen Zustellung, bei der das Schriftstück nach den Formen, die von den innerstaatlichen Rechtsvorschriften für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen vorgeschrieben sind, oder auf Wunsch des ersuchenden Staates in einer besonderen Form zugestellt wird (vgl. Artikel 2, 3 der Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954). Bei der formlosen Zustellung kann der Empfänger das zuzustellende Schriftstück zunächst einsehen, um sich zu entscheiden, ob er das Schriftstück annehmen will oder nicht. Er kann die Annahme aus beliebigen Gründen, also auch deshalb ablehnen, weil das Schriftstück nicht in der Sprache des ersuchten Staates abgefaßt oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet ist. Lehnt er die Annahme ab, so kann eine formlose Zustellung nicht erfolgen; Zwang wird nicht angewandt. Voraussetzung für die förmliche Zustellung ist es, daß das zuzustellende Schriftstück in der Sprache des ersuchten Staates abgefaßt oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet ist. Ist das der Fall, so kann, wie bei der Zustellung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung für ein inländisches Verfahren, das Schriftstück auch gegen den Willen des Empfängers zugestellt werden. Das Übereinkommen über die Zustellung stellt, anders als die Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954, die förmliche Zustellung in den Vordergrund. Die förmliche Zustellung, die nach dem Recht des ersuchten Staates für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen im Inland erfolgt, wird grundsätzlich als Garantie dafür angesehen, daß die Zustellung ordnungsgemäß durchgeführt wird. In Absatz 2 wird jedoch noch ausdrücklich anerkannt, daß das Schriftstück, wenn der Antragsteller keine besondere Form wünscht, dem Empfänger durch einfache Übergabe zugestellt werden kann, wenn er zur Annahme bereit ist. Somit ist die formlose Zustellung ohne Zwang auch nach dem Übereinkommen über die Zustellung möglich. Neben der Tatsache, daß nach dem Übereinkommen über die Zustellung die förmliche Zustellung auch im internationalen Zustellungsverkehr in den Vordergrund tritt, ist 565
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die neue, von den Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 grundsätzlich abweichende Regelung der Übersetzungsfrage von erheblicher Bedeutung. Während nach den bisherigen Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 die förmliche Zustellung auch gegen den Willen des Empfängers nur möglich ist, wenn das zuzustellende Schriftstück in der Sprache der ersuchten Behörde abgefaßt ist, kann nach Artikel 5 des Übereinkommens über die Zustellung auch ein fremdsprachiges Schriftstück förmlich zugestellt werden. Einen Ausgleich für die fehlende Übersetzung der zuzustellenden Schriftstücke in die Sprache der ersuchten Behörde sieht Artikel 5 Abs. 4 des Übereinkommens darin, daß nach dem Muster des Antrages der wesentliche Inhalt der zuzustellenden Schriftstücke in englischer oder französischer Sprache oder in der Sprache des ersuchten Staates wiederzugeben ist (Artikel 7 Abs. 2 des Übereinkommens). Kann der Zustellungsempfänger diese Angaben in englischer oder französischer Sprache nicht verstehen oder reichen die Angaben nicht aus, um seine Prozeßführung im ersuchenden Staat vorzubereiten, so muß er selbst für die vollständige Übersetzung des Schriftstückes sorgen. Nach dem Erläuternden Bericht des Berichterstatters der Dritten Kommission der X. Haager Konferenz (vgl. Bericht Taborda Ferreira, Akten der X. Tagung Band III, S. 370) soll mit dieser Regelung die Bürde der Übersetzung in gerechter und vernünftiger Weise auf den Kläger und den Beklagten verteilt werden. Die Bundesregierung ist jedoch der Meinung, daß diese Regelung den Schutz des Beklagten wesentlich beeinträchtigt. Eine Zustellung erfüllt nur dann ihren Zweck, wenn sie in einer Weise geschieht, daß der Empfänger von ihr Kenntnis nehmen kann, daß also eine Sprache verwendet wird, die der Empfänger verstehen kann. Es kann nicht damit gerechnet werden, daß auch nur ein Teil der Zustellungsempfänger, die in der Bundesrepublik Deutschland leben, bei dem großen Kreis der Vertragsstaaten ein Schriftstück mit juristischem Text in der Sprache des ersuchenden Staates verstehen kann. Der Empfänger kann damit in der Regel nur Kenntnis nehmen, wenn das Schriftstück übersetzt ist oder von ihm eine Übersetzung besorgt wird. Dem Zustellungsempfänger kann die Beschaffung der Übersetzung schon aus Kosten- und Zeitgründen nicht zugemutet werden. Die Anfertigung umfangreicher Übersetzungen ist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden. Ein Privatmann wird auch fast immer Mühe haben, in kurzer Zeit einen geeigneten Übersetzer zu finden. Dies gilt vor allem für kleinere, abgelegene Orte und für die weniger verbreiteten Sprachen. Erfahrungsgemäß nehmen die Übersetzungen oft noch längere Zeit, meist mehrere Wochen in Anspruch. Nicht selten verzögert sich die Erledigung durch Überlastung, Krankheit oder andere Verhinderungen des Übersetzers, auf die der Zustellungsempfänger keinen Einfluß hat. In vielen Fällen wird daher der Zustellungsempfänger innerhalb der ihm zugebilligten Einlassungsfrist nicht einmal Kenntnis von dem Schriftstück erhalten, geschweige denn seine Verteidigung vorbereiten können. Schließlich muß auch damit gerechnet werden, daß im Falle des Obsiegens des Beklagten die Frage der Erstattung der Übersetzungskosten Schwierigkeiten bereitet. Aus den angeführten Gründen wäre es unvermeidlich, die zuzustellenden Schriftstücke bei der Zentralen Behörde übersetzen zu lassen. Die Erledigung der Zustellungsersuchen würde sich auch dadurch wesentlich verzögern und die Stellung des Beklagten könnte sich durch diese Verzögerung verschlechtern, da nach der in Artikel 15, 16 des Übereinkommens über die Zustellung vorgesehenen Regelung im ersuchenden Staat möglicherweise schon dann eine Versäumnisentscheidung gegen ihn erlassen werden kann, wenn seit der Absendung des Schriftstücks durch den ersuchenden Staat sechs Monate vergangen sind. Die im Formblatt für die Zustellung vorgesehene zusammenfassende Angabe des Streitgegenstandes kann allenfalls für den ersuchten Staat die Prüfung der Zulässigkeit Schütze
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der Rechtshilfe erleichtern, für den Zustellungsempfänger aber kann sie eine vollständige Übersetzung der zuzustellenden Schriftstücke nicht ersetzen, zumal das Formular in englischer oder französischer Sprache oder in der Sprache des ersuchenden Staates abgefaßt ist und in Englisch oder Französisch ausgefüllt sein kann. Selbst wenn der Empfänger die Sprache, in der das Formular ausgefüllt ist, versteht, muß damit gerechnet werden, daß das Formular nur stichwortartige Angaben enthält, die es dem Zustellungsempfänger nicht ermöglichen, seine Einlassung auf den Rechtsstreit vorzubereiten. Den Zentralen Behörden kann auch nicht die Aufgabe übertragen werden, in jedem Fall, in dem ein Schriftstück in einer fremden Sprache zugestellt werden soll, zu prüfen, ob der Empfänger diese Sprache so ausreichend versteht, daß die Zustellung gegen den Willen des Empfängers durchgeführt werden kann, ohne seinen Rechtsschutz zu beeinträchtigen. Damit jeder Staat Nachteile aus dieser Regelung für einen in seinem Gebiet wohnenden Zustellungsempfänger vermeiden kann, gibt Artikel 5 Abs. 3 des Übereinkommens über die Zustellung der Zentralen Behörde die Befugnis zu verlangen, daß das zuzustellende Schriftstück, wenn es förmlich zugestellt werden soll, in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des ersuchten Staates abgefaßt oder in diese übersetzt sein muß. Die Bundesregierung ist der Meinung, daß eine solche Übersetzung in allen Fallen für die förmliche Zustellung in der Bundesrepublik Deutschland verlangt werden muß. Es soll also nicht im Einzelfall von der Zentralen Behörde entschieden werden, ob die förmliche Zustellung eines Schriftstückes zulässig ist, obwohl es nur in einer fremden Sprache vorliegt. Im Entwurf des Ausführungsgesetzes zu diesem Übereinkommen schlägt die Bundesregierung in § 3 eine Regelung vor, daß in allen Fällen Übersetzungen vorliegen müssen, wenn ein Schriftstück förmlich zugestellt werden soll. Um die anderen Vertragsstaaten von dieser Haltung der Bundesrepublik Deutschland zu unterrichten, wird die Bundesregierung gegenüber der Depositarmacht erklären, daß Schriftstücke in einer fremden Sprache grundsätzlich nicht förmlich zugestellt werden können. Entsprechende Erklärungen haben Botsuana, Schweden und das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland abgegeben. Artikel 20 Buchstabe b) läßt jedoch auch Vereinbarungen zwischen Vertragsstaaten zu, daß die Zentralen Behörden der beteiligten Staaten keine Übersetzungen mehr verlangen. Ebenso können Staaten vereinbaren, daß auch keine zusammenfassende Darstellung des Inhalts der zuzustellenden Schriftstücke dem Empfänger übergeben werden muß. Zu Artikel 6 Die Bestimmung verbessert die Vorschriften des Artikels 5 der Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 über den Nachweis der Zustellung. Das Zustellungszeugnis ist nach Artikel 6 des Übereinkommens nach dem Muster auszustellen, das dem Übereinkommen als Anlage beigefügt ist; es befindet sich auf der Rückseite des Zustellungsantrages. Das Zustellungszeugnis wird dadurch hergestellt, daß dieses Formular von der ersuchten Behörde ausgefüllt wird. Das Zustellungszeugnis kann entweder von der Zentralen Behörde selbst oder von einer dazu bestimmten Stelle (Gericht, Gerichtsvollzieher, solicitor usw., je nach dem Recht des ersuchten Staates) angefertigt und dem Absender übermittelt werden. Wird nach dem Recht des ersuchten Staates ein Zustellungszeugnis nicht durch die Zentrale Behörde oder ein Gericht ausgestellt, so kann der Antragsteller nach Absatz 3 verlangen, daß das Zeugnis mit einem Sichtvermerk einer dieser Behörden versehen 567
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wird. Es wird jedoch keine Legalisation vorgeschrieben, eine einfache Beglaubigung genügt. Das Zeugnis enthält Angaben über die Erledigung des Antrags, in ihm sind Form, Ort und Zeit der Erledigung sowie die Person anzugeben, der das Schriftstück zugestellt worden ist (Artikel 6 Abs. 2). Da es wichtig ist zu wissen, wer die Zustellung erhalten hat, sieht das Formular für das Zeugnis ausdrücklich Angaben zur Identität der Person, der das Schriftstück ausgehändigt worden ist, und zu der Eigenschaft, in der diese Person die Zustellung erhalten hat, sowie über das Verwandtschaftsverhältnis oder Arbeitsverhältnis oder ähnliches zu dem Empfänger des Schriftstückes vor. Diese Angaben können im Verlaufe des Prozesses von Bedeutung sein. Konnte der Antrag nicht erledigt werden, so muß die zuständige Behörde die Gründe angeben, die sie daran gehindert haben. Diese Gründe sind in das Formular des Zustellungszeugnisses einzutragen. Nach Artikel 21 Abs. 1 Buchstabe b) sind die Vertragsstaaten des Übereinkommens verpflichtet, dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande entweder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations- oder Beitrittsurkunde oder zu einem späteren Zeitpunkt die für die Erteilung des Zustellungszeugnisses bestimmte Behörde mitzuteilen (vgl. dazu § 5 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes). Zu Artikel 7 Nach Artikel 7 des Übereinkommens über die Zustellung müssen die vorformulierten Teile des in der Anlage beigefügten Musters in französischer oder in englischer Sprache abgefaßt sein, ohne daß der gleichzeitige Gebrauch beider Sprachen bindend ist. Zusätzlich kann auch die Sprache des ersuchenden Staates verwendet werden. Das Formular ist entweder in der Sprache des ersuchten Staates oder in englischer oder französischer Sprache auszufüllen. Auf die Formulierung der dem Übereinkommen beigefügten Formulare hat die Dritte Kommission der X. Haager Konferenz großen Wert gelegt. In dem Zustellungsantrag sind oben Name und Anschrift der ersuchenden Stelle sowie die Anschrift der Bestimmungsbehörde anzugeben. Dann sind der Name und die Anschrift des Empfängers und das Verfahren anzugeben, das bei der Zustellung zu befolgen ist. Die ersuchende Stelle muß also erklären, ob das Schriftstück nach einer der gesetzlichen Formen des ersuchten Staates oder in einer besonderen Form oder durch einfache Übergabe zuzustellen ist. Nach dem Muster wird die Bestimmungsbehörde dann gebeten, der ersuchenden Stelle ein Stück des Schriftstücks und ggf. seiner Anlagen mit dem Zustellungszeugnis auf der Rückseite zurückzusenden. Das Muster enthält auch noch Raum für die Aufzählung der zugestellten Schriftstücke. Der Antrag muß mit der Unterschrift oder einem Stempel des Antragstellers versehen sein. Das Zustellungszeugnis soll sich auf der Rückseite des Antrages befinden. Das dritte diesem Übereinkommen beigefügte Formular gibt den wesentlichen Inhalt des zuzustellenden Schriftstückes wieder, nach Artikel 5 Abs. 4 des Übereinkommens ist es dem Empfänger auszuhändigen. Auf diesem Formular sind Name und Anschrift der ersuchenden Stelle und die Namen der Parteien anzugeben. Ist ein gerichtliches Schriftstück zuzustellen, sind Art und Gegenstand des Schriftstückes, Art und Gegenstand des Verfahrens und, sofern es von Interesse sein könnte, der Betrag der geltend gemachten Forderung, Termin und Ort für die Einlassung auf das Verfahren, das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, und das Datum einer Entscheidung sowie in dem Schriftstück vermerkte Fristen anzugeben. Ist ein außergerichtliches Schriftstück zuzustellen, werden Art und Gegenstand des Schriftstückes und die dann vermerkten Fristen angegeben. Schütze
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Die Formulare sollen dazu beitragen, den internationalen Zustellungsverkehr zu vereinfachen.
VORBEMERKUNGEN ZU ARTIKEL 8 BIS 11 DES ÜBEREINKOMMENS ÜBER DIE ZUSTELLUNG Die Übermittlung über die Zentrale Behörde steht nach der Fassung des Übereinkommens über die Zustellung im Vordergrund, die neue Regelung soll aber nicht ausschließlichen Charakter haben. Dementsprechend werden die unmittelbare Übermittlung durch den diplomatischen oder konsularischen Vertreter (Artikel 8), der diplomatische und konsularische Übermittlungsweg (Artikel 9), andere Übermittlungswege (Artikel 10) sowie der unmittelbare Geschäftsverkehr (Artikel 11 des Übereinkommens) weiterhin als subsidiäre Übermittlungswege (allgemein oder nur unter gewissen Voraussetzungen) zur Wahl gestellt. Die Artikel 8 bis 11 des Übereinkommens sind in Anlehnung an die einschlägigen Artikel der Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 formuliert worden. Das Übereinkommen über die Zustellung will die Zweifel, ob und in welchen Fällen ein Staat die unmittelbare Zustellung durch diplomatische oder konsularische Vertreter auf seinem Territorium und andere unmittelbare Übermittlungsformen zuläßt, beseitigen, die zu Artikel 6 der Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 bestehen (vgl. Bülow-Bockstiegel, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 2. Aufl., A I 1 a, Anm. 38). Gemäß Artikel 21 Abs. 2 Buchstabe a) des Übereinkommens über die Zustellung muß deshalb jeder Staat einen Widerspruch gegen die Benutzung der in den Artikeln 8 und 10 vorgesehenen Übermittlungswege dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande notifizieren, damit die Vertragsstaaten die Einstellung ihrer Partner zu diesen Fragen genau kennen. Zu Artikel 8 Die Regelung des Artikels 8 hat ihr Vorbild in Artikel 6 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 der Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954. Nach Artikel 8 Abs. 1 des Übereinkommens steht es jedem Vertragsstaat frei, gerichtliche Schriftstücke in einem anderen Vertragsstaat durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter ohne Anwendung von Zwang zustellen zu lassen. Die Auslandsvertretungen können nach dieser Vorschrift an Angehörige ihres oder eines dritten Staates, die sich im Empfangsstaat aufhalten, darüber hinaus aber auch an Angehörige des Staates zustellen, in dem sie ihren Sitz haben. Es ist mit der Wertung der Zustellung als Hoheitsakt nach deutscher Auffassung nicht vereinbar, daß ein Absendestaat ohne Kontrolle durch den Empfangsstaat in so weitem Umfang Zustellungen unmittelbar vornimmt. Aus diesem Grunde bestimmt § 13 Abs. 1 Nr. 1 der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen, daß die deutschen Auslandsvertretungen Anträge auf – formlose – Zustellung nur erledigen können, wenn der Zustellungsempfänger deutscher Staatsangehöriger ist. Umgekehrt soll in der Bundesrepublik Deutschland die Befugnis der Auslandsvertretungen, wie es schon bisher Übung ist, auf die Befugnis zur formlosen Zustellung an ihre eigenen Staatsangehörigen beschränkt werden. Diese Befugnis kann, wie auch schon nach Artikel 6 der Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954, nicht ausgeschlossen werden. Die Bundesregierung beabsichtigt deshalb, gemäß Artikel 8 Abs. 2 des Übereinkommens zu erklären, daß sie einer Zustellung durch diplomatische oder konsularische Vertreter eines anderen 569
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Staates widerspricht, es sei denn, daß das Schriftstück einem Angehörigen des Absendestaates zuzustellen ist. Auch wenn die Bundesrepublik Deutschland einen Widerspruch gemäß Artikel 8 Abs. 2 einlegt, besteht die Möglichkeit, durch eine Zusatzvereinbarung den diplomatischen oder konsularischen Vertretern eines bestimmten Staates weitergehende Befugnisse einzuräumen. Nach den Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 läßt nur die deutsch-schwedische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 1. Februar 1910 (Reichsgesetzbl. S. 455) die Möglichkeit zu, Zustellungen durch diplomatische oder konsularische Vertreter auch an Angehörige von Drittstaaten, nicht jedoch an Angehörige des Gastlandes, vorzunehmen. Zu Artikel 9 Artikel 9 Abs. 1 des Übereinkommens über die Zustellung läßt auch weiter den konsularischen Übermittlungsweg zu. Der konsularische Übermittlungsweg soll neben dem System der Zentralen Behörde aus praktischen Gründen nur ausnahmsweise benutzt werden. Besondere Einschränkungen für diesen Weg stellt das Übereinkommen jedoch nicht auf. Um zu vermeiden, daß die Konsuln sich unmittelbar an irgendeine Behörde des ersuchten Staates wenden, kann sich die konsularische Behörde des Absendestaates ausschließlich an die Behörde wenden, die ein anderer Vertragsstaat hierfür bestimmt hat. Jeder Staat kann auch die Zentrale Behörde als die Behörde bestimmen, an die sich die konsularischen Vertreter der Absendestaaten allein wenden können. Die Bundesregierung schlägt in § 2 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes vor, für die Entgegennahme solcher Zustellungsanträge die Zentrale Behörde des Landes für zuständig zu erklären, in dem die Zustellung bewirkt werden soll. Daneben sollen die Präsidenten der Landgerichte und der Amtsgerichte zuständig sein. Artikel 21 Abs. 1 Buchstabe c) verpflichtet die Vertragsstaaten, dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande die Behörde zu notifizieren, die für die Entgegennahme der Schriftstücke, die auf konsularischem Weg übermittelt werden, zuständig ist. Der diplomatische Weg nach Artikel 9 Abs. 2 des Übereinkommens über die Zustellung soll, anders als der konsularische Weg, nur in begründeten Ausnahmefällen eingeschlagen werden dürfen, z.B. dann, wenn ein Schriftstück an den ausländischen Staat zuzustellen ist. Einen Vorbehalt, auf Grund dessen ein Mitgliedstaat die Übermittlung der Ersuchen auf diplomatischem Weg verlangen kann, enthält das Übereinkommen über die Zustellung im Gegensatz zu Artikel 1 Abs. 3 der Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 nicht mehr. Zu Artikel 10 Die unmittelbare Zustellung im Ausland durch die Post [Buchstabe a)] und der unmittelbare Zustellungsverkehr zwischen den Zustellungsorganen zweier Staaten [Zustellung von Gerichtsvollzieher zu Gerichtsvollzieher – Buchstabe b)] entsprechen Artikel 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954. Die Regelung in Buchstabe b) entspricht auch Artikel IV des Protokolls zu dem EWG-Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Bundesgesetzbl. 1972 II S. 773). Die in Artikel 10 des Übereinkommens über die Zustellung vorgesehenen drei Formen der unmittelbaren Zustellung sind für die Bundesrepublik Deutschland ungeeignet. Schütze
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Deshalb beabsichtigt die Bundesregierung, den in Artikel 10, 21 Abs. 2 Buchstabe a) des Übereinkommens über die Zustellung vorgesehenen Widerspruch zu erklären. a) Mit der Zustellung im Ausland unmittelbar durch die Post würde ein Vertragsstaat auf dem Gebiet eines anderen Vertragsstaats Hoheitsakte ohne jede Kontrolle durch den Staat, auf dessen Gebiet sie stattfinden, vornehmen. Schon wegen der Wertung der Zustellung als Hoheitsakt ist die Zustellung im Ausland durch die Post nach deutschem Recht unzulässig (§§ 199, 202 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung). Wenn ausländische Staaten unmittelbar durch die Post in der Bundesrepublik Deutschland Schriftstücke zustellen könnten, wären deutsche Behörden weder in der Lage zu prüfen, ob das Ersuchen den zum Schutz des Zustellungsempfängers aufgestellten Erfordernissen entspricht (Artikel 4 des Übereinkommens), noch könnten sie prüfen, ob das Ersuchen nach Artikel 13 des Übereinkommens wegen eines Verstoßes gegen den ordre public der Bundesrepublik Deutschland abgelehnt werden muß. Aus diesen Gründen hat die Bundesrepublik Deutschland bisher die unmittelbare Postzustellung aus dem Ausland im Bereich des Zivil- und Handelsrechts nicht zugelassen (vgl. Bülow-Böckstiegel, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 2. Aufl., A I 1 b, 101.8, Anm. 38). Der allgemein erklärte Vorbehalt gegen die unmittelbare Postzustellung wird es jedoch nicht ausschließen, daß die Bundesrepublik Deutschland in Zusatzvereinbarungen mit einzelnen Vertragsstaaten die unmittelbare Zustellung durch die Post vereinbart. b) Auch der unmittelbare Zustellungsverkehr zwischen Justizbeamten, anderen Beamten oder sonst zuständigen Personen, also vor allem von Gerichtsvollzieher zu Gerichtsvollzieher, ist mit dem deutschen Zustellungssystem nicht vereinbar, entspricht vielmehr der Rechtslage, wie sie im französischen Rechtskreis besteht. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Form der Zustellung, die in Artikel IV Abs. 2 des Protokolls zu dem EWG-Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Bundesgesetzbl. 1972 II S. 773) vorgesehen ist, nicht gebilligt. Er hat dem Übereinkommen nur mit der Maßgabe zugestimmt, daß gegen diese Form der Zustellung der vorgesehene Widerspruch eingelegt wird (vgl. Artikel 1 des Vertragsgesetzes vom 24. Juli 1972 – Bundesgesetzbl. 1972 II S. 773 – und die Begründung der Bundesregierung dafür, daß der Widerspruch einzulegen ist – in Bundestags-Drucksache VI/1973 S. 45/46 – sowie den Schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses (S. Ausschuß) – Bundestags-Drucksache VT/3263). Die Bundesregierung hat diesen Widerspruch bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde erklärt (Bekanntmachung vom 12. Januar 1973 – Bundesgesetzbl. II S. 60). Aus den schon bei der Ratifikation des EWG-Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens erwogenen Gründen beabsichtigt die Bundesregierung, Widerspruch auch gegen diese Zustellungsform einzulegen. c) Mit der Auffassung, daß die Zustellung ein staatlicher Hoheitsakt ist, ist es auch unvereinbar, wenn eine private Person einen Vertragsstaat ersuchen kann, die Zustellung vorzunehmen. Nach deutschem Recht ist es ausgeschlossen, daß ein solcher Antrag von einer privaten Person in einem gerichtlichen Verfahren gestellt werden kann (§§ 199, 202 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung – für eingehende Ersuchen vgl. § 81 der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen). Auch die Möglichkeit, ein Ersuchen durch eine Privatperson, die nicht Beauftragter des Gerichts ist, an einen anderen Vertragsstaat zu stellen, entspricht der Vorstellung vor allem des französischen Rechtskreises, daß die Mitteilung an eine Partei im Ausland keine eigentliche Zustellung ist. Diese Mitteilung erhält aber dadurch, daß die Wirkungen der remise au parquet 571
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in Artikel 15 und 16 des Übereinkommens über die Zustellung eingeschränkt werden, eine Bedeutung, die an die Zustellung heranreicht. Von den bisherigen Vertragsstaaten sind folgende Widersprüche erklärt worden: Gegen die Zustellung durch die Post gemäß Artikel 10 Buchstabe a) des Übereinkommens durch Norwegen, die Türkei, die Vereinigte Arabische Republik und Luxemburg; gegen die Zustellung von Gerichtsvollzieher zu Gerichtsvollzieher gemäß Artikel 10 Buchstabe b) des Übereinkommens durch Botsuana, Finnland, Israel, Japan, Norwegen, Schweden, die Türkei, die Vereinigte Arabische Republik, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland und von diesem für die Gebiete, auf die es vom Vereinigten Königreich ausgedehnt wurde; gegen die Übermittlung von Zustellungsersuchen durch Privatpersonen gemäß Artikel 10 Buchstabe c) des Übereinkommens durch Botsuana, Dänemark, Finnland, Israel, Japan, Norwegen, Schweden, die Türkei, die Vereinigte Arabische Republik und das Vereinigte Königreich (auch für die Gebiete, auf die das Vereinigte Königreich das Übereinkommen ausgedehnt hat). Zu Artikel 11 Artikel 11 des Übereinkommens über die Zustellung entspricht der Vorschrift des Artikels 1 Abs. 4 der Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954. Auch nach dem Übereinkommen über die Zustellung kann damit durch Zusatzvereinbarungen ein besonderer Übermittlungsweg festgelegt, insbesondere der unmittelbare Verkehr zwischen den zuständigen Behörden eingeführt werden. Nach Artikel 24 des Übereinkommens über die Zustellung bleiben Zusatzvereinbarungen, die zu den Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 geschlossen wurden, weiter wirksam. Zu Artikel 12 Artikel 12 Abs. 1 des Übereinkommens, der sich mit den Kosten befaßt, entspricht dem Artikel 7 Abs. 1 der Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954. Auch das Übereinkommen über die Zustellung enthält also keinen vollständigen Verzicht auf die gegenseitige Kostenerstattung. Das Übereinkommen stellt lediglich den Grundsatz auf, daß die ersuchende Stelle bestimmte Auslagen zu zahlen oder zu erstatten hat, sagt aber nicht, wie ihm die Gebühren- oder Auslagenrechnung zugehen soll. Es ist auch nicht klar gesagt, daß der Staat, aus dem das Ersuchen kommt, der eigentliche Kostenschuldner ist. Diese Zurückhaltung beruht auf der Vorstellung der Dritten Kommission der X. Haager Konferenz, daß ein internationales Übereinkommen nicht alle Fragen bis in die Einzelheiten beantworten soll. Die Stelle, die Auslagen gehabt hat, wird sich normalerweise an die ersuchende Stelle wenden. Da sich nur Behörden des ersuchenden Staates, Gerichtsbeamte oder sonst zuständige Personen an die Zentrale Behörde des ersuchten Staates wenden können, wird angenommen, daß hinreichende Sicherheit dafür besteht, daß die Auslagen, die nach Artikel 12 Abs. 2 des Übereinkommens zu erstatten sind, bezahlt werden. Sollten bei der Erstattung Schwierigkeiten auftreten, kann die ersuchte Zentrale Behörde an die Zentrale Behörde des ersuchenden Staates herantreten. Daneben steht für die Regelung von Schwierigkeiten gemäß Artikel 14 des Übereinkommens über die Zustellung der diplomatische Weg offen. Absatz 1 dieser Vorschrift über die Ablehnung eines Ersuchens entspricht im wesentlichen dem Artikel 4 der Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954. Schütze
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a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
Mit Absatz 2 erfolgt eine Klarstellung, die sich nach überwiegender Ansicht bereits aus dem Text von Absatz 1 unmittelbar ergibt (vgl. dazu Bülow-Böckstiegel, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 2. Aufl., AI 1 a, 100.13/14). Da jedoch Vertragsstaaten des Haager Zivilprozeßübereinkommens von 1954 z.T. eine Zustellung ablehnen, wenn nach ihrem Recht die ausschließliche Zuständigkeit ihrer Gerichte begründet ist (vgl. z.B. den Abschnitt „Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“ im Länderteil der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen), wurde es für notwendig gehalten, in einer ausdrücklichen Vorschrift den Inhalt der ordre public-Klausel näher zu bestimmen. In den Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 ist es nicht vorgeschrieben, daß bei der Ablehnung eines Zustellungsersuchens die ersuchende Behörde unter Angabe der Gründe zu unterrichten ist. Artikel 13 dieses Übereinkommens enthält eine solche Regelung nur für Rechtshilfeersuchen. In § 63 Abs. 2 Satz 3 der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen ist allerdings bestimmt, daß bei der Rückleitung eines unerledigten Ersuchens anzugeben ist, „aus welchen Gründen ein Ersuchen nicht oder nicht in vollem Umfang erledigt werden konnte“. Absatz 3 des Übereinkommens über die Zustellung enthält nunmehr auch für den Zustellungsverkehr eine schon der heutigen Praxis entsprechende Regelung. Zu Artikel 14 Diese Vorschrift entspricht dem Artikel 1 Abs. 2 der Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954. Die Vorschrift des Artikels 14 wird hauptsächlich anzuwenden sein, wenn ein Ersuchen aus den in Artikel 13 des Übereinkommens über die Zustellung zugelassenen Versagungsgründen abgelehnt wird und der ersuchende Staat auf der Erledigung bestehen möchte. Zu Artikel 15 Die Regelung in Artikel 15 und dem dazugehörenden Artikel 16 des Übereinkommens über die Zustellung wurde wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung in der Einleitung bereits hervorgehoben (vgl. oben II Nr. 1). Diese Bestimmungen enthalten den wesentlichen Fortschritt des Übereinkommens über die Zustellung gegenüber den Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954. Sie durchbrechen praktisch das System der remise au parquet, ohne formell die entsprechenden nationalen Gesetze außer Kraft zu setzen. Artikel 15 Abs. 1 des Übereinkommens über die Zustellung will die Rechte des Beklagten schützen und durch eine mittelbare Sanktion sicherstellen, daß eine Ladung oder ein entsprechendes, das Verfahren einleitendes Schriftstück dem Adressaten (Beklagten, Antragsgegner, Rechtsmittelbeklagten) ordnungsgemäß und rechtzeitig zugeleitet wird. Die Schutzvorschrift gilt deshalb nicht für andere Schriftstücke, die erst im Laufe des Verfahrens zuzustellen sind. Der Beklagte oder Antragsgegner, der von der Einleitung eines Verfahrens rechtzeitig Kenntnis erhalten hat, bedarf eines besonderen Schutzes nicht mehr. Der Schutz des Artikels 15 Abs. 1 des Übereinkommens über die Zustellung besteht darin, daß der Richter eine Versäumnisentscheidung nur erlassen darf, wenn er feststellt, daß der das Verfahren einleitende Schriftsatz dem Beklagten rechtzeitig und ordnungsgemäß zugegangen ist. Für die Prüfung, ob die Übermittlung ordnungsgemäß durchgeführt wurde, sind zwei Fälle zu unterscheiden. Einmal kann das Schriftstück dem Empfänger in der Form übermittelt werden, die das Recht seines Aufenthaltsstaates vorschreibt [vgl. hierzu auch Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe a) des Übereinkommens]. Lagen die 573
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
in diesem Recht aufgestellten Voraussetzungen vor, so genügt auch eine Zustellung an Ersatzpersonen oder durch Niederlegung. Zum anderen ist es aber auch möglich, daß ein Übermittlungsverfahren gewählt wird, bei dem die innerstaatlichen Formen der Zustellung im ersuchten Staat nicht gewahrt werden. Ein solches Verfahren muß in dem Übereinkommen über die Zustellung zugelassen sein (vgl. die Möglichkeiten in Artikel 5 Abs. 2, Artikel 8 und 10 des Übereinkommens), und das Schriftstück muß dem Empfänger entweder in Person oder an seinem Aufenthaltsort zugestellt worden sein. Diese Einschränkung ist vorgesehen worden, weil die fakultativen Übermittlungsverfahren, die nicht auf eine Zustellung nach den Formen des ersuchten Staates hinauslaufen, nicht die gleiche Rechtssicherheit gewährleisten. Ein weitergehender Schutz ist in Artikel 15 Abs. 1 des Übereinkommens über die Zustellung nicht vorgesehen. Insbesondere richtet es sich auch künftig nach dem nationalen Zustellungs- und Verfahrensrecht des Gerichtsstaates, von welchem Zeitpunkt ab Einlassungs- oder Rechtsmittelfristen laufen. In den Ländern, welche die remise au parquet kennen, wird die Zustellung weiterhin mit der Übergabe an den Staatsanwalt bewirkt sein und die Mitteilung an den Empfänger im Ausland an sich nur nachrichtliche Bedeutung haben. Gleichwohl soll der Richter auch in einem solchen Lande ein Versäummsurteil nicht mehr erlassen dürfen, wenn lediglich innerstaatlich die Zustellung bewirkt worden ist, vorausgesetzt, daß sich der säumige Beklagte in einem Mitgliedstaat aufhält. Der Richter muß sich also vergewissern, ob die Vorladung, die Klage oder die prozeßeinleitende Verfügung dem Beklagten im Ausland ordnungsgemäß im Sinne des Artikels 15 Abs. 1 Buchstaben a) und b) des Übereinkommens und rechtzeitig übermittelt worden ist. Als Unterlage für diese Prüfung wird dem Richter in erster Linie das Zustellungszeugnis der ersuchten Stelle dienen. Die Schutzfunktion des Artikels 15 Abs. 1 des Übereinkommens über die Zustellung wird allerdings insofern beeinträchtigt, als in dem Übereinkommen nicht nach objektiven Merkmalen festgelegt wird, in welchen Fällen das Schriftstück im Ausland „zuzustellen“ ist (vgl. hierzu die einleitenden Erläuterungen oben II, 2 und oben zu Artikel 1). Absatz 2 des Artikels 15 lockert den Grundsatz des Absatzes 1 auf. Diese Vorschrift beruht auf einer Intervention der französischen Delegation. Sie kommt den Staaten entgegen, die das System der remise au parquet kennen und daran festhalten. Diese Länder haben sich darauf berufen, daß Abhilfe für die Fälle geschaffen werden müsse, in denen die Mitteilung der Vorladung, der Klage oder einer anderen prozeßeinleitenden Verfügung im ersuchten Staat auf Hindernisse stößt, zu deren Überwindung der Kläger oder die ersuchende Stelle nicht beitragen können. Artikel 15 Abs. 2 des Übereinkommens über die Zustellung enthält jedoch nur eine Möglichkeit für die Mitgliedsstaaten, eine Erklärung gemäß Artikel 21 Abs.1 Buchstabe b) des Übereinkommens zu notifizieren, daß ihre Richter ungeachtet des Absatzes 1 unter bestimmten Voraussetzungen den Rechtsstreit entscheiden können. Das Erfordernis einer Erklärung wurde gewählt, um nicht automatisch in allen Mitgliedstaaten den weitergehenden Schutz des Absatzes 1 oder eine bereits bestehende innerstaatliche Regelung abzuschwächen. Eine solche Erklärung ist nach Artikel 21 Abs. 2 Buchstabe b) des Übereinkommens dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren, damit offengelegt wird, in welcher Weise in den einzelnen Vertragsstaaten die Schutzvorschrift des Artikels 15 angewandt wird. Die Voraussetzungen, unter denen die Gerichte von Absatz 1 abweichen dürfen, sind in Absatz 2 Buchstaben a) bis c) näher festgelegt. Buchstabe a) stellt klar, daß das Schriftstück nach einem in diesem Übereinkommen vorgesehenen Verfahren übermittelt worden sein muß. Buchstabe b) bestimmt, daß zwischen der Absendung des Schriftstücks und der Entscheidung durch den Richter eine angemessene Frist von mindestens 6 MoSchütze
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naten liegen muß. Buchstabe c) hebt daneben noch hervor, daß der ersuchende Staat bei den zuständigen Behörden des ersuchten Staates alle zumutbaren Schritte unternommen hat, um ein Zeugnis über die Zustellung zu erlangen. Absatz 2 verlangt nicht, daß das Ersuchen aus Gründen nicht erledigt worden ist, die der Empfänger oder Stellen im ersuchten Staat zu vertreten haben. Eine solche Bedingung hätte den Absender oder das Prozeßgericht vor zu schwierige Beweisfragen gestellt. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, eine Erklärung nach Artikel 15 Abs. 2 des Übereinkommens über die Zustellung abzugeben, daß eine Versäumnisentscheidung nach Ablauf einer Frist auch dann zulässig ist, wenn der Nachweis über die Auslandszustellung nicht vorliegt (vgl. oben II A 1 d). Solche Erklärungen haben bisher Belgien, Botsuana, Dänemark, Frankreich, Japan, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Portugal, die Türkei, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten abgegeben. Für das deutsche Verfahrensrecht soll es vielmehr grundsätzlich dabei bleiben, daß auch die Zustellung im Ausland eine echte Zustellung ist und nachgewiesen werden muß. Ist dieser Nachweis nicht möglich, so kann, wenn die Voraussetzungen des § 203 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vorliegen, im Inland öffentlich zugestellt werden. Eine ähnliche, jedoch im einzelnen abweichende Regelung enthält Artikel 17 Abs. 2 des deutsch-tunesischen Vertrages vom 19. Juli 1966 über Rechtsschutz und Rechtshilfe (Bundesgesetzbl. 1969 II S. 889, vgl. Bülow-Bockstiegel, Internationaler Rechtsverkehr, 2. Aufl., A II 515 36 Anm. 76). Zu Artikel 16 Während Artikel 15 Abs. 1 des Übereinkommens über die Zustellung sicherstellen will, daß dem Beklagten eine Ladung oder ein entsprechendes Schriftstück rechtzeitig zugeht, behandelt Artikel 16 den Schutz des Zustellungsempfängers im Falle eines Versäumnisurteils. Bei kontradiktorischen Urteilen wurde ein solcher Schutz nicht vorgesehen, weil sich der Beklagte dann auf das Verfahren eingelassen hat und spätere Zustellungen meist im Inland an Prozeß- oder Zustellungsbevollmächtigte bewirkt werden. Artikel 16 trägt der Rechtslage Rechnung, daß ein Versäumnisurteil erlassen und die Einspruchsfrist verstrichen sein kann, obwohl der Beklagte weder von der Einleitung des Verfahrens noch von dem Erlaß eines Versäumnisurteils tatsächlich Kenntnis erlangen konnte. In einem solchen Fall, der nicht häufig sein wird, kann der Richter unter den in Artikel 16 festgelegten Voraussetzungen dem Beklagten eine Art Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren. Diese Bestimmung soll sich nicht nur auf echte Versäumnisurteile beziehen, sondern für alle Entscheidungen gelten, die ohne Einlassung des Beklagten ergehen können (z.B. jugements réputés contradictoires des französischen Rechts). Als Anfechtungsmöglichkeit im Sinne des Artikels 16 Abs. 1 Buchstabe a) sind sowohl der Einspruch und die ordentlichen Rechtsmittel (Berufung, Revision) als auch die außerordentlichen Rechtsbehelfe wie die Kassation oder die Nichtigkeits- oder Restitutionsklage zu verstehen. Die Wiedereinsetzung nach Artikel 16 soll die „ultima ratio“ sein; sie ist nur gegeben, wenn keinerlei Anfechtungsmöglichkeiten mehr nach dem nationalen Recht bestehen. Die Wiedereinsetzung ist nur dann zu gewähren, wenn eine unter das Übereinkommen fallende Zustellung im Ausland in Betracht kam. Der erste Satzteil von Artikel 16 Abs. 1 stimmt damit mit dem ersten Satzteil von Artikel 15 Abs. 1 überein. Wenn dies der Fall war und eine Versäumnisentscheidung ergangen ist, so ist die Wiedereinsetzung nur zu gewähren, wenn die Bedingungen der Buchstaben a) und b) vorliegen, wobei das Übereinkommen offenläßt, wer die Beweislast dafür trägt. 575
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Absatz 1 Buchstabe a) verlangt, daß kein Verschulden des Beklagten dafür vorliegt, daß er nicht so rechtzeitig Kenntnis von dem prozeßeinleitenden oder einem entsprechenden Schriftstück erlangt hat, daß er sich hätte verteidigen können, und nicht so rechtzeitig von der Entscheidung, daß er sie hätte anfechten können. Diese Vorschrift hat eine Entsprechung in Artikel 6 des Haager Übereinkommens vom 1. Februar 1971 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Zivil- und Handelssachen. Auf Wunsch der britischen Delegation wurde in Buchstabe b) auch noch eine sachliche Bedingung angefügt. Selbst wenn die formellen Voraussetzungen für die Wiederaufnahme vorliegen, ist sie zu versagen, wenn es von vornherein aussichtslos erscheint, daß die Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren sachlich zugunsten des Beklagten geändert werden wird. Nach Artikel 16 Abs. 2 ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur zulässig, wenn der Beklagte ihn innerhalb einer angemessenen Frist stellt, nachdem er von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat. Der Begriff „angemessene Frist“ ist ungenau. Angesichts der in den einzelnen Staaten bestehenden Unterschiede hielt es die Dritte Kommission der X. Haager Konferenz jedoch für zu schwierig, eine feste Frist zu setzen. Um die Nachteile dieser Ungenauigkeit einzuschränken, kann jeder Staat, der den Begriff der angemessenen Frist nicht in das Ermessen des Richters stellen will, eine Frist festlegen. Ein solcher Staat hat dann gemäß Artikel 21 Abs. 2 Buchstabe b) zu notifizieren, daß der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht mehr zulässig ist, wenn er nach Ablauf einer bestimmten Frist gestellt wird. Das Übereinkommen legt den Beginn dieser Frist nicht fest, bestimmt jedoch, daß sie mindestens 1 Jahr vom Zeitpunkt der Entscheidung an betragen muß. Bisher haben Belgien, Dänemark, Frankreich, Israel, Portugal, die Türkei und die Vereinigten Staaten erklärt, daß für ihre Gerichte die Frist ein Jahr beträgt. Das Vereinigte Königreich hat nur für den Bereich von Schottland ebenfalls die Frist von einem Jahr bestimmt. Für Norwegen beträgt die Frist drei Jahre. Für die Bundesrepublik Deutschland erlangt Artikel 16 des Übereinkommens keine Bedeutung. Artikel 16 Abs. 4 wurde auf Antrag der dänischen Delegation aufgenommen. Die Dritte Kommission der X. Haager Konferenz war der Auffassung, daß bei Entscheidungen über den Personenstand, insbesondere bei Scheidungsurteilen oder Entscheidungen über die Aufhebung einer Ehe, eine solche Wiederaufnahmemöglichkeit mit dem Wesen der Entscheidung unvereinbar sei. Zu Artikel 17 Nach dieser Vorschrift können außergerichtliche Schriftstücke grundsätzlich in dem gleichen Verfahren wie gerichtliche Schriftstücke in das Ausland übermittelt werden (z.B. Mahnschreiben). Vorausgesetzt wird jedoch, daß die außergerichtlichen Schriftstücke von Behörden oder von Justizbeamten eines Mitgliedstaates ausgehen. Dazu gehören auch die deutschen Notare. Zu Artikel 18 Auf die Vorschriften des Artikels 18 wurde bereits bei den Bemerkungen zu Artikel 2 hingewiesen. Die Bundesregierung schlägt in § 1 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen vor, daß jedes Land eine Zentrale Behörde einrichtet, von der Möglichkeit des Artikel 18 Abs. 3 des Übereinkommens also Gebrauch gemacht wird (vgl. dazu die Begründung der Bundesregierung zu § 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Ausführung der Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 und vom 18. März 1970). Schütze
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Dieser Artikel, der auf einen Antrag der amerikanischen Delegation zurückgeht, gestattet ausdrücklich, daß jeder Vertragsstaat weitere Übermittlungsformen zulassen kann, die sein nationales Recht nicht vorsieht. Zu Artikel 20 In Artikel 20 sind die Vorschriften des Übereinkommens zusammengestellt, von denen Vertragsstaaten in Zusatzvereinbarungen abweichen können. Zu Artikel 21 Diese Vorschrift stellt die Notifikationen zusammen, die dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu übermitteln sind. Zu Artikel 22 Das Übereinkommen über die Zustellung soll die Artikel 1 bis 7 der Haager Zivilprozeßübereinkommen vom 17. Juli 1905 und vom 1. März 1954 im Verhältnis zu den Staaten ersetzen, die das Übereinkommen ratifizieren. Die Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 bleiben zwischen und im Verhältnis zu den Staaten weiterhin in Kraft, die das neue Übereinkommen nicht ratifizieren. Zu Artikel 23 Das Übereinkommen über die Zustellung enthält keine eigene Regelung für Zustellungsanträge in Armenrechtssachen. Es verweist auf die entsprechenden Vorschriften der Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954, die aber nur anzuwenden sind, wenn die in diesen Übereinkommen vorgesehenen Übermittlungswege benutzt werden. Zu Artikel 24 Die Zusatzvereinbarungen, deren Weitergeltung Artikel 24 vorsieht, sind oben unter I. 1 zusammengestellt. Zu Artikel 25 Diese Bestimmung regelt das Verhältnis des Übereinkommens über die Zustellung zu anderen Übereinkommen, denen die Vertragsstaaten angehören, vgl. auch die Bemerkungen zu Artikel 32 des Übereinkommens über die Beweisaufnahme. Zu Artikel 26 bis 31 Die Schlußbestimmungen der Artikel 26 bis 31, die für die bei der X. Tagung der Haager Konferenz ausgearbeiteten Übereinkommen einheitlich sind, bedürfen keiner besonderen Erläuterung. Das Übereinkommen über die Zustellung ist in französischer und in englischer Sprache abgefaßt, wobei jeder Wortlaut authentisch ist. Die Übersetzung in die deutsche Sprache ist mit Österreich und der Schweiz abgestimmt.
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
III. Zum Haager Übereinkommen vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen A. Grundzüge 1. Die wesentlichen Neuerungen Das Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland bringt in zwei Bereichen wichtige Fortschritte für den internationalen Rechtshilfeverkehr. Es regelt ausführlich die Beweisaufnahme im Ausland durch diplomatische oder konsularische Vertreter und Beauftragte (commissioner) und eröffnet hierdurch den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises den Beitritt zu diesem Haager Zivilprozeßübereinkommen. Ferner verbessert es die Vorschriften des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß (Artikel 8 bis 16) für Beweisaufnahmen, die auf Grund von Rechtshilfeersuchen ausländischer Gerichte durch Organe des ersuchten Staates zu erledigen sind. Eine Neufassung auch dieser Vorschriften erschien erforderlich, um die fast unverändert aus dem Haager Zivilprozeßabkommen von 1905 übernommenen Beweisaufnahmeregeln des Übereinkommens von 1954 besonders in bezug auf den Übermittlungsweg an neuere Entwicklungen im Haager Übereinkommen über die Zustellung im Ausland von 1965 anzupassen und Probleme bei der Anwendung des Haager Zivilprozeßübereinkommens von 1954 zu beseitigen. Dadurch sollen gerichtliche Verfahren, die nur mit ausländischer Unterstützung abgeschlossen werden können, in wirksamer Weise gefordert werden. Ergebnisse der Rechtshilfe, die im Ausland durchgeführt wird, sollen im Ausgangsverfahren möglichst uneingeschränkt verwertet werden können. Dies soll ohne wesentlichen Eingriff in die Rechtsordnung des Staates, in dem die Beweisaufnahme stattfinden soll, erreicht werden (vgl. den Erläuternden Bericht zu dem Übereinkommen über die Beweisaufnahme von Amram, Actes et documents de la Onzieme Session 7. au 26. octobre 1968 de la Conférence de la Haye de droit international privé Band IV, S. 202 ff., im folgenden Bericht Amram, Akten der XI. Tagung). Das Übereinkommen setzt sich daher in seiner Präambel zum Ziel, die Übermittlung und Erledigung von Rechtshilfeersuchen zu erleichtern, die Angleichung der Verfahrensweisen bei der Erledigung von Ersuchen in den Vertragsstaaten zu fordern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rechtshilfe wirksamer zu gestalten. Für die Bundesrepublik Deutschland ist die Ratifikation des Übereinkommens über die Beweisaufnahme vor allem deswegen angezeigt, weil auf anderem Wege eine befriedigende Regelung des Rechtshilfeverkehrs im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten von Amerika auf Dauer nicht sichergestellt ist. Ferner sollte die Möglichkeit genutzt werden, die Rechtsgrundlagen des internationalen Rechtshilfeverkehrs im Verhältnis zu den bisherigen Vertragsstaaten des Übereinkommens einheitlich zu erneuern. Für alle bisherigen Vertragsstaaten des Übereinkommens über die Beweisaufnahme ist das Übereinkommen über die Zustellung bereits in Kraft getreten. 2. Die Beweisaufnahme vermittels Rechtshilfeersuchen Kapitel I des Übereinkommens über die Beweisaufnahme (Artikel 1 bis 14) regelt die Beweisaufnahme im Ausland vermittels Rechtshilfeersuchen. Diese Art der Beweisaufnahme auf Grund gerichtlicher Ersuchen, die von Staat zu Staat übermittelt und von den Behörden des ersuchten Staates erledigt werden, ist das überlieferte System der kontiSchütze
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nental-europäischen Länder. Es hat sich im großen und ganzen in ihren Beziehungen bewährt, da das Zivilprozeßrecht einschließlich des Beweisrechts dieser Länder im wesentlichen auf den gleichen Grundsätzen beruht. Während nach Artikel 9 des Übereinkommens über den Zivilprozeß von 1954 Rechtshilfeersuchen auf dem konsularischen bzw. diplomatischen Weg übermittelt werden, soweit nicht bilateral Abweichendes vereinbart worden ist, sind nach dem neuen Übereinkommen über die Beweisaufnahme auch Rechtshilfeersuchen grundsätzlich einer Zentralen Behörde des ersuchten Staates zu übermitteln (Artikel 2 des Übereinkommens). Diese Behörde prüft die Ersuchen auf ihre Ordnungsmäßigkeit (Artikel 5 des Übereinkommens) und leitet sie an das für die Erledigung zuständige Gericht weiter. Das Übereinkommen über die Beweisaufnahme übernimmt damit den neuen Übermittlungsweg, der durch Artikel 2 des Übereinkommens über die Zustellung eingeführt wurde. Auch für dieses Übereinkommen haben Bundesstaaten die Möglichkeit, mehrere Zentrale Behörden zu bestimmen (Artikel 24 Abs. 2 des Übereinkommens über die Beweisaufnahme). Es erscheint angezeigt, die enge Zusammengehörigkeit der beiden Arten der internationalen Rechtshilfe, der Zustellung und der Beweisaufnahme im Ausland, dadurch hervorzuheben, daß dieselbe Zentrale Behörde für beide Übereinkommen bestimmt wird. So sind auch alle bisherigen Vertragsstaaten beider Übereinkommen verfahren. Im Gegensatz zu Artikel 9 des Übereinkommens über die Zustellung läßt das Übereinkommen über die Beweisaufnahme den konsularischen oder diplomatischen Weg nicht mehr generell als zusätzlichen Übermittlungsweg, sondern nur noch dann zu, wenn der Empfangsstaat eine Erklärung gemäß Artikel 27 Buchstabe a) abgibt. Dies hat bislang nur Dänemark getan. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, eine solche Erklärung abzugeben. Ersuchen sind grundsätzlich wie bisher unter Beifügung einer Übersetzung in die Sprache des ersuchten Staates zu übermitteln. Sie können aber nun auch, wenn der ersuchte Staat keinen Vorbehalt gegen diese Bestimmung eingelegt hat, in französischer oder englischer Sprache gefaßt sein (Artikel 4 des Übereinkommens). Die Bundesregierung beabsichtigt, einen solchen Vorbehalt zu machen. In § 8 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes soll bestimmt werden, daß Rechtshilfeersuchen, die von deutschen Gerichten zu erledigen sind, in deutscher Sprache oder Übersetzung übermittelt werden. Eine neue Regelung enthält Artikel 8 des Übereinkommens über die Beweisaufnahme. Wenn der ersuchte Staat eine entsprechende Erklärung abgegeben hat, können Mitglieder der ersuchenden gerichtlichen Behörde an der Beweisaufnahme im Ausland teilnehmen. Die meisten bisherigen Vertragsstaaten haben erklärt, daß sie die Teilnahme ausländischer Richter an Beweisaufnahmen auf ihrem Staatsgebiet gestatten. Die Bundesregierung beabsichtigt, gemäß § 9 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu erklären, daß ausländische Richter an Beweisaufnahmen in der Bundesrepublik Deutschland teilnehmen können, wenn die Zentrale Behörde dies im Einzelfall genehmigt. 3. Die Beweisaufnahme durch Konsularbeamte und Beauftragte Das System der Rechtshilfeersuchen paßt weniger für den Rechtshilfeverkehr mit den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises, weil dort andere Grundsätze für die Beweisführung, die Zulässigkeit der Beweismittel und die Beweisaufnahme selbst gelten und andere Vernehmungstechniken entwickelt worden sind. Die Ergebnisse einer Beweisaufnahme, die Gerichte des kontinental-europäischen Rechtskreises für britische oder amerikanische Gerichtsverfahren vornehmen, sind dort nur in beschränktem Umfang verwertbar, weil die Vernehmungen ohne Rücksicht auf das strengere anglo-amerikanische Beweisrecht durchgeführt und die Ausführungen nicht in einem Wortprotokoll 579
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
niedergelegt werden. Umgekehrt stößt die Erledigung von Rechtshilfeersuchen kontinental-europäischer Gerichte in diesen Ländern auf erhebliche Schwierigkeiten, weil die Richter dieser Länder grundsätzlich die Vernehmung einer Partei, eines Sachverständigen oder eines Zeugen nicht selbst durchführen, sondern einem Beauftragten übertragen. Abgesehen von „technischen Schwierigkeiten“ entstehen auch verhältnismäßig hohe Kosten, weil an der Beweisaufnahme regelmäßig mehrere Anwälte mitwirken müssen. Um die Beweisaufnahme im Rechtsverkehr zwischen den bisherigen Mitgliedstaaten der Haager Zivilprozeßübereinkommen und den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises zu erleichtern, baut das Übereinkommen daher weitere Methoden der internationalen Beweisaufnahme aus. Zur Orientierung haben dabei die bilateralen Rechtshilfeverträge gedient, die Großbritannien nach 1922 mit einer Reihe von kontinental europäischen Staaten abgeschlossen hat (u.a. das deutsch-britische Abkommen über den Rechtsverkehr vom 20. März 1928 – Reichsgesetzbl. II S. 623). Das Übereinkommen trägt damit auch den Wünschen der Vereinigten Staaten Rechnung, die im Hinblick auf eigene neuere Regelungen über die internationale Rechtshilfe vorgeschlagen haben, sogenannte direkte Methoden der Beweisaufnahme im Ausland (ohne Beteiligung der Gerichte oder Behörden des Staates der Beweisaufnahme) zuzulassen, wenn die Person, die vernommen werden oder eine Urkunde vorlegen soll, freiwillig bei der Beweisaufnahme mitwirken will. a) Die Beweisaufnahme durch Konsularbeamte Artikel 15 des Übereinkommens über den Zivilprozeß von 1954 erlaubt die unmittelbare Beweiserhebung durch diplomatische oder konsularische Vertreter nur, soweit der Staat, in dem Beweis erhoben werden soll, sie in bilateralen Zusatzabkommen mit dem ersuchenden Staat zugelassen hat oder ihr nicht widerspricht. Die meisten Zusatzvereinbarungen der Bundesrepublik Deutschland zu dem Übereinkommen über den Zivilprozeß haben diese Art der Beweisaufnahme auf die Vernehmung von Angehörigen des durch den Konsul vertretenen Staates ohne Zwang und auf die Vorlage von Urkunden beschränkt. Das Übereinkommen über die Beweisaufnahme läßt in Artikel 15 die Vernehmung von Staatsangehörigen des Landes, für das der konsularische Vertreter handelt, generell zu. Es erlaubt darüber hinaus, wenn der Vertragsstaat dies genehmigt, in dem die Beweisaufnahme erfolgen soll, auch die Vernehmung von Angehörigen anderer Staaten durch konsularische Vertreter (Artikel 16 des Übereinkommens). b) Die Beweisaufnahme durch Beauftragte Die Beweisaufnahme durch Beauftragte (commissioner) ist eine im anglo-amerikanischen Recht gebräuchliche Methode der Beweisaufnahme im Ausland. Sie ist auch für die kontinental-europäischen Länder von Bedeutung, weil sie Beweise in den Vereinigten Staaten und in Großbritannien durch Beauftragte erheben lassen können; als commissioner kommen auch Mitglieder des erkennenden Gerichts in Frage. Nach anglo-amerikanischem Recht wird der commissioner durch das Prozeßgericht ernannt. In bedeutenden Verfahren vernehmen amerikanische oder englische Anwälte, die vom Prozeßgericht zum Beauftragten bestellt worden sind, Personen auf dem Gebiet eines anderen Staates. In anderen Fällen können auch geeignete Anwälte oder rechtskundige Personen des Staates der Beweisaufnahme, die die nötigen Erfahrungen haben, um Vernehmungen in einer für das Prozeßgericht verwertbaren Weise durchzuführen, zum commissioner bestellt werden. Schütze
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c) Die Beschränkung der direkten Beweisverfahren Diese Methoden der Beweisaufnahme im Ausland läßt Kapitel II des Übereinkommens über die Beweisaufnahme generell zu, weil sich das Ergebnis der Beweisaufnahme in allen Vertragsstaaten „möglichst nahtlos“ in das Verfahren vor dem Prozeßgericht einfügen soll. Dieses Ziel läßt sich am besten dadurch erreichen, daß mit dem Beweisrecht und den Beweismethoden des Staates des Prozeßgerichts vertrauten Personen gestattet wird, die Beweise im Ausland selbst zu erheben. Allerdings mußte darauf Rücksicht genommen werden, daß derartige unmittelbare Methoden der Beweisaufnahme als Eingriff in die Hoheitsrechte der Staaten angesehen werden können, in denen Beweis erhoben werden soll. Deshalb führt das Übereinkommen ein elastisches System ein. Die unmittelbare Beweisaufnahme durch den diplomatischen oder konsularischen Vertreter oder durch den Beauftragten des ausländischen Gerichts wird bestimmten Beschränkungen und Bedingungen unterworfen, die dem Staat der Beweisaufnahme eine Kontrolle zur Wahrung öffentlicher Belange und zum Schutz der zu vernehmenden Personen ermöglichen. Außerdem kann jeder Staat die Befugnisse der diplomatischen oder konsularischen Vertreter sowie der Beauftragten noch weiter einengen, aber umgekehrt auch über das Übereinkommen hinaus erweitern. Die Bundesregierung beabsichtigt, die Beweisaufnahme durch konsularische Vertreter nur insofern – entsprechend der bisherigen Praxis – zuzulassen, als deutsche Staatsangehörige nicht betroffen sind. Beauftragte sollen einer eingehenden gerichtlichen Aufsicht unterliegen (vgl. Bemerkungen zu Artikel 16, 17 und in der Begründung zu §§ 10, 11 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen). 4. Offengebliebene Auslegungsfragen Das Übereinkommen über die Beweisaufnahme klärt zwei Zweifelsfragen, die sich aus der Arbeit mit dem Übereinkommen über den Zivilprozeß von 1954 ergeben haben, nicht bzw. nur zum Teil. a) Zivil- und Handelssachen Der Begriff der Zivil- und Handelssachen wurde wie bei dem Übereinkommen über die Zustellung und in den Zivilprozeßübereinkommen von 1905 und 1954 weder im Vertragstext selbst definiert noch durch eine Regel ergänzt, welches Recht über die zivilrechtliche Natur einer Streitsache entscheidet (vgl. oben II A 6). b) Andere gerichtliche Handlungen Das Übereinkommen stellt ferner nicht positiv klar, was „andere gerichtliche Handlungen“ außer Beweisaufnahmen sind. Hierunter können Handlungen der Verfahrenshilfe fallen, so die Vornahme eines Sühnetermins in Ehesachen, eine Anhörung der Parteien oder die öffentliche Bekanntgabe einer gerichtlichen Aufforderung oder Mitteilung (Bülow-Böckstiegel, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 2. Aufl., AI 1 a 100.16 f., zu Anmerkung 55 ff.). Die weite Formulierung dient dazu, offen zu lassen, in welcher Art ein begonnenes, aber noch nicht in der Instanz abgeschlossenes gerichtliches Verfahren durch Handlungen im Ausland gefördert werden kann. Das Übereinkommen soll allen Verfahrensgestaltungen gerecht werden, die eine Hilfe im Ausland erfordern könnten. Das Übereinkommen bestimmt dafür umgekehrt, was jedenfalls nicht als „andere gerichtliche Handlung“ anzusehen ist: Die Vornahme von Handlungen, die sich unmit581
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
telbar auf eine Zustellung oder eine vorläufige oder endgültige Vollstreckungsmaßnahme richten, kann nicht verlangt werden. Es soll keine Überschneidung mit Sachgebieten eintreten, die durch andere zivilprozessuale Übereinkommen geregelt sind. 5. Vorbehalte, einseitige Erklärungen und Zusatzvereinbarungen der Vertragsstaaten Die Regelungen des Übereinkommens über die Beweisaufnahme können in weiten Teilen durch Vorbehalte, einseitige Erklärungen oder bilaterale Übereinkünfte einzelner Vertragsstaaten beeinflußt werden. Der Umfang der völkerrechtlichen Verpflichtungen der Vertragsstaaten ist daher nicht ganz einheitlich. a) Vorbehalte Vorbehalte können gegen die Übermittlung von Ersuchen in französischer oder englischer Fassung (Artikel 4 Abs. 2 des Übereinkommens) und alle oder einzelne der Bestimmungen über die Beweisaufnahme durch konsularische Vertreter und Beauftragte (Artikel 15 bis 22 des Übereinkommens) eingelegt werden. Sie müssen spätestens bei der Ratifikation oder dem Beitritt erklärt werden (Artikel 33 Abs. 1 des Übereinkommens). Alle bisherigen Vertragsstaaten außer den Vereinigten Staaten und Schweden haben Vorbehalte hinsichtlich der Sprachen von Rechtshilfeersuchen erklärt; Portugal nimmt Ersuchen weder in englischer noch französischer Sprache, Frankreich nicht in englischer, Dänemark und Norwegen nehmen sie nicht in französischer Sprache entgegen. Portugal hat den Vorbehalt gegen die Beweiserhebung durch Beauftragte und Konsuln (außer in bezug auf Angehörige des von ihnen vertretenen Staates – Artikel 15 des Übereinkommens), Dänemark gegen diejenige durch Beauftragte eingelegt (Artikel 17 des Übereinkommens). b) Erklärungen Vertragsstaaten können darüber hinaus erklären, daß sie vorprozessuale Ersuchen wegen ihres ausforschenden Charakters nicht erledigen (Artikel 23 des Übereinkommens). Von dieser Möglichkeit, die einem Vorbehalt nahekommt, haben alle bisherigen Vertragsstaaten außer den Vereinigten Staaten Gebrauch gemacht. Zahlreiche weitere Regelungen des Übereinkommens setzen Erklärungen der Vertragsstaaten voraus, z.B. die Anwesenheit von Richtern des ersuchenden Staates bei der Beweisaufnahme (Artikel 8) oder die Anwendung von Zwang bei der Beweisaufnahme durch Konsuln und Beauftragte (Artikel 18), vgl. ferner die besonderen Erklärungen zu den Sprachen, in denen Ersuchen in speziellen Fällen abgefaßt sein müssen oder allgemein sein dürfen (Artikel 4 Abs. 3, 4), oder zur Anerkennung weiterer Zeugnisverweigerungsgründe (Artikel 11 Abs. 2). Genehmigungserfordernisse im Rahmen der Beweisaufnahme durch Konsuln und Beauftragte können durch Erklärung eines Vertragsstaats geschaffen (Artikel 15 Abs. 2) oder beseitigt werden (Artikel 16 Abs. 2, Artikel 17 Abs. 2). Eine oder mehrere Erklärungen dieser Art haben alle bisherigen Vertragsstaaten abgegeben. c) Die Bundesregierung beabsichtigt, folgende Vorbehalte zu machen und Erklärungen abzugeben Gemäß Artikel 4 Abs. 2 in Verbindung mit Artikel 33 Abs. 1 des Übereinkommens sollen nur solche Rechtshilfeersuchen zur Erledigung durch deutsche Behörden entgegenSchütze
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a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
genommen werden, die entweder in deutscher Sprache abgefaßt oder von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sind (§ 8 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes) und gemäß Artikel 16 in Verbindung mit Artikel 33 Abs. 1 des Übereinkommens soll eine Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsularische Vertreter unzulässig sein, wenn sie deutsche Staatsangehörige betrifft (§ 10 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes). Neben der Notifikation der zuständigen Behörden beabsichtigt die Bundesregierung zu erklären, daß Rechtshilfeersuchen nicht erledigt werden, die ein Verfahren zum Gegenstand haben, das in den Ländern des „Common Law“ unter der Bezeichnung „pretrial discovery of documents“ bekannt ist [Artikel 23, 35 Abs. 2 Buchstabe c) des Übereinkommens] und daß Mitglieder der ersuchenden gerichtlichen Behörde eines anderen Vertragsstaats bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens anwesend sein können, wenn die zuständige Zentrale Behörde dies genehmigt hat [Artikel 8, 35 Abs. 2 Buchstabe c) des Übereinkommens, § 9 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes]. d) Zusatzvereinbarungen Zusatzvereinbarungen der Vertragsstaaten sind zum Übermittlungsweg von Ersuchen und Erledigungsstücken, zur Sprachenfrage, zur Anwesenheit von Richtern des ersuchenden Staates bei der Beweisaufnahme, zu Zeugnisverweigerungsrechten, zur Kostenerstattung und insgesamt zur Beweisaufnahme durch Konsuln und Beauftragte zulässig (Artikel 28 des Übereinkommens). e) Gründe für die variable Anlage des Übereinkommens Ohne diese Rücksicht auf nationale Besonderheiten und Bedürfnisse, die durch Vorbehalte und Erklärungen gewahrt werden, wäre es wegen der erheblichen Unterschiede in den nationalen Rechtsordnungen nicht möglich gewesen, sowohl die Länder des kontinental-europäischen wie diejenigen des anglo-amerikanischen Rechtskreises in das Übereinkommen einzubeziehen.
B. Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen Zu Artikel 1 Artikel 1 Abs. 1 enthält die grundlegende Verpflichtung der Vertragsstaaten, auf Rechtshilfeersuchen von Gerichten anderer Vertragsstaaten Beweis zu erheben oder andere gerichtliche Handlungen vorzunehmen. Bis auf kleinere Änderungen in der Formulierung ist die Fassung des Artikels 8 des Übereinkommens über den Zivilprozeß von 1954 übernommen worden. Was das Übereinkommen unter einer Beweisaufnahme versteht, läßt sich zum Teil aus Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe e) bis g) ersehen. Der Begriff der „anderen gerichtlichen Handlungen“ und seine Schranken nach Artikel 1 Abs. 3 sind oben bei III A 4 b behandelt. Der neue Absatz 2 stellt ausdrücklich klar, daß Beweisaufnahmen für andere Zwecke als zur Verwendung in einem mindestens in Aussicht genommenen Verfahren unzulässig sind. Umgekehrt folgt daraus, daß Beweisaufnahmen im Ausland nicht notwendig ein bereits anhängiges gerichtliches Verfahren zur Entscheidung der Hauptsache vor583
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aussetzen. Ersuchen müssen jedoch immer von dem nach innerstaatlichem Recht zuständigen Gericht (Abs. 1) ausgehen. Rechtshilfeersuchen durch nach nationalem Recht zuständige staatliche Gerichte für die Zwecke eines Schiedsverfahrens wie nach §§ 1045 Abs. 1, 1036 der Zivilprozeßordnung sollen durch die Formulierung des Absatzes 2 nicht ausgeschlossen werden. Artikel 23 des Übereinkommens enthält eine in Zusammenhang mit dieser Bestimmung stehende Vorschrift über Beweisaufnahmeersuchen im Rahmen der „pre-trial dicovery of documents“ nach „Common Law“. Derartige Verfahren dienen dem Zweck, einer Partei vor Beginn des eigentlichen Prozesses einen Überblick über die der Gegenseite zur Verfügung stehenden Beweismittel zu verschaffen. Sie sind nach englischem Recht nur unter strikter Kontrolle durch das Gericht zulässig, da sie zu Mißbräuchen, insbesondere zu einer Ausforschung führen können (Newman, Akten der XI. Tagung Band IV S. 156). Sie sind im kontinental-europäischen Recht allgemein nicht vorgesehen, weil die Gefahr besteht, daß dabei Wirtschafts- und Industriegeheimnisse ausgeforscht werden. Auf Vorschlag besonders der britischen Delegation läßt Artikel 23 einen Widerspruch gegen derartige Verfahren zu, der von allen bisherigen Vertragsstaaten außer den Vereinigten Staaten eingelegt worden ist. Die Bundesregierung beabsichtigt, wegen der mit dieser Art der Beweisaufnahme verbundenen Gefahren eine Erklärung nach Artikel 23 abzugeben. Zu Artikel 2 Nach Artikel 9 des Übereinkommens über den Zivilprozeß von 1954 sind Rechtshilfeersuchen auf dem konsularischen und ausnahmsweise auf dem diplomatischen Wege zu übermitteln. Durch Zusatzvereinbarungen kann der unmittelbare Weg von Gericht zu Gericht vereinbart werden. Artikel 2 des Übereinkommens über die Beweisaufnahme sieht einen einfacheren Regelübermittlungsweg vor. Gerichtliche Behörden eines Staates können sich im ersuchten Staat unmittelbar an eine Zentrale Behörde wenden. Diese Behörde übermittelt die Ersuchen nach einer Überprüfung gemäß Artikel 5 dem zur Erledigung zuständigen Gericht. Die neue Form der Übermittlung eines Rechtshilfeersuchens ist bereits in Artikel 2 des Übereinkommens über die Zustellung vorgebildet und in das Übereinkommen über die Beweisaufnahme übernommen worden. Die Aufgaben der Zentralen Behörde gemäß Artikel 24 Abs. 2 des Übereinkommens über die Beweisaufnahme sollen in der Bundesrepublik Deutschland wie nach Artikel 18 Abs. 3 des Übereinkommens über die Zustellung Behörden im Bereich der Länder übernehmen (vgl. auch oben III A 2 und § 6 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu den beiden Haager Reformübereinkommen, den die Bundesregierung gleichzeitig vorlegt). Die Zentralstellen können dann nicht nur Übermittlungs-, sondern zweckmäßigerweise auch Kontroll- und Genehmigungsbehörden sein. Das Übereinkommen bestimmt nicht, auf welchem Weg Ersuchen im Bereich der Behörden des ersuchenden Staates von dem Gericht weitergeleitet werden, das eine Beweisaufnahme im Ausland begehrt. Der ersuchende Staat kann in die Übermittlung des Ersuchens an die Zentrale Behörde des ersuchten Staates auf seiner Seite weitere Behörden einschalten, z.B. besondere Übermittlungsbehörden oder Konsulate. In Absatz 2 wird nur festgelegt, daß weitere Behörden des ersuchten Staates der Zentralen Behörde nicht vorgeschaltet werden dürfen. Andere Übermittlungswege, insbesondere der konsularische und der diplomatische Weg können für das Übereinkommen über die Beweisaufnahme durch einseitige Erklärung des Empfangsstaates nach Artikel 27 Buchstabe a) zugelassen werden. (Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, eine solche Erklärung abzugeben, vgl. oben Bemerkung A 5 und die Bemerkung zu Artikel 27 des Übereinkommens.) Schütze
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Ein Staat kann es danach auch gestatten, daß Privatpersonen die Rechtshilfeersuchen unmittelbar an seinen Gerichten einreichen (vgl. § 364 Abs. 1 Zivilprozeßordnung). Für die Übereinkommen über die Zustellung und die Beweisaufnahme sind damit im wesentlichen einheitliche und zweckmäßige Übermittlungswege sichergestellt. Die Anforderungen an den Inhalt von Rechtshilfeersuchen waren bisher nicht allgemein geregelt. Auch im neuen Übereinkommen wird nicht verlangt, daß ein Formular oder ein Mustertext verwendet wird, wie es Artikel 3 Abs. 1 des Übereinkommens über die Zustellung vorsieht. Wegen der Besonderheit jedes einzelnen Ersuchens eignen sich Formblätter für Anträge auf Beweisaufnahme nicht. Artikel 3 Abs. 1 fordert jedoch einheitlich, daß in allen Rechtshilfeersuchen die beteiligten Behörden [Buchstabe a)], die Identität der Parteien und ihrer Vertreter [Buchstabe b)] und der Streitgegenstand [Buchstabe c)] angegeben werden. Daneben ist die beantragte gerichtliche Handlung genauer zu bezeichnen [Buchstabe d)]. Je nach Art der beantragten Beweiserhebung sind nach Absatz 2 die Gegenstände, die in Augenschein zu nehmen sind, Urkunden, die geprüft werden sollen [Buchstabe g)], oder Personen näher zu bezeichnen, die vernommen werden sollen [Buchstabe e)]. Ob ein Fragenkatalog für die Vernehmung oder der Sachverhalt mitzuteilen ist [Buchstabe f)], hängt davon ab, in welchem Land und nach welchem Verfahren der Beweis zu erheben ist. Im Verkehr mit den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises sind die Fragen einzeln anzuführen. Wird eidliche Vernehmung begehrt, so ist dies ebenso anzugeben wie gegebenenfalls eine besondere Formel, mit der die Richtigkeit der Aussage versichert werden soll [Buchstabe h)]. Sollen Zeugnisverweigerungsrechte über den Rahmen derjenigen nach dem Recht des ersuchten Staates hinaus berücksichtigt werden (Absatz 3), so muß dem ersuchten Gericht der Wortlaut der maßgeblichen Rechtsgrundlagen mitgeteilt und gegebenenfalls erläutert werden (vgl. § 37 Rechtshilfeordnung für Zivilsachen). Mit ähnlicher Sorgfalt muß das ersuchte Gericht unterrichtet werden, wenn gemäß Artikel 9 des Übereinkommens besondere Formen der Beweisaufnahme nach dem Recht des ersuchenden Staates gewahrt werden sollen. Wie nach Artikel 3 Abs. 1 des Übereinkommens über die Zustellung ist keinerlei Legalisation oder Beglaubigung erforderlich. Zu Artikel 4 Nach Artikel 4 Abs. 1 des Übereinkommens über die Beweisaufnahme müssen Rechtshilfeersuchen (wie nach Artikel 10 des Zivilprozeßübereinkommens von 1954) grundsätzlich in der Amtssprache der ersuchten Behörde abgefaßt oder in diese Sprache übersetzt sein. Die Beglaubigung einer Übersetzung können nach Absatz 5 auch beeidigte Übersetzer des ersuchten Staates vornehmen. Im übrigen ist die Bestimmung neu. Absatz 3 nimmt auf Besonderheiten von Staaten mit mehreren Amtssprachen Rücksicht. Nach Absatz 2, der wichtigsten Neuerung, muß ein Staat, wenn er keinen Vorbehalt erklärt, Rechtshilfeersuchen grundsätzlich von allen Vertragsstaaten in englischer oder französischer Sprache oder mit einer Übersetzung in eine dieser Sprachen annehmen. Diese Regelung wurde damit begründet, Übersetzungen in weniger verbreitete Sprachen seien vielfach im ersuchenden Staat nur schwer zu beschaffen, umgekehrt könne im ersuchten Staat eine englische oder französische Übersetzung aus einer selten verwendeten Sprache eine solche in die Amtssprache überflüssig machen oder wenigstens erheblich erleichtern. 585
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Die Vorbehaltsmöglichkeit gegen diese Bestimmung, die auf deutschen Wunsch eingeführt wurde, ermöglicht es, Begünstigungen oder Benachteiligungen im Verhältnis zu bestimmten Gruppen von Ländern zu vermeiden. Für die Prüfung und Erledigung von Rechtshilfeersuchen, die in der Bundesrepublik Deutschland durch deutsche Stellen erledigt werden sollen, erscheint eine deutsche Fassung unerlässlich. Es kann nicht angenommen werden, daß in einer nennenswerten Anzahl von Fällen Rechtshilfeersuchen in englischer oder französischer Sprache ohne Übersetzung ins Deutsche erledigt werden können. Davon, daß im Einzelfall eine Übersetzung einmal nicht nötig wäre, darf eine allgemeine Regelung nicht ausgehen. Ist eine Übersetzung ins Deutsche anzufertigen, so kann es grundsätzlich nur Sache des ersuchenden Staates sein, hierfür zu sorgen. Im allgemeinen wird dies nicht mit erheblich größeren Schwierigkeiten verbunden sein als eine Übersetzung ins Englische oder Französische. Wurden dagegen Ersuchen in englischer oder französischer Fassung immer hier ins Deutsche übertragen, so entstünden einseitige Belastungen mit Kosten, da ausgehende Ersuchen praktisch immer aus dem Deutschen in andere Sprachen zu übersetzen wären. Die Bundesregierung beabsichtigt daher, wie Portugal und Frankreich von der Vorbehaltsmöglichkeit in vollem Umfang Gebrauch zu machen (vgl. auch § 8 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu den Übereinkommen über die Zustellung und die Beweisaufnahme im Ausland). Um den Schwierigkeiten in den Beziehungen zu Staaten, deren Sprache nicht verbreitet ist, Rechnung zu tragen, reicht die Möglichkeit aus, zweiseitige Zusatzvereinbarungen über die Sprache abzuschließen [Artikel 28 Buchstabe b)]. Auf diesem Weg kann z.B. mit Ländern, in denen eine deutsche Übersetzung schwer zu beschaffen ist, die allgemeine Verwendung der englischen oder französischen Sprache zugelassen werden und damit die mit der Regelung des Artikels 4 Abs. 2 beabsichtigte Erleichterung auf die deutschen Bedürfnisse zugeschnitten erzielt werden. Jeder Vertragsstaat kann nach Absatz 4 weitere Sprachen bekanntgeben, in denen Ersuchen an seine Behörden auch gefaßt oder in die sie übersetzt sein können. So nehmen Schweden, Norwegen und Dänemark außer Ersuchen in ihrer eigenen sowie in englischer (Schweden auch in französischer) Sprache ebenfalls solche in den anderen skandinavischen Sprachen außer Finnisch entgegen. Diese Staaten haben ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie die Erledigungsstücke nur in ihrer Amtssprache übermitteln. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, zu erklären, daß sie Ersuchen auch in einer anderen Sprache entgegennimmt. Zu Artikel 5 Die Vorschrift ist Artikel 4 des Übereinkommens über die Zustellung nachgebildet und demgegenüber dem Übereinkommen über den Zivilprozeß von 1954 neu. Sie stellt sicher, daß Verstöße eingehender Ersuchen gegen Bestimmungen des Übereinkommens bereits unmittelbar durch die Zentrale Behörde und nicht erst durch das erledigende Gericht gerügt werden können. Hier kommen z.B. in Betracht: Übermittlung von Ersuchen in anderen als Zivil- und Handelssachen durch nicht dazu befugte Stellen oder zur Vornahme gerichtlicher Handlungen, auf die das Übereinkommen nicht anwendbar ist (Artikel 1, 23), erhebliche Lücken der in jedem Ersuchen erforderlichen Angaben (Artikel 3), fehlende Übersetzungen (Artikel 4) oder Verstöße gegen bilaterale Zusatzvereinbarungen (Bericht Amram, Akten der XI. Tagung Band IV S. 206 f.) Die Ablehnung nach Artikel 5 steht neben der Möglichkeit, die Ersuchen aus den Gründen des Artikels 12 zurückzuweisen.
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Zu Artikel 6 Artikel 6 entspricht im wesentlichen Artikel 12 des Übereinkommens über den Zivilprozeß von 1954 und stellt sicher, daß fehlgeleitete Ersuchen im ersuchten Staat unverzüglich an das zuständige Gericht abgegeben werden. Zu Artikel 7 Artikel 7 bestimmt, daß Parteien, die an einer Beweisaufnahme teilnehmen wollen, über Ort und Zeit der beantragten Amtshandlung unterrichtet werden. Die Teilnahme der Parteien des Ausgangsverfahrens an der Beweisaufnahme im Ausland muß also im Gegensatz zur Teilnahme der Richter des ersuchenden Gerichts (Artikel 8) immer gestattet, die für die Ausübung dieses Rechts nötigen Informationen müssen auf Wunsch des ersuchenden Gerichts übermittelt werden. Übermittlungsweg und -art sind offengelassen worden. Zu Artikel 8 Erstmals befaßt sich ein internationales Übereinkommen mit der Teilnahme von Richtern des ersuchenden Gerichts an der Beweisaufnahme im ersuchten Staat. Da Staaten auch in der Teilnahme von Richtern an einer Beweisaufnahme eine Verletzung ihrer Hoheitsrechte sehen können, enthält das Übereinkommen keine unmittelbar anwendbare Bestimmung. Artikel 8 gestattet die Anwesenheit des ausländischen Richters nur, wenn der ersuchte Staat eine Erklärung nach dieser Vorschrift abgegeben hat. Von den bisherigen Vertragsstaaten haben nur Norwegen und Portugal eine solche Erklärung noch nicht abgegeben. Nach den Erklärungen Frankreichs und Schwedens ist die Anwesenheit des ausländischen Richters ohne weiteres, gemäß den Erklärungen der Vereinigten Staaten und Dänemarks erst nach Erteilung einer Genehmigung gestattet. Die Bundesregierung beabsichtigt, ausländischen Richtern die Teilnahme an der Beweisaufnahme zu gestatten, wenn die Zentralen Behörden dies genehmigen (vgl. die Begründung zu § 9 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu den Haager Reformübereinkommen von 1965 und 1970). Zu Artikel 9 Die Vorschrift über die Formen, die bei der Beweisaufnahme einzuhalten sind, deckt sich grundsätzlich mit dem bewährten Artikel 14 des Übereinkommens über den Zivilprozeß von 1954. Die praktische Bedeutung der Bestimmung hat sich jedoch erheblich verändert, weil sie jetzt auch das Verhältnis kontinental-europäischer Staaten zu Ländern des „Common Law“ regelt. Das Gericht verfährt bei der Beweisaufnahme grundsätzlich nach seinem eigenen Recht, wie schon Artikel 14 des Übereinkommens über den Zivilprozeß von 1954 bestimmt. Jeder Staat ist jedoch auch verpflichtet, eine Beweisaufnahme nach besonderen Verfahren des ausländischen Rechts vorzunehmen. Nach Absatz 2 kann ein solches Begehren nur abgelehnt werden, wenn die gewünschte besondere Form unvereinbar mit dem Recht des ersuchenden Staates ist oder aus Gründen des Gerichtsgebrauchs oder wegen tatsächlicher Schwierigkeiten nicht angewendet werden kann. Nach der Entstehungsgeschichte und dem Zweck der Vorschrift sind diese Vorschriften für die Ablehnung, in einer besonderen Form zu verfahren, eng auszulegen. Es muß unmöglich, nicht nur unpraktikabel sein (vgl. noch Artikel 12 Abs. 2 des Vorentwurfs, Akten der XI. Ta587
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gung Band IV S. 50), dem Begehren nach Beachtung einer besonderen Form (z.B. Zeugenvernehmung im Wege des Kreuzverhörs) zu entsprechen. Insgesamt stellt Absatz 2 einen realistischen Kompromiß zwischen der theoretisch geforderten Ideallösung einer Beweisaufnahme vor dem ausländischen Gericht in denselben Formen wie vor dem ersuchenden Gericht und den Bedürfnissen der Praxis dar, diese muß möglichst uneingeschränkt nach den eigenen, bekannten Formvorschriften zu verfahren bestrebt sein, um mit möglichst geringem Aufwand möglichst gute und gleichwertige Ergebnisse zu erzielen. Dabei darf auch das Interesse der von einer Beweisaufnahme betroffenen Person nicht übersehen werden, die sich zumeist nur auf die örtlichen Formen des Verfahrens einstellen kann. In dem neuen Absatz 3 wird besonders hervorgehoben, daß Rechtshilfeersuchen rasch zu erledigen sind. Zu Artikel 10 Artikel 10 stellt eine Neufassung des Artikels 11 Abs. 1 des Zivilprozeßübereinkommens von 1954 dar. Bei der Erledigung von Rechtshilfeersuchen sind die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Zwangsmittel wie bisher unter gleichen Voraussetzungen anwendbar wie bei nationalen Ersuchen. Auf eine besondere Bestimmung über die Anwendung von Zwang in bezug auf das Erscheinen der Parteien (Artikel 11 Abs. 1 des älteren Übereinkommens) wurde wegen der genaueren Formulierung der neuen Vorschrift verzichtet. Zu Artikel 11 Artikel 11 regelt eine im Übereinkommen über den Zivilprozeß von 1954 nicht besonders behandelte Frage des Beweisaufnahmeverfahrens. Nach Absatz 1 sind geltend gemachte Zeugnisverweigerungsrechte und Aussageverbote nach dem Recht des ersuchten wie des ersuchenden Gerichts zu beachten. Dies entspricht der deutschen Praxis. Soll das Recht des ersuchenden Staates angewendet werden, bedarf es entweder einer besonderen Anführung der Rechtsgrundlagen des Aussageverweigerungsrechts bzw. -verbots im Rechtshilfeersuchen selbst oder, auf Verlangen des ersuchten Gerichts, einer Bestätigung durch das ersuchende Gericht. Absatz 1 regelt nicht, ob die Person, die sich auf ein Aussageverweigerungsrecht beruft, ihre Befugnis zu beweisen oder glaubhaft zu machen hat. Hierbei entscheiden wie über alle nicht ausdrücklich geregelten Fragen die allgemein (Artikel 9) anwendbaren Verfahrensvorschriften. Nach Absatz 2 können Vertragsstaaten Aussageverweigerungsrechte und -verbote dritter Staaten anerkennen. Zu Artikel 12 Artikel 12 Abs. 1 enthält die Gründe, aus denen ein Ersuchen wegen einer Kollision mit bestimmten nationalen Interessen abgelehnt werden kann. Die vorrangige Wahrung der Hoheitsrechte des ersuchten Staates erkennt das Übereinkommen in Übereinstimmung mit der allgemeinen Vertragspraxis an. Auch die Befugnis zur Ablehnung, weil ein Ersuchen nicht im Rahmen der gerichtlichen Gewalt erledigt werden kann, ist aus Artikel 11 Abs. 3 des Übereinkommens über den Zivilprozeß von 1954 übernommen. Die ausdrückliche Regelung der früheren Übereinkommen über die Ablehnung eines Ersuchens, dessen Echtheit nicht feststeht, erschien praktisch bedeutungslos und daher überflüssig. Schütze
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Der neue Absatz 2 ist Artikel 13 Abs. 2 des Übereinkommens über die Zustellung nachgebildet (vgl. die Bemerkungen dazu). Ein Staat muß Rechtshilfe allgemein auch dann gewähren, wenn er für seine eigenen Gerichte in der Streitsache eine ausschließliche Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder eine dem Ausgangsverfahren entsprechende Klagemöglichkeit nicht kennt. Im Bereich der Rechtshilfe geht das Interesse des ersuchenden Staates an ordnungsgemäßer Durchführung eines Verfahrens vor. Das ersuchende Gericht muß zunächst selbst entscheiden, ob es international zuständig ist. Fehlt die internationale Zuständigkeit des ersuchenden Gerichts, so kann dies zur Ablehnung der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Entscheidung im ersuchten Staat führen. Zu Artikel 13 Die Erledigungsstücke werden dem ersuchenden Gericht auf dem Weg übermittelt, den es selbst bei der Übermittlung des Ersuchens gewählt hatte. Wird das Ersuchen ganz oder teilweise nicht erledigt, etwa nach den Artikeln 11 und 12 des Übereinkommens, so ist dies unter Angabe der Gründe der ersuchenden Behörde unverzüglich auf gleichem Wege mitzuteilen. Zu Artikel 14 Artikel 14 Abs. 1 übernimmt den Grundsatz des Artikels 16 Abs. 1 des Zivilprozeßübereinkommens von 1954, daß für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen keine Gebühren oder Auslagen verlangt werden dürfen. Absatz 2 schränkt die Ausnahmen, in denen doch Auslagen zu erstatten sind, weiter ein: Zeugenentschädigungen und Kosten für die Anwendung von Zwang gegenüber nicht erschienenen Zeugen sind nicht mehr zu erstatten. Nur noch Entschädigungen an Sachverständige einschließlich der Dolmetscher – die Klarstellung eines Auslegungsproblems zu den bisherigen Übereinkommen – und durch die Anwendung einer besonderen Beweisaufnahmeform nach Artikel 9 Abs. 2 veranlaßte Kosten sind erstattungsfähig. Dagegen stellen Absatz 3 und Artikel 26 eine Erweiterung der Ausnahmen von der grundsätzlichen Kostenfreiheit dar. Beide Bestimmungen nehmen auf die besondere Rechtslage in Ländern des „Common Law“ Rücksicht. Die Möglichkeit abweichender Bestimmungen über die Kostenbefreiung in bilateralen Vereinbarungen ergibt sich aus Artikel 28 Buchstabe f). Nach Absatz 3 kann ein Gericht, das nach seiner Rechtsordnung Beweis nicht selbst erheben kann, erst nach Einholung der Zustimmung des ersuchenden Gerichts eine dazu befähigte Person (examiner) mit der Erhebung des Beweises beauftragen. Das ersuchte Gericht hat bei der Einholung der Zustimmung die ungefähren Kosten anzugeben, die durch die Einschaltung des examiner entstehen. Nur wenn das ersuchende Gericht der Benennung des examiner in Kenntnis der zu erwartenden Kosten zustimmt, hat es diese zu erstatten. Diese von britischer Seite als unerläßlich dargestellte Regelung enthält für den Fall keine Lösung, daß die Zustimmung nicht erteilt wird. Artikel 26 erlaubt es über Artikel 14 Abs. 3 hinaus einem Staat, aus verfassungsrechtlichen Gründen von einem ersuchenden Staat zu verlangen, daß dieser die Kosten für die Zustellung einer Ladung und die Entschädigung der zu vernehmenden Person sowie die Kosten für die Erstellung der Niederschrift über die Vernehmung im Einzelfall erstattet. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben wegen ihrer besonderen Verfassungslage auf dieser Ausnahmevorschrift bestanden. Die Mehrzahl der Verhandlungsdelegationen ging jedoch von der Erwartung aus, daß die Vereinigten Staaten die notwendigen öffent589
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lichen Mittel zur Verfügung stellen, um sich nicht auf diese Bestimmung berufen zu müssen (Bericht Amram, Akten der XI. Tagung Band IV S. 211).
VORBEMERKUNGEN ZU ARTIKEL 15 BIS 22 Die wichtigste Neuerung des Übereinkommens über die Beweisaufnahme im Ausland gegenüber dem Übereinkommen über den Zivilprozeß von 1954 ist die eingehende Regelung der Beweisaufnahme im Ausland ohne Inanspruchnahme der Gerichte des Staates, in dem Beweis erhoben werden soll. Diese Art der Beweisaufnahme hat für die Länder des common law erheblich größere Bedeutung als diejenige im Wege des Kapitels I vermittels Rechtshilfeersuchen. Kontinentaleuropäische Vertragsstaaten sehen es als einen – in seiner Bedeutung unterschiedlich eingeschätzten – Eingriff in ihre Hoheitsrechte an, wenn Organe eines anderen Staates auf ihrem Hoheitsgebiet Beweise aufnehmen. Das Übereinkommen trägt der verschiedenen Einstellung der Vertragsstaaten hierzu dadurch Rechnung, daß es Vorbehalte zu allen Bestimmungen des II. Kapitels erlaubt. Auch die zugelassenen Erklärungen der Staaten zu den grundlegenden Artikeln 15 bis 18 können die prinzipiell unmittelbar geltenden Regeln des Übereinkommens einseitig, aber ohne Gegenseitigkeitswirkungen einschränken oder auch ausweiten. Einen Vorbehalt gegen das II. Kapitel, von dem nur Artikel 15 ausgenommen ist, hat nur Portugal, einen solchen gegen die Beweisaufnahme durch Beauftragte (Artikel 17) Dänemark eingelegt. Frankreich hat besonders eingehende Erklärungen abgegeben; es läßt die konsularische Beweisaufnahme gegenüber eigenen Staatsangehörigen nach Artikel 16 nicht zu. Vertragsstaaten können schließlich bilateral diese Art der Beweisaufnahme ohne jede Bindung an das II. Kapitel eigenständig regeln [Artikel 28 Buchstabe g)]. Die Erklärungen, die die Bundesregierung zu den Vorschriften des II. Kapitels abgeben will, sind oben unter A 5 aufgeführt und bei den einzelnen Vorschriften erläutert. Nach Artikel 5 Buchstabe j) des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen (Bundesgesetzbl. 1969 II S. 1585), dem viele Vertragsstaaten des Übereinkommens über den Zivilprozeß von 1954 und bis auf Norwegen alle bisherigen Vertragsstaaten des Übereinkommens über die Beweisaufnahme angehören, können konsularische Beamte Rechtshilfeersuchen gemäß den bestehenden internationalen Übereinkünften erledigen. Bei Fehlen solcher Übereinkünfte bestimmen sich die Schranken der grundsätzlich eingeräumten Befugnis der Konsuln zur Durchführung von Beweisaufnahmen nach dem Recht des Staates, in dem sie ihre Aufgaben wahrnehmen. Hierauf verweist § 4 des Konsulargesetzes vom 11. September 1974 (Bundesgesetzbl. 1974 II S. 2317) auch für Vernehmungen durch deutsche konsularische Beamte. Zu Artikel 15 Nach Artikel 15 Abs. 1 des Übereinkommens über die Beweisaufnahme können diplomatische oder konsularische Vertreter eines Vertragsstaats (wie nach § 15 Abs. 3 Satz 4 des Konsulargesetzes) ohne Anwendung von Zwang auf dem Hoheitsgebiet anderer Vertragsstaaten in ihrem Amtsbereich Beweisaufnahmen unter bestimmten Voraussetzungen durchführen. Es muß sich um ein Verfahren handeln, das vor einem Gericht eines von ihnen allgemein (auch im Wege der Schutzmachtvertretung) vertretenen Staates anhängig ist. Die durchzuführende Beweisaufnahme darf sich nur auf Staatsangehörige eines von dem Konsul vertretenen Staates beziehen. Eine ausdrückliche Klarstellung für Schütze
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den Fall, daß die zu vernehmende Person staatenlos ist oder mehr als eine Staatsangehörigkeit besitzt, hielt die Dritte Kommission der XI. Tagung der Haager Konferenz nicht für erforderlich. Das Übereinkommen enthält auch keine Kollisionsregelung. Nach allgemeinen Grundsätzen entscheidet das Recht des Staates, in dem eine Person vernommen werden soll, darüber, ob sie diesem Staat angehört (Bericht Amram, Akten der XI. Tagung Band IV S. 216 zu Artikel 16 des Übereinkommens, vgl. auch z.B. Artikel 7 Abs. 1 Satz 2 der deutsch-französischen Zusatzvereinbarung vom 6. Mai 1961 zum Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß von 1954 – Bundesgesetzbl. 1961 II S. 1040). Demnach kann eine Person, die neben der Staatsangehörigkeit des Entsendestaates nach dem Recht des Empfangsstaates auch dessen Staatsangehörigkeit besitzt, nicht nach Artikel 15 Abs. 1 vernommen werden. Für die Beweisaufnahme durch Diplomaten oder Konsuln ist eine Genehmigung durch Behörden des Staates, in dem die Beweisaufnahme durchgeführt werden soll, nur erforderlich, wenn dieser Staat eine Erklärung nach Artikel 15 Abs. 2 abgegeben hat. Eine solche Erklärung haben entgegen den Erwartungen des Berichts (Bericht Amram, Akten der XI. Tagung Band IV S. 212) bisher Dänemark, Norwegen, Schweden und Portugal abgegeben. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, eine solche Erklärung abzugeben (vgl. § 10 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes). Allgemeine Bestimmungen über die Befugnisse bei der Beweisaufnahme nach Artikel 15 und ihre Grenzen enthalten die Artikel 19 bis 21. Zu Artikel 16 Unter gleichen Voraussetzungen wie nach Artikel 15 können Angehörige des Gaststaats oder eines dritten Staates nach Artikel 16 Abs. 1 nur mit vorheriger Genehmigung und unter Beachtung der in der Genehmigung angegebenen Bedingungen vernommen werden. Die Genehmigung kann allgemeiner Art sein, also generell bestimmte Schranken personeller oder sachlicher Art für die Zulässigkeit dieser Form der Beweisaufnahme festsetzen, so daß Beweisaufnahmen innerhalb dieses Rahmens ohne besondere Zustimmung erlaubt sind. Sie kann auch für jeden Einzelfall gefordert werden. Bisher haben nur die Vereinigten Staaten nach Absatz 2 erklärt, daß sie auf das Genehmigungserfordernis verzichten. In der Bundesrepublik soll die Beweisaufnahme nach dieser Vorschrift auf Personen beschränkt werden, die nicht deutsche Staatsangehörige sind. Dies ist zum Schutz der eigenen Staatsangehörigen und zur Wahrung der deutschen Hoheitsrechte erforderlich, in die eine Vernehmung deutscher Staatsangehöriger in weit stärkerem Maß eingreift als eine Beweisaufnahme in bezug auf fremde Staatsbürger. Deutsche Zeugen sollen grundsätzlich im Wege des Rechtshilfeersuchens nach Kapitel I des Übereinkommens vernommen werden. Ließe man die konsularische Beweisaufnahme in weiterem Umfang zu, so müßte ihre Überwachung durch deutsche Stellen in einer mit dem Zweck dieser Art der Beweisaufnahme kaum zu vereinbarenden Weise eingehend geregelt werden (vgl. die Begründung zu § 5 und § 10 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes). Die konsularische Vernehmung von Angehörigen dritter Staaten und von Staatenlosen in der Bundesrepublik soll von einer jeweils im Einzelfall einzuholenden Genehmigung abhängig gemacht werden. Dabei soll außer dem Gesichtspunkt der ordre public geprüft werden, ob zum Schutz der zu vernehmenden Personen Auflagen erforderlich sind. Vorschläge über die Zuständigkeit für die Erteilung und die allgemeinen Grundsätze der Genehmigung enthält der Entwurf eines Ausführungsgesetzes zu den beiden Haager Reformübereinkommen in §§ 10 bis 12. Durch die Einschaltung einer Justizbehörde können die öffentlichen und privaten Belange gewahrt werden, dies rechtfertigt es, die 591
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
Vernehmung selbst in weiterem Umfang als bisher den ausländischen Konsulaten zu überlassen. Die Erklärung, die von der Bundesregierung zu Artikel 16 Abs. 1 des Übereinkommens abgegeben werden soll, ist oben unter A 5 aufgeführt. Zu Artikel 17 Artikel 17 regelt die bisher in Rechtshilfeverträgen der Bundesrepublik Deutschland nicht behandelte Beweisaufnahme durch commissioner (zu Begriff und Bedeutung s. Bemerkungen oben zu III A 3). Diese Art der Beweisaufnahme kann besonders dann zweckmäßig sein, wenn in größeren Verfahren in weit auseinanderlegenden Gebieten eines ausländischen Staates oder sogar in mehreren ausländischen Staaten Beweis erhoben werden soll. Ein commissioner kann ohne besondere Umstände die Vorschriften und die Praxis des Prozeßgerichts auch bei der Vernehmung im Ausland beachten. Die Ergebnisse seiner Beweisaufnahme sind im Ausgangsverfahren deshalb gut verwertbar. Das Übereinkommen regelt nicht, wann eine Beweisaufnahme durch commission zulässig ist. Das bestimmt sich weiter nach nationalem Recht jedes Staates. Die Beweisaufnahme durch commissioner bringt für viele kontinental-europäische Staaten Probleme, weil Fragen der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt berührt werden. Sie steht daher unter den gleichen Schranken wie die Beweisaufnahme durch konsularische oder diplomatische Vertreter (Artikel 16). Für die Bundesrepublik Deutschland soll diese Art der Beweisaufnahme einem Genehmigungsverfahren unterworfen werden, das in §§ 11, 12 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu den Haager Reformübereinkommen geregelt wird. Die Bundesregierung beabsichtigt, eine Erklärung nach Abs. 2 abzugeben (vgl. oben A 5). Zuständig für die Erteilung der Genehmigung sollen die Zentralen Behörden sein, die auch Beweisaufnahmen durch Diplomaten oder Konsuln genehmigen. Eine Privatperson, die im Einzelauftrag des ausländischen Gerichts handelt, kann während des gesamten Ablaufs der Erledigung der Beweisaufnahme einer eingehenden richterlichen Kontrolle unterworfen werden (vgl. § 11 Abs. 2 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes). Deshalb muß diese Beweisaufnahmeart nicht auf die Vernehmung fremder Staatsangehöriger beschränkt werden. Der Vorbehalt der Einzelfallgenehmigung soll darauf hinweisen, daß die Beweisaufnahme durch commissioner nur in Fällen erfolgen soll, in denen andere Verfahren der Beweisaufnahme im Ausland weniger geeignet waren. Aus diesem Grund kann darauf verzichtet werden, das Verfahren durch Einlegung eines Vorbehalts generell für unzulässig zu erklären und nur in bilateralen Zusatzvereinbarungen zuzulassen. Zu Artikel 18, 22 Commissioner und diplomatische oder konsularische Vertreter dürfen nach Artikel 15 bis 17 Beweisaufnahmen nur ohne Anwendung von Zwang durchführen. Kann die Beweisaufnahme nicht ohne Zwang erfolgen, so kann Beweis nur durch die Gerichte des Staates der Beweisaufnahme erhoben werden. Das sagt Artikel 22 zur Klarstellung ausdrücklich. Die Vorschrift hat ihr Vorbild in entsprechenden Bestimmungen der Rechtshilfeverträge, die Großbritannien mit verschiedenen Staaten abgeschlossen hat, z.B. Artikel 13 des deutsch-britischen Abkommens vom 20. März 1928 – Reichsgesetzbl. II S. 623. Jeder Vertragsstaat kann jedoch nach Artikel 18 des Übereinkommens erklären, daß er Beweisaufnahmen durch Vertreter des ausländischen Prozeßgerichts durch Zwangsmaßnahmen unterstützt, die in seinem Recht vorgesehen sind. Hierdurch können vor allem diejenigen Staaten, die Beweisaufnahmen nicht unmittelbar durch die eigenen Gerichte erledigen können, Gelegenheit geben, Beweisaufnahmen auf ihrem Gebiet unSchütze
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ter Anwendung von Zwang zu erledigen. Dadurch wird eine substantielle Gegenseitigkeit der Beweisaufnahme nach verschiedenen Rechtssystemen ermöglicht. Im Übereinkommen selbst ein unmittelbar geltendes System von Zwangsmaßnahmen anzuordnen, erschien unrealistisch. Die Erklärung nach Artikel 18 Abs. 1 kann Bedingungen enthalten, z.B. zur Einhaltung der Gegenseitigkeit. Bisher haben nur die Vereinigten Staaten erklärt, daß sie Beweisaufnahmen durch Vertreter eines ausländischen Gerichts durch Zwangsmaßnahmen unterstützen werden. Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, in naher Zukunft eine solche Erklärung abzugeben. Die Beweisaufnahme nach Kapitel II des Übereinkommens weicht in bezug auf die Vernehmungspersonen so erheblich von den allgemeinen Beweisverfahren ab, daß sie zumindest derzeit nur Personen zugemutet werden kann, die mit dieser Verfahrensweise einverstanden sind. Weitere Erfahrungen müssen zeigen, ob die im Übereinkommen selbst und durch Genehmigungsvorbehalte und Aufsichtsmöglichkeiten festgelegten Schranken die Beteiligten so wirksam schützen, daß eine solche Beweisaufnahme auch gegen ihren Willen durchgeführt werden kann. Zu Artikel 19 bis 21 Zum Schutz der Personen, die von einer Beweisaufnahme nach dem II Kapitel betroffen sind, und zur Sicherung der erforderlichen Kontrolle durch Behörden des Staates, in dem die Beweisaufnahme stattfindet, bestimmen die Artikel 19 bis 21 näher die Umstände bei einer solchen Beweisaufnahme. Alle Personen, die durch eine Beweisaufnahme nach Kapitel II betroffen werden, können die Anwesenheit eines Rechtsberaters bei ihrer Vernehmung zum eigenen Schutz verlangen (Artikel 20). Rechtsberater im Sinne des Artikels 20 des Übereinkommens sind die jeweils nach dem Recht des Staates, in dem die Beweisaufnahme stattfindet, zu einer derartigen beratenden Tätigkeit befugten Personen. Sie müssen in der Ladung zur Beweisaufnahme darauf hingewiesen und – außer im Fall des Artikels 18 – belehrt werden, daß sie nicht erscheinen müssen [Artikel 21 Buchstabe c)]. Auf Aussageverweigerungsrechte sind sie hinzuweisen [Artikel 11, 21 Buchstabe e)]. In der Ladung ist die Sprache des Ortes der Beweisaufnahme zu verwenden. Dies gilt nicht gegenüber Angehörigen des Staates des Ausgangsverfahrens. Von außerordentlicher Bedeutung ist es, daß diplomatische oder konsularische Vertreter und Beauftragte nach Artikel 21 Buchstabe a) des Übereinkommens Beweise nur aufnehmen können, soweit dies nicht mit dem Recht des Staates, in dem der Beweis aufgenommen werden soll, unvereinbar ist. Damit wird sichergestellt, daß bei dieser Beweisaufnahme die zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts beachtet werden. Vor allem werden nicht nur Beweisaufnahmen im Verfahren des pre-trial discovery of documents, zu dem die Bundesregierung eine Erklärung nach Artikel 23 des Übereinkommens abgeben wird, unzulässig sein, sondern auch andere Beweisaufnahmen im Rahmen des pre-trial discovery-Verfahrens, soweit diese Verfahren nach deutschem Recht als unzulässige Ausforschung anzusehen wären. Darauf wird bei der Genehmigung von Beweisaufnahmen durch Beauftragte besonders zu achten sein. Im übrigen können die Behörden, die Entscheidungen nach Artikel 15 bis 18 treffen, für die Beweisaufnahme Bedingungen jeder Art stellen, insbesondere in bezug auf Ort und Zeit der Beweiserhebung (Artikel 19). Verlangt ein Staat, daß er rechtzeitig von einer Beweisaufnahme Mitteilung erhält, so erwächst ausdrücklich die Befugnis, daß ein Vertreter der Behörde des Gaststaates an der Beweisaufnahme teilnehmen kann. Hierdurch soll gewährleistet werden, daß die Grenzen des Übereinkommens eingehalten und die zwingenden Grundsätze im Staat der Beweisaufnahme beachtet werden, die im Rahmen 593
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
der Genehmigungsbedingungen schwer allgemein zu formulieren sind [Artikel 21 Buchstabe a)]. Konsul und commissioner können innerhalb dieser Grenzen Beweis in gleichem Umfang wie im Rahmen von Rechtshilfeersuchen, insbesondere nach den Formen des Rechts des ersuchenden Gerichts erheben und einen Eid oder eine „Versicherung der Richtigkeit der Aussage“, die in vielen Staaten anstelle des in religiöser Form geleisteten Eides abzugeben ist, abnehmen [Artikel 21 Buchstaben a), d)]. Da die Übung des Staates, in dem die Beweisaufnahme stattfindet, hier keine Schranke für die Beweisaufnahme darstellt, kann auf diese Weise bei entsprechenden Qualifikationen der beweiserhebenden Person eine für das Prozeßgericht besonders gut verwertbare Beweiserhebung besorgt werden. Kostenrechtliche Bestimmungen hielt die Haager Konferenz für die Fälle des Kapitels II nicht für erforderlich. Soweit für den Staat, in dem Beweis erhoben wird, überhaupt Kosten entstehen, kann darauf im Rahmen der Genehmigungsbedingungen Rücksicht genommen werden. Zu Artikel 23 bis 26 Artikel 23 ist bereits im Zusammenhang mit Artikel 1, Artikel 26 bei Artikel 14 erörtert, auf Artikel 24 bei Artikel 2 eingegangen worden. Artikel 24 Abs. 1 entspricht Artikel 18 des Übereinkommens über die Zustellung und soll den besonderen Verhältnissen im Vereinigten Königreich Rechnung tragen, dessen Territorium in verschiedene Rechtsgebiete unterteilt ist. Artikel 25 gibt Staaten mit mehreren Rechtssystemen die Möglichkeit, die Behörden eines dieser Systeme als ausschließlich zuständig für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen zu bestimmen. Gedacht ist vor allem an die Vereinigten Staaten von Amerika, denen es dieser Artikel ermöglichen soll, durch innerstaatliche Maßnahmen etwa zu bestimmen, daß alle ausländischen Rechtshilfeersuchen nach Kapitel I des Übereinkommens durch Bundesgerichte erledigt werden. Eine solche Beschränkung könnte es den Vereinigten Staaten erleichtern, von einer Sonderregelung für die Kostenerstattung nach Artikel 26 abzusehen. Zu Artikel 27 Artikel 27 soll sicherstellen, daß zusätzliche Möglichkeiten oder Erleichterungen für die Beweisaufnahme im Rechtshilfeweg nach nationalem Recht gegenüber den Vorschriften des Übereinkommens erhalten bleiben können. Vertragsstaaten können nach Buchstabe a) erklären, daß Rechtshilfeersuchen zusätzlich zu dem einseitig nicht abdingbaren Weg über die Zentrale Behörde auch auf anderen Wegen übermittelt werden können, z.B. auf dem konsularischen Weg (dies hat Dänemark erklärt), im unmittelbaren Geschäftsverkehr vom ersuchenden zum ersuchten Gericht oder direkt von einer Prozeßpartei (Bericht Amram, Akten der XI. Tagung Band IV S. 215) wie nach § 364 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung. Ohne ausdrückliche Erklärung können Vertragsstaaten in Übereinstimmung mit ihrer innerstaatlichen Übung geringere Anforderungen an die Beweisaufnahme für ausländische Verfahren stellen, als sie sich aus dem Übereinkommen im übrigen ergeben [Buchstabe b)]. Zum Beispiel ist zu erwarten, daß die Vereinigten Staaten eine Beweisaufnahme nach § 364 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung zulassen werden. Entsprechend Artikel 19 des Übereinkommens über die Zustellung können Vertragsstaaten schließlich nach Buchstabe c) weitere Arten der Beweisaufnahme über diejenigen des ÜbereinkomSchütze
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a. cc. Haager Übereinkommen über die Zustellung
mens hinaus zulassen, etwa durch Anwälte der Parteien oder unmittelbar durch Mitglieder des ersuchenden Gerichts, nicht nur nach Artikel 8 in ihrer Anwesenheit (Bericht Amram, Akten der XL. Tagung Band IV S. 215). Die Bundesregierung beabsichtigt nicht, Erklärungen nach Artikel 27 des Übereinkommens abzugeben. Zu Artikel 28 bis 32 Artikel 28 bis 32 regeln das Verhältnis des Übereinkommens zu anderen völkerrechtlichen Vereinbarungen. Wie Artikel 9 Abs. 4 des Übereinkommens über den Zivilprozeß und Artikel 11 des Übereinkommens über die Zustellung läßt Artikel 28 Buchstabe a) bilaterale Vereinbarungen zwischen Vertragsstaaten zu, die einen anderen Übermittlungsweg für Rechtshilfeersuchen festlegen, insbesondere den unmittelbaren Geschäftsverkehr zulassen. Wie Artikel 20 des Übereinkommens über die Zustellung führt Artikel 28 die weiteren Bestimmungen, von denen in Zusatzvereinbarungen abgewichen werden kann, im einzelnen auf. Artikel 32 läßt entsprechend Artikel 25 des Übereinkommens über die Zustellung grundsätzlich andere völkerrechtliche Vereinbarungen über die Beweisaufnahme im Ausland dem Übereinkommen vorgehen. Die Vorschrift dient insbesondere dazu, die bilateralen Rechtshilfeverträge des Vereinigten Königsreichs, u.a. mit Deutschland (Abkommen vom 20. März 1928 – Reichsgesetzbl. II S. 623) auch nach der Ratifikation des Übereinkommens durch Großbritannien bestehen zu lassen. Das Übereinkommen ersetzt jedoch, soweit Staaten auch den früheren Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß angehören, im Verhältnis zwischen diesen Staaten wie nach Artikel 22 des Übereinkommens über die Zustellung und Artikel 29 des Zivilprozeßübereinkommens die früheren Bestimmungen mit gleichem Regelungsgegenstand (Artikel 29). Unberührt bleibt die Einschränkung der Kostenerstattungspflicht für Auslagen in Armenrechtsfällen nach den früheren Übereinkommen (Artikel 30, der Artikel 23 des Übereinkommens über die Zustellung entspricht). Zusatzabkommen zu den früheren Übereinkommen bleiben vorbehaltlich abweichender Vereinbarung der betreffenden Staaten auch für das Übereinkommen über die Beweisaufnahme anwendbar (Artikel 31). Mit Ausnahme zu Portugal und den Vereinigten Staaten von Amerika bestehen daher für die Bundesrepublik Deutschland zu allen bisherigen Vertragsstaaten bilaterale Zusatzverträge (vgl. die Zusammenstellung oben bei 11). Zu Artikel 33 bis 36 Die Bundesregierung beabsichtigt, den in Artikel 33 Abs. 1 zugelassenen Vorbehalt gegen die Verwendung der englischen und französischen Sprache in Ersuchen (Artikel 4 Abs. 2) einzulegen (vgl. die Erläuterungen zu Artikel 4 des Übereinkommens) und durch eine Erklärung die Anwendung der konsularischen Beweisaufnahme (Artikel 16) auf den Bereich zu beschränken, in dem deutsche Staatsangehörige nicht betroffen sind (vgl. die Erläuterungen zu Artikel 16 des Übereinkommens). Erklärungen nach Artikel 35 können (anders als Vorbehalte) jederzeit abgegeben und nach Artikel 34 ohne zeitliche Beschränkung geändert oder – wie Vorbehalte nach Artikel 33 Abs. 2 – zurückgezogen werden. Artikel 33 Abs. 3 des Übereinkommens stellt sicher, daß Vorbehalte in engem Sinne nicht zu einer einseitigen Begünstigung des Staates führen können, der sie erklärt. Ein 595
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Vertragsstaat, der einen Vorbehalt eingelegt hat, kann sich gegenüber anderen Vertragsstaaten nicht in weiterem Umfang auf das Übereinkommen berufen, als er selbst daran gebunden ist. Gemäß Artikel 36 sind Schwierigkeiten bei der Anwendung des Übereinkommens wie nach Artikel 9 Abs. 2 des Zivilprozeßübereinkommens und Artikel 14 des Übereinkommens über die Zustellung auf diplomatischem Wege beizulegen. Zu Artikel 37 bis 42 Artikel 37 bis 42 enthalten die üblichen Schlußbestimmungen der Haager Übereinkommen. Das Übereinkommen über die Beweisaufnahme ist in französischer und englischer Sprache abgefaßt, wobei jeder Wortlaut authentisch ist. Die Übersetzung in die deutsche Sprache ist mit Österreich und der Schweiz abgestimmt.
2. a. cc. β. Ausführungsgesetz v. 22.12.1977 (BGBl. I 1977, S. 3105)
ERSTER TEIL Vorschriften zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen §1 Die Aufgaben der Zentralen Behörde (Artikel 2, 18 Abs. 3 des Übereinkommens) nehmen die von den Landesregierungen bestimmten Stellen wahr. Jedes Land kann nur eine Zentrale Behörde einrichten. §2 Für die Entgegennahme von Zustellungsanträgen, die von einem ausländischen Konsul innerhalb der Bundesrepublik Deutschland übermittelt werden (Artikel 9 Abs. 1 des Übereinkommens), sind die Zentrale Behörde des Landes, in dem die Zustellung bewirkt werden soll, und die Stellen zuständig, die gemäß § 1 des Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß vom 18. Dezember 1958 (BGBl. I S. 939) zur Entgegennahme von Anträgen des Konsuls eines ausländischen Staates zuständig sind. §3 Eine förmliche Zustellung (Artikel 5 Abs. 1 des Übereinkommens) ist nur zulässig, wenn das zuzustellende Schriftstück in deutscher Sprache abgefaßt oder in diese Sprache übersetzt ist.
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§4 (1) Die Zentrale Behörde ist befugt, Zustellungsanträge unmittelbar durch die Post erledigen zu lassen, wenn die Voraussetzungen für eine Zustellung gemäß Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe a des Übereinkommens erfüllt sind. In diesem Fall händigt die Zentrale Behörde das zu übergebende Schriftstück der Post zur Zustellung aus. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Zustellung von Amts wegen gelten entsprechend. (2) Im übrigen ist für die Erledigung von Zustellungsanträgen das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Zustellung vorzunehmen ist. Die Zustellung wird durch die Geschäftsstelle des Amtsgerichts bewirkt. §5 Das Zustellungszeugnis (Artikel 6 Abs. 1, 2 des Übereinkommens) erteilt im Fall des § 4 Abs. 1 die Zentrale Behörde, im übrigen die Geschäftsstelle des Amtsgerichts. §6 Eine Zustellung durch diplomatische oder konsularische Vertreter (Artikel 8 des Übereinkommens) ist nur zulässig, wenn das Schriftstück einem Angehörigen des Absendestaates zuzustellen ist. Eine Zustellung nach Artikel 10 des Übereinkommens findet nicht statt.
ZWEITER TEIL Vorschriften zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen §7 Die Aufgaben der Zentralen Behörde (Artikel 2, 24 Abs. 2 des Übereinkommens) nehmen die von den Landesregierungen bestimmten Stellen wahr. Jedes Land kann nur eine Zentrale Behörde einrichten. §8 Für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Amtshandlung vorzunehmen ist. §9 Rechtshilfeersuchen, die durch das Amtsgericht zu erledigen sind (Kapitel I des Übereinkommens), müssen in deutscher Sprache abgefaßt oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet sein (Artikel 4 Abs. 1, 5 des Übereinkommens). § 10 Mitglieder des ersuchenden ausländischen Gerichts können bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens durch das Amtsgericht anwesend sein, wenn die Zentrale Behörde dies genehmigt hat. 597
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§ 11 Eine Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsularische Vertreter ist unzulässig, wenn sie deutsche Staatsangehörige betrifft. Betrifft sie Angehörige eines dritten Staates oder Staatenlose, so ist sie nur zulässig, wenn die Zentrale Behörde sie genehmigt hat (Artikel 16 Abs. 1 des Übereinkommens). Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn der Angehörige eines dritten Staates zugleich die Staatsangehörigkeit des Staates des ersuchenden Gerichts besitzt. § 12 (1) Ein Beauftragter des ersuchenden Gerichts (Artikel 17 des Übereinkommens) darf eine Beweisaufnahme nur durchführen, wenn die Zentrale Behörde sie genehmigt hat. Die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. (2) Das Gericht, das für die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens in derselben Angelegenheit nach § 8 zuständig wäre, ist befugt, die Vorbereitung und die Durchführung der Beweisaufnahme zu überwachen. Ein Mitglied dieses Gerichts kann an der Beweisaufnahme teilnehmen (Artikel 19 Satz 2 des Übereinkommens). § 13 Für die Erteilung der Genehmigung nach den §§ 10, 11 und 12 (Artikel 19 des Übereinkommens) ist die Zentrale Behörde des Landes zuständig, in dem die Beweisaufnahme durchgeführt werden soll. § 14 (1) Rechtshilfeersuchen, die ein Verfahren nach Artikel 23 des Übereinkommens zum Gegenstand haben, werden nicht erledigt. (2) Jedoch können, soweit die tragenden Grundsätze des deutschen Verfahrensrechts nicht entgegenstehen, solche Ersuchen unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen erledigt werden, nachdem die Voraussetzungen der Erledigung und das anzuwendende Verfahren durch Rechtsverordnung näher geregelt sind, die der Bundesminister der Justiz mit Zustimmung des Bundesrates erlassen kann.
DRITTER TEIL Sonstige Bestimmungen § 15 Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die nach den §§ 1 und 7 dieses Gesetzes errichteten Zentralen Behörden als die Stellen zu bestimmen, die gemäß den §§ 1 und 3 Abs. 2 des Gesetzes vom 5. April 1909 zur Ausführung des Haager Abkommens über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 (RGB1 1909 S. 430) und gemäß den §§ 1 und 9 des Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß zur Entgegennahme von Anträgen und Ersuchen des Konsuls eines ausländischen Staates zuständig sind.
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a. dd. Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme
§ 16 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes. § 17 Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
2. a. dd. Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18.3.1970 (BGBl. II 1977, S. 1472) a. dd. Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme Vorbemerkung: Das Übereinkommen hat das Haager Zivilprozessübereinkommen im Rahmen seines Geltungsbereichs ersetzt. Mit ihm hat die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht die Reform des Haager Zivilprozessübereinkommens beendet.1 Dem Übereinkommen unterfallen alle Maßnahmen des Beweiserhebungsverfahrens, so – die Vorlegung von Dokumenten und Sachen im weitesten Sinne, die sich im Besitz der anderen Partei oder Dritter befinden und die Einsichtnahme darin, – die Augenscheinseinnahme von Personen, Fabrikanlagen pp., – die Vernehmung von Zeugen und Parteien, – die schriftliche Befragung nach US-amerikanischem Prozessrecht (interrogatories) pp. Deutschland hat zulässigerweise einen Vorbehalt dahin erklärt, dass Rechtshilfeersuchen nicht erledigt werden, die ein Verfahren zum Gegenstand haben, das in den Ländern des common law als „pre-trial discovery of documents“ praktiziert wird. Auch das Haager Beweisübereinkommen kennt die Zentrale Behörde2 zur Abwicklung des Rechtshilfeverkehrs (Art. 2). Der ordre public Vorbehalt in Art. 12 hindert die Rechtshilfe für eine Beweiserhebung, die gegen die Grundprinzipien des deutschen Rechts verstößt, z.B. eine unzulässige Ausforschung zum Gegenstand hat.3 Geltungsbereich: Argentinien, Australien, Barbados, Belarus, Bulgarien, China, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Israel, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Mexiko, Monaco, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Singapur, Slowakei, Slowenien, Spanien, Sri Lanka, Südafrika, Tschechische Republik, Tschechoslowakei (ehemalige), Türkei, Ukraine, Ungarn, Venezuela, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten, Zypern Schrifttum: Ahrens Grenzüberschreitende selbständige Beweisverfahren – eine Skizze, FS Schütze 1999, S. 1 ff.; Arnold Die Ergebnisse der Zehnten Tagung der Haager Konferenz für internationales Privatrecht auf dem Gebiet des internationalen Zivilprozessrechts, AWD 1965, 205 ff.; Batiffol La onzième session
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1 Vgl. zur Geschichte der Reformarbeiten Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 370.1 ff. 2 Vgl. zu den zuständigen Behörden Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 371.2 ff., Fn. 2. 3 Vgl. Schütze DIZPR, Rdn. 237; a. A. Martens Erfahrungen mit Rechtshilfeersuchen aus den USA nach dem Haager Beweisaufnahmeübereinkommen, RIW/AWD 1981, 725 ff.; Stürner, Rechtshilfe nach dem Haager Beweisübereinkommen für Common Law-Länder, JZ 1981, 521 ff.
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de la Conference de la Haye de droit international privé, Rev. crit. 1969, 215 ff.; Blaschczok Das Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen, 1986; Böckstiegel/Schlafen Die Haager Reformabkommen über die Zustellung und die Beweisaufnahme im Ausland, NJW 1978, 1073 ff.; Brandt Vorschläge zum Erlass einer Urkundenvorlage-Verordnung nach dem Haager Beweisaufnahme-Übereinkommen, 1987; Daoudi Extraterritoriale Beweisbeschaffung im deutschen Zivilprozess, 2000; Geimer (E), Internationale Beweisaufnahme, 1998; Heck Die Haager Konvention über die Beweisaufnahme im Ausland aus der Sicht der amerikanischen Prozessgerichte sowie der amerikanischen Regierung, ZVglRWiss 94 (1985), 208 ff.; Heck U.S. Misinterpretation of the Hague Evidence Convention, 24 Colum.J.Transnat’l L 231 (1986); Heidenberger Ein Beispiel amerikanischer Rechtsprechung zum Haager Beweisaufnahmeübereinkommen, RIW 1985, 270 ff.; Heidenberger Haager Beweisübereinkommen und Urkundenvorlage deutscher Parteien in den USA, Konsequenzen der Entscheidung Anschütz für Prozessparteien vor amerikanischen Gerichten, RIW 1985, 437 ff.; Heidenberger US Supreme Court zum Haager Beweisübereinkommen, RIW 1987, 50 f.; Junker Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, 1987; Koch Zur Praxis der Rechtshilfe im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr – Ergebnisse einer Umfrage zu den Haager Zustellungs- und Beweisübereinkommen, IPRax 1985, 285 ff.; Lange Zur ausschließlichen Geltung des Haager Beweisaufnahmeübereinkommens bei Rechtshilfeersuchen aus den USA, RIW 1984, 504 ff.; Mössle Extraterritoriale Beweisbeschaffung im internationalen Wirtschaftsrecht, 1990; Radvan The Hague Evidence Convention on Taking Evidence Abroad in Civil and Commercial Matters: Several Notes Concerning its Scope, Methods and Compulsion, 16 N.Y.U. J.Int.L. & Pol. 1031 (1984); Ristau Convention on the taking of evidence abroad in civil or commercial matters, done at the Hague, March 17, 1970, in: International judicial assistance (civil and commercial), 1984, Bd. I, S. 177 ff.; Schütze Zur Verteidigung in Beweiserhebungsverfahren in U.S. amerikanischen Zivilprozessen, WM 1986, 633 ff.; Schütze Die Haager Übereinkommen über die Zustellung und die Beweisaufnahme im Ausland, IWB F 10 (International) Gr. 4, S. 71 ff.; Stiefel „Discovery“-Probleme und Erfahrungen im Deutsch-Amerikanischen Rechtshilfeverkehr. Zur Anwendung von Art. 23 des Übereinkommens über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- und Handelssachen, RIW/AWD 1979, 504 ff.; Stürner Rechtshilfe nach dem Haager Beweisübereinkommen für Common-Law Länder, JZ 1981, 521 ff.; Trittmann Anwendungsprobleme des Haager Beweisübereinkommens im Rechtshilfeverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika, 1989; Trittmann/Leitzen Haager Beweisübereinkommen und pre-trial discovery: Die zivilprozessuale Sachverhaltsermittlung unter Berücksichtigung der jeweiligen Zivilprozessreformen im Verhältnis zwischen den USA und Deutschland, IPRax 2003, 7 ff.; Veltins Anwendung der Regeln des Haager Beweisübereinkommens in internationalen Gerichtsverfahren mit den USA nur noch in Ausnahmefällen?, DB 1987, 2396 ff.
Text Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18. März 1970 BGBl. II 1977, S. 1472
KAPITEL 1 Rechtshilfeersuchen Artikel 1 In Zivil- oder Handelssachen kann die gerichtliche Behörde eines Vertragsstaats nach seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften die zuständige Behörde eines anderen Vertragsstaats ersuchen, eine Beweisaufnahme oder eine andere gerichtliche Handlung vorzunehmen. Um die Aufnahme von Beweisen, die nicht zur Verwendung in einem bereits anhängigen oder künftigen gerichtlichen Verfahren bestimmt sind, darf nicht ersucht werden. Schütze
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a. dd. Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme
Der Ausdruck „andere gerichtliche Handlung“ umfasst weder die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke noch Maßnahmen der Sicherung oder der Vollstreckung. Artikel 2 Jeder Vertragsstaat bestimmt eine Zentrale Behörde, die von einer gerichtlichen Behörde eines anderen Vertragsstaats ausgehende Rechtshilfeersuchen entgegennimmt und sie der zuständigen Behörde zur Erledigung zuleitet. Jeder Staat richtet die Zentrale Behörde nach Maßgabe seines Rechts ein. Rechtshilfeersuchen werden der Zentralen Behörde des ersuchten Staates ohne Beteiligung einer weiteren Behörde dieses Staates übermittelt. Artikel 3 Ein Rechtshilfeersuchen enthält folgende Angaben: a) die ersuchende und, soweit bekannt, die ersuchte Behörde; b) den Namen und die Anschrift der Parteien und gegebenenfalls ihrer Vertreter; c) die Art und den Gegenstand der Rechtssache sowie eine gedrängte Darstellung des Sachverhalts; d) die Beweisaufnahme oder die andere gerichtliche Handlung, die vorgenommen werden soll. Das Rechtshilfeersuchen enthält außerdem je nach Sachlage e) den Namen und die Anschrift der zu vernehmenden Personen; f) die Fragen, welche an die zu vernehmenden Personen gerichtet werden sollen, oder die Tatsachen, über die sie vernommen werden sollen; g) die Urkunden oder die anderen Gegenstände, die geprüft werden sollen; h) den Antrag, die Vernehmung unter Eid oder Bekräftigung durchzuführen, und gegebenenfalls die dabei zu verwendende Formel; i) den Antrag, eine besondere Form nach Artikel 9 einzuhalten. In das Rechtshilfeersuchen werden gegebenenfalls auch die für die Anwendung des Artikels 11 erforderlichen Erläuterungen aufgenommen. Eine Legalisation oder eine ähnliche Förmlichkeit darf nicht verlangt werden. Artikel 4 Das Rechtshilfeersuchen muss in der Sprache der ersuchten Behörde abgefasst oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet sein. Jeder Vertragsstaat muss jedoch, sofern er nicht den Vorbehalt nach Artikel 33 gemacht hat, ein Rechtshilfeersuchen entgegennehmen, das in französischer oder englischer Sprache abgefasst oder von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet ist. Ein Vertragsstaat mit mehreren Amtssprachen, der aus Gründen seines innerstaatlichen Rechts Rechtshilfeersuchen nicht für sein gesamtes Hoheitsgebiet in einer dieser Sprachen entgegennehmen kann, muss durch eine Erklärung die Sprache bekanntgeben, in der ein Rechtshilfeersuchen abgefasst oder in die es übersetzt sein muss, je nachdem, in welchem Teil seines Hoheitsgebiets es erledigt werden soll. Wird dieser Erklärung ohne hinreichenden Grund nicht entsprochen, so hat der ersuchende Staat die Kosten einer Übersetzung in die geforderte Sprache zu tragen. Neben den in den Absätzen 1 bis 3 vorgesehenen Sprachen kann jeder Vertragsstaat durch eine Erklärung eine oder mehrere weitere Sprachen bekanntgeben, in denen ein Rechtshilfeersuchen seiner Zentralen Behörde übermittelt werden kann. 601
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
Die einem Rechtshilfeersuchen beigefügte Übersetzung muss von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter, von einem beeidigten Übersetzer oder von einer anderen, hierzu befugten Person in einem der beiden Staaten beglaubigt sein. Artikel 5 Ist die Zentrale Behörde der Ansicht, dass das Ersuchen nicht dem Übereinkommen entspricht, so unterrichtet sie unverzüglich die Behörde des ersuchenden Staates, die ihr das Rechtshilfeersuchen übermittelt hat, und führt dabei die Einwände gegen das Ersuchen einzeln an. Artikel 6 Ist die ersuchte Behörde nicht zuständig, so wird das Rechtshilfeersuchen von Amts wegen unverzüglich an die nach den Rechtsvorschriften ihres Staates zuständige Behörde weitergeleitet. Artikel 7 Die ersuchende Behörde wird auf ihr Verlangen von dem Zeitpunkt und dem Ort der vorzunehmenden Handlung benachrichtigt, damit die beteiligten Parteien und gegebenenfalls ihre Vertreter anwesend sein können. Diese Mitteilung wird auf Verlangen der ersuchenden Behörde den Parteien oder ihren Vertretern unmittelbar übersandt. Artikel 8 Jeder Vertragsstaat kann erklären, dass Mitglieder der ersuchenden gerichtlichen Behörde eines anderen Vertragsstaats bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens anwesend sein können. Hierfür kann die vorherige Genehmigung durch die vom erklärenden Staat bestimmte zuständige Behörde verlangt werden. Artikel 9 Die gerichtliche Behörde verfährt bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens nach den Formen, die ihr Recht vorsieht. Jedoch wird dem Antrag der ersuchenden Behörde, nach einer besonderen Form zu verfahren, entsprochen, es sei denn, dass diese Form mit dem Recht des ersuchten Staates unvereinbar oder ihre Einhaltung nach der gerichtlichen Übung im ersuchten Staat oder wegen tatsächlicher Schwierigkeiten unmöglich ist. Das Rechtshilfeersuchen muss rasch erledigt werden. Artikel 10 Bei der Erledigung des Rechtshilfeersuchens wendet die ersuchte Behörde geeignete Zwangsmaßnahmen in den Fällen und in dem Umfang an, wie sie das Recht des ersuchten Staates für die Erledigung eines Ersuchens inländischer Behörden oder eines zum gleichen Zweck gestellten Antrags einer beteiligten Partei vorsieht.
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a. dd. Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme
Artikel 11 Ein Rechtshilfeersuchen wird nicht erledigt, soweit die Person, die es betrifft, sich auf ein Recht zur Aussageverweigerung oder auf ein Aussageverbot beruft, a) das nach dem Recht des ersuchten Staates vorgesehen ist oder b) das nach dem Recht des ersuchenden Staates vorgesehen und im Rechtshilfeersuchen bezeichnet oder erforderlichenfalls auf Verlangen der ersuchten Behörde von der ersuchenden Behörde bestätigt worden ist. Jeder Vertragsstaat kann erklären, dass er außerdem Aussageverweigerungsrechte und Aussageverbote, die nach dem Recht anderer Staaten als des ersuchenden oder des ersuchten Staates bestehen, insoweit anerkennt, als dies in der Erklärung angegeben ist. Artikel 12 Die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens kann nur insoweit abgelehnt werden, als a) die Erledigung des Ersuchens im ersuchten Staat nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt oder b) der ersuchte Staat die Erledigung für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Die Erledigung darf nicht allein aus dem Grund abgelehnt werden, dass der ersuchte Staat nach seinem Recht die ausschließliche Zuständigkeit seiner Gerichte für die Sache in Anspruch nimmt oder ein Verfahren nicht kennt, das dem entspricht, für welches das Ersuchen gestellt wird. Artikel 13 Die ersuchte Behörde leitet die Schriftstücke, aus denen sich die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens ergibt, der ersuchenden Behörde auf demselben Weg zu, den diese für die Übermittlung des Ersuchens benutzt hat. Wird das Rechtshilfeersuchen ganz oder teilweise nicht erledigt, so wird dies der ersuchenden Behörde unverzüglich auf demselben Weg unter Angabe der Gründe für die Nichterledigung mitgeteilt. Artikel 14 Für die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens darf die Erstattung von Gebühren und Auslagen irgendwelcher Art nicht verlangt werden. Der ersuchte Staat ist jedoch berechtigt, vom ersuchenden Staat die Erstattung der an Sachverständige und Dolmetscher gezahlten Entschädigungen sowie der Auslagen zu verlangen, die dadurch entstanden sind, dass auf Antrag des ersuchenden Staates nach Artikel 9 Absatz 2 eine besondere Form eingehalten worden ist. Eine ersuchte Behörde, nach deren Recht die Parteien für die Aufnahme der Beweise zu sorgen haben und die das Rechtshilfeersuchen nicht selbst erledigen kann, darf eine hierzu geeignete Person mit der Erledigung beauftragen, nachdem sie das Einverständnis der ersuchenden Behörde eingeholt hat. Bei der Einholung dieses Einverständnisses gibt die ersuchte Behörde den ungefähren Betrag der Kosten an, die durch diese Art der Erledigung entstehen würden. Durch ihr Einverständnis verpflichtet sich die ersuchende Behörde, die entstehenden Kosten zu erstatten. Fehlt das Einverständnis, so ist die ersuchende Behörde zur Erstattung der Kosten nicht verpflichtet. 603
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
KAPITEL II Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsularische Vertreter und durch Beauftragte Artikel 15 In Zivil- oder Handelssachen kann ein diplomatischer oder konsularischer Vertreter eines Vertragsstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats und in dem Bezirk, in dem er sein Amt ausübt, ohne Anwendung von Zwang Beweis für ein Verfahren aufnehmen, das vor einem Gericht eines von ihm vertretenen Staates anhängig ist, wenn nur Angehörige desselben Staates betroffen sind. Jeder Vertragsstaat kann erklären, dass in dieser Art Beweis erst nach Vorliegen einer Genehmigung aufgenommen werden darf, welche die durch den erklärenden Staat bestimmte zuständige Behörde auf einen von dem Vertreter oder in seinem Namen gestellten Antrag erteilt. Artikel 16 Ein diplomatischer oder konsularischer Vertreter eines Vertragsstaats kann außerdem im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats und in dem Bezirk, in dem er sein Amt ausübt, ohne Anwendung von Zwang Beweis für ein Verfahren aufnehmen, das vor einem Gericht eines von ihm vertretenen Staates anhängig ist, sofern Angehörige des Empfangsstaats oder eines dritten Staates betroffen sind, a) wenn eine durch den Empfangsstaat bestimmte zuständige Behörde ihre Genehmigung allgemein oder für den Einzelfall erteilt hat und b) wenn der Vertreter die Auflagen erfüllt, welche die zuständige Behörde in der Genehmigung festgesetzt hat. Jeder Vertragsstaat kann erklären, dass Beweis nach dieser Bestimmung ohne seine vorherige Genehmigung aufgenommen werden darf. Artikel 17 In Zivil- oder Handelssachen kann jede Person, die zu diesem Zweck ordnungsgemäß zum Beauftragten bestellt worden ist, im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats ohne Anwendung von Zwang Beweis für ein Verfahren aufnehmen, das vor einem Gericht eines anderen Vertragsstaats anhängig ist, a) wenn eine von dem Staat, in dem Beweis aufgenommen werden soll, bestimmte zuständige Behörde ihre Genehmigung allgemein oder für den Einzelfall erteilt hat und b) wenn die Person die Auflagen erfüllt, welche die zuständige Behörde in der Genehmigung festgesetzt hat. Jeder Vertragsstaat kann erklären, dass Beweis nach dieser Bestimmung ohne seine vorherige Genehmigung aufgenommen werden darf. Artikel 18 Jeder Vertragsstaat kann erklären, dass ein diplomatischer oder konsularischer Vertreter oder ein Beauftragter, der befugt ist, nach Artikel 15, 16 oder 17 Beweis aufzunehmen, sich an eine von diesem Staat bestimmte zuständige Behörde wenden kann, um die für diese Beweisaufnahme erforderliche Unterstützung durch Zwangsmaßnahmen zu erSchütze
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a. dd. Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme
halten. In seiner Erklärung kann der Staat die Auflagen festlegen, die er für zweckmäßig hält. Gibt die zuständige Behörde dem Antrag statt, so wendet sie die in ihrem Recht vorgesehenen geeigneten Zwangsmaßnahmen an. Artikel 19 Die zuständige Behörde kann, wenn sie die Genehmigung nach Artikel 15, 16 oder 17 erteilt oder dem Antrag nach Artikel 18 stattgibt, von ihr für zweckmäßig erachtete Auflagen festsetzen, insbesondere hinsichtlich Zeit und Ort der Beweisaufnahme. Sie kann auch verlangen, dass sie rechtzeitig vorher von Zeitpunkt und Ort benachrichtigt wird; in diesem Fall ist ein Vertreter der Behörde zur Teilnahme an der Beweisaufnahme befugt. Artikel 20 Personen, die eine in diesem Kapitel vorgesehene Beweisaufnahme betrifft, können einen Rechtsberater beiziehen. Artikel 21 Ist ein diplomatischer oder konsularischer Vertreter oder ein Beauftragter nach Artikel 15, 16 oder 17 befugt, Beweis aufzunehmen, a) so kann er alle Beweise aufnehmen, soweit dies nicht mit dem Recht des Staates, in dem Beweis aufgenommen werden soll, unvereinbar ist oder der nach den angeführten Artikeln erteilten Genehmigung widerspricht, und unter denselben Bedingungen auch einen Eid abnehmen oder eine Bekräftigung entgegennehmen; b) so ist jede Ladung zum Erscheinen oder zur Mitwirkung an einer Beweisaufnahme in der Sprache des Ortes der Beweisaufnahme abzufassen oder eine Übersetzung in diese Sprache beizufügen, es sei denn, dass die durch die Beweisaufnahme betroffene Person dem Staat angehört, in dem das Verfahren anhängig ist; c) so ist in der Ladung anzugeben, dass die Person einen Rechtsberater beiziehen kann, sowie in einem Staat, der nicht die Erklärung nach Artikel 18 abgegeben hat, dass sie nicht verpflichtet ist, zu erscheinen oder sonst an der Beweisaufnahme mitzuwirken; d) so können die Beweise in einer der Formen aufgenommen werden, die das Recht des Gerichts vorsieht, vor dem das Verfahren anhängig ist, es sei denn, dass das Recht des Staates, in dem Beweis aufgenommen wird, diese Form verbietet; e) so kann sich die von der Beweisaufnahme betroffene Person auf die in Artikel 11 vorgesehenen Rechte zur Aussageverweigerung oder Aussageverbote berufen. Artikel 22 Dass ein Beweis wegen der Weigerung einer Person mitzuwirken nicht nach diesem Kapitel aufgenommen werden konnte, schließt ein späteres Rechtshilfeersuchen nach Kapitel I mit demselben Gegenstand nicht aus.
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Schütze
Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
KAPITEL III Allgemeine Bestimmungen Artikel 23 Jeder Vertragsstaat kann bei der Unterzeichnung, bei der Ratifikation oder beim Beitritt erklären, dass er Rechtshilfeersuchen nicht erledigt, die ein Verfahren zum Gegenstand haben, das in den Ländern des „Common Law“ unter der Bezeichnung „pre-trial discovery of documents“ bekannt ist. Artikel 24 Jeder Vertragsstaat kann außer der Zentralen Behörde weitere Behörden bestimmen, deren Zuständigkeit er festlegt. Rechtshilfeersuchen können jedoch stets der Zentralen Behörde übermittelt werden. Bundesstaaten steht es frei, mehrere Zentrale Behörden zu bestimmen. Artikel 25 Jeder Vertragsstaat, in dem mehrere Rechtssysteme bestehen, kann bestimmen, dass die Behörden eines dieser Systeme für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen nach diesem Übereinkommen ausschließlich zuständig sind. Artikel 26 Jeder Vertragsstaat kann, wenn sein Verfassungsrecht dies gebietet, vom ersuchenden Staat die Erstattung der Kosten verlangen, die bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens durch die Zustellung der Ladung, die Entschädigung der vernommenen Person und die Anfertigung eines Protokolls über die Beweisaufnahme entstehen. Hat ein Staat von den Bestimmungen des Absatzes 1 Gebrauch gemacht, so kann jeder andere Vertragsstaat von diesem Staat die Erstattung der entsprechenden Kosten verlangen. Artikel 27 Dieses Übereinkommen hindert einen Vertragsstaat nicht, a) zu erklären, dass Rechtshilfeersuchen seinen gerichtlichen Behörden auch auf anderen als den in Artikel 2 vorgesehenen Wegen übermittelt werden können; b) nach seinem innerstaatlichen Recht oder seiner innerstaatlichen Übung zuzulassen, dass Handlungen, auf die dieses Übereinkommen anwendbar ist, unter weniger einschränkenden Bedingungen vorgenommen werden; c) nach seinem innerstaatlichen Recht oder seiner innerstaatlichen Übung andere als die in diesem Übereinkommen vorgesehenen Verfahren der Beweisaufnahme zuzulassen. Artikel 28 Dieses Übereinkommen schließt nicht aus, dass Vertragsstaaten vereinbaren, von folgenden Bestimmungen abzuweichen: a) Artikel 2 in Bezug auf den Übermittlungsweg für Rechtshilfeersuchen; Schütze
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a. dd. Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme
b) Artikel 4 in Bezug auf die Verwendung von Sprachen; c) Artikel 8 in Bezug auf die Anwesenheit von Mitgliedern der gerichtlichen Behörde bei der Erledigung von Rechtshilfeersuchen; d) Artikel 11 in Bezug auf die Aussageverweigerungsrechte und Aussageverbote; e) Artikel 13 in Bezug auf die Übermittlung von Erledigungsstücken; f) Artikel 14 in Bezug auf die Regelung der Kosten; g) den Bestimmungen des Kapitels II. Artikel 29 Dieses Übereinkommen tritt zwischen den Staaten, die es ratifiziert haben, an die Stelle der Artikel 8 bis 16 des am 17. Juli 1905 in Den Haag unterzeichneten Abkommens über den Zivilprozess und des am 1. März 1954 in Den Haag unterzeichneten Übereinkommens über den Zivilprozess, soweit diese Staaten Vertragsparteien jenes Abkommens oder jenes Übereinkommens sind. Artikel 30 Dieses Übereinkommen berührt weder die Anwendung des Artikels 23 des Abkommens von 1905 noch die Anwendung des Artikels 24 des Übereinkommens von 1954. Artikel 31 Zusatzvereinbarungen zu dem Abkommen von 1905 und dem Übereinkommen von 1954, die Vertragsstaaten geschlossen haben, sind auch auf das vorliegende Übereinkommen anzuwenden, es sei denn, dass die beteiligten Staaten etwas anderes vereinbaren. Artikel 32 Unbeschadet der Artikel 29 und 31 berührt dieses Übereinkommen nicht die Übereinkommen, denen die Vertragsstaaten angehören oder angehören werden und die Bestimmungen über Rechtsgebiete enthalten, die durch dieses Übereinkommen geregelt sind. Artikel 33 Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung, bei der Ratifikation oder beim Beitritt die Anwendung des Artikels 4 Absatz 2 sowie des Kapitels II ganz oder teilweise ausschließen. Ein anderer Vorbehalt ist nicht zulässig. Jeder Vertragsstaat kann einen Vorbehalt, den er gemacht hat, jederzeit zurücknehmen; der Vorbehalt wird am sechzigsten Tag nach der Notifikation der Rücknahme unwirksam. Hat ein Staat einen Vorbehalt gemacht, so kann jeder andere Staat, der davon berührt wird, die gleiche Regelung gegenüber dem Staat anwenden, der den Vorbehalt gemacht hat. Artikel 34 Jeder Staat kann eine Erklärung jederzeit zurücknehmen oder ändern.
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
Artikel 35 Jeder Vertragsstaat notifiziert dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande bei der Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde oder zu einem späteren Zeitpunkt die nach den Artikeln 2, 8, 24 und 25 bestimmten Behörden. Er notifiziert gegebenenfalls auf gleiche Weise a) die Bezeichnung der Behörden, an die sich diplomatische oder konsularische Vertreter nach Artikel 16 wenden müssen, und derjenigen, die nach den Artikeln 15, 16 und 18 Genehmigungen erteilen oder Unterstützung gewähren können; b) die Bezeichnung der Behörden, die den Beauftragten die in Artikel 17 vorgesehene Genehmigung erteilen oder die in Artikel 18 vorgesehene Unterstützung gewähren können; c) die Erklärungen nach den Artikeln 4, 8, 11, 15, 16, 17, 18, 23 und 27; d) jede Rücknahme oder Änderung der vorstehend erwähnten Behördenbezeichnungen und Erklärungen; e) jede Rücknahme eines Vorbehalts. Artikel 36 Schwierigkeiten, die zwischen Vertragsstaaten bei der Anwendung dieses Übereinkommens entstehen, werden auf diplomatischem Weg beigelegt. Artikel 37 Dieses Übereinkommen liegt für die auf der Elften Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht vertretenen Staaten zur Unterzeichnung auf. Es bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden werden beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt. Artikel 38 Dieses Übereinkommen tritt am sechzigsten Tag nach der gemäß Artikel 37 Absatz 2 vorgenommenen Hinterlegung der dritten Ratifikationsurkunde in Kraft. Das Übereinkommen tritt für jeden Unterzeichnerstaat, der es später ratifiziert, am sechzigsten Tag nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft. Artikel 39 Jeder auf der Elften Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht nicht vertretene Staat, der Mitglied der Konferenz oder der Vereinten Nationen oder einer ihrer Sonderorganisationen oder Vertragspartei des Statuts des Internationalen Gerichtshofs ist, kann diesem Übereinkommen beitreten, nachdem es gemäß Artikel 38 Absatz 1 in Kraft getreten ist. Die Beitrittsurkunde wird beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt. Das Übereinkommen tritt für den beitretenden Staat am sechzigsten Tag nach Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde in Kraft. Der Beitritt wirkt nur für die Beziehungen zwischen dem beitretenden Staat und den Vertragsstaaten, die erklären, dass sie diesen Beitritt annehmen. Diese Erklärung wird beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt; dieses Schütze
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a. dd. Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme
Ministerium übersendet jedem der Vertragsstaaten auf diplomatischem Weg eine beglaubigte Abschrift dieser Erklärung. Das Übereinkommen tritt zwischen dem beitretenden Staat und einem Staat, der erklärt hat, dass er den Beitritt annimmt, am sechzigsten Tag nach Hinterlegung der Annahmeerklärung in Kraft. Artikel 40 Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung, bei der Ratifikation oder beim Beitritt erklären, dass sich dieses Übereinkommen auf alle oder auf einzelne der Hoheitsgebiete erstreckt, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt. Eine solche Erklärung wird wirksam, sobald das Übereinkommen für den Staat in Kraft tritt, der sie abgegeben hat. Jede spätere Erstreckung dieser Art wird dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande notifiziert. Das Übereinkommen tritt für die Hoheitsgebiete, auf die es erstreckt wird, am sechzigsten Tag nach der in Absatz 2 erwähnten Notifikation in Kraft. Artikel 41 Dieses Übereinkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren, vom Tag seines Inkrafttretens nach Artikel 38 Absatz 1 an gerechnet, und zwar auch für die Staaten, die es später ratifizieren oder ihm später beitreten. Die Geltungsdauer des Übereinkommens verlängert sich, außer im Fall der Kündigung, stillschweigend um jeweils fünf Jahre. Die Kündigung wird spätestens sechs Monate vor Ablauf der fünf Jahre dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande notifiziert. Sie kann sich auf bestimmte Hoheitsgebiete beschränken, für die das Übereinkommen gilt. Die Kündigung wirkt nur für den Staat, der sie notifiziert hat. Für die anderen Vertragsstaaten bleibt das Übereinkommen in Kraft. Artikel 42 Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande notifiziert den in Artikel 37 bezeichneten Staaten sowie den Staaten, die nach Artikel 39 beigetreten sind, a) jede Unterzeichnung und Ratifikation nach Artikel 37; b) den Tag, an dem dieses Übereinkommen nach Artikel 38 Absatz 1 in Kraft tritt; c) jeden Beitritt nach Artikel 39 und den Tag, an dem er wirksam wird; d) jede Erstreckung nach Artikel 40 und den Tag, an dem sie wirksam wird; e) jede Behördenbezeichnung, jeden Vorbehalt und jede Erklärung nach den Artikeln 33 und 35; f) jede Kündigung nach Artikel 41 Absatz 3.
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
2. a. dd. α. Ausführungsgesetz vom 22.12.1977 (BGBl. I 1977, S. 3105) (wie vorstehend sub cc)
ERSTER TEIL Vorschriften zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen §1 Die Aufgaben der Zentralen Behörde (Artikel 2, 18 Abs. 3 des Übereinkommens) nehmen die von den Landesregierungen bestimmten Stellen wahr. Jedes Land kann nur eine Zentrale Behörde einrichten. §2 Für die Entgegennahme von Zustellungsanträgen, die von einem ausländischen Konsul innerhalb der Bundesrepublik Deutschland übermittelt werden (Artikel 9 Abs. 1 des Übereinkommens), sind die Zentrale Behörde des Landes, in dem die Zustellung bewirkt werden soll, und die Stellen zuständig, die gemäß § 1 des Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß vom 18. Dezember 1958 (BGBl. I S. 939) zur Entgegennahme von Anträgen des Konsuls eines ausländischen Staates zuständig sind. §3 Eine förmliche Zustellung (Artikel 5 Abs. 1 des Übereinkommens) ist nur zulässig, wenn das zuzustellende Schriftstück in deutscher Sprache abgefaßt oder in diese Sprache übersetzt ist. §4 (1) Die Zentrale Behörde ist befugt, Zustellungsanträge unmittelbar durch die Post erledigen zu lassen, wenn die Voraussetzungen für eine Zustellung gemäß Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe a des Übereinkommens erfüllt sind. In diesem Fall händigt die Zentrale Behörde das zu übergebende Schriftstück der Post zur Zustellung aus. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Zustellung von Amts wegen gelten entsprechend. (2) Im übrigen ist für die Erledigung von Zustellungsanträgen das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Zustellung vorzunehmen ist. Die Zustellung wird durch die Geschäftsstelle des Amtsgerichts bewirkt. §5 Das Zustellungszeugnis (Artikel 6 Abs. 1, 2 des Übereinkommens) erteilt im Fall des § 4 Abs. 1 die Zentrale Behörde, im übrigen die Geschäftsstelle des Amtsgerichts.
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a. dd. Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme
§6 Eine Zustellung durch diplomatische oder konsularische Vertreter (Artikel 8 des Übereinkommens) ist nur zulässig, wenn das Schriftstück einem Angehörigen des Absendestaates zuzustellen ist. Eine Zustellung nach Artikel 10 des Übereinkommens findet nicht statt.
ZWEITER TEIL Vorschriften zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen §7 Die Aufgaben der Zentralen Behörde (Artikel 2, 24 Abs. 2 des Übereinkommens) nehmen die von den Landesregierungen bestimmten Stellen wahr. Jedes Land kann nur eine Zentrale Behörde einrichten. §8 Für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Amtshandlung vorzunehmen ist. §9 Rechtshilfeersuchen, die durch das Amtsgericht zu erledigen sind (Kapitel I des Übereinkommens), müssen in deutscher Sprache abgefaßt oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet sein (Artikel 4 Abs. 1, 5 des Übereinkommens). § 10 Mitglieder des ersuchenden ausländischen Gerichts können bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens durch das Amtsgericht anwesend sein, wenn die Zentrale Behörde dies genehmigt hat. § 11 Eine Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsularische Vertreter ist unzulässig, wenn sie deutsche Staatsangehörige betrifft. Betrifft sie Angehörige eines dritten Staates oder Staatenlose, so ist sie nur zulässig, wenn die Zentrale Behörde sie genehmigt hat (Artikel 16 Abs. 1 des Übereinkommens). Eine Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn der Angehörige eines dritten Staates zugleich die Staatsangehörigkeit des Staates des ersuchenden Gerichts besitzt. § 12 (1) Ein Beauftragter des ersuchenden Gerichts (Artikel 17 des Übereinkommens) darf eine Beweisaufnahme nur durchführen, wenn die Zentrale Behörde sie genehmigt hat. Die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden werden. 611
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
(2) Das Gericht, das für die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens in derselben Angelegenheit nach § 8 zuständig wäre, ist befugt, die Vorbereitung und die Durchführung der Beweisaufnahme zu überwachen. Ein Mitglied dieses Gerichts kann an der Beweisaufnahme teilnehmen (Artikel 19 Satz 2 des Übereinkommens). § 13 Für die Erteilung der Genehmigung nach den §§ 10, 11 und 12 (Artikel 19 des Übereinkommens) ist die Zentrale Behörde des Landes zuständig, in dem die Beweisaufnahme durchgeführt werden soll. § 14 (1) Rechtshilfeersuchen, die ein Verfahren nach Artikel 23 des Übereinkommens zum Gegenstand haben, werden nicht erledigt. (2) Jedoch können, soweit die tragenden Grundsätze des deutschen Verfahrensrechts nicht entgegenstehen, solche Ersuchen unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen erledigt werden, nachdem die Voraussetzungen der Erledigung und das anzuwendende Verfahren durch Rechtsverordnung näher geregelt sind, die der Bundesminister der Justiz mit Zustimmung des Bundesrates erlassen kann.
DRITTER TEIL Sonstige Bestimmungen § 15 Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die nach den §§ 1 und 7 dieses Gesetzes errichteten Zentralen Behörden als die Stellen zu bestimmen, die gemäß den §§ 1 und 3 Abs. 2 des Gesetzes vom 5. April 1909 zur Ausführung des Haager Abkommens über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 (RGBl. 1909 S. 430) und gemäß den §§ 1 und 9 des Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß zur Entgegennahme von Antragen und Ersuchen des Konsuls eines ausländischen Staates zuständig sind. § 16 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes. § 17 Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
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a. ee. Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte
2. a. ee. Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht vom 7.6.1968 (BGBl. II 1974, S. 937) a. ee. Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte Vorbemerkung: Das Übereinkommen ist am 19.3.1975 für Deutschland in Kraft getreten (BGBl. II 1975, S. 300). Es ermöglicht die Einholung von Rechtsauskünften über eine zentrale Stelle nach dem Vorbild der französischen „certificats de coutûmes“. Der Wert der Auskünfte leidet darunter,1 dass sie sich regelmäßig auf abstrakte Rechtsfragen beziehen, die für die Entscheidungsfindung häufig nicht ausreichend sind. Immerhin ist der Kreis der Vertragsstaaten mittlerweile so groß, dass auch Rechtsauskünfte zu schwer zugänglichen Rechten eingeholt werden können. Nach dem Übereinkommen leisten die Vertragsstaaten Rechtshilfe durch Auskünfte über ihr Zivil- und Handelsrecht, einschließlich des Verfahrens- und Gerichtsverfassungsrechts – soweit dieses in einem gerichtlichen Verfahren in einem anderen Vertragsstaat anzuwenden ist. Empfangsstelle für eingehende Ersuchen ist der Bundesminister der Justiz (§ 9 Abs. 1 AusfG), Übermittlungsstelle für ausgehende Ersuchen des Bundesverfassungsgerichts und oberer Bundesgerichte ist der Bundesminister der Justiz (§ 9 Abs. 2 AusfG), im Übrigen die von den Landesregierungen bestimmten Stellen (§ 9 Abs. 2 AusfG).2 Geltungsbereich: Albanien, Aserbaidschan, Belarus, Belgien, Bulgarien, Costa Rica, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Georgien, Griechenland, Island, Italien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Mazedonien (ehemalige jugoslawische Republik), Mexiko, Moldau (Republik), Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Schweden, Schweiz, Serbien und Montenegro, Slowakei, Slowenien, Sowjetunion (ehemalige), Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Ukraine, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Zypern Schrifttum: Bartoli Considerazioni sulle posizione del guidice rispetto al problema della conoscenza del diritto staniero a seguito della Convenzione di Londra del 7 giugnio 1968, Rivista di Diritto Internazionale Privato e Processuale 19 (1983), 333 ff.; Brulliard La convention européenne du 7 juin 1968 relative à l’information sur le droit étranger, J.C.P. 1973. I. 2580; Brulliard Convention européenne relative à l’information sur les droits étrangers, Revue internationale de droit comparé XXV (1973), 389 ff.; Erauw De eerste belgische ervaringen met het Europees verdrag inzake inlichtingen over buitenlands recht, Rechtskundig Weekblad 1981/1982, 1503 ff.; Geimer/Schütze (Pirrung) Internationaler Rechtsverkehr, 380.1 ff.; Heldrich Probleme bei der Ermittlung ausländischen Rechts in der Praxis, FS Nakamura, 1996, S. 243 ff.; Jessurun d’Oliveira De Europese overeenkonst nopens het verstrekken van inlichtingen over buitenlands recht en het art. 48 Rv, Nederlands Juristenblad 54 (1979), 637 ff.; Kegel Zur Organisation der Ermittlung ausländischen Privatrechts, FS Nipperdey, Bd. I, 1965, S. 453 ff.; Otto Die gerichtliche Praxis und ihre Erfahrungen mit dem Europäischen Übereinkommen vom 7.6.1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht, FS Firsching, 1985, S. 209 ff.; Otto Der verunglückte § 293 ZPO und die Ermittlung ausländischen Rechts durch „Beweiserhebung“, IPRax 1995, 299 ff. (mit statistischem Material zur praktischen Umsetzung des Übereinkommens); ders. Das Übereinkommen vom 7.6.1968 betr. Auskünfte über ausländisches Recht – im Abseits?, Jb. Ital. Recht 7 (1994), S. 233 ff.; Schellak Selbstermittlung oder Auskunft unter dem europäischen Rechtsauskunftsübereinkommen, 1998; Wolf Das Europäische Übereinkommen v. 7.6.1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht, NJW 1975, 1583 ff.; Wollny Auskünfte über ausländisches Recht, DRiZ 1984, 479 f.
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1 Vgl. zur Kritik auch Kegel/Schurig Internationales Privatrecht, 9. Aufl., 2004, S. 508; Schütze DIZPR, Rdn. 260. 2 Vgl. für ein Fundstellenverzeichnis der Verordnungen, Anordnungen oder Beschlüsse der Landesregierungen Geimer/Schütze (Pirrung) Internationaler Rechtsverkehr, 382.3, Fn. 7.
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
Text Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht vom 7.6.1968 BGBl. II 1974, S. 938
Artikel 1 Anwendungsbereich des Übereinkommens (1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, einander gemäß den Bestimmungen dieses Übereinkommens Auskünfte über ihr Zivil- und Handelsrecht, ihr Verfahrensrecht auf diesen Gebieten und über ihre Gerichtsverfassung zu erteilen. (2) Zwei oder mehr Vertragsparteien können jedoch vereinbaren, den Anwendungsbereich dieses Übereinkommens untereinander auf andere als die im vorstehenden Absatz angeführten Rechtsgebiete zu erstrecken. Eine solche Vereinbarung ist dem Generalsekretär des Europarats im Wortlaut mitzuteilen. Artikel 2 Staatliche Verbindungsstellen (1) Zur Ausführung dieses Übereinkommens errichtet oder bestimmt jede Vertragspartei eine einzige Stelle (im folgenden als „Empfangsstelle“ bezeichnet), welche die Aufgabe hat: a) Auskunftsersuchen im Sinne des Artikels 1 Abs. 1 entgegenzunehmen, die von einer anderen Vertragspartei eingehen; b) zu derartigen Ersuchen das weitere gemäß Artikel 6 zu veranlassen. Diese Stelle kann entweder ein Ministerium oder eine andere staatliche Stelle sein. (2) Jeder Vertragspartei steht es frei, eine oder mehrere Stellen (im folgenden als „Übermittlungsstelle“ bezeichnet) zu errichten oder zu bestimmen, welche die von ihren Gerichten ausgehenden Auskunftsersuchen entgegenzunehmen und der zuständigen ausländischen Empfangsstelle zu übermitteln haben. Die Aufgabe der Übermittlungsstelle kann auch der Empfangsstelle übertragen werden. (3) Jede Vertragspartei teilt dem Generalsekretär des Europarats Bezeichnung und Anschrift ihrer Empfangsstelle und gegebenenfalls ihrer Übermittlungsstelle oder ihrer Übermittlungsstellen mit. Artikel 3 Zur Stellung von Auskunftsersuchen berechtigte Behörden (1) Ein Auskunftsersuchen muß von einem Gericht ausgehen, auch wenn es nicht vom Gericht selbst abgefaßt worden ist. Das Ersuchen darf nur für ein bereits anhängiges Verfahren gestellt werden. (2) Jede Vertragspartei, die keine Übermittlungsstelle errichtet oder bestimmt hat, kann durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung anzeigen, welche ihrer Behörden sie als Gericht im Sinne des vorstehenden Absatzes ansieht. (3) Zwei oder mehr Vertragsparteien können vereinbaren, die Anwendung dieses Übereinkommens untereinander auf Ersuchen zu erstrecken, die von anderen Behörden als Gerichten ausgehen. Eine solche Vereinbarung ist dem Generalsekretär des Europarats im Wortlaut mitzuteilen. Schütze
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a. ee. Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte
Artikel 4 Inhalt des Auskunftsersuchens (1) Im Auskunftsersuchen sind das Gericht, von dem das Ersuchen ausgeht, und die Art der Rechtssache zu bezeichnen. Die Punkte, zu denen Auskunft über das Recht des ersuchten Staates gewünscht wird, und für den Fall, daß im ersuchten Staat mehrere Rechtssysteme bestehen, das System, auf das sich die gewünschte Auskunft beziehen soll, sind möglichst genau anzugeben. (2) Das Ersuchen hat eine Darstellung des Sachverhalts mit den Angaben zu enthalten, die zum Verständnis des Ersuchens und zu seiner richtigen und genauen Beantwortung erforderlich sind; Schriftstücke können in Abschrift beigefügt werden, wenn dies zum besseren Verständnis des Ersuchens notwendig ist. (3) Zur Ergänzung kann im Ersuchen Auskunft auch zu Punkten erbeten werden, die andere als die in Artikel 1 Abs. 1 angeführten Rechtsgebiete betreffen, sofern diese Punkte mit denen im Zusammenhang stehen, auf die sich das Ersuchen in erster Linie bezieht. (4) Ist das Ersuchen nicht von einem Gericht abgefaßt, so ist ihm die gerichtliche Entscheidung beizufügen, durch die es genehmigt worden ist. Artikel 5 Übermittlung des Auskunftsersuchens Das Auskunftsersuchen ist von einer Übermittlungsstelle oder, falls eine solche nicht besteht, vom Gericht, von dem das Ersuchen ausgeht, unmittelbar der Empfangsstelle des ersuchten Staates zu übermitteln. Artikel 6 Zur Beantwortung von Auskunftsersuchen zuständige Stellen (1) Die Empfangsstelle, bei der ein Auskunftsersuchen eingegangen ist, kann das Ersuchen entweder selbst beantworten oder es an eine andere staatliche oder an eine öffentliche Stelle zur Beantwortung weiterleiten. (2) Die Empfangsstelle kann das Ersuchen in geeigneten Fällen oder aus Gründen der Verwaltungsorganisation auch an eine private Stelle oder an eine geeignete rechtskundige Person zur Beantwortung weiterleiten. (3) Ist bei Anwendung des vorstehenden Absatzes mit Kosten zu rechnen, so hat die Empfangsstelle vor der Weiterleitung des Ersuchens der Behörde, von der das Ersuchen ausgeht, die private Stelle oder die rechtskundige Person anzuzeigen, an die das Ersuchen weitergeleitet werden soll; in diesem Falle gibt die Empfangsstelle der Behörde möglichst genau die Höhe der voraussichtlichen Kosten an und ersucht um ihre Zustimmung. Artikel 7 Inhalt der Antwort Zweck der Antwort ist es, das Gericht, von dem das Ersuchen ausgeht, in objektiver und unparteiischer Weise über das Recht des ersuchten Staates zu unterrichten. Die Antwort hat, je nach den Umständen des Falles, in der Mitteilung des Wortlauts der einschlägigen Gesetze und Verordnungen sowie in der Mitteilung von einschlägigen Gerichtsentscheidungen zu bestehen. Ihr sind, soweit dies zur gehörigen Unterrichtung des ersuchenden Gerichts für erforderlich gehalten wird, ergänzende Unterlagen wie Aus615
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züge aus dem Schrifttum und aus den Gesetzesmaterialien anzuschließen. Erforderlichenfalls können der Antwort erläuternde Bemerkungen beigefügt werden. Artikel 8 Wirkungen der Antwort Die in der Antwort enthaltenen Auskünfte binden das Gericht, von dem das Ersuchen ausgeht, nicht. Artikel 9 Übermittlung der Antwort Die Antwort ist von der Empfangsstelle, wenn die Übermittlungsstelle das Ersuchen übermittelt hat, dieser Stelle oder, wenn sich das Gericht unmittelbar an die Empfangsstelle gewandt hat, dem Gericht zu übermitteln. Artikel 10 Pflicht zur Beantwortung (1) Vorbehaltlich des Artikels 11 ist die Empfangsstelle, bei der ein Auskunftsersuchen eingegangen ist, verpflichtet, zu dem Ersuchen das weitere gemäß Artikel 6 zu veranlassen. (2) Beantwortet die Empfangsstelle das Ersuchen nicht selbst, so hat sie vor allem darüber zu wachen, daß es unter Beachtung des Artikels 12 erledigt wird. Artikel 11 Ausnahmen von der Pflicht zur Beantwortung Der ersuchte Staat kann es ablehnen, zu einem Auskunftsersuchen das weitere zu veranlassen, wenn durch die Rechtssache, für die das Ersuchen gestellt worden ist, seine Interessen berührt werden oder wenn er die Beantwortung für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Artikel 12 Frist für die Beantwortung Ein Auskunftsersuchen ist so schnell wie möglich zu beantworten. Nimmt die Beantwortung längere Zeit in Anspruch, so hat die Empfangsstelle die ausländische Behörde, die sich an sie gewandt hat, entsprechend zu unterrichten und dabei nach Möglichkeit den Zeitpunkt anzugeben, zu dem die Antwort voraussichtlich übermittelt werden kann. Artikel 13 Ergänzende Angaben (1) Die Empfangsstelle sowie die gemäß Artikel 6 mit der Beantwortung beauftragte Stelle oder Person können von der Behörde, von der das Ersuchen ausgeht, die ergänzenden Angaben verlangen, die sie für die Beantwortung für erforderlich halten. (2) Das Ersuchen um ergänzende Angaben ist von der Empfangsstelle auf dem Wege zu übermitteln, den Artikel 9 für die Übermittlung der Antwort vorsieht. Schütze
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Artikel 14 Sprachen (1) Das Auskunftsersuchen und seine Anlagen müssen in der Sprache oder in einer der Amtssprachen des ersuchten Staates abgefaßt oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet sein. Die Antwort wird in der Sprache des ersuchten Staates abgefaßt. (2) Zwei oder mehr Vertragsparteien können jedoch vereinbaren, untereinander von den Bestimmungen des vorstehenden Absatzes abzuweichen. Artikel 15 Kosten (1) Mit Ausnahme der in Artikel 6 Abs. 3 angeführten Kosten, die der ersuchende Staat zu zahlen hat, dürfen für die Antwort Gebühren oder Auslagen irgendwelcher Art nicht erhoben werden. (2) Zwei oder mehr Vertragsparteien können jedoch vereinbaren, untereinander von den Bestimmungen des vorstehenden Absatzes abzuweichen. Artikel 16 Bundesstaaten In Bundesstaaten können die Aufgaben der Empfangsstelle, mit Ausnahme der in Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe a vorgesehenen, aus Gründen des Verfassungsrechts anderen staatlichen Stellen übertragen werden. Artikel 17 Inkrafttreten des Übereinkommens (1) Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats zur Unterzeichnung auf. Es bedarf der Ratifikation oder der Annahme. Die Ratifiktions- oder Annahmeurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt. (2) Dieses Übereinkommen tritt drei Monate nach Hinterlegung der dritten Ratifikations- oder Annahmeurkunde in Kraft. (3) Es tritt für jeden Unterzeichnerstaat, der es später ratifiziert oder annimmt, drei Monate nach der Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Annahmeurkunde in Kraft. Artikel 18 Beitritt eines Staates, der nicht Mitglied des Europarats ist (1) Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarats jeden Staat, der nicht Mitglied des Europarats ist, einladen, diesem Übereinkommen beizutreten. (2) Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats und wird drei Monate nach ihrer Hinterlegung wirksam.
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
Artikel 19 Örtlicher Geltungsbereich des Übereinkommens (1) Jede Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde das Hoheitsgebiet oder die Hoheitsgebiete bezeichnen, für das oder für die dieses Übereinkommen gelten soll. (2) Jede Vertragspartei kann bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahmeoder Beitrittsurkunde oder jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung dieses Übereinkommen auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken, dessen internationale Beziehungen sie wahrnimmt oder für das sie berechtigt ist, Vereinbarungen zu treffen. (3) Jede nach dem vorstehenden Absatz abgegebene Erklärung kann für jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet gemäß Artikel 20 zurückgenommen werden. Artikel 20 Geltungsdauer des Übereinkommens und Kündigung (1) Dieses Übereinkommen bleibt auf unbegrenzte Zeit in Kraft. (2) Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation für sich selbst kündigen. (3) Die Kündigung wird sechs Monate nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär wirksam. Artikel 21 Aufgaben des Generalsekretärs des Europarats Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Rats und jedem Staat, der diesem Übereinkommen beigetreten ist: a) jede Unterzeichnung; b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde; c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach seinem Artikel 17; d) jede nach Artikel 1 Abs. 2, Artikel 2 Abs. 3, Artikel 3 Abs. 2 und Artikel 19 Abs. 2 und 3 eingegangene Erklärung; e) jede nach Artikel 20 eingegangene Notifikation und den Zeitpunkt, zu dem die Kündigung wirksam wird.
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a. ee. Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte
2. a. ee. α. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. VII Nr. 992) nebst Anlage (erläuternder Bericht)
I. Die Gerichte haben im Zuge der immer enger werdenden internationalen Verflechtung in steigendem Maße ausländisches Recht anzuwenden. Für sie ist es jedoch meist mit großen Schwierigkeiten und oft auch mit erheblichen Kosten verbunden, sich über ein fremdes Recht zuverlässig zu unterrichten. Bei der Ermittlung des fremden Rechts sind die Gerichte nicht an die Grundsätze gebunden, die für den Tatsachenbeweis gelten. Im Wege des Freibeweises können sie alle Erkenntnisquellen benutzen. Üblicherweise wird dabei das Schrifttum herangezogen. Es werden aber auch Auskünfte von Behörden, insbesondere von solchen, die mit internationalem Recht befaßt sind, oder Gutachten von wissenschaftlichen Instituten angefordert (vgl. Stein-Jonas-Schumann-Leipold, ZPO, 19. Auflage, § 293 Bem. IV 1). Es ist auch zulässig, eine Rechtsauskunft in einem anderen Land einzuholen. Ein solches Ersuchen, das eine besondere Art von Rechtshilfeersuchen darstellt, kommt jedoch bisher nur in seltenen Fällen in Betracht (vgl. § 48 der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen). Vereinzelt wurde in bilateralen Verträgen eine Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Rechtsauskunft begründet, um diese Ersuchen über die Grenzen eines Landes hinweg zu erleichtern. So sahen Artikel 9 des deutsch-österreichischen Vertrages vom 21. Juni 1923 (RGBl. 1924 II S. 55), Artikel 8 des deutsch-polnischen Vertrages vom 5. März 1924 (RGBl. 1925 II S. 139) und Artikel 7 des deutsch-bulgarischen Vertrages vom 22. Dezember 1926 (RGBl. 1927 II S. 416) die Verpflichtung jedes Staates vor, Auskunft über das in seinem Staat geltende Recht zu erteilen. Diese Verträge sind nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder wirksam geworden. Es entspricht jedoch der Vertragspraxis anderer Staaten auch heute noch, in bilateralen Verträgen eine völkerrechtliche Pflicht zur Auskunftserteilung vorzusehen. Soweit die Gerichte die Hilfe ausländischer Stellen für die Durchführung des Verfahrens benötigen, insbesondere bei der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke sowie der Beweisaufnahme und der Vornahme anderer gerichtlicher Handlungen im Ausland, steht seit langem das bewährte Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß zur Verfügung (BGBl. 1958 II S. 577; vgl. zu den älteren Übereinkommen die Denkschrift BTDrucksache II/350). Für die Ermittlung ausländischen Rechts gibt es jedoch noch kein zwischen mehreren Staaten geschlossenes Übereinkommen, das eine Verpflichtung der Staaten zur Auskunftserteilung begründet. Deshalb haben die Mitglieder des Europarats das Übereinkommen vom 7. Juni 1968 geschlossen, mit dem ein Verfahren zur Verfügung gestellt wird, Rechtsauskünfte in dem Lande einzuholen, in dem das anzuwendende Recht gilt. Das Interesse der Mitgliedstaaten des Europarats an diesem Übereinkommen besteht aber nicht nur darin, Auskünfte über ausländisches Recht, das die eigenen Gerichte anwenden sollen, zu erhalten. Jeder Staat hat vielmehr auch ein Interesse daran, daß die ausländischen Gerichte objektiv, unparteiisch und schnell über das eigene Recht unterrichtet werden, damit in dem Verfahren vor dem ausländischen Gericht das Recht des Staates, der die Auskunft erteilt, richtig angewendet werden kann. Das Übereinkommen soll in die innerstaatliche Regelung des Verfahrensrechts und des materiellen Rechts nicht eingreifen. Die Hauptaufgabe des Übereinkommens ist es, einen „Mechanismus“ zu schaffen, der zu vollständigen und richtigen Auskünften führt, die für das Gericht auch praktisch verwertbar sind. 619
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II. Mit dem vorliegenden Übereinkommen wird eine neuartige völkerrechtliche Verpflichtung zwischen den Vertragsstaaten eingeführt. Das Übereinkommen beschränkt sich auf eine Mindestlösung. 1. Das geplante Übereinkommen legt nicht fest, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen ein Gericht eine Auskunft über ausländisches Recht einholen muß. Diese Frage bleibt weiterhin dem nationalen Prozeßrecht überlassen. Es ist auch nicht vorgesehen, daß der im Übereinkommen eröffnete Weg beschritten werden muß, wenn ein Gericht sich die ihm fehlende Kenntnis ausländischen Rechts verschaffen will. Durch die Fassung der Präambel wird klargestellt, daß das Übereinkommen andere Methoden, mit deren Hilfe sich die Gerichte über ausländisches Recht unterrichten können, unberührt läßt. 2. Um die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten nicht zu weit auszudehnen, wird die vertragliche Auskunft nur für Rechtssätze des Zivil- und Handelsrechts, des Verfahrensrechts auf diesen Gebieten und des Rechts der Gerichtsverfassung vorgesehen. Das Übereinkommen ist damit ähnlich wie das Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß auf das Gebiet der Zivil- und Handelssachen beschränkt. Mit dem Begriff des Zivil- und Handelsrechts wird auch der gewerbliche Rechtsschutz, das Urheber- und das Patentrecht erfaßt. Auch das Arbeitsrecht, soweit es als Zivilrecht anzusehen ist, fällt unter dieses Rechtsgebiet. Die ausdrückliche Erwähnung des Verfahrensrechts auf diesen Gebieten und des Gerichtsverfassungsrechts (Artikel 1 Abs. 1 des Übereinkommens) dient der Klarstellung. Eine gewisse Erweiterung ergibt sich aus Artikel 4 Abs. 3. Danach kann im Einzelfall auch um Auskunft über andere als die in Artikel 1 Abs. 1 aufgeführten Gebiete ersucht werden. Durch Zusatzvereinbarung kann die vertragliche Regelung allerdings in den Beziehungen der Staaten, die solche Abreden treffen, auf andere Rechtsgebiete erstreckt werden. 3. Ein Auskunftsersuchen darf nur für ein anhängiges Verfahren erbeten werden. Es muß von einem Gericht ausgehen. Damit ist ausgeschlossen, daß sich etwa eine Partei zur Vorbereitung eines Prozesses um eine Auskunft bemüht. Das Verfahren, für welches die Auskunft angefordert wird, dürfte in der Regel ein Zivilprozeß sein; dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um ein Verfahren der streitigen oder der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, daß für eine Strafsache oder für ein verwaltungsgerichtliches Verfahren eine Auskunft im Sinne des Übereinkommens eingeholt wird. Auf die Art des Gerichtszweiges, dem das ersuchende Gericht angehört, kommt es nicht an. 4. In den Mitgliedstaaten des Europarats wird ausländisches Recht teilweise als Tatsache, zum Teil aber auch als Rechtssatz behandelt. Um jeden Eingriff in das nationale Prozeßrecht zu vermeiden, wird in dem Übereinkommen die Frage nicht geregelt, ob ausländisches Recht, das auf dem in dem Übereinkommen vorgesehenen Weg ermittelt werden soll, wie eine Tatsache zu beweisen ist und ob auf die Verletzung ausländischen Rechts ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gestützt werden kann. Auch hier verbleibt es bei den nationalen Regelungen in den einzelnen Ländern. 5. Die Auskunft soll nicht den Charakter einer gerichtlichen Entscheidung oder eines sonstigen gerichtlichen Aktes haben, sondern dem Bereich der Verwaltung zuzurechnen sein. Dem entspricht es, daß die Auskunft das ersuchende Gericht nicht bindet. Eine auf dem Wege des Übereinkommens übermittelte Auskunft über ausländisches Recht unterscheidet sich rechtlich nicht von einer Auskunft, die auf anderem Wege eingeholt wurde. 6. Die Auskunft soll nicht ein Gutachten sein, in dem die Lösung einer bestimmten Rechtsfrage oder eines Falles vorgeschlagen werden soll. Vielmehr kann nur um die MitSchütze
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teilung bestimmter im ersuchten Staate geltender Rechtssätze (erforderlichenfalls mit Gesetzesmaterialien, Rechtsprechung und Kommentarstellen), die in einem Einzelfall anzuwenden sind und die das ersuchende Gericht in seiner Anfrage möglichst genau zu bezeichnen hat, ersucht werden. Der Antwort können jedoch erläuternde Bemerkungen beigefügt werden, wenn dies zum Verständnis erforderlich ist. 7. Um jeden Eingriff in das innerstaatliche Recht zu vermeiden, wurde die Frage, ob und in welcher Weise für eine Auskunft nach diesem Übereinkommen gehaftet wird, die unvollständig, falsch oder irreführend ist, nicht geregelt. Die Haftung für eine unrichtige Auskunft bestimmt sich nach dem innerstaatlichen Recht. Obwohl das Haftungsrecht der einzelnen Mitgliedstaaten stark voneinander abweicht, enthält das Übereinkommen keine Konfliktsregel und keine Bestimmung über die Gegenseitigkeit bei der Staatshaftung. Es ist jedem Mitgliedstaat jedoch gestattet, seine Haftung oder die Haftung seiner Beamten unter bestimmten Voraussetzungen auszuschließen (vgl. Nr. 5 des Erläuternden Berichts – Anlage zu dieser Denkschrift).
III. Die Einzelheiten der Ausführung des Übereinkommens werden weitgehend dem innerstaatlichen Recht überlassen. Das Übereinkommen legt allerdings einige organisatorische Maßnahmen fest, welche die Mitgliedstaaten zu treffen haben. Jeder Mitgliedsstaat (auch ein Bundesstaat; vgl. Artikel 16) muß eine einzige zentrale Stelle haben, welche die Ersuchen aus den anderen Mitgliedstaaten entgegenzunehmen hat. Außerdem hat diese Stelle dafür zu sorgen, daß die Ersuchen entsprechend den Bestimmungen des Übereinkommens erledigt werden. Die Empfangsstelle muß eine amtliche Stelle sein, die irgendwie in den staatlichen Behördenaufbau des Mitgliedstaats einbezogen ist. Es soll ausgeschlossen sein, daß ein Mitgliedstaat einer privaten oder einer „außerhalb seines Verwaltungsbereichs“ liegenden Einrichtung die Aufgaben der Empfangsstelle überläßt. Die Empfangsstelle kann jedoch Ersuchen in geeigneten Fällen oder aus Gründen der Verwaltungsorganisation auch an eine private Stelle oder eine geeignete rechtskundige Person zur Beantwortung weiterleiten. In der Bundesrepublik wird insbesondere die Beantwortung durch Rechtsanwälte, Professoren und Richter in Betracht kommen. Die Einrichtung – einer oder mehrerer – Übermittlungsstellen, welche ausgehende Ersuchen an die Empfangsstellen der anderen Vertragsstaaten weiterleiten, ist fakultativ.
IV. Der Sachverständigenausschuß des Europäischen Ausschusses für rechtliche Zusammenarbeit, der das Übereinkommen entworfen hat, hat einen „Erläuternden Bericht zu dem Europäischen Übereinkommen vom 7. Juni 1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht“ ausgearbeitet. In dem Bericht werden die Grundsätze des Übereinkommens sowie die Überlegungen dargelegt, auf denen die einzelnen Vorschriften beruhen. Der Bericht zu dem Übereinkommen ist dieser Denkschrift in deutscher Übersetzung angeschlossen. Auf ihn darf zur Erläuterung des Übereinkommens im einzelnen Bezug genommen werden.
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V. Das Europäische Übereinkommen ist inzwischen für zwölf Staaten in Kraft getreten (Dänemark, Frankreich, Island, Italien, Liechtenstein, Malta, Norwegen, Österreich, Schweden, Schweiz, Vereinigtes Königreich, Zypern).
VI. Auf deutscher Seite bedarf es noch eines Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen, in dem die innerstaatliche Ausführung festgelegt wird.
ANLAGE ZUR DENKSCHRIFT ERLÄUTERNDER BERICHT (Übersetzung) Einleitung 1. In der heutigen Zeit des täglich wachsenden Personen- und Güterverkehrs über die Grenzen der europäischen Länder hinweg bringt es die Entwicklung des internationalen Austausches sowie der internationalen wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen mit sich, daß Rechtssysteme ineinander übergreifen und ausländisches Recht in Betracht gezogen werden muß. Gesetzeskonflikte führen häufig dazu, daß ein Gericht eine ausländische Rechtsnorm, vor allem auf dem Gebiet des Vertrags- und Familienrechts, der Rechtsstellung und der Rechtsfähigkeit von Personen anzuwenden hat. Aus diesem Grund wurde die Frage der „Auskünfte über ausländisches Recht“ von dem ad hoc-Ausschuß für rechtliche Zusammenarbeit, der ein erweitertes Rechtsprogramm für den Europarat auszuarbeiten hatte, als vordringlich angesehen und als Punkt 7 in das Rechtsprogramm aufgenommen [siehe Anhang zur Entschließung (63) 29 des Ministerkomitees]. 2. Diese Frage wurde sodann der III. Konferenz der europäischen Justizminister in Dublin (26. bis 28. Mai 1964) vorgelegt, wo sie anhand eines Berichts der französischen Delegation und eines ergänzenden Berichts der deutschen Delegation erörtert wurde. Die Justizminister empfahlen in ihrer Entschließung Nr. 2 eine gründliche Prüfung des Problems durch den Europäischen Ausschuß für rechtliche Zusammenarbeit (CCJ) oder eines seiner nachgeordneten Gremien sowie die Ausarbeitung eines diesbezüglichen mehrseitigen Übereinkommens zu gegebener Zeit. Die Entschließung Nr. 2 wurde dem CCJ zugeleitet; dieser beschloß auf seiner ersten Sitzung, dem Ministerkomitee die Bildung eines Sachverständigenausschusses zu empfehlen. Das Ministerkomitee billigte diesen Vorschlag auf seiner 136. Sitzung. Der Sachverständigenausschuß hatte gemäß dem vom Ministerkomitee gebilligten Vorschlag des CCJ den Auftrag, „das Problem der Auskünfte über ausländisches Recht im Hinblick auf die Ausarbeitung des Entwurfs eines mehrseitigen Übereinkommens über diesen Gegenstand eingehend zu untersuchen und dabei besonders zu berücksichtigen, daß die Gerichte der Mitgliedstaaten in der Lage sein müssen, schnell genaue Auskünfte über ausländisches Recht zu erhalten.“ 3. Der Sachverständigenausschuß begann seine Arbeiten mit einer allgemeinen Erörterung der Grundsätze, auf denen das Übereinkommen beruhen sollte. Schütze
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4. Er prüfte zunächst alle besonderen Aspekte des Problems der Auskünfte über ausländisches Recht einschließlich des Punktes, ob Vorschriften des ausländischen Rechts von der lex fori als Rechts- oder Tatfragen zu betrachten sind, und beschloß nach dieser Erörterung, seine Arbeiten auf das Problem der Auskünfte über ausländisches Recht strikt zu beschränken, ohne jedoch späteren Entwicklungen vorzugreifen, die sich aus der Anwendung des Übereinkommens ergeben könnten. 5. Das Übereinkommen enthält keinen Artikel über die Haftung im Falle einer unvollständigen, falschen oder irreführenden Antwort, weil diese Frage nach allgemeiner Auffassung in das innerstaatliche Recht eines jeden Landes fällt. Somit hindert dieses Übereinkommen einen Staat nicht daran, das Haftungsproblem in seinem innerstaatlichen Recht zu regeln. Ein Staat könnte z.B. beschließen, seine Haftung oder die Haftung seiner Beamten unter bestimmten Voraussetzungen auszuschließen.
KOMMENTAR ZU DEN ARTIKELN DES ÜBEREINKOMMENS Artikel 1 6. Dieser Artikel legt die Verpflichtungen der Vertragsparteien und den Anwendungsbereich des Übereinkommens fest. 7. Durch den Ausdruck „Gebiet“ sollen Auslegungsschwierigkeiten vermieden werden, die sich aus der Verwendung des Ausdrucks „Recht“ ergeben könnten, weil der Ausdruck „Gebiet“ eine umfassendere Bedeutung hat; danach können sich die Gerichte ungeachtet ihrer Zuständigkeit einerseits Auskünfte über Fragen auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechts beschaffen und andererseits in Verbindung mit Artikel 4 Abs. 3 um Auskünfte über Vorschriften aus anderen Rechtsgebieten ersuchen, wenn sie mit einer Frage des Zivil- und Handelsrechts in Zusammenhang stehen. Die Art des Gerichts oder des anhängigen Verfahrens bestimmt somit nicht den Anwendungsbereich des Übereinkommens. 8. Der Ausdruck „Zivil- und Handelsrecht“ deckt auch das Arbeitsrecht insoweit, als die Arbeitsregelung unter die Vorschriften des Zivilrechts fällt. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so kann eine Auskunft über das Arbeitsrecht nur auf Grund des Artikels 4 Abs. 3 beschafft werden. 9. Nach Absatz 1 kann auch um Auskunft über eine früher, aber jetzt nicht mehr geltende Rechtsvorschrift ersucht werden, weil dieser Absatz nicht bestimmt, daß es sich um ein bei Stellung des Ersuchens geltendes Recht handeln muß. 10. Der in Absatz 2 enthaltene Ausdruck „vereinbaren“ wurde benutzt, um die Form einer gegebenenfalls zwischen den beteiligten Partien zu schließenden Übereinkunft nicht vorweg festzulegen. 11. Absatz 2 schließt die Möglichkeit nicht aus, zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen des Europarats eine zusätzliche Übereinkunft zu dem Zweck auszuarbeiten, das Übereinkommen auf andere als die in Absatz 1 erwähnten Rechtsgebiete zu erstrecken. In einem solchen Fall verhindert das Übereinkommen nicht, daß gegebenfalls eine andere Art des Austausches von Auskünften vorgesehen wird. Artikel 2 12. Dieser Artikel befaßt sich im wesentlichen mit den für die Anwendung des Übereinkommens zu errichtenden Stellen. 623
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Vor allem auf Grund der Tatsache, daß die Rechtspflege in einigen Staaten dezentralisiert ist, konnte nicht an die Schaffung eines zentralisierten Systems gedacht werden, demzufolge in jedem Staat nur eine einzige Stelle bestimmt würde, die gleichzeitig die Auskunftsersuchen aus dem Ausland entgegenzunehmen und die Auskunftsersuchen der Gerichte ihres eigenen Landes zu übermitteln hätte. Es mußte ein flexibleres System geschaffen werden, das es jedem Staat gestattet, von sich aus die Vorkehrungen zu treffen, die er zur Durchführung des Übereinkommens für notwendig hält. Jeder Staat ist jedoch verpflichtet, eine einzige Stelle zu errichten oder zu bestimmen, die die Auskunftsersuchen aus dem Ausland entgegennimmt. Diese Stelle hat auch das Weitere zu diesen Ersuchen zu veranlassen. 13. Dagegen wurde die Möglichkeit vorgesehen, eine oder mehrere Stellen zu errichten, welche die von den eigenen Gerichten ausgehenden Ersuchen in das Ausland zu übermitteln haben. Es bestand indessen Einverständnis darüber, daß es die Durchführung des Übereinkommens wesentlich erleichtern würde, wenn in jedem Vertragsstaat eine Übermittlungsstelle bestände. Jeder Staat kann unter folgenden Systemen wählen: a) Es werden eine oder mehrere Übermittlungsstellen errichtet oder bestimmt; b) die Aufgabe der Übermittlungsstelle wird der Empfangsstelle übertragen; c) den Gerichten, von denen die Ersuchen ausgehen, wird gestattet, sie unmittelbar in das Ausland zu übermitteln. 14. Bezüglich des Absatzes 3 bestand Einverständnis darüber, daß die Vertragsparteien die erste Mitteilung spätestens bei Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahmeoder Beitrittsurkunde zu machen haben. Jede spätere Änderung der Bezeichnung oder Anschrift der Empfangsstelle muß dem Generalsekretär des Europarats ebenfalls mitgeteilt werden. Artikel 3 15. Dieser Artikel bezeichnet die zur Stellung von Auskunftsersuchen berechtigten Behörden. Die Möglichkeit, ein Auskunftsersuchen außerhalb eines Gerichtsverfahrens zu stellen, wurde ausgeschlossen. Zwei Bedingungen müssen erfüllt sein: Das Ersuchen muß von einem Gericht ausgehen und muß für ein bereits anhängiges Verfahren gestellt werden; es kann sich hierbei sowohl um ein Verfahren der streitigen als auch der freiwilligen Gerichtsbarkeit in einer Zivil- und Handelssache handeln. 16. Der Ausdruck „auch wenn es nicht vom Gericht selbst abgefaßt worden ist“ bezieht sich u.a. auf Fälle, in denen das Ersuchen von den Parteien selbst oder von diesen nach den Weisungen des Gerichts abgefaßt wird; das Wort „ausgehen“ bedeutet, daß das Ersuchen nicht unbedingt von dem Gericht abgefaßt zu sein braucht; es genügt, wenn es vom Gericht genehmigt worden ist. Ist das Ersuchen nicht vom Gericht abgefaßt worden, so findet Artikel 4 Abs. 4 Anwendung. 17. Die in Absatz 1 niedergelegte Bedingung, daß die Auskunftsersuchen von einem Gericht ausgehen müssen, besagt, daß zur Erledigung der Rechtssache nach Auffassung des Gerichts die Beschaffung der erbetenen Auskunft erforderlich ist. Die Tatsache, daß das Ersuchen vom Gericht abgefaßt oder von ihm genehmigt werden muß, bietet die Gewähr dafür, daß keine überflüssigen Ersuchen gestellt werden. 18. Der auch in anderen internationalen Übereinkünften enthaltene Ausdruck „Gericht“ wurde in dem Übereinkommen nicht definiert; er ist daher nach dem Recht des ersuchenden Staates zu verstehen. Schütze
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Um die Anwendung des Übereinkommens zu erleichtern, haben Staaten, die keine Übermittlungsstelle errichten oder bestimmen, nach Absatz 2 die Möglichkeit, den anderen Staaten anzuzeigen, welche ihrer Behörden als Gerichte im Sinne des Artikels 3 anzusehen sind. Eine solche Bestimmung ist auch in Artikel 24 des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen enthalten. 19. Die Frage, ob die Staatsanwaltschaft (oder entsprechende Stellen, die das öffentliche Interesse vertreten) angesichts ihrer Aufgaben für die Zwecke dieses Übereinkommens als Gericht anzusehen ist, bleibt dem Ermessen des Vertragsstaats anheimgestellt, zu dem die Staatsanwaltschaft gehört. 20. Ein Schiedsgericht kann sich Auskünfte durch ein nationales Gericht beschaffen lassen, sofern dies nach seinem innerstaatlichen Recht zulässig ist. 21. Nach Absatz 3 können die Vertragsstaaten durch Vereinbarung die Anwendung des Übereinkommens erweitern, um einen umfassenderen Austausch von Auskünften zu erzielen. In eine solche Vereinbarung können die Vertragsparteien die Bestimmungen aufnehmen, die für die Anpassung des Übereinkommens notwendig sind. Artikel 4 22. Dieser Artikel befaßt sich mit dem Inhalt von Auskunftsersuchen. Seinem Wortlaut ist zu entnehmen, daß die Ersuchen so genau wie möglich abgefaßt sein müssen. Sie müssen sich auf den Sachverhalt stützen und nach Möglichkeit eine zu allgemeine Fragestellung vermeiden. 23. Absatz 3 ergänzt in gewisser Weise Artikel 1 Abs. 1. Er sieht vor, daß sich die Auskunftsersuchen auch auf Punkte betreffend andere Rechtsgebiete als die des Zivil- und Handelsrechts erstrecken können, sofern sie mit einer Frage des Zivil- oder Handelsrechts, auf die sich das Ersuchen in erster Linie beziehen muß, im Zusammenhang stehen. 24. Absatz 4 bezieht sich auf Fälle, in denen das Ersuchen nicht von einem Gericht abgefaßt ist (siehe Absatz 16 oben). Der Ausdruck „Entscheidung“ ist nicht so auszulegen, als müsse in jedem Fall eine prozeßleitende Verfügung vorliegen; die Genehmigung des Ersuchens stelle ebenfalls eine „Entscheidung“ dar. Jeder Staat bestimmt selbst die Form dieser Genehmigung. Artikel 5 25. Dieser Artikel betrifft die Übermittlung des Auskunftsersuchens, die unmittelbar durch die Gerichte erfolgen kann, wenn keine Übermittlungsstelle in dem ersuchenden Staat errichtet oder bestimmt worden ist. Artikel 6 26. Dieser Artikel legt das Verfahren fest, das die Empfangsstelle bei der Beantwortung zu befolgen hat. 27. Absatz 1 bezieht sich auf Fälle, in denen die Antwort im Rahmen der Verwaltungsorganisation des Staates abgefaßt wird. Das Wort „öffentlich“ ist so zu verstehen, daß die Empfangsstelle eine private Stelle mit der Beantwortung beauftragen kann; diese Stelle wäre dann mit einer öffentlichen Aufgabe betraut. 28. Zweck der Worte „in geeigneten Fällen oder aus Gründen der Verwaltungsorganisation“ ist es, jedem Staat zu gestatten, unter besonderer Berücksichtigung seiner inneren Organisation von den beiden in Artikel 6 bezeichneten Verfahren dasjenige zu wählen, das für den jeweiligen Fall am besten geeignet ist. 625
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Das dem Staat zugestandene Recht, sich der in den Absätzen 1 und 2 vorgesehenen Verfahren nach Belieben zu bedienen, sollte allerdings nicht dazu benutzt werden, die Beantwortung systematisch einer privaten Stelle oder einer geeigneten rechtskundigen Person zu übertragen; dadurch würde nämlich in Anbetracht des Artikels 15 ein gewisses Ungleichgewicht bezüglich der sich aus der Anwendung des Übereinkommens ergebenden finanziellen Folgen entstehen. 29. In Absatz 3 sind die Maßnahmen bezeichnet, die die Empfangsstelle zu treffen hat, falls sie beschließt, die Beantwortung einer privaten Stelle oder einer geeigneten rechtskundigen Person zu übertragen. Absatz 3 braucht jedoch nicht angewendet zu werden, wenn der ersuchte Staat nicht die Absicht hat, die Erstattung der durch diese Verfahren entstehenden Kosten zu verlangen. Artikel 7 30. Dieser Artikel betrifft den Inhalt der Antwort. Aus diesem Artikel ist ersichtlich, daß die Antwort die Auskünfte enthalten muß, die das ersuchende Gericht für seine Entscheidung benötigt. Der Antwort sind gegebenenfalls erläuternde Bemerkungen beizufügen; sie kann in Form eines Berichts über die Anwendung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen im ersuchten Staat abgefaßt sein. Der Verfasser der Antwort ist jedoch nicht verpflichtet, einen solchen Bericht abzugeben, auch wenn das ersuchende Gericht dies wünscht. Die Antwort muß jedoch nicht nur unparteiisch, sondern auch objektiv sein, d.h. sie darf keinen Vorschlag für die Erledigung des Falles enthalten, der Gegenstand des Ersuchens ist. 31. Der im zweiten Satz dieses Artikels enthaltene Ausdruck „je nach den Umständen des Falles“ besagt, daß die mit der Beantwortung beauftragte Stelle oder Person je nach der Rechtslage ihres Landes und für die Zwecke einer korrekten Beantwortung ihrer Antwort a) einschlägige Gesetze und Verordnungen, b) einschlägige Gerichtsentscheidungen c) oder einschlägige Gesetze und Verordnungen sowie einschlägige Gerichtsentscheidungen zugrunde legen kann. Diese Gesetze, Verordnungen und Entscheidungen sind der Antwort gegebenenfalls im Wortlaut beizufügen. 32. Die mit der Beantwortung beauftragte Stelle oder Person kann, um die Antwort möglichst umfassend zu gestalten, auf Faktoren außerhalb des Zivil- und Handelsrechts hinweisen, die nach ihrer Auffassung das anwendbare Recht beeinflussen könnten und zur gehörigen Unterrichtung des ersuchenden Gerichts erforderlich sind, auch wenn diese Faktoren in dem Ersuchen nicht ausdrücklich erwähnt wurden. 33. Es wurde nicht für ratsam gehalten, in dem Übereinkommen eine besondere Form für die Antwort vorzuschreiben. Artikel 8 34. Die in diesem Artikel enthaltene Vorschrift wurde in das Übereinkommen aufgenommen, um die Unabhängigkeit der Gerichte zu betonen.
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Artikel 9 35. Dieser Artikel stellt den Grundsatz auf, demzufolge die Antwort auf dem gleichen Wege zu übermitteln ist wie das Ersuchen. Artikel 10 36. Dieser Artikel legt die Verpflichtungen fest, die der Empfangsstelle bei der Beantwortung obliegen. 37. Absatz 2 behandelt insbesondere die Aufgabe der Empfangsstelle in Fällen, in denen die Antwort gemäß Artikel 6 Abs. 3 außerhalb der Verwaltungsorganisation des Staates abgefaßt wird. In einem solchen Fall ist die Empfangsstelle nicht verpflichtet, die Antwort inhaltlich zu überprüfen; demzufolge wäre in einem gegebenen Fall nicht der ersuchte Staat haftbar, sondern die Person oder Stelle, die die Antwort abgefaßt hat. Artikel 11 38. Dieser Artikel enthält einige Ausnahmen von der sich aus Artikel 10 ergebenden Pflicht zur Beantwortung von Auskunftsersuchen. Es wurde in dem Fall, in dem die Interessen des ersuchten Staates durch die Rechtssache berührt werden, für besser gehalten, ihn von der Pflicht zur Beantwortung zu befreien, um zu vermeiden, daß die Unparteilichkeit seiner Antwort angezweifelt wird, oder er sich verpflichtet sieht, dem ausländischen Gericht eine Hilfe zuteil werden zu lassen, die seinen eigenen Interessen schaden könnte. Der Ausdruck „seine Interessen berührt werden“ ist so allgemein gehalten, daß nicht allein die Tatsache, daß der ersuchte Staat Partei der Rechtssache ist, sondern auch die Tatsache, daß seine Interessen auf dem Spiel stehen oder von dem Ausgang der Rechtssache berührt werden, die Ablehnung eines Auskunftsersuchens rechtfertigen. Der Ausdruck „Interessen“ bezieht sich nicht nur auf finanzielle Interessen, sondern z.B. auch auf wirtschaftliche oder politische Interessen. 39. Die Formulierung dieses Artikels leitet sich aus den Artikeln 4 und 11 des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß her. 40. Der ersuchte Staat ist z.B. dann nicht verpflichtet, ein Auskunftsersuchen zu beantworten, wenn das ersuchende Gericht seine Zustimmung zu den Kosten nicht gibt (siehe Artikel 6 Abs. 3) oder ergänzende Auskünfte ablehnt (siehe Artikel 13) usw. Artikel 12 41. Dieser Artikel wurde aufgenommen, um das Verfahren des Austausches von Auskünften nach Möglichkeit zu beschleunigen. Artikel 13 42. Nach diesem Artikel kann die mit der Beantwortung beauftragte Stelle oder Person ergänzende Angaben verlangen. Es wurde davon abgesehen, in dem Übereinkommen eine Bestimmung für den gegenteiligen Fall vorzusehen, in dem der Empfänger der Antwort ergänzende Angaben benötigt. Es wurde davon ausgegangen, daß es sich in einem solchen Fall um ein neues Auskunftsersuchen handeln würde und es daher nicht notwendig wäre, dies in dem Übereinkommen zu regeln. 627
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43. Absatz 2 betrifft das Verfahren bei der Übermittlung von Ersuchen um ergänzende Angaben. Nach dieser Vorschrift sind derartige Ersuchen von den in Artikel 6 Abs. 1 oder 2 bezeichneten Stellen oder Personen durch die Empfangsstelle an die Stelle zu übermitteln, von der das ursprüngliche Ersuchen ausging. Artikel 14 44. Dieser Artikel betrifft die Sprache, in welcher Ersuchen und Antwort abzufassen sind. 45. Artikel 14 findet auch auf die in Artikel 13 erwähnten ergänzenden Angaben Anwendung. Somit muß die Antwort der ersuchenden Stelle auf das Ersuchen um ergänzende Angaben in die Sprache des ersuchten Staates übersetzt werden. 46. Nach Absatz 2 haben die Vertragsparteien die Möglichkeit, für den Austausch von Auskünften eine andere Sprache als die des ersuchenden oder des ersuchten Staates zu wählen. Die Parteien bestimmen selbst die Form ihrer diesbezüglichen Vereinbarung. Artikel 15 47. Dieser Artikel betrifft die Kosten für die Erteilung von Auskünften. Es wurde ein Unterschied gemacht zwischen a) der Beantwortung nach Artikel 6 Abs. 1 und b) der Beantwortung durch eine private Stelle oder rechtskundige Person (siehe Artikel 6 Abs. 2). Für den unter a) aufgeführten Fall werden keine Auslagen erhoben; die unter b) anfallenden Kosten gehen zu Lasten des Staates, von dem das Ersuchen ausgeht. In diesem Fall würde es sich nämlich um die Gebühren der Stelle oder der rechtskundigen Person handeln, die die Antwort abgefaßt hat (siehe auch Absatz 29 oben). 48. Nach dem diesem Artikel zugrunde liegenden Prinzip ist der ersuchende Staat (und nicht die Empfangsstelle, die ausländische Übermittlungsstelle oder das ausländische Gericht, von dem das Ersuchen ausgeht) für die Zahlung der Kosten verantwortlich. 49. Die beiden folgenden Fragen sind in Artikel 15 nicht geregelt: a) die Zahlungsweise, d.h. an wen (z.B. die Empfangsstelle, die rechtskundige Person usw.) die Gebühren zu zahlen sind; b) das Kostenerstattungsverfahren in dem Staat, von dem das Ersuchen ausgeht. Man hielt es nicht für notwendig, den unter a) erwähnten Fall ausdrücklich in dem Übereinkommen zu regeln; er sollte der Praxis überlassen bleiben. Das unter b) erwähnte Problem ist Sache der inneren Rechtsordnung eines jeden Staates. Artikel 16 50. Dieser Artikel wurde in den Übereinkommensentwurf aufgenommen, um verfassungsrechtlichen Erwägungen in bestimmten Bundesstaaten Rechnung zu tragen. 51. Aus diesem Artikel geht u.a. hervor, daß die nach dieser Bestimmung getroffenen Maßnahmen auf verfassungsrechtlichen Gründen und nicht lediglich auf Zweckmäßigkeitsgründen beruhen müssen. Artikel 17 bis 21 52. Die Schlußbestimmungen (Artikel 17 bis 21) entsprechen dem vom Ministerkomitee gebilligten Muster. Schütze
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2. a. ee. β. Ausführungsgesetz zum Übereinkommen (BGBl. I 1974, S. 1453)
I. AUSGEHENDE ERSUCHEN §1 Hat ein Gericht in einem anhängigen Verfahren ausländisches Recht einer der Vertragsparteien anzuwenden, so kann es eine Auskunft nach den Vorschriften des Übereinkommens einholen. Das Gericht kann die Abfassung des Ersuchens auch den Parteien oder Beteiligten überlassen; in diesem Fall ist dem Auskunftsersuchen des Gerichts die gerichtliche Genehmigung des Ersuchens beizufügen. Das Auskunftsersuchen ist von dem Gericht der Übermittlungsstelle vorzulegen. §2 Eine Mitteilung des anderen Vertragsstaats, daß für die Erledigung des Ersuchens mit Kosten zu rechnen ist (Artikel 6 Abs. 3 des Übereinkommens), leitet die Übermittlungsstelle dem ersuchenden Gericht zu. Das Gericht teilt der Übermittlungsstelle mit, ob das Ersuchen aufrechterhalten wird. §3 Werden für die Erledigung eines Auskunftsersuchens von einem anderen Vertragsstaat Kosten erhoben, sind die Kosten nach Eingang der Antwort von der Übermittlungsstelle dem anderen Vertragsstaat zu erstatten. Das ersuchende Gericht übermittelt den Kostenbetrag der Übermittlungsstelle. §4 Die Vernehmung einer Person, die ein Auskunftsersuchen in einem anderen Vertragsstaat bearbeitet hat, ist zum Zwecke der Erläuterung oder Ergänzung der Antwort unzulässig.
II. EINGEHENDE ERSUCHEN §5 Bezieht sich ein Auskunftsersuchen auf Landesrecht, leitet es die Empfangsstelle an die von der Regierung des Landes bestimmte Stelle zur Beantwortung weiter. Bezieht sich ein Auskunftsersuchen auf Bundesrecht und auf Landesrecht, soll es die Empfangsstelle an die von der Regierung des Landes bestimmte Stelle zur einheitlichen Beantwortung weiterleiten. Gilt Landesrecht in mehreren Ländern gleichlautend, so kann die Beantwortung der Stelle eines der Länder übertragen werden.
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§6 (1) Die Empfangsstelle kann ein Auskunftsersuchen an einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt, einen Notar, einen beamteten Professor der Rechte oder einen Richter mit deren Zustimmung zur schriftlichen Beantwortung weiterleiten (Artikel 6 Abs. 2 des Übereinkommens). Einem Richter darf die Beantwortung des Auskunftsersuchens nur übertragen werden, wenn auch seine oberste Dienstbehörde zustimmt. (2) Auf das Verhältnis der nach Absatz 1 bestellten Person zur Empfangsstelle finden die Vorschriften der §§ 407, 408, 409, 411 Abs. 1, 2 und des § 412 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung entsprechende Anwendung. Die nach Absatz 1 bestellte Person ist wie ein Sachverständiger nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen zu entschädigen. In den Fällen der §§ 409, 411 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung und des § 16 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen ist das Amtsgericht am Sitz der Empfangsstelle zuständig. §7 Wird die Auskunft von einer privaten Stelle oder rechtskundigen Person erteilt (Artikel 6 Abs. 2 des Übereinkommens, §6), obliegt die Entschädigung dieser Stelle oder Person der Empfangsstelle. Die Empfangsstelle nimmt die Zahlungen des ersuchenden Staates entgegen. Die Kostenrechnung ist der Empfangsstelle mit der Auskunft zu übersenden. §8 Leitet die Empfangsstelle ein Ersuchen an eine von der Landesregierung bestimmte Stelle weiter, so nimmt diese die Aufgaben und Befugnisse der Empfangsstelle nach den §§ 6, 7 Satz 1, 3 wahr. In den Fällen des § 6 Abs. 2 Satz 3 ist das Amtsgericht am Sitz der von der Landesregierung bestimmten Stelle zuständig. Die von der Landesregierung bestimmte Stelle übermittelt die Antwort der Empfangsstelle. Hatte die von der Landesregierung bestimmte Stelle die Beantwortung übertragen (Artikel 6 des Übereinkommens, § 6), übermittelt die Empfangsstelle die Zahlungen des ersuchenden Staates dieser Stelle.
III. SONSTIGE BESTIMMUNGEN §9 (1) Die Aufgaben der Empfangsstelle im Sinne des Artikels 2 Abs. 1 des Übereinkommens nimmt der Bundesminister der Justiz wahr. (2) Die Aufgaben der Übermittlungsstelle im Sinne des Artikels 2 Abs. 2 des Übereinkommens nimmt für Ersuchen, die vom Bundesverfassungsgericht oder von Bundesgerichten ausgehen, der Bundesminister der Justiz wahr. Im übrigen nehmen die von den Landesregierungen bestimmten Stellen diese Aufgaben wahr. In jedem Land kann nur eine Übermittlungsstelle eingerichtet werden. (3) Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, eine andere Empfangsstelle zu bestimmen, wenn dies aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung oder zur leichteren Ausführung des Übereinkommens notwendig erscheint. Er wird ferner ermächtigt, durch RechtsverordSchütze
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nung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, aus den in Satz 1 genannten Gründen eine andere Übermittlungsstelle für Ersuchen zu bestimmen, die vom Bundesverfassungsgericht oder von Bundesgerichten ausgehen. § 10 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. § 11 (1) Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Europäischen Übereinkommen vom 7. Juni 1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht in Kraft. (2) Der Tag, an dem dieses Gesetz in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.
2. a. ee. γ. Begründung zum Ausführungsgesetz (BTDrucks. VII Nr.993)
Das Europäische Übereinkommen vom 7. Juni 1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht begründet eine neuartige völkerrechtliche Verpflichtung der Vertragsstaaten, Auskünfte über ihr Recht zu erteilen. In dem Übereinkommen selbst sind die Grundzüge des Verfahrens, in dem um Auskunft ersucht und die Auskunft erteilt wird, bereits festgelegt (vgl. zur bisherigen Rechtslage bei der Ermittlung fremden Rechts die Denkschrift zu dem Übereinkommen). So bestimmt das Übereinkommen unmittelbar, wer ein Auskunftsersuchen stellen kann (Artikel 3), welchen Inhalt das Auskunftsersuchen haben soll (Artikel 4), wie das Ersuchen zu übermitteln ist (Artikel 5) und wer die Antwort zu erteilen hat (Artikel 6). Auch der Inhalt der Antwort sowie deren Wirkung (Artikel 7 und 8), der Weg, auf dem die Antwort mitgeteilt wird (Artikel 9), die Sprache, in der das Auskunftsersuchen und die Antwort zu fassen sind (Artikel 14), und die Kostenfrage (Artikel 15) sind im Übereinkommen selbst geregelt. Soweit das Übereinkommen die weitere Ausgestaltung des Verfahrens und die innerstaatliche Organisation zur Ausführung des Übereinkommens den Vertragsparteien überläßt, bedarf es jedoch einiger ergänzender Regelungen, um ein reibungsloses Funktionieren des Systems des Übereinkommens zu erreichen. Diesem Zweck dient das Ausführungsgesetz. Das Ausführungsgesetz regelt getrennt nach ausgehenden (§§ 1 bis 4) und eingehenden Ersuchen (§§ 5 bis 8) Einzelheiten des innerstaatlichen Verfahrens, insbesondere den Übermittlungsweg und die Art und Weise, wie die von anderen Vertragsstaaten benötigten Auskünfte im innerstaatlichen Bereich beschafft werden können. Außerdem wird geregelt, von wem in der Bundesrepublik die Aufgaben der Empfangsstelle und der Übermittlungsstellen, die das Übereinkommen vorschreibt, wahrgenommen werden. Zu den einzelnen Vorschriften des Entwurfs ist folgendes zu bemerken: Zu § 1 Gemäß Artikel 3 Abs. 1 des Übereinkommens muß das Auskunftsersuchen von einem Gericht ausgehen. Welche Behörde eines Vertragsstaats als Gericht anzusehen ist, 631
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wird im Übereinkommen nicht definiert. Diese Frage bestimmt sich nach dem innerstaatlichen Recht jedes Vertragsstaats. Es ist dabei nicht ausgeschlossen, daß für einen Vertragsstaat unter bestimmten Voraussetzungen auch die Staatsanwaltschaften oder andere Vertreter des öffentlichen Interesses angesichts ihrer Aufgaben als Gerichte im Sinne des Übereinkommens anzusehen sind (vgl. dazu Nr. 18 und 19 des Erläuternden Berichts). Das ist jedoch nach deutschem Recht nicht der Fall. Wenn diese Stellen eine Auskunft über ausländisches Recht benötigen, z.B. wenn zivilrechtliche Vorfragen eine Rolle spielen, können sie sich jedoch trotzdem die Kenntnis ausländischen Rechts nach dem Übereinkommen verschaffen. Die Staatsanwaltschaft kann gemäß § 162 der Strafprozeßordnung durch das Gericht eine Auskunft bereits im Ermittlungsverfahren einholen. Der Vertreter des öffentlichen Interesses im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (vgl. §§ 35 bis 37 der Verwaltungsgerichtsordnung) kann als Beteiligter am Verfahren (§ 63 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung) bei dem Gericht einen Antrag stellen, das ausländische Recht, das in dem Verfahren anzuwenden ist, durch ein Auskunftsersuchen zu ermitteln. Auch ein Schiedsgericht kann von dem Übereinkommen Gebrauch machen, indem es gemäß § 1036 ZPO das zuständige staatliche Gericht ersucht, eine Rechtsauskunft einzuholen. Nach § 1 Satz 3 ist das Auskunftsersuchen von dem Gericht der Übermittlungsstelle vorzulegen, es ist also vom Gericht grundsätzlich selbst abzufassen. Es wäre nicht sachdienlich, die Formulierung des Ersuchens der Übermittlungsstelle zu übertragen. Das Gericht, das über den anhängigen Rechtsstreit zu entscheiden hat, ist am besten in der Lage, die für eine sachgerechte Beantwortung des Ersuchens erforderlichen Angaben zu machen. Das Gericht kann allerdings die Abfassung des Ersuchens den Parteien oder Beteiligten überlassen (Artikel 3 Abs. 1 des Übereinkommens, § 364 Abs. 1 ZPO und § 36 der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen). In diesem Falle prüft das Gericht, ob das Ersuchen dem Übereinkommen entspricht und ob es sachdienlich ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, wird das Ersuchen vom Gericht genehmigt. Diese Genehmigung ist, wie Satz 2 hervorhebt, dem Ersuchen beizufügen (Artikel 4 Abs. 4 des Übereinkommens). Die gerichtliche Genehmigung dient dazu, überflüssige Ersuchen zu vermeiden (vgl. Nr. 17 des Erläuternden Berichts). Da die Ersuchen vom Gericht vollständig abgefaßt der Übermittlungsstelle vorzulegen sind, sollen auch notwendige Übersetzungen beigefügt sein (Artikel 14 des Übereinkommens). Es kann jedoch zweckmäßig sein, die Übersetzungen allgemein oder in besonderen Einzelfällen zentral für eine Übermittlungsstelle bestimmten Übersetzern, die über besondere Kenntnisse der Rechtssprache des ersuchten Landes verfügen, zu übertragen. Zu § 2 Wenn die Empfangsstelle des anderen Vertragsstaats das Ersuchen eines deutschen Gerichts gegen Gebühren im nichtstaatlichen Bereich erledigen lassen will, hat sie das der Übermittlungsstelle anzuzeigen; gleichzeitig ist die Höhe der Kosten möglichst genau anzugeben und um Zustimmung zu ersuchen (Artikel 6 Abs. 3 des Übereinkommens). Ob das Ersuchen auch für den Fall aufrechterhalten werden soll, daß für seine Erledigung Kosten entstehen, entscheidet nicht die Übermittlungsstelle, sondern das Gericht, von dem das Ersuchen ausgeht. Es soll der Beurteilung durch das Gericht überlassen bleiben, ob die zu erwartenden Kosten in angemessenem Verhältnis zum Streitwert stehen und ob die Rechtsauskunft zweckmäßigerweise auf einem anderen Wege beschafft werden kann. Schütze
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Die Anhörung der Parteien oder sonstigen Beteiligten des Verfahrens vor der Entscheidung darüber, ob das Ersuchen aufrechterhalten wird, sowie die Vorschußpflicht richten sich nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. z.B. §§ 293, 360 ZPO, § 114 GKG). Zu § 3 Die Übermittlungsstelle soll befugt sein, die Kosten für Ersuchen, die in einem anderen Vertragsstaat gemäß Artikel 6 Abs. 2, 3 des Übereinkommens entstanden sind, dem anderen Vertragsstaat unmittelbar zu erstatten. Es soll sichergestellt werden, daß die Kosten unabhängig davon, ob das ersuchende Gericht den Kostenbetrag gleich übermittelt, dem ersuchten Staat unverzüglich zugehen (vgl. auch § 7). In der Regel gehören die Kosten zu den Auslagen des gerichtlichen Verfahrens (§ 92 Nr. 6 GKG, § 137 Nr. 6 KostO). Zu § 4 Das Übereinkommen stellt ein besonderes, nach bestimmten Grundsätzen ausgestaltetes Verfahren zur Verfügung, in dem um Auskunft über fremdes Recht ersucht werden kann. Die Auskunft erfolgt immer schriftlich. Im System des Übereinkommens ist die Vernehmung sachkundiger Personen aus dem anderen Vertragsstaat zur Ermittlung des fremden Rechts nicht vorgesehen. Es wäre mit dem Übereinkommen nicht vereinbar, solche Personen aus dem ersuchten Vertragsstaat, die dort das Ersuchen bearbeitet haben, über den Gegenstand des Auskunftsersuchens vor dem ersuchenden Gericht anzuhören. Wenn das Gericht ergänzende Angaben benötigt, kann es ein neues Auskunftsersuchen stellen, das wieder schriftlich zu beantworten ist (vgl. Nr. 42 des Erläuternden Berichts). § 4 sieht deshalb zur Klarstellung vor, daß Personen, die ein Auskunftsersuchen in einem anderen Vertragsstaat bearbeitet haben, nicht zum Zwecke der Erläuterung der Antwort vernommen werden dürfen. Zu § 5 Artikel 6 des Übereinkommens sieht drei Möglichkeiten für die Bearbeitung eines eingehenden Ersuchens vor: a) Die Empfangsstelle kann das Ersuchen selbst beantworten (Absatz 1, 1. Alternative); b) die Empfangsstelle kann das Ersuchen an eine andere staatliche oder öffentliche Stelle zur Beantwortung weiterleiten (Absatz 1, 2. Alternative); c) die Empfangsstelle kann das Ersuchen an eine private Stelle oder an eine geeignete rechtskundige Person zur Beantwortung weiterleiten (Absatz 2). In § 5 ist für den innerstaatlichen Bereich der Fall geregelt, daß die Empfangsstelle das Ersuchen an eine andere staatliche oder an eine öffentliche Stelle zur Beantwortung weiterleitet. Ein Auskunftsersuchen kann sich auf Bundesrecht, auf das Recht eines Landes oder auf Recht aus beiden Gebieten beziehen. Es bedarf keiner besonderen Regelung im Ausführungsgesetz, daß Auskunftsersuchen über Recht aus dem Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes von der im Bereich des Bundes einzurichtenden Empfangsstelle bearbeitet werden. Dieselben Grundsätze gelten für Auskünfte über Bundesrecht aus dem Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung. Soweit die besondere Kenntnis der angesprochenen Rechtsgebiete bei anderen Stellen des Bundes vorhanden ist, kann die Empfangsstelle das Ersuchen an diese Stelle, z.B. ein anderes Bundesministerium, zur eigenverantwortlichen Bearbei633
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tung weiterleiten. So wird insbesondere das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung einzuschalten sein, wenn eine Auskunft über Arbeitsrecht verlangt wird. Dieses Verfahren ist in Artikel 6 Abs. 1 des Übereinkommens ausdrücklich vorgesehen. Die Weiterleitung von Ersuchen an andere Stellen des Bundes ist aus dem Gesichtspunkt der Amtshilfe gerechtfertigt (Artikel 35 des Grundgesetzes). Betrifft das Ersuchen ausschließlich Landesrecht (Gesetzgebungsrecht des Landes oder Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung, von der der Bund keinen Gebrauch gemacht hat), hätte die Empfangsstelle die Möglichkeit, die zuständigen Stellen im Lande, in dem das Landesrecht gilt, gemäß Artikel 35 des Grundgesetzes im Wege der Amtshilfe um Unterrichtung über das Landesrecht zu bitten. Das Ergebnis könnte die Empfangsstelle dann in der eigenen Antwort der anderen Vertragspartei übermitteln. Um diesen unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, sieht § 5 Satz 1 vor, daß Auskunftsersuchen, die sich auf Landesrecht beziehen, auf Ersuchen der Empfangsstelle von einer von der Regierung dieses Landes bestimmten Stelle in eigener Verantwortung beantwortet werden. Diese Stelle übernimmt insoweit die Aufgaben der Empfangsstelle (§ 8). Auch bei Auskunftsersuchen, die sich auf Landesrecht und auf Bundesrecht beziehen, kann es sachdienlich sein, daß die von der Regierung eines Landes bestimmte Stelle die Beantwortung auch insoweit übernimmt, als das Ersuchen Bundesrecht betrifft. Bundesrecht und Landesrecht werden in diesen Fällen eng miteinander verbunden sein. Es liegt im Interesse einer sachgerechten Auskunft, wenn die Antwort für beide Bereiche von derselben Stelle erteilt wird. § 5 Satz 2 sieht deshalb für diesen Fall die Weiterleitung an eine Landesstelle vor, die dann die Aufgaben der Empfangsstelle nach § 8 übernimmt. Gilt das Landesrecht gleichlautend in mehreren Bundesländern, ist das Ersuchen in einem dieser Länder zu erledigen. Wenn ein Ersuchen an eine von der Regierung eines Landes bestimmte Stelle weitergeleitet wird, hat diese wie die Empfangsstelle die Möglichkeit, das Ersuchen selbst zu beantworten, eine andere staatliche oder öffentliche Stelle im Bereich des Landes mit der Beantwortung zu beauftragen oder das Ersuchen an eine der in Artikel 6 des Übereinkommens genannten Personen oder Stellen zur Beantwortung weiterzuleiten. Für die Rückleitung der Antwort gilt § 8. Zu § 6 § 6 enthält ein besonderes Verfahren, in dem bestimmte rechtskundige Personen mit der Beantwortung eines Auskunftsersuchens aus einem anderen Vertragsstaat betraut werden können. 1. In Artikel 6 Abs. 2 des Übereinkommens ist festgelegt, daß die Empfangsstelle Ersuchen „in geeigneten Fällen oder aus Gründen der Verwaltungsorganisation auch an eine private Stelle oder an eine geeignete rechtskundige Person zur Beantwortung weiterleiten“ kann. Die Empfangsstelle kann das Verfahren wählen, das für den jeweiligen Fall am besten geeignet ist. Es würde dem Übereinkommen jedoch nicht entsprechen, wenn die Beantwortung systematisch privaten Stellen oder rechtskundigen Personen übertragen würde (vgl. Nr. 28 des Erläuternden Berichts). Die Empfangsstelle wird darauf zu achten haben, zwischen der kostenfreien Beantwortung im staatlichen Bereich und der Weitergabe an private Stellen oder an eine geeignete rechtskundige Person ein abgewogenes Verhältnis zu finden. § 6 sieht vor, daß Ersuchen in den Fällen des Artikels 6 Abs. 2 des Übereinkommens nach den Grundsätzen des Sachverständigenbeweises im Zivilprozeß an einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt, an einen beamteten Professor der Rechte oder an einen Richter zur schriftlichen Beantwortung Schütze
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weitergeleitet werden können. Dieser Personenkreis kommt für die Beantwortung von Auskunftsersuchen besonders in Betracht. a) Der Rechtsanwalt ist als unabhängiges Organ der Rechtspflege der berufene unabhängige Berater in allen Rechtsangelegenheiten (§§ 1, 3 Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung). Für die Erteilung von Auskünften nach dem Übereinkommen ist er durch seine berufliche Erfahrung bei der Rechtsberatung und im gerichtlichen Verfahren besonders geeignet. Auf die Mitwirkung der Rechtsanwaltschaft soll bei der Ausführung des Übereinkommens nicht verzichtet werden, zumal auch in anderen Vertragsstaaten Rechtsanwälte Auskünfte nach dem Übereinkommen erteilen werden. b) Für einen beamteten Professor der Rechte steht die Erledigung von Auskunftsersuchen in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Lehr- und Forschungstätigkeit (vgl. § 106 Abs. 2 des Beamtenrechtsrahmengesetzes in der Fassung vom 17. Juni 1971, BGBl. I S. 1025). c) In der Bundesrepublik wird die rechtsprechende Gewalt durch Richter ausgeübt (§ 1 des Deutschen Richtergesetzes). Das Europäische Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht soll dadurch, daß es die Ermittlung des ausländischen Rechts erleichtert, der Rechtspflege dienen. Deshalb sollen auch Richter an der Erfüllung der Aufgaben beteiligt werden, die das Übereinkommen stellt. Für die Betrauung eines Richters gelten die richterrechtlichen und die besonderen beamtenrechtlichen Vorschriften (§ 408 Abs. 2 ZPO), soweit diese auf Richter entsprechend anzuwenden sind. Die Tätigkeit des Richters bei der Auskunftserteilung fällt unter § 41 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes. Deshalb wird durch dieses Gesetz klargestellt, daß Richter mit dieser Aufgabe betraut werden können. Mit den Grundsätzen des Deutschen Richtergesetzes ist es vereinbar, daß Richter Auskünfte nach dem Übereinkommen erteilen. Durch § 41 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes soll nur ausgeschlossen werden, daß der Richter seine richterlichen Erfahrungen einer Privatperson in einem Gutachten zur Verfügung stellt und dem Gutachten für eine Privatperson die Autorität des Richteramts verliehen wird (vgl. Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, Rdn. 2 zu § 41). Die Auskunft wird jedoch einem anderen Vertragsstaat zur Verwertung in einem ausländischen gerichtlichen Verfahren erteilt. 2. Rechtsanwälte, Professoren und Richter haben durch ihre berufliche Stellung eine besonders nahe Beziehung zu Aufgaben im Bereich der Rechtsprechung. Sie sind zwar nicht als andere staatliche oder eine öffentliche Stelle im Sinne von Artikel 6 Abs. 1 des Übereinkommens anzusehen. Ihre besondere Stellung rechtfertigt es jedoch, ihre Tätigkeit im Rahmen des Übereinkommens in der Regel nicht durch privatrechtlichen Vertrag, sondern nach den Grundsätzen zu regeln, die für die Gutachtertätigkeit im Zivilprozeß gelten. In § 6 Abs. 2 werden deshalb für diesen Personenkreis die Vorschriften der §§ 407, 408, 409, 411 Abs. 1, 2 und des § 412 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung für entsprechend anwendbar erklärt. Rechtsanwälte, Professoren und Richter sind verpflichtet, die Auskunft zu erteilen, wenn sie sich dazu gegenüber der Empfangsstelle allgemein oder im Einzelfall bereit erklärt haben. Beim Richter ist auch die Zustimmung der obersten Dienstbehörde erforderlich (§ 6 Abs. 1, § 407 Abs. 2 ZPO). Für die spätere Verweigerung der Gutachtertätigkeit gelten die Grundsätze, die § 408 der Zivilprozeßordnung aufstellt. Von besonderer Bedeutung ist es, daß die Empfangsstelle den Gutachter wie einen gerichtlichen Sachverständigen zur Erledigung der Antwort anhalten kann. Diese Regelung ist geboten, um sicherzustellen, daß die Empfangsstelle ihrer in Artikel 10 Abs. 2 des Übereinkommens niedergelegten Verpflichtung nachkommen kann, für eine schnelle Erledigung des Ersuchens auch dann zu sorgen, wenn ein Rechtsanwalt, ein Professor oder ein Richter mit der Beantwortung beauftragt wird (Artikel 6 Abs. 2 des Übereinkommens). Rechtsanwälte, Professoren und Richter sollen für ihre Tätigkeit wie Sachver635
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ständige nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen entschädigt werden. Da die Erteilung einer Auskunft im Interesse der Rechtspflege erfolgt, erscheint die Verweisung auf die Entschädigung für gerichtliche Sachverständige sachgerecht. Zur Sicherung einer einheitlichen Handhabung werden die in §§ 409, 411 Abs. 2 ZPO und § 16 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen vorgesehenen richterlichen Entscheidungen dem Amtsgericht am Sitz der Empfangsstelle übertragen. Werden die Aufgaben der Empfangsstelle auf eine Landesstelle übertragen (§ 8), wird das Amtsgericht am Sitz dieser Stelle zuständig. Zu § 7 Wird eine Anfrage im außerstaatlichen Bereich erledigt und entstehen dabei Kosten, ist der ersuchende Staat verpflichtet, diese Kosten zu bezahlen (Nr. 48 des Erläuternden Berichts). Von einer Regelung der Frage, ob der ersuchende Staat die Gebühren an die Empfangsstelle oder an die private Stelle oder rechtskundige Person, die dem ersuchenden Staat angezeigt wurde (Artikel 6 Abs. 3 des Übereinkommens), zu bezahlen hat, wurde im Übereinkommen jedoch abgesehen. Im Übereinkommen ist auch nicht festgelegt, ob die von der Empfangsstelle beauftragte Stelle oder Person einen Honoraranspruch unmittelbar gegen den ersuchenden Staat hat. Im Interesse einer schnellen Bezahlung der Kostenrechnung wird in Satz 1 bestimmt, daß die Stelle oder Person, die die Antwort erteilt hat, für ihre Leistung von der Empfangsstelle entschädigt wird. Die Empfangsstelle wird dabei prüfen, ob die Kostenrechnung nach den Grundsätzen des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen erfolgt ist. Ist das Verhältnis zum Gutachter durch einen privatrechtlichen Vertrag geregelt, hat die Empfangsstelle zu prüfen, ob die Kostenrechnung dem Vertrag entspricht. Die Empfangsstelle hat dafür zu sorgen, daß die Gebühren vom ersuchenden Staat beglichen werden. Da die Empfangsstelle die Ansprüche des Gutachters befriedigt, hat sie die Zahlungen des ersuchenden Staates entgegenzunehmen. Satz 3 enthält eine Ordnungsvorschrift. Zu § 8 Wird ein Ersuchen gemäß § 5 an eine Landesstelle weitergeleitet, soll diese Stelle die Aufgaben und Befugnisse der Empfangsstelle im wesentlichen übernehmen. Die Landesstelle kann das Ersuchen selbst beantworten, eine andere staatliche oder öffentliche Stelle im Bereich des Landes mit der Beantwortung beauftragen oder das Ersuchen an eine der in Artikel 6 des Übereinkommens und in § 6 genannten Personen oder Stellen zur Beantwortung weiterleiten. Die Antwort wird in allen Fällen durch die Empfangsstelle zurückgeleitet (Artikel 9 des Übereinkommens). § 8 Satz 2 bestimmt deshalb, daß die Antwort auch dann, wenn sie im Bereich eines Landes erstellt wurde, der Empfangsstelle zu übermitteln ist. Nach § 7 Satz 2 nimmt die Empfangsstelle die Zahlungen des ersuchenden Staates entgegen. Wenn die Landesstelle eine der in § 6 genannten Personen oder Stellen mit der Beantwortung beauftragt hatte, obliegt ihr die Entschädigung. Die Zahlungen des ersuchenden Staates sind deshalb von der Empfangsstelle an die Landesstelle weiterzuleiten.
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Zu § 9 1. Jede Vertragspartei hat eine einzige Empfangsstelle zu errichten, die Auskunftsersuchen aus anderen Vertragsstaaten entgegenzunehmen und die Beantwortung der Ersuchen zu veranlassen hat (Artikel 2 Abs. 1 des Übereinkommens). Auch in Bundesstaaten müssen eingehende Ersuchen von einer einzigen zentralen Stelle entgegengenommen werden (Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 16 des Übereinkommens). Nach Artikel 2 Abs. 2 des Übereinkommens können in einem Vertragsstaat eine oder mehrere Übermittlungsstellen errichtet werden, die ausgehende Ersuchen der zuständigen ausländischen Empfangsstelle übermitteln. Sieht ein Vertragsstaat davon ab, Übermittlungsstellen zu errichten, kann er gemäß Artikel 3 Abs. 2 des Übereinkommens anzeigen, welche seiner Behörden als Gerichte im Sinne des Übereinkommens anzusehen sind. 2. § 9 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes bestimmt, daß die Aufgaben der Empfangsstelle vom Bundesminister der Justiz wahrgenommen werden. In jedem Vertragsstaat darf nur eine einzige Empfangsstelle bestehen, die einen wesentlichen Teil der eingehenden Ersuchen selbst erledigen wird (Artikel 2 Abs. 1, Artikel 6 Abs. 1 des Übereinkommens, §§ 5, 6). Es ist deshalb geboten, diese Stelle im Bereich des Bundes anzusiedeln. Von der Empfangsstelle sind nicht nur formale Aufgaben der Annahme und Weiterleitung von Ersuchen zu erledigen. Vielmehr hat sie eine eigenständige Rechtspflegeaufgabe wahrzunehmen. Es ist deshalb zweckmäßig, dem Bundesminister der Justiz, bei dem das in der Bundesrepublik geltende Recht besonders gesammelt ist, diese Aufgabe zu übertragen und nicht eine andere Verwaltungsbehörde des Bundes mit den Aufgaben der Empfangsstelle zu betrauen. Nach Artikel 2 des Übereinkommens kann Empfangsstelle entweder ein Ministerium oder eine andere staatliche Stelle sein. Von den Staaten, für die das Übereinkommen schon in Kraft ist, wurde überwiegend ein Ministerium oder eine ähnliche Zentralstelle zur Empfangsstelle (und gleichzeitig zur Übermittlungsstelle) bestimmt. Für Dänemark, Frankreich, Island, Italien, Norwegen, Österreich, die Schweiz und Zypern sind das Justizministerium, für Schweden und das Vereinigte Königreich sind das Außenministerium und für Malta der Kronanwalt als Empfangsstelle benannt. In Liechtenstein ist das Liechtensteinische Landgericht Vaduz zuständig. Es dient damit auch einer einheitlichen Ausführung des Übereinkommens, wenn in der Bundesrepublik die Empfangsstelle beim Bundesminister der Justiz eingerichtet wird. 3. In der Bundesrepublik sollen beim Bund und bei jedem Land Übermittlungsstellen nach Artikel 2 Abs. 2 des Übereinkommens eingerichtet werden. Es steht jedem Vertragsstaat frei, ob er eine oder mehrere Übermittlungsstellen bestimmen will. Von der Bestimmung einer Übermittlungsstelle kann auch ganz abgesehen werden. In dem Erläuternden Bericht zu dem Übereinkommen ist jedoch ausgeführt, daß die Anwendung des Übereinkommens wesentlich erleichtert würde, wenn nur eine Übermittlungsstelle in jedem Staat bestehen würde (vgl. Nr. 13 des Erläuternden Berichts). Die Vertragsstaaten, für die das Übereinkommen bisher in Kraft getreten ist, haben alle eine einzige Stelle bestimmt, die gleichzeitig die Aufgaben der Empfangsstelle und der Übermittlungsstelle wahrnimmt (vgl. Bern. 2). Dies gilt auch für Österreich und die Schweiz. In der Bundesrepublik wird Rechtsprechung durch das Bundesverfassungsgericht, durch Bundesgerichte und durch Gerichte der Länder ausgeübt (Artikel 92 GG). Dem entspricht es, wenn nach § 9 Abs. 2 eine Übermittlungsstelle für Ersuchen des Bundesverfassungsgerichts und der Bundesgerichte eingerichtet wird und jedes Land für Auskunftsersuchen der Gerichte aus seinem Bereich eine Übermittlungsstelle bestimmt. Jedes Land kann nur eine Übermittlungsstelle vorsehen. Dadurch soll der Kreis der Stel637
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len, die Auskunftsersuchen nach dem Übereinkommen an die ausländischen Empfangsstellen weiterleiten können, überschaubar gehalten werden. Bezeichnung und Anschrift der Übermittlungsstellen sind dem Generalsekretär des Europarats bei der Hinterlegung der deutschen Ratifikationsurkunde mitzuteilen (Artikel 2 Abs. 3 des Übereinkommens, Nr. 14 des Erläuternden Berichts). 4. In welchem Umfang von dem Übereinkommen Gebrauch gemacht werden wird, ist schwer abzusehen. Deshalb sieht § 9 Abs. 2 eine Verordnungsermächtigung für den Bundesminister der Justiz vor, damit die nationale Organisation zur Ausführung des Übereinkommens möglichen späteren praktischen Anforderungen angepaßt werden kann, ohne daß es dafür eines Gesetzes bedarf. Eine Rechtsverordnung, in der eine andere Empfangsstelle bestimmt wird, bedarf nach Artikel 80 Abs. 2 des Grundgesetzes der Zustimmung des Bundesrates. Für eine Rechtsverordnung des Bundesministers der Justiz, die eine andere Übermittlungsstelle für Ersuchen bestimmt, die vom Bundesverfassungsgericht oder von Bundesgerichten ausgehen, ist die Zustimmung des Bundesrates nicht erforderlich. 5. Auf welchem Wege die Ersuchen von den Gerichten den Übermittlungsstellen vorgelegt werden, wird nicht gesetzlich geregelt. Die Richtlinien für den innerstaatlichen Übermittlungsweg werden insbesondere in der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen festzulegen sein. 6. Das Übereinkommen und dieses Ausführungsgesetz enthalten keine Regelung darüber, ob, wie, von wem und wem gegenüber gehaftet wird, wenn eine Auskunft unvollständig, falsch oder irreführend ist. Diese Frage bestimmt sich nach innerstaatlichem Recht. Jeder Vertragsstaat ist berechtigt, die Haftungsfrage in seinem innerstaatlichen Recht zu regeln. Im Erläuternden Bericht ist ausdrücklich klargestellt, daß ein Staat seine Haftung oder die Haftung seiner Beamten unter bestimmten Voraussetzungen ausschließen kann (vgl. Nr. 5 des Erläuternden Berichts). a) Nach deutschem Recht gehört es zu den Amtspflichten eines Beamten (oder Angestellten), der eine Auskunft nach dem Übereinkommen gibt, seine Auskunft richtig, klar, unmißverständlich und vollständig zu erteilen (vgl. BGH NJW 1965 S. 1226). Wird schuldhaft eine unrichtige Antwort erteilt, kann eine Amtspflichtverletzung vorliegen, die zum Schadensersatz verpflichtet. Nach Artikel 34 des Grundgesetzes haftet in diesem Falle grundsätzlich der Staat für die Amtspflichtverletzungen seiner Beamten. Scheidet eine Haftung des Staates aus, haftet der Amtsträger persönlich für die Amtspflichtverletzung, wenn die Voraussetzungen des § 839 BGB gegeben sind. Es wird davon abgesehen, die Haftung des Staates und seiner Amtsträger für eine unvollständige, falsche oder irreführende Auskunft nach dem Übereinkommen auszuschließen oder zu beschränken. Eine spezielle Haftungsbeschränkung bei der Erfüllung der Aufgaben, die das Übereinkommen stellt, würde der internationalen Tendenz bei der Ausführung des Übereinkommens nicht entsprechen. Bei der Beratung dieses Übereinkommens innerhalb des Europarats wurde es abgelehnt, eine Haftungsbeschränkung in dem Übereinkommen selbst vorzusehen. Bisher haben die Staaten, für die das Übereinkommen in Kraft getreten ist (Dänemark, Frankreich, Island, Italien, Liechtenstein, Malta, Norwegen, Österreich, Schweden, Schweiz, Vereinigtes Königreich, Zypern), keine Haftungsregelung in bezug auf das Übereinkommen getroffen, die von der allgemeinen Regelung der Haftung in ihrem innerstaatlichen Recht abweicht. Teilweise wird ein Bedürfnis dafür verneint. In Österreich ist eine solche Haftungsbeschränkung verfassungsrechtlich unzulässig. Obwohl eine Haftungsbeschränkung im nationalen Recht nach dem Erläuternden Bericht zulässig ist, sollte sie, da sie der Handhabung des Übereinkommens in den anderen Vertragsstaaten nicht entsprechen würde, nur im Falle eines unabweisbaren Bedürfnisses vorgesehen werden. Ob dies der Fall ist, kann jedoch erst beurteilt werden, wenn ErfahSchütze
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rungen darüber vorliegen, welche praktische Bedeutung das Übereinkommen erlangen wird. Daneben kann noch nicht beurteilt werden, ob die eingehenden Ersuchen sich im wesentlichen darauf beschränken werden, Auskünfte über bestimmte gesetzliche Regelungen zu erfragen, oder ob stärker auch über die in der Rechtsprechung und Literatur zu bestimmten Themen vertretenen Meinungen zu berichten sein wird. Auch für die Fassung der Auskunft, für die Artikel 7 des Übereinkommens nur einen Rahmen aufstellt, wird sich noch eine Übung entwickeln müssen. Erst wenn darüber Erfahrungen vorliegen, wird beurteilt werden können, ob eine Beschränkung der Haftung des Staates und seiner Beamten bei der Erteilung von Auskünften nach diesem Übereinkommen erforderlich ist. Zudem ist zweifelhaft, ob eine Haftung des Staates oder seiner Beamten nach dem System des Übereinkommens in Betracht kommt und praktisch werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Auskunft, die nicht in einem Gutachten bestehen soll, einem anderen Vertragsstaat gegenüber erteilt wird und das Gericht, von dem das Ersuchen ausgeht, an die in der Antwort enthaltene Auskunft nicht gebunden ist. Eine Regelung im deutschen Recht wäre im übrigen ohne Wirkung, wenn von einem Gericht im Schadensersatzverfahren ausländisches Recht angewendet wird. b) Es erscheint auch nicht geboten, die Haftung der Personen, die gemäß § 6 mit der Beantwortung von Auskunftsersuchen betraut werden, durch eine besondere Regelung zu beschränken oder sie von der Haftung freizustellen. Rechtsanwälte, Professoren und Richter, die vor allem für die Beantwortung von Ersuchen außerhalb des staatlichen Bereichs in Betracht kommen, werden durch dieses Gesetz den Vorschriften über gerichtlich bestellte Sachverständige unterstellt. Vom Gericht bestellte Sachverständige haften jedoch nicht für leichte Fahrlässigkeit (vgl. BGHZ 42 S. 313, BGH NJW 1968 S. 787). Diese Haftungsgrundsätze sind, soweit eine Haftung überhaupt in Betracht kommt, auf die Sachverständigen, die nach diesem Gesetz für ein ausländisches Gericht tätig werden, wie auf Sachverständige vor einem Schiedsgericht (vgl. BGHZ 42 S. 313) entsprechend anzuwenden. Soweit den in § 6 Abs. 1 genannten Personengruppen bei der gegen Entgelt ausgeübten Tätigkeit grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, ist es nicht gerechtfertigt, die Haftung gesetzlich auszuschließen oder zu beschränken oder die Verantwortlichkeit auf den Staat zu übernehmen. Dies gilt auch für Richter. Zu § 10 Diese Vorschrift ermöglicht es, daß das Ausführungsgesetz auch im Land Berlin in Kraft gesetzt werden kann. Zu § 11 Das Ausführungsgesetz soll gleichzeitig mit dem Europäischen Übereinkommen vom 7. Juni 1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht in Kraft treten. Der Zeitpunkt, zu dem das Übereinkommen nach seinem Artikel 17 Abs. 3 für die Bundesrepublik wirksam wird, wird nach Artikel 3 Abs. 2 des Vertragsgesetzes zu dem Übereinkommen im Bundesgesetzblatt Teil II bekanntgegeben. Für das Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes ist aus Zweckmäßigkeitsgründen eine entsprechende Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt Teil I vorgesehen.
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SCHLUSSBEMERKUNG Von der beim Bund zu errichtenden Empfangsstelle ist der wesentliche Teil der eingehenden Ersuchen kostenfrei zu erledigen. Da das Übereinkommen inzwischen für 12 Staaten in Kraft getreten ist und weitere Staaten dem Übereinkommen beitreten werden, kann mit zahlreichen Auskunftsersuchen gerechnet werden. Für deren Bearbeitung ist bei der Empfangsstelle (die gleichzeitig Übermittlungsstelle für Ersuchen des Bundesverfassungsgerichts und der Bundesgerichte sein wird) mit einem Personalbedarf von einer Stelle des höheren, einer Stelle des gehobenen und einer Stelle des mittleren Dienstes zu rechnen. In jedem Bundesland ist eine Stelle zu bestimmen, die solche Ersuchen, die gemäß § 5 im Landesbereich zu erledigen sind, bearbeitet. Außerdem hat jedes Bundesland eine Übermittlungsstelle einzurichten (§ 9 Abs. 2). Auch in den Ländern wird dafür ein gewisser personeller Aufwand erforderlich sein. Für die Erledigung von Auskunftsersuchen deutscher Gerichte werden teilweise Kosten entstehen, die von der Übermittlungsstelle alsbald zu erstatten sind (§ 3). Von der Übermittlungsstelle sind diese Kosten zu verauslagen, bis das ersuchende Gericht den Kostenbetrag übermittelt. Auswirkungen auf Einzelpreise und auf das Preisniveau sind nicht zu erwarten.
2. b. Bilaterale Rechtshilfeverträge Schütze Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen 2. b. aa. Deutsch-amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 29.10.1956 (BGBl. II 1956, S. 488) (Auszug) b. aa. Deutsch-amerikanischer Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag Vorbemerkung: Der Vertrag enthält in Art. VI eine allgemeine und umfassende Rechtsschutzgarantie einschließlich des Rechts des freien Zugangs zu den Gerichten, die jedoch nicht über die Regelung des autonomen Rechts hinausgeht. Wesentlich ist die Gewährleitung der Zulässigkeit von Schiedsvereinbarungen und der wechselseitigen Wirkungserstreckung von Schiedssprüchen. Insoweit hat der Vertrag weiterhin Bedeutung und ist nicht durch das UN-Übereinkommen 1958 obsolet geworden. Die Versagungsgründe der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen sind auf die ordre public Klausel beschränkt, sodass eine größere Freizügigkeit als nach dem UN-Übereineinkommen 1958 besteht.1 Geltungsbereich: Deutschland, USA Schrifttum: Arnold/Kerr/Hill Der Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika v. 29.10.1954, Beil. Zum BAnz Nr. 141/ 1955; Schwenk Der neue Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag mit den USA, JZ 1957, 197 ff.
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1 Vgl. Schütze Die Rolle der staatlichen Gerichte in der Schiedsgerichtsbarkeit und die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung US-amerikanischer Schiedssprüche in Deutschland, DIS-MAT XII (2005), S. 85 ff.
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b. bb. Deutsch-britisches Abkommen über den Rechtsverkehr
Text Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika BGBl. II 1956, S. 488 (Auszug)
ARTIKEL VI DES VERTRAGES 1. Den Staatsangehörigen und Gesellschaften des einen Vertragsteils wird im Gebiet des anderen Vertragsteils hinsichtlich des Zutritts zu den Gerichten und Verwaltungsgerichten sowie Amtsstellen aller Instanzen für die Verfolgung wie auch für die Verteidigung ihrer Rechte Inländerbehandlung gewährt. Es besteht Einvernehmen darüber, daß Gesellschaften des einen Vertragsteils, die sich nicht in dem Gebiet des anderen Vertragsteils betätigen, dort diesen Zutritt haben, ohne daß eine Registrierung oder Niederlassung erforderlich ist. 2. Verträgen zwischen Staatsangehörigen oder Gesellschaften des einen Vertragsteils und Staatsangehörigen oder Gesellschaften des anderen Vertragsteils, welche die Entscheidung von Streitigkeiten durch Schiedsrichter vorsehen, darf die Anerkennung in dem Gebiet eines jeden der Vertragsteile nicht lediglich deshalb versagt werden, weil sich der für die Durchführung des Schiedsgerichtsverfahrens bestimmte Ort außerhalb seines Gebiets befindet oder weil ein Schiedsrichter oder mehrere Schiedsrichter nicht seine Staatsangehörigen sind. In einem Verfahren zur Vollstreckbarerklärung, das vor den zuständigen Gerichten eines Vertragsteils anhängig gemacht wird, soll ein ordnungsmäßig auf Grund solcher Verträge ergangener und nach den Gesetzen des Orts, an dem er gefällt wurde, endgültiger und vollstreckbarer Schiedsspruch als bindend angesehen werden. Das Gericht muß ihn für vollstreckbar erklären, außer wenn die Anerkennung des Schiedsspruchs gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würde. Ist der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt, so steht er hinsichtlich der Wirkungen und der Vollstreckung einem inländischen Schiedsspruch gleich. Es besteht jedoch Einverständnis, daß ein außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika ergangener Schiedsspruch vor den Gerichten eines Staates der Vereinigten Staaten von Amerika nur im gleichen Maße Anerkennung genießt wie Schiedssprüche, die in einem anderen Staat der Vereinigten Staaten von Amerika erlassen worden sind.
2. b. bb. Deutsch-britisches Abkommen über den Rechtsverkehr vom 20.3.1928 (RGBl. II 1928, S. 623) b. bb. Deutsch-britisches Abkommen über den Rechtsverkehr Vorbemerkung: Es handelt sich um das bedeutendste bilaterale Rechtshilfeabkommen Deutschlands, das wegen seines weiten Anwendungsbereichs in seiner Wirkung einem Kollektivabkommen gleichkommt. Das Abkommen, das ursprünglich nur im Verhältnis zu England und Wales galt, wurde in der Folge durch Einzelakte auf zahlreiche Staaten und Territorien des britischen Commonwealth ausgedehnt. Das Abkommen wurde durch den Krieg suspendiert. Es ist mit Wirkung vom 1.1.1953 im Verhältnis zum Vereinigten Königreich durch Notenwechsel wieder in Kraft gesetzt worden. Im Verhältnis zu anderen Gebieten des ursprünglichen Geltungsbereichs wurde durch einzelne Akte der Wiederinkraftsetzung der Zustand von 1939 nahezu wieder erreicht. Im Ver641
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hältnis zu einzelnen Staaten, z.B. Botsuana, Ghana, Israel, Jordanien, Kamerun, Sri Lanka und Uganda ist es nicht wieder in Kraft gesetzt worden. Die besondere Bedeutung, die das Abkommen für die Verbürgung der Gegenseitigkeit bei der cautio iudicatum solvi lange Zeit hatte, hat es seit der Reform des § 110 ZPO für Deutschland verloren, da die Befreiung nach Art. 14 des Abkommens nicht über § 110 hinausgeht.1 Geltungsbereich: Australien, Bahamas, Barbados, Bermuda, British Virgin Islands, Dominica, Falkland Inseln, Fiji, Gambia, Gibraltar, Grenada, Guayana, Jamaika, Kaiman Inseln, Kanada, Kenia, Lesotho, Malawi, Malaysia, Malta, Mauritius, Montserrat, Nauru, Neuseeland, Nigeria, Salomonen, Sambia, Seychellen, Sierra Leone, Singapur, St. Christopher-Nevis-Anguilla, St. Lucia, St. Vincent und die Grenadinen, Swasiland, Tansania, Trinidad und Tobago, Vereinigtes Königreich, Zypern (für weitere Gebiete ist die Fortgeltung ungeklärt)2 Schrifttum: Cohn Beweisaufnahme im Wege der zivilprozessualen Rechtshilfe durch das englische Gericht, ZZP 80 (1967), 230 ff.; Geimer/Schütze (Bülow), Internationaler Rechtsverkehr, 520.1 ff.; Jonas Das Deutsch-Britische Abkommen über den Rechtsverkehr v. 20. März 1928 (RGBl. II, S. 623), JW 1929, 88 ff.
Text Deutsch-britisches Abkommen über den Rechtsverkehr vom 20.3.1928 RGBl. II 1928, S. 623
I. VORBEMERKUNG Artikel 1 Dieses Abkommen findet nur auf Zivil- und Handelssachen einschließlich nichtstreitiger Sachen Anwendung.
II. ZUSTELLUNG GERICHTLICHER UND AUSSERGERICHTLICHER SCHRIFTSTÜCKE Artikel 2 Wenn gerichtliche oder außergerichtliche Schriftstücke, die in dem Gebiet eines der vertragschließenden Teile ausgestellt sind, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, Personen, Gesellschaften oder Körperschaften in dem Gebiete des anderen Teiles zugestellt werden sollen, auf das dieses Abkommen Anwendung findet, so können sie, unbeschadet der Bestimmungen der nachstehenden Artikel 6 und 7, dem Empfänger auf einem der in den Artikeln 3 und 5 vorgesehenen Wege zugestellt werden.
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Vgl. Schütze Zur Neuregelung der cautio iudicatum solvi in Deutschland, RIW 1999, 10 ff. (13). Vgl. dazu Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 520.7.
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Artikel 3 a)
Der Zustellungsantrag wird übermittelt: in Deutschland durch einen britischen konsularischen Beamten an den Präsidenten des deutschen Landgerichts, in England durch einen deutschen diplomatischen oder konsularischen Beamten an den Senior Master des höchsten Gerichtshofs in England. b) Das Übermittlungsschreiben, das den Namen der Behörde, von der das übermittelte Schriftstück ausgeht, die Namen und Bezeichnungen der Parteien, die Anschrift des Empfängers und die Art des in Frage stehenden Schriftstücks angibt, ist in der Sprache des ersuchten Landes abzufassen. Wenn in einem besonderen Falle die ersuchte gerichtliche Behörde gegenüber dem diplomatischen oder konsularischen Beamten, der den Antrag übermittelt hat, einen dahingehenden Wunsch äußert, wird dieser Beamte eine Übersetzung des zuzustellenden Schriftstücks zur Verfügung stellen. c) Die Zustellung ist durch die zuständige Behörde des ersuchten Landes zu bewirken. Mit Ausnahme des im Abs. d dieses Artikels vorgesehenen Falles kann die Behörde ihre Tätigkeit darauf beschränken, die Zustellung durch Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger zu bewirken, sofern er zur Annahme bereit ist. d) Ist das zuzustellende Schriftstück in der Sprache des ersuchten Landes abgefaßt oder ist es von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet, so läßt die ersuchte Behörde, falls in dem Antrag ein dahingehender Wunsch ausgesprochen ist, das Schriftstück in der durch die innere Gesetzgebung für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen vorgeschriebenen Form oder in einer besonderen Form zustellen, sofern diese ihrer Gesetzgebung nicht zuwiderläuft. e) Die in diesem Artikel vorgesehene Übersetzung ist von dem diplomatischen oder konsularischen Beamten des ersuchenden Teiles oder durch einen beamteten oder beeidigten Dolmetscher eines der beiden Länder zu beglaubigen. f) Die Ausführung des Zustellungsantrags kann nur abgelehnt werden, wenn der vertragschließende Teil, in dessen Gebiet sie erfolgen soll, sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. g) Die Behörde, die den Zustellungsantrag empfängt, hat dem diplomatischen oder konsularischen Beamten, der ihn übermittelt hat, die Urkunde zu übersenden, durch die die Zustellung nachgewiesen wird oder aus der sich der die Zustellung hindernde Umstand ergibt. Der Nachweis der Zustellung wird durch ein Zeugnis der Behörde des ersuchten Landes erbracht aus dem sich die Tatsache, die Art und Weise und der Zeitpunkt der Zustellung ergibt. Ist ein zuzustellendes Schriftstück in zwei gleichen Stücken übermittelt worden, so ist das Zustellungszeugnis auf eines der beiden Stücke zu setzen oder damit zu verbinden. Artikel 4 Für Zustellungen sind Gebühren irgendwelcher Art von dem einen vertragschließenden Teile an den anderen nicht zu entrichten. Jedoch muß der ersuchende Teil in den im Artikel 3 vorgesehenen Fällen dem ersuchten Teil alle Kosten und Auslagen erstatten, die nach Maßgabe des örtlichen Rechtes an die mit der Ausführung der Zustellung betrauten Personen zu zahlen sind, sowie alle Kosten und Auslagen, die dadurch erwachsen, daß die Zustellung in einer besonderen Form bewirkt wird. Diese Kosten und Auslagen sollen die gleichen sein, wie sie bei den Gerichten des ersuchten Teiles in solchen Fällen üblich sind. Die Erstattung dieser Kosten und Auslagen wird durch die gerichtliche Behörde, die die Zustellung bewirkt 643
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hat, von dem ersuchenden diplomatischen oder konsularischen Beamten bei der Übermittlung des im Artikel 3 g vorgesehenen Zeugnisses erfordert. Artikel 5 Das zuzustellende Schriftstück kann dem Empfänger, sofern er nicht ein Angehöriger des vertragschließenden Teiles ist, in dessen Gebiet die Zustellung erfolgen soll, auch ohne Mitwirkung der Behörden dieses Landes zugestellt werden: a) durch einen diplomatischen oder konsularischen Beamten des Teiles, in dessen Gebiet das Schriftstück ausgestellt ist, oder b) durch einen Vertreter, der von einem Gerichte des Landes, in dem das Schriftstück ausgestellt ist, oder von der Partei, auf deren Antrag das Schriftstück ausgestellt ist, allgemein oder für einen besonderen Fall bestellt ist, mit der Maßgabe, daß die Wirksamkeit einer durch einen solchen Vertreter bewirkten Zustellung von den Gerichten des Landes, wo die Zustellung so bewirkt wird, nach dem Rechte dieses Landes zu beurteilen ist. Artikel 6 Schriftstücke können auch durch die Post übermittelt werden in Fällen wo diese Art der Übermittlung nach dem Rechte des Landes gestattet ist, in welchem das Schriftstück ausgestellt ist. Artikel 7 Die Bestimmungen der Artikel 2, 3, 4, 5, und 6 stehen dem nicht entgegen, daß die beteiligten Personen die Zustellung unmittelbar durch die zuständigen Beamten des Landes bewirken, in dem das Schriftstück zugestellt werden soll.
III. BEWEISAUFNAHME Artikel 8 Wenn ein Gericht in dem Gebiet eines der vertragschließenden Teile, auf das das Abkommen Anwendung findet, eine Beweisaufnahme im Gebiete des anderen Teiles anordnet, auf das das Abkommen Anwendung findet, so kann diese auf einem der in den Artikeln 9, 11 und 12 vorgesehenen Wege bewirkt werden. Artikel 9 a)
Das Gericht kann sich entsprechend den Vorschriften seiner Gesetzgebung mittels eines Rechtshilfeersuchens an die zuständige Behörde des anderen vertragschließenden Teiles mit dem Ersuchen wenden, den Beweis innerhalb seines Geschäftsbereiches zu erheben. b) Das Rechtshilfeersuchen soll in der Sprache der ersuchten Behörde abgefaßt oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet sein, die von einem diplomatischen oder konsularischen Beamten des ersuchenden Teiles oder von einem beamteten oder beeidigten Dolmetscher eines der beiden Länder beglaubigt ist. Schütze
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c)
Das Rechtshilfeersuchen ist zu übermitteln: in Deutschland durch einen britischen konsularischen Beamten an den Präsidenten des deutschen Landgerichts; in England durch einen deutschen diplomatischen oder konsularischen Beamten an den Senior Master des höchsten Gerichtshofs in England. d) Der Gerichtsbehörde, an die das Rechtshilfeersuchen gerichtet ist, liegt es ob, ihm unter Anwendung derselben Zwangsmaßnahmen zu entsprechen wie bei Ausführung eines Ersuchens oder einer Anordnung der Behörden ihres eignen Landes. e) Der diplomatische oder konsularische Beamte des ersuchenden Teiles ist auf seinen Wunsch von dem Zeitpunkt und dem Orte der Verhandlung zu benachrichtigen, damit die beteiligten Parteien ihr beiwohnen oder sich vertreten lassen können. f) Die Erledigung des Rechtshilfeersuchens kann nur abgelehnt werden: 1. wenn die Echtheit des Rechtshilfeersuchens nicht feststeht; 2. wenn in dem Lande, wo der Beweis erhoben werden soll, die Ausführung des in Frage stehenden Rechtshilfeersuchens nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt; 3. wenn der ersuchte Teil sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. g) Im Falle der Unzuständigkeit der ersuchten Behörde ist das Rechtshilfeersuchen, ohne daß es eines weiteren Ersuchens bedarf, an die zuständige Behörde desselben Landes nach den von dessen Gesetzgebung aufgestellten Regeln abzugeben. h) In allen Fällen, wo das Rechtshilfeersuchen von der ersuchten Behörde nicht erledigt wird, hat diese den diplomatischen oder konsularischen Beamten, der das Ersuchen übermittelt hat, unverzüglich zu benachrichtigen und dabei die Gründe anzugeben, aus denen die Erledigung des Rechtshilfeersuchens abgelehnt ist, oder die Behörde zu bezeichnen, an die das Ersuchen abgegeben ist. i) Die Behörde, die das Rechtshilfeersuchen erledigt, hat in Ansehung des zu beobachtenden Verfahrens das Recht ihres eigenen Landes anzuwenden. Jedoch ist einem Antrag der ersuchenden Behörde auf Anwendung eines besonderen Verfahrens zu entsprechen, sofern dieses Verfahren der Gesetzgebung des ersuchten Landes nicht zuwiderläuft. Artikel 10 Für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen sind Gebühren irgendwelcher Art von dem einen vertragschließenden Teil an den anderen zu entrichten. Jedoch hat der ersuchende Teil dem anderen vertragschließenden Teil alle Kosten und Auslagen zu erstatten, die Zeugen, Sachverständigen, Dolmetschern oder Übersetzern zu zahlen sind, sowie die Kosten der Vorführung von Zeugen, die nicht freiwillig erschienen sind, und die Kosten und Auslagen, die an Personen zu zahlen sind, die die zuständige Gerichtsbehörde, soweit ihr Landesrecht dies zuläßt, mit einer Tätigkeit beauftragt hat, und alle Kosten und Auslagen, die durch ein beantragtes und angewandtes besonderes Verfahren erwachsen sind. Die Erstattung dieser Kosten und Auslagen kann durch die ersuchte Gerichtsbehörde von dem ersuchenden diplomatischen oder konsularischen Beamten bei Übermittlung der Urkunden, aus denen sich die Ausführung des Rechtshilfeersuchens ergibt, erfordert werden. Diese Kosten und Auslagen sollen die gleichen sein, wie sie bei den Gerichten dieses vertragschließenden Teiles in solchen Fällen üblich sind.
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Artikel 11 a)
Die Beweisaufnahme kann auch ohne Mitwirkung der Behörden des Landes, wo sie stattfinden soll, durch einen diplomatischen oder konsularischen Beamten des vertragschließenden Teiles vorgenommen werden, vor dessen Gerichten die Beweisaufnahme Verwendung finden soll, mit der Maßgabe, daß dieser Artikel auf Beweisaufnahmen bezüglich Angehöriger des vertragschließenden Teiles, auf dessen Gebiet sie stattfinden sollen, erst dann anwendbar ist, wenn die Deutsche Regierung zu irgendeinem Zeitpunkt durch eine förmliche Mitteilung ihres Botschafters in London bekanntgibt, daß sie mit einer derartigen Anwendung dieses Artikels einverstanden ist; in diesem Falle wird dieser Artikel von dem Zeitpunkt der förmlichen Mitteilung an auf derartige Angehörige anwendbar sein, wenn sie einer derartigen Beweisaufnahme zustimmen. b) Der diplomatische oder konsularische Beamte, der mit der Beweisaufnahme beauftragt ist, kann bestimmte Personen ersuchen, als Zeugen zu erscheinen oder Urkunden vorzulegen, und ist befugt, einen Eid abzunehmen, jedoch hat er keine Zwangsgewalt. c) Die Beweisaufnahme kann nach Maßgabe des in den Gesetzen des Landes vorgesehenen Verfahrens vorgenommen werden, in dem sie Verwendung finden soll, und die Parteien haben das Recht, zu erscheinen oder sich durch Anwälte dieses Landes oder durch jede andere Person vertreten zu lassen, die befugt ist, vor den Gerichten eines der beiden Länder zu erscheinen. Artikel 12 a)
Das zuständige Gericht des ersuchten Teiles kann auch ersucht werden, die Beweisaufnahme von einem diplomatischen oder konsularischen Beamten des ersuchenden Teiles vornehmen zu lassen. Sofern es sich um Angehörige des ersuchenden Teiles handelt, hat das ersuchte Gericht die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, daß die Zeugen oder die sonstigen zu vernehmenden Personen erscheinen und ihre Auslagen machen, und daß die Urkunden vorgelegt werden, wobei es, falls erforderlich, von seiner Zwangsgewalt Gebrauch macht. b) Der von dem zuständigen Gerichte bestellte Beamte ist befugt, einen Eid abzunehmen. Die Beweisaufnahme findet nach Maßgabe der Gesetzgebung des Landes statt, wo sie verwendet werden soll, und die Parteien haben das Recht, in Person zugegen zu sein oder sich durch Anwälte dieses Landes oder durch jede andere Person vertreten zu lassen, die befugt ist, vor den Gerichten eines der beiden Länder aufzutreten. Artikel 13 Die Tatsache, daß ein Versuch, Beweis auf dem im Artikel 11 vorgesehenen Wege zu erheben, infolge der Weigerung eines Zeugen, zu erscheinen oder Zeugnis abzulegen oder Urkunden vorzulegen, fehlgeschlagen ist, schließt ein späteres Ersuchen nach Maßgabe der Artikel 9 oder 12 nicht aus.
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Artikel 14 Die Angehörigen des einen vertragschließenden Teiles sollen in dem Gebiete des anderen Teiles, auf das das Abkommen Anwendung findet, völlig gleiche Behandlung hinsichtlich des Armenrechts und der Schuldhaft genießen und sollen, sofern sie in dem genannten Gebiet ihren Wohnsitz haben, nicht verpflichtet sein, Sicherheit für Kosten irgendwelcher Art in denjenigen Fällen zu leisten, wo ein Angehöriger des anderen vertragschließenden Teiles davon befreit ist.
IV. ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN Artikel 15 Alle Schwierigkeiten, die etwa bei der Anwendung dieses Abkommens entstehen sollten, werden auf diplomatischem Wege geregelt. Artikel 16 Das gegenwärtige Abkommen, dessen deutscher und englischer Text gleich maßgebend sind, soll ratifiziert werden. Die Ratifikationsurkunden sollen in Berlin ausgetauscht werden, und das Abkommen soll einen Monat nach dem Zeitpunkt des Austausches in Kraft treten und vom Inkrafttreten an drei Jahre in Kraft bleiben. Für den Fall, daß keiner der vertragschließenden Teile dem anderen Teile sechs Monate vor Ablauf des genannten Zeitraums seine Absicht mittelt, das Abkommen außer Kraft treten zu lassen, soll es bis zum Ablauf von sechs Monaten seit dem Tage in Kraft bleiben, an welchem einer der vertragschließenden Teile eine solche Mitteilung macht. Artikel 17 a)
Das gegenwärtige Abkommen soll auf Schottland und Nordirland nicht ohne weiteres Anwendung finden, ebensowenig auf Kolonien oder Protektorate Seiner Britischen Majestät oder auf irgendein anderes Gebiet Seiner Oberhoheit oder auf irgendeines der Mandatsgebiete, das von Seiner Regierung in Großbritannien verwaltet wird; Seine Britische Majestät kann jedoch zu jeder Zeit durch eine Mitteilung des Botschafters Seiner Majestät in Berlin die Anwendung dieses Abkommens auf jedes der oben erwähnten Gebiete ausdehnen. b) Diese Mitteilung hat den Tag anzugeben, an dem die Ausdehnung in Kraft treten soll, ferner die Behörden in dem beteiligten Gebiete, denen gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke und Rechtshilfeersuchen zu übermitteln sind, sowie die Sprache, in der Mitteilungen an diese Behörden und Übersetzungen erfolgen. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens einer solchen Ausdehnung soll mindestens einen Monat nach dem Datum der Mitteilung liegen. c) Jeder der vertragschließenden Teile kann zu jeder Zeit nach Ablauf von drei Jahren seit Inkrafttreten der Ausdehnung dieses Abkommens auf irgendeines der im Abs. a dieses Artikels erwähnten Gebiete die Ausdehnung mit sechsmonatlicher Frist kündigen.
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Artikel 18 a)
Seine Britische Majestät kann jederzeit durch eine Mitteilung Seines Botschafters in Berlin dem gegenwärtigen Abkommen für irgendeines Seiner unter Selbstverwaltung stehenden Dominions oder für Indien beitreten. Die Bestimmungen des Artikels 17 b finden auf jede solche Mitteilung Anwendung. Jeder solcher Beitritt tritt einen Monat nach dem Tage seiner förmlichen Mitteilung in Kraft. b) Nach Ablauf eines Zeitraums von drei Jahren seit dem Tage des Inkrafttretens einer Beitrittserklärung nach Abs. a dieses Artikels kann jeder der vertragschließenden Teile die Anwendung des Abkommens auf ein Land, für das der Beitritt erfolgt ist, mit sechsmonatiger Frist kündigen. In Ermangelung einer derartigen Kündigung soll der Ablauf des Abkommens nach Artikel 16 seine Anwendung auf irgendeines dieser Gebiete nicht berühren. c) Jede förmliche Mitteilung gemäß Abs. a dieses Artikels kann auf jedes Abhängigkeits- oder Mandatsgebiet erstreckt werden, das von der Regierung des Landes verwaltet wird, bezüglich dessen ein Beitritt erfolgt ist; und jede Kündigung nach Abs. b findet auf jedes Abhängigkeits- oder Mandatsgebiet Anwendung, auf das sich die Beitrittserklärung erstreckte.
2. b. bb. α. Ausführungsverordnung vom 5.3.1929 (RGBl. II 1929, S. 135, zuletzt geändert durch Gesetz v. 27.7.2001, BGBl. I 2001, S. 1887) Vorbemerkung: Zu dem deutsch-britischen Rechtshilfeabkommen ist ein AusführungsG ergangen, das eine umfassende amtsgerichtliche Zuständigkeit auf deutscher Seite vorsieht. Geltungsbereich: Deutschland
Text Verordnung zur Ausführung des deutsch-britischen Abkommens über den Rechtsverkehr vom 5. März 1929 RGBl. II 1929, S. 135 zuletzt geändert durch Gesetz v. 27.7.2001, BGBl. I 2001, S. 1887
Art. 1 Für die Erledigung der in den Artikeln 3 und 9 des Abkommens vorgesehenen Angelegenheiten ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Amtshandlung vorgenommen werden soll. Art. 2 (1) Für die Erledigung der in Artikel 12 des Abkommens vorgesehenen Angelegenheiten ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der britische diplomatische oder konsularische Beamte, der die Beweisaufnahme vorzunehmen hat, seinen Sitz hat. Schütze
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b. cc. Deutsch-griechisches Abkommen vom 11.5.1938
(2) Wird im Falle des Artikel 12 Buchstabe a Abs. 2 des Abkommens von einem Zeugen oder einer sonst zu vernehmenden Person britischer Staatsangehörigkeit der Aufforderung, vor dem britischen diplomatischen oder konsularischen Beamten zu erscheinen, keine Folge geleistet oder bei der Vernehmung durch diesen die Aussage verweigert, so finden die Vorschriften der §§ 380, 390, 409 der Zivilprozeßordnung entsprechende Anwendung. Maßnahmen auf Grund dieser Vorschriften sind nur unter denselben Voraussetzungen wie in einem vor einem deutschen Gericht anhängigen bürgerlichen Rechtsstreit zulässig. (3) Die Entscheidung erfolgt auf Grund der amtlichen Mitteilung des britischen diplomatischen oder konsularischen Beamten von Amts wegen. Vor der Beschlußfassung sind der Zeuge oder die sonst zu vernehmende Person und auf Verlangen auch der Staatsanwalt zu hören. (4) Der Beschluss unterliegt der Beschwerde nach den §§ 567 bis 577 der Zivilprozessordnung. Die Beschwerde steht auch dem Staatsanwalt zu. Art. 3 (weggefallen)
2. b. cc. Deutsch-griechisches Abkommen vom 11.5.1938 über die gegenseitige Rechtshilfe in Angelegenheiten des bürgerlichen und des Handelsrechts (RGBl. II 1939, S. 848) b. cc. Deutsch-griechisches Abkommen vom 11.5.1938 Vorbemerkung: Das Abkommen lehnt sich eng an das Haager Zivilprozessabkommen 1905 an. Es ist nach seiner Suspendierung im zweiten Weltkrieg mit Wirkung vom 1.2.1952 wieder in Kraft gesetzt worden. Es hat seine Bedeutung weitgehend durch die Haager Reformübereinkommen zur Zustellung über die Grenze und Beweisaufnahme im Ausland und das europäische Verordnungsrecht auf dem Gebiet von internationaler Zustellung und Beweiserhebung verloren. Geltungsbereich: Deutschland, Griechenland
Text Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Griechenland über die gegenseitige Rechtshilfe in Angelegenheiten des bürgerlichen und Handels-Rechts RGBl. II 1939, S. 849
MITTEILUNG GERICHTLICHER UND AUSSERGERICHTLICHER URKUNDEN Artikel 1 (1) In Zivil- und Handelssachen erfolgt die Zustellung von Schriftstücken, die für eine im Gebiet des anderen Staates befindliche Person bestimmt sind, auf einen Antrag, der von dem Konsul des ersuchenden Staates im Deutschen Reich dem Präsidenten des Landgerichts, in Griechenland dem Staatsanwalt bei dem Gerichtshof erster Instanz 649
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übermittelt wird, in dessen Bezirk die Zustellung erfolgen soll. Der Antrag hat die Behörde, von der er ausgeht, den Namen und die Stellung der Parteien, die Anschrift des Empfängers und die Art des zuzustellenden Schriftstücks zu bezeichnen. Der Antrag ist in der amtlichen Sprache des ersuchenden Staates abzufassen. Eine Übersetzung des Antrags in die Sprache des ersuchenden Staates ist beizufügen; dabei sind die von den beiden Regierungen einander mitzuteilenden doppelsprachigen Vordrucke zu benutzen. (2) Die Urkunde, durch die die Zustellung nachgewiesen wird, ist dem Konsul zu übersenden; gegebenenfalls ist ihm der die Zustellung hindernde Umstand mitzuteilen. Artikel 2 Für die Zustellung hat die zuständige Behörde des ersuchten Staates Sorge zu tragen. Diese Behörde kann sich, abgesehen von den im Artikel 3 vorgesehenen Fällen, darauf beschränken, die Zustellung durch Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger zu bewirken, sofern er zur Annahme bereit ist. Artikel 3 Ist das zuzustellende Schriftstück in der Sprache des ersuchten Staates abgefaßt oder ist es von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet, so lässt die ersuchte Behörde, falls in dem Antrag ein dahingehender Wunsch ausgesprochen ist, das Schriftstück in der durch ihre innere Gesetzgebung für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen vorgeschriebenen Form oder in einer besonderen Form, sofern diese ihrer Gesetzgebung nicht zuwiderläuft, zustellen. Ist ein solcher Wunsch nicht ausgesprochen, so wird die ersuchte Behörde zunächst die Übergabe nach den Vorschriften des Artikel 2 zu bewirken suchen. Die im vorstehenden Absatz vorgesehene Übersetzung ist von dem diplomatischen oder konsularischen Vertreter oder einem beeidigten Dolmetscher des ersuchenden oder ersuchten Staates zu beglaubigen. Artikel 4 Die Ausführung der in den Artikeln 1, 2, 3 vorgesehenen Zustellung kann nur abgelehnt werden, wenn der ersuchte Staat sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Artikel 5 (1) Der Nachweis der Zustellung erfolgt entweder durch ein mit Datum versehenes und beglaubigtes Empfangsbekenntnis des Empfängers oder durch ein Zeugnis der Behörde des ersuchten Staates, aus dem sich die Tatsache, die Form und die Zeit der Zustellung ergeben. (2) Ist das zuzustellende Schriftstück in zwei gleichen Stücken übermittelt worden, so ist das Empfangsbekenntnis oder das Zeugnis auf eins der beiden Stücke zu setzen oder damit zu verbinden. Artikel 6 Jeder der beiden Staaten hat die Befugnis, Zustellungen an eigene Staatsangehörige, die sich im Gebiet des anderen Staates befinden, durch seine diplomatischen und konsularischen Vertreter ohne Anwendung von Zwang bewirken zu lassen. Schütze
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II. RECHTSHILFEERSUCHEN Artikel 7 In Zivil- und Handelssachen kann sich die Gerichtsbehörde des einen Staates gemäß den Vorschriften ihrer Gesetzgebung mittels Ersuchens an die zuständige Behörde des anderen Staates wenden, um die Vornahme einer Prozeßhandlung oder anderer gerichtlicher Handlungen innerhalb des Geschäftskreises dieser Behörde nachzusuchen. Artikel 8 (1) Die Rechtshilfeersuchen werden durch den Konsul des ersuchenden Staates im Deutschen Reich dem Präsidenten des Landgerichts, in Griechenland dem Staatsanwalt bei dem Gerichtshof erster Instanz übermittelt, in dessen Bezirk die Handlung vorgenommen werden soll. (2) Die Urkunde, aus der sich die Erledigung des Ersuchens oder der die Erledigung hindernde Umstand ergibt, ist dem Konsul zu übermitteln. Artikel 9 Die Rechtshilfeersuchen sind in der amtlichen Sprache des ersuchten Staates abzufassen. Eine Übersetzung in die amtliche Sprache des ersuchten Staates, die gemäß Artikel 3 Abs. 2 zu beglaubigen ist, ist beizufügen. Artikel 10 (1) Die Gerichtsbehörde, an die das Ersuchen gerichtet wird, ist verpflichtet, ihm zu entsprechen und dabei dieselben Zwangsmittel anzuwenden wie bei der Erledigung eines Ersuchens der Behörde des ersuchten Staates oder eines zum gleichen Zwecke gestellten Antrags einer beteiligten Partei. Diese Zwangsmittel brauchen nicht angewendet zu werden, wenn es sich um das persönliche Erscheinen streitender Parteien handelt. (2) Die ersuchende Behörde ist auf ihr Verlangen von der Zeit und dem Orte der auf das Ersuchen vorzunehmenden Handlung zu benachrichtigen, damit die beteiligte Partei ihr beizuwohnen in der Lage ist. (3) Die Erledigung des Ersuchens kann nur abgelehnt werden, wenn der Staat, in dessen Gebiet die Erledigung stattfinden soll, sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Artikel 11 Im Falle der Unzuständigkeit der ersuchten Behörde ist das Ersuchen von Amts wegen an die zuständige Behörde des ersuchten Staates nach den von dessen Gesetzgebung aufgestellten Regeln abzugeben. Artikel 12 In allen Fällen, in denen das Ersuchen von der ersuchten Behörde nicht erledigt wird, hat diese den Konsul des ersuchenden Staates hiervon unverzüglich zu benachrichtigen, und zwar im Falle des Artikel 10 unter Angabe der Gründe, aus denen die Er651
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ledigung des Ersuchens abgelehnt worden ist, um im Falle des Artikel 11 unter Bezeichnung der Behörde, an die das Ersuchen abgegeben wird. Artikel 13 (1) Die Gerichtsbehörde, die zur Erledigung eines Ersuchens schreitet, hat in Ansehung der zu beobachtenden Formen die Gesetze ihres Landes anzuwenden. (2) Jedoch ist dem Antrage der ersuchenden Behörde, daß nach einer besonderen Form verfahren werde, zu entsprechen, sofern diese Form der Gesetzgebung des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft. Artikel 14 Jeder der beiden Staaten hat die Befugnis, Ersuchen um Vernehmung eigener Staatsangehöriger, die sich im Gebiete des anderen Staates befinden, durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter ohne Anwendung von Zwang erledigen zu lassen.
III. SICHERHEITSLEISTUNG FÜR DIE PROZESSKOSTEN Artikel 15 (1) Den Angehörigen des einen Staates, die vor den Gerichten des anderen Staates als Kläger oder Intervenienten auftreten, darf wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Mangels eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts keine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Benennung es auch sei, auferlegt werden. (2) Das gleiche gilt für die Vorauszahlung, die von den Klägern oder Intervenienten zur Deckung der Gerichtskosten anzufordern wäre. Artikel 16 (1) Ergeht im Gebiete des einen Staates eine Verurteilung in die Prozeßkosten gegen einen Kläger oder Intervenienten, der von der Sicherheitsleistung, Hinterlegung oder Vorauszahlung auf Grund des Artikels 15 oder eines im Staate der Klageerhebung geltenden Gesetzes befreit ist, so ist diese Verurteilung im Gebiete des anderen Staates durch die zuständige Behörde kostenfrei für vollstreckbar zu erklären. Der Antrag kann im diplomatischen Wege oder unmittelbar bei der zuständigen Behörde durch den Kostengläubiger gestellt werden. (2) Die gleiche Regel findet Anwendung auf gerichtliche Entscheidungen, durch die die Prozeßkosten später festgesetzt werden. (3) Unter gerichtlichen Entscheidungen sind auch die von den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (Gerichtsschreibern) innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Kostenfestsetzungsbeschlüsse zu verstehen. Artikel 17 (1) Die in Artikel 16 erwähnten Kostenentscheidungen werden ohne Anhörung der Parteien für vorläufig vollstreckbar erklärt, jedoch unbeschadet eines späteren Rekurses der verurteilten Partei gemäß der Gesetzgebung des Staates, in dessen Gebiet die Vollstreckung betrieben wird. Schütze
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1.
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(2) Dabei ist nur zu prüfen: ob nach den Gesetzen des Landes, wo die Verurteilung ausgesprochen ist, die Ausfertigung der Entscheidung die für ihre Beweiskraft erforderlichen Bedingungen erfüllt; ob nach diesen Gesetzen die Entscheidung rechtskräftig ist.
(3) Zum Nachweis dieser Erfordernisse ist im Deutschen Reich eine Bescheinigung des Präsidenten des zuständigen Landgerichts, in Griechenland eine Bescheinigung des Präsidenten des Gerichtshofs erster Instanz oder, wenn das entscheidende Gericht ein Gericht höherer Ordnung ist, des Präsidenten dieses Gerichts ausreichend, daß die Entscheidung rechtskräftig ist. (4) Dem Antrage ist eine Übersetzung des entscheidenden Teils der Entscheidung sowie der in Abs. 3 erwähnten Bescheinigung in die amtliche Sprache des ersuchten Staates beizufügen. Die Übersetzungen sind gemäß Artikel 3 Abs. 2 zu beglaubigen.
IV. ARMENRECHT Artikel 18 Die Angehörigen des einen Staates werden im anderen Staate zum Armenrecht unter denselben Bedingungen wie die Landesangehörigen zugelassen. Artikel 19 (1) Die Bescheinigung des Unvermögens muß von den Behörden des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Antragstellers oder in Ermangelung eines solchen von den Behörden seines derzeitigen Aufenthaltsorts ausgestellt sein. (2) Hält sich der Antragsteller nicht in einem der beiden Staaten auf, so ist die Bescheinigung des für den Antragsteller zuständigen diplomatischen oder konsularischen Vertreters seines Staates ausreichend. Artikel 20 (1) Die zur Ausstellung der Bescheinigung über das Unvermögen zuständige Behörde kann bei den Behörden des anderen Staates Auskünfte über die Vermögenslage des Antragstellers einziehen. (2) Die Behörde, die über den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zu entscheiden hat, behält in den Grenzen ihrer Amtsbefugnisse das Recht, die Bescheinigungen und Auskünfte einer Nachprüfung zu unterziehen und sich zum Zwecke genügender Aufklärung ergänzende Mitteilungen geben zu lassen. Artikel 21 Ist einem Angehörigen des einen Staates von der zuständigen Behörde das Armenrecht bewilligt, so soll ihm dieses Recht auch in allen Prozeßhandlungen einschließlich der zur Vollstreckungsinstanz gehörigen zustehen, die sich auf denselben Rechtsstreit beziehen und vor den Gerichten des anderen Staates auf Grund des ersten und zweiten Abschnitts dieses Vertrags vorgenommen werden.
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Artikel 22 Befindet sich ein Angehöriger des einen Staates außerhalb des Gebiets des anderen Staates, in dem er das Armenrecht nachsuchen will, so kann sein Armenrechtsgesuch samt der Bescheinigung des Unvermögens und sonstigen für die Entscheidung etwa dienlichen Beweisstücke durch den zuständigen Konsul seines Staates der für die Entscheidung zuständigen Stelle des anderen Staates übermittelt werden. Für die Übermittlung und die weitere Behandlung des Gesuchs gelten die Vorschriften des zweiten Abschnitts entsprechend.
V. PERSONALHAFT Artikel 23 In Zivil- und Handelssachen darf die Personalhaft sowohl als Mittel der Zwangsvollstreckung wie auch lediglich als Sicherungsmaßregel gegen einen Angehörigen des anderen Staates nur in den Fällen angewendet werden, in denen sie auch gegen Landesangehörige anwendbar sein würde. Eine Tatsache, auf Grund deren ein im Inlande wohnhafter Inländer die Aufhebung der Personalhaft beantragen kann, soll zugunsten des Angehörigen des anderen Staates die gleich Wirkung auch dann haben, wenn sich diese Tatsache im Ausland ereignet hat.
VI. BEGLAUBIGUNG (LEGALISATION) VON URKUNDEN Artikel 24 (1) Urkunden, die von einem deutschen Landgericht oder einem griechischen Gerichtshof erster Instanz oder einem deutschen oder griechischen Gericht höherer Ordnung, von einer deutschen oder griechischen obersten Verwaltungsbehörde oder von einem deutschen oder griechischen obersten Verwaltungsgericht aufgenommen, ausgestellt oder beglaubigt und mit dem Siegel oder Stempel der Behörde versehen sind, bedürfen zum Gebrauch im Gebiete des anderen Staates keiner Beglaubigung oder Legalisation. (2) Für Urkunden, die von einem der in Abs. 1 nicht erwähnten deutschen oder griechischen Gericht, einem Gerichtsvollzieher oder einem Grundbuchamt oder einer Hinterlegungsstelle oder einem deutschen oder griechischen Notar aufgenommen, ausgestellt oder beglaubigt sind, genügt zum Gebrauch im Gebiet des anderen Staates die Beglaubigung (Legalisation) durch den zuständigen Landgerichtspräsidenten im Deutschen Reich und durch den Präsidenten des Gerichtshofs erster Instanz in Griechenland unter Beifügung des Amtssiegels oder Amtsstempels. Das gleiche gilt für die von einem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (Gerichtsschreiber) eines deutschen oder griechischen Gerichts aufgenommenen, ausgestellten oder beglaubigten Urkunden. Gehört der Gerichtsschreiber einem Gericht höherer Ordnung an, so erfolgt die Beglaubigung durch den Präsidenten dieses Gerichts.
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b. cc. Deutsch-griechisches Abkommen vom 11.5.1938
VII. GEBÜHREN UND AUSLAGEN Artikel 25 (1) Für die Zustellung von Schriftstücken und die Erledigung von Rechtshilfeersuchen kann weder eine Gebühr noch die Erstattung irgendwelcher Auslagen verlangt werden. Dies gilt jedoch nicht für die nach den Gesetzen des ersuchten Staates an Zeugen oder Sachverständige gezahlten Entschädigungen sowie für Kosten, die durch das ausdrückliche Ersuchen, in einer besonderen Form zu verfahren, verursacht sind. Diese Kosten sind unverzüglich durch den ersuchenden Staat zu erstatten ohne Rücksicht darauf, ob er sie von den beteiligten Parteien zurückerhält oder nicht. (2) Die Erledigung eines Zustellungsantrags oder eines Rechtshilfeersuchens darf nicht deshalb verweigert werden, weil die ersuchende Behörde keinen Vorschuß zur Deckung der Auslagen hinterlegt hat, die nach den Bestimmungen des vorstehenden Absatzes zu erstatten sind. (3) Portokosten trägt die absendende Behörde.
VIII. SCHLUSSBESTIMMUNGEN Artikel 26 Schwierigkeiten, die etwa bei Ausführung des Abkommens entstehen, werden im diplomatischen Wege geregelt. Artikel 27 Die Deutsche und die Griechische Regierung werden sich die örtliche Gliederung ihrer Gerichte und die obersten Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte sowie deren Änderungen mitteilen. Artikel 28 Dieses Abkommen soll auch für den Fall in Wirksamkeit bleiben, daß Griechenland dem Haager Abkommen über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 beitritt. Artikel 29 (1) Dieses Abkommen ist in deutscher und griechischer Sprache abgefaßt. Beide Fassungen sind maßgebend. (2) Das Abkommen soll ratifiziert werden. Der Austausch der Ratifikationsurkunden soll so bald als möglich in Berlin erfolgen. (3) Das Abkommen tritt zwei Monate nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft und gilt für die Dauer von fünf Jahren. (4) Wird das Abkommen von keinem der beiden Vertragsteile ein Jahr vor Ablauf des fünfjährigen Zeitraumes gekündigt, so bleibt es in Geltung bis zum Ablauf eines Jahres von dem Tage an, an dem es von einem der beiden Staaten gekündigt wird.
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2. b. cc. α. Ausführungsverordnung vom 31.5.1939 (RGBl. II 1939, S. 847, zuletzt geändert durch Gesetz v. 27.7.2001, BGBl. I 2001, S. 1887) Vorbemerkung: Zu dem deutsch-griechischen Abkommen ist eine Ausführungsverordnung ergangen, die eine umfassende Zuständigkeit des Amtsgerichts vorsieht. Sie ist – ebenso wie das Abkommen – durch europäisches Recht weitgehende obsolt geworden. Geltungsbereich: Deutschland
Text Verordnung zur Ausführung des deutsch-griechischen Abkommens über die gegenseitige Rechtshilfe in Angelegenheiten des bürgerlichen und Handels-Rechts vom 31. Mai 1939 RGBl. II 1939, S. 847 (zuletzt geändert BGBl. I 2001, S. 1887)
ARTIKEL 1 Zustellungsanträge und Rechtshilfeersuchen §1 Für die Erledigung der in den Artikeln 1 und 7 des Abkommens vorgesehenen Angelegenheit ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Amtshandlung vorgenommen werden soll §2 Für die Übermittlung eines Zustellungsantrages oder eines Rechtshilfeersuchens durch den Konsul des Reichs beträgt die Gebühr 1,50 Reichsmark. §3 Die für die Erhebung von Auslagen geltenden reichs- und landesrechtlichen Vorschriften finden auf die gemäß Artikel 25 Abs. 1 Sätze 2 und 3 des Abkommens von der ersuchten griechischen Behörde mitgeteilten Auslagen entsprechende Anwendung.
ARTIKEL 2 Vollstreckbarerklärung von Kostenentscheidungen §4 (1) Die im Artikel 16 des Abkommens bezeichneten Kostenentscheidungen der griechischen Gerichte werden durch Beschluß des Amtsgerichts für vollstreckbar erklärt. Schütze
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(2) Örtlich zuständig ist das Gericht, bei dem der Kostenschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und in Ermangelung eines solchen das Gericht, in dessen Bezirk sich Vermögen des Kostenschuldners befindet oder die Vollstreckungshandlung vorzunehmen ist. §5 Ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung auf diplomatischem Wege gestellt, so hat das Amtsgericht eine von Amts wegen zu erteilende Ausfertigung seines Beschlusses dem Reichsjustizministerium einzureichen; die Ausfertigung ist, falls dem Antrag stattgegeben wird, mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung durch die beteiligte Partei unmittelbar gestellt worden, so ist der Beschluß beiden Teilen von Amts wegen zuzustellen. §6 (1) Gegen Beschlüsse, durch die der Antrag auf Vollstreckbarerklärung abgelehnt wird, findet die Beschwerde nach Maßgabe der §§ 568 bis 571, 573 bis 575 der Zivilprozeßordnung statt. Die Beschwerde steht, sofern der Antrag auf diplomatischem Wege gestellt ist, dem Staatsanwalt, sofern der durch die beteiligte Partei unmittelbar gestellt ist, dem Antragsteller zu. (2) Gegen Beschlüsse, durch die dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung stattgegeben wird, steht dem Kostenschuldner die sofortige Beschwerde nach Maßgabe der §§ 568 bis 575, 577 der Zivilprozeßordnung zu. §7 Aus den für vollstreckbar erklärten Kostenentscheidungen findet die Zwangsvollstreckung gemäß den Vorschriften der Reichs-Zivilprozeßordnung statt; die Vorschrift des § 798 gilt entsprechend. §8 (1) Für die gerichtlichen Entscheidungen, die über den Betrag der Gerichtskosten nach Artikel 6 Abs. 2 des Abkommens zur Herbeiführung der Vollstreckbarerklärung in Griechenland zu erlassen sind, ist das Gericht der Instanz zuständig. Die Entscheidungen ergehen auf Antrag der für die Beitreibung der Gerichtskosten zuständigen Behörde. (2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde nach Maßgabe der §§ 568 bis 577 der Reichs-Zivilprozeßordnung statt. Die Einlegung kann durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts erfolgen. Die von einem Oberlandesgericht getroffene Entscheidung unterliegt der Anfechtung nicht. §9 In der Ostmark und in den Sudetendeutschen Gebieten werden die Kostenentscheidungen bis zur Vereinheitlichung des Verfahrensrechts nach den Vorschriften der dort geltenden Exekutionsordnung für vollstreckbar erklärt; die §§ 4 bis 8 finden insoweit keine Anwendung.
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2. b. dd. Deutsch-marokkanischer Vertrag über die Rechtshilfe und Rechtsauskunft in Zivil- und Handelssachen vom 29.10.1985 (BGBl. II 1988, S. 1954) b. dd. Deutsch-marokkanischer Vertrag über die Rechtshilfe Vorbemerkung: Der deutsch-marokkanische Vertrag regelt die Rechtshilfe umfassend. Er geht über das als unbefriedigend empfundene Haager Zivilprozessübereinkommen hinaus. Er gewährleistet den freien Zugang zu den Gerichten, regelt die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke, eröffnet den unmittelbaren Verkehr bei Rechtshilfeersuchen, befreit von jeglicher cautio iudicatum solvi für die Staatangehörigen der Vertragsstaaten, und zwar unabhängig von deren Wohnsitz, erleichtert die Armenrechtsgewährung, regelt die Erteilung von Rechtsauskünften und bringt Erleichterungen bei Legalisation und Übersetzungen. Geltungsbereich: Deutschland, Marokko
Text Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko über die Rechtshilfe und Rechtsauskunft in Zivil- und Handelssachen BGBl. II 1988, S. 1954
TITEL 1 Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen KAPITEL 1 Allgemeine Vorschriften Artikel 1 (1) Jeder der beiden Staaten gewährt den Angehörigen des anderen Staates Rechtsschutz in bezug auf ihre persönlichen oder vermögensrechtlichen Rechte und Interessen unter denselben Bedingungen wie den eigenen Staatsangehörigen. (2) Er gewährt ihnen unter denselben Bedingungen und in derselben Weise wie den eigenen Staatsangehörigen den freien Zutritt zu seinen Gerichten, damit sie ihre Rechte sowie ihre persönlichen und vermögensrechtlichen Interessen geltend machen können. Artikel 2 Die Bestimmungen dieses Vertrags, welche die Angehörigen eines der beiden Staaten betreffen, gelten auch für juristische Personen, Gesellschaften oder Vereinigungen, die nach dem Recht eines der beiden Staaten errichtet worden sind und ihren Sitz im Hoheitsgebiet dieses Staates haben.
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b. dd. Deutsch-marokkanischer Vertrag über die Rechtshilfe
KAPITEL II Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke Artikel 3 (1) Gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen, die von einem der beiden Staaten ausgehen, werden im unmittelbaren Verkehr übersandt, und zwar, (a) wenn sie für Personen in der Bundesrepublik Deutschland bestimmt sind, vom Justizministerium des Königreichs Marokko (Abteilung Zivilsachen) an das Justizministerium des betreffenden Landes der Bundesrepublik Deutschland; (b) wenn sie für Personen im Königreich Marokko bestimmt sind, von der zuständigen Landesjustizverwaltung an das Justizministerium des Königreichs Marokko (Abteilung Zivilsachen). (2) Der Zustellungsantrag hat zu bezeichnen a) das Gericht oder die Behörde, von dem oder von der er ausgeht, b) die genaue Bezeichnung und die Stellung der Parteien, c) die genaue Anschrift des Empfängers, d) die Art der zuzustellenden Schriftstücke, e) Termin oder Ort der Ladung, die im Schriftstück vermerkten Fristen, das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, sowie gegebenenfalls alle anderen zweckdienlichen Angaben. Artikel 4 (1) Dem Antrag ist das zuzustellende Schriftstück in zwei Stücken beizufügen. (2) Die Zustellung wird durch die Behörde bewirkt, die nach den Rechtsvorschriften des ersuchten Staates zuständig ist. (3) Die durch diese Behörde zu bewirkende Zustellung kann sich, abgesehen von den in Artikel 5 aufgeführten Fällen, auf die einfache Übergabe der Schriftstücke an den Empfänger beschränken, wenn er zur Annahme bereit ist. Artikel 5 Falls in dem Antrag ein dahingehender Wunsch ausgesprochen wird, bewirkt die ersuchte Behörde die Zustellung des Schriftstücks in der durch ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen vorgeschriebenen Form oder in einer besonderen Form, sofern diese ihren Rechtsvorschriften nicht zuwiderläuft. Artikel 6 (1) Zum Nachweis der Zustellung dient entweder ein mit Datum versehenes und beglaubigtes Empfangsbekenntnis des Empfängers oder ein Zeugnis des ersuchten Staates, aus dem sich die Tatsache, die Form und die Zeit der Zustellung ergeben. (2) Das Empfangsbekenntnis oder das Zeugnis ist auf eine der beiden Ausfertigungen des zuzustellenden Schriftstücks zu setzen oder damit zu verbinden; sie werden nach Maßgabe des Artikels 3 dem Justizministerium des ersuchenden Staates übersandt.
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Artikel 7 Ungeachtet der vorstehenden Artikel kann jeder Staat Zustellungen an eigene Staatsangehörige, die sich im Hoheitsgebiet des anderen Staates befinden, unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter bewirken lassen. Artikel 8 (1) Die Zustellung in einer der in Artikel 5 vorgesehenen Formen kann auch hilfsweise für den Fall beantragt werden, daß die einfache Übergabe nicht möglich ist, weil der Empfanger zur Annahme des Schriftstücks nicht bereit ist. (2) Hat der ersuchende Staat nicht, wie in Artikel 5 vorgesehen, den Wunsch ausgesprochen, das Schriftstück in den in jenem Artikel vorgesehenen Formen zuzustellen, und kann eine Zustellung nicht durch einfache Übergabe nach Artikel 4 bewirkt werden, so sendet der ersuchte Staat das Schriftstück unverzüglich an den ersuchenden Staat zurück und teilt diesem die Gründe mit, aus denen die einfache Übergabe nicht möglich war. Artikel 9 (1) Ist zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens des Zivil- oder Handelsrechts in dem einen Staat eine Klage, eine Vorladung oder ein anderes Schriftstück dem Beklagten in dem anderen Staat zuzustellen, so darf das Gericht, wenn sich der Beklagte auf das Verfahren nicht einläßt, keine Entscheidung erlassen, bevor nicht festgestellt ist, daß das Schriftstück dem Beklagten auf einem der in diesem Vertrag vorgesehenen Wege zugestellt worden ist. (2) Die Zustellung muß so rechtzeitig erfolgt sein, daß der Beklagte in der Lage war, sich zu verteidigen. (3) Sind jedoch seit der Übermittlung eines Zustellungsantrags an die Empfangsstelle des ersuchten Staates sechs Monate vergangen, so darf das Gericht, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt sind, eine Entscheidung erlassen, sofern festgestellt wird, daß im ersuchenden Staat alle Maßnahmen getroffen worden sind, damit das Ersuchen hätte erledigt werden können. (4) Die Bestimmungen dieses Artikels stehen dem Erlaß einstweiliger Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherstellung gerichtet sind, nicht entgegen. Artikel 10 Die beiden Staaten verzichten gegenseitig auf die Erstattung von Auslagen, die in den Fällen des Artikels 5 dadurch entstanden sind, daß bei der Zustellung ein Justizbeamter mitgewirkt hat oder daß bei ihr eine besondere Form beachtet worden ist.
KAPITEL III Rechtshilfeersuchen Artikel 11 Für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen in Zivil- und Handelssachen gelten die Bestimmungen des Artikels 3 Absatz 1. Schütze
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Artikel 12 (1) Jeder der beiden Staaten kann Rechtshilfeersuchen auch von seinen diplomatischen oder konsularischen Vertretern unmittelbar und ohne Anwendung von Zwang ausführen lassen, wenn die Personen, die vernommen oder zur Vorlage von Urkunden angehalten werden sollen, nur die Staatsangehörigkeit des ersuchenden Staates besitzen. (2) Die Staatsangehörigkeit der Person, auf die sich das Ersuchen bezieht, wird nach dem Recht des Staates beurteilt, in dem das Rechtshilfeersuchen ausgeführt werden soll. (3) In einer Ladung oder Aufforderung zur Vorlage von Urkunden ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß bei der Ausführung des Rechtshilfeersuchens kein Zwang angewendet wird. Artikel 13 Für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen dürfen Auslagen irgendwelcher Art, ausgenommen Sachverständigenhonorare, nicht zur Erstattung angefordert werden. Der ersuchte Staat hat jedoch die ihm entstandenen Auslagen der Empfangsstelle des ersuchenden Staates mitzuteilen.
KAPITEL IV Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten Artikel 14 Die Staatsangehörigen eines der beiden Staaten, die vor den Gerichten in Zivil- und Handelssachen des anderen Staates als Kläger oder Intervenient auftreten, sind von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten auch dann befreit, wenn sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem der beiden Staaten haben.
KAPITEL V Vollstreckbarerklärung Artikel 15 Der Antrag, eine Entscheidung über die Prozeßkosten nach den Artikeln 18 und 19 des Haager Übereinkommens für vollstreckbar zu erklären, kann von dem Kostengläubiger auch unmittelbar bei dem zuständigen Gericht gestellt werden. Artikel 16 (1) Um den Erfordernissen des Artikels 19 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 des Haager Übereinkommens zu genügen, werden den marokkanischen Entscheidungen beigefügt: a) eine Urkunde, aus der hervorgeht, daß die Entscheidung der Partei zugestellt worden ist, gegen die die Vollstreckung betrieben wird, b) eine Bescheinigung darüber, daß gegen die Entscheidung weder Einspruch noch Berufung noch Kassationsbeschwerde eingelegt worden ist und daß die Einspruchs-, 661
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Berufungs- und Kassationsbeschwerdefristen abgelaufen sind; die Urkunde und die Bescheinigung bilden die Erklärung, daß die Entscheidung Rechtskraft erlangt hat; wird den deutschen Entscheidungen beigefügt: eine von dem zuständigen Gericht ausgestellte Bescheinigung der Rechtskraft. (2) Die Zuständigkeit der Behörden, welche die oben aufgeführten Urkunden ausgestellt haben, bedarf nicht der Bestätigung durch eine höhere Behörde.
KAPITEL VI Prozeßkostenhilfe Artikel 17 (1) Die Angehörigen jedes der beiden Staaten kommen im Hoheitsgebiet des anderen Staates wie dessen Staatsangehörige in den Genuß von Prozeßkostenhilfe, sofern sie sich dem Recht des Staates unterwerfen, in dem um Prozeßkostenhilfe gebeten wird. (2) Der Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe kann auch im unmittelbaren Verkehr nach Maßgabe des Artikels 3 Abs. 1 übersandt werden. (3) Die zuständigen Behörden des Staates, in dem Prozeßkostenhilfe beantragt wird, können sich, sofern eine ergänzende Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers erforderlich ist, nach Maßgabe des Artikels 28 unmittelbar an die zuständigen Behörden des anderen Staates wenden.
TITEL II Rechtsauskunft KAPITEL I Austausch von Auskünften über die beiderseitigen Rechtsvorschriften Artikel 18 Das Justizministerium der Bundesrepublik Deutschland und das Justizministerium des Königreichs Marokko übermitteln sich auf Ersuchen gegenseitig Auskünfte über ihre Gesetze und Gerichtsentscheidungen in einer bestimmten Frage sowie jegliche sonstigen Rechtsauskünfte in Zivil- und Handelssachen.
KAPITEL II Austausch von Auskünften im Rahmen gerichtlicher Verfahren Artikel 19 Die Gerichte der beiden Staaten können von den zuständigen Behörden des anderen Staates Auskünfte über dessen Zivil- und Handelsrecht, dessen Verfahrensrecht auf diesen Gebieten und über die Gerichtsverfassung nach den folgenden Bestimmungen einholen.
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Artikel 20 Die Auskunftsersuchen und die hierauf erteilten Antworten werden über das Justizministerium der Bundesrepublik Deutschland und das Justizministerium des Königreichs Marokko übermittelt. Artikel 21 Das Auskunftsersuchen muß von einem Gericht ausgehen, wenn es nicht vom Gericht selbst abgefaßt ist. In einem solchen Fall muß es vom Gericht genehmigt sein; das Ersuchen ist mit dem gerichtlichen Genehmigungsvermerk zu versehen. Artikel 22 (1) Im Auskunftsersuchen sind das Gericht, von dem das Ersuchen ausgeht, und die Art der Rechtssache zu bezeichnen. Die Punkte, zu denen Auskunft über das Recht des ersuchten Staates gewünscht wird, sind möglichst genau anzugeben. (2) Das Ersuchen hat eine Darstellung des Sachverhalts mit den Angaben zu enthalten, die zum Verständnis des Ersuchens und zu seiner richtigen und genauen Beantwortung erforderlich sind. Schriftstücke können in Abschrift beigefügt werden, wenn dies zum besseren Verständnis des Ersuchens notwendig ist. (3) Zur Ergänzung kann im Ersuchen Auskunft auch zu Punkten erbeten werden, die andere als die in Artikel 9 aufgeführten Rechtsgebiete betreffen, sofern diese Punkte mit denen in Zusammenhang stehen, auf die sich das Ersuchen in erster Linie bezieht. (4) Der ersuchte Staat kann ergänzende Angaben zum Ersuchen verlangen, sofern er solche für die Beantwortung für erforderlich hält. Artikel 23 Zweck der Antwort ist es, das Gericht, von dem das Ersuchen ausgeht, in objektiver Weise über das Recht des ersuchten Staates zu unterrichten. Der Antwort sollen, je nach den Umständen des Falles, Texte der einschlägigen innerstaatlichen Bestimmungen sowie Gerichtsentscheidungen beigefügt werden. Ferner sind, soweit dies zur gehörigen Unterrichtung des ersuchenden Gerichts für erforderlich gehalten wird, ergänzende Unterlagen wie Auszüge aus dem Schrifttum und aus den Gesetzesmaterialien mitzuübersenden. Erforderlichenfalls können der Antwort erläuternde Bemerkungen beigefügt werden. Artikel 24 Die in der Antwort enthaltenen Auskünfte binden das Gericht, von dem das Ersuchen ausgeht, nicht. Artikel 25 Ein Auskunftsersuchen ist so schnell wie möglich zu beantworten. Nimmt die Beantwortung längere Zeit in Anspruch, so hat der ersuchte Staat dies dem Justizministerium des ersuchenden Staates mitzuteilen und dabei nach Möglichkeit den Zeitpunkt anzugeben, zu dem die Antwort voraussichtlich übermittelt werden kann.
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Artikel 26 Für die Antwort werden Gebühren oder Auslagen irgendwelcher Art nicht erhoben.
TITEL III Gemeinsame Vorschriften KAPITEL I Befreiung von der Legalisation Artikel 27 (1) Die Ersuchen und die ihnen beigefügten Schriftstücke bedürfen keiner Legalisation oder ähnlichen Förmlichkeiten. (2) Besteht ernsthafter Zweifel an der Echtheit einer Urkunde, so wird durch Vermittlung der Justizministerien eine Überprüfung vorgenommen.
KAPITEL II Sprache und Übersetzung Artikel 28 (1) Die Justizministerien können in ihrer Landessprache korrespondieren. (2) Sofern ein deutsches Justizministerium Absender ist, ist eine Übersetzung nach dessen Wahl in französischer oder arabischer Sprache beizufügen. (3) Sofern das marokkanische Justizministerium Absender ist, ist eine Übersetzung nach dessen Wahl in französischer oder deutscher Sprache beizufügen. Artikel 29 (1) Zuzustellende Schriftstücke, Rechtshilfeersuchen, Prozeßkostenentscheidungen und Kostenfestsetzungen sowie Prozeßkostenhilfeanträge und die ihnen beigefügten Ersuchen um die erforderlichen Auskünfte und deren Anlagen können in der Sprache des ersuchenden Staates abgefaßt sein. (2) Die Erledigungsstücke können in der Sprache des ersuchten Staates abgefaßt sein. (3) Sind Vorgänge, die in den anderen Staat übermittelt werden sollen, nicht in dessen Landessprache abgefaßt, so gilt Artikel 28 Abs. 2 und 3 entsprechend; ausgenommen von dieser Regelung sind die Erledigungsstücke. Artikel 30 (1) Übersetzungen sind von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder einem beeidigten Übersetzer des ersuchenden Staates zu beglaubigen. (2) Die Übersetzung der Korrespondenz nach Artikel 28 bedarf keiner Beglaubigung. (3) Übersetzungskosten werden nicht erstattet.
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KAPITEL III Weiterleitung und Adressatenermittlung Artikel 31 (1) Ist eine Behörde für ein an sie gerichtetes Begehren nicht zuständig, so gibt sie dieses von Amts wegen an die zuständige Behörde ab und unterrichtet hiervon unverzüglich die ersuchende Behörde. Die Unterrichtung erfolgt auf dem für das Begehren vorgesehenen Übermittlungsweg. (2) Ist die Anschrift des Empfängers eines Schriftstücks oder die Anschrift der Person, um deren Vernehmung ersucht wird, unvollständig oder ungenau, so bemüht sich die ersuchte Behörde, das an sie gerichtete Ersuchen so weit wie möglich zu erledigen. Zu diesem Zweck kann sie den ersuchenden Staat bitten, ihr alle ergänzenden Auskünfte zur Identifizierung des Empfängers oder der betroffenen Person zu übermitteln. Die Bitte erfolgt auf dem für die begehrte Maßnahme oder Handlung vorgesehenen Übermittlungsweg.
KAPITEL IV Öffentliche Ordnung Artikel 32 Der ersuchte Staat kann es ablehnen, nach diesem Vertrag tätig zu werden, wenn er die begehrte Maßnahme für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seiner Sicherheit zu gefährden.
TITEL IV Schlußbestimmungen Artikel 33 Alle Schwierigkeiten, die bei der Anwendung dieses Vertrags entstehen, werden nach Konsultationen des Justizministeriums der Bundesrepublik Deutschland mit dem Justizministerium des Königreichs Marokko auf diplomatischem Weg geregelt. Artikel 34 (1) Dieser Vertrag gilt auf unbegrenzte Zeit (2) Jeder der beiden Staaten kann den Vertrag kündigen. Die Kündigung wird ein Jahr nach dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie dem anderen Staat zugegangen ist. Artikel 35 Dieser Vertrag gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Regierung des Königreichs Marokko innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Vertrags eine gegenteilige Erklärung abgibt.
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Artikel 36 (1) Dieser Vertrag wird nach Maßgabe der verfassungsrechtlichen Vorschriften der beiden Vertragsstaaten ratifiziert (2) Die Ratifikationsurkunden werden so bald wie möglich in Bonn ausgetauscht. (3) Der Vertrag tritt am dreißigsten Tag nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.
2. b. dd. α. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. XI Nr. 2026)
I. ALLGEMEINE BEMERKUNGEN Für die internationalen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechts gelten das Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 1. März 1954 (BGBl. 1958 II S. 576; 1959 II S. 1388; 1972 II S. 1472 – im folgenden als Haager Zivilprozeßübereinkommen bezeichnet), das UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (BGBl. 1961 II S. 121; 1962 II S. 102) und das UNÜbereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. Juni 1956 (BGBl. 1959 II S. 149, 1377; 1971 II S. 105). Seit dem Inkrafttreten dieser Übereinkommen hat der Wirtschafts- und Reiseverkehr zwischen den beiden Staaten ständig zugenommen. Die Bundesrepublik Deutschland ist nach Frankreich, Spanien und den Vereinigten Staaten von Amerika Marokkos viertgrößter Handelspartner; dasselbe gilt für den Tourismus. Zudem leben in der Bundesrepublik Deutschland derzeit ca. 50 000 marokkanische Arbeitnehmer und Studenten. Von den beteiligten Kreisen wird die Grundlage der rechtlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten seit längerem als unbefriedigend empfunden. Die im Haager Zivilprozeßübereinkommen vorgesehene Art der Übermittlung von Zustellungs- und anderen Rechtshilfeersuchen hat im Verhältnis der beiden Staaten nicht zu der erhofften beschleunigten Behandlung geführt. Aus diesem Grunde ist es erforderlich, die Rechtshilfe über das Haager Zivilprozeßübereinkommen hinaus durch eine zusätzliche Vereinbarung mit dem Königreich Marokko zu vereinfachen, wie dies bereits im Verhältnis zu Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Schweden und der Schweiz geschehen ist. Bei deutsch-marokkanischen Rechtsangelegenheiten haben die beiderseitigen Gerichte nicht selten das Recht des anderen Vertragsstaates anzuwenden. Um die Rechtsfindung in diesen Fällen zu erleichtern, wird durch den vorliegenden Vertrag den Gerichten die Möglichkeit eröffnet, im anderen Staat Auskünfte über das dort geltende Recht einzuholen. Der Vertrag soll nur für das Gebiet des Zivil- und Handelsrechts gelten. Seine Vorschriften sind nicht analog auf die Angelegenheiten des Verwaltungsrechts sowie des Straf-, Steuer- und Sozialrechts anzuwenden. Der Vertrag ist wie folgt gegliedert: Titel I enthält die Vorschriften über die Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen. In Kapitel 1 wird in Anlehnung an die Artikel 1 und 2 des deutsch-tunesischen Vertrages vom 19. Juli 1966 über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die HanSchütze
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b. dd. Deutsch-marokkanischer Vertrag über die Rechtshilfe
delsschiedsgerichtsbarkeit (BGBl. 1969 II S. 890) – im folgenden als deutsch-tunesischer Vertrag bezeichnet – der freie Zutritt zu den Gerichten gewährleistet. Kapitel II regelt die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke. Die im Haager Zivilprozeßübereinkommen vorgesehenen Zustellungsformen werden vereinfacht, insbesondere durch die Einführung des unmittelbaren Geschäftsverkehrs. Kapitel III betrifft Rechtshilfeersuchen; diese können bei weitgehendem Auslagenverzicht im unmittelbaren Verkehr oder, soweit es sich um die eigenen Staatsangehörigen handelt, von den diplomatischen oder konsularischen Vertretern ausgeführt werden. In Kapitel IV wird in Erweiterung des Artikels 17 des Haager Zivilprozeßübereinkommens die Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten für die Staatsangehörigen unabhängig von deren jeweiligem Wohnsitz oder Aufenthalt festgelegt. Kapitel V vereinfacht die Vollstreckbarerklärung nach den Artikeln 18 und 19 des Haager Zivilprozeßübereinkommens. Kapitel VI führt auch für das Prozeßkostenhilfeverfahren den unmittelbaren Verkehr ein und erleichtert zwischen den Staaten die Beschaffung von Auskünften über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers. Titel II regelt die Erteilung von Rechtsauskünften. Er orientiert sich nach Gehalt und Aufbau am Europäischen Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht (BGBl. 1974 II S. 937; 1974 I S. 1433 – im folgenden als Rechtsauskunftsübereinkommen bezeichnet). Er sieht neben dem Austausch von Auskünften auf Antrag der Gerichte im Rahmen gerichtlicher Verfahren (Kapitel II) auch den Austausch von Auskünften zwischen den Justizministerien in Bonn und Rabat vor (Kapitel I). Titel III enthält die für den gesamten deutsch-marokkanischen Rechtshilfeverkehr geltenden gemeinsamen Vorschriften. Hierzu gehören die Vorschriften über Befreiung von der Legalisation (Kapitel I), über Sprache und Übersetzung (Kapitel II), über die Weiterleitung und Adressatenermittlung bei unvollständigen oder unrichtigen Ersuchen (Kapitel III) sowie über die Anwendung des ordre public (Kapitel IV). Titel IV enthält die üblichen Schlußbestimmungen.
II. ERLÄUTERUNGEN ZU DEN EINZELNEN ARTIKELN TITEL I Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen KAPITEL I Allgemeine Vorschriften Zu Artikel 1 Wie aus der Oberschrift zu Titel 1 hervorgeht, bezieht sich die allgemeine Rechtsschutzklausel ebenso wie die nachfolgenden Vorschriften nur auf die Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen. Die Frage, ob eine Zivil- oder Handelssache vorliegt, beurteilt sich entsprechend allgemeiner Übung grundsätzlich nach dem Recht des Staates, in dem die Rechtssache anhängig ist oder werden soll. Maßgebend ist die materielle Rechtslage (Materialien der IV. Haager Konferenz für Internationales Privatrecht 1904 – Actes de la Quatrième Session 1904 S. 84 f.; amtl. Denkschrift, Reichtags-Drucks. Nr. 894 vom 28. April 1908, XII. Legislaturperiode, 1. Session Band 247 S. 58 f.); auf die Art des Verfahrens, in dem der Anspruch geltend gemacht wird, kommt es nicht an. Es können für die Zivil- und Handelssachen auch andere Gerichte als die Zivilgerichte zuständig sein. So kann im Adhäsionsverfahren vor dem 667
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Strafgericht ein zivilrechtlicher Anspruch geltend gemacht werden (§§ 403 ff. der Strafprozeßordnung). Ebenso können darunter Streitigkeiten in Zivil- und Handelssachen fallen, die vor Verwaltungsgerichten (zu denen auch die Sozial- und Finanzgerichte als besondere Verwaltungsgerichte gehören) anhängig sind. Nach deutscher Rechtsauffassung gehört auch das Patentrecht zum bürgerlichen Recht (vgl. die Bekanntmachung über die Auslegung des deutsch-österreichischen Vertrages über Rechtsschutz und Rechtshilfe vom 31. Dezember 1936, RGBl. 1937 II S. 7). Außerdem erfaßt der Begriff „Zivilrecht“ wichtige, nicht öffentlich-rechtliche Sondermaterien wie vor allem Teile des Arbeitsrechts (vgl. Materialien der VI. Haager Konferenz für Internationales Privatrecht – 1928 – Actes de la Sixième Session 1928 S. 190). Artikel 1 gewährleistet, daß die Staatsangehörigen beider Staaten im Hinblick auf den Rechtsschutz im allgemeinen (Absatz 1) sowie insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu den Gerichten (Absatz 2) im anderen Staat wie dessen eigene Staatsangehörige behandelt werden. Das schließt die Möglichkeit ein, sich im Rahmen der nationalen Gesetzgebung eines Bevollmächtigten freier Wahl zu bedienen. Zu Artikel 2 Diese Bestimmung ergänzt Artikel 1. Juristische Personen, Gesellschaften (einschließlich der OHG des deutschen Rechts) und andere Vereinigungen (einschließlich nichtrechtsfähiger Vereine) werden den natürlichen Personen hinsichtlich sämtlicher Materien dieses Vertrages gleichgestellt. Artikel 2 löst unter anderem die für den Bereich der Artikel 17 bis 19 des Haager Zivilprozeßübereinkommens umstrittene Frage, ob von diesen Vorschriften auch juristische Personen, Gesellschaften und Vereinigungen erfaßt werden. Nach dem allein maßgebenden französischen Originaltext beziehen sich die Artikel 17, 18 und 19 des Haager Zivilprozeßübereinkommens auf die „nationaux d’un des états contractants“. Diese Fassung hat zu der Frage Anlaß gegeben, ob das Privileg der Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten sich nur auf natürliche Personen beziehe oder ob es auch für juristische Personen gelte. Nach den Materialien zu dem (ersten) Haager „Abkommen zur Regelung von Fragen des internationalen Privatrechts“ vom 14. November 1896 (RGBl. 1899 S. 285; Actes de la Deuxième Conférence de la Haye 1894 S. 108) war die Frage schon damals in dem weiteren Sinne zu beantworten; für das Zivilprozeßübereinkommen von 1954 gilt das gleiche (Bülow-Böckstiegel, Der internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Ordnr. 101.16 Fußn. 72). Die französische Rechtsprechung und Rechtslehre, die in Marokko Beachtung findet, ist dagegen nicht einheitlich. Eine Klarstellung ist deshalb wünschenswert.
KAPITEL II Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke Zu Artikel 3 Artikel 3 Abs. 1 führt als wesentliche Erleichterung gegenüber dem konsularischen Weg den unmittelbaren Verkehr ein. Gleichzeitig wird damit ausgeschlossen, daß einer der beiden Staaten im Verhältnis zum anderen den nach Artikel 1 Abs. 3 des Haager Zivilprozeßübereinkommens möglichen Vorbehalt des diplomatischen Verkehrs einwendet, was bisher die Vertragsstaaten Finnland, Japan, Portugal, Rumänien, die UdSSR, Jugoslawien und die Vatikanstadt getan haben. Der unmittelbare Verkehr ist durch die Schütze
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Zusatzvereinbarungen zum Haager Zivilprozeßübereinkommen bisher bereits mit Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Österreich und der Schweiz – wenn auch auf unterschiedlicher behördlicher Ebene – eingeführt worden. Die Eröffnung des unmittelbaren Verkehrs bedeutet nicht nur eine Erleichterung technischer Art, sondern führt in der Praxis auch zu einer Abkürzung der Verfahrensdauer. Im Hinblick auf die unterschiedliche Rechtstradition in Deutschtand und Marokko, die Schwierigkeit, das zuständige Gericht im anderen Staat zu ermitteln, sowie im Hinblick auf die sprachlichen Probleme, insbesondere die Umsetzung lateinischer Schriftzeichen in arabische und umgekehrt, wäre der Geschäftsverkehr mit dem Königreich Marokko auf unterer Gerichtsebene allerdings nicht zweckmäßig. Aus diesem Grunde ist der Verkehr auf ministerieller Ebene vereinbart worden, wobei in der Bundesrepublik Deutschland die Landesjustizministerien zuständig sein sollen, in deren Gebiet der Empfänger oder Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Der unmittelbare Verkehr gilt für die Zustellung aller gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücke. Unter gerichtlichen Schriftstücken sind solche zu verstehen, die aus einem gerichtlichen Verfahren herrühren oder für die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens bestimmt sind. Außergerichtliche Schriftstücke sind solche, die mit einem gerichtlichen Verfahren nicht oder noch nicht im Zusammenhang stehen; ein Beispiel hierfür ist die vollstreckbare Ausfertigung einer gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO errichteten notariellen Urkunde. Es kommen aber auch Kündigungsschreiben und andere Willenserklärungen in Betracht. Der Begriff „Zustellung“ im Sinne des Vertrages und des Haager Zivilprozeßübereinkommens bezieht sich nur auf Zustellungen, die auf Ersuchen einer gerichtlichen Behörde bewirkt werden sollen. Beauftragen die Parteien unmittelbar einen Gerichtsvollzieher, ein außergerichtliches Schriftstück zuzustellen, so greift weder das Haager Zivilprozeßübereinkommen noch dieser Vertrag ein. Für Aufträge dieser Art gelten in der Bundesrepublik Deutschland die §§ 52 ff. der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher. Artikel 3 Abs. 2 enthält die Erfordernisse, die an einen Zustellungsantrag gestellt werden. Er entspricht insoweit Artikel 1 Abs. 1 Satz 2 des Haager Zivilprozeßübereinkommens; zusätzlich können im Antrag jedoch weitere Angaben gemacht werden, die einer beschleunigten Erledigung dienlich sind. Zu Artikel 4 Absatz 1 sieht vor, daß dem Antrag das zuzustellende Schriftstück in doppelter Ausfertigung beizufügen ist. Dies gilt sowohl für Anträge auf förmliche wie auf formlose Zustellung. Das zweite Ausfertigungsstück hat jedoch lediglich Bedeutung für den Zustellungsnachweis. Eine Sanktion ist an die Nichtbeachtung der Vorschrift nicht geknüpft, so daß ein Zustellungsantrag nicht abgelehnt werden kann, wenn die zuzustellenden Schriftstücke nur in einem Exemplar übermittelt worden sind. Nach Absatz 2 wird die formlose wie auch die förmliche Zustellung durch die Behörde ausgeführt, die nach den Rechtsvorschriften des ersuchten Staates zuständig ist (vgl. auch Artikel 2 Satz 1 des Haager Zivilprozeßübereinkommens). Die zuständige Behörde kann sich, abgesehen von den in Artikel 5 des Vertrages vorgesehenen Fällen, bei Annahmebereitschaft des Empfängers darauf beschränken, die formlose Zustellung durch einfache Übergabe zu bewirken (Absatz 3). Die formlose Zustellung wird in Absatz 3 ebenso definiert wie in § 5 Nr. 1 Buchstabe a der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO). Sie wird in der Bundesrepublik Deutschland nach den §§ 68 ff. ZRHO durchgeführt. 669
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Zu Artikel 5 Die Vorschrift regelt die besonderen Voraussetzungen, unter denen eine förmliche Zustellung zu bewirken ist. Nach § 32 Abs. 3 ZRHO haben die deutschen Gerichte in dem Zustellungsantrag anzugeben, ob die formlose und hilfsweise die förmliche oder ob sogleich die förmliche Zustellung beantragt wird. Ist bei einem eingehenden Zustellungsantrag der Wunsch nach förmlicher Zustellung nicht ausgesprochen, so soll das ersuchte deutsche Gericht zunächst eine formlose Zustellung versuchen (Artikel 4 Abs. 3; § 67 Abs. 2 Satz 2 ZRHO). Artikel 5 sieht zwei verschiedene Arten der förmlichen Zustellung vor. Zum einen handelt es sich um die förmliche Zustellung nach dem Verfahrensrecht des ersuchten Staates (vgl. § 5 Nr. 1 Buchstabe b ZRHO). Für sie gelten in der Bundesrepublik Deutschland die § 72 Abs. 1 ZRHO und der §§ 208 ff. ZPO. Die zweite Alternative, die in Artikel 5 angesprochen wird, ist die Zustellung in einer besonderen, vom ersuchenden Staat gewünschten Form (vgl. § 5 Nr. 1 Buchstabe b, § 72 Abs. 2 ZRHO). Zu Artikel 6 Artikel 6 regelt die Erfordernisse für den Nachweis der Zustellung. Nach Absatz 2 ist es zulässig, den Zustellungsnachweis auf das Doppel des zuzustellenden Schriftstücks zu setzen oder damit zu verbinden. Im einzelnen sind für den Zustellungsnachweis die Vorschriften der §§ 75 bis 78 ZRHO mit den Mustern ZRHO 2, 3 und 4 maßgebend. Zu Artikel 7 Nach dieser Vorschrift ist in Übereinstimmung mit Artikel 6 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 2 des Haager Zivilprozeßübereinkommens die Zustellung durch diplomatische oder konsularische Vertreter an eigene Staatsangehörige zulässig. Die Möglichkeit, auch an Doppelstaater durch diplomatische oder konsularische Vertreter zustellen zu lassen, sieht Artikel 7 zur Vermeidung tatsächlicher und rechtlicher Probleme nicht vor. In Artikel 7 sind nicht die in Artikel 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des Haager Zivilprozeßübereinkommens vorgesehenen Möglichkeiten der unmittelbaren Zustellung durch die Post oder den Gerichtsvollzieher aufgenommen worden. Diese beiden Zustellungsarten sollen weiterhin ausgeschlossen sein. Zu Artikel 8 Absatz 1 dient der Klarstellung. Durch den Hilfsantrag kann verhindert werden, daß eine nicht durchführbare formlose Zustellung zwingend zur unerledigten Rückleitung des Zustellungsersuchens führt. Ein Eventualantrag auf förmliche Zustellung im Sinne des Artikels 5 empfiehlt sich regelmäßig dann, wenn Zweifel bestehen, ob der Antrag auf formlose Zustellung Erfolg haben wird. Er wird im Verhältnis zum Königreich Marokko oft schon aus zeitlichen Erwägungen zweckmäßig sein. Das Verfahren wird hierdurch weder verteuert noch erschwert. Für die Durchführung der förmlichen Zustellung gilt die Kostenvergünstigung des Artikels 10, und nach Artikel 29 Abs. 3 in Verbindung mit Artikel 28 Abs. 2 und 3 sind dem Zustellungsantrag ohnehin in jedem Fall Übersetzungen beizufügen. Absatz 2 regelt in erster Linie den Fall, daß nur ein Antrag auf Zustellung durch einfache Übergabe gestellt ist. Ist die Übergabe nicht möglich (z.B. weil der Empfänger die Annahme ablehnt), so soll der nicht erledigte Antrag unverzüglich an den ersuchenden Schütze
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Staat zurückgesandt werden, um ihm Gelegenheit zu einem neuen Antrag auf förmliche Zustellung zu geben. Absatz 2 kann aber auch dann eingreifen, wenn das Schriftstück die Voraussetzungen der beantragten förmlichen Zustellung nicht erfüllt (z.B. weil das zuzustellende Schriftstück nicht in deutscher Sprache abgefaßt ist; vgl. § 71 ZRHO i.V.m. Artikel 28 Abs. 2 und 3, Artikel 29 Abs. 3 dieses Vertrages) und eine daraufhin versuchte formlose Zustellung fehlgeschlagen ist. Bei Rückleitung des unerledigten Antrags weist die ersuchte Behörde auf die Hinderungsgründe hin. Zu Artikel 9 Absatz 1 soll den Beklagten davor schützen, daß im anderen Staat gegen ihn ein Urteil ergeht, ohne daß er von dem Verfahren rechtzeitig Kenntnis erhalten hat. Nach deutschem Verfahrensrecht ist es ausgeschlossen, daß in einem solchen Fall gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil erlassen wird. Denn nach den §§ 199, 202, 335 Abs. 1 Nr. 2 ZPO kann das Gericht ein Versäumnis-Urteil nur erlassen, wenn ihm der Nachweis vorliegt, daß die Zustellung an den Beklagten im Ausland ordnungsgemäß bewirkt und daß die Einlassungsfrist gewahrt wurde. Das marokkanische Verfahrensrecht sieht vergleichbare Schutzvorschriften dagegen nicht vor. Andererseits ist zu bedenken, daß der Kläger ein Interesse an einer baldigen Entscheidung des Rechtsstreits hat. Dem trägt Absatz 3 Rechnung. Es kann vorkommen, daß ein Nachweis über die Zustellung im anderen Vertragsstaat nicht eintrifft oder daß nicht festgestellt werden kann, ob dem Beklagten die Klage oder die Ladung tatsächlich ausgehändigt worden ist. Stellt das Prozeßgericht fest, daß der Zustellungsantrag ordnungsgemäß abgefaßt und vom ersuchenden Staat ordnungsgemäß übermittelt worden ist, so kann es nach Ablauf von 6 Monaten seit dem Tag der Übermittlung gleichwohl eine Entscheidung erlassen. Eine derartige Frist ist auch in Artikel 15 Abs. 2 Buchstabe b des Haager Zustellungsübereinkommens vom 15. November 1965 (BGBl. 1977 II S. 1452 – im folgenden als Haager Zustellungsübereinkommen bezeichnet) vorgesehen; sie ist zwei Monate kürzer als die entsprechende Frist im deutsch-tunesischen Vertrag (Artikel 17). Nach Absatz 3 hindern die Bestimmungen der Absätze 1 und 2 das Prozeßgericht nicht, einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher zu treffen, die auf eine Sicherstellung gerichtet sind. Die Absätze 1 und 2 gelten also nur für den Rechtsstreit zur Hauptsache. Auch diese Regelung hat ihr Vorbild im Haager Zustellungsübereinkommen. Zu Artikel 10 Artikel 10 beinhaltet den gegenseitigen Verzicht auf die Erstattung der Auslagen, die bei einer förmlichen Zustellung entstehen können. Der Kostenverzicht dient der Erleichterung des Rechtsverkehrs und geht dem anders lautenden Artikel 7 Abs. 2 des Haager Zivilprozeßübereinkommens vor. Gleichgestaltete Regelungen finden sich in verschiedenen von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Zusatzvereinbarungen zum Haager Zivilprozeßübereinkommen.
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KAPITEL III Rechtshilfeersuchen Zu Artikel 11 Artikel 11 sieht für die Rechtshilfeersuchen ebenso wie für Zustellungsanträge (Artikel 3) den unmittelbaren Verkehr zwischen den beiderseitigen Justizbehörden vor. Derselbe Übermittlungsweg ist für Rechtshilfeersuchen durch Zusatzvereinbarungen zum Haager Zivilprozeßübereinkommen bereits mit Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Österreich und der Schweiz eingeführt. Unter Rechtshilfeersuchen ist die Aufforderung eines Gerichts an ein anderes Gericht zu verstehen, eine gerichtliche Handlung vorzunehmen, die nicht in der Zustellung eines Schriftstückes besteht oder auf Vollstreckung gerichtet ist. Im Vordergrund stehen Ersuchen um Vernehmung von Parteien, Zeugen oder Sachverständigen. Im Unterschied zu Zustellungsanträgen, die von Gerichten oder Behörden ausgehen können, werden Rechtshilfeersuchen immer von Gerichten gestellt (für das deutsche Recht vgl. § 363 ZPO; §§ 36 f., 82 f. ZRHO). Die Empfangsstellen für Rechtshilfeersuchen entsprechen denen, die in Artikel 3 Abs. 1 für Zustellungsanträge bestimmt sind. Auf die Begründung zu Artikel 3 Abs. 1 wird insoweit Bezug genommen. Zu Artikel 12 Durch Absatz 1 wird den diplomatischen und konsularischen Vertretern die Befugnis zur Erledigung von Rechtshilfeersuchen eingeräumt, die sich auf eigene Staatsangehörige beziehen. Diese vertragliche Festigung der nach Artikel 15 des Haager Zivilprozeßübereinkommens bestehenden unsicheren Rechtslage ist auch in den zu Artikel 11 erwähnten Zusatzübereinkommen zum Haager Zivilprozeßübereinkommen vorgenommen worden. Die Befugnis ist in doppelter Hinsicht eingeschränkt: Zum einen muß das Ersuchen auf die Vernehmung von Personen oder die Vorlage von Urkunden gerichtet sein; Blutentnahmen sind also unzulässig. Zum anderen darf bei der Erledigung des Ersuchens keinerlei Zwang angewendet werden. Absatz 2 entspricht einem Grundsatz, der sich in der Praxis herausgebildet hat und allgemein befolgt wird. Er soll Schwierigkeiten ausschließen, die sich aus einer unterschiedlichen Beurteilung der Staatsangehörigkeitsfrage nach den Rechtsordnungen beider Vertragsstaaten ergeben könnten. Durch die Informationspflicht nach Absatz 3 soll sichergestellt werden, daß sich die zur Beweisaufnahme geladene Person der Freiwilligkeit ihres Handelns bewußt ist und der Ladung nicht in dem Irrtum nachkommt, sie sei hierzu verpflichtet. Zu Artikel 13 Auf die Erstattung von Auslagen, die bei der Erledigung von Rechtshilfeersuchen entstehen, wird gemäß Satz 1 gegenseitig verzichtet, mit Ausnahme der Sachverständigenhonorare. Die Möglichkeit einer solchen Vereinbarung ist in Artikel 16 Abs. 2 des Haager Zivilprozeßübereinkommens eingeräumt. Die in Satz 2 vorgesehene Mitteilungspflicht ermöglicht es der ersuchenden deutschen Behörde, Auslagen jeder Art von den Kostenschuldnern des Rechtsstreits gemäß § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes einzuziehen.
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KAPITEL IV Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten Zu Artikel 14 Artikel 14 gewährt den Angehörigen beider Vertragsstaaten Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten auch dann, wenn sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem der beiden Staaten haben. Die Möglichkeit einer solchen, über Artikel 17 Abs. 1 des Haager Zivilprozeßübereinkommens hinausgehenden Vereinbarung ist in Artikel 17 Abs. 3 dieses Übereinkommens ausdrücklich vorgesehen. Wegen der Anwendung des Artikels 14 auf juristische Personen wird auf Artikel 2 und die Begründung hierzu verwiesen.
KAPITEL V Vollstreckbarerklärung Zu Artikel 15 Der Antrag, eine Kostenentscheidung gegen den unterlegenen Kläger oder Intervenienten für vollstreckbar zu erklären, muß nach Artikel 18 Abs. 1 des Haager Zivilprozeßübereinkommens grundsätzlich auf diplomatischem Weg gestellt werden. Mit Artikel 15 Abs. 1 wird von der in Artikel 18 Abs. 3 des Haager Zivilprozeßübereinkommens vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, einen einfacheren Weg zuzulassen. Hiernach kann von der beteiligten Partei selbst der Antrag auf Vollstreckbarerklärung gestellt werden, und zwar unmittelbar bei dem zuständigen Gericht des Vollstreckungsstaates. Diese Neuerung bedeutet eine erhebliche Vereinfachung. Die Möglichkeit, den diplomatischen Weg zu wählen, wird durch sie nicht ausgeschlossen. Das in Artikel 19 des Haager Zivilprozeßübereinkommens vorgesehene vereinfachte Verfahren (keine Anhörung des Schuldners vor der Vollstreckbarerklärung der Kostenentscheidung) gilt in beiden Fällen. Bei der Antragsbefugnis ist zu beachten, daß nicht nur die Prozeßparteien, sondern auch die Gerichtskasse als Kostengläubiger in Frage kommt. Kosten des Prozesses im Sinne des Artikels 18 Abs. 1 des Haager Zivilprozeßübereinkommens sind nämlich nicht nur die unmittelbaren außergerichtlichen Aufwendungen der Parteien, sondern nach herrschender Meinung auch die Gerichtskosten. Zu Artikel 16 Nach Artikel 19 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 des Haager Zivilprozeßübereinkommens muß die Kostenentscheidung, deren Vollstreckbarerklärung beantragt wird, von einem Rechtskraftzeugnis begleitet sein, das von der zuständigen Behörde erteilt wird. Die Zuständigkeit dieser Behörde muß durch den höchsten Justizverwaltungsbeamten des ersuchenden Staates bescheinigt sein, sofern nicht zwei Vertragsstaaten etwas anderes vereinbaren (Artikel 19 Abs. 3 Satz 2 des Haager Zivilprozeßübereinkommens). Eine solche abweichende Vereinbarung ist in Artikel 16 enthalten. Für die marokkanischen Entscheidungen ist der Nachweis der Rechtskraft in zwei Stufen zu führen. Zum einen ist eine Urkunde über die erfolgte Zustellung des Titels vorzulegen, aus der sich ergibt, wann die Zustellung bewirkt worden ist; zum anderen bedarf es einer Bescheinigung darüber, daß gegen die Entscheidung weder ein Rechtsmit673
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tel eingelegt wurde noch künftig eingelegt werden kann. Wenn sich aus diesen beiden Urkunden ergibt, daß die Entscheidung rechtskräftig geworden ist, sind sie als „Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, daß die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat“ im Sinne des Artikels 19 Abs. 3 Satz 1/1. Altern. des Haager Zivilprozeßübereinkommens anzusehen. Eine Legalisation dieser Dokumente kann nicht gefordert werden (vgl. Artikel 27). Der in Absatz 2 ausgesprochene Verzicht auf eine Zuständigkeitsbescheinigung durch die nächsthöhere Behörde trägt zu einer erheblichen Beschleunigung und Erleichterung des Rechtsverkehrs bei. Der Verzicht hat sowohl Bedeutung für Anträge, die auf diplomatischem Wege gestellt werden, als auch für Anträge, die der Berechtigte bei dem Gericht des anderen Vertragsstaates unmittelbar anbringt.
KAPITEL VI Prozeßkostenhilfe Zu Artikel 17 Absatz 1 enthält den allgemeinen Grundsatz gegenseitiger Zulassung zur Prozeßkostenhilfe, wie bereits in Artikel 20 Abs. 1 des Haager Zivilprozeßübereinkommens festgelegt und zusätzlich im innerstaatlichen deutschen Recht (§ 114 ZPO) verankert ist. Hält sich der Antragsteller im Gerichtsstaat auf, kann er den Antrag auf Prozeßkostenhilfe ohne weiteres direkt beim zuständigen Gericht dieses Staates stellen. Hat er seinen gewöhnlichen Aufenthalt im anderen Vertragsstaat, so kann sein Gesuch unmittelbar von Justizministerium zu Justizministerium übersandt werden (Absatz 2). Befindet sich also der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland, kann er seinen Antrag mit den erforderlichen Unterlagen beim Amtsgericht seines gewöhnlichen Aufenthalts einreichen (§ 10 Abs. 1 AusfG zum Haager Zivilprozeßübereinkommen). Das Amtsgericht leitet den Antrag über die Prüfungsstelle (§ 9 ZRHO) an das Landesjustizministerium weiter, das ihn seinerseits an das Justizministerium in Rabat weiterreicht. Einem marokkanischen Staatsangehörigen, der von der Bundesrepublik aus in Marokko um Prozeßkostenhilfe nachsuchen will, bleibt es unbenommen, den Antrag bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen marokkanischen Konsulat einzureichen (Artikel 23 des Haager Zivilprozeßübereinkommens). Durch Absatz 2 wird der in den Artikeln 2 bis 4 des zwischen beiden Staaten geltenden UN-Übereinkommens über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. Juni 1956 (BGBl. 1959 II S. 149) vorgesehene besondere Übermittlungsweg nicht ausgeschlossen. Stellt ein Unterhaltsberechtigter gemäß Artikel 3 des deutschen Zustimmungsgesetzes vom 26. Februar 1959 (BGBl. 1971 II S. 105) in seinem Unterhaltsgesuch zugleich den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts, so wird dieser Antrag als Bestandteil des Gesuchs in der Hauptsache von der deutschen Übermittlungsstelle (Artikel 2 des UN-Übereinkommens) der marokkanischen Empfangsstelle (Artikel 4 des UNÜbereinkommens) übersandt. Die sachlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe beurteilen sich nach dem innerstaatlichen Recht des Staates, der Prozeßkostenhilfe gewähren soll. Wird ein Verfahren in der Bundesrepublik Deutschland angestrebt, gelten also die §§ 114 ff. ZPO. Für ergänzende Auskünfte, die ein Gericht oder eine Behörde vor der Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Prozeßkostenhilfe in dem anderen Staat einholen will, ist nach Absatz 3 aus Gründen der Vereinfachung und Beschleunigung ebenfalls Schütze
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der unmittelbare Geschäftsverkehr zugelassen. Zu beachten ist, daß der Berechtigung, Auskünfte zu erbitten, keine Verpflichtung gegenübersteht, diese Auskünfte auch zu erteilen. Dadurch wird dem Schutzinteresse des Antragstellers vor zu weitgehenden Auskunftsersuchen Rechnung getragen.
TITEL II Rechtsauskunft Allgemeines Die Gerichte haben im Zuge der immer enger werdenden internationalen Verflechtungen in steigendem Maße ausländisches Recht anzuwenden. Bei dessen Ermittlung sind die deutschen Gerichte nicht an die Beweisangebote der Parteien gebunden. Sie können vielmehr alte Erkenntnisquellen nutzen (§ 293 ZPO). Üblicherweise wird in erster Linie das Schrifttum herangezogen. Daneben werden häufig Auskünfte von Behörden oder Gutachten von wissenschaftlichen Instituten angefordert. Auch die Einholung von Rechtsauskünften aus anderen Ländern kommt als Erkenntnisquelle in Betracht. Um solche Ersuchen über die Grenzen eines Landes hinweg zu erleichtern, wurde vereinzelt in bilateralen Verträgen eine Verpflichtung der Staaten zur Rechtsauskunft festgelegt. So sahen Artikel 9 des deutsch-österreichischen Vertrages vom 21. Juni 1923 (RGBl. 1924 II S. 55), Artikel 8 des deutsch-polnischen Vertrages vom 5. März 1924 (RGBl. 1925 M S. 139) und Artikel 7 des deutsch-bulgarischen Vertrages vom 22. Dezember 1926 (RGBl. 1927 II S. 416) für die Vertragspartner die Verpflichtung vor, einander Auskünfte über das in ihren Staaten geltende Recht zu erteilen. Diese Verträge sind nach dem zweiten Wettkrieg nicht wieder wirksam geworden. Das Bedürfnis nach solchen Auskünften blieb aber unverändert bestehen. Die Mitgliedstaaten des Europarats haben deshalb am 7. Juni 1966 das Europäische Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht (BGBl. 1974 II S. 937) mit Zusatzprotokoll vom 15. März 1978 (BGBl. 1967 U S. 58) geschlossen. Auf der Grundlage dieses Übereinkommens sind die Artikel 19 bis 26 aufgebaut.
KAPITEL I Austausch von Auskünften über die beiderseitigen Rechtsvorschriften Zu Artikel 18 Artikel 18 legt eine gegenseitige Auskunftsverpflichtung der Justizministerien fest, und zwar unabhängig davon, ob ein gerichtliches Verfahren anhängig ist oder nicht. Der Austausch von Rechtsauskünften entspricht zwar der schon bisher geübten zwischenstaatlichen Praxis. Während die Auskunft auf vertragloser Grundlage jedoch aus jedem politischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Gesichtspunkt verweigert werden kann, ist dies nach der vorliegenden vertraglichen Regelung nur noch aus Gründen der öffentlichen Ordnung (Artikel 32) möglich. Um eine Ausuferung von Auskunftsersuchen zu verhindern, müssen die Ersuchen zwei Voraussetzungen erfüllen. Es muß sich um ein ausdrücklich als solches bezeichnetes Auskunftsersuchen handeln und das Ersuchen muß eine bestimmte Frage zum Gegenstand haben. 675
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Hervorzuheben ist, daß Auskünfte über Gesetze und Gerichtsentscheidungen auf allen Rechtsgebieten verlangt werden können, während die „sonstigen Rechtsauskünfte“ auf Zivil- und Handelssachen beschränkt sind. Sonstige Rechtsauskünfte können ein detailliertes Eingehen auf die rechtswissenschaftliche Literatur zu einer bestimmten Einzelfrage erforderlich machen, die Beschränkung auf Zivil- und Handelssachen erschien deshalb zweckmäßig. Adressat des Auskunftsbegehrens ist in der Bundesrepublik Deutschland – anders als bei Zustellungsersuchen (Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe a) – das Bundesjustizministerium. Da Auskunftsbegehren sich in den seltensten Fällen auf Landesrecht beziehen werden, ist das Bundesjustizministerium aufgrund der bei ihm vorhandene Materialien die geeignete Stelle. Aus diesem Grunde nimmt es auch bereits die Aufgaben der Empfangsstelle nach dem oben genannten Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommen von 1968 wahr (§ 9 des Ausführungsgesetzes, BGBl. 1974 I S. 1433). Soweit Auskunftsersuchen ausnahmsweise landesrechtliche Bestimmungen betreffen, kann das Bundesjustizministerium die zuständige Landesjustizverwaltung im Wege der Amtshilfe bitten, ihm die erforderlichen Informationen zukommen zu lassen.
KAPITEL II Austausch von Auskünften im Rahmen gerichtlicher Verfahren In den Artikeln 19 bis 26 werden die Förmlichkeiten festgelegt, die bei Auskunftsersuchen im Rahmen eines anhängigen Gerichtsverfahrens zu beachten sind. Sie entsprechen weitgehend dem Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommen. Zu den Artikeln 19 und 20 Nach Artikel 19 muß das Auskunftsersuchen von einem Gericht ausgehen. Ferner legt die Vorschrift fest, daß die Auskunft das materielle Zivil- und Handelsrecht einschließlich des Verfahrensrechts auf diesen Gebieten oder Fragen der Gerichtsverfassung betreffen muß; letztere brauchen keinen Zusammenhang mit dem Zivil- und Handelsrecht aufzuweisen. Ergänzt wird diese Bestimmung durch Artikel 22 Abs. 3, wonach das Auskunftsersuchen auch andere als die in Artikel 19 genannten Rechtsgebiete zum Gegenstand haben kann, sofern sie mit diesen in Zusammenhang stehen. Die „zuständige Behörde“, von der die Auskunft zu erteilen ist, wird im Vertrag selbst nicht festgelegt. Auf deutscher Seite werden die Ersuchen wie folgt erledigt: Das Bundesjustizministerium als Empfangsstelle (Artikel 20) wird das Auskunftsersuchen selbst beantworten, soweit es Bundesrecht betrifft, das in seinen Kompetenzbereich fällt. Ansonsten wird es die Ersuchen an die Behörde weiterleiten, die für die betreffende Rechtsmaterie von der Gesetzgebung her zuständig oder aus anderen Gründen zur Auskunftserteilung befähigt ist; die Auskunft wird auch in diesen Fällen vom Bundesjustizministerium dem Justizministerium in Rabat übermittelt (Artikel 20). Zu Artikel 21 Artikel 21 legt in Übereinstimmung mit Artikel 3 des Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommens fest, daß Ersuchen im Rahmen eines anhängigen Gerichtsverfahrens vom Gericht ausgehen müssen. Allerdings braucht das Ersuchen nicht notwendig vom Gericht selbst, sondern kann beispielsweise auch von einer Partei abgefaßt sein; in solchen Fällen muß es jedoch durch das Gericht genehmigt und die Genehmigung dem Schütze
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Auskunftsersuchen beigefügt werden (Satz 2). Das Erfordernis, daß die Auskunftsersuchen von einem Gericht abgefaßt oder zumindest genehmigt sein müssen, bietet die Gewähr dafür, daß keine überflüssigen Ersuchen gestellt werden. Zu Artikel 22 Die Vorschrift entspricht dem Artikel 4 des Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommens. Die Absätze 1 und 2 sollen sicherstellen, daß die Ersuchen so genau und konkret wie möglich abgefaßt werden. In dem Ersuchen sind das ersuchende Gericht und die Art der Rechtssache zu bezeichnen (Absatz 1 Satz 1). Die Punkte, zu denen Auskunft über das Recht des ersuchten Staates gewünscht wird, sind anzugeben (Absatz 1 Satz 2). Durch das Erfordernis einer Darstellung des Sachverhalts (Absatz 2 Satz 1) soll insbesondere vermieden werden, daß komplette Akten mit der Bitte um Rechtsauskunft übersandt werden; nicht ausgeschlossen ist dagegen, daß im Einzelfall der Sachverhaltsschilderung weitere Schriftstücke in Abschrift beigefügt werden, wenn dies zum besseren Verständnis des Ersuchens geboten ist (Absatz 2 Satz 2). Absatz 3 steht in Ergänzung des Artikels 19 vor, daß sich die Auskunftsersuchen auch auf Punkte beziehen können, die andere Rechtsgebiete als diejenigen des Zivil- und Handelsrechts betreffen, soweit sie mit diesen Materien in Zusammenhang stehen. Nach Absatz 4 ist der ersuchte Staat berechtigt, ergänzende Angaben zum Ersuchen zu verlangen, sofern er solche zur Beantwortung für erforderlich hält. Dies gilt in erster Linie für den Fall, daß solche zusätzlichen Angaben zur sachgemäßen Erledigung des Ersuchens für notwendig erachtet werden. Es kann sich aber auch darum handeln, daß der ersuchte Staat Zweifel hat, ob sich das Ersuchen noch im Bereich des durch Artikel 19, Artikel 22 Abs. 3 gesteckten Rahmens hält. Zu Artikel 23 Artikel 23 entspricht dem Artikel 7 des Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommens und betrifft den Inhalt der Antwort. Die Antwort muß die Auskünfte enthalten, die das ersuchende Gericht für seine Entscheidung benötigt. Das Erfordernis der Objektivität besagt, daß die Auskunft unparteiisch sein muß und beispielsweise keinen Vorschlag für die Erledigung des Falles enthalten darf, der Gegenstand des Ersuchens ist. Der Antwort sind gegebenenfalls erläuternde Bemerkungen beizufügen. Dies kann zum Beispiel in Form eines Berichts über die Anwendung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen im ersuchten Staat geschehen. Eine Verpflichtung, erläuternde Bemerkungen in solcher oder einer anderen bestimmten Form abzugeben, besteht aber nicht. Die Antwort ist so umfassend wie nötig zu gestalten. Dabei kann es auch erforderlich sein, auf Faktoren außerhalb des Zivil- und Handelsrechts hinzuweisen, die das anwendbare Recht beeinflussen können. Zu Artikel 24 Mit der Übernahme des Artikels 8 des Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommens normiert Artikel 24 einen wichtigen, international anerkannten Grundsatz der gegenseitigen Rechtsauskunft: Die in der Antwort enthaltenen Auskünfte binden nicht das Gericht, von dem das Ersuchen ausgeht. Sinn einer Rechtsauskunft ist allein die Unterrichtung über das im anderen Staat geltende Recht; die Unabhängigkeit der Gerichte des 677
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ersuchenden Staates wird nicht angetastet. Es bleibt in jedem Fall dem ersuchenden Staat überlassen, welche Konsequenzen er aus einer erteilten Rechtsauskunft zieht. Zu Artikel 25 Artikel 25 entspricht inhaltlich dem Artikel 12 des Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommens und soll das Verfahren des Austausches von Rechtsauskünften nach Möglichkeit beschleunigen. Eine Frist für die Bearbeitung der Auskunftsersuchen ist nicht vorgesehen. Es ist aber ein Gebot der gegenseitigen Höflichkeit, Schwierigkeiten bei der Beantwortung der gestellten Fragen dem ersuchenden Staat alsbald mitzuteilen und dabei den Zeitpunkt anzugeben, zu dem die Antwort auf das Ersuchen voraussichtlich übermittelt werden kann. Zu Artikel 26 Im Interesse der Vereinfachung des Rechtsverkehrs werden nach Artikel 26 für die Erteilung von Auskünften Gebühren oder Auslagen irgendwelcher Art nicht erhoben. Diese Kostenfreiheit geht weiter als die Kostenbefreiung nach dem Europäischen Rechtsauskunftsübereinkommen (vgl. Artikel 15 Abs. 1 i.V.m. Artikel 6 Abs. 3).
TITEL III Gemeinsame Vorschriften KAPITEL I Befreiung von der Legalisation Zu Artikel 27 Artikel 27 soll den Urkundenverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko erleichtern. Zu diesem Zweck sieht Absatz 1 die ersatzlose Abschaffung der Legalisation oder einer ähnlichen Förmlichkeit vor, soweit der Urkundenverkehr im Rahmen des Vertrages abgewickelt wird. Es ist also weder eine Legalisation noch eine Apostille (vgl. Artikel 3 und 4 des Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation – BGBl. 1965 II S. 875) erforderlich. Marokkanische öffentliche Urkunden, die im Rahmen dieses Vertrages übermittelt werden, stehen bei der Beurteilung ihrer Echtheit damit den inländischen öffentlichen Urkunden gleich. Aufgrund des in beiden Staaten entwickelten Urkundenwesens ist im allgemeinen eine Gewähr für die Ordnungsmäßigkeit und Echtheit einer öffentlichen Urkunde gegeben. Bestehen im Einzelfall dennoch ernsthafte Zweifel an der Echtheit einer Urkunde, kann nach Absatz 2 durch Vermittlung der Justizministerien eine Überprüfung vorgenommen werden. Durch den Begriff „ernsthafter Zweifel“ ist klargestellt, daß das Bestreiten der Echtheit einer Urkunde für sich allein noch nicht ausreicht, um Rückfrage im Ausstellungsstaat zu haften; es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte für die Unechtheit der Urkunde ersichtlich oder vorgetragen sein.
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KAPITEL II Sprache und Übersetzung Zu Artikel 28 Artikel 28 befaßt sich mit der Frage, in welcher Sprache die Korrespondenz der Justizministerien im Rahmen des vertraglichen Regelungsbereiches abzuwickeln ist. Der allgemeine Schriftverkehr der Justizministerien untereinander wird von den Bestimmungen des Artikels 28 nicht berührt; insofern bleibt die Wahl der Korrespondenzsprache dem jeweiligen Ministerium überlassen, wobei allerdings das Gebot der gegenseitigen internationalen Höflichkeit zu beachten ist. Absatz 1 enthält den Grundsatz, daß jede Vertragspartei in ihrer eigenen Landessprache korrespondieren kann. Aus diesem Grunde wird das Bundesjustizministerium – auch im Interesse der Verbreitung und des Erhalts der deutschen Sprache – die Korrespondenz in der Regel in Deutsch führen. Nicht ausgeschlossen ist aber, daß von deutscher Seite die arabische oder französische Sprache und umgekehrt von marokkanischer Seite die deutsche Sprache gewählt wird. Soweit das absendende Ministerium in seiner Landessprache korrespondiert, hat es für den Adressaten eine Übersetzung beizufügen. Für das marokkanische Justizministerium ist eine Übersetzung in die französische oder arabische Sprache (Absatz 2), für das Bundesjustizministerium eine Übersetzung in die französische oder deutsche Sprache beizufügen (Absatz 3). Dadurch wird eine Beschleunigung der Bearbeitung erreicht. Artikel 28 enthält keine Regelungen für den Fall, daß ein Vertragspartner sich nicht an die Sprachenbestimmung hält. Etwaige Schwierigkeiten können auf dem Wege des Artikels 33 beseitigt werden. Zu Artikel 29 Artikel 29 trifft für den Geschäftsverkehr in Rechtshilfeangelegenheiten eine ähnliche Sprachenregelung wie für die allgemeine Korrespondenz der Justizministerien untereinander (Artikel 28). Ersuchen, Begleitschreiben, Prozeßkostenhilfeanträge und sonstige Schriftstücke können in der Sprache des ersuchenden Staates abgefaßt sein (Absatz 1), Rückleitungsschreiben und Erledigungsstücke in der Sprache des ersuchten Staates (Absatz 2). Wird von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, so sind von deutscher Seite aus Übersetzungen ins Französische oder Arabische, von marokkanischer Seite aus Übersetzungen ins Deutsche oder Französische beizufügen; ausgenommen hiervon sind nach Absatz 3 – um keinen Präzedenzfall zu schaffen – die Erledigungsstücke. In einem begleitenden Notenwechsel sind jedoch beide Vertragsstaaten übereingekommen, zur Beschleunigung des Verfahrens auch von den Erledigungsstücken Übersetzungen anzufertigen. Zu Artikel 30 Artikel 30 legt Einzelheiten der Übersetzungen fest. Gegenüber den Regelungen des Haager Zivilprozeßübereinkommens (Artikel 3 Abs. 3, Artikel 10, Artikel 19 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 Satz 3, Artikel 23 Abs. 2) wird im Interesse der Vereinfachung der Kreis der Personen erweitert, welche die Richtigkeit der Übersetzung bestätigen können; nach Absatz 1 sind hierzu auch die beeidigten Übersetzer des ersuchenden Staates zugelassen (Absatz 1). Dies wird vor allem dann praktisch werden, 679
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wenn eine Partei den Antrag auf Vollstreckbarerklärung gemäß Artikel 15 unmittelbar stellen will. Absatz 2 bestimmt, daß Übersetzungen der Korrespondenz zwischen den Justizministerien (Artikel 28) keiner Beglaubigung im Sinne des Absatzes 1 bedürfen. Das Erfordernis einer Beglaubigung der Übersetzungen würde dem internationalen Brauch widersprechen. Gemäß Absatz 3 werden Übersetzungskosten in keinem Fall gegenseitig erstattet. Diese Regelung dient der Verwaltungsvereinfachung.
KAPITEL III Weiterleitung und Adressatenermittlung Zu Artikel 31 Absatz 1 sieht vor, daß Ersuchen jedweder Art im Sinne des Vertrages im Falle der Unzuständigkeit der ersuchten Behörde von dieser an die zuständige Behörde abzugeben und die ersuchende Behörde von der Abgabe zu unterrichten ist. Letzteres ist angesichts der mit der Abgabe verbundenen Verzögerung der Erledigung des Ersuchens geboten. Die Abgabe im Falle der Unzuständigkeit ist zwar an sich selbstverständlich, wird jedoch im Haager Zivilprozeßübereinkommen (Artikel 12) nur für Rechtshilfeersuchen ausdrücklich erwähnt, während für Zustellungsanträge ein derartiger Hinweis fehlt. In der Bundesrepublik Deutschland werden auch Zustellungsanträge, welche die ersuchte Behörde wegen Fehlens ihrer Zuständigkeit nicht erledigen kann, regelmäßig weitergegeben; die Pflicht zur Abgabe ergibt sich aus § 58 ZRHO. Bei unvollständigen oder ungenauen Angaben bezüglich der Anschrift des Empfängers eines Schriftstücks oder eines zu vernehmenden Zeugen gibt Absatz 2 dem ersuchten Staat auf, das Ersuchen dennoch nach Möglichkeit zu erledigen. Ihm obliegt es also, die fehlenden Fakten, soweit er kann, zu ermitteln. Eine Bitte an den ersuchenden Staat bei dieser Ermittlung durch ergänzende Angaben zu helfen, hat auf dem für die begehrte Maßnahme oder Handlung vorgesehenen Übermittlungsweg zu erfolgen.
KAPITEL IV Öffentliche Ordnung Zu Artikel 32 Dieser Artikel erweitert den inhaltlich identischen, aber auf Zustellungsanträge beschränkten ordre public-Vorbehalt des Artikels 4 des Haager Zivilprozeßübereinkommens auf sämtliche Materien des vorliegenden Vertrages. Bereits in Artikel 4 des Haager Zivilprozeßübereinkommens ist die Anwendung der ordre public-Klausel im Interesse eines reibungslosen Rechtsverkehrs sehr stark eingeschränkt worden (Materialien der I. Haager Konferenz für Internationales Privatrecht – 1893 – Actes 1893 I S. 57, 65; Materialien der II. Haager Konferenz für Internationales Privatrecht – 1894 – Actes 1894 S. 51 f.; vgl. auch § 28 Abs. 2, § 59 Abs. 3 ZRHO). Diese Einschränkung gilt auch für den vorliegenden Vertrag. Einziger Ablehnungsgrund hinsichtlich der Ausführung der begehrten Maßnahme ist ein von dem ersuchten Staat subjektiv befürchteter Verstoß gegen seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit. Mit der Berufung auf die ordre public-Klausel ist z.B. bei Zustellungen immer dann zu rechnen, wenn der Zustellungsempfänger sich zwar im Gebiet des ersuchten Staates Schütze
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aufhält, jedoch wegen völkerrechtlicher Immunität nicht dessen Gerichtsbarkeit unterliegt; ferner, wenn ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, der sich auf Vermögen im ersuchten Staat bezieht, an einen Drittschuldner im ersuchten Staat zugestellt werden soll. Ein Zustellungsantrag kann dagegen nicht deshalb abgelehnt werden, weil der ersuchte Staat in der Rechtssache die ausschließliche Zuständigkeit seiner Gerichte in Anspruch nehmen könnte. Nach marokkanischer Auffassung ergeben sich unter dem Gesichtspunkt der ordre public-Klausel spezielle Probleme bei Rechtshilfeersuchen in Verfahren, in denen Unterhaltsansprüche nichtehelicher Kinder gegen Väter islamischen Glaubens geltend gemacht werden, sowie in Verfahren, die Mehrverkehrszeugen islamischen Glaubens betreffen. Nach marokkanischem Recht hat eine Vaterschaft außerhalb der Ehe keine rechtlichen Folgen.
TITEL IV Schlußbestimmungen Zu Artikel 33 Nach diesem Artikel sollen Schwierigkeiten bei der Anwendung und Meinungsverschiedenheiten bei der Auslegung einzelner Bestimmungen dieses Vertrages zunächst in Gesprächen zwischen dem Bundesjustizministerium und dem Justizministerium des Königreichs Marokko erörtert werden. Erst wenn auf diesem Wege keine Einigung erzielt werden kann, soll der diplomatische Weg eingeschlagen werden. Zu Artikel 34 Nach Absatz 1 gilt der Vertrag auf unbegrenzte Zeit. Er ist jedoch nach Absatz 2 jederzeit kündbar. Wirksam wird eine Kündigung allerdings erst ein Jahr nach dem Zeitpunkt, in dem sie dem anderen Staat notifiziert und damit der Regierung des anderen Staates gegenüber wirksam erklärt wurde. Zu Artikel 35 Artikel 35 enthält die übliche Berlin-Klausel. Zu Artikel 36 Nach Absatz 1 bedarf der Vertrag zur Wirksamkeit der Ratifikation. Absatz 2 legt als Ort für den Austausch der Ratifikationsurkunden, der sobald wie möglich erfolgen soll, Bonn fest. Nach Absatz 3 soll der Vertrag 30 Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft treten. Diese kurze Frist ist gewählt worden, weil für die Umsetzung der Vertragsbestimmungen in die Praxis keine besonderen organisatorischen Vorkehrungen getroffen werden müssen.
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2. b. ee. Deutsch-türkisches Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen vom 28.5.1929 (RGBl. II 1930, S. 6) b. ee. Deutsch-türkisches Abkommen über den Rechtsverkehr Vorbemerkung: Das deutsch-türkische Abkommen schließt sich im Wesentlichen an das Haager Zivilprozessabkommen 1905 an. Es war durch die Kriegsereignisse suspendiert und ist mit Wirkung vom 1.3.1952 wieder in Kraft gesetzt worden (Bekanntmachung v. 29. Mai 1952, BGBl. 1952 II 608). Bei der Anwendung des Abkommens ist es teilweise zu Problemen gekommen. Türkische Gerichte haben ungeachtet von Art. 2 von deutschen Klägern ohne Wohnsitz in der Türkei die Stellung einer Prozesskostensicherheit gefordert.1 Die Schwierigkeiten scheinen heute in der Praxis beseitigt. Geltungsbereich: Deutschland, Türkei Schrifttum: Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 517.1 ff.
Text Deutsch-türkisches Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen vom 28. Mai 1929 RGBl. II 1930, S. 6
ERSTER ABSCHNITT Rechtsschutz Art. 1 (1) Die Angehörigen jedes der vertragschließenden Staaten genießen im Gebiete des anderen Staates in allem, was den gesetzlichen und gerichtlichen Schutz ihrer Person und ihres Vermögens angeht, die gleiche Behandlung wie die eigenen Staatsangehörigen. (2) Demgemäß haben sie freien Zutritt zu den Gerichten und können vor Gericht unter denselben Bedingungen und in derselben Weise wie die eigenen Staatsangehörigen auftreten. Art. 2 (1) Keine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Benennung es auch sei, darf den in einem der beiden Länder ansässigen Angehörigen des einen Staates, die vor den Gerichten des anderen Staates als Kläger oder Intervenienten auftreten, wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder mangels eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts auferlegt werden. (2) Das gleiche gilt für die Vorauszahlung, die von den Klägern oder Intervenienten zur Deckung der Gerichtskosten einzufordern wäre.
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1 Vgl. Ansay Türkische Rechtsprechung zum internationalen Privatrecht 1945–1962, RabelsZ 28 (1964), 731 ff. (741); Krüger Das türkische IPR-Gesetz von 1982, IPRax 1982, 252 ff. (257, Fn. 60).
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Art. 3 (1) Ergeht im Gebiete des einen Staates eine Verurteilung in die Prozeßkosten gegen einen Kläger oder Intervenienten, der von Sicherheitsleistung, Hinterlegung oder Vorauszahlung auf Grund des Artikel 2 oder der im Lande der Klageerhebung geltenden Gesetze befreit ist, so ist diese Entscheidung durch die zuständige Behörde des anderen Staates kostenfrei für vollstreckbar zu erklären. (2) Der Antrag kann im diplomatischen Wege oder unmittelbar bei der zuständigen Behörde durch die beteiligte Partei gestellt werden. (3) Das gleiche gilt für gerichtliche Entscheidungen, durch die der Betrag der Prozeßkosten später festgesetzt wird. Art. 4 (1) Die im Artikel 3 erwähnten Kostenentscheidungen werden unbeschadet eines späteren Rekurses der verurteilten Partei gemäß der Gesetzgebung des Landes, wo die Vollstreckung betrieben wird, ohne Anhörung der Parteien für vollstreckbar erklärt. (2) Die für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zuständige Behörde hat ihre Prüfung darauf zu beschränken: a) ob nach dem Gesetze des Staates, wo die Verurteilung ausgesprochen worden ist, die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat; b) ob der verfügende Teil der Entscheidung von einer Übersetzung begleitet wird, die in der Sprache des ersuchten Staates abgefaßt und durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder durch einen beeidigten Dolmetscher des ersuchenden oder ersuchten Staates beglaubigt ist. (3) Dem Erfordernis des Abs. 2 a) wird genügt durch eine Erklärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, daß die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat. Die Zuständigkeit dieser Behörde ist durch den höchsten Justizverwaltungsbeamten dieses Staates zu bescheinigen. Die Erklärung und die Bescheinigung, die soeben erwähnt sind, müssen nach Maßgabe des Abs. 2 b) übersetzt sein. (4) Die für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung zuständige Behörde hat auf gleichzeitigen Antrag der Partei den Betrag der Kosten für die in Abs. 2 b) vorgesehene Übersetzung und Beglaubigung festzusetzen. Diese Kosten sind als Kosten des Prozesses zu betrachten. Art. 5 Die Angehörigen des einen der vertragschließenden Staaten werden im Gebiete des anderen Staates zur Wohltat des Armenrechts unter denselben Bedingungen wie die eigenen Staatsangehörigen zugelassen. Art. 6 (1) Die Bescheinigung des Unvermögens ist von der Behörde des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Antragstellers und in Ermangelung eines solchen von den Behörden seines derzeitigen Aufenthaltsortes auszustellen. (2) Hält sich der Antragsteller nicht in dem Lande auf, wo das Armenrecht nachgesucht wird, so ist die Bescheinigung des Unvermögens kostenfrei von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Landes, wo die Urkunde vorgelegt werden soll, zu beglaubigen. 683
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(3) Hält sich der Antragsteller nicht im Gebiete eines der beiden Staaten auf, so ist die Bescheinigung des für den Antragsteller zuständigen diplomatischen oder konsularischen Vertreters seines Staates ausreichend. Art. 7 (1) Hält sich der Antragsteller in dem Lande auf, wo das Armenrecht nachgesucht wird, so kann die zur Ausstellung der Bescheinigung über das Unvermögen zuständige Behörde bei den Behörden des Landes, dem er angehört, Auskünfte über seine Vermögenslage einziehen. (2) Die Behörde, die über den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zu entscheiden hat, behält in den Grenzen ihrer Amtsbefugnisse das Recht, die ihr vorgelegten Bescheinigungen und Auskünfte einer Nachprüfung zu unterziehen und sich zum Zwecke genügender Aufklärung ergänzende Mitteilungen geben zu lassen. Art. 8 Ist einem Angehörigen des einen Staates von der zuständigen Behörde das Armenrecht bewilligt, so soll ihm dieses Recht auch in allen Prozeßhandlungen zustehen, die sich auf denselben Rechtsstreit beziehen und vor den Gerichten des anderen Staates auf Grund dieses Vertrages vorgenommen werden.
ZWEITER ABSCHNITT Rechtshilfe Art. 9 (1) In Zivil- oder Handelssachen erfolgen die Zustellungen von Schriftstücken, die von den Behörden des einen Staates ausgehen und für eine im Gebiete des anderen Staates befindliche Person bestimmt sind, auf einen Antrag, der vom Konsul des ersuchenden Staates an die vom ersuchten Staat zu bezeichnende Behörde gerichtet wird. Der Antrag hat die Behörde, von der das übermittelte Schriftstück ausgeht, den Namen sowie die Stellung der Parteien, die Anschrift des Empfängers und die Art des in Rede stehenden Schriftstücks anzugeben und ist in der Sprache des ersuchten Staates abzufassen. Eine nach Maßgabe des Artikel 4 Abs. 2 b) beglaubigte Übersetzung des zuzustellenden Schriftstücks ist dem Antrag beizufügen. (2) Die Behörde, an die der Antrag gerichtet ist, hat dem Konsul die Urkunde zu übersenden, die die Zustellung nachweist oder die den die Zustellung hindernden Umstand angibt. Im Falle ihrer örtlichen Unzuständigkeit hat sie den Antrag von Amts wegen an die zuständige Behörde abzugeben und den Konsul hiervon unverzüglich zu benachrichtigen. Art. 10 (1) Für die Zustellung hat die zuständige Behörde des ersuchten Staates Sorge zu tragen. Diese Behörde kann sich, abgesehen von den in Abs. 2 vorgesehenen Fällen, darauf beschränken, die Zustellung durch Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger zu bewirken, sofern er zur Annahme bereit ist. (2) Auf Antrag der ersuchenden Behörde hat die ersuchte Behörde das zuzustellende Schriftstück in der durch ihre innere Gesetzgebung für die Bewirkung gleichartiger ZuSchütze
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stellungen vorgeschriebenen Form oder in einer besonderen Form zuzustellen, sofern diese ihrer Gesetzgebung nicht zuwiderläuft. Art. 11 Der Nachweis der Zustellung erfolgt entweder durch eine mit Datum versehene und beglaubigte Empfangsbestätigung des Empfängers oder durch ein Zeugnis der Behörde des ersuchten Staates, aus dem sich die Tatsache, die Form und die Zeit der Zustellung ergibt. Art. 12 (1) In Zivil- oder Handelssachen kann sich die Gerichtsbehörde des einen Staates gemäß den Vorschriften ihrer Gesetzgebung mittels Rechtshilfeersuchens an die zuständige Behörde des anderen Staates wenden, um die Vornahme einer Prozeßhandlung oder anderer gerichtlicher Handlungen innerhalb ihres Geschäftskreises nachzusuchen. (2) Das Rechtshilfeersuchen wird durch den Konsul des ersuchenden Staates der von dem ersuchten Staate zu bezeichnenden Behörde übermittelt. Eine Übersetzung in die Sprache des ersuchten Staates ist beizufügen; diese ist durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder durch einen beeidigten Dolmetscher des ersuchenden oder ersuchten Staates zu beglaubigen. (3) Die Behörde, an die das Rechtshilfeersuchen gerichtet ist, hat dem Konsul die Urkunde zu übersenden, aus der sich die Erledigung des Ersuchens oder die die Erledigung hindernden Umstände ergeben. Im Falle ihrer örtlichen Unzuständigkeit hat sie das Ersuchen von Amts wegen an die zuständige Behörde abzugeben und den Konsul hiervon unverzüglich zu benachrichtigen. Art. 13 (1) Die Gerichtsbehörde, an die das Rechtshilfeersuchen gerichtet ist, ist verpflichtet, ihm zu entsprechen, und hat dabei dieselben Zwangsmittel anzuwenden wie bei der Erledigung eines Ersuchens der Landesbehörden. Zwangsmittel brauchen nicht angewendet zu werden, wenn es sich um das persönliche Erscheinen der streitenden Parteien handelt. (2) Die ersuchte Behörde hat bei Erledigung des Rechtshilfeersuchens in Ansehung der zu beobachtenden Form die Gesetze ihres Landes anzuwenden. Indessen ist dem Antrag der ersuchenden Behörde, nach einer besonderen Form zu verfahren, zu entsprechen, wenn diese Form der Gesetzgebung des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft. (3) Die ersuchende Behörde ist auf ihr Verlangen von Zeit und Ort der Erledigung des Ersuchens zu benachrichtigen, damit die interessierte Partei in die Lage versetzt wird, dabei zugegen zu sein. Art. 14 Alle Schwierigkeiten, die etwa aus Anlaß eines Zustellungsantrags des Konsuls oder eines durch ihn übermittelten Rechtshilfeersuchens entstehen, werden auf diplomatischem Wege geregelt.
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Art. 15 Die Erledigung eines Zustellungsantrages oder eines Rechtshilfeersuchens kann abgelehnt werden, wenn der Staat, in dessen Gebiet die Erledigung stattfinden soll, sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte, seine Sicherheit oder die öffentliche Ordnung zu gefährden. Die Erledigung von Ersuchen kann ferner abgelehnt werden, wenn die Echtheit der Urkunde nicht festgestellt ist oder wenn im Gebiete des ersuchten Staates die Erledigung des Ersuchens nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt. Art. 16 (1) Für die Erledigung von Zustellungsanträgen und von Rechtshilfeersuchen dürfen Gebühren und Auslagen irgendwelcher Art nicht erhoben werden. (2) Indessen kann der ersuchte Staat von dem ersuchenden die Erstattung von Zeugen- und Sachverständigengebühren verlangen sowie derjenigen Auslagen, die durch die Mitwirkung eines Vollziehungsbeamten entstehen, wenn eine solche dadurch notwendig wird, daß Zeugen freiwillig nicht erscheinen; endlich derjenigen Auslagen, die gegebenenfalls infolge Anwendung einer besonderen Form bei Erledigung der Zustellungen oder Rechtshilfeersuchen erforderlich werden. Art. 17 (1) Jeder der beiden Staaten hat die Befugnis, Zustellungen an eigene Staatsangehörige, die sich in dem Gebiete des anderen Staates befinden, durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter ohne Anwendung von Zwang bewirken zu lassen. (2) Das gleiche gilt für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen. (3) Ergeben sich bei Anwendung dieses Artikels Schwierigkeiten, so wird gemäß Artikel 9 und 12 verfahren. Art. 18 (1) Dieses Abkommen soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen so bald als möglich in Berlin ausgetauscht werden. (2) Das Abkommen tritt 3 Monate nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Es kann von jedem der vertragschließenden Staaten gekündigt werden, bleibt jedoch nach der Kündigung noch 6 Monate in Kraft.
2. b. ee. α. Deutsche Denkschrift (RTDrucks. IV 1928, Nr. 1405)
Das am 28. Mai 1928 unterzeichnete deutsch-türkische Abkommen stellt den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, der sich gegenwärtig nach den Grundsätzen der völkerrechtlichen Übung vollzieht, auf eine vertragliche Grundlage. Es soll damit eine Lücke in den rechtlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern ausgefüllt und den beiderseitigen Staatsangehörigen die Wahrnehmung ihrer Rechtsangelegenheiten in dem anderen Lande erleichtert werden. Das Abkommen enthält in Artikel 1 die übliche Rechtsschutzklausel und die Zusicherung des freien Zutritts zu den Gerichten. Im übrigen schließt sich das Abkommen im Schütze
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wesentlichen an die Bestimmungen des Haager Abkommens über den Zivilprozeß vom 17. Juli 1905 (Reichsgesetzbl. 1909 S. 410) an, dem die Türkei nicht angehört. Im einzelnen gewährt das Abkommen den beiderseitigen Staatsangehörigen die Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten und die Zulassung zum Armenrecht unter den für die eigenen Staatsangehörigen geltenden Voraussetzungen. Weiter regelt es in enger Anlehnung an das Haager Abkommen das Verfahren bei der Erledigung von Zustellungsanträgen und Rechtshilfeersuchen, und zwar in der Weise, dass der so genannte konsularische Weg, d.h. der unmittelbare Verkehr des ausländischen Konsuls mit der zur Entgegennahme der Ersuchten bestimmten inneren Behörde des anderen Staates, Platz greifen soll; deutscherseits werden, entsprechend der im Verhältnis zu zahlreichen anderen Ländern bestehenden Regelung, zur Entgegennahme der Ersuchen die Landgerichtspräsidenten bestimmt werden. Hervorzuheben ist noch, dass im Artikel 17 des Abkommens jedem der beiden Staaten die Befugnis vorbehalten ist, Zustellungen an eigene Staatsangehörige, die sich in dem Gebiete des anderen Staates befinden, und ebenso Vernehmungen solcher durch die eigenen diplomatischen oder konsularischen Vertreter unmittelbar bewirken zu lassen, wobei die Anwendung behördlichen Zwanges ausgeschlossen sein soll.
2. b. ee. β. Ausführungsverordnung vom 26.8.1931 (RGBl. II 1931, S. 537, zuletzt geändert durch G. v. 27.7.2001, BGBl. I 2001, S. 1887) Vorbemerkung: Zu dem Abkommen ist ein deutsches Ausführungsgesetz ergangen, durch das dem Amtsgericht umfassende Zuständigkeit bei der Durch- und Ausführung des Abkommens übertragen wurde. Geltungsbereich: Deutschland
Text Verordnung zur Ausführung des deutsch-türkischen Abkommens über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen vom 28. Mai 1929 (Reichsgesetzbl. 1930 II S. 6) vom 26. August 1931 RGBl. II 1931, S. 537 (geändert BGBl. I 2001, S. 1887) Auf Grund des Artikel 2 des Gesetzes über das deutsch-türkische Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen vom 3. Januar 1930 (Reichsgesetzbl. II S. 6) verordnet die Reichsregierung: Artikel 1 Für die Erledigung der im Artikel 9 und 12 des Abkommens vorgesehenen Angelegenheit ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Amtshandlung vorgenommen werden soll. Für die Entgegennahme der Zustellungsanträge und Rechtshilfeersuchen ist der Präsident des dem Amtsgericht übergeordneten Landgerichts zuständig.
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Artikel 2 Die im Artikel 3 des Abkommens bezeichneten Kostenentscheidungen der türkischen Gerichte werden durch Beschluß des Amtsgerichts für vollstreckbar erklärt. Örtlich zuständig ist das Gericht, bei dem der Kostenschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und in Ermangelung eines solchen das Gericht, in dessen Bezirk sich Vermögen des Kostenschuldners befindet oder die Vollstreckungshandlung vorzunehmen ist. Artikel 3 Ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung auf diplomatischem Wege gestellt, so hat das Amtsgericht eine von Amts wegen zu erteilende Ausfertigung seines Beschlusses der Landesjustizverwaltung einzureichen; die Ausfertigung ist, sofern dem Antrag stattgegeben wird, mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung durch die beteiligte Partei unmittelbar gestellt worden, so ist der Beschluß beiden Teilen von Amts wegen zuzustellen. Artikel 4 Gegen Beschlüsse, durch die der Antrag auf Vollstreckbarerklärung abgelehnt wird, findet die Beschwerde nach Maßgabe der §§ 568 bis 571, 573 bis 575 der Zivilprozeßordnung statt. Die Beschwerde steht, sofern der Antrag auf diplomatischem Wege gestellt ist, dem Staatsanwalt, sofern der durch die beteiligte Partei unmittelbar gestellt ist, dem Antragsteller zu. Gegen Beschlüsse, durch die dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung stattgegeben wir, steht dem Kostenschuldner die sofortige Beschwerde nach Maßgabe der §§ 568 bis 575, 577 der Zivilprozeßordnung zu. Artikel 5 Aus den für vollstreckbar erklärten Kostenentscheidungen findet die Zwangsvollstreckung gemäß den Vorschriften der Zivilprozeßordnung statt; die Vorschrift des § 798 findet entsprechend Anwendung. Artikel 6 Für die gerichtlichen Entscheidungen, die über den Betrag der Gerichtskosten nach Artikel 3 Abs. 3 des Abkommens zur Herbeiführung der Vollstreckbarerklärung in der Türkei zu erlassen sind, ist das Gericht der Instanz zuständig. Die Entscheidungen ergehen auf Antrag der für die Beitreibung der Gerichtskosten zuständigen Behörde. Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde nach Maßgabe der §§ 568 bis 575, 577 der Zivilprozeßordnung statt. Die Einlegung kann durch Erklärung zum Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich ohne Mitwirkung eines Anwalts erfolgen. Die von einem Oberlandesgericht getroffene Entscheidung unterliegt der Anfechtung nicht. Artikel 7 Für die Übermittlung eines Zustellungsantrags oder eines Rechtshilfeersuchens durch den Konsul des Reichs beträgt die Gebühr 1,50 Reichsmark. Schütze
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Artikel 8 Die für die Erhebung von Auslagen geltenden reichs- und landesrechtlichen Vorschriften finden auf die gemäß Artikel 16 Abs. 2 des Abkommens von der ersuchten türkischen Behörde mitgeteilten Auslagen entsprechende Anwendung.
2. b. ff. Deutsch-tunesischer Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 19.7.1966 (BGBl. II 1969, S. 890) (Auszug – Artt. 1–26, 54–57 sowie Protokoll) vgl. dazu sub 3. d. aa), dort auch Ausführungsgesetz und Deutsche Denkschrift sowie sub 3. e. hh) b. ff. Deutsch-tunesischer Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe Vorbemerkung: Der deutsch-tunesische Vertrag soll die Rechtsbeziehungen zwischen den beiden Staaten in umfassender Weise regeln. In seinem Rechtshilfeteil folgt er dem Haager Zivilprozessüberkommen 1954. Zu dem Vertrag ist ein Ausführungsgesetz ergangen. Geltungsbereich: Deutschland, Tunesien Schrifttum: Arnold Die Problematik von Rechtshilfeabkommen – Der Deutsch-Tunesische Rechtshilfe- und Vollstreckungsvertrag v. 19.7.1966, NJW 1970, 1478 ff.; Ganske Der deutsch-tunesische Rechtsschutz-, Rechtshilfe- und Vollstreckungsvertrag in Zivil- und Handelssachen v. 19.7.1966, AWD 1970, 145 ff.; Schütze Der deutsch-tunesische Rechtsschutz-, Rechtshilfe- und Vollstreckungsvertrag, IWB F 7 (Tunesien), Gr. 3, S. 11 ff.
Text Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 19.7.1966 BGBl. II 1969, S. 890 (Auszug)
ERSTER TITEL Rechtsschutz in Zivil- und Handelssachen KAPITEL I Freier Zutritt zu den Gerichten Artikel 1 In Zivil- und Handelssachen haben die Angehörigen des einen Vertragsstaates freien Zutritt zu den Gerichten des anderen Staates und können vor dessen Gerichten unter denselben Bedingungen und in derselben Weise wie die eigenen Staatsangehörigen als Kläger oder Beklagte auftreten. Sie können insbesondere im Rahmen der gesetzlichen 689
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Vorschriften sich durch frei gewählte Rechtsanwälte oder andere Personen als Bevollmächtigte vertreten oder als Beistände unterstützen lassen. Artikel 2 (1) Den Angehörigen eines Staates stehen für die Anwendung dieses Titels juristische Personen, Gesellschaften oder Vereinigungen gleich, die nach dem Recht eines der beiden Staaten errichtet sind und in einem dieser Staaten ihren Sitz haben. (2) Ihre Fähigkeit, vor den Gerichten dieses Staates als Kläger oder Beklagte aufzutreten, wird auch im Hoheitsgebiete des anderen Staates anerkannt.
KAPITEL II Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozesskosten Artikel 3 (1) In Zivil- und Handelssachen darf den Angehörigen des einen Staates, die vor den Gerichten des anderen Staates als Kläger oder Intervenienten auftreten, wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder mangels eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung es auch sei, nicht auferlegt werden. Diese Befreiung wird nur solchen Angehörigen eines Staates gewährt, die in einem der beiden Staaten ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. (2) Das gleiche gilt für Vorschüsse, die von den Klägern oder Intervenienten zur Deckung der Gerichtskosten einzufordern wären.
KAPITEL III Gewährung des Armenrechts Artikel 4 In Zivil- und Handelssachen werden die Angehörigen des einen Staates in dem anderen Staate zum Armenrecht ebenso wie die eigenen Staatsangehörigen zugelassen, sofern sie sich nach den gesetzlichen Vorschriften des Staates richten, in dem das Armenrecht nachgesucht wird. Artikel 5 (1) Die Bescheinigung des Unvermögens ist von der zuständigen Behörde des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Antragstellers und beim Fehlen eines solchen von der zuständigen Behörde seines derzeitigen Aufenthaltsortes auszustellen. (2) Liegt der Ort des gewöhnlichen oder derzeitigen Aufenthalts des Antragstellers nicht in einem der beiden Staaten, so kann die Bescheinigung auch durch den zuständigen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Staates, dem der Antragsteller angehört, ausgestellt werden. (3) Hält der Antragsteller sich nicht in dem Staat auf, in dem das Armenrecht nachgesucht wird, so ist die Bescheinigung des Unvermögens von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Staates, in dem sie vorgelegt werden soll, kostenfrei zu leSchütze
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galisieren; die im Absatz 2 vorgesehene Bescheinigung des diplomatischen oder konsularischen Vertreters bedarf keiner Legalisation. Artikel 6 (1) Die Behörde, die für die Ausstellung der Bescheinigung des Unvermögens zuständig ist, kann bei den Behörden des Staates, dem der Antragsteller angehört, Auskünfte über seine Vermögenslage einholen. (2) Die Gerichte oder Behörden, die über den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zu entscheiden haben, sind an die Bescheinigung des Unvermögens nicht gebunden und berechtigt, ergänzende Angaben zu verlangen. Artikel 7 (1) Hält sich der Antragsteller nicht in dem Staat auf, in dem das Armenrecht nachgesucht werden soll, so kann sein Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zusammen mit der Bescheinigung des Unvermögens und gegebenenfalls mit weiteren für die Behandlung des Antrags sachdienlichen Unterlagen durch den Konsul seines Staates der zuständigen Empfangsstelle des anderen Staates übermittelt werden. (2) Diese Empfangsstelle ist: 1. in der Bundesrepublik Deutschland der Präsident des Landgerichts oder der Präsident des Amtsgerichts, 2. in der Tunesischen Republik der Procureur de la République près le tribunal de première instance (Staatsanwalt bei dem Gericht erster Instanz), in dessen Bezirk das Armenrecht nachgesucht werden soll. (3) Ist die Stelle, welcher der Antrag auf Bewilligung des Armenrechts übermittelt worden ist, nicht zuständig, so gibt sie das Ersuchen von Amts wegen der zuständigen Empfangsstelle ab und benachrichtigt hiervon unverzüglich den Konsul. (4) Die Bestimmungen, die in den Artikeln 20 und 2 i für Rechtshilfeersuchen vorgesehen sind, gelten auch für die Übermittlung von Anträgen auf Bewilligung des Armenrechts und ihrer Anlagen.
ZWEITER TITEL Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen KAPITEL I Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke ERSTER ABSCHNITT Zustellungsantrag Artikel 8 In Zivil- und Handelssachen stellen die Behörden des einen Staates Personen, die sich in seinem Hoheitsgebiet befinden, auf Antrag der Gerichte oder Behörden des anderen Staates gerichtliche oder außergerichtliche Schriftstücke zu.
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Artikel 9 (1) Der Antrag auf Zustellung ist von dem Konsul des ersuchenden Staates der zuständigen Empfangsstelle des ersuchten Staates zu übermitteln. (2) Diese Empfangsstelle ist: 1. in der Bundesrepublik Deutschland der Präsident des Landgerichts oder der Präsident des Amtsgerichts, in dessen Bezirk sich der Empfänger aufhält, 2. in der Tunesischen Republik der Procureur General de la République (Generalstaatsanwalt der Republik). Artikel 10 1. 2. 3. 4.
Der Antrag auf Zustellung hat zu bezeichnen: das Gericht oder die Behörde, von dem oder von der er ausgeht, den Namen und die Stellung der Parteien, die genaue Anschrift des Empfängers, die Art des zuzustellenden Schriftstücks. Artikel 11
(1) Der Zustellungsantrag und das zuzustellende Schriftstück müssen entweder in der Sprache des ersuchten Staates abgefaßt oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet sein. (2) Die Übersetzungen sind von einem amtlich bestellten oder vereidigten Übersetzer oder von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter eines der beiden Staaten als richtig zu bescheinigen. (3) Der Antrag und seine Anlagen bedürfen keiner Legalisation und vorbehaltlich des Absatzes 2 keiner ähnlichen Förmlichkeit. Artikel 12 (1) Die Zustellung wird durch die Behörde bewirkt, die nach dem Recht des ersuchten Staates zuständig ist. (2) Die ersuchte Behörde läßt das Schriftstück zustellen 1. in der durch ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen vorgeschriebenen Form; die ersuchte Behörde darf jedoch zunächst versuchen, die Zustellung durch einfache Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger zu bewirken, wenn dieser zur Annahme bereit ist; oder 2. in einer von dem ersuchenden Gericht oder der ersuchenden Behörde gewünschten besonderen Form, sofern diese dem Recht des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft. Artikel 13 (1) Die Zustellung kann nur abgelehnt werden, wenn der ersuchte Staat sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. (2) Die Zustellung darf nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil der ersuchte Staat für die Sache, in welcher der Zustellungsantrag gestellt wird, die ausschließliche Zuständigkeit für seine Gerichte in Anspruch nimmt oder weil sein Recht ein Verfahren dieser Art nicht kennt.
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b. ff. Deutsch-tunesischer Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe
Artikel 14 (1) Zum Nachweis der Zustellung dient entweder ein mit Datum versehenes und vom Empfänger unterzeichnetes sowie von der ersuchten Behörde beglaubigtes Empfangsbekenntnis oder ein Zeugnis der Behörde des ersuchten Staates, aus dem sich die Tatsache, die Form und die Zeit der Zustellung ergeben. (2) Die ersuchte Behörde übersendet die Urkunde, durch welche die Zustellung nachgewiesen wird, dem Konsul des ersuchenden Staates. (3) Kann die Zustellung nicht bewirkt werden, so übersendet die ersuchte Behörde dem Konsul des ersuchenden Staates eine Urkunde, aus der sich der die Zustellung hindernde Umstand ergibt. Artikel 15 (1) Für Zustellungen dürfen Gebühren oder Auslagen irgendwelcher Art nicht erhoben werden. (2) Der ersuchte Staat ist jedoch berechtigt, von dem ersuchenden Staat die Erstattung der Auslagen zu verlangen, die dadurch entstanden sind, daß bei der Zustellung eine besondere Form nach Artikel 12 Abs. 2 Nr. 2 eingehalten worden ist. Der ersuchende Staat erstattet diese Kosten unverzüglich ohne Rücksicht darauf, ob er sie von den beteiligten Parteien zurückerhält oder nicht. Artikel 16 Jeder der beiden Staaten hat die Befugnis, Zustellungen an eigene Staatsangehörige, die sich im Hoheitsgebiete des anderen Staates befinden, durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter ohne Anwendung von Zwang bewirken zu lassen. Kommen für die Beurteilung der Staatsangehörigkeit des Empfängers verschiedene Rechte in Betracht, so ist das Recht des Staates maßgebend, in dem die Zustellung bewirkt werden soll.
ZWEITER ABSCHNITT Besonderer Schutz des Beklagten bei Zustellung gerichtlicher Schriftstücke Artikel 17 (1) Ist zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens des Zivil- oder Handelsrechts in dem einen Staate eine Klage, eine Vorladung oder ein anderes Schriftstück dem Beklagten in dem anderen Staate zuzustellen, so darf das Gericht, wenn sich der Beklagte auf das Verfahren nicht einläßt, keine Entscheidung erlassen, bevor nicht festgestellt ist, daß die Klage, die Vorladung oder das andere Schriftstück 1. dem Beklagten auf einem der in diesem Vertrage vorgesehenen Wege zugestellt oder 2. ihm tatsächlich ausgehändigt worden ist. Die Zustellung oder Aushändigung muß so rechtzeitig erfolgt sein, daß der Beklagte in der Lage war, sich zu verteidigen. (2) Sind jedoch seit der Übermittlung eines Zustellungsantrages an die Empfangsstelle des ersuchten Staates (Artikel 9) acht Monate vergangen, so darf das Gericht, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt sind, eine Entscheidung erlassen, 693
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
sofern festgestellt wird, daß im ersuchenden Staat alle Maßnahmen getroffen worden sind, damit das Ersuchen hätte erledigt werden können. (3) Die Bestimmungen dieses Artikels stehen dem Erlaß einstweiliger Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherstellung gerichtet sind, nicht entgegen.
KAPITEL II Rechtshilfeersuchen Artikel 18 In Zivil- und Handelssachen nehmen die Gerichte des einen Staates auf Ersuchen der Gerichte des anderen Staates Beweisaufnahmen oder andere gerichtliche Handlungen innerhalb ihrer Zuständigkeit vor. Artikel 19 (1) Das Rechtshilfeersuchen ist von dem Konsul des ersuchenden Staates der zuständigen Empfangsstelle des ersuchten Staates zu übermitteln. (2) Diese Empfangsstelle ist: 1. in der Bundesrepublik Deutschland der Präsident des Landgerichts oder der Präsident des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die gewünschte Amtshandlung vorgenommen werden soll, 2. in der Tunesischen Republik der Procureur General de la République (Generalstaatsanwalt der Republik). Artikel 20 (1) Das Rechtshilfeersuchen muß entweder in der Sprache des ersuchten Staates abgefaßt oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet sein. (2) Die Übersetzung ist von einem amtlich bestellten oder vereidigten Übersetzer oder von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter eines der beiden Staaten als richtig zu bescheinigen. (3) Das Rechtshilfeersuchen bedarf keiner Legalisation und vorbehaltlich des Absatzes 2 keiner ähnlichen Förmlichkeit. Artikel 21 (1) Das ersuchte Gericht hat das Ersuchen in derselben Weise und unter denselben Bedingungen auszuführen wie ein entsprechendes Ersuchen eines Gerichts des ersuchten Staates. (2) Dem Antrag des ersuchenden Gerichts, nach einer besonderen Form zu verfahren, ist zu entsprechen, sofern diese Form dem Recht des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft. (3) Das ersuchende Gericht ist auf sein Verlangen von der Zeit und dem Ort der auf das Ersuchen vorzunehmenden Handlung zu benachrichtigen, damit die beteiligten Parteien in der Lage sind, ihr beizuwohnen.
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Artikel 22
1. 2. 3.
(1) Die Erledigung des Rechtshilfeersuchens kann nur abgelehnt werden: wenn die Echtheit des Ersuchens nicht feststeht; wenn die Erledigung des Ersuchens in dem ersuchen Staat nicht in den Bereich der Gerichtsbarkeit fällt; wenn der ersuchte Staat die Erledigung für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden.
(2) Die Erledigung darf nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil der ersuchte Staat für die Sache, in der das Rechtshilfeersuchen gestellt wird, die ausschließliche Zuständigkeit für seine Gerichte in Anspruch nimmt oder weil sein Recht ein Verfahren dieser Art nicht kennt. Artikel 23 Ist das ersuchte Gericht nicht zuständig, so hat es das Rechtshilfeersuchen von Amts wegen an das zuständige Gericht des ersuchten Staates nach den von dessen Recht aufgestellten Regeln abzugeben. Über die Abgabe des Ersuchens ist der Konsul des ersuchenden Staates unter Bezeichnung des Gerichts, an welches das Ersuchen abgegeben wurde, unverzüglich zu benachrichtigen. Artikel 24 (1) Das ersuchte Gericht übersendet die Urkunde, aus der sich die Erledigung des Ersuchens ergibt, dem Konsul des ersuchenden Staates. (2) Kann das Ersuchen nicht erledigt werden, so ist der Konsul des ersuchenden Staates hierüber unter Angabe der Gründe, die der Erledigung des Ersuchens entgegenstehen, zu unterrichten. Artikel 25 (1) Für die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens dürfen Gebühren oder Auslagen irgendwelcher Art nicht erhoben werden (2) Der ersuchte Staat kann jedoch von dem ersuchenden Staat verlangen, daß dieser die Entschädigungen, die an Sachverständige oder Dolmetscher gezahlt worden sind, sowie die Auslagen erstattet, die durch die Erledigung des Rechtshilfeersuchens in einer besonderen Form (Artikel 21 Abs. 2) entstanden sind. Der ersuchende Staat wird die Kosten ohne Rücksicht darauf, ob er sie von den beteiligten Parteien zurückerhält, unverzüglich erstatten. Artikel 26 Jeder der beiden Staaten hat die Befugnis, Rechtshilfeersuchen, die sich auf eigene Staatsangehörige im Hoheitsgebiete des anderen Staates beziehen, durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter ohne Anwendung von Zwang ausführen zu lassen. Kommen für die Beurteilung der Staatsangehörigkeit der Person, auf die sich das Ersuchen bezieht, verschiedene Rechte in Betracht, so ist das Recht des Staates maßgebend, in dem das Rechtshilfeersuchen ausgeführt werden soll.
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Der internationale Zivilprozess. 2. Staatsvertragliche Rechtshilferegelungen
DRITTER TITEL Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Artt. 27–46)
VIERTER TITEL Schiedsvereinbarungen und Schiedssprüche in Handelssachen (Artt. 47–53)
FÜNFTER TITEL Schlussvorschriften Artikel 54 Alle Schwierigkeiten, die bei der Anwendung dieses Vertrages entstehen, werden auf diplomatischem Wege geregelt. Artikel 55 Dieser Vertrag gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Regierung der Tunesischen Republik innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Vertrages eine gegenteilige Erklärung abgibt. Artikel 56 (1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifizierung Die Ratifikationsurkunden sollen sobald wie möglich in Tunis ausgetauscht werden. (2) Der Vertrag tritt dreißig Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Artikel 57 Jeder der beiden Staaten kann den Vertrag kündigen. Die Kündigung wird ein Jahr nach dem Zeitpunkt wirksam, an dem sie dem anderen Staat notifiziert wurde.
PROTOKOLL Bei der Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit haben die unterzeichneten, mit ordnungsgemäßen Vollmachten ausgestatteten Bevollmächtigten außerdem die folgenden Bestimmungen vereinbart, die als Bestandteil des genannten Vertrages betrachtet werden: 1. Die in dem Artikel 7 Abs. 4, den Artikeln 11 und 20 sowie dem Artikel 38 Abs. 1 Nr. 5 vorgesehenen Übersetzungen werden beiderseits in französischer Sprache abgefaßt. Schütze
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2.
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Die in dem Artikel 27 Abs. 2 Satz 2 erwähnten oder durch Artikel 28 Abs. 1 ausgenommenen Entscheidungen, die in dem einen Staate ergangen sind, können in dem anderen Staate gemäß dessen innerstaatlichen Rechtsvorschriften einschließlich der Regeln des internationalen Privatrechts anerkannt werden. Ändert ein Staat seine Gerichtsorganisation, so teilt er dem anderen Staate die neuen zuständigen Behörden mit, die an die Stelle der in diesem Vertrage vorgesehenen Behörden treten. Als eine ausschließliche Zuständigkeit im Sinne des Artikels 31 Abs. 2 ist es nicht anzusehen, wenn das Recht eines Vertragsstaates für Verfahren von öffentlichen Unternehmen (offices) oder Gesellschaften, die im Eigentum dieses Staates stehen (sociétés nationales) oder an deren Kapital dieser Staat beteiligt ist, seine Gerichte für ausschließlich zuständig erklärt. Ein Versagungsgrund gemäß Artikel 47 Abs. 3 Nr. 3 ist nicht allein deshalb gegeben, weil die Schiedsvereinbarung von öffentlichen Unternehmen (offices) oder von Gesellschaften geschlossen worden ist, die im Eigentum dieses Staates stehen (sociétés nationales) oder an deren Kapital dieser Staat beteiligt ist.
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge neue Seite!!!! Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Schütze
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Multilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge ______ 700 aa. Lugano II Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 mit Protokollen 1–3 (ABl. EU 2007 Nr. L 339, S. 3) ______ 700 α) Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (unterzeichnet am 30. Oktober 2007 in Lugano) – Erläuternder Bericht von Professor Fausto Pocar, Inhaber des Lehrstuhls für Völkerrecht an der Universität Mailand (2009/C 319/01) ______ 731 bb. Moselschiffahrtsabkommen vom 27.10.1956 (Auszug, BGBl. II 1956, S. 1838) ______ 835 cc. Übereinkommen über den Internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 (Auszug, BGBl. II 1985, S. 130, 666) und Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 3. Juni 1999 (Verkündet am 2. September 2002 als Anlage zu dem Gesetz vom 24. August 2002, Auszug, BGBl. II 2002, S. 2140) ______ 836 α. Übereinkommen über den Internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 (Auszug, BGBl. II 1985, S. 130, 666) ______ 836 β. Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 3. Juni 1999 (verkündet am 2. September 2002 als Anlage zu dem Gesetz vom 24. August 2002, Auszug, BGBl. II 2002, S. 2140) ______ 840 dd. Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) vom 19.5.1956 (Auszug, BGBl. II 1961, S. 1119) ______ 843 ee. Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.4.1958 (BGBl. II 1961, S. 1006) ______ 844 α. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. III Nr. 2583) ______ 849 ff. Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973 (BGBl. II 1986, S. 825) ______ 856 α. Verwilghen-Bericht (BTDrucks. 10/258) ______ 866 Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge ______ 957 aa. Deutsch-tunesischer Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 19.7.1966 (BGBl. II 1966, S. 890) ______ 957 α. Ausführungsgesetz (BGBl. I 1969, S. 333) ______ 965 β. Deutsche Denkschrift zu dem Vertrag (BTDrucks. V Nr. 3167) ______ 970 bb. Deutsch-israelischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 20.7.1977 (BGBl. II 1980, S. 935, 1531) ______ 1009 α. Deutsche Denkschrift zu dem Vertrag (BTDrucks. VIII Nr. 3866) ______ 1018 Ausführungsgesetze ______ 1033 aa. Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen und Abkommen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet
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Inhaltsverzeichnis
der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz – AVAG) idF d. Bek. v. 3.12.2009 (BGBl. I, S. 3830), zuletzt geändert durch Art. 6 d. G. v. 23.5.2011 (BGBl. I S. 898 [2094]) ______ 1033 bb. Gesetz zur Aus- und Durchführung bestimmter Rechtsinstrumente auf dem Gebiet des internationalen Familienrechts (Internationales Familienrechtsverfahrensgesetz – IntFamRVG) vom 26. Januar 2005 (BGBl. I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 23. Mai 2011 (BGBl. I S. 898) ______ 1049
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
3. a. Multilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge 3. a. aa. Lugano II Übereinkommen vom 30. Oktober 2007 a. aa. Lugano II Übereinkommen Vorbemerkung: Das LugÜ II ersetzt das LugÜ I, das sich eng an das EuGVÜ anlehnte. Das LugÜ II ist nun angepasst an die EuGVVO, die es weitgehend wörtlich übernimmt. Es bezieht die Vertragsstaaten Island, Norwegen und die Schweiz praktisch in den Geltungsbereich der EuGVVO, die ihnen als nicht EU-Staaten verschlossen ist, ein und erweitert damit den einheitlichen Rechtsraum im Hinblick auf die Zuständigkeit und die Freizügigkeit von gerichtlichen Entscheidungen. Allerdings verfestigt das Übereinkommen durch die Übernahme der Kompetenzprivilegien von Verbrauchern die Zweiklassengesellschaft im europäischen Zuständigkeitsrecht. Geltungsbereich: EU-Staaten und Island, Norwegen und die Schweiz Schrifttum: Bucher Commentaire Romand (LDJP/CL), 2011; Dasser/Oberhammer (Hrsg.) Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, 2. Aufl., 2011; Geimer/Schütze Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., 2010; Jametti Greiner Neues Lugano-Übereinkommen: Stand der Arbeiten, Internationales Zivilverfahrensrecht 2, 2003; Markus Revidierte Übereinkommen von Brüssel und Lugano: Zu den Hauptpunkten, SZW 1999, 205 ff.; Markus Neue Entwicklungen im internationalen Zuständigkeitsrecht (insbes. LugÜ). Zum Gerichtsstand in Zivilsachen, 2002, S. 129 ff.; Oetiker/Weibel LugÜ (Basler Kommentar); Schnyder (Hrsg.), Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, 2011.
Text ÜBEREINKOMMEN über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ABl. EU 2007 Nr. L 339, S. 3
PRÄAMBEL DIE HOHEN VERTRAGSCHLIESSENDEN PARTEIEN, ENTSCHLOSSEN, in ihren Hoheitsgebieten den Rechtsschutz der dort ansässigen Personen zu verstärken, IN DER ERWÄGUNG, dass es zu diesem Zweck geboten ist, die internationale Zuständigkeit ihrer Gerichte festzulegen, die Anerkennung von Entscheidungen zu erleichtern und ein beschleunigtes Verfahren einzuführen, um die Vollstreckung von Entscheidungen, öffentlichen Urkunden und gerichtlichen Vergleichen sicherzustellen, IM BEWUSSTSEIN der zwischen ihnen bestehenden Bindungen, die im wirtschaftlichen Bereich durch die Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und bestimmten Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation bestätigt worden sind,
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a. aa. Lugano II Übereinkommen
UNTER BERÜCKSICHTIGUNG: des Brüsseler Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der Fassung der infolge der verschiedenen Erweiterungen der Europäischen Union geschlossenen Beitrittsübereinkommen, – des Übereinkommens von Lugano vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, das die Anwendung der Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens von 1968 auf bestimmte Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation erstreckt, – der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, – des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, das am 19. Oktober 2005 in Brüssel unterzeichnet worden ist; IN DER ÜBERZEUGUNG, dass die Ausdehnung der Grundsätze der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 auf die Vertragsparteien des vorliegenden Übereinkommens die rechtliche und wirtschaftliche Zusammenarbeit verstärken wird, IN DEM WUNSCH, eine möglichst einheitliche Auslegung des Übereinkommens sicherzustellen, HABEN in diesem Sinne BESCHLOSSEN, dieses Übereinkommen zu schließen, und –
SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:
TITEL I ANWENDUNGSBEREICH Artikel 1 (1) Dieses Übereinkommen ist in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt. Es erfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten. (2) Dieses Übereinkommen ist nicht anzuwenden auf: a) den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen, die ehelichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts; b) Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren; c) die soziale Sicherheit; d) die Schiedsgerichtsbarkeit. (3) In diesem Übereinkommen bezeichnet der Ausdruck „durch dieses Übereinkommen gebundener Staat“ jeden Staat, der Vertragspartei dieses Übereinkommens oder ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist. Er kann auch die Europäische Gemeinschaft bezeichnen.
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TITEL II ZUSTÄNDIGKEIT ABSCHNITT 1 Allgemeine Vorschriften Artikel 2 (1) Vorbehaltlich der Vorschriften dieses Übereinkommens sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen. (2) Auf Personen, die nicht dem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat angehören, in dem sie ihren Wohnsitz haben, sind die für Inländer maßgebenden Zuständigkeitsvorschriften anzuwenden. Artikel 3 (1) Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates haben, können vor den Gerichten eines anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates nur gemäß den Vorschriften der Abschnitte 2 bis 7 dieses Titels verklagt werden. (2) Gegen diese Personen können insbesondere nicht die in Anhang I aufgeführten innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften geltend gemacht werden. Artikel 4 (1) Hat der Beklagte keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, so bestimmt sich vorbehaltlich der Artikel 22 und 23 die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates nach dessen eigenen Gesetzen. (2) Gegenüber einem Beklagten, der keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates hat, kann sich jede Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates hat, in diesem Staat auf die dort geltenden Zuständigkeitsvorschriften, insbesondere auf die in Anhang I aufgeführten Vorschriften, wie ein Inländer berufen, ohne dass es auf ihre Staatsangehörigkeit ankommt.
ABSCHNITT 2 Besondere Zuständigkeiten Artikel 5 Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates hat, kann in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat verklagt werden: 1. a) wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vordem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre; Schütze
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a. aa. Lugano II Übereinkommen
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im Sinne dieser Vorschrift – und sofern nichts anderes vereinbart worden ist – ist der Erfüllungsort der Verpflichtung – für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen; – für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen; c) ist Buchstabe b nicht anwendbar, so gilt Buchstabe a; wenn es sich um eine Unterhaltssache handelt, a) vor dem Gericht des Ortes, an dem der Unterhaltsberechtigte seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder b) im Falle einer Unterhaltssache, über die im Zusammenhang mit einem Verfahren in Bezug auf den Personenstand zu entscheiden ist, vor dem nach seinem Recht für dieses Verfahren zuständigen Gericht, es sei denn, diese Zuständigkeit beruht lediglich auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien, oder c) im Falle einer Unterhaltssache, über die im Zusammenhang mit einem Verfahren in Bezug auf die elterliche Verantwortung zu entscheiden ist, vor dem nach seinem Recht für dieses Verfahren zuständigen Gericht, es sei denn, diese Zuständigkeit beruht lediglich auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien; wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht; wenn es sich um eine Klage auf Schadensersatz oder auf Wiederherstellung des früheren Zustands handelt, die auf eine mit Strafe bedrohte Handlung gestützt wird, vor dem Strafgericht, bei dem die öffentliche Klage erhoben ist, soweit dieses Gericht nach seinem Recht über zivilrechtliche Ansprüche erkennen kann; wenn es sich um Streitigkeiten aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer sonstigen Niederlassung handelt, vor dem Gericht des Ortes, an dem sich diese befindet; wenn sie in ihrer Eigenschaft als Begründer, „trustee“ oder Begünstigter eines „trust“ in Anspruch genommen wird, der aufgrund eines Gesetzes oder durch schriftlich vorgenommenes oder schriftlich bestätigtes Rechtsgeschäft errichtet worden ist, vor den Gerichten des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, in dessen Hoheitsgebiet der „trust“ seinen Sitz hat; wenn es sich um eine Streitigkeit wegen der Zahlung von Berge- und Hilfslohn handelt, der für Bergungs- oder Hilfeleistungsarbeiten gefordert wird, die zugunsten einer Ladung oder einer Frachtforderung erbracht worden sind, vor dem Gericht, in dessen Zuständigkeitsbereich diese Ladung oder die entsprechende Frachtforderung a) mit Arrest belegt worden ist, um die Zahlung zu gewährleisten, oder b) mit Arrest hätte belegt werden können, jedoch dafür eine Bürgschaft oder eine andere Sicherheit geleistet worden ist;
diese Vorschrift ist nur anzuwenden, wenn behauptet wird, dass der Beklagte Rechte an der Ladung oder an der Frachtforderung hat oder zur Zeit der Bergungs- oder Hilfeleistungsarbeiten hatte.
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Artikel 6 Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates hat, kann auch verklagt werden: 1. wenn mehrere Personen zusammen verklagt werden, vor dem Gericht des Ortes, an dem einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat, sofern zwischen den Klagen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten; 2. wenn es sich um eine Klage auf Gewährleistung oder um eine Interventionsklage handelt, vor dem Gericht des Hauptprozesses, es sei denn, dass die Klage nur erhoben worden ist, um diese Person dem für sie zuständigen Gericht zu entziehen; 3. wenn es sich um eine Widerklage handelt, die auf denselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Klage selbst gestützt wird, vor dem Gericht, bei dem die Klage selbst anhängig ist; 4. wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden und die Klage mit einer Klage wegen dinglicher Rechte an unbeweglichen Sachen gegen denselben Beklagten verbunden werden kann, vor dem Gericht des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, in dessen Hoheitsgebiet die unbewegliche Sache belegen ist. Artikel 7 Ist ein Gericht eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates nach diesem Übereinkommen zur Entscheidung in Verfahren wegen einer Haftpflicht aufgrund der Verwendung oder des Betriebs eines Schiffes zuständig, so entscheidet dieses oder ein anderes an seiner Stelle durch das Recht dieses Staates bestimmtes Gericht auch über Klagen auf Beschränkung dieser Haftung.
ABSCHNITT 3 Zuständigkeit für Versicherungssachen Artikel 8 Für Klagen in Versicherungssachen bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Artikels 4 und des Artikels 5 Nummer 5 nach diesem Abschnitt. Artikel 9 (1) Ein Versicherer, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates hat, kann verklagt werden: a) vor den Gerichten des Staates, in dem er seinen Wohnsitz hat, b) in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat bei Klagen des Versicherungsnehmers, des Versicherten oder des Begünstigten vor dem Gericht des Ortes, an dem der Kläger seinen Wohnsitz hat, oder c) falls es sich um einen Mitversicherer handelt, vor dem Gericht eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, bei dem der federführende Versicherer verklagt wird. Schütze
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a. aa. Lugano II Übereinkommen
(2) Hat der Versicherer im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates keinen Wohnsitz, besitzt er aber in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung, so wird er für Streitigkeiten aus ihrem Betrieb so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Staates hätte. Artikel 10 Bei der Haftpflichtversicherung oder bei der Versicherung von unbeweglichen Sachen kann der Versicherer außerdem vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, verklagt werden. Das Gleiche gilt, wenn sowohl bewegliche als auch unbewegliche Sachen in ein und demselben Versicherungsvertrag versichert und von demselben Schadensfall betroffen sind. Artikel 11 (1) Bei der Haftpflichtversicherung kann der Versicherer auch vor das Gericht, bei dem die Klage des Geschädigten gegen den Versicherten anhängig ist, geladen werden, sofern dies nach dem Recht des angerufenen Gerichts zulässig ist. (2) Auf eine Klage, die der Geschädigte unmittelbar gegen den Versicherer erhebt, sind die Artikel 8, 9 und 10 anzuwenden, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig ist. (3) Sieht das für die unmittelbare Klage maßgebliche Recht die Streitverkündung gegen den Versicherungsnehmer oder den Versicherten vor, so ist dasselbe Gericht auch für diese Personen zuständig. Artikel 12 (1) Vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 11 Absatz 3 kann der Versicherer nur vor den Gerichten des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates klagen, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, ohne Rücksicht darauf, ob dieser Versicherungsnehmer, Versicherter oder Begünstigter ist. (2) Die Vorschriften dieses Abschnitts lassen das Recht unberührt, eine Widerklage vor dem Gericht zu erheben, bei dem die Klage selbst gemäß den Bestimmungen dieses Abschnitts anhängig ist. Artikel 13 Von den Vorschriften dieses Abschnitts kann im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden: 1. wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird, 2. wenn sie dem Versicherungsnehmer, Versicherten oder Begünstigten die Befugnis einräumt, andere als die in diesem Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen, 3. wenn sie zwischen einem Versicherungsnehmer und einem Versicherer, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in demselben durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat haben, getroffen ist, um die Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates auch für den Fall zu begründen, dass das schädigende Ereignis im Ausland eintritt, es sei denn, dass eine solche Vereinbarung nach dem Recht dieses Staates nicht zulässig ist, 705
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wenn sie von einem Versicherungsnehmer geschlossen ist, der seinen Wohnsitz nicht in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat hat, ausgenommen soweit sie eine Versicherung, zu deren Abschluss eine gesetzliche Verpflichtung besteht, oder die Versicherung von unbeweglichen Sachen in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat betrifft, oder wenn sie einen Versicherungsvertrag betrifft, soweit dieser eines oder mehrere der in Artikel 14 aufgeführten Risiken deckt. Artikel 14
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3.
4. 5.
Die in Artikel 13 Nummer 5 erwähnten Risiken sind die folgenden: sämtliche Schäden a) an Seeschiffen, Anlagen vor der Küste und auf hoher See oder Luftfahrzeugen aus Gefahren, die mit ihrer Verwendung zu gewerblichen Zwecken verbunden sind, b) an Transportgütern, ausgenommen Reisegepäck der Passagiere, wenn diese Güter ausschließlich oder zum Teil mit diesen Schiffen oder Luftfahrzeugen befördert werden; Haftpflicht aller Art, mit Ausnahme der Haftung für Personenschäden an Passagieren oder Schäden an deren Reisegepäck, a) aus der Verwendung oder dem Betrieb von Seeschiffen, Anlagen oder Luftfahrzeugen gemäß Nummer 1 Buchstabe a, es sei denn, dass – was die Letztgenannten betrifft – nach den Rechtsvorschriften des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, in dem das Luftfahrzeug eingetragen ist, Gerichtsstandsvereinbarungen für die Versicherung solcher Risiken untersagt sind, b) für Schäden, die durch Transportgüter während einer Beförderung im Sinne von Nummer 1 Buchstabe b verursacht werden; finanzielle Verluste im Zusammenhang mit der Verwendung oder dem Betrieb von Seeschiffen, Anlagen oder Luftfahrzeugen gemäß Nummer 1 Buchstabe a, insbesondere Fracht- oder Charterverlust; irgendein zusätzliches Risiko, das mit einem der unter den Nummern 1 bis 3 genannten Risiken in Zusammenhang steht; unbeschadet der Nummern 1 bis 4 alle Großrisiken.
ABSCHNITT 4 Zuständigkeit bei Verbrauchersachen Artikel 15 (1) Bilden ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann, den Gegenstand des Verfahrens, so bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Artikels 4 und des Artikels 5 Nummer 5 nach diesem Abschnitt, a) wenn es sich um den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung handelt, b) wenn es sich um ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen oder ein anderes Kreditgeschäft handelt, das zur Finanzierung eines Kaufs derartiger Sachen bestimmt ist, oder Schütze
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c)
in allen anderen Fällen, wenn der andere Vertragspartner in dem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.
(2) Hat der Vertragspartner des Verbrauchers im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates keinen Wohnsitz, besitzt er aber in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung, so wird er für Streitigkeiten aus ihrem Betrieb so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Staates hätte. (3) Dieser Abschnitt ist nicht auf Beförderungsverträge mit Ausnahme von Reiseverträgen, die für einen Pauschalpreis kombinierte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen vorsehen, anzuwenden. Artikel 16 (1) Die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner kann entweder vor den Gerichten des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. (2) Die Klage des anderen Vertragspartners gegen den Verbraucher kann nur vor den Gerichten des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. (3) Die Vorschriften dieses Artikels lassen das Recht unberührt, eine Widerklage vor dem Gericht zu erheben, bei dem die Klage selbst gemäß den Bestimmungen dieses Abschnitts anhängig ist. Artikel 17 Von den Vorschriften dieses Abschnitts kann im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden: 1. wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird, 2. wenn sie dem Verbraucher die Befugnis einräumt, andere als die in diesem Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen, oder 3. wenn sie zwischen einem Verbraucher und seinem Vertragspartner, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in demselben durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat haben, getroffen ist und die Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates begründet, es sei denn, dass eine solche Vereinbarung nach dem Recht dieses Staates nicht zulässig ist.
ABSCHNITT 5 Zuständigkeit für individuelle Arbeitsverträge Artikel 18 (1) Bilden ein individueller Arbeitsvertrag oder Ansprüche aus einem individuellen Arbeitsvertrag den Gegenstand des Verfahrens, so bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Artikels 4 und des Artikels 5 Nummer 5 nach diesem Abschnitt. 707
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(2) Hat der Arbeitgeber, mit dem der Arbeitnehmer einen individuellen Arbeitsvertrag geschlossen hat, im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates keinen Wohnsitz, besitzt er aber in einem der durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung, so wird er für Streitigkeiten aus ihrem Betrieb so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Staates hätte. Artikel 19 Ein Arbeitgeber, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates hat, kann verklagt werden: 1. vor den Gerichten des Staates, in dem er seinen Wohnsitz hat, 2. in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat: a) vor dem Gericht des Ortes, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat, oder b) wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet oder verrichtet hat, vor dem Gericht des Ortes, an dem sich die Niederlassung, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, befindet bzw. befand. Artikel 20 (1) Die Klage des Arbeitgebers kann nur vor den Gerichten des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat. (2) Die Vorschriften dieses Abschnitts lassen das Recht unberührt, eine Widerklage vor dem Gericht zu erheben, bei dem die Klage selbst gemäß den Bestimmungen dieses Abschnitts anhängig ist. Artikel 21 Von den Vorschriften dieses Abschnitts kann im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden, 1. wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird oder 2. wenn sie dem Arbeitnehmer die Befugnis einräumt, andere als die in diesem Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen.
ABSCHNITT 6 Ausschließliche Zuständigkeiten Artikel 22 1.
Ohne Rücksicht auf den Wohnsitz sind ausschließlich zuständig: für Klagen, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen sowie die Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, die Gerichte des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, in dem die unbewegliche Sache belegen ist. Jedoch sind für Klagen betreffend die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen zum vorübergehenden privaten Gebrauch für höchstens sechs aufeinander folgende Monate auch die Gerichte des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates zuständig, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, sofern es sich bei dem
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2.
3.
4.
5.
Mieter oder Pächter um eine natürliche Person handelt und der Eigentümer sowie der Mieter oder Pächter ihren Wohnsitz in demselben durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat haben; für Klagen, welche die Gültigkeit, die Nichtigkeit oder die Auflösung einer Gesellschaft oder juristischen Person oder die Gültigkeit der Beschlüsse ihrer Organe zum Gegenstand haben, die Gerichte des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, in dessen Hoheitsgebiet die Gesellschaft oder juristische Person ihren Sitz hat. Bei der Entscheidung darüber, wo der Sitz sich befindet, wendet das Gericht die Vorschriften seines Internationalen Privatrechts an; für Klagen, welche die Gültigkeit von Eintragungen in öffentliche Register zum Gegenstand haben, die Gerichte des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, in dessen Hoheitsgebiet die Register geführt werden; für Klagen, welche die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten, Marken, Mustern und Modellen sowie ähnlicher Rechte, die einer Hinterlegung oder Registrierung bedürfen, zum Gegenstand haben, unabhängig davon, ob die Frage klageweise oder einredeweise aufgeworfen wird, die Gerichte des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, in dessen Hoheitsgebiet die Hinterlegung oder Registrierung beantragt oder vorgenommen worden ist oder aufgrund eines Gemeinschaftsrechtsakts oder eines zwischenstaatlichen Übereinkommens als vorgenommen gilt. Unbeschadet der Zuständigkeit des Europäischen Patentamts nach dem am 5. Oktober 1973 in München unterzeichneten Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente sind die Gerichte eines jeden durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates ohne Rücksicht auf den Wohnsitz der Parteien für alle Verfahren ausschließlich zuständig, welche die Erteilung oder die Gültigkeit eines europäischen Patents zum Gegenstand haben, das für diesen Staat erteilt wurde, unabhängig davon, ob die Frage klageweise oder einredeweise aufgeworfen wird; für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist.
ABSCHNITT 7 Vereinbarung über die Zuständigkeit Artikel 23 (1) Haben die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates hat, vereinbart, dass ein Gericht oder die Gerichte eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Staates zuständig. Dieses Gericht oder die Gerichte dieses Staates sind ausschließlich zuständig, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung muss geschlossen werden a) schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung, b) in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder c) im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser 709
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Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten. (2) Elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, sind der Schriftform gleichgestellt. (3) Wenn eine solche Vereinbarung von Parteien geschlossen wurde, die beide ihren Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates haben, so können die Gerichte der anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten nicht entscheiden, es sei denn, das vereinbarte Gericht oder die vereinbarten Gerichte haben sich rechtskräftig für unzuständig erklärt. (4) Ist in schriftlich niedergelegten „trust“-Bedingungen bestimmt, dass über Klagen gegen einen Begründer, „trustee“ oder Begünstigten eines „trust“ ein Gericht oder die Gerichte eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates entscheiden sollen, so ist dieses Gericht oder sind diese Gerichte ausschließlich zuständig, wenn es sich um Beziehungen zwischen diesen Personen oder ihre Rechte oder Pflichten im Rahmen des „trust“ handelt. (5) Gerichtsstandsvereinbarungen und entsprechende Bestimmungen in „trust“Bedingungen haben keine rechtliche Wirkung, wenn sie den Vorschriften der Artikel 13, 17 und 21 zuwiderlaufen oder wenn die Gerichte, deren Zuständigkeit abbedungen wird, aufgrund des Artikels 22 ausschließlich zuständig sind. Artikel 24 Sofern das Gericht eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates nicht bereits nach anderen Vorschriften dieses Übereinkommens zuständig ist, wird es zuständig, wenn sich der Beklagte vor ihm auf das Verfahren einlässt. Dies gilt nicht, wenn der Beklagte sich einlässt, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen oder wenn ein anderes Gericht aufgrund des Artikels 22 ausschließlich zuständig ist.
ABSCHNITT 8 Prüfung der Zuständigkeit und der Zulässigkeit des Verfahrens Artikel 25 Das Gericht eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates hat sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn es wegen einer Streitigkeit angerufen wird, für die das Gericht eines anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates aufgrund des Artikels 22 ausschließlich zuständig ist. Artikel 26 (1) Lässt sich der Beklagte, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates hat und der vor den Gerichten eines anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates verklagt wird, auf das Verfahren nicht ein, so hat sich das Gericht von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn seine Zuständigkeit nicht nach diesem Übereinkommen begründet ist. (2) Das Gericht hat das Verfahren so lange auszusetzen, bis festgestellt ist, dass es dem Beklagten möglich war, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwerSchütze
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tiges Schriftstück so rechtzeitig zu empfangen, dass er sich verteidigen konnte oder dass alle hierzu erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind. (3) An die Stelle von Absatz 2 tritt Artikel 15 des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nach dem genannten Übereinkommen zu übermitteln war. (4) Die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, die durch die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 oder durch das am 19. Oktober 2005 in Brüssel unterzeichnete Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen gebunden sind, wenden in ihrem Verhältnis untereinander Artikel 19 der genannten Verordnung an, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nach dieser Verordnung oder nach dem genannten Abkommen zu übermitteln war.
ABSCHNITT 9 Rechtshängigkeit und im Zusammenhang stehende Verfahren Artikel 27 (1) Werden bei Gerichten verschiedener durch dieses Übereinkommen gebundener Staaten Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig gemacht, so setzt das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht. (2) Sobald die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, erklärt sich das später angerufene Gericht zugunsten dieses Gerichts für unzuständig. Artikel 28 (1) Sind bei Gerichten verschiedener durch dieses Übereinkommen gebundener Staaten Klagen, die im Zusammenhang stehen, anhängig, so kann jedes später angerufene Gericht das Verfahren aussetzen. (2) Sind diese Klagen in erster Instanz anhängig, so kann sich jedes später angerufene Gericht auf Antrag einer Partei auch für unzuständig erklären, wenn das zuerst angerufene Gericht für die betreffenden Klagen zuständig ist und die Verbindung der Klagen nach seinem Recht zulässig ist. (3) Klagen stehen im Sinne dieses Artikels im Zusammenhang, wenn zwischen ihnen eine so enge Beziehung gegeben ist, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren widersprechende Entscheidungen ergehen könnten. Artikel 29 Ist für die Klagen die ausschließliche Zuständigkeit mehrerer Gerichte gegeben, so hat sich das zuletzt angerufene Gericht zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig zu erklären.
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Artikel 30
1.
2.
Für die Zwecke dieses Abschnitts gilt ein Gericht als angerufen: zu dem Zeitpunkt, zu dem das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück bei Gericht eingereicht worden ist, vorausgesetzt, dass der Kläger es in der Folge nicht versäumt hat, die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, um die Zustellung des Schriftstücks an den Beklagten zu bewirken, oder falls die Zustellung an den Beklagten vor Einreichung des Schriftstücks bei Gericht zu bewirken ist, zu dem Zeitpunkt, zu dem die für die Zustellung verantwortliche Stelle das Schriftstück erhalten hat, vorausgesetzt, dass der Kläger es in der Folge nicht versäumt hat, die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, um das Schriftstück bei Gericht einzureichen.
ABSCHNITT 10 Einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind Artikel 31 Die im Recht eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, können bei den Gerichten dieses Staates auch dann beantragt werden, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache das Gericht eines anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates aufgrund dieses Übereinkommens zuständig ist.
TITEL III ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG Artikel 32 Unter „Entscheidung“ im Sinne dieses Übereinkommens ist jede Entscheidung zu verstehen, die von einem Gericht eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates erlassen worden ist, ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung wie Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl oder Vollstreckungsbescheid, einschließlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses eines Gerichtsbediensteten.
ABSCHNITT 1 Anerkennung Artikel 33 (1) Die in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat ergangenen Entscheidungen werden in den anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. (2) Bildet die Frage, ob eine Entscheidung anzuerkennen ist, als solche den Gegenstand eines Streites, so kann jede Partei, welche die Anerkennung geltend macht, in dem Schütze
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Verfahren nach den Abschnitten 2 und 3 dieses Titels die Feststellung beantragen, dass die Entscheidung anzuerkennen ist. (3) Wird die Anerkennung in einem Rechtsstreit vor dem Gericht eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, dessen Entscheidung von der Anerkennung abhängt, verlangt, so kann dieses Gericht über die Anerkennung entscheiden. Artikel 34 1. 2.
3. 4.
Eine Entscheidung wird nicht anerkannt, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Staates, in dem sie geltend gemacht wird, offensichtlich widersprechen würde; dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, der Beklagte hat gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte; sie mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die zwischen denselben Parteien in dem Staat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ergangen ist; sie mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat oder in einem Drittstaat zwischen denselben Parteien in einem Rechtsstreit wegen desselben Anspruchs ergangen ist, sofern die frühere Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung in dem Staat erfüllt, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird. Artikel 35
(1) Eine Entscheidung wird ferner nicht anerkannt, wenn die Vorschriften der Abschnitte 3, 4 und 6 des Titels II verletzt worden sind oder wenn ein Fall des Artikels 68 vorliegt. Des Weiteren kann die Anerkennung einer Entscheidung versagt werden, wenn ein Fall des Artikels 64 Absatz 3 oder des Artikels 67 Absatz 4 vorliegt. (2) Das Gericht oder die sonst befugte Stelle des Staates, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ist bei der Prüfung, ob eine der in Absatz 1 angeführten Zuständigkeiten gegeben ist, an die tatsächlichen Feststellungen gebunden, aufgrund deren das Gericht des Ursprungsstaats seine Zuständigkeit angenommen hat. (3) Die Zuständigkeit der Gerichte des Ursprungsstaats darf, unbeschadet der Bestimmungen des Absatzes 1, nicht nachgeprüft werden. Die Vorschriften über die Zuständigkeit gehören nicht zur öffentlichen Ordnung (ordre public) im Sinne des Artikels 34 Nummer 1. Artikel 36 Die ausländische Entscheidung darf keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden. Artikel 37 (1) Das Gericht eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, vor dem die Anerkennung einer in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat ergangenen Entscheidung geltend gemacht wird, kann das Verfahren aussetzen, wenn gegen die Entscheidung ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt worden ist. 713
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(2) Das Gericht eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, vor dem die Anerkennung einer in Irland oder im Vereinigten Königreich ergangenen Entscheidung geltend gemacht wird, kann das Verfahren aussetzen, wenn die Vollstreckung der Entscheidung im Ursprungsstaat wegen der Einlegung eines Rechtsbehelfs einstweilen eingestellt ist.
ABSCHNITT 2 Vollstreckung Artikel 38 (1) Die in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar sind, werden in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden sind. (2) Im Vereinigten Königreich jedoch wird eine derartige Entscheidung in England und Wales, in Schottland oder in Nordirland vollstreckt, wenn sie auf Antrag eines Berechtigten zur Vollstreckung in dem betreffenden Teil des Vereinigten Königreichs registriert worden ist. Artikel 39 (1) Der Antrag ist an das Gericht oder die sonst befugte Stelle zu richten, die in Anhang II aufgeführt ist. (2) Die örtliche Zuständigkeit wird durch den Wohnsitz des Schuldners oder durch den Ort, an dem die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll, bestimmt. Artikel 40 (1) Für die Stellung des Antrags ist das Recht des Vollstreckungsstaats maßgebend. (2) Der Antragsteller hat im Bezirk des angerufenen Gerichts ein Wahldomizil zu begründen. Ist das Wahldomizil im Recht des Vollstreckungsstaats nicht vorgesehen, so hat der Antragsteller einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen. (3) Dem Antrag sind die in Artikel 53 angeführten Urkunden beizufügen. Artikel 41 Sobald die in Artikel 53 vorgesehenen Förmlichkeiten erfüllt sind, wird die Entscheidung unverzüglich für vollstreckbar erklärt, ohne dass eine Prüfung nach den Artikeln 34 und 35 erfolgt. Der Schuldner erhält in diesem Abschnitt des Verfahrens keine Gelegenheit, eine Erklärung abzugeben. Artikel 42 (1) Die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung wird dem Antragsteller unverzüglich in der Form mitgeteilt, die das Recht des Vollstreckungsstaats vorsieht. (2) Die Vollstreckbarerklärung und, soweit dies noch nicht geschehen ist, die Entscheidung werden dem Schuldner zugestellt. Schütze
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Artikel 43 (1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung kann jede Partei einen Rechtsbehelf einlegen. (2) Der Rechtsbehelf wird bei dem in Anhang III aufgeführten Gericht eingelegt. (3) Über den Rechtsbehelf wird nach den Vorschriften entschieden, die für Verfahren mit beiderseitigem rechtlichen Gehör maßgebend sind. (4) Lässt sich der Schuldner auf das Verfahren vor dem mit dem Rechtsbehelf des Antragstellers befassten Gericht nicht ein, so ist Artikel 26 Absätze 2 bis 4 auch dann anzuwenden, wenn der Schuldner seinen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates hat. (5) Der Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung ist innerhalb eines Monats nach ihrer Zustellung einzulegen. Hat der Schuldner seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates als dem, in dem die Vollstreckbarerklärung ergangen ist, so beträgt die Frist für den Rechtsbehelf zwei Monate und beginnt von dem Tage an zu laufen, an dem die Vollstreckbarerklärung ihm entweder in Person oder in seiner Wohnung zugestellt worden ist. Eine Verlängerung dieser Frist wegen weiter Entfernung ist ausgeschlossen. Artikel 44 Gegen die Entscheidung, die über den Rechtsbehelf ergangen ist, kann nur ein Rechtsbehelf nach Anhang IV eingelegt werden. Artikel 45 (1) Die Vollstreckbarerklärung darf von dem mit einem Rechtsbehelf nach Artikel 43 oder Artikel 44 befassten Gericht nur aus einem der in den Artikeln 34 und 35 aufgeführten Gründe versagt oder aufgehoben werden. Das Gericht erlässt seine Entscheidung unverzüglich. (2) Die ausländische Entscheidung darf keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden. Artikel 46 (1) Das nach Artikel 43 oder Artikel 44 mit dem Rechtsbehelf befasste Gericht kann auf Antrag des Schuldners das Verfahren aussetzen, wenn gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt oder die Frist für einen solchen Rechtsbehelf noch nicht verstrichen ist; in letzterem Fall kann das Gericht eine Frist bestimmen, innerhalb deren der Rechtsbehelf einzulegen ist. (2) Ist die Entscheidung in Irland oder im Vereinigten Königreich ergangen, so gilt jeder im Ursprungsstaat statthafte Rechtsbehelf als ordentlicher Rechtsbehelf im Sinne von Absatz 1. (3) Das Gericht kann auch die Zwangsvollstreckung von der Leistung einer Sicherheit, die es bestimmt, abhängig machen. Artikel 47 (1) Ist eine Entscheidung nach diesem Übereinkommen anzuerkennen, so ist der Antragsteller nicht daran gehindert, einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher, die 715
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auf eine Sicherung gerichtet sind, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats in Anspruch zu nehmen, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung nach Artikel 41 bedarf. (2) Die Vollstreckbarerklärung gibt die Befugnis, Maßnahmen, die auf eine Sicherung gerichtet sind, zu veranlassen. (3) Solange die in Artikel 43 Absatz 5 vorgesehene Frist für den Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung läuft und solange über den Rechtsbehelf nicht entschieden ist, darf die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht über Maßnahmen zur Sicherung hinausgehen. Artikel 48 (1) Ist durch die ausländische Entscheidung über mehrere mit der Klage geltend gemachte Ansprüche erkannt und kann die Vollstreckbarerklärung nicht für alle Ansprüche erteilt werden, so erteilt das Gericht oder die sonst befugte Stelle sie für einen oder mehrere dieser Ansprüche. (2) Der Antragsteller kann beantragen, dass die Vollstreckbarerklärung nur für einen Teil des Gegenstands der Verurteilung erteilt wird. Artikel 49 Ausländische Entscheidungen, die auf Zahlung eines Zwangsgelds lauten, sind im Vollstreckungsstaat nur vollstreckbar, wenn die Höhe des Zwangsgelds durch die Gerichte des Ursprungsstaats endgültig festgesetzt ist. Artikel 50 (1) Ist dem Antragsteller im Ursprungsstaat ganz oder teilweise Prozesskostenhilfe oder Kosten- und Gebührenbefreiung gewährt worden, so genießt er in dem Verfahren nach diesem Abschnitt hinsichtlich der Prozesskostenhilfe oder der Kosten- und Gebührenbefreiung die günstigste Behandlung, die das Recht des Vollstreckungsstaats vorsieht. (2) Der Antragsteller, der die Vollstreckung einer Entscheidung einer Verwaltungsbehörde begehrt, die in Dänemark, Island oder Norwegen in Unterhaltssachen ergangen ist, kann im Vollstreckungsstaat Anspruch auf die in Absatz 1 genannten Vorteile erheben, wenn er eine Erklärung des dänischen, isländischen oder norwegischen Justizministeriums darüber vorlegt, dass er die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die vollständige oder teilweise Bewilligung der Prozesskostenhilfe oder für die Kosten- und Gebührenbefreiung erfüllt. Artikel 51 Der Partei, die in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat eine in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat ergangene Entscheidung vollstrecken will, darf wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung es auch sei, nicht auferlegt werden.
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Artikel 52 Im Vollstreckungsstaat dürfen im Vollstreckbarerklärungsverfahren keine nach dem Streitwert abgestuften Stempelabgaben oder Gebühren erhoben werden.
ABSCHNITT 3 Gemeinsame Vorschriften Artikel 53 (1) Die Partei, die die Anerkennung einer Entscheidung geltend macht oder eine Vollstreckbarerklärung beantragt, hat eine Ausfertigung der Entscheidung vorzulegen, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. (2) Unbeschadet des Artikels 55 hat die Partei, die eine Vollstreckbarerklärung beantragt, ferner die Bescheinigung nach Artikel 54 vorzulegen. Artikel 54 Das Gericht oder die sonst befugte Stelle des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, in dem die Entscheidung ergangen ist, stellt auf Antrag die Bescheinigung unter Verwendung des Formblatts in Anhang V dieses Übereinkommens aus. Artikel 55 (1) Wird die Bescheinigung nach Artikel 54 nicht vorgelegt, so kann das Gericht oder die sonst befugte Stelle eine Frist bestimmen, innerhalb deren die Bescheinigung vorzulegen ist, oder sich mit einer gleichwertigen Urkunde begnügen oder von der Vorlage der Bescheinigung befreien, wenn es oder sie eine weitere Klärung nicht für erforderlich hält. (2) Auf Verlangen des Gerichts oder der sonst befugten Stelle ist eine Übersetzung der Urkunden vorzulegen. Die Übersetzung ist von einer hierzu in einem der durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten befugten Person zu beglaubigen. Artikel 56 Die in Artikel 53 und in Artikel 55 Absatz 2 angeführten Urkunden sowie die Urkunde über die Prozessvollmacht, falls eine solche erteilt wird, bedürfen weder der Legalisation noch einer ähnlichen Förmlichkeit.
TITEL IV ÖFFENTLICHE URKUNDEN UND PROZESSVERGLEICHE Artikel 57 (1) Öffentliche Urkunden, die in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat aufgenommen und vollstreckbar sind, werden in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat auf Antrag in dem Verfahren nach den Artikeln 38 ff. für 717
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vollstreckbar erklärt. Die Vollstreckbarerklärung ist von dem mit einem Rechtsbehelf nach Artikel 43 oder Artikel 44 befassten Gericht nur zu versagen oder aufzuheben, wenn die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Vollstreckungsstaats offensichtlich widersprechen würde. (2) Als öffentliche Urkunden im Sinne von Absatz 1 werden auch vor Verwaltungsbehörden geschlossene oder von ihnen beurkundete Unterhaltsvereinbarungen oder -verpflichtungen angesehen. (3) Die vorgelegte Urkunde muss die Voraussetzungen für ihre Beweiskraft erfüllen, die in dem Staat, in dem sie aufgenommen wurde, erforderlich sind. (4) Die Vorschriften des Abschnitts 3 des Titels III sind sinngemäß anzuwenden. Die befugte Stelle des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, in dem eine öffentliche Urkunde aufgenommen worden ist, stellt auf Antrag die Bescheinigung unter Verwendung des Formblatts in Anhang VI dieses Übereinkommens aus. Artikel 58 Vergleiche, die vor einem Gericht im Laufe eines Verfahrens geschlossen und in dem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat, in dem sie errichtet wurden, vollstreckbar sind, werden in dem Vollstreckungsstaat unter denselben Bedingungen wie öffentliche Urkunden vollstreckt. Das Gericht oder die sonst befugte Stelle des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, in dem ein Prozessvergleich geschlossen worden ist, stellt auf Antrag die Bescheinigung unter Verwendung des Formblatts in Anhang V dieses Übereinkommens aus.
TITEL V ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN Artikel 59 (1) Ist zu entscheiden, ob eine Partei im Hoheitsgebiet des durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, dessen Gerichte angerufen sind, einen Wohnsitz hat, so wendet das Gericht sein Recht an. (2) Hat eine Partei keinen Wohnsitz in dem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat, dessen Gerichte angerufen sind, so wendet das Gericht, wenn es zu entscheiden hat, ob die Partei einen Wohnsitz in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat hat, das Recht dieses Staates an. Artikel 60 (1) Gesellschaften und juristische Personen haben für die Anwendung dieses Übereinkommens ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich a) ihr satzungsmäßiger Sitz, b) ihre Hauptverwaltung oder c) ihre Hauptniederlassung befindet. (2) Im Falle des Vereinigten Königreichs und Irlands ist unter dem Ausdruck „satzungsmäßiger Sitz“ das „registered office“ oder, wenn ein solches nirgendwo besteht, der „place of incorporation“ (Ort der Erlangung der Rechtsfähigkeit) oder, wenn ein solSchütze
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cher nirgendwo besteht, der Ort, nach dessen Recht die „formation“ (Gründung) erfolgt ist, zu verstehen. (3) Um zu bestimmen, ob ein „trust“ seinen Sitz in dem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat hat, bei dessen Gerichten die Klage anhängig ist, wendet das Gericht sein Internationales Privatrecht an. Artikel 61 Unbeschadet günstigerer innerstaatlicher Vorschriften können Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates haben und die vor den Strafgerichten eines anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, wegen einer fahrlässig begangenen Straftat verfolgt werden, sich von hierzu befugten Personen vertreten lassen, selbst wenn sie persönlich nicht erscheinen. Das Gericht kann jedoch das persönliche Erscheinen anordnen; wird diese Anordnung nicht befolgt, so braucht die Entscheidung, die über den Anspruch aus einem Rechtsverhältnis des Zivilrechts ergangen ist, ohne dass sich der Angeklagte verteidigen konnte, in den anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten weder anerkannt noch vollstreckt zu werden. Artikel 62 Im Sinne dieses Übereinkommens umfasst die Bezeichnung „Gericht“ jede Behörde, die von einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat als für die in den Anwendungsbereich dieses Übereinkommens fallenden Rechtsgebiete zuständig bezeichnet worden ist.
TITEL VI ÜBERGANGSVORSCHRIFTEN Artikel 63 (1) Die Vorschriften dieses Übereinkommens sind nur auf solche Klagen und öffentliche Urkunden anzuwenden, die erhoben oder aufgenommen worden sind, nachdem dieses Übereinkommen im Ursprungsstaat und, sofern die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung oder einer öffentlichen Urkunde geltend gemacht wird, im ersuchten Staat in Kraft getreten ist. (2) Ist die Klage im Ursprungsstaat vor dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens erhoben worden, so werden nach diesem Zeitpunkt erlassene Entscheidungen nach Maßgabe des Titels III anerkannt und zur Vollstreckung zugelassen, a) wenn die Klage im Ursprungsstaat erhoben wurde, nachdem das Übereinkommen von Lugano vom 16. September 1988 sowohl im Ursprungsstaat als auch in dem ersuchten Staat in Kraft getreten war; b) in allen anderen Fällen, wenn das Gericht aufgrund von Vorschriften zuständig war, die mit den Zuständigkeitsvorschriften des Titels II oder eines Abkommens übereinstimmen, das im Zeitpunkt der Klageerhebung zwischen dem Ursprungsstaat und dem ersuchten Staat in Kraft war.
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TITEL VII VERHÄLTNIS ZU DER VERORDNUNG (EG) Nr. 44/2001 DES RATES UND ZU ANDEREN RECHTSINSTRUMENTEN Artikel 64 (1) Dieses Übereinkommen lässt die Anwendung folgender Rechtsakte durch die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft unberührt: der Verordnung (EG) Nr. 44/ 2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen einschließlich deren Änderungen, des am 27. September 1968 in Brüssel unterzeichneten Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und des am 3. Juni 1971 in Luxemburg unterzeichneten Protokolls über die Auslegung des genannten Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in der Fassung der Übereinkommen, mit denen die neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften jenem Übereinkommen und dessen Protokoll beigetreten sind, sowie des am 19. Oktober 2005 in Brüssel unterzeichneten Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. (2) Dieses Übereinkommen wird jedoch in jedem Fall angewandt a) in Fragen der gerichtlichen Zuständigkeit, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Staates hat, in dem dieses Übereinkommen, aber keines der in Absatz 1 aufgeführten Rechtsinstrumente gilt, oder wenn die Gerichte eines solchen Staates nach Artikel 22 oder 23 dieses Übereinkommens zuständig sind; b) bei Rechtshängigkeit oder im Zusammenhang stehenden Verfahren im Sinne der Artikel 27 und 28, wenn Verfahren in einem Staat anhängig gemacht werden, in dem dieses Übereinkommen, aber keines der in Absatz 1 aufgeführten Rechtsinstrumente gilt, und in einem Staat, in dem sowohl dieses Übereinkommen als auch eines der in Absatz 1 aufgeführten Rechtsinstrumente gilt; c) in Fragen der Anerkennung und Vollstreckung, wenn entweder der Ursprungsstaat oder der ersuchte Staat keines der in Absatz 1 aufgeführten Rechtsinstrumente anwendet. (3) Außer aus den in Titel III vorgesehenen Gründen kann die Anerkennung oder Vollstreckung versagt werden, wenn sich der der Entscheidung zugrunde liegende Zuständigkeitsgrund von demjenigen unterscheidet, der sich aus diesem Übereinkommen ergibt, und wenn die Anerkennung oder Vollstreckung gegen eine Partei geltend gemacht wird, die ihren Wohnsitz in einem Staat hat, in dem dieses Übereinkommen, aber keines der in Absatz 1 aufgeführten Rechtsinstrumente gilt, es sei denn, dass die Entscheidung anderweitig nach dem Recht des ersuchten Staates anerkannt oder vollstreckt werden kann. Artikel 65 Dieses Übereinkommen ersetzt unbeschadet des Artikels 63 Absatz 2 und der Artikel 66 und 67 im Verhältnis zwischen den durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten die zwischen zwei oder mehr dieser Staaten bestehenden Übereinkünfte, die sich auf dieselben Rechtsgebiete erstrecken wie dieses Übereinkommen. Durch dieses Schütze
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Übereinkommen werden insbesondere die in Anhang VII aufgeführten Übereinkünfte ersetzt. Artikel 66 (1) Die in Artikel 65 angeführten Übereinkünfte behalten ihre Wirksamkeit für die Rechtsgebiete, auf die dieses Übereinkommen nicht anzuwenden ist. (2) Sie bleiben auch weiterhin für die Entscheidungen und die öffentlichen Urkunden wirksam, die vor Inkrafttreten dieses Übereinkommens ergangen oder aufgenommen worden sind. Artikel 67 (1) Dieses Übereinkommen lässt Übereinkünfte unberührt, denen die Vertragsparteien und/oder die durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten angehören und die für besondere Rechtsgebiete die gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung oder die Vollstreckung von Entscheidungen regeln. Unbeschadet der Verpflichtungen aus anderen Übereinkünften, denen manche Vertragsparteien angehören, schließt dieses Übereinkommen nicht aus, dass die Vertragsparteien solche Übereinkünfte schließen. (2) Dieses Übereinkommen schließt nicht aus, dass ein Gericht eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates, der Vertragspartei einer Übereinkunft über ein besonderes Rechtsgebiet ist, seine Zuständigkeit auf eine solche Übereinkunft stützt, und zwar auch dann, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat hat, der nicht Vertragspartei der betreffenden Übereinkunft ist. In jedem Fall wendet dieses Gericht Artikel 26 dieses Übereinkommens an. (3) Entscheidungen, die in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat von einem Gericht erlassen worden sind, das seine Zuständigkeit auf eine Übereinkunft über ein besonderes Rechtsgebiet gestützt hat, werden in den anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten nach Titel III dieses Übereinkommens anerkannt und vollstreckt. (4) Neben den in Titel III vorgesehenen Gründen kann die Anerkennung oder Vollstreckung versagt werden, wenn der ersuchte Staat nicht durch die Übereinkunft über ein besonderes Rechtsgebiet gebunden ist und die Person, gegen die die Anerkennung oder Vollstreckung geltend gemacht wird, ihren Wohnsitz in diesem Staat hat oder, wenn der ersuchte Staat ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist und die Übereinkunft von der Europäischen Gemeinschaft geschlossen werden müsste, in einem ihrer Mitgliedstaaten, es sei denn, die Entscheidung kann anderweitig nach dem Recht des ersuchten Staates anerkannt oder vollstreckt werden. (5) Sind der Ursprungsstaat und der ersuchte Staat Vertragsparteien einer Übereinkunft über ein besonderes Rechtsgebiet, welche die Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen regelt, so gelten diese Voraussetzungen. In jedem Fall können die Bestimmungen dieses Übereinkommens über das Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen angewandt werden. Artikel 68 (1) Dieses Übereinkommen lässt Übereinkünfte unberührt, durch die sich die durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten vor Inkrafttreten dieses Übereinkom721
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mens verpflichtet haben, Entscheidungen der Gerichte anderer durch dieses Übereinkommen gebundener Staaten gegen Beklagte, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Drittstaats haben, nicht anzuerkennen, wenn die Entscheidungen in den Fällen des Artikels 4 nur auf einen der in Artikel 3 Absatz 2 angeführten Zuständigkeitsgründe gestützt werden könnten. Unbeschadet der Verpflichtungen aus anderen Übereinkünften, denen manche Vertragsparteien angehören, schließt dieses Übereinkommen nicht aus, dass die Vertragsparteien solche Übereinkünfte treffen. (2) Keine Vertragspartei kann sich jedoch gegenüber einem Drittstaat verpflichten, eine Entscheidung nicht anzuerkennen, die in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat durch ein Gericht gefällt wurde, dessen Zuständigkeit auf das Vorhandensein von Vermögenswerten des Beklagten in diesem Staat oder die Beschlagnahme von dort vorhandenem Vermögen durch den Kläger gegründet ist, a) wenn die Klage erhoben wird, um Eigentums- oder Inhaberrechte hinsichtlich dieses Vermögensfestzustellen oder anzumelden oder um Verfügungsgewalt darüber zu erhalten, oder wenn die Klage sich aus einer anderen Streitsache im Zusammenhang mit diesem Vermögen ergibt, oder b) wenn das Vermögen die Sicherheit für einen Anspruch darstellt, der Gegenstand des Verfahrens ist.
TITEL VIII SCHLUSSVORSCHRIFTEN Artikel 69 (1) Dieses Übereinkommen liegt für die Europäische Gemeinschaft, Dänemark und die Staaten, die Mitglieder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, zur Unterzeichnung auf. (2) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation durch die Unterzeichnerstaaten. Die Ratifikationsurkunden werden beim Schweizerischen Bundesrat hinterlegt, der der Verwahrer dieses Übereinkommens ist. (3) Zum Zeitpunkt der Ratifizierung kann jede Vertragspartei Erklärungen gemäß den Artikeln I, II und III des Protokolls 1 abgeben. (4) Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des sechsten Monats in Kraft, der auf den Tag folgt, an dem die Europäische Gemeinschaft und ein Mitglied der Europäischen Freihandelsassoziation ihre Ratifikationsurkunden hinterlegt haben. (5) Für jede andere Vertragspartei tritt dieses Übereinkommen am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf die Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunde folgt. (6) Unbeschadet des Artikels 3 Absatz 3 des Protokolls 2 ersetzt dieses Übereinkommen ab dem Tag seines Inkrafttretens gemäß den Absätzen 4 und 5 das am 16. September 1988 in Lugano geschlossene Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Jede Bezugnahme auf das Lugano-Übereinkommen von 1988 in anderen Rechtsinstrumenten gilt als Bezugnahme auf dieses Übereinkommen. (7) Im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und den außereuropäischen Gebieten im Sinne von Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe b ersetzt dieses Übereinkommen ab dem Tag seines Inkrafttretens für diese Gebiete gemäß Artikel 73 Absatz 2 das am 27. September 1968 in Brüssel unterzeichnete Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen Schütze
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in Zivil- und Handelssachen und das am 3. Juni 1971 in Luxemburg unterzeichnete Protokoll über die Auslegung des genannten Übereinkommens durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in der Fassung der Übereinkommen, mit denen die neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften jenem Übereinkommen und dessen Protokoll beigetreten sind. Artikel 70 (1) Dem Übereinkommen können nach seinem Inkrafttreten beitreten: die Staaten, die nach Auflage dieses Übereinkommens zur Unterzeichnung Mitglieder der Europäischen Freihandelsassoziation werden, unter den Voraussetzungen des Artikels 71; b) ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft im Namen bestimmter außereuropäischer Gebiete, die Teil seines Hoheitsgebiets sind oder für deren Außenbeziehungen dieser Mitgliedstaat zuständig ist, unter den Voraussetzungen des Artikels 71; c) jeder andere Staat unter den Voraussetzungen des Artikels 72. a)
(2) Die in Absatz 1 genannten Staaten, die diesem Übereinkommen beitreten wollen, richten ein entsprechendes Ersuchen an den Verwahrer. Dem Beitrittsersuchen und den Angaben nach den Artikeln 71 und 72 ist eine englische und französische Übersetzung beizufügen. Artikel 71 (1) Jeder in Artikel 70 Absatz 1 Buchstaben a und b genannte Staat, der diesem Übereinkommen beitreten will, a) teilt die zur Anwendung dieses Übereinkommens erforderlichen Angaben mit; b) kann Erklärungen nach Maßgabe der Artikel I und III des Protokolls 1 abgeben. (2) Der Verwahrer übermittelt den anderen Vertragsparteien vor der Hinterlegung der Beitrittsurkunde des betreffenden Staates die Angaben, die ihm nach Absatz 1 mitgeteilt wurden. Artikel 72 (1) Jeder in Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe c genannte Staat, der diesem Übereinkommen beitreten will, a) teilt die zur Anwendung dieses Übereinkommens erforderlichen Angaben mit; b) kann Erklärungen nach Maßgabe der Artikel I und III des Protokolls 1 abgeben; c) erteilt dem Verwahrer Auskünfte insbesondere über 1. sein Justizsystem mit Angaben zur Ernennung der Richter und zu deren Unabhängigkeit; 2. sein innerstaatliches Zivilprozess- und Vollstreckungsrecht; 3. sein Internationales Zivilprozessrecht. (2) Der Verwahrer übermittelt den anderen Vertragsparteien die Angaben, die ihm nach Absatz 1 mitgeteilt worden sind, bevor er den betreffenden Staat gemäß Absatz 3 zum Beitritt einlädt. 723
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(3) Unbeschadet des Absatzes 4 lädt der Verwahrer den betreffenden Staat nur dann zum Beitritt ein, wenn die Zustimmung aller Vertragsparteien vorliegt. Die Vertragsparteien sind bestrebt, ihre Zustimmung spätestens innerhalb eines Jahres nach der Aufforderung durch den Verwahrer zu erteilen. (4) Für den beitretenden Staat tritt dieses Übereinkommen nur im Verhältnis zu den Vertragsparteien in Kraft, die vor dem ersten Tag des dritten Monats, der auf die Hinterlegung der Beitrittsurkunde folgt, keine Einwände gegen den Beitritt erhoben haben. Artikel 73 (1) Die Beitrittsurkunden werden beim Verwahrer hinterlegt. (2) Für einen in Artikel 70 genannten beitretenden Staat tritt dieses Übereinkommen am ersten Tag des dritten Monats, der auf die Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde folgt, in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt gilt der beitretende Staat als Vertragspartei dieses Übereinkommens. (3) Jede Vertragspartei kann dem Verwahrer den Wortlaut dieses Übereinkommens in ihrer oder ihren Sprachen übermitteln, der, sofern die Vertragsparteien nach Artikel 4 des Protokolls 2 zugestimmt haben, ebenfalls als verbindlich gilt. Artikel 74 (1) Dieses Übereinkommen wird auf unbegrenzte Zeit geschlossen. (2) Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Verwahrer gerichtete Notifikation kündigen. (3) Die Kündigung wird am Ende des Kalenderjahres wirksam, das auf einen Zeitraum von sechs Monaten folgt, gerechnet vom Eingang ihrer Notifikation beim Verwahrer. Artikel 75 – – – – – – –
Diesem Übereinkommen sind beigefügt: ein Protokoll 1 über bestimmte Zuständigkeits-, Verfahrens- und Vollstreckungsfragen, ein Protokoll 2 über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens und den Ständigen Ausschuss, ein Protokoll 3 über die Anwendung von Artikel 67, die Anhänge I bis IV und Anhang VII mit Angaben zur Anwendung des Übereinkommens, die Anhänge V und VI mit den Formblättern für die Bescheinigungen im Sinne der Artikel 54, 57 und 58, Anhang VIII mit der Angabe der verbindlichen Sprachfassungen des Übereinkommens gemäß Artikel 79 und Anhang IX mit den Angaben gemäß Artikel II des Protokolls 1. Die Protokolle und Anhänge sind Bestandteil des Übereinkommens.
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Artikel 76 Unbeschadet des Artikels 77 kann jede Vertragspartei eine Revision dieses Übereinkommens beantragen. Zu diesem Zweck beruft der Verwahrer den Ständigen Ausschuss nach Artikel 4 des Protokolls 2 ein. Artikel 77 (1) Die Vertragsparteien teilen dem Verwahrer den Wortlaut aller Rechtsvorschriften mit, durch den die Listen in den Anhängen I bis IV geändert werden, sowie alle Streichungen oder Zusätze in der Liste des Anhangs VII und den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens. Diese Mitteilung erfolgt rechtzeitig vor Inkrafttreten; ihr ist eine englische und französische Übersetzung beizufügen. Der Verwahrer passt die betreffenden Anhänge nach Anhörung des Ständigen Ausschusses gemäß Artikel 4 des Protokolls 2 entsprechend an. Zu diesem Zweck erstellen die Vertragsparteien eine Übersetzung der Anpassungen in ihren Sprachen. (2) Jede Änderung der Anhänge V und VI sowie VIII und IX wird vom Ständigen Ausschuss gemäß Artikel 4 des Protokolls 2 angenommen. Artikel 78 a) b) c) d)
(1) Der Verwahrer notifiziert den Vertragsparteien: die Hinterlegung jeder Ratifikations- oder Beitrittsurkunde, den Tag, an dem dieses Übereinkommen für die Vertragsparteien in Kraft tritt, die nach den Artikeln I bis IV des Protokolls 1 eingegangenen Erklärungen, die Mitteilungen nach Artikel 74 Absatz 2, Artikel 77 Absatz 1 sowie Absatz 4 des Protokolls 3. (2) Den Notifikationen ist eine englische und französische Übersetzung beizufü-
gen. Artikel 79 Dieses Übereinkommen ist in einer Urschrift in den in Anhang VIII aufgeführten Sprachen abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist; es wird im Schweizerischen Bundesarchiv hinterlegt. Der Schweizerische Bundesrat übermittelt jeder Vertragspartei eine beglaubigte Abschrift. ZU URKUND DESSEN haben die unterzeichneten Bevollmächtigten dieses Übereinkommen unterzeichnet. Geschehen zu Lugano am dreißigsten Oktober zweitausendsieben.
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PROTOKOLL 1 über bestimmte Zuständigkeits-, Verfahrens- und Vollstreckungsfragen DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN: Artikel I (1) Gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke, die in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat ausgefertigt worden sind und einer Person zugestellt werden sollen, die sich im Hoheitsgebiet eines anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates befindet, werden nach den zwischen diesen Staaten geltenden Übereinkünften übermittelt. (2) Sofern die Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Zustellung bewirkt werden soll, nicht durch eine an den Verwahrer gerichtete Erklärung widersprochen hat, können diese Schriftstücke auch von den gerichtlichen Amtspersonen des Staates, in dem sie ausgefertigt worden sind, unmittelbar den gerichtlichen Amtspersonen des Staates übersandt werden, in dessen Hoheitsgebiet sich die Person befindet, für welche das Schriftstück bestimmt ist. In diesem Fall übersendet die gerichtliche Amtsperson des Ursprungsstaats der gerichtlichen Amtsperson des ersuchten Staates, die für die Übermittlung an den Empfänger zuständig ist, eine Abschrift des Schriftstücks. Diese Übermittlung wird in den Formen vorgenommen, die das Recht des ersuchten Staates vorsieht. Sie wird durch eine Bescheinigung festgestellt, die der gerichtlichen Amtsperson des Ursprungsstaats unmittelbar zugesandt wird. (3) Die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, die durch die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 oder durch das am 19. Oktober 2005 in Brüssel unterzeichnete Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen gebunden sind, wenden diese Verordnung und dieses Abkommen in ihrem Verhältnis untereinander an. Artikel II (1) Die in Artikel 6 Nummer 2 und Artikel 11 für eine Gewährleistungs- oder Interventionsklage vorgesehene Zuständigkeit kann in den in Anhang IX genannten Staaten, die durch dieses Übereinkommen gebunden sind, nicht in vollem Umfang geltend gemacht werden. Jede Person, die ihren Wohnsitz in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat hat, kann vor den Gerichten dieser Staaten nach Maßgabe der in Anhang IX genannten Vorschriften verklagt werden. (2) Die Europäische Gemeinschaft kann zum Zeitpunkt der Ratifizierung erklären, dass die in Artikel 6 Nummer 2 und Artikel 11 genannten Verfahren in bestimmten anderen Mitgliedstaaten nicht in Anspruch genommen werden können, und Angaben zu den geltenden Vorschriften mitteilen. (3) Entscheidungen, die in den anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten aufgrund des Artikels 6 Nummer 2 und des Artikels 11 ergangen sind, werden in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Staaten nach Titel III anerkannt und vollstreckt. Die Wirkungen, welche die in diesen Staaten ergangenen Entscheidungen gemäß den Absätzen 1 und 2 gegenüber Dritten haben, werden auch in den anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten anerkannt.
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Artikel III (1) Die Schweizerische Eidgenossenschaft behält sich das Recht vor, bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde zu erklären, dass sie den folgenden Teil der Bestimmung in Artikel 34 Absatz 2 nicht anwenden wird: „es sei denn, der Beklagte hat gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte“. Falls die Schweizerische Eidgenossenschaft diese Erklärung abgibt, wenden die anderen Vertragsparteien denselben Vorbehalt gegenüber Entscheidungen der schweizerischen Gerichte an. (2) Die Vertragsparteien können sich in Bezug auf Entscheidungen, die in einem beitretenden Staat gemäß Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe c ergangen sind, durch Erklärung folgende Rechte vorbehalten: a) das in Absatz 1 erwähnte Recht und b) das Recht einer Behörde im Sinne von Artikel 39, unbeschadet der Vorschriften des Artikels 41 von Amts wegen zu prüfen, ob Gründe für die Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung vorliegen. (3) Hat eine Vertragspartei einen solchen Vorbehalt gegenüber einem beitretenden Staat nach Absatz 2 erklärt, kann dieser beitretende Staat sich durch Erklärung dasselbe Recht in Bezug auf Entscheidungen vorbehalten, die von Gerichten dieser Vertragspartei erlassen worden sind. (4) Mit Ausnahme des Vorbehalts gemäß Absatz 1 gelten die Erklärungen für einen Zeitraum von fünf Jahren und können für jeweils weitere fünf Jahre verlängert werden. Die Vertragspartei notifiziert die Verlängerung einer Erklärung gemäß Absatz 2 spätestens sechs Monate vor Ablauf des betreffenden Zeitraums. Ein beitretender Staat kann seine Erklärung gemäß Absatz 3 erst nach Verlängerung der betreffenden Erklärung gemäß Absatz 2 verlängern. Artikel IV Die Erklärungen nach diesem Protokoll können jederzeit durch Notifikation an den Verwahrer zurückgenommen werden. Der Notifikation ist eine englische und französische Übersetzung beizufügen. Die Vertragsparteien erstellen eine Übersetzung in ihren Sprachen. Die Rücknahme wird am ersten Tag des dritten Monats nach der Notifikation wirksam.
PROTOKOLL 2 über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens und den ständigen Ausschuss PRÄAMBEL DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN – GESTÜTZT AUF Artikel 75 des Übereinkommens, IN ANBETRACHT der sachlichen Verknüpfung zwischen diesem Übereinkommen, dem Lugano-Übereinkommen von 1988 und den in Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens genannten Rechtsinstrumenten, 727
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IN DER ERWÄGUNG, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften für Entscheidungen über die Auslegung der in Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens genannten Rechtsinstrumente zuständig ist, IN DER ERWÄGUNG, dass dieses Übereinkommen Teil des Gemeinschaftsrechts wird und der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften deshalb für Entscheidungen über die Auslegung dieses Übereinkommens in Bezug auf dessen Anwendung durch die Gerichte der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft zuständig ist, IN KENNTNIS der bis zur Unterzeichnung dieses Übereinkommens ergangenen Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften über die Auslegung der in Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens genannten Rechtsinstrumente und der bis zur Unterzeichnung dieses Übereinkommens ergangenen Entscheidungen der Gerichte der Vertragsparteien des Lugano-Übereinkommens von 1988 über die Auslegung des letzteren Übereinkommens, IN DER ERWÄGUNG, dass sich die gleichzeitige Revision des Lugano-Übereinkommens von 1988 und des Brüsseler Übereinkommens von 1968, die zum Abschluss eines revidierten Texts dieser Übereinkommen geführt hat, sachlich auf die vorgenannten Entscheidungen zu dem Brüsseler Übereinkommen und dem Lugano-Übereinkommen stützte, IN DER ERWÄGUNG, dass der revidierte Text des Brüsseler Übereinkommens nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam in die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 Eingang gefunden hat, IN DER ERWÄGUNG, dass dieser revidierte Text auch die Grundlage für den Text dieses Übereinkommens war, IN DEM BESTREBEN, bei voller Wahrung der Unabhängigkeit der Gerichte voneinander abweichende Auslegungen zu vermeiden und zu einer möglichst einheitlichen Auslegung der Bestimmungen dieses Übereinkommens und der Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 44/2001, die in ihrem wesentlichen Gehalt in das vorliegende Übereinkommen übernommen worden sind, sowie der anderen in Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens genannten Rechtsinstrumente zu gelangen – SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN: Artikel 1 (1) Jedes Gericht, das dieses Übereinkommen anwendet und auslegt, trägt den Grundsätzen gebührend Rechnung, die in maßgeblichen Entscheidungen von Gerichten der durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten sowie in Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu den Bestimmungendieses Übereinkommens oder zu ähnlichen Bestimmungen des Lugano-Übereinkommens von 1988 und der in Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens genannten Rechtsinstrumente entwickelt worden sind. (2) Für die Gerichte der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft gilt die Verpflichtung in Absatz 1 unbeschadet ihrer Verpflichtungen gegenüber dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, wie sie sich aus dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder aus dem am 19. Oktober 2005 in Brüssel unterzeichneten Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ergeben.
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Artikel 2 Jeder durch dieses Übereinkommen gebundene Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist, hat das Recht, gemäß Artikel 23 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften Schriftsätze einzureichen oder schriftliche Erklärungen abzugeben, wenn ein Gericht eines Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft dem Gerichtshof eine Frage über die Auslegung dieses Übereinkommens oder der in Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens genannten Rechtsinstrumente zur Vorabentscheidung vorlegt. Artikel 3 (1) Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften richtet ein System für den Austausch von Informationen über die Entscheidungen ein, die in Anwendung dieses Übereinkommens sowie des Lugano-Übereinkommens von 1988 und der in Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens genannten Rechtsinstrumente ergangen sind. Dieses System ist öffentlich zugänglich und enthält Entscheidungen letztinstanzlicher Gerichte sowie des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und andere besonders wichtige, rechtskräftig gewordene Entscheidungen, die in Anwendung dieses Übereinkommens, des Lugano-Übereinkommens von 1988 und der in Artikel 64 Absatz 1 dieses Übereinkommens genannten Rechtsinstrumente ergangen sind. Die Entscheidungen werden klassifiziert und mit einer Zusammenfassung versehen. Die zuständigen Behörden der durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten übermitteln der Kommission auf der Grundlage dieses Systems die von den Gerichten dieser Staaten erlassenen vorgenannten Entscheidungen. (2) Der Kanzler des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften wählt die für die Anwendung des Übereinkommens besonders interessanten Fälle aus und legt diese gemäß Artikel 5 auf einer Sitzung der Sachverständigen vor. (3) Bis die Europäischen Gemeinschaften das System im Sinne von Absatz 1 eingerichtet haben, behält der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften das System für den Austausch von Informationen über die in Anwendung dieses Übereinkommens sowie des Lugano-Übereinkommens von 1988 ergangenen Entscheidungen bei. Artikel 4 (1) Es wird ein Ständiger Ausschuss eingesetzt, der aus den Vertretern der Vertragsparteien besteht. (2) Auf Antrag einer Vertragspartei beruft der Verwahrer des Übereinkommens Sitzungen des Ausschusses ein zu – einer Konsultation über das Verhältnis zwischen diesem Übereinkommen und anderen internationalen Rechtsinstrumenten; – einer Konsultation über die Anwendung des Artikels 67 einschließlich des beabsichtigten Beitritts zu Rechtsinstrumenten über ein besonderes Rechtsgebiet im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 und Rechtsetzungsvorschlägen gemäß dem Protokoll 3; – der Erwägung des Beitritts neuer Staaten. Der Ausschuss kann an beitretende Staaten im Sinne von Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe c insbesondere Fragen über ihr Justizsystem und die Umsetzung dieses Übereinkommens richten. Der Ausschuss kann auch Anpassungen dieses Übereinkommens in Betracht ziehen, die für dessen Anwendung in den beitretenden Staaten notwendig sind; 729
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der Aufnahme neuer verbindlicher Sprachfassungen nach Artikel 73 Absatz 3 des Übereinkommens und den notwendigen Änderungen des Anhangs VIII; einer Konsultation über eine Revision des Übereinkommens gemäß Artikel 76; einer Konsultation über Änderungen der Anhänge I bis IV und des Anhangs VII gemäß Artikel 77 Absatz 1; der Annahme von Änderungen der Anhänge V und VI gemäß Artikel 77 Absatz 2; der Rücknahme von Vorbehalten und Erklärungen der Vertragsparteien nach Protokoll 1 und notwendigen Änderungen des Anhangs IX.
(3) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung mit Regeln für seine Arbeitsweise und Beschlussfassung. Darin ist auch die Möglichkeit vorzusehen, dass Konsultation und Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren erfolgen. Artikel 5 (1) Der Verwahrer kann im Bedarfsfall eine Sitzung der Sachverständigen zu einem Meinungsaustausch über die Wirkungsweise des Übereinkommens einberufen, insbesondere über die Entwicklung der Rechtsprechung und neue Rechtsvorschriften, die die Anwendung des Übereinkommens beeinflussen können. (2) An der Sitzung nehmen Sachverständige der Vertragsparteien, der durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten, des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und der Europäischen Freihandelsassoziation teil. Die Sitzung steht weiteren Sachverständigen offen, deren Anwesenheit zweckdienlich erscheint. (3) Probleme, die sich bei der Anwendung des Übereinkommens stellen, können dem Ständigen Ausschuss gemäß Artikel 4 zur weiteren Behandlung vorgelegt werden.
PROTOKOLL 3 über die Anwendung von Artikel 67 des Übereinkommens DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN: 1.
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3.
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Für die Zwecke dieses Übereinkommens werden die Bestimmungen, die für besondere Rechtsgebiete die gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung oder die Vollstreckung von Entscheidungen regeln und in Rechtsakten der Organe der Europäischen Gemeinschaften enthalten sind oder künftig darin enthalten sein werden, ebenso behandelt wie die in Artikel 67 Absatz 1 bezeichneten Übereinkünfte. Ist eine Vertragspartei der Auffassung, dass eine Bestimmung eines vorgeschlagenen Rechtsakts der Organe der Europäischen Gemeinschaften mit dem Übereinkommen nicht vereinbar ist, so fassen die Vertragsparteien unbeschadet der Anwendung des in Protokoll 2 vorgesehenen Verfahrens unverzüglich eine Änderung nach Artikel 76 ins Auge. Werden einige oder alle Bestimmungen, die in Rechtsakten der Organe der Europäischen Gemeinschaften im Sinne von Absatz 1 enthalten sind, von einer Vertragspartei oder mehreren Vertragsparteien gemeinsam in innerstaatliches Recht umgesetzt, werden diese Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts in gleicher Weise behandelt wie die Übereinkünfte im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 des Übereinkommens. Die Vertragsparteien teilen dem Verwahrer den Wortlaut der in Absatz 3 genannten Bestimmungen mit. Dieser Mitteilung ist eine englische und französische Übersetzung beizufügen.
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3. a. aa. α. Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (unterzeichnet am 30. Oktober 2007 in Lugano) – Erläuternder Bericht von Professor Fausto Pocar, Inhaber des Lehrstuhls für Völkerrecht an der Universität Mailand 2009/C 319/01
KAPITEL I ALLGEMEINE ÜBERLEGUNGEN 1. Vorbemerkungen und Hintergrund der Revision 1. Das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen wurde am 30. Oktober 2007 in Lugano unterzeichnet (im Folgenden: „Lugano-Übereinkommen“ oder „Übereinkommen“); Vertragsparteien sind die Europäische Gemeinschaft, das Königreich Dänemark,1 die Republik Island, das Königreich Norwegen und die Schweizerische Eidgenossenschaft. Es ersetzt das Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen2 (im Folgenden: „Lugano-Übereinkommen von 1988“ oder „Übereinkommen von 1988“), das zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) geschlossen worden war. Das Lugano-Übereinkommen von 1988 war ein Parallelübereinkommen zum Brüsseler Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im Folgenden: „Brüsseler Übereinkommen“), das die sechs Gründungsmitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft in Anwendung des Artikels 220 (jetzt Artikel 293) EG-Vertrag geschlossen hatten und das in der Folge mehrfach geändert wurde, um seine Anwendung auf der Gemeinschaft neu beigetretene Staaten auszudehnen.3 Nach 1988 traten mehrere Vertragsstaaten des Lugano-Übereinkommens4 der Europäischen Gemeinschaft bei und wurden damit Parteien des Brüsseler Übereinkommens, so dass sie fortan in anderer Eigenschaft am Lugano-Übereinkommen teilnahmen. Im Jahre 1997, als die Beratungen über eine Revision des Lugano-Übereinkommens aufgenommen wurden, gehörten dem Übereinkommen die fünfzehn damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften sowie Island, Norwegen und die Schweiz an. 2. Im Jahre 1997 leitete der Rat der Europäischen Union die gleichzeitige Revision des Brüsseler Übereinkommens und des Lugano-Übereinkommens von 1988 in die Wege; dabei bestand das Ziel darin, beide Übereinkommen vollständig aufeinander abzustim-
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1 Dänemark hat das Übereinkommen am 5. Dezember 2007 in Brüssel unterzeichnet. 2 ABl. L 319 vom 25.11.1988. 3 Sofern nichts anderes angegeben ist, beziehen sich die Verweise auf das Brüsseler Übereinkommen auf den im ABl. C 27 vom 26.1.1998 veröffentlichten Text in der Fassung des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland („Beitrittsübereinkommen von 1978“), des Übereinkommens vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt der Republik Griechenland („Beitrittsübereinkommen von 1982“), des Übereinkommens vom 26. Mai 1989 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik („Beitrittsübereinkommen von 1989“) und des Übereinkommens vom 29. November 1996 über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden („Beitrittsübereinkommen von 1996“). 4 Finnland, Schweden und Österreich, die am 1. Januar 1995 der Gemeinschaft beitraten, aber seit dem 1. April 1993 Vertragsstaaten des Lugano-Übereinkommens waren.
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men und Änderungen vorzunehmen, um bestimmte Probleme, die bei der Auslegung der Übereinkommen durch den Gerichtshof zutage getreten waren, zu beheben. Man war der Auffassung, dass beide Übereinkommen zusammen einer Revision unterzogen werden sollten, um unter anderem den Entwicklungen im internationalen Leben und in der Technik – insbesondere mit Blick auf den elektronischen Geschäftsverkehr – Rechnung zu tragen, die Vollstreckung von Entscheidungen zu beschleunigen (ein Erfordernis, dem später mit Artikel 65 des Vertrags von Amsterdam vom 2. Oktober 1997,5 der bei Beginn der Beratungen noch nicht in Kraft war, Rechnung getragen wurde), Aspekte der gerichtlichen Zuständigkeit und der Abstimmung zwischen den zuständigen Gerichten zu vereinfachen, Unklarheiten bzw. Punkte, die sich in der Praxis als problematisch erwiesen hatten, auszuräumen bzw. eindeutiger zu regeln, und nicht zuletzt einige Bestimmungen der Übereinkommen an die Rechtsprechung des Gerichtshofs anzupassen, obwohl sich in der Folge herausstellte, dass dies nicht immer notwendig war. 3. Auf seiner Tagung vom 4./5. Dezember 1997 setzte der Rat der Europäischen Union eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe von Experten ein, die aus Vertretern der Mitgliedstaaten und der dem Lugano-Übereinkommen angehörenden EFTA-Länder (Schweiz, Norwegen und Island) bestand und die die Vorschläge der Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission zur Änderung des Brüsseler Übereinkommens und des Lugano-Übereinkommens unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs und bestimmter Entscheidungen der nationalen Gerichte, auf die im Protokoll Nr. 2 zum Lugano-Übereinkommen von 1988 Bezug genommen wird, prüfen und einen Übereinkommensentwurf erstellen sollte, mit dem die geltenden Texte verbessert und aneinander angeglichen würden. Im Mandat der Arbeitsgruppe waren die vorrangigen Aufgaben angegeben: So sollte sie die praktischen Aspekte der beiden Übereinkommen prüfen, eine Reihe von Bestimmungen modernisieren, gewisse technische Berichtigungen vornehmen, die Texte an das Übereinkommen von Rom vom 19. Juni 1980 angleichen und sich außerdem mit einigen spezifischen Aspekten des Lugano-Übereinkommens, die im Brüsseler Übereinkommen anders geregelt waren, befassen; sonstige Vorschläge zur Revision sollten erst nach Prüfung der als vorrangig eingestuften Artikel in Betracht gezogen werden. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe, deren Mandat auf Artikel 220 EG-Vertrag beruhte, stützte sich bei ihrer Arbeit auf Vorschläge der Kommission sowie auf Arbeitsvorlagen des Rates und der Delegationen der Vertragsstaaten, wobei sie die Rechtsprechung des Gerichtshofs und Meinungen, die im juristischen Schrifttum und von Vereinigungen von Rechtswissenschaftlern6 vertreten wurden, in vollem Umfang berücksichtigte. Die Arbeitsgruppe trat sieben Mal in Brüssel unter dem Vorsitz des finnischen Vertreters Gustaf Möller zusammen; stellvertretende Vorsitzende war die Vertreterin der Schweiz Monique Jametti Greiner, Berichterstatter der italienische Vertreter Fausto Pocar. Die Europäische Kommission war an den Beratungen der Arbeitsgruppe in vollem Umfang beteiligt.7 Bei ihrer
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5 Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, ABl. C 340 vom 10.11.1997. 6 Zu erwähnen ist hier insbesondere die Europäische Gruppe für Internationales Privatrecht (European Group of Private International Law/Groupe européen de droit international privé, EGPIL/GEDIP), die dem Sekretariat des Ständigen Ausschusses für das Lugano-Übereinkommen und dem Generalsekretariat des Rates der Europäischen Union am 7. April 1997 ein Dokument mit einer Reihe von Vorschlägen zur Revision des Brüsseler Übereinkommens und des Lugano-Übereinkommens unterbreitete; das Dokument wurde am 15. April 1997 als Arbeitsdokument des Rates an die Delegationen verteilt (im Folgenden: „Vorschläge der Europäischen Gruppe für Internationales Privatrecht“). 7 Polen nahm an den Sitzungen der Gruppe als Beobachter teil, nachdem alle Vertragsparteien seinem Beitritt zum Lugano-Übereinkommen zugestimmt hatten. Weitere Beobachter waren der Gerichtshof, die EFTA und die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht.
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letzten Zusammenkunft vom 19. bis 23. April 1999 erreichte die Arbeitsgruppe grundsätzliches Einvernehmen über eine geänderte Fassung der beiden Übereinkommen.8 4. Am 1. Mai 1999 trat jedoch der Vertrag von Amsterdam in Kraft; damit erhielt die Europäische Gemeinschaft neue Zuständigkeiten für die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen, so dass der von der Ad-hoc-Arbeitsgruppe vorgeschlagene Entwurf nicht mehr als neue Fassung des Brüsseler Übereinkommens und – parallel dazu – als neues Lugano-Übereinkommen angenommen werden konnte. Der Entwurf wurde vom Rat am 12. Mai 1999“auf Eis gelegt“, bis die Kommission nach Artikel 61 EG-Vertrag den Entwurf eines gemeinschaftlichen Rechtsakts vorlegen würde, der das Brüsseler Übereinkommen im Gemeinschaftsrahmen ersetzen sollte. Auf seiner Tagung vom 27./28. Mai 1999 billigte der Rat grundsätzlich die in der Ad-hoc-Arbeitsgruppe erzielte Einigung. 5. Am 14. Juli 1999 unterbreitete die Kommission dem Rat einen Vorschlag für eine Gemeinschaftsverordnung,9 der weitgehend auf dem Entwurf der Ad-hoc-Arbeitsgruppe beruhte und nur die Anpassungen, die durch die neue Rechtsform des geplanten Instruments erforderlich geworden waren, sowie neue Verbraucherschutzbestimmungen enthielt. Dieser Vorschlag wurde vom Ausschuss für Zivilrecht des Rates geprüft. Am 22. Dezember 2000 erließ der Rat den Vorschlag als Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-I-Verordnung).10 Die Verordnung, die in der Folge geändert wurde, um dem Beitritt neuer Staaten zur Europäischen Gemeinschaft Rechnung zu tragen, trat am 1. März 2002 in Kraft und ersetzte das Brüsseler Übereinkommen im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, mit Ausnahme Dänemarks, das sich nach Artikel 69 EG-Vertrag nicht an Rechtsakten beteiligt, die auf Grundlage von Titel IV des Vertrags angenommen werden. Am 19. Oktober 2005 unterzeichneten die Gemeinschaft und Dänemark in Brüssel ein Abkommen,11 nach dem die Brüssel-IVerordnung und spätere Änderungen dieser Verordnung im Verhältnis zwischen der Gemeinschaft und Dänemark Anwendung finden. 6. Angesichts der neuen Zuständigkeiten, die der Europäischen Gemeinschaft mit dem Vertrag von Amsterdam übertragen wurden, stellte sich die Frage, ob das neue Lugano-Übereinkommen von der Gemeinschaft allein oder aber von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten gemeinsam ausgehandelt und geschlossen werden sollte. Am 25. März 2002 unterbreitete die Kommission eine Empfehlung für einen Beschluss des Rates zur Ermächtigung der Kommission, Verhandlungen aufzunehmen im Hinblick auf die Annahme eines Übereinkommens zwischen der Gemeinschaft und Dänemark einerseits sowie Island, Norwegen, der Schweiz und Polen andererseits über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen zur Ersetzung des Übereinkommens von Lugano vom 16. September 1988.12 Auf seiner Tagung vom 14./15. Oktober 2002 ermächtigte der Rat die Kommission, Verhandlungen im Hinblick auf die Annahme eines neuen Lugano-Übereinkommens aufzunehmen, wobei er jedoch offen ließ, ob der Abschluss des neuen Übereinkommens in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft oder in die gemischte Zuständigkeit der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten fiel. Dem Ratsbeschluss waren Verhandlungsrichtlinien sowie eine gemeinsame Erklärung des Rates, der Kommission und der Mitgliedstaaten beigefügt, der zufolge der Ratsbeschluss keinerlei rechtliche Auswirkun-
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8 Ratsdokument 7700/99 vom 30.4.1999. 9 KOM (1999) 348 endg. vom 14.7.1999. 10 ABl. L 12 vom 16.1.2001. 11 ABl. L 299 vom 16.11.2005. 12 SEK(2002) 298 endg. vom 22.3.2002.
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gen hinsichtlich der Frage der jeweiligen Zuständigkeiten der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten hatte. Der Rat kam überein, den Gerichtshof gemäß Artikel 300 Absatz 6 EGVertrag diesbezüglich um ein Gutachten zu ersuchen. 7. Am 7. März 2003 übermittelte der Rat dem Gerichtshof einen entsprechenden Antrag, in dem er darlegte, dass beabsichtigt sei, die inhaltlichen Bestimmungen des geplanten Übereinkommens möglichst weitgehend an die Bestimmungen der Brüssel-IVerordnung anzupassen, und folgende Frage formulierte: „Fällt der Abschluss des neuen Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, so wie er unter den Nummern 8 bis 12 des vorliegenden Schriftsatzes in Betracht gezogen wird, voll und ganz in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft oder in eine gemischte Zuständigkeit der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten?“ Hierzu äußerte sich der Gerichtshof (Plenum) am 7. Februar 2006 wie folgt: „Der Abschluss des neuen Übereinkommens von Lugano über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, wie er unter den in Randnummer 26 des vorliegenden Gutachtens wiedergegebenen Nummern 8 bis 12 des Antrags auf Gutachten in Betracht gezogen wird, fällt vollständig in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft.“13 8. Im Anschluss an die Vorlage des Gutachtens des Gerichtshofs fand vom 10. bis 12. Oktober 2006 in Lugano eine diplomatische Konferenz zur abschließenden Überarbeitung des neuen Lugano-Übereinkommens statt, an der die Vertreter der Europäischen Gemeinschaft, Dänemarks, Islands, Norwegens und der Schweiz teilnahmen und der auch mehrere Gemeinschaftsorgane und Mitgliedstaaten als Beobachter beiwohnten. Den Vorsitz führte die Delegierte der Schweiz Monique Jametti Greiner, Berichterstatter war Fausto Pocar. Auf der Tagung wurden sämtliche Bestimmungen, die von dem von der Ad-hoc-Arbeitsgruppe 1999 vereinbarten Text abwichen – und über die größtenteils bereits im Ständigen Ausschuss nach Artikel 3 des Protokolls Nr. 2 zum Lugano-Übereinkommen von 1988 informell verhandelt worden war –, geprüft; anschließend wurde das neue Übereinkommen förmlich verabschiedet. Allerdings gelang es nicht, über alle erörterten Punkte Einvernehmen zu erzielen, so dass weitere Verhandlungen erforderlich waren und das neue Übereinkommen erst am 28. März 2007 in Brüssel paraphiert und am 30. Oktober 2007 in Lugano von den Vertragsparteien unterzeichnet wurde. 2. Art und Zweck dieses erläuternden Berichts 9. In den auf der Tagung des Rates vom 14./15. Oktober 2002 gebilligten Verhandlungsrichtlinien, mit denen die Kommission zur Aufnahme von Verhandlungen im Hinblick auf die Annahme eines neuen Lugano-Übereinkommens ermächtigt wurde, hatte der Rat präzisiert, dass – wie beim Lugano-Übereinkommen von 1988 – ein erläuternder Bericht über das revidierte Übereinkommen zu erstellen ist. Der vorliegende erläuternde Bericht schließt somit an den Bericht an, der dem Lugano-Übereinkommen von 1988 beigegeben war (im Folgenden: „Jenard/Möller-Bericht“).14 Ein solcher erläuternder Bericht hat den Vorteil, dass er den Gerichten Anhaltspunkte für die Auslegung des Übereinkommens bietet und somit – nicht zuletzt mit Blick darauf, dass in Zukunft vielleicht weitere Länder dem Übereinkommen beitreten werden – dessen einheitliche Anwendung fördert, denn anders als bei dem System, zu dem die Brüssel-I-Verordnung gehört, gibt es im System des Übereinkommens keinen Gerichtshof, dem Auslegungsfragen, die sich
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Gutachten 1/03 des Gerichtshofs, Tenor. Bericht zum Lugano-Übereinkommen vom 16. September 1988, ABl. C 189 vom 28.7.1990.
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in Verfahren vor nationalen Gerichten ergeben, zur Entscheidung vorgelegt werden könnten. 10. Was den Inhalt betrifft, so war in den Verhandlungsrichtlinien des Rates vorgesehen, dass in dem Bericht alle Angelegenheiten behandelt werden sollten, die Gegenstand des Übereinkommens und der dazugehörigen Protokolle sind. Während der Verhandlungen präzisierten die Delegationen, dass in dem erläuternden Bericht alle Bestimmungen des Übereinkommens erläutert und der genaue Verhandlungsverlauf sowie die zunehmende Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den parallelen Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens und der Brüssel-I-Verordnung beschrieben werden sollten. Wie bereits dargelegt, ist das neue Lugano-Übereinkommen Teil einer langen, komplexen Entwicklung, die sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt hat und an deren Anfang das Brüsseler Übereinkommen stand, das 1968 von den sechs ursprünglichen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft geschlossen wurde und dem eine Reihe von Rechtsakten – darunter das Lugano-Übereinkommen von 1988 – folgten. Diese Entwicklung lässt sich am Text des Übereinkommens ablesen; vielfach wurden Klauseln, die bereits in früheren Rechtsinstrumenten enthalten waren, zum Teil unverändert oder lediglich mit formalen Änderungen übernommen. Jedem dieser Rechtsinstrumente mit Ausnahme der Brüssel-I-Verordnung wurde ein erläuternder Bericht beigegeben, in dem die einzelnen Bestimmungen weiter ausgeführt werden. Bei Bestimmungen, die nicht neu sind oder an denen nur formale oder sprachliche Änderungen vorgenommen wurden, dürfte ein Hinweis auf die früheren erläuternden Berichte genügen. Daher wird im vorliegenden Bericht häufig auf die Berichte zum Brüsseler Übereinkommen von 1968 („Jenard-Bericht“),15 zum Beitrittsübereinkommen von 1978 („Schlosser-Bericht“), 16 zum Beitrittsübereinkommen von 1982 („Evrigenis/ Kerameus-Bericht“),17 zum Beitrittsübereinkommen von 1989 (Almeida Cruz/Desantes Real/Jenard-Bericht)18 sowie auf den bereits erwähnten Jenard/Möller-Bericht zum Lugano-Übereinkommen von 1988 verwiesen, ohne das dort Gesagte zu wiederholen. Der Brüssel-I-Verordnung wurde kein entsprechender Bericht beigefügt, doch finden sich explizite Erläuterungen zu einzelnen ihrer Bestimmungen hier und da in ihren einleitenden Erwägungsgründen, auf die im Folgenden gegebenenfalls verwiesen wird. 11. In dem vorliegenden erläuternden Bericht müssen alle Bestimmungen des Lugano-Übereinkommens im Lichte der grundlegenden Urteile nicht nur zu dem Vorläuferübereinkommen, sondern auch zu der inhaltlich weitgehend identischen Brüssel-I-Verordnung behandelt werden; dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass ausschließlich das Lugano-Übereinkommen Gegenstand des Berichts ist und dieser keinesfalls den Standpunkt der Staaten oder der Gemeinschaft zur Brüssel-I-Verordnung widerspiegelt. Dass es keinen erläuternden Bericht zur Brüssel-I-Verordnung gibt, bedeutet nicht, dass diese vermeintliche Lücke mit dem vorliegenden Bericht geschlossen werden soll. Mit anderen Worten: Dieser Bericht dient nicht dazu, die Verordnung zu erläutern oder Hinweise zu geben, wie sie auszulegen ist oder wie ihre Bestimmungen anzuwenden sind; vielmehr dient er einzig und allein dazu, die Vorschriften des Lugano-Übereinkommens in der revidierten Fassung zu erläutern.
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15 Bericht zu dem Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. C 59 vom 5.3.1979. 16 Bericht zu dem Übereinkommen vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt Dänemarks, Irlands und des Vereinigten Königreichs, ABl. C 59 vom 5.3.1979. 17 Bericht zu dem Übereinkommen vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt Griechenlands, ABl. C 298 vom 24.11.1986. 18 Bericht zu dem Übereinkommen vom 26. Mai 1989 über den Beitritt Portugals und Spaniens, ABl. C 189 vom 28.7.1990.
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KAPITEL II STRUKTUR UND ANWENDUNGSBEREICH DES ÜBEREINKOMMENS 1. Struktur 12. Ziel des Übereinkommens ist es laut seiner Präambel, in den Hoheitsgebieten der Vertragsparteien den Rechtsschutz der dort ansässigen Personen zu verstärken und zu diesem Zweck die internationale Zuständigkeit der Gerichte festzulegen, die Anerkennung von gerichtlichen Entscheidungen, öffentlichen Urkunden und gerichtlichen Vergleichen zu erleichtern und ein beschleunigtes Verfahren für ihre Vollstreckung einzuführen. Zu diesem Zweck werden darin unter Berücksichtigung der weiter oben beschriebenen Weiterentwicklung des internationalen Rechts und des Gemeinschaftsrechts die Grundsätze der Brüssel-I-Verordnung auf die Vertragsparteien ausgedehnt, wobei die Bestimmungen dieser Verordnung im Wesentlichen übernommen werden. Auf die Parallelität zur Brüssel-I-Verordnung wird auch in der Präambel des Protokolls 2 zum Übereinkommen hingewiesen; dort wird hervorgehoben, dass eine sachliche Verknüpfung zwischen den beiden Rechtsakten besteht, obwohl es sich nach wie vor um zwei verschiedene Instrumente handelt. Das Übereinkommen folgt in seinem Aufbau infolgedessen den Grundsätzen der Verordnung, die ihrerseits denen des Brüsseler Übereinkommens entsprechen. Somit handelt es sich bei dem Übereinkommen um ein Doppelübereinkommen, das im Rahmen seines Anwendungsbereichs die unmittelbare Zuständigkeit der Gerichte der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten regelt und zugleich Bestimmungen über die Koordinierung zwischen den Gerichten im Falle konkurrierender Zuständigkeiten, die Bedingungen für die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen und ein vereinfachtes Verfahren für ihre Vollstreckung umfasst. In allen diesen Punkten weicht das neue Übereinkommen von dem Übereinkommen von 1988 ab, weil der Text entweder an die Brüssel-I-Verordnung angeglichen oder um besondere Bestimmungen ergänzt wurde, um der Weiterentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs Rechnung zu tragen oder das Verhältnis zwischen dem Übereinkommen und der Verordnung zu regeln. 13. Unter den Grundsätzen, auf denen das Übereinkommen basiert, ist insbesondere der Grundsatz hervorzuheben, dass die darin enthaltenen Bestimmungen über die gerichtliche Zuständigkeit umfassend sind, d.h. dass das System des Übereinkommens sogar Vorschriften umfasst, mit denen die Zuständigkeit durch Verweisung auf das innerstaatliche Recht der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten geregelt wird, wie es – von einigen Ausnahmen abgesehen – der Fall ist, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Staat hat, der dem Übereinkommen nicht beigetreten ist. In seinem bereits angeführten Gutachten 1/03 hat der Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass die zur Regelung der Zuständigkeit in Artikel 4 der Brüssel-I-Verordnung vorgenommene Verweisung auf das innerstaatliche Recht als Wahrnehmung der Gemeinschaftsbefugnisse und nicht als Anerkennung einzelstaatlicher Befugnisse, die den Anwendungsbereich der Zuständigkeitsregeln der Verordnung begrenzen, zu werten sei. Die Zuständigkeitsregeln des Übereinkommens sind umfassend, und der Umstand, dass ein Beklagter seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates hat oder nicht, ist kein Kriterium, mit dem der Anwendungsbereich des Übereinkommens in Bezug auf die gerichtliche Zuständigkeit begrenzt wird (siehe auch weiter unten Nummer 31).
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2. Sachlicher Anwendungsbereich (Artikel 1 Absätze 1 und 2) 14. Der sachliche Anwendungsbereich des Übereinkommens ist gegenüber dem Lugano-Übereinkommen von 1988 in keiner Weise geändert worden; der neue Wortlaut deckt sich mit dem des Brüsseler Übereinkommens und der Brüssel-I-Verordnung. Wie bei den früheren Texten beschränkt sich der Anwendungsbereich des neuen Übereinkommens auf Verfahren und Entscheidungen, die Rechtsverhältnisse mit internationalen Bezügen betreffen, unter anderem auch solche Rechtsverhältnisse, bei denen nicht zwei Vertragsstaaten, sondern ein Vertragsstaat und ein Drittstaat einbezogen sind.19 Das Übereinkommen gelangt automatisch zur Anwendung, gleich, ob die Parteien sich auf es berufen oder nicht, und es gilt ausschließlich für Zivil- und Handelssachen, unabhängig von der Art des Gerichts. Das Übereinkommen erstreckt sich nicht auf Steuer- und Zollsachen und verwaltungsrechtliche Angelegenheiten, kann jedoch Rechtsstreitigkeiten zwischen einer Behörde und einer Privatperson erfassen, sofern die Behörde nicht in Ausübung hoheitlicher Befugnisse tätig geworden ist.20 Überdies wird der sachliche Anwendungsbereich des Übereinkommens durch eine Auflistung der ausgeschlossenen Rechtsgebiete eingegrenzt, die unverändert geblieben ist und auf die in den Berichten zu den früheren Übereinkommen (Jenard-Bericht, S. 10–13, Schlosser-Bericht, Nummern 30–65, Evrigenis/Kerameus-Bericht, Nummern 24–37) ausführlicher eingegangen wurde. 15. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat erörtert, ob der sachliche Anwendungsbereich des Übereinkommens erweitert und die Zahl der ausgeschlossenen Rechtsgebiete reduziert werden sollte. Die Kommission schlug vor, das Übereinkommen auf eheliche Güterstände auszudehnen, unter anderem in Anbetracht ihrer Verbindung zu Unterhaltsfragen, die bereits Gegenstand des Übereinkommens sind.21 Da sich jedoch die nationalen Rechtsvorschriften erheblich voneinander unterscheiden und man nicht über eine Revision des bestehenden Textes hinausgehen wollte, wurde beschlossen, die etwaige Einbeziehung ehelicher Güterstände in das Übereinkommen auf einen Zeitpunkt in der Zukunft zu verschieben. Die Arbeitsgruppe prüfte auch den Vorschlag, das Übereinkommen auf die soziale Sicherheit auszudehnen. Die soziale Sicherheit war ursprünglich aufgrund der unterschiedlichen nationalen Systeme, die teils öffentlich, teils privat organisiert sind, ausgenommen worden. Die Arbeitsgruppe hielt es jedoch für besser, sich nicht weiter mit einer Frage zu befassen, in der schon bei der Annahme der Verordnung 1408/7122 keine Einigung erzielt werden konnte; gleichwohl stellte sie fest, dass das Rechtsgebiet – anders als der Wortlaut von Artikel 1 nahelegen könnte – nicht völlig aus dem Übereinkommen ausgeschlossen ist, da Gerichtsverfahren, die Sozialversicherungsträger im Namen eines oder mehrerer ihrer Leistungsempfänger gegen Dritte, etwa gegen Verursacher schädigender Ereignisse, anstrengen, sehr wohl dem Übereinkommen unterfallen (siehe auch Schlosser-Bericht, Nummer 60). Ferner erstreckt sich das Übereinkommen auch auf Rückgriffsklagen, mit denen öffentliche Stellen gegenüber Privatpersonen die Rückzahlung von Beträgen verfolgen, die sie als Sozialhilfe an die geschiedenen Ehegatten und an die Kinder dieser Personen gezahlt haben, soweit für die Grundlage dieser Klagen und die Modalitäten ihrer Erhebung die allgemeinen (privatrechtlichen) Vorschriften
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19 Gerichtshof, Rechtssache C-281/02, Owusu, Slg. 2005, I-1383. Rdn. 25–26. 20 Gerichtshof, Rechtssache C-266/01, Préservatrice foncière TIARD SA, Slg. 2003, I-4867, Randnummer 36. 21 Zu einigen Anhaltspunkten in Bezug auf die Auslegung des Ausschlusses ehelicher Güterstände aus dem Übereinkommen siehe Gerichtshof, Rechtssache 143/78, de Cavel, Slg. 1979, 1055, und Rechtssache C-220/95, Van den Boogaard gegen Laumen, Slg. 1997, I-1147. 22 Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, ABl. L 149 vom 5.7.1971.
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über Unterhaltsverpflichtungen gelten. Nicht abgedeckt sind dagegen Rückgriffsklagen, die sich auf Bestimmungen stützen, mit denen der Gesetzgeber der öffentlichen Stelle eine eigene, besondere Befugnis verliehen hat, die ihr eine von den allgemein geltenden Vorschriften abweichende Rechtsstellung einräumt.23 3. Den Verpflichtungen aus dem Übereinkommen unterworfene Parteien (Artikel 1 Absatz 3) 16. Im Übereinkommen von 1988 wurden die den Verpflichtungen aus dem Übereinkommen unterworfenen Parteien als „Vertragsstaaten“ bezeichnet. Mit dem Vertrag von Amsterdam erhielt die Gemeinschaft die ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss solcher Übereinkommen; damit handelt es sich bei dem Übereinkommen nicht länger um ein Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und Drittstaaten, sondern um ein Abkommen, bei dem die Gemeinschaft selbst als Vertragspartei im Namen ihrer Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Dänemarks) auftritt. Daher ist die Bezeichnung „Vertragsstaaten“ nicht mehr passend und in Artikel 1 Absatz 3 durch den Ausdruck „durch dieses Übereinkommen gebundene Staaten“ ersetzt worden, der im früheren Übereinkommen noch nicht vorkam. Die neue Formulierung zur Bezeichnung der Parteien, die den Verpflichtungen aus dem Übereinkommen unterworfen sind, wurde auch aus der Überlegung heraus gewählt, dass für die Anwendung des Übereinkommens sowohl in Bezug auf die gerichtliche Zuständigkeit als auch in Bezug auf die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in der Regel die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft zuständig sind und nicht die Gemeinschaft als solche. Eine einfache Bezugnahme auf die Vertragsparteien des Übereinkommens würde demnach nicht ausreichen, um eine korrekte Anwendung des Übereinkommens zu gewährleisten. Mit der neuen Fassung von Absatz 3 werden sowohl die Staaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens sind – d.h. die nicht der Gemeinschaft angehörenden Staaten Island, Norwegen und Schweiz sowie zusätzlich Dänemark – als auch die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, die das Übereinkommen in ihren jeweiligen nationalen Rechtssystemen anwenden müssen, erfasst. 17. Aus der Bestimmung geht allerdings auch hervor, dass mit der Bezeichnung ebenso die Europäische Gemeinschaft als eigenständige Vertragspartei des Übereinkommens gemeint ist, denn bestimmte, in dem Übereinkommen vorgesehene Verpflichtungen können unmittelbar für die Gemeinschaft selbst gelten oder die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen des Gerichtshofs oder der mit ihm verbundenen anderen Gemeinschaftsgerichte, beispielsweise des Gerichts erster Instanz oder des Gerichts für den öffentlichen Dienst, betreffen. In Anbetracht der Beratungen über Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe c wurde schließlich vereinbart, Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration nicht unter den durch das Übereinkommen gebundenen Parteien aufzuführen, obwohl auch sie Vertragsparteien werden können. 4. Verhältnis zwischen dem Übereinkommen und der Brüssel-I-Verordnung (Artikel 64) 18. Da ein enger Zusammenhang zwischen dem Übereinkommen und der Brüssel-IVerordnung besteht, wurde versucht, die Anwendungsbereiche der beiden Instrumente
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Gerichtshof, Rechtssache C-271/00, Gemeente Steenbergen, Slg. 2002, I-10489.
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in einer besonderen Bestimmung (Artikel 64) genauer voneinander abzugrenzen. Dieser Artikel deckt sich inhaltlich weitgehend mit der Bestimmung des Übereinkommens von 1988, die das Verhältnis zum Brüsseler Übereinkommen regelte (Artikel 54 b),24 trägt aber der bisher erfolgten Weiterentwicklung des Gemeinschaftsrechts Rechnung. Wie zuvor schon richten sich die ersten beiden Absätze im Wesentlichen an die Gerichte der durch die Brüssel-I-Verordnung gebundenen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, die in die Lage kommen könnten, beide Rechtsinstrumente anwenden zu müssen, da die Gerichte der nur durch das Lugano-Übereinkommen gebundenen Staaten das Lugano-Übereinkommen ohnehin anwenden müssen. Absatz 3 ist weiter gefasst, denn er richtet sich auch an die Gerichte der nur durch das Lugano-Übereinkommen gebundenen Staaten. Doch bietet die Bestimmung eine klare Richtschnur für alle Gerichte, insbesondere in Fragen der Rechtshängigkeit und im Zusammenhang stehenden Verfahren sowie bei der Anerkennung von Entscheidungen. 19. Das Übereinkommen berührt nach Artikel 64 Absatz 1 nicht die Anwendung der Brüssel-I-Verordnung, des Brüsseler Übereinkommens und des Protokolls von 1971 über die Auslegung jenes Übereinkommens noch des Abkommens zwischen der EG und Dänemark durch die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft.25 Das heißt, der Anwendungsbereich dieser Rechtsinstrumente bleibt unverändert und wird durch das Lugano-Übereinkommen grundsätzlich nicht eingeschränkt. Die Gerichte der durch die Brüssel-I-Verordnung bzw. durch das Abkommen zwischen der EG und Dänemark gebundenen Staaten nehmen demnach ihre Zuständigkeit gegenüber Personen, die ihren Wohnsitz in diesen Staaten haben, sowie gegenüber Personen, die ihren Wohnsitz in Staaten haben, die nicht Vertragsparteien des Lugano-Übereinkommens sind, weiterhin gemäß der Verordnung wahr. Ebenso muss jede Entscheidung, die in einem durch die Verordnung gebundenen Staat ergeht, in allen anderen durch die Verordnung gebundenen Staaten nach Maßgabe der Verordnung anerkannt und vollstreckt werden. 20. Gemäß Absatz 2 wird das Lugano-Übereinkommen jedoch in bestimmten Situationen in jedem Fall angewandt, sei es durch die Gerichte eines durch die Brüssel-IVerordnung und das Lugano-Übereinkommen gebundenen Staates oder sei es durch die Gerichte eines nur durch das Lugano-Übereinkommen gebundenen Staates. Bei Fragen der gerichtlichen Zuständigkeit ist das Lugano-Übereinkommen in allen Fällen von den Gerichten der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten anzuwenden, auch von den Gerichten der durch die Brüssel-I-Verordnung gebundenen Staaten, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Staates hat, in dem das Übereinkommen, aber nicht die Verordnung gilt. Das Gleiche gilt, wenn die Gerichte eines solchen Staates aufgrund von Artikel 22 oder Artikel 23 des Übereinkommens zuständig sind, da es sich dann um ausschließliche Zuständigkeiten handelt, die stets beachtet werden müssen. Außerdem muss das Lugano-Übereinkommen bei Fragen der Rechtshängigkeit und im Zusammenhang stehenden Verfahren im Sinne der Artikel 27 und 28 in jedem Fall angewandt werden, wenn in einem Staat, in dem das Übereinkommen, aber nicht die Brüssel-I-Verordnung gilt, oder in einem Staat, in dem sowohl das Übereinkommen als auch die Verordnung gilt, Klage erhoben wird. Hinsichtlich der Koordinierung der gerichtli-
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24 Jenard/Möller-Bericht, S. 14–17. 25 Die Brüssel-I-Verordnung wird, was die Bestimmungen über Unterhaltspflichten betrifft, durch die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (ABl. L 7 vom 10.1.2009) ersetzt werden (siehe Artikel 68 der Verordnung).
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chen Zuständigkeit werden die durch das Lugano-Übereinkommen gebundenen Staaten somit als ein einziges Hoheitsgebiet betrachtet. Schließlich muss das Lugano-Übereinkommen in Fragen der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in allen Fällen angewandt werden, in denen entweder der Ursprungsstaat oder der Vollstreckungsstaat nicht die Brüssel-I-Verordnung anwendet. Infolgedessen gelangt das Übereinkommen zur Anwendung, wenn beide Staaten nur dem Lugano-Übereinkommen angehören oder wenn nur einer der Staaten dem Übereinkommen angehört und der andere durch die Verordnung gebunden ist. 21. In Absatz 3 wurde ebenfalls die Bestimmung des entsprechenden Artikels aus dem Übereinkommen von 1988 übernommen, wonach das angerufene Gericht, das nach dem Lugano-Übereinkommen zuständig ist, die Anerkennung oder Vollstreckung einer im Ausland ergangenen Entscheidung versagen kann, wenn sich der Zuständigkeitsgrund, den das Ursprungsgericht seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, von demjenigen unterscheidet, der sich aus dem Übereinkommen ergibt, und wenn die Anerkennung oder Vollstreckung gegen einen Beklagten geltend gemacht wird, der seinen Wohnsitz in einem Staat hat, in dem das Übereinkommen, nicht aber die Brüssel-I-Verordnung gilt. Diese Vorschrift ist nicht anwendbar, wenn die Entscheidung anderweitig nach dem Recht des ersuchten Staates anerkannt oder vollstreckt werden kann. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat erörtert, ob diese Bestimmung, die von einem mangelnden Vertrauen der dem Übereinkommen angehörenden Staaten in die durch die Verordnung gebundenen Staaten zeugt, beibehalten werden sollte. Doch auch wenn die Bestimmung höchstwahrscheinlich niemals angewandt werden wird, kann sie – ungeachtet des beträchtlichen Vertrauens, das zwischen den durch die Verordnung gebundenen Staaten besteht – dennoch eine nützliche Garantie bieten, da die durch die Brüssel-I-Verordnung gebundenen Staaten ihre Zuständigkeitsregeln jederzeit im Wege der Gemeinschaftsverfahren zur Änderung der Gemeinschaftsvorschriften ändern können, ohne dass die Staaten, die nur dem Lugano-Übereinkommen angehören, zustimmen müssten. 22. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass alles, was bislang über die Beziehung zwischen dem Lugano-Übereinkommen und der Brüssel-I-Verordnung gesagt wurde, sinngemäß auch für die Beziehung zwischen dem Lugano-Übereinkommen und dem Brüsseler Übereinkommen sowie zwischen dem Lugano-Übereinkommen und dem Abkommen zwischen der EG und Dänemark gilt.
KAPITEL III ZUSTÄNDIGKEIT 1. ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN 1. Allgemeine Zuständigkeitsregel (Artikel 2) 23. In dem neuen Übereinkommen ist die gleiche allgemeine Zuständigkeitsregel wie im Übereinkommen von 1988 enthalten. Diese beruht auf dem Grundsatz „actor sequitur forum rei“, d.h. die Zuständigkeit knüpft weiterhin an den Wohnsitz des Beklagten an, sofern sich dieser in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat befindet. Damit wird bekräftigt, dass die Staatsangehörigkeit des Beklagten bei der gerichtlichen Zuständigkeit keine Rolle spielt (zu den Gründen im Einzelnen siehe Jenard-Bericht, S. 14 ff.). Personen, die ihren Wohnsitz in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat haben, müssen daher vor den Gerichten dieses Staates verklagt werden, ob sie nun die Staatsangehörigkeit dieses Staates besitzen oder nicht (Absatz 1). Nach Absatz 2 gelSchütze
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ten für Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit des Staates besitzen, in dem sie ihren Wohnsitz haben, weiter die gleichen Zuständigkeitsvorschriften wie für Inländer. Es sei darauf hingewiesen, dass – wie schon im Übereinkommen von 1988 – nach der allgemeinen Regel die Gerichte des Staates zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat; welches Gericht innerhalb dieses Staates zuständig ist, bestimmt sich allerdings nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht. 24. Anhand des Kommissionsvorschlags26 hat die Ad-hoc-Arbeitsgruppe erneut geprüft, ob nicht statt des Wohnsitzes der gewöhnliche Aufenthalt des Beklagten herangezogen werden sollte, wie es in vielen Übereinkommen, insbesondere in den im Rahmen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht ausgearbeiteten Übereinkommen, und in der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung („Brüssel-II a-Verordnung“) der Fall ist.27 Die Arbeitsgruppe kam zu dem Ergebnis, dass an dem Kriterium des Wohnsitzes aus mehreren Gründen festgehalten werden sollte: Einige Staaten, etwa das Vereinigte Königreich, sähen sich anderenfalls vor Probleme gestellt, weil sie für die Zwecke der Anwendung des Brüsseler Übereinkommens und des Lugano-Übereinkommens eigens eine Definition des Begriffs „Wohnsitz“ in ihr innerstaatliches Recht aufgenommen haben. Der Begriff „gewöhnlicher Aufenthalt“ eignet sich nach Auffassung einiger Experten besser im Falle persönlicher und familiärer Beziehungen als im Falle von Beziehungen kommerzieller Art. Der gewöhnliche Aufenthalt wurde im Falle von Gesellschaften und juristischen Personen nicht als geeigneter Anknüpfungspunkt erachtet. Der Begriff „gewöhnlicher Aufenthalt“ hätte in jedem Fall einer eigenen Definition bedurft, über die vielleicht nur schwer Einigkeit erzielt worden wäre. 25. Die Möglichkeit, den gewöhnlichen Aufenthaltsort neben dem Wohnsitz als alternatives Kriterium für die Begründung der Zuständigkeit heranzuziehen, wurde ebenfalls verworfen, da sich damit die möglichen Gerichtsstände in Fällen, in denen sich der Wohnsitz und der gewöhnliche Aufenthaltsort in zwei verschiedenen Staaten befinden, vervielfacht hätten.28 Auch wurde darauf hingewiesen, dass die Heranziehung des Wohnsitzes als Hauptkriterium für die Begründung der Zuständigkeit bei der praktischen Anwendung des Brüsseler Übereinkommens und des Lugano-Übereinkommens bislang keine besonderen Schwierigkeiten aufgeworfen habe, zumindest nicht in Verfahren, bei denen der Beklagte eine natürliche und keine juristische Person ist, und dies ungeachtet der Tatsache, dass der Begriff „Wohnsitz“ im innerstaatlichen Recht unterschiedlich ausgelegt wird. a) Wohnsitz natürlicher Personen (Artikel 59) 26. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat geprüft, ob anstelle des Verweises auf das innerstaatliche Recht – wie im Brüsseler Übereinkommen und im Lugano-Übereinkommen von 1988 – nicht eine autonome Definition des Begriffs „Wohnsitz“ in das Übereinkommen aufgenommen werden sollte. Einige Experten hatten vorgeschlagen, dass als Kriterium für eine gemeinsame Definition des Wohnsitzes einer natürlichen Person insbesondere herangezogen werden könnte, wie lange der Beklagte in dem Staat des angerufenen
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26 KOM (1997) 609 endg. vom 26.11.1997. Für das Kriterium des gewöhnlichen Aufenthalts hat sich auch die Europäische Gruppe für Internationales Privatrecht in ihren Vorschlägen (Nummer 26) ausgesprochen. 27 ABl. L 338 vom 23.12.2003. Die Verordnung ersetzt die frühere Verordnung (EG) Nr. 1347/2000, bei der sich die Zuständigkeit ebenfalls auf das Kriterium des gewöhnlichen Aufenthalts stützte. 28 Jenard-Bericht, S. 15–16.
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Gerichts bereits anwesend war; doch in Anbetracht der Tatsache, dass die bestehenden Übereinkommen gut funktioniert haben, hielt es die Arbeitsgruppe nicht für zweckmäßig, eine solche Definition aufzunehmen. Zwar räumte die Arbeitsgruppe ein, dass eine gemeinsame Definition Vorteile bieten könne, doch war sie der Auffassung, dass es den Staaten überlassen bleiben sollte, in ihrem Recht den Begriff „Wohnsitz“ so zu definieren, dass die Dauer der Anwesenheit des Beklagten in ihrem Hoheitsgebiet berücksichtigt wird, wenn sie dies für notwendig halten. Deshalb wurde Artikel 52 des Übereinkommens von 1988 unverändert als Artikel 59 in das neue Übereinkommen übernommen; der Wohnsitz natürlicher Personen bestimmt sich somit weiterhin nach dem innerstaatlichen Recht des Staates, in dem diese Personen ihren Wohnsitz haben. b) Wohnsitz von Gesellschaften und anderen juristischen Personen (Artikel 60) 27. Der Fall der Gesellschaften und juristischen Personen ist anders gelagert, da die Bestimmung ihres „Sitzes“, der für diesen Zweck dem Wohnsitz gleichgestellt wird, mit Artikel 53 des Übereinkommens von 1988 den Vorschriften des Internationalen Privatrechts des Staates des angerufenen Gerichts unterworfen wurde. Die Bezugnahme auf die innerstaatlichen Kollisionsnormen, die auf höchst unterschiedlichen Kriterien basieren, hat in der Praxis kaum Probleme aufgeworfen, könnte dies jedoch in Zukunft tun. Daher hat die Kommission die Annahme einer gemeinsamen Definition für den Wohnsitz von Gesellschaften vorgeschlagen, nach der als Wohnsitz der Ort ihrer zentralen Verwaltung oder anderenfalls ihres satzungsmäßigen Sitzes gelten würde,29 so dass eine Gesellschaft anhand von faktischen Elementen einem Rechtssystem zugeordnet werden könnte. Mit der Regelung im neuen Artikel 60 des Übereinkommens wurde dem Vorschlag der Kommission Rechnung getragen, zugleich aber auch sichergestellt, dass die Gerichte der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten selbst dann zuständig sind, wenn die betreffende Gesellschaft ihren Sitz nicht in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat hat, ihre Hauptverwaltung sich aber in einem solchen Staat befindet, und umgekehrt. Diese Lösung geht also über den Vorschlag der Kommission hinaus. 28. In der neuen Definition werden der satzungsmäßige Sitz, die Hauptverwaltung bzw. die Hauptniederlassung der Gesellschaft oder der juristischen Person als Alternativen aufgeführt. Wenn sich also nur einer dieser drei Orte in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat befindet, kann die Gesellschaft vor den Gerichten dieses Staates verklagt werden, auch wenn die beiden anderen Orte sich in einem Nichtvertragsstaat oder aber in einem anderen Vertragsstaat befinden. Im letztgenannten Fall kommt es im Rahmen des Systems des Übereinkommens zu konkurrierenden Zuständigkeiten; die Wahl des Gerichtsstands bleibt dem Kläger überlassen. Diese Definition eröffnet in bestimmtem Maße die Möglichkeit des „forum shopping“, wie es in gewissem Umfang auch in Bezug auf den Wohnsitz natürlicher Personen möglich ist. Rechtfertigend kann angeführt werden, dass sich eine Gesellschaft, die ihre Hauptverwaltung und ihre Hauptniederlassung an unterschiedlichen Orten ansiedelt, aus freien Stücken der Gefahr aussetzt, an beiden Orten verklagt zu werden. 29. Vor allem aber wurde mit der Definition dem Umstand Rechnung getragen, dass es einen Anknüpfungspunkt geben muss, der sicherstellt, dass Streitigkeiten über die Tätigkeiten einer Gesellschaft, die in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat gegründet wurde oder dort Geschäfte tätigt, unter die Gerichtsbarkeit der durch das
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KOM (1997) 609 endg., Artikel 2.
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Übereinkommen gebundenen Staaten fallen, damit der Kläger ein nach dem Übereinkommen zuständiges Gericht anrufen kann. Gleichzeitig erhält er die Möglichkeit, vor den Gerichten des Ortes Klage zu erheben, an dem die Entscheidung voraussichtlich vollstreckt werden muss. Keines der in Betracht gezogenen Kriterien hätte diese Erfordernisse für sich allein genommen erfüllt. Der satzungsmäßige Sitz bietet ein erhebliches Maß an Sicherheit, da er einfach zu ermitteln ist, doch befindet er sich oft an einem anderen Ort als das Gesellschaftsvermögen und eignet sich daher nicht für die Vollstreckung einer gerichtlichen Entscheidung; überdies könnte eine Gesellschaft ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat, ihren satzungsmäßigen Sitz jedoch anderswo haben und sich damit der Gerichtsbarkeit der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten entziehen. Dagegen gewährleistet die Hauptverwaltung eine Verbindung zu einem Ort, der im Hinblick auf die Vollstreckung einer Entscheidung nützlich ist. Es handelt sich hierbei aber um einen gesellschaftsinternen Faktor, der sich oft nicht ohne weiteres feststellen lässt, wodurch die Bestimmung des zuständigen Gerichts erschwert. Zudem könnte eine Gesellschaft, die ihre Hauptverwaltung in einem nicht dem Übereinkommen angehörenden Staat hat, dann nicht in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat verklagt werden, selbst wenn sich ihr satzungsmäßiger Sitz oder ihre Hauptniederlassung dort befände. Wo sich die Hauptniederlassung befindet, lässt sich sicher leichter feststellen und überprüfen, doch wenn sie als einziger Anknüpfungspunkt genommen wird, könnte gegen eine Gesellschaft, deren Hauptniederlassung sich außerhalb der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten befindet, nicht Klage erhoben werden, selbst wenn sie ihren satzungsmäßigen Sitz und ihre Hauptverwaltung in einem dieser Staaten hätte und dort in erheblichem Umfang Geschäfte tätigte. 30. Alle diese Überlegungen sprechen für eine weit gefasste Definition, die es ermöglicht, eine Gesellschaft oder eine juristische Person in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat zu verklagen, zu dem sie eine eindeutige Verbindung in Form ihrer Hauptverwaltung, ihrer Hauptniederlassung oder aber ihres satzungsmäßigen Sitzes aufweist. Das Konzept des „satzungsmäßigen Sitzes“ eignet sich allerdings nicht als Anknüpfungspunkt für Gesellschaften oder juristische Personen im Vereinigten Königreich und Irland, denn die dortigen Rechtssysteme sehen stattdessen eine Anknüpfung an den Ort, an dem die Gesellschaft in das hierfür vorgesehene Register eingetragen ist, oder an den Ort, an dem sie ihre Rechtsfähigkeit erlangt hat, vor. Mit dem Kriterium der Registrierung wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Vorschrift nicht nur Gesellschaften als solche, sondern alle Einrichtungen, die keine natürlichen Personen sind, betrifft, so dass das „registered office“ wichtiger ist als der in den Gründungsdokumenten genannte „Sitz“. Nach Artikel 60 Absatz 2 ist deshalb im Falle des Vereinigten Königreichs und Irlands unter dem Ausdruck „satzungsmäßiger Sitz“ das „registered office“ oder, wenn ein solches nirgendwo besteht, der „place of incorporation“ (Ort der Erlangung der Rechtsfähigkeit) oder, wenn ein solcher nirgendwo besteht, der Ort, nach dessen Recht die „formation“ (Gründung) erfolgt ist, zu verstehen. Mit dieser letzteren Bezugnahme auf das Recht, das zur Bestimmung des Gründungsorts, der als satzungsmäßiger Sitz gilt, heranzuziehen ist, wird insbesondere der Fall einer Partnerschaft nach schottischen Recht berücksichtigt, bei dem einzig und allein das Kriterium ausschlaggebend ist, nach welchem Recht und nicht an welchem Ort die Partnerschaft gegründet wurde. 31. Die Ausarbeitung des Konzepts des Wohnsitzes von Gesellschaften und juristischen Personen (Artikel 60) war auch von der Überlegung geleitet, dass es wünschenswert ist, das allgemeine Zuständigkeitskriterium in Bezug auf Gesellschaften und die Anknüpfungspunkte, die in Artikel 48 EG-Vertrag für die Zwecke der Anerkennung des 743
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Niederlassungsrechts von Gesellschaften im Hoheitsgebiet der Gemeinschaft herangezogen werden, miteinander in Übereinstimmung zu bringen. Nach Artikel 48 müssen diese ihren „satzungsmäßigen Sitz“, ihre „Hauptverwaltung“ oder ihre „Hauptniederlassung“ innerhalb der Gemeinschaft haben. Auch wenn mit Artikel 48 ein anderer Zweck verfolgt wird – nämlich zu bestimmen, welche Gesellschaften in allen Mitgliedstaaten tätig sein dürfen – erschien es berechtigt, dieselben Anknüpfungspunkte heranzuziehen, um zu entscheiden, ob Gesellschaften vor den Gerichten eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates verklagt werden können. Mit anderen Worten: Wenn einer der in Artikel 48 genannten Anknüpfungspunkte ausreicht, um aus einer Gesellschaft eine Gesellschaft der Gemeinschaft mit sämtlichen damit verbundenen Vorteilen zu machen, dann sollte diese Gesellschaft in Bezug auf alle Zwecke als Gesellschaft der Gemeinschaft behandelt werden und somit auch der Zivilgerichtsbarkeit der Mitgliedstaaten, in denen sie tätig ist und tätig sein darf, unterworfen sein. 32. Das Konzept des Wohnsitzes, um das es hier geht, betrifft den allgemeinen Gerichtsstand („forum generale“) von Gesellschaften und juristischen Personen, unbeschadet der Definition des Wohnsitzes einer Gesellschaft für die Zwecke der Begründung eines besonderen Gerichtsstands („forum speciale“) bei bestimmten Arten von Streitigkeiten, die beispielsweise die Gültigkeit, die Nichtigkeit oder die Auflösung einer Gesellschaft oder juristischen Person mit Sitz in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat oder die Gültigkeit der Beschlüsse ihrer Organe zum Gegenstand haben (Artikel 22 Absatz 2 des Übereinkommens, auf den weiter unten zurückzukommen sein wird). Für Streitigkeiten, die Versicherungs-, Verbraucher- und individuelle Arbeitsverträge zum Gegenstand haben, enthält das Übereinkommen in den Artikeln 9, 15 und 18 spezielle Vorschriften, die unverändert aus dem Übereinkommen von 1988 übernommen wurden. Das oben erläuterte Konzept berührt auch nicht die gerichtliche Zuständigkeit für Streitigkeiten aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer sonstigen Niederlassung einer Gesellschaft, die durch Artikel 5 Nummer 5 des Übereinkommen abgedeckt werden (der ebenfalls unverändert übernommen wurde). 33. Die neue Fassung des Übereinkommens lässt auch die Vorschrift unverändert, wonach der Wohnsitz eines „trust“ nach dem Internationalen Privatrecht des angerufenen Gerichts bestimmt wird. Die Anwendung dieser Vorschrift bereitet in Staaten, in denen der „trust“ eine anerkannte Rechtsform darstellt, zwar keine besonderen Probleme, wohl aber in Staaten, die diese Rechtsform nicht kennen; wenn es im Rechtssystem des angerufenen Gerichts keine geeigneten Kollisionsregeln gibt, nach denen sich der Wohnsitz eines „trust“ bestimmen ließe, kann diese Frage nach dem Recht entschieden werden, dem der „trust“ untersteht (Schlosser-Bericht, Nummern 109–120). 2. Nichtanwendbarkeit innerstaatlicher Zuständigkeitsvorschriften (Artikel 3) 34. Wie bereits im Übereinkommen von 1988 vorgesehen, darf von der allgemeinen Regel, wonach sich die Zuständigkeit nach dem Wohnsitz des Beklagten richtet, nur gemäß den in Titel II Abschnitte 2 bis 7 des Übereinkommens festgelegten Zuständigkeitsvorschriften abgewichen werden. Dies bedeutet, dass eine – natürliche oder juristische – Person, die ihren Wohnsitz in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat hat, nur gemäß diesen Vorschriften vor den Gerichten eines anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staates verklagt werden kann. Obwohl in Artikel 3 Absatz 1 ganz allgemein auf die „Gerichte“ eines anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staates Bezug genommen wird, kann diese Bestimmung auch die interne Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates berühren: Vielfach wirken sich die Zuständigkeitsvorschriften Schütze
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des Titels II nämlich nicht nur auf die Zuständigkeit eines bestimmten Staates aus, sondern auch auf die Verteilung der örtlichen Zuständigkeit unter seinen Gerichten, so dass die Zuständigkeit einem bestimmten Gericht übertragen wird. 35. Da es sich hierbei um eine Ausnahme von der allgemeinen Regel handelt, ist die Bezugnahme auf die Zuständigkeitsvorschriften des Übereinkommens als endgültige Verweisung anzusehen, mit der alle anderen – exorbitanten oder sonstigen – innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften (z.B. eine nationale Zuständigkeitsvorschrift, die auf den Aufenthaltsort des Beklagten verweist, sofern sich dieser von dessen Wohnsitz unterscheidet) ausgeschlossen werden. Das System des Übereinkommens beruht auf der Vereinheitlichung der Zuständigkeitsregeln und nicht auf dem bloßen Ausschluss exorbitanter Zuständigkeiten, auch wenn die innerstaatlichen Vorschriften, deren Anwendung ausgeschlossen wird, in der Tat oft exorbitant sind. 36. Vor diesem Hintergrund ist Artikel 3 Absatz 2 zusammen mit Anhang I, auf den er verweist und in dem die innerstaatlichen Vorschriften, die nicht geltend gemacht werden können, aufgeführt sind (zu den Gründen, aus denen die Liste der innerstaatlichen Vorschriften aus Artikel 3 in einen Anhang übernommen wurde, siehe unten die Erörterungen zu Artikel 77), lediglich als Beschreibung und Richtschnur für Rechtsanwender zu betrachten, der die wichtigsten innerstaatlichen Vorschriften zu entnehmen sind, die nicht angewandt werden dürfen. Nach Absatz 1 kann nur vor den in Titel II Abschnitte 2 bis 7 genannten Gerichten Klage erhoben werden, d.h. alle anderen Zuständigkeitskriterien werden ausgeschlossen, gleich, ob die entsprechende Vorschrift in Anhang I aufgeführt ist oder nicht. Somit erscheint es unerheblich, dass das Wort „insbesondere“, das sich im Einleitungssatz zu der Auflistung der innerstaatlichen Vorschriften im Übereinkommen von 1988 fand, nicht in alle Sprachfassungen des Absatzes 2 Eingang gefunden hat.30 Die Liste in Anhang I ist nur als eine Aufzählung von Beispielen anzusehen, mit der die Wirkung von Absatz 1, wonach alle den Vorschriften des Übereinkommens entgegenstehenden innerstaatlichen Vorschriften als nicht anwendbar zu betrachten sind, nicht eingeschränkt wird. 3. Beklagter ohne Wohnsitz in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat (Artikel 4) 37. Hat der Beklagte keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates, so bestimmt sich die Zuständigkeit gemäß dem System des Übereinkommens nach dem innerstaatlichen Recht; dies wird in Artikel 4 des neuen Übereinkommens bestätigt. Diesbezüglich legt das Übereinkommen keine eigenen Zuständigkeitsregeln fest, sondern regelt die Frage nur mittelbar, indem es auf das Rechtssystem des Staates des angerufenen Gerichts verweist. Somit ist der Wohnsitz des Beklagten auch ein Kriterium, das den Anwendungsbereich der Vorschriften des Übereinkommens, die die Zuständigkeit unmittelbar und autonom regeln, einschränkt; allerdings ist er kein Kriterium, das die Regelung der gerichtlichen Zuständigkeit durch das Übereinkommen generell einschränkt. Dass diese Auffassung, die bereits im Schrifttum zu dem Übereinkommen von 1988 vertreten worden war, richtig ist, hat der Europäische Gerichtshof in seinem Gutachten 1/03 bestätigt; darin stellt er im Zusammenhang mit der Verordnung Nr. 44/2001 Folgendes fest: „Die genannte Verordnung enthält ein Regelwerk, das ein umfassendes System bildet und dessen Vorschriften nicht nur für die Beziehungen zwischen den Mit-
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30 Siehe insbesondere die italienische Fassung des Übereinkommens; Gleiches gilt für die italienische Fassung der Brüssel-I-Verordnung.
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gliedstaaten gelten […] sondern auch für die Beziehungen zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat.“ Weiter heißt es dort insbesondere, dass „Artikel 4 Absatz 1 […] dahin auszulegen [ist], dass er Teil des mit dieser Verordnung errichteten Systems ist, da diese den angesprochenen Fall durch Verweisung auf das Recht des Mitgliedstaats regelt, dessen Gericht angerufen worden ist“.31 38. Diese Verweisung auf das innerstaatliche Recht des angerufenen Gerichts erfährt auch eine Einschränkung durch die Vorschriften, die in dem Übereinkommen direkt festgelegt sind und die unabhängig vom Wohnsitz des Beklagten gelten. Es handelt sich dabei um die Vorschriften betreffend die ausschließliche Zuständigkeit (Artikel 22) und die Vorschriften betreffend die Vereinbarung über die Zuständigkeit (Artikel 23), die nun auch in Artikel 4 ausdrücklich erwähnt werden, obwohl sie schon in der Vergangenheit die Verweisung auf das innerstaatliche Recht einschränkten. Sieht man von diesen beiden Bestimmungen einmal ab, so besagt die Verweisung auf das innerstaatliche Recht, dass in den Fällen, in denen der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Staat hat, der nicht durch das Übereinkommen gebunden ist, die Zuständigkeitsvorschriften nach Anhang I angewandt werden können, auch wenn diese eine exorbitante Zuständigkeit begründen. Hervorhebenswert ist schließlich noch, dass sich nach Artikel 4 Absatz 2 ausländische Kläger genauso wie die Angehörigen des Staates des angerufenen Gerichts auf die dort geltenden Zuständigkeitsregeln berufen können, sofern sie ihren Wohnsitz in diesem Staat haben (siehe Jenard-Bericht, S. 21 und 22).
2. BESONDERE ZUSTÄNDIGKEITEN 1. Allgemeines 39. Neben und alternativ zu der allgemeinen Regel, dass der Beklagte seinen Wohnsitz in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat haben muss, wurde im Übereinkommen die bestehende Struktur der besonderen Zuständigkeiten beibehalten, die es dem Kläger ermöglicht, die Gerichte eines anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates anzurufen. Diese Zuständigkeiten werden in den Artikeln 5 bis 7 des Übereinkommens (die den Artikeln 5, 6 und 6a des Übereinkommens von 1988 entsprechen) geregelt. Während die allgemeine Regel voraussetzt, dass ein Bezug zwischen dem Beklagten und dem Gericht besteht, gehen die besonderen Zuständigkeitsvorschriften davon aus, dass ein Bezug zwischen einer Streitigkeit und dem zur Entscheidung über sie berufenen Gericht besteht. Diese Zuständigkeiten beruhen auf dem Grundsatz einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses und sind nur dann gerechtfertigt, wenn im Hinblick auf das Verfahren unter dem Gesichtspunkt der Beweiserhebung und der Prozessgestaltung eine hinreichende Verbindung zwischen der Streitigkeit und dem angerufenen Gericht besteht32 oder wenn die Interessen der Parteien, gegen die sich das Verfahren richtet, besser geschützt werden sollen. Da die Zuständigkeiten im Übereinkommen selbst umfassend geregelt sind, gelten diese Vorschriften unabhängig davon, ob im innerstaatlichen Recht der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten entsprechende Zuständigkeiten vorgesehen sind.33 40. Die im Übereinkommen von 1988 vorgesehenen besonderen Zuständigkeiten bleiben zum Teil unverändert, wobei allerdings kleinere, rein redaktionelle Änderungen
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Gerichtshof, Gutachten 1/03, Randnummern 144 und 148. Gerichtshof, Rechtssache 21/76, Bier, Slg. 1976, 1735. Jenard-Bericht, S. 22.
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am Wortlaut vorgenommen wurden. Im Folgenden werden daher nur diejenigen Änderungen erörtert, die über eine rein redaktionelle Überarbeitung hinausreichen, jene, bei denen die redaktionelle Überarbeitung in Wirklichkeit auf ein inhaltliches Problem hindeutet, sowie jene, die aufgrund der Weiterentwicklung der Rechtsprechung des Gerichtshofs weiter erläutert werden müssen. Kaum geändert worden sind die Vorschriften, die vorsehen, dass für Klagen gegen einen Begründer, „trustee“ oder Begünstigten eines „trust“ die Gerichte des Staates zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet der „trust“ seinen Sitz hat (Artikel 5 Nummer 6; siehe Schlosser-Bericht, Nummern 109–120), bzw. dass für Streitigkeiten wegen der Zahlung eines Berge- und Hilfslohn das Gericht zuständig ist, das die Ware oder Frachtforderung mit Arrest belegt hat, wenn behauptet wird, dass der Beklagte Rechte an der Ladung oder an der Frachtforderung hat oder zur Zeit der Bergungs- oder Hilfeleistungsarbeiten hatte (Artikel 5 Nummer 7; siehe Schlosser-Bericht, Nummern 121–123); darum brauchen hier die diesbezüglichen Erläuterungen, die sich in den Berichten zu den früheren Übereinkommen finden, nicht weiter ergänzt zu werden. 41. Dasselbe gilt für die besonderen Vorschriften, nach denen bei einer Widerklage, die auf denselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Klage selbst gestützt wird, das Gericht zuständig ist, bei dem die Klage selbst anhängig ist (Artikel 6 Absatz 3; siehe JenardBericht, S. 28), bzw. bei einer Klage im Zusammenhang mit einem Vertrag oder Ansprüchen aus einem Vertrag, die mit einer Klage wegen dinglicher Rechte an unbeweglichen Sachen gegen denselben Beklagten verbunden werden kann, die Gerichte des durch das Übereinkommen gebundenen Staates, in dessen Hoheitsgebiet die unbewegliche Sache belegen ist (Artikel 6 Absatz 4; siehe Jenard/Möller-Bericht, S. 46 und 47, und Almeida Cruz/Desantes Real/Jenard-Bericht, Nummer 24). 2. Verträge (Artikel 5 Nummer 1) 42. Von den in den Artikeln 5 bis 7 vorgesehenen besonderen Zuständigkeiten, die es dem Kläger gestatten, nicht – wie es der allgemeinen Regel entsprechen würde – im Wohnsitzstaat des Beklagten, sondern in einem anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat zu klagen, war zweifellos die Zuständigkeit in Vertragssachen am umstrittensten. Artikel 5 Nummer 1 des Lugano-Übereinkommens von 1988 wie auch die entsprechende Bestimmung des Brüsseler Übereinkommens sieht vor, dass eine Person, die ihren Wohnsitz in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat hat, in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat verklagt werden kann, und zwar „wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre“; diese Vorschrift hat eine Reihe von Problemen nach sich gezogen, was die Auslegung des Begriffs „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ sowie die Bestimmung der zu erfüllenden Verpflichtung und die Bestimmung des Erfüllungsorts betrifft. Zu diesen Problemen hat sich der Gerichtshof in zahlreichen Verfahren immer wieder geäußert, wobei er entweder zu autonomen Lösungen gelangt ist oder aber festgestellt hat, dass die Sache nach innerstaatlichem Recht entschieden werden muss, ohne dass damit alle durch das Übereinkommen aufgeworfenen Schwierigkeiten beseitigt worden wären. 43. Was den Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ betrifft, der im innerstaatlichen Recht der Vertragsstaaten unterschiedlich ausgelegt wird, so ist der Gerichtshof zu der Auffassung gelangt, dass es sich dabei um einen autonomen Begriff handelt; es hat keine allgemeine oder abstrakte Definition festgelegt, aber in einzelnen Fällen Hinweise gegeben, wann eine vertragliche Verpflichtung vorliegt und wann 747
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nicht.34 Ist das Bestehen oder die Gültigkeit eines Vertrags Gegenstand des Verfahrens, so geht es um einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag.35 Klagen, bei denen sowohl Vertragsbruch als auch außervertragliche Haftungsansprüche geltend gemacht werden, eröffnen keine Annexzuständigkeit: Bei der erstgenannten Klage bestimmt sich die gerichtliche Zuständigkeit nach Artikel 5 Nummer 1, bei der zweiten Klage nach Artikel 5 Nummer 3 (Haftungsansprüche aus einer unerlaubten Handlung), selbst wenn der Kläger dann zwei getrennte Verfahren vor verschiedenen Gerichten anstrengen muss,36 was sich allerdings immer dadurch vermeiden lässt, dass die Klage der allgemeinen Regel entsprechend am Wohnsitz des Beklagten eingereicht wird. 44. Was die Bestimmung der erfüllten bzw. zu erfüllenden „Verpflichtung“ betrifft, so lässt Artikel 5 Nummer 1 ausdrücklich mehrere Zuständigkeiten für ein und denselben Vertrag zu, wobei einer echten Verbindung zwischen dem Gericht und dem speziellen Rechtsstreit der Vorzug vor einer einheitlichen Behandlung des Vertrags gegeben wird. In dem Bestreben, beide Anforderungen – nämlich eine echte Verbindung zu dem Rechtsstreit und die Einheit des Vertrags – in ausgewogener Weise zu berücksichtigen, hat der Gerichtshof festgestellt, dass der Ausdruck „Verpflichtung“ sich auf die vertragliche Verpflichtung bezieht, die Gegenstand der Klage bildet und deren Nichterfüllung der Kläger geltend macht, und nicht auf die Verpflichtung, deren Erfüllung vom Kläger ausdrücklich eingefordert wird.37 Ebenso hat der Gerichtshof befunden, dass bei einer Klage, die auf verschiedene Verpflichtungen aus ein und demselben Vertrag gestützt ist, das angerufene Gericht unter Hinweis auf die Hauptverpflichtung feststellen kann, ob es zuständig ist;38 die Frage, welche Verpflichtungen nachrangig und welche gleichrangig sind, ist dabei von dem angerufenen Gericht in der Regel auf Grundlage des auf den Vertrag anwendbaren Rechts zu entscheiden.39 Ungeachtet dieser Urteile kommt es immer wieder vor, dass für einen Vertrag mehrere Gerichte zuständig sind, insbesondere wenn eine Klage auf gleichrangige Verpflichtungen aus ein und demselben Vertrag gestützt wird.40 Es wurde darauf hingewiesen, dass diese Situation nicht immer befriedigend ist, vor allem weil eine Zahlungsverpflichtung vom übrigen Vertrag abgetrennt und in dieser Sache das Gericht an dem Ort, an dem diese Verpflichtung zu erfüllen ist und der sich meist mit dem Wohnort des Klägers deckt, angerufen werden kann. 45. Was die Bestimmung des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, anbelangt, so wären zwar vielleicht andere Lösungen möglich gewesen – etwa ein autonomes Konzept oder eine Verweisung auf die lex fori –, doch hat sich der Gerichtshof für eine Verweisung auf die lex causae der streitigen Verpflichtung entschieden, die nach den Kollisionsnormen des angerufenen Gerichts bestimmt wird,41 und zwar auch dann, wenn der Erfüllungsort von den Parteien in einer nach dem auf den Ver-
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34 Rechtssache 34/82, Martin Peters, Slg. 1983, 987; Rechtssache C-26/91, Jacob Handte, Slg. 1992 I-3967. 35 Zumindest wenn gegen eine Klage wegen Vertragsbruchs Widerspruch eingelegt wurde (Rechtssache 38/81, Effer, Slg. 1982, 825). 36 Gerichtshof, Rechtssache 189/87, Kalfelis, Slg. 1988, 5565. 37 Gerichtshof, Rechtssache 14/76, De Bloos, Slg. 1976, 1497, Randnummer 13; im Zusammenhang mit der Schadensersatzforderung wegen Vertragsbruch befand der Gerichtshof, dass „Verpflichtung“ auf die Verpflichtung zu beziehen ist, deren Nichterfüllung vom Kläger zur Begründung seines Antrags auf Schadensersatz behauptet wird, und nicht auf die Zahlung von Schadensersatz. 38 Gerichtshof, Rechtssache 266/85, Shenavai, Slg. 1987, 239. 39 Gerichtshof, Rechtssache C-440/97, Groupe concorde, Slg. 1999, I-6307, Randnummer 26. 40 Gerichtshof, Rechtssache C-420/97, Leathertex, Slg. 1999, I-6747. 41 Gerichtshof, Rechtssache 12/76, Tessili, Slg. 1976, 1473; Rechtssache C-288/92, Custom Made Commercial, Slg. 1994, I-2913, Randnummer 26 (danach kann das anwendbare Recht auch ein internationales Übereinkommen über ein Einheitsrecht umfassen); Rechtssache 440/97, Groupe Concorde, Slg. 1999, I-6307.
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trag anwendbaren innerstaatlichen Recht wirksamen Vereinbarung bestimmt worden ist.42 Diese Auslegung, die zunächst keinerlei Vereinheitlichung der unterschiedlichen Kollisionsnormen der Vertragsstaaten brachte und die Möglichkeit des „forum shopping“ nicht unterband, wurde später durch das Übereinkommen von Rom vom 19. Oktober 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht untermauert: Obwohl das Übereinkommen von Rom einen flexiblen, objektiven Anknüpfungspunkt verwendet, ist das auf den Vertrag anzuwendende Recht und somit der Ort, an dem die Verpflichtungen aus dem Vertrag zu erfüllen sind, in der Regel für die Parteien vorhersehbar. Die Bezugnahme auf das anwendbare Recht, mit dem gleichzeitig der Ort bestimmt wird, an dem die Verpflichtung zu erfüllen ist, lässt jedoch die erheblichen Unterschiede zwischen den innerstaatlichen Rechtsvorschriften über finanzielle Verpflichtungen weiterbestehen und löst auch nicht das Problem, dass immer dann, wenn es sich bei der vor dem Gericht geltend gemachten Verpflichtung um eine finanzielle Verpflichtung handelt, der Erfüllungsort sich meist mit dem Wohnort des Klägers deckt, wodurch das „forum shopping“ begünstigt wird. 46. Ungeachtet der Auslegung in der Rechtsprechung, mit der einige Probleme ausgeräumt wurden, empfanden viele die oben beschriebenen Vorschriften weiterhin als unbefriedigend, und die Kommission und die Vertragsstaaten haben zahlreiche Vorschläge zu deren Änderung unterbreitet. Die Vorschläge sind recht unterschiedlich, doch laufen alle darauf hinaus, dass die Funktion der Bezugnahme auf den Erfüllungsort einer Verpflichtung abgeschwächt würde, ein einheitlicher Vertragsgerichtsstand zumindest in gewissem Grade gewahrt bliebe und sich der Erfüllungsort, der als Grundlage für die gerichtliche Zuständigkeit jeweils herangezogen würde, leichter bestimmen und vorhersehen ließe. Die Vorschläge und die diesbezüglichen Beratungen der Ad-hoc-Arbeitsgruppe werden nachstehend beschrieben, soweit dies erforderlich ist, um zu verstehen, wie der jetzige Wortlaut zustande gekommen ist. 47. Der radikalste Vorschlag, der auch im Schrifttum nachdrückliche Unterstützung findet,43 zielte darauf ab, den Gerichtsstand des Erfüllungsorts der Verpflichtung abzuschaffen, so dass für Vertragssachen der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten oder alternativ der von den Parteien gewählte Gerichtsstand gelten würde. Diese Lösung wurde von der Ad-hoc-Arbeitsgruppe mit der Begründung verworfen, dass der Gerichtsstand des Beklagten weniger geeignet sein könnte, wenn an dem Ort, an den die beweglichen Sachen geliefert bzw. an dem die Dienstleistungen erbracht werden sollten, Inaugenscheinnahmen durchgeführt werden müssen, und dass die Parteien vielleicht keinen Gerichtsstand für ihre Streitigkeiten vereinbaren. Die Arbeitsgruppe hat sich daher mit anderen Vorschlägen befasst, nach denen es weiterhin einen Vertragsgerichtsstand gäbe, gleichzeitig aber die Probleme des geltenden Textes umgangen oder zumindest begrenzt würden. 48. Zu diesen Vorschlägen zählt insbesondere der Vorschlag, auf den Erfüllungsort der charakteristischen Verpflichtung des Vertrags zu verweisen; damit soll vermieden werden, dass mehrere Gerichte für einen Vertrag zuständig sind und die gerichtliche Zuständigkeit auf die Zahlungsverpflichtung gegründet wird, es sei denn natürlich, die finanzielle Verbindlichkeit bildete die charakteristische Verpflichtung des Vertrags. Diesem Vorschlag wurde aus mehreren Gründen nicht gefolgt: Internationale Verträge sind oft kompliziert, und es ist nicht immer leicht festzustellen, welches die charakteristische Verpflichtung ist; um die charakteristische Verpflichtung zu ermitteln, muss eine umfassende Bewertung des Vertrags vorgenommen werden, was in der Phase, in der das zu-
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Rechtssache 56/79, Zelger gegen Salinitri, Slg. 1980, 89. Droz, Delendum est forum contractus?, Rec. Dalloz, 1977, chron. S. 351.
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ständige Gericht bestimmt wird, verfrüht wäre; die Bestimmung des Ortes, an dem die charakteristische Verpflichtung zu erfüllen ist, richtet sich nach dem anwendbaren Recht, so dass auch hier wiederum auf die Kollisionsnormen verwiesen werden müsste; und schließlich stellt die charakteristische Verpflichtung nicht unbedingt eine hinreichende Verbindung zwischen der Streitigkeit und einem bestimmten Gericht dar, wenn eine andere vertragliche Verpflichtung Gegenstand des Streits ist. Es ist nämlich eine Sache, das anwendbare Recht zu bestimmen, indem versucht wird, eine umfassende vertragliche Beziehung einheitlich zu definieren, auch wenn einige Teile deutlich weniger eng zusammenhängen und eventuell mehrere Gerichte zuständig sein mögen, und eine andere Sache, die Verbindung festzulegen, die zwischen einer Streitigkeit und dem Gericht, das am besten darüber entscheiden kann, bestehen muss. 49. Nachdem die Ad-hoc-Arbeitsgruppe die Möglichkeit einer Bezugnahme auf die charakteristische Verpflichtung des Vertrags verworfen hatte, prüfte sie die Möglichkeit, den Anwendungsbereich von Artikel 5 Nummer 1 auf bestimmte Verträge zu begrenzen, und zwar – wie die Kommission vorgeschlagen hatte – auf Kaufverträge, bei denen der Erfüllungsort der Ort ist, an dem die Lieferung der beweglichen Sachen ausgeführt wurde oder hätte ausgeführt werden sollen, außer wenn die beweglichen Sachen an verschiedene Orte geliefert wurden oder hätten geliefert werden sollen; damit verlöre die Zahlungsverpflichtung vollständig an Bedeutung.44 Gegen eine solche begrenzte Lösung wurde eingewandt, dass ein Vertragsgerichtsstand nicht nur bei Kaufverträgen, sondern mindestens ebenso sehr bei Dienstleistungsverträgen wünschenswert sei. Auf der anderen Seite sei gerade in derartigen Verträgen die Zahlungsverpflichtung in den meisten Fällen nicht der Hauptaspekt, auf den die Zuständigkeit gestützt werden könne, außer natürlich bei Verträgen über Gelddienstleistungen. Nach reiflicher Überlegung hat die Ad-hoc-Arbeitsgruppe beschlossen, den geltenden Text nicht von Grund auf zu ändern, sondern ihn nur in der Weise anzupassen, dass deutlich wird, welche Verpflichtung bei Kauf- oder Dienstleistungsverträgen diejenige ist, deren Erfüllungsort einen alternativen Gerichtsstand neben dem Gerichtsstand des Beklagten begründen kann, und dass eine Bezugnahme auf den Zahlungsort im Rahmen solcher Verträge ausgeschlossen wird, und bei allen anderen Verträgen und für die Fälle, in denen sich die beschriebenen besonderen Vorschriften als nicht anwendbar erwiesen haben, hingegen an der geltenden Bestimmung festzuhalten.45 50. Artikel 5 Nummer 1 Buchstabe a des neuen Übereinkommens ist identisch mit der entsprechenden Bestimmung aus dem Übereinkommen von 1988, wonach das Gericht des Ortes zuständig ist, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Die Auslegung der Tragweite dieser Vorschrift bleibt nicht allein dem Rechtsanwender überlassen, wie dies vorher der Fall war: Bezüglich der Anwendung von Buchstabe a wird in Buchstabe b nämlich präzisiert, dass bei Verträgen über den Kauf beweglicher Sachen oder die Erbringung von Dienstleistungen der Erfüllungsort der Verpflichtung der Ort in einem durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat ist, an dem die beweglichen Sachen nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen bzw. an dem die Dienstleistungen nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht
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44 KOM (1997) 609 endg., Artikel 5. 45 In die gleiche Richtung, nämlich für die Festlegung von objektiven Kriterien, nach denen der tatsächliche Ort der Lieferung bzw. der tatsächliche Ort der Erbringung der Dienstleistung bestimmt wird, gehen beispielsweise auch die Vorschläge der Europäischen Gruppe für Internationales Privatrecht (siehe Nummer 9); allerdings wird darin empfohlen, dass in den Fällen, in denen sich die objektiven Kriterien als nicht anwendbar erweisen, die allgemeine Regel gelten sollte, wonach die Gerichte des Wohnorts des Beklagten zuständig sind, und nicht – wie in Artikel 5 Nummer 1 Buchstabe a des geltenden Textes – das Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.
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werden müssen. Somit wird in Buchstabe b die Verpflichtung, deren Erfüllungsort die Zuständigkeit für solche Verträge begründet, autonom festgelegt, ohne dass es auf die Verpflichtung, deren Erfüllung Gegenstand des Rechtsstreits ist, ankommt. Ohne dass der Ausdruck verwendet würde, wird damit der Grundsatz der charakteristischen Verpflichtung aufgegriffen und folglich eine Bezugnahme auf die Zahlungsverpflichtung ausgeschlossen, auch wenn diese Verpflichtung in der Klage geltend gemacht wird. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe entschied sich gegen eine Aufnahme des ursprünglichen Vorschlags der Kommission, wonach in Buchstabe b ausdrücklich die Fälle ausgeschlossen worden wären, in denen im Rahmen eines Kaufvertrags bewegliche Sachen an mehreren Orten geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen. Werden in einem solchen Fall alle Lieferverpflichtungen in der Klageschrift gleichzeitig geltend gemacht, so sind – unbeschadet der künftigen Auslegungen dieser Bestimmung durch den Gerichtshof – jeweils verschiedene Lösungen denkbar, etwa eine Bezugnahme auf den Ort der Hauptlieferung, eine Wahl des Klägers in Bezug auf den Lieferort, an dem er seine Klage insgesamt oder nur in Bezug auf den an diesem Ort auszuführenden Teil der Lieferung anstrengt, oder sogar eine Bezugnahme auf den Ort der Erfüllung der Zahlungsverpflichtung, sofern diese Verpflichtung in der Klageschrift geltend gemacht wird. Der Gerichtshof hat sich im Zusammenhang mit der Parallelbestimmung in Artikel 5 Nummer 1 Buchstabe b der Brüssel-I-Verordnung bereits geäußert und wie folgt entschieden: „Im Fall mehrerer Lieferorte in einem Mitgliedstaat“ „ist für die Entscheidung über sämtliche Klagen aus einem Vertrag über den Verkauf beweglicher Sachen das Gericht zuständig, in dessen Sprengel sich der Ort der nach wirtschaftlichen Kriterien zu bestimmenden Hauptlieferung befindet. Lässt sich der Ort der Hauptlieferung nicht feststellen, so kann der Kläger den Beklagten vor dem Gericht des Lieferorts seiner Wahl verklagen.“46 Dabei hat sich der Gerichtshof bewusst nicht zu der Frage geäußert, welche Probleme im Fall mehrerer Lieferorte in verschiedenen Mitgliedstaaten auftreten und welche Lösungen dann am zweckmäßigsten sind.47 Vergleichbare Probleme ergeben sich natürlich auch im Falle mehrerer Dienstleistungsorte in verschiedenen Mitgliedstaaten. 51. Die Bestimmung des Erfüllungsorts hat gemäß Buchstabe b aufgrund einer Tatsachenprüfung zu erfolgen, wodurch ein Rückgriff auf das Internationale Privatrecht vermieden werden soll; danach muss der Ort der Lieferung der beweglichen Sachen bzw. der Ort der Erbringung von Dienstleistungen „nach dem Vertrag“ bestimmt werden, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Hervorzuheben ist, dass diese Bestimmung nur gilt, sofern von den Parteien „nichts anderes vereinbart worden ist“; damit wird die Parteiautonomie ausdrücklich gewahrt, und zwar auch in Bezug auf die Bestimmung des Erfüllungsorts. Es bleibt die Frage, ob sich mit dieser Bestimmung vollständig verhindern lässt, dass die Kollisionsnormen des angerufenen Gerichts ins Spiel kommen, wenn die Parteien den Lieferort bzw. den Dienstleistungsort nicht hinreichend genau angegeben haben und dieser gegebenenfalls mit Hilfe des auf den Vertrag anwendbaren Rechts bestimmt wird oder wenn der Ort, an dem die beweglichen Sachen geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen, bzw. der Ort, an dem die Dienstleistungen erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen, den Gegenstand des Rechtsstreits bildet. Buchstabe b wirkt dann wie eine besondere, auf Kauf- und Dienstleistungsverträge beschränkte Vorschrift zur Anwendung des in Buchstabe a festgelegten allgemeinen Grundsatzes der Anknüpfung an den Ort, an dem die fragliche Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Er gilt nicht für Verträge, die keiner dieser beiden Katego-
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Gerichtshof, Rechtssache C-386/05, Color Drack, Slg. 2007, I-3699. Siehe Randnummer 16 des Urteils.
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rien zuzuordnen sind, und – wenn sich der Erfüllungsort des Vertrags in einem nicht durch das Übereinkommen gebundenen Staat befindet – nicht einmal für Verträge, bei denen es sich um Kauf- bzw. Dienstleistungsverträge handelt. Immer wenn Buchstabe b sich als nicht anwendbar erweist, gilt Buchstabe a; dies ergibt sich nämlich aus Buchstabe c, der eine Schlussfolgerung präzisiert und bestätigt, die sich ohnehin aus den Buchstaben a und b ableiten lässt. Beispielsweise kann im Falle eines Kaufvertrags, bei dem die Verpflichtung zur Lieferung der beweglichen Sachen in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat zu erfüllen ist, zur Begründung der Zuständigkeit nicht an den Ort, an dem die Zahlungsverpflichtung zu erfüllen ist, angeknüpft werden; wenn jedoch die Lieferverpflichtung in einem nicht durch das Übereinkommen gebundenen Staat zu erfüllen ist, könnte der Kläger für seine Ansprüche den Ort, an dem die Zahlung hätte erfolgen müssen, geltend machen, allerdings immer unter der Voraussetzung, dass dieser Ort sich in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat befindet, da dann Buchstabe a zur Anwendung gelangen würde, der die Berücksichtigung der spezifischen Verpflichtung, die geltend gemacht wird, ermöglicht. 52. Hinsichtlich der Zuständigkeit für individuelle Arbeitsverträge, die in Artikel 5 Nummer 1 des Übereinkommens von 1988 genannt werden, wurden mehrere Änderungsvorschläge vorgelegt; die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat sich dafür entschieden, diese Frage separat in Titel II zu regeln (siehe weiter unten, in Verbindung mit Abschnitt 5). 3. Unterhaltspflichten (Artikel 5 Nummer 2) 53. Der erste Teil der Vorschrift – Buchstaben a und b – wurde gegenüber dem Wortlaut der Bestimmung im Übereinkommen von 1988 nicht geändert; dieser wiederum deckte sich mit der entsprechenden Bestimmung im Brüsseler Übereinkommen in der Fassung des Beitrittsübereinkommens von 1978. Zu näheren Erläuterungen hierzu wird deshalb auf die früheren Berichte (Jenard-Bericht, S. 24–25; Schlosser-Bericht, Nummern 90–108) verwiesen. 54. Der Gerichtshof hat sich mehrfach mit dieser Bestimmung befasst und dabei mehrere Aspekte geklärt. So hat er festgestellt, dass der Begriff der Unterhaltspflicht weit auszulegen ist und alle Pflichten einschließt, die dazu bestimmt sind, den Unterhalt einer Person zu sichern, gleich, ob es sich dabei um regelmäßige Zahlungen handelt oder nicht und ob die Mittel und Bedürfnisse der Betroffenen bei der Festsetzung der Unterhaltspflicht berücksichtigt wurden oder nicht. Die Unterhaltspflicht kann daher in einem Pauschalbetrag bestehen, wenn der Betrag des Kapitals so festgesetzt wird, dass er ein zuvor festgesetztes Einkommensniveau sichert, oder in einer Übertragung von Eigentum, die dazu bestimmt ist, den Unterhalt einer Person zu sichern. Wenn eine solche Leistung dazu bestimmt ist, den Unterhalt eines Ehegatten zu sichern, oder wenn die Bedürfnisse und die Mittel beider Ehegatten bei seiner Festsetzung berücksichtigt werden, geht es bei der Zahlung um eine Unterhaltspflicht und nicht um eheliche Güterstände, die nicht unter das Übereinkommen fallen.48 Weist eine Verpflichtung diese Merkmale einer Unterhaltspflicht auf, so fällt sie unter Artikel 5 Nummer 2 und damit in den Anwendungsbereich des Übereinkommens, auch wenn über sie im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren, beispielsweise einem Ehescheidungsverfahren, zu entscheiden ist, das selbst nicht dem Anwendungsbereich unterfällt.49
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48 Gerichtshof, Rechtssache C-220/95, Van den Boogaard gegen Laumen, Slg. 1997, I-1147, Randnummer 22; zeitlich früher: Rechtssache C-120/79, de Cavel, Slg. 1979, 731, Randnummer 11. 49 Siehe insbesondere Gerichtshof, Rechtssache 120/79, de Cavel, Slg. 1979, 731, Randnummer 7.
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55. Beim Begriff des „Unterhaltsberechtigten“ handelt es sich um einen autonomen Begriff, der im Lichte der Zwecke des Übereinkommens und ohne Rückgriff auf das innerstaatliche Recht des angerufenen Gerichts zu bestimmen ist. Artikel 5 Nummer 2 lässt keine Unterscheidung zwischen einer Person, der Unterhaltsansprüche bereits zuerkannt wurden, und einer Person. deren Ansprüche noch nicht festgestellt wurden, zu; mit dem der Begriff werden folglich nicht nur Personen erfasst, deren Unterhaltsansprüche bereits in einem früheren Urteil festgestellt wurden, sondern auch Personen, die zum ersten Mal Unterhalt beantragen, gleich, ob das innerstaatliche Recht den Begriff des Unterhaltsberechtigten auf die erstgenannte Personengruppe beschränkt.50 In Anbetracht der Rechtsprechung des Gerichtshofs hielt es die Ad-hoc-Arbeitsgruppe nicht für erforderlich, Artikel 5 Nummer 2 zu ändern und den Ausdruck „Unterhaltsberechtigter“ durch den Ausdruck „der auf Unterhalt Klagende“ zu ersetzen, wie es die Kommission vorgeschlagen hatte.51 Der Begriff „Unterhaltsberechtigter“ erstreckt sich nicht auf öffentliche Einrichtungen, die im Wege einer Regressklage die Rückzahlung von Beträgen verlangen, die sie einem Unterhaltsberechtigten gezahlt haben, dessen Ansprüche gegen den Unterhaltsverpflichteten auf sie übergegangen sind, da in diesem Fall kein Anlass besteht, dem Unterhaltsverpflichteten den durch die allgemeine Regel des Artikels 2 des Übereinkommens gebotenen Schutz zu nehmen.52 56. Neu ist die Bestimmung in Buchstabe c, die Unterhaltssachen betrifft, über die im Zusammenhang mit einem Verfahren in Bezug auf die elterliche Verantwortung zu entscheiden ist: Danach ist das nach seinem Recht für dieses Verfahren zuständige Gericht zuständig, es sei denn, diese Zuständigkeit beruht nur auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien. Doch ist darauf hinzuweisen, dass damit Artikel 5 Nummer 2 in seiner jetzigen Fassung, wie er sich im Übereinkommen von 1988 und in der Brüssel-I-Verordnung findet, in keiner Weise geändert wird.53 Mit Buchstabe c soll lediglich die Parallelität zwischen dem Gemeinschaftsrecht und dem Lugano-Übereinkommen sichergestellt werden. In Erwägungsgrund 11 der Brüssel-II a-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 2201/ 2003 des Rates vom 27. November 2003)54 wird insbesondere die Bedeutung der Zuständigkeitsregel für Unterhaltssachen, über die im Zusammenhang mit einem Verfahren in Bezug auf die elterliche Verantwortung zu entscheiden ist, dahingehend präzisiert, dass die für diese Unterhaltssachen zuständigen Gerichte auf der Grundlage von Artikel 5 Nummer 2 der Brüssel-I-Verordnung zu bestimmen sind. Um alle Zweifel auszuschließen, hielt die Arbeitsgruppe es für zweckmäßig, in das Lugano-Übereinkommen eine Bestimmung aufzunehmen, in der dieser Punkt präzisiert wird. 4. Unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist (Artikel 5 Nummer 3) 57. Nach Artikel 5 Nummer 3 des Übereinkommens von 1988 (und zuvor schon des Brüsseler Übereinkommens) ist für Verfahren, die „eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist,“ zum Gegenstand haben,
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50 Gerichtshof, Rechtssache C-295/95, Farrell gegen Long, Slg. 1997, I-1683. 51 KOM (1997) 609 endg., Artikel 5 Nummer 2. 52 Gerichtshof, Rechtssache C-433/01 Blijdenstein, Slg. 2004, I-981, Randnummern 31 und 34. 53 Es ist zu beachten, dass Artikel 5 Nummer 2 durch die Verordnung Nr. 4/2009 über Unterhaltssachen ersetzt werden wird: siehe oben Nummer 19. 54 Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000, ABl. L 338 vom 23.12.2003.
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„das Gericht des Ortes“ zuständig, „an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“; zu dieser Bestimmung hat sich der Gerichtshof in zahlreichen Urteilen geäußert, teilweise infolge des Jenard-Berichts, der sich selbst mit dem Hinweis begnügt, dass der Ausschuss, dessen Berichterstatter Herr Jenard war, „es nicht für erforderlich [hielt], ausdrücklich festzulegen, ob damit der Ort gemeint ist, an dem die schädigende Handlung begangen worden ist, oder der Ort, an dem der Schaden eingetreten ist. Er hielt es für vorteilhafter, sich an die Fassung zu halten, die sich in mehreren nationalen Rechten […] findet“;55 damit ließ er offen, wie diese Formulierung selbst auszulegen ist. Die Frage wurde dem Gerichtshof unterbreitet, der entschied, dass die Formulierung in Artikel 5 Nummer 3 so zu verstehen ist, dass sie sowohl den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist, als auch den Ort des ursächlichen Geschehens meint, und der Beklagte daher nach Wahl des Klägers vor dem Gericht des einen oder des anderen Ortes verklagt werden kann.56 Mit dieser Auslegung wird keiner der verschiedenen Lösungen, die sich in den innerstaatlichen Rechtvorschriften finden, der Vorzug gegeben; diese Vorschriften gehen bei der Bestimmung des Ortes, an dem Schäden aufgrund „anderswo“ begangener unerlaubter Handlungen eingetreten sind, teils vom Begriff des Handlungsorts und teils vom Begriff des Erfolgsorts aus, wodurch die Möglichkeiten des „forum shopping“ sich erweitern. Allerdings ist zu bedenken, dass bei einer Bezugnahme nur auf den Handlungsort der besondere Gerichtsstand des Ortes der unerlaubten Handlung seine Bedeutung gänzlich verloren hätte, da der Handlungsort häufig mit dem Wohnsitz des Beklagten, der die unerlaubte Handlung zu verantworten hat, zusammenfällt, wohingegen eine Bezugnahme allein auf den Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, eine Aufsplitterung des Gerichtsstands in vielen Fällen keineswegs verhindert hätte. 58. Die Kommission hatte vorgeschlagen, die Rechtsprechung des Gerichtshofs im Wortlaut von Artikel 5 Nummer 3 zu berücksichtigen und darin sowohl auf den „Ort des schadensursächlichen Geschehens“ als auch auf den „Ort, an dem der Schaden oder ein Teil des Schadens eingetreten ist,“ zu verweisen.57 Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe ist diesem Vorschlag nicht gefolgt: Eine eindeutige und unangefochtene Rechtsprechung in einem Rechtsakt zu bestätigen, hielt sie für unnötig, wenn nicht gar gefährlich, denn die verwendeten Formulierungen könnten, wenn sie in den Rechtstext aufgenommen würden, zu neuen Auslegungen Anlass geben. Überdies war unter dem Gesichtspunkt einer Bezugnahme auf den Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, der Vorschlag, dass die Gerichte „des Ortes, an dem der Schaden oder ein Teil des Schadens eingetreten ist,“ zuständig sein sollten, in mehrerer Hinsicht problematisch. Er ließ nämlich die Urteile außer Acht, mit denen der Gerichtshof sein ursprüngliches Urteil im Nachhinein präzisiert hatte. In diesen Urteilen hatte der Gerichtshof deutlich gemacht, dass die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist,“ den Ort bezeichnet, an dem das haftungsauslösende Ereignis den unmittelbar Betroffenen direkt geschädigt hat,58 und nicht den Ort, an dem der Geschädigte einen Vermögensschaden in der Folge eines in einem anderen Vertragsstaat entstandenen und dort von ihm erlittenen Erstschadens erlitten zu haben behauptet; sie kann also nicht so weit ausgelegt werden, dass sie jeden Ort erfasst, an dem die nachteiligen Folgen eines Umstands spürbar werden können, der bereits einen – tatsächlich an einem anderen Ort entstandenen – Schaden verursacht hat.59 Hätte nur ein Teil der Rechtsprechung des Gerichtshofs Eingang in den
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55 Jenard-Bericht, S. 26. 56 Gerichtshof, Rechtssache 21/76, Bier, Slg. 1976, 1735. 57 KOM (1997) 609 endg. 58 Gerichtshof, Rechtssache C-220/88, Dumez, Slg. 1990, I-49. 59 Gerichtshof, Rechtssache 364/93, Mariani, Slg. 1995, I-2719, Randnummer 21; Rechtssache C-168/02, Kronhofer, Slg. 2004, I-6009, Randnummern 19–21.
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Rechtstext gefunden, nicht aber sämtliche nachfolgenden Weiterentwicklungen, so hätten Zweifel hinsichtlich des vom Gesetzgeber intendierten Anwendungsbereichs der Vorschrift aufkommen können. 59. Die Zuständigkeit des Gerichts „des Ortes, an dem der Schaden oder ein Teil des Schadens eingetreten ist,“ zu begründen, hätte außerdem bedeutet, dass in Fällen, in denen der Schaden in mehreren Staaten eingetreten ist, der Kläger wegen des Gesamtschadens in allen diesen Staaten klagen könnte, was im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs steht: In einem Fall, in dem es um eine Ehrverletzung durch eine Zeitung ging, hat der Gerichtshof das Problem, dass durch ein und dieselbe Handlung mehrfach Schaden entstanden war, so entschieden, dass die Gerichte jedes Staates, in dem das Ansehen des Betroffenen beeinträchtigt worden ist, jeweils für die Entscheidung über den Ersatz des in dem betreffenden Staat verursachten Schadens zuständig sind, wohingegen für die Entscheidung über den Ersatz sämtlicher entstandener Schäden allein die Gerichte des Wohnsitzes des Beklagten zuständig sind.60 Diese vom Gerichtshof entwickelten Lösungen freilich zwingen Kläger, die in mehreren Staaten geschädigt wurden, mehrere Verfahren anzustrengen; angesichts der Unterschiede im anwendbaren Recht kann dies zu einander widersprechenden Entscheidungen über ein und dieselbe kausale Handlung führen.61 An jedem Ort, an dem ein Teil des Schadens eingetreten ist, einen Gerichtsstand für die Entscheidung über den Gesamtschaden zu begründen, würde jedoch die Möglichkeiten des „forum shopping“ erweitern und den Kläger über die Maßen begünstigen. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat auch den Alternativvorschlag geprüft, dass das Gericht des Staates zuständig sein sollte, in dem der größte Teil oder ein entscheidender Teil des Schadens eingetreten ist. Doch auch diese Lösung ist letztlich verworfen worden, da befürchtet wurde, dass die Prüfung dieses Kriteriums zu häufigen Auseinandersetzungen darüber führen könnte, welches der größte oder entscheidende Teil des Schadens ist, wobei die Parteien und das Gericht gezwungen wären, in der Phase, in der das zuständige Gericht bestimmt wird, bereits inhaltliche Fragen zu klären. 60. Nachdem die Ad-hoc-Arbeitsgruppe beschlossen hatte, Artikel 5 Nummer 3 nicht in der von der Kommission vorgeschlagenen Weise zu ändern, prüfte sie eingehend, ob der Anwendungsbereich dieser Bestimmung dahingehend präzisiert werden sollte, dass sie nicht – wie eine wörtliche Auslegung des Übereinkommens von 1988 vielleicht nahelegt – nur für Klagen aufgrund eines bereits eingetretenen Schadens gilt, sondern auch für Klagen aufgrund eines Schadens, der in der Zukunft eintreten könnte. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe dachte hierbei insbesondere an die Fälle, in denen die Klage einer öffentlichen oder privaten Verbraucherorganisation zu einer gerichtlichen Anordnung zum Schutz kollektiver Verbraucherinteressen führt, denn eine solche Klage betrifft Verhaltensweisen, die einen Schaden verursachen können, und würde sonst nicht in den sachlichen Anwendungsbereich von Artikel 5 Nummer 3 fallen. Derartige Klagen sind in den skandinavischen Ländern üblich und insbesondere im schwedischen Recht vorgesehen; sie müssen im Hinblick auf die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung von Entscheidungen einheitlich behandelt werden, damit Wirtschaftsbeteiligte, die durch betrügerische Praktiken – wie irreführende Werbung oder missbräuchliche Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – die Verbraucher in den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft schädigen, sich nicht allen Klagen oder Rechts-
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60 Gerichtshof, Rechtssache C-68/93, Shevill, Slg. 1995, I-415, Randnummer 33. 61 Die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) (ABl. L 199 vom 31.7.2007) bietet hier nur eine Teillösung.
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mitteln entziehen, wenn sich ihr Geschäftssitz in einem anderen als dem Staat befindet, in dem sie tatsächlich tätig sind. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat festgestellt, dass diese Situation durch Artikel 31 abgedeckt ist, dem zufolge die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen einstweiligen oder auf eine Sicherung gerichteten Maßnahmen bei einem Gericht beantragt werden können, denn diese Vorschrift gilt auch dann, wenn diese Maßnahmen faktisch definitiv wirken.62 Sie hat ferner festgestellt, dass der Verbraucherschutz durch Gemeinschaftsrichtlinien ausgedehnt worden ist, beispielsweise durch die Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen,63 nach deren Artikel 7 Absätze 1 und 2 die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen haben, dass angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird, wobei diese Mittel auch Rechtsvorschriften einschließen müssen, wonach Personen oder Organisationen, die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben, im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen können, damit diese darüber entscheiden, ob Vertragsklauseln, die im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung abgefasst wurden, missbräuchlich sind, und angemessene und wirksame Mittel anwenden, um der Verwendung solcher Klauseln ein Ende zu setzen, oder durch die Richtlinie 98/27/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen,64 nach deren Artikel 2 die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die Gerichte oder Verwaltungsbehörden bestimmen, die dafür zuständig sind, die Einstellung oder das Verbot eines Verstoßes gegen die im Anhang aufgeführten Verbraucherschutzrichtlinien zu verlangen und gegebenenfalls Maßnahmen, wie die Veröffentlichung der Entscheidung oder die Veröffentlichung einer Richtigstellung, anzuordnen, um die fortdauernde Wirkung des Verstoßes abzustellen, sowie Geldbußen aufzuerlegen, um die Beachtung der Entscheidungen zu gewährleisten. 61. Obwohl auf diese unterschiedlichen Rechtsvorschriften zurückgegriffen werden kann, hat die Ad-hoc-Arbeitsgruppe auch dem Umstand Rechnung getragen, dass diese Richtlinien keine Regeln über die gerichtliche Zuständigkeit enthalten und in den Mitgliedstaaten nicht einheitlich angewandt werden könnten, dass vielleicht Zweifel darüber aufkommen könnten, ob sie bestimmte nach innerstaatlichem Recht eingereichte Unterlassungsklagen abdecken, und schließlich dass solche Klagen in Fällen angestrengt werden könnten, die nicht den Verbraucherschutz betreffen, beispielsweise wenn ein Kläger versucht, zu verhindern, dass seine Rechte des geistigen Eigentums durch den Beklagten verletzt werden; dies hat die Arbeitsgruppe bewogen, eine besondere Bestimmung in Artikel 5 Nummer 3 aufzunehmen, nach der die Gerichte des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, zuständig sind. Mit der Änderung soll lediglich der Anwendungsbereich der Vorschrift präzisiert, die Vorschrift aber nicht inhaltlich geändert werden; dass Unterlassungsklagen mit erfasst sind, lässt sich aus dem früheren Wortlaut eindeutig ableiten.65 Diesbezüglich sei daran erinnert, dass der besondere Gerichtsstand des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, deshalb geschaffen worden ist, weil das Gericht dieses Ortes in der Regel aufgrund seiner räumlichen Nähe zu dem Rechtsstreit und der leichteren Beweisaufnahme am besten in der Lage ist, über die Sache zu entscheiden, und dass dies
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62 Unterstützend hierzu siehe auch Schlosser-Bericht, Nummer 134. 63 Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993, ABl. L 95 vom 21.4.1993. 64 Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998, ABl. L 166 vom 11.6.1998. 65 Siehe auch Schlosser-Bericht, Nummer 134.
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nicht nur für Klagen auf Ersatz eines bereits eingetretenen Schadens gilt, sondern auch für Klagen, mit denen verhindert werden soll, dass ein Schaden überhaupt eintritt. Der Gerichtshof hat diese Auffassung später auch in Bezug auf das Brüsseler Übereinkommen vertreten, wobei er sich in seiner Argumentation allerdings zum Teil auf den geänderten Wortlaut des Artikels 5 Absatz 3 der Brüssel-I-Verordnung stützte, der genau dem jetzt in das Lugano-Übereinkommen aufgenommenen Wortlaut entspricht.66 62. Die Vorschrift, der zufolge die Gerichte auch des Ortes, an dem das schädigende Ereignis einzutreten droht, zuständig sind, ist so zu verstehen, dass diesbezüglich die Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs gelten, wonach der Kläger entweder an dem Ort klagen kann, an dem die schadensursächliche Handlung verhindert werden soll, oder an dem Ort, an dem der Schaden selbst verhindert werden soll. Die Bestimmung des Ortes, an dem das schädigende Ereignis „einzutreten droht“, ist im Wesentlichen eine Tatbestandsfeststellung und somit Sache des angerufenen Gerichts. Entsprechend dem Ansatz des Gerichtshofs muss es sich dabei jedoch um den Ort handeln, an dem ein Schaden unmittelbar einzutreten droht, und nicht um den Ort, an dem ein indirekter finanzieller Schaden entstehen könnte. Ob eine Gefahr vorliegt, die eine gerichtliche Anordnung rechtfertigt, bestimmt sich nach dem Recht des Staates, in dem der Antrag auf gerichtliche Anordnung gestellt wird: Die Vorschrift regelt hier nur die Zuständigkeit und legt nicht genauer fest, welche Anordnungen erlassen werden können; wie sie formal und inhaltlich beschaffen sein müssen, unter welchen Bedingungen sie ergehen können und welche Personen sie beantragen können, richtet sich somit nach dem Recht des angerufenen Gerichts bzw. den Gemeinschaftsbestimmungen zur Harmonisierung der einschlägigen einzelstaatlichen Vorschriften. 63. Wie bereits erwähnt, gilt der hier erörterte besondere Gerichtsstand für gerichtliche Anordnungen auf Unterlassung nur für Klagen wegen Verhaltensweisen, die einen Schaden verursachen könnten, bei dem es sich nicht um einen Vertragsbruch handelt. Im Fall eines Vertragsbruchs ist alternativ zum Gerichtsstand des Beklagten auch der Gerichtsstand des Vertrags nach Artikel 5 Nummer 1 eröffnet. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff „unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist,“ ebenso wie der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ autonom auszulegen ist, wobei in erster Linie das System und der Anwendungsbereich des Übereinkommens zu beachten sind; das innerstaatliche Recht ist hier nicht maßgebend. So hat der Gerichtshof festgestellt, dass sich der Begriff „unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“ auf alle Klagen bezieht, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen Vertrag mit einer von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangenen Verpflichtung anknüpfen.67 5. Klagen aufgrund einer mit Strafe bedrohten Handlung (Artikel 5 Nummer 4) 64. Die Bestimmung, wonach für Klagen auf Schadensersatz oder auf Wiederherstellung des früheren Zustands, die auf eine mit Strafe bedrohte Handlung gestützt werden, das Strafgericht zuständig ist, wurde in dem neuen Übereinkommen beibehalten. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat erörtert, ob diese Bestimmung im Wortlaut belassen oder ob sie geändert oder sogar gestrichen werden sollte. Nach einem Vorschlag, dem zufolge Strafgerichte nur dann über zivilrechtliche Klagen entscheiden können, wenn die Zivil-
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66 Gerichtshof, Rechtssache C-167/00, Henkel, Slg. 2002, I-8111, Randnummern 49–50. 67 Gerichtshof, Rechtssache C-334/00, Tacconi, Slg. 2002, I-7357, Randnummern 21–23, bei der in einem Fall der vorvertraglichen Haftung auf der Brüsseler Übereinkommen Bezug genommen wird.
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gerichte desselben Ortes wegen derselben mit Strafe bedrohten Handlung gemäß dem Übereinkommen angerufen werden können, wäre sie nämlich gestrichen worden. Die Arbeitsgruppe hat beschlossen, die Vorschrift beizubehalten, da sich die Begründung einer besonderen Zuständigkeit der Strafgerichte als sinnvoll erwiesen hat, soweit nach dem innerstaatlichen Recht zivilrechtliche Ansprüche im Rahmen eines Strafverfahrens geltend gemacht werden können; diese Zuständigkeit fällt nicht unbedingt mit dem in Artikel 5 Absatz 3 vorgesehenen Gerichtsstand des Ortes der unerlaubten Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, zusammen. 65. Der Änderungsvorschlag zu Artikel 5 Nummer 4 war teilweise mit einer Neufassung der anderen Bestimmung über zivilrechtliche Klagen vor einem Strafgericht (Artikel II des Protokolls Nr. 1 zum Übereinkommen von 1988) verknüpft, wonach sich Personen, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat haben und die vor den Strafgerichten eines anderen Vertragsstaats, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, wegen einer fahrlässig begangenen Straftat verfolgt werden, von einem Anwalt verteidigen lassen können, ohne persönlich erscheinen zu müssen. Ordnet das Gericht ihr persönliches Erscheinen an und wird diese Anordnung nicht befolgt, so braucht die Entscheidung des Strafgerichts, die über den Anspruch aus einem Rechtsverhältnis des Zivilrechts ergangen ist, in den anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staaten weder anerkannt noch vollstreckt zu werden.68 Einige schlugen vor, diese Vorschrift auf vorsätzlich begangene Handlungen auszudehnen, andere empfahlen, sie einzuschränken, so dass sie nur noch besagen würde, dass in den Fällen, in denen das Strafgericht auch über die zivilrechtliche Klage entscheidet, der Beklagte sich in der zivilrechtlichen Sache vertreten lassen darf, ohne persönlich erscheinen zu müssen, und die Bestimmung über die sich daraus ergebenden Folgen für die Anerkennung der Entscheidung entfallen zu lassen. Dies Vorschläge wurden verworfen, auch um zu vermeiden, dass mit einem Übereinkommen über Zivil- und Handelssachen in das Strafrecht der Staaten eingegriffen wird. 66. Artikel II des Protokolls wurde somit nicht geändert69 und im Interesse der Parallelität mit der Brüssel-I-Verordnung als Artikel 61 in den Text des Übereinkommens übernommen. Allerdings ist die Entscheidung, die Vorschrift nicht auf vorsätzlich begangene Handlungen auszudehnen, vom Gerichtshof abgeschwächt worden, als er befand, dass Artikel II des Protokolls nicht dahin ausgelegt werden kann, dass er das Gericht des Vollstreckungsstaats daran hinderte, im Rahmen der Ordre-public-Klausel des Artikels 34 Nummer 1 des Übereinkommens zu berücksichtigen, dass das mit einer Klage auf Schadensersatz wegen einer Straftat befasste Gericht des Ursprungsstaats dem Angeklagten das Recht versagt hat, sich verteidigen zu lassen, ohne persönlich zu erscheinen.70 Dies bedeutet, dass die Bestimmung in der geltenden Fassung des Artikels 61, der sich ausdrücklich auf fahrlässig begangene Straftaten bezieht, auch für vorsätzlich begangene Straftaten gilt, da anderenfalls die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen mit der Begründung verweigert werden kann, dass sie der öffentlichen Ordnung (ordre public) zuwiderlaufen.71
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68 Jenard-Bericht, S. 68. 69 Diese Fußnote gilt nur für die italienische Fassung des Erläuternden Berichts. Sie verweist auf eine rein redaktionelle Änderung in der italienischen Fassung. (Die Formulierung violazione involontaria wurde durch violazione non dolosa ersetzt.) 70 Gerichtshof, Rechtssache C-7/98, Krombach, Slg. 2000, I-1935, Randnummern 45 und 45. 71 Anders der Gerichtshof in einem früheren Urteil, Rechtssache 157/80, Rinkau, Slg. 1981, 1391, Randnummer 12.
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6. Zweigniederlassungen (Artikel 5 Nummer 5) 67. Die Bestimmung betreffend den Gerichtsstand einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer sonstigen Niederlassung bei Streitigkeiten aus deren Betrieb ist nicht geändert worden. Artikel 5 Nummer 5 sieht die besondere und örtliche Zuständigkeit des Gerichts des Ortes vor, an dem sich die Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung befindet, um eine Bezugnahme auf das innerstaatliche Recht zu vermeiden. Somit handelt es sich bei dem Begriff der Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung um einen autonomen Begriff; dies gilt für alle durch das Übereinkommen gebundenen Staaten und gewährleistet Rechtssicherheit. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass mit dem Begriff der Zweigniederlassung, der Agentur oder der sonstigen Niederlassung ein Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gemeint ist, der als Außenstelle eines Stammhauses hervortritt, eine Geschäftsführung hat und sachlich so ausgestattet ist, dass er in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben kann, dass diese wissen, dass sie ein Rechtsverhältnis mit dem Stammhaus begründen können, ohne sich unmittelbar an dieses wenden zu müssen.72 Diese Merkmale sind auch dann vorhanden, wenn die Geschäfte von einer Gesellschaft geführt werden, die aus der Sicht des nationalen Gesellschaftsrechts vom Stammhaus unabhängig ist, denselben Namen trägt und eine identische Geschäftsführung hat und die als Außenstelle des Stammhauses verhandelt und Geschäfte abschließt, da sich Dritte auf den so erweckten Anschein verlassen können müssen.73 Der Schutz Dritter erfordert in diesem Fall, dass der Anschein mit dem Bestehen einer Zweigniederlassung ohne rechtliche Unabhängigkeit gleichgesetzt werden kann. Auf der Grundlage dieses Begriffs hat der Gerichtshof im jeweiligen Fall zu prüfen, ob vom Bestehen einer echten Tochtergesellschaft auszugehen ist. 68. Bei den bisher entstandenen Streitigkeiten im Zusammenhang mit Zweigniederlassungen, Agenturen oder sonstigen Niederlassungen, für die der genannte Artikel eine besondere Zuständigkeit vorsieht, die an die Stelle des üblichen Gerichtsstands des Beklagten treten kann, ging es um vertragliche und außervertragliche Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Verwaltung der Niederlassung (Miete, Beziehungen zum Personal usw.), vertragliche Pflichten, die von der Niederlassung im Namen des Stammhauses eingegangen wurden und in dem Staat zu erfüllen sind, in dem die Niederlassung sich befindet, sowie außervertragliche Pflichten, die sich aus den im Namen des Stammhauses durchgeführten Tätigkeiten am Ort der Niederlassung ergeben.74 Auch in diesem Fall ist es Sache des angerufenen Gerichts, im Lichte des hier beschriebenen Begriffs einer Streitigkeit aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung die zugrunde gelegte Beziehung zu prüfen und einzustufen. 7. Mehr als ein Beklagter und Klage auf Gewährleistung oder Interventionsklage (Artikel 6 Nummern 1 und 2) 69. Von den verschiedenen Fällen, in denen die Zuständigkeit auf eine Verbindung zwischen der erhobenen Klage und einer anderen Klage, für die eine Zuständigkeit nach dem Übereinkommen begründet ist, gestützt werden kann, wurde der Fall für klärungsbedürftig erachtet, in dem es mehr als einen Beklagten gibt, wobei der Kläger die Möglichkeit
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72 Gerichtshof, Rechtssache 33/78, Somafer gegen Saar-Ferngas, Slg. 1978, 2183. 73 Gerichtshof, Rechtssache 218/86, Schotte gegen Parfums Rothschild, Slg. 1987, 4905, Randnummer 17. 74 Gerichtshof, Rechtssache 33/78, Somafer gegen Saar-Ferngas, Slg. 1978, 2183.
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hat, das Gericht am Wohnort irgendeines dieser Beklagten anzurufen; hinsichtlich des effektiven Anwendungsbereichs der Bestimmung bestand eine gewisse Unklarheit. Da der ursprüngliche Text des Brüsseler Übereinkommens diesbezüglich keinen näheren Hinweis enthält, wurde im Jenard-Bericht darauf hingewiesen, dass der Gerichtsstand des Wohnsitzes eines der Beklagten in Betracht gezogen wurde, weil durch diesen Gerichtsstand vermieden werden kann, dass in einzelnen Vertragsstaaten unter sich unvereinbare Entscheidungen ergehen; diese Zuständigkeit ist nicht gerechtfertigt, wenn die Klage allein zu dem Zweck erhoben wurde, den Beklagten der Gerichtsbarkeit seines Wohnsitzstaats zu entziehen.75 Nach Auffassung des Gerichtshofs verlangt Artikel 6 Nummer 1, dass die vom Kläger erhobenen Klagen auf eine Art und Weise miteinander in Zusammenhang stehen müssen, dass in getrennten Verfahren widersprechende Urteile ergehen könnten.76 Die Adhoc-Arbeitsgruppe hielt es für zweckmäßig, die diesbezügliche Rechtsprechung zu kodifizieren und festzulegen, welche Beziehung zwischen den Klagen bestehen muss, wenn für alle Beklagten das Gericht am Wohnsitz eines dieser Beklagten zuständig sein soll. Es sei darauf hingewiesen, dass die zur Festlegung dieser Beziehung gewählte Formulierung mit der in Artikel 28 Absatz 3 übereinstimmt, auch wenn der letzteren Bestimmung andere Voraussetzungen und Zwecke zugrunde liegen: Sie zielt darauf ab, die Zuständigkeit der Gerichte der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten zu koordinieren, und nicht darauf, das zuständige Gericht oder die zuständigen Gerichte eines dieser Staaten zu bestimmen. 70. Anders als die Kommission77 hielt es die Ad-hoc-Arbeitsgruppe nicht für erforderlich, den anderen im Jenard-Bericht genannten Grundsatz zu kodifizieren, wonach die Zuständigkeit nur gerechtfertigt ist, wenn die Klage nicht allein zu dem Zweck erhoben wurde, einen der Beklagten der Gerichtsbarkeit seines Wohnsitzstaats zu entziehen. Die Gruppe erachtete die Anforderung, dass eine enge Beziehung zwischen den erhobenen Klagen bestehen muss, verbunden mit der Anforderung, dass es sich bei dem angerufenen Gericht um das Gericht am Wohnsitz eines der Beklagten handeln muss,78 als ausreichend, um einen Missbrauch der Regelung auszuschließen.79 Dies war nicht der Fall in Bezug auf Klagen auf Gewährleistung oder Interventionsklagen gemäß Artikel 6 Nummer 2; dort wurde dieser Grundsatz ausdrücklich angeführt, um zu verhindern, dass ein Dritter vor einem nicht geeigneten Gericht verklagt wird. Es sei darauf hingewiesen, dass die Zuständigkeit in Fällen, in denen mehrere Personen verklagt werden, objektiv an die enge Beziehung zwischen den Klagen anknüpft, die vom Kläger nachzuweisen ist, während bei Klagen auf Gewährleistung oder Interventionsklagen eine solche enge Beziehung nicht erforderlich ist. Statt dessen reicht aus, dass ein „Zusammenhang zwischen der Hauptklage und dem Antrag auf Zulassung der Gewährleistungsklage“80 besteht, unabhängig davon, auf welcher Bestimmung die Zuständigkeit für den Hauptprozess beruht. Aus diesem Grund empfiehlt sich eine Bestimmung, mit der das Recht des Beklagten, vor dem für seinen Fall zuständigen Gericht verklagt zu werden, geschützt wird,
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75 Jenard-Bericht, S. 26. 76 Gerichtshof, Rechtssache 189/87, Kalfelis, Slg. 1988, 5565, Randnummer 12; und Rechtssache C-98/ 06, Freeport, Slg. 2007, I-8319. 77 Dok. KOM (97) 609 endg., Artikel 6. 78 Gerichtshof, Rechtssache C-51/97, Réunion européenne, Slg. 1998, I-6511. 79 Dies bedeutet nicht, dass Artikel 6 Nummer 1 so ausgelegt werden kann, dass es einem Kläger erlaubt wäre, eine Klage gegen mehrere Beklagte vor dem für einen von ihnen zuständigen Gericht allein zu dem Zweck zu erheben, die anderen Beklagten der Zuständigkeit der Gerichte ihres Wohnsitzstaats zu entziehen: siehe Gerichtshof, Rechtssache C-103/05 Reisch Montage, Slg. 2006, I-6827, Randnummer 32. Siehe auch Gerichtshof, Rechtssache C-98/06, Freeport, Slg. 2007, I-8319, Randnummer 54. 80 Gerichtshof, Rechtssache C-365/88, Hagen, Slg. 1990, I-1845.
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auch wenn der Beklagte dann selbst nachweisen muss, dass er dieser Gerichtsbarkeit entzogen wurde. 71. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hielt es auch nicht für erforderlich, in Artikel 6 Nummer 1 eine Bestimmung aufzunehmen, mit der verhindert werden soll, dass diese Bestimmung auf Beklagte angewandt wird, die gemäß Artikel 23 des Übereinkommens eine Gerichtsstandsvereinbarung mit dem Kläger geschlossen haben. Die Kommission hatte einen diesbezüglichen Vorschlag vorgelegt, aber die ausschließliche Zuständigkeit nach Artikel 23 hat Vorrang vor jeder anderen Zuständigkeit, die im Übereinkommen vorgesehen ist, vorbehaltlich nur der Bestimmungen des Artikels 23 Absatz 5, so dass keine Zweifel hinsichtlich der Auslegung aufkommen können, und es besteht kein Grund, diesen Grundsatz in einer besonderen Zuständigkeitsregel zu wiederholen. Dass der Bericht auf den Vorrang der Zuständigkeit nach Artikel 23 nur in den Erläuterungen zu Artikel 6 Nummer 2 eingeht, belegt nicht das Gegenteil, denn die genannte Zuständigkeitsregel hat Vorrang vor allen anderen Zuständigkeitsregeln des Übereinkommens, ausgenommen die in Artikel 23 selbst aufgeführten Regeln. Dies gilt selbstverständlich nicht für Gerichtsstandsvereinbarungen, denen die Parteien keinen ausschließlichen Charakter verleihen wollten (siehe weiter unten die Ausführungen im Zusammenhang mit Artikel 23). 72. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass die in einigen durch das Übereinkommen gebundenen Staaten bestehenden Besonderheiten in Bezug auf Gewährleistungsklagen, die in einer speziellen Vorschrift geregelt waren, welche Artikel 6 Nummer 2 des Brüsseler Übereinkommens für nicht anwendbar erklärt und welche sich auch in Artikel V des Protokolls Nr. 1 zum Übereinkommen von 1988 findet, im neuen Übereinkommen wieder auf die gleiche Weise behandelt werden, und zwar speziell in Artikel II von Protokoll 1. Dieser Artikel bestimmt, dass die in Artikel 6 Nummer 2 und Artikel 11 vorgesehene Zuständigkeit in den durch das Übereinkommen gebundenen Staaten, die in Anhang IX zum Übereinkommen aufgeführt sind (Deutschland, Österreich, Ungarn und die Schweiz,81 nicht uneingeschränkt geltend gemacht werden kann, während Personen, die ihren Wohnsitz in einem anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat haben, vor den Gerichten dieses Staates nach Maßgabe der geltenden Vorschriften für Interventionsklagen verklagt werden können. Entscheidungen, die in den anderen Staaten aufgrund des Artikels 6 Nummer 2 und des Artikels 11 ergangen sind, werden in den betreffenden Staaten nach der besonderen Bestimmung in Titel III des Übereinkommens jedoch anerkannt und vollstreckt (zu Erläuterungen zu den Gründen für diese besondere Bestimmung in Bezug auf einige Staaten siehe Jenard-Bericht, Seite 27 und 28, SchlosserBericht, Nummer 135, und Jenard/Möller-Bericht, Nummer 105).82 In Artikel II des Protokolls 1 wurde ein neuer Absatz aufgenommen (Absatz 2), wonach die Europäische Gemeinschaft zum Zeitpunkt der Ratifizierung erklären kann, dass die in Artikel 6 Nummer 2 und Artikel 11 genannten Verfahren in bestimmten anderen Mitgliedstaaten nicht in Anspruch genommen werden können, und sie in diesem Fall Angaben zu den stattdessen geltenden Vorschriften mitzuteilen hat.83 Auch in der Brüssel-I-Verordnung (Arti-
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81 Nach dem Entwurf der Ratifikationsurkunde, die der Schweizer Bundesrat am 18. Februar 2009 gebilligt hat (BBl 2009 1777, FF 2009 1497; FF 2009 1435), wird die Schweiz ihre Erklärung zu Protokoll 1 Artikel II mit Wirkung ab dem Tag, an dem das Übereinkommen in Kraft tritt, zurückziehen. 82 Die von der Bestimmung betroffenen Staaten sind Deutschland, Österreich, Ungarn und die Schweiz. 83 Im Beschluss des Rates vom 27. November 2008 betreffend den Abschluss des neuen Übereinkommens von Lugano (ABl. L 147 vom 10.6.2009) hat der Rat beschlossen, dass die Gemeinschaft eine Erklärung gemäß Artikel II Absatz 2 des Protokolls 1 zum Übereinkommen abgibt, wonach die Verfahren gemäß Artikel 6 Nummer 2 und Artikel 11 außer in den bereits in Anhang IX zum Übereinkommen erwähnten Mitgliedstaaten in den Mitgliedstaaten Estland, Lettland, Litauen, Polen und Slowenien nicht in Anspruch genommen werden können.
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kel 65) wird anerkannt, dass Artikel 6 Nummer 2 und Artikel 11 in Deutschland, Österreich und Ungarn nicht in Anspruch genommen werden können.
3. SCHUTZZWECKEN DIENENDE ZUSTÄNDIGKEITEN 1. Versicherungssachen (Artikel 8 bis 14) 73. In dem Übereinkommen wird für Versicherungssachen ein eigenständiges und umfassendes System beibehalten, mit Ausnahme einer Bezugnahme auf Artikel 4 und Artikel 5 Nummer 5; in Artikel 9 Absatz 2 wird die Zuständigkeit im Falle einer Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung erweitert; dadurch wird es möglich, dass die Zuständigkeit durch das Vorhandensein einer Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung begründet ist, auch wenn der Versicherer in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat keinen Wohnsitz hat. Um die schwächere Partei in einem Versicherungsverhältnis zu schützen, wird in dem Übereinkommen die vorherige Struktur beibehalten und zwischen der Stellung des Versicherers auf der einen Seite und der Stellung des Versicherungsnehmers, des Versicherten oder des Begünstigten auf der anderen Seite unterschieden und verschiedene Kriterien für die Zuständigkeit vorgesehen, und zwar je nachdem, wer von beiden als Kläger bzw. als Beklagter auftritt (siehe Jenard-Bericht, Seiten 30 bis 33, und Schlosser-Bericht, Nummern 136 bis 152). 74. Gemäß dem Übereinkommen von 1988 konnte der Versicherer nicht nur vor den Gerichten des Staates, in dem er seinen Wohnsitz hat – und in besonderen Fällen vor anderen Gerichten –, verklagt werden, sondern bei Klagen des Versicherungsnehmers auch vor den Gerichten des Staates, in dem der Versicherungsnehmer seinen Wohnsitz hat; der Versicherer konnte jedoch nur vor einem Gericht des Staates klagen, in dem der Versicherungsnehmer, der Versicherte oder der Begünstigte seinen Wohnsitz hat. Mit dieser Zuständigkeitsregel erhielt der Versicherungsnehmer eine herausgehobene Stellung und genoss größeren Schutz als der Versicherte oder der Begünstigte: Gegen sie konnte ebenfalls nur vor einem Gericht des Staates, in dem sie ihren Wohnsitz haben, geklagt werden, traten sie aber als Kläger auf, so konnten sie gegen den Versicherer nicht vor einem Gericht des Staates klagen, in dem sie ihren Wohnsitz haben; dieses Recht hatte ausschließlich der Versicherungsnehmer. Im Jenard-Bericht wird erläutert, dass dieser Unterscheidung der Gedanke zugrunde liegt, dass nur der Versicherungsnehmer in einer Geschäftsverbindung mit dem Versicherer steht und dass „es zu weit gehen würde, wenn man [den Versicherer] verpflichten wollte, sich in dem Gerichtsstand des Versicherten oder des Begünstigten verklagen zu lassen, deren genauen Wohnsitz er im Zeitpunkt des Entstehens des Rechtsstreits nicht zu kennen braucht.“84 Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe war der Auffassung, dass dieses Argument nicht mehr den Anforderungen des Versicherungsgewerbes, wie es sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, gerecht wird; dabei ist es zu stärkerem Wettbewerb, neuen Versicherungsformen und vor allem einem größeren Maß an Harmonisierung der Rechtsvorschriften aufgrund der von der Gemeinschaft erlassenen Binnenmarkt-Richtlinien gekommen, durch die es für Versicherer weniger schwierig geworden ist, sich auf ein Verfahren vor einem Gericht eines anderen Staates im Binnenmarkt einzulassen. Für Privatpersonen ist es hingegen trotz des Ausbaus der justiziellen Zusammenarbeit in Europa nach wie vor recht schwierig, ein Unternehmen in einem anderen Staat, nämlich vor den Gerichtes
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84 Jenard-Bericht, S. 31; dort heißt es weiter, dass der Wohnsitz des Versicherungsnehmers zur Zeit der Klageerhebung zu berücksichtigen ist.
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des Staates, in dem das Unternehmen seinen Wohnsitz hat, zu verklagen. Aufgrund dieser Erwägungen ist die erläuterte Unterscheidung aufgehoben worden und sind der Versicherte und der Begünstigte nun neben dem Versicherungsnehmer in Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe b aufgeführt und diesem damit gleichgestellt.85 75. Abgesehen davon, dass Versicherungsnehmer, Versicherter und Begünstigter nun den Versicherer vor einem Gericht des Staates, in dem sie ihren Wohnsitz haben, verklagen können, sind sie zusätzlich dadurch geschützt, dass der allgemeine Grundsatz, der es den Parteien ermöglicht, von den Zuständigkeitsregeln des Übereinkommens – außer im Falle der ausschließlichen Zuständigkeit – abzuweichen, eingeschränkt wird. Nach Artikel 13 kann eine Vereinbarung über die Zuständigkeit nur in speziellen und begrenzten Fällen getroffen werden, etwa im Falle eines Versicherungsvertrags zur Deckung eines oder mehrerer der in Artikel 14 aufgeführten Risiken, insbesondere Risiken im Zusammenhang mit der Beförderung mit Seeschiffen oder Luftfahrzeugen und der kombinierten Beförderung von Gütern und Passagieren. Diese Einschränkung in Bezug auf Gerichtsstandsklauseln in Verträgen gewährleistet ein hohes Schutzniveau; sie gilt nicht nur für von privaten Verbrauchern, sondern auch von Unternehmen und freiberuflich Tätigen geschlossene Versicherungsverträge. Es gab jedoch einige Zweifel daran, ob ein so weit gefasster Schutz in Bezug auf Versicherungsverträge, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit geschlossen werden, gerechtfertigt ist. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat daher die Möglichkeit geprüft, der Vertragsfreiheit der Parteien größeren Raum zu geben, indem unterschieden wird zwischen Versicherungsverträgen, die von Verbrauchern, und solchen, die im Rahmen einer gewerblichen, geschäftlichen oder beruflichen Tätigkeit geschlossen werden, und bei letzteren die Wahl des Gerichtsstands zuzulassen. Als besser wurde jedoch die Möglichkeit erachtet, dass die Verträge, bei denen den Parteien eine größere Vertragsfreiheit eingeräumt werden kann, nicht durch Bezugnahme auf den Versicherungsnehmer, sondern auf die vom Vertrag abgedeckten Risiken, bestimmt werden sollten, wobei die bereits in Artikel 12a des Übereinkommens von 1988 aufgeführten Risiken um weitere Risiken ergänzt werden. Diese Lösung hat den Vorteil, dass die Struktur des Übereinkommens nicht verändert wird, so dass der Abschnitt über Versicherungssachen weiterhin vom Abschnitt über Verbrauchersachen getrennt ist. Darüber hinaus wird dadurch eine Bezugnahme auf einen Verbraucher als Versicherungsnehmer vermieden, so dass mit dieser Lösung nicht nur Verbrauchern Schutz geboten wird, sondern auch Einzelunternehmern, kleinen und mittleren Unternehmen und freiberuflich Tätigen, die in Versicherungssachen den gleichen Schutz verdienen wie Verbraucher, auch wenn sie eine industrielle, gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausüben. 76. Die bereits in Artikel 14 aufgeführten Risiken (auf die in Artikel 13 Nummer 5 Bezug genommen wird) bleiben nach einem kumulativen Ansatz daher unverändert; hinzugefügt werden im neuen Übereinkommen „alle Großrisiken“. Die Formulierung, die verwendet wird, um die Risiken zu bestimmen, die es den Parteien im Rahmen eines Versicherungsvertrags ermöglichen, von den ansonsten bindenden Bestimmungen dieses Abschnitts abzuweichen, weicht vom entsprechenden Artikel 14 Nummer 5 der Brüssel-I-Verordnung ab. Diese Verordnung nimmt Bezug auf alle Großrisiken „entsprechend der Begriffsbestimmung in der Richtlinie 73/239/EWG des Rates, geändert durch die Richtlinie 88/357/EWG und die Richtlinie 90/618/EWG, in der jeweils geltenden Fassung“ und damit sowohl auf gegenwärtige als auch auf künftige Gemeinschaftsvorschriften. Der Wortlaut im Übereinkommen ist anders gefasst, da es nicht angemessen gewesen
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85 Siehe auch Gerichtshof, Rechtssache C-463/06 FBTO Schadeverzekeringen, Slg. 2007, I-11321, Randnummer 24.
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wäre, dass sich in einem Übereinkommen mit Vertragsstaaten, die nicht der Europäischen Gemeinschaft angehören, eine genaue Bezugnahme auf Gemeinschaftsvorschriften findet. Die allgemeine Bezugnahme auf „Großrisiken“ in Artikel 14 Nummer 5 des Übereinkommens ist jedoch so zu verstehen, dass tatsächlich die gleichen Risiken wie die in den Richtlinien aufgeführten Risiken gemeint sind. Diese Großrisiken sind in Artikel 5 der Richtlinie 1988/357/EWG86 definiert, in dem auf Buchstabe A des Anhangs der Richtlinie 73/239/EWG87 und insbesondere auf die unter den Zweigen 4 bis 7 eingestuften Risiken (Beschädigung oder Verlust von Schienenfahrzeugen, Luftfahrzeugen, See-, Binnensee- und Flussschiffen sowie Transportgütern und Gepäckstücken, unabhängig von dem jeweils verwendeten Transportmittel) und die unter den Zweigen 11 und 12 eingestuften Risiken (Luftfahrzeughaftpflicht und See-, Binnensee- und Flussschifffahrtshaftpflicht einschließlich derjenigen des Frachtführers) sowie auf folgende Risiken Bezug genommen wird: Risiken unter den Zweigen 14 und 15 (Kredit und Kaution), wenn der Versicherungsnehmer eine Erwerbstätigkeit im industriellen oder gewerblichen Sektor oder eine freiberufliche Tätigkeit ausübt und das Risiko damit im Zusammenhang steht, Risiken unter den Zweigen 8 und 9 (Feuer- und Elementarschäden und sonstige Sachschäden), Risiken unter Zweig 13 (Allgemeine Haftpflicht) und Risiken unter Zweig 16 (Verschiedene finanzielle Verluste), sofern der Versicherungsnehmer bei mindestens zwei von drei Kriterien, nämlich Bilanzsumme, Nettoumsatz und durchschnittliche Beschäftigtenzahl im Verlauf des Wirtschaftsjahres, die Obergrenze überschreitet. Von den unter Buchstabe A des Anhangs eingestuften Risiken gelten als Großrisiken somit in erster Linie diejenigen Risiken, bei denen der Versicherungsnehmer ein Unternehmen einer bestimmten Größe ist oder jedenfalls eine industrielle, gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausübt; ausgeschlossen sind Risiken, die unter die Zweige Unfall, Krankheit, Kraftfahrzeuge und Rechtsschutz fallen, bei denen der Versicherungsnehmer in der Regel als Privatperson auftritt. Das Übereinkommen stellt daher – wenn auch nicht ausdrücklich, wie es die Brüssel-I-Verordnung tut – eine Verbindung zwischen gerichtlicher Zuständigkeit und freiem Dienstleistungsverkehr bei Unternehmen und bei Versicherungszweigen (mit Ausnahme der Lebensversicherung) her, die von der Ersten Richtlinie erfasst werden, und zwar sogar in den durch das Übereinkommen gebundenen Staaten, die nicht der Europäischen Gemeinschaft angehören. 77. Wie dargelegt, werden in der Brüssel-I-Verordnung Großrisiken durch ausdrückliche Bezugnahme auf Gemeinschaftsrichtlinien definiert, was etwaige künftige Änderungen mit einschließt. Das Übereinkommen enthält keine derartige Bezugnahme, aber die bloßen Worte „alle Großrisiken“ in Artikel 14 Nummer 5 sind im Lichte der gegenwärtigen und künftigen Gemeinschaftsvorschriften auszulegen, zumindest soweit der Ansatz für die Behandlung von Großrisiken in den Gemeinschaftsvorschriften nicht grundlegend geändert wird. Diese Sichtweise wird auch durch den Erwägungsgrund in der Präambel untermauert, in dem es heißt, dass das Übereinkommen auf die Ausdehnung der Grundsätze der Brüssel-I-Verordnung auf die Vertragsparteien des Übereinkommens gestützt ist, und durch das Protokoll 2, mit dem eine möglichst einheitliche Auslegung des Übereinkommens und der Brüssel-I-Verordnung angestrebt wird. Etwaige
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86 Zweite Richtlinie 88/357/EWG des Rates vom 22. Juni 1988 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG, ABl. L 172 vom 4.7.1988. 87 Erste Richtlinie 73/239/EWG des Rates vom 24. Juli 1973 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung), ABl. L 228 vom 16.8.1973.
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Probleme aufgrund von Änderungen der Gemeinschaftsvorschriften sind im Rahmen des durch Protokoll 2 eingesetzten Ständigen Ausschusses (siehe unten Nummer 203) zu erörtern. 2. Verbrauchersachen (Artikel 15 bis 17) 78. In dem Übereinkommen werden für Verbrauchersachen die vorherigen Vorschriften zum Schutz der schwächeren Vertragspartei aus dem Übereinkommen von 1988 gleichlautend beibehalten und wird unbeschadet des Artikels 4 und des Artikels 5 Nummer 5 ein eigenständiges System festgelegt. Während der Verbraucher den anderen Vertragspartnern nicht nur von dem Gericht des Staates, in dem der andere Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, sondern auch vor dem Gericht des Staates, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, verklagen kann, kann der andere Vertragspartner nur vor den Gerichten des durch das Übereinkommen gebundenen Staates klagen, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat (Artikel 16). Das Übereinkommen lässt eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zu, wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird oder wenn sie dem Verbraucher die Befugnis einräumt, andere Gerichte anzurufen, oder wenn die Vereinbarung die Zuständigkeit der Gerichte des Staates begründet, in dem sowohl der Verbraucher als auch sein Vertragspartner zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, es sei denn, dass eine solche Vereinbarung nach dem Recht dieses Staates nicht zulässig ist (Artikel 17). Zu diesen Bestimmungen siehe auch die früheren Berichte (Jenard-Bericht, S. 33–34; Schlosser-Bericht, Nummern 159–161). 79. Die Schutzregelung ändert sich zwar nicht, jedoch wird mit dem Übereinkommen das Spektrum der von ihm erfassten Verträge noch erweitert. Im Übereinkommen von 1988, das den Wortlaut des Brüsseler Übereinkommens in der damals geltenden Fassung übernommen hatte, war vorgesehen, dass sich der durch das Übereinkommen gebotene Schutz erstreckt auf den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung, auf ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen oder andere Kreditgeschäfte, die zur Finanzierung eines Kaufs beweglicher Sachen dienen, und auf andere Verträge, wenn sie die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben, sofern dem Vertragsabschluss in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat (Artikel 13 Absatz 1). Mit diesem letzten Teil der Bestimmung wurde der Anwendungsbereich des Schutzes im Vergleich zum ursprünglichen Brüsseler Übereinkommen, bei dem sich der Schutz auf den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung und auf in Raten zurückzuzahlende Darlehen beschränkte, erheblich ausgeweitet, galt aber dennoch nicht als ausreichend, um einen angemessenen Schutz der Verbraucher durch die Gerichte – parallel zu dem durch die Gemeinschaftsrichtlinien gebotenen umfangreichen Schutz – zu gewährleisten. Das Übereinkommen von 1988 enthält keine Definition der Parteien eines Verbrauchervertrags und insbesondere keine Definition der anderen Vertragspartner, es erfasst nicht alle Verbraucherverträge, und mit seinem Wortlaut wird nicht sichergestellt, dass es auch in nicht traditioneller und insbesondere digitaler Form geschlossene Verträge erfasst. 80. Was die Definition des Begriffs des Verbrauchers anbelangt, so wird in Artikel 15 des Übereinkommens im Wesentlichen die Definition aus dem Übereinkommen von 1988 übernommen, wonach ein Verbraucher eine natürliche Person ist, die einen Vertrag „zu einem Zweck“ schließt, der nicht ihrer „beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit … zugerechnet werden kann“. Dies entspricht der Definition in anderen Gemeinschafts765
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rechtsakten,88 insbesondere in der Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I).89 Das Übereinkommen von 1988 enthält jedoch keine Definition der anderen Partei eines Verbrauchervertrags; dies ließ Zweifel aufkommen, ob ein Vertrag, der zu einem Zweck geschlossen wird, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit beider Vertragspartner zugerechnet werden kann, unter die speziellen Regeln für Verbrauchersachen oder aber unter die allgemeinen Regeln des Übereinkommens fällt. Es sei darauf hingewiesen, dass die Anwendung der speziellen Regeln in den Artikeln 15 bis 17 nur gerechtfertigt ist, wenn die Stellung der Vertragspartner von einem Ungleichgewicht geprägt ist, so dass Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das Ungleichgewicht zu verringern oder aufzuheben und so die schwächere Partei zu schützen. Dies ist nur dann der Fall, wenn die andere Partei eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt. Damit jedoch alle Zweifel hinsichtlich der Auslegung ausgeschlossen werden, heißt es in Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe c, der auf die meisten Verbraucherverträge Anwendung findet, nun ausdrücklich, dass er für Verträge gilt, die von einem Verbraucher mit einem Vertragspartner, der „eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt“, geschlossen werden. Diese Klarstellung wurde in den besonderen Fällen von Verträgen über den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung oder über ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen, bei denen es nur schwer vorstellbar ist, dass der Verkäufer bzw. der Darlehensgeber außerhalb seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt, nicht für erforderlich gehalten. 81. Mit Artikel 15 des Übereinkommens wird ferner das Spektrum der Verbraucherverträge, auf die es sich bezieht, erheblich ausgeweitet. Während in Artikel 13 Absatz 1 Nummer 3 des Übereinkommens von 1988 Bezug genommen wird auf „andere Verträge, wenn sie die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben“, wird in Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe c des neuen Übereinkommens die Formulierung „in allen anderen Fällen“ verwendet und damit auf jeden anderen Vertrag als einen Vertrag über den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung oder ein in Raten zurückzuzahlendes Darlehen, der mit einer Person geschlossen wird, die eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt, sofern der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt, Bezug genommen. Mit diesem weiter gefassten Begriff des Verbrauchervertrags wird der Anwendungsbereich des gebotenen Schutzes ausgeweitet und die Bestimmung der erfassten Verträge vereinfacht, in Übereinstimmung mit dem Schutz entsprechend den Gemeinschaftsrichtlinien über Verbraucherschutz. Der Begriff umfasst alle Verträge, die als Verbraucherverträge in Gemeinschaftsrichtlinien geregelt werden, einschließlich Verträge, bei denen ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Zahlungsaufschubs, eines Darlehens oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht, soweit sie in der Richtlinie 87/102/ EWG über den Verbraucherkredit90 geregelt sind.
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88 Insbesondere in Artikel 2 der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Fall von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, ABl. L 372 vom 31.12.1985, und, wenn auch in leicht unterschiedlicher Formulierung, in anderen Verbraucherrichtlinien, beispielsweise in Artikel 2 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. L 95 vom 21.4.1993, und in Artikel 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. L 144 vom 4.6.1997. 89 Siehe Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. L 177 vom 4.7.2008. Siehe auch Artikel 5 des Übereinkommens von Rom vom 19. Juni 1980, ABl. C 334 vom 30.12.2005. 90 Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit, ABl. L 42 vom 12.2.1987, später ersetzt durch die Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008
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Es besteht nun kein Zweifel mehr daran, dass dieser Begriff auch Verträge über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien umfasst, die Gegenstand der Richtlinie 94/47/EG91 sind; anderenfalls wäre nicht sicher gewesen, dass diese Verträge als Verbraucherverträge und nicht als Verträge über den Erwerb dinglicher Rechte an unbeweglichen Sachen, die Gegenstand von Artikel 22 Nummer 1 sind, einzustufen sind, da in den einzelnen innerstaatlichen Rechtsordnungen der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten hier Unterschiede bestehen. Diese Sichtweise ist vom Gerichtshof bestätigt worden, der entschieden hat, dass Verträge über Teilzeitnutzungsrechte, die unter die Richtlinie 94/47/EG fallen, zugleich unter die Richtlinie 85/577/EG fallen, wenn die Voraussetzungen für deren Anwendung im Übrigen erfüllt sind,92 und dass diese Auslegung in Anbetracht des zwischen dem Übereinkommen und der Gemeinschaftsrechtsordnung bestehenden Zusammenhangs für die Zwecke der Auslegung des Übereinkommens zu berücksichtigen ist.93 82. Mit dem Übereinkommen wird auch der Anwendungsbereich der Vorschriften über Verbraucherverträge ausgeweitet, was die Anknüpfung an den Staat anbelangt, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Es enthält keine Neuerung in Bezug auf den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung oder in Raten zurückzuzahlende Darlehen, bei denen es keiner Sachnähe zwischen dem Vertrag und dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers bedarf. Bei anderen Verträgen wäre jedoch die Ausweitung des Schutzes auf alle Verbraucherverträge und die Ausweitung des Klägergerichtsstands, die dies mit sich bringt, ohne eine Anknüpfung zwischen dem anderen Vertragspartner und dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers nicht gerechtfertigt. Im Übereinkommen von 1988 wurde das Bestehen eines bestimmten Bezugs im Falle von Verträgen über die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen verlangt – nämlich dass dem Vertragsabschluss ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung im Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers vorausgegangen ist und dass der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluss des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat –; die Adhoc-Arbeitsgruppe erachtete dies jedoch als unzureichend und angesichts der gegenwärtigen Verbraucherschutzerfordernisse als nicht geeignet. Das neue Übereinkommen verlangt daher, dass die berufliche oder gewerbliche Tätigkeit der Person, mit der der Verbraucher einen Vertrag schließt, in dem Staat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, ausgeübt wird oder dass eine solche auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates, ausgerichtet wird. 83. Die neue Anknüpfung an den Staat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, kann auf Verträge jeder Art angewandt werden und soll insbesondere dazu dienen, dem Bedarf an Verbraucherschutz, der sich aus dem elektronischen Geschäftsverkehr ergibt,94 gerecht zu werden. Maßgebend ist nicht der Ort, an dem der Verbraucher handelt, oder der Ort, an dem der Vertrag geschlossen wird – dies kann in einem anderen Staat als dem Wohnsitzstaat des Verbrauchers erfolgen –, sondern allein die Tätigkeit
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über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl. L 133 vom 22.5.2008. 91 Richtlinie 94/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien, ABl. L 280 vom 29.10.1994. 92 Gerichtshof, Rechtssache C-423/97, Travel Vac, Slg. 1999, I-2195, Randnummer 22. 93 Gerichtshof, Rechtssache C-73/04, Klein, Slg. 2005, I-8667, Randnummern 22 ff. 94 Entsprechend der Definition in der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“), ABl. L 178 vom 17.7.2000; in deren Artikel 1 Absatz 4 heißt es ausdrücklich, dass sich die Richtlinie nicht „mit der Zuständigkeit der Gerichte [befasst]“; dies wird somit der Brüssel-IVerordnung und parallel dazu dem Übereinkommen von Lugano überlassen.
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der anderen Partei: diese muss in dem Staat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, ausgeübt werden oder auf diesen Staat, möglicherweise unter Verwendung elektronischer Mittel, ausgerichtet sein. Im Falle eines Internetgeschäfts beispielsweise verliert der Verbraucher nicht dadurch, dass er die beweglichen Sachen von einem anderen Staat als seinem Wohnsitzstaat aus bestellt hat, den durch das Übereinkommen gebotenen Schutz, sofern die Tätigkeit des Verkäufers auf den Staat, in dem er seinen Wohnsitz hat, oder neben anderen Staaten auch auf diesen Staat ausgerichtet ist. Auch in diesem Fall kann der Verbraucher nach Artikel 16 des Übereinkommens die Gerichte des Staates, in dem er seinen Wohnsitz hat, anrufen, und zwar unabhängig davon, wo der Vertrag geschlossen wurde und wo eine elektronisch erbrachte Dienstleistung in Anspruch genommen wurde. Diese Anknüpfung besteht nur, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit unbestritten auf den Staat ausgerichtet ist, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Es ist hier unerheblich, ob eine Website als aktiv oder passiv gilt. Der Rat der EU und die Europäische Kommission haben zu Artikel 15 der Brüssel-I-Verordnung ausgeführt, „dass es für die Anwendung von Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe c nicht ausreicht, dass ein Unternehmen seine Tätigkeiten auf den Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, oder auf mehrere Staaten – einschließlich des betreffenden Mitgliedstaats –, ausrichtet, sondern dass im Rahmen dieser Tätigkeiten auch ein Vertrag geschlossen worden sein muss. Diese Bestimmung betrifft mehrere Absatzformen, darunter Vertragsabschlüsse im Fernabsatz über Internet. In diesem Zusammenhang betonen der Rat und die Kommission, dass die Zugänglichkeit einer Website allein nicht ausreicht, um die Anwendbarkeit von Artikel 15 zu begründen; vielmehr ist erforderlich, dass diese Website auch den Vertragsabschluss im Fernabsatz anbietet und dass tatsächlich ein Vertragsabschluss im Fernabsatz erfolgt ist, mit welchem Mittel auch immer. Dabei sind auf einer Website die benutzte Sprache oder die Währung nicht von Bedeutung.“95 84. Der Anwendungsbereich der Zuständigkeitsregeln zum Schutz von Verbrauchern ist weiter ausgeweitet worden und umfasst nun auch Beförderungsverträge, die im Übereinkommen von 1988 vom Anwendungsbereich ausgeschlossen waren; dort unterlagen sie den allgemeinen Regeln für Verträge. Der Ausschluss aller Beförderungsverträge erschien in Anbetracht der Praxis des Abschlusses von Verträgen über kombinierte Beförderungs- und Unterbringungsleistungen für einen Pauschalpreis nicht gerechtfertigt. Wären Beförderungsverträge weiterhin ausgeschlossen gewesen, so hätte dies auch bedeutet, dass unterschiedliche Zuständigkeitsregeln auf die verschiedenen Dienstleistungen angewandt werden müssten, die in einem einzigen Vertrag, der wirtschaftlich gesehen eine einzige kommerzielle Transaktion darstellt, kombiniert sind. Artikel 15 Absatz 3 beschränkt daher den Ausschluss von den Regeln des Titels II Abschnitt 4 auf Beförderungsverträge, die keine kombinierten Beförderungs- und Unterbringungsleistungen für einen Pauschalpreis vorsehen; die Bestimmung wird auf diese Weise an die Bestimmung für Verbraucherverträge im Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht angeglichen.96
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95 Die Erklärung des Rates und der Kommission ist auf der Website des Europäischen Justiziellen Netzes abrufbar: http://ec.europa.eu/civiljustice/docs/Reg_44-2000_joint_statement_14139_de.pdf. 96 Artikel 5 Absatz 5 des Abkommens vom 19. Juni 1980; siehe auch Artikel 6 Absatz 3 und Absatz 4 Buchstabe b der Rom-I-Verordnung.
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3. Individuelle Arbeitsverträge (Artikel 18 bis 21) 85. Individuelle Arbeitsverträge waren im ursprünglichen Brüsseler Übereinkommen nicht eigens berücksichtigt worden und unterlagen daher den allgemeinen Zuständigkeitsregeln sowie der besonderen Zuständigkeitsregel in Artikel 5 Nummer 1 betreffend einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag, ohne dass eine spezielle Beschränkung der Wahl des Gerichtsstands vorgesehen war. Im Übereinkommen von 1988 waren sie Gegenstand besonderer Regeln (Artikel 5 Nummer 1 zweiter Halbsatz und Artikel 17 Absatz 5). Sie werden nunmehr in besonderen Regeln in Titel II Abschnitt 5 behandelt, der auf die Abschnitte über Versicherungssachen und über Verbrauchersachen folgt und die Vorschriften, mit denen der schwächere Vertragspartner geschützt wird, vervollständigt. Der neue Abschnitt folgt dem gleichen Schema und den gleichen Lösungsansätzen wie die anderen Abschnitte und weicht in mancherlei Hinsicht von den Regelungen des Übereinkommens von 1988 ab. 86. Wie die Bestimmungen in den anderen Abschnitten bekräftigt Artikel 18 Absatz 1 den eigenständigen und umfassenden Charakter der in Abschnitt 5 enthaltenen Zuständigkeitsregeln für individuelle Arbeitsverträge, unbeschadet des Artikels 4, der gilt, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem nicht durch das Übereinkommen gebundenen Staat hat, und unbeschadet des Artikels 5 Nummer 5, der bei Streitigkeiten in Bezug auf eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung gilt. Wie in Artikel 9 Absatz 2 und in Artikel 15 Absatz 2 wird in Artikel 18 Absatz 2 das Vorhandensein einer Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung des Arbeitgebers in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat für Streitigkeiten aus ihrem Betrieb so behandelt, wie wenn der Arbeitgeber in diesem Staat seinen Wohnsitz hätte, auch wenn er seinen Wohnsitz in einem nicht durch das Übereinkommen gebundenen Staat hat. 87. Die Zuständigkeit für eine Klage gegen einen Arbeitgeber, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates hat, wird in Artikel 19 geregelt, der zum größten Teil die Bestimmung in Artikel 5 Nummer 1 zweiter Halbsatz des Übereinkommens von 1988 aufgreift. Dies bedeutet, dass ein Arbeitgeber nicht nur vor den Gerichten des Staates, in dem er seinen Wohnsitz hat, verklagt werden kann, sondern auch vor dem Gericht des Ortes, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat (Nummer 2 Buchstabe a). Der letzte Satz, der sich im Übereinkommen von 1988 nicht fand, ist aufgenommen worden, da festgestellt wurde, dass ein Arbeitnehmer einen Arbeitgeber häufig erst dann verklagt, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist oder der Arbeitnehmer seine Arbeit nicht mehr verrichtet. Es wäre nicht angemessen, dem Arbeitnehmer in solchen Fällen den alternativen Gerichtsstand des Ortes seiner Arbeit vorzuenthalten. Ferner ist zu berücksichtigen, dass sich der Arbeitnehmer an seinem Arbeitsort während des Beschäftigungsverhältnisses oder nach dessen Beendigung danach in der Regel an eine Gewerkschaft wenden kann, damit diese ihm hilft, seine Rechte vor Gericht geltend zu machen. Wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet oder verrichtet hat, kann von ihm vor dem Gericht des Ortes geklagt werden, an dem sich die Niederlassung, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, befindet bzw. befand (Nummer 2 Buchstabe b). Diese Lösung entspricht der Lösung im Übereinkommen von Rom vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht.97 Es sei darauf hingewiesen, dass diese Lösung nur erforderlich ist, wenn kein Staat bestimmt werden kann, der die beiden Anforderungen erfüllt, nämlich dass eine
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97 Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b des Übereinkommens, ABl. C 27 vom 26.1.1998; siehe auch Artikel 8 Absatz 3 der Rom-I-Verordnung.
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wesentliche Verbindung zwischen der Streitigkeit und dem Ort besteht, dessen Gericht am besten in der Lage ist, über den Fall zu entscheiden, damit der Arbeitnehmer als der schwächere Vertragspartner angemessen geschützt ist, und dass die Zuständigkeit mehrerer Gerichte vermieden wird. Erfüllt der Arbeitnehmer, auch wenn er in mehr als einem Staat seine Arbeit verrichtet, den wesentlichen Teil seiner Verpflichtungen gegenüber dem Arbeitgeber an ein und demselben Ort, so ist davon auszugehen, dass er an diesem Ort seine Arbeit gewöhnlich verrichtet, und ist demgemäß Artikel 19 Nummer 2 Buchstabe a des Übereinkommens anzuwenden.98 88. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat den Vorschlag geprüft, die Gerichtsstände nach Artikel 19 um einen weiteren Gerichtsstand zu ergänzen, um es einem Arbeitnehmer, der für einen begrenzten Zeitraum in einen anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat entsandt wird, um dort seine Arbeit zu verrichten, zu ermöglichen, die Gerichte dieses Staats anzurufen, wenn es um die Arbeit und die Bedingungen, unter denen sie in diesem Staat verrichtet wird, geht. Dieser Vorschlag wurde im Lichte der Richtlinie 1996/ 71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern99 geprüft, deren Artikel 6 wie folgt lautet: „Zur Durchsetzung des Rechts auf die in Artikel 3 gewährleisteten Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen kann eine Klage in dem Mitgliedstaat erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer entsandt ist oder war; dies berührt nicht die Möglichkeit, gegebenenfalls gemäß den geltenden internationalen Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit in einem anderen Staat Klage zu erheben“. Diese Bestimmung hat, im Rahmen der Richtlinie ausgelegt, offensichtlich einen anderen Anwendungsbereich als die Bestimmung des Übereinkommens, mit der zugunsten des Arbeitnehmers eine allgemeine Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in den er entsandt wird, begründet wird. Die Richtlinie enthält eine Reihe von Definitionen für die verwendeten Begriffe – wie „entsandter Arbeitnehmer“, „Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen“ usw. –, auf die Bezug genommen werden müsste, wenn die Bestimmungen des Übereinkommens ausgelegt werden. Darüber hinaus wird die Zuständigkeit des Gerichts des Ortes, an den der Arbeitnehmer entsandt worden ist, durch die Richtlinie auf „die in Artikel 3 gewährleisteten Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen“ beschränkt und ist nicht allgemeiner Art. Bei der Begründung einer allgemeinen Zuständigkeit dieses Gerichts wären nicht alle Fragen erfasst, die von Artikel 3 der Richtlinie abgedeckt werden, da die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, auf die er sich bezieht, Fragen wie Gesundheitsschutz, Sicherheit und Hygiene am Arbeitsplatz umfassen, die als Regelungsbereiche des öffentlichen Rechts und nicht in das Übereinkommen von Lugano, das sich auf Zivil- und Handelssachen beschränkt, einbezogen werden könnten. Schließlich stünde ein zusätzlicher Gerichtsstand, der in das Übereinkommen aufgenommen würde, ausschließlich Arbeitnehmern zur Verfügung, während Artikel 6 der Richtlinie nicht zwischen der Stellung der Parteien unterscheidet und auch eine Rechtsgrundlage für die Zuständigkeit bei Klageerhebung durch den Arbeitgeber bietet. Bei Begründung der Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in den ein Arbeitnehmer entsandt ist, würde die Zuständigkeit nicht in der gleichen Weise wie in der Richtlinie geregelt und würden zwei Systeme geschaffen, die unterschiedlichen Auslegungs- und Anwendungsregeln unterliegen, wodurch die Rechtssicherheit in Bereichen, in denen Schutz gewährleistet sein muss, beeinträchtigt werden könnte.
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98 Siehe hinsichtlich Artikel 5 Nummer 1 des Brüsseler Übereinkommens Gerichtshof, Rechtssache C-37/00, Weber, Slg. 2002, I-2013, Randnummern 49–58. 99 Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, ABl. L 18 vom 21.1.1997.
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Diese Erwägungen haben die Ad-hoc-Arbeitsgruppe dazu veranlasst, dem Vorschlag, eine allgemeine Zuständigkeit des Gerichts des Ortes zu begründen, an den ein Arbeitnehmer entsandt ist, nicht zu folgen und die Zuständigkeitsregeln im Bereich der Arbeitsverhältnisse nicht zu ändern, obwohl die Richtlinie weiterhin in ihrem eigenen Anwendungsbereich zum Tragen kommt und in jedem Falle zulässt, dass eine Klage gemäß den geltenden internationalen Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit, unter anderem nach dem Übereinkommen von Lugano, dessen Anwendungsbereich unverändert bleibt, erhoben wird. 89. Wie bei den anderen, Schutzzwecken dienenden Zuständigkeiten kann die Klage des Arbeitgebers nur vor den Gerichten des durch das Übereinkommen gebundenen Staates erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat, außer im Falle einer Widerklage vor dem Gericht, bei dem die Hauptklage gemäß den Bestimmungen des Abschnitts über Arbeitsverträge anhängig ist. Artikel 20 folgt damit dem gleichen Kriterium wie bei Versicherungs- und Verbraucherverträgen und ändert somit Artikel 5 Nummer 1 des Übereinkommens von 1988, der es dem Arbeitgeber auch gestattet, Klage vor dem Gericht des Ortes zu erheben, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, und, wenn er seine Arbeit in mehr als einem Land verrichtet, am Ort der Niederlassung, die den Arbeitnehmer eingestellt hat. Die Entscheidung, diese Klagemöglichkeit des Arbeitgebers entfallen zu lassen, wurde nach sorgfältiger Bewertung der Rolle, die dieses Zuständigkeitskriterium spielt, getroffen. Die Bezugnahme auf den Ort, an dem die Arbeit verrichtet wird, dient dazu, dem Arbeitnehmer einen alternativen Gerichtsstand zur Verfügung zu stellen, wenn er zu der Auffassung gelangt, dass er seinen Anspruch dort leichter geltend machen kann, auch wenn das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist; sie dient nicht dazu, dem Arbeitgeber einen für ihn vorteilhaften Klägergerichtsstand für Streitigkeiten mit einem Arbeitnehmer zu eröffnen. 90. Auch die Vorschriften über Gerichtsstandsvereinbarungen lehnen sich an das System für Versicherungs- und Verbrauchersachen an. Im Einklang mit Artikel 5 Nummer 1 des Übereinkommens von 1988 heißt es in Artikel 21 Nummer 1, dass die Zuständigkeit eines anderen Gerichts nur nach der Entstehung der Streitigkeit vereinbart werden kann, so dass der Arbeitnehmer imstande ist, zu prüfen, ob dies wünschenswert ist. Nach Artikel 21 Nummer 2 kann mit einer Vereinbarung über den Gerichtsstand auch von den allgemeinen Regeln abgewichen werden, wenn sie dem Arbeitnehmer die Befugnis einräumt, andere als die in Artikel 19 angeführten Gerichte anzurufen. Anders als in den anderen Abschnitten findet sich jedoch keine Bezugnahme auf die Zulässigkeit einer Klausel, mit der die Zuständigkeit der Gerichte des Staates begründet wird, in dem sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, da dies Artikel 3 der vorerwähnten Gemeinschaftsrichtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen widersprechen würde.
4. AUSSCHLIESSLICHE ZUSTÄNDIGKEITEN 1. Allgemeines 91. Bei einigen Arten von Streitgegenständen ist aus Gründen, die keiner besonderen Erläuterung bedürfen, eine ausschließliche Zuständigkeit vorgesehen; diese Gründe beziehen sich allesamt auf die besondere Verknüpfung zwischen dem Gericht und der Art der Situation. In Bezug auf bestimmte Fragen sollten im Interesse einer geordneten Rechtspflege die Gerichte ausschließlich zuständig sein, die am besten in der Lage sind, 771
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über die Streitigkeit zu befinden und die örtlichen Vorschriften und Gepflogenheiten anzuwenden bzw. zu berücksichtigen. Das neue Übereinkommen bestätigt die Merkmale der ausschließlichen Zuständigkeit: Die ausschließliche Zuständigkeit gilt ohne Rücksicht auf den Wohnsitz der Parteien in den durch das Übereinkommen gebundenen Staaten (Artikel 22); von ihr kann weder durch Vereinbarung zwischen den Parteien (Artikel 23) noch stillschweigend (Artikel 24) abgewichen werden; ein Gericht, das wegen einer Streitigkeit angerufen wird, für die das Gericht eines anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staates ausschließlich zuständig ist, muss sich von Amts wegen für unzuständig erklären (Artikel 25); Entscheidungen werden nicht anerkannt, wenn die Vorschriften über die ausschließliche Zuständigkeit verletzt worden sind (Artikel 35), und sind gegebenenfalls nicht vollstreckbar (Artikel 45). Nur die ausschließlichen Zuständigkeiten nach Artikel 22 Nummern 1, 2 und 4 sind geändert worden und bedürfen einer besonderen Erläuterung. Die ausschließlichen Zuständigkeiten nach Artikel 22 Nummern 2 und 5 bleiben unverändert gegenüber dem Übereinkommen von 1988; hierzu wird auf die früheren Berichte verwiesen (JenardBericht, S. 35 und 36). 2. Unbewegliche Sachen (Artikel 22 Nummer 1) 92. Die Regel, dass für dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen sowie Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen die Gerichte des durch das Übereinkommen gebundenen Staates, in dem die unbewegliche Sache belegen ist, zuständig sind, bleibt unverändert; auf die Gründe für diese Zuständigkeit, die bereits in Bezug auf das Übereinkommen von 1988 (Jenard/Möller-Bericht, Nummern 49–54) und das Brüsseler Übereinkommen (Jenard-Bericht, S. 34–35, Schlosser-Bericht, Nummern 162–165) erläutert worden sind, braucht hier nicht näher eingegangen werden. Es ist auch nicht erforderlich, den Anwendungsbereich der Bestimmung in Bezug auf die übrigen Zuständigkeitsregeln des Übereinkommens genauer zu beschreiben; dieser ist in der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Brüsseler Übereinkommen mehrfach geprüft worden. Es sei hier lediglich darauf hingewiesen, dass der Gerichtshof anerkannt hat, dass die ausschließliche Zuständigkeit für Miete oder Pacht auf Streitsachen beschränkt ist, die eindeutig die Anmietung einer Immobilie zum Gegenstand haben und die in den Bereich fallen, in dem die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dem die Immobilie belegen ist, ihre Daseinsberechtigung hat. Ein Vertrag, kraft dessen gegen einen vom Kunden gezahlten Gesamtpreis eine Gesamtheit von Dienstleistungen zu erbringen ist, ist kein eigentlicher Miet- oder Pachtvertrag im Sinne der Vorschrift.100 Die Vorschrift ist jedoch auf eine Klage auf Schadensersatz wegen mangelhafter Instandhaltung und Beschädigung einer Wohnung, die eine Privatperson gemietet hatte, um dort einige Wochen Urlaub zu verbringen, auch dann anwendbar, wenn die Klage nicht unmittelbar vom Eigentümer der unbeweglichen Sache, sondern von einem gewerblichen Reiseveranstalter erhoben worden ist, der dem Mieter die Wohnung vermietet hatte und aus abgetretenem Recht des Eigentümers der unbeweglichen Sache klagt.101 Die Frage, ob und inwieweit ein Teilzeitnutzungsrecht an einer Immobilie der ausschließlichen Zuständigkeit für Klagen, die unbewegliche Sachen zum Gegenstand ha-
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100 Gerichtshof, Rechtssache C-280/90, Hacker, Slg. 1992, I-1111, Randnummer 15 (mit Bezug auf Artikel 16 Nummer 1 des Brüsseler Übereinkommens). 101 Gerichtshof, Rechtssache C-8/98, Dansommer, Slg. 2000, I-393, Randnummer 38 (mit Bezug auf Artikel 16 Nummer 1 des Brüsseler Übereinkommens).
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ben, unterliegen sollte, ist von der Ad-hoc-Arbeitsgruppe im Einklang mit den Gemeinschaftsvorschriften und ihrer Auslegung durch den Gerichtshof geklärt worden, ohne dass es einer speziellen Vorschrift bedarf (siehe oben Nummer 81). 93. Auf Vorschlag der Kommission hat die Ad-hoc-Arbeitsgruppe die Frage geprüft, ob Artikel 22 Nummer 1 dahin gehend auszulegen ist, dass er eine „Reflexwirkung“ hat, wonach auch die Gerichte der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten nicht zuständig wären, wenn die unbewegliche Sache in einem Staat belegen ist, der nicht durch das Übereinkommen gebunden ist. Wie im Jenard/Möller-Bericht erläutert,102 findet Artikel 16 Nummer 1 des Übereinkommens von 1988 nur Anwendung, „wenn die unbewegliche Sache in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats belegen ist“; ist die unbewegliche Sache in einem nicht dem Übereinkommen angehörenden Staat belegen, so gelten Artikel 2 des Übereinkommens und möglicherweise die besonderen Gerichtsstände, die das Übereinkommen vorsieht, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat; Artikel 4 kommt zur Anwendung, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem nicht dem Übereinkommen angehörenden Staat hat. Nach eingehender Prüfung hat die Ad-hoc-Arbeitsgruppe entschieden, dass es sich nicht empfiehlt, von dieser Lesart des Anwendungsbereichs der ausschließlichen Zuständigkeit für Klagen, die unbewegliche Sachen zum Gegenstand haben, abzurücken bzw. diese Frage im Text des Übereinkommens eindeutiger zu regeln, selbst wenn man berücksichtigt, dass in Fällen, in denen die unbewegliche Sache in einem nicht dem Übereinkommen angehörenden Staat belegen ist, Artikel 4 wahrscheinlich häufig geltend gemacht würde und dass erhebliche Unterschiede zwischen den jeweiligen einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften bestehen.103 Aufgrund der Ausführungen des Gerichtshofs in seinem Gutachten 1/03104 können die Frage, ob Artikel 22 Nummer 1 eine Reflexwirkung hat, und die Auswirkungen einer solchen Wirkung am besten erneut geprüft werden, wenn die innerstaatlichen Vorschriften zur Zuständigkeit für Klagen, die unbewegliche Sachen zum Gegenstand haben, in Fällen, in denen der Beklage seinen Wohnsitz in einem Drittstaat hat, innerhalb der Europäischen Gemeinschaft vereinheitlicht werden sollten. 94. Besonders große Aufmerksamkeit galt der Frage, ob die Gerichte des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, alternativ zu den Gerichten des Staates, in dem die unbewegliche Sache belegen ist, zuständig sein sollten, wenn es um die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen zum vorübergehenden privaten Gebrauch für höchstens sechs aufeinander folgende Monate geht. Das Brüsseler Übereinkommen unterscheidet sich hier vom Übereinkommen von 1988. Das Brüsseler Übereinkommen knüpft an diese Klagemöglichkeit zwei Bedingungen, nämlich dass beide Parteien natürliche Personen sind und dass beide ihren Wohnsitz in demselben Staat haben, während das Überein-
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102 Jenard/Möller-Bericht, Nummer 54. 103 Hierauf wurde im Jenard-Bericht, S. 35, und im Schlosser-Bericht, Nummern 166–172, hingewiesen. 104 Siehe Gutachten 1/03, Randnummer 153: „Allerdings sind zwar die Übereinstimmung des Gegenstands und die Übereinstimmung des Wortlauts der Gemeinschaftsvorschriften und der Bestimmungen des geplanten Übereinkommens Gesichtspunkte, die bei der Prüfung des Vorliegens einer Beeinträchtigung dieser Vorschriften durch das Übereinkommen zu berücksichtigen sind, doch können diese Gesichtspunkte allein nicht belegen, dass es an einer solchen Beeinträchtigung fehlt. Die Kohärenz, die sich aus der Anwendung der gleichen Zuständigkeitsvorschriften ergibt, ist nicht gleichbedeutend mit dem Fehlen einer Beeinträchtigung, denn die Anwendung einer Zuständigkeitsvorschrift des geplanten Übereinkommens kann zur Zuständigkeit eines anderen Gerichts führen als desjenigen, das nach der Verordnung Nr. 44/2001 zuständig gewesen wäre. Wenn das neue Übereinkommen von Lugano mit den Artikeln 22 und 23 der Verordnung Nr. 44/2001 gleich lautende Artikel enthält und der Gerichtsstand auf dieser Grundlage in einem Drittstaat liegt, der Partei dieses Übereinkommens ist, während der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, läge der Gerichtsstand somit ohne das Übereinkommen im letztgenannten Staat, mit dem Übereinkommen dagegen im Drittstaat.“
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kommen von 1988 die konkurrierende Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, weiter fasst; die Bedingungen sind hier lediglich, dass eine der Parteien, der Mieter oder Pächter, eine natürliche Person ist und dass keine der Parteien ihren Wohnsitz in dem Staat hat, in dem die unbewegliche Sache belegen ist, ohne dass es darauf ankommt, ob die Parteien ihren Wohnsitz in demselben Staat haben oder nicht. Da die Ad-hoc-Arbeitsgruppe den Auftrag hatte, die beiden Übereinkommen im Wortlaut so weit wie möglich aneinander anzugleichen, hat sie geprüft, ob das Lugano-Übereinkommen in dieser Hinsicht an das Brüsseler Übereinkommen angepasst werden sollte oder umgekehrt. Die gewählte Lösung – die auch in der Brüssel-I-Verordnung zum Tragen kommt – vereint Elemente beider Übereinkommen: Nur der Mieter oder Pächter muss eine natürliche Person sein, aber die Vertragsparteien müssen ihren Wohnsitz in demselben Staat haben. Für diese Lösung spricht insbesondere, dass es zu weit gegangen wäre, zu verlangen, dass beide Vertragsparteien natürliche Personen sind, da mit dieser Vorschrift auch bezweckt wird, Schutz in den sehr häufigen Fällen zu bieten, in denen Urlauber eine Unterkunft von einem Unternehmen mieten, das Immobilien im Ausland besitzt. Überdies werden mit der Anforderung, dass die Vertragsparteien ihren Wohnsitz in demselben Staat haben müssen, die meisten Fälle erfasst, in denen es zweckmäßig ist, von der ausschließlichen Zuständigkeit des Staates, in dem die unbewegliche Sache belegen ist, abzuweichen, ohne dass der Anwendungsbereich dieser Ausnahme zu weit ausgedehnt wird. 95. Nach Artikel Ib des Protokolls Nr. 1 des Übereinkommens von 1988 konnte ein Staat erklären, dass er Entscheidungen in Bezug auf die Miete oder Pacht einer unbeweglichen Sache nicht anerkennt, wenn die unbewegliche Sache in seinem Hoheitsgebiet belegen ist, auch wenn es sich um eine Miete oder Pacht der Art handelt, die nach der Vorschrift in Betracht kommt, und wenn die Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsstaats dadurch begründet ist, dass der Beklagte seinen Wohnsitz in dem Ursprungsstaat hat; diese Vorschrift wurde nicht mehr als erforderlich betrachtet und ist in das neue Übereinkommen nicht übernommen worden. 3. Gesellschaften (Artikel 22 Nummer 2) 96. Es ergibt sich keine Änderung gegenüber dem Übereinkommen von 1988 hinsichtlich der ausschließlichen Zuständigkeit für Klagen, die „die Gültigkeit, die Nichtigkeit oder die Auflösung einer Gesellschaft oder juristischen Person oder der Beschlüsse ihrer Organe“ zum Gegenstand haben – oder genauer „die Gültigkeit der Beschlüsse ihrer Organe“, wie es nun heißt, womit die Auslegung bestätigt wird, der zufolge beabsichtigt war, dass „Beschlüsse ihrer Organe“ auf den ersten Halbsatz zu beziehen ist.105 Mit dieser Vorschrift, die in Artikel 16 Nummer 2 des alten Übereinkommens enthalten war, wird die Zuständigkeit der Gerichte des Staates begründet, in dessen Hoheitsgebiet die Gesellschaft oder juristische Person ihren Sitz hat, im Einklang mit der Vorschrift, die den Sitz dem Wohnsitz gleichstellt. In der neuen Vorschrift ist die Anknüpfung an den „Sitz“ beibehalten worden, aber der Bezug ist nicht mehr zwangsläufig derselbe wie in der allgemeinen Regel. So wird der Wohnsitz einer Gesellschaft in dem neuen Übereinkommen durch eine Bezugnahme auf den satzungsmäßigen Sitz oder die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung definiert. Dabei handelt es sich um eine autonome Definition, die es leichter macht, vor
_____ 105
Anm. d. Ü.: Dieser Bezug war nicht in allen Sprachfassungen eindeutig.
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einem Gericht eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates eine Gesellschaft zu verklagen, die eine wesentliche Verbindung zu den Staaten hat, für die das Übereinkommen gilt, aber sie wurde nicht als geeignete Grundlage für die ausschließliche Zuständigkeit in Streitigkeiten in den hier betrachteten Bereichen erachtet. Die Zuständigkeiten nach Artikel 22 sind ausschließliche Zuständigkeiten; dies ist nur schwer mit einer Definition des Wohnsitzes vereinbar, bei der alternative Kriterien angewandt werden und die zu Unsicherheit hinsichtlich dessen führen kann, welches Recht auf die Frage der Gültigkeit einer Gesellschaft anzuwenden ist. Anders ausgedrückt: Der normale Gerichtsstand für Gesellschaften kann zweckmäßigerweise auf einen weit gefassten Begriff des Wohnsitzes gestützt werden, während für die Frage der Gültigkeit einer Gesellschaft ein eng gefasster Begriff, der sich auf nur einen Anknüpfungsfaktor stützt, angewandt werden muss. Die Arbeitsgruppe hat sich dafür entschieden, die Bezugnahme nur auf den „Sitz“, wie im Übereinkommen von 1988, beizubehalten, wobei das angerufene Gericht bei der Entscheidung darüber, wo der Sitz sich befindet, wie im Falle des Übereinkommens von 1988 die Vorschriften seines Internationalen Privatrechts anwendet. Es sei daher betont, dass der „Sitz“ der Gesellschaft hier nicht wie der „satzungsmäßige Sitz“ in Artikel 60 ein autonomer Begriff ist. Mit einer einfachen Bezugnahme auf den „satzungsmäßigen Sitz“ hätte vermieden werden können, dass unter Umständen mehr als ein Gericht ausschließlich zuständig ist, wenn sich der „satzungsmäßige Sitz“ und der tatsächliche Sitz in verschiedenen Staaten befinden; es wurde jedoch entschieden, dass die in dem Übereinkommen enthaltenen Vorschriften über die Koordinierung der Zuständigkeit zur Lösung dieses Problems ausreichen. 97. Mit der vereinbarten Lösung wird in der Regel sichergestellt, dass Gerichtsstand und Recht zusammenfallen; sie ist von dem Bestreben geleitet, zu gewährleisten, dass es eine vorhersehbare und feststehende einzige Zuständigkeit gibt, wenn über die Frage der Gültigkeit einer Gesellschaft zu entscheiden ist. In der Arbeitsgruppe ist darauf hingewiesen worden, dass eine solche Zuständigkeit möglicherweise weniger erstrebenswert erscheint, wenn es bei der Streitigkeit um die Beschlüsse der Organe einer Gesellschaft geht. Die Arbeitsgruppe hat sich jedoch dafür entschieden, auch hier an der ausschließlichen Zuständigkeit des Gerichts des Staates, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat, festzuhalten, da dieses Gericht in der Regel am besten in der Lage ist, über die Frage der Gültigkeit solcher Beschlüsse zu befinden. Um der Möglichkeit vorzubeugen, dass diese Zuständigkeit durch Auslegung ausgeweitet wird, wird in dem neuen Übereinkommen, wie bereits erläutert, ausdrücklich auf die „Gültigkeit“ von Beschlüssen und nicht, wie zuvor, auf die „Beschlüsse“ selbst Bezug genommen;106 dadurch wird deutlich, dass sich die ausschließliche Zuständigkeit nicht auf den Inhalt oder die Wirkungen der Beschlüsse bezieht. 4. Rechte des geistigen Eigentums (Artikel 22 Nummer 4) 98. Für Klagen, die die Gültigkeit von Patenten, Marken, Mustern und Modellen sowie ähnlicher Rechte, die einer Hinterlegung oder Registrierung bedürfen, zum Gegenstand haben, gilt grundsätzlich die im Übereinkommen von 1988 festgelegte Zuständigkeitsregel. Ausschließlich zuständig sind die Gerichte des durch das Übereinkommen gebundenen Staates, in dessen Hoheitsgebiet die Hinterlegung oder Registrierung beantragt oder vorgenommen worden ist oder aufgrund eines zwischenstaatlichen Überein-
_____ 106
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Vgl. Anm. d. Ü. unter Nummer 96.
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kommens oder, wie der neue Wortlaut verdeutlicht, eines Gemeinschaftsrechtsakts als vorgenommen gilt. Dieser letzte Punkt ist hinzugefügt worden, um jeden Zweifel an der Gleichwertigkeit des Gemeinschaftsrechts in Bezug auf Rechte des geistigen Eigentums und gewerbliche Schutzrechte mit geltenden zwischenstaatlichen Übereinkommen auszuräumen. 99. Die ausschließliche Zuständigkeit gilt auch in Bezug auf Patente, die auf der Grundlage des am 5. Oktober 1973 in München unterzeichneten Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente erteilt wurden. Die zuvor in Artikel V d des Protokolls Nr. 1 zum Übereinkommen von 1988 enthaltene Regel, nach der unbeschadet der Zuständigkeit des Europäischen Patentamts die Gerichte eines jeden durch das Übereinkommen gebundenen Staates für alle Verfahren ausschließlich zuständig sind, welche die Erteilung oder die Gültigkeit eines europäischen Patents, das für diesen Staat erteilt wurde, zum Gegenstand haben, ist nun in Artikel 22 Nummer 4 aufgenommen worden. Der letzte Teil der im Protokoll enthaltenen Bestimmung ist weggefallen: Er sah eine Ausnahme von der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten vor, wenn das Patent ein Gemeinschaftspatent nach Artikel 86 des am 15. Dezember 1975 in Luxemburg unterzeichneten Übereinkommens über das europäische Patent für den Gemeinsamen Markt war.107 Das Übereinkommen von Luxemburg, das durch eine am 15. Dezember 1989 in Luxemburg unterzeichnete Vereinbarung über Gemeinschaftspatente geändert wurde, sah die Erteilung eines Gemeinschaftspatents ähnlich den nationalen Patenten, aber unabhängig von ihnen und mit gleichen Auswirkungen in allen Vertragsstaaten, vor. Gemäß dem Übereinkommen war das Brüsseler Übereinkommen bei allen Klagen zu Gemeinschaftspatenten anzuwenden, galt aber eine besondere Zuständigkeit für Streitigkeiten über die Verletzung und Gültigkeit von Patenten. Das Übereinkommen von Luxemburg ist nie in Kraft getreten; im neuen Lugano-Übereinkommen wird auf dieses nicht Bezug mehr genommen. 100. Die Frage einer Ausnahme von der in Artikel 22 Nummer 4 vorgesehenen ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte der Mitgliedstaaten ist jedoch aufgrund der Bemühungen um die Schaffung eines Gemeinschaftspatents mittels gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften nach wie vor aktuell; die Kommission hat im Jahr 2000 einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates über das Gemeinschaftspatent108 vorgelegt, gefolgt im Jahr 2003 von einem Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Übertragung der Zuständigkeit in Gemeinschaftspatentsachen auf den Gerichtshof und einem Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Errichtung des Gemeinschaftspatentgerichts und betreffend das Rechtsmittel vor dem Gericht erster Instanz.109 Der allgemeine Ansatz besteht darin, dem Gerichtshof eine weitreichende Zuständigkeit, insbesondere für Streitigkeiten wegen Verletzung, einschließlich Feststellung der Nichtverletzung, für Streitigkeiten wegen der Gültigkeit eines Gemeinschaftspatents, die entweder in der Hauptklage oder durch Gegenklage angefochten wird, sowie für Streitigkeiten wegen der Benutzung einer Erfindung nach Veröffentlichung der Anmeldung des Gemeinschaftspatents oder wegen des Vorbenutzungsrechts zu geben, mit ausschließlicher Zuständigkeit zur Anordnung einstweiliger Maßnahmen in Fällen, die in diese Bereiche fallen, wobei die Gerichte der
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107 Schlosser-Bericht, Nummer 173. 108 KOM (2000) 412 endg. vom 1.8.2000. 109 KOM (2003) 827 endg. und KOM (2003) 828 endg. vom 23.12.2003. Nach den Vorschlägen von 2003 würde der Gerichtshof zuständig und im Rahmen des Systems des Gerichtshofs ein Gemeinschaftspatentgericht errichtet, wobei Rechtsmittel zum Gericht erster Instanz möglich wären.
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Staaten nach Artikel 22 Nummer 4 ausschließlich zuständig nur für Fälle wären, die nicht ausdrücklich dem Gemeinschaftsgericht vorbehalten sind. 101. Auf der diplomatischen Konferenz, die vom 10. bis 12. Oktober 2006 stattfand, ist erörtert worden, ob es zweckmäßig wäre, dem Lugano-Übereinkommen ein Protokoll anzufügen, mit dem dem Gerichtshof die ausschließliche Zuständigkeit für Klagen im Zusammenhang mit gemeinschaftlichen Titeln für den gewerblichen Rechtsschutz übertragen würde.110 Ein solches Protokoll hätte den Vorteil, dass ein einziges Gericht für Streitigkeiten wegen der Gültigkeit von Patenten und für Streitigkeiten wegen Verletzungen zuständig wäre, für die nach dem Lugano-Übereinkommen sonst verschiedene Gerichte anzurufen wären. Gegen das vorgeschlagene Protokoll wurde indessen eingewandt, dass es die betreffenden Streitigkeiten nicht genau genug umschrieben und ihre Definition später zu erlassenden Gemeinschaftsvorschriften überlassen habe und dass mit der Einbeziehung von Klagen wegen Verletzung stark von den Zuständigkeitsregeln des Lugano-Übereinkommens abgewichen und dessen einheitlicher Gesamtaufbau beeinträchtigt worden sei. Es erwies sich als nicht möglich, zu einer zufriedenstellenden Formulierung zu gelangen, und die diplomatische Konferenz zog es daher vor, die Prüfung dieses Protokolls auf einen späteren Zeitpunkt, wenn die Verordnung über das Gemeinschaftspatent angenommen ist, zu verschieben. 102. Das Protokoll zur Übertragung der ausschließlichen Zuständigkeit auf den Gerichtshof für Klagen im Zusammenhang mit gemeinschaftlichen Titeln für den gewerblichen Rechtsschutz lenkte die Aufmerksamkeit auf bestimmte lösungsbedürftige Fragen, auf die in der sich daran anschließenden Rechtsprechung des Gerichtshofs zumindest teilweise eine Antwort gegeben wurde: Vor der Unterzeichnung des neuen Übereinkommens hatte der Gerichtshof in der Frage zu entscheiden, ob die Regel der ausschließlichen Zuständigkeit in Verfahren, die die Erteilung oder die Gültigkeit eines Patents zum Gegenstand haben, unabhängig davon gilt, ob die Frage klageweise oder einredeweise aufgeworfen wird.111 Der Gerichtshof bejahte dies: Unter Berücksichtigung der Stellung des Artikels 16 Nummer 4 des Übereinkommens in dessen Systematik und des verfolgten Zweckes sei davon auszugehen, dass die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dem die Registrierung des Patents erfolgt ist, „unabhängig davon zu gelten hat, wie der verfahrensrechtliche Rahmen beschaffen ist, in dem sich die Frage der Gültigkeit eines Patents stellt, also unabhängig davon, ob dies klage- oder einredeweise geschieht, bei Klageerhebung oder in einem späteren Verfahrensstadium“.112 Der Gerichtshof hat somit entschieden, dass das angerufene Gericht bei einer Verletzungsklage nicht – wie nach dem innerstaatlichen Recht einiger der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten geschehen – inzident die Nichtigkeit des betreffenden Patents feststellen kann, auch wenn sich die Auswirkungen der Entscheidung auf die Parteien des Rechtsstreits beschränken.113
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110 Nach dem von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Protokoll (Protokoll Nr. 4) hätte der Gerichtshof die ausschließliche Zuständigkeit bei Streitigkeiten in Bezug auf gemeinschaftliche Titel für den gewerblichen Rechtsschutz in dem Umfang besessen, wie ihm diese im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft übertragen ist. Die Titel III und IV des Lugano-Übereinkommens hätten auf die Anerkennung und Vollstreckung der in diesen ergangenen Verfahren Anwendung gefunden. 111 Gerichtshof, Rechtssache C-4/03 GAT, Slg. 2006, I-6509 (mit Bezug auf Artikel 16 Nummer 4 des Brüsseler Übereinkommens). 112 GAT-Urteil, Randnummer 25. 113 Der Gerichtshof hat ausdrücklich erklärt, dass die Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Staates als desjenigen der Patenterteilung für die inzidente Entscheidung über die Gültigkeit eines ausländischen Patents nicht auf jene Fälle beschränkt werden könne, in denen das anwendbare nationale Recht der zu erlassenden Entscheidung eine auf die Parteien des Rechtsstreits begrenzte Wirkung vorsehe. In mehreren Staaten habe die Entscheidung über die Nichtigkeit eines Patents eine Wirkung erga omnes, und eine solche Beschränkung würde zu Verzerrungen führen und damit die Gleichheit und Einheitlichkeit der
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Aufgrund dieses grundlegenden Urteils muss sich ein Gericht, vor dem ein Verfahren wegen einer Patentverletzung anhängig ist, in dem die Frage der Gültigkeit des Patents aufgeworfen wird, nach Artikel 25 des Übereinkommens von Amts wegen für unzuständig erklären, es sei denn, es ist nach Artikel 22 Nummer 4 ausschließliche zuständig, über die Gültigkeit des Patents zu befinden; je nach den Verfahren, die nach anwendbarem nationalen Recht zulässig sind, muss es außerdem möglicherweise das Verfahren wegen der Patentverletzung bis zu einer Entscheidung des ausschließlich zuständigen Gerichts aussetzen, bevor es in der Sache entscheidet. Der Wortlaut von Artikel 22 Nummer 4 des neuen Übereinkommens ist daher gegenüber der entsprechenden Bestimmung im Lugano-Übereinkommen von 1988 und Artikel 22 Nummer 4 der Brüssel-I-Verordnung geändert worden, um das GAT-Urteil des Gerichtshofs zu berücksichtigen.114 Die Haltung des Gerichtshofs kommt den mit dem Vorschlag für ein Protokoll über die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichtshofs beabsichtigten Zwecken im Großen und Ganzen dadurch entgegen, dass eine einzige ausschließliche Zuständigkeit für Klagen wegen der Gültigkeit und wegen der Verletzung eines Patents verlangt wird, wodurch verhindert wird, dass Entscheidungen über die Gültigkeit eines Patents von mehreren Gerichten gefällt werden, auch wenn sie sehr unterschiedliche Aspekte der Sache prüfen, und die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen vermieden wird. Wenn die Europäische Gemeinschaft eine Verordnung über ein Gemeinschaftspatent annimmt und der Gerichtshof die ausschließliche Zuständigkeit in Bezug auf die Registrierung und die Gültigkeit von Patenten erhält, könnte ein Gericht eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates, vor dem Klage wegen Verletzung eines Gemeinschaftspatents erhoben wurde, nicht einmal inzident über die Gültigkeit des Patents entscheiden und müsste in dieser Frage die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichtshofs anerkennen und den Gerichtshof wie ein anderes nationales Gericht behandeln.115
5. VEREINBARUNG ÜBER DIE ZUSTÄNDIGKEIT 1. Allgemeines (Artikel 23) 103. Das System, das die Freiheit der Parteien regelt, zu bestimmen, welches Gericht über Streitigkeiten aus dem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnis entscheiden soll, ist eine besonders heikle Materie, wie aus der umfangreichen Rechtsprechung des Gerichtshofs seit dem Brüsseler Übereinkommen ersichtlich ist, das über die Jahre hinweg größerer Änderungen bedurfte, damit es den Bedürfnissen des internationalen Handels in angemessener Weise gerecht wird.116 Das Übereinkommen von 1988 war Ergebnis dieser Entwicklung in der Rechtsprechung und der Rechtsetzung. Es ist daher nicht überraschend, dass sich die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hier mit verschiedenen Problemen konfrontiert sah, von denen einige Fragen betrafen, die bereits zuvor erörtert worden
_____ Rechte und Pflichten in Frage stellen, die sich für die durch das Übereinkommen gebundenen Staaten und die betroffenen Personen aus dem Übereinkommen ergäben (GAT-Urteil, Randnummer 30). 114 Siehe auch den Beschluss des Rates vom 27. November 2008 betreffend den Abschluss des neuen Übereinkommens von Lugano (ABl. L 147 vom 10.6.2009), in dem die Europäische Gemeinschaft erklärt, dass sie beabsichtigt, den Geltungsbereich von Artikel 22 Absatz 4 der Brüssel-I-Verordnung in diesem Sinne zu präzisieren und so die Parallelität zu Artikel 22 Absatz 4 des Übereinkommens von Lugano herzustellen, und dass sie dabei die Ergebnisse der Bewertung der Anwendung der Brüssel-I-Verordnung berücksichtigten wird. 115 Artikel 1 Absatz 3 des Übereinkommens. 116 Schlosser-Bericht, Nummer 179.
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waren, während andere sich daraus ergaben, dass Lösungen für neuere Fragen gefunden werden mussten, die die Gepflogenheiten des internationalen Handels aufwerfen. Was Artikel 23 über Gerichtsstandsvereinbarungen in Verträgen anbelangt, so rührten die Schwierigkeiten vor allem daher, dass eine Anknüpfung an einen durch das Übereinkommen gebundenen Staat vorhanden sein muss, wenn die Regeln des Übereinkommens angewandt werden sollen. Die Arbeitsgruppe hat dann geprüft, ob die von den Parteien vereinbarte Zuständigkeit ausschließlich sein sollte oder nicht. Sie hat drittens die Formerfordernisse für eine Gerichtsstandsvereinbarung geprüft, insbesondere die Frage, wie eine solche Vereinbarung den Anforderungen des elektronischen Geschäftsverkehrs gerecht werden könnte. Schließlich hat sie eine Reihe von Problemen in Bezug auf die unterschiedliche Stellung der Parteien im Hinblick auf die Vereinbarung, die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Frage der Gültigkeit einer Vereinbarung und die Beziehung zwischen Artikel 23 und dem übrigen Übereinkommen erörtert. 2. Verbindung zu einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat 104. Artikel 23 gilt nur, wenn das betreffende Rechtsverhältnis internationale Bezüge aufweist, die nicht allein darin bestehen können, dass die Zuständigkeit der Gerichte eines bestimmten Staates vereinbart wurde,117 und überdies nur, wenn mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat hat. Hat keine der Parteien ihren Wohnsitz in einem solchen Staat, so kann ein Gericht eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates, das in einer Gerichtsstandsvereinbarung vereinbart worden ist, die Gültigkeit der Vereinbarung auf der Grundlage seines nationalen Rechts prüfen, und die Gerichte der anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staaten dürfen sich nicht mit dem Fall befassen, bis das vereinbarte Gericht oder die vereinbarten Gerichte sich für unzuständig erklärt hat/haben. Die Arbeitsgruppe hat erörtert, ob es zweckmäßig ist, weiterhin vorzuschreiben, dass mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat haben muss, da doch bezweckt wird, die Regeln zu vereinfachen und allen Vereinbarungen, mit denen die Zuständigkeit eines Gerichts oder der Gerichte eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates begründet wird, gleiche Wirkung zu verleihen. Auch bei Berücksichtigung dieser Argumente wurde es jedoch nicht als zweckmäßig erachtet, den Anwendungsbereich des Übereinkommens durch eine Änderung von Artikel 23 in der vorgeschlagenen Weise auszuweiten. Vor allem war man der Auffassung, dass nach wie vor kein Anlass besteht, in das Übereinkommen Regeln darüber aufzunehmen, unter welchen Voraussetzungen das von Parteien, die ihren Wohnsitz außerhalb des Gebiets haben, in dem das Übereinkommen Anwendung findet, vorgesehene Gericht seine Zuständigkeit annehmen muss,118 obwohl Übereinstimmung darüber bestand, dass eine Vereinbarung über die Zuständigkeit in allen durch das Übereinkommen gebundenen Staaten wirksam sein sollte, wenn das in der Vereinbarung bestimmte Gericht die Abweichung von den üblichen Regeln als gültig anerkannt hat. Der Wortlaut von Artikel 23 Absatz 1 ist daher in dieser Hinsicht mit der entsprechenden Bestimmung des Übereinkommens von 1988 identisch, außer dass sich der zweite Teil des Absatzes betreffend die Behandlung einer Vereinbarung von Parteien, die beide ihren Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates haben, nun in einem gesonderten Absatz, nämlich Absatz 3, befindet.
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Schlosser-Bericht, Nummer 174. Schlosser-Bericht, Nummer 177.
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105. Die Ad-hoc-Gruppe hat die Frage geprüft, zu welchem Zeitpunkt eine der Parteien ihren Wohnsitz in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat haben muss, damit Artikel 23 Absatz 1 Anwendung findet, und zwar im Lichte von Artikel 13 Nummer 3 und Artikel 17 Nummer 3, die auf den Wohnsitz der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abstellen, wenn auf den einschlägigen Wohnsitz Bezug genommen wird. Man einigte sich darauf, dass dies auch für die Zwecke von Artikel 23 der entscheidende Zeitpunkt ist, aber hielt es nicht für erforderlich, eine entsprechende Erläuterung in den Text aufzunehmen. Dies ist dadurch begründet, dass der entscheidende Zeitpunkt im Interesse der Rechtssicherheit und des Vertrauens der Vertragsparteien, die die Vereinbarung getroffen haben, der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu sein hat. Wäre der Bezugszeitpunkt der Zeitpunkt, zu dem das Gericht angerufen wird, so könnte eine Partei ihren Wohnsitz in einen durch das Übereinkommen gebundenen Staat verlegen, nachdem der Vertrag unterzeichnet wurde und bevor das Gericht angerufen wird, dadurch Artikel 23 Absatz 1 anwendbar machen und die Voraussetzungen ändern, unter denen das vereinbarte Gericht seine eigene Zuständigkeit prüfen muss. 3. Ausschließlicher oder nicht ausschließlicher Charakter des vereinbarten Gerichtsstands 106. Im Übereinkommen von 1988 ist festgeschrieben, dass eine Vereinbarung über die Zuständigkeit, die die Anforderungen des Übereinkommens erfüllt, dem vereinbarten Gericht bzw. den vereinbarten Gerichten stets eine ausschließliche Zuständigkeit überträgt. Nach dem Recht einiger durch das Übereinkommen gebundener Staaten – insbesondere nach dem Recht des Vereinigten Königreichs – vereinbaren die Parteien jedoch oftmals die Zuständigkeit eines Gerichts auf nicht ausschließlicher Basis, wodurch andere Gerichte konkurrierend zuständig sind, und damit dem Kläger ermöglichen, zwischen mehreren Gerichten zu wählen; nach englischer Rechtsprechung ist eine Vereinbarung über eine nicht ausschließliche Zuständigkeit eine gültige Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne des Übereinkommens.119 Auf Vorschlag der Delegation des Vereinigten Königreichs hat die Ad-hoc-Arbeitsgruppe die Frage des ausschließlichen Charakters einer Gerichtsstandsvereinbarung erneut geprüft und ist aufgrund dessen, dass eine Vereinbarung über die Zuständigkeit Ergebnis einer Willenseinigung zwischen den Parteien ist, zu dem Schluss gekommen, dass es keinen Grund dafür gibt, die Freiheit der Vertragsparteien einzuschränken, indem sie daran gehindert werden, im Vertrag zwischen ihnen zusätzlich zu dem/den nach dem Übereinkommen objektiv zuständigen Gericht/en eine nicht ausschließliche Zuständigkeit zu vereinbaren. Eine ähnliche Möglichkeit wurde, wenn auch innerhalb bestimmter Grenzen, bereits durch das Übereinkommen von 1988 geboten; nach Artikel 17 Absatz 4 des Übereinkommens konnte eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten von nur einer der Parteien geschlossen werden, die dann weiterhin das Recht hatte, jedes andere Gericht, das nach dem Übereinkommen zuständig war, anzurufen, so dass in diesem Falle die Vereinbarung nur für die andere Partei ausschließlichen Charakter hatte. Diese Bestimmung war offensichtlich ein Vorteil für die Partei, die bei der Aushandlung eines Vertrags die stärkere Partei war, bot aber keinen nennenswerten Nutzen für den internationalen Handel. Das Übereinkommen von 1988 ist nun geändert worden, damit die Gültigkeit einer Vereinbarung über eine nicht ausschließliche Zuständigkeit allgemein anerkannt wird; zu-
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119 Siehe in Bezug auf das Brüsseler Übereinkommen die Rechtssache Kurz gegen Stella Musical, 1991, 3 Weekly Law Reports (WLR) 1046.
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gleich ist die Bestimmung im Übereinkommen von 1988, das eine Vereinbarung zugunsten von nur einer Partei zuließ, gestrichen worden. 107. Artikel 23, in dem es heißt, dass die vereinbarte Zuständigkeit „ausschließlich [ist], sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben“, gibt der Ausschließlichkeit der vereinbarten Zuständigkeit noch immer den Vorzug. Es wird daher davon ausgegangen, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung ausschließlichen Charakter hat, es sei denn, die Vertragsparteien bringen die gegenteilige Absicht zum Ausdruck; sie wird nicht, wie ursprünglich vorgeschlagen, als eine nicht ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung betrachtet, wenn die Parteien nicht vereinbart haben, sie zu einer ausschließlichen Vereinbarung zu machen. 4. Formerfordernisse für die Gerichtsstandsvereinbarung 108. Die im Übereinkommen von 1988 enthaltenen Vorschriften über die Formerfordernisse für eine Vereinbarung über die Zuständigkeit spiegelten wichtige Entwicklungen in der Rechtsprechung zu der entsprechenden Bestimmung im Brüsseler Übereinkommen in seiner ursprünglichen Form wider, deren Strenge in Bezug auf die Formerfordernisse die Urteile auf verschiedene Weise abzumildern suchten. Im Übereinkommen von 1988 ist diese Rechtsprechung berücksichtigt worden; es enthält die wichtige Änderung, die mit dem Beitrittsübereinkommen von 1978 hinsichtlich der formalen Gültigkeit von Vereinbarungen, die dem Handelsbrauch im internationalen Handel entsprechen,120 am Brüsseler Übereinkommen vorgenommen wurde; außerdem ist vorgesehen worden, dass solche Vereinbarungen in einer Form, die den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, geschlossen werden müssen.121 Die Auslegung der Vorschrift im Übereinkommen von 1988 durch die Gerichte erforderte keine fundamentalen Änderungen bei der Abfassung des neuen Lugano-Übereinkommens. Das neue Übereinkommen bekräftigt, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung nur gültig ist, wenn sie schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung oder in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder in einer Form, die im internationalen Handel einem Handelsbrauch im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe c entspricht, geschlossen wurde. Was die schriftliche Bestätigung einer mündlichen Vereinbarung betrifft, so wurde die Frage aufgeworfen, ob es ausreicht, dass die Bestätigung durch eine der Parteien erfolgt, oder ob die Bestätigung durch beide Parteien erfolgen muss. Die Entscheidung muss zugunsten der ersten Möglichkeit ausfallen. Eine mündlich geschlossene Vereinbarung wird oft von einer der Parteien vorgeschlagen, wobei der anderen Partei das Recht vorbehalten ist, die mündliche Vereinbarung schriftlich festzuhalten, und die Bestätigung dieser anderen Partei reicht aus, um das Bestehen und den Inhalt der Vereinbarung zu belegen. Diese Auslegung ist enger an den Wortlaut von Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe a in einigen der Sprachfassungen angelehnt, insbesondere der englischen Fassung, die insofern expliziter ist, als die Schriftform als Nachweis der mündlichen Vereinbarung und nicht ihres Abschlusses verlangt wird.122 Eine andere Auslegung der Vor-
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120 Schlosser-Bericht, Nummer 179. Zum Nachweis des Bestehens eines internationalen Handelsbrauchs und zur Prüfung seiner Relevanz siehe insbesondere Gerichtshof, Rechtssache C-159/97, Trasporti Castelletti, Slg. 1999, I-1597. 121 Diese Bezugnahme wurde dann in das Brüsseler Übereinkommen in der Fassung des Übereinkommens von Donostia-San Sebastián von 1989 und später in die Brüssel-I-Verordnung übernommen. Jenard/Möller-Bericht, Nummer 58. 122 In der englischen Fassung von Buchstabe a ist die Rede von einer Vereinbarung, die „evidenced in writing“ ist, während in anderen Fassungen ein Wortlaut verwendet wird, der wörtlich „mündlich geschlossen mit schriftlicher Bestätigung“ bedeutet.
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schrift würde ferner in anderen Sprachfassungen die Bezugnahme auf eine „schriftliche Bestätigung“ im zweiten Teil von Buchstabe a praktisch überflüssig machen, da eine schriftliche Bestätigung, die von beiden Parteien erfolgen müsste, letzten Endes eine „schriftliche“ Vereinbarung im Sinne des ersten Teils der Bestimmung wäre. 109. Die wichtigste Frage, auf die sich die Ad-hoc-Arbeitsgruppe in Bezug auf die Formerfordernisse für eine Gerichtsstandsvereinbarung konzentrierte, war die Frage, ob Artikel 23 der Entwicklung bei elektronischen Übermittlungen in Anbetracht dessen, dass der elektronische Geschäftsverkehr nicht durch unangemessene Formerfordernisse behindert werden soll, gerecht werden kann. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Buchstaben b und c von Absatz 1 auch auf elektronische Übermittlungen angewandt werden können, da sie sich auf Gepflogenheiten, die zwischen den Parteien entstanden sind bzw. die im internationalen Handel gebräuchlich sind, beziehen. Problematischer ist die Entscheidung, ob Buchstabe a angewandt werden kann, das heißt ob die vorgeschriebene Schriftform im Falle elektronischer Übermittlungen vorliegt. Es bestand die Auffassung, dass sich eine ausdrückliche Vorschrift empfiehlt, damit jeder Zweifel von vornherein ausgeräumt wird. In Artikel 23 Absatz 2 heißt es daher nun, dass elektronische Übermittlungen der Schriftform gleichgestellt sind, wenn sie „eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen“. Das Kriterium für die Prüfung, ob das Formerfordernis nach Artikel 23 Absatz 1 erfüllt ist, ist daher die Frage, ob es möglich ist, die elektronisch übermittelte Vereinbarung dauerhaft aufzuzeichnen, indem sie ausgedruckt oder auf einem Sicherungsband oder einer Sicherungsdiskette oder auf andere Weise gespeichert wird. Die Arbeitsgruppe stützte sich hier auf die Formerfordernisse für Schiedsvereinbarungen im UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, in dem es heißt, dass eine Vereinbarung, die mündlich, durch Verhalten der Parteien oder auf sonstige Weise geschlossen wurde, als schriftlich gilt, wenn sie in irgendeiner Form aufgezeichnet ist, und dass eine elektronische Übermittlung als schriftlich gilt, wenn die darin enthaltenen Informationen so zur Verfügung stehen, dass sie für eine spätere Bezugnahme verwendet werden können; es folgen dann ausdrückliche Definitionen für die Begriffe „elektronische Übermittlung“ und „Datennachricht“.123 Die Vorschrift schließt nur elektronische Übermittlungen aus, die keine dauerhafte Aufzeichnung ermöglichen. Derartige Übermittlungen können daher nicht verwendet werden, um eine Gerichtsstandsvereinbarung zu schließen, die für die Zwecke des Buchstabens a der Form nach gültig ist; sie können aber für die Zwecke der Buchstaben b und c relevant sein, wenn die Anforderungen dieser Bestimmungen erfüllt sind. In Artikel 23 Absatz 2 heißt es lediglich, dass elektronische Übermittlungen als schriftlich gelten, wenn sie „eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen“, auch wenn eine solche dauerhafte Aufzeichnung tatsächlich gar nicht erfolgt ist; das heißt die Aufzeichnung wird nicht als Voraussetzung für die förmliche Gültigkeit oder für das Bestehen der Vereinbarung verlangt, sondern nur, wenn sich der Nachweis, der auf andere Weise natürlich schwer zu erbringen wäre, als erforderlich erweist.
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123 Artikel 7 Absätze 3 und 4 des UNCITRAL-Modellgesetzes über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, geändert durch die UNCITRAL am 7. Juli 2006, VN-Dokument A/61/17, Anhang I: „(3) An arbitration agreement is in writing if its content is recorded in any form, whether or not the arbitration agreement or contract has been concluded orally, by conduct, or by other means. (4) The requirement that an arbitration agreement be in writing is met by an electronic communication if the information contained therein is accessible so as to be useable for subsequent reference; ‚electronic communication‘ means any communication that the parties make by means of data messages; ‚data messages‘ means information generated, sent, received or stored by electronic, magnetic, optical or similar means, including, but not limited to, electronic data interchange (EDI), electronic mail, telegram, telex or telecopy.“
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5. Stillschweigende Vereinbarung über die Zuständigkeit (Artikel 24) 110. Es liegt eine stillschweigende Vereinbarung über die Zuständigkeit zugunsten eines Gerichts vor, das nicht bereits nach anderen Vorschriften des Übereinkommens zuständig ist, wenn der Kläger dieses Gericht anruft und der Beklagte sich vor ihm einlässt, ohne den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen; diese Bestimmung unterscheidet sich von der Vereinbarung über die Zuständigkeit nach Artikel 23 insofern, als keine Abmachung zwischen den Parteien erforderlich ist, und sie verpflichtet das Gericht nicht, zu prüfen, ob die Vereinbarung, mit der seine Zuständigkeit begründet wird, tatsächlich Gegenstand einer Willenseinigung zwischen den Parteien war, was eindeutig und genau nachzuweisen ist, da der Zweck der in Artikel 23 vorgesehenen Formerfordernisse darin besteht, dass ein Nachweis erbracht wird.124 Artikel 24 gründet die Zuständigkeit allein darauf, dass sich der Beklagte vor dem Gericht, das angerufen wurde, zur Sache einlässt, ohne den Mangel der Zuständigkeit des Gerichts geltend zu machen, so dass es nicht erforderlich ist, nachzuweisen, dass zwischen den Parteien eine Vereinbarung erfolgt ist. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe prüfte die Frage, ob die Zuständigkeit nur gegeben ist, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat hat,125 oder auch, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Staat hat, der dem Übereinkommen nicht angehört, hielt es aber nicht für erforderlich, Präzisierungen des Wortlauts vorzunehmen. Obwohl Artikel 24 Satz 1, in dem allgemein auf Fälle Bezug genommen wird, in denen sich die Zuständigkeit eines Gerichts nicht aus dem Übereinkommen ableitet, offensichtlich mehrdeutig ist, führt ein Vergleich der Systeme nach Artikel 23 und nach Artikel 24 zu dem Schluss, dass – wenn der Wohnsitz eines Beklagten nicht in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat liegen muss – die stillschweigende Vereinbarung einer Zuständigkeit einen breiteren Anwendungsbereich haben kann als die ausdrückliche Vereinbarung, bei der mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat haben muss (eine Anforderung, die die Gruppe nicht streichen wollte). 111. Der Wortlaut von Artikel 24 hat zu Auslegungsschwierigkeiten mit Bezug auf die entsprechende Bestimmung des Brüsseler Übereinkommens geführt, insbesondere was die Möglichkeit, den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen und sich gleichzeitig zur Sache einzulassen, und den Zeitpunkt anbelangt, zu dem der Mangel der Zuständigkeit geltend gemacht werden muss. Die erste Frage, nämlich ob die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts durch Rüge der fehlenden Zuständigkeit verhindert werden kann, wenn sich der Beklagte auch zur Sache einlässt, geht auf Unterschiede zwischen den Sprachfassungen des Brüsseler Übereinkommens (und später des Lugano-Übereinkommens) zurück: In einigen Sprachfassungen, wie in der englischen und der italienischen Fassung, hieß es, dass die Vorschrift über die stillschweigende Vereinbarung der Zuständigkeit nicht gilt, wenn der Beklagte „sich nur einlässt, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen“, und nicht einfach „sich einlässt, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen“. Nach dem Recht einiger Staaten müssen alle Einlassungen, einschließlich der Einlassungen zur Sache, beim ersten Verteidigungsvorbringen erfolgen; dadurch wurde es schwierig, die Vorschrift wörtlich anzuwenden, da dies verhindert hätte, dass der Beklagte sich zur Sache einlassen kann, wenn seine Einlassung bezüglich des Mangels der Zuständigkeit
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124 Gerichtshof, Rechtssache 24/76, Estasis Salotti, Sammlung 1976, S. 1831; Rechtssache 25/76, Galeries Segoura, Slg. 1976, S. 1851. 125 Siehe hierzu Jenard-Bericht, Seite 38.
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zurückgewiesen wurde, und mit dem Schutz der Rechte des Beklagten im Hauptprozess, der zu den mit dem Übereinkommen gewährten Garantien gehört, unvereinbar gewesen wäre. Der Gerichtshof hat diesen Zweifel ausgeräumt; er hat die Bestimmung dahin gehend ausgelegt, dass die Einlassung des Beklagten vor dem Gericht nicht die Zuständigkeit des Gerichts begründet, wenn der Beklagte nicht nur die fehlende Zuständigkeit rügt, sondern darüber hinaus zur Hauptsache Stellung nimmt,126 und dass ein Beklagter nicht nur den Mangel der Zuständigkeit geltend machen, sondern sich gleichzeitig hilfsweise zur Sache einlassen kann, ohne deshalb die Einrede der Unzuständigkeit zu verlieren.127 Damit jeder weitere Zweifel ausgeräumt und die Auslegung des Gerichtshofs bekräftigt wird, ist der Wortlaut von Artikel 24 in den verschiedenen Sprachfassungen aneinander angeglichen worden, indem das Wort „nur“ gestrichen wurde; damit ist deutlich gemacht worden, dass es ausreicht, dass der Beklagte die fehlende Zuständigkeit rügt, auch wenn er sich gleichzeitig zur Sache einlässt. 112. Die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Mangel der Zuständigkeit geltend gemacht werden muss, um die stillschweigende Zuständigkeit zu verhindern, bestimmt sich nach dem innerstaatlichen Recht des Staates, dessen Gericht angerufen wurde; nach dessen Verfahrensregeln bestimmt sich auch, wie der Begriff der Einlassung auf das Verfahren zu verstehen ist.128 Die Bezugnahme auf innerstaatliches Recht ist hier vom Gerichtshof bestätigt worden, der jedoch eine autonome Auslegung der Bestimmung vorgenommen und festgestellt hat, „dass die Rüge der fehlenden Zuständigkeit, soweit sie nicht vor jedem Vortrag zur Hauptsache vorgebracht wird, keinesfalls mehr nach Abgabe derjenigen Stellungnahme erhoben werden kann, die nach dem innerstaatlichen Prozessrecht als das erste Verteidigungsvorbringen vor dem angerufenen Gericht anzusehen ist.“129 Wird die Rüge vor einem Vortrag zur Hauptsache vorgebracht, so bestimmt sich andererseits die Frage des Zeitpunkts, bis zu dem sie vorgebracht werden muss, ausschließlich nach innerstaatlichem Recht.
6. PRÜFUNG DER ZUSTÄNDIGKEIT 1. Ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts (Artikel 25) 113. Nicht geändert werden musste die Bestimmung, wonach das Gericht eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären hat, wenn das Gericht eines anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staates aufgrund des Artikels 22 ausschließlich zuständig ist. 130 Diese Verpflichtung bleibt selbst dann bestehen, wenn der Beklagte sich auf das Verfahren einlässt und den Mangel der Zuständigkeit nicht geltend macht, da ein Verzicht der Parteien auf die ausschließliche Zuständigkeit weder nach Artikel 23 noch nach Artikel 24 möglich ist. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat die Frage erörtert, ob die in der Bestimmung enthaltene Verpflichtung, dass das Gericht sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären hat, über die nach Artikel 22 bestehenden ausschließlichen Zuständigkeiten hinaus dahin gehend ausgeweitet werden sollte, dass sie sowohl für eine von den Parteien nach Artikel 23 vereinbarte Zuständigkeit – allerdings nur dann, wenn nach der Gerichtsstandsklausel eine
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Gerichtshof, Rechtssache 150/80, Elefanten Schuh, Slg. 1981, S. 1671, Randnummer 17. Gerichtshof, Rechtssache 27/81, Rohr gegen Ossberger, Slg. 1981, S. 2431, Randnummer 8. Jenard-Bericht, S. 38. Gerichtshof, Rechtssache 150/80 Elefanten Schuh, Slg. 1981, S. 1671, Randnummer 16. Jenard-Bericht, S. 38.
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ausschließliche Zuständigkeit besteht – als auch für eine durch eine Schiedsklausel begründete Zuständigkeit gilt. Die Arbeitsgruppe ist zu dem Schluss gelangt, dass keine Ausweitung erfolgen sollte, da Artikel 25 den Fall betrifft, dass die Parteien sich auf das Verfahren eingelassen haben. Eine Nichtanfechtung der Zuständigkeit sollte daher als eine Änderung der Gerichtsstandsklausel nach Artikel 24 betrachtet werden, während eine Anfechtung, wenn das Gericht zustimmt, zu einer Entscheidung des Gerichts führen würde, die nicht von Amts wegen ergeht. Der Fall eines Beklagten, der sich nicht auf das Verfahren einlässt, wurde in Artikel 26 berücksichtigt. Hinsichtlich der Zuständigkeit aufgrund einer Schiedsklausel wurde darauf hingewiesen, dass die Schiedsgerichtsbarkeit nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fällt; eine Prüfung dieses Aspekts durch die Arbeitsgruppe wurde daher nicht für zweckmäßig gehalten. 2. Nichteinlassung des Beklagten (Artikel 26) 114. Wie bei Artikel 25 musste auch bei Artikel 26, der die Prüfung der Zuständigkeit im Falle der Nichteinlassung des Beklagten betrifft, keine größere Änderung vorgenommen werden.131 In dieser Bestimmung wird unterschieden zwischen dem Fall, in dem das angerufene Gericht nach dem Abkommen nicht zuständig ist, und dem Fall, in dem es nach dem Abkommen zuständig ist, allerdings aufgrund der Bestimmung in beiden Fällen verpflichtet ist, seine Zuständigkeit anhand des Klagevorbringens des Klägers zu überprüfen.132 Nach Absatz 1 hat sich das Gericht, wenn es feststellt, dass es für einen Beklagten, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates hat, nicht zuständig ist, von Amts wegen für unzuständig zu erklären, und zwar entweder, weil seine Zuständigkeit nach dem Übereinkommen nicht begründet ist, oder aber, weil die Parteien seine Zuständigkeit mit einer Gerichtsstandsklausel abbedungen und ein anderes Gericht als zuständig bestimmt haben. Anders gesagt: Die Nichteinlassung des Beklagten kann nicht als Anerkennung der Zuständigkeit angesehen werden und auch nicht so ausgelegt werden, als würde sie das Fehlen anderer Zuständigkeitskriterien ausgleichen. Die Tatsache, dass Artikel 24 ein autonomes Zuständigkeitskriterium darstellt, bedeutet, dass das Gericht überprüfen muss, dass alles getan wurde, um den Beklagten gemäß Artikel 26 Absatz 2 von der Klage in Kenntnis zu setzen, um es ihm zu ermöglichen, sich auf das Verfahren einzulassen und die Zuständigkeit des Gerichts anzuerkennen, wenn er dies für zweckmäßig hält. Der zweite beschriebene Fall ist von größerer Tragweite. Ist das Gericht nach dem Übereinkommen zuständig, muss es ein Versäumnisverfahren durchführen, wenn und soweit das innerstaatliche Recht des Gerichts dies im Fall der Nichteinlassung des Beklagten zulässt. Vor der Fortsetzung der Verhandlung ist das Gericht jedoch nach Artikel 26 Absatz 2 verpflichtet, das Verfahren so lange auszusetzen, bis festgestellt ist, dass es dem Beklagten möglich war, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück so rechtzeitig zu empfangen, dass er sich verteidigen konnte oder dass alle hierzu erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind. 115. Diese Bestimmung muss auf alle Fälle anwendbar sein, in denen das angerufene Gericht im Sinne des Übereinkommens zuständig ist, und zwar unabhängig davon, ob der Beklagte seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch des Übereinkommen gebundenen Staates hat oder nicht.133 Anderenfalls würden Fälle der ausschließlichen Zustän-
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Jenard-Bericht, S. 39. Schlosser-Bericht, Nummer 22. Im Jenard-Bericht (S. 40) wird ein gegenteiliger Standpunkt vertreten.
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digkeit nicht erfasst, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines nicht dem Übereinkommen angehörenden Staates hätte. Das Erfordernis, dass alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um sicherzustellen, dass der Beklagte das verfahrenseinleitende Schriftstück empfangen hat, ist mit der Anerkennung der Entscheidung in den anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staaten verknüpft, die nicht vom Wohnsitz des Beklagten im Hauptprozess abhängt, jedoch von der Frage abhängen kann, ob alle Anstrengungen unternommen wurden, um den Beklagten im Voraus von der Erhebung der Klage zu unterrichten.134 116. Wurde das verfahrenseinleitende Schriftstück nach dem Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen übermittelt, tritt – wie im Übereinkommen von 1988 – Artikel 15 des Haager Übereinkommens an die Stelle von Artikel 26 Absatz 2 des Übereinkommens von Lugano.135 Aufgrund des Erlasses der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 vom 29. Mai 2000136 und des nachfolgenden Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen, 137 das am 19. Oktober 2005 in Brüssel unterzeichnet wurde, ist ein zusätzlicher Absatz in den Text aufgenommen worden; im Verhältnis zwischen den durch die Verordnung oder das Übereinkommen gebundenen Staaten ersetzt dieser neue Absatz die Bezugnahme auf Artikel 15 des Haager Übereinkommens durch eine Bezugnahme auf Artikel 19 der Verordnung, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück nach der Verordnung oder dem Abkommen übermittelt wurde. Es sei darauf hingewiesen, dass die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 durch die neue Verordnung (EG) Nr. 1393/2007138 ersetzt wurde, die seit dem 13. November 2008 angewendet wird. Gemäß Artikel 25 Absatz 2 der Verordnung gilt die im Übereinkommen von Lugano enthaltene Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 als Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007. 117. Um den Erfordernissen einer sicheren und schnellen Zustellung zu genügen, wurde beschlossen, die in Artikel IV des Protokolls Nr. 1 zum Übereinkommen von 1988 enthaltene Bestimmung über die Übermittlung von Schriftstücken bestehen zu lassen; die Bestimmung ist nun in Artikel I des Protokolls 1 zum neuen Übereinkommen enthalten. Dieser Bestimmung zufolge sind die Schriftstücke nach den Übereinkünften zu übermitteln, die zwischen den durch das Übereinkommen gebundenen Staaten gelten. Sofern der ersuchte Staat nicht widersprochen hat, kann ein Schriftstück auch von den gerichtlichen Amtspersonen des Staates, in dem es ausgefertigt worden ist, unmittelbar den gerichtlichen Amtspersonen des Staates übersandt werden, in dessen Hoheitsgebiet sich der Empfänger befindet, wobei die Übermittlung an den Empfänger in den Formen vorzunehmen ist, die das Recht des ersuchten Staates vorsieht. Die Übermittlung ist durch eine Bescheinigung festzustellen, die der gerichtlichen Amtsperson des Ursprungsstaats unmittelbar zugesandt wird. Diese Form der Übermittlung entspricht der in Artikel 10 Buchstabe b des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 getroffenen Festlegung. Artikel I des Protokolls 1 enthält eine neue Bestimmung, wonach die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, die durch die Verordnung (EG) Nr. 1348/2000139 oder
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134 Siehe weiter unten im Zusammenhang mit Artikel 34 Absatz 2. 135 Siehe Artikel 26 Absatz 3 des Übereinkommens. 136 ABl. L 160 vom 30.6.2000. 137 ABl. L 300 vom 17.11.2005. 138 Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. L 324 vom 10.12.2007). 139 Nunmehr Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 (siehe oben Nummer 116).
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durch das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark vom 19. Oktober 2005 gebunden sind, in ihrem Verhältnis untereinander Schriftstücke nach den in der Verordnung oder dem Abkommen festgelegten Verfahren zu übermitteln haben, wobei der unmittelbaren Übermittlung140 Vorrang eingeräumt wird, andere Arten der Übermittlung141 jedoch nicht ausgeschlossen werden.
7. RECHTSHÄNGIGKEIT UND IM ZUSAMMENHANG STEHENDE VERFAHREN 1. Rechtshängigkeit (Artikel 27, 29 und 30) 118. Aufgrund des Umstands, dass alternative Gerichtsstände für die durch das Übereinkommen geregelten Streitigkeiten zur Verfügung stehen, ist es möglich, dass die Gerichte verschiedener durch das Übereinkommen gebundener Staaten mit ein und derselben Rechtssache befasst werden, wobei die Gefahr besteht, dass einander widersprechende Entscheidungen ergehen. Damit das ordnungsgemäße Funktionieren des Justizsystems in einem gemeinsamen Rechtsraum gewährleistet ist, sollte diese Gefahr auf ein Minimum reduziert werden, indem – wann immer möglich – vermieden wird, dass gleichzeitig in verschiedenen Staaten parallele Verfahren geführt werden. Die Verfasser des Übereinkommens von 1988 – und auch des zuvor geschlossenen Brüsseler Übereinkommens – wollten eine klare und wirksame Regelung zur Klärung von Fragen der Rechtshängigkeit und der im Zusammenhang stehenden Verfahren festlegen; hierbei mussten sie den erheblichen Unterschieden zwischen den innerstaatlichen Rechtsvorschriften der einzelnen Staaten Rechnung tragen: So ziehen bestimmte Staaten die Reihenfolge der Klageerhebung in Betracht, während andere die forum-non-conveniens-Regel anwenden. Das Übereinkommen von 1988 enthielt keine Bezugnahme auf die forum-nonconveniens-Regel, sondern beruhte auf dem Kriterium der vorrangigen Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts. Danach musste ein später angerufenes Gericht das Verfahren aussetzen, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststand; sobald dessen Zuständigkeit feststand, hatte sich das später angerufene Gericht zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig zu erklären. Diese Regelung erwies sich als besser als die ursprüngliche Regelung des Brüsseler Übereinkommens, wonach das später angerufene Gericht das Verfahren nur dann auszusetzen hatte, wenn die Zuständigkeit des anderen Gerichts angefochten wurde, und sich anderenfalls unverzüglich für unzuständig erklären musste, wodurch die Gefahr bestand, dass vermehrt negative Kompetenzkonflikte auftreten;142 gleichwohl warf auch die neue Lösung eine Reihe von Problemen auf. Insbesondere war es aufgrund der gewählten Formulierung gemäß ihrer Auslegung durch den Gerichtshof nicht möglich, die Rechtshängigkeit als autonomen Begriff zu definieren, der alle in Frage stehenden Aspekte abdeckt. Einerseits enthielt die Vorschrift mehrere wesentliche Bedingungen als Bestandteile einer Definition des Begriffs „Rechtshängigkeit“ – zum Beispiel, dass an den gleichzeitig anhängigen Verfahren dieselben Parteien beteiligt sein müssen, dass derselbe Anspruch geltend gemacht wird und dass derselbe Streitgegenstand vorliegt –, so dass der Gerichtshof zu der Feststellung gelangen konnte, dass die zur Umschreibung der Rechtshängigkeit verwendeten Begriffe als autonom verstanden werden
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Artikel 4 bis 11 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000. Artikel 12 bis 15 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000. Jenard/Möller-Bericht, Randnummer 64.
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müssen.143 Andererseits enthielt die Vorschrift jedoch keine autonome und einheitliche Regelung dahingehend, wie zu bestimmen ist, welches Gericht früher angerufen wurde, d.h. zu welchem Zeitpunkt eine Klage als vor dem Gericht anhängig zu betrachten ist.144 Unter Hinweis auf das Fehlen einer autonomen Begriffsbestimmung hat der Gerichtshof die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsstreit als rechtshängig gilt, nach dem nationalen Recht eines jeden Gerichts zu beurteilen sind.145 Der Verweis auf nationales Recht zum Zwecke der Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem ein Gericht als angerufen gilt, hat unter anderem zur Folge, dass diese Frage je nachdem, welches Gericht angerufen wurde, auf sehr unterschiedliche Weise entschieden wird. Die Rechtsvorschriften der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten weichen diesbezüglich erheblich voneinander ab, zuweilen sogar in Bezug auf unterschiedliche Arten von Verfahren im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsordnungen. Selbst wenn man sich auf den Fall einer gewöhnlichen Klage beschränkt, gilt ein Gericht in einigen Ländern wie Italien oder den Niederlanden für die Zwecke der Rechtshängigkeit dann als angerufen, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Beklagten durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt wird. In diesen Ländern wird das verfahrenseinleitende Schriftstück zunächst dem Beklagten und erst dann dem Gericht zugestellt. In anderen Ländern hingegen tritt die Rechtshängigkeit dann ein, wenn die Klage bei dem zuständigen Gericht eingereicht wird; dies ist der Fall in Dänemark, Spanien, Irland, Finnland, Norwegen, den meisten Kantonen der Schweiz146 und in Schweden. Gleiches gilt für Frankreich und Luxemburg, allerdings mit der Ausnahme, dass das verfahrenseinleitende Schriftstück dort dem Beklagten zugestellt wird, bevor die Rechtssache in das Register des Gerichts eingetragen wird; der maßgebliche Zeitpunkt ist hier nicht die Einreichung bei Gericht, sondern der Tag, an dem das betreffende Schriftstück dem Beklagten zugestellt wird. In einigen anderen Ländern schließlich müssen die Eintragung der Rechtssache in das Register des Gerichts und die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks an den Beklagten erfolgt sein, bevor die Rechtshängigkeit eintritt. Dies ist der Fall in Österreich, Belgien, Deutschland, Griechenland,147 Portugal und dem Vereinigten Königreich. Noch komplizierter wird die Lage, wenn der Eintritt der Rechtshängigkeit davon abhängt, wann der Beklagte über die Klage unterrichtet wurde, da dieser Zeitpunkt je nach Staat unterschiedlich ist und auch von dem angewandten Verfahren abhängen kann. In diesem Zusammenhang ist die Gemeinschaftsverordnung über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke148 zu berücksichtigen, deren Artikel 9 – entsprechend den Bestimmungen des europäischen Übereinkommens zum gleichen Gegenstand149 – gemeinsame Vorschriften über das Datum der Zustellung vorsieht, wonach für
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143 Gerichtshof, Rechtssache 144/86, Gubisch gegen Palumbo, Slg. 1987, 4861; das Urteil enthält eine besondere Bezugnahme auf die identische Grundlage der anhängigen Rechtssachen. 144 Im Jenard-Bericht heißt es auf Seite 41 wie folgt: „Der Ausschuss [,der den Entwurf für das Brüsseler Übereinkommen erstellt hatteʻ] hielt es nicht für erforderlich, in dem Übereinkommen genauer festzulegen, in welchem Zeitpunkt die Rechtsanhängigkeit eintritt; diese Frage regelt sich deshalb nach dem innerstaatlichen Recht der Vertragsstaaten.“ 145 Gerichtshof, Rechtssache 129/83, Zelger gegen Salinitri, Slg. 1984, 2397. 146 In einigen Kantonen gilt als maßgeblicher Zeitpunkt der Beginn des Schlichtungsverfahrens (d.h. die Rechtshängigkeit tritt vor der Einleitung des Gerichtsverfahrens ein). 147 Mit der Ausnahme, dass die Rechtshängigkeit in Griechenland rückwirkend eintritt (mit dem Tag der Einreichung der Klage bei Gericht). 148 Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 (ABl. L 324 vom 10.12.2007), die an die Stelle der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates getreten ist; siehe oben Nummer 116. 149 Übereinkommen aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den
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das Datum der Zustellung eines Schriftstücks das Recht des Empfangsmitgliedstaats maßgeblich ist; hat jedoch die Zustellung eines Schriftstücks im Rahmen eines im Übermittlungsmitgliedstaat einzuleitenden oder anhängigen Verfahrens innerhalb einer bestimmten Frist zu erfolgen, so ist im Verhältnis zum Antragsteller als Datum der Zustellung der Tag maßgeblich, der sich aus dem Recht dieses Mitgliedstaats ergibt, es sei denn, der betreffende Staat hat erklärt, dass er die Bestimmung nicht anwenden wird. 119. Diese Unterschiede in innerstaatlichen Rechtsvorschriften können gravierende Probleme aufwerfen, und zwar nicht nur deshalb, weil sie das „forum shopping“ begünstigen, das sich angesichts des Bestehens konkurrierender Zuständigkeiten nicht immer verhindern lässt, oder weil sie einen Wettlauf zu den Gerichten fördern können, was in gewissem Maße darauf zurückzuführen ist, dass Artikel 27 dem zuerst angerufenen Gericht Vorrang einräumt,150 sondern auch deshalb, weil sie Parallelklagen vor den Gerichten verschiedener durch das das Übereinkommen gebundener Staaten fördern, die es einem Beklagten in manchen Fällen gestatten, eine Klage zu erheben, die auf denselben Anspruch wie die gegen ihn erhobene Klage gestützt ist, und so dafür zu sorgen, dass seine eigene Klage nach dem Recht des damit befassten Gerichts Vorrang erhält. Um derartige Situationen zu vermeiden, wurde in dem neuen Übereinkommen eine autonome Begriffsbestimmung für den Zeitpunkt, zu dem ein Gericht für die Zwecke der Rechtshängigkeit als angerufen gilt, festgelegt; sie berücksichtigt die Unterschiede zwischen den Rechtsvorschriften der verschiedenen Staaten und verweist zur Regelung bestimmter Aspekte bis zu einem gewissen Maße, jedoch restriktiver als in der früheren Regelung, auf die innerstaatlichen Verfahrensvorschriften. In Artikel 30 werden ausdrücklich die beiden Hauptkriterien genannt, die von den durch das Übereinkommen gebundenen Staaten angewendet werden, um zu bestimmen, wann ein Gericht als angerufen gilt, nämlich der Zeitpunkt, zu dem das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Beklagten zugestellt worden ist, und der Zeitpunkt, zu dem die Klage bei Gericht eingereicht worden ist; die Regelung ist zudem so angelegt, dass der anhand dieser Kriterien festgelegte Zeitpunkt den unterschiedlichen Systemen Rechnung trägt, gleichzeitig aber eine möglichst hohe Übereinstimmung gewährleistet. Die Vorschrift unterscheidet zwischen Fällen, in denen nach innerstaatlichem Recht das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück bei Gericht eingereicht worden ist, und Fällen, in denen die Zustellung an den Beklagten vor Einreichung des Schriftstücks bei Gericht zu bewirken ist. Wird der Zeitpunkt, zu dem das Gericht als angerufen gilt, durch die Einreichung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks bei Gericht bestimmt, so gilt das Gericht zu diesem Zeitpunkt als angerufen, vorausgesetzt, dass der Kläger es in der Folge nicht versäumt hat, die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, um die Zustellung des Schriftstücks an den Beklagten zu bewirken; wird hingegen der Zeitpunkt, zu dem das Gericht als angerufen gilt, durch die Zustellung an den Beklagten bestimmt, so gilt das Gericht als angerufen, wenn die für die Zustellung verantwortliche Stelle das verfahrenseinleitende Schriftstück erhält, vorausgesetzt, dass der Kläger es in der Folge nicht versäumt hat, die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, um das Schriftstück bei Gericht einzureichen.
_____ Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. C 261 vom 27.8.1997), auf das sich die Ad-hoc-Arbeitsgruppe bei der Überprüfung der Übereinkommen von Brüssel und Lugano stützte. 150 Siehe zum Beispiel Gerichtshof, Rechtssache C-406/92, Tatry gegen Maciej Rataj (Slg. 1994, I-5439), in der der Gerichtshof entschieden hat, dass eine Klage, die auf die Feststellung, dass der Beklagte für einen Schaden haftet, und auf dessen Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz gerichtet ist, denselben Anspruch betrifft wie eine von diesem Beklagten früher erhobene Klage auf Feststellung, dass er für diesen Schaden nicht haftet.
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Die Lösung erscheint kompliziert, allerdings nur deswegen, weil sie eine zusätzliche Prüfung erfordert, die über die üblichen Erfordernisse nach innerstaatlichem Recht hinausgeht. Sie ermöglicht die Ermittlung eines Zeitpunkts, zu dem das Gericht als angerufen gilt, der eine weitgehende Übereinstimmung gewährleistet, gleichzeitig jedoch den innerstaatlichen Verfahrensordnungen, in denen recht unterschiedliche und weit auseinanderliegende Zeitpunkte festgelegt sind, entspricht und mit diesen in Einklang steht. Wird der Zeitpunkt, zu dem das Gericht als angerufen gilt, durch die Zustellung des Schriftstücks an den Beklagten bestimmt, bietet die gewählte Lösung auch die notwendige Rechtssicherheit, indem die schwierige Bestimmung des Zustellungszeitpunkts vermieden wird, der sich häufig nur schwer ermitteln lässt, wenn das Schriftstück dem Empfänger nicht persönlich zugestellt wird.151 In jedem Fall wird die Vorschrift für beide Parteien die Vor- oder Nachteile verringern, die sich aus dem alleinigen Verweis auf innerstaatliches Recht ergeben könnten. 120. In Artikel 29 des Übereinkommens wurde unverändert die Bestimmung übernommen, die den seltenen Fall regelt,152 dass für Klagen, zwischen denen Rechtshängigkeit besteht, die ausschließliche Zuständigkeit verschiedener Gerichte gegeben ist; in diesem Fall hat sich das später angerufene Gericht zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig zu erklären. Auch hier ist anhand der in Artikel 30 festgelegten Kriterien zu bestimmen, welches Gericht zuerst angerufen wurde. Anders als in Artikel 25 wird in Artikel 29 keine Rechtsgrundlage für die ausschließliche Zuständigkeit genannt, aufgrund deren das Gericht sich zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig erklären könnte. Die Vorschrift gilt daher auch, wenn die ausschließliche Zuständigkeit durch eine Gerichtsstandsklausel im Sinne von Artikel 23 begründet wird, allerdings nur dann, wenn sie mit der einem anderen Gericht aufgrund desselben Artikels übertragenen ausschließlichen Zuständigkeit konkurriert.153 Konkurriert hingegen die ausschließliche Zuständigkeit nach Artikel 23 mit einer anderen, auf Artikel 22 beruhenden ausschließlichen Zuständigkeit, so hat Letztere ungeachtet des Zeitpunkts, zu dem das Gericht als angerufen gilt, aufgrund von Artikel 25 Vorrang. Nicht durch die Bestimmung über Rechtshängigkeit geregelt ist der Fall, in dem nur das später angerufene Gericht ausschließlich zuständig ist, weil in diesem Fall das andere Gericht weiterhin verpflichtet ist, sich nach Artikel 25 des Übereinkommens von Amts wegen für unzuständig zu erklären, und zwar ungeachtet des Zeitpunkts seiner Befassung. 2. Im Zusammenhang stehende Verfahren (Artikel 28) 121. Die Bestimmung über im Zusammenhang stehende Verfahren ist ein wichtiger Aspekt bei der Koordinierung der Zuständigkeit in den durch das Übereinkommen ge-
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151 Diesbezüglich ist die vereinbarte Lösung derjenigen vorzuziehen, die von der Europäischen Gruppe für Internationales Privatrecht vorgeschlagen wurde; danach sollten für die Bestimmung des Zeitpunkts, zu dem die Klage endgültig als anhängig zu betrachten ist, kumulativ der Zeitpunkt, zu dem das Gericht von der Klage Kenntnis erhält, und der Zeitpunkt, zu dem die Zustellung an den Beklagten erfolgt, herangezogen werden (Vorschläge der Europäischen Gruppe für Internationales Privatrecht, Nummern 10–12). 152 Es scheint, dass dieser Fall infolge der Rechtsprechung des Gerichtshofs nun noch seltener eintreten kann. In einer Rechtssache, die die Verpachtung einer unbeweglichen Sache betraf, die teils in Belgien, teils in den Niederlanden belegen war, hat der Gerichtshof entschieden, dass jeder der beiden Staaten für den in seinem Hoheitsgebiet belegenen Teil des Grundbesitzes ausschließlich zuständig ist, und damit die Anwendbarkeit der Bestimmung über den Konflikt der ausschließlichen Zuständigkeit ausgeschlossen, allerdings nur im vorliegenden Fall und somit nicht grundsätzlich: Gerichtshof, Rechtssache 158/87, Scherrens, Slg. 1988, 3791. 153 Siehe beispielsweise Gerichtshof, Rechtssache 23/78, Meeth gegen Glacetal, Slg. 1978, 2133.
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bundenen Staaten. Ist zwischen mehreren nicht identischen Klagen eine so enge Beziehung gegeben, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten erscheint, um zu vermeiden, dass widersprechende Entscheidungen ergehen könnten, die von den betreffenden Staaten nicht gegenseitig anerkannt würden, sieht das Übereinkommen eine Koordinierung der Verfahren der Gerichte der verschiedenen Staaten vor, bei denen diese Klagen anhängig sind. In Artikel 28 wird der Zusammenhang zwischen den Klagen nicht zu einem allgemeinen Zuständigkeitskriterium erhoben, wie es in einigen nationalen Rechtsordnungen der Fall ist, und insbesondere wird nicht die Zuständigkeit eines Gerichts, bei dem eine Klage anhängig ist, mit der es gemäß dem Übereinkommens befasst wurde, zur Entscheidung über eine andere Klage, die mit der anhängigen Klage im Zusammenhang steht, begründet;154 vielmehr werden in Artikel 28 Verfahrensweisen festgelegt, die die Behandlung zusammenhängender Rechtssachen in einem einzigen Verfahren oder in koordinierten Verfahren erleichtern sollen. 122. Sind die Kriterien nach Artikel 28 Absatz 3 erfüllt, so ist ein später angerufenes Gericht daher berechtigt – jedoch nicht verpflichtet –, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des zuerst angerufenen Gerichts abzuwarten, bevor es in der Rechtssache, mit der es befasst ist, entscheidet. Nach dem neuen Wortlaut von Artikel 28 Absatz 1 ist es im Gegensatz zur bisherigen Fassung nicht mehr erforderlich, dass die im Zusammenhang stehenden Klagen im ersten Rechtszug anhängig sind. Die für dieses Erfordernis genannte Begründung, nämlich dass „andernfalls der Gegenstand des Rechtsstreits nicht derselbe und weil zu befürchten wäre, dass eine Partei eines Rechtszugs verlustig ginge“,155 erscheint nicht überzeugend. Die Aussetzung des Verfahrens durch das später angerufene Gericht berührt in keiner Weise das Verfahren vor diesem Gericht, dem es frei steht, das Verfahren fortzuführen, sobald das Verfahren über die im Zusammenhang stehenden Klage vor dem ausländischen Gericht abgeschlossen ist. Dies ist auch der geeignete Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die ausländische Entscheidung die durch das Übereinkommen garantierten Rechte des Beklagten gewahrt hat und für die Zwecke des Verfahrens vor dem später angerufenen Gericht berücksichtigt werden kann. Dennoch ist das Erfordernis, dass beide Verfahren in erster Instanz anhängig sein müssen, von wesentlicher Bedeutung (weshalb es aufrechterhalten und in Artikel 28 Absatz 2 speziell angeführt wurde), wenn das später angerufene Gericht beschließt – auch hier handelt es sich um ein Recht, nicht um eine Verpflichtung –, den Fall abzulehnen, indem es sich zugunsten des zuerst mit der Klage befassten Gerichts für unzuständig erklärt. Anderenfalls – und zwar dann, wenn die Rechtssache vor dem zuerst angerufenen Gericht in der Rechtsmittelinstanz verhandelt würde – wäre es in der Tat so, dass eine Partei eines Rechtszugs verlustig ginge. Wäre hingegen die Rechtssache vor dem später angerufenen Gericht in der Rechtsmittelinstanz anhängig, so wäre es aus Gründen der Prozessökonomie nicht sinnvoll, wenn dieses Gericht sich zugunsten einer neuen Verhandlung in erster Instanz für unzuständig erklärte. Ohnehin kann sich das später angerufene Gericht nur dann für unzuständig erklären, wenn eine Partei dies beantragt, wenn das zuerst angerufene Gericht für die betreffenden Klagen zuständig ist und wenn die Verbindung der Klagen nach dem Recht dieses Gerichts zulässig ist. Der in der Bestimmung verwendete Ausdruck – „Verbindung der Klagen“, d.h. „der im Zusammenhang stehenden Klagen“ und nicht „Verbindung im Zusammenhang stehender Verfahren“ wie im Übereinkommen von 1988 – bedeutet, dass nach dem Recht des zuerst angerufenen Gerichts die Verbindung der in dem betreffenden Fall im Zusammenhang stehenden Klagen zulässig sein muss und nicht die Ver-
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Gerichtshof, Rechtssache 150/80, Elefanten Schuh, Slg. 1981, 1671. Jenard-Bericht, S. 41.
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bindung von Klagen im Allgemeinen. Bevor sich ein Gericht für unzuständig erklärt, muss es sich daher vergewissert haben, dass sich das andere Gericht für zuständig erklärt. 123. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat die Frage erörtert, ob Artikel 28 insofern flexibler gestaltet werden sollte, als dem zuerst angerufenen Gericht das Recht eingeräumt wird, sich zugunsten des später angerufenen Gerichts für unzuständig zu erklären, wenn die Umstände des Falles dies angezeigt erscheinen lassen; sie hat sich jedoch dagegen entschieden. Mit der Einräumung dieses Rechts wäre eine weitere Anwendung der Lehre vom forum non conveniens, die der Rechtstradition der meisten durch das Übereinkommen gebundenen Staaten fremd ist, in das Übereinkommen aufgenommen worden.
8. EINSTWEILIGE MASSNAHMEN EINSCHLIESSLICH SOLCHER, DIE AUF EINE SICHERUNG GERICHTET SIND 124. In der Vorschrift über einstweilige und auf eine Sicherung gerichtete Maßnahmen im neuen Übereinkommen wurden nur formale Änderungen gegenüber der Fassung von 1988 vorgenommen (siehe Jenard-Bericht, S.42, Schlosser-Bericht, Nummer 183, und Jenard/Möller-Bericht, Nummer 65). In seiner prägnanten Formulierung besagt Artikel 31 lediglich, dass derartige Maßnahmen, wenn sie im Recht eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates vorgesehen sind, bei den Gerichten dieses Staates auch dann beantragt werden können, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache das Gericht eines anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staates aufgrund des Übereinkommens zuständig ist. Nach dem Jenard-Bericht impliziert die entsprechende Vorschrift im Brüsseler Übereinkommen (Artikel 24), dass die zuständigen Behörden „ohne Rücksicht auf die Zuständigkeitsregeln des Übereinkommens“ entscheiden. Die Bestimmung ist demnach ein bloßer Verweis auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften des angerufenen Gerichts anzusehen, das sowohl in Bezug auf die Festlegung der anzuordnenden Maßnahmen als auch in Bezug auf seine eigene Befugnis, die Maßnahmen anzuordnen, sein Recht anwendet. 125. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat ausgehend von verschiedenen Vorschlägen der Kommission und der Delegationen nationaler Experten sehr eingehend die Frage erörtert, ob die Vorschrift des Übereinkommens als zufriedenstellend anzusehen ist. Bei den Beratungen stand insbesondere die Frage im Mittelpunkt, ob eine einheitliche Definition für den Ausdruck „einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind“, worunter auch die als „référé-Verfahren“ bekannte französische Maßnahme gefasst werden kann, festgelegt werden sollte. Mangels einer ausdrücklichen Definition im Übereinkommen hat der Gerichtshof festgestellt, dass unter „einstweiligen Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind“ Maßnahmen zu verstehen sind, die „eine Sach- oder Rechtslage erhalten sollen, um Rechte zu sichern, deren Anerkennung im übrigen bei dem in der Hauptsache zuständigen Gericht beantragt wird“.156 Es hat sich jedoch erwiesen, dass eine solche Anknüpfung an das Verfahren in der Hauptsache nicht in jedem Fall zu befriedigenden Ergebnissen führte: Wenn eine Maßnahme, die auf eine Sicherung gerichtet ist, ohne Rücksicht auf das Ergebnis des Verfahrens in der Hauptsache vorab vollstreckt wird, könnten die in dem Übereinkommen vorgesehenen Regeln über die Zuständigkeit für Klagen in der Hauptsache in der Praxis umgangen werden. Es wurde daher das Argument angeführt, dass die Anord-
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Gerichtshof, Rechtssache C-261/90, Reichert, Slg. 1992, I-2149, Randnummer 34.
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nung vollstreckbarer Maßnahmen gegebenenfalls Einschränkungen unterliegen sollte, beispielsweise dem Erfordernis der Dringlichkeit oder einem Schutzbedürfnis. Ferner wurde argumentiert, dass der Wortlaut geändert werden sollte, damit verdeutlicht wird, dass vorläufige Mahnbescheide nicht in den Anwendungsbereich der spezifischen Vorschrift des Übereinkommens fallen und nur von dem Gericht erlassen werden können, das in der Hauptsache zuständig ist; anderenfalls würden die Zuständigkeitsregeln des Übereinkommens untergraben und der Fall entschieden, bevor eine ordnungsgemäße Verhandlung stattgefunden hat. Es wurde daher vorgeschlagen, dass Artikel 31 nicht als Verweis auf die lex fori auszulegen ist, sondern als eine materiellrechtliche Bestimmung, deren Anwendungsbereich auf Maßnahmen beschränkt ist, die in dem Staat, in dem sie beantragt werden, tatsächlich vollstreckt werden können, ohne dass es eines weiteren Vollstreckungsverfahrens bedarf.157 Das Gericht des Staates, in dem eine Maßnahme vollstreckt werden soll, sollte für die Anordnung der Maßnahme ausschließlich zuständig sein. Zugunsten der Zuständigkeit des Gerichts des Staates, in dem die Maßnahme vollstreckt werden kann und muss, wurde ausgeführt, dass dann, wenn die Festlegung der Art solcher Maßnahmen und der Umstände, unter denen sie angeordnet werden können, dem innerstaatlichen Recht überlassen wäre, die Möglichkeit der Begründung exorbitanter Zuständigkeiten, der durch das Übereinkommen begegnet werden soll, eröffnet würde. 126. Bevor die Beratungen der Ad-hoc-Arbeitsgruppe zum Abschluss kamen, wurden diese Fragen in einem Urteil des Gerichtshofs behandelt, das verschiedene Aspekte des Themenbereichs berührte.158 Der Gerichtshof befand, dass das Gericht, das nach dem Übereinkommen für die Entscheidung eines Rechtsstreits in der Hauptsache zuständig ist, auch für die Anordnung einstweiliger oder sichernder Maßnahmen zuständig ist, ohne dass diese Zuständigkeit von weiteren Voraussetzungen abhängt.159 Die einschlägige Bestimmung des Übereinkommens enthält eine weitere Zuständigkeitsregel, wonach ein Gericht einstweilige oder sichernde Maßnahmen, die in dem Recht des Staates des angerufenen Gerichts vorgesehen sind, auch dann anordnen kann, wenn es für die Entscheidung in der Hauptsache nicht zuständig ist, sofern der Streitgegenstand in den sachlichen Anwendungsbereich des Übereinkommens fällt.160 Die Tatsache allein, dass bei einem Gericht eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates ein Hauptsacheverfahren anhängig ist oder werden kann, nimmt dem Gericht eines anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staates somit nicht seine Zuständigkeit.161 Eine solche Zuständigkeit hängt nicht von der Zuständigkeitsregel nach dem Übereinkommen ab und kann auch auf eine der exorbitanten Zuständigkeitsregeln, die in Artikel 3 des Übereinkommens aufgeführt sind, gestützt werden. Was die Voraussetzungen für die Anordnung einstweiliger oder sichernder Maßnahmen im Sinne der einschlägigen Bestimmung des Übereinkommens anbelangt, so setzt die Anordnung solcher Maßnahmen insbesondere voraus, dass zwischen dem Gegenstand der beantragten Maßnahmen und der gebietsbezogenen Zuständigkeit des Staats des angerufenen Gerichts eine reale Verknüpfung besteht.162 Die Definition einstweiliger und sichernder Maßnahmen hängt vom innerstaatlichen Recht des Gerichts ab, aber das innerstaatliche Recht ist so auszulegen, dass dem Ansatz
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157 Siehe auch die Vorschläge der Europäischen Gruppe für Internationales Privatrecht, Nummer 13. 158 Gerichtshof, Rechtssache C-391/95, Van Uden, Slg. 1998, I-7091. 159 Van Uden, Randnummer 22. 160 Van Uden, Randnummern 20 und 28. 161 Van Uden, Randnummer 29, und, hinsichtlich der Möglichkeit, dass das Hauptsacheverfahren vor einem Schiedsgericht stattfinden müsste, Randnummer 34. 162 Van Uden, Randnummer 40.
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des Gerichtshofs gefolgt wird, wonach unter solchen Maßnahmen, wie bereits erläutert wurde, Maßnahmen zu verstehen sind, die eine Sach- oder Rechtslage erhalten sollen, um Rechte zu sichern, deren Anerkennung bei dem in der Hauptsache zuständigen Gericht beantragt wird. Im Lichte dieses Ansatzes kann eine Maßnahme, mit der die vorläufige Erbringung einer vertraglichen Hauptleistung angeordnet wird, ihrem Wesen nach die Entscheidung des in der Hauptsache zuständigen Gerichts vorwegnehmen und stellt nur dann eine einstweilige Maßnahme im Sinne der Bestimmung des Übereinkommens dar, wenn erstens die Rückzahlung des zugesprochenen Betrages an den Antragsgegner in dem Fall, dass der Antragsteller nicht in der Hauptsache obsiegt, gewährleistet ist und wenn zweitens die beantragte Maßnahme nur bestimmte Vermögensgegenstände des Antragsgegners betrifft, die sich im örtlichen Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts befinden oder befinden müssten.163 127. Unter Berücksichtigung dieses Urteils des Gerichtshofs hat die Ad-hoc-Arbeitsgruppe die Frage erörtert, ob die in dem Urteil enthaltenen Grundsätze in Artikel 31 kodifiziert werden müssten; sie ist zu dem Schluss gelangt, dass dies nicht der Fall ist, unter anderem aufgrund der weiteren Klärung, der sie im Falle der Aufnahme in einen Rechtsetzungstext bedürften, insbesondere hinsichtlich der Art der Verknüpfung zwischen dem Gegenstand der Maßnahme und der gebietsbezogenen Zuständigkeit des Gerichts, die in dem Urteil ausschließlich in Bezug auf den konkreten Fall, der Gegenstand der Rechtssache war, bestimmt wurde. Ein weiteres Problem betrifft die Anerkennung von im Rahmen des Artikels 31 angeordneten Maßnahmen durch die anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staaten. Maßnahmen, die von dem Gericht angeordnet wurden, das nach dem Übereinkommen in der Hauptsache zuständig ist, müssen nach Titel III des Übereinkommens zweifellos anerkannt werden, aber es scheint selbstverständlich, dass die aufgrund der Zuständigkeit nach Artikel 31 erlassenen Entscheidungen grundsätzlich nicht zur Anerkennung und Vollstreckung im Ausland führen sollten. Auch hier hat es die Ad-hocArbeitsgruppe vorgezogen, keine ausdrücklichen Bestimmungen in das Übereinkommen aufzunehmen.
KAPITEL IV ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG 1. ALLGEMEINES 128. Die Vereinfachung der Verfahren für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen, die in den Anwendungsbereich des Lugano-Übereinkommens fallen, ist ein grundlegender Aspekt des Übereinkommens, ebenso wie des Brüsseler Übereinkommens, bei dem sie erklärtermaßen oberstes Ziel war. Mit Titel III soll ein Verfahren festgelegt werden, das die Freizügigkeit von Entscheidungen so weit wie möglich herstellt und die bestehenden Hindernisse weiter abbaut, wobei allerdings die Regeln für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen im Brüsseler Übereinkommen von 1968 bereits als äußerst liberal betrachtet werden können.164 Es steht außer Zweifel, dass in einem einheitlichen Rechtsraum, wie ihn der EG-Vertrag fordert und der sich so gut für die Ausweitung auf die EFTA-Staaten nach dem Lu-
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163 Van Uden, Randnummern 43-48. Zu einer ähnlichen Schlussfolgerung siehe auch Gerichtshof, Rechtssache C-99/96, Mietz, Slg. 1999, I-2277, Randnummer 47. 164 Jenard-Bericht, S. 42.
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gano-Übereinkommen eignet, die Freizügigkeit von Entscheidungen erreicht würde, indem jedes Exequaturverfahren in durch das Übereinkommen gebundenen Staaten für Entscheidungen aus anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staaten abgeschafft würde, so dass solche Entscheidungen unmittelbar vollstreckt werden könnten, ohne dass eine Prüfung erforderlich wäre. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat diese Option sorgfältig geprüft, hat jedoch entschieden, dass sie in Anbetracht der nationalen Hoheitsrechte, die für die Staaten Europas noch immer charakteristisch sind, verfrüht wäre; ein wichtiger Bestandteil dieser Hoheitsrechte ist die Rechtspflege, zumindest was den großen Bereich der Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen betrifft.165 Die Änderungen an den Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen basieren jedoch auf der Auffassung, dass die Rolle der Behörden des Vollstreckungsstaats noch weiter eingeschränkt und die Vollstreckbarerklärung einer Entscheidung auf kaum mehr als eine reine Formalität reduziert werden kann. Dieses Fazit wird auch durch eine Prüfung der nationalen Rechtsprechung zu den genannten Übereinkommen untermauert, die zeigt, dass Rechtsbehelfe gegen Vollstreckbarerklärungen im Rahmen des Brüsseler Übereinkommens und des Lugano-Übereinkommens so selten vorkommen, dass sie beinahe zu vernachlässigen sind. 129. Titel III des Übereinkommens stützt sich daher auf das Prinzip, dass die Vollstreckbarerklärung in gewissem Maße automatisch erfolgen muss und allein einer Formprüfung unterliegt, wobei in diesem ersten Abschnitt des Verfahrens keine Prüfung der Gründe für die Versagung der Anerkennung nach dem Übereinkommen durchgeführt wird. Es wird somit in dieser Phase darauf vertraut, dass der Ursprungsstaat ordnungsgemäß gehandelt hat, ein Konzept, das auch in anderen Bereichen der Vorschriften, die den europäischen Binnenmarkt regeln, seinen Ausdruck findet. Eine Prüfung der Gründe für eine Versagung der Anerkennung erfolgt erst im zweiten Abschnitt des Verfahrens, in dem eine Partei, gegen die eine Vollstreckbarerklärung ergangen ist und die einen Rechtsbehelf dagegen einlegt, darlegen muss, dass solche Gründe vorliegen. Diese Vereinfachung des Verfahrens für die Vollstreckbarerklärung geht mit einer Revision der Versagungsgründe einher, die im Vergleich zum Übereinkommen von 1988 eingeengt werden, ohne dass jedoch der Grundsatz aufgeweicht wird, dass das Verfahren im Ursprungsstaat den Anforderungen an einen fairen Prozess und die Rechte der Verteidigung gerecht werden muss. 130. Was die anzuerkennenden und zu vollstreckenden Entscheidungen anbelangt, so wurden Änderungen nicht für erforderlich gehalten, und Artikel 32 gibt die entsprechende Bestimmung des Übereinkommens von 1988 wieder.166 Demnach ist unter „Entscheidung“ jede Entscheidung eines Gerichts ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung zu verstehen, wozu auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse eines Urkundsbeamten gehören, wie sie in einigen europäischen Rechtssystemen ergehen. Es sei darauf hingewiesen, dass die weit gefasste Definition von „Gericht“ in Artikel 62 bedeutet, dass Artikel 32 hinsichtlich der Einstufung der Behörde, die die zur Anerkennung und Vollstreckung vorgelegte Entscheidung erlassen hat, ebenso weit gefasst auszulegen ist. Die Definition erfasst daher Entscheidungen eines Gerichts oder eines Organs oder einer Person, das bzw.
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165 Nachdem die Ad-hoc-Arbeitsgruppe ihre Beratungen abgeschlossen hatte, sind in der Gemeinschaft Exequaturverfahren für bestimmte Arten von Entscheidungen abgeschafft worden: Verordnung (EG) Nr. 805/2004 vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen, ABl. L 143 vom 30.4.2004 (geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1869/2005, ABl. L 300 vom 17.11.2005); Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens, ABl. L 399 vom 30.12.2006; und Verordnung (EG) Nr. 861/2007 vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen, ABl. L 199 vom 31.7.2007. 166 Siehe hierzu Jenard-Bericht, S. 42, und Schlosser-Bericht, Nummer 188.
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die eine gerichtliche Funktion ausübt, wie es bei Mahnbescheiden eines Urkundsbeamten der Fall ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Person, die die Entscheidung erlässt, formal als „Richter“ bezeichnet wird. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat es nicht für erforderlich gehalten, Artikel 32 zu ändern, um eine weit gefasste Auslegung zu erlauben, mit der der steigenden Zahl innerstaatlicher Verfahren, die auf das Bestreben zurückgehen, Gerichtsverfahren zu beschleunigen, Rechnung getragen würde. Einstweilige Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen fallen ebenfalls unter die Definition von „Entscheidungen“, wenn sie von einem Gericht angeordnet werden, sofern im Ursprungsstaat zunächst beiden Parteien Gelegenheit gegeben wurde, gehört zu werden. Der Gerichtshof hat entschieden, dass aufgrund der dem Beklagten im Urteilsverfahren eingeräumten Garantien das Übereinkommen die Anerkennung und Vollstreckung großzügig handhabt, so dass die Voraussetzungen nach Titel III hinsichtlich der von einem Richter angeordneten oder zugelassenen einstweiligen oder auf eine Sicherung gerichteten Maßnahmen nicht erfüllt sind, wenn die Gegenpartei nicht geladen worden ist oder wenn die Vollstreckung der Entscheidung ohne vorherige Zustellung an diese Partei erfolgen soll.167 Schließlich sei darauf hingewiesen, dass zu Entscheidungen nach Titel III die Urteile des Gerichtshofs oder anderer Gerichte der Europäischen Gemeinschaft gehören,168 da – wie weiter oben erläutert – der Ausdruck „durch das Übereinkommen gebundener Staat“ gemäß Artikel 1 Absatz 3 auch die Europäische Gemeinschaft bezeichnen kann.
2. ANERKENNUNG 131. Die Struktur des Abschnitts über die Anerkennung von Entscheidungen als Hauptgegenstand eines Streits oder inzident in einem Rechtsstreit vor einem Gericht eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates ist im Vergleich zum Übereinkommen von 1988 nicht verändert worden (Artikel 33; siehe Jenard-Bericht, S. 43–44). Hier ist des Weiteren lediglich darauf hinzuweisen, dass die Vorschriften des Abschnitts über die Anerkennung gemäß der Präzisierung in Artikel 1 Absatz 3 auch für die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gelten, wenn sich die Frage ihrer Anerkennung in Staaten, die nicht der Europäischen Gemeinschaft angehören, stellt. Die einzigen Änderungen, die vorgenommen wurden, um die Prüfung ausländischer Urteile weiter einzuschränken, sind diejenigen Änderungen, die die Gründe der Versagung der Anerkennung betreffen. 1. Öffentliche Ordnung (ordre public) (Artikel 34 Nummer 1) 132. Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, dass die Bezugnahme auf die öffentliche Ordnung (ordre public) des Staates, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, als Versagungsgrund gestrichen wird, da sie nur sehr selten in Entscheidungen nationaler Gerichte zum Brüsseler Übereinkommen und zum Lugano-Übereinkommen geltend gemacht wurde und der Gerichtshof nie ersucht wurde, ihren Anwendungsbereich
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167 Gerichtshof, Rechtssache 125/79, Denilauler gegen Couchet, Slg. 1980, 1553. 168 Siehe beispielsweise das Amt für die Harmonisierung im Binnenmarkt (OHIM), das in der Europäischen Gemeinschaft Entscheidungen hinsichtlich der Aufhebung oder Ungültigkeit bestimmter gemeinschaftlicher Rechte des geistigen Eigentums wie Warenzeichen und eingetragene Muster und Modelle erlässt, oder nationale Gerichte, die von Mitgliedstaaten der EU als Gemeinschaftsgerichte hinsichtlich der Ungültigkeit bestimmter gemeinschaftlicher Rechte des geistigen Eigentums wie Warenzeichen und eingetragene oder nicht eingetragene Muster und Modelle benannt werden.
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zu klären. Trotz eines gewissen Zuspruchs fand dieser Vorschlag in der Ad-hoc-Arbeitsgruppe nicht genügend Rückhalt; es wurde der Einwand erhoben, dass der Staat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, imstande sein muss, seine grundlegenden Interessen zu schützen, indem er einen Grundsatz wie den Grundsatz der öffentlichen Ordnung (ordre public) geltend macht, auch wenn dies nur selten geschieht. Um den Ausnahmecharakter dieses Versagungsgrunds hervorzuheben, heißt es in der Bestimmung nun, dass die Anerkennung nur versagt werden kann, wenn sie der öffentlichen Ordnung (ordre public) „offensichtlich“ widersprechen würde. 133. Der Begriff der öffentlichen Ordnung (ordre public) wird in erster Linie durch das innerstaatliche Recht des Staates, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, definiert. Der Gerichtshof hat jedoch erklärt, dass er dafür zuständig ist, über die Grenzen zu wachen, innerhalb deren sich das Gericht eines Vertragsstaats auf diesen Begriff stützen darf, um der Entscheidung eines Gerichts eines anderen Vertragsstaats die Anerkennung zu versagen, und hat entschieden, dass die Anwendung der Ordre-Public-Klausel des Artikels 34 Nummer 1 des Übereinkommens nur dann in Betracht kommt, wenn die Anerkennung gegen einen wesentlichen Rechtsgrundsatz verstieße und deshalb in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zur Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats stünde; bei dem Verstoß muss es sich um eine offensichtliche Verletzung einer in der Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats als wesentlich geltenden Rechtsnorm handeln.169 Ist der Verstoß gegen die öffentliche Ordnung indes nicht dieser Art, so würde die Anwendung der Ordre-Public-Klausel gegen das Verbot der Nachprüfung der ausländischen Entscheidung in der Sache selbst, das in Artikel 36 des Übereinkommens niedergelegt ist, verstoßen.170 Es stellt sich hier die Frage, ob der Begriff der öffentlichen Ordnung im Übereinkommen nur materiellrechtliche Aspekte der öffentlichen Ordnung betrifft, oder ob er auch verfahrensrechtliche Aspekte der öffentlichen Ordnung mit einschließt, oder ob verfahrensrechtliche Aspekte der öffentlichen Ordnung nur insoweit eine Rolle spielen, als sie die Wahrung des Rechts auf ein faires Verfahren nach Artikel 34 Nummer 2 betreffen. Die Frage ist von der Ad-hoc-Arbeitsgruppe und ebenso in der Fachliteratur eingehend erörtert worden; dabei wurden unterschiedliche Standpunkte vertreten. Auch hier ist ein Blick auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs von Interesse: Nachdem er festgestellt hat, dass das Recht auf einen Verteidiger zu den Grundrechten gehört, die sich aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten ergeben, und durch die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert ist, kam er zu dem Schluss, dass ein nationales Gericht berechtigt ist, es als eine offensichtliche Grundrechtsverletzung anzusehen, wenn dem Verteidiger eines Angeklagten verwehrt wird, für diesen aufzutreten.171 Das betreffende Urteil erging jedoch unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falles, d.h. einer zivilrechtlichen Entscheidung über die Zahlung von Schadensersatz zusätzlich zu einer strafrechtlichen Verurteilung in Abwesenheit, und kann nicht so ausgelegt werden, dass sich eine Partei wegen jedweden Verstoßes gegen die Verteidigungsrechte, ja sogar eines Verstoßes, der – wie gemäß den Ausführungen des Gerichtshofs in dem obengenannten Urteil – nicht offensichtlich der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, widerspricht, auf Artikel 34 Nummer 1 berufen kann.
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169 Gerichtshof, Rechtssache C-7/98, Krombach, Slg. 2000, I-1935, Randnummern 23 und 37, in Bezug auf das Recht, sich verteidigen zu lassen. 170 Gerichtshof, Rechtssache C-38/98, Renault gegen Maxicar, Slg. 2000, I-2973, Randnummer 30, in Bezug auf die richtige Anwendung der Gemeinschaftsprinzipien des freien Warenverkehrs und des freien Wettbewerbs durch die Gerichte des Ursprungsstaats. 171 Gerichtshof, Rechtssache C-7/98, Krombach, Slg. 2000, I-1935, Randnummern 38 bis 40.
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2. Verstoß gegen die Rechte eines Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat (Artikel 34 Nummer 2) 134. Gemäß dem Übereinkommen von 1988 wird eine Entscheidung, die ergangen ist, ohne dass sich der Beklagte auf das Verfahren eingelassen hat, nicht anerkannt, wenn der Antrag oder ein gleichwertiges, das Verfahren vor dem Ursprungsgericht einleitende Schriftstück dem Beklagten nicht „ordnungsgemäß“ und „nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte“.172 Diese Bestimmung enthält zwei Voraussetzungen, deren eine die Ordnungsgemäßheit der Zustellung betrifft und die eine auf die Rechtsvorschriften des Urteilsstaats und die Übereinkommen, an die dieser in Bezug auf die Zustellung gebunden ist, gestützte Entscheidung erfordert, während die andere die dem Beklagten für seine Verteidigung belassene Zeit betrifft und Tatsachenwürdigungen verlangt, da zu prüfen ist, ob der von dem Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Zustellung an zu berechnende Zeitraum dem Beklagten ausreichend Zeit für seine Verteidigung gelassen hat.173 Die Prüfung, ob diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, hat in der Praxis zu einigen Schwierigkeiten geführt und wiederholt die Einschaltung des Gerichtshofs erforderlich gemacht, insbesondere hinsichtlich der zweiten Voraussetzung und der kumulativen Wirkung beider Voraussetzungen. Der Gerichtshof hat, wie noch erläutert wird, verschiedene Aspekte der Vorschrift positiv kommentiert, aber auch Mängel dargelegt, durch die ein Missbrauch durch einen bösgläubigen Schuldner möglich wird. Insbesondere hat der Gerichtshof zu der Frage, ob das Schriftstück ordnungsgemäß zugestellt worden ist, befunden, dass die beiden Voraussetzungen eine kumulative Wirkung haben, so dass eine im Versäumnisverfahren ergangene Entscheidung nicht anerkannt werden darf, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, nicht ordnungsgemäß, jedoch so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte;174 er hat weiter ausgeführt, dass das Gericht, vor dem die Anerkennung geltend gemacht wird, jeden Zustellungsmangel berücksichtigen kann, der vor dem Hintergrund des Rechts des Ursprungsgerichts zu bewerten ist, einschließlich internationaler Übereinkommen, die gegebenenfalls relevant sind. Zur Rechtzeitigkeit der Zustellung hat der Gerichtshof entschieden, dass der Umstand, dass der Beklagte möglicherweise von dem Verfahren Kenntnis erhalten hat, irrelevant ist, wenn dies geschehen ist, nachdem die Entscheidung ergangen ist, auch wenn er dagegen keinen nach der Verfahrensordnung des Urteilsstaats zulässigen Rechtsbehelf eingelegt hat.175 Diese Urteile des Gerichtshofs gehen von einer wörtlichen Auslegung der Vorschrift aus und sind von der offensichtlichen Absicht getragen, den Schuldner zu schützen; sie sind in der Fachliteratur diskutiert worden, in der betont wurde, dass der Gläubiger ebenfalls zu schützen sei und dass es einem bösgläubigen Schuldner nicht gestattet sein sollte, rein formale und unerhebliche Zustellungsmängel oder eine Verzögerung der Zustellung auszunutzen, um in dem Vertrauen darauf untätig zu bleiben, dass er imstande sein wird, die in dem Übereinkommen festgeschriebenen Gründe für eine Versagung anzuführen, wenn die Anerkennung der Entscheidung geltend gemacht wird. Die Ad-hocArbeitsgruppe hat an diese Diskussion angeknüpft und sich besonders aufmerksam mit dieser Frage befasst; sie hat nach einer Lösung gesucht, bei der die Interessen des
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172 Jenard-Bericht, S. 44; Schlosser-Bericht, Nummer 194. 173 Gerichtshof, Rechtssache 166/80, Klomps gegen Michel, Slg. 1981, 1593, Randnummern 15–19. 174 Gerichtshof, Rechtssache C-305/88, Lancray gegen Peters und Sickert, Slg. 1990, I-2725, Randnummern 15, 18 und 23. 175 Gerichtshof, Rechtssache C-123/91, Minalmet gegen Brandeis, Slg. 1992, I-5661, Randnummer 22; Rechtssache C-78/95, Hendrikman, Slg. 1996, I-4943, Randnummern 18–21.
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Schuldners und des Gläubigers gleichermaßen berücksichtigt werden und es einem Schuldner, der Kenntnis von dem Verfahren gegen ihn hatte, nicht gestattet wäre, untätig zu bleiben und dann eine Vorschrift geltend zu machen, die aus formalen Gründen zur Versagung der Anerkennung der Entscheidung führen würde. 135. Aus diesem Grunde wird in Artikel 34 Absatz 2 nicht mehr ausdrücklich auf eine ordnungsgemäße Zustellung Bezug genommen; die Frage wird vielmehr im Zusammenhang mit der Gelegenheit für den Beklagten, sich zu verteidigen, sowie mit der dafür erforderlichen Zeit behandelt. Ein Schriftstück muss dem Beklagten nun „in einer Weise zugestellt“ werden, „dass er sich verteidigen konnte“. Nach diesem Wortlaut ist nicht mehr allein zu prüfen, ob die Zustellung nach dem geltenden Recht erfolgt ist, sondern stattdessen eine Tatsachenbewertung vorzunehmen, bei der die Einhaltung der Zustellungsvorschriften zwar eine wichtige, aber keine entscheidende Rolle spielen wird: Das Gericht, vor dem die Anerkennung geltend gemacht wird, wird alle weiteren Faktoren zu berücksichtigen haben, die ihm dabei behilflich sein können, festzustellen, ob die Zustellung trotz der ein oder anderen Unzulänglichkeit in einer Weise erfolgt ist, dass der Beklagte sich verteidigen konnte. Ein Zustellungsmangel ist demnach nur ein Grund für die Versagung nach Artikel 34 Nummer 2, wenn er dem Beklagten in der Weise geschadet hat, dass er sich nicht verteidigen konnte,176 und ist nicht relevant, wenn der Beklagte sich im Ursprungsstaat hätte einlassen und verteidigen können, möglicherweise sogar, um den Zustellungsmangel zu rügen. Diese Tatsachenbewertung muss, ebenso wie nach dem Übereinkommen von 1988, mit einer weiteren ebensolchen Bewertung einhergehen, mit der festgestellt wird, ob die Zeit, die dem Beklagten zur Verfügung stand, um sich zu verteidigen, ausreichend war; dafür kann das Gericht alle relevanten Umstände berücksichtigen, auch wenn sie erst nach der Zustellung eingetreten sind,177 ebenso wie die Bestimmung in Artikel 26 Absatz 2, die das Gericht des Ursprungsstaats in jedem Falle einzuhalten hat.178 Artikel 34 Nummer 2 verlangt nicht den Nachweis, dass das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Beklagten tatsächlich zur Kenntnis gebracht wurde, sondern nur, dass der von dem Zeitpunkt der Zustellung an zu berechnende Zeitraum dem Beklagten ausreichend Zeit für seine Verteidigung gelassen hat.179 136. Der dem Schuldner in dem Fall, dass die Zustellung mangelhaft war, durch Artikel 34 Nummer 2 gewährte Schutz ist noch auf andere Weise eingeschränkt worden: auch wenn die Zustellung nicht so rechtzeitig und in einer Weise erfolgt ist, dass der Beklagte sich verteidigen konnte, ist die Entscheidung anzuerkennen, wenn der Beklagte gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat keinen Rechtsbehelf eingelegt hat, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte. Der Schutz eines Beklagten, der sich nicht eingelassen hat, im Falle von Zustellungsmängeln sollte nicht auf Fälle ausgedehnt werden, in denen der Beklagte untätig bleibt; mit der Vorschrift soll dieses Problem ausgeräumt werden, indem dem Beklagten auferlegt wird, dass er, wenn es ihm möglich ist, einen Rechtsbehelf im Ursprungsstaat einlegt und dort alle Mittel ausschöpft, statt sie sich für die folgende Phase aufzuheben, in der die Entscheidung in einem anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat anerkannt werden soll. Die in Artikel 34 Nummer 2 festgeschrie-
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176 Zu einem vergleichbaren Konzept siehe die Vorschläge der Europäischen Gruppe für Internationales Privatrecht, Nummern 14–16. 177 Gerichtshof, Rechtssache 49/84, Debaecker gegen Bouwman, Slg. 1985, 1779, Tenor. 178 Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat es vorgezogen, den Wortlaut von Artikel 26 Absatz 2 nicht ausdrücklich in Artikel 34 Nummer 2 einzubeziehen, wie es die Kommission ursprünglich vorgeschlagen hatte, damit keine weitere Überprüfung der Handlungen des Gerichts, das die Entscheidung erlassen hat, vorgeschrieben wird. 179 Gerichtshof, Rechtssache 166/80, Klomps gegen Michel, Slg. 1981, 1593, Randnummer 19.
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bene Ausnahme schließt daher eindeutig die frühere Auslegung der entsprechenden Bestimmung im Übereinkommen von 1988 aus.180 137. Artikel 34 Nummer 2 hat einen allgemeinen Anwendungsbereich und soll gewährleisten, dass die für den freien Verkehr in den durch das Übereinkommen gebundenen Staaten zugelassenen Entscheidungen unter Einhaltung der Verteidigungsrechte ergangen sind. Der Artikel gilt folglich ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des Beklagten, der sich in einem anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat oder einem Staat außerhalb des Geltungsbereichs des Übereinkommens oder im Ursprungsstaat befinden kann.181 Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass Artikel III Absatz 1 von Protokoll 1, eingefügt auf Antrag der Schweiz, vorsieht, dass sich die Schweiz das Recht vorbehält, bei der Ratifizierung zu erklären, dass sie den Teil von Artikel 34 Nummer 2, der sich darauf bezieht, dass der Schuldner im Ursprungsstaat gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt hat, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte, nicht anwenden wird. Die Schweizer Delegation war der Auffassung, dass mit dieser Ausnahme das Recht des Beklagten auf ein faires Verfahren nicht ausreichend geachtet wird. Artikel III von Protokoll 1 sieht selbstverständlich auch vor, dass die anderen Vertragsparteien denselben Vorbehalt gegenüber Entscheidungen der schweizerischen Gerichte anwenden, falls die Schweizerische Eidgenossenschaft diese Erklärung abgibt. Die Vertragsparteien können denselben Vorbehalt in Bezug auf Entscheidungen, die in einem beitretenden Staat gemäß Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe c ergangen sind, geltend machen. 3. Unvereinbarkeit von Entscheidungen (Artikel 34 Nummern 3 und 4) 138. In Artikel 34 Nummer 3 waren keine Änderungen erforderlich; darin ist der Grundsatz festgelegt, dass eine in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat ergangene Entscheidung nicht anerkannt wird, wenn sie mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die in einem Rechtsstreit zwischen denselben Parteien in dem Staat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ergangen ist. Die Bestimmung wird in Anbetracht der Regeln für die Koordinierung der Zuständigkeit im Hinblick auf die Rechtshängigkeit und im Zusammenhang stehende Verfahren nur selten angewandt werden; sie hat einen weiten Anwendungsbereich und soll dazu dienen, in dem Staat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, Rechtssicherheit zu gewährleisten, die durch zwei sich widersprechende Entscheidungen in Frage gestellt würde.182 Entscheidungen können somit unvereinbar sein, auch wenn die einzige Gemeinsamkeit der betreffenden Verfahren die Parteien sind und Streitgegenstand bzw. Anspruch nicht identisch sind.183 Auch ist es für die Versagung der Anerkennung nicht erforderlich, dass die Entscheidung in dem ersuchten Staat vor der ausländischen Entscheidung ergangen ist. Die Frage, welche von zwei Entscheidungen zuerst ergangen ist, muss jedoch geprüft werden, um festzustellen, welche von zwei unvereinbaren ausländischen Entschei-
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180 In den Urteilen in den Rechtssachen Minalmet und Hendrikman, siehe oben Nummer 134. Mit Bezug auf die entsprechende Bestimmung in der Brüssel-I-Verordnung hat der Gerichtshof weiter ausgeführt, dass die Möglichkeit für den Beklagten, im Ursprungsstaat einen Rechtsbehelf gegen das Versäumnisurteil einzulegen, voraussetzt, dass er über dieses Urteil unterrichtet worden ist und genügend Zeit hatte, seine Verteidigung vorzubereiten und einen Rechtsbehelf einzulegen: siehe Rechtssache C-283/05, ASML, Slg. 2006, I-12041. 181 Gerichtshof, Rechtssache 49/84, Debaecker gegen Bouwman, Slg. 1985, 1779, Randnummern 10–13. 182 Jenard-Bericht, S. 45. 183 Gerichtshof, Rechtssache 145/86, Hoffmann gegen Krieg, Slg. 1988, 645, Randnummer 25, in Bezug auf eine ausländische Entscheidung zwischen Ehegatten über die Frage des Unterhalts, die mit einem im ersuchten Staat ergangenen Scheidungsurteil unvereinbar war.
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dungen in dem Staat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, anzuerkennen ist.184 Im Übereinkommen von 1988 (Artikel 27 Nummer 5) wurde lediglich auf die Anerkennung einer Entscheidung eingegangen, die in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat ergangen und mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem nicht durch das Übereinkommen gebundenen Staat ergangen ist; in Artikel 34 Nummer 4 des neuen Übereinkommens kommt der Fall einer Entscheidung hinzu, die in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat ergangen und mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat ergangen ist, und wird auf die gleiche Stufe gestellt. In Fällen dieser Art ist die Anerkennung der späteren Entscheidung aufgrund der Unvereinbarkeit der Entscheidungen ausgeschlossen, allerdings nur wenn die Entscheidungen in Streitigkeiten zwischen denselben Parteien wegen desselben Gegenstandes bzw. desselben Anspruchs ergangen sind, natürlich unter der Bedingung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung in dem Staat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, erfüllt sind. Geht es nicht um denselben Gegenstand bzw. denselben Anspruch, so werden beide Entscheidungen anerkannt, auch wenn sie miteinander unvereinbar sind. Die Unvereinbarkeit wird dann von dem nationalen Gericht, vor dem die Vollstreckung geltend gemacht wird, zu klären sein, das dafür die Vorschriften seines eigenen Rechts anwenden und andere Faktoren als die zeitliche Reihenfolge der Entscheidungen berücksichtigen kann, beispielsweise die Reihenfolge, in der die Verfahren eingeleitet wurden, oder die Reihenfolge, in der in den betreffenden Verfahren rechtskräftig entschieden wurde, die keine Anerkennungsvoraussetzungen nach dem Übereinkommen sind. 4. Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsstaats (Artikel 35) 139. Entscheidungen, die in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat ergangen sind, sind wie gemäß dem Übereinkommen von 1988 in dem Staat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, grundsätzlich anzuerkennen, ohne dass die Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsstaats nachgeprüft wird. In Artikel 35 wird bekräftigt, dass eine solche Nachprüfung nicht erfolgen darf und dass die Vorschriften über die Zuständigkeit nicht zur öffentlichen Ordnung (ordre public) gehören, aber es werden auch die Ausnahmen aufgegriffen, die bereits zuvor für die Regel, dass die Zuständigkeit der Gerichte des Ursprungsstaats nicht nachgeprüft wird, bestanden haben. Es wurde vorgeschlagen, sämtliche Ausnahmen zu streichen, so dass jegliche Nachprüfung der Zuständigkeit wegfällt,185 aber die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat nach gründlicher Prüfung entschieden, dass dies verfrüht wäre. Es gibt daher Ausnahmen, wenn die Zuständigkeitsvorschriften in Versicherungs- und Verbrauchersachen oder die Vorschriften der ausschließlichen Zuständigkeit (Titel II Abschnitte 3, 4 und 6) verletzt worden sind, wenn ein Fall des Artikels 68 vorliegt und wenn ein Fall des Artikels 64 Absatz 3 oder des Artikels 67 Absatz 4 vorliegt.186 Es wurde erörtert, ob eine Verletzung der Zuständigkeitsvorschriften in Bezug auf individuelle Arbeitsverträge zu diesen Ausnahmen hinzukommen sollte. Dies wurde aber abgelehnt, da bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten die Klage in der Regel vom Arbeitnehmer erhoben wird, so dass die zur Nichtanerkennung führende Nachprüfung in den meisten Fällen ein Vorteil für den Arbeitgeber als Beklagter wäre.
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Schlosser-Bericht, Nummer 205. Vorschläge der Europäischen Gruppe für Internationales Privatrecht, Nummer 28. Jenard/Möller-Bericht, Nummern 67, 14–17, 79–84.
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5. Abschaffung der Nachprüfung des vom Gericht des Ursprungsstaats angewandten Rechts 140. Nach Artikel 27 Absatz 4 des Übereinkommens von 1988 konnte die Anerkennung abgelehnt werden, wenn das Gericht des Ursprungsstaats bei seiner Entscheidung hinsichtlich einer Vorfrage, die den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung einer natürlichen Person, die ehelichen Güterstände oder das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts betrifft (ausschließlich Sachen, die nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen), sich in Widerspruch zu einer Vorschrift des Internationalen Privatrechts des Staates, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, gesetzt hat; es wurde die Auffassung vertreten, dass diese Regel nun überflüssig ist, und zwar nicht zuletzt wegen der Fortschritte bei der Harmonisierung des Internationalen Privatrechts in diesen Bereichen in der Europäischen Gemeinschaft und insbesondere wegen des Fehlens dieser Bestimmung in der Brüssel-II-Verordnung. Die Bestimmung ist in das neue Übereinkommen nicht aufgenommen worden, so dass es künftig nicht möglich sein wird, diesen Versagungsgrund geltend zu machen, der ein Relikt aus der Zeit der Nachprüfung einer ausländischen Entscheidung in der Sache war. Eine Nachprüfung in der Sache selbst wird durch Artikel 36 des Übereinkommens gänzlich ausgeschlossen, in dem der Wortlaut der entsprechenden Bestimmung des früheren Übereinkommens wiedergegeben ist.187 6. Rechtsbehelf gegen ausländische Entscheidungen, deren Anerkennung geltend gemacht wird (Artikel 37) 141. Es ist keine Änderung an der Vorschrift vorgenommen worden, dass das Gericht, vor dem die Anerkennung einer Entscheidung geltend gemacht wird, die in einem anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat ergangen ist, das Verfahren aussetzen kann, wenn gegen die Entscheidung in dem anderen Staat ein Rechtsbehelf eingelegt worden ist. Artikel 37, in dem Artikel 30 des Übereinkommens von 1988 wiedergegeben ist, bedarf keines besonderen Kommentars (siehe Jenard-Bericht, S. 46, und Schlosser-Bericht, Nummern 195 bis 204).
3. VOLLSTRECKUNG 142. Titel III Abschnitt 2 des Übereinkommens betrifft die Vollstreckung und enthält Vorschriften, die wie bereits erwähnt188 im Zuge der Revision des Übereinkommens erheblich geändert wurden, damit die Verfahren zur Vollstreckbarerklärung von Entscheidungen im ersuchten Staat – und ebenso zur Anerkennung, wenn die Anerkennung als Gegenstand eines Streits nach Artikel 33 Absatz 2, in dem auf die Verfahren nach Titel III Abschnitte 2 und 3 Bezug genommen wird, geltend gemacht wird – weiter vereinfacht werden. Der Grundsatz, dass für die Vollstreckung eine Vollstreckbarerklärung erforderlich ist, bleibt jedoch unverändert; er ist in Artikel 38 in den gleichen Worten niedergelegt wie in Artikel 31 des Übereinkommens von 1988. Eine Vollstreckbarerklärung kann demnach nur für eine Entscheidung, die in dem Staat, in dem sie ergangen ist, be-
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Jenard-Bericht, Seite 46. Siehe oben Nummer 128.
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reits vollstreckbar ist, und nur auf Antrag eines Berechtigten ergehen.189 Sobald die Entscheidung für vollstreckbar erklärt worden ist, kann sie im ersuchten Staat vollstreckt werden; im Vereinigten Königreich muss eine Entscheidung jedoch zur Vollstreckung registriert werden.190 Aus Artikel 1 Absatz 3 wird deutlich, dass der Abschnitt über die Vollstreckung auch für Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gilt, wenn sie in Drittländern vollstreckt werden sollen. Urteile des Gerichtshofs sind daher in solchen Staaten ebenso zu vollstrecken wie Entscheidungen nationaler Gerichte, die in durch das Übereinkommen gebundenen Staaten ergangen sind. 1. Vollstreckbarerklärung: erster Abschnitt des Verfahrens (Artikel 39 bis 42 und 53 bis 56) a) Gericht oder sonst befugte Stelle (Artikel 39) 143. Wie zuvor nennt das Übereinkommen ausdrücklich die Gerichte oder sonst befugten Stellen der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten, an die Anträge auf Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen zu richten sind. Sie sind nun in einem Anhang aufgeführt (Anhang II) und nicht mehr im verfügenden Teil des Übereinkommens; damit wird die Darstellung des Verfahrens vereinfacht (zu den Gründen für die Übernahme der Liste zuständiger Gerichte oder sonst befugter Stellen in einen Anhang siehe auch die Diskussion zu Artikel 77). Es sei darauf hingewiesen, dass Artikel 39 Absatz 1 auf „das Gericht oder die sonst befugte Stelle“ Bezug nimmt. Den durch das Übereinkommen gebundenen Staaten steht es somit frei, den ersten Abschnitt des Verfahrens einer Stelle zu übertragen, bei der es sich nicht um ein Gericht handelt. Alle diese Staaten haben im Allgemeinen Gerichte benannt, aber es sei darauf hingewiesen, dass in Frankreich und Deutschland der Antrag auf Vollstreckbarerklärung einer notariellen Urkunde an eine notarielle Stelle (den président de la chambre départementale des notaires) beziehungsweise einen Notar zu richten ist, während Malta für Entscheidungen in Unterhaltssachen die Gerichtskanzlei (Reġistratur tal-Qorti) benannt hat. Andere Länder könnten diesem Beispiel durchaus folgen, da es sich nicht um ein kontradiktorisches Verfahren handelt und die durchzuführenden Überprüfungen rein formaler Art sind. 144. Was die örtliche Zuständigkeit der benannten Gerichte betrifft, so wurde sie gemäß dem Übereinkommen von 1988 durch den Wohnsitz des Schuldners bestimmt und, wenn dieser keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Vollstreckungsstaats hatte, durch den Ort der Vollstreckung. Dies bot dem Gläubiger den Vorteil, dass er im Falle mehrerer Vollstreckungsorte nur eine Vollstreckbarerklärung zu beantragen brauchte, obwohl er sich dann für die Vollstreckung an mehrere Gerichte wenden musste. Es hatte jedoch den Nachteil, dass der Gläubiger gezwungen war, sich an zwei Gerichte zu wenden, wenn der Wohnsitz des Schuldners und der Ort der Vollstreckung nicht zusammenfielen, nämlich zunächst an das Gericht des Wohnsitzes und dann an das Gericht des Vollstreckungsorts. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat die Frage geprüft und hat trotz einiger gegenteiliger Auffassungen bekräftigt, dass es wünschenswert ist, die interne Zuständigkeit unmittelbar im Übereinkommen zu bestimmen, damit es für einen Gläubiger einfacher wird, das richtige Gericht zu ermitteln.191 Sie war der Auffassung, dass die örtliche
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189 Jenard-Bericht, S. 47. 190 Schlosser-Bericht, Nummern 208–213, und Jenard/Möller-Bericht, Nummern 68–69. 191 Es wurde auch darauf hingewiesen, dass es wünschenswert wäre, über ein Handbuch mit den praktischen Informationen für die Ermittlung des Gerichts oder der sonst befugten Stelle zu verfügen, da diese Informationen im verfügenden Teil des Übereinkommens oder in einem Anhang aus offensichtlichen Gründen nicht enthalten sein können.
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Zuständigkeit im konkreten Einzelfall am besten so bestimmt wird, dass dem Gläubiger die Wahl zwischen dem Wohnsitz des Schuldners und dem Vollstreckungsort gelassen und ihm auf diese Weise ermöglicht wird, sich unmittelbar an das Gericht des Ortes zu wenden, an dem die Vollstreckung durchgeführt werden soll. Artikel 39 Absatz 2, in dem es heißt, dass die örtliche Zuständigkeit durch den Wohnsitz des Schuldners oder durch den Ort bestimmt wird, an dem die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll, spiegelt dieses Konzept wider. Der Wortlaut bedeutet, dass nicht mehr ausdrücklich auf den Fall Bezug genommen werden muss, dass der Schuldner seinen Wohnsitz in einem Staat hat, der nicht dem Übereinkommen angehört, obwohl dem Gläubiger in diesem Fall natürlich nur der Ort der Vollstreckung zur Verfügung steht. Es wurde ferner vorgeschlagen, dass in Artikel 39 für Fälle, in denen die Vollstreckung gegen mehr als eine Partei beantragt wird, die Zuständigkeitsregel in Artikel 6 Nummer 1 wiedergegeben und die örtliche Zuständigkeit der Gerichte des Ortes, an dem eine der Parteien ihren Wohnsitz hat, vorgesehen wird. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe war jedoch der Auffassung, dass es besser sei, nicht für jeden spezifischen Aspekt Regeln vorzusehen, wenn es um die interne Zuständigkeit geht. Die Frage, wie vorzugehen ist, wenn die Vollstreckung gegen mehr als eine Partei beantragt wird, ist daher auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts eines jeden durch das Übereinkommen gebundenen Staates zu klären. b) Der Antrag (Artikel 40 und Artikel 53 bis 56) 145. Wie im Übereinkommen von 1988 ist für die Stellung des Antrags das Recht des Vollstreckungsstaats maßgebend, wobei jedoch die im Übereinkommen unmittelbar festgelegten Vorschriften zu berücksichtigen sind. Das Übereinkommen sieht weiterhin vor, dass der Antragsteller im Bezirk des angerufenen Gerichts ein Wahldomizil zu begründen hat und dass er einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen hat, wenn das Wahldomizil im Recht des Vollstreckungsstaats nicht vorgesehen ist.192 Die Liste der dem Antrag beizufügenden Urkunden ist jedoch geändert worden. In den Artikeln 46 und 47 des Übereinkommens von 1988 war eine Reihe von Urkunden aufgelistet, die belegen sollten, dass die Entscheidung die Voraussetzungen für die Anerkennung erfüllt; im neuen Artikel 40 Absatz 3 wird jedoch auf die in Artikel 53 aufgeführten Urkunden Bezug genommen; in Artikel 53 wiederum wird nur vorgeschrieben, dass eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, und eine Bescheinigung nach Artikel 54 vorzulegen sind. In Artikel 54 ist vorgeschrieben, dass das Gericht oder die sonst befugte Stelle des Staates, in dem die Entscheidung ergangen ist, auf Antrag eines Berechtigten eine Bescheinigung unter Verwendung des Formblatts in Anhang V des Übereinkommens ausstellt. 146. Es wurde sehr ausführlich die Frage erörtert, ob es zweckmäßig ist, vom Antragsteller die Vorlage einer Bescheinigung anstelle der Dokumente selbst zu verlangen. Diese Bestimmung lässt sich durch das allgemeine Konzept begründen, dass jede Nachprüfung der ausländischen Entscheidung in diesem ersten Abschnitt des Verfahrens ausgeschlossen werden soll. Mit der Bescheinigung wird ein zweifacher Zweck erfüllt, nämlich zum einen wird die Stellung des Gläubigers erleichtert, der nur ein einziges Dokument vorzulegen hat, und zum anderen wird das ersuchte Gericht in die Lage versetzt, rasch diejenigen Angaben betreffend die Entscheidung zu erfassen, die es benötigt,
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Siehe Jenard-Bericht, S. 49–50.
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um die Vollstreckbarerklärung auszustellen. Nicht selten ist es für das ersuchte Gericht schwierig, der Entscheidung des Ursprungsgerichts bestimmte Angaben rasch und verlässlich zu entnehmen; dies kann an der Sprache, in der die Entscheidung verfasst ist, oder aber an der unterschiedlichen Art und Weise liegen, in der gerichtliche Dokumente in den verschiedenen Rechtssystemen der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten abgefasst werden. Die Bescheinigung muss, wie aus dem Formblatt in Anhang V hervorgeht, folgende Angaben enthalten: den Ursprungsstaat der Entscheidung, das Gericht oder die sonst befugte Stelle, das/die die Bescheinigung ausgestellt hat, das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, die wichtigsten Angaben zu der Entscheidung (Datum, Aktenzeichen, die Parteien der Entscheidung und das Datum der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks, wenn die Entscheidung in einem Verfahren ergangen ist, auf das sich der Beklagte nicht eingelassen hat), den Wortlaut des Urteilsspruchs (im eigentlichen Sinne, d.h. nur der volle Wortlaut des Tenors), Name(n) der Partei(en), der(denen) Prozesskostenhilfe gewährt wurde, und eine Erklärung, dass die Entscheidung im Ursprungsstaat vollstreckbar ist. Die Bescheinigung wird in der Regel, aber nicht zwangsläufig, von dem Gericht ausgestellt, das sie auch erlassen hat. Die Bescheinigung enthält allein sachliche Angaben und keine Informationen zu den Gründen für eine Versagung der Anerkennung nach Artikel 34 und 35 des Übereinkommens, so dass die Bescheinigung durchaus auch von einer anderen Person am Gericht oder einer anderen Stelle, die im Ursprungsstaat dazu befugt ist, ausgestellt werden könnte.193 147. Zweck der Bescheinigung ist die Vereinfachung des Verfahrens, und ein Gläubiger sollte keine Bescheinigung vorlegen müssen, wenn das Urteil auch ohne die Bescheinigung schnell für vollstreckbar erklärt werden kann. Im Übereinkommen wird daher in Bezug auf die Bescheinigung die zuvor in Artikel 48 des Übereinkommens von 1988 niedergelegte Bestimmung zu den mit dem Antrag vorzulegenden Nachweisen wieder aufgenommen.194 Artikel 55 Absatz 1 des neuen Übereinkommens sieht demgemäß für den Fall, dass die Bescheinigung nicht vorgelegt wird, vor, dass das Gericht eine Frist bestimmen kann, innerhalb deren sie vorzulegen ist, oder sich mit einem gleichwertigen Schriftstück begnügen oder von der Vorlage befreien kann, wenn es eine weitere Klärung nicht für erforderlich hält. Daraus wird deutlich, dass das Gericht eine unvollständige Bescheinigung akzeptieren oder erforderlichenfalls eine Frist für die Vorlage eines vollständig ausgefüllten Formblatts bestimmen kann. Wird keine Bescheinigung vorgelegt oder ist die Bescheinigung unvollständig, so kann das Gericht selbstverständlich auch entscheiden, den Antrag abzulehnen. Nicht geändert wird die frühere Regelung betreffend die Übersetzung der Bescheinigung, die nur auf Verlangen des Gerichts erforderlich ist (Artikel 55 Absatz 2), und betreffend die Befreiung von jeglicher Legalisation der Dokumente einschließlich einer Urkunde über die Prozessvollmacht (Artikel 56).195
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193 Die Stelle, die die Bescheinigung ausstellt, muss der Entscheidung, auf die sich die Bescheinigung bezieht, die erforderlichen Angaben entnehmen, wobei sie gegebenenfalls die Unterstützung des Berechtigten benötigt. Muss beispielsweise nach dem Recht des Ursprungsstaats das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht vom Gericht, sondern vom Kläger zugestellt werden, so wird der Kläger der Stelle, die die Bescheinigung ausstellt, den Nachweis erbringen müssen, dass die Zustellung erfolgt ist, so dass das Datum in die Bescheinigung eingetragen werden kann. 194 Jenard-Bericht, S. 55–56. 195 Jenard-Bericht, S. 56.
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c) Entscheidung, mit der der erste Abschnitt des Verfahrens abgeschlossen wird, und Vollstreckbarerklärung (Artikel 41 und 42) 148. Das Gericht oder die sonst befugte Stelle muss unverzüglich über einen nach dem Übereinkommen gestellten Antrag entscheiden, und wenn die in Artikel 53 vorgesehenen Förmlichkeiten erfüllt sind, d.h. wenn die Bescheinigung und eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, vorgelegt wurden, muss es die Entscheidung für vollstreckbar erklären. Der Wortlaut von Artikel 41 lässt hier keine Zweifel zu: Er besagt, dass die Entscheidung „unverzüglich“ für vollstreckbar erklärt wird, sobald die Förmlichkeiten erfüllt sind. Es schien hier besser, das Adverb „unverzüglich“ zu verwenden und keine genaue Frist festzulegen, da es schwierig gewesen wäre, eine Sanktion für die Überschreitung der Frist zu verhängen; die Formulierung gleicht daher der Formulierung im Übereinkommen von 1988, in dem für den ersten Abschnitt des Verfahrens vorgesehen war, dass das mit dem Antrag befasste Gericht seine Entscheidung „unverzüglich“ erlässt, aber keine genaue Frist niedergelegt war.196 149. Artikel 41 erlaubt es dem ersuchten Gericht nicht, zu prüfen, ob Gründe für eine Versagung der Anerkennung nach den Artikeln 34 und 35 vorliegen. Die Angaben, die auf der Bescheinigung stehen müssen, sind nicht für eine solche Prüfung gedacht, sondern sollen dem ersuchten Gericht lediglich die Arbeit bei der Entscheidung erleichtern, ob die Vollstreckbarkeit erklärt wird oder nicht. Selbst die Angabe des Datums der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks im Falle einer Entscheidung, die ergangen ist, ohne dass sich der Beklagte auf das Verfahren eingelassen hat, soll nur dazu dienen, festzustellen, dass dem Versäumnisverfahren die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks vorausgegangen ist, was die Mindestvoraussetzung für die Kenntnisnahme eines Versäumnisurteils ist; sie soll das ersuchte Gericht nicht in die Lage versetzen zu prüfen, ob die Voraussetzungen nach Artikel 34 Absatz 2 erfüllt worden sind. Es sei darauf hingewiesen, dass auf der Bescheinigung kein Zustellungsdatum angegeben werden kann, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht zugestellt wurde. Aber auch in diesem Fall ist nur die Frage nach den Folgen der fehlenden Angabe des Zustellungsdatums auf der Bescheinigung zulässig, ohne dass die Feststellung getroffen werden darf, dass die Zustellung nicht erfolgt ist. Die Prüfung durch das Gericht ist daher auch hier rein formal. Das Verbot einer Nachprüfung auf der Grundlage der Artikel 34 und 35 schließt ferner die Ablehnung des Antrags aus anderen Gründen als den in diesen Artikeln festgelegten Gründen aus, die die einzigen Gründe für eine Versagung der Anerkennung einer Entscheidung sind, die in einem anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat ergangen ist. Der Antrag darf daher nicht aus dem Grunde abgelehnt werden, dass das ersuchte Gericht erklärt, dass die Entscheidung nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fällt. Dadurch, dass das Ursprungsgericht die Bescheinigung nach Anhang V ausgestellt hat, wird bereits belegt, dass die Entscheidung in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fällt. Eine Überprüfung der Richtigkeit der Bescheinigung würde dem Grundsatz widersprechen, dass der erste Abschnitt des Verfahrens auf eine rein formale Prüfung zu beschränken ist. Für eine Überprüfung der Richtigkeit der Bescheinigung wäre eine rechtliche Bewertung der Entscheidung erfor-
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196 Die einzige Folge einer Verzögerung ist daher, dass die ersuchte Stelle haftbar gemacht werden kann, wenn dies nach dem innerstaatlichen Recht oder, da das Übereinkommen Teil des gemeinschaftlichen Besitzstands sein wird, dem Gemeinschaftsrecht vorgesehen ist. Wiederholte Verzögerungen können von dem im Protokoll 2 vorgesehenen Ständigen Ausschuss geprüft werden.
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derlich; ein solche Überprüfung muss dem zweiten Abschnitt des Verfahrens vorbehalten sein. Es darf in diesem ersten Abschnitt des Verfahrens auch nicht geltend gemacht werden, dass die Entscheidung der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht, obwohl dieser Grund für die Versagung der Anerkennung im allgemeinen Interesse ist. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat lange darüber beraten, ob es sich nicht empfehlen würde, die Überprüfung der Vereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung im ersten Abschnitt des Verfahrens beizubehalten, und es hat nicht an Stellungnahmen zugunsten dieser Option gefehlt, aber letzten Endes hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass dies nicht der Fall sein sollte, und zwar teils weil die öffentliche Ordnung bei der praktischen Anwendung des früheren Übereinkommens nur selten geltend gemacht wurde und teils weil dies bei der Ausstellung der Vollstreckbarerklärung möglicherweise zu Verzögerungen geführt hätte. Wie die übrigen Gründe für eine Versagung ist auch die Einlassung, dass die Entscheidung der öffentlichen Ordnung widerspricht, im zweiten Abschnitt des Verfahrens vorzubringen. 150. Die einzige Ausnahme von diesen Vorschriften findet sich in Artikel III Absatz 2 Buchstabe b von Protokoll 1, wenn sich eine Vertragspartei in Bezug auf Entscheidungen, die in einem beitretenden Staat gemäß Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe c ergangen sind, durch Erklärung das Recht eines/einer für die Vollstreckbarerklärung zuständigen Gerichts/sonst befugten Stelle vorbehalten hat, von Amts wegen zu prüfen, ob Gründe für die Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung vorliegen. Die Möglichkeit eines Vorbehalts dieser Art widerspricht dem Grundsatz, dass es im ersten Abschnitt eines Verfahrens keine Nachprüfung geben darf, was im System des Übereinkommens von entscheidender Bedeutung ist, ist aber dennoch mit Bedacht zugelassen worden. Ein solcher Vorbehalt gilt für fünf Jahre, es sei denn, die Vertragspartei verlängert ihn (Artikel III Absatz 4). Diese Klausel kann so ausgelegt werden, dass der Vorbehalt überprüft und, sofern er nicht unerlässlich ist, aufgehoben werden sollte. 151. Aufgrund der rein formalen Art der in diesem Abschnitt vom ersuchten Gericht durchgeführten Überprüfung ist die aktive Beteiligung des Schuldners nicht erforderlich. In Artikel 41 wird daher erklärt, dass der Schuldner in diesem Abschnitt des Verfahrens keine Erklärungen abgeben kann. Die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung wird dem Antragsteller unverzüglich in der Form mitgeteilt, die das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats vorsieht. Wird in der Entscheidung die Vollstreckbarkeit erklärt, so muss die Entscheidung auch dem Schuldner zugestellt werden. Es kann geschehen, dass die Vollstreckbarerklärung ergeht, bevor dieser Partei die ausländische Entscheidung zugestellt wird. Artikel 42 Absatz 2 sieht vor, dass die ausländische Entscheidung in diesem Falle zusammen mit der Vollstreckbarerklärung zugestellt wird. 2. Vollstreckbarerklärung: zweiter Abschnitt des Verfahrens (Artikel 43 bis 46) a) Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung (Artikel 43 bis 44) 152. Gegen die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung kann jede Partei bei dem in Anhang III des Übereinkommens aufgeführten Gericht einen Rechtsbehelf einlegen. Die Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung, mit der der erste Abschnitt des Verfahrens abgeschlossen wird, sind somit vereinheitlicht worden. Im Übereinkommen von 1988 waren wie im Brüsseler Übereinkommen zwei verschiedene Rechtsbehelfe vorgesehen, ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung über die Zulassung der Zwangsvollstreckung, den der Schuldner einlegen konnte (Artikel 36 bis 39), und ein weiterer 807
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Rechtsbehelf gegen die Entscheidung über die Ablehnung des Antrags, den der Gläubiger einlegen konnte (Artikel 40 und 41). In Anbetracht dessen, dass der erste Abschnitt des Verfahrens nun auf eine reine Formalität beschränkt worden ist, hat die Ad-hocArbeitsgruppe den Vorschlag geprüft, dass der Rechtsbehelf gegen die Ablehnung gestrichen werden sollte, da eine Ablehnung des Antrags unwahrscheinlich ist. Bei einer fehlerhaften Bescheinigung würde das ersuchte Gericht in der Regel verlangen, dass der Fehler korrigiert wird, bzw. bei fehlenden Angaben verlangen, dass die Bescheinigung vervollständigt wird. So unwahrscheinlich eine Ablehnung des Antrags auch sein mag, so ist es aber dennoch möglich, dass der Antrag abgelehnt wird und dass die Entscheidung überprüft werden muss, damit die Rechte des Antragstellers gewahrt werden; es wurde daher beschlossen, die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs beizubehalten, jedoch ohne besondere Regeln, die sich von den Regeln für einen Rechtsbehelf gegen eine Vollstreckbarerklärung unterscheiden. 153. Artikel 43 sieht vor, dass jede Partei einen Rechtsbehelf einlegen kann, also unabhängig davon, ob mit der Entscheidung der Antrag zugelassen oder abgelehnt wird. In der Praxis wird jedoch allein der Schuldner ein Interesse daran haben, eine Vollstreckbarerklärung anzufechten, und allein der Antragsteller wird ein Interesse daran haben, eine Ablehnung des Antrags anzufechten. Darüber hinaus muss eine Entscheidung über die Ablehnung des Antrags gemäß Artikel 42 Absatz 1 nur dem Antragsteller mitgeteilt werden, so dass der Schuldner darüber nicht förmlich unterrichtet wird und daher nicht imstande ist, einen Rechtsbehelf einzulegen. Die beiden Arten des Rechtsbehelfs mögen zwar in der Formulierung der Vorschriften zusammengefasst worden sein, sind aber wie im Übereinkommen von 1988 weiterhin in der Sache unterschiedlich. Sie unterscheiden sich auch hinsichtlich der Frist, in der sie eingelegt werden müssen. Im Übereinkommen wird keine Frist für den Rechtsbehelf eines Antragstellers gegen eine Entscheidung über einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung bestimmt. Es handelt sich dabei um einen Rechtsbehelf im Interesse des Antragstellers gegen eine Entscheidung, die dem Schuldner nicht einmal mitgeteilt wurde, und es ist daher dem Antragsteller überlassen, den Zeitpunkt für den Rechtsbehelf zu wählen, der in der Praxis einer erneuten Vorlage des Antrags gleichkommt, wobei dieses Mal der Schuldner gehört wird. Bei einem Rechtsbehelf gegen eine Vollstreckbarerklärung bedarf es jedoch einer Frist, nach der, wenn der Schuldner keinen Rechtsbehelf eingelegt hat, die Entscheidung vollstreckt werden kann. Artikel 43 Absatz 5 sieht daher eine Frist von einem Monat nach Zustellung der Vollstreckbarerklärung vor. Hat der Schuldner seinen Wohnsitz in einem anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staat als dem, in dem die Vollstreckbarerklärung ergangen ist, so beträgt die Frist zwei Monate ab dem Tag, an dem ihm die Vollstreckbarerklärung in Person oder in seiner Wohnung zugestellt worden ist. Die Frist ist hier länger, da der Beklagte möglicherweise Schwierigkeiten dabei hat, seine Verteidigung in einem anderen Staat als dem Staat seines Wohnsitzes zu organisieren; er muss dort möglicherweise erst einmal einen Rechtsanwalt finden und sehr wahrscheinlich Dokumente übersetzen lassen. Nach Artikel 43 Absatz 5 ist eine Verlängerung dieser Frist wegen weiter Entfernung ausgeschlossen, und diese Vorschrift hat Vorrang vor innerstaatlichen Bestimmungen, die möglicherweise Gegenteiliges besagen. Im Übereinkommen wird keine Frist für den Fall angegeben, dass der Schuldner seinen Wohnsitz in einem Staat hat, der nicht durch das Übereinkommen gebunden ist. Fehlt eine solche Angabe, so hat die Bestimmung der Frist nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Staates zu erfolgen. 154. Über beide Arten des Rechtsbehelfs wird in Verfahren mit beiderseitigem rechtlichen Gehör entschieden. In Artikel 43 Absatz 3 wird lediglich auf die Vorschriften, „die für Verfahren mit beiderseitigem rechtlichen Gehör maßgebend sind“, Bezug genomSchütze
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men. Mangels näherer Angaben ist das übliche nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Gerichts vorgesehene Verfahren anzuwenden, sofern es so angelegt ist, dass beide Parteien gehört werden. Lässt sich ein Schuldner in einem Verfahren wegen eines Rechtsbehelfs, der vom Antragsteller eingelegt wurde, nicht ein, so muss das Gericht Artikel 26 Absätze 2 bis 4 anwenden, und zwar auch wenn der Schuldner seinen Wohnsitz nicht in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat hat.197 Mit dieser letzten Bestimmung wird darauf abgezielt, die Verteidigungsrechte zu wahren; sie sind besonders zu schützen, da das Verfahren zum Rechtsbehelf des Antragstellers gegen die Ablehnung einer Vollstreckbarerklärung für den Schuldner die letzte Chance ist, sich zu verteidigen und zu versuchen, darzulegen, dass die Anforderungen für die Anerkennung der ausländischen Entscheidung nicht erfüllt sind.198 b) Umfang einer Überprüfung aufgrund eines Rechtsbehelfs nach Artikel 43 (Artikel 45) 155. Das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung über eine Vollstreckbarerklärung befasste Gericht hat die Entscheidung im Lichte der Gründe zu prüfen, die der Anerkennung und somit der Vollstreckbarerklärung entgegenstehen würden. Auch in diesem Abschnitt des Verfahrens wird insofern von der Anerkennung ausgegangen, als das Gericht nicht darüber befindet, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung erfüllt sind, sondern darüber, ob einer der Gründe für eine Versagung gemäß den Artikeln 34 und 35 vorliegt. Legt ein Gläubiger, der den Antrag im ersten Abschnitt des Verfahrens gestellt hat, einen Rechtsbehelf ein, so wird er, da der Antrag nach einer rein formalen Prüfung der Bescheinigung abgelehnt worden sein muss, im Zuge des Rechtsbehelfs unweigerlich auf alle Gründe für eine Ablehnung eingehen und versuchen müssen zu zeigen, dass sie in dem Fall nicht vorliegen; das Gericht wird über alle Gründe befinden müssen, da der Rechtsbehelf zurückgewiesen werden müsste, wenn auch nur einer dieser Gründe vorliegen würde. Wird der Rechtsbehelf dagegen vom Schuldner eingelegt, so kann er sich auf einen oder mehrere der Versagungsgründe stützen, ohne zwangsläufig auf alle eingehen zu müssen. Dies wirft die Frage auf, inwieweit sich das mit dem Rechtsbehelf befasste Gericht auf die Einlassungen der Partei, die den Rechtsbehelf einlegt, beschränken muss. 156. Als die Ad-hoc-Arbeitsgruppe das neue Verfahren für die Vollstreckung von Entscheidungen konzipiert hat, hat sie recht ausführlich die Frage erörtert, ob das mit dem Rechtsbehelf befasste Gericht von sich aus alle oder nur einige der Gründe für die Versagung der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung prüfen darf, insbesondere wenn die Anerkennung offensichtlich der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Zahlreiche Experten waren der Auffassung, dass in Fällen, in denen die Anerkennung der öffentlichen Ordnung widersprechen würde, mit der Versagung der Anerkennung ein öffentliches Interesse verfolgt wird, dessen Geltendmachung nicht allein den Parteien überlassen werden darf, und dass die Streichung der Prüfung im ersten Abschnitt des Verfahrens dadurch ausgeglichen werden sollte, dass dem Gericht gestattet wird, die Versagung im zweiten Abschnitt von sich aus zu prüfen, auch wenn der Schuldner sie nicht geltend gemacht hat. Um ein Gegengewicht zur Aufhebung der Prüfung der Versagungsgründe im ersten Abschnitt des Verfahrens zu schaffen, war eine
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197 Artikel 43 Absatz 4 übernimmt somit die Bestimmung von Artikel 40 Absatz 2 des Übereinkommens von 1988. 198 Siehe auch Jenard-Bericht, S. 53.
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Reihe von Experten ferner der Auffassung, dass im zweiten Abschnitt die Prüfung der so genannten verfahrensrechtlichen Aspekte der öffentlichen Ordnung über die spezifischen Bestimmungen des Artikels 34 Absatz 2 hinaus in der Weise gestärkt werden sollte, dass das Gericht sie von sich aus vornimmt. Diese Debatte kam in den Bestimmungen über die Befugnisse der mit Rechtsbehelfen befassten Gerichte letzten Endes nicht zum Ausdruck. In Artikel 45 Absatz 1 wird lediglich erklärt, dass „die Vollstreckbarerklärung von dem Gericht nur aus einem der in den Artikeln 34 und 35 aufgeführten Gründe versagt“ [bei einem Rechtsbehelf des Antragstellers] „oder aufgehoben“ [bei einem Rechtsbehelf des Schuldners] „werden darf“. Der Artikel geht auf den Zweck der Überprüfung durch das Gericht und die Gründe für seine Entscheidung ein, nicht jedoch darauf, wie die Überprüfung durchzuführen ist. Das Fehlen von Angaben dazu im Übereinkommen bedeutet, dass das Gericht die Frage, ob es die Gründe für eine Versagung von sich aus oder auf Antrag einer Partei prüfen darf, vor dem Hintergrund des öffentlichen Interesses, das in der für das Gericht maßgeblichen Rechtsordnung ein Tätigwerden zur Versagung der Anerkennung der Entscheidung rechtfertigen kann, selbst zu klären hat. Liegt kein solches öffentliches Interesse vor und ist der Grund für die Versagung in erster Linie eine Frage der Interessen des Schuldners, so liegt die Last dafür, die Frage aufzuwerfen, bei der berechtigten Partei. Eine solche Bewertung kann nur auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts vorgenommen werden. 157. Es wurden ferner Zweifel daran geäußert, ob im zweiten Abschnitt des Verfahrens geltend gemacht werden kann, dass die ausländische Entscheidung nicht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fällt. Wie bereits erwähnt, belegt der Umstand, dass das Ursprungsgericht die Bescheinigung ausgestellt hat, an sich bereits, dass die Entscheidung in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fällt. Insofern die Bescheinigung das Ergebnis einer rechtlichen Bewertung ist, kann sie in der Phase des Rechtsbehelfs angefochten werden, und jede Frage der Auslegung des Übereinkommens müsste dann im Lichte der Rechtsprechung des Gerichtshofs und, wenn die Zweifel weiter bestehen und die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind, dadurch geklärt werden, dass sie dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vorgelegt wird. Artikel 45 Absatz 2 des Übereinkommens verbietet allerdings ausdrücklich, dass dieser Weg beschritten wird, um die ausländische Entscheidung in der Sache selbst nachzuprüfen. 158. Der zweite Abschnitt des Verfahrens kann aufgrund der Überprüfung länger dauern als der erste, aber auch im zweiten Abschnitt muss das Gericht unverzüglich in der kürzesten Frist, die im innerstaatlichen Recht vorgesehen ist, entscheiden, damit der Grundsatz gewahrt wird, dass die Freizügigkeit von Entscheidungen nicht durch Hemmnisse wie Fristen in Vollstreckungsverfahren beeinträchtigt werden darf. c) Weitere Arten des Rechtsbehelfs (Artikel 44) 159. Gegen die Entscheidung, die über den Rechtsbehelf des Antragstellers oder des Schuldners ergangen ist und mit der der zweite Abschnitt des Verfahrens abgeschlossen wird, kann nur ein Rechtsbehelf nach Anhang IV des Übereinkommens eingelegt werden; darin ist für die einzelnen durch das Übereinkommen gebundenen Staaten ein Rechtsbehelf vor einem höheren Gericht vorgesehen oder aber ein solcher Rechtsbehelf gänzlich ausgeschlossen.199 Artikel 44 des Übereinkommens geht nicht darauf ein, wie
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199 Wie im Falle Maltas, wo außer in Unterhaltssachen bei keinem anderen Gericht ein weiterer Rechtsbehelf möglich ist.
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dieser weitere Rechtsbehelf, der den Parteien zur Verfügung steht, zu erfolgen hat. Daraus lässt sich schließen, dass sich der Rechtsbehelf nach dem innerstaatlichen Recht des jeweiligen Staates richtet und in der Weise zu erfolgen hat, die dieses Recht beispielsweise hinsichtlich der Frist, in der ein Rechtsbehelf eingelegt werden muss, vorsieht, und dass der Rechtsbehelf in den durch dieses Recht zugelassenen Grenzen zur Verfügung steht, da solche Rechtsbehelfe in der Regel auf Rechtsfragen beschränkt sind. Auch hier ist die Überprüfung des Gerichts gemäß Artikel 45 des Übereinkommens auf die in den Artikeln 34 und 35 aufgeführten Versagungsgründe beschränkt. Da das innerstaatliche Recht Rechtsbehelfe auf dieser Ebene in der Regel auf Rechtsfragen beschränkt, wird die Überprüfung der Entscheidung der niedrigeren Instanz hinsichtlich der in den Artikeln 34 und 35 aufgeführten Versagungsgründe auf die Korrektur von Rechtsfragen beschränkt und wird keine Sachfragen betreffen. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass ausländische Entscheidungen keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden dürfen und dass die Gerichte unverzüglich entscheiden müssen. d) Rechtsbehelf gegen die ausländische Entscheidung, deren Vollstreckung beantragt wird (Artikel 46) 160. Es war keine Änderung der Vorschrift erforderlich, nach der ein nach Artikel 43 oder 44 mit dem Rechtsbehelf befasstes Gericht das Verfahren aussetzen kann, wenn gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat ein Rechtsbehelf eingelegt worden ist. Artikel 46 gibt Artikel 38 des Übereinkommens von 1988 wieder und bedarf keines weiteren Kommentars.200 4. Einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind (Artikel 47) 161. Artikel 47 enthält eine wichtige und bedeutungsreiche Neuerung im Vergleich zur entsprechenden Bestimmung in Artikel 39 des Übereinkommens von 1988, nach dem die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht über Maßnahmen zur Sicherung hinausgehen durfte, solange die vorgesehene Frist für den Rechtsbehelf lief und solange über den Rechtsbehelf nicht entschieden war. Diese Vorschrift, nach der Sicherungsmaßnahmen erst erfolgen durften, wenn die erste Phase der Ausstellung der Vollstreckbarerklärung abgeschlossen war, ist in Artikel 47 Absatz 3 wieder aufgenommen worden, aber Artikel 47 Absatz 1 macht deutlich, dass Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden können, bevor die Vollstreckbarerklärung zugestellt wird und über etwaige Rechtsbehelfe entschieden worden ist. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe war sich über das Erfordernis einer solchen Vorschrift einig, hat jedoch lange darüber beraten, an welcher Stelle diese vorgesehen werden sollte, d.h. ob sie in den Abschnitt über die Vollstreckung gehört oder vielmehr, wie die Kommission ursprünglich vorgeschlagen hatte, unmittelbar auf die Bestimmung folgen sollte, dass ausländische Entscheidungen anerkannt werden, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf (Artikel 33).201
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200 Siehe Jenard-Bericht, S. 52. 201 In Dokument KOM (97) 609 endg. war vorgeschlagen worden, nach dem derzeitigen Artikel 33 einen neuen Artikel mit folgendem Wortlaut einzufügen: „Entscheidungen, die in einem Vertragsstaat ergangen sind, begründen, auch wenn sie nicht vollstreckbar sind oder noch nicht im Vollstreckungsstaat für vollstreckbar erklärt worden sind, nach Maßgabe der Verurteilung eine Forderung, die einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher, die auf Sicherung gerichtet sind, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats ermöglicht.“
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162. Die Frage der Platzierung der neuen Bestimmung war zum Teil mit der Frage verbunden, ob die Vollstreckung in dem Fall, dass eine Entscheidung die Kriterien für die Vollstreckbarkeit offensichtlich erfüllt, beginnen könnte, noch bevor die Vollstreckbarerklärung ergeht, so dass Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen werden könnten, auch wenn sie nicht endgültig wären. Es wurde jedoch argumentiert, dass es einen Unterschied zwischen Sicherungsmaßnahmen und einer einstweiligen Vollstreckung gibt und dass es zu Schwierigkeiten kommen kann, wenn die Vollstreckung in einem Staat beginnt und dann abgebrochen wird, weil keine Vollstreckbarerklärung ausgestellt wurde. In einigen Rechtssystemen sind Sicherungsmaßnahmen der erste Schritt im Verfahren der Vollstreckung, aber eine Verallgemeinerung dieses Konzepts wäre möglicherweise ein Eingriff in innerstaatliches Verfahrensrecht gewesen und hätte bedeutet, dass von dem in der Regel befolgten Grundsatz abgewichen worden wäre, dass die Vollstreckung dem Recht der einzelnen Staaten unterliegt und durch das Übereinkommen nicht berührt wird.202 Aus diesen Gründen und um zu verhindern, dass die neue Bestimmung so ausgelegt wird, als ändere sie innerstaatliches Recht, wurde beschlossen, dass sie in den Artikel über einstweilige Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Vollstreckbarerklärung der Entscheidung aufgenommen wird. Nach Artikel 47 Absatz 1 ist der Antragsteller, wenn eine Entscheidung anzuerkennen ist, nicht daran gehindert, einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, in Anspruch zu nehmen, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf, das heißt also vor der Ausstellung der Erklärung; dies darf so verstanden werden, dass die Beantragung solcher Maßnahmen bedeutet, dass der Gläubiger beabsichtigt, die Entscheidung vollstrecken zu lassen. Mit Artikel 47 Absatz 1 wird also vom früheren Text insofern abgewichen, als einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, erfolgen können, sobald die ausländische Entscheidung im Ursprungsstaat vollstreckbar ist, gleich ob eine Vollstreckbarerklärung ergangen ist oder nicht, immer vorausgesetzt, dass die Kriterien für eine Anerkennung im ersuchten Staat erfüllt sind. Was die in Frage kommenden Maßnahmen an sich betrifft, so überlässt Artikel 47 deren Klassifizierung, die Art und den Wert der Gegenstände, die hiervon erfasst werden können, die Voraussetzungen für die Gültigkeit der Maßnahmen und die genauen Bestimmungen über ihre Vollstreckung sowie die Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Staates.203 Es ist ferner zu berücksichtigen, dass das innerstaatliche Recht, auf das im Übereinkommen Bezug genommen wird, in keinem Fall dazu führen darf, dass die diesbezüglich vom Übereinkommen selbst ausdrücklich oder stillschweigend aufgestellten Grundsätze in Frage gestellt werden, und daher in einer Weise angewandt werden muss, die mit den Grundsätzen von Artikel 47 vereinbar ist;204 letztere berechtigen den Antragsteller, einstweilige Maßnahmen einschließlich Sicherungsmaßnahmen von dem Zeitpunkt an zu beantragen, in dem die Entscheidung im Ursprungsstaat vollstreckbar wird. 163. In den beiden übrigen Absätzen von Artikel 47 werden Absatz 1 und Absatz 2 von Artikel 39 des früheren Übereinkommens in umgekehrter Reihenfolge wieder aufgenommen; damit bleibt die Möglichkeit unangetastet, Sicherungsmaßnahmen gegen das
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202 Gerichtshof, Rechtssache 148/84, Deutsche Genossenschaftsbank gegen Brasserie du Pêcheur, Slg. 1985, 1981, Randnummer 18. 203 Gerichtshof, Rechtssache 119/84, Capelloni und Aquilini gegen Pelkmans, Slg. 1985, 3147, Randnummer 11. 204 Gerichtshof, Capelloni and Aquilini gegen Pelkmans, Randnummer 21.
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Vermögen des Schuldners durchzuführen, solange die in Artikel 43 Absatz 5 vorgesehene Frist für den Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung läuft und solange über den Rechtsbehelf nicht entschieden ist, das heißt also nach der Ausstellung der Vollstreckbarerklärung. Da die Vollstreckbarerklärung die Befugnis gibt, solche Maßnahmen zu veranlassen, kann der Gläubiger wie gemäß dem Übereinkommen von 1988 solche Maßnahmen unmittelbar ohne eine spezielle Genehmigung veranlassen, auch wenn das innerstaatliche Verfahrensrecht des ersuchten Gerichts dies sonst verlangen würde.205 Auch hier darf die Anwendung innerstaatlichen Rechts in keinem Fall dazu führen, dass die vom Übereinkommen selbst aufgestellten Grundsätze in Frage gestellt werden; nach diesen Grundsätzen wird das Recht auf Veranlassung einstweiliger Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen aus der Vollstreckbarerklärung abgeleitet, so dass es keinerlei Rechtfertigung für eine zweite nationale Entscheidung gibt, mit der eine spezifische andere Genehmigung erteilt würde. Das innerstaatliche Recht darf die Befugnis des Gläubigers, Sicherungsmaßnahmen zu veranlassen, auch nicht von der Hinterlegung einer Garantie abhängig machen, da dies eine weitere Bedingung für die Maßnahmen selbst wäre, was dem eindeutigen Wortlaut des Übereinkommens widersprechen würde; die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat einen Vorschlag, Artikel 47 dahin gehend zu ändern, geprüft, hat den Vorschlag jedoch verworfen. 164. Die Aufnahme der neuen Bestimmung bedeutet, dass das Übereinkommen einstweilige Maßnahmen oder Sicherungsmaßnahmen nun in drei verschiedenen Situationen vorsieht: die erste Situation allgemeiner Art wird durch Artikel 31 geregelt, der sich in erster Linie, aber nicht ausschließlich, auf den Zeitraum bezieht, in dem das Hauptverfahren im Ursprungsstaat geführt wird; die zweite Situation entsteht im ersuchten Staat, wenn die Vollstreckbarkeit der ausländischen Entscheidung erklärt werden soll, die Erklärung aber noch nicht ergangen ist (Artikel 47 Absatz 1); die dritte Situation liegt nach der Vollstreckbarerklärung vor, solange die Frist für den Rechtsbehelf läuft und solange über den Rechtsbehelf noch nicht entschieden ist (Artikel 47 Absatz 3). Hinsichtlich der Art der Maßnahmen, die in diesen Situationen erfolgen können, und der Regeln für diese Maßnahmen sowie ihre Mechanismen und ihre Zulässigkeit nimmt das Übereinkommen ausgiebig auf innerstaatliches Recht Bezug, aber innerstaatliches Recht gilt nur vorbehaltlich der im Übereinkommen selbst festgelegten Grundsätze und darf, wie oben erläutert wurde, nicht zu Ergebnissen führen, die mit diesen Grundsätzen unvereinbar sind. Dies ist von besonderer Bedeutung für die Voraussetzungen, die im konkreten Einzelfall Sicherungsmaßnahmen rechtfertigen. Die Voraussetzungen werden durch innerstaatliches Recht geregelt, aber wenn das nationale Gericht im Hinblick auf die Anordnung der Maßnahmen prüft, ob die grundlegenden Voraussetzungen für einen Prima-facie-Fall (fumus boni juris) und für Dringlichkeit (periculum in mora) erfüllt sind, muss es dies in Anbetracht und unter Achtung der Zwecke der Bestimmungen des Übereinkommens für die drei genannten Situationen tun. Ein Gericht, das eine Maßnahme im Rahmen von Artikel 31 anordnet, kann frei entscheiden, ob es sich um einen Prima-facie-Fall handelt oder nicht und ob eine Dringlichkeit vorliegt oder nicht, während im Rahmen von Artikel 47 Absatz 1 das Vorliegen eines Prima-facie-Falles aus der Entscheidung folgt, um deren Anerkennung es geht, und es nicht mit dem Grundsatz vereinbar wäre, dass der Antragsteller berechtigt ist, Sicherungsmaßnahmen auf der Grundlage einer ausländischen Entscheidung zu veranlassen, wenn das Gericht selbst eine Prüfung vornimmt; die Prüfung des Gerichts ist daher auf die Frage der Dringlichkeit beschränkt. Bei Sicherungsmaßnahmen im Rahmen von Arti-
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Gerichtshof, Capelloni and Aquilini gegen Pelkmans, Randnummern 25 und 26.
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kel 47 Absatz 3 wiederum darf weder das Vorliegen eines Prima-facie-Falles noch der Dringlichkeit geprüft werden, da die Vollstreckbarerklärung die Befugnis gibt, solche Maßnahmen zu veranlassen, und eine Prüfung, ob diese notwendig sind, die sich von der Prüfung der Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung unterscheidet, ist nach dem Übereinkommen nicht zulässig. 5. Sonstige Vorschriften über die Vollstreckung a) Vollstreckung nur hinsichtlich bestimmter Ansprüche; Vollstreckung eines Teils des Gegenstands (Artikel 48) 165. Artikel 48 Absatz 1 sieht vor, dass die Vollstreckbarkeit nur für einen oder mehrere der Ansprüche, die Gegenstand der ausländischen Entscheidung waren, erklärt werden kann; er ist mit Artikel 42 des Übereinkommens von 1988 identisch, außer was die redaktionellen Änderungen betrifft, die aufgrund des neuen Verfahrens erforderlich waren, in dem das Gericht nicht mehr die Vollstreckung „zulässt“, sondern lediglich die Vollstreckbarerklärung „erteilt“. Die wahrscheinlichsten Fälle für eine Vollstreckbarerklärung dieser Art sind Fälle, in denen ein Teil der Entscheidung der öffentlichen Ordnung (ordre public) widersprechen könnte oder in denen der Antragsteller die Vollstreckbarerklärung nur für einen Teil oder mehrere Teile der Entscheidung beantragt, da er an den übrigen Teilen keine Interesse hat, oder, was häufiger vorkommt, die ausländische Entscheidung sich auf einige Gegenstände, die in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen, und auf einige, die nicht in dessen Anwendungsbereich fallen, bezieht. Es sei darauf hingewiesen, dass die Ansprüche, die Gegenstand der Entscheidung sind, nicht formal unterschiedlich sein müssen, damit diese Vorschrift angewandt werden kann. Wenn durch eine Entscheidung verschiedene Pflichten auferlegt werden, von denen nur einige in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen, so kann die Entscheidung teilweise vollstreckt werden, sofern die Zwecke, zu denen die verschiedenen Teile der Entscheidung dienen, eindeutig dargelegt werden.206 166. Ebenfalls unverändert bleibt, abgesehen von einigen redaktionellen Änderungen, die Vorschrift in Absatz 2, die es dem Antragsteller gestattet, die Vollstreckbarerklärung nur für einen Teil des Gegenstands der Verurteilung zu beantragen, und zwar auch innerhalb eines einzelnen Entscheidungssatzes, bei dem es nicht möglich ist, zwischen verschiedenen Teilen je nach ihrem Zweck zu unterscheiden. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat geprüft, ob diese Bestimmung wegen des automatischen Charakters des ersten Abschnitts des Verfahrens und der Wirkung von Artikel 52, der die Erhebung von nach dem Streitwert abgestuften Stempelabgaben oder Gebühren verbietet, gestrichen werden sollte.207 Die Vorschrift ist jedoch nicht durch finanzielle Erwägungen begründet, und ihre Streichung hätte zu der Annahme führen können, dass der Gläubiger immer verpflichtet ist, die Vollstreckung aller Teile der Entscheidung zu beantragen. Nach Absatz 2, der infolgedessen nicht geändert wurde, kann ein Antragsteller, dessen Anspruch teilweise erloschen ist, seitdem die ausländische Entscheidung ergangen ist, daher beantragen, dass die die Bescheinigung ausstellende Behörde vermerkt, dass die Vollstreckung nur bis zu einem bestimmten Betrag beantragt wird, und er kann diesen Antrag auch im
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206 Gerichtshof, Rechtssache C-220/95, Van den Boogaard gegen Laumen, Slg. 1997, I-1147, Randnummern 21 und 22, in Bezug auf eine englische Entscheidung, in der in einem Scheidungsverfahren sowohl die güterrechtliche Beziehung der Parteien als auch Unterhaltsfragen geregelt wurden. 207 Siehe unten Nummer 169.
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zweiten Abschnitt des Verfahrens stellen, wenn ein Rechtsbehelf vom Antragsteller selbst oder vom Schuldner eingelegt wird. b) Entscheidungen, die auf Zahlung eines Zwangsgelds lauten (Artikel 49) 167. In diesem Artikel ist die entsprechende Bestimmung des Übereinkommens von 1988 Wort für Wort wiedergegeben; sie besagt, dass ausländische Entscheidungen, die auf Zahlung eines Zwangsgelds lauten (beispielsweise wegen Nichteinhaltung einer Frist), im Vollstreckungsstaat nur vollstreckbar sind, wenn die Höhe des Zwangsgelds durch die Gerichte im Ursprungsstaat endgültig festgesetzt ist.208 Es ist darauf hingewiesen worden, dass diese Vorschrift die Frage offen lässt, ob auch Zwangsgeld für die Missachtung einer Gerichtentscheidung, das nicht dem Gläubiger, sondern dem Staat zufließt, erfasst ist.209 Bei der Revision ist vorgeschlagen worden, dass der Wortlaut sinnvollerweise entsprechend präzisiert werden könnte. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat es jedoch vorgezogen, Zwangsgelder an den Staat nicht ausdrücklich in den Wortlaut aufzunehmen, da eine Entscheidung zugunsten des Staates strafrechtlichen Charakter haben könnte, so dass mit einer Änderung hier möglicherweise ein strafrechtlicher Aspekt in ein Übereinkommen aufgenommen würde, das sich mit zivil- und handelsrechtlichen Fragen befasst. Die Bestimmung kann daher so verstanden werden, dass Zwangsgelder an den Staat nur erfasst sind, wenn sie eindeutig zivilrechtlicher Art sind und sofern ihre Vollstreckung von privater Seite im Verfahren der Vollstreckbarerklärung der Entscheidung beantragt wird, und zwar ungeachtet dessen, dass die Zahlungen an den Staat zu erfolgen haben. c) Prozesskostenhilfe (Artikel 50) 168. Es gibt keine Änderung des in diesem Artikel festgelegten Grundsatzes, nach dem ein Antragsteller, dem im Ursprungsstaat ganz oder teilweise Prozesskostenhilfe oder Kosten- und Gebührenbefreiung gewährt worden ist, hinsichtlich der Prozesskostenhilfe oder der Kosten- und Gebührenbefreiung die günstigste Behandlung genießt, die das Recht des Vollstreckungsstaats vorsieht (siehe Jenard-Bericht, S. 54, und Schlosser-Bericht, Nummern 223–224). Der Anwendungsbereich ist jedoch weiter gefasst, da er das gesamte Verfahren nach Abschnitt 2 über die Vollstreckung, einschließlich der Rechtsmittelverfahren, erfasst.210 Die Gründe für die Prozesskostenhilfe oder die Kosten- und Gebührenbefreiung sind nicht relevant: sie werden durch das Recht des Ursprungsstaats bestimmt und unterliegen keiner Nachprüfung. Es sei daran erinnert, dass auf der Bescheinigung der Stelle, die die Entscheidung erlassen hat, deren Anerkennung und Vollstreckung beantragt wird, anzugeben ist, ob der Antragsteller Prozesskostenhilfe erhalten hat oder nicht; dies reicht dafür aus, dass der Antragsteller im ersuchten Staat gegebenenfalls entsprechend berechtigt ist. Artikel 50 Absatz 2 ist dadurch begründet, dass der Rolle der Verwaltungsbehörden einiger Länder, die in Unterhaltssachen unentgeltlich tätig sind, Rechnung getragen werden muss; auch im Falle von Norwegen ist festgestellt worden, dass dies notwendig ist, und Norwegen kommt daher zu Dänemark und Island hinzu, die in der entsprechenden Bestimmung des Übereinkommens von 1988 bereits aufgeführt waren.
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208 Jenard-Bericht, S. 53–54. 209 Schlosser-Bericht, Nummer 213. 210 In Artikel 44 des Lugano-Übereinkommens von 1988 war die Anwendung auf „Verfahren nach den Artikeln 32 bis 35“ beschränkt.
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d) Sicherheitsleistung für Kosten, Stempelabgaben oder Gebühren (Artikel 51 und 52) 169. In Artikel 51 ist die entsprechende Bestimmung des Übereinkommens von 1988 wiedergegeben.211 Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe hat erörtert, ob für Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat das Verbot der Auferlegung einer Sicherheitsleistung für die Prozesskosten (cautio judicatum solvi) auf das Ursprungsverfahren ausgeweitet werden sollte. Damit wäre jedoch eine einheitliche Regel eingeführt worden, die für die Freizügigkeit von Entscheidungen nicht unbedingt erforderlich ist, und die Arbeitsgruppe hat es vorgezogen, nicht in die einzelstaatlichen Regelungen einzugreifen. Es sei auch darauf hingewiesen, dass die Auferlegung einer Sicherheitsleistung wegen der Eigenschaft als Ausländer oder wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts in einigen durch das Übereinkommen gebundenen Staaten bereits durch das Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozess (Artikel 17) und das Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über den internationalen Zugang zur Justiz (Artikel 14) untersagt ist und dass eine Sicherheitsleistung wegen der Staatsangehörigkeit in Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft ohnehin untersagt ist. In Artikel 52 ist Artikel III des Protokolls Nr. 1 zum Übereinkommen von 1988 wiedergegeben; demnach dürfen im Vollstreckungsstaat im Vollstreckbarerklärungsverfahren keine nach dem Streitwert abgestuften Stempelabgaben oder Gebühren erhoben werden.
KAPITEL V ÖFFENTLICHE URKUNDEN UND PROZESSVERGLEICHE 1. Öffentliche Urkunden (Artikel 57) 170. In Artikel 57 ist im Wesentlichen die entsprechende Bestimmung des Übereinkommens von 1988 (Artikel 50; zu Erläuterungen siehe Jenard-Bericht, S. 56, und Schlosser-Bericht, Nummer 226) wiedergegeben, an der jedoch einige Änderungen vorgenommen wurden, um sie an das neue Übereinkommen anzupassen.212 Der Gerichtshof hat objektive Kriterien aufgestellt, anhand deren sich bestimmen lässt, ob es sich um eine Urkunde handelt, die nach dieser Bestimmung für vollstreckbar erklärt werden kann. Er hat befunden, dass die Beweiskraft der Urkunde unbestreitbar sein muss und dass Privaturkunden, da ihnen als solchen keine derartige Beweiskraft zukommt, erst durch die Beteiligung einer Behörde oder einer anderen vom Ursprungsstaat ermächtigten Stelle zu öffentlichen Urkunden werden können.213 Die Auslegung des Gerichtshofs stützt sich hier auf den Bericht über das Übereinkommen von 1988, dem zufolge die Beurkundung von einer Behörde vorgenommen worden sein und sich auf den Inhalt der Urkunde und nicht nur auf die Unterschrift beziehen muss.214 Selbstverständlich dürfen
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211 Jenard-Bericht, S. 54. 212 Es sei darauf hingewiesen, dass in der italienischen Fassung des Übereinkommens der zuvor verwendete Begriff „atti autentici“ („authentische Urkunden“) durch den Begriff „atti pubblici“ („öffentliche Urkunden“) ersetzt worden ist. Damit soll, wie im Text erklärt wird, die Rechtsprechung des Gerichtshofs berücksichtigt werden. 213 Gerichtshof, Rechtssache C-260/97, Unibank gegen Christensen, Slg. 1999, I-3715, Randnummer 15 (in Bezug auf Artikel 50 des Brüsseler Übereinkommens). 214 Jenard/Möller-Bericht, Nummer 72.
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Urkunden nur für vollstreckbar erklärt werden, wenn sie im Ursprungsstaat vollstreckbar sind. Nach Artikel 57 Absatz 2 werden auch vor Verwaltungsbehörden geschlossene oder von ihnen beurkundete Unterhaltsvereinbarungen oder -verpflichtungen als öffentliche Urkunden angesehen. Diese Bestimmung wurde aufgenommen, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass in einigen Staaten Unterhaltsfragen nicht vor Gerichten, sondern vor Verwaltungsbehörden verhandelt werden, die ermächtigt sind, Vereinbarungen zwischen den Parteien entgegenzunehmen, sie zu beglaubigen und sie somit vollstreckbar zu machen. 171. Öffentliche Urkunden unterliegen dem in Artikel 38 ff. des Übereinkommens niedergelegten neuen Verfahren zur Vollstreckbarerklärung. Im zweiten Abschnitt des Verfahrens kann das Gericht die Vollstreckbarerklärung nur versagen oder aufheben, wenn die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Vollstreckungsstaats offensichtlich widersprechen würde. Die Einschränkung, wonach die öffentliche Ordnung (ordre public) der einzige Versagungsgrund ist, wurde aus der entsprechenden Bestimmung des Übereinkommens von 1988 übernommen. Wie bei gerichtlichen Entscheidungen beginnt das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung damit, dass die zuständige Behörde des durch das Übereinkommen gebundenen Staates, in dem die Urkunde aufgenommen oder registriert wurde, eine Bescheinigung unter Verwendung des Formblatts in Anhang VI des Übereinkommens ausstellt. In dem Formblatt ist die befugte Stelle anzugeben, aufgrund deren Mitwirkung eine öffentliche Urkunde vorliegt; dabei kann diese Behörde/Stelle an der Aufnahme der Urkunde mitgewirkt oder die Urkunde lediglich registriert haben. Die Benennung der Behörden bzw. Stellen, die zur Ausstellung der Bescheinigung befugt sind, ist Sache des betreffenden Mitgliedstaats; in Staaten, die das Amt des Notars kennen, kann es sich dabei auch um einen Notar handeln. Die Anwendung des zur Vollstreckbarerklärung führenden Verfahrens erfordert möglicherweise einige Anpassungen in Bezug auf öffentliche Urkunden, damit der spezifischen Art der zu vollstreckenden Urkunde Rechnung getragen wird. So kann beispielsweise die in Artikel 46 vorgesehene Aussetzung des Verfahrens für den Fall, dass im Ursprungsstaat ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt worden ist, sich bei öffentlichen Urkunden auch auf erstinstanzliche Verfahren beziehen, wenn im Ursprungsstaat die Anfechtung der Gültigkeit einer öffentlichen Urkunde nach diesen Verfahren erfolgt. 2. Prozessvergleiche (Artikel 58) 172. Artikel 58 bestätigt, dass Vergleiche, die vor einem Gericht im Laufe eines Verfahrens geschlossen und in dem durch das Übereinkommen gebundenen Staat, in dem sie errichtet wurden, vollstreckbar sind, für die Zwecke der Vollstreckbarerklärung wie öffentliche Urkunden behandelt werden, wie es auch im Übereinkommen von 1988 vorgesehen war (siehe Jenard-Bericht, S. 56). Allerdings stützt sich das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung nicht auf die Bescheinigung über öffentliche Urkunden, sondern auf der Bescheinigung über Urteile in Anhang V.
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KAPITEL VI ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN UND ÜBERGANGSVORSCHRIFTEN 1. ALLGEMEINE VORSCHRIFTEN (ARTIKEL 59 BIS 62) 1. Wohnsitz (Artikel 59–60) 173. Die Artikel 59 und 60 betreffen die Definition des Begriffs „Wohnsitz“ bei natürlichen und juristischen Personen. Diese Frage wurde bereits im Zusammenhang mit den allgemeinen Regeln für die gerichtliche Zuständigkeit (Nummern 26-3) erörtert. 2. Fahrlässig begangene Straftaten vor Strafgerichten (Artikel 61) 174. In Artikel 61 ist die entsprechende Bestimmung aus Artikel II des Protokolls Nr. 1 zum Übereinkommen von 1988 übernommen worden; er wurde bereits im Zusammenhang mit Artikel 5 Nummer 4 behandelt (siebe oben Nummern 64–66). 3. Definition des Begriffs „Gericht“ (Artikel 62) 175. In dem Übereinkommen wird mehrfach der Begriff „Gericht“ verwendet, wenn es um die Zuständigkeit eines Gerichts, seine Befugnisse hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und ganz allgemein seine Rolle im System der in dem Übereinkommen vorgesehenen und geregelten justiziellen Zusammenarbeit geht. Würde der Begriff in einigen Rechtssystemen im engeren Sinne dahingehend ausgelegt, dass er eine der Justizstruktur eines Staates förmlich zugeordnete Behörde bezeichnet, so würde er möglicherweise nicht alle Behörden erfassen, die in diesen Rechtssystemen eine oder mehrere der Funktionen ausüben, die in dem Übereinkommen einem „Gericht“ zugewiesen werden. Als Beispiel lassen sich hier die Befugnisse in Bezug auf Unterhaltsverpflichtungen anführen, die nach norwegischem und isländischem Recht den Verwaltungsbehörden zukommen, während das Übereinkommen sie den Gerichten zuordnet, oder auch die Befugnisse, die nach schwedischem Recht den regionalen Verwaltungsbehörden zustehen, welche in bestimmten Fällen gerichtliche Funktionen in summarischen Mahnverfahren ausüben. Dass diese Behörden als „Gerichte“ zu gelten haben, war bereits in Artikel Va des Protokolls Nr. 1 zum Übereinkommen von 1988 vorgesehen.215 Das Übereinkommen legt nun eine allgemeinere Regel fest; der Begriff „Gericht“ wird weiter gefasst und bezeichnet nun jede Behörde in einem nationalen Rechtssystem, die für die in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallenden Rechtsgebiete zuständig ist. Mit der entsprechenden Formulierung werden die „Gerichte“, die das Übereinkommen anwenden müssen, aufgrund der von ihnen ausgeübten Funktionen und nicht nach ihrer förmlichen Einordnung im nationalen Recht bestimmt. Im Unterschied zu der spezifischen Bestimmung in Artikel V a des Protokolls Nr. 1 – und der analogen Bestimmung in Artikel 62 der Brüssel-I-Verordnung216 – hat der neue Artikel 62 allgemeinen Charakter und erfasst sogar andere als die derzeit in den durch das Übereinkommen gebundenen Staaten bestehenden Verwaltungsbehörden; damit entfällt die Notwendigkeit zur Änderung des Übereinkommens im Falle des Beitritts weiterer Staaten. Ferner lassen sich unter den
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215 Jenard/Möller-Bericht, Nummern 106–107. 216 Dort ist ausdrücklich bestimmt, dass bei den summarischen Mahnverfahren in Schweden der Begriff „Gericht“ auch das Amt für Beitreibung („kronofogdemyndighet“) umfasst.
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Begriff „Gericht“ auch die im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft errichteten Behörden oder Ämter und Agenturen fassen, wie etwa das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) mit Sitz in Alicante, das in Bezug auf gewerbliche Schutzrechte bestimmte gerichtliche Funktionen ausübt.
2. ÜBERGANGSVORSCHRIFTEN (ARTIKEL 63) 176. In Artikel 63 ist die entsprechende Bestimmung des Übereinkommens von 1988 (Artikel 54) wiedergegeben: Absatz 1 sieht vor, dass das Übereinkommen nur auf solche Klagen und öffentliche Urkunden anzuwenden ist, die erhoben oder aufgenommen worden sind, nachdem das Übereinkommen im Ursprungsstaat und, sofern die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung oder einer öffentlichen Urkunde geltend gemacht wird, im ersuchten Staat in Kraft getreten ist. In Absatz 2 wird bekräftigt, dass, wenn die Klage im Ursprungsstaat vor dem Inkrafttreten des Übereinkommens erhoben worden ist, die nach diesem Zeitpunkt erlassenen Entscheidungen nach Maßgabe des Titels III anerkannt werden, sofern die Zuständigkeitsvorschriften des Titels II eingehalten wurden oder die Zuständigkeit auf einem Abkommen beruht, das zwischen dem Ursprungsstaat und dem ersuchten Staat in Kraft ist. In Absatz 2 geht dieser Vorschrift jedoch eine Bestimmung vor, wonach die Zuständigkeit nicht überprüft werden muss, wenn die Klage im Ursprungsstaat erhoben wurde, nachdem das Übereinkommen von 1988 sowohl im Ursprungsstaat als auch im ersuchten Staat in Kraft getreten war. Entscheidungen über Klagen, die eingereicht wurden, während das Übereinkommen von 1988 in Kraft war, werden daher genau so behandelt wie Entscheidungen, die nach dem Inkrafttreten des neuen Übereinkommens ergangen sind. Gestrichen wurde Absatz 3 des früheren Artikels 54, der die Zuständigkeit der Gerichte Irlands und des Vereinigten Königreichs in den Fällen, in denen das auf einen Vertrag anzuwendende Recht vor dem Inkrafttreten jenes Übereinkommens vereinbart worden war, betraf, da er hinfällig geworden ist. Der neue Text enthält auch nicht mehr die Bestimmung des früheren Artikels 54A, wonach sich während einer Zeit von drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens für Dänemark, Griechenland, Irland, Island, Norwegen, Finnland und Schweden die Zuständigkeit in Seerechtssachen in jedem dieser Staaten auch nach den in den Nummern 1 bis 7 des genannten Artikels aufgeführten Vorschriften bestimmt, es sei denn, dass vor Ablauf des Dreijahreszeitraums für diese Staaten das in Brüssel am 10. Mai 1952 unterzeichnete Internationale Übereinkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über den Arrest in Seeschiffe in Kraft tritt. Diese Bestimmung ist überholt, da der Dreijahreszeitraum abgelaufen ist und das Übereinkommen von 1952 für die meisten der betreffenden Staaten in Kraft getreten ist.217
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217 Das Übereinkommen wurde von Dänemark (2. Mai 1989), Norwegen (1. November 1994) und Finnland (21. Dezember 1995) ratifiziert; Irland (17. Oktober 1989) und Schweden (30. April 1993) sind ihm beigetreten. Nach Artikel 15 des Übereinkommens trat dieses sechs Monate nach der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde oder nach dem Eingang der Notifizierung des Beitritts in Kraft. Griechenland hatte das Übereinkommen bereits am 27. Februar 1967, also vor dem Übereinkommen von 1988, ratifiziert. Lediglich Island wäre damit dem Übereinkommen nicht beigetreten.
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KAPITEL VII VERHÄLTNIS ZU ANDEREN RECHTSINSTRUMENTEN 177. Auf das Verhältnis zwischen dem Lugano-Übereinkommen und der Brüssel-IVerordnung, dem Brüsseler Übereinkommen und dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Dänemark wurde bereits eingegangen (siehe oben Nummern 18–22). Nachstehend wird nun das Verhältnis zu anderen Übereinkünften erörtert. 1. Übereinkünfte, die sich auf dieselben Rechtsgebiete erstrecken (Artikel 65 und 66) 178. In Artikel 65 wurde – mit den redaktionellen Änderungen aufgrund der Revision des Übereinkommens – die entsprechende Bestimmung des Übereinkommens von 1988 (Artikel 55) übernommen und der Grundsatz bestätigt, dass das Übereinkommen im Verhältnis zwischen den durch das Übereinkommen gebundenen Staaten die zwischen zwei oder mehr von ihnen bestehenden Übereinkünfte ersetzt, die sich auf die dieselben Rechtsgebiete erstrecken wie das neue Übereinkommen. Dies berührt nicht die Bezugnahmen auf andere derartige Übereinkünfte in Artikel 63 Absatz 2, Artikel 66 und Artikel 67; die letztere Bezugnahme wurde hinzugefügt, da sie in der entsprechenden Bestimmung des Übereinkommens von 1988 nicht enthalten war.218 Artikel 65 unterscheidet sich auch insoweit von dem früheren Text, als die ersetzten Übereinkommen dort nicht aufgelistet sind, sondern statt dessen auf Anhang VII verwiesen wird. Artikel 66 bleibt ebenfalls unverändert gegenüber der entsprechenden Bestimmung des Übereinkommens von 1988 (Artikel 56): Er bestimmt, dass die ersetzten Übereinkünfte ihre Wirksamkeit für die Rechtsgebiete behalten, auf die das Lugano-Übereinkommen nicht anzuwenden ist. 2. Übereinkünfte über besondere Rechtsgebiete (Artikel 67) 179. Die Bestimmung des Übereinkommens von 1988, die sich mit Übereinkünften für besondere Rechtsgebiete befasst, wurde von manchen als unklar und schwer auslegbar angesehen; es wurde daher gefordert, sie erneut einer Überprüfung zu unterziehen, um Unsicherheiten der Auslegung zu vermeiden. Die Ad-hoc-Gruppe war jedoch der Ansicht, dass keine größeren Änderungen am Wortlaut vorgenommen werden sollten, da die Klarstellungen in den Berichten über das Brüsseler Einkommen in der Fassung von 1978 und über das Lugano-Übereinkommen von 1988 ihres Erachtens ausreichen, die meisten Unsicherheiten, zu denen es bei der Anwendung der Bestimmung kommen könnte, auszuschließen. (Zu Erläuterungen siehe Schlosser-Bericht, Nummern 238–246, und Jenard/Möller-Bericht, Nummern 79–84.) Nicht geändert wird daher der Grundsatz, dass bestehende und künftige Übereinkünfte zu besonderen Rechtsgebieten dem Lugano-Übereinkommen vorgehen (Absatz 1), bzw. die Möglichkeit, die Zuständigkeit auch dann auf die besondere Übereinkunft zu stützen, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem anderen durch das LuganoÜbereinkommen gebundenen Staat hat, der nicht Vertragspartei der besonderen Übereinkunft ist, wobei jedoch stets Artikel 26 anzuwenden ist (Absatz 2); es sei jedoch darauf hingewiesen, dass dieser Grundsatz nur Anwendung findet, soweit dies in der besonderen Übereinkunft vorgesehen ist. Die Bestimmung, die Übereinkünften für besondere
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Jenard-Bericht, S. 59; Jenard/Möller-Bericht, Nummer 77.
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Rechtsgebiete Vorrang verleiht, stellt eine Ausnahme von der allgemeinen Regel dar, wonach das Lugano-Übereinkommen anderen zwischenstaatlichen Übereinkünften in Fragen der Zuständigkeit vorgeht; diese Ausnahme ist streng auszulegen, so dass die Anwendung des Lugano-Übereinkommens nur in Fragen ausgeschlossen wird, die in einer besonderen Übereinkunft ausdrücklich geregelt sind.219 180. Artikel 67 sieht ferner eine Einschränkung hinsichtlich des Abschlusses künftiger Übereinkünfte vor, die im Übereinkommen von 1988 nicht enthalten war: Das Lugano-Übereinkommen steht dem Abschluss derartiger Übereinkünfte nicht entgegen, doch ist nun bestimmt, dass dieser unbeschadet der Verpflichtungen aus anderen Übereinkünften, denen manche Vertragsparteien angehören, erfolgt. Es sei daran erinnert, dass die Brüssel-I-Verordnung (Artikel 71) nicht den Abschluss von Übereinkünften für bestimmte Rechtsgebiete vorsieht, sondern nur auf bestehende Übereinkünfte Bezug nimmt, die weiter gelten sollen. Diese Bestimmung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Gemeinschaft – und nicht die Mitgliedstaaten – zum Abschluss von Übereinkünften über die Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen, die die Brüssel-I-Verordnung berühren könnten, befugt ist; diese Befugnis der Gemeinschaft wurde vom Gerichtshof in dem Gutachten 1/03 bestätigt; danach besitzt die Gemeinschaft eine ausschließliche Befugnis in Fragen, die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen.220 Daher ist der Schluss zu ziehen, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft keine weiteren Übereinkünfte für besondere Rechtsgebiete schließen dürfen, außer in dem unwahrscheinlichen Fall, dass diese Übereinkünfte nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen, oder wenn die Gemeinschaft die Mitgliedstaaten zum Abschluss solcher Übereinkünfte ermächtigt. 181. Eine Änderung hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen hängt bis zu einem gewissen Maße mit dieser Frage zusammen. Nicht geändert wurde die Vorschrift, wonach Entscheidungen, die in einem durch das Übereinkommen gebundenen Staat von einem Gericht erlassen worden sind, das seine Zuständigkeit auf eine Übereinkunft über ein besonderes Rechtsgebiet gestützt hat, in den anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staaten nach Titel III des Übereinkommens anerkannt und vollstreckt werden müssen (Absatz 3), bzw. der in Titel III zusätzlich aufgenommene Versagungsgrund, wonach die Anerkennung oder Vollstreckung außer den in Titel III vorgesehenen Gründen auch versagt werden kann, wenn der ersuchte Staat der Übereinkunft über ein besonderes Rechtsgebiet nicht angehört und die Partei, gegen die die Anerkennung oder Vollstreckung geltend gemacht wird, ihren Wohnsitz in diesem Staat hat (Absatz 4). In Absatz 4 ist nun jedoch ein weiterer Versagungsgrund vorgesehen: so kann die Anerkennung und Vollstreckung auch versagt werden, wenn die betreffende Partei ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft hat und wenn der ersuchte Staat ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft ist und die Übereinkunft von der Europäischen Gemeinschaft geschlossen werden müsste; das heißt, dass der Abschluss der Übereinkunft in die Zuständigkeit der Gemeinschaft und nicht der Mitgliedstaaten fällt. Mit dieser Regel soll die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in der Europäischen Gemeinschaft ausgeschlossen werden, die aufgrund von Zuständigkeitsregeln ergangen sind, deren Inhalt von den Organen der Gemeinschaft hätte ausgehandelt werden müssen.
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219 Gerichtshof, Rechtssache C-406/92, Tatry gegen Maciej Rataj, Slg. 1994, I-5439, Randnummern 24– 25 und 27, in Bezug auf die Anwendung des Brüsseler Übereinkommens auf die Rechtshängigkeit und im Zusammenhang stehende Verfahren, wenn diese Aspekte nicht in der besonderen Übereinkunft, die sich auf bestimmte Zuständigkeitsregeln beschränkt, geregelt sind (bei der besonderen Übereinkunft handelte es sich um das Brüsseler Übereinkommen von 1952 über den Arrest in Seeschiffe). 220 Siehe Nummer 7.
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Diese Änderung bedeutet beispielsweise, dass die Entscheidung eines schweizerischen Gerichts, das seine Zuständigkeit auf eine Übereinkunft über ein besonderes Rechtsgebiet gestützt hat, von den anderen durch das Lugano-Übereinkommen gebundenen Staaten nach Maßgabe des Titels III anerkannt wird. Hat die Partei, gegen die die Anerkennung oder Vollstreckung geltend gemacht wird, ihren Wohnsitz im ersuchten Staat, kann die Anerkennung versagt werden. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, ob der ersuchte Staat ein nicht der Europäischen Gemeinschaft angehörender Staat (z.B. Norwegen) oder ein Mitgliedstaat (z.B. Frankreich) ist. Ist der ersuchte Staat jedoch ein Mitgliedstaat der Gemeinschaft, so kann er auch die Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung gegen einen Beklagten, der seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft (z.B. Italien) hat, versagen, wenn die besondere Übereinkunft, auf die das schweizerische Gericht seine Zuständigkeit gestützt hat, eine Frage betrifft, die in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt. Die Entscheidung kann jedoch anderweitig nach dem Recht des ersuchten Staates anerkannt werden. 182. Ohne Änderung bleibt schließlich auch die Bestimmung in Absatz 5; diese sieht vor, dass, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in einer Übereinkunft über ein besonderes Rechtsgebiet geregelt sind, der sowohl der Ursprungsstaat als auch der ersuchte Staat angehören, diese Voraussetzungen zwar gelten, aber dennoch das Lugano-Übereinkommen hinsichtlich der Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckung angewandt werden kann. Gemeinschaftliche Rechtsinstrumente, die die gerichtliche Zuständigkeit oder die Anerkennung oder Vollstreckung von Entscheidungen in Bezug auf besondere Rechtsgebiete regeln, sind gemäß Protokoll 3 in der gleichen Weise wie Übereinkünfte für besondere Rechtsgebiete zu behandeln (siehe unten Nummer 206). 3. Übereinkünfte über Nichtanerkennungsverpflichtungen (Artikel 68) 183. In Artikel 68 ist weitgehend (mit einigen redaktionellen Änderungen) die entsprechende Bestimmung des Übereinkommens von 1988 (Artikel 59) wiedergegeben: Er sieht vor, dass Übereinkünfte weiter gelten, durch die sich die durch das Lugano-Übereinkommen gebundenen Staaten sich verpflichtet haben, Entscheidungen der Gerichte anderer durch das Übereinkommen gebundener Staaten gegen Beklagte, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat haben, nicht anzuerkennen, wenn die Entscheidungen in den Fällen des Artikels 4 die Entscheidung nur auf einen der in Artikel 3 Absatz 2 angeführten Zuständigkeitsgründe gestützt werden könnten. Diese Bestimmung war in das Brüsseler Übereinkommen aufgenommen worden, um innerhalb der Gemeinschaft die Auswirkungen der Anerkennung von Entscheidungen zu mildern, die auf der Grundlage exorbitanter Zuständigkeitsregeln ergangen sind;221 sie wurde anschließend in das Lugano-Übereinkommen übernommen, zusammen mit einer Beschränkung in Bezug auf die Möglichkeit, Übereinkünfte dieser Art mit Staaten, die nicht dem Übereinkommen angehören, zu schließen; solche Übereinkünfte sind nach Absatz 2 in den Fällen ausgeschlossen, in denen das Gericht des Ursprungsstaats seine Zuständigkeit auf das Vorhandensein von Vermögenswerten des Beklagten in diesem Staat oder die Beschlagnahme von dort vorhandenem Vermögen durch den Kläger gestützt hat.222 184. Der Anwendungsbereich dieser Bestimmung wurde im neuen Übereinkommen noch weiter eingeschränkt. Während im Übereinkommen von 1988 noch die Anwend-
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221 Jenard-Bericht, Seite 61. 222 Diese Beschränkung wurde mit dem Beitrittsübereinkommen von 1978 in das Brüsseler Übereinkommen aufgenommen: Schlosser-Bericht, Nummern 249–250.
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barkeit bestehender und künftiger Übereinkünfte dieser Art anerkannt und die Staaten damit neue Übereinkünfte dieser Art schließen konnten, wird in Artikel 68 Absatz 1 des neuen Übereinkommens nur allgemein auf vor seinem Inkrafttreten geschlossene Übereinkünfte Bezug genommen; künftig dürfen derartige Übereinkünfte nur geschlossen werden, sofern sie nicht im Widerspruch zu Verpflichtungen aus anderen Übereinkünften, denen manche Vertragsparteien angehören, stehen. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Brüssel-I-Verordnung (Artikel 72) nicht die Möglichkeit zum Abschluss künftiger Übereinkünfte vorsieht; sie bezieht sich nur auf Übereinkünfte, die vor ihrem Inkrafttreten geschlossen wurden, und untersagt so implizit den Mitgliedstaaten, neue Übereinkünfte dieser Art zu schließen. Wie bereits zu Artikel 67 ausgeführt,223 trägt diese Bestimmung dem Umstand Rechnung, dass die Gemeinschaft – und nicht die Mitgliedstaaten – befugt ist, Übereinkünfte über die Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen zu schließen, die die Brüssel-I-Verordnung berühren könnten; dies wird vom Gerichtshof im Gutachten 1/03 bestätigt, wonach die Gemeinschaft eine ausschließliche Befugnis in Fragen besitzt, die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen.224 Daher dürfen nunmehr nur die durch das Übereinkommen gebundenen Staaten, die nicht der Europäischen Gemeinschaft angehören, nach Artikel 68 Übereinkünfte über Nichtanerkennungsverpflichtungen mit nicht durch das Übereinkommen gebundenen Staaten schließen. Der Umstand, dass Staaten auch künftig Nichtanerkennungsübereinkünfte mit nicht durch das Übereinkommen gebundenen Staaten schließen dürfen, hat die Ad-hoc-Arbeitsgruppe bewogen, den Vorschlag nicht aufzugreifen, wonach Artikel 68 Absatz 2 gestrichen und der Artikel so an die entsprechende Bestimmung der Brüssel-I-Verordnung (die selbstverständlich keinen solchen Absatz enthält, da dieser nur greift, wenn Staaten künftig derartige Übereinkünfte schließen dürfen) angeglichen werden sollte, und an der in Absatz 2 bereits vorgesehenen Beschränkung hinsichtlich der Handlungsfreiheit der Staaten festzuhalten.
KAPITEL VIII SCHLUSSVORSCHRIFTEN 1. Unterzeichnung, Ratifikation und Inkrafttreten (Artikel 69) 185. Das Übereinkommen liegt für die Europäische Gemeinschaft, Dänemark und die Staaten, die Mitglieder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) sind, zur Unterzeichnung auf. Wie bereits erwähnt (Nummer 8), wurde das Übereinkommen am 30. Oktober 2007 von der Europäischen Gemeinschaft, der Schweiz, Norwegen und Island und am 5. Dezember 2007 von Dänemark unterzeichnet. Das Übereinkommen bedarf der Ratifikation; wie beim Übereinkommen von 1988 fungiert der Schweizerische Bundesrat als Verwahrer des Übereinkommens, das im Schweizerischen Bundesarchiv hinterlegt wird (Artikel 79). Es tritt am ersten Tag des sechsten Monats in Kraft, der auf den Tag folgt, an dem die Europäische Gemeinschaft und ein EFTA-Mitglied ihre Ratifikationsurkunden hinterlegt haben. Dieser Zeitraum ist doppelt so lang wie der Zeitraum, der für das Inkrafttreten des Übereinkommens von 1988 vorgesehen war; bei der Festlegung des Zeitraums wurde der Zeitbedarf für die Anpassung des innerstaatlichen Rechts in den durch das Übereinkommen gebundenen Staaten berücksichtigt. Für später ratifizierende oder
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Siehe Nummer 180. Siehe Nummer 7.
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beitretende Staaten tritt das Übereinkommen jedoch am ersten Tag des dritten Monats in Kraft, der auf die Hinterlegung ihrer Ratifikations- oder Beitrittsurkunde folgt. Das neue Übereinkommen ersetzt ab dem Tag seines Inkrafttretens für die Vertragsparteien, für die es in Kraft tritt, das Übereinkommen von 1988. Eine Ausnahme gilt für Artikel 3 Absatz 3 des Protokolls 2: Er sieht vor, dass – wie später erläutert wird (siehe unten Nummer 201) – das mit Protokoll Nr. 2 zum Übereinkommen von 1988 errichtete System für den Austausch von Informationen über nationale Entscheidungen beibehalten wird, bis das neue System an seine Stelle tritt. Sobald dies erfolgt ist, wird das frühere Übereinkommen vollständig ersetzt: In Artikel 69 Absatz 6 ist bestimmt, dass jede Bezugnahme auf das Übereinkommen von 1988 in anderen Rechtsinstrumenten als Bezugnahme auf das neue Übereinkommen gilt. 186. Die außereuropäischen Gebiete der Mitgliedstaaten, für die das Brüsseler Übereinkommen galt, waren gemäß Artikel 299 EG-Vertrag vom territorialen Geltungsbereich der Brüssel-I-Verordnung ausgenommen worden (Artikel 68 der Brüssel-I-Verordnung); das neue Übereinkommen bot Gelegenheit, dieses Problem zu lösen. Nach Artikel 69 Absatz 7 ersetzt das neue Übereinkommen im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und den betreffenden Gebieten ab dem Tag seines Inkrafttretens für diese Gebiete gemäß Artikel 73 Absatz 2 das Brüsseler Übereinkommen (und das Protokoll von 1971 über dessen Auslegung). 2. Beitritt (Artikel 70 bis 73) 187. Mit dem Übereinkommen wurde das Verfahren für den Beitritt weiterer Staaten geändert und vereinfacht; zuvor waren die Übernahme einer „Patenschaft“ durch einen Vertragsstaat und eine aktive Rolle des Verwahrers bei der Sammlung der Informationen vorgesehen, die erforderlich sind, um feststellen zu können, ob der Staat, der dem Übereinkommen beitreten will, für einen Beitritt in Frage kommt.225 Diese Regelung wurde nicht als sehr effektiv empfunden, unter anderem deshalb, weil sie dazu führen konnte, dass der Beitritt eines Staates trotz Befürwortung durch den als „Pate“ fungierenden Vertragsstaat abgelehnt wurde, und weil sie einen Wettlauf um die Übernahme der „Patenschaft“ für einen beitrittswilligen Staat auslösen konnte. Es wurde ferner argumentiert, dass der Verwahrstaat eine neutrale Rolle einnehmen und das Beitrittsverfahren nicht auf einer von ihm auszusprechenden Einladung zum Beitritt beruhen sollte. Daher wurde ein anderes Verfahren festgelegt, wonach die Zustimmung zu dem Antrag auf Beitritt nach ordnungsgemäßer Prüfung des Justizsystems und des Prozessrechts des betreffenden Staates erteilt wird. Das Übereinkommen unterscheidet zwischen Staaten, die nach Auflage des Übereinkommens zur Unterzeichnung Mitglieder der Europäischen Freihandelsassoziation werden (Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe a), Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, im Namen bestimmter außereuropäischer Gebiete, die Teil ihres Hoheitsgebiets sind oder für deren Außenbeziehungen sie zuständig sind (Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe b)226 und anderen nicht dem Übereinkommen angehörenden Staaten, einschließlich außereuropäischer Staaten (Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe c). In jedem dieser Fälle beginnt das Beitrittsverfahren mit einem an den Verwahrer gerichteten Ersuchen – dem eine englische und französische Übersetzung beizufügen ist, damit der Verwahrer nicht die Überset-
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225 Artikel 62 des Abkommens von 1988; siehe Jenard/Möller-Bericht, Nummern 89–90. 226 Auf Ersuchen Dänemarks wurde bei den Verhandlungen präzisiert, dass die derzeitige Stellung der Färöer und Grönlands in Bezug auf das Übereinkommen von 1988 im Rahmen des neuen Übereinkommens beibehalten wird. Siehe Jenard/Möller-Bericht, Nummer 95.
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zungskosten tragen muss –, doch dann läuft das Verfahren unterschiedlich weiter: für die in Artikel 70 Absatz 1 Buchstaben a und b genannten Staaten richtet es sich nach Artikel 71, für die in Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe c genannten Staaten nach Artikel 72. Artikel 71 bestimmt, dass der Staat, der dem Übereinkommen beitreten will, lediglich die zur Anwendung des Übereinkommens erforderlichen Angaben nach Maßgabe der Anhänge I bis IV und des Anhangs VIII mitteilen muss und Erklärungen nach Maßgabe der Artikel I und III des Protokolls 1 abgeben kann. Diese Angaben sind dem Verwahrer und den anderen Vertragsparteien mitzuteilen. Anschließend kann der betreffende Staat seine Beitrittsurkunde hinterlegen. Artikel 72 sieht ein unterschiedliches Verfahren für antragstellende andere Staaten im Sinne des Artikels 70 Absatz 1 Buchstabe c vor. Außer den für die Anwendung des Übereinkommens erforderlichen Angaben und den Erklärungen nach Protokoll 1 müssen andere Staaten, die dem Übereinkommen beitreten wollen, dem Verwahrer Auskünfte über ihr Justizsystem, ihr innerstaatliches Zivilprozess- und Vollstreckungsrecht und ihr Internationales Zivilprozessrecht erteilen. Der Verwahrer übermittelt diese Angaben den anderen Vertragsparteien, die ihre Zustimmung zu dem Beitritt des betreffenden Staates erteilen müssen; die Zustimmung der Vertragsparteien muss spätestens innerhalb eines Jahres vorliegen. Sobald die Vertragsparteien ihre Zustimmung erteilt haben, obliegt es dem Verwahrer, den betreffenden Staat zum Beitritt durch Hinterlegung seiner Beitrittsurkunde einzuladen. Die Vertragsparteien können jedoch Einwände gegen den Beitritt erheben, bevor dieser wirksam wird (erster Tag des dritten Monats, der auf die Hinterlegung der Beitrittsurkunde folgt). In diesem Fall tritt das Übereinkommen nur im Verhältnis zu den Vertragsparteien in Kraft, die keine Einwände gegen den Beitritt erhoben haben. 188. Das beschriebene Verfahren gilt nicht nur für andere Staaten, sondern auch für Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration außer der Europäischen Gemeinschaft, da diese dem Übereinkommen bereits angehört und das Übereinkommen die erforderlichen Bestimmungen für ihre Teilnahme enthält. Auf der diplomatischen Konferenz vom Oktober 2006 wurde die Frage erörtert, ob in Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe c nicht nur auf „jeden anderen Staat“, sondern auch ausdrücklich auf Organisationen der genannten Art Bezug genommen werden sollte. Es wurde hervorgehoben, dass mit einer ausdrücklichen Bezugnahme der Beitritt dieser Organisationen ermöglicht würde, ohne dass das Übereinkommen geändert werden müsste; ferner könne tatsächlich mit einem Beitritt von Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration gerechnet werden, da im Rahmen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht bereits Verhandlungen mit solchen Organisationen geführt würden. Diese Vorteile verloren jedoch an Bedeutung angesichts dessen, dass das neue Übereinkommen sehr flexibel angelegt ist und so die für den Beitritt dieser Organisationen erforderlichen Änderungen unter Berücksichtigung der spezifischen Merkmale der jeweiligen Organisation leichter vorgenommen werden können. Schließlich wurde einvernehmlich festgestellt, dass weder derzeit noch in naher Zukunft die Aufnahme einer ausdrücklichen Bezugnahme auf Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration erforderlich ist, auch wenn feststeht, dass das Übereinkommen derartigen Organisationen tatsächlich zum Beitritt offen steht. 189. Im Zusammenhang mit dem Beitrittsverfahren nach den Artikeln 71 und 72 wurde ferner die Frage erörtert, ob in das Übereinkommen eine „Bundesstaatsklausel“ aufgenommen werden sollte, die den Beitritt von Staaten ermöglicht, in deren einzelnen Gebietseinheiten zwei oder mehr unterschiedliche Rechtsordnungen gelten; das Übereinkommen müsste dann nicht geändert werden, um den Erfordernissen dieser Staaten in Bezug auf die Durchführung ihrer Verpflichtungen aus dem Übereinkommen Rechnung tragen zu können. Einige föderativ verfasste Staaten verfügen über keine Zentral825
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gewalt, die das Übereinkommen im Namen der föderativen Einheiten annehmen könnte, so dass zu diesem Zweck einige Vorschriften angepasst werden müssten; durch Aufnahme einer Bundesstaatsklausel wäre dies ohne Änderung des Übereinkommens möglich. Andererseits bestanden aber auch Zweifel, ob eine solche Klausel erforderlich ist, da das Übereinkommen für den Beitritt ein spezifisches Verfahren vorsieht, das es ermöglicht, etwaige Vorbehalte, die durch föderative Strukturen bedingt sind, zu prüfen. Schließlich wurde der Gedanke einer Bundesstaatsklausel aufgegeben; das Übereinkommen enthält daher keine Bezugnahme auf Staaten, in deren Gebietseinheiten unterschiedliche Rechtsordnungen gelten. Die Möglichkeit, geeignete Verfahren für den Beitritt föderativ verfasster Staaten zu dem Übereinkommen zu vereinbaren, bleibt natürlich gewahrt. 3. Kündigung und Revision des Übereinkommens sowie Änderung der Anhänge (Artikel 74 bis 77) 190. Artikel 74 bestimmt, dass das Übereinkommen auf unbegrenzte Zeit geschlossen wird und jederzeit durch eine an den Verwahrer gerichtete Notifikation gekündigt werden kann, wobei die Kündigung am Ende des Kalenderjahres wirksam wird, das auf einen Zeitraum von sechs Monaten folgt, gerechnet vom Eingang ihrer Notifikation beim Verwahrer. 191. Artikel 76 bestimmt, dass jede Vertragspartei eine Revision des Übereinkommens beantragen kann. Das Revisionsverfahren sieht hierzu die Einberufung des Ständigen Ausschusses nach Artikel 4 des Protokolls 2 (siehe unten Nummer 202) vor, der aus Vertretern der Vertragsparteien besteht; der Ausschuss führt die für die Revision erforderlichen Konsultationen, an die sich erforderlichenfalls eine diplomatische Konferenz anschließt, auf der die Änderungen am Übereinkommen angenommen werden. Dieses Verfahren gilt für das Übereinkommen und die drei dazugehörigen Protokolle, die in Artikel 75 aufgeführt sind und dort zu Bestandteilen des Übereinkommens erklärt werden. Es sei darauf hingewiesen, dass in dem Übereinkommensentwurf, welcher der diplomatischen Konferenz von 2006 unterbreitet wurde, zwei weitere Protokolle aufgeführt waren, nämlich ein Protokoll 4 über gemeinschaftliche Titel für den gewerblichen Rechtsschutz, auf das bereits im Zusammenhang mit Artikel 22 Nummer 4 eingegangen wurde,227 und ein Protokoll 5 über das Verhältnis zwischen dem Lugano-Übereinkommen und dem Haager Gerichtsstandsübereinkommen von 2005.228 Im Entwurf des Protokolls 5 war die Anwendung der Bestimmungen des Artikels 26 Absätze 2 und 3 des Haager Übereinkommens durch die Gerichte der durch das Lugano-Übereinkommen gebundenen Staaten vorgesehen;229 in diesen Bestimmungen ist geregelt, in welchen Fällen das Haager Übereinkommen die Anwendung anderer Übereinkommen – und somit auch des Lugano-Übereinkommens – unberührt lässt. Nach dem Protokollentwurf hatte das Gericht eines durch das Lugano-Übereinkommen gebundenen Staates das vor ihm anhängige Verfahren nach Artikel 6 des Haager Übereinkommens auszusetzen, wenn der Beklagte die Zuständigkeit des Gerichts wegen des Bestehens einer Gerichtsstandsklausel zugunsten eines Gericht eines anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staates ange-
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227 Siehe Nummer 101. 228 Von der 20. Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht angenommenes Übereinkommen vom 30. Juni 2005 über Gerichtsstandsvereinbarungen. 229 Siehe den Erläuternden Bericht von T. Hartley und M. Dogaouchi zum Haager Übereinkommen, Nummern 271–282.
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fochten hat, und es hatte sich für unzuständig zu erklären, wenn das von den Streitparteien vereinbarte Gericht sich aufgrund von Artikel 5 des Haager Übereinkommens für zuständig erklärte. Letztlich entschied sich die diplomatische Konferenz, dieses Protokoll nicht aufzunehmen, weil das Haager Übereinkommen noch nicht in Kraft getreten war, weil die in dem Protokoll vorgeschlagene Regelung sich im Falle des Bestehens einer Gerichtsstandsklausel auf die Regelung der Rechtshängigkeit im Lugano-Übereinkommen auswirken könnte und weil die Anwendung der beiden internationalen Übereinkünfte in den meisten Fällen nicht zu Zuständigkeitskonflikten führen dürfte, so dass die Festlegung spezieller Koordinierungsvorschriften nicht unbedingt erforderlich war. 192. Andere Verfahren gelten in Bezug auf die neun Anhänge des Übereinkommens, auf die bereits mehrfach in diesem erläuternden Bericht Bezug genommen wurde. Das Revisionsverfahren ist vereinfacht worden, damit die Anhänge ohne Rückgriff auf das komplexe und förmliche ordentliche Revisionsverfahren geändert werden können; verschiedene Angaben zur Anwendung des Übereinkommens sowie die Formblätter für die Bescheinigungen, die in einigen Bestimmungen vorgesehen sind, finden sich nun in den Anhängen und nicht mehr im verfügenden Teil des Übereinkommens, wie dies noch im Übereinkommen von 1988 der Fall war. Artikel 77 sieht zwei unterschiedliche Verfahren für die Revision der Anhänge entsprechend deren Inhalt vor, die jeweils ein unterschiedliches Maß an Vereinfachung aufweisen. Das erste Verfahren gilt für die Anhänge mit den Angaben zur Anwendung des Übereinkommens, die von den durch das Übereinkommen gebundenen Staaten mitgeteilt werden müssen: die innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 und Artikel 4 Absatz 2 des Übereinkommens (Anhang I); die Gerichte oder zuständigen Behörden, bei denen Anträge nach Artikel 39 des Übereinkommens einzureichen sind (Anhang II); die Gerichte, bei denen die Rechtsbehelfe nach Artikel 43 Absatz 2 des Übereinkommens einzulegen sind (Anhang III); die Rechtsbehelfe, die nach Artikel 44 des Übereinkommens eingelegt werden können (Anhang IV); die Übereinkünfte, die gemäß Artikel 65 des Übereinkommens ersetzt werden (Anhang VII). Die Staaten müssen diese Angaben dem Verwahrer rechtzeitig vor dem Inkrafttreten – und bei Änderungen, Zusätzen oder Streichungen danach – mitteilen. Die Anhänge werden vom Verwahrer nach Anhörung des Ständigen Ausschusses gemäß Artikel 4 des Protokolls 2 dann entsprechend angepasst. Andere Regelungen gelten für die übrigen Anhänge betreffend das Formblatt für die Bescheinigung über Urteile und gerichtliche Vergleiche im Sinne der Artikel 54 und 58 des Übereinkommens (Anhang V), das Formblatt für die Bescheinigung über öffentliche Urkunden im Sinne des Artikels 57 Absatz 4 des Übereinkommens (Anhang VI), die Sprachen im Sinne des Artikels 79 des Übereinkommens (Anhang VIII) und die Anwendung des Artikels II des Protokolls 1 (Anhang IX). Die Anträge auf Änderungen werden dem Ständigen Ausschuss nach Artikel 4 des Protokolls 2 vorgelegt, der die Änderungen dann direkt annimmt, ohne dass es erforderlich, eine diplomatische Konferenz der Vertragsparteien abzuhalten. 4. Notifikationen des Verwahrers, Sprachen des Übereinkommens (Artikel 78 und 79) 193. Hierbei handelt es sich um Standardklauseln in Übereinkommen, die keiner besonderen Erläuterung bedürfen.
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KAPITEL IX PROTOKOLLE ZU DEM ÜBEREINKOMMEN 1. PROTOKOLL 1 ÜBER BESTIMMTE ZUSTÄNDIGKEITS-, VERFAHRENS- UND VOLLSTRECKUNGSFRAGEN 194. Dieses Protokoll ist gegenüber dem entsprechenden Protokoll Nr. 1 zum Übereinkommen von 1988 beträchtlich vereinfacht worden, zum Teil aufgrund der damit verbundenen Revision des Brüsseler Übereinkommens, die zur Brüssel-I-Verordnung führte, in der die unterschiedliche Behandlung gleichartiger Situationen auf ein Mindestmaß beschränkt wurde, um dem Erfordernis der Einheitlichkeit, das die Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft kennzeichnet, Rechnung zu tragen. So ist beispielsweise die Bestimmung entfallen, die eine Sonderbehandlung in Bezug auf Beklagte mit Wohnsitz in Luxemburg dahingehend vorsah, dass für diese Beklagten Artikel 5 Nummer 1 über vertragliche Verpflichtungen nicht galt und dass jede Gerichtsstandsvereinbarung für eine Person, die ihren Wohnsitz in Luxemburg hat, nur dann wirksam wurde, wenn diese sie ausdrücklich und besonders angenommen hatte (Artikel I des früheren Protokolls). Diese Sonderbehandlung wurde in der Brüssel-I-Verordnung (Artikel 63) zwar beibehalten, aber nur für einen Zeitraum von sechs Jahren ab deren Inkrafttreten, so dass sie jetzt keine Geltung mehr hat. In dem Protokoll wird nicht mehr auf Streitigkeiten zwischen dem Kapitän und einem Mitglied der Mannschaft eines in einem von mehreren Staaten eingetragenen Seeschiffes (Artikel V b des früheren Protokolls) Bezug genommen; die betreffende Bestimmung wurde in der Brüssel-I-Verordnung für einen Zeitraum von sechs Jahren – allerdings nur in Bezug auf Griechenland – beibehalten (Artikel 64 der Brüssel-I-Verordnung). Andere Bestimmungen wurden in geänderter Fassung oder unverändert in den verfügenden Teil des Übereinkommens übernommen. So wurde beispielsweise die in Artikel Vd des früheren Protokolls enthaltene Bestimmung über die Zuständigkeit des Europäischen Patentamts mit einigen Änderungen in Artikel 22 Nummer 4 des Übereinkommens aufgenommen (siehe oben Nummer 99). 195. Auf die im Protokoll verbliebenen Bestimmungen wurde bereits an anderer Stelle in diesem erläuternden Bericht eingegangen: So wurde insbesondere Artikel I über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Zusammenhang mit Artikel 26 erörtert; Artikel II über Gewährleistungs- oder Interventionsklagen war bereits Gegenstand von Erläuterungen im Zusammenhang mit Artikel 6 Nummer 2; Artikel III über Vorbehalte in Bezug auf Artikel 34 Absatz 2 oder in Bezug auf Staaten, die dem Übereinkommen beitreten, wurde bereits im Zusammenhang mit Artikel 34 bzw. Artikel 41 behandelt. Daher wird auf die Erläuterungen zu den genannten Artikeln verwiesen. Hinzuzufügen bleibt lediglich, dass in Artikel IV des Protokolls ausdrücklich bestimmt ist, dass die Erklärungen nach dem Protokoll jederzeit durch Notifikation an den Verwahrer zurückgenommen werden können. Die Rücknahme wird am ersten Tag des dritten Monats nach der Notifikation wirksam. Diese Bestimmung umschreibt nur ein den Vertragsparteien ohnehin zustehendes Recht; sie soll darauf aufmerksam machen, dass die betreffenden Erklärungen überprüft und zurückgenommen werden sollten, wenn sie nicht mehr unbedingt erforderlich sind, um so die Einheitlichkeit der Vorschriften des Übereinkommens zu stärken.
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2. PROTOKOLL 2 ÜBER DIE EINHEITLICHE AUSLEGUNG DES ÜBEREINKOMMENS UND DEN STÄNDIGEN AUSSCHUSS 1. Allgemeines 196. Wie beim Übereinkommen von 1988 betrifft das Protokoll 2 die einheitliche Auslegung des Übereinkommens sowie – worauf jetzt zusätzlich auch im Titel hingewiesen wird – den mit dem früheren Protokoll eingesetzten Ständigen Ausschuss. Allerdings sind die Bestimmungen über die Auslegung und die Rolle des Ständigen Ausschusses wesentlich geändert worden. Mit den Änderungen soll großenteils dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Europäische Gemeinschaft anstelle ihrer Mitgliedstaaten an dem Übereinkommen teilnimmt; daher erschien es zweckmäßig, dem Gerichtshof eine umfassendere Rolle zuzuweisen und einen möglichst flexiblen und rasch greifenden Mechanismus für die Revisionen des Übereinkommens einzurichten, mit denen das Übereinkommen an die Entwicklung des Gemeinschaftsrechts angepasst werden soll. Dieser Ansatz kommt schon in der Präambel klar zum Ausdruck; diese beschränkt sich nicht darauf, auf die sachliche Verknüpfung zwischen dem Übereinkommen und den in Artikel 64 genannten Rechtsinstrumenten und auf die daraus resultierende Zuständigkeit des Gerichtshofs für Entscheidungen über die Auslegung dieser Rechtsinstrumente hinzuweisen, sondern stellt auch fest, dass das Übereinkommen Teil des Gemeinschaftsrechts wird und der Gerichtshof deshalb für Entscheidungen über die Auslegung des Übereinkommens in Bezug auf dessen Anwendung durch die Gerichte der Mitgliedstaaten zuständig ist. Ferner findet sich in der Präambel die Erwägung, dass sich die gleichzeitige Revision des Lugano-Übereinkommens und des Brüsseler Übereinkommens, die zum Abschluss eines revidierten Texts dieser Übereinkommen geführt hat, sachlich auf die Entscheidungen des Gerichtshofs und der nationalen Gerichte stützte und dass der revidierte Text in die Brüssel-I-Verordnung Eingang gefunden hat, die auch die Grundlage für das neue Lugano-Übereinkommen bildete; abschließend ist in der Präambel festgehalten, dass voneinander abweichende Auslegungen vermieden werden sollen und eine möglichst einheitliche Auslegung der Bestimmungen der verschiedenen Rechtsinstrumente erreicht werden soll; dies stellt in der Tat eine notwendige Voraussetzung für die Schaffung eines gemeinsamen Rechtsraums der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der dem Lugano-Übereinkommen angehörenden Staaten dar. 2. Verpflichtung zur Beachtung der Rechtsprechung (Artikel 1 und 2) 197. Ausgehend von den Grundsätzen der Präambel ist in Artikel 1 des Protokolls bestimmt, dass die Gerichte nicht nur den Entscheidungen der Gerichte der anderen durch das Übereinkommen gebundenen Staaten – wie dies bereits in der entsprechenden Bestimmung des Protokolls Nr. 2 zum Übereinkommen von 1988 vorgesehen war –, sondern auch den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu den Bestimmungen des Übereinkommens, des früheren Übereinkommens von 1988 und der in Artikel 64 Absatz 1 genannten Rechtsinstrumente, insbesondere der Brüssel-I-Verordnung, gebührend Rechnung tragen müssen. Diese Verpflichtung ist dadurch begründet, dass die Bestimmungen des Übereinkommens und der Verordnung weitgehend identisch sind; die Verpflichtung gilt, soweit sich der Wortlaut einer Bestimmung in beiden Rechtsinstrumenten völlig deckt. In den Fällen, in denen die beiden Texte voneinander abweichen, müssen die Gerichte der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten nur die in Anwendung des Übereinkommens ergangenen Entscheidungen der nationalen Gerichte berücksichtigen. 829
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Was die Gerichte der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft anbelangt, so ist diese Verpflichtung ihren Verpflichtungen aus dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und aus dem Abkommen von 2005 zwischen der Gemeinschaft und Dänemark nachgeordnet. Obwohl das Übereinkommen ein eigenständiges und förmlich von der Brüssel-I-Verordnung getrenntes Rechtsinstrument ist, können die Gerichte der Mitgliedstaaten Bestimmungen des Übereinkommens dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung über ihre Auslegung nach Maßgabe des Artikels 234 und des Artikels 68 EG-Vertrag vorlegen, da diese Bestimmungen integraler Bestandteil des Gemeinschaftsrechts sind. Jedoch können sie auch Vorabentscheidungen über die Auslegung der Brüssel-I-Verordnung anfordern, die möglicherweise Bestimmungen betreffen, deren Wortlaut mit denen des Übereinkommens identisch ist; so wirkt sich auch in diesem Falle die Auslegung durch den Gerichtshof zwangsläufig auf die Klärung von Bedeutung und Tragweite der Bestimmungen des Übereinkommens aus. Wird der Gerichtshof um Auslegung einer Bestimmung ersucht, so ist diese Auslegung in dem konkreten Fall verbindlich; das heißt, das vorlegende Gericht ist verpflichtet, die Auslegung nicht nur zu berücksichtigen, sondern sie auch zur Entscheidung der Streitigkeit anzuwenden. Damit ist die Verpflichtung, der die Gerichte der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft nachkommen müssen, strenger als die Verpflichtung, die für die Gerichte der nicht der Gemeinschaft angehörenden Vertragsstaaten des Lugano-Übereinkommens gilt; diese sind an die weniger spezifische Verpflichtung gebunden, den Grundsätzen, die in maßgeblichen Entscheidungen des Gerichtshofs entwickelt worden sind, „gebührend Rechnung“ zu tragen. 198. Es sei daran erinnert, dass mit dem Protokoll bezweckt wird, voneinander abweichende Auslegungen zu vermeiden und zu einer möglichst einheitlichen Auslegung der Bestimmungen des Übereinkommens, der Brüssel-I-Verordnung und der anderen in Artikel 64 genannten Rechtsinstrumente zu gelangen. Wird der Gerichtshof um Auslegung einer Bestimmung im Wege der Vorabentscheidung ersucht, so muss er daher in der Lage sein, auch die Standpunkte der nicht der Gemeinschaft angehörenden Staaten zu berücksichtigen. Da die Gerichte der Staaten, die nicht der Gemeinschaft angehören, keine entsprechenden Ersuchen um Vorabentscheidung stellen können, haben diese Staaten nach Artikel 2 des Protokolls das Recht, Schriftsätze einzureichen oder schriftliche Erklärungen abzugeben, wenn ein Gericht eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft dem Gerichtshof eine Frage zur Vorabentscheidung vorlegt. Die Einreichung dieser Schriftsätze bzw. Erklärungen ist in Artikel 23 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs230 geregelt; diese können nicht nur in Bezug auf das Übereinkommen, sondern auch in Bezug auf die in Artikel 64 Absatz 1 genannten Rechtsinstrumente eingereicht werden, da deren Auslegung auch Auswirkungen auf die in der Regel gleichlautenden Bestimmungen des Übereinkommens hat. 3. Austausch von Informationen über nationale und gemeinschaftliche Entscheidungen (Artikel 3) 199. Wenn die Gerichte der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten den Entscheidungen des Gerichtshofs und der nationalen Gerichte pflichtgemäß Rechnung tragen sollen, bedarf es eines effektiven Systems für den Austausch von Informationen über die Entscheidungen, die in Anwendung des Übereinkommens, des früheren Übereinkommens von 1988, der Brüssel-I-Verordnung und der in Artikel 64 genannten ande-
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230 Protokoll (Nr. 6) zum Vertrag über die Europäische Union, zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft.
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ren Rechtsinstrumente ergangen sind. Das Erfordernis eines effektiven Mechanismus wird besonders deutlich im Falle von Entscheidungen der nationalen Gerichte, bedenkt man die Vielzahl der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten mit ihren unterschiedlichen Verfahrensregelungen und Sprachen, deren Kenntnis möglicherweise nicht bei allen nationalen Gerichten vorausgesetzt werden kann. Das mit Protokoll Nr. 2 zum Übereinkommen von 1988 geschaffene ein System für den Austausch von Informationen bestand im Wesentlichen darin, dass alle Vertragsstaaten die in Anwendung des Lugano-Übereinkommens und des Brüsseler Übereinkommens ergangenen Entscheidungen an eine Zentralstelle (den Kanzler des Gerichtshofs) übermittelten, die die diese Entscheidungen klassifizierte und die einschlägigen Dokumente dann den zuständigen nationalen Behörden der Vertragsstaaten und der Europäischen Kommission zuleitete. Ein aus Vertretern der Vertragsstaaten bestehender Ständiger Ausschuss (siehe unten) konnte zu einem Meinungsaustausch über die von der Zentralstelle den Vertragsstaaten übermittelte Rechtsprechung einberufen werden. Aufgrund dieser Bestimmungen wurde der Ständige Ausschuss einmal jährlich vom Schweizerischen Bundesrat als Verwahrer des Übereinkommens von 1988 einberufen. In den ersten Jahren erfolgte ein unmittelbarer Austausch von Informationen, aber ab der fünften Tagung, die am 18. September 1998 in Interlaken stattfand, beriet der Ausschuss auf der Grundlage eines von regelmäßig sich abwechselnden Vertretern erstellten Berichts über die im vorangegangenen Jahr ergangenen Entscheidungen; dieser Bericht wurde dann mit dem Ziel erörtert, abweichende Auslegungen durch die nationalen Gerichte herauszustellen und dabei jene Bestimmungen zu ermitteln, bei denen es auch in Zukunft zu abweichenden Auslegungen kommen könnte und hierfür im Vorfeld eine Lösung zu finden. 200. Dieses System für den Informationsaustausch wurde mit Artikel 3 des neuen Protokolls erheblich geändert. Der Europäischen Kommission wird die Aufgabe übertragen, ein neues System einzurichten, für das mehrere Kriterien vorgegeben wurden: Das System soll öffentlich zugänglich sein und Entscheidungen letztinstanzlicher Gerichte sowie Entscheidungen des Gerichtshofs und andere besonders wichtige, rechtskräftig gewordene Entscheidungen enthalten, die in Anwendung des neuen Übereinkommens, des Lugano-Übereinkommens von 1988 und der in Artikel 64 Absatz 1 des neuen Übereinkommens genannten Rechtsinstrumente, insbesondere der Brüssel-I-Verordnung, ergangen sind. Die Entscheidungen sind zu klassifizieren und mit einer Zusammenfassung zu versehen. Anders als im früheren Protokoll werden in Artikel 3 Übersetzungen nicht erwähnt, aber es ist klar, dass die klassifizierten Entscheidungen zumindest teilweise übersetzt werden müssen – wenn nicht in alle Sprachen der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten, so doch zumindest in einige dieser Sprachen, damit die Entscheidungen den ordentlichen Gerichten, die ihnen bei der Anwendung des Übereinkommens Rechnung tragen müssen, zugänglich gemacht werden. Die Verpflichtung, ein öffentlich zugängliches System einzurichten, ist sehr wichtig; sie bedeutet eine Abkehr von dem früheren System, bei dem die Informationen nur den Staaten und ihren Vertretern im Ständigen Ausschuss zu übermitteln waren, auch wenn der Kanzler des Gerichtshofs die Informationen gewöhnlich einem breiten Kreis von Angehörigen der Rechtsberufe (Anwälten, Richtern, Notaren, Hochschullehrern usw.) zur Verfügung stellte. Mit der neuen Regelung soll allen Interessierten ein besser strukturierter Zugang zu den Entscheidungen gewährt werden, so dass die zu dem Übereinkommen entwickelte Rechtsprechung leichter und umfassender genutzt werden kann. Die durch das Übereinkommen gebundenen Staaten sind weiterhin verpflichtet, die Entscheidungen der Kommission mitzuteilen. Der Kanzler des Gerichtshofs hat die Aufgabe, die für die Anwendung des Übereinkommens besonders interessanten Fälle aus831
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zuwählen und diese gemäß Artikel 5 des Protokolls (siehe weiter unten) den Sachverständigen zur Erörterung in einer Sitzung vorzulegen. 201. Bis zur Einrichtung des neuen Systems durch die Kommission gilt weiterhin das bisherige System, für das der Gerichtshof zuständig ist. Eine Regelung kann jedoch bereits jetzt angewendet werden, nämlich die Regelung, wonach die Informationen über Entscheidungen vom Kanzler zusammengetragen und den Staaten gemäß Artikel 5 des Protokolls im Rahmen einer Sitzung der Sachverständigen vorgelegt werden; die Informationen werden also nicht mehr durch den in Artikel 3 des früheren Protokolls genannten Ständigen Ausschuss aus Vertretern der Vertragsstaaten übermittelt, dem in Artikel 4 des neuen Protokolls nunmehr andere Aufgaben zugewiesen werden. 4. Ständiger Ausschuss der Vertreter der Vertragsparteien (Artikel 4) 202. Das Protokoll Nr. 2 zum Übereinkommen von 1988 sah die Einrichtung eines Ständigen Ausschusses aus Vertretern der Vertragsstaaten vor, an dessen Sitzungen die Europäischen Gemeinschaften (Kommission, Rat und Gerichtshof) und die EFTA als Beobachter teilnehmen konnten und dessen Aufgabe darin bestand, die Entwicklung der Rechtsprechung, die Gegenstand des oben beschriebenen Informationsaustauschsystems war, sowie das Verhältnis zwischen dem Übereinkommen und anderen Übereinkünften über besondere Rechtsgebiete zu prüfen und auf dieser Grundlage zu erwägen, ob das Übereinkommen in einzelnen Aspekten einer Revision unterzogen werden sollte, und entsprechende Empfehlungen abzugeben. In Artikel 4 des neuen Protokolls ist weiterhin die Einrichtung eines Ständigen Ausschusses vorgesehen, doch hat dieser einen kleineren Teilnehmerkreis als der frühere Ausschuss, da er auf die Vertragsparteien begrenzt ist und nunmehr die Gemeinschaft an die Stelle der Mitgliedstaaten tritt. Damit weist der neue Ausschuss nicht die optimale Zusammensetzung für den Austausch von Informationen über nationale Entscheidungen und für deren Erörterung auf, wie sie im Rahmen des Übereinkommens von 1988 stattfanden; dem Ausschuss wurden andere, gewichtigere Aufgaben im Zusammenhang mit der Wirkungsweise und der Revision des Übereinkommens übertragen. 203. Der Ausschuss ist nun mit Konsultations- und Revisionsaufgaben betraut. Ihm obliegt die Durchführung von Konsultationen in Bezug auf das Verhältnis zwischen dem Übereinkommen und anderen internationalen Rechtsinstrumenten, in Bezug auf die Anwendung des Artikels 67 einschließlich des beabsichtigten Beitritts zu Rechtsinstrumenten über ein besonderes Rechtsgebiet und Rechtsetzungsvorschläge gemäß Protokoll 3, in Bezug auf eine Revision des Übereinkommens gemäß Artikel 76 sowie in Bezug auf Änderungen der Anhänge I bis IV und des Anhangs VII gemäß Artikel 77 Absatz 1. Ferner hat der Ausschuss die Aufgabe, den Beitritt neuer Staaten zu prüfen; er kann an beitretende Staaten im Sinne von Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe c Fragen über ihr Justizsystem und die Umsetzung des Übereinkommens richten und Anpassungen des Übereinkommens in Betracht zu ziehen, die für dessen Anwendung in den beitretenden Staaten notwendig sind. Auf all diesen Gebieten ist es Aufgabe des Ausschusses, die Aspekte der Wirkungsweise des Übereinkommens zu erörtern und erforderlichenfalls Vorbereitungen für eine Konferenz zur Revision des Übereinkommens zu treffen. 204. Im Zusammenhang mit der Revision des Übereinkommens kommen dem Ausschuss Funktionen zu, die über die bloße Erörterung und Vorbereitung von Beschlüssen hinausgehen. Der Ausschuss entscheidet selbst über bestimmte Fragen, die eine Änderung des Übereinkommens und seiner Anhänge erfordern. Er muss über die Annahme neuer verbindlicher Sprachfassungen nach Artikel 73 Absatz 3 befinden und die erforderlichen Änderungen an Anhang VIII vornehmen. Er kann ferner gemäß Artikel 77 Absatz 2 Schütze
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Änderungen an den Anhängen V und VI vornehmen. Zu guter Letzt kann er einberufen werden, um die Rücknahme von Vorbehalten und Erklärungen der Vertragsparteien nach Protokoll 1 und die Auswirkungen dieser Rücknahmen zu erörtern und die notwendigen Änderungen des Anhangs IX vorzunehmen. Zur Wahrnehmung dieser wichtigen Aufgaben hätte nach dem Übereinkommen von 1988 eine diplomatische Konferenz der Vertragsparteien zur Änderung des Übereinkommens einberufen werden müssen; diese Aufgaben können aber nun im Rahmen eines vereinfachten Revisionsverfahrens erledigt werden, das noch weiter dadurch erleichtert wird, dass eine erhebliche Anzahl von Angaben aus dem verfügenden Teil des Übereinkommens in die Anhänge übernommen worden sind. Das Verfahren wurde auch dadurch weiter vereinfacht, dass der Ausschuss seine Arbeitsweise und sein Beschlussfassungsverfahren in einer Geschäftsordnung selbst regeln darf, in der auch die Möglichkeit vorzusehen ist, dass Konsultation und Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren erfolgen, ohne dass eine Tagung der Vertragsparteien einberufen werden muss. Ungeachtet dieser Bestimmung der Geschäftsordnung muss jede Vertragspartei nach wie vor die Einberufung einer Sitzung des Ausschusses verlangen können. 5. Sitzungen der Sachverständigen (Artikel 5) 205. Zur Erörterung der zu dem Übereinkommen entwickelten Rechtsprechung bedarf es eines Forums, an dem alle durch das Übereinkommen gebundenen Staaten teilnehmen, eine Funktion, die zuvor der Ständige Ausschuss erfüllte; nunmehr ist eine andere Form der Konsultation dergestalt vorgesehen, dass immer dann, wenn dies notwendig oder zweckdienlich erscheint, eine Sitzung der Sachverständigen einberufen wird. Der Verwahrer kann im Bedarfsfall auch ohne ein an ihn gerichtetes förmliches Ersuchen eine Sitzung der Sachverständigen einberufen, wie dies bereits in Bezug auf die Einberufung des mit dem Übereinkommen von 1988 eingesetzten Ausschusses der Fall war. Zweck einer Sitzung der Sachverständigen ist es, einen Meinungsaustausch über die Wirkungsweise des Übereinkommens zu führen, insbesondere über die Entwicklung der Rechtsprechung und neue Rechtsvorschriften (für gewöhnlich Rechtsvorschriften der Gemeinschaft), die die Anwendung des Übereinkommens beeinflussen können. Ein derartiger Meinungsaustausch ist offensichtlich sinnvoll im Hinblick auf das Ziel, zu einer parallelen und einheitlichen Auslegung des Übereinkommens und der Brüssel-I-Verordnung zu gelangen. Der Teilnehmerkreis der Sitzungen ist umfassender als im Falle des Ständigen Ausschusses, doch finden die Sitzungen im Wesentlichen in der gleichen Zusammensetzung statt wie im Falle des mit dem früheren Protokoll Nr. 2 eingesetzten Ausschusses, da auch sie dem Meinungsaustausch über die nationale Rechtsprechung dienen. Teilnehmer an diesen Sitzungen sind daher Sachverständige der Vertragsparteien, der durch das Übereinkommen gebundenen Staaten, des Gerichtshofs und der EFTA. Die Sitzungen können in einer noch breiter angelegten Zusammensetzung stattfinden, wobei weitere Sachverständige, deren Anwesenheit zweckdienlich erscheint, teilnehmen können. Der Aufgabenbereich für die Sitzungen der Sachverständigen ist zwar stärker eingeschränkt, doch wird eine Verbindung zum Ständigen Ausschuss hergestellt. Wenn sich im Laufe der Sitzungen Fragen bezüglich der Wirkungsweise des Übereinkommens ergeben, die nach Auffassung der Sitzungsteilnehmer weitere Konsultationen zwischen den Vertragsparteien oder eine eingehendere Prüfung im Hinblick auf die Revision des Übereinkommens erforderlich machen, so können diese Fragen dem Ständigen Ausschuss zur weiteren Behandlung vorgelegt werden. 833
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3. PROTOKOLL 3 ÜBER DIE ANWENDUNG VON ARTIKEL 67 DES ÜBEREINKOMMENS 206. Das Protokoll 3 über die Anwendung von Artikel 67 des Übereinkommens entspricht im Wesentlichen dem früheren Protokoll Nr. 3 zum Übereinkommen von 1988, das die Anwendung des Artikels 57 jenes Übereinkommens zum Gegenstand hatte. In dem Protokoll ist bestimmt, dass die Bestimmungen, die für besondere Rechtsgebiete die gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung oder die Vollstreckung von Entscheidungen regeln und in Rechtsakten der Organe der Europäischen Gemeinschaften enthalten sind, ebenso behandelt werden wie die in Artikel 67 Absatz 1 bezeichneten Übereinkünfte. Die Gründe für diese Gleichstellung sind im Bericht zu dem Übereinkommen von 1988, auf den hiermit verwiesen sei, umfassend dargelegt (Jenard/Möller-Bericht, Nummern 120–125). In dem Bericht wird allerdings hervorgehoben, dass dies nur die Rechtsakte der Gemeinschaft betrifft, nicht aber die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die in Durchführung dieser Rechtsakte, wie etwa Richtlinien, harmonisiert worden sind, denn „die Gleichstellung der gemeinschaftlichen Rechtsakte mit den für besondere Rechtsgebiete geschlossenen Übereinkommen kann nämlich nur für einem solchen Übereinkommen gleichwertige Rechtsakte gelten und sich daher nicht auf nationale Rechtsvorschriften erstrecken“ (Nummer 125). In das neue Protokoll wurde eine Bestimmung (Nummer 3) aufgenommen, die Folgendes vorsieht: Werden einige oder alle Bestimmungen, die in Rechtsakten der Organe der Europäischen Gemeinschaften enthalten sind, von einer Vertragspartei oder mehreren Vertragsparteien gemeinsam in innerstaatliches Recht umgesetzt, so werden diese Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts in gleicher Weise behandelt wie Übereinkünfte für besondere Rechtsgebiete. Mit dieser Bestimmung soll die Anpassung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften der nicht der Gemeinschaft angehörenden Staaten an die von der Gemeinschaft erlassenen Rechtsvorschriften erleichtert und diesen Staaten die erforderliche Flexibilität bei der Vornahme der erforderlichen Anpassungen eingeräumt werden, insbesondere dann, wenn es sich bei den betreffenden gemeinschaftlichen Rechtsakten um Richtlinien handelt. 207. In Nummer 2 des Protokolls ist der entsprechende Artikel des früheren Protokolls wiedergegeben; darin ist bestimmt, dass, wenn nach Auffassung einer Vertragspartei eine Bestimmung eines vorgeschlagenen Rechtsakts der Gemeinschaft nicht mit dem Übereinkommen vereinbar ist, die Vertragsparteien unbeschadet der Anwendung des in Protokoll 2 vorgesehenen Verfahrens unverzüglich eine Änderung nach Artikel 76 ins Auge fassen müssen. Das frühere Protokoll galt nur für einen mit dem Übereinkommen nicht zu vereinbarenden gemeinschaftlichen Rechtsakt, während die neue Nummer 2 sich auch auf mit dem Übereinkommen nicht zu vereinbarende Vorschläge für gemeinschaftliche Rechtsakte erstreckt; so kann das Übereinkommen zeitgleich mit der endgültigen Annahme des gemeinschaftlichen Rechtsakts geändert werden.
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a. bb. Moselschiffahrtsabkommen
3. a. bb. Moselschiffahrtsabkommen vom 27.10.1956 (BGBl. II 1956, S. 1838) (Art. 34) Schütze
Vorbemerkung: Das Moselschiffahrtsabkommen regelt die internationale Zuständigkeit und die Wirkungserstreckung von Urteilen der Moselschiffahrtsgerichte. Diese sind zuständig zur Entscheidung über Streitigkeiten wegen der Zahlung und Höhe von Schiffahrtsabgaben, Kran-, Hafen- und Kaigebühren, sowie wegen der Beschädigungen, welche Schiffer während der Fahrt oder beim Anlanden verursachen. Durch Verweisung auf Art. 40 rev. Rheinschiffahrtsakte ist für Anerkennung und Vollstreckung dieselbe Regelung wie für Entscheidungen ausländischer Rheinschiffahrtsgerichte anwendbar. Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
Geltungsbereich: Deutschland, Frankreich, Luxemburg a. bb. Moselschiffahrtsabkommen Schrifttum: Schütze Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile in der Bundesrepublik Deutschland als verfahrensrechtliches Problem, Diss. Bonn 1960, S. 88 f.; Wolff Vollstreckbarerklärung, in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. III/2, 1984, S. 515 ff.
Text Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik und dem Großherzogtum Luxemburg über die Schiffbarmachung der Mosel vom 27.10.1956 BGBl. II 1956, S. 1838 (Auszug)
Artikel 34 (1) In geeigneten Orten an oder in der Nähe der Mosel und, insoweit jede Regierung es für notwendig hält, werden Gerichte eingesetzt, die in den in Artikel 35 genannten Angelegenheiten entscheiden. (2) Die drei Regierungen der Vertragsstaaten unterrichten sich gegenseitig über die Einrichtung von Moselschiffahrtsgerichten auf ihrem Gebiet und über Änderungen in der Zahl, dem Amtssitz und der Zuständigkeit dieser Gerichte. (3) Das Verfahren vor diesen Gerichten ist das gleiche wie vor den Rheinschiffahrtsgerichten gemäß Artikel 32 bis 40 der Revidierten Rheinschiffahrtsakte. (4) Gegen Entscheidungen der Moselschiffahrtsgerichte kann anstelle des Obergerichts des Landes, in dem die Entscheidung ergangen ist, auch der Berufungsausschuß der Moselkommission angerufen werden. Der Berufungsausschuß besteht aus 3 Mitgliedern. Jede der Regierungen der Vertragsstaaten ernennt jeweils auf die Dauer von 4 Jahren je einen Richter oder einen Professor der Rechtswissenschaften ihres Landes als Mitglied und als dessen Stellvertreter. Diese üben ihr Amt in voller Unabhängigkeit aus und sind an keine Weisungen gebunden. Sie können während ihrer Amtsdauer gegen ihren Willen nicht abberufen werden. Sie dürfen an der Entscheidung einer Angelegenheit nicht mitwirken, mit welcher sie in anderem Zusammenhang bereits befaßt waren oder an der sie unmittelbar interessiert sind. Der Berufungsausschuß hat seinen Sitz am Sitz der Moselkommission. Er regelt sein gerichtliches Verfahren durch eine Verfahrensordnung, die der Zustimmung der Regierungen der Vertragsstaaten bedarf. 835
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3. a. cc. Übereinkommen über den Internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 (BGBl. II 1985, S. 130, 666) (Auszug – Artt. 12–16, 18 §§ 1–4) a. cc. Übereinkommen über den Internationalen Eisenbahnverkehr und Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 3. Juni 1999 (verkündet am 2. September 2002 als Anlage zu dem Gesetz vom 24. August 2002, BGBl. II 2002, S. 2140) (Auszug – Artt. 11–12, 28–32) Vorbemerkung: Das COTIF hat CIM und CIV ersetzt (Art. 24). Es enthält eine umfassende Regelung der Schiedsgerichtsbarkeit auf dem Gebiet des Eisenbahnrechts und der international zivilprozessual bedeutsamen Fragen der Rechtsverfolgung vor den ordentlichen Gerichten. Geltungsbereich: Albanien, Algerien, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Dänemark Finnland, Frankreich, Griechenland, Irak, Iran, Irland, Italien, Jugoslawien (ehemaliges), Kroatien, Lettland, Libanon, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Marokko, Mazedonien (ehemalige jugoslawische Republik), Monaco, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Serbien und Montenegro, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Tschechoslowakei (ehemalige), Tunesien, Türkei, Ungarn, Vereinigtes Königreich Schrifttum: Finger Die neuen internationalen Eisenbahnverkehrsübereinkommen (CIM und CIV), NJW 1956, 693 ff.; von Nánássy Das internationale‚ Eisenbahnverkerkehrsfrachtrecht, 1956; Schütze Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile in der Bundesrepublik Deutschland als verfahrensrechtliches Problem, Diss. Bonn 1960; Wesemann Das neue internationale Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr (CIM), BB 1956, 161 ff.; Wesemann Das neue Internationale Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr (CIM), AWD 1965, 14 ff.; Wesemann Das neue internationale Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr (CIM), AWD 1974, 530 ff.; Wich Das internationale Eisenbahnfrachtrecht nach der CIM gültig ab 1. Jänner 1975, 1975.
3. a. cc. α. Übereinkommen über den Internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 (BGBl. II 1985, S. 130, 666) (Auszug – Artt. 12–16, 18 §§ 1–4)
TITEL III Schiedsgerichtsbarkeit Artikel 12 Zuständigkeit § 1 Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten über Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens sowie Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten und der Organisation über Auslegung oder Anwendung des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten können auf Ersuchen einer der Parteien einem Schiedsgericht unterbreitet werden. Die Schütze
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Parteien bestimmen die Zusammensetzung des Schiedsgerichtes und das schiedsgerichtliche Verfahren nach freiem Ermessen. § 2 Streitigkeiten a) zwischen Beförderungsunternehmen, b) zwischen Beförderungsunternehmen und Benutzern, c) zwischen Benutzern bei der Anwendung der Einheitlichen Rechtsvorschriften CIV und der Einheitlichen Rechtsvorschriften CIM können, wenn sie nicht gütlich beigelegt oder der Entscheidung der ordentlichen Gerichte unterbreitet worden sind, im Einverständnis der beteiligten Parteien einem Schiedsgericht unterbreitet werden. Für die Zusammensetzung des Schiedsgerichtes und das schiedsgerichtliche Verfahren gelten die Artikel 13 bis 16. § 3 Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung des Übereinkommens oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde sich das Recht vorbehalten, die Bestimmungen des § 1 und des § 2 ganz oder teilweise nicht anzuwenden. § 4 Jeder Staat, der einen Vorbehalt gemäß § 3 angebracht hat, kann jederzeit durch Mitteilung an die Depositarregierung darauf verzichten. Der Verzicht auf den Vorbehalt wird einen Monat nach dem Tag wirksam, an dem die Depositarregierung den Staaten davon Kenntnis gegeben hat. Artikel 13 Schiedsvertrag. Gerichtskanzlei Die Parteien schließen einen Schiedsvertrag, der insbesondere bestimmt: a) den Streitgegenstand; b) die Zusammensetzung des Gerichtes und die für die Ernennung des oder der Schiedsrichter vereinbarten Fristen; c) den als Sitz des Gerichtes vereinbarten Ort. Der Schiedsvertrag muß dem Zentralamt mitgeteilt werden, das die Aufgaben einer Gerichtskanzlei wahrnimmt. Artikel 14 Schiedsrichter § 1 Das Zentralamt stellt eine Liste der Schiedsrichter auf und hält sie auf dem laufenden. Jeder Mitgliedstaat kann zwei seiner Staatsangehörigen, die Sachverständige des internationalen Beförderungsrechtes sind, in die Liste der Schiedsrichter eintragen lassen. § 2 Das Schiedsgericht besteht gemäß dem Schiedsvertrag aus einem, drei oder fünf Schiedsrichtern. Die Schiedsrichter werden unter den Personen gewählt, die in der in § 1 erwähnten Liste eingetragen sind. Sieht der Schiedsvertrag jedoch fünf Schiedsrichter vor, so kann jede Partei einen nicht in der Liste eingetragenen Schiedsrichter wählen. Sieht der Schiedsvertrag einen Einzelschiedsrichter vor, so wird er im gegenseitigen Einverständnis der Parteien gewählt. 837
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Sieht der Schiedsvertrag drei oder fünf Schiedsrichter vor, so wählt jede Partei jeweils einen oder zwei Schiedsrichter; diese bezeichnen im gegenseitigen Einverständnis den dritten oder den fünften Schiedsrichter, der den Vorsitz des Schiedsgerichtes führt. Sind die Parteien über die Bezeichnung des Einzelschiedsrichters oder die gewählten Schiedsrichter über die Bezeichnung des dritten oder des fünften Schiedsrichters nicht einig, so wird dieser durch den Generaldirektor des Zentralamtes bezeichnet. § 3 Sofern die Parteien nicht dieselbe Staatsangehörigkeit haben, muß der Einzelschiedsrichter, der dritte oder der fünfte Schiedsrichter eine andere Staatsangehörigkeit haben als die Parteien. Die Beteiligung einer Drittpartei am Streitfall hat keinen Einfluß auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichtes. Artikel 15 Verfahren. Kosten § 1 Das Schiedsgericht bestimmt das Verfahren unter Berücksichtigung insbesondere der folgenden Bestimmungen: a) es untersucht und beurteilt die Streitsache auf Grund des Vorbringens der Parteien, ohne daß es bei seiner Entscheidung über Rechtsfragen an die Auslegung durch die Parteien gebunden ist; b) es kann nicht mehr oder nichts anderes zusprechen, als der Kläger verlangt, und nicht weniger, als der Beklagte als geschuldet anerkannt hat; c) der Schiedsspruch wird mit entsprechender Begründung vom Schiedsgericht abgefaßt und den Parteien durch das Zentralamt zugestellt; d) vorbehaltlich einer gegenteiligen Bestimmung zwingenden Rechtes an dem Ort, an dem das Schiedsgericht seinen Sitz hat, und vorbehaltlich gegenteiliger Vereinbarung der Parteien ist der Schiedsspruch endgültig. § 2 Die Honorare der Schiedsrichter werden vom Generaldirektor des Zentralamtes festgelegt. Der Schiedsspruch setzt die Kosten und Auslagen fest und bestimmt, in welchem Verhältnis sie und die Honorare der Schiedsrichter unter die Parteien aufzuteilen sind. Artikel 16 Verjährung. Vollstreckbarkeit § 1 Die Einleitung des schiedsgerichtlichen Verfahrens hat für die Unterbrechung der Verjährung dieselbe Wirkung, wie sie nach dem anzuwendenden materiellen Recht für die Klageerhebung beim ordentlichen Gericht vorgesehen ist. § 2 Der Schiedsspruch des Schiedsgerichtes wird gegenüber Beförderungsunternehmen und Benutzern in jedem Mitgliedstaat vollstreckbar, sobald die in dem Staat, in dem die Vollstreckung erfolgen soll, vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfüllt sind. Eine sachliche Nachprüfung des Inhaltes ist nicht zulässig.
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a. cc. Übereinkommen über den Internationalen Eisenbahnverkehr
TITEL IV Verschiedene Bestimmungen Artikel 17 (hier nicht abgedruckt) Artikel 18 Urteile. Arrest und Pfändung. Sicherheitsleistung § 1 Urteile, auch Versäumnisurteile, die auf Grund des Übereinkommens vom zuständigen Gericht gefällt worden und nach den für das urteilende Gericht maßgebenden Gesetzen vollstreckbar geworden sind, werden in jedem der anderen Mitgliedstaaten vollstreckbar, sobald die in dem Staat, in dem die Vollstreckung erfolgen soll, vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfüllt sind. Eine sachliche Nachprüfung des Inhaltes ist nicht zulässig. Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf nur vorläufig vollstreckbare Urteile und auf Urteile, die dem Kläger wegen seines Unterliegens im Rechtsstreit außer den Kosten eine Entschädigung auferlegen. Absatz 1 gilt auch für gerichtliche Vergleiche. § 2 Stehen einem Beförderungsunternehmen aus einer Beförderung, auf welche die Einheitlichen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, Forderungen gegen ein anderes Beförderungsunternehmen zu, das nicht demselben Mitgliedstaat angehört, so können diese Forderungen nur auf Grund einer Entscheidung der Gerichte des Mitgliedstaates mit Arrest belegt oder gepfändet werden, dem das Unternehmen angehört, das Gläubiger der zu pfändenden Forderung ist. § 3 Das rollende Material der Eisenbahn sowie die der Beförderung dienenden bahneigenen Gegenstände aller Art, wie Container, Ladegeräte und Decken, können in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, dem die Eigentumsbahn angehört, nur auf Grund einer Entscheidung der Gerichte dieses Staates mit Arrest belegt oder gepfändet werden. Privatwagen sowie die darin befindlichen, der Beförderung dienenden und dem Wageneigentümer gehörenden Gegenstände aller Art können in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, in dem der Wageneigentümer seinen Sitz hat, nur auf Grund einer Entscheidung der Gerichte dieses Staates mit Arrest belegt oder gepfändet werden. § 4 Bei Klagen auf Grund des Übereinkommens kann eine Sicherheitsleistung für die Kosten des Rechtsstreites nicht gefordert werden.
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
3. a. cc. β. Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980 in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 3. Juni 1999 (verkündet am 2. September 2002 als Anlage zu dem Gesetz vom 24. August 2002, BGBl. II 2002, S. 2140) (Auszug – Artt. 11–12, 28–32) Artikel 11 Prozeßkaution Bei Klagen auf Grund der Einheitlichen Rechtsvorschriften CIV, der Einheitlichen Rechtsvorschriften CIM, der Einheitlichen Rechtsvorschriften CUV oder der Einheitlichen Rechtsvorschriften CUI kann eine Sicherheitsleistung für die Kosten des Rechtsstreites nicht gefordert werden. Artikel 12 Vollstreckung von Urteilen. Arrest und Pfändung § 1 Urteile, auch Versäumnisurteile, die auf Grund des Übereinkommens vom zuständigen Gericht gefällt worden und nach den für das urteilende Gericht maßgebenden Gesetzen vollstreckbar geworden sind, werden in jedem der anderen Mitgliedstaaten vollstreckbar, sobald die in dem Staat, in dem die Vollstreckung erfolgen soll, vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfüllt sind. Eine sachliche Nachprüfung des Inhaltes ist nicht zulässig. Diese Bestimmungen gelten auch für gerichtliche Vergleiche. § 2 § 1 findet keine Anwendung auf nur vorläufig vollstreckbare Urteile und auf Urteile, die dem Kläger wegen seines Unterliegens im Rechtsstreit außer den Kosten eine Entschädigung auferlegen. § 3 Stehen einem Beförderungsunternehmen aus einer Beförderung, auf welche die Einheitlichen Rechtsvorschriften CIV oder die Einheitlichen Rechtsvorschriften CIM anzuwenden sind, Forderungen gegen ein anderes Beförderungsunternehmen zu, das nicht demselben Mitgliedstaat angehört, so können diese Forderungen nur auf Grund einer Entscheidung der Gerichte des Mitgliedstaates mit Arrest belegt oder gepfändet werden, dem das Unternehmen angehört, das Gläubiger der zu pfändenden Forderung ist. § 4 Forderungen auf Grund von Verträgen, auf welche die Einheitlichen Rechtsvorschriften CUV oder die Einheitlichen Rechtsvorschriften CUI anzuwenden sind, können nur auf Grund der Entscheidung der Gerichte des Mitgliedstaates mit Arrest belegt oder gepfändet werden, dem das Unternehmen angehört, das Gläubiger der zu pfändenden Forderung ist. § 5 Eisenbahnfahrzeuge können in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, in dem der Halter seinen Sitz hat, nur auf Grund einer Entscheidung der Gerichte dieses Staates mit Arrest belegt oder gepfändet werden. Der Ausdruck „Halter“ bezeichnet denjenigen, der als Eigentümer oder sonst Verfügungsberechtigter das Eisenbahnfahrzeug dauerhaft als Beförderungsmittel wirtschaftlich nutzt.
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a. cc. Übereinkommen über den Internationalen Eisenbahnverkehr
TITEL V Schiedsgerichtsbarkeit Artikel 28 Zuständigkeit § 1 Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten über Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens sowie Streitigkeiten zwischen Mitgliedstaaten und der Organisation über Auslegung oder Anwendung des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten können auf Ersuchen einer der Parteien einem Schiedsgericht unterbreitet werden. Die Parteien bestimmen die Zusammensetzung des Schiedsgerichtes und das schiedsgerichtliche Verfahren nach freiem Ermessen. § 2 Andere Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens oder anderer gemäß Artikel 2 § 2 im Rahmen der Organisation ausgearbeiteter Übereinkommen können, wenn sie nicht gütlich beigelegt oder der Entscheidung der ordentlichen Gerichte unterbreitet worden sind, im Einverständnis der beteiligten Parteien einem Schiedsgericht unterbreitet werden. Für die Zusammensetzung des Schiedsgerichtes und das schiedsgerichtliche Verfahren gelten die Artikel 29 bis 32. § 3 Jeder Staat, der einen Antrag auf Beitritt zum Übereinkommen stellt, kann sich dabei das Recht vorbehalten, die §§ 1 und 2 ganz oder teilweise nicht anzuwenden. § 4 Der Staat, der einen Vorbehalt gemäß § 3 eingelegt hat, kann jederzeit durch Mitteilung an den Depositar darauf verzichten. Der Verzicht wird einen Monat nach dem Tag wirksam, an dem der Depositar den Mitgliedstaaten davon Kenntnis gegeben hat. Artikel 29 Schiedsvertrag. Gerichtskanzlei Die Parteien schließen einen Schiedsvertrag, der insbesondere a) den Streitgegenstand, b) die Zusammensetzung des Gerichtes und die für die Ernennung des oder der Schiedsrichter vereinbarten Fristen und c) den als Sitz des Gerichtes vereinbarten Ort bestimmt. Der Schiedsvertrag muß dem Generalsekretär mitgeteilt werden, der die Aufgaben einer Gerichtskanzlei wahrnimmt. Artikel 30 Schiedsrichter § 1 Der Generalsekretär stellt eine Liste der Schiedsrichter auf und hält sie auf dem laufenden. Jeder Mitgliedstaat kann zwei seiner Staatsangehörigen in die Liste der Schiedsrichter eintragen lassen. § 2 Das Schiedsgericht besteht gemäß dem Schiedsvertrag aus einem, drei oder fünf Schiedsrichtern. Die Schiedsrichter werden unter den Personen gewählt, die in der in § 1 erwähnten Liste eingetragen sind. Sieht der Schiedsvertrag jedoch fünf Schiedsrichter vor, so kann jede Partei einen nicht in der Liste eingetragenen Schiedsrichter wählen. Sieht der Schiedsvertrag einen Einzelschiedsrichter vor, so wird er im gegenseitigen Einverständnis der Parteien gewählt. Sieht der Schiedsvertrag drei oder fünf Schiedsrichter 841
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
vor, so wählt jede Partei jeweils einen oder zwei Schiedsrichter; diese bezeichnen im gegenseitigen Einverständnis den dritten oder den fünften Schiedsrichter, der den Vorsitz des Schiedsgerichtes führt. Sind die Parteien über die Bezeichnung des Einzelschiedsrichters oder die gewählten Schiedsrichter über die Bezeichnung des dritten oder des fünften Schiedsrichters nicht einig, so wird dieser durch den Generalsekretär bezeichnet. § 3 Sofern die Parteien nicht dieselbe Staatsangehörigkeit haben, muß der Einzelschiedsrichter, der dritte oder der fünfte Schiedsrichter eine andere Staatsangehörigkeit haben als die Parteien. § 4 Die Beteiligung einer Drittpartei am Streitfall hat keinen Einfluß auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichtes. Artikel 31 Verfahren. Kosten § 1 Das Schiedsgericht bestimmt das Verfahren unter Berücksichtigung insbesondere der folgenden Bestimmungen: a) es untersucht und beurteilt die Streitsache auf Grund des Vorbringens der Parteien, ohne daß es bei seiner Entscheidung über Rechtsfragen an die Auslegung durch die Parteien gebunden ist; b) es kann nicht mehr oder nichts anderes zusprechen, als der Kläger verlangt, und nicht weniger, als der Beklagte als geschuldet anerkannt hat; c) der Schiedsspruch wird mit entsprechender Begründung vom Schiedsgericht abgefaßt und den Parteien durch den Generalsekretär zugestellt; d) vorbehaltlich einer gegenteiligen Bestimmung zwingenden Rechtes an dem Ort, an dem das Schiedsgericht seinen Sitz hat, und vorbehaltlich gegenteiliger Vereinbarung der Parteien ist der Schiedsspruch endgültig. § 2 Die Honorare der Schiedsrichter werden vom Generalsekretär festgelegt. § 3 Der Schiedsspruch setzt die Kosten und Auslagen fest und bestimmt, in welchem Verhältnis sie und die Honorare der Schiedsrichter unter die Parteien aufzuteilen sind. Artikel 32 Verjährung. Vollstreckbarkeit § 1 Die Einleitung des schiedsgerichtlichen Verfahrens hat für die Unterbrechung der Verjährung dieselbe Wirkung, wie sie nach dem anzuwendenden materiellen Recht für die Klageerhebung beim ordentlichen Gericht vorgesehen ist. § 2 Der Schiedsspruch des Schiedsgerichtes wird in jedem Mitgliedstaat vollstreckbar, sobald die in dem Staat, in dem die Vollstreckung erfolgen soll, vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfüllt sind. Eine sachliche Nachprüfung des Inhaltes ist nicht zulässig.
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a. dd. Übereinkommen über den Beförderungsvertrag
3. a. dd. Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) vom 19.5.1956 (BGBl. II 1961, S. 1119) (Auszug – Art. 31) a. dd. Übereinkommen über den Beförderungsvertrag Vorbemerkung: Für Entscheidungen, die über Ansprüche, die sich aus dem CMR ergeben (beispielsweise Haftung des Absenders oder Frachtsführers wegen Verlust oder Beschädigung von Frachtgut) sieht das Übereinkommen eine besondere Regelung der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung vor, der auch gerichtliche Vergleiche unterfallen. Das Verfahren richtet sich nach dem Recht des Zweitstaates, in Deutschland nach §§ 328, 722 f. ZPO Geltungsbereich: Belarus, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Georgien, Griechenland, Iran, Irland, Italien, Jugoslawien (ehemaliges), Kasachstan, Kirgistan, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Marokko, Mazedonien (ehemalige jugoslawische Republik), Moldau, Mongolei, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Schweden, Schweiz, Serbien und Montenegro, Slowakei, Slowenien, Sowjetunion (ehemalige), Spanien, Tadschikistan, Tschechische Republik, Tschechoslowakei (ehemalige), Tunesien, Türkei, Turkmenistan, Ungarn, Usbekistan, Vereinigtes Königreich, Zypern Schrifttum: Loewe Erläuterungen zum Übereinkommen vom 19. Mai 1956 über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR), Europ.Transp.L. 11 (1976), 503 ff. (579 ff.); Nickel-Lanz La Convention relative au contrat de transport international de marchandises par route, Diss. Lausanne, 1976; Martiny in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. III/2, 1984, Kap. 2, § 5, Rdn. 430 ff. (S. 191 ff.).
Text Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) vom 19. Mai 1956 BGBl. II 1961, S. 1119 (Auszug) Art. 31 (1) Wegen aller Streitigkeiten aus einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung kann der Kläger, außer durch Vereinbarung der Parteien bestimmte Gerichte von Vertragstaaten, die Gerichte eines Staates anrufen, auf dessen Gebiet a) der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch deren Vermittlung der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist, oder b) der Ort der Übernahme des Gutes oder der für die Ablieferung vorgesehene Ort liegt. Andere Gerichte können nicht angerufen werden. (2) Ist ein Verfahren bei einem nach Absatz 1 zuständigen Gericht wegen einer Streitigkeit im Sinne des genannten Absatzes anhängig oder ist durch ein solches Gericht in einer solchen Streitsache ein Urteil erlassen worden, so kann eine neue Klage wegen derselben Sache zwischen denselben Parteien nicht erhoben werden, es sei denn, daß die 843
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
Entscheidung des Gerichtes, bei dem die erste Klage erhoben worden ist, in dem Staat nicht vollstreckt werden kann, in dem die neue Klage erhoben wird. (3) Ist in einer Streitsache im Sinne des Absatzes 1 ein Urteil eines Gerichtes eines Vertragstaates in diesem Staat vollstreckbar geworden, so wird es auch in allen anderen Vertragstaaten vollstreckbar, sobald die in dem jeweils in Betracht kommenden Staat hierfür vorgeschriebenen Formerfordernisse erfüllt sind. Diese Formerfordernisse dürfen zu keiner sachlichen Nachprüfung führen. (4) Die Bestimmungen des Absatzes 3 gelten für Urteile im kontradiktorischen Verfahren, für Versäumnisurteile und für gerichtliche Vergleiche, jedoch nicht für nur vorläufig vollstreckbare Urteile sowie nicht für Verurteilungen, durch die dem Kläger bei vollständiger oder teilweiser Abweisung der Klage neben den Verfahrenskosten Schadenersatz und Zinsen auferlegt werden. (5) Angehörige der Vertragstaaten, die ihren Wohnsitz oder eine Niederlassung in einem dieser Staaten haben, sind nicht verpflichtet, Sicherheit für die Kosten eines gerichtlichen Verfahrens zu leisten, das wegen einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung eingeleitet wird.
3. a. ee. Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.4.1958 (BGBl. II 1961, S. 1006) a. ee. Haager Übereinkommen vom 15.4.1958 Vorbemerkung: Das Übereinkommen sichert die Wirkungserstreckung von Entscheidungen über Unterhaltsansprüche eines ehelichen, unehelichen oder an Kindes Statt angenommenen Kindes, jedoch nur soweit das Kind unverheiratet ist und das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Es ergänzt das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24.10.1956. Geltungsbereich: Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Spanien, Suriname, Tschechische Republik, Tschechoslowakei (ehemalige), Türkei, Ungarn Schrifttum: Ferid Zum Stand der Entwicklung des internationalen Unterhaltsrechts, FamRZ 1956, 197 ff.; Jaccottet Les obligations alimentaires envers l’enfants dans les Conventions de la Haye, 1982, S. 70 ff.; Lansky Das Haager Übereinkommen vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern, Diss. Bonn 1960; Martiny in: Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. III/2, 1984, Kap. II, § 2, Rdn. 265 ff. (S. 125 ff.); Mezger Les Conventions de la Haye sur la loi applicable et sur la reconnaissance et l’exécution des décision en matière d’obligations alimentaires envers les enfants, Trav.Com.fr.d.i.p. 19/20 (1958/59), 123 ff. (134 ff.); Petersen Die 8. Haager Konferenz, RabelsZ 24 (1959), 1 ff. (36 ff.); Schlosser Unterhaltsansprüche vor den Gerichten der Alt-EWG-Staaten, FamRZ 1973, 424 ff.
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a. ee. Haager Übereinkommen vom 15.4.1958
Text Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.4.1958 BGBl. II 1961, S. 1006
Artikel 1 Zweck dieses Übereinkommens ist es, in den Vertragsstaaten die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über Klagen internationalen oder innerstaatlichen Charakters sicherzustellen, die den Unterhaltsanspruch eines ehelichen, unehelichen oder an Kindes Statt angenommenen Kindes, zum Gegenstand haben, sofern es unverheiratet ist und das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Enthält die Entscheidung auch einen Ausspruch über einen anderen Gegenstand als die Unterhaltspflicht, so bleibt die Wirkung des Übereinkommens auf die Unterhaltspflicht beschränkt. Dieses Übereinkommen findet auf Entscheidungen in Unterhaltssachen zwischen Verwandten in der Seitenlinie keine Anwendung. Artikel 2 Unterhaltsentscheidungen, die in einem der Vertragsstaaten ergangen sind, sind in den anderen Vertragsstaaten, ohne daß sie auf ihre Gesetzmäßigkeit nachgeprüft werden dürfen, anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären, 1. wenn die Behörde, die entschieden hat, nach diesem Übereinkommen zuständig war; 2. wenn die beklagte Partei nach dem Recht des Staates, dem die entscheidende Behörde angehört, ordnungsgemäß geladen oder vertreten war; jedoch darf im Fall einer Versäumnisentscheidung die Anerkennung und Vollstreckung versagt werden, wenn die Vollstreckungsbehörde in Anbetracht der Umstände des Falles der Ansicht ist, daß die säumige Partei ohne ihr Verschulden von dem Verfahren keine Kenntnis hatte oder sich in ihm nicht verteidigen konnte; 3. wenn die Entscheidung in dem Staat, in dem sie ergangen ist, Rechtskraft erlangt hat; jedoch werden vorläufig vollstreckbare Entscheidungen und einstweilige Maßnahmen trotz der Möglichkeit, sie anzufechten, von der Vollstreckungsbehörde für vollstreckbar erklärt, wenn in dem Staat, dem diese Behörde angehört, gleichartige Entscheidungen erlassen und vollstreckt werden können; 4. wenn die Entscheidung nicht in Widerspruch zu einer Entscheidung steht, die über denselben Anspruch und zwischen denselben Parteien in dem Staat erlassen worden ist, in dem sie geltend gemacht wird; die Anerkennung und Vollstreckung darf versagt werden, wenn in dem Staat, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, vor ihrem Erlaß dieselbe Sache rechtshängig geworden ist; 5. wenn die Entscheidung mit der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem sie geltend gemacht wird, nicht offensichtlich unvereinbar ist.
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
Artikel 3 Nach diesem Übereinkommen sind für den Erlaß von Unterhaltsentscheidungen folgende Behörden zuständig: 1. die Behörden des Staates, in dessen Hoheitsgebiet der Unterhaltspflichtige im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; 2. die Behörden des Staates, in dessen Hoheitsgebiet der Unterhaltsberechtigte im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte; 3. die Behörde, deren Zuständigkeit sich der Unterhaltspflichtige entweder ausdrücklich oder dadurch unterworfen hat, daß er sich, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache eingelassen hat. Artikel 4 Die Partei, die sich auf eine Entscheidung beruft oder ihre Vollstreckung beantragt, hat folgende Unterlagen beizubringen: 1. eine Ausfertigung der Entscheidung, welche die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt; 2. die Urkunden, aus denen sich ergibt, daß die Entscheidung vollstreckbar ist; 3. im Fall einer Versäumnisentscheidung eine beglaubigte Abschrift der das Verfahren einleitenden Ladung oder Verfügung und die Urkunden, aus denen sich die ordnungsmäßige Zustellung dieser Ladung oder Verfügung ergibt. Artikel 5 Die Prüfung der Vollstreckungsbehörde beschränkt sich auf die in Artikel 2 genannten Voraussetzungen und die in Artikel 4 aufgezählten Urkunden. Artikel 6 Soweit in diesem Übereinkommen nichts anderes bestimmt ist, richtet sich das Verfahren der Vollstreckbarerklärung nach dem Recht des Staates, dem die Vollstreckungsbehörde angehört. Jede für vollstreckbar erklärte Entscheidung hat die gleiche Geltung und erzeugt die gleichen Wirkungen, als wenn sie von einer zuständigen Behörde des Staates erlassen wäre, in dem die Vollstreckung beantragt wird. Artikel 7 Ist in der Entscheidung, deren Vollstreckung beantragt wird, die Unterhaltsleistung durch regelmäßig wiederkehrende Zahlungen angeordnet, so wird die Vollstreckung sowohl wegen der bereits fällig gewordenen als auch wegen der künftig fällig werdenden Zahlungen bewilligt. Artikel 8 Die Voraussetzungen, die in den vorstehenden Artikeln für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen im Sinne dieses Übereinkommens festgelegt sind, gelten auch für Entscheidungen einer der in Artikel 3 bezeichneten Behörden, durch die eine Verurteilung zu Unterhaltsleistungen abgeändert wird. Schütze
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a. ee. Haager Übereinkommen vom 15.4.1958
Artikel 9 Ist einer Partei in dem Staat, in dem die Entscheidung ergangen ist, das Armenrecht gewährt worden, so genießt sie es auch in dem Verfahren, durch das die Vollstreckung der Entscheidung erwirkt werden soll. In den in diesem Übereinkommen vorgesehenen Verfahren braucht für die Prozeßkosten keine Sicherheit geleistet zu werden. In den unter dieses Übereinkommen fallenden Verfahren bedürfen die beigebrachten Urkunden keiner weiteren Beglaubigung oder Legalisation. Artikel 10 Die Vertragsstaaten verpflichten sich, den Transfer der auf Grund von Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern zugesprochenen Beträge zu erleichtern. Artikel 11 Dieses Übereinkommen hindert den Unterhaltsberechtigten nicht, sich auf sonstige Bestimmungen zu berufen, die nach dem innerstaatlichen Recht des Landes, in dem die Vollstreckungsbehörde ihren Sitz hat, oder nach einem anderen zwischen den Vertragsstaaten in Kraft befindlichen Abkommen auf die Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen anwendbar sind. Artikel 12 Dieses Übereinkommen findet keine Anwendung auf Entscheidungen, die vor seinem Inkrafttreten ergangen sind. Artikel 13 Jeder Vertragsstaat gibt der Regierung der Niederlande die Behörden bekannt, die für den Erlaß von Unterhaltsentscheidungen und für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen zuständig sind. Die Regierung der Niederlande bringt diese Mitteilung den anderen Vertragsstaaten zur Kenntnis. Artikel 14 Dieses Übereinkommen gilt ohne weiteres für das Mutterland jedes Vertragsstaates. Wünscht ein Vertragsstaat, das Übereinkommen in allen oder einzelnen sonstigen Hoheitsgebieten, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt, in Kraft zu setzen, so notifiziert er diese Absicht durch eine Urkunde, die beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt wird. Dieses übermittelt jedem Vertragsstaat auf diplomatischem Wege eine beglaubigte Abschrift. Diese Erklärung wirkt für die Hoheitsgebiete, die nicht zum Mutterland gehören, nur im Verhältnis zwischen dem Staat, der die Erklärung abgegeben hat, und den Staaten, die ihre Annahme erklärt haben. Die Annahmeerklärung wird beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt, dieses übermittelt jedem Vertragsstaat auf diplomatischem Wege eine beglaubigte Abschrift. 847
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Artikel 15 Dieses Übereinkommen liegt für die bei der Achten Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht vertretenen Staaten zur Unterzeichnung auf. Es bedarf der Ratifizierung; die Ratifikationsurkunden werden beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt. Über jede Hinterlegung einer Ratifikationsurkunde wird eine Niederschrift aufgenommen; von dieser wird jedem Unterzeichnerstaat auf diplomatischem Wege eine beglaubigte Abschrift übermittelt. Artikel 16 Dieses Übereinkommen tritt am sechzigsten Tage nach der gemäß Artikel 15 vorgenommenen Hinterlegung der vierten Ratifikationsurkunde in Kraft. Für jeden Unterzeichnerstaat, der später ratifiziert, tritt das Übereinkommen am sechzigsten Tage nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft. Im Falle des Artikels 14 Absatz 2 wird das Übereinkommen am sechzigsten Tage nach Hinterlegung der Annahmeerklärung anwendbar. Artikel 17 Jeder bei der Achten Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht nicht vertretene Staat kann diesem Übereinkommen beitreten. Der Staat, der beizutreten wünscht, hat seine Absicht durch eine Urkunde zu notifizieren, die beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt wird. Dieses übermittelt jedem Vertragsstaat auf diplomatischem Wege eine beglaubigte Abschrift. Das Übereinkommen tritt zwischen dem beitretenden Staat und dem Staat, der erklärt hat, diesen Beitritt anzunehmen, am sechzigsten Tage nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde in Kraft. Der Beitritt wirkt nur im Verhältnis zwischen dem beitretenden Staat und den Vertragsstaaten, die erklärt haben, daß sie diesen Beitritt annehmen. Die Annahmeerklärung wird beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande hinterlegt; dieses übermittelt jedem Vertragsstaat auf diplomatischem Wege eine beglaubigte Abschrift. Es besteht Einverständnis darüber, daß die Hinterlegung von Beitrittsurkunden erst erfolgen kann, nachdem das Übereinkommen gemäß Artikel 16 in Kraft getreten. Artikel 18 Jeder Vertragsstaat kann bei Unterzeichnung oder Ratifizierung dieses Übereinkommens oder bei seinem Beitritt einen Vorbehalt machen hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen einer Behörde eines anderen Vertragsstaates, deren Zuständigkeit durch den Aufenthaltsort des Unterhaltsberechtigten begründet ist. Ein Staat, der diesen Vorbehalt macht, kann nicht verlangen, daß dieses Übereinkommen auf Entscheidungen seiner Behörden angewandt wird, deren Zuständigkeit durch den Aufenthaltsort des Unterhaltsberechtigten begründet ist.
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a. ee. Haager Übereinkommen vom 15.4.1958
Artikel 19 Die Geltungsdauer dieses Übereinkommens beträgt fünf Jahre, von dem in Artikel 16 Absatz 1 bezeichneten Zeitpunkt an gerechnet. Dies gilt auch für die Staaten, die das Übereinkommen später ratifizieren oder ihm später beitreten. Das Übereinkommen wird – außer im Fall der Kündigung – um jeweils fünf Jahre stillschweigend verlängert. Die Kündigung ist spätestens sechs Monate, bevor die Geltungsdauer endet, dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren; dieses gibt allen anderen Vertragsstaaten davon Kenntnis. Die Kündigung kann sich auf alle oder einzelne Hoheitsgebiete beschränken, die in einer gemäß Artikel 14 Absatz 2 erfolgten Notifizierung aufgeführt sind. Die Kündigung wirkt nur für den Staat, der sie notifiziert hat. Für die anderen Vertragsstaaten bleibt das Übereinkommen in Kraft.
3. a. ee. α. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. III Nr. 2583) Die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht hat sich auf ihrer VII. Tagung (1951) des infolge der Auswirkungen des zweiten Weltkrieges immer dringender werdenden Problems der Verfolgung von Unterhaltsansprüchen im Ausland angenommen und die Niederländische Staatskommission für Internationales Privatrecht um die Ausarbeitung eines Vorentwurfs zu einem Übereinkommen über das Kollisionsrecht auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gebeten. Dabei ging man von der Erwartung aus, daß die Vereinheitlichung der Kollisionsnormen auch die internationale Anerkennung ausländischer Unterhaltsentscheidungen erleichtern werde. Die Bundesregierung hat es von vornherein für erforderlich gehalten, daß das geplante Kollisionsrechtsabkommen durch ein Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Unterhaltsentscheidungen ergänzt werden müsse. Die Bedeutung und Notwendigkeit eines Vollstreckungsabkommens wurde auch von dem zur Vorbereitung des Kollisionsrechtsabkommens eingesetzten Sonderausschuß anerkannt; in dem Bericht dieses Ausschusses vom April 1955 (vgl. Conférence de La Haye de Droit International Privé, Documents relatifs a la VIIIe Session – im folgenden mit „Doc VIII“ bezeichnet – S. 147) wurde auf die Vorentwürfe hingewiesen, die bereits von dem Internationalen Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts in Rom (Doc VIII S. 169) und einem vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen berufenen Sachverständigenausschuß (Doc VIII S. 173) ausgearbeitet waren. Nachdem sich die Mehrzahl der zu der VIII. Tagung der Haager Konferenz eingeladenen Staaten für ein Vollstreckungsabkommen ausgesprochen hatte, konnte das vorliegende Übereinkommen im Oktober 1956 während der VIII. Tagung der Konferenz von der für das Problem der Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern eingesetzten Kommission auf der Grundlage der erwähnten Vorentwürfe ausgearbeitet werden (vgl. Conférence de La Haye de Droit International Privé, Actes de la VIIIe Session – im folgenden mit „Actes VIII“ bezeichnet – S. 187 ff.). Über die Arbeiten der Kommission hat der von ihr berufene Berichterstatter, P. Jenard, einen ausführlichen Bericht erstattet (Actes VIII, S. 314 ff.). Das Übereinkommen soll das humanitäre Ziel verwirklichen helfen, das mit dem ebenfalls während der VIII. Tagung verabschiedeten und am 24. Oktober 1956 zur Zeichnung aufgelegten Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht verfolgt wird. Es soll Kindern die Durchsetzung ihrer Unterhaltsansprüche im Ausland erleichtern. Das Übereinkommen bildet für die 849
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
Fälle, in denen die Unterhaltsentscheidung nicht in dem Staat ergangen ist, in dem die Zwangsvollstreckung vorgenommen werden muß, eine notwendige Ergänzung des Kollisionsrechtsabkommens. Daneben ergänzt das Übereinkommen auch das am 20. Juni 1956 in New York im Rahmen der Vereinten Nationen geschlossene Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland. Das New Yorker Übereinkommen soll in erster Linie die Durchführung von Unterhaltsklagen im Ausland erleichtern; hinsichtlich der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen sieht es lediglich vor, daß die „Empfangsstelle“ des Staates, in dem die Vollstreckung einer im Ausland ergangenen Entscheidung erstrebt wird, entweder ein Verfahren zum Zwecke der Vollstreckbarerklärung (Exequatur oder Registrierung) oder eine neue Klage einleitet, die auf den ausländischen Titel gestützt wird. Das New Yorker Übereinkommen bringt also keine Vereinfachung des nach dem Recht des Vollstreckungsstaates vorgeschriebenen Verfahrens zur Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung, sondern erleichtert durch die Einschaltung einer „Empfangsstelle“ nur seine praktische Durchführung. Das Haager Vollstreckungsabkommen soll dagegen die bestehenden rechtlichen Schwierigkeiten, zur Vollstreckung einer ausländischen Unterhaltsentscheidung zu gelangen, wenigstens teilweise beseitigen und es dem Unterhaltsberechtigten durch die Vereinfachung des Vollstreckungsverfahrens ermöglichen, eine rasche Vollstreckung der zu seinen Gunsten ergangenen Entscheidung zu erreichen. Der Rahmen des Übereinkommens ist der gleiche wie der des Kollisionsrechtsabkommens: es beschränkt sich ebenfalls auf Entscheidungen über Unterhaltsansprüche von Kindern. Durch die Beschränkung auf diese Ansprüche, die aus menschlichen Gründen am dringlichsten eine Regelung erfordern, sollten auch hier die Aussichten für das Zustandekommen des Übereinkommens und für eine Beteiligung von möglichst vielen Staaten vergrößert werden. In einem Punkt geht der Anwendungsbereich des Vollstreckungsabkommens jedoch über den des Kollisionsrechtsabkommens hinaus: es betrifft nicht nur die Vollstreckung von Entscheidungen, bei deren Erlaß bereits Auslandsbeziehungen bestanden, sondern auch von solchen Entscheidungen, die ausschließlich auf innerstaatlichem Recht beruhen und bei denen sich die Notwendigkeit einer Vollstreckung im Ausland beispielsweise erst dadurch ergibt, daß der Unterhaltspflichtige nach Erlaß der Entscheidung in das Ausland verzieht. Da dies häufig der Fall ist, wäre die Bedeutung des Übereinkommens stark eingeschränkt gewesen, wenn derartige Entscheidungen aus seinem Anwendungsbereich ausgeschlossen wären. Das Übereinkommen ist seit dem 15. April 1958 zur Zeichnung aufgelegt. Es ist bisher von den folgenden sieben Staaten unterzeichnet worden: Griechenland (15.4.1958) Österreich (15.4.1958) Norwegen (19.5.1958) Belgien (11.7.1958) Bundesrepublik Deutschland (8.10.1958) Italien (8.10.1958) Niederlande (15.5.1959). Bis jetzt ist das Übereinkommen nur von Österreich ratifiziert worden, also gemäß Artikel 16 Abs. 1 noch nicht in Kraft getreten. Auch die Ratifizierung durch die Bundesrepublik Deutschland wird das Inkraftreten des Übereinkommens nur dann zur Folge haben, wenn noch zwei weitere Ratifikationen hinzukommen. Die Beratende Versammlung des Europarats hat in ihrer Empfehlung 196 vom 23. April 1959 unter Hinweis darauf, daß dieses Übereinkommen eine unerläßliche Ergänzung zu Schütze
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dem Kollisionsrechtsabkommen darstellt, empfohlen, die auf der VIII.Tagung der Haager Konferenz vertretenen Mitgliedstaaten zur Unterzeichnung und Ratifizierung und die dort nicht vertretenen Mitgliedstaaten zum Beitritt einzuladen. Der Bundestag hat auf Grund dieser Empfehlung in seiner 106. Sitzung am 11. März 1960 die Bundesregierung einstimmig ersucht, die beiden Haager Unterhaltsabkommen den gesetzgebenden Körperschaften zur Ratifizierung zuzuleiten. Im einzelnen ist zu den Bestimmungen des Übereinkommens folgendes zu bemerken: Zu Artikel 1 Artikel 1 legt den Zweck und den Gegenstand des Übereinkommens fest: es soll in den Vertragsstaaten die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über Unterhaltsansprüche unverheirateter ehelicher, nicht ehelicher oder an Kindes Statt angenommener Kinder unter 21 Jahren sicherstellen. Das Übereinkommen erstreckt sich also auf denselben Personenkreis wie das Kollisionsrechtsabkommen. Entscheidungen über Unterhaltsansprüche von Verwandten in der Seitenlinie sind gemäß Absatz 3 auch in diesem Übereinkommen ausgeschlossen. Der Begriff „Entscheidungen“ ist, wie aus dem Bericht der für die Beratung des Übereinkommens eingesetzten Kommission hervorgeht (Actes VIII S. 316), in weitem Sinne zu verstehen. Er umfaßt – ohne Rücksicht auf ihre Benennung – sowohl gerichtliche als auch Verwaltungsentscheidungen. Die Erstreckung auf Entscheidungen von Verwaltungsbehörden war erforderlich, weil in verschiedenen Mitgliedstaaten der Haager Konferenz, z.B. in den skandinavischen Ländern, Verwaltungsbehörden für die Entscheidung über Unterhaltsansprüche zuständig sind. Nicht anwendbar ist das Übereinkommen dagegen auf einseitige oder vertragliche Unterhaltsverpflichtungen und auf gerichtliche Vergleiche, da diese nicht den Charakter einer „Entscheidung“ haben (a.a.O. S. 317). Das Übereinkommen bezieht sich – wie bereits in der Einleitung erwähnt – nicht nur auf Entscheidungen, bei denen die Bestimmungen des Kollisionsrechtsabkommens oder sonstige Vorschriften des internationalen Privatrechts angewendet worden sind, sondern auch auf diejenigen Entscheidungen, die ausschließlich auf den innerstaatlichen Sachnormen des Staates beruhen, in dem sie ergangen sind. Enthält die Entscheidung neben der Regelung von Unterhaltsansprüchen auch einen Ausspruch über einen anderen Gegenstand, z.B. über das Personensorgerecht, so beschränkt sich die Anwendung des Übereinkommens auf die Unterhaltsentscheidung. Ein Vorschlag, das Übereinkommen auch auf die Entscheidungen zu erstrecken, durch die nach Aufhebung vorläufig vollstreckbarer Entscheidungen oder einstweiliger Maßnahmen die Erstattung der auf Grund der aufgehobenen Entscheidung geleisteten Zahlungen angeordnet wird, ist von der Kommission abgelehnt worden (actes VIII S. 212, 322). Zu Artikel 2 Artikel 2 enthält den Grundsatz, daß die in einem Vertragsstaat ergangenen Unterhaltsentscheidungen bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen in den anderen Vertragsstaaten anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären sind, ohne daß sie auf ihre Gesetzmäßigkeit nachgeprüft werden dürfen, ohne daß also eine Nachprüfung in der Sache stattfindet. Die Anerkennung nach den Regeln des Übereinkommens hängt von folgenden fünf Voraussetzungen ab: 851
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1. 2.
3.
4.
5.
Die Entscheidung muß von einer nach Artikel 3 zuständigen Behörde erlassen sein. Der Ausdruck „Behörde“ umfaßt auch hier Gerichte und Verwaltungsbehörden. Die Rechte des Beklagten müssen in dem Verfahren gewahrt worden sein. Die Voraussetzung, daß er ordnungsmäßig „geladen“ war, ist nicht verfahrensrechtlich, sondern in weiterem Sinne zu verstehen; es kommt nicht darauf an, in welcher Weise der Beklagte durch die entscheidende Behörde von dem Verfahren in Kenntnis gesetzt worden ist. Im Falle einer Versäumnisentscheidung kann die Vollstreckungsbehörde selbständig prüfen, ob die säumige Partei schuldlos von dem Verfahren keine Kenntnis hatte oder sich in ihm nicht verteidigen konnte. Hatte z.B. der Beklagte von dem Verfahren deshalb keine Kenntnis, weil er sich einer Ladung absichtlich entzogen hatte, so soll er sich auf seine Unkenntnis nicht berufen können. Die Entscheidung muß „rechtskräftig“ oder „vorläufig vollstreckbar“ sein, wobei diese Begriffe bei Entscheidungen von Verwaltungsbehörden sinngemäß auszulegen sind. Vorläufig vollstreckbare Entscheidungen und einstweilige Maßnahmen, die wegen ihrer großen Bedeutung in Unterhaltssachen im Interesse der Kinder grundsätzlich in das Übereinkommen einbezogen worden sind, müssen in einem anderen Vertragsstaat jedoch nur dann für vollstreckbar erklärt werden, wenn derartige Entscheidungen auch dort erlassen und vollstreckt werden können. Die Entscheidung darf nicht in Widerspruch zu einer Entscheidung stehen, die in derselben Sache und zwischen denselben Parteien von einer Behörde des Staates erlassen worden ist, in dem die Vollstreckung betrieben werden soll. Die Lösung der Frage, ob die inländische Entscheidung bereits rechtskräftig und ob sie früher als die ausländische Entscheidung ergangen sein muß, um dieser entgegengehalten werden zu können, bleibt dem innerstaatlichen Recht des Vollstreckungsstaates überlassen (Actes VIII S. 202 f., 318 f.). Falls eine der Entscheidungen auf eine Abänderungsklage ergangen ist, gilt die Regelung des Artikels 8. Ist im Vollstreckungsstaat noch keine Entscheidung ergangen, jedoch dieselbe Sache dort vor Erlass der ausländischen Entscheidung rechtshängig geworden, so darf die Vollstreckungsbehörde die Anerkennung und Vollstreckung der ausländischen Entscheidung versagen, wenn dies nach den im Vollstreckungsstaat geltenden verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist (Actes VIII S. 203, 319). Nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen ist in diesem Fall und auch dann, wenn in dem inländischen Verfahren eine Entscheidung bereits ergangen, aber noch nicht rechtskräftig ist, die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung auszusetzen; die Entscheidung über die Anerkennung wird dem Prozeßgericht überlassen, bei dem das inländische Verfahren rechtshängig ist. Die Entscheidung darf nicht mit der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates offensichtlich unvereinbar sein. Wie bei dem Übereinkommen über die Kollisionsnormen soll durch diese Fassung auch hier die Berufung auf den „ordre public“ möglichst eingeschränkt werden. Zu Artikel 3
Artikel 3 bestimmt, welche Behörden nach dem Übereinkommen für den Erlaß von Unterhaltsentscheidungen zuständig sind, d.h. von welchen Gerichten oder Verwaltungsbehörden die Entscheidung erlassen sein muß, damit sie nach dem Übereinkommen anerkannt und vollstreckt werden kann. Neben den Behörden des Staates, in dem der Unterhaltspflichtige im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (Nr. 1), und den Behörden, deren Zuständigkeit er sich freiwillig unterworfen hat (Nr. 3), werden auch die Behörden des Staates als zuständig anerkannt, in Schütze
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dem das unterhaltsberechtigte Kind zur Zeit der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (Nr. 2). Die Anerkennung des Gerichtsstandes des gewöhnlichen Aufenthaltes des Kindes ergab sich folgerichtig aus der Regelung des Übereinkommens über die Kollisionsnormen, wonach für den Unterhaltsanspruch materiell das Recht des Staates gilt, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Es ist selbstverständlich, daß dieses Recht am zuverlässigsten von den inländischen Gerichten und Behörden angewendet werden kann. Sie vermögen auch die Bedürfnisse des Kindes am besten zu beurteilen, wobei allerdings in Kauf genommen werden muß, daß sich für sie die Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Beklagten schwieriger gestaltet. Für die Anerkennung dieses Gerichtsstandes sprach ferner die Überlegung, daß ein Vollstreckungsabkommen, in dem nur der Gerichtsstand des Unterhaltspflichtigen anerkannt würde, nur geringe Bedeutung haben könnte. Es würde nur dann anzuwenden sein, wenn der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt nach Eintritt der Rechtshängigkeit in einen anderen Vertragsstaat verlegt hätte oder wenn er in einem anderen Vertragsstaat Vermögen besäße. Der Beklagte befindet sich bei Durchführung des Unterhaltsrechtsstreits am Gerichtsstand des Klägers zweifellos in einer ungünstigen Lage. Die Wahrung seiner Rechte ist jedoch in dem Übereinkommen durch die Bestimmung des Artikels 2 Nr. 2 sichergestellt. Um die Annahme des Übereinkommens auch den Staaten zu ermöglichen, die sich nicht zur Anerkennung der im Aufenthaltsstaat des Klägers erwirkten Entscheidungen bereitfinden können, ist in Artikel 18 ein entsprechender Vorbehalt vorgesehen. Zu Artikel 4 In Artikel 4 sind die Unterlagen aufgeführt, die mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung der ausländischen Entscheidung vorzulegen sind. Zu Artikel 5 Diese Bestimmung regelt den Umfang der Prüfung durch die Vollstreckungsbehörde und stellt damit nochmals klar, daß eine sachliche Nachprüfung der Entscheidung ausgeschlossen ist. Zu Artikel 6 Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung richtet sich, soweit es nicht durch das Übereinkommen geregelt wird, nach dem Recht des Vollstreckungsstaates (Absatz1). Ist eine ausländische Entscheidung für vollstreckbar erklärt, so hat sie dieselben Rechtswirkungen wie eine im Vollstreckungsstaat erlassene vollstreckbare Entscheidung (Absatz 2). Für eine Änderung der ausländischen Entscheidung ist in dem Verfahren der Vollstreckbarerklärung grundsätzlich kein Raum. Die für das Übereinkommen zuständige Kommission hat jedoch die Frage erörtert, wie es sich auswirkt, wenn in dem Staat, in dem die Entscheidung ergangen ist, die Unterhaltssätze nachträglich durch gesetzliche Vorschriften allgemein erhöht worden sind. Nach der im Bericht ausdrücklich festgestellten Auffassung der Kommission soll die Erhöhung im Vollstreckungsstaat bei der Vollstreckbarerklärung von Amts wegen berücksichtigt werden, ohne daß es einer neuen Entscheidung einer Behörde des Urteilsstaates bedarf (Actes VIII S. 321).
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Zu Artikel 7 Da in einer Reihe von Staaten – insbesondere im angelsächsischen Rechtskreis – die Vollstreckung aus ausländischen Unterhaltsentscheidungen nur bezüglich der Rückstände zugelassen wird, ist in Artikel 7 bestimmt, daß die Vollstreckung auch wegen der künftig fällig werdenden Zahlungen zu bewilligen ist. Zu Artikel 8 Das Übereinkommen bezieht sich nach Artikel 8 auch auf Entscheidungen, durch die eine Verurteilung zu Unterhaltsleistungen abgeändert wird. Es ist möglich, daß die Abänderungsentscheidung in einem anderen als dem Vertragsstaat ergeht, in dem die ursprüngliche Entscheidung erlassen worden ist; insbesondere wird häufig der Unterhaltspflichtige gemäß Artikel 3 Nr. 1 die Abänderungsklage in dem Staat erheben, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Es kann dann der Fall eintreten, daß die Abänderungsentscheidung gerade in dem Vertragsstaat, in dem die ursprüngliche Entscheidung ergangen war, zur Anerkennung und Vollstreckung vorgelegt wird. Die Vollstreckungsbehörde dieses Staates kann in einem solchen Fall nicht etwa die Anerkennung mit der Begründung versagen, die Abänderungsentscheidung stehe in Widerspruch zu der ursprünglichen inländischen Entscheidung (Artikel 2 Nr. 4 Abs. 1). Der dort vorgesehene Tatbestand ist nicht gegeben, weil die Abänderungsentscheidung und die ursprüngliche Entscheidung inhaltlich eine Einheit bilden. Dies war auch die Ansicht der für das Übereinkommen zuständigen Kommission, die darauf hingewiesen hat, daß es sich bei der Abänderungsentscheidung um eine auf den veränderten Umständen beruhende neue Entscheidung einer nach Artikel 3 zuständigen Behörde handelt (Actes VIII S. 205 f., 321). Zu Artikel 9 Im Einklang mit Artikel 20 des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß ist in Absatz 1 vorgesehen, daß eine Partei, der im Unterhaltsrechtsstreit das Armenrecht bewilligt war, diesen Rechtsvorteil auch im Verfahren der Vollstreckbarerklärung genießt. Sie braucht nach Absatz 2 auch keine Sicherheit für die Prozeßkosten zu leisten. Schließlich bestimmt Absatz 3, daß die im Verfahren der Vollstreckbarerklärung beizubringenden Urkunden keiner weiteren Beglaubigung oder Legalisation bedürfen, wodurch die beschleunigte Vollstreckung der Unterhaltsentscheidungen gewährleistet werden soll. Zu Artikel 10 Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, den Transfer der auf Grund von Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern zugesprochenen Beträge zu erleichtern. Diese Bestimmung sichert die praktische Durchführbarkeit des Übereinkommens. Zu Artikel 11 Artikel 11 stellt klar, daß der Unterhaltsberechtigte nicht daran gehindert ist, sich auf alle für ihn vorteilhafteren Bestimmungen zu berufen, die nach dem innerstaatlichen Recht des Vollstreckungsstaates oder nach einem anderen zwischen den Vertragsstaaten geltenden Abkommen, insbesondere nach zweiseitigen Vollstreckungsverträgen, auf die Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen anwendbar sind. Schütze
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Zu Artikel 12 Artikel 12 regelt den zeitlichen Anwendungsbereich des Übereinkommens und schließt seine Rückwirkung auf die vor dem Inkrafttreten ergangenen Entscheidungen aus. Zu Artikel 13 Diese Bestimmung soll sicherstellen, daß alle Vertragsstaaten davon unterrichtet werden, welche Behörden in den anderen Vertragsstaaten für den Erlass der in den Rahmen des Übereinkommens fallenden Entscheidungen sachlich zuständig sind. Zu Artikel 14 bis 17 Die Artikel 14 bis 17 enthalten Bestimmungen über den räumlichen Geltungsbereich des Übereinkommens und über sein Inkrafttreten. Ebenso wie das Kollisionsrechtsabkommen wird auch dieses Übereinkommen am 60. Tage nach Hinterlegung der vierten Ratifikationsurkunde, für einen später hinzukommenden Staat am 60.Tage nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft treten (Artikel 16 Abs. 1, 2). Mit Rücksicht auf die weitgehenden Auswirkungen, die das Übereinkommen hinsichtlich der Anerkennung ausländischer Entscheidungen hat, ist der Charakter eines „geschlossenen“ Abkommens streng gewahrt. Das Übereinkommen gilt ohne weiteres nur für das Mutterland der Vertragsstaaten; jeder Vertragsstaat kann seine Anwendung durch eine entsprechende Erklärung auf die nicht zum Mutterland gehörenden Hoheitsgebiete erstrecken, jedoch nur mit Wirkung gegenüber den Vertragsstaaten, die diese Erklärung ausdrücklich annehmen. Die bei der VIII. Tagung der Haager Konferenz nicht vertretenen Staaten können nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens ihren Beitritt erklären, jedoch gilt der Beitritt nur gegenüber den Vertragsstaaten, die ihn ausdrücklich annehmen. Zu Artikel 18 Artikel 18 gestattet den in den Bemerkungen zu Artikel 3 erwähnten Vorbehalt bezüglich der Anerkennung von Entscheidungen einer Behörde, deren Zuständigkeit allein durch den gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten begründet war. Ein Staat, der diesen Vorbehalt macht, begibt sich der Vorteile des Übereinkommens auch für entsprechende Entscheidungen seiner eigenen Behörden (Absatz 2). Die zuständige Kommission der Haager Konferenz hat im Interesse der unterhaltsbedürftigen Kinder nachdrücklich den Wunsch zum Ausdruck gebracht, daß möglichst kein Staat von dem Vorbehalt des Artikels18 Gebrauch macht, ein Wunsch, dem die sieben Unterzeichnerstaaten bisher nachgekommen sind. Die Bundesregierung beabsichtigt, auch bei der Ratifizierung von der Möglichkeit des Vorbehalts keinen Gebrauch zu machen, da die Anerkennung des Gerichtsstandes des Unterhaltsberechtigten im Interesse der schutzbedürftigen Kinder liegt. Dieser Gerichtsstand soll deshalb durch das Ausführungsgesetz zu diesem Übereinkommen (§ 12 des Entwurfs) für Unterhaltsansprüche in das innerstaatliche Recht eingeführt werden. Eine Gefährdung der Interessen des Unterhaltspflichtigen wird weitgehend dadurch ausgeschlossen, daß die im Aufenthaltsstaat des Unterhaltsberechtigten ergangene Entscheidung vor einer Vollstreckung im Ausland für vollstreckbar erklärt werden muß und im Verfahren der Vollstreckbarerklä855
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rung die Wahrung der Rechte des Beklagten von der Vollstreckungsbehörde geprüft wird (vgl. Artikel 2 Nr. 2). Zu Artikel 19 Das Übereinkommen ist zunächst auf fünf Jahre, vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an gerechnet, abgeschlossen und wird danach um jeweils fünf Jahre stillschweigend verlängert. Spätestens sechs Monate, bevor die Geltungsdauer endet, kann jeder Vertragsstaat das Übereinkommen kündigen; es bleibt dann für die anderen Vertragsstaaten in Kraft.
3. a. ff. Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973 (BGBl. II 1986, S. 825) a. ff. Haager Übereinkommen vom 2.10.1973 Vorbemerkung: Das Übereinkommen erleichtert die Durchsetzung von Unterhaltstiteln über die Grenze. Es erfasst Unterhaltsansprüche jeglicher Art sowie Erstattungsansprüche der öffentlichen Hand, soweit diese einem Unterhaltsberechtigten Leistungen erbracht hat. Die Geltendmachung ausländischer Unterhaltstitel in Deutschland bestimmt sich nach Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 lit. c AVAG. Für das Verfahren der Vollstreckbarerklärung deutscher Unterhaltstitel nach dem Übereinkommen im Ausland vgl. die Literaturübersicht bei Geimer/Schütze (Baumann), Internationaler Rechtsverkehr, 795.84. Geltungsbereich: Australien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Spanien, Tschechische Republik, Tschechoslowakei (ehemalige), Türkei, Vereinigtes Königreich Schrifttum: Batiffol La douzième session de la Conférence de la Haye de droit international privé, Rev. crit. 62 (1973), 243 ff.; Baumann Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen, 1989; Geimer/Schütze (Baumann), Internationaler Rechtsverkehr, Kommentar zu dem Übereinkommen, 795.83 ff.; Martiny in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. III/2, 1984, Kap. II, § 3, Rdn. 325 ff. (S. 153 ff.); Jaccottet Les obligations alimentaires envers les enfants dans les Conventions de la Haye, 1982; Matscher Gli obblighi alimentari nel diritto processuale civile internazionale, FS Liebmann II, 1979, S. 979 ff.; von Overbeck Les nouvelles conventions de la Haye sur les obligations alimentaires, Schweiz.Jb.Int.R. 29 (1973), 135 ff.
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Text Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 BGBl. II 1986, S. 825
KAPITEL I Anwendungsbereich des Übereinkommens Art. 1 Dieses Übereinkommen ist anzuwenden auf Entscheidungen über Unterhaltspflichten aus Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft, einschließlich der Unterhaltspflicht gegenüber einem nichtehelichen Kind, die von Gerichten oder Verwaltungsbehörden eines Vertragsstaats erlassen worden sind; entweder 1. zwischen einem Unterhaltsberechtigen und einem Unterhaltsverpflichteten oder 2. zwischen einem Unterhaltsverpflichteten und einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung, die die Erstattung der einem Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistung verlangt. Es ist auch anzuwenden auf Vergleiche auf diesem Gebiet, die vor diesen Behörden und zwischen diesen Personen geschlossen worden sind. Art. 2 Das Übereinkommen ist auf Entscheidungen und Vergleiche ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung anzuwenden. Es ist auch auf Entscheidungen oder Vergleiche anzuwenden, durch die eine frühere Entscheidung oder ein früherer Vergleich geändert worden ist, selbst wenn diese Entscheidung oder dieser Vergleich aus einem Nichtvertragsstaat stammt. Es ist ohne Rücksicht darauf, ob der Unterhaltsanspruch international oder innerstaatlich ist, und unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der Parteien anzuwenden. Art. 3 Betrifft die Entscheidung oder der Vergleich nicht nur die Unterhaltspflicht, so bleibt die Wirkung des Übereinkommens auf die Unterhaltspflicht beschränkt.
KAPITEL II Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen Art. 4 Die in einem Vertragsstaat ergangene Entscheidung ist in einem anderen Vertragsstaat anzuerkennen oder für vollstreckbar zu erklären/zu vollstrecken; 857
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1. 2.
wenn sie von einer Behörde erlassen worden ist, die nach Artikel 7 oder 8 als zuständig anzusehen ist, und wenn gegen sie im Ursprungsstaat kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig ist.
Vorläufig vollstreckbare Entscheidungen und einstweilige Maßnahmen sind, obwohl gegen sie ein ordentliches Rechtsmittel zulässig ist, im Vollstreckungsstaat anzuerkennen oder für vollstreckbar zu erklären/zu vollstrecken, wenn dort gleichartige Entscheidungen erlassen und vollstreckt werden können. Art. 5 1. 2. 3.
4.
Die Anerkennung oder Vollstreckung der Entscheidung darf jedoch versagt werden, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung mit der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates offensichtlich unvereinbar ist oder wenn die Entscheidung das Ergebnis betrügerischer Machenschaften im Verfahren ist oder wenn ein denselben Gegenstand betreffendes Verfahren zwischen denselben Parteien vor einer Behörde des Vollstreckungsstaats anhängig und als erstes eingeleitet worden ist oder wenn die Entscheidung unvereinbar ist mit einer Entscheidung, die zwischen denselben Parteien über denselben Gegenstand entweder in dem Vollstreckungsstaat oder in einem anderen Staat ergangen ist; im letztgenannten Fall jedoch nur, sofern diese Entscheidung die für die Anerkennung und Vollstreckung im Vollstreckungsstaat erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Art. 6
Eine Versäumnisentscheidung wird nur anerkannt oder für vollstreckbar erklärt/ vollstreckt, wenn das das Verfahren einleitende Schriftstück mit den wesentlichen Klagegründen der säumigen Partei nach dem Recht des Ursprungsstaats zugestellt worden ist und wenn diese Partei eine nach den Umständen ausreichende Frist zu ihrer Verteidigung hatte; Artikel 5 bleibt unberührt. Art. 7 Eine Behörde des Ursprungsstaats ist als zuständig im Sinn des Übereinkommens anzusehen, 1. wenn der Unterhaltsverpflichtete oder der Unterhaltsberechtigte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ursprungsstaat hatte oder 2. wenn der Unterhaltsverpflichtete und der Unterhaltsberechtigte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens Staatsangehörige des Ursprungsstaats waren oder 3. wenn sich der Beklagte der Zuständigkeit dieser Behörde entweder ausdrücklich oder dadurch unterworfen hat, daß er sich, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, auf das Verfahren in der Sache selbst eingelassen hat. Art. 8 Die Behörden eines Vertragsstaats, die über eine Unterhaltsklage entschieden haben, sind als zuständig im Sinn des Übereinkommens anzusehen, wenn der Unterhalt infolge Schütze
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einer von einer Behörde dieses Staates ausgesprochenen Scheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, Nichtigkeit oder Ungültigkeit der Ehe geschuldet und wenn die diesbezügliche Zuständigkeit der Behörde nach dem Recht des Vollstreckungsstaats anerkannt wird; Artikel 7 bleibt unberührt. Art. 9 Die Behörde des Vollstreckungsstaats ist an die tatsächlichen Feststellungen gebunden, auf die die Behörde des Ursprungsstaats ihre Zuständigkeit gestützt hat. Art. 10 Betrifft die Entscheidung mehrere Ansprüche in einer Unterhaltsklage und kann die Anerkennung oder Vollstreckung nicht für alle Ansprüche bewilligt werden, so hat die Behörde des Vollstreckungsstaats das Übereinkommen auf denjenigen Teil der Entscheidung anzuwenden, der anerkannt oder für vollstreckbar erklärt/vollstreckt werden kann. Art. 11 Ist in der Entscheidung die Unterhaltsleistung durch regelmäßig wiederkehrende Zahlungen angeordnet, so ist die Vollstreckung sowohl für die bereits fälligen als auch für die künftig fällig werdenden Zahlungen zu bewilligen. Art. 12 Die Behörde des Vollstreckungsstaats darf die Entscheidung auf ihre Gesetzmäßigkeit nicht nachprüfen, sofern das Übereinkommen nicht etwas anderes bestimmt.
KAPITEL III Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen Art. 13 Das Verfahren der Anerkennung oder Vollstreckung der Entscheidung richtet sich nach dem Recht des Vollstreckungsstaats, sofern das Übereinkommen nicht etwas anderes bestimmt. Art. 14 Es kann auch die teilweise Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung beantragt werden. Art. 15 Der Unterhaltsberechtigte, der im Ursprungsstaat ganz oder teilweise Prozeßkostenhilfe oder Befreiung von Verfahrenskosten genossen hat, genießt in jedem Anerkennungs- oder Vollstreckungsverfahren die günstigste Prozeßkostenhilfe oder die weitestgehende Befreiung, die im Recht des Vollstreckungsstaats vorgesehen ist. 859
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Art. 16 In den durch das Übereinkommen erfaßten Verfahren braucht für die Zahlung der Verfahrenskosten keine Sicherheit oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung auch immer, geleistet zu werden. Art. 17 Die Partei, die die Anerkennung einer Entscheidung geltend macht oder ihre Vollstreckung beantragt, hat folgende Unterlagen beizubringen: 1. eine vollständige, mit der Urschrift übereinstimmende Ausfertigung der Entscheidung; 2. die Urkunden, aus denen sich ergibt, daß gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig ist und, gegebenenfalls, daß die Entscheidung dort vollstreckbar ist; 3. wenn es sich um eine Versäumnisentscheidung handelt, die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde, aus der sich ergibt, daß das das Verfahren einleitende Schriftstück mit den wesentlichen Klagegründen der säumigen Partei nach dem Recht des Ursprungsstaats ordnungsgemäß zugestellt worden ist; 4. gegebenenfalls jedes Schriftstück, aus dem sich ergibt, daß die Partei im Ursprungsstaat Prozeßkostenhilfe oder Befreiung von Verfahrenskosten erhalten hat; 5. eine beglaubigte Übersetzung der genannten Urkunden, wenn die Behörde des Vollstreckungsstaates nicht darauf verzichtet. Werden die genannten Urkunden nicht vorgelegt oder ermöglicht es der Inhalt der Entscheidung der Behörde des Vollstreckungsstaats nicht, nachzuprüfen, ob die Voraussetzungen dieses Übereinkommens erfüllt sind, so setzt sie eine Frist für die Vorlegung aller erforderlichen Urkunden. Eine Legalisation oder ähnliche Förmlichkeit darf nicht verlangt werden.
KAPITEL IV Ergänzende Bestimmungen über öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen Art. 18 Ist die Entscheidung gegen einen Unterhaltsverpflichteten auf Antrag einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung ergangen, welche die Erstattung der einem Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistungen verlangt, so ist diese Entscheidung nach dem Übereinkommen anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären/zu vollstrecken, 1. wenn die Einrichtung nach dem Recht, dem sie untersteht, die Erstattung verlangen kann; 2. wenn das nach dem Internationalen Privatrecht des Vollstreckungsstaats anzuwendende innerstaatliche Recht eine Unterhaltspflicht zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltsverpflichteten vorsieht.
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Art. 19 Eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung darf, soweit sie dem Unterhaltsberechtigten Leistungen erbracht hat, die Anerkennung oder Vollstreckung einer zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltsverpflichteten ergangenen Entscheidung verlangen, wenn sie nach dem Recht, dem sie untersteht, kraft Gesetzes berechtigt ist, an Stelle des Unterhaltsberechtigten die Anerkennung der Entscheidung geltend zu machen oder ihre Vollstreckung zu beantragen. Art. 20 Die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung, welche die Anerkennung geltend macht oder die Vollstreckung beantragt, hat die Urkunden vorzulegen, aus denen sich ergibt, daß sie die in Artikel 18 Nummer 1 oder Artikel 19 genannten Voraussetzungen erfüllt und daß die Leistungen dem Unterhaltsberechtigten erbracht worden sind; Artikel 17 bleibt unberührt.
KAPITEL V Vergleiche Art. 21 Die im Ursprungsstaat vollstreckbaren Vergleiche sind unter denselben Voraussetzungen wie Entscheidungen anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären/zu vollstrecken, soweit diese Voraussetzungen auf sie anwendbar sind.
KAPITEL VI Verschiedene Bestimmungen Art. 22 Bestehen nach dem Recht eines Vertragsstaats Beschränkungen für die Überweisung von Geldbeträgen, so hat dieser Vertragsstaat der Überweisung von Geldbeträgen, die zur Erfüllung von Unterhaltssprüchen oder zur Deckung von Kosten für Verfahren nach diesem Übereinkommen bestimmt sind, den größtmöglichen Vorrang zu gewähren. Art. 23 Dieses Übereinkommen schließt nicht aus, daß eine andere internationale Übereinkunft zwischen dem Ursprungsstaat und dem Vollstreckungsstaat oder das nichtvertragliche Recht des Vollstreckungsstaats angewendet wird, um die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung oder eines Vergleichs zu erwirken. Art. 24 Dieses Übereinkommen ist unabhängig von dem Zeitpunkt anzuwenden, in dem die Entscheidung ergangen ist. 861
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Ist die Entscheidung ergangen, bevor dieses Übereinkommen zwischen dem Ursprungsstaat und dem Vollstreckungsstaat in Kraft getreten ist, so ist im letztgenannten Staat nur hinsichtlich der nach diesem Inkrafttreten fällig werdenden Zahlungen für vollstreckbar zu erklären/zu vollstrecken. Art. 25 Jeder Vertragsstaat kann jederzeit erklären, daß er in seinen Beziehungen zu den Staaten, die dieselbe Erklärung abgegeben haben, alle vor einer Behörde oder einer Urkundsperson errichteten öffentlichen Urkunden, die im Ursprungsstaat aufgenommen und vollstreckbar sind, in das Übereinkommen einbezieht, soweit sich dessen Bestimmungen auf solche Urkunden anwenden lassen. Art. 26 Jeder Vertragsstaat kann sich nach Artikel 34 das Recht vorbehalten, weder anzuerkennen noch für vollstreckbar zu erklären/zu vollstrecken: 1. Entscheidungen und Vergleiche über Unterhaltsleistungen, die ein Unterhaltsverpflichteter, der nicht der Ehegatte oder der frühere Ehegatte des Unterhaltsberechtigten ist, für die Zeit nach der Eheschließung oder nach dem vollendeten einundzwanzigsten Lebensjahr des Unterhaltsberechtigten schuldet; 2. Entscheidungen und Vergleiche in Unterhaltssachen a) zwischen Verwandten in der Seitenlinie; b) zwischen Verschwägerten; 3. Entscheidungen und Vergleiche, die die Unterhaltsleistung nicht durch regelmäßig wiederkehrende Zahlungen vorsehen. Ein Vertragsstaat, der einen Vorbehalt gemacht hat, kann nicht verlangen, daß das Übereinkommen auf Entscheidungen und Vergleiche angewendet wird, die er durch seinen Vorbehalt ausgeschlossen hat. Art. 27 Sieht das Recht eines Vertragsstaats in Unterhaltssachen zwei oder mehr Rechtsordnungen vor, die für verschiedene Personenkreise gelten, so ist eine Verweisung auf das Recht dieses Staates als Verweisung auf die Rechtsordnung zu verstehen, die nach dem Recht dieses Staates für einen bestimmten Personenkreis gilt. Art. 28 Besteht ein Vertragsstaat aus zwei oder mehr Gebietseinheiten, in denen verschiedene Rechtsordnungen für die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen gelten, so ist 1. eine Verweisung auf das Recht, das Verfahren oder die Behörde des Ursprungsstaats als Verweisung auf das Recht, das Verfahren oder die Behörde der Gebietseinheit zu verstehen, in der die Entscheidung ergangen ist; 2. eine Verweisung auf das Recht, das Verfahren oder die Behörde des Vollstreckungsstaats als Verweisung auf das Recht, das Verfahren oder die Behörde der Gebietseinheit zu verstehen, in der die Anerkennung oder Vollstreckung beantragt wird; Schütze
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3.
4.
eine Verweisung nach den Nummern 1 und 2 auf das Recht oder das Verfahren des Ursprungsstaats oder des Vollstreckungsstaats in dem Sinn zu verstehen, daß auch auf die einschlägigen Rechtsvorschriften und Grundsätze des Vertragsstaats, die für dessen Gebietseinheiten gelten, verwiesen ist; eine Verweisung auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten oder des Unterhaltsverpflichteten im Ursprungsstaat als Verweisung auf den gewöhnlichen Aufenthalt in der Gebietseinheit zu verstehen, in der die Entscheidung ergangen ist.
Jeder Vertragsstaat kann jederzeit erklären, daß er eine oder mehrere dieser Vorschriften auf eine oder mehrere Bestimmungen dieses Übereinkommens nicht anwenden wird. Art. 29 Dieses Übereinkommen ersetzt in den Beziehungen zwischen den Staaten, die Vertragsparteien sind, das Haager Übereinkommen vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern.
KAPITEL VII Schlußbestimmungen Art. 30 Dieses Übereinkommen liegt für die Staaten zur Unterzeichnung auf, die Mitglieder der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht zur Zeit ihrer Zwölften Tagung waren. Es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung; die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden sind beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen. Art. 31 Jeder Staat, der erst nach der Zwölften Tagung Mitglied der Konferenz geworden ist oder der Mitglied der Vereinten Nationen oder einer ihrer Sonderorganisationen oder Vertragspartei des Statuts des Internationalen Gerichtshofs ist, kann diesem Übereinkommen beitreten, nachdem es nach Artikel 35 Absatz 1 in Kraft getreten ist. Die Beitrittsurkunde ist beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu hinterlegen. Der Beitritt wirkt nur in Verhältnis zwischen dem beitretenden Staat und den Vertragsstaaten, die innerhalb von zwölf Monaten nach Empfang der in Artikel 37 Nummer 3 vorgesehenen Notifikation keinen Einspruch gegen den Beitritt erhoben haben. Nach dem Beitritt kann ein solcher Einspruch auch von einem Mitgliedstaat in dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem er das Übereinkommen ratifiziert, annimmt oder genehmigt. Die Einsprüche sind dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren.
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Art. 32 Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung, der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt erklären, daß sich dieses Übereinkommen auf alle Hoheitsgebiete, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt, oder auf eines oder mehrere dieser Hoheitsgebiete erstreckt. Diese Erklärung wird wirksam, sobald das Übereinkommen für den betreffenden Staat in Kraft tritt. Später ist jede derartige Erstreckung dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren. Die Erstreckung wirkt im Verhältnis zwischen den Vertragsstaaten, die innerhalb von zwölf Monaten nach Empfang der in Artikel 37 Nummer 4 vorgesehenen Notifikation keinen Einspruch dagegen erhoben haben, und dem oder den Hoheitsgebieten, deren internationale Beziehungen von dem betreffenden Staat wahrgenommen werden und für die die Notifikation vorgenommen worden ist. Nach der Erstreckung kann ein solcher Einspruch auch von einem Mitgliedstaat in dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem er das Übereinkommen ratifiziert, annimmt oder genehmigt. Die Einsprüche sind dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren. Art. 33 Ein Vertragsstaat, der aus zwei oder mehr Gebietseinheiten besteht, in denen verschiedene Rechtsordnungen für die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen gelten, kann bei der Unterzeichnung, der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt erklären, daß sich dieses Übereinkommen auf alle diese Gebietseinheiten oder nur auf eine oder mehrere dieser Gebietseinheiten erstreckt; er kann diese Erklärung jederzeit durch Abgabe einer neuen Erklärung ändern. Diese Erklärungen sind dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande unter ausdrücklicher Bezeichnung der Gebietseinheit, für die das Übereinkommen gilt, zu notifizieren. Die anderen Vertragsstaaten können die Anerkennung einer Unterhaltsentscheidung ablehnen, wenn das Übereinkommen in dem Zeitpunkt, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, für die Gebietseinheit, in der die Entscheidung ergangen ist, nicht gilt. Art. 34 Jeder Staat kann spätestens bei der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder dem Beitritt einen oder mehrere der in Artikel 26 vorgesehenen Vorbehalte machen. Andere Vorbehalte sind nicht zulässig. Jeder Staat kann ferner, wenn er eine Erstreckung des Übereinkommens nach Artikel 32 notifiziert, die Wirkung eines oder mehrerer dieser Vorbehalte auf alle oder einige der von der Erstreckung erfaßten Hoheitsgebiete beschränken. Jeder Vertragsstaat kann einen von ihm gemachten Vorbehalt jederzeit zurücknehmen. Eine solche Zurücknahme ist dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren. Die Wirkung des Vorbehalts endet am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach der in Absatz 3 genannten Notifikation.
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Art. 35 Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach der in Artikel 30 vorgesehenen Hinterlegung der dritten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft. Später tritt das Übereinkommen in Kraft für jeden Unterzeichnerstaat, der es später ratifiziert, annimmt oder genehmigt, am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde; für jeden beitretenden Staat am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach Ablauf der in Artikel 31 bestimmten Frist; für die Hoheitsgebiete, auf die das Übereinkommen nach Artikel 32 erstreckt worden ist, am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach Ablauf der im genannten Artikel bestimmten Frist. Art. 36 Dieses Übereinkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren, vom Tag seines Inkrafttretens nach Artikel 35 Absatz 1 an gerechnet, und zwar auch für die Staaten, die es später ratifiziert, angenommen oder genehmigt haben oder ihm später eingetreten sind. Die Geltungsdauer des Übereinkommens verlängert sich, außer im Fall der Kündigung, stillschweigend um jeweils fünf Jahre. Die Kündigung ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der fünf Jahre dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande zu notifizieren. Sie kann sich auf bestimmte Hoheitsgebiete beschränken, für die das Übereinkommen gilt. Die Kündigung wirkt nur für den Staat, der sie notifiziert hat. Für die anderen Vertragsstaaten bleibt das Übereinkommen in Kraft. Art. 37 Das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande notifiziert den Mitgliedstaaten der Konferenz sowie den Staaten, die nach Artikel 31 beigetreten sind, 1. jede Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme oder Genehmigung nach Artikel 30; 2. den Tag, an dem dieses Übereinkommen nach Artikel 35 in Kraft tritt; 3. jeden Beitritt nach Artikel 31 und den Tag, an dem der Beitritt wirksam wird; 4. jede Erstreckung nach Artikel 32 und den Tag, an dem sie wirksam wird; 5. jeden Einspruch gegen einen Beitritt oder eine Erstreckung nach den Artikeln 31 und 32; 6. jede Erklärung nach den Artikeln 25 und 32; 7. jede Kündigung nach Artikel 36; 8. jeden Vorbehalt nach den Artikeln 26 und 34 sowie die Zurücknahme von Vorbehalten nach Artikel 34.
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
3. a. ff. α. Verwilghen-Bericht (BTDrucks. 10/258) Nummer* Einleitung ................................................................................................................................................... 1 Erster Teil. Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen Einleitung ........................................................................................................................................... 9 Kapitel 1. Anwendungsbereich des Übereinkommens (Artikel 1 bis 3) Abschnitt 1. Die Verpflichtungen, auf die sich der Entwurf bezieht § 1 Der Grundsatz .......................................................................................................... 14 § 2 Näheres über die Tragweite des Grundsatzes .......................................................... 18 § 3 Ausnahmen vom Grundsatz .................................................................................... 25 Abschnitt 2. Entscheidungen und Vergleiche, die unter das Übereinkommen fallen § 1 Allgemeines ............................................................................................................. 26 § 2 Bedeutung der Begriffe „Entscheidungen“ und „Vergleiche“ 1 Entscheidungen .............................................................................................. 27 2 Vergleiche ....................................................................................................... 28 § 3 Die Behörde des Ursprungsstaats ............................................................................ 30 § 4 Die Parteien der Unterhaltsbeziehung ..................................................................... 32 § 5 Der Inhalt der Entscheidung und des Vergleichs ..................................................... 35 § 6 Ergänzende Erläuterungen 1 Änderung von Entscheidungen und Vergleichen ........................................... 40 2 Der Charakter des Unterhaltsanspruchs .......................................................... 42 Abschnitt 3. Der zeitliche Anwendungsbereich des Übereinkommensentwurfs ....................... 43 Kapitel 2. Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen (Artikel 4 bis 12) Abschnitt 1. Die grundlegenden Erfordernisse oder „positiven Voraussetzungen“ § 1 Allgemeines ............................................................................................................. 44 § 2 Die indirekte Zuständigkeit 1 Der Grundsatz ................................................................................................. 47 2 Die Zuständigkeiten ........................................................................................ 49 3 Die Kontrolle der Zuständigkeit ....................................................................... 54 § 3 Der endgültige Charakter der Entscheidung 1 Der Grundsatz ................................................................................................. 55 2 Die Ausnahme ................................................................................................. 58 Abschnitt 2. Die Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung oder „negativen Voraussetzungen“ § 1 Allgemeines ............................................................................................................. 59 § 2 Die Ausnahme der öffentlichen Ordnung (ordre public) .......................................... 63 § 3 Betrügerische Maßnahmen im Verfahren ................................................................ 65 § 4 Zusammentreffen eines anhängigen Verfahrens und einer ausländischen Entscheidung ........................................................................................................... 66 § 5 Widerspruch zwischen Entscheidungen .................................................................. 67 § 6 Ein Sonderfall: Die Versäumnisentscheidungen ..................................................... 68 Abschnitt 3. Tragweite der internationalen Wirksamkeit von Unterhaltsentscheidungen § 1 Allgemeines ............................................................................................................. 71 § 2 Teilweise Anerkennung und Vollstreckung ............................................................. 72 § 3 Entscheidungen, die zu regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen verurteilen ........ 73
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Die Seitenangaben beziehen sich auf das Originaldokument.
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Abschnitt 4. Die Nachprüfung auf Gesetzmäßigkeit § 1 Der Grundsatz: Der Ausschluß jeder Nachprüfung auf Gesetzmäßigkeit ................ 74 § 2 Die Ausnahmen ....................................................................................................... 77 Kapitel 3. Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen (Artikel 13 bis 17) Abschnitt 1. Der allgemeine Grundsatz: Anwendung des Rechts des Vollstreckungsstaats ........................................................................................................ 78 Abschnitt 2. Beschränkte Anträge auf Anerkennung oder Vollstreckung ................................. 80 Abschnitt 3. Die Verfahrensstellung der Parteien § 1 Prozeßkostenhilfe ................................................................................................... 81 § 2 Sicherheitsleistung für die Verfahrenskosten .......................................................... 83 Abschnitt 4. Vorzulegende Unterlagen ..................................................................................... 84 Kapitel 4. Ergänzende Bestimmungen über öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen Abschnitt 1. Allgemeines .......................................................................................................... 87 Abschnitt 2. Die geregelten Fälle .............................................................................................. 88 Abschnitt 3. Das besondere System des Übereinkommens ....................................................... 93 Kapitel 5. Vergleiche (Artikel 21) ...................................................................................................................... 98 Kapitel 6. Verschiedene Bestimmungen Abschnitt 1. Überweisungen ................................................................................................... 100 Abschnitt 2. Beziehungen zwischen dem Entwurf und anderen Bestimmungen des Internationalen Privatrechts über denselben Gegenstand § 1 Besondere Möglichkeiten des Antragstellers des Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahrens ...................................................................................... 101 § 2 Konflikte zwischen Übereinkommen ...................................................................... 102 Abschnitt 3. Internationalprivatrechtliche Übergangsfragen .................................................. 103 Abschnitt 4. Erklärungen und Vorbehalte § 1 Möglichkeit der Ausdehnung des Übereinkommens auf öffentliche Urkunden ............................................................................................................... 104 § 2 Vorbehalte .............................................................................................................. 105 Abschnitt 5. Rechtsordnungen mit interpersoneller und interlokaler Untergliederung ........... 107 Kapitel 7. Schlußbestimmungen (Artikel 30 bis 37) Abschnitt 1. Allgemeines ........................................................................................................ 109 Abschnitt 2. Die Vertragsstaaten .............................................................................................. 110 Abschnitt 3. Vorbehalte ........................................................................................................... 111 Abschnitt 4. Inkrafttreten und Gültigkeitsdauer des Übereinkommens ................................... 112 Abschnitt 5. Information der Mitgliedstaaten der Haager Konferenz und der Staaten, die dem Übereinkommen beigetreten sind ..................................................................... 113 Zweiter Teil. Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht Einleitung ........................................................................................................................................ Kapitel 1. Anwendungsbereich des Übereinkommens (Artikel 1 bis 3) Abschnitt 1. Die Unterhaltspflichten, die das Übereinkommen regelt ..................................... Abschnitt 2. Das durch das Übereinkommen geregelte Kollisionsrecht § 1 Das Prinzip ............................................................................................................. § 2 Das Problem der sogenannten „Vorfrage“ .............................................................. § 3 Tragweite von Entscheidungen, die in Anwendung des Übereinkommens erlassen werden ..................................................................................................... Abschnitt 3. Der universelle Charakter des Übereinkommens ................................................. Abschnitt 4. Der zeitliche Anwendungsbereich des Übereinkommens ....................................
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Kapitel 2. Anzuwendendes Recht (Artikel 4 bis 11) Abschnitt 1. Bestimmung des anzuwendenden Rechts § 1 Die Hauptanknüpfung ............................................................................................ § 2 „Statutenwechsel“ ................................................................................................. § 3 Ergänzende Anknüpfungsmomente ...................................................................... § 4 Sonderfälle 1 Unterhaltspflicht zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten .......................................................................................... 2 Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten, die geschieden oder ohne Auflösung des Ehebandes getrennt sind oder deren Ehe für nichtig oder als ungültig erklärt worden ist ..................................................................... 3 Recht einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung auf Erstattung der dem Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistung ............... § 5 Ausschluß der Rückverweisung ............................................................................ Abschnitt 2. Bereich des anzuwendenden Rechts § 1 Gebiete, die dem auf die Unterhaltspflicht anzuwendenden Recht unterliegen .... § 2 Verdrängung des anwendbaren Rechts 1 Die Ausnahme der öffentlichen Ordnung oder völlige Verdrängung der anzuwendenden Rechtsordnung ................................................................. 2 Materielle Vorschrift, die zur teilweisen Verdrängung des anzuwendenden Rechts führt ...................................................................... Kapitel 3. Verschiedene Bestimmungen (Artikel 12 bis 19) Abschnitt 1. Internationalprivatrechtliche Übergangsfragen .................................................. Abschnitt 2. Vorbehalte ........................................................................................................... Abschnitt 3. Rechtsordnungen mit interpersoneller und interlokaler Untergliederung .......... Abschnitt 4. Konflikte zwischen Übereinkommen .................................................................. Kapitel 4. Schlußbestimmungen (Artikel 20 bis 27) ........................................................................................ Schlußbemerkungen ...............................................................................................................
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ERLÄUTERNDER BERICHT von Michel Verwilghen (Übersetzung)
EINLEITUNG 1. „Die große politische und soziale Bedeutung, die unter den Unterhaltspflichten denjenigen innerhalb der Familie zukommt – das hat dazu geführt, daß diese in den innerstaatlichen Rechtsordnungen materiell, vor allem aber verfahrensmäßig besonders geregelt werden –, macht es ohne weiteres verständlich, warum es angezeigt erscheint, für diese eigene Art von Pflichten auch auf internationaler Ebene eine besondere Regelung vorzusehen.“1 Diese zutreffende Feststellung, die einem gemeinsamen Bericht des Völkerbundes und des Internationalen Instituts zur Vereinheitlichung des Privatrechts aus dem Jahr 1938 vorangestellt wurde, hat nichts von ihrer Aktualität verloren. Sie beweist, daß die Staaten seit vielen Jahren der Vereinheitlichung der Normen des Internationalen Privat-
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1 „Die Vollstreckung von Unterhaltspflichten im Ausland“, S.D.N.–U.D.P. (Völkerbund), 1938 – Etudes II; Dettes alimentaires – Doc. 13 (1) Rom, Oktober 1938, S. 12, Nr. 3.
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rechts und der zwischenstaatlichen rechtlichen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht ihre unverminderte Aufmerksamkeit schenken. Tatsächlich gibt es in den Annalen dieses Rechtsgebiets nur wenige Beispiele eines Bereichs, für den so oft eine Vereinheitlichung versucht worden ist: Eine sehr große Zahl von Institutionen und Fachgremien hat an diesem umfassenden Prozeß teilgehabt, dem in großem Umfang humanitäre Erwägungen zugrunde liegen. 2. Die Unterhaltspflichten standen in der Vergangenheit mehrmals auf den Tagesordnungen der Tagungen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht.2 Zwei wichtige internationale Übereinkommen sind aus diesen Arbeiten hervorgegangen.3 Allmählich empfand man jedoch die Grenzen ihres Anwendungsbereichs – sie gelten nur für die Unterhaltspflicht gegenüber Kindern – als zu eng. Von verschiedenen Seiten wurde eine Ausdehnung der Anwendung dieser Übereinkommen auf andere Arten von Unterhaltsberechtigten oder sogar eine Anpassung dieser Übereinkünfte an eine veränderte soziale Wirklichkeit gefordert.4 Der politische Wille, Texte mit einem umfassenderen Geltungsbereich und modernerer Struktur auszuarbeiten, hat sich so im Lauf der Jahre entwickelt und war vor kurzem ausgereift. Während ihrer Zwölften Tagung im Oktober 1972 und der anschließenden Sitzung der Sonderkommission im März 1973 (siehe dazu unten Nr. 6) hat die Haager Konferenz ihre Arbeit auf diesem Gebiet zum Abschluß gebracht. Zwei neue Entwürfe internationaler Übereinkommen sind ausgearbeitet worden. Der erste betrifft die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zu einem Komplex, den man als „Familien-Unterhaltspflichten“ bezeichnen könnte;5 der zweite Entwurf bestimmt das auf solche Unterhaltspflichten anzuwendende Recht. Gemäß ihrem Statut hat die Haager Konferenz somit auf diesem Rechtsgebiet in großem Umfang zu der fortschreitenden Vereinheitlichung der Kollisionsnormen sowie der Regeln über die internationale Zuständigkeit der Behörden und Gerichte beigetragen. Indem sie etappenweise vorging – das ermöglichte es ihr, aus den Erfahrungen mit den vorher erarbeiteten Ergebnissen Nutzen zu ziehen – hat sie allmählich ein Werk von großem praktischem Interesse und hohem wissenschaftlichem Rang geschaffen. 3. Muß betont werden, daß sich die beiden neuen internationalen Vertragswerke gegenseitig ergänzen? Die Delegierten waren sich stets der Tatsache bewußt, daß sie aufgefordert waren, verschiedene technische Aspekte ein und desselben Grundproblems zu lösen, nämlich der Unterhaltsbeziehungen zwischen Mitgliedern ein und derselben Familie, wenn sie durch das Vorliegen eines internationalen Elements kompliziert sind. Die von den Verfassern dieser Übereinkommen verfolgten Ziele sind bereits eingehend im Bericht der Sonderkommission zur Vorbereitung der Arbeiten der Zwölften Ta-
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2 Detaillierter historischer Abriß bei M. Pelichet „Rapport sur les obligations alimentaires envers les adultes en droit international privé, Den Haag, Ständiges Büro der Konferenz, vorl. Dok. Nr. 1, S. 13. 3 Siehe Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht (im folgenden „Übereinkommen über das anzuwendende Recht von 1956“ genannt) und Übereinkommen vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern (im folgenden „Vollstreckungsübereinkommen von 1958“ genannt). Dazu Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Band I, S. 163–218, 310–322 und 348–355, Band II, S. 123–184. 4 Siehe insbesondere Stellungnahme des Europarats in Dok. C E., „Conclusions Ad hoc, OBA 1 (1968) def.“ S. 11. 5 Um jedes Mißverständnis zu vermeiden, ist darauf hinzuweisen, daß der Ausdruck „Familie“ in einem weiten Sinn verstanden wurde und nicht im fachspezifischen Sinn, den er im rechtlichen Bereich hat. Im weiteren Verlauf wird man sehen, daß die Unterhaltspflichten, die auf „quasi-familiären“ Beziehungen beruhen (z.B. der Vaterschaftsvermutung) von den neuen Übereinkommen erfaßt werden (siehe unten Nr. 19).
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gung dargestellt.6 Es darf daran erinnert werden, daß es im wesentlichen darum ging, für die Familien-Unterhaltspflichten im weiten Sinn eine einheitliche Regelung auszuarbeiten, die deren internationalen Zusammenhängen Rechnung trägt. Jedoch erforderte die Unterschiedlichkeit der Verfahren, die angewandt werden, um die Probleme des Internationalen Privatrechts einerseits und der Konflikte zwischen Gerichten aus verschiedenen Rechtsordnungen* (*Anmerkung des Übersetzers: Regelung der internationalen Zuständigkeit der Behörden und Gerichte und der Anerkennung und Vollstreckung ihrer Entscheidungen im Ausland) andererseits zu lösen, eine Aufteilung dieser Regelungen auf zwei verschiedene Übereinkommen. Diese formale Zweiteilung wird es den Staaten, die dies wünschen, erlauben, ihre Beteiligung an den gemeinsamen Bemühungen um Vereinheitlichung darauf zu beschränken, daß sie nur das Übereinkommen ratifizieren, an dem ihnen gelegen ist. Die sachliche Verbindung zwischen beiden Übereinkünften sowie die Tatsache, daß jede von ihnen nur die Hälfte des Problems löst, verdeutlichen dessenungeachtet, daß nur die Ratifikation beider Übereinkommen die größtmögliche Wirksamkeit des Systems gewährleistet. 4. Mehrere Delegationen haben sogar betont, daß das am 20. Juni 1956 in New York unterzeichnete Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland ebenfalls unerläßlich ist, um das zugunsten der Unterhaltsberechtigten verfolgte humanitäre Ziel vollständig zu erreichen. Die zwischen den drei Seiten des Problems bestehende Beziehung – das Bemühen um eine einheitliche Lösung des Normenkonflikts, die Schaffung gemeinsamer Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen sowie die Errichtung von Behörden, die für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland zuständig sind – hat die Einheitlichkeit der drei multilateralen internationalen Verträge hierzu zur Folge. Es ist jedoch schwierig zu sagen, welchem unter diesen drei Übereinkommen die zentrale Bedeutung zukommt. 5. Ein einfacher Vergleich der beiden in diesem Bericht erläuterten Übereinkommen genügt, um ein anderes charakteristisches Merkmal zu zeigen, nämlich ihre Ähnlichkeit als natürliches Ergebnis der Übereinstimmung des verfolgten Zieles. Beide Übereinkommen ergänzen sich nicht nur wechselseitig, sondern mußten sich zwangsläufig auch ähnlich sein. Diese Parallelität zeigt sich insbesondere in den Klauseln zum Anwendungsbereich der Übereinkommensbestimmungen: Beide Übereinkünfte beziehen sich auf dieselben Unterhaltspflichten, beide schließen dieselben Gebiete außerhalb der Unterhaltspflichten aus. Diese „Verwandtschaft“ findet man in den Bestimmungen über öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen, in der Formulierung des Ausnahmetatbestands der öffentlichen Ordnung, in einigen Vorbehaltsklauseln und in den Schlußbestimmungen wieder. Die Kommission hat es jedoch zu vermeiden gewußt, die Ähnlichkeiten zwischen den beiden Verträgen auf das äußerste zu treiben. Das Bemühen um Ähnlichkeit durfte gerade den Interessen nicht schaden, die man zu schützen bemüht war. So wäre es schädlich gewesen, wenn man den jeweiligen Anwendungsbereich der beiden Übereinkommen genau kopiert hätte. Ebenso war der Hinweis auf die Gegenseitigkeit der Übereinkommensbestimmungen vielleicht bei dem einen Entwurf gerechtfertigt, nicht aber bei dem anderen. Dies erklärt die grundlegenden Verschiedenheiten, die man bei den Texten feststellen kann.
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6 Diese Kommission hat in Den Haag zwei Arbeitssitzungen abgehalten und zwei Vorentwürfe internationaler Übereinkommen ausgearbeitet. Diese waren Gegenstand eines ausführlichen Kommentars (im folgenden „Erläuternder Bericht“ genannt), der vom Verfasser des vorliegenden Berichts ausgearbeitet wurde.
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Die neuen Übereinkommen sind somit keine „Zwillingsschwestern“ oder „siamesischen Zwillinge“ im eigentlichen Sinn: Obwohl gemeinsam als Ergebnis von Überlegungen und Diskussionen derselben Gruppe von Delegierten konzipiert, sind sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten zustande gekommen – das eine im Oktober 1972, das andere im März 1973 –, und trotz einiger auffälliger Übereinstimmungen trägt jedes von ihnen zahlreiche individuelle Züge. 6. Die in der Sonderkommission in den Jahren 1971/1972 durchgeführten Vorbereitungsarbeiten hatten zu der Annahme geführt, daß es leichter sei, sich über einheitliche Regeln über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten zu verständigen als über eine Vereinheitlichung der Anknüpfungsnormen auf diesem Gebiet. Zu Beginn der Zwölften Tagung beschlossen die in der Dritten Kommission versammelten Delegierten dementsprechend, mit der Untersuchung der Konflikte zwischen Gerichten aus verschiedenen Rechtsordnungen zu beginnen. Sie hofften, die Regeln über das Internationale Privatrecht danach vereinheitlichen und somit die Tagesordnungspunkte in einer einzigen Sitzung erledigen zu können. Diese Art der Arbeitsorganisation war neu. Unter dem Einfluß von Professor Meijers war die Vereinheitlichung des Internationalen Privatrechts während der Achten Tagung derjenigen der Normen über die Wirksamkeit von Unterhaltsentscheidungen vorausgegangen.7 In gleicher Weise hatte es die Sonderkommission, die im März 1972 zusammengetreten war, vorgezogen, das Problem in dieser Reihenfolge in Angriff zu nehmen. Im Oktober 1972 wurde erstmals das umgekehrte Verfahren angewandt. Die Tatsache, daß das Vollstreckungsübereinkommen früher als das Übereinkommen über das anzuwendende Recht zustande gekommen ist, hat sich auf die Gesamtheit der angenommenen Lösungen ausgewirkt. Die Ausarbeitung des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen erforderte einen viel größeren Zeitaufwand, als ursprünglich angenommen worden war. Die Probleme des auf Unterhaltspflichten anwendbaren Rechts konnten im Oktober 1972 kaum zur Sprache gebracht werden. Aus diesem Grund wurde am Ende der Zwölften Tagung beschlossen, daß innerhalb von 6 Monaten eine Sonderkommission zusammentreten solle, um die Arbeiten auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten durch die Ausarbeitung eines Übereinkommens zur Vereinheitlichung der Vorschriften über die Anknüpfungsregeln abzuschließen.8 Diese Kommission tagte im März 1973. 7. Wenn man die Vereinheitlichung eines bereits teilweise vereinheitlichten Rechtsgebiets erneut betrachtet, ergibt sich zwangsläufig das klassische Problem der wünschenswerten Harmonisierung der alten Texte mit den neuen internationalen Verträgen. Die Sonderkommission, die beauftragt war, die Arbeiten der Zwölften Tagung vorzubereiten, hatte diese Schwierigkeiten erst am Ende ihrer Erörterungen zur Sprache gebracht. Sie stellte die Frage wie folgt: Wie konnten die beiden von ihr ausgearbeiteten Vorentwürfe von Übereinkommen über das Internationale Privatrecht der Unterhaltspflichten gegenüber Erwachsenen mit den Haager Übereinkommen über die Unterhaltspflichten gegenüber Kindern koordiniert werden, die in mehreren Staaten in Kraft sind? Spuren davon finden sich in den Präambeln der neuen Übereinkommensentwürfe. Das Problem stellte sich mit ganz besonderer Schärfe bei der Aufnahme der anschließenden Arbeiten, im Oktober 1972 ebenso wie im März 1973. Nach lebhaften Debatten beschlossen die Delegierten, sich nicht auf eine einfache Harmonisierung der alten
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7 Actes et Documents de la Septième Session (1951), Band I, S. 241; Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Band II, S. 132. 8 Siehe Acte final de la Douzième Session, Punkt B (Entscheidung über den Abschluß der Arbeiten auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten).
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und neuen Texte durch ein am Ende der Sitzung zu erstellendes Protokoll oder durch andere geeignete Mittel zu beschränken. Die Kommission, die einen Vorschlag der belgischen Delegation annahm und sich von Präzedenzfällen früherer Arbeiten der Konferenz9 leiten ließ, entschied sich dafür, die früheren Übereinkommen mit den geplanten auf eine Linie zu bringen. Sie beschloß mit anderen Worten, zwei Übereinkünfte zu schaffen, die alle Familien-Unterhaltspflichten10 unabhängig vom Alter und Personenstand des Unterhaltsberechtigten erfassen sollten. Jedes dieser neuen Übereinkommen sollte in den Beziehungen der Staaten, die es ratifizierten, jeweils an die Stelle des Übereinkommens von 1956 und desjenigen von 1958 treten. 8. Durch die Annahme des soeben beschriebenen Verfahrens beabsichtigten die Delegationen der Mitgliedstaaten vor allem, die Vermehrung der multilateralen Verträge über ein und dasselbe Rechtsgebiet zu vermeiden. Dadurch wollten sie Konflikte zwischen Bestimmungen in verschiedenen Übereinkommen verhindern und die Ratifikation durch die Länder fördern, die es angesichts der Vervielfältigung der internationalen Übereinkommen über die Unterhaltspflichten vorgezogen hätten, sich der Ratifikation zu enthalten. Dieses Verfahren besitzt im übrigen den Vorteil, die meisten technischen „Koordinierungsschwierigkeiten“ der verschiedenen in Frage stehenden Vertragswerke zu beseitigen. Schließlich wird dieses Verfahren die Aufgabe der Rechtsanwender – Richter und Rechtsanwälte – sowie auch die der Hauptbetroffenen erleichtern: der Unterhaltsverpflichteten und -berechtigten. Darüber hinaus muß man anerkennen, daß der Unterscheidung zwischen einem Internationalen Privatrecht für die Unterhaltspflichten gegenüber Kindern und einem anderen, das auf die Unterhaltsbeziehungen unter Erwachsenen anzuwenden ist, weder historische Gründe (das allgemeine Recht der Staaten kennt diese Differenzierung nicht) noch unbestreitbare theoretische Argumente zugrunde liegen. Bedeutet dies, daß die früheren Übereinkommen gewissermaßen vergessen oder geopfert wurden? Sicherlich nicht. Die Kommission ließ sich in großem Umfang von den Übereinkommen von 1956 und 1958 leiten. Die Durchsicht der neuen Entwürfe zeigt, daß mehrere Lösungen und sogar ganze Bestimmungen aus ihnen übernommen worden sind. Im übrigen haben die Delegierten häufig auf die Rechtsprechung der Vertragsstaaten und die Meinungen der Lehre zu den früheren Verträgen Bezug genommen. Sie widmeten besondere Aufmerksamkeit den Unterschieden in der Auslegung, zu denen einige der Übereinkommensbestimmungen Anlaß gegeben hatten, und nahmen in solchen Fällen präzisere, ausführlicher gefaßte Texte an. Kurz gesagt waren das Übereinkommen über das anzuwendende Recht von 1956 und das Vollstreckungsübereinkommen von 1958 die wichtigsten Quellen, von denen sich die Delegierten inspirieren ließen. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß diese beiden Verträge für jene Staaten fortbestehen werden, die dies wünschen: Die Haager Konferenz hat in dieser Hinsicht einen Wunsch geäußert, demzufolge das neue Vollstreckungsübereinkommen nicht als Hindernis für die Ratifikation des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 anzusehen ist.11 Schließlich ist es offensichtlich, daß die früheren Übereinkommen noch eine Reihe von Jahren ihren vollen
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9 Das am 1. März 1954 in Den Haag geschlossene Übereinkommen über den Zivilprozeß sieht in seinem Artikel 29 vor, daß es im Verhältnis zwischen den Staaten, die es ratifiziert haben, an die Stelle des am 17. Juli 1905 in Den Haag unterzeichneten Übereinkommens über den Zivilprozeß tritt. Siehe auch Artikel 22 des Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handeissachen, das am 15. November 1965 in Den Haag geschlossen wurde, sowie Artikel 29 des Übereinkommens über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen, das am 18. März 1970 in Den Haag geschlossen wurde. 10 Siehe die oben unter Note 5 zitierte Bemerkung. 11 Siehe Acte final de la Douzième Session, Punkt D (Wünsche) Nr.4. Obwohl die Sonderkommission vom März 1973 nichts Derartiges für das Gebiet des Internationalen Privatrechts vorgesehen hat, ist es nicht verboten, in dieser Hinsicht einen entsprechenden Wunsch zu äußern.
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praktischen Nutzen behalten werden, das heißt zumindest bis die neuen Übereinkünfte von einer ebenso großen Zahl von Staaten wie die früheren ratifiziert sein werden.
ERSTER TEIL Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen Einleitung 9. Indem die Verfasser des Vertrags für den Entwurf die Überschrift „Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen“ gewählt haben, beabsichtigten sie, in einer lapidaren Formel – die auf den Titel des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 zurückgeht – den allgemeinen Inhalt dieses Vertragswerks darzustellen. Diese Überschrift bezeichnet demnach nicht genau den Gegenstand und Anwendungsbereich des Übereinkommens, sie soll nur die Richtung anzeigen. Die einzelnen Artikel, die den Kern des Vertrags bilden, bringen die zusätzlichen notwendigen Erklärungen. Eine wichtige Klarstellung der Grenzen der Vereinheitlichung ist jedoch schon in der Überschrift zu finden: Die Delegierten wollten gleich zu Beginn darauf aufmerksam machen, daß die im Vertrag vorgesehenen Erleichterungen nur bestimmte Entscheidungen begünstigen. Dies wird vor allem im französischen Wortlaut klar, wo der Partitiv-Artikel (de decisions) dem unbestimmten Artikel vorgezogen wurde (des decisions). Der englische Wortlaut bringt denselben Gedanken, wenn auch nicht so deutlich, zum Ausdruck („recognition and enforcement of decisions“). 10. Die Begriffe „Anerkennung“ (reconnaissance, recognition) und „Vollstreckung“ (execution enforcement), die in der Überschrift zu finden sind, werden im folgenden sehr oft wiederkehren. Was bedeuten sie? Unter „Anerkennung“ einer ausländischen Entscheidung ist grundsätzlich zu verstehen, daß diese im Vollstreckungsstaat die Bindungswirkung – oder, wenn man so will, die Rechtskraftwirkung – erhält, die sie im Ursprungsstaat hat. Weil aber auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten zahlreiche Entscheidungen einen vorläufigen Charakter haben und deswegen nicht immer als „rechtskräftig“ im engen Sinn gelten können, ist dieser Ausdruck im Entwurf vermieden worden. Wenn das Übereinkommen von „Vollstreckung“ der ausländischen Entscheidungen spricht, dann ist damit selbstverständlich nicht alles gemeint, was man im eigentlichen Sinn unter Durchsetzung oder Zwangsvollstreckung des ausländischen Urteils oder Beschlusses versteht. Jeder Vertragsstaat wird weiterhin sein eigenes Verfahrensrecht auf die Zwangsmaßnahmen gegenüber Personen oder Sachen anwenden. Die Vollstreckung, auf die sich der Vertrag bezieht, hat demnach eine andere Bedeutung: die Erteilung der Vollstreckungsklausel für den ausländischen Titel, dessen Zwangsvollstreckung im Vollstreckungsstaat betrieben werden soll. Mit anderen Worten geht es darum, der ausländischen Entscheidung in diesem Staat die Vollstreckbarkeit zu verleihen.12 11. Der Aufbau des Übereinkommens entspricht dem üblichen. Der Vertrag beginnt mit einer Präambel in vier Teilen. Darauf folgt der Hauptteil, der die normativen Grundsätze enthält und aus siebenunddreißig Artikeln besteht. Das Vertragswerk schließt mit der traditionellen protokollarischen Formel über den Ort und das
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Siehe schon Erläuternder Bericht, Nr. 89.
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Datum des Vertragsschlusses. Diese Formel unterstreicht insbesondere, daß das Übereinkommen in französischer und englischer Sprache abgefaßt wurde und daß „jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich“ ist. Diese Abfassung hat die Delegierten vor große sprachliche Schwierigkeiten gestellt, aber sie wird zweifellos die Aufgabe derjenigen erleichtern, welche die Bestimmungen des Übereinkommens auslegen müssen. 12. Die Präambel kündigt die Absicht der Verfasser des Entwurfs an: Die Rechtsvereinheitlichung auf diesem Gebiet soll vervollständigt – aber nicht zu Ende geführt – werden, und gleichzeitig sollen die neuen Bestimmungen und diejenigen des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 koordiniert werden (siehe oben Nr. 7 und 8). Genauer wird versucht, gemeinsame Bestimmungen aufzustellen, um die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in bezug auf die Gesamtheit der „Familien-Unterhaltspflichten“ zu regeln. Ein weiterer wichtiger Hinweis findet sich schon in der Präambel: der Gedanke der Gegenseitigkeit. Da das Übereinkommen es sich zum Ziel setzt, bestimmte Regeln für Konflikte zwischen Behörden und Gerichten zu vereinheitlichen – ein Hauptanwendungsgebiet des do ut des –, ist man selbstverständlich davon ausgegangen, daß es in den gegenseitigen Beziehungen zwischen den Vertragsstaaten und nur zwischen diesen angewandt werden soll. Dieser Begriff der Gegenseitigkeit muß aber wohl verstanden werden: Wenn das Übereinkommen für seine Anwendung fordert, daß man der Eigenschaft des Landes, aus dem die Entscheidung stammt, als Vertragsstaat Rechnung trägt, stellt es gleichzeitig klar, daß die Staatsangehörigkeit der Parteien und der Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts in dieser Hinsicht keinerlei Bedeutung haben (siehe unten Nr. 34). Allein in der Präambel werden zwei Arten von Unterhaltsberechtigten nach Alter und Personenstand unterschieden: Die Bezugnahme auf den Begriff „Kind“ und „Erwachsener“ taucht in der Folge nicht mehr auf, zumindest nicht in demselben Sinn.13 Da kein Artikel des Vertrags diese Begriffe verwendet, konnte man auf Definitionen verzichten und so die großen Schwierigkeiten vermeiden, die diese ohne Zweifel aufgeworfen hätten. 13. Der Teil des Berichts, der die Kommentierung des Übereinkommens darstellt, folgt dem generellen Aufbau des Vertragswerks. Seine Darstellung ist daher zugleich eine Ankündigung der folgenden Untergliederungen. Die Artikel des Übereinkommens sind in sieben Kapitel ungleichen Umfangs aufgeteilt worden. Die drei Artikel, die am Anfang den Anwendungsbereich der Übereinkunft bestimmen, bilden das erste Kapitel. Darauf folgen die zwei wichtigsten Kapitel des Übereinkommens, das eine über die Voraussetzungen, das andere über das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung der von der Übereinkunft erfaßten Entscheidungen. Drei Artikel über die öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtungen, welche die Vollstreckbarerklärung von Entscheidungen betreiben, die einen Unterhaltsverpflichteten zur Erstattung der für den Berechtigten erbrachten Leistungen verurteilen,14 bilden das Kapitel 4. Auf dieses Kapitel folgt der kürzeste Teil des Übereinkommens: Kapitel 5 besteht tatsächlich nur aus einem einzigen Artikel, der sich mit den Vergleichen befaßt. In Kapitel 6 sind „verschiedene Bestimmungen“ über das Inkrafttreten des Übereinkom-
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13 Siehe jedoch Artikel 1, in dessen französischer Fassung der Begriff „Kind (enfant)“ im Sinn von „Abkömmling“ gebraucht wird (siehe unten Nr. 19); die englische Fassung des Artikels dürfte, indem sie den Begriff „infant“ verwendet, nicht der Absicht der Verfasser des Übereinkommens entsprechen, für die der Begriff des Kindes in Artikel 1 des Übereinkommens auch einen Erwachsenen erfassen kann. Aus diesem Grund haben die Delegierten der Sonderkommission im März 1973 in der englischen Fassung des Artikels 1 des Übereinkommens über das anwendbare Recht den Begriff „child“ gegenüber „infant“ vorgezogen. 14 Der Begriff Exequatur (Vollstreckbarerklärung), der französischen Juristen geläufig ist, wird in diesem Bericht ebenso wie bei den Beratungen während der Zwölften Tagung oft gebraucht werden. Er ist nicht im technischen Sinn zu verstehen, sondern in einem sehr weiten Sinn, der alle Formen der Anerkennung und Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung einschließt.
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mens, die Vorbehalte, das interlokale und interpersonelle Privatrecht, die Transferbestimmungen, das Verhältnis zu anderen Übereinkommen usw. zusammengefaßt. Kapitel 7 enthält schließlich die üblichen Schlußbestimmungen über die Unterzeichnung, die Ratifikation des Übereinkommens, die Beitrittsklausel usw.
KAPITEL 1 Anwendungsbereich des Übereinkommens (Artikel 1 bis 3) ABSCHNITT 1 Die Verpflichtungen, auf die sich der Entwurf bezieht §1 Der Grundsatz 14. Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich des Übereinkommensentwurfs war Gegenstand langer Erörterungen in der Sonderkommission, welche die Zwölfte Tagung vorbereitete.15 Diese vorbereitende Arbeit hat es ermöglicht, ohne größere Verzögerung zu einer Einigung in der Sache zu gelangen. Die große Mehrheit der vertretenen Staaten wünschte in der Tat, daß die Vereinheitlichung sich auf die internationale Wirksamkeit der Entscheidungen auf dem Gebiet der Familienunterhaltspflichten beziehen sollte. Dieser Begriff, der schon oft in diesem Bericht verwandt worden ist, erfaßt im allgemeinen sämtliche Unterhaltspflichten kraft Gesetzes zwischen Verwandten, Ehegatten, früheren Ehegatten und Verschwägerten. Im Vergleich zu dem Vollstreckungsübereinkommen von 1958, das sich, wie wiederholt werden mag, auf Unterhaltspflichten gegenüber Kindern beschränkt, ist also ein großer Schritt nach vorn getan worden. Damals erschien es angebracht, sich aus Gründen der unmittelbaren Verwirklichung16 auf die dringendsten und häufigsten Fälle zu beschränken. Von nun an werden alle Unterhaltsansprüche, die durch Gesetz begründet sind und aus „Familienbeziehungen“ hervorgehen, durch das Vertragsrecht erfaßt. 15. Alle anderen Unterhaltspflichten – das heißt, a contrario, die nicht kraft Gesetzes bestehen oder nicht aus Familienbeziehungen im weiten Sinn hervorgehen – fallen demnach nicht in den Anwendungsbereich. Zumindest im Grundsatz nicht, denn später werden einige Abschwächungen und Ausnahmen festgestellt werden (siehe unten Nr. 16 und 17, 23 bis 25). So sind die Unterhaltspflichten des Beschenkten gegenüber dem Schenkenden, die in manchen Rechtsordnungen bestehen, nicht in den Anwendungsbereich des Vertrags einzubeziehen.17 Gleiches gilt auch für Unterhaltsansprüche, die sich aus einer unerlaubten Handlung ergeben, sowie Unterhaltspflichten in loco parentis usw. 16. Der Fall der Unterhaltspflichten auf rechtsgeschäftlicher Grundlage, die im Internationalen Privatrecht besondere Probleme aufwerfen, die derzeit im allgemeinen Recht der Staaten uneinheitlich gelöst werden, ist sehr viel schwieriger. Zahlreiche Entscheidungen lösen Rechtsstreitigkeiten, die in bezug auf einseitige Rechtsakte oder Verträge entstanden sind, die einer Person die Verpflichtung auferlegen, einer anderen die Existenzgrundlage zu verschaffen. Darüber hinaus sind diese Akte und Verträge oft un-
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Siehe Erläuternder Bericht, Nr. 4–18. Siehe Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Band I, S. 316; Band II, S. 125. Siehe zum Beispiel Artikel 955 des französischen Zivilgesetzbuchs (code civil).
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abhängig von jeder Rechtsstreitigkeit in eine öffentliche Urkunde oder im Zusammenhang mit einer gerichtlichen Klage in eine gerichtliche Entscheidung „einbezogen“. Diese Einbeziehung kommt entweder auf Grund des einschlägigen Gesetzes zustande oder auf Verlangen der einen oder anderen Partei, die einer privaten Rechtshandlung größere Authentizität verleihen möchte. Diesen Erscheinungen begegnet man vor allem in manchen amerikanischen und skandinavischen Staaten. Sollten diese Entscheidungen und öffentlichen Urkunden über die freiwillige Verpflichtung einer Person, für den Unterhalt eines Mitglieds ihrer Familie aufzukommen, obwohl das einschlägige Gesetz zwischen ihnen keine Unterhaltspflicht schafft, in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen? 17. Die Delegierten haben keine klare Antwort auf diese Frage gegeben. Alle waren der Meinung, daß die juristische Kategorie der „Unterhaltspflichten“, die bei der Achten Tagung der Haager Konferenz geschaffen wurde, unverändert übernommen werden sollte. Zweifel ergaben sich jedoch, als es darum ging, den genauen Inhalt dieser Kategorie zu bestimmen. Ausgehend von den besonders anerkannten Kommentierungen, die zu den Haager Übereinkommen von 1956 und 1958 veröffentlicht wurden,18 waren die Delegierten der Meinung, daß freiwillige Verpflichtungen, die über die einfache Bestätigung der gesetzlichen Verpflichtung hinausgehen, nicht in den Anwendungsbereich des neuen Vertragswerks fallen sollten. Artikel 1 Absatz 1 enthält in dieser Hinsicht nichts Genaueres. Auf jeden Fall wird man daraus, daß er sich auf Unterhaltspflichten „aus Beziehungen der Familie“ bezieht, schließen müssen, daß die freiwillige Verpflichtung immer auf eine Familienverbindung zurückgehen muß. Man muß also die Vereinbarung daraufhin betrachten, ob es vorwiegend diese Bindung ist, die den Unterhaltsverpflichteten dazu veranlaßt hat, sich bereit zu erklären, für den Unterhalt des Berechtigten aufzukommen. Diese Überprüfung der Motive des Unterhaltsverpflichteten kann nur im Einzelfall vorgenommen werden. Es wird Sache der angerufenen Behörde sein zu entscheiden – und das war durchaus die Absicht der Delegierten –, ob das Übereinkommen auf eine Entscheidung über Unterhaltspflichten aus Rechtsgeschäften anwendbar ist. Was die öffentlichen Urkunden betrifft, so sind sie Gegenstand einer besonderen Bestimmung, auf die später einzugehen ist (siehe unten, Nr. 104). §2 Näheres über die Tragweite des Grundsatzes 18. Nachdem diese grundsätzliche Haltung einmal eingenommen war, galt es zunächst, sie in einem völlig eindeutigen Satz zu formulieren. Artikel 1 Absatz 1 des Vertrags hat, ohne besonders elegant zu sein, den Vorteil, relativ knapp und mit ausreichender Klarheit den wichtigsten materiellen Gegenstand des Übereinkommens zu beschreiben: die Unterhaltspflichten aus Beziehungen der Familie, das heißt die Unterhaltspflichten aus Blutsverwandtschaft, Ehe und Schwägerschaft. Bevor diese drei Fälle eingehend untersucht werden, ist festzustellen, daß der Entwurf ebenso wie der Vorentwurf keine formelle Definition der Begriffe „Unterhaltspflichten“ und „Unterhalt“ vorschlägt. Es ist nicht notwendig, die Gründe dieser Unterlassung und ihre Folgen hierzu wiederholen.19
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18 Siehe insbesondere den Bericht von P. Jenard in Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Band I, S. 317 („Grundsätzlich ist das Übereinkommen weder auf Vereinbarungen zwischen den Parteien noch auf von Amts wegen vollstreckbare Vergleiche anwendbar …“). 19 Es genügt, auf den Erläuternden Bericht, Nr. 10 zu verweisen.
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19. Das Übereinkommen betrifft zunächst die Unterhaltspflichten aus Beziehungen der Verwandtschaft im weiten Sinn. Darunter sind die Beziehungen aus ehelicher, natürlicher (unehelicher oder nichtehelicher, unabhängig davon, ob diese Verwandtschaft außerdem als einfach nichtehelich, ehebrecherisch oder blutschänderisch einzustufen ist) oder Adoptions-Verwandtschaft gemeint (ohne daß zwischen der sogenannten „VollAdoption“ und derjenigen mit geringerer Wirkung zu unterscheiden wäre). Die Unterhaltspflichten, die auf der vermuteten oder fiktiven Vaterschaft [„Zahlvaterschaft“]* (* im Original deutsch) und der tatsächlichen Mutterschaft beruhen, fallen in den Anwendungsbereich des Übereinkommens. Als sie diesen Fall regelten, haben die Verfasser des Übereinkommens nicht die Absicht gehabt, über den Wert der Rechtsordnungen der Staaten zu urteilen, die diese Art von Abstammung kennen, sondern wollten nur auf internationaler Ebene die Lage der Unterhaltsberechtigten begünstigen, die einen solchen Status haben. Tatsächlich mußten die Anträge auf Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen sicher erfaßt werden, die den vermuteten Erzeuger eines Kindes verurteilen, das aus Beziehungen nicht verheirateter Personen hervorgegangen ist. In Ermangelung einer ausdrücklichen Klarstellung hätte man den Begriff „Verwandtschaft“ in seinem gebräuchlichen juristischen Sinn, also eng auslegen können. Nach mehreren Rechtsordnungen gehört das nicht anerkannte uneheliche Kind tatsächlich nicht zur Familie seines Erzeugers, und es gibt keine rechtliche Verwandtschaftsbeziehung zwischen beiden. Das Wort „Verwandtschaft“, das Artikel 1 des Übereinkommens gebraucht, muß also einen weiteren Sinn erhalten, wie es dieser Artikel ausdrücklich betont. In dieser Hinsicht wäre es vielleicht vorteilhafter gewesen, in dem betreffenden klarstellenden Satzteil den Gebrauch des Begriffs „Kind“ (enfant, infant) zu vermeiden, um den Unterhaltsberechtigten zu bezeichnen, und an seiner Stelle das Wort „Abkömmling“ zu verwenden. 20. Die Verwandtschaft, von der das Übereinkommen spricht, schließt sowohl die direkte Linie als auch die Seitenlinie ein, gleichgültig welchen Grades. Die „Liberalität“ dieser Regel könnte überraschen. In Wirklichkeit ist sie aber nur scheinbar. Zur Zeit neigen die meisten Rechtsordnungen der Welt dazu, Unterhaltspflichten nicht mehr in so weitem Umfang festzulegen wie in der Vergangenheit. Die kürzliche Reform des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs stellt ein besonders auffallendes Beispiel dafür dar.20 Die Länder, in denen es noch Unterhaltsbeziehungen zwischen Onkel oder Tante einerseits und Neffe oder Nichte andererseits, zwischen Großeltern und Enkel oder Urenkel, zwischen Geschwisterkindern und Cousins zweiten Grades usw. gibt, sind selten.21 Im übrigen sind, wie gesagt, Vorbehalte ermöglicht worden (siehe unten Nr. 105 und 106). 21. Artikel 1 Absatz 1 bezieht in den Anwendungsbereich des Übereinkommens auch die Unterhaltspflichten aus „Beziehungen der Ehe“ ein. Unter diese Kategorie fallen die Verpflichtungen zwischen Ehegatten, also zwischen zusammenlebenden Ehegatten, zwischen tatsächlich getrennt lebenden Ehegatten und solchen, die auf Grund einer Entscheidung des zuständigen Gerichts oder der zuständigen Verwaltungsbehörde getrennt von Tisch und Bett leben, sowie zwischen Ehegatten, deren Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Scheidung bevorsteht.
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20 Siehe die Änderungen zum Ersten Buch des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs, insbesondere Art. 404 ff. des neuen B.W. 21 In Spanien (Art.143 des Zivilgesetzbuches – ZGB), Italien (Art.439 ZGB), Portugal (Art. 2009 ZGB), der Schweiz (Art. 328 ZGB) und der Türkei (Art. 315 ZGB) zum Beispiel gibt es bestimmte Unterhaltspflichten zwischen Seitenverwandten, während es keine ähnlichen Bestimmungen in der Bundesrepublik Deutschland, in Belgien, Frankreich und den meisten angelsächsischen Ländern gibt.
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Die Unterhaltsbeziehungen zwischen Personen, die verheiratet waren, fallen ebenso in diese Kategorie, ob es sich um Geschiedene handelt oder um Personen, deren Ehe für nichtig oder als ungültig erklärt wurde. 22. Das Übereinkommen findet schließlich auf Entscheidungen über Unterhaltspflichten aus Beziehungen der Schwägerschaft Anwendung, unabhängig davon, ob es sich um Schwägerschaft in direkter oder in der Seitenlinie handelt. Auch hier ist die „Liberalität“ des Vertrags nur relativ: Bekanntlich gibt es nur in wenigen Staaten Unterhaltspflichten zwischen Verschwägerten;22 wenn sie sie anerkennen, sind beachtliche Grenzen vorgesehen, und im allgemeinen besteht die Verpflichtung auch nur bei einer direkten Schwägerschaftsbeziehung. Darüber hinaus ist die für Verwandte in der Seitenlinie vorgesehene Vorbehaltsmöglichkeit durch eine weitere bezüglich der Verschwägerten ergänzt worden. 23. Entgegen dem Vorentwurf, den die Sonderkommission ausgearbeitet hat,23 stellt der Entwurf des Übereinkommens nicht klar, daß die Unterhaltspflichten aus dem Erbrecht vom Anwendungsbereich ausgeschlossen sind. Welche Folge ist aus diesem Schweigen des Vertrags zu ziehen? Die Mehrheit der Delegierten war nicht sonderlich für die Einbeziehung dieser Verpflichtungen in die in Vorbereitung befindlichen Entwürfe eingenommen. Dabei unterstrich man zurecht die Besonderheit sowohl vom Standpunkt des innerstaatlichen als auch des Internationalen Privatrechts. Einige Delegierte, die zwar wünschten, daß der Entwurf des Übereinkommens über das anzuwendende Recht sich nicht auf diese Unterhaltspflichten erstreckte, forderten jedoch, daß die ausländischen Entscheidungen darüber anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden sollten, und zwar unter den Bedingungen und nach den Verfahren, die das Übereinkommen für die Vollstreckung festlegt. Andere hoben hervor, daß diese Fälle in den privaten internationalen Beziehungen nur selten vorkämen, und sahen darin einen weiteren Grund, sich nicht damit zu befassen. Die deutsche Delegation unterstrich mehrmals die Mehrdeutigkeit des Ausdrucks „Unterhaltspflichten aus dem Erbrecht“, der sich tatsächlich auf mehrere Fälle bezieht. Die großen Unterschiede der innerstaatlichen Rechtsordnungen in dieser Beziehung sind in der Tat bekannt: Ein Erbe ist verpflichtet, für den Unterhalt der Mitglieder der Familie des Verstorbenen zu sorgen;24 umgekehrt kann ein Erbe, der beim Eintritt des Erbfalls in der Wohnung des Erblassers auf dessen Kosten wohnte und unterhalten wurde, verlangen, daß diese Kosten für eine gewisse Zeit zu Lasten der Erbmasse gehen;25 das Gesetz gewährt dem überlebenden Ehegatten einen Unterhaltsanspruch zu Lasten der Erbmasse des vorverstorbenen Ehegatten;26 beim Ableben des Unterhaltspflichtigen geht die Schuld auf seinen Erben über usw. 24. Angesichts der Verschiedenheit der möglichen Fälle haben die Verfasser des Übereinkommens es vorgezogen, nicht selbst in diesem Punkt allgemein und unpersönlich zu entscheiden. Die angerufene Behörde wird also in jedem konkreten Fall selbst Stellung nehmen müssen. Aus den Beratungen der Delegierten zu dieser Frage lassen sich keine klaren und deutlichen Richtlinien für die Haltung dieser Behörden
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22 Siehe zum Beispiel Artikel 206 des belgischen Zivilgesetzbuchs, Artikel 206 des französischen Zivilgesetzbuchs (Gesetz vom 9.August 1919), Artikel 392 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuchs. Artikel 2009 des portugiesischen Zivilgesetzbuchs usw. 23 Siehe Artikel 1 Abs. 1 am Ende des Vorentwurfs und die Kommentierung im Erläuternden Bericht, Nr. 9, 53 und 88. 24 Siehe zum Beispiel Artikel 1969 BGB. 25 Siehe zum Beispiel Artikel 606 des schweizerischen ZGB. 26 Siehe zum Beispiel Artikel 2 des belgischen Gesetzes vom 20. November 1896.
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ableiten, die sie im Hinblick auf Unterhaltsentscheidungen aus dem Erbrecht einnehmen sollen. Es ist jedoch festzustellen, daß das Übereinkommen in keiner Klausel dem Gericht, das über die Vollstreckbarkeit zu befinden hat, ausdrücklich verbietet, die einheitlichen Bestimmungen auf die in der vorhergehenden Nummer beschriebenen Fälle anzuwenden. Warum sollte man eine solche Anwendung verwerfen, wenn im gegebenen Fall die Beziehung zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem durch ihren „Unterhalts-“Aspekt stärker als durch ihren Ursprung im „Erbrecht“ charakterisiert wird? §3 Ausnahmen vom Grundsatz 25. Nachdem der Anwendungsbereich des Übereinkommens bestimmt war, ging es darum, sich über die Ausnahmen vom Grundsatz zu einigen. Einige Staaten wünschten, nicht gezwungen zu sein, sich bei der Vereinheitlichung so weit zu verpflichten wie andere. Die einen verlangten, daß ihnen durch die Technik der Vorbehalte ermöglicht wird, die Übereinkommensbestimmungen nur auf die Entscheidungen über Unterhaltspflichten gegenüber Kindern und zwischen Ehegatten anzuwenden. Andere bestanden darauf, daß die Unterhaltsentscheidungen zwischen Verwandten in der Seitenlinie und Verschwägerten ebenfalls Gegenstand eines Vorbehalts sein sollten, der es den Staaten erlaubt, sie aus dem Anwendungsbereich des Übereinkommens auszuschließen. Beiden Forderungen wurde stattgegeben: Es wurde beschlossen, Vorbehalte in diesem Sinn in den Entwurf aufzunehmen (siehe unten Nr. 105 und 106). Andere Delegationen hingegen bedauerten, daß das Übereinkommen sich im wesentlichen mit den Unterhaltspflichten aus Gesetz befaßt, und unterstrichen die große praktische Bedeutung der Unterhaltspflichten, die sich aus Rechtsgeschäften ergeben, insbesondere aus Verträgen (siehe oben Nr. 16 und 17). Dabei wurde daran erinnert, daß Artikel 1 nicht ausdrücklich verbietet, das Übereinkommen auf Entscheidungen anzuwenden, die bei einer Streitigkeit über eine Unterhaltspflicht aus Rechtsgeschäft ergehen. Darüber hinaus wurde beschlossen, den Staaten die Möglichkeit zuzuerkennen, das Übereinkommen auf vor einer Behörde errichtete öffentliche Urkunden zu erstrecken; dadurch haben die Delegierten für Unterhaltsverträge Raum geschaffen, die in eine öffentliche Urkunde „einbezogen“ sind (siehe unten Nr. 104).
ABSCHNITT 2 Entscheidungen und Vergleiche, die unter das Übereinkommen fallen §1 Allgemeines 26. Ziel des Entwurfs ist es, die internationale Wirksamkeit von Entscheidungen und Vergleichen in Unterhaltssachen zu erleichtern. Artikel 1 Absatz 1 am Anfang und Artikel 1 Absatz 2 sind in diesem Sinn abgefaßt. Was ist unter „Entscheidungen“ und „Vergleichen“ zu verstehen? Für welche Entscheidungen und Vergleiche will das Übereinkommen die Anerkennung und Vollstreckung in den Vertragsstaaten erleichtern? Dies sind die beiden wichtigsten Fragen, denen sich die Verfasser des Übereinkommens gegenübergestellt sahen. 879
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Entgegen manchen internationalen Übereinkommen, die in dieser Hinsicht verhältnismäßig ausführlich gefaßt sind,27 begnügt sich das Übereinkommen damit, einige Klarstellungen zu geben – die übrigens von grundlegender Bedeutung sind – und nichts darüber hinaus. Man findet darin keine eingehende Definition der gebrauchten Begriffe noch ausführliche Auskünfte über ihre Tragweite. Diese Lücke ist gewollt: Die Verfasser des Übereinkommens wollten nämlich vermeiden, den Anwendungsbereich des Vertragswerks durch allzu weitläufige Ausführungen einzuengen. Aus dieser Absicht der Delegierten ist zu schließen, daß die Begriffe „Entscheidungen“ und „Vergleiche“ im weitesten Sinn zu verstehen sind. Die in den Artikeln 1 bis 3 des Vertrags enthaltenen Angaben betreffen die Bedeutung der beiden genannten Begriffe, die Behörde, welche die Entscheidung getroffen hat oder vor welcher der Vergleich geschlossen wurde, die Parteien der Unterhaltsbeziehung, den Inhalt der Entscheidung und des Vergleichs sowie einige andere Angaben über Änderungen und Art des Unterhaltsanspruchs. Diese Angaben sollen nacheinander untersucht werden, wobei zuvor zu unterstreichen ist, daß Artikel 24 des Übereinkommens, der weiter unten untersucht wird, auf die besondere Bedeutung aufmerksam macht, die dem Datum der Unterhaltsentscheidungen zukommt (siehe unten Nr. 103). §2 Bedeutung der Begriffe „Entscheidungen“ und „Vergleiche“ 1 Entscheidungen 27. Wie das Vollstreckungsübereinkommen von 1958 enthält auch der neue Vertrag keine Definition des Wortes „Entscheidung“, das in fast allen grundlegenden Bestimmungen wiederkehrt.28 Die vorhandenen Angaben ermöglichen es jedoch, jede praktische Schwierigkeit zu vermeiden, wie sich weiter unten herausstellen wird. Der Wille der Verfasser des Vertrags, seinen Anwendungsbereich so weit wie möglich auszudehnen, ergibt sich deutlich aus diesen Angaben, vor allem aus denjenigen, die in Artikel 2 gemacht werden. So untersagt der erste Absatz dieses Artikels, daß man die Bezeichnung berücksichtigt, welche die ausländische Entscheidung trägt. Ob diese als Urteil, Beschluß, Verfügung oder Vollstreckungsbescheid usw. bezeichnet wird, spielt keine Rolle. Weiter unten wird klargestellt, daß die Änderungsentscheidungen unter das Übereinkommen fallen und daß selbst rein internen Entscheidungen auf der Grundlage des neuen Vertrages Bindungs- und Vollstreckungswirkung zuerkannt werden kann (siehe unten Nr. 40 ff.). Schließlich wird in einer grundlegenden Feststellung gleich zu Beginn des Übereinkommens bestimmt, daß das Wort „Entscheidung“ sich sowohl auf Verwaltungs- als auch auf Gerichts-Entscheidungen bezieht (siehe unten Nr. 30 ff.). 2 Vergleiche 28. Das Übereinkommen schließt in seinen Anwendungsbereich nicht nur die ausländischen Entscheidungen, sondern auch die Vergleiche ein, deren große Zahl auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten bekannt ist.
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27 Siehe zum Beispiel Artikel 2 des Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Zivil- und Handelssachen, das am 1. Februar 1971 geschlossen wurde, sowie Artikel 25 des Überein-kommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handeissachen, das am 27. September 1968 in Brüssel unterzeichnet wurde. 28 Siehe In diesem Zusammenhang Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Bd. I, S. 316.
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Die Delegierten meinten, daß es zweckmäßig sei, den Anwendungsbereich des neuen Vertrags auf diese Einrichtung zu erstrecken, die in mehreren Mitgliedstaaten der Haager Konferenz bekannt ist, zum Beispiel in Deutschland, Österreich, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz usw. Sie griffen damit einen Gedanken auf, der schon in dem Übereinkommensentwurf eingeführt worden war, der in Rom unter der Schirmherrschaft des Völkerbunds und des Internationalen Instituts für die Vereinheitlichung des Privatrechts ausgearbeitet wurde.29 Diese Entscheidung drängte sich auf: Die Lehre hat in bezug auf das Vollstreckungsübereinkommen von 1958 oft bedauert, daß dieses die Vergleiche nicht einbezogen habe, und hat auch die schwerwiegenden Folgen dieser Lücke hervorgehoben; die Gerichte haben, indem sie sich zurecht weigerten, die Bestimmungen dieses Übereinkommens auf Vergleiche über Unterhalt anzuwenden, die praktische Bedeutung dieser Frage nachgewiesen.30 29. Es zeigte sich bald, daß der Versuch, den Begriff des „Vergleichs“ in dem internationalen Vertragswerk selbst genau zu bestimmen, ein gefährliches Unterfangen ist, weil die nationalen Systeme auf diesem Gebiet so stark voneinander abweichen. Man kann allgemein sagen, daß es sich um einen privatrechtlichen Vertrag handelt, der zwischen den Parteien vor einer zuständigen Behörde – meistens einem Gericht – abgeschlossen wird, um einen Rechtsstreit zu beenden. Eine solche Vereinbarung in einer Urkunde, die nach den Verfahrensregeln der genannten Behörde zustande gekommen ist, stellt im Staat dieser Behörde – und das ist das Entscheidende – einen Vollstreckungstitel dar. Zusammenfassend ist der Vergleich demnach „ein Vertrag der Parteien, dem eine Verfahrensform gegeben“ ist.31 Nach Artikel 2 Absatz 1 hat die Bezeichnung, die diesen Vergleichsabmachungen im Ursprungsstaat gegeben wird, keinerlei Bedeutung: gerichtliche Vergleiche, von Amts wegen vollstreckbare Vergleiche, Court settlement, Vollstreckbarer Prozeßvergleich* (*im Original deutsch), dading oder schikking usw. Der englische Wortlaut des Übereinkommens läßt die Ratlosigkeit der Kommission erkennen, was die Wahl des englischen Ausdrucks betrifft, der den französischen Worten: „transactions passees par devant ces autorites …“ (Vergleiche, die vor diesen Behörden geschlossen wurden) entspricht, die in Artikel 1 Absatz 2 zu finden sind. Zu guter Letzt hat man sich zu der folgenden Formel entschlossen: „Settlement made by or before such an authority (‚transaction‘).“ Bei der Diskussion wurde in diesem Zusammenhang festgestellt, daß schriftliche Vereinbarungen einschließlich der Trennungsvereinbarungen zwischen Ehegatten, die zwischen den Parteien geschlossen werden und Unterhaltsfragen regeln, unter den Entwurf fallen sollen, wenn sie, nach Vorlage bei der zuständigen Behörde, durch diese in eine Entscheidung „einbezogen“ wurden. Diese Vereinbarungen kommen in einigen Ländern häufig vor, zum Beispiel in Irland (siehe „deed of Separation“) oder in einigen amerikanischen Staaten. In gleicher Weise wurde entschieden, daß die vom Gericht bestätigten Vergleiche in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen, selbst wenn sie nach dem Recht
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29 Siehe Artikel 10 des Vorentwurfs eines Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung im Ausland von Entscheidungen über Unterhaltsverpflichtungen (dieser Text wurde in den Actes et Documents de la Huitième session [1956], Bd. II, S. 169 veröffentlicht). Siehe auch Artikel 19 des Haager Übereinkommens vom 1.Februar 1971 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Zivil- und Handelssachen. 30 Siehe insbesondere LG Kempten, 12. Juli 1965, Deutsche Rechtspr. Geb. internst. Privatr. 1964–1965, Nr. 250. 31 Siehe den Bericht von Ch. Fragistas, in Actes et Documents de la Session extraordinaire (1966), S. 46.
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des Staates dieses Gerichts Verwaltungs-Charakter haben (wie es zum Beispiel in Brasilien der Fall zu sein scheint). §3 Die Behörde des Ursprungsstaats 30. Schon in Artikel 1 Absatz 1 des Übereinkommens wird festgestellt, daß es auf Entscheidungen, „… die von Gerichten oder Verwaltungsbehörden eines Vertragsstaats erlassen worden sind“, und auf Vergleiche, „die vor diesen Behörden … geschlossen worden sind“, anwendbar ist. Bereits in dem gemeinsamen Bericht Völkerbund-Unidroit von 1938 über die „Vollstreckung von Unterhaltsverpflichtungen im Ausland“ war zu lesen: „Wenn man berücksichtigt, daß manche Staaten, zum Beispiel die skandinavischen Länder, Fragen der Unterhaltsverpflichtungen durch Akte der Verwaltungsrechtsprechung regeln, müßte (der Entwurf des Übereinkommens) sein Anwendungsgebiet auch auf Verwaltungsentscheidungen ausdehnen, welche die Zahlung einer Unterhaltsrente vorsehen“.32 Das Übereinkommen von 1958 enthielt keinerlei formelle Angabe in diesem Sinn: Seine Bestimmungen sprachen einfach von „Behörden“, die „Entscheidungen“ erlassen haben. In Wirklichkeit gibt es keinen inhaltlichen Unterschied zwischen dem Wortlaut von 1958 und demjenigen von 1972, außer, wie gesagt, daß die Vergleiche nunmehr eingeschlossen sind. Früher wie jetzt war es unzweifelhaft der Wille der Delegierten, die von „Verwaltungsbehörden“ ergangenen Entscheidungen einzubeziehen.33 Die Verbesserung, die der jüngere Text erfahren hat, besteht darin, daß von jetzt an kein Zweifel bestehen kann: Diejenigen, die das Übereinkommen anzuwenden haben, werden wissen, was man unter „Behörde des Ursprungsstaats“ zu verstehen hat, von der die Artikel 7 bis 9 sprechen. Es bleibt jedoch die Frage, ob die genannten Entscheidungen „Akte“ sein müssen, „die, vom formellen Standpunkt aus, das heißt in bezug auf die Art des Organs, das sie ausführt, gerichtliche Handlungen sind“.34 Die gleiche Frage stellt sich, in geringerem Maß, für die Vergleiche. Es scheint, daß die zu diesem Punkt geäußerten Bemerkungen von Fragistas in dem Bericht zum Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Zivil- und Handelssachen ihre volle Gültigkeit behalten.35 Schließlich wird man aus dem oben Gesagten den Schluß ziehen, daß die Entscheidungen über Kosten, die in Zusammenhang mit der Unterhaltsentscheidung getroffen werden und von einer Verwaltungsbehörde stammen – wie dem deutschen Rechtspfleger* (*im Original deutsch) – unter das Übereinkommen fallen können (siehe unten Nr. 39). 31. Der Gegenseitigkeitscharakter der Übereinkommensbestimmungen wurde bereits unterstrichen: Schon in der Präambel angekündigt, wird er in Artikel 1 Absatz 1 und ein weiteres Mal in Artikel 4 wiederholt. Das neue internationale Vertragswerk schließt also kategorisch die Unterhaltsentscheidungen aus, die von der Behörde eines Landes oder Territoriums erlassen wurden, die nicht durch das Übereinkommen gebunden sind, ebenso Vergleiche, die unter den gleichen Bedingungen geschlossen wurden.
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32 Siehe S. 31 des oben in Note 1 zitierten gemeinsamen Berichts Völkerbund-Unidroit. 33 Siehe den Bericht von Ch. Hammes und P. Jenard, in Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Bd. I, S. 316. 34 Siehe den Bericht von Ch. Fragistas in Actes et Documents de la Session extraordinaire (1966), S. 27. 35 AaO.
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Ohne Zweifel ist in Artikel 2 Absatz 2 von Entscheidungen und Vergleichen die Rede, die aus einem Nichtvertragsstaat stammen. Dieser Absatz bewirkt aber nicht, daß die Gegenseitigkeit in Ausnahmefällen ausgeschlossen ist; er beschränkt sich darauf zu bestimmen, daß die geänderte Entscheidung von einer Behörde in einem Land erlassen worden sein kann, das nicht an das Übereinkommen gebunden ist. Auf dieses wird aber in dem erwähnten Fall nicht abgestellt, um die Anerkennung und Vollstreckung der ursprünglichen Entscheidung zu erreichen, die aus einem Drittstaat stammt, sondern lediglich die der verändernden Entscheidung, die immer aus einem der Vertragsstaaten kommen muß.
§4 Die Parteien der Unterhaltsbeziehung 32. Die Verfasser des Übereinkommens hielten es für notwendig, bereits in Artikel 1 Absatz 1 ausdrücklich die Eigenschaft der beteiligten Parteien anzusprechen, damit eine „Entscheidung“ oder ein „Vergleich“ im Sinn des Vertrags vorliegt. Zwei Fälle sind zu unterscheiden. Entweder ist die Entscheidung, deren Anerkennung und Vollstreckung auf Grund des Übereinkommens geltend gemacht wird, bei einer Familienunterhaltsstreitigkeit zwischen dem Unterhaltsberechtigten – das heißt dem, der behauptete, einen Anspruch auf Unterhalt zu haben – und dem Unterhaltsverpflichteten ergangen – das heißt demjenigen, von dem Unterhalt gefordert wurde. Oder die Entscheidung ist zugunsten einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Behörde getroffen worden, die einem Bedürftigen Unterhalt geleistet hat und dann die Erstattung dieser Leistung von der Person verlangt hat, die nach dem anwendbaren Recht diesem Bedürftigen Unterhalt schuldete. Der Vertrag spricht von „öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtungen“, um eine Verwechslung mit den Behörden zu vermeiden, welche die Entscheidung erlassen haben, oder mit denen, die aufgefordert sind, sie anzuerkennen oder sie für vollstreckbar zu erklären. Dieselbe Unterscheidung wird bei den Vergleichen vorgenommen: Artikel 1 Absatz 2 bezieht sich in der Tat auf den Inhalt des ersten Absatzes. 33. Das Übereinkommen stellt also eine Neuerung im Vergleich zu dem von 1958 dar, das nichts über Entscheidungen enthielt, die zwischen dem Unterhaltsverpflichteten und den öffentlichen Fürsorgeeinrichtungen erlassen worden sind. Artikel 1 Absatz 1 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 schließt diese Entscheidungen sicher nicht ausdrücklich aus, und man könnte den Wortlaut so auslegen, als sei er in dem genannten Fall anwendbar. Da aber besondere Bestimmungen für einen solchen Fall fehlen, besteht dann das Risiko, zu merkwürdigen oder gar ungerechten Lösungen zu gelangen, weil die Rechtslage des angeblichen Unterhaltsverpflichteten nicht berücksichtigt ist. Der neue Wortlaut hingegen enthält ein besonderes Kapitel über dieses Problem (siehe unten Nr. 87 ff.); es war daher angezeigt, diese Bestimmungen gleich zu Beginn des Vertragswerks anzukündigen. Das Übereinkommen erwähnt ausdrücklich die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung, die dem Verpflichteten gegenübersteht. Von anderen natürlichen oder juristischen Personen, welche die Erstattung der für den Verpflichteten geleisteten Ausgaben geltend machen, ist nicht die Rede. Weiter unten wird sich zeigen, wie dieses Schweigen des Übereinkommens auszulegen ist (unten Nr. 91). 34. Müssen bei der Anwendung des neuen Vollstreckungsübereinkommens bestimmte besondere Eigenschaften der aktiv und passiv an der Unterhaltspflicht Beteilig883
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ten berücksichtigt werden, zum Beispiel ihr Alter, ihr Personenstand, ihre Staatsangehörigkeit usw.? Grundsätzlich nicht. Zunächst ist daran zu erinnern, daß die Altersgrenze und die Personenstandsvoraussetzungen der Übereinkommen von 1956 und 1958 in dem neuen Vertragswerk aufgegeben worden sind: Der Unterhaltsberechtigte braucht nicht „das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet zu haben oder unverheiratet“ zu sein. Es ist im übrigen nicht notwendig, sich mit der Untersuchung der beruflichen Lage der Parteien aufzuhalten: Der ursprünglich in Erwägung gezogene Gedanke, daß die Unterhaltsschulden der Wanderarbeitnehmer gegenüber den Mitgliedern ihrer Familie besonders behandelt werden sollten, ist nicht aufrechterhalten worden.36 Schließlich wird die ersuchte Behörde, gemäß Artikel 2 Absatz 3 am Ende, die Übereinkommensbestimmungen ohne Rücksicht auf die frühere oder jetzige Staatsangehörigkeit der Parteien oder auf den Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts anwenden. Und noch viel weniger wird sie sich mit ihrer eventuellen mehrfachen Staatsangehörigkeit oder mit dem Ort ihres tatsächlichen, gesetzlichen oder sonstigen Wohnsitzes befassen. Es ist noch daran zu erinnern, daß der Begriff der Gegenseitigkeit nicht zur Folge hat, daß die ersuchte Behörde gezwungen ist, die Staatsangehörigkeit der Parteien oder den Ort ihres Wohnsitzes oder ihres gewöhnlichen Aufenthalts zu berücksichtigen (siehe oben Nr. 12). Im allgemeinen wird also im Fall des Bestreitens einfach darauf zu achten sein, ob die ausländische Entscheidung einen Rechtsstreit über Unterhaltspflichten aus einer der im Übereinkommen genannten Familienbeziehungen entscheidet. Ausnahmsweise wird es jedoch notwendig, den Personenstand, das Alter oder die Familienverhältnisse der Beteiligten zu untersuchen: Artikel 26, der die Liste der zugelassenen Vorbehalte enthält, bestimmt dies (siehe unten Nr. 105 und 106). §5 Der Inhalt der Entscheidung und des Vergleichs 35. Artikel 3 des Übereinkommens übernimmt fast wörtlich Artikel 1 Absatz 2 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958. Nach diesen Bestimmungen beziehen sich die Übereinkommensregeln nur auf den verfügenden Teil der Entscheidung oder den Teil des Vergleichs, der sich auf die Unterhaltsfrage bezieht. Diese Regel hat ihren Ursprung in den Arbeiten von Rom im Jahr 1938.37 Ohne eine solche Regel hätten die meisten Staaten sehr gezögert, das Übereinkommen zu ratifizieren oder ihm beizutreten. Im allgemeinen – Artikel 1 erkennt dies selbst an – rührt die Unterhaltspflicht von einer Personenstandsbeziehung her, die zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltsverpflichteten besteht, oder zumindest von einer „quasifamiliären“ Beziehung zwischen diesen Parteien. Die Länder, die bereit sind, die Anerkennung und Vollstreckung des Teils eines ausländischen Urteils zu erleichtern, der den Unterhalt betrifft, wollen nicht ohne weiteres anderen Teilen dieser Entscheidung unter den gleichen Voraussetzungen Bindungs- und Vollstreckungswirkung zuerkennen, wie zum Beispiel den Teilen, die sich auf die Scheidung der Parteien beziehen, auf das Sorgerecht für das Kind, das Unterhaltsberechtigter ist, auf die Ab-
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36 Siehe S. 19 des Berichts Pelichet, oben in Note 2 zitiert. 37 Siehe S. 30 des gemeinsamen Berichts Völkerbund-Unidroit, oben in Fußnote 1 zitiert; im gleichen Sinn siehe schon Erläuternder Bericht, Nr.97 und Bericht von Ch. Hammes und P. Jenard in Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Bd. I, S. 317.
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stammungsbeziehungen, die den Unterhaltsverpflichteten mit dem Unterhaltsberechtigten verbinden usw.38 36. Mehrere Delegierte stellten fest, daß die Teile der Entscheidung, die sich nicht auf die Unterhaltspflicht beziehen, vom Gericht des Ursprungsstaats manchmal oder sogar oft als Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhaltsrente betrachtet werden. Mit anderen Worten hätte das Gericht keine Verurteilung zur Zahlung dieser Rente ausgesprochen, wenn es nicht vorher eine Frage in bezug auf die Familienbeziehungen zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem entschieden hätte. Die Kommission beabsichtigte aber gerade, in dem neuen Übereinkommen das System beizubehalten, das bei der Achten Tagung der Haager Konferenz für das Vollstreckungsübereinkommen von 1958 geschaffen worden war, nämlich die Unterscheidung zwischen dem Unterhaltsanspruch und den Familienbeziehungen. Dieses System war bei der Vorbereitung der einheitlichen Regeln des Internationalen Privatrechts ausgearbeitet worden und seinerzeit auf die Gerichtskonflikte ausgedehnt worden, ohne Einwände von seiten der Mehrheit der Regierungsdelegationen hervorzurufen. 37. Die Kommission war sich darüber im klaren, daß die Gerichte der durch das Vollstreckungsübereinkommen von 1958 gebundenen Staaten Artikel 1 Absatz 2 nicht einheitlich ausgelegt haben. Manche Gerichte haben sich geweigert, ausländischen Unterhaltsentscheidungen Wirksamkeit zu verleihen, wenn die Verurteilung zur Zahlung von Unterhalt auf einer Abstammungsbeziehung außerhalb der Fälle beruhte, die ihr Recht vorsah. Andere Gerichte hingegen waren der Meinung, daß das Übereinkommen ungeachtet der Art der Vaterschaftsfeststellung anzuwenden ist, welche die Unterhaltsberechtigung begründete. Die in Artikel 3 des neuen Übereinkommens vorgeschlagene Fassung könnte ebenfalls Anlaß zu verschiedenen Auslegungen geben. Zwischen der früheren und der neuen Regel besteht in der Tat nur ein minimaler Unterschied in der Art, wie die gesetzliche Hypothese beschrieben wird. Daher ist es auch wichtig, die Auffassung der Kommission zu diesem Punkt zu kennen. 38. Für die deutliche Mehrheit der Delegierten sollte die Anerkennung und Vollstreckung des Unterhaltsteils der ausländischen Entscheidung grundsätzlich von der Wirksamkeit des Teiles der Entscheidung, der den Personenstand oder jedes sonstige Gebiet betrifft, im Vollstreckungsstaat unabhängig sein. Die mit dem Vollstreckbarerklärungsverlangen befaßte Behörde sollte die Anwendung des Übereinkommens demnach nicht systematisch mit der Begründung verweigern, daß die Unterhaltspflicht nur akzessorisch zu oder die Folge einer Familien- oder „Quasifamilien“-Beziehung ist, die in dem für vollstreckbar zu erklärenden Urteil nach dem Recht des Ursprungsstaats festgestellt ist. Gewiß wird ein geschickter Kläger die Ausnahme der öffentlichen Ordnung zur Unterstützung einer entsprechenden Argumentation anführen, um die Ablehnung der Anerkennung und Vollstreckung zu erreichen. Es wird aber festgestellt werden, daß die ersuchte Behörde diese Ausnahme nur zulassen kann, wenn der Unterhaltsteil der Entscheidung mit dem ordre public des Staates, zu dem diese Behörde gehört, offensichtlich unvereinbar ist (siehe unten Nr. 63 und 64). 39. Bei der Untersuchung des Artikels 3 ist die Kommission auf das Problem der Wirksamkeit der in der für vollstreckbar zu erklärenden ausländischen Unterhaltsentscheidung enthaltenen Verurteilung zu den Gerichtskosten und sonstigen Kosten im Vollstreckungsstaat gestoßen. Dies ist eine schwierige Frage mit großer praktischer Be-
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deutung: Ist es nicht vorgekommen, daß die Gerichtskosten den Betrag der Unterhaltsrente überstiegen? Kann man sich auf die Übereinkommensbestimmungen berufen, um die Vollstreckung des Teils der Entscheidung zuzulassen, der sich auf diese Kosten bezieht? Keine Vorschrift des Übereinkommens gibt auf diese Frage eine direkte Antwort. Für die Kommission kann es keinen Zweifel geben, wenn die ausländische Entscheidung ausschließlich die Unterhaltspflicht betrifft: Der gesamte verfügende Teil der Entscheidung* (* im Original: des Entwurfs) – einschließlich der Verurteilung zu den Kosten – unterliegt dem Übereinkommen. In den anderen Fällen erlaubt Artikel 3 hingegen bei enger Auslegung der ersuchten Behörde nicht, auf der Grundlage des Übereinkommens den Teil der ausländischen Entscheidung für vollstreckbar zu erklären, der zu den Gerichtskosten verurteilt. In diesem Fall wäre auf das allgemeine Recht zurückzugreifen. Eine großzügigere Auslegung, die auch besser den Vorstellungen der Kommission entspricht, besteht darin, die Vollstreckung für einen verhältnismäßigen Teil der Gerichtskosten zuzulassen. Es erschien aber schwierig, die ersuchte Behörde dazu zu zwingen, bei diesen Kosten zwischen denen, die von der Unterhaltsklage herrühren, und denen zu unterscheiden, die sich aus anderen Anträgen ergeben: Klage auf Ehescheidung oder Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, Abstammungsklage usw. Ein weiteres Mal wird es für das angerufene Gericht darum gehen, in jedem konkreten Einzelfall zu entscheiden. §6 Ergänzende Erläuterungen 1 Änderung von Entscheidungen und Vergleichen 40. Artikel 2 Absatz 2 ist von grundlegender Bedeutung: Er bestimmt, daß die Entscheidungen und Vergleiche, die eine frühere Entscheidung oder einen früheren Vergleich ändern – welches auch ihr Ursprungsstaat ist –, in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen. In Unterhaltssachen wirken die Entscheidungen, die zur Zahlung einer Rente verurteilen, oft über eine lange Zeit hin: Die Verurteilungen zu periodischen Zahlungen sind viel häufiger als die, die eine feste Summe betreffen („lump sum“). Daraus ergibt sich der Charakter dieser Entscheidungen, die im Kern Änderungen unterliegen, was der Entwurf nicht außer acht lassen durfte. Man darf den eben erwähnten Fall nicht mit der Frage verwechseln, ob das Übereinkommen auch diejenigen ausländischen Entscheidungen betrifft, die einer Unterhaltsentscheidung Vollstreckbarkeit verleihen oder ihre Wirksamkeit anerkennen. Dieses Problem hat die Kommission nicht berührt. Um es zu lösen, muß man danach unterscheiden, ob die ausländische Entscheidung, die in einem Vertragsstaat anerkannt und für vollstreckbar erklärt worden ist, in einem Land ergangen ist, das auch durch das Übereinkommen gebunden ist, oder aus einem Drittstaat stammt. Im ersten Fall stellt sich kein praktisches Problem: Der Kläger wird darauf bedacht sein, die Unterhaltsentscheidung ohne Rücksicht auf die Vollstreckbarerklärung vorzulegen, die schon anderweitig erreicht worden ist. Im zweiten Fall wäre es dagegen angebracht, den in der französischen Lehre entwickelten Grundsatz der Unzulässigkeit der Vollstreckbarerklärung einer Vollstreckbarerklärung anzuwenden („Exequatur sur exequatur ne vaut“): Man kann sich nicht auf das Übereinkommen berufen, um die Wirksamkeit einer ausländischen Entscheidung zu erlangen, die Unterhalt zuerkennt und aus einem Nichtvertragsstaat stammt, auch wenn diese Entscheidung in eiSchütze
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nem der Vertragsstaaten für vollstreckbar erklärt worden ist. Dies ergibt sich aus der Einhaltung des Grundsatzes der Gegenseitigkeit. 41. Bei der Erörterung der ändernden Entscheidungen hat die Kommission das Problem der Index-Bindung von Unterhaltsrenten angeschnitten: Können gesetzgeberische Maßnahmen, die im Ursprungsstaat der Entscheidung getroffen wurden, um den Betrag dieser Renten anzupassen, im Vollstreckungsstaat nach Ausspruch der Anerkennungs- oder Vollstreckbarerklärungsentscheidung Wirkung haben? In Anbetracht des technischen Charakters der Probleme – wie auch derjenigen, die mit den Folgen der Geldentwertungen zusammenhängen – hat die Kommission es vorgezogen, sich auf diesem Gebiet nicht auszusprechen. Es wurde lediglich daran erinnert, daß bei den Arbeiten der Achten Tagung einstimmig vereinbart worden war, daß die ausländischen Gesetze über die Anpassung der Renten „automatisch in dem Land der Vollstreckbarerklärung Geltung haben“.39 In Wirklichkeit bereinigt diese Lösung, wenn man davon ausgeht, daß sie in der Praxis zufriedenstellt (was noch zu beweisen wäre), bei weitem nicht alle Probleme. Zunächst ist sie nur ins Gespräch gebracht worden, um die Fälle einer gesetzlichen Anpassung der Renten zu erfassen und nicht zum Beispiel die Folgen der Geldentwertungen oder -aufwertungen. Darüber hinaus ist sie nicht für den Fall der Anwendbarkeit der im Vollstreckungsstaat erlassenen Gesetze über die Indexierung der Renten und Unterhaltsrenten usw. gedacht. Das Übereinkommen dürfte auf all diese Fragen keine Antwort geben. Keine seiner Klauseln sollte dahin ausgelegt werden, daß sie eine Erhöhung oder Herabsetzung der Lasten des Unterhaltsverpflichteten erlaubt oder begünstigt, außer durch eine Änderungsentscheidung. 2 Der Charakter des Unterhaltsanspruchs 42. Artikel 2 Absatz 3 enthält eine weitere wichtige Angabe über die Entscheidungen und Vergleiche, auf die sich das Übereinkommen bezieht: Es wird unabhängig davon anzuwenden sein, ob der Unterhaltsanspruch internationalen oder innerstaatlichen Charakter hat. Mit anderen Worten werden Entscheidungen und Vergleiche, die aus einem Staat herrühren, in dem die Unterhaltsbeziehung kein fremdes Element enthielt – Parteien mit gleicher Staatsangehörigkeit sowie Wohnsitz und Aufenthalt in dem Staat, dem sie angehören – im Vollstreckungsstaat entsprechend den Übereinkommensbestimmungen anerkannt und für vollstreckbar erklärt. Diese Regel, die schon im Vollstreckungsübereinkommen von 1958 anzutreffen war, allerdings in einer weniger glücklichen Formulierung,40 wird mit besonderer Genugtuung aufgenommen werden: Der Vertrag hätte erheblich an praktischem Wert verloren, wenn der Gegenstand des Übereinkommens ausschließlich auf die Wirksamkeit der auf Regeln des Internationalen Privatrechts beruhenden Entscheidungen und auf Vergleiche mit ausländischen Elementen beschränkt worden wäre.41
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39 Siehe den Bericht von P. Jenard, in Actes et Documents de la Huitieme Session (1956), Bd. I, S. 321. 40 Die 1958 verwandte Formel sprach von Klagen internationalen oder innerstaatlichen Charakters, die den Unterhaltsanspruch zum Gegenstand haben. Der neue Wortlaut spricht einfacher davon, daß der Unterhaltsanspruch international oder innerstaatlich ist. Die Formel „internatio-nale oder innerstaatliche Entscheidungen“, die von einigen Delegationen vorgeschlagen worden war, wurde abgelehnt, um jede Verwechslung mit Entscheidungen internationaler Gerichte zu vermeiden. 41 Siehe den Bericht von P. Jenard in Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Bd. I, S. 317 oben.
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ABSCHNITT 3 Der zeitliche Anwendungsbereich des Übereinkommensentwurfs 43. Obwohl Kapitel 1 sich mit dem Anwendungsbereich des Übereinkommens befaßt, enthält es keine Bestimmung über die Anwendbarkeit in der Zeit. Traditionsgemäß wird diese Frage in den Schlußklauseln der Verträge behandelt, und das Übereinkommen beachtet diese Übung. So sind die Übergangsprobleme des Internationalen Privatrechts in Artikel 24 gelöst. Artikel 35 Absatz 1 setzt den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Entwurfs in der internationalen Rechtsordnung fest, das heißt den Augenblick, wo zum erstenmal das völkerrechtliche Vertragswerk in den zwischenstaatlichen Beziehungen anwendbar sein wird, während Absatz 2 desselben Artikels bestimmt, wann es in jedem Vertragsstaat in Kraft tritt, das heißt, wann ein Unterzeichnerstaat wirksam Vertragspartei wird. Die Geltungsdauer des Übereinkommens und seine stillschweigende Verlängerung sind in Artikel 36 geregelt. Auf diese verschiedenen Punkte wird bei der Behandlung der entsprechenden Bestimmungen zurückzukommen sein (siehe unten Nr. 103 und 112).
KAPITEL 2 Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen (Artikel 4 bis 12) ABSCHNITT 1 Die grundlegenden Erfordernisse oder „positiven Voraussetzungen“ §1 Allgemeines 44. Artikel 4 des Übereinkommens zählt die zwei grundlegenden Voraussetzungen auf, von denen die Anerkennung und Vollstreckung der ausländischen Entscheidungen über Unterhaltspflichten, die aus einem Vertragsstaat stammen (als Ursprungsstaat bezeichnet), in dem Vertragsstaat abhängen, wo sie verlangt werden (als ersuchter bzw. Vollstreckungsstaat bezeichnet). Diese Bestimmung lehnt sich weitgehend in Inhalt und Form an Artikel 4 des Übereinkommens über die internationale Wirksamkeit von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen an, das 1966 in Den Haag ausgearbeitet wurde. Jedoch besteht, wenn es auch eine Ähnlichkeit gibt, zwischen beiden Texten keine vollständige Gleichheit: Gewisse Besonderheiten von Unterhaltsentscheidungen sind in Betracht gezogen worden, und sie erklären das Vorhandensein einer zweckmäßigen Bestimmung, des Artikels 4 Absatz 2. Entgegen dem Anschein weicht Artikel 4 des neuen Vertrags kaum von gewissen in Artikel 2 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 formulierten Grundsätzen ab. Die Voraussetzung der Zuständigkeit der Ursprungsbehörde in Artikel 4 Absatz 1 Nr. 1 war bereits in Artikel 2 Nr. 1 des Textes von 1958 enthalten; es wird allerdings festzustellen sein, daß die Regeln der indirekten Zuständigkeit, auf die diese beiden Bestimmungen sich beziehen, nicht übereinstimmen (unten Nr. 49 bis 53). Was die Voraussetzung des Artikels 4 Absatz 1 Nr. 2 des Entwurfs angeht, wonach gegen die ausländische Entscheidung im Ursprungsstaat kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig ist, so war diese inhaltlich schon in Artikel 2 Nr. 3 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 zu finSchütze
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den, im übrigen ebenso wie die Ausnahme, die in Artikel 4 Absatz 2 des neuen Textes vorgesehen ist.42 45. Um die Tragweite der Bestimmungen über die Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen klar zu erkennen, ist es angezeigt, sich das eigentliche Ziel des Übereinkommens zu vergegenwärtigen: die rechtlichen und verwaltungsmäßigen Hindernisse, die derzeit im allgemeinen Recht dieser Staaten bestehen, soweit wie möglich abzubauen. Die Kommission hat sich sowohl die sachlichen als auch die verfahrensmäßigen Schranken vorgenommen. In bezug auf den letzten Punkt übte sie indessen stärkere Zurückhaltung: Sie entschied, daß das Verfahren grundsätzlich dem innerstaatlichen Recht des Vollstreckungsstaats unterliegt (siehe unten Nr. 78 ff.). Hinsichtlich der sachlichen Voraussetzungen braucht die ausländische Entscheidung, wie dargelegt, nur zwei zu erfüllen, die erste in bezug auf die Zuständigkeit der Ursprungsbehörde, die zweite bezüglich des endgültigen Charakters der Unterhaltsentscheidung. Dabei ist noch eine wichtige Ausnahme für die zweite dieser Voraussetzungen zugunsten der vorläufig vollstreckbaren Entscheidungen und der einstweiligen Maßnahmen vorgesehen. Obwohl diese zweite Voraussetzung in negativer Weise ausgedrückt ist, müssen doch beide erfüllt sein, damit die ersuchte Behörde die Unterhaltsentscheidung für verbindlich und vollstreckbar erklären kann. Aus diesem Grund sind sie oben als „positive Voraussetzungen“ bezeichnet worden. Das Bindewort „und“ am Ende von Artikel 4 Absatz 1 Nr. 1 bringt klar den kumulativen Charakter dieser beiden Voraussetzungen zum Ausdruck. Weiter unten werden ihnen die „negativen Voraussetzungen“ gegenübergestellt, das heißt die Fälle, in denen die Behörde des Vollstreckungsstaats der ausländischen Unterhaltsentscheidung eine solche Wirksamkeit versagen kann (siehe unten Nr. 59 ff.). Gleich in diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß die Kommission ihr Ziel dadurch verfolgt hat, daß sie die Versagungsgründe auf das äußerste Mindestmaß begrenzt hat.43 Da das Übereinkommen sich in eine Entwicklung hineinstellt, deren Ursprung auf 1925 zurückgeht, und es sich an Modelle der Vergangenheit anlehnt, ist es nicht revolutionär, doch stellt es durch die erwähnten Klauseln sicherlich einen Fortschritt gegenüber den früheren Verträgen über den gleichen Gegenstand und insbesondere im Vergleich zu dem Vollstreckungsübereinkommen von 1958 dar. 46. Der Erläuternde Bericht zum Vorentwurf des Übereinkommens machte bereits auf einen charakteristischen Zug des Textes aufmerksam: Die Grundvoraussetzungen für die Anerkennung waren im Prinzip identisch mit denen der Vollstreckung.44 Dieser Grundsatz ist auch im Endentwurf wiederzufinden. Ist in diesem Punkt das Übereinkommen der Wirksamkeit der Urteile weniger förderlich als die Gesetzgebung mancher Mitgliedstaaten der Haager Konferenz? Bekanntlich wird in diesen Staaten die Bindungswirkung der Unterhaltsentscheidungen grundsätzlich ohne weiteres anerkannt, während das Übereinkommen die Einschaltung einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde zu fordern scheint. In Wirklichkeit bezieht sich der Vertrag in diesem Punkt wie bei allen Verfahrensfragen auf das Recht des Vollstreckungsstaats. Darüber hinaus wird sich das Gericht oder die Verwaltungsbehörde nach dem Geist des Übereinkommens notwendigerweise nur in letzter Instanz einschalten. Es
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42 Das bedeutet, daß es nützlich sein kann, die Erläuternden Berichte zu diesen zwei früheren Verträgen zu Rat zu ziehen, um die Auslegung des neuen Entwurfs zu verdeutlichen. 43 Die Begriffe „positive Voraussetzungen“ und „negative Voraussetzungen“ sind dem Bericht von Ch. Fragistas entnommen (Actes et Docu-ments de la Session extraordinaire – 1966 –, S. 27 ff. u. S. 370 ff.). 44 Siehe Erläuternder Bericht, Nr. 99.
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gibt also keinen grundlegenden Unterschied zwischen dem vertraglichen Recht und dem allgemeinen Recht der erwähnten Staaten. Es soll noch hinzugefügt werden, daß Artikel 23 des Übereinkommens es erlaubt, sich statt auf die Bestimmungen des Vertrags auf das nichtvertragliche Recht des Vollstreckungsstaats zu berufen. Die Entscheidung der Delegierten, die Voraussetzungen der Anerkennung nach denen der Vollstreckung auszurichten, wird also niemals den aufmerksamen Antragsteller beeinträchtigen. §2 Die indirekte Zuständigkeit 1 Der Grundsatz 47. Die Regeln der örtlichen und internationalen Zuständigkeit, die für Unterhaltsentscheidungen in den Mitgliedstaaten der Haager Konferenz gelten, unterscheiden sich grundlegend. Fast alle Delegationen waren der Meinung, daß es vermessen oder sogar gefährlich wäre, sie vereinheitlichen zu wollen. Gewiß war es und bleibt es im Idealfall wünschenswert, vor allem auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten, einen multilateralen Vertrag mit zweifacher Bedeutung auszuarbeiten, das heißt ein Übereinkommen, das sowohl die unmittelbare internationale Zuständigkeit als auch die internationale Wirksamkeit der ausländischen Entscheidungen regelt. Vor der Auswertung des Gemeinsamen Marktes konnte in dem geographisch beschränkten Rahmen der sechs alten Mitgliedstaaten des Gemeinsamen Marktes, die alle in der kontinentalen Tradition eingebunden sind und deren Rechtsordnungen eine gewisse Homogenität aufweisen, ein erster konkreter Schritt in diese Richtung getan werden: das am 27. September 1968 in Brüssel unterzeichnete und am 1. Februar 1973 in Kraft getretene Übereinkommen. Muß daran erinnert werden, daß die Haager Konferenz über fünfundzwanzig Staaten vereinigt, deren Rechtsordnungen sich sehr unterschiedlich entwickelt haben und die sich über fünf Kontinente verteilen? Selbst wenn ein Erfolg des Versuchs einer Vereinheitlichung der unmittelbaren Zuständigkeitsregeln unterstellt würde, müßte man nicht befürchten, daß die Regierungen und Parlamente über diese Bemühungen wenig begeistert wären? Die Kommission war also realistisch genug, sich damit zu begnügen, ein einfaches Übereinkommen auszuarbeiten: Es enthält keine Regel, auf welche die Gerichte des ersuchten Staates ihre Zuständigkeit stützen könnten. Die folgenden Kommentierungen befassen sich demnach ausschließlich mit dem, was indirekte Zuständigkeit genannt wird, also mit der internationalen Zuständigkeit als Voraussetzung der Wirksamkeit ausländischer Unterhaltsentscheidungen. Werden die indirekten Zuständigkeitsregeln, welche die Kommission nach eingehenden Beratungen angenommen hat, in den Vertragsstaaten die Regeln für die unmittelbare Zuständigkeit auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten beeinflussen? Werden diese Regeln eines Tages zu einheitlichen Bestimmungen über die unmittelbare Zuständigkeit auf diesem Gebiet? Wenn es auch nicht möglich ist, dies ohne Irrtumsrisiko vorauszusagen, kann man doch wenigstens diese Entwicklung als wahrscheinlich und wünschenswert ansehen. 48. Artikel 4 Absatz 1 Nr. 1 des Vertrags enthält die erste grundlegende Voraussetzung für die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen: Sie müssen von einer Behörde erlassen worden sein, die nach Artikel 7 oder 8 als zuständig anzusehen ist. Es ist daran zu erinnern, daß unter Behörde sowohl Gerichte als auch Verwaltungsbehörden zu verstehen sind (siehe oben Nr. 30). Schütze
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Es ist zu hoffen, daß die ausdrückliche Bezugnahme auf die Bestimmungen, welche die Begründung der indirekten Zuständigkeit erwähnen, alle Unsicherheiten und Irrtümer der Rechtsprechung über die Tragweite des Übereinkommens ausschaltet. Die Kommission hat in der Tat festgestellt, daß das in dieser Hinsicht weniger deutliche Vollstreckungsübereinkommen von 1958 zu Irrtümern Anlaß gegeben hat: Besonders in Österreich und in der Schweiz haben manche Gerichte zu Unrecht geglaubt, dieses Übereinkommen regele die unmittelbare Zuständigkeit. Dies erklärt das Bemühen, eine einheitliche Formulierung zu finden. 2 Die Zuständigkeiten 49. Die Artikel 7 und 8 des Übereinkommens enthalten den Katalog der indirekten Zuständigkeiten. Sie wiederholen mit einigen Änderungen und Vereinfachungen sowohl inhaltlicher als auch formeller Art die Vorschläge in Artikel 7 des Vorentwurfs der Sonderkommission.45 Indem die Kommission die Liste der Zuständigkeitsgründe sehr breit – jedoch ohne Übertreibung – angelegt hat, ist sie ihrem Ausgangspunkt treu geblieben: die internationale Wirksamkeit der Unterhaltsentscheidungen in den Staaten zu fördern, die an das Übereinkommen gebunden sein werden. Außer den drei Zuständigkeitsgründen, die schon das Vollstreckungsübereinkommen von 1958 festgelegt hat und die alle wieder aufgegriffen wurden, hat die Kommission zwei weitere Kriterien festgehalten. Sie sollen nacheinander untersucht werden. 50. Ebenso wie 1958 erwähnt das Übereinkommen zuerst die zwei klassischen Zuständigkeitsgründe auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten. Artikel 7 Nr. 1 erfaßt tatsächlich zwei Fälle, die als Alternative zu betrachten sind, wie es ganz ohne Zweifel das in diesem Satz verwandte Bindewort „oder“ erkennen läßt. Nach diesem Satz ist also die Behörde des Ursprungsstaats als zuständig anzusehen: 1. entweder wenn der Unterhaltsverpflichtete zur Zeit der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ursprungsstaat hatte, 2. oder wenn der Unterhaltsberechtigte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ursprungsstaat hatte. Der erste Grundsatz bedarf keines Kommentars: Es geht hier um die einfache Anwendung des Satzes „actor sequitur forum rei“. Größere Schwierigkeiten ergeben sich bei der Zuständigkeit, die auf dem gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten beruht. Der exorbitante Charakter einer Zuständigkeit, die auf dem Wohnsitz des Antragstellers beruht, wurde in Vermögenssachen immer anerkannt. Dies erklärt das Mißtrauen vieler Staaten gegenüber diesem Zuständigkeitsgrund. Aber gerade auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten sprechen humanitäre Gründe dafür, eine Ausnahme von dem genannten Prinzip zuzulassen. Das Verfahrensrecht einer immer größeren Zahl von Ländern erkennt so dem Unterhaltsberechtigten, der als die schwächere Partei angesehen wird, das Recht zu, beim Gericht seines Aufenthaltsorts oder seines eigenen Wohnsitzes zu klagen. Auf internationaler Ebene hat sich dieser Zuständigkeitsgrund ebenfalls nach und nach durchgesetzt. Obwohl der Gedanke als revolutionär galt und bei den Arbeiten der Achten Tagung der Haager Konferenz heftig kritisiert wurde,46 wurde er schließlich in das Vollstreckungsübereinkommen von 1958 aufgenommen. Das Brüsseler Übereinkommen vom 27. September 1968, das für die
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Siehe Erläuternder Bericht, Nr. 104 bis 109. Siehe insbesondere Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Bd. I, S. 204 und 215.
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früheren sechs Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften gilt, hat sogar in seinem Artikel 5 Nr. 2 den Ort des Wohnsitzes des Unterhaltsberechtigten als unmittelbaren Zuständigkeitsgrund festgehalten. In der Kommission haben die Staaten, die diese Zuständigkeit ablehnten, mit Nachdruck verlangt, daß das Übereinkommen ihnen gestatten sollte, einen ähnlichen Vorbehalt wie den zu machen, der in Artikel 18 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 enthalten ist. Auf Grund dieses Artikels kann jeder Vertragsstaat mittels eines Vorbehalts die Entscheidungen vom Geltungsbereich des Übereinkommens ausnehmen, die von einer Behörde ausgesprochen wurden, deren Zuständigkeit auf dem Aufenthalt des Berechtigten beruht. In der Erwägung, daß diese Maßnahme dem neuen Vertragswerk einen großen Teil seiner praktischen Bedeutung nehmen könnte, hat die Kommission diesen Vorschlag mit großer Mehrheit abgelehnt. Trotz ihres Zögerns haben sich die an dem Vorbehalt interessierten Delegierten bei der Abstimmung über das Übereinkommen insgesamt dieser Mehrheit angeschlossen. Die Delegierten haben den Begriff „gewöhnlicher Aufenthalt“ demjenigen des „Wohnsitzes“ vorgezogen, um die klassischen Schwierigkeiten zu vermeiden, die dieser letzte Begriff mit sich bringt: verschiedener Sinn von einem Land zum anderen, Probleme, die sich beim Zweitwohnsitz, beim Ursprungsdomizil usw. ergeben.47 51. Das dritte Kriterium, das ausreicht, um die Zuständigkeit der Behörde des Ursprungsstaats zu begründen, enthält Artikel 7 Nr. 2. Es handelt sich um die Zuständigkeit des Staates der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Parteien zur Zeit der Einleitung des Verfahrens. Auf das hier gebrauchte Bindewort soll alsbald aufmerksam gemacht werden: Die ausländische Behörde ist als zuständig anzusehen, wenn der Unterhaltsverpflichtete „und“ der Unterhaltsberechtigte im Augenblick der Einleitung des Verfahrens beide die Staatsangehörigkeit des Ursprungsstaats hatten. Entgegen Nr. 1 desselben Artikels wird also hier nur eine einzige Möglichkeit in Betracht gezogen, und die Erfordernisse müssen kumulativ vorliegen: Beide Parteien müssen die gleiche Staatsangehörigkeit haben – und zwar die des Landes, in dem die Entscheidung ausgesprochen wurde. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Prüfung der Staatsangehörigkeit ist nicht der Tag des Erlasses der Entscheidung, sondern der Tag, an dem die Klage offiziell erhoben wurde (daher der Begriff „Verfahren“). Artikel 7 Nr. 2 wurde auf Antrag der Länder angenommen, deren Verfahrensrecht eine Ausnahmezuständigkeit kennt, die auf die Staatsangehörigkeit der Parteien gegründet ist, wenn diese mit derjenigen des Gerichtsstands übereinstimmt. Man war der Auffassung, daß selbst dann, wenn die Parteien in dem Staat, dessen Staatsbürger sie sind, keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, ein Interesse bestehen kann, ihre Unterhaltsstreitigkeiten in diesem Staat zu regeln. Die so erlassene Entscheidung müßte nach Meinung der Delegierten auf der Grundlage des Übereinkommens anerkannt und vollstreckt werden können, insbesondere gegebenenfalls in dem Vertragsstaat, in dem der Verpflichtete seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Etwaige positive Staatsangehörigkeitskonflikte regelt das Übereinkommen nicht. Dies war übrigens auch nicht sein Gegenstand. Es wird also Sache des Gerichts sein, das mit dem Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung befaßt ist, diese vorab nach den Grundsätzen zu entscheiden, die in dem Staat gelten, dem es angehört. 52. Artikel 7 Nr. 3 wiederholt den in Artikel 3 Nr. 3 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 niedergelegten Grundsatz, allerdings in einer besseren Formulierung.
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47 Siehe in diesem Zusammenhang den Bericht von Ch. Fragistas, in Actes et Documents de la Session extraordinaire (1966), S. 379 oben.
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Der Begriff Beklagter hat denjenigen des Unterhaltspflichtigen dort ersetzt. Da der hier bestätigte Zuständigkeitsgrund die freiwillige Unterwerfung unter die Zuständigkeit ist, warum sollten nicht beide Parteien gleichgestellt werden? Warum sollte mit anderen Worten die Möglichkeit ausgeschlossen werden, daß eine Entscheidung in einem vom Unterhaltsverpflichteten gegen den Berechtigten eingeleiteten Verfahren ergangen ist, ohne daß dieser innerhalb der vorgesehenen Fristen (im allgemeinen im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung, wie es die Verfahrensregeln der meisten Staaten vorsehen) die Unzuständigkeit des Gerichts geltend gemacht hat? Ebenso wie der Unterhaltsberechtigte kann auch der Unterhaltsverpflichtete ein Interesse daran haben, daß das Verfahren in einem Staat stattfindet, der weder derjenige seines gewöhnlichen Aufenthalts noch der des gewöhnlichen Aufenthalts des Gegners noch der ihrer gemeinsamen Staatsangehörigkeit ist. Er wird dort zum Beispiel die Herabsetzung oder die Aufhebung einer Unterhaltsrente verlangen. Wenn der Berechtigte nicht die örtliche Unzuständigkeit geltend gemacht hat und die ergangene Entscheidung für ihn ungünstig ist, warum sollte man den Unterhaltsverpflichteten daran hindern, sich in einem anderen Staat auf das Übereinkommen zu berufen, zum Beispiel in dem Staat, in dem er Vermögen besitzt, in dem er wohnt usw.? Darüber hinaus enthält die Bestimmung des Entwurfs einige formale Verbesserungen gegenüber derjenigen von 1958. 53. Artikel 8 des Übereinkommens regelt einen Sonderfall, genauer einen Ausnahmefall. Dazu ist eine Vorbemerkung zu machen: Dieser Fall kommt zu den in Artikel 7 genannten hinzu: „Artikel 7 bleibt unberührt“ ist am Ende (der Übersetzung) dieser Regel zu lesen. Mit anderen Worten ist sie nur dann anzuwenden, wenn keiner der in Artikel 7 vorgesehenen Zuständigkeitsgründe ausreicht, damit die ersuchte Behörde die Zuständigkeit der Ursprungsbehörde anerkennen kann. Damit ist klar, wie selten die Fälle sein werden, die Artikel 8 erfaßt. Dieser Artikel setzt zunächst voraus, daß im Ursprungsstaat eine Behörde über eine Scheidung, eine Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, Nichtigkeit oder Ungültigkeit einer Ehe entschieden hat und daß diese Behörde nach dem Recht des Vollstreckungsstaats als dafür zuständig angesehen werden kann. Es kommt also nicht darauf an, wie die Behörde des Ursprungsstaats ihre Zuständigkeit gerechtfertigt hat: Diese Behörde könnte zum Beispiel die des Ursprungsdomizils des Klägers, seiner Staatsangehörigkeit usw. sein. Man muß darüber hinaus davon ausgehen, daß diese Behörde oder eine andere Behörde des Ursprungsstaats eine Verurteilung zur Zahlung von Unterhalt auf Grund der oben erwähnten Scheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, Nichtigkeit oder Ungültigkeit der Ehe ausgesprochen hat. In diesem Fall, und nur in diesem, ist Artikel 8 anzuwenden: Die Behörde, die aufgefordert ist, die Unterhaltsentscheidung anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären, muß davon ausgehen, daß die Ursprungsbehörde für ihren Erlaß zuständig war. Wozu diese komplizierte Bestimmung? Sie ist durch einen Skrupel der Kommission zu erklären: Sie wollte das Haager Übereinkommen vom 1. Juni 1970 über die Anerkennung von Scheidungen und Trennungen ohne Auflösung des Ehebandes berücksichtigen. In seinem Artikel 2 sieht dieses Vertragswerk mehrere Zuständigkeiten vor, um die vorzeitige Unterbrechung des Ehebandes oder die Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft auszusprechen. Diese Kriterien stimmen aber nicht mit denen des hier kommentierten Entwurfs überein. Es erschien merkwürdig zuzulassen, daß in den Staaten, die an beide Verträge gebunden sind, die angerufene Behörde die Scheidung anerken893
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nen sollte, nicht aber die Verurteilung zum Unterhalt, die darin enthalten ist.48 Es ist jedoch oft so, daß das Scheidungsgericht über die Folgen der Scheidung hinsichtlich der Unterhaltspflicht entscheidet. Ausgehend von ihrer ursprünglichen Absicht, die Zuständigkeitsgründe des Haager Übereinkommens vom 1. Juni 1970 zu berücksichtigen, hat die Kommission nach und nach die Diskussion auf die Gesamtheit der Unterhaltsrenten nach einer Scheidung erstreckt. Dies erklärt, warum Artikel 8 des Vertrags, statt auf die Artikel des genannten Übereinkommens über die indirekte Zuständigkeit zu verweisen, eine Bestimmung allgemeineren Inhalts enthält. 3 Die Kontrolle der Zuständigkeit 54. Da das Übereinkommen als positive Voraussetzung für die Anerkennung und Vollstreckung der ausländischen Entscheidungen fordert, daß diese von einer nach bestimmten Kriterien zuständigen Behörde erlassen wurden, ist es erklärlich, daß das Gericht diese internationale Zuständigkeit überprüfen kann. Wie weit soll diese Kontrolle gehen? Grundsätzlich ist die Prüfung dieser Zuständigkeit dem Ermessen der Behörde des Vollstreckungsstaats überlassen. Aber es mußte vermieden werden, daß das mit einem Vollstreckbarerklärungsantrag befaßte Gericht, unter dem Vorwand zu untersuchen, ob die in Artikel 4 Nr. 1 bestimmte Voraussetzung erfüllt war, zu diesem Punkt eine Nachprüfung der ausländischen Entscheidung auf ihre Gesetzmäßigkeit vornimmt. Weiter unten wird sich tatsächlich zeigen, daß eine der Hauptregeln des Vertrags der ersuchten Behörde untersagt, eine Prüfung der Unterhaltsentscheidung in der Sache selbst vorzunehmen (siehe unten Nr. 74). Um diese verschleierte Nachprüfung zu vermeiden, hat die Kommission Artikel 9 des Entwurfs angenommen. Damit hat sie eine der Bestimmungen des in Den Haag 1966 ausgearbeiteten Übereinkommens übernommen. Dazu sagte der Berichterstatter Ch. Fragistas: „Der zweite Richter wird ganz einfach durch die Feststellungen der Tatsachen durch den ersten Richter gebunden sein und nicht durch ihre rechtliche Qualifikation. Darüber hinaus wird der zweite Richter durch die Tatsachenfeststellungen des ersten nur gebunden sein, wenn diese Feststellungen dazu gedient haben, die Zuständigkeit dieses Richters zu begründen; demgegenüber könnten die Tatsachenfeststellungen, die nicht dazu dienten, die Zuständigkeit des ersten Richters zu begründen, vom zweiten Richter als einfache Beweise frei beurteilt werden“.49 Die Kommission war sich der Tatsache bewußt, daß der Begriff „tatsächliche Feststellungen“ zu Diskussionen Anlaß geben könnte. Es war für sie jedoch schwer, in den Übereinkommensbestimmungen eine Unterscheidung zwischen Tatsache und Recht vorzunehmen. Auch hier wird die Rolle der angerufenen Behörde entscheidend sein. Selbstverständlich kann der zweite Richter nicht die durch Betrug erzielten Tatsachenfeststellungen berücksichtigen. Artikel 5 Nr. 2, der weiter unten besprochen wird, ermöglicht es, jede Gefahr dieser Art zu vermeiden (siehe unten Nr. 65). Der von der Kommission festgelegte Grundsatz läßt keine Ausnahme zu. Der Vertrag geht in dieser Hinsicht von Artikel 9 des Haager Übereinkommens vom 1. Februar 1971 ab
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48 Artikel 1 Absatz 2 des Übereinkommens über die Anerkennung von Scheidungen und Trennungen ohne Auflösung des Ehebandes bestimmt: „Das Übereinkommen betrifft nicht die Bestimmungen über unerlaubte Handlungen noch Aussprüche über Nebenfolgen, die im Scheidungsurteil oder im Urteil über Trennung ohne Auflösung des Ehebandes enthalten sind, insbesondere Verurteilungen mit finanziellen Folgen oder Bestimmungen über das Sorgerecht.“ 49 Actes et Documents de la Session extraordinaire (1966), S. 29 und 383.
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und beschränkt die Anwendung dieses Prinzips nicht auf andere Entscheidungen als solche, die auf Grund Säumnis erlassen wurden. §3 Der endgültige Charakter der Entscheidung 1 Der Grundsatz 55. Die Kommission hat mit einigen Formänderungen als zweite grundlegende Voraussetzung der Wirksamkeit von ausländischen Entscheidungen den Wortlaut aus dem Vorentwurf übernommen, nämlich das Erfordernis, das sich auf den „Reifegrad“ dieser Entscheidung bezieht.50 Der Vorentwurf selbst war beeinflußt von Artikel 4 Nr. 2 des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Urteilen in Zivil- und Handelssachen, das 1966 in Den Haag ausgearbeitet wurde. Eine ähnliche Bestimmung befand sich bereits in Artikel 2 Nr. 3 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958. Die Erläuternden Berichte zu diesen früheren Verträgen enthalten wichtige Erörterungen zu dieser Voraussetzung; man kann sich also mit Nutzen darauf beziehen.51 Die vorliegende Kommentierung kann sich also in dieser Hinsicht auf das Wesentliche beschränken. 56. Im allgemeinen kann eine ausländische Entscheidung nur anerkannt werden, wenn sie im Ursprungsstaat endgültigen Charakter hat, das heißt, wenn sie nicht auf Grund eines Rechtsmittels einer der Parteien in einer höheren Instanz als der, die diese Entscheidung erlassen hat, aufgehoben oder vernichtet werden kann. 1958 war diese Voraussetzung wie folgt formuliert worden: Die ausländische Entscheidung muß „in dem Staat, in dem sie ergangen ist, Rechtskraft erlangt haben“. Der neue Wortlaut (Artikel 4 Nr. 2) bestimmt, daß gegen diese Entscheidung „im Ursprungsstaat kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig ist“. Es wurde bereits gesagt, aus welchem Grund der erste Ausdruck vermieden wurde (oben Nr. 10). In Wirklichkeit ist der Unterschied zwischen den beiden Texten, wie Jenard und Fragistas in ihren entsprechenden Berichten unterstrichen haben, im wesentlichen terminologischer Art.52 Anstatt sich zu fragen, wie der Ausdruck „Rechtskraft“ im Ursprungsstaat ausgelegt wird, muß die ersuchte Behörde sich nunmehr darüber klarwerden, was die Worte „ordentliches Rechtsmittel“ in diesem Staat bedeuten. Bei dieser Untersuchung wird sich die genannte Behörde davor hüten müssen, die im Verfahrensrecht des Ursprungsstaats vorgesehenen Rechtsmittel danach zu beurteilen, was in ihrer eigenen Gerichtsorganisation vorgesehen ist. Die Kommission hat den Ausdruck „Rechtsmittel“ demjenigen der „Berufung“ vorgezogen, denn sie sah darin einen doppelten Vorteil. Einerseits deckt das erste Wort, das einen breiteren Sinn hat als das zweite, eine größere Zahl von Möglichkeiten; andererseits ist es sowohl auf Verwaltungsentscheidungen als auch auf gerichtliche Entscheidungen anwendbar. 57. Sollte das Übereinkommen an einige ganz grundlegende Regeln erinnern, die so offensichtlich sind, daß die internationalen Verträge auf diesem Gebiet es immer unterlassen, sie zu formulieren? Es genügt, die Frage zu stellen, um sie auch schon zu verneinen. Man wird sich demnach nicht wundern, daß keine Bestimmung des Übereinkom-
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50 Siehe Erläuternder Bericht, Nr. 102. 51 Siehe den Bericht von P. Jenard in Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Bd. I, S. 317 und den Bericht von Ch. Fragistas in Actes et Documents de la Session extraordinaire (1966), S. 372. 52 A.a.O.
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mens die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen im Vollstreckungsstaat untersagt, die im Ursprungsstaat als ohne weite res nichtig oder gar nichtexistent betrachtet werden.53 Auch kann die ausländische Entscheidung, obwohl der Wortlaut das nicht sagt, im Vollstreckungsstaat keine größeren Wirkungen haben als im Ursprungsstaat.54 2 Die Ausnahme 58. Nachdem der Grundsatz aufgestellt war, mußte man sich nach Besonderheiten von Unterhaltsentscheidungen fragen, die in dem Land, in dem sie ergangen sind, bereits vollstreckbar sind, obwohl sie dort noch Gegenstand eines ordentlichen Rechtsmittels sein können. Diese Erscheinung findet sich auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten sehr häufig: Die Vollstreckung der vorläufig vollstreckbaren Urteile erscheint in Anbetracht der Langwierigkeit der Rechtsmittel unerläßlich, wenn man die Sozialfälle wirksam schützen will. Die Frage war in Wirklichkeit nicht neu. Um die vorhandenen Schwierigkeiten zu lösen, haben die Verfasser des Entwurfs von Rom (Völkerbund-Unidroit) sie damals unter Berücksichtigung des besonderen Charakters der Unterhaltspflichten angeschnitten. Nachdem sie festgestellt hatten, daß „man oft viele Jahre warten muß, bevor eine Gerichtsentscheidung rechtskräftig wird, während die Erfüllung von Unterhaltspflichten in Anbetracht ihrer Natur nicht lange verzögert werden kann, ohne dem Berechtigten einen erheblichen Schaden zuzufügen“,55 beschlossen sie eine Bestimmung, die unverändert in das Vollstreckungsübereinkommen von 1958 übernommen wurde. 1971 hat die Kommission die Schlußfolgerungen ihrer Vorgänger zu ihren eigenen gemacht. Artikel 4 Absatz 2 des neuen Vertrags übernimmt fast in extenso den zweiten Satz von Artikel 2 Nr. 3 des Übereinkommens von 1958. Es ist festzustellen, daß die Ausnahme nur eintritt, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Einerseits muß das Verfahrensrecht des Vollstreckungsstaats selbst das System der vorläufig vollstreckbaren Entscheidungen und einstweiligen Maßnahmen kennen, und andererseits müssen diese Entscheidungen und Maßnahmen geeignet sein, dort vollstreckt zu werden.
ABSCHNITT 2 Die Gründe für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung oder „negativen Voraussetzungen“ §1 Allgemeines 59. Artikel 5 und 6 des Übereinkommens enthalten die Liste der Fälle, in denen die ersuchte Behörde es ablehnen kann, die ausländische Entscheidung anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären, auch wenn die positiven Voraussetzungen erfüllt sind. Diese beiden Artikel übernehmen inhaltlich die in Artikel 5 des Vorentwurfs der Sonderkommission enthaltenen Bestimmungen. Auch in der Form weichen sie kaum davon ab; die Verfasser des Entwurfs wollten jedoch die Fassung des Wortlauts vereinfachen und die Darstellung etwas verändern. Wie im Erläuternden Bericht zum Vorent-
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Ch. Fragistas, Actes et Documents de la Session extraordinaire (1966), S. 371. A.a.O. Siehe L’execution ä l’etranger des obligations alimentaires (Note 1), S. 36 bis 38.
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wurf56 unterstrichen wurde, lehnen sich die Bestimmungen über die negativen Voraussetzungen stark an die Artikel 5 und 6 des allgemeinen Vollstreckungsübereinkommens von 1971 an. Es ist also von Interesse, zu diesem Punkt den sehr eingehenden Bericht von Fragistas heranzuziehen.57 Auf diesem Gebiet bringt das Übereinkommen keine vollständige Neuerung. Schon 1958 waren ähnliche Normen beschlossen worden: Sie sind in Artikel 2 Nr. 2, 4 und 5 des Vollstreckungsübereinkommens über Unterhaltspflichten gegenüber Kindern zu finden. Der Wortlaut des neuen Vertrags hat das Verdienst, die negativen und positiven Voraussetzungen besser zu unterscheiden und genauere Bestimmungen zu enthalten, die trotzdem eine gewisse Flexibilität behalten haben. 60. Artikel 5 führt die vier ersten Fälle an, die alle von allgemeiner Tragweite, das heißt: auf jede Entscheidung anwendbar sind, die vom Übereinkommen erfaßt ist, einschließlich derjenigen, die auf Grund Säumnis ergangen sind. Nacheinander werden die Ausnahme der öffentlichen Ordnung, der Verfahrensbetrug, der Widerstreit zwischen einem anhängigen Verfahren und einer ausländischen Entscheidung sowie die Unvereinbarkeit von Urteilen erwähnt. Artikel 6 bezieht sich ausschließlich auf Säumnisentscheidungen; es handelt sich um einen weiteren Fall der Versagung der Anerkennung und Vollstreckung auf Grund des Gedankens des Schutzes der Beklagtenrechte. Das Bindewort „oder“ in Artikel 5 hinter jeder Nummer ebenso wie der Schlußsatz (der Übersetzung) des Artikels 6 („Artikel 5 bleibt unberührt“) bringen klar den alternativen und nicht kumulativen Charakter der negativen Voraussetzungen zum Ausdruck. Es reicht daher aus, wenn eine der in diesen beiden Artikeln beschriebenen Möglichkeiten zutrifft, um es der ersuchten Behörde zu ermöglichen, in Übereinstimmung mit dem Gesetz zu entscheiden, daß der ausländischen Entscheidung keine Bindungs- oder Vollstreckungswirkung zuerkannt wird. 61. Wie festgestellt, müssen die positiven Voraussetzungen außer der oben erwähnten Ausnahme (Nr. 45) notwendigerweise und gleichzeitig erfüllt sein. Mit anderen Worten muß es die ersuchte Behörde ablehnen, die Bindungs- oder Vollstreckungswirkung auszusprechen, wenn eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt ist. Anderes gilt für die sogenannten „negativen“ Voraussetzungen. Die Kommission hat gleich zu Beginn des Artikels 5 deutlich den fakultativen Charakter der Versagung zum Ausdruck gebracht: Selbst wenn eine der negativen Voraussetzungen erfüllt ist, ist es Sache der ersuchten Behörde, souverän zu entscheiden, ob die begehrte Anerkennung oder Vollstreckung gewährt wird oder nicht. Anders gesagt, verpflichtet die Tatsache, daß einer oder mehrere der in Artikel 5 angegebenen Fälle zutreffen, das mit dem Ersuchen auf Vollstreckbarerklärung befaßte Gericht niemals, diese zu versagen. Umso mehr gibt es daher niemals eine automatische Unwirksamkeit der ausländischen Entscheidung. In Artikel 6 läßt das Übereinkommen indessen dem Gericht der Vollstreckbarerklärung keine Entscheidungsfreiheit mehr. Eine Versäumnisentscheidung wird nur anerkannt und für vollstreckbar erklärt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, erklärt Artikel 6. Das heißt also: Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, kann die Bindungs- und Vollstreckungswirkung der Entscheidung nicht anerkannt werden. Stellt das ersuchte Gericht fest, daß eines der Erfordernisse des Artikels 6 nicht beachtet ist, so ist es verpflichtet, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung abzuweisen.
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Erläuternder Bericht, Nr. 103. Actes et Documents de la Session extraordinaire (1966), S. 381 und 382.
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62. Die große Beurteilungsfreiheit, die der ersuchten Behörde zugestanden wird, ist jedoch in einem anderen Sinn eingeschränkt: In keinem Fall kann diese Behörde, ohne gegen das Übereinkommen zu verstoßen, es aus anderen Gründen als den in den Artikeln 5 und 6 genannten ablehnen, die ausländische Entscheidung anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären. Es wird sich später zum Beispiel noch herausstellen, daß die Anwendung eines anderen materiellen Rechts als des im Internationalen Privatrecht des Vollstreckungsstaats bezeichneten durch das Ursprungsgericht (unten Nr. 75) und die Nichtvorlegung der in Artikel 17 des Entwurfs genannten Unterlagen durch den Antragsteller (unten Nr. 85) grundsätzlich nicht die Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung rechtfertigen können. Die Liste der negativen Voraussetzungen in den Artikeln 5 und 6 ist erschöpfend und nicht beispielhaft. §2 Die Ausnahme der öffentlichen Ordnung (ordre public) 63. Man braucht kein Prophet zu sein, um ohne die Befürchtung, durch die Tatsachen widerlegt zu werden, vorauszusagen, daß die Beklagten von allen Klauseln des Übereinkommens im Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung sich am häufigsten auf Artikel 5 Nr. 1 über die Ausnahme aus Gründen der öffentlichen Ordnung berufen werden. Um sich davon zu überzeugen, genügt es, die umfangreiche Rechtsprechung zu Artikel 2 Nr. 5 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 nachzuschlagen, der den gleichen Gegenstand behandelt.58 In der Sache hatte die Kommission kaum Zweifel. Im Hinblick auf die Form ist sie auf das klassische Problem gestoßen: Welcher Ausdruck entspricht in englischer Sprache dem Begriff „ordre public“, der den Juristen des Kontinents so geläufig ist? Anstatt die lange Umschreibung im englischen Wortlaut des allgemeinen Vollstreckungsübereinkommens von 1971 zu übernehmen, haben die Delegierten sozusagen die Schwierigkeit umgangen, indem sie* (*für: „mit der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaats offensichtlich unvereinbar“) folgende Formel benutzten: „…the decision is manifestly incompatible with the public policy (‚ordre public‘) of the State addressed …“. Nach Meinung der Kommission deckt dieser Satz notwendigerweise den Fall, in dem die Unterhaltsentscheidung nach einem Verfahren ergangen ist, das mit der Einhaltung der Regeln des „due process of law“ oder mit der Berücksichtigung der Beklagtenrechte unvereinbar ist. 64. Es wurde bereits unterstrichen (oben Nr. 37), daß die Verbindungen zwischen Unterhaltspflicht und verschiedenen Bereichen des Personenstands (Abstammung, Ehe, Scheidung usw.) die Unterhaltsverpflichteten veranlassen könnten, sich mit Beharrlichkeit auf die Ausnahme der öffentlichen Ordnung zu berufen. Auch hier ist die Durchsicht der auf Grund des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 ergangenen Entscheidungen aufschlußreich.59 Deshalb scheint es auch wünschenswert, die Absichten der Kommission zu diesem Punkt klar zum Ausdruck zu bringen. Die Aufnahme der Ausnahme des ordre public als negative Voraussetzung in den Vertrag hat keinen anderen Sinn, als dieser Ausnahme eine restriktive Formulierung zu geben: Man beachte das Wort „offensichtlich“, das neben dem Eigenschaftswort „unvereinbar“ steht. Wenn dieser Ausdruck in den Haager Übereinkommen auch zur Gewohnheit geworden ist, so hat er trotzdem nicht seine Rechtfertigung verloren.
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58 Siehe „Les nouvelles Conventions de La Haye; leur application par les juges nationaux“, s’Gravenhage, Asser Instituut, 1970. S. 57 und 58 und 1972, S. 53 bis 71. 59 A.a.O.
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Es ist zu wiederholen, daß die Verfasser des Entwurfs den starken Wunsch hatten, daß die ersuchten Behörden bei der Anwendung der Bestimmung über den ordre public die größte Zurückhaltung an den Tag legen, um nicht das Übereinkommen seines ganzen praktischen Wertes zu berauben. Es wird in jedem konkreten Einzelfall und mit Umsicht zu beurteilen sein, ob die gewünschte Anerkennung oder Vollstreckung in dem betreffenden Fall zu einer unerträglichen Lage für den Vollstreckungsstaat führt. Die Prüfung der öffentlichen Ordnung kann in keinem Fall als Vorwand dienen, um erneut eine Nachprüfung in der Sache selbst einzuleiten, die das Übereinkommen ausdrücklich ausschließt. Insbesondere wird die ersuchte Behörde darauf achten, daß der Vertrag die Nachprüfung des vom ersten Gericht angewandten Rechts ausschließt, sowohl was die Unterhaltsfrage als auch eventuelle Vorfragen betrifft. Sie wird demnach vermeiden, den ordre public systematisch anzuwenden, um die Vollstreckung von Verurteilungen zu Unterhalt zu versagen, die auf einer Familienbeziehung oder einer quasiFamilienbeziehung außerhalb der Fälle beruhen, die das Recht des angerufenen Gerichts oder das Recht vorsieht, das nach dem Internationalen Privatrecht des angerufenen Gerichts für anwendbar erklärt ist. Ebenso wird sie sehr aufmerksam die Tatsachen- und Rechtslage beachten, bevor sie die Vollstreckbarerklärung unter dem Vorwand versagt, daß der ordre public des angerufenen Gerichts nicht dieselben Verjährungsfristen wie der Ursprungsstaat für Unterhaltsklagen oder dieselben Regeln über die Höhe des Unterhalts kennt. §3 Betrügerische Maßnahmen im Verfahren 65. Diese zweite negative Voraussetzung hat in der Kommission gewisse Kontroversen ausgelöst. Die einen betrachteten sie als überflüssig, weil sie schon im Begriff der öffentlichen Ordnung enthalten sei; die anderen zogen es vor, sie ausdrücklich zu erwähnen, denn sie sahen darin eine von der ersten erheblich abweichende Voraussetzung. Am Ende der Diskussion zeigte sich, daß der Fall der betrügerischen Machenschaften nicht unbedingt durch den Begriff des ordre public gedeckt war. Betrug, so erklärt Fragistas in seinem bereits zitierten Bericht, setzt ein subjektives Element voraus, das heißt eine Täuschung, eine betrügerische Handlung (und nicht nur einen Irrtum oder eine Fahrlässigkeit) von Seiten dessen, der die Vollstreckbarerklärung verlangt. Dieses Element tritt während der Instanz in Erscheinung, welche zum Erlaß der Unterhaltsentscheidung geführt hat, deren Anerkennung und Vollstreckung verlangt wird. Es handelt sich zum Beispiel um eine Urkundenfälschung, die der Antragsteller des Vollstreckbarerklärungsverfahrens begangen hat; oder dieser hat sich einer falschen Zeugenaussage schuldig gemacht. Wie man sieht, ist diese Problematik sehr verschieden von der des ordre public.60 §4 Zusammentreffen eines anhängigen Verfahrens und einer ausländischen Entscheidung 66. Wenn ein Unterhaltsstreit bei einer zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats eingeleitet worden und dieses Verfahren noch anhängig ist, wäre es zumindest merkwürdig, eine Behörde dieses Landes zu verpflichten, eine Entscheidung anzuerken-
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60 Actes et documents de la Session extraordinaire (1966), S. 381 und 382 (siehe insbesondere S. 381, zweite Spalte am Anfang).
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nen und für vollstreckbar zu erklären, die ein ausländisches Gericht erlassen hat, das mit einem Streit zwischen denselben Parteien und über denselben Gegenstand später befaßt worden ist. Aus diesem Grund erkennt das Übereinkommen in diesem Fall der Behörde des Vollstreckungsstaats die Möglichkeit zu, dieser ausländischen Entscheidung Bindungsund Vollstreckungswirkung zu versagen. Man hätte zweifellos weiter gehen und diese Behörde zwingen können, die Vollstreckbarerklärung zu versagen. Gemäß einer ihrer Grundeinstellungen hat die Kommission es aber vorgezogen, dem Gericht eine größere Beurteilungsfreiheit zu lassen. Entgegen dem Begriff der Rechtshängigkeit im engen Sinn müssen die beiden Streitigkeiten nach dem Übereinkommen nicht auf demselben Grund beruhen. Dies beweist, daß Artikel 5 Nr. 3 des Vertrags nicht etwa die Rechtshängigkeit zur negativen Voraussetzung gemacht hat, sondern vielmehr einen besonderen Fall des Zusammentreffens zwischen einem anhängigen Verfahren und der ausländischen Entscheidung. Es ist daran zu erinnern, daß unter „Gegenstand“ der Klage der Anspruch der klagenden Partei zu verstehen ist, den sie geltend gemacht hat, um ein bestrittenes Recht zu verteidigen. Der „Grund“ der Klage betrifft hingegen die gesetzliche Grundlage des streitbefangenen Rechts. §5 Widerspruch zwischen Entscheidungen 67. Die Kommission hat sich lange mit dem Problem des Widerspruchs zwischen der Unterhaltsentscheidung, für welche die Vollstreckbarerklärung beantragt „wird, einerseits und den Urteilen zwischen denselben Parteien über denselben Gegenstand befaßt, sei es, daß sie im Vollstreckungsstaat erlassen worden sind, sei es, daß sie anderswo ausgesprochen worden sind und im Vollstreckungsstaat anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden können. Schon 1966 bei der Ausarbeitung des allgemeinen Vollstreckungsübereinkommens hatte diese Schwierigkeit heftige Diskussionen hervorgerufen. In der Sache unterscheiden sich schließlich die in Artikel 5 Nr. 4 des Entwurfs vorgeschlagenen Lösungen kaum von denen, die im allgemeinen Vollstreckungsübereinkommen vorgeschlagen worden sind. Die neuere Formulierung erscheint eleganter, denn sie vermeidet die Unterteilungen in Absätze, die man in Artikel 5 Nr. 3 des allgemeinen Übereinkommens findet. Ist es notwendig, sich noch genauer auszudrücken? Sollte man zum Beispiel – und das wurde in den Debatten erörtert – sagen, daß die Worte „in einem anderen Staat“ sich sowohl auf Nichtvertragsstaaten wie auf Vertragsstaaten beziehen? Oder hätte man noch klarstellen sollen, daß die für die Anerkennung und Vollstreckung der ausländischen Entscheidung erforderlichen Voraussetzungen entweder vom allgemeinen Recht oder vom vertraglichen Recht angeordnet werden können, an das der Vollstreckungsstaat gebunden ist? Auf Antrag mehrerer Delegationen wurden diese weiteren Angaben vermieden, um das Gericht nicht in eine Zwangsjacke zu stecken und das Verständnis des Wortlauts zu erleichtern. Nach unserer Auffassung ergeben sich übrigens die Antworten auf diese zwei Fragen von selbst. Wenn das Übereinkommen ohne nähere Angaben den Ausdruck „oder in einem anderen Staat“ gebraucht, so ist niemand gehindert anzunehmen, daß dieser Staat ein Nichtvertragsstaat sein kann, und die innere Logik des Vertragswerks erlaubt diese Auslegung. Ebenso ist es in Ermangelung ausdrücklicher Vorschriften erlaubt anzunehmen, daß die „erforderlichen Voraussetzungen“ für die Anerkennung und Vollstreckung, auf die sich Artikel 5 Nr. 4 bezieht, ohne Unterschied im allgemeinen oder vertraglichen Internationalen Privatrecht formuliert sein können. Schütze
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§6 Ein Sonderfall: Die Versäumnisentscheidungen61 68. In der Theorie bilden die Versäumnisurteile, das heißt solche, die ein Verfahren abschließen, in dem der Beklagte nicht erschienen ist, eine Ausnahme. In der Praxis sind sie auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten häufig anzutreffen. Die Gefahren dieser Entscheidungen sind bekannt. Vor allem auf internationaler Ebene ist es angebracht, sie mit Vorsicht zu handhaben, um nicht zu stören, was man „das Gleichgewicht der Kräfte in den Unterhaltsbeziehungen“ nennen könnte. Einerseits müssen die Unterhaltsberechtigten gegen jede Absicht der Verpflichteten geschützt werden, zu verschwinden, im Ausland unterzutauchen, um sich ihren Verpflichtungen zu entziehen, eine sehr verbreitete Taktik. Andererseits muß jede unangenehme Überraschung des Unterhaltsverpflichteten vermieden werden, indem er reelle Mittel erhält, sich vor Gericht zu verteidigen. Obwohl es ihr Wunsch war, die Aufgabe des Berechtigten zu erleichtern, der Partei, die als die schwächere angesehen wird, glaubte die Kommission, für die Wirksamkeit der Versäumnisurteile höhere Anforderungen stellen zu müssen als für die anderen ausländischen Entscheidungen. 69. Wie bereits festgestellt, ist das Gericht des Ortes des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltsberechtigten im Sinn des Übereinkommens zuständig, eine Entscheidung zu erlassen, die für vollstreckbar erklärt werden kann (siehe oben Nr. 50). Der damit dem Berechtigten eingeräumte Vorteil wird durch die in Artikel 6 aufgestellte Regel korrigiert: Das Gericht kann die Grundrechte des Verpflichteten nicht verletzen. Dieser muß über das Verfahren auf dem laufenden gehalten worden sein; er muß außerdem über eine ausreichende Frist verfügt haben, um für seine Verteidigung zu sorgen. Andernfalls ist die ersuchte Behörde berechtigt, es abzulehnen, der Entscheidung Bindungs- und Vollstreckungswirkung zuzuerkennen, – selbstverständlich – soweit die Anerkennung oder Vollstreckung gegen die säumige Partei verlangt wird. Artikel 6 schreibt zwei Voraussetzungen vor, die gleichzeitig erfüllt sein müssen (wenn … und wenn …): Es reicht aus, daß eine nicht erfüllt ist, um das angerufene Gericht zu zwingen, die Vollstreckbarerklärung zu versagen. Wenn zum Beispiel der Beklagte ordnungsgemäß von der Existenz eines Verfahrens und von dessen Tragweite unterrichtet worden ist, aber nicht die notwendige Zeit für seine Verteidigung gehabt hat, dann muß die Vollstreckbarerklärung versagt werden. 70. Unter dem „das Verfahren einleitenden Schriftstück“ ist das Instrument zu verstehen, mit dem der Kläger offiziell das streitige Verfahren vor der Behörde eingeleitet hat, welche die Entscheidung erlassen hat. Der Ausdruck hat also keine genaue juristische Bedeutung. Auf die Bezeichnung dieses Schriftstücks im Ursprungsstaat (Zustellungsurkunde, Antrag, Vorladung usw.) oder auf das Verfahren der Einleitung kommt es nicht an. Andererseits fordert das Übereinkommen, daß die zugestellte Unterlage „die wesentlichen Klagegründe“, also zumindest die Angabe des Unterhaltsverlangens und dessen rechtliche Grundlage enthält. Eine einfache Aufforderung, zu einem bestimmten Datum vor einer bestimmten Behörde zu erscheinen, reicht nicht aus. Den französischen Worten „notifies ou signifies“ entspricht im englischen Wortlaut* (*und in der deutschen Übersetzung) nur das Wort „served“ („zugestellt“). Selbstverständlich weichen nach dem Willen der Verfasser des Übereinkommens die beiden Fassungen
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61 Über den Begriff des Versäumnisurteils siehe den Bericht von Ch. Fragistas, in Actes et Documenta de la Session extraordinaire (1966), S. 42.
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inhaltlich in diesem Punkt nicht voneinander ab.62 Die Zustellung muß nach dem Verfahrensrecht des Ursprungsstaats erfolgt sein. Wenn dieses das System der Zustellung bei der Staatsanwaltschaft kennt, so ist dieses Verfahren als zulässig anzusehen. Um Mißbräuche zu vermeiden, unterstreicht das Übereinkommen jedoch ausdrücklich, daß das verfahrenseinleitende Schriftstück der säumigen Partei zugestellt worden sein muß, was das Mißtrauen der Delegierten gegenüber mehr oder weniger fiktiven Zustellungen beweist. Schließlich ist die Beurteilungsfreiheit des angerufenen Gerichts im Hinblick auf die Zeit zu erwähnen, die dem Beklagten eingeräumt wird, um für seine Verteidigung zu sorgen: Alles hängt nach dem Übereinkommen von den tatsächlichen Umständen ab.
ABSCHNITT 3 Tragweite der internationalen Wirksamkeit von Unterhaltsentscheidungen §1 Allgemeines 71. Wenn die ausländische Entscheidung im Vollstreckungsstaat anerkannt und für vollstreckbar erklärt worden ist, kann man sie als in diesem Staat „naturalisiert“ ansehen. Sie besitzt dann grundsätzlich dieselbe Wirkung wie ein von einer Behörde dieses Landes ausgesprochenes Urteil. Die ausländische Entscheidung über die vom Übereinkommen erfaßten Unterhaltspflichten kann jedoch im Vollstreckungsstaat nicht mehr Wirkungen entfalten, als sie im Ursprungsstaat hat. Obwohl diese Regel nicht im Wortlaut selbst zu finden ist, ist ihre Berechtigung nicht bestritten worden: Es handelt sich hier um ein grundlegendes Prinzip des Internationalen Privatrechts.63 Das Übereinkommen enthält nur zwei Regeln über die Tragweite der internationalen Wirksamkeit ausländischer Entscheidungen. Die erste betrifft das, was die Delegierten die teilweise Anerkennung und Vollstreckung genannt haben; die zweite bezieht sich auf Entscheidungen, die eine Unterhaltsleistung durch regelmäßig wiederkehrende Zahlungen anordnen. §2 Teilweise Anerkennung und Vollstreckung 72. Artikel 10 des Entwurfs beschäftigt sich mit dem Fall, daß eine Entscheidung mehrere Ansprüche in einer Unterhaltsklage betrifft. Diese Bestimmung nimmt einen Gedanken auf, der in Artikel 14 Absatz 2 des allgemeinen Vollstreckungsübereinkommens von 1971 enthalten war. Der Kommentar von Fragistas zu diesem Übereinkommen enthält Ausführungen, die zum Verständnis des Textes beitragen und die für den neuen Vertrag noch entsprechend gelten.64
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62 Im gleichen Sinn siehe schon derbenglischen Text des Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen, das am 15. November 1965 in Den Haag geschlossen wurde (Convention on the Service abroad of judicial and extrajudicial documents in civil or commercial matters). Siehe auch Artikel 5 am Anfang dieses Übereinkommens und Artikel 27 Nr. 2 des in Brüssel am 27. September 1968 von den sechs Mitgliedstaaten des Gemeinsamen Marktes unterzeichneten Übereinkommens, dessen übliche englische Fassung die Worte „signifier et notifier“ mit „to serve“ übersetzt. 63 In diesem Sinn Ch. Fragistas in Actes et Documents de la Session extraordinaire (1966), S. 371. 64 A.a.O. (siehe insbesondere S. 43 und 385).
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Der in Artikel 10 behandelte Fall unterscheidet sich sowohl von dem bereits analysierten des Artikels 3 (siehe oben Nr. 35) wie von dem in Artikel 14 (siehe unten Nr. 80). Im Vorentwurf waren diese drei Fälle in einem einzigen Artikel zusammengefaßt. Der Entwurf hat das Verdienst, jeden von ihnen in den richtigen Zusammenhang zu stellen. Für die angerufene Behörde wird die Hauptschwierigkeit darin bestehen zu unterscheiden, ob in der Entscheidung mehrere Ansprüche enthalten sind oder ob einfach ein Anspruch mehrere Teile umfaßt. In jedem Fall wird bei mehreren Anträgen genau darauf zu achten sein, ob sie sich alle auf Unterhaltsmaßnahmen beziehen oder nicht. In der Tat ist, wenn die Entscheidung nicht nur die Unterhaltspflicht betrifft, Artikel 3 des Übereinkommens anwendbar und nicht Artikel 10. Es soll zum Beispiel angenommen werden, daß eine ausländische Entscheidung einen Unterhaltsverpflichteten dazu verurteilt, seiner früheren Ehefrau und seinem Kind eine Unterhaltsrente zu zahlen. Der Betrag der Rente, die der Ehefrau zuerkannt wurde, ist offensichtlich übertrieben hoch, während der Betrag der dem Kind zu zahlenden Rente sich innerhalb der Grenzen hält, die im Vollstreckungsstaat allgemein üblich sind. Artikel 10 erlaubt der ersuchten Behörde, die verpflichtet ist, sich auf die Ausnahme des ordre public zu berufen, die Vollstreckung für den Teil der Entscheidung zu gewähren, der sich auf den Unterhalt bezieht, der dem Kind zusteht. Ein anderes Beispiel: Es wird angenommen, die ausländische Entscheidung wird der Behörde eines Staates vorgelegt, der sich das Recht vorbehalten hat, das Übereinkommen nur auf die Entscheidungen anzuwenden, die Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten, zwischen früheren Ehegatten und gegenüber Kindern unter einundzwanzig Jahren (Artikel 26 Nr. 1) regeln. Diese Entscheidung beinhaltet aber die Verurteilung, der geschiedenen Ehefrau und deren ehelichem Sohn über einundzwanzig Jahren eine Unterhaltsrente zu zahlen. Auch hier soll Artikel 10 dem Gericht des Vollstreckungsstaats erlauben, die Vollstreckbarerklärung für den Teil der Entscheidung zu erteilen, der die Zahlung einer Unterhaltsrente an die Ehefrau anordnet. §3 Entscheidungen, die zu regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen verurteilen 73. Der Entwurf hat in Artikel 11 die Regel übernommen, die im Vorentwurf im selben Artikel vorgeschlagen war. Es kann also auf den Erläuternden Bericht zu diesem Vorentwurf Bezug genommen werden, denn er enthält zu diesem Punkt ausreichende Erklärungen.65 Die Probleme des intertemporalen Kollisionsrechts in bezug auf Entscheidungen, die eine Unterhaltsleistung durch regelmäßig wiederkehrende Zahlungen anordnen, sind in Artikel 24 geregelt. Auf sie wird noch zurückzukommen sein (unten Nr. 103).
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Siehe Erläuternder Bericht, Nr. 114.
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ABSCHNITT 4 Die Nachprüfung auf Gesetzmäßigkeit §1 Der Grundsatz: Der Ausschluß jeder Nachprüfung auf Gesetzmäßigkeit 74. Artikel 5 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 beschränkte die Prüfung der Vollstreckungsbehörde auf die positiven und negativen Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung und auf die vom Antragsteller vorzulegenden Unter lagen. A contrario untersagte er jede andere Nachprüfung. Das allgemeine Vollstreckungsübereinkommen von 1971 ging gleichfalls in die Richtung eines Verbots jeder sachlichen Nachprüfung der ausländischen Entscheidung durch das Gericht des Vollstreckungsstaats: Siehe Artikel 8 dieses Übereinkommens. Artikel 12 des neuen Vertrags ist noch deutlicher als die Vorgänger (Gebrauch des Indikativs Präsens anstatt des Futur, Versetzung der Ausnahme an das Ende des Satzes usw.). Diese Entscheidung, jede sachliche Nachprüfung zu untersagen, entspricht der gegenwärtigen Tendenz des Internationalen Privatrechts, wie man sie in diplomatischen Verträgen ebenso wie in den neueren Gesetzesreformen und Rechtsprechungsentwicklungen feststellen kann. In Anbetracht des Gegenstands des Entwurfs – Unterhaltspflichten – ist es zu begrüßen, daß die Kommission zugestimmt hat, daß eine entsprechende Regel sich hier noch mehr als sonst aufdrängt, und daß sie diese so klar abgefaßt hat. 75. Inhalt und Folgen des Verbots jeder Nachprüfung auf Gesetzmäßigkeit sind bekannt. In bezug auf den Inhalt ist es untersagt, die Art zu untersuchen, wie das Ursprungsgericht entschieden hat. Die ersuchte Behörde hat nicht die Befugnis zu kontrollieren, ob das ausländische Gericht einen tatsächlichen oder rechtlichen Fehler begangen hat. Es ist ihr zum Beispiel unmöglich zu überprüfen, ob das auf den Rechtsstreit angewandte Gesetz dasjenige ist, das nach dem Internationalen Privatrecht des Vollstreckungsstaats anzuwenden gewesen wäre, oder nicht. Ebenso ist die Überprüfung des auf die Vorfragen angewandten Rechts grundsätzlich untersagt. Eine weitere Veranschaulichung der Regel: Jede Nachprüfung der Anwendung oder Auslegung des durch das ausländische Gericht auf die Hauptsache angewandten materiellen Rechts muß ausgeschlossen sein. Es ist noch darauf hinzuweisen, daß die ersuchte Behörde die Tatsachenfeststellungen nicht anzweifeln kann, auf die das ausländische Gericht seine Entscheidung gegründet hat. Sie kann auch keinen Antrag einer Partei für zulässig erklären, der darauf abzielt, neue Beweismittel vorzulegen, andere tatsächliche Umstände geltend zu machen usw. Hinsichtlich der Folgen ist deutlich daran zu erinnern, daß die ersuchte Behörde (qualitate qua) in keinem Fall den Inhalt der ausländischen Entscheidung ändern kann. Es steht ihr zum Beispiel nicht zu, den Unterhaltsbetrag herabzusetzen, Zahlungszeiträume zu ändern, Nachfristen zu gewähren usw. Ihre Rolle beschränkt sich darauf, die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der Unterhaltsentscheidung entweder auszusprechen oder zu versagen, nicht mehr. 76. Muß man aus dem Vorstehenden folgern, daß der Beklagte über keine Mittel verfügt, der Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung zu entgehen, die ihm in Ausnahmefällen einen schweren Schaden zufügen könnte? Um diese Frage zu beantworten, ist zuerst an den Unterschied zwischen der Anerkennung der Vollstreckbarkeit einerseits und der materiellen oder Zwangsvollstreckung andererseits zu erinnern (siehe oben Nr. 10). Selbstverständlich kann der Unterhaltsverpflichtete (der im allgemeinen der Beklagte ist), wenn er es für zweckmäßig hält, im Vollstreckungsstaat ein Verfahren mit dem Ziel einleiten, ganz oder teilweise die materielle Schütze
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Vollstreckung der Entscheidung zu verhindern, die in diesem Staat mit der Vollstreckungsformel versehen wurde. Solche Verfahren können sich zum Beispiel aus den Bestimmungen des Verfahrensrechts dieses Landes auf dem Gebiet des Vollstreckungsschutzes oder der vorläufigen Aussetzung der materiellen Vollstreckung ergeben (siehe zum Beispiel § 765 a ZPO). Wenn diese Versuche scheitern, könnte der Beklagte noch versuchen, beim zuständigen Gericht eine Änderung der Unterhaltsentscheidung zu erreichen. Angenommen, diese fällt in einem für ihn günstigen Sinn aus, könnte er sich sogar notfalls auf das hier kommentierte Übereinkommen berufen, um die Anerkennung und Vollstreckung der neuen Entscheidung im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Berechtigten zu verlangen. Darüber hinaus sind Ausnahmen vom Grundsatz des Verbots jeder Überprüfung der Gesetzmäßigkeit zugelassen worden. §2 Die Ausnahmen 77. Das Übereinkommen sieht selbst Abweichungen von dem oben formulierten Grundsatz vor. Artikel 12 schließt in der Tat mit dem Satz: „… sofern das Übereinkommen nicht etwas anderes bestimmt“. Die Nachprüfung der ausländischen Unterhaltsentscheidung in der Hauptsache durch die ersuchte Behörde wird sich in erster Linie, wie gesehen, auf das Vorliegen der positiven und negativen Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung erstrecken (siehe insbesondere oben Nr. 54). Sie wird sich auf das unbedingt Notwendige beschränken, wie dies insbesondere Artikel 9 bestimmt. Diese Nachprüfung kann auch auf der Grundlage der Artikel 18 und 19 erfolgen, die weiter unten erörtert werden (siehe unten Nr. 95).
KAPITEL 3 Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen (Artikel 13 bis 17) ABSCHNITT 1 Der allgemeine Grundsatz: Anwendung des Rechts des Vollstreckungsstaats 78. Artikel 13 des Vertrags gibt mit einigen formalen Verbesserungen Artikel 10 des Vorentwurfs wieder, der wiederum auf Artikel 14 Absatz 1 des allgemeinen Vollstreckungsübereinkommens von 1971 zurückgeht. Artikel 6 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 enthielt bereits eine ähnliche Bestimmung. Diese Bestimmung, die das Kapitel 3 über das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen einleitet, darf nicht mit den Bestimmungen über die Grundvoraussetzungen der Wirksamkeit von Unterhaltsentscheidungen in den Vertragsstaaten verwechselt werden. In Wirklichkeit ist die Verwechslung im umgekehrten Sinn häufiger, und einige Gerichte haben unter der Geltung des Übereinkommens von 1958 in der Tat erklärt, daß die Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung dem Recht des Vollstreckungsstaats unterliegen. Dieser offensichtliche Irrtum geht wahrscheinlich auf die Schwierigkeit zurück, unter bestimmten Umständen die Verfahrensfragen von materiellen Bereichen zu unterscheiden. Die Kommission hat nicht versucht, diese schwierigen Qualifikationsprobleme im Übereinkommen selbst zu lösen. Sie stellt es also dem er905
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suchten Gericht anheim, in jedem konkreten Fall zu entscheiden. In diesem Zusammenhang erklärt der Erläuternde Bericht zum Vorentwurf, der sich seinerseits auf die Lehre bezieht, daß „unter Berücksichtigung des Zusammenhangs – ein internationaler Vertrag – keine Regel nach einfachen formalen Elementen eingeordnet werden sollte: Das angerufene Gericht sollte nach der wahren grundlegenden Tragweite der geltend gemachten materiellen Bestimmung suchen“.66 79. Die Kommission sah sich nicht in der Lage, selbst ein einheitliches Verfahren für die Anerkennung und Vollstreckung einzuführen, wie es zum Beispiel in dem Übereinkommen zu finden ist, das die Mitgliedstaaten des Gemeinsamen Marktes 1968 unterzeichnet haben. Sie ist der in dem Haager Übereinkommen über die internationale Wirksamkeit von ausländischen Entscheidungen verfolgten Politik treu geblieben. Artikel 13 des Vertrags stellt sich in der Form einer Konfliktregel dar, die das Verfahren an die lex fori bindet. Es ist Sache des Verfahrensrechts des Vollstreckungsstaats, insbesondere klarzustellen, wie der Vollstreckbarerklärungs-Antrag einzureichen ist: durch ein einfaches Gesuch, mittels einer Ladung, mit oder ohne Beistand eines Rechtsanwalts usw. Dieses Recht wird auch grundsätzlich zu entscheiden haben, welche Personen berechtigt sind, die Anerkennung oder Vollstreckung zu verlangen. Es wird auch zu bestimmen haben, an welche Behörde des Vollstreckungsstaats sich der Antragsteller für die Vollstreckbarerklärung wenden muß (Regeln über die sachliche Zuständigkeit – ratione materiae – und Regeln über die örtliche Zuständigkeit – ratione personae vel loci). Es wird ferner die Rechtsmittel zu bestimmen haben. Dieser Artikel schließt mit einer Verweisung auf die Ausnahmen gegenüber der grundsätzlichen Zuständigkeit der lex fori, die im Übereinkommen selbst vorgesehen sind. Diese Ausnahmen, von denen die wichtigsten sogleich folgen (Artikel 14 bis 17), betreffen beschränkte Vollstreckbarerklärungs-Anträge, die Verfahrensstellung der Parteien sowie die durch den Antragsteller vorzulegenden Unterlagen. Sie sollen nacheinander untersucht werden.
ABSCHNITT 2 Beschränkte Anträge auf Anerkennung oder Vollstreckung 80. Artikel 14 des Übereinkommens erfordert keine lange Kommentierung. Er übernimmt den in Artikel 4 Absatz 3 des Vorentwurfs entwickelten Gedanken. Die ratio legis dazu ist im Erläuternden Bericht dargestellt worden: „Die Sachverständigen haben es für notwendig erachtet, dem Berechtigten die Möglichkeit zu geben, seinen Antrag abzuschwächen. Der Inhalt der ausländischen Entscheidung kann ihn in der Tat davon abhalten, eine volle Verwirklichung zu verlangen. Zum Beispiel kann die Höhe der vom Verpflichteten zu leistenden Rente außerhalb jedes Verhältnisses zu dem festgesetzt worden sein, was allgemein im Vollstreckungsstaat zuerkannt wird. Um zu vermeiden, daß ihm die Ausnahme des ordre public entgegengehalten wird, kann der Antragsteller der Vollstreckbarerklärung vorsichtshalber dank des dritten Absatzes subsidiär eine Teilvollstreckung verlangen …“.67 Es ist hinzuzufügen, daß fiskalische Gründe den Antragsteller manchmal dazu veranlassen werden, selbst den Betrag der Verurteilung, den er vollstreckt sehen möchte, herabzusetzen: Wenn der Vollstreckungsstaat eine Gebühr erhebt, deren Höhe sich nach dem Wert der Streitsache richtet und der Beklagte seinen
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Erläuternder Bericht, Nr. 113. Erläuternder Bericht, Nr. 97, letzter Absatz.
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Verpflichtungen schon teilweise nachgekommen ist, wird der Kläger sich auf Artikel 14 des Entwurfs stützen, um zu vermeiden, daß er unnütze Kostenvorschüsse leisten muß. Die Regel wird praktische Bedeutung nur haben, wenn im Recht des Vollstreckungsstaats nicht schon entsprechende Bestimmungen vorhanden sind.
ABSCHNITT 3 Die Verfahrensstellung der Parteien §1 Prozeßkostenhilfe 81. In Unterhaltssachen waren mehr noch als auf anderen Gebieten humanitäre Überlegungen zu berücksichtigen, die mehr und mehr die Zuerkennung der Prozeßkostenhilfe und die Kostenbefreiung rechtfertigen. Artikel 15 führt den Gedanken fort, den schon Artikel 9 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 enthält. Von der Form her erinnert er mehr an Artikel 18 des allgemeinen Vollstreckungsübereinkommens von 1971. Inhaltlich geht er noch weiter als diese beiden früheren Texte. 82. Es ist nicht notwendig, daß der Antragsteller die Staatsangehörigkeit eines Vertragsstaats besitzt, um in den Genuß der Regel zu kommen. Darüber hinaus genießt der Unterhaltsberechtigte sogar dann, wenn ihm im Ursprungsstaat Prozeßkostenhilfe oder Kostenbefreiung nicht in vollem Umfang zuerkannt worden ist, die größten Vorteile, die das Recht des Vollstreckungsstaats auf diesen Gebieten und in Unterhaltssachen kennt. Die Behörde der Vollstreckbarerklärung braucht also keine kunstvolle Rechnung aufzumachen: Es genügt festzustellen, ob der Antragsteller auf Anerkennung und Vollstreckung im Ursprungsland der Entscheidung diese Vorteile, wenn auch nur teilweise, genossen hat. Der Verpflichtete ist nicht gehindert, im Vollstreckungsstaat Prozeßkostenhilfe zu verlangen, ohne in dieser Hinsicht auf seine Lage im Ursprungsverfahren einzugehen. Wenn andererseits der Unterhaltsverpflichtete die Änderung des Urteils zu erreichen sucht, das ihn zur Zahlung von Unterhalt verurteilt hat, so ist das Recht des Staates, in dem die Änderung verlangt wird, anzuwenden, um die Voraussetzungen zu bestimmen, unter denen die Prozeßkostenhilfe zuerkannt wird. Artikel 15 deckt diesen Fall nämlich nicht. In Anbetracht dessen, was weiter oben über die Gleichstellung der Verwaltungsbehörden und der Gerichte gesagt wurde, umfaßt die Prozeßkostenhilfe im Sinn des Artikels 15 in den Staaten, wo sie bekannt ist, auch Verfahrenshilfe in Verwaltungssachen. §2 Sicherheitsleistung für die Verfahrenskosten 83. Der Gedanke, daß im Vollstreckbarerklärungsverfahren für Unterhaltsentscheidungen keine Sicherheitsleistung für die Verfahrenskosten zu fordern ist, der schon in sehr frühen Entscheidungen bestätigt worden ist, ist in neuen multilateralen und bilateralen Übereinkünften aufgegriffen worden.68 Das neue Vertragswerk geht in seinem Artikel 15, der auf den Anfang von Artikel 17 des allgemeinen Vollstreckungsübereinkommens von 1971 zurückgeht, in die gleiche Richtung.
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Siehe zum Beispiel Artikel 9 Absatz 2 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958.
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ABSCHNITT 4 Vorzulegende Unterlagen 84. Da das Übereinkommen darauf abzielt, die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen zu erleichtern, mußte es soweit wie irgend möglich die zahlreichen verwaltungsmäßigen Hindernisse beseitigen, denen sich der Unterhaltsberechtigte gegenübersieht. Die Aufmerksamkeit der Delegierten richtete sich dabei ganz natürlich auf die Unterlagen, die der Antragsteller der Vollstreckbarerklärung vorzulegen hat. Wenn auch ein Minimum an Unterlagen notwendig sein wird, um es der ersuchten Behörde zu erlauben, die notwendigen Nachprüfungen vorzunehmen, so wird jede weitergehende Forderung mißbräuchlich, denn sie erhöht die Kosten des Verfahrens und zieht es noch mehr in die Länge. Unterhaltssachen zeichnen sich aber wesentlich dadurch aus, daß der Unterhaltsberechtigte dringend der Hilfe bedarf und mittellos ist. Artikel 17 – einer der längsten des Übereinkommens – befaßt sich ausschließlich mit diesem Problem. 85. Dieser Artikel umfaßt drei Arten von Maßnahmen. Einerseits stellt er eine begrenzende Liste der Unterlagen auf, die notwendig – und daher auch ausreichend – sind, um einen Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung zu stellen. Der Antragsteller ist verpflichtet, sie vorzulegen. Werden diese Unterlagen nicht vorgelegt, so kann die ersuchte Behörde es jedoch niemals ablehnen, der Unterhaltsentscheidung Bindungs- und Vollstreckungswirkung zu verleihen. Sie muß einfach das Verfahren aussetzen, wie weiter unten festgestellt wird. Andererseits untersagt der Vertrag kategorisch, Legalisationen oder ähnliche Förmlichkeiten zu verlangen. Er stellt also nicht einfach auf den Wegfall des Erfordernisses „diplomatischer Beglaubigung“ ab, sondern jeder Forderung dieser Art. Schließlich räumt das Übereinkommen der ersuchten Behörde einen gewissen Beurteilungsspielraum ein. Als erstes kann diese, wenn sie es für zweckmäßig hält, gegenüber dem Antragsteller darauf verzichten, daß er die Übersetzung der Unterlagen vorlegt, die der Vertrag fordert. Darüber hinaus wird diese Behörde dem Antragsteller eine Frist gewähren, um zusätzliche Unterlagen zu beschaffen, wenn er nicht alle die in Artikel 17 Absatz 1 geforderten Dokumente hat beschaffen können. Diese Regel, die auf Artikel 13 des Haager Übereinkommens vom 1. Februar 1971 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zurückgeht und die sich auch in Artikel 48 Absatz 1 des EWG-Übereinkommens von 1968 findet, erschien notwendig, weil der Vertrag kein einheitliches Verfahren über die Ausstellung der notwendigen Bescheinigungen vorsieht. Dieselbe Regel ist anwendbar, wenn der Text der zur Vollstreckbarerklärung eingereichten Entscheidung es nicht erlaubt, die notwendigen Überprüfungen vorzunehmen. Die Kommission wünschte, daß die ersuchte Behörde von dieser Möglichkeit nur mit vorsichtiger Zurückhaltung Gebrauch macht. Falls zum Beispiel das dem Gericht vorgelegte Urteil es überhaupt nicht ermöglicht, die in Artikel 7 und 8 behandelte indirekte Zuständigkeit zu überprüfen, wird das ersuchte Gericht zuerst, wenn die in seinem Staat geltenden Regeln dies erlauben, während der Verhandlung mündliche Auskünfte verlangen, bevor es den Antragsteller verpflichtet, neue Unterlagen zu beschaffen. 86. Gemäß Artikel 17 Absatz 1 Nr. 1 und 2 muß die Partei, welche die Anerkennung der ausländischen Unterhaltsentscheidung geltend macht oder ihre Vollstreckung beantragt, auf alle Fälle eine vollständige, mit der Urschrift übereinstimmende Ausfertigung dieser Entscheidung sowie die Urkunden vorlegen, aus denen sich ergibt, daß gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig ist und, gegebenenfalls, daß die Entscheidung dort vollstreckbar ist. Das erste Erfordernis ist Schütze
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selbstverständlich. Das zweite muß im Zusammenhang mit Artikel 4 Absatz 1 Nr. 2 und Absatz 2 gesehen werden. Sein Ziel ist es, die von diesen Bestimmungen vorgesehene Nachprüfung zu ermöglichen. In der Praxis wird es im allgemeinen genügen, wenn der Antragsteller durch irgendein rechtlich geeignetes Mittel nachweist, daß das Urteil dem Gegner zugestellt worden ist, und eine von einer zuständigen Behörde des Ursprungsstaats ausgestellte Bescheinigung vorlegt, aus der hervorgeht, daß die Fristen der ordentlichen Rechtsmittel abgelaufen sind, ohne daß die Parteien gehandelt haben. Derselbe Absatz sieht in Nr. 3 und 4 zwei zusätzliche Erfordernisse vor, die nur in bestimmten Fällen anzuwenden sind. Wenn die ausländische Entscheidung auf Grund Säumnis ergangen ist, muß der Verpflichtete bestimmte Dokumente vorlegen, die es der ersuchten Behörde erlauben müssen nachzuprüfen, ob die in Artikel 6 des Entwurfs aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind oder nicht. Wenn der Antragsteller des Vollstreckbarerklärungsverfahrens im Ursprungsstaat Prozeßkostenhilfe oder Befreiung von Verfahrenskosten erhalten hat, muß er dies durch entsprechende Urkunden beweisen, wenn und soweit er sich auf Artikel 15 des Übereinkommens beruft. Schließlich wird grundsätzlich eine beglaubigte Übersetzung der genannten Unterlagen verlangt, aber die ersuchte Behörde kann, wie dargestellt, den Antragsteller unter Berücksichtigung der Umstände davon befreien, dieser Forderung nachzukommen.
KAPITEL 4 Ergänzende Bestimmungen über öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen ABSCHNITT 1 Allgemeines 87. Kapitel 4 – Artikel 18 bis 20 – ist das Kapitel, das ohne Zweifel in der Kommission die heftigsten Diskussionen ausgelöst hat. Muß man sich darüber wundern? Die Haager Konferenz hat zum erstenmal, so scheint es, ein schwieriges und verhältnismäßig neues Problem in der Geschichte des Internationalen Privatrechts angeschnitten. Ein schwieriges Problem, weil das juristische Denken sich nicht mehr auf die klassische zweiseitige Beziehung – Unterhaltsberechtigter und Unterhaltsverpflichteter – beschränkt, sondern es mit einer rechtlichen Dreiecksbeziehung zu tun hat: Unterhaltsberechtigter, Unterhaltsverpflichteter und öffentliche Einrichtung für die Unterstützung Bedürftiger. Es handelt sich auch um ein neues Problem: Seit einigen Jahren erst kommen fast überall in der Welt Verwaltungs- und Sozialgesetze zustande, die den Bedürftigsten andere als die auf der einfachen privaten Solidarität beruhenden Geldmittel sichern und die es den Unterstützungseinrichtungen erlauben, sich an den widerspenstigen Unterhaltsverpflichteten zu wenden, indem sie entweder ein eigenes Recht geltend machen oder als „Rechtsnachfolger“ des Unterhaltsberechtigten auftreten.
ABSCHNITT 2 Die geregelten Fälle 88. Da die nationalen Regelungen auf diesem Gebiet von einem Land zum anderen beträchtlich voneinander abweichen, war es nicht leicht, die Fälle zu formulieren, für die das Übereinkommen gelten soll, noch die für jeden von ihnen geeigneten Regeln vorzusehen. 909
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In diesem Abschnitt wird versucht, die Probleme zu beschreiben, die in Kapitel 4 des Übereinkommens gelöst wurden. Um dies zu tun, werden zuerst die Entscheidungen klarzustellen sein, die in diesem Teil des Vertragswerks gemeint sind (siehe unten Nr. 89). Dann wird festzustellen sein, was unter „öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen“ zu verstehen ist (unten Nr. 90 und 91). Schließlich werden Einzelangaben zu den Fällen gemacht, die sich in der Praxis unter dem Blickwinkel des Kapitels 4 ergeben können (unten Nr. 92 und 93). Abschnitt 3 wird die von der Kommission zur Klärung der genannten Probleme festgehaltenen Lösungen analysieren (unten Nr. 94). 89. Indem die Kommission als Kriterium die Eigenschaft der Parteien in dem Verfahren gewählt hat, das zu der Entscheidung geführt hat, die der ersuchten Behörde vorgelegt wurde, hat sie zwei Arten von Unterhaltsentscheidungen unterschieden, die auf der Grundlage von Kapitel 4 anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden können. In Artikel 18 stellt sie auf die Entscheidungen ab, die gegen einen Unterhaltsverpflichteten auf Antrag einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung ergangen sind, welche die Erstattung der einem Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistungen betreibt. In Artikel 19 bezieht sich das Übereinkommen auf Entscheidungen, die zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltsverpflichteten ergangen sind, wenn eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung auf dieser Grundlage die Erstattung der Leistungen betreibt, die sie dem Berechtigten erbracht hat. Diese Fälle sollen etwas näher erläutert werden. 90. In den beiden oben beschriebenen Fällen ist nur die Rede von öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtungen und nicht von irgendeinem Dritten, der auf die Unterhaltsbeziehung zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem einwirkt. Schon die Überschrift des Kapitels 4 macht auf diese wichtige Begrenzung der in diesem Teil des Vertrags enthaltenen Bestimmungen aufmerksam. Das Übereinkommen beansprucht daher nicht, ausdrücklich alle Fälle von „Surrogation“ und „Abtretung einer Forderung“ zu regeln. Der vorliegende Bericht hat bereits auf diese Besonderheit des neuen Vertragswerks hingewiesen (siehe oben Nr. 32 und 33). Der Ausdruck „öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen“ wird im Übereinkommen nicht definiert. Aus den Beratungen der Kommission zu diesem Punkt geht hervor, daß diese Begriffe keine technische Bedeutung haben und in einem weiten Sinn verstanden werden müssen. Es geht also um alle natürlichen oder juristischen Personen, die im Rahmen der Unterhaltsbeziehungen zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten auf Grund der Befähigung (imperium) handeln, mit der sie zu diesem Zweck ausgestattet sind. Diese Personen können sogar in anderer Eigenschaft „Privatpersonen“ sein. Mit anderen Worten ist unter öffentliche Aufgaben wahrnehmender Einrichtung nicht nur eine öffentliche Behörde im eigentlichen Sinn zu verstehen, wie zum Beispiel ein öffentliches Fürsorgeamt, ein Jugendamt, ein Präfekt, ein Beamter einer dezentralisierten Behörde usw., sondern auch jede Organisation oder jede Einzelperson, die zuständig ist, auf diesem Gebiet eine öffentlich-rechtliche Handlung vorzunehmen. Zum Beispiel kann es sich so um eine halbstaatliche Organisation oder sogar eine als gemeinnützig anerkannte private Vereinigung handeln. Es ist noch zu bemerken, daß die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung ebenso eine exterritoriale wie eine territoriale Behörde sein kann. Ein Konsul kann zum Beispiel veranlaßt sein, sich um einen Bedürftigen zu kümmern; es kommt ihm sicherlich zu, als „öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung“ im Sinn des Übereinkommens angesehen zu werden. Schütze
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91. In bezug auf Dritte, die in keinem Fall einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung gleichgestellt werden können, ist bereits hervorgehoben worden, daß das Übereinkommen nicht von ihnen spricht (oben Nr. 33). Aus diesem Schweigen sollte jedoch nicht der Schluß gezogen werden, daß Artikel 18 des Übereinkommens nicht anwendbar ist, wenn in dem Rechtsstreit, dem die Entscheidung oder der Vergleich ein Ende gesetzt hat, ein Unterhaltsverpflichteter einem Dritten gegenüberstand, der nicht eine öffentliche Behörde ist, die für Bedürftige zu sorgen hat. In dieser Hinsicht war es die Absicht der Verfasser des Vertrags, der mit dem Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung befaßten Behörde die größte Beurteilungsfreiheit einzuräumen. In bezug auf Artikel 19 ist ein ähnlicher Gedankengang möglich. Es wurde schon festgestellt, daß das Anerkennungs- oder Vollstreckungsverfahren dem Recht des Vollstreckungsstaats unterliegt (siehe oben Nr. 78 ff.). Diese Rechtsordnung könnte sehr wohl anderen Anspruchsberechtigten als den in Artikel 19 genannten das Recht zugestehen, sich auf die ausländische Entscheidung zu berufen. Das Übereinkommen enthält in dieser Hinsicht keine besondere Bestimmung, aber es untersagt diesen natürlichen oder juristischen Personen, die an die Stelle des Unterhaltsberechtigten treten, nicht, auf der Grundlage des Übereinkommens Bindungs- und Vollstreckungswirkung der ausländischen Entscheidung zu erlangen; sie müssen zu diesem Zweck die Voraussetzungen zum Handeln erfüllen, die das Verfahrensrecht des Vollstreckungsstaats vorsieht. 92. Schließlich sind noch die in Kapitel 4 des Übereinkommens beschriebenen Fälle näher zu erläutern. Tatsächlich handelt es sich im wesentlichen darum, Artikel 18 zu erläutern, der in einer recht gedrängten Formulierung eine Reihe von sehr verschiedenen Situationen behandelt. In erster Linie bezieht sich dieser Artikel auf den Anspruchsübergang kraft Gesetzes im engen Sinn. Eine Person ist nach dem anwendbaren Recht verpflichtet, einer anderen Unterhalt zu leisten, kommt aber dieser Verpflichtung nicht nach. Aus Wohltätigkeit und ohne jede gesetzliche oder sonstige Verpflichtung schaltet sich eine öffentliche Behörde ein und entrichtet freiwillig eine Zahlung. Das Gesetz bestimmt, daß die Rechte des ursprünglichen Unterhaltsberechtigten gegen den Verpflichteten ohne weiteres auf diese Behörde übergegangen sind.69 In diesem ersten Fall besteht also ursprünglich nur eine einzige Verpflichtung: diejenige in bezug auf den Unterhalt. Tatsächlich scheint dieser Fall nur theoretischen Charakter zu haben, denn es ist selten, daß eine öffentliche Behörde sich von sich aus einschaltet, ohne durch das Gesetz dazu gezwungen zu sein. In einem zweiten Fall gesetzlicher Surrogation ist die Ausgangslage die gleiche wie oben: Ein Unterhaltsverpflichteter kommt seiner gesetzlichen Pflicht nicht nach. Der Hauptunterschied besteht darin, daß die öffentliche Behörde jetzt in Erfüllung einer eigenen Verpflichtung einschreitet, die ihr das Gesetz auferlegt: diejenige, den Unterhaltsberechtigten zu unterstützen. Danach beruft sie sich auf ihr Recht, gegen den Unterhaltsverpflichteten vorzugehen, ein Recht, das ihr vom Gesetz selbst zuerkannt wird.70 Bei dieser Art von Surrogation sui generis bestehen ursprünglich zwei konkurrierende, anfänglich voneinander unabhängige Verpflichtungen: die gesetzliche Pflicht als öffentliche Aufgabe der Behörde, den Bedürftigen zu helfen, und die des Unterhaltsverpflichteten gegenüber dem Unterhaltsberechtigten, die auf einem Gesetz oder auf einem Vertrag beruht. Dies ist, so scheint es, der Fall, der am häufigsten in der Praxis auftritt.
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69 Siehe zum Beispiel Artikel 1251 des französischen Zivilgesetzbuchs. 70 Siehe zum Beispiel Artikel 17 des belgischen Gesetzes vom 12. April 1965 über die öffentliche Fürsorge.
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Theoretisch gibt es noch andere Fälle: die Fälle der vertraglichen Surrogation, der Forderungsabtretung usw. Sie werden nur zur Erinnerung erwähnt, denn es scheint praktisch ausgeschlossen, daß sie einer Unterhaltsentscheidung als Grundlage dienen, die zur Anwendung von Artikel 18 Anlaß geben kann. Man kann sich in der Tat schwer vorstellen, daß sich eine öffentliche Behörde von sich aus vertraglich dazu verpflichtet, einem Bedürftigen eine Unterhaltsrente zu zahlen, und daß sie sich dann auf das Gesetz berufen könnte, um von dem säumigen Verpflichteten die Erstattung der erbrachten Leistungen zu erlangen. Ebenso wird die Abtretung von gesetzlichen Unterhaltsansprüchen nicht sehr häufig auftreten, denn die große Mehrzahl der Rechtsordnungen der Welt schreibt ihre Nichtübertragbarkeit vor, um zu vermeiden, daß ein Unterhaltsberechtigter, der naturgemäß bedürftig ist, seine Forderung an einen Dritten abtritt und wieder ins Elend zurückfällt. Artikel 19 hingegen wirft weniger Schwierigkeiten auf. Er setzt voraus, daß die in der ausländischen Entscheidung zuerkannten Rechte einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung übertragen worden sind. Daraus ergibt sich, daß diese die Anerkennung geltend machen oder die Vollstreckung der ausländischen Entscheidung beantragen kann, die ipso jure auf diese Einrichtung übergegangen ist, ohne daß man näher untersuchen muß, wie dieser Übergang zustandegekommen ist.
ABSCHNITT 3 Das besondere System des Übereinkommens 93. Für beide Fälle, auf die Kapitel 4 sich bezieht, hat die Kommission es für notwendig erachtet, die Voraussetzungen der internationalen Wirksamkeit der darin genannten Entscheidungen zu verstärken. Obwohl sie bestrebt waren, diese Wirksamkeit zu fördern, wollten die Delegierten gleichzeitig vermeiden, daß die öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtungen sich ihre Eigenschaft als öffentliche Behörde zunutze machen, um den Unterhaltsverpflichteten übermäßig zu bedrängen. Es mußte zunächst vermieden werden, daß diese Einrichtung im Vollstreckungsstaat Vorteile erhält, die außer Verhältnis zu den von ihr effektiv zugunsten des Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistungen stehen. Außerdem mußte darauf geachtet werden, daß eine Unterhaltspflicht von seiten des Schuldners auch besteht. Auch andere Ziele hat die Kommission wiederholt erörtert, und auch sie erklären den Inhalt gewisser Vorschriften des Kapitels 4: Es muß vermieden werden, daß die Einrichtung im Vollstreckungsstaat größere Vorteile erzielt, als ihr in ihrer eigenen Rechtsordnung zustehen; sie soll nicht günstiger gestellt werden als ähnliche Einrichtungen im Vollstreckungsstaat, die Rechte der Einrichtung müssen auf diejenigen des Unterhaltsberechtigten selbst begrenzt werden. Um diese Ziele zu erreichen, wendet das Übereinkommen eine Reihe von Regeln verschiedener Art an: Vorschriften des Kollisionsrechts, die Regel, welche die Bestimmung des anwendbaren Rechts den Anknüpfungsnormen des Vollstreckungsstaats unterwirft, materielle Bestimmungen zur Sache oder zum Verfahren. 94. Die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung, welche die Anerkennung oder Vollstreckung der in Kapitel 4 genannten Entscheidungen verlangt, kann nie mehr verlangen als die Erstattung der dem Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistungen: Dies wird sowohl in Artikel 18 („… auf Antrag einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung, welche die Erstattung der einem Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistungen verlangt …“) als auch in Artikel 19 bestätigt (soweit sie dem Unterhaltsberechtigten Leistungen er bracht hat …“). Schütze
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Diese Begrenzung stellt auf den ersten Blick eine Ausnahme zu dem in Artikel 11 des Entwurfs aufgestellten Grundsatz dar. Es ist daran zu erinnern, daß diese Vorschrift über Entscheidungen, welche die Unterhaltsleistung durch regelmäßig wiederkehrende Zahlungen anordnen, bestimmt, daß die „Vollstreckung sowohl für die bereits fälligen als auch für die künftig fällig werdenden Zahlungen zu bewilligen ist“. Um den Bestimmungen des Kapitels 4 nicht jede praktische Bedeutung zu nehmen, erscheint es zweckmäßig, die Worte „erbrachte Leistungen“ so zu verstehen, daß sie nicht nur schon erbrachte, sondern auch in Zukunft zu erbringende Leistungen erfassen. Man muß in der Tat vermeiden, daß die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung gezwungen wird, immer wieder in ihrem Land vor Gericht zu klagen und danach ebenso regelmäßig die Vollstreckbarerklärung der erzielten Entscheidungen zu verlangen. Der Unterhaltsverpflichtete wird immer das Recht haben, sich gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu wenden, die sich auf Zahlungen beziehen, welche die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung nicht selbst dem Berechtigten geleistet hat. 95. Eine zweite besondere Voraussetzung für die Anerkennung und Vollstreckung ist in der Form einer Kollisionsregel abgefaßt. Erneut findet sich diese besondere Begrenzung sowohl in Artikel 18 als auch in Artikel 19, jedoch in unterschiedlichen Formulierungen. Nach diesen Texten muß die befaßte Behörde prüfen, ob das Recht, dem die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung unterliegt, ihr erlaubt, die Erstattung der dem Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistung zu erhalten (Fall des Artikels 18) oder sie ermächtigt, an Stelle des Berechtigten die Anerkennung der Unterhaltsentscheidung geltend zu machen oder deren Vollstreckung zu beantragen (Fall des Artikels 19). In beiden Fällen sieht also das Übereinkommen erneut eine Nachprüfung des durch das Gericht des Ursprungsstaats angewandten Gesetzes durch das Gericht der Vollstreckbarerklärung vor, ein System, das nach und nach im Internationalen Privatrecht mehrerer Staaten an Boden verloren hat. Man wird sich deswegen nicht übermaßig beunruhigen müssen: In den meisten Fällen wird die Ursprungsbehörde auf die „Surrogation“ das Recht der öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung angewandt haben, so daß die Vollstreckbarerklärung auf Grund dieser Bestimmung selten versagt werden wird. 96. Eine dritte Art von Vorschriften ist entwickelt worden, um die Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung zu verschärfen. In diesem Fall findet sich die Regel nur in Artikel 18 und bezieht sich also nur auf den ersten oben beschriebenen Fall (siehe Nr. 92). Diese Bestimmung – Nr. 2 des Artikels – geht in der Prüfung des vom Ursprungsgericht angewandten Rechts noch weiter. Es handelt sich in der Tat nicht um eine gewöhnliche Kollisionsregel, sondern um eine Norm, welche die Bestimmung des anwendbaren Rechts den Anknüpfungsnormen des Vollstreckungsstaats unterwirft. Diese außergewöhnliche Kontrolle wird also die ersuchte Behörde verpflichten, zu überprüfen, ob das Ursprungsgericht in der Sache ein Recht angewandt hat, das es normalerweise nicht kennen konnte: nämlich das von der Anknüpfungsnorm des Vollstreckungsstaats bezeichnete. Die Lösung der Kommission erscheint somit äußerst streng. Sie wurde aber unvermeidlich, als man beschloß, die ersuchte Behörde daran zu hindern, einer ausländischen Entscheidung zugunsten einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung Wirksamkeit zu verleihen, die im Vollstreckungsstaat eine solche nicht hätte erlangen können. Die Strenge dieser Regel ist durch ihr erstes Wort etwas abgemildert: Nr.2 bezieht sich in der Tat nur auf das Bestehen einer Unterhaltspflicht. Das im Internationalen Privatrecht des Vollstreckungsstaats bezeichnete materielle Recht muß nur anerkennen, daß im konkreten Fall eine Unterhaltspflicht zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten besteht. Das ersuchte Gericht wird außerdem nicht untersuchen müssen, ob 913
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dieses Gesetz für den Unterhaltsberechtigten mehr oder weniger „großzügig“ im Vergleich zu demjenigen ist, welches das Ursprungsgericht in der Entscheidung angewandt hat, die für vollstreckbar erklärt werden soll. Bekanntlich bestätigen die nationalen Rechtsordnungen fast alle die wichtigsten Familienunterhaltspflichten: diejenigen zwischen Verwandten in aufsteigender und absteigender Linie, zwischen Ehegatten und früheren Ehegatten. 97. Eine letzte besondere Vorschrift findet sich schließlich in Artikel 20. Als Verfahrensregel läßt sie sich logisch aus dem Vorstehenden ableiten. Der ersuchten Behörde müssen die erforderlichen Urkunden vorliegen, damit sie nachprüfen kann, ob die in Artikel 18 und 19 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind oder nicht. Es ist zu bemerken, daß die in Artikel 20 erwähnten Urkunden zu denen hinzukommen, die in Artikel 17 genannt sind („Artikel 17 bleibt unberührt“, sagt der Wortlaut).
KAPITEL 5 Vergleiche (Artikel 21) 98. Bei der Analyse des Anwendungsgebiets des Übereinkommens sind die Gründe dargelegt worden, die für die Einbeziehung der Vergleiche in den Entwurf sprachen. Bei dieser Gelegenheit wurden einige wichtige Klarstellungen zum Begriff „Vergleiche“ gegeben (siehe oben Nr. 28 und 29). Darüber hinaus wurde unterstrichen, daß die Einbeziehung der Vergleiche einen unbestreitbaren Fortschritt darstellt, weil nunmehr Parteien, die darüber einig sind, sich verständigen zu wollen, nicht mehr gezwungen sind, vor Gericht zu gehen, um ein vollstreckbares Urteil zu erlangen. Kapitel 5 des Übereinkommens, das die einfache Überschrift „Vergleiche“ trägt und nur aus einem einzigen kurzen Artikel besteht, betrifft in Wirklichkeit allein die im Entwurf erwähnten sachlichen und verfahrensmäßigen Voraussetzungen der Vollstreckung von Vergleichen. Artikel 21 bestimmt, daß diese, soweit sie im Ursprungsstaat vollstreckbar sind, unter gleichen Voraussetzungen wie Entscheidungen für vollstreckbar erklärt werden. Die Delegierten haben einzig und allein deshalb beschlossen, Entscheidungen und Vergleiche voneinander zu trennen, um nicht unnötig die Bestimmungen des Übereinkommens über die Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung zu belasten. Diese Trennung ist also rein formaler Natur. 99. In Artikel 21 wird am Ende angefügt, daß die Gleichstellung der Vergleiche mit den Entscheidungen nur insofern zutrifft, als die Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung auch auf die ersteren anwendbar sind. Die Besonderheit des Problems der Vollstreckung von Vergleichen hat eine völlige Gleichstellung nicht erlaubt. So sind zum Beispiel die Bestimmungen über Versäumnisentscheidungen auf Vergleiche nicht anwendbar, weil diese naturgemäß zwischen den Parteien geschlossen werden. Das Übereinkommen gebraucht den Ausdruck „Anerkennung und Vollstreckung von Vergleichen“. Darüber könnte man sich wundern, denn nach einer allgemein anerkannten Lehre verhindert es die Natur des Vergleichs, daß er im strengen Sinn des Wortes „anerkannt“ werden kann. In Wirklichkeit darf man dem Wort „Anerkennung“ in Artikel 21 nicht den gleichen technischen Sinn geben, der ihm ganz gewiß in bezug auf eine Entscheidung zukommt. Die Vorstellung der Verfasser des Textes war es, eine Anerkennung im weiten Sinn zu ermöglichen. Wenn eine Person einen Vergleich abgeschlossen hat und ihrer Verpflichtung nachgekommen ist, eine Unterhaltsrente zu zahlen, muß sie sich zum Beispiel gegenüber der Finanzverwaltung des Landes ihres Aufenthalts auf diesen Vergleich berufen können.
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KAPITEL 6 Verschiedene Bestimmungen
ABSCHNITT 1 Überweisungen 100. Artikel 44 des Vorentwurfs des Übereinkommens hatte aus dem Vollstreckungsübereinkommen von 1958 eine Bestimmung von beträchtlicher praktischer Bedeutung übernommen: nämlich Artikel 10, der die Überweisung von Unterhaltszahlungen erleichtern sollte. Während der Entwurf diesen Gedanken beibehalten hat, hat er dagegen die vorgeschlagene Formulierung zugunsten der ausführlicheren und fortschrittlicheren des Artikels22 des Übereinkommens über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vollständig aufgegeben, das am 20.Juni 1956 in New York unterzeichnet wurde.71 Die Kommission hat nur geringfügige, rein formale Änderungen vorgenommen, um diese Bestimmung dem übrigen Text anzupassen. Obwohl es im Fall der Verletzung dieser Bestimmung keine direkte Sanktion gibt, hat doch die formell übernommene internationale Verpflichtung bedeutendes Gewicht, der Überweisung von Geldbeträgen, die zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen bestimmt sind, den größtmöglichen Vorrang zu gewähren.
ABSCHNITT 2 Beziehungen zwischen dem Entwurf und anderen Bestimmungen des Internationalen Privatrechts über denselben Gegenstand §1 Besondere Möglichkeiten des Antragstellers des Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahrens 101. Artikel 23 des Übereinkommens ist die beträchtlich verbesserte Fassung von Artikel 15 des Vorentwurfs. Es ist daran zu erinnern, daß dieser mehr oder weniger genau Artikel 11 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 wiedergab, welcher wiederum Artikel 15 des Entwurfs von Rom entnommen wurde, der in Genf von einem Sachverständigenausschuß der Vereinten Nationen überprüft worden war. Zweck der Bestimmung ist es, dem Antragsteller des Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahrens zu erlauben, andere anwendbare Bestimmungen des Internationalen Privatrechts an Stelle der Bestimmungen des Vertrags geltend zu machen, wenn er glaubt, auf dieser Grundlage die Anerkennung und Vollstreckung der Unterhaltsentscheidung sicherer und vollständiger zu erlangen, als wenn er sich auf das Übereinkommen beruft. Der Artikel bestimmt, daß sowohl andere internationale Verträge als auch die Bestimmungen des allgemeinen Rechts über Konflikte zwischen Gerichten aus verschiedenen Rechtsordnungen gewählt werden können. Der Ausdruck „nichtvertragliches Recht“ wurde dem Ausdruck „allgemeines Recht“ vorgezogen, der sich schlecht ins Englische übersetzen läßt, wie auch dem Ausdruck „innerstaatliches Recht“, der die Be-
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71 Siehe U.N.-Economic and Social Council, „Committee of Exports on the Problem of Recognition and Enforcement Abroad of Maintenance Obligations“ (18.–28. August 1952). Summary records and documents, New York, United Nations 1952. Und Dokumente UNO, E/Conf. 21/2, 2. Mai 1956. – E/Conf. 21/ 4, 7. Mai 1956. – E/Conf. 21/5, 6, 20, 22. Juni 1956.
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zugnahme auf die Normen, welche die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Entscheidungen regeln, nicht richtig zum Ausdruck gebracht hätte. Wie in diesem Zusammenhang im Erläuternden Bericht zum Vorentwurf unterstrichen wird, „kann selbstverständlich das Wahlrecht des Unterhaltsberechtigten nicht so weit gehen, daß Gesetze und Übereinkommen in der Weise ausgeschlachtet werden, daß aus jedem von ihnen einige als günstig angesehene Artikel und Absätze herausgenommen werden“.72 §2 Konflikte zwischen Übereinkommen 102. Das Verfahren der Angleichung, für das sich die Delegierten entschieden haben, um den neuen Vertrag mit dem Vollstreckungsübereinkommen von 1958 zu harmonisieren, machte eine Ersetzungsklausel notwendig. Diese findet sich in Artikel 29, der bereits besprochen wurde (siehe oben Nr. 7). Aus diesem Artikel geht klar hervor, daß das neue Übereinkommen das frühere allein in den Beziehungen zwischen den Staaten ersetzt, die dem zeitlich späteren Übereinkommen beitreten werden und an dasjenige von 1958 gebunden sind. Die Ratifikation des neuen Übereinkommens steht also der Weiteranwendung des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 in den Beziehungen eines Staates, der durch beide Verträge gebunden ist, mit den Ländern nicht entgegen, für die nur das frühere gilt. In der Praxis werden diese Grundsätze dazu führen, jede Gefahr eines Konflikts zwischen vertraglichen Bestimmungen zu vermeiden: In jedem Fall ist nur ein Vertrag anzuwenden. Die Vertragsstaaten des Übereinkommens von 1973, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr an das Übereinkommen von 1958 gebunden sein möchten, müssen dieses gemäß seinem Artikel 19 kündigen. Tatsächlich ist nicht recht einzusehen, welche Vorteile diese Kündigung mit sich bringen könnte; diese ließe sich gegebenenfalls nur durch den Wunsch des kündigenden Staates erklären, die gegenstandslos gewordene Beibehaltung früherer internationaler Verpflichtungen zu vermeiden. Wenn alle Staaten, die an das Übereinkommen von 1958 gebunden sind, das neue Übereinkommen ratifiziert haben werden, wird das alte Vertragswerk seine Existenzberechtigung verlieren, aber es bleibt für alle Fälle in Kraft, solange die in seinem Artikel 19 festgelegte Frist nicht abgelaufen ist.
ABSCHNITT 3 Internationalprivatrechtliche Übergangsfragen 103. Artikel 12 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 bestimmte, daß das Übereinkommen keine Anwendung auf Entscheidungen zu finden hatte, die vor seinem Inkrafttreten ergangen sind. Die von der Kommission beschlossene Lösung für internationalprivatrechtliche Übergangsfragen unterscheidet sich davon: Grundsätzlich werden die neuen Bestimmungen unabhängig von dem Zeitpunkt der Entscheidung anwendbar sein. Die Kommission hat den Einwand aus dem Weg geräumt, daß der Verpflichtete sich auf ein wohlerworbenes Recht berufen könnte, wonach für ihn die Bestimmungen angewandt werden sollten, die vor dem neuen Übereinkommen galten.
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Erläuternder Bericht, Nr. 118, am Ende.
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Wenn es in Kraft getreten ist, wird das Übereinkommen also schneller seine volle Wirkung entfalten. Um jedoch die Unterhaltsverpflichteten nicht übermäßig zu überraschen, schränkt Artikel 24 Absatz 2 diese schnelle Wirksamkeit etwas ein: Für Entscheidungen, die ergangen sind, bevor es in den Beziehungen zwischen dem Ursprungsstaat und dem Vollstreckungsstaat in Kraft getreten ist, kann die Vollstreckung auf Grund des Übereinkommens nur für Zahlungen, die nach diesem Inkrafttreten fällig werden, erreicht werden. Das frühere Internationale Privatrecht des Vollstreckungsstaats bleibt also für den Teil der Entscheidung anwendbar, der sich auf die regelmäßig fällig werdenden Beträge bezieht, die beim Inkrafttreten des Vertrags fällig waren. Der Erläuternde Bericht der Spezialkommission zeigt, daß diese Lösung dem Vorentwurf entnommen wurde. Der neue Wortlaut vermeidet jedoch einige Unebenheiten der ursprünglichen Fassung.
ABSCHNITT 4 Erklärungen und Vorbehalte §1 Möglichkeit der Ausdehnung des Übereinkommens auf öffentliche Urkunden 104. Artikel 25 des Vertrags übernimmt wörtlich Artikel 18 des Vorentwurfs. Die Begründung dieser Bestimmung ist im Erläuternden Bericht zu diesem Vorentwurf dargestellt.73 Die Delegierten haben bei der von ihnen vorgesehenen Möglichkeit einer Ausdehnung der vertraglichen Bestimmungen auf öffentliche Urkunden vor allem an die notariellen Urkunden gedacht, aber Artikel 25 erfaßt alle derartigen Urkunden, die von Behörden oder irgendwelchen Amtsträgern aufgenommen wurden: Urkundsbeamte, Vollstreckungsbeamte usw. Da das Übereinkommen fordert, daß diese Urkunden immer nach dem Recht des Ursprungsstaats vollstreckbar sind, dürfte die zugelassene Ausdehnung nur geringe praktische Wirkung haben. Wie bekannt, ist es in den Staaten, die dem lateinischen Notariat angeschlossen sind, selten, daß öffentliche Urkunden mit der Vollstreckungsformel versehen sind. Außerdem verringert die ausdrückliche Einbeziehung der Vergleiche in den Anwendungsbereich des Übereinkommens noch die Bedeutung der Klausel. Wie dem auch sei, manche Länder können mit Recht die Erweiterung für notwendig halten. Die Kommission hatte keinen Grund, sie zu enttäuschen. Angesichts der Gegenseitigkeit des Vertrags kann diese Erweiterung jedoch nur in den Beziehungen zwischen Staaten wirksam werden, die beide die in Artikel 25 erwähnte Erklärung abgegeben haben. §2 Vorbehalte 105. Obwohl mehrere Delegationen die Zahl der zugelassenen Vorbehalte beschränken oder sie sogar ganz streichen wollten, mußten doch einige zugelassen werden. Der „ideale“ Anwendungsbereich des Übereinkommens läuft demnach Gefahr, verschiedene von den Vertragsstaaten gewünschte Abweichungen zu erfahren. In Anbetracht der Ge-
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Siehe Erläuternder Bericht, Nr. 7.
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genseitigkeit des Entwurfs kann dieses System sehr weit führen, und die so sehr gewünschte Vereinheitlichung könnte dadurch stark beeinträchtigt werden. Nach langem Zögern ist es der Kommission glücklicherweise aber gelungen sicherzustellen, daß die wichtigsten Unterhaltspflichten in das Übereinkommen einbezogen sind: diejenigen zwischen Verwandten ersten Grades in direkter aufsteigender oder absteigender Linie und die zwischen Ehegatten und früheren Ehegatten. Nichtsdestoweniger erlauben die möglichen Vorbehalte eine derartige Anzahl von Kombinationen, daß man nur hoffen kann, daß die Unterzeichnerstaaten nur mit größter Zurückhaltung von Artikel 26 Gebrauch machen. 106. Artikel 26 des Übereinkommens enthält die Liste der zugelassenen Vorbehalte, die in drei Kategorien aufgeteilt sind. Diese Liste hat einen limitativen Charakter, wie der letzte Satz von Artikel 34 Absatz 1 feststellt (siehe unten Nr. 111). Zuerst werden in einem scheinbar rätselhaften Satz die Entscheidungen und Vergleiche erwähnt, die sich mit anderen Unterhaltspflichten befassen als solchen zwischen Ehegatten und früheren Ehegatten einerseits und solchen gegenüber Kindern andererseits. Dieser Vorbehalt in Artikel 26 Nr. 1 mußte eine ernste Schwierigkeit überwinden, nämlich die Definition des Begriffs „Kind“. Obwohl der Wortlaut nicht sehr elegant ist, besonders in der französischen Fassung des Vertrags, kann man bestätigen, daß er in aller Klarheit die erste Kategorie von Entscheidungen und Vergleichen beschreibt, die ausgeschlossen werden können. Bei der zweiten Kategorie gab es diese redaktionellen Schwierigkeiten nicht. Nach Artikel 26 Nr. 2 können auch die Entscheidungen und Vergleiche über Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in der Seitenlinie, über solche zwischen Verschwägerten sowie über solche zwischen Verwandten in der Seitenlinie und Verschwägerten durch einen Vorbehalt ausgeschlossen werden. Schließlich wurde auf Antrag der Delegation des Vereinigten Königreichs ein dritter Vorbehalt in extremis zugelassen: Er betrifft die Entscheidungen und Vergleiche, welche die Zahlung eines festen Betrages („lump sum“) festsetzen. Es ist daran zu erinnern, daß die Kommission es nicht für notwendig erachtete, in dem neuen Übereinkommen den Vorbehalt zu wiederholen, der in Artikel 18 des Vollstreckungsübereinkommens von 1958 zu finden ist. In Artikel 26 Absatz 2 haben die Delegierten die Folgerungen aus dem Gegenseitigkeitscharakter des Übereinkommens für dessen Anwendung in den Beziehungen zwischen Staaten gezogen, von denen einer einen Vorbehalt ausgesprochen hat.
ABSCHNITT 5 Rechtsordnungen mit interpersoneller und interlokaler Untergliederung 107. Auf Vorschlag des Ständigen Büros der Haager Konferenz wurde beschlossen, eine Gruppe von Delegierten der Zwölften Tagung – die meisten entweder aus Staaten ohne vereinheitlichte Rechtsordnung oder aus Bundesstaaten – mit der Aufgabe zu betrauen, die Klauseln über Rechtsordnungen mit interpersoneller und interlokaler Untergliederung abzufassen. Diese Entscheidung entstand aus dem Wunsch, möglichst allen während dieser Tagung vorbereiteten Übereinkommen denselben Rahmen in den Bestimmungen in bezug auf das oben genannte zweifache Problem zu geben. Die für den Entwurf über die Unterhaltspflichten verantwortliche Kommission beschränkte sich darauf, diesen Rahmen dem Zusammenhang des Übereinkommens anzupassen, das sie vorbereitete. Die Artikel 27 und 28 des Entwurfs ähneln demnach den Artikeln 34 und 35 des Übereinkommens über die internationale Nachlaßverwaltung. Die Schütze
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in diesen Bestimmungen gefundenen Lösungen sind, obwohl sie klarer formuliert sind als die ähnlichen Klauseln der früheren Haager Übereinkommen vor der Zwölften Tagung, inhaltlich nicht weit von diesen entfernt. 108. Entgegen einer weitverbreiteten Auffassung betreffen die Artikel 27 und 28 nicht nur Staaten mit nichtvereinheitlichter Rechtsordnung oder Bundesstaaten. Die Behörden der Staaten, die in bezug auf Unterhaltspflichten nur eine Rechtsordnung kennen, die für alle verschiedenen Personenkreise anwendbar ist, werden ebenso wie die der Einheitsstaaten diese beiden Klauseln oft anwenden müssen. Es genügt in der Tat, daß die Entscheidungen oder Vergleiche, die ihnen zur Anerkennung oder Vollstreckung vorgelegt werden, aus Ländern stammen, deren Recht nicht vereinheitlicht ist, oder aus Staaten, die aus verschiedenen Gebietseinheiten bestehen, die für dieses Sachgebiet ihre eigene Rechtsordnung haben. Es ist noch zu bemerken, daß der letzte Absatz des Artikels 28 die Vertragsstaaten ermächtigt, die im selben Artikel aufgestellten Regeln nicht anzuwenden, wenn sie eine entsprechende Erklärung abgeben. Artikel 37 Nr. 6, der sich mit den Erklärungen befaßt, nimmt erstaunlicherweise nicht auf Artikel 28 Bezug. Dies ist eine Lücke, die durch Analogie geschlossen werden kann.
KAPITEL 7 Schlußbestimmungen (Artikel 30 bis 37) ABSCHNITT 1 Allgemeines 109. Die Schlußbestimmungen sind von der Vierten Kommission abgefaßt worden, die bei der Zwölften Tagung der Haager Konferenz eingesetzt wurde. Es erschien wünschenswert, daß alle internationalen Vertragswerke, die während der Tagung ausgearbeitet wurden, im wesentlichen für die allgemeinen Probleme, die traditionsgemäß am Schluß der Verträge geregelt werden, dieselben Grundsätze in derselben Formulierung enthalten. Die für die Ausarbeitung des Entwurfs insgesamt verantwortliche Kommission hat sich darauf beschränkt, die genannten Schlußbestimmungen den Anforderungen des Zusammenhangs anzupassen. Diese Schlußklauseln richten sich vor allem an die gesetzgebenden Körperschaften und die Regierungen der Staaten. Sie haben für die anderen öffentlichen Behörden und Privatpersonen (Unterhaltsberechtigte und Unterhaltsverpflichtete, Rechtsanwälte, Richter, Staatsanwälte usw.) nur eine geringere Bedeutung, Da sie in diesem Punkt kaum von dem früheren Haager Übereinkommen abweichen, erfordern sie keine besondere Kommentierung; die Darstellung beschränkt sich daher auf eine kurze Zusammenfassung.
ABSCHNITT 2 Die Vertragsstaaten 110. Das Übereinkommen liegt für alle Mitgliedstaaten der Haager Konferenz zur Zeit ihrer Zwölften Tagung zur Unterzeichnung und Ratifikation, Genehmigung oder Annahme auf (Artikel 30). Diese Konferenz fand, wie erwähnt, vom 2. bis 21. Oktober 1972 statt. Andere Staaten können dem Übereinkommen nach dessen Inkrafttreten in der internationalen Rechtsordnung (siehe unten Nr. 112) unter der Voraussetzung beitreten, daß sie entweder nach der Zwölften Tagung Mitglied der Haager Konferenz werden oder 919
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daß sie Mitglied der VN oder einer ihrer Sonderorganisationen oder Vertragspartei des Statuts des Internationalen Gerichtshofs sind (Artikel 31 Absatz 1). Die Vertragsstaaten können jedoch einem solchen Beitritt unter den in Artikel 31 Absatz 3 erwähnten Voraussetzungen widersprechen. Diese „Einspruchsklausel“ ist in einem Übereinkommen leicht zu verstehen, das auf gegenseitigem Vertrauen in die Behörden der verschiedenen Vertragsstaaten beruht. Die Vertragsstaaten, welche die internationalen Beziehungen eines oder mehrerer Hoheitsgebiete wahrnehmen, können das Übereinkommen auf diese insgesamt oder teilweise erstrecken. Einsprüche von Seiten der anderen Staaten sind auch hier aus demselben Grund wie oben möglich (Artikel 32). Schließlich räumt Artikel 33 den Staaten, die aus zwei oder mehr Gebietseinheiten bestehen, in denen verschiedene Regeln über die Wirksamkeit von Unterhaltsentscheidungen bestehen, die Möglichkeit ein, selbst zu bestimmen, ob das Übereinkommen sich auf alle diese Gebietseinheiten oder nur auf einige von ihnen erstrecken soll. Die Wirkungen einer solchen Bestimmung für die anderen Vertragsstaaten sind im selben Artikel bestimmt und berücksichtigen den Gegenseitigkeitscharakter der vertraglichen Bestimmungen.
ABSCHNITT 3 Vorbehalte 111. Artikel 34 befaßt sich mit den Vorbehalten (siehe schon oben Nr. 105 und 106). Er setzt die Fristen fest, innerhalb deren solche Vorbehalte gemacht werden können, und bestimmt die territoriale Erstreckung dieser Vorbehalte. Er regelt auch ihre Rücknahme. Dieser Artikel bestimmt kategorisch, daß es untersagt ist, weitere Vorbehalte vorzusehen als die, die in Artikel 26 erlaubt sind: „Andere Vorbehalte sind nicht zulässig“, heißt es am Ende des ersten Absatzes.
ABSCHNITT 4 Inkrafttreten und Gültigkeitsdauer des Übereinkommens 112. In Artikel 35 enthält der Vertrag eine Reihe sehr genauer Bestimmungen über sein Inkrafttreten: Es wird deutlich unterschieden zwischen dem Inkrafttreten des neuen Vertragswerks in der internationalen Rechtsordnung einerseits und seiner Anwendung in jedem Vertragsstaat andererseits. Absatz 1 des genannten Artikels bestimmt, daß das Übereinkommen am ersten Tag des dritten Kalendermonats nach der Hinterlegung der dritten Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft tritt. Dies ist also das Datum, an dem das Übereinkommen zugleich für die internationalen Beziehungen und in jedem der drei Staaten in Kraft tritt, welche die genannte Hinterlegung vorgenommen haben. Absatz 2 desselben Artikels bestimmt sodann nacheinander den Zeitpunkt des Inkrafttretens zunächst in den Unterzeichnerstaaten, die es ratifiziert, angenommen oder genehmigt haben, dann in den beitretenden Staaten und schließlich in den Hoheitsgebieten, auf die das Übereinkommen erstreckt worden ist. Die Geltungsdauer des Übereinkommens ist in Artikel 36 festgelegt, der auch die stillschweigende Verlängerung sowie die Möglichkeit und die Folgen der Kündigung vorsieht.
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ABSCHNITT 5 Information der Mitgliedstaaten der Haager Konferenz und der Staaten, die dem Übereinkommen beigetreten sind 113. Angesichts der Gegenseitigkeit der vertraglichen Bestimmungen ist es von höchster Wichtigkeit, daß die Vertragsstaaten richtig und schnell über den Stand der Unterzeichnungen, Ratifikationen, Annahmen und Genehmigungen, Beitritte, Vorbehalte usw. in dem Maß unterrichtet werden, in dem dieser Stand Veränderungen erfährt. Artikel 37 beauftragt das Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der Niederlande, des Depositars des Übereinkommens, die Mitgliedstaaten der Konferenz sowie die Staaten, die dem Übereinkommen beigetreten sind, über eine Reihe von Ereignissen in bezug auf seine Entwicklung in den internationalen Beziehungen zu unterrichten. Es ist zu hoffen, daß in jedem Vertragsstaat die Behörden, die in den Genuß der in Artikel 37 festgelegten Informationen kommen, alles tun werden, um sie soweit wie möglich der Öffentlichkeit mitzuteilen. Außer der sofortigen Veröffentlichung dieser Angaben in den Gesetzblättern spricht nichts dagegen, daß sie den Verwaltungen und privaten Einrichtungen, die am unmittelbarsten daran interessiert sind, sowie den juristischen Zeitschriften des Landes, gegebenenfalls mit einer kurzen Kommentierung, zugeleitet werden.
ZWEITER TEIL Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht EINLEITUNG 114. Im Anschluß an die Beratungen der Kommission in der Sitzung in Den Haag vom 19. bis 26. März 1973 kamen die Delegationen der vertretenen Staaten überein, ihren Regierungen den Entwurf eines „Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht“ zur Beurteilung vorzulegen. Ohne daß dieser Titel Ziel und Zweck des neuen internationalen Vertragswerks genau definiert, macht er diese doch ausreichend deutlich: Der Entwurf verfolgt die Absicht, das Kollisionsrecht auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten zu regeln. Das Übereinkommen bezieht sich offensichtlich nicht auf sämtliche Unterhaltspflichten: Das erste Kapitel bestimmt die Grenzen des Vertrags ratione materiae, auf die zurückzukommen sein wird (unten Nr. 118 ff.). 115. Auf die Ähnlichkeit zwischen dem 1973 vorbereiteten Übereinkommen über das anzuwendende Recht und dem 6 Monate zuvor abgefaßten Vollstreckungsübereinkommen wurde bereits früher hingewiesen (siehe oben Nr. 5). Diese Parallelität läßt es zu, bei der Analyse des Entwurfs zum Kollisionsrecht auf die Kommentierung des Entwurfs zu den Konflikten zwischen Gerichten aus verschiedenen Rechtsordnungen Bezug zu nehmen. Dieses Verfahren wird jedesmal eingeschlagen werden, wenn ein Punkt dies zuläßt, der beiden Texten gemeinsam ist. Andererseits werden spezifische Aspekte des Übereinkommens über das anzuwendende Recht Anlaß zu eingehenderer Behandlung geben. 116. Das Übereinkommen über das anzuwendende Recht besteht aus einer Präambel in vier Teilen ähnlich denen des Vollstreckungsübereinkommens, dem Hauptteil, der in vier Kapitel aufgeteilt ist, und einer protokollarischen Schlußformel, die mit derjenigen des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen übereinstimmt (siehe oben Nr. 11). 921
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Gleich am Anfang der Präambel wird das Ziel genannt: Es geht darum, die Regeln des Kollisionsrechts auf diesem Gebiet zu vereinheitlichen. Ebenso wird unmittelbar zu Beginn der Wunsch der Verfasser des Vertrags angekündigt, die für Unterhaltspflichten gegenüber Erwachsenen aufzustellenden Regeln den Lösungen anzupassen, die im Übereinkommen von 1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht enthalten sind.74 Im Gegensatz zum Vollstreckungsübereinkommen erwähnt das Übereinkommen über das anzuwendende Recht in der Präambel keinerlei Gegenseitigkeitscharakter der Übereinkommensbestimmungen. Es wird sich tatsächlich herausstellen, daß die Sonderkommission dem Vertrag eine universelle Tragweite gegeben hat (siehe unten Nr. 134). 117. Der generelle Aufbau des Hauptteils des Übereinkommens über das anzuwendende Recht ähnelt demjenigen des Vollstreckungsübereinkommens (siehe oben Nr. 13). Das jeweils erste Kapitel dieser Vertragswerke, das aus drei Artikeln besteht, enthält Bestimmungen über den „Anwendungsbereich des Übereinkommens“, und die beiden letzten Kapitel sind „verschiedenen Bestimmungen“ und den „Schlußbestimmungen“ gewidmet. Im Übereinkommen über das Kollisionsrecht werden alle Klauseln über Bestimmung und Tragweite des anzuwendenden Rechts – das heißt Artikel 4 bis 11 – in Kapitel 2 zusammengefaßt, das ganz selbstverständlich den Titel „Anzuwendendes Recht“ trägt. Aus praktischen Erwägungen folgt der vorliegende Bericht den Unterteilungen des Übereinkommens selbst.
KAPITEL 1 Anwendungsbereich des Übereinkommens (Artikel 1 bis 3) ABSCHNITT 1 Die Unterhaltspflichten, die das Übereinkommen regelt 118. Artikel 1 des Vertrags verwendet den Wortlaut des Artikels 1 Absatz 1 des Vollstreckungsübereinkommens. So bezieht sich der Text auf „Unterhaltspflichten, die sich aus Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft ergeben, einschließlich der Unterhaltspflicht gegenüber einem nichtehelichen Kind“. Anders ausgedrückt ist das Über einkommen anwendbar auf das, was als „Familien-Unterhaltspflichten“ bezeichnet worden ist (siehe oben Nr. 14 bis 24). Die Kommentierung zum Anwendungsbereich des Vollstreckungsübereinkommens ratione materiae gilt daher für diesen Vertrag entsprechend. Insbesondere sollen die Bedeutung des Ausdrucks „Unterhaltspflichten …, die sich aus Beziehungen der Familie … ergeben,“ und die Ausführungen zu den Unterhaltspflichten erwähnt werden, die auf der vermuteten Vaterschaft und tatsächlichen Mutterschaft beruhen. Im übrigen genügt es, drei Besonderheiten des Vertrags hervorzuheben: Die erste betrifft die Form des englischen Wortlauts des Übereinkommens, die zweite bezieht sich auf Unterhaltspflichten aus Rechtsgeschäften, und die dritte befaßt sich mit zugelassenen Vorbehalten. 119. Während der französische Text den vollen Wortlaut des Artikels 1 Absatz 1 des Vollstreckungsübereinkommens übernimmt, unterscheidet sich der englische Text in
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Zu den Begriffen der Kinder und Erwachsenen siehe oben Nr. 12.
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einem Punkt von diesem: Die Worte „… in respect of a child“ („gegenüber einem Kind“) wurden dem Ausdruck „… towards an infant“ vorgezogen. Diese formale Änderung sollte nicht als Ausdruck eines Wunsches nach einer inhaltlichen Änderung verstanden werden. In beiden Übereinkommen ging es darum, ohne Zweifel Unterhaltspflichten auf der Grundlage vermuteter Vaterschaft und tatsächlicher Mutterschaft in den Anwendungsbereich des Vertragswerks einzubeziehen (siehe oben Nr. 19). Im März 1973 gaben die Delegierten einem Ausdruck den Vorzug, der ihnen genauer erschien als der, für den man sich im Oktober 1972 entschieden hatte. Es wurde bereits betont, daß das Wort „enfant“, das sich auf den Unterhaltsberechtigten bezieht, in extremis am Ende der Zwölften Tagung hinzugefügt wurde und daß es Anlaß zur Verwirrung geben kann (oben Nr. 12 Fußnote 13 und Nr. 19 am Ende). Die Verbesserung im englischen Wortlaut konnte indessen in der französischen Fassung nicht nachvollzogen werden, die deshalb so beibehalten wurde, wie sie war. 120. Die Frage der Unterhaltspflichten aus Verträgen; insbesondere aus Scheidungsvereinbarungen, die bereits während der Zwölften Tagung im Oktober 1972 eingehend erörtert worden waren, beschäftigte die Delegierten im März 1973 sogar noch mehr. Sollten diese Verpflichtungen in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen, und sollte es gegebenenfalls eine dahingehende ausdrückliche Klausel geben? Sollten sie – umgekehrt – ausdrücklich ausgeschlossen werden? Oder wäre es schließlich besser, wie von einigen vorgeschlagen, ein besonderes Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten aus Rechtsgeschäften anzuwendende Recht auszuarbeiten? Nach sehr lebhaften Debatten zog es die Sonderkommission vor, die im Oktober 1972 im Übereinkommen über die Vollstreckung von Entscheidungen angenommene Lösung beizubehalten: nämlich im eigentlichen Wortlaut des Vertrags nichts Genaues zu erwähnen. Aus diesem bewußten Schweigen kann gefolgert werden, daß das mit einer Sache befaßte Gericht weitgehende Freiheit hat: Es wird entweder die Übereinkommensklauseln dahin auslegen, daß sie sich auf Fälle von Unterhaltspflichten aus Verträgen erstrecken, und daher die Vertragsbestimmungen anwenden; oder es wird im Gegenteil die Bestimmungen des allgemeinen Internationalen Privatrechts anwenden. Diese Beurteilungsfreiheit des Gerichts stellt somit eine Lücke in der Vereinheitlichung dar. Die Schwierigkeit dieses Problems – wovon deutliche Anzeichen in den Protokollen der Debatten der Sonderkommission zu finden sind – hinderte die Delegierten daran, sich über die Schließung dieser Lücke zu einigen. Es kann nur gehofft werden, daß eine einheitliche Rechtsprechung zu dieser Frage die Folgen des Schweigens des Gesetzes ausgleicht. Es gibt ferner Grund zu der Annahme, daß diese Schwierigkeit nur in einer begrenzten Anzahl von Fällen auftauchen wird. 121. Während die Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Übereinkommens über das anzuwendende Recht sich stark an diejenige des Vollstreckungsübereinkommens anlehnt, stimmen die Einschränkungen dieses Gebiets in beiden Wortlauten nicht überein. Das Übereinkommen über das Kollisionsrecht enthält ein viel flexibleres System als das des Vertrags über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen, nämlich ein weiteres Netz möglicher Vorbehalte. Diese Ungleichheit, die zumindest auf den ersten Blick merkwürdig erscheint, ist jedoch verständlich, wenn nicht sogar gerechtfertigt. In einem auf der Gegenseitigkeit beruhenden Vertrag (dies ist, wie gesehen, beim Vollstreckungsübereinkommen der Fall) ist es wichtig, eine entschiedene Einstellung gegenüber Vorbehalten einzunehmen. Die Behörden jedes der Vertragsstaaten müssen tatsächlich unter solchen Umständen immer die von anderen Vertragsstaaten gemachten Vorbehalte berücksichtigen. Dagegen brauchen Gerichte, die ein Übereinkommen universeller Art anwenden müssen, die Vorbehalte der anderen Länder, die an das Übereinkom923
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men gebunden sind, nicht zu berücksichtigen: Nur die Vorbehalte, die von den zuständigen Behörden des Staates gemacht wurden, zu dem sie gehören, müssen berücksichtigt werden. Die Liste der möglichen Einschränkungen des Anwendungsbereichs des Übereinkommens mittels eines Vorbehalts ist in Artikel 14 aufgeführt. Sie wird weiter unten kommentiert (siehe unten Nr. 185 ff.).
ABSCHNITT 2 Das durch das Übereinkommen geregelte Kollisionsrecht §1 Das Prinzip 122. Artikel 2 legt den Grundsatz dar, nach dem das Übereinkommen nur das Kollisionsrecht auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht regelt (Absatz 1), und bestimmt ferner, daß die in Anwendung dieses Übereinkommens ergangenen Entscheidungen dem Bestehen von Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft zwischen möglichen Unterhaltsverpflichteten und Unterhaltsberechtigten nicht vorgreifen (Absatz 2). Ähnliche Bestimmungen enthielt bereits Artikel 5 Absatz 2 des Übereinkommens vom 24. Oktober 1956. Damals wie heute wird durch diese Bestimmungen die Unterhaltspflicht zur autonomen Anknüpfungskategorie gemacht, unabhängig von allen anderen, insbesondere von der des Personenstands. Der folgende Satz aus dem von L.I. de Winter verfaßten Bericht über das Übereinkommen von 1956 gilt daher noch heute: „Die Unterscheidung zwischen dem Unterhaltsanspruch und den Familienbeziehungen bildet ein Grundprinzip des Entwurfs.“75 123. Die Sonderkommission übernahm diesen Grundsatz nach sehr kurzer Diskussion, während bei den vorbereitenden Arbeiten sehr erhebliche Zweifel zu diesem Punkt zum Ausdruck gekommen waren.76 Dies erklärt sich aus der Tatsache, daß es zum damaligen Zeitpunkt ausschließlich darum ging, einen Vorentwurf zu einem Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten gegenüber Erwachsenen anwendbare Recht vorzubereiten. Im März 1973 verlangte die Gesamtperspektive, welche die Delegierten von Anfang an einnahmen (siehe oben Nr. 7 und 8), daß erneut zu fragen war, ob das System, welches die besondere Eigenart des Übereinkommens von 1956 ausgemacht hatte, beibehalten oder aufgegeben werden sollte. Artikel 2 zeigt, daß die Sonderkommission es vorzog, dieses System aufrechtzuerhalten: Trotz der Befürchtungen gewisser Delegationen auf der Achten Tagung hat es sich letzten Endes bewährt: Warum sollte dies nicht ebenso für ein Übereinkommen auf demselben Gebiet, aber von größerer Tragweite gelten? Da die Schwierigkeit von entscheidender Bedeutung ist, soll dazu eingehender Stellung genommen werden. Wie in der Sonderkommission wird zwischen dem als „Vorfrage“ bezeichneten Problem und demjenigen der begrenzten Tragweite der in Anwendung des Übereinkommens ergangenen Entscheidungen unterschieden, obgleich sie in theoretischer Hinsicht eng miteinander verbunden sind und dies auch in der Praxis gelegentlich sein können.
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Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Band II, S. 131. Erläuternder Bericht, Nr. 43–45.
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§2 Das Problem der sogenannten „Vorfrage“ 124. In einer Wissenschaft wie der des Internationalen Privatrechts, wo alles problematisch ist, müssen die Probleme klar herausgestellt werden, vor allem wenn eine unklare Terminologie die Gefahr von Mißverständnissen mit sich bringt. Worum handelt es sich hier? Wie der Erläuternde Bericht der vorbereitenden Kommission unterstreicht, „setzt die Bestimmung dessen, was in einem bestimmten Verfahren die streitige Tatsache ist, die Prüfung und gelegentlich die Erörterung von Rechtsfragen voraus“.77 Diese Lage findet sich häufig in dem durch das Übereinkommen geregelten Gebiet. Entweder stellt sich in der Tat die Unterhaltsklage als Hauptfrage im Prozeß dar, deren Lösung davon abhängt, wie eine Vorfrage gelöst wird: Ein Kind verlangt Unterhalt von seinem Vater, aber dieser bestreitet seine Vaterschaft; eine verlassene Frau lädt ihren Ehemann, um eine Unterhaltsrente zu erhalten, aber der Beklagte macht die Nichtigkeit der Ehe geltend usw. Oder die Unterhaltsklage stellt eine Frage dar, die mit einer umfangreichen Hauptklage verbunden ist, wie einer Klage auf Scheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Vaterschaftsanerkennung usw. Das angerufene Gericht muß im selben Prozeß über diese beiden Klagen entscheiden. Da sich in allen Rechtsordnungen der Welt die Unterhaltspflicht aus Familienbeziehungen (Ehe, Abstammung usw.) oder pseudofamiliären Beziehungen (Scheidung, vermutete Vaterschaft usw.) ergibt, hängt die Entscheidung über eine Unterhaltsklage davon ab, wie die Frage hinsichtlich des Bestehens einer dieser Beziehungen gelöst wird. Die Delegierten bezeichneten diese Frage unter Übernahme der gebräuchlichen Terminologie in der Lehre des Internationalen Privatrechts als „Vorfrage“. 125. Es kommt gelegentlich vor, daß die Vorfrage, obwohl virtuell vorhanden, von keiner der Parteien aufgeworfen wird. Das mit der Unterhaltsklage befaßte Gericht wird dann grundsätzlich nach den Bestimmungen seines eigenen Verfahrensrechts verfahren. Das Übereinkommen enthält jedoch eine besondere Bestimmung für Unterhaltsklagen nach Scheidung: Gemäß Artikel 8 des Vertrags soll das Gericht eines Vertragsstaats das Übereinkommen nur dann auf Unterhaltspflichten nach Scheidung anwenden, wenn diese in diesem Staat ausgesprochen oder anerkannt wurde. Obgleich diese Klausel zugegebenermaßen etwas unvollständig ist, veranlaßt sie das mit der Unterhaltsklage eines geschiedenen Ehegatten gegen seinen früheren Ehegatten befaßte Gericht zur Prüfung, ob die Scheidung von einem Gericht desselben Staates ausgesprochen oder anerkannt wurde oder ob sie im Ausland ausgesprochen wurde und im Staat des Gerichts anerkannt wird. Der zweite Absatz desselben Artikels erstreckt dieses System auf die Fälle der Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und der Nichtigkeit oder Ungültigkeit einer Ehe. Die Ausnahme läßt sich dadurch rechtfertigen, daß die oben genannten Angelegenheiten eng mit der öffentlichen Ordnung verknüpft sind. Wenn sich vor dem mit der Unterhaltsklage befaßten Gericht die Frage erhebt, ob zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltsverpflichteten eine Familienbeziehung besteht – eine Beziehung, aus der sich die Unterhaltspflicht ergibt –, muß das angerufene Gericht diese erste Schwierigkeit notwendigerweise ausräumen, bevor es die Übereinkommensbestimmungen auf das Begehren des Berechtigten anwenden kann. Aber wie sollte es dies tun? Oder, um genauer zu sein, welches Recht soll es anwenden,
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Erläuternder Bericht, Nr. 84.
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um diese Schwierigkeit auszuräumen, da das Problem sich im Rahmen internationaler privater Beziehungen stellt? Grundsätzlich stehen ihm drei Möglichkeiten zur Lösung des Problems offen. Entweder wird die Bestimmung der Familienbeziehung oder pseudofamiliären Beziehung dem Recht entnommen, welches nach dem Internationalen Privatrecht am Ort des Gerichts für die Lösung von Personenstandsfragen maßgeblich ist. Oder die Vorfrage wird durch das in dem Staat geltende Internationale Privatrecht beherrscht, dessen innerstaatliches Recht auf Grund des Übereinkommens auf die Hauptfrage anzuwenden ist; oder das auf die Unterhaltspflicht selbst anzuwendende innerstaatliche Recht, das heißt das durch das Übereinkommen bezeichnete Recht, ist auch auf die Feststellung der Familienbeziehung anzuwenden, von der das Bestehen der Unterhaltspflicht abhängt. 126. Das Übereinkommen entscheidet sich nicht ausdrücklich für die eine oder andere dieser Lösungen. Es unterscheidet sich damit nicht von dem Übereinkommen vom 24. Oktober 1956, das ebenfalls zu diesem Punkt schweigt. Sicher könnte eingewandt werden, daß Artikel 2 Absatz 1 gerade einen ausdrücklichen Hinweis zu diesem Punkt gibt, weil es dort heißt, daß „das Übereinkommen das Kollisionsrecht nur auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht regelt“. Wer für eine wörtliche Auslegung eintritt, wird daraus folgern, daß die Vorfrage von anderen als den Vertragsbestimmungen geregelt werden sollte, und auf die Anwendung des allgemeinen Internationalen Privatrechts drängen. Andere werden jedoch auf der Grundlage desselben Wortlauts und unter Verwendung des entgegengesetzten Arguments antworten, daß, wenn das Übereinkommen das Kollisionsrecht nur auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten regelt, es dieses andererseits in seinem ganzen Umfang regelt und daß es insbesondere auf das grundsätzliche Bestehen der Unterhaltspflicht anzuwenden ist. In Wirklichkeit hat Artikel 2 Absatz 1 eine andere Bedeutung; diese Klausel besagt, daß es nicht der Zweck des Übereinkommens ist, das Kollisionsrecht auf anderen Gebieten als demjenigen zu regeln, das dort ausdrücklich bestimmt ist. Ziel des Übereinkommens ist es beispielsweise nicht, das auf die persönlichen Beziehungen zwischen Ehegatten oder auf das Sorgerecht für Kinder anzuwendende Recht zu bestimmen. 127. Wie bereits erwähnt, verwendet der Entwurf nicht nur die im Übereinkommen von 1956 niedergelegte Lösung, sondern auch dessen Wortlaut selbst. Bekanntlich lehnten nach einigem Zögern Lehre und Gerichte die getrennte Anknüpfung der Vorfrage ab und waren der Meinung, daß das vom Übereinkommen bezeichnete innerstaatliche Recht für die Unterhaltspflicht einschließlich ihrer Grundlage („cause“) maßgebend sein soll, was das Prinzip angeht.78 Insbesondere schlossen sich zwei Oberste Gerichtshöfe, und zwar in Österreich und Italien, dieser Auffassung an.79 Diese Ablehnung der besonderen Anknüpfung der Vorfrage geht auf die vorbereitenden Materialien des Übereinkommens von 1956 zurück und wird durch Artikel 1 Absatz 1 dieses Vertrags bestärkt, der bestimmt: „Ob, in welchem Ausmaß und von wem das Kind Unterhalt verlangen kann, bestimmt sich nach dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat“. Die Delegierten, die sich im März 1973 trafen, nahmen den vorherrschenden Standpunkt der Lehre und Rechtsprechung in den Staaten zur Kenntnis, die an das Übereinkommen von 1956 gebunden sind. In Artikel 10 Nr. 1 des neuen Textes folgten sie dem oben
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78 Siehe die in „Les nouvelles Conventions de la Haye; leur application par les juges nationaux“, s’Gravenhage, T.M.C. Asser Instituut, 1970, S. 20–22 und 35–37; 1972, S. 11–45 veröffentlichten Entscheidungen. 79 OGH 6. Oktober 1965, ZfRV, 1969. Anmerkung H. Hoyer; C Cassaz. 31. Mai 1969, Riv. dir. internaz. priv. proc. 1970, 110.
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erwähnten Wortlaut, wodurch sie auf indirekte Weise zeigten, daß sie diesen Standpunkt beibehalten wollten. Einmal wurde sogar erwogen, dies in dem neuen Vertragswerk ausdrücklich zu erwähnen, wie dies in Artikel 13 Absatz 1 des Vorentwurfs versucht worden war (aber wie erwähnt, in einem anderen Zusammenhang). Dieser Vorschlag wurde nach Überlegung im wesentlichen deshalb abgelehnt, weil man befürchtete, daß die gewünschte Lösung unklar formuliert werden würde. 128. Es soll noch daran erinnert werden, daß die Aufgabe des mit der Unterhaltsklage befaßten Gerichts sehr erleichtert wird, wenn ein Gericht des Staates dieses Gerichts bereits die sogenannte Vorfrage gelöst hat: Selbstverständlich wird eine Partei, der daran gelegen ist, die Rechtskraft dieses ersten Urteils geltend machen. Gleiches gilt, wenn eine ausländische Entscheidung über das Problem erlassen und im Staat des mit der Unterhaltsklage befaßten Gerichts anerkannt wurde. §3 Tragweite von Entscheidungen, die in Anwendung des Übereinkommens erlassen werden 129. Artikel 2 Absatz 2 des Vertrags ist das Gegenstück zu Artikel 3 des Vollstreckungsübereinkommens. Auf Grund dieses Textes ist die Tragweite der in Anwendung der Übereinkommensbestimmungen ergangenen Entscheidungen auf den Teil dieser Entscheidungen beschränkt, der sich auf den Unterhalt bezieht; niemand kann sich darauf berufen, um damit das Bestehen einer Familienbeziehung oder pseudofamiliären Beziehung darzulegen. Die Verwandtschaft dieser Klausel mit Artikel 1 des Übereinkommens kann überraschen: Ist es nicht paradox, mit der Feststellung zu beginnen, daß das Übereinkommen auf Unterhaltspflichten anwendbar ist, die sich aus Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft ergeben, um dann fortzufahren, daß in Anwendung des Übereinkommens erlassene Entscheidungen dem Bestehen solcher Beziehungen nicht vorgreifen? Es kann gefragt werden – um das von Professor Batiffol in einer Kommentierung des Vertrags vorgeschlagene Beispiel aufzunehmen –, wie ein Mann zur Zahlung einer Unterhaltsrente an seine Frau verurteilt werden kann, wenn gleichzeitig gesagt wird, daß keine Entscheidung darüber getroffen wird, ob sie seine Ehefrau ist oder nicht usw.80 130. Der oben erwähnte offenbare Widerspruch war im Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 weniger auffällig, wo Artikel 1 bei der Festlegung des Anwendungsbereichs des Vertrags die Familienbeziehungen nicht erwähnte. In Wirklichkeit verfolgt das neue Vertragswerk nicht die Absicht, den Mechanismus des früheren Übereinkommens völlig umzustoßen. Wie ihre Vorgänger auf der Achten Tagung stellten die Delegierten, die sich 1973 trafen, bald fest, daß die Einschränkung der Wirksamkeit von auf Grund des Übereinkommens erlassenen Entscheidungen absolut notwendig war, um seine Ratifikation durch die Mitgliedstaaten der Konferenz zu ermöglichen. Die Bemerkungen hierüber in dem Teil des Berichts, der das Vollstreckungsübereinkommen betrifft, gelten sicherlich entsprechend für das Übereinkommen über das anzuwendende Recht (siehe oben Nr. 35 und 36). Es mußte vermieden werden, daß Länder die Ratifikation des neuen Vertragswerks unter dem Vorwand ablehnten, daß es eine indirekte, jedoch unzweifelhafte Verpflichtung enthalte, die Familienbeziehungen oder pseudofamiliären Beziehungen, die
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80 H. Batiffol, „La Douzième Session de la Conférence de la Haye de droit international privé“, Rev. crit. dr. internal, pr., 1973, 266.
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als Grundlage der Unterhaltsverurteilung dienten, als rechtlich begründet anzuerkennen. 131. L.I. de Winter schrieb im Hinblick auf Artikel 5 Absatz 2 des Übereinkommens von 1956, der in Artikel 2 Absatz 2 des Entwurfs übernommen wurde, daß „es wichtig ist, klar heraus zustellen, daß das Übereinkommen eine grundlegende Unterscheidung zwischen der Unterhaltspflicht – die sich nur auf eine Geldleistung bezieht – und den Familienbeziehungen macht …“ Er fügte hinzu: „Artikel 5 Absatz 2 letzter Satz zielt daher darauf, die Wirkungen von Unterhaltsentscheidungen, die in Anwendung des Übereinkommens erlassen werden, auf die alleinige Bestimmung der Unterhaltspflicht zu beschränken“.81 Mit anderen Worten, wenn das durch das Übereinkommen bezeichnete innerstaatliche Recht die Frage der Familienbeziehungen beherrscht hat, hat es dies nur über das Unterhaltsbegehren des Berechtigten und zu seiner genauen Berechnung getan. Darum soll eine bei dieser Gelegenheit erlassene Entscheidung der Lösung nicht vorgreifen, die ein anderes Gericht für dieselbe Frage finden würde, wenn sie ihm als Haupt- oder als Vorfrage vorgelegt wäre. 132. Sicherlich kann nicht geleugnet werden, daß es in gewisser Weise paradox ist, die Unabhängigkeit der Anknüpfungskategorie „Familienunterhaltspflichten“ zuzulassen, obgleich diese sich im innerstaatlichen Recht aus anderen Rechtsinstitutionen ergeben. Sicher ist auch die Übereinkommensbestimmung, welche die Tragweite der auf Grund des Übereinkommens ergangenen Entscheidungen einschränkt, nur schwer mit gewissen Grundsätzen des Verfahrensrechts mehrerer Mitgliedstaaten der Haager Konferenz in Einklang zu bringen, nach dem ein in dem jeweiligen Land verkündetes Urteil für alle darin geregelten Fragen Rechtskraft entfaltet.82 Die aus der Anwendung des Übereinkommens von 1956 gewonnene Erfahrung zeigt jedoch, daß es möglich war, diese Hindernisse in der Praxis zu überwinden: Trotz ihres Vorhandenseins funktionierte das System des Übereinkommens tatsächlich im allgemeinen so gut, wie seine Befürworter gehofft hatten. Die Sonderkommission von 1973 berücksichtigte diesen Umstand. 133. Zu unterstreichen ist noch die Bedeutung eines Satzteils von Artikel 2 Absatz 2, nämlich der Worte „in Anwendung dieses Übereinkommens“. Aus diesen Worten läßt sich folgern, daß allen Teilen der Entscheidung, die auf anderen Regeln als denen des Vertrags beruhen, in Übereinstimmung mit den Erfordernissen des Verfahrensrechts des Staates des angerufenen Gerichts Rechtskraftwirkung zugesprochen werden kann. Es soll beispielsweise angenommen werden, daß ein Gericht eines Staates, der an das neue Vertragswerk gebunden ist, mit einer Scheidungsklage und einer dazugehörigen Unterhaltsklage befaßt ist. Das Gericht wird sein eigenes System des Internationalen Privatrechts auf die Scheidung anwenden und nach deren Ausspruch im selben Urteil unter Hinweis auf die Bestimmungen des Kollisionsrechts im Übereinkommen über die Unterhaltsklage entscheiden. Selbstverständlich kann sich das Gericht eines anderen Vertragsstaats nicht auf Artikel 2 Absatz 2 des Übereinkommens berufen, um seine Versagung der Anerkennung der Scheidung zu rechtfertigen. Diese wurde nicht „in Anwendung dieses Übereinkommens“ erlassen. Das Gericht muß sich daher gegebenenfalls auf
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81 Actes et Documenta de la Huitième Session (1956), Bd. I, S. 313. 82 So gab es beispielsweise eine lebhafte Kontroverse in der Bundesrepublik Deutschland in bezug auf Artikel 5 Absatz 2 (siehe G. Beitzke „Les con-flits de lois en matière de filiation en droit international privé allemand“, Ann. Fac. dr. Strasbourg, Bd. XXV, S. 133).
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andere Bestimmungen seines allgemeinen oder vertraglich vereinbarten Internationalen Privatrechts berufen, um das Problem der Wirksamkeit der Scheidung zu lösen.
ABSCHNITT 3 Der universelle Charakter des Übereinkommens 134. Artikel 3 des Vertrags übernimmt Artikel 14 des Vorentwurfs in verbesserter Fassung und setzt die Bestimmung an den Anfang des Übereinkommens (also an den richtigen Platz). Die Kommission, die sich im März 1973 traf, mußte zu der heiklen Frage der Beziehungen Stellung nehmen, die zwischen den einheitlichen in Vorbereitung befindlichen Bestimmungen und den Rechtsordnungen der zukünftigen Vertragsstaaten herzustellen waren, und nahm daher die universelle Lösung an, die von dem vorbereitenden Ausschuß eindringlich empfohlen worden war, der sich ein Jahr zuvor getroffen hatte. Der Erläuternde Bericht des vorbereitenden Ausschusses behandelt ausführlich die Gründe, welche die Regierungsdelegationen veranlaßten, das System des Übereinkommens von 1956 aufzugeben. Verschiedene Argumente sprachen für die Aufgabe dieses Verfahrens. Die Mehrzahl der Anknüpfungsnormen des Entwurfstextes ließ zunächst das von der Wahl des oben erwähnten Anknüpfungsmoments abgeleitete Argument sehr an Erheblichkeit verlieren. Auch die Schwierigkeit nationaler Gerichte, Kenntnis vom Ratifikationsstand der Haager Übereinkommen zu erhalten, kann geltend gemacht werden: Es kommt schon vor, daß das Gericht von den Ratifikationen seines eigenen Landes nichts weiß, womit die Maxime Jura novit curia widerlegt wird, oder daß es die Verpflichtung übersieht, von Amts wegen die Kollisionsregeln des angerufenen Gerichts anzuwenden. War es dann nicht zuviel verlangt, daß die Gerichte der Mitgliedstaaten zu jeder Zeit das Verzeichnis der anderen Vertragsparteien kennen sollten? Die Mitglieder der Sonderkommission hatten auch Verständnis für andere, zu einer früheren Zeit in der deutschen und schweizerischen Lehre dargelegte Argumente, die das Gegenseitigkeitssystem des Übereinkommens über das anzuwendende Recht von 1956 kritisch beurteilten. Andererseits erwiesen sich die Gründe, welche die Sachverständigen dazu hätten bringen können, das Gegenseitigkeitssystem anzunehmen, als unzureichend. Die meisten Staaten, die dieses System befürworten, sehen darin ein Mittel, sich vor der Anwendung innerstaatlicher Rechtsordnungen zu schützen, die von denen grundverschieden sind, die im Rahmen der Mitgliedstaaten der Haager Konferenz und der Staaten gelten, die als solche aufgenommen werden. Aus den Vorbereitungsarbeiten für das Übereinkommen über das anzuwendende Recht von 1956 ist noch ein anderes Motiv abzuleiten: Nicht die Tatsache, das Recht irgendeines fernen Landes anwenden zu müssen, hat die Mitgliedstaaten der Konferenz abgeschreckt, sondern weit eher das Gefühl, daß das Recht eines solchen Landes auf ihre Staatsangehörigen angewandt werden könnte. Eine Antwort auf diese Argumente war leicht, indem man unterstrich, in welchem Maß schon die materiellen Gesetze der Mitgliedstaaten der Konferenz auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht voneinander abweichen. Zahlreiche Verfasser, Organisationen, Kolloquien, Rechtstagungen usw. haben dies ausreichend nachgewiesen. Wenn die Mitgliedstaaten der Konferenz es für zweckmäßig erachten, das Risiko für jeden von ihnen einzugehen, eventuell das Recht eines anderen Mitgliedstaats anwenden zu müssen, das sich möglicherweise erheblich von ihrem eigenen unterscheidet, ist wohl kaum zu verstehen, warum dieses Risiko nicht auf andere Rechtsordnungen er929
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streckt werden kann. Überdies würde, wenn die Anwendung einer materiellen Rechtsordnung auf Grund des Übereinkommens offensichtlich den moralischen, politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Grundauffassungen des Staates des angerufenen Gerichts widerspricht, die Ausnahme der öffentlichen Ordnung wie üblich zum Zug kommen und die Anwendung dieses materiellen Rechts ausschließen.83 135. Aus Artikel 3 geht hervor, daß das im Vertrag niedergelegte Kollisionsrecht kein Element der Gegenseitigkeit enthält und zur allgemeinen Anwendung bestimmt ist. Das Gericht wird also nicht – wie unter der Geltung des Übereinkommens von 1956 – unterschiedlich entscheiden müssen, je nachdem, an welchen Staat die im Vertrag geregelten Rechtsbeziehungen anzuknüpfen sind. Die Gerichte – und vor ihnen die Rechtsanwälte – brauchen praktisch vom Stand der Ratifikationen und Beitritte zum Vertrag keine Kenntnis zu nehmen. Es genügt, wenn sie feststellen, ob der Staat des angerufenen Gerichts Vertragspartei ist oder nicht. Damit ist eine erhebliche Vereinfachung im Vergleich zur Lage verbunden, die sich aus dem Übereinkommen von 1956 ergab. Dies ist auch eine besonders begrüßenswerte Vereinfachung: Es genügt, an die Anzahl der Entscheidungen zu denken, zu denen das zuletzt genannte Übereinkommen Anlaß gegeben hat, um sich zu vergegenwärtigen, daß es ohne Zweifel bei dem neuen Vertrag genauso sein wird. Ein anderer, eher mittelbarer Vorteil des neuen Systems ist es, daß die Gerichte daran gehindert werden, den Fehler zu begehen, zu glauben, daß die Anwendung des Übereinkommens von der Staatsangehörigkeit oder dem Wohnsitz der Parteien abhängig ist. Artikel 6 des Übereinkommens von 1956 gab gelegentlich Anlaß zu solchen irrtümlichen Auslegungen.
ABSCHNITT 4 Der zeitliche Anwendungsbereich des Übereinkommens 136. Wie im Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und aus demselben Grund (siehe oben Nr. 40) bestimmt das erste Kapitel des Übereinkommens über das anzuwendende Recht mit dem Titel „Anwendungsbereich des Übereinkommens“ nicht die zeitliche Anwendbarkeit des Vertragswerks. Um die Lösungen des Übereinkommens kennenzulernen, muß auf spätere Bestimmungen zurückgegriffen werden. Übergangskonflikte des Internationalen Privatrechts werden in Artikel 12 geregelt, und zwar im selben Sinn wie in Artikel 24 des Vollstreckungsübereinkommens (siehe oben Nr. 103). Der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Übereinkommens in der internationalen Rechtsordnung einerseits und in jedem Vertragsstaat andererseits wird in Artikel 25 Absatz 1 bzw. 2 bestimmt. Schließlich legt Artikel 26 die Geltungsdauer des Übereinkommens fest und bestimmt seine stillschweigende Verlängerung. Zu diesen Bestimmungen wird in späterem Zusammenhang Stellung genommen (siehe unten Nr. 182 ff. und Nr. 193 ff.).
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Erläuternder Bericht, Nr. 20 bis 24.
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KAPITEL 2 Anzuwendendes Recht (Artikel 4 bis 11) ABSCHNITT 1 Bestimmung des anzuwendenden Rechts §1 Die Hauptanknüpfung 137. Nach dem Vorbild des Übereinkommens über das anzuwendende Recht von 1956 bestimmt auch der neue Vertrag, daß grundsätzlich das innerstaatliche Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltsberechtigten maßgebend ist. Artikel 4 Absatz 1 bestimmt in der Tat: „Für die in Artikel 1 genannten Unterhaltspflichten ist das am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten geltende innerstaatliche Recht maßgebend.“ Unter „Berechtigter“ ist die Person zu verstehen, die Unterhalt verlangt, und unter „Unterhaltsverpflichteter“ die Person, von der Unterhalt begehrt wird. Dieser allgemeine Grundsatz ist in allen Fällen anwendbar, für die nicht an anderer Stelle des Übereinkommens Abweichendes bestimmt ist (siehe insbesondere unten Nr. 142 bis 151). Der Erläuternde Bericht zum Vorentwurf erinnert daran, daß der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts, „mit dem die Haager Konferenz vertraut ist, keine besondere Schwierigkeit darstellt. Wenn das Übereinkommen ihn nicht näher bestimmt, so liegt das daran, daß er nach langer Praxis als rein tatsächlicher, insbesondere vom Wohnsitz zu unterscheidender Begriff verstanden werden muß. Es wird Sache der Gerichts- und Verwaltungsbehörden sein, die das Übereinkommen anzuwenden haben, das Bestehen dieses Aufenthalts und seinen gewöhnlichen Charakter festzustellen.“84 138. Nichts erlaubt von vornherein die Feststellung, daß das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltsberechtigten für diesen vorteilhafter sein wird als irgendein anderes innerstaatliches Recht, wie beispielsweise sein nationales Recht, das des Unterhaltsverpflichteten oder das ihres gemeinsamen Wohnsitzes usw. Wie läßt sich dann die Wahl der Delegierten rechtfertigen? Die Antwort darauf ist einfach: Es reicht aus, die Gründe zu wiederholen, die während der Arbeiten der Achten Tagung zur Annahme des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes führten. Diese Gründe wurden im Erläuternden Bericht zum Vorentwurf wie folgt, zusammengefaßt: „… Ziel der Unterhaltsverpflichtung ist der Schutz des Unterhaltsberechtigten. Da er im Mittelpunkt der Rechtsinstitution steht, müssen die Realität seines täglichen Lebens und nicht die rein juristischen Attribute seiner Person berücksichtigt werden, denn er wird seinen Unterhalt verwenden, um zu leben. Auf diesem Gebiet ist es tatsächlich angebracht, das konkrete Problem zu würdigen, das sich im Zusammenhang mit einer konkreten Gesellschaft er gibt: derjenigen, in der der Antragsteller lebt und leben wird. Ferner erleichtert dieses System eine gewisse Harmonisierung innerhalb jedes Staates: Alle in diesem Land lebenden Unterhaltsberechtigten werden gleichgestellt. Auch aus praktischer Sicht hat das System unleugbare Vorzüge im Fall mehrerer Verpflichteter. Es ist schließlich bekannt, daß diese Anknüpfung den Treffpunkt zwischen den Staaten, die traditionell die Staatsangehörigkeit begünstigen, und den Staaten darstellt, die den Wohnsitz als bevorzugte Anknüpfung verwenden.“85
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Erläuternder Bericht, Nr. 57. Erläuternder Bericht, Nr. 58.
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139. Ein begrenztes Eingreifen eines anderen Anknüpfungsmoments war in Artikel 3 des Vorentwurfs vorgesehen.86 Sollte eine solche Kumulierung von Anknüpfungen beibehalten werden? Es gab Befürworter des Gedankens, und zumindest zu Beginn setzten sich diese deutlich gegenüber den Gegnern dieses Systems durch. Letzten Endes gab es eine spektakuläre Umkehrung der Positionen, und die Verbindung des Hauptanknüpfungsmoments mit einem anderen Indiz der Verknüpfung wurde nach lebhafter Diskussion verworfen. Wie läßt sich dieser Wandel erklären? Wie gesehen, hatte die Sonderkommission ihr Einverständnis zur Aufrechterhaltung des im Übereinkommen von 1956 enthaltenen Systems erklärt, welches das Problem der Unterhaltspflichtigen von allen anderen Angelegenheiten der Familienbeziehungen trennte. Die Logik erforderte es, zugleich die Selbständigkeit des 1956 eingeführten Anknüpfungsmoments wieder vorzusehen, ohne diese unnötig zu komplizieren. Unter diesem Blickwinkel mußte die Anknüpfung des Übereinkommens von 1956 übernommen werden, und nur diese. Wenn dies während der Arbeiten der Achten Tagung mit Recht als revolutionär angesehen wurde – auf dem Gebiet des Personenstands stellte es sich als ungewöhnlich dar –, so konnte dies 1973 nicht mehr länger so gesehen werden. Der eigentliche Grund für diesen Wandel in der Kommission läßt sich leicht erklären: Während die vorbereitende Sonderkommission sich mit dem Problem von Unterhaltspflichten gegenüber Erwachsenen befaßt hatte, entschied sich die Kommission, die im März 1973 zusammentrat, von Anfang an für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Übereinkommens auf alle Familienunterhaltspflichten. Es wird sich jedoch herausstellen, daß das System einer Kumulierung von Anknüpfungen nicht völlig aufgegeben wurde; es wurde – allerdings in einer besonderen Form – für die Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in der Seitenlinie und zwischen Verschwägerten aufrechterhalten. §2 „Statutenwechsel“ 140. Die Übernahme eines Anknüpfungsmoments ohne Festigkeit – man könnte sogar von einer außerordentlichen Beweglichkeit sprechen – in die Hauptkollisionsregel zwang die Sonderkommission, den „Statutenwechsel“, der dadurch entsteht, daß der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt von einem Land in ein anderes verlegt, in einer besonderen Bestimmung zu lösen. Die Delegierten zögerten nicht lange: Die Lösung in Artikel 1 Absatz 2 des Übereinkommens über das anzuwendende Recht von 1956 wurde ganz einfach in den neuen Vertrag übernommen. Nachdem die vorbereitenden Materialien in bezug auf den genannten Artikel während der Sitzung nochmals gelesen worden waren, kamen sie dahin überein, daß ein unwandelbares Statut unlogisch gewesen wäre; das durch die Annahme des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltsberechtigten als Hauptanknüpfungspunkt verfolgte Ziel ging gerade auf den Wunsch zurück, das Recht desjenigen Ortes angewandt zu sehen, an dem der Unterhaltsbedarf besteht.87 Die Lage der genannten Parteien wird sich selbstverständlich nicht ändern, solange keine Partei gegen die andere bei der zuständigen Behörde die Änderung der Unterhaltsrente nach einer Veränderung des Anknüpfungsmoments verlangt. Das Problem des
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Siehe hierzu die Kommentierungen des Erläuternden Berichts, Nr. 59 bis 62. Actes et Documenta de la Huitième Session (1956), Bd. II, S. 128.
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„Statutenwechsels“ wird nie von Amts wegen allein auf Grund einer Veränderung des Anknüpfungsmoments gelöst. Im Fall eines „Statutenwechsels“ ist daher eine neue gerichtliche oder VerwaltungsEntscheidung zur Änderung der früheren erforderlich. Der Unterhaltsverpflichtete darf einen Wechsel des Aufenthaltsorts des Unterhaltsberechtigten nicht als Vorwand benutzen, um die vollständige oder teilweise Erfüllung seiner Unterhaltspflichten nach der ersten Entscheidung zu verweigern. Diese bleibt so lange voll wirksam, bis sie durch eine neue Entscheidung ersetzt wird. 141. Die Lage des Unterhaltsberechtigten wird sich beim Umzug von einem Land in ein anderes entweder verbessern oder verschlechtern, außer wenn das Recht des neuen Staates zum selben Ergebnis führt wie die Anwendung des früheren Rechts. Solche plötzlichen Änderungen werden um so mehr eintreten, als sich die Geltung des neuen Rechts im Sinn des Artikels 4 Absatz 2 auf Prinzip und Umfang der Unterhaltspflicht erstreckt. Die Lehre zum Übereinkommen von 1956, insbesondere in Frankreich, sah in dieser Lage die Quelle für zahlreiche praktische Schwierigkeiten. Sie befürchtete, daß die im Übereinkommen enthaltene Lösung bei den interessierten Parteien eine gefährliche Neigung hervorrufen würde, in den Staat umzuziehen, dessen Rechtsordnung die günstigste zu sein versprach. Die Delegierten teilten diese Befürchtungen nicht. Im Licht der Rechtsprechung der an das genannte Übereinkommen gebundenen Länder vertraten sie die Ansicht, daß die Lösung des Statutenwechsels in Artikel 1 Absatz 2 dieses Vertragswerks in der Praxis nicht dazu führen würde, die Anzahl der Fälle einer heiklen oder sogar ungerechten Lage zu erhöhen. Warum sollte dies verwundern? Kann man sich ohne weiteres außer in extremen und sehr seltenen Fällen einen – wie zu unterstellen – mittellosen Unterhaltsberechtigten vorstellen, der seinen Aufenthalt auf Grund eines plötzlichen Einfalls geleitet von seinen rechtsvergleichenden Kenntnissen auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten wechselt? §3 Ergänzende Anknüpfungsmomente 142. Dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltsberechtigten wurde eine führende Rolle zuerkannt, aber die Kommission war bemüht, dies nicht zur einzigen Anknüpfung zu machen. Schon während der Beratungen der Achten Tagung erwähnten die Delegationen den Fall, in dem das für anwendbar erklärte Recht dem Unterhaltsberechtigten jeden Anspruch auf Unterhalt verweigert.88 Um die Lage des Kindes, soweit irgend möglich, zu begünstigen, war zu jener Zeit entschieden worden, daß in diesem Fall das durch das allgemeine Internationale Privatrecht des Staates des angerufenen Gerichts bestimmte Recht gelten sollte. Gegenüber demselben Problem und mit denselben lobenswerten Absichten gegenüber dem Unterhaltsberechtigten war die Sonderkommission 1973 nicht in der Lage, die Lösung in Artikel 3 des Vertrags von 1956 zu übernehmen. Der Vorteil des universellen Charakters des Übereinkommensentwurfs war in der Tat gerade derjenige, daß das allgemeine Internationale Privatrecht der Vertragsstaaten durch ein einheitliches Internationales Privatrecht ersetzt wurde (siehe oben Nr. 134 und 135). Um die Fortführung eines zweigleisigen Systems von Kollisionsrechtsbestimmungen zu vermeiden, schien es an-
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88 Siehe in diesem Zusammenhang die in den Actes et Documents de la Huitième Session (1956) veröffentlichten Debatten. Bd. I, S. 175/176.
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gebracht, davon abzusehen, auf das Internationale Privatrecht des betreffenden Vertragsstaats Bezug zu nehmen, wie es vor seiner Ersetzung durch die neuen Übereinkommensregeln gegolten hatte, ein Verfahren, das auch kaum vernünftig wäre. Eine neue Ersatzlösung mußte gefunden werden. 143. Nach anfänglichem Zögern sprach sich die Sonderkommission für ein zweigleisiges System ergänzender Anknüpfungen aus. In Wahrheit ist diese Lösung das Ergebnis einer Entwicklung, in deren Verlauf gewisse Regeln, die zu Beginn als allgemeine Grundsätze und sogar als Vorbehalte angesehen wurden, nach und nach abgeändert, verbessert und aufgeteilt wurden. Die insgesamt zwei ergänzenden Bestimmungen behandeln tatsächlich zwei verschiedene Fälle. Im ersten Fall haben der Unterhaltsberechtigte und der Unterhaltsverpflichtete dieselbe Staatsangehörigkeit. Artikel 5 des Vertrags sieht vor, daß statt des Rechts des gewöhnlichen Aufenthalts des Berechtigten das gemeinsame Heimatrecht dieser Parteien anzuwenden ist, wenn der Berechtigte nach dem zuerst genannten Recht vom Verpflichteten keinen Unterhalt erhalten kann. Das ist nicht alles: Artikel 6 fügt hinzu, daß, wenn das gemeinsame Heimatrecht zu demselben negativen Ergebnis kommt, dieses wiederum durch das innerstaatliche Recht der befaßten Gerichts- oder Verwaltungsbehörde als das in letzter Instanz anwendbare Recht ersetzt wird. Der zweite Fall befaßt sich mit der Situation, in der die aktiv oder passiv an der Unterhaltspflicht beteiligten Personen unterschiedliche Staatsangehörigkeiten besitzen. Wenn der Berechtigte gemäß dem Recht seines eigenen gewöhnlichen Aufenthalts keinen Unterhalt vom Verpflichteten erhalten kann, wird es notwendig sein, sich allein auf das innerstaatliche Recht der befaßten Behörde zu berufen. Das Recht dieser Behörde wird auch hier in letzter Instanz anzuwenden sein: Tatsächlich sieht das Übereinkommen keine zweite ergänzende Regel für diesen Fall vor. Wie auch immer der Fall sein mag, das System der ergänzenden Bestimmungen ist nur insoweit von praktischem Wert, als die durch die verschiedenen grundsätzlichen und ergänzenden Anknüpfungsbestimmungen jeweils für anwendbar erklärten Rechte tatsächlich nicht übereinstimmen. 144. Die Kommission hat die Gründe für diese doppelte Wahl nicht ausdrücklich bestimmt. Mehrere Delegierte wollten auf diesem Gebiet, das auf der Solidarität zwischen den Mitgliedern derselben Familie beruht, dem Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Parteien einen gewissen Anwendungsbereich geben, da sie darin eine Rechtsordnung sahen, die einen legitimen und ernsthaften Anspruch auf Anwendung besitzt. Andere wünschten überhaupt keine Bezugnahme auf „nationales Recht“ und wiesen auf den zweideutigen Charakter solchen Rechts in den Staaten ohne vereinheitlichtes Rechtssystem oder mit verschiedenen räumlichen Untergliederungen hin, von denen jede ihre eigene Rechtsordnung besitzt (Bundesstaaten). Sie zogen eine Bezugnahme auf das Recht des angerufenen Gerichts vor und rechtfertigten diesen Standpunkt insbesondere mit den engen Verbindungen zwischen den Unterhaltspflichten und der öffentlichen Ordnung. Rein logisch gesehen stellte der letztlich gefundene Kompromiß nicht zufrieden. Abgesehen davon, daß er verhältnismäßig kompliziert ist, wird man die Tatsache kritisieren, daß er einen Berechtigten begünstigt, der dieselbe Staatsangehörigkeit hat wie der Verpflichtete: Er hat eine dreifache Chance, Unterhalt zu erhalten. Wie bereits erwähnt, werden dem Berechtigten im Fall unterschiedlicher Staatsangehörigkeit nur zwei Möglichkeiten zuerkannt. In der Praxis sollte diese doppelte ergänzende Kollisionsbestimmung indessen keine besonderen Schwierigkeiten mit sich bringen. Überdies stellt sie eine wichtige SchutzSchütze
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maßnahme für den Unterhaltsberechtigten dar, denn sie entzieht der systematischen Anwendung des Rechts des gewöhnlichen Aufenthalts des Berechtigten das Element, das sie als übertrieben erscheinen lassen könnte. Schließlich begünstigt sie je nach den Umständen mehr oder weniger den Unterhaltsberechtigten, von dem angenommen wird, daß er sich in einer schwächeren Lage befindet als der Verpflichtete. 145. Es bleibt noch zu untersuchen, wann die ergänzenden Regeln anzuwenden sein werden, und dies veranlaßt zur Frage nach dem Sinn des in Artikel 5 gebrauchten Satzes: „Kann der Berechtigte nach dem in Artikel 4 vorgesehenen Recht vom Verpflichteten keinen Unterhalt erhalten …“, ein Satz, der in Artikel 6 mit der doppelten Bezugnahme auf die Artikel 4 und 5 wiederkehrt. Die gebrauchten Begriffe machen klar, daß die Unmöglichkeit der Inanspruchnahme des Verpflichteten durch den bedürftigen Berechtigten in jedem Einzelfall geprüft werden muß. Um die Bedeutung des Wortlauts zu veranschaulichen, soll als Beispiel der Fall des Herrn X, des Adoptivvaters von Y, dienen, der von dem letzteren Unterhalt verlangt. Um sich auf die Artikel 5 und 6 berufen zu können, könnte der Kläger zunächst nachweisen, daß das Recht, das Artikel 4 Absatz 1 als anwendbar bezeichnet, keine Unterhaltspflicht vorsieht, die sich aus einer solchen Familienbeziehung ergibt. Mit anderen Worten kennt das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Adoptivvaters keine Unterhaltspflichten auf der Grundlage einer Adoptivelternschaft, zumindest nicht in der aufsteigenden Linie. Das ist die erste Möglichkeit. Nimmt man dagegen an, das anzuwendende Recht bestimme durchaus eine Unterhaltspflicht des Adoptierten gegenüber dem Adoptierenden – der Kläger könnte immer noch die Anwendung der Artikel 5 und 6 verlangen, wenn er zeigt, daß eine der Voraussetzungen des auf die Unterhaltspflicht anzuwendenden Rechts im speziellen Fall nicht erfüllt ist und daß er deshalb nach diesem Recht keinen Unterhalt vom Verpflichteten erhalten kann. So könnte dieses beispielsweise vorsehen, daß eine Unterhaltspflicht nur bei Abbruch der Beziehungen des Adoptierten zur Ursprungsfamilie besteht, was in diesem besonderen Fall nicht gegeben war. Die Lage wäre völlig anders, wenn der Berechtigte aus praktischen oder rechtlichen Gründen keinen Unterhalt verlangen könnte: Der Verpflichtete verschwindet, wird zahlungsunfähig usw. In diesem Fall können andere Regeln des Übereinkommens zum Zug kommen (zum Beispiel Artikel 11 Absatz 2). Man darf auch nicht den oben genannten Fall mit demjenigen verwechseln, in dem es schwierig oder sogar unmöglich ist, den Inhalt des Rechts des gewöhnlichen Aufenthalts zu erfahren. §4 Sonderfälle 1 Unterhaltspflicht zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten 146. Das Problem, ob Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fallen oder davon ausgeschlossen sein sollen, das bei den vorbereitenden Arbeiten der Sonderkommissionen viel diskutiert wurde, war zu jener Zeit nicht endgültig geregelt worden. Die Delegierten hatten es vorgezogen, es der Zwölften Tagung zu unterbreiten.89
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Siehe Erläuternder Bericht, Nr. 18.
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Diese vorbereitenden Gespräche hatten indessen so weit Klarheit geschaffen, daß von den vielen Ausgangspunkten schließlich die Alternative zwischen zwei Möglichkeiten übrigblieb. Die erste bestand darin, diese Formen von Unterhaltspflichten in das in Vorbereitung befindliche Übereinkommen aufzunehmen, während gleichzeitig ein Vorbehalt für die Staaten vorgesehen werden sollte, die sie auszuschließen wünschten. Die zweite lief dagegen darauf hinaus, diese Verpflichtungen zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten nicht in den Vertragsentwurf aufzunehmen, wobei jedoch eine sogenannte „Options“-Klausel den Ländern, die dies wünschten, eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Übereinkommens auf die genannten Verpflichtungen erlaubt hätte. 147. Die Befürworter der ersten Lösung brachten zahlreiche Argumente vor, die im Erläuternden Bericht zu den vorbereitenden Arbeiten zusammengefaßt wurden.90 Im März 1973 fügten sie diesen noch einen neuen Grund hinzu: Der universelle Charakter des Übereinkommens mache es unerläßlich, sämtliche Formen der Familienunterhaltspflichten in den neuen Text aufzunehmen, um zu vermeiden, daß jeder Staat sein eigenes Internationales Privatrecht teilweise aufrecht erhält und somit mehrere anwendbare Rechtsordnungen neben einander bestehen bleiben würden. Sie erkannten jedoch ohne weiteres an, daß die gewünschte Ausnahme, falls sie angenommen würde, die Delegationen zwingen würde, sich die Frage nach der Zweckmäßigkeit einer Klausel zu stellen, die auf die besonderen Schwierigkeiten Rücksicht nähme, die durch diese Unterhaltspflichten aufgeworfen werden (siehe in diesem Zusammenhang unten Nr. 148 bis 150). Die Delegierten, welche die andere Lösung vorzogen, brachten Gründe aus den großen Unterschieden zwischen den innerstaatlichen Rechtsordnungen der Staaten in bezug auf Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten vor. Sie machten auf das Beispiel des Artikels 5 Absatz 1 des Übereinkommens vom 24. Oktober 1956 aufmerksam, der bestimmt: „Dieses Übereinkommen findet auf die unterhaltsrechtlichen Beziehungen zwischen Verwandten in der Seitenlinie keine Anwendung.“ 148. Die Kommission bezog zu dieser heiklen Frage Stellung, als sie eine andere Schwierigkeit untersuchte: die der Kumulierung von Anknüpfungsmomenten. Dieses Vorgehen darf nicht nur als purer Zufall angesehen werden: Der Zusammenhang, in dem der mit einem Vorbehalt verknüpften Aufnahme dieser Unterhaltspflichten zugestimmt wurde, verdeutlicht die Haltung der Delegierten zu dem Problem insgesamt. Er zeigt in der Tat, daß die Befürworter dieser Lösung wünschten, daß für diese Verpflichtungen ein Sondersystem vorgesehen werden sollte, das bis zu einem zu bestimmenden Grad von den allgemeinen Grundsätzen abweichen sollte. Diejenigen Staaten, die entschlossen waren, eine Vereinheitlichung der Anknüpfungsnormen für diese Unterhaltsbeziehungen abzulehnen, vertraten die Ansicht, daß diese Lösung zufriedenstellend sei, und interessierten sich grundsätzlich nicht weiter für dieses Problem. Es würde für sie in der Tat ausreichen, rechtzeitig den Vorbehalt zu machen, um das Ziel zu erreichen, das sie seit Beginn der Verhandlungen verfolgt hatten. Andererseits konnten die Staaten, die diese Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten in den Anwendungsbereich des Übereinkommens aufgenommen wissen wollten, es nicht dabei bewenden lassen. Ihre Delegierten wiesen darauf hin, daß sie sich, wenn sie die getroffene Entscheidung auch begrüßten, das Recht vorbehielten, eine Sonderregelung für diese ganz spezielle Art von Unterhaltspflichten vorzuschlagen. Muß noch betont werden, daß diese Staaten in dem
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Siehe Erläuternder Bericht, Nr. 17.
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zugelassenen Vorbehalt keinen anderen Wert sahen, als die Ratifikation des Übereinkommens durch diejenigen Staaten zu erleichtern, die gegen diese Aufnahme eingestellt waren? Da sie entschlossen waren, davon überhaupt keinen Gebrauch zu machen, mußten sie sich eingehender mit dem grundlegenden Problem befassen. 149. Eine Sonderregelung wurde erforderlich. Statt eine Ausnahmeanknüpfungsnorm zu entwickeln, bewegte sich die Kommission schnell auf ein neues System zu: Aufrechterhaltung der in den Artikeln 4 bis 6 formulierten Grundsätze, aber ergänzt durch eine Bestimmung, die sich an Artikel3 des Vorentwurfs von 1972 ausrichtete.91 Diese Sonderbestimmung ist in Artikel 7 enthalten. Dieser Artikel – das soll deutlich unterstrichen werden – setzt die vorherige Anwendung der Anknüpfungsnormen in den Artikeln 4 bis 6 oder zumindest die Berufung des Unterhaltsberechtigten auf diese Bestimmungen voraus. Artikel 7 wurde in zwei Phasen ausgearbeitet. Zunächst einigte sich die Kommission darauf, dem Unterhaltsverpflichteten das Recht einzuräumen, dem Unterhaltsanspruch des Berechtigten entgegenzuhalten, daß eine solche Unterhaltspflicht ihm gegenüber nach dem Recht seines gewöhnlichen Aufenthalts nicht besteht. Später schlugen dann gewisse Auswanderungsstaaten vor, daß bei gemeinsamer Staatsangehörigkeit der Parteien der Unterhaltsverpflichtete dem Anspruch ausschließlich entgegenhalten könne, nach dem Recht ihrer gemeinsamen Staatsangehörigkeit bestehe eine solche Verpflichtung nicht, und daß das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Verpflichteten unbeachtet bleibt. 150. Die Anfügung dieses zweiten Teils der Bestimmung kam einem Bedürfnis entgegen. Die Kommission wollte verhindern, daß Staaten, in denen Ausländer leben, deren nationales Recht Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten nicht kennt, auf Grund des Übereinkommens diese Ausländer demnächst zwingen könnten, Verpflichtungen zu erfüllen, die sie derzeit unter der Geltung ihres Internationalen Privatrechts nicht kennen. Als Beispiel kann eine Italienerin dienen, die Unterhalt von ihrem Bruder, ebenfalls Italiener, verlangt, wobei beide in Frankreich wohnen. Derzeit würde das italienische Gericht ebenso wie ein französisches auf Grund des italienischen Rechts, des Rechts der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Parteien (das eine Unterhaltspflicht zwischen Verwandten in der Seitenlinie enthält), und ohne Rücksicht darauf zur Zahlung von Unterhalt verurteilen, daß das französische Recht diese zwingende Unterhaltsbeziehung nicht kennt. In Zukunft wird das Übereinkommen es ermöglichen, zum selben Ergebnis zu kommen: Gemäß Artikel 5 des Vertrags wird das italienische Recht angewandt werden. Nunmehr soll der gegenteilige Fall zweier französischer Verwandter in der Seitenlinie mit Aufenthalt in Italien angenommen werden. Derzeit wird der erste nicht verpflichtet sein, dem zweiten Unterhalt zu zahlen, und zwar weder in Italien noch in Frankreich, da beide Staaten auf das nationale Recht des Berechtigten verweisen, das, wie erwähnt, Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in der Seitenlinie nicht kennt. Die Kommission wollte dieses System für die Zukunft aufrechterhalten und einem Franzosen, dessen französische Schwester von ihm Unterhalt verlangt, die Möglichkeit geben, den Einwand des gemeinsamen Heimatrechts zu erheben. Sie ergänzte also die vorbereitete Bestimmung durch Hinzufügung einer Klausel, die auf das gemeinsame Heimatrecht der Parteien abstellt.
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Zu dieser Regel siehe den Erläuternden Bericht, Nr. 60 bis 61.
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Man könnte sicherlich sagen, daß sich eine ähnliche Situation gelegentlich auch im Fall unterschiedlicher Staatsangehörigkeit der Parteien ergeben kann, wenn die beiden nationalen Rechtsordnungen eine solche Verpflichtung nicht festsetzen, während das Recht des Aufenthaltsstaats der Parteien sie kennt. Dieser Einwand erscheint begründet. Wenn die Kommission es für nicht erforderlich hielt, dies in einer entsprechenden Bestimmung zu regeln, so geschah das, weil sie der Ansicht war, daß der oben erwähnte Fall seltener vorkommt. 151. Artikel 7 wird nie ipso jure angewandt werden. Wenn der Unterhaltsverpflichtete sich nicht darauf beruft, wird die mit dem Unterhaltsantrag befaßte Behörde diesen Artikel nicht von Amts wegen anwenden. Die Absicht der Delegierten, eine Regel in der Form einer Einwendung im verfahrensrechtlichen Sinn des Wortes festzuhalten, also keine Anknüpfungsnorm, und ferner dem Verpflichteten, und zwar nur ihm, das Recht zu geben, sie dem Berechtigten entgegenzuhalten, ergibt sich deutlich aus dem Wortlaut des Artikels 7 („… kann der Verpflichtete entgegenhalten“) und den Diskussionen der Sonderkommission. Man kann zweifellos der Meinung sein, daß die dem Verpflichteten eingeräumte Möglichkeit, seine Interessen selbst zu vertreten, in internationalen Verträgen im allgemeinen und in den Haager Übereinkommen im besonderen nicht üblich ist. Ähnliche Bestimmungen sind indessen in einigen neueren Gesetzen zu finden.92 Die Lösung hat den Vorteil, die positive Formulierung der Kumulierung von Anknüpfungsmomenten zu vermeiden, was im Fall mehrerer Schuldner zu Schwierigkeiten hätte führen können. Da die Bestimmungen des Übereinkommens auch außerhalb jedes Rechtsstreits angewandt werden können, ist es selbstverständlich, daß der Verpflichtete der Forderung des Berechtigten einen der in Artikel 7 enthaltenen Einwände entgegenhalten kann, ohne daß es ein Verfahren gibt. Gerichtliche oder Verwaltungsverfahren wird es nur geben, wenn der Berechtigte die Begründetheit dieses Einwands bestreitet. Dann wird Artikel 7 während des Verfahrens anzuwenden sein, und das Gericht kann über die Tragweite des Rechts entscheiden, auf das sich der Unterhaltsverpflichtete beruft. 2 Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten, die geschieden oder ohne Auflösung des Ehebandes getrennt sind oder deren Ehe für nichtig oder als ungültig erklärt worden ist 152. Artikel 8 des Übereinkommens betrifft ausschließlich die Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten, die geschieden oder ohne Auflösung des Ehebandes getrennt sind oder deren Ehe für nichtig oder als ungültig erklärt worden ist (einschließlich der Aufhebung * (im Original deutsch.)). Er stellt sich von Anfang an als eine Ausnahmeregelung dar, die von den vorangehenden Bestimmungen abweicht (der Artikel beginnt wie folgt: „Abweichend von den Artikeln 4 bis 6 …“). Das von dieser Übereinkommensbestimmung geregelte Gebiet rechtfertigte es, daß die Kommission sich bemühte, für Probleme, die nur schwer den anderen in dem Vertragswerk behandelten Sachgebieten gleichgestellt werden können, eine besondere Lösung auszuarbeiten. Den Delegationen war bekannt, daß das in manchen Staaten geltende Internationale Privatrecht für die erwähnten Fälle bereits Bestimmungen enthält, die von den Grundsätzen abweichen, die normalerweise auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten Anwendung finden. Es war fast unausweichlich, daß das Kollisionsrecht auf
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92 Siehe insbesondere Artikel 14 Absatz 1 des Entwurfs des Internationalen Privatrechts von Quebec sowie Artikel 311 bis 318 des französischen Zivilgesetzbuchs, eingeführt durch das Gesetz vom 3. Januar 1972 über die Abstammung.
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dem Gebiet der Unterhaltspflichten nach Scheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes – zu welchen schnell das der Unterhaltsbeziehungen zwischen Ehegatten hinzukam, deren Ehe für nichtig oder als ungültig erklärt worden ist – eine andere Lösung erfahren hat, als sie für die sonstigen Arten von Unterhaltspflichten vorgesehen ist. 153. Alsbald hervorzuheben sind die Grenzen der Ausnahme, und dies um so mehr, als sie sich nicht so deutlich in dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen finden, das im November 1972 vorbereitet wurde.93 Die Worte „zwischen Ehegatten“ in Artikel 8 Absatz 1 beweisen, daß die besondere Ausnahmeanknüpfungsbestimmung nicht für alle Unterhaltspflichten nach der Scheidung und den anderen gleichgestellten Fällen maßgebend ist. Die allgemeinen Grundsätze finden weiterhin Anwendung bei Unterhaltspflichten gegenüber Kindern, die aus der Ehe zwischen den genannten Ehegatten hervorgegangen sind. Dieses zweigleisige System wird manchmal für das angerufene Gericht zwingender Anlaß sein, zweierlei verschiedene materielle Rechtsordnungen anzuwenden, um in einem einzigen Unterhaltsrechtsstreit die Hauptsache zu entscheiden. Einzelne Delegierte wollten diese Verwicklungen vermeiden. Die Kommission stimmte jedoch mit Entschiedenheit aus Gründen für dieses System, die mit der eigentlichen Grundlage der Verpflichtung zusammenhängen. Es ist bekannt, daß die Art der dem geschiedenen Ehegatten geschuldeten Rente – die je nach Staat Unterhalts-, Entschädigungs- oder gemischten Charakter haben kann – sich von der Art der Renten unterscheidet, die an die aus der aufgelösten Ehe hervorgegangenen Kinder zu zahlen sind und die sich aus der Abstammung ergeben. Trotz der offensichtlichen Vorteile einer einzigen Anknüpfung für alle Mitglieder der Familie hat es die Kommission vorgezogen, die erwähnte Unterscheidung vorzunehmen. 154. Artikel 8 regelt vier unterschiedliche Fälle: die Unterhaltspflichten zwischen geschiedenen Ehegatten, diejenigen zwischen ohne Auflösung des Ehebandes getrennten Ehegatten, solche zwischen Ehegatten, deren Ehe für nichtig, und schließlich die zwischen Ehegatten, deren Ehe für ungültig erklärt worden ist. War es zweckmäßig, diese Reihe von Fällen einer einzigen Anknüpfungslösung zu unterwerfen? Unterschiedliche Ansichten hierüber wurden innerhalb der Kommission vorgetragen, die alle teilweise zutrafen. Schließlich stimmte die Mehrheit zugunsten einer globalen Lösung für diese ähnlich gelagerten Fälle. Zur Erleichterung der Darstellung sprechen die folgenden Nummern nur noch von geschiedenen Ehegatten; die Kommentierung gilt indessen für die anderen in Artikel 8 ausdrücklich erwähnten Fälle entsprechend. Es ist jedoch zweckmäßig, vorab die in dieser Bestimmung gebrauchten Begriffe näher zu erläutern. 155. Unter „Trennung ohne Auflösung des Ehebandes“ im Sinn des Artikels 8 Absatz 2 sind gerichtliche oder gleichartige Trennungen zu verstehen und nicht das einfache tatsächliche Getrenntleben oder eine vom Gericht durch eine vorläufige Entscheidung für die Dauer des Scheidungsverfahrens gestattete Trennung. Diese Trennungen ohne Auflösung des Ehebandes können aus einem bestimmten Grund angeordnet worden sein oder als Folge gegenseitigen Einverständnisses der Ehegatten. Es ist von geringer Bedeutung, ob sie in eine Scheidung umgewandelt werden können oder nicht.94 Die Unterscheidung zwischen „Nichtigkeit der Ehe“ und „Ungültigkeit der Ehe“ hat sich als notwendig erwiesen, weil das innerstaatliche Recht der Staaten entweder das zweigleisige System oder nur eines von beiden kennt. Es ist zu bemerken, daß das
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93 Artikel 8 dieses Übereinkommens spricht lediglich von Unterhalt, der „infolge einer … Scheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, Nichtigkeit oder Ungültigkeit der Ehe geschuldet“ wird. 94 Siehe bereits im gleichen Sinn Actes et documents de la Onzième Session (1968), Bd. II, S. 57, 211 f.
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Übereinkommen der Theorie der „Nichtehe“* (*im Original deutsch) keinen Raum läßt, von der bekannt ist, daß sie Anlaß zu heftigen Auseinandersetzungen in Lehre und Rechtsprechung war. Unserer Auffassung nach gehören die aus diesen Ehen abzuleitenden Unterhaltspflichten, unterstellt man, sie seien durch einzelne Rechtsordnungen anerkannt, in das Gebiet, welches das Übereinkommen und insbesondere sein Artikel 8 umfaßt. 156. Inhaltlich entfernt sich die in Artikel 8 des Übereinkommens vorgeschlagene Lösung kaum von derjenigen des Artikels 4 Absatz 1 des Vorentwurfs, der die Unterhaltspflichten zwischen geschiedenen Ehegatten dem Recht unterwarf, „auf Grund dessen die Scheidung ausgesprochen wird“. Im Gegensatz zu Artikel 4 Absatz 2 des Vorentwurfs vermeidet der neue Wortlaut eine Unterscheidung, je nachdem ob die Unterhalts klage gleichzeitig mit der Scheidungsklage eingereicht wurde oder danach. Die Kommentierungen des Erläuternden Berichts haben daher inhaltlich noch Bestand. Insbesondere ist der folgende Passus zu wiederholen: „Für diese Fälle hat es die Kommission für angebracht erachtet, das im Internationalen Privatrecht der Mitgliedstaaten am meisten verbreitete System beizubehalten. Die Anknüpfung der Auswirkungen einer Auflösung der Ehe durch Scheidung – einschließlich der Unterhaltspflicht – an das auf diese Scheidung angewandte Recht ist somit bestimmt worden. Es ist selbstverständlich, daß mit dem „innerstaatlichen Recht, nach welchem die Scheidung ausgesprochen worden ist“, nicht dasjenige gemeint ist, welches das Verfahren geregelt hat, sondern das zur Hauptsache angewandte. Falls die Zulässigkeit der Scheidung einem anderen Recht als demjenigen unterworfen worden ist, nach dem die Scheidungsgründe festgestellt wurden, bezieht sich Artikel 4 des Vorentwurfs auf dieses letztere“.95 157. Insbesondere in bezug auf die Unterhaltspflichten zwischen geschiedenen Ehegatten hat die Kommission die bereits ausführlich besprochenen Schwierigkeiten der „Vorfrage“ untersucht (siehe oben Nr. 124 ff.). Die bestehenden Verbindungen zwischen der Verurteilung zur Zahlung der Unterhaltsrente und der Wirksamkeit der Scheidung im Staat des angerufenen Gerichts warfen um so mehr Probleme auf, als unter den in der Kommission vertretenen Ländern einige die Institution der Ehescheidung nicht kennen. Artikel 8 des Übereinkommens läßt kaum die sehr erheblichen Schwierigkeiten erkennen, denen sich die Delegierten im Lauf ihrer sehr langen Beratungen gegenübersahen. Eine genauere Untersuchung gestattet jedoch, diese zu verdeutlichen. So ist der Nebensatz im ersten Absatz, der folgendermaßen formuliert ist: „in einem Vertragsstaat, in dem eine Ehescheidung ausgesprochen oder anerkannt worden ist“, nach wie vor Anlaß für erhebliche Auslegungsschwierigkeiten, insbesondere wenn er mit den ersten Worten des Artikels in Verbindung gebracht wird: „Abweichend von den Artikeln 4 bis 6 …“. Der allzu unvollständige Charakter dieses Nebensatzes muß zugegeben und klargestellt werden, welche Absicht die Delegierten hierbei verfolgten. In der Folge sollen zu diesem Zweck die verschiedenen Möglichkeiten unterschieden werden, die in Frage kommen. 158. In einer ersten Reihe von Fällen ist die Scheidung in einem Vertragsstaat ausgesprochen worden, und die Unterhaltsklage wird vor einem Gericht desselben Staates eingereicht. Mehrere Varianten sind vorstellbar: Beide Klagen sind gleichzeitig erhoben worden, und das Gericht entscheidet nach Ausspruch der Scheidung innerhalb desselben Verfahrens über den geforderten Unterhalt; die beiden gleichzeitig eingereichten Klagen werden durch dasselbe Gericht entschieden, jedoch in zwei aufeinanderfolgen-
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den Sitzungen; die beiden getrennt eingereichten Klagen werden demselben Gericht vorgelegt; die Entscheidung über die Ehescheidung wird durch ein Gericht ausgesprochen, während ein anderes Gericht dieses Staates über die Unterhaltsklage erkennt. Für alle diese Fälle enthält Artikel 8 des Übereinkommens eine einzige Kollisionsregel: Die Unterhaltsklage unterliegt dem auf die Ehescheidung angewandten Recht. Es tritt keine besondere Schwierigkeit auf, da in jedem Fall die Wirksamkeit der Scheidung nicht in Zweifel gezogen werden kann: Die Ehegatten sind im Staat des angerufenen Gerichts als geschieden anzusehen. 159. Eine zweite Reihe von Fällen geht von einer Scheidung aus, die in einem anderen Land als dem Vertragsstaat, in dem die Unterhaltsklage eingereicht wird, ausgesprochen wurde, ohne daß die Frage gestellt werden muß, ob das Scheidungsland selbst durch das Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht gebunden ist oder nicht. Wird die Entscheidung über die Ehescheidung im Staat des angerufenen Gerichts anerkannt, so wird auf die Unterhaltspflicht zwischen geschiedenen Ehegatten das Recht angewandt, das auf die Scheidung selbst angewandt wurde, so wie in der ersten Reihe von Fällen in der vorigen Nummer. Die Scheidung wird im Land des mit der Unterhaltsklage befaßten Gerichts als Entstehungsgrund des neuen Personenstands der Beteiligten angesehen; es liegt demnach kein Hinderungsgrund vor, die Auswirkungen der Scheidung in diesem Staat dem Recht zu unterstellen, das bei der Begründung dieses Personenstands angewandt wurde. Dies ist somit eine logische Lösung, die jedoch manchmal das zweite Gericht in Schwierigkeiten bringen kann: Allzu häufig werden Scheidungsurteile bei internationalen Beziehungen abgefaßt, ohne daß die angewandte Rechtsordnung ausdrücklich erwähnt wird. Das mit der Unterhaltsklage befaßte Gericht wird erforderlichenfalls die notwendigen Nachforschungen durchzuführen haben, um eine ordnungsgemäße Anwendung des Artikels 8 zu gewährleisten. Die notwendigen Auskünfte wird es im Vortrag der Parteien und ihrer Rechtsberater finden. Auch wenn diese Lösung die Aufgabe des Gerichts schwieriger macht, scheint sie anpassungsfähiger als diejenigen, die als alternative Lösungen in Artikel 4 Absatz 2 des Vorentwurfs vorgestellt wurden.96 161. Jede Person, deren Scheidung in einem Staat ausgesprochen wurde und die beabsichtigt, auf dieser Grundlage in einem anderen Staat, der angenommenermaßen an das hier kommentierte Übereinkommen gebunden sein soll, Unterhalt zu beantragen, wird sich also notfalls auf die Anerkennung des ausländischen Urteils in diesem Vertragsstaat berufen. Sobald das Scheidungsurteil in diesem Staat Rechtskraft erlangt hat, wird es genügen, sich vor dem zuständigen Gericht auf die Anwendung des Artikels 8 des Vertrags zu berufen. Es ist von geringer Bedeutung, ob die Anerkennung der Scheidung auf den gewöhnlichen Vorschriften des im ersuchten Staat geltenden Internationalen Privatrechts oder auf etwaigen, diesen Staat bindenden vertraglichen Vorschriften beruht, wie zum Beispiel denen in dem Übereinkommen über die Anerkennung von Ehescheidungen und Trennungen ohne Auflösung des Ehebandes, das in Den Haag am 1. Juni 1970 beschlossen worden ist.97 160. Die dritte Reihe von Fällen könnte in Form einer Frage formuliert werden: Was geschieht, falls die im Ausland ausgesprochene Scheidungsentscheidung nicht den Er-
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96 Artikel 4 Absatz 2 des Vorentwurfs bestimmte folgendes: „… Wird die Klage eingereicht, nachdem die Scheidung oder Trennung ohne Auflösung des Ehebandes ausgesprochen wurde, und kann das dabei angewandte Recht nicht festgestellt werden, so unterliegt die Unterhaltspflicht dem innerstaatlichen Recht der Behörde (I welche die Scheidung oder die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes ausgesprochen hat) (II die mit der Unterhaltsklage befaßt ist)“. 97 Siehe Actes et documents de la Onzième Session (1968), Bd. II, S. 201 f.
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fordernissen der Anerkennungsfähigkeit in dem Vertragsstaat entspricht, wo der Berechtigte seine Unterhaltsklage einzureichen beabsichtigt? Die einzig richtige Auslegung des Artikels 8 führt dazu, die Artikel 4 bis 6 anzuwenden. Da der fragliche Fall nicht mehr in den Rahmen der in Artikel 8 definierten Ausnahme fällt, ist eine Rückkehr zu den allgemeinen Grundsätzen erforderlich. Können die Ehegatten im Staat des angerufenen Gerichts nicht als geschieden anerkannt werden, so behalten sie ihre Eigenschaft als Ehegatten, auch wenn sie aller Wahrscheinlichkeit nach tatsächlich getrennt leben. Es ist gesagt worden, daß die Artikel 4 bis 6 in all den Fällen anzuwenden sind, die nicht ausdrücklich durch eine besondere Vorschrift geregelt werden. Dies entsprach durchaus dem Willen der Delegierten, wie aus den Sitzungsprotokollen der Kommission hervorgeht. 162. In der Sonderkommission wurden sehr lange Beratungen der Frage des auf die Änderung von Unterhaltsentscheidungen anzuwendenden Rechts gewidmet. Dies ist nicht außergewöhnlich: In den innerstaatlichen wie internationalprivat- rechtlichen Beziehungen stellt die Änderung von Entscheidungen, durch die ein Verpflichteter zur Leistung einer Unterhaltsrente verurteilt wird, ein wesentliches Element des erörterten Sachgebiets dar. Ob es sich um Klagen auf Erhöhung, Minderung oder Streichung von Unterhaltsrenten handelt, Änderungen werden sehr häufig beantragt. Dieses Problem ist bereits bei der Untersuchung des „Statutenwechsels“ behandelt worden (oben Nr. 140 ff.). Aber unter diesem Blickwinkel ging die Änderung von der alleinigen Tatsache des Wechsels des Anknüpfungsmoments aus. Jetzt geht es um ganz unterschiedliche Daten, obwohl sie mit einem Statutenwechsel zusammenhängen können: Neue Elemente in der materiellen Lage des Berechtigten oder Verpflichteten, die nach der ursprünglichen Entscheidung eingetreten sind, veranlassen eine der Parteien, deren Änderung zu beantragen. 163. Nach dem Vorbild des Übereinkommens von 1956, jedoch entgegen Artikel 6 des Vorentwurfs enthält das neue Vertragswerk keine allgemeinen Vorschriften zur Lösung dieser Schwierigkeit: Klagen auf Änderung von Unterhaltsentscheidungen unterliegen demnach den Artikeln 4 bis 7. Die Kommission hat es jedoch vorgezogen, bei der Änderung von Entscheidungen über die Unterhaltspflichten zwischen geschiedenen Ehegatten und in anderen gleichgestellten Fällen von diesem System ausdrücklich abzuweichen. Getreu der Logik der von ihr in Artikel 8 geschaffenen Ausnahmeregelung nahm sie die Lösung der sogenannten „perpetuatio juris“ an: Das bei einer solchen Änderung anzuwendende Recht bleibt das auf die Scheidung angewandte. Dieses System läuft Gefahr, nicht in allen Fällen zufriedenzustellen. Anzuführen ist der Fall einer im Staat A auf Grund der lex fori ausgesprochenen Scheidung, einer anschließend im Staat B (Nicht-Vertragsstaat) erlassenen Unterhaltsentscheidung unter Anwendung des nationalen Rechts des Unterhaltsberechtigten und schließlich einer Änderung, der von einem Gericht des Staates C stattgegeben wurde, von dem unterstellt wird, daß er durch das Übereinkommen gebunden ist, wobei die Änderung auf der Grundlage des auf die Ehescheidung angewandten Rechts vorgenommen wird. Die Kommission war sich der Unvollkommenheit des gewählten Systems bewußt. Erst nach reiflicher Überlegung zog sie es vor, einer klaren, eindeutigen und kurzen Regelung den Vorzug zu geben, die zumindest geeignet ist, die Voraussehbarkeit der anzuwendenden Rechtsordnung zu garantieren, anstatt eine allzusehr ins einzelne gehende Lösung vorzuschlagen. 164. Nach Auffassung einzelner Delegationen waren mit der in Artikel 8 festgehaltenen Lösung erhebliche Gefahren für den Fall verbunden, daß die Ehescheidungsentscheidung auf Grund Säumnis in einem anderen Land als dem des gewöhnlichen Aufenthalts der nicht erschienen Partei ergangen war. Schütze
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Der Delegierte der Vereinigten Staaten von Amerika legte seinen Standpunkt in einem sehr ausführlichen Arbeitspapier dar, das vor allem ein besonders aufschlußreiches Beispiel enthielt: Ein verheirateter Engländer begründet ohne betrügerische Absichten im Staat Nevada (USA) sein Domizil und hinterläßt in England seine Ehefrau, der ein englisches Gericht eine Unterhaltsrente zu Lasten des Ehemannes zugesprochen hat. Dieser wird von einem Gericht in Las Vegas ex parte geschieden, eine Scheidung, die entsprechend dem in Nevada geltenden Recht alle Verpflichtungen gegenüber der früheren Ehefrau aufhebt. Anläßlich eines Besuchs ihres ehemaligen Ehegatten in England verklagt sie ihn vor einem englischen Gericht und beantragt eine Erhöhung der ursprünglich festgesetzten Rente. Artikel 8 des Übereinkommens bezeichne das Recht von Nevada als anwendbar und führe dementsprechend zum Wegfall jeglicher Unterhaltsrente, was unbillig erscheine. In einem diesem Beispiel gleichartigen Fall hat ein englischer „Court of Appeals“ ohne Zögern nach Anerkennung der Gültigkeit der in Nevada ausgesprochenen Scheidung einstimmig den geschiedenen Ehemann verurteilt, seiner früheren Ehefrau eine höhere Rente zu zahlen.98 165. Die irische Delegation teilte die Bedenken der Delegation der Vereinigten Staaten. Beide schlugen der Kommission vor, in einem solchen Fall zu den allgemeinen Grundsätzen des Übereinkommens zurückzukehren (Anwendung der Artikel 4 bis 6). Ursprünglich hatte die Kommission, die diese Ausnahme von der Ausnahme als eine zu weitgehende Erschütterung der den Artikel 8 rechtfertigenden Grundlagen ansah, es vorgezogen, die vorgeschlagene Änderung abzulehnen. Einzelne Delegierte waren sogar der Meinung, daß es im vorgenannten Fall genüge, sich auf die Ausnahme der öffentlichen Ordnung zu berufen. Die Befürworter der Änderung beantragten dann, das Problem dadurch zu lösen, daß es den Staaten, die dies wünschten, gestattet sein sollte, Artikel 8 nicht anzuwenden auf Unterhaltspflichten „zwischen geschiedenen oder ohne Auflösung des Ehebandes getrennten Ehegatten oder zwischen Ehegatten, deren Ehe für nichtig oder als ungültig erklärt worden ist, wenn das Erkenntnis auf Scheidung, Trennung, Nichtigkeit oder Ungültigkeit der Ehe in einem Versäumnisverfahren in einem Staat ergangen ist, in dem die säumige Partei nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte“. Die Kommission schloß sich dieser Lösung an: Der Vorbehalt befindet sich in Artikel 14 Nr. 3. Diese Bestimmung ist kategorisch: Im behandelten Fall wird das Übereinkommen nicht angewandt. Dies war jedoch in Wirklichkeit nicht die eigentliche Absicht der Kommission. In diesem Fall wollte sie lediglich zu den gewöhnlichen Bestimmungen der Artikel 4 bis 6 zurückkehren. Unserer Auffassung nach muß hierbei der Absicht der Verfasser des Übereinkommens Vorrang gegenüber dem Text selbst eingeräumt werden. In einem Vertragswerk universeller Natur drängt sich diese Auslegung von selbst auf. Welches Recht wäre in der Tat in dem in Artikel 14 Nr. 3 beschriebenen Fall anzuwenden? Zur Vermeidung jeglicher Zweideutigkeit müßten die Staaten, die von diesem Vorbehalt Gebrauch machen, bei dieser Gelegenheit vorsorglich ihre Absicht bekräftigen, die Tragweite dieses Vorbehalts in dem oben beschriebenen Sinn zu beschränken. 3 Recht einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung auf Erstattung der dem Unterhaltsberechtigten erbrachten Leistung 166. Artikel 9 des Übereinkommens ist sicherlich eine bemerkenswerte Neuerung. Das Übereinkommen von 1956 enthielt nichts dergleichen. Zum erstenmal wurde eine
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Wood v. Wood (1957) 1 S. 254, (1957) 2 All. E.R. 14 (C. A.).
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einheitliche Anknüpfungsnorm geschaffen, der das Recht einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung auf Erstattung einer von ihr an einen Bedürftigen erbrachten Unterhaltsleistung unterliegt. Bereits der Erläuternde Bericht zum Vorentwurf unterstrich die Einmaligkeit einer Regelung auf diesem Gebiet.99 Bei der Vereinheitlichung der Kollisionsnormen wurde die Kommission mit gleichen Schwierigkeiten konfrontiert wie anläßlich der Vereinheitlichung der Vorschriften über die internationale Wirksamkeit von Unterhaltsentscheidungen. Bei der Ausarbeitung von Artikel 9 des hier kommentierten Vertrags war die Kommission weitgehend von den im November 1972 bei der Vorbereitung des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen getroffenen Entscheidungen abhängig (siehe dazu oben Nr. 87 ff.). Die früheren Lösungen wurden fast ohne Erörterung schlicht und einfach übernommen und mit den Ergänzungen versehen, die sich aus dem Zusammenhang des Übereinkommens als notwendig erwiesen. Artikel 9 behandelt so zum Beispiel nach dem Vorbild von Kapitel 4 des Vollstreckungsübereinkommens nur den Fall der öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtungen und nicht den anderer juristischer oder natürlicher Personen, die den Bedürftigen unterstützt haben.100 Fast alle Kommentierungen zum Begriff der öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung, zu den Fällen von „Surrogation“ und zu den gewählten Anknüpfungen, wie sie oben dargelegt wurden (Nr. 87 f.), könnten hier wiederholt werden. Es wird ausreichen, den Leser darauf zu verweisen. 167. Um die Tragweite des Artikels 9 richtig zu erfassen, muß er mit Artikel 10 Nr. 3 in Verbindung gebracht werden, der den Umfang der Unterhaltspflicht des Verpflichteten und, auf Umwegen, die Grenze der Erstattung bestimmt, welche die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung verlangen kann. Da es sich hierbei eher um eine Frage handelt, die mit dem Bereich des auf die Unterhaltspflicht anzuwendenden Rechts verbunden ist, wird sie später in ihrem Zusammenhang untersucht (unten Nr. 171). Es ist ebenfalls hervorzuheben, daß dieser Artikel 9 ebenso außerhalb jedes Gerichts- oder Verwaltungsverfahrens wie anläßlich solcher Rechtsstreitigkeiten anzuwenden ist. Hierin besteht ein hervorzuhebender Unterschied zwischen dem Übereinkommen über das anzuwendende Recht und dem Vollstreckungsübereinkommen; damit die Vorschriften des Kapitels 4 des letzteren Übereinkommens angewandt werden können, ist es notwendig, daß eine Klage auf Anerkennung und Vollstreckung bei der zuständigen gerichtlichen Behörde eingereicht worden ist. §5 Ausschluß der Rückverweisung 168. Das Bestimmungswort „innerstaatlich“, das dem Wort „Recht“ bei der Mehrzahl der Kollisionsnormen des Übereinkommens voransteht (siehe Artikel 4 Absatz 1 und 2, Artikel 6, Artikel 7, 15 usw.), schließt eine Verweisung auf Vorschriften des Internationalen Privatrechts des Staates aus, dessen Rechtsordnung für anwendbar erklärt wurde. Anders ausgedrückt verhindert das Übereinkommen die Anwendung der Lehre von der Rückverweisung (renvoi). Dieses Verfahren ist in den diplomatischen Verträgen üblich, die unter den Auspizien der Haager Konferenz zustande kamen.101
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99 Erläuternder Bericht, Nr. 8 und Nr. 66 bis 67. 100 Nach dem Bericht der Sonderkommission (Actes et Documents de la Huitième Session [1956]), Bd. II, S.125) sollen Maßnahmen der öffentlichen Behörden in den Bereich des Übereinkommens eingeschlossen sein. Die Verfasser haben jedoch häufig diese Auslegung der Übereinkommensbestimmungen kritisiert. 101 Siehe bereits das Übereinkommen von 1955 über das auf Kaufverträge anzuwendende Recht (Artikel 2), das Übereinkommen über das auf den Eigentumsübergang bei Kaufverträgen anzuwendende
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Das Fehlen einer ausdrücklichen Erwähnung des Prädikats „innerstaatlich“ in bestimmten vertraglichen Anknüpfungsnormen kann nicht als Zulassung einer Ausnahme vom Grundsatz des Ausschlusses der Rückverweisung verstanden werden. Der Standpunkt der Delegierten in dieser Hinsicht ist eindeutig: Der Hinweis ist absichtlich aus formellen Gründen unterblieben oder dann, wenn inhaltlich jede Zweideutigkeit ausgeschlossen war, ohne daß man deswegen das Fehlen des Hinweises als eine Aufforderung zur Anwendung der Rückverweisungslehre betrachten müßte. Wenn das Übereinkommen vom „Recht des Staates“ spricht, dem die Parteien „gemeinsam angehören“ (siehe Artikel 5 und 7), so meint es einzig und allein das innerstaatliche Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit die Parteien besitzen. Das gleiche gilt für den in Artikel 8 des Übereinkommens gebrauchten Ausdruck „das auf die Ehescheidung angewandte Recht“: Es ist selbstverständlich, daß dieser Ausdruck die materielle Rechtsordnung bezeichnet, auf Grund deren die Scheidung ausgesprochen worden ist, und nicht die Kollisionsnormen, die Anlaß zur Anwendung dieses materiellen Rechts waren. Schließlich drängt sich die gleiche Bemerkung hinsichtlich des Ausdrucks „Recht, dem die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung untersteht,“ in Artikel 9 auf: Auch in diesem Fall ist das innerstaatliche Recht gemeint.
ABSCHNITT 2 Bereich des anzuwendenden Rechts §1 Gebiete, die dem auf die Unterhaltspflicht anzuwendenden Recht unterliegen 169. Um den Bereich des anzuwendenden Rechts zu bestimmen, hatte die Kommission die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: entweder die sehr ausführliche Aufstellung des Artikels 14 des Vorentwurfs zu verwenden oder die knapper gefaßten Angaben des Artikels 1 Absätze 1 und 3 des Übereinkommens vom 24. Oktober 1956 unter Anfügung einer Bestimmung über die Grenzen der Verpflichtung des Schuldners zu übernehmen, von dem eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung die Erstattung der von ihr erbrachten Leistungen verlangt. In Wirklichkeit bestand zwischen beiden Möglichkeiten kein grundlegender Unterschied. Die eine und die andere liefern tatsächlich gleichlautende Auskünfte über die wichtigsten Bereiche, die dem vom Übereinkommen als anwendbar bezeichneten Recht unterliegen. Unterschiedlich ist nur der vorgeschlagene Wortlaut. Da jede Möglichkeit zugleich Vor- und Nachteile mit sich bringt, war die Wahl schwierig. Die Kommission zögerte indessen kaum: Sie entschied sich sehr schnell für den früheren überprüften und ergänzten Wortlaut, anstatt den ausführlichen Bestimmungen des Vorentwurfs den Vorzug zu geben. Zwei Gründe erklären diese Entscheidung: Einmal sollte Vorteil daraus gezogen werden, daß Artikel 1 Absatz 1 des Übereinkommens von 1956 mittelbar die schwierige „Vorfrage“ regelte (siehe oben Nr. 127); zum anderen stünde die besonders reichhaltige Rechtsprechung der durch das Übereinkommen von 1956 gebundenen Staaten zur Tragweite des Artikels1 weiter zur Verfügung, falls dieser übernommen würde.
_____ Recht (Artikel3), das Übereinkommen über die Rückverweisung (Artikel 1), das MinderjährigenschutzÜbereinkommen (Artikel2), das Testamentsformübereinkommen (Artikel 1), das Adoptionsübereinkommen (Artikel 4), das Übereinkommen über Straßenverkehrsunfälle (Artikel 3).
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170. Zwischen dem früheren und dem neuen Übereinkommen gibt es jedoch hinsichtlich der Abgrenzung des Bereichs des anzuwendenden Rechts zwei wesentliche Unterschiede. Der erste zeigt sich bereits bei den ersten Worten des Artikels 10 und ganz besonders bei dem Umstandswort „insbesondere“, das der Aufzählung der in diesen Bereich eingeschlossenen Gebiete vorangestellt ist. Der Wortlaut von Artikel 1 des Übereinkommens von 1956 ließ die Folgerung zu, daß die dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes unterliegenden Bereiche darin erschöpfend aufgeführt sind. Die Verfasser des neuen Vertragswerks haben mit aller Vorsicht die Unmöglichkeit, den Bereich des für zuständig erklärten Rechts vollständig zu bestimmen, sowie die Gefahr von Formulierungen erkannt, die den Ehrgeiz hätten, dies dennoch zu erreichen. Daher beschränkten sie sich auf eine Skizzierung der Hauptumrisse. Unter Ausnutzung der Erfahrungen während der Tagungen der Konferenz nach 1956 faßte die Sonderkommission Artikel 10 des neuen Vertrags, indem sie eine in den Haager Übereinkommen bekanntgewordene Formulierung übernahm.102 Aus diesem zu Beginn des Artikels stehenden Satz geht hervor, daß nur die als wesentlich angesehenen Bereiche ausdrücklich erwähnt wurden und daß andere, nicht erwähnte, dennoch dem vom Übereinkommen bezeichneten innerstaatlichen Recht unterliegen können. 171. Die zweite Neuerung wurde schon unterstrichen. Die Annahme des Artikels 9 des Übereinkommens machte sie unerläßlich. Sie betrifft die Unterwerfung der Grenzen der Unterhaltspflicht des Schuldners, von dem eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung die Erstattung von bestimmten Geldbeträgen verlangt, die sie dem bedürftigen Unterhaltsberechtigten gezahlt hat, unter das auf die Unterhaltspflicht anzuwendende Recht. Im Ergebnis beschränkt sie die Rechte dieser Institution. Artikel 10 Nr. 3 ist eine Bestimmung des gesunden Menschenverstandes, die Artikel 9 erklärt und ergänzt. Wenn das nach dem Übereinkommen auf die Unterhaltspflicht anzuwendende Recht keinen Anspruch eines Bedürftigen einem anderen gegenüber vorsieht, so kann die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung nicht von diesem anderen die Erstattung der Leistungen verlangen, die sie selbst erbracht hat. Auch wenn die innerstaatlichen Rechtsordnungen, die von anderen Anknüpfungsnormen bezeichnet werden, diese Unterhaltsbeziehung anerkennen, kann sich die öffentliche Einrichtung nicht darauf berufen. Ebenso wenn das von dem Übereinkommen als maßgeblich für die Unterhaltspflicht bezeichnete Recht diese entweder zeitlich oder hinsichtlich der Höhe der Rente oder auch auf andere Weise begrenzt, kann die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung auf Grund der Übereinkommensbestimmungen die Erstattung von ihr dem Bedürftigen für seinen Lebensunterhalt gezahlter Beträge nicht verlangen. 172. Näher zu bestimmen ist noch der Inhalt der anderen, dem auf die Unterhaltspflicht anzuwendenden innerstaatlichen Recht unterliegenden Gebiete. Da eine Bezugnahme auf die maßgebenden Kommentierungen des Artikels 1 des Übereinkommens von 1956 hierfür ausreicht, ist die Aufgabe sehr leicht. Als Umschreibung des von L.I. de Winter im April 1955 vorgelegten Berichts der Sonderkommission kann gesagt werden, daß die Vorschriften des von dem neuen Vertragswerk bezeichneten Rechts auf folgende Fragen anzuwenden sind: 1. ob in einem bestimmten Fall eine Person einen Unterhaltsanspruch hat (siehe oben Nr. 127);
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102 Siehe insbesondere Artikel 8 des Übereinkommens über das anzuwendende Recht auf dem Gebiet der Straßenverkehrsunfälle, geschlossen in Den Haag am 4. Mai 1971, und Artikel 8 des Übereinkommens über das auf die Produkthaftung anzuwendende Recht, geschlossen am 2. Oktober 1973.
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2.
3.
in welchem Umfang der Unterhaltsanspruch besteht, das heißt, bis zu welchem Alter Zahlungen geschuldet sind, und inwieweit außerdem Unterhalt für einen vor der Klage liegenden Zeitraum verlangt werden kann (insoweit unter Vorbehalt dessen, was in bezug auf Artikel 12 ausgeführt wird: siehe unten Nr. 182 f.); von wem Unterhalt verlangt werden kann.103
Unter Bezugnahme auf den Bericht desselben Verfassers zu dem Übereinkommen von 1956 wird folgender besonders lehrreicher Passus für die richtige Anwendung des Artikels 10 Nr. 2 des neuen Übereinkommens ausführlich zitiert. Die in dieser Nummer ausgesprochene Regel bezweckt die Unterwerfung „zweier Fragen“ unter das für die Unterhaltspflicht maßgebliche Recht, „die in einzelnen Ländern dem verfahrensrechtlichen Bereich zugeordnet werden, nämlich die Bestimmung der zur Klageerhebung befugten Person oder Behörde und die Fristen für die Klageerhebung (Verjährung und Verwirkung). Diese Vorschrift betrifft weder die eigentlichen Verfahrensfristen selbst (Berufung, Einspruch usw.) noch Beweisfragen, soweit diese in dem Land, in dem das Verfahren stattfindet, als dem Verfahrensrecht zugehörig und dementsprechend dem Recht des angerufenen Gerichts unterliegend angesehen werden.“104 Im übrigen ist schließlich der Erläuternde Bericht zum Vorentwurf von März 1972 heranzuziehen. Er enthält ausführliche Angaben, die zumeist ihre Bedeutung bei der Auslegung des Übereinkommens behalten, obwohl sie einen anders formulierten Text betreffen.105 §2 Verdrängung des anwendbaren Rechts 1 Die Ausnahme der öffentlichen Ordnung oder völlige Verdrängung der anzuwendenden Rechtsordnung 173. Die Kommentierung zu Artikel 11 Absatz 1 über die Ausnahme der öffentlichen Ordnung kann umfangreiche Auszüge aus dem Erläuternden Bericht zum Vorentwurf übernehmen. Von einer kleinen formellen Verbesserung des endgültigen Wortlauts abgesehen, gibt es tatsächlich keinen Unterschied zwischen beiden Texten. Gleich zu Beginn ist zu unterstreichen, wie es der Erläuternde Bericht tat, daß diese Bestimmung mit der üblichen Formel der Haager Konferenz in ihrer vollkommensten Form übereinstimmt. Sie drängte sich besonders in einem universellen Übereinkommen auf, das zur Anwendung jeder beliebigen innerstaatlichen Rechtsordnung führen kann. Die hervorragenden Aufsätze der Lehre und die veröffentlichten Rechtsprechungssammlungen zur Rolle der Ausnahme der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht machen weitere Ausführungen in dem vorliegenden Bericht überflüssig, die im wesentlichen nur eine unvollkommene Zusammenfassung schon vorhandener Darlegungen wären. Insbesondere ist auf den einführenden Bericht von M. Pelichet und die zwei vom Haager Asser-Institut herausgegebenen Sammlungen zu verweisen.106
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103 Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Bd. II, S. 125. 104 Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Bd. I, S. 311. 105 Erläuternder Bericht, Nr. 74 bis 80. 106 Siehe M. Pelichet, „Rapport sur les obligations alimentaires envers les adultes en droit international privé“, Den Haag, Ständiges Büro, Doc prél. Nr. 1 S. 41 ff. und „Les nouvelles Conventions de La Haye: leur application par les juges nationaux“ (Entscheidungssammlung und Bibliographie), Den Haag, Asser Instituut 1970, S. 32 bis 42 und 1972, S. 11 bis 53.
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174. Die Sonderkommission, die im März 1973 zusammentrat, hat mehrmals den außergewöhnlichen Charakter der Gründe unterstrichen, die eine Berufung auf die öffentliche Ordnung rechtfertigen. Daher ist es zweckmäßig, an dieser Stelle diesen Passus des Erläuternden Berichts zum Vorentwurf zu wiederholen, wo ausgeführt wird: „Die Aufnahme dieses Prinzips in die Haager Übereinkommen dient immer dem Zweck, der Ausnahme der öffentlichen Ordnung eine beschränkende Bedeutung zu geben. Es wird in der Tat allgemein angenommen, daß ihre Geltung auch dann vorausgesetzt wird, wenn sie nicht erwähnt ist. Die Sachverständigen beschlossen, ausdrücklich zu sagen, daß die Anwendung der maßgebenden Rechtsordnung wegen Verletzung der öffentlichen Ordnung verweigert wird, haben aber die Tragweite dieser Verdrängung präzisiert: Diese wird nur geduldet, wenn das ausländische Recht offensichtlich mit der öffentlichen Ordnung des angerufenen Gerichts unvereinbar ist.“107 Da die Unterhaltsverpflichteten sich häufig auf die Ausnahme der öffentlichen Ordnung berufen, ist auch zu wünschen, daß die Gerichte sich bei der Handhabung dieser Ausnahme größte Zurückhaltung auferlegen. Weitere nützliche Auskünfte sind aus dem Erläuternden Bericht zu entnehmen: „Die öffentliche Ordnung, auf die Artikel 12 (nunmehr Artikel 11 Absatz 1) abstellt, ist offensichtlich die des angerufenen Gerichts. Es schien angebracht, dies nicht näher zu bestimmen. Der Wortlaut des Übereinkommens von 1956 („öffentliche Ordnung des Staates, dem die angerufene Behörde angehört“) läßt außer acht, daß das Übereinkommen außerhalb jedes gerichtlichen Verfahrens und ohne behördliches Eingreifen angewandt werden kann.“108 175. Wann kann das normalerweise anzuwendende ausländische Recht als der öffentlichen Ordnung des angerufenen Gerichts zuwiderlaufend angesehen werden? Auf diese Frage kann der Erläuternde Bericht ebensowenig wie die Sonderkommission eine zufriedenstellende Antwort geben. Auf diesem Gebiet ist tatsächlich alles Frage des Einzelfalls: Der funktionelle Charakter des Begriffs der öffentlichen Ordnung wurde schon häufig durch die Rechtslehre unterstrichen. Von einem negativen Standpunkt aus ist indessen mit Nachdruck hervorzuheben, daß die alleinige Tatsache, daß das anzuwendende ausländische Recht auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten Vorschriften enthält, die von denen abweichen, denen das Recht des Gerichts in rein nationalen Fällen zwingenden Charakter beimißt, nicht ausreicht, dieses Recht als offensichtlich unvereinbar mit der öffentlichen Ordnung des angerufenen Gerichts anzusehen.109 Schwieriger erscheint die Frage, ob unter Berufung auf den Begriff der öffentlichen Ordnung die Anwendung ausländischen Rechts, das weniger „großzügig“ als das Recht des angerufenen Gerichts ist, zugunsten des letzteren abgelehnt werden kann. In der Praxis des Internationalen Privatrechts zahlreicher Länder wird das Recht des angerufenen Gerichts immer als das Minimum dessen angesehen, was jedem Unterhaltsberechtigten zugestanden wird. Unverändert akzeptiert würde dieses System dem Geist des Übereinkommens widersprechen, dessen Vorschriften zum größten Teil inhaltslos würden. 176. Jeder Unterhaltsstreit in internationalprivatrechtlichen Beziehungen ist seiner Natur nach besonders komplex. Es besteht kein Verfahren, das es dem angerufenen Ge-
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107 Erläuternder Bericht, Nr. 82. 108 Erläuternder Bericht, Nr. 83. 109 In diesem Sinn: L.I. de Winter, Bericht in Actes et Documents de la Huitième Session (1956), Bd. II, S. 130 und 131.
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richt ermöglichte, in Fällen der Berufung auf die Ausnahme der öffentlichen Ordnung absolut sicher zu entscheiden. Daher wird das Gericht immer im konkreten Fall entscheiden müssen, ob das ausländische Recht Wirkungen erzielen kann, die mit den wesentlichen Grundlagen der Rechtsordnung des Staates des angerufenen Gerichts unvereinbar sind. Durch Vergleich mit den in dieser Rechtsordnung geltenden Rechtsquellen wird das Gericht sich bemühen müssen zu ermitteln, ob die ausländische Rechtsvorschrift im Fall ihrer Anwendung Wirkungen erzielen würde, die offensichtlich mit den Grundlagen der Rechtsordnung unvereinbar wären, der es angehört. Bei dieser Beurteilung wird es insbesondere alle materiellen Elemente der Streitsache sowie die mehr oder weniger enge Art – sowohl zeitlich als räumlich – der Verbindung dieser Elemente mit dem Staat des angerufenen Gerichts berücksichtigen müssen. Die Erfahrung mit der Anwendung früherer Übereinkommen beweist, daß die Hauptschwierigkeiten in bezug auf die Vorfrage, von der die Unterhaltsforderung abhängt, die Verjährungsfristen und die Festsetzung des Betrags der Unterhaltspflicht zu erwarten sind. 2 Materielle Vorschrift, die zur teilweisen Verdrängung des anzuwendenden Rechts führt 177. Im Verhältnis zu dem Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 stellt Artikel 11 Absatz 2 des neuen Vertragswerks sicherlich eine bemerkenswerte Neuerung dar. Sein Stellenwert im Übereinkommen verdient es, unterstrichen und untersucht zu werden. Worum geht es? Trotz ihres Bestrebens, den Unterhaltsberechtigten zu schützen, hat die Kommission es nicht versäumt, die Verhältnisse in Betracht zu ziehen, in denen sich der Unterhaltsverpflichtete befinden kann. Es ist bekannt, daß in zahlreichen Ländern die Gesetze über die Unterhaltspflichten einen wesentlichen Grundsatz enthalten, wonach Unterhalt immer nur in einer den Bedürfnissen des Empfängers und den Möglichkeiten des Unterhaltsverpflichteten entsprechenden Weise zu leisten ist. Inspiriert – wie es scheint – durch Artikel 208 des Code Napoleon, kennt diese Regel jedoch gewisse Ausnahmen, die sich in den einzelnen Rechtsordnungen unterscheiden. Nach der Scheidung muß zum Beispiel die durch den schuldigen Ehegatten dem unschuldigen zu zahlende Rente nicht immer im Verhältnis zu dessen Bedürfnissen berechnet werden. 178. Die vorbereitenden Sonderkommissionen hatten sich sehr lange mit der Frage der Notwendigkeit, sogar der Zweckmäßigkeit der Einfügung einer solchen materiellen Vorschrift in den Übereinkommensentwurf befaßt. Die Zweifel mehrerer Delegierter waren auf die Praxis der Haager Konferenz selbst zu rückzuführen: Diese hat fast immer vermieden, einheitliche Vorschriften des materiellen Privatrechts zu schaffen, und sich auf die Vereinheitlichung der Anknüpfungsnormen beschränkt. Die erste nennenswerte Ausnahme von dieser Verhaltensweise war Artikel 6 des Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden, das anzuwendende Recht und die Anerkennung der Entscheidungen auf dem Gebiet der Adoption. Er war bei seiner Abfassung während der Zehnten Tagung der Konferenz Ursache sehr heftiger Diskussionen. Nur nach Überwindung der gleichen Bedenken und nach ebenso leidenschaftlichen Debatten waren die mit der Abfassung eines Vorentwurfs des Übereinkommens beauftragten Regierungssachverständigen bereit, der Einfügung einer materiellen Norm zuzustimmen. Wie aus dem Erläuternden Bericht hervorgeht, war diese ursprünglich einzig zum Schutz des Unterhaltsverpflichteten vorgesehen. Sie wurde später durch einen Satz ergänzt, der zur Berücksichtigung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten zwang, 949
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ohne jedoch dabei den Gedanken der Verhältnismäßigkeit des Artikels 208 des Code Napoleon wiederzugeben.110 Die Sonderkommission, die den endgültigen Text annahm und dabei jeden Einwand zurückwies, der mit dem materiellen Charakter des so ausgedrückten Prinzips begründet wurde, schloß sich der Entscheidung der Verfasser des Vorentwurfs an. 179. Dem Redaktionskomitee kam der Gedanke, der Sonderkommission vorzuschlagen, diese materielle Vorschrift und die Bestimmung über die Ausnahme der öffentlichen Ordnung in einem einzigen Artikel zusammenzufassen. Dieser Vorschlag bot einen zweifachen Vorteil und wurde infolgedessen angenommen. Erstens milderte er etwas die Befürchtungen der Delegationen, die für eine Einfügung der materiellen Vorschrift in den in Vorbereitung befindlichen Vertrag wenig eingenommen waren. Zweitens war er insbesondere geeignet, mittelbar den Mißbrauch der Berufung auf den Begriff der öffentlichen Ordnung einzuschränken. Die einfache Annäherung der materiellen Vorschrift an diejenige über die öffentliche Ordnung stellte tatsächlich sicher, daß die erste Vorschrift nach den Vorstellungen der Delegierten den Bereich der öffentlichen Ordnung einschränkte. Dieser Gedanke war nicht neu. Bereits in den zu Beginn des Jahrhunderts in Den Haag unterzeichneten Übereinkommen hatte die Konferenz den Versuch unternommen, den Begriff der öffentlichen Ordnung durch eine Aufstellung der Fälle abzugrenzen, in denen die normalerweise anzuwendende Rechtsordnung zugunsten eines anderen Rechts zurückgedrängt wurde.111 Aber das Weglassen jedes ausdrücklichen Hinweises in diesem Übereinkommen auf die Möglichkeit, sich auf eine Verletzung der öffentlichen Ordnung zu berufen, ist als Fehler empfunden worden. Er ist in dem neuen Vertrag selbstverständlich vermieden worden. 180. Während die Ausnahme der öffentlichen Ordnung, wenn sie zugelassen und für begründet erklärt wird, normalerweise bewirkt, daß das ausländische Recht nicht angewandt wird, das als maßgeblich für die Streitsache bezeichnet ist, verursacht Artikel 11 Absatz 2 des Übereinkommens keine vollständige Verdrängung dieses Rechts, sondern nur einen Teilausschluß. Die anzuwendende Rechtsordnung behält ihre volle Wirksamkeit, soweit sie nicht vorsieht oder untersagt, die Bedürfnisse des Berechtigten und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsverpflichteten bei der Bemessung des Unterhaltsbetrags zu berücksichtigen. So kann dieses Gesetz zum Beispiel die Dauer der Zahlungen durch den Verpflichteten festsetzen, ohne daß gleichzeitig eine Untersuchung der besonderen Verhältnisse vorgesehen ist, unter denen dieser und der Berechtigte leben. 181. Artikel 11 bestimmt weder den Begriff der „Bedürfnisse“ des Berechtigten noch den der „wirtschaftlichen Verhältnisse“ des Verpflichteten. Grundsätzlich ist es Aufgabe des auf die Unterhaltspflicht anzuwendenden Rechts zu erklären, was unter diesen Bezeichnungen zu verstehen ist. Tatsächlich unterwirft Artikel 10 diesem Recht die Voraussetzungen der Ausübung des Anspruchs auf Unterhalt. Es ist noch zu Unterstreichen, daß diese Vorschrift nicht ohne Einfluß auf die Auslegung und Anwendung von Artikel 9 des Vertrags bleibt. Wenn zum Beispiel eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung für die Bedürfnisse des Berechtigten Leistungen in einem Ausmaß erbracht hat, das die wirtschaftlichen Möglichkeiten des
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110 Erläuternder Bericht, Nr. 40 bis 42. 111 Siehe insbesondere Artikel 2 und 3 des Übereinkommens vom 12. Juni 1902 zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschließung (Actes et Documents de la Troisième Session [1900], Band I, S. 167 f.).
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Verpflichteten übersteigt, kann ihr kein Anspruch auf Erstattung aller von ihr gezahlten Beträge zuerkannt werden. Das angerufene Gericht wird den Auswirkungen von Artikel 11 Absatz 2 auf diesen Anspruch Rechnung tragen müssen.
KAPITEL 3 Verschiedene Bestimmungen (Artikel 12 bis 19) ABSCHNITT 1 Internationalprivatrechtliche Übergangsfragen 182. Artikel 12 des Übereinkommens löst die internationalprivatrechtlichen Übergangsfragen: Da die vertragliche Vereinheitlichung die Vorschriften jedes Vertragsstaats über das Kollisionsrecht verändert, war es unerläßlich festzustellen, zu welchem genauen Zeitpunkt die Veränderung des Systems eintritt. Dieser Artikel wird besonders begrüßt werden. Das Schweigen des Übereinkommens vom 24. Oktober 1956 über seine Anwendung in zeitlicher Hinsicht hatte zahlreiche Probleme in der Rechtsprechung der Mehrzahl der durch diesen Vertrag gebundenen Staaten zur Folge. Also mußte diese Lücke anläßlich der neuen Vereinheitlichungsphase des Rechts der internationalen Unterhaltspflichten geschlossen werden. Die mit der Vorbereitung eines Vorentwurfs des Übereinkommens beauftragten Sachverständigen hatten sich bereits bemüht, dieses Ziel zu erreichen. Die Sonderkommission war jedoch bereits im März 1973 von der Unvollkommenheit des vorgeschlagenen Wortlauts überzeugt: Die zu unklare Ausdrucksweise von Artikel 16 des Vorentwurfs („Dieses Übereinkommen ist nur auf Unterhaltsklagen anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens im Staat der angerufenen Behörde erhoben werden“) konnte Ursache für neue Streitfragen werden. Was sollte unter Unterhaltsklage verstanden werden? Warum beschränkte sich dieser Artikel allein auf einer Behörde unterbreitete Streitigkeiten? Eine bessere, sicherere und auch eher dazu geeignete Lösung, die Gewißheit der anwendbaren Rechtsordnung zu garantieren, mußte noch gefunden werden. 183. Die Delegierten konnten in gewissem Umfang paradoxerweise die Rechtsprechung der Gerichte der durch das Übereinkommen von 1956 gebundenen Staaten zu Rate ziehen. Die in Artikel 12 des neuen Vertragswerks verankerte Lösung gibt die Haupttendenz dieser Rechtsprechung wieder. Im Vergleich zum Vorentwurf besteht die Neuerung in der Bezugnahme auf den Zeitraum, für den Unterhalt zu leisten ist, und nicht mehr auf den Zeitpunkt der Erhebung der Unterhaltsklage. Die Lösung hat den Vorteil der Klarheit für sich. Die vertraglichen Bestimmungen finden nur Anwendung auf Unterhalt, der in einem Vertragsstaat für den nach ihrem Inkrafttreten in diesem Staat liegenden Zeitraum verlangt wird. Infolgedessen unterliegen alle in diesem Staat geltend gemachten Renten für die vor diesem Zeitpunkt liegende Zeit weiter dem Internationalen Privatrecht, das vor dem Inkrafttreten der neuen vertraglichen Bestimmungen anzuwenden war. Es kommt dann wenig darauf an zu wissen, ob Unterhalt vor oder nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens gefordert wird, oder zu bestimmen, ob der Unterhaltsanspruch vor oder nach diesem Datum entstanden ist. 184. Dieses System hat einen Nachteil: Das angerufene Gericht wird manchmal zwei verschiedene Rechtsordnungen des Internationalen Privatrechts anzuwenden haben, um ein und denselben Fall zu lösen. Die von der Sonderkommission ausgearbeitete Lösung wird indessen diesen Nachteil ein wenig mildern. Die meisten Staaten wenden in der Tat den Grundsatz „keinen Unterhalt für die Vergangenheit“ mit einer gewissen Härte an. Jedenfalls werden sich in 951
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allen Vertragsstaaten die praktischen Schwierigkeiten nach und nach auflösen, bis sie vollständig verschwunden sind.
ABSCHNITT 2 Vorbehalte 185. Die Artikel 13 bis 15 des neuen Übereinkommens umreißen alle drei die Grenzen, welche die Staaten in bezug auf die Anwendbarkeit der vertraglichen Bestimmungen ihnen gegen über ziehen können. Die zugelassenen Vorbehalte sind zahlreich, in diesem Übereinkommen zahlreicher als in dem über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen. Wenn die Delegierten es für notwendig gehalten haben, so viele Lücken für die von ihnen mit so viel Beharrlichkeit vorbereitete Vereinheitlichung zu eröffnen, so liegt das daran, daß sie feststellen mußten, daß bestimmte Staaten, die in der Kommission vertreten waren, diesen oder jenen Vorbehalt für ihren Beitritt zum Vertrag als unerläßlich erachteten. Es bleibt zu wünschen, daß andere Staaten, die ursprünglich solche Vorbehalte nicht gefordert haben, sich jetzt nicht dazu verleiten lassen, von diesen Gebrauch zu machen. Gewiß sind in einem universellen Übereinkommen die Nachteile von Vorbehalten nicht so schwerwiegend wie in einem Gegenseitigkeitsvertrag. Jedoch: Je weniger die Staaten sich auf die zugelassenen Vorbehalte berufen, desto besser werden die Ergebnisse der in Angriff genommenen Vereinheitlichung sein. Diese Zurückhaltung drängt sich im vorliegenden Fall umso mehr auf, als nicht nur jeder der drei Artikel mehrere Vorbehaltsmöglichkeiten bietet, sondern sie auch miteinander kombiniert werden können. Dementsprechend gibt es ein sehr weit gespanntes Netz von unterschiedlichen Definitionen auf dem Gebiet der Anwendung ratione materiae der vertraglichen Bestimmungen. 186. Eine erste Reihe von Vorbehalten ermächtigt die Staaten, die davon Gebrauch machen werden, die Anwendung des Übereinkommens allein auf Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten und früheren Ehegatten, gegenüber „Kindern“ (im Sinn der Übereinkommen von 1956 und 1958) oder gegenüber beiden Gruppen zugleich zu beschränken: Alle anderen Unterhaltsbeziehungen sind ausgeschlossen. Darin liegt die Tragweite von Artikel 13. Artikel 14 ermöglicht die Ausschaltung bestimmter Arten von Unterhaltsbeziehungen: derjenigen zwischen Verwandten in der Seitenlinie, derjenigen zwischen Verschwägerten sowie der in dieser Kommentierung oben ausführlich besprochenen Beziehungen, die sich aus Versäumnis-Entscheidungen bei Ehescheidungen ergeben (siehe oben Nr. 164, 165). Es ist festzuhalten, daß der Wortlaut des Artikels mehrere Kombinationsmöglichkeiten erlaubt: Die Vorbehalte können entweder zusammen oder einzeln gemacht werden. Schließlich gestattet Artikel 15 einem Staat, die lex fori weiter auf Fälle anzuwenden, die nicht genügend ausländische Elemente vorweisen, das heißt, wenn die streitige Unterhaltsfrage eng mit dem Staat des angerufenen Gerichts verbunden ist. Hierbei handelt es sich um eine überprüfte, verbesserte und ergänzte Fassung von Artikel 2 des Übereinkommens vom 24. Oktober 1956. Das Bindewort „und“, das die Voraussetzungen für die gesetzlichen Annahmen miteinander verbindet, ist in kumulativem und nicht in alternativem Sinn zu verstehen: Die lex fori wird nur angewandt, wenn der Unterhaltsberechtigte und der Unterhaltsverpflichtete zugleich die Staatsangehörigkeit des Staates des angerufenen Gerichts besitzen und der Unterhaltsverpflichtete seinen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Staat hat. Schütze
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a. ff. Haager Übereinkommen vom 2.10.1973
187. Es wurde bereits gesagt, daß das Übereinkommen den Begriff der Gegenseitigkeit nicht heranzieht: Seine Absicht ist es, eine Vereinheitlichung der Anknüpfungsnormen in den Vertragsstaaten von universeller Tragweite zu schaffen. Die in den Artikeln 13 bis 15 zugelassenen Vorbehalte können demnach den anderen Vertragsländern keinen Schaden zufügen. Diese werden von diesen Vorbehalten nicht berührt. Besser noch: Sie können sie nicht berücksichtigen.112 Da diese Gegenseitigkeit auf der Ebene der vertraglichen Bestimmungen ausgeschlossen war, durfte sie auch im Bereich der Vorbehalte nicht eingeführt werden. Einmal wäre sie als gegenstandslos überflüssig gewesen; geht man zum anderen davon aus, daß sie hätte eingeführt werden können, so hätte sie erhebliche Komplikationen zur Folge gehabt. Ist nicht besonders unterstrichen worden, daß einer der Gründe, welche die Delegierten veranlaßten, sich für die universelle Lösung zu entscheiden, darin bestand zu vermeiden, daß die Praktiker gezwungen würden, den Stand der von anderen Vertragsstaaten als dem Staat des angerufenen Gerichts gemachten Vorbehalte zu untersuchen? Dem Geist des Übereinkommens selbst entsprach es nicht, die Gegenseitigkeit bei den Vorbehalten einzufügen.
ABSCHNITT 3 Rechtsordnungen mit interpersoneller und interlokaler Untergliederung 188. Die Sonderkommission wurde mit dem Problem der Anwendung der vertraglichen Bestimmungen in bezug auf Staaten mit einer Rechtsordnung mit interpersoneller und interlokaler Untergliederung konfrontiert. Der Umstand, daß in diesen Staaten zwei oder mehrere Rechtsordnungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht vorhanden sind, warf ein besonderes Problem auf, denn das Übereinkommen nimmt wiederholt Bezug auf das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts der einen oder der anderen Partei oder auf ihr gemeinsames Heimatrecht. Wie sind diese Bezugnahmen zu verstehen, wenn das Problem einen der genannten Staaten betrifft? Diese Frage war sowohl für die genannten Staaten als auch für diejenigen mit einer einheitlichen Rechtsordnung und diejenigen von Bedeutung, die aus einem einzigen Hoheitsgebiet bestehen. Tatsächlich können die Praktiker jedes dieser Staaten einem solchen Problem gegenüberstehen. So kann es zum Beispiel geschehen, daß ein texanisches Gericht das gemeinsame Heimatrecht von Parteien kanadischer Staatsangehörigkeit oder ein französisches Gericht das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts eines im Libanon wohnenden Engländers anwenden muß. Diese Frage kann sich außerdem ebenso in bezug auf Vertragsstaaten wie auch in bezug auf Drittstaaten stellen, da das Übereinkommen von universeller Tragweite zur Anwendung des Rechts irgendeines Staates führen kann. 189. Die in Artikel 16 des neuen Vertragswerks vorgeschlagene Lösung ist aus früheren Haager Übereinkommen hervorgegangen, insbesondere aus Artikel 16 des Übereinkommens über die Anerkennung von Ehescheidungen und Trennungen ohne Auflösung des Ehebandes, das in Den Haag am 1. Juni 1970 geschlossen wurde, sowie aus Artikel 11 des Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden, das anzuwendende Recht und die Anerkennung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Adoption, das in Den Haag am 15. November 1965 geschlossen wurde.
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112 Im übrigen kann die Frage gestellt werden, ob die Klausel der Definition eines Vorbehalts oder derjenigen einer Befugnis entspricht.
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
Sowohl für Staaten mit mehreren Rechtsordnungen in personeller wie für solche mit mehreren Rechtsordnungen in räumlicher Hinsicht ist diese Vorschrift eine zweiteilige, wobei ihr zweiter Teil dem ersten nachgeordnet ist. Zuerst muß die Rechtsordnung angewandt werden, die von den Vorschriften bezeichnet wird, die in dem Staat gelten, dessen Recht als anwendbar bezeichnet worden ist. In Ermangelung solcher Bestimmungen ist die Rechtsordnung anzuwenden, zu der die Beteiligten die engsten Bindungen haben.
ABSCHNITT 4 Konflikte zwischen Übereinkommen 190. Wie das Übereinkommen über die Anerkennung und die Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen mußte das neue Vertragswerk über das Kollisionsrecht eine Ersetzungsklausel enthalten, da es der Zweck der Sonderkommission war, einen Text zu schaffen, der das Übereinkommen von 1956 ersetzen sollte (siehe oben Nr. 7 und 102). Artikel 18 Absatz 1 des Übereinkommens drückt diese Absicht der Sonderkommission aus. Wie Artikel 29 des Vollstreckungsübereinkommens, dessen Wortlaut er übernimmt, sieht der neue Vertrag die erwähnte Ersetzung nur für die Beziehungen zwischen den durch das Übereinkommen von 1956 gebundenen Staaten vor, die Vertragsparteien des neuen Übereinkommens werden. Diese Vorschrift war zur Vermeidung von Streitigkeiten zwischen Staaten notwendig, die gleichzeitig durch das frühere und das neue Übereinkommen gebunden sind. Die Beachtung der sich aus dem Völkerrecht ergebenden internationalen Verpflichtungen der Vertragsstaaten mußte gewährleistet sein. Zwar enthält das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 in seinem Artikel 59 Vorschriften über die Rechtsprobleme, die sich aus aufeinander folgenden Verträgen ergeben. Dieser Artikel betrifft jedoch nicht den Fall, in dem nur einige Staaten, die Parteien des früheren Vertrags waren, Parteien des neuen Vertragswerks werden. Außerdem ist das Wiener Übereinkommen noch nicht in Kraft getreten. Daher hat die Kommission geglaubt, mit der Einfügung einer Vorschrift richtig zu handeln, welche die beschriebenen Mißverständnisse vermeiden sollte. Bestimmte Schwierigkeiten bestehen trotzdem weiter. Wenn auch der Konflikt zwischen Übereinkommen wegen der in beiden Texten identischen Lösung ohne erhebliche praktische Bedeutung sein dürfte, könnten doch bestimmte Schwierigkeiten, wenn nicht in der Praxis, so zumindest in der Lehre auftreten. So werden zum Beispiel Ansprüche gegenüber Verschwägerten (die unter das Übereinkommen von 1956 fallen) im Übereinkommen von 1973 unterschiedlich geregelt. Bestimmte Staaten könnten es als wenig vorteilhaft empfinden, durch den früheren Text weiter in ihren Beziehungen zu Staaten gebunden zu sein, die Partei dieses Übereinkommens sind, aber das Übereinkommen von 1973 nicht ratifiziert haben oder bei dieser Ratifikation beschlossen haben, von dem Vorbehalt des Artikels 13 Nr. 1 Gebrauch zu machen. Sie könnten insbesondere bedauern, daß eines der Ziele der Kommission von März 1973, nämlich die Abschaffung der Vielzahl anwendbarer Kollisionsrechtsordnungen, nicht ganz erreicht worden sei und daß die Parteien ebenso wie die Gerichte gezwungen wären, in jedem einzelnen Fall den Stand der Ratifikation beider Übereinkommen zu überprüfen. Daher wird ein Staat, der darauf bedacht ist, sich von seinen früheren Verpflichtungen vollständig zu befreien, weil er Partei des Übereinkommens von 1973 wird, gut daran tun, den früheren Vertrag gemäß seinem Artikel 12 Absatz 4 zu kündigen. 191. Es war notwendig, einen der Vorbehalte des Artikels 13 des Übereinkommens zu berücksichtigen; jeder Vertragsstaat kann sich das Recht vorbehalten, das ÜbereinkomSchütze
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a. ff. Haager Übereinkommen vom 2.10.1973
men auf Unterhaltspflichten gegenüber Kindern nicht anzuwenden. Mit anderen Worten könnte der Fall eintreten, daß bestimmte Staaten die Anwendung des neuen Vertragswerks in Fällen ausschließen, die von dem Übereinkommen von 1956 erfaßt werden, weil sie es vorziehen, dieses beizubehalten. Artikel 18 Absatz 2 des neuen Übereinkommens bestimmt daher, daß die Ersetzungsklausel in diesem Fall nicht anzuwenden ist. Aus diesem Absatz folgt, daß das Übereinkommen vom 24. Oktober 1956 noch lange seine Wirkungen entfalten könnte. Eines der von den Delegierten verfolgten Ziele, die Vielzahl anzuwendender Verträge zu vermeiden, wurde also nicht erreicht. Von dem Wunsch abgesehen, die Staaten möchten von dem Vorbehalt nur mit großer Zurückhaltung Gebrauch machen, ist festzustellen, daß durch die Kündigung des Vertrags von 1956 durch eine große Anzahl von heute durch diesen und morgen durch den neuen Vertrag gebundenen Staaten das alte Vertragswerk immer mehr an Nutzen verlieren würde. Dann könnten die Staaten, die es ursprünglich vorgezogen hatten, den früheren Text beizubehalten, ihre Position überprüfen und gemäß Artikel 24 Absatz 3 des neuen Übereinkommens den eingelegten Vorbehalt zurücknehmen. 192. In Artikel 19 des Übereinkommens, der auf dem Gebiet des Kollisionsrechts das Gegenstück zu Artikel 23 des Vollstreckungsübereinkommens bildet, wird anerkannt, daß der Vertrag andere internationale Übereinkünfte nicht berührt, die einen Vertragsstaat binden oder binden werden und die Bestimmungen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht enthalten. Die Bestimmung wurde von den in der Sonderkommission vertretenen skandinavischen Ländern gefordert, die den Wunsch hatten, in ihren gegenseitigen Beziehungen weiterhin Vorteil aus den einheitlichen auf regionaler Ebene geschaffenen Vorschriften zu ziehen. Der Wortlaut dieser Vorschrift ist jedoch sehr allgemein gehalten und kann daher in jedem beliebigen Vertragsstaat geltend gemacht werden. Zwischen Artikel 23 des Vollstreckungsübereinkommens und Artikel 19 des hier kommentierten Übereinkommens bestehen zwei wesentliche Unterschiede. Während das erstgenannte dem Kläger das Recht zuerkennt, das anwendbare Internationale Privatrecht zu wählen, bestimmt das zweite dagegen selbst, daß das Übereinkommen zugunsten anderer internationaler Vertragswerke zurücktritt. Während Artikel 23 des Vollstreckungsvertrags außerdem die Möglichkeit der Anwendung des allgemeinen Internationalen Privatrechts zuläßt, hätte Artikel 19 des Übereinkommens über das anwendbare Recht nicht vorsehen können, daß der Vertrag frühere Kollisionsrechtsvorschriften nicht berührt.
KAPITEL 4 Schlußbestimmungen (Artikel 20 bis 27) 193. Die Schlußbestimmungen des Übereinkommens über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht entsprechen denen des Übereinkommens vom Oktober 1972 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über diese Pflichten. Sie wiederholen diese fast wörtlich, und mit Ausnahme eines wichtigen Punktes, der nachstehend untersucht wird, sind die einzigen Änderungen, die vorgenommen wurden, diejenigen, die sich aus dem Zusammenhang des neuen Vertragswerks als notwendig erwiesen haben. So sind Artikel 20 bis 23 über die Vertragsstaaten getreue Kopien des Artikels 30 und der Absätze 1 und 2 der Artikel 31 bis 33; lediglich beim ersten Satz des Artikels 33 wurde eine kleine Änderung vorgenommen. Auch Artikel 24 über die Vorbehalte wiederholt ausführlich, mit der Änderung der Verweisungen auf die vertraglichen Bestimmungen, Artikel 34 des Vollstreckungsübereinkommens. Die Vorschriften über das Inkrafttreten 955
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
und die Vertragsdauer des Übereinkommens in Artikel 25 und 26 geben diejenigen des Vollstreckungsübereinkommens über dieselben Gebiete wieder, wiederum mit Änderung der Verweisungen auf die Artikel des Vertrags. Schließlich ist der letzte Artikel des Übereinkommens über die Notifizierung an die Mitgliedstaaten der Haager Konferenz sowie die Staaten, die dem Übereinkommen beigetreten sind, von Artikel 37 des Vollstreckungsübereinkommens abgeleitet worden, von dem er den größten Teil des Wortlauts mit den notwendigen Änderungen wiedergibt. Die Kommentierung der Schlußbestimmungen des Vollstreckungsübereinkommens gilt daher für den Vertrag über das Kollisionsrecht entsprechend (siehe oben Nr. 109 bis 113). 194. Durch eine Reihe sogenannter „Einspruchs“-Klauseln stellt sich das Vollstreckungsübereinkommen als ein geschlossener Vertrag dar, das heißt, er bleibt allein den Mitgliedstaaten der Haager Konferenz vorbehalten. Andere Staaten können ihm beitreten, jedoch kann dieser Beitritt nur Wirkungen in den Beziehungen zwischen dem beitretenden Staat und den Vertragsstaaten entfalten, die ihm gegenüber inner halb einer bestimmten Frist keinen Einspruch erheben. Demgegenüber ist das Übereinkommen über das anzuwendende Recht den sogenannten „offenen“ Übereinkommen zuzuordnen. Darunter ist zu verstehen, daß der neue Vertrag für den Beitritt jedes beliebigen Staates offen ist, der Mitglied der Vereinten Nationen oder einer ihrer Sonderorganisationen oder Vertragspartei des Statuts des Internationalen Gerichtshofs ist, sowie für die künftigen Mitglieder der Haager Konferenz. Seitens der Vertragsstaaten, die durch den neuen Vertrag bereits gebunden sind, ist keine Einspruchsklausel vorgesehen. Dies ist logisch: Das Fehlen der Gegenseitigkeit führt naturgemäß zum System der offenen Übereinkommen.
SCHLUSSBEMERKUNGEN 195. Das Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen einerseits und das Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht andererseits, die beide am 2. Oktober 1973 in Den Haag geschlossen wurden, stellen zwei wesentliche Richtpunkte auf dem Weg fortschreitender Vereinheitlichung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts auf dem Gebiet der Unterhaltspflichten dar. Diese Richtpunkte wurden zur richtigen Zeit gesetzt. Der Augenblick schien besonders günstig, um die auf der Achten Tagung der Haager Konferenz bereits erreichte Vereinheitlichung zu überarbeiten. Neue Bedürfnisse, die sich gelegentlich aufdrängten, einerseits und der große Reichtum an gesammelter Erfahrung anläßlich dieser ersten Arbeiten andererseits haben diesen neuen Abschnitt zugleich erforderlich und möglich gemacht. Mit diesen beiden Richtpunkten hat die Haager Konferenz ein notwendiges Werk geschaffen und gut durchgeführt. Auf diesem Gebiet der Unterhaltspflichten, das ganz eng mit dem Personenstand verbunden ist und äußerst schwierige Probleme aufwirft, sind die Vereinheitlichungsbemühungen sicherlich nicht ohne Tücken und die erzielten Ergebnisse nicht ohne Tadel. Im übrigen sind die beiden neuen Übereinkommen nach dem Vorbild aller diplomatischen Verträge das Ergebnis eines Kompromisses zwischen unterschiedlichen, teilweise sogar gegensätzlichen Tendenzen. Insgesamt stellen die neuen Vertragsbestimmungen indessen im Vergleich mit der Vergangenheit einen bemerkenswerten Fortschritt dar. Die Reform vereinigt erfolgreich die besten früheren Lösungen – die mit Erfolg die Prüfungen der Zeit überdauert haben – und die neuen Vorschriften, die Schütze
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sich durch kürzlich aufgetretene Bedürfnisse als notwendig erwiesen haben. Die ersteren wurden inhaltlich und formal verbessert; die letzteren wurden mit der Strenge und Sorgfalt ausgearbeitet, die für die Arbeiten der Haager Konferenz charakteristisch sind. Es ist daher zu wünschen, daß sich zahlreiche Staaten sowohl vom zeitgemäßen Charakter beider Übereinkommen als auch von ihren eigentlichen Qualitäten angezogen fühlen. 196. Die beiden neuen Verträge schließen die Vereinheitlichung des Rechts auf diesem Gebiet nicht endgültig ab. Die bei der Haager Konferenz vertretenen Delegationen haben mit aller Vorsicht festgestellt, daß die Zeit für eine Vereinheitlichung der Vorschriften über die unmittelbare Zuständigkeit der Gerichte noch nicht reif sei, die für Unterhaltssachen in den Mitgliedstaaten der Haager Konferenz bestehen. Desgleichen haben sich die Delegierten nur mit großer Zurückhaltung bereit erklärt, eine materielle Bestimmung des Internationalen Privatrechts im Übereinkommen über das Kollisionsrecht vorzusehen. Im übrigen haben die Verfasser der Vereinheitlichung wiederholt den nationalen Behörden die Aufgabe übertragen, – wie es hieß – in „einzelne Zonen, die absichtlich im dunkeln gelassen wurden“, Licht zu bringen. Diesen Behörden wird jedenfalls die Aufgabe zukommen, das Übereinkommen auszulegen und anzuwenden. Es ist bekannt, daß die besten einheitlichen Rechtsnormen gelegentlich Anlaß zu tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten in der Rechtsprechung gegeben haben. Weitere Abschnitte müssen zurückgelegt, weitere Richtpunkte gesetzt werden. Möge dies im gleichen Geist geschehen wie ständig bei den bisherigen Arbeiten der Kommissionen.
3. b. Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Vorbemerkung: Die bilateralen Staatsverträge über die internationale Urteilsanerkennung haben ihre Bedeutung weitgehend durch EuGVÜ, EuGVVO, LugÜ I und LugÜ II verloren (Verträge mit der Schweiz, Italien, Belgien, Österreich, dem Vereinigten Königreich, Griechenland, den Niederlanden, Norwegen und Spanien). Vgl. dazu Schütze Internationales Zivilprozessrecht, 1980, S. 284 ff. (dort auch Materialien). Von Bedeutung sind weiterhin die Verträge mit Tunesien und Israel.
3. b. aa. Deutsch-tunesischer Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 19.7. 1966 (BGBl. II 1966, S. 890) (Auszug – Artt. 27–46, 54–57 sowie Protokoll) b. aa. Deutsch-tunesischer Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe Vorbemerkung: Es handelt sich um den ersten Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag, den Deutschland mit einem außereuropäischen Land abgeschlossen hat und das der Materie nach umfassendste bilaterale Abkommen Deutschlands auf dem Gebiet des internationalen Zivilprozessrechts. Die beiden ersten Titel, die Rechtsschutz und Rechtshilfe behandeln, folgen dem Haager Zivilprozessübereinkommen 1954. Im dritten Titel sind die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Zivilurteile geregelt, wobei die Bedeutung allerdings erheblich durch den Ausschluss von Gerichtsstandsvereinbarungen aus dem Zuständigkeitskatalog gemindert ist. Eine andere Regelung konnte die tunesische Seite 957
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wohl aber angesichts des Derogationsverbots in der tunesischen ZPO nicht akzeptieren. Eine umfassende eigenständige Regelung der zwischenstaatlichen Schiedsgerichtsbarkeit bringt der vierte Titel. Zu dem Vertrag ist ein besonderes Ausführungsgesetz ergangen. Das AVAG findet keine Anwendung. Geltungsbereich: Deutschland, Tunesien Schrifttum: Arnold Die Problematik von Rechtshilfeabkommen – Der Deutsch-Tunesische Rechtshilfe- und Vollstreckungsvertrag v. 19.7.1966, NJW 1970, 1478 ff.; Ganske Der deutsch-tunesische Rechtsschutz-, Rechtshilfe- und Vollstreckungsvertrag in Zivil- und Handelssachen v. 19.7.1966, AWD 1970, 145 ff.; Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 515.1 ff.; Schütze Der deutsch-tunesische Rechtsschutz-, Rechtshilfe- und Vollstreckungsvertrag, IWB F 7 (Tunesien), Gr. 3, S. 11 ff.
Text Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 19.7.1966 BGBl. II 1969, S. 890 (Auszug Artt. 27–46, 54–57 wie Protokoll)
DRITTER TITEL Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen KAPITEL I Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen Artikel 27 (1) In Zivil- und Handelssachen werden Entscheidungen der Gerichte des einen Staates in dem anderen Staat anerkannt, wenn sie die Rechtskraft erlangt haben. (2) Unter Entscheidungen im Sinne dieses Kapitels sind alle gerichtlichen Entscheidungen ohne Rücksicht auf ihre Benennung (Urteile, Beschlüsse, Vollstreckungsbefehle) und ohne Rücksicht darauf zu verstehen, ob sie in einem Verfahren der streitigen oder der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangen sind. Ausgenommen sind jedoch diejenigen Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die in einem einseitigen Verfahren erlassen sind. (3) Als gerichtliche Entscheidungen gelten auch die Beschlüsse der Urkundsbeamten, durch die der Betrag der Kosten des Prozesses später festgesetzt wird. (4) Einstweilige Anordnungen, die auf eine Geldleistung lauten, werden anerkannt, auch wenn sie die Rechtskraft noch nicht erlangt haben.
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Artikel 28 (1) In Angelegenheiten, die den Ehe- oder Familienstand, die Rechts- oder Handlungsfähigkeit oder die gesetzliche Vertretung einer Person betreffen, gilt dieser Titel nur für Entscheidungen in Ehe- oder Unterhaltssachen. (2) Dieser Titel findet keine Anwendung: 1. auf Entscheidungen, die in einem Konkurs-, einem Vergleichs- oder einem entsprechenden Verfahren ergangen sind, einschließlich der Entscheidungen, durch die für ein solches Verfahren über die Wirksamkeit von Rechtshandlungen des Schuldners gegenüber den Gläubigern erkannt wird; 2. auf Entscheidungen in Angelegenheiten der sozialen Sicherheit. Artikel 29 1. 2. 3. 4.
5.
(1) Die Anerkennung der Entscheidung darf nur versagt werden: wenn für die Gerichte des Entscheidungsstaates eine Zuständigkeit im Sinne der Artikel 31 und 32 nicht anzuerkennen ist; wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung des Anerkennungsstaates widerspricht; wenn die Entscheidung durch betrügerische Machenschaften erwirkt worden ist; wenn ein Verfahren zwischen denselben Parteien und wegen desselben Gegenstandes vor einem Gericht des Anerkennungsstaates anhängig ist und wenn dieses Gericht zuerst angerufen wurde, wenn die Entscheidung mit einer im Anerkennungsstaat ergangenen rechtskräftigen Entscheidung unvereinbar ist.
(2) Hat sich der Beklagte auf das Verfahren nicht eingelassen, so kann die Anerkennung der Entscheidung auch versagt werden, wenn die Klage, die Vorladung oder ein anderes der Einleitung des Verfahrens dienendes Schriftstück dem Beklagten nicht nach dem Recht des Entscheidungsstaates und, wenn er sich im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens im Anerkennungsstaat befand, nicht auf einem der in den Artikeln 8 bis 16 vorgesehenen Wege zugestellt worden ist. Auch wenn die Zustellung auf diese Weise durchgeführt worden ist, darf die Anerkennung versagt werden, wenn der Beklagte nachweist, daß er ohne sein Verschulden von der Klage, der Vorladung oder dem anderen der Einleitung des Verfahrens dienenden Schriftstück nicht zeitig genug Kenntnis erhalten hat (3) Die Anerkennung von Entscheidungen, durch welche die Kosten dem mit der Klage abgewiesenen Kläger auferlegt wurden, kann nur abgelehnt werden, wenn sie der öffentlichen Ordnung des Anerkennungsstaates widerspricht. Diese Bestimmung ist auch auf die in Artikel 27 Abs. 3 angeführten Entscheidungen anzuwenden. Artikel 30 (1) Die Anerkennung darf nicht allein deshalb versagt werden, weil das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, nach den Regeln seines internationalen Privatrechts andere Gesetze angewendet hat, als sie nach dem internationalen Privatrecht des Anerkennungsstaates anzuwenden gewesen wären. (2) Die Anerkennung darf jedoch aus dem in Absatz 1 genannten Gründe versagt werden, wenn die Entscheidung auf der Beurteilung eines ehe- oder sonstigen familien959
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rechtlichen Verhältnisses, der Rechts- oder Handlungsfähigkeit, der gesetzlichen Vertretung oder eines erbrechtlichen Verhältnisses eines Angehörigen des Anerkennungsstaates beruht. Das gleiche gilt für eine Entscheidung, die auf der Beurteilung der Rechts oder Handlungsfähigkeit einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Vereinigung beruht, sofern diese nach dem Recht des Anerkennungsstaates errichtet ist und in diesem Staate ihren Sitz oder ihre Hauptniederlassung hat. Die Entscheidung ist dennoch anzuerkennen, wenn sie auch bei Anwendung des internationalen Privatrechts des Anerkennungsstaates gerechtfertigt wäre. Artikel 31 (1) Die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates wird im Sinne des Artikels 29 Abs. 1 Nr. 1 anerkannt: 1. wenn zur Zeit der Einleitung des Verfahrens der Beklagte in dem Entscheidungsstaate seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder, falls es sich um eine juristische Person, eine Gesellschaft oder eine Vereinigung handelt, seinen Sitz oder seine Hauptniederlassung hatte; 2. wenn der Beklagte im Entscheidungsstaat eine geschäftliche Niederlassung oder Zweigniederlassung hatte und für Ansprüche aus deren Betriebe belangt worden ist; 3. wenn die Klage das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses oder Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis zum Gegenstand hatte und wenn der Betrieb oder die Arbeitsstelle, wo die Arbeit zu leisten war, im Entscheidungsstaat lag; wurde der Arbeitnehmer von seinem Unternehmen oder Betrieb aus zu einer Tätigkeit in den anderen Staat oder in einen dritten Staat entsandt oder wurde der Arbeitnehmer von seinem Unternehmen oder Betrieb zu einer Tätigkeit in dem anderen Staat oder einem dritten Staat eingesetzt und erhielt er von dem Unternehmen oder Betrieb aus auch seine Anweisungen, so sind die Gerichte des Staates zuständig, in dem das Unternehmen oder der Betrieb seinen Sitz hatte; 4. wenn die Klage einen Unterhaltsanspruch zum Gegenstand hatte und wenn der Unterhaltsberechtigte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens in dem Entscheidungsstaat seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte; 5. wenn die Klage auf eine unerlaubte Handlung oder auf eine Handlung, die nach dem Recht des Entscheidungsstaates einer unerlaubten Handlung gleichgestellt wird, gegründet worden ist und wenn der Täter sich bei Begehung der schädigenden Handlung im Hoheitsgebiete des Entscheidungsstaates aufgehalten hatte; 6. wenn mit der Klage ein Recht an einer unbeweglichen Sache oder ein Anspruch aus einem Recht an einer solchen Sache geltend gemacht worden ist und wenn die unbewegliche Sache im Entscheidungsstaat belegen ist; 7. wenn die Klage in einer Erbschaftsstreitigkeit erhoben worden ist und wenn der Erblasser Angehöriger des Entscheidungsstaates war oder wenn der Erblasser Angehöriger eines dritten Staates war und seinen letzten Wohnsitz im Entscheidungsstaate hatte, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob zu dem Nachlaß bewegliche oder unbewegliche Sachen gehören; 8. wenn es sich um eine Widerklage gehandelt hat, bei welcher der Gegenanspruch mit der im Hauptprozeß erhobenen Klage im rechtlichen Zusammenhang stand, und wenn für die Gerichte des Entscheidungsstaates eine Zuständigkeit im Sinne dieses Vertrages zur Entscheidung über die im Hauptprozeß erhobene Klage selbst anzuerkennen ist; 9. wenn mit der Klage ein Anspruch auf Schadensersatz oder auf Herausgabe des Erlangten deshalb geltend gemacht worden ist, weil eine Vollstreckung aus einer EntSchütze
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scheidung eines Gerichts des anderen Staates betrieben worden war, die in diesem Staat aufgehoben oder abgeändert worden ist. (2) Die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates wird jedoch nicht anerkannt, wenn nach dem Recht des Anerkennungsstaates dessen Gerichte für die Klage, die zu der Entscheidung geführt hat, ausschließlich zuständig sind. Artikel 32 (1) In Ehesachen sind die Gerichte des Entscheidungsstaates im Sinne dieses Titels zuständig, wenn beide Ehegatten nicht die Staatsangehörigkeit des Anerkennungsstaates besitzen; gehören beide Ehegatten einem dritten Staate an, so wird die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates nicht anerkannt, wenn die Entscheidung nicht in dem dritten Staate anerkannt würde. (2) Besaß auch nur einer der beiden Ehegatten die Staatsangehörigkeit des Anerkennungsstaates, so sind die Gerichte des Entscheidungsstaates im Sinne dieses Titels zuständig, wenn der Beklagte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Entscheidungsstaat hatte oder wenn die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Entscheidungsstaat hatten und einer der Ehegatten zur Zeit der Einleitung des Verfahrens sich im Entscheidungsstaat aufhielt. Artikel 33 Wird die in einem Staate ergangene Entscheidung in dem anderen Staate geltend gemacht, so darf nur geprüft werden, ob einer der in Artikel 29 und in Artikel 30 Abs. 2 genannten Versagungsgründe vorliegt.
KAPITEL II Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen Artikel 34 Gerichtliche Entscheidungen, die in einem Staate vollstreckbar und in dem anderen Staate nach Maßgabe des vorstehenden Kapitels anzuerkennen sind, werden in diesem Staate vollstreckt, nachdem sie dort für vollstreckbar erklärt worden sind. Artikel 35 Das Verfahren und die Wirkungen der Vollstreckbarerklärung richten sich nach dem Recht des Vollstreckungsstaates. Artikel 36 Den Antrag auf Vollstreckbarerklärung kann jeder stellen, der in dem Entscheidungsstaate Rechte aus der Entscheidung herleiten kann.
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Artikel 37
1. 2.
(1) Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zu richten: in der Bundesrepublik Deutschland an das Landgericht, in der Tunesischen Republik an das Tribunal de première instance (Gericht erster Instanz).
(2) Örtlich zuständig ist das Landgericht oder das Tribunal de première instance, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz hat oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll, unter mehreren örtlich zuständigen Gerichten hat die betreibende Partei die Wahl. Artikel 38 1.
2. 3. 4.
5.
(1) Die Partei, welche die Vollstreckbarerklärung beantragt, hat beizubringen: eine Ausfertigung der Entscheidung mit Gründen, welche die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen nach dem Recht des Entscheidungsstaates erfüllt; eine Urkunde, aus der sich ergibt, daß die Entscheidung nach dem Recht des Entscheidungsstaates vollstreckbar ist; eine Urkunde, aus der sich ergibt, daß die Entscheidung nach dem Recht des Entscheidungsstaates die Rechtskraft erlangt hat; die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde, aus der sich ergibt, daß die den Rechtsstreit einleitende Klage, Vorladung oder ein anderes der Einleitung des Verfahrens dienendes Schriftstück dem Beklagten nach dem Recht des Entscheidungsstaates oder gegebenenfalls auf einem der in den Artikeln 8 bis 16 vorgesehenen Wege zugestellt worden ist, sofern sich der Beklagte auf das Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, nicht eingelassen hat; eine Übersetzung der vorerwähnten Urkunden in die Sprache des Vollstreckungsstaates, die von einem amtlich bestellten oder vereidigten Übersetzer oder einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter eines der beiden Staaten als richtig bescheinigt sein muß.
(2) Die in dem vorstehenden Absatz angeführten Urkunden bedürfen keiner Legalisation und vorbehaltlich des Absatzes 1 Nr. 5 keiner ähnlichen Förmlichkeit. Artikel 39 (1) Das Gericht, bei dem die Vollstreckbarerklärung beantragt wird, hat sich auf die Prüfung zu beschränken: 1. ob die nach Artikel 38 erforderlichen Urkunden beigebracht sind; 2. ob einer der in Artikel 29 Abs. 1 und 2 und in Artikel 30 Abs. 2 genannten Versagungsgründe vorliegt. (2) Darüber hinaus darf die Entscheidung nicht nachgeprüft werden. (3) Die Vollstreckung von Entscheidungen, durch welche die Kosten dem mit der Klage abgewiesenen Kläger auferlegt wurden, kann nur abgelehnt werden, wenn sie der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates widerspricht. Diese Bestimmung ist auch auf die in Artikel 27 Abs. 3 angeführten Entscheidungen anzuwenden.
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Artikel 40
1.
2.
Das Gericht kann auch nur einen Teil der Entscheidung für vollstreckbar erklären: wenn die Entscheidung einen oder mehrere Ansprüche betrifft und die betreibende Partei beantragt, die Entscheidung nur hinsichtlich eines oder einiger Ansprüche oder hinsichtlich eines Teils des Anspruchs für vollstreckbar zu erklären; wenn die Entscheidung mehrere Ansprüche betrifft und der Antrag nur wegen eines oder einiger Ansprüche begründet ist. Artikel 41
Wird die Entscheidung für vollstreckbar erklärt, so ordnet das Gericht zugleich die Maßnahmen an, die erforderlich sind, um der ausländischen Entscheidung die gleichen Wirkungen beizulegen, die sie haben würde, wenn sie von den Gerichten des Vollstreckungsstaates erlassen worden wäre.
KAPITEL III Vollstreckung gerichtlicher Vergleiche und öffentlicher Urkunden Artikel 42 (1) Vergleiche, die in einem Verfahren vor dem Gericht des einen Staates abgeschlossen und zu gerichtlichem Protokoll genommen worden sind, werden in dem anderen Staate wie gerichtliche Entscheidungen vollstreckt, wenn sie in dem Staate, in dem sie errichtet wurden, vollstreckbar sind. (2) Für den Antrag, den Vergleich für vollstreckbar zu erklären, und für das weitere Verfahren gelten die Artikel 35 bis 41 entsprechend. Bei der Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung hat sich das angerufene Gericht auf die Prüfung zu beschränken: 1. ob die erforderlichen Urkunden beigebracht sind; 2. ob die Parteien nach dem Recht des Vollstreckungsstaates berechtigt sind, über den Gegenstand des Verfahrens einen Vergleich zu schließen; 3. ob die Vollstreckung der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates widerspricht. Artikel 43 (1) Öffentliche Urkunden, die in dem einen Staate aufgenommen und vollstreckbar sind, können in dem anderen Staate für vollstreckbar erklärt werden. (2) Das Gericht des Vollstreckungsstaates hat sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die Ausfertigung der öffentlichen Urkunde die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen nach dem Recht des Staates erfüllt, in dem die Urkunde aufgenommen worden ist, und ob die Vollstreckbarerklärung der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates widerspricht.
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KAPITEL IV Sonstige Bestimmungen Artikel 44 (1) Die Gerichte des einen Staates werden auf Antrag einer Prozeßpartei die Klage zurückweisen oder, falls sie es für zweckmäßig erachten, das Verfahren aussetzen, wenn ein Verfahren zwischen denselben Parteien und wegen desselben Gegenstandes in dem anderen Staate bereits anhängig ist und in diesem Verfahren eine Entscheidung ergehen kann, die in ihrem Staate anzuerkennen sein wird. (2) Jedoch können in Eilfällen die Gerichte eines jeden Staates die in ihrem Recht vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, anordnen, und zwar ohne Rücksicht darauf, welches Gericht mit der Hauptsache befaßt ist. Artikel 45 Dieser Titel berührt nicht die Bestimmungen anderer Verträge, die zwischen beiden Staaten gelten und die für besondere Rechtsgebiete die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen regeln. Artikel 46 Die Vorschriften dieses Titels sind nur auf solche gerichtlichen Entscheidungen und Vergleiche sowie auf solche öffentlichen Urkunden anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages erlassen oder errichtet werden.
FÜNFTER TITEL Schlussvorschriften Artikel 54 Alle Schwierigkeiten, die bei der Anwendung dieses Vertrages entstehen, werden auf diplomatischem Wege geregelt. Artikel 55 Dieser Vertrag gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Regierung der Tunesischen Republik innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Vertrages eine gegenteilige Erklärung abgibt. Artikel 56 (1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifizierung. Die Ratifikationsurkunden sollen sobald wie möglich in Tunis ausgetauscht werden. (2) Der Vertrag tritt dreißig Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.
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Artikel 57 Jeder der beiden Staaten kann den Vertrag kündigen. Die Kündigung wird ein Jahr nach dem Zeitpunkt wirksam, an dem sie dem anderen Staat notifiziert wurde.
PROTOKOLL Bei der Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit haben die unterzeichneten, mit ordnungsgemäßen Vollmachten ausgestatteten Bevollmächtigten außerdem die folgenden Bestimmungen vereinbart, die als Bestandteil des genannten Vertrages betrachtet werden: 1. Die in dem Artikel 7 Abs. 4, den Artikeln 11 und 20 sowie dem Artikel 38 Abs. 1 Nr. 5 vorgesehenen Übersetzungen werden beiderseits in französischer Sprache abgefaßt. 2. Die in dem Artikel 27 Abs. 2 Satz 2 erwähnten oder durch Artikel 28 Abs. 1 ausgenommenen Entscheidungen, die in dem einen Staate ergangen sind, können in dem anderen Staate gemäß dessen innerstaatlichen Rechtsvorschriften einschließlich der Regeln des internationalen Privatrechts anerkannt werden. 3. Ändert ein Staat seine Gerichtsorganisation, so teilt er dem anderen Staate die neuen zuständigen Behörden mit, die an die Stelle der in diesem Vertrage vorgesehenen Behörden treten. 4. Als eine ausschließliche Zuständigkeit im Sinne des Artikels 31 Abs. 2 ist es nicht anzusehen, wenn das Recht eines Vertragsstaates für Verfahren von öffentlichen Unternehmen (offices) oder Gesellschaften, die im Eigentum dieses Staates stehen (sociétés nationales) oder an deren Kapital dieser Staat beteiligt ist, seine Gerichte für ausschließlich zuständig erklärt. 5. Ein Versagungsgrund gemäß Artikel 47 Abs. 3 Nr. 3 ist nicht allein deshalb gegeben, weil die Schiedsvereinbarung von öffentlichen Unternehmen (offices) oder von Gesellschaften geschlossen worden ist, die im Eigentum dieses Staates stehen (sociétés nationales) oder an deren Kapital dieser Staat beteiligt ist.
3. b. aa. α. Ausführungsgesetz (BGBl. I 1969, S. 333)
ERSTER ABSCHNITT Armenrecht §1 (1) Ein deutscher Staatsangehöriger, der das Armenrecht für eine Klage vor einem Gericht der Tunesischen Republik auf dem in Artikel 7 des Vertrages vorgesehenen Weg nachsuchen will, kann seinen Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zusammen mit den erforderlichen Unterlagen bei dem Amtsgericht einreichen, in dessen Bezirk er seinen gewöhnlichen Aufenthalt und beim Fehlen eines solchen seinen derzeitigen Aufent965
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halt hat. Er kann das Gesuch bei diesem Gericht auch zu Protokoll der Geschäftsstelle erklären. (2) Ist der Antragsteller außerstande, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts die Kosten für die erforderlichen Übersetzungen (Artikel 7 Abs. 4 in Verbindung mit Artikel 20 Abs. 1 und 2 des Vertrages und der Nummer 1 des Protokolls) aufzubringen, so werden diese Übersetzungen von dem Amtsgericht beschafft, es sei denn, daß die Rechtsverfolgung von vornherein aussichtslos oder mutwillig erscheint. (3) Im Falle des Absatzes 2 ist der Antragsteller von der Zahlung der Auslagen befreit; er ist jedoch zur Nachzahlung des Betrages verpflichtet, sobald er ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts dazu imstande ist. Im übrigen gelten die Vorschriften über Kosten im Bereich der Justizverwaltung. (4) Für die Tätigkeiten bei der Entgegennahme und der Weiterleitung eines Antrags nach Absatz 1 werden im übrigen Kosten nicht erhoben. §2 Für die Übermittlung eines Antrags auf Bewilligung des Armenrechts (Artikel 7 Abs. 1 des Vertrages) durch den konsularischen Vertreter der Bundesrepublik Deutschland werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben.
ZWEITER ABSCHNITT Zustellungsanträge und Rechtshilfeersuchen §3 (1) Für die Erledigung von Zustellungsanträgen (Artikel 8 des Vertrages) oder von Rechtshilfeersuchen (Artikel 18 des Vertrages) ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Amtshandlung vorzunehmen ist. (2) Die Zustellung wird durch die Geschäftsstelle des Amtsgerichts bewirkt. Diese hat auch den Nachweis über die Zustellung oder über deren Undurchführbarkeit (Artikel 14 des Vertrages) zu erteilen. (3) Werden die zuzustellenden Schriftstücke nicht angenommen, weil sie nicht in deutscher Sprache abgefaßt oder von einer deutschen Übersetzung begleitet sind, so hat die Geschäftsstelle, bevor die Zustellung bewirkt wird, eine deutsche Übersetzung zu beschaffen, wenn der Empfänger dies verlangt. Die durch die Übersetzung entstandenen Auslagen werden von dem Empfänger erhoben. Von der Erhebung der Auslagen ist ganz oder teilweise abzusehen, wenn dies mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Empfängers oder sonst aus Billigkeitsgründen geboten erscheint. Im übrigen gelten die Vorschriften über Kosten im Bereich der Justizverwaltung. §4 Für die Übermittlung eines Zustellungsantrags (Artikel 9 Abs. 1 des Vertrages) oder eines Rechtshilfeersuchens (Artikel 19 Abs. 1 des Vertrages) durch den konsularischen Vertreter der Bundesrepublik Deutschland wird eine Gebühr von zwei Deutsche Mark erhoben. Diese Gebühr bleibt außer Ansatz, wenn der Zustellungsantrag oder das Rechtshilfeersuchen nicht erledigt werden kann.
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DRITTER ABSCHNITT Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel ERSTER TITEL Vollstreckbarerklärung von tunesischen gerichtlichen Entscheidungen und von anderen tunesischen Schuldtiteln §5 (1) Für die Vollstreckbarerklärung gerichtlicher Entscheidungen (Artikel 27, 28, 34 ff. des Vertrages), gerichtlicher Vergleiche (Artikel 42 des Vertrages) und öffentlicher Urkunden (Artikel 43 des Vertrages) gelten §1042 a Abs. 1, §§ 1042 b, 1042 c und 1042 d der Zivilprozeßordnung entsprechend; jedoch beträgt die Notfrist, innerhalb deren die Beschwerde nach § 1042 c Abs. 3 der Zivilprozeßordnung einzulegen ist, einen Monat. (2) Die Verfahren der Vollstreckbarerklärung sind Feriensachen. §6 Hängt die Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidung oder des anderen Schuldtitels nach deren Inhalt von einer dem Gläubiger obliegenden Sicherheitsleistung, dem Ablauf einer Frist oder dem Eintritt einer anderen Tatsache ab oder wird die Vollstreckbarerklärung zugunsten eines anderen als des in der gerichtlichen Entscheidung oder in dem Schuldtitel bezeichneten Gläubigers oder gegen einen anderen als den darin bezeichneten Schuldner nachgesucht, so wird die Frage, inwieweit die Vollstreckbarerklärung von dem Nachweis besonderer Voraussetzungen abhängig oder ob die gerichtliche Entscheidung oder der Schuldtitel für oder gegen den anderen vollstreckbar ist, nach tunesischem Recht beurteilt. Die danach erforderlichen Nachweise sind durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu führen, sofern nicht die Tatsachen bei dem Gericht offenkundig sind. Kann der Nachweis in dieser Form nicht erbracht werden, so ist mündliche Verhandlung anzuordnen, er kann in diesem Falle mit anderen Beweismitteln geführt werden. §7 (1) In dem Verfahren der Vollstreckbarerklärung einer gerichtlichen Entscheidung kann der Schuldner auch Einwendungen gegen den Anspruch selbst insoweit geltend machen, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Erlaß der gerichtlichen Entscheidung entstanden sind. (2) In dem Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines gerichtlichen Vergleichs oder einer öffentlichen Urkunde kann der Schuldner Einwendungen gegen den Anspruch selbst ungeachtet der in Absatz 1 enthaltenen Beschränkung geltend machen. (3) Ist eine gerichtliche Entscheidung oder ein anderer Schuldtitel vollstreckbar erklärt, so kann der Schuldner Einwendungen gegen den Anspruch selbst in einem Verfahren nach § 767 der Zivilprozeßordnung nur geltend machen, wenn die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach Ablauf der Frist, innerhalb deren er Widerspruch hatte einlegen können (§ 104 2c Abs. 2, § 1042 d Abs. 1 der Zivilprozeßordnung), oder erst nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung entstanden sind, in der er die Einwendungen spätestens hätte geltend machen müssen.
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§8 Aus den für vollstreckbar erklärten gerichtlichen Entscheidungen oder anderen Schuldtiteln findet die Zwangsvollstreckung statt, sofern die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt ist.
ZWEITER TITEL Aufhebung oder Änderung der Vollstreckbarerklärung §9 (1) Wird nach der Vollstreckbarerklärung eine gerichtliche Entscheidung oder ein anderer Schuldtitel in der Tunesischen Republik aufgehoben oder geändert und kann der Schuldner diese Tatsache in dem Verfahren der Vollstreckbarerklärung nicht mehr geltend machen, so kann er die Aufhebung oder Änderung der Vollstreckbarerklärung in einem besonderen Verfahren beantragen. (2) Für die Entscheidung über den Antrag ist das Landgericht ausschließlich zuständig, das über die Vollstreckbarerklärung entschieden hat. Über den Antrag kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden; vor der Entscheidung ist der Gläubiger zu hören. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß, der dem Gläubiger und dem Schuldner von Amts wegen zuzustellen ist. Der Beschluß unterliegt der sofortigen Beschwerde; die Notfrist, innerhalb deren die Beschwerde einzulegen ist, beträgt einen Monat. (3) Für die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung bereits getroffener Vollstreckungsmaßregeln gelten §§ 769, 770 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist auch ohne Sicherheitsleistung zulässig. § 10 (1) Soweit die Vollstreckbarerklärung einer gerichtlichen Entscheidung oder eines anderen Schuldtitels nach § 9 aufgehoben oder geändert wird, ist der Gläubiger, unbeschadet weitergehender Ansprüche, zur Erstattung des von dem Schuldner auf Grund des Schuldtitels Gezahlten oder Geleisteten verpflichtet; § 717 Abs. 3 Satz 3 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend. (2) Soweit die Vollstreckbarerklärung einer einstweiligen Anordnung (Artikel 27 Abs. 4, Artikel 34 des Vertrages) nach § 9 aufgehoben oder geändert wird, weil die Anordnung in der Tunesischen Republik als ungerechtfertigt aufgehoben oder geändert worden ist, hat der Gläubiger den Schaden zu ersetzen, der dem Schuldner durch die Vollstreckung der für vollstreckbar erklärten einstweiligen Anordnung oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. (3) Für die Geltendmachung der Ansprüche ist das Landgericht ausschließlich zuständig, das über die Vollstreckbarerklärung entschieden hat.
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DRITTER TITEL Besondere Vorschriften für deutsche gerichtliche Entscheidungen § 11 (1) Sollen von einer Partei, gegen die eine Kostenentscheidung ergangen ist, in der Tunesischen Republik Gerichtskosten eingezogen werden, so ist deren Betrag für ein Verfahren der Vollstreckbarerklärung (Artikel 34 ff. des Vertrages) von dem Gericht der Instanz ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß festzusetzen. Die Entscheidung ergeht auf Antrag der für die Beitreibung der Gerichtskosten zuständigen Behörde. (2) Der Beschluß, durch den der Betrag der Gerichtskosten festgesetzt wird, unterliegt der sofortigen Beschwerde nach § 577 Abs. 1 bis 3, § 567 Abs. 2 und 3, §§ 568 bis 575 der Zivilprozeßordnung; jedoch beträgt die Notfrist, innerhalb deren die Beschwerde einzulegen ist, einen Monat. Die Beschwerde kann bei dem Gericht schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden. § 12 Ist zu erwarten, daß ein Versäumnis- oder Anerkenntnisurteil in der Tunesischen Republik geltend gemacht werden soll, so soll das Urteil nicht in abgekürzter Form (§ 313 b der Zivilprozeßordnung) hergestellt werden. § 13 (1) Will eine Partei ein Versäumnis- oder Anerkenntnisurteil, das nach § 313 b der Zivilprozeßordnung in abgekürzter Form hergestellt ist, in der Tunesischen Republik geltend machen, so ist das Urteil auf ihren Antrag zu vervollständigen. Der Antrag kann bei dem Gericht schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden. Über den Antrag wird ohne mündliche Verhandlung entschieden. (2) Zur Vervollständigung des Urteils sind der Tatbestand und die Entscheidungsgründe nachträglich anzufertigen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übergeben; der Tatbestand und die Entscheidungsgründe können auch von Richtern unterschrieben werden, die bei dem Urteil nicht mitgewirkt haben. (3) Für die Berichtigung des nachträglich angefertigten Tatbestandes gilt § 320 der Zivilprozeßordnung entsprechend; jedoch beträgt die Frist, innerhalb deren die Berichtigung beantragt werden kann, einen Monat. Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Berichtigung können auch solche Richter mitwirken, die bei dem Urteil oder der nachträglichen Anfertigung des Tatbestandes nicht mitgewirkt haben. (4) Für die Vervollständigung des Urteils werden Gerichtsgebühren nicht erhoben. § 14 Einstweiligen Anordnungen oder einstweiligen Verfügungen (Artikel 27 Abs. 4 des Vertrages), die in der Tunesischen Republik geltend gemacht werden sollen, ist eine Begründung beizufügen. § 13 ist entsprechend anzuwenden. § 15 Vollstreckungsbescheide (Artikel 27 Abs. 2 des Vertrages) und einstweilige Verfügungen (Artikel 27 Abs. 4 des Vertrages), auf Grund deren ein Gläubiger die Zwangsvoll969
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streckung in der Tunesischen Republik betreiben will, sind auch dann mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, wenn dies für eine Zwangsvollstreckung im Inland nach § 796 Abs. 1, §§ 936, 929 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung nicht erforderlich wäre.
VIERTER ABSCHNITT Schlußbestimmungen § 16 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. § 17 (1) Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Vertrag vom 19. Juli 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit in Kraft. (2) Der Tag, an dem dieses Gesetz in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.
3. b. aa. β. Deutsche Denkschrift zu dem Vertrag (BTDrucks. V Nr. 3167)
I. ALLGEMEINE BEMERKUNGEN Den internationalen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechts fehlt es bisher an einer vertraglichen Grundlage. Da der Wirtschafts- und Reiseverkehr zwischen beiden Staaten ständig zugenommen hat, ist dieser vertraglose Zustand von den beteiligten Kreisen schon seit längerer Zeit als unbefriedigend empfunden worden. Deshalb haben eine deutsche und eine tunesische Delegation den vorliegenden Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit ausgearbeitet. Der Vertrag ist am 19. Juli 1966 anläßlich des Besuches des Präsidenten der Tunesischen Republik in Bonn unterzeichnet worden. Der Vertrag hat in doppelter Hinsicht besondere Bedeutung. Es ist der erste zweiseitige Vertrag, den die Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet des internationalen Rechtsverkehrs in Zivil- und Handelssachen mit einem außereuropäischen Staat abgeschlossen hat. Ferner sind zum erstenmal Vereinbarungen für das gesamte Gebiet des internationalen Rechtsverkehrs in Zivil- und Handelssachen in einem einheitlichen Vertragswerk zusammengefaßt. Im europäischen Bereich, insbesondere auch in der deutschen Vertragspraxis, ist es bisher üblich gewesen, die Gebiete der Rechtshilfe, der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen sowie der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit in getrennten Verträgen zu regeln. Demgegenüber hat die Tunesische Republik mit anderen, insbesondere afrikanischen Staaten staatsvertragliche VereinbarunSchütze
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gen getroffen, die nicht nur die oben angeführten Materien des zivilen Rechtsverkehrs zusammen behandeln, sondern auch die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen einbeziehen. Diese beiden letztgenannten Gebiete folgen jedoch nach deutscher Auffassung teilweise anderen Grundsätzen. Die tunesische Seite hat sich dem Wunsch der deutschen Delegation, dem Rechtsverkehr in Zivilsachen einen besonderen Vertrag zu widmen und die strafrechtlichen Probleme abzutrennen, nicht verschlossen. Die deutsche Seite konnte dagegen der tunesischen Vorstellung Rechnung tragen und dem Abschluß eines umfassenden Vertrages auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechts zustimmen, zumal die bisher übliche Aufteilung auf verschiedene Verträge nicht auf zwingende sachliche Erwägungen, sondern auf formelle Gründe zurückzuführen ist. Der vorliegende Vertrag gilt nur für das Gebiet des Zivil- und Handelsrechts. Deshalb sind seine Vorschriften auf Angelegenheiten z.B. des Straf-, Steuer- oder Sozialrechts nicht anzuwenden. Der Vertrag ist wie folgt aufgebaut: Der Erste Titel enthält Vorschriften über den Rechtsschutz in Zivil- und Handelssachen, die den freien Zutritt zu den Gerichten gewährleisten (Kapitel I), sowie Bestimmungen über die Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten (Kapitel II) und über die Gewährung des Armenrechts an minderbemittelte ausländische Prozeßbeteiligte (Kapitel III). Im Zweiten Titel über die Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen sind die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke (Kapitel I) und die Erledigung von Rechtshilfeersuchen (Kapitel II) geregelt. Diese beiden ersten Titel lehnen sich eng an das Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß (Bundesgesetzbl. 1958 II S. 577) an, das sich im Rechtsverkehr zwischen den europäischen Staaten bewährt hat. Der Dritte Titel des Vertrages betrifft die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Auch er ist in Kapitel gegliedert, auf die im einzelnen noch einzugehen sein wird. Bei den Arbeiten an diesem Titel konnten insbesondere die Erfahrungen genutzt werden, welche die Bundesrepublik Deutschland bei den Verhandlungen mit anderen Staaten auf diesem Gebiet gemacht hat. Von Bedeutung waren vor allem die jüngeren Verträge mit Belgien (Bundesgesetzbl. 1959 II S. 765) und den Niederlanden (Bundesgesetzbl. 1965 II S. 26). Der Vierte Titel des Vertrages befaßt sich mit den beiden wichtigsten Fragen der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit, nämlich mit der Anerkennung von Schiedsvereinbarungen (Kapitel I) und der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen (Kapitel II). Als Vorbild dienten hier zwei multilaterale Konventionen, nämlich das (UN-)Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (Bundesgesetzbl. 1961 II S. 121), dem sowohl die Bundesrepublik Deutschland (vgl. die Bekanntmachung vom 23. März 1962 – Bundesgesetzbl. II S. 102) als auch die Tunesische Republik (vgl. die Bekanntmachung vom 22. Dezember l967 – Bundesgesetzbl. 1968 II S. 8) als Mitgliedstaaten angehören, und das (Genfer) Europäische Übereinkommen vom 21. April 1961 über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (Bundesgesetzbl. 1964 II S. 425). Der Fünfte Titel des Vertrages enthält die Schlußvorschriften. Dem Vertrag ist ein Zusatzprotokoll angeschlossen, in dem Einzelheiten zu verschiedenen Vertragsbestimmungen klargestellt werden. Auf deutscher Seite soll das Nähere zur Durchführung des Vertrages in einem Ausführungsgesetz geregelt werden, dessen Entwurf zugleich mit dem Entwurf des Vertragsgesetzes vorgelegt wird.
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II. ERLÄUTERUNGEN ZU DEN ARTIKELN ERSTER TITEL Rechtsschutz in Zivil- und Handelssachen KAPITEL I Freier Zutritt zu den Gerichten Zu Artikel 1 Artikel 1 enthält eine allgemeine Rechtsschutzklausel. Danach sind die Angehörigen eines der beiden Vertragsstaaten in dem anderen Vertragsstaat hinsichtlich des Zutritts zu den Gerichten wie eigene Staatsangehörige zu behandeln (Satz 1). Damit ist jede Ausländerdiskriminierung ausgeschlossen. Ergänzend wird in Satz 2 festgelegt, daß die Staatsangehörigen eines Teils sich zu ihrer Unterstützung vor dem Gericht des anderen Teils eines Bevollmächtigten ihrer freien Wahl bedienen können. Allerdings sind die Beschränkungen einzuhalten, die sich auch für eigene Angehörige des Gerichtsstaates aus den dort geltenden gesetzlichen Vorschriften ergeben. So bleiben in der Bundesrepublik Deutschland insbesondere die Vorschriften über den Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1 ZPO) und über die Prozeßagenten (§ 157 ZPO) unberührt. Aus dem tunesischen Recht ist hervorzuheben, daß nach Artikel 68 des Code de procédure civile et commerciale (C.p.c.) vom 5. Oktober 1959 (Journal officiel de la Republique Tunisienne – im folgenden: J.O.T. – vom 1. und 4. Dezember 1959 S. 1325 ff. und 1399 ff.) ein Anwaltszwang grundsätzlich vor dem Gericht erster Instanz besteht; auch im Berufungs- und Kassationsverfahren müssen Anwälte für die Parteien auftreten (Artikel 130,182 C.p.c.). Zu Artikel 2 Diese Bestimmung ergänzt Artikel 1. Juristische Personen, Gesellschaften (z.B. offene Handelsgesellschaften) und andere Vereinigungen (z.B. Vereine) werden den natürlichen Personen hinsichtlich des freien Zutritts zu den Gerichten, der Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten und der Gewährung des Armenrechts gleichgestellt. Diese Vergünstigungen stehen jedoch nur „inländischen“ juristischen Personen, Gesellschaften und Vereinigungen der Vertragsstaaten zu. Absatz 2 stellt klar, daß die „Partei- und Prozeßfähigkeit“ juristischer Personen, Gesellschaften oder Vereinigungen sich nach dem Recht des Staates richtet, nach dessen Recht sie errichtet sind und in dem sie ihren Sitz haben; diese Fähigkeit ist auch im anderen Vertragsstaat anzuerkennen.
KAPITEL II Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten Eine Bestimmung über die Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten findet sich in allen Rechtshilfeverträgen, sofern einer der vertragschließenden Staaten das Institut der cautio judicatum solvi kennt. Es ist in der Bundesrepublik in § 110 Abs. 1 ZPO geregelt. Dem tunesischen Zivilprozeßrecht ist es nicht bekannt. Ein Deutscher in Tunesien war daher schon bisher nicht zur Sicherheitsleistung verpflichtet. Infolgedessen war der Gegenseitigkeit bei der Befreiung von dieser Verpflichtung nach Schütze
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§ 110 Abs. 2 Nr. 1 ZPO verbürgt. Da sich in der Praxis jedoch immer wieder Zweifel ergeben haben, stellt Artikel 3 diese Rechtslage klar. Zu Artikel 3 Artikel 3 entspricht dem Artikel 17 Abs. 1 und 2 des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß. Die Bestimmung zieht aus Artikel 1 des Vertrages die Folgerung. Sie wird die Rechtsverfolgung im deutsch-tunesischen Verkehr wesentlich erleichtern. Hervorzuheben ist, daß nach Artikel 3 Abs. 1 Satz 2 diese Vergünstigung nur eintritt, wenn der ausländische Kläger oder Intervenient seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gerichtsstaat oder in dem anderen Vertragsstaat hat. Auch diese Regelung entspricht dem Haager Zivilprozeßübereinkommen. Sie beruht auf der Erwägung, daß als Gegenstück zu der Befreiung des Klägers von der Sicherheitsleistung die Möglichkeit treten soll, daß der Beklagte eine Kostenentscheidung gegen den Kläger oder Intervenienten vollstreckt, der mit der Klage oder der Intervention abgewiesen worden ist. Eine solche Vollstreckung läßt sich nur sicherstellen, wenn der Kläger oder Intervenient im Gerichtsstaat selbst oder in dem anderen Vertragsstaat ansässig ist. Im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik wird künftighin die gegenseitige Vollstreckung der Entscheidungen möglich sein. Nach dem Dritten Titel des Vertrages werden auch Kostenentscheidungen im anderen Staat anerkannt und vollstreckt (vgl. insbesondere Artikel 27 Abs. 3, Artikel 29 Abs. 3, Artikel 39 Abs. 3). Hervorzuheben ist, daß nach Artikel 29 Abs. 3 und Artikel 39 Abs. 3 die Anerkennung oder die Vollstreckung der Entscheidungen, durch die dem mit der Klage abgewiesenen Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt werden, besonders erleichtert wird; sie kann nur versagt werden, wenn sie der öffentlichen Ordnung des Anerkennungs- oder Vollstreckungsstaates widerspricht. Vor allem darf die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates nicht geprüft werden; diese Einschränkung ist dadurch gerechtfertigt, daß sich der Kläger oder Intervenient durch sein Auftreten gleichsam der Gerichtsbarkeit des Entscheidungsstaates unterworfen hat. Die deutsche Delegation hat bei den Verhandlungen vorgeschlagen, dem Gläubiger der Kostenentscheidung ein vereinfachtes Verfahren der Vollstreckbarerklärung, insbesondere ohne Anhörung des Schuldners, zu eröffnen, wie dies in Artikel 19 des Haager Zivilprozeßübereinkommens geschehen ist. Die tunesische Seite hat jedoch eingewandt, daß es mißlich sein würde, zwei verschiedene Verfahren der Vollstreckbarerklärung in einem einheitlichen Vertrag vorzusehen. Die deutsche Seite hat sich diesen Bedenken nicht verschlossen, zumal ihrem wesentlichen Anliegen, die Versagungsgründe für die Anerkennung und Vollstreckung bei Kostenentscheidungen einzuschränken, in Artikel 29 Abs. 3 und Artikel 39 Abs. 3 Rechnung getragen worden ist.
KAPITEL III Gewährung des Armenrechts Ebenso wie dem deutschen Recht (§§ 114 ff. ZPO) ist dem tunesischen Recht das Institut des Armenrechts bekannt. Es ist in dem Dekret über das Armenrecht vor den tunesischen Gerichten vom 13. Februar 1922 (J.O.T. vom 18. Februar 1922 S. 213) geregelt, das durch die Dekrete vom 6. März 1926 J.O.T. vom 20. März 1926 S. 672), 27. Juni 1954 (J.O.T. vom 29. Juni 1954 S. 1018) und vom 13. Dezember 1956 (J.O.T. vom 18. Dezember 1956 S. 1697) sowie durch die Gesetze vom 13. März 1958 (J.O.T. vom 11. März 1958 S. 248) und 973
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
vom 5. August 1959 (J.O.T. vom 4. August 1959 S. 833) ergänzt und geändert worden ist. Die materiellen Voraussetzungen für die Bewilligung und Entziehung des Armenrechts entsprechen im wesentlichen denen des deutschen Rechts. Das Armenrecht kann auch für die Berufungsinstanz und für die Zwangsvollstreckung bewilligt werden. Über ein Armenrechtsgesuch entscheidet eine Kommission, die bei jedem Gericht erster Instanz gebildet ist und sich aus dem Staatsanwalt, einem Vertreter des Finanzministeriums und einem Rechtsanwalt zusammensetzt. Die Entscheidungen dieser Kommission sind unanfechtbar. Die oben genannten tunesischen Vorschriften machen ihrem Wortlaut nach für die Bewilligung des Armenrechts keinen Unterschied zwischen tunesischen Staatsangehörigen und Ausländern, so daß schon jetzt die Gegenseitigkeit beim Armenrecht als gegeben angesehen werden könnte. Es wird jedoch in der tunesischen Rechtslehre teilweise die Ansicht vertreten, daß das Armenrecht nur eigenen Staatsangehörigen gewährt werden könne, weil es ein Ausfluß der Fürsorge des Staates sei. Deshalb ist es zweckmäßig, die Gegenseitigkeit bei der Bewilligung des Armenrechts ausdrücklich in dem Vertrag festzulegen. Dies ist in den Artikeln 4 bis 7 geschehen, die im wesentlichen den Artikeln 20 bis 23 des Haager Zivilprozeßübereinkommens entsprechen. Zu Artikel 4 Artikel 4, der den Artikel 20 Abs. 1 des Haager Zivilprozeßübereinkommens zum Vorbild hat, legt die Verpflichtung eines jeden der beiden Vertragsstaaten fest, die Angehörigen des anderen Vertragsstaates in Zivil- und Handelssachen ebenso wie die eigenen Staatsangehörigen zum Armenrecht zuzulassen. Hierdurch ist auch auf dem Gebiet des Armenrechts die sogenannte Inländerbehandlung sichergestellt. Diese Vergünstigung gilt, anders als bei der Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten, ohne Rücksicht darauf, ob der Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem der beiden Vertragsstaaten hat. Für die Bewilligung des Armenrechts ist das innerstaatliche Recht des Staates maßgebend, in dem um die Vergünstigung nachgesucht wird. Nach diesem Recht ist auch zu beurteilen, ob eine Zivil- oder Handelssache im Sinne des Vertrages vorliegt. Zu Artikel 5 Nach deutschem (§ 118 Abs. 2 ZPO) wie nach tunesischem (Artikel 4 Nr. 1 des Dekrets vom 13. Februar 1922) Recht muß der Antragsteller eine Bescheinigung über sein Unvermögen, die Prozeßkosten zu tragen, beibringen. In Artikel 5 ist geregelt, welche Behörden diese Bescheinigung auszustellen haben (vgl. den entsprechenden Artikel 21 des Haager Zivilprozeßübereinkommens). Nach Absatz 1 soll grundsätzlich die zuständige Behörde, in deren Bereich der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, die Bescheinigung erteilen; hat dieser keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so muß er sich an die zuständige Behörde seines derzeitigen Aufenthaltsortes wenden. Diese Behörden werden am besten in der Lage sein, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu beurteilen. Absatz 2 enthält eine Sonderregelung für den Fall, daß sich der Antragsteller weder in der Bundesrepublik Deutschland noch in der Tunesischen Republik aufhält. In diesem Fall kann er sich an den zuständigen diplomatischen oder konsularischen Vertreter seines Heimatstaates wenden. Durch Absatz 3 soll sichergestellt werden, daß dem Gericht oder der Behörde, die über die Bewilligung des Armenrechts zu entscheiden hat, nur echte Bescheinigungen des Unvermögens vorgelegt werden. Hält sich der Antragsteller in dem anderen Vertragsstaat Schütze
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oder in einem dritten Land auf, so muß die Bescheinigung des Unvermögens von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Vertragsstaates, dessen Gericht oder Behörde über die Bewilligung des Armenrechts zu entscheiden hat, legalisiert, d.h. mit einer Echtheitsbestätigung in bestimmter Form versehen werden. Eine solche Bestätigung ist erforderlich, weil sich die Behördenorganisation in dem anderen Vertragsstaat oder in dritten Ländern meist nur schwer übersehen läßt. Auf die Legalisation kann dagegen verzichtet werden, wenn die Bescheinigung nach Absatz 2 von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter ausgestellt worden ist. Die Zugehörigkeit der Urkundsperson zu einer Auslandsvertretung des Staates, dem der Antragsteller angehört, läßt sich leicht feststellen und die Echtheit der Urkunde ohne Schwierigkeiten überprüfen, so daß diese Ausnahme gerechtfertigt ist. Zu Artikel 6 Absatz 1 dieser Bestimmung, die dem Artikel 22 des Haager Zivilprozeßübereinkommens nachgebildet ist, stellt eine wichtige Ergänzung des Artikels 5 Abs. 1 und 2 dar. Es ist hier z.B. an den Fall zu denken, daß ein tunesischer Staatsangehöriger, der sich in der Bundesrepublik aufhält, die Ausstellung des Zeugnisses zur Erlangung des Armenrechts (vgl. § 118 Abs. 2 ZPO) bei der zuständigen deutschen Behörde beantragt. Diese kann alsdann die tunesischen Behörden um Auskunft über die Vermögensverhältnisse des Antragstellers in der Tunesischen Republik ersuchen. Die tunesische Behörde ist verpflichtet, dem Ersuchen zu entsprechen. Artikel 6 Abs. 2 betrifft die Befugnisse der Gerichte und Behörden, die über die Bewilligung des Armenrechts entscheiden. Zunächst ist ausdrücklich klargestellt, daß diese Stellen an die Bescheinigung des Unvermögens nicht gebunden sind, sondern die Unterlagen in eigener Zuständigkeit prüfen können. Dies versteht sich nach deutscher Rechtsauffassung von selbst. Ferner können die Gerichte oder Behörden verlangen, daß die Angaben über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers ergänzt werden, falls sie die Unterlagen nicht für ausreichend erachten. Diese Bestimmung schützt zugleich den Antragsteller davor, daß sein Armenrechtsgesuch sofort abgelehnt wird, weil die Unterlagen zum Nachweis der Bedürftigkeit unvollständig seien. Die Bestimmung beruht auf Artikel 22 Abs. 2 des Haager Zivilprozeßübereinkommens, der auf Grund der Erfahrungen, die bei der Anwendung des (alten) Haager Abkommens vom 17. Juli 1905 (RGBl. 1909 S. 410) gemacht worden sind, ergänzt worden ist. Zu Artikel 7 Der Antragsteller kann sein Gesuch um Bewilligung des Armenrechts stets selbst bei dem Gericht oder der Behörde anbringen, die darüber zu entscheiden hat. Hierzu wird er ohne Schwierigkeiten in der Lage sein, wenn er sich in dem Staat des anzurufenden Gerichts aufhält. Ist dies nicht der Fall, so wird es für ihn regelmäßig schwierig sein, das zuständige Gericht oder die zuständige Behörde im Gerichtsstaat zu ermitteln und die vorgeschriebenen Förmlichkeiten zu erfüllen. Deshalb soll es einem Antragsteller, der sich nicht im Gerichtsstaat auf halt, durch Artikel 7 erleichtert werden, sein Armenrechtsgesuch anzubringen. Er kann sich an die zuständige Stelle seines Heimatstaates wenden. Diese Stelle vermittelt alsdann die Weiterleitung eines ordnungsmäßigen Antrages in den Staat des anzurufenden Gerichts. Eine entsprechende Erleichterung sieht Artikel 23 des Haager Zivilprozeßübereinkommens für den Anwendungsbereich dieser Konvention vor, sie hat sich bewährt. 975
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Auf deutscher Seite soll für die Entgegennahme eines Armenrechtsgesuchs, das für ein Verfahren vor einem tunesischen Gericht gestellt wird, nach § 1 des Ausführungsgesetzes das Amtsgericht zuständig sein, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt und – beim Fehlen eines solchen – seinen derzeitigen Aufenthalt hat. Dies entspricht der Regelung in § 10 des deutschen Gesetzes zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß vom 18. Dezember 1958 (Bundesgesetzbl. I S. 939). Der im Gerichtsstaat residierende Konsul des Heimatstaates übermittelt der zuständigen Stelle des Gerichtsstaates den Antrag (sogenannter konsularischer Übermittlungsweg). In der Bundesrepublik Deutschland wird als Empfangsstelle, die auf tunesischer Seite vorbereitete und von den tunesischen Konsulaten zu übermittelnde Anträge entgegenzunehmen und an das zuständige Gericht weiterzuleiten hat, der Präsident des Landgerichts oder Amtsgerichts tätig, in dessen Bezirk das Armenrecht nachgesucht werden soll (Absatz 2 Nr. 1). Auch diese Regelung fügt sich ohne Schwierigkeiten in das deutsche System ein, weil sie dem § 9 des deutschen Ausführungsgesetzes zu dem Haager Zivilprozeßübereinkommen entspricht. Für die Tunesische Republik ist als Empfangsstelle der Staatsanwalt bei dem Gericht erster Instanz bestimmt worden. Aus Nummer 3 des Zusatzprotokolls zum Vertrag ergibt sich, daß jeder Vertragsstaat bei einer Änderung seiner Gerichtsorganisation eine andere Empfangsstelle bestimmen kann. Er muß alsdann den anderen Vertragsstaat über die neue Empfangsstelle unterrichten. Ist die ersuchte Empfangsstelle örtlich nicht zuständig, so leitet sie das Ersuchen der zuständigen Behörde zu und gibt dem Konsul Abgabenachricht (Absatz 3). Die zuständige Empfangsstelle hat den Antrag schließlich dem Gericht oder der Behörde zu übersenden, die über den Antrag zu entscheiden hat. Nach Absatz 4 des Artikels 7 in Verbindung mit Artikel 23 muß das Gericht oder die Behörde den Antrag ebenfalls weiterleiten, wenn seine oder ihre Zuständigkeit nicht gegeben ist; auch in diesem Fall ist der Konsul, der das Ersuchen übermittelt hat, unverzüglich zu benachrichtigen. Nach Artikel 7 Abs. 4 in Verbindung mit Artikel 20 müssen das Ersuchen und sämtliche Anlagen in der Sprache des ersuchten Staates abgefaßt oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet sein. Jedoch reichen nach Nummer 1 des Zusatzprotokolls zum Vertrag Übersetzungen in die französische Sprache aus. Diese Regelung ist getroffen worden, weil es in beiden Staaten Schwierigkeiten bereitet, geeignete Übersetzer für die arabische oder die deutsche Sprache zu finden. Die Übersetzung muß von einem amtlich bestellten oder vereidigten Übersetzer oder von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter eines Vertragsstaates als richtig bescheinigt sein. Eine Legalisation des Ersuchens ist nicht erforderlich.
ZWEITER TITEL Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen Der Zweite Titel betrifft den Rechtshilfeverkehr in Zivil- und Handelssachen und behandelt die Übermittlung und Erledigung von Anträgen auf Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke (Kapitel I, Artikel 8 bis 17) sowie die Übermittlung und Erledigung von Rechtshilfeersuchen (Kapitel II, Artikel 18 bis 26). Die Bestimmungen sind denen der Abschnitte I und II (Artikel 1 bis 16) des Haager Zivilprozeßübereinkommens nachgebildet. Jedoch sind neuere Erfahrungen im internationalen Rechtshilfeverkehr berücksichtigt worden. Schütze
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Der Vertrag gilt auch insoweit nur für den Rechtshilfeverkehr in Zivil- und Handelssachen (vgl. Artikel 8 und 18). Nach den Grundsätzen, die sich auf diesem Rechtsgebiet entwickelt haben, wird die Frage, ob eine Zivil- oder Handelssache vorliegt, in erster Linie auf der Grundlage der Rechtsordnung des ersuchenden Staates zu beurteilen sein. Den beiden Kapiteln des Zweiten Titels sind folgende Grundsätze gemeinsam: 1. Die Ersuchen werden auf dem sogenannten konsularischen Weg übermittelt (Artikel 9 und 19). Die ersuchenden Behörden oder Gerichte senden Ersuchen auf dem Wege, der nach innerstaatlichem Recht vorgeschrieben ist, an den Konsul ihres Staates, der im ersuchten Staat residiert. Dieser übermittelt Ersuchen an eine Empfangsstelle des ersuchten Staates, die sie ihrerseits an die nach dem Recht dieses Staates zuständige Erledigungsbehörde weiterleitet. Die Einführung des konsularischen Übermittlungsweges erschien beiden Delegationen als beste Lösung. Die Einhaltung des diplomatischen Weges ist im internationalen Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen fast nur noch im vertraglosen Rechtshilfeverkehr üblich. Andererseits empfahl es sich nicht, für den Rechtshilfeverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik den sogenannten unmittelbaren Geschäftsverkehr, d.h. die Übermittlung der Ersuchen von Gericht zu Gericht, vorzusehen, wie dies z.B. im Rechtshilfeverkehr nach dem Haager Zivilprozeßübereinkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einigen benachbarten europäischen Staaten auf Grund besonderer Zusatzvereinbarungen der Fall ist. Die örtliche Zuständigkeit der Erledigungsbehörden in der Tunesischen Republik kann von den deutschen Gerichten nur schwer ermittelt werden. Dasselbe gilt für den umgekehrten Fall. Diese Schwierigkeiten hat der Konsul des jeweiligen ersuchenden Staates nicht, da er die Gerichtsorganisation des ersuchten Staates kennt oder sich zumindest durch eine Rückfrage schnell Gewißheit über die Zuständigkeit verschaffen kann. Als zweiter Grundsatz ist hervorzuheben, daß Zustellungsanträge und Rechtshilfeersuchen sowie ihre Anlagen in der Sprache des ersuchten Staates abgefaßt oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet sein müssen (vgl. Artikel 11 Abs. 1 und Artikel 20 Abs. 1). Die Übersetzung muß von einem amtlich bestellten oder vereidigten Übersetzer oder von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter eines der beiden Staaten als richtig bescheinigt sein. Nach Nummer 1 des Zusatzprotokolls genügen Übersetzungen in die französische Sprache. Eine Legalisation der Ersuchen und ihrer Anlagen ist nicht erforderlich (Artikel 11 Abs. 3 und Artikel 20 Abs. 3). Für die Erledigung von Zustellungsanträgen und Rechtshilfeersuchen werden im Regelfall keine Gebühren oder Auslagen erhoben (vgl. Artikel 15 und 25). Dieser grundsätzliche Verzicht auf Kostenerstattung soll der Verwaltungsvereinfachung dienen und in den meisten Fällen, in denen ohnehin keine hohen Kosten anfallen, zusätzlichen Schriftverkehr wegen der Kostenerstattung vermeiden helfen.
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KAPITEL I Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke ERSTER ABSCHNITT Zustellungsantrag Zu Artikel 8 In Artikel 8 ist die Verpflichtung der Behörden beider Staaten festgelegt, Anträge der Gerichte oder Behörden des anderen Staates auf Zustellung gerichtlicher oder außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen zu erledigen. Zu Artikel 9 In Artikel 9 Abs. 1 ist der konsularische Übermittlungsweg vorgesehen, wie er bereits oben erläutert worden ist. Nach Absatz 2 Nr. 1 werden die tunesischen Konsuln in der Bundesrepublik Deutschland Zustellungsanträge an den örtlich zuständigen Landgerichts- oder Amtsgerichtspräsidenten als Empfangsstelle leiten. Die Präsidenten der Land- oder Amtsgerichte sind auf deutscher Seite allgemein als Empfangsstellen für den Rechtshilfeverkehr in Zivilund Handelssachen bestimmt (vgl. § 57 Abs. 1, § 9 der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen – ZRHO – vom 19. Oktober 1956, ferner § 1 des Ausführungsgesetzes vom 18. Dezember 1958 zu dem Haager Zivilprozeßübereinkommen), so daß die vertragliche Regelung sich in das bereits bestehende System einfügt. Zustellungsanträge, die von deutschen Justizbehörden ausgehen, sind an den Generalstaatsanwalt der Tunesischen Republik zu richten. Dieser ist für ganz Tunesien zuständig. Nach Nummer 3 des Zusatzprotokolls kann jeder Vertragsstaat einseitig als Empfangsstelle eine andere Behörde bestimmen, wenn Änderungen seiner Gerichtsorganisation dies erforderlich machen. Die neue Behörde ist dem anderen Vertragsstaat unverzüglich anzugeben, damit die Publizität gewahrt bleibt. Zu Artikel 10 In dieser Bestimmung ist festgelegt, welche Mindestangaben ein ordnungsmäßiger Zustellungsantrag enthalten muß. Die Liste entspricht dem Artikel 1 Abs. 1 des Haager Zivilprozeßübereinkommens. Zu Artikel 11 Die Lösung der Sprachenfrage ist bereits oben in den Grundzügen erläutert worden. Artikel 11 Abs. 1 weicht etwas von der Regelung des Haager Zivilprozeßübereinkommens ab. Während nach Artikel 3 Abs. 2 dieses Haager Übereinkommens das zuzustellende Schriftstück nur dann von einer Übersetzung begleitet sein muß, wenn die förmliche Zustellung beantragt wird, soll im deutsch-tunesischen Rechtsverkehr stets eine Übersetzung beigefügt werden. Diese Regelung hängt einmal damit zusammen, daß nach Artikel 12 Abs. 2 die förmliche Zustellung den Regelfall bildet. Zum anderen beruht sie auf der praktischen Erwägung, daß es für die am Zustellungsverkehr beteiligten Behörden und für die Zustellungsempfänger auf beiden Seiten schwierig wäre, längere Schriftstücke, z.B. Klageschriften, aus der arabischen oder der deutschen Sprache so rechtzeitig Schütze
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übersetzen zu lassen, daß innerhalb der Einlassungsfristen die Verteidigung im Prozeß noch vorbereitet werden kann. Zu Artikel 12 Der Zustellungsantrag ist durch die Behörde zu erledigen, die nach dem Recht des ersuchten Staates zuständig ist. Nach diesem Recht ist sowohl die sachliche als auch die örtliche Zuständigkeit zu beurteilen (Absatz 1). Nach § 3 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes, dessen Entwurf zugleich mit dem Entwurf des Vertragsgesetzes vorgelegt wird, soll das Amtsgericht zuständig sein, in dessen Bezirk die Zustellung bewirkt werden soll. Dies entspricht der Regelung, die in § 2 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes zu dem Haager Zivilprozeßübereinkommen für den Geltungsbereich dieses Übereinkommens getroffen worden ist. Die Zustellung wird durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu besorgen sein, wie dies in § 66 Abs. 2 ZRHO bereits allgemein für den Rechtshilfeverkehr vorgeschrieben ist (§ 3 Abs. 2 des Entwurfs des Ausführungsgesetzes; § 2 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes zum Haager Zivilprozeßübereinkommen). Absatz 2 des Artikels 12 schreibt vor, auf welche Weise ein Zustellungsantrag zu erledigen ist. Wie allgemein im zwischenstaatlichen Rechtshilfeverkehr, so ist auch hier zwischen der formlosen und der förmlichen Zustellung zu unterscheiden (vgl. § 5 Nr. 1 ZRHO). Unter formloser Zustellung ist die einfache Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger zu verstehen, wenn dieser zur Annahme bereit ist; bei ihr ist eine Ersatzzustellung (§§ 181 bis 185 ZPO) gegen den Willen des Empfängers ausgeschlossen (vgl. J 68 ZRHO). Die förmliche Zustellung wird im Regelfall in der Form bewirkt, die durch die innerstaatliche Gesetzgebung des ersuchten Staates für Zustellungen vorgeschrieben ist (vgl. § 72 Abs. 1 ZRHO); bei ihr ist die Ersatzzustellung zulässig. Die förmliche Zustellung kann aber auch in einer besonderen Form bewirkt werden, die der ersuchende Staat gewünscht hat; hier ist z.B. an die Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks in Gegenwart von Zeugen zu denken (vgl. § 72 Abs. 2 ZRHO). Nach Artikel 12 Abs. 2 Nr. 1 des Vertrages ist jeder Zustellungsantrag als Ersuchen um förmliche Zustellung nach dem Recht des ersuchten Staates anzusehen, ohne daß dies in dem Antrag ausdrücklich erklärt sein muß. Diese Lösung weicht von Artikel 3 Abs. 2 Satz 1 des Haager Zivilprozeßübereinkommens und von 572 Abs. 1 ZRHO insofern ab, als dort ein ausdrücklicher Wunsch vorausgesetzt wird. Sie ist jedoch schon vom Standpunkt des deutschen Prozeßrechts aus, nach dem das Schriftstück dem Empfänger im Ausland zugehen muß (§§ 199, 202 ZPO), zweckmäßiger, weil so verhindert wird, daß der Beklagte, der nicht zur Annahme des Schriftstücks bereit ist, den Beginn des Verfahrens vor dem Gericht des anderen Staates dadurch verzögern kann, daß er die Annahme der zuzustellenden Klage verweigert. Müßte in dem Zustellungsantrag der Wunsch ausdrücklich geäußert sein, die Zustellung förmlich zu bewirken, so wäre der Antrag nach der Annahmeverweigerung erst wieder in den ersuchenden Staat zurückzusenden. Dies ist aber deshalb nicht gerechtfertigt, weil das zuzustellende Schriftstück – anders als nach den Artikeln 2 und 3 des Haager Übereinkommens – gemäß Artikel 11 Abs. 1 des Vertrages in jedem Fall von einer Übersetzung begleitet sein muß, so daß die Interessen des Zustellungsempfängers hinreichend gewahrt sind. Nach dem zweiten Halbsatz der Nummer 1 darf aber die ersuchte Behörde zunächst versuchen, den Zustellungsantrag formlos erledigen zu lassen, wie dies auf deutscher Seite in § 67 Abs. 2 Satz 2 ZRHO schon allgemein vorgesehen ist. Scheitert die formlose Zustellung, so ist ohne neuen Antrag die förmliche durchzuführen. 979
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Soll die Zustellung in einer besonderen Form bewirkt werden, so muß dies nach Artikel 12 Abs. 2 Nr. 2 in dem Ersuchen besonders beantragt werden. Die Erledigung des Zustellungsantrages kann in diesem Fall abgelehnt werden, wenn die gewünschte besondere Form dem Recht des ersuchten Staates zuwiderläuft (vgl. auch § 72 Abs. 2 am Ende ZRHO); es genügt aber nicht, daß dem Recht des ersuchten Staates eine solche Zustellungsart nicht bekannt ist. Zu Artikel 13 Artikel 13 legt die Gründe fest, aus denen die Erledigung eines Zustellungsantrages abgelehnt werden kann. Nach Absatz 1 ist der Verstoß gegen die öffentliche Ordnung des ersuchten Staates der einzige Ablehnungsgrund. Diese Bestimmung entspricht wörtlich dem Artikel 4 des Haager Zivilprozeßübereinkomens. Die Grundsätze, die für dessen Auslegung entwickelt worden sind, werden daher auch hier zu beachten sein. Insbesondere ist hervorzuheben, daß nicht jeder Verstoß gegen zwingende Rechtsvorschriften zur Ablehnung der Erledigung ausreicht, der Verstoß muß vielmehr geeignet sein, die Hoheitsrechte oder die Sicherheit des ersuchten Staates zu gefährden. Absatz 2 des Artikels 13 dient zur Erläuterung des Absatzes 1. Durch ihn wird zunächst klargestellt, daß es nicht als ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung des ersuchten Staates anzusehen ist, wenn dieser für die Sache, in welcher der Zustellungsantrag gestellt wird, die ausschließliche Zuständigkeit für seine Gerichte in Anspruch nimmt. Dieser Grundsatz ist schon in den Beratungen der Ersten Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht im Jahre 1893 für Rechtshilfeersuchen festgelegt (Bericht der IV Kommission der I. Tagung – Actes de la Conférence de la Haye de droit international privé, 1893, Teil I S. 57 und 65) und auf der Zweiten Tagung bestätigt worden (Actes 1894 S. 51 f). Da sich jedoch bei der Auslegung dieser Bestimmung in neuerer Zeit Schwierigkeiten ergeben haben, hielten es die Sachverständigen, die auf der Zehnten Tagung der Haager Konferenz im Jahre 1964 eine Reform des Rechts der Auslandszustellung vorbereiteten, für zweckmäßig, die Streitfrage durch eine ausdrückliche Bestimmung zu klären. Auf Vorschlag der deutschen Delegation auf der Haager Konferenz ist in Artikel 13 Abs. 2 des neuen Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland für Zivilund Handelssachen (Actes et Documents de la dixieme Session de la Conference de la Haye de droit international privé, Tome III Notification S. 345), das den Abschnitt I des Haager Zivilprozeßübereinkommens weiterentwickelt hat und ihn demnächst ersetzen soll, eine Bestimmung aufgenommen worden, die klarstellt, daß die Inanspruchnahme einer ausschließlichen Zuständigkeit keinen Ablehnungsgrund darstellt. Artikel 13 Abs. 2 des neuen Haager Übereinkommens soll die Ausdehnung des Begriffs „öffentliche Ordnung“ im Absatz 1 verhindern (vgl. Rapport Taborda Ferreira aaO. S. 363, 375). Die Lösung erscheint gerechtfertigt, weil durch die Erledigung des Zustellungsantrages die weitere Frage, ob die im ersuchenden Staat ergehende Entscheidung anzuerkennen ist, nicht berührt wird. Artikel 13 Abs. 2 des Haager Reformabkommens von 1965 wurde in Artikel 13 Abs. 2 des vorliegenden Vertrages übernommen. Der Haager Konferenz erschien es aus denselben Gründen erforderlich, als Ablehnungsgrund auch die Tatsache auszuschließen, daß dem Recht des ersuchten Staates ein Verfahren, wie es im ersuchenden Staat anhängig ist, nicht bekannt ist. Auch diese Bestimmung des neuen Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland Schütze
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ist auf Vorschlag der deutschen Delegation in den deutsch-tunesischen Vertrag aufgenommen worden (Artikel 13 Abs. 2 am Ende). Zu Artikel 14 Absatz 1, der den Nachweis der Zustellung betrifft, steht in Einklang mit dem Artikel 5 Abs. 1 des Haager Zivilprozeßübereinkommens sowie mit den §§ 75 bis 77 ZRHO. In § 3 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes soll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts die Aufgabe übertragen werden, die Zustellung zu bewirken oder zu besorgen und auch den Nachweis über die Zustellung zu erteilen. Bei dieser Übereinstimmung der vertraglichen Vorschrift über den Zustellungsnachweis mit den Bestimmungen, die auf deutscher Seite bereits allgemein für den Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen gelten, können die deutschen Stellen in der üblichen Weise verfahren. Hierzu ist zu bemerken: Wird die Zustellung durch einfache Übergabe von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle selbst bewirkt, so hat der Empfänger ein datiertes Empfangsbekenntnis zu unterzeichnen, seine Unterschrift wird von dem Urkundsbeamten beglaubigt. Wird die formlose Zustellung von einem Gerichtsvollzieher oder einem Gerichtswachtmeister ausgeführt, so läßt sich dieser eine datierte Empfangsbescheinigung unterzeichnen, auf Grund deren der Urkundsbeamte sodann ein Zustellungszeugnis erteilt. Bei einer förmlichen Zustellung nach der Zivilprozeßordnung hat der Urkundsbeamte ein Zustellungszeugnis auf Grund der Zustellungsurkunde auszustellen. Die Muster für das Empfangsbekenntnis und die Zustellungszeugnisse sind bundeseinheitlich im Anhang der ZRHO festgelegt. Bei der Zustellung in einer besonderen Form (vgl. Artikel 12 Abs. 2 Nr. 2) ist ein Nachweis über die Zustellung je nach den Umständen des Falles zu fertigen. Der Zustellungsnachweis ist dem Konsul des ersuchenden Staates zu übersenden (Artikel 14 Abs. 2). Läßt sich die Zustellung nicht durchführen, so wird nach Absatz 3 des Artikels 14 dem Konsul ein Zeugnis über die Undurchführbarkeit übersandt, aus dieser Bescheinigung muß sich ergeben, welche Umstände die Erledigung verhindert haben (vgl. auch Artikel 1 Abs. 2 Satz 3 des Haager Zivilprozeßübereinkommens). Auch eine solche Urkunde ist für die deutschen Behörden in § 79 ZRHO bereits vorgesehen. Zu Artikel 15 Im Interesse der Erleichterung des Rechtshilfeverkehrs verzichten die beiden Vertragsstaaten, wie bereits oben ausgeführt, grundsätzlich auf die Erstattung von Gebühren oder Auslagen, die bei der Erledigung von Zustellungsanträgen entstehen (vgl. auch Artikel 7 des Haager Zivilprozeßübereinkommens). Von diesem Verzicht sind jedoch nach Absatz 2 die Auslagen ausgenommen, die bei der Zustellung in einer besonderen Form (Artikel 12 Abs. 2 Nr. 2) entstanden sind. In diesen Ausnahmefällen können höhere Kosten, etwa durch die Hinzuziehung von Zeugen, entstehen. Da die Beachtung der besonderen Form auf einen ausdrücklichen Antrag des ersuchenden Staates zurückgeht, erscheint es billig, ihm auch die dadurch entstehenden besonderen Kosten in Rechnung zu stellen. Diese Kosten sind nach Absatz 2 Satz 2 ohne Rücksicht darauf zu erstatten, ob der ersuchende Staat sie von den beteiligten Parteien zurückerhält. Zu Artikel 16 Neben der Zustellung, bei der eine ausländische Behörde mitwirkt, kommt im Auslandsverkehr der Zustellung durch die Auslandsvertretungen in eigener Zuständigkeit 981
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eine große praktische Bedeutung zu. Sie wird im vertraglosen wie im vertraglichen Rechtshilfeverkehr (vgl. z.B. Artikel 6 Abs. 1 Nr. 3 und Absatz 2 des Haager Zivilprozeßübereinkommens) von den meisten Staaten zugelassen, sofern der Zustellungsempfänger die Staatsangehörigkeit des Staates besitzt, für den der diplomatische oder konsularische Vertreter tätig wird, und wenn die Zustellung ohne Anwendung von Zwang bewirkt wird. In diesem beschränkten Umfang sollen auch die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik die Befugnis haben, Zustellungsanträge ihrer Gerichte zu erledigen. Für die deutschen Auslandsvertretungen ist die innerstaatliche Ermächtigung hierzu in § 19 des Konsulargesetzes vom 8. November 1867 enthalten. Bei der Beurteilung der Frage, ob der Zustellungsempfänger die Staatsangehörigkeit des Entsendestaates des Konsuls besitzt, können Konfliktsfälle auftreten. Nach Satz 2 des Artikels 16 sind diese nach dem Recht des Staates zu lösen, in dessen Hoheitsgebiet die Zustellung bewirkt werden soll.
ZWEITER ABSCHNITT Besonderer Schutz des Beklagten bei Zustellung gerichtlicher Schriftstücke Zu Artikel 17 Artikel 17 soll den Beklagten eines Rechtsstreits davor schützen, daß im anderen Staat gegen ihn ein Urteil ergeht, ohne daß er von dem Verfahren überhaupt Kenntnis erhalten hat. Die Bestimmung geht auf Verhandlungen der Zehnten Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht (1964) zurück, die zu den Artikeln 15 und 16 des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland für Zivil- und Handelssachen führten. Ein besonderer Schutz des im Ausland ansässigen Beklagten bei Versäumnisverfahren ist notwendig, weil es, etwa im französischen Rechtskreis (sogenannte Zustellung durch Übergabe an die Staatsanwaltschaft, remise au parquet nach Artikel 69 Nr. 10 des Code de procédure civile), fiktive Zustellungsarten gibt, bei denen der Zugang der Schriftstücke nicht gewährleistet ist. Die Störungen, die von den fiktiven Zustellungsformen für den zwischenstaatlichen Rechtsverkehr ausgehen, werden zwar durch vertragliche Vereinbarungen über die Erledigung von Zustellungsanträgen abgeschwächt, aber nicht beseitigt, weil die Rechtshilfeverträge das nationale Zustellungsrecht grundsätzlich unberührt lassen (vgl. Actes et Documents de la dixième Session, 1964, Tome III Notification, S. 65 ff., S. 345 ff.). Eine entsprechende Schutzvorschrift empfiehlt sich auch für den deutsch-tunesischen Rechtsverkehr. Nach deutschem Recht wird eine Zustellung an eine Person, die sich im Ausland aufhält, grundsätzlich nur mittels eines Ersuchens an die ausländische Behörde (vgl. §§ 199, 202 Abs. 1 ZPO) im Ausland bewirkt; das Verfahren kann ohne den Nachweis der Zustellung nicht fortgesetzt werden (vgl. § 202 Abs. 2 ZPO). Das innerstaatliche Recht der Tunesischen Republik sieht solche Kautelen bei der Auslandszustellung nicht vor, wenn es auch die sogenannte remise au parquet des französischen Rechts nicht kennt. Nach Artikel 9 der tunesischen Zivilprozeßordnung wird einem Beklagten, der sich nicht in der Tunesischen Republik aufhält, aber im Ausland einen bekannten Wohnsitz hat, eine Klage, eine Vorladung oder ein ähnliches Schriftstück dadurch zugestellt, daß eine beglaubigte Abschrift an die Gerichtstafel des Gerichts am Wohnsitz des Klägers angeheftet wird. Zusätzlich wird dem ausländischen Beklagten auf dem Postwege eine weitere Abschrift des Schriftstücks übersandt. Schütze
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Zwar werden nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages die tunesischen Gerichte, wenn Personen in der Bundesrepublik Deutschland vor tunesischen Gerichten verklagt werden, Zustellungsanträge auf dem in Artikel 9 vorgesehenen Wege an die zuständigen deutschen Behörden richten. Wie auch in anderen Rechtshilfeverträgen wird jedoch nicht festgelegt, in welchem Zeitpunkt die Zustellung als bewirkt gilt und der Lauf der Einlassungsfristen beginnt. Die deutsche Delegation hat, um vertraglich sicherzustellen, daß ein Beklagter mit Wohnsitz oder Sitz in der Bundesrepublik Deutschland in einem Rechtsstreit vor den tunesischen Gerichten nicht schlechter gestellt werden kann als ein Beklagter mit Wohnsitz oder Sitz in Tunesien in einem Rechtsstreit vor den deutschen Gerichten, in den Verhandlungen eine Bestimmung vorgeschlagen, die im wesentlichen dem Artikel 15 des genannten Haager Übereinkommens entspricht. Die tunesische Seite hat diesen Vorschlag angenommen. Auf ihm beruht Artikel 17 des Vertrages. Danach darf ein Gericht des Staates, von dem ein Zustellungsantrag ausgegangen ist, eine Entscheidung erst erlassen, wenn feststeht, daß die Klage, die Ladung oder ein entsprechendes Schriftstück dem Beklagten entweder auf dem in Kapitel I des Zweiten Titels (Artikel 8 bis 16) vorgesehenen Wege zugestellt oder aber ihm tatsächlich ausgehändigt worden ist. Ferner muß der Beklagte hinreichend Zeit gehabt haben, um seine Verteidigung vorbereiten zu können (Absatz 1). Die Einlassungsfrist wird daher genügend lang zu bestimmen sein. Damit sind die Belange des Beklagten geschützt. Andererseits ist jedoch auch daran zu denken, daß der Kläger ein Interesse daran hat, alsbald eine Entscheidung des Rechtsstreits herbeiführen zu können. Diesem berechtigten Interesse trägt Absatz 2 des Artikels 17 Rechnung. Es kann vorkommen, daß ein Nachweis über die Zustellung im anderen Vertragsstaat nicht eintrifft und daß auch nicht festgestellt werden kann, ob dem Beklagten die Klage oder die Ladung tatsächlich ausgehändigt worden ist. Stellt das Prozeßgericht in diesem Fall fest, daß der Zustellungsantrag im ersuchenden Staat ordnungsmäßig abgefaßt und von dem Konsul dieses Staates an die Empfangsstelle des ersuchten Staates übermittelt worden ist so kann es nach Ablauf von acht Monaten seit dem Tage der Übermittlung gleichwohl eine Entscheidung erlassen. Diese Frist ist auf Grund der Erfahrungen, die bisher zur Erledigungsdauer im vertraglosen Rechtshilfeverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik gemacht worden sind, gewählt worden. Nach Absatz 3 des Artikels 17 ist das Prozeßgericht jedoch nicht gehindert, einstweilige oder sichernde Maßnahmen zu erlassen. Die Absätze 1 und 2 gelten also nur für den Rechtsstreit zur Hauptsache. Diese Lösung entspricht ebenfalls der des Haager Übereinkommens vom 15. November 1965; sie ist sachgerecht, weil anderenfalls dem Kläger Vermögensstücke entzogen werden könnten, auf die er Zugriff nehmen möchte. Die Schutzvorschrift des Artikels 17 wird sich auch für den Anerkennungs- und Vollstreckungsteil des Vertrages (Artikel 27 ff.) günstig auswirken, indem sie es weitgehend ausschließt, daß der Versagungsgrund des Artikels 29 Abs. 2 eine Rolle spielt.
KAPITEL II Rechtshilfeersuchen Das Kapitel II des Zweiten Titels entspricht im Aufbau dem Kapitel I. Zu Artikel 18 Wie in Artikel 8 für Zustellungsanträge ist in Artikel 18 die Verpflichtung der Gerichte beider Staaten festgelegt, Rechtshilfeersuchen der Gerichte des anderen Staates zu 983
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erledigen (vgl. auch Artikel 8 des Haager Zivilprozeßübereinkommens). Im Unterschied zu Artikel 8 dieses Vertrages, nach dem Zustellungsanträge von Gerichten und Behörden ausgehen können, werden Rechtshilfeersuchen ihrer Natur nach nur von den Gerichten der beiden Staaten gestellt werden. Es ist nach dem Recht des ersuchenden Staates zu beurteilen, welche Stellen Gerichte im Sinne des Artikels 18 sind. Gegenstand eines Rechtshilfeersuchens kann z.B. die Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen, die Vorlegung von Urkunden, die Einnahme eines Augenscheins oder die Einholung einer Auskunft sein. Zu Artikel 19 Die Bestimmung legt den Übermittlungsweg für Rechtshilfeersuchen fest. Sie entspricht Artikel 9 im Abschnitt über Zustellungsanträge, so daß auf die Bemerkungen zu dieser Vorschrift Bezug genommen werden kann. Auch hier ist es nach Nummer 3 des Zusatzprotokolls zulässig, unter bestimmten Voraussetzungen die Empfangsstelle zu ändern. Zu Artikel 20 Die Frage, welche Sprache bei der Abfassung eines Rechtshilfeersuchens verwendet werden muß, ist, wie bereits oben (Vorbemerkungen zum Zweiten Titel unter Nummer 2) ausgeführt, ebenso wie bei Zustellungsanträgen geregelt worden. Danach ist die französische Sprache ausreichend. Eine Legalisation ist auch für Rechtshilfeersuchen nicht erforderlich. Zu Artikel 21 Nach Absatz 1 des Artikels 21 ist das Rechtshilfeersuchen wie das Ersuchen eines inländischen Gerichts auszuführen. Daraus folgt, daß bei seiner Erledigung das Recht des ersuchten Staates anzuwenden ist. Dies gilt insbesondere für die Anwendung von Zwangsmitteln gegen Zeugen, Sachverständige oder Parteien. Zwischen dem deutschen und dem tunesischen Zivilprozeßrecht besteht hinsichtlich der Anwendung von Zwangsmitteln gegen Zeugen ein grundlegender Unterschied. Während nach deutschem Recht (vgl. §§ 380, 390 ZPO) die Gerichte gegen Zeugen im Falle des Nichterscheinens oder der nicht berechtigten Zeugnis- oder Eidesverweigerung Zwangsmittel anwenden können, ist dies nach tunesischem Recht nicht möglich; vielmehr bleibt es dort den Parteien des Rechtsstreits überlassen, einen Zeugen zu stellen (vgl. Artikel 92 C.p.c.). Dadurch ergeben sich bei der Gewährung von Rechtshilfe zwischen den beiden Staaten gewisse Abweichungen; sie müssen jedoch hingenommen werden, da der tunesischen Seite nicht zugemutet werden kann, ihr Beweisrecht zugunsten der Rechtshilfe für Verfahren vor deutschen Gerichten zu ändern. Welches Gericht für die Erledigung des Rechtshilfeersuchens sachlich und örtlich zuständig ist, bestimmt sich ebenfalls nach dem Recht des ersuchten Staates. Auf deutscher Seite soll das Amtsgericht zuständig sein, in dessen Bezirk das Rechtshilfeersuchen erledigt werden soll (vgl. § 3 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes, der §2 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes zu dem Haager Zivilprozeßübereinkommen entspricht, vgl. auch § 82 Abs. 1 ZRHO). Ähnlich wie bei Zustellungsanträgen (Artikel 12 Abs. 2 Nr. 2) besteht auch bei Rechtshilfeersuchen die Möglichkeit, in einer besonderen Form zu verfahren, sofern das ersuSchütze
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chende Gericht einen entsprechenden Antrag stellt und die gewünschte Form dem Recht des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft (Artikel 21 Abs. 2). Damit das rechtliche Gehör der Parteien nicht verkürzt wird, ist in Absatz 3 des Artikels 21 vorgesehen, daß dem ersuchenden Gericht Zeit und Ort der Ausführung des Rechtshilfeersuchens mitzuteilen sind; das Gericht kann alsdann die Parteien des Rechtsstreits entsprechend unterrichten, so daß diese gegebenenfalls den Beweistermin wahrnehmen können. Die Mitteilung braucht jedoch nur übersandt zu werden, wenn dies ausdrücklich erbeten worden ist. Die Erfahrungen im Rechtshilfeverkehr haben gezeigt, daß die Parteien in der Regel auf eine Terminsnachricht verzichten, weil die Teilnahme an der Beweisaufnahme häufig zu hohe Kosten verursachen würde und der Beweistermin erst spät angesetzt werden kann, wenn darauf Rücksicht zu nehmen ist, daß die Parteien oder ihre Anwälte daran teilnehmen wollen. Zu Artikel 22 Die Bestimmung entspricht dem Artikel 13 im Zustellungsteil dieses Vertrages. Ihr Absatz 1 geht auf Artikel 11 Abs. 3 des Haager Zivilprozeßübereinkommens zurück. Danach kann die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens nur aus drei Gründen abgelehnt werden. Der erste Fall – die Echtheit des Ersuchens steht nicht fest – dürfte in der Praxis selten sein; es ist etwa daran zu denken, daß die Schriftstücke ihrem äußeren Bild nach nicht amtlichen Schreiben entsprechen. Dem Ersuchen braucht ferner nicht entsprochen zu werden, wenn die Erledigung dem ersuchten Gericht deshalb unmöglich ist, weil die gewünschte Handlung nicht in den Bereich der Gerichtsbarkeit fällt. Am wichtigsten ist der dritte Ablehnungsgrund, der dem einzigen Versagungsgrund bei Zustellungsanträgen (Artikel 13 Abs. 1) entspricht; die Verpflichtung, ein Rechtshilfeersuchen zu erledigen, muß dann entfallen, wenn in der Erledigung ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung des ersuchten Staates liegen würde. Auch hier werden für die Auslegung die Grundsätze, die bei der Anwendung des Haager Zivilprozeßübereinkommens entwickelt worden sind, heranzuziehen sein. Absatz 2 des Artikels 22 dient zur Erläuterung der Nummer 3 des Absatzes 1. Auch diese Bestimmung beruht auf den Arbeiten der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht. Auf die Bemerkungen zu dem inhaltlich gleichen Artikel 13 Abs. 2 des Vertrages darf verwiesen werden. Zu Artikel 23 Die Abgabe eines Rechtshilfeersuchens durch ein ersuchtes, aber unzuständiges Gericht an das zuständige Gericht unter Benachrichtigung des Konsuls, der das Ersuchen übermittelt hat, versteht sich an sich von selbst (vgl. Artikel 12, 13 des Haager Zivilprozeßübereinkommens). Es ist aber auch an den Fall zu denken, daß das ersuchte Gericht bei einem umfangreichen Rechtshilfeersuchen nur für die Vernehmung eines von mehreren Zeugen zuständig ist. Durch Artikel 23 soll vermieden werden, daß nach der Vernehmung dieses einen Zeugen das Ersuchen als „erledigt“ zurückgesandt wird. Es wird vielmehr an das nunmehr zuständige Gericht weiterzuleiten sein.
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Zu Artikel 24 Die Bestimmung kann mit Artikel 14 Abs. 1 und 2 des Vertrages verglichen werden. Sie hat ihr Vorbild in Artikel 9 Abs. 1 Satz 2 und in Artikel 13 des Haager Zivilprozeßübereinkommens. Nach Artikel 24 Abs. 1 ist das Erledigungsstück dem Konsul des ersuchenden Staates zu übersenden. Kann das Ersuchen nicht erledigt werden, so sind dem Konsul die Gründe hierfür mitzuteilen (z.B. daß der Zeuge, um dessen Vernehmung gebeten worden ist, nicht aufgefunden werden kann). Zu Artikel 25 Wie in Artikel 15 für die Erledigung von Zustellungsanträgen ist in Artikel 25 für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen grundsätzlich ein Verzicht auf Kostenerstattung vorgesehen (vgl. Artikel 16 des Haager Zivilprozeßübereinkommens). Dies gilt für Gebühren ohne Einschränkung. In Absatz 2 ist jedoch für die Entschädigungen, die an Sachverständige und Dolmetscher gezahlt worden sind, eine Ausnahme vorgesehen. Dies erscheint gerechtfertigt, weil es sich um höhere Beträge handeln kann. Die ausdrückliche Erwähnung der Dolmetscher neben den Sachverständigen empfiehlt sich, um Zweifel zu vermeiden, die sich im Rechtshilfeverkehr mit anderen Staaten ergeben haben. Zu erstatten sind ferner Auslagen, die bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens in einer besonderen Form entstanden sind. Wie bei Zustellungsanträgen besteht diese Pflicht ohne Rücksicht darauf, ob die Parteien ihrerseits dem ersuchenden Staat die Auslagen erstatten müssen. Zu Artikel 26 Diese Bestimmung, die den beiderseitigen diplomatischen oder konsularischen Vertretern im gewissen Umfang die selbständige Erledigung von Rechtshilfeersuchen gestattet, ist die Parallele zu Artikel 16 des Vertrages. Auf die Bemerkungen zu dieser Vorschrift wird verwiesen.
DRITTER TITEL Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Der Dritte Titel des Vertrages entspricht im wesentlichen inhaltlich den Verträgen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen, welche die Bundesrepublik Deutschland schon mit anderen Staaten abgeschlossen hat. In der Tunesischen Republik werden zwar Entscheidungen ausländischer Gerichte auch ohne staatsvertragliche Regelung grundsätzlich anerkannt (vgl. Artikel 286 ff. C.p.c). Infolgedessen kann die Gegenseitigkeit im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 5 der deutschen Zivilprozeßordnung zumindest teilweise als verbürgt angesehen werden, so daß auch Entscheidungen tunesischer Gerichte in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich anerkannt und vollstreckt werden könnten. Entscheidungen der Gerichte beider Staaten zu dieser Frage liegen jedoch noch nicht vor. Es erschien deshalb zweckmäßig, durch Schütze
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eine staatsvertragliche Regelung auch der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen eine sichere rechtliche Grundlage zu geben. Diesem Ziel entsprechend soll durch den Dritten Titel des Vertrages die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Titel verbürgt werden, soweit es im Rechtsverkehr zwischen den beiden Staaten wünschenswert erscheint und bei den Unterschieden der Rechtsordnungen möglich ist. Der Dritte Titel ist wie folgt aufgebaut: Das Kapitel I (Artikel 27 bis 33) betrifft die Anerkennung, das Kapitel II (Artikel 34 bis 41) die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen. Die Unterscheidung zwischen Anerkennung und Vollstreckung ist gemacht worden, weil es Entscheidungen gibt, die nur der Anerkennung, nicht aber der Vollstreckung fähig sind (z.B. Gestaltungsurteile). In dem Kapitel III (Artikel 42 und 43) ist die Vollstreckung gerichtlicher Vergleiche und öffentlicher Urkunden geregelt. In einem Kapitel IV (Artikel 44 bis 46) werden einige besondere Bestimmungen zusammengefaßt, die für die internationale Rechtshängigkeit, für das Verhältnis des Vertrages zu anderen Übereinkommen sowie für den zeitlichen Geltungsbereich des Vertrages von Bedeutung sind. KAPITEL I Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen Zu Artikel 27 Artikel 27 Abs. 1 enthält den Grundsatz, daß rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in beiden Staaten anzuerkennen sind. Hieraus ergibt sich zunächst, daß der Vertrag nur auf Entscheidungen anwendbar ist, die von einem Gericht ausgehen. Entscheidungen der Verwaltungsbehörden fallen somit nicht unter den Vertrag. Die Entscheidungen müssen in einer Zivil- oder Handelssache ergangen sein. Ob dies der Fall ist, wird nach dem Gegenstand der Entscheidung, also nach der Rechtsnatur des Anspruches, über den entschieden worden ist, zu beurteilen sein. Bei der Frage, oder der Anspruch dem Zivil- oder Handelsrecht angehört, wird in erster Linie von dem Recht des Entscheidungsstaates auszugehen sein. Aus Absatz 1 ergibt sich auch, daß es nicht darauf ankommt, ob ein allgemeines oder besonderes Zivilgericht oder ein Gericht eines anderen Zweiges der Rechtspflege die Entscheidung erlassen hat. Somit fallen z.B. auch Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen, der Strafgerichte und der Verwaltungsgerichte unter den Vertrag, sofern sie in einer Zivilsache ergangen sind. Dies ist für die sogenannten Adhäsionsurteile der Strafgerichte von Bedeutung. Diese spielen in der Tunesischen Republik eine große Rolle; dort wird in etwa 90 Prozent aller Verkehrsunfälle im Strafverfahren zugleich über die zivilrechtlichen Ansprüche der Parteien entschieden. Die Entscheidungen werden nur anerkannt, wenn sie die Rechtskraft erlangt haben. Damit ist die formelle Rechtskraft gemeint, d.h. gegen die Entscheidung darf kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig sein. Als ordentliches Rechtsmittel ist nach tunesischem Recht die Berufung anzusehen, da sie den sogenannten Suspensiveffekt äußert (Artikel 144 C.p.c.). Bei den deutsch-tunesischen Verhandlungen wurde klargestellt, daß auch die Kassationsbeschwerde des tunesischen Rechts, mit der letztinstanzliche Entscheidungen innerhalb von 30 Tagen nach ihrer Zustellung wegen Rechtsverstöße oder schwerwiegender Verfahrensfehler angefochten werden können (Artikel 175, 195 C.p.c.), der Anerkennung und damit auch der Vollstreckung (vgl. Artikel 34 des Vertrages) der tunesischen Entscheidungen entgegenstehen soll. 987
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Absatz 2 dient zur Erläuterung des Absatzes l. Zur Klarstellung wird hervorgehoben, daß es für die Anerkennung nicht darauf ankommt, wie eine gerichtliche Entscheidung bezeichnet ist; die in der Klammer angeführten Beispiele enthalten keine erschöpfende Aufzählung. Auch die deutschen Vollstreckungsbefehle (§ 699 ZPO), die von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erlassen worden sind, fallen unter den Vertrag. Entscheidungen, die in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergehen, sind grundsätzlich anzuerkennen. Eine wichtige Einschränkung enthält jedoch Satz 2 des Absatzes 2; danach fallen Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die in einem einseitigen Verfahren erlassen worden sind, nicht unter den Vertrag (Beispiele aus dem deutschen Recht: die Volljährigkeitserklärung eines Minderjährigen, die Bestellung eines Vormundes, eines Pflegers oder eines Nachlaßverwalters). Wie in Nummer 2 des Zusatzprotokolls zur Vermeidung von Mißverständnissen klargestellt wird, können derartige Entscheidungen jedoch auf Grund des innerstaatlichen Rechts anerkannt werden. Dagegen sollen echte Streitentscheidungen aus dem Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit unter den Vertrag fallen. Zu der Gruppe von Entscheidungen, die einen Streit von Parteien beenden, gehören nach deutschem Recht z.B. die gerichtliche Bestätigung einer Auseinandersetzung bei der Vermittlung einer Auseinandersetzung unter Miterben nach den §§ 86 ff. FGG und die Entscheidungen auf Grund der Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrates nach der Scheidung (Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz) vom 21. Oktober 1944 in der Fassung des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18. Juni 1957 und des Gesetzes vom 26. Juli 1957. In Absatz 3 des Artikels 27 sind Entscheidungen, durch die der Betrag der Prozeßkosten später festgesetzt wird (§ 104 ZPO), besonders angeführt. Es erschien zweckmäßig, ausdrücklich klarzustellen, daß derartige Entscheidungen in die vertraglichen Vereinbarungen einbezogen sind, weil die deutschen Kostenfestsetzungsbeschlüsse nicht von einem Richter, sondern von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle als Organ des Gerichts erlassen werden. Einstweilige Verfügungen, einstweilige Anordnungen und Arreste werden, wie sich aus Absatz 4 des Artikels 27 ergibt, grundsätzlich nicht anerkannt. In aller Regel wird der Gläubiger schneller zum Ziele kommen, wenn er sich einen solchen Titel unmittelbar in dem Staat beschafft, in dem er zu vollziehen ist, als wenn er das Exequaturverfahren zu einer ausländischen vorläufigen Entscheidung betreibt. Eine Ausnahme ist lediglich für solche einstweiligen Anordnungen vorgesehen, die auf eine bestimmte Geldsumme lauten. Hier ist vor allem an Anordnungen über den Unterhalt von Ehegatten und Kindern (vgl. § 627 ZPO) zu denken. Sie sollen unter den Vertrag fallen, weil dies aus sozialen Gründen geboten erscheint. Zu Artikel 28 Artikel 28 schränkt den Anwendungsbereich des Vertrages ein. Absatz 1 betrifft die Entscheidungen in Ehe-, Familienstands- und sonstigen Statussachen sowie in Unterhaltssachen. Entscheidungen in Familienstandssachen und Entscheidungen, welche die Rechtsoder Handlungsfähigkeit oder die gesetzliche Vertretung natürlicher oder juristischer Personen unmittelbar betreffen, sind in die vertragliche Regelung nicht einbezogen worden. Über die Anerkennung dieser Entscheidungen enthält das innerstaatliche Recht beider Vertragsstaaten besondere Grundsätze, durch die auch ohne vertragliche Vorschriften die Anerkennung bereits weitgehend gesichert ist. Ein Bedürfnis für eine zwischenstaatliche Regelung ist daher nicht gegeben. In Nummer 2 des Zusatzprotokolls ist ausdrücklich klargestellt, daß die Anerkennung solcher Entscheidungen auf Grund des Schütze
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innerstaatlichen Rechts einschließlich der Regeln des internationalen Privatrechts durch den vorliegenden Vertrag nicht ausgeschlossen werden soll. In den Anwendungsbereich des Vertrages fallen dagegen Entscheidungen in Eheund Unterhaltssachen, denen eine besondere Bedeutung im internationalen Rechtsverkehr zukommt. Für die Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen ist eine besondere Zuständigkeitsregelung in Artikel 32 des Vertrages vorgesehen. Die Einbeziehung der Unterhaltssachen in den Vertrag erschien aus sozialen Gründen geboten. Hervorzuheben ist aber, daß deutsche Entscheidungen, durch die unehelichen Kindern Unterhalt zugesprochen wird, in der Tunesischen Republik grundsätzlich nur anerkannt werden können, wenn der uneheliche Vater die Vaterschaft freiwillig anerkannt hat. Diese zwingenden Grundsätze des tunesischen Unterhaltsrechts, die auf langen Traditionen beruhen, konnte die tunesische Seite im Rahmen des Vertrages nicht aufgeben. Nach Absatz 2 Nr. 1 des Artikels 28 fallen Entscheidungen, die in der Bundesrepublik Deutschland oder in der Tunesischen Republik in einem Konkursverfahren, einem Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses oder in einem entsprechenden Verfahren ergehen, nicht unter den Vertrag. Solche Entscheidungen sollen auf den Staat beschränkt bleiben, in dem sie ergangen sind, weil die Erstreckung der Wirkungen eines Konkurs- oder Vergleichsverfahrens eine selbständige Regelung voraussetzen würde. Als Beispiele können die Entscheidungen über die Eröffnung eines solchen Verfahrens oder die Anordnung über die Haft des Gemeinschuldners (§ 101 Abs. 2 der Konkursordnung) genannt werden. Ferner sind hier Entscheidungen zu erwähnen, mit denen das Konkursgericht über den Bestand oder die Höhe einer Forderung zum Zwecke der Teilnahme am Konkurs- oder Vergleichsverfahren befindet. Dagegen werden Entscheidungen, die zwar in einem gewissen äußeren Zusammenhang mit einem solchen Kollektivverfahren stehen, aber auch außerhalb dieses Verfahrens Bedeutung haben und nicht in dem Konkurs- oder Vergleichsverfahren selbst ergehen, anzuerkennen sein (z.B. Entscheidungen über Aussonderungs- oder Absonderungsrechte – §§ 43 ff., 47 ff. der Konkursordnung; Entscheidungen über Verbindlichkeiten, die sich aus der Verwaltung oder Verwertung der zur Befriedigung der Gläubiger bestimmten Vermögensmasse ergeben). Nach Absatz 2 Nr. 2 des Artikels 28 sind Entscheidungen in Angelegenheiten der sozialen Sicherheit von der Anerkennung ausgeschlossen. Nach deutschem Recht handelt es sich dabei ohnehin um Entscheidungen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, die schon nach Artikel 27 Abs. 1 nicht unter den Dritten Titel des Vertrages fallen würden. Nach tunesischem Recht jedoch gehört der Bereich der sozialen Sicherheit, insbesondere auch die Sozialversicherung, teilweise dem Zivilrecht an. Deshalb war es zweckmäßig, ausdrücklich festzulegen, daß die auf diesem Sachgebiet ergehenden Entscheidungen nicht nach dem Vertrag anzuerkennen sind. Der Ausschluß dieser Entscheidungen ist sachgerecht, weil das Gebiet der sozialen Sicherheit anderen Grundsätzen folgt als das Zivilrecht. Zu Artikel 29 Aus Artikel 29 ergibt sich, in welchen Fällen die völkerrechtliche Verpflichtung der beiden Staaten, gerichtliche Entscheidungen anzuerkennen, entfällt. Liegt einer der in Artikel 29 vorgesehenen Gründe vor, so muß die Anerkennung versagt werden. Der Richter des Anerkennungsstaates hat also keinen Ermessensspielraum. Nach Absatz 1 Nr. 1 ist die Anerkennung zu versagen, wenn das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, im Sinne der Artikel 31 und 32 nicht zuständig gewesen ist. Es 989
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handelt sich hier nicht um eine Zuständigkeitsvorschrift, die schon die Gerichte des Urteilsstaates unabhängig von der Frage der Anerkennung und Vollstreckung zu beachten haben (sogenannte compétence directe), sondern um eine Bestimmung, die allein für die Anerkennung und Vollstreckung Bedeutung hat (sogenannte compétence indirecte). In Nummer 2 des Artikels 29 Abs. 1 findet sich als Versagungsgrund die übliche ordre public-Klausel. Die Delegationen waren sich darüber einig, daß dieser Versagungsgrund nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen herangezogen werden darf; auf keinen Fall kann die Bestimmung zum Vorwand für eine sachliche Nachprüfung der Entscheidung dienen, die durch Artikel 33 ausgeschlossen ist. Die Klausel wird nur dann anzuwenden sein, wenn die Anerkennung mit wesentlichen Grundsätzen der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem sie nachgesucht wird, unvereinbar sein würde. Bei der Prüfung ist, wie schon der Wortlaut zum Ausdruck bringt, nicht darauf abzustellen, ob die Entscheidung selbst die öffentliche Ordnung verletzen, sondern nur darauf, ob ihre Anerkennung im anderen Vertragsstaat dessen öffentlicher Ordnung zuwiderlaufen würde. Der in Artikel 29 Abs. 1 Nr. 3 vorgesehene Versagungsgrund beruht auf einem Vorschlag der tunesischen Delegation, der seinerseits auf Artikel 156 Nr. 1 der tunesischen Zivilprozeßordnung zurückgeht. Die deutsche Delegation konnte diesem Vorschlag schon deshalb zustimmen, weil sich eine ähnliche Regelung in Artikel III Abs. 1 Buchst. c Nr. 2 des deutsch-britischen Abkommens vom 14. Juli 1960 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Bundesgesetzbl. 1961 II S. 301) findet. Nach Nummer 4 des Absatzes 1 ist die Anerkennung zu versagen, wenn ein Verfahren über denselben Streitgegenstand und zwischen denselben Parteien bereits in dem Anerkennungsstaat anhängig ist; Voraussetzung ist aber, daß das Gericht dieses Staates zuerst angerufen wurde. Es wird dagegen nicht verlangt, daß das Gericht des Anerkennungsstaates bereits eine Entscheidung erlassen hat. Im Falle des Artikels 29 Abs. 1 Nr. 4 hätte das Gericht des Entscheidungsstaates nach den Regeln über die Anerkennung der Rechtshängigkeit (Artikel 44 des Vertrages) eine Entscheidung ablehnen, mindestens aber das Verfahren aussetzen müssen. Dem früher rechtshängig gewordenen Verfahren wird deshalb in dem Staat, in dem die Anerkennung nachgesucht wird, der Vorrang eingeräumt. Nummer 5 des Absatzes 1 regelt den Fall, daß im Anerkennungsstaat eine bereits rechtskräftige Entscheidung ergangen ist. Es entspricht den Grundsätzen des internationalen Prozeßrechts, daß in diesem Fall die Rechtskraft der inländischen Entscheidung vorgeht und nicht mehr auf Grund der ausländischen Entscheidung in Frage gestellt werden darf. Es wird daher nicht darauf abgestellt, welches Verfahren zuerst anhängig geworden ist. Die Rechtskraft der im Anerkennungsstaat erlassenen Entscheidung soll vielmehr auch dann den Vorrang haben, wenn das Gericht später als das Gericht des Entscheidungsstaates angerufen wurde. Der Grund für diese Regelung liegt in der Bedeutung der Rechtskraft. Diese heilt auch einen Verstoß gegen Artikel 44 des Vertrages. Die Bestimmungen in Absatz 2 des Artikels 29 wahren die Rechte der Verteidigung; sie sehen einen besonderen Schutz des Beklagten vor, der ohne sein Verschulden in dem Urteilsverfahren ausgeblieben war. Ergeht ein Urteil, ohne daß sich der Beklagte auf das Verfahren eingelassen hat, so muß die Anerkennung dieser Entscheidung davon abhängig gemacht werden, daß der Beklagte von der Einleitung des Verfahrens rechtzeitig Kenntnis erlangt und so Gelegenheit hatte, seine Rechte wahrzunehmen. Im einzelnen ist zu Absatz 2 des Artikels 29 folgendes zu bemerken: Nach Satz 1 des Absatzes 2 ist für die Anerkennung erforderlich, daß die das Verfahren im ersten Rechtszug einleitende Ladung oder Verfügung dem Schuldner ordnungsmäßig zugestellt worden ist. Die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung ist nach dem innerSchütze
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staatlichen Recht des Entscheidungsstaates zu beurteilen; dies entspricht den Grundsätzen des internationalen Zivilprozeßrechts. Befand sich der Beklagte zu dem Zeitpunkt, in dem die Klage erhoben wurde, im anderen Vertragsstaat, so muß ihm die Klage nach den Bestimmungen, die in den Artikeln 8 bis 16 des Vertrages für die Zustellung an Personen in dem anderen Staat enthalten sind, zugestellt worden sein. Damit ist klargestellt, daß die Wirksamkeit der Zustellung, soweit sie die Grundlage für die Anerkennung eines Versäumnisurteils oder einer sonstigen Entscheidung, die ohne Einlassung des Beklagten ergangen ist, bildet, von der Einhaltung des vertraglich festgelegten Übermittlungsweges abhängig ist. Die Delegationen waren sich darüber einig, daß auch die Frage, ob eine öffentliche Zustellung (§ 203 Abs. 1 ZPO) zulässig ist, nach dem Recht des Entscheidungsstaates zu beurteilen ist. Den in Satz 1 genannten Versagungsgrund hat der Richter des Anerkennungsstaates von Amts wegen zu berücksichtigen. Ist dargetan, daß die Klage oder ein entsprechendes der Einleitung des Verfahrens dienendes Schriftstück dem Schuldner ordnungsmäßig zugestellt worden ist, so spricht eine Vermutung dafür, daß der Schuldner auch tatsächlich von der Klage Kenntnis erlangt hat oder doch erlangen konnte. Allerdings sind im zwischenstaatlichen Verkehr doch Fälle denkbar, in denen der Beklagte nicht rechtzeitig in den Besitz der Schriftstücke gelangen konnte, obwohl die Vorschriften über die Auslandszustellung eingehalten worden sind. Um in solchen Ausnahmefällen den Schuldner, dem keine Nachlässigkeit vorzuwerfen ist, nicht rechtlos zu stellen, eröffnet ihm Artikel 29 Abs. 2 Satz 2 die Möglichkeit, die Vermutung des Zugangs zu widerlegen. Der Schuldner kann also geltend machen, ihm sei ohne sein Verschulden die Klage oder das sonstige Schriftstück überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig zugegangen. In diesem Fall trifft ihn die Beweislast. Über Artikel 17 Abs. 1 des Vertrages hinaus sind damit die Rechte des im Anerkennungsstaat ansässigen Beklagten, gegen den eine Entscheidung ohne seine Beteiligung am Verfahren ergangen ist, gewahrt. Die Gründe, die nach den Absätzen 1 und 2 zur Versagung der Anerkennung führen, sind für die Entscheidungen einzuschränken, durch die dem Kläger, der von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten befreit war (Artikel 3 des Vertrages), die Kosten des Prozesses auferlegt worden sind (Absatz 3). Bei solchen Entscheidungen darf der Richter des Anerkennungsstaates nur prüfen, ob die Anerkennung der öffentlichen Ordnung widersprechen würde; allerdings wird bei Kostenentscheidungen eine Verletzung des ordre public äußerst selten sein. Die internationale Zuständigkeit ist dagegen nicht zu prüfen, da der Kläger sich durch die Erhebung der Klage der Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates unterworfen hat. In Satz 2 des Absatzes 3 ist zur Vermeidung von Mißverständnissen nochmals hervorgehoben, daß diese Bestimmung auch für Kostenfestsetzungsbeschlüsse der Urkundsbeamten gilt (vgl. Artikel 27 Abs. 3) Im übrigen darf auf die Bemerkungen zu Artikel 3 verwiesen werden. Zu Artikel 30 Artikel 30 betrifft die Anwendung des Kollisionsrechts. Das angerufene Gericht darf nach Absatz 1 die Anerkennung nicht allein deshalb versagen, weil das Gericht des Entscheidungsstaates sich bei der Entscheidung über das anwendbare Recht auf Regeln gestützt hat, die inhaltlich von denjenigen abweichen, die das Gericht des Anerkennungsstaates seinerseits angewendet haben würde. Die Entscheidung muß anerkannt werden, auch wenn die Gerichte des Anerkennungsstaates nach ihren Kollisionsnormen eine 991
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andere Rechtsordnung dem Urteil zugrunde gelegt hatten als das Gericht des Entscheidungsstaates. Artikel 30 Abs. 1 schließt jedoch nicht aus, daß ein Verstoß gegen den ordre public des Anerkennungsstaates zur Versagung der Anerkennung berechtigt. Dies soll durch die Fassung „Die Anerkennung darf nicht allein deshalb versagt werden, weil“ zum Ausdruck gebracht werden. Absatz 2 des Artikels 30 sieht für die Anerkennung von Entscheidungen, die bestimmte personenrechtliche Fragen betreffen, eine Ausnahme von dem Grundsatz des Absatzes 1 vor. Die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen darf danach versagt werden, wenn bei der Beurteilung eines personenrechtlichen Verhältnisses andere Gesetze zugrunde gelegt worden sind, als sie nach dem internationalen Privatrecht des Anerkennungsstaates anzuwenden gewesen wären. Diese Vorschrift betrifft in erster Linie solche Entscheidungen, in denen die personenrechtliche Frage als Vorfrage geprüft werden muß (z.B. die Frage, ob eine Ehe rechtsgültig besteht). Damit unterscheidet sich Artikel 30 Abs. 2 von Artikel 28 Abs. 1; diese Bestimmung über den sachlichen Anwendungsbereich erfaßt nur solche Entscheidungen, mit denen gerade über das personenrechtliche Verhältnis als Hauptsache erkannt worden ist. Absatz 2 gilt für die Rechtsverhältnisse von Staatsangehörigen des Anerkennungsstaates und von solchen juristischen Personen, Gesellschaften und anderen Vereinigungen, die nach dem Recht des Anerkennungsstaates errichtet worden sind und ihren Sitz oder ihre Hauptniederlassung in diesem Staat haben. Die Anerkennung der Entscheidung soll jedoch auch im Anwendungsbereich des Absatzes 2 in möglichst wenig Fällen abgelehnt werden. Deshalb darf die Anerkennung dann nicht versagt werden, wenn die Gerichte des Anerkennungsstaates im Ergebnis ebenso entscheiden würden, wie das Gericht des Urteilsstaates entschieden hat. Es wäre nicht gerechtfertigt, die Anerkennung der Entscheidung aus dem anderen Vertragsstaat abzulehnen, wenn die Gerichte des Anerkennungsstaates, hätten sie den Rechtsstreit auf Grund der statusrechtlichen Vorschriften, auf die ihr Kollisionsrecht verweist, nochmals zu entscheiden, inhaltlich die gleiche Entscheidung treffen müßten. Zu Artikel 31 Dem Artikel 31 ist zu entnehmen, in welchen vermögensrechtlichen Streitigkeiten die Zuständigkeit der Gerichte des Urteilsstaates anzuerkennen ist. Das Gericht des Entscheidungsstaates hat im Erkenntnisverfahren den Katalog der internationalen Zuständigkeiten noch nicht zu beachten, wenn es seine Zuständigkeit für das Verfahren zu prüfen hat. Die sogenannten mittelbaren Zuständigkeiten des Artikels 31 haben, wie bereits oben ausgeführt, allein für die Anerkennung und Vollstreckung Bedeutung. Der Katalog des Absatzes 1 ist als positive und abschließende Aufzählung der anzuerkennenden Zuständigkeiten in vermögensrechtlichen Streitigkeiten ausgestaltet worden, wie dies bereits in zahlreichen Vollstreckungsverträgen ebenfalls geschehen ist. Nummer 1 betrifft den Gerichtsstand des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts einer natürlichen Person sowie den Gerichtsstand des Sitzes oder der Hauptniederlassung einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer anderen Vereinigung. Auf deutscher Seite ist der Gerichtsstand des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts des Beklagten in den §§ 13 und 16 ZPO sowie der Gerichtsstand des Sitzes einer juristischen Person oder einer Gesellschaft in § 17 ZPO vorgesehen. Die tunesische Zivilprozeßordnung legt die Zuständigkeit des Gerichts am Wohnsitz des Beklagten in ihSchütze
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rem Artikel 30 und die Zuständigkeit des Gerichts am Sitz von Gesellschaften und Vereinigungen in ihrem Artikel 33 fest. Die Nummer 1 in dem Katalog ist ohne weiteres gerechtfertigt, weil sie der allgemein anerkannten Regel „actor sequitur forum rei“ entspricht. Die Gerichtsstände des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts stehen gleichberechtigt nebeneinander. Durch die Gleichstellung des faktischen Anknüpfungsmerksmals „gewöhnlicher Aufenthalt“ mit dem Rechtsbegriff des Wohnsitzes wird die Handhabung des Vertrages erleichtert; während die Beurteilung der Frage, wo der Beklagte seinen Wohnsitz hat, in gewissen Fällen Schwierigkeiten bereiten kann, wird der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts sich in aller Regel leicht feststellen lassen. Aus der Gleichwertigkeit der beiden in der Nummer 1 angeführten Gerichtsstände ergibt sich ferner, daß eine Entscheidung, die im Gerichtsstand des gewöhnlichen Aufenthalts ergangen ist, auch dann anzuerkennen sein wird, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im Anerkennungsstaat hatte. Die gleichen Grundsätze gelten für das Verhältnis des Rechtsbegriffs „Sitz“ und des Begriffs „Hauptniederlassung“, die für juristische Personen und Gesellschaften vorgesehen sind. Die Begriffe des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts, des Sitzes und der Hauptniederlassung sind in dem Vertrag inhaltlich nicht näher festgelegt. Eine zwischenstaatliche Vereinbarung über diese Frage hätte zur Folge gehabt, daß für den Vertrag z.B. ein besonderer Begriff des Wohnsitzes und des Aufenthalts geschaffen worden wäre, der von beiden nationalen Rechten hätte abweichen müssen. Eine solche Regelung ist wegen des mittelbaren Eingriffs in die nationalen Rechte kaum möglich. Hervorzuheben ist, daß ein sogenanntes Wahldomizil, das dem tunesischen Recht bekannt ist (Artikel 30 Abs. 1 C.p.c.) und das sich in seiner Bedeutung mit der Gerichtsstandsvereinbarung berührt, nicht als Wohnsitz im Sinne der Nummer 1 angesehen werden kann. Der in Nummer 2 geregelte Gerichtsstand der geschäftlichen Niederlassung ist beiden Rechtsordnungen bekannt (vgl. § 21 ZPO; Artikel 33 C.p.c.). In der internationalen Vertragspraxis ist es auch üblich, daß die geschäftliche Niederlassung als Anknüpfung für eine besondere internationale Zuständigkeit gewählt wird. Der Gerichtsstand ist deshalb in den Vertrag aufgenommen worden. Zu beachten ist, daß die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche sich gerade aus dem Betrieb der verklagten Niederlassung oder Zweigniederlassung ergeben müssen. Die Delegationen waren sich ferner darüber einig, daß selbständige Agenten (Handelsvertreter) nicht als Niederlassung oder Zweigniederlassung im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sind. Nummer 3 betrifft den Gerichtsstand für Arbeitssachen. Nach dem ersten Halbsatz der Bestimmung sind grundsätzlich die Gerichte des Staates zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Beschäftigungsort liegt. Dies entspricht den Grundsätzen des internationalen Arbeitsrechts. In dem zweiten Halbsatz ist klargestellt, daß für die Arbeitsstreitigkeiten von Stammarbeitern, die ihr Arbeitgeber in den anderen Vertragsstaat entsendet (z.B. Monteure oder Reiseleiter), die Gerichte am Sitz des Arbeitgebers als zuständig angesehen werden sollen. In diesen Fällen bleibt für die natürliche Betrachtungsweise der Sitz des Unternehmens oder des Betriebes Beschäftigungsort, weil dort in der Regel auch das Arbeitsverhältnis abgeschlossen worden ist und von dort aus die Weisungen erteilt werden. Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist die Zuständigkeit nach dem zweiten Halbsatz auch dann anzuerkennen, wenn der Arbeitnehmer nicht gerade von dem Staat aus, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat, in den anderen Staat entsandt worden ist. Es soll z.B. auch der Fall erfaßt werden, in dem ein Stammarbeiter von einem dritten Staat aus zu einer Arbeitsleistung in den anderen Vertragsstaat „beordert“ worden ist; dies soll 993
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durch das Wort „eingesetzt“ zum Ausdruck gebracht werden. Für sogenannte Ortskräfte gilt dagegen die Vorschrift des zweiten Halbsatzes nicht. In Nummer 4 ist für Unterhaltssachen der Gerichtsstand am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten vorgesehen, wie dies neuerer internationaler Praxis entspricht (vgl. Artikel 3 Nr. 2 des Haager Übereinkommens vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern – Bundesgesetzbl. 1961 II S. 1005). Dieser Gerichtsstand ist in der Bundesrepublik Deutschland in § 23 a ZPO vorgesehen, wenn der Beklagte im Inland keinen Gerichtsstand hat. Nach tunesischem Recht (Artikel 31 C.p.c.) kann eine im Ausland residierende Person allgemein im Gerichtsstand am Wohnsitz des Klägers in Anspruch genommen werden; mit der vorgesehene Regelung wird also ein Teilbereich dieses Gerichtsstands anerkannt. Die Nummer 5 bezieht sich auf den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (forum delicti commissi). Dieser Gerichtsstand (vgl. § 32 ZPO, Artikel 2 Abs. 3 Nr. 4 C.p.c.) wird nur in beschränktem Umfang anerkannt. Die Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dem die unerlaubte Handlung begangen wurde, ist lediglich anzuerkennen, sofern sich der Täter bei Begehung der schädigenden Handlung im Entscheidungsstaat aufgehalten hat. Diese Bestimmung gilt auch für die Fälle der sogenannten Gefährdungshaftung. Damit ist das wichtige Gebiet der Haftung aus Verkehrsunfällen in den Anwendungsbereich des Vertrages einbezogen. Hervorzuheben ist, daß gerade die Person, die selbst die schadenstiftende Handlung begangen hat, im Urteilsstaat sich aufgehalten haben muß; die Zuständigkeit hängt dagegen nicht davon ab, daß auch die Person, die für das Verhalten des Schadenstifters einzustehen hat (z.B. der Halter eines Fahrzeugs, der Geschäftsherr), im Urteilsstaat anwesend war. Auch bei einer sogenannten Schwarzfahrt wird nicht vorausgesetzt, daß der Halter des Fahrzeugs selbst, der durch seine Nachlässigkeit die Benutzung des Fahrzeugs ermöglicht hat, sich im Unfallstaat aufhielt. Der in Nummer 6 vorgesehene Gerichtsstand für dingliche Klagen, die Grundstücke betreffen, ist beiden Rechten bekannt (§ 24 ZPO, Artikel 2 Abs. 3 Nr. 3, Artikel 38 C.p.c.). Der in Nummer 7 erwähnte Gerichtsstand der Erbschaft ist ebenfalls in beiden Rechtsordnungen enthalten (vgl. §§ 27, 28 ZPO, Artikel 2 Abs. 3 Nr. 5, Artikel 34 C.p.c.). Er wird ohne Rücksicht darauf anerkannt, wie sich der Nachlaß zusammensetzt und wo sich die einzelnen Nachlaßgegenstände befinden. Im Interesse der einheitlichen Behandlung des Nachlasses soll dies auch dann gelten, wenn die Entscheidung, die in dem Gerichtsstand der Erbschaft ergangen ist, ein zum Nachlaß gehörendes Grundstück betrifft, das im Anerkennungsstaat belegen ist. Nummer 8 bezieht sich auf den Gerichtsstand der „Widerklage“, den ebenfalls beide Rechtsordnungen kennen (§ 33 ZPO, Artikel 36 Nr. 2 C.p.c.). Zwischen Klage und Widerklage muß ein sachlicher Zusammenhang bestehen. Nummer 9 will für den besonders gelagerten Fall Vorsorge treffen, daß eine Entscheidung, nachdem sie bereits im anderen Vertragsstaat vollstreckt worden ist, im Urteilsstaat nachträglich aufgehoben oder abgeändert wird. In einem solchen Fall wird der Schuldner im Vollstreckungsstaat nach dem dort geltenden Recht von dem Gläubiger Schadensersatz oder die Herausgabe des Erlangten beanspruchen können. Nummer 9 legt fest, daß dann der Staat, in dem die erste Entscheidung erlassen worden war und nachträglich wieder aufgehoben worden ist, die Zuständigkeit der Gerichte des Vollstreckungsstaates für die Klage auf Schadensersatz oder auf Herausgabe des Erlangten anerkennen muß. Eine solche Schutzvorschrift zugunsten des Schuldners ist geboten, auch wenn derartige Fälle im Rahmen des vorliegenden Vertrages, nach dessen Artikel 27 Abs. 1, Artikel 34 grundsätzlich nur rechtskräftige Entscheidungen vollstreckt werden Schütze
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können, nicht häufig sein werden. Die Bestimmung der Nummer 9 kann aber doch Bedeutung erlangen, weil z.B. gewisse einstweilige Anordnungen zur Vollstreckung zugelassen werden können (Artikel 27 Abs. 4, Artikel 34) oder weil nach tunesischem Zivilprozeßrecht eine letztinstanzliche Entscheidung von dem Kassationshof aufgehoben werden kann (vgl. auch § 10 des Entwurfs des Ausführungsgesetzes). In den Katalog ist der vereinbarte Gerichtsstand nicht aufgenommen worden. Dieser Gerichtsstand der an sich international allgemein üblich ist, konnte deshalb nicht vorgesehen werden, weil Artikel 3 der tunesischen Zivilprozeßordnung eine Gerichtsstandsvereinbarung verbietet, durch welche die gesetzlich festgelegte internationale Zuständigkeit der tunesischen Gerichte abbedungen wird. Die tunesische Seite sah sich außerstande, von diesem zwingenden Grundsatz des tunesischen Verfahrensrechts abzuweichen. Absatz 2 des Artikels 31 betrifft den Fall, daß nach dem Recht des Anerkennungsstaates für die Streitigkeit eine ausschließliche Zuständigkeit seiner Gerichte begründet ist. Alsdann braucht die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates nicht anerkannt zu werden. Diese Regelung entspricht derjenigen in neueren Vollstreckungsabkommen. Die Delegationen waren sich darüber einig, daß unter den ausschließlichen Gerichtsständen auch solche zu berücksichtigen sind, die erst nach dem Inkrafttreten des Vertrages innerstaatlich eingeführt werden. Die Frage, ob eine ausschließliche internationale Zuständigkeit im Sinne des Absatzes 2 gegeben ist, wird nach dem internationalen Zivilprozeßrecht des Anerkennungsstaates zu beurteilen sein. Nicht jeder Gerichtsstand, der nach dem innerstaatlichen Recht eine örtliche ausschließliche Zuständigkeit darstellt, ist auch im internationalen Sinne ausschließlich. Es wird vielmehr darauf ankommen, ob der Anerkennungsstaat wegen der Natur der Streitigkeit die ausschließliche internationale Zuständigkeit für seine Gerichte in Anspruch nimmt (z.B. weil durch die Entscheidung in seinen Hoheitsbereich eingegriffen wurde). Als ausschließlich in diesem Sinne ist vor allem der Gerichtsstand der belegenen Sache bei dinglichen Klagen anzusehen, die Grundstücke betreffen (§ 24 ZPO; Artikel 2 Abs. 2 Nr. 3, Artikel 38 C.p.c.). Im Zusammenhang mit dem Vorbehalt zugunsten der ausschließlichen internationalen Zuständigkeit des Anerkennungsstaates mußte einer Besonderheit des tunesischen Rechts Rechnung getragen werden. Die Tunesische Republik nimmt für Rechtsstreitigkeiten, in denen tunesische öffentliche Unternehmen (offices) oder Gesellschaften, die im Eigentum der öffentlichen Hand stehen (sociétés nationales) oder an deren Kapital der tunesische Staat unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist (sociétés d’economie mixte), Kläger oder Beklagte sind, eine ausschließliche Zuständigkeit für seine Gerichte in Anspruch (vgl. die tunesischen Gesetze Nr. 62-21 vom 24. Mai 1962 – J.O.T. 1962 S. 620 – und Nr. 65-3 vom 12. Februar 1965 – J.O.T. 1965 S. 158 –). Gerade diese Unternehmen spielen aber im tunesischen Wirtschaftsleben, insbesondere auch im Außenhandel, eine hervorragende Rolle. Sie werden in den weitaus meisten Fällen als Geschäftspartner deutscher Unternehmen auftreten. Es wäre deshalb mißlich, wenn die tunesischen Gerichte unter Berufung auf Artikel 31 Abs. 2 des Vertrages die Anerkennung deutscher Entscheidungen in allen Fällen verweigern könnten, in denen tunesische Unternehmen der genannten Art am Rechtsstreit beteiligt waren. Da das deutsche Recht eine entsprechende ausschließliche Zuständigkeit nicht kennt, wäre die Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen praktisch für den größten Teil des Rechtsverkehrs mit der Tunesischen Republik ausgeschlossen; damit wäre das Gleichgewicht bei der vertraglichen Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen nicht gewahrt. 995
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
Diese Schwierigkeiten, zu denen die an sich notwendige Bestimmung in Artikel 31 Abs. 2 führen könnte, werden durch eine Zusatzvereinbarung im Protokoll vermieden. In Nummer 4 des Zusatzprotokolls ist festgelegt, daß es nicht als ausschließliche Zuständigkeit im Sinne des Artikels 31 Abs. 2 anzusehen ist, wenn das Recht eines Vertragsstaates für Verfahren von bestimmten Unternehmen seine Gerichte für ausschließlich zuständig erklärt. Somit kann die Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in der Tunesischen Republik nicht allein daran scheitern, daß die Entscheidungen gegen tunesische Unternehmen ergangen sind, die im Eigentum des tunesischen Staates stehen oder an deren Kapital die öffentliche Hand beteiligt ist. Zu Artikel 32 Für die Entscheidungen in Ehesachen, die nach Artikel 28 Abs. 1 in den Anwendungsbereich des Vertrages fallen, ist in Artikel 32 eine besondere Bestimmung über die internationale Zuständigkeit vorgesehen. Auch hier handelt es sich nur um eine sogenannte Beurteilungsregel (Vorschrift für die mittelbare Zuständigkeit). Die Bestimmung knüpft in erster Linie an die Staatsangehörigkeit der Ehegatten, in zweiter Linie an den gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten oder des Beklagten zur Zeit der Einleitung des Verfahrens an. Die Regelung entspricht im wesentlichen der Praxis, die schon im bisherigen vertraglosen Rechtsverkehr mit der Tunesischen Republik bei der Anerkennung tunesischer Entscheidungen in Ehesachen geübt wurde (vgl. §§ 606 a und 606 b ZPO). Zu Artikel 33 Aus Artikel 33 ergibt sich, welche Prüfung den Gerichten oder Behörden des einen Vertragsstaates, denen Entscheidungen der Gerichte des anderen Staates zur Anerkennung vorliegen, gestattet ist. Diese Befugnis ist auf die Feststellung beschränkt, ob einer der in Artikel 29 und in Artikel 30 Abs. 2 genannten Versagungsgründe gegeben ist. In Artikel 33 ist zugleich die Grundregel eines jeden Vollstreckungsvertrages festgelegt, die für seinen praktischen Nutzen ausschlaggebend ist: das Verbot der sachlichen Nachprüfung der Entscheidung. Im einzelnen ist zu Artikel 33 zu bemerken: Neben der Frage, ob die Entscheidung überhaupt in den Anwendungsbereich des Dritten Titels des Vertrages fällt, darf nur geprüft werden, ob die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Urteilsstaates anzuerkennen ist (Artikel 29 Abs. 1 Nr. 1), ob die Anerkennung der öffentlichen Ordnung des Anerkennungsstaates widersprechen würde (Artikel 29 Abs. 1 Nr. 2), ob die Entscheidung auf betrügerischen Machenschaften beruht (Artikel 29 Abs. 1 Nr. 3) und ob der Anerkennung die Rechtshängigkeit eines inländischen Verfahrens (Artikel 29 Abs. 1 Nr. 4) oder die Rechtskraft einer inländischen Entscheidung (Artikel 29 Abs. 1 Nr. 5) entgegensteht. Ferner muß bei Urteilen, die ohne Beteiligung des Beklagten am Verfahren ergangen sind, die Ladung des Beklagten ordnungsmäßig gewesen sein (Artikel 29 Abs. 2 Satz 1); der in Artikel 29 Abs. 2 Satz 2 vorgesehene besondere Versagungsgrund ist nur auf Einwendung des Beklagten zu berücksichtigen. Von Amts wegen ist dagegen auch die richtige Anwendung bestimmter Kollisionsnormen (Artikel 30 Abs. 2) zu untersuchen.
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KAPITEL II Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen Das Kapitel II des Dritten Titels regelt im einzelnen, unter welchen Voraussetzungen eine Entscheidung, die in dem einen Vertragsstaat erlassen worden ist, in dem anderen Vertragsstaat zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden kann. Auf Grund der Vorschriften dieses Kapitels wird es möglich, die Entscheidungen der Gerichte des einen Staates in dem anderen ebenso zu vollstrecken wie im Inland. Hierin liegt die Hauptbedeutung des Dritten Titels. Zu Artikel 34 Artikel 34 legt die Voraussetzungen fest, unter denen gerichtliche Entscheidungen für vollstreckbar erklärt werden. Hervorzuheben ist hier zunächst, daß die Entscheidungen im Urteilsstaat vollstreckbar sein müssen. Diese Bedingung entspricht dem Grundsatz des internationalen Rechts, daß ein Hoheitsakt in einem anderen Staat nicht mehr Geltung beanspruchen kann, als ihm in seinem Ursprungsstaat zukommt. Zweite Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung ist die Anerkennungsfähigkeit der gerichtlichen Entscheidung. Diese richtet sich nach dem Kapitel I des Dritten Titels. Zu Artikel 35 Nach den Grundsätzen des internationalen Zivilprozeßrechts ist für das Verfahren, in dem eine ausländische Entscheidung im Inland für vollstreckbar erklärt wird, das Recht des Vollstreckungsstaates maßgebend. Dieser Grundsatz soll nach Artikel 35 auch im Rechtsverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik gelten. Jedoch sind in den Artikeln 36 ff. einige Regeln für das Verfahren einheitlich festgelegt. Auch die Wirkungen der Vollstreckbarerklärung und die Zwangsvollstreckung selbst sollen sich nach dem Recht des Vollstreckungsstaates richten. Nach den Gesetzen dieses Staates ist deshalb auch z.B. die Zulässigkeit der einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen zu beurteilen oder die Höhe der Beträge, die bei der Pfändung von Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit dem Schuldner belassen werden müssen, zu bestimmen. Die Vollstreckbarerklärung soll in dem deutschen Ausführungsgesetz zu dem Vertrag näher geregelt werden. Zu Artikel 36 Die ausländische Entscheidung wird auf Antrag für vollstreckbar erklärt. Den Antrag kann jeder stellen, der aus der Entscheidung im Urteilsstaat Rechte herleiten kann. Damit ist klargestellt, daß antragsberechtigt nicht nur die Partei ist, die in der Entscheidung selbst angeführt wird, sondern auch ihr Rechtsnachfolger, der nach dem Recht des Entscheidungsstaates die Vollstreckung aus dem Titel betreiben darf (vgl. auch § 6 des Entwurfs des Ausführungsgesetzes). Zu Artikel 37 Beide Delegationen hielten es für zweckmäßig, nach dem Vorbild neuerer Vollstreckungsverträge in dem Vertrag festzulegen, an welche Stelle der Antrag auf Vollstreck997
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barerklärung zu richten ist. Damit soll dem Gläubiger die Einleitung des Verfahrens in dem anderen Vertragsstaat erleichtert werden. Die Vorschrift hat jedoch nicht lediglich die Bedeutung, über die Bezeichnung der Stellen zu unterrichten, denen der Gläubiger seinen Antrag übermitteln kann. Sie legt zugleich die Zuständigkeit für das Verfahren fest. Nach Absatz 1 ist der Antrag in der Bundesrepublik Deutschland an das Landgericht (Nummer 1) und in der Tunesischen Republik an das Gericht erster Instanz (Nummer 2) zu richten. Mit dieser Regelung ist jedoch die Zuständigkeit für die Vollstreckbarerklärung nicht für immer bindend festgelegt. Aus Nummer 3 des Zusatzprotokolls ergibt sich, daß jeder Vertragsstaat später die Zuständigkeit einseitig ändern kann, wenn dies im Zusammenhang mit gesetzgeberischen Maßnahmen auf dem Gebiet der Gerichtsorganisation oder des Verfahrensrechts erforderlich werden sollte. Dem anderen Vertragsstaat ist die neue Zuständigkeit anzuzeigen, damit die Publizität gewahrt bleibt. Dem Absatz 2 ist zu entnehmen, welche Gerichte in den beiden Staaten für die Vollstreckbarerklärung örtlich zuständig sind. Zu Artikel 38 Artikel 38 führt die Unterlagen auf, die dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung beizufügen sind. Hierbei handelt es sich um förmliche Erfordernisse des Antrages. Nach Nummer 1 des Absatzes 1 hat der Gläubiger seinem Antrag eine Ausfertigung der Entscheidung beizufügen, die auch die Gründe enthalten muß. Ferner muß die Ausfertigung in einer solchen Form erteilt sein, daß die Erfordernisse für ihre Echtheit, die das Recht des Urteilstaates aufstellt, erfüllt sind. Nummer 1 schließt es also aus, daß z.B. Versäumnis- oder Anerkenntnisurteile ohne Begründung vorgelegt werden können (vgl. § 313 Abs. 3 und § 317 Abs. 4 ZPO). Diese Regelung ist notwendig, weil nur bei einer mit Gründen versehenen Entscheidung das Gericht des Vollstreckungsstaates die Möglichkeit hat nachzuprüfen, ob der Zwangsvollstreckung Versagungsgründe entgegenstehen. In den §§ 12 bis 14 des deutschen Ausführungsgesetzes soll Vorsorge getroffen werden, daß Versäumnis- oder Anerkenntnisurteile sowie einstweilige Anordnungen oder einstweilige Verfügungen deutscher Gerichte mit einer Begründung versehen werden, wenn sie in der Tunesischen Republik vollstreckt werden sollen. Der Nachweis, daß die Entscheidung vollstreckbar ist (Nummer 2), wird nach deutschem wie nach tunesischem Recht durch eine Vollstreckungsklausel geführt (vgl. § 725 ZPO; Artikel 253 C.p.c.). Diese Vollstreckungsklausel reicht auch für den Anwendungsbereich des Vertrages aus. In § 15 des deutschen Ausführungsgesetzes ist vorgesehen, daß Vollstreckungsbefehle und einstweilige Verfügungen abweichend von § 796 Abs. 1, §§ 936, 929 Abs. 1 ZPO mit einer Vollstreckungsklausel versehen werden können. Der Nachweis der Rechtskraft (Nummer 3) wird nach deutschem Recht durch das Rechtskraftzeugnis gemäß § 706 ZPO geführt; in der Tunesischen Republik wird eine ähnliche Bescheinigung vom Gericht erteilt. Nach Nummer 4 des Artikels 38 Abs. 1 muß der Gläubiger seinem Antrag ferner die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde beifügen, aus der sich ergibt, daß der Beklagte ordnungsmäßig geladen worden ist. Dies gilt jedoch nur dann, wenn das zu vollstreckende Urteil in einem Verfahren ergangen ist, auf das sich der Beklagte nicht eingelassen hat. Die Vorlage dieser Urkunden soll dem Richter des Vollstreckungsstaates die Prüfung ermöglichen, ob ein Versagungsgrund nach Artikel 29 Abs. 2 Satz 1 vorliegt. Den Urkunden, die nach den Nummern 1 bis 4 beizubringen sind, müssen Übersetzungen in die Sprache des Vollstreckungsstaates beigefügt werden (Nummer 5). Nach Schütze
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Nummer 1 des Zusatzprotokolls reichen auch hier Übersetzungen in die französische Sprache aus, wie dies für Zustellungsanträge und Rechtshilfeersuchen vorgesehen ist. Die in Absatz 1 genannten Urkunden bedürfen keiner Legalisation oder ähnlichen Beglaubigung (z.B. Apostille nach Artikel 3 Abs. 1 des Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation – Bundesgesetzbl. 1965 II S. 875). Diese Befreiung ergibt sich schon aus dem abschließenden Charakter der Aufzählung in Absatz 1, ist jedoch zur Klarstellung nochmals im Absatz 2 des Artikels 38 hervorgehoben worden. Zu Artikel 39 Im Verfahren der Vollstreckbarerklärung hat das Gericht nach Absatz 1 eine zweifache Prüfung vorzunehmen. Nach Nummer 1 des Absatzes 1 muß es zunächst feststellen, ob der Gläubiger die in Artikel 38 vorgeschriebenen Förmlichkeiten des Zulassungsantrages erfüllt hat. Sind die nach Artikel 38 erforderlichen Urkunden nicht vollständig beigebracht, so wird das Gericht den Gläubiger regelmäßig durch eine Zwischenverfügung auf diesen Mangel hinweisen und ihn auffordern, die Unterlagen seines Antrages zu ergänzen. Kommt der Gläubiger dieser Auflage nicht nach, so wird das Gericht den Antrag, sofern es ihn nicht bereits wegen Fehlens der materiellen Voraussetzungen (Rechtskraft, Vollstreckbarkeit) abweisen muß, als derzeit unzulässig zurückweisen. Nach Nummer 2 des Absatzes 1 hat das Gericht weiter zu prüfen, ob ein Versagungsgrund der Vollstreckbarerklärung entgegensteht. Dabei handelt es sich um dieselbe Prüfung, die bei der Anerkennung einer Entscheidung vorgesehen ist. Auf die Bemerkungen zu Artikel 33 darf insoweit verwiesen werden. Hervorgehoben sei, daß Absatz 1 erschöpfend aufzählt, welche Voraussetzungen und Versagungsgründe das Gericht des Vollstreckungsstaates prüfen darf, wenn die Vollstreckbarerklärung einer unter den Vertrag fallenden Entscheidung beantragt wird. Absatz 2 des Artikels 39 wiederholt den besonders wichtigen Grundsatz des Artikels 33, daß eine sachliche Nachprüfung des Urteils nicht erlaubt ist. In Absatz 3 des Artikels 39 sind ebenso wie in Artikel 29 Abs. 3 die Versagungsgründe für Entscheidungen eingeschränkt, durch die einem abgewiesenen Kläger (Artikel 3 des Vertrages) die Kosten des Prozesses auferlegt worden sind. Bei diesen Entscheidungen ist nur die Prüfung zulässig, ob die Vollstreckbarerklärung gegen die öffentliche Ordnung verstoßen würde. Damit ist auch in diesem Punkt die Übereinstimmung der Kapitel I und II des Dritten Titels hergestellt. Zu Artikel 40 Artikel 40 stellt klar, daß die Entscheidung auch nur zu einem Teil für vollstreckbar erklärt werden kann. Die Regelung dieses sogenannten Teilexequaturs geht von dem Grundsatz aus, daß das Verfahren nicht zu einer sachlichen Nachprüfung der Entscheidung führen darf. Nummer 1 regelt den Fall, daß der Gläubiger einen Antrag stellt, der sich nur auf einen Teil der Entscheidung bezieht. Ist die Entscheidung über mehrere Ansprüche ergangen, so kann der Gläubiger beantragen, die Entscheidung nur hinsichtlich eines oder einiger Ansprüche für vollstreckbar zu erklären. Der Gläubiger kann seinen Antrag aber auch auf den Teil eines einheitlichen Anspruchs beschränken, z.B. auf die Hälfte eines Kaufpreisanspruchs (etwa weil der Schuldner einen Teil der Urteilssumme bezahlt hat). Da das Verfahren, in dem die Vollstreckbarerklärung beantragt wird, der Parteiherr999
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schaft untersteht, erscheint es gerechtfertigt, dem Gläubiger die Möglichkeit zu geben, seinen Antrag in der dargelegten Weise zu beschränken. Hierfür spricht auch die Erwägung, daß dadurch Kosten gespart werden. Nummer 2 behandelt den Fall, daß entgegen dem Antrag des Gläubigers eine Entscheidung, die eine Verurteilung wegen mehrerer selbständiger Ansprüche enthält und nur wegen eines oder einiger dieser Ansprüche für vollstreckbar erklärt werden kann; dieser Fall kann gegeben sein, wenn die für die ganze Entscheidung beantragte Vollstreckbarerklärung deshalb nicht gewahrt werden kann, weil Versagungsgründe nach Artikel 29 oder Artikel 30 Abs. 2 vorliegen, die sich aber nur auf einen oder einige der Ansprüche beziehen, oder weil der eine oder andere Anspruch nicht in den Anwendungsbereich des Vertrages fällt. Hier kann das Gericht, bei dem die Vollstreckbarerklärung beantragt wird, von Amts wegen die Entscheidung „aufteilen“, jedoch nur insoweit, als dadurch die Einheit eines Anspruchs nicht berührt wird. Dann hegt der Unterschied zu den Fällen der Nummer 1, in denen der Gläubiger auch beantragen kann, die Entscheidung nur für den Teil eines einzigen Anspruchs für vollstreckbar zu erklären. Durch die in Nummer 2 vorgesehene Beschränkung wird vermieden, daß das Gericht die materielle Begründetheit des einzelnen Anspruchs untersucht und damit die Entscheidung einer sachlichen Nachprüfung unterzieht. Zu Artikel 41 Die Vorschrift kann vor allem Bedeutung für Fälle haben, in denen eine Entscheidung Eintragungen in öffentlichen Registern erforderlich macht. Da die Entscheidungen des anderen Vertragsstaates nach der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung wie inländische Entscheidungen behandelt werden sollen, ist vorgesehen, daß sie diesen inländischen Entscheidungen völlig gleichgestellt werden. Das Gericht des Vollstreckungsstaates kann deshalb neben der Vollstreckbarerklärung selbst gegebenenfalls besondere Maßnahmen anordnen, die der ausländischen Entscheidung die Wirkungen verleihen, die eine entsprechende Entscheidung eines Gerichts des Vollstreckungsstaates nach dessen Recht haben würde.
KAPITEL III Vollstreckung gerichtlicher Vergleiche und öffentlicher Urkunden Das Kapitel III des Dritten Titels behandelt die Vollstreckung aus Schuldtiteln, die neben gerichtlichen Entscheidungen im internationalen Verkehr Bedeutung haben. Zu Artikel 42 Die Bestimmung stellt die gerichtlichen Vergleiche den gerichtlichen Entscheidungen grundsätzlich gleich. Die gerichtlichen Vergleiche sind zwar nur dem deutschen Recht bekannt (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), nach tunesischem Recht ergeht in derartigen Fällen ein jugement par accord, das den Inhalt eines Vergleichs zwischen den Parteien feststellt. Durch die Einbeziehung der deutschen Prozeßvergleiche ist auch insoweit die Gegenseitigkeit hergestellt, da die in entsprechenden Fällen ergehenden tunesischen Entscheidungen in der Bundesrepublik Deutschland auf Grund der Artikel 34 ff. für vollstreckbar erklärt werden können. Artikel 42 erfaßt nur Vergleiche auf den Gebieten des Zivil und Handelsrechts, die unter den Vertrag fallen. Die Vergleiche müssen vor einem Gericht abgeschlossen sein; Schütze
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auf Vergleiche, die vor Verwaltungsbehörden (z.B. Gütestellen) zustande kommen, ist der Vertrag nicht anzuwenden. Nach Absatz 2 des Artikels 42 gelten für den Antrag auf Vollstreckbarerklärung und für das weitere Verfahren die Artikel 35 bis 41 entsprechend. Von den formellen Voraussetzungen des Artikels 38 (Artikel 42 Abs. 2 Nr. 1) kommen naturgemäß nur die Nummern 1, 2 und 5 in Betracht. Der Nachweis der Vollstreckbarkeit (Artikel 38 Abs. 1 Nr. 2) wird wie bei gerichtlichen Entscheidungen durch die Vollstreckungsklausel (§§ 725, 795 ZPO) geführt. Das Gericht, das über die Vollstreckbarerklärung entscheidet, darf im übrigen nur prüfen, ob die Parteien nach dem Recht des Vollstreckungsstaates über den Gegenstand des Streites einen Vergleich abschließen konnten (Artikel 42 Abs. 2 Nr. 2). Dies wird sich danach beurteilen, ob die Parteien über den Streitgegenstand verfügen konnten. Das Gericht hat sodann weiter zu untersuchen, ob die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich nicht der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates widerspricht. Beide Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung sind von Amts wegen zu prüfen. Zu Artikel 43 Obwohl das tunesische Recht öffentliche Urkunden als Vollstreckungstitel nicht kennt, hat sich in den Verhandlungen erreichen lassen, daß deutsche öffentliche Urkunden in der Tunesischen Republik für vollstreckbar erklärt werden können. Für die Vollstreckbarerklärung kommen vor allem die in § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO erwähnten vollstreckbaren Urkunden, die vor einem Gericht oder Notar errichtet worden sind, in Betracht. Aber auch die von den Jugendämtern aufgenommenen Verpflichtungserklärungen können als Vollstreckungstitel in der Tunesischen Republik dienen, sofern ihre Vollstreckbarerklärung nicht der öffentlichen Ordnung widerspricht. Ebenso wie bei gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen setzt auch die Vollstreckbarerklärung einer öffentlichen Urkunde zunächst voraus, daß sie im Errichtungsstaat vollstreckbar ist (Absatz 1). Nach Absatz 2 hat das Gericht im Exequaturverfahren wie bei der Vollstreckbarerklärung von Vergleichen zu prüfen, ob die Ausfertigung der öffentlichen Urkunde den formellen Erfordernissen entspricht, von denen ihre Beweiskraft nach dem Recht des Errichtungsstaates abhängt. Wenngleich dies im Wortlaut des Absatzes 2 nicht ausdrücklich hervorgehoben wird, ist die Urkunde mit der Vollstreckungsklausel zu verstehen und ihr eine Übersetzung beizufügen. Die Vollstreckbarerklärung wird abgelehnt, wenn sie der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates zuwiderlaufen würde (Absatz 2 letzter Halbsatz).
KAPITEL IV Sonstige Bestimmungen In dem Kapitel IV sind einige besondere Bestimmungen zusammengefaßt. Zu Artikel 44 Artikel 44 behandelt die Rechtshängigkeit. Sinn dieser Bestimmung ist es zu verhindern, daß in beiden Staaten nebeneinander Prozesse in derselben Sache und zwischen denselben Parteien geführt werden, in denen einander widersprechende Entscheidungen ergehen könnten; eine solche Vorsorge ist geboten, zumal der Vertrag keine gemein1001
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samen Zuständigkeitsregeln aufstellt, die bereits im Erkenntnisverfahren befolgt werden müßten. Die in Absatz 1 getroffene Regelung löst die Konkurrenz zwischen dem bereits anhängigen Verfahren und dem später eingeleiteten zweiten Verfahren zugunsten des ersten Verfahrens, wie dies den Grundsätzen des internationalen Prozeßrechts entspricht. Die Regelung greift nur Platz, wenn die zu erwartende Entscheidung des zuerst angerufenen Gerichts in dem anderen Staat anzuerkennen wäre. Diese Prüfung hat der Richter, der mit dem zweiten Verfahren befaßt wird, durchzuführen. Nach Artikel 44 ist die Rechtshängigkeit in dem anderen Staat nur auf Antrag einer Prozeßpartei zu berücksichtigen. Die Rechtshängigkeit schließt es nicht aus, daß ein anderes als das mit der Hauptsache befaßte Gericht einstweilige Maßnahmen anordnet. Absatz 2 stellt diese Rechtslage klar. Zu Artikel 45 Der Dritte Titel des Vertrages läßt besondere Abkommen zwischen den Vertragsstaaten unberührt, die für ihre Sachgebiete die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen selbständig regeln. Die Bundesrepublik Deutschland und die Tunesische Republik gehören zwar zur Zeit solchen Übereinkommen nicht an. Die Bestimmung kann jedoch für die Zukunft Bedeutung gewinnen. Zu Artikel 46 Die Vorschriften des Dritten Titels des Vertrages haben keine rückwirkende Kraft. Dieser Grundsatz entspricht den Regeln des internationalen Prozeßrechts. Er geht auf den Gedanken zurück, daß nicht nachträglich in Rechtspositionen eingegriffen werden darf, die auf der Rechtslage vor Inkrafttreten des Vertrages beruhen.
VIERTER TITEL Schiedsvereinbarungen und Schiedssprüche in Handelssachen Der Vierte Titel über die Anerkennung von Schiedsvereinbarungen und über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen in Handelssachen ist auf deutschen Wunsch in den Vertrag aufgenommen worden. In diesem Abschnitt werden die wichtigsten Fragen geregelt, die sich auf dem Gebiet der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit ergeben. Damit wird den am deutschtunesischen Handelsverkehr beteiligten Wirtschaftskreisen die Schiedsgerichtsbarkeit als wichtiges Instrument zur Beilegung von Streitigkeiten zur Verfügung gestellt. Diese Verstärkung der Rechtssicherheit wird sich auf die Entwicklung des Handels zwischen beiden Ländern günstig auswirken. Für das Verhältnis des Vierten Titels zu dem (UN-)Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (Bundesgesetzbl. 1961 II S. 121), dem beide Staaten angehören, sind Artikel VII des Übereinkommens und die Grundsätze des völkerrechtlichen Vertragsrechts maßgebend. Danach werden die Bestimmungen dieses zweiseitigen Vertrages dem früher abgeschlossenen mehrseitigen Übereinkommen vorgehen, es jedoch nicht außer Kraft setzen. Somit kann eine Partei, die eine Schiedsvereinbarung geltend machen oder die Anerkennung oder Schütze
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Vollstreckung eines Schiedsspruchs beantragen will, sich gegebenenfalls auch auf das (UN-)Übereinkommen berufen, wenn ihr Begehren keine Stütze in diesem Vertrag findet.
KAPITEL I Anerkennung von Schiedsvereinbarungen Im Kapitel I wird die Anerkennung von Schiedsvereinbarungen behandelt, die Grundlage jedes schiedsrichterlichen Verfahrens und jedes Schiedsspruchs sind. Zu Artikel 47 Die Bestimmung geht auf Artikel II Abs. 1 und 2 des (UN-)Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche und auf Artikel I Abs. 1 Buchst a des (Genfer) Europäischen Übereinkommens vom 21. April 1961 über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (Bundesgesetzbl. 1964 II S. 425) zurück. Sie legt die völkerrechtliche Verpflichtung beider Vertragsstaaten fest, Schiedsvereinbarungen in privatrechtlichen Streitigkeiten anzuerkennen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Damit wird eine sichere Grundlage für Schiedssprüche geschaffen, die nach dem Kapitel II des Vierten Titels anzuerkennen und zu vollstrecken sind. Artikel 47 gilt nur für Schiedsvereinbarungen, die für den Rechtsverkehr zwischen beiden Staaten von Bedeutung sind. Die Vorschrift ist deshalb auf Schiedsverträge, die keinerlei Beziehungen zum Gebiet des anderen Vertragsstaates aufweisen, insbesondere auf Schiedsverträge mit inländischem Charakter, nicht anzuwenden. Nach Absatz 1 kann sich die Schiedsvereinbarung auf bereits bestehende Streitigkeiten (Schiedsabrede) oder auf künftige Streitigkeiten (Schiedsklausel) beziehen. Die Streitigkeiten müssen sich aus einem bestimmten Rechtsverhältnis, sei es vertraglicher oder nichtvertraglicher Art, ergeben. Die Regelung entspricht § 1026 ZPO und Artikel 258 C.p.c. und ist in internationalen Verträgen auf diesem Gebiet üblich. Artikel 47 legt fest, daß eine Schiedsvereinbarung der Schriftform bedarf, um auf Grund des Vertrages anerkannt zu werden (Absatz 1). Absatz 2 erläutert das Erfordernis der Schriftlichkeit dahin, daß die Urkunde, die über die Schiedsvereinbarung (Schiedsabrede oder Schiedsklausel) errichtet wird, von den Parteien unterzeichnet werden muß. Es genügt auch, daß die Vereinbarung in Briefen, Telegrammen oder Fernschreiben enthalten ist, welche die Parteien gewechselt haben. Nach der ersten Alternative muß die Urkunde, in der die Schiedsvereinbarung niedergelegt ist, von beiden Parteien eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet sein; es wird also wie in § 1027 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO die Schriftform des § 126 BGB gefordert (ebenso auch Artikel 261 C.p.c.). Die zweite Alternative bringt demgegenüber eine wesentliche Erleichterung. Die in ihr zugelassene Form eines Wechsels von Briefen, Telegrammen oder Fernschreiben lockert, ähnlich wie § 127 BGB, die strenge Schriftlichkeit. Diese Form ist nach tunesischem Recht grundsätzlich nicht zulässig; jedoch hat ihr die tunesische Delegation zur Erleichterung für den Handelsverkehr zwischen beiden Ländern zugestimmt. Die letzte Alternative des Absatzes 2, die Festlegung der Schiedsvereinbarung in einer Niederschrift des Schiedsgerichts, geht auf Artikel 261 C.p.c. zurück. Sie wird in der Regel nur bei bereits entstandenen Streitigkeiten in Betracht kommen, wenn beide Parteien noch an der Entscheidung durch Schiedsrichter interessiert sind. Gleichwohl erscheint die zusätzliche Möglichkeit, die Form des Artikels 47 Abs. 1 zu wahren, nützlich, 1003
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weil auf diese Weise Streitigkeiten über die Form vermieden werden, insbesondere wenn später die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs betrieben wird. In Absatz 3 des Artikels 47 sind drei weitere sachliche Voraussetzungen für die Anerkennung der Schiedsvereinbarung aufgeführt. Nach Nummer 1 muß das Rechtsverhältnis, das auf dem Wege der Schiedsgerichtsbarkeit geregelt werden soll, nach dem innerstaatlichen Recht des Anerkennungsstaates als Handelssache anzusehen sein. Diese Beschränkung dürfte nicht zu Schwierigkeiten führen, da der Vierte Titel des Vertrages in erster Linie für den Handelsverkehr von Bedeutung ist. In Nummer 2 ist als Anknüpfungspunkt für den internationalen Charakter der Schiedsvereinbarung der Wohnsitz oder Sitz der Parteien in verschiedenen Vertragsstaaten vorgesehen. Dem Wohnsitz ist der gewöhnliche Aufenthalt, dem Sitz die Hauptniederlassung gleichgestellt worden, wie dies in Artikel 31 Abs. 1 Nr. 1 des Vertrages bei der Festlegung der internationalen Zuständigkeit der staatlichen Gerichte ebenfalls geschehen ist. Die Staatsangehörigkeit der Parteien spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Nach Nummer 3 des Artikels 47 Abs. 3 setzt die Anerkennung weiter voraus, daß der Gegenstand des Streites nach dem Recht des Anerkennungsstaates auf schiedsrichterlichem Wege geregelt werden kann. Die Frage, ob der Gegenstand des Streites in diesem Sinne „schiedsfähig“ ist, hat nach Artikel 52 Abs. 1 Nr. 2 auch für die Anerkennung eines Schiedsspruchs Bedeutung. Nach deutschem Recht (§ 1025 Abs. 1 ZPO) kann eine Rechtsstreitigkeit durch Schiedsrichter entschieden werden, wenn die Parteien über den Gegenstand des Streites einen Vergleich schließen können. Dem tunesischen Recht ist dieses Abgrenzungsmerkmal ebenfalls bekannt (Artikel 260 Nr. 4 C.p.c.); daneben sind in Artikel 260 C.p.c. einige Rechtsgebiete besonders aufgezählt, auf denen der Abschluß von Schiedsvereinbarungen nicht zulässig ist (z.B. Streitigkeiten über die Staatsangehörigkeit und über den Personenstand sowie Verfahren, durch die öffentliche Interessen berührt werden und bei denen deshalb eine Mitteilung an die Staatsanwaltschaft vorgeschrieben ist). Hervorzuheben ist, daß nach Nummer 5 des Zusatzprotokolls – ähnlich wie zu Artikel 31 Abs. 2 – die tunesischen Unternehmen, an denen der Staat beteiligt ist, im Rahmen des Artikels 47 Abs. 3 Nr. 3 den privaten Unternehmen gleichgestellt werden. Diese zusätzliche Vereinbarung ist für die deutsche Seite von großer praktischer Bedeutung, weil nach den tunesischen Sondervorschriften, die in den Erläuterungen zu Artikel 31 Abs. 2 angeführt sind, diesen Unternehmen der Abschluß von Schiedsvereinbarungen in internationalen Streitigkeiten grundsätzlich nicht gestattet ist. Zu Artikel 48 Artikel 48 verbietet die Ausländerdiskriminierung bei der Wahl der Schiedsrichter. Wie Artikel III des (Genfer) Übereinkommens vom 21. April 1961 über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, dem die Vorschrift nachgebildet ist, hindert Artikel 48 die Parteien nicht daran, in ihrer Schiedsvereinbarung festzulegen, daß bestimmte Personengruppen, also auch Ausländer, von dem Schiedsrichteramt ausgeschlossen sein sollen. Diese Befugnis ist eine Folge des Grundsatzes der Parteiautonomie. Zu Artikel 49 Artikel 49 hebt hervor, welche Fragen die Parteien in der Schiedsvereinbarung regeln können. Hier sind die Folgerungen aus dem international anerkannten Grundsatz Schütze
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gezogen worden, daß die Parteien grundsätzlich die Zusammensetzung des Schiedsgerichts und die Gestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens frei bestimmen können. Artikel 49 gilt sowohl für Schiedsabreden als auch für Schiedsklauseln. Aus dem Zusammenhang der Nummern 1 und 2 des Absatzes 1 ergibt sich, daß die Parteien die Entscheidung der Streitigkeit sowohl einem institutionellen Schiedsgericht (Nummer 1) als auch einem ad hoc-Schiedsgericht (Gelegenheitsschiedsgericht – Nummer 2) unterwerfen können. Bei der Ausgestaltung des Absatzes 1 mußte auf Artikel 262 der tunesischen Zivilprozeßordnung Rücksicht genommen werden. Diese Vorschrift schreibt zum Schutz der Beteiligten zwingend vor, daß von vornherein beim Abschluß des Schiedsvertrages Gewißheit über die „Individualität“ der Schiedsrichter bestehen muß. Deshalb sind in dem Schiedsvertrag ,,die Namen der Schiedsrichter ausdrücklich anzuführen oder doch die Schiedsrichter in so bestimmter Weise zu kennzeichnen, daß über ihre ,Individualität‘ kein Zweifel besteht“. Dabei genügt es nicht, wenn z.B. auf die Schiedsgerichtsordnung eines ständigen internationalen Schiedsgerichts Bezug genommen wird. Wohl aber ist es als ausreichend anzusehen, wenn die Schiedsrichter einer bereits festgelegten Liste einer internationalen Organisation entnommen werden sollen. Hierauf beruht Nummer 1. Nummer 2 betrifft die Bildung eines ad hoc-Schiedsgerichts. Hier können die Parteien vereinbaren, daß jede einen Schiedsrichter zu ernennen hat und daß die beiden Schiedsrichter einen dritten Schiedsrichter bestellen sollen. Der dritte Schiedsrichter, der in der Regel den Vorsitz führen wird, muß entweder in dem Schiedsvertrag bereits namentlich bezeichnet oder auf Grund bestimmter persönlicher Merkmale, die in der Schiedsabrede genau anzugeben sind, bestimmbar sein. Nach Absatz 2 Nr. 1 haben die Parteien das Recht, den Ort, an dem das Schiedsverfahren durchgeführt werden soll, frei zu bestimmen. Für die deutsche Seite ist es deshalb von besonderem Interesse, daß diese Befugnis der Parteien vertraglich festgelegt ist, weil nach Artikel 277 C.p.c. Schiedssprüche in der Tunesischen Republik ergangen sein müssen, wenn nicht ihre Anerkennung und Vollstreckung sich nach den Regeln über die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen ausländischer staatlicher Gerichte richten soll. Nach Nummer 2 können die Parteien auch bestimmen, welches Verfahren die Schiedsrichter einzuhalten haben. Sie können insbesondere auf ein bestimmtes nationales Verfahrensrecht oder auf die Schiedsgerichtsordnung eines institutionellen Schiedsgerichts verweisen. Im Gegensatz zu Nummer 2 betrifft Nummer 3 des Absatzes 2 das materielle Recht, das die Schiedsrichter bei der Entscheidung des Streitfalles anwenden sollen. Auch hier ist dem Parteiwillen der Vorrang eingeräumt. Die Parteien können das anzuwendende sachliche Recht bestimmen. Von der Beachtung zwingender gesetzlicher Vorschriften können die Schiedsrichter allerdings nicht entbunden werden. Zu Artikel 50 In Artikel 50 ist bestimmt, wie das staatliche Gericht eines Vertragsstaates in einer bei ihm anhängigen Sache zu verfahren hat, wenn eine der Parteien einwendet, daß zwischen ihnen über den Gegenstand des Rechtsstreites eine Schiedsvereinbarung bestehe. In einem solchen Fall hat sich das staatliche Gericht einer Entscheidung in der Sache zu enthalten und die Parteien auf das schiedsrichterliche Verfahren zu verweisen. In welcher Form diese Verweisung auszusprechen ist, richtet sich nach der lex fori des angerufenen Gerichts. Nach deutschem Recht (§ 274 Abs. 2 Nr. 3 ZPO) würde die Klage durch Prozeßurteil als unzulässig abgewiesen werden. 1005
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Eine solche Entscheidung setzt voraus, daß die Schiedsvereinbarung nach dem Vertrag anzuerkennen und daß sie gültig ist. Die Frage, ob die Schiedsvereinbarung rechtswirksam ist, wird das angerufene Gericht nach dem Recht beurteilen, das nach seinem internationalen Privatrecht auf den Vertrag anzuwenden ist. Stellt das staatliche Gericht fest, daß die Schiedsvereinbarung unwirksam ist, so ist es durch Artikel 50 nicht gehindert, in der Sache selbst zu entscheiden.
KAPITEL II Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen Kapitel II des Vierten Titels stellt die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen im Rechtsverkehr zwischen den Vertragsstaaten sicher. Eine befriedigende Regelung dieser Fragen ist die Voraussetzung dafür, daß die Schiedsgerichtsbarkeit ein wirksames Instrument zur Beilegung von Streitigkeiten sein kann. Zu Artikel 51 Dieser Artikel legt die völkerrechtliche Verpflichtung der Vertragsstaaten fest, Schiedssprüche, die auf einer Schiedsvereinbarung im Sinne des Artikels 47 beruhen, anzuerkennen und zu vollstrecken. Im Gegensatz zu Artikel I Abs. 1 des (UN-)Übereinkommens vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche wird für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs nicht darauf abgestellt, an welchem Ort oder nach welchem Verfahrensrecht der Schiedsspruch ergangen ist. Die Anwendung der Vorschriften des Vertrages hängt also nicht davon ab, daß der Schiedsspruch gerade in der Bundesrepublik Deutschland oder in der Tunesischen Republik oder nach dem Verfahrensrecht eines der beiden Vertragsstaaten ergangen ist. Auf diese Kriterien, deren Anwendung in der Praxis gewisse Schwierigkeiten bereitet, brauchte nicht abgestellt zu werden, weil der die Schiedsgerichtsbarkeit betreffende Teil des Vertrages in seinem ersten Abschnitt die Voraussetzungen festlegt, unter denen eine Schiedsvereinbarung nach dem Vertrag anzuerkennen ist (Artikel 47 ff.). Da die Schiedsvereinbarung die Grundlage des schiedsrichterlichen Verfahrens bildet und an Schiedsvereinbarung, Schiedsverfahren und Schiedsspruch einheitliche Rechtsfolgen geknüpft werden sollen, lag es nahe, die vertragliche Anerkennung und Vollstreckung für alle Schiedssprüche vorzusehen, die auf Grund einer nach dem Vertrag anzuerkennenden Schiedsvereinbarung ergehen. Da es somit nach Artikel 47 entscheidend darauf ankommt, daß jede der Parteien der Schiedsvereinbarung in einem anderen der beiden Staaten ansässig ist, fallen auch Schiedssprüche der sogenannten Drittlandsarbitrage unter Artikel 51. Nach den Grundsätzen des internationalen Zivilprozeßrechts versteht es sich von selbst und bedurfte deshalb keiner besonderen Hervorhebung im Vertrag, daß der Schiedsspruch nach dem für ihn maßgebenden Recht alle Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung erfüllen und verbindlich sein muß; er darf insbesondere nicht mehr vor einer weiteren Instanz mit der Berufung anfechtbar sein. Dagegen hindert die Möglichkeit allein, daß gegen den Schiedsspruch noch die Aufhebungsklage (vgl. § 1041 ZPO; Artikel 281 C p c.) erhoben werden kann, seine Anerkennung oder Vollstreckung nicht, wie sich schon aus der abschließenden Aufzählung der Versagungsgründe in Artikel 52 Abs. 1 ergibt. Ist der Schiedsspruch aber in seinem „Heimatstaat“ aufgehoben, so kann er nicht mehr in einem Vertragsstaat anerkannt oder vollstreckt werden.
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Zu Artikel 52 Dieser Artikel zählt die Gründe erschöpfend auf, die zu einer Versagung der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs führen können. Die Regelung geht auf Artikel V des (UN-)Übereinkommens vom 10. Juni 1958 zurück, der sich in der Praxis bewährt hat. Die Versagungsgründe sind grundsätzlich nur auf Vorbringen des Schuldners zu berücksichtigen, sofern sie nicht öffentliche Interessen des Anerkennungsstaates berühren. Sofern das Vollstreckungsgericht feststellt, daß ein Versagungsgrund gegeben ist, muß es den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ablehnen. Ein Ermessensspielraum wird ihm nicht eingeräumt. Nach Nummer 1 ist die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs zu versagen, wenn dadurch die öffentliche Ordnung des Anerkennungsstaates verletzt würde. Die Regelung entspricht derjenigen, die in Artikel 29 Abs. 1 Nr. 2 für gerichtliche Entscheidungen getroffen worden ist. Der Begriff des „ordre public“ ist auch hier eng auszulegen. Nummer 2 betrifft die Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes. Auf die Bemerkungen zu Artikel 47 Abs. 3 Nr. 3 wird Bezug genommen. Nach Nummer 3 führt die Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung dazu, daß die Anerkennung und Vollstreckung zu versagen ist. Die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung kann auf einem Formmangel oder auf einem Fehler beruhen, der diese Rechtsfolge nach Vorschriften des materiellen Rechts nach sich zieht. Um die Anerkennung und Vollstreckung der Schiedssprüche möglichst zu begünstigen, sind zwei Einschränkungen vorgesehen. Nicht zu vertreten wäre es, wenn eine Partei z.B. den Formmangel der Schiedsvereinbarung im schiedsrichterlichen Verfahren trotz Kenntnis nicht rügt, sich aber, nachdem sie im Streit vor dem Schiedsgericht unterlegen ist, auf diesen Formmangel noch berufen könnte, wenn über die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu entscheiden ist. In diesem Fall muß der Gesichtspunkt des venire contra factum proprium eingreifen; dieser Partei ist die Berufung auf den Versagungsgrund der Nummer 3 verwehrt. Die zweite Einschränkung hängt mit einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit des Schiedsspruchs zusammen. Ist in dem „Heimatstaat“ des Schiedsspruchs, also in dem Staat, auf dessen Hoheitsgebiet (Territorialitätstheorie) oder nach dessen Verfahrensrecht (prozessuale Theorie) der Schiedsspruch ergangen ist, ein Rechtsstreit über die Aufhebung des Schiedsspruchs anhängig gewesen und ist der Schuldner in diesem Rechtsstreit unterlegen, so kann er sich auf die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung nicht mehr berufen, wenn der Grund, auf den er die Unwirksamkeit des Schiedsspruchs stützt, Gegenstand jenes Aufhebungsverfahrens war. Hierdurch soll vermieden werden, daß einander widersprechende gerichtliche Entscheidungen – einmal im Aufhebungsverfahren, zum anderen im Verfahren der Vollstreckbarerklärung – ergehen. Nummer 4 des Artikels 52 Abs. 1 entspricht Artikel 29 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrages, so daß auch hier eine Parallele zu den Versagungsgründen bei der Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen besteht. Nach Nummer 5 ist die Anerkennung des Schiedsspruchs zu versagen, wenn der unterlegenen Partei im schiedsrichterlichen Verfahren das rechtliche Gehör nicht gewährt worden ist. Die Bestimmung berührt sich mit dem Versagungsgrund des ordre public (Nummer 1). Der Schuldner kann z.B. einwenden, er sei von der Ernennung der Schiedsrichter oder von der Einleitung des schiedsrichterlichen Verfahrens nicht unterrichtet oder nicht so rechtzeitig geladen worden, daß er seine Angriffs- und Verteidigungsmittel habe geltend machen können. Nach Absatz 2 des Artikels 52 werden Schiedsvergleiche wie Schiedssprüche anerkannt und vollstreckt. Das tunesische Recht kennt zwar den Schiedsvergleich nicht; der 1007
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
Inhalt einer Vereinbarung, mit der die Parteien durch gegenseitiges Nachgeben ihren Streit beilegen, wird, wie in einem Verfahren vor dem staatlichen Gericht (vgl. oben zu Artikel 42) durch einen Schiedsspruch festgestellt. Um die Gegenseitigkeit bei der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen herzustellen, hat sich die tunesische Seite mit der Einbeziehung dieser dem deutschen Recht bekannten Titel einverstanden erklärt. Zu Artikel 53 Für das Verfahren und die Wirkungen der Vollstreckbarerklärung verweist Artikel 53 auf die Artikel 35 ff. des Vertrages, welche die Vollstreckbarerklärung der Entscheidungen staatlicher Gerichte betreffen. Besonders hervorzuheben ist: Nach Artikel 35 richtet sich das Verfahren der Vollstreckbarerklärung nach dem Recht des Vollstreckungsstaates. Nach deutschem Recht ist § 1044 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit den §§ 1042 bis 1042d auf das Verfahren anzuwenden. Für die Zuständigkeit ist Artikel 37 des Vertrages zu beachten, der dem § 1046 ZPO als lex specialis vorgeht. Soweit es sich um die formellen Voraussetzungen für den Antrag auf Vollstreckbarerklärung (Artikel 38 des Vertrages) handelt, kommt die Urkunde, aus der sich die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs nach dem Recht seines Heimatstaates ergibt, naturgemäß nicht in Betracht. Dies ergibt sich bereits aus Artikel 51, der anders als Artikel 34 Abs. 1, Artikel 42 Abs. 1 und Artikel 43 Abs. 1 für die in diesen Bestimmungen erwähnten Titel nicht vorsieht, daß der Schiedsspruch in dem Staat, in dem oder nach dessen Recht er ergangen ist, vollstreckbar sein muß. Dieser Unterschied erklärt sich aus dem international anerkannten Grundsatz, daß das sogenannte doppelte Exequatur – Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs erst in seinem Heimatstaat und sodann erneut im Vollstreckungsstaat – zu vermeiden ist (vgl. aber die Ausführungen zu Artikel 51 am Ende).
FÜNFTER TITEL Schlußvorschriften Dieser Titel enthält die Bestimmungen über die Beilegung von Schwierigkeiten bei der Anwendung des Vertrages, über den räumlichen Geltungsbereich sowie über das Inkrafttreten und eine Kündigung des Vertrages. Zu Artikel 54 Es erschien zweckmäßig, den diplomatischen Weg für die Beilegung von Schwierigkeiten vorzusehen, die bei der Anwendung des Vertrages entstehen können. Dies hat sich z.B. für das Haager Zivilprozeßübereinkommen bewährt (vgl. dort Artikel 1 Abs. 2, Artikel 9 Abs. 2). Zu Artikel 55 Nach dieser Bestimmung soll der Vertrag auch im Land Berlin gelten, sofern nicht die Bundesregierung eine gegenteilige Erklärung abgibt.
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b. bb. Deutsch-israelischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung
Zu Artikel 56 Nach Absatz 2 soll der Vertrag dreißig Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft treten. Diese verhältnismäßig kurze Frist ist gewählt worden, damit die verschiedenen Schuldtitel aus beiden Staaten möglichst bald gegenseitig anerkannt und vollstreckt werden können. Zu Artikel 57 Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. Artikel 57 läßt seine Kündigung zu, die nach Ablauf eines Jahres nach ihrer Notifizierung wirksam wird. Dem Vertrag ist ein Zusatzprotokoll, das einen Bestandteil des Vertrages bildet, angeschlossen; sein Inhalt ist bereits zu den in Betracht kommenden Bestimmungen des Vertrages erläutert worden.
3. b. bb. Deutsch-israelischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 20.7.1977 (BGBl. II 1980, S. 935, 1531) Schütze Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
Vorbemerkung: Der deutsch-israelische Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag hat eine höchst problematische Einmischung der Exekutive in die richterliche Gewalt beendet. Obwohl die Feststellung der Verbürgung der Gegenseitigkeit nach § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO allein den Gerichten obliegt, hat die Justizverwaltung aus politischen Gründen durch Ausführungsverordnung die Gegenseitigkeit im Verhältnis zu Israel für verbürgt erklärt.1 Das war ein justizpolitischer Skandal,2 der durch den Abschluss des Vertrages ein Ende gefunden hat. Der Vertrag enthält einen Katalog von Gerichtsständen, die Anerkennungszuständigkeit zu begründen geeignet sind. Für die Durchführung das Vertrages in Deutschland ist das AVAG anwendbar. Das deutsche Ausführungsgesetz v. 13.8.1980 (BGBl. 1980 I 1301) ist am 8.6.1988 außer Kraft getreten und durch das AVAG ersetzt worden. Es hatte noch darüber hinaus Bedeutung für anhängige Verfahren, ist aber heute auch insoweit obsolet geworden. b. bb. Deutsch-israelischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung
Geltungsbereich: Deutschland, Israel Schrifttum: Pirrung Zu den Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen der Bundesrepublik Deutschland mit Israel und Norwegen, IPRax 1982, 130 ff.; Schütze Der deutsch-israelische Anerkennungsund Vollstreckungsvertrag, IWB F 6 (Israel), Gr. 3, S. 13 ff.
_____ 1 2
Vgl. AusfVO JM NRW v. 5.12.1958, JMBl. NRW 1959, 6. Vgl. Schütze Internationales Zivilprozessrecht und Politik, FS Georgiades, 2005, S. 577 ff.
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
Text Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen BGBl. II 1980, S. 926
ERSTER ABSCHNITT Grundsatz der Anerkennung und Vollstreckung Artikel 1 In Zivil- und Handelssachen werden Entscheidungen der Gerichte in einem Vertragsstaat im anderen Vertragsstaat unter den in diesem Vertrag vorgesehenen Bedingungen anerkannt und vollstreckt. Artikel 2 (1) Unter Entscheidungen im Sinne dieses Vertrages sind alle gerichtlichen Entscheidungen ohne Rücksicht auf ihre Benennung (Urteile, Beschlüsse, Vollstreckungsbefehle) und ohne Rücksicht darauf zu verstehen, ob sie in einem Verfahren der streitigen oder der freiwilligen Gerichtsbarkeit ergangen sind; hierzu zählen auch die gerichtlichen Vergleiche. Ausgenommen sind jedoch diejenigen Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die in einem einseitigen Verfahren erlassen sind. (2) Gerichtliche Entscheidungen sind insbesondere auch: 1. die Beschlüsse eines Rechtspflegers, durch die der Betrag des für ein Kind zu leistenden Unterhalts festgesetzt wird, die Beschlüsse eines Urkundsbeamten oder eines Rechtspflegers, durch die der Betrag der Kosten des Verfahrens später festgesetzt wird, und Vollstreckungsbefehle; 2. Entscheidungen des Registrars im Versäumnisverfahren, im Urkundenprozeß, in Kostensachen und in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten.
ZWEITER ABSCHNITT Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen Artikel 3 Die in Zivil- oder Handelssachen über Ansprüche der Parteien ergangenen Entscheidungen der Gerichte in dem einen Staat, die nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden können, werden in dem anderen Staat anerkannt. Artikel 4 1.
(1) Die Bestimmungen dieses Vertrages finden keine Anwendung: auf Entscheidungen in Ehesachen oder anderen Familienstandssachen und auf Entscheidungen, die den Personenstand oder die Handlungsfähigkeit von Personen zum Gegenstand haben, sowie auf Entscheidungen in Angelegenheiten des ehelichen Güterrechts;
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b. bb. Deutsch-israelischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung
2. 3. 4.
5. 6. 7.
auf Entscheidungen auf dem Gebiet des Erbrechts; auf Entscheidungen, die in einem gerichtlichen Strafverfahren über Ansprüche aus einem Rechtsverhältnis des Zivil- und Handelsrechts ergangen sind; auf Entscheidungen, die in einem Konkursverfahren, einem Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses oder einem entsprechenden Verfahren ergangen sind, einschließlich der Entscheidungen, durch die für ein solches Verfahren über die Wirksamkeit von Rechtshandlungen gegenüber den Gläubigern erkannt wird; auf Entscheidungen in Angelegenheiten der sozialen Sicherheit; auf Entscheidungen in Atomhaftungssachen; auf einstweilige Verfügungen oder Anordnungen und auf Arreste.
(2) Ungeachtet der Vorschriften des Absatzes 1 ist dieser Vertrag auf Entscheidungen anzuwenden, die Unterhaltspflichten zum Gegenstand haben. Artikel 5 1.
2. 3. 4. 5.
6.
(1) Die Anerkennung darf nur versagt werden: wenn für die Gerichte im Entscheidungsstaat keine Zuständigkeit im Sinne des Artikels 7 oder aufgrund einer Übereinkunft, der beide Vertragsstaaten angehören, gegeben ist; wenn die Anerkennung der Entscheidung der öffentlichen Ordnung des Anerkennungsstaats widerspricht; wenn die Entscheidung auf betrügerischen Machenschaften während des Verfahrens beruht; wenn die Anerkennung der Entscheidung geeignet ist, die Hoheitsrechte oder die Sicherheit des Anerkennungsstaats zu beeinträchtigen; wenn ein Verfahren zwischen denselben Parteien und wegen desselben Gegenstandes vor einem Gericht im Anerkennungsstaat anhängig ist und wenn dieses Gericht zuerst angerufen wurde; wenn in dem Anerkennungsstaat bereits eine mit einem ordentlichen Rechtsmittel nicht anfechtbare Entscheidung vorliegt, die unter denselben Parteien und wegen desselben Gegenstandes ergangen ist.
(2) Hat sich der Beklagte auf das Verfahren nicht eingelassen, so darf die Anerkennung der Entscheidung auch versagt werden, wenn 1. das der Einleitung des Verfahrens dienende Schriftstück dem Beklagten a) nach den Gesetzen des Entscheidungsstaats nicht wirksam oder b) unter Verletzung einer zwischenstaatlichen Übereinkunft oder c) nicht so rechtzeitig, daß er sich hätte verteidigen können, zugestellt worden ist; 2. der Beklagte nachweist, daß er sich nicht hat verteidigen können, weil ohne sein Verschulden das der Einleitung des Verfahrens dienende Schriftstück entweder überhaupt nicht oder nicht rechtzeitig genug zu seiner Kenntnis gelangt ist. Artikel 6 (1) Die Anerkennung darf nicht allein deshalb versagt werden, weil das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, nach den Regeln seines internationalen Privatrechts andere Gesetze angewendet hat, als sie nach dem internationalen Privatrecht des Anerkennungsstaats anzuwenden gewesen wären. 1011
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(2) Die Anerkennung darf jedoch aus dem in Absatz 1 genannten Grunde versagt werden, wenn die Entscheidung auf der Beurteilung eines ehe- oder sonstigen familienrechtlichen Verhältnisses, der Rechts- oder Handlungsfähigkeit, der gesetzlichen Vertretung oder eines erbrechtlichen Verhältnisses beruht. Das gleiche gilt für eine Entscheidung, die auf der Beurteilung der Rechts- oder Handlungsfähigkeit einer juristischen Person, einer Gesellschaft oder einer Vereinigung beruht, sofern diese nach dem Recht des Anerkennungsstaats errichtet ist und in diesem Staat ihren satzungsmäßigen oder tatsächlichen Sitz oder ihre Hauptniederlassung hat. Die Entscheidung ist dennoch anzuerkennen, wenn sie auch bei Anwendung des internationalen Privatrechts des Anerkennungsstaats gerechtfertigt wäre. Artikel 7 (1) Die Zuständigkeit der Gerichte im Entscheidungsstaat wird im Sinne des Artikels 5 Absatz 1 Nummer 1 anerkannt: 1. wenn zur Zeit der Einleitung des Verfahrens der Beklagte im Entscheidungsstaat seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder, falls es sich um eine juristische Person, eine Gesellschaft oder eine Vereinigung handelt, seinen satzungsmäßigen oder tatsächlichen Sitz oder seine Hauptniederlassung hatte; 2. wenn der Beklagte im Entscheidungsstaat eine geschäftliche Niederlassung oder eine Zweigniederlassung hatte und für Ansprüche aus deren Betriebe belangt worden ist; 3. wenn der Beklagte sich durch eine Vereinbarung für ein bestimmtes Rechtsverhältnis der Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dem die Entscheidung ergangen ist, unterworfen hat, es sei denn, daß eine solche Vereinbarung nach dem Recht des Staates, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, unzulässig ist; eine Vereinbarung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn eine Partei ihre Erklärung schriftlich abgegeben und die Gegenpartei sie angenommen hat oder wenn eine mündlich getroffene Vereinbarung von einer Partei schriftlich bestätigt worden ist, ohne daß die Gegenpartei der Bestätigung widersprochen hat; 4. wenn die Klage einen Unterhaltsanspruch zum Gegenstand hatte und wenn der Unterhaltsberechtigte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens in dem Entscheidungsstaat seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte oder wenn die Zuständigkeit mit Rücksicht auf die Verbindung mit einer Ehesache oder Familienstandssache begründet war: 5. wenn die Klage auf eine unerlaubte Handlung oder auf eine Handlung, die nach dem Recht des Entscheidungsstaats einer unerlaubten Handlung gleichgestellt wird, gegründet worden ist, wenn die Tat im Hoheitsgebiet des Entscheidungsstaats begangen worden ist und wenn der Täter sich bei Begehung der schädigenden Handlung im Hoheitsgebiet des Entscheidungsstaats aufgehalten hatte; 6. wenn die Klage auf eine unerlaubte Handlung im Geschäftsverkehr oder auf die Verletzung eines Patents, Gebrauchsmusters, Warenzeichens, Sortenschutzrechts, gewerblichen Musters oder Modells oder Urheberrechts im Entscheidungsstaat gegründet worden ist; 7. wenn mit der Klage ein Recht an einer unbeweglichen Sache oder ein Anspruch aus einem Recht an einer solchen Sache geltend gemacht worden ist und wenn die unbewegliche Sache im Entscheidungsstaat belegen ist; 8. wenn für den Fall, daß der Beklagte in den beiden Staaten weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sich zur Zeit der Einleitung des VerfahSchütze
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b. bb. Deutsch-israelischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung
rens in dem Staat, in dem die Entscheidung ergangen ist, Vermögen des Beklagten befunden hat; 9. wenn es sich um eine Widerklage gehandelt hat, bei welcher der Gegenanspruch mit der im Hauptprozeß erhobenen Klage im rechtlichen Zusammenhang stand, und wenn für die Gerichte des Entscheidungsstaats eine Zuständigkeit im Sinne dieses Vertrages zur Entscheidung über die im Hauptprozeß erhobene Klage selbst anzuerkennen ist; 10. wenn mit der Klage ein Anspruch auf Schadensersatz oder auf Herausgabe des Erlangten deshalb geltend gemacht worden ist, weil eine Vollstreckung aus einer Entscheidung eines Gerichts im anderen Staat betrieben worden war, die in diesem Staat aufgehoben oder abgeändert worden ist; 11. wenn der Beklagte sich vor dem Gericht des Staates, in dem die Entscheidung ergangen ist, auf das Verfahren zur Hauptsache eingelassen hat, für die sonst eine Zuständigkeit des Gerichts, die nach diesem Vertrag anzuerkennen wäre, nicht gegeben ist; dies gilt jedoch nicht, wenn der Beklagte vor der Einlassung zur Hauptsache erklärt hat, daß er sich auf das Verfahren nur im Hinblick auf Vermögen im Staat des angerufenen Gerichts einlasse. (2) Die Zuständigkeit der Gerichte im Entscheidungsstaat wird jedoch nicht anerkannt, wenn die Gerichte im Anerkennungsstaat nach seinem Recht für die Klage, die zur Entscheidung geführt hat, ausschließlich zuständig sind. Artikel 8 (1) Wird die in einem Staat ergangene Entscheidung in dem anderen Staat geltend gemacht, so darf nur geprüft werden, ob einer der in Artikel 5 oder 6 Absatz 2 genannten Versagungsgründe vorliegt. (2) Das Gericht in dem Staat, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, ist bei der Beurteilung der Zuständigkeit des Gerichts im Entscheidungsstaat (Artikel 5 Absatz 1 Nummer 1) an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen, aufgrund deren das Gericht seine Zuständigkeit angenommen hat, gebunden. (3) Darüber hinaus darf die Entscheidung nicht nachgeprüft werden. Artikel 9 (1) Die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen werden in dem anderen Vertragsstaat anerkannt, ohne daß es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. (2) Bildet die Frage, ob eine Entscheidung anzuerkennen ist, als solche den Gegenstand eines Streites, so kann jede Partei, welche die Anerkennung geltend macht, in dem Verfahren nach dem Dritten Abschnitt die Feststellung beantragen, daß die Entscheidung anzuerkennen ist. (3) Wird die Anerkennung in einem Rechtsstreit vor dem Gericht eines Vertragsstaats, dessen Entscheidung von der Anerkennung abhängt, verlangt, so kann dieses Gericht über die Anerkennung entscheiden.
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DRITTER ABSCHNITT I. VOLLSTRECKUNG RECHTSKRÄFTIGER ENTSCHEIDUNGEN UND GERICHTLICHER VERGLEICHE Artikel 10 Entscheidungen der Gerichte in dem einen Staat, auf die dieser Vertrag anzuwenden ist, sind in dem anderen Staat zur Zwangsvollstreckung zuzulassen, wenn: 1. sie in dem Entscheidungsstaat vollstreckbar sind; 2. sie in dem Staat, in dem die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll (Vollstreckungsstaat), anzuerkennen sind. Artikel 11 Das Verfahren, in dem die Zwangsvollstreckung zugelassen wird, und die Zwangsvollstreckung selbst richten sich, soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist, nach dem Recht des Vollstreckungsstaats. Artikel 12 Ist der Partei, welche die Zwangsvollstreckung betreiben will, in dem Entscheidungsstaat das Armenrecht bewilligt worden, so genießt sie das Armenrecht ohne weiteres nach den Vorschriften des Vollstreckungsstaats für das Verfahren, in dem über die Zulassung der Zwangsvollstreckung entschieden wird, und für die Zwangsvollstreckung. Artikel 13 Den Antrag, die Zwangsvollstreckung zuzulassen, kann jeder stellen, der in dem Entscheidungsstaat berechtigt ist, Rechte aus der Entscheidung geltend zu machen. Artikel 14 1. 2.
(1) Der Antrag, die Zwangsvollstreckung zuzulassen, ist: in der Bundesrepublik Deutschland an das Landgericht, im Staat Israel an den District Court in Jerusalem, der sowohl sachlich als auch örtlich ausschließlich zuständig ist, zu richten.
(2) Örtlich zuständig ist in der Bundesrepublik Deutschland das Landgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz und bei Fehlen eines solchen Vermögen hat oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll. (3) Jede Vertragspartei kann durch eine Erklärung gegenüber der anderen Vertragspartei ein anderes Gericht als zuständig im Sinne des Absatzes 1 bestimmen. Artikel 15 (1) Die Partei, welche die Zulassung zur Zwangsvollstreckung beantragt, hat beizubringen: 1. eine von dem Gericht in dem Staat, in dem die Entscheidung ergangen ist, hergestellte beglaubigte Abschrift der Entscheidung; Schütze
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2. 3. 4. 5.
6.
7.
den Nachweis, daß die Entscheidung rechtskräftig ist; den Nachweis, daß die Entscheidung nach dem Recht des Entscheidungsstaats vollstreckbar ist; wenn der Antragsteller nicht der in der Entscheidung benannte Gläubiger ist, den Nachweis seiner Berechtigung; die Urschrift oder beglaubigte Abschrift der Zustellungsurkunde oder einer anderen Urkunde, aus der sich ergibt, daß die Entscheidung der Partei, gegen welche die Zwangsvollstreckung betrieben werden soll, zugestellt worden ist; die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde, aus der sich ergibt, daß die den Rechtsstreit einleitende Klage, Vorladung oder ein anderes der Einleitung des Verfahrens dienendes Schriftstück dem Beklagten nach dem Recht des Entscheidungsstaats zugestellt worden ist, sofern sich der Beklagte auf das Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, nicht zur Hauptsache eingelassen hat; eine Übersetzung der vorerwähnten Urkunden in die oder eine Sprache des Vollstreckungsstaats, die von einem amtlich bestellten oder vereidigten Übersetzer oder einem dazu befugten Notar eines der beiden Staaten als richtig bescheinigt sein muß.
(2) Die in dem vorstehenden Absatz angeführten Urkunden bedürfen keiner Legalisation und vorbehaltlich des Absatzes 1 Nummer 7 keiner ähnlichen Förmlichkeit. Artikel 16 (1) Bei der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Zwangsvollstreckung hat sich das angerufene Gericht auf die Prüfung zu beschränken, ob die nach Artikel 15 erforderlichen Urkunden beigebracht sind und ob einer der in Artikel 5 oder 6 Absatz 2 genannten Versagungsgründe vorliegt. (2) Gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung kann der Schuldner auch vorbringen, es stünden ihm Einwendungen gegen den Anspruch selbst zu aus Gründen, die erst nach Erlaß der Entscheidung entstanden seien. Das Verfahren, in dem die Einwendungen geltend gemacht werden können, richtet sich nach dem Recht des Staates, in dem die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll. Darüber hinaus darf die Entscheidung nicht nachgeprüft werden. (3) Die Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Zwangsvollstreckung ist auszusetzen, wenn der Schuldner nachweist, daß die Vollstreckung gegen ihn einzustellen sei und daß er die Voraussetzungen erfüllt hat, von denen die Einstellung abhängt. Artikel 17 Das Gericht kann auch nur einen Teil der Entscheidung zur Zwangsvollstreckung zulassen: 1. wenn die Entscheidung einen oder mehrere Ansprüche betrifft und die betreibende Partei beantragt, die Entscheidung nur hinsichtlich eines oder einiger Ansprüche oder hinsichtlich eines Teils des Anspruchs zur Zwangsvollstreckung zuzulassen; 2. wenn die Entscheidung einen oder mehrere Ansprüche betrifft und der Antrag nur wegen eines oder einiger Ansprüche oder nur hinsichtlich eines Teils des Anspruchs begründet ist.
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Artikel 18 Wird die Entscheidung zur Zwangsvollstreckung zugelassen, so ordnet das Gericht erforderlichenfalls zugleich die Maßnahmen an, die zum Vollzug der Entscheidung notwendig sind. Artikel 19 Die Vollstreckung gerichtlicher Vergleiche richtet sich nach den Artikeln 10 bis 18; jedoch sind die Vorschriften des Artikels 15 Absatz 1 Nummer 2 und 6 nicht anzuwenden.
II. VOLLSTRECKUNG NICHT RECHTSKRÄFTIGER ENTSCHEIDUNGEN IN UNTERHALTSSACHEN Artikel 20 Entscheidungen, die Unterhaltspflichten zum Gegenstand haben, sind in entsprechender Anwendung der Artikel 10 bis 18 zur Zwangsvollstreckung zuzulassen, auch wenn sie noch nicht rechtskräftig sind.
III. VOLLSTRECKUNG ANDERER NICHT RECHTSKRÄFTIGER ENTSCHEIDUNGEN Artikel 21 Andere Entscheidungen, die noch nicht rechtskräftig sind, werden in entsprechender Anwendung der Artikel 10 bis 18 zur Zwangsvollstreckung zugelassen. Jedoch sind in diesem Falle nur solche Maßnahmen zulässig, die der Sicherung des betreibenden Gläubigers dienen.
VIERTER ABSCHNITT Sonstige Bestimmungen Artikel 22 (1) Die Gerichte in dem einen Staat werden auf Antrag einer Prozeßpartei die Klage zurückweisen oder, falls sie es für zweckmäßig erachten, das Verfahren aussetzen, wenn ein Verfahren zwischen denselben Parteien und wegen desselben Gegenstandes in dem anderen Staat bereits anhängig ist und in diesem Verfahren eine Entscheidung ergehen kann, die in ihrem Staat nach den Vorschriften dieses Vertrages anzuerkennen sein wird. (2) Jedoch können in Eilfällen die Gerichte eines jeden Staates die in ihrem Recht vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen, einschließlich solcher, die auf eine Sicherung gerichtet sind, anordnen, und zwar ohne Rücksicht darauf, welches Gericht mit der Hauptsache befaßt ist.
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Artikel 23 Die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung über die Kosten des Prozesses kann aufgrund dieses Vertrages nur bewilligt werden, wenn er auf die Entscheidung in der Hauptsache anzuwenden wäre. Artikel 24 Die Anerkennung oder Zulassung der Zwangsvollstreckung kann verweigert werden, wenn 25 Jahre vergangen sind, seitdem die Entscheidung mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angefochten werden konnte. Artikel 25 (1) Dieser Vertrag berührt nicht die Bestimmungen anderer zwischenstaatlicher Übereinkünfte, die zwischen beiden Staaten gelten und die für besondere Rechtsgebiete die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen regeln. (2) Die Anerkennung und die Vollstreckung von Schiedssprüchen bestimmen sich nach den zwischenstaatlichen Übereinkünften, die für beide Staaten in Kraft sind. Artikel 26 (1) Die Vorschriften dieses Vertrages sind nur auf solche gerichtlichen Entscheidungen und Vergleiche anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten dieses Vertrages erlassen oder errichtet werden und Sachverhalte zum Gegenstand haben, die nach dem 1. Januar 1966 entstanden sind. (2) Die Anerkennung und Vollstreckung von Schuldtiteln, die nicht unter diesen Vertrag oder andere Verträge, die zwischen beiden Staaten gelten oder gelten werden, fallen, bestimmt sich weiter nach allgemeinen Vorschriften.
FÜNFTER ABSCHNITT Schlußvorschriften Artikel 27 Jeder Vertragsstaat teilt dem anderen Vertragsstaat seine Rechtsvorschriften mit, die: 1. für den Nachweis, daß die Entscheidung rechtskräftig ist (Artikel 15 Absatz 1 Nummer 2), und 2. für den Nachweis, daß die Entscheidung vollstreckbar ist (Artikel 15 Absatz 1 Nummer 3), maßgebend sind. Artikel 28 Alle Schwierigkeiten, die bei der Anwendung dieses Vertrages entstehen, werden auf diplomatischem Wege geregelt.
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
Artikel 29 Dieser Vertrag gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber der Regierung des Staates Israel innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Vertrages eine gegenteilige Erklärung abgibt. Artikel 30 (1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden sollen sobald wie möglich in Bonn ausgetauscht werden. (2) Der Vertrag tritt dreißig Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Artikel 31 Jeder der beiden Staaten kann den Vertrag kündigen. Die Kündigung wird ein Jahr nach dem Zeitpunkt wirksam, an dem sie dem anderen Staat notifiziert wurde.
3. a. bb. α. Deutsche Denkschrift zu dem Vertrag (BTDrucks. VIII Nr. 3866)
I. ALLGEMEINE BEMERKUNGEN Der Vertrag hat den Zweck, in den regen wirtschaftlichen, kulturellen, touristischen und besonderen persönlichen Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland sicherzustellen, daß gerichtliche Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen gegenseitig anerkannt und vollstreckt werden. Während der Rechtshilfeverkehr mit Israel, der vor allen Dingen in Wiedergutmachungssachen erheblich ist, auf der Grundlage des Haager Übereinkommens vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß (BGBl. 1958 II S. 576; 1959 II S. 1388; 1968 II S. 809) zufriedenstellend abgewickelt wird und die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen durch multilaterale Vereinbarungen, denen die Bundesrepublik Deutschland und Israel angehören, gewährleistet ist, fehlt für die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und anderen Schuldtiteln eine vertragliche Grundlage. Mit Rücksicht auf die innerstaatliche Gesetzgebung (in der Bundesrepublik Deutschland gemäß den §§ 328, 722, 723 ZPO; in Israel auf Grund des Gesetzes über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen vom 10. Februar 1958, – Vollstreckungsgesetz Nr. 5718 – 1958 – veröffentlicht im Sefer Ha-Chukim Nr. 244 vom 20. Februar 1958; in deutscher Übersetzung abgedruckt in JMBI. NRW 1959 Seite 6) wurde im Verhältnis zu Israel die Gegenseitigkeit bei der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Urteile nur vereinzelt bejaht (vgl. Landgericht Berlin, Urteil vom 8. Oktober 1970 – 51 S. 100/70 –, in NJW 1971 Seite 331; AV.d.JM. vom 5. Dezember 1958 – 9341 – II B. 21, in JMBI. NRW Seite 6). Nach Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel schlug die israelische Seite Anfang 1966 vor, die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch eine staatsvertragliche Vereinbarung zu regeln und dadurch auch zu verbessern. Auch auf deutscher Seite bestand an einer klaren vertraglichen Grundlage ein großes Interesse. Schütze
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Der bereits bei den ersten Verhandlungen in Jerusalem abschließend erarbeitete Vertragsentwurf ging in vielen Punkten über die Möglichkeiten des innerisraelischen Vollstreckungsrechts hinaus. Israel entschloß sich jedoch, das eigene innerstaatliche Recht den Erfordernissen moderner kontinental-europäischer Vollstreckungsverträge anzupassen. Der deutsch-israelische Vertragstext sollte hierbei als Mustervertrag dienen. Durch das Änderungsgesetz Nr. 5738 – 1977 vom 20. Oktober 1977 – veröffentlicht im Sefer Ha-Chukim Nr. 879 vom 30. Dezember 1977 – (in deutscher Übersetzung abgedruckt in Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 1978, Israel, Seite 16) ist das israelische Vollstreckungsgesetz Nr. 5718 – 1958 insbesondere in § 11 allgemein dahin geändert worden, daß ausländische Urteile unter der Voraussetzung anerkannt und vollstreckt werden, daß sich Israel hierzu in einem Abkommen mit einem anderen Staat verpflichtet hat. Der am 20. Juli 1977 in Jerusalem unterzeichnete Vertrag lehnt sich in seinen Grundzügen einmal – einem Wunsch Israels entsprechend – an den Vertrag zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen auf dem Gebiet des Zivil- und Handelsrechts vom 6. Juni 1966 an (Österr. BGBl. 1968, Nr. 349). Er berücksichtigt ferner das Haager Übereinkommen vom 1. Februar 1971 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Conférence de La Haye de droit international privé, Recueil des Conventions, 1951–1977, Seite 106). Da die Rechtsprechung des Staates Israel sich vielfach an den englischen Rechtskreis anlehnt, wurden die Erfahrungen zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 14. Juli 1960 (BGBl. 1961 II S. 301, 1025) berücksichtigt. In allen von der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Verträgen wird grundsätzlich zwischen der Anerkennung und der Vollstreckung ausländischer Schuldtitel unterschieden. Obwohl der Vertrag Israels mit Österreich die Trennung zwischen Anerkennung und Vollstreckung nicht kennt, ist in dem vorliegenden Vertrag hieran festgehalten worden. Er enthält im ersten Abschnitt die gemeinsamen Grundsätze für die Anerkennung und Vollstreckung. Der zweite Abschnitt (Artikel 3 bis 9) regelt nur die Anerkennung, der dritte Abschnitt (Artikel 10 bis 21) nur die Vollstreckung. Die Vorschriften über die Zulassung zur Zwangsvollstreckung selbst sind in drei Unterabschnitte gegliedert. Nummer 1 (Artikel 10 bis 19) behandelt die Vollstreckung rechtskräftiger Entscheidungen und gerichtlicher Vergleiche; Nummer II (Artikel 20) behandelt die Vollstreckung nicht rechtskräftiger Unterhaltsentscheidungen und Nummer III (Artikel 21) die Vollstreckung anderer, nicht rechtskräftiger Entscheidungen. Im vierten Abschnitt sind besondere Bestimmungen, welche unter anderem die Wirkung der Rechtshängigkeit und das Verhältnis des Vertrages zu anderen internationalen Abkommen betreffen, zusammengefaßt. Im fünften Abschnitt finden sich die üblichen Schlußbestimmungen über die Ratifikation, das Inkrafttreten, die Kündigung sowie die von beiden Staaten übernommene Pflicht zur Erteilung von Rechtsauskunft (Artikel 27 bis 31). Besonders hervorzuheben sind folgende vereinbarte Regelungen: 1. Israel hat sich bereit erklärt, die Entscheidungen des Rechtspflegers, insbesondere über die Unterhaltshöhe, wie andere gerichtliche Entscheidungen anzuerkennen (Artikel 2 Abs. 2). 2. Anders als im Vertrag Israels mit Österreich war es möglich, die deutschen gerichtlichen Vergleiche ausdrücklich in den Anwendungsbereich des Vertrages aufzunehmen, obgleich sie dem israelischen Recht in dieser Form fremd sind. Wie im englischen Recht ergeht auch im israelischen Recht ein „judgement by consent“, d.h. ein 1019
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Urteil, das den Inhalt eines Vergleichs zwischen den Parteien feststellt. Die mit Israel getroffene Vereinbarung in Artikel 2 Abs. 1 entspricht der Regelung in Artikel 1 Abs. 3 des deutsch-britischen Vollstreckungsabkommens. Artikel 3 trägt der Rechtslage in Israel insoweit Rechnung, als nach israelischem Vollstreckungsrecht die Vollstreckung nicht rechtskräftiger ausländischer Entscheidungen grundsätzlich nicht möglich ist. Es bestand jedoch mit Rücksicht auf die nach § 8 des israelischen Vollstreckungsgesetzes Nr. 5718-1958 in Unterhaltssachen vorgesehene Ermessensentscheidung israelischer Gerichte ein Interesse Israels daran, derartige Entscheidungen auch dann ohne jede Einschränkung zu vollstrecken, wenn sie noch nicht rechtskräftig sind. Die entsprechende Vereinbarung in Artikel 20 des Vertrages kommt auch dem Interesse der Bundesrepublik Deutschland entgegen, Unterhaltsentscheidungen so schnell wie möglich im anderen Staat durchsetzbar zu machen. Entsprechend dem Vorschlag der deutschen Seite ist dagegen für andere nicht rechtskräftige Entscheidungen nur die Zwangsvollstreckung zur Sicherheit des Gläubigers zulässig. Die von der deutschen Seite vorgeschlagene Liste der indirekten Zuständigkeiten in Artikel 7 einschließlich der Beschränkung des Gerichtsstandes der unerlaubten Handlung in Artikel 7 Abs. 1 Nr. 5 des Vertrages hat die israelische Seite gebilligt. Für Unterhaltssachen wurde neben dem Gerichtsstand des Unterhaltsgläubigers der Gerichtsstand in Verbindung mit einer Ehe- oder Familiensache (§ 621 ZPO) ausdrücklich aufgenommen. Nach § 3 (1) des israelischen Vollstreckungsgesetzes Nr. 5718-1958 ist die Unzuständigkeit der Gerichte des Urteilsstaates ein Grund, die Anerkennung der ausländischen Entscheidung zu versagen. Im vorliegenden Vertrag konnte durch Artikel 8 Abs. 2 eine weitgehende Bindung an die Entscheidung des Erstgerichts über seine Zuständigkeit festgelegt werden. Nach israelischem Recht ist die Zwangsvollstreckung aus einer ausländischen Entscheidung – vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen – grundsätzlich nur innerhalb einer Frist von 5 Jahren nach ihrem Erlaß möglich. Diese Frist konnte auf 25 Jahre, die allgemeine israelische Verjährungsfrist für titulierte Forderungen, ausgedehnt werden (Artikel 24). Die Israelische Seite sah sich nicht in der Lage, eine Verpflichtung zu übernehmen, vollstreckbare Urkunden, also insbesondere Urkunden der Jugendämter, wie gerichtliche Entscheidungen zu vollstrecken. Sie hat jedoch erklärt, daß sie im Rahmen des VN-Übereinkommens vom 20. Juni 1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland (BGBl. 1959 II S. 149,1377) alles tun werde, um die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen, die in deutschen vollstreckbaren Urkunden niedergelegt sind, in Israel zu erleichtern. Nach israelischem Recht ist die Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung abzulehnen, wenn der Beklagte vor Erlaß des ausländischen Urteils keine hinreichende Gelegenheit gehabt hat, seine Verteidigungs- oder Beweismittel vorzubringen. Die israelische Seite hat zu dieser Vorschrift dargelegt, daß nach israelischer Praxis damit keine Möglichkeit zur Überprüfung der Einzelheiten des Verfahrens eröffnet werde. Eine Ablehnung der Vollstreckung sei nur möglich, wenn schwerwiegend gegen allgemeine Verfahrensgrundsätze verstoßen worden sei. Die israelische Seite hat zur Kenntnis genommen, daß nach deutscher Rechtsauffassung ein Verstoß gegen allgemeine Verfahrensgrundsätze ein Fall des ordre public (Artikel 5 Abs. 1 Nr. 2 des Vertrages) ist, und unter diesen Umständen auf die ausdrückliche Aufnahme einer dem israelischen Vollstreckungsrecht entsprechenden Vorschrift im
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Vertrag verzichtet. Der dem Vertrag angeschlossene Briefwechsel soll diese Übereinstimmung der Vertragspartner zur Auslegung des Begriffs ordre public klarstellen.
II. ERLÄUTERUNGEN ZU DEN ARTIKELN ERSTER ABSCHNITT Grundsatz der Anerkennung und Vollstreckung Zu Artikel 1 Artikel 1 enthält den Grundsatz, daß gerichtliche Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen gegenseitig anerkannt werden. In den Anwendungsbereich des Vertrages fallen grundsätzlich nur Entscheidungen staatlicher Gerichte. Anerkannt und vollstreckt werden jedoch kraft ausdrücklicher Bestimmung in Artikel 4 Abs. 2 auch Entscheidungen in Unterhaltssachen, die in Israel zum Teil der religiösen Gerichtsbarkeit unterliegen (Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Israel, Seite 47). Die Frage, was unter einer Zivil- und Handelssache zu verstehen ist, beurteilt sich allein nach dem Gegenstand der Entscheidung, also nach der Rechtsnatur des Anspruchs, über den die Entscheidung ergangen ist. Es kommt nicht darauf an, welchem Rechtszweig das Gericht angehört. Der Vertrag ist auch anwendbar auf Entscheidungen der Arbeitsgerichte, soweit sie eine Zivil- oder Handelssache betreffen. Zu Artikel 2 Auf Wunsch Israels wurde die Beschreibung der in Betracht kommenden gerichtlichen Entscheidungen in den ersten Abschnitt über die gemeinsamen Grundsätze für die Anerkennung und Vollstreckung aufgenommen. Absatz 1 stellt klar, daß es für die Anerkennung und Vollstreckung nicht darauf ankommt, wie eine gerichtliche Entscheidung bezeichnet ist. Ausdrücklich genannt werden auch die gerichtlichen Vergleiche, die in allen Punkten den gerichtlichen Entscheidungen gleichgestellt werden. Dies entspricht der Regelung in Artikel 1 Abs. 3 des deutsch-britischen Vollstreckungsabkommens (oben 1. Allgemeine Bemerkungen, Nr. 2). Hierzu gehören auch die vom beauftragten Rechtspfleger (§ 118 a ZPO, § 20 Nr. 4 RpflG) protokollierten Vergleiche, die Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind. Unerheblich ist, ob die Entscheidung im streitigen Verfahren oder im sogenannten echten Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in dem über Ansprüche der Parteien entschieden wird, ergangen ist. Absatz 2 stellt sicher, daß die wichtigen Entscheidungen des Rechtspflegers, aus denen die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann, von dem Vertrag mit umfaßt werden. Hierzu gehören insbesondere der Vollstreckungsbescheid (§ 699 ZPO), der Kostenfestsetzungsbeschluß im Sinne der §§ 103 bis 107 ZPO und die Festsetzungsbeschlüsse in Unterhaltssachen nach den §§ 641 p, 642 a ZPO. Die Anerkennungsfähigkeit des Kostenfestsetzungsbeschlusses ist jedoch abhängig von der des Haupttitels (Artikel 23 des Vertrages). Ähnlich wie im englischen Recht gibt es bei den Israelischen Gerichten höhere Beamte, sogenannte Registrars, die eine dem deutschen Rechtspfleger ähnliche Stellung haben. Der Registrar ist in beschränktem Umfange befugt, bestimmte richterliche Entscheidungen zu erlassen. In Artikel 2 Abs. 2 Nr. 2 sind deshalb die Entscheidungen des 1021
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Registrars im Versäumnisverfahren, im Urkundenprozeß, in Kostensachen und in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten aufgenommen worden.
ZWEITER ABSCHNITT Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen Zu Artikel 3 Artikel 3 enthält den Grundsatz, daß gerichtliche Entscheidungen, die in den Anwendungsbereich des Vertrages fallen, gegenseitig anerkannt werden unter der Voraussetzung, daß sie nicht mehr mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden können. Nach israelischem Vollstreckungsrecht müssen ausländische Entscheidungen grundsätzlich Rechtskraft erlangt haben, bevor sie in Israel anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden können. Zu den ordentlichen Rechtsmitteln im Sinne dieses Vertrages zählen alle ordentlichen Rechtsbehelfe, also auch der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil. Die Wiederaufnahmeklage ist dagegen ein außerordentlicher Rechtsbehelf. Mit der durch das Änderungsgesetz Nr. 5738-1977 erfolgten Fassung des § 11 des israelischen Vollstreckungsgesetzes ist nunmehr klargestellt, daß in Israel auch Urteile vollstreckt werden, die noch nicht rechtskräftig sind, sofern dies in einem bilateralen Abkommen vorgesehen ist. Diese Gesetzesänderung ermöglicht die nach Artikel 21 des Vertrages vereinbarte Vollstreckung zur Sicherheit aus vorläufig vollstreckbaren Entscheidungen, wobei Unterhaltsentscheidungen ohne Beschränkung durchsetzbar sind (Artikel 20). Zu Artikel 4 Artikel 4 schließt Entscheidungen, die auf bestimmten Rechtsgebieten ergangen sind, vom Anwendungsbereich des Vertrages aus. Die in Absatz 1 genannten Rechtsgebiete sind jedoch nur dann ausgenommen, wenn sie den Gegenstand des Rechtsstreits selbst bilden. Die Einschränkungen gelten nicht, wenn der Richter nur über Vorfragen aus diesem Rechtsgebiet entschieden hat. Nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 werden die gerichtlichen Entscheidungen in Angelegenheiten des ehelichen Güterrechts sowie in Status- und Erbschaftssachen wegen der erheblichen Unterschiede des materiellen Rechts beider Vertragsstaaten vom Anwendungsbereich des Vertrages ausgeklammert. Nach israelischem Recht sind für Angelegenheiten des Personenstandes und Erbrechts teils wahlweise, teils ausschließlich religiöse Gerichte zuständig. Ihre Entscheidungen sollten aus dem Vertrag grundsätzlich ausgeschlossen bleiben. Zu beachten ist, daß Unterhaltsentscheidungen, die nach israelischem Recht als Personenstandsentscheidungen angesehen werden und für die neben den staatlichen auch die religiösen Gerichte zuständig sind, kraft ausdrücklicher Bestimmung in Artikel 4 Abs. 2 unter den Vertrag fallen, gleichgültig, ob es sich um Ansprüche zwischen Ehegatten oder zwischen Eltern und Kindern handelt und ob sie auf Gesetz oder Vertrag beruhen. Diese Regelung entspricht Artikel 1 des israelisch-österreichischen Vollstreckungsvertrages sowie Artikel 1 und Artikel 5 Nr. 2 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – im folgenden „GVÜ“ genannt – (BGBl. 1972 II S. 773). Absatz 1 Nr. 3 betrifft die Adhäsionsurteile. Ihr Ausschluß aus dem sachlichen Anwendungsbereich des Vertrages entspricht der Regelung in Artikel 1 Abs. 3 Buchstabe a des Vertrages vom 30. August 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung geSchütze
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richtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1965 II S. 26, 1155). Die in Absatz 1 Nr. 4, 5 und 6 genannten Rechtsgebiete (Insolvenzentscheidungen, Angelegenheiten der sozialen Sicherheit und Atomhaftungssachen) sind ausgeschlossen, weil sie wegen ihrer Besonderheiten herkömmlicherweise in gesonderten internationalen Verträgen geregelt werden. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Israel besteht beispielsweise das Abkommen vom 17. Dezember 1973 über soziale Sicherheit (BGBl. 1975 II S. 245, 443). Aus gleichem Grunde sind auch – wie Artikel 25 Abs. 2 des Vertrages ausdrücklich bestimmt – Schiedssprüche nicht nach den Bestimmungen dieses Vertrages anzuerkennen und zu vollstrecken. Nach Nummer 7 sind wie in dem Haager Vollstreckungsübereinkommen vom 1. Februar 1971 (Artikel 2 Abs. 2) die vorläufigen Entscheidungen ausgeschlossen, da sie sich wegen ihrer jederzeitigen Abänderbarkeit nicht für den zwischenstaatlichen Verkehr eignen. Eine Ausnahme gilt jedoch für einstweilige Verfügungen oder Anordnungen über Unterhaltsleistungen; denn nach Absatz 2 ist der Vertrag ungeachtet der Vorschriften in Absatz 1 auf Entscheidungen anzuwenden, die Unterhaltspflichten zum Gegenstand haben. Zu Artikel 5 Die völkerrechtliche Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen entfällt unter bestimmten Voraussetzungen. Liegt einer der in Artikel 5 genannten Versagungsgründe vor, so hat derjenige, gegen den die Entscheidung geltend gemacht wird, einen Anspruch darauf, daß die Anerkennung versagt wird. Die in Absatz 1 und Absatz 2 Nr. 1 aufgeführten Versagungsgründe sind von Amts wegen zu prüfen, da durch sie hoheitliche Interessen des Anerkennungsstaates berührt werden. Voraussetzung der Anerkennung ist, daß das Gericht für die Entscheidung international zuständig war. Die Anerkennung ist nach Absatz 1 Nr. 1 zu versagen, wenn die Prüfung im Anerkennungsstaat ergibt, daß die Entscheidung nicht in dem Gerichtsstand ergangen ist, der in dem Katalog des Artikels 7 oder in einer beide Staaten bindenden Übereinkunft enthalten ist. Der Vertrag folgt damit dem System der indirekten Zuständigkeiten; denn hierbei handelt es sich nicht um die Zuständigkeit, die schon vom Gericht des Entscheidungsstaates zu beachten wäre (sogenannte direkte internationale Zuständigkeit). Der in Absatz 1 Nr. 2 enthaltene ordre-public-Vorbehalt entspricht der Fassung moderner Vollstreckungsverträge, etwa Artikel 27 Nr. 1 GVÜ. Es kommt nicht darauf an, ob die ausländische Entscheidung der öffentlichen Ordnung des Anerkennungsstaates widerspricht; vielmehr ist maßgebend, ob die Anerkennung selbst dagegen verstößt. Die Anwendung des ordre-public-Vorbehalts soll nur dann möglich sein, wenn schwerwiegend gegen allgemeine Verfahrensgrundsätze – wie etwa in dem in § 6 (2) des israelischen Vollstreckungsgesetzes Nr. 5718-1958 erwähnten Fall einer „denial of natural justice“, Verletzung des rechtlichen Gehörs – verstoßen wurde (oben, I. Allgemeine Bemerkungen, Nr. 9). Vorbild der Regelung des Absatzes 1 Nr. 3 waren Artikel III Abs. 1 Buchstabe c Nr. 2 des deutsch-britischen Vollstreckungsabkommens und Artikel 29 Abs. 1 Nr. 3 des deutschtunesischen Vertrages vom 19. Juli 1966 über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit (BGBl. 1969 II S. 889; 1970 II S. 125). Absatz 1 Nr. 4 geht zurück auf § 7 des israelischen Vollstreckungsgesetzes Nr. 57181958, wonach ein ausländisches Urteil nicht vollstreckbar ist, wenn die Vollstreckung geeignet ist, die Souveränität oder Sicherheit Israels zu beeinträchtigen. 1023
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Nach Nummer 5 wird dem früher rechtshängig gewordenen Verfahren im Anerkennungsstaat der Vorrang eingeräumt. Dieser Versagungsgrund ist im Zusammenhang mit Artikel 22 Abs. 1 des Vertrages zu lesen, wonach das im Entscheidungsstaat später angerufene Gericht auf Antrag einer Prozeßpartei die Klage abweisen oder das Verfahren aussetzen muß. Der Versagungsgrund in Absatz 1 Nr. 6 entspricht allgemeinen Grundsätzen des internationalen Prozeßrechts, wonach die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung in derselben Sache und zwischen denselben Parteien vorgeht. Es ist nicht erforderlich, daß es sich um eine im Anerkennungsstaat selbst ergangene Entscheidung handelt; vielmehr reicht es aus, daß eine rechtskräftige, im ersuchten Staat anzuerkennende und zu vollstreckende Entscheidung eines Drittstaates vorliegt. Es kommt daher auch nicht darauf an, welches Verfahren zuerst anhängig geworden ist. Die Rechtskraft einer im Anerkennungsstaat oder einem Drittstaat ergangenen Entscheidung hat auch dann Vorrang, wenn das Gericht später als das Gericht des Entscheidungsstaates angerufen wurde. Diese heilt auch einen Verstoß gegen Artikel 22 Abs. 1 dieses Vertrages. Die Bestimmungen des Absatzes 2 wahren die Rechte der Verteidigung. Sie sehen einen besonderen Schutz des Schuldners vor, der in dem Verfahren im Entscheidungsstaat ausgeblieben war. Nach Nummer 1 Buchstabe a muß das Schriftstück, mit dem das Verfahren eingeleitet wird, dem Beklagten ordnungsgemäß zugeleitet worden sein. Die Ordnungsmäßigkeit wie auch die Frage der Zulässigkeit einer öffentlichen Zustellung beurteilt sich nach dem Recht des Entscheidungsstaates. Zu den unter Buchstabe b angesprochenen zwischenstaatlichen Abkommen gehört insbesondere das Haager Übereinkommen vom 1. März 1954 über den Zivilprozeß. Der Richter des Anerkennungsstaates entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen aufgrund der Umstände des Einzelfalles über die Rechtzeitigkeit der Zustellung (Buchstabe c). Nummer 2 eröffnet dem Beklagten die Möglichkeit, die Vermutung zu widerlegen, daß ihm das ordnungsgemäß zugestellte verfahrenseinleitende Schriftstück auch tatsächlich und rechtzeitig zugegangen ist. Zu Artikel 6 Diese Vorschrift betrifft die Anwendung des Kollisionsrechts. Das angerufene Gericht darf nach Absatz 1 die Anerkennung nicht allein deshalb versagen, weil das Gericht des Urteilsstaates sich bei der Entscheidung von Fragen des Internationalen Privatrechts auf Rechtsvorschriften gestützt hat, die von denjenigen abweichen, die das Gericht des Anerkennungsstaates seinerseits angewendet haben würde. Diese Regelung läßt jedoch den Grundsatz unberührt, daß ein Verstoß gegen den ordre public des Anerkennungsstaates zur Versagung der Anerkennung berechtigt. Bei den in Absatz 2 genannten Bereichen kann die Anerkennung versagt werden, wenn die Kollisionsnormen des Entscheidungsstaates von denen des Anerkennungsstaates abweichen. Absatz 2 betrifft auch solche Entscheidungen, in denen die personenrechtliche Frage nur als Vorfrage erheblich war. Für natürliche Personen ist die Ausnahmeregelung in Absatz 2 uneingeschränkt und ohne Rücksicht auf deren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt anzuwenden. Bei der Beurteilung der Rechts- oder Handlungsfähigkeit juristischer Personen und Gesellschaften sowie Vereinigungen gilt die Regelung dagegen nur, wenn diese nach dem Recht des Anerkennungsstaates errichtet wurden und ihren Sitz oder ihre Hauptniederlassung in diesem Staat haben. Die Anerkennung der Entscheidung soll jedoch auch im Anwendungsbereich des Artikels 6 Abs. 2 in möglichst wenig Fällen abgelehnt werden. Die Anerkennung darf daher nicht versagt werden, wenn die Gerichte des Anerkennungsstaates im Ergebnis ebenso Schütze
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entschieden hätten, wie das Gericht des Entscheidungsstaates es getan hat. Diese Einschränkung entspricht der Regelung in Artikel 30 Abs. 3 des deutsch-tunesischen Vollstreckungsvertrages sowie in Artikel 27 Nr. 4 GVÜ. Zu Artikel 7 Artikel 7 regelt die indirekte Zuständigkeit (Artikel 5 Abs. 1 Nr. 1). In Absatz 1 sind die anzuerkennenden Zuständigkeiten abschließend aufgezählt. Nummer 1 betrifft den Gerichtsstand des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts einer natürlichen Person sowie den Gerichtsstand des satzungsmäßigen oder tatsächlichen Sitzes oder der Hauptniederlassung einer juristischen Person, Gesellschaft oder Vereinigung. Aus der Gleichwertigkeit der in Nummer 1 angeführten Gerichtsstände ergibt sich, daß z.B. eine Entscheidung, die im Gerichtsstand des gewöhnlichen Aufenthalts ergangen ist, auch dann anzuerkennen sein wird, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im Anerkennungsstaat hatte. Nummer 2 regelt den Gerichtsstand der geschäftlichen Niederlassung. Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche müssen sich aus dem Betrieb der verklagten Niederlassung ergeben. Nummer 3 behandelt die Gerichtsstandsvereinbarung. Im Interesse der Klarheit und Rechtssicherheit ist die Form der Gerichtsstandsvereinbarung im Vertrag ausdrücklich geregelt. Wie in zwischenstaatlichen Verträgen üblich, genügt eine nur mündlich getroffene Vereinbarung ohne schriftliche Bestätigung nicht (vgl. Artikel 10 Nr. 5 des Haager Vollstreckungsübereinkommens vom 1. Februar 1971; Artikel 3 Abs. 1 Nr. 2 des deutschbelgischen, Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe b des deutsch-niederländischen Vollstreckungsvertrages und Artikel 17 GVÜ). In Nummer 4 ist für Unterhaltssachen der Gerichtsstand am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten vorgesehen. Eine vergleichbare Bestimmung enthält Artikel 5 Nr. 2 GVÜ. Darüber hinaus ist neben dem Gerichtsstand des Unterhaltsgläubigers der nach § 621 ZPO gegebene Gerichtsstand der Verbindung mit einer Ehe- oder Familienstandssache anzuerkennen (oben I. Allgemeine Bemerkungen, Nr. 5). Nummer 5 bezieht sich auf den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung. Die Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dem die unerlaubte Handlung begangen wurde, ist dann anzuerkennen, wenn sich der Täter bei Begehung der schädigenden Handlung im Hoheitsgebiet des Entscheidungsstaates aufgehalten hatte. Diese Regelung entspricht Artikel 10 Nr. 4 des Haager Vollstreckungsübereinkommens vom 1. Februar 1971. Durch sie wird klargestellt, daß die Zuständigkeit des Entscheidungsstaates nicht anerkannt wird, wenn nur der Erfolgsort oder der Ort des Schadenseintritts in dem Hoheitsgebiet dieses Staates liegt. Nummer 6 betrifft den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung im Geschäftsverkehr und auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes. Voraussetzung der Zuständigkeit ist es, daß die Klage auf eine unerlaubte Handlung im Entscheidungsstaat gegründet worden ist, wobei es gleichgültig ist, wo die Schadensfolgen eingetreten sind. Nummer 7 regelt den dinglichen Gerichtsstand. Nummer 8 sieht den Gerichtsstand des Vermögens vor, wenn der Beklagte weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Hoheitsgebiet eines der beiden Vertragsstaaten hat. Diese Regelung entspricht Artikel 4 Abs. 1 des deutsch-niederländischen und Artikel 3 Abs. 1 Nr. 9 des deutsch-belgischen Vollstreckungsabkommens. Nummer 9 betrifft den Gerichtsstand der Widerklage. Entsprechend § 33 ZPO muß zwischen Klage und Widerklage ein sachlicher Zusammenhang bestehen. 1025
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Nummer 10 betrifft den Gerichtsstand für Klagen des Schuldners auf Schadensersatz oder auf Herausgabe des Erlangten, wenn aus einer Entscheidung eines Gerichts des anderen Staates die Zwangsvollstreckung betrieben und diese Entscheidung nachträglich aufgehoben oder abgeändert worden ist. Es wird damit anerkannt, daß der Schuldner in diesen Fällen seinen Anspruch nicht nur in dem Staat geltend machen kann, in dem die aufgehobene oder abgeänderte Entscheidung ergangen ist, sondern auch in dem Staat, in dem aus dieser Entscheidung die Zwangsvollstreckung betrieben worden ist. Nummer 11 betrifft die rügelose Einlassung zur Hauptsache. Dieser Gerichtsstand hat nur subsidiäre Bedeutung und kommt nur in Betracht, wenn eine Zuständigkeit auf Grund einer anderen Bestimmung des Artikels 7 Abs. 1 nicht gegeben ist. Der zweite Halbsatz dieser Bestimmung gibt in diesem Fall dem Beklagten jedoch ein Recht, sich im Rechtsstreit zur Hauptsache einzulassen, ohne daß ihm damit die spätere Berufung auf die Unzuständigkeit des Gerichts in dem Anerkennungsstaat schlechthin abgeschnitten wird. Soweit der Beklagte Vermögen im Urteilsstaat besitzt, kann er ein Interesse an der Einlassung zur Hauptsache haben. In einem solchen Fall bleiben die Wirkungen des zu erwartenden Urteils auf den Entscheidungsstaat beschränkt, wenn der Beklagte erklärt, daß er sich auf das Verfahren nur im Hinblick auf sein Vermögen im Entscheidungsstaat einlasse. Nach Absatz 2 braucht die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates nicht anerkannt zu werden, wenn nach dem Recht des Anerkennungsstaates für die Streitigkeit eine ausschließliche Zuständigkeit seiner Gerichte begründet ist. Die Frage, ob eine ausschließliche internationale Zuständigkeit gegeben ist, wird nach dem internationalen Zivilprozeßrecht des Anerkennungsstaates zu beurteilen sein. Nicht jeder Gerichtsstand, der nach innerstaatlichem Recht als örtlich ausschließlich bezeichnet wird, ist dies auch im internationalen Sinne. Es wird vielmehr darauf ankommen, ob der Anerkennungsstaat wegen der Natur der Sache die ausschließliche internationale Zuständigkeit für seine Gerichte in Anspruch nimmt, etwa weil durch die Entscheidung in seinen Hoheitsbereich eingegriffen würde. Als ausschließlich in diesem Sinne ist nach deutschem Recht vor allem der Gerichtsstand der belegenen Sache bei dinglichen Klagen, die Grundstücke betreffen, anzusehen (§ 27 ZPO). Zu Artikel 8 Artikel 8 enthält die für den praktischen Nutzen des Vertrages ausschlaggebende Grundregel des Verbots der sachlichen Nachprüfung der Entscheidung. Der Umfang des Nachprüfungsrechts des Gerichts im Anerkennungsstaat ergibt sich aus Absatz 1. Neben der Frage, ob die Entscheidung überhaupt in den Anwendungsbereich des Vertrages fällt, darf nur geprüft werden, ob die internationale Zuständigkeit des Gerichts des Entscheidungsstaates anzuerkennen ist (Artikel 5 Abs. 1 Nr. 1), ob die weiteren Anerkennungsversagungsgründe des Artikels 5 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 vorliegen, ferner ob die Ladung des Beklagten ordnungsgemäß gewesen ist, wenn dieser sich an dem Verfahren nicht beteiligt hat (Artikel 5 Abs. 2 Nr. 1) und ob das Gericht des Entscheidungsstaates bestimmte Kollisionsnormen richtig angewendet hat (Artikel 6 Abs. 2). Im übrigen soll bei der Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung aus dem anderen Vertragsstaat grundsätzlich nicht mehr geprüft werden, ob das Gericht im Entscheidungsstaat seine Zuständigkeit zu Recht oder Unrecht angenommen hat. Nach Absatz 2 ist daher das Gericht des Anerkennungsstaates an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen, auf Grund derer das Gericht des Entscheidungsstaates seine Zuständigkeit angenommen hat, gebunden. Diese Bindung gilt auch bei Versäumnisentscheidungen. Schütze
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Absatz 3 stellt klar, daß eine über Absatz 1 und Absatz 2 hinausgehende Nachprüfung der anzuerkennenden Entscheidung nicht stattfindet. Zu Artikel 9 Nach dem Vorbild des Artikels 26 GVÜ wird in Absatz 1 ausdrücklich geregelt, daß für die Anerkennung einer Entscheidung aus dem anderen Vertragsstaat kein besonderes Verfahren notwendig ist. Absatz 2 eröffnet die Möglichkeit eines besonderen Verfahrens zur Feststellung der Anerkennung, wenn die Frage, ob eine Entscheidung anzuerkennen ist, selbst den Gegenstand eines Rechtsstreits bildet, also unabhängig von einem anderen Gerichtsverfahren ist! Die Partei, die sich auf die Anerkennung beruft, darf das in diesem Vertrag für die Zulassung der Zwangsvollstreckung vorgesehene vereinfachte Verfahren in Anspruch nehmen. Aus dem Wortlaut des Absatzes 2 folgt, daß das vereinfachte Verfahren nicht derjenigen Partei zur Verfügung steht, die sich einer Anerkennung widersetzt. Absatz 3 betrifft den Fall, daß die Anerkennung inzidenter, etwa im Wege der Einrede, im Rahmen eines Verfahrens mit anderem Streitgegenstand geltend gemacht wird. Das mit der Hauptsache befaßte Gericht, für dessen Entscheidung die Frage der Anerkennung der ausländischen Entscheidung erheblich ist, hat in eigener Kompetenz zu prüfen und zu entscheiden, ob die ausländische Gerichtsentscheidung allgemein anzuerkennen ist.
DRITTER ABSCHNITT I. Vollstreckung rechtskräftiger Entscheidungen und gerichtlicher Vergleiche Zu Artikel 10 Artikel 10 legt die Voraussetzungen fest, unter denen gerichtliche Entscheidungen zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden. Die gerichtliche Entscheidung muß einmal in dem Entscheidungsstaat selbst vollstreckbar sein (Nummer 1). Zweite Voraussetzung ist nach Nummer 2 die Anerkennungsfähigkeit der gerichtlichen Entscheidung, die sich wiederum nach den Vorschriften des Zweiten Abschnitts richtet. Zu Artikel 11 Nach den Grundsätzen des internationalen Zivilprozeßrechts ist für das Verfahren, in dem eine ausländische Entscheidung zur Vollstreckung im Inland zugelassen wird, das Recht des Vollstreckungsstaates maßgebend. Dieser Grundsatz soll auch im Rechtsverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel gelten. Auch die Zwangsvollstreckung selbst, u.a. die Zulässigkeit einzelner Vollstreckungsmaßnahmen, soll sich nach dem Recht des Vollstreckungsstaates richten. Zu Artikel 12 Nach dem Vorbild des Artikels 15 des deutsch-niederländischen Vollstreckungsvertrages wird einer bedürftigen Partei, der im Entscheidungsstaat das Armenrecht bewilligt worden ist, erspart, im Vollstreckungsstaat ein zweites Armenrechtsverfahren durchzuführen. Die Bewilligung des Armenrechts ist auch im Vollstreckungsstaat zu gewähren, 1027
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und zwar für das Verfahren, in dem über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung entschieden wird und für die Zwangsvollstreckung selbst. Zu Artikel 13 Artikel 13 stellt klar, daß die ausländische Entscheidung nur auf Antrag zur Zwangsvollstreckung zugelassen wird. Darüber hinaus ist nicht nur die Partei antragsberechtigt, die in der Entscheidung selbst angeführt ist, sondern auch ihr Rechtsnachfolger, der nach dem Recht des Entscheidungsstaates die Vollstreckung aus dem Titel betreiben darf. Zu Artikel 14 Um dem ausländischen Gläubiger die Antragsstellung zu erleichtern, wird in Artikel 14 festgelegt, welches Gericht für das Verfahren zuständig ist, in dem über die Zulassung der Zwangsvollstreckung entschieden wird. Nach Absatz 1 Nr. 1 ist der Antrag in der Bundesrepublik Deutschland an das Landgericht und im Staat Israel an den District Court in Jerusalem zu richten (Absatz 1 Nr. 2). Nach Artikel 14 Abs. 3 ist die Zuständigkeit für das Verfahren zur Zulassung der Zwangsvollstreckung nicht für immer bindend festgelegt; vielmehr kann sie einer etwaigen Änderung der innerstaatlichen Zuständigkeit angepaßt werden. Artikel 14 Abs. 2 regelt die Frage, welches Gericht in der Bundesrepublik Deutschland örtlich zuständig ist. Zu Artikel 15 Absatz 1 führt die Unterlagen auf, die dem Antrag auf Zulassung der Zwangsvollstreckung beizufügen sind. Es genügt nach Nummer 1 die Vorlage einer vom Gericht des Entscheidungsstaates hergestellten beglaubigten Abschrift der Entscheidung. Nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist ferner, daß diese mit Entscheidungsgründen versehen sein muß. Dem Gericht des Vollstreckungsstaates ist nach Nummer 1 die Abschrift in der im Entscheidungsstaat vorgeschriebenen Form vorzulegen. Eine Begründungspflicht besteht daher insbesondere nicht für die deutschen Kostenfestsetzungsbeschlüsse oder Vollstreckungsbescheide. Um die Vollstreckbarkeit von deutschen Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen oder von anderen Urteilen, die in abgekürzter Form hergestellt werden können (§§ 313 a und 313 b ZPO) zu sichern, wird in den §§ 31 bis 33 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu dem Vertrag Art und Umfang einer Begründungspflicht in diesen Fällen geregelt. Das Rechtskraftzeugnis (§ 706 ZPO) und die Vollstreckungsklausel (§ 725 ZPO) reichen für deutsche Entscheidungen als Nachweis im Sinne der Nummern 2 und 3 aus. Nummer 4 berücksichtigt den Fall der Rechtsnachfolge, wenn die Vollstreckungsklausel einem anderen als dem in dem Urteil bezeichneten Gläubiger erteilt worden ist (§§ 722 ff. ZPO). Der nach Nummer 5 geforderte Nachweis der Zustellung der Entscheidung gewährleistet, daß die Zulassung zur Zwangsvollstreckung nur beantragt werden kann, wenn die Gegenpartei von dem Urteil Kenntnis erlangt und Gelegenheit hatte, dem Urteil freiwillig nachzukommen. Die Vorlage der in Nummer 6 bezeichneten Urkunden soll dem Richter des Vollstreckungsstaates die Prüfung ermöglichen, ob ein Versagungsgrund nach Artikel 5 Abs. 2 Nr. 1 vorliegt. Nach Nummer 7 sind den nach Nummer 1 und 6 beizubringenden Urkunden Übersetzungen in die oder in eine Sprache des Vollstreckungsstaates beizufügen. Durch diese Regelung wird berücksichtigt, daß in Israel Landessprachen die hebräische Schütze
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b. bb. Deutsch-israelischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung
und die arabische Sprache sind, andererseits Rechtshilfeersuchen auch in englischer Sprache eingereicht werden können (vgl. Rechtshilfeordnung für Zivilsachen – ZRHO – Länderteil Israel, Abschnitt II 2 f und g). Nummer 7 berücksichtigt darüber hinaus, daß es in Israel keine amtlich bestellten oder vereidigten Übersetzer gibt, vielmehr die israelischen Notare befugt sind, die Richtigkeit von Übersetzungen zu bescheinigen und gewisse Beurkundungsfunktionen wahrzunehmen. Die in Artikel 15 Abs. 1 angeführten Urkunden bedürfen keiner Legalisation und – vorbehaltlich der Regelung in Nummer 7 – keiner ähnlichen Förmlichkeit. Absatz 2 entspricht Artikel 49 GVÜ. Zu Artikel 16 Das Gericht, bei dem die Zulassung zur Zwangsvollstreckung beantragt wird, hat nach Absatz 1 zu prüfen, ob die förmlichen Voraussetzungen gegeben sind und ob einer der in diesem Vertrag ausdrücklich genannten Versagungsgründe der Zulassung zur Zwangsvollstreckung entgegensteht. Diese Vorschrift entspricht der Regelung für die Anerkennung in Artikel 8. Nach Absatz 2 kann der Schuldner Einwendungen gegen den in der Entscheidung festgestellten Anspruch selbst geltend machen und sich damit gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung wenden. Voraussetzung ist, daß die Einwendungen nach Erlaß der Entscheidung entstanden sind. Eine Einwendung kann beispielsweise darauf beruhen, daß der Gläubiger nachträglich die Urteilsforderung gestundet oder erlassen hat oder die Forderung bereits erfüllt wurde (§ 767 ZPO). Diese Regelung entspricht Artikel 14 Abs. 1 Buchstabe c des deutsch-niederländischen Vollstreckungsvertrages. Nach Absatz 2 Satz 2 richtet sich das Verfahren, in dem die Einwendungen geltend gemacht werden können, nach dem Recht des Vollstreckungsstaates. Absatz 2 Satz 3 stellt klar, daß es dem Gericht des Vollstreckungsstaates untersagt ist, die Entscheidung sachlich nachzuprüfen. Diese Regelung entspricht Artikel 8 Abs. 3 im Anerkennungsteil des Vertrages. Ist die Zwangsvollstreckung aus einer Entscheidung im Entscheidungsstaat einstweilen einzustellen, so kann dem Verfahren, in dem die Zulassung der Zwangsvollstreckung beantragt wird, nicht Fortgang gegeben werden. Absatz 3 sieht für diesen Fall die Aussetzung der Entscheidung über den Antrag auf Zulassung der Zwangsvollstreckung vor. Es ist Sache des Schuldners nachzuweisen, daß die Zwangsvollstreckung im Entscheidungsstaat derzeit gegen ihn nicht betrieben werden kann. So kann er die Ausfertigung einer gerichtlichen Anordnung vorlegen, aus der sich ergibt, daß die Zwangsvollstreckung ohne weiteres einzustellen ist. Hängt die Einstellung noch von weiteren Voraussetzungen ab, etwa einer Sicherheitsleistung des Schuldners, so hat der Schuldner nachzuweisen, daß diese Voraussetzungen erfüllt sind. Zu Artikel 17 Die Zwangsvollstreckung kann auch nur für einen Teil der Entscheidung zugelassen werden. Ist die Entscheidung über mehrere Ansprüche ergangen, so kann der Gläubiger nach Nummer 1 beantragen, die Entscheidung nur hinsichtlich eines oder einiger Ansprüche zur Zwangsvollstreckung zuzulassen. Der Gläubiger kann seinen Antrag aber auch auf den Teil eines einheitlichen Anspruchs beschränken, z.B. auf die Hälfte eines Kaufpreisanspruchs, weil etwa der Schuldner einen Teil der Urteilssumme bezahlt hat. Diese Regelung beruht darauf, daß das Verfahren auf Zulassung der Zwangsvollstreckung der Parteiherrschaft untersteht; außerdem werden bei Stellung eines Teilantrages Kosten gespart. 1029
Schütze
Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
Nummer 2 regelt den Fall, daß ein Vollstreckungsantrag nur teilweise begründet ist; hier kann das Gericht ein auf den begründeten Teil beschränktes Exequatur erlassen. Dem Gericht des Vollstreckungsstaates wird nicht das Recht eingeräumt, die materielle Begründetheit der einzelnen Ansprüche oder eines Teils des Anspruchs zu prüfen. Ein sogenanntes Teilexequatur kann z.B. dann erlassen werden, wenn Versagungsgründe nach Artikel 5 oder Artikel 6 Abs. 2 des Vertrages vorliegen, die sich nur auf einen oder mehrere Ansprüche oder nur auf einen Teil des Anspruchs beziehen. Ein Teilexequatur kommt auch dann in Betracht, wenn der Titel über mehrere Ansprüche ergangen ist und nur der eine oder der andere Anspruch in den Anwendungsbereich des Vertrages fällt. Zu Artikel 18 Entscheidungen des anderen Vertragsstaates sollen nach der Anerkennung und Zulassung zur Zwangsvollstreckung wie inländische Entscheidungen behandelt werden. Das Gericht des Vollstreckungsstaates kann deshalb neben der Zulassung zur Zwangsvollstreckung gegebenenfalls besondere Maßnahmen anordnen, die der ausländischen Entscheidung die Wirkungen verleihen, die eine entsprechende Entscheidung eines Gerichts des Vollstreckungsstaates nach eigenem Recht hätte. Zu Artikel 19 Diese Vorschrift stellt die gerichtlichen Vergleiche den gerichtlichen Entscheidungen grundsätzlich gleich (oben, I. Allgemeine Bemerkungen, Nr. 2). Nicht erforderlich ist jedoch die Vorlage von Urkunden nach Artikel 15 Abs. 1 Nr. 2 und 6.
II. Vollstreckung nicht rechtskräftiger Entscheidungen in Unterhaltssachen Zu Artikel 20 Es entspricht dem Interesse beider Vertragsstaaten, Unterhaltsentscheidungen so schnell wie möglich im anderen Staat vollstrecken zu können (oben, I. Allgemeine Bemerkungen, Nr. 3). Sie werden daher zur Zwangsvollstreckung zugelassen, auch wenn sie noch nicht rechtskräftig sind.
III. Vollstreckung anderer nicht rechtskräftiger Entscheidungen Zu Artikel 21 Auch für andere, nicht rechtskräftige Entscheidungen ist die Möglichkeit einer Zwangsvollstreckung gegeben, jedoch nur mit dem Ziel der Sicherung eines Gläubigers. Wird einem Antrag des Gläubigers auf Zulassung der Zwangsvollstreckung stattgegeben, so sind nur solche Maßnahmen zulässig, die zur Sicherstellung des betreibenden Gläubigers erforderlich sind. Hierbei wird das Gericht im einzelnen zu prüfen haben, ob ein über die Sicherheit des Gläubigers hinausgehender, bereits zur Befriedigung führender Vollstreckungsakt vorliegt.
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b. bb. Deutsch-israelischer Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung
VIERTER ABSCHNITT Sonstige Bestimmungen Zu Artikel 22 Artikel 22 behandelt die Rechtshängigkeit. Sinn dieser Vorschrift ist es zu verhindern, daß in beiden Staaten nebeneinander Prozesse in derselben Sache und zwischen denselben Parteien geführt werden, in denen einander widersprechende Entscheidungen ergehen könnte. Eine solche Vorsorge ist geboten, weil der Antrag keine gemeinsamen Gerichtsstände schafft, die befolgt werden müssen. Die in Absatz 1 getroffene Regelung löst die Konkurrenz zwischen dem bereits anhängigen Verfahren und dem später eingeleiteten zweiten Verfahren zugunsten des ersten, wie dies den Grundsätzen des internationalen Prozeßrechts entspricht. Die Regelung greift nur ein, wenn die zu erwartende Entscheidung des zuerst angerufenen Gerichts in dem anderen Vertragsstaat nach den Vorschriften des Vertrages anzuerkennen sein wird. Dies hat der Richter, der mit dem zweiten Verfahren befaßt wird, zu prüfen. Die Rechtshängigkeit in dem anderen Staat ist jedoch nur auf Antrag einer Prozeßpartei zu berücksichtigen. Absatz 2 stellt klar, daß die Rechtshängigkeit es nicht ausschließt, daß ein anderes als das mit der Hauptsache befaßte Gericht einstweilige Maßnahmen anordnet. Zu Artikel 23 Artikel 23 ist in Verbindung mit der Regelung des Artikels 2 Abs. 2 dieses Vertrages zu sehen und entspricht Artikel 15 Abs. 2 des Haager Vollstreckungsübereinkommens vom 1. Februar 1971. Die Anerkennung und Vollstreckung einer Kostenentscheidung kann auf Grund dieses Vertrages nur bewilligt werden, wenn der Vertrag auch auf die Entscheidung in der Hauptsache anzuwenden wäre. Zu Artikel 24 Bisher war die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Israel grundsätzlich nur dann möglich, wenn der Antrag auf Zulassung der Zwangsvollstreckung innerhalb von 5 Jahren nach Erlaß der Entscheidung gestellt wurde (oben, I. Allgemeine Bemerkungen, Nr. 7). Die in Artikel 24 festgelegte Frist von 25 Jahren entspricht der israelischen Verjährungsfrist für titulierte Forderungen. Zu Artikel 25 Absatz 1 läßt besondere Abkommen zwischen den Vertragsstaaten unberührt, die für ihre Sachgebiete die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen selbständig regeln, wie z.B. das deutsch-israelische Abkommen vom 17. Dezember 1973 über soziale Sicherheit. Absatz 2 verweist für die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen auf die für beide Staaten geltenden zwischenstaatlichen Übereinkünfte. Hierzu gehören das Genfer Protokoll vom 24. September 1923 über die Schiedsklauseln im Handelsverkehr (RGBl. 1925 II S. 47; BGBl. 1957 II S. 2327), das Genfer Abkommen vom 26. September 1927 zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (RGBl. 1930 II S. 1067; BGBl. 1957 II S. 2327) und das New Yorker Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121; 1962 II S. 102).
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
Zu Artikel 26 Nach Absatz 1 haben die Vorschriften dieses Vertrages keine rückwirkende Kraft. Nachträglich soll nicht in Rechtspositionen eingegriffen werden, die auf der Rechtslage vor Inkrafttreten des Vertrages beruhen. Darüber hinaus werden insbesondere Urteile über Ersatzansprüche aus Sachverhalten aus der Zeit vor dem 1. Januar 1966 ausgeschlossen. Die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen, die nicht unter diesen Vertrag oder andere zwischen beiden Staaten jetzt und in Zukunft geltende Verträge fallen, richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften (in der Bundesrepublik Deutschland nach den §§ 328, 722, 723 ZPO; in Israel nach den Bestimmungen des Vollstreckungsgesetzes Nr. 5718-1958).
FÜNFTER ABSCHNITT Schlußvorschriften Zu Artikel 27 Diese Vorschrift begründet die Pflicht der Vertragsstaaten, sich gegenseitig über die Rechtsvorschriften zu unterrichten, die für den Nachweis der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit einer Entscheidung maßgebend sind. Zu Artikel 28 Zur Beilegung von Schwierigkeiten, die bei der Anwendung des Vertrages entstehen können, ist der diplomatische Weg vorgesehen. Zu Artikel 29 Diese Vorschrift enthält die übliche Berlin-Klausel. Zu Artikel 30 Nach Absatz 2 soll der Vertrag 30 Tage nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft treten. Zu Artikel 31 Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit geschlossen, kann aber gekündigt werden. Dem Vertrag ist der oben (I. Allgemeine Bemerkungen, Nr. 9; Artikel 5 Abs. 1 Nr. 2) näher erläuterte Briefwechsel angeschlossen.
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3. c. Ausführungsgesetze 3. c. aa. Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen und Abkommen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz – AVAG) idF d. Bek. v. 3.12.2009 (BGBl. I, S. 3830), zuletzt geändert durch Art. 6 d. G. v. 23.5.2011 (BGBl. I S. 898 [2094]) c. aa. Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz – AVAG Vorbemerkung: Durch das AVAG wird die frühere Praxis, die Durch- und Ausführung von internationalen Übereinkommen, an denen Deutschland beteiligt ist, durch ein besonderes Gesetz zu regeln, abgelöst. Das AVAG dient der Rationalisierung. Es ist das Ausführungsgesetz für eine Vielzahl von Staatsverträgen. Es ist in einen allgemeinen und einen besonderen Teil gegliedert. Der Schwerpunkt liegt auf der Vollstreckung. Ausgenommen aus dem Geltungsbereich ist das europäische Verordnungsrecht, dessen Durchführung Gegenstand des 11. Buchs der ZPO ist. Die Ausklammerung des europäischen Verordnungsrechts war wegen des Wiederholungsverbots notwendig, da sonst die unmittelbare Geltung europäischer Rechtsverordnungen in Frage gestellt werden könnte. Geltungsbereich: Deutschland Schrifttum: Eichel Kommentar zum AVAG, in: Geimer/Schütze Internationaler Rechtsverkehr, 708.23 ff.; Eichel Europarechtliche Fallstricke im Vollstreckbarerklärungsverfahren nach dem AVAG und dem neuen Auslandsunterhaltsgesetz (AUG), GPR 2011, 193 ff.; Geimer Das neue Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz – AVAG), NJW 1988, 2157 ff.; Rinne/Sejas Inlandskonkurs und das Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz, IPRax 2002, 28 ff.
Text Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen und Abkommen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz – AVAG) idF d. Bek. v. 3.12.2009 (BGBl. I, S. 3830), zuletzt geändert durch Art. 6 d. G. v. 23.5.2011 (BGBl. I S. 898 [2094])
TEIL 1 Allgemeines ABSCHNITT 1 Anwendungsbereich; Begriffsbestimmungen § 1 Anwendungsbereich 1.
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(1) Diesem Gesetz unterliegen die Ausführung folgender zwischenstaatlicher Verträge (Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge): Schütze
Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
a)
2.
Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1972 II S. 773); b) Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1994 II S. 2658); c) Vertrag vom 17. Juni 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1981 II S. 341); d) Vertrag vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1980 II S. 925); e) Vertrag vom 14. November 1983 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Spanien über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen sowie vollstreckbaren öffentlichen Urkunden in Zivilund Handelssachen (BGBl. 1987 II S. 34); die Durchführung folgender Verordnungen und Abkommen der Europäischen Gemeinschaft: a) der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EG 2001 Nr. L 12 S. 1); b) des Abkommens vom 19. Oktober 2005 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EU Nr. L 299 S. 62); c) des Übereinkommens vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EU Nr. L 339 S. 3).
(2) Die Regelungen der in Absatz 1 Nummer 2 genannten Verordnungen und Abkommen werden als unmittelbar geltendes Recht der Europäischen Gemeinschaft durch die Durchführungsbestimmungen dieses Gesetzes nicht berührt. Unberührt bleiben auch die Regelungen der zwischenstaatlichen Verträge; dies gilt insbesondere für die Regelungen über 1. den sachlichen Anwendungsbereich, 2. die Art der Entscheidungen und sonstigen Titel, die im Inland anerkannt oder zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden können, 3. das Erfordernis der Rechtskraft der Entscheidungen, 4. die Art der Urkunden, die im Verfahren vorzulegen sind, und 5. die Gründe, die zur Versagung der Anerkennung oder Zulassung der Zwangsvollstreckung führen. (3) Der Anwendungsbereich des Auslandsunterhaltsgesetzes vom 23. Mai 2011 (BGBl. I S. 898) bleibt unberührt. § 2 Begriffsbestimmungen 1.
Im Sinne dieses Gesetzes sind unter Mitgliedstaaten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und
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c. aa. Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz – AVAG
2.
unter Titeln Entscheidungen, gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden, auf welche der jeweils auszuführende Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag, die jeweils durchzuführende Verordnung oder das jeweils durchzuführende Abkommen Anwendung findet, zu verstehen.
ABSCHNITT 2 Zulassung der Zwangsvollstreckung aus ausländischen Titeln § 3 Zuständigkeit (1) Für die Vollstreckbarerklärung von Titeln aus einem anderen Staat ist das Landgericht ausschließlich zuständig. (2) Örtlich zuständig ist ausschließlich das Gericht, in dessen Bezirk der Verpflichtete seinen Wohnsitz hat, oder, wenn er im Inland keinen Wohnsitz hat, das Gericht, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll. Der Sitz von Gesellschaften und juristischen Personen steht dem Wohnsitz gleich. (3) Über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel entscheidet der Vorsitzende einer Zivilkammer. § 4 Antragstellung (1) Der in einem anderen Staat vollstreckbare Titel wird dadurch zur Zwangsvollstreckung zugelassen, dass er auf Antrag mit der Vollstreckungsklausel versehen wird. (2) Der Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel kann bei dem zuständigen Gericht schriftlich eingereicht oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. (3) Ist der Antrag entgegen § 184 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht in deutscher Sprache abgefasst, so kann das Gericht dem Antragsteller aufgeben, eine Übersetzung des Antrags beizubringen, deren Richtigkeit von einer 1. in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder 2. in einem Vertragsstaat des jeweils auszuführenden Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrags hierzu befugten Person bestätigt worden ist. (4) Der Ausfertigung des Titels, der mit der Vollstreckungsklausel versehen werden soll, und seiner Übersetzung, soweit eine solche vorgelegt wird, sollen zwei Abschriften beigefügt werden. § 5 Zustellungsempfänger (1) Hat die antragstellende Person in dem Antrag keinen Zustellungsbevollmächtigten im Sinn des § 184 Absatz 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung benannt, so können bis zur nachträglichen Benennung alle Zustellungen an sie durch Aufgabe zur Post (§ 184 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 der Zivilprozessordnung) bewirkt werden. (2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die antragstellende Person einen Verfahrensbevollmächtigten für das Verfahren bestellt hat, an den im Inland zugestellt werden kann. 1035
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
§ 6 Verfahren (1) Das Gericht entscheidet ohne Anhörung des Verpflichteten. (2) Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung. Jedoch kann eine mündliche Erörterung mit dem Antragsteller oder seinem Bevollmächtigten stattfinden, wenn der Antragsteller oder der Bevollmächtigte hiermit einverstanden ist und die Erörterung der Beschleunigung dient. (3) Im ersten Rechtszug ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich. § 7 Vollstreckbarkeit ausländischer Titel in Sonderfällen (1) Hängt die Zwangsvollstreckung nach dem Inhalt des Titels von einer dem Berechtigten obliegenden Sicherheitsleistung, dem Ablauf einer Frist oder dem Eintritt einer anderen Tatsache ab oder wird die Vollstreckungsklausel zugunsten eines anderen als des in dem Titel bezeichneten Berechtigten oder gegen einen anderen als den darin bezeichneten Verpflichteten beantragt, so ist die Frage, inwieweit die Zulassung der Zwangsvollstreckung von dem Nachweis besonderer Voraussetzungen abhängig oder ob der Titel für oder gegen den anderen vollstreckbar ist, nach dem Recht des Staates zu entscheiden, in dem der Titel errichtet ist. Der Nachweis ist durch Urkunden zu führen, es sei denn, dass die Tatsachen bei dem Gericht offenkundig sind. (2) Kann der Nachweis durch Urkunden nicht geführt werden, so ist auf Antrag des Berechtigten der Verpflichtete zu hören. In diesem Falle sind alle Beweismittel zulässig. Das Gericht kann auch die mündliche Verhandlung anordnen. § 8 Entscheidung (1) Ist die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zuzulassen, so beschließt das Gericht, dass der Titel mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist. In dem Beschluss ist die zu vollstreckende Verpflichtung in deutscher Sprache wiederzugeben. Zur Begründung des Beschlusses genügt in der Regel die Bezugnahme auf die durchzuführende Verordnung oder das durchzuführende Abkommen der Europäischen Gemeinschaft oder den auszuführenden Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag sowie auf von dem Antragsteller vorgelegte Urkunden. Auf die Kosten des Verfahrens ist § 788 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. (2) Ist der Antrag nicht zulässig oder nicht begründet, so lehnt ihn das Gericht durch mit Gründen versehenen Beschluss ab. Die Kosten sind dem Antragsteller aufzuerlegen. § 9 Vollstreckungsklausel (1) Auf Grund des Beschlusses nach § 8 Absatz 1 erteilt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vollstreckungsklausel in folgender Form: „Vollstreckungsklausel nach § 4 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes vom 19. Februar 2001 (BGBl. I S. 288). Gemäß dem Beschluss des .......... (Bezeichnung des Gerichts und des Beschlusses) ist die Zwangsvollstreckung aus .......... (Bezeichnung des Titels) zugunsten .......... (Bezeichnung des Berechtigten) gegen .......... (Bezeichnung des Verpflichteten) zulässig. Die zu vollstreckende Verpflichtung lautet: .......... (Angabe der dem Verpflichteten aus dem ausländischen Titel obliegenden Verpflichtung in deutscher Sprache; aus dem Beschluss nach § 8 Absatz 1 zu übernehmen). Schütze
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c. aa. Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz – AVAG
Die Zwangsvollstreckung darf über Maßregeln zur Sicherung nicht hinausgehen, bis der Gläubiger eine gerichtliche Anordnung oder ein Zeugnis vorlegt, dass die Zwangsvollstreckung unbeschränkt stattfinden darf.“ Lautet der Titel auf Leistung von Geld, so ist der Vollstreckungsklausel folgender Zusatz anzufügen: „Solange die Zwangsvollstreckung über Maßregeln zur Sicherung nicht hinausgehen darf, kann der Schuldner die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von .......... (Angabe des Betrages, wegen dessen der Berechtigte vollstrecken darf) abwenden.“ (2) Wird die Zwangsvollstreckung nur für einen oder mehrere der durch die ausländische Entscheidung zuerkannten oder in einem anderen ausländischen Titel niedergelegten Ansprüche oder nur für einen Teil des Gegenstands der Verpflichtung zugelassen, so ist die Vollstreckungsklausel als „Teil-Vollstreckungsklausel nach § 4 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes vom 19. Februar 2001 (BGBl. I S. 288)“ zu bezeichnen. (3) Die Vollstreckungsklausel ist von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen. Sie ist entweder auf die Ausfertigung des Titels oder auf ein damit zu verbindendes Blatt zu setzen. Falls eine Übersetzung des Titels vorliegt, ist sie mit der Ausfertigung zu verbinden. § 10 Bekanntgabe der Entscheidung (1) Im Falle des § 8 Absatz 1 sind dem Verpflichteten eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses, eine beglaubigte Abschrift des mit der Vollstreckungsklausel versehenen Titels und gegebenenfalls seiner Übersetzung sowie der gemäß § 8 Absatz 1 Satz 3 in Bezug genommenen Urkunden von Amts wegen zuzustellen. (2) Muss die Zustellung an den Verpflichteten im Ausland oder durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen und hält das Gericht die Beschwerdefrist nach § 11 Absatz 3 Satz 1 nicht für ausreichend, so bestimmt es in dem Beschluss nach § 8 Absatz 1 oder nachträglich durch besonderen Beschluss, der ohne mündliche Verhandlung ergeht, eine längere Beschwerdefrist. Die Bestimmungen über den Beginn der Beschwerdefrist bleiben auch im Falle der nachträglichen Festsetzung unberührt. (3) Dem Antragsteller sind eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses nach § 8, im Falle des § 8 Absatz 1 ferner die mit der Vollstreckungsklausel versehene Ausfertigung des Titels und eine Bescheinigung über die bewirkte Zustellung, zu übersenden. In den Fällen des Absatzes 2 ist die festgesetzte Frist für die Einlegung der Beschwerde auf der Bescheinigung über die bewirkte Zustellung zu vermerken.
ABSCHNITT 3 Beschwerde, Vollstreckungsabwehrklage § 11 Einlegung der Beschwerde; Beschwerdefrist (1) Die Beschwerde gegen die im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel wird bei dem Beschwerdegericht durch Einreichen einer Beschwerdeschrift oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt. Beschwerdegericht ist das Oberlandesgericht. Der Beschwerdeschrift soll die für ihre Zustellung erforderliche Zahl von Abschriften beigefügt werden. 1037
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
(2) Die Zulässigkeit der Beschwerde wird nicht dadurch berührt, dass sie statt bei dem Beschwerdegericht bei dem Gericht des ersten Rechtszuges eingelegt wird; die Beschwerde ist unverzüglich von Amts wegen an das Beschwerdegericht abzugeben. (3) Die Beschwerde des Verpflichteten gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung ist innerhalb eines Monats, im Falle des § 10 Absatz 2 Satz 1 innerhalb der nach dieser Vorschrift bestimmten längeren Frist einzulegen. Die Beschwerdefrist beginnt mit der Zustellung nach § 10 Absatz 1. Sie ist eine Notfrist. (4) Die Beschwerde ist dem Beschwerdegegner von Amts wegen zuzustellen. § 12 Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch im Beschwerdeverfahren (1) Der Verpflichtete kann mit der Beschwerde, die sich gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einer Entscheidung richtet, auch Einwendungen gegen den Anspruch selbst insoweit geltend machen, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Erlass der Entscheidung entstanden sind. (2) Mit der Beschwerde, die sich gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich oder einer öffentlichen Urkunde richtet, kann der Verpflichtete die Einwendungen gegen den Anspruch selbst ungeachtet der in Absatz 1 enthaltenen Beschränkung geltend machen. § 13 Verfahren und Entscheidung über die Beschwerde (1) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist und ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Der Beschwerdegegner ist vor der Entscheidung zu hören. (2) Solange eine mündliche Verhandlung nicht angeordnet ist, können zu Protokoll der Geschäftsstelle Anträge gestellt und Erklärungen abgegeben werden. Wird die mündliche Verhandlung angeordnet, so gilt für die Ladung § 215 der Zivilprozessordnung. (3) Eine vollständige Ausfertigung des Beschlusses ist dem Berechtigten und dem Verpflichteten auch dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Beschluss verkündet worden ist. (4) Soweit nach dem Beschluss des Beschwerdegerichts die Zwangsvollstreckung aus dem Titel erstmals zuzulassen ist, erteilt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Beschwerdegerichts die Vollstreckungsklausel. § 8 Absatz 1 Satz 2 und 4, §§ 9 und 10 Absatz 1 und 3 Satz 1 sind entsprechend anzuwenden. Ein Zusatz, dass die Zwangsvollstreckung über Maßregeln zur Sicherung nicht hinausgehen darf, ist nur aufzunehmen, wenn das Beschwerdegericht eine Anordnung nach diesem Gesetz (§ 22 Absatz 2, § 40 Absatz 1 Nummer 1 oder § 45 Absatz 1 Nummer 1) erlassen hat. Der Inhalt des Zusatzes bestimmt sich nach dem Inhalt der Anordnung. § 14 Vollstreckungsabwehrklage (1) Ist die Zwangsvollstreckung aus einem Titel zugelassen, so kann der Verpflichtete Einwendungen gegen den Anspruch selbst in einem Verfahren nach § 767 der Zivilprozessordnung nur geltend machen, wenn die Gründe, auf denen seine Einwendungen beruhen, erst
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1. 2.
nach Ablauf der Frist, innerhalb deren er die Beschwerde hätte einlegen können, oder falls die Beschwerde eingelegt worden ist, nach Beendigung dieses Verfahrens
entstanden sind. (2) Die Klage nach § 767 der Zivilprozessordnung ist bei dem Gericht zu erheben, das über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel entschieden hat. Soweit die Klage einen Unterhaltstitel zum Gegenstand hat, ist das Familiengericht zuständig; für die örtliche Zuständigkeit gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung für Unterhaltssachen.
ABSCHNITT 4 Rechtsbeschwerde § 15 Statthaftigkeit und Frist (1) Gegen den Beschluss des Beschwerdegerichts findet die Rechtsbeschwerde nach Maßgabe des § 574 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 der Zivilprozessordnung statt. (2) Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats einzulegen. (3) Die Rechtsbeschwerdefrist ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Beschlusses (§ 13 Absatz 3). § 16 Einlegung und Begründung (1) Die Rechtsbeschwerde wird durch Einreichen der Beschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof eingelegt. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zu begründen. § 575 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden. Soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Beschwerdegericht von einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften abgewichen sei, muss die Entscheidung, von der der angefochtene Beschluss abweicht, bezeichnet werden. (3) Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Beschlusses, gegen den sich die Rechtsbeschwerde richtet, vorgelegt werden. § 17 Verfahren und Entscheidung (1) Der Bundesgerichtshof kann nur überprüfen, ob der Beschluss auf einer Verletzung des Rechts der Europäischen Gemeinschaft, eines Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrags, sonstigen Bundesrechts oder einer anderen Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt. Er darf nicht prüfen, ob das Gericht seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. (2) Der Bundesgerichtshof kann über die Rechtsbeschwerde ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Auf das Verfahren über die Rechtsbeschwerde sind § 574 Absatz 4, § 576 Absatz 3 und § 577 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. (3) Soweit die Zwangsvollstreckung aus dem Titel erstmals durch den Bundesgerichtshof zugelassen wird, erteilt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dieses Gerichts die Vollstreckungsklausel. § 8 Absatz 1 Satz 2 und 4, §§ 9 und 10 Absatz 1 und 3 Satz 1 gelten entsprechend. Ein Zusatz über die Beschränkung der Zwangsvollstreckung entfällt. 1039
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
ABSCHNITT 5 Beschränkung der Zwangsvollstreckung auf Sicherungsmaßregeln und unbeschränkte Fortsetzung der Zwangsvollstreckung § 18 Beschränkung kraft Gesetzes Die Zwangsvollstreckung ist auf Sicherungsmaßregeln beschränkt, solange die Frist zur Einlegung der Beschwerde noch läuft und solange über die Beschwerde noch nicht entschieden ist. § 19 Prüfung der Beschränkung Einwendungen des Verpflichteten, dass bei der Zwangsvollstreckung die Beschränkung auf Sicherungsmaßregeln nach der durchzuführenden Verordnung der Europäischen Gemeinschaft, nach dem auszuführenden Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag, nach § 18 dieses Gesetzes oder auf Grund einer auf diesem Gesetz beruhenden Anordnung (§ 22 Absatz 2, §§ 40, 45) nicht eingehalten werde, oder Einwendungen des Berechtigten, dass eine bestimmte Maßnahme der Zwangsvollstreckung mit dieser Beschränkung vereinbar sei, sind im Wege der Erinnerung nach § 766 der Zivilprozessordnung bei dem Vollstreckungsgericht (§ 764 der Zivilprozessordnung) geltend zu machen. § 20 Sicherheitsleistung durch den Verpflichteten (1) Solange die Zwangsvollstreckung aus einem Titel, der auf Leistung von Geld lautet, nicht über Maßregeln der Sicherung hinausgehen darf, ist der Verpflichtete befugt, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Betrages abzuwenden, wegen dessen der Berechtigte vollstrecken darf. (2) Die Zwangsvollstreckung ist einzustellen und bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln sind aufzuheben, wenn der Verpflichtete durch eine öffentliche Urkunde die zur Abwendung der Zwangsvollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung nachweist. § 21 Versteigerung beweglicher Sachen Ist eine bewegliche Sache gepfändet und darf die Zwangsvollstreckung nicht über Maßregeln zur Sicherung hinausgehen, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag anordnen, dass die Sache versteigert und der Erlös hinterlegt werde, wenn sie der Gefahr einer beträchtlichen Wertminderung ausgesetzt ist oder wenn ihre Aufbewahrung unverhältnismäßige Kosten verursachen würde. § 22 Unbeschränkte Fortsetzung der Zwangsvollstreckung; besondere gerichtliche Anordnungen (1) Weist das Beschwerdegericht die Beschwerde des Verpflichteten gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung zurück oder lässt es auf die Beschwerde des Berechtigten die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zu, so kann die Zwangsvollstreckung über Maßregeln zur Sicherung hinaus fortgesetzt werden. (2) Auf Antrag des Verpflichteten kann das Beschwerdegericht anordnen, dass bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde (§ 15) oder bis zur Entscheidung über diese Beschwerde die Zwangsvollstreckung nicht oder nur gegen Sicherheitsleistung über Maßregeln zur Sicherung hinausgehen darf. Die Anordnung darf nur erlasSchütze
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sen werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die weitergehende Vollstreckung dem Verpflichteten einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. § 713 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden. (3) Wird Rechtsbeschwerde eingelegt, so kann der Bundesgerichtshof auf Antrag des Verpflichteten eine Anordnung nach Absatz 2 erlassen. Der Bundesgerichtshof kann auf Antrag des Berechtigten eine nach Absatz 2 erlassene Anordnung des Beschwerdegerichts abändern oder aufheben. § 23 Unbeschränkte Fortsetzung der durch das Gericht des ersten Rechtszuges zugelassenen Zwangsvollstreckung (1) Die Zwangsvollstreckung aus dem Titel, den der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges mit der Vollstreckungsklausel versehen hat, ist auf Antrag des Berechtigten über Maßregeln zur Sicherung hinaus fortzusetzen, wenn das Zeugnis des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts vorgelegt wird, dass die Zwangsvollstreckung unbeschränkt stattfinden darf. (2) Das Zeugnis ist dem Berechtigten auf seinen Antrag zu erteilen, 1. wenn der Verpflichtete bis zum Ablauf der Beschwerdefrist keine Beschwerdeschrift eingereicht hat, 2. wenn das Beschwerdegericht die Beschwerde des Verpflichteten zurückgewiesen und keine Anordnung nach § 22 Absatz 2 erlassen hat, 3. wenn der Bundesgerichtshof die Anordnung des Beschwerdegerichts nach § 22 Absatz 2 aufgehoben hat (§ 22 Absatz 3 Satz 2) oder 4. wenn der Bundesgerichtshof den Titel zur Zwangsvollstreckung zugelassen hat. (3) Aus dem Titel darf die Zwangsvollstreckung, selbst wenn sie auf Maßregeln der Sicherung beschränkt ist, nicht mehr stattfinden, sobald ein Beschluss des Beschwerdegerichts, dass der Titel zur Zwangsvollstreckung nicht zugelassen werde, verkündet oder zugestellt ist. § 24 Unbeschränkte Fortsetzung der durch das Beschwerdegericht zugelassenen Zwangsvollstreckung (1) Die Zwangsvollstreckung aus dem Titel, zu dem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Beschwerdegerichts die Vollstreckungsklausel mit dem Zusatz erteilt hat, dass die Zwangsvollstreckung auf Grund der Anordnung des Gerichts nicht über Maßregeln zur Sicherung hinausgehen darf (§ 13 Absatz 4 Satz 3), ist auf Antrag des Berechtigten über Maßregeln zur Sicherung hinaus fortzusetzen, wenn das Zeugnis des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts vorgelegt wird, dass die Zwangsvollstreckung unbeschränkt stattfinden darf. (2) Das Zeugnis ist dem Berechtigten auf seinen Antrag zu erteilen, 1. wenn der Verpflichtete bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde (§ 15 Absatz 2) keine Beschwerdeschrift eingereicht hat, 2. wenn der Bundesgerichtshof die Anordnung des Beschwerdegerichts nach § 22 Absatz 2 aufgehoben hat (§ 22 Absatz 3 Satz 2) oder 3. wenn der Bundesgerichtshof die Rechtsbeschwerde des Verpflichteten zurückgewiesen hat.
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ABSCHNITT 6 Feststellung der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung § 25 Verfahren und Entscheidung in der Hauptsache (1) Auf das Verfahren, das die Feststellung zum Gegenstand hat, ob eine Entscheidung aus einem anderen Staat anzuerkennen ist, sind die §§ 3 bis 6, 8 Absatz 2, die §§ 10 bis 12, § 13 Absatz 1 bis 3, die §§ 15 und 16 sowie § 17 Absatz 1 und 2 entsprechend anzuwenden. (2) Ist der Antrag auf Feststellung begründet, so beschließt das Gericht, dass die Entscheidung anzuerkennen ist. § 26 Kostenentscheidung In den Fällen des § 25 Absatz 2 sind die Kosten dem Antragsgegner aufzuerlegen. Dieser kann die Beschwerde (§ 11) auf die Entscheidung über den Kostenpunkt beschränken. In diesem Falle sind die Kosten dem Antragsteller aufzuerlegen, wenn der Antragsgegner nicht durch sein Verhalten zu dem Antrag auf Feststellung Veranlassung gegeben hat.
ABSCHNITT 7 Aufhebung oder Änderung der Beschlüsse über die Zulassung der Zwangsvollstreckung oder die Anerkennung § 27 Verfahren nach Aufhebung oder Änderung des für vollstreckbar erklärten ausländischen Titels im Ursprungsstaat (1) Wird der Titel in dem Staat, in dem er errichtet worden ist, aufgehoben oder geändert und kann der Verpflichtete diese Tatsache in dem Verfahren der Zulassung der Zwangsvollstreckung nicht mehr geltend machen, so kann er die Aufhebung oder Änderung der Zulassung in einem besonderen Verfahren beantragen. (2) Für die Entscheidung über den Antrag ist das Gericht ausschließlich zuständig, das im ersten Rechtszug über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel entschieden hat. (3) Der Antrag kann bei dem Gericht schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden. Über den Antrag kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Vor der Entscheidung, die durch Beschluss ergeht, ist der Berechtigte zu hören. § 13 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend. (4) Der Beschluss unterliegt der Beschwerde nach den §§ 567 bis 577 der Zivilprozessordnung. Die Notfrist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde beträgt einen Monat. (5) Für die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung bereits getroffener Vollstreckungsmaßregeln sind die §§ 769 und 770 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist auch ohne Sicherheitsleistung zulässig.
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§ 28 Schadensersatz wegen ungerechtfertigter Vollstreckung (1) Wird die Zulassung der Zwangsvollstreckung auf die Beschwerde (§ 11) oder die Rechtsbeschwerde (§ 15) aufgehoben oder abgeändert, so ist der Berechtigte zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Verpflichteten durch die Vollstreckung des Titels oder durch eine Leistung zur Abwendung der Vollstreckung entstanden ist. Das Gleiche gilt, wenn die Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 27 aufgehoben oder abgeändert wird, sofern die zur Zwangsvollstreckung zugelassene Entscheidung zum Zeitpunkt der Zulassung nach dem Recht des Staats, in dem sie ergangen ist, noch mit einem ordentlichen Rechtsmittel angefochten werden konnte. (2) Für die Geltendmachung des Anspruchs ist das Gericht ausschließlich zuständig, das im ersten Rechtszug über den Antrag, den Titel mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, entschieden hat. § 29 Aufhebung oder Änderung ausländischer Entscheidungen, deren Anerkennung festgestellt ist Wird die Entscheidung in dem Staat, in dem sie ergangen ist, aufgehoben oder abgeändert und kann die davon begünstigte Partei diese Tatsache nicht mehr in dem Verfahren über den Antrag auf Feststellung der Anerkennung (§ 25) geltend machen, so ist § 27 Absatz 1 bis 4 entsprechend anzuwenden.
ABSCHNITT 8 Vorschriften für Entscheidungen deutscher Gerichte und für das Mahnverfahren § 30 Vervollständigung inländischer Entscheidungen zur Verwendung im Ausland (1) Will eine Partei ein Versäumnis- oder Anerkenntnisurteil, das nach § 313 b der Zivilprozessordnung in verkürzter Form abgefasst worden ist, in einem anderen Vertragsoder Mitgliedstaat geltend machen, so ist das Urteil auf ihren Antrag zu vervollständigen. Der Antrag kann bei dem Gericht schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden. Über den Antrag wird ohne mündliche Verhandlung entschieden. (2) Zur Vervollständigung des Urteils sind der Tatbestand und die Entscheidungsgründe nachträglich abzufassen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übergeben; der Tatbestand und die Entscheidungsgründe können auch von Richtern unterschrieben werden, die bei dem Urteil nicht mitgewirkt haben. (3) Für die Berichtigung des nachträglich abgefassten Tatbestands gilt § 320 der Zivilprozessordnung entsprechend. Jedoch können bei der Entscheidung über einen Antrag auf Berichtigung auch solche Richter mitwirken, die bei dem Urteil oder der nachträglichen Anfertigung des Tatbestands nicht mitgewirkt haben. (4) Die vorstehenden Absätze gelten entsprechend für die Vervollständigung von Arrestbefehlen, einstweiligen Anordnungen und einstweiligen Verfügungen, die in einem anderen Vertrags- oder Mitgliedstaat geltend gemacht werden sollen und nicht mit einer Begründung versehen sind.
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§ 31 Vollstreckungsklausel zur Verwendung im Ausland Vollstreckungsbescheide, Arrestbefehle und einstweilige Verfügungen oder einstweilige Anordnungen, deren Zwangsvollstreckung in einem anderen Vertrags- oder Mitgliedstaat betrieben werden soll, sind auch dann mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, wenn dies für eine Zwangsvollstreckung im Inland nach § 796 Absatz 1, § 929 Absatz 1 und § 936 der Zivilprozessordnung oder nach § 53 Absatz 1 und § 119 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht erforderlich wäre. § 32 Mahnverfahren mit Zustellung im Ausland (1) Das Mahnverfahren findet auch statt, wenn die Zustellung des Mahnbescheids in einem anderen Vertrags- oder Mitgliedstaat erfolgen muss. In diesem Falle kann der Anspruch auch die Zahlung einer bestimmten Geldsumme in ausländischer Währung zum Gegenstand haben. (2) Macht der Antragsteller geltend, dass das Gericht auf Grund einer Gerichtsstandsvereinbarung zuständig sei, so hat er dem Mahnantrag die erforderlichen Schriftstücke über die Vereinbarung beizufügen. (3) Die Widerspruchsfrist (§ 692 Absatz 1 Nummer 3 der Zivilprozessordnung) beträgt einen Monat.
ABSCHNITT 9 Verhältnis zu besonderen Anerkennungsverfahren; Konzentrationsermächtigung § 33 (weggefallen) § 34 Konzentrationsermächtigung (1) Die Landesregierungen werden für die Ausführung von Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen nach diesem Gesetz und für die Durchführung der in § 1 Absatz 1 Nummer 2 genannten Verordnungen und Abkommen ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Entscheidung über Anträge auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zu ausländischen Titeln in Zivil- und Handelssachen, über Anträge auf Aufhebung oder Abänderung dieser Vollstreckungsklausel und über Anträge auf Feststellung der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem von ihnen zuzuweisen, sofern dies der sachlichen Förderung oder schnelleren Erledigung der Verfahren dient. Die Ermächtigung kann für jedes der in § 1 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a und b genannten Übereinkommen, für die in § 1 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a genannte Verordnung und jedes der in § 1 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b und c genannten Abkommen der Europäischen Gemeinschaft jeweils allein ausgeübt werden. (2) Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
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TEIL 2 Besonderes ABSCHNITT 1 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 und vom 16. September 1988 § 35 Sonderregelungen über die Beschwerdefrist Die Frist für die Beschwerde des Verpflichteten gegen die Entscheidung über die Zulassung der Zwangsvollstreckung beträgt zwei Monate und beginnt von dem Tage an zu laufen, an dem die Entscheidung dem Verpflichteten entweder in Person oder in seiner Wohnung zugestellt worden ist, wenn der Verpflichtete seinen Wohnsitz oder seinen Sitz in einem anderen Vertragsstaat dieser Übereinkommen hat. Eine Verlängerung dieser Frist wegen weiter Entfernung ist ausgeschlossen. § 10 Absatz 2 und 3 Satz 2 sowie § 11 Absatz 3 Satz 1 und 2 finden in diesen Fällen keine Anwendung. § 36 Aussetzung des Beschwerdeverfahrens (1) Das Oberlandesgericht kann auf Antrag des Verpflichteten seine Entscheidung über die Beschwerde gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aussetzen, wenn gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat ein ordentliches Rechtsmittel eingelegt oder die Frist hierfür noch nicht verstrichen ist; im letzteren Falle kann das Oberlandesgericht eine Frist bestimmen, innerhalb deren das Rechtsmittel einzulegen ist. Das Gericht kann die Zwangsvollstreckung auch von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. (2) Absatz 1 ist im Verfahren auf Feststellung der Anerkennung einer Entscheidung (§§ 25 und 26) entsprechend anzuwenden.
ABSCHNITT 2 (weggefallen) § 37 (weggefallen) § 38 (weggefallen) § 39 (weggefallen)
ABSCHNITT 3 Vertrag vom 17. Juni 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen § 40 Abweichungen von § 22 (1) Weist das Oberlandesgericht die Beschwerde des Verpflichteten gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung zurück oder lässt es auf die Beschwerde des Berechtigten 1045
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die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zu, so entscheidet es abweichend von § 22 Absatz 1 zugleich darüber, ob die Zwangsvollstreckung über Maßregeln zur Sicherung hinaus fortgesetzt werden kann: 1. Ist bei einer auf eine bestimmte Geldsumme lautenden Entscheidung der Nachweis, dass die Entscheidung rechtskräftig ist, nicht geführt, so ordnet das Oberlandesgericht an, dass die Vollstreckung erst nach Vorlage einer norwegischen Rechtskraftbescheinigung nebst Übersetzung (Artikel 14 Absatz 1 Nummer 2 und 6 und Absatz 2 des Vertrags) unbeschränkt stattfinden kann. 2. Ist der Nachweis, dass die Entscheidung rechtskräftig ist, geführt oder ist der Titel ein gerichtlicher Vergleich, so ordnet das Oberlandesgericht an, dass die Zwangsvollstreckung unbeschränkt stattfinden darf. (2) § 22 Absatz 2 und 3 bleibt unberührt. § 41 Abweichungen von § 23 (1) Die Zwangsvollstreckung aus dem Titel, den der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Landgerichts mit der Vollstreckungsklausel versehen hat, ist auf Antrag des Berechtigten auch dann über Maßregeln zur Sicherung hinaus fortzusetzen (§ 23 Absatz 1), wenn eine gerichtliche Anordnung nach § 40 Absatz 1 Nummer 1 oder § 22 Absatz 2 und 3 vorgelegt wird und die darin bestimmten Voraussetzungen erfüllt sind. (2) Ein Zeugnis gemäß § 23 Absatz 1 ist dem Berechtigten auf seinen Antrag abweichend von § 23 Absatz 2 Nummer 1 nur zu erteilen, wenn der Verpflichtete bis zum Ablauf der Beschwerdefrist keine Beschwerdeschrift eingereicht hat und wenn 1. der Berechtigte bei einer auf eine bestimmte Geldsumme lautenden Entscheidung nachweist, dass die Entscheidung rechtskräftig ist (Artikel 14 Absatz 1 Nummer 2 und 6 und Absatz 2 des Vertrags), 2. die Entscheidung nicht auf eine bestimmte Geldsumme lautet oder 3. der Titel ein gerichtlicher Vergleich ist. § 23 Absatz 2 Nummer 2 bis 4 findet keine Anwendung. (3) § 23 Absatz 3 bleibt unberührt. § 42 Abweichungen von § 24 Die Zwangsvollstreckung aus dem Titel, zu dem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts die Vollstreckungsklausel erteilt hat, ist abweichend von § 24 Absatz 1 auf Antrag des Berechtigten nur im Rahmen einer gerichtlichen Anordnung nach § 40 oder § 22 Absatz 2 und 3 fortzusetzen. Eines besonderen Zeugnisses des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bedarf es nicht. § 43 Folgeregelungen für das Rechtsbeschwerdeverfahren (1) Auf das Verfahren über die Rechtsbeschwerde sind neben den in § 17 Absatz 2 Satz 2 aufgeführten Vorschriften auch die §§ 40 und 42 sinngemäß anzuwenden. (2) Hat der Bundesgerichtshof eine Anordnung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 40 Absatz 1 Nummer 1 erlassen, so ist in Abweichung von § 17 Absatz 3 Satz 3 ein Zusatz aufzunehmen, dass die Zwangsvollstreckung über Maßregeln zur Sicherung nicht hinausgehen darf. Der Inhalt des Zusatzes bestimmt sich nach dem Inhalt der Anordnung. Schütze
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§ 44 Weitere Sonderregelungen (1) Hat der Verpflichtete keinen Wohnsitz im Inland, so ist für die Vollstreckbarerklärung von Entscheidungen und gerichtlichen Vergleichen auch das Landgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verpflichtete Vermögen hat. (2) Ist die Entscheidung auf die Leistung einer bestimmten Geldsumme gerichtet, so bedarf es für die Zulassung zur Zwangsvollstreckung nicht des Nachweises, dass die Entscheidung rechtskräftig ist (Artikel 10 Absatz 2 und Artikel 17 Absatz 1 Satz 2 des Vertrags). (3) Auf das Verfahren über die Beschwerde des Verpflichteten gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung findet § 12 Absatz 2 keine Anwendung. § 12 Absatz 1 gilt für die Beschwerde, die sich gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich richtet, sinngemäß. (4) Die Vorschriften über die Feststellung der Anerkennung einer Entscheidung (§§ 25 und 26) und über die Aufhebung oder Änderung dieser Feststellung (§ 29 in Verbindung mit § 27) finden keine Anwendung.
ABSCHNITT 4 Vertrag vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen § 45 Abweichungen von § 22 (1) Weist das Oberlandesgericht die Beschwerde des Verpflichteten gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung zurück oder lässt es auf die Beschwerde des Berechtigten die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zu, so entscheidet es abweichend von § 22 Absatz 1 zugleich darüber, ob die Zwangsvollstreckung über Maßregeln zur Sicherung hinaus fortgesetzt werden kann: 1. Ist der Nachweis, dass die Entscheidung rechtskräftig ist, nicht geführt, so ordnet das Oberlandesgericht an, dass die Vollstreckung erst nach Vorlage einer israelischen Rechtskraftbescheinigung nebst Übersetzung (Artikel 15 Absatz 1 Nummer 2 und 7 des Vertrags) unbeschränkt stattfinden darf. 2. Ist der Nachweis, dass die Entscheidung rechtskräftig ist, erbracht oder hat die Entscheidung eine Unterhaltspflicht zum Gegenstand oder ist der Titel ein gerichtlicher Vergleich, so ordnet das Oberlandesgericht an, dass die Zwangsvollstreckung unbeschränkt stattfinden darf. (2) § 22 Absatz 2 und 3 bleibt unberührt. § 46 Abweichungen von § 23 (1) Die Zwangsvollstreckung aus dem Titel, den der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Landgerichts mit der Vollstreckungsklausel versehen hat, ist auf Antrag des Berechtigten auch dann über Maßregeln zur Sicherung hinaus fortzusetzen (§ 23 Absatz 1), wenn eine gerichtliche Anordnung nach § 45 Absatz 1 Nummer 1 oder § 22 Absatz 2 und 3 vorgelegt wird und die darin bestimmten Voraussetzungen erfüllt sind. (2) Ein Zeugnis gemäß § 23 Absatz 1 ist dem Berechtigten auf seinen Antrag abweichend von § 23 Absatz 2 Nummer 1 nur zu erteilen, wenn der Verpflichtete bis zum Ablauf der Beschwerdefrist keine Beschwerdeschrift eingereicht hat und wenn 1047
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1. 2. 3.
der Berechtigte den Nachweis führt, dass die Entscheidung rechtskräftig ist (Artikel 21 des Vertrags), die Entscheidung eine Unterhaltspflicht zum Gegenstand hat (Artikel 20 des Vertrags) oder der Titel ein gerichtlicher Vergleich ist. § 23 Absatz 2 Nummer 2 bis 4 findet keine Anwendung. (3) § 23 Absatz 3 bleibt unberührt. § 47 Abweichungen von § 24
Die Zwangsvollstreckung aus dem Titel, zu dem der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts die Vollstreckungsklausel erteilt hat, ist abweichend von § 24 Absatz 1 auf Antrag des Berechtigten nur im Rahmen einer gerichtlichen Anordnung nach § 45 oder § 22 Absatz 2 und 3 fortzusetzen. Eines besonderen Zeugnisses des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bedarf es nicht. § 48 Folgeregelungen für das Rechtsbeschwerdeverfahren (1) Auf das Verfahren über die Rechtsbeschwerde sind neben den in § 17 Absatz 2 Satz 2 aufgeführten Vorschriften auch die §§ 45 und 47 sinngemäß anzuwenden. (2) Hat der Bundesgerichtshof eine Anordnung nach Absatz 1 in Verbindung mit § 45 Absatz 1 Nummer 1 erlassen, so ist in Abweichung von § 17 Absatz 3 Satz 3 ein Zusatz aufzunehmen, dass die Zwangsvollstreckung über Maßregeln zur Sicherung nicht hinausgehen darf. Der Inhalt des Zusatzes bestimmt sich nach dem Inhalt der Anordnung. § 49 Weitere Sonderregelungen (1) Hat der Verpflichtete keinen Wohnsitz im Inland, so ist für die Vollstreckbarerklärung von Entscheidungen und gerichtlichen Vergleichen auch das Landgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verpflichtete Vermögen hat. (2) Auf das Verfahren über die Beschwerde des Verpflichteten gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung findet § 12 Absatz 2 keine Anwendung. § 12 Absatz 1 gilt für die Beschwerde, die sich gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich richtet, sinngemäß.
ABSCHNITT 5 (weggefallen) §§ 50 bis 54 (weggefallen)
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c. bb. Internationales Familienrechtsverfahrensgesetz – IntFamRVG
ABSCHNITT 6 Verordnungen und Abkommen der Europäischen Gemeinschaft nach § 1 Absatz 1 Nummer 2 § 55 Abweichungen von Vorschriften des Allgemeinen Teils; ergänzende Regelungen (1) Die §§ 3, 6 Absatz 1, § 7 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2, § 10 Absatz 2 und 3 Satz 2, § 11 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 3 Satz 1 und 2 sowie § 18 finden keine Anwendung. (2) Die Beschwerde gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung ist einzulegen 1. innerhalb eines Monats nach Zustellung, wenn der Verpflichtete seinen Wohnsitz im Inland hat; 2. innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung, wenn der Verpflichtete seinen Wohnsitz im Ausland hat. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Vollstreckbarerklärung dem Verpflichteten entweder persönlich oder in seiner Wohnung zugestellt worden ist. Eine Verlängerung dieser Frist wegen weiter Entfernung ist ausgeschlossen. (3) In einem Verfahren, das die Vollstreckbarerklärung einer notariellen Urkunde zum Gegenstand hat, kann diese Urkunde auch von einem Notar für vollstreckbar erklärt werden. Die Vorschriften für das Verfahren der Vollstreckbarerklärung durch ein Gericht gelten sinngemäß. § 56 Bescheinigungen zu inländischen Titeln Die Bescheinigungen nach den Artikeln 54, 57 und 58 der Verordnung (EG) Nr. 44/ 2001 und nach den Artikeln 54, 57 und 58 des Übereinkommens vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen werden von dem Gericht, der Behörde oder der mit öffentlichem Glauben versehenen Person ausgestellt, der die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels obliegt. Soweit danach die Gerichte für die Ausstellung der Bescheinigung zuständig sind, wird diese von dem Gericht des ersten Rechtszuges und, wenn das Verfahren bei einem höheren Gericht anhängig ist, von diesem Gericht ausgestellt. Funktionell zuständig ist die Stelle, der die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels obliegt. Für die Anfechtbarkeit der Entscheidung über die Ausstellung der Bescheinigung gelten die Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Entscheidung über die Erteilung der Vollstreckungsklausel sinngemäß.
3. c. bb. Gesetz zur Aus- und Durchführung bestimmter Rechtsinstrumente auf dem Gebiet des internationalen Familienrechts (Internationales Familienrechtsverfahrensgesetz – IntFamRVG) (BGBl. I 2005, S. 162 ff., zuletzt geändert durch BGBl. I 2011, S. 898) c. bb. Internationales Familienrechtsverfahrensgesetz – IntFamRVG Vorbemerkung: Das IntFamRVG ist ein Parallelgesetz zum AVAG. Es vereinheitlicht die Aus- und Durchführung internationaler Übereinkommen Deutschlands auf dem Gebiet des Familien- und Unterhaltsrechts. Es dient so der Rationalisierung. Ebenso wie bei dem AVAG ist das europäische Verordnungsrecht wegen des Wiederholungsverbots aus dem Geltungsbereich ausgenommen. 1049
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Geltungsbereich: Deutschland Schrifttum: Schlauß Das neue Gesetz zum internationalen Familienrecht – IntFamRVG, 2005; Staudinger/Pirrung Vorbem. C–H zu Art. 19 EG BGB – Internationales Kindschaftsrecht, 2. Neubearbeitung, 2009, Rdn. F 1 ff.
Text Internationales Familienrechtsverfahrensgesetz vom 26. Januar 2005 (BGBl. I, S. 162), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 23. Mai 2011 (BGBl. I, S. 898)
ABSCHNITT 1 Anwendungsbereich; Begriffsbestimmungen § 1 Anwendungsbereich 1.
2.
3.
4.
Dieses Gesetz dient der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. EU Nr. L 338 S. 1); der Ausführung des Haager Übereinkommens vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern (BGBl. 2009 II S. 602, 603) – im Folgenden: Haager Kinderschutzübereinkommen; der Ausführung des Haager Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (BGBl. 1990 II S. 207) – im Folgenden: Haager Kindesentführungsübereinkommen; der Ausführung des Luxemburger Europäischen Übereinkommens vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses (BGBl. 1990 II S. 220) – im Folgenden: Europäisches Sorgerechtsübereinkommen. § 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes sind „Titel“ Entscheidungen, Vereinbarungen und öffentliche Urkunden, auf welche die durchzuführende EG-Verordnung oder das jeweils auszuführende Übereinkommen Anwendung findet.
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c. bb. Internationales Familienrechtsverfahrensgesetz – IntFamRVG
ABSCHNITT 2 Zentrale Behörde; Jugendamt § 3 Bestimmung der Zentralen Behörde 1. 2. 3. 4.
(1) Zentrale Behörde nach Artikel 53 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, Artikel 29 des Haager Kinderschutzübereinkommens, Artikel 6 des Haager Kindesentführungsübereinkommens, Artikel 2 des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens ist das Bundesamt für Justiz. (2) Das Verfahren der Zentralen Behörde gilt als Justizverwaltungsverfahren. § 4 Übersetzungen bei eingehenden Ersuchen
(1) Die Zentrale Behörde, bei der ein Antrag aus einem anderen Staat nach der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 oder nach dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen eingeht, kann es ablehnen, tätig zu werden, solange Mitteilungen oder beizufügende Schriftstücke nicht in deutscher Sprache abgefasst oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet sind. (2) Ist ein Schriftstück nach Artikel 54 des Haager Kinderschutzübereinkommens oder nach Artikel 24 Abs. 1 des Haager Kindesentführungsübereinkommens ausnahmsweise nicht von einer deutschen Übersetzung begleitet, so veranlasst die Zentrale Behörde die Übersetzung. § 5 Übersetzungen bei ausgehenden Ersuchen (1) Beschafft die antragstellende Person erforderliche Übersetzungen für Anträge, die in einem anderen Staat zu erledigen sind, nicht selbst, veranlasst die Zentrale Behörde die Übersetzungen auf Kosten der antragstellenden Person. (2) Das Amtsgericht befreit eine antragstellende natürliche Person, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder bei Fehlen eines gewöhnlichen Aufenthalts im Inland ihren tatsächlichen Aufenthalt im Gerichtsbezirk hat, auf Antrag von der Erstattungspflicht nach Absatz 1, wenn sie die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe ohne einen eigenen Beitrag zu den Kosten nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit erfüllt. § 6 Aufgabenerfüllung durch die Zentrale Behörde (1) Zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben veranlasst die Zentrale Behörde mit Hilfe der zuständigen Stellen alle erforderlichen Maßnahmen. Sie verkehrt unmittelbar mit allen zuständigen Stellen im In- und Ausland. Mitteilungen leitet sie unverzüglich an die zuständigen Stellen weiter. (2) Zum Zweck der Ausführung des Haager Kindesentführungsübereinkommens und des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens leitet die Zentrale Behörde erforderlichenfalls gerichtliche Verfahren ein. Im Rahmen dieser Übereinkommen gilt sie zum Zweck der Rückgabe des Kindes als bevollmächtigt, im Namen der antragstellenden Person selbst oder im Weg der Untervollmacht durch Vertreter gerichtlich oder außergerichtlich tätig 1051
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zu werden. Ihre Befugnis, zur Sicherung der Einhaltung der Übereinkommen im eigenen Namen entsprechend zu handeln, bleibt unberührt. § 7 Aufenthaltsermittlung (1) Die Zentrale Behörde trifft alle erforderlichen Maßnahmen einschließlich der Einschaltung von Polizeivollzugsbehörden, um den Aufenthaltsort des Kindes zu ermitteln, wenn dieser unbekannt ist und Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich das Kind im Inland befindet. (2) Soweit zur Ermittlung des Aufenthalts des Kindes erforderlich, darf die Zentrale Behörde bei dem Kraftfahrt-Bundesamt erforderliche Halterdaten nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Straßenverkehrsgesetzes erheben und die Leistungsträger im Sinne der §§ 18 bis 29 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch um Mitteilung des derzeitigen Aufenthalts einer Person ersuchen. (3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann die Zentrale Behörde die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung durch das Bundeskriminalamt veranlassen. Sie kann auch die Speicherung eines Suchvermerks im Zentralregister veranlassen. (4) Soweit andere Stellen eingeschaltet werden, übermittelt sie ihnen die zur Durchführung der Maßnahmen erforderlichen personenbezogenen Daten; diese dürfen nur für den Zweck verwendet werden, für den sie übermittelt worden sind. § 8 Anrufung des Oberlandesgerichts (1) Nimmt die Zentrale Behörde einen Antrag nicht an oder lehnt sie es ab, tätig zu werden, so kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts beantragt werden. (2) Zuständig ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Zentrale Behörde ihren Sitz hat. (3) Das Oberlandesgericht entscheidet im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. § 14 Abs. 1 und 2 sowie die Abschnitte 4 und 5 des Buches 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten entsprechend. § 9 Mitwirkung des Jugendamts an Verfahren (1) Unbeschadet der Aufgaben des Jugendamts bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit unterstützt das Jugendamt die Gerichte und die Zentrale Behörde bei allen Maßnahmen nach diesem Gesetz. Insbesondere 1. gibt es auf Anfrage Auskunft über die soziale Lage des Kindes und seines Umfelds, 2. unterstützt es in jeder Lage eine gütliche Einigung, 3. leistet es in geeigneten Fällen Unterstützung bei der Durchführung des Verfahrens, auch bei der Sicherung des Aufenthalts des Kindes, 4. leistet es in geeigneten Fällen Unterstützung bei der Ausübung des Rechts zum persönlichen Umgang, der Heraus- oder Rückgabe des Kindes sowie der Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen. (2) Zuständig ist das Jugendamt, in dessen Bereich sich das Kind gewöhnlich aufhält. Solange die Zentrale Behörde oder ein Gericht mit einem Herausgabe- oder Rückgabeantrag oder dessen Vollstreckung befasst ist, oder wenn das Kind keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, oder das zuständige Jugendamt nicht tätig wird, ist das Jugendamt zuständig, in dessen Bereich sich das Kind tatsächlich aufhält. In den Fällen Schütze
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des Artikels 35 Absatz 2 Satz 1 des Haager Kinderschutzübereinkommens ist das Jugendamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk der antragstellende Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. (3) Das Gericht unterrichtet das zuständige Jugendamt über Entscheidungen nach diesem Gesetz auch dann, wenn das Jugendamt am Verfahren nicht beteiligt war.
ABSCHNITT 3 Gerichtliche Zuständigkeit und Zuständigkeitskonzentration § 10 Örtliche Zuständigkeit für die Anerkennung und Vollstreckung –
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Örtlich ausschließlich zuständig für Verfahren nach Artikel 21 Abs. 3 und Artikel 48 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 sowie für die Zwangsvollstreckung nach den Artikeln 41 und 42 der Verordnung (EG) Nr. 2201/ 2003, den Artikeln 24 und 26 des Haager Kinderschutzübereinkommens, dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen
ist das Familiengericht, in dessen Zuständigkeitsbereich zum Zeitpunkt der Antragstellung 1. die Person, gegen die sich der Antrag richtet, oder das Kind, auf das sich die Entscheidung bezieht, sich gewöhnlich aufhält oder 2. bei Fehlen einer Zuständigkeit nach Nummer 1 das Interesse an der Feststellung hervortritt oder das Bedürfnis der Fürsorge besteht, 3. sonst das im Bezirk des Kammergerichts zur Entscheidung berufene Gericht. § 11 Örtliche Zuständigkeit nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen Örtlich zuständig für Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen ist das Familiengericht, in dessen Zuständigkeitsbereich 1. sich das Kind beim Eingang des Antrags bei der Zentralen Behörde aufgehalten hat oder 2. bei Fehlen einer Zuständigkeit nach Nummer 1 das Bedürfnis der Fürsorge besteht. § 12 Zuständigkeitskonzentration (1) In Verfahren über eine in den §§ 10 und 11 bezeichnete Sache sowie in Verfahren über die Vollstreckbarerklärung nach Artikel 28 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 entscheidet das Familiengericht, in dessen Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat, für den Bezirk dieses Oberlandesgerichts. (2) Im Bezirk des Kammergerichts entscheidet das Familiengericht Pankow/Weißensee. (3) Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Zuständigkeit durch Rechtsverordnung einem anderen Familiengericht des Oberlandesgerichtsbezirks oder, wenn in einem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, einem Familiengericht für die Bezirke aller oder mehrerer Oberlandesgerichte zuzuweisen. Sie können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. 1053
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§ 13 Zuständigkeitskonzentration für andere Familiensachen (1) Das Familiengericht, bei dem eine in den §§ 10 bis 12 bezeichnete Sache anhängig wird, ist von diesem Zeitpunkt an ungeachtet des § 137 Abs. 1 und 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für alle dasselbe Kind betreffenden Familiensachen nach § 151 Nr. 1 bis 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit einschließlich der Verfügungen nach § 44 und den §§ 35 und 89 bis 94 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuständig. Die Zuständigkeit nach Satz 1 tritt nicht ein, wenn der Antrag offensichtlich unzulässig ist. Sie entfällt, sobald das angegangene Gericht auf Grund unanfechtbarer Entscheidung unzuständig ist; Verfahren, für die dieses Gericht hiernach seine Zuständigkeit verliert, sind nach näherer Maßgabe des § 281 Abs. 2 und 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung von Amts wegen an das zuständige Gericht abzugeben. (2) Bei dem Familiengericht, das in dem Oberlandesgerichtsbezirk, in dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, für Anträge der in Absatz 1 Satz 1 genannten Art zuständig ist, kann auch eine andere Familiensache nach § 151 Nr. 1 bis 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anhängig gemacht werden, wenn ein Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Haager Kinderschutzübereinkommens, des Haager Kindesentführungsübereinkommens oder des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens hat. (3) Im Falle des Absatzes 1 Satz 1 hat ein anderes Familiengericht, bei dem eine dasselbe Kind betreffende Familiensache nach § 151 Nr. 1 bis 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit im ersten Rechtszug anhängig ist oder anhängig wird, dieses Verfahren von Amts wegen an das nach Absatz 1 Satz 1 zuständige Gericht abzugeben. Auf übereinstimmenden Antrag beider Elternteile sind andere Familiensachen, an denen diese beteiligt sind, an das nach Absatz 1 oder Absatz 2 zuständige Gericht abzugeben. § 281 Abs. 2 Satz 1 bis 3 und Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. (4) Das Familiengericht, das gemäß Absatz 1 oder Absatz 2 zuständig oder an das die Sache gemäß Absatz 3 abgegeben worden ist, kann diese aus wichtigen Gründen an das nach den allgemeinen Vorschriften zuständige Familiengericht abgeben oder zurückgeben, soweit dies nicht zu einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens führt. Als wichtiger Grund ist es in der Regel anzusehen, wenn die besondere Sachkunde des erstgenannten Gerichts für das Verfahren nicht oder nicht mehr benötigt wird. § 281 Abs. 2 und 3 Satz 1 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Die Ablehnung einer Abgabe nach Satz 1 ist unanfechtbar. (5) §§ 4 und 5 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 und 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bleibt unberührt. § 13 a Verfahren bei grenzüberschreitender Abgabe (1) Ersucht das Familiengericht das Gericht eines anderen Vertragsstaats nach Artikel 8 des Haager Kinderschutzübereinkommens um Übernahme der Zuständigkeit, so setzt es eine Frist, innerhalb derer das ausländische Gericht die Übernahme der Zuständigkeit mitteilen kann. Setzt das Familiengericht das Verfahren nach Artikel 8 des Haager Kinderschutzübereinkommens aus, setzt es den Parteien eine Frist, innerhalb derer das ausländische Gericht anzurufen ist. Ist die Frist nach Satz 1 abgelaufen, ohne dass das ausländische Gericht die Übernahme der Zuständigkeit mitgeteilt hat, so ist in der Regel Schütze
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davon auszugehen, dass das ersuchte Gericht die Übernahme der Zuständigkeit ablehnt. Ist die Frist nach Satz 2 abgelaufen, ohne dass eine Partei das ausländische Gericht angerufen hat, bleibt es bei der Zuständigkeit des Familiengerichts. Das Gericht des ersuchten Staates und die Parteien sind auf diese Rechtsfolgen hinzuweisen. (2) Ersucht ein Gericht eines anderen Vertragsstaats das Familiengericht nach Artikel 8 des Haager Kinderschutzübereinkommens um Übernahme der Zuständigkeit oder ruft eine Partei das Familiengericht nach dieser Vorschrift an, so kann das Familiengericht die Zuständigkeit innerhalb von sechs Wochen übernehmen. (3) Die Absätze 1 und 2 sind auf Anträge, Ersuchen und Entscheidungen nach Artikel 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens entsprechend anzuwenden. (4) Der Beschluss des Familiengerichts, 1. das ausländische Gericht nach Absatz 1 Satz 1 oder nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 um Übernahme der Zuständigkeit zu ersuchen, 2. das Verfahren nach Absatz 1 Satz 2 oder nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 auszusetzen, 3. das zuständige ausländische Gericht nach Artikel 9 des Kinderschutzübereinkommens oder nach Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 um Abgabe der Zuständigkeit zu ersuchen, 4. die Parteien einzuladen, bei dem zuständigen ausländischen Gericht nach Artikel 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens die Abgabe der Zuständigkeit an das Familiengericht zu beantragen, oder 5. die Zuständigkeit auf Ersuchen eines ausländischen Gerichts oder auf Antrag der Parteien nach Artikel 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens an das ausländische Gericht abzugeben, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar. Die Rechtsbeschwerde ist ausgeschlossen. Die in Satz 1 genannten Beschlüsse werden erst mit ihrer Rechtskraft wirksam. Hierauf ist in dem Beschluss hinzuweisen. (5) Im Übrigen sind Beschlüsse nach den Artikeln 8 und 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens und nach Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 unanfechtbar. (6) Parteien im Sinne dieser Vorschrift sowie der Artikel 8 und 9 des Haager Kinderschutzübereinkommens und des Artikels 15 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 sind die in § 7 Absatz 1 und 2 Nummer 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit genannten Beteiligten. Die Vorschriften über die Hinzuziehung weiterer Beteiligter bleiben unberührt.
ABSCHNITT 4 Allgemeine gerichtliche Verfahrensvorschriften § 14 Familiengerichtliches Verfahren 1.
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Soweit nicht anders bestimmt, entscheidet das Familiengericht über eine in den §§ 10 und 12 bezeichnete Ehesache nach den hierfür geltenden Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, über die übrigen in den §§ 10, 11, 12 und 47 bezeichneten Angelegenheiten als Familiensachen im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Schütze
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§ 15 Einstweilige Anordnungen Das Gericht kann auf Antrag oder von Amts wegen einstweilige Anordnungen treffen, um Gefahren von dem Kind abzuwenden oder eine Beeinträchtigung der Interessen der Beteiligten zu vermeiden, insbesondere um den Aufenthaltsort des Kindes während des Verfahrens zu sichern oder eine Vereitelung oder Erschwerung der Rückgabe zu verhindern; Abschnitt 4 des Buches 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt entsprechend.
ABSCHNITT 5 Zulassung der Zwangsvollstreckung, Anerkennungsfeststellung und Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses UNTERABSCHNITT 1 Zulassung der Zwangsvollstreckung im ersten Rechtszug § 16 Antragstellung (1) Mit Ausnahme der in den Artikeln 41 und 42 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 aufgeführten Titel wird der in einem anderen Staat vollstreckbare Titel dadurch zur Zwangsvollstreckung zugelassen, dass er auf Antrag mit der Vollstreckungsklausel versehen wird. (2) Der Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel kann bei dem zuständigen Familiengericht schriftlich eingereicht oder mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. (3) Ist der Antrag entgegen § 184 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht in deutscher Sprache abgefasst, so kann das Gericht der antragstellenden Person aufgeben, eine Übersetzung des Antrags beizubringen, deren Richtigkeit von einer 1. in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder 2. in einem anderen Vertragsstaat eines auszuführenden Übereinkommens hierzu befugten Person bestätigt worden ist. § 17 Zustellungsbevollmächtigter (1) Hat die antragstellende Person in dem Antrag keinen Zustellungsbevollmächtigten im Sinne des § 184 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung benannt, so können bis zur nachträglichen Benennung alle Zustellungen an sie durch Aufgabe zur Post (§ 184 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 der Zivilprozessordnung) bewirkt werden. (2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die antragstellende Person einen Verfahrensbevollmächtigten für das Verfahren bestellt hat, an den im Inland zugestellt werden kann. § 18 Einseitiges Verfahren (1) Im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 und des Haager Kinderschutzübereinkommens erhält im erstinstanzlichen Verfahren auf Zulassung der Zwangsvollstreckung nur die antragstellende Person Gelegenheit, sich zu äußern. Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung. Jedoch kann eine mündliche ErörteSchütze
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rung mit der antragstellenden oder einer von ihr bevollmächtigten Person stattfinden, wenn diese hiermit einverstanden ist und die Erörterung der Beschleunigung dient. (2) Abweichend von § 114 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist in Ehesachen im ersten Rechtszug eine anwaltliche Vertretung nicht erforderlich. § 19 Besondere Regelungen zum Europäischen Sorgerechtsübereinkommen Die Vollstreckbarerklärung eines Titels aus einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens ist auch in den Fällen der Artikel 8 und 9 des Übereinkommens ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des Artikels 10 Abs. 1 Buchstabe a oder b des Übereinkommens vorliegen, insbesondere wenn die Wirkungen des Titels mit den Grundrechten des Kindes oder eines Sorgeberechtigten unvereinbar wären. § 20 Entscheidung (1) Ist die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zuzulassen, so beschließt das Gericht, dass der Titel mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist. In dem Beschluss ist die zu vollstreckende Verpflichtung in deutscher Sprache wiederzugeben. Zur Begründung des Beschlusses genügt in der Regel die Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 oder den auszuführenden Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag sowie auf die von der antragstellenden Person vorgelegten Urkunden. (2) Auf die Kosten des Verfahrens ist § 81 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anzuwenden; in Ehesachen gilt § 788 der Zivilprozessordnung entsprechend. (3) Ist der Antrag nicht zulässig oder nicht begründet, so lehnt ihn das Gericht durch mit Gründen versehenen Beschluss ab. Für die Kosten gilt Absatz 2; in Ehesachen sind die Kosten dem Antragsteller aufzuerlegen. § 21 Bekanntmachung der Entscheidung (1) Im Falle des § 20 Abs. 1 sind der verpflichteten Person eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses, eine beglaubigte Abschrift des noch nicht mit der Vollstreckungsklausel versehenen Titels und gegebenenfalls seiner Übersetzung sowie der gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 in Bezug genommenen Urkunden von Amts wegen zuzustellen. Ein Beschluss nach § 20 Abs. 3 ist der verpflichteten Person formlos mitzuteilen. (2) Der antragstellenden Person sind eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses nach § 20, im Falle des § 20 Abs. 1 ferner eine Bescheinigung über die bewirkte Zustellung zu übersenden. Die mit der Vollstreckungsklausel versehene Ausfertigung des Titels ist der antragstellenden Person erst dann zu übersenden, wenn der Beschluss nach § 20 Abs. 1 wirksam geworden und die Vollstreckungsklausel erteilt ist. (3) In einem Verfahren, das die Vollstreckbarerklärung einer die elterliche Verantwortung betreffenden Entscheidung zum Gegenstand hat, sind Zustellungen auch an den gesetzlichen Vertreter des Kindes, an den Vertreter des Kindes im Verfahren, an das Kind selbst, soweit es das 14. Lebensjahr vollendet hat, an einen Elternteil, der nicht am Verfahren beteiligt war, sowie an das Jugendamt zu bewirken. (4) Handelt es sich bei der für vollstreckbar erklärten Maßnahme um eine Unterbringung, so ist der Beschluss auch dem Leiter der Einrichtung oder der Pflegefamilie bekannt zu machen, in der das Kind untergebracht werden soll. 1057
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§ 22 Wirksamwerden der Entscheidung Der Beschluss nach § 20 wird erst mit seiner Rechtskraft wirksam. Hierauf ist in dem Beschluss hinzuweisen. § 23 Vollstreckungsklausel (1) Auf Grund eines wirksamen Beschlusses nach § 20 Abs. 1 erteilt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vollstreckungsklausel in folgender Form: „Vollstreckungsklausel nach § 23 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes vom 26. Januar 2005 (BGBl. I S. 162). Gemäß dem Beschluss des ... (Bezeichnung des Gerichts und des Beschlusses) ist die Zwangsvollstreckung aus ... (Bezeichnung des Titels) zugunsten ... (Bezeichnung der berechtigten Person) gegen ... (Bezeichnung der verpflichteten Person) zulässig. Die zu vollstreckende Verpflichtung lautet: ... (Angabe der aus dem ausländischen Titel der verpflichteten Person obliegenden Verpflichtung in deutscher Sprache; aus dem Beschluss nach § 20 Abs. 1 zu übernehmen).“ (2) Wird die Zwangsvollstreckung nur für einen oder mehrere der durch den ausländischen Titel zuerkannten oder in einem anderen ausländischen Titel niedergelegten Ansprüche oder nur für einen Teil des Gegenstands der Verpflichtung zugelassen, so ist die Vollstreckungsklausel als „Teil-Vollstreckungsklausel nach § 23 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes vom 26. Januar 2005 (BGBl. I S. 162)“ zu bezeichnen. (3) Die Vollstreckungsklausel ist von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen. Sie ist entweder auf die Ausfertigung des Titels oder auf ein damit zu verbindendes Blatt zu setzen. Falls eine Übersetzung des Titels vorliegt, ist sie mit der Ausfertigung zu verbinden.
UNTERABSCHNITT 2 Beschwerde § 24 Einlegung der Beschwerde; Beschwerdefrist (1) Gegen die im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung findet die Beschwerde zum Oberlandesgericht statt. Die Beschwerde wird bei dem Oberlandesgericht durch Einreichen einer Beschwerdeschrift oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt. (2) Die Zulässigkeit der Beschwerde wird nicht dadurch berührt, dass sie statt bei dem Oberlandesgericht bei dem Gericht des ersten Rechtszugs eingelegt wird; die Beschwerde ist unverzüglich von Amts wegen an das Oberlandesgericht abzugeben. (3) Die Beschwerde gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung ist einzulegen 1. innerhalb eines Monats nach Zustellung, wenn die beschwerdeberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat; 2. innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung, wenn die beschwerdeberechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Vollstreckbarerklärung der beschwerdeberechtigten Person entweder persönlich oder in ihrer Wohnung zugestellt worden ist. Eine Verlängerung dieser Frist wegen weiter Entfernung ist ausgeschlossen. Schütze
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(4) Die Beschwerdefrist ist eine Notfrist. (5) Die Beschwerde ist dem Beschwerdegegner von Amts wegen zuzustellen. § 25 Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch Die verpflichtete Person kann mit der Beschwerde gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einem Titel über die Erstattung von Verfahrenskosten auch Einwendungen gegen den Anspruch selbst insoweit geltend machen, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach Erlass des Titels entstanden sind. § 26 Verfahren und Entscheidung über die Beschwerde (1) Der Senat des Oberlandesgerichts entscheidet durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist und ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. (2) Solange eine mündliche Verhandlung nicht angeordnet ist, können zu Protokoll der Geschäftsstelle Anträge gestellt und Erklärungen abgegeben werden. Wird in einer Ehesache die mündliche Verhandlung angeordnet, so gilt für die Ladung § 215 der Zivilprozessordnung. (3) Eine vollständige Ausfertigung des Beschlusses ist den Beteiligten auch dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Beschluss verkündet worden ist. (4) § 20 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3, § 21 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 23 gelten entsprechend. § 27 Anordnung der sofortigen Wirksamkeit (1) Der Beschluss des Oberlandesgerichts nach § 26 wird erst mit seiner Rechtskraft wirksam. Hierauf ist in dem Beschluss hinzuweisen. (2) Das Oberlandesgericht kann in Verbindung mit der Entscheidung über die Beschwerde die sofortige Wirksamkeit eines Beschlusses anordnen.
UNTERABSCHNITT 3 Rechtsbeschwerde § 28 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde Gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts findet die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nach Maßgabe des § 574 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 der Zivilprozessordnung statt. § 29 Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde § 575 Abs. 1 bis 4 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden. Soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Oberlandesgericht von einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften abgewichen sei, muss die Entscheidung, von der der angefochtene Beschluss abweicht, bezeichnet werden. § 30 Verfahren und Entscheidung über die Rechtsbeschwerde (1) Der Bundesgerichtshof kann nur überprüfen, ob der Beschluss auf einer Verletzung des Rechts der Europäischen Gemeinschaft, eines Anerkennungs- und Vollstre1059
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ckungsvertrags, sonstigen Bundesrechts oder einer anderen Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt. Er darf nicht prüfen, ob das Gericht seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. (2) Der Bundesgerichtshof kann über die Rechtsbeschwerde ohne mündliche Verhandlung entscheiden. § 574 Abs. 4, § 576 Abs. 3 und § 577 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden; in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bleiben § 574 Abs. 4 und § 577 Abs. 2 Satz 1 bis 3 der Zivilprozessordnung sowie die Verweisung auf § 556 in § 576 Abs. 3 der Zivilprozessordnung außer Betracht. (3) § 20 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3, § 21 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 23 gelten entsprechend. § 31 Anordnung der sofortigen Wirksamkeit Der Bundesgerichtshof kann auf Antrag der verpflichteten Person eine Anordnung nach § 27 Abs. 2 aufheben oder auf Antrag der berechtigten Person erstmals eine Anordnung nach § 27 Abs. 2 treffen.
UNTERABSCHNITT 4 Feststellung der Anerkennung § 32 Anerkennungsfeststellung Auf das Verfahren über einen gesonderten Feststellungsantrag nach Artikel 21 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, nach Artikel 24 des Haager Kinderschutzübereinkommens oder nach dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen, einen Titel aus einem anderen Staat anzuerkennen oder nicht anzuerkennen, sind die Unterabschnitte 1 bis 3 entsprechend anzuwenden. § 18 Absatz 1 Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die antragstellende Person die Feststellung begehrt, dass ein Titel aus einem anderen Staat nicht anzuerkennen ist. § 18 Absatz 1 Satz 3 ist in diesem Falle mit der Maßgabe anzuwenden, dass die mündliche Erörterung auch mit weiteren Beteiligten stattfinden kann.
UNTERABSCHNITT 5 Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses § 33 Anordnung auf Herausgabe des Kindes (1) Umfasst ein vollstreckungsfähiger Titel im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, des Haager Kinderschutzübereinkommens oder des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens nach dem Recht des Staates, in dem er geschaffen wurde, das Recht auf Herausgabe des Kindes, so kann das Familiengericht die Herausgabeanordnung in der Vollstreckungsklausel oder in einer nach § 44 getroffenen Anordnung klarstellend aufnehmen. (2) Liegt im Anwendungsbereich des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens ein vollstreckungsfähiger Titel auf Herausgabe des Kindes nicht vor, so stellt das Gericht nach § 32 fest, dass die Sorgerechtsentscheidung oder die von der zuständigen Behörde genehmigte Sorgerechtsvereinbarung aus dem anderen Vertragsstaat anzuerkennen ist, und ordnet zur Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses auf Antrag an, dass die verpflichtete Person das Kind herauszugeben hat. Schütze
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UNTERABSCHNITT 6 Aufhebung oder Änderung von Beschlüssen § 34 Verfahren auf Aufhebung oder Änderung (1) Wird der Titel in dem Staat, in dem er errichtet worden ist, aufgehoben oder abgeändert und kann die verpflichtete Person diese Tatsache in dem Verfahren der Zulassung der Zwangsvollstreckung nicht mehr geltend machen, so kann sie die Aufhebung oder Änderung der Zulassung in einem besonderen Verfahren beantragen. Das Gleiche gilt für den Fall der Aufhebung oder Änderung von Entscheidungen, Vereinbarungen oder öffentlichen Urkunden, deren Anerkennung festgestellt ist. (2) Für die Entscheidung über den Antrag ist das Familiengericht ausschließlich zuständig, das im ersten Rechtszug über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Feststellung der Anerkennung entschieden hat. (3) Der Antrag kann bei dem Gericht schriftlich oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. (4) Auf die Beschwerde finden die Unterabschnitte 2 und 3 entsprechend Anwendung. (5) Im Falle eines Titels über die Erstattung von Verfahrenskosten sind für die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Aufhebung bereits getroffener Vollstreckungsmaßregeln die §§ 769 und 770 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßregel ist auch ohne Sicherheitsleistung zulässig. § 35 Schadensersatz wegen ungerechtfertigter Vollstreckung (1) Wird die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus einem Titel über die Erstattung von Verfahrenskosten auf die Rechtsbeschwerde aufgehoben oder abgeändert, so ist die berechtigte Person zum Ersatz des Schadens verpflichtet, welcher der verpflichteten Person durch die Vollstreckung des Titels oder durch eine Leistung zur Abwendung der Vollstreckung entstanden ist. Das Gleiche gilt, wenn die Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 34 aufgehoben oder abgeändert wird, sofern der zur Zwangsvollstreckung zugelassene Titel zum Zeitpunkt der Zulassung nach dem Recht des Staates, in dem er ergangen ist, noch mit einem ordentlichen Rechtsbehelf angefochten werden konnte. (2) Für die Geltendmachung des Anspruchs ist das Gericht ausschließlich zuständig, das im ersten Rechtszug über den Antrag, den Titel mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, entschieden hat.
UNTERABSCHNITT 7 Vollstreckungsgegenklage § 36 Vollstreckungsgegenklage bei Titeln über Verfahrenskosten (1) Ist die Zwangsvollstreckung aus einem Titel über die Erstattung von Verfahrenskosten zugelassen, so kann die verpflichtete Person Einwendungen gegen den Anspruch selbst in einem Verfahren nach § 767 der Zivilprozessordnung nur geltend machen, wenn die Gründe, auf denen ihre Einwendungen beruhen, erst 1061
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nach Ablauf der Frist, innerhalb deren sie die Beschwerde hätte einlegen können, oder falls die Beschwerde eingelegt worden ist, nach Beendigung dieses Verfahrens
entstanden sind. (2) Die Klage nach § 767 der Zivilprozessordnung ist bei dem Gericht zu erheben, das über den Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel entschieden hat.
ABSCHNITT 6 Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen § 37 Anwendbarkeit Kommt im Einzelfall die Rückgabe des Kindes nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen und dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen in Betracht, so sind zunächst die Bestimmungen des Haager Kindesentführungsübereinkommens anzuwenden, sofern die antragstellende Person nicht ausdrücklich die Anwendung des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens begehrt. § 38 Beschleunigtes Verfahren (1) Das Gericht hat das Verfahren auf Rückgabe eines Kindes in allen Rechtszügen vorrangig zu behandeln. Mit Ausnahme von Artikel 12 Abs. 3 des Haager Kindesentführungsübereinkommens findet eine Aussetzung des Verfahrens nicht statt. Das Gericht hat alle erforderlichen Maßnahmen zur Beschleunigung des Verfahrens zu treffen, insbesondere auch damit die Entscheidung in der Hauptsache binnen der in Artikel 11 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 genannten Frist ergehen kann. (2) Das Gericht prüft in jeder Lage des Verfahrens, ob das Recht zum persönlichen Umgang mit dem Kind gewährleistet werden kann. (3) Die Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, wie es einem auf Förderung und Beschleunigung des Verfahrens bedachten Vorgehen entspricht. § 39 Übermittlung von Entscheidungen Wird eine inländische Entscheidung nach Artikel 11 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 unmittelbar dem zuständigen Gericht oder der Zentralen Behörde im Ausland übermittelt, ist der Zentralen Behörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Artikel 7 des Haager Kindesentführungsübereinkommens eine Abschrift zu übersenden. § 40 Wirksamkeit der Entscheidung; Rechtsmittel (1) Eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes in einen anderen Vertragsstaat verpflichtet, wird erst mit deren Rechtskraft wirksam. (2) Gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung findet die Beschwerde zum Oberlandesgericht nach Unterabschnitt 1 des Abschnitts 5 des Buches 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit statt; § 65 Abs. 2, § 68 Abs. 4 sowie § 69 Abs. 1 Satz 2 bis 4 jenes Gesetzes sind nicht anzuwenden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen einzulegen und Schütze
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zu begründen. Die Beschwerde gegen eine Entscheidung, die zur Rückgabe des Kindes verpflichtet, steht nur dem Antragsgegner, dem Kind, soweit es das 14. Lebensjahr vollendet hat, und dem beteiligten Jugendamt zu. Eine Rechtsbeschwerde findet nicht statt. (3) Das Beschwerdegericht hat nach Eingang der Beschwerdeschrift unverzüglich zu prüfen, ob die sofortige Wirksamkeit der angefochtenen Entscheidung über die Rückgabe des Kindes anzuordnen ist. Die sofortige Wirksamkeit soll angeordnet werden, wenn die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist oder die Rückgabe des Kindes vor der Entscheidung über die Beschwerde unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Beteiligten mit dem Wohl des Kindes zu vereinbaren ist. Die Entscheidung über die sofortige Wirksamkeit kann während des Beschwerdeverfahrens abgeändert werden. § 41 Bescheinigung über Widerrechtlichkeit Über einen Antrag, die Widerrechtlichkeit des Verbringens oder des Zurückhaltens eines Kindes nach Artikel 15 Satz 1 des Haager Kindesentführungsübereinkommens festzustellen, entscheidet das Familiengericht, 1. bei dem die Sorgerechtsangelegenheit oder Ehesache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war, sonst 2. in dessen Bezirk das Kind seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte, hilfsweise 3. in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge auftritt. Die Entscheidung ist zu begründen. § 42 Einreichung von Anträgen bei dem Amtsgericht (1) Ein Antrag, der in einem anderen Vertragsstaat zu erledigen ist, kann auch bei dem Amtsgericht als Justizverwaltungsbehörde eingereicht werden, in dessen Bezirk die antragstellende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder, mangels eines solchen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, ihren tatsächlichen Aufenthalt hat. Das Gericht übermittelt den Antrag nach Prüfung der förmlichen Voraussetzungen unverzüglich der Zentralen Behörde, die ihn an den anderen Vertragsstaat weiterleitet. (2) Für die Tätigkeit des Amtsgerichts und der Zentralen Behörde bei der Entgegennahme und Weiterleitung von Anträgen werden mit Ausnahme der Fälle nach § 5 Abs. 1 Kosten nicht erhoben. § 43 Verfahrenskosten- und Beratungshilfe Abweichend von Artikel 26 Abs. 2 des Haager Kindesentführungsübereinkommens findet eine Befreiung von gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten bei Verfahren nach diesem Übereinkommen nur nach Maßgabe der Vorschriften über die Beratungshilfe und Verfahrenskostenhilfe statt.
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ABSCHNITT 7 Vollstreckung § 44 Ordnungsmittel; Vollstreckung von Amts wegen (1) Bei Zuwiderhandlung gegen einen im Inland zu vollstreckenden Titel nach Kapitel III der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003, nach dem Haager Kinderschutzübereinkommen, dem Haager Kindesentführungsübereinkommen oder dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen, der auf Herausgabe von Personen oder die Regelung des Umgangs gerichtet ist, soll das Gericht Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, soll das Gericht Ordnungshaft anordnen. (2) Für die Vollstreckung eines in Absatz 1 genannten Titels ist das Oberlandesgericht zuständig, sofern es die Anordnung für vollstreckbar erklärt, erlassen oder bestätigt hat. (3) Ist ein Kind heraus- oder zurückzugeben, so hat das Gericht die Vollstreckung von Amts wegen durchzuführen, es sei denn, die Anordnung ist auf Herausgabe des Kindes zum Zweck des Umgangs gerichtet. Auf Antrag der berechtigten Person soll das Gericht hiervon absehen.
ABSCHNITT 8 Grenzüberschreitende Unterbringung § 45 Zuständigkeit für die Zustimmung zu einer Unterbringung Zuständig für die Erteilung der Zustimmung zu einer Unterbringung eines Kindes nach Artikel 56 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 oder nach Artikel 33 des Haager Kinderschutzübereinkommens im Inland ist der überörtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in dessen Bereich das Kind nach dem Vorschlag der ersuchenden Stelle untergebracht werden soll, andernfalls der überörtliche Träger, zu dessen Bereich die Zentrale Behörde den engsten Bezug festgestellt hat. Hilfsweise ist das Land Berlin zuständig. § 46 Konsultationsverfahren 1.
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(1) Dem Ersuchen soll in der Regel zugestimmt werden, wenn die Durchführung der beabsichtigten Unterbringung im Inland dem Wohl des Kindes entspricht, insbesondere weil es eine besondere Bindung zum Inland hat, die ausländische Stelle einen Bericht und, soweit erforderlich, ärztliche Zeugnisse oder Gutachten vorgelegt hat, aus denen sich die Gründe der beabsichtigten Unterbringung ergeben, das Kind im ausländischen Verfahren angehört wurde, sofern eine Anhörung nicht auf Grund des Alters oder des Reifegrades des Kindes unangebracht erschien, die Zustimmung der geeigneten Einrichtung oder Pflegefamilie vorliegt und der Vermittlung des Kindes dorthin keine Gründe entgegenstehen, eine erforderliche ausländerrechtliche Genehmigung erteilt oder zugesagt wurde, die Übernahme der Kosten geregelt ist.
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c. bb. Internationales Familienrechtsverfahrensgesetz – IntFamRVG
(2) Im Falle einer Unterbringung, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, ist das Ersuchen ungeachtet der Voraussetzungen des Absatzes 1 abzulehnen, wenn 1. im ersuchenden Staat über die Unterbringung kein Gericht entscheidet oder 2. bei Zugrundelegung des mitgeteilten Sachverhalts nach innerstaatlichem Recht eine Unterbringung, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, nicht zulässig wäre. (3) Die ausländische Stelle kann um ergänzende Informationen ersucht werden. (4) Wird um die Unterbringung eines ausländischen Kindes ersucht, ist die Stellungnahme der Ausländerbehörde einzuholen. (5) Die zu begründende Entscheidung ist auch der Zentralen Behörde und der Einrichtung oder der Pflegefamilie, in der das Kind untergebracht werden soll, mitzuteilen. Sie ist unanfechtbar. § 47 Genehmigung des Familiengerichts (1) Die Zustimmung des überörtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nach den §§ 45 und 46 ist nur mit Genehmigung des Familiengerichts zulässig. Das Gericht soll die Genehmigung in der Regel erteilen, wenn 1. die in § 46 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen und 2. kein Hindernis für die Anerkennung der beabsichtigten Unterbringung erkennbar ist. § 46 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. (2) Örtlich zuständig ist das Familiengericht am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Zuständigkeitsbereich das Kind untergebracht werden soll, für den Bezirk dieses Oberlandesgerichts. § 12 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. (3) Der zu begründende Beschluss ist unanfechtbar.
ABSCHNITT 9 Bescheinigungen zu inländischen Entscheidungen nach der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 § 48 Ausstellung von Bescheinigungen (1) Die Bescheinigung nach Artikel 39 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs und, wenn das Verfahren bei einem höheren Gericht anhängig ist, von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts ausgestellt. (2) Die Bescheinigung nach den Artikeln 41 und 42 der Verordnung (EG) Nr. 2201/ 2003 wird beim Gericht des ersten Rechtszugs von dem Familienrichter, in Verfahren vor dem Oberlandesgericht oder dem Bundesgerichtshof von dem Vorsitzenden des Senats für Familiensachen ausgestellt. § 49 Berichtigung von Bescheinigungen Für die Berichtigung der Bescheinigung nach Artikel 43 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 gilt § 319 der Zivilprozessordnung entsprechend.
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Der internationale Zivilprozess. 3. Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge
ABSCHNITT 10 Kosten § 50 (weggefallen) § 51 (weggefallen) § 52 (weggefallen) § 53 (weggefallen) § 54 Übersetzungen Die Höhe der Vergütung für die von der Zentralen Behörde veranlassten Übersetzungen richtet sich nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.
ABSCHNITT 11 Übergangsvorschriften § 55 Übergangsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 Dieses Gesetz findet sinngemäß auch auf Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten (ABl. EG Nr. L 160 S. 19) mit folgender Maßgabe Anwendung: Ist ein Beschluss nach § 21 an die verpflichtete Person in einem weder der Europäischen Union noch dem Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1994 II S. 2658) angehörenden Staat zuzustellen und hat das Familiengericht eine Beschwerdefrist nach § 10 Abs. 2 und § 50 Abs. 2 Satz 4 und 5 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes bestimmt, so ist die Beschwerde der verpflichteten Person gegen die Zulassung der Zwangsvollstreckung innerhalb der vom Gericht bestimmten Frist einzulegen. § 56 Übergangsvorschriften zum SorgerechtsübereinkommensAusführungsgesetz Für Verfahren nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen und dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleitet wurden, finden die Vorschriften des Sorgerechtsübereinkommens-Ausführungsgesetzes vom 5. April 1990 (BGBl. I S. 701), zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 19. Februar 2001 (BGBl. I S. 288, 436), weiter Anwendung. Für die Zwangsvollstreckung sind jedoch die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden. Hat ein Gericht die Zwangsvollstreckung bereits eingeleitet, so bleibt seine funktionelle Zuständigkeit unberührt.
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Inhaltsverzeichnis
4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Schütze
a. b. c.
d.
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Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln vom 24.9.1923 (RGBl. II 1925, S. 47) ______ 1068 Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26.9.1927 (RGBl. II 1930, S. 1068) ______ 1070 UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 (BGBl. II 1961, S. 122) ______ 1073 aa. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. III Nr. 2160) ______ 1080 Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 (BGBl. II 1964, S. 426) ______ 1093 aa. Vereinbarung über die Anwendung des Europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (BGBl. II 1964, S. 449) ______ 1102 bb. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. IV Nr. 1597) ______ 1103
Schütze
Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
4. a. Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln vom 24.9.1923 (RGBl. II 1925, S. 47) 4. a. Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln Vorbemerkung: Das Genfer Protokoll stellt die erste umfassende Regelung auf dem Gebiet der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit dar. Es gewährleistet im Wesentlichen die Anerkennung von Schiedsvereinbarungen in weitem Sinne, insbesondere durch Gleichstellung von compromis und clause compromissoire. Es brachte für das deutsche Recht nichts Neues. Die Bedeutung der Konvention ist mit der wachsenden Zahl der Vertragsstaaten des UN-Übereinkommens 1958 geschwunden, welches das Genfer Protokoll ersetzt und ablöst. Geltungsbereich: Albanien, Bahamas, Brasilien, Irak, Malta, Myanmar, Pakistan Schrifttum: Greminger Die Genfer Abkommen von 1923 und 1927 über die internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1957; Mezger Zur Auslegung und Bewertung der Genfer Schiedsabkommen von 1923 und 1927, RabelsZ 24 (1959), 222 ff.
Text Protokoll über die Schiedsklauseln RGBl. II 1925, S. 47
1. Jeder der vertragschließenden Staaten erkennt Schiedsabreden und Schiedsklauseln, durch welche sich in Handelssachen und anderen Angelegenheiten, bei denen eine Regelung durch vertraglich vereinbartes Schiedsverfahren zulässig ist, die Parteien eines Vertrags verpflichten, Streitfragen aus diesem Vertrage ganz oder zum Teil einem Schiedsverfahren zu unterwerfen, zwischen Personen, die der Gerichtsbarkeit der vertragschließenden Staaten unterworfen sind, als gültig an, und zwar auch dann, wenn das Schiedsverfahren in einem anderen Staate stattfindet als dem, dessen Gerichtsbarkeit jede der Parteien unterworfen ist. Jeder vertragschließende Staat behält sich die Freiheit vor, die obengenannte Verpflichtung auf diejenigen Verträge zu beschränken, die durch seine Landesgesetzgebung als Handelsangelegenheiten behandelt werden. Wenn einer der vertragschließenden Teile von dieser Befugnis Gebrauch macht, so wird er hiervon dem Generalsekretär des Völkerbundes zum Zwecke der Benachrichtigung der anderen vertragschließenden Staaten Mitteilung machen. 2. Für das Verfahren in Schiedssachen einschließlich der Zusammensetzung des Schiedsgerichts ist der Parteiwille und die Gesetzgebung des Landes maßgebend, auf dessen Gebiet das Schiedsverfahren stattfindet. Die vertragschließenden Staaten verpflichten sich, die Verfahrenshandlungen, die auf ihrem Gebiete vorgenommen werden müssen, nach Maßgabe der Bestimmungen zu erleichtern, die nach ihrer Gesetzgebung für das Verfahren in Schiedssachen kraft Vereinbarung maßgebend sind. 3. Jeder vertragschließende Staat übernimmt die Verpflichtung, daß die Vollstreckung der auf seinem Gebiete gemäß den vorstehenden Artikeln erlassenen Schiedssprüche durch seine Behörden und nach Maßgabe der Bestimmungen seiner Landesgesetzgebung gewährleistet wird. Schütze
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4. a. Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln
4. Wenn den Gerichten der vertragschließenden Staaten ein Rechtsstreit aus einem Vertrage zwischen den unter Artikel 1 erwähnten Personen unterbreitet wird und der Vertrag eine Schiedsabrede oder eine Schiedsklausel enthält, die nach dem genannten Artikel gültig ist und zur Ausführung gebracht werden kann, so werden sie die Beteiligten auf Antrag eines von ihnen zwecks Entscheidung des Rechtsstreits vor die Schiedsrichter verweisen. Diese Verweisung hat keine bindende Wirkung hinsichtlich der Zuständigkeit der Gerichte in dem Falle, daß aus irgendeinem Grunde die Schiedsabrede, die Schiedsklausel oder das Schiedsverfahren hinfällig oder unausführbar geworden sind. 5. Das gegenwärtige Protokoll, dessen Zeichnung allen Staaten freisteht, soll ratifiziert werden. Die Ratifikationsurkunden sollen so bald als möglich bei dem Generalsekretär des Völkerbundes hinterlegt werden, der die Hinterlegung allen Vertragsstaaten mitteilen wird. 6. Das gegenwärtige Protokoll soll in Kraft treten, sobald zwei Ratifikationsurkunden hinterlegt sind. Späterhin soll das Protokoll für jeden vertragschließenden Staat einen Monat nach der Mitteilung des Generalsekretärs des Völkerbundes über die Niederlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft treten. 7. Das gegenwärtige Protokoll kann von jedem der vertragschließenden Staaten mit einer Frist von einem Jahre gekündigt werden. Die Kündigung soll durch eine schriftliche Mitteilung an den Generalsekretär des Völkerbundes erfolgen. Letzterer wird diese Mitteilung sofort allen anderen Vertragsstaaten in Abschrift unter Angabe des Tages des Einganges mitteilen. Die Kündigung soll ein Jahr nach dem Tage der Mitteilung an den Generalsekretär wirksam werden. Sie soll nur für denjenigen vertragschließenden Staat gelten, der sie vorgenommen hat. 8. Den vertragschließenden Staaten steht es frei zu erklären, daß von der durch sie erfolgten Annahme des gegenwärtigen Protokolls die nachstehenden Gebiete, und zwar insgesamt oder zum Teil, ausgeschlossen sind, nämlich Kolonien, überseeische Besitzungen der Gebiete, Protektorate oder Gebiete, über die sie ein Mandat ausüben. Diese Staaten können später dem Protokoll besonders für jedes der auf diese Weise ausgeschlossenen Gebiete beitreten. Die Beitrittserklärung soll so bald als möglich dem Generalsekretär des Völkerbundes übermittelt werden, der sie allen Vertragsstaaten mitteilen wird, und sie soll einen Monat nach ihrer Mitteilung durch den Generalsekretär an alle Vertragsstaaten in Kraft treten. Die vertragschließenden Staaten können in gleicher Weise das Protokoll besonders für jedes der vorbezeichneten Gebiete kündigen. Der Artikel 7 findet auf diese Kündigung Anwendung. Eine beglaubigte Abschrift des gegenwärtigen Protokolls soll durch den Generalsekretär allen vertragschließenden Staaten übersandt werden.
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Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
4. b. Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26.9.1927 (RGBl. II 1930, S. 1068) b. Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche Vorbemerkung: Das Genfer Abkommen, das auf dem Genfer Protokoll aufbaut und dieses ergänzt, regelt die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche. Es ist wenig klar und bietet mancherlei Auslegungsprobleme in der Praxis. Seine Bedeutung schwindet mit der steigenden Zahl der Vertragsstaaten des UNÜbereinkommens 1958, welches das Genfer Abkommen ersetzt und ablöst. Geltungsbereich: Bahamas, Malta, Myanmar, Pakistan, Vereinigtes Königreich (nur für Anguilla) Schrifttum: Bettelheim Die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach den Genfer Abkommen, JBl. 1931, 407 ff.; Brachet De l’exécution internationale des sentences arbitrales, 1928; Bülow Zur Revision des Genfer Abkommens über die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, RiW 1956, 27 ff.; Edler Zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach dem Genfer Abkommen in England, RabelsZ 5 (1931), 361 ff.; Greminger Die Genfer Abkommen von 1923 und 1927 über die internationale private Schiedsgerichtsbarkeit, 1957; Habscheid Nationale oder supranationale Schiedssprüche? – Zur Reform des Genfer Abkommens über die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26.9.1927, ZZP 70 (1957), 25 ff.; Iaccarino La Convenzione di Ginevra del 26.9. 1927 sul riconoscimento delle sentenze arbitrali straniere, Dir.Int. 13 (1959), 324 ff.; Mezger Zur Auslegung und Bewertung der Genfer Schiedsabkommen von 1923 und 1927, RabelsZ 24 (1959), 222 ff.; Sereni La Convenzione di Ginevra per l’esecuzione delle sentenze arbitrali straniere, Riv.Dir.Int. 1931, 592 ff.; Volkmar Das Genfer Abkommen über die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26. Sept. 1927, Internationales Jahrbuch für Schiedsgerichtswesen 2 (1928), S. 125 ff.; Volkmar Das Genfer Abkommen über die Vollstreckung von Schiedssprüchen vom 26. September 1927, DJZ 1928, 628 ff.; Volkmar Das Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26. September 1927 und das Gesetz zur Änderung einiger Vorschriften der Zivilprozessordnung über das schiedsrichterliche Verfahren vom 25. April 1930, JW 1930, 2745 ff.; Volkmar Das Genfer Abkommen über die Vollstreckbarkeit von ausländischen Schiedssprüchen, Die Wirtschaft und das Recht 1928, 9 ff.
Text Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche RGBl. II 1930, S. 1068 Artikel 1 In den Gebieten eines der hohen vertragschließenden Teile, auf die dieses Abkommen anzuwenden ist, wird ein Schiedsspruch, der auf Grund einer Schiedsabrede oder einer Schiedsklausel ergangen ist, wie sie in dem seit dem 24. September 1923 in Genf aufgelegten Protokoll über die Schiedsklauseln vorgesehen sind, als wirksam anerkannt und gemäß den Verfahrensvorschriften des Landes, in dem er geltend gemacht wird, zur Vollstreckung zugelassen, wenn er im Gebiete eines der hohen vertragschließenden Teile, auf das dieses Abkommen anzuwenden ist, und zwischen Personen ergangen ist, die der Gerichtsbarkeit eines der hohen vertragschließenden Teile unterstehen. Zu dieser Anerkennung oder Vollstreckung ist ferner notwendig: a) daß der Schiedsspruch auf Grund einer Schiedsabrede oder einer Schiedsklausel ergangen ist, die nach der auf sie anwendbaren Gesetzgebung gültig ist; Schütze
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b. Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche
b) daß nach dem Rechte des Landes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, der Gegenstand des Schiedsspruchs einem schiedsgerichtlichen Verfahren unterworfen werden kann; c) daß der Schiedsspruch von dem Schiedsgerichte gefällt wurde, das in der Schiedsabrede oder der Schiedsklausel vorgesehen oder gemäß der Vereinbarung der Parteien und den auf das Schiedsverfahren anwendbaren Rechtsvorschriften gebildet worden ist; d) daß der Schiedsspruch in dem Lande, in dem er ergangen ist, eine endgültige Entscheidung darstellt; er gilt nicht als endgültig, wenn er dem Einspruch, der Berufung oder der Nichtigkeitsbeschwerde unterworfen ist (in den Ländern, in denen diese Rechtsbehelfe bestehen), oder wenn nachgewiesen wird, daß ein Verfahren zwecks Anfechtung der Gültigkeit des Schiedsspruchs anhängig ist; e) daß die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs nicht der öffentlichen Ordnung oder den Grundsätzen des öffentlichen Rechts des Landes, in dem er geltend gemacht wird, widerspricht. Artikel 2 Auch wenn die im Artikel 1 vorgesehenen Voraussetzungen gegeben sind, ist die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs zu versagen, wenn der Richter feststellt: a) daß der Schiedsspruch in dem Lande, in dem er ergangen ist, für nichtig erklärt worden ist; b) daß die Partei, gegen die der Schiedsspruch geltend gemacht wird, nicht zeitig genug von dem schiedsgerichtlichen Verfahren Kenntnis erlangt hat, um ihre (Angriffsund Verteidigungs-)Mittel geltend machen zu können, oder daß sie im Falle ihrer Prozeßunfähigkeit nicht ordnungsmäßig vertreten war; c) daß der Schiedsspruch nicht die in der Schiedsabrede erwähnten oder unter die Bestimmungen der Schiedsklausel fallenden Streitpunkte betrifft, oder daß er Entscheidungen enthält, welche die Grenzen der Schiedsabrede oder der Schiedsklausel überschreiten. Wenn der Schiedsspruch nicht alle dem Schiedsgericht unterbreiteten Fragen entschieden hat, kann die zuständige Behörde des Landes, in dem die Anerkennung oder Vollstreckung nachgesucht wird, die Anerkennung oder Vollstreckung, wenn sie dies für angebracht hält, aussetzen oder von einer Sicherheitsleistung abhängig machen, die sie zu bestimmen hat. Artikel 3 Wenn die Partei, zu deren Ungunsten der Schiedsspruch ergangen ist, dartut, daß sie nach den auf das Schiedsverfahren anwendbaren Rechtsvorschriften die Gültigkeit des Schiedsspruchs aus einem anderen Grunde als den im Artikel 1 lit. a und c und Artikel 2 lit. b und c erwähnten Gründen gerichtlich anzufechten berechtigt ist, kann der Richter nach seinem Ermessen die Anerkennung oder Vollstreckung versagen oder sie aussetzen und der Partei eine angemessene Frist bestimmen, um vor dem zuständigen Gericht den Ausspruch der Nichtigkeit herbeizuführen. Artikel 4 Die Partei, die den Schiedsspruch geltend macht oder seine Vollstreckung beantragt, hat insbesondere vorzulegen: 1071
Schütze
Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
1.
2.
3.
die Urschrift des Schiedsspruchs oder eine Abschrift, die nach der Gesetzgebung des Landes, in dem er ergangen ist, alle für ihre Beweiskraft erforderlichen Bedingungen erfüllt; die Urkunden und Unterlagen, die dartun, daß der Schiedsspruch in dem Lande, in dem er ergangen ist, eine endgültige Entscheidung im Sinne des Artikels 1 lit. d darstellt; erforderlichenfalls die Urkunden und Unterlagen, die dartun, daß die im Artikel 1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a und c bestimmten Voraussetzungen vorliegen.
Auf Verlangen ist eine Übersetzung des Schiedsspruchs und der anderen in diesem Artikel erwähnten Urkunden in die amtliche Sprache des Landes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird beizubringen. Diese Übersetzung muß von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Landes, dem die Partei, die den Schiedsspruch geltend macht, angehört, oder von einem beeidigten Dolmetscher des Landes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, als richtig bescheinigt sein. Artikel 5 Die Bestimmungen der vorangehenden Artikel schließen nicht aus, daß eine Partei von einem Schiedsspruch nach Maßgabe der Gesetzgebung oder der Verträge des Landes, in dem er geltend gemacht wird, Gebrauch macht. Artikel 6 Dieses Abkommen findet nur auf Schiedssprüche Anwendung, die nach dem Inkrafttreten des in Genf seit dem 24. September 1923 aufgelegten Protokolls über die Schiedsklauseln ergangen sind. Artikel 7 Dieses Abkommen, dessen Zeichnung allen Staaten freisteht die das Protokoll von 1923 über die Schiedsklauseln gezeichnet haben, ist zu ratifizieren. Es kann nur im Namen derjenigen Mitglieder des Völkerbundes sowie derjenigen nicht zu den Mitgliedern gehörigen Staaten ratifiziert werden, für die das Protokoll von 1923 ratifiziert worden ist. Die Ratifikationsurkunden sind so bald wie möglich bei dem Generalsekretär des Völkerbundes zu hinterlegen. Dieser wird die Hinterlegung allen Unterzeichnern mitteilen. Artikel 8 Dieses Abkommen tritt drei Monate, nachdem es im Namen von zwei der hohen vertragschließenden Teile ratifiziert worden ist, in Kraft. In der Folge tritt es für jeden hohen vertragschließenden Teil drei Monate nach der Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde beim Generalsekretär des Völkerbundes in Kraft. Artikel 9 Dieses Abkommen kann im Namen jedes Mitglieds des Völkerbundes oder jedes nicht zu den Mitgliedern gehörigen Staates gekündigt werden. Die Kündigung ist schriftSchütze
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c. UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche
lich dem Generalsekretär des Völkerbundes mitzuteilen. Dieser wird unverzüglich eine beglaubigte Abschrift der Mitteilung allen anderen vertragschließenden Teilen übersenden und ihnen dabei den Tag bekanntgeben, an dem er die Mitteilung erhalten hat. Die Kündigung wirkt nur hinsichtlich des hohen vertragschließenden Teiles, der sie mitgeteilt hat, und erst mit dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Mitteilung dem Generalsekretär des Völkerbundes zugegangen ist. Die Kündigung des Protokolls über die Schiedsklauseln hat ohne weiteres die Kündigung dieses Abkommens zur Folge. Artikel 10 Die Geltung dieses Abkommens erstreckt sich nicht ohne weiteres auf die Kolonien, Protektorate oder Gebiete, die unter der Oberhoheit oder dem Mandat eines der hohen vertragschließenden Teile stehen. Die Ausdehnung auf eine oder mehrere dieser Kolonien, Gebiete oder Protektorate, auf die das seit dem 24. September 1923 in Genf aufgelegte Protokoll über die Schiedsklauseln anwendbar ist, kann jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Völkerbundes gerichtete Erklärung eines der hohen vertragschließenden Teile herbeigeführt werden. Diese Erklärung tritt drei Monate nach ihrer Hinterlegung in Kraft. Die hohen vertragschließenden Teile können jederzeit das Abkommen für alle oder einzelne der oben erwähnten Kolonien, Protektorate oder Gebiete kündigen. Artikel 9 findet auf diese Kündigung Anwendung. Artikel 11 Eine beglaubigte Abschrift dieses Abkommens wird durch den Generalsekretär des Völkerbundes allen Mitgliedern des Völkerbundes und allen nicht zu den Mitgliedern gehörenden Staaten, die dieses Abkommen unterzeichnet haben, übersandt werden.
4. c. UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 (BGBl. II 1961, S. 122) c. UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche
Vorbemerkung: Das Übereinkommen basiert auf einem Entwurf der ICC aus dem Jahr 1953. Es ist nach seinem Inkrafttreten ein juristischer Bestseller geworden und hat heute weltumspannende Bedeutung. Es regelt die Anerkennung von Schiedsvereinbarungen und – in erster Linie – Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen. Die Erfordernisse der Wirkungserstreckung sind abschließend in Art. V enumeriert. Das Verfahren bleibt dem nationalen Recht überlassen. Im deutschen Recht ist das UN-Übereinkommen nach der Reform 1998 als Grundlage für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche in das autonome Recht übernommen worden. § 1061 Abs. 1 S. 1 ZPO erklärt das Übereinkommen für anwendbar, und zwar unabhängig davon, ob der Erststaat der Konvention angehört oder nicht. Der Vorbehalt, den Deutschland bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde im Hinblick auf die Beschränkung der Anwendung des Übereinkommens auf Schiedssprüche aus anderen Vertragsstaaten gemacht hat, ist damit praktisch hinfällig geworden. 1073
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Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
Geltungsbereich: Afghanistan, Ägypten, Albanien, Algerien, Antigua und Barbuda, Argentinien, Armenien, Aserbaidschan, Australien, Bahrain, Bangladesch, Barbados, Belarus, Belgien, Benin, Bolivien, Bosnien und Herzegowina, Botsuana, Brasilien, Brunei Darussalam, Bulgarien, Burkina Faso, Chile, China, Cook Inseln, Costa Rica, Côte d’Ivoire, Dänemark, Dominica, Dominikanische Republik, Dschibuti, Ecuador, El Salvador, Estland, Finnland, Frankreich, Gabun, Georgien, Ghana, Griechenland, Guatemala, Guinea, Haiti, Heiliger Stuhl, Honduras, Indien, Indonesien, Iran, Irland, Island, Israel, Italien, Jamaika, Japan, Jordanien, Jugoslawien (ehemaliges), Kambodscha, Kamerun, Kanada, Kasachstan, Katar, Kenia, Kirgistan, Kolumbien, Korea (Republik), Kroatien, Kuba, Kuwait, Laos, Lesotho, Lettland, Libanon, Liberia, Litauen, Luxemburg, Madagaskar, Malaysia, Mali, Malta, Marshall Inseln, Marokko, Mauretanien, Mauritius, Mazedonien (ehemalige jugoslawische Republik), Mexiko, Moldau (Republik), Monaco, Mongolei, Mosambik, Nepal, Neuseeland, Nicaragua, Niederlande, Niger, Nigeria, Norwegen, Oman, Österreich, Panama, Pakistan, Paraguay, Peru, Philippinen, Polen, Portugal, Ruanda, Rumänien, Russische Föderation, Sambia, San Marino, Saudi-Arabien, Schweden, Schweiz, Senegal, Serbien und Montenegro, Simbabwe, Singapur, Slowakei, Slowenien, Sowjetunion (ehemalige), Spanien, Sri Lanka, St. Vincent und die Grenadinen, Südafrika, Syrien, Tansania, Thailand, Trinidad und Tobago, Tschechische Republik, Tschechoslowakei (ehemalige), Tunesien, Türkei, Uganda, Ukraine, Ungarn, Uruguay, Usbekistan, Venezuela, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten, Vietnam, Zentralafrikanische Republik, Zypern Schrifttum: Bateson The 1958 Convention on Foreign Arbitral Awards, J.Bus.L. 1958, 393 ff.; van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958. Towards a Uniform Interpretation, 1981; Bateson When is an Arbitral Award Nondomestic Under the New York Convention of 1958?, Pace Law Review 6 (1985), 25 ff.; Bateson (Herausg.), Improving the Efficiency of Arbitration Agreements and Awards: 40 Years of Application of the New York Convention, 1999; Bertheau Das New Yorker Abkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, 1965; Bredin La Convention de New York du 10 juin 1958 our la reconnaissance et l’exécution des sentences arbitrales étrangères, Journal Clunet 1960, 1002 ff.; Bülow Das UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, KTS 1959, 1 ff.; Bülow Zwischenstaatliche Fragen der Schiedsgerichtsbarkeit nach dem UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958, JBl. 1961, 305 ff.; Contini International Commercial Arbitration. The United Nations Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, Am.J.Comp.L 8 (1959), 283 ff.; Deshpande Jurisdiction Over „Foreign“ and „Domestic“ Awards in the New York Convention, 1958, Arb.Int. 7 (1991), Nr. 3, 77 ff.; Deshpande Article V 1(e) of the 1958 New York Convention. A Plea for Harmonious and Purposive Interpretation, J.Int.Arb 8 (1991), Nr. 3, 77 ff.; El-Hakim Should the Key Terms Award, Commercial and Binding be Defined in the New York Convention?, J.Int.Arb. 6 (1989), Nr. 1, 161 ff.; Gaja (Herausg.), International Commercial Arbitration – New York Convention, 1990; Ganske Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, IWB F 10 (International), Gr. 4, S. 19 ff.; Gentinetta Die lex fori internationaler Handelsschiedsgerichte, 1973; Klein La Convention de New York pour la reconnaissance et l’exécution des sentences arbitrales étrangères, schweizJZ 1961, 229 ff., 247 ff.; Maier Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit und UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, 1966; Marmo La Convenzione di New York sul riconoscimento delle sentenze arbitrali, Riv.dir.int. 1959, 31 ff.; Minoli La Convention de New York sur la reconnaissance et l’exécution des sentences arbitrales étrangères, Unidroit 1958, 156 ff.; Möller Der Vorrang des UN-Übereinkommens über die Schiedsgerichtsbarkeit vor dem Europäischen Übereinkommen über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit, EWS 1996, 297 ff.; Pisar The Unites Convention on Foreign Arbitral Awards, Southern California Law Review, 33 (1959), 14 ff.; Pointet La Convention de New York sur l’exécution des sentences arbittrales étrangères, 1958; Pryles Foreign Awards and the New York Convention, Arb.Int. 9 (1993), 259 ff.; Rau The New York Convention in American Courts, American Review of International Arbitration 7 (1996), 213 ff.; Rensmann Wo ergehen Schiedssprüche nach dem New Yorker Übereinkommen? – Hiscox v. Outhwaite, RIW 1991, 911 ff.; Robert La Convention de New
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c. UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche
York de 10 juin 1958 pour la reconnaissance et l’exécution des sentences arbitrales étrangères, Rev. Arb. 1958, 70 ff.; Sanders New York Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, Netherlands International Law Review, 1959, 43 ff.; Sanders A Twenty Year’s Review of the Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards, International Lawyer 13 (1979), 269 ff.; Sandrock Wann wird ein ausländischer Schiedsspruch im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Buchst. (e) der New Yorker Konvention und § 1044 ZPO „verbindlich“?, FS Trinkner, 1995, S. 669 ff.; Sedlacek Das UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, ZfRV 1962, 23 ff.; Tupman Staying Enforcement of Arbitral Awards under the New York Convention, Arb.Int. 3 (1987), 209 ff.; Wenger Zur Anwendbarkeit des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche auf einen „freien“ Schiedsspruch (lodo irrituala) des italienischen Rechts, IPRax 1982, 135 ff.; Wetzmüller Der „internationale“ Schiedsspruch im UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 von New York, Diss. Mainz 1966.
Text Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche BGBl. II 1961, S. 122 Artikel I (1) Dieses Übereinkommen ist auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen anzuwenden, die in Rechtsstreitigkeiten zwischen natürlichen oder juristischen Personen in dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates als desjenigen ergangen sind, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird Es ist auch auf solche Schiedssprüche anzuwenden, die in dem Staat, in dem ihre Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird, nicht als inländische anzusehen sind. (2) Unter „Schiedssprüchen“ sind nicht nur Schiedssprüche von Schiedsrichtern, die für eine bestimmte Sache bestellt worden sind, sondern auch solche eines ständigen Schiedsgerichtes, dem sich die Parteien unterworfen haben, zu verstehen. (3) Jeder Staat, der dieses Übereinkommen unterzeichnet oder ratifiziert, ihm beitritt oder dessen Ausdehnung gemäß Artikel X notifiziert, kann gleichzeitig auf der Grundlage der Gegenseitigkeit erklären, daß er das Übereinkommen nur auf die Anerkennung und Vollstreckung solcher Schiedssprüche anwenden werde, die in dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates ergangen sind. Er kann auch erklären, daß er das Übereinkommen nur auf Streitigkeiten aus solchen Rechtsverhältnissen, sei es vertraglicher oder nichtvertraglicher Art, anwenden werde, die nach seinem innerstaatlichen Recht als Handelssachen angesehen werden. Artikel II (1) Jeder Vertragsstaat erkennt eine schriftliche Vereinbarung an, durch die sich die Parteien verpflichten, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen aus einem bestimmten Rechtsverhältnis, sei es vertraglicher oder nichtvertraglicher Art, bereits entstanden sind oder etwa künftig entstehen, einem schiedsrichterlichen Verfahren zu unterwerfen, sofern der Gegenstand des Streites auf schiedsrichterlichem Wege geregelt werden kann. (2) Unter einer „schriftlichen Vereinbarung“ ist eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine Schiedsabrede zu verstehen, sofern der Vertrag oder die Schiedsabrede von 1075
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den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder Telegrammen enthalten ist, die sie gewechselt haben. (3) Wird ein Gericht eines Vertragsstaates wegen eines Streitgegenstandes angerufen, hinsichtlich dessen die Parteien eine Vereinbarung im Sinne dieses Artikels getroffen haben, so hat das Gericht auf Antrag einer der Parteien sie auf das schiedsrichterliche Verfahren zu verweisen, sofern es nicht feststellt, daß die Vereinbarung hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar ist. Artikel III Jeder Vertragsstaat erkennt Schiedssprüche als wirksam an und läßt sie nach den Verfahrensvorschriften des Hoheitsgebietes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, zur Vollstreckung zu, sofern die in den folgenden Artikeln festgelegten Voraussetzungen gegeben sind. Die Anerkennung oder Vollstreckung von Schiedssprüchen, auf die dieses Übereinkommen anzuwenden ist, darf weder wesentlich strengeren Verfahrensvorschriften noch wesentlich höheren Kosten unterliegen als die Anerkennung oder Vollstreckung inländischer Schiedssprüche. Artikel IV (1) Zur Anerkennung und Vollstreckung, die im vorangehenden Artikel erwähnt wird, ist erforderlich, daß die Partei, welche die Anerkennung und Vollstreckung nachsucht, zugleich mit ihrem Antrag vorlegt: a) die gehörig legalisierte (beglaubigte) Urschrift des Schiedsspruches oder eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist; b) die Urschrift der Vereinbarung im Sinne des Artikels II oder eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist. (2) Ist der Schiedsspruch oder die Vereinbarung nicht in einer amtlichen Sprache des Landes abgefaßt, in dem der Schiedsspruch gehend gemacht wird, so hat die Partei, die seine Anerkennung und Vollstreckung nachsucht, eine Übersetzung der erwähnten Urkunden in diese Sprache beizubringen Die Übersetzung muß von einem amtlichen oder beeidigten Übersetzer oder von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter beglaubigt sein. Artikel V (1) Die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches darf auf Antrag der Partei, gegen die er geltend gemacht wird, nur versagt werden, wenn diese Partei der zuständigen Behörde des Landes, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird, den Beweis erbringt: a) daß die Parteien, die eine Vereinbarung im Sinne des Artikels II geschlossen haben, nach dem Recht, das für sie persönlich maßgebend ist, in irgendeiner Hinsicht hierzu nicht fähig waren oder daß die Vereinbarung nach dem Recht, dem die Parteien sie unterstellt haben, oder, falls die Parteien hierüber nichts bestimmt haben, nach dem Recht des Landes, in dem der Schiedsspruch ergangen ist, ungültig ist, oder b) daß die Partei, gegen die der Schiedsspruch geltend gemacht wird, von der Bestellung des Schiedsrichters oder von dem schiedsrichterlichen Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden ist oder daß sie aus einem anderen Grund ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht hat geltend machen können, oder Schütze
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c) daß der Schiedsspruch eine Streitigkeit betrifft, die in der Schiedsabrede nicht erwähnt ist oder nicht unter die Bestimmungen der Schiedsklausel fällt, oder daß er Entscheidungen enthält, welche die Grenzen der Schiedsabrede oder der Schiedsklausel überschreiten; kann jedoch der Teil des Schiedsspruches, der sich auf Streitpunkte bezieht, die dem schiedsrichterlichen Verfahren unterworfen waren, von dem Teil, der Streitpunkte betrifft, die ihm nicht unterworfen waren, getrennt werden, so kann der erstgenannte Teil des Schiedsspruches anerkannt und vollstreckt werden, oder d) daß die Bildung des Schiedsgerichtes oder das schiedsrichterliche Verfahren der Vereinbarung der Parteien oder, mangels einer solchen Vereinbarung, dem Recht des Landes, in dem das schiedsrichterliche Verfahren stattfand, nicht entsprochen hat, oder e) daß der Schiedsspruch für die Parteien noch nicht verbindlich geworden ist oder daß er von einer zuständigen Behörde des Landes, in dem oder nach dessen Recht er ergangen ist, aufgehoben oder in seinen Wirkungen einstweilen gehemmt worden ist. (2) Die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches darf auch versagt werden, wenn die zuständige Behörde des Landes, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird, feststellt: a) daß der Gegenstand des Streites nach dem Recht dieses Landes nicht auf schiedsrichterlichem Wege geregelt werden kann, oder b) daß die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruches der öffentlichen Ordnung dieses Landes widersprechen würde. Artikel VI Ist bei der Behörde, die im Sinne des Artikels V Absatz 1 Buchstabe e zuständig ist, ein Antrag gestellt worden, den Schiedsspruch aufzuheben oder ihn in seinen Wirkungen einstweilen zu hemmen, so kann die Behörde, vor welcher der Schiedsspruch geltend gemacht wird, sofern sie es für angebracht hält, die Entscheidung über den Antrag, die Vollstreckung zuzulassen, aussetzen; sie kann aber auch auf Antrag der Partei, welche die Vollstreckung des Schiedsspruches begehrt, der anderen Partei auferlegen, angemessene Sicherheit zu leisten. Artikel VII (1) Die Bestimmungen dieses Übereinkommens lassen die Gültigkeit mehrseitiger oder zweiseitiger Verträge, welche die Vertragsstaaten über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen geschlossen haben, unberührt und nehmen keiner beteiligten Partei das Recht, sich auf einen Schiedsspruch nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts oder der Verträge des Landes, in dem er geltend gemacht wird, zu berufen. (2) Das Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln von 1923 und das Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1927 treten zwischen den Vertragsstaaten in dem Zeitpunkt und in dem Ausmaß außer Kraft, in dem dieses Übereinkommen für sie verbindlich wird. Artikel VIII (1) Dieses Übereinkommen liegt bis zum 31. Dezember 1958 zur Unterzeichnung durch jeden Mitgliedstaat der Vereinten Nationen sowie durch jeden anderen Staat auf, der Mitglied einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen oder Vertragspartei des Statutes des Internationalen Gerichtshofes ist oder später wird oder an den eine Einladung der Generalversammlung der Vereinten Nationen ergangen ist. 1077
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(2) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifizierung; die Ratifikationsurkunde ist bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu hinterlegen. Artikel IX (1) Alle in Artikel VIII bezeichneten Staaten können diesem Übereinkommen beitreten. (2) Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen. Artikel X (1) Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung, bei der Ratifizierung oder beim Beitritt erklären, daß dieses Übereinkommen auf alle oder auf einzelne der Gebiete ausgedehnt werde, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt. Eine solche Erklärung wird wirksam, sobald das Übereinkommen für den Staat, der sie abgegeben hat, in Kraft tritt. (2) Später kann dieses Übereinkommen auf solche Gebiete durch eine an den Generalsekretär der Vereinten Nationen gerichtete Notifikation ausgedehnt werden; die Ausdehnung wird am neunzigsten Tage, nachdem die Notifikation dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zugegangen ist, oder, sofern dieses Übereinkommen für den in Betracht kommenden Staat später in Kraft tritt, erst in diesem Zeitpunkt wirksam. (3) Hinsichtlich der Gebiete, auf welche dieses Übereinkommen bei der Unterzeichnung, bei der Ratifizierung oder beim Beitritt nicht ausgedehnt worden ist, wird jeder in Betracht kommende Staat die Möglichkeit erwägen, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um das Übereinkommen auf sie auszudehnen, und zwar mit Zustimmung der Regierungen dieser Gebiete, falls eine solche aus verfassungsrechtlichen Gründen notwendig sein sollte. Artikel XI Für einen Bundesstaat oder einen Staat, der kein Einheitsstaat ist, gelten die folgenden Bestimmungen: a) hinsichtlich der Artikel dieses Übereinkommens, die sich auf Gegenstände der Gesetzgebungsbefugnis des Bundes beziehen, sind die Verpflichtungen der Bundesregierung die gleichen wie diejenigen der Vertragsstaaten, die keine Bundesstaaten sind; b) hinsichtlich solcher Artikel dieses Übereinkommens, die sich auf Gegenstände der Gesetzgebungsbefugnis der Gliedstaaten oder Provinzen beziehen, die nach der verfassungsrechtlichen Ordnung des Bundes nicht gehalten sind, Maßnahmen im Wege der Gesetzgebung zu treffen, ist die Bundesregierung verpflichtet, die in Betracht kommenden Artikel den zuständigen Behörden der Gliedstaaten oder Provinzen so bald wie möglich befürwortend zur Kenntnis zu bringen; c) ein Bundesstaat, der Vertragspartei dieses Übereinkommens ist, übermittelt auf das ihm von dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zugeleitete Ersuchen eines anderen Vertragsstaates eine Darstellung des geltenden Rechts und der Übung innerhalb des Bundes und seiner Gliedstaaten oder Provinzen hinsichtlich einzelner Bestimmungen dieses Übereinkommens, aus der insbesondere hervorgeht, inwieweit diese Bestimmungen durch Maßnahmen im Wege der Gesetzgebung oder andere Maßnahmen wirksam geworden sind.
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Artikel XII (1) Dieses Übereinkommen tritt am neunzigsten Tage nach der Hinterlegung der dritten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft. (2) Für jeden Staat, der dieses Übereinkommen nach Hinterlegung der dritten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde ratifiziert oder ihm Beitritt, tritt es am neunzigsten Tage nach der Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft. Artikel XIII (1) Jeder Vertragsstaat kann dieses Übereinkommen durch eine an den Generalsekretär der Vereinten Nationen gerichtete schriftliche Notifikation kündigen. Die Kündigung wird ein Jahr, nachdem die Notifikation dem Generalsekretär zugegangen ist, wirksam. (2) Jeder Staat, der gemäß Artikel X eine Erklärung abgegeben oder eine Notifikation vorgenommen hat, kann später jederzeit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen notifizieren, daß die Ausdehnung des Übereinkommens auf das in Betracht kommende Gebiet ein Jahr, nachdem die Notifikation dem Generalsekretär zugegangen ist, ihre Wirkung verlieren soll. (3) Dieses Übereinkommen bleibt auf Schiedssprüche anwendbar, hinsichtlich derer ein Verfahren zum Zwecke der Anerkennung oder Vollstreckung eingeleitet worden ist, bevor die Kündigung wirksam wird. Artikel XIV Ein Vertragsstaat darf sich gegenüber einem anderen Vertragsstaat nur insoweit auf dieses Übereinkommen berufen, als er selbst verpflichtet ist, es anzuwenden. Artikel XV Der Generalsekretär der Vereinten Nationen notifiziert allen in Artikel VIII bezeichneten Staaten: a) die Unterzeichnungen und Ratifikationen gemäß Artikel VIII; b) die Beitrittserklärungen gemäß Artikel IX; c) die Erklärungen und Notifikationen gemäß den Artikeln I, X und XI; d) den Tag, an dem dieses Übereinkommen gemäß Artikel XII in Kraft tritt; e) die Kündigungen und Notifikationen gemäß Artikel XIII. Artikel XVI (1) Dieses Übereinkommen, dessen chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut in gleicher Weise maßgebend ist, wird in dem Archiv der Vereinten Nationen hinterlegt. (2) Der Generalsekretär der Vereinten Nationen übermittelt den in Artikel VIII bezeichneten Staaten eine beglaubigte Abschrift dieses Übereinkommens.
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4 c. aa. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. III Nr. 2160)
Text Denkschrift BTDrucks III Nr. 2160 Das Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche soll das Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln vom 24. September 1923 (RGBl. 1925 II S. 47) und das Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26. September 1927 (RGBl. 1930 II S. 1068) ablösen. Durch eine Neuregelung wichtiger Fragen soll die private internationale Schiedsgerichtsbarkeit weiter vereinfacht werden. Dadurch sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß die internationale Regelung in einem größeren Bereich Geltung erlangt, als dies bei dem Genfer Protokoll von 1923 und dem Genfer Abkommen von 1927 der Fall gewesen ist, deren Bedeutung im wesentlichen auf Europa beschränkt geblieben ist. Das Genfer Protokoll und das Genfer Abkommen waren seinerzeit auf Grund von Anregungen und Vorarbeiten der Internationalen Handelskammer in Paris im Völkerbund zustande gekommen. Damit war eine erste multilaterale Regelung der Probleme, die mit der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche in Zusammenhang stehen, erreicht. Dem Genfer Protokoll vom 24. September 1923 gehören zur Zeit 33 Staaten an: Albanien, Belgien, Birma, Brasilien, Ceylon, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien und Nordirland, Indien, Irak, Irland, Israel, Italien, Japan, Jugoslawien, Luxemburg, Monaco, Neuseeland, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Pakistan, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Schweiz, Spanien, Thailand, die Tschechoslowakei und die Bundesrepublik Deutschland. Es gilt zur Zeit nicht im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und folgenden Staaten: Albanien, Birma, Ceylon, Indien, Irak, Monaco, Neuseeland, Norwegen, Polen, Rumänien sowie der Tschechoslowakei. Dem Genfer Abkommen vom 26. September 1927 gehören zur Zeit 26 Staaten an: Belgien, Birma, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien und Nordirland, Indien, Irland, Israel, Italien, Japan, Jugoslawien, Luxemburg, Neuseeland, die Niederlande, Österreich, Pakistan, Portugal, Rumänien, Schweden, die Schweiz, Spanien, Thailand, die Tschechoslowakei und die Bundesrepublik Deutschland. Es gilt zur Zeit nicht im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und folgenden Staaten: Birma, Indien, Neuseeland, Rumänien sowie der Tschechoslowakei. Seit dem Zustandekommen dieser beiden Abkommen hat sich der internationale Handel und damit auch das internationale Schiedsgerichtswesen erheblich ausgedehnt. Es machten sich bald gewisse Mängel der beiden Genfer Abkommen bemerkbar. Die Rechts- und Wirtschaftskreise des In- und Auslandes gelangten zu der Überzeugung, daß die internationale Schiedsgerichtsbarkeit über die beiden Genfer Abkommen hinaus weiterentwickelt werden müsse. Eine Reform wurde zunächst für das wichtigste Gebiet des Schiedsgerichtswesens, die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches, angestrebt. Die Internationale Handelskammer in Paris unterbreitete im Jahre 1953 dem Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen das Avant-Projet einer „Convention Schütze
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sur l’exécution des sentences arbitrales internationales“ (Broschüre 174 der Internationalen Handelskammer). Auf der Grundlage dieses Vorentwurfs arbeitete ein von dem Wirtschafts- und Sozialrat eingesetzter Ausschuß im März 1955 einen neuen Entwurf aus (Dokument der Vereinten Nationen E 2704 and Corr. 1), der auf Grund der Entschließung des Wirtschafts- und Sozialrates vom 20. Mai 1955 – Resolution 570 (XIX) – den Staaten zur Stellungnahme zugeleitet wurde. Nachdem eine große Zahl von Staaten sich dahin geäußert hatte, daß der Entwurf eine geeignete Verhandlungsgrundlage sei, lud der Wirtschafts- und Sozialrat am 3. Mai 1956 – Resolution 604 (XXI) – zu einer Staatenkonferenz ein. Die Staatenkonferenz hat in der Zeit vom 20. Mai bis zum 10. Juni 1958 in New York stattgefunden. An ihr haben 45 Staaten (darunter die Bundesrepublik Deutschland) sowie 13 zwischenstaatliche und nicht staatliche Organisationen teilgenommen. Durch Beobachter waren 3 Staaten vertreten. Am 10. Juni 1958 wurde das vorliegende Übereinkommen mit großer Mehrheit angenommen. Das neue Übereinkommen bringt wesentliche Erleichterungen, die den besonders im internationalen Handelsverkehr aufgetretenen Bedürfnissen der neueren Zeit Rechnung tragen. Unter diesem Gesichtspunkt sind folgende Verbesserungen gegenüber dem Genfer Abkommen hervorzuheben: 1. die Form des Schiedsvertrages ist jetzt geregelt worden (Artikel II Abs. 2), 2. die formellen Voraussetzungen, die bei einem Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches erfüllt sein müssen, sind einfacher und klarer gestaltet worden (Artikel IV), 3. der Katalog der Versagungsgründe ist stark eingeschränkt worden (Artikel V), 4. bei den Versagungsgründen wird zwischen denen, die von Amts wegen zu berücksichtigen sind, und denen, die nur auf Einwand des Schuldners zu prüfen sind, scharf unterschieden (Artikel V), 5. die Entscheidung über einen Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches kann nur noch in einem begrenzten Rahmen ausgesetzt werden (Artikel VI). Das Übereinkommen haben die folgenden 25 Staaten gezeichnet: Argentinien (26. August 1958), Belgien (10. Juni 1958), Bulgarien (17. Dezember 1958), die Bundesrepublik Deutschland (10. Juni 1958), Ceylon (30. Dezember 1958), Costa Rica (10. Juni 1958), Ecuador (17. Dezember 1958), Finnland (29. Dezember 1958), Frankreich (25. November 1958), Indien (10. Juni 1958), Israel (10. Juni 1958), Jordanien (10. Juni 1958), Luxemburg (11. November 1958), Monaco (31. Dezember 1958), die Niederlande (10. Juni 1958), Pakistan (30. Dezember 1958), die Philippinen (10. Juni 1958), Polen (10. Juni 1958), El Salvador (10. Juni 1958), Schweden (23. Dezember 1958), die Schweiz (29. Dezember 1958), die Tschechoslowakei (3. Oktober 1958), die UdSSR (29. Dezember 1958), die Ukrainische SSR (29. Dezember 1958) und die Weißrussische SSR (29. Dezember 1958). Das Übereinkommen ist inzwischen ratifiziert worden von: Frankreich (26. Juni 1959), Israel (5. Januar 1959) und der Tschechoslowakei (10. Juli 1959). Dem Übereinkommen sind beigetreten: Kambodscha (5. Januar 1960), Marokko (12. Februar 1959), Thailand (21. Dezember 1959) und die Vereinigte Arabische Republik (9. März 1959). Das Übereinkommen ist bereits am 7. Juni 1959 in Kraft getreten. Zu dem Übereinkommen ist im einzelnen folgendes zu bemerken:
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ZU ARTIKEL I Das Übereinkommen ist nach Absatz 1 Satz 1 sachlich auf Schiedssprüche anzuwenden, die in einem anderen Staat als dem ergangen sind, in dem sie geltend gemacht werden. Hiernach ist jeder Vertragsstaat verpflichtet, einen Schiedsspruch immer dann nach dem Übereinkommen zu behandeln, wenn er außerhalb seines Hoheitsgebietes erlassen ist. Gleichgültig ist dabei, welches Recht für das schiedsrichterliche Verfahren maßgebend war. Durch Absatz 1 Satz 2 wird der sachliche Anwendungsbereich des Übereinkommens erweitert. Hiernach sind auch die Schiedssprüche nach dem Übereinkommen zu behandeln, die zwar in dem Vollstreckungsstaat ergangen sind und deshalb nicht unter Absatz 1 Satz 1 fallen, die aber nach dem nationalen Recht dieses Staates nicht als inländische Schiedssprüche angesehen werden. Gedacht ist hierbei in erster Linie an die Fälle, in denen ein Schiedsspruch, der in einem Vertragsstaat ergangen ist, nach dem Recht dieses Staates nicht als ein inländischer behandelt und für vollstreckbar erklärt werden kann, weil für das schiedsrichterliche Verfahren ausländisches Recht maßgebend war. Durch die Einbeziehung auch dieser Schiedssprüche in den Anwendungsbereich des Übereinkommens soll vermieden werden, daß ein Schiedsspruch in dem Staate, in dem er erlassen ist, u.U. weder nach dem Übereinkommen noch nach dem nationalen Recht für vollstreckbar erklärt werden kann. Der Schiedsspruch muß in einer Rechtsstreitigkeit des Privatrechts zwischen natürlichen oder juristischen Personen ergangen sein. Daß das Übereinkommen dem Gegenstand nach nur für privatrechtliche Streitigkeiten gelten soll, ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus Artikel I Abs. 1, dies folgt aber aus Artikel II Abs. 1, der für den Schiedsvertrag als Grundlage des Schiedsspruches bestimmt, daß es sich um eine Streitigkeit aus einem vertraglichen oder nichtvertraglichen Rechtsverhältnis handeln muß. Diese Begrenzung ergibt sich auch aus Artikel I Abs. 3 Satz 2, nach dem das Übereinkommen auf Grund eines Vorbehaltes nur auf Streitigkeiten aus Rechtsverhältnissen handelsrechtlicher Natur anwendbar werden kann. Der Bestimmung des Übereinkommens, daß Subjekte des Verfahrens natürliche oder juristische Personen sein können, kommt keine besondere Bedeutung zu. Sie stellt lediglich klar, daß auch juristische Personen des öffentlichen Rechts als Parteien eines Schiedsvertrages denkbar sind. Sie bezweckt aber nicht, nationale Vorschriften einzelner Vertragsstaaten (z.B. Artikel 1004, Artikel 83 des französischen und belgischen Code de procédure civile), nach denen bestimmte Gruppen juristischer Personen Schiedsverträge nicht oder nicht uneingeschränkt abschließen dürfen, zu ändern. Die Fähigkeit, einen Schiedsvertrag abzuschließen, bestimmt sich, wie aus Artikel V Abs. 1 Buchstabe a hervorgeht, jeweils nach dem Recht, das für die Vertragsparteien persönlich maßgebend ist. Anders als nach Artikel 1 Abs. 1 des Genfer Abkommens zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26. September 1927 ist es nicht mehr erforderlich, daß die Parteien des Schiedsverfahrens der Gerichtsbarkeit der Vertragsstaaten unterstehen. Damit entfallen alle Streitfragen, die sich zu Artikel 1 Abs. 1 des Genfer Abkommens ergeben haben. Durch Absatz 2 wird klargestellt, daß es für die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches gleichgültig ist, ob er von einem ad hoc-Schiedsgericht oder einem institutionellen Schiedsgericht erlassen worden ist. Nach Absatz 3 können die Vertragsstaaten den Anwendungsbereich des Übereinkommens nach zwei Richtungen einschränken. Die erste Möglichkeit betrifft den sachlichen Anwendungsbereich, soweit er in Absatz 1 Satz 1 durch die territoriale Herkunft der Schiedssprüche bestimmt wird. Jeder Vertragsstaat kann erklären, daß er das Übereinkommen nur auf die Anerkennung und Vollstreckung solcher Schiedssprüche anwenden werde, die in einem anderen Vertragsstaat ergangen sind. Von dieser Möglichkeit wird Schütze
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voraussichtlich die Mehrzahl der Vertragsstaaten Gebrauch machen, weil eine völkerrechtliche Verpflichtung, auch die Schiedssprüche anzuerkennen und zu vollstrecken, die in einem Nicht-Vertragsstaat ergangen sind, keinen rechten Sinn gibt. Wenn die Bundesrepublik Deutschland ebenfalls eine Erklärung nach Absatz 3 Satz 1 abgibt, so können ausländische Schiedssprüche, die außerhalb der Vertragsstaaten ergehen, gleichwohl wie bisher nach § 1044 ZPO für vollstreckbar erklärt werden. Die Erklärung hat nur die Folge, daß insoweit keine völkerrechtliche Verpflichtung besteht. Das Übereinkommen wird dann nur für solche Schiedssprüche gelten, die in einem anderen Vertragsstaat oder in der Bundesrepublik nach dem Verfahrensrecht eines anderen Staates erlassen werden. Die zweite Einschränkungsmöglichkeit (Absatz 3 Satz 2) bezieht sich auf den Gegenstand des Schiedsvertrages und des Schiedsspruches und betrifft damit Artikel I Abs. 1 und Artikel II Abs. 1. Die Möglichkeit, das Übereinkommen nur auf Schiedsverträge und Schiedssprüche in Handelssachen anzuwenden, ist schon in Artikel 1 Abs. 2 des Genfer Protokolls vom 24. September 1923 und damit auch in dem Genfer Abkommen vom 26. September 1927 vorgesehen. Von diesem Vorbehalt haben seinerzeit Gebrauch gemacht: Belgien, Birma, Brasilien, Frankreich, Griechenland, Indien, Luxemburg, Monaco, Pakistan, Polen, Portugal, Rumänien und Spanien. In der Praxis haben sich aus dieser Beschränkung keine Schwierigkeiten ergeben. Sie sind auch für dieses Übereinkommen nicht zu erwarten, weil es in erster Linie für den internationalen Handelsverkehr von Bedeutung sein wird.
ZU ARTIKEL II Dieser Artikel enthält für die Vertragsstaaten die völkerrechtliche Verpflichtung, Schiedsverträge in privatrechtlichen Angelegenheiten anzuerkennen, sofern gewisse Mindesterfordernisse erfüllt sind. In den Absätzen 1 und 2 wird näher bestimmt, welche Erfordernisse der Schiedsvertrag, an den in Absatz 3 dieses Artikels, in Artikel IV Abs. 1 Buchstabe b und in Artikel V Abs. 1 Buchstaben a, c und d angeknüpft wird, nach Inhalt und Form erfüllen muß. In Absatz 3 wird ferner geregelt, welche Wirkungen dem Schiedsvertrag zukommen, wenn eine Vertragspartei wegen des Streitgegenstandes, der unter den Schiedsvertrag fällt, das staatliche Gericht eines Vertragsstaates anruft. Hiermit regelt das Übereinkommen auch die Fragen, die bisher in dem Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln vom 24. September 1923 behandelt waren, so daß das Genfer Protokoll im Verhältnis zwischen den Vertragsstaaten des neuen Übereinkommens außer Kraft treten kann (Artikel VII Abs. 2). Die Absätze 1 und 2 des Artikels II haben den Zweck, eine sichere Grundlage für Schiedssprüche zu schaffen, die nach dem Übereinkommen als „ausländische“ anzuerkennen und zu vollstrecken sind. Sie sind aber nicht für Schiedsverträge gedacht, die weder unmittelbar noch mittelbar im Rahmen des Übereinkommens Bedeutung gewinnen können. Deshalb werden die innerstaatlichen Vorschriften der Vertragsstaaten durch Artikel II Abs. 1 und 2 insoweit nicht berührt, als sie sich auf Schiedsverträge mit reinem Inlandscharakter erstrecken. Es lag auch nicht in der Absicht der Konferenz, in das innerstaatliche Recht einzugreifen und ganz allgemein neue einheitliche Normen über Form, Inhalt und Wirkung von Schiedsverträgen zu schaffen. Absatz 3 des Artikels II soll den Bestand eines Schiedsvertrages als Grundlage für einen Schiedsspruch, der später nach den Bestimmungen des Übereinkommens anzuerkennen und zu vollstrecken sein wird, im Verhältnis zur staatlichen Gerichtsbarkeit sichern. Auch diese 1083
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Bestimmung erstreckt sich also ihrem Zweck nach nicht auf Schiedsverträge, die keine Auslandsbeziehung im Sinne des Übereinkommens aufweisen. Nach Absatz 1 kann sich der Schiedsvertrag ebenso wie nach dem Genfer Protokoll auf bereits bestehende Streitigkeiten (Schiedsabrede) oder auf künftige Streitigkeiten (Schiedsklausel) beziehen. Die Streitigkeiten müssen sich aus einem bestimmten Rechtsverhältnis, sei es vertraglicher oder nichtvertraglicher Art, ergeben. Diese Regelung entspricht § 1026 ZPO. Schließlich muß der Gegenstand des Streites auf schiedsrichterlichem Wege geregelt werden können. Die Frage, ob der Gegenstand des Streites schiedsfähig ist, kann in dem Verfahren zur Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches nach zwei Richtungen hin Bedeutung erlangen. Einmal wird sie auf Grund des Artikels V Abs. 2 Buchstabe a von dem Vollstreckungsgericht von Amts wegen, und zwar nach der lex fori, geprüft, zum anderen kann sie in diesem Verfahren den Gegenstand der Prüfung bilden, wenn der Schuldner sich gemäß Artikel V Abs. 1 Buchstabe a darauf beruft, daß der Schiedsvertrag nicht wirksam sei, weil der Gegenstand des Streites nicht schiedsfähig sei. In diesem Falle wird die Schiedsfähigkeit nach dem Recht beurteilt, dem die Parteien den Schiedsvertrag unterstellt haben oder das – falls die Parteien hierüber nichts bestimmt haben – in dem Lande gilt, in dem der Schiedsspruch ergangen ist. Dagegen ist die Frage, nach welchem Recht die Schiedsfähigkeit in einem gerichtlichen Verfahren, auf das sich Absatz 3 des Artikels II bezieht, zu beurteilen ist, in dem Übereinkommen offen geblieben. Die Konferenz hat mit Bedacht davon abgesehen, das anwendbare Recht zu bestimmen. Das staatliche Gericht wird daher in diesen Fällen die Regeln des Internationalen Privatrechts anwenden. Auf den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der Parteien des Schiedsvertrages kommt es nicht an. Er ist auch nicht mehr – anders als nach dem Genfer Protokoll (Artikel 1 Abs. 1) – entscheidend, ob die Parteien der Gerichtsbarkeit der Vertragsstaaten unterstehen. Damit sind die Zweifelsfragen, die sich aus dem Genfer Protokoll ergeben haben, in Zukunft ausgeschlossen. Eine wichtige Neuerung gegenüber dem Genfer Protokoll von 1923 ist in Absatz 2 enthalten. Während die Frage, welcher Form ein Schiedsvertrag bedarf, in dem Genfer Protokoll offen geblieben war, ist sie in dem neuen Übereinkommen jetzt näher geregelt. Nach Absatz 1 muß der Schiedsvertrag (Schiedsklausel oder Schiedsabrede) „schriftlich“ abgeschlossen sein. Absatz 2 umschreibt dieses Erfordernis dahin, daß die Urkunde, die den Schiedsvertrag enthält, von den Parteien unterzeichnet oder daß der Schiedsvertrag in Briefen oder Telegrammen enthalten sein muß, welche die Parteien gewechselt haben. Die erste Alternative bedeutet, daß die Urkunde, in welcher der Schiedsvertrag vereinbart ist – der sogenannte „Hauptvertrag“ (z.B. ein Kaufvertrag) mit Schiedsklausel oder die besondere Urkunde, in der nur die Schiedsabrede enthalten ist –, von beiden Parteien eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet sein muß; es wird also hier wie in § 1027 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO die echte Schriftform des § 126 BGB gefordert. Die zweite Alternative bringt demgegenüber eine wesentliche Erleichterung. Die in ihr zugelassene Form eines Wechsels von Briefen oder Telegrammen lockert, ähnlich wie § 127 BGB, die strenge Schriftlichkeit. Von einer weiteren Milderung der Schriftform hat die Staatenkonferenz in New York abgesehen, weil durch allzu einschneidende Abweichungen von dem nationalen Recht verschiedener Staaten die Aussicht, daß mit einer Ratifizierung des Übereinkommens durch einen möglichst großen Kreis von Staaten gerechnet werden könne, herabgemindert worden wäre. Aus diesem Grunde hat sich insbesondere nicht erreichen lassen, daß die sogenannte „halbe Schriftform“, die schriftliche Erklärung einer Partei bei mündlicher Zustimmung der anderen oder die schriftliche Bestätigung einer mündlich getroffenen Abrede durch eine Partei, zugelassen wurde. Eine Befreiung von jeglichem Formzwang, wie sie in § 1027 Abs. 2 ZPO für handelsgeschäftliSchütze
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che Beziehungen zwischen Vollkaufleuten enthalten ist, hat die Staatenkonferenz nicht in Erwägung gezogen. Auf sie legen die Handeiskreise, für die das Übereinkommen in erster Linie von Bedeutung sein wird, gerade im internationalen Handelsverkehr keinen Wert mehr, weil sie aus Gründen der Beweisführung eine schriftliche Festlegung des Schiedsvertrages in irgendeiner Weise für zweckmäßig halten. Absatz 3 schließt sich an Artikel 4 des Genfer Protokolls von 1923 an. Er bestimmt, welche Entscheidung das staatliche Gericht eines Vertragsstaates in einer bei ihm anhängigen Sache zu treffen hat, wenn eine der Parteien einwendet, daß zwischen ihnen über den Gegenstand des Rechtsstreites eine Schiedsvereinbarung bestehe. In einem solchen Fall hat sich das staatliche Gericht einer Entscheidung in der Sache zu enthalten und die Parteien auf das schiedsrichterliche Verfahren zu verweisen. In welcher Form diese Verweisung auszusprechen ist, richtet sich nach der lex fori des angerufenen Gerichts. Nach deutschem Recht würde die Klage durch Prozeßurteil als unzulässig abgewiesen werden, weil der Schiedsvertrag, wie in den Urteilsgründen auszuführen wäre, einer Klage vor den staatlichen Gerichten entgegensteht. Diese Verweisung der Parteien auf das schiedsrichterliche Verfahren setzt voraus, daß der Schiedsvertrag gültig abgeschlossen und nicht etwa hinfällig oder unerfüllbar geworden ist. Diese Fragen hat das Gericht vor seiner Entscheidung zu prüfen. Hierbei ist die Formgültigkeit allem nach den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels zu beurteilen. Zu der weiter zu prüfenden materiellrechtlichen Gültigkeit des Schiedsvertrages enthält das Übereinkommen in Absatz 1 des Artikels II nur eine begrenzte Regelung. Für die Beurteilung anderer Umstände, die für die materiell-rechtliche Gültigkeit des Schiedsvertrages Bedeutung haben, wie die Fähigkeit der Parteien, einen Schiedsvertrag abzuschließen, die Schiedsfähigkeit des Streugegenstandes oder die Erfüllbarkeit des Schiedsvertrages, ist dem Übereinkommen nichts zu entnehmen. Das anwendbare Recht ist deshalb, wie bei der Frage der Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes bereits erwähnt, insoweit nach der lex fori zu ermitteln. In der Regel wird entsprechend Artikel V Abs. 1 Buchstabe a das Recht des Staates maßgebend sein, dem die Parteien den Schiedsvertrag unterstellt haben, oder – mangels einer solchen Bestimmung – das Recht des Staates, in dessen Gebiet der Schiedsspruch erlassen werden soll. Stellt das Gericht fest, daß der Schiedsvertrag unwirksam ist, so ist es durch Artikel II Abs. 3 nicht gehindert, in der Sache selbst zu erkennen.
ZU ARTIKEL III Dieser Artikel enthält die völkerrechtliche Verpflichtung der Vertragsstaaten, Schiedssprüche, die unter das Übereinkommen fallen, grundsätzlich anzuerkennen und zu vollstrecken. Für das Verfahren der Vollstreckbarerklärung verweist das Übereinkommen – wie es bei Vollstreckungsabkommen üblich ist – auf das Recht des Staates, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird. Satz 2 enthält für das Verfahren nur den Grundsatz, daß es nicht wesentlich strenger oder teurer sein darf als das Verfahren, das für die Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche gilt. Ausländische und inländische Schiedssprüche sollen also im wesentlichen gleichbehandelt werden. Dieser Grundsatz ist im deutschen Recht bereits enthalten. Nach § 1044 Abs. 1 Satz 1 ZPO werden ausländische Schiedssprüche schon jetzt in dem für inländische Schiedssprüche vorgeschriebenen Verfahren für vollstreckbar erklärt. Daß außer dem Schiedsspruch auch der schiedsrichterliche Vergleich als Titel anerkannt wird, hat sich auf der New Yorker Staatenkonferenz nicht erreichen lassen, da der Schiedsvergleich nur wenigen Rechtsordnungen, so der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 1044 a) und der österreichischen Exekutionsordnung (§ 1 Ziffer 16) bekannt ist. Nach1085
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teile können dadurch vermieden werden, daß Schiedsvergleiche entsprechend der ausländischen Praxis in einen formellen Schiedsspruch übernommen werden. Dieses Verfahren ist in Artikel 22 der Vergleichs- und Schiedsordnung der Internationalen Handelskammer ausdrücklich vorgeschrieben.
ZU ARTIKEL IV Die Erfordernisse, denen ein Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches genügen muß, sind abweichend von Artikel 4 des Genfer Abkommens von 1927 auf das reine Verfahrensrecht beschränkt worden. Der Gläubiger ist jetzt nicht mehr gehalten, bestimmte sachliche Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung, wie die Endgültigkeit des Schiedsspruches, die Gültigkeit des Schiedsvertrages und die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes, nachzuweisen; er hat seinem Antrag nur noch gewisse urkundliche Nachweise beizufügen, nämlich den Schiedsspruch und den Schiedsvertrag. Deren Unwirksamkeit zu behaupten und gegebenenfalls nachzuweisen, ist – wie sich aus Artikel V ergibt – dem Schuldner überlassen. Nach Absatz 1 Buchstabe a ist mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung die Urschrift des Schiedsspruches vorzulegen. Diese Urschrift muß legalisiert sein. Nach den Beratungen auf der Staatenkonferenz (Protokoll über die 17. Sitzung am 3. Juni 1958 – E/CONF 26/SR 17 S. 4 f.) soll es dem Gläubiger freigestellt sein, an welche diplomatische oder konsularische Vertretung er sich wegen der Legalisierung wenden will. Danach kann das Gericht, das über den Antrag zu entscheiden hat, nicht die Legalisation gerade durch eine Auslandsvertretung des Vollstreckungsstaates verlangen. An Stelle der Urschrift kann der Gläubiger auch eine beglaubigte Abschrift des Schiedsspruches vorlegen. Aus der Abschrift muß sich ergeben, daß die Urschrift legalisiert ist. Die Abschrift selbst braucht nicht legalisiert zu sein. Nach Absatz 1 Buchstabe b muß der Gläubiger ferner die Schiedsabrede oder Schiedsklausel in Urschrift oder beglaubigter Abschrift vorlegen. Welche Schriftstücke im einzelnen beizufügen sind, richtet sich nach der Form des Schiedsvertrages (Artikel II). Bildet er den Bestandteil eines Hauptvertrages, so muß dieser vorgelegt werden, ist er in einer besonderen Urkunde oder in einem Brief oder Telegrammwechsel enthalten, so müssen die Urkunde oder die Briefe oder Telegramme beigefügt werden. Anders als bei dem Schiedsspruch ist für den Schiedsvertrag eine Legalisation nicht erforderlich. Absatz 2 trifft nähere Bestimmungen über die Beifügung von Übersetzungen, wenn der Schiedsspruch oder der Schiedsvertrag nicht in der amtlichen Sprache des Vollstreckungsgerichtes abgefaßt ist. Daß der Antrag selbst in der Amtssprache des Vollstreckungsgerichtes gehalten sein muß, ist als selbstverständlich nicht besonders erwähnt. Entspricht ein Antrag nicht den Erfordernissen des Artikels IV, so hat das Vollstreckungsgericht seine Entscheidung nach der lex fori zu treffen (Artikel III Satz 1). Nach deutschem Recht würde eine sogenannte Prozeßabweisung in Betracht kommen, sie würde einem erneuten verbesserten Antrag nicht entgegenstehen.
ZU ARTIKEL V In diesem Artikel sind die Tatbestände enthalten, die zu einer Versagung der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches führen können. Diese Regelung ist neu. Sie stellt gegenüber der im Genfer Abkommen von 1927 befolgten Methode, zwischen positiven und negativen Anerkennungsvoraussetzungen zu unterscheiden, einen Schütze
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Fortschritt dar. Der Gläubiger hat nicht mehr wie bisher den Nachweis zu führen, daß keine Gründe vorliegen, die eine Versagung der Anerkennung und Vollstreckung rechtfertigen könnten. Derartige Gründe vorzubringen, ist nunmehr dem Schuldner überlassen, soweit nicht gewisse Umstände von dem Vollstreckungsgericht von Amts wegen zu berücksichtigen sind. Sofern das Vollstreckungsgericht feststellt, daß ein Versagungsgrund gegeben ist, muß es den Antrag auf Vollstreckbarerklärung aus diesem sachlichen Grunde ablehnen. Ein Ermessensspielraum ist ihm nicht eingeräumt worden. Absatz 1 enthält die Versagungsgründe, die nur auf Vorbringen des Schuldners geprüft werden. Für sie trägt er die Beweislast. Absatz 1 Buchstabe a gestattet ebenso wie Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe a des Genfer Abkommens von 1927 die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung, wenn der Schiedsspruch auf einem ungültigen Schiedsvertrag beruht. Als ein Grund, der das Zustandekommen des Schiedsvertrages verhindert, ist die mangelnde Fähigkeit der Parteien, einen solchen Vertrag abzuschließen, besonders hervorgehoben. Über das Genfer Abkommen hinaus ist jetzt auch die international-privatrechtliche Frage geregelt, nach welchem Recht die Gültigkeit des Schiedsvertrages – abgesehen von der Form – zu beurteilen ist. Wie auch sonst im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit ist für das anwendbare Recht in erster Linie der Wille der Parteien maßgebend. Haben die Parteien eine solche Bestimmung weder ausdrücklich noch stillschweigend getroffen, so ist die Gültigkeit des Schiedsvertrages nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem der Schiedsspruch ergangen ist. Eine Ausnahme bildet nur die Frage der Fähigkeit der Parteien, einen Schiedsvertrag abzuschließen. Für diese personenrechtliche Frage ist stets das Personalstatut jeder Partei maßgebend. Absatz 1 Buchstabe a handelt von der materiell-rechtlichen Wirksamkeit des Schiedsvertrages. In welcher Form der Schiedsvertrag abgeschlossen sein muß, ergibt sich aus Artikel II. Ist die dort vorgesehene Form nicht gewahrt, so scheitert ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung schon daran, daß der Gläubiger nicht in der Lage ist, einen schriftlichen Schiedsvertrag vorzulegen, wie es in Artikel IV Absatz 1 Buchstabe b erfordert. Andererseits muß jeder Schiedsvertrag, der in der Form des Artikels II abgeschlossen ist, von dem Vollstreckungsgericht anerkannt werden. Ist nach dem Recht, dem die Parteien den Schiedsvertrag unterstellt haben, oder, mangels einer Bestimmung, nach dem Recht, das in dem Staat gilt, in dem der Schiedsspruch ergangen ist, für den Schiedsvertrag eine strengere Form, z.B. die notarielle Beurkundung, vorgeschrieben, so kann die Nichtbeachtung dieser strengeren Form nicht zu einer Ablehnung des Antrages auf Vollstreckbarerklärung führen. Absatz 1 Buchstabe b geht auf Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe b des Genfer Abkommens von 1927 zurück Hier handelt es sich um Versagungsgründe, die der Schuldner aus dem schiedsrichterlichen Verfahren herleiten kann. Es soll die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen ausgeschlossen werden, die in einem Verfahren ergangen sind, in welchem dem Schuldner das rechtliche Gehör nicht oder nicht ausreichend gewährt worden ist. So kann der Schuldner einwenden, daß er von der Ernennung des Schiedsrichters oder der Schiedsrichter oder von dem schiedsrichterlichen Verfahren nicht oder nicht gehörig unterrichtet worden sei oder daß es ihm aus anderen Gründen, etwa weil er nicht zeitig genug geladen worden sei, nicht möglich gewesen sei, seine Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorzubringen. Eine nicht gehörige Unterrichtung liegt z.B. dann vor, wenn der Schuldner in der Geschäfts- oder Handlungsfähigkeit beschränkt und die Mitteilung nicht seinem gesetzlichen Vertreter, sondern ihm persönlich zugegangen war. Ein solcher Verfahrensmangel ist aber als geheilt anzusehen, wenn der gesetzliche Vertreter die Rechte des Schuldners später in dem Verfahren tatsächlich wahrgenommen hat. 1087
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In Absatz 1 Buchstabe c ist ebenso wie in Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe c des Genfer Abkommens von 1927 als weiterer Versagungsgrund der Umstand vorgesehen, daß der Schiedsspruch und der Schiedsvertrag dem Gegenstand nach nicht übereinstimmen. Hat das Schiedsgericht eine Streitigkeit entschieden, die ihm überhaupt nicht zugewiesen war, oder hat es bei der Entscheidung einer ihm zugewiesenen Streitigkeit auch über Streitpunkte, die in dem Schiedsvertrag nicht erwähnt sind, entschieden, so kann der Schiedsspruch grundsätzlich nicht anerkannt und vollstreckt werden, weil er durch den Schiedsvertrag nicht getragen wird. Die Zuständigkeitsüberschreitung soll aber nicht schlechthin zu einer Versagung der Anerkennung in vollem Umfange führen. Abweichend von dem Genfer Abkommen kann nunmehr wenigstens der Teil des Schiedsspruches anerkannt und vollstreckt werden, der durch den Schiedsvertrag gedeckt ist, vorausgesetzt, daß dieser Teil aus dem Schiedsspruch abgesondert werden kann. Es ist also ein Teilexequatur möglich. Dadurch wird vermieden, daß einem Schiedsspruch nur deshalb die Anerkennung und Vollstreckung versagt werden muß, weil in ihm z.B. über Nebenanspruche, wie Zinsen und Kosten, entschieden worden ist, obwohl der Schiedsvertrag das Schiedsgericht hierzu nicht ermächtigt hat. Der in Absatz 1 Buchstabe d vorgesehene Versagungsgrund ähnelt in seinem Tatbestand der positiven Voraussetzung, die nach Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe c des Genfer Abkommens von 1927 für die Anerkennung und Vollstreckung gegeben sein muß. Die nicht ordnungsmäßige Zusammensetzung des Schiedsgerichts oder ein nicht ordnungsmäßiger Ablauf des Schiedsverfahrens wird auch nach dem neuen Übereinkommen zur Versagung der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches führen. Die Frage, ob das Schiedsgericht ordnungsmäßig zusammengesetzt war und ob das schiedsrichterliche Verfahren ordnungsmäßig durchgeführt worden ist, beurteilt sich in erster Linie nach der Vereinbarung der Parteien. Haben die Parteien über diesen Punkt keine Vereinbarung getroffen, so ist das Recht des Staates maßgebend, in dem das schiedsrichterliche Verfahren stattgefunden hat. Diese Bestimmung stellt gegenüber dem Genfer Abkommen einen erheblichen Fortschritt dar, weil das Verhältnis zwischen dem Parteiwillen und der Gesetzgebung des Landes, in dem das Schiedsverfahren stattgefunden hat, grundlegend geändert ist. Während bisher beide Rechtsquellen gleichzeitig die Beurteilungsgrundlage bildeten, wird künftig die Verbindung zwischen beiden gelöst und die zweite erst dann herangezogen, wenn die erste versagt. Gerade aus der jetzt beseitigten Häufung des autonom und des staatliche gesetzten Rechts hatten sich Unklarheiten und Auslegungsschwierigkeiten ergeben, die in Zukunft nicht mehr auftreten können. Nach Absatz 1 Buchstabe e muß die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches versagt werden, wenn er für die Parteien noch nicht verbindlich geworden ist. An einen ähnlichen Umstand knüpft auch Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe d des Genfer Abkommens von 1927 an. Anders als dort gründet sich jetzt darauf nicht mehr eine von dem Gläubiger zu beweisende positive Voraussetzung für die Anerkennung und Vollstreckung, sondern aus ihm kann der Schuldner einen Versagungsgrund herleiten, den er vorzubringen und nachzuweisen hat. Das ausschlaggebende Merkmal liegt nicht mehr darin, daß der Schiedsspruch „endgültig“ – „final“, „definitive“ – geworden ist, sondern darin, daß er „verbindlich“ ist. Daraus, daß nach dem Genfer Abkommen gefordert wird, der Schiedsspruch müsse endgültig sein, hatten sich verschiedene Streitfragen ergeben; so wurde im Schrifttum und in der Rechtsprechung des Auslandes wiederholt die Auffassung vertreten, der Schiedsspruch müsse in dem Staat, in dem er ergangen ist, bereits für vollstreckbar erklärt sein, ehe er das Exequatur erhalten könne. Dieses „doppelte Exequatur“ ist auf der Staatenkonferenz in New York ausdrücklich abgelehnt worden. Es soll künftig die abstrakte Vollstreckungsfähigkeit genügen; d.h. es müssen in dem „Heimatland“ des Schiedsspruches alle Voraussetzungen erfüllt sein, die für eine VollstreckSchütze
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barerklärung in diesem Staat gegeben sein müssen. Daß der Schiedsspruch abstrakt vollstreckungsfähig und damit verbindlich ist, wird bis zum Beweise des Gegenteils, den der Schuldner zu führen hat, vermutet. Der Schuldner kann u.a. vorbringen, daß gegen den Schiedsspruch noch ein Rechtsmittel, z.B. die Anrufung einer zweiten schiedsrichterlichen Instanz, zulässig und daß der Schiedsspruch deshalb noch nicht verbindlich sei, dagegen kann er die Versagung der Anerkennung nicht mit dem Einwand erreichen, ihm stehe noch die Aufhebungsklage zu. Er kann allenfalls anstreben, daß die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung ausgesetzt wird (Artikel VI). Hierzu genügt aber nicht die theoretische Möglichkeit, noch eine Aufhebungsklage zu erheben, sondern es muß diese Klage bereits erhoben sein. In Buchstabe e des Absatzes 1 sind zwei Fälle ausdrücklich genannt, in denen der Schiedsspruch die Verbindlichkeit nicht mehr besitzt. Dieser Mangel haftet einem Schiedsspruch an, der aufgehoben oder in seinen Wirkungen einstweilen gehemmt worden ist. In beiden Fällen ist auf den Einwand des Schuldners die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches zu versagen. Daß die Aufhebung des Schiedsspruches der Anerkennung und Vollstreckung entgegenstehen muß, ist an sich selbstverständlich; es ist hier wie in Artikel 2 Abs. 1 Buchstabe a des Genfer Abkommens von 1927 nur der Klarheit halber ausdrücklich hervorgehoben worden. Neu ist gegenüber dem Genfer Abkommen die Berücksichtigung des Umstandes, daß der Schiedsspruch in seinem „Heimatland“ die Vollstreckungsfähigkeit zeitweilig verloren hat. Daß ein Schiedsspruch, der in seinem Heimatland derzeit nicht durchgesetzt werden kann, auch nicht im Ausland für vollstreckbar erklärt werden kann, will ebenfalls selbstverständlich erscheinen. Für die Fälle, in denen der Schuldner die Aufhebung des Schiedsspruches oder die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung noch nicht erreicht hat, wird ihm durch Artikel VI ein gewisser Schutz gewährt. Die Aufhebung oder einstweilige Hemmung der Wirkungen des Schiedsspruches kann nur berücksichtigt werden, wenn sie von dem „zuständigen Gericht“ ausgesprochen ist. Nach dem Wortlaut des Absatzes 1 Buchstabe e soll die Behörde des Landes zuständig sein, „in dem oder nach dessen Recht“ der Schiedsspruch ergangen ist. Diese Regelung hat den Charakter einer sogenannten „Beurteilungsnorm“, d.h. sie begründet keine Zuständigkeit, die in dem nationalen Recht eines Staates nicht schon vorhanden ist, und sie beseitigt keine Zuständigkeit, die nach dem nationalen Recht eines Staates besteht und mit der hier getroffenen Regelung nicht übereinstimmt; dem Vollstreckungsgericht wird vielmehr nur die Prüfung übertragen, ob die Behörde, die den Schiedsspruch aufgehoben oder in seinen Wirkungen gehemmt hat, im Sinne des Übereinkommens die internationale Zuständigkeit besessen hat. Die Beurteilungsnorm ist in ihrem Wortlaut mißverständlich. Sie läßt nicht klar erkennen, welche Regelung die New Yorker Staatenkonferenz tatsächlich getroffen hat. Auf der Staatenkonferenz war zunächst beabsichtigt, nur von der Aufhebung, durch die „zuständige Behörde“ zu sprechen. Bei dieser abstrakten Fassung hatte sich die Frage der Zuständigkeit nach dem Recht beurteilt, das für den Schiedsspruch maßgebend ist. Auf Antrag der Delegation der UdSSR wurde aber beschlossen, die internationale Zuständigkeit zu regeln, und zwar in derselben Richtung wie in Absatz 1 Buchstabe a und d (Protokoll über die 23. Sitzung am 9. Juni 1958 – E/CONF 267 SR 23 S. 15 –). Hiernach sollen also in erster Linie allein die Behörden des Staates zuständig sein, dessen Recht nach der Vereinbarung der Parteien für das Schiedsverfahren maßgebend gewesen ist, subsidiär die Behörden des Staates, in dem der Schiedsspruch ergangen ist. Unter der Zeitnot, in welche die Konferenz geraten war, ließ sich eine klare Fassung nicht mehr erreichen. Die Auslegung des Versagungsgrundes zu Buchstabe e wird den Gerichten wahrscheinlich Schwierigkeiten bereiten. Es ist zu hoffen, daß sie mit Hilfe der Entstehungsgeschichte überwunden werden. 1089
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Absatz 2 enthält die Versagungsgründe, die das Gericht von Amts wegen zu prüfen hat. Absatz 2 Buchstabe a schließt sich an Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe b des Genfer Abkommens von 1927 an. Wie bisher ist die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches zu versagen, wenn der Gegenstand, über den das Schiedsgericht entschieden hat, nach dem Recht des Vollstreckungsstaates der Entscheidung durch ein Schiedsgericht nicht hatte unterworfen werden können. Absatz 2 Buchstabe b enthält ebenso wie bisher Artikel 1 Abs. 2 Buchstabe e des Genfer Abkommens von 1927 den Versagungsgrund des Verstoßes gegen den ordre public.
ZU ARTIKEL VI Die hier vorgesehene Regelung steht in Zusammenhang mit Artikel V Abs. 1 Buchstabe e. Es war nicht nur der Fall zu berücksichtigen, daß der Schiedsspruch bereits aufgehoben oder in seinen Wirkungen einstweilen gehemmt ist (Artikel V Abs. 1 Buchstabe e). Vielmehr schien es zweckmäßig, schon an den Umstand, daß ein Verfahren zur Aufhebung oder einstweiligen Hemmung eingeleitet ist, bestimmte Wirkungen zu knüpfen. Aus ähnlichen Erwägungen ist in Artikel 3 des Genfer Abkommens von 1927 dem Vollstreckungsgericht die Befugnis eingeräumt worden, die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches zu versagen oder das Exequaturverfahren unter Bestimmung einer Frist, innerhalb deren der Schuldner die Aufhebungsklage zu erheben hat, auszusetzen. An diese Regelung knüpft Artikel VI des neuen Übereinkommens an. Er enthält jedoch eine andere Lösung, aus der klar zu erkennen ist, daß es der Staatenkonferenz darauf ankam, die Durchsetzung des Schiedsspruches nach Möglichkeit zu sichern. Unter diesem Gesichtspunkt wird der Umstand, daß eine Aufhebungsklage noch möglich ist oder die Einstellung der Zwangsvollstreckung noch erreicht werden kann, jetzt außer Betracht gelassen. Wurden an ihn irgendwelche Wirkungen geknüpft, so würde böswilligen Schuldnern damit eine Handhabe geboten werden, die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches hinauszuzögern. Ein schutzwürdiges Interesse des Schuldners wird von dem Übereinkommen erst dann anerkannt, wenn er bereits ein Verfahren eingeleitet hat, das auf die Aufhebung des Schiedsspruches oder die Hemmung seiner Wirkungen gerichtet ist. Das Vollstreckungsgericht darf in einem solchen Fall auch nicht mehr, wie es nach Artikel 3 des Genfer Abkommens möglich wäre, die Anerkennung und Vollstreckung versagen. Es hat nur die Wahl, ob es den Schiedsspruch ungeachtet des anderen Verfahrens für vollstreckbar erklären oder ob es die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung aussetzen will. Bei der Aussetzung hat es ferner die Wahl, ob es sie ohne weiteres oder auf Antrag des Gläubigers erst nach vorangegangener Sicherheitsleistung durch den Schuldner anordnen will. Die zweite Möglichkeit kommt im Ergebnis einer Vollstreckbarerklärung gleich, bei der dem Schuldner nachgelassen ist, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden. Welche dieser Maßnahmen das Vollstreckungsgericht treffen will, steht in seinem pflichtmäßigen Ermessen. Bei der Ausübung des Ermessens wird u.a. als Maßstab dienen, wie die Erfolgsaussichten des von dem Schuldner eingeleiteten Verfahrens zu werten sind. Je nach dem Grade dieser Erfolgsaussichten und nach den persönlichen Verhältnissen des Schuldners wird das Vollstreckungsgericht die Vollstreckbarerklärung gewähren, die Entscheidung über den Antrag nach vorheriger Sicherheitsleistung durch den Schuldner aussetzen oder das Verfahren ohne eine Auflage aussetzen.
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ZU ARTIKEL VII Diese Bestimmung regelt das Verhältnis des neuen Übereinkommens zu anderen mehrseitigen oder zweiseitigen Verträgen, welche die Vertragsstaaten über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen geschlossen haben, insbesondere zu dem Genfer Protokoll von 1923 und dem Genfer Abkommen von 1927. Während die mehrseitigen und zweiseitigen Verträge auf diesem Gebiet allgemein neben dem neuen Übereinkommen weiter bestehen bleiben sollen (Absatz 1 Halbsatz 1), werden das Genfer Protokoll und das Genfer Abkommen zwischen den Vertragsstaaten in dem Zeitpunkt und in dem Ausmaß außer Kraft treten, in dem dieses Übereinkommen für sie verbindlich wird (Absatz 2). Für die Bundesrepublik Deutschland gelten hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen folgende Bestimmungen aus mehrseitigen und zweiseitigen Verträgen: Artikel 60 § 5 des Internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr (CIM) vom 25. Oktober 1952 (BGBl. 1956 II S. 35), Artikel 60 § 5 des Internationalen Übereinkommens über den Eisenbahn-Personenund Gepäckverkehr (CIV) vom 25. Oktober 1952 (BGBl. 1956 II S. 277), Artikel 9 des deutsch-schweizerischen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 2. November 1929 (RGBl. 1930 II S. 1066), Artikel 8 des deutsch-italienischen Abkommens über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 9. März 1936 (RGBl. 1937 II S. 145; BGBl. 1952 II S. 986), Artikel VI des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 29 Oktober 1954 (BGBl. 1956 II S. 488), Artikel 8 des Abkommens vom 25. April 1958 über Allgemeine Fragen des Handels und der Seeschiffahrt zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR (BGBl. 1959 II S. 222), Artikel 13 des deutsch-belgischen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 30. Juni 1958 (BGBl. 1959 II S. 766) und Artikel 12 des deutsch-österreichischen Vertrages über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6. Juni 1959 (BGBl. 1960 II S. 1246). Das Genfer Protokoll von 1923 und das Genfer Abkommen von 1927 werden im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vertragsstaaten dieses Übereinkommens in vollem Umfang außer Kraft treten. Hierbei ist ohne Bedeutung, daß der sachliche Gehalt des Genfer Protokolls von 1923 über den des Artikels II des neuen Übereinkommens hinausgeht und daß insoweit keine völlige Identität besteht. Wenn die Genfer Abkommen nach Absatz 2 in dem „Ausmaß“ außer Kraft treten, wie das neue Übereinkommen verbindlich wird, so bedeutet dies nicht etwa, daß unter den Vertragsstaaten das Genfer Protokoll noch bestehen bleibt, soweit entsprechende Neuregelungen in dem neuen Übereinkommen fehlen. Daß hier die alten Abkommen und das neue Übereinkommen zueinander in Beziehung gesetzt sind, ist nach dem Antrag der Delegation des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (vgl. Protokoll über die 24. Sitzung der Staatenkonferenz am 10. Juni 1958 – E/CONF. 26/SR. 24 S. 4 –) nur erheblich für die territoriale Ausdehnung des Übereinkommens, die sich nach Artikel X u.U. schrittweise vollziehen kann. Absatz 1 Halbsatz 2 sieht ebenso wie Artikel 5 des Genfer Abkommens von 1927 vor, daß eine Partei durch das neue Übereinkommen nicht daran gehindert wird, die Aner1091
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Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
kennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches auf Grund der innerstaatlichen Vorschriften des Vollstreckungsstaates oder besonderer zwischenstaatlicher Verträge, die dieser Staat mit einem anderen Staat abgeschlossen hat, zu beantragen.
ZU ARTIKEL VIII Dieser Artikel trifft die näheren Bestimmungen darüber, welche Staaten berechtigt sein sollen, das Übereinkommen zu zeichnen. Er regelt ferner die Voraussetzungen für die völkerrechtliche Inkraftsetzung des Übereinkommens.
ZU ARTIKEL IX Das Übereinkommen ist eine sog. offene Konvention. Der Beitritt wird auch solchen Staaten ermöglicht, die nicht zu den Unterzeichnerstaaten gehören, sofern sie einer der in Artikel VIII bezeichneten Organisationen angehören oder wenn an sie eine Einladung der Generalversammlung der Vereinten Nationen ergangen ist.
ZU ARTIKEL X Dieser Artikel ermöglicht es jedem Vertragsstaat, den Geltungsbereich des Übereinkommens auf die Gebiete auszudehnen, deren internationale Beziehungen er wahrnimmt. Da das Übereinkommen einen möglichst weiten territorialen Geltungsbereich haben soll, verpflichtet Absatz 3 die Vertragsstaaten, die Möglichkeit einer Ausdehnung des Übereinkommens auf solche Gebiete zu erwägen. Die Notifikationen über die Ausdehnung des Übereinkommens werden nach Artikel XV Buchstabe c von dem Generalsekretär der Vereinten Nationen den übrigen Vertragsstaaten mitgeteilt.
ZU ARTIKEL XI Die sog. „federal clause“ hat für solche Bundesstaaten Bedeutung, bei denen die Einzelstaaten durch internationale Abkommen, denen der Bundesstaat beitritt, nicht gebunden werden können. Sie soll es ermöglichen, insbesondere den Beitritt der Vereinigten Staaten von Amerika, die das Übereinkommen nicht gezeichnet haben, zu erleichtern.
ZU ARTIKEL XII Das Übereinkommen bedarf der Ratifizierung oder des Beitritts. Es ist bereits am 7. Juni 1959 in Kraft getreten.
ZU ARTIKEL XIII Das Übereinkommen sieht keine bestimmte Geltungsdauer vor. Es kann von einem Vertragsstaat jederzeit gekündigt werden.
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d. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit
ZU ARTIKEL XIV Die Klausel über die Gegenseitigkeit trägt den besonderen Beziehungen zwischen einem Bundesstaat im Sinne des Artikels XI und einem anderen Vertragsstaat Rechnung. Sie hat auch für die Vorbehalte, die nach Artikel I Abs. 3 erklärt werden, Bedeutung.
ZU ARTIKEL XV In diesem Artikel sind die Fälle zusammengefaßt, in denen der Generalsekretär der Vereinten Nationen die Vertragsstaaten zu unterrichten hat.
ZU ARTIKEL XVI Das Übereinkommen ist in chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache abgefaßt, die allein maßgebend sind. Die Übersetzung in die deutsche Sprache beruht auf einem Einvernehmen zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz.
4. d. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 (BGBl. II 1964, S. 426) d. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit Vorbemerkung: Das Übereinkommen ist für Deutschland am 25.1.1965 in Kraft getreten (BGBl. 1965 II 107). Es regelt in erster Linie die rechtliche Verbindlichkeit von Schiedsvereinbarungen und stellt zwei Voraussetzungen auf: Gegenstand der Schiedsvereinbarung muss ein Handelsgeschäft sein und die Parteien der Schiedsvereinbarung müssen ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten haben. Darüber hinaus schaltet das Übereinkommen die staatlichen Gerichte in ihren Hilfsfunktionen (z.B. bei der Schiedsrichterbestellung) weitgehend aus und verlagert diese Aufgaben auf die Handelskammerpräsidenten und die „besonderen Komitees“. Dadurch hat das Übereinkommen seine besondere Bedeutung im Ost-West-Handel gewonnen und in der Folge der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung heute weitgehend wieder verloren. Geltungsbereich: Albanien, Aserbaidschan, Belarus, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Dänemark, Frankreich, Italien, Jugoslawien (ehemaliges), Kasachstan, Kroatien, Kuba, Lettland, Luxemburg, Mazedonien (ehemalige jugoslawische Republik), Moldau (Republik), Obervolta, Österreich, Polen, Rumänien, Russische Föderation, Serbien und Montenegro, Slowakei, Slowenien, Sowjetunion (ehemalige), Spanien, Tschechische Republik, Tschechoslowakei (ehemalige), Türkei, Ukraine, Ungarn Schrifttum: Benjamin The European Convention on International Commercial Arbitration, The British Yearbook of International Law, 37 (1961), 478 ff.; Bülow Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, AWD 1961, 144 ff.; Funke Het volgens artikel VII, lid 1, van het op 21 april 1961 te Genève gesloten Europese Verdrad in zake internationale handelsarbitrage toe passelijke recht, Arbr. Rspr. 1961, 257 ff.; Garnefsky Das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit und die Sowjetunion, OER 9 (1963), 14 ff.; Gentinetta Befreiung der internationalen
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Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
Handelsschiedsgerichtsbarkeit von der „nationalen Umklammerung“?, Das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961, AWD 1969, 46 ff.; Gentinetta Das Verhältnis des europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit von 1961 zu anderen multilateralen Abkommen auf dem Gebiet der privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Schw. Jahrb.Int.R. 25 (1968), 149 ff.; Hascher European Convention on International Commercial Arbitration of 1961, Yearbook Commercial Arbitration 20 (1995), S. 1006 ff.; Kaiser Das europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21. April 1961, 1967; Klein Das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, ZZP 76 (1963), 342 ff.; Klein La Convention européenne sur l’arbitrage commercial international, Rev. crit. 1962, 621 ff.; Kopelmanas La place de la Convention européenne sur l’arbitrage commercial internationale du 21. avril 1961 dans l’evolution du droit international d’arbitrage, Annuaire français de droit international, 1961, 331 ff.; Maier Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit und UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, 1966; Mezger Das Europäische Übereinkommen über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit, RabelsZ 29 (1965), 231 ff.; Möller Schiedsverfahrensnovelle und Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, NGZ 2000, 57 ff.; Pointet La Convention européenne sur l’arbitrage commercial international, in: Arbitrage International Commercial, Bd. III, 1961, S. 262 ff.; Robert La Convention européenne sur l’arbitrage commercial international signée à Genève le 21 avril 1961, Recueil Dalloz, Chronique, 173 ff.
Text Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 BGBl. II 1964, S. 426 Artikel I Anwendungsbereich des Übereinkommens (1) Dieses Übereinkommen ist anzuwenden: a) auf Schiedsvereinbarungen, die zum Zwecke der Regelung von bereits entstandenen oder künftig entstehenden Streitigkeiten aus internationalen Handelsgeschäften zwischen natürlichen oder juristischen Personen geschlossen werden, sofern diese bei Abschluß der Vereinbarung ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihren Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten haben; b) auf schiedsrichterliche Verfahren und auf Schiedssprüche, die sich auf die in Abs. 1 Buchstabe a bezeichneten Vereinbarungen gründen. (2) Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet a) „Schiedsvereinbarung“ eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine Schiedsabrede, sofern der Vertrag oder die Schiedsabrede von den Parteien unterzeichnet oder in Briefen, Telegrammen oder Fernschreiben, die sie gewechselt haben, enthalten ist und, im Verhältnis zwischen Staaten, die in ihrem Recht für Schiedsvereinbarungen nicht die Schriftform fordern, jede Vereinbarung, die in den nach diesen Rechtsordnungen zulässigen Formen geschlossen ist; b) „Regelung durch ein Schiedsgericht“ die Regelung von Streitigkeiten nicht durch Schiedsrichter, die für eine bestimmte Sache bestellt werden (ad hoc-Schiedsgericht), sondern auch durch ein ständiges Schiedsgericht; c) „Sitz“ den Ort, an dem sich die Niederlassung befindet, welche die Schiedsvereinbarung geschlossen hat.
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Artikel II Schiedsfähigkeit der juristischen Personen des öffentlichen Rechts (1) In Fällen des Art. I Abs. 1 haben die juristischen Personen, die nach dem für sie maßgebenden Recht „juristische Personen des öffentlichen Rechts“ sind, die Fähigkeit, wirksam Schiedsvereinbarungen zu schließen. (2) Jeder Staat kann bei der Unterzeichnung oder Ratifizierung des Übereinkommens oder beim Beitritt erklären, daß er diese Fähigkeit in dem Ausmaße beschränkt, das in seiner Erklärung bestimmt ist. Artikel III Fähigkeit der Ausländer zum Schiedsrichteramt Ausländer können in schiedsrichterlichen Verfahren, auf die dieses Übereinkommen anzuwenden ist, zu Schiedsrichtern bestellt werden. Artikel IV Gestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens (1) Den Parteien einer Schiedsvereinbarung steht es frei zu bestimmen, a) daß ihre Streitigkeiten einem ständigen Schiedsgericht unterworfen werden; in diesem Fall wird das Verfahren nach der Schiedsgerichtsordnung des bezeichneten Schiedsgerichts durchgeführt; oder b) daß ihre Streitigkeiten einem ad hoc-Schiedsgericht unterworfen werden; in diesem Fall können die Parteien insbesondere i) die Schiedsrichter bestellen oder im einzelnen bestimmen, wie die Schiedsrichter bei Entstehen einer Streitigkeit bestellt werden; ii) den Ort bestimmen, an dem das schiedsrichterliche Verfahren durchgeführt werden soll; iii) die von den Schiedsrichtern einzuhaltenden Verfahrensregeln festlegen. (2) Haben die Parteien vereinbart, die Regelung ihrer Streitigkeiten einem ad hocSchiedsgericht zu unterwerfen, und hat eine der Parteien innerhalb von 30 Tagen, nachdem der Antrag, mit dem das Schiedsgericht angerufen wird, dem Beklagten zugestellt worden ist, ihren Schiedsrichter nicht bestellt, so wird dieser Schiedsrichter, sofern nichts anderes vereinbart ist, auf Antrag der anderen Partei von dem Präsidenten der zuständigen Handelskammer des Staates bestellt, in dem die säumige Partei bei Stellung des Antrags, mit dem das Schiedsgericht angerufen wird, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihren Sitz hat. Dieser Absatz gilt auch für die Ersetzung von Schiedsrichtern, die von einer Partei oder von dem Präsidenten der oben bezeichneten Handelskammer bestellt worden sind. (3) Haben die Parteien vereinbart, die Regelung ihrer Streitigkeiten einem ad hocSchiedsgericht, das aus einem Schiedsrichter oder aus mehreren Schiedsrichtern besteht, zu unterwerfen, und enthält die Schiedsvereinbarung keine Angaben über die Maßnahmen der in Abs. 1 bezeichneten Art, die zur Gestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens erforderlich sind, so werden diese Maßnahmen, wenn die Parteien sich hierüber nicht einigen und wenn nicht ein Fall des Abs. 2 vorliegt, von dem Schiedsrichter oder von den Schiedsrichtern getroffen, die bereits bestellt sind. Kommt zwischen den Parteien über die Bestellung des Einzelschiedsrichters oder zwischen den Schiedsrichtern über die zu treffenden Maßnahmen eine Einigung nicht zustande, so kann der Kläger, wenn die Parteien 1095
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den Ort bestimmt haben, an dem das schiedsrichterliche Verfahren durchgeführt werden soll, sich zu dem Zweck, daß diese Maßnahmen getroffen werden, nach seiner Wahl entweder an den Präsidenten der zuständigen Handelskammer des Staates, in dem der von den Parteien bestimmte Ort liegt, oder an den Präsidenten der zuständigen Handelskammer des Staates wenden, in dem der Beklagte bei Stellung des Antrags, mit dem das Schiedsgericht angerufen wird, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Sitz hat; haben die Parteien den Ort, an dem das schiedsrichterliche Verfahren durchgeführt werden soll, nicht bestimmt, so kann sich der Kläger nach seiner Wahl entweder an den Präsidenten der zuständigen Handelskammer des Staates, in dem der Beklagte bei Stellung des Antrags, mit dem das Schiedsgericht angerufen wird, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Sitz hat, oder an das Besondere Komitee wenden, dessen Zusammensetzung und dessen Verfahren in der Anlage zu diesem Übereinkommen geregelt sind. Übt der Kläger die ihm in diesem Absatz eingeräumten Rechte nicht aus, so können sie von dem Beklagten oder von den Schiedsrichtern ausgeübt werden. (4) Der Präsident oder das Besondere Komitee kann, je nach den Umständen des ihm vorgelegten Falles, folgende Maßnahmen treffen: a) den Einzelschiedsrichter, den Obmann des Schiedsgerichts, den Oberschiedsrichter oder den dritten Schiedsrichter bestellen; b) einen oder mehrere Schiedsrichter ersetzen, die nach einem anderen als dem in Abs. 2 vorgesehenen Verfahren bestellt worden sind; c) den Ort bestimmen, an dem das schiedsrichterliche Verfahren durchgeführt werden soll; jedoch können die Schiedsrichter einen anderen Ort wählen; d) unmittelbar oder durch Verweisung auf die Schiedsgerichtsordnung eines ständigen Schiedsgerichts die von den Schiedsrichtern einzuhaltenden Verfahrensregeln festlegen, wenn nicht mangels einer Vereinbarung der Parteien über das Verfahren die Schiedsrichter dieses selbst festgelegt haben. (5) Haben die Parteien vereinbart, die Regelung ihrer Streitigkeiten einem ständigen Schiedsgericht zu unterwerfen, ohne daß sie das ständige Schiedsgericht bestimmt haben, und einigen sie sich nicht über die Bestimmung des Schiedsgerichts, so kann der Kläger diese Bestimmung gemäß dem in Abs. 3 vorgesehenen Verfahren beantragen. (6) Enthält die Schiedsvereinbarung keine Angaben über die Art des Schiedsgerichts (ständiges Schiedsgericht oder ad hoc-Schiedsgericht), dem die Parteien ihre Streitigkeit zu unterwerfen beabsichtigt haben, und einigen sich die Parteien nicht über diese Frage, so kann der Kläger von dem in Abs. 3 vorgesehenen Verfahren Gebrauch machen. Der Präsident der zuständigen Handelskammer oder das Besondere Komitee kann die Parteien entweder an ein ständiges Schiedsgericht verweisen oder sie auffordern, ihre Schiedsrichter innerhalb einer von ihm festgesetzten Frist zu bestellen und sich innerhalb derselben Frist über die Maßnahmen zu einigen, die zur Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens erforderlich sind. In diesem letzen Falle sind die Abs. 2, 3 und 4 anzuwenden. (7) Ist ein Antrag der in den Absätzen 2, 3, 4, 5 und 6 vorgesehenen Art von dem Präsidenten der in diesen Absätzen bezeichneten Handelskammer innerhalb von 60 Tagen nach Eingang des Antrags nicht erledigt worden, so kann sich der Antragsteller an das Besondere Komitee wenden, damit dieses die Aufgaben übernimmt, die nicht erfüllt worden sind.
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d. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit
Artikel V Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts (1) Will eine Partei die Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts erheben, so hat sie die Einrede, wenn diese damit begründet wird, die Schiedsvereinbarung bestehe nicht, sei nichtig oder sei hinfällig geworden, in dem schiedsrichterlichen Verfahren spätestens gleichzeitig mit ihrer Einlassung in die Hauptsache vorzubringen; wird die Einrede damit begründet, der Streitpunkt überschreite die Befugnisse des Schiedsgerichts, so hat die Partei die Einrede vorzubringen, sobald der Streitpunkt, der die Befugnisse des Schiedsgerichts überschreiten soll, in dem schiedsrichterlichen Verfahren zur Erörterung kommt. Wird eine Einrede von den Parteien verspätet erhoben, so hat das Schiedsgericht die Einrede dennoch zuzulassen, wenn die Verspätung auf einem von dem Schiedsgericht für gerechtfertigt erachteten Grund beruht. (2) Werden die in Abs. 1 bezeichneten Einreden der Unzuständigkeit nicht in den dort bestimmten zeitlichen Grenzen erhoben, so können sie, sofern es sich um Einreden handelt, die zu erheben den Parteien nach dem von dem Schiedsgericht anzuwendenden Recht überlassen ist, im weiteren Verlauf des schiedsrichterlichen Verfahrens nicht mehr erhoben werden; sie können auch später vor einem staatlichen Gericht in einem Verfahren in der Hauptsache oder über die Vollstreckung des Schiedsspruches nicht mehr geltend gemacht werden, sofern es sich um Einreden handelt, die zu erheben den Parteien nach dem Recht überlassen ist, welches das mit der Hauptsache oder mit der Vollstreckung des Schiedsspruches befaßte staatliche Gericht nach seinen Kollisionsnormen anzuwenden hat. Das staatliche Gericht kann jedoch die Entscheidung, mit der das Schiedsgericht die Verspätung der Einrede festgestellt hat, überprüfen. (3) Vorbehaltlich einer dem staatlichen Gericht nach seinem Recht zustehenden späteren Überprüfung kann das Schiedsgericht, dessen Zuständigkeit bestritten wird, das Verfahren fortsetzen; es ist befugt, über seine eigene Zuständigkeit und über das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung oder des Vertrages, in dem diese Vereinbarung enthalten ist, zu entscheiden. Artikel VI Zuständigkeit der staatlichen Gerichte (1) Der Beklagte kann die Einrede der Unzuständigkeit, die damit begründet wird, es liege eine Schiedsvereinbarung vor, in einem Verfahren vor einem staatlichen Gericht, das eine Partei der Schiedsvereinbarung angerufen hat, nur vor oder gleichzeitig mit seiner Einlassung in die Hauptsache erheben, je nachdem, ob die Einrede der Unzuständigkeit nach dem Recht des angerufenen staatlichen Gerichts verfahrensrechtlicher oder materiellrechtlicher Natur ist; anderenfalls ist die Einrede ausgeschlossen. (2) Hat ein Gericht eines Vertragsstaates über das Bestehen oder die Gültigkeit einer Schiedsvereinbarung zu entscheiden, so hat es dabei die Fähigkeit der Parteien nach dem Recht, das für sie persönlich maßgebend ist, und sonstige Fragen wie folgt zu beurteilen: a) nach dem Recht, dem die Parteien die Schiedsvereinbarung unterstellt haben; b) falls die Parteien hierüber nichts bestimmt haben, nach dem Recht des Staates, in dem der Schiedsspruch ergehen soll; c) falls die Parteien nichts darüber bestimmt haben, welchem Recht die Schiedsvereinbarung unterstellt wird, und falls im Zeitpunkt, in dem das staatliche Gericht mit der Frage befaßt wird, nicht vorausgesehen werden kann, in welchem Staat der Schieds1097
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spruch ergehen wird, nach dem Recht, welches das angerufene Gericht nach seinen Kollisionsnormen anzuwenden hat. Das angerufene Gericht kann einer Schiedsvereinbarung die Anerkennung versagen, wenn die Streitigkeit nach seinem Recht der Regelung durch ein Schiedsgericht nicht unterworfen werden kann. (3) Ist ein schiedsrichterliches Verfahren vor der Anrufung eines staatlichen Gerichts eingeleitet worden, so hat das Gericht eines Vertragsstaates, das später mit einer Klage wegen derselben Streitigkeit zwischen denselben Parteien oder mit einer Klage auf Feststellung, daß die Schiedsvereinbarung nicht bestehe, nichtig oder hinfällig geworden sei, befaßt wird, die Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts auszusetzen, bis der Schiedsspruch ergangen ist, es sei denn, daß ein wichtiger Grund dem entgegensteht. (4) Wird bei einem staatlichen Gericht ein Antrag gestellt, vorläufige oder sichernde Maßnahmen anzuordnen, so gilt dies weder als unvereinbar mit der Schiedsvereinbarung noch als Unterwerfung der Hauptsache unter die staatliche Gerichtsbarkeit. Artikel VII Anwendbares Recht (1) Den Parteien steht es frei, das Recht zu vereinbaren, welches das Schiedsgericht in der Hauptsache anzuwenden hat. Haben die Parteien das anzuwendende Recht nicht bestimmt, so hat das Schiedsgericht das Recht anzuwenden, auf das die Kollisionsnormen hinweisen, von denen auszugehen das Schiedsgericht jeweils für richtig erachtet. In beiden Fällen hat das Schiedsgericht die Bestimmungen des Vertrages und die Handelsbräuche zu berücksichtigen. (2) Das Schiedsgericht entscheidet nach Billigkeit, wenn dies dem Willen der Parteien entspricht und wenn das für das schiedsrichterliche Verfahren maßgebende Recht es gestattet. Artikel VIII Begründung des Schiedsspruches Es wird vermutet, daß die Parteien davon ausgegangen sind, der Schiedsspruch werde begründet werden, es sei denn, a) daß die Parteien ausdrücklich erklärt haben, der Schiedsspruch bedürfe keiner Begründung, oder b) daß sie sich einem schiedsrichterlichen Verfahrensrecht unterworfen haben, nach welchem es nicht üblich ist, Schiedssprüche zu begründen, sofern nicht in diesem Fall von den Parteien oder von einer Partei vor Schluß der mündlichen Verhandlung oder, wenn eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden hat, vor der schriftlichen Abfassung des Schiedsspruches eine Begründung ausdrücklich verlangt worden ist. Artikel IX Aufhebung des Schiedsspruches (1) Ist ein unter dieses Übereinkommen fallender Schiedsspruch in einem Vertragsstaat aufgehoben worden, so bildet dies in einem anderen Vertragsstaat nur dann einen Grund für die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung, wenn die Aufhebung in dem Staat, in dem oder nach dessen Recht der Schiedsspruch ergangen ist, ausgesprochen worden ist und wenn sie auf einem der folgenden Gründe beruht: Schütze
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a) Die Parteien, die eine Schiedsvereinbarung geschlossen haben, waren nach dem Recht, das für sie persönlich maßgebend ist, in irgendeiner Hinsicht hierzu nicht fähig, oder die Vereinbarung ist nach dem Recht, dem die Parteien sie unterworfen haben, oder, falls die Parteien hierüber nichts bestimmt haben, nach dem Recht des Staates, in dem der Schiedsspruch ergangen ist, ungültig; oder b) die Partei, welche die Aufhebung des Schiedsspruches begehrt, ist von der Bestellung des Schiedsrichters oder von dem schiedsrichterlichen Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden, oder sie hat aus einem anderen Grund ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht geltend machen können; oder c) der Schiedsspruch betrifft eine Streitigkeit, die in der Schiedsabrede nicht erwähnt ist oder nicht unter die Bestimmungen der Schiedsklausel fällt, oder er enthält Entscheidungen, welche die Grenzen der Schiedsabrede oder der Schiedsklausel überschreiten; kann jedoch der Teil des Schiedsspruches, der sich auf Streitpunkte bezieht, die dem schiedsrichterlichen Verfahren unterworfen waren, von dem Teil, der Streitpunkte betrifft, die ihm nicht unterworfen waren, getrennt werden, so muß der erstgenannte Teil des Schiedsspruches nicht aufgehoben werden; oder d) die Bildung des Schiedsgerichts oder das schiedsrichterliche Verfahren hat der Vereinbarung der Parteien oder, mangels einer solchen Vereinbarung, den Bestimmungen des Artikels IV nicht entsprochen. (2) Im Verhältnis zwischen Vertragsstaaten, die auch Vertragsparteien des New Yorker Übereinkommens vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche sind, hat Abs. 1 die Wirkung, die Anwendung des Art. V Abs. 1 Buchstabe e des New-Yorker Übereinkommens auf die Aufhebungsgründe zu beschränken, die in Abs. 1 dieses Artikels aufgezählt sind. Artikel X Schlußbestimmungen (1) Dieses Übereinkommen steht den Mitgliedstaaten der Wirtschaftskommission für Europa sowie den nach Absatz 8 des der Kommission erteilten Auftrages in beratender Eigenschaft zu der Kommission zugelassenen Staaten zur Unterzeichnung oder zum Beitritt offen. (2) Die Staaten, die nach Absatz 11 des der Wirtschaftskommission für Europa erteilten Auftrages berechtigt sind, an gewissen Arbeiten der Kommission teilzunehmen, können durch Beitritt Vertragsparteien des Übereinkommens nach seinem Inkrafttreten werden. (3) Das Übereinkommen liegt bis einschließlich 31. Dezember 1961 zur Unterzeichnung auf. Nach diesem Tage steht es zum Beitritt offen. (4) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifizierung. (5) Die Ratifikations- oder Beitrittsurkunden sind bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zu hinterlegen. (6) Bei der Unterzeichnung dieses Übereinkommens, bei der Ratifizierung oder bei dem Beitritt teilen die Vertragsparteinen dem Generalsekretär der Vereinten Nationen die Liste der Handelskammern oder anderen Institutionen ihres Staates mit, deren Präsidenten die Aufgaben erfüllen sollen, die durch Artikel IV den Präsidenten der zuständigen Handelskammern übertragen werden. (7) Die Bestimmungen dieses Übereinkommens lassen die Gültigkeit mehrseitiger oder zweiseitiger Verträge, welche die Vertragsstaaten auf dem Gebiete der Schiedsgerichtsbarkeit geschlossen haben oder noch schließen werden, unberührt. (8) Dieses Übereinkommen tritt am neunzigsten Tage nach der Hinterlegung der Ratifikations- oder Beitrittsurkunden durch fünf der in Absatz 1 bezeichneten Staaten in 1099
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Kraft. Für jeden Staat, der dieses Übereinkommen später ratifiziert oder ihm später beitritt, tritt es am neunzigsten Tage nach der Hinterlegung seiner Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft. (9) Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen durch eine an den Generalsekretär der Vereinten Nationen gerichtete Notifikation kündigen. Die Kündigung wird zwölf Monate, nachdem die Notifikation dem Generalsekretär zugegangen ist, wirksam. (10) Sinkt die Zahl der Vertragsparteien nach dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens durch Kündigungen auf weniger als fünf, so tritt das Übereinkommen mit dem Tag außer Kraft, an dem die letzte dieser Kündigungen wirksam wird. (11) Der Generalsekretär der Vereinten Nationen notifiziert den in Absatz 1 bezeichneten Staaten sowie den Staaten, die auf Grund des Absatze 2 Vertragsparteien geworden sind, a) die Erklärungen gemäß Artikel II Abs. 2; b) die Ratifikationen und Beitrittserklärungen gemäß den Absätzen 1 und 2 dieses Artikels; c) die Mitteilungen gemäß Absatz 6 dieses Artikels; d) die Zeitpunkte, zu denen dieses Übereinkommen gemäß Absatz 8 dieses Artikels in Kraft tritt; e) die Kündigungen gemäß Absatz 9 dieses Artikels; f) das Außerkrafttreten dieses Übereinkommens gemäß Absatz 10 dieses Artikels. (12) Nach dem 31. Dezember 1961 wird die Urschrift dieses Übereinkommens bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt, der allen in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Staaten beglaubigte Abschriften übermittelt.
ANLAGE Zusammensetzung und Verfahren des in Artikel IV des Übereinkommens bezeichneten Besonderen Komitees (1) Das in Artikel IV des Übereinkommens bezeichnete Besondere Komitee setzt sich aus zwei ordentlichen Mitgliedern und einem Vorsitzendem zusammen. Eines der ordentlichen Mitglieder wird von den Handelskammern oder anderen Institutionen gewählt, die gemäß Artikel X Abs. 6 des Übereinkommens von den Staaten bezeichnet werden, in denen im Zeitpunkt, in dem das Übereinkommen zur Unterzeichnung aufgelegt wird, Landesgruppen (Nationalkomitees) der Internationalen Handelskammern bestehen und die im Zeitpunkt der Wahl Vertragsparteien des Übereinkommens sind. Das andere Mitglied wird von den Handelskammern oder anderen Institutionen gewählt, die gemäß Artikel X Abs. 6 des Übereinkommens von den Staaten bezeichnet werden, in denen im Zeitpunkt, in dem das Übereinkommen zur Unterzeichnung aufgelegt wird, keine Landesgruppen (Nationalkomitees) der Internationalen Handelskammern bestehen und die im Zeitpunkt der Wahl Vertragsparteien des Übereinkommens sind. (2) Die Personen, die unter den Voraussetzungen des Absatzes 7 das Amt des Vorsitzenden des Besonderen Komitees auszuüben berufen sind, werden ebenfalls von den Handelskammern oder anderen Institutionen gewählt, wie dies in Absatz 1 vorgesehen ist. (3) Die in Absatz 1 bezeichneten Handelskammern oder anderen Institutionen nehmen gleichzeitig mit der Wahl des Vorsitzenden und der ordentlichen Mitglieder und in gleicher Weise die Wahl der stellvertretenden Mitglieder für den Fall der vorübergehenden Verhinderung der Vorsitzenden oder ordentlichen Mitglieder vor. Im Falle der dauernden Verhinderung oder des Rücktritts eines Vorsitzenden oder eines ordentlichen Schütze
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Mitglieds wird sein Stellvertreter, je nach den Umständen, Vorsitzender oder ordentliches Mitglied; die Gruppe der Handelskammern oder anderen Institutionen, die den Stellvertreter gewählt hatte, der Vorsitzender oder ordentliches Mitglied geworden ist, wählt sodann einen neuen Stellvertreter. (4) Die ersten Wahlen zur Bildung des Komitees finden innerhalb von 90 Tagen nach der Hinterlegung der fünften Ratifikations- oder Beitrittsurkunde statt. An diesen Wahlen können auch die Handelskammern oder andere Institutionen teilnehmen, die von den Staaten bezeichnet werden, welche das Übereinkommen unterzeichnet haben, jedoch noch nicht Vertragsparteien sind. Können die Wahlen innerhalb der angegebenen Frist nicht durchgeführt werden, so sind die Absätze 3 bis 7 des Artikels IV des Übereinkommens so lange nicht anzuwenden, bis die Wahlen nach den vorstehenden Bestimmungen durchgeführt werden. (5) Vorbehaltlich des Absatzes 7 werden die Mitglieder des Besonderen Komitees für einen Zeitraum von vier Jahren gewählt. Neuwahlen haben innerhalb der ersten sechs Monate des vierten Jahres nach den vorhergegangenen Wahlen stattzufinden. Führt eine Neuwahl der Mitglieder des Besonderen Komitees zu keinen Ergebnissen, so üben die vorher gewählten Mitglieder ihr amt bis zu Wahl der neuen Mitglieder weiter aus. (6) Die Ergebnisse der Wahlen der Mitglieder des Besonderen Komitees werden dem Generalsekretär der Vereinten Nationen mitgeteilt; dieser notifiziert sie den in Artikel X Abs. 1 des Übereinkommens bezeichneten Staaten sowie den Staaten, die gemäß Artikel X Abs. 2 Vertragsparteien geworden sind. Der Generalsekretär notifiziert gegebenenfalls auch allen diesen Staaten, dass die Absätze 3 bis 7 des Artikels IV des Übereinkommens gemäß Absatz 4 dieser Anlage noch nicht anzuwenden sind und von welchem Zeitpunkt an diese Absätze anwendbar werden. (7) Die zu Vorsitzenden gewählten Personen üben ihr Amt abwechselnd aus, und zwar jede für zwei Jahre. Wer von den beiden Personen während des ersten Zeitraums von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens das Amt des Vorsitzenden ausübt, wird durch das Los bestimmt. Der Vorsitz geht sodann jeweils für den nächsten Zeitraum von zwei Jahren auf die Person über, die von der anderen Gruppe von Staaten zum Vorsitzenden gewählt worden ist als derjenigen, welche den Vorsitzenden gewählt hat, der in dem unmittelbar vorhergegangenen Zeitraum von zwei Jahren sein Amt ausgeübt hat. (8) Die in den Absätzen 3 bis 7 des Artikels IV des Übereinkommens vorgesehenen Anträge an das Besondere Komitee sind bei dem Exekutivsekretär der Wirtschaftskommission für Europa einzureichen. Der Exekutivsekretär legt den Antrag zunächst dem Mitglied des Besonderen Komitees vor, das von der anderen Gruppe von Staaten gewählt worden ist als derjenigen, welche den bei Eingang des Antrags im Amt befindlichen Vorsitzenden gewählt hat. Die Lösung, die das mit dem Antrag zuerst befasste Mitglied vorschlägt, übermittelt der Exekutivsekretär dem anderen Mitglied des Komitees; stimmt dieses Mitglied dem Vorschlag zu, so gilt diese Lösung als Entscheidung des Komitees und wird als solche von dem Exekutivsekretär dem Antragsteller mitgeteilt. (9) Können sich die beiden Mitglieder des Besonderen Komitees, denen der Exekutivsekretär den Antrag vorgelegt hat, über eine Lösung auf schriftlichem Weg nicht einigen, so beruft der Exekutivsekretär eine Sitzung des Besonderen Komitees nach Genf ein, um zu versuchen, eine einstimmige Entscheidung über den Antrag herbeizuführen. Wird keine Einstimmigkeit erzielt, so wird die Entscheidung des Komitees mit Stimmenmehrheit getroffen und von dem Exekutivsekretär dem Antragsteller mitgeteilt. (10) Die Kosten, die in einer unter dieses Übereinkommen fallenden Streitigkeit mit der Einschaltung des Besonderen Komitees verbunden sind, hat zunächst der Antragsteller zu entrichten, sie gelten jedoch als Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens. 1101
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Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
4. d. aa. Vereinbarung über die Anwendung des Europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (BGBl. II 1964, S. 449)
(ÜBERSETZUNG) Artikel 1 Für die Beziehungen zwischen natürlichen oder juristischen Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihren Sitz in den Vertragsstaaten dieser Vereinbarung haben, werden die Absätze 2 bis 7 des Artikels IV des Europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, das am 21. April 1961 in Genf zur Unterzeichnung aufgelegt worden ist, durch die folgende Vorschrift ersetzt: „Enthält die Schiedsvereinbarung keine Angaben über die Gesamtheit oder einen Teil der in Artikel IV Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit bezeichneten Maßnahmen, so werden die bei der Bildung oder der Tätigkeit des Schiedsgerichts etwa entstehenden Schwierigkeiten auf Antrag einer Partei durch das zuständige staatliche Gericht behoben.“ Artikel 2 (1) Diese Vereinbarung liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats zur Unterzeichnung auf. Sie bedarf der Ratifizierung oder der Annahme. Die Ratifikations- oder Annahmeurkunden sind bei dem Generalsekretär des Europarats zu hinterlegen. (2) Vorbehaltlich des Artikels 4 tritt die Vereinbarung dreißig Tage nach Hinterlegung der zweiten Ratifikations- oder Annahmeurkunde in Kraft. (3) Für jede Unterzeichnerregierung, welche die Vereinbarung später ratifiziert oder annimmt, tritt sie vorbehaltlich des Artikels 4 dreißig Tage nach Hinterlegung ihrer Ratifikations- oder Annahmeurkunde in Kraft. Artikel 3 (1) Nach dem Inkrafttreten dieser Vereinbarung kann das Ministerkomitee des Europarats jeden Staat, der nicht Mitglied des Europarats ist und in dem eine Landesgruppe (ein Nationalkomitee) der Internationalen Handelskammer besteht, einladen, dieser Vereinbarung beizutreten. (2) Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde bei dem Generalsekretär des Europarats; der Beitritt wird vorbehaltlich des Artikels 4 dreißig Tage nach der Hinterlegung wirksam. Artikel 4 Das Inkrafttreten dieser Vereinbarung ist für jeden Staat, der sie gemäß Artikel 2 und 3 ratifiziert, annimmt oder ihr beitritt, von dem Inkrafttreten des Europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit abhängig.
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Artikel 5 Jede Vertragspartei kann diese Vereinbarung durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation für sich selbst kündigen. Die Kündigung wird sechs Monate, nachdem die Notifikation dem Generalsekretär des Europarats zugegangen ist, wirksam. Artikel 6 Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Rates und der Regierung jedes Staates, der dieser Vereinbarung beigetreten ist, a) jede Unterzeichnung, b) die Hinterlegung jeder Ratifikations-, Annahme- oder Beitrittsurkunde, c) die Zeitpunkte, zu denen die Vereinbarung in Kraft tritt, d) jede Notifikation nach Artikel 5.
4. d. bb. Deutsche Denkschrift (BTDrucks. IV Nr. 1597) In der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit haben vor allem vier Fragen große Bedeutung: 1. die Form und die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung, 2. die Bildung des Schiedsgerichts und das schiedsrichterliche Verfahren, 3. die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen und schließlich, 4. die Aufhebung (Annullation) eines Schiedsspruches und ihre Folgen für dessen Schicksal im internationalen Bereich. Von diesen Fragen sind die erste und die dritte – also die der Form und internationalen Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung und der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen – in dem UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 121, 1962 II S. 102; vgl. auch die Denkschrift der Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 2160 der 3. Wahlperiode S. 22 ff.) bereits geregelt worden. Das vorliegende Europäische Übereinkommen vom 21. April 1961 über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit soll das UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 ergänzen (vgl. Bülow: „Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit“, Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters 1961, S. 144; van Heukelom: „Het Europese Verdrag inzake Internationale Handelsarbitrage van 21. april 1961“, Arbitrale Rechtspraak 1961, S. 161, 163; Jean Robert: „La convention européenne sur l’arbitrage commercial international signée a Genève le 21. avril 1961“, Recueil Dalloz 1961, S. 173). Es regelt für den Bereich der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit die wichtigsten Fragen der Bildung des Schiedsgerichts und des schiedsrichterlichen Verfahrens sowie die Folgen, die eine Aufhebung des Schiedsspruchs in einem Vertragsstaat für die Anerkennung und Vollstreckung in den anderen Vertragsstaaten hat. Der Zweck des Übereinkommens, das UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 zu ergänzen, ergibt sich insbesondere aus Absatz 2 der Präambel. Indem die Teilgebiete, welche das UN-Übereinkommen nicht behandelt, nunmehr geregelt werden, soll dem internationalen Handel und besonders dem Handel zwischen den Staaten der westlichen Welt mit den Staaten des sogenannten Ostblocks ein geeignetes Mittel in die Hand gegeben wer1103
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Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
den, Streitigkeiten beizulegen, die aus internationalen Handelsgeschäften entstehen können oder bereits entstanden sind. Bei der Ausgestaltung des Übereinkommens ist darauf geachtet worden, daß Widerspruche zwischen den beiden Konventionen nicht auftreten können. Hierauf wird bei den einzelnen Artikeln näher einzugehen sein. Das Europäische Übereinkommen vom 21. April 1961 ist unter den Auspizien der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (ECE) ausgearbeitet worden. Eine Sachverständigengruppe für Schiedsgerichtswesen, die im Jahre 1954 von dem ECEAusschuß für die Entwicklung des Handels eingesetzt worden war, hat es in drei Tagungen vorbereitet. Nach einer Sondertagung von Regierungsbevollmächtigten, die vom 10. bis 21. April 1961 unter Beteiligung von 22 Staaten in Genf stattgefunden hat, ist es am 21. April 1961 zur Zeichnung aufgelegt worden. Das Übereinkommen haben bei seiner Verabschiedung folgende 16 Staaten gezeichnet: Belgien, Bulgarien, Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Jugoslawien, Österreich, Polen, Rumänien, die Tschechoslowakei, die Türkei, die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik, Ungarn, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und die Weißrussische Sozialistische Sowjetrepublik. Bis zum Ablauf der Zeichnungsfrist am 31. Dezember 1961 (Artikel X Abs. 12) haben folgende weitere Staaten das Übereinkommen gezeichnet: Spanien (14. Dezember 1961), Finnland (21. Dezember 1961). Das Übereinkommen ist bisher von der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (27. Juni 1962) und von der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik (18. März 1963) ratifiziert worden. Das Übereinkommen ist deshalb noch nicht in Kraft getreten. Es ist aber in nächster Zeit mit der Ratifikation durch einige westeuropäische Staaten (Frankreich, Belgien) und durch weitere osteuropäische Staaten zu rechnen. Die Bestimmungen des Übereinkommens sind bereits während der Verhandlungen und auch nach der Zeichnung am 21. April 1961 mit den beteiligten Ressorts, den Landesjustizverwaltungen und den deutschen Wirtschaftskreisen erörtert worden. Zu dem Übereinkommen ist im einzelnen folgendes zu bemerken:
ZU ARTIKEL I Artikel I betrifft den sachlichen Anwendungsbereich des Übereinkommens. Bei seiner Bestimmung sind zwei Merkmale verwendet worden: Als erste Voraussetzung muß in einer Schiedsvereinbarung eine vertragliche Grundlage des schiedsrichterlichen Verfahrens gegeben sein. Das zweite Merkmal ist der internationale Charakter des Handelsgeschäfts, für das die Schiedsvereinbarung abgeschlossen worden ist. Die Schiedsvereinbarung kann bereits entstandene Streitigkeiten betreffen (sogenannte Schiedsabrede, compromis); sie kann sich aber auch auf künftig entstehende Streitigkeiten beziehen (sogenannte Schiedsklausel, clause compromissoire). Diese Gleichbehandlung der Schiedsabrede und der Schiedsklausel findet sich auch in Artikel II Abs. 1 des UN-Übereinkommens vom 10. Juni 1958; sie entspricht einer allgemeinen, begrüßenswerten Entwicklung im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit. Für die Form der Schiedsvereinbarung ist in Artikel I Abs. 2 Buchstabe a des Übereinkommens im Interesse der Rechtssicherheit eine ausdrückliche Regelung getroffen worden, wie dies auch in Artikel II Abs. 2 des UN-Übereinkommens geschehen ist. Die Begriffsbestimmung in Artikel I Abs. 2 Buchstabe a des vorliegenden Übereinkommens Schütze
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deckt sich in ihrem ersten Teil mit der des UN-Übereinkommens. Die Schiedsvereinbarung muß danach in einer Urkunde, die von den Parteien unterzeichnet ist, oder in Briefen, Telegrammen oder Fernschreiben enthalten sein, welche die Parteien gewechselt haben. Die erste Form bedeutet, daß die Urkunde, in welcher die Schiedsvereinbarung enthalten ist – der sogenannte Hauptvertrag (in der Regel ein Kaufvertrag) mit Schiedsklausel oder die besondere Urkunde, in der nur die Schiedsabrede enthalten ist –, von beiden Partien eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet sein muß; es wird also hier wie in § 1027 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO die strenge Schriftform des § 126 BGB gefordert. Die zweite Möglichkeit bringt demgegenüber eine wesentliche Erleichterung der Form. Mit der Zulassung eines Wechsels von Briefen, Telegrammen oder Fernschreiben wird, ähnlich wie in § 127 BGB, die strenge Schriftlichkeit gelockert. Daß hier über das UN-Übereinkommen hinaus auch Fernschreiben erwähnt werden, bedeutet nur im Wortlaut, jedoch nicht in der Sache eine Abweichung. Dagegen ist die sogenannte halbe Schriftform, d.h. die schriftliche Erklärung einer Partei bei mündlicher Zustimmung der anderen oder die schriftliche Bestätigung einer mündlich getroffenen Abrede durch eine Partei, nicht allgemein zugelassen. Auch in diesem Punkt folgt das neue Übereinkommen aus Gründen der Klarheit und Sicherheit im internationalen Verkehr dem UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 (vgl. Denkschrift der Bundesregierung a.a.O., S. 25). In Artikel I Abs. 2 Buchstabe a Halbsatz 2 ist aber für die Rechtsbeziehungen zweier Vertragsstaaten eine weitere wichtige Erleichterung für die Form der Schiedsvereinbarung vorgesehen. Die Schriftform braucht danach nicht eingehalten zu werden, wenn die Rechtsordnungen der beiden Vertragsstaaten, die für die Schiedsvereinbarung maßgebend sind, diese nicht verlangen. Alsdann soll die Form genügen, die in dem innerstaatlichen Recht der betreffenden Vertragsstaaten vorgesehen ist. So könnte eine mündlich getroffene Schiedsvereinbarung (vgl. § 1027 Abs. 2 ZPO) gültig sein, wenn die beiden in Frage kommenden Rechtsordnungen diese Ausnahme enthalten. – Die Regelung, die gegenüber dem UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 neu ist, will einen Eingriff in das nationale Recht vermeiden, weil er für den engen bilateralen Anwendungsbereich der Lockerung nicht notwendig ist. Die Schiedsvereinbarung muß zur Regelung von Streitigkeiten aus internationalen Handelsgeschäften abgeschlossen worden sein. Hierin liegt eine Einschränkung gegenüber dem Anwendungsbereich des UN-Übereinkommens vom 10. Juni 1958. Während das UN-Übereinkommen auf Schiedsvereinbarungen und Schiedssprüche sowohl in Zivilsachen als auch in Handelssachen anzuwenden ist (vgl. Artikel I Abs. 3 Satz 2), gilt das vorhergehende Übereinkommen nur für Streitigkeiten in Handelssachen. Dies erklärt sich daraus, daß das Übereinkommen vornehmlich für die Ost-West-Beziehungen bestimmt ist, bei denen der Handelsverkehr im Vordergrund steht. Der Begriff des Handelsgeschäfts bestimmt sich nach dem innerstaatlichen Recht der im Einzelfall beteiligten Vertragsstaaten. Nach diesem Recht ist auch z.B. zu beurteilen, ob Beförderungsverträge unter das Übereinkommen fallen. Das Handelsgeschäft, auf das sich die Schiedsvereinbarung bezieht, muß ein „internationales“ sein. Dieses objektive Merkmal ist in dem Übereinkommen selbst nicht näher umschrieben worden. Man hat geglaubt, daß diese Begriffsbestimmung in der Praxis nicht zu Schwierigkeiten führen wird. Ein Hauptanwendungsfall wird die Bewegung von Gütern über Staatsgrenzen hinweg sein. Jedoch ist die Anwendung des Übereinkommens weiter davon abhängig, daß die Parteien bei dem Abschluß der Schiedsvereinbarung ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder, falls es sich um juristische Personen handelt, ihren Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten haben. Zu Beginn der Beratungen war zunächst vorgeschlagen worden, nur an die Bewegung von Gütern über Staatsgrenzen hinweg 1105
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anzuknüpfen. Dieser Vorschlag ist jedoch abgelehnt worden, weil die Rechtsbeziehungen zweier Parteien, die in demselben Vertragsstaat wohnen, ohne inneren Grund nach dem Übereinkommen zu regeln gewesen wären. Das Übereinkommen knüpft an den gewöhnlichen Aufenthalt und nicht an den Wohnsitz an. Dies geschieht in neuerer Zeit häufig, um die Schwierigkeiten, die sich aus der unterschiedlichen Auslegung des Wohnsitzbegriffs in den verschiedenen Staaten ergeben können, zu vermeiden. Für den Begriff des Sitzes einer juristischen Person ist in Absatz 2 Buchstabe c des Artikels I eine möglichst reale Begriffsbestimmung gegeben worden, um eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen Theorien über den Sitz zu vermeiden. Liegt eine Schiedsvereinbarung im Sinne des Artikels I Abs. 1 Buchstabe a des Übereinkommens vor und wird auf Grund dieser Schiedsvereinbarung ein schiedsrichterliches Verfahren eingeleitet, in dessen Verlauf ein Schiedsspruch erlassen wird, so gilt das Übereinkommen auch für dieses schiedsrichterliche Verfahren und diesen Schiedsspruch (Artikel I Abs. 1 Buchstabe b). Durch Absatz 2 Buchstabe b wird klargestellt, daß das schiedsrichterliche Verfahren sowohl vor einem ad hoc-Schiedsgericht (Gelegenheitsschiedsgericht) als auch vor einem institutionellen (ständigen) Schiedsgericht durchgeführt werden kann. Diese Gleichstellung beider Arten von Schiedsgerichten entspricht internationaler Gepflogenheit (vgl. Artikel I Abs. 2 des UN Übereinkommens vom 10. Juni 1958, Pointet: „La Convention europeenne sur l’arbitrage commercial international“, Zürich 1961, S. 11); sie ist zu begrüßen.
ZU ARTIKEL II Artikel II Abs. 1 regelt eine Frage, deren Lösung schon bei den Verhandlungen in New York über das UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 angestrebt worden ist; sie konnte aber damals wegen der widerstreitenden Interessen der Vertragsstaaten nicht gelöst werden. Jetzt ist eine Übereinstimmung im Grundsatz erzielt worden. Nunmehr ist vorgesehen, daß juristische Personen des öffentlichen Rechts im Rahmen des neuen Übereinkommens die Fähigkeit haben, Schiedsvereinbarungen zu schließen. Dieser Grundsatz wird allerdings in Absatz 2 des Artikels II durchbrochen. Danach kann jeder Vertragsstaat bei der Unterzeichnung, der Ratifikation oder dem Beitritt erklären, daß er diese Fähigkeit in einem bestimmten Ausmaß, sei es für bestimmte Gruppen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, sei es für bestimmte Arten von Geschäften, beschränke. Dieser Vorbehalt wird aber voraussichtlich nur für Belgien Bedeutung erlangen (vgl. articles 1004, 83 des belgischen Code de procédure civile). Der Generalsekretär der Vereinten Nationen hat die Vertragsstaaten über einen Vorbehalt nach Artikel II Abs. 2 zu unterrichten (Artikel X Abs. 11 Buchstabe a).
ZU ARTIKEL III Nach dem innerstaatlichen Recht einiger Mitgliedstaaten der Wirtschaftskommission für Europa (Griechenland, Italien und Spanien) dürfen Ausländer bisher nicht zu Schiedsrichtern bestellt werden. Das UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 hat diese Frage nicht geregelt. Um diesen Zustand für den Bereich der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit zu ändern, ist in Artikel III das Verbot der Ausländerdiskriminierung aufgenommen worden. Schütze
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Wie sich schon aus dem Wortlaut ergibt, richtet sich Artikel III jedoch nur an den nationalen Gesetzgeber, indem er ihm die Möglichkeit nimmt, Ausländer von dem Schiedsrichteramt kraft Gesetzes auszuschließen. Dagegen steht es den Parteien der Schiedsvereinbarung frei, bestimmte Personengruppen, also auch Ausländer, vertraglich von dem Schiedsrichteramt auszuschließen. Dies folgt aus dem Grundsatz der Parteiautonomie, der die Schiedsgerichtsbarkeit beherrscht.
ZU ARTIKEL IV Artikel IV betrifft die Gestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens und insbesondere die Frage, wie das Schiedsgericht bei einer Streitigkeit aus einem internationalen Handelsgeschäft im Sinne des Übereinkommens zu bilden ist. Diese Vorschrift ist das Kernstück des Übereinkommens. Sie ist erst nach langen Erörterungen angenommen worden und trägt den Charakter einer Kompromißlösung zwischen den Auffassungen der Staaten des Westens und denen des Ostens (vgl. Robert aaO S. 177), dies gilt insbesondere für die Absätze 2 bis 7 des Artikels IV. Über den Absatz 1 des Artikels IV hat sich bei den Verhandlungen verhältnismäßig leicht Übereinstimmung erzielen lassen. Oberster Grundsatz für die Gestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens ist der freie Wille der Parteien, wie dies der modernen Entwicklung der Schiedsgerichtsbarkeit entspricht. Die Parteien können in der Schiedsvereinbarung selbst oder auch später alle Bestimmungen treffen, die das schiedsrichterliche Verfahren regeln. In Artikel IV Abs. 1 sind die verschiedenen Möglichkeiten aufgezählt. Nach den Buchstaben a und b haben die Parteien die freie Wahl zwischen einem ständigen Schiedsgericht und einem ad hoc-Schiedsgericht, wie es in der Begriffsbestimmung in Artikel I Abs. 2 Buchstabe b bereits angedeutet ist. Unterwerfen die Parteien ihre Streitigkeit der Regelung durch ein ständiges Schiedsgericht, so wird das Verfahren nach dessen Schiedsgerichtsordnung durchgeführt (Artikel IV Abs. 1 Buchstabe a). Unterwerfen die Parteien ihre Streitigkeit der Regelung durch ein ad hoc-Schiedsgericht, so können sie auch alle weiteren Bestimmungen für das schiedsrichterliche Verfahren selbst treffen. Als Beispiele dafür sind in Artikel IV Abs. 1 Buchstabe b Nr. 1 bis 3 folgende Maßnahmen zur Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens ausdrücklich genannt: die Bestellung der Schiedsrichter oder die Bestimmung des Ernennungsverfahrens (Nummer 1), die Bestimmung des Ortes, an dem das schiedsrichterliche Verfahren durchgeführt werden soll (Arbitrageort Nummer 2) und die Festlegung der Verfahrensregeln, welche die Schiedsrichter einzuhalten haben (Nummer 3). Nummer 3 wird nur dann Bedeutung gewinnen, wenn die Parteien den Arbitrageort nach Nummer 2 nicht bestimmt haben; denn die Bestimmung des Ortes, an dem das schiedsrichterliche Verfahren durchgeführt werden soll, bedeutet nach allgemeiner internationaler Rechtsansicht in der Regel zugleich auch die Bestimmung des Verfahrensrechts, das die Schiedsrichter einzuhalten haben. Für den Fall, daß die Parteien in der Schiedsvereinbarung keine oder nur eine unvollkommene Regelung getroffen haben und sich auch später nicht über die zu treffenden Maßnahmen einigen, und für den Fall, daß eine Partei ihren Pflichten aus der Schiedsvereinbarung – z.B. zur Bestellung eines Schiedsrichters – nicht nachkommt, enthalten die Abatze 2 bis 7 eine nähere Regelung. Diese soll den Parteiwillen, der nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen ist, ergänzen oder ersetzen. Die Vorschriften werden in den Fällen der sogenannten Blanko-Klausel Bedeutung gewinnen, d.h. bei einer Schiedsvereinbarung, in der nur gesagt ist, daß etwaige künftige Streitigkeiten aus dem 1107
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Hauptvertrage unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht entschieden werden sollen. Die Absätze 2 bis 7 des Artikels IV enthalten also nur eine subsidiäre Regelung. Es sollte aber nach der Meinung der Unterhändler alles getan werden, daß sie nicht einzugreifen braucht. Dies ergibt sich aus der Schlußakte der Sondertagung vom 21. April 1961, in der unter Nummer 15 folgende Empfehlung enthalten ist: „15. Die Sondertagung der Bevollmächtigten, In der Erwägung, daß die Bestimmungen der Absätze 2 bis 7 des Artikels IV nur subsidiären Charakter haben, Empfiehlt: 1. den an der Schiedsgerichtsbarkeit interessierten Parteien, in ihre Schiedsvereinbarung wenigstens die Angabe des Ortes, an dem das schiedsrichterliche Verfahren durchgeführt werden soll, oder der Art des Schiedsgerichts (ständiges Schiedsgericht oder ad hoc-Schiedsgericht) aufzunehmen; 2. den Arbeitsgruppen, die im Rahmen der Wirtschaftskommission für Europa mit der Ausarbeitung Allgemeiner Lieferbedingungen beauftragt sind, in den Lieferbedingungen nicht die Blanko-Schiedsklausel (Schiedsvereinbarung ohne jegliche Angabe des Ortes, an dem das schiedsrichterliche Verfahren durchgeführt werden soll, oder der Art des Schiedsgerichts – ständiges Schiedsgericht oder ad hoc-Schiedsgericht) vorzusehen. Diese Empfehlung ist mit großer Mehrheit gegen zwei Stimmen (Österreich und Türkei) angenommen worden. Die Absätze 2 bis 7, deren Regelung im einzelnen noch darzulegen sein wird, enthalten folgende Grundsätze: Haben die Parteien den Arbitrageort bestimmt, so werden die etwa erforderlichen Maßnahmen für die Gestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens auf Antrag einer Partei von dem Präsidenten der Handelskammer des Arbitrageortes oder des gewöhnlichen Aufenthalts oder Sitzes der säumigen Partei getroffen. Haben die Parteien den Arbitrageort nicht bestimmt, so werden die erforderlichen Maßnahmen – hier auch die Bestimmung des Arbitrageortes selbst – auf Antrag des Klägers nach seiner Wahl entweder von dem Präsidenten der Handelskammer des gewöhnlichen Aufenthalts oder des Sitzes des Beklagten oder von einem Besonderen Komitee getroffen, dessen Zusammensetzung in der Anlage zu dem Übereinkommen festgelegt ist. Verabsäumt es der abgerufene Präsident der Handelskammer, diese Maßnahmen zu treffen, so ist dieses Besondere Komitee stets zuständig. Im einzelnen ist die Regelung folgende: In den Absätzen 2 und 3 des Artikels IV sind die Fragen genannt, die von dem Präsidenten der Handelskammer oder von dem Besonderen Komitee gelöst werden müssen, wenn die Parteien ihre Streitigkeiten einem ad hoc-Schiedsgericht unterworfen haben. Ist die Regelung der Streitigkeit einem bestimmten ständigen Schiedsgericht unterworfen worden, so ist es naturgemäß dessen Aufgabe, die offenen Fragen zu lösen, so daß es in diesem Falle nicht zu einer Anrufung des Präsidenten der Handelskammer kommt. Absatz 2 betrifft die Bestellung der Schiedsrichter für ein ad hoc-Schiedsgericht; er knüpft an Artikel IV Abs. 1 Buchstabe b Nr. 1 an. Der Kläger muß dem Beklagten mitteilen, daß er das Schiedsgericht anrufen will; er wird in dieser Mitteilung in der Regel zugleich seinen Schiedsrichter benennen. Diese Mitteilung muß dem Beklagten zugestellt werden; die Form der Zustellung bestimmt sich nach dem innerstaatlichen Recht der beteiligten Vertragsstaaten und den zwischen ihnen geltenden internationalen Verträgen. Der Beklagte muß sodann innerhalb von dreißig Tagen, nachdem ihm diese MitSchütze
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d. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit
teilung zugestellt worden ist, seinerseits einen Schiedsrichter bestellen. Tut er dies nicht, so wird dieser Schiedsrichter – sofern nicht eine andere Art der Bestellung vereinbart ist – auf Antrag des Klägers von dem Präsidenten der zuständigen Handelskammer des Staates bestellt, in dem der Beklagte bei Stellung des Antrages seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Sitz hat. Muß ein so bestellter Schiedsrichter später ersetzt werden, so gilt diese Regelung entsprechend (Artikel IV Abs. 2 Satz 2). Absatz 2 gilt auch für den umgekehrten Fall, daß der Kläger es unterläßt, seinen Schiedsrichter zu bestellen. Dies dürfte in der Praxis allerdings kaum vorkommen. Absatz 3 des Artikels IV betrifft die Fragen, die mit dem schiedsrichterlichen Verfahren vor einem ad hoc-Schiedsgericht unmittelbar zusammenhängen. In der Einleitung des Absatzes 3 ist nochmals der Grundsatz hervorgehoben, daß es in erster Linie den Parteien zusteht, die Einzelheiten des schiedsrichterlichen Verfahrens zu regeln. Nur dann, wenn sich die Parteien in der Schiedsvereinbarung selbst oder nachträglich über die erforderlichen Maßnahmen nicht einigen, ist Absatz 3 anzuwenden. Haben sich die Parteien nicht geeinigt, so ist es in zweiter Linie Sache der Schiedsrichter, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Erst wenn auch die Schiedsrichter sich über die notwendigen Maßnahmen nicht einigen können, kann der Präsident der zuständigen Handelskammer oder das Besondere Komitee, das durch das Übereinkommen geschaffen wird, angerufen werden. Das gleiche gilt für den Sonderfall, daß sich die Parteien über die Person des Einzelschiedsrichters nicht einigen können. Für beide Fälle ist in Absatz 3 zwischen zwei Möglichkeiten unterschieden: Haben die Parteien den Arbitrageort bestimmt, so kann der Kläger nach seiner Wahl den Präsidenten der zuständigen Handelskammer im Lande des bestimmten Arbitrageortes oder im Lande des Beklagten anrufen. Haben die Parteien den Arbitrageort nicht bestimmt, so kann der Kläger nach seiner Wahl den Präsidenten der zuständigen Handelskammer im Lande des Beklagten oder das Besondere Komitee anrufen. Nach Artikel IV Abs. 3 Satz 3 geht diese Befugnis des Klägers, wenn er sie nicht ausübt, auf den Beklagten oder auf die Schiedsrichter über. Der Beklagte kann ein Interesse daran haben, diese Befugnisse auszuüben, damit das schiedsrichterliche Verfahren fortgesetzt werden kann und gegebenenfalls zu einer Abweisung der Klage führt. Der Übergang der Befugnis auf die Schiedsrichter kann Bedeutung haben für den Fall, daß sich die Schiedsrichter über die Festlegung von bestimmten Verfahrensregeln und Verfahrensfristen oder über den Arbitrageort nicht einigen können. In Absatz 4 des Artikels IV sind die Befugnisse des Präsidenten der Handelskammer und des Besonderen Komitees näher festgelegt. Nach Buchstabe a kann der Präsident oder das Komitee den Einzelschiedsrichter, den Obmann des Schiedsgerichts, den Oberschiedsrichter oder den dritten Schiedsrichter bestellen. In dem Bericht der Sondertagung der Bevollmächtigten (Dokument E/ECE/ TRADE/47 vom 20. April 1961), der am 20. April 1961 verabschiedet worden ist (vgl. Nummer 11 der Schlußakte vom 21. April 1961), sind unter Nummer 7 Begriffsbestimmungen für die drei zuletzt genannten Arten von Schiedsrichtern festgelegt, die für die spätere Auslegung des Übereinkommens maßgebend sein sollen. Danach bedeutet Obmann des Schiedsgerichts (arbitre président, presiding arbitrator) einen Schiedsrichter, der mit den anderen Schiedsrichtern ein Schiedsrichterkollegium ungerader Zahl bildet, und in diesem den Vorsitz führt; Oberschiedsrichter (super-arbitre, umpire) einen Schiedsrichter, der als einziger Schiedsrichter entscheidet, wenn sich zwei von den Parteien bestellte Schiedsrichter über die Entscheidung der sachlichen Streitigkeit nicht einigen können; 1109
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dritter Schiedsrichter (tiers-arbitre, referee) einen Schiedsrichter, der bei der Entscheidung der sachlichen Streitigkeit den Ausschlag gibt, indem er sich der Ansicht eines der beiden Schiedsrichter, die von den Parteien bestellt worden sind und die sich nicht einigen können, anschließt. Nach Buchstabe b kann der Präsident oder das Besondere Komitee Schiedsrichter ersetzen, sofern sie nicht nach Absatz 2 des Artikels IV bestellt worden sind. Hierbei gewinnt jedoch Bedeutung, daß die Parteien nach Artikel IV Abs. 1 Buchstabe b Nr. 1 ein Verfahren der Bestellung vereinbaren können, das von Artikel IV Abs. 2 abweicht. Angesichts der subsidiären Geltung des Absatzes 2 hat der Präsident oder das Besondere Komitee dieses von den Parteien festgelegte Verfahren zu beachten; ist es eingehalten worden, so steht ihm die Befugnis nach Artikel IV Abs. 4 Buchstabe b nicht zu. Der Präsident oder das Besondere Komitee kann nach Buchstabe c den Arbitrageort bestimmen, sofern die Parteien dies noch nicht getan haben (Absatz 1 Buchstabe b Nr. 2). Jedoch können die Schiedsrichter diese Entscheidung des Präsidenten oder des Besonderen Komitees ändern, zum Beispiel, weil der von dem Präsidenten bestimmte Arbitrageort ungünstig gelegen ist oder nicht erreicht werden kann. Den Parteien selbst steht eine nachträgliche Änderung der Bestimmung des Arbitrageortes nicht zu; der Grundsatz der Parteiautonomie ist hier durchbrochen, um Verzögerungen des schiedsrichterlichen Verfahrens zu vermeiden und die Unabhängigkeit des Schiedsgerichts zu wahren. Haben die Parteien oder die Schiedsrichter die Verfahrensregeln noch nicht festgelegt, so steht diese Befugnis dem Präsidenten oder dem Besonderen Komitee zu (Buchstabe d). Auch hier knüpft das Übereinkommen wieder an die Unterscheidung zwischen ständigen Schiedsgerichten und ad hoc-Schiedsgerichten an: der Präsident oder das Komitee kann entweder die Verfahrensregeln unmittelbar festlegen – und wird dies für ein ad hoc-Schiedsgericht tun – oder durch Verweisung auf die Schiedsgerichtsordnung eines ständigen Schiedsgerichts (z.B. die Vergleichs- und Schiedsordnung der Internationalen Handelskammer vom l. Juni 1955 oder die Schiedsgerichtsordnung der Außenhandels-Arbitragekommission der Handelskammer der UdSSR) bestimmen. Absatz 5 des Artikels IV betrifft die Bestimmung eines ständigen Schiedsgerichts, wenn die Parteien vereinbart haben, daß ihre Streitigkeit durch ein solches Schiedsgericht entschieden werden soll, es jedoch unterlassen haben, in der Schiedsvereinbarung vorzusehen, welches bestimmte ständige Schiedsgericht zuständig sein soll, und wenn sie sich hierüber auch nachträglich nicht einigen können. In diesem Fall hat der Kläger die Befugnisse nach Absatz 3. Das ständige Schiedsgericht, das den Fall entscheiden soll, wird also auf Antrag des Klägers bestimmt, wenn die Parteien den Arbitrageort festgelegt haben, nach Wahl des Klägers von dem Präsidenten der zuständigen Handelskammer im Lande des Arbitrageortes oder im Lande des Beklagten oder, wenn die Parteien den Arbitrageort nicht festgelegt haben, nach Wahl des Klägers von dem Präsidenten der zuständigen Handelskammer im Lande des Beklagten oder von dem Besonderen Komitee. In Absatz 6 des Artikels IV ist der Fall der Blanko-Schiedsklausel behandelt, in dem die Parteien weder in der Schiedsvereinbarung noch nachträglich festgelegt haben, ob ihre Streitigkeit von einem ständigen Schiedsgericht oder von einem ad-hoc-Schiedsgericht entschieden werden soll. In diesem Fall kann der Kläger eine Ergänzung der Schiedsvereinbarung nach Absatz 3 bei der zuständigen Stelle (d.h. bei dem Präsidenten der Handelskammer oder bei dem Besonderen Komitee) beantragen. Diese Stelle kann die Parteien an ein bestimmtes ständiges Schiedsgericht verweisen oder ihnen aufgeben, innerhalb einer festgesetzten Frist ihre Schiedsrichter zu bestellen und sich über die weiSchütze
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teren erforderlichen Maßnahmen zu einigen. Gelingt dies nicht, so gelten wiederum die Absätze 2 bis 4 des Artikels IV. Durch Absatz 7 des Artikels IV soll sichergestellt werden, daß die Maßnahmen, die zur Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens erforderlich sind, auch wirklich getroffen werden. Wird ein Antrag der nach den Absätzen 2 bis 6 bei dem Präsidenten der zuständigen Handelskammer gestellt worden ist, nicht innerhalb von 60 Tagen erledigt, so geht die Zuständigkeit auf das Besondere Komitee über. Zu den Absätzen 2 bis 7 ist ergänzend folgendes zu bemerken: Die Frage, welche Handelskammer in dem Staat, in dem der von den Parteien bestimmte Arbitrageort liegt oder in dem der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Sitz hat, zuständig ist, richtet sich nach dem innerstaatlichen Recht dieses Staates. Nach Artikel X Abs. 6 des Übereinkommens sind die Vertragsstaaten verpflichtet, bei der Unterzeichnung des Übereinkommens, bei der Ratifikation oder beim Beitritt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen die Liste der Handelskammern oder anderen Institutionen mitzuteilen, deren Präsidenten die Aufgaben erfüllen sollen, die durch Artikel IV den Präsidenten der zuständigen Handelskammer übertragen werden. Einige Staaten haben dies bereits getan. So sind folgende Institutionen als zuständig im Sinne der Artikel IV, X Abs. 6 des Übereinkommens bezeichnet worden. In Bulgarien: Metodi Popoff, Präsident der Handelskammer der Volksrepublik Bulgarien in Sofia, in Italien: die Italienische Gesellschaft für Schiedsgerichtsbarkeit (Associazione Italiana per l’Arbitrato) in Rom, in Polen: der Präsident der Polnischen Außenhandelskammer (Polska Izba Handlu Zagramcznego), Warschau, Trebacha-Straße 4, in Rumänien: der Vorsitzende der rumänischen Handelskammer in Bukarest, in der UdSSR: die All-Unions Handelskammer in Moskau. Für die Bundesrepublik Deutschland ist auf Grund einer gemeinsamen Entschließung der deutschen Wirtschaftskreise der Deutsche Ausschuß für Schiedsgerichtswesen, Bonn, Markt 26 bis 32, benannt worden. Die Zusammensetzung und das Verfahren des Besonderen Komitees, das in den Absätzen 3 bis 7 des Artikels IV erwähnt ist, sind in der Anlage zu dem Übereinkommen geregelt. Die Anlage wird hier anschließend erörtert.
ZU DER ANLAGE DES ÜBEREINKOMMENS Das Besondere Komitee soll als eine neutrale Stelle die Meinungsverschiedenheiten regeln, die bei der Gestaltung des schiedsrichterlichen Verfahrens zwischen den Parteien der Schiedsvereinbarung auftreten können. Da das Übereinkommen in erster Linie für den Handel zwischen den Staaten des Westens und den Staaten des Ostens Bedeutung haben wird, ist bei den Beratungen über die Zusammensetzung des Besonderen Komitees an diese territoriale Zweckbestimmung angeknüpft worden. Es sind zwei Gruppen von Staaten gebildet worden: Die „Staaten, in denen Landesgruppen (Nationalkomitees) der Internationalen Handelskammer bestehen“ und die „Staaten, in denen keine Landesgruppen (Nationalkomitees) der Internationalen Handelskammer bestehen“. Landesgruppen der Internationalen Handelskammer bestehen zur Zeit in folgenden Staaten: Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Ceylon, Dänemark, Bundesrepublik Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, Indien, Iran, Israel, Italien, Japan, Jugoslawien, Kambodscha, Ka1111
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Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
nada, Kolumbien, Süd-Korea, Luxemburg, Madagaskar, Marokko, Mexiko, Niederlande, Norwegen, Österreich, Pakistan, Peru, Philippinen, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Südafrika, Thailand, Türkei, Uruguay, Vereinigte Staaten von Amerika, Süd-Vietnam. Die Staaten, in denen die Internationale Handelskammer in Europa vertreten ist, können hier – unbeschadet der Stellung Jugoslawiens – kurz als Staaten des Westens bezeichnet werden. Die Staaten, in denen keine Landesgruppen (Nationalkomitees) bestehen, umfassen praktisch den Osten Europas. Das Besondere Komitee wird wie folgt gebildet: Das Komitee besteht aus zwei ordentlichen Mitgliedern und einem Vorsitzenden. Die Staaten des Westens wählen über die Handelskammern oder andere Institutionen, die nach Artikel X Abs. 6 des Übereinkommens bezeichnet sind, für die Dauer von vier Jahren ein ordentliches Mitglied und ein stellvertretendes Mitglied. Ebenso verfahren die Staaten des Ostens über die von ihnen bezeichneten Institutionen. Jede der beiden Gruppen von Staaten wählt für einen Zeitraum von vier Jahren ferner je einen Vorsitzenden und je einen stellvertretenden Vorsitzenden. Die so gewählten Vorsitzenden üben ihr Amt abwechselnd für jeweils zwei Jahre aus; der erste Vorsitzende nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens wird durch das Los bestimmt. Die ersten Wahlen zu dem Besonderen Komitee sollen innerhalb von 90 Tagen nach Hinterlegung der fünften Ratifikationsurkunde, also bis zum Inkrafttreten des Übereinkommens (Artikel X Abs. 8) stattfinden. Jeder Staat hat bei der Wahl nur eine Stimme (vgl. Nummer 22 des Berichts, Dokument E/ECE/TRADE 47). Ein Stimmrecht haben auch die Staaten, die das Übereinkommen noch nicht ratifiziert, jedoch schon gezeichnet haben. Die Ergebnisse der Wahlen sind dem Generalsekretär der Vereinten Nationen mitzuteilen. Dieser notifiziert sie den möglichen Vertragsstaaten (vgl. Artikel X Abs. 1 und 2). Nach Nummer 15 Abs. 2 des Schlußakte sollen die an den Wahlen beteiligten Handelskammern und anderen Institutionen mit dem Besonderen Komitee eng zusammenarbeiten, um die Schiedsgerichtsbarkeit zu fordern. Zu dem Verfahren vor dem Besonderen Komitee ist folgendes zu bemerken: Anträge nach Artikel IV Abs. 3 bis 7 des Übereinkommens sind bei dem Exekutivsekretär der Wirtschaftskommission für Europa in Genf einzureichen. Der Exekutivsekretär legt den Antrag zunächst demjenigen ordentlichen Mitglied des Komitees vor, das von der Staatengruppe gewählt worden ist, die den derzeit amtierenden Vorsitzenden nicht stellt. Dieses Mitglied macht einen Vorschlag, der von dem Exekutivsekretär dem anderen ordentlichen Mitglied übermittelt wird. Ist dieser einverstanden, so gilt die vorgeschlagene Lösung als Entscheidung des Komitees. Läßt sich auf diese Weise im schriftlichen Verfahren eine Einigung nicht erzielen, so wird eine Sitzung des Komitees nach Genf einberufen, an der auch der Vorsitzende teilnimmt. Wird das Komitee nicht einig, so entscheidet es mit Stimmenmehrheit. Die Kosten, die durch die Anrufung des Komitees entstehen, müssen zunächst von dem Antragsteller entrichtet werden, sie können jedoch später in dem schiedsrichterlichen Verfahren als Kosten geltend gemacht werden. Die Regelung in den Absätzen 2 bis 7 des Artikels IV in Verbindung mit der Anlage zu dem Übereinkommen ist schwerfällig und wenig übersichtlich. Dies erklärt sich aus der Kompromißnatur dieser Vorschriften, in denen ein Ausgleich zwischen den Interessen der Staaten des westlichen und denen des östlichen Europas gesucht worden ist. Diese Bestimmungen werden zwar für den Verkehr zwischen West und Ost Bedeutung haben können, sie erscheinen aber nicht geeignet im Verhältnis zwischen Staaten, deren wirtschaftliche und rechtliche Grundordnung gleich ist. Schütze
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d. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit
Deshalb ist schon während der Verhandlungen in Genf der Gedanke aufgetaucht, die schwerfällige Regelung in den Absätzen 2 bis 7 des Artikels IV des Übereinkommens für den Rechtsverkehr zwischen den Staaten des Westens abzubedingen. Die rechtliche Möglichkeit hierzu ist in Artikel X Abs. 7 des Übereinkommens vorgesehen. Danach lassen die Bestimmungen des Übereinkommens die Gültigkeit mehrseitiger oder zweiseitiger Verträge, welche die Vertragsstaaten auf dem Gebiete der Schiedsgerichtsbarkeit geschlossen haben oder noch schließen werden, unberührt. Auf Grund dieser Erwägungen ist im Rahmen des Europarats von einem Sachverständigenausschuß für die Schiedsgerichtsbarkeit die Vereinbarung über die Anwendung des Europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit ausgearbeitet worden. Sie ist am 17. Dezember 1962 in Paris zur Zeichnung aufgelegt worden. Durch diese Vereinbarung werden die Absätze 2 bis 7 des Artikels IV des Genfer Übereinkommens im Verkehr unter den Staaten des Westens durch folgende Vorschrift ersetzt: „Enthält die Schiedsvereinbarung keine Angaben über die Gesamtheit oder einen Teil der in Artikel IV Abs. 1 des Europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit bezeichneten Maßnahmen, so werden die bei der Bildung oder der Tätigkeit des Schiedsgerichts etwa entstehenden Schwierigkeiten auf Antrag einer Partei durch das zuständige staatliche Gericht behoben.“ Damit die hier erörterte Regelung des Genfer Übereinkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den übrigen Staaten des Westens nicht erst in Kraft tritt, wird der Entwurf eines Zustimmungsgesetzes zu jener Vereinbarung zugleich mit diesem Entwurf vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf diese besondere Regierungsvorlage Bezug genommen.
ZU ARTIKEL V Artikel V behandelt die Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts, die in dem schiedsrichterlichen Verfahren selbst erhoben wird. In dieser Vorschrift sind für den Bereich der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit zwei Fragen gelöst. Einmal wird geregelt, bis zu welchem Zeitpunkt die Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts in dem schiedsrichterlichen Verfahren vorgebracht werden muß (Absätze 1 und 2); zum anderen wird die sogenannte Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts behandelt, d.h. die Frage, ob dem Schiedsgericht die Befugnis zusteht, mit bindender Wirkung für die staatlichen Gerichte über seine eigene Zuständigkeit zu entscheiden (Absatz 3). Die Lösung der ersten Frage entspricht im Grundsatz der Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland. Danach ist zwar eine Partei nicht gezwungen, die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts vor der Einlassung zur Hauptsache des Rechtsstreits zu rügen, jedoch liegt in einer rügelosen Einlassung zur Hauptsache regelmäßig der Abschluß einer neuen Schiedsvereinbarung, der zu einem Verlust des Rügerechts führt (vgl. Stein-Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 18. Auflage, § 1041 Anm. III 1 a bei Fußnote 18). In Artikel V Abs. 1 des Übereinkommens sind zwei Gruppen von Einreden gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts unterschieden. Die erste Gruppe hängt mit dem Bestand der Schiedsvereinbarung zusammen. Will eine Partei geltend machen, die Schiedsvereinbarung bestehe nicht, sei nichtig oder hinfällig geworden, so muß sie dies spätestens gleichzeitig mit der Einlassung zur Hauptsache vorbringen. Unter diese Gruppe fallen z.B. die Einreden auf Grund eines Formmangels der Schiedsvereinbarung (vgl. Artikel I Abs. 2 Buchstabe a, für das innerstaatliche 1113
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Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
Recht § 1027 Abs. 1 ZPO und Stein-Jonas a.a.O. § 1041 Anm III 1 a), auf Grund der mangelnden Geschäftsfähigkeit der Parteien oder wegen Erlöschens der Schiedsvereinbarung infolge Zeitablaufs. Die zweite Gruppe der Einreden beruht auf der Tatsache, daß das Schiedsgericht seine Zuständigkeit überschreitet, d.h. daß es über einen Streitpunkt entscheiden will, der von der Schiedsvereinbarung nicht gedeckt wird. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn das Schiedsgericht über die Einrede der Aufrechnung entscheiden will, obgleich die Schiedsvereinbarung das Rechtsverhältnis, aus dem diese Einrede erwachsen ist, nicht erfasst. Diese zweite Gruppe von Einreden muß in dem schiedsrichterlichen Verfahren vorgebracht werden, sobald der Streitpunkt, der die Befugnisse des Schiedsgerichts überschreitet, in dem schiedsrichterlichen Verfahren vorgebracht wird. Zweck dieser Regelung ist es, das schiedsrichterliche Verfahren möglichst zu beschleunigen und etwaigen Verschleppungsabsichten einer böswilligen Partei zu begegnen. Eine solche Absicht kann nicht unterstellt werden, wenn eine Partei, welche die Einrede erst in einem späteren Zeitpunkt vorbringt, dartut, daß sie hierzu aus einem beachtlichen Grunde früher nicht in der Lage war. Deshalb wird in Satz 2 des Absatzes 1 dem Schiedsgericht die Befugnis eingeräumt, eine verspätet erhobene Einrede dennoch zuzulassen, wenn die Verspätung auf einem Grunde beruht, den das Schiedsgericht nach pflichtmäßigem Ermessen für gerechtfertigt hält. Weist das Schiedsgericht eine Einrede als verspätet zurück, so kann das staatliche Gericht, das später mit einem Verfahren über die Hauptsache des Rechtsstreits oder mit der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches befaßt wird, diese Entscheidung des Schiedsgerichts nachprüfen (Artikel V Abs. 2 Satz 2). Absatz 2 des Artikels V enthält als Sanktion für ein verspätetes Vorbringen der Einreden gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts deren Ausschluß für den weiteren Verlauf des schiedsrichterlichen Verfahrens und auch für ein späteres Verfahren über die Hauptsache oder über die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches vor einem staatlichen Gericht. Diese Ausschlußwirkung gilt jedoch nur für solche Einreden, auf welche die Parteien verzichten können. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich für das schiedsrichterliche Verfahren nach dem Recht, welches das Schiedsgericht anzuwenden hat, für ein späteres Verfahren vor dem staatlichen Gericht ist die Frage nach dem Recht zu beurteilen, das dieses Gericht nach seinen Kollisionsnormen anzuwenden hat. So kann das Schiedsgericht die Frage, ob eine Einrede verzichtbar ist, im Einzelfall unter Umständen anders beurteilen als das staatliche Gericht. Ein solcher Fall wird aber selten sein. Die zweite Frage, ob das Schiedsgericht über seine eigene Zuständigkeit mit bindender Wirkung für die staatlichen Gerichte entscheiden kann (sog. Kompetenz-Kompetenz), ist in Absatz 3 des Artikels V im Grundsatz verneint worden. Es erschien der großen Mehrheit der Delegationen nicht annehmbar, das Schiedsgericht endgültig, d.h. mit bindender Wirkung für die staatlichen Gerichte, gerade über die Zulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens entscheiden zu lassen. Das Schiedsgericht kann zwar, wenn seine Zuständigkeit bestritten wird, das Verfahren fortsetzen und zunächst über seine eigene Zuständigkeit und über das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden. Diese Entscheidung, die sowohl nebenher als auch ausdrücklich getroffen werden kann, steht jedoch unter dem Vorbehalt einer späteren Nachprüfung durch ein staatliches Gericht, das mit der Hauptsache, der Vollstreckbarerklärung oder der Aufhebung des Schiedsspruches befaßt wird. Nur in den Staaten, in denen den Gerichten eine solche Nachprüfung nicht eingeräumt ist (z.B. in den Oststaaten), wird damit dem Schiedsgericht ausnahmsweise die Kompetenz-Kompetenz zugelegt.
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d. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit
ZU ARTIKEL VI Während Artikel V sich auf das schiedsrichterliche Verfahren bezieht, regelt Artikel VI die Fälle, in denen eine Partei das staatliche Gericht in einer Streitigkeit anruft, für die eine Schiedsvereinbarung eingeschlossen worden ist, und die andere Partei die Zuständigkeit des staatlichen Gerichts deshalb bestreitet. Artikel VI soll verhindern, daß gleichzeitig vor dem staatlichen Gericht und vor dem Schiedsgericht über dieselbe Streitigkeit je ein Verfahren läuft. Die Vorschrift knüpft an den Grundgedanken an, der in Artikel II Abs. 3 des UN-Übereinkommens vom 10. Juni 1958 enthalten ist. Nach jener Vorschrift hat ein staatliches Gericht eines Vertragsstaates, das wegen eines Streitgegenstandes angerufen wird, hinsichtlich dessen eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen worden ist, die Parteien grundsätzlich auf das schiedsrichterliche Verfahren zu verweisen. Der Grundgedanke dieser Bestimmung ist in Artikel VI des vorhegenden Übereinkommens weiter entwickelt worden. Für die Anwendung des Artikels VI sind zwei Fälle zu unterscheiden. Ruft eine Partei der Schiedsvereinbarung ein staatliches Gericht an, bevor ein schiedsrichterliches Verfahren eingeleitet worden ist, und will der Beklagte mit Rücksicht auf das Bestehen der Schiedsvereinbarung die Zuständigkeit des staatlichen Gerichts rügen, so muß er die Einrede der Unzuständigkeit vor oder gleichzeitig mit seiner Einlassung zur Hauptsache vorbringen. Tut er dies nicht, so ist er mit dieser Einrede ausgeschlossen (Absatz 1). Ob die Einrede vor der Einlassung zur Hauptsache oder gleichzeitig mit ihr zu erheben ist, hängt davon ab, ob diese Einrede nach dem Recht des angerufenen Gerichts verfahrensrechtlicher oder materiellrechtlicher Natur ist. Nach deutschem Zivilprozeßrecht handelt es sich um eine verfahrensrechtliche Einrede (§ 274 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Hat der Beklagte die Einrede der Unzuständigkeit nach Absatz 1 des Artikels VI rechtzeitig erhoben, so muß das staatliche Gericht prüfen, ob die Einrede begründet ist, d.h. ob die Schiedsvereinbarung besteht und ob sie gültig ist. Hierbei gewinnt die Frage, welches Recht anwendbar ist, Bedeutung. Sie ist im Absatz 2 geregelt. Handelt es sich darum, ob die Parteien fähig waren, eine Schiedsvereinbarung abzuschließen, so muß das Gericht diese Frage nach dem Recht prüfen, das für die Parteien persönlich maßgebend ist. Diese klassische Lösung knüpft an Artikel V Abs. 1 Buchstabe a des UN-Übereinkommens vom 10. Juni 1958 an (vgl. auch Artikel IX Abs. 1 Buchstabe a des vorliegenden Übereinkommens). Alle übrigen Punkte, z.B. die Frage, ob eine Einigung über die Schiedsvereinbarung vorliegt oder ob das rechtliche Schicksal des Hauptvertrages die Schiedsvereinbarung berührt, hat das staatliche Gericht grundsätzlich nach dem Recht zu entscheiden, dem die Parteien die Schiedsvereinbarung unterstellt haben (Artikel VI Abs. 2 Buchstabe a). Haben die Parteien über das anwendbare Recht nichts bestimmt, so ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schiedsspruch ergehen soll (a.a.O. Buchstabe b). Läßt sich dies noch nicht voraussehen, so hat das staatliche Gericht das anzuwendende Recht nach seinen Kollisionsnormen zu ermitteln (Grundsatz der lex fori). In dem zweiten Unterabsatz des Absatzes 2 ist ausdrücklich hervorgehoben, daß einer Schiedsvereinbarung die Anerkennung auch versagt werden kann, wenn die Streitigkeit nach dem Recht des angerufenen Gerichts einem schiedsrichterlichen Verfahren nicht unterworfen werden kann (vgl. § 1025 Abs. 1 ZPO). Hier gilt also von vornherein der Grundsatz der lex fori. Es wäre auch wenig sinnvoll, die Schiedsfähigkeit erst im Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder anläßlich einer Aufhebungsklage gegen den Schiedsspruch zu prüfen, wenn schon vorher feststeht, daß dem Schiedsspruch die Anerkennung zu versagen oder daß er aufzuheben ist, weil die Streitigkeit nicht schiedsfähig war. Die hier gefundene Lösung entspricht den Grundsätzen der Prozeßwirtschaftlichkeit. 1115
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Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
Absatz 3 des Artikels VI betrifft den zweiten Fall, daß eine Partei der Schiedsvereinbarung das staatliche Gericht anruft, obwohl bereits ein schiedsrichterliches Verfahren eingeleitet worden ist. Ist in diesem Falle der Streitgegenstand des schiedsrichterlichen Verfahrens mit dem der neuen Klage vor dem staatlichen Gericht identisch oder beantragt eine Partei die Feststellung, daß die Schiedsvereinbarung nicht bestehe, nichtig oder hinfällig geworden sei, so wird dem schiedsrichterlichen Verfahren der Vorrang eingeräumt. Das staatliche Gericht hat sein Verfahren auszusetzen und den Erlaß des Schiedsspruches abzuwarten, sofern nicht ein wichtiger Grund der Aussetzung entgegensteht. Ein solcher Grund wird z.B. dann gegeben sein, wenn sich schon zu diesem Zeitpunkt übersehen läßt, daß der zu erwartende Schiedsspruch gegen die öffentliche Ordnung im Staate des angerufenen Gerichts verstoßen wird, oder wenn die Streitigkeit nach dem Recht des angerufenen Gerichts einem schiedsrichterlichen Verfahren nicht unterworfen werden kann. In Absatz 4 des Artikels VI ist bestimmt, daß eine Schiedsvereinbarung eine Partei nicht daran hindern kann, bei dem staatlichen Gericht einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung zu erwirken. Die Zuständigkeit des staatlichen Gerichts wird also insoweit nicht ausgeschlossen, so daß der Gegner nicht die Einrede erheben kann, die Maßnahme könne nur durch das Schiedsgericht angeordnet werden. Andererseits darf aus dem Antrag auf Erlaß eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung nicht geschlossen werden, daß auch die Hauptsache dem staatlichen Gericht unterworfen werden soll.
ZU ARTIKEL VII Artikel VII betrifft das materielle Recht, welches das Schiedsgericht bei der Entscheidung über die Hauptsache der Streitigkeit anzuwenden hat. Die Vorschrift hat im wesentlichen nur deklaratorische Bedeutung. Nach Absatz 1 steht der Wille der Parteien auch hier im Vordergrund; sie können das anzuwendende Recht in der Schiedsvereinbarung oder auch nachträglich bestimmen (Satz 1). Haben sie es nicht getan, so ist dies Aufgabe des Schiedsgerichts (Satz 2). Es hat das Recht anzuwenden, auf das die im Einzelfall anwendbaren Kollisionsnormen hinweisen. Nach Satz 3 hat das Schiedsgericht in beiden Fällen die Abreden in dem Hauptvertrag und die Handelsbräuche, die sich etwa in bestimmten Branchen gebildet haben, zu berücksichtigen. In Absatz 2 des Artikels VII wird die sog „amiable composition“, d.h. die Entscheidung allein nach Billigkeit in begrenztem Umfange anerkannt. Die „amiable composition“, die sich besonders in Frankreich einer gewissen Beliebtheit erfreut, ist im Rahmen des Übereinkommens nur zulässig, wenn eine solche Entscheidung dem Parteiwillen entspricht und wenn das Recht, das für das schiedsrichterliche Verfahren maßgebend ist, dem Schiedsgericht gestattet, als amiable compositeur zu entscheiden. Dies ist z.B. nach dem Recht der meisten Oststaaten nicht zulässig.
ZU ARTIKEL VIII In Artikel VIII ist als Grundsatz die Pflicht des Schiedsgerichts vorgesehen, den Schiedsspruch zu begründen. Dadurch soll dem staatlichen Gericht, das über einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches zu entscheiden hat, die Prüfung erleichtert werden, ob der Vollstreckbarerklärung Versagungsgründe entgegenstehen. Schütze
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d. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit
Wie die Begründung abzufassen ist, bleibt dem nationalen Recht jedes Vertragsstaates überlassen. In der Regel wird sie der Entscheidungsformel des Schiedsspruches beigegeben werden. Sie kann aber auch in einer besonderen Urkunde enthalten sein. Eine Sanktion für das Fehlen der Begründung ist in dem Übereinkommen selbst nicht vorgesehen. In den Buchstaben a und b sind Ausnahmen von der Begründungspflicht enthalten. Diese Ausnahmen sind ein Kompromiß zwischen der Rechtslage in einigen kontinentaleuropäischen Staaten, in denen das nationale Recht eine Begründung zwingend vorschreibt (z.B. in Frankreich auf Grund des art 1009 in Verbindung mit art 141 des Code de procédure civile), und der Rechtslage in Großbritannien (ein Begründungszwang ist in dem Arbitration Act 1950 nicht vorgesehen). Nach Buchstabe a des Artikels VII können die Parteien auf eine Begründung verzichten. Dies ähnelt § 1041 Abs. 2 ZPO. Der Verzicht muß ausdrücklich erklärt werden. Nach Buchstabe b ist eine Begründung ferner nicht erforderlich, wenn sie nach dem Verfahrensrecht, dem die Parteien sich unterworfen haben, üblicherweise nicht gegeben wird. Dies erinnert an das englische Recht. Auch in diesem Fall muß der Schiedsspruch jedoch begründet werden, wenn eine Partei dies vor Schluß der mündlichen Verhandlung oder im schriftlichen Verfahren vor der Abfassung des Schiedsspruches ausdrücklich verlangt.
ZU ARTIKEL IX Artikel IX regelt einen Teil der Fragen, die mit der Aufhebung eines Schiedsspruches und deren Folgen für das weitere Schicksal des Schiedsspruches im internationalen Bereich zusammenhängen. Die Arbeitsgruppe, die mit der Ausarbeitung des Übereinkommens befaßt war, hatte sich zunächst das Ziel gesetzt, die Gründe, die zur Aufhebung eines Schiedsspruches führen können, für den Geltungsbereich des Übereinkommens einheitlich festzulegen, und zwar unter Anlehnung an Artikel V des UN-Übereinkommens vom 10. Juni 1958. Auf diese Weise sollte erreicht werden, daß die Aufhebungsgründe und die Gründe, die zur Versagung der Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruches führen, übereinstimmen. In der Sondertagung der Regierungsbevollmächtigten vom 10. bis 21. April 1961 hat Artikel IX jedoch eine andere Bedeutung erhalten. Der Mehrzahl der Delegationen erschien es als ein zu weitgehender Eingriff in die nationalen Rechte, wenn die Aufhebungsgründe vereinheitlicht würden. Deshalb ist eine andere Seite des Problems, das mit der Aufhebung eines Schiedsspruches zusammenhängt, geregelt worden, nämlich die Wirkung, die das Aufhebungsurteil eines staatlichen Gerichts in den anderen Vertragsstaaten für die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches in diesen Staaten äußert. Die Tragweite des Artikels IX wird durch folgenden Fall erläutert: In dem Vertragsstaat A ist ein Schiedsspruch, der unter das Übereinkommen fällt, erlassen worden. Dieser Schiedsspruch, der nach dem Verfahrensrecht des Staates A ergangen ist, wird von einem staatlichen Gericht des Staates A aufgehoben. Der Schiedsspruch wird nunmehr – trotz der Aufhebung – in dem Vertragsstaat B zur Anerkennung und Vollstreckung vorgelegt. Es erhebt sich die Frage, wie der Richter des Staates B entscheiden soll. Wäre die Frage nur nach Artikel V Abs. 1 Buchstabe e des UN-Übereinkommens vom 10. Juni 1958 zu beurteilen, so wäre die Anerkennung und Vollstreckung des Schieds1117
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Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
spruches zu versagen, weil der Schiedsspruch von der Behörde, die nach der Vereinbarung der Parteien über das Verfahren oder – mangels einer solchen Vereinbarung – nach dem Recht des Landes, in dem das schiedsrichterliche Verfahren stattgefunden hat, zuständig ist, aufgehoben worden ist (vgl. Denkschrift der Bundesregierung in der Drucksache 2160 der 3. Wahlperiode 1978). Dem Aufhebungsurteil käme also eine absolute Wirkung zu, auf welchem nationalen Aufhebungsgrund es auch immer beruhte. Diese absolute und allgemeine Wirkung eines Aufhebungsurteils wird durch Artikel IX des vorliegenden Übereinkommens eingeschränkt. Das Aufhebungsurteil, das im Staate A erlassen worden ist, soll im Vollstreckungsstaate B im Verfahren über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches nur Wirkungen äußern, wenn es auf den in Artikel IX Abs. 1 Buchstaben a bis d genannten Gründen beruht. Es handelt sich dabei um international allgemein anerkannte Aufhebungsgründe der Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung (Buchstabe a), der Versagung des rechtlichen Gehörs (Buchstabe b), der Überschreitung der schiedsrichterlichen Zuständigkeit (Buchstabe c) und der Mängel des schiedsrichterlichen Verfahrens (Buchstabe d). Soweit die Vertragsstaaten des vorliegenden Übereinkommens gleichzeitig Vertragsparteien des UN-Übereinkommens vom 10. Juni 1958 sind – und das wird für fast alle Staaten einschließlich der Bundesrepublik Deutschland zutreffen –, wird die absolute Wirkung, die einem Aufhebungsurteil nach Artikel V Abs. 1 Buchstabe e des UN-Übereinkommens zukommt, auf diese bestimmten Tatbestände eingeschränkt. Unter den Vertragsstaaten des Übereinkommens hat also das Aufhebungsurteil in einem anderen Staat nur Wirkung, wenn es auf einem der oben genannten vier Aufhebungsgründe beruht (Artikel IX Abs. 2). Im einzelnen ist zu Artikel IX folgendes zu bemerken: Das Aufhebungsurteil eines staatlichen Gerichts ist im Verfahren der Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung nur dann zu beachten, wenn die Aufhebung in dem Staat, in dem oder nach dessen Recht der Schiedsspruch ergangen ist, ausgesprochen worden ist (Artikel IX Abs. 1 am Anfang). Es handelt sich hier um die Regelung der internationalen Zuständigkeit für den Erlaß des Aufhebungsurteils. Die Prüfung, ob das Gericht zum Erlaß des Aufhebungsurteils im Sinne der Gerichtsbarkeit zuständig war, bleibt dem Richter des Vollstreckungsstaates vorbehalten. Die Frage der internationalen Zuständigkeit für die Aufhebung des Schiedsspruches ist also ebenso gelöst worden wie in Artikel V Abs. 1 Buchstabe e des UN-Übereinkommens vom 10. Juni 1958 (vgl. Denkschrift der Bundesregierung in der Drucksache 2160 der 3. Wahlperiode S. 27). Das Aufhebungsurteil eines in diesem Sinne zuständigen ausländischen Gerichts ist ferner nur dann beachtlich, wenn es auf einem der Gründe beruht, die in Artikel IX Abs. 1 Buchstaben a bis d abschließend aufgezählt sind. Diese Gründe lehnen sich eng an Artikel V Abs. 1 Buchstaben a bis d des UN-Übereinkommens vom 10. Juni 1958 an. Im einzelnen ist zu ihnen folgendes zu bemerken: Nach Buchstabe a ist das Aufhebungsurteil anzuerkennen, wenn der Schiedsspruch aufgehoben worden ist, weil er auf einer ungültigen Schiedsvereinbarung beruht (vgl. § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Als ein Grund, der das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung hindert, ist wie in Artikel V Abs. 1 Buchstabe a des UN-Übereinkommens die mangelnde Fähigkeit der Parteien, eine solche Vereinbarung abzuschließen, besonders hervorgehoben. Gleichzeitig ist das anwendbare Recht nach dem Personalstatut bestimmt. Für die übrigen Fragen ist hinsichtlich des anwendbaren Rechts in erster Linie der Wille der Parteien maßgebend. Haben die Parteien eine solche Bestimmung weder ausdrücklich noch stillschweigend getroffen, so ist die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung nach dem Recht des Staates zu beurteilen, in dem der Schiedsspruch ergangen ist. Schütze
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d. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit
Nach Absatz 1 Buchstabe b des Artikels IX ist das Aufhebungsurteil anzuerkennen, wenn der Schiedsspruch aufgehoben worden ist, weil dem Schuldner in dem schiedsrichterlichen Verfahren das rechtliche Gehör nicht oder nicht ausreichend gewährt worden ist (vgl. Artikel V Abs. 1 Buchstabe b des UN-Übereinkommens, § 1041 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Der Schuldner kann vor dem zuständigen Gericht mit der Aufhebungsklage geltend machen, daß er von der Ernennung des Schiedsrichters oder von dem schiedsrichterlichen Verfahren nicht oder nicht gehörig unterrichtet worden sei oder daß es ihm aus anderen Gründen nicht möglich gewesen sei, seine Angriffs- oder Verteidigungsmittel vorzubringen. Beruht das Aufhebungsurteil, das im Staat A ergangen ist, auf einem dieser Tatbestände, so ist es im Vollstreckungsstaate B anzuerkennen. Absatz 1 Buchstabe c knüpft an Artikel V Abs. 1 Buchstabe c des UN-Übereinkommens an (vgl. § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Als Grund für die Anerkennung des Aufhebungsurteils im Vollstreckungsstaat ist vorgesehen, daß der Schiedsspruch vernichtet worden ist, weil er dem Gegenstande nach nicht von der Schiedsvereinbarung getragen wird (erster Halbsatz). Hat das Schiedsgericht z.B. über eine Streitigkeit entschieden, die ihm überhaupt nicht zugewiesen war, oder hat es bei der Entscheidung einer ihm zugewiesenen Streitigkeit auch über Streitpunkte entschieden, die in der Schiedsvereinbarung nicht erwähnt sind, so entbehrt der Schiedsspruch insoweit einer rechtmäßigen Grundlage. Wird er aus diesem Gründe aufgehoben, so soll dies im Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung beachtlich sein. Der zweite Halbsatz enthält eine Einschränkung dieses Grundsatzes. Die Vorschrift ist indes in der Fassung nicht geglückt. Es zeigt sich deutlich, daß ursprünglich mit Artikel IX angestrebt wurde, die Aufhebungsgründe selbst zu vereinheitlichen und dabei den Wortlaut des Artikels V Abs. 1 des UN-Übereinkommens (hier den Text des Buchstabens c) zu übernehmen. Als auf der Sondertagung der Bevollmächtigten beschlossen wurde, dem Artikel IX seinen jetzigen Inhalt zu geben, ist es wegen Zeitmangels unterblieben, den zweiten Halbsatz des Buchstaben c dem neuen Zweck des Artikels IX in der Fassung anzupassen. Dieser Halbsatz soll nach seinem Sinn folgenden Fall regeln. In einem Schiedsspruch, der im Staat A erlassen worden ist, wird über einen Kaufpreisanspruch und einen Zahlungsanspruch aus einem Werklieferungsvertrag entschieden. Die Schiedsvereinbarung betraf jedoch nur Streitigkeiten aus dem Kaufvertrage, nicht auch solche aus dem Werklieferungsvertrag. Ein Gericht des Staates A hat sodann den ganzen Schiedsspruch aufgehoben, obwohl das Schiedsgericht seine Befugnisse nur hinsichtlich der Streitigkeit aus dem Werklieferungsvertrag überschritten hatte. Wird nunmehr einem Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruches im Staat B das Aufhebungsurteil aus dem Staat A entgegengehalten, so soll das Aufhebungsurteil nur insoweit anzuerkennen sein, als der Teil des Schiedsspruches aufgehoben worden ist, mit dem das Schiedsgericht seine Befugnisse überschritten hat. Die Vollstreckbarerklärung braucht also nur insoweit abgelehnt zu werden, als über den Zahlungsanspruch aus dem Werklieferungsvertrag entschieden worden ist. Dagegen soll das Aufhebungsurteil insoweit unbeachtlich sein, als der Schiedsspruch über den Kaufpreisanspruch aufgehoben worden ist. Die Aufhebung des Schiedsspruches soll in diesem Falle also nicht zu einer Versagung der Anerkennung in vollem Umfange führen. Es soll vielmehr trotz des Aufhebungsurteils der Teil des Schiedsspruches anerkannt und vollstreckt werden, der durch die Schiedsvereinbarung gedeckt ist, vorausgesetzt, daß dieser Teil aus dem Schiedsspruch abgesondert werden kann. Es bleibt also auch bei vollständiger Aufhebung des Schiedsspruches ein Teilexequatur möglich. Dadurch wird vermieden, daß einem Schiedsspruch nur deshalb die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung versagt werden muß, weil in ihm z.B. über Nebenansprüche, wie Zinsen und Kosten, entschie1119
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Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
den worden ist, obwohl die Schiedsvereinbarung das Schiedsgericht hierzu nicht ermächtigt hat. Absatz 1 Buchstabe d des Artikels IX geht auf Artikel V Abs. 1 Buchstabe d des UNÜbereinkommens vom 10. Juni 1958 zurück (vgl. § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Aufhebungsurteil ist danach anzuerkennen, wenn der Schiedsspruch aufgehoben worden ist, weil das Schiedsgericht nicht ordnungsmäßig zusammengesetzt war oder weil das schiedsrichterliche Verfahren nicht ordnungsmäßig durchgeführt worden ist. Die Frage, ob das Schiedsgericht ordnungsmäßig zusammengesetzt war und ob das schiedsrichterliche Verfahren ordnungsmäßig durchgeführt worden ist, beurteilt sich in erster Linie nach der Vereinbarung der Parteien. Haben die Parteien über diesen Punkt keine Vereinbarung getroffen, so ist Artikel IV maßgebend. Das Gericht des Vollstreckungsstaates hat sich bei der Prüfung, ob das Aufhebungsurteil aus dem Staat A anzuerkennen ist, darauf zu beschränken, festzustellen, ob das Aufhebungsurteil auf einem der genannten vier Gründe beruht. Es erscheint zunächst eigentümlich, daß sich unter diesen international festgelegten Aufhebungsgründen nicht der Verstoß gegen die öffentliche Ordnung (ordre public-Klausel) und auch nicht das Fehlen der Schiedsfähigkeit des Objekts finden. Die Mehrheit der Delegationen war der Auffassung, daß diese Tatbestände von dem Gericht des Urteilsstaates nach rein innerstaatlichen Gesichtspunkten geprüft werden. Führen sie zu einer Aufhebung des Schiedsspruches, so soll der Vollstreckungsstaat nicht gezwungen sein, diese innerstaatlichen Schlußfolgerungen des Gerichts des Urteilsstaates anzuerkennen. Es wurde darauf hingewiesen, daß gerade die beiden erwähnten Tatbestände wegen ihrer nationalen Bezogenheit von dem Gericht des Vollstreckungsstaates anders beurteilt werden können als von dem Gericht des Urteilsstaates. Den Belangen des Vollstreckungsstaates wird andererseits dadurch Rechnung getragen, daß sein Gericht die Anerkennung und die Vollstreckung des Schiedsspruches selbst wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung des Vollstreckungsstaates und wegen Fehlens der Schiedsfähigkeit des Objektes in diesem Staate nach Artikel V Abs. 2 des UN-Übereinkommens ablehnen kann. Das Gericht des Vollstreckungsstaates darf über den Rahmen des Artikels IX Abs. 1 hinaus keinesfalls nachprüfen, ob das Gericht des Urteilsstaates das Gesetz und das Übereinkommen richtig angewendet hat. Eine solche révision au fond wurde dem Zweck des Artikels IX widersprechen.
ZU ARTIKEL X Artikel X enthält die Schlußbestimmungen. Nach Absatz 1 können die Mitgliedstaaten der Wirtschaftskommission für Europa sowie die Staaten, die nach Absatz 8 des der Kommission erteilten Auftrags in beratender Eigenschaft zugelassen sind, das Übereinkommen zeichnen oder ihm beitreten, und zwar unabhängig von dem Zeitpunkt des Inkrafttretens. Staaten, die nach Absatz 11 des der Wirtschaftskommission für Europa erteilten Auftrags berechtigt sind, an gewissen Arbeiten der Kommission teilzunehmen, können dem Übereinkommen erst nach seinem Inkrafttreten beitreten (Absatz 2). Der Kreis der Vertragsstaaten ist so weit gezogen, daß damit das vorliegende Übereinkommen wie das UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 zu einer Welt-Konvention werden kann. Das Übereinkommen konnte bis zum 31. Dezember 1961 gezeichnet werden (Absatz 3). Es ist bis zu diesem Tage von achtzehn Staaten gezeichnet worden (vgl. die einleitenden Bemerkungen). Schütze
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d. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit
Das Übereinkommen bedarf der Ratifizierung (Absatz 4); die Ratifikation- oder Beitrittsurkunden müssen bei dem Generalsekretär der Vereinten Nationen in New York hinterlegt werden (Absatz 5). Wie bereits zu Artikel IV erwähnt, müssen bei der Unterzeichnung, der Ratifikation oder dem Beitritt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen die Listen der Handelskammern oder anderen Institutionen mitgeteilt werden, die bei der Bildung des Schiedsgerichts mitwirken sollen (Absatz 6). Absatz 7 des Artikels X regelt das Verhältnis des neuen Übereinkommens zu anderen mehrseitigen oder zweiseitigen Verträgen, welche die Vertragsstaaten auf dem Gebiete der Schiedsgerichtsbarkeit geschlossen haben oder noch schließen werden. Diese Verträge bleiben neben dem neuen Übereinkommen bestehen. Hier sind folgende Verträge zu nennen: das Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln vom 24. September 1923 (RGBl. 1925 II S. 47) und das Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26. September 1927 (RGBl. 1930 II S. 1068), soweit diese beiden Verträge nicht schon nach Artikel VII des UN-Übereinkommens vom 10. Juni 1958 außer Kraft getreten sind; das UN-Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (Bundesgesetzbl. 1961 II S. 121), soweit es nicht durch Artikel IX Abs. 2 des neuen Übereinkommens ausdrücklich geändert worden ist; Artikel 60 des Internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr (CIM) vom 25. Oktober 1952 (Bundesgesetzbl. 1956 II S. 35), Artikel 60 des Internationalen Übereinkommens über den Eisenbahn-Personen- und Gepäckverkehr (CIV) vom 25. Oktober 1952 (Bundesgesetzbl. 1956 II S. 277); Artikel 9 des deutsch-schweizerischen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 2. November 1929 (RGBl. 1930 II S. 1066); Artikel 8 des deutsch-italienischen Abkommens über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 9. März 1936 (RGBl. 1937 II S. 145, BGBl. 1952 II S. 986); Artikel VI des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrages vom 29. Oktober 1954 (Bundesgesetzbl. 1956 II S. 488); Artikel 8 des Abkommens vom 25. April 1958 über Allgemeine Fragen des Handels und der Seeschiffahrt zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR (Bundesgesetzbl. 1959 II S. 221, 1961 II S. 1085); Artikel 13 des deutsch-belgischen Abkommens über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 30. Juni 1958 (Bundesgesetzbl. 1959 II S. 766) und Artikel 12 des deutsch-österreichischen Vertrages über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6. Juni 1959 (Bundesgesetzbl. 1960 II S. 1246). Wie bereits bei Artikel IV erwähnt worden ist, bleiben die Vertragsstaaten des Übereinkommens durch Artikel X Abs. 7 ermächtigt, untereinander auch solche Verträge zu schließen, die von diesem Übereinkommen abweichen. Nach Artikel X Abs. 8 tritt das Übereinkommen am neunzigsten Tage nach der Hinterlegung der fünften Ratifikations- oder Beitrittsurkunde in Kraft, für Staaten, die es später ratifizieren oder ihm später beitreten, beginnt der Lauf dieser Frist am Tage der Hinterlegung ihrer Ratifikations- oder Beitrittsurkunde. 1121
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Der internationale Zivilprozess. 4. Verträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit
Die Absätze 9 und 10 des Artikels X sehen eine Kündigung vor und regeln deren Folgen. Nach Absatz 11 ist es Aufgabe des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, die in Absatz 1 und 2 genannten Staaten über die Ratifikationen und Beitritte, über die Vorbehalte und Mitteilungen, die in dem Übereinkommen vorgesehen sind, sowie über das Inkrafttreten, über etwaige Kündigungen und deren Folgen zu unterrichten. Der Generalsekretär hat diesen Staaten eine beglaubigte Abschrift der Urschrift des Übereinkommens übermittelt, die bei ihm hinterlegt worden ist. Das Übereinkommen ist in englischer, französischer und russischer Sprache zur Zeichnung aufgelegt worden. Ihm soll bei der Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt eine Übersetzung in die deutsche Sprache angeschlossen werden; sie ist zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der Schweiz abgestimmt worden.
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