Zeitschrift für Psychologie: Band 194, Heft 1 1986 [Reprint 2021 ed.] 9783112468968, 9783112468951


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German Pages 128 [132] Year 2023

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Table of contents :
Inhalt
Bericht über das internationale Symposium in Memoriam Hermann Ebbinghaus
Buchbesprechung
Zur Spezifik von Erkennungsprozessen bei mathematisch Hochbegabten
Buchbesprechungen
Effects of graduated processing difficulty on P 300 component of the event-related brain potential
Buchbesprechungen
Multivariate Beziehungsanalysen zu psychologischen Parametern und Veränderungen der Hirnelektrischen Wachaktivität im Rahmen visueller Suchprozesse
Buchbesprechungen
Vorab-Einrichtungen von Suchbereichen im KZG
Zwei Stufen der Hypothesenbildung
Phonetisch orientierte Interpretationen im frühen Spracherwerb des Kleinkindes
Buchbesprechungen
Untersuchung von Wertorientierungen bei der Beurteilung von Verhaltensalternativen in Konfliktsituationen
Experimente zur Benhamschen Scheibe
Buchbesprechungen
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Zeitschrift für Psychologie: Band 194, Heft 1 1986 [Reprint 2021 ed.]
 9783112468968, 9783112468951

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ISSN 0044-3409 • Z. Psychol. • Leipzig . 194 (1980) 1 • S. 1 - 1 2 8

ZEITSCHRIFT FÜR

PSYCHOLOGIE mit Zeitschrift für angewandte Psychologie

Schriftleitung Friedhart Klix, Berlin • H a n s - D i e t e r Schmidt, Berlin • H u b e r t S y d o w , Berlin Redaktion:

Unter

Jürgen Mehl, Berlin • Friedrich Kukla, Berlin

Mitwirkung

von

N. Bischof, Zürich G. Clauß, Leipzig D. D ö r n e r , B a m b e r g H. Düker, Marburg H.-J. Eysenck, London P. Fraisse, P a r i s W . H a c k e r , Dresden J . H e l m , Berlin H. Hiebsch, Jena A. K o s s a k o w s k i , Berlin

D. B. D. H. R. W. M. D. M.

Koväc, Bratislava F . L o m o w , Moskau Magnusson, Stockholm D. Rösler, R o s t o c k R o t h , Salzburg P . S i n t s c h e n k o , Moskau Vorwerg, Leipzig Wcndt, Hamburg Wertheimer, Boulder

JOHANN

AMBROSIUS

BARTH

LEIPZIG

Inhalt Hagendorf, H. (Berlin). Bericht über das internationale Symposium in memoriam Hermann Ebbinghaus. Mit 1 Abb Schwarz, Ch. (Berlin). Zur Spezifik von Erkennungsprozessen bei mathematisch Hochbegabten. Mit 14 Abb

1 7

Neumann, U., P. Ullsperger, H.-G. Gille, M. Pietschmann and U. Erdmann (Berlin). Effects of graduated processing difficulty on P 300 component of the GDR. With 7 fig

25

Zeller, Gesine (Berlin/West). Multivariante Beziehungsanalysen zu Psychologischen Parametern und Veränderungen der Hirnelektrischen Wachaktivität im Rahmen visueller Suchprozesse. Mit 3 Abb

39

Muthig, K.-P., Mit 2 Abb

G3

und R. Ulich (Heidelberg). Vorab-Einriclitung

von Suchberriehen

im KZG.

Engländer, T. (Budapest). Zwei Stufen der Hypothesenbildung. Mit 10 Abb

73

Reimann B. (Berlin). Phonetisch orientierte Interpretation im frühen Spracherwerb des Kleinkindes

93

Vári-Szilágyi, Ibolya (Budapest). Untersuchung von Wertorientierungen bei der Beurteilung von Verhaltensalternativen in Konfliktsituationen

105

Nieko, II. (Halle/S.). Experimente zur Benhainsehen Scheibe. Mit 5 Abb

115

Buchbesprechungen

6, 23, 37, 01, 103, 120

Anschrift der Redaktion: Dr. J. Mehl, Sektion Psychologie der 1 lumboldt-Universität, Oranienburger Str. 18, D D R - 1 0 2 0 Berlin, Ruf 282 5091. Anschrift des Verlages: Johann Ambrosius Barth, Salomonstr. 18 b, Postfach 109, DDR - 7010 Leipzig, Ruf 7 0131. Von Originalarbeiten liefert der Verlag an Stelle eines Honorars 50 Sonderdrucke kostenlos. Buchbesprechungen werden nicht vergütet, dafür bleibt das Besprechungsexemplar Eigentum des Referenten. Anzeigen werden erbeten für Inland a n : VEB Fachbuchverlag, Postfach 349; DDR - 7010 Leipzig, für Ausland a n : Interwerbung GmbH — Gesellschaft für Werbung und Auslandsmessen der DDR, Hermann-Duncker-Str. 89, DDR -1157 Berlin-Karlshorst, Ruf 509 09 81. Für die Anzeigenpreise gelten die Festlegungen gemäß Preiskatalog Nr. 286/1 vom 1. 7. 1975. Bestellungen nehmen entgegen: In der DDR der Postzeitungsvertrieb und der Verlag Johann Ambrosius Harth. In den sozialistischen Ländern der zuständige Postzeitungsvertrieb, in der BRD/Berlin (West) die Firma Zeitungsvertrieb Gebr. Petermann, Kurfürstenstr. 111, D -1000 Beilin (West) 30, und der örtliche Buch- und Zeitschriftenhandel. In allen nnderen Staaten der örtliche Buch- und Zeitschriftenhandel. Bestellungen des Buch- und Zeitschriftenlinndels sind zu richten an Buchexport Volkseigener Außenhandelsbetrieb der DDR. Leninstr. IG, D D R - 7 0 1 0 Leipzig, Postfach 160.

ZEITSCHRIFT

FÜR

Band 194,1986 mit Zeitschrift für angewandte Psychologie Z. Psychol. 194 (1986) 1-6

PSYCHOLOGIE Heft 1 Band 100 J . A. Barth, Leipzig/DDR

Bericht über das internationale Symposium in Memoriam Hermann Ebbinghaus Von H. Hagendorf Mit 1 Abbildung

Zur Zielstellung und Durchführung Im Rahmen der Veranstaltungen zum 175. Jahr der Gründung der Berliner Universität führte die Sektion Psychologie der Humboldt-Universität mit Unterstützung des Bereichs Psychologie des Zentralinstituts für Kybernetik und Informationsprozesse der AdW der DDR in der Zeit vom 1.—5. Juli 1985 das internationale Symposium in Memoriam Hermann Ebbinghaus durch. Konkreter Anlaß für dieses Symposium war das Buch „Über das Gedächtnis" von Hermann Ebbinghaus, das vor 100 Jahren erschienen war und mit dem experimentelle Untersuchungen der geistigen Leistungsfähigkeit des Menschen eingeleitet wurden. Die wissenschaftliche Zielstellung des Symposiums war es, diese Leistung von Hermann Ebbinghaus zu würdigen und die Fruchtbarkeit des von ihm gewählten experimentellen Ansatzes für die moderne, zunehmend interdisziplinär betriebene Grundlagenforschung in der Psychologie zu demonstrieren. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen Forschungen über die Struktur und Funktion des menschlichen Gedächtnisses. Sie bilden den Schlüssel zum Verständnis von Prozessen der Wissensspeicherung und -Verarbeitung des Menschen. Dem interdisziplinären Charakter dieser Forschungen entsprechend sollten drei Analyseebenen im wissenschaftlichen Programm repräsentiert sein: die neurobiologische und neurophysiologische Analyseebene, die Analyse der Prozesse auf der Ebene von Grundoperationen wie Repräsentation und Abfrage sowie die Analyse der Prozesse im Kontext höherer geistiger Leistungen wie dem Sprach- und Textverstehen oder dem Problemlösen. Das wissenschaftliche Programm umfaßte 16 Teilveranstaltungen. 89 Vorträge sind gehalten worden. Insgesamt nahmen an dem Symposium 236 geladene Wissenschaftler teil. Zu den Inhalten des Symposiums Das Symposium stand unter der Leitung von Prof. Dr. F. Klix. Er eröffnete diese Veranstaltung. Die Begrüßung der Teilnehmer erfolgte durch den Dekan der MathematischNaturwissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität, dem Physiker Prof. Dr. W. Ebeling. Der Präsident der Internationalen Gesellschaft für Psychologie, Prof. Dr. W. Holtzman (USA), sowie der Vizepräsident, Prof. Dr. B. F. Lomow (UdSSR), wandten 1

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sich in Grußaddressen an die Teilnehmer. Für die Sektion Psychologie sprach Prof. Dr. P. Timpe einleitende Worte. Die wesentlichen Hauptinhalte des Symposiums lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Historisch orientierte Beiträge zur Einordnung von Leben und W e r k Hermann Ebbinghaus' bildeten eine erste Gruppe von Vorträgen. Bringmann, W. G.; Bringmann, N. J . (Mobile, USA): Hermann Ebbinghaus and the new world. Klix, F. (Berlin, DDR): On paradigm shifts in memory research. Pawlik, K. (Hamburg, BRD): Psychology and its historical perspective. Sprung, L.; Sprung, H. (Berlin, DDR): Hermann Ebbinghaus — Life, work, and impact in the history of psychology. Wertheimer, M. (Boulder, USA): The annals of the house that Ebbinghaus built. 2. Ergebnisse mit Paradigmen der klassischen Gedächtnisforschung wurden in einer anderen Gruppe von Vorträgen vorgestellt. Bourne, L. E. (Boulder, USA): Ebbinghaus measure of text memory. Graumann, C. F. (Heidelberg, BRD): Memorabilia, mementos, memoranda: toward an ecology of memory. Haentjens, G.; d'Ydewalle, G. (Leuven, Belgien): Hypermnesia with Socratic stimuli: testing two alternative hypotheses. Heller, D. (Basel, Schweiz): On „natürliches Gedächtnis" (natural memory) of Hermann Ebbinghaus. Murdock, B. B.; Lewandowski, S. (Toronto, Kanada): Chaining 100 years later. Sarris, V. (Frankfurt, BRD): Hermann Ebbinghaus' "law of relative size contrast" in optical-geometric distortions: rediscovery and reformulation. 3. Spezielle Fragen der Kodierung von Informationen wurden in folgenden Beiträge erörtert. Buffart, H. (Nijmegen, Niederlande): Gestalt qualities, memory structure, and the minimum principle. Denis, M. (Paris, Frankreich): Visual imagery: effects and role in prose processing. Engelkamp, J . (Saarbrücken, BRD): Differences between imaginal and motor encoding. Geissler, H.-G. (Leipzig, DDR): Temporally quantized processing in visual perception. Groner, R.; Groner, M. (Bern, Schweiz): The role of anticipation in re-encoding of motion signals: facilitation or bias? Harvey, L. O. (Boulder, USA): Visual memory: what is remembered? Klimesch, W. (Salzburg, Österreich): The structure of memory codes. Paivio, A. (London, Kanada): Dual coding theory and memory: Subjective and objective source components of the memory trace. Petzold, P. (Jena, DDR): The influence of category representation in social judgements. Zimmer, H. (Saarbrücken, BRD): The memory trace of semantic or motor processing. 4. Die Repräsentation von Wissen und Grundoperationen über diesem Wissen waren Gegenstand einer Reihe von Vorträgen. Bahrick, H. P. (Delaware, USA): The effect of schema on associative memory: learning and retention of spanish vocabulary with and without prior knowledge of Spanish. Hermann, D. J . ; Chaffin, R. (Clinton, USA): Comprehension of semantic relations as a function of definition of relations. Klix, F. (Berlin, DDR): Recognition processes in human memory. Mandler, G. (La Jolla, USA): Reminding, recalling, recognizing: different memories? van der Meer, E. (Berlin, DDR): What is invariant in event-related knowledge representation? Materska, M. (Warschau, Polen): The representation of episodes in human memory.

Hagendorf, Ebbinghaus-Symposium

3

Nilsson, L. G. (Umea, Schweden): An interactionistic approach to models of distributed memory. Schönpflug, W. (Berlin West): Internal representation of externally stored information. Simon, H. A. (Pittsburgh, U S A ) : The parameters of short-term and long-term memory. Wender, K. F. (Braunschweig, B R D ) : What is invariant in event-related knowlegde representations?

5. Eine größere Gruppe von Beiträgen hatte gedächtnispsychologische Fragen der Entwicklungspsychologie zum Gegenstand: Baltes, P. B . ; Kliegl, R. (Berlin West): Testing the limits, expertise, and memory in old age. Craik, F. (Mississauga, Canada): A functional account of age differences in memory. Hagendorf, H. (Berlin, D D R ) : Memory of events in preschool children. Mandler, J . (La Jolla, U S A ) : The development of event memory. McGuinness, D. (Stanfordk, U S A ) : The sensory-motor Codes of cognition. Oerter, R. (München, B R D ) : Cognitive development in adolescence. A comparative study of German and Yugoslavian students aged 11 to 15. Raschke, I . ; Sydow, H. (Berlin, D D R ) : Semantic relations — their generality level in preschool children. Silbereisen, R. K . ; Zank, S. (Berlin West): Development of self-related cognitions and metacognitions in adolescence: results of a longitudinal study. Weinert, F . E . (München, B R D ) : Memory development: universal changes and individual differences.

6. In drei Vorträgen wurden direkt psychodiagnostische Fragestellungen erörtert: Berg, M.; Schaarschmidt, U. (Berlin, D D R ) : Intelligence — its measurement on the basis of cognitive psychology. Guthke, J . ; Harnisch, A . ; Caruso, M. (Leipzig, D D R ) : On the psychodiagnosis of foreign language learning ability. Schwarz, Ch. (Berlin, D D R ) : Cognitive processes in the detection of analogies by mathematically gifted adults.

7. Zusammenhängen zwischen der Repräsentation von Wissen im Gedächtnis und Prozessen der Sprach- und Textverarbeitung war eine weitere Vortragsgruppe gewidmet: Beyer, R. (Berlin, D D R ) : Investigations on text processing with regard to the model of Kintsch and van Dijk (1978). Bierwisch, M. (Berlin, D D R ) : On the nature of semantic form in natural language. Dubois, D. (Paris, Frankreich): Sentence comprehension as recognition and verification process. Glowalla, U. (Marburg, B R D ) : The time course of understanding goal-plan structures. Herrmann, Th. (Mannheim, B R D ) : Retrieval as a cognitive prerequisite of speech production. Kintsch, W. (Boulder, U S A ) : Memory for text and learning from text. Kurcz, I . ; Polkowska, A. (Warschau, Polen): Representation in memory of inconsistent text. Le Ny, J . F. (Paris, Frankreich): Language and memory: the study of instructional text and the memory 'for concept. Mandl, H . ; Ballstedt, S. P. (Tübingen, B R D ) : Concept formation in learning from text. Segui, J . (Paris, Frankreich); Frauenfelder, U. (Niederlande): The effect of lexical knowledge in speech perception. Sipos, I. (Bratislava, C S S R ) : Semantic memory and figurative language. Wettler, M. (Bern, Schweiz): Lexicalization and the evaluation of shared knowledge.

8. Mathematisch-theoretische Analysen wurden in drei Beiträgen vorgestellt: Lienert, G. A. (Nürnberg, B R D ) ; von Eye, A. (Berlin West): Nonparametric analysis of bivariatelearning curves. Luce, R. D. (Cambridge, U S A ) : Response time in the study of memory. Sommerfeld, E . ; Sobik, F. (Berlin, D D R ) : Graph theoretical models for transformation and comparison of cognitive structures. 1*

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Z. Psychol. 194 (1986) 1

9. Beziehungen zwischen der Wissensrepräsentation und Problemlösungsprozessen wurden in folgenden Vorträgen erörtert: Kleiter, G. (Salzburg, Österreich): Solving analogies b y building propositions. Krause, B. (Berlin, D D R ) : Levels and modes of cognitive learning. Krause, W . ; Seifert, R . ; Sommerfeldt, E. (Berlin, D D R ) : Effective cognitive structures and simple problem solving. Lüer, G.; Laß, U . ; Schroiff, H . - W . ; Ulrich, M. (Göttingen, B R D ) : Change in eye-movement behavior in a problem-solving situation. Richard, J . F. (Paris, Frankreich): Retrieving information from memory in mental calculus. Spada, H . (Feiburg, B R D ) : Hypothesis formation in knowledge acquisition: preparing ground for an intelligent tutoring system.

10. Im Hinblick auf Prozesse der Handlungsregulation und damit in Verbindung stehender gedächtnispsychologischer Probleme wurden folgende Vorträge gehalten: Broadbent, D. E. (Oxford, Großbritannien): Memory organization and the control of behavior. Dörner, D. (Bamberg, B R D ) : Intention memory and intention regulation. Hacker, W. (Dresden, D D R ) : Memory for its own sake? Coping with optional memory demands. Heckhausen, H . ; Gollwitzer, P. (München, B R D ) : Information processing before and after t h e formation of an intention. H o f f m a n n , J . ; Zießler, M. (Berlin, D D R ) : Concepts and sensory-motor programs. Khol, J . (Prag, CSS,R): Subjective event explaining. Lomow, B. F. (Moskau, U d S S R ) : Anticipation and memory.

11. Biologische Grundlagen der Informationsspeicherung und -nutzung waren Gegenstand einer weiteren Vortragsgruppe: Adam, G. (Budapest, Ungarn): Viscerosensory system and cognition. Bechtereva, N. P. (Leningrad, U d S S R ) : Neurophysiology of thinking. Matthies, H . (Magdeburg, D D R ) : Biochemistry of m e m o r y : reasonable conceptions and illusory expectations. Pribram, K. H . (Stanford, USA): Cognitive m e m o r y : evidence for a parallel processing contextaddressable mode. Rosenzweig, M. R. (Berkeley, USA): Interrelationships between experimental and physiological psychology in t h e s t u d y of memory. Shvirkov, V. B. (Moskau, U d S S R ) : Behavioral specificity of neural cells and t h e system-selective theory of learning.

12. Eine Anzahl von Beiträgen befaßte sich mit psychophysiologischen Indikatoren der Informationsspeicherung und -abfrage: Bauer, H . (Wien, Österreich): Learning as reflected in event-related brain potentials. Czigler, I. (Budapest, Ungarn): Processing task relevant stimuli and the event related potentials. Guttnrann, G. (Wien, Österreich): Fluctuations in learning capability. Haschke, W. (Jena, D D R ) : Objectives of reafferent information processing. Kristeva, R . ; Tschakaroff, V. (Sofia, Bulgarien): Bereitschaftspotential in children. Näätänen, R. (Helsinki, Finnland): Neurophysiological basis of t h e echoic memory as suggested b y eventrelated potentials and magnetic encephalogram. Neumann, U.; Ullsperger, P . ; Gille, H.-G. (Berlin, D D R ) : How is the affect of the processing difficulty on t h e P 300 amplitude of t h e E R P to be explained? Radii, T.; Bhodanecky, Z.; Radilova, J . ; Lansky, P . ; Maron, L . ; Indra,M.; Spacek, M. (Prag, CSSR): The neurophysiology of cognition. Rosier, F . ; Manzey, D. (Kiel, B R D ) : Automatization of cognitive operations as reflected in event related brain potentials: methodological considerations and data.

Hagendorf, Ebbinghaus-Symposium

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Roth, N. (Magdeburg, DDR): Psychophysiological correlates of attention and verbalisation during visual pattern recogniton. Ullsperger, P.; Neumann, U.; Gille, H.-G.; Pietschmann, M. (Berlin, DDR): P 300 component of the ERP as an index of processing difficulty. Zimmer, K . ; Schönebeck, B. (Berlin,DDR): Abstractness and emotionality as constituents of text comprehension reflected in cardio-vascular indices.

Alle Vorträge des Symposiums sowie einige zusätzliche Beiträge, die aus verschiedenen Gründen auf dem Symposium nicht vorgestellt werden konnten Glaser (USA), Glozman (UdSSR), Kosslyn (USA), Kovacs (CSSR), Lander (DDR), Velichkowsky (UdSSR), Wagner (DDR) werden in die Proceedings aufgenommen. Der Verfasser dieser Zeilen möchte sich mit den akzentuierten Äußerungen zahlreicher Teilnehmer zu der Auffassung bekennen, daß dieses Symposium dem wissenschaftlichen Ereignis würdig gewesen ist, zu dessen Gedenken es einberufen worden war. Doch was an wissenschaftlicher Substanz letztendlich zusammengetragen wurde, das können erst die beiden Symposiumsbände zu erkennen geben, die in etwa einem Jahr bei North-Holland Publishing Comp, erscheinen sollen.

Abb. 1 Nobelpreisträger Herbert A. Simon überreicht Reinhard Beyer den Hermann-Ebbinghaus-Preis 1985 des Ministeriums für das Hoch- und Fachschulwesen der DDR

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Z. Psychol. 194 (1986) 1

Wenn schon die aktiven Teilnehmer des Symposiums von der Vielzahl bedeutender Berichte beeindruckt waren, um so mehr gilt dies für Beststudenten und junge Nachwuchswissenschaftler der Sektion Psychologie der Humboldt-Universität. Ihr spezifischer Höhepunkt war es, als drei Nachwuchswissenschaftler der D D R den Herman Ebbinghaus-Preis 1985 des Ministers für das Hoch- und Fachschulwesen der D D R in Verbindung mit Glückwünschen durch Nobelpreisträger H. A. Simon (USA) entgegennehmen konnten. E s waren dies: Dr. R. Beyer (Humboldt-Universität Berlin) Dr. B. Schubert (Karl-Marx-Universität Leipzig) Dr. Ch. Schwarz (Humbolt-Universität Berlin). Anschr. d. Verf.: Dr. H . Hagendorf Sektion Psychologie der H U Oranienburger Str. 18, D D R - 1020 Berlin

Buchbesprechung Crozier, W. R . ; C h a p m a n , A . J . ( H r s g . ) : CognitiveProzesses in the Perception of A r t . X I I + 4 4 8 S. 15,5 X 2 3 cm. A m s t e r d a m : Elsevier Science Publishers 1984. B . V., North Holland Advances in Psychology, Band 19. Kunstleder 52.00 U S I . Die Wahrnehmung und Beurteilung von Kunstwerken ist nicht erst in heutiger Zeit Gegenstand des Interesses in der psychologischen Forschung. Klassische Ansätze wie die Psychophysik, die Gestaltpsychologie und die Psychoanalyse beschäftigten sich vor dem jeweiligen theoretischen Hintergrund in beschränktem U m f a n g auch mit ausgewählten Fragen der Schaffung, Wahrnehmung und Interpretation v o n Kunst. I m R a h m e n der experimentellen Ästhetik wurde z. B . eine Vielzahl v o n Untersuchungen zur Beziehung zwischen ästhetischen Urteilen und Eigenschaften der Reizgrundlage durchgeführt. Allerdings blieben die bei der Wahrnehmung von Kunstwerken ablaufenden kognitiven Prozesse in diesen Ansätzen weitgehend unberücksichtigt. In den letzten J a h r e n haben methodologische und theoretische Positionen der kognitiven Psychologie zunehmend Eingang in die Untersuchung der K u n s t gefunden und erweisen sich als geeigneter Rahmen, in dem ein Beitrag zum Verständnis der in die Schaffung, Wahrnehmung und Interpretation v o n Kunstwerken eingeschlossenen kognitiven Prozesse geleistet werden kann. D a s vorliegende Buch gibt einen Überblick über gegenwärtige Arbeiten zur Wahrnehmung von K u n s t . E s werden in 6 Kapiteln 21 Beiträge vorgestellt, die eine Auswahl und erweiterte F a s s u n g von Vorträgen zu einem internationalen S y m p o s i u m über Psychologie und K u n s t bilden. Ein einleitendes Kapitel erläutert in Abhebung von früheren Ansätzen Grundpositionen, die die kognitive Psychologie in die Untersuchung der K u n s t einbringt und gibt eine Einordnung der folgenden Beiträge. Die weiteren 5 Kapitel sind den thematischen Schwerpunkten Symbole und Bedeutung in der K u n s t , entwicklungspsychologische Aspekte der Kunstwahrnehmung und -produktion, visuelle Wahrnehmung und Kunst, Musikwahrnehmung sowie neue Ergebnisse der experimentellen Ästhetik gewidmet. Damit wird eine beträchtliche Breite interessanter Fragen berührt und anhand experimenteller Daten diskutiert, so z. B . die Rolle des Vorwissens (im Sinne von Schemata) bei der Wahrnehmung von K u n s t . Insgesamt bietet das vorliegende Buch eine gute Möglichkeit, sich mit einem neuen Anwendungsgebiet der kognitiven Psychologie bekanntzumachen und sich einen Überblick über dort erzielte und für Psychologen wie Kunstwissenschaftler gleichermaßen interessante Ergebnisse zu verschaffen. Martina P u f f e (Berlin)

Z. Psychol. 194 (1986) 7-23

J . A. Barth, Leipzig/DDR

Aus der Sektion Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin

Zur Spezifik yon Erkennungsprozessen bei mathematisch

Hochbegabten

Yon Ch. Schwarz Mit 14 Abbildungen

In Bd. 191 (1983) 4 berichtete F. Klix über Modellanalysen von Strategien analoger Schlußprozesse anhand von Daten aus einer vergleichenden Untersuchung mathematisch hochbegabter Jugendlicher und intellektuell allgemein befähigter Studenten (Offenhaus, 1983). Die Ergebnisse zweier Experimente, die in Fortsetzung dieser Arbeit durchgeführt wurden, sollen hier vorgestellt werden.

Problemlage Aus Analysen der historischen Entwicklung menschlicher Intelligenz ist bekannt, daß die steigende Kraft menschlichen Denkens in Gestalt der ermöglichten Beherrschung immer komplizierterer Vorgänge in Natur, Technik und Gesellschaft zumeist gebunden war an eine Vereinfachung der Beschreibungsmittel und der Darstellungsweise dabei bewältigter Probleme (Klix, 1982). Diese Vereinfachung in der Darstellung von Problemen wird als Ausdruck einer informationell reduzierten internen Repräsentation im menschlichen Gedächtnis angesehen. Die Fülle des Informationsangebotes wird stärker auf das jeweils entscheidungsrelevante Maß reduziert und im Extrem wird nur die für die Aufgabenlösung relevante Information weiteren Verarbeitungsprozessen als Datenbasis zur Verfügung gestellt. Das Ergebnis ist eine überschaubarere Problemrepräsentation, auf deren Grundlage die Lösung aufwandsärmer, effektiver und dadurch oft rascher möglich wird. Aus der Geschichte der Wissenschaften und der Entwicklung von Zahl- und Schriftsystemen lassen sich zahlreiche Beispiele für solche Vereinfachungsprozesse anführen. Wenn historisch höhere Leistungsgrade menschlicher Intelligenz oft verbunden waren mit einer Reduktion der Komplexität von Problemstellungen führt das zu der Frage, ob dies auch für die individuelle geistige Leistungsfähigkeit von Bedeutung ist. In zahlreichen Untersuchungen zur Analyse interindividueller Differenzen in kognitiven Prozessen ist ein Zusammenhang zwischen sog. encoding-Parametern und intellektueller Leistungsfähigkeit nachgewiesen worden (z. B. Sternberg; Rifkin, 1979; Mullholland und Mitarb., 1980; van der Meer; Meißner, 1982). Der hinter dieser Beziehung stehende Einfluß von Kodierungs- und Vorverarbeitungsprozessen auf die geistige Leistung scheint uns dadurch begründet, daß sie die Komplexität der Problemstellung anfänglich bestimmen. In dem Maße, wie diese dem für die Entscheidungsbildung notwendigen Minimum angenähert ist, kann das Problem mit geringerem Aufwand, und damit auf intelligentere Weise gelöst werden.

8

Z. Psychol. 194 (1986) 1

Die Experimente von Offenhaus (1983) waren direkt der Beziehung zwischen Komplexitätsreduktion und individueller geistiger Leistung gewidmet. Sie untersuchte den Lösungsprozeß von Analogieanforderungen bei einer Gruppe von Schülern einer MathematikSpezialschule und einer Gruppe von Psychologiestudenten und konnte zeigen, daß die höheren Leistungen der Spezialschüler einhergingen mit einer merkmalsärmeren Repräsentation der verwendeten geometrischen Muster. In der weiteren Analyse dieser Daten durch Klix (1983, in dieser Zschr.) wurden drei verschiedene Strategien der Analogiebildung extrahiert. Die unterschiedlichen Prozeßabläufe dafür ergeben sich aus Kombinationen von insgesamt fünf Prozeßbausteinen oder Moduln und liefern eine hypothetische Beschreibung der Wechselbeziehungen zwischen der Vereinfachung der Musterrepräsentationen und der Realisierung effektiverer Lösungsstrategien. Dabei zeichnet sich die Strategie mit dem geringsten Zeitbedarf dadurch aus, daß die entsprechenden Pbn nur ein bis zwei relevante Teilstrukturen der Muster intern kodieren, was als Teilvorgang zwar relativ viel Zeit in Anspruch nimmt, aber eine starke Verkürzung des Gesamtprozesses ermöglicht. Die stärkste Verkürzung (und damit Effektivierung) ist verbunden mit der internen Prädiktion des vierten Analogieterms und der anschließenden Entscheidung durch einen einfachen Mustervergleich ohne aufwendige Zwischenspeicherung und Vergleichsoperationen mit identifizierten Relationen. Durch dieses Vorgehen kann die Entscheidung über die Gleichheit zweier Relationen (Analogiebedingung) reduziert werden auf einen Identitätsvergleich zweier Teilstrukturen. Es muß nur beurteilt werden, ob das antizipierte, kritische Musterelement des vierten Analogieterms mit dem tatsächlich dargebotenen übereinstimmt. In der Gruppe der mathematisch begabten Spezialschüler ist insgesamt sowohl eine im Mittel stärkere Reduktion der Musterkomplexität, als auch eine häufigere Realisierung der effektiveren Strategien zu verzeichnen. Damit ist in der Anforderung des analogen Schließens, die von ihrer generellen Charakteristik her sehr viel mit sogar kreativer geistiger Leistungsfähigkeit zu tun hat, ein Zusammenhang zwischen mathematischnaturwissenschaftlicher Begabung, Komplexitätsreduktion und effektiveren Lösungsprozessen festgestellt. In der internen Verarbeitung der Muster beim Erkennen von Transformationen beschränken sich mathematisch begabte Pbn auf weniger Merkmale und können so häufiger effektive Strategien realisieren. Wir fragen nun nach dem kognitiven Hintergrund für diesen Befund und sehen zwei Erklärungsmöglichkeiten: 1. kan die häufigere Realisierung effektiverer Strategien die Folge einer a priori gegebenen, spezifischen Organisationsform von Vorverarbeitungsprozessen sein, die bereits bei der erstmaligen Konfrontation mit dem noch unbekannten Material zu einer stärkeren Reduktion seiner Komplexität führt. 2. können sich einfachere Repräsentationen und effektivere Strategien aber auch erst während der wiederholten Bearbeitung der Versuchsaufgaben anforderungs- und materialabhängig herausbilden. Vereinfacht würde das bedeuten, daß im ersten Fall die „begabten" Pbn dadurch erkennbar werden, daß sie a priori mit relativ wenigen Merkmalen arbeiten, während sie das im zweiten Fall im Versuch schneller „erlernen" sollten. Wenn das, was mit den o. a. Unter-

Schwarz, Erkennungsprozesse bei mathematisch Hochbegabten

9

suchungen erfaßt wurde, etwas mit Begabung zu tun hat, dann kann man vermuten, daß der erste Erklärungsansatz gültig ist. Wir haben mit zwei Experimenten versucht, dies zu prüfen. Die Probandengruppen Die Personengruppen, die in den Experimenten untersucht wurden, waren Stichproben aus zwei Populationen: Probanden mit einer überdurchschnittlichen Begabung auf mathematisch-naturwissenschaftlichem Gebiet im Alter von 17—18 Jahren und Psychologiestudenten, hauptsächlich des ersten Studienjahres. Die Stichproben der auf mathematischem Gebiet hochbefähigten Jugendlichen wurden an der Spezialschule für Mathematik und Physik der Humboldt-Universität zu Berlin gewonnen und erhalten die Bezeichnung Versuchsgruppe (VG). Die Stichproben der Psychologiestudenten (ebenfalls Humboldt-Universität) werden mit Vergleichsgruppe (VgG) bezeichnet. Die Pbn der VG sind in die Spezialschule wegen besonderer Leistungen in der Mathematikausbildung und aufgrund von Lehrerurteilen über ihre mathematische Begabung aufgenommen worden. Wir wollen hier nicht diskutieren, ob diese Schüler nun wirklich begabt, oder „nur" besser trainiert sind — in der o. a. Arbeit von Klix (1983) ist dazu Stellung genommen worden. In Untersuchungen von Mehl (1967) und Haenschke-Kramer u. Mehl (1967) an Schülern dieser Spezialschule wird ihre auch überdurchschnittliche allgemeine Intelligenz herausgestellt. Bei den Pbn der VgG kann ebenfalls ein überdurchschnittliches allgemeines Intelligenzniveau vorausgesetzt werden. Der in unserem Rahmen wesentliche Unterschied zwischen beiden Gruppen besteht in der spezifischen Begabung der Pbn der VG zu mathematisch-naturwissenschaftlichem Denken und ihrer auf diesem Gebiet entwickelten, außerordentlichen Leistungsfähigkeit. Experiment 1

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Abb. 1 Muster a—f aus Experiment 1 mit geschätzten Komplexitäten

10

Z. Psychol. 194 (1986) 1

Material Als Material wurden die in Abb. 1 dargestellten sechs Schachbrettmuster mit von a nach f wachsender Komplexität verwendet. Unter den Mustern sind in Abb. 1 arithmetische Mittel und Mediane von Komplexitätsschätzungen einer unabhängigen Pbn-Gruppe eingetragen (Kendall-Konkordanz: 0,74). Als Relationen, zwischen denen die Pbn im Experiment zu diskriminieren hatten, wählten wir die horizontale, vertikale und diagonale Spiegelung sowie die Identität. Prozedur Die Pbn bekamen nach einer Ankündigung das erste Muster dargeboten, steuerten selbst den Wechsel zum zweiten, transformierten Muster und hatten dann zu entscheiden, welche Relation vorlag (siehe Abb. 2). Sie waren instruiert, sich das erste Muster so kurz

Projektion

(VI) Start Musterj

(Pb) (Pb) T1 Wechsel Entscheidung T2 Tj (Musterj)

[ms]

Abb. 2

if

T2' [ms]

Prozedur in Experiment 1

wie möglich zu betrachten, also möglichst rasch das Kommando zum Wechsel zu geben, um dann so schnell wie möglich die vorliegende Relation zu bestimmen und entsprechend zu reagieren. Die Muster wurden auf dem gleichen Areal der Projektionswand dargeboten, so daß das zweite Bild jeweils gleichzeitig zur visuellen Maskierung des ersten Bildes diente. Eine für die Entscheidung der Fragestellung wesentliche Charakteristik der verwendeten Methode besteht darin, daß (entgegen der sonst üblichen Praxis) die Pbn in der Instruktionsphase nicht mit dem im Experiment verwendeten Material vertraut gemacht wurden. Sie bekamen die Anforderung an anderen Beispielen erläuertet. Dadurch ist es möglich, Kodierungs- und Leistungsparameter der Pbn bereits bei der erstmaligen Verarbeitung eines zuvor unbekannten Materials zu bestimmen. Diese Vorgehensweise gestattet eine Entscheidung unserer Fragestellung. Wenn danach in den ersten Versuchsanforderungen Gruppenunterschiede nachweisbar sind, spricht das für den ersten Erklärungssatz und stützt die Hypothese von Gruppenunterschieden in Vorverarbeitungsprozessen. Im Experiment wurden den Pbn 4 Serien von je 48 Relationserkennungsitems dargeboten. Die 48 Items pro Serie ergaben sich aus den 6 Mustern x 4 Relationen x 2 Wiederholungen und waren zufällig angeordnet. Die Muster a—f wurden weiterhin (in Bild 1) in fünf verschiedenen Ausgangspositionen dargeboten: in Standard-, vertikal-, horizontaloder diagonal gespiegelter-, sowie um 180° gedrehter Lage. Damit sollten zu schnell einsetzende Überlern- und Sättigungseffekte vermieden werden.

11

Schwarz, Erkennungsprozesse bei mathematisch Hochbegabten

Die Pbn reagierten im Versuch durch das Anheben von einzelnen Fingern der rechten Hand, die auf Sensorkontakten lagen und den verschiedenen Spiegelungen zugeordnet waren. Nach dem Versuch wurden die entsprechenden motorischen Reaktionszeiten bestimmt und vor der Auswertung von den gemessenen Werten subtrahiert. (Zwischen den Gruppen bestanden keine signifikanten Unterschiede in den motorischen Reaktionszeiten.) Am Experiment nahmen 15 Pbn als VG und 17 Pbn als VgG teil. Ergebnisse und Diskussion In Abb.,3 sind die Kodierungszeiten T1 für die sechs Muster in den vier Versuchsserien dargestellt. Die varianzanalytische Auswertung erbrachte den Nachweis der generellen Wirkung der Musterkomplexität (F(5,150) = 11.3, MS Error = . 6 5 ) , der Serie (F(3,90) = 7.14, T1 [ s ]

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Abb. 3 Zeiten T 1 (Kodierung) der Versuchsgruppe (M) und der Vergleichsgruppe (P) für die Muster a—f in den Serien 1—4

MSError= 1.26) und des globalen Unterschieds zwischen den Gruppen (F(l,30) = 5.01, M S E r r o r = 11.52). Zwei Befunde, die die Wechselwirkungen betreffen, sollen hervorgehoben werden: 1. Signifikante Gruppenunterschiede sind nur für Muster von einer bestimmten Komplexitätsstufe an nachweisbar und steigen mit zumehmender Musterkomplexität an (F(5,150) = 2.99, MSError = .65) und 2. werden die hohen und signifikanten Gruppenunterschiede in Serie I im Laufe des Versuches bis zur statistischen Ununterscheidbarkeit der Gruppen in Serie IV nivelliert (F(3,90) = 4.71, MS Error = 1 . 2 6 ) .

Z. Psychol. 194 (1986) 1

12

Die Tatsache der Existenz von Gruppenunterschieden bereits in Serie I und ihrer Abhängigkeit von der Musterkomplexität ist ein erster Beleg für die Richtigkeit unserer Hypothese der Existenz einer kognitiven Disposition der VG zur „Beherrschung" von struktureller Komplexität. Das drückt sich hier in der notwendigen Zeit zur Kodierung eines Musters aus. Um zu sichern, daß die nachgewiesenen Unterschiede in Serie I nicht erst durch den schnelleren Erwerb besserer Kodierungsprozeduren durch die YG innerhalb dieser Serie entstanden sind, wurden die ersten 24 Items von Serie I einzeln ausgewertet. Das Ergebnis ist in Abb. 4 dargestellt und bestätigt die Erwartung: die nachgewiesenen Unterschiede treten bei der erstmaligen Kodierung eines Musters im Versuch auf. Im Mittel benötigt die VG dafür nur etwa 60 % der bei der VgG registrierten Zeit. 3

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Abb. 4 Musterkodierungszeiten (Tl) der Versuchsgruppe für die ersten 24 Items von Experiment 1, dargestellt in Prozent der mittleren Kodierungszeit der Vergleichsgruppe

Die bisher dargestellten Ergebnisse beziehen sich alle auf Unterschiede zwischen den Gruppen in der notwendigen Zeit zur Kodierung eines Musters. Wie effektiv die in dieser Zeit erzeugte Musterrepräsentation die Relationsbestimmung gestattet, wird dagegen stärker in den Entscheidungszeiten T2 erfaßt. Vereinfacht könnte man sagen, daß, je weniger kognitive Elemente die Musterrepräsentation umfaßt und je spezifischer diese für die Relationsbestimmung geeignet sind, desto weniger Such- und Vergleichsaufwand ist intern für die Entscheidungsbildung notwendig. In Abb. 5 sind die mittleren Zeiten T2 für die richtige Erkennung der drei Spiegelungen dargestellt. Die durchgeführte Varianzanalyse ergab die Signifikanz der Wirkungen von Musterkomplexität (F(5,150) = 16.59,MSError= .40), Serie (F(3,90) = 4.56, MSError=.49) und Gruppenzugehörigkeit (F(l,30) = 22.55, MSError = 3.61) sowie der Wechselwirkung Gruppe x Serie (F(3,90) =28.22, MSError = .49). Die Wechselwirkung Gruppe x Musterkomplexität ist nicht signifikant (F(5,150) = 1.92, MSError= .40).

13

Schwarz, Erkennungsprozesse bei mathematisch Hochbegabten

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M besonders die leistungsfähigsten Spezialschüler vom Grad ihrer in individuellen Parameterwerten erfaßten Informationsformationsreduktion her noch schneller entscheiden müßten, als tatsächlich zu beobachten war. Das läßt vermuten, daß die in den Personenparametern dort erfaßten funktionellen Eigenschaften von Vorverarbeitungsprozessen für die Bewältigung weit größerer Komplexitätsgrade ausgelegt waren, als die Anforderung enthielt. In Aufgaben mit gesteigerter Komplexität sollten sich daher die Gruppenunterschiede weiter erhöhen. Dies zu prüfen, war u. a. Anliegen des 2. Experiments.

Experiment 2 Das 2. Experiment bestand aus Analogieakzeptierungsanforderungen a:a' = b:b', ii* denen bei gestufter Vorinformationsdarbietung Drehungen von Würfeln zu erkennen und zu vergleichen waren. Material Als Material wurden Würfel verwendet (siehe Abb. 7), deren Flächen mit diagonalsymmetrischen (DS) und rotationssymmetrischen (RS) Mustern besetzt waren. Als Relationen enthielten die Analogien Drehungen um die drei Achsen x,y und z.

RS

DS

Abb. 7 Schematische Darstellung und Beispiel eines in Experiment 2 verwendeten Würfels (DS — diagonalsymmetrisches, RS — rotationssymmetrisches Muster)

Durch die Verwendung unterschiedlich strukturierter Muster auf den Würfelflächen wurde die Komplexität der Analogieterme in 2x3 Stufen variiert. Dadurch gibt es (in Abb. 8 am Beispiel der Rotation um die z-Achse dargestellt) Termpaare a : a' bzw. b : br mit DS-Mustern mittlerer und hoher Komplexität, die jeweils auf der senkrecht zur Rotationsachse stehenden Fläche angeordnet sind. Die Komplexität der übrigen Flächen variiert von -leer- (o) über RS-Muster mittlerer (m) bis zu RS-Mustern hoher (h) Komplexität. Aus jeweils 2x3 solchen Termpaaren für jede Rotationsrichtung wurden die Analogieitems konstruiert. Zwei Beispiele sind in Abb. 9 dargestellt.

16

Z. Psychol. 194 (1986) 1

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Abb. 8

Darstellung der Komplexitätsvariation in Experiment 2 (Erläuterungen im Text)

Abb. 9 Zwei Yersuchsitems aus Experiment 2; oben: Analogiebedingung erfüllt, unten: Analogiebedingung nicht erfüllt

Prozedur Die Analogieitems wurden den Pbn unter den üblichen vier Vorinformationsbedingungen dargeboten (siehe Abb. 10). Die Pbn waren instruiert, sich die Vorinformation nur solange anzusehen, wie sie benötigten und dann (durch Abheben des Daumen von einem Sensorkontakt) zur Darbietung der vollständigen Analogie umzuschalten. Daraufhin war so schnell wie möglich zu entscheiden, ob die Drehungen zwischen a und a' und b und b' übereinstimmten.

Schwarz, Erkennuqgsprpzesse bei mathematisch Hochbegabten

17

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(VI) Start Projektion:

Abb. 10

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T2' [ms]

Vorinformationsstufen und Prozedur in Experiment 2

Vor Beginn der insgesamt drei Versuchsserien aus je 48 solcher Items wurden die Pbn wiederum zwar mit der Anforderung, dem Typ der Relationen und der Versuchsprozedur nicht aber mit dem verwendeten Material vertraut gemacht. Von den registrierten Vorinformations -(Tl) und Entscheidungszeiten (T2) wurden vor der Auswertung wieder die getrennt bestimmten, entsprechenden motorischen Reaktionszeiten abgezogen. (Zwischen den Gruppen bestanden keine signifikanten Unterschiede.) An dem Experiment nahmen 11 Pbn als VG und 14 Pbn als VgG teil. Aus der Datenanalyse wurden die Werte eines Pb der VgG ausgeschlossen, da er bei 52 % dei Items falsch entschied und damit wahrscheinlich ein völlig anderes Aufgabenverständnis vorlag. Ergebnisse und Diskussion In Abb. 11 sind die Vorinformations- und Entscheidungszeiten beider Gruppen dargestellt. Varianzanalytisch ist der sign. Einfluß: der Gruppen (F(l,22) = 5.21, MSError = 18.33), der Vorinformationsstufen (F(3,66) = 137.9, MSError=2.37), der Serie (F(2,44) = 34.64, MSError=3.51) sowie der Wechselwirkung von Gruppe und Serie (F(2,44) = 4.72, MSError=3.51) auf die Entscheidungszeiten nachgewiesen. Als Hauptergebnis wollen wir herausstellen: Die VG benötigt bereits in Serie I sign, weniger Zeit für ihre Entscheidungen, die Zeitdifferenz ist gegenüber Exp. 1 und den Versuchen von Offenhaus (1983) beträchtlich angewachsen. Die nachgewiesenen Gruppenunterschiede sinken im Laufe des Experiments bis zur statistischen Gleichheit beider Gruppen in Serie III. Die schnelleren Entscheidungen der VG in Serie I werden dabei weder durch eine geringere Präzision „erkauft" (die Fehleranzahlen sind sogar geringer; VG: 11,5 % , VgG: 18,6%), noch entstehen sie einfach aufgrund einer nur anderen Aufwandsverteilung zwischen Vorinformationsaufnahme und Entscheidungsbildung: auch die Vorinformationszeiten der VG in Serie I sind geringer bzw. höchstens gleich denen der VgG. Um einen „Verlaufseffekt" innerhalb von Serie I auszuschließen, wurden die ersten 24 Items des Versuchs wieder einzeln ausgewertet: vom ersten Versuchsitem an entscheidet die VG in nur etwa 70 % der von der VgG benötigten Zeit (siehe Abb. 12) Dieser Unterschied kann nicht auf material- und anforderungsabhängige Strategiebildungsprozesse zurückgeführt werden. Damit ist in diesem Experiment die vermutete kognitive 2

Psychologie 194-1

18

Z. Psychol. 194 (1986) 1

T Cs3

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Serie

II

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III

Abb. 11 Zeiten für Vorinformationsaufnahme und richtige Reaktion in Experiment 2 für die Versuchsgruppe (M) und die Vergleichsgruppe (P) in Abhängigkeit von der Vorinformationsstufe (VI 0—3) und der Serie (I—III)

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Schwarz, Erkennungsprozesse bei mathematisch Hochbegabten

19

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Abb. 13 Zeiten für Analogieakzeptierung bei VI (2) für die Versuchsgruppe (M) und die Vergleichsgruppe (P) in Abhängigkeit von der Komplexität der RS-Muster (o, m, h) und der Serie (I—III)

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Keine Unterschiede zwischen dem EEG-Verhalten extravertierter und emotional labiler Probanden fanden Winter und Mitarb. (1972), Travis und Mitarb. (1974) und Kondo und Mitarb. (1978). Claridge und Herrington (1963), Costa undMitarb. (1965) undFenton undScotton (1967) konnten gar keine Beziehungen zwischen AlphaParametern und den genannten Persönlichkeitsdimensionen aufzeigen. Derlei widersprüchliche Befunde dürften zuletzt mit den unterschiedlichen methodischen Verfahren im Zusammenhang stehen. Ziel unserer Arbeit war es nun, unter systemtheoretischer Perspektive die Korrespondenzen zwischen diesen psychologischen Bereichen einerseits und der hirnelektrischen Wachaktivität im Rahmen visueller Such- und Diskriminationsleistungen andererseits aufzuzeigen. Methoden In Anlehnung an Untersuchungen von Neisser (1963, 1974) wurden den 13 Probanden 2x17 korrespondierende Buchstabenlisten über einen Sichtschrim dargeboten, wobei der Buchstabe Z einmal aus runden, zum anderen aus eckigen Buchstaben zu selegieren war.2 Die letztere Anordnung stellt dabei höhere Anforderungen an die visuelle Diskriminationsleistung was einerseits in zahlreichen Befunden (Neisser, 1963, 1974; Atkinson und Mitarb., 1969; Calfee, 1975; Kaplan und Carvellas, 1965) nachgewiesen wurde, sich aber auch theoretisch begründen läßt. Geht man beispielsweise von der Feature-Theorie aus und legt man Für genauere Details der Versuchsanordnung s. Zeller und Bente (1983).

2

Zeller, Psychologische Parameter und EEG-Verhalten

45

Gibsons (1969) Merkmalsliste jedem Buchstaben zugrunde, so entfallen von den 13 „Features", nach denen die einzelnen Buchstaben beurteilt werden können, 55 Merkmale auf die eckigen, dagegen nur 32 Merkmale auf die runden Buchstaben. EEG- und

EOG-Registrierung

Simultan zum Ablauf des Suchprozesses wurde die hirnelektrische Aktivität der Okzipital- und Präzentralregionen links- und rechtshemisphäral getrennt gegen 2 Referenzelektroden am Vertex abgeleitet (silberchlorierte Klebeelektroden, Übergangswiderstand < 5 kOhm). Die okzipitalen Elektroden wurden dabei jeweils 1 cm vor Ol und 02 des internationalen 10—20-Systems positioniert (01' und 02'). Die Referenzelektroden am Vertex, mit denen 01' und F3 bzw. 02' und F4 verbunden waren, wurden jeweils 1 cm links bzw. rechts von CZ (CZ CZ 2 ') angebracht. Simultan zum EEG (Zeitkonstante 0,3 s, Frequenzfilter 30 Hz) wurden das vertikale und horizontale EOG (Zeitkonstante 2,5 s, Frequenzfilter 30 Hz) registriert und auf FM-Analogband zur offline-Auswertung gespeichert. Verarbeitung und Analyse der EEG-Daten Die quantitative EEG-Auswertung gliederte sich in folgende Schritte: a) Bestimmung serialer Kurzeitspektren nach Segmentierung der Zeitfunktion in 2 s-Abschnitte mittels Laborprozeßrechner T R 87 (AEG-Telefunken) (Programmsysteme L E G A 16 und 87; Abtastrate: 64 H z ; spektrale Auflösung: 0,5 Hz) und Bildung von Mittelwertspektren. b) Durchführung einer Haüptkomponentenanalyse (R-Technik), (Bente und Mitarb., 1980), die eine wesentliche Reduktion des Variablenraumes gestattet. Diese führt zur Darstellung der zwischen den Frequenzvariablen bestehenden Interrelationen, die sich im Ladungsprofil der varimaxrotierten Frequenzfaktoren widerspiegeln. Die zugrundeliegende mehrmodale Datenmatrix enthält als Variablen die 15 Frequenzen 6,5—13,5 Hz, als Fälle ihre über alle Listen gemittelten absoluten Leistungswerte der 13 Probanden für beide Okzipitalregionen unter den Bedingungen „Rund" und „Eckig" ( n = 1 3 x 2 x 2 = 52 Fälle). Die anschließend berechneten Faktorscores beschreiben demnach die Werte, die die 13 Probanden okzipital rechts und links während des Suchprocesses unter beiden Diskriminationsbedingungen auf den extrahierten Frequenzfaktoren erreichen.

Mit Hilfe anschließender „Eckig"-„Rund"-Mittelwertvergleiche (i-Test für abhängige Stichproben) der Faktorscores konnten generelle, d. h. sich auf die gesamte Probandengruppe erstreckende Effekte der beiden Bedingungen auf die Struktur und Dynamik der hirnelektrischen Aktivität überprüft werden. Suchzeit Die Suchzeitmessung erfolgte vom Erscheinen der Buchstabenliste bis zum Tastendruck, durch den der Proband anzeigte, den Zielbuchstaben Z gefunden zu haben. Psychometrische Testverfahren a) Persönlichkeitsdiagnostik: Um die Persönlichkeitsdimensionen Extarversion und Neurotizismus (emotionale La-

46

Z. Psychol. 194 (1986) 1

bilität) zu erfassen, verwendeten wir das Eysenck-Personality-Inventary (EPI) (Eysenck, 1974). b) Leistungsdiagnostik: Zur Ermittlung des Leistungsniveaus und als Außenkriterien zur Suchleistung dienten 3 Testverfahren: 1. der d2-Aufmerksamkeits-Belastungs-Test (Brickenkamp, 1972, 1975); 2. das Leistungs-Prüf-System (LPS) (Horn, 1962), Skala 11 und 14; 3. der Zahlen-Verbindungs-Test (ZVT) (Oswald und Roth, 1978). c) Befindlichkeit Vor dem Durchsuchen der Listen beschrieben die Probanden ihre aktuelle Befindlichkeit mittels der Eigenschaftswörterliste (EWL—K) (Janke und Debus, 1978). Verarbeitung der psychometrischen

Daten

Die Ergebnisse in den verschiedenen psychometrischen Verfahren wurden einer Hauptkomponentenanalyse (R-Technik) unterzogen, um eine optimale reliable Datenzusammenfassung zu gewährleisten. Die resultierenden Faktorscores galten im weiteren als neue Parameter. Multivariate meter

Beziehungsanalysen

über die psychometrischen

und die hirnelektrischen

Para-

Zur Darstellung der zwischen den psychometrischen und den EEG-Parametern bestehenden Interrelationen wurde das Verfahren der kanonischen Korrelation (Hotelling, 1936) (Details s. 3.4.) angewandt. Dieses läßt sich als Verallgemeinerung der einfachen linearen Korrelation und der multiplen Korrelation auffassen. Es ermöglicht, Zusammenhänge zwischen 2 Komplexen von Variablen zu erfassen, welche bei den einfacheren Formen der Analyse leicht übersehen werden könnten. 3

Ergebnisse Veränderungen

der hirnelektrischen

Wachaktieität

a) Die über alle Probanden und Listen jeder Bedingung gemittelten absoluten Leistungsspektren sind in Abb. 1 dargestellt. Wie daraus ersichtlich wird, ist unter der Bedingung „Eckig" im Alpha-Bereich okzipital links und rechts ein Leistungsanstieg der Gipfelfrequenz zu verzeichnen (Wilcoxon: okzipital links: p < . 0 2 ; okzipital rechts: p < . 0 1 ) . Dabei verlagert sich gleichzeitig die dominante Alpha-Frequenz von 11,5 nach 10 Hz, was einer Zentrierung um die Alpha-Mittelfrequenz entspricht. Daneben findet sich eine geringfügige Leistungszunahme subharmonischer Theta-Frequenzen um 5 Hz (Wil.01). coxon: okzipital links und rechts: b) Um Aufschluß über die Frequenzstruktur der Alpha-Aktivität und ihrer Nachbarfrequenzen während des Suchvorgangs zu erhalten, wurde eine Hauptkomponentenanalyse der interkorrelierten Frequenzvariablen durchgeführt. 3 An dieser Stelle möchte ich Herrn Dipl.-Ing. Frick, Herrn Lewinsky und Herrn Lippold für die technische Hilfestellung herzlich danken.

4?

Zeller, Psychologische Parameter und EEG-Verhalten

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RUND ECKIG

Abb. 1 Mittlere Leistungsspektren der Pro* bandengruppe (N = 13)

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Abb. 2 Synoptische Darstellung der Ladungsprofile der Frequenzfaktoren 1-4

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Abb. 3 Mittelwertdifferenzen der Scores derFrequenzfaktoren 1—4 (i-Test für abhängig» Stichproben) t Zunahme unter „Eckig" p Irrtumswahrscheinlichkeit (einseitig)

Z. Psychol. 194 (1986) 1

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Bei dieser Analyse lassen sich 4 Frequenzfaktoren extrahieren, die 89 % der Gesamtvarianz erklären. Die Ladungsprofile der varimaxrotierten Frequenzfaktoren sind synoptisch in Abb. 2 dargestellt: Bei Faktor 1, der 29,8 % der extrahierten Gesamtvarianz umfaßt, handelt es sich um einen Faktor der AlphaMittelfrequenz 10 Hz. Demgegenüber stellt Faktor 2 (31,7 %) einen Faktor schnellerer Alphaund Nachbar-Frequenzen dar. Faktor 3(16,7%) ist ein Faktor von Subalpha-Frequenzen und Faktor 4 (21,8 %) repräsentiert langsame Alpha-Frequenzen um 8 Hz. Prüft man die Scores der Frequenzfaktoren 1—4 beider Okzipitalregionen mit dem f-Test für abhängige Stichproben auf Mittelwertunterschiede zwischen den Bedingungen „Rund" und „Eckig", so ergibt sich folgendes: Wie Abb. 3 zeigt, steigen unter „Eckig" über beiden Okzipitalregionen die Scores des die zentralen Alpha-Frequenzen repräsentierenden Frequenzfaktors 1 an, wobei rechts das5%Niveau unterschritten wird. Die Werte des langsamen AlphaFaktors (Faktor 4) sinken dagegen beiderseits ab, besonders links (p CO O 00 o> O 00 C-rt noonio-foofflneo co oo i> w oö c ^ T O O O CO O -H ^•jnoffLicificfn m O Oi l> O CD si in^ in CD E» 00 OS OS CO csfco^cD H ^ ^ Mv^r•^lif^-Tfo'cD'crirCoroi'o'orcfor Mnn^fo^^mojiocococv

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Zeller, Psychologische Parameter und EEG-Verhalten

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53 und den „Faktor der kognitiven Verarbeitungsgeschwindigkeit" (x 2 = 16,6; FG = 8, p < .05, zweiseitig). Die Inspektion der Vorzeichen der Ladungen weist auf den Zusammenhang einer Zunahme zentraler Alpha-Frequenzen (Faktor 1) bei gleichzeitiger Abnahme langsamerer Alpha-Anteile (Faktor 4) und hoher kognitiver Verarbeitungsgeschwindigkeit unter der Bedingung „Eckig" hin. Zu erwähnen bleibt noch eine tendenzielle Beziehung zwischen einer hohen Fehlerrate und linksseitigem Überwiegen von Subalpha-Frequenzen (Faktor 3) unter der Bedingung „Rund" (p K •o bei simultaner Abnahme schnellerer q, Xl fco Alpha-Komponenten (Faktor 2) « & 3 fr« 3 Ju 3 und hoher „Aktiviertheit" (%2 — OO CO 00 o o00 00 00 O O 2 23,6; FG = 12, p, 1 9 7 8 ) ) x a p a K T 6 p n 3 0 B a j i i i „ K o r H H T H B H o e H o c T H i K e H i e c K o e n o B e f l e m i e " H c n y a t m i H BHeniHHMH

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Eysenck-Personality-Inventory

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Summary E E G activity during visual search processes with different degrees of discrimination difficulty as well as t h e correlation of performance and psychological variables like „cognitive performance", „actual condition", and „dimensions of personality", were investigated in 13 male subjects. I n accordance with t h e paradigm used b y Neisser, 17 corresponding lists of rounded a n d angular letters were displayed. The task was to select t h e target letter Z f r o m each list. Different psychometric tests (d 2 -Aufmerksamkeits-Belastungs-Test) (Brickenkamp, 1975), LeistungsPrüf-System (scale 11 a n d 14) (Horn, 1962), Zahlen-Verbindungs-Test (Oswald a n d Roth, 1978)) were used to comprehend t h e „cognitive performance" and served as comparable criteria to t h e searchinglists. „Dimensions of personality" (extraversión and neurotizism/emotional lability) were registered with t h e Eysenck-Personality-Inventory (Eysenck and Eysenck, 1974), and right before t h e search process started, t h e „actual condition" was described b y every subject with t h e „Eigenschafts-Wörter-Liste" (Janke and Debus, 1978). Spectral analysis of t h e E E G shows a significant change in alpha-frequency structure during t h e more difficult search process „lists of.angular letters". There is a shift of t h e dominant alpha-frequency f r o m 11,5 H z to 10 Hz with a significant increase and concentration of power in t h e dominant frequency. This concentration of alpha-power around 10 Hz is more pronounced in t h e right occipital region t h a n in t h e left. These changes of t h e frequency-structure show no significant correlation to t h e speed of t h e search processes, b u t t h e coherence of both increases with t h e increasing claim of performance. Canonical correlations show t h e connections between t h e frequency factors of t h e E E G and t h e psychological parameters: „cognitive speed of performance" has a high and significant correlation with t h e increase of central alpha-frequencies around 10 Hz in t h e right hemisphere; „activation" and „mood", subscales of t h e „Eigenschafts-Wörter-Liste" show significant correlations with t h e difference-scores of t h e factor-scores of t h e two conditions, whereas ,,trait"-variables like extraversión and neurotizism are correlating exclusively with t h e factor scores of t h e two conditions. The investigation affords an insight into a complex net of psychophysiological relevant connections, t h e structure of which can best be interpreted under systemic aspects.

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Buchbespre chungen Pinker, S . (Hrsg.): Visual Cognition. V I I + 275 S. 16,5x24 cm. L a u s a n n e : Cognition, Band 18 (Sonderband), Broschiert. 54,00 U S $.

Elsevier Sequoia S . A. 1984.

Die Er forschung der Funktionsweise der visuellen Erkennung gehört zu den interessantesten Problemen der kognitiven Psychologie. E s ist Anliegen des Sonderbandes der Zeitschrift Cognition, eine Auswahl neuer theoretischer und empirischer Arbeiten zu diesem Themenkreis vorzustellen. Zunächst werden in einem einführenden Artikel des Herausgebers S . Pinker traditionelle Modelle, neue theortische Ansätze und offene Fragen diskutiert, die Mechanismen der Objekterkennung und der anschaulichen Vorstellung betreffen. Die nachfolgenden Arbeiten sind dann speziellen Problemen der visuellen Erkennung gewidmet. So geht es um hypothetische Regeln, die v o m wahrnehmenden Organismus zur Gliederung des visuellen Feldes genutzt werden könnten (Hoffmann, Richards); um hypothetische Mechanismen, die auf der Grundlage von sogenannten Basisrepräsentationen Mustereigenschaften und deren räumliche Relationen extrahieren (Ullmann), u m die Rolle mentaler Rotationen bei der Interpretation von Richtungsinformation in K a r t e n (Shepard, Hurwitz); u m Grundlagen inter-individueller Unterschiede i m anschaulichen Vorstellungsvermögen (Kosslyn, Brunn, Cave, Wallach); u m die neurologische B a s i s von Prozeßkomponenten, die in die Erzeugung und Verarbeitung anschaulicher Vorstellungen eingeschlossen sind (Farah). Bei der Zusammenstellung des Bandes standen Darstellung und Diskussion theoretischer Ansätze, die nur z. T. durch empirische B e f u n d e ergänzt sind, im Vordergrund. Wenngleich manches noch spekulativ erscheint und in der Zukunft durch empirische Untersuchungen weiter untersetzt werden sollte, regen die vorgestellten Arbeiten m i t vielen darin enthaltenen interessanten Überlegungen, aufgeworfenen Fragen u n d berichteten B e f u n d e n zur Diskussion nicht nur innerhalb der kognitiven Psychologie, sondern auch zur interdisziplinären Diskussion an. Martina P u f f e (Berlin)

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Z. Psychol. 194 (1986) 1

Grimm, H . ; Schöler, H . Sprachentwicklungsdiagnostik. Was leistet der Heidelberger Sprachentwicklungstest? 110 S. mit 10 Abb. und 4 Tab., 1 6 x 2 4 cm. Göttingen — Toronto — Zürich: Verlag für Psychologie Hogrefe 1985. Pappeinband. Sieben Jahre nach Erscheinen des Heidelberger Sprachentwicklungstests ziehen die Autoren in einem sehr informativen Heft Bilanz über bisherige Erfahrungen mit dem Test, setzen sich mit kritischen Hinweisen auseinander und geben weitere konkrete Hilfen für die Durchführung, Auswertung und Interpretation des H-S-E-T. Sie stellen zunächst Aufgaben und Voraussetzungen der Entwicklungsdiagnostik dar. Im 2. Kapitel werden die Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung des H-S-E-T noch einmal sehr klar aufgezeigt. Neue differentialdiagnostische Befunde zu spezifischen Störungsformen werden im 3. Kapitel dargestellt und diskutiert. Anhand von Protokollen und Profilen dysphasischer, autistischer, lernbehinderter, dysgrammatisch sprechender, stammelnder und lese-rechtschreibschwacher Kinder wird die differentialdiagnostische Potenz des Verfahrens evident, wenngleich wegen der notwendigerweise geringen Probandenzahl und der Störungsspezifika weitere Untersuchungen pathologischer Gruppen wünschenswert sind. Ungewöhnlich, aber durchaus empfehlenswert für andere Testautoren, ist der Inhalt des letzten Kapitels: Hier werden in Auswertung von Rezensionen und Erfahrungsberichten in Form von 28 Fragen und Antworten im bisherigen Text noch unberücksichtigt gebliebene kritische Einwände, Anregungen und Anfragen bearbeitet, die sich sowohl auf Inhalt, Durchführung und Auswertung des Tests beziehen. Als eine sehr gelungene theorie- und praxisorientierte Ergänzung zur Handanweisung zum H-S-E-T ist daher das vorliegende Buch allen Anwendern zu empfehlen. Edith Kasielke (Berlin)

Szagun,G. (Hrsg.): Bedeutungsentwicklung beim Kind — Wie Kinder Wörter entdecken. 382 S. mit 4 Abb. München: Urban & Schwarzenberg 1983. Urban & Schwarzenberg Psychologie. Paperback. In ihrer Habilitationsschrift erläutert und bewertet die Autorin aktuelle Theorien zur Bedeutungsentwicklung, stellt ausführlich die entwicklungspsychologischen Theorien von Wygotzki, Stern und Piaget dar und nimmt Piaget's Theorie der Entstehung von Symbolen zum Ausgangspunkt ihres eigenen Ansatzes. Indem sie die Interaktion des Kindes mit der Umwelt im Rahmen der Wechselwirkung von Akkomodation und Assimilation interpretiert, wählt sie eine dialektische Sichtweise auf die Entwicklung der Erkenntnistätigkeit des Kindes. Sie wendet ihren Ansatz auf die Entstehung von Wortbedeutungen für konkrete und abstrakte Begriffe an. Als Methode der Wahl zur Erfassung der Bedeutungsentwicklung wird das klinische Interview mit seinen Möglichkeiten und Risiken dargestellt. In einem umfangreichen abschließenden Kapitel werden Entwicklungsstufen für abstrakte Begriffe (Leben, Tod, Fortpflanzung, Traum, Denken, Wissen, Raten, Fühlen, Gerechtigkeit, Freundschaft, Mut, Geld, Nationalität) als Ergebnis der Anwendung des klinischen Interviews beschrieben. Der Gegenstand der Monographie bringt es mit sich, daß die Autorin mitunter auf Darlegungen in ihrem Buch „Sprachentwicklung beim Kind — Eine Einführung" (Urban & Schwarzenberg 1980) verweist. Die Autorin präpariert aus dem umfangreichen Werk Piaget's seine Bedeutungstheorie heraus. Sie bezieht Bedeutungsentwicklung auf die gesamte geistige Entwicklung des Kindes. Mit der Analyse der Entstehung des Vorstellungsbildes als verinnerlichte (sensomotorische) Nachahmung deutet sich eine engere Verwandtschaft zu frühen Etappen der Entstehung geistiger Handlungen bei Galperin an. Erfrischend wirkt die polemische Auseinandersetzung mit Merkmalstheorien, Computermodellen und (aus Sicht der Autorin) ungeeigneten Methoden der Erfassung subjektiver Bedeutungsstrukturen. Die von der Autorin begründete und mit Ergebnissen in ihrer Fruchtbarkeit belegte Konzeption einer begriffsorientierten Bedeutungsforschung ließe sich ergänzen, wenn die Wirkung sprachlicher Regeln in der Kind-Umwelt-Interaktion auf das kindliche Wissen weiter berücksichtigt werden würde. H. Sydow (Berlin)

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J. A. Barth, Leipzig/DDR

Aus dem Wissenschaftlichen Zentrum der IBM Deutschland in Heidelberg und dem Psychologischen Institut der Universität Tübingen

Vorab-Einrichtungen von Suchbereichen im KZG Von K.-P. Muthig und R. Ulrich Mit 2 Abbildungen

Einleitung Such- und Vergleichsprozesse im Kurzzeitgedächtnis werden vornehmlich im R a h m e n des sogenannten Item-recognition-Paradigmas (Sternberg 1966, 1969 a, b) untersucht. Hierbei h a t die Versuchsperson in jedem Versuchsdurchgang eine kurze Liste sequentiell dargebotener Items (z. B. Ziffern) kurzfristig zu behalten. Nach einer kurzen Pause wird ein einzelnes Item (Testreiz) präsentiert und die Versuchsperson soll so schnell wie möglich entscheiden, ob dieser Testreiz in der Gedächtnisliste enthalten war (positiver Durchgang) oder nicht (negativer Durchgang). Gemessen wird die Antwortzeit (RT) auf das Erscheinen des Testreizes. Trägt man die Antwortzeit gegen die Anzahl der Items in der Gedächtnisliste auf, so resultieren in der Regel lineare RT-Funktionen mit annähernd gleichem Anstieg f ü r positive und negative Durchgänge. Dies wird seit Sternberg (1966) als Beleg dafür angesehen, daß vor der Antwort der enkodierte Testreiz (Testeinheit) seriell mit allen Elementen der repräsentierten Gedächtnisliste (Gedächtniseinheiten) verglichen wird. Sternberg's serielles und erschöpfendes Suchmodell ist jedoch nicht uneingeschränkt verallgemeinerbar (vgl. z. B. Sternberg 1975; Wescourt und Aktinson 1976; McNicol und S t u a r t 1980). So sind z. B. die RT-Funktionen dann flacher, wenn s t a t t einkategorialen Gedächtnislisten (z. B. 8 3 1 4 7) zweikategorial aufgebaute Listen der gleichen Länge (z. B. F 3 A B 7) verwendet werden (z. B. Lively und Sanford 1972; Kaminsky und DeRosa 1972; Naus, Glucksberg und Ornstein 1972; Naus 1974). Dies legt den Schluß nahe, daß bei kategorial aufgebauten Gedächtnislisten nicht alle Gedächtniseinheiten in den Vergleich eingehen. Um die geringere Anzahl der in den Vergleich eingehenden Gedächtniseinheiten bei der Verwendung kategorial aufgebauter Gedächtnislisten zu erklären, wurden in der Folge zwei Modifikationen des seriellen und erschöpfenden Suchmodells vorgeschlagen: das Directed-Entry-Modell und das Random-Entry-Modell (Naus u. a. 1972; Naus 1974; Ulrich und Muthig 1983). Beide Modelle setzen voraus, daß die Gedächtniseinheiten — ihrer kategorialen Zugehörigkeit entsprechend — in zwei getrennte Suchbereiche im Kurzzeitgedächtnis aufgeteilt werden. Danach enthält z. B. ein Suchbereich alle Einheiten, die Ziffern repräsentieren, ein anderer alle Einheiten, die Buchstaben repräsentieren. Beide Modelle postulieren zudem, daß der Vergleich zwischen der Testeinheit und den Gedächtniseinheiten innerhalb eines Suchbereichs seriell und erschöpfend erfolgt. Die Modelle unterscheiden sich jedoch in ihren Annahmen darüber, wie die Suchbereiche im Vergleichsprozeß angesteuert werden.

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Z. Psychol. 194 (1986) 1

Im Directed-Entry-Modell wird ein gerichteter, vollständig selektiver Vergleichsprozeß postuliert. Danach wird zunächst die kategoriale Zugehörigkeit der Testeinheit bestimmt und anschließend nur noch der Suchbereich seriell und erschöpfend durchsucht, in dem die Gedächtniseinheiten die gleiche kategoriale Zugehörigkeit aufweisen wie die Testeinheit. Unabhängig davon, wie der Vergleich ausfällt, wird kein weiterer Suchbereich mehr angesteuert. Im Random-Entry-Modell entfällt die Feststellung der kategorialen' Zugehörigkeit der Testeinheit; die Ansteuerung der Suchbereiche erfolgt hier nach Zufall. Innerhalb eines angesteuerten Suchbereiches werden jedoch die Gedächtniseinheiten wieder seriell und erschöpfend mit der Testeinheit verglichen. Wird dabei eine Übereinstimmung festgestellt, so wird kein weiterer Suchbereich mehr angesteuert und der Vergleichsprozeß bricht ab. Wird keine Übereinstimmung festgestellt, so wird nach Zufall ein weiterer Suchbereich angesteuert. Problemstellung Auf Grund der verschiedenen Annahmen über den Vergleichsprozeß machen die beiden Modelle unterschiedliche Vorhersagen über den Verlauf der RT-Funktionen für positive und negative Durchgänge. In der empirischen Überprüfung dieser Vorhersagen (z. B. Darley, Klatzky und Atkinson 1972; Naus und Mitarb. 1972; Simpson 1972; Naus 1974; Clifton und Brewer 1976; Ulrich und Muthig 1983, Muthig und Ulrich 1985) erwies sich zwar das Random-Entry-Modell als durch die Daten stärker gestützt, jedoch sind die vorliegenden Befunde nicht konsistent. So gibt es sowohl Evidenz für eine vollständig selektive Suche nach dem Directed-Entry-Modell (z. B. Darley und Mitarb. 1972; Kaminsky und DeRosa 1972), als auch Daten, denen weder das Directed-Entry-Modell noch das Random-Entry-Modell Rechnung tragen kann (z. B. Muthig und Ulrich 1985). Ein Grund für die Inkonsistenz der bisherigen Befunde könnte darin zu suchen sein, daß eine gemeinsame, bislang nicht hinterfragte Grundannahme beider Modelle inadäquat ist. So wurde bislang immer davon ausgegangen, daß die Einrichtung der getrennten Suchbereiche während der Darbietung der Gedächtnisliste, also bei der Informationsaufnahme selbst erfolgt. Ergebnisse aus einem Experiment von Ulrich und Muthig (1983) lassen jedoch Zweifel an der Gültigkeit dieser Grundannahme aufkommen. In diesem Experiment ging es um die Frage, wie sich die Art der Darbietung von kategorial aufgebauten Gedächtnislisten auf die Einrichtung von Suchbereichen auswirkt. Es wurden zweikategoriale Gedächtnislisten (Buchstaben und Ziffern) der Längen L = l , L = 3 und L = 5 verwendet. In einer Bedingung wurden die Listenitems kategorial geblockt (z. B. 9 5 G F A), in der anderen kategorial gemischt (z. B. 5 F G 9 A) dargeboten. Ulrich und Muthig (1983) vermuteten, daß während der schnellen sequentiellen Darbietung der Listenitems die kategorial geblockte Darbietung eine Aufteilung kategorial unterschiedlicher Gedächtniseinheiten in getrennte Suchbereiche erleichtert, die kategorial gemischte Darbietung eine solche Aufteilung jedoch erschwert. Entsprechend sollten während der kategorial geblockten Darbietung mit höherer Wahrscheinlichkeit zwei getrennte Suchbereiche eingerichtet werden, während der kategorial gemischten Darbietung dagegen mit

Muthig u. Ulrich, Einrichtung von Suchbereichen im KZG

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höherer Wahrscheinlichkeit nur ein Suchbereich. Da der Vergleichsprozeß bei der Existenz zweier getrennter Suchbereiche im Gegensatz zum Vergleichsprozeß bei der Existenz nur eines Suchbereiches zusätzliche zeitkonsumierende Prozeßstufen beinhaltet (für die kategoriale Bestimmung des Testreizes, das Ansteuern der Suchbereiche, usw.), sollten die Antwortzeiten auf kategorial geblockt dargebotene Gedächtnislisten länger sein, als auf kategorial gemischt dargebotene Listen. Die Ergebnisse des Experiments von Ulrich und Muthig (1983) bestätigen diese Vorhersagen. Überraschend war jedoch, daß auch für Einerlisten die Antwortzeiten in der kategorial geblockten Darbietungsbedingung deutlich länger waren, als in der kategorial gemischten Bedingung (etwa 80 msec.). Da Einerlisten aber nur aus einem Itera bestehen (entweder aus einer Ziffer oder aus einem Buchstaben), gab es in der Darbietung dieser Listen de facto keinen Unterschied zwischen „kategorial geblockt" und „kategorial gemischt". Unter der Annahme, daß die Einrichtung von Suchbereichen bei der Informationsaufnahme selbst erfolgt, hätte bei der Darbietung von Einerlisten demnach unter beiden Darbietungsbedingungen nur ein Suchbereich eingerichtet werden dürfen. Entsprechend hätte es auch keinen Unterschied in den Antwortzeiten auf Einerlisten zwischen den beiden Darbietungsbedingungen geben dürfen. Die beobachtete Verlängerung der Antwortzeiten auf „kategorial geblockt" dargebotene Einerlisten legt jedoch den Schluß nahe, daß auch unter dieser Bedingung zwei getrennte Suchbereiche eingerichtet wurden. Da Einerlisten jedoch einkategoriale Ein-Item-Listen sind, können die getrennten Suchbereiche nicht während, der Informationsaufnahme eingerichtet worden sein. Ihre Einrichtung muß vielmehr aufgrund der Kontextbedingungen (Erwartung von kategorial geblockt dargebotenen Gedächtnislisten unterschiedlicher Länge) bereits vor der Informationsaufnahme erfolgt sein. Die Ergebnisse von Ulrich und Muthig (1983) lassen also vermuten, daß im Kurzzeitgedächtnis erwartungsabhängig eine vorab-Einrichtung von Suchbereichen für die jeweils wahrscheinlichste Form des Gedächtnislistenaufbaus erfolgt, die während der Informationsaufnahme nicht mehr geändert wird (oder nicht mehr geändert werden kann). Dadurch können jedoch bei Start des Vergleichsprozesses Suchbereichskonfigurationen existieren, die in Hinblick auf die tatsächlich dargebotene Information und in Hinblick auf die geforderte Antwortschnelligkeit nicht effizient sind. Sollte sich diese Hypothese einer vorab-Einrichtung von Suchbereichen empirisch stützen lassen, so wäre dies ein direkter Beleg für die Unangemessenheit der üblicherweise unterlegten Grundannahme, die Einrichtung von Suchbereichen erfolge während der Darbietung — und zwar entsprechend dem kategorialen Aufbau der Gedächtnisliste. Experimentelles Bationale Um die Hypothese zu überprüfen, daß Suchbereiche für die wahrscheinlichste Form des Listenaufbaus vor Darbietung der Gedächtnislisten eingerichtet werden können, wurden bei den Versuchspersonen unterschiedliche Erwartungen über die Art der jeweils zu behaltenden Gedächtnisliste induziert. Vor jedem Durchgang wurden die Versuchspersonen über den Typ der zu erwartenden Gedächtnisliste informiert. Angekündigt wurde ent6

Z. Psychologie 194-1

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Z. Psychol. 194 (1986) 1

weder eine Einerliste („L=l") oder aber eine kategorial aufgebaute Sechserliste („L=6"), die kategorial geblockt dargeboten werden würde. Die danach tatsächlich dargebotene Gedächtnisliste entsprach mit hoher Wahrscheinlichkeit dem angekündigten Listentyp, so daß bei der Versuchsperson konsistente Erwartungen aufgebaut werden konnten. In einem bestimmten Prozentsatz der Durchgänge wurde jedoch entgegen der Ankündigung eine Liste des jeweilig anderen Typs dargeboten. Sollte eine Einrichtung von Suchbereichen bereits vor Darbietung der Gedächtnislisten selbst erfolgen, so müßte in Erwartung einer Einerliste („L=l < t ) 1 vorab ein Suchbereich und in Erwartung einer kategorial geblockten Sechserliste („L = 6") vorab zwei Suchbereiche eingerichtet werden (vgl. hierzu Abbildung 1). Dargebotene Liste

Suchbereichskonfiguration

Listenhinweis

Gedächtnis repräsentation

L= 6

"L = 1"

-*•

[35AGËF;

Z.B.354GEF

.

Einrichtung

'x

eines — • Suchbereichs

"^K

L= 1 z.B. 7

:

7

]

L= 6

" L = 6 "

Einrichtung zweier Suchbereiche

Z.B.354GEF

i.354: [ G Ë F ]

—»• V

L= 1 ^

z.B. 7

i i

1

, i i

7

i

1 L_i _J

Abb. 1 Skizze des experimentellen Rationales Oben: Der Hinweisreiz „ L = 1" sollte zur vorab-Einrichtung nur eines Suchbereiches führen. In 75 % der Fälle folgt danach eine Gedächtnisliste vom Typ L = 1 und in 25 % der Fälle eine Liste vom Typ L = 6. Alle Gedächtniseinheiten sollten in dem einen eingerichteten Suchbereich abgelegt werden, der im Vergleichsprozeß dann seriell und erschöpfend durchsucht wird Unten: Der Hinweisreiz „L = 6" sollte zur vorab-Einrichtung von zwei Suchbereichen führen. In 75 % der Fälle folgt danach eine Gedächtnisliste vom Typ L = 6 und in 25 % der Fälle eine Liste vom Typ L = 1. Im Fall L = 6 werden kategorial unterschiedliche Gedächtniseinheiten in getrennten Suchbereichen abgelegt und im Vergleichsprozeß getrennt angesteuert. Im Fall L = 1 bleibt entsprechend ein vorabeingerichteter Suchbereich leer, dessen Existenz sich jedoch „störend" (d. h. RT-erhöhend) auf den Vergleichsprozeß auswirken muß. „ L = l " und „L = 6" symbolisieren den jeweilig angekündigten Listentyp; L = 1 und L = 6 den jeweilig dargebotenen Listentyp.

1

Muthig u. Ulrich, Einrichtung von Suchbereichen im K Z G

67

Entsprechend sollte sich in Abhängigkeit von dem nachfolgend tatsächlich dargebotenen Listentyp (Einerliste ( L = l ) oder Sechserliste (L = 6)) das folgende Reaktionszeitmuster nachweisen lassen: (1) In der Bedingung „ L = l " L = 1 niedrigere Reaktionszeiten als in der Bedingung „ L = 6" L = l , da die vorab-Einrichtung von zwei Suchbereichen unter „ L = 6" L = 1 in Hinblick auf die geforderte Antwortschnelligkeit für Einerlisten wenig effizient ist. (2) Zwischen den Bedingungen „ L = 6 " L = 6 und „ L = l " L = 6 sollten sich dagegen die Reaktionszeiten nicht wesentlich unterscheiden, da der höhere zeitliche Aufwand für die Ansteuerung der beiden Suchbereiche unter „ L = 6" L = 6 im Vergleich zu „ L = l " L = 6 durch den Zeitvorteil aus der Halbierung der zu durchsuchenden Gedächtniseinheiten kompensiert werden dürfte. (3) Durch die vorab Einrichtung nur eines Suchbereiches unter „ L = l " , sollten sich sowohl für L = 1 als auch für L = 6 die Antwortzeiten aus positiven und negativen Durchgängen nicht unterscheiden (klassisches Sternberg-Modell für einkategoriale Gedächtnislisten). (4) Durch die vorabEinrichtung zweier Suchbereiche unter „ L = 6 " lassen sich je nach Modell (Directed-Entry oder Random-Entry) unterschiedliche Vorhersagen für die Antwortzeiten aus positiven und negativen Durchgängen ableiten: (4a) Legt man das Directed-Entry-Modellzugrunde, so sollten sich die Reaktionszeiten tius positiven und negativen Durchgängen nicht unterscheiden. (4 b) Legt man das Random-Entry-Modell zugrunde, so sollten aus den negativen Durchgängen längere Reaktionszeiten resultieren als aus den positiven Durchgängen.

Methode Versuchspersonen. — An dem Versuch nahmen vier Studenten des Psychologischen Instituts der Universität Tübingen teil. Jede Versuchsperson absolvierte 12 Sitzungen zu 128 Durchgängen (zwei Trainingssitzungen und zehn Experimentalsitzungen). Die Sitzungen waren zeitlich getrennt (pro Tag eine Sitzung). Materialien. — Aus der Grundmenge der Buchstaben A—I und der Ziffern 1—9 wurden Gedächtnislisten der Größe L = 1 und L = 6 gebildet. Buchstaben und Ziffern waren Standard CBM 3032 Zeichen ( 7 X 6 Punktmatrix) und bei der gewählten Sichtdistanz hinreichend gut lesbar und unterscheidbar. War L = l , so enthielten die Listen entweder eine Ziffer oder einen Buchstaben. War L = 6 , so waren die Listen stets aus drei verschiedenen Ziffern und drei verschiedenen Buchstaben aufgebaut. Apparative Hilfsmittel. — Gedächtnislisten und Testreize wurden über den Monitor eines CBM 3032 Kleincomputers dargeboten, der auch den Versuch steuerte. Die Sichtdistanz zum Monitor betrug etwa 70 cm. Vor dem Computer befand sich eine separate Tastatur, über die die Versuchsperson ihre Antwort („Ja"/„Nein") auf einen Testreiz abgab und die einzelnen Durchgänge startete. Die Versuchspersonen wurden instruiert, die Tastatur ausschließlich mit dem Zeigefinger ihrer bevorzugten Hand zu bedienen. Experimentelle Vorgehensweise. — In jedem Durchgang hatte die Versuchsperson eine Gedächtnisliste der Größe L = 1 oder L = 6 zu behalten. Die Items der jeweiligen Gedächtnisliste wurden sequentiell auf dem Monitor dargeboten und definierten die Gedächtnismenge für diesen Durchgang. War L = 6 , so wurden die Elemente der Gedächtnisliste in der Abfolgesequenz kategorial geblockt dargeboten: z. B. die Ziffern auf den Positionen s*

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1—3, die Buchstaben auf den Positionen 4—6. Die Reihenfolge der kategorialen Teilmengen der Gedächtnisliste wurden über die Durchgänge randomisiert, mit der Maßgabe, daß jede Kategorie gleich oft den ersten und den zweiten Teil der Gedächtnisliste besetzte. Nach Darbietung des jeweilig letzten Elementes einer Gedächtnisliste erschien eine ListenEndmarkierung auf dem Schirm. Danach folgte ein Testreiz, der bis zur Antwort der Versuchsperson auf dem Monitor verblieb. Die Aufgabe der Versuchsperson bestand darin, möglichst schnell und fehlerfrei zu entscheiden, ob der Testreiz zur vorher dargebotenen Gedächtnisliste gehörte („Ja") oder nicht („Nein"). Zu Beginn eines Durchgangs kennzeichnete ein Fixationspunkt den Ort auf dem Monitor, an dem die Elemente der Gedächtnisliste erscheinen würden. Gleichzeitig diente er als Hinweis, den nächsten Durchgang zu starten. Nach Druck der Start-Taste wurde der Fixationspunkt durch einen visuellen Hinweis ersetzt, der den Typ der zu erwartenden Gedächtnisliste ( „ L = l " oder „ L = 6 " ) anzeigte. Dieser Hinweis war in 75 % der Durchgänge valide; in 25 % der Durchgänge folgte jedoch eine Gedächtnisliste des jeweiligen anderen Typs. Die Darbietungszeit für jedes Listenitem betrug 900 msec; das Zeitintervall zwischen den einzelnen Listenitems (einschließlich Listen-Endmarkierung) betrug 300 msec. Die ListenEndmarkierung (ein 1 c m X l cm großes, gerastertes Quadrat) verblieb für 900 msec auf dem Bildschirm. Eine Sekunde später folgte der Testreiz, der bis zur Antwort der Versuchsperson auf dem Monitor verblieb. Die Versuchspersonen wurden aufgefordert, möglichst schnell und fehlerfrei zu antworten. Fehler wurden auf dem Monitor durch „Fehler" zurückgemeldet. Antwortzeiten, die 1500 msec überschritten, wurden durch den Hinweis „Schneller Antworten" zurückgemeldet. Durchgänge, in denen ein Fehler gemacht worden war oder in denen die R T mehr als 1500 msec betrug, wurden im Verlauf der weiteren Sitzung wiederholt. Design.- Dem Experiment lag ein 2 (erwarteter Listentyp: „L = l " vs. „L = 6 " ) X 2 (tatsächlicher Listentyp: L = 1 vs. L = 6 ) X 2 (Art des Versuchsdurchgangs: positiv vs. negativ) faktorieller Versuchsplan zugrunde. Alle experimentellen Manipulationen waren innerhalb der Versuchspersonen. Eine Experimentalsitzung umfaßte 128 Durchgänge und dauerte etwa 40 Minuten. Jede Versuchsperson hatte 12 zeitlich getrennte Sitzungen (2 Trainingssitzungen und 10 Experimentalsitzungen) und damit insgesamt 1280 Experimentaldurchgänge zu absolvieren. Ergehnisse Die mittlere Fehlerrate betrug 7,2 %. Jedoch war bei den Listen der Länge L —6 ein höherer Anteil an Fehlern zu verzeichnen (10,5 %), als bei Listen der Länge L = 1 (3,9 %), F(1, 2528) = 42,788, p < .001. Auch war die Fehlerrate in positiven Durchgängen höher (8,3 %) als in negativen (6,1 %), F{1, 2528) = 4,754, p < . 0 5 . Die varianzanalytische Auswertung der Reaktionszeiten erbrachte signifikante Haupteffekte für die Faktoren „erwarteter Listentyp" und „tatsächlicher Listentyp" sowie eine signifikante Interaktion zwischen „erwartetem Listentyp" und „Antwortart". Wurden Listen der Länge „L = 6" erwartet, so waren die Reaktionszeiten länger, als wenn Listen

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Muthig u. Ulrich, Einrichtung von Suchbereichen im KZG

der Länge „h—1" erwartet wurden, F(l, 2528) = 4,525, p < . 0 5 . Wurden Listen der Länge L = 6 dargeboten, so waren die Reaktionszeiten höher, als wenn Listen der Länge L = 1 dargeboten wurden, F(1, 2528) = 74,717, p-y), und daß sie das Recht hat, das ganze Spiel durchzuspielen. Nehmen wir an, daß x = 10 Ft, y = — 5 Ft betrüge. Danach hat die Vp. diejenige minimale Summe zu bestimmen, bei der sie auf die Spielteilnahme verzichten würde. Damit der VI. die Vp dazu gewinnt, eine korrekte, ihre Überzeugung widerspiegelnde Summe zu nennen, werden verschiedene Einschränkungen gemacht (z. B. gibt der VI. seinen Kaufpreis des Spiels an, mit dem Preis deiner vorgegebenen Summe.) Aufgrund des Verkaufspreises (s) kann die subjektive Wahrscheinlichkeit des Gewinnens (//t) bzw. des Verlierens (H2) errechnet werden. (1)

S—V P{Hi) = — x-y

_ X —s P{H2) = x-y

Wenn in unserem Falle z. B. s = 2,50 Ft beträgt, dann ist 2,50-(-5)

10-2,50

Nach Beendigung des Vorbereitungstrainings zeigen wir der Vp. 2 leere Urnen. Wir bitten sie eine Urne 20 blaue, in die andere 18 blaue und 2 gelbe Kugeln hineinzulegen. Die Urnen decken wir zu, verstecken sie und holen dann — scheinbar zufällig — eine hervor. Die Urnen haben ein verstecktes, mit der Hand zu ertastendes Zeichen. Mit seiner Hilfe wird gesichert, daß wir immer die Urne hervorholen, welche 20 blaue Kugeln und keine einzige gelbe Kugel enthält. Jetzt wird die Instruktion erteilt, die etwas gekürzt folgendermaßen lautet: „Wie schon darauf hingewiesen wurde, untersuchen wir in diesem Versuch Ihren Realitätssinn... Wir werden aus der Urne Kugeln herausnehmen. Nach den Spielregeln gewinnen Sie, wenn eine blaue Kugel entnommen wird, 5 Ft, wenn eine gelbe herausgenommen wird, verlieren Sie und zahlen 20 Ft... Das Spiel läuft wie folgt: vor jeder einzelnen Ziehung kaufe ich Ihnen das Spielrecht ab. Natürlich nur, wenn sie einen realen Preis dafür verlangen. Unter realen Preis verstehen wir einen Preis, der sich für uns beide lohnt. Die verlangte Summe zahle ich Ihnen in bar. Damit es sich lohnt zu verkaufen, bekommen Sie nach jedem Verkauf 50 Filter ( = 0,50 Forint) Prämie, allein dafür, daß sie verkaufen. Rechnen Sie diese Summe nicht zum Preis. Wenn das Geschäft zustande gekommen ist, entnehmen wir eine Kugel und legen sie hierher. Wenn es eine blaue Kugel ist, bekomme ich 5 F t von der Bank, wenn es eine gelbe ist, zahle ich der Bank 20 F t ; denn Sie haben dann das Spielrecht an mich verkauft. Die Ergebnisse der einzelnen Ziehungen sind für Sie jetzt nur noch insofern von Interesse, als daß Sie darüber informiert sind, welche Kugeln bis jetzt entnommen wurden... ..Wenn Ihr Angebot ireal ist, d. h., Sie bieten entweder zu viel oder zu wenig, kaufe ich Ihnen das Spiel nicht ab und wir hören mit dem Ganzen auf. Ein Verhandeln, Feilschen ist ausgeschlossen. Wir wissen nicht, wie oft wir Kugeln entnehmen werden... Daher ist es wichtig, daß sie immer nur den Preis der nächstfolgenden Ziehung festlegen und nicht im voraus eine Strategie planen."

Nach der Instruktion begannen wir mit dem Spiel. In jedem Falle legten wir den Verkaufspreis fest. (In Wirklichkeit nahmen wir jeden Preis an, von den vollkommen absurden abgesehen. Vollkommen absurd ist es z. B., wenn jemand mehr als 5 F t verlangt.). Wir entnahmen insgesamt 19 Kugeln (nach der 19. Ziehung verschwindet die Ungewißheit). Wie schon erwähnt, nahm an dem Versuch auch eine dritte Person — der Bankhalter — teil. 6

Z. Psychologie 194-1

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Z. Psychol. 194 (1986) 1

Seine Teilnahme diente dem Zweck, die Wirklichkeitstreue des Spiels zu erhöhen. Der Bankhalter zahlte dem Versuchsleiter jedes Mal den Gewinn aus. Die Yp. bekam bei jeder Ziehung den Verkaufspreis+ 50 Filier in Spielgeld, das wir nach Beendigung des Spiels sofort in Bargeld umtauschten. Nach der Entnahme der 19. Kugel berichtete die Vp. im Rahmen einer kurzen Exploration, welche Überlegungen sie während des Spiels leiteten.

Die mathematisch errechnete (normative) Wahrscheinlichkeit der Ziehung der ver Kugel Wenn wir von den Informationen ausgehen, die der Vp. gegeben sind, können wir die Wahrscheinlichkeit des Erscheinens der gelben Kugel vor den einzelnen Ziehungen folgendermaßen berechnen: Nehmen wir an, die Urne „ A " enthält n blaue und m gelbe Kugeln, die U r n e „ B " m + n blaue Kugeln. F t sei das Ereignis, daß (während wir i Stück Kugeln entnommen hatten, ohne sie zurückzutun) alle i Stück blau waren. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß auch die Kugel Nummer ¿ + 1 blau sein wird, vorausgesetzt, daß ¿>(A) = P ( B ) = 0 , 5 ? Laut Definition der bedingten Wahrscheinlichkeit:

(2)

p{Ft+jFd=

P (Fi+i - F{)

In diesem Falle konnte die Ziehung sowohl aus der Urne „A" als auch aus der Urne „B" erfolgt sein. Also:

m [ )

PIF [ i+i/ ,'F) i}

P(Fi+i/Fi/B) = 1, da

'

man

P{Ft+lFt/A)=- K

(£)

(

Substituiert:

(4)

P(Fi+l/Fi) =

F J A ) P { A ) + P {Fi+1 'Fi/B)P{B) P(FJA) P(A) + P(FJB) P(B) aus der Urne „B" nur blaue Kugeln entnehmen

P {Fi+i

kann.

y

n + m\ 7+r)

(Tms?)™*™

dies ist die Wahrscheinlichkeit der Ziehung einer blauen Kugel. Das Komplement dieser Zahl ist die Wahrscheinlichkeit der Ziehung einer gelben Kugel, d. h. 1 — P ( F i + 1 / F i ) . Wenn wir die nötigen Substituierungen und die gegebenen mathematischen Operationen ausführen, ergibt sich:

(n—lnl In + m-i-1)!

(

(n — i)l (n + m)l

nl (n + m — i)l (n — i)l (n + m)! n—i \ n! (n + m — i)!

n + m — ij n !(n + m — i)! (n

+m)!

83

Engländer, Probabilistische Urteilsbildung

Tab. 2 zeigt die für die einzelnen Ziehungen errechneten Werte, Abb. 5 die Kurve der (normativ) korrekten Prädiktionen. Tabelle 2 Ziehungen

1.

2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Wahrscheinlichkeit

Ziehungen

0,050 0,050 0,049 0,049 0,049 0,048 0,046 0,045 0,043 0,041

11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19.

Wahrscheinlichkeit 0,038 0,036 0,032 0,029 0,025 0,020 0,016 0,011 0,005

Wahrscheinlichkeit 0,1 • •

009



0.08 •

0.07 • • 0.06



0,05 • 0.0i0.03002• •

0,01

0

1

2

3

4

5 6

7 8 9 10 V 12 13 % 15 16 17 18 19

Ziehung

Abb. 5

Fragestellung und Hypothesen Aufgrund der natürlichen Schranken der individuellen Aufnahmefähigkeit und Behaltenskapazität führen bei spontanen Urteilsbildungen auftretende Tendenzen zu Konklusionen, die von den normativen Regeln abweichen. Die beiden wichtigsten Prinzipien der in Ungewißheit und auf heuristischem Hintergrund gefaßten Urteile sind folgende: a) In gewissen Situationen (z. B. in komplizierten, schnelles Handeln erfordernden Situationen) ist es unvermeidbar, vereinfachende Konklusionsweisen anzuwenden; 6«

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b) Die Vereinfachung kommt nicht unabhängig von der Wirkung bestimmter Regeln zustande, im Gegenteil. Auch die unregelmäßigen Konklusionen haben ihre eigenen Regeln. Grundlage unserer Hypothese ist die Überlegung, daß die in unserem Versuch geschaffene Situation eindeutig zu denen gehört, die notwendigerweise heuristische, vereinfachende Tendenzen hervorrufen. Das in jedem Falle auftretende Problem (wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß bei der nächsten Ziehung die verlierende Kugel erscheint) ist ziemlich kompliziert und kann nicht durch Kopfrechnung gelöst werden. Daher muß die Vp. vereinfachende Verfahren anwenden. Die nächstliegende Methode ist in unserem Falle die Vereinfachung des Problems selbst. Dies kann auf zwei Wegen geschehen: 1. Die Vp. nutzt unter den erhaltenen Informationen zuerst diejenigen, die sich auf die Anzahl der blauen und gelben Kugeln beziehen. Demnach — wenn wir beachten, daß es insgesamt 38 Kugeln gibt, daß wir keine Kugel zurücktun und in Wirklichkeit immer blaue ziehen — nimmt die Zahl der blauen Kugeln stets ab, die der gelben bleibt jedoch unverändert. Wenn jemand so denkt, ist die Wahrscheinlichkeit des Ziehens einer blauen Kugel für ihn 2fn (n = Zahl der noch in der Urne vorhandenen Kugeln), wobei vor der ersten Ziehung n = 40 ist und nach jeder weiteren Ziehung kleiner wird. Im Falle einer solchen Vereinfachung des Problems nimmt die Wahrscheinlichkeit des Erscheinens einer gelben Kugel von Schritt zu Schritt zu. 2. Die Vp. nutzt in erster Linie diejenigen Informationen, die sich auf den unterschiedlichen Inhalt der beiden Urnen beziehen. Die Wahrscheinlichkeit, daß die erwählte Urne die gelben Kugeln enthält, nimmt — da die eine Urne keine, die andere jedoch zwei gelbe Kugeln enthält — mit jedem Entnehmen einer blauen Kugel ab. Die Vereinfachung des Problems führt demnach in Abhängigkeit davon, welche der bei der Problembestimmung gegebenen Informationen den Bezug für die Hypothesenbildung darstellt, zu verschiedenen Prädiktionen. In unserem Falle bedeutet die eine Hypothese eine ständig wachsende, die andere eine ständig fallende Wahrscheinlichkeit des Erscheinens einer gelben Kugel und bestimmt, hiervon ausgehend, den Zahlenwert der Ausgangswahrscheinlichkeiten vor den einzelnen Ziehungen. Nennen wir den ersten Typ der Hypothesenbildung der Einfachheit halber das „KugelPrinzip", den zweiten das „Urnen-Prinzip". Auf den Abbildungen 6a und 6b sind die nach dem „Kugel"- bzw. „Urnen-Prinzip" errechneten normativen Werte der Ausgangswahrscheinlichkeiten der 19 Ziehungen zu sehen. Wir erwarteten, daß die Vpn. in der ersten Phase der Ziehungen das „Kugel-Prinzip", in der'zweiten Phase eher das „Urnen-Prinzip" annehmen. Das heißt, die subjektive Wahrscheinlichkeit des Erscheinens der gelben Kugel wird — gemäß den von den Vpn. bestimmten Verkaufspreisen — in der ersten Hälfte des Versuchs eine steigende, in der zweiten Hälfte aber eine fallende Tendenz zeigen. Für die mit Hilfe des „Kugel-Prinzips" gezogenen Schlußfolgerungen werden nämlich die während des Spiels gewonnenen Informationen nicht benötigt und die Konklusionen selbst sind viel leichter durchführbar und in gewissem Sinne auch natürlicher. Daher die Annahme, daß die Vpn. anfangs dieses Prinzip anwenden. Die erhaltenen Informationen veranlassen aber nach einiger Zeit die Vpn. dazu, ihre Aufmerksamkeit auf den Inhalt der Urnen zu richten. In diesem besonderen Hypothesenwechsel sehen wir das charakteristische Paradigma des Versuchs.

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Wie wir darauf in der Diskussion noch zurückkommen, entspricht der Anwendung des „Kugel-Prinzips" im Grunde genommen eine kausale, der Anwendung des „UrnenPrinzips" jedoch eine diagnostische Schlußfolgerung, so daß wir annehmen können, daß die in der ersten Hälfte des Versuchs wirkende Tendenz stärker und eindeutiger zur Geltung kommt als in der zweiten Hälfte. Das heißt, in der ersten Spielhälfte werden die Prädiktionen der Vpn. ziemlich gleichförmig sein (kleine Streuungen in den individuellen Schätzungen), die steigende Tendenz der Wahrscheinlichkeit des Erscheinens der gelben

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Kugel wird vielleicht sogar höher sein als die auf Abb. 6 a gezeigte Kurve. Die in der zweiten Spielhälfte wirkende Tendenz würde dann weniger ausgeprägt sein: größere Streuungswerte und die Ungewißheitsreduktion tritt in geringerem Grade auf, als dies aufgrund mathematischer Berechnungen (s. Abb. 6b) zu erwarten gewesen wäre. Dieses Ergebnis würde im Endeffekt eine der „Watchman's fallacy" ähnelnde Kurve bilden. Der Versuch bildet einen Teil einer größeren Versuchsreihe, die wir gemeinsam mit Eva Farkas durchführten. Es nahmen 30 Männer und Frauen im Alter von 18—40 Jahren und mit verschiedenem Schulabschluß daran teil. Ergebnisse Die Ergebnisse des Versuchs wurden in einer Tabelle zusammengefaßt, die beim Verfasser angefordert werden kann. Sie zeigt die von den Vpn vor den einzelnen Ziehungen geschätzte subjektive Wahrscheinlichkeit (sP (Ck+i/Fj)) des Erscheinens der gelben Kugeln (Ck+^/Fj) und die Schätzungen der einzelnen Vpn. In der Tabelle sind außerdem die nach jeder Ziehung errechneten Durchschnittswerte der geschätzten Wahrscheinlichkeit die Streuungen der geschätzten Wahrscheinlichkeiten nach den einzelnen Ziehungen sowie die Quotienten der Schätzungsdurchschnitte und der errechneten Durchschnittswerte sP(Ck+l/Fj) P(Ck+i/Fi)

enthalten. Die Betrachtung der sP(C k+i /Fi)-Werte zeigt deutlich, daß unsere Erwartung sich bestätigt. Die empirischen Durchnittswerte der Wahrscheinlichkeitsschätzungen zeigten in der ersten Spielhälfte eine steigende, in der zweiten jedoch von eine fallende Tendenz. Wahrscheinlichkeit i)i ..

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(Die Unterschiede zwischen den empirischen Werken sind natürlich sehr klein. Es ist jedoch bekannt, daß die Unterschiedsschwelle im Falle von Werten, welche in der Nähe der Endpunkte der Wahrscheinlichkeitsskala liegen, sehr niedrig ist. Man mißt daher auch ganz kleinen Unterschieden eine Bedeutung bei.)

Die etwas abweichenden Durchschnittswerte der ersten beiden Schätzungen weisen auf das Auftreten einer explorativen Verhaltensweise, der sog. Sokrates-Wirkung, hin. Abb. 7 zeigt, daß es während des Vorganges zu einem plötzlichen Wechsel kommt. Der Charakter dieses Wechsels kommt in Abb. 8a und 8b noch stärker zum Ausdruck. Auf der ersten vergleichen wir die Kurve des empirischen Wertes des Abschnitts von der 1. bis zur 10. Ziehung mit der Kurve der nach dem „Kugel-Prinzip" errechneten Werte. Letztere zeigt einen Vergleich der empirischen Werte des verbleibenden Abschnittes mit den nach Wahrscheinlichkeit

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dem „Urnen-Prinzip" errechneten Werten. Es entsprechen die Ergebnisse auch hier unseren Erwartungen. Der ansteigende Abschnitt der empirischen Werte liegt höher als die Kurve der errechneten Werte und zeigt auch einen etwas steileren Anstieg. Der abfallende Abschnitt der empirischen Werte ist viel weniger markant als bei der errechneten Kurve. Abb. 9 zeigt die Streuungswerte zwischen den individuellen Schätzungen nach den einzelnen Ziehungen. In der ersten Spielhälfte befinden sich die Streungswerte ungefähr auf dem gleichen, relativ niedrigen Niveau. In der zweiten Spielhälfte zeigen sie eine ausdrückliche Zunahme. Das Verhältnis der geschätzten und mathematisch errechneten Werte zeigt Abb. 10, die die Entwicklung der Quotienten nach den einzelnen Ziehungen darstellt. Es ist zu sehen, daß der Wert des Quotienten während des Spiels mit wachsender Akzeleration steigt: Das Verhältnis des geschätzten zum errechenten Wert wird immer „ungünstiger". In ihrem nachträglichen Bericht erwähnten die meisten Vpn, daß ihnen an einem gewissen Punkt des Spieles klar wurde, daß sie es mit aller Wahrscheinlichkeit mit der Urne zu tun haben, die nur blaue Kugeln enthält. Eigenartigerweise berichteten von diesem „Insight"-ähnlichen Erlebnis auch diejenigen, bei denen dies während des Spiels nicht zum Ausdruck kam (Vp 10, Vp 24). Diskussion Die zusammengefaßten Versuchsergebnisse stimmten mit unseren Annahmen überein. Obwohl bezüglich des Zeitpunktes des Hypothesenwechsels individuelle Abweichungen zu beobachten sind, ist bei der Mehrzahl der Versuchsergebnisse das Vorliegen eines Hypothesenwechsels nachweisbar (ausgenommen Vpn 3, 6,10, 11,19, 28, 29). Worum handelt es sich bei diesem Hypothesenwechsel? Gehen wir von der allgemein bekannten „Konservatismus"-Erscheinung aus: Wir haben 2 Urnen. Die eine enthält 70 grüne und 30 weiße, die andere 30 grüne und 70 weiße Kugeln. Nach dem Zufallsprinzip wählen wir eine Urne, entnehmen ihr Kugeln und legen diese wieder zurück. Danach sollen wir schätzen, mit welcher Wahrscheinlichkeit wir die eine oder die andere Urne in der Hand halten. Die Versuchsergebnisse zeigen, daß die durch Ziehung der Kugeln gewonnenen Informationen die Ungewißheit der Vpn. viel weniger mindern, als dies aufgrund mathematischer Errechnungen begründet wäre. Für die menschliche Informationsbearbeitung ist der Konservatismus charakteristisch (Philipps, Edwards, 1966; Edwards, Lindman, Savage, 1963; usw.). Über die Gründe dieses Phänomens gab es viele Diskussionen (vgl. Winkler, Murphy, 1973; Beach, Wise, Barclay, 1970; Atkinson, Estes, 1963 usw.). Wir müssen im Zusammenhang damit darauf achten, daß diese Erscheinung wahrscheinlich mit der diagnostischen Schlußfolgerungsmethode verbunden ist. Die Vp. schlußfolgert von der entnommenen Kugel auf den Inhalt der Urne. Dadurch, daß die entnommenen Kugeln zurückgetan werden, wird der diagnostische Charakter noch vertieft. Nun ist der hier vorgestellte Versuch in gewissem Sinne aber ein Gegenversuch zu den die „Konservatismus"-Erscheinung nachweisenden Experimenten. Gegenversuch insofern,

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als daß die Konklusion aufgrund einer Probeentnahme ohne Zurücklegen der Kugeln und im voraus gezogen wird. Es fragt sich, ob auch in einer solchen Versuchssituation a) eine ungenügende Eliminierung der Ungewißheit nachweisbar ist ist bzw. b) ein naiv-Bayesianisches Verhalten der Vp. vorliegt. Die erste Frage kann sicher mit „ja" beantwortet werden. Die Antwort auf die zweite Frage ist schwieriger. zu a): Unsere Ergebnisse zeigen, daß trotz der Möglichkeit kausal ziehbarer Konklusionen die subjektive Ungewißheit viel größer ist als es aufgrund mathematischer Errechnungen begründet wäre. Die Wahrscheinlichkeit des Erscheinens der gelben Kugel lag dem Wert 0 während des ganzen Versuchs viel näher als es die Vpn. annahmen (s. Abb. 7). Diese schlechte Schätzung der Ungewißheit verlangt eine besondere Erklärung, zu b) : In den klassischen Versuchen, die die „Konservatismus"-Erscheinung ergründeten, folgten die Schätzungen der Vpn. — wenn auch noch so schwach — letztendlich doch den mit Hilfe des Bayes'schen Satzes errechneten Werten, was in einem bestimmten theoretischen Rahmen zur Annahme eines naiv-intuitiven Charakters der menschlichen Informationsverarbeitung führte. In der ersten Hälfte des hier vorgestellten Versuchs jedoch widersprechen die Schätzungen der Vpn. in ihrer Tendenz den nach dem Bayes'schen Satz errechneten Ergebnissen. Dies versteht sich, wenn man bedenkt, daß hier wahrscheinlich eine mentalarithmetische Methode ganz anderen Typs, nämlich das „KugelPrinzip" im Hintergrund steht. Das bedeutet natürlich nicht, daß die subjektive Ungewißheit dadurch verringert wird, im Gegenteil! In unserem Falle geht es jedoch nicht darum, daß ein Rechnungsprinzip zu schwach zur Geltung kommt, sondern darum, daß das hier angewandte arithmetische Prinzip selbst in der Richtung steigender Ungewißheit wirkt. Dieses Prinzip wird von den Vpn. meist radikal angewandt. Im kognitiven Sinne können wir demnach vom „Determinismus der Verunsicherung" sprechen. Zu erwähnen ist, daß wir auch dann auf gewisse Komplikationen stoßen, wenn wir die Versuchsergebnisse von den heuritischen Eigenschaften der kausalen und diagnostischen Konklusionen her betrachten. Das Kugel-Prinzip" bringt die gleiche Konklusionsweise zum Ausdruck, auf die auch der von Falk durchgeführte Versuch beruhte. Durch Einführung von zwei verschiedenen Urnen war die Situation in unserem Fall komplizierter und ungewisser, außerdem arbeiteten wir mit naiven Vpn. Es ist demnach verständlich, daß die geschätzten Werte nicht voll mit den auf Abb. 6a gezeigten übereinstimmen. Stattdessen kam — wie angenommen — die den Wahrscheinlichkeitswert erhöhende Wirkung des Gebrauchs des kausalen Schemas zur Geltung. Im ersten Versuchsabschnitt wurde die Wahrscheinlichkeit des Erscheinens der gelben Kugel von der Vpn. — selbst im Vergleich zu der Kurve auf Abb. 6a — überbewertet. Die Annahme einer größeren Wahrscheinlichkeit führte hier zu einer höheren Ungewißheit. Die heuristische Anwendung des kausalen Schemas wirkte demnach — im Gegensatz zu ihrer eigentlichen Funktion — nicht auf die Eliminierung der Ungewißheit, sondern auf deren Zunahme hin. Im mathematischen Sinnekönnen wir demnach von einer „die Ungewißheit induzierenden Heuristik" sprechen. Letztendlich bewährt sich die Anwendung des kausalen Schemas nicht, weshalb die weitere Informationsverarbeitung später scheinbar „bayesianisch "wirkt. Wir haben viele Hypothesen darüber, wie es zu diesem Prozeß kommt, was eigentlich beweist, daß wir ziemlich wenig darüber wissen. Was wir relativ eindeutig feststellen können, ist folgendes:

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a) Die Vp. beginnt in einer aus mehreren Schritten bestehenden Entscheidungssituation zuerst mit der einfacher durchführbaren mentalarithmetischen Methode und geht nur nach häufigerem Probieren zu einer schwieriger durchführbaren Methode über. Das heißt, sie kann zwischen zwei Methoden entscheiden. Vielleicht „spürt" sie, daß keine der beiden einwandfrei ist und sie wählt dann die einfachere Methode. Die größere Vereinfachung geht mit einem leichteren Situationserfassen einher. b) Die als „Kugel-Prinzip" definierte Hypothese wird auf einem auf niedrigerem Niveau aufgearbeiteten Informationszustand aufgebaut als die Hypothese nach dem „UrnenPrinzip". Die Entscheidung nach dem „Urnen-Prinzip" bedeutet den Übergang von Konkreterem zum Abstrakterem, zu weniger direkt Überschaubarem. c) Man kann eine charakteristische Dynamik der heuristischen Urteilsbildung beobachten. Die Auseinandersetzungen zwischen den „Anhängern" und „Gegnern" der Heuristik während der letzten Jahre machen im allgemeinen den Eindruck, daß die Heuristik von beiden Seiten statisch aufgefaßt wird. Sie lassen außer acht, daß verschiedene Arten der Heuristik sich gegenseitig kontrollieren, sich abwechseln können. In unserem Versuch ist dieser heuristische Wechsel gut zu beobachten. Man sieht, wie das kausale Schema von einer auf der Repräsentativität beruhenden diagnostischen Schlußweise abgelöst wird. Das Wesentliche des Hypothesenwechsels entspringt demnach der Dynamik der verschiedenen Heuristik-Arten. Wir nehmen an, daß auch • in der „Watchman's fallacy"Erscheinung diese spezielle Dynamik heuristischer Prinzipien repräsentiert wird. Das ist vorerst eine Vermutung. Es lohnt sich jedenfalls, der praktischen Bedeutung solcher Erscheinungen Beachtung zu schenken. Die von der Situationsentwicklung abhängigen Veränderungen der realisierten Größe des Risikos können in den verschiedensten Bereichen der Alltagspraxis von Bedeutung sein. Zusammenfassung Ew wird die Bildung probabilistischer Urteile über das Eintreten von Ereignissen in zeitabhängigen Situationen untersucht. Die Ergebnisse zeigen^ daß die Vpn. in einer aus mehreren Schritten bestehenden Entscheidungssituation zuerst in einer einfach durchzuführenden mentalarithmetischen Methode beginnen und erst nach Probieren zu einer schwieriger durchzuführenden übergehen. Die Dynamik der heuristischen Urteilsbildung wird am Hypothesenwechsel: kausales Schließen — diagnostisches Schließen dargestellt.

Summary The formation of probabilistic judgments on the occurrence of events in time-dependent situations is investigated. The results show that the subjects first start with an easily feasible mental-arithmetic method in a decisionmaking situation consisting of several steps and change to a more difficult method only after trying. The dynamics of heuristic judgment is explained on the basis of a change of hypotheses : causal reasoning — diagnostic reasoning.

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Literatur kann vom Verfasser angefordert werden. Anschr. d. Verf.: Dr. T. Engländer Institut für Psychologie der Ungarischen Akademie der Wissenschaften Szondy u. 83-85, H -1394 Budapest VI

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Phonetisch orientierte Interpretationen im frühen Spracherwerb des Kleinkindes Von B. Reimann Einleitung Das sich in frühen Sprachentwicklungsprozessen befindliche Kleinkind zeigt in seinem beobachtbaren Sprachverhalten Erscheinungen, die einen Einblick in das sich differenzierende Sprachgedächtnis ermöglichen. Dieses Sprachgedächtnis bei etwa 2- bis 3jährigen Kindern interpretiert auf charakteristische Weise wahrgenommene Sprache, und es modifiziert sich gleichzeitig in seinem strukturellen Aufbau unter Einbeziehung der verschiedenartigen Erfolgsrückmeldungen auf eigene sprachliche Aktivitäten im Kommunikationsgeschehen mit den Eltern. Die Entfaltung oder Strukturierung an Sprache geknüpfter Gedächtniseinheiten könnte man auch als einen durch die Kommunikation und Emotionen „gelenkten" Aufbau von Geschehenstypen (Klix, 1984; S. 20) bezeichnen, die zunächst Ereignisse aus den elementarsten Lebensbereichen mit ihren verschiedenen begrifflichen Beziehungen beinhalten und in der Folge die ihnen entsprechenden auditiv wahrgenommenen Wörter oder Sätze bedeutungsmäßig in kürzester Zeit zu analysieren ermöglichen. Auf dem Wege dahin zeigt das Kleinkind zahlreiche entwicklungsspezifische Besonderheiten bei der Verwendung seiner Sprache im Dialog mit den Erwachsenen, u. a. die sog. phonetisch orientierten Interpretationen. Diese darzulegen und in den Sprachentwicklungsprozeß einzuordnen, hat sich der vorliegende Beitrag als Ziel gestellt. Methoden Im Rahmen einer Längsschnittbeobachtung zur kognitiven und sprachlichen Entwicklung von 2 Kindern in den ersten 4 Lebensjahren wurden die sog. phonetisch orientierten Interpretationen im Alter von etwa 1;8 bis 3;0 bei einem Mädchen und einem Jungen ermittelt. Methoden der Aufzeichnung waren Recorderaufnahmen und die direkte schriftliche Beobachtungsregistrierung (Tagebuch). Das konkrete Sprachverhalten wurde mit dem Kontext der Situation festgehalten und im Zusammenhang mit zeitlich zurückliegenden Ereignissen und Sprachbezügen des Kindes interpretiert. Ergebnisse In der nachfolgenden Übersicht ist eine Auswahl der im Zeitraum von 1;8 bis 3;0 bei 2 Kindern beobachteten phonetisch orientierten Interpretationen aufgeführt. Unter phonetisch orientierten Interpretationen werden hier solche Wörter verstanden,

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die das Kind im Dialog als Reaktion auf die unmittelbar vorher gehörte Elternsprache gibt, wobei diese Wörter starke phonetische Ähnlichkeit mit einem in der Äußerung der Eltern enthaltenen, vorwiegend neuen und perzeptiv abgehobenem (z. B. stark betontem und am Satzende stehendem) Wort aufweisen, aber hinsichtlich der Wortbedeutung zu diesem völlig verschieden sind. Die Analyse der phonetisch orientierten Interpretationen gibt Einblick in zwei Vorgehensweisen des Kindes bei der Verarbeitung und Verwendung gehörter Elternsprache. Einerseits aktualisiert das Kind aufgrund des Hörens eines neuen Wortes, das im Dialog einer 1:1-Kommunikation direkt angeboten wird, eine phonetisch ähnliches Wort, das bereits relativ gefestigte Bedeutungsstrukturen besitzt, aber mit der Bedeutung des angebotenen Wortes in keinem Zusammenhang steht. Die Situationen, in denen das Kind dieses Sprachverhalten zeigte, waren fast ausschließlich durch eine hohe kommunikative Erwartung shaltung geprägt, d. h. es war sehr aufmerksam für die sprachlichen Interpretationen der unmittelbar vorher gesehenen Objekte und Ereignisse durch ein Elternteil. Andererseits besitzt das Kind eine neue Bedeutungsstruktur, drückt sie aber in seiner Spontansprache mit Wörtern aus, die als Etikett für eine andere, bereits gespeicherte Bedeutung verfügbar sind und mit der unmittelbaren Situationsbedeutung in keinem Zusammenhang stehen (Beispiele 16,17,18, 24, 27). In Verbindung mit den gemeinsam gesehenen neuen Objekten hört das Kind eine neue sprachliche Interpretation. Da das Situationsobjekt und das gehörte Wort neu sind, versucht das Kind, sich die gehörten Wörter bedeutungsmäßig mit seinem Gedächtnisbestand zu „erklären". Es aktualisiert ein phonetisch ähnliches Wort, und es ist bestrebt (z. B. in den Beispielen 19, 22 und 30), sofort nach der eigenen Kundgabe, die an das aktualisierte Wort gebundene Bedeutung in der Situation zu finden. Im Beispiel 18 war der Teil „Werk" im Wort „Zementwerk" Auslöser des phonetisch ähnlichen und semantisch gut fundierten Wortes „Berg". Im Beispiel 30 war das neue Wort „steil" Auslöser des wiederum phonetisch ähnlichen und semantisch längst vertauten Wortes „Stein". In beiden Fällen hat das Kind tatsächlich semantische Entsprechungen für seine aktualisierten Wörter in der Situation gefunden: hinter dem Zementwerk war ein Berg; dort wo es steil war, lagen auch Steine. Meist findet das Kind jedoch nicht die „verstandene" Bedeutung in der Situation. Als Folge erlebt das Kind eine auffällige semantische Divergenz: es sieht in der Situation nicht das, was es verstanden hat (z. B. in den Beispielen 4, 5, 7,11). Dieses „Divergenzerleben" wird auch im Beispiel 30 deutlich, hier nur latenter. Das Kind versteht für „steil" „Steine". Das Wort „Steine" wurde aber noch nie in dem grammatischen Kontext „Hier ist es ein bißchen Steine" gehört. Deshalb umorganisiert das Kind gleich den grammatischen Kontext, analog der Form, die das Kind im bisherigen Sprachperzeptionsangebot am häufigsten gehört hat („Hier liegen Steine" u. ä.). Eine ähnliche Umorganisation wurde im Beispiel 23 vorgenommen. An den Beispielen 16, 24 und 27 wird deutlich, daß das Kind die Bedeutung der Situation erkannt hat, ihre Bekanntheit aber dem Erwachsenen mit einem bereits stabil gespeicherten phonematisch ähnlichen Wort signalisiert. Da der Erwachsene sofort das produzierte Wort lautlich korrigiert, erlebt das Kind hier eine phonetische Divergenz, vorausgesetzt., der Erwachsene weiß oder schließt aus der Situa-

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Anhang 1 Konfliktsituationen 1. Péter Kovâcs arbeitet seit mehr als einem J a h r in einem großen Planungsunternehmen, aber er hatte noch keine Gelegenheit, ein Projektteil selbständig zu entwerfen. Den Großteil seiner Arbeitszeit verbringt er vor allem mit Zeichnen, im Wesentlichen mit der Arbeit eines Technikers. Eines Abends wurde er auf das folgende Inserat in der Zeitung aufmerksam: „Mit sofortigem Eintritt suchen wir jungen Bauarchitekten für die Planung von Gebäuden mit Leichtmetallstrukturen. Anfangslohn 3.300—3.400 F t -f. Prämie". Das Inserat zeigte er seinem ehemaligen Universitätskollegen, mit dem er in dem Unternehmen zurammenarbeitete und der in einer ähnlichen Lage war wie er. 8

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— „Und Du willst also dorthin?"— fragte der Freund. — „Natürlich! Ich habe diese Sklavenarbeit satt!" — „Das heißt, Du willst Deine Karriere wegen ein paar hundert Forint aufgeben? Denn hier kommst Du früher oder später an die Reihe. Dort kannst Du zwar entwerfen, aber was? Höchstens Bonbonbuden und Pavillions!" — „Das ist auch was. Ich habe es'schon beschlossen. Ich gehe!" b) Verhalten des Architekten a) Die Situation c) Ihre Meinung über das Verhalten des Architekten 1. kommt nie vor 1. unwahrscheinlich 1. Sie bejahen es 2. ist eher unwahrscheinlich 2. ungewöhnlich, selten 2. schwer zu entscheiden 3. eher charakteristisch 3. häufig 3. Sie halten es für nicht richtig 4. allgemein 4. allgemein d) Bitte begründen Sie Ihre Antwort, die Sie in der Rubrik „Ihre Meinung" gegeben haben!:

Anhang 2 Zusammenstellung den Antworten

und intuitives Scoring der Wertmotive bei der Beurteilung von Konfliktsituationen

aus

Das vom Helden der Geschichte vertretene Verhalten — die bejahende, nicht bejahende oder zurückhaltende Antwort und deren Begründung — machen zusammen jenen Kontext aus, in dem die Wertmotive des Antwortenden zu beurteilen sind. Diese Motive können explizit oder latent sein. Aus der Untersuchung wurden eine Inhaltsanalyse und eine Fallstudie für die als Analysedimension aufgefaßten Prototypen der Wertmotive ausgearbeitet. Das untenstehende Beispiel veranschaulicht diese: Prototypische Ausdrucksweise des „Arbeitsmotivs" in den Antworten für die 1. Geschichte: — erklärt sein Einverständnis mit der Entscheidung des jungen Architekten (Arbeitsplatzwechsel), falls dies im Interesse der besseren beruflichen Entwicklung und der selbständigeren beruflichen Arbeit geschieht. — im Falle der Antwortalternative „schwer zu verstehen", falls die Begründung darauf hinweist, daß er bei einem Unternehmen mit höherem Prestige, in einer besseren beruflichen Atmosphäre arbeiten will, aus den Diskussionen über die Projekte anderer auch dazulernen kann und auch dort mehr Initiative ergreifen kann, um selbständigere Aufgaben zu erhalten. Beispiele für das Motiv „Anpassung", ebenfalls bei den Antworten auf die l . Geschichte: — falls der Antwortende die Entscheidung des Helden mißbilligt, weil der „Anfänger" die Reihenfolge abwarten soll, Geduld haben soll; gleichzeitig werden die Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildung nicht erwähnt, — wenn er die Arbeitsplatzänderung nur wegen des Prestiges des größeren Unternehmens mißbilligt, — falls er sich für „schwer zu entscheiden" entscheidet und seine Antwort eine allgemeine Unsicherheit widerspiegelt (z. B. dieses Unternehmen ist ihm vertraut, und es ist ungewiß, was ihm bei einem anderen Unternehmen erwartet).

Z. Psychol. 194 (1986) 115-120 J . A. Barth, Leipzig/DDR Aus der Sektion Physik der Martin-Luther-Universität Halle — Wittenberg

Experimente zur Benhamschen Scheibe Von H. Nieke Mit 5 Abbildungen

Einleitung Vor fast 150 Jahren wurde von Fechner (1838) über die Erzeugung sujektiver Farben berichtet. Benham (1894) demonstrierte diese subjektiven Farben überzeugend mit der nach ihm benannten Scheibe. Von Cohen und Cordon (1949) und Campenhausen (1968) wurde die vorliegende umfangreiche Literatur über dieses Gebiet referiert. Eine sichere Erklärung der Entstehung dieser subjektiven Farben wurde bisher nicht gefunden und, um es vorwegzunehmen, sie wird auch in dieser Arbeit nicht gegeben. Eine Arbeit von Nieke (1983) erfordert die Ergänzung der Experimente zur Benhamschen Scheibe. Experimente zum Vergleich der Machschen und Benhamschen Scheiben Von Nieke (1983) wurde bewiesen, daß die Erscheinung der Machschen Streifen auf einem physikalischen Effekt beruht. Durch Momentaufnahmen der sich drehenden Machschen Scheibe, z. B. mit einem schwarzen Stern auf weißem Grund, zeigte er, daß vor jeder bewegten, hier schrägen, Grenze an der weißen Fläche ein heller Streifen vorläuft und an der schwarzen Fläche ein dunkler Streifen nachläuft. Da sich diese Streifen senkrecht zu den Grenzen bilden, so steht in diesem Fall der helle Streifen oben und der dunkle Streifen steht unten über. Betrachtet man die sich drehende Machsche Scheibe, so vermischen sich in der Mitte der Figur die Streifen an den Grenzen zu dem Eindruck Grau, während oben und unten Teile dieser Streifen überstehen und so die bekannten Machschen Streifen bilden. Außerdem wurde mit einem objektiven Strahlungsempfänger nachgewiesen, daß es sich bei den Machschen Streifen wirklich um einen physikalischen Effekt handelt, für den noch keine physikalische Erklärung vorliegt. Die Streifen der Machschen Scheibe hatte schon Mach photographiert, was er eigentlich als physikalischen Effekt hätte werten sollen. Statt dessen nahm er eine Abhängigkeit der Empfindlichkeit der Netzhaut vom 2. Differentialquotient der Intensität nach dem Ort an, zu welcher er analog eine Abhängigkeit der Schwärzung vom 2. Differentialquotient der Intensität nach dem Ort bei photographischen Materialien postulierte. Dazu ist zu bemerken, daß außer dem physikalischen Effekt der Machschen Streifen ein Kontrasteffekt als physiologischer Effekt sicher existiert, wie z. B. Schober (1970) zusammenfassend berichtet. Beim photographischen Material kann der Eberhard-Effekt eine Rolle spielen. Diese Effekte können zum physikalisch bedingten Effekt der Machschen Streifen zusätzlich auftreten. Zur Machschen Scheibe ist zu ergänzen, daß die vor- und nachlaufenden Streifen wie auch die Machschen Streifen selbst, auch bei so geringer Drehzahl photographisch 8*

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nachweisbar sind, wo die Scheibe visuell still zu stehen scheint. Abb. l a zeigt die Aufnahme mit einer Drehzahl oberhalb der Flimmerfrequenz mit so langer Belichtungszeit, daß sich die Scheibe während der Belichtungszeit mehrmals gedreht hatte. Abb. l b zeigt die Scheibe mit einer Drehzahl 1/h, wo die Beleuchtung so*schwach eingestellt war, daß mit einer Belichtungszeit von 1 h gerade die richtige Schwärzung erreicht war. Drecker (1900) verstellte langsam die Breite eines von rückwärts beleuchteten Spaltes und fand im Photo Machsche Streifen. Die Versuche von Drecker und Abb. l b dieser Arbeit betreffen also den gleichen Effekt.

Abb. 1 Photographisches Bild einer Machschen Scheibe, wo im Zentrum des großen weißen Sterns noch ein kleiner schwarzer Stern aufgeklebt war. In der Mitte der Bilder a und b ist die Lage der Sterne angedeutet, a : 6 Umdrehungen in 1 s, hier sind die Machschen Streifen auch mit dem Auge zu beobachten. Belichtungszeit 1 s. b: 1 Umdrehung in 1 h, Belichtungszeit 1 h. Die weißen Steifen in Abb. 1 b im Gebiet, wo die Flächen grau sein sollte, stammen daher, daß die Belichtung nicht genau in der gleichen Stellung der Scheibe begonnen und beendet wurde a

b

Von vorn herein war nicht anzunehmen, daß die Farben der Benhamschen Scheibe durch den Machschen Effekt erzeugt werden. Dazu ist schon die Abhängigkeit von der Rotationsfrequenz der Scheiben unterschiedlich, denn die Machschen Streifen sind auch bei hohen Rotationsfrequenzen sichtbar, während die Farbe der Benhamschen Scheibe nur bei etwa 3 bis 15 U/s zu sehen sind. Aber der Effekt der Machschen Streifen könnte doch beim zeitlichen Verlauf der Empfindung eine Rolle spielen. Zur Untersuchung des Einflußes der Machschen Streifen wurde eine rotierende Benhamsche Scheibe in Abb. 2 mit einer Belichtungszeit von 1/100 s und in Abb. 3 mit 1/50 s aufgenommen. Entsprechend den Ergebnissen an der Machschen Scheibe erscheinen auch hier an senkrecht zur Bewegungsrichtung bewegten Grenzen helle und dunkle Streifen. Im Negativ sind diese Streifen leicht zu sehen. Im Papierbild hingegen sind auch bei optimaler Belichtungszeit und Gradiation die hellen und dunklen Streifen gerade noch darstellbar. Die dunklen Streifen sind in Abb. 2 und 3 am besten bei den oben gelegenen Sektoren, die hellen Streifen hingegen bei den unteren Sektoren und der Begrenzung der halbkreisförmigen schwarzen Fläche zu sehen. Diese Bilder wurden bei der Umdrehungsrichtung im Uhrzeigersinn

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gewonnen, die Bilder im Gegenuhrzeigersinn zeigen kein unterschiedliches Verhalten. Damit ist nachgewiesen, daß die Erregung der Netzhaut bei Betrachtung der rotierenden Benhamschen Scheibe nicht rechteckförmig erfolgen kann. Daß dies einen Einfluß auf die subjektiven Farben hat, war nicht zu beobachten.

Abb. 2 Photographisches Bild einer Benhamschen Scheibe mit einer Belichtungszeit von l/100s

Abb. 3 Photographisches Bild der Benhamschen Scheibe wie Abb. 2 aber mit einer Belichtungszeit von 1/50 s

Vorversuche zu subjektiven Farben im Schattenwurf Die Scheibe nach Abb. 4 wurde schon häufig von anderen Autoren benutzt. Wesentlich ist, daß sie nicht aufgemalt wurde, sondern so ausgesägt, daß nur das schraffiert gezeichnete stehen blieb. Hiermit erhält man bei passenden Drehzahlen die bekannten subjektiven Farben, und zwar sowohl wenn weißes Papier dahinter geklebt war und mitrotierte, als auch wenn ein Bogen weißes Papier dahinter angeordnet war und nicht mitrotierte. Das gilt übrigens auch für die Machsche Scheibe wenn z. B. ein schwarzer Stern vor einer weißen Fläche rotiert, die so beleuchtet wird, daß keine Schattenbildung stört. Auch in Transmission, also im Schattenwurf, konnten an der Scheibe nach Abb. 4 die bekannten subjektiven Farben erzeugt werden; sowohl wenn das Schattenbild auf einer Mattscheibe

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Abb. 4 Scheibe für den Schattenwurf-Vorversuch. Die Scheibe war aus Aluminiumblech ausgesägt und mit 2 in Kreisbogen geformten Drähten 0 2 mm versehen, dann insgesamt geschwärzt

aufgefangen uiid im Durchlicht beobachtet wurde, als auch wenn das Schattenbild auf einer weißen Fläche aufgefangen wurde. Damit war gezeigt, daß die subjektiven Farben auch im Schattenwurf entstehen können. Schon an der Benhamschen Scheibe erscheint die Farbe Rot besonders kräftig, die anderen Farben sind dagegen weniger ausgeprägt. Im Schattenwurf verstärkt sich dieser Eindruck. Experimente zur Erzeugimg subjektiver Farben ohne Bewegungsreiz Schon Campenhausen (1968) hatte nachgewiesen, daß auch ohne Bewegungsreize und mit nur Hell-Dunkelreizen subjektive Farben erzeugt werden können. Campenhausen belichtete eine Mattscheibe im Auflicht Hell-Dunkel und im Durchlicht das Streifenmuster. In dieser Arbeit sollten die Gebiete durch Schattenwurf getrennt werden, ähnlich der An-

LM Abb. 5 Schematische Anordnung zur Demonstration subjektiver Farben ohne Bewegungsreize ähnlich der Vorführung farbiger Schatten. L : Lichtquelle, eine Halogen-Lichtwurflampe 12 V 100 W, betrieben über einen Regeltransformator; G : Lampengehäuse; S p : Spiegel; G K : Graukeil; L M : Lochmaske; S 1: Scheibe, die beide Bündel die gleiche Zeit abdeckt und freigibt; S 2: Scheibe, die ein Bündel zusätzlich variabel abdeckt, beide Scheiben sitzen verstellbar auf der gleichen Welle; M: Motor mit variabler Drehzahl; D : Drahtgitter; M S : Mattscheibe

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Ordnung zur Demonstration der farbigen Schatten. Abb. 5 zeigt schematisch die Versuchsanordnung. Das eine Feld wurde durch die Scheibe 1 im symmetrischen Hell-DunkelWechsel beleuchtet, was den weißen Ringen der Benhamschen Scheibe entspricht. Eine Wechselbelichtung, die einem schwarzen Ring der Benhamschen Scheibe entspricht, konnte durch die Scheibe 2 eingestellt werden. Bei passendem Abstand des Gitters vor der Mattscheibe ist zu erreichen, daß die beiden Felder nebeneinander liegen. Farben konnten hier nur gesehen werden, wenn die Durchmesser der Gitterstäbe und deren Abstände bei etwa 1 mm lagen. Bei Gitterstäben größeren Durchmessers waren Farben nicht wahrnehmbar. An diesem Befund änderte sich auch nichts, wenn sehr kleine Löcher im Lampengehäuse verwendet wurden und so schärfere Schatten entstanden, die Lichtintensität oder die Umgebungsbeleuchtung geändert wurde. Außerdem war nur die Farbe Rot gut sichtbar, während die anderen Färben schlecht feststellbar waren. Dies stimmt mit der Feststellung des vorigen Abschnitts überein, wo im Schattenwurf nur Rot gut wahrnehmbar war. Dies war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb sich Campenhausen (1968) auf die Untersuchung der subjektiven Farbe Rot beschränkte. Das experimentelle Ergebnis, daß subjektive Farben auch ohne Bewegungsreiz vorhanden sind, kann also bestätigt werden. Aber diese Methode ist nicht geeignet, die subjektiven Farben besser zu demonstrieren als mit der Benhamschen Scheibe, wo die Farben viel brillianter erscheinen. Da also die Bewegung bei der Entstehung der subjektiven Farben nicht die entscheidende Rolle spielt, so ist ein Einfluß der Machschen Streifen durch die nicht rechteckförmige Erregung der Netzhaut nicht anzunehmen. Zu den Farben der Benhamschen Scheibe ist noch zu bemerken, daß mit Farbfilm die Farben der Benhamschen Scheibe nicht zu photogräphieren sind, die Ringe erscheinen auf dem Farbfilm nur grau. Hingegen sind mit Schwarz-Weiß Fernsehgeräten die Farben der Benhamschen Scheibe schon vorgeführt worden. Zusammenfassung Von Nieke (1983) wurde nachgewiesen, daß die Erscheinung der Machschen Streifen einen physikalischen Effekt darstellen. Mit der gleichen Methode wurde gezeigt, daß der Verlauf der Erregung der Netzhaut bei der rotierenden Benhamschen Scheibe nicht rechteckförmig sein kann, da ein heller Streifen dem weißen Feld und ein dunkler Streifen dem schwarzen Feld der bewegten Grenze vor- bzw. nachläuft. E s wurde aber nicht beobachtet, daß dies einen Einfluß auf die Farben bei der Benhamschen Scheibe hat. Entsprechend wird das Ergebnis von Campenhausen (1968) bestätigt, daß subjektive Farben auch ohne Bewegungsreiz entstehen können.

Summary It was proved by Nieke (1983) that the appearance of Mach's strips is a physical effect. It is shown by the same method that the process of stimulating the retina by the rotating Benham disk cannot be rectangular because a bright/dark strip is preceding resp. following the white/black plane of the moving limit. It was not observed that this has an influence on the colors by Benham's disk. Thus, Campenhausen's result (1968) is confirmed, i. e. subjective colors can originate without a motion stimulus.

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Pe3H>M6 B paCoTe Hüne (1983) GtiJio noKasaHO, hto nojiocu Maxa hbuhmtch $H3HiecKHM a$$eKTOM. C noMonjbio Toro Hte MeTona ynanocb noKaaaTb, ito npoxowfleHHe B036y>KfleHHH no ceraaTKe, BusBaHHoro Bpa-

meHneM RHCKa EaHxaMa, He MOweT nMeTb npHMoyroJiBHoä $opMH, TaK no CTopoHaM noHBHHaiott rpamiHN

3a 6ejmM nojieur H^eT CBeTJian no-rroca, a Bnepenn iepHoro — Tetraan. 9to 0flHaK0 Be OKasuBano bjihhhhh Ha i^BeTa RHCKa EaHxaMa. CooTBeTCTBeHHo noffraepjUHJicH peayjibTaT, nojiyieHHiift KaMneHxay-

3eH0M (raMneHrayceH, 1968), mto cySteKTHBHoe BOcnpnHTne i^BeTa bobmohjho h 6es abhjkghhh cthMyjxa.

Literatur Benham, C. E . : An Artifical Spectrum Top. Nature 51 (1894) 113. Campenhausen, C. v . : Über die Farben der Benhamschen Scheibe. Z. vergl. Physiol. 60 (1968) 351—374, 61 (1968) 355-360. Cohen, J . ; Cordon, D. A.: The Prevost-Fechner-Benham subjective colors. Psychol. Bull. 46 (1949) 97-136. Drecker, J . : Über den Nachweis einer optischen Täuschung. Phys. ZS. 2 (1900) 145—146. Fechner, G. F . : Über eine Scheibe zur Erzeugung subjektiver Farben. Ann. Phys. u. Chem. (2) 45 (1838) 227-232. Nieke, H . : Die Machschen Streifen als physikalisches Phänomen. Exp. Techn. Physik 31 (1983) 53—57. Schober, H . : Das Sehen. Bd. 1 u. 2. Leipzig: Fachbuchverlag 1970 und 1964. Eingegangen am 18. 8. 1985 Anschr. d. Verf.: Dr. rer. nat. habil. H. Nieke Sektion Physik der Martin-Luther-Universität Halle — Wittenberg Friedemann-Bach-Platz 6, D D R - 4020 Halle/S.

Buchbesprechungen Thornae, H . (Hrsg.): Psychologie der Motive. 654 S. mit 35 Abb. 8 Tab., 24,5 X17 cm. Göttingen— Toronto — Zürich: Verlag f. Psychologie Hogrefe 1983. Bd. 2 der Serie „Motivation u. Emotion" d. „Enzyklopädie der Psychologie". Leinen 218,— DM. Dieser Band der „Enzyklopädie der Psychologie" schließt unmittelbar an den zuvor besprochenen Band „Theorien und Formen der Motivation" an. I m Einleitungskapitel über „Spezielle Motivationssysteme" (H. Thomae) wird kurz und prägnant, die Linien von McDougall und Murray herführend, das Unterscheiden von Motivarten problematisiert und ein Kompromiß begründet. In sechs weiteren Kapiteln wird dann, den Schwerpunkten der empirischen Motivationsforschung folgend, das Material f ü r die bekanntesten Motivsysteme aufbereitet. Kapitel 2 „Motivationale Grundlagen der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme" (Ch. Becker-Carus) und Kap. 3 „Motivationale Grundlagen sexuellen Verhaltens" (G. Schmidt) sind den im biologischen Bauplan verankerten Antriebsmechanismen gewidmet, wobei die Darstellung eng an psychologischen Grundlagen orientiert bleibt. Schmidt macht die psychologisch relevanten Problemstellungen deutlich, die ja erst durch Modifikationen der Wirkungsmechanismen solcher Antriebssysteme augenscheinlich werden. W. D. Fröhlich informiert über „Perspektiven der Angstforschung" (Kap. 4). Es ist das umfangreichste, wohl auch detaillierteste Kapitel des Buches, in dem der Bogen von definitorischen und phänomenologischen Ansätzen aus über Angstmessung, -lernen, Modelle der Inter-

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pretation von Angstwirkungen (z. B . Prüfungsangst) bis hin zur Psychophysiologie von Angstäußerung und -genese gespannt wird. K a p . 5 informiert über „Aggressives Verhalten" (A. Mummendey), wobei der Rahmen für dessen motivationale Grundlagen wohl zu weit gefaßt wird. Die soziale Determination solchen Verhaltens wird zwar deutlich, die Darstellung überschreitet aber nicht den durch E f f e k t e ganz spezifischer experimenteller Variablen auf aggressives Verhalten abgesteckten Rahmen. Die Divergenz psychologischer Antworten auf ein und diesselbe F r a g e wird erkennbar als Konsequenz noch unzulänglicher Theoriebildung. Die „Motivation prosozialer A k t i v i t ä t " (H. W. Bierhoff) wird in K a p . 6 dargestellt. Prosozial wird i. S . von Hilfeleistung verstanden. Beide Kapitel, die ebensogut in die Serie Sozialpsychologie aufgenommen werden könnten, legen die Schwierigkeit bloß, die bei der Annahme spezifischer Motivsysteme für agressives und prosoziales Verhalten entstehen. I m letzten K a p i t e l wird das Renommierstück der Motivsystemforschung präsentiert: „Leistungsmotivation: Neue Entwicklungen aus modelltheoretischer S i c h t " ( J . Kühl). K ü h l k n ü p f t nach straffer Darstellung der Entwicklungen bis 1965 dort an, wo der Artikel v o n Heckhausen im „ H a n d b u c h . . . " zwangsläufig endete. Die seither vorgetragenen Ansätze zur theoretischen Neuformulierung der motivationalen Grundlagen leistungsorientierten Verhaltens — Attributionstheorie, Selbstkonzeptkonfirmation, Dynamik und Zeitperspektive, Handlungskontrolle — werden unter Rekurs auf wichtige Befunde und spezifische Revisionen des Atkinson-Modells von 1957 dargestellt. K ü h l präferiert eine Theorie der Handlungskontrolle und gibt schließlich einen methodologischen R a h m e n an, innerhalb dessen eine Validitätsprüfung konkurrierender Ansätze durch Berücksichtigen des individuellen Verhaltensresultates erfolgen sollte. Weil dieser B a n d wohl zumeist thematisch orientiert gelesen werden wird, k a n n die beträchtliche Ungleichgewichtigkeit der einzelnen Kapitel eher vernachlässigt werden als im ersten B a n d . Sicherlich wird der Nutzer etwas mehr K o m f o r t hinsichtlich der Informationsaufbereitung erwartet h a b e n : tabellarische Übersichten und Abbildungen sind rar und die wenigen Abbildungen nur teilweise von entsprechender Q u a l i t ä t . Die Überprüfung unter dem Aspekt der Sprachregelung ist auch hier entschieden angebracht. Der Literaturnachweis ist immer umfangreich u n d aktuell, bisweilen stören zwischen den Kapiteln überschneidende Namensverweise. Da hätte m a n eine Seitenangabe bevorzugt. K . Zimmer (Berlin) Rösler, F . ( H r s g . ) : Hirnelektrische Korrelate kognitiver Prozesse. 471 S . mit 61 Abb. und 18 Tab. 24 X Psychologie 16,5 cm. Berlin—Heidelberg — New Y o r k : Springer-Verlag. Lehr- und Forschungstexte Paperback, perforniert. 52,— DM. Die Analyse ereignisbezogener hirnelektrischer Potentiale ( E R P ' s ) , herausgefiltert aus der von der unversehrten K o p f h a u t abgeleiteten S p o n t a n a k t i v i t ä t ( E E G ) , ist mittlerweise zu einem erregenden K a p i t e l auch der kognitiven Psychophysiologie geworden. Dabei interessieren besonders Beziehungen zwischen Kennwerten (Latenz, Amplitude u. a.) einer relativ spät, d. h. ca. 300 ms nach Informationsdarbietung, auftretenden Positivierung des E R P (P 300-Komplex) und dem E i n s a t z spezifischer elementarer kognitiver Prozesse, die bei der Verarbeitung der Information theoretisch im Spiel sein sollten. Der international bereits ereichte U m f a n g experimenteller und theoretischer Arbeiten zu diesem Problem h a t eine schwer überschaubare Vielfalt methodischer Ansätze und Ergebnisse erzeugt, so daß eine integrativ angelegte Einführungs- und Übersichtsarbeit, in der die Befundvielfalt auf eine theoretische Konzeption projiziert wird, zumal in deutscher Sprache, hochwillkommen ist. Den Herausgebern der Reihe „Lehrund Forschungstexte Psychologie" ist für die weitsichtige Entscheidung, die vorliegende Monographie von F . Rösler in diese Reihe einzufügen, zu danken. K a p . 1 bringt eine Einführung in die Technik der Ableitung, Darstellung und Analyse von E R P ' s , bietet eine Klassifikation ihrer Komponenten aus topologischer, chronologischer, morphologischer und typologischer Perspektive an und schließt mit einer operational ausgelegten Definition der Potentialkomponente. In K a p . 2 wird die Methodologie, das Denkschema des Forschungsansatzes transparent gemacht, wobei die Annahme der kognitiven Psychologie, derzufolge sich menschliche Informationsverarbeitungsleistungen auf die zeitlich wohlabgestimmte Aktivierung verschiedener, funktionell abgrenzbarer Teilprozesse reduzieren lassen, als Prämisse gesetzt wird. Durch Hinzusetzen des Postulates der räumlichen Trennbarkeit dieser Teilfunktionen (Module?) wird eine Grundannahme formuliert, die

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Beziehungen zwischen kognitiven Teilfunktionen und Charakteristika von E R P ' s zu spezifizieren erlaubt. I n Kap. 3 wird die Forschungsstrategie erläutert u n d K a p . 4 bringt dann einen a m Prinzipiellen orientierten Grundriß der kognitiven Psychologie. Ausführlich, den neuesten S t a n d berücksichtigend, werden in Kap. 5 einschlägige Befunde diskutiert, aus deren Integration F. Rösler schließlich seine psychophysiologische Theorie des Zusammenhangs des P 300-Komplexes mit der Aktivierung kontrollierter Informationsprozesse ableitet, die in Resultaten nachfolgend dargestellter, präzis zugeschnittener Experimente (Kap. 6) Belege findet. Die ersten vier Kapitel können all jenen nachdrücklich empfohlen werden, die eine vorzügliche, didaktisch klar u n d geschickt gearbeitete E i n f ü h r u n g in Methodik und Denkstil der Forschungsrichtung wünschen. Der bereits einschlägig Forschende wird besonders die letzten Kapitel m i t Gewinn lesen, aber auch durch die in den ersten Kapiteln mit provozierender Klarheit dargelegten A n n a h m e n angeregt, vielleicht auch zu Widerspruch da u n d dort sich aufgefordert fühlen. Das k a n n n u r noch i m Flusse befindliche Diskussion um Gültigkeit und Nutzen des prinzipiellen Ansatzes vorantreiben. K. Zimmer (Berlin)

Bruder-Bezzel, A.; Bruder, J . : „Jugend — Psychologie einer K u l t u r " . 228 S. mit 12 Abb. München — W i e n Baltimore: U r b a n & Schwarzenberg 1984. U& S-Psychologie. Broschiert. Die Autoren fügen der Vielzahl von Publikationen zur J u g e n d u n d ihrer Subkultur von Ausübel, Bell, Brake, Clarke, Eisenstadt, Friedeburg, Kraemer, Parson bis Tenbruck, Wyneken und Zinnecker — u m n u r die wichtigsten zu nennen — eine weitere hinzu. Sie zeichnet sich allerdings durch einige Besonderheiten aus. Die gesamte Erklärung und W e r t u n g jugendlicher Subkulturen wird gegenüber der Mehrheit bisheriger Interpretationsmuster umgekehrt. Jugendkulturen werden zwar als Formen abweichenden Verhaltens von den etablierten Normen, Werten u n d Instanzen der Gesellschaft konstatiert, diese Devianz jedoch nicht negativ gewertet. Viel wichtiger wäre, daß mit und in diesen J u g e n d k u l t u r e n auch neue Inhalte, Werte, Normen geschaffen würden. Sie erleichtern nicht nur die I d e n t i t ä t s f i n d u n g der Heranwachsenden, sondern vieles findet auch allmählich Eingang in die herrschenden gesellschaftlichen N o r m e n ' u n d Werte oder setzt zumindest bewegende Impulse. J u g e n d gewissermaßen als Motor sozialen Wandels. Die Autoren verweisen darauf, daß jugendliche Subkultur, ihre Devianz; ihnen oft auch auferlegt ist: Sowohl durch die kommerzielle Vermarktung bestimmter Lebens- u n d Verhaltensstile, wodurch diese natürlich gefördert u n d propagiert werden, als auch vor allem durch ihre Problematisierung bis hin sogar zur Kriminalisierung durch die Erwachsenen. Ü b e r h a u p t besticht der klar sozialhistorische Bezug in den theoretischen Betrachtungen. J u g e n d und Jugendphänomene halten die Autoren nicht f ü r erklärbar, „ohne die ökonomische und politische S t r u k t u r der Gesellschaft, die familialen Beziehungen, den S t a t u s der Jugend, die jugendspezifischen Institutionen" (S. 3) als Ausgangsposition zu nehmen. In diesem Zusammenhang widmen sie auch ein besonderes Kapitel der Entwicklungssituation der Mädchen in der gegenwärtigen bürgerlichen Gesellschaft. Die Autoren untersuchen ihren Gegenstand J u g e n d und ihre Alltagskulturen sowie Lebensstile, indem sie zwei Blickrichtungen miteinander zu verknüpfen suchen: einmal als „außenstehende" wissenschaftliche Betrachter, ausgehend v o m Bild der J u g e n d , das in der bürgerlichen Gesellschaft existiert, zum anderen als „Quasi-Insider" u n t e r Zugrundelegung des Bildes, das umgekehrt die Jugendlichen von sich u n d der Gesellschaft besitzen, resultierend aus vielfältigen Befragungen, Interviews, Gesprächen, Beobachtungen, persönlichen K o n t a k t e n mit Jugendlichen usw. Hierin liegt der eigentliche psychologische Gewinn der Arbeit. Leider e r f ä h r t m a n v o n letzterem k a u m etwas direkt, sondern n u r in verallgemeinernder Interpretation. G r u n d t e n o r : J u g e n d ist kein Sozialfall, der mit Hilfe von therapeutischen u n d Resozialisierungsprogrammen bewältigt werden m u ß . Sie ist nicht einfach unfähig zur Anpassung u n d Konformität, sondern besitzt vielmehr Lust zur Abweichung, ist neugierig, möchte experimentieren und dabei I d e n t i t ä t finden,-sich in die Gesellschaft integrieren, die sie eben auch ein bißchen nach ihren Vorstellungen fortgestaltet h a t . W. Gerth (Leipzig)

Buchbesprechungen

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P a t t e r s o n , M . L . (Hrsg.):NonverbalBehavior — AFunctionalPerspective.216 S. mit 13Abb. 1 5 , 5 x 2 3 , 5 cm. Berlin — Heidelberg — New York — Tokyo: Springer-Verlag 1983. Gebunden 68,— DM. Nach einer kritischen Analyse älterer Modelle über nonverbales Verhalten wird das frühere „exchange model" des Autors zu einem funktionalen Sequenzmodell interpersonaler Wechselwirkung weiterentwickelt. E s werden empirische und Alltagsdaten zur Verifizierung des Modells angeführt, und, davon ausgehend, werden die hauptsächlichen Funktionen nonverbalen Verhaltens (Information, Interaktionsregulierung, I n t i m i t ä t , Soziale Kontrolle, Funktionalität f ü r Sachaufgaben) ausgehend von diesem Modell diskutiert. Dabei wird dessen Nützlichkeit f ü r die Interpretation derartiger P h ä n o m e n e deutlich. Besonders beeindruckend ist die interessante Verbindung von Untersuchungsdaten m i t Beobachtungen aus der Alltagserfahrung, sodaß in allen Fällen—auch dort, wo (wie der Autor selbst anmerkt) nicht genügend gesicherte Forschungsergebnisse vorliegen, — ein überzeugendes Bild von der Leistungsfähigkeit seines Modells entsteht. Interessant sind auch die knappen Hinweise auf psychologische Voraussetzungen der Wirkungen nonverbalen Verhaltens, denen ein eigenes Kapitel gewidmet ist. I m abschließenden Kapitel werden Überlegungen theoretischer und vor allem methodischer Art diskutiert, die sich als Konsequenz aus dem funktionalen Modell ergeben. Dabei wird noch einmal sowohl die Tragfähigkeit des Ansatzes, aber auch die Schwierigkeit deutlich, die funktionale Analysen i m interpersonalen Verhalten hervorbringen, wenn m a n sie wirklich ernst n i m m t . Der bibliografische A p p a r a t des Buches ist leserfreundlich. M. Vorwerg (Leipzig) Apley, J . ; MacKeith, R.; Maedow, R.; Vorwort und Ubersetzung von Wurst, F.; Apley, J . (Hrsg.): Das Kind und seine Symptome. 2. erw. und Überarb. Aufl. 280 S. mit 5 Abb. und 6 Tab., 15,5 X 2 3 cm. S t u t t g a r t : Hippokrates Verlag G m b H 1983. Kartoniert 88,— DM. Die Orginalausgabe erschien als 3. Auflage 1978 im Verlag Blackwell Scientific Publications, Oxford, u n t e r dem Titel „TheChild and his Symptoms". Nun liegt sie als zweite übersetzte Auflage deutsch vor. Der Zeitverzug von 5 J a h r e n wirkt sich jedoch nicht ungünstig aus, weil in der H a u p t s a c h e allgemeingültige diagnostische und differentialdiagnostische Überlegungen an häufige praktisch bedeutungsvolle S y m p t o m e geknüpft werden. Es imponiert vor allem die Ganzheitsbetrachtung des Patienten, die in jedem Teilabschnitt des Buches zu erkennen ist und im Vordergrund steht. So ist es wohl auch kennzeichnend f ü r dieses Werk, daß die ersten Kapitel über „Die psychosomatische Betrachtungsweise", über „Die Gefühle des Kindes u n d seine somatischen S y m p t o m e " u n d über „Umwelt, Familie u n d K i n d " A u s k u n f t geben. Dann werden die häufigsten Symptome wie rezidivierende Schmerzzustände, Fieberzustände, Miktionsstörungen, Obstipation, Schlafstörungen, S y m p t o m e im Zusammenhang m i t der E r n ä h r u n g (einschließlich Magersucht, Adipositas) sowie die wichtigsten Behinderungen im Kindesalter besprochen. Überall begegnet m a n der großen E r f a h r u n g der Autoren mit dem k r a n k e n Kind u n d seinem Milieu, die dann schließlich in den letzten Abschnitten des Buches über die klinische Untersuchung, Diagnosestellung und Behandlung zusammengefaßt wird. Die eingeschobenen kasuistischen Beispiele wirken belebend u n d veranschaulichen den Text. Sie unterstreichen das Anliegen der Autoren, das ganz offenkundig darin besteht, jedem einzelnen P a t i e n t e n gerecht zu werden und einen erweiterten diagnostisch-apparativen A u f w a n d n u r bei strenger Indikation einzusetzen. Dadurch unterscheidet sich dieses Buch auch von anderen «nschlägigen diagnostischen u n d differentialdiagnostischen Büchern, die sozusagen den Zugang zu einem Diagnoseweg bzw. Diagnoseschlüssel vermitteln wollen. Damit werden jedoch auch die Grenzen dieses Buches angedeutet. Es l ä ß t beispielsweise eine weiterführende apparative Diagnostik mittels Sonografie (offenbar aus Aktualitätsgründen des Erscheinungsjahres 1978) unberücksichtigt. Es beschränkt sich auf wiederkehrende S y m p t o m e wie rezidivierende Bauchschmerzen und blendet die nicht selten akuten Ereignisse i m Kindesalter wie Unfälle (Beispiel stumpfes Bauchtrauma) aus. Aber gerade durch diese f ü r unsere Verhältnisse „ungewöhnliche" Lesart ist das B u c h f ü r jeden, auch f ü r den erfahrenen Pädiater ein Gewinn. B. Schneeweiß (Berlin)

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Wölpert, F . : Sexualität-Sexual therapie-Be Ziehungsanalyse. 176 S. München — Wien — Baltimore: Urban & Schwarzenberg 1983. Flexibler Einband. Der Autor ist Psychologe und versucht seine in der vorgelegten theoretischen Analyse entwickelten Auffassungen anhand einer Fallbeschreibung im vorletzten (9.) Kapitel (auf etwas mehr als vier Seiten) praktisch zu demonstrieren. Der Anspruch des Verfassers ist ungemein hoch, die Kritik an gegenwärtiger Sexualwissenschaft und Sexualtherapie fundamental angelegt, die Stellungnahmen des Autors sehr subjektiv, die sprachliche Darstellung abstrakt, der gedankliche Inhalt dieser Studie muß vom Leser recht mühevoll nachvollzogen werden. Die herkömmlichen Auffassungen von Normalität, Gesundheit, Krankheit, Diagnose, Symptom und Therapie werden harscher Kritik unterworfen. Diese kritischen Reflexionen an Grundkategorien und -begriffen psychologischer Medizin sind durchaus Überdenkenswert und in ihrer Grundtendenz sicher auch teilweise zutreffend. Aber was hat der Autor dem entgegenzustellen? : „ich verstehe unter Krankheit Beziehungsstörungen, also die gemeinsame Abwehr in Beziehungen und die Folge davon, die eingeschränkten Beziehungsangebote des aus gestörten Beziehungenhervorgegangenen Individuums" (S. 34). „Gesundheit ist dort, wo in einer Beziehung sein kann, was ist, d. h. wo keine Einschränkung des Kontakts erlebt wird, wo geäußert und verstanden werden kann, was im Moment für die beteiligten Personen wichtig ist, kurz gesagt: wo umfassender Kontakt möglich wird" (S. 35). „Beziehung" wird definiert „als das Insgesamt der Lebens- und Entwicklungsmöglichkeiten, der Ängste und Abwehrbedürfnisse, das sich aus dem Zusammenwirken der individuellen Ängste und Abwehrnotwendigkeiten ergibt" (S. 4). Nach einer intelligenten und teilweise nachvollziehbaren Kritik an der manipulativen, anpassenden, „repressiven" Sexualtherapie ist man sehr gespannt, was der Verfasser mit seiner „emanzipatorischen Haltung" dem entgegenzusetzen hat — und ist ebenso tief enttäuscht: „Emanzipation ist der größere Lebendigkeit ermöglichende Veränderungsprozeß von Individuen in Beziehungen aufgrund ihres Bedürfnisses und ihrer Möglichkeit, die individuellen und gemeinsamen Ängste und ihre Abwehr in die Veränderung einzubeziehen . . . das bedeutet für die dafür beteiligten Personen, immer lebendiger zu werden und immer mehr Kontakt zueinander zu bekommen" (S. 135). Diesem sehr allgemeinen und verschwommenen Emanzipationskonzept (Erweiterung der Erlebnis-, Kontakt- und Äußerungsmöglichkeiten) wird im Abschlußkapitel auch noch politische Bedeutung zugesprochen! H. Fröhlich (Berlin) Bös, K.; Mechling, H.: Bilder-Angst-Test für Bewegungssituationen (BAT). Göttingen — Toronto — Zürich: C. J . Hogrefe-Verlag 1985. Situationsspezifische Angstmeßverfahren werden wegen ihres höheren Prädiktorwertes für bestimmte Verhaltensbereiche in den letzen Jahren bevorzugt entwickelt und eingesetzt. Mit Hilfe des vorliegenden Verfahrens sollen bewegungsängstliche Kinder zwischen 9 und 12 Jahren erfaßbar sein, die spezieller Förderungs- oder therapeutischer Maßnahmen bedürfen. Es handelt sich um einen Bilder-Selbsteinschätzungstest (6 Bilder mit angstinduzierenden Sporthallensituationen und 7 Bilder mit Schwimmsituationen). Die Kinder sollen anhand jedes Bildes angeben, inwieweit sie sich zutrauen, die auf dem Bild dargestellte Handlung auszuführen (5 Antwortkategorien). Der mit 15 Minuten Durchführungszeit (als Gruppen-oder Einzelverfahren) sehr ökonomische Test ergibt jeweils einen Ängstlichkeitswert für Sporthallen- und einen für Schwimmsituationen. Der Text ist sehr sorgfältig konstruiert, die Testkennwerte sind zufriedenstellend. Verschiedene Validierungsstudien weisen gute Übereinstimmungen der BAT-Ergebnisse mit Lehrerurteilen, vor allem aber auch mit sportmotorischen Tests aus; zeigen aber auch deren Abhängigkeit vom Fertigskeitniveau, von Vorerfahrungen und Freizeitpräferenzen. Daher sind die Normen wohl kaum auf andere Bildungsverhältnisse übertragbar. Extremgruppenvergleiche belegen, daß der BAT vor allem zur Auslese stark bewegungsängstlicher Kinder (also als Screeningverfahren) geeignet ist, hier wären weitere Validierungen im klinisch-psychologischen Sektor wünschenswert. Edith Kasielke (Berlin)

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Hartmann, H . A.; Haubl, R . ( H r s g . ) : Psychologische Begutachtung, Problembereiche und Praxisfelder. 430 S. mit 17 Abb. und 5 Tab., 15,5 X 2 3 cm. München — Wien — B a l t i m o r e : Urban & Schwarzenberg 1984. Pappeinband 4 8 , - D M . In diesem Buch wird auf unkonventionelle und bewußt herausfordernde Art eine Reihe von Beiträgen zur psychologischen Begutachtung zur Diskussion gestellt. Die Herausgeber und die von ihnen gewonnenen Autoren versuchen in 11 Einzelbeiträgen eine „wissenschaftliche Funktionsbestimmung psychologischer B e g u t a c h t u n g " unter besonderer Berücksichtigung der „sozioökonomischen und psychosozialen Voraussetzungen, Begleiterscheinungen und Folgen" gutachterlichen Handelns zu geben. Der besondere Reiz der Beiträge wird durch den Anspruch der Autoren bestimmt, vor allem solche Probleme und Konflikte der Begutachtungstheorie und -praxis zu betrachten, die in der diagnostischen Standardliteratur „übersehen werden oder für irrevalent, unlösbar oder gar rufschädigend gehalten und demzufolge meist ausgeblendet" werden. Das Buch beginnt mit theoretischen Kapiteln, die ethische, epistemologische und diagnostische Probleme psychologischer Begutachtung aufgreifen. E s werden Forschungsergebnisse zur Produktion und Rezeption von Gutachtentexten unter kommunikationspsychologischer Sicht vorgestellt. I m zweiten Teil wird die Begutachtungspraxis in der Klinischen Psychologie, der Forensischen Psychologie, der Kriminalpsychologie, der Pädagogischen Psychologie, der Organisationspsychologie, der Verkehrspsychologie und der ökologischen Psychologie im Sinne einer bewertenden Zustandsanalyse dargestellt. Diese Zustandsanalyse wird stark von den BRD-Verhältnissen geprägt, weshalb eine Übertragung auf unsere Begutachtungstheorie und -praxis k a u m möglich ist. Wenn als Analyseergebnis ein antagonistischer Interessengegensatz zwischen Auftraggeber und Begutachteten festgestellt wird, so widerspiegelt dies die Rolle, die Funktion und gleichzeitig das Dilemma bürgerlicher Psychologen. E r befindet sich im Spannungsfeld zwischen Berufsethos und handfesten ökonomischen Zwängen und muß sich entscheiden, o b er sich als Anwalt des Begutachteten versteht oder den Erwartungen des Auftraggebers entspricht. In den problemorientierten theoretischen Kapiteln und in den sehr heterogenen Praxis-Kapiteln setzen sich die Autoren mit einigen Diagnostik-Trends (u. a. veränderungsbezogenes Diagnostizieren, interaktionistische Modelle, antwortabhängiges, computerunterstütztes Testen) auseinander. Hierzu vermittelt das Buch sowohl für den Theoretiker als auch für den Praktiker Anregungen. G. Reimann Berger, A.; Becker, K . - P . (Hrsg.): Rehabilitative Bewegungserziehung. 176 S . mit 20 Abb. und 19 T a b . , 2 4 x 1 7 cm. Berlin: V E B Verlag Volk und Gesundheit 1983. Beiträge zum Sonderschulwesen und zur Rehabilitationspädagogik. Leinen 28,— M. Dieser B a n d 38 der bewährten o. g. Schriftenreihe füllt eine L ü c k e und wird gewiß von allen begrüßt, die berufspraktisch mit der Rehabilitation geschädigter Kinder befaßt sind. Als Lehrbuch angelegt, ist es zugleich ein Plädoyer für die weitreichende, entwicklungsfördernde B e d e u t u n g der Bewegungserziehung. Die ersten drei Kapitel sind grundlagenorientiert und fügen die gegenstandsbezogenen wissenschaftlichen Basiserkenntnisse der Entwicklungspsychologie, -neurologie und -pathologie zusammen, u m schließlich die Spezifik der rehabilitativen Bewegungserziehung als Arbeitsgebiet zu begründen. Neben den Beziehungen zwischen Motorik und Sensorik, Sprache, Intelligenz und der Darstellung der Stufen des motorischen Lernens werden motometrische Prüfverfahren behandelt und Auffälligkeiten spezieller Schädigungsgruppen (z. B . Lernbehinderte, Stotterer, Gehörlose) gekennzeichnet. Die folgenden K a p i t e l sind praxisbezogen und geben einen umfassenden Überblick über Zielbereiche, Methoden und Organisationsformen der Bewegungserziehung. Informative tabellarische Darstellungen, regelmäßige Zusammenfassungen und repräsentative Literaturbezüge machen das B u c h „griffig". Bezeichnenderweise ist erst d a s letzte Kapitel der „Gegenstandsbestimmung der Rehabilitativen Bewegungserziehung" gewidmet und spiegelt damit wider, daß dieses Teilgebiet der Rehabilitationspädagogik noch u m seine berechtigte Anerkennung ringt. B . Meyer-Probst (Rostock)

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Ulich, D . : Das Gefühl. Eine E i n f ü h r u n g in die Emotionspsychologie. 241 S. mit 5 Abb. 2 2 , 5 x 1 5 cm. München —Wien —Baltimore: Urban & Schwarzenberg 1982. U. &S. Psychologie. Broschiert. Das vorliegende Buch will als „Reiseführer durch die Emotionspsychologie" verstanden werden. Der Autor will die Psychologen anregen, sich in Theorie u n d Forschung diesem in der „kognitiven Ä r a " weitgehend vernachlässigten Gegenstandsgebiet zuzuwenden. Als wichtigstes Fernziel der TheorieEntwicklung sieht er dabei eine „Differentielle Emotionspsychologie, die uns Erklärungen u n d Vorhersagen darüber gestattet, w a r u m welche Menschen mit welcher Biographie u n d Lerngeschichte in welchen Situationen welche Emotionen mit welcher Wirkung erleben" (S. 227). Wie weit wir v o n diesem Ziel, noch entfernt sind, aber auch welche Ansatzpunkte es in der Forschung gibt, davon zeugt dieses Buch. In einer leicht verständlichen, überzeugenden Art f ü h r t Ulich dem Leser zunächst die Bedeutung der Emotionen im alltäglichen Leben vor Augen und f ü h r t dann Bestimmungsmerkmale v o n Emotionen an. Für den F a c h m a n n sind die folgenden drei Kapitel von besonderem Interesse: Zunächst zeigt der A u t o r auf, wie die Psychologie m i t Emotionen umging und umgeht. E r wendet sich zu Recht gegen einseitige physiologische Ausrichtungen, gegen die ausschließliche Konzentration auf „negative" Emotionen (gar noch im Tierexperiment) sowie gegen solche kognitiven Ansätze, die den Umweltbezug ausklammern. Daraus ergeben sich eine Reihe methodischer Forderungen an zukünftige Forschungen, die einzelfall-, prozeß- und entwicklungsorientiert die reale Auseinandersetzung einer Person mit ihrer Umwelt erfassen müssen. Eine solche Forschung aber k a n n n u r theoriegeleitet sein. A n h a n d konkreter Untersuchungen zur Auswirkung belastender Lebensereignisse zeigt er die Möglichkeiten einer die Person-Umwelt-Beziehungen einschließenden Emotionsforschung u n d des Erkenntnisgewinns f ü r angewandte psychologische Fragen z. B. in der Klinischen Psychologie. E d i t h Kasielke (Berlin)

Jonsson, D . : Ideas, individuals, interaction. A formal theory. 74 S. mit 11 Abb. und 2 Tab. 24 X 16,5 c m . Lund — Schweden: Bokförlaget Dialog 1980. I n der vorliegenden Monographie u n t e r n i m m t der Autor den interessanten Versuch, empirisch gesicherte Befunde aus dem Bereich des interpersonalen Verhaltens formal herzuleiten. E r schränkt sich dabei auf dyadische interpersonale Situationen ein, in denen ein „Selbst" oder/und „Anderer" Objekte, Ereignisse, sich oder/und den Anderen wahrnimmt, vorstellt bzw. bewertet. Darüberhinaus f ü h r e n Personen Aktionen aus, werden bestraft bzw. belohnt und ebenso wie Objekte u n d Ereignisse miteinander aus verschiedenen Gründen assoziiert oder nicht. Über diese Elemente, Operationen u n d Eigenschaften formuliert Jonsson acht Basisannahmen, die Verhaltenskonsequenen f ü r den Fall bestimmter Kombinationen zwischen diesen Elementen, Operationen u n d Eigenschaften festschreiben. J e d e A n n a h m e b e t r i f f t dabei gerade eine der psychologischen Grundkategorien, wie Wahrnehmung, Bewertung, Motivation usw.. Ausgehend v o n wenigen, auf der Grundlage der zuvor definierten Elemente, Operationen u n d Eigenschaften formal darstellbaren Standardsituationen u n d N u t z u n g der postulierten Annahmen leitet Jonsson n u n m e h r 36 verschiedene Phänomene interpersoneller Wechselwirkung formal-logisch her. Bei den gefundenen Sachverhalten handelt es sich durchweg u m bereits bekannte, empirisch gesicherte Befunde, so daß der Wert dieses Vorgehens hier vergebens gesucht würde. Vielmehr stellen die Basiskategorien, also der Ausgangspunkt der Ableitung, den eigentlichen Sinn des Unternehmens dar. Jonsson sucht demzufolge nicht zuerst nach neuen, bislang u n b e k a n n t e n psychischen Zusammenhängen, d a s wäre hier n u r ein wünschenswertes Nebenprodukt, sondern zeigt a n h a n d logischer Transformationen, d a ß der von ihm gefundene Satz von Basiskategorien als Erklärungsgrundlage einer umfangreichen psychischen Phänomenklasse dienlich sein k a n n . Auf welche Weise die gefundenen Basiskategorien allerdings gewonnen wurden, ist nicht erläutert. S. H a r d t (Leipzig)

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Nissen, G. unter Mitarb. von Knölker, U.: Therapeutische Probleme bei psychomotorisch unruhigen Kindern. 74 S. m i t 13 Abb. u n d 12 Tab., 1 5 , 5 x 2 3 cm. S t u t t g a r t - New Y o r k : G. Thieme-Verlag 1982. Kartoniert 3 8 , - DM. Als 1844 der F r a n k f u r t e r Psychiater H o f f m a n n den „Zappelphillip" beschrieb, a h n t e er sicherlich nicht, daß das S y m p t o m des psychomotorisch unruhigen Kindes über J a h r z e h n t e hinweg Gegenstand praktischen, therapeutischen und wissenschaftlichen Bemühens sein wird. Auf diesem so schwierigen Gebiet eine aktuelle Bestandsaufnahme angestrebt zu haben, ist das besondere Verdienst Nissen's, der n e b e n Knölker in Neuhäuser, Berger, Martinius, Lempp, Bachmann, Focken u n d Miller kompetente Fachvertreter gewinnen konnte. Es ging vordergründig u m die therapeutischen Probleme: P h a r m a k o t h e r a p i e , ja — nein, um Erfahrungen, die mit Methylphenidat, Ritalin, Imipramin oder dem so aktuellen Tiaprid welches selektiv die Dopamin-2 Rezeptoren blockiert, gewonnen wurden. Ebenso s t a n d die Vielfalt der ätiologischen Faktoren im Mittelpunkt des Interesses. Daß die Diskussionsbemerkungen zu den einzelnen Beiträgen beim Druck mit Eingang fanden, erhöht den wissenschaftlichen Informationsgehalt des r u n d 70 Seiten umfassenden Buches ungemein, das von jedem d a n k b a r aufgegriffen wird, der Kinder mit einer solchen S y m p t o m a t i k betreut. K.-J. Neumärker (Berlin)

Oesterreich, R . : Handlungsregulation und Kontrolle. 340 S. mit 17 Abb. 21 X l 5 cm. München — Wien — Baltimore: Urban & Schwarzenberg 1981. Geheftet 36,— DM. Ziel des Autors ist es, im R a h m e n der Erarbeitung eines 5-Ebenen-Modells der Handlungsregulation gleichzeitig ein Konzept der Kontrolle zu entwickeln, das Aussagen zur Motivation auf handlungstheoretischer Grundlage zuläßt. Zu diesem Zwecke entwirft Oesterreich zunächst ein Modell des Handlungsfeldes, das als wesentliche Bestandteile Handlungen, Wahrscheinlichkeiten und Konsequenzen von Handlungen u m f a ß t u n d als „Denkmodell" zu einem wichtigen Mittel der Erläuterung u n d weitgehend verständlichen Darstellung der theoretischen Sachverhalte dient. Es wird f ü r jede Ebene die „andere Qualität" der Aktivitäten des Handelnden herausgearbeitet u n d die S t r u k t u r , die den Zusammenhang zwischen den einzelnen Ebenen der Handlungsregulation a u s m a c h t , als Übergabe von Handlungszielen übergeordneter an die jeweils untergeordnete Ebene beschrieben. In dieser Ebenendarstellung wird ein Konzept der Kontrolle integriert, das über die Definition des „Kontrollstrebens" motivationsspezifische Aspekte der H a n d l u n g näher beleuchtet. I m 2. Teil des Buches werden die entwickelten Vorstellungen im Zusammenhang m i t der Entwicklung individueller u n d gesellschaftlicher Handlungsregulation diskutiert. Angemerkt sei die im letzten Kapitel ansatzweise vorgestellte erste Anwendung der Konzeption. Gisela Born (Leipzig)

Zeitschrift für Psychologie— Verlag: Johann Ambrosius Barth, Salomonstr. 18b, DDR - 7010 Leipzig, Ruf 7 01 31. — Verlagsdirekter: K. Wiecke. — Chefredakteur: Prof. Dr. F. Klix, Sektion Psychologie der Humboldt-Universität, Oranienburger Str. 18, DDR • 1020 Berlin. — Veröffentlicht unter der Lizenz-Nr. 1394 des Presseamtes beim Vorsitzenden des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik. — Gesamtherstellung: VEB Druckerei -"Gottfried Wilhelm Leibniz», DDR - 4450 Gräfenhainichen, I V/2/14, 920. - AN (EDV) 470 30. Erscheint jährlich ein Band zu 4 Heften. Jahresbezugspreis: DDR - 05000, Ausland 7 7 , - DM Einzelheft: DDR 12,50, Ausland 19,25 DM

Gymnastik zur Lockerung und Entspannung S c h a l l p l a t t e m i t Beiheft

Von Dipl.-Sportlehrer und Fachphysiotherapeut A n i t a Wilda-Kiesel, Leipzig 4. Auflage 1985. 40 Seiten, 16 Bilder Mit Tasche. D D R 8,30 M, Ausland 8,30 D M I S B N 3-335-00036-6 Bestell-Nr. 7937757

In allgemeinverständlichen Ausführungen wird ein Einblick in die Ursachen und Bedingungen eines gesunden und gestörten psychophysischen Befindens gegeben, wobei besonders auf Störungen im Spannungs- und Entspannungsgefüge jedes Menschen eingegangen wird. Es werden Möglichkeiten zur Beeinflussung des Verspannungszustandes aufgezeigt. Die beschwingten, lockeren Übungen der Schallplatte werden im Sitzen und im Stehen ausgeführt, sie sind in sich steigerungsfähig und damit in der dosierbar.

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JOHANN AMBROSIUS BARTH LEIPZIG

Belastung

Methodik der Musiktherapie und deren theoretische Grundlagen Von Doz. Dr. sc. phil. Christoph Schwabe, Dresden 3., überarbeitete Auflage 1986. 235 Seilen, 25 Bilder, 5 Tabellen Leinen. D D R 3 4 , - M, Ausland 38,50 DM I S B N 3-335-00031-5 Bestell-Nr. 793 741 5

Viele E r k e n n t n i s s e auf dem Gebiet der P s y c h o t h e r a p i e basieren auf E r f a h r u n g e n , die in der täglichen P r a x i s gesammelt wurden. Nicht i m m e r gibt es für diese E r k e n n t n i s s e schon ausgereifte theoretische Grundlagen. Mit dem T i t e l „Musiktherapie und deren theoretische G r u n d l a g e n " b i e t e t der A u t o r interessierten F a c h l e u t e n n u n m e h r in der 3. Auflage eine umfassende theoretische K o n zeption für diesen Teilbereich der P s y c h o t h e r a p i e an. E r b e s c h r e i b t dabei ein S y s t e m von Bedingungen und R e g e l n , das den psychotherapeutischen Verfahren zugrunde liegt. Besondere B e a c h t u n g finden die drei B e r e i c h e K r a n k heitslehre, P s y c h o t h e r a p i e und Musik.

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J O H A N N A M B R O S I U S BARTH LEIPZIG

Psychosomatik Theorie und Praxis

Herausgegeben von OMR Dr. sc. med. Kurt Höck, Berlin (Psychotherapie und Grenzgebiete. Band 7j 1986. Etwa 96 Seiten, etwa 4 Bilder, 2 Tabellen Broschur. DDR etwa 22,- M, Ausland etwa 2 5 - DM ISBN 3-335-00028-5 liest eil-Nr. 793 7386

DasTlu'ina „Psychosomatik" ist für einen groljen Kreis von Medizinern und Psychologen aktuell. Die Fähigkeit, psychosomatische Zusammenhänge rechtzeitig zu erkennen, ist in der täglichen Praxis ebenso wichtig wie die Kenntnis der Möglichkeiten für eine angemessene und erfolgversprechende Therapieform. Deshalb gewinnt die stärkere Einbeziehung der medizinischen Psychologie und der Psychotherapie in die medizinische Praxis immer mehr an Bedeutung, besonders im Hinblick auf die Aus- und Weiterbildung von Medizinern. Unter diesem Aspekt wurden die Arbeiten zum Band 7 und 8 der Schriftenreihe, die Hefte „Psychosomatik I " und „Psychosomatik II", zusammengestellt. Band 7 enthält Beiträge zur Einführung in die Problematik und berichtet über persönliche Erfahrungen bzw. über Therapiemöglichkeiten bei ausgewählten Krankheits- oder Zielgruppen.

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JOHANN AMBROSIUS BARTH LEIPZIG