Wörterbuch des Völkerrechts und der Diplomatie: Band 1 Aachen - Lynchfall [Reprint 2012 ed.] 9783111621975, 9783111244877


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German Pages 866 [868] Year 1924

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Wörterbuch des Völkerrechts und der Diplomatie: Band 1 Aachen - Lynchfall [Reprint 2012 ed.]
 9783111621975, 9783111244877

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WÖRTERBUCH DES

VÖLKERRECHTS UND DER

DIPLOMATIE BEGONNEN VON

PROF. DR. J U L I U S H A T S C H E K

FORTGESETZT UND HERAUSGEGEBEN VON

DR. K A R L S T R U P P

PRIVATDOZENT AN DER UNIVERSITÄT IN FRANKFURT Α. M.

ERSTER BAND AACHEN - LYNCHFALL

W A L T E R DE G R U Y T E R & CO.

VORMALS G. J. GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG - J. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG — GEORG REIMER — KARL J. TRÜBNER — VEIT © COMP. BERLIN und LEIPZIG 1924

Alle R e c h t e

vorbehalten.

Copyright 1924 by W a l t e r d e Q r u y t e r ά Co., Berlin und L e i p z i g

DEM ANDENKEN VON

H U G O

G R O T I U S ,

DEM VATER DER VÖLKERRECHTSWISSENSCHAFT,

ZUR DREIHUNDERTJAHRFEIER DES ERSCHEINENS SEINES „JUS BELLI A C PACIS" DIE DEUTSCHE UND ÖSTERREICHISCHE VÖLKERRECHTSWISSENSCHAFT

Vorwort er im Weltkriege und, im Hinblick auf die Furchtbarkeit der ihn beendigenden Friedensschlüsse, seitdem zu Tode gehetzte Satz vom Zusammenbruche des Völkerrechts wird wohl durch keine Tatsache schlagender widerlegt als dadurch, daß das Völkerrecht, bisher nahezu ein Reservat der Theoretiker und der (Diplomaten-) Praktiker, sich heute mehr und mehr Beachtung selbst in Kreisen e r z w i n g t , die ihm noch vor ganz kurzer Zeit zum Teil mit offenkundiger Abneigung gegenüberstanden. Waren Fragen, die diesem Rechtskomplex angehören, früher nur in relativ seltenen Fällen derart gelagert, daß sich Gerichte, Anwälte, Kaufleute oder gar Privatpersonen mit ihnen beschäftigen mußten, so ist heute das gesamte öffentliche und private Leben mit Problemen durchsetzt, die irgendeine Seite des zwischenstaatlichen Rechtes, und sei es auch nur mittelbar, berühren. Über viele dieser Fragen, aber auch zahlreiche aus der Dogmatik, geben die bestehenden Lehr- und Handbücher des Völkerrechts keine oder nur unvollkommene, die Literatur häufig nicht erschöpfend berücksichtigende Auskunft. Weiter aber finden die neuesten, so überaus bedeutsamen Rechtsvorgänge, die Herausbildung ganz neuer Rechtsinstitute und nicht zum letzten die gerade für das Völkerrecht so überaus bedeutsamen Präjudizien in den e u r o p ä i s c h e n Werken durchaus ungenügende Berücksichtigung und Würdigung Die von manchen früher mehr instinktiv gefühlte, aber erst von Al e j a n d r o A l v a r e z in glänzender Weise durchgeführte Gegenüberstellung eines kontinentalen und amerikanischen (vielfach anglo-amerikanischen) Völkerrechts ist in jenen Werken nahezu durchgehende verkannt. Wie mich vor nahezu 1 % Jahrzehnten das von mir aufs tiefste empfundene Bedürfnis nach einer dokumentarischen Geschichte des Völkerrechts zu meiner entsprechenden Urkundensammlung, wie mich das nach einem „Jahrbuch des Völkerrechts" zur Herausgabe dieses (1912 mit Geheimrat N i e m e y e r verwirklichten) Werkes geführt hatte, so war ich auch bereits 1911, als ich mich besonders mit anglo-amerikanischem Völkerrechte beschäftigte, der Idee eines „Wörterbuchs des Völkerrechts" nähergetreten. 1914 lag ein bis ins kleinste ausgearbeiteter Plan und Schlagwortverzeichnis vor. Er kam ebensosehr durch den Krieg wie dadurch nicht zur Verwirklichung, daß ich gerade damals von dem Parallelunternehmen Prof. H a t s c h e k s vernahm, der sich um diese Zeit mit einem mustergültig ausgearbeiteten, in den Grundgedanken, namentlich in der starken Betonung der Präjudizien aus der angloamerikanischen Praxis, 1 mit mir völlig harmonierenden Programm eines „Wörterbuches des Völkerrechts und der Staatenpolitik" und sorgfältig festgestellten Stichwortverzeichnis an die fachwissenschaftlicheöffentlichkeit wandte. Als er sich dann nach einigen Jahren von dem Unternehmen zurückzog, war es mir eine ebensogroße Freude wie Ehre, an seiner Stelle seine und meine Pläne verbinden und unter dem aus sachlichen Gründen geänderten Titel „Wörterbuch des Völkerrechts und der Diplomatie" verwirklichen zu dürfen. Sehr erhebliche Schwierigkeiten schienen dem entgegenzustehen. Zwar war die Zeit an sich für die Herausgabe eines völkerrechtlichen Wörterbuchs eher günstiger als:

Vorwort

VI

vor dem Kriege. Denn der persönliche Umkreis des am Völkerrecht freiwillig oder zwangsweise Interessierten hat sich, wie schon ausgeführt, wesentlich vergrößert und gerade diese sind es, denen die Form eines Nachschlagewerkes besonders willkommen sein muB. Andererseits wurde aus verschiedensten Gründen der Mitarbeiterumkreis durch den Wegfall der Mitwirkung eines großen Teils des Auslands verringert. Dafür aber erstand die n a t i o n a l e Aufgabe: Zu zeigen, daß in Deutschland und dem verwandten Österreich in einer Zeit tiefsten wirtschaftlichen Verfalls die Wissenschaft ungebrochen dastand und daß in zwei Ländern, die in der Pflege des Völkerrechts in den letzten Dezennien weit hinter den romanischen Ländern, namentlich dem auch sonst ja so vorbildlichen Italien, zurückgestanden, eine Renaissance im Stillen sich vorbereitet hatte, daß in der h e u t i g e n Juristengeneration das Völkerrecht den Platz sich zu erobern beginnt, der ihm seiner Bedeutung nach zukommt. Eine unendliche Mühe bildete, in der Zeit traurigsten Valutatiefstands, die Beschaffung der einschlägigen Weltliteratur. Der Fachvertreter wird erkennen, daß, was überhaupt in dieser Richtung geleistet werden konnte, geschehen ist. Kein Lehr- oder Handbuch will das „ W . d. V. D." sein, ohne daß aber die Tatsache, daß es sich nicht nur an Fachgelehrte, sondern an a l l e am Völkerrecht Interessierten wendet, eine erschöpfende Durchdringung des im^einzelnen Stichwort behandelten Stoffes, gelegentlich auch eingehendere polemische Erörterungen in Streitfragen, verbietet. Auch bei der Feststellung des dem einzelnen Bearbeiter zur Verfügung gestellten Raumes m u ß t e ebensosehr den Bedürfnissen des Theoretikers wie des Praktikers Rechnung getragen werden, wobei n o t wendigerweise zuweilen eine gewisse Ungleichheit sich nicht ganz vermeiden ließ. Insbesondere mußte aktuell-praktischen Fragen zuweilen größere Vertiefung zugestanden werden. Diesem Ziele entsprach es auch, wenn in größerem Umfange die diplomatisch-politische Geschichte der heute wichtigsten Staaten, namentlich der Neustaaten, berücksichtigt worden ist und wenn Artikel aufgenommen sind, die einen Überblick über Rechtsinstitute des Völkerrechtes im g a n z e n geben. Trotzdem ich im engsten Zusammenwirken mit dem Verlage, durch dessen großzügiges Verständnis in der Zeit der schlimmsten Not Deutschlands dieses Werk ins Leben treten darf und der sich mir dankenswerterweise als R e d a k t i o n s b ü r ο zur Verfügung stellte, vom ersten Augenblick an bestrebt war, die rechtzeitige Einsendung der Manuskripte zu erreichen, um keine Stockung im Erscheinen der einzelnen Lieferungen eintreten lassen zu müssen, hat sich weder diese vermeiden lassen noch die andere wenig erfreuliche Konsequenz, daß eine große Anzahl von Stichworten durch Varwsisung disloziert oder gar dem Nachtrage überwiesen werden mußten. Immerhin liegt der erste Band genau 3 J a h r e nach Eingang der ersten Manuskripte abgeschlossen vor. Mit Wehmut gedenke ich des Hinscheidens mehrerer wertvoller Mitarbeiter. Haben die Professoren v. G a r e i s , v. K i r c h e n h e i m , L a m m a s c h und Z i t e l m a n n dem Alter ihren Tribut bezahlt, so ist Dr. V o r w e r k in der Blüte seiner Jugend von tückischer Krankheit hinweggerafft worden. Ehre ihrem AndenkenI Von Behörden wie von Instituten wurde mir weitgehende Hilfe geleistet. Besonderer Dank gebührt dem Institut für Seeverkehr und Weltwirtschaft in Kiel, dessen gesamter Mitarbeiterstab unter Leitung von Geh.-Rat H a r m s aktiv an dem Wörterbuch mitgearbeitet hat. Für Kritik, Ergänzungs- und Verbesserungsvorschläge wäre ich dankbar. Frankfurt a. M., im Mai 1924. Kettenhofweg 139. Qtfimn

Vorgeschlagene Abkürzungen für Zeitschriften r A J . «= American Journal1 of International Law (Scott). RDI. •» Rivista di diritto internationale (Anzilotti und Cavaglieri). RDIC. η Revue de droit international et de l£gislation comparie (de Visscher). RG. •= Revue ginirale de droit internationairpublic (Fauchille). Revue Sottile = Revue de droit international (erscheint seit 1923 in Gent; Herausgeber Sottile). NZ. — Niemeyers Zeitschr. für Internat. Recht. ZV. — Zeitschrift für Völkerrecht (Fleischmann u. Strupp). Die Abkürzung S t r u p p Urkunden bezeichnet die Urkunden zur Geschichte des Völkerrecht» (1911 ff.), deren 2. (französische) Ausgabe (Documents pour servir & l'histoire du droit des gens, 6 Bde. 1923/24) als Documents bezeichnet wird.

A Aachen, Kongreß von.

auch andere Staaten beigezogen werden sollen. Der auf Vorschlag Metternichs einberufene Außer diesen Beschlüssen, die lediglich Kongreß von Aachen (30. IX.—21. X I . 1818) politischen Zwecken dienten, hat der sollte der Besprechung der großen gemein- Aachener Kongreß auch solche von wesentsamen Interessen der damals führenden eurolich völkerrechtlicher Bedeutung gefaßt, so päischen Staaten dienen. Sein Programm über die T i t e l ä n d e r u n g von S o u v e r ä n e n war im wesentlichen die Erneuerung des und die R a n g o r d n u n g der d i p l o m a t i Vierbundes zwischen Österreich, Preußen, England und Rußland; eine Aufnahme j s c h e n V e r t r e t e r (s. dort). Die Veranlassung zu einem Beschluß anderer Staaten in das Bündnis war zunächst nicht beabsichtigt und da man sich auf über Titeländerungen gab der Versuch des weitschweifende Verhandlungen nach der Kurfürsten von Hessen-Kassel, sich den Art des Wiener Kongresses nicht einlassen Königstitel beizulegen; diese Rangerhöhung wollte, waren auch keine anderen Staaten wurde von den Kongreßmächten abgelehnt. zur Teilnahme nach Aachen eingeladen. Nur Gleichzeitig wurde der Beschluß gefaßt Frankreich mußte man zulassen, da eine und in dem Protokoll vom 11. X . 1818 Beschlußfassung über dessen Räumung von ( F l e i s c h m a n n , a. a. O., S. 24) niedergelegt, daß Titeländerungen von Souveränen oder den Besatzungstruppen geplant war. Prinzen fürstlicher Häuser ohne vorherDiese Frage wurde auch schon an den gehende Übereinkunft zwischen den auf dem beiden ersten Verhandlungstagen beraten Kongreß vertretenen vier Großmächten keine und zum Abschluß gebracht (Protokoll vom Anerkennung finden sollen. 9. X . 1818, abgedruckt bei G h i l l a n y , Bezüglich des Ranges der diplomatischen Diplomatisches Handbuch I, S. 408 f.). Überdies aber wurde Frankreich aufgefordert, Vertreter hat der Aachener Kongreß eine sich dem Vierbund anzuschließen. Dadurch Ergänzung des vom Wiener Kongreß erkam die sog. P e n t a r c h i e der G r o ß - lassenen Reglement sur le rang entre les m ä c h t e zustande (Protokoll vom 15. X I . agents diplomatiques vom 19. III. 1815 1818, abgedr. bei F l e i s c h m a n n , Völker- gebracht, indem er die Ministerresidenten rechtsquellen, S. 25), die bis etwa 1848 eine als selbständige Klasse der diplomatischen Führerrolle in Europa zu spielen suchte. Vertreter anerkannte und diesen den Rang Das Mißtrauen gegen Frankreich und die zwischen den Gesandten zweiter Klasse und Angst vor neuen revolutionären Erschütte- den chargis d'affaires zuwies (Protokoll vom rungen des Kontinents, die von dort aus- 21. X I . 1818). Diese Rangordnung ist noch gehen könnten, war aber unter den alten gegenwärtig in Geltung. Vierbundmächten noch so stark, daß sie Dem Kongreß drängten sich im Laufe ihren Bund mit Ausschluß Frankreichs durch seiner Tagung noch verschiedene andere Aufeine geheime Abmachung vom selben Datum gaben auf, die zum Teil an den Bundestag erneuerten; außerdem wurde gleichzeitig verwiesen wurden, wie die Schlichtung genoch ein zweites Geheimprotokoll von ihnen wisser Streitigkeiten innerhalb Deutschlands, unterzeichnet, das sich auf die militärischen zum Teil ohne Ergebnis blieben, wie die BeMaßnahmen bezog, die gegebenenfalls gegen ratungen über den Konflikt Spaniens mit Frankreich zu ergreifen wären. Die Kon- Portugal und die über Spaniens Krieg mit greßmächte erklärten ferner, daß sie gemein- seinen amerikanischen Kolonien; auch die sam den Frieden in Europa aufrecht erhalten Verhandlungen über die Bekämpfung des wollen und besondere Kongresse (rßunions Negerhandels wurden zu keinem Abschluß particuliferes) abhalten werden, zu denen gebracht. v. F r i s c h . Wörterbuch des Völkerrechts.

Bd. I.

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A b b e r u f u n g von diplomatischen Vertretern

Abberufung von diplomatischen Vertretern. Die A b b e r u f u n g (rappel) des Gesandten von seinem Posten durch die Regierung des Absendestaates erfolgt normalerweise durch ein eigenes A b b e r u f u n g s s c h r e i b e n (lettre de rappel), das der Gesandte in einer besonderen Abschiedsaudienz dem S t a a t s o b e r h a u p t des E m p f a n g s s t a a t e s überreicht. Diplom a t i s c h e V e r t r e t e r , die nicht beim S t a a t s o b e r h a u p t beglaubigt waren, sondern beim Minister f ü r auswärtige Angelegenheiten, überreichen diesem das Abberufungsschreiben. An Stelle des S t a a t s o b e r h a u p t e s oder des Ministers k a n n auch j e m a n d anderer m i t der E n t g e g e n n a h m e des Abberufungsschreibens b e t r a u t w e r d e n ; ebenso k o m m t es vor, daß der abberufene F u n k t i o n ä r nicht selbst das Abberufungsschreiben überreicht, sondern ein Vertreter oder sein Nachfolger, n a m e n t l i c h d a n n , wenn er zur Zeit der Abb e r u f u n g schon nicht m e h r auf seinem Posten ist. Die B e a n t w o r t u n g des A b b e r u f u n g s schreibens erfolgt d u r c h das R e k r e d i t i v e (lettre de recriance), das dem abberufenen Agenten überreicht w i r d ; es ist an dessen M a n d a n t e n ( S t a a t s o b e r h a u p t oder Minister) gerichtet und e n t h ä l t neben der Bestätigung des Abberufungsschreibens in der Regel W o r t e der A n e r k e n n u n g f ü r das Wirken des Gesandten. U n t e r besonderen U m s t ä n d e n k a n n die A b b e r u f u n g diplomatischer Vert r e t e r auch u n t e r Außerachtlassung der üblichen F o r m a l i t ä t e n erfolgen, speziell wenn Konflikte zwischen den beteiligten Staaten oder persönliche Differenzen des diplomatischen Agenten m i t Organen des E m p f a n g s staates die normalen Beziehungen gestört h a b e n . Die A b b e r u f u n g kann dann auch in telegraphischem Wege erfolgen, die formelle Überreichung des Abberufungsschreibens und die des Rekreditives können unterbleiben und ebenso die übliche Abschiedsaudienz. Die G r ü n d e f ü r die A b b e r u f u n g eines diplomatischen Vertreters können verschiedener A r t sein. Die A b b e r u f u n g kann aus all den Gründen erfolgen, die ü b e r h a u p t f ü r das Verlassen eines S t a a t s a m t e s d e n k b a r sind, also freiwilliges Verlassen des Staatsdienstes, Pensionierung, Versetzung auf einen anderen Posten, strafweise E n t f e r n u n g aus dem S t a a t s d i e n s t usw. Die A b b e r u f u n g k a n n aber auch d a d u r c h v e r a n l a ß t werden, d a ß zwischen dem diplomatischen Vertreter und dem E m p f a n g s s t a a t Differenzen e n t s t a n d e n sind, die ein ferneres Wirken des Gesandten an dieser Stelle untunlich oder unmöglich erscheinen lassen. H ä l t der A b s e n d e s t a a t diesen Fall f ü r gegeben, so b e r u f t er seinen Vertreter ab. Ist der Ge-

s a n d t e beleidigt worden, so d a ß i h m das u n verzügliche Verlassen des Landes notwendig erscheint, so verlangt er seine Pässe; in diesem Fall unterbleibt eine förmliche A b b e r u f u n g (ζ. B. in den Fällen ,,Ripperda'* und „ S p r i n g e r " ) . H ä l t andererseits d e r E m p f a n g s s t a a t die fernere W i r k s a m k e i t des Gesandten auf seinem Posten f ü r i n o p p o r t u n , so kann er dessen A b b e r u f u n g vom A b s e n d e s t a a t verlangen; k o m m t dieser dem Verlangen nicht nach, so bleibt es dem anderen S t a a t u n b e n o m m e n , dem Gesandten die Pässe z u stellen zu lassen, ihn also auszuweisen; auch in diesem Falle unterbleibt die A b b e r u f u n g (ζ. B. im Fall „Sackeville"). Die W i r k u n g der A b b e r u f u n g ist z u nächst die, d a ß die abberufene Person a u f h ö r t , V e r t r e t e r des Absendestaates b e i m E m p f a n g s s t a a t zu sein. D a m i t erlöschen auch juristisch die dem diplomatischen Vert r e t e r zustehenden Vorrechte und P r i v i legien, doch werden sie i h m nach allgemein a n e r k a n n t e r völkerrechtlicher Praxis noch f ü r die Heimreise zugesprochen, vorausgesetzt, d a ß er diese nicht ungebührlich v e r z ö g e r t . Das Bestehen der G e s a n d t s c h a f t selbst wird durch die A b b e r u f u n g des Vertreters n i c h t b e r ü h r t . Die Agenden derselben werden e n t weder durch einen B e a m t e n der Legation weitergeführt oder sie werden u n m i t t e l b a r d u r c h den neu e r n a n n t e n F u n k t i o n ä r ü b e r n o m m e n , wenn dieser gleichzeitig m i t der A b b e r u f u n g seines Vorgängers sein Beglaubigungsschreiben überreicht. Kommt es zur A b b e r u f u n g wegen des Abbruches d e r diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden S t a a t e n , so pflegt der Gesandte eines d r i t t e n Staates, dem der Abberufene im A u f t r a g seines Staates die Geschäfte ü b e r gibt, die V e r t r e t u n g zu ü b e r n e h m e n . Ein Wechsel in der Person dieses Vertreters h a t auf die V e r t r e t u n g selbst keine W i r k u n g Diplomatische Agenten, die nicht o r d e n t liche, ständige Gesandte sind, sondern n u r eine b e s t i m m t e Mission zu erfüllen h a b e n , überreichen kein formelles A b b e r u f u n g s schreiben, dem E m p f a n g s s t a a t w i r d n u r die Beendigung der Mission offiziell m i t g e t e i l t . Auch die päpstlichen N u n t i e n überreichen kein solches Schreiben, ihre A b b e r u f u n g wird von der Kurie dem E m p f a n g s s t a a t b e k a n n t gegeben. Literatur: KlUber, Europäisches Völkerrecht, § 229. — Miruss, Das Europäische Gesandtschaftsrecht, I, § 367. — v. Martens, Guide diplomatique, 4. edit. I, § 60. — Geffcken, in v. Holtzendorffs H a n d b u c h des Völkerrechts, III, §§ 644ff. — v. UHmann* Völkerrecht, S. 195. — v. Liszt, Völker-

Abbruch der diplomatischen Beziehungen — Abessinien

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recht, S. 118. — Zorn, in Stier-Somlos Kaisers Max die diplomatischen Beziehungen Handbuch des Völkerrechts, II, 3, S. 31 f. Jahre hindurch unterbrochen. Sind die v. F r i s c h . Beziehungen zwischen zwei Staaten unterbrochen, so bedeutet dies auf jeden Fall, daß zwischen ihnen Differenzen obwalten, die das normale Verkehrsverhältnis beeinAbbruch der diplomatischen trächtigen. Beziehungen. Bricht zwischen zwei Staaten Krieg aus, Der Abbruch der diplomatischen Be- so erfolgt, wenn die diplomatischen Beziehungen zwischen zwei Staaten besteht ziehungen nicht schon vorher unterbrochen darin, daß die durch die Gesandtschaften waren, der Abbruch immer mit der Kriegsvermittelte, wechselseitige ständige Ver- erklärung oder unmittelbar darauf. Auf tretung aufhört. Damit ist aber nicht gesagt, die zwischen den Staaten bestehenden Verdaß ein weiterer Verkehr zwischen den be- träge hat der Abbruch der Beziehungen treffenden Staaten nicht durch dritte auf- keine Wirkung. v. F r i s c h . recht erhalten werden kann. Den Abbruch der direkten Beziehungen rechtfertigt nur Abessinien, ein ernster Konflikt zwischen den Staaten, denn die Aufrechterhaltung des Verkehrs mit oder Ethiopien, unabhängiger Staat, der den anderen Gliedern der Völkerrechts- Abessinien im engeren Sinne und Schoa, gemeinschaft, der sich in der Unterhaltung Kaffa, Galla und Zentralsomaliland umfaßt, ständiger Gesandtschaften dokumentiert, ist schließt 1520 ein Bündnis mit Portugal gegen für den modernen Staat nicht nur ein Recht, die Mohammedaner, die jedoch von 1528 bis sondern eine moralische Pflicht. 1540 Abessinien beherrschen. In der Folgezeit Der Abbruch der diplomatischen Be- behalten nur die portugiesischen Missionare ziehungen bedeutet aber noch nicht den Einfluß und erreichen im Jahre 1628 den Ausbruch des Krieges, wenn es natürlich Übertritt des Königshauses, das wie die auch oft in den Umständen begründet sein Mehrzahl der Bevölkerung zur jakobitischen kann, daß die bestehenden Differenzen zur Kirche gehörte, zum römisch-katholischen Austragung mit Waffengewalt führen. Im Glauben. 1632 wird in einer halb religiösen, konkreten Fall kann der Abbruch der Be- halb patriotischen Bewegung das Joch der ziehungen auch gleichbedeutend sein mit Jesuiten und anderer portugiesischen Missioeiner Kriegserklärung, namentlich wenn er nare abgeschüttelt und alle Ausländer christnach Ablauf eines Ultimatums erfolgt. Dies lichen Glaubens werden aus dem Lande verwar in früherer Zeit vielfach in Verträgen bannt. Von dieser Zeit an erfüllen Kämpfe vereinbart, um den Zeitpunkt des Kriegs- der verschiedenen Landesteile unter sich um beginns genau festzustellen; so in den Ver- das Anrecht auf die Oberherrschaft die Geträgen zwischen England und Portugal 1826, schichte des Landes. Von 1698 bis 1769 Frankreich und Portugal 1826, England und hat kein Europäer Abessinien betreten. Preußen 1827, England und Dänemark 1818 Letzteres Jahr bringt die Entdeckungsreise ( H e f f l e r - G e f f c k e n , Europäisches Völker- von James Bruce nach den Quellen des Im Jahre 1805 entsendet recht, S.250, Anm.4; L u e d e r i n v. H o l t z e n - Blauen Nils. d o r f f s Handbuch des Völkerrechts IV England seine erste Gesandtschaft unter S. 340, Anm. 23; C a l v o , Droit international Lord Valentin, der vergeblich den Versuch § 1905). Im übrigen kann bei der Mannig- macht, mit Abessinien einen Defensivvertrag faltigkeit der konkreten Verhältnisse der zu schließen und einen Hafen an der Küste in Rede stehenden Maßregel verschiedene des Roten Meeres zu erhalten, für den Fall, Bedeutung zukommen; sie kann als Drohung daß es Frankreich gelang, Ägypten bei der gemeint sein, als ein Mittel, den anderen Staat Aufteilung der Türkei zwischen Frankreich zum Nachgeben in einem bestehenden Kon- und Rußland zu erhalten. Im Jahre 1840 flikt zu bewegen und so als ein Versuch, führen die religiösen Gegensätze größtenteils einen Krieg zu vermeiden. Der Abbruch durch den rivalisierenden Einfluß protestander Beziehungen kann auch nur bedeuten, tischer und katholischer Missionen zu daß der Staat mit einem anderen bis auf schweren Unruhen, und der Religionskrieg Aus den innerweiteres keinen Verkehr mehr aufrecht zu wird knapp vermieden. erhalten wünscht; ein solcher latenter Zu- politischen Unruhen kommt das Land erst stand herrschte während des Weltkriegs eine unter der Herrschaft des Emporkömmlings Zeitlang zwischen einzelnen der Zentral- Kassai, später Kaiser Theodor genannt, Zugleich wächst der Gegensatz mächte und einzelnen der zur Entente ge- heraus. hörigen Staaten; zwischen Österreich und gegen alle Europäer; die Gesandten von Mexiko waren nach der Hinrichtung des Frankreich und England werden ins Ge1*

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Abessinien

fängnis geworfen. Nach vergeblichen diplomatischen Versuchen, diese zu befreien, eröffnet England im Juli 1867 einen Feldzug, der bis zum Mai 1868 dauert, mit der militärischen Niederlage Theodors und seinem Selbstmord endet. Die folgenden Jahre bringen den Streit der Kronprätendenten Johann I., der im Norden des Landes sich behaupten kann, und Menelik im Süden. Die immer labile innerpolitische Lage hatte mittlerweile den Mohammedanern große propagandistische Erfolge gebracht, die erst m i t dem Jahre 1875 ein vorläufiges Ende nehmen, mit dem Beginn des ägyptischen Angriffes auf Abessinien. Zweimal, am 13. XI. 1875 und am 25. III. 1876 werden sie von Johann erfolgreich besiegt. Der britische Gouverneur des Sudan wird zwecks Abschlusses des Friedens zu Johann geschickt, der aber die Verhandlungen verschleppt und bis zum März 1878 auch seinen Nebenbuhler im Süden, Menelik, niederwirft. Auch in einer zweiten Mission vom Jahre 1879 wird durch den Gouverneur des Sudan kein Friedensvertrag zustande gebracht. — Inzwischen hatte eine italienische Gesellschaft im Jahre 1870 den Hafen von Assab, am südlichen Eingang des Roten Meeres, von dem lokalen Sultan käuflich erworben, in deren Rechte nach Erwerb weiteren Gebietes in den Jahren 1879 und 1880 die italienische Regierung durch Kauf eintrat. Die Besetzung von Beilul im Jahre 1885 wurde zum Signal des Widerstandes der abessinischen Regierung, der noch verstärkt wurde durch die einen Monat später erfolgende Besetzung von Massoa. Inzwischen war die Lage des Kaisers Johann die Angriffe der sudanesischen Derwische im Norden wieder prekär geworden, trotzdem im Jahre 1884 durch Vertrag mit Ägypten und England die Räumung des Sudan von den Derwischen vereinbart worden war. Nach vergeblichen Versuchen Englands, den Krieg zwischen Italien und Abessinien zu verhüten (1887), landet Italien im April 1888 starke Truppenkontingente in Eritrea, wie seitdem die italienische Kolonie heißt. Zu Kämpfen kam es zunächst nicht, und Johann starb bei der Verteidigung seines Landes gegen die Derwische im Norden am 9. III. 1889. Menelik, der jetzt Alleinherrscher geworden, schließt am 2. V. 1889 den Vertrag von Uccialli mit Italien ab, der nur eine weitere Verschlechterung der völkerrechtlichen Stellung ganz Abessiniens bedeutet und eine Folge des Vertrages von Ankober vom 21. V. 1883 ist, den Schoa mit den Italienern abgeschlossen hatte. Die wichtigste Klausel dieses Vertrages, wonach der König von Schoa seinen diplomatischen

Verkehr mit anderen Ländern durch Vermittlung der italienischen Regierung führen k a n n , nicht m u ß , wird in d e r Form im Vertrag von Uccialli erweitert, daß, nach dem italienischen Texte des Vertrages, jetzt die völkerrechtliche Stellung von Abessinien von einem Protektorate nicht mehr zu unterscheiden ist (Art. 17: sua maestä il ri dei rfe d'Etiopia consente di servirsi del Governo di S. M. il R6 d'Italia per tutte le trattazioni di affari che avesse con altre potenze ο governi. Μ. N. R. G. Cont. 2. s6r. 18. pp. 697 & 702. 1893). Da der abessinische Kaiser sich nicht an diese Bestimmung hielt und vor allem mit benachbarten eingeborenen Herrschern weiterhin Bündnisverträge abzuschließen versuchte, er vor allem der Auffassung war, daß der für die Auslegung gleichwertige amharische Text des Vertrages von Uccialli die Bestimmung über die Führung der auswärtigen Beziehungen nur seiner freien Wahl überließ, wie es auch der Vertrag von Ankober getan hatte, eröffnet die italienische Regierung den Krieg (Dezember 1893), der mit einer militärischen Katastrophe für Italien endet. Der Vertrag von Addis-Abbeba vom 26. X. 1896 (Μ. N. R. G. Cont. 2. s6r. 26. pp. 59—61. 1900) sichert Abessinien seine Unabhängigkeit in vollstem Maße:' Art. 3: Italien erkennt ohne Vorbehalt die völlige Unabhängigkeit des ethiopischen Reiches an. Art. 2: der Vertrag von Uccialli vom Mai 1889 ist und bleibt völlig nichtig einschließlich seiner Anhänge. — In den folgenden Jahren schließen Rußland, Frankreich und England Freundschafts- und Handelsverträge mit Abessinien, 1905 wird auch von Deutschland ein auf dem Meistbegünstigungsrecht aufgebauter Handelsvertrag abgeschlossen (7. III. 1905: M. N. R. G. 2. s6r. 34. p. 639). — Die rivalisierenden Abkommen, die in der Folge die Staaten Italien, England und Frankreich mit Abessinien in der Frage der Grenzen und Eisenbahnkonzessionen dieses Staates trafen, führten am 13. X I I . 1906 zu dem Londoner Abkommen, das zunächst die Integrität Abessiniens garantieren soll, aber auch ausführliche Regelungen der,.Interessensphären" in diesem unabhängigen Staate enthält. Ähnlich wie in dem englisch-russischen Abkommen über Persien von 1907 wird hier ohne Hinzuziehung des hauptbeteiligten Staates die Aufteilung der wirtschaftlichen Sphären vorgenommen. Für den Fall innerpolitischer Wirren wird sogar eine politische Aufteilung des Landes vorgenommen, die England das Nilbecken, Italien das Hinterland von Eritrea, Frankreich das abessinische Somaliland und die an die französische Eisenbahn angrenzenden Gebiete zuspricht.—

Abessinien — A b w e i s u n g Ü b e r die a b s o l u t e G l e i c h b e h a n d l u n g im Zollwesen, in d e r B e n u t z u n g des H a f e n s v o n D j i b u t i u n d in d e r Z u s a m m e n s e t z u n g des V e r w a l t u n g s r a t e s d e r französischen E i s e n b a h n werden genaue Abkommen getroffen. Der K a i s e r Menelik h a t dieses A b k o m m e n nie a n e r k a n n t . — E i n weiteres G r e n z a b k o m m e n s c h l i e ß t Italien m i t Abessinien z u r R e g e l u n g d e r Grenze a m S o m a l i l a n d im J a h r e 1908. — Abessinien ist Mitglied des W e l t p o s t v e r e i n s u n d h a t a u c h die K o n v e n t i o n z u r S c h a f f u n g eines i n t e r n a t i o n a l e n Landwirtschaftsinstituts unterzeichnet. Literatur: Rein, Ο. K., Abessinien, 3 Bde., 1918—20; enthält das gesamte Urkundenmaterial. — Pierre-AIype, L ' E t h i o p i e e t les convoltises a l l e m a n d e s ; la p o l i t i q u e a n g l o - f r a n c o - i t a lienne, 1917; insbes. p p . 121—275 (dossier diplomatique). Art. „Abessinien" in E n z y k l . des Islam, B d . I, p p . 126—128. F ü r die religiösen F r a g e n siehe Arnold, T. W., P r e a c h i n g of Islam, 1913, p p . 113 bis 121, 410. Überall weitere L i t e r a t u r nachweise. F ü r das V ö l k e r r e c h t im i t a lienisch-abessinischen K r i e g e siehe Despagnet, Le c o n f l i t e n t r e l ' I t a l i e et l ' A b y s sinie, in R e v u e G ö n i r a l e de D r o i t I n t e r n a t i o n a l p u b l i c , t . IV, 1897; u n d Fedozzi: le d r o i t i n t e r n a t i o n a l e t les Meentes hostilit6s i t a l o - a b y s s i n e s , in R e v u e de d r o i t i n t e r n a t i o n a l e t de ldgislation c o m p a r e , t . X X V I I I , 1896, p p . 5 8 0 — 6 1 6 ; u n d t. X X I X , 1897, p p . 4 9 — 8 3 ; daselbst ü b e r a n g e b l i c h e n M i ß b r a u c h des R o t e n K r e u z e s d u r c h R u ß l a n d : p p . 110, 318, 571. Μ. Η. S c h m i t t .

A b f a h r t g e l d s. F r e m d e n r e c h t . A b g a b e n s. I n t e r n a t . F i n a n z r e c h t . A b r ü s t u n g s. R ü s t u n g s b e s c h r ä n k u n g e n .

Abweisung. Es ist d a s u n b e s t r i t t e n e R e c h t jedes s o u v e r ä n e n S t a a t e s , solche F r e m d e , deren A n w e s e n h e i t i h m auf seinem T e r r i t o r i u m n i c h t e r w ü n s c h t i s t , v o n diesem f e r n zu h a l t e n ; er b r a u c h t sie n i c h t ü b e r seine Grenzen zu lassen u n d k a n n jene, die sich bei i h m a u f h a l t e n , z u m Verlassen des L a n d e s z w i n g e n . Erstere Maßregel ist die Abweisung ( r e n v o i ) , l e t z t e r e die A u s w e i s u n g ( e x pulsion). Beide e n t h a l t e n ein Gebietsv e r b o t u n d verfolgen denselben Z w e c k ; beide sind f e r n e r i h r e m Wesen n a c h v ö l k e r r e c h t liche Maßregeln p o l i t i s c h e r N a t u r . Sie r i c h t e n sich gegen P e r s o n e n , deren A n w e s e n h e i t f ü r den S t a a t G e f a h r e n i r g e n d w e l c h e r A r t m i t sich b r i n g t , d e r A u s s c h l u ß erfolgt also i m m e r a u s G r ü n d e n d e r S i c h e r h e i t .

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Überdies kann der S t a a t zu A b - u n d Aus* Weisungen a u c h als R e t o r s i o n g r e i f e n . Eine erschöpfende Aufzählung der A b w e i s u n g s g r ü n d e ist d e r N a t u r d e r Sache n a c h ausgeschlossen, a u c h ist im allgemeinen kein S t a a t v e r p f l i c h t e t , f ü r eine solche M a ß regel G r ü n d e a n z u g e b e n , es sei d e n n , er h a t sich d a z u d u r c h V e r t r a g v e r b u n d e n ; A b weisungen u n d A u s w e i s u n g e n erfolgen im Interesse des S t a a t e s u n d w o r i n dieses b e s t e h t , h a t n u r d e r S t a a t selbst zu b e u r t e i l e n . Gleichwohl w i r d in Gesetzen u n d N i e d e r l a s s u n g s v e r t r ä g e n d e r Begriff des „ l ä s t i g e n A u s l ä n d e r s " ( u n d e s i r a b l e s t r a n g e r ) bisweilen n ä h e r b e s t i m m t , i n d e m f ü r gewisse K a t e gorien v o n P e r s o n e n die Zulässigkeit d e r A b - o d e r Ausweisung besonders h e r v o r gehoben w i r d ; als solche w e r d e n regelmäßig v e r u r t e i l t e V e r b r e c h e r , u n b e m i t t e l t e u n d erw e r b s u n f ä h i g e P e r s o n e n , o f t a u c h gewisse K r a n k e u. a. e r w ä h n t . Dabei h a n d e l t es sich i m m e r u m I n d i v i d u e n , in deren P e r s o n d e r G r u n d f ü r die A b w e i s u n g liegt. A n d e r s v e r h ä l t es sich m i t d e r Maßregel d e r A b w e i s u n g d a n n , w e n n sie n i c h t a u s persönlichen G r ü n d e n erfolgt, s o n d e r n w e n n allgemein d e n F r e m d e n ü b e r h a u p t oder d e n A n g e h ö r i g e n eines b e s t i m m t e n S t a a t e s d a s B e t r e t e n des L a n d e s v e r w e h r t w i r d o d e r w e n n sie unterschiedslos aus dem L a n d e a u s gewiesen w e r d e n (Xenelasie). Die generelle u n d allgemeine A b w e i s u n g v o n F r e m d e n gilt f ü r S t a a t e n d e r V ö l k e r r e c h t s g e m e i n s c h a f t als unzulässig u n d k o m m t bei zivilisierten S t a a t e n schon seit langem n i c h t m e h r v o r . Die A b w e i s u n g v o n A n g e h ö r i g e n eines b e s t i m m t e n S t a a t e s o d e r einer N a t i o n , n u r weil sie dieser a n g e h ö r e n , ist in n e u e r e r Zeit z u m e r s t e n m a l von d e n Vereinigten S t a a t e n von N o r d a m e r i k a gegen die gelbe Rasse z u r Anwendung gebracht worden. In dieser politisch u n d sozial a u ß e r o r d e n t l i c h w i c h t i g e n F r a g e h a n d e l t e es sich f ü r die Union n i c h t so sehr d a r u m , die im S t a a t s g e b i e t l e b e n d e n Chinesen w i e d e r zu e n t f e r n e n , als v i e l m e h r , den Z u z u g n e u e r a b z u s c h n e i d e n . Diese a m e r i k a n i s c h e Gesetzgebung b e g i n n t u m die M i t t e des 19. J a h r h u n d e r t s (vgl. ü b e r die E n t w i c k l u n g : v . F r i s c h , F r e m d e n r e c h t , S. 102ff. u n d die d o r t angegebene L i t e r a t u r ) . Analoge Gesetze ü b e r die A b w e i s u n g f r e m d e r Nationen haben auch andere amerikanische S t a a t e n erlassen (Costa R i c a , P a n a m a ) , f e r n e r A u s t r a l i e n u n d v e r s c h i e d e n e englische Kolonien ( K a n a d a , N a t a l , K a p k o l o n i e ) ; sie richten sich ü b e r w i e g e n d gegen die Mongolen, vereinzelt a u c h gegen a n d e r e Völker ( T ü r k e n , Inder). Diese generellen A b w e i s u n g e n , die sich i m m e r auf ein spezielles Gesetz s t ü t z e n , sind gelegentlich als v ö l k e r r e c h t s w i d r i g a n g e f o c h -

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Abweisung

Adjudikation

ten w o r d e n ; m a n bezeichnete sie als eine in der modernen Staatsgemeinschaft nicht zulässige Abschließung der S t a a t e n , die dem Geist des modernen Völkerrechts nicht entspreche. Dem s t e h t aber entgegen der Kardinalsatz, daß f ü r jeden S t a a t die Selbste r h a l t u n g seine erste A u f g a b e ist. Wenn ein Staatswesen in der Ü b e r f l u t u n g seines Gebietes durch ein fremdes Volk eine Gefahr f ü r seine eigene Nation sieht, so h a t er dieser gegenüber die Pflicht, sie m i t den ihr geboten erscheinenden Mitteln zu schützen. Diese Pflicht k a n n durch das Völkerrecht nicht aufgehoben werden. v. F r i s c h .

Lord P a r k e r f u h r f o r t : „ U n d e r t h e circumstances, however, t h e y are of opinion t h a t t h e recommendation contained in article 1 of t h a t Convention was fully complied with. The vessel was given sufficient time to leave t h e port of A l e x a n d r i a . She was offered a pass to a neutral p o r t , and there is no reason to suppose t h a t such pass was insufficient, or would not have been recognised as valid b y a n y belligerent Power. The f a c t t h a t t h e vessel did n o t leave A l e x a n d r i a under this pass was not due to F o r c e m a j e u r e , b u t to her own deliberate election not to do so. She c a n n o t therefore rely on t h e provisions of article 2 of t h e Convention (VI. Haager A b k o m m e n Abzug gegnerischer Staatsangehöriger s. 1907). Even if Alexandria could be regarded as a neutral port, t h e f a c t would be imBelagerung. material. T h e seizure of an e n e m y vessel Accord s. S t a a t s v e r t r ä g e . in a neutral p o r t , though a breach of n e u t r a lity, would not in t h e Court of Price afford a n y ground for its release." Achaiafall. Englische Prisenentscheidungen vom 6. II. 1915 (Prize Court for E g y p t , Trehern G r a n t , Bd. I, S. 242.) und vom 7. IV. 1916 ( P r i v y Council appeal, T r e h e r n - G r a n t , Bd. II, S. 45), betreffend den deutschen D a m p f e r A c h a i a , der vor Ausbruch des Krieges in A l e x a n d r i a lag und am 12. V I I I . 1914 — entsprechend der ägyptischen Proklam a t i o n vom 6. V I I I . bzw. dem VI. Haager A b k o m m e n — einen Geleitpaß zur F a h r t nach dem P y r a e u s erhielt, von diesem aber nicht Gebrauch m a c h t e , weil kein Visum des französischen Konsuls auf demselben sich befand. Das Schiff wurde als g u t e Prise erklärt. Lord P a r k e r , der die E n t s c h e i d u n g des P r i v y Council begründete, führte aus:

Vgl. auch dieEntscheidungen T h e P i η d ο s, T h e H e l g o l a n d and T h e R o s t o c k , P r i v y Council, Bd. II, S. 147. Falls Ägypten als neutral anzusehen war, d u r f t e aber jedenfalls ein englisches Prisengericht dort nicht sitzen (s. auch Art. 4 X I I I . Haager Konvention 1907; vgl. im übrigen hierzu auch Lutzow Nr. 6, Prize Cases Bd. III, p . 329). Über das Verhalten der englischen Prisengerichte zu der S u e z - K a n a l - K o n v e n t i o n vgl. Deutsches Kohlendepot. Über die Stellungnahme der englischen Prisengerichte zum VI. Haager Abkommen im allgemeinen siehe dieses.

„ T h e i r Lordships h a v e already decided in t h e case of t h e G u t e n f e l s t h a t E g y p t i a n ports m u s t be t r e a t e d as e n e m y ports within t h e meaning of t h e VI. Hague Conv e n t i o n . " (In der Entscheidung Gutenfels, Bd. II, S. 36 heißt es: „ T h e question has been argued whether P o r t S a i d was within t h e m e a n i n g of the Hague Convention an .enemy p o r t ' , t h a t is, a p o r t e n e m y to Germany. Having regard to t h e relations between G r e a t B r i t a i n and E g y p t , to t h e anomalous position of T u r k e y , and to the military occupation of E g y p t b y Great Britain, their Lordships do not d o u b t t h a t it was. In , H a l l s I n t e r n a t i o n a l L a w ' ( 6 t h ed.) p. 505 t h e learned a u t h o r w r i t e s : W h e n a place is militarily occupied b y an e n e m y t h e f a c t t h a t it is u n d e r his control a n d t h a t he consequently can use it for the purpose of war, outweighs all considerations f o u n d e d on t h e bare legal ownership of t h e soil. Their Lordships t h i n k this to be r i g h t . " )

A c t e final S. Staatsverträge (Schlußakte). A c t e peu a m i c a l s. dpilomat. Fachausdrücke. Addis Abeba, Frieden v o n s. Abessinien. A d h ä s i o n s. Staatsverträge Ziff. 3.

Grau.

Adjudikation b e d e u t e t im römischen Recht eine besondere Eigentumserwerbsart, nämlich den E r w e r b von Eigentum durch richterliche Zuweisung. W ä h r e n d die übrigen römisch-rechtlichen Erwerbstitel in das Völkerrecht übernommen sind, h a t der Titel der A d j u d i k a t i o n bisher kaum Eingang gefunden. Die neuere Geschichte zeigt jedoch Fälle, welche k a u m noch u n t e r den übrigen Erwerbstiteln u n t e r zubringen sind. So ähneln die Gebietsverteilungen des Wiener u n d des Berliner Kongresses bereits einer A d j u d i k a t i o n , wenn sie auch nicht in die F o r m v o n Richtersprüchen, sondern von völkerrechtlichen Verträgen gekleidet sind. Als wirkliche A d j u d i k a t i o n

A d j u d i k a t i o n — Adrianopel, Friede von k a n n jedoch die Zuweisung von S k u t a r i a n Albanien durch die Großmächte 1913 angesehen werden, zumal die Weigerung Montenegros, diese A d j u d i k a t i o n anzuerk e n n e n , zu einer internationalen Vollstreckungsaktion f ü h r t e . W e n n N y s II, S . 9 von der A d j u d i k a t i o n noch sagt, d a ß d e r Schiedsrichter weder die Aufgabe, noch d i e Macht h ä t t e , seinen Schiedsspruch zur D u r c h f ü h r u n g zu bringen, so ist dies durch die geschichtlichen Ereignisse inzwischen überholt worden. Aus jüngster Zeit werden der Aalandsstreit und die Wilnafrage als weitere Fälle von A d j u d i k a t i o n e n anzusehen seien. Sie d ü r f t e , wenn der Genfer Völkerb u n d sich zu einer realen Macht entwickelt, in Z u k u n f t an Bedeutung gewinnen, da die allgemeine Gebietsgarantie des Art. 10 d e r Völkerbundssatzung jeden einseitigen Gebietserwerb ausschließt und in Fällen v o n Gebietsstreitigkeiten, die zu einer Einig u n g der streitenden Teile nicht f ü h r e n , sonach n u r die Lösung durch bindende A d j u d i k a t i o n zuläßt. Literatur: Rivler I, S. 174, Nys II, S. 9, Schätzel, Völkerbund und Gebietserwerb 1919, S. 7, 30; Derselbe, Die Annexion im Völkerrecht 1921, S. 9, 200. Schätzel.

Adrianopel, Friede von, n e b s t E r g ä n z u n g s a b k o m m e n vom gleichen D a t u m über die F ü r s t e n t ü m e r Moldau u n d Walachei, geschlossen am 2.—14. I X . 1829, beendete den russisch-türkischen Krieg in den J a h r e n 1828 und 1829 nach dem glänzenden Siegeszug des General Diebitsch bis f a s t vor die Tore Konstantinopels. Er bed e u t e t eine der wichtigsten Staffeln auf dem Wege R u ß l a n d s zur Beherrschung des nahen Orients u n d dementsprechend eine wesentliche Machtverringerung der Pforte. Der Vertrag h a t nach den Worten des Grafen Nesselrode die Vorherrschaft R u ß l a n d s in der L e v a n t e auf eine feste Grundlage gestellt, die Grenzen v e r s t ä r k t , seinen Handel befreit, seine Rechte gewährleistet und seinen Interessen einen festen H a l t gegeben. Die Türkei aber nach der Absicht des Zaren Nicolaus I. d e r a r t i g geschwächt, daß sie nur mehr u n t e r d e m Schutze Rußlands das Leben fristen u n d n u r dessen Wünsche ausführen konnte. E i n z e l h e i t e n : Die Türkei erhält zwar die Moldau, die Walachei, Bulgarien u n d die Dobrudscha zurück, u n d der P r u t h bleibt die Grenze der beiden Reiche, aber R u ß l a n d gewinnt das ganze D o n a u d e l t a bis auf das rechte Ufer der südlichen Münd u n g , des St. Georgarmes, und auch auf

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diesem eigenen Ufer darf die Türkei auf 2 Stunden E n t f e r n u n g keine Festungen und sonstige „ E t a b l i s s e m e n t s " errichten. Die St. Georgsmündung bleibt gemeinschaftlich f ü r K r i e g s - u n d Handelsschiffe beider S t a a t e n , f ü r die russischen Kriegsschiffe bleibt es s t r o m a u f w ä r t s bei der Pruthgrenze. Die Handelsschiffe beider Nationen d ü r f e n den ganzen Flußlauf befahren. Die Türkei m u ß die fast völlige Selbständigkeit der D o n a u f i i r s t e n t ü m e r u n t e r russischer Schutzherrschaft und die lebenslängliche Regierung der Hospodare sowie die Unabhängigkeit G r i e c h e n l a n d s anerkennen. R u ß l a n d r ü c k t seine Grenzen am K a u k a s u s vor, erhält einen Küstenstreifen a m Schwarzen Meere von der Mündung des Kuban bis zum Hafen von St. Nicolas und die Bezirke von Achalzyk (zum Teil) und Achalkalak. F ü r die Rückgabe der übrigen russischen Eroberungen verspricht die Türkei eine E n t s c h ä d i g u n g von 10 Mill. D u k a t e n u n d f ü r den H a n d e l eine solche von 1 y 2 Mill. Dukaten, eine ihre finanziellen K r ä f t e weit übersteigende Verpflichtung. R u ß l a n d bedingt sich ferner volle H a n d e l s f r e i h e i t f ü r seine U n t e r t a n e n in der ganzen Türkei und insbesondere freie Schifff a h r t im Schwarzen Meere und freie Durchf a h r t durch die Meerengen f ü r seine Handelsschiffe u n d ebenso f ü r diejenigen aller Mächte, die m i t der Pforte im Frieden leben. Dem Zaren wird ein Aufsichtsrecht über die D u r c h f ü h r u n g der freien Handelsschiffahrt lind im voraus das Recht z u e r k a n n t , gegen jede Verletzung des Vertrages Einspruch zu erheben, Genugtuung zu verlangen u n d jeden Bruch als feindlichen A k t m i t Gegenmaßregeln zu a h n d e n . Literatur: Martens-Cussy-Geffcken, 2. Serie du recueil 1857—1885. — Noradounghlan, Recueil d ' a e t e s i n t e r n a t i o n a u x de l ' E m p i r e Ottom a n (4 Bde., 1897—1903). — Fleischmann, Völkerrechtsquellen 1905. — Strupp, Urkunden zur Geschichte des Völkerrechts (2. Bd., 1911, E r g . - H e f t I, 1912). — Derselbe, Ausgewähltediplomatische A k t e n stücke zur orientalischen Frage. — Rosen, Geschichte der Türkei von dem Siege der Reform im J a h r e 1826 bis zum Pariser T r a k t a t vom J a h r e 1856, Leipzig 1866. — Sturdza, D., Recueil de documents relatifs k Ia libertö de navigation Du Donau, Berlin 1904. — Kleinschmidt, Arthur, Drei J a h r h u n d e r t e russischer Geschichte, Berlin 1898. — Schlemann, Geschichte Rußlands u n t e r Kaiser Nikolaus I., 3 Bde., Berlin 1904, 1908, 1913. — Knorr, Die D o n a u - u n d die Meerengenfrage, Deutsche Orientbücherei, W e i m a r 1917, u n d dort angeführte. Knorr.

Aegifall — Afghanistan

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nisvertrag a b (Mission M. Elphinstone), nach dessen Bestimmungen England im Falle eines persisch-französischen Angriffes (Napoleons Plan einer Invasion Indiens) Afghanistan m i t Geld zu unterstützen h a t t e . Die innerpolitischen Wirren der folgenden J a h r e vereiteln stetige Beziehungen, und der wahre Charakter der englisch-afghanischen F r e u n d s c h a f t erhellt aus dem englisch-persischen Vertrage von 1814 (siehe „ P e r s i e n " ) . Mit den persischen Feldzügen gegen A f g h a n i s t a n , die um den Besitz von H e r a t g e f ü h r t werden (1832), beginnt zugleich der englisch-russische Gegensatz sich geltend zu m a c h e n ; seit dieser Zeit wird das Verhältnis Englands zu A f g h a n i s t a n f a s t ausschließlich durch das Verhältnis A f g h a n i s t a n s zu R u ß l a n d u n d sein Verhalten bei einem eventuellen russischen Angriff auf Indien beherrscht. Um russischen E i n f l u ß in Afghanistan zu u n t e r drücken, w i r d der erste englisch-afghanische Krieg (1838—42) g e f ü h r t , der von den in der afghanischen Geschichte stets zahlreichen K r ö n p r ä t e n d e n t e n einem f ü r England günstigen (Schah S c h u j a ) zum Thron v e r helfen soll, u n d in einer militärischen K a t a strophe f ü r E n g l a n d und seinen Schützling endigt. Zwölf J a h r e später gelingt es E n g l a n d , m i t dem von ihm vorher b e k ä m p f t e n erfolgt reichen E m i r Dost Mohammed, der wiederum von Persien bedroht ist, einen ewigen Friedensund Freundschaftsvertrag abzuschließen (1855) (Rawlinson a p p . II), der im J a h r e 1857 infolge der persischen Angriffe auf H e r a t erneuert wird und eine monatliche U n t e r s t ü t z u n g von 1 L a k h R u p . an A f ghanistan vorsieht solange A f g h a n i s t a n m i t Literatur: Persien sich im Kriege befindet und f ü r 1857 w i r d F. de Martens II, 76. — Oppenheim ed. diese S u m m e W a f f e n k a u f t . R o x b u r g h 602—3. Μ. Η. S c h m i t t . zwischen Persien u n d Afghanistan Frieden geschlossen (Friede von P a r i s ) ; A r t . 6 des Vertrages setzt England als Schiedsrichter in allen zukünftigen Streitigkeiten zwischen Afghanistan. beiden Mächten ein. Ferner e r k e n n t Persien Der A f g h a n i s t a n t r i t t zuerst zu Ende des die afghanische Unabhängigkeit a n . 18. J a h r h u n d e r t s (1798) m i t europäischen Streit um das Seistan-Gebiet an der persischMächten außenpolitisch in Berührung, wo afghanisch-belutschischen Grenze sieht E n g es „als V o r k ä m p f e r des I s l a m " v e r s u c h t , land in der Rolle des Schiedsrichters (1863 die Sikhs und M a h r a t t e n aus dem nordwest- bis 1872); die Lösung, die Persien den lichen Indien zu vertreiben (Korrespondenz größeren und ausschließlich f r u c h t b a r e n Teil des Z a m a n Schah m i t Lord Wellesley, des strittigen Gebietes zuspricht, erschwert Gen.-Gouv. von Bengal). Weitere Versuche freundschaftliche englisch-afghanische Be1878 e m p f ä n g t A f g h a n i s t a n s , m i t indischen Herrschern ziehungen in der Folge. Bündnisse zu schließen, führen zu einer von A f g h a n i s t a n eine russische außerordentliche E n g l a n d begünstigten aggressiven Politik Gesandtschaft und weigert sich, eine engPersiens (q. v.) gegen Afghanistan, die lische Mission, die daraufhin entsendet w i r d , letztere Macht von Indien ablenkt. In den ins Land zu lassen. Infolgedesseh bricht der folgenden J a h r e n , nach den diplomatischen zweite englisch-afghanische Krieg aus, dessen Erfolgen der Franzosen in Persien, ä n d e r t erste Phase m i t dem Frieden von G a n d a m a k England seine afghanistanische Politik und (26. V. 1879) f ü r England erfolgreich e n d i g t : schließt im J a h r e 1809 m i t dem afghani- Der E m i r verpflichtet sich, seine auswärtige schen Herrscher Schah S c h u j a einen B ü n d -

Aegifall,

illustriert die S t a a t e n p r a x i s der Beendigung des A m t e s des Konsuls durch Veränderung seines A m t s d i s t r i k t s durch einen Wechsel der Staatszugehörigkeit. Der russische Konsul in Antwerpen, Aegi, geriet im J a h r e 1830 in einen Konflikt m i t der Regierung des neuen, von R u ß l a n d noch nicht anerk a n n t e n S t a a t e s Belgien, da er gegen den Widerspruch der belgischen Regierung seine Amtsgeschäfte weiterführte, die ihrerseits geltend m a c h t e , d a ß das E x e q u a t u r dieses Konsuls von der niederländischen Regierung erteilt worden sei, bevor die Sezession des belgischen S t a a t e s erfolgt war. 1836 erklärte die belgische Regierung, d a ß sie Aegi die Befugnisse eines russischen Konsuls nicht m e h r zuerkennen k ö n n e ; dieser w a n d t e sich an den russischen Gesandten in A m s t e r d a m , der sich einer Einmischung enthielt, da Belgien de f a c t o ein selbständiger S t a a t geworden war u n d nach ihrem Belieben Aegi als russischem Konsul das E x e q u a t u r verweigern konnte. R u ß l a n d bestand aber auf seiner Forderung, d a ß Aegi auch weiterhin von Belgien als rechtmäßiger russischer Konsul a n e r k a n n t würde, ohne sich zur Anerkennung Belgiens als eines selbständigen "Staates zu bequemen. Diesem Ansinnen h a t sich dann in der Folge Belgien gefügt. Es unterliegt aber keinem Zweifel, d a ß Belgien völkerrechtlich legitimiert war, den russischen Konsul an seiner A m t s a u s ü b u n g zu hindern, solange er nicht bei der belgischen Regierung das E x e q u a t u r nachgesucht h a t t e .

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Politik in Übereinstimmung m i t dem R a t i ( M . N . R . G . cont. 2. s i r . X X X V I I , 1907, der britischen Regierung zu f ü h r e n , wogegen | p. 641—644). Drei J a h r e später (1883) sich England zur U n t e r s t ü t z u n g Afghanistans wird jedoch die U n t e r s t ü t z u n g erneuert u n d gegen Angriffe von außen v e r p f l i c h t e t ; ein von 6 auf 12 L a k h R u p . jährlich e r h ö h t , britischer Resident m i t einer angemessenen zum Zwecke der Bezahlung der T r u p p e n Bedeckung w i r d f ü r K a b u l bestellt, u n d der und zur Verteidigung der afghanischen NordE m i r ist berechtigt, einen diplomatischen westgrenze ( H e r a t ) . U n t e r diesem E m i r Vertreter beim Vizekönig zu u n t e r h a l t e n ; erreicht Afghanistan einen nie besessenen britischen u n d indischen Staatsangehörigen Grad nationaler Geschlossenheit und milisoll das Recht freier H a n d e l s b e s t ä t i g u n g in tärischer K r a f t u n d befolgt im wesentlichen A f g h a n i s t a n zustehen; ferner erhält der eine englandfreundliche Politik. 1887 werden E m i r eine jährliche U n t e r s t ü t z u n g von alte Streitigkeiten m i t R u ß l a n d über die ge6 L a k h R u p . ; die afghanisch-indische Grenze meinsame Grenze am A m u - D a r j a (Oxus) und wird berichtigt, der strategisch wichtige in der Provinz W a k h a n (Pami r) erledigt (ProtoK u r a m p a ß fällt an E n g l a n d , das auch das kolle unterzeichnet in St. Petersburg zwischen R e c h t zu ständiger Inspektion der Grenze Zinoview und Sir W . Ridgeway am 25. V I I I . m i t bewaffneten T r u p p e n e n t h ä l t . Kurz 1887: Delimitation de la frontifere a f g h a n e : nach Ratifizierung dieses Vertrages wird der M . N . R . G . cont. 2. s i r . X I V , p. 180), nachenglische Resident in Kabul, Cavagnari, dem zwei J a h r e vorher A b d u r R a h m a n einen m i t seiner Eskorte von m e u t e r n d e n afghani- offiziellen Besuch beim Vizekönig von Indien schen T r u p p e n niedergemetzelt (3. IX. 1879) (Marquis of Dufferin) a b g e s t a t t e t h a t t e u n d und die zweite Phase des Krieges b e g i n n t ; ein russisch-afghanischer Krieg über dem z u n ä c h s t w i r d , nach weiteren britischen Pjändjah-Zwischenfall W a k h a n ) glücklich verErfolgen, der regierende E m i r , Y a k u b K h a n , mieden war. Das J a h r 1893 sieht die b r i t i der sich u n t e r britischen Schutz gestellt sche Mission D u r a n d in Kabul, die n a c h h a t t e , abgesetzt und nach Indien deportiert langwierigen Verhandlungen zu einer Ver(Manifest des General Roberts vom 28. X . einbarung k o m m t (12. X I . 1893; M . N . R . G . 1879); im Sommer des nächsten J a h r e s cont. 2. s i r . X X X I V , 1907, p. 646/7). Ziffer 1 wird A b d u r R a h m a n , zunächst als E m i r der regelt die indisch-afghanische Grenze vom Provinz Kabul, von der indischen Regierung P a m i r bis zum Seistangebiet; Ziffer 3 verauf den Thron gesetzt; in einem Briefwechsel pflichtet den E m i r , sich jeder Einmischung m i t dem indischen Staatssekretär des Aus- in die Verwaltung der u n t e r britischem Einwärtigen werden seine Rechte im Verhältnis f l u ß stehenden Gebiete Tschitral, Swat u n d zu früheren Verträgen m i t seinen Vorgängern B a j a u r in Indus-Kohistan zu e n t h a l t e n , festgelegt: da sowohl R u ß l a n d wie Persien ebenso seine Ansprüche auf das von f a s t sich E n g l a n d gegenüber verpflichtet haben, unabhängigen S t ä m m e n bewohnte Grenzsich nicht in politische Beziehungen m i t gebiet Waziristan an der indischen NordAfghanistan einzulassen, „ k a n n der Herrscher westgrenze aufzugeben. Ziffer 7 verpflichtet von A f g h a n i s t a n keine politischen Be- die britische Regierung, die W a f f e n e i n f u h r ziehungen m i t irgendeiner auswärtigen Macht nach Afghanistan zu dulden und zu u n t e r unterhalten, außer m i t der b r i t i s c h e n " . stützen. Die jährliche U n t e r s t ü t z u n g wird Somit ist Afghanistan zum P u f f e r s t a a t von 12 auf 18 Lakh R u p . erhöht. — Gleichzwischen R u ß l a n d u n d Indien u n t e r briti- zeitig werden Abkommen getroffen, d a ß scher Überwachung geworden. England England sich verpflichtet, das „Clarendonweigert sich, m i t dem neuen Herrscher in A g r e e m e n t " über die W a k h a n - u n d A m u Verhandlungen über gewisse Fragen der Darja-Grenze m i t R u ß l a n d in seiner Ausindischen Nordwestgrenze und über die f ü h r u n g bei letzterer Macht diplomatisch Annexion von Q u e t t a , Pishin und Sibi zu zu u n t e r s t ü t z e n , u n d d a ß die Bestimmungen, t r e t e n , die m i t dem Vorgänger Y a k u b K h a n die über die Verteidigung von Afghanistan d u r c h Vertrag von 1879 geregelt sind. Die m i t Y a k u b K h a n getroffen, sich auch auf englische Regierung verzichtet auf einen die nach diesem Agreement an A f g h a n i s t a n englischen Residenten im Lande und w ü n s c h t fallenden Gebiete bezieht; hierdurch erhält einen m o h a m m e d a n i s c h e n Agenten als Ver- Afghanistan vermehrten Schutz gegen die, t r e t e r in K a b u l zu bestellen, der seitdem bis in der russischen T u r k e s t a n p o l i t i k typischen zum europäischen Kriege der alleinige s t ä n - militärischen Grenzverletzungen, die im dige Vertreter Englands bei Afghanistan Widerspruch zu der H a l t u n g der russischen geblieben ist. Die Y a k u b K h a n gewährte Zentralregierung sich befinden. Diese Reihe jährliche U n t e r s t ü t z u n g von 6 L a k h R u p . der Durand-Verträge beendet auch endgültig w i r d zunächst nicht erneuert, bis der neue den Streit um das Gebiet von BritischE m i r den Beweis e r b r a c h t h a t , daß er sich Belutschistan ( Q u e t t a usw.), das England innerpolitisch auf die Dauer behaupten kann als Schlüssel der Verteidigung Indiens be-

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setzt u n d militärisch u n d eisenbahntechnisch a u s g e b a u t h a t t e (vgl. zur W ü r d i g u n g der damaligen politischen Lage: Novoe W r e m j a 30. X I . 1893; The Times 1. X I I . 1893). Die Lücke, die das D u r a n d Agreement in bezug auf die hervorragend wichtige Grehze am Khaiber ließ, h a t 1919 zum d r i t t e n Kriege zwischen Afghanistan und E n g l a n d g e f ü h r t (s. u.). A b d u r R a h m a n h a t in der Folge Afghanistan vollkommen vom Ausland a b geschlossen, gleichzeitig die Armee modernisiert, W a f f e n - und Munitionsfabriken im Lande errichtet und wiederholt v e r s u c h t , u n t e r U m g e h u n g der indischen Regierung, direkte Beziehungen m i t London a u f z u nehmen. Die freundschaftlichen persönlichen Beziehungen zu Lord Curzon haben d a n n bis zum Tode A b d u r R a h m a n s im J a h r e 1901 die Beziehungen wieder etwas gebessert. Sein Nachfolger H a b i b Ullah n i m m t von A n f a n g an eine argwöhnische H a l t u n g gegenüber England ein; 1905 bringt der russische „ P e s t k o r d o n " im Seistangebiet politische Utiruhe und eine a u ß e r ordentliche britische O e s a n d t s c h a f t nach Kabul (Mission Dane), die zwar die Periode der „ V e r e i n b a r u n g e n " beendet u n d einen Vertrag m i t H a b i b Ullah zustande b r i n g t , der jedoch n u r eine dürftige E r n e u e r u n g alter Bestimmungen e n t h ä l t (M. N. R. G. cont. 2. s£r. X X X I V , 1907, p. 648). Das nächste Ereignis von Bedeutung ist der Abschluß der russisch-englischen A b m a c h u n g über Zentralasien von 1907. E n g l a n d erklärt im afghanischen A b s c h n i t t dieser Konvention, d a ß es nicht die Absicht h a t , den politischen Zus t a n d in Afghanistan zu ändern, und R u ß land erneuert seine oft abgegebene E r k l ä r u n g , d a ß Afghanistan a u ß e r h a l b der russischen E i n f l u ß s p h ä r e l i e g t . R u ß l a n d und Afghanistan sollen u n t e r sich Grenzstreitigkeiten von „ u n politischem C h a r a k t e r " a u s t r a g e n ; beide K o n t r a h e n t e n wünschen in A. w i r t s c h a f t liche Gleichbehandlung. Diese afghanischen Artikel — ungleich den persischen Artikeln (v. „ P e r s i e n " ) — sollten n u r m i t Zus t i m m u n g der afghanischen Regierung in K r a f t treten (vgl. Rede des Lord Curzon im House of Lords vom 6. II. 1908). Der E m i r h a t zu dieser Konvention nie seine Z u s t i m m u n g erteilt, obwohl R u ß l a n d u n d England sie im weiteren Verlaufe u n t e r sich f ü r bindend erklärt h a b e n . Bei Ausb r u c h des europäischen Krieges im J a h r e 1914 gibt Afghanistan an die indische Regierung eine N e u t r a l i t ä t s e r k l ä r u n g ab, e m p f ä n g t aber im Verlaufe des Krieges türkische, österreichische u n d deutsche „Missionen" in Kabul, w ä h r e n d zugleich britische Missionen s t r i k t abgelehnt werden. Zudem beginnen die Versuche Persiens u n d zentralasiatischer

S t a a t e n , H a b i b Ullah an die Spitze eines zentralasiatischen islamischen Bundes zu stellen. Am 20. II. 1919 wird er e r m o r d e t ; nach den üblichen Streitigkeiten zwischen den K r o n p r ä t e n d e n t e n teilt A m a n u l l a h K h a n seine erfolgreiche Thronbesteigung der indischen Regierung m i t und p r o k l a m i e r t seinen W u n s c h , der traditionell f r e u n d s c h a f t lichen Politik E n g l a n d g e g e n ü b e r z u f o l g e n . In Indien t r i t t in dieser Zeit die R o w l a t t Act in K r a f t und erzeugt U n r u h e n , die von Afghanistan n i c h t u n g e f ö r d e r t bleiben. Offene Intrigen m i t den Grenzstämmen in Waziristan beginnen im April 1919, zugleich werden die historischen Ansprüche auf den K h a i b e r p a ß erneuert. Am 25. IV. 1919 entsendet die indische Regierung T r u p p e n und es b e g i n n t der d r i t t e afghanische Krieg, der nach 10 Tagen militärisch beendet u n d f ü r Afg h a n i s t a n verloren ist; am 14. V. b i t t e t es um W a f f e n s t i l l s t a n d ; am 26. V I I . t r i t t die Friedenskonferenz zu Rawal Pindi z u s a m m e n , die am 8. V I I I . 1919 de^n vorläufigen Friedensv e r t r a g z u s t a n d e bringt. A r t . 2 entzieht dem jetzigen E m i r das Vorrecht, durch Indien W a f f e n e i n z u f ü h r e n ; A r t . 3 : die rückständigen, nicht abgehobenen Subsidien werden konfisziert; neue U n t e r s t ü t z u n g e n werden n i c h t m e h r gewährt. A r t . 4 : zur Wiederherstellung freundschaftlicher Beziehungen wird die indische Regierung 6 Monate nach Abschluß dieses Vertrages eine neue afghanische Mission e m p f a n g e n . A r t . 5 : die afghanische Regierung n i m m t die Grenze so an, wie sie m i t H a b i b Ullah v e r e i n b a r t w o r d e n ; die Grenze am Khaiber soll baldigst durch eine englische Kommission neu festgestellt werden, deren E n t s c h e i d u n g endgültig i s t ; solange bleibt der ganze P a ß von englischen T r u p p e n besetzt. — T r o t z der in diesen Bestimmungen zum Ausdruck k o m m e n d e n Niederlage A f g h a n i s t a n s geht letztere Macht m i t einem großen diplomatischen und politische^ Erfolg aus diesem Kriege hervor: m i t dem Abschluß dieses Vorvertrages wird den afghanischen Delegierten gleichzeitig ein Brief ü b e r g e b e t , in dem offiziell von englischer Seite die vollständige Befreiung Afghanistans von jeglicher Kontrolle seiner auswärtigen Beziehungen a n e r k a n n t wird. In Kabul t r i f f t im N o v e m b e r 1919 der bolschewistische Kommissar Bravin ein, wird jedoch vom E m i r ignoriert. Im Sommer 1920 t r i t t die in A r t . 4 des vorläufigen Vertrages v o r gesehene Konferenz in Mussoorie z u s a m m e n ; das Ergebnis dieser Verhandlungen ist n i c h t b e k a n n t geworden. Im Dezember r i c h t e t der E m i r die Aufforderung an E n g l a n d , eine Mission nach K a b u l zu entsenden, um den definitiven Friedensvertrag festzustellen. Vor-

Afghanistan — Ägypten h e r war schon eine afghanische Sonderg e s a n d t s c h a f t nach E u r o p a und A m e r i k a aufgebrochen, um zum ersten Male in seiner ü e s c h i c h t e allgemeine Beziehungen zu den Mächten a u f z u n e h m e n , um die T h r o n besteigung des E m i r A m a n u l l a h K h a n und die erzielte vollkommene Unabhängigkeit A f g h a n i s t a n s von der Kontrolle f r e m d e r Mächte, die zu Zeiten von einem P r o t e k t o r a t e sich nicht unterschied, zu v e r k ü n d e n . Diese Mission h a t zunächst m i t Moskau einen H a n d e l s v e r t r a g abgeschlossen tfnd sich d a n n im J a h r e 1921 nach W e s t e u r o p a b e g e b e t . Im J a n u a r 1921 geht die englische Mission n a c h K a b u l , m i t dem offen erklärten Zweck, einen definitive^ Vertrag abzuschließen; sie h a t das nicht erreicht, weilt heute noch u n v e r r i c h t e t e r Sache dort, und die englische Regierung versucht heute, durch direkte Verhandlungen m i t R u ß l a n d die afghanische Politik ihres Rückhaltes zu berauben (Russian T r a d e Agreement vom 17. III. 1921 und Brief des Sir R o b e r t H ö r n e an den Volkskommissar Krassin, in dem auf die Unvereinb a r k e i t der russischen Intrigen in Afghanistan m i t dem Abkommen hingewiesen w i r d : T h e T i m e s 17. I I I . 1921). In der Zwischenzeit h a t am 25. 1.1921 der panislamische Kongreß u n t e r Teilnahme Afghanistans s t a t t g e f u n d e n ; im April 1921 h a t Afghanistan m i t der Türkei, in Verbindung m i t dem Vertrage m i t Moskau, in Angora einen Vertrag abgeschlossen, der i m Mai d. J . ratifiziert worden ist u n d die A u f n a h m e konsularischer u n d diplomatischer Beziehungen, ferner ein Defensivbündnis und die Ausbildung der afghanischen Armee durch türkische Instruktoren vorsieht (vgl. T h e T i m e s 16. IV. 1921, 17. V. 1921). Am 16. V. d. J . erklärt Lord Chelmsford im O b e r h a u s , d a ß i m m e r noch H o f f n u n g bes t e h t , daß die Mission in Kabul ihr Ziel erreicht und d a ß die schlimmste Gefahr von seiten der Bolschewisten Uberstanden ist (The Times 17. V. 1921; The Pioneer (Simla) 24. V.; T h e Times 30. V. 1921). Mit Beendigung des europäischen Krieges h a t zudem die indische Regierung die Verwaltung d e r „ U n a b h ä n g i g e n Grenzprovinz" (Wazir i s t a n usw.) selbst übernommen und d a m i t den afghanischen Intrigen in diesem Gebiete, die stets Anlaß zu gespannten Beziehungen m i t Afghanistan gewesen, einen Riegel vorgeschoben. Es ist a n z u n e h m e n , daß die englische Mission in K a b u l sich zu einer d a u e r n d e n Gesandtschaft entwickelt. (Abgeschlossen 1. V I I I . 1921.) Literatur: F ü r die ältere Zeit: Rawlinson, England and Russia in t h e East. — Sykes, H i s t o r y of Persia, Vol. II, 2nd ed. 1921. — Zweiter afghanischer Krieg: Roberts,

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A f r i k a , A u f t e i l u n g v o n s. Verteilung von Afrika. Agadirfall s. P a n t h e r f a l l . A g r i m e n t s. diplomat. Fachausdrücke. Agrikultur-Institut, internat. s. I n t e r n a t . Agrikultur-Institut.

Ägypten. Ägypten u m f a ß t das Tal des unteren Nils; es zerfällt in Oberägypten (vom 22. Grad nördlicher Breite bis zur Deltabilduhg) und U n t e r ä g y p t e n (das Nildelta). Die Grenzen Ä g y p t e n s sind heute folgende: Im Norden das Mittelmeer. Im Osten gehört die SinaiHalbinsel zu Ä g y p t e n ; die Grenze v e r l ä u f t etwa auf der Linie el-Arisch (b. Gaza) —• el-Akaba (vgl. A r r a n g e m e n t c o n c e r n a n t la d61imitation administrative entre les Vilajets des H e d j a s et de J i r u s a l e m et la Peninsule de Sinai, 1. X. 1906 [Martens, N. R . G. 3e sirie, Τ . V, p. 882ff.] A r t . 1). Von dort an bilden die Grenze der Golf von A k a b a u n d das Rote Meer bis zum 22. Breitengrad, der das Land im Süden vom englisch-ägyptischen Sudan t r e n n t (vgl. S u d a n a b k o m m e n vom 19. I. 1899 [Martens, N. R. G. 3e Serie, Τ. IV, p. 791 ff.] A r t . 1). Im Westen grenzt Ägypten an die Libysche Wüste, in der eine genaue Grenzziehung gegen FranzösischW e s t a f r i k a und die italienische Kolonie Libia noch nicht besteht. Westlich der Oase Siwa v e r l ä u f t dann die Grenze nach Norden längs des 24. Grades östlicher Länge u n d vom 30. Breitengrad ab in nordöstlicher Richtung zum W e s t r a n d e des Golfs von Solum. Um 3300 v. Chr. werden Ober- und U n t e r ägypten u n t e r Menes zum ersten Male zu e i n e m Reich vereinigt. Nach den H a u p t s t ä d t e n , in denen die Pharaonen regierten, leilt m a n die Zeit bis zur römischen E r oberung gewöhnlich in drei P e r i o d e n : Die memphitische (ca. 3300—2150 v. Chr.), die thebaische (ca. 2150—1100 v. Chr.) u n d die

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Ägypten

mani m i t der W i t w e des letzten Eijubiden 1254 zur H e r r s c h a f t gelangten. Die n u n folgende Zeit der M a m e l u c k e n herrschaft ist gekennzeichnet durch die f o r t währenden K ä m p f e der Emire u n t e r e i n a n d e r . Wohl der bedeutendste der M a m e l u c k e n sultane war K a l a ' ü n (1279—90), der H a n d e l s verträge m i t Genua, Sizilien und Kastilien abschloß. Im J a h r e 1517 besiegte der T ü r k e n s u l t a n Selim I. die Mamelucken und m a c h t e Ägypten zu einer türkischen Provinz. Die Verwaltung des Landes wurde von Selims Nachfolger Suleiman I. durch ein Gesetz, das K a n u name-i-misr, geregelt. (Übersetzung in: v. H a m m e r , Des osmanischen Reiches Staatsverfassung u n d S t a a t s v e r w a l t u n g ( W i e n 1815), Bd. I, S. 101 ff.) Hiernach residierte als S t a t t h a l t e r des Sultans ein P a s c h a in Kairo, dem ein Diwan ( S t a a t s r a t ) von mameluckischen Emiren und eingeborenen Scheichs zur Seite gestellt w u r d e ; an der Spitze der einzelnen Verwaltungsbezirke standen Mameluckenbeys. Das K a n u n a m e i-misr blieb im wesentlichen bis 1840 in K r a f t . Die Stellung des Paschas war aber sehr schwach, da das Heerwesen in den H ä n d e n der Mamelucken lag, die infolgedessen die wahren Herren des Landes blieben. Ein A u f s t a n d der Mamelucken im J a h r e 1786 wurde infolge der Uneinigkeit ihrer F ü h r e r Als solche n a h m es staatsrechtlich eine von der Pforte niedergeworfen. besondere Stellung e i n : Es war „kaiserliche P r o v i n z " , d. h. seine Verwaltung blieb dem In seinem Kampf gegen England f a ß t e Kaiser allein v o r b e h a l t e n , der sie durch Napoleon B o n a p a r t e 1798 den P l a n , Ägypten einen S t a t t h a l t e r (ϊπηρχοε Αιγύπτουt prae- zu erobern, um den englischen Interessen im fectus Aegypti) a u s ü b t e . Bei der Teilung Orient einen empfindlichen Schlag zu v e r des römischen Reiches (395 n . Chr.) k a m setzen. E r landete am 2. V I I . 1798 in Ägypten an Ostrom. Es blieb itnter b y z a n - Alexandria und besiegte am 21. V I I . das tinischer H e r r s c h a f t bis zum J a h r e 641, wo mameluckische Heer in der Schlacht bei es als eines der ersten Länder von den den P y r a m i d e n ; doch bald gestaltete sich Arabern erobert und dem Islam gewonnen die Lage des französischen Expeditionswurde. korps ungünstig, hauptsächlich wegen der Ägypten wurde n u n Provinz des Kalifats Vernichtung von Bonapartes Flotte durch der O m m a j j a d e n und später der Abbassiden. die Engländer bei Aboukir (1. V I I I . 1798). Infolge des Verfalls des Abbassidenreichs In A u s f ü h r u n g des a m 9. X . 1801 zwischen herrschte in Ägypten am Ende des 9. u n d in Frankreich und der Pforte zu Paris geder ersten H ä l f t e des 10. J a h r h u n d e r t s voll- schlossenen Präliminarfriedens (Martens, R. 2e kommene Anarchie. Der Scheinherrschaft edition, Τ. V I I , p . 391 f.) zogen die Franzosen der Abbassiden bereitete im J a h r e 968 die E r - ihre T r u p p e n aus Ägypten z u r ü c k . oberung des Landes durch die Kalifen von Mit dem zur B e k ä m p f u n g Bonapartes e n t W e s t a f r i k a (die F a t i m i d e n ) ein Ende. Ihre sandten englisch-türkischen Heere war als H e r r s c h a f t d a u e r t e bis 1171, wo sie durch die F ü h r e r des albanesischen Kontingents MeheEijubiden v e r d r ä n g t w u r d e n , die zwar die med-Ali,einaus K a w a l a g e b ü r t i g e r K a u f m a n n , Oberhoheit der Kalifen von Baghdad wieder nach Ägypten gekommen. In den nach dem a n e r k a n n t e n , in W a h r h e i t aber völlig un- Abzug der Franzosen ausbrechenden K ä m p f e n b e s c h r ä n k t über Ägypten herrschten. U n t e r zwischen dem P a s c h a und den Mamelucken ihrer Regierung kamen als Söldner die Mame- verhielt er sich neutral und v e r s t a n d es, sich lucken, ursprünglich Sklaven türkischer Her- die Gunst des Volkes in so hohem Maße zu k u n f t , nach Ä g y p t e n , deren Emire bald erwerben, daß er 1805 von den Ägyptern großen Einfluß erlangten und schließlich zum S t a t t h a l t e r proklamiert w u r d e . Nach durch die H e i r a t des Emirs Eibek-il-Turk- anfänglichem Widerstreben erteilte der Sultan

saitische (von 1100 v. Chr. bis zur römischen Eroberung). Um das J a h r 1700 v. Chr. eroberten die sog. Hyksos das L a n d u n d beh a u p t e t e n sich d o r t ü b e r ein J a h r h u n d e r t lang. N a c h ihrer Vertreibung blieb Ägypten einige J a h r h u n d e r t e hindurch von fremdeh Einfallen verschont, bis es um 1100 u n t e r die H e r r s c h a f t libyscher Söldner geriet. Nach den Libyern waren es die Äthiopier und die Assyrer, die das L a n d zeitweise beherrschten. E r s t im J a h r e 663 v . Chr. gelang es P s a m m e t i c h I., die F r e m d h e r r s c h a f t a b z u s c h ü t t e l n ; doch bereits 525 unterwarf K a m b y s e s nach der siegreichen Schlacht bei Pelusium Ägypten der persischen Oberhoheit. Die Perser blieben Herren des Landes bis 332 v. Chr., wo A l e x a n d e r der Große nach der Schlacht von Issus Ägypten kampflos u n t e r w a r f . Als nach Alexanders Tode sein Reich von den Diadochen aufgeteilt wurde, k a m Ägypten an Ptolemaios, den Begründer der Ptolemäerdynastie, die bis zur römischen Eroberung regierte. Schon im zweiten vorchristlichen J a h r h u n d e r t gewannen die R ö m e r i n Ä g y p t e n Einfluß, der m i t d e r Z e i t i m m e r s t ä r k e r wurde. Nachdem das Land bereits im J a h r e 55 v.Chr. von römischen T r u p p e n besetzt worden w a r , wurde es 30 v. Chr. nach der Schlacht bei Actium u n d dem Tode der letzten Königin Cleopatra römische P r o v i n z .

Ägypten d e r Wahl des Volkes die Sanktion durch den I n v e s t i t u r f i r m a n vom 1. IV. 1806. Mehemed-Ali r ä u m t e zunächst m i t der M i ß w i r t s c h a f t der Mamelucken a u f , indem er im J a h r e 1811 ku rzerhand 480 Mameluckenbeys bei einem Fest auf der Zitadelle von Kairo niedermetzeln ließ. Die folgenden J a h r e b e n u t z t e er zu Reformen in der Verw a l t u n g , zu einer gründlichen Reorganisation des Heerwesens und zur Eroberung des nördlichen S u d a n s . Bei den A u f s t ä n d e n in Griechenland (1821—27) u n d auf Kreta(1830) leistete Mehemed-Ali der Pforte w i r k s a m e militärische U n t e r s t ü t z u n g . Doch der Sultan sah m i ß t r a u i s c h auf d a s Anwachsen der Macht Mehemed-Alis. Die Beziehungen zwischen Konstantinopel u n d Kairo w u r d e n i m m e r gespannter und E n d e 1831 k a m es zum offenen K a m p f . Die Türken wurden wiederholt geschlagen; nachdem die Großmächte eingegriffen h a t t e n , kam es zum Frieden von K u t a y a (6. V. 1833), in dem Mehemed-Ali die S t a t t h a l t e r s c h a f t von Syrien erhielt. Doch schon im J a h r e 1839 e n t b r a n n t e der Kampf aufs n e u e ; die T ü r k e n wurden bei Nisib (24. V I . 1839) wiederum vernichtend geschlagen. Da griffen E n g l a n d , Preußen, Österreich und R u ß l a n d zugunsten der P f o r t e ein. Durch den Quadrupelvertrag ( Q u a d r u p l e Traitd de Londres; Martens, N. R. G., Τ. I, p . 156ff.), der am 15. V I I . 1840 zwischen den genannten G r o ß m ä c h t e n und der Türkei abgeschlossen wurde, verpflichteten sich die ersteren, der P f o r t e zur Hilfe zu eilen, wenn Mehemed-Ali die in einem Acte s6par£ beigefügten Vorschläge nicht a n n e h m e n würde (Art. 1—3). Der Sultan verpflichtete sich seinerseits im § 1 des Acte s i p a r i , Mehemed-Ali die erbliche S t a t t h a l t e r s c h a f t von Ägypten zu ü b e r t r a g e n . Falls Mehemed-Ali diesen Vorschlag nicht binnen 20 Tagen a n n ä h m e , sollte der Sultan nicht m e h r an dies Angebot gebunden sein (§ 7 des Acte s i p a r i : „ S i , ä l'expiration du terme de vingt jours . . ., M i h i m e d - A l i n'adhfere point ä l'arrangem e n t propos6 . . . le Sultan se considferera comme libre de retirer cette offre . . . " ) . Als Mehemed-Ali die vorgeschlagene Regelung n i c h t a n n a h m , griffen die Großmächte ein. D a schloß Mehemed-Ali a m 27. X I . 1840 m i t dem englischen Commodore Napier ein A b k o m m e n , in dem er sich zur R ä u m u n g Syriens verpflichtete gegen Zusicherung der erblichen S t a t t h a l t e r s c h a f t über Ägypten (Martens, N. R. G., Τ. X V , p. 489f.). Dieses A b k o m m e n wurde zwar wegen des Protestes der Türkei n i c h t ratifiziert; doch übten die vier Großmächte durch ein am 30. I. 1841 gemeinsam überreichtes Memorandum einen Druck auf die P f o r t e aus, worauf der Sultan

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durch den F i r m a n vom 13. II. 1841 MehemedAli die erbliche S t a t t h a l t e r w ü r d e von Ägypten verlieh (Noradounghian Τ. II, p. 320ff.). Dieser F i r m a n wurde dann durch einen anderen vom 23. V. 1841 ersetzt, der im wesentlichen die gleichen Bestimmungen enthielt (Noradounghian Τ . II, p. 335ff.). Mit A u s n a h m e der Erblichkeit der S t a t t halterwürde sollte sich nach diesen F i r m a n e n die Stellung Ä g y p t e n s in nichts von der der übrigen türkischen Provinzen u n t e r scheiden: Die türkischen Gesetze u n d die von der Hohen P f o r t e abgeschlossenen Verträge sollten f ü r Ägypten Wirksamkeit h a b e n ; die Steuern sollten im N a m e n des Sultans erhoben, die Münzen in seinem N a m e n geschlagen werden. Die Armee sollte einen Bestandteil des türkischen Heeres bilden; ihre Stärke wurde auf 20 000 Mann (18 000 in Ägypten und 2000 in Konstantinopel) festgesetzt. Die höheren Offiziere u n d B e a m t e n e r n a n n t e der S u l t a n ; die Abzeichen u n d F a h n e n der T r u p p e n m u ß t e n die gleichen sein wie die des türkischen Heeres. Panzerschiffe sollte der S t a t t h a l t e r ohne Genehmigung des Sultans nicht bauen dürfen. F ü r die Thronfolge legte der F i r m a n vom 23. V. 1841 das Senioratsprinzip fest. In einem weiteren F i r m a n vom 23. V. 1841 wurde die Höhe des von Mehemed-Ali an den Sultan zu entrichtenden T r i b u t s festgesetzt. Ä g y p t e n m u ß also auch nach den Firm a n e n von 1841 als türkische Provinz a n gesehen werden, deren S t a t t h a l t e r allerdings das Privileg der Erblichkeit seiner W ü r d e verliehen worden war. Mehemed-Ali verfiel 1848 in geistige U m n a c h t u n g u n d wurde a b g e s e t z t ; er s t a r b im J a h r e 1849. Die Regierungszeit seiner Nachfolger Ibrahim (1848), Abbas I. (1888 bis 1854) u n d Mohammed-Said (1854—63) brachte keine Ä n d e r u n g der Rechtslage Ägyptens. Von größerer Bedeutung ist die Regierungszeit Ismails (1863—79). Der von ihm erwirkte F i r m a n vom 27. V. 1866 (Noradounghian T. I I I , p. 254f.) ersetzte das bisher f ü r die Thronfolge a n g e w a n d t e Senioratsprinzip durch die Primogenituro r d n u n g , u n d durch den F i r m a n vom 8. V I . 1867 (Noradounghian T. I I I , p. 261 f.) erhielt der S t a t t h a l t e r den Titel „kediwiel-masr" (Khedive von Ägypten) u n d das Recht, Verwaltungsverordnungen zu erlassen (,,. . . nous vous p e r m e t t o n s . . . de faire des rfcglements spöciaux a y a n t r a p p o r t ä cette administration i n f i r i e u r e seulem e n t . . ."), sowie gewisse „ n i c h t politische" A b k o m m e n m i t fremden Mächten abzuschließen, die aber nichtig sein sollten, wenn sie den Souveränitätsrechten der P f o r t e zu-

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Ägypten

widerliefen ( „ . . . vou setes autoris£ ä faire des conventions pour les douanes, la police des sujets europ6ens, le transit, la poste, ä la condition que ces accords n'aient ni la forme ni le caractfere de traitös internationaux ( ? 1 ) ou politiques. Dans Ie cas contraire, si ces accords ne sont pas conformes a u x bases ci-dessus et ä nos droits fondamentaux de souveraineti, ils seront considdris comme nuls et non a v e n u s . " ) . Später gelang es der S t a a t s k u n s t Ismails, vom Sultan den Firman vom 8. V I . 1873 (Noradounghian T . I I I , p. 3 4 7 f f . ) zu erlangen, der an die Stelle aller anderen bis dahin erlassenen Firmane trat. Die wesentlichsten Bestimmungen dieses Firmans sind folgende: Die bisherigen Vorschriften über die Erbfolge nach der Primogeniturordnung, den T r i b u t , das Mühzprägungsrecht, die E r nennung der höheren Offiziere und Beamten sowie über den B a u von Panzerschiffen blieben bestehen. Die wesentlichste Neuerung des Firmans bestand darin, daß dem Khediven die Gesetzgebung und die Verwaltung von Ägypten, einschließlich der Finanzverwaltung uiid des Rechts der selbständigen Aufnahme von ausländischen Anleihen zu eigenem Rechte übertragen wurde („L'administration civile et financifere du pays . . . i t a n t du ressort du Gouvernement ß g y p t i e n . . • le K h i d i v e d ' E g y p t e est autorisö ä faire des lois et des rfcglements intirieurs, toutes les fois que la nScessiti s'en fera sentir dans le pays . . . " ) . Das R e c h t zum selbständigen Abschluß „ n i c h t politischer" Abkommen wurde dem Khediven in deutlicherer Form erteilt als das im Firman von 1867 geschehen war, während die „politischen" Verträge der Pforte nach wie vor für Ägypten Gültigkeit haben sollten ( „ . . . il est autorisö ä contracter et ä renouveler sans porter atteinte aux t r a i t i s p o l i t i q u e s de m a Sublime Porte, des conventions avec les agents des Puissances itrangeres pour les douanes et le commerce, et pour toutes les transactions avec les itrangers, concernant les affaires intirieures et autres du pays . . . " ) . Ferner erhielt der Khedive unumschränkte Freiheit bei der Landesverteidigung, insbesondere das R e c h t , die Zahl der ägyptischen Truppen beliebig zu erhöhen oder herabzusetzen. Durch die 1873 erfolgte Übertragung der Gesetzgebung und der Verwaltung an den Khediven zu eigenem Recht hörte Ägypten auf, türkische Provinz zu sein, und wurde zu einem nicht souveränen S t a a t unter der Suzeränität der Türkei. Nach

langwierigen

Verhandlungen

mit

den Mächten wurde am 16. I X . 1875 vom Khediven das „R6glement d'organisation judiciaire pour les procfes mixtes en E g y p t e " erlassen (Martens, N. R . G. 2e s£rie, Τ . I I , p. 680ff.), durch das für die meisten Streitigkeiten zwischen Eingeborenen und Fremden sowie zwischen Fremden verschiedener N a tionalität „gemischte Gerichtshöfe" eingesetzt wurden, die mit Eingeborenen und Ausländern besetzt waren (vgl. Stichw o r t : Gemischte Gerichtshöfe). Daraufhin schränkten die meisten Mächte ihre Konsulargerichtsbarkeit zugunsten der „ t r i b u n a u x m i x t e s " ein (vgl. die Aufzählung bei Strupp, Urkunden I, p. 3 8 4 , n. 3.). Auf Grund der im Firman von 1873 erteilten Ermächtigung hat Ägypten ferner eine Reihe von Handelsverträgen mit auswärtigen Mächten abgeschlossen. Auch an den großen Mehrparteienverträgen über die Errichtung der internationalen Verwaltungsunionen (Weltpostverein, Welttelegraphen verein) hat Ägypten teilgenommen. Unter der Regierung Ismalls wurde auch der Suezkanal vollendet, dessen B a u schon 1859 trotz des lebhaften Widerstandes der Englander in Angriff genommen worden war. Im J a h r e 1875 sah sich der Khedive infolge der schlechteh Finanzlage Ägyptens genötigt, seinän erheblichen Anteil am Aktienkapital des Suezkanals an die englische Regierung zu verkaufen (vgl. Convention concernant l'achat par le Gouvernement Britannique des actions du Khddive dans l'isthme de Suez vom 25. X I . 1875 [Martens, N. R . G. 2e sirie T . I I I , p. 528f.]). Das Ende der Regierungszeit Isma'il-Paschas ist gekennzeichnet durch den finanziellen Zusammenbruch Ägyptens, der das Land unter die Vormundschaft der europäischen Gläubigerstaaten brachte, welche schließlich zum f a k tischen Protektorat Englands führte. Nachdem am 8. IV. 1876 die ägyptische Regierung sich außerstande erklärt hatte, die fälligen Zahlungen zu leisten, wurde am 2. V. 1876 durch Dekret des Khediven die Caisse de la dette publique ins Leben gerufen, die mit Vertretern der Gläubigerstaaten besetzt war, welchen neben der Verwaltung der S t a a t s schuld noch ein weitgehendes Kontrollrecht über die ägyptische Finanzgebarung eingeräumt wurde. Es folgte die Ernennung von zwei Generalkontrolleuren des ägyptischen Finanzwesens (ein Franzose, ein Engländer) und die Einsetzung einer Commission sup6rieure d'enquete, die den Khediven zwang, die Regierung zusammen mit einem unter englisch-französischem Einfluß stehenden Ministerium zu führen. Als Ismail sich nicht allen Wünschen Frankreichs und E n g lands willfährig zeigte, erzwangen diese

Ägypten

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Mächte schließlich vom Sultan a m 25. VI. holung des I n v e s t i t u r f i r m a n s f ü r T e w f i k 1879 seine Absetzung. P a s c h a ; er enthielt also keine Änderung der Durch F i r m a n vom 7. V I I I . 1879 (Nora- bestehenden Rechtslage. Der junge Khedive dounghian Τ. IV, p. 226f.) wurde Ismails versuchte zuerst, gegen die englische VorNachfolger Tewfik-Pascha vom Sultan be- h e r r s c h a f t a n z u k ä m p f e n ; er m u ß t e sich stätigt. Der F i r m a n enthielt folgende Be- aber dem überlegenen Willen des englisch^i schränkungen der im J a h r e 1873 gewährten Generalkonsuls Lord Cromer (Sir Evelyn Freiheiten: Der Khedive d u r f t e Anleihen n u r Baring) beugen („Zwischenfall von Wadi noch in beschränktem Maße selbständig auf- H a i f a " ; vgl. Frhr. v. Mayer, Die völkerrechtnehmen ( „ . . . il n ' a u r a pas le droit de con- liche Stellung Ägyptens, S. 61). stracter des e m p r u h t s , sauf pour ce qui cdnDer Sudan war in den J a h r e n 1882—85 cerneexclusivementlerfcglementdelasituation durch den Mahdi a u f s t a n d f ü r Ägypten verfinancifere p r i s e n t e et en p a r f a i t accord avec loren gegangen. In den J a h r e n 1897 und ses presents c r 6 a n c i e r s . . . " ) . Die Friedens- 1898 vollzog sich u n t e r der Leitung Lord stärke des Heeres wurde wieder auf 20000 Kitcheners, der damals sirdar (OberbefehlsMann festgesetzt; f e r n e r m u ß t e n die vom haber) der ägyptischen Armee war, die Khediven abgeschlossenen Verträge vor ihrer Wiedereroberung dieses Gebiets durch ä g y p Veröffentlichung der Pforte vorgelegt werden tische u n d englische T r u p p e n . Nach der („Ces conventions seront soumises k m a glücklichen Beendigung des Sudänfeldzuges Sublime Porte a v a n t leur promulgation wurde am 19. I. 1899 zwischen Ägypten p a r Ie K h e d i v e " ) (vgl. den diesbezüglichen u n d Engländ das „ S u d a n a b k o m m e n " (MarNotenwechsel zwischen der Pforte u n d den tens, N. R. G. 3e sdrie, Τ. IV, p. 791 ff.) abBotschaftern Frankreichs und Englands geschlossen, wonach der Sudan h i n f o r t ein [Noradounghian Τ. IV, p. 227ff.].) englisch-ägyptisches Kondominium bilden Der i m m e r m e h r wachsende Einfluß der sollte. Diesem Abkommein k a m rechtlich E u r o p ä e r , besonders der Generalkontrolleure, keine Bedeutung zu, da es den ausdrückauf die ägyptische Regierung und Verwaltung lichen Vorschriften der F i r m a n e zuwiderlief, erregte im Lände wachsende Unzufrieden- wonach der Khedive keine politischen Verheit. Im J a h r e 1881 brachen u n t e r F ü h r u n g träge abschließen d u r f t e u n d i h m jede auch des Obersten Aräbi U n r u h e n aus, die sich n u r teilweise Gebietsabtretung u n t e r s a g t 1882 in schärferer Form wiederholten. Am war (vgl. S t r u p p , U r k u n d e n II, p. 34, n. 11. VI. 1882 wurden bei einem T u m u l t in 2.). Rechtlich wirksam wird das Abkommen Alexandria etwa 50 E u r o p ä e r getötet. Nun erst durch den Vertrag von Sfevres (s. u . ; griff England ein, nachdem Frankreich ein vgl. im übrigen S t i c h w o r t : Sudan). gemeinsames Vorgehen abgelehnt hatte. Am 8. IV. 1904 wurde in Löndon zwischen Alexandria wurde b o m b a r d i e r t (11. VII.) Frankreich u n d E n g l a n d ein Abkommen geund englische T r u p p e n wurden gelandet. schlossen („Declaration respecting E g y p t a n d Die E r b i t t e r u n g der Ä g y p t e r über diese Maß- Morocco"; vgl. Martens, Ν. R. G. 2e sirie, n a h m e n war groß, und es k a m zu weiteren Τ. X X X I I , p. 15ff.), demzufolge F r a n k r e i c h Ausschreitungen gegen die E u r o p ä e r . Aräbi sich m i t dem Vorgehen Englands in Ä g y p t e n stellte sich den Engländern entgegen, wurde einverstanden erklärte, während E n g l a n d aber bei Tell-el-Kebir a m 13. IX. 1882 ge- erklärte, „ d i e politische Lage Ägyptens nicht schlagen u n d gefangen genommen. ändern zu wollen" (Art. 1: „ L e gouverneDie britischen T r u p p e n haben seit dieser m e n t de Sa M a j e s t i b r i t a n n i q u e d6clare Zeit das Land nicht m e h r verlassen. Ihr qu'il n ' a pas l'intentiön de changer l ' i t a t wiederholt in Aussicht gestellter Abzug wurde politique de l ' ß g y p t e . De son cöt6, le goui m m e r wieder m i t dem Hinweis auf die v e r n e m e n t de la R^publique FränQaise noch nicht voll wiederhergestellte Ordnung döclare qu'il n ' e n t r a v e r a pas l'action de u n d Sicherheit in Ägypten verschoben. l'Angleterre dans ce pays en d e m a n d a n t Durch diese f o r t d a u e r n d e Besetzung er- q u ' u n t e r m e soit f i x i ä l'occupation b r i langten die Engländer einen maßgebenden t a n n i q u e ou de t o u t e a u t r e manifere . . ."). Einfluß auf die ägyptische Politik, u n d das Tatsächlich bedeutete diese Vereinbarung Land wurde f a k t i s c h zum englischen Pro- die Anerkennung des faktischen englischen t e k t o r a t ; r e c h t l i c h m u ß Ä g y p t e n aber noch P r o t e k t o r a t s über Ägypten durch F r a n k bis 1914 als nicht souveräner U n t e r s t a a t reich; r e c h t l i c h konnte sie als res inter alios der Türkei b e t r a c h t e t werden. acta die bisherige Rechtsstellung Ägyptens T e w f i k - P a s c h a s t a r b im J a h r e 1892; nicht verändern (vgl. S t r u p p , U r k u n d e n II, i h m folgte sein Sohn A b b a s II. Hilmi auf p. 37, η. 1.). dem Throne nach. Der I n v e s t i t u r f i r m a n D a ß die türkische Suzeränität über vom 26. I I I . 1892 (Noradounghian Τ. IV, Ägypten wegen des wachsenden Einflusses p. 505f.) war eine f a s t wörtliche Wieder- I der Engländer schließlich zu einer Schein-

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Ägypten — Alabamafall

herrschaft herabsank, zeigt die Tatsache, daß Ägypten im türkisch-italienischen Kriege (1911/12) und im Balkankriege (1912/13) der Türkei keine militärische Unterstützung leistete, sich vielmehr während dieser Kriege ohne Erklärung neutral verhielt. Als die Türkei nach Ausbruch des Weltkrieges sich Anfang November 1914 auf die Seite der Mittelmächte gestellt hatte, erklärte England Ägypten durch Order in council vom 18. X I I . 1914 zum englischen Protektorat ( J a h r buch des Völkerrechts Bd. IV, S. 17: ,,. . . in view of the state of war arising out of the action of Turkey, Egypt is placed under the Protection of His Majesty and will henceforth constitute a British Protectorate . . ."). Durch eine Proklamation vom 19. X I I . 1914 wurde Abbas Hilmi, der sich bei Ausbruch des Krieges zwischen England und der Türkei in Konstantinopel befand, seines Thrones verlustig erklärt und Hussein Kemal-Pascha mit dem Titel „Sultan von Ä g y p t e n " zu seinem Nachfolger berufen (Jahrbuch des Völkerrechts a. a. O.). Beide Erklärungen Englands waren völkerrechtlich unzulässig uhd unwirksam; denn einerseits war Ägypten als nicht souveräner Unterstaat noch immer ein Teil der Türkei und konnte daher vor deren völliger Niederkämpfung nicht durch eine einseitige Erklärung Englands von ihr losgerissen werden, andererseits stand das Recht, den Khediven abzusetzen und einen neuen zu ernennen, nur dem Sultan zu. Die Legalisierung des englischen Vorgehens erfolgte erst durch den Friedensvertrag von Sfevres vom 10. VIII. 1920 (vgl. Stichwort: Sfevres-Friede.)*). Nach Art. 101 dieses Vertrages verzichtet die Türkei auf alle Hoheitsrechte in Ägypten und erkennt das englische Protektorat an („Turkey renounces all rights and titles in or over Egypt. This renunciation shall take effect as from November 5, 1914. Turkey declares t h a t in conformity with the action taken by the Allied Powers she recognises the Protectorate proclaimed over Egypt by Great Britain on December 18, 1914".). Art. 107 bestimmt, daß die Ägypter im Auslände den diplomatischen und konsularischen Schutz Englands genießen sollen. Art. 112 e n t h ä l t den endgültigen Verzicht der Türkei auf den ägyptischen Tribut. In Art. 113 wird das englisch-ägyptische Sudanabkommen vom 19. I. 1899 von der Türkei anerkannt. Dem Frieden von Sfcvres zufolge ist also *) Der Vertrag von Sevres ist zwar noch nicht ratifiziert;, die darin enthaltenen Bestimmungen über Ägypten werden aber aller Voraussicht nach keine Änderung erfahren.

Ägypten seit dem 18. X I I . 1914 englisches Protektorat. [Am 28. J a n u a r 1922 hat England durch Proklamation erklärt: „1. The British protectorate over Egypt is terminated, and Egypt is declared to be an independent sovereign State! Es h a t sich aber weiterhin allein für zuständig erklärt in allen Angelegenheiten, betreffend a) security of communications of the British Empire in Egypt; b) the defence of Egypt against all foreign aggression or interference, direct or indirect; c) the protection of foreign interests in Egypt and the protection of minorities; d) the Sudan." Herausgeber.] Literatur: Milner, England in Egypt (7. Aufl. London 1899). — Cocheris, Situation internationale de l ' ß g y p t e et du Soudan (Paris 1903). — Frhr. v. Grünau,..Die staats- und völkerrechtliche Stellung Ägyptens(Leipzig 1903). —• de Freycinet, La question d'Iigypte 2. Afl. Paris 1905). — Morel, La condition internationale de l'Egypte depuis 1'accord franco-anglais in der RG., XIV (1907), p. 405ff. — Earl of Cromer, Modern Egypt I, II (London 1908). — Perrinjaquet, Des annexions d£guis6es de territoires in der RG., XVI (1909), p. 316ff. — Frhr. v. Dungern, Das Staatsrecht Ägyptens (Graz 1911). — F r h r . v . Mayer, Die völkerrechtliche Stellung Ägyptens (Breslau 1914). — Perret, Die Stellung Ägyptens während des Tripoliskrieges im JVÖ. S. 650ff. — Winterer, Ägypten, seine staats- und völkerrechtliche Stellungzu England, den Mächten und der Türkei (Berlin 1915). [Correspondence respecting affairs in Egypt Cmd. 1592: 1. III. 22.] Rumpf.

A i d e - m i m o i r e s. diplomat. Fachausdrücke. Ainali Kawak, Friede v . s. Dardanellen. Akkermann, Vertrag von s. Dardanellen. Akkreditieren s. Gesandtschaftsrecht. Akkreditive S. diplomat. Fachausdrücke. Aktionsradius bei der Blockade s. Blockaderecht (Aktionsradius). Aktiver Kriegsstand s. Kombattanten. Akzession s. Staatsverträge Ziff. 3.

Alabamafall usw. Als im nordamerikanischen Sezessionskriege die Küsten der Südstaaten von den Nordstaaten blockiert waren, versuchten diese, sich Kriegsschiffe zu Kaperfahrten aus dem neutralen Ausland zu beschaffen. So gaben sie im Jahre 1862 in Liverpool ein Schiff in Auftrag, das unter dem Namen Alabama später zu internationaler Berühmtheit gelangte. Noch während ihres Baues machte der amerikanische Konsul in Liver-

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pool die englische Regierung auf sie a u f - I englisch-amerikanischen Kommission aufm e r k s a m und verlangte ihre Beschlagnahme. gestelltes Protokoll sah N a c h p r ü f u n g durch Die englischen Behörden zögerten und holten eine gemischte englisch-amerikanische Komein Gutachten der Kronjuristen ein. In mission vor, wobei aber ausdrücklich die zwischen t r a t die A l a b a m a eine P r o b e f a h r t Frage, o b England berechtigt war, die Süda n , von der sie jedoch nicht zurückkehrte. s t a a t e n als kriegführende Partei anzuerBei der A u s f a h r t w a r sie weder bewaffnet, kennen, von der N a c h p r ü f u n g ausgenommen noch h a t t e sie Mannschaft an Bord. Beides war. Dieser Vorschlag wurde jedoch vom w u r d e ihr jedoch zum Teil noch in den amerikanischen Senat fast einstimmig verenglischen Küstengewässern durch die eng- worfen. Es k a m darauf endlich in Waslischen Schiffe Agrippina und B a h a m a hington der englisch-amerikanische Schiedszugeführt. Den Rest der A u s r ü s t u n g erhielt vertrag vom 8. V. 1871 zustande, welcher sie bei den Azoren, ebenfalls von englischen f ü r den Alabamafall und die gleichliegenden Schiffen. Hierauf begann sie ihre Kreuzer- Fälle der anderen Kreuzer der S ü d s t a a t e n f a h r t , welche dem nordamerikanischen Handel Entscheidung durch ein fünfgliedriges während zweier J a h r e sehr großen Schaden Schiedsgericht vorsah, das aus einem E n g z u f ü g t e , bis sie im J a h r e 1864 im Kanal länder, einem Amerikaner, einem Schweizer, v o r Cherbourg von dem amerikanischen einem Italiener und einem Brasilianer beKreuzer Kearsage versenkt wurde. In stehen sollte. Besonders wichtig war jedoch, ähnlicher Weise waren die Kreuzer Florida, d a ß sich die Streitteile darüber einigten, Georgia und Shenandoah von den Süd- d a ß die Richter bei Beurteilung des Streits t a a t e n in England ausgerüstet werden. falles an gewisse von ihnen aufgestellte In den Vereinigten S t a a t e n verursachten Regeln gebunden sein sollten. Diese Regeln diese K r e u z f a h r t e n große E r b i t t e r u n g gegen l a u t e t e n : England. Da die Küsten der S ü d s t a a t e n Eine neutrale Regierung ist v e r p f l i c h t e t : völlig blockiert waren, war m a n auf das 1. Gehörige Sorgfalt ( „ d u e diligence") A u f t a u c h e n von Kreuzern der S ü d s t a a t e n anzuwenden, um innerhalb ihrer Jurisn i c h t gefaßt gewesen. Man erblickte in diktion die Ausrüstung, B e w a f f n u n g oder dem Verhalten Englands, welches die Aus- B e m a n n u n g irgendeines Schiffes zu verr ü s t u n g dieser Schiffe nicht verhindert h a t t e , hindern, von dem sie m i t hinreichendem eine Neutralitätsverletzung, und dies um so Grunde annehmen k a n n , d a ß es b e s t i m m t m e h r , als die Schiffe in der Folgezeit von ist, gegen eine Macht, m i t der sie im Frieden England als Schiffe einer kriegführenden ist, zu kreuzen oder den Krieg f o r t z u s e t z e n ; Macht behandelt wurden und verschiedent- und ebenso mit gleicher Sorgfalt das Auslich englische Häfen anliefen, ohne dort laufen eines solchen Schiffes aus ihrem festgehalten zu werden. Jurisdiktionsbereich zu verhindern, sofern Auf amerikanische Vorstellungen er- es speziell ganz oder zum Teil in diesem Bewiderte England, d a ß seine Gesetzgebung, reich f ü r Kriegszwecke hergerichtet ist. n a m e n t l i c h die maßgebende Foreign Enlist2. Nicht zu erlauben oder zu dulden, m e n t Act vom 3. V I I . 1819, eine H a n d h a b e daß eine Kriegsmacht ihre Häfen und Gez u r Beschlagnahme des waffenlosen Schiffes wässer als Basis der maritimen Operationen nicht geboten h ä t t e . Die Vereinigten Staaten gegen die andere oder dazu b e n u t z t , ihre gaben sich jedoch m i t diesem Hinweis auf Kriegsvorräte oder W a f f e n zu erneuern d i e unzureichende innerstaatliche Gesetz- oder zu vermehren oder zum Mannschaftsg e b u n g nicht zufrieden und hielten ihre ersatz. Ansprüche auf Schadensersatz aufrecht. Eine 3. In ihren eigenen Häfen und Gewässern Einigung konnte während der Dauer des und hinsichtlich aller in ihrem JurisdiktionsSezessionskrieges nicht erzielt werden. Eng- bereich befindlichen Personen m i t gehöriger land lehnte den von amerikanischer Seite Sorgfalt jede Verletzung der vorbezeichneten schon damals gemachten Vorschlag einer Verpflichtungen zu verhindern. schiedsrichterlichen Lösung ab, da es in Die Regeln zeigen, d a ß sich die Bedem Eingehen auf diesen Vorschlag eine schwerden der Vereinigten S t a a t e n h a u p t A r t Schuldbekenntnis erblickte. Nach dem sächlich in zwei Richtungen bewegten. Kriege n a h m e n die Amerikaner ihre Vor- Sie sahen eine Neutralitätsverletzung E n g stellungen m i t großer H a r t n ä c k i g k e i t wieder lands einmal darin, d a ß es die Herstellung a u f . Der Streit n a h m einen sehr heftigen der A l a b a m a nicht verhindert h a t t e u n d C h a r a k t e r an und drohte zeitweilig die zweitens in dem U m s t a n d , daß die A l a b a m a friedlichen Beziehungen beider Mächte zu wiederholt englische Häfen zur E r n e u e r u n g stören. Schließlich einigte m a n sich g r u n d - ihrer A u s r ü s t u n g und Vorräte h a t t e a n sätzlich auf schiedsrichterliche Austragung. laufen können, ohne dort festgehalten zu E i n am 14. I. 1869 von einer gemischten werden. Die A n e r k e n n u n g der Regeln 2 Wörterbuch des Völkerrechts. Bd. I.

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enthielt seitens England bereits ein weites Entgegenkommen gegenüber den Vereinigten Staaten. Namentlich stellte der Grundsatz 1 keineswegs einen allgemein anerk a n n t e n Völkerrechtssatz dar. Die Unters t ü t z u n g kriegführender Staaten m i t Kriegsmaterial aus dem neutralen Ausland ist nie als Neutralitätsverletzung angesehen worden, so weit der neutrale S t a a t nicht selbst der Lieferant war. Im Weltkrieg h a t dieser Satz eine erneute Bestätigung gefunden. Man kann die Gültigkeit dieses Völkerrechtssatzes daher nicht in Zweifel ziehen, wenn m a n es auch bedauern m u ß , d a ß die Staaten sich noch nicht zu einer neuen besseren E r k e n n t n i s durchgerungen haben u n d es noch nicht f ü r u n t e r ihre W ü r d e halten, aus dem Unglück anderer finanziellen Gewinn zu ziehen. Die Lieferung eines Kriegsschiffes nun ist an sich nichts von der Lieferung sonstigen Kriegsmaterials g r u n d sätzlich Verschiedenes. Sie d u r f t e daher zweifellos nicht durch die Regierung eines neutralen S t a a t s selber erfolgen, dagegen war es keineswegs allgemein a n e r k a n n t , daß eine solche Lieferung durch neutrale P r i v a t personen ebenfalls völkerrechtswidrig war. W e n n auch England in der erwähnten Foreign Enlistment Act von 1819 nach dem Vorbild der Vereinigten S t a a t e n ein solches Verbot in seine nationale Gesetzgebung aufgenommen h a t t e , so war die Mehrzahl der anderen Staaten m i t gleichen Gesetzen nicht gefolgt. Hierauf h a t sich England während des ganzen Streitfalles auch ausdrücklich berufen und der Schiedsvertrag enthält eine Verwahrung Englands dagegen, d a ß die aufgestellten Regeln bereits zur Zeit des Auslaufens und der Kreuzfahrten der A l a b a m a allgemein gültiges Völkerrecht gewesen wären. Nachdem jedoch diese Regeln als f ü r den Schiedsspruch verbindlich aufgestellt waren, war es nur eine notwendige Folge, d a ß er gegen England ausfallen m u ß t e . Der Genfer Schiedsspruch vom 14. IX. 1872 stellt fest, d a ß England gegen die drei Regeln verstoßen habe. Die Tatsache, d a ß die A l a b a m a in einem englischen Hafen gebaut und von englischen Schiffen ausgerüstet wurde, ist danach eine Verletzung der dem neutralen S t a a t obliegenden „gehörigen Sorgf a l t " bei der Verhinderung von Neutralitätsverletzungen durch Privatpersonen. Ein weiteres Verschulden wird darin gesehen, daß England es unterlassen hat, die A l a b a m a nach ihrem Auslaufen mit der nötigen T a t k r a f t zu verfolgen u n d sogar in der Folge ihr ungehindertes Ein- und Auslaufen in britische Häfen gestattet h a t . Der Einlaß von Kriegsschiffen einer kriegführenden

Macht ist nach Ansicht des Schiedsgerichts keine völkerrechtliche Verpflichtung, s o n dern nur ein A k t der internationalen Courtoisie, welcher einem neutralitätswidrig h e r gestellten Schiffe h ä t t e versagt werden müssen. Gemäß A r t . 7 des Schiedsvertrages wurde daher England die Ersatzpflicht f ü r den von der A l a b a m a und den anderen von englischen Privatpersonen bezogenen Kreuzern der Südstaaten angerichteten Schaden im Gesamtbetrage von 15,5 MillDollar auferlegt. Der Schiedsspruch wurde von beiden Seiten a n e r k a n n t und ausgeführt, jedoch f a n d die Auslegung der ,,due diligence-Pflicht" neutraler Staaten durch das Schiedsgericht nicht den Beifall Englands. Es entspannsich daher ein weiterer Notenwechsel zwischen den Vereinigten S t a a t e n und England, o b es angebracht sei, wie im Schiedsverträge vorgesehen, die drei Regeln den übrigen Mächten mitzuteilen. Allgemein a n e r k a n n t e s Völkerrecht sind die Washingtoner Regeln erst durch das 13. Haager Abkommen von· 1907 über die Rechte und Pflichten d e r Neutralen im Falle eines Seekrieges geworden, welches sie fast wörtlich jedoch u n t e r A u s schaltung der Worte due diligence ü b e r n i m m t (vgl. 5 — 8 des Abkommens). Quellen und Literatur: Q u e l l e n : N R G . 2, s. I, 24 (Schiedsvertrag),. I, 37 (Schiedsspruch), X X , 688, 7 2 2 (Frage der Mitteilung der Washingtoner Regeln an die anderen Mächte). Ausführlicher Staatsarchiv X V I I I , Nr. 3 9 6 » bis 3970, X X I , Nr. 4455—4486, 4490—4496, X X I I Nr. 4625, X X V Nr. 5004—5033. — Fleischmann S. 95 (Schiedsvertrag a u s zugsweise). — Strupp I, 405, 408 (Schiedsv e r t r a g und Schiedsspruch). L i t e r a t u r : Annuaire de l'Institut de Droit International I, 1877, S. 139. — BonfilsGrah Nr. 958, 1465, 1476. — Calvo IV, S. 457ff. — Gareis, 2. Aufl., S. 251. — Heffter-Geffcken, 8. Aufl., § 148. — Heilborn, S. 338. — Holtzendorft IV, 150, 156. — Kohler, S. 231. — Liszt, 11. Aufl., S. 342. — Martens-Bergbohm II, 104. — Oppenheim, 2. Aufl., II, 406—409. — Pereis, Internationales Seerecht, 2. Aufl., S. 232. — Rivier, Lehrbuch, 2. Aufl., S. 447. — Ulimann, 2. Aufl., S. 134. — Wehberg, Seekriegsrecht, S. 406ff. — Th. W. Balch, The A l a b a m a A r b i t r a t i o n Philadelphia 1900. — C. Beaman, T h e National a n d P r i v a t e „ A l a b a m a Claims" a n d their final and amicable s e t t l e m e n t , Washington 1871. — Montague Bernard,. A historical account of the n e u t r a l i t y of Great Britain during t h e American civil war, London 1870. — Derselbe, Note sur les trois rfegles de Washington, R D J C . VI, 575. — Bluntschli, Opinion i m p a r t i a l e sur la question de l ' A l a b a m a , R D J C . I I ,

Alabamafall — Alandsinseln 452ff. — Derselbe, Resolutions concernant les trois regies de W a s h i n g t o n , R D J C . VI, 581. — Calvo, E x a m e n des trois rfegles de droit international proposies dans le t r a i t e de Washington, R D J C . IV, 453. — Caleb Cushing, The T r e a t y of Washington, its Negotiation, Execution and t h e Discussion relating theoreto, New York 1873. — Derselbe, Le t r a i t e de W a s h i n g t o n , Paris 1874. — J. C. Bancroft, Davis, Mr. Fish a n d t h e A l a b a m a Claims, a c h a p t e r in Diplomatic History, Boston and New York 1893. — O'Dowd, The law a n d facts of t h e A l a b a m a , London 1873. — Esperson, La questione dell' A l a b a m a , Florenz 1869. — Geffcken, Die A l a b a m a frage 1872. — Lawrence, Les trois regies de Washington, R D J C . VI, 570. — Lieber, Lettre sur l ' a r b i t r a g e i n t e r n a t i o n a l ä propos de la question de l ' A l a b a m a , R D J C . II, 480. — Lorimer, Observations sur les trois regies proposies ä Washington, R D J C . VI, 542. — Lowrey, English Neutrality. Is t h e A l a b a m a a British P i r a t e ? New York 1863. — A. Piernantoni, La questione anglo-americana dell'A l a b a m a , Florenz 1870. — Derselbe, Gli A r b i t r a t i internazionali e il T r a t t a t o di Washington, Neapel 1872. — PradierFodire, La question dell' A l a b a m a et le droit des gens, Paris 1872. — RollnJacquemyns, La question de l ' A l a b a m a , R D J C . I, 152, 449, II, 142, IV, 127. — Derselbe, Les trois rfegles de Washington, R D J C . IV, 561. — R. Semmes, T h e cruize of t h e A l a b a m a and the S u m t e r , from t h e private journals a n d other papers of Commander R. Semmes and other officiers, 2 Bd., London 1864. — A. Sinclair, Two years on t h e A l a b a m a , London 1896. — Th. Woolsey, Les trois rfegles de W a s h i n g t o n , R D J C . VI, 559. Schätzel.

Alandsinseln, die. I. Die A l a n d s i n s e l n , gelegen im baltischen Meer am E i n g a n g des bottnischen Busens, zwischen der schwedischen u n d finnischen K ü s t e , bis zum Frieden von Frederiksham (17. IX. 1809: A r t . IV) u n t e r schwedischer Staatsgewalt, seitdem u n t e r den Zaren als Großfürsten von Finland (s. v. Finland), sind zum ersten Male im J a h r e 1856 zu einer internationalen Bed e u t u n g gelangt. D a m a l s m u ß t e sich in einer auf dem Pariser Köngreß am 30. I I I . 1856 zwischen Frankreich, E n g l a n d uhd R u ß l a n d abgeschlossenen Konvention, die durch Bezugnahme in A r t . 35 des Pariser Friedens vom gleichen Tage auch f ü r die übrigen Signatare (also noch Österreich, Sardinien, Türkei, Preußen) verbindlich ge-j worden ist, R u ß l a n d verpflichten, keinerlei Befestigungen auf den Alandsinseln a n z u -

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legen u n d keine militärischen oder Marineanlagen zu errichten (s. v. Befriedung, Neutralisierung). Diese m i t der Spitze gegen R u ß l a n d (vgl. F l e i s c h m a n n , Alandsfrage, 14ff.) geschaffene Bestimmung, die durch den Weltkrieg nicht aufgehoben worden ist (s. v. Krieg u n d S t a a t s v e r t r ä g e ; S t r u p p in ZV. I X , 487), h a t die Zarenregierung im großen Kriege, wohl u n t e r Z u s t i m m u n g ihrer Verbündeten, durch die Anlage starker Befestigungswerke praktisch aufgehoben. Seit der Iiibesitznahme der Alandsinseln durch Finland sind diese wieder geschleift worden. Der Völkerbund h a t die Anlieger- und Interessenstaaten (auch Deutschland, das den Alandsinseln in Brest Litowsk und im deutschfinnischen Frieden Aufmerksamkeit geschenkt h a t t e ( S t r u p p , Die Ostfrieden, 1918, S. 438, 269, 420, F l e i s c h m a n n , Alandfrage, S. 6ff.) zu einer Konferenz über diese Frage eingeladen, die in Genf getagt h a t . An ihr haben Deutschland, D ä n e m a r k , Estland, Finland, Frankreich, England, Italien, Lettland, Polen und Schweden teilgenommen. Das Ergebnis f i n d e t sich niedergelegt in dem „ A b k o m m e n betreffend die Nichtbefestigung und die Neutralisation der Alandsinseln" vom 20. X. 1921. In diesem Abkommen, dem auch andere interessierte Staaten beitreten sollen und das Anfang J a n u a r 1922 von Schweden und Finland ratifiziert war, verpflichtet sich Finland u n t e r Bestätigung der 1856er Deklaration, die Alandsinseln nicht zu befestigen (Art. 1). Diese selbst sind in Art. 2 näher umschrieben, wobei die Küstengewässerzone auf 3 Seemeilen festgesetzt ist. Keinerlei militärische, Marine- oder L u f t schiffsanlagen dürfen auf Aland geschaffen oder erhalten werden (Art. 3). T r u p p e n dürfen, unbeschadet Ausnahmen zu polizeilichen Zwecken niemals auf Aland gelangen oder sich dort aufhalten, es besteht Waffenein-, durch-, -ausfuhrverbot. Finland darf 1—2 leichte Oberwasserkriegsfahrzeuge zu polizeilichen Zwecken vorübergehend dort stationieren, in wichtigen Ausnahmefällen auch andere Kriegsfahrzeuge beschränkter Tonnage. Vorübergehender Aufenthalt darf f r e m den Kriegsschiffen n u r in einer auf je 1 F a h r zeug beschränkten Zeit erteilt werden. Finländische Kriegsluftfahrzeuge dürfen Aland überfliegen, aber nur bei höherer Gewalt dort landen (Art. 4). Das sog. ius passagii innoxii bleibt u n b e r ü h r t (Art. 5). Im Kriegsfall ist Aland als neutralisiert zu betrachten und darf weder direkt noch indirekt militärischen Operationen dienen. Bei einem das baltische Meer in Mitleidenschaft ziehenden Krieg darf Finland in der Alandzone zum Schutze ihrer N e u t r a l i t ä t nach allgemeinen Grundsätzen Minen legen (Art. 6). Der Völkerbundsrat

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soll geeignete Sanktionsmaßnahmen zum Schutze der Konvention für den Fall ihrer Verletzung treffen (Art. 7). Im Falle eines Angriffs auf Aland oder Finland darf letzteres bis zum Einschreiten der Kosignatare militärische Abwehrmaßnahmen treffen (Art. 7). II. Zu einem ernsten Konflikt zwischen Schweden und dem Neustaat Finland, das im Winter 1917 seihe Unabhängigkeit von Rußland erklärt hatte und (u. a.) von Schweden am 4. I. 1918 anerkannt worden war, hat die Frage der Zugehörigkeit der Alandsinseln im Verlaufe des Jahres 1919 geführt. Unter Berufung darauf, daß schon im Jahre 1917 und dann seitdem wiederholt die Mehrzahl der (ethnographisch schwedischen) Aländer gegen ein Verbleiben unter finnischer Staatsgewalt protestiert und ihre Vereinigung mit dem schwedischen Mutterlande gefordert hätten, ist von Seiten der schwedischen Regierung eine Volksabstimmung auf den Alandsinseln darüber verlangt worden, welchem der beiden Staaten die Inseln zugehören sollten. Von finnischer Seite hat man jegliche zwischenstaatliche Diskussion der Angelegenheit abgelehnt und sie für rein landesrechtlich erklärt, auch hinzugefügt, daß in dieser Hinsicht durch Erlaß einer weitgehenden Autonomie allen berechtigten Forderungen der Aländer Rechnung getragen sei. Die Zuspitzung des Streites zwischen den beiden Nachbarstaaten hat den Völkerbundsrat veranlaßt, der Differenz näherzutreten im Hinblick auf Art. XI der Völkerbundpakte (s. v. Völkerbund), wonach jede Kriegsdrohung oder „toute circonstance de nature ä affecter les relations internationales et qui menace par suite de troubler la paix ou la bonne entente entre nations dout la paix d6pend" zu Maßnahmen des Völkerbundes führen kann. Der Rat hat eine Juristenkommission eingesetzt (Prof. Larnaude-Paris, Prof. Struycken-Holland, Prof. Max HuberSchweiz), die ein Gutachten zunächst über die präjudizielle Frage abgeben sollte ,,si, dans le sens de l'alinia 8 de Particle 15 du Pacte, la thfcse soutenue pa la Suede devant le Conseil, au sujet des iles d'Aland, porte sur une question que le droit international laisse ä la comp6tence exclusive de la Finlande". Sie sollte weiter sich äußern „sur l'dtat actuel des obligations internationales en matiere de d6militarisation concernant les iles d'Aland". Finnischerseits hat man die Zuständigkeit des Völkerbundsrates unter Hinweis auf deh vorzitierten Art. 15 der Völkerbundspakte nachdrücklichst bestritten. Zur Sache selbst ist, wie schon früher, von Finland auf den engen geographischen, wirtschaftlichen Zusammenhang der Inseln

mit Finland, auf das gemeinsame Schicksal in der Zeit vor 1808 (also vor der Abtretung Finlands und der Alandsinseln an Rußland) und auf die strategischen Bedürfnisse des Neustaates hingewiesen worden (vgl. bes. die amtliche Publication la question des Iles d'Aland), während Schweden teils dieselben Argumente, daneben ethnographische Gesichtspunkte beigebracht, vor allem aber die seit 1917 geäußerten Wünsche der Alandsbevölkerung (die von finnischer Seite als nur von einer Minderheit ausgegangen utid von Schweden veranlaßt bezeichnet worden sind) in den Mittelpunkt seiner Ausführung gestellt hat. Am 5. IX. 1920 h a t die Juristenkommission ihr Gutachten zunächst in der präjudiziellen Frage dahin abgegeben: ,,1. Le difffirend suidois-finlandais ne porte pas sur une situation politique ddfinitivement 6tablie, dipendant exclusivement de la souverainet6 territoriale d'un fitat. 2. Le diffdrend a pris, bien au contraire, naissance dans une situation de fait cr£6e par l'6tat de transformation politique des Iles d'Aland, transformation qui a sa cause et prend sa source dans les manifestations separatstes de la population invoquant la principe que les peuples doivent pouvoir disposer d'eux-memes, et dans certains 6v6nements militaires qui ont accompagne et suivi la sdparatiön de la Finlande et de l'Empire russe ä un moment oü la Finlande n'avait pas encore acquis le caractfere d'ün E t a t difinitivement constitui. 3. II rgsulte de lä, que le diff6re'nd ne porte pas sur une question que le droit international laisse ä la compdtence exclusive de la Finlande. 4. Le Conseil de la Societe des Nations est done compdtent pour, aux termes memes du paragraphe 4 de l'article 15, recommander toutes solutions qu'il considfere comme les „plus £quitables et les mieux appropriies" ä l'espfcce". In der Befestigungsfrage geht das Gutachten dahin: 1. Les stipulations de la Convention et du Traitfi de Paix du 30 mars 1856 concernant la dimilitarisation des Iles d'Aland sont encore en vigueur. 2. Elles ont έίέ itablies dans un intiret europ6en et elles ont cr66 pour les Iles d'Aland un Statut internatidnal particulier au point de vue militaire. II en risulte que, aussi longtemps que ces stipulations n'ont pas έίέ valablement remplacies par de nouvelles, chaque E t a t intöresse est en droit de röclamer qu'elles soient respectöis. II en rßsulte 6galement que tout E t a t possfidant les lies doit se conformer aux

21 obligations qui ddcoulent pour lui du systfeme de dfimilitarisation par ces stipulations". J u r i s t i s c h noch wichtiger als die vorstehenden Thesen ist die dazu gegebene Begründung. Und jenen wie dieser kommt um dessentwillen eine besondere Bedeutung zu, weil sich der Völkerbundsrat in seinen Sitzungen vom 20. und 28. X . 1920 auf den Bericht des englischen Vertreters hin vollinhaltlich dem Gutachten angeschlossen hat (vgl. J o u r n a l officiel 1920 I, p. 394, 395, 396, I I , p. 29, 86). Aus der Begründung nun verdient besondere Hervorhebung die Ablehnung des Plebiszits als eines Völkerrechtsgrundsatzes (,,bien que le principe que les peuples doivent pouvoir disposer d'eux-memes occupe une place importante dans la pens6e politique moderne, surtout depuis la guerre mondiale, il convient de remarquer qu'il ne se trouve pas inscrit dans le Pacte de la Soci6t6 des Nations. E t la consicration de ce principe, dans un certain nombre de t r a i t i s internationaux, ne saurait suffire pour le faire consid6rer comme une des rfegles positives du droit des gens. Au contraire, sauf stipulations expresses dans des t r a i t i s internationaux, le droit de disposer du territoire national est essentiellement un attribut de la souveraineti de chaque E t a t " — s. v . Plebiszit und Denier p. 5). Weiter ist von großer Bedeutung die scharfe Ablehnung der sog. völkerrechtlichen Servituten (s. diese) ( „ L a Sufede a soutenu la thfese que la Convention de 1856 a cr£6 en l'espfece un servitude reelle grevant la territoire alandais. Une opinion analogue a έ ί έ e x p r i m i e par des juristes 6minents. Pourtant, l'existence de servitudes internationales, dans le sens propre et technique du m o t , n'est pas gfineralement admise; eile a notamment έ ΐ έ contestfie par le Tribunal d'Arbitrage dans sa sentence du 7 septembre 1910 dans l'affaire des pecheries des cötes de l'Atlant i q u e " — s. v. Neufundlandfischereifrage). So begrüßenswert auch diese beiden Rechtsfeststellungen sind, so bedenklich ist es, wenn die Juristenkommission und der Völkerbundsrat in tatsächlicher Hinsicht die B e hauptung aufgestellt haben, die Anerkennung Finlands als unabhängiger S t a a t sei noch nicht als Anerkennung optimo jure aufzufassen, da dort die Staatsgewalt noch nicht konsolidiert und das Staatsgebiet noch nicht fest umrissen gewesen sei. Nur deshalb sei es noch möglich gewesen, die Frage als im Flusse befindlich und einer internationalen Diskussion wert aufzunehmen (vgl. dagegen Danielson-Kalmari 6 0 f f . ; s. übrigens auch schon die (früher erschienene) Schrift F l e i s c h m a n n s S. 26, 2 7 ; D e n i e r 6 f f . ; v a n d e r V l u g t , Question, 26ff.).

Auf Grund eines eingehenden Berichtes einer an Ort und Stelle entsandten Kommission (s. schwedisches amtliches Material I I ) hat dann der Völkerbundsrat am 24. V I . 1921 ( J o u r n a l officiel suppliment sp