Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur: Festgabe für Alfred Müller-Armack [1 ed.] 9783428417070, 9783428017072


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Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur: Festgabe für Alfred Müller-Armack [1 ed.]
 9783428417070, 9783428017072

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Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur Festgabe für Alfred Müller-Armack

Herausgegeben von

Franz Greiß und Fritz W. Meyer

Duncker & Humblot · Berlin

FESTGABE FÜR ALFRED MÜLLER-ARMACK

Wirtschaft Gesellschaft und Kultur Festgabe für Alfred Müller-Armack

Herausgegeben von

Franz Greiß und Fritz W. Meyer

DUNCKER & HUMBLOT / BERLIN

Redaktion: Ernst Dürr



Harriet Hoffmann



Christian Watrin

Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten. © 1961 Duncker & Humblot, Berlin Gedruckt 1961 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin SW 61

STAATSSEKRETÄR

PROFESSOR

DR. ALFRED MÜLLER-ARMACK

zur Vollendung seines sechzigsten Lebensjahres

am 28. Juni 1961

in freundschaftlicher und wissenschaftlicher

Verbundenheit von den Herausgebern und Autoren

zugeeignet

Zum Geleit Was macht die Bewährung des Wirtschaftspolitikers aus? Ist es die Kenntnis der Zusammenhänge und wechselseitigen Abhängigkeiten der wirtschaftlichen Erscheinungen und Abläufe — oder ist es die Kennt­ nis der heimischen und fremden Wirtschaftsstrukturen und die Beherr­ schung statistischer Daten? Das alles ist mehr bloße Voraussetzung, ist Werkzeug, das nützlich und zum Teil unumgänglich notwendig sein mag.

Der Wirtschaftspolitiker bedarf der Phantasie! Also wäre der Wirt­ schaftspolitiker ein phantasievoller Experte, der in der Lage wäre, mit technischen Mitteln oder kunstvollen Konstruktionen über Schwierig­ keiten des Tages hinwegzufinden? Der Wirtschaftspolitiker braucht dazu ein sicheres Fundament sozial-philosophischen Bewußtseins, in dem sich die Ideen der Zeit mit dem unveräußerlichen Bestand abendländischer Denkweise und Gesittung versöhnen. Also wäre der Wirtschaftspolitiker ein philosophisch gestimmter und phantasievoller Sachverständiger, der in der Lage wäre, klugen Rat zu geben, wohl wissend, daß nicht alles, was „machbar“ ist, auch in den „Ordo“ der Nation hineinpaßt? Nein, noch eins muß hinzutreten: Die Freude an der Verantwortung und am bewußten Gestalten-Wollen. Das ist vielleicht die schwerste Anforderung an den Wirtschaftspolitiker: die Verbindung des Strebens nach Einsichten mit dem Willen, bestimmte Absichten im Dienste des allgemeinen Besten zu erreichen. Als ich im Jahre 1952 die Leitung der „Abteilung Wirtschaftspolitik“ des Bundesministeriums für Wirtschaft in neue Hände legen mußte, wählte ich auf der Suche nach einem solcherart geprägten Mann den Kölner Ordinarius Alfred Müller-Armack zu einem meiner engsten und vertrautesten Mitarbeiter. Zu jener Zeit war die Soziale Marktwirtschaft noch keineswegs als so selbstverständlicher Bestandteil und adäquater wirtschaftspolitischer Ausdruck freiheitlicher politischer Ordnung der jungen Bundesrepublik anerkannt, als daß ich nicht mit besonderer Freude und Genugtuung den Autor von „Wirtschaftslenkung und Markt­ wirtschaft“ für seine neue, bedeutsame Aufgabe berufen hätte. Wer, neben Eucken, Böhm, Röpke und wenigen anderen, hatte schon — als Voraussetzung jeder wirtschaftlichen und politischen Gesundung nach der zugleich größten und historisch bestbegründeten Erschütterung un­ seres Volkes — vor der währungs- und wirtschaftspolitischen Reform des Jahres 1948 so kraftvoll und ohne intellektuelle Unsicherheit eben

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Zum Geleit

diese grundlegende Reform wirtschaftspolitischen Denkens und Han­ delns gefordert wie Müller-Armack? Die große weltwirtschaftliche Krise in den zwanziger und dreißiger Jahren und die wirtschaftspolitischen Formen der Diktatur in Deutsch­ land waren für einige wenige Nationalökonomen der Anlaß, mit neuen Fragestellungen die sie umgebende Wirklichkeit herauszufordern. In der Betrachtung der Geschichte oder in erneuter, entschiedener Hinwendung zur Theorie entstanden in Deutschland beinahe unabhängig voneinander die wissenschaftlichen Grundlagen einer neuen Wirtschaftspolitik. Mül­ ler-Armack entwickelte nach seinen früheren konjunkturpolitischen und religionssoziologischen Arbeiten in seinem Buche „Wirtschaftslen­ kung und Marktwirtschaft“ die Konzeption der Sozialen Marktwirt­ schaft, Böhm und Eucken fanden Idee und Wirklichkeit der Wirtschafts­ verfassung und Wirtschaftsordnung, und Röpkes Werke bedeuteten fast eine Verheißung. Nur mit tiefster Befriedigung können wir heute fest­ stellen, daß in den Jahren der Unterdrückung des Geistes und allen frei­ heitlichen Strebens die neuen Grundlagen und Begründungen politischer und wirtschaftlicher Freiheit entwickelt wurden. Wenn ich auf die nun mehr als achtjährige Tätigkeit Müller-Armacks im Bundeswirtschaftsministerium — seit 1958 in seiner Eigenschaft als Staatssekretär für die europäischen Angelegenheiten — zurückblicke, so wird mir besonders lebendig sein Anteil um das Bemühen zur Konver­ tibilität der D-Mark, an der europäischen Integration — sowohl der noch unerfüllten gesamteuropäischen Integration als auch der der Sechs —, an der internationalen Koordinierung der Konjunkturpolitik mit ihrem „Kodex des guten Verhaltens“ und an der vor uns liegenden Aufgabe der Beeinflussung gesellschaftlicher Zustände und Entwicklungen mit wirtschaftspolitischen Mitteln, d. h. an der Formung eines lebenswahren und glaubwürdigen gesellschaftspolitischen Leitbildes unserer Zeit. Welchen Anteil hat Müller-Armack an diesen Ideen und Gestaltun­ gen? Es gehört zu den Eigenheiten der Willensbildung eines demokra­ tischen Staatswesens, daß man selten einem einzigen Manne das allei­ nige Verdienst an einer geglückten Entscheidung oder Entwicklung zu­ schreiben kann. Ideen, die nicht untergründig reif sind ans Licht zu rükken, haben kaum Aussicht, von den Organen des Staates willkommen geheißen oder gar anerkannt zu werden, und sind sie willkommen, so sind eben zahlreiche Institutionen und Dienststellen an ihrer Ausprä­ gung beteiligt. Mit dem Anteil Müller-Armacks ist es nicht anders. Er hat die Konvertibilität der europäischen Währungen und der D-Mark nicht „erfunden“; sie war schon angelegt in der Europäischen Zahlungs­ union von 1950. Aber er hat nicht nur in langen und mühseligen Ver­ handlungen die 1952 und 1953 noch ungewöhnliche Forderung nach freier internationaler Verwendbarkeit der nationalen Währungen zu einer

Zum Geleit

IX

gängigen Münze gemacht, sondern auch zu dem sie auslösenden „Euro­ päischen Währungsabkommen“ beigetragen, bis sie schließlich Ende 1958 Wirklichkeit wurde. Die europäische Integration ist sicher nicht das Werk Müller-Armacks, aber man findet wieder kaum jemand, der mit größerer Leidenschaft aus der Verantwortung für die Einheit des ganzen Europa an den Möglichkeiten des „Brückenschlags“ arbeitet, phantasievoll und unverdrossen. Auch die internationale Koordinierung der Konjunktur­ politik wurde schon von anderen als ihm zur Forderung erhoben. Hier zeigt sich bei Müller-Armack vielleicht am klarsten, daß die Verbindung von Einsicht und Absicht den Wirtschaftspolitiker ausmacht. Sein Amt gab ihm die Möglichkeit, die internationale Anerkennung seiner Einsich­ ten in Gestalt bestimmter Institutionen herbeizuführen. Und der Autor von „Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft“ schließlich, der 1946 auf Grund seines Bildes von der erstrebenswerten gesellschaftlichen Form des deutschen Volkes seine wirtschaftspolitischen Ratschläge gab, ist auch berufen, seinen Anteil an der die Gesellschaft formenden und umfor­ menden Entwicklung zu haben, soweit das die Wirtschaftspolitik ver­ mag — und sie vermag sehr viel. Die Zusammenarbeit mit dem heute zu ehrenden Manne wird immer zu meinen schönsten Erinnerungen gehören. Jedes Gespräch, ja, unser gemeinsames Bemühen um fruchtbare Lösungen war immer dem Ernst der Sache gemäß, aber nie von jenem falschen Eifer getragen, der jede Menschlichkeit auslöscht. Seine Standfestigkeit in entscheidenden Fra­ gen, aber auch die seinem gütigen Wesen entsprechende Bereitschaft, sich zu verständigen und zu versöhnen, sein auch hinter dem Ernst sei­ nes Wesens immer durchschimmernder Humor zeichnen das Bild einer ebenso tatkräftigen wie liebenswürdigen Persönlichkeit, die dem Men­ schen und der Sache, denen er verbunden ist, unverbrüchliche Treue hält. Mit den Beiträgen in diesem Buch ehren seine Fachkollegen der Uni­ versität den Wissenschaftler. Mit meinem Vorwort möchte ich den Mann ehren, der die in Deutschland so seltene Kombination von umfassender Gelehrsamkeit und phantasievoller Gestaltung im staatlichen Handeln verkörpert. Dem nunmehr Sechzigjährigen gilt meine menschliche Zu­ neigung und mein bleibender Dank.

Von Freund zu Freund Für den Finanzminister einer Regierung, die es sich zur Aufgabe macht, einen sozialen Rechtsstaat aufzubauen und zu erhalten, ist es eine Freude, an der Ehrung für einen Mann teilzunehmen, auf dessen wissenschaftliches Wirken wesentliche Merkmale der Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung dieses Staates begründet sind.

Nach vielen Jahren der Forschung und Lehre an der Universität er­ hielt Alfred Müller-Armack Gelegenheit, als Staatssekretär im Bundes­ ministerium für Wirtschaft die Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik der Bundesrepublik in entscheidender Weise mitzugestalten. Daß wir in der Bundesrepublik mit so großem Erfolg eine neue Wirtschaftsordnung, die Soziale Marktwirtschaft, allen Schwierigkeiten der Nachkriegsjahre zum Trotz verwirklichen konnten, ist nicht zuletzt sein Verdienst. Die Soziale Marktwirtschaft ist nicht nur eine ordnungspolitische Kon­ zeption, für die Alfred Müller-Armack erstmals den Namen prägte, son­ dern sie ist Ausdruck eines politischen Wollens, das ihn ebenso wie seine gleichgesinnten Freunde ganz erfüllt. Nach der Vorstellung ihrer Schöpf er ist die Soziale Marktwirtschaft mehr als ein Mittel, um dem Wirtschafts­ geschehen einen bestimmten Ablauf zu geben. Sie ist eine zielsetzende Kraft, die auch die Struktur der Wirtschaft und die gesellschaftliche Ordnung umfassen und damit den Ort des Staates im Gesamtzusam­ menhang aller gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Faktoren eines Volkes bestimmen soll. Alfred Müller-Armack hat entscheidend daran mitgewirkt, den Stil­ gedanken in die Wirtschaftswissenschaft einzuführen. Der Vorstoß zum Grundsätzlichen ist typisch für ihn, wobei das Grundsätzliche sich nicht auf das Nächstliegende beschränkt. Seine Arbeiten, besonders die auf dem Feld der Religionssoziologie, greifen weit aus und führen in die europäische Vergangenheit zurück. In diesen Forschungen mag auch eine geistige Quelle der Arbeiten an der europäischen Integration liegen, die nicht nur hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen und politischen Aus­ gestaltung, sondern auch hinsichtlich ihrer geistigen Begründung dem Jubilar so viel verdankt. Unsere Erkenntnis, daß wir Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik in der heutigen Zeit nicht mehr in den engen Gren­ zen der europäischen Nationalstaaten betreiben können, sondern eine

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Von Freund zu Freund

intensive Zusammenarbeit mit den anderen Völkern des freien Europa suchen müssen, ist nicht zuletzt auch ihm zuzuschreiben. Es scheint mir einer der wesentlichsten Erfolge des Leitbildes der Sozialen Marktwirtschaft zu sein, daß der scheinbar unversöhnliche Ge­ gensatz zwischen der liberalen Forderung nach einem wirtschafts- und damit gesellschaftspolitisch möglichst untätigen Staat und der sozia­ listischen Lehre vom selbstwirtschaftenden Staat aufgehoben und dem Felde der politischen Meinungsverschiedenheiten entrückt wurde. Da­ mit wurde der Weg freigemacht zu einem nüchternen und unserer Lage angepaßten Durchdenken der Rolle des Staates, ein Dienst, der um so höher zu schätzen ist, als er Spannungen überwand, die gerade in unserem Volk manchmal so weit gingen, daß aus widersprechenden Ansichten erbitterte Feindschaften wurden. Alfred Müller-Armack ge­ hört also zu denen, die geistige Brücken geschlagen haben. Er blieb aber nicht der Mann des kühnen Gedankens, den zu verwirklichen er anderen überließ, sondern er legte selbst Hand ans Werk.

Seine Freunde haben sich zusammengefunden, um ihm zu seinem 60. Geburtstag als Festgabe einige Ergebnisse ihres Nachdenkens über Probleme zu überreichen, mit denen sich auch der Wirtschaftswissen­ schaftler und Wirtschaftspolitiker und nicht zuletzt der Soziologe MüllerArmack beschäftigt hat. Ich möchte diesen Arbeiten aus der Sicht meiner jetzigen Aufgabe einige Gedanken voranstellen. Als im Jahre 1945 nicht nur das politische Gefüge eines Staates, son­ dern auch dessen geistige und materielle Grundlagen zusammenbrachen, galt es, Voraussetzungen für ein neues staatliches Zusammenleben zu schaffen, und zwar alle. Ich möchte mich darauf beschränken, die Auf­ gaben aufzuzeigen, die im Bereich des Wirtschaftlichen bestanden. Si­ cherlich wäre es falsch, dabei nur an das Wirtschaftsleben selbst und weiter an die staatlichen Einrichtungen zu denken, ohne die Wirtschafts­ politik nicht möglich ist. Es ging vielmehr um deren grundlegende Vor­ aussetzungen, eine neue Wirtschaftsphilosophie. Wir alle erinnern uns noch an das Feldgeschrei, hie Marktwirtschaft, hie Planwirtschaft, und wir erkennen den Erfolg der Sozialen Marktwirtschaft nicht zuletzt daran, daß die Auseinandersetzung darüber verstummt ist. Das ist zu­ nächst ein politischer Erfolg, hinter dem aber die geistige Arbeit, die zu diesem Ergebnis führte, nicht übersehen werden darf.

Doch wenden wir uns den konkreten Aufgaben zu, die zu lösen ohne die richtige Konzeption nicht möglich gewesen wäre. Zunächst galt es, die materielle Kriegsnot zu beseitigen. Was steckte aber alles in diesem Wort! Es ging ebenso um den Wiederaufbau des Produktionsapparates

Von Freund zu Freund

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wie um die Wiederherstellung eines Verkehrsnetzes. Es ging um das Wiederanknüpfen von Handelsbeziehungen mit dem Ausland nicht min­ der als um die Darbietung von Grundvoraussetzungen auf dem Gebiet des Unterrichts- und Gesundheitswesens. Es ging aber zugleich auch darum, denen, die keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen konnten, einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren und einschließlich der Flüchtlinge und Vertriebenen alle die, die der Krieg aus ihrer Bahn ge­ worfen hatte, wieder in den Wirtschaftsprozeß einzugliedern. Hinter diesen Beispielen stecken Vorgänge, die in den Worten Kapitalbildung und Einkommensumverteilung einen sicherlich richtigen, aber doch et­ was blassen und die Problematik nur ungenügend treffenden Ausdruck finden; denn es ging ja zunächst nicht darum zu verteilen, sondern darum, überhaupt erst einmal etwas Verteilbares zu schaffen. Nicht genug mit diesen Schwierigkeiten, die innere Sicherheit zu ge­ währleisten. Auch die äußere Sicherheit stellte ihre Ansprüche. Das Kriegsende bedeutete mindestens in Europa den Abschluß vieler Er­ scheinungen der nationalstaatlichen Epoche, und es stellte sich die Auf­ gabe einer europäischen Integration mit all den unruhevollen Anpas­ sungsnotwendigkeiten, die solch ein Vorgang mit sich bringt. Die wirt­ schaftliche und politische Integration stellte aber die Politiker vor voll­ kommen neue Aufgaben, sei es, daß die technische Entwicklung bei der gemeinsamen Verteidigung Ansprüche stellte, mit denen sich bislang die Völker noch nicht auseinanderzusetzen hatten, sei es, daß von dem Farbenwechsel auf der Landkarte, den das Mündigwerden der Völker in Asien und Afrika und ihr wirtschaftliches Entwicklungsbedürfnis auslösten, ein Einfluß nicht geringeren Ausmaßes ausging. So war die Wirtschaftspolitik und mit ihr die Finanzpolitik vor un­ gewöhnliche Aufgaben gestellt, Ansprüche vorher unbekannten Um­ fanges mußten materiell und geistig befriedigt werden. Wachstum um jeden Preis schien das unabdingbare Gebot der Zeit zu sein. Wie konnte es aber verwirklicht werden, ohne die Verpflichtungen des sozialen Rechtsstaates mit seiner Eigentumsordnung zu verletzen und dem Be­ dürfnis nach einer regional, fachlich und soziologisch harmonischen Struktur zu genügen? Den goldenen Schnitt zu finden, war die Aufgabe der Wirtschaftspolitiker und das Ziel, persönliche Freiheit und soziale Sicherheit miteinander zu vereinen. Wir wissen, daß diese Aufgabe noch nicht mit den unbestrittenen Erfolgen der Sozialen Marktwirtschaft er­ füllt ist. Unter der Last der materiellen Sorgen der Nachkriegsepoche haben wir mehr auf die praktischen Aufgaben geschaut, die wir mit dem Leitbild der Sozialen Marktwirtschaft erfüllen wollten als auf die Verfeinerung dieser Konzeption.

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Von Freund zu Freund

Nachdem die materielle Seite so erfolgreich bewältigt wurde, müssen wir nunmehr den Beweis antreten, daß die Soziale Marktwirtschaft auch den geistigen Anspruch rechtfertigt, das Leitbild einer in sich ausgewo­ genen, von sozialen Spannungen bereinigten Gesellschaft freier Men­ schen zu sein, Alfred Müller-Armack hat auch in dieser Hinsicht schon bedeutende Pionierarbeit geleistet und den Gesellschafts- und Wirtschafts­ politikern für künftiges Wirken eine Verpflichtung aufgezeigt, die in diesem Buch ihr vielfältiges Echo findet.

Inhalt 1. Wettbewerb und Wirtschaftsordnungspolitik Wilhelm Röpke

Die Laufbahn der Sozialen Marktwirtschaft

3

Reinhard Karnitz

Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft ..

11

Theodor Wessels

Über wirtschaftspolitische Konzeptionen des Wettbewerbs...................................................... 19

Paul Braeß

Über das Wettbewerbssystem der Versiche­ rung .................... 29

Axel von Gadolin

Der Wohlfahrtsstaat und die Soziale Markt­ wirtschaft ......... 43

Fritz W. Meyer

Die Leistungsfähigkeit der Planwirtschaft ..

Alexander Rüstow

Paläoliberalismus, Kommunismus und Libe­ ralismus ............. 61

Gerhard Paschke

Strukturprobleme der Landeswirtschafts­ politik ................ 71

Gerhard Weisser

Probleme beratender Sozialwissenschaft ....

Ludwig Heyde

Einige Grundsatz- und Strukturfragen zen­ traler Wirtschaftsräte . 97

Ernst Lagler

Agrarstrukturpolitik und Einkommens­ bildung .............. 113

Fritz Karl Mann

Von den Wandlungen und Widersprüchen der Steuerideologie ................................................. 121

Kurt Schmidt

Zur Problematik der finanzpolitischen Wil­ lensbildung im demokratischen Gruppenstaat 129

53

83

2. Wachstumstheorie und Konjunkturpolitik Walter G. Hoffmann

Wachstumstheorie und Wirtschaftsgeschichte 147

Ludwig von Mises

Kapitalbildung und die Lehre vom Wachs­ tum .................... 159

Theodor Pütz

Geschichtliche Wandlungen der Konjunktur­ schwankungen und Konjunkturpolitik......... 167

Inhalt

XVI Alfred Hartmann

Die Finanzpolitik — ein Instrument der deut­ schen Wirtschafts- und Konjunkturpolitik? 189

Theodor Beste

Über die Finanzierung des Wiederaufbaues der deutschen Wirtschaft nach der Geldre­ form von 1948 ................................................. 203

Bernhard Pfister

Arbeits- und Kreditpolitik im Zeichen der Vollbeschäftigung ............................................. 215

Ernst Dürr

Restriktive Kreditpolitik und Geldtheorie .. 221

Hans Besters

Staatliche Autonomie und internationale Konjunkturpolitik ............................................ 243

Johann Schöllhorn

Europäische Konjunkturpolitik .................... 255

3. Europäische Integration und internationale Beziehungen Walter Hallstein

Wirtschaftliche Integration als Faktor politi­ scher Einigung................................................... 267

C. F. Ophüls

Über die Auslegung der Europäischen Ge­ meinschaftsverträge ........................................ 279

Ulrich Mey er-Cording

Die europäische Integration als geistiger Ent­ wicklungsprozeß ............................................... 291

A. H. van Scherpenberg

Einige handelspolitische Probleme der euro­ päischen Integration........................................ 321

Ferdinand A. Hermens

Europäische Wahlen und europäische Einig­ keit ................................................................... 331

Hannedore Kahmann

Europaideen und Europaprojekte in der Ge­ schichte bis zum Ausklang des 19. Jahr­ hunderts .............................................................. 345

Paul Berkenkopf

Grundfragen einer einheitlichen europäischen Verkehrspolitik ................................................. 363

Rudolf Seyffert

Der betriebswirtschaftliche Vergleich im euro­ päischen Binnenhandel .................................. 375

Bruno Kuske

Zur Entstehung der Weltwirtschaft ............. 387

Harriet Hoffmann

Kulturelle Beziehungen zwischen Nationen 399

Gottfried Haberler

Bemerkungen zum Problem des wirtschaft­ lichen Regionalismus ...................................... 415

Christian Watrin

Die Weltwirtschaftsorganisationen und die Regulierung zwischenstaatlicher Interessen­ konflikte ........................................................... 425

Heinrich Rittershausen

Flexible Devisenkurse oder Setzung und Bin­ dung der Zentralbank? .................................. 449

Hans Willgerodt

Kapitalbilanz und Devisenströme ................ 459

Inhalt

xvn

4. Kultursoziologie, Gesellschaft^- und Sozialpolitik Michael Schmaus

Das Verhältnis des Christen zur materiellen Welt und ihren Ordnungen ........................... 473

Hans Erich Stier

Die Wiedergeburt Europas in der Spätantike 487

Oskar Söhngen

Religion und Wirtschaft. Theologische Er­ wägungen zu Alfred Müller-Armacks reli­ gionssoziologischen Untersuchungen ............... 501

Goetz Briefs

Die „Frontier“, ein Problem der Beziehungen zwischen Religion und Wirtschaft ................ 513

Leopold von Wiese

Innere Nöte im zwischenmenschlichen Leben 523

Franz Greiß

Unternehmertum in letzter Bindung an höhere Werte .................................................... 533

August M. Knoll

Das Vaterbild in der Barock-Soziologie .... 547

Rent König

Gestaltungsprobleme der Massengesellschaft 559

Jan Jurriaan Schokking

Führung in Politik und Wirtschaft ............... 575

Wilfrid Schreiber

Sozialpolitik in der Sozialen Marktwirtschaft 587

Werner Ernst

Grundeigentum im Städtebau und Gesell­ schaftsordnung .. 605

Hans-Herbert Weber

Kritische Bemerkungen zur Politik der Ver­ mögenstreuung . 615

Walter Hesberg

Verbraucher und Soziale Marktwirtschaft .. 627 *

Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Bemerkungen zum Werk Alfred Müller-Armacks ................................................................................... 635

Bibliographie ..................................................................................................... 647 Namenregister ................................................................................................... 651

Sachregister ....................................................................................................... 659

1. Wettbewerb und Wirtschaftsordnungspolitik

Die Laufbahn der Sozialen Marktwirtschaft Von Wilhelm Röpke I

Den Namen für eine geistige oder politische Bewegung erfunden zu haben, der an ihr haftet, ist gewiß nicht ohne Verdienst. Aber im allge­ meinen ist es ein Ruhm bescheidener Art, der daher auch oft anonym bleibt. Wer das Wort „Impressionismus“ erdacht hat, kann mit einiger Befriedigung auf die Bahn dieses so lancierten Namens blicken, aber nur wenige wüßten zu sagen, wer es eigentlich gewesen ist, der diese Taufe vollzogen hat. Mit dem Gelehrten und Staatsmann, zu dessen Ehrung wir uns hier in Freundschaft und geistiger Verbundenheit an seinem 60. Geburts­ tag vereinigen, steht es nicht unwesentlich anders. Gewiß: er hat die glückliche Wortfügung „Soziale Marktwirtschaft“ geschaffen, und das ist mehr, als die Marke „Veronal“ zu erfinden. Aber dahinter steht eben doch eine Leistung ganz anderer Art, ein echtes und großes Verdienst, das freilich mit der Leistung der glücklichen Wortfügung eng verbunden ist. Daß Alfred Müller-Armack um die Mitte des 20. Jahrhunderts ein Wort gefunden hat, das schlechthin unentbehrlich geworden ist — ob­ wohl sich vielleicht inhaltlich manches dagegen sagen ließe — und sich geradezu die Welt erobert hat, nicht nur als „Soziale Marktwirtschaft“, sondern auch als „social market economy“, „economic de marche so­ ciale“, „economia di mercato sociale“ oder in welcher Übersetzung auch immer, wird man sich einst als Kuriosität erzählen, nicht unähnlich der lustigen Geschichte vom Ursprung des Wortes „Veronal“. Aber daß der­ selbe Mann in der vordersten Reihe derjenigen steht, die diesem Wort theoretisch einen inhaltsschweren und präzisierten Sinn und in der poli­ tischen Praxis eine überragende Bedeutung gegeben haben, darauf kommt es an, und das ist es, was, so wünschen wir, an seinem Namen haften soll. Es ist eines der Kennzeichen der geistigen Bewegung, die dann zur Theorie der Sozialen Marktwirtschaft und zu ihrer praktischen Ver­ wirklichung geführt hat, daß es hier keinen „Stifter“, keinen Mani oder Jansen gibt, keinen Marx oder Keynes, der alles beherrscht oder arrogant zu beherrschen sucht. In Wahrheit — und hier liegt das eigent­ liche Geheimnis der Laufbahn der Sozialen Marktwirtschaft als Gedanke

4

Wilhelm Röpke

wie als Politik — handelt es sich um eine Antwort, die sich mehr oder weniger gleichzeitig und mehr oder weniger übereinstimmend einer Reihe von Ökonomisten unserer Zeit aufgedrängt hat, als sie uns vor die Frage stellte, wie denn aus dem Dilemma zwischen dem offenbaren und nicht ohne tiefen inneren Grund erfolgten Zusammenbruch des wesentlich nichtkollektivistischen Systems, das sich nach dem ersten Weltkriege im Westen entwickelt hatte, und der ebenso offenbaren Gesellschafts-, Wirt­ schafts- und Kulturkatastrophe des Kollektivismus ein Entrinnen mög­ lich sei. Es war geradezu unvermeidlich, daß sich mehreren zugleich der Gedanke aufzwang, daß der Kollektivismus und der mit ihm untrenn­ bar verbundene Inflationismus, weit entfernt davon, irgend etwas zu „lösen“ oder „aufzubauen“, nur die letzten Phasen des Zusammenbruchs des alten „liberalen“ Systems sind, so daß also die konstruktive Umbe­ sinnung bei diesem System selber ansetzen muß, und zwar so, daß sie das schärfster Kritik Würdige und daher zu Verwerfende von den unter allen Umständen zu bewahrenden und gerade durch diese Reinigung allein zu rettenden Elementen der Freiheit und der Ordnung trennte. Einige unter uns haben früh, Jahre vor dem mitteleuropäischen Zusam­ menbruch des alten „liberalen“ Systems mit dieser Besinnung begonnen, aber als dann die Große Katastrophe kam, wurde uns unser Denken immer eindeutiger durch das, was sich vor unseren Augen ereignete, vorgezeichnet. Das Neue, was also unter dem von Alfred Müller-Armack in Umlauf gesetzten Namen der Sozialen Marktwirtschaft zu Ehren und Erfolg ge­ kommen ist, hat an einigen wenigen Schreibtischen begonnen, und der seinige ist einer der fruchtbarsten unter ihnen gewesen, zum minde­ sten derjenige, an dem der für uns wesentliche Gedanke an das Meta­ ökonomische besonders kräftig zu seinem Recht gekommen ist. Wir waren, um mit Heinrich V. zu sprechen, „we happy few“, „a band of bro­ thers“, nur mit dem Unterschied, daß es sehr zweifelhaft ist, ob man uns „happy“ nennen durfte, und mit dem anderen, daß wir von unserer gei­ stigen Brüderschaft erst spät und unvollkommen Kunde erhalten haben. So wäre es denn heute eine überaus reizvolle Aufgabe, diese so ver­ wickelte und verzweigte Entstehung des Gedankens der Sozialen Markt­ wirtschaft im einzelnen zu erforschen und darzustellen. Wie wir uns vorwärtsgetastet haben, wie wir Irrtümer begangen und möglicherweise korrigiert haben, wie wir den Akzent bald so, bald anders gesetzt haben, wie die einen als enttäuschte Sozialisten, die anderen als ernüchterte Liberale und noch andere als um den Sinn des Christentums Ringende zu uns kamen, wie wir bald mit diesem, bald mit jenem Gedanken experi­ mentierten, wie wir uns gegenseitig befruchteten, welchen Anteil ein­ zelne Gruppen und Länder daran hatten, — das und manches andere wartet hier auf den verständnisvollen Chronisten. Er wird sich hoffentlich

Die Laufbahn der Sozialen Marktwirtschaft

5

bald finden, und es ist zu wünschen, daß er sich nicht auf den deutschen Sprachbereich beschränkt, sondern sich um Männer wie Einaudi, Bresciani-Turroni, Rueff und alle anderen in Italien, Frankreich und, wo es sonst sei, gebührend kümmert. Auch davon, was der „Dritte Weg“, den ich, auf einen anders gemeinten Ausdruck Franz Oppenheimers zurück­ greifend, in den dreißiger Jahren mit einem mich selber überraschen­ den und angesichts der zahlreichen Mißverständnisse bald beunruhigen­ den Erfolge von Istanbul aus gepriesen hatte, mit der Sozialen Markt­ wirtschaft zu tun hat, auch davon, was andere gemeint haben, die von einem Raum „Zwischen Kapitalismus und Sozialismus“ gesprochen ha­ ben, und von manchem anderen müßte die Rede sein. Erst dann würde auch der Platz angemessen bestimmt werden können, der unserem Ju­ bilar in dieser geistigen Etappenfolge zukommt, obwohl wir heute schon wissen, daß es ein Ehrenplatz ist. II Ich habe vor kurzem an anderer Stelle, wo ich mit den „Verleumdern der Marktwirtschaft“ ins Gericht zu gehen hatte, davon gesprochen, daß heute die wenigsten, die die Früchte der Sozialen Marktwirtschaft nicht nur als etwas Selbstverständliches, sondern sogar mit säuerlicher Miene genießen, eine angemessene Vorstellung davon haben können, was dieser so beschriebene Weg für uns, die ihn bereitet haben, bedeutet hat. Nur wir selber wissen wahrscheinlich, was wir in diesem Kampfe für Frei­ heit, Ordnung, Gleichgewicht und Massenwohlfahrt auf uns zu nehmen hatten, wieviel Glaube, Geist- und Nervenkraft, Überzeugungstreue, Ent­ sagung und Opferwille vonnöten gewesen sind. Aber schließlich kam dann, vor allem nach dem 1948 von Deutschland gegebenen Beispiel, die Zeit der Ernte, die das alles zu entlohnen schien, und erst jetzt begann für Alfred Müller-Armack die Zeit, da er auf der Bühne der praktischen politischen Gestaltung seine besonderen Gaben in den Dienst der uns gemeinsamen Sache stellen konnte. Hätte man damals vorausgesagt, daß ein Jahrzehnt später Mitglieder des amerikanischen Kabinetts nach Bonn reisen würden, um mit einem Ungestüm, das man bis dahin nur von kapitalhungrigen Entwicklungs­ ländern gewohnt gewesen war, von diesem Lande eine Unterstützung zur Stärkung des schwach gewordenen Dollars zu fordern, so hätte man vielleicht an seiner geistigen Gesundheit gezweifelt. Natürlich wissen alle einigermaßen Gebildeten, daß diese Forderung auf einem elemen­ taren nationalökonomischen Denkfehler beruhte, aber daß in ihr eine Einschätzung der wirtschaftlichen Erstarkung Deutschlands zum Aus­ druck kommt, die auch dann, wenn sie auf ihr richtiges Maß zurückge­ führt wird, noch immer einen vor kurzem noch für unvorstellbar gehal­ tenen Grad des Aufstiegs voraussetzt, ist ebenso unzweifelhaft wie das

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Wilhelm Röpke

andere, daß diese Verwirklichung des vordem Unvorstellbaren ohne die Soziale Marktwirtschaft nicht möglich gewesen wäre. Zur selben Zeit erweist sich erst jetzt voll die werbende und zündende Kraft der Idee der Sozialen Marktwirtschaft. Es ist durchaus keine Über­ treibung, zu sagen, daß heute, da in Deutschland die unbelehrbaren Mäkler und Krittler wieder ihr Haupt erheben, in der Welt das Prestige unseres Programms freier Wirtschaft und Gesellschaft immer noch wächst. Dieses Prestige ist zugleich so groß, daß es den westlichen Sozialismus seines eigentlichen Programms beraubt und ihn auf seltsame Neben­ wege abdrängt, weil eben auch die von ihm anzulockenden Massen trotz aller geistlosen Witzeleien über das „Wirtschaftswunder“ nicht mehr auf die produktive und ordnende Kraft der Marktwirtschaft verzichten wol­ len. Selbst Sozialisten, zum mindesten wenn sie Wahlen gewinnen wol­ len, glauben nicht mehr an „Planwirtschaft“ und „Sozialisierung“, und auch eingefleischte Interventionisten müssen in Verlegenheit geraten, wenn sie sich am Beispiel der Wohnungszwangswirtschaft die Wirkun­ gen einer Mischung von Marktwirtschaft und Kollektivismus klarzu­ machen die Mühe geben. In der Tat hat Deutschland durch die Soziale Marktwirtschaft der Welt ein nachahmenswertes Beispiel konstruktiver und zur internationalen Gemeinschaft führender Wirtschaftspolitik gesetzt, nachdem dasselbe Land vorher unter der Herrschaft des Nationalsozialismus das abschrekkende Beispiel einer wirtschaftlich zerrüttenden und international des­ integrierenden Wirtschaftspolitik gegeben hatte. Es ist das eine nicht unnoble Art gewesen, das durch das frühere schlechte Beispiel angerich­ tete Unglück wiedergutzumachen. Es liegt ein für unser Zeitalter alles andere als schmeichelhafter Sinn darin, daß die Welt dem früheren schlechten Beispiel kollektivistisch-inflationärer Politik sehr eifrig, rasch und ausdauernd gefolgt ist und daß auch die Deutschland zunächst ver­ waltenden Siegerstaaten daran festgehalten haben, daß diese selbe Welt aber großenteils mit Mißtrauen, Unverstand und Feindseligkeit aufs äußerste gezögert hat, dem neuen guten Beispiel nachzueifern. Aber die Tatsachen und die Logik der Dinge haben schließlich eine zu klare und eindeutige Sprache gesprochen, als daß nicht am Ende eine Regierung nach der anderen auf diese Linie hätte einschwenken sollen, mehr oder weniger konsequent, mehr oder weniger erfolgreich, aber in der nicht zu verkennenden Richtung der Marktwirtschaft und der monetären Dis­ ziplin. Frankreich ist dafür ein besonders eindrucksvolles Beispiel gewesen, aber auch in einem Lande wie Spanien ist man sich in den Krei­ sen der Verantwortlichen immer klarer geworden, daß über das Marsch­ ziel der Marktwirtschaft und der nichtinflationären Finanzpolitik kein Zweifel mehr sein kann. In Argentinien, Peru, Kolumbien, Chile und Mexiko sind heute die Regierungen mit dem deutlichen Blick auf die

Die Laufbahn der Sozialen Marktwirtschaft

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Erfolge des europäischen „Neoliberalismus“ am Werk, um dasselbe zu tun, was bei uns ein Land nach dem anderen erfolgreich getan hat: den „cercle des folies“ eines inflationär-kollektivistischen Mischsystems in der allein möglichen Weise zu beenden, nämlich durch Einlenken in die Bahn der Marktwirtschaft und monetären Disziplin. Diese lateinamerikanischen Länder sind ja zum überwiegenden Teil solche, die zu den sog. „unentwickelten“ zu rechnen sind, und so be­ weisen sie durch ihren heutigen Kurs, wie wenig überzeugend es ist, wenn uns zum Überdruß gesagt wird, daß dieselbe Logik und Erfah­ rung, die sich in der inflationsfreien Marktwirtschaft der entwickelten Länder bewährt hat, im Falle der unentwickelten Länder nicht anwend­ bar sei. Selbst in einem Lande wie Indien mehren sich erfreulicherweise neuerdings die Stimmen ausgezeichneter Nationalökonomen, die, der aus Inflation und Bürowirtschaft gemischten Politik der eigenen sozia­ listischen Regierung überdrüssig, nachdrücklich dem Vorbilde der „So­ zialen Marktwirtschaft“ zu folgen empfehlen und Erhard gegen Nehru ausspielen1. Wenn sich schließlich heute in den Vereinigten Staaten ein immer stärkeres wissenschaftliches Interesse für den „Neoliberalismus“ und die „Soziale Marktwirtschaft“ regt, so hat das unter anderem den tie­ fen Grund, daß auch dort auf den bisher herrschenden Einfluß des kollek­ tivistisch-inflationären Kurses unter den Theoretikern eine Reaktion in der Luft liegt und vielleicht als um so dringender empfunden wird, je deutlicher es wird, daß selbst dieses Land schwere Sünden der inneren Wirtschaftspolitik begangen hat, die die eigentliche Ursache der ameri­ kanischen Zahlungsbilanzsorgen sind2.

III Das alles ist mit Nachdruck zu sagen, um diejenigen in die Schran­ ken zu weisen, die uns heute glauben machen wollen, die Soziale Markt­ wirtschaft sei eine abgestandene, verbrauchte oder provinzielle Idee, und uns aufs neue für irgendeine Form der Planwirtschaft erwärmen wol­ len. In Wahrheit hat sich nicht das Geringste daran geändert, was diese 1 In erster Linie ist hier Professor B. R. Shenoy (Ahmedabad) zu nennen. Auch der Führer der neuen „konservativen“ Partei, Masani, denkt über die Anwendbarkeit des Erhardschen Rezeptes auf sein Land weit günstiger als sein bewundertes Vorbild. 2 Ich habe mich dazu — offenbar in Übereinstimmung mit vielen urteils­ fähigen Amerikanern — in einigen Aufsätzen der „Neuen Zürcher Zeitung“ geäußert: Dollarsorgen und europäische Mißintegration, Nr. 479 und 491 vom 13. und 14. Februar 1960; Defekte der Weltwirtschaft, Nr. 2546 und 2555 vom 27. und 28. Juli 1960; Diagnose und Therapie der amerikanischen Zahlungs­ krise, Nr. 4145 vom 25. November 1960. — Ich verweise ferner auf meinen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 25. Februar 1961 erschienenen Aufsatz: D-Mark und Dollar.

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Wilhelm Röpke

Idee — um die Alfred Müller-Armack ein so großes Verdienst hat — in der Welt von heute bedeutet: das echte und einzige Programm der Ord­ nung in Freiheit, der Massenwohlfahrt und der dem Menschen angemes­ senen Wirtschaft und Gesellschaft, das wir anbieten können, das wahre und einzige Programm, das den Kommunismus in die Enge treibt, wäh­ rend alles, was diesem Programm im Namen der Konzentration, der Verächtlichmachung des Eigentums und des „Bürgerlichen“ schlecht­ hin, des Kolossalen und des „Bigger and Better“ von manchen Intellek­ tuellen entgegengesetzt wird, im Grunde ohne Philosophie und Doktrin ist und dem Kommunismus mit bloßen Verdünnungen seiner eigenen Politik antwortet. Und doch haben wir Verfechter der Sozialen Marktwirtschaft heute weniger Grund als je, uns auf Lorbeeren auszuruhen. Im Gegenteil, nie­ mals ist es deutlicher als heute gewesen, daß es sich um eine Sache han­ delt, die einer ständig wachsamen Verteidigung bedarf, die mit nie erlahmender Gegnerschaft rechnen muß und deren Sieg in keinem Augen­ blick gesichert ist. In dieser fortgesetzten und heute besonders ernsten Gefährdung hat die Sache der Marktwirtschaft nichts mehr zu fürchten als Fehler, die in ihrem eigenen Lager begangen werden. Die Person des Freundes und Kollegen, die zu diesem Zeugnis der Verbundenheit Anlaß gibt, bietet besonders geeignete Gelegenheit zu der Bemerkung, daß es gerade die deutsche Wirtschaftspolitik gewesen ist, die die Soziale Marktwirtschaft durch schwere Fehler in große Ge­ fahr bringt, und wenn ich das sage, so bin ich der Zustimmung unseres Jubilars sicher. Ich selber habe vor kurzem Gelegenheit gehabt, öffent­ lich daran zu erinnern, daß ich vor einem Jahrzehnt der Regierung Ade­ nauer in einem von ihr bestellten Gutachten die Frage beantworten sollte „Ist die deutsche Wirtschaftspolitik richtig?“ (unter welchem Titel das Gutachten 1950 veröffentlicht wurde) und sie ohne wesentliche Ein­ schränkungen bejahen konnte. Wenn aber diese Frage, so sagte ich, heute aufs neue an mich gestellt würde, so würde ich mehr zu einem Nein als zu einem Ja neigen. Die Finanzpolitik der „Großen Kelle“ schlägt, allen vordem gemachten Versprechungen zum Trotz, alle Rekorde, und um die Reform des Steuersystems ist es still geworden, unbekümmert um die schweren Verzerrungen, die die Marktwirtschaft dadurch erleidet. Das große Problem der Konzentration und des Wettbewerbes ist unter politischem Gegendruck nur zum Teil und unbefriedigend gelöst worden. Trotz der vortrefflichen Arbeit des dafür zuständigen Ministeriums ist der Wohlfahrtsstaat weiter gewuchert. Trotz aller rechtzeitigen und wahrlich eindeutigen Warnungen hat man es zugelassen, daß die markt­ wirtschaftlichen und unter der Drohung des Kommunismus liegenden Länder Europas mit den ungelösten Problemen der „Europäischen Mißintegration“ belastet worden sind, und nun, da die mißachtete Gefahr

Die Laufbahn der Sozialen Marktwirtschaft

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der Sprengung Europas Wirklichkeit geworden ist, erkennt man zu spät, daß der Ausweg aus dieser Wirtschaftspolitik unverantwortlicher Dilet­ tanten außerordentlich schwierig, wenn nicht unmöglich ist. Und was das Schlimmste ist: die für die Währungspolitik Verantwortlichen haben sich während vier Jahren als unfähig oder unwillig erwiesen, die im wesent­ lichen von den Zahlungsbilanzüberschüssen gespeiste inflatorische Höchst­ konjunktur, die in den Annalen der Wirtschaftsgeschichte einzig dasteht, zu meistern. Vor der Wahl zwischen innerer Abwertung oder äußerer Aufwertung der D-Mark hat man sich mit immer wahlloseren Argumen­ ten für das erstere entschieden, unbekümmert um den dafür zu zahlen­ den Gesamtpreis, der höher ist, als die meisten zu ahnen scheinen, und um die Ratschläge der von keinen Privat- und Gruppeninteressen gelei­ teten Sachkundigen, die sich dafür einer wütenden und alle Grenzen des guten Geschmacks überschreitenden Kampagne derjenigen ausgesetzt sahen, die daran interessiert waren, daß nichts geschieht. Obwohl es lächerlich wäre, für dieses Sündenregister die Marktwirt­ schaft verantwortlich ziu machen, und obwohl es sich um Sünden han­ delt, die gerade an ihr verübt worden sind und von ihren Verfechtern in erster Linie und am schärfsten kritisiert werden, ist leider nicht zu be­ zweifeln, daß die erdrückende Mehrheit der Gedankenlosen und Unge­ schulten sie für die — zum Teil noch gar nicht abzusehenden — Folgen dieser Fehler verantwortlich machen werden. So ist denn leider zu be­ fürchten, daß der Sozialen Marktwirtschaft schwere Tage bevorstehen. Um so dringender wird sie dann die Kraft, die Einsicht, das Geschick und die Erfahrung eines Mannes von der seltenen Art brauchen, wie er in diesem Buche geehrt wird, und um so mehr haben wir Anlaß, ihn mit unseren herzlichen Wünschen in ein neues Jahrzehnt zu begleiten.

Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft Von Reinhard Karnitz Die Wirtschaftsordnung, die unter dem Namen „Soziale Marktwirt­ schaft“ in Westeuropa bekanntgeworden ist und die heute nicht nur den Neoliberalen, sondern auch dem überwiegenden Teil der nichtmarxisti­ schen Kräfte in Europa vorschwebt, wird nach wie vor heftig bekämpft, ja in vielen Ländern sogar aufs härteste bedrängt. Zwar sind die Er­ folge der „Sozialen Marktwirtschaft“ in Deutschland, in der Schweiz, in Italien, Österreich und auch anderswo nicht zu leugnen. Doch bedeutet dies nicht, daß die Ordnung als solche etabliert ist und daß es nun nur mehr darauf ankäme, die Marktwirtschaft „weiterzuentwickeln“. Je nach Land und je nach politischer Konstellation sind die Fundamente der Sozialen Marktwirtschaft mehr oder weniger gesichert. Es sei mir daher hier gestattet, in der Festschrift, die einem der wich­ tigsten Schöpfer des Begriffes „Soziale Marktwirtschaft“, Alfred MüllerArmack, gewidmet ist, zu versuchen, zu jenen fundamentalen Fragen zu­ rückzukehren, die man sich nicht oft genug stellen kann. Die folgenden Ausführungen befassen sich mit einigen grundlegen­ den wie auch kürzlich erschienenen Beiträgen von Alfred MüllerArmack. Sie sind, auch wenn sie sich vielleicht kritisch ausnehmen, nicht als Kritik an seinen Formulierungen, sondern als Versuch zu verstehen, eine weitere Klärung über die wichtigen begrifflichen Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft zu bringen. Ich wäre froh, würde man sie als Beitrag zu jener Auseinandersetzung empfinden, die heute als notwen­ dig erkannt wird.

Ich gehe im folgenden insbesondere von der großen Sorge aus, die mich heute um das Fortbestehen einer marktwirtschaftlichen Konzeption in Österreich erfaßt. Es mag sein, daß gewisse Argumente daher zum Teil auf die Gegebenheiten der österreichischen Situation begrenzt sind. Auch diese scheinen mir aber dennoch beachtenswert, weil sie Ansatzpunkte darstellen, die mutatis mutandis in aller Welt auftauchen und die in immer stärkerem Maße dazu verwendet werden, die Erfolge unserer Ordnung durch eine ständige, politisch forcierte Unterhöhlung der Kon­ zeption der Sozialen Marktwirtschaft zu vernichten.

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Reinhard Karnitz

Besonders dann, wenn eine Idee angefeindet, verleumdet1 und daher gefährdet wird, muß man immer wieder um die Klärung der Grundlagen dieser Idee bemüht sein. Das Prinzip des Wettbewerbes

Das Prinzip des Wettbewerbes als „unerläßliches Organisationsmittel“ der Sozialen Marktwirtschaft bedarf trotz seiner vermeintlichen Ein­ deutigkeit dennoch mancher Erklärung. Im Zeitalter des Altliberalismus kannte man überhaupt keine Durch­ brechung des Prinzips von Angebot und Nachfrage. Den freien Kräften am Markt sollte keine wie immer geartete Beschränkung auferlegt wer­ den. Dieses Prinzip der Marktfreiheit schloß auch in sich, daß durch ent­ sprechende, auf freiwilliger Basis zustandegekommene Zusammen­ schlüsse der Wettbewerb ausgeschaltet werden konnte. Im Gegensatz zu dieser prinzipiellen Möglichkeit verneint die Soziale Marktwirtschaft die Möglichkeit, das Prinzip der Freiheit zur Ausschal­ tung der Freiheit zu mißbrauchen. Darüber sollte weitgehend Klarheit herrschen, nicht nur wegen der Konsequenzen dieses Gedankenganges für die Kartell- und Antitrustgesetzgebung, sondern auch deswegen, weil an diesem Beispiel sehr leicht einer der kardinalen Unterschiede zwi­ schen vergangener und moderner Auffassung der Unternehmerwirt­ schaft liegt. Was einerseits für die Großen der Wirtschaft gilt, hat anderer­ seits auch für die mächtig gewordenen Zusammenschlüsse der Kleinen Geltung. Absprachen in den Verbänden, die zur Ausschaltung des Wett­ bewerbes führen, die immer weiter vom Prinzip der Gewerbefreiheit ab­ rücken und so die Bildung neuer, selbständiger Existenzen behindern, sind der Sozialen Marktwirtschaft wesensfremd. Die Unterordnung unter die Disziplin des Wettbewerbes, der allein in der Lage ist, ohne Behör­ denbefehle oder politische Interventionen die Dispositionen zahlloser Einzelpersonen zu koordinieren, muß mit allen Konsequenzen deutlich gemacht werden. Daraus wird dann folgen, wie weit wir jeweils von einer Marktwirtschaft entfernt sind. Grenzen einer freien Initiative

Ein zweiter wesentlicher Grundsatz der Sozialen Marktwirtschaft, wie sie von Alfred Müller-Armack im Handwörterbuch der Sozialwissenschaf­ ten aufgezeigt worden ist, lautet „die freie Initiative mit einem gerade durch die marktwirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt zu verbinden.“ Freie Initiative und Fortschritt durch marktwirtschaftliche 1 Siehe: W. Röpke, Die Verleumdung der Marktwirtschaft. „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ vom 19.11.1960.

Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft

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Leistung sind weitgehend dasselbe, eine Verbindung ist fast automatisch gegeben. Daß aber die freie Initiative durch den Ausbau von Institutio­ nen, wie des Steuersystems, die in der Sozialen Marktwirtschaft be­ stehen, unmöglich gemacht werden kann, verdient mehr Beachtung als bisher. Ich denke hier insbesondere an die schier undurchschaubaren Kombi­ nationen von Steuern des Vermögens und des Ertrages sowohl für den einzelnen wie auch für -die Körperschaften. Die Steuerkombinationen, die bei der Ausschüttung von Gewinnen auftreten, die Progressionen in der Einkommensteuer und bei den Vermögenssteuern, die Verkehrssteu­ ern und Verbrauchssteuern, stellen zusammen mit den Abgaben der Län­ der und Gemeinden ein System dar, in dem das Investieren, eine Grund­ lage dauernder Entfaltung der freien Initiative, gerade noch mühselig und oft nur durch Inanspruchnahme steuerlicher Investitionsbegünsti­ gungen aufrechterhalten werden kann. Darüber, daß der freien Initiati­ ve und damit der marktwirtschaftlichen Leistung durch das Abgaben­ system eine ganz große Gefahr droht, dürfte es keinen Zweifel geben. Die Soziale Marktwirtschaft, die auf Grund der Definition im Hand­ wörterbuch der Sozialwissenschaften „Korrekturen der Einkommens­ verteilung kennt und bejaht“, müßte andererseits auch die Grenzen sol­ cher Korrekturen festzulegen imstande sein, falls sie sich nicht selbst aufgeben will. Die Übertragung immer weiterer Leistungsverpflichtun­ gen an den Staat spricht eine sehr deutliche Sprache. Von einer „Gefährdung des Lebensraumes des einzelnen“ wird zu Recht gesprochen. Der Mensch fühlt sich tatsächlich dem Ganzen gegen­ über in der heutigen Gesellschaft „unterlegen und ungesichert“2. Ge­ rade deshalb kann nicht genug betont werden, daß eine weitere Ein­ engung des Lebensraumes des einzelnen, die immer größere Einkom­ mensteile des Volkseinkommens von den einzelnen weg in jene großen Bereiche der Staats- und Sozialfinanzen führt, welche die zitierten Unsicherheitsgefühle geschaffen haben, abzulehnen ist. Schon bei den gegenwärtigen Steuersätzen unterbleiben viele wirtschaftlich wertvolle Vorgänge. Schon bei dem herrschenden Steuerdruck wird die Mentalität „fordern statt selber leisten“ genährt. Hier befindet sich einer der großen Schnittpunkte zwischen den wirtschaftlichen und den gesellschaftlichen Zielsetzungen der Marktwirtschaft. Gerade aus solchen Überlegungen verdient die Anregung Alfred Müller-Armacks, „neue Selbständigkeit zu ermöglichen“, erhöhte Beachtung.

2 A. Müller-Armack, Soziale Marktwirtschaft allein genügt nicht, „öster­ reichische Monatshefte“, Jg. 16 (1960), H. 10, S. 18.

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Reinhard Karnitz

Soziale Verbesserungen oder perfektionistisches Sozialsystem

Alfred Müller-Armack hat festgehalten, daß „ein vielgestaltiges und vollständiges System sozialen Schutzes errichtet werden“ kann und hat damit den ersten Teil des Titels „Soziale Marktwirtschaft“ interpretiert. Doch wie vielgestaltig und wie vollständig kann das System sein, damit es sich vom Wohlfahrtsstaat sozialistischer Prägung unterscheidet? Wo sind seine Grenzen? Wie weit handelt es sich um soziale Verbesserungen, die im Zuge der steigenden Masseneinkommen als „Nebenprodukt“ der erhöhten Produktivität anfallen? Wie weit handelt es sich um aus Staats­ mitteln finanzierte soziale Systeme kollektivistischer Natur, denen es weniger darum geht, soziale Bedürfnisse in hohem Maße zu befriedigen als darum, lautstark für sie einzutreten, auch dann, wenn die Mittel, die dann erwirtschaftet werden müßten, nicht zur Verfügung gestellt wer­ den können? Sollte es nicht im Zuge der Sozialen Marktwirtschaft liegen, daß mit der Zunahme der Masseneinkommen und mit der ver­ besserten wirtschaftlichen Lage des überwältigenden Teiles der Bevöl­ kerung eine geringere Beanspruchung des wohlfahrtsstaatlichen Sy­ stems Hand in Hand ginge? Müssen wir nicht demgegenüber feststellen, daß entgegen dieser Norm, vielfach trotz Hochkonjunktur und trotz stei­ gender Einkommen, gerade der umgekehrte Trend zu beobachten ist? Fragen dieser Art veranlassen mich, eine von Alfred Müller-Armack in diesem Bereich unterschiedliche Auffassung zu vertreten. In dem ge­ nannten Artikel im Handwörterbuch der Sozialwissenschaften heißt es „eine marktwirtschaftliche Sozialpolitik unterscheidet sich von der frü­ heren lenkungswirtschaftlichen nicht durch ihre Ziele, als vielmehr durch das Instrumentale“3. Ich wage zu behaupten, daß unsere Ziele in der Sozial­ politik grundsätzlich von jenen lenkungswirtschaftlicher (sozialistischer) Systeme unterschiedlich sind. Beiden gemeinsam ist zwar, daß sie eine Besserung der Stellung jener sozialen Schichten wünschen, die unter unzureichenden materiellen Ver­ hältnissen zu leben haben; allerdings glaube ich, müßten sozialpolitische Zielsetzungen der Vertreter der Sozialen Marktwirtschaft von einem Gedankengang getragen sein, der oft mit „Hilfe zur Selbsthilfe“ charak­ terisiert worden ist. Unsere grundsätzlichen sozialpolitischen Ziele laufen nicht darauf hinaus, in breitesten Schichten der Bevölkerung von vorn­ herein eine Rentnermentalität zu erzeugen, wie das z. B. in Ländern geschehen ist, in denen selbst Unternehmer eine Staatspension bekom­ men, sondern immer wieder darnach zu trachten, Produktion und Be­ schäftigung in einem Lande so zu gestalten, daß sich die meisten Bür­ 3 A. Müller-Armack, Artikel: Soziale Marktwirtschaft. In: Handwörter­ buch der Sozialwissenschaften. Bd. 9. Stuttgart-Tübingen-Göttingen 1956. S. 391.

Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft

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ger aus eigener Kraft gut erhalten können und sich nicht von vornherein darauf einstellen, daß der Staat ihnen immer größere Einkommensteile wegnimmt, um sie ihnen in anderer Form wiederzugeben. Gerade das aber ist eines der wesentlichsten Ziele lenkungswirtschaft­ licher Sozialpolitik, der von vornherein daran gelegen ist, den Menschen davon abzuhalten, sich auf seine eigene Kraft zu besinnen und ihn viel­ mehr von frühester Kindheit an dazu erzieht, daß der Staat für alle Vorkommnisse des Lebens — ohne Ansehung der eigenen Möglichkei­ ten, für Krankheit, Alter usw. Sorge tragen zu können — einzuspringen hat. Hier wäre, glaube ich, eine Klärung notwendig, um nicht einmal — genau so wie das auch im folgenden mit dem Begriff der Marktkon­ formität geschehen könnte — Entwicklungen anbrechen zu lassen, die mit dem Hinweis auf das, was in der Marktwirtschaft möglich ist, Maß­ nahmen rechtfertigen werden, die dem Credo der Sozialen Marktwirt­ schaft an sich widersprechen.

Ausgeklammerte Märkte Alfred Müller-Armack hat darauf hingewiesen, daß eine „Blockierung ganzer Märkte“, insbesondere des Wohnungsmarktes, des Kapitalmark­ tes und der Landwirtschaft mit dem System der Sozialen Marktwirt­ schaft in Einklang gebracht worden ist. Einerseits handle es sich nämlich nur um bestimmte Teilbereiche der Gesamtwirtschaft, und andererseits seien auch sie „von den Kräften der Marktwirtschaft beeinflußt wor­ den“4, so daß das Prinzip von Angebot und Nachfrage nicht völlig aus­ geschaltet sei. So richtig diese Überlegungen an sich sind, so sehr er­ öffnen sie, wie das auch schon in bezug auf gewisse Formulierungen im Rahmen der Sozialpolitik festgehalten wurde, die Möglichkeit, durch eine Ausweitung der dem Marktgeschehen entzogenen Bereiche die Ord­ nungsprinzipien der Marktwirtschaft so weit zu durchlöchern, daß man mit Recht von „Mischformen“ oder einer dualistischen Wirtschaftsord­ nung wird sprechen müssen. In diesem Zusammenhang verdient insbesondere der Begriff „marktkonform“ Beachtung. Versteht man unter Marktkonformität nur jenen Zustand, bei dem die „Funktionsweise des Marktes sichtbar bleibt“, so lassen sich freilich eine große Zahl wirtschaftspolitischer Maßnahmen als marktkonform deklarieren, die in Wirklichkeit und obwohl sie die Funk­ tionsweise des Marktes sichtbar belassen, die Marktwirtschaft allmählich ausschalten. 4 A. Müller-Armack, Studien zur Sozialen Marktwirtschaft. (Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln. Untersuchungen. H. 12.) Köln 1960. S. 13.

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Reinhard Karnitz

Es besteht die Gefahr, daß der Begriff „Marktkonformität“ zu einem trojanischen Pferd wird, nämlich in dem Augenblick, in dem es den bis­ herigen Gegnern der Sozialen Marktwirtschaft beliebt, ihre Taktik zu ändern und mit der Beteuerung „ohnedies nur Maßnahmen zu verlan­ gen, die im System der Sozialen Marktwirtschaft ihren Platz haben“, den Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft, nämlich dem übersicht­ lichen Prinzip des Wettbewerbes und dem Vorhandensein eigenverant­ wortlicher unternehmerischer Existenzen, Schritt für Schritt ein allmäh­ liches Ende zu setzen. Meiner Auffassung nach sind die Zeiten, in denen in Westeuropa der Sozialismus im Zeichen der Verstaatlichung zum politischem Kampf ange­ treten ist, vorbei. Die Methoden, die heute angewendet werden, schei­ nen weniger schmerzhaft, sind weniger radikal, aber gerade wegen ihrer konsequenten, scheinbar maßvollen und dennoch eindeutigen Ausrich­ tung gefährlich (gutta cavat lapidem). Daher scheint mir die Forderung Alfred Müller-Armacks, die noch „gebundenen Bereiche so bald wie mög­ lich rückzugliedern“, von außergewöhnlich großer Bedeutung. An ihrer Verwirklichung zeigt sich, wie weit die marktwirtschaftlichen Prinzi­ pien in den einzelnen Ländern Geltung haben.

Finanz- und Konjunkturpolitik Wie sehr jede Form der Inflation dazu dient, die marktwirtschaftlichen Positionen zu schwächen, sei an einem kleinen Beispiel erklärt: Nachdem in Österreich die Verhandlungen zum Staatshaushalt für 1961 im Herbst 1960 abgeschlossen waren und im Zuge der damit verbundenen Tarifund Steuererhöhungen Befürchtungen laut wurden, die Preise könnten stark steigen, waren genau dieselben Politiker, die zuerst durch unnach­ giebige Forderungen für höhere Staatsausgaben den Bogen des Budgets überspannt und die erwähnten Versuche, die Einnahmen zu erhöhen, unternommen hatten, sofort mit einer Abhilfe für die Budgetproblematik zur Hand: „Der beste Schutz für den Konsumenten ist dann gegeben, wenn das Parlament Preise und Tarife bestimmt.“ Die Stoßrichtung der Gegner der Marktwirtschaft wird hier deutlich sichtbar: auf dem Budgetwege wie natürlich auch durch ständige ander­ weitige Überforderung der Wirtschaft soll die schleichende Inflation in Gang gehalten werden. Sobald die unangenehmen Auswirkungen für die Bevölkerung spürbar werden, ergibt sich eine günstige Gelegenheit, den Preisdirigismus, also die Ausschaltung der Marktwirtschaft, schmackhaft zu machen. So primitiv sich diese Vorgangsweise auf dem Papier aus­ nehmen mag, so gefährlich ist sie in Wirklichkeit und darf in gar keiner Weise unterschätzt werden.

Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft

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Oberstes Gebot einer Finanzpolitik, die im Rahmen einer Sozialen Marktwirtschaft zu führen ist, muß daher die Währungsstabilität blei­ ben. Wie die Steuerpolitik zu gestalten ist, geht schon aus den Überlegun­ gen über die Grenzen der freien Initiative des Unternehmers hervor. Wie die Geld- und Kreditpolitik auszurichten ist, ergibt sich dann un­ schwer, wenn man erst einmal die Funktionsnotwendigkeit des Kapital­ marktes anerkannt, dafür die notwendigen steuerlichen Voraussetzungen geschaffen und erkannt hat, daß auch in diesem Bereich Verzerrungen grundsätzlicher Art teuer bezahlt werden müssen. Ähnliches wie für die Finanz- und Budgetpolitik, gilt auch für die Kon­ junkturpolitik5. Das Bekenntnis zum Grundsatz einer aktiven (antizykli­ schen) Konjunkturpolitik darf ebensowenig wie der Grundsatz der Er­ haltung der Währungsstabilität ein Lippenbekenntnis bleiben. Auch hier liegen traurige Erfahrungen vor. Es hat sich nämlich gezeigt, daß in Ländern, in denen man gewillt war, bei herannahender Depression den privaten Nachfrageausfall durch verstärkte Aufträge der öffentlichen Hand zu kompensieren, nur der bequemere Teil des konjunkturpoliti­ schen Konzeptes zu verwirklichen war. Während die Politiker gerne be­ reit waren, konjunkturpolitisch überhöhten Staatsausgaben ihre Zustim­ mung zu geben, waren sie in der Zeit der Hochkonjunktur, in der es galt, dafür zu sorgen, daß Kredite, die für die Finanzierung der Antirezes­ sionsmaßnahmen aufgenommen worden waren, zurückgezahlt werden, auf dem konjunkturpolitischen Ohr taub. Die Verankerung eindeutiger finanz-, währungs- und konjunkturpoli­ tischer Grundsätze, also die unmißverständliche Darlegung, wie eine der Sozialen Marktwirtschaft entsprechende Finanz-, Konjunktur- und Wäh­ rungspolitik erfolgen soll, ist meiner Meinung nach bisher in wün­ schenswertem Ausmaß noch nicht erfolgt.

Soziale Marktwirtschaft allein genügt nicht

Kürzlich meinte Alfred Müller-Armack: „Die Ziele der Sozialen Markt­ wirtschaft sind im Hinblick auf die Entwicklung, der wir entgegen­ gehen, neu festzulegen.“ Eine solche Neufestlegung könnte leicht dazu führen, daß sich die Soziale Marktwirtschaft auf Gebiete begibt, auf denen sie nicht mehr so erfolgreich sein kann, wie auf den ihr bisher ureigenen. Eine solche Neuorientierung wirft auch die Frage auf, ob die „neue Geselllschaftspolitik“, deren Notwendigkeit außer Frage steht, eine Sache der Wirtschaftspolitiker werden soll und ob die Tatsache, daß die Soziale Marktwirtschaft seit jeher als eine „ganzheitliche Wirt­ 5 Siehe: Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft, Aktionsprogramm. März 1958. S. 3. 2 Festgabe für Müller-Armack

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Reinhard Karnitz

Schaftspolitik“ gesehen worden ist, zu diesem Vorgehen eine hinreichende Basis bietet. Bei den Bestrebungen um eine Ausweitung der Konzeption auf die Gebiete der Gesellschaftspolitik, der Kulturpolitik, der Erziehungspolitik und der Sozialpolitik handelt es sich vielfach um Neuland. Ich vertrete die Meinung, daß man auch im engeren Bereich der Wirtschaftspolitik selbst heute allerorts noch so gigantischen, ungelösten Problemen wie der Integration, der Automation, der Hilfe an die Entwicklungsländer u. a. m. gegenübersteht, daß zwar eine Modernisierung und Adaptierung der Ziele der Sozialen Marktwirtschaft notwendig ist, aber nicht im Sinn einer Erweiterung auf großteils paraökonomische Gebiete, sondern zu­ nächst und zuvorderst auf die Lösung jener Aufgaben gerichtet, die von der Wirtschaftspolitik erwartet werden. Natürlich ist „die Gesamtauf­ gabe (der Sozialen Marktwirtschaft) durch die Schaffung einer arteigenen Wettbewerbsordnung nicht zu lösen“. Daß aber „in der nächsten Phase der Sozialen Marktwirtschaft gesellschaftspolitische Probleme vor die ökonomischen treten werden“ — sozusagen als ob sie bisher nicht schon eine dominierende Stellung gehabt hätten — darf nicht darüber hinweg­ täuschen, daß die ökonomischen Aufgaben noch gar nicht gelöst sind! Immer neue Anforderungen an unsere Volkswirtschaften bedingen auch immer neue Lösungsversuche, die dem Geist der Marktwirtschaft ent­ sprechen und auch auf die sozialen Erfordernisse Rücksicht nehmen. Der Fragenkomplex der Eigentumsbildung (Eigenheim, Wertpapier­ sparen, Fahrzeugbesitz) als Barriere gegen den Kollektivismus kann hin­ gegen wiederum nicht allein vom wirtschaftswissenschaftlichen Stand­ punkt gelöst werden. Hier ist die Zusammenarbeit mit Soziologen, So­ zialpolitikern, Historikern, kurz mit Männern aus vielen Gebieten der Geistes- und Sozialwissenschaften unbedingt notwendig.

über wirtschaftspolitische Konzeptionen des Wettbewerbs Von Theodor Wessels In vielen Ländern der westlichen Welt betrachten die Wirtschaftspoli­ tiker den Wettbewerb als das Ordnungsinstrument ihrer Volkswirtschaf­ ten,und die Konkurrenz wird auch immer wieder zur Regelung der inter­ nationalen Koordination der Wirtschaftspolitik aufgerufen. Die häufige Verwendung des Terminus „Wettbewerb“ in unseren Diskussionen täuscht aber einen Consensus über Ziele und Methoden der Wirtschafts­ politik vor, der leider keineswegs immer gegeben ist. Nicht selten kom­ men wirtschaftspolitische Gruppen trotz des Bekenntnisses zum Wettbe­ werb zu genau entgegengesetzten Vorschlägen für die Lösung der glei­ chen Probleme, oder sie fordern Maßnahmen, die nicht miteinander ver­ einbar sind. Zu diesen Widersprüchen kam es nicht nur durch ideologische Verfälschungen der Interessen, die selbstverständlich auch in der Wirt­ schaftspolitik auftreten, und nicht nur durch die Bemühungen der Par­ teien, die Übereinstimmung ihrer Forderungen mit den jeweils aner­ kannten Grundsätzen der Wirtschaftspolitik vorzutäuschen. Unklarhei­ ten über den Inhalt der Wettbewerbspolitik sind vielmehr auch ent­ standen, seitdem in der Volkswirtschaftslehre mehrere Arten und Grade des Wettbewerbs unterschieden werden, denen jeweils andere Ordnun­ gen der Volkswirtschaft entsprechen. I

Die Begründer unserer Wissenschaft sahen in der Volkswirtschafts­ lehre noch einen Teil der Sozialphilosophie. Sie wollten in erster Linie zeigen, welche Form der Wirtschaft der „natürlichen Ordnung der Ge­ sellschaft“ entspreche, und sie glaubten nachweisen zu können, daß das Regulativ des Wettbewerbs eine Wirtschaft entstehen lasse, die dieser Bedingung genüge. Ihr Gedankengang richtete sich aber auch gegen die Vorstellung, nur der Staat könne durch ein System von Lenkungs­ maßnahmen chaotische Zustände verhindern. Die älteren Klassiker for­ derten die „freie Wirtschaft“, d. h. den Verzicht des Staates auf Eingriffe in die Wirtschaft; sie wollten seine Tätigkeit auf die Festlegung von Normen beschränken, die alle wirtschaftlichen Handlungen der Indivi­ duen dem Wettbewerb unterwarfen. Unvereinbar mit ihrem Ordnungs­ bild der Wirtschaft war daher die Existenz monopolistischer Organisa2*

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Theodor Wessels

tionen irgendwelcher Art, und deshalb verlangten sie vor allem die Auf­ lösung ständischer Organe (z. B. der Zünfte), die eine freie Entfaltung des Wettbewerbs verhindert hatten. II Nach klassischer Auffassung orientieren sich die Unternehmer an den Gewinnen und Verlusten, die sie in der jeweiligen Marktlage er­ zielen; im Endzustand des Wettbewerbs wird die Menge produziert, bei der die Kosten mit den Preisen übereinstimmen. Gewinne tauchen daher nur so lange auf, als die Anpassung des Angebotes an die Nach­ frage noch nicht vollzogen ist: der Gewinn stellt mithin ein Entgelt für die Wahrnehmung einer Funktion dar. Gerade die ständige Gefähr­ dung der Gewinne durch den Wettbewerb und ihre Auflösung nach Durch­ führung der eigentlichen Unternehmeraufgabe erschien den Begründern der Nationalökonomie als eine der wesentlichsten sozialen Auswirkun­ gen der Wettbewerbswirtschaft. Aber diese frühen Vertreter unserer Wissenschaft beachteten noch nicht, daß au talsver- ver­ scher ischer Ver­ gleich gleich gleich Ver­ gleich gleich 3

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Betriebsvergleichszahlen

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Gesamtzahl der beschäftigten Per­ sonen ............................................ davon Werkstattpersonen........ Absatz in DM .................................. Prozentualer Anteil des steuer­ begünstigten Absatzes ................ Prozentualer Anteil des Werkstatt­ absatzes ...................................... Absatzentwicklung gegenüber dem gleichen Vorjahrszeitraum ...... Absatz je beschäftigte Person in DM....................... ................. Kundenzahl je beschäftigte Person DurchschnittsVergütung je beschäf­ tigte Person in DM.................. Absatz je 1000 DM Personalkosten Absatz je Kunde in DM................ Betriebspersonenminute je Kunde.. Gesamtkosten je Kunde ................ Absatz je qm Geschäftsraum in DM Absatz je qm Verkaufsraum in DM Zahl der qm Geschäftsraum je be­ schäftigte Person........................ Miete je qm Geschäftsraum in DM Kreditverkäufe in Prozenten des Absatzes......................................

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Rudolf Seyffert

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Betriebsvergleichszahlen des Einzelhandels (Fortsetzung)

Grundbetriebs­ vergleich (Vergleich des Instituts für Handelsforschung) Nr.

Betriebsvergleichszahlen

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West­ Mo­ Quar­ Jahres­ deut­ scher natsver­ talsver­ ver­ Ver­ gleich gleich gleich gleich 3

Aufgliederung der Kreditverkäufe: in Verbindung mit Teilzahlungs­ finanzierungsinstituten ge­ währte Kredite.................. sonstige Teilzahlungsverkäufe auf Grund von besonderen Teilzah­ lungsverträgen ...................... alle sonstigen Kreditverkäufe (of­ fene Buchkredite, Anschreiben) Außenstände am Ende des Berichts­ zeitraumes in Prozenten vom Absatz................................... Kundenziel in Tagen........................ Besch affungszahlen Warenbeschaffungsentwicklung ge­ genüber dem gleichen Vorjahrs­ zeitraum ...................................... Prozentuale Aufgliederung der Warenbeschaffung in: Bezug von Herstellern............. Bezug von Großhändlern und durch Gemeinschaftseinkauf ..

Lagerzahlen Prozentuale Aufgliederung des Sor­ timents in Hauptwarengruppen.. Umschlagsgeschwindigkeit des Warenlagers .................................. Lagerdauer in Tagen........................ Lagerbestand in Prozenten vom Ab­ satz .............................................

Elementar­ betriebs­ vergleich

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Eu­ ropä­ ischer Ver­ gleich

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Der betriebswirtschaftliche Vergleich im europäischen Binnenhandel

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Betriebsvergleichszahlen des Einzelhandels (Fortsetzung)

Grundbetriebs­ vergleich (Vergleich des Instituts für Handelsforschung) Nr-

Betriebsvergleichszahlen

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Entwicklung des Lagerbestandes .. Lagerbestand je beschäftigte Per­ son in DM......................................... Lagerbestand je qm Geschäftsraum in DM......................................... Lagerbestand je 100 DM Eigen­ kapital ........................................ Lagerbestand je 100 000 DM Absatz

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Kostenzahlen Kosten in Prozenten vom Absatz 36 Personalkosten ............................. 37 Unternehmerlohn...................... .. 38 Personalkosten einschließlich Untemehmerlohn........................ 39 Miete............................................... 40 Umsatzsteuer................................. 41 Gewerbesteuer............................... 42 Reklamekosten ............................. 43 Zinsen für Fremdkapital............. 44 Zinsen für Eigenkapital ............. 45 Abschreibungen ........................... 46 Kosten des Fuhr- und Wagen­ parks ........................................ 47 sonstige Kosten ........................... 48 Gesamtkosten ............................... 49-59 Kostenarten in Prozenten der Ge­ samtkosten (Gliederung wie 36—47) ......................................... 60 Gesamtkostenentwicklung gegen­ über dem gleichen Vorjahrszeit­ raum ............................................

Elementar­ betriebs­ vergleich

West­ Eu­ Mo- Quar­ Jahres­ deut­ ropä­ natsver- talsver­ ver­ scher ischer gieich gleich gleich Ver­ Ver­ gleich gleich 3

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X X

X X

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X

+

X

X

X

x

Rudolf Seyffert

382

Betriebsvergleichszahlen des Einzelhandels (Fortsetzung)

Nr.

1

61

62 63

64 65

Grundbetriebs­ vergleich (Vergleich des Instituts für Handelsforschung)

Elementar­ betriebs­ vergleich

Quar­ JahresMo­ natsver­ talsver­ ver gleich gleich gleich

West­ Eudeut­ ropäscher ischer Ver­ Vergleich gleich

Betriebsvergleichszahlen

2

3

4

Spannen und Ergebnisse Betriebshandelsspanne in Prozen­ ten vom Absatz ........................ Betriebsergebnis in Prozenten vom Absatz ...................... .................. Steuerliches Betriebsergebnis in Prozenten vom Absatz............. Handelsspanne je beschäftigte Per­ son» in DM ............................... Handelsspanne je 1000 DM Perso­ nalkosten in DM........................

Gesamtzahl der Betriebsvergleichs­ zahlen ..........................................

5

6

7

X

X

X

X

+ +

4

23

65

6

6

X = in den Auswertungstabellen einzelbetrieblich oder als Durchschnittswerte aus­ gewiesen; + = nicht ausgewiesen, jedoch auf Grund der ausgewiesenen Zahlen berechenbar. Betriebsvergleichszahlen, die für den Ausbau zu Spezialbetriebsvergleichen in Frage kommen (Beispiele) zu 1 Aufgliederung der Beschäftigtenzahl nach Funktionsbereichen zu 6 Absatzentwicklung der Warengruppen zu 7 . Absatz je Verkaufskraft in DM zu 27 Sortenzahl (Gesamtzahl der Einzelwaren = Sorten. Sie gibt die Sortiments­ tiefe wieder) zu 27 durchschnittliche Sortenstückzahl (Zahl der Lagerstücke je Sorte) zu 27 Artikelzahl (Gesamtzahl der aus ähnlichen Sorten gebildeten Artikel, zu­ züglich der Einsortenartikel) zu 27 durchschnittliche Artikelstüekzahl (Zahl der Lagerstücke je Artikel) zu 27 Sortimentsstückzahl (Gesamtzahl aller Lagerstücke) zu 28 Lagerumschlagsgeschwindigkeit der Warengruppen (Gruppierung der Waren nach Sorten, Artikeln, Arten, Gattungen, Bereichen) zu 28 Alterszusammensetzung des Warenlagers insgesamt nach Warengruppen zu 36—48 Kostenstellenrechnung nach Funktionen (z. B. Beschaffung, Lagerung, Werbung, Kundendienst) nach Warengruppen zu 61 Bruttoertrag der Warengruppen (Ist-Handelsspannen) zu 61 Vorkalkulation der Warengruppen (Soll-Handelsspannen) zu 61 Preisherabsetzungen ) zu 61 Schwund > möglichst auch nach Warengruppen zu 61 Eigenverbrauch J Betriebsvergleichszahlen dieser Art sind bei dem Grundbetriebsvergleich des Instituts nicht einbezogen worden, weil bei dem überwiegenden Teil der teilnehmenden Firmen die entsprechenden Werte in Buchhaltung bzw. Statistik nicht erfaßt werden.

Der betriebswirtschaftliche Vergleich im europäischen Binnenhandel

383

können zusätzlich Spezidlbetriebsvergleiche treten. Sie sind stets eine Erweiterung von Grundvergleichen und können auf jeden Grundver­ gleich für solche Branchen oder für Gruppen von Firmen innerhalb einer Branche aufgebaut werden, die eine zusätzliche Spezialisierung der Er­ hebungen und damit auch der Auswertungen erstreben. Das setzt na­ türlich voraus, daß ihr Rechnungswesen so entwickelt ist, daß diese zu­ sätzlichen Feststellungen in vergleichbarer Form möglich sind. In der Regel werden nicht alle Firmen einer Branche das gewährleisten kön­ nen. Für diese bleibt es dann beim Grundvergleich, der auch weiterhin die Zahlen der Firmen enthalten muß, die über den Grundvergleich hin­ aus am Spezialvergleich beteiligt sind. Solche Spezialvergleiche werden zur Zeit nur in wenigen Fällen durchgeführt. Mit der zunehmenden Ver­ feinerung des Rechnungswesens der Handelsbetriebe wird die Zahl der dem Kölner Institut angeschlossenen Spezialvergleiche in den nächsten Jahren vermutlich rasch anwachsen. Außerhalb des Instituts existiert eine größere Zahl sogenannter Erfa-Gruppen (Erfa = Erfahrungsaus­ tausch, eine 1913 vom Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken eingeführte Abkürzung) mit z. T. sehr weit spezialisierten Vergleichen.

Besondere Bedeutung werden in Zukunft auch die Elementarbetriebs­ vergleiche haben. Sie dienen einmal dazu, breiteste Erhebungen einfacher Art durchzuführen und weiter dazu, Erhebungen verschiedenen Ur­ sprungs in den wichtigsten Zahlen zu koordinieren. Praktisch' ergeben sich zwei wichtige Bereiche der Elementarvergleiche: der eines westdeut­ schen Gesamtvergleichs und der eines europäischen Vergleichs. In beiden Richtungen wird seit Jahren gearbeitet. Das Kölner Institut hat vom An­ fang seiner Vergleichsarbeiten an die Zusammenarbeit mit sonstigen Stel­ len, die Betriebsvergleiche des Handels durchführen, im Sinne der Ver­ einheitlichung wenigstens der Hauptzahlen erstrebt. Solche Bemühungen galten und gelten noch vor allem den Betriebsvergleichen der Konsum­ genossenschaften und der Warenhäuser. Insoweit Verbände, Einkaufs­ vereinigungen usw. eigene Vergleiche durchführen, ist 1959 durch die Ini­ tiative des Bundeswirtschaftsministeriums eine Vereinbarung zustandegekommen, nach der alle Betriebsvergleichserhebungen des Groß- und Einzelhandels für sechs Betriebsvergleichszahlen vereinheitlicht wer­ den. Diese sechs Zahlen sind die Absatzentwicklung, der Absatz je be­ schäftigte Person, die Lagerumschlagsgeschwindigkeit, die Gesamtkosten und die Personalkosten in Prozent vom Absatz, beim Großhandel der Ab­ satz je Ausgangsrechnung,beim Einzelhandel der Absatz je qm Geschäfts­ raum. Diese Zahlen (für den Einzelhandel Spalte 6 der Übersicht) sind als Durchschnittszahlen erstmalig unter gleichzeitiger Angabe der Zahl der meldenden Betriebe für den Großhandel für 1956/57 und 58, für den Einzelhandel für 1958 von 27 verschiedenen Erhebungsstellen zugesagt worden. Die beim Kölner Institut für Handelsforschung als der

384

Rudolf Seyffert

Koordinationsstelle lückenlos eingegangenen Meldungen werden zur Zeit bearbeitet. Durch sie wird es, zusammen mit den Kölner Zahlen, möglich sein, für den Bereich des Elementarvergleichs die sechs genannten Branchenbetriebsvergleichszahlen für 78 Branchen des Groß- und Ein­ zelhandels, basierend auf den Meldungen von 13 500 Firmen, bekannt­ zugeben. Die sehr breite Erhebungsbasis dieser Zahlen läßt zugleich Rückschlüsse auf den Repräsentationswert der Kölner Grundvergleiche zu. Da sich die außerhalb Kölns erhobenen Zahlen mit den Kölner Er­ gebnissen decken und somit die Erhebungen als repräsentativ bestätigen, kann geschlossen werden, daß auch den detaillierten Kölner Ergebnis­ sen generelle Bedeutung zukommt. Das gleiche Verfahren wird nun auch für einen europäischen Elemen­ tarbetriebsvergleich erstrebt. Auch hierfür gehen die Vorarbeiten auf Jahre zurück. Schon 1951 hat das Kölner Institut Abreden mit dem Schweizerischen Verband der Lebensmitteldetaillisten (Veledes) über einen internationalen Betriebsvergleich im Lebensmitteleinzelhandel ge­ troffen, in die auch der österreichische Lebensmitteleinzelhandel einbe­ zogen werden sollte. Die Koordinationsschwierigkeiten waren jedoch für einen Vergleichsumfang, der dem Kölner Grundvergleiche entsprechen sollte, zu groß, so daß trotz jahrelanger Bemühungen die Vergleichs­ arbeit nicht praktisch vollzogen werden konnte. 1954 wurden die Ver­ gleichsmöglichkeiten für den gesamten Binnenhandel in einer Instituts­ untersuchung für die Niederlande, für Österreich, für Schweden und für die Schweiz geprüft (veröffentlicht in Nr. 6 der Schriften zur Handels­ forschung). Auf einer von der Europäischen Produktivitätszentrale (EPA) 1956 in Wien veranstalteten internationalen Tagung über die Fragen zwischenbetrieblichen Vergleichs berichtete auch das Institut über die Handelsbetriebsvergleiche. 1959 wurden Einzelheiten eines internationa­ len Einzelhandelsvergleichs auf einer Sitzung der EPA in Paris bespro­ chen. Ihr lagen Falluntersuchungen ausgewählter Betriebsvergleichsteil­ nehmer zugrunde, die auf Veranlassung der EPA 1958 in Deutschland, in den Niederlanden, in Österreich, in Schweden und in der Schweiz durch­ geführt worden waren. In der Sitzung waren auch Belgien, Frankreich und Großbritannien vertreten. Der vom Kölner Institut vorgeschlagene Versuch eines Elementarvergleichs des Einzelhandels wurde gutgeheißen. Er soll sich zunächst auf folgende Betriebsvergleichszahlen erstrecken (Spalte 7 der Übersicht): 1. 2. 3. 4. 5. 6.

die Absatzentwicklung, der Absatz je beschäftigte Person, der Absatz je qm Geschäftsraum, die Lagerumschlagsgeschwindigkeit, die Gesamtkosten in Prozenten vom Absatz, die Betriebshandelsspanne (Bruttoertrag in Prozenten vom Absatz).

Der betriebswirtschaftliche Vergleich im europäischen Binnenhandel

385

Aus diesen sechs Betriebsvergleichszahlen sind die für den Vergleich wichtigsten Faktoren zu ersehen: die allgemeine Tendenz des Absatz­ verlaufes; die Personenabsatzleistung, in der sich auch der Grad der Öko­ nomisierung der Betriebe widerspiegelt, soweit er die personelle Orga­ nisation betrifft und die Quadratmeterleistung, die dasselbe für den Raumfaktor zeigt; die Lagerumschlagsgeschwindigkeit und die Kosten­ belastung und endlich der Bruttoertrag, der als Betriebshandelsspanne die Differenz zwischen dem Einstandspreis und dem Verkaufspreis aller verkauften Waren angibt (Betriebsspanne im Gegensatz zur Stückspanne der Distributionskostenanalysen, die sich auf die einzelne Ware bezieht). Dieser europäische Elementarvergleich, der außer Westdeutschland vor­ aussichtlich zunächst Holland, die Schweiz und Österreich umfassen wird, soll vorerst nur Jahreszahlen ermitteln. Der Ausbau zu einem monat­ lichen Vergleich ist ohne weiteres möglich, wenn der Wunsch danach be­ stehen sollte. Die besonderen Probleme eines solchen Vergleichs, die sich aus Währungsunterschieden, der verschiedenen Besteuerung usw. er­ geben, sind lösbar, ebenso die einer gemeinsamen Definition der Begriffe und ihrer eindeutigen Übersetzung in die Sprache der teilnehmenden Länder. Vom ausgebauten nationalen Grundvergleich führte die Entwicklung zum internationalen Elementarvergleich. Es ist zu erwarten, daß im euro­ päischen Raume in absehbarer Zeit eine einheitliche Beobachtung der wichtigsten Entwicklungsdaten der Groß- und Einzelhandelsbetriebe möglich sein wird. Damit wären bedeutsame internationale Vergleichs­ möglichkeiten erschlossen, die in sich auch die weitere Entwicklungsmög­ lichkeit solcher europäischer Elementarvergleiche zu Grund- und zu Spe­ zialbetriebsvergleichen tragen.

25 Festgabe für Müller-Armack

Zur Entstehung der Weltwirtschaft Von Bruno Kuske

I

Die Bezeichnung „Weltwirtschaft“ kam in Deutschland während des späteren 19. Jahrhunderts auf. Sie sollte eine Unterscheidung zur „Volks­ wirtschaft“ bedeuten. Während mit der letzteren in der Regel eine Wirtschaft in einem engeren staatlich oder national bedingten Bereich gemeint war, bezog sich jener Begriff auf die internationalen Beziehun­ gen und zumal auf solche zwischen den Kontinenten und deren Völkern* Unter „Welt“ verstand man die Oberfläche der Erde. Wenn hier von ihrer Wirtschaft gesprochen wird, so braucht nicht deren Totalität ge­ meint zu sein. Man nimmt sie auch beim Bestand der räumlichen Ein­ zelverbindungen an, sofern diese größere Reichweite haben, womöglich interkontinental sind. Wenn man den Begriff Weltwirtschaft extensiv räumlich versteht, so reichen seine Tatsachen um weit über zweitausend Jahre zurück. Sie werden von den Völkern der Erde in Gegenwart und Zukunft mehr als je weiter verfolgt. Man bedenke nur die Vorgänge an den Polen der Erde, in Afrika, in Süd- und Nordamerika. Trotz der großen Vermehrung der Menschen auf etwa 2,6 Milliarden hat sich immer herausgestellt, daß deren Raum zum Leben ausreicht und daß die schon vor mehr als 150 Jahren geäußerte Befürchtung, er werde einmal versagen, nicht zutrifft. Diese pessimistische Auffassung gehört zu den Sensationen theoretischer Erwägungen über das spätere Schicksal der Menschheit. Sie läßt außer acht, wie sehr sich diese in den technischen und organisatorischen Methoden zu ergänzen vermag. „Welt­ wirtschaft“ ist hierin eines der bedeutendsten Mittel. Ihre Entwicklung wurde von den großen Menschengruppen in ver­ schiedenen Graden getragen, wobei der Wille zur Zivilisation und die Raumaktivität sehr maßgebend gewesen sind — bei Europäern, Chine­ sen, Japanern, Indern, Arabern und anderen. Es gab auch solche, die darin im Verlaufe ihrer Geschichte ganz indifferent blieben, so die far­ bigen Völker Afrikas, die bodenständigen Amerikaner oder die Austra­ lier. In Amerika sind selbst die höher zivilisierten Völker der Mitte und des Südens nach außen hin ganz zurückhaltend geblieben. Sie wurden im 16. Jahrhundert von den Europäern „entdeckt“. 25*

388

Bruno Kuske

Diese trugen seit dem späteren Mittelalter am meisten zur Entwick­ lung der Weltwirtschaft bei, indem ihre im Erdteil peripherischen Völker dauernde interkontinentale Verbindungen der Wirtschaft orga­ nisierten. Das äußerte sich in den Kolonien des Westens und in der Er­ weiterung des russischen Reiches, das in den 1640er Jahren an den Stil­ len Ozean gelangte und dem entsprechenden großen Raum einen euro­ päischen wirtschaftlichen Zug verlieh, und zwar zunächst in der Aus­ nutzung des Waldes sowie z.B. im Altai im Erzbergbau. Sibirien wurde auch ein weltwirtschaftlicher Begriff. Das verband sich zunächst mit den Pelzen. Die Versorgung mit ihnen erhielt überhaupt seit dem 16. Jahrhundert eine neue große Richtung, in­ dem die Europäer den ganzen Norden der Erde deshalb zu erfassen such­ ten. Sie taten das auch in Nordamerika und glichen so den Vorsprung aus, den in diesem Erdteil seit der sog. „Entdeckung“ von 1492 zu­ nächst die tropischeren Gebiete für das weltwirtschaftliche System erlangt hatten. In Sibirien nahmen sie die Belieferung Chinas in die Hand. Sie über­ schritten wegen der Seeottern und Robben die Beringstraße und erfaß­ ten auch von da aus Amerika in Alaska und bis zum Sitkaarchipel. Das Raumsystem der Weltwirtschaft wurde bei seiner äußeren und inneren Entwicklung oft von politischen Vorkehrungen beeinflußt. Die Politik war Schrittmacher der Wirtschaft. Aber diese hat auch jener die Anregungen gegeben. Daneben konnten Religionen von ihrer Art aus den Wirtschaftsinhalt mindestens in seinen Einzelheiten bestimmen. Das ging z. B. vom Chri­ stentum aus. Überall, wo es sich ausbreitete, veranlaßte es durch sein entsprechendes Sakrament den Bedarf und die Beschaffung des Weines. Vor der Ausgestaltung von dessen Fernhandel, die im späteren Mittelalter nach dem Norden hin maßgeblich in Deutschland stattfand, gab es nur nördliche deutsche und skandinavische Lagen mit einem bei ihnen nicht natürlichen Anbau des Weinstockes und mit einer kümmerlichen, aber der Form genügenden Gewinnung der Flüssigkeit. So etwas wie­ derholte sich mit der Ausbreitung der Religion in ganz Amerika bis nach Chile und in Australien. Der sich seit dem siebenten Jahrhundert von Arabien aus erstreckende Islam war antialkoholisch. Er förderte den Verbrauch des aus Indien stammenden Genußmittels Zucker, später auch des Kaffees, der dann unter dem Einfluß der Europäer in den Tropen und zumal auch in Amerika eine große Sache wurde. Der Anbau des Zuckerrohres ging mit den Ara­ bern westwärts nach ganz Nordafrika von Ägypten bis Marokko und nach Spanien. Zucker wurde im Mittelalter eine große weltwirtschaft­ liche Ware, deren Gewinnung die Europäer seit dem 16. Jahrhundert auf die warmen Gebiete Amerikas — so z. B. nach den Antillen, Kuba, dem

Zur Entstehung der Weltwirtschaft

389

südlicheren Nordamerika und Brasilien — übertrugen und wo sie in ihrer Art noch heute für die Weltwirtschaft führend blieb. Sie hat nicht wenig dazu beigetragen, daß man den Bedarf an den für sie nötigen Arbeitskräften mit Hilfe des auf Afrika beruhenden Sklavenhandels deckte, der etwa dreihundert Jahre lang ein Kennzeichen der Weltwirt­ schaft war. Beim Zucker griff aber Deutschland stärkstens ergänzend ein, seit­ dem im späteren 18. Jahrhundert in Berlin Marggraf den Zuckergehalt der sich damals als Futtermittel mehr als früher ausbreitenden Runkel­ rübe fand und diese nun eine prominente Quelle des großen Stoffes wurde. Seine Aufbringung verknüpfte sich in Europa mit der boden­ ständigen Landwirtschaft und veranlaßte internationale Politik. Deutsch­ land wurde führendes Zuckerland und konkurrierte mit den entfernte­ sten Rohrländem. Die deutsche Chemie hat sich überhaupt schon im Mittelalter wenig­ stens in Europa betont. Das war mit der Färberei der Fall. Englisches und niederländisches Tuch wurde im Rheinland gefärbt und wieder aus­ geführt. Süddeutsche Leinwand ging zum gleichen Zweck nach Köln und von dort zurück und nach Italien. „Kölnisches Garn“, ein blauer Zwirn, war im Mittelalter eine internationale Sorte, die besonders auch nach England ausgeführt wurde. Waid, Krapp (mede) und Sumach (schmuck) sind im Mittelalter bedeutende europäische Waren gewesen, die aus dem Süden und Westen des Erdteils kamen. Gegen den Waid be­ gann seit Ende des Mittelalters schon der asiatische Indigo aufzutreten. Der Krapp als Rotfarbe hatte im Volksbrauch eine alte Grundlage, in­ dem das Rot z. B. bei den Germanen als die Farbe der Freiheit galt, das auch besonders im Norden. Ihr Stoff war daher gesucht. Seit der Karo­ lingerzeit wurde sie mit dem Weiß Jesu Christi verbunden zur Reichs­ farbe, die später daher auch die der Reidisstädte wurde und das meist auch bei solchen einstigen Gemeinwesen noch ist. Das Textilweiß wurde in der alten Zeit wohl meist durch die Bleicherei erzielt, die einen inter­ nationalen Handel mit der aus den Wäldern stammenden Pottasche bei ihrer Behandlung veranlaßte. Auch bei der Seide konnten religiöse Einflüsse sich auswirken. Da bei der Gewinnung ihrer Fäden der Kokon abzutöten ist, so wurde sie weit­ hin in dem für ihre Zucht doch viel geeigneten Indien nicht erstrebt, weil hier der Glaube an die SeelenWanderung und sonstige fromme Vorstel­ lungen das verboten. Um so mehr richtete sich daher der Weltbedarf auf Ostasien. Aber damit wurde ihre Zucht auch schon seit dem frühen Mittelalter in Vorderasien und bald in den Ländern des Mittelmeeres und in Frankreich erstrebt. In Deutschland gab es seit dem Mittelalter und sogar noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Zuchtversuche. Gelegentlich erinnern noch heute sehr alte Maulbeerbäume an solche

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Bruno Kuske

unzweckmäßigen Bestrebungen. Da die Zucht viel Arbeit erfordert, so wurde sie namentlich seit dem 19. Jahrhundert auch auf die Länder mit billiger Arbeitskraft beschränkt. Sie ist daher in Amerika oder Austra­ lien, wo man an sich aus den natürlichen Bedingungen für sie sehr ver­ anlagt sein könnte, nicht zu eigener selbständiger Geltung für den Welt­ markt gekommen. Im Abendland hat die Anordnung der Kirche des Mittelalters, in der Textilausstattung des Gottesdienstes die Seide zu nehmen — also auch mit ihr die Verehrung zu betonen — ihren Bedarf naturgemäß sehr ge­ fördert. II

Die Befahrung der großen Ströme mit Hilfe der Dampfschiffahrt, fast überall in Asien, in Amerika und sogar in dem so schwer zugänglichen Afrika und in Australien, war durch Jahrzehnte — und oft sogar bis heute — der Vorläufer der Eisenbahnen. Mit der Dampfmaschine ver­ band sich so allein im Verkehr nach 1820 eine große weltwirtschaftliche Problematik ersten Ranges. Auf den großen Strömen bekam diese zu­ meist einen internationalen Charakter, wie z. B. auf dem Nil, dem Kongo und dem Niger, aber oft auch in Amerika. Dazu gehörten dann entspre­ chende staatliche Vereinbarungen. Jedenfalls blieben in den weltwirt­ schaftlich jüngeren Erdteilen, wie z. B. in Südamerika, sowie in Afrika die Ströme wie auch ihre Küstenmeere oft noch die bevorzugten moder­ nen Verkehrsmittel. Um auf die Güter der Weltwirtschaft zurückzukommen, so zeigen die historischen Quellen bei all ihrer Zufälligkeit doch schon in alter Zeit ein systematisches Bild. Dieses pflegte sich im Laufe der Jahrhunderte auf Grund der neuen Entdeckungen im Raume und in der Fülle der Gü­ ter wesentlich zu ergänzen. Auf die große Wirkung des Bedarfs an Schmuck und repräsentativen Gütern, z. B. in Verbindung mit der bei den Europäern seit dem 18. Jahr­ hundert in Schwung kommenden Mode, wurde teilweise schon hingewie­ sen. Namentlich seit der Erfindung des Schießpulvers, aber auch bereits vor ihr, war der Bedarf an Waffen sehr oft eine die Verbindungen stei­ gernde Angelegenheit. In neueren Zeiten wurde es von Belang, daß sich andere Rassen den Bekleidungsgewohnheiten der Europäer zuwandten, wie das jetzt bei Millionen von Afrikanern der Fall ist, eine Tatsache, die überaus viel­ seitige Wirkungen hat, auch unter anderem in Asien um sich griff.

Die Europäisierung des Bedarfs belebte sich seit Mitte des 19. Jahr­ hunderts überall im Verkehrswesen. Man braucht nur an die Eisenbah­ nen, die gesamte Schiffahrt, an die im späteren 19. Jahrhundert aufkom­

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menden Kraftwagen in deren Vielseitigkeit oder gar an die Fliegerei zu denken. Die Aufbringung der großen Verbrauchsgüter vollzog sich in der Ge­ schichte sowohl durch die Entdeckung neuer Sorten und durch Produk­ tionsübertragung der alten und der neuen Welt auf ergänzende Räume. Es bestand das Gesetz, daß der weltwirtschaftliche Umsatz der Güter, der sich in den älteren Zeiten hauptsächlich auf konzentrierte hochwer­ tige Sorten erstrecken mußte, in diesem immer extensiver wurde. Er stieg seit dem späteren 19. Jahrhundert sogar auf Steine oder Heu ab, die über die Ozeane gefahren wurden, auf Brennholz oder Steinkohle, Knochen oder Lumpen, solche auch im Welthandel. Bei den einzelnen großen Gattungen vollzogen sich Übergänge von alten edleren Sorten zu denen von geringerem spezifischem Wert. Vor allem gelangen in den Sorten ganz neue Ergänzungen aus den erwei­ terten weltwirtschaftlichen Räumen. Ein sehr wichtiges Prinzip war dazu seit uralten Zeiten das der Mi­ schung von Rohstoffen zur Erzielung wirtschaftlicher oder technischer Effekte, das schon in der Bronzezeit bekannt war und bei den Textilien schon im Altertum angewendet wurde. Bei den großen zivilisierten Rassen der Alten Welt sind die meisten Metalle schon im Altertum ausgewertet worden, und man legierte sie unter einander. Das tat man schon auch zu Münzzwecken, die durch die Jahrhunderte von Bedeutung waren. Besonders mit dem späteren Mit­ telalter kam es in den europäischen Ländern zu einer dauernden Auf­ stellung tragender Münzsorten und ihrer Politik. Vor allem wurden nun die Edelmetalle Gold und Silber mit Assistenz des Kupfers hierbei die üblichen Sorten. Es ist bekannt, wie nachhaltig der Zug nach den beiden Metallen die Erschließung der Räume angespomt hat. Er bewegte sich z. B. schon im Altertum in den Ländern Vorderasiens und in das westliche Mittelmeer. Er erfaßte im Mittelalter das mittlere Europa und wurde seit dem 16. Jahrhundert sehr lebendig in vielen Teilen Amerikas, wo er sehr oft überhaupt der Beweggrund der Zuwanderung der Europäer wurde, zu­ mal nach der Entdeckung des kalifornischen Goldes im Jahre 1848; nach diesen Erfahrungen wurde drei Jahre später das Gold im Südosten Australiens gefunden und veranlaßte dort dauernde Einwanderung. Das war seit den 1890er Jahren in Südafrika der Fall, und zwar auch seit der Erschließung der Diamantenvorkommen. Edelsteine pflegten wie Gold vor allem auf ganz entlegene Gebiete der Erde zu wirken. Bei den Nichteisenmetallen bestanden schon im Altertum weiter ge­ spannte Beziehungen. Sie haben sichtlich dem sehr verstreuten Zinn ge­ golten, bei dem die Aufbringung in Südengland unter anderem auch für Vorderasien auffällt und das neben dem Silber auch dem deutschen

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Bruno Kuske

Erzgebirge eine gewisse Anziehungskraft weithin verlieh. In neueren Zeiten wurden hier Südasien und Bolivien für den Weltmarkt sehr be­ teiligt. In den großen Marktzusammenhängen setzte sich in Europa minde­ stens seit dem früheren Mittelalter das Eisen durch und seitdem man dessen Quintessenz immer mehr betonte, die man als stal — den Aus­ druck dafür — bezeichnete. Man kam bei ihm aber schon im Mittelalter auch auf den Guß. Die Länder West- und Mitteleuropas schufen für das Metall seit dem Mittelalter geradezu ein dauerndes System, das stark durch neue Techniken getragen wurde, so durch das Walzen die An­ wendung der Wasserkraft, durch neue Verfahren für Stahlsorten usw. Das Eisen wurde das entscheidende Metall für den Maschinenbau, den großen Träger der neuen Wirtschaftsentwicklung, und das, seitdem sich der Antrieb durch Dampf dauernd durchsetzte, der sich in Europa nach dem Siebenjährigen Kriege zu entwickeln begann. Er wurde im 19. Jahr­ hundert sehr nachdrücklich auch in Nordamerika aufgenommen. Dort wurde die Mechanisierung durch den Mangel an Arbeitskräften bedingt und durch den Umstand, daß man die Negersklaverei aufgeben mußte.

Die Maschine als Antrieb wurde seit den 1860er Jahren neben dem Dampf durch die Elektrifizierung und durch den Gasmotor ergänzt, ne­ ben dem sich dann sehr bald der der explosiblen öle einstellte. Bei den von alters in der europäischen Zivilisation überlieferten Me­ tallen war das Zink immer von seinen Erzen aus mit dem Kupfer auf Messing verschmolzen und nicht selbständig hergestellt worden. In China war das letztere schon längst gelungen, aber nicht von größerer welt­ wirtschaftlicher Tragweite geworden. Doch in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts gelang seine Isolierung in Belgien (Lüttich). Damit wurden die einschlägigen Industrien, sowie die Umsätze mit dem Me­ tall, seinen Legierungen und auch mit seinen Erzen auf den großen Märkten erheblich bereichert. Eine verwandte Entwicklung nahm das gegen Ende des 19. Jahrhun­ derts aufkommende Aluminium, das sehr schnell eine vielseitige Welt­ bedeutung gewann. Mit ihm leitete sich die Problematik der Leicht­ metalle ein. Für die Textilfasern wurde bereits auf die Verbreitung der Seide von China und der Baumwolle von Indien aus hingewiesen. Die letztere hat sich anscheinend später als jene im Handel und im Anbau auch west­ wärts, und zwar nach Ägypten und dem Mittelmeer ausgebreitet. Im Mittelalter ist sie jedenfalls in Europa durchaus bekannt — im Rhein­ land z. B. ihr Barchent als „sartuch“ — und mit spezialisierten Hand­ werken dort und in Süddeutschland. Sie galt sichtlich als eine Art Sur­ rogat.

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Ihr Anbau wurde von den Europäern seit dem 16. Jahrhundert in den wärmeren Lagen ganz Amerikas aufgenommen. Im 19. Jahrhundert stellte sich während des nordamerikanischen Bürgerkrieges (1861—1865) heraus, welche führende Bedeutung das südliche Nordamerika in der Versorgung des Weltmarktes mit Baumwolle erlangt hatte. Die Blockie­ rung der Süd- durch die Nordstaaten hatte einen sehr großen Mangel an der Faser zur Folge und rief geradezu eine weltwirtschaftliche Tex­ tilkrise mit großen Preissteigerungen nicht nur für die Baumwolle her­ vor. Anbau und Ausfuhr von ihr wuchsen in den dazu fähigen Ländern außerordentlich. Das konnte sich auf die anderen Fasersorten übertra­ gen. Der Bedarf wandte sich obendrein neuen zu, so z. B. bei den exten­ siveren Zwecken der Verpackung. Die indische Jute schaltete sich hierin sehr betont und dauern ein, wie auch amerikanische und südasiatische Hanfsorten. Sogar Lumpen wurden in Europa teurer! Die Baumwolle wurde überdies durch ihre technischen Eigenschaften insofern sehr gefördert, als sie sich für die Verarbeitung durch die im Jahre 1769 in England patentierte Spinnmaschine zweckmäßiger als die anderen Fasern erwies und so einen Vorsprung erwarb, der auch das Aufkommen des mechanischen Webstuhles im Jahre 1784 begünstigte. Der entsprechende Umgang mit den anderen Fasern entwickelte sich erst in den späteren Jahrzehnten. Die Fasern kamen in der uralten Hanfseilerei unter einen starken Wettbewerb durch die Metalle. In den 1830er Jahren wurde das Draht­ seil erfunden, von dem anscheinend starke Anregungen auf die Kabel­ technik ausgingen, die später von so großer Bedeutung für den Welt­ verkehr geworden ist. An so etwas erinnert auch die in den 1880er und 90er Jahren vom Rheinland (Remscheid) ausgehende Erfindung des Röhrenwalzens mit sei­ nen bedeutenden Folgen. Einen großen weltwirtschaftlichen Zusammenhang gewann der Um­ gang mit den Fetten. Er läßt sich in Europa schon im Mittelalter mit den einschlägigen Lebensmitteln auf große Entfernungen und regelmäßig feststellen: mit Butter, Schmalz, öl, Talg und Speck. Mit ihm verwandt war der ebenfalls sehr weit gespannte Handel mit Seefischen, deren Fang bereits gegen das Eismeer vorstieß und der schon mit dem Trocknen, Räuchern und Einsalzen arbeitete, über den Kontinent bis zu den Mittel­ meerländern. Das Christentum hat das durch seine Fastenvorschriften immer begünstigt. Es bestand in solchem Zusammenhang geradezu eine Wirtschaftspolitik der beteiligten Länder, z.T. auch bedingt durch den verhältnismäßig geringen Fettertrag der einheimischen Viehzucht mit deren zu leichten Tieren. Es bestand aber doch ein europäischer Viehhandel auf weite Entfernun­ gen schon im Mittelalter, der ganze Herden auftrieb. In spätmittelalter­

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liehen rheinischen Ordnungen ist von dänischen und sogar russischen Ochsen die Rede. Das 19. Jahrhundert hat den großen Umgang mit den Rohstoffen der Fette außerordentlich gefördert, zumal für die Emährungszwecke. In Europa zog man seit Mitte des 19. Jahrhunderts aus den anderen Erd­ teilen bedeutende Pflanzensaaten in wachsenden Massen heran, so die Kokosnüsse und die Kerne der Ölpalme aus den Tropen, die Erdnuß aus Amerika und Westafrika, die Sojabohne aus Ostasien, Baumwollsamen aus dessen so gesteigerten Wachstumsgebieten. Die von den Franzosen in den 1860er Jahren erfundene Margarine hat die Ausnutzung der Fett­ stoffe obendrein noch sehr vermehrt und rationeller machen helfen. Neben den Fetten als weltwirtschaftliches Verpflegungsmittel kamen schon viel früher die tropischen Gewürze in Frage und deuten im mittel­ alterlichen Europa Verbindungen mit Indien an, wie Pfeffer, Zimt, Ing­ wer, Muskat, Nelken, Zucker und andere, die auch auf Südeuropa, Afrika und Arabien deuteten. Der Umgang mit ihnen konnte Sache von Spezial­ betrieben sein, zu denen Fernhändler oder örtlich die Apotheken oder speciarii gehörten. Außerdem waren hierbei die Gewürze aus näheren Südländern im Mittelalter schon sehr im Gesamtsortiment beteiligt, wie Lorbeer, Senf, Safran, Sesam, Kümmel, Anis, Hopfen, Opium und das Universalheilmittel Theriak, das wie der Ginseng der ostasiatischen Kul­ tur und Heilkunst aus vielen Stoffen gemischt wunde. Mindestens seit dem späteren Mittelalter lassen sich im Welthandel der Europäer alkoholisch konzentrierte Waren wie Bier und nament­ lich Spiritus nachweisen. Der letztere führte sich von den Weingegen­ den Frankreichs und Südwestdeutschlands ein, und die seit Ende des 15. Jahrhunderts die Ozeane überquerende Schiffahrt machte solche Ge­ tränke schon für ihren eigenen Verbrauch zu einer unentbehrlichen An­ gelegenheit. Mindestens seit dem späteren 17. Jahrhundert wurden die natürlichen Mineralwässer — wie sie in Deutschland zunächst hießen — und die „Sauerbrunnen“ auch internationale Ware, und ihr Handel war eben­ falls durch die Seefahrt bestimmt. Das hatte zur Voraussetzung eine regere Entwicklung der Verpackungs­ technik mit tönernen oder gläsernen Flaschen, die obendrein noch durch die flüssigen Heilmittel angeregt wurden oder auch durch die Parfüme­ rien. Sie verursachten schon im Mittelalter die Verbindung mit der Seife, die damals als Handelssorte genannt wurde und von Italien, Frankreich und Deutschland weit hinausging. Das war mindestens über Europa der Fall, hat sich seit dem 16. Jahrhundert zudem nach anderen Erdteilen gerichtet. Schwefel, Salpeter und namentlich Farben waren im Mittelalter gesuchte Chemikalien. Die Farben stammten vom „Brasilholz“ mit seiner roten Farbe aus Indien, nach ihm wurde seit dem 16. Jahrhundert

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mit seinem Rotholz das südamerikanische Land benannt. Der Indigo wurde z. B. in Deutschland bereits im späteren Mittelalter — aus dem Orient kommend — als Wettbewerber des einheimischen Waid ange­ wendet. Bei Rot und Schwarz kamen auch südeuropäische und orien­ talische Arten weithin aus fernen Ländern, wie das auch bei den Heil­ mitteln anderer Rassen der Fall war. So war im Mittelalter auch der nordafrikanische, sudanesische und arabische Gummi z. B. in der Färberei ganz geläufig. Der moderne Kautschuk wurde für eine riesige Tragweite erst fähig, als Goodyear seine Vulkanisation mittels Schwefel in den 1840er Jahren erfand. Einen großen, auch weltwirtschaftlichen Fortschritt brachte die An­ wendung der Kühltechnik. Man kam in der ersten Hälfte des 19. Jahr­ hunderts auf die Lagerung des Wintereises für den Sommergebrauch und auf einen internationalen Eishandel von den nordischen und den alpinen Gletschern aus. Das wurde durch die Erfindung der Eismaschine von Carre in den 1860er Jahren im Bereich der vielseitigen französi­ schen Bestrebungen bei der Behandlung von Lebensmitteln erreicht. Frankreich hat sich seit dem 18. Jahrhundert mit Eifer um Fortschritte in der Verbesserung der Lebensmittelbehandlung, wie schon viel früher der Kleidermoden bemüht. Schon im späteren Mittelalter sprach man in Deutschland von einer Frauenkleidung „nach Pariser Sitten“. Das stützte sich dort bereits auf die große königliche Hofhaltung, die kaiserliche in Wien kam erst später auf solche Gedanken! In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Ernährung nörd­ licher Länder durch die Kühlung südlicher Genußmittel im Transport oder von Gefrierfleisch vervollständigt. So wurden die Bananen und die Citrusfrüchte der südlichen Halbkugel, sogar von Südamerika oder Australien selbstverständlich, ebenso wie dort die altüberlieferten euro­ päischen oder orientalischen empfindlichen zerbrechlichen Gegenstände aus Porzellan und Steingut. Auch so unbequem schwere Güter wie Kalk, Zement oder Sand wurden Welthandelswaren. Mindestens treten diese hinter den anderen nach außen hin zurück. Eine besondere Stellung nahm hierin die Seide Chinas ein, die im Westen seit dem späteren Alter­ tum aufkam und danach durch die Kirche von Rom aus besonders ge­ fördert wurde, die im früheren Mittelalter ausdrücklich die Anwendung dieser ostasiatischen Faser für bestimmte kultische Textilien anordnete. Gott sollte mit den kostbarsten Stoffen verehrt werden. So bekam die „Seidenstraße“, die von China aus südlich des Tienschan nach dem Westen lief und sich dort nach Tyrus und Sidon, aber auch nach Byzanz ver­ zweigte, einen besonderen Sinn. Religiöser Bedarf hatte etwas Zwingen­ des an sich. Er stand hinter der Seide und dem Wein, die aber daneben immer dem allgemeinen Verbrauch sehr einleuchteten! Teilweise war er bei Gold und Silber mit im Spiele. Da beide Metalle seit dem Altertum

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als selten und zugleich als dekorativ empfunden wurden, so wandte man sie überall bei der Verehrung der Gottheit an. Zudem wirkte sich bei den Edelmetallen der Schmuckbedarf nach­ drücklich aus, und bei ihm schaltete sich vorwiegend die Frau als trei­ bende Kraft ein, indem sie das Verhalten der Männer beeinflußte, die aber eigene Motive hinzufügten. Beim Schmuck galt meist das Seltene als erwünscht, und zu dessen Wesen gehörte, daß es in die Ferne wies und der natürlichen Umgebung des Bedarfsträgers fremd war. Das galt zumeist für die Edelmetalle. Hinzu kamen im Schmuckbereich die Edelsteine und Perlen, die alle seit dem Altertum und zumal im Mittelalter in den heute bekannten Sorten mindestens von Europa aus Erdteilsverbindungen bis nach Inner- und Südasien sowie nach Afrika anregten. Wie bekannt, kam es schon in längst vorchristlicher Zeit zu wirtschaft­ licher gegenseitiger Annäherung der Völker, die das Mittelländische Meer umrandeten, das besonders auch dadurch seinen Namen bekam, wobei die Initiative von vorderasiatischen Völkern ausging. Sie erstreckte sich in ihren Ausläufern über die Säulen des Herakles hinaus. Im Norden bewegte sich eine germanische Parallele, die im früheren Mittelalter die­ sen Raum wohl ganz, wenn auch spärlich ergriff, aber doch schon nach dem nördlichen Amerika vorstieß, ohne jedoch dort wirtschaftlich festen Fuß zu fassen. Labrador ist heute noch in dieser Hinsicht ein Problem, dessen Erfüllung aber schon mit der regelmäßigen Befahrung der Bank von Neufundland seit Ende des 15. Jahrhunderts, und zwar von Europa aus begann. Kurz zuvor war Amerika auch in einer südlicheren Breite, im Jahre 1492 „entdeckt“ worden. Da diese damals wegen tropischer Leistungen für die Europäer viel mehr Sinn hatte, setzte der weltwirt­ schaftliche Sinn Amerika vorerst von dort aus ein. Für Südamerika war dessen Entdeckung im Jahre 1500 eine Voraussetzung. Es ist bemerkenswert, daß sich die engere antike Einbeziehung Nord­ afrikas in den interkontinentalen wirtschaftlichen Zusammenhang erst im 15. Jahrhundert dauernd fortsetzte, indem die Portugiesen an der Westküste Afrikas entlanggingen. Auf den Kanarischen Inseln waren um 1500 auch deutsche Zuckerplantagen, und zwar durch Kölner bzw. bergische Unternehmer im Gange. Die alte westafrikanische Richtung dehnte sich sehr bald seit Ende des 15. Jahrhunderts längs der Küste des Erdteils bis zum Südkap (1486) und von da nach Indien aus (1497), sowie über den Atlantischen Ozean nach Südamerika (1500), wo alsbald die bekannten kolonial-imperiali­ stischen Organisationen aufkamen. Das geschichtlich grundsätzlich Neue wurde dabei nun eine völlig von den Europäern gemeisterte große trans­ ozeanische Fahrt mit allen ihren politischen und wirtschaftlichen Folgen. In den anderen Erdteilen kam das darin zum Ausdruck, daß sich deren

Zur Entstehung der Weltwirtschaft

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Entwicklung von den Küsten aus neuartig, und zwar nach europäischen Gedanken vollzog. Bei den alten großen anderen und dabei in ihrer Zivi­ lisation ganz aktiven Gruppen des Vorderen Orients, Indiens, der malayischen Welt, Chinas und doch auch Japans hatte sich die Entwicklung maßgeblich vom Innern ihrer Lebensgebiete aus vollzogen und ihren dich­ ten klaren Stil gefunden, wie er im Grunde noch heute besteht. Jene Gruppen wurden seit Mitte des 19. Jahrhunderts aber mehr und mehr von europäischen Mitteln und Methoden ergänzt. Sie gelangten so zu einer neuartigen Synthese. In dieser begannen sie dauernd, sich mit sich selbst daraufhin auseinanderzusetzen, wie weit sie in der Übernahme von europäischen Gepflogenheiten und Mitteln in ihrem Verbrauch, so­ wie in ihrer Betätigung im wirtschaftlichen und sonstigen alltäglichen Leben gehen wollten. Hierbei konnten sie sich z. B. zu einer neuen Ver­ wendung der europäischen Kleidergewohnheiten verstehen, zu der von Werkzeugen, Geräten und Gefäßen und zumal auch von Waffen gleichen Musters. Wenn man sich allein in diesen Beziehungen Vorstellungen macht, so sind diese außerordentlich mannigfach. Das gleiche gilt für die Aufnahme der europäischen Transport- und Verkehrsmittel, sei es mit der von den Bergwerken des 18. Jahrhunderts gebrauchten Eisenschiene bis zum heutigen Flugzeug, von der Aufnahme der Dampfmaschine nach dem Siebenjährigen Krieg, der Gas- und Elektromotoren seit »den 1860er Jahren; die Ölmaschinen folgten bald nach. Von sehr großer Wirkung war zudem die einheitliche Überwindung der weiten Räume in der Linienführung. Im gleichen Jahre 1869 wer­ den der Suezkanal und die erste nordamerikanische Pazifikbahn eröff­ net, der 1885 die Canadian folgte und 1903 'die Sibirische Bahn nach Wladiwostock. Damit vollzog sich die Überwindung der größten kon­ tinentalen Verkehrsmöglichkeit von Lissabon nach dem fernsten Osten. Sie hat ihre Seitenstücke in Afrika und Australien mit deren Überland­ linien. Aber die weltwirtschaftlich so wichtigen indischen Hauptlinien sind im wesentlichen unter dem britischen Einfluß schon während der 1850er Jahre angelegt worden. Der Panamakanal konnte infolge un­ zweckmäßiger Unternehmungsgestaltung erst unter nordamerikani­ schem Einfluß seit 1914 arbeitsfähig werden. Selbstverständlich war seit der Mitte des 19. Jahrhunderts schon über­ all auf den Kontinenten die Dampfschiffahrt der Binnengewässer ziem­ lich allgemein geworden und hatte die Besiedelung und die nun auch weltwirtschaftliche Produktion ermöglicht. In Europa leitete sich die­ ser Zusammenhang schon bald nach 1820 ein und wurde zudem durch die Anwendung der Schleppschiffahrt vertieft. Die Umsätze von Getreide auf große Entfernungen bestanden in Europa schon während des Mittelalters. Es handelte sich da anfallend um den Ausgleich des notorischen Mangels im Norden und die häufigen

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Ernteausfälle in allen Anbaugebieten. Bei den extensiven, nur etwa ein Drittel der neuzeitlichen Ergebnisse erzielenden Gewohnheiten waren jene sehr häufig und gefährlich. In Frage kamen während jener Zeit in Europa schon alle vier Getrei­ dearten, die, wie man in Deutschland sagte, nach Paaren, also als Som­ mer- und Wintergetreide, erzeugt wurden. Im späteren Mittelalter :— wohl seit dem 14. Jahrhundert — schaltete man daneben auch in Westeuropa den von Rußland kommenden Buchweizen ein, und das meist auf leichtem sandigem Boden. Im Verlaufe des späteren 16. Jahrhunderts wurde in Südeuropa der aus Amerika stammende Mais bekannt und brei­ tete sich dort weithin im Anbau aus. Umgekehrt ereignete sich das mit den altüberlieferten europäischen Getreidearten in ganz Amerika, wo sie immer zunächst zur örtlichen Selbstversorgung der einwandernden Europäer angesetzt wurden, wie das z. B. J. F. Cooper schildert. Nach vereinzelten Anfängen im späteren 18. Jahrhundert — vereinzelt schon früher — kam Mitte des 19. Jahr­ hunderts die betonte Massenausfuhr des Getreides von Kanada bis zum La Plata auf. Damit äußerten sich unter anderem grundsätzliche Wandlungen in dem wirtschaftlichen Verhalten der amerikanischen Leistungen und vor allem auch Australiens für den Weltmarkt. Deren agrarische Wirt­ schaft wandte sich besonders seit dem 17. Jahrhundert — mit vollem systematischen Nachdruck eigentlich seit Mitte des 19. Jahrhunderts — der Weltausfuhr zu, bestimmt auf lange durch den Bedarf Europas. Das begann bei den großen Entfernungen zu diesem neben den Edelmetallen mit den Erzeugnissen der Viehzucht und hierbei mit deren hohen Wer­ ten: in Brasilien neben dessen Kakao, Kaffee und Baumwolle sowie am La Plata mit Rinder- und Kälberhäuten, in Australien und Neuseeland mit der Schafwolle ähnlich wie in Südafrika. Das ergänzte sich im Laufe jüngerer Jahrzehnte, wie schon erwähnt, mit Hilfe der neueren Konser­ vierungsmethoden auf die leicht verderblichen animalischen Sorten, je­ doch später auch auf die vegetabilischen, auf die Südfrüchte aller Art und auf Gemüse. Bei den tierischen Sorten pflegten teilweise auch ge­ salzene oder Räucherwaren beteiligt zu sein. Ein neues Haustier vermochte Amerika der Alten Welt nicht zu lie­ fern, abgesehen von dem dort aber wenig ergiebigen Truthahn, von dem man aber annimmt, daß er aus Europa stamme! Im Gegenteil übertrugen die Europäer ihre alten Sorten mit Einschluß des Pferdes auf den neuen Erdteil. Dieser gab dafür eine so große Sache wie die Kartoffel und gegenüber den altweltlichen Getreidearten den Mais.

Kulturelle Beziehungen zwischen Nationen Von Harriet Hoffmann I

Zu Anfang dieses Jahres hat sich der Kulturpolitische Beirat konstitu­ iert* der dem Auswärtigen Amt 'bei der Pflege der kulturellen Beziehun­ gen zu den verschiedenen Staaten, mit denen die Bundesrepublik poli­ tische und menschliche Beziehungen unterhalten und ausbauen will, zur Seite stehen soll1. Die folgenden Ausführungen wollen keiner Polemik über Zweckmä­ ßigkeit oder Unzweckmäßigkeit eines Beschlusses dienen, wonach dieser Beirat nicht die soziologische oder kulturelle Struktur des -deutschen Volkes — quasi als Exponent konfessioneller, soziologischer oder politi­ scher Gruppen — widerspiegeln soll; diese Kulturarbeit soll sich vielmehr jenseits aller, auch der legitimen Interessengruppierungen, in der freund­ schaftlichen Aussprache von Menschen, die das Verständnis für die Größe der Aufgabe mitbringen, und in einer vertrauten und vertraulichen At­ mosphäre mit einem Mindestmaß an Publizität vollziehen. — Es soll auch nicht zur Diskussion gestellt werden, wie das Verhältnis der be­ reits bestehenden Organisationen, die sich mit kulturellen Auslandsbe­ ziehungen befassen, gegenüber der neuen Institution auszulegen ist; in einer Welt, in der die Politik im alten Sinne und der Handel nicht mehr den alleinigen Bestandteil der in Krieg und Frieden „totalen“ zwischen­ staatlichen Beziehungen ausmachen2, ist es für die Regierungen zur Selbstverständlichkeit geworden, auch -die Kulturpolitik im Auslande in ihren Aufgabenbereich -einzubeziehen — zumal ihnen die private Ini­ tiative nicht mehr ausreichend erscheint8. Im übrigen müßten, wenn das Gewicht der staatlichen Kulturpoltik im Verhältnis zu der Arbeit und dem jeweiligen Erfolg der älteren Organisationen festgestellt werden sollte, nicht allein die verfügbaren Zahlen, die ihre jeweiligen Leistun­ gen belegen, berücksichtigt, sondern auch Versuche unternommen wer­ 1 Kulturbeirat des Auswärtigen Amtes. Ansprache des Bundesministers des Auswärtigen bei der Konstituierungssitzung. „Bulletin des Presse- und In­ formationsamtes der Bundesregierung“, Bonn, Nr. 10 vom 14. Januar 1901, S. 89 f. (Im folgenden zitiert: „von Brentano“). 2 T. S. Eliot als Kritiker. Eine Auswahl seiner Gedanken über Politik und Kultur. „Der Monat“, Jg. 1 (1948), S. 67. 3 von Brentano, a. a. O.

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den, die Breitenwirkung des kulturell Gebotenen und die Resonanz, die es im Auslande auslöst, ausfindig zu machen. Damit öffnet sich ein sub­ tiles Gebiet, das zwar der exakten Beobachtung und dem einwandfreien Beweis an Hand von Fakten (trotz der verfeinerten Methoden der mo­ dernen Meinungsforschung) schwer zugänglich, der Manipulation und der Interessenpolitik jedoch keineswegs verschlossen ist. Die Ansprache des Bundesaußenministers konnte naturgemäß nicht dazu bestimmt sein, sich mit Darlegung und Abwägung der verschiede­ nen Definitionen des Begriffs „Kultur“ zu befassen4 — und dies würde selbst im Rahmen dieser Arbeit zu weit führen. Es soll weder ein Kom­ pendium der Lehrmeinungen, die in den verschiedenen geistes- und so­ zialwissenschaftlichen Disziplinen zum Begriff „Kultur“ vertreten wer­ den, noch ein Abriß der Forschungsmethoden folgen, mit deren Hilfe sie die Gültigkeit ihrer jeweiligen Konzeptionen zu erhärten oder um­ zustoßen versuchen. Nur einige wenige im Zusammenhang dieser Arbeit notwendige Bemerkungen sind jeweils eingefügt. Ganz allgemein scheint das Verständnis des strapazierten Begriffs außerhalb der Wissenschaft ohne weiteres vorausgesetzt zu werden; im Sonderfalle der Ansprache des Bundesaußenministers handelte es sich zudem um einen Kreis von Personen — Gelehrte und Künstler —, deren Nennung im Zusammenhänge mit den „zahlreichen Unklarheiten, die das Problem der Kultur belasten“5, wie Sakrileg klingen würde. Nichts­ destoweniger ist das von dem Schriftsteller T. S. Eliot® angeführte Bei­ spiel für die Verschiedenartigkeit der Assoziationen, die das Wort „Kul­ tur“ weckt, aufschlußreich in Verbindung mit der Tatsache, daß die Kul­ turpolitik eines Landes repräsentativ für ein ganzes Volk sein soll. Aber eine einseitige Auffassung von Kultur — etwa als gute Umgangsformen oder feine Lebensart und Gepflegtheit, als wissenschaftliche Bildung und enges Vertrautsein mit dem angehäuften Gedankengut der Vergan­ genheit oder als Sinn für abstrakte Ideen und eine gewisse Fähigkeit, mit ihnen umzugehen, oder die Gleichsetzung von Kultur mit Kunst, wo­ mit der Künstler, aber auch der Liebhaber und der Dilettant gemeint sind, — führt nach Eliots Auffassung nur zu der Erkenntnis, daß eine Vollkommenheit, die ausschließlich auf einem der Gebiete erzielt wird, weder einem einzelnen Menschen Kultur verleihen, noch für ein ganzes 4 Vgl. zum Verständnis eines anthropologisch aufgefaßten Kulturbegriffs: I. A. L. Kroeber (Ed.), Anthropology Today. An Encyclopaedic Inventory. Chicago 1953. — Ferner: L. von Wiese, Grundprobleme der Anthropologie in den USA. Bemerkungen zu einem neuen Sammelwerk. „Kyklos“, Bd. 6 (1954), S. 345 ff. — Zum Kulturbegriff in der Soziologie vgl. auch: R. König, Artikel: Kultur. In: Soziologie. Hrsg. R. König. (Das Fischer Lexikon. Bd. 10). Frank­ furt a. M. (1958). S. 151 ff. 5 König, a. a. O., S. 151. 6 T. S Eliot, Beiträge zum Begriff der Kultur. Berlin und Frankfurt a. M. 1949, S. 25.

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Volk Geltung haben kann; denn, so führt er aus, feine Lebensart ohne Bildung oder Geist oder ohne Gefühl für die Kunst enden in bloßem Automatentum, Gelehrsamkeit ohne Lebensart oder Feingefühl ist Schul­ meisterei, Geist ohne menschliche Qualitäten verdient nur in dem Sinne Bewunderung wie die Glanzleistung eines Wunderkindes, und Kunst ohne geistigen Gehalt wird zu leerem Spiel; letztlich ist Kultur also nicht in einem einzelnen oder in irgendeiner Gruppe von Einzelwesen zu suchen, sondern immer nur in der gesamten Gesellschaft; denn per­ sönliche Kultur läßt sich nicht von der Gruppenkultur isolieren, und diese kann ihrerseits wiederum nicht aus der Gesamtkultur der Gesell­ schaft herausgelöst werden7. In diesem Sinne gibt Kultur als Ausdruck alles dessen, was den Menschen betrifft, den Antrieb zur Bildung des Sozialsystems und zur Schaffung des Zivilisationsapparates. Sie ist die Sphäre der letzten Werte, und die Menschen können das Universum und auch ihre eigenen Motive, ihre Technik und ihre Macht nur als Funktion dieser Werte erklären. Jedes Volk und jede Epoche besitzt eine eigene Art, die Dinge zu betrachten, charakteristische Haltungen, eigene Denkformen und eine eigene Philosophie8. Dementsprechend bleiben auch die unterschiedlichen, jeweils vorhandenen oder nicht vor­ handenen Überzeugungen und Verhaltensweisen der in den kulturel­ len Prozeß einbezogenen Menschen9, die eine Unzahl von Ausdrucks­ formen finden, jeweils für sich unverständlich, solange sie nicht in Be­ ziehung zu anderen in der Gesellschaft üblichen Sitten, Bräuchen und Gewohnheiten, sowie zu ihrem historischen Hintergründe gebracht und in diesem Zusammenhänge erklärt werden10. Ebenso problematisch wie die Vertrautheit mit dem Begriff Kultur scheint die Kenntnis dessen, was Gegenstand der „vom Staate geförder­ ten und angeregten Dispositionen über kulturelle Fragen im zwischen­ staatlichen Bereich“ sein soll11. Der „Export“ von Kultur als Lebens­ weise eines Volkes, im Sinne der obigen weitgefaßten Auslegung, kann nicht Aufgabe besonderer Kulturoiganisationen sein — etwa gar um auf Umwegen eine Umsatzsteigerung der heimischen Wirtschaft herbeizu­ führen. Die Einführung und Übernahme fremder Lebensformen — seien es nun flüchtige Moden oder Wandlungen von Sitte und Brauchtum auf lange Sicht — mag dem Nachahmungstrieb und dem Snobismus über1 assen bleiben, die in der jüngsten Vergangenheit und in der Gegenwart 7 Eliot, Beiträge zum Begriff der Kultur, a. a. O., S. 26. 8 R. M. Maclver, Society. A Textbook of Sociology. New York 1947. S. 279. 9 R. Benedict, Patterns of Culture. New York 1934. S. 19 ff. — Deutsche Übersetzung von Richard Salzner unter dem Titel: Urformen der Kultur, (rowohlts deutsche enzyklopädie, Bd. 7.) Hamburg 1955. 10 M. J. Herskovits and M. M. Willey, The Cultural Approach to Sociology. In: V. F. Calverton (Ed.): The Making of Society. New York 1937. S. 694 f. 11 von Brentano, a. a. O. 26 Festgabe für Müller-Armack

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z. B. von den Massenkommunikationsmitteln oder auch von einem welt­ umspannenden Tourismus, nicht zuletzt sogar von der „Besetzung“ im Kriege unterlegener Länder gefördert wurden. Auch diese Erscheinun­ gen haben ihren Platz im großen Rahmen der Kultur — im Hinblick auf Breitenwirkung und Resonanz nicht einmal den geringfügigsten; denn bei ihnen spielt der „menschliche Faktor“ eine wichtige Rolle: die Bildung von Urteilen über fremde Völker und ihre Lebensformen auf Grund rein subjektiver Erfahrungen in Einzelfällen, die als allgemein­ gültig verbreitet werden, ein Thema, das später noch einmal aufgenom­ men werden muß. Nach den Worten des Bundesaußenministers sind vielmehr in der in­ ternationalen Kulturarbeit den Ländern der Welt jeweils besondere Auf­ gaben gestellt, im Falle der Bundesrepublik einmal in bezug auf die Län­ der ihrer nächsten Umgebung, mit denen kulturelle Beziehungen schon bestehen, zum anderen aber auch hinsichtlich jener Länder, „die zum Teil in ihrem kritischen Vermögen vielleicht nicht hinreichend ausge­ bildet sind, um das Richtige vom Falschen unterscheiden zu können, wo also neben der kulturellen Aufgabe in gewissem Sinne auch eine er­ zieherische Aufgabe zu erfüllen ist“12 — wobei der Minister sich jedoch von vornherein gegen den Gedanken an die „Kulturpropaganda unseli­ gen Andenkens“ verwahrt, deren Ziel es war, die Welt am deutschen Wesen genesen zu lassen. In diesem Sinne wurde auf der ersten Sitzung des Beirats vor allem die Bedeutung der „Bildungshilfe“ als Grundlage der Entwicklungshilfe betont und die Behandlung der ins einzelne gehen­ den Fragen wie etwa die Rolle der Sprache, der Kunst, der Auslands­ schulen und der Wissenschaft, insbesondere die Sicherung der in an­ deren Ländern tätigen Gelehrten, für die nächsten Sitzungen des Bei­ rats in Aussicht gestellt18. Dieses Programm deutet die Aufgaben an, die sich «die staatliche Kul­ turpolitik der Bundesrepublik gesetzt hat. Sie liegen in den Gebieten von Erziehung, Wissenschaft und Kunst. Die Einschränkung resultiert wohl einerseits aus dem unserem Zeitalter eigenen Hang zur Spezialisierung und Aufgliederung in Ressorts, andererseits aber auch aus sachlicher Notwendigkeit, wenn man berücksichtigt, daß für andere Bereiche als die oben genannten, wie Wirtschaft, Politik, Arbeit und Familie, Verkehr, und Nachrichtenwesen usw., die letztlich alle zur Kultur eines Volkes im weiteren Sinne zählen, im Rahmen des gesamten Regierungs- und Verwaltungsapparates wiederum eigene Behörden zur Verfügung ste­ hen; doch dürfte im besonderen Falle der Kulturpolitik die Abgrenzung 12 von Brentano, a. a. O. 13 Kulturbeirat des Auswärtigen Amtes. Bedeutung der „Bildungshilfe“. „Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung“, a. a. O., S. 90.

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auch auf jene engere Konzeption der Kultur zurückzuführen sein, die in ihr ausschließlich die Veredelung des Geistes- und Seelenlebens14 sieht. Im einzelnen berichtet über die vom Auswärtigen Amt der Bundes­ republik geförderte Kulturpolitik der Tätigkeitsbericht der Bundesre­ gierung: „Deutsche Politik I960“15; behandelt werden darin folgende Punkte: Kulturabkommen — Kulturkommission; Kulturinstitutionen; internationale staatliche Organisationen; Wissenschaft und Austausch; Auslandsschulen; kirchliche und karitative Aufgaben; Kunst; Literatur; Film, Rundfunk, Fernsehen; zentrale Austauschsteile Bonn. Auf fünf Seiten werden die jeweiligen Leistungen auf diesen Gebieten aufgezählt, kommentarlos, wie es dem Charakter von Tätigkeitsberichten entspricht.

n Diese Aufzählung läßt eines vermissen: den Hinweis auf 'das Beson­ dere, das die deutsche Bundesrepublik anderen Völkern in kultureller Hinsicht zu geben hat und das gleichzeitig Ausdruck des Allgemeinen sein muß, das ihrer Kultur als Lebensform eines bestimmten Volkes in einem bestimmten Lebensraum und im Unterschied zu anderen Völkern eigen ist; denn, wie oben angedeutet, manifestiert Kultur sich zwar in allen Lebensgebieten eines Volkes, in Religion und Gesellschaftsordnung, in Sitten und Gebräuchen, in Wissenschaft und Kunst, nicht zuletzt auch in der Sprache, durch die vor allem der Ausdruck des Denkens, Fühlens und Empfindens der Menschen sich unterscheidet18, sie ist aber mehr als die Summe aller dieser Faktoren, es haftet ihr ein Unwägbares an, das ihre Besonderheit bestimmt und das vielleicht am ehesten seinen Aus­ druck findet in dem Gewicht, das den verschiedenen Komponenten in ihrem Verhältnis zu einander beigemessen wird. So steht die Befassung mit der „Kultur“ und damit auch die staatliche Kulturpolitik vor zwei Schwierigkeiten; denn ebenso kompliziert wie die Festlegung einer eindeutigen Definition ist es, eben jenes Unwägbare festzustellen. Wohl mag der Theorie — gleichgültig auf welchen wis­ senschaftlichen Grundlagen sie aufbaut — die Bestimmung der Kriterien gelingen, aus deren Zusammenwirken Kultur entsteht. Es mag auch möglich sein, die Gültigkeit einer solchen Theorie an Hand von Beob­ achtungen und Daten zu prüfen und das bis in die Einzelheiten wissen­ schaftlich exakte Bild einer Kultur mit allen in ihr wirkenden geistigen und realen Faktoren zu entwerfen. Doch wenn es sich darum handelt festzustellen, was die einzelnen Völker einander auf geistigem Gebiete 14 von Wiese, a. a. O. 15 Deutsche Politik 1960. Tätigkeitsbericht der Bundesregierung. Bonn 1960. S. 61 ff. 16 Eliot, Beiträge zum Begriff der Kultur, a. a. O., S. 147 ff. 26*

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zu geben haben, wird gerade der wesentliche Faktor am leichtesten der subjektiven Beurteilung verfallen. Eine Reihe weiterer Schwierigkeiten in der Ausgestaltung der kultu­ rellen Beziehungen zwischen Nationen ergibt sich aus ihrem historisch bedingten Verhältnis, das die gegenwärtigen Beziehungen bis zur Auf­ nahmebereitschaft und -freudigkeit gegenüber dem von fremden Völ­ kern und Kulturen Gebotenen hin bestimmen kann. Die Ursachen hierfür liegen nicht allein in Tatsachen, z. B. aus dem Be­ reiche der Politik, sondern auch in einer Verquickung von Fakten und Emotionen, aus denen Eigen- und Fremdbilder der Nationen und ein daran orientiertes Verhalten von einzelnen und Gruppen sich ergeben. Zumal das Nationalgefühl, der Nationalstolz, die im Verlaufe der Ge­ schichte das Verhältnis der Völker zu einander oft so unheilvoll bestimmt haben, werden erst rege durch Vergleich der eigenen Nation mit fremden Nationen und durch Wertung geschichtlich bedingter Differenzierungen der Kultur17. Schon die Tatsache des Andersseins weckt nicht allein Neu­ gier, Nachahmungslust, Assimilierungsstreben, sondern auch Verdacht, Vorurteile, Haß, Ressentiments und Minderwertigkeitsgefühle bei den beteiligten einzelnen und Menschengruppen; diese können in Fanatis­ mus jeglicher Provenienz, in Fremdenhaß, Rassenhaß und Intoleranz auf weltanschaulichem Gebiete ihren Niederschlag finden. Ethnische, religiöse, soziale oder auch politische Auseinandersetzungen, die das Zu­ sammenleben der Nationen erschweren, werden so geschürt. Besonders hilflos sind ihnen die Minderheiten jeglicher Art preisgegeben oder auch der „marginal man“, der — Personifikation des Kulturkonflikts — sich im Strahlungsfeld zweier Kulturen behaupten muß18. Ein Weg, um die Vorstellungen der Völker von einander zu korrigie­ ren und gleichzeitig zur Richtigstellung der Eigenbilder, zur Selbster­ kenntnis zu führen, dürfte der bewußte Ausbau kultureller Beziehun­ gen zwischen Nationen sein. Leichter können dann Standpunkte geklärt, Voreingenommenheiten beseitigt und Spannungen ausgeglichen werden, die sich aus der Rivalität der Nationen, nicht nur auf kulturellem, son­ dern auch auf wirtschaftlichem und politischem Gebiete ergeben. Es ist kein einfacher Weg, weil Vorurteile nicht nur als gelegentliche subjektive Verallgemeinerungen einzelnen Menschen anhaften, sondern, da sie gro­ ßenteils durch die Umwelt, z.B. von Elternhaus, Schule, Massenkom­ munikationsmitteln, Beruf ’ übernommen sind, oftmals als typisch für ganze Bevölkerungsschichten gelten können. 17 Zur Problematik des Vorurteils vgl.: P. Heintz, Soziale Vorurteile. Ein Problem der Persönlichkeit, der Kultur und der Gesellschaft. Köln (1957); ferner die dort angeführte Literatur. 18 Vgl. hierzu: A. N. J. den Hollander, „Der Kulturkonflikt“ als soziolo­ gischer Begriff und als Erscheinung. „Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie“, Jg. 8 (1955), S. 161; ferner die dort und bei Heintz (a. a. O.) angegebene Literatur.

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Bei zahllosen Beschreibungen und Beurteilungen fremder Lebensfor­ men ließe sich die Belastung mit Vorurteilen und subjektivistischen Ver­ allgemeinerungen nach weisen. Nur als eine Quelle sei der „dokumenta­ rische Streifzug“: Amerika blickt auf Europa von Melvin J. Lasky ge­ nannt19. Dort finden sich Zitate wie: „Europa ist in Dummheit, Korrup­ tion und Tyrannei alt geworden. Seine Gesetze verkörpern das Gegenteil von Recht und Ordnung, seine Sitten sind zügellos, seine Literatur ist im Absterben, seine Menschen sind verdorben“ (Noah Webster) und: „Der Gedanke, in dem man uns großgezogen hat und der Europa als die Hei­ mat der Kultur schlechthin verherrlichte, ist glatter Unsinn. Europa ist nichts anderes als ein Schlachthaus, mit allem, was dieser Begriff in sich schließt“ (Walter Hins Page) — Äußerungen, die aus der jeweiligen Si­ tuation, dem Ausgang des Feudalismus im einen Falle, dem Ausbruch des ersten Weltkrieges im anderen, zu verstehen sind.

Anders klingt die Warnung in den Worten des Herausgebers von „For­ tune“ nach dem zweiten Weltkriege: „In Europa bestehen einigermaßen kuriose Vorstellungen über Amerika, und es könnte eines Tages heißen, daß die freie Welt an ihnen zugrunde gegangen ist...; man behauptet nämlich, daß wir Amerikaner mit all unseren Badewannen, unseren ele­ ganten Autos und unseren Wolkenkratzern ein Volk ohne jede ethische Zielsetzung sind, ein neues Karthago — das nur den Mammon und keine geistigen Werte kennt: kurzum, daß Amerika ein Land ohne Seele ist. Und wenn es Amerika nicht gelingt, diese Legende ein für allemal zu entkräften, wird es früher oder später an ihr zugrunde gehen.. .20.“ Als Beispiel für das Mißlingen internationaler Kulturbeziehungen auf Grund falscher Einschätzungen kann in diesem Zusammenhänge das Ur­ teil angeführt werden, das der frühere amerikanische Botschafter George Kennan21 im Auslande häufig über seine Landsleute angetroffen hat: ein Volk von vulgären, materialistischen Nouveaux riches, das weder Manieren noch Sensibilität besitzt, nur am Gelderwerb interessiert ist und jedes feinere Gefühl verachtet. Er gibt auch zu, daß in einigen Tei­ len der Welt, besonders in Westeuropa, dieser Eindruck auf die Tatsache zurückzuführen ist, daß die Amerikaner in der Vorstellung der Menschen mit Dingen und Impulsen des modernen Zeitalters identifiziert werden, die diese Menschen an sich selbst hassen — so beispielsweise die mo­ dere Technik, die Standardisierung und die Massenkultur —, von denen sie selbst dennoch immer stärker und geradezu willenlos erfaßt werden. 19 M. J. Lasky, Amerika blickt auf Europa. „Der Monat“, Jg. 5 (1952), S. 180 ff. 20 Zitiert bei: Lasky, a. a. O., S. 93. 21 G. F. Kennan, Kultureller Austausch zwischen Nationen. „Perspektiven“, H. 16 (1956), S. 10.

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Die Schuld hieran gibt Kennan seinen Landsleuten: Die Amerikaner haben sich oft damit begnügt, den Spiegel ihres kulturellen Lebens den blinden Machenschaften kommerzieller Interessen zu überlassen mit Re­ sultaten, die Kennan aus eigener Erfahrung als „verheerend“ bezeichnet. Grund dafür war ihre Unfähigkeit zu begreifen, was das Geistesiebei? für andere Völker bedeutet, die, in ihrer materiellen Entwicklung ungün­ stiger gestellt, das Kulturleben als höchste und 'hoffnungsvollste Form menschlicher Betätigung ansehen und Künstlern, Schriftstellern, Kom­ ponisten und Philosophen Aufmerksamkeit, Achtung und Verehrung schenken. Sie haben den Fehler gemacht, zu dem alle Völker neigen, näm­ lich an andere Kulturen eben den Maßstab anzulegen, mit dem sie selbst Kulturwerte messen.

m Diese Unbekümmertheit bildet den Gegenpol zu einer anderen Auf­ fassung von staatlicher Kulturpolitik, nämlich zu jener Richtung, die im Zusammenhang mit der Entwicklung in den einzelnen Bereichen der Welt die Kulturpolitik im Auslande zu einer ausgesprochen politischen Waffe entwickelt hat22. Es sind genügend Fälle bekannt geworden, in denen die Kulturmission praktisch zur Tarnung von politischer Propa­ ganda und Spionage gedient hat. Aber dieser Mißbrauch trägt bereits den Keim der Sterilität in sich; denn die Hinrichtung auf einen bestimm­ ten Zweck, die Einzwängung in starre Gleise verletzt das der Kultur im­ manente Gesetz der Spontaneität. Kultur ist kein Gegenstand der Planung, sie kann nicht auf Befehl oder unter dem Druck einer technischen Re­ ligion geschaffen und eingesetzt werden; nie kann eine politische oder wirtschaftliche Organisation ersetzen, was eine in Freiheit gewachsene Kultur der Menschheit in ihrer Vielfalt zu bieten hat; dazu braucht es — nach den Worten von Albert Camus — die Gegenüberstellung der Ideen, das Herzblut des Geistes, den Schmerz und den Mut aller, die in einer Gesellschaft leben und wirken23. Alles Organisieren und Planen, selbst der genialsten Köpfe, wird nichts erreichen, das von dauerhaftem Erfolg sein könnte, wenn ein gemeinsames kulturelles Erbe vergeudet oder mißachtet wird24. Eine solche Gemeinsamkeit ist in vielen Kulturen nachzuwedsen; denn bestimmte Gruppen von Kulturen zeigen seit alters her eine Verbunden­ heit im Denken, Fühlen und Verhalten. Stets sind schöpferische Impulse zwischen diesen Kulturen hin- und hergegangen, und selbst zwischen den Kontrapunkten Ost und West, zwischen Asien und Europa kann 22 von Brentano, a. a. O. 28 A. Camus, Die Wette unserer Generation. In: Fragen der Zeit. Ham­ burg (1960). S. 256. — Ders., Pessimismus und Mut. Ebda, S. 63. 24 Eliot, Beiträge zum Begriff der Kultur, a. a. O., S. 165.

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— Eliot zufolge25 — keine absolute Trennungslinie gezogen werden. Europa selbst erscheint ihm erst recht nicht einfach als die Summe einer Anzahl beziehungslos nebeneinander stehender Kulturen, die in einem bestimmten geographischen Raum angesiedelt sind. Europa und mit ihm die ganze westliche Welt verdanken ihre geistige Gestalt dem Christen­ tum und durch dieses den antiken Zivilisationen von Griechenland, Rom und Israel. Das Christentum schenkte der Menschheit nicht nur einen religiösen Glauben, sondern gab auch den Anstoß zur Entwicklung der Künste; es vermittelte die Grundgedanken des Römischen Rechts und die Begriffe von persönlicher Sittlichkeit und öffentlicher Moral26. So wächst der Europäer — mag er noch so rational und „modern“ denken — im Schatten der großen Kathedralen auf, und die Kultur, die diese Kathe­ dralen hervorbrachte, lastet noch heute auf ihm. Trifft diese Behauptung William Barretts27 zu, so muß auch seiner Schlußfolgerung zugestimmt werden, daß die psychologische Vergangenheit einer Kultur mindestens so lange nachwirkt, wie ihre Baudenkmäler erhalten bleiben, selbst wenn das Bewußtsein vielleicht schon geraume Zeit vorher beschlossen hat, sich dieser Erinnerung zu entledigen. Zudem wurde dieses „gemeinsame Erbe“ nur zu gern mit einer — wiederum aus einem idealisierenden Vor­ urteil entstandenen — Gloriole umgeben, so wie eine selektive und ver­ herrlichende Deutung der Welt- und Menschheitsgeschichte als Ge­ schichte der Machtpolitik verschleiert, daß diese „nichts anderes als die Geschichte internationaler Verbrechen und Massenmorde“28 ist. Die enge Verbundenheit der Kulturen gilt um so mehr in einer Welt, die zwar durch Entdeckung und Erschließung nahezu aller ihrer geo­ graphischen Bereiche, selbst der entlegensten Räume, groß geworden ist, in der aber durch die Entwicklung der Verkehrs- und Nachrichtentech­ nik Raum und Zeit zu „quantites negligeables“ geworden sind. Kon­ takt zwischen Ländern und Völkern ist zur Selbstverständlichkeit ge­ worden. Die Kenntnis des Andersartigen rührt nicht mehr allein her aus den ehemals selbst bei Wirklichkeitstreue so phantastisch anmutenden Erzählungen aus fernen Ländern, aus den nüchternen Berichten der Geschäftsleute und den realistischen oder idealisierenden Darstellungen der „Weltreisenden“ jeglicher Profession und jeglichen Formats der Vergangenheit; fremde Kulturschöpfungen, besonders Kunstwerke, sind nicht mehr nur in heimischen Privatsammlungen, in Museen und Aus­ stellungen zu bewundern. Eine mit den besten technischen Apparaturen 25 Ebda, S. 163. 26 Ebda., S. 164. Eliot nimmt damit den Gedankengang auf, der seit No­ valis’ (F. von Hardenberg): Die Christenheit oder Europa (1799) richtung­ weisend für die Romantik und die von ihr inspirierten Ideen war. 27 W. Barrett, Introspektion in Amerika. „Der Monat“, Jg. 5 (1952), S. 153. 28 K. R. Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Bd. 2: Falsche Propheten. Bern (1956). S. 334.

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ausgerüstete wissenschaftliche Forschung spürt die Geheimnisse -der Erde und der Geschichte auf. Zudem tragen Massenkommunikation und Mas­ senverkehr bei zur Kenntnis fremder Lebensformen — was jedoch kei­ neswegs auch immer mit Erkenntnis oder wenigstens Verständnis gleich­ zusetzen ist. Trotz der vereinheitlichenden Tendenzen, die einerseits aus dieser alten Verbundenheit der Kulturen, anderseits aus der Zusammendrängung von Zeit und Raum sich ergeben, entsteht letztlich nur „Einheit und Vielfalt“29; denn jedes Land hat innerhalb des großen Zusammenhanges aus vielen und räumlich wie zeitlich verschiedenartigen Wurzeln die nur ihm eigen­ tümliche Besonderheit entwickelt, und die einzelnen Kulturen müssen untereinander diese Verschiedenheit ebenso erkennen und anerkennen wie auf der anderen Seite ihre Verbundenheit und Verwandtschaft30. Kultur ist ebenso undenkbar, wenn die einzelnen Nationen sich von ein­ ander isolieren und eine „Kuiturautarkde“ im Sinne einer geistigen Ab­ sperrung und Inzucht der in der Geschichte so häufig angestrebten poli­ tischen und wirtschaftlichen Autarkie beigesellt werden soll31, wie dann, wenn die Länder auf den Stand völliger Gleichartigkeit herabgedrückt werden sollen32. Die Geschichte zeigt, wie erst aus den Kontakten zwi­ schen verschieden gearteten Kulturen, aus den Divergenzen und Gegen­ sätzen neue Auffassungen und Formen erwachsen83; denn Kultur nährt sich aus Widersprüchen, bereichert sich aus Verschiedenheiten und zieht Vorteil aus deren Überwindung84. Dies ist notwendig, damit die Ent­ wicklung im eigenen Kreise vor Selbstzufriedenheit, Sterilität und dem Absterben von Geist und Gefühl bewahrt bleibt. Kultureller Austausch ist also schon aus egoistischen Motiven unabdingbar, um die eigene Welt vor Stagnation und dem Verlust der geistigen Lebendigkeit zu bewah­ ren, und kann deshalb das Mäntelchen eines falschen Altruismus ent­ behren35 — womit noch nichts gesagt ist über Wert und Unwert dessen, was dem fremden Volke als Gegengabe geboten wird. IV

Entzieht die Entwicklung der Kultur in ihrem weitesten Sinne und mit allen ihr eigenen Besonderheiten sich also der bewußten Gestaltung, sofern sie nicht in Pseudo-Kultur entarten soll, und dürfen anderseits internationale kulturelle Beziehungen in dem engeren Sinne des geisti­ 29 30 31 32 33 34 35

Camus, Die Wette unserer Generation, a. a. O. Vgl. hierzu: Eliot, Beiträge zum Begriff der Kultur, a. a. O., S. 160. Ebda., S. 156. Ebda., S. 161. Kennan, a. a. O., S. 8. Camus, Die Wette unserer Generation, a. a. O., S. 256. Kennan, a. a. O., S. 9.

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gen und ästhetischen Lebens nur in dem oben angeführten Sinne „ego­ istisch“ sein, so entbindet dies die Beteiligten dennoch nicht von bestimm­ ten Pflichten, und zwar sowohl die Gebenden wie die Empfangenden und nicht zuletzt denjenigen, welcher zum „Medium“ der seinem Heimat­ lande eigenen Kultur bei anderen Nationen wird. Es scheint angebracht, dazu noch einmal das Urteil des Diplomaten Kennan über die Möglichkeiten des internationalen Kulturlebens anzu­ führen88. In der Welt der Kunst und des Geistes sieht er einen symboli­ schen Wert für das Leben der Nationen. Selbst in den finstersten Augen­ blicken politischer Bitterkeit, des Chauvinismus und der Absonderung konnten nach seiner Meinung die Erschaffung von Schönheit und die Höchstleistungen des Intellekts Brücken schlagen zwischen den Nationen und den Menschen der verschiedensten politischen Richtungen und Dog­ men. Er vertraut darauf, daß es kulturelle Werte gibt, die universal sind und in denen sich, da sie ein allgemein verständliches Thema darstellen, alle Menschen, gleich welcher Klasse oder welcher sozialen Gemeinschaft sie angehören, finden können. Dennoch ist zu beobachten, daß Fremdes häufig auf Ablehnung stößt, weil z. B. der Geist, das Lebensgefühl einer Epoche oder das religiöse Symbol, das ein Kunstwerk ausdrückt, dem Ver­ ständnis des modernen Menschen nicht mehr zugänglich sind, daß gerade die Kunst, beispielsweise auch Plastik, Malerei, Literatur moderner Künstler, oft nur auf Neugierde, Ablehnung, Borniertheit und Ent­ rüstung stößt und daß die Kulturpolitik angesichts dieses Fiaskos, wenn nicht sogar aus reiner Bequemlichkeit, wieder auf die altbewährten Klas­ siker, zumal für Bühne und Konzertsaal, zurückkommt.

Zu den Aufgaben eines jeden Landes, das beansprucht, zu den Natio­ nen gezählt zu werden, die in der Kultur eine Bereicherung ihres Le­ bens sehen, gehört nach Kennan das Bemühen,der Außenwelt zu zei­ gen, daß es ein kulturelles Leben hat und dieses hoch genug schätzt, um es im eigenen Lande zu fördern und darüber hinaus durch den Kontakt mit ähnlichen Bestrebungen in anderen Ländern zu bereichern. Kultu­ relle Kontakte sind in Kennans Augen wertvoller und besser als poli­ tische Propaganda.

Hinsichtlich seines eigenen Landes macht er zwei Einschränkungen, die auch für andere Nationen gelten dürften, die sich — oftmals dank einem längst durch ihre Handlungen verleugneten kulturellen Erbe — anderen Nationen überlegen dünken: Erstens muß der Fehler vermieden werden zu glauben, jedes beliebige Kulturprodukt eigne sich, solange es nur aus dem eigenen Lande — im Falle Kennans also aus Amerika — komme, für den kulturellen Austausch, und der Gehalt des Beitrages sei von sekundärer Bedeutung. Sehr viel wird, nach Kennans Ansicht, 36 Kennan, a. a. O., S. 11 ff.

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daneben aber auch von der Bescheidenheit, Unbefangenheit und Zurück­ haltung abhängen, mit der die Dinge an andere Völker herangetragen werden. Kein Volk ist, objektiv betrachtet, so interessant und glänzend, daß jede und alle Manifestationen seiner Kultur überall begrüßt wer­ den und eine Hilfe bedeuten. So ist es töricht, minderwertige Kunst ins Ausland zu bringen in der „seligen Täuschung“, daß jedes Erzeugnis, z.B. Hollywoods, den Ausländer unweigerlich beeindrucken und er­ freuen müsse. Auch werden schwache künstlerische Leistungen nicht da­ durch erträglicher, daß sie in anspruchsvoller und technisch vollkomme­ ner „Verpackung“ angeboten werden — ein Fehler, der dem kom­ merziellen Denken nur zu leicht unterläuft. In andere Länder muß, so fordert Kennan, nicht nur das Beste gehen, was man hat, es muß zudem für andere verständlich und annehmbar sein.

Kennans zweite Einschränkung bezieht sich auf die Kunst, Gastgeber für fremde Gelehrte und Künstler zu sein: Es genügt nicht, daß Ver­ treter anderer Völker und ihre Werke mit oberflächlicher Liebenswür­ digkeit empfangen und beklatscht werden. Wesentlich ist vielmehr, daß ein Volk lernt, in hervorragenden Ausländern, gleich welcher Herkunft sie sind oder welche Verdienste sie aufzuweisen haben, den Eindruck zu wecken und zu festigen, daß sie sich in einem Lande befinden, in dem Kulturwerte um ihrer selbst willen geachtet werden, in dem die Gesetze der Gastfreundschaft unverletzlich sind und in dem sie überall und immer von Anerkennung, Takt und gutem Willen umgeben sind, — „altmodi­ schen“ Eigenschaften, die dem Zusammenleben Charme und Grazie verlie­ hen haben. Künstler vertragen, nach Kennans Erfahrung, eine gute Por­ tion Kritik, solange sie das Gefühl haben, daß diese ehrlich und objek­ tiv ist, jedoch keine Mißachtung ihrer Kunst als solcher. Auch sollten Ausländern kleine Taktlosigkeiten, Torheiten, Borniertheiten und büro­ kratische Schikanen erspart bleiben, die zwar für die Bürger des Gast­ landes alltäglich, in der Heimat der Gäste jedoch nicht üblich sind.

In dieser Hinsicht bedarf es in vielen Ländern einer Revolutionierung der Haltung gegenüber dem kulturellen Schaffen im allgemeinen und gegenüber den internationalen kulturellen Verpflichtungen im besonde­ ren. Ein Land, das seinem eigenen Kulturleben gegenüber gleichgültig ist — so tadelt Kennan wiederum seine Landsleute —, das beispielsweise jährlich Millionen am Totalisator und an den Glücksautomaten verspielt, in seiner Hauptstadt aber kein Opernhaus besitzt, muß noch viel lernen. Viele in technischer Hinsicht sehr zivilisierte Nationen müssen, ohne sich Täuschungen hinzugeben, erkennen lernen, daß die Welt des Geistes außerhalb ihrer Grenzen ein weit höheres Ansehen genießt, daß mehr Hoffnung und Begeisterung der Menschheit diesem Bereich gelten und daß der Pfad zu den Gefühlen und zum Verständnis anderer Völker nicht zu finden ist, solange sie selbst nicht teilnehmen lernen an jener Aner­

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kennung und an der Hoffnung auf die Fähigkeit des Menschen, Schön­ heit zu schaffen und die höheren und subtileren Formen der Lebensauf­ fassung zu erreichen. Davon erst erhofft sich Kennan eine positive Ent­ wicklung der allgemeinen internationalen Situation. Den Hauptgewinn sieht er dabei nicht einmal in den äußeren Beziehungen noch in der stei­ genden Bedeutung der eigenen Kultur für andere Völker, sondern in der Bereicherung des eigenen Selbst und in der Erweiterung der Kenntnis jener Dinge, die wohl für alle Menschen den Sinn des Lebens ausmachen. Soweit der Diplomat über die Gesetze von Geben und Nehmen im interkulturellen Austausch der Nationen. Es bleibt noch die Stellung der­ jenigen zu skizzieren, die — als Gelehrte, als Künstler — im Auslande als Vertreter der Kultur ihres Heimatlandes wirken. Aus dem Kreise der­ jenigen, die mit ihrem Schaffen zu Glanz und Ehre ihres Landes beitru­ gen, deren Name aber weit über dessen Grenzen hinaus Anerkennung, Geltung und Achtung genießt, weil ihr Werk zu allen Menschen — in ihrer Suche nach dem Glück und ihrem Ausgeliefertsein an den Tod — spricht, sei Albert Camus angeführt37. Seine Auffassung der Kultur und, entsprechend seinem eigenen besonderen Falle, seine Auffassung von den Aufgaben des Dichters und Schriftstellers in unserer Zeit geht da­ hin, daß ein Künstler, der sich in der heutigen Zeit noch an das längst überwundene Prinzip des Part pour Tart hält, Gefahr läuft, wirklich­ keitsfremd zu sein; wenn er anderseits sich dem Engagement verschreibt, droht seine Kunst steril zu werden. Dazwischen liegt der mühevolle Weg der wahren Kunst. Vom Schriftsteller fordert sie beispielsweise, daß er mit den Tragödien seiner Zeit vertraut ist und jedesmal Partei ergreift, wenn er es kann und versteht; manchmal jedoch muß er Abstand von der Geschichte seiner Zeit schaffen und bewahren. Seine Arbeit dient dem Versuch, die Summe von Freiheit und Verantwortung, die in jedem Men­ schen und in der Welt liegt, zu vergrößern. Unter keinen Umständen darf diese Freiheit, und sei es auch nur vorübergehend, vermindert oder aufgehoben werden. Es gibt Werke, die den Menschen beugen oder ihn zu irgendwelchen äußeren Richtlinien bekehren wollen, andere wieder­ um streben danach, ihn dem Terror und dem Haß dienstbar zu machen. Das echte Kunstwerk vergrößert im Gegensatz dazu die innere Freiheit eines Jeden, der es kennt und liebt. Denn die Kunst ist kein einsiedle­ risches Vergnügen, sondern ein Mittel, um die größtmögliche Zahl von Menschen anzusprechen, indem sie ihnen ein beispielhaftes Bild gemein­ samer Leiden und Freuden zeigt. Der wahre Künstler ist verpflichtet, nach besten Kräften all den Menschen, die die gleichen geschichtlichen 87 Camus, Die Wette unserer Generation, a. a. O., S. 250 f. — Dens., Rede anläßlich der Entgegennahme des Nobelpreises am 10. Dezember 1957 in Stock­ holm. In: Fragen der Zeit, a. a. O., S. 161 ff. — Ders., Der Künstler und seine Zeit. Am 14. Dezember 1957 in der Aula der Universität Uppsala gehaltener Vortrag, Ebda., S. 268 ff.

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Ereignisse wie er erlebt halben, die daraus erwachsene gemeinsame Drang­ sal und Hoffnung tragen zu helfen. Deshalb betrachtet er nichts mit Ver­ achtung, er fühlt sich verpflichtet zu verstehen, nicht zu richten; so kann er helfen, den Zerfall der Welt zu verhindern, einen nicht in Knecht­ schaft gründenden Frieden in der Welt wiederherzustellen. Die Verpflichtung des Künstlers, dem Menschen zu dienen und Frei­ heit und Frieden zu fördern, teilt der Wissenschaftler. Der englische Physiologe Archibald Hill38 nennt die unbeirrbare Lauterkeit des Den­ kens das Grundprinzip aller wissenschaftlichen Arbeit, d. h. die Forde­ rung, den Tatsachen nachzugehen, wohin sie auch führen mögen, inner­ halb der Grenzen, die diurch experimentelle Fehler und ehrliche Irrtü­ mer gesetzt sind. In dieser Hinsicht gibt es keinen Kompromiß. Da die Wissenschaft die gesamte Menschheit angeht und ihrem Nutzen und Wohl dienen soll, kann sie keine Schranken der Rasse, der Klasse, des religiösen Bekenntnisses und der Weltanschauung, der Kultur also dn ihrem weiteren Sinne, anerkennen. Aldous Huxley39 zitiert einen Vor­ schlag für einen dem Hippokratischen Eid der Ärzte entsprechenden Eid der Techniker und Wissenschaftler, der in der Septemjbemummer 1945 der Zeitschrift „Scientific Monthly“ gemacht wurde: „Ich verpflichtemich, mein Wissen zum Wohle der Menschheit und gegen die zerstörerischen Mächte der Welt und alle rücksichtlosen Absichten der Menschen zu ver­ wenden und mit den Wissenschaftlern jeder Nation, jedes Glaubens und jeder Farbe zur Erreichung dieser unserer gemeinamen Ziele zusammen­ zuarbeiten.“ Angesichts einer Welt, in der Menschen und Völker in Machtpolitik und ideologische Auseinandersetzungen verstrickt sind, scheinen diese Forderungen utopisch; dennoch ist eben diese Welt aufge­ rufen, das Gegenteil zu beweisen, auf Grund dieser „den Spott herausfor­ dernden und eitlen“40 Prinzipien auf die Lösung dieser Verstrickungen hinzuarbeiten und Gerechtigkeit, Toleranz und Vernunft an die Stelle willkürlicher Gewalt und sinnloser Zerstörung zu setzen.

V Zu fragen bleibt letztlich nach der Rolle, die die Kulturinstitutionen bei der Gestaltung von internationalen Beziehungen, die dem oben angedeuteten Bilde nahekommen, spielen können. Ohne Rücksicht auf die formale Organisation und den Träger der jeweiligen Institution dürf­ ten ihnen allen bestimmte Grundanforderungen gemeinsam sein, wenn ihrem Wirken Erfolg beschieden sein soll. 38 A. V. Hill, Das Dilemma der Wissenschaft. „Der Monat“, Jg. 5 (1953), S. 348. 39 A. Huxley, Wissenschaft, Freiheit und Frieden. Zürich (1947). S. 118 f. 40 A. Camus, Le tömoin de la liberte. In: Actuelles. Chroniques 1944 —1948. S. 267.

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Ebenso bedeutend wie der Grundsatz der Toleranz ist hier das Prinzip der Erkenntnis. Denn wenn auch ein bestimmtes Leitbild für die kultu­ relle Arbeit richtungweisend sein sollte, so sind die einzelnen Maßnah­ men doch jeweils zu variieren. Beziehungen zwischen Völkern, deren kul­ turelles Leben gewisse Übereinstimmungen aufweist, müssen sich not­ wendigerwiese anders gestalten, als es in den Fällen möglich ist, in de­ nen sehr verschiedenartige Elemente einander gegenüberstehen und mit einander in Einklang gebracht werden müssen. Unterstützung kann hier die Wissenschaft leisten. Ihr öffnet sich ein weites Feld, das nicht nur die interkulturellen, sondern ganz allgemein die internationalen Beziehungen umfaßt. Mit ihren Arbeiten und Er­ gebnissen kann sie beitragen zur Ausräumung von Konfliktquellen zwi­ schen den Nationen, die im Fühlen, Denken und Verhalten der Völker verwurzelt sind. Außer der Kenntnis der gesellschaftlichen und kultu­ rellen Welt des eigenen und des fremden Landes und der jeweiligen ge­ schichtlichen Entwicklung setzt dies auch die Kenntnis der seelischen und sozialen Faktoren voraus, die das Handelnder Menschen bestimmen. Neben die Arbeiten der älteren Wissenschaften vom Menschen, z. B. der Geschichte, der Psychologie, der Soziologie und der Anthropologie mit ihren Nachbargebieten, treten die Untersuchungen der jüngeren Disziplinen. Die Meinungsforschung kann beispielsweise Klischees auf­ spüren, die die Beziehungen der Nationen zu einander belasten, die So­ zialpädagogik kann Wege weisen, sie zu eliminieren. Auch die interdis­ ziplinäre Forschung, wie Quincy Wright41 sie für das Gebiet der zwi­ schenstaatlichen Beziehungen in Wirtschaft und Politik angeregt hat, könnte sich durch Einbeziehung der kulturellen Aspekte ein weiteres Aufgabengeibiet angliedem. Besondere Bedeutung kommt den Massenkommunikationsmitteln zu. Wie stets, können sie auch im Falle der kulturellen Beziehungen zwi­ schen den Nationen sowohl Mittel wie Gegenmittel sein. Durch Inhalts­ analyse und ähnliche Verfahren können durchweg alle Veröffentlichun­ gen und Sendungen z. B. auf ihre Belastung mit Vorurteilen, Propaganda, Geschichtsklitterungen und ähnlichen Entstellungen überprüft und deren Verbreitung festgestellt werden. Alle Kenntnisse der menschlichen Psyche, Gesellschaft und Kultur, die diese Sendungen zu nutzen wußten, können umgekehrt einbezogen werden, um Verständnis und Toleranz zwi­ schen den Nationen zu fördern und einer Kulturpolitik entgegenzu wir­ ken, die als Waffe dienen und manifeste oder latente Konfliktherde zwi­ schen den Nationen schüren soll. 41 Q. Wright, The Study of International Relations. New York (1955). — Ders., The Value for Conflict Resolution of a General Discipline of Inter­ national Relations. „The Journal of Conflict Resolution“, Vol. 1 (1957), S. 3 ff.

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Über die Gewinnung von besserem Selbstverständnis und größerem Verständnis für andere Nationen hinaus würde ein in diesem Sinne er­ folgreiches Streben nach Verwirklichung fruchtbarer internationaler Kul­ tunbeziehungen einen Beitrag zur Überwindung der politischen und ökonomischen Schwierigkeiten leisten. Sie würden mithelfen, eine Welt zu schaffen, in der das Recht auf andere Meinung anerkannt und der Krieg als Mittel zur Lösung zwischenstaatlicher Spannungen ausgeschal­ tet ist — zwei Hoffnungen, die nicht ohne Einfügung eines abschwä­ chenden „Vielleicht“ niedergeschrieben werden können. In jedem Falle aber würden sie zur Deutung der Welt beitragen und zur Ausweitung alles dessen, was als Kultur „das Leben lebenswert“42 macht.

42 Eliot, a. a. O., S. 32.

Bemerkungen zum Problem des wirtschaftlichen Regionalismus Von Gottfried Haberler

I Wir leben im Zeitalter des wirtschaftspolitischen Regionalismus. Fast jede mögliche — und unmögliche — Kombination von Ländern, oft nicht einmal geographisch und transportmäßig kompakte Gruppen, sind mehr oder weniger ernstlich als Kandidaten für einen regionalen Zu­ sammenschluß erörtert worden1. Es ist damit zu rechnen, daß in ab­ sehbarer Zeit interplanetarische Räume und fremde Himmelskörper in die regionalen Kombinationen einbezogen werden. Die Mehrzahl dieser zahlreichen Pläne ist nicht ernst zu nehmen, und die meisten sind im Laufe der Zeit stillschweigend aufgegeben worden; manche wurden zu Tode geredet, und andere (z.B. die Nor­ dische Wirtschaftsunion) sind in größeren Gruppierungen aufgegangen. Erst in den letzten zehn Jahren ist die Bewegung zum Regionalismus aus dem Stadium der bloßen Diskussion in das des Vertragsabschlusses und sogar der ersten Schritte zur tatsächlichen Durchführung eingetre­ ten. Es ist richtig, daß manche Autoren eine weiter zurückreichende Ten­ denz zur Regionalisierung des Welthandels feststellen zu können glau­ ben, z.B. Erik Thorbecke in seinem hochinteressanten Buch „The Ten­ dency towards Regionalization in International Trade 1928—1956“2. Thorbecke sucht zu zeigen, daß von 1928 bis 1956 der Anteil des inter­ regionalen Handels im Gesamtwelthandel von einem Drittel auf die Hälfte angewachsen ist. Aus derartigen Berechnungen wird dann oft der Schluß gezogen, daß die Tendenz zum Regionalismus nicht nur „na­ türlich“, sondern auch „wünschenswert“ ist und durch handelspolitische Maßnahmen gefördert werden sollte8. 1 Worauf es ankommt, ist niedrige Transportkosten und nicht notwendig geographische Nachbarschaft. Z. B. Brasilien und Peru sind nicht als eine kom­ pakte Region anzusehen, obwohl sie geographische Nachbarn sind und zur lateinamerikanischen Freihandelszone (LAFTA) gehören. 2 E. Thorbecke, The Tendency towards Regionalization in International Trade 1928—1956. With a foreword by J. B. Condliffe. The Hague 1960. 3 Es muß jedoch betont werden, daß der Autor des erwähnten Buches kei­ neswegs einen kategorischen Schluß dieser Art zieht.

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Dieser Schluß ist m. E. vollkommen unberechtigt. Die behaupteten Tat­ sachenfesteilungen sind in Wirklichkeit sehr fraglich. Die „Regionen“, in die die Welt in derartigen Untersuchungen aufgeteilt wird, sind oft recht künstliche Gebilde, z. B. die sog. „Dollar area“, d. h. Länder, deren Währungen ohne Beschränkungen in Dollar konvertierbar sind. Das waren bis vor einigen Jahren hauptsächlich zentralamerikanische und einige südamerikanische Länder (einschließlich Kuba). Seither hat sich das Bild jedoch stark verschoben. Es gibt nicht und gab niemals eine „Dollar area“ in Analogie zur „Sterling area“. Es ist interessant, daß ein so ungeheuer wichtiges Land wie Japan in keinerlei Region paßt, weil der japanische Handel über die ganze Welt verteilt ist. Dasselbe gilt in Südafrika und für die Länder des Mittleren Ostens4. Aber selbst wenn die behauptete Tendenz zur „natürlichen“ Regiona­ lisierung des Handels bestünde, würde daraus nur folgen, daß künstliche Maßnahmen zur Beförderung dieser Tendenz entweder überflüssig oder relativ unschädlich sind5.

II

Es ist m. E. leicht zu zeigen, daß eine, einer gegebenen regionalen (d. h. diskriminatorischen und präferentiellen) Zollsenkung äquivalente allgemeine Zollsenkung der ersteren im Prinzip immer vorzuziehen ist, und zwar sowohl vom Standpunkt der Außenseiter der Region als auch vom Standpunkt der Mitglieder. (Ich spreche der Kürze halber in der Regel von Zöllen. Was für Zölle zutrifft, gilt aber meistens, oft sogar a fortiori, für andere Handelshindernisse.) Zuerst ein Wort über die Definition einer „äquivalenten“ allgemeinen Zollsenkung. Darunter verstehe ich eine derartige allgemeine Zollsen­ kung, die dieselbe Vergrößerung des Handelsvolumens mit sich bringt, wie eine gegebene regional beschränkte Zollsenkung, wobei natürlich reine Handelsverlagerungen der regionalen Zollsenkung nicht mitge­ rechnet werden. Es würde also einer vollständigen Beseitigung der Zölle zwischen den Mitgliedern der EWG etwa eine dreißigprozentige allge­ meine Zollsenkung seitens der EWG-Länder entsprechen6. Drei Gründe können für die behauptete Überlegenheit der allgemei­ nen Zollsenkung angeführt werden: Erstens bringt jede diskriminatorische (nicht-allgemeine) Zollsenkung neben den positiv zu wertenden Handelserweiterungen auch im Prinzip 4 Thorbecke, a. a. O., S. 203. 5 Besser: weniger schädlich sind, als sie wären, wenn die behauptete Ten­ denz nicht bestünde. 6 Die Ziffer ist natürlich nur illustrativ zu verstehen. Idi weiß nicht, wel­ ches die approximativ richtige Ziffer ist, und es sind mir keine Schätzungen aus der Literatur bekannt.

Bemerkungen zum Problem des wirtschaftlichen Regionalismus

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negativ zu beurteilende Handelsverzerrungen oder -Verlagerungen mit sich7. Es geht daher, verglichen mit einer äquivalenten allgemeinen Zollsenkung, bei der regionalen Zollsenkung ein Teil des Vorteils der Handelserweiterungen verloren8. Zweitens folgt aus der von Meade in seinem bekannten Werk über die Theorie der Zollunionen9 aufgestellten Regel (die allerdings nicht ganz ohne Ausnahme gilt — darauf kann und braucht aber hier nicht eingegangen zu werden), daß die ersten Stufen einer Zollermäßigung wertvoller sind als die spätere gänzliche Beseitigung der Zölle, daß also z.B. eine allgemeine Zollsenkung von 30vH in der Regel wert­ voller ist als die äquivalente regional begrenzte 100 °/oige Zollsenkung. Drittens ist eine allgemeine Zollsenkung unter Beibehaltung der un­ bedingten Meistbegünstigung administrativ viel einfacher und billiger durchzuführen als eine präferentielle, auf eine bestimmte Region be­ schränkte Zollherabsetzung. Der ganze kostspielige und zum Mißbrauch geradezu herausfordernde Apparat der Ursprungszeugnisse und der auf­ geblähten regionalen Bürokratien fällt unter der Herrschaft der unbe­ dingten Meistbegünstigung weg. Es ist richtig, daß dieser Nachteil der regionalen Zollsenkung im Falle einer vollständigen Zollunion zum größten Teil verschwinden würde. Aber eine wirklich vollständige Zoll­ union, die die Kontrolle des Verkehrs zwischen den Unionsmitgliedern vollkommen beseitigt, ist auf absehbare Zeit innerhalb der EWG, von EFTA und LAFTA gar nicht zu reden, nicht zu erwarten. Sogar zwi­ schen den Benelux-Ländem ist dieses Stadium der Integration noch nicht erreicht. 7 Auf gewisse Einschränkungen von dieser negativen Beurteilung komme ich kurz weiter unten zu sprechen. 8 Es sei mir gestattet, hier kurz auf die Kritik zu erwidern, die F. W. Meyer in seinem Beitrag: Über Auswirkungen von Zollpräferenzen (In: Wirtschafts­ fragen der Freien Welt. Hrsg, von E. von Beckerath, F. W. Meyer und A. Mül­ ler-Armack,. Frankfurt 1957. S. 608—618 an meiner Behauptung in: Der internationale Handel (Berlin 1933. S. 285) anstellt, daß präferentielle Zoll­ senkungen, die das Land A dem Lande B gewährt, wertlos sind, falls B den Bedarf A’s nicht befriedigen kann und A daher nach wie vor einen Teil sei­ nes Einfuhrbedarfs auf dem Weltmarkt decken muß. Meyer hat Recht mit seiner Behauptung, daß, falls das Weltangebot nicht vollkommen elastisch ist und daher der Weltmarktpreis fällt, wenn A weniger importiert, jede prä­ ferentielle Zollsenkung zu einer Handelsvergrößerung führt. Er übersieht je­ doch, daß ich an der von ihm kritisierten Stelle der Einfachheit halber und, um den springenden Punkt möglichst klar hervortreten zu lassen, annehme, daß die Weltangebotskurve vollkommen elastisch ist. In diesem Fall sind prä­ ferentielle Zollsenkungen bis zu dem Punkt wertlos, an dem die Einfuhr vom Weltmarkt vollkommen durch die Einfuhr von B verdrängt ist. Falls der Weltmarktpreis sinkt, weil das Angebot elastisch ist, ergeben sich schon bei der ersten Stufe der präferentiellen Zollsenkung sowohl Handelsverdrängung als auch Handelsausweitung. Das habe ich nie bestritten, und es ändert nichts an der Argumentation im Text. 9 J. E. Meade, The Theory of Custom Unions. Amsterdam 1955. S. 110. 27 Festgabe für Müller-Armack

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III Es soll nun die Frage erörtert werden, warum, angesichts der großen Überlegenheit der allgemeinen Zollsenkungen im Vergleich mit einer regionalen, präferentiellen, diskriminatorischen Zollermäßigung, die re­ gionale Methode so große Popularität und Anziehungskraft besitzt, wäh­ rend die internationale, universale, nicht-diskriminatorische, admistrativ einfache und billige Methode der Meistbegünstigung so wenig Enthusiasmus erweckt. Es sei zunächst auf eine logische Schwierigkeit aufmerksam ge­ macht, die sich für die radikale Kritik jedes regionalen Zusammen­ schlusses einschließlich jeder Zollunion ergibt. Es erhebt sich nämlich die Frage, ob aus jener radikal-kritischen Einstellung nicht der Schluß folge, daß es vom wirtschaftlichen Standpunkt besser wäre, bestehende große Wirtschaftsgebiete zu zerschlagen. Es wird sich kaum jemand mit dieser Schlußfolgerung abfinden10. Es wäre zwar keineswegs absurd zu argumentieren, daß z. B. gewisse Teile der Vereinigten Staaten von Amerika wirtschaftlich besser führen, wenn sie selbständig wären und ungehindert auf den Weltmärkten dort kaufen könnten, wo es am billigsten ist. Neuengland z. B. könnte Rohöl, Zucker, Fleisch, Südfrüchte und viele andere Dinge zu einem Bruchteil des Preises, den es gegen­ wärtig den zollgeschützten Produzenten in anderen Teilen der Union zahlen muß, von auswärts beziehen, wenn es ein selbständiger Staat wäre. Die Frage ist jedoch die: Würde es diese Freihandelspolitik wirklich be­ folgen? Würde es nicht seine Landwirtschaft schützen, vielleicht eine Autoindustrie mittels hoher Zölle aufziehen, statt die Autos aus De­ troit zu importieren und Einwanderungsbeschränkung auf Arbeit, Kapi­ tal und den Faktor Unternehmer einzuführen? Es ist wohl ziemlich sicher, daß die einzelnen Teile der USA, wenn sie selbständige Staaten wären, eine protektionistische Handels- und Wanderungspolitik betreiben würden, die ihnen im Rahmen der U.S. durch die Unionsverfassung verboten ist. Analoge Überlegungen könnte man für Deutschland anstellen. So betrachtet stellt sich die Wirtschaftseinheit als eine „selbstauf­ erlegte Beschränkung“ („seif denying ordinance“) dar, deren Funktion es ist, die beteiligten Länder oder Gebiete von unvernünftigen Akten der wirtschaftlichen Selbstverstümmelung abzuhalten. Es erhebt sich die Frage, ob dieselbe Rechtfertigung nicht auch auf Zollunionen zwischen unabhängigen Staaten zutrifft. Die Antwort ist 10 Von modernen Ökonomen ist Professor Sir Ralph Hawtrey dieser Theo­ rie sehr nahe gekommen. In seiner Schrift: Economic Destiny (London 1944) argumentiert er, daß die Zerstücklung der österreichisch-ungarischen Monar­ chie im Jahre 1918 vom wirtschaftlichen Standpunkt begrüßenswert gewesen wäre, wenn die Zollmauern der Nachfolgestaaten nicht höher als die der alten Monarchie angesetzt worden wären (S. 135/136).

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zweifellos „ja“ — vorausgesetzt, daß die Vorbedingungen vorhanden sind. Das Letztere muß jedoch sehr bezweifelt werden. Es ist kaum anzunehmen, daß die regionalen — z. B. westeuropäischen — Gefühle des Nationalbewußtseins, der Zusammengehörigkeit und des Patriotis­ mus stark genug sind, um die Widerstände der Interessenten gegen die wirklichen oder eingebildeten Schmerzen des Übergangs zu einer wirklichen Integration, d. i. regionaler Freihandel und Wanderungs­ freiheit zu überwinden. Die politischen Führer und Apostel der EWG bemühen sich, diese Gefühle und Emotionen zu erwecken und sie als Vorspann für die wirtschaftliche Vernunft zu benutzen; es muß aber bezweifelt werden, ob ihnen das in genügendem Ausmaß gelingen wird. Ich bin auf den Einwand gefaßt, daß es in Wirklichkeit um höhere politische Ziele gehe und die wirtschaftlichen Vorteile eigentlich sekun­ därer Natur seien. So wird für die EWG oft geltend gemacht, in Europa und besonders in Amerika, daß ihre Hauptfunktion die sei, die deutsch­ französische Freundschaft und Zusammenarbeit zu bekräftigen und zu zementieren. Dieses Argument scheint mir Ursache und Wirkung zu verwechseln. Ohne die deutsch-französische Freundschaft wäre die EWG unmöglich. Anderseits könnte ich mir leicht vorstellen, daß die EWG zu Reibungen und Differenzen führen wird, die sich als eine schwere Belastung für die politische Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich herausstellen könnten.

IV Doch kehren wir zu den wirtschaftlichen Gründen für die Popularität der regionalen Zusammenschlüsse im Vergleich mit allgemeinen Zoll­ senkungen zurück. Ein überaus wichtiger, vielleicht der wichtigste Grund, scheint mir der zu sein, daß die Widerstände der protektionistischen Interessen gegen präferentielle Zollsenkungen in der Regel geringer sind als gegen eine allgemeine Zollsenkung, und zwar aus zwei Gründen: 1. Insoweit der regionale Zollabbau nur zu einer Handelsverlagerung führt, bereitet er den Interessenten innerhalb der Region keine Über­ gangsschmerzen; im Gegenteil, falls der Außenzoll hoch genug ist, be­ deutet er erhöhten Zollschutz und protektionistische Gewinne. Handels­ verlagerungen schädigen allerdings die Außenseiter; aber es liegt in der Natur der Sache, daß deren Widerstand kein großes Gewicht beige­ messen wird. Daß die Konsumenten der Region im besten Fall nichts gewinnen und die Volkswirtschaft als Ganzes geschädigt wird, weil Handels Verzerrungen zu einer unrationellen Verteilung der Produk­ tionsmittel führen, gehört zu den FernWirkungen, die, wie bei jeder protektionistischen Maßnahme, leicht übersehen werden. 2. Im kleine­ ren regionalen Rahmen ist es leichter als auf internationaler Ebene bei 27*

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allgemeinem Zollabbau, den Zollschutz durch Kartellverabredungen zu ersetzen. Es besteht daher die große Gefahr, daß die regionalen Zoll­ senkungen oft in der Weise durchgeführt werden, daß Handels Verzer­ rungen den Handelserweiterungen systematisch vorgezogen werden11. Das kann auf zweierlei Art zustande kommen: Entweder dadurch, daß zahlreiche Ausnahmen in der intraregionalen Zollermäßigung zugestan­ den werden oder durch Hochhaltung oder effektive Erhöhung der Außenzölle12. Es ist nun an der Zeit, einige prinzipielle Überlegungen über Natur und wirtschaftspolitische Beurteilung der Handelsverlagerungen oder -Verzerrungen anzustellen. Handelsverlagerungen sind die protektionistischen Wirkungen der Zollunion. Das sieht man am besten aus folgender Überlegung. Land A habe eine Konsumsteuer auf Whisky, den es sowohl selbst erzeugt (in der Region A’) als auch aus dem Ausland importiert. Nun werde die Steuer auf die Eigenproduktion aufgehoben; die Produktion in A’ steigt und die Einfuhr sinkt. Damit verwandelt sich der Finanzzoll in einen Schutzzoll. Dieser Vorgang ist offenbar identisch mit der Bildung einer Zollunion zwischen A und A’. Handelsverlagerung ist also gleichbedeu­ tend mit Protektionismus, und freihändlerische Ökonomen wie Meade und Viner sind daher durchaus konsequent, wenn sie das relative Aus­ maß der zu erwartenden Handelsverzerrung als das entscheidende Kri­ terium für die Beurteilung einer konkreten Zollunion ansehen. Es ist nun aber zu bedenken, daß die meisten Freihändler (einschließ­ lich Meade und Viner) Ausnahmen von der Freihandelsmaxime zuge­ stehen. Mit anderen Worten, sie geben zu, daß es diskutable Zollargu­ mente gibt — das Erziehungsargument, das Arbeitslosenargument13 und das „terms of trade “-Argument, um nur drei zu nennen. Diese (und andere) Zollargumente lassen sich natürlich auch auf das Problem der Zollunion anwenden. Mit anderen Worten, die Vinersche Behaup­ tung, daß eine Zollunion, die überwiegend zu Handelsverlagerungen (und nicht zu Handelserweiterungen) führt, negativ zu beurteilen ist, 11 Diese Gefahr ist besonders groß bei der LAFTA, wo wenigstens für die ersten Stufen der Zollsenkungen die Auswahl der Waren, für die die Zölle gesenkt werden sollen, dem Gutdünken der beteiligten Regierungen überlas­ sen ist, sofern sie nur eine recht arbiträr definierte durchschnittliche Zollsen­ kung erzielen. 12 Zwei Teilgebiete der Wirtschaft, auf denen die Vorteile eines großen Wirtschaftsgebietes wahrscheinlich größer wären als irgendwo anders, sind von der europäischen Integration praktisch ausgeschlossen: die Landwirtschaft und das Transportwesen (Eisenbahnen, Post, Telephon, Telegraph). 18 Das Argument der sog. „versteckten Arbeitslosigkeit“ (disguised unem­ ployment), das in den Entwicklungsländern eine so große Rolle spielt, ist m. E. ein Spezialfall des Erziehungsarguments und sollte nicht mit dem Arbeitslosenargument für Zölle in entwickelten Industrieländern auf eine Stufe gestellt werden.

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kann im Prinzip entkräftet werden, falls es gelingt nachzuweisen, daß die Vorbedingungen eines der gültigen Zollargumente tatsächlich ge­ geben sind. Von dieser Möglichkeit wird auch tatsächlich ein überschweng­ licher Gebrauch gemacht, besonders in der Diskussion der lateinamerika­ nischen Integrationspläne (Vertrag von Montevideo). Wie nicht anders zu erwarten, geht es dabei nicht ohne Übertreibungen, Mißverständnisse und grobe Fehlschlüsse ab14. Es ist eine der weniger erfreulichen Neben­ wirkungen der EWG, daß sie zur Nachahmung unter ungleich ungün­ stigeren Umständen als in Westeuropa verleitet — einer der vielen Fälle des „Demonstrationseffektes“ in der Wirtschaftspolitik. In Lateinamerika sind weder die administrativen, politischen, währungsmäßigen noch transport-technischen Vorbedingungen für eine erfolgreiche Organisie­ rung und den Betrieb einer Zollunion oder Freihandelszone gegeben. Es ist zu erwarten, daß ein großes Durcheinander und Orgien des Protek­ tionismus das Ergebnis der geplanten Freihandelszone sein werden. Doch kehren wir zur Theorie zurück. Es ist z. B. möglich, daß die Vor­ aussetzungen für die erfolgreiche Einführung eines Erziehungszolls für eine bestimmte Ware in einem einzelnen Land nicht gegeben ist, weil der Markt zu klein ist; daß aber diese Voraussetzungen in einem größeren Rahmen vorhanden wären15. Besonders wichtig ist das „terms-of-trade“-Argument. Explizit kann es etwa so formuliert werden: Ein einzelnes Land ist selten groß genug, das „reale Austauschverhältnis“ im internationalen Handel zu seinen Gunsten durch handelspolitische Maßnahmen zu beeinflussen. Eine Gruppe von Ländern ist jedoch in einer stärkeren Position, wenn sie sich zu einer Zollunion zusammenschließt. Versteckt und in der Regel unbewußt liegt das „terms-of-trade“-Argument oft auch freihändlerischen Plädoyers für Zollunionen und ähnliche Arrangements zugrunde. Es wird etwa folgendermaßen argumentiert: Eine allgemeine Zoll­ senkung wäre natürlich einer (äquivalenten) regional beschränkten und 14 Z. B. die Behauptung, die man immer wieder liest, daß für Entwick­ lungsländer die „statische“ Unterscheidung zwischen Handelserweiterung und Handelsverlagerung keine Bedeutung habe, weil für diese Länder das Wirt­ schaftswachstum das Hauptproblem ist, scheint mir vollkommen verfehlt. Als ob entwickelte Industrieländer nicht am Wachstum interessiert wären! Und als ob statische Theorie nicht auch auf eine wachsende Wirtschaft angewen­ det werden könnte! Was man unter entsprechendem Kautelen eventuell glaubhaft machen kann, ist, daß sich Handelsverlagerungen, also die pro­ tektionistischen Wirkungen einer Zollunion innerhalb gewisser Grenzen ver­ teidigen lassen, weil dort Voraussetzungen für die erfolgreiche Anwendung von Erziehungszöllen eher gegeben sind. 15 In abstrakter Formulierung klingen derartige Behauptungen sehr plau­ sibel und überzeugend. Es liegt jedoch eine Welt möglicher Mißverständnisse, Fehlschätzungen, politischer Mißbräuche für andere Zwecke, Unkenntnis usw. zwischen theoretischer Formulierung und der rationellen Durchführung.

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daher diskriminatorischen Zollsenkung vorzuziehen. Die Zollermäßigun­ gen müssen jedoch auf Gegenseitigkeit beruhen. Praktisch ist es aber meistens nur im kleinen Kreis benachbarter Länder möglich, ein ent­ sprechendes quid pro quo zu erhalten. Außenseiter sind dafür oft nicht zu haben, sei es, daß ihre Außenhandelspolitik zu protektionistisch oder zu schwerfällig ist (die USA werden in diesem Zusammenhang oft er­ wähnt), sei es, daß sie auf einer anderen Entwicklungsstufe stehen (unter­ entwickelte Länder) und daher die Zollsenkungspolitik nicht mit­ machen können oder wollen. Der springende Punkt ist der, daß auch manche sonst freihändlerische Ökonomen, wie z. B. Lord Robbins18, der Ansicht sind, daß einseitiger oder überwiegend einseitiger Freihan­ del bzw. freierer Handel nicht nur als weniger wertvoll als gegen­ seitiger Freihandel, sondern als ausgesprochen schädlich zu beurteilen ist17. Abgesehen von Fragen der Verhandlungsstrategie (d. h. von der Frage, auf welche Art man am besten Zollkonzessionen von widerstrebenden Ländern herauslocken kann) und abgesehen von Übergangsschwierig ­ keiten, zu denen auch Zahlungsbilanzschwierigkeiten zu rechnen sind, scheint mir die einzig mögliche oder doch die plausibelste und theoretisch am ehesten vertretbare Begründung für die Ablehnung einseitiger Zoll­ ermäßigung die zu sein, daß eine solche Politik zu einer Verschlechterung des realen Austauschverhältnisses führen würde18. V Die Moral dieser Überlegungen ist wohl die, daß regionale Zusammen­ schlüsse auf dem Gebiete der Handelspolitik vermieden werden sollten, falls man nicht sicher ist, daß eine nahezu vollständige Zollunion mit niedrigen Außenzöllen wirklich im Bereich der Möglichkeit liegt. Die GATT-Regeln, die bekanntlich vollständige Zollunionen (und Freihan­ delszonen) gestatten, aber Zollpräferenzen verbieten (und unvollstän­ dige Zollunionen nur als Übergang zu einer vollständigen Zollunion zulassen), haben eben doch ihren guten Grund trotz der vielen Anfech­ 16 L. Robbins, The Economist in the 20th Century. London 1954. S. 138 f. 17 In der älteren Literatur war eines der häufigsten Argumente gegen das Prinzip der „unbedingten Meistbegünstigung“, daß es manchen Ländern un­ verdienterweise „freie Teilnahme“ (ohne Gegenleistung) an den Handelser­ leichterungen, die andere Länder sich gegenseitig gewähren, gestatte. 18 Das scheint auch in der Tat der Grund zu sein, auf den Robbins seine Ablehnung des einseitigen Freihandels stützt. Ich finde es allerdings nicht leicht einizusehen, wie man die Anwendung des „terms-of-trade“-Argumen­ tes für Zollschutz auf den Fall der einseitigen Zollherabsetzung beschränken kann. Es muß jedoch betont werden, daß Robbins keineswegs zu den enthusia­ stischen Befürwortern von Zollunionen und anderen regionalen Zusammen­ schlüssen gehört.

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tungen, denen sie ausgesetzt sind. Die sichere Erwartung einer voll­ ständigen Zollunion ist praktisch nur bei starkem politischen Zusammen­ gehörigkeitsgefühl zwischen den Mitgliedern der präsumptiven Union anzunehmen. Insofern haben die Verfechter der EWG, die das politische Moment so stark betonen, meines Erachtens recht. Ich bezweifle jedoch, wie schon gesagt, trotz der Fortschritte, die gemacht wurden, daß es im Rahmen der Sechs oder im größeren europäischen Rahmen wirklich möglich sein wird, ein politisches Nationalbewußtsein zu erwecken und zu erhalten, das stark genug ist, um die wirtschaftlichen Widerstände gegen eine vollständige Beseitigung der inneren Handelsschranken und gegen einen niedrigen Außenzoll zu überwinden.

Die Analogie zwischen dem handelspolitischen Regionalismus der Gegenwart und den wirtschaftlichen Integrationen im 19. Jahrhundert — Deutschlands, Italiens und der Schweiz — und früheren Zeiten scheint mir unzutreffend. In allen historischen Fällen ist die politische Integra­ tion der wirtschaftlichen Integration vorausgegangen. Deutschland ist nur eine scheinbare Ausnahme: Ohne die politische Führerschaft Preußens im Zollverein und ohne die Gründung des Deutschen Reiches wäre die vollständige wirtschaftliche Unifizierung wohl nicht zustande gekommen und der Zollverein nicht lebensfähig gewesen. Diese Ausführungen dürfen jedoch nicht als Argumente gegen die wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit zwischen den euro­ päischen Ländern gedeutet werden. Niemand wird bestreiten wollen, auf keinen Fall der Schreiber dieser Zeilen, daß eine möglichst enge Zusammenarbeit auf politischem, militärischem und wirtschaftlichem Gebiet zwischen den Staaten Europas westlich des Eisernen Vorhanges nicht nur überaus wünschenswert, sondern politisch und wirtschaftlich unerläßlich ist. Nicht nur politische und militärische Kooperationen von größter und zunehmender Intimität, sondern Zusammenarbeit zahl­ reicher Art auf verschiedenen wirtschaftlichen und finanziellen Gebieten (z. B. auf dem Gebiet der Sozialpolitik und Konjunkturpolitik, Erleichte­ rung der zwischenstaatlichen Wanderungen, Verkehrspolitik, Steuerpoli­ tik, Energiepolitik, Erziehungswesen, wissenschaftlichen Forschung usw.) ist durchaus vereinbar mit nicht-diskriminatorischer Handelspolitik. Auf manchen Gebieten (z.B. dem der Verkehrspolitik) mögen technische oder politische Gründe für eine Regelung im kleineren Kreise, eventuell auch im bilateralen Rahmen sprechen. Auf anderen Gebieten, z. B. dem der Kredit- und Konjunkturpolitik, ist ein weiter, auch über Europa hin­ ausgehender Rahmen zweckmäßig. All dies bietet Gelegenheit in größ­ ter Fülle für die Betätigung des Enthusiasmus und der Energie aller guten Europäer. Ob es wirklich zur Entwicklung eines spezifisch euro­ päischen Nationalbewußtseins und eines europäischen Staates kommen wird, was dann die volle wirtschaftliche Integration im europäischen

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Rahmen wünschenswert und möglich machen würde, kann nur die Zu­ kunft zeigen. Die vorzeitige künstliche Festlegung der Entwicklung auf einen arbiträren kleineuropäischen Rahmen muß auf das tiefste bedau­ ert werden. Die Spaltung Europas durch die Organisation der Sechs und der Sieben widerspricht der wirtschaftlichen Vernunft und bedeutet eine enorme Vergeudung von Energie und Goodwill, für die es wahrlich eine bessere Verwendung gäbe!

Die Weltwirtschaftsorganisationen und die Regulierung zwischenstaatlicher Interessenkonflikte Von Christian Watrin

I. Die Ziele der Bretton-Woods-Konferenz und ihre Verwirklichung 1. Die zu Ende des zweiten Weltkrieges auf Initiative und unter Führung der Vereinigten Staaten geschaffenen Weltwirtschaftsorganisa­ tionen, «die auch heute noch eine wesentliche Rolle im internationalen Handel spielen, wurden aus der Idee heraus geboren, daß »die wirtschaft­ lichen Beziehungen zwischen den Nationalstaaten weitgehend nach dem Vorbild der liberalen Weltwirtschaft des 19. Jahrhunderts geordnet werden könnten. Die maßgebenden Dokumente über die Gründung des Internationalen Währungsfonds (IMF), der internationalen Handels­ organisation (ITO) und des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT), in das wichtige Teile der nicht in Kraft getretenen HavannaCharta aufgenommen worden sind, enthalten den Grundgedanken, daß ein «geschlossenes, sich selbst regulierendes und auf privater Basis beruhendes Handelssystem miteinander konkurrierender Volkswirt­ schaften in der Welt — oder, wie es für die spätere Zeit gilt, zumindest im Bereich der nichtkommunistischen Länder — zur Geltung gelangen könne, wenn die Regierungen der einzelnen Staaten sich verpflichteten, auf die Kontrolle des Außenhandels zu verzichten, und eine am Zah­ lungsbilanzgleichgewicht orientierte Währungspolitik betrieben1. In diesem Sinne stellen die Abkommen in ihrer Gesamtheit einen „Kodex des guten wirtschaftlichen Verhaltens“ dar2, dessen Hauptpunkte 1 Vgl.: The Political Economy of American Foreign Trade Policy. Its con­ cept, strategy and limits. Report of a study group, sponsored by the Woodrow Wilson Foundation and the National Planning Association under the chair­ manship of W. Y. Elliott. New York 1955. — Gekürzte deutsche Übersetzung unter dem Titel: Weltwirtschaft und Weltpolitik. Grundlagen und Grenzen der amerikanischen Außenwirtschaftspolitik. Hrsg, von W. Y. Elliott. Mün­ chen o. J. (1956) S. 158 f. — F. A. Breier, Der Multilateralismus der Vereinigten Staaten und die wirtschaftliche Entwicklung Westeuropas. In: Wirtschafts­ fragen der freien Welt. Hrsg, von E. von Beckerath, F. W. Meyer und A. MüllerArmack. Frankfurt a. M. 1957. S. 597. — L. Webb, The Future of International Trade. „World Politics“, Bd. 5 (1952), S. 424 f. — G. Myrdal, Beyond the Welfare State. London 1960. S. 200 f. 2 Elliott, a. a. O., S. 156. Dem entsprach im außenpolitischen Bereich die Charta der Vereinten Nationen als „Kodex für gutes politisches Verhalten“ (Ebda., S. 160).

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die allgemeine Meistbegünstigung, die Vermeidung von Diskriminierun­ gen, die Ermäßigung der Zolltarife durch kollektiven Zoüabbau, die Auf­ hebung der mengenmäßigen Beschränkungen und die Verpflichtung zum Übergang zur vollen Konvertibilität3 der nationalen Währungen für laufende Geschäfte sind. Ausnahmen von der allgemeinen Regel waren lediglich unter außergewöhnlichen Umständen und für die Pe­ riode des Übergangs von der Kriegs- zur Friedenswirtschaft zugelassen. Die Schöpfer der großen internationalen Wirtschaftsorganisationen erwarteten also, daß nach Wiederherstellung der „Normalsituation“ im Falle eines Konfliktes zwischen nationaler Wirtschaftspolitik und inter­ nationaler Integration die wirtschaftspolitischen Instanzen zumindest in den wichtigsten Handelsländern ihre Entscheidungen so treffen wür­ den, daß sie die Freiheit des zwischenstaatlichen Handels- und Zah­ lungsverkehrs über alle anderen Erwägungen, sogar das inländische Be­ schäftigungsniveau und die Forderungen machtvoller Interessengruppen, stellen würden4. Sie machten sich damit weitgehend den optimistischen Glauben zu eigen, von dem auch die Freihandelswirtschaft des vorigen Jahrhun­ derts getragen war, und der in der Überzeugung gipfelte, daß es mög­ lich sei, wirtschaftliche Interessenkonflikte auf der Basis eines allgemei­ nen Interesses an der Optimierung des Austausches und der Maximie­ rung des Weltsozialprodukts beizulegen. Die einzige Abweichung zwi­ schen ihrer Konzeption und der klassischen (bestand in der Überzeugung, daß nach den Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise der universelle Frei­ handel nicht mehr allein dem Gutdünken der Nationalstaaten überant­ wortet werden dürfe, sondern daß internationale Wirtschaftsorganisa­ tionen die Einhaltung der Regeln für den zwischenstaatlichen Austausch überwachen sollten. 2. Gerade in der Grundannahme, daß eine aus einer Vielzahl von souveränen Nationalstaaten bestehende Welt sich gleichsam automa­ tisch eines hohen Grades an Konsensus erfreue, der zumindest auf län­ gere Sicht stets zur Überwindung der vielen nationalwirtschaftlichen Interessengegensätze führe, liegt jedoch eine charakteristische Schwäche des liberalen Internationalismus, der — wie Müller-Armack8 nachgewie­ sen hat — infolge seiner negativen Bewertung der Macht und der In­ teressenkonflikte eine utopistische Haltung zu den politischen Proble­ men des internationalen Handels einnahm. Aus der utilitaristischen Philo­ sophie des 18. Jahrhunderts, die eine säkularisierte Form der Natur­ 8 Die ursprünglich vorgesehene Übergangsfrist sollte z. B. nach dem IM F.Abkommen am 1. Juli 1952 zu Ende gehen. 4 Elliott, a. a. O., S. 157. 5 A. Müller-Armack, Entwicklungsgesetze des Kapitalismus. Berlin 1932. S. 193. (Im folgenden zitiert: „Entwicklungsgesetze“.)

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rechtslehre darstellt und mit ihr die Grundüberzeugung teilt, daß Macht und Politik durch eine vernünftige Ordnung zu ersetzen seien, entstand, wie Müller-Armack im einzelnen ausführt, die Idee der fried­ lichen internationalen Tauschgesellschaft. Dieser politischen Überzeugung versuchte Ricardo ein wissenschaftliches Fundament zu geben, indem er sich um den Nachweis bemühte, daß der Einsatz von Machtmitteln den einzelnen Staaten im internationalen Handel keine Sondervorteile ver­ schaffen könne, da nur der allgemeine Freihandel in der Lage sei, eine beschleunigte Reichtumsentfaltung sowohl für die armen als auch für die reichen Länder herbeizuführen6. Ähnliche Überlegungen wie Müller-Armack stellt auch Herz7 an, der darauf hinweist, daß der politische Idealismus, so wie er sich u. a. auch in der Freihandelslehre niederschlägt, stets das zentrale Phänomen des politischen und sozialen Lebens, das Sicherheitsstreben politischer Machtgebilde und die daraus resultierende Machtkonkurrenz unter­ schätze. Diese Fehleinschätzung habe zur Folge, daß sowohl die »Aus­ wirkungen des internationalen Machtkampfes auf den Güteraustausch8, wie auch die Schwierigkeiten, die der Durchsetzung und Sicherung einer liberalen Weltordnung entgegenstehen, in ihrer Bedeutung nicht aus­ reichend beachtet würden. Die historischen Erfahrungen im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhun­ derts bestätigen die Auffassungen der beiden oben genannten Autoren. Die tatsächliche Entwicklung des Freihandelskapitalismus führte nicht „in eine internationale friedliche Tauschgesellschaft hinein..., in der der Zwang zur politischen Machtgestaltung sich zunehmend auflöste,... seine reale Entwicklung (hat vielmehr) eine stete Verstärkung der poli­ tischen Kräfte gebracht“, und an die Stelle der universellen gewaltlosen 6 Müller-Armack, Entwicklungsgesetze, a. a. O., S. 194. — Die ricardianische Idee, die Machtpolitik gleichsam von innen durch den Nachweis der Sinnlosig­ keit territorialer Eroberungen zu entwerten, hat in jüngster Zeit F. Baade (Wettlauf zum Jahre 2000 — Unsere Zukunft: Ein Paradies oder die Selbst­ vernichtung der Menschheit. Oldenburg 1960.) wieder aufgegriffen. Er behaup­ tet, daß es bis zum Ende dieses Jahrhunderts keine ökonomischen Beweg­ gründe für einen Krieg mehr geben könne unter der Voraussetzung, daß die großen Machtblöcke — der Westen, der Osten und die Entwicklungslän­ der — sich ökonomisch rational verhielten. Zur Begründung führt er aus, daß ein kriegerischer Konflikt keiner der Parteien wirtschaftliche Vorteile brin­ gen könne, da im Zeitalter der sich ausbreitenden Industriegesellschaften, der Automation und des steigenden Ertrages der industriellen Produktion weder Landgewinne noch die Versklavung von Menschen Vorteile bringen könnten und die großen Blöcke bei entsprechenden Anstrengungen alle über so große Vorkommen an Nahrungsmitteln, Arbeitskräften, Industriegütern und Ener­ gie verfügten, daß Kriege aus ökonomischen Gründen überflüssig seien. Zur Kritik des utopischen Denkens siehe die Ausführungen unter II und die dort angeführten Schriften von J. H. Herz, R. Dahrendorf und K. R. Popper. 7 J. H. Herz, Politischer Idealismus und politischer Realismus. (Schriften zur politischen Wissenschaft. Bd. 3.) Meisenheim 1959. S. 92 und 132. 8 Ebda., S. 120.

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Tauschgesellschaft trat der Wirtschiaftsimperialismus®. Der allgemeine Freihandel konnte sich als System der Ordnung der zwischenstaatlichen Wirtschaftsbeziehungen in den kontinentalen Staaten nur kurze Zeit hal­ ten. Die Minderung der britischen Macht, das Aufkommen rivalisieren­ der Industriestaaten und die Aktionen mächtiger Interessengruppen, die sich durch den freien Güteraustausch benachteiligt fühlten, bewirkten seine Auflösung. Die auf Schutzzölle und Kartellvereinbarungen aus­ gerichteten Interessen waren also offenbar stärker als die an einem in­ ternationalen Freihandel orientierten Kräfte. Das gleiche gilt von den Bemühungen zwischen den beiden Weltkrie­ gen, den Goldwährungsstandard und ein liberales Welthandelssystem wieder einzuführen. In der Krise der dreißiger Jahre entschieden sich die wirtschaftspolitischen Instanzen — vor die Wahl zwischen Aufrecht­ erhaltung des Zahlungsbilanzgleichgewichts oder Beseitigung des Preisund Beschäftigungsrückganges gestellt — für die autonome Konjunk­ turpolitik, die die Einführung der bilateralen Handelspolitik und der Devisenbewirtschaftung im Gefolge hätte. 3. Das zweimalige Versagen des liberalen Internationalismus in der Vergangenheit legt nun den Gedanken nahe, daß der erneute Versuch, die politischen Grundgedanken der Freihandelslehre im Rahmen der von der amerikanischen Außenpolitik zu Ende des zweiten Weltkrieges konzipierten Weltwirtschaftsordnung in modifizierter Form durchzuset­ zen und — zumindest im nichtkommunistischen Bereich der Welt — eine wirtschaftliche und darüber hinaus politische Integration durch friedlichen internationalen Güteraustausch herzustellen, ebenfalls der Gefahr ausgesetzt sein könnte, aus denselben Gründen wie seine Vor­ läufer zum Scheitern zu führen. Es ist also die Frage zu erörtern, ob die Kritik Müller-Armacks und Herz’ auch im Hinblick auf den obigen Versuch gültig ist. Die Beurteilung der Weltwirtschaftsorganisationen hinsichtlich ihrer Eignung, die internationale Integration zu fördern, hat in den letzten eineinhalb Jahrzehnten starken Schwankungen unterlegen. Nachdem man ihnen bis zum Jahre 1958 nur eine geringe Bedeutung zumaß und eine allgemeine Enttäuschung über das Ausbleiben größerer Fortschritte um sich griff, neigt man gegenwärtig dazu, sie günstiger zu beurteilen. Allerdings ist nicht zu leugnen, daß schon das Nicht-in-Kraft-Treten der Welthandels-Charta und die Beschränkung auf deren Zollartikel so­ wie die Suspension wichtiger GATT-Bestimmungen einen beträchtlichen Abstrich an der ursprünglichen Konzeption bedeuten. Im einzelnen ergeben sich jedoch einige bemerkenswerte Erfolge, die nicht zuletzt durch die Tätigkeit der internationalen Wirtschaftsorgani’ Müller-Armack, Entwicklungsgesetze, a. a. O., S. 193.

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sationen zustande gekommen sind. So wurden durch die starke Aus­ dehnung des Welthandelsvolumens in den letzten eineinhalb Jahrzehn­ ten, den Abbau der Devisenbewirtschaftung in den großen Industrielän­ dern, die Einführung der externen Konvertibilität in mehreren euro­ päischen Staiaten zu Ende des Jahres 1958, den Übergang einer Reihe von Staaten von Art. XIV zu Art. VIII des IMF-Abkommens, die er­ folgreichen Bemühungen zur multilateralen Zollbindung, die Vermei­ dung von Zollkriegen und die Liberalisierung des Welthandelsverkehrs wichtige Fortsdiritte in Richtung auf das Ziel der internationalen wirt­ schaftlichen Integration gemacht. Dieser optimistischen Beurteilung muß jedoch entgegengehalten wer­ den, daß die bisher im Rahmen einer „unvollkommenen Weltwirtschaft“ — so charakterisiert Röpke10 den gegenwärtigen Zustand der zwischen­ staatlichen Wirtschaftsbeziehungen — erzielten Erfolge nach dem Urteil vieler Beobachter nicht die Schlußfolgerung erlauben, daß die Verwirk­ lichung des allgemeinen Freihandels bald zu erwarten oder die bisher erzielten Ergebnisse als gesichert zu betrachten seien. Auch MüllerArmack11 weist in seinen Vorschlägen zur Schaffung eines internationa­ len Konjunkturboards auf die latente Gefahr hin, daß die Nationalstaa­ ten bei 'einem weltweiten Konjunkturrückgang die interne Vollbeschäf­ tigung über die Aufrechterhaltung des internationalen Austausches stellen und zu protektionistischen außenhandelspolitischen Maßnahmen Zuflucht nehmen könnten. Er hält daher Rückfälle in den Autarkismus und Dirigismus, wie etwa zur Zeit der Weltwirtschaftskrise, nicht für ausgeschlossen. Diese Überlegungen werden durch die weitgehend akzeptierte Auf­ fassung ergänzt, daß der Einfluß der internationalen Wirtschaftsorgani­ sationen auf die Koordinierung der zwischenstaatlichen Wirtschaftspoli­ tik gering ist. Die Verträge über die Weltwirtschaftsorganisationen stel­ len Übereinkommen dar, deren Einhaltung weitgehend in das Belieben der einzelnen Vertragsparteien gestellt ist. Die Organisationen selbst ver­ fügen nur über schwache Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Mitgliedern, die die internationalen Spielregeln nicht einhalten. Die Untersuchung von „Verfassung“ und „Verfassungswirklichkeit“ zeigt denn auch, daß die einzelnen Nationalstaaten, wenn nicht gegen die Buchstaben, so doch häufig gegen die Konzeption der internationalen Verträge verstoßen und die Verfolgung ihrer eigenen Interessen über das weltwirtschaftliche Programm stellen. Ein illustratives Beispiel sind z. B. die Bestimmungen des Art. 12 des GATT-Abkommens, die zeitweiligen Einfuhrrestriktionen nur zur Wie10 W. Röpke, Defekte der Weltwirtschaft. „Neue Zürcher Zeitung“, Nr. 2546 und 2555 vom 27. und 28. Juli 1960. 11 A. Müller-Armack, Institutionelle Probleme einer internationalen Kon­ junkturpolitik. „Wirtschaftspolitische Chronik“, H. 3 (1958), S. 7 f.

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derherstellung eines gestörten Zahlungsbilanzgleichgewichts zuzulassen. Trotz des Übergangs zur Währungskonvertibilität in vielen OEEC-Staaten war es jedoch in den letzten Jahren nicht möglich, diesen Bestim­ mungen Rechtskraft zu verschaffen und die Restriktionen außer Kraft zu setzen. Stattdessen schuf man eine sog. „Übergangsperiode“, in der den betreffenden Ländern die Aufrechterhaltung von Einfuhrrestriktio­ nen (vorläufig bis zum Ende des Jahres 1961) gestattet ist. Die Liste der Verstöße und Abweichungen vom Ideal der an kompara­ tiven Kostenunterschieden orientierten internationalen Arbeitsteilung läßt sich beträchtlich erweitern. So leisten die industrialisierten Staaten erhebliche Widerstände gegen die industrielle Ausfuhr der Entwicklungs­ länder und halten gleichzeitig einen wenig GATT-konformen Agrar­ schutz aufrecht. Dieser ist zwar Gegenstand permanenter Kritik, ohne daß jedoch den Entwicklungsländern nennenswerte Konzessionen ge­ macht würden, obwohl immer wieder behauptet wird, daß sie im Rah­ men der internationalen Arbeitsteilung gerade auf diesem Sektor über günstige Produktionsmöglichkeiten verfügen. Die größte Abweichung von dem im GATT niedergelegten Ideal einer Welt gleichberechtigter souveräner Einzelstaaten, die untereinander Handel nach dem Grundsatz der allgemeinen Meistbegünstigung trei­ ben, stellen die gegenwärtig immer stärker in den Vordergrund treten­ den regionalen Wirtschaftsintegrationen EWG, EFTA und LAFTA dar. Es handelt sich hier zwiar um Institutionen, die nach den GATT-Statu­ ten unter bestimmten einschränkenden Bedingungen zugelassen sind, tatsächlich glaubten jedoch die Schöpfer der Havanna-Charta nicht ernst­ lich daran, daß gerade diese Artikel jemals besondere Aktualität erlan­ gen würden. Die regionalen Zusammenschlüsse werden jedoch voraus­ sichtlich in naher Zukunft noch größere Bedeutung erlangen, zumal es wahrscheinlich ist, daß sich in Kürze weitere Gruppierungen auf dem asia­ tischen und afrikanischen Kontinent hinzugesellen werden. Zur Rechtfertigung der regionalen Wirtschaftsintegrationen bedient man sich interessanterweise des Arguments, daß das in den GATT-Statuten enthaltene Programm des progressiven multilateralen Zollabbaus in der gegenwärtigen weltpolitischen Situation nicht realisierbar und der Abbau von Handelshemmnissen nur im Rahmen engerer Zusam­ menschlüsse möglich sei. Ein weltweiter Zollabbau soll, sofern man überhaupt noch ernsthaft an diese Möglichkeit glaubt, einem späteren Zeitpunkt vorbehalten werden. Damit wird die Grundkonzeption des auf nationaler Souveränität und liberaler Kooperation aufbauenden GATTVertrages selbst in Frage gestellt, und es ist nicht ausgeschlossen, daß der seit mehreren Jahren schwelende Konflikt um den Präferenzeffekt der europäischen Wirtschaftsintegrationen, wenn die an die übrigen Si­ gnatarstaaten zu leistenden Kompensationen keinen Kompromiß zu­

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stände bringen, die Organisation selbst gefährdet oder in eine Rolle drängt, in der ihre Einflußmöglichkeiten nur noch gering sind. Die Liste der Beispiele ließe sich fortsetzen durch eine Analyse der Erfolge und Mißerfolge der Weltbank und des Weltwährungsfonds. Erstere sah sich bald der Schwierigkeit gegenüber, daß die von ihr gewähl­ ten Finanzierungsmethoden nicht ausreichten, um »die Entwicklungsauf­ gaben zu bewältigen, während letzterer bald in Konkurrenz mit re­ gionalen Zahlungsabkommen geriet und an Bedeutung für den inter­ nationalen Zahlungsverkehr einbüßte. Diese Situation hat sich allerdings in den letzten beiden Jahren durch die Einführung der Konvertierbarkeit geändert. Gleichzeitig treten damit jedoch neue Konfliktmöglichkeiten zwischen externer und interner Stabilität in den Vordergrund, da einerseits die internationale Konjunkturverbundenheit zunimmt, andererseits aber die Möglichkeiten, das handelspolitische Instrumenta­ rium zum Ausgleich der Zahlungsbilanz einzusetzen, abnehmen. Berück­ sichtigt man daneben noch, daß die Konvertierbarkeit die Aktionsmög­ lichkeiten auf dem Sektor des kurzfristigen Kapitalverkehrs stark ein­ schränkt, so ergibt sich, daß zur Regulierung der Zahlungsbilanz in der Hauptsache nur noch die konjunkturpolitischen Mittel im engeren Sinn zur Verfügung stehen12. Die unterschiedliche Konjunkturentwicklung in den Vereinigten Staaten und Europa im Jahre 1960 hat die Interessengegensätze, die in einem System konvertibler Währungen auftauchen können, 'besonders deutlich hervortreten lassen. So stand in der Bundesrepublik die Noten­ bank vor dem Dilemma, entweder durch eine interne Kreditverknap­ pung, die angesichts der Binnenkonjunktur geraten erschien, den Zah­ lungsbilanzüberschuß erhöhen, oder aber, wenn sie diese Konsequenz vermeiden wollte, die innere Preisstabilität aufgeben zu müssen. In an­ deren Ländern, z. B. den Vereinigten Staaten, war die Situation umge­ kehrt. II. Reaktionen auf das Scheitern der Bretton-Woods-Konzeption 1. Die obigen Beispiele demonstrieren, daß trotz des starken Auf­ schwunges des Welthandels im letzten Jahrzehnt die Gesamtentwicklung nicht zur Verwirklichung der Konzeption einer geschlossenen Welt­ wirtschaft zwischen den Staaten der nichtkommunistischen Welt geführt hat. Die ursprünglich auf wenige Jahre beschränkte Übergangsfrist wurde zur „Normalsituation“, so daß die für den sog. normalen Zu­ stand der zwischenstaatlichen Beziehungen gedachten Bestimmungen nur teilweise in Kraft treten konnten. Die internationalen Wirtschaftsorganisationen selbst aber erwiesen sich als zu schwach, um die von 12 Siehe hierzu den Aufsatz von J. Schöllhorn (Europäische Konjunktur­ politik) in diesem Sammelband, der die Konfliktsituationen stark akzentuiert.

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ihnen verfolgten Ziele gegen den Widerstand der einzelnen National­ staaten durchsetzen zu können. Die Kritik von Müller-Armack und Herz erweist sich also auch im vorliegenden Fall als relevant, ökonomische Konflikte zwischen einzelnen souveränen Staaten stellen keineswegs, wie der politische Idealismus annimmt, Oberflächenerscheinungen dar, die auf der Basis des allgemeinen langfristigen Interesses an der überna­ tionalen Kooperation relativ einfach reguliert werden können, sondern es handelt sich um Erscheinungen, die den internationalen Handel tief­ greifend beeinflussen können. Die harmonistische Grundannahme der Schöpfer der Weltwirtschaftsorganisationen hat sich also ein weiteres Mal nicht (bewährt. Die großen Schwierigkeiten, die der Verwirklichung des BrettonWoods-Programms entgegenstehen, haben in der Gegenwart zur Entste­ hung zweier Positionen beigetragen, von denen man die erste als konventionalistisch und die zweite als utopistisch charakterisieren könnte. Beide stellen typische Reaktionen des idealistischen Denkens auf Miß­ erfolge dar. Repräsentativ für die erste Position ist z. B. die in weiten Kreisen der amerikanischen Außenwirtschaftspolitik eingenommene Haltung. So haben die amerikanischen Wirtschaftspolitiker im letzten Jahrzehnt zwar auf der einen Seite eine überaus aktive Politik betrieben und, nach­ dem sich herausgestellt hatte, daß die Idee der „einen Welt“ nicht durch­ setzbar war, auf die sowjetische Politik dadurch reagiert, daß sie die Handelspolitik in den Dienst außenpolitischer Strategien stellten, in­ dem sie diese durch Auslandshilfeprogramme, technische Beratung, För­ derung regionaler Integrationen, Bildung von Nahrungsmittel- und Roh­ stoffreserven und andere Mittel unterstützten. Auf der anderen Seite haben jedoch alle diese Maßnahmen keinen grundsätzlichen Wandel der außenwirtschaftspolitischen Überzeugungen hervongerufen. Wie Elli­ ott ausführt18, betrachtet man in der offiziellen amerikanischen Politik die in den letzten Jahren ergriffenen Maßnahmen in erster Linie als unmittelbare Reaktionen auf bestimmte Herausforderungen, ohne die idealistische Konzeption von Bretton-Woods aufzugeben. Die offi­ zielle Doktrin tendiert vielmehr dahin, die seit 1948 ergriffenen Maß­ nahmen als „nationalökonomische Seitensprünge“ oder „zeitbedingte Konzessionen“ zu interpretieren, die möglichstbald durch eine „normale“ Ordnung der weltwirtschaftlichen Beziehungen ersetzt werden sollen.

Die Vertreter der zweiten Position behaupten, daß es müßig sei, auf die Wiederherstellung einer Weltwirtschaft im klassischen Sinne zu hof­ fen, da die internationale Integration nicht mehr durch die freiwillige Kooperation souveräner Staaten wie vor dem ersten Weltkrieg verwirk­ 18 Elliott, a. a. O., S. 161, 163, 165.

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licht werden könne. Die politischen Instanzen fühlten sich — anders als im obigen Zeitraum — heute für die Erhaltung eines hohen Beschäfti­ gungsniveaus und steigender Wachstumsquoten verantwortlich und seien nicht mehr bereit, die inländische Wirtschaftsentwicklung dem Einfluß der Zahlungsbilanzentwicklung zu unterwerfen. Infolgedessen könnten Fortschritte nur dann erzielt werden, wenn supranationale In­ stitutionen die Funktionen der nationalen Wirtschaftspoltik übernäh­ men14. Die weltwirtschaftliche Integration setze daher voraus, daß ein Weltwirtschaftsstaat geschaffen werde, dessen Exekutive die oberste Ver­ antwortung für die wirtschaftliche Entwicklung übernimmt und über geeignete wirtschaftspolitische Mittel verfügt, um ihre Ziele durchzuset­ zen. Die internationalen Wirtschaftsbeziehungen sollen innerhalb dieser weltumspannenden Organisation zu binnenwirtschaftlichen Beziehun­ gen werden, und an die Stelle der ehemals wirtschaftspolitisch auto­ nomen Nationalstaaten sollen nachgeordnete Gebietskörperschaften tre­ ten, die der Weltregierung hierarchisch untergeordnet sind15. Diese Konzeption wird häufig mit der Begründung, sie sei vorläufig noch nicht realisierbar, dahingehend modifiziert, daß die Schaffung einer „organisierten Weltwirtschaftsordnung“ empfohlen wird, in der inter­ nationale Wirtschaftsorganisationen an die Stelle einer Weltregierung treten und die Aufgabe übernehmen, die Wirtschaftspolitik der National­ staaten in Grenzen so zu beeinflussen, als ob sie nach einheitlichen Prin­ zipien oder zumindest in konsistenter Weise von einer Weltregierung ge­ staltet würde1®. 2. Gegen beide Positionen läßt sich der Einwand erheben, daß sie der Regulierung zwischenstaatlicher Interessenkonflikte keine ausrei­ chende Beachtung schenken. So impliziert die konsequente Verfolgung des ersten Standpunktes, die Hoffnung auf eine spätere Normalisierung der Zustände, daß man zwar die Existenz von Interessenkonflikten nicht leugnet; gleichzeitig interpretiert man jedoch dieses Phänomen als vor­ übergehende — meist sogar pathologische — Erscheinung und macht die stillschweigende Annahme, daß im wirtschaftlichen Prozeß langfri­ stig Kräfte wirksam sind, die auf lange Sicht für -die Beseitigung der Störung sorgen. Man glaubt also gleichsam mit dem Versprechen einer besseren Zukunft die Lösung drängender Fragen auf einen nicht näher fixierten Zeitpunkt verschieben zu können. Diese Haltung entspricht in etwa der im Bereich der theoretischen Aussagensysteme häufiger anzutreffenden konventionalistischen Strate14 Siehe hierzu z. B.: Elliott, a. a. O., S. 192. — H. Möller, Internationale Wirtschaftsorganisationen. (Die Wirtschaftswissenschaften. Hrsg, von E. Gu­ tenberg. Reihe B. Beitrag Nr. 15.) Wiesbaden 1960. S. 53 ff. 16 Möller, a. a. O., S. 53. 16 Ebda., S. 55. 28 Festgabe für Müller-Armack

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gie, die das Scheitern von Theorien mit einer Umdeutung und Entlee­ rung des Gehaltes beantworten17. Sie kommt angesichts der Unafoweisbarkeit politischer Weltgestaltung zu allen Zeitpunkten einer Kapitu­ lation vor den aktuellen ordnungspolitischen Fragen gleich. Das Feld der Entscheidungen wird, solange die Voraussetzungen zur Durchset­ zung des Ideals als nicht gegeben angesehen werden, den Verfech­ tern eines zweifelhaften pragmatischen Standpunktes überlassen, die glauben, aus der jeweiligen Situation heraus Entscheidungen treffen zu können, ohne zu sehen, daß in jeder konkreten Lage zumindest zwei Handlungsalternativen — nämlich das Eintreten für oder gegen eine be­ stimmte Ordnung — meistens jedoch sogar mehrere Wege offenstehen18. 3. Der zweite Vorschlag, die Errichtung einer Weltregierung, die die Aufgaben der wirtschaftspolitischen Behörden der Nationalstaaten wahrnimmt, steht in der Tradition der internationalen Friedenspläne, -die seit dier Renaissance immer wieder von idealistischen Philosophen als Postulat der politischen Sittlichkeit vorgetragen worden sind1®. Im 20. Jahrhundert sind zwei großangelegte Versuche, das Ideal einer inter­ nationalen Friedensordnung durch staatenbundähnliche Einrichtungen zu verwirklichen, gemacht worden. Weder der Völkerbund noch die Ver­ einten Nationen haben es jedoch bisher vermocht, allein durch ihre Exi­ stenz die Gewaltanwendung bei der Austragung von Konflikten zu ver­ hindern. Ebensowenig haben sich beide Institutionen als geeignet er­ wiesen, die wirtschaftspolitische Zusammenarbeit zwischen den Staaten zu sichern. Das gilt sowohl für die Bemühungen, im Rahmen von Völker­ bundskonferenzen die Folgen der Weltwirtschaftskrise zu überwinden, wie auch für den Versuch, in den Vereinten Nationen -die ökonomische ZusammenarbeitzwischenWirtschaftssystemen, die auf unterschiedlichen Organisationsprinzipien beruhen, herzustellen. Die Sitzungen der ECE und des ECOSOC auf Ministerebene im Juli 1960 in Genf haben z. B. diese Schwierigkeiten deutlich hervorgekehrt. Da nun 'die gegenwärtig vorhandenen Institutionen offenbar nicht den Erwartungen entsprechen, 17 K. R. Popper, The Logic of Scientific Discovery. London 1959. S. 112 ff. 18 Die Vertreter des Pragmatismus übersehen, daß alles politische Han­ deln zweckorientiert ist und Probleme im geschichtlichen Ablauf nicht „auftauchen“, wie eine häufig verwendete Sprachformel suggeriert. Ein konkreter Zustand gewinnt immer nur im Hinblick auf ein Ziel, das je nachdem mehr oder minder präzise formuliert sein kann, Bedeutung, und es kann immer nur von einem Zweck her entschieden werden, ob eine Veränderung erstrebt werden soll oder nicht. Die Situation selbst oder eine vermeintliche histo­ rische Tendenz kann niemals von der Last der moralischen Entscheidung sus­ pendieren. Eine ideologiekritische Analyse des Pragmatismus dürfte wahr­ scheinlich ergeben, daß er starke historizistische Elemente enthält. 19 K. von Raumer, Ewiger Friede. Friedensrufe und Friedenspläne seit der Renaissance. (Orbis Academicus. Geschichte der Politischen Ideen in Do­ kumenten und Darstellungen. Hrsg, von W. Gurian und F. Wagner.) Frei­ burg-München 1953.

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die den Anhängern eines Weltstaatprojekts vorschweben, bedürfte es konkreter Vorschläge, wie denn die Idee unter den heute bestehenden machtpolitischen Bedingungen in der internationalen Gesellschaft ver­ wirklicht werden könnte. Solange es jedoch, wie gegenwärtig, an kon­ kreten Vorschlägen mangelt, wie eine schrittweise Verwirklichung20 des Projekts in den Bereich des Möglichen gerückt werden könnte, können in der Diskussion an die Stelle der fehlenden Programmpunkte nur Ver­ mutungen treten. Im einzelnen müßte geklärt werden, ob z. B. die Behauptung vertret­ bar ist, ein Weltstaat könne die politischen Voraussetzungen zur Wahr­ nehmung aller Vorteile der internationalen Arbeitsteilung gewährleisten bei gleichzeitiger Vermeidung der Mängel der liberalen Freihandels­ wirtschaft21. Abgesehen davon, daß nach dem gegenwärtigen Stand der sozialwissenschaftlichen Theorie es wohl kaum zulässig ist, derartig um­ fassende Voraussagen über die potentiellen Wirkungen und 'die poli­ tische Struktur eines Welteinheitsstaates zu machen, ist es keineswegs sicher, daß mit der Ausschaltung der Nationalstaaten als handelnde Gruppen die Ursachen für die Störung der internationalen Arbeits­ teilung beseitigt werden. Im internationalen Handel treten nicht nur Staaten als Aktoren auf, sondern ebenso Unternehmen, Unternehmens­ zusammenschlüsse, Kartelle, Interessenverbände, politische Parteien und andere So^ialgebilde, deren Einfluß und gruppenorientierte Politik oft dem regionalen Freihandel größere Hindernisse in den Weg legen als die staatliche Wirtschaftspolitik22. Es ist daher keineswegs wahrschein­ lich, daß eine Weltregierung einer friedlichen, kooperativen Weltwirt­ schaft, die auf Sozialproduktmaximierung durch gemeinsame Anstren­ gungen ausgerichtet ist, zur Existenz verhilft. Vielmehr sprechen starke Vermutungen für ein Fortbestehen von Interessenkonflikten und machtpolitischen Auseinandersetzungen. Die Aussichten, daß sich durch eine Beschränkung der Aktionsspielräume die Mittel, mit denen die Gegen­ 20 S. hierzu: K. R. Popper, The Poverty of Historicism. London 1957. S. 83 ff. u. 152 ff. 21 Möller, a. a. O., S. 53. 22 Im Zuge der europäischen Integration stellt sich immer mehr heraus, daß es zur Herstellung des freien Handels nicht genügt, die Handelshemmnisse zwischen den Staaten abzubauen und ein strenges Wettbewerbsrecht im Rah­ men des Möglichen durchzusetzen. Die einzelnen Nationalstaaten versuchen häufig, gegen die Intention der Verträge zu handeln, indem sie protektionisti­ sche Ziele mit anderen in ihrer Kompetenz verbliebenen Mitteln (veterinär­ medizinische, gewerbepolizeiliche, sanitäre, steuerliche etc.) verfolgen. — Be­ sonders instruktiv ist in diesem Zusammenhang das Beispiel der USA, die all­ gemein als großer integrierter Binnenmarkt gelten. Hier wird das Buy-American-Gesetz als rechtliche Grundlage für protektionistische Maßnahmen von einzelnen Bundesstaaten verwendet. (Vgl.: F. A. Breier, Schutzzöllner pro­ pagieren Buy-American. Regionaler Protektionismus in den USA. „Der Volks­ wirt“, Jg. 15 [1961], S. 306.) 28*

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sätze im einzelnen ausgetragen werden, auf friedliche Maßnahmen redu­ zieren lassen, scheinen nach den Erfahrungen -der Vergangenheit nicht sehr günstig zu sein28. Die Einrichtung eines Weltstaates würde die Aufgabe -der politischen Souveränität der Nationalstaaten implizieren. Es ist allerdings eine offene Frage, wie dieses Ziel durchgesetzt werden soll. Nach den historischen Erfahrungen sind Machtgebilde, wie Staaten, nicht ohne weiteres zur freiwilligen Aufgabe oder auch nur Einschränkungen ihrer Aktionsmöglichkeiten -bereit. Die Versuche zur internationalen Friedensordnung im politischen und wirtschaftlichen Bereich sehen sich infolgedessen immer der Schwierigkeit gegenüber, Souveränitätsverzichte herbeizufüh­ ren, wobei die bisher erzielten Erfolge keineswegs ermutigend sind. Es spricht daher manches für das Argument liberaler Kritiker, wie Popper und Röpke24, daß die Weltstaatsidee nur durch die Anwendung mili­ tärischer und politischer Gewalt verwirklicht werden könnte, dem Ge­ samtprojekt also große faschistische Gefahren innewohnten. Die Vertreter „supranationaler Lösungen“ nähren mitunter diese Be­ fürchtung, indem sie die Forderung vertreten, daß nur durch die völ­ lige Aufgabe der staatlichen Souveränität — sie wird in diesem Zusam­ menhang gern als „überholt“ oder „altmodisch“ hingestellt — und die Einsetzung einer starken Zentralgewalt, die politischen und wirtschaft­ lichen Ziele eines Weltstaates erreicht werden können. Sie setzen sich damit aber dem Einwand aus, daß alle politischen Versuche, die Kantsche Idee einer Weltförderation zur Sicherung des Ewigen Friedens zu verwirklichen und die internationale Gesellschaft als Ganzes in eine befriedete Gemeinschaft umzuwandeln, in der sich die Wechselbeziehun­ gen zwischen den einzelnen Einheiten harmonisch gestalten, ihr prakti­ sches Ziel bisher niemals erreicht haben. Weder der idealistisch-pazifi­ stische Nationalismus noch der liberale Kosmopolitismus und seine öko­ nomische Variante, noch der sozialistische Internationalismus haben je­ mals einen endgültigen Erfolg gehabt; der politische Idealismus stieß vielmehr — hierauf verweist Herz25 mit Nachdruck — auf den Wider­ stand der bestehenden Verhältnisse und Mächte und wandelte sich unter dem Druck der Machtpolitik von einer idealistischen Bewegung über eine desillusionierte Reaktion in den meisten Fällen zur Hegemo­ nialpolitik einer erobernden Nation. 23 Siehe hierzu G. Schwarzenberger (Machtpolitik. Eine Studie über die internationale Gesellschaft. Tübingen 1955.), der den Nachweis führt, daß z. B. die Einrichtung der Vereinten Nationen nicht die Abschaffung der tradi­ tionellen Strategien, Taktiken und Mittel der internationalen Machtpolitik be­ wirkt hat (S. 398 f.). 24 W. Röpke, Integration und Desintegration der internationalen Wirtschaft. In: Wirtschaftsfragen der freien Welt, a. a. O., S. 498. — K. R. Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Bd. 2. Bem 1958. S. 449. 25 Herz. a. a. O.. S. 84 ff.

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Gegen die Annahme, eine mit großer Macht ausgestattete zentrale In­ stitution könne politische und wirtschaftliche Interessenkonflikte endgültig beseitigen, sprechen auch Erfahrungen auf einem anderen Ge­ biet, nämlich der Ostblockintegration, die man im vorliegenden Fall wohl zum Vergleich heranziehen kann. Der sich gegenwärtig zwischen den Ostblockstaaten unter dem Druck einer starken Hegemonialmacht vollziehende Integrationsprozeß verfolgt das Ziel, die Arbeitsteilung zwischen den beteiligten Staaten möglichst effizient zu gestalten, um einen sog. sozialistischen Weltmarkt zu errichten. Weder die machtpolitische Überlegenheit der dominierenden Wirtschaft noch der hohe Grad gemeinsamer ideologischer Überzeugungen vermögen jedoch, wie sich bisher ergeben hat, permanente Interessengegensätze — sie entstehen durch die Bemühungen der Partnerstaaten, eine autonome Wirtschafts­ politik zu betreiben — im zwischenstaatlichen Verkehr auszuschalten26. Eine totalitaristische Herrschaftsform in einem künftigen Weltstaat hätte zudem, wenn die von Dahrendorf27 aufgestellte Theorie der Demokratie gültig ist, weitgehende Konsequenzen für die Methoden, mit 26 Vgl. E. Klinkmüller und M. E. Ruban, Die wirtschaftliche Zusammen­ arbeit der Ostblockstaaten. (Osteuropa-Institut an der Freien Universität Ber­ lin. Wirtschaftswissenschaftliche Veröffentlichungen. Hrsg. v. K. C. Thalheim. Bd. 12.) Berlin 1960. — Die obengenannten Autoren interpretieren die Funk­ tionen des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe — die Integrationsbehörde der Ostblockstaaten — wie folgt: „Die eigentliche Entstehungsursache dürfte der Wunsch der Sowjetunion gewesen se!in, die neue Wirtschaftsordnung in den Ostblockländern durchzusetzen, zu festigen und gleichzeitig eine Zentrale zu schaffen, die alle Anordnungen Moskaus auf wirtschaftlichem Gebiet an die Satellitenstaaten weitergibt und deren Durchführung kontrolliert“ (S. 146). Zur ideologischen Begründung der Vormachtstellung der Sowjetunion siehe: ebda., S. 256. — Hindernd auf die Integration der Ostblockstaaten wirken die nationalen Außenhandelsmonopole, die der sichtbarste Ausdruck für die Behauptung der ökonomischen Souveränität der einzelnen Staaten sind ebda., S. 35 f.). Die Verpflichtung zum bilateralen — und meist kurzfristigen — Ausgleich der Leistungsbilanzen läßt die nationalen Wirtschaftsgrenzen und damit auch die autonome Wirtschaftspolitik deutlich hervortreten. — In die­ sem Zusammenhang ist auch erwähnenswert, daß die Integration des Ost­ blocks nur die Sowjetunion und deren Satellitenstaaten, nicht aber China umfaßt. Man könnte diese Tatsache vielleicht damit erklären, daß es sich um zwei ungefähr gleich starke rivalisierende Machtgebilde handelt, von denen keines mehr zur Unterordnung bereit ist. Es handelt sich hier mög­ licherweise um eine sehr allgemeine Erscheinung, die sich auch auf einem ganz anderen Gebiet, nämlich in der europäischen Geschichte des 19. Jahr­ hunderts beobachten läßt. Die weltweite Integration durch den Freihan­ delskapitalismus wurde ja bekanntlich in dem Augenblick zerstört, als kon­ kurrierende Volkswirtschaften, die Vereinigten Staaten, Deutschland und Frankreich, genügend Macht gewonnen hatten, um die britische Vorherrschaft zurückzudrängen. 27 R. Dahrendorf (Demokratie und Sozialstruktur in Deutschland. „Euro­ päisches Archiv für Soziologie“, Bd. 1 [1960], S. 101 ff.) unterscheidet zwischen rational-demokratischer und utopisch-totalitärer Bewältigung von sozialen und politischen Konflikten. Die erste Methode ist typisch für demokratische Gesellschaften, die auf der Anerkennung von Wirklichkeit und Notwendig­ keit gegensätzlicher Interessen beruhen. Demokratische Entscheidungen sind

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denen wirtschaftliche und politische Konflikte reguliert werden. Geschlos­ sene Gesellschaften28 nehmen zu Konflikten eine utopische Haltung ein; anders als offene Gesellschaften, die sich zur Bewältigung von Konflik­ ten der verschiedenen Formen politischer und wirtschaftlicher Konkur­ renz bedienen, versuchen sie, Interessengegensätze durch eine angeblich das Allgemeinwohl repräsentierende Instanz, den Staat oder eine Par­ tei, der das Recht und die Macht zur endgültigen Regulierung von Kon­ flikten eingeräumt wird, beizulegen. Zu Beginn eines solchen Unterfan­ gens steht meistens eine idealistische Konzeption, »die von dem Verlangen getragen ist, einenharmonischen Zustand in der menschlichen Gesellschaft herbeizuführen und Konfliktquellen vollständig zu eliminieren. Die Verwirklichung dieser Hoffnung scheitert jedoch, wie Dahrendorf dar­ legt, an den in jeder Gesellschaft vorhandenen Konflikten und gegen­ sätzlichen Interessenlagen. Sie führt in das Dilemma, entweder die idealistische Einstellung aufrechtzuerhalten und damit den prakti­ schen Mißerfolg in Kauf nehmen zu müssen oder aber, was in der Regel der Fall ist, das Ideal aufzugeben und den vermeintlichen Konsensus durch die Unterdrückung oppositioneller, dem Macht- und Rechtsan­ spruch der zentralen Instanz Widerstand leistender Meinungen herbei­ zuführen. Insgesamt entsteht daher der Eindruck, daß, solange für die Bewälti­ gung der oben skizzierten Probleme keine praktikablen Vorschläge bestehen, die Probleme der Weltwirtschaftsordnung kaum über die Er­ richtung einer Weltregierung und eines Weltwirtschaftsstaates gemei­ stert werden können. Diese Idee gehört, solange ihre Anhänger in ratiodas Ergebnis der jeweiligen Interessenkonkurrenz; das geltende Recht ist z. B. das Resultat eines Konkurrenzkampfes von Individuen und Parteien um die Stimmen der Wähler. — Während die rationale Methode der Existenz von Interessendivergenzen durch die Institutionalisierung eines wettbewerblichen Systems, das eine Vielzahl von Zentren und Kräften miteinander verbindet, Rechnung trägt, gehen die Vertreter der utopisch-totalitären Methode davon aus, daß einer obersten Institution, dem Staat oder auch einer Partei, der An­ spruch auf die Vertretung des „Gesamtinteresses“ und das Recht zur letzten Entscheidung bei politischen und sozialen Auseinandersetzungen zusteht. Es gibt also über den Einzel- und Gruppeninteressen eine mit endgültiger Macht begabte Entscheidungsinstanz, deren Machtanspruch immer zugleich auch Rechtsanspruch ist und die daher ein für allemal alle Konflikte zu „lösen“ vermag. Typisch für diese Haltung ist die Vorstellung einer endgültigen Auf­ hebung aller Interessengegensätze und Konflikte in einer idealen zukünftigen friedlichen Ordnung. — Der entscheidende Fehler der utopisch-totalitären Haltung liegt in der Verkennung einer Grundtatsache des sozialen Lebens, nämlich, daß jede historische Gesellschaft in sich gegensätzliche Interessen und politische Haltungen hervorbringt. Der Versuch, politische und soziale Konflikte durch eine zentrale Institution beizulegen, die selbst wieder eigene Interessen verfolgt, läuft immer Gefahr, in der Unterdrückung oppositioneller Meinungen und der Durchsetzung des einseitigen Machtanspruchs der jeweils Herrschenden zu enden. 28 Zu den Begriffen „offene“ und „geschlossene“ Gesellschaft siehe K. R. Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde. Bd. 1. Bern 1957. S. 269.

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nalistischer Weise in einer fiktiven traditionslosen Welt ohne Berücksich­ tigung der konkreten historischen Lage ihre Pläne aufstellen, in den Bereich der Utopie29. Eine rationale Sozialtechnik verlangt die schritt­ weise Umgestaltung sozialer Institutionen im Hinblick auf erreichbare Ziele, nicht dagegen holistische Sozialexperimente80 im Weltmaßstab, deren Ausgang aller Wahrscheinlichkeit nach nicht den ursprünglich ge­ hegten Erwartungen entspricht.

4. »An der Idee einer „organisierten Weltwirtschaftsordnung“ läßt sich eine analoge Kritik üben, sofern sie von der Fiktion ausgeht, die inter­ nationalen Wirtschaftsorganisationen könnten so handeln, als ob eine Weltregierung bestehe. Dieser Vorschlag wurde erstmals im Rah­ men der supranationalen europäischen Integration (EGKS) auf die Probe gestellt. Man glaubte eine Zeitlang, eine überstaatliche Behörde könne aufkommende Konflikte nach objektiven sachlichen Kriterien entschei­ den81. Die Erfahrung erzwingt jedoch auch hier eine Revision, da mitt­ lerweile der para-politische Charakter supranationaler Behörden, die selbst bestimmte Eigeninteressen besonders im Hinblick auf ihre SeJibsterhaltung und Machtausdehnung verfolgen, deutlich zutage getre­ ten ist. Außerdem hat sich ergeben, daß die machtpolitischen Ausein­ andersetzungen sich nicht nur in dem durch die Rechtsnormen fest­ gelegten Bereich abspielen, sondern daß der institutionelle Rahmen selbst wiederum Gegenstand von Konflikten ist82. 29 Siehe hierzu auch K. R. Popper, Die öffentliche Meinung im Lichte der Grundsätze des Liberalismus. ORDO. Jahrbuch für die Ordnung von Wirt­ schaft und Gesellschaft. Bd. 8. Düsseldorf und München 1956. S. 12. 80 Zur Kritik holistischer Sozialexperimente siehe: Popper: Die offene Ge­ sellschaft und ihre Feinde, Bd. 2, a. a. O., S. 125 ff. 31 Siehe hierzu den Beitrag von U. Meyer-Cording (Die europäische Inte­ gration als geistiger Entwicklungsprozeß) in diesen Sammelband. 32 Die jüngst von Triffin (Europe and the Money Muddle. New Haven 1957. — Gold and the Dollar Crisis. New Haven 1959.) unterbreiteten Vorschläge zur Revision des Internationalen Währungsfonds gehen ebenfalls von der Idee aus, daß Organe mit regierungsähnlichem Charakter auf weltweiter Basis die akuten Interessenkonflikte, zu denen der freie Zahlungsverkehr zwischen den Nationen führen kann, eliminieren können. Zu diesem Zweck ist eine Zentralisierung der Währungsreserven vorgesehen. Gerät nun ein Land in einen Konflikt zwischen externer und interner Währungsstabilität, so soll ihm die Möglichkeit eingeräumt werden, sich bei der internationalen Notenbank zu refinanzieren. — Wahrscheinlich wird dieser Mechanismus Anlaß zu wei­ teren Interessenkonflikten geben, da die Länder, die eine inflationistische Poli­ tik verfolgen, ihre Refinanzierung stets zu Lasten derjenigen betreiben kön­ nen, die eine relativ stabile Geldpolitik anstreben. Das System kann da­ her nur funktionieren, wenn in Zeiträumen von wenigen Jahren die Ent­ wicklung der Zahlungsbilanzsalden zwischen Defizit und Uberschuß wechselt. Es ist jedoch weder selbstverständlich noch wahrscheinlich, daß keine lang­ fristigen Schuldner- und Gläubigerpositionen, die schließlich die ganze Kon­ struktion in Frage stellen, entstehen. — Diesen Schwierigkeiten hofft Triffin durch die Möglichkeit der weltweiten Kreditschöpfung der Bank zu entgehen. — Die Zentralbankpolitik erweist sich jedoch schon auf nationaler Ebene als

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5. Im politischen Denken wird das Scheitern idealistischer Konzep­ tionen häufig nicht mit einer Flucht in utopistische oder konventionalistische Programme, sondern ebensooft auch mit der Propagierung einer „realistischen Politik“ beantwortet. Die Anhänger des politischen Realis­ mus bedienen sich dabei mit Vorliebe des Arguments, daß sie der Macht und dem Machtkampf sowie der Rolle von Konflikten mehr Beachtung zuwenden als die sog. Idealisten. Sofern es sich hier um den Versuch handelt, die auf den idealistischen Philosophien aufbauenden theore­ tischen Aussagensysteme kritisch zu überprüfen und die in ihnen ent­ haltenen Hypothesen, soweit sie sich nicht bewährt haben, durch bessere zu ersetzen, können gegen dieses Verfahren keine Einwände erhoben werden. Es stellt vielmehr den legitimen Weg der empirischen Wissen­ schaft zur Verbesserung ihres theoretischen Aussagensystems dar. Häufig verbindet sich jedoch die Faktenanalyse der „Realisten“ mit dem Bestreben, die beobachteten Phänomene zur Grundlage politischer Ideale zu machen und sie zur Ausbreitung und Glorifizierung politi­ scher Überzeugungen im Dienste unterschiedlichster Interessen zu be­ nutzen88. So neigen Theorien, die den Machtkampf von politischen Ein­ heiten in den internationalen Beziehungen untersuchen, dazu, die imperi­ alistische Expansion oder den integralen Nationalismus zu propagieren, während wirtschaftstheoretische Untersuchungen über die Rolle des Staates bei der Industrialisierung häufig zur Rechtfertigung protektio­ nistischer Maßnahmen herangezogen werden.

Der entscheidende methodologische Mangel dieser Position liegt in der Vermengung von theoretischer Analyse und wertender Stellung­ nahme — ein Fehler, den schon Max Weber im Werturteilsstreit tref­ fend kritisiert hat. Die Tatsache, daß in den internationalen Wirtschafts­ beziehungen offenbar Interessenkonflikte und Machtkämpfe eine wich­ tige Rolle spielen und Außenwirtschaft und Außenpolitik einander be­ einflussen, impliziert ja nicht ohne weiteres eine indifferente politische Einstellung oder sogar eine Idealisierung dieses Zustandes. Es besteht weder ein Anlaß, durch den Ausschluß relevanter Probleme eine harmonistische Situation dort vorzutäuschen, wo in Wirklichkeit diametral außerordentlich schwierig. Die Notenbankpolitik gerät häufig in das Span­ nungsfeld interner Konflikte, wenn Fragen der Lohn- und Fiskalpolitik zur Diskussion stehen. Im Weltmaßstab wäre daher mit folgenschweren Aus­ einandersetzungen zu rechnen. — Aber selbst wenn man den utopisch anmutenden Versuch unternehmen würde, die bestehenden nationalen Notenban­ ken in Ausführungsorgane der Weltzentralbank zu verwandeln, so könnten damit trotzdem die zu Konflikten führenden Zahlungsbilanzungleichgewichte nicht beseitigt werden, da Defizite und Überschüsse nicht nur auf nationaler, sondern auch auf regionaler Ebene auftreten. Zu letzterem siehe den Aufsatz des Verf., Ordnungspolitische Probleme einer europäischen Währungsunion. „Wirtschaftspolitische Chronik“, Heft 2 (1958). 38 Herz, a. a. O., S. 45.

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entgegengesetzte Interessen aufeinanderprallen, noch die Notwendig­ keit, Machtkonkurrenz und antagonistische Beziehungen in pseudoob­ jektiven Systemen zu rechtfertigen. Theorien und Normen, Aussagen über die Wirklichkeit und politische Empfehlungen sind zwei deutlich unterscheidbare Bereiche des menschlichen Lebens, deren Konfusion weder der Sache der Ethik noch der der Wissenschaft förderlich ist. III. Der liberale Internationalismus und das Konflikt- und Machtproblem

1. Die bisher angestellten Überlegungen haben gezeigt, daß das Pro­ gramm, einen universellen Weltfreihandel zu schaffen, der Gefahr aus­ gesetzt ist, an der Fehleinschätzung der Macht und der Rolle von Interessenkonfiikten im internationalen Handel zu scheitern. Aus dieser Tat­ sache wird, sofern sie Beachtung findet, entweder die Schlußfolge­ rung gezogen, daß die Organisation einer freien Weltwirtschaft ein Pro­ gramm für die Zukunft oder aber, daß die Einrichtung eines Weltwirt­ schaftsstaates in der einen oder anderen Form notwendig sei. Wenn man beide Folgerungen ablehnt und ebensowenig glaubt, zu den Emp­ fehlungen des politischen Realismus Zuflucht nehmen zu müssen, ergibt sich die Frage, welche Alternativen zur Verfügung stehen. Herz34, der für den Bereich der politischen Wissenschaften dasselbe Problem diskutiert, glaubt eine Antwort auf diese Frage gefunden zu haben. Er empfiehlt ein Programm, dem er die Bezeichnung „realisti­ scher Liberalismus“ gibt und das sich etwa wie folgt charakterisieren läßt: Ausgehend von den ethischen Voraussetzungen des politisdien Ide­ alismus als Leitbild politischer Ziele und Handlungen soll versucht werden, die Einsichten, die die Theorien des politischen Realismus in die Struktur des menschlichen Handelns und in das Macht- und Konfliktproblem vermitteln, zur Durchsetzung des liberalen Ideals zu ver­ wenden. Mit anderen Worten, Herz ist der Meinung, daß die liberale Kon­ zeption unabhängig von der harmonistischen Grundannahme realisier­ bar sei. Die Erkenntnis der mannigfachen Interessengegensätze in der menschlichen Gesellschaft erzwingt nach seiner Ansicht nicht das Auf­ geben der politischen Überzeugungen des Liberalismus. Herz diskutiert seine Konzeption im Hinblick auf vier verschiedene Bereiche des sozialen Lebens, und zwar kriminologische Probleme, politische Praktiken, Minoritätenkonfiikte und internationale Beziehun­ gen. Er macht damit einen Vorschlag, der möglidierweise auch die ord­ nungspolitische Diskussion über die Fragen der weltwirtschaftlichen Zu­ sammenarbeit beeinflussen kann. Einige Teilfragen, die in diesem Zusam­ menhang relevant sein könnten, werden im folgenden kurz skizziert. 84 Herz, a. a. O., S. 171.

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2. Die Entscheidung für den liberalen Internationalismus bedeutet im Bereich der internationalen Wirtschaftsbeziehungen das Eintreten für die Ausdehnung des zwischenstaatlichen Handels und die Erweiterung der internationalen Freizügigkeit. Diese Zielsetzung steht jedoch in Kon­ kurrenz mit dem Macht- und Sicherheitsstreben der souveränen National­ staaten und gegenwärtig vor allem der Weltmächte, deren Politik dar­ auf ausgerichtet ist, sich selbst zu erhalten und, sofern es die Um­ stände erlauben, ihren relativen Machtanteil oder Einfluß zu erweitern85. Das heißt, weltweiter Freihandel und nationale Sicherheit sind nicht in allen Situationen gleichermaßen kompatible Ziele der Außenpolitik und der Außenwirtschaftspolitik von Staaten. Der internationale Han­ del vermag nachhaltige Wirkungen auf die relative Machtposition eines Staates auszuüben, entweder indem er seinen Einflußbereich vermehrt, etwa auf dem Wege der wirtschaftlichen Durchdringung eines anderen Landes, oder aber, indem er seine Stellung schwächt, z.B. durch Em­ bargopolitik, Abbruch der Handelsbeziehungen oder Handelsdiskrimi­ nierung8®. Wenn man also das Ziel verfolgt, den Handelsaustausch zu­ mindest zwischen den Staaten einer bestimmten Gruppe zu intensivie­ ren, so bedarf es bestimmter Festsetzungen darüber, in welchem Aus­ maß das eine oder andere Ziel im Konfliktfall verfolgt werden soll87. In der ordnungspolitischen Diskussion werden Überlegungen dieser Art selten angestellt. Meistens bedient man sich des Arguments, vom ökonomischen Standpunkt aus gesehen sei universeller Freihandel 85 Es handelt sich hier um die sog. Autonomiehypothese, die behauptet, daß soziale Gebilde, wie Staaten, bei ihren Handlungen in erster Linie da­ nach trachten, ihre Existenz zu erhalten. (Vgl.: Q. Wright, The Value for Conflict Resolution of a General Discipline of International Relations. „The Journal of Conflict Resolution“, Vol. 1 [1957] S. 3.) Sie nimmt in einem neuent­ stehenden Gebiet interdisziplinärer Forschung, den „Wissenschaften von den internationalen Beziehungen“ einen breiten Raum ein. (Siehe hierzu: K. W. Thompson, Toward a Theory of International Politics. „The American Poli­ tical Science Review“, Vol. 49 [1955], S. 733.) Anscheinend handelt es sich hier um eine Hypothese, die bei weiterer Ausarbeitung für die verschieden­ sten anderen sozialen Gebilde verwendbar ist. W. J. Baumöl (Business Beha­ vior, Value and Growth. New York 1959.), hat sie jüngst zur Erklärung des oligopolistischen Marktverhaltens verwendet. Er behauptet, daß die großen Korporationen nicht nach Gewinn, sondern nach Umsatzmaximierung unter Einhaltung eines Mindestgewinns streben und daß ihr Interesse sich primär darauf richtet, den Marktanteil zu vergrößern oder zumindest zu halten (S. 31 f.). Aus der Rivalität um den Marktanteil und die relative Machtposition resultiert nach Baumöl der wichtigste Antrieb zur Expansion industrieller Wirtschaften (S. 89f.). 86 Siehe hierzu: J. R. Schlesinger, The Political Economy of National Security. London 1960. S. 129 ff. 87 Zu den methodologischen Problemen der Kompatibilitätsanalyse siehe: E. Tuchtfeldt, Zur Frage der Systemkonformität wirtschaftspolitischer Maß­ nahmen. In: Zur Grundlegung wirtschaftspolitischer Konzeptionen. Hrsg, v. H.-J. Seraphim. Berlin 1960. S. 203 f. — H. Albert (Wissenschaft und Politik. Zum Problem der Anwendbarkeit einer wertfreien Sozialwissenschaft

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zwar die beste From zwischenstaatlicher Beziehungen, politische Ziele könnten jedoch den Vorrang genießen38. Unter welchen Bedingungen das der Fall sein soll, wird dabei völlig offen gelassien, da man diese Art von Problemen in die Daten der ökonomischen Modelle glaubt verweisen zu können, um die sich der Theoretiker nicht weiter zu küm­ mern braucht. Daß bei einer derartigen Behandlung des Problems wich­ tige Aspekte der Weltwirtschaftsordnung und besonders der (bipolare Machtkonflikt außer Ansatz bleiben, ist leicht einzusehen39. Die Formulierung der zu verfolgenden außenwirtschaftlichen Zielset­ zungen unter Beachtung der übrigen politischen Ziele und Interessen dürfte — sofern man sich nicht einer Leerformel bedient — keine ein­ fach zu lösende Aufgabe für eine Vielzahl von Staaten sein, zumal Änderungen in der weltpolitischen Situation sehr schnell Folgen für die wirtschaftliche Integration nach sich ziehen können. Es scheint aber un­ bedingt erforderlich, den Bereich der Kompatibilitätsanalysen über die Frage hinaus, wann interne und externe Stabilität gleichzeitig reali­ sierbar sind, auch auf die strategischen Aspekte des intemationlen Handels auszudehnen. 3. Eine weitere wichtige Teilfnage betrifft die Untersuchung der Be­ dingungen, unter denen Nationen bereit sind, die internationale Inte­ gration zu fördern, bzw. wann sie entgegengesetzte Ziele verfolgen. Es handelt sich hier um eine Problem, das mit den Mitteln der Theorie behandelt werden kann; allerdings sind die Möglichkeiten der Außen­ handelstheorie, zu seiner Lösung beizutragen, vorläufig noch begrenzt. Den traditionellen Theorien über die Weltwirtschaft sind Begriffe wie „Macht- und Interessenkonflikt“ fremd. Die theoretischen Analysen orientieren sich fast ausschließlich an der Frage, wie die einzelnen in der Weltwirtschaft handelnden Sozialgebilde, Staaten, Gruppen, Unter­ nehmen etc., in einem zusammenhängenden und funktionierenden Ganzen miteinander verknüpft sind. Die Begriffe „internationale Ar­ beitsteilung“ und „Weltwirtschaft“ sind der letzte Bezugspunkt, auf In: Probleme der Wissenschaftstheorie. Festschrift für Victor Kraft. Hrsg, von E. Topitsch. Wien 1960. S. 203 ff.), unterscheidet drei Ebenen der Kompa­ tibilitätsanalyse, die logische, die theoretische und die faktische. Logisch in­ kompatibel sind Tatbestände dann, wenn die sie beschreibenden Aussagen in Widerspruch zueinander stehen. Theoretisch inkompatibel sind Tatbestände, deren gleichzeitiger Realisierung empirische Gesetze entgegenstehen. Faktisch inkompatibel dagegen sind Tatbestände, die zwar theoretisch kompatibel sind, deren gleichzeitige Realisierung jedoch in einer konkreten historischen Situa­ tion unmöglich ist (S. 223 f.). Im vorliegenden Falle müßte sich die Unter­ suchung der Vereinbarkeit von außenpolitischen und außenwirtschaftlichen Zielen auf die drei obengenannten Ebenen erstrecken. 38 So z.B.: G. Haberler, Growth and Balance in World Trade. (The Galen L. Stone Inaugural Lecture.) Cambridge, Mass. o. J. (1957). S. 3. 39 Siehe hierzu auch die Kritik von Q. Wright an der Außenhandelstheorie. (The Study of International Relations. New York 1955. S. 237.)

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dem sowohl der theoretische Begriffsapparat wie auch das Aussagen­ system aufbauen. Die internationalen Wirtschaftsbeziehungen erschei­ nen daher als Prozesse in einem weltumfassenden System, das auf der Basis des freien Handelsverkehrs zwischen den einzelnen Partnern be­ ruht oder zumindest beruhen sollte und in dem die Produktion nach den Grundsätzen internationaler Arbeitsteilung unter Berücksichtigung der komparativen Vorteile jedes Landes erfolgt40. Es liegt nahe, daß eine so aufgebaute Theorie dazu neigt, sämtliche Phänomene von der Integrationsperspektive her zu betrachten und Konflikte, Interessenkollisionen, sowie alle Arten von Auseinanderset­ zungen als „Desintegration“ anzusehen. Bei näherem Zusehen erweist sich jedoch dieser Begriff als eine Residualkategorie, die kaum für die Analyse antagonistischer Phänomene geeignet ist41. So vermag ein am Gleichgewichts- und Integrationsdenken orientierter Begriffsapparat weder die Erscheinungsformen zwischenstaatlicher Wirtschaftskonflikte noch die Bedingungen ihres Ablaufes, noch ihre Intensitätsgrade, noch die Möglichkeiten ihrer Regulierung adäquat zu beschreiben und vor allem nicht eine Theorie der internationalen ökonomischen Konflikte zu formulieren. 40 Der Aussagewert der noch stark in der klassischen Tradition stehenden Außenhandelstheorie wird in neuerer Zeit allerdings nicht nur von den Kriti­ kern, sondern auch von ihren Vertretern in Frage gestellt. So z. B. bei: J. Viner (International Economics. Glencoe, Ill. 1951. S. 16.), der in einem häufig zitierten Satz bemerkt: „The world has changed greatly, and is now a world of planned economies, of state trading, of substantially arbitrary and inflex­ ible national price structures, and of managed instability in exchange rates. The classical theory is not directly relevant for such a world, and it may be that for such a world there is and can be no relevant general theory.“ (Sper­ rung im Original). — Die pessimistische Schlußfolgerung, eine allgemeine Theorie sei möglicherweise überhaupt nicht formulierbar, folgt allerdings nicht mit zwingender Logik aus dem Vordersatz. Eine Aussage über den Stand des zukünftigen Wissens und der Theorieentwicklung ist schon aus logischen Gründen nicht möglich, da sonst das zukünftig Gewußte schon in der Gegenwart bekannt wäre, also nicht mehr erst erfahren werden müßte. Die obige Aussage Viners würde daher besser dahingehend umformuliert, daß die klassische Theorie bei der Analyse bestimmter relevanter Probleme der Gegenwart nicht mehr ausreicht. Wenn man diese Probleme trotzdem einer theoretischen Untersuchung unterwerfen will, so muß man das bestehende Aussagesystem verbessern und erweitern. Eine stärkere Beachtung der Pro­ bleme des ökonomischen Konflikts, wie sie hier vorgeschlagen wird, und die Einbeziehung von Forschungsergebnissen aus der Konflikttheorie könnte ein Weg zu diesem Ziel sein. 41 Siehe hierzu die analoge Diskussion in der soziologischen Theorie, im besonderen die Kritik an den strukturell-funktionellen Aussagesystemen: C. G. Hempel, The Logic of Functional Analysis. In: Symposion on Sociologi­ cal Theory. Hrsg, von L. Gross. New York and Evanston 1959. S. 271.—R. Dah­ rendorf, Zu einer Theorie des sozialen Konflikts. In: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik. Hrsg. v. H.-D. Ortlieb. 3. Jahr. Tü­ bingen 1958. S. 76. — Zur Anwendung dieser Kritik im Bereich der theoreti­ schen Nationalökonomie siehe: H. Albert, Nationalökonomie als Soziologie „Kyklos“, Vol. 13 (1960), S. 22 ff.

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Die praktische Bedeutung der Analyse von Konfliktbeziehungen dürfte kaum zu unterschätzen sein, da es sich hier um eine sehr allgemeine Erscheinung des menschlichen Lebens überhaupt handelt. Für die Sozial­ wissenschaften und damit auch für die ökonomische Theorie sind vor allem Intergruppenkonflikte von Bedeutung, wie sie in neuer Zeit in Ansätzen etwa die Oligopoltheorie diskutiert42. Eine Teildisziplin der Sozialwissenschaften, die politische Wissenschaft43, beginnt sich in jüng­ ster Zeit im Rahmen von Untersuchungen über internationale Beziehun­ gen mit Konfliktphänomenen auseinanderzusetzen. Sie weist damit auf ein Feld interdisziplinärer Forschung hin, das auch für die Außenhan­ delstheorie, sofern sie sich nicht nur auf präskriptive Aussagen über die rationellsten Formen internationaler Arbeitsteilung beschränken will, von Interesse ist. 4. Forschungsobjekt einer Theorie der zwischenstaatlichen Wirtschaftskonflikte wäre allerdings nicht nur die Analyse von Zielen, Motiven, Mitteln, Strategien und Taktiken im internationalen Handel, sondern gleichzeitig auch die Untersuchung von Konfliktlösungsmechanismen. Die klassische Zahlungsbilanztheorie hat hier z. B. bereits wichtige Vor­ arbeit durch die Erforschung der internen Sanktionsmechanismen des Goldwährungsstandards und der mit ihm verbundenen Rollen und Rollen­ erwartungen geleistet. Dabei übersah man jedoch, daß der Goldautoma­ tismus als Regulator von Konflikten zwischen externer und interner Stabilität sehr einseitig wirkt, da er «die Unterordnung der inneren Wirt­ schaftspolitik unter den Zahlungsbilanzausgleich fordert. Die historische Erfahrung hat denn auch gezeigt, daß dieser Sanktionsmechanismus nur dann arbeitsfähig ist, wenn keine mächtigen Interessengruppen gegen seine Regeln handeln. In der Gegenwart wäre es jedoch verfehlt, die Interessendivergenzen und -konvergenzen innerhalb der Gruppen, die einen Staat for­ men, sowie die unterschiedliche Interessenlage der am internationalen Austausch teilnehmenden „Gruppen von Gruppen“ (Perroux) zu leug­ nen. Der Handelsverkehr spielt sich in einem vielseitigen Feld konver­ gierender und divergierender Interessen ab, in dem die einzelnen Ak­ toren außerdem noch mit unterschiedlichen Einflußmöglichkeiten ausge­ stattet sind. Um den internationalen Austausch aufrecht zu erhalten, be­ darf es der verschiedensten Kompromisse, die allerdings nur dann Zu­ standekommen können, wenn ein Minimum an Konsensus über die ein­ zuhaltenden Regeln besteht. 42 Vgl. z.B.: K. W. Rothschild, Price Theory and Oligopoly. In: Readings in Price Theory. (Blakiston Series of Republished Articles on Economics. Vol. 6.) London o. J. (1953). S. 456. 48 M. A. Kaplan, System and Process in International Politics. New York 1957. — E. B. Haas and A. S. Whiting, Dynamics of International Relations. New York-Toronto-London 1956.

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Im Rahmen der gegenwärtig bestehenden Weltwirtschaftsorganisati­ onen werden Kompromisse vor allem durch Diskussionen vor einem ge­ meinsamen Forum, Verhandlungen und Vermittlungen angestrebt44, während Schiedsgerichtsverfahren und richterlicher Beilegung nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Die Beilegung von Streitigkeiten erfolgt dabei selbst wiederum nach den verschiedensten Abstimmungs­ regeln, wie kollektive Beschlüsse, Mehrheitsabstimmungen usw. und mit den verschiedensten Mitteln, von denen etwa die wichtigsten internatio­ nale Kredite, Abstimmung der internationalen Konjunkturpolitik, Wech­ selkursmaßnahmen und Zoll- und Kontingentskonzessionen sind. Die wichtigste Institution zur Regulierung wirtschaftlicher Konflikte stellt jedoch der Wettbewerbsmechanismus dar, durch den die Marktparteien ohne Zwischenschaltung einer bürokratischen Instanz den Ausgleich suchen45. 5. Die besondere Bedeutung der gegenwärtig -bestehenden Weltwirt­ schaftsorganisationen bei der Regulierung ökonomischer Konflikte zwi­ schen den Mitgliedstaaten liegt in der Einschränkung von Aktionsmög­ lichkeiten — sie reichen vom Wirtschaftskrieg und der strengen Autar­ kiepolitik über die mannigfaltigen Formen des Protektionismus und die verschiedenen Typen regionaler Zusammenschlüsse «bis hin zur völligen Integration in die Weltwirtschaft — und den permanenten Bemühungen, die jeweils auftretenden Streitigkeiten nadi der Maxime, daß die Aus­ dehnung des Welthandels den Vorzug genießen soll, zu regulieren. Sie haben unter diesem Aspekt in der Vergangenheit Beachtliches geleistet. So ;ist es ihnen z. B. gelungen, wichtige Welthandelsnationen bei kon­ junkturellen Rückgängen daran zu hindern, durch restriktive Eingriffe den zwischenstaatlichen Austausch zu unterbinden. Ebenso unterblie­ ben Maßnahmen, die geeignet sind, den Intensitätsgrad von Konflikten zu verschärfen, wie die diskriminatorische Zollbeihandlung oder die Beggar-my-neighbour-Politik. Die so häufig gerügte „Flexibilität“ der Statuten des GATT oder des IMF hat sich daher möglicherweise besser bewährt, als die Vertreter eines strengen Integrationsstandpunktes wahrhaben wollen. Vielleicht wäre es nicht möglich gewesen, den gegenwärtigen Stand der internationalen Arbeitsteilung zu erreichen, wenn man von vornherein auf der strengen Einhaltung der Regeln bestanden hätte. Die Weltwirtschaftsorganisatio­ nen wären dann möglicherweise so stark in das Feld der Interessenkon­ flikte geraten, daß sie den Auseinandersetzungen zum Opfer gefal­ len wären. 44 Siehe hierzu auch: Myrdal, a. a. O., S. 204 f. 45 W. A. Jöhr, Der Kompromiß als Problem der Gesellschafts-, Wirtschaftsund Staatsethik. (Recht und Staat. Heft 208/209.) Tübingen 1958. — H. Giersch, Allgemeine Wirtschaftspolitik. (Die Wirtschaftswissenschaften. Hrsg, von E. Gutenberg. Reihe B. Beitrag Nr. 9.) Wiesbaden 1960. S. 67.

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Mit dem Übergang zur Konvertierbarkeit und den strengeren Regeln des Zahlungsbilanzausgleichs ergeben sich nun neue Möglichkeiten für dias Auftreten von Interessengegensätzen. Man könnte vielleicht den allgemeinen Satz aufstellen, daß die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Konflikten um so größer ist, je stärker die Aktionsspielräume der einzelnen Aktoren, wie Staaten, eingeengt werden. Mit anderen Wor­ ten, je strenger die Anforderungen eines Systems internationaler Spiel­ regeln an die inländische Wirtschaftspolitik sind, um so größer ist auch die Möglichkeit, daß anders gerichtete Interessen in Konflikt mit der bestehenden Ordnung geraten. Damit wächst aber auch die Gefahr für das jeweilige System, im Zuge der Auseinandensetzungen zerstört zu werden. Bei dem Übergang zu strengeren Regeln im internationalen Zahlungsverkehr bedarf es daher z.B. verstärkter Vorkehrungen für den Fall, daß die Zahlungsbilanzsalden nicht — wie die Theorie annimmt — um ein Gleichgewichtsniveau oszillieren, sondern sich über längere Zeit­ räume in eine Richtung bewegen. Daß die Einsicht in dieses Problem noch nicht ausreicht, um entsprechende Vorkehrungen zu treffen, demon­ strieren die Hindernisse und Schwierigkeiten, die der politischen Durch­ setzung einer multilateralen Konjunkturpolitik entgegenstehen. Mehre­ re Beiträge dieses Sammelbandes beschäftigen sich im Anschluß an die Vorschläge, die Müller-Armack46 in seinem „Kodex des guten konjunkturpoltitischen Verhaltens“ und seinem Plan zur Errichtung eines europäischen Konjunkturboards gemacht hat, mit den verschiedenen As­ pekten der multilateralen Konjunkturpolitik.

6. Der Versuch, ökonomischen Interessenkonflikten in der ordnungs­ politischen Diskussion Rechnung zu tragen, führt bei genauerer Unter­ suchung zu wesentlich komplizierteren Problemen, als sie oben skizziert wurden. Die ordnungspolitischen Vorschläge verlieren dabei im einzel­ nen viel von der Eleganz, Einfachheit und äußeren Präzision, dessen sich das Freihandelskonzept rühmen kann. Sie gewinnen jedoch mög­ licherweise eine größere Chance, in der Wirklichkeit realisierbar zu sein. Angesichts der unabweislichen Notwendigkeit politischer Weltgestal­ tung käme es einer Flucht aus der Realität gleich, wenn man Hoffnun­ gen darauf setzen würde, daß in einer nicht näher beschriebenen Zukunft eine Weltwirtschaft entstehen könnte, in der Konflikte eine untergeord­ nete Rolle spielen. Die politischen Aufgäben verlangen vielmehr stän­ dig ein tätiges Eingreifen, das sich nach bestimmten Leitideen und Maximen richten und in einer konkreten Situation für oder gegen eine bestehende Ordnung aussprechen sollte. Dabei kommt es nicht darauf 46 A. Müller-Armack, Gedanken zu einem Kodex des richtigen konjunk= turpolitischen Verhaltens. „Wirtschaftspolitische Chronik“, H. 1 (1961), S. 7 ff. — Derselbe, Institutionelle Probleme einer internationalen Konjunkturpolitik, a. a. O„ S. 7 ff.

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an, historisch einmal verwirklichte Institutionen als Ideal zu postulieren und damit gleichzeitig alle anderen Wege abzulehnen. Es ist vielmehr notwendig, von den jeweiligen Leitideen her aus den in einem bestimm­ ten Zeitpunkt und in einer konkreten Lage zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen diejenige auszuwäihlen, die das vorgegebene Ziel zu erreichen verspricht und die zugleich mit dem jeweils herrschenden Wertsystem kompatibel ist47. Die Tatsache, daß zwischen den -einzelnen am Welthandel teilnehmen­ den Staaten Macht- und Interessenkonflikte bestehen, erzwingt nicht die Aufgabe der liberalen Überzeugungen, wie die Skeptiker, Zyniker und Pragmatiker glauben machen wollen, wohl aber das Fallenlassen illu­ sionistischer Bestandteile in der liberalen Konzeption. Die Annahme des liberalen Internationalismus stellt eine moralische Entscheidung dar48, das theoretische Problem besteht darin, die mit dieser Entschei­ dung kompatiblen Ziele und Mittel herauszufinden und die ökono­ mischen Bedingungen zu untersuchen, die die Verwirklichung der Ziel­ setzung ermöglichen. Die liberale Konzeption beruht auf der Anerken­ nung der Tatsache, daß es in der .internationalen Gesellschaft verschie­ den orientierte Interessen gibt. Sie sieht ihre Aufgabe nicht darin, diese durch die Anwendung totalitärer Gewalt zu unterdrücken, sondern dar­ in, ein soziales System zu institutionalisieren, das die friedliche Koope­ ration zwischen den verschiedenen ausgerichteten Interessen ermöglicht und sichert.

47 Vgl. hierzu: Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Bd. 2, a. a. O., S. 242—259. — Albert, Wissenschaft und Politik, a. a. O., S. 226. 48 Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Bd. 2, a. a. O., S. 249.

Flexible Devisenkurse oder Setzung und Bindung der Zentralbank? Von Heinrich Rittershausen

1. Die Idee des freischwebenden oder freischwankenden, flexiblen Devisenkurses, der marktmäßigen Bewertung der eigenen Währung er­ scheint als eine letzte Realisierung des Modells der vollkommenen Markt­ freiheit. Wir scheinen hier, wie sich zeigen wird, die Utopie eines inter­ nationalen Regulierungsmechanismus von der Art eines perpetuum mo­ bile vor uns zu haben. Diese Idee setzt ein idealistisches Verhalten der Par­ teien des Devisenmarktes voraus, rechnet also nicht mit einer Devisen­ spekulation, die mit Koalitionen ähnlich dem Pokerspiel, mit comers usw. arbeitet und insgesamt gelegentlich Milliarden von Dollar einset­ zen kann. Auch krankt die Idee an einem entscheidenden inneren Wider­ spruch. Wir behandeln zunächst hier bekannte Annäherungen an diese Idee: 2. Das „Gegenteil“ ist die „gebundene“ Währung, d. h. die einen festen Goldpreis oder den festen Kurs einer Leitdevise setzende und einhaltende Zentralbank. Die historische „Einlösung“ von Noten in Gold oder in X-Devisen war eine Goldv erkauf^Verpflichtung (Zusage) der Zentralbank gegenüber jedermann zu einem (meist gesetzlich) fest­ gelegten Goldpreis oder festen Devisenkurs (hier der Leitwährung). Hier­ durch wird erreicht, daß sich die beiden Emissionen der Zentralbank (Noten und Guthaben) gegenüber dem Gold oder der Leitwährung nicht entwerten können, solange die Zusage realisiert wird. Die Noten kön­ nen nicht unter den Wert des in Umtausch zugesagten Gegenwerts (xgGold, eine Goldmünze bestimmter Qualität, eine Währungseinheit der Leitwährung) sinken. Nicht erreicht ist dadurch die Verhinderung einer Überbewertung der eigenen Zentralbankemission, etwa durch die Spe­ kulation. Hierzu wäre die Festsetzung auch eines festen Ankaufspreises (selten!) derselben Goldmünze bzw. Devise mit (unbegrenzter) Ankaufs­ verpflichtung nötig (gewissermaßen die Umkehrung des Einlösungsver­ sprechens). Die Begleichung des Kaufpreises des Goldes usw. wird dabei in Noten oder Giralgeld der Zentralbank erwartet, -die die Zusage ab­ gab. 3. Für die freischwebende Währung sind nur zwei historische Fälle anführbar: Die Praxis der Reichsbank von 1919 bis 1923 und die der vier chinesischen „Zentralbanken“ in der Regierungszeit von Yuan-Schikai 29 Festgabe für Müller-Armack

Heinrich Rittershausen

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in China. In beiden Fällen waren es nicht-konvertierbare Währungen. Bei der ersteren, der Reichsmark um 1922, handelte es sich um eine völlig in Inflation ‘befindliche Währung:

Jahr 1. 4. bis 31. 3.

Messziffer des Dollars jeweils Oktober Parität = 1

1919 1920 1921 1922 1923b)

6,3 16,2 35,8 757,7 6 017 200651,0

1 StaatsSteuerEinnahmen | Ausgaben in Gold-RIVI des Reichs, umgerechnet über Lebenshaltungsindlex pro Jahr

_ 4090 5 235 3 529 1 496b)

_ 11265 11963 9 965 13 513b)

Real-Wochenlöhnea) 1913 = 35,02 RM

Juli 25,03 RM Juli 16,80 RM

a) Nominal-Wochenlohn-Durchschnitt * 100 Lebenshaltungs-Index b) 9 Monate

Infolge der Überzeugung der internationalen Spekulation, die Mark­ entwertung werde weitergehen, bestanden von 1919 bis 1923 im damaligen Deutschen Reich dauernd bedeutende Devisenterminposi­ tionen einseitig gegen die Mark im Auslande, aber auch (ohne daß ein Verbot oder eine völlige Devisenzwangswirtschaft bestand) im Inlande (in Form von Termindevisen-Käufen durch Banken für eigene Rechnung). Der Devisenkurs lag daher nicht auf der Kaufkraftparität oder nahe pa­ rallel zu ihr, sondern etwa bei einem Zehntel der inländischen (Lebenshaltungs-) Kaufkraft; ein Ausländer konnte also z. B. in Berlin für täglich 1 $ opulent leben und verfügte über Bequemlichkeiten, die sonst 10 $ kosteten; die Bevölkerung litt unter in Gold extrem niedrigen Löhnen, verglichen mit den auf das hundert- bis tausend- usw. -fache gestiegenen Markt-Preisen im Inlande. Der Export war „Deutschlands Ausverkauf“1, der Import war extrem beschränkt (durch -die minimale inländische Kaufkraft, ohne Vorhandensein von Einfuhrkontingenten). Die Verwaltung der deutschen Zentralbank intervenierte am Devisen­ märkte nicht, sie war übrigens integer. Dieses Beispiel ist sehr ungünstig für die Verfechter der heutigen Idee der freischwebenden Devisenkurse; es zeigt drastisch die überwältigende Rolle der internationalen De­ visenspekulation, aber damals auch des Staatsdefizits. Bei dem zweiten Beispiel fehlte die Integrität. Diese (zeitweise vier in Peking ansässigen) chinesischen „Zentral“-Banken, in Wirklichkeit Privatnotenbanken etwas schwindelhaften Charakters, emittierten Bank­ 1 Ausdruck damals geprägt von Generaldirektor Deutsch, AEG, in einem Aufsatz in der „Vossischen Zeitung“, Berlin.

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noten (die chinesischen Banknoten sind älter als die europäischen) als Geld zum Gebrauch des Publikums, die auf mexikanische Silberdollars lauteten. Im Umlauf wiesen diese aber, da freier Notenkurs herrschte, ein Disagio von 20—50 vH gegen metallische mexikanische Silbermünzen auf. Auf der anderen Seite waren die Debitoren der Bank vertraglich ver­ pflichtet, bei Tilgung der von ihnen entnommenen Kredite nicht die Noten ihrer Bank, sondern mexikanische Silberdollars in natura oder metallisches Silber einzuliefern. Die Bankleitung, die nicht wenige Fehlkredite, meist an den Staat, gegeben hatte, deren Noten daher jenes hohe Disagio erhalten hatten, verwendete das vereinnahmte Silber, um eigenes Papiergeld weit unter pari zurückzukaufen und dieses, als nicht mehr im Umlauf, zum Nennwert auf dem Notenumlaufskonto zu be­ lasten, also zu löschen, wodurch ein hoher Reingewinn entstand. Der Gewinn der Bank war also nicht das Ergebnis ihrer Leistung, sondern ihres eigenen mismanagement. Hier könnte man auch vom „freischwebenden“, im Beispiel sich weit unter pari verhaltenden Devisenkurs sprechen. — In beiden Beispielen handelt es sich um durch Fehlkredite (übri­ gens an den Staatsfiskus) herbeigeführte inflationistische Mißbräuche. In dem einen Beispiel gerät der Bankleitung der Kurs der eigenen Noten ganz aus der Hand und wird ein Spielball der nationalen und internationalen Devisenspekulation. Im zweiten Falle behält die Bank den Devisenkurs in der Hand, benutzt die Schwankungen aber zur Bereicherung der Bank oder ihrer Leitung; sie führt eigene Abwer­ tungsgewinne absichtlich herbei, um zu verdienen. Frühere gute Noten­ banksatzungen enthielten Bestimmungen, die derartiges verhinderten. 4. Nun gibt es die britische Währung ab 1931 und die kanadische Währung von 1949 bis zum 21. Dezember 1960; man hat da gelegentlich von „freiem Schweben“ gesprochen. Die Zentralbank hatte sich in bei­ den Fällen nicht verpflichtet, zu einem bestimmten Kurse einzulösen, oder bei einer bestimmten Bandbreite einzugreifen; sie wollte ihre Re­ serven schonen, also der Spekulation keine Zusage geben, die ihr teuer zu stehen kommen konnte. Sie wollte in unklarer Lage vielmehr erst einmal Erfahrungen sammeln. Aber in Wahrheit waren die betref­ fenden Zentralbanken entweder täglich am Markte, oder die ihnen nahe­ stehenden Devisenhäuser und Banken wußten, welche Kursvorstellung gängig war, was gewünscht wurde oder intern abgesprochen war. Eine — nach außen unsichtbare — Festlegung lag vor. Die Schwankungen waren selten und minimal. Das genügt. Die Festlegung bestand einmal darin, daß man sich entschlossen hatte, die Währungseinheit nicht der Spekulation zu überlassen (man intervenierte also am Markte), zum anderen darin, die zufällig vorhandenen Paritäten nur bei Vorliegen be­ sonderer Gründe zu verlassen. Diese Art De-facto-Festlegung unterschei29*

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det sich von der offenen des IMF nur juristisch und durch die vermin­ derte Publizität, die bei beiden als Beispiel aufgeführten Banken aber aufgewogen wurde durch hohe Devisen- und Goldbestände und ein be­ sonderes Maß von Entschlossenheit. Um „freischwebende Währungen“ im eigentlichen Sinne handelt es sich hier nicht. Übrigens ist das kana­ dische Experiment am 21. Dezember 1960 beendet worden; die kanadi­ sche Währung ist wieder nahezu mit der US-amerikanischen auf pari.

5. Von ca. 1937 bis 1945 (zum Teil noch in den Jahren 1951—1958) befanden sich alle Länder (außer den Vereinigten Staaten und der Schweiz) in Zwangs- und Kriegswirtschaft mit Devisenbewirtschaftung, „Devisenmangel“, Einfuhrkontingenten, Stoppreisen und bilateralem internationalem Handel. Die Paritäten (und damit die fest vereinbarten Kurse in den Verrechnungs- und Zahlungsabkommen) waren zemen­ tiert; diese Unbeweglichkeit galt sogar als das unantastbare Hauptstück des Systems (die Antastung hätte als internationale Blamage gegolten; sogar Hitler bestand bis 1944 auf der Friedensparität gegenüber Grie­ chenland, obwohl die Warenpreise dort auf das 600fache gestiegen waren, in Deutschland dagegen formal nur um ca. 30 vH). Es ergaben sich Preisniveau-Unterschiede nicht von 5, 10, 20 oder 30 vH, sondern von manchmal Hunderten von Prozenten und, wie das Beispiel zeigt, weit darüber. Es bestand keine Konvertibilität. Damals hätte die Her­ stellung freier Devisenkurse sofort die Starre gelöst und den internatio­ nalen Handel stark gefördert, obwohl jedes Geschäft und jede Devi­ senzuteilung noch staatlich genehmigt werden mußte. Bei Fehlen der freien Preisbildung, bei Inkonvertibilität, ist es also international sehr vorteilhaft, freie und flexible Devisenkurse zuzulassen und gegenseitig damit Ware zu bezahlen, weil dadurch die divergierenden Preisniveaus sofort aneinander angeglichen werden und damit das größte Handels­ hemmnis wegfällt. Diese Erfahrungsregel kann aber nicht auf konvertible Währungen angewendet werden, weil diese ja freibewegliche Warenpreise im Inund Auslande voraussetzen. Auch die Behauptung, die Inlandspreise seien gegenüber dem Lande „zu hoch“ und gegenüber jenem Lande „zu niedrig“, ist nicht durchschlagend. Die im Lebenshaltungsindex überwiegenden Preise spielen für den Im- und Export meist gar keine Rolle, z. B. Mieten, Friseurleistungen, Eisenbahn-Personentarife usw. Die Warenpreise jedes Landes sind sehr gestreut, einige extrem hoch, andere niedrig, verglichen mit anderen Ländern, wenn man nur transportgün­ stige Handelsartikel ins Auge faßt. Fast nur die stark abweichenden dieser „international interessanten“ Preise bestimmen die Ex- und Importströme. Die unbeweglichen Devisenparitäten sind dann Daten für den Handel; -die Wirtschaft hat sich an sie gewöhnt. Sie paßt sich über die flexiblen Warenpreise an. —

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6. Wer einen unklaren Vertrag abschließt, kann sich dem Betrugs­ vorwurf aussetzen. Eine Notenbank, die Noten in Umlauf setzte, ohne dem Nehmer dieser Papiere reinen Wein einzuschenken, kommt in analoge Schwierigkeiten. Wer Obligationen (bonds) emittiert, muß Wäh­ rung, Betrag, Verzinsung und Rückzahlung angeben. Wer Aktien ausgibt, muß seine Bilanz zeigen und die Unterlagen für die Beurteilung seiner Verdienstkraft aufweisen, aber auch die Höhe der Emission (den Anteil des einzelnen Aktionärs am Gesamtvermögen) öffentlich bekanntgeben. Hier fehlt gegenüber der Anleihe also schon die Angabe der „Währung“; es fehlt weiter die feste Verzinsung und die Rückzahlung. Bei der Banknote vollends, idle nach „moderner“ Auffassung ein reines Geld­ zeichen ohne Charakter eines Schuldpapiers sein soll, soll auch noch der Anteilscharakter und die feste Begrenzung der Emission beseitigt sein. 3, 389, 390 ff., 394, 396 L, 406, 430, 515, 517 Askese 532 - innerweltliche 511 Atheismus 475 Atlantikpakt s. NATO Aufklärung 62, 93, 121, 352 ff., 355 ff., 547, 551, 553 Aufwand 210 f. Grenz- 33 ff. Aufwertung 9, 46, 200, 221, 245, 4*54, 460, 467, 470 Ausbeutung 31 Ausbildung 124, 541 Außenpolitik 198, 270 Außenwirtschaft 74, 1'26, 153, 176, 186, 248 f., 273, 292, 302 ff., 315, 323 f., 326 f., 329, 389 f., 391, 395, 415 f., 428 ff., 435, 441 ff., 445 f., 448, 464, 466, 469 - Politik s. Handelspolitik - theorie 445 Ausfuhr 200 f., 324, 326, 398, 430, 450, 456, 462 - bremsung 200, 459 - Überschuß 243 ff., 248, 252, 462 - Vergütung 200 f. Ausgaben, öffentliche 16 f., 121, 137 f., 180 f., 191, 194 f., 220, 225 - politik Ausgleichsfonds 194 Auslandshilfeprogramm 432 Auslese 37, 40, 89 Ausschuß für Koordinierung der Wirtschaftspolitik s. EPC Australien 388, 390 f., 395, 397 f. Autarkie 46, 182, 246, 323, 398, 408, 429, 585 - politik 446 Autokratie 132 Automation 18, 59 Autonomie 86, 202, 243, 245 f., 250 f., 253, 313 Autorität HO, 496, 519, 528, 530, 551, 557, 584, 591 - strafe 482

B Ballungszentren s. Wirtschaftszen­ tren Bank von England 219, 240 Banken 41, 47 ff., 107, 109, 219,

223 f., 226 ff., 231 ff., 234 237 ff., 240, 450 ff., 463, 468 - amerikanische 231 - aufsicht 29 - deutsche 232 Bankkredit 232, 234, 464, 625 Banknoten 224, 226, 237, 449, 451, 453 f., 457 f. Barock 557 - Soziologie 547 ff. Baupolizeirecht 606 Bausperre 613 Beamtenschaft 107, 276, 332, 520 Bedarf 21, 35, 59, 119, 208, 630 Europäisierung des - 390 - deckung 565 - gehobener 630 Lebensmittel- 323 Nachhol- 172 - religiöser 395 Rohstoff 323 Schmuck- 390, 396 - Struktur 72 - weckung 565 Bedürfnisse 60, 169, 206, 565, 583, 595, 602, 610 - finanzielle 207 - gesellschaftliche 121, 127 - individuelle 22 - religiöse 70 - soziale 14 Beggar- my- neighbour- Politik 446 Behörden, internationale s. die ein­ zelnen Institutionen Belgien 297, 358 f., 366, 369, 371, 392, 580 Benelux 29, 52, 269, 313, 370, 417 Bergbau 58, 67, 79, 203 f. Bergrecht 606 Beruf 36, 107, 346, 404, 499, 507, 629 - genossenschaft 101 - gruppen 154 - Struktur 610 Berufung 520 Beschäftigung 14, 50, 141, 153, 168, 174, 176, 178, 182 f., 190, 215 ff., 218 ff., 306, 426, 428, 461, 465 - politik 183 - theorie 149 Über- 216 f., 461 Unter- 173, 248 Besitz 480 Bundes- 618 gesellschaft 221 - gier 482 Haus- 107 - losigkeit 480 - recht 50, 608 - stand 355, 607

Sachregister Streu- 615, 624 - Struktur 115 Besteuerung s. Steuer Betrieb 31, 73, 76, 80, 83, 153, 169, 203 ff., 215 f., 329, 375 ff., 383 ff., 535, 537 ff., 577, 600 ff., 619, 625 - ausgaben, abzugsfähige 211 - einkommen 114 f. - erweiterung 38, 77 Familien- 115 f., 119 Filial- 378 Flüchtlings- 72 - gesellschaft 211 Grenz- 31 f., 37, 117, 120 Groß- 73 f., 615 - große 37 f., 58, 115 f., 377 Handels- 375 ff., 383 Industrie- 78 Klein- 73 f., 117, 375, 377 Mittel- 73 f., 117 - Politik 377, 538 - prüfungsdienst 196 - rat 111, 539 - rätegesetz 97 Staats- 44 f. - Verfassung 97 — gesetz 539 - vergleich 375 ff. - Verlagerung 77 ff., 80 - Versammlung 539 - Wirtschaft 375 ff., - - lehre 83, 213 Zweig- 329 Bevölkerung 14, 22,57,104,107, 140 ff., 151 f., 197, 200, 224, 323, 367, 404, 450, 456, 492, 517, 535, 539, 583, 590, 626 - politik 120, 590 - Schrumpfung 590 - Wachstum 588 ff., 591 f. Bewußtsein 147, 270, 276, 346, 350, 541, 571, 611, 630 Einheits-, europäisches 347 f. Klassen- 155 National- 349 - rechtliches 561, 563 - staatsbürgerliches 136 Standes- 155 Bilanz 40, 231, 236, 453 - Publizität 623 Bilateralismus 452, 458 Bilderstreit, byzantinischer 495 Bildung 400 f. - hilfe 402 - kulturelle 345 f. - niveau 499 Biologie 160, 511 Block, kommunistischer s. Ostblock Boden 116, 588, 606, 607 ff.

661

- beschaffenheit 326 - knappheit 589 - recht 606 ff. - Spekulation 124 Bolivien 392 Bolschewismus 70, 162 Boom 229, 236, 518, 521 Investitions- 229 Korea- 229, 231 - Perioden 229 Brasilien 389, 398 Brauch 164, 401, 403, 511, 524, 528, 602 Bronzezeit 391 Buchführung 51 Budget s. Haushalt, öffentlicher Bund, Deutscher 313 Friedens- europäischer Fürsten 348 f. - kleindeutscher 360 Städte- 348 Bundesbahn, Deutsche 199, 365, 369 Bundesbank, Deutsche 199, 201 f., 468 ff., 594 (s. auch Notenbank) Bundeshaushalt s. Haushalt, öffent­ licher Bundesländer, deutsche 13, 71, 75, 201, 226, 460 - österreichische 114 Bundespost, Deutsche 199 Bundesrat 105, 110,193, 201, 335 Bundesregierung 192 f., 200, 201 f., 460, 615 ff., 618 f., 621 Bundesrepublik Deutschland 5 f., 11, 22, 43, 46, 48, 50, 52, 55, 57, 71, 76, 84, 119, 135, 139 f., 183, 189, 197 f., 201, 205, 221, 224, 226 232, 234, 238, 257, 259, 304, 334, 338, 364 ff., 376 f., 383 ff., 402 f., 418, 431, 459 f., 463, 466 f., 470, 596, 627, 631 Bundesreservebanken, amerikanische 233 Bundesstaat 276 - amerikanischer 290 - europäischer 295, 358 Bundesstaaten, deutsche 104 Bundesverfassungsgericht 193 Bundeswehr 199 Bundeswirtschaftsrat 97, 100, 111 Bürger 129 ff., 134 f., 140 ff., 272, 277, 285 f., 293, 410, 468, 489, 565, 595, 606, 608 - krieg, nordamerikanischer 393 Bürgertum 61, 547, 551 Bürgschaft 73, 75 Bürokratie 104, 106, 133, 135, 139, 410, 417, 446, 543, 569

Sachregister

662 C

Caesaropapismus 494 Calvinismus 507 f., 510 f., 521 CEPES (Comite Europeen pour le Progres Economique et Social) 248 Chauvinismus 409 Chile 6, 388 China 178, 388, 392, 395, 397, 450 Christentum 4, 68 ff., 346, 348 f., 388, 393, 407, 474 f., 485, 489 f., 492 Comecon (Council for Mutual Eco­ nomic Assistance) 309 f. Commonwealth 269, 307, 316

D Dänemark 119, 357, 359 Deflation 173 f., 214, 219, 461, 594 - Politik 180 f. Deismus 62 Demagogie 340, 562, 564, 570, 573, 584 - manipulative 564, 570, 573 Demokratie 51, 53, 57, 99 f., 132, 140, 186,191, 277, 297, 332, 334, 343,351 f., 437, 515, 519, 521, 526, 543, 565, 576, 578, 581, 585, 587, 595, 611 Massen- 564 ff., 572 Demokratisierung 565, 581 Demontage 72 f., 205 Depositen 231 ff., 235, 237 ff., 625 Zentralbank- 224, 226 Depression 17, 138, 147, 171 ff., 176, 181 f., 221, 233, 245 ff. Desintegration 292, 301 f., 304, 311, 313, 395, 444 Despotismus 354 Deutschland 19, 71, 171, 181, 269, 309 f., 335, 339 ff., 351, 358 f., 362, 388 f., 394 f., 398, 423, 452, 508 (s. auch Bundesrepublik Deutsch­ land) Devisen 219, 225, 452 ff., 459 ff. - abfluß 462 - bewirtschaftung 182, 428 f., 452 458, 460 - bilanzüberschuß 221 - handel 225, 455 f. - hilfe 186 - hortung 460 - kurs 449 ff., 454, 456 ff. - - fester 225, 243 f., 253 — flexibler 453 ff. - markt 449 f., 455 f., 459 - Paritäten 452 - politik 326, 425 f., 446, 470 - reserven 252, 462, 466 - Spekulation 449 ff., 453, 455 f.

- Verluste 459, 463 - Zufluß 257, 454, 459, 461 ff. - Zwangswirtschaft 450 Dezentralisierung 367, 493 DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund) s. Gewerkschaft Dialektik 483 Dienstleistungen 57, 121, 156, 273, 305 - öffentliche 122 ff., 126, 135, 365 ff., 371 f., 576 Diktatur 565, 578, 587 Diplomatie 269 f., 277, 293 Dirigismus 30, 61, 138, 182, 207, 240, 255, 273, 297, 302 ff., 305 f., 429, 581 Diskont 183, 217 ff., 223, 225, 238, 240 - erhöhung 219, 222, 227 - kredit 453 - politik 218 f., 222 f. Diskriminierung 186, 273, 277, 289, 314, 325, 369, 371, 426, 442 Disputation von Valladolid 522 Dissentismus 519 Distanz, soziale 314 f. Dividenden 51, 211 - stop 208 Dogma 495 f., 508 Dogmatik 506, 508 Dogmengeschichte 151, 504, 507, 592 Donaufürstentümer 359 Doppelbesteuerung 51 Dordrechter Synode 510 Dualismus 359, 556 Dumping 186, 306

E EAG s. Europäische Atomgemein­ schaft ECE (Economic Council for Europe) 434 ECOSOC (Economic and Social Council) 434 Effektivverzinsung 225 EFTA (European Free Trade Asso­ ciation) 51, 246, 249, 309, 313 f., 317, 323, 325 f., 417, 424 430 Egalitarismus 564 EGKS s. Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Ehe 528 ff. Eigenheim 18, 125, 620 Eigennutz 533, 593 Eigentum 8, 59 f., 121 f., 209, 479 f., 538, 582 f., 605 ff., 611 ff., 615, 617 - bildung 18, 200, 538, 618 Grund- 122, 607, 609, 613

Sachregister

-

kirchliches 550 losigkeit 608 Ordnung 608 f. Politik 617, 619 f. Privat- 65 f., 474, 479 f., 576, 581, 605 - recht 210, 617 Sach- 613 Einfuhr 74, 222, 328, 450, 456, 462 - beschränkung 170, 182, 186, 222, 273, 305, 326 ff., 372, 426, 429 ff., 446, 450, 452 - kontrolle 182, 245 - Steigerung 200, 459 - Überschuß 243, 245, 252, 466 - Verminderung 248, 461 Einkommen 14 t, 22, 24, 26 f., 44, 51, 57, 114, 117 ff., 123 t, 136, 178, 183, 196, 217, 461,480,535, 590, 595, 601t, 609, 626, 629 - bildung 27, 120 - entwicklung 117, 120 - gesetz 139 Kapital- 620, - klassen 14, 126, 621 Massen- 14 Nominal- 462 Real- 152, 157 - redistribution 136, 5921, 595, 600 Sozial— 49 - steuer 13, 127, 137, 141, 200 — progression 136 - unterschiede 118, 126, 136 - Verteilung 13, 241, 209 t, 275, 591, 602 Volks- 13, 77, 114, 137, 168 ff., 178, 324, 461 ff. Einmanngesellschaft 210 Einnahmen, öffentliche 16, 125 t, 137, 191, 194 Einstimmigkeitsprinzip 299 Einzelinteressen s. Partikularinter­ essen Elite 131 ff., 140, 331, 485, 567 - geistige 348 Gruppen- 133 ff., 142 Partei- 132 t, 140 t, 143 - politische 132 t, 140 Verbands- 134, 140, 142 Embargopolitik 442 Emission 234, 238, 240, 449, 453 f. - erlös 232 Energie 68 Atom- 59, 68 - politik 423 - Wirtschaft 67 t, 76, 208, 211 England 29, 46, 51, 63, 149, 164, 171, 181, 21’5, 219, 236, 269, 316, 333, 350, 389, 391, 393, 514, 519, 522, 580

663

Enteignung 613 f. Entkommunalisierung 626 Entwicklungsanleihe 460 Entwicklungsgebiete, regionale 116, 298 Entwicklungshilfe 18, 53, 84, 261, 402, 456, 460 f. Entwicklungsländer 7, 53, 55, 84, 147, 159 ff., 194, 268, 311, 318, 422, 430 f., 518, 542, 591 Entwicklungslehre 291, 307 EPA (European Productivity Agency) 384 EPC (European Policy Committee) 259 f. Erbschaftsteuer 45, 621 Erfindungen s. Technik Ergebnisbeteiligung 619 Ermessensmißbrauch 282 Ersparnisse 152, 209, 211, 463, 465, 469, 615, 618, 620 Ertragsteuer 13, 191 Erzeugung s. Produktion Erziehung 68, 402, 526 - aufgaben, staatliche 136 - politik 18 - wesen 423 Eschatologie 66, 68, 70 Ethik 441, 520, 522, 531 Europa 8f., 11, 16, 46, 52, 119, 150, 161, 164, 172, 174, 176, 178, 186, 229, 249, 255 ff., 268, 270 ff., 293, 295 ff., 317 f., 345 ff., 355, 357 ff., 364, 369, 377, 389, 391 ff., 394, 396 ff., 405 ff., 419, 421, 423 f., 429, 431, 490, 492 f., 499, 515 ff., 521, 530 f., 580, 588 Europ. Atomgemeinschaft (EAG) 272, 279, 299, 305 f., 312 - Vertrag 279, 282 ff. Europ. Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) 262, 272 f., 279 ff., 282, 304, 307, 309, 312 f., 315, 332, 439 - Vertrag 279 ff., 303 Europ. Gerichtshof 276, 282, 290 Europ. Konjunkturfonds 250 Europ. „Konzert“ 301, 356 Europ. Kredit- und Garantiefonds 249 Europ. Parlament 281, 290, 294, 296, 298 f., 313, 331 ff., 336 ff., 343 Europ. Währungsfonds 249 Europ. Wirtschaftsrat s. OEEC Europ. Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) 29 f., 51 f., 74, 84, 202, 221, 249, 261 ff., 267, 271, 273 ff., 279, 298 ff., 305 ff., 308 f., 310 ff., 313 ff., 317, 321 ff., 329, 363 f., 366, 369 ff., 416 f., 419, 421, 423 f., 430

ß64

Sachregister

- Ausschuß für Konjunkturpolitik 262 f., 306 - Investitionsbank 298, 306 - Kommission 262 f., 276 f., 290, 294, 298, 300, 307 - Konferenz der Finanzminister 278 - Konjunkturboard 249, 259, 429 447 - Ministerrat 276 f., 290, 298, 307, 331, 335 - Sozialfonds 306 - Universität 272, 300 - Vertrag 246, 252, 277 f., 282., 300, 303 ff., 306 ff., 309, 311, 315, 327, 363, 365, 370 ff. Existenzminimum 123 F Familie 528 f., 542, 607, 610, 620, 623 Familiengesellschaft 210 Fatalismus 511 Federal Reserve Board 239, 249 Feudalismus 405, 518, 588 Neo- 590 Feuerversicherung, industrielle 35 Finanzgeschichte 518 Finanzierung 47 ff., 121,136,195,205 ff., 209 ff., 233 f., 468, 514, 612, 622 Altersrenten- 141 Budgetdefizit- 181, 190 - institute 233, 237 f., 240 - methode 125, 213, 431, 618 Selbst- 49, 72, 194, 208 ff., 618 Finanzpolitik 6, 8, 16 f., 100, 121, 129, 134 ff., 140 ff., 185, 189 f., 191 ff., 196, 198 ff., 202, 221, 225, 262, 323 f., 621 - expansive 244 f., 248 - kontraktive 221, 245 - nicht-inflationäre 6 - restriktive 244 Finanzressorts 259 Finanzstruktur 213 Finanzsystem 137, 189 Finanzverfassungsvorschriften 202 Finanzverwaltung 196 Finanzwirtschaft 129, 134, 141, 143, 189, 201 Finanzwissenschaft 122 f. Finnland 48, 50 f. Firmenanalyse 153 Firmenwert 204 f. Fiskalpolitik 138, 249 Fiskus 451, 618 Forschung s. die einzelnen Disziplinen Forstwirtschaft 107, 114 Frankenreich 494, 499

Frankreich 6, 29, 181, 229, 269, 297, 307 f., 310 f., 331, 334, 336 ff., 339 ff., 342, 350 ff., 358, 362, 366 f., 369 ff., 384, 389, 394 f., 419, 562, 628 Freihandel 301, 303, 322 f., 326, 360 f., 368, 420, 426 ff., 435, 441 f., 444, 447 - lehre 427 f. - politik 418 - regionaler 248, 435 - zone 315, 325, 329, 421 f. — europäische s. EFTA — gesamteuropäische 255, 267 — lateinamerikanische s. LAFTA Freiheit 4f., 8, 12, 25, 59, 69 f., 93, 107, 113, 171, 185, 207 ff., 209, 275, 353 f., 362, 389, 411, 479 f., 484, 488, 518 f., 521, 525 ff., 530, 553 f., 567, 575 ff., 580, 588 ff., 592, 596 ff., 599, 602, 607 ff., 610 ff. Freizeit 537, 601 Freizügigkeit 273, 277, 305, 361, 442, 525 Friedenswirtschaft 172, 426 Fronhofswirtschaft 149 Fürsorge 507, 537 f., 598, 600 - politik 100

G GATT (General Agreement on Tariffs and Trade) 301, 305, 308, 315 ff., 325, 327 f., 422, 428 ff., 446 —Vertrag 301 Geistesgeschichte 92, 502, 571 Geisteswissenschaften 18, 502 f. Geld 47, 163, 211, 222, 226, 228, 235 ff., 244, 298, 329, 347, 451, 459, 461, 464, ’480, 515, 520, 566, 597, 602, 612 - angebot 233 f. - bedarf 233, 235 - beschaffung 210, 625 - entwertung 48, 182, 204, 459 f. - kreislauf 199, 597 _krise 224 - markt 215, 228, 237, 468 - menge 223 ff., 228 f., 231, 234 f., 237, 244 - nachfrage 236 - Ordnung 250, 403, 597 - politik 137, 185, 202, 223, 245, 249, 459, 461, 597 ---- expansive 244 f., 248 ---- kontraktive 231, 245, 459 ----restriktive 238, 244 - reform s. Währungsreform - Schöpfung 224 ff., 228, 231 f., 463 ff. - theorie 236, 238 - umlauf 164, 228 f., 231 f., 238

Sachregister - wert 48, 159, 593 f. — Stabilisierung 126 - - Stabilität 46, 178, 183, 189 - Wirtschaft 608 Geltung 460, 525, 542 - bedürfnis 524, 527 - verzieht 525 Gemeinde 13, 124, 189, 201 - haushalt 141 - steuer 122 - verbände 201 Gemeinnützigkeit 625 f. Gemeinsame Versammlung 332 Gemeinsamer Markt s. EWG Gemeinschaften, europäische s. die einzelnen Institutionen Gemeinwesen 132 Gemeinwirtschaft 108, 124, 367, 369, 372, 541 Gemeinwohl 62, 83, 100, 135, 161, 536, 539 f. Generationsproblem 527 f. Gerechtigkeit 93, 124, 135, 362, 412, 525, 588, 591, 598 Gericht 613 Germanenreiche 493 f. Geschichte 33, 45, 100, 153 ff., 159, 169, 276, 295, 308, 312, 333, 345 f., 357, 364, 391, 404, 407 f., 413, 478, 481, 489, 491 ff., 499, 501 ff., 509 f., 515 f., 526, 570, 589, 605 Gesellschaft 6, 8, 13, 22, 24 f., 43, 87, 89, 91 f., 209, 218, 276, 401, 406, 409, 413, 438, 441, 448, 474, 479, 494, 501, 505, 520, 527, 536, 539 ff., 543, 547, 555, 561 ff., 587 ff., 601 f., 616 - bürgerliche 560 - englische 520 - gestaltung 83, 96, 577 _ ideal 554 - industrielle 113, 155 ff., 149, 158 - internationale 435, 448 - kapitalistische 40, 44, 50 - klasse 561, 569 Klassen- 560 - klassenlose 66 - kommunistische 43 Konsumenten- 568 Massen- 559 ff., 567 f., 570, 572 - mittelalterliche 517 - Ordnung 19, 43, 93, 115, 162, 542 f., 560, 605 ff., 609, 611, 616, 628 - Politik 17 f., 189 f., 196, 199, 539, 596 f., 599, 624 f. - schichten 560 f. - sozialistische 43, 50 - staatskontrollierte 50 - Struktur 555, 559, 564

665

- system 533, 605 — geschlossenes 438 — offenes 438 Tausch- 427 f. Wirtschafts- 560, 567, 572 Gesellschaft mit beschränkter Haf­ tung 209 Gesellung 524 f. Gesetz 97 ff., 100, 102, 105, 139, 191 ff., 196, 198, 201, 204, 227, 279, 284 ff., 293, 475, 554, 556, 593, 595, 613 f. - buch, Bürgerliches 606 - über die Bundesbank 226 Engelsches- 120 Ertrags- 55 - gebung 40, 102, 133, 139, 162, 186, 191 f., 197, 273, 286 f., 290, 357, 563, 587, 589, 605 ff., 611 ff., 619 Gemeinschafts-, europäisches 284 Grund- 86, 191 ff., 202, 284, 605 f., 609, 612 f., 622 - der kleinen Zahl 132 Gesetzesauslegung 285 ff. - dynamische 288 ff. - historische 285 ff. Gewaltenteilung 138, 333 Gewerbe 26 f., 31 f., 120, 126, 150, 628 - freiheit 12, 353, 361 - recht 359 - steuer 127 - treibende 73 Gewerkschaft 45 ff., 49, 65, 176, 181, 21'6, 563, 593 f., 600 - bund der Angestellten 102 - Deutscher 217 - leitung 159, 215 f. - politik 594 Gewinn 20 f., 26, 33 ff., 38, 46, 194, 208 ff., 214, 223, 419, 451, 520, 533 f., 536, 593, 618 f., 624 ff. - ausschüttung 13, 624 f. - beteiligung 601 f. Differential- 126 - ermittlung 209 - erwartung 618 - maximierung 34, 536 Mehr- 46 - steuer 196 - streben 533 ff. - Übertragung 619 - Vermeidung 626 - Verteilung 209 - Verwendung 210, 625 Giralgeld 224, 226, 228, 232, 449 - Schöpfung 226 f. - umlaufsgeschwindigkeit 234 Glaubensgeschichte 505, 508

Sachregister

666

Gleichberechtigung 100 Gleichgewicht 5, 45, 509, 504, 607 - europäisches 301, 355 - politisches 269, 354, 356 - soziales 591 - Störungen 185, 260 - verkehrswirtschaftliches 367 - wirtschaftliches 32 f., 48, 50, 116, 168, 197, 468 Gleichheit 106, 520, 565, 622 Gnostizismus 490 f., 498 Gold 54, 224 f., 391, 395, 449 f., 452 f., 461 f., 515, Ö17, 519 - abfluß 466 f. - automatismus 173, 190, 445 - hortung 460 - import 229 - reserven 459, 462 - standard 322 f., 428, 445 - Verluste 459, 461 ff. - Währung 170 f., 173, 301, 361, 459 f. Grenznutzen 348 - theorie 124, 597 Griechenland 315, 407, 452 Griechentum 489 Großbritannien 52, 54, 194, 202, 221, 225, 228 f., 233, 237, 240, 268, 384, 451, 519 Grundlagenforschung 503 Grundrechte 525 Grundsteuer 127 Grundstückspreis 609 Gruppenegoismus 140 Gruppengeist 293 Gruppeninteressen 9, 60, 64, 130, 186, 240, 577 f., 583, 585 Güter 22, 31, 159, 203, 236, 272, 390, 508, 515, 517, 519 f., 523, 590, 602, 629 f., 632 - austausch s. Handel Gebrauchs- 176, 565, 630 Investitions- 197 Kapital- 159, 162, 165 - knappheit 162 Massen- 565 - qualität 163 Substitutions- 236 Verbrauchs- 200, 391 - Verteilung 525 Gütezeichen 631 H

Hand, öffentliche 17, 73, 135, 189 f., 198, 220, 226, 622 Handel 29, 31 f., 104, 107 ff., 233, 256, 274, 315, 324 ff., 354, 368, 392, 399, 416, 426, 445, 452, 514 f., 520

- ausweitung 315, 318, 416, 420 - bilanz 515 Binnen- 375 ff., 384, 456 Einzel- 375, 377 f., 383 f., 631 - freiheit 353, 355, 515 Groß- 375, 377, 383 f. - internationaler s. Außen- u. Welt­ wirtschaft Ketten- 126 Ost-West- 542 - politik 173, 178, 180, 182, 184 f., 245 f., 255 f., 260, 273 f., 315, 323 f., 326 f., 329, 348, 359, 364, 415 f., 418, 421, 423, 428, 432, 442, 470 - recht 274, 359 - schranken 58, 246, 273, 303, 308, 311, 416, 423, 430, 452 - Verlagerungen 314, 416 f., 419 f. - Verträge 358 - Verzerrungen 325, 417, 419 f. - wechsel 225, 227, 240 Handwerk 107, 520, 588 Hanse 348, 510 Harmonisierung s. Koordinierung Haushalt, außerordentlicher 199 - defizit 182 f. - expansion 183 - gesetz 197 - öffentlicher 16, 48 f., 169 f., 178, 180, 184, 189 f., 195, 197 ff., 201 f., 225, 268, 290, 620 - ordentlicher 196, 225 - Planung 190 f. - politik 183 f., 198, 221, 226 - privater 149, 155, 209, 615 Sonder- 201 - Stabilisierung 182 Havanna-Charta 303, 307, 316, 425, 428, 430 Heidentum 499 Heilige Allianz 301, 357 Heilslehre s. Eschatologie Heizölsteuer 194 Hellenismus 488 f. Herrschaft 132 f., 437, 477 ff., 480, 562 Grund- 518, 608 Hierarchie 517, 547, 551, 601 Hohe Behörde s. EGKS Holland s. Niederlande Humanismus 348 ff., 508 f., 592 Humanität 80, 361 Hypotheken 234

I IBRD (International Bank for Reconstruction and Development) 247, 316, 431, 468

Sachregister Idealismus 124, 427, 432, 436, 438, 440 Ideologie 121 ff., 127, 169, 271, 295, 412, 437, 521, 579 Idolbildung 502, 509 IMF (International Monetary Fund) 219, 247 ff., 305, 316, 327, 425, 429, 446, 452 ff. Imperialismus 164, 396, 428, 440 Imperium Romanum 347 1, 487 489 1, 492 ff., 498 Indien 7, 388 1, 392, 394, 396 f. Individualisierung 530 Individualismus 92, 121, 124, 520 ff. Individualpsychologie 155 Individuum 130 Industrialisierung 54, 74, 116, 169, 171, 440, 563, 581, 589, 610 Industrie 27, 29, 32, 5'1,72,74,79,1071, 113, 120, 148, 156, 203 ff., 210, 2121, 233, 256, 328, 364, 392, 460, 541, 560, 563, 566, 590, 594, 618, 632 - amerikanische 256 - dezentralisierung 367 Ernährungs- 120 - expansion 342 - gebiet 72, 78, 118, 368 — rheinisch-westfälisches 71 ff., 76 Grundstoff- 57, 71, 208, 211 - länder 21, 119 1, 156 f., 324, 428 ff., 590 Schlüssel- 45 Schwer- 65, 272 Textil- 79 - verarbeitende 174 - Wirtschaft 115 f., 158 Inflation 6f., 16, 391, 461, 49, 56, 182 ff., 214, 2191, 223, 229, 235, 451, 457, 459, 461, 467, 470 - importierte 468 - kontrollierte 46 - politik 48, 459 f. - schleichende 178, 183, 186 Silber-, spanische 515 Inflationismus 4, 163, 252 Informationstheorie 287 Infrastruktur 50, 76, 81 Innovation s. Technik Institutionalisierung 582 Institutionen, europäische, internatio­ nale, supranationale s. die einzel­ nen Behörden Integralprinzip 34 Integration 18, 51,187, 246, 272, 274ff., 291 ff., 296, 2981, 308 ff., 312, 323, 325, 417, 444 - europäische 1861, 190, 246, 248, 255, 263, 267, 270, 272, 274 ff., 289, 291, 296, 303 ff., 312, 315, 318, 361, 430

667

- funktionelle 302 - hemmungen 311 ff., 318 f. - internationale 355, 426, 429, 432, 443 - lehre 293 f. Ostblock- 437 - politik 253, 293, 312 - politische 274, 310, 321, 423, 428 - prozeß 437 — geistig-seelischer 291,293,304, 316 - regionale 430, 432, 446 - völkerrechtliche 293 - wirtschaftliche 268, 272, 276 ff., 301, 355, 423, 428 f., 443, 446 Interessenharmonie 134 Interessenkonflikt 256 f., 261, 263, 311, 426, 431, 433, 435, 4371, 440 ff., 443 ff., 446 ff. Interessenten 64, 102, 104, 110, 194, 220, 419, 619 - gruppen 65, 426, 428, 445 - verbände 103, 435 Internationalismus 426, 428, 436, 442, 448 Interstate Commerce Commission 373 Intervention 12, 51, 641,67,173, 1801, 453 f. Interventionismus 6, 21, 138, 170, 172, 581 Intoleranz 404 Investition 26, 45 ff., 49 f., 55 ff., 59, 72 f., 155, 160, 178, 190, 195, 197, 202, 213, 220, 223 f., 237, 326, 329, 464 f., 618, 621, 625 Anlage- 233 - begünstigung, steuerliche 13 Doppel- 317 Fehl- 72, 80 - fonds 49, 622 Gesamt- 152, 178 - hilfe 211 — gesetz 211 - neigung 158, 169, 232 Netto- 157 f., 589 - öffentliche 49, 202, 372, 623 - Planung 371, 622 - politik 46, 49 Über- 372 Investment-Trust 233 Islam 388 Isolationismus 255, 306 Isolierung 355, 525 Israel 407 Italien 11, 29, 269, 309, 337 ff., 3411, 350, 362, 370, 389, 394, 423, 562 ITO (International Trade Organi­ zation) 425

Sachregister

668 J Jagdrecht 606 Japan 55, 397, 414 Junggesellensteuer 125 Jurisdiktion s. Rechtsprechung K

Kameralisten 554 Kanada 260 f., 269, 318, 398, 451 1 Kapital 48, 52, 55, 59, 116, 11'9 f., 154, 160 ff., 164, 204 ff., 206 ff., 211 ff., 233, 235, 273, 328 1, 359, 418, 462 ff., 519, 535, 589, 592, 617, 620, 623 ff. - abzug 257 - anlage 159, 164, 329, 625 - aufstockung 624 f. - ausfuhr 52, 222, 257, 329, 460 ff., 465 ff. Auslands- 161, 164 - bedarf 59, 199, 211 f. - beschaffung 208 f. - bilanz 461 f., 465 - bildung 56 1, 59, 161 f., 164, 208, 618 Eigen- 39, 208, 211, 213 - einfuhr 222, 465 - ertrag 160, 208, 616, 619 ff., 625 - fehlleitung 206 f. Fremd- 205, 208, 211 f. - gesellschaft 209 f., 623, 624 f. - gewinn 124 - koeffizient 55, 156 - kurzfristiges 257, 431 - mangel 59, 118, 161, 205 f. - markt 15, 17, 199, 208, 211 f., 237, 239 f., 622 f., 625 ---- förderungsgesetz 211 f. ---- reform 619, 623 - sammelstellen 622 - verkehr 222, 256, 305, 329, 354, 361, 431 - werte 237, 583 Kapitalismus 40, 45, 59 f., 123, 158, 161 f., 170 f., 427, 513, 515, 518 ff., 521 f., 575 ff., 580, 589, 592, 608 Kartell 32, 58, 65, 273, 306, 420, 428, 435, 453, 593 - gesetz 136, 453, 597 - politik 277 Katholizismus 520 Kaufkraft 163, 199 1, 222, 450, 469 Massen- 329 - parität 450, 457 Kaufleute 274, 520 Kernspaltung 155 Kindergeld 141 - gesetzgebung 136

Kirche 70, 347 f., 390, 395, 491, 495 ff., 4991, 597, 519 1, 545, 547, 551, 555 f., 572 Kirchensprache 497 ff. Kirchenväter 499 Klassenkampf 580 Klerikalismus 550 Klerus 348 f. Koalition 52, 563 Kodex des richtigen konj unkturpoli­ tischen Verhaltens 250, 259 ff. Kollektivismus 4, 6, 14, 18, 92 Kolonialismus 164, 396, 518, 522 Kolumbien 6 Kommanditgesellschaft 210 Kommunalpolitik 80 Kommunismus 8, 65 ff., 70, 268, 301, 318, 474, 542, 581, 592, 599 Kommunistisches Manifest 295 Kompromiß 110, 186, 283, 287, 312, 412, 430, 446, 530, 585, 587 Konferenz von Bretton Woods 425 ff. - von Messina 288 - von Paris 289 Konfession 502, 508 f. - zonen 502, 506, 509 Konfliktanalyse 445 Konflikttheorie 444 ff. Konföderation 295 Konformität 338 Königtum, fränkisches 347 Konjunktur 28, 79, 137, 167 ff., 171, 1713, 176, 178, 189, 193, 197, 2001, 225, 246, 256, 258, 263, 461, 540, 559 ff., 608 - ablauf 147, 180, 183 f., 236, 260 - aufschwung 137, 173, 222 1, 227 f., 231 ff., 236, 521 - beeinflussung 199, 202, 560 Binnen- 186, 244, 251, 257, 431, 469 - board, internationaler s. Euro­ päischer Konjunkturboard - dämpfung 191, 1981,221, 223, 2271, 240, 245, 257, 4591, 468 - diagnose 260, 262, 463 - einbruch 246, 255, 470 - entspannung 257, 460 - entwicklung 168, 170 ff., 176, 178, 183, 223, 229, 235, 243, 256 1, 431, 459 - forschung 167 - geschichte 167, 180 Hoch- 9, 17, 114, 117, 190 1, 194 ff., 201, 216, 229, 233, 240, 260, 468 - läge 189, 198, 243, 257, 259 1 - notstand 248 - phasen 229, 260

Sachregister - Politik 16 f., 137 L, 167, 173, 179 ff., 190, 197, 1'99 f., 202, 221, 224, 226 f., 234, 239 f., 243 ff., 246 ff., 250 ff., 255 ff., 274 f., 306, 318, 423, 428, 431, 446, 470, 540 f., 600 - prognose 185 - rückschlag 174 ff., 178, 180, 184, 186, 217, 229, 236, 251, 255 f., 9RQ 49Q 44 R

- Schwankung 137, 167 ff., 179 ff., 184, 224, 234, 244, 246 f., 268 - Stabilisierung 178, 180 ff., 222, 236, 245, 346, 578 - Stabilität 243, 306 - theorie 147, 182 - therapie 258, 463 - trend 147, 176 - Überhitzung 189, 194 f., 216, 231, 244, 459 - Umschwung 168, 231, 236 - Verbundenheit, internationale 243 f., 256, 303, 431 - zyklus 147, 170 f., 184 Konkurrenz s. Wettbewerb Konservativismus 556 Konsum 16, 21, 25 f., 45, 47 f., 55 f., 59, 73, 76, 79, 81, 107 f., 116 f., 135, 153, 274, 375, 395, 397, 542 f., 565 ff., 583, 589, 628 - ausweitung 47, 120 - genossenschaften 378 - gewohnheiten 158, 566, 569 - güter 74, 120, 565, 583, 631 f. - - test 631 f. Massen- 57, 565, 567 - neigung 45, 169, 178 - privater 47, 57, 59, 196 - steuer 13, 200, 420 - verein 107, 125 f. - verzieht 617 f. Konsumenten 160, 168, 185, 195, 215, 220, 274, 277, 375, 566, 570, 619, 627 ff. - beratung 631 f. - kredit 240 - politik 46 - verbände 566 - verhalten 20, 151, 153, 168 ff. Kontingentierung s. Einfuhrbeschrän­ kung Konzentration 8, 26 f., 29, 39, 53, 58 f., 76 f., 169, 329, 342, 615, 625 Konzern 58 Konzessionierung 372 Konzil von Chalcedon 499 - von Nicäa 496, 498 f. Kooperation 186 f., 194, 202, 249, 258, 261, 267, 274, 314 f., 430, 432, 435, 448

669

Koordinierung 281 - der Einzelinteressen 539, 541 - industrielle 73 - konjunkturpolitische 185, 187, 201, 249 f., 251 ff., 258 ff., 446 - soziale 309 - tarifpolitische 370, 372 - verkehrspolitische 363 ff., 366, 369, 371 - währungspolitische 249 - wirtschaftspolitische 19, 180 f., 185 f., 253, 259, 261, 274, 303, 429 - zollpolitische 363 ff., 366, 369, 371 Körperschaften 13, 17 f., 201, 528 ff. Körperschaftsteuer 194, 196, 623 Kosmopolitismus 352, 436 Kosten 20 f., 33 ff., 37 f., 40, 80, 120, 122, 142, 181, 216, 220, 227 f., 328, 372, 375, 385, 625 - deckung 371, 625 f. - degression 37 - druck 37, 58 Grenz- 33 f. - komparative 430, 444 Plan- 601 Selbst- 370, 372 - Senkung 40, 113, 115, 119, 328 Substitutions- 124 Transport- 364 ff., 370 f. - variable 370 Verwaltungs- 37 - volkswirtschaftliche 219, 370 Werbungs- 51 - wert 122, 124, 126 Zusatz- 370 Kraftfahrzeug-Haftpflichtversiche­ rung 36 Krankenversicherung 38, 593 f., 599 Kredit 17, 49, 73, 75, 182, 199, 213 ff., 215, 217, 220, 224, 228, 231 ff., 234 ff., 237 ff., 247, 252, 450, 456, 463 f., 469, 515, 625 ff. - angebot 224, 233 - expansion 181 f., 231 f., 239 - geber 213, 219 f. - gewährung 49, 122, 217, 219, 231 f., 237 ff., 247, 252 - hilfe 248 f., 251 f. - institute 169, 232, 234, 454, 616, 626 - internationaler 446, 469 Lombard- 453 - nachfrage 220, 234 - nehmer 213, 219, 228, 232 - öffentlicher 72 - politik 17, 137, 184, 186, 215, 217 ff., 220 ff., 223,227 L, 231 ff., 235 f., 238 ff., 249, 257, 262, 318, 423, 455

Sachregister

670

- restriktion 236 - Schöpfung 49, 232, 237 Teilzahlungs- 235, 237 Überbrückungs- 248 - Verbilligung 626 - Verknappung 233, 257, 431 - Vermittlung 232 f., 237 ff. - Verteuerung 219, 257 Wechsel- 454 Wiederaufbau- 73 - zinsen 51, 625 Kriegswirtschaft 172, 426, 452 Kultur 62, 68, 79, 124, 148, 164, 292, 311, 349 f., 355, 399 ff., 401, 405, 477, 487, 489, 491, 494, 506, 508 ff., 563, 588, 609 - austausch 399 ff., 408, 411 - christlich-humanistische 135, 295, 318, 348 f., 550 - entwicklung 408, 476, 614 - europäische 347, 355, 357 - französische 362 - geschichte 94 - Institutionen 399, 401, 412 - konflikt 404 - kritik 559, 562, 564 f., 567, 571 - Pessimismus 573 - politik 100, 399 ff., 492 - stil 502 - Synthese 489 - Zersplitterung 529 Kunst 400 ff., 407, 409 ff., 487, 489 f., 495, 503, 526, 528 - geschichte 148, 503 - handwerk 494 - stil 488 Kurie 550 f.

L Landflucht 118 Landtag, Preußischer 104 f. Landwirtschaft s. Agrarwirtschaft Latinisierung 497 f. Lebenshaltung 44, 47, 54, 57, 108, 115, 117, 119, 159, 162 f., 209, 306, 543, 565, 567 - index 450, 452, 454, 456 Lebensstandard s. Lebenshaltung Lebensversicherung 29, 33, 38, 233 Legitimitätsprinzip 295 Leibeigenschaft 518 Leihe 607 f. Leistungsbilanz 252, 461 ff. Lenkungswirtschaft s. Dirigismus Liberalisierung 74, 176, 221, 255, 2 58, 260, 303, 429 Liberalismus 4, 44, 62, 65, 121, 161, 255, 360 f., 425 f., 428, 435 f., 441 f., 448, 526, 540, 578, 588, 591 f.

Liquidität 47, 233 ff., 236 ff., 240 f., 244, 257, 468 f. - entzug 223, 227 - kontrolle 233 - politik 239 - reserven 232 - theorie 235 f., 238 - zufuhr 244, 257, 461 Liturgie 298, 348, 497 Lobbyismus 102 f. Lohn 45, 47, 50, 115, 119, 121, 159, 163, 168, 171, 190, 202, 215, 217, 222, 593 f., 600, 602, 619 Akkord- 601 - druck 183 - empfänger 159, 161 - inflation 184 Investiv- 619 Leistungs- 542 - minimum 176 - politik 182 ff., 251 - Schwankungen 169, 176 - Senkung 181, 222 - Steigerung 46 f., 160, 181, 594, 619 - steuer 141 - stop 182 - Verhandlungen 202 Luthertum 506 f.

M Macht 22, 24, 26, 65 ff., 104, 110, 130, 133, 139, 162, 181, 210, 249, 251, 271, 304, 333, 349, 361, 401, 426 ff., 437 ff., 440 ff., 449, 539, 580, 582 ff., 593, 595 - geistige 347, 352 Hegemonial- 437 - konflikt 66, 296, 427, 440, 443, 448 - konkurrenz 427, 441 - monopolistische 67, 540, 583 - politik 407, 412, 435 ff., 439 - Zusammenschlüsse 139 Malaya 397 Manchestertum 65, 161 Manichäer 490 Mannheimer Schiffahrtsakte 370 Margarinesteuer 125 Marginalprinzip 33 f. Markenartikel 630 Markt 12, 15, 20, 22, 26 f., 29, 36 ff., 56, 61 f., 67 f., 113, 117 f., 149 f., 168, 181 f., 203, 207, 212, 215, 218 f., 255 f., 277, 296, 305 f., 317, 328, 449, 451, 457, 459, 535, 539 f., 542, 592 ff., 598, 601 ff., 628, 630 f., 633 Auslands- 170 - beherrschung 58 Binnen- 51, 170, 219, 262, 273 - erschließung 52, 171, 630

Sachregister - formen 20 ff., 23, 27, 58, 169 - gesetze 62, 64 - „institutioneller“ 277 Käufer- 120 - konformität 15 f., 68, 180, 187, 240, 305, 598, 602 Massen- 520 Montan- 306 - ordnung 31, 109 - partner 20, 446 - politik 117 - preis 121, 450 - rand 68 - schwäche 596 - Stabilität 149 - theorie 37 - transparenz 35, 566 - vollkommener 456 - vorteil 207 - Wirtschaft 5 ff., 11 ff., 15 f., 18, 25 f., 30, 43, 50, 56, 61 ff., 67, 74 f., 77, 118, 122, 137, 172 f., 176, 184, 193, 206 f., 273, 275 ff., 297, 304 ff., 455, 534, 539 ff., 542 f., 601, 603, 627 — gesteuerte 180, 182 - - Soziale 3 ff., 11 ff., 25, 43 ff., 50 ff., 61, 67, 113, 127, 304, 306 f., 334, 364, 540, 543 f., 587 ff., 595 f., 598, 600, 627 Marokko 388 Marxismus 479 Masse 47, 57, 162, 332, 338, 531, 560 ff., 565, 571, 591 Massenkommunikationsmittel 142, 294, 402, 404, 413, 569 f., 580 Massensoziologie 559, 568 Massenvernichtung 483 Materialismus 474, 479 Meinung, öffentliche 105, 143, 160, 297, 316, 336, 527, 544, 559, 570 f. - forschung 400, 413, 533, 566 Meistbegünstigung 171, 327, 417 f., 426, 430 Menge 561 Merkantilismus 21, 61, 521 Methodenstreit 148 Mexiko 6 Mietpreis 178 Mietregelung 48 Minderwertigkeitsgefühle 404 Mindestreserve 227, 239 ff. - Pflicht 231, 240 - satz 217, 219, 227, 231 Mitbestimmung 538 f., 602, 617 Mittelalter 347, 349 f., 352, 388 ff., 391 ff., 394 ff., 397, 482, 494, 499, 517 f., 547, 607 Mittelmeerländer 389, 391 ff., 396, 517 Mittelstand 73, 126, 200, 561, 594

671

Mob 565, 568, 571 Mobilität, berufliche 215 - regionale 215, 610 - soziale 569, 610 Mode 47, 390, 395, 401, 455, 566 f. Modelltheorie 27 Modernisierung 18, 73, 211 Monarchie 357, 487 - absolute 489 - konstitutionelle 336 - österreichisch-ungarische 301 - parlamentarische 357 Monopol 21, 37 f., 306 Angebots- 36 - einkommen 26 Eisenbahn- 365 - gewinn 59 - kapitalismus 59 f. Meinungs- 633 - mißbrauch 27 - Preispolitik 59 Monopolisierung 27, 58 f., 170, 616 Monopolismus 597 Monostruktur 79 f. Monotheismus 495 f. Montanunion s. Europ. Gemeinschaft für Kohle und Stahl Münzgesetz 224 Mutterrecht 555

N Nachfrage 12, 16 f., 20, 22 ff., 32, 40, 119, 156, 182, 195, 197, 223, 535, 631 f. - elastizität 238 - Schwankungen 169, 236 - Steigerung 40, 181, 329 - Verminderung 228 Nachrichtendienst 316 Nation 243, 250 ff., 253, 271, 293, 295 f., 313, 348 ff., 355, 404, 408 f., 412 f., 425 f., 430 ff., 436, 442 f., 520 Nationalbewußtsein, europäisches 419, 423 Nationalgefühl 296, 404 Nationalismus 350, 360 f., 436, 440 Nationalitäten 296, 358 Nationalitätsprinzip 295 Nationalökonomie s. Volkswirtschaftslehre Nationalprodukt 113, 163, 173 f., 176 Nationalsozialismus 6, 67, 181 f., 580 Nationen, europäische 249, 269, 297, 345, 350 ff., 355, 357, 423, 429, 460, 585, 596 NATO (North Atlantic Treaty Organization) 298, 309, 313, 316 Naturalismus 473 f., 490, 511 Naturrecht 70, 353, 547, 551

Sachregister

672

- lehre 121, 427 Naturwissenschaft 502, 587 Neid 524 f., 527 Neuerungen s. Technik Neuplatonismus 490, 492 Neuseeland 398 Neutralität 316 Neuzeit 474, 499, 506, 519 New Deal 580 Niederlande 29, 11'9, 297, 334, 339 f., 359, 364, 366 ff., 369 f., 372, 384 f., 510, 514, 519, 522, 580 Niederlassungsbeschränkungen 305 Niederlassungsrecht 273 Normativbestimmungen 29, 32 Norwegen 49, 314 Nostroguthaben 234 Notenbank 49, 183, 185, 190 f., 193, 219 f., 223 ff., 226 ff., 229, 231 f., 237 ff., 259, 301, 431, 449 f., 453 ff., 457 f., 463 ff., 469 (siehe auch Bundesbank) - ausländische 224 f. - geld 226 ff., 231 f., 239, 241, 463 - guthaben 224 - kontrolle 237 - politik 224, 239 ff. Notstandsgesetzgebung 197 Notstandsrecht 192 Notstandsregelung 193 Notverordnung 98 Nutznießung 583 Nutzungsrecht 608 Nutzwert 122, 124, 126 O

Obligationen 453 OECD (Organization for Economic Cooperation and Development) 259 ff., 267, 269, 312 f., 317 f. OEEC (Organization for European Economic Cooperation) 176, 249 f., 259 ff., 297 ff., 301 f., 305, 308 f., Ql 9 f

Ql R Ql 7 4QA

Offenmarktpolitik 217, 219, 222 f., 241 Okzident 488, 515 Oligopol 36, 38 - theorie 445 Opfertheorie 125 Opportunismus 140 Opposition 88, 134, 340, 342, 580 Organe, internationale s. die einzel­ nen Institutionen Organisation für wirtschaftliche Zu­ sammenarbeit und Entwicklung s. OECD Organisationen, internationale s. die einzelnen Institutionen Organschaft 137

Orient 487 ff., 495 Orientalisierung 488 f., 492, 494, 497, 499 Orientalismus 489 ff., 492 f. Ostblock 44, 52 f., 178, 295, 301, 309, 318, 337 f. Österreich 11, 16, 113 ff., 119, 310, 316, 368 ff., 384 f. Osthandel 52

P Pädagogik 555 Palästina 488 Parität 107, 109 f. Parlament 16, 46, 63, 100 ff., 108 f., 131, 192 ff., 197 f., 273, 287, 332 ff., 335, 338, 340 f., 348, 357 - fraktionen 131, 133, 296 - mehrheit 44, 52, 337, 339 f., 342, 369 Parteien 19, 44 f., 49, 52, 130 ff., 133, 137 ff., 141 f., 162, 268, 296, 334 f., 337 ff., 340 ff., 435, 438, 525, 563, 572, 578 ff., 583 Parteipolitik 100, 137 ff., 181 Partikularinteressen 130, 133, 136, 138, 141 f., 251, 298, 577, 583 Paternalsoziologie 557 Patriarchalismus 537, 554 Pax Romana 487 Pensionsfonds 233 Permitzwang 72 Personalpension 49 Peru 6 Philosophie 8, 87, 92, 401, 426, 474, 489, 521, 523, 545, 547, 559, 561, 610 Physiokratie 360 Pietismus 508 f. Planung 406, 591 - politische 274 Rahmen- 585 - wirtschaftliche 53, 60, 277 - zentrale 274, 585 Planwirtschaft 6 f., 43, 50, 53 ff., 540 Plebiszit 580 Pluralismus 186, 518 Pöbel 561, 565, 568, 571 Politik 3 ff., 46, 68, 77, 100, 134, 140, 161 f., 179, 189, 196, 222, 251 f., 267, 269 ff., 275 ff., 291, 310, 318, 321, 331, 334, 336, 342, 350, 353, 356, 358 ff., 361, 366, 368, 388 f., 399, 402, 404, 413, 419, 423, 426 ff., 432 f., 436, 440 ff., 443, 447, 460, 489, 494 f., 506, 516, 525, 528, 540 ff., 555, 570, 577, 595 ff., 599, 603, 616 - des billigen Geldes 220 f. - des garantierten Lohnminimums 176

Sachregister Portugal 51, 297, 396, 520 Positivismus 90 Postdienst 316 Postunion 301 Postwesen 296 Prädestinationslehre 504, 506,510,519 Preis 16, 20 f., 35, 56, 58 f., 120, 123, 130, 151, 153, 155 f., 163, 168, 171, 178, 195, 208 ff., 219, 222., 228 f., 244, 418, 452 f., 455 f., 462, 469, 539, 626, 633 - anpassung 35, 120 - bewegung 535 - bildung 27, 361, 365, 452, 456 f. - bindung 178 - flexibilität 156, 169, 178, 234 - index 115, 452, 454 ff. - konkurrenz 37 - mechanismus 173, 275, 304 f. - niveau 32, 60, 141, 168, 172, 174, 176, 178, 195, 220, 228, 234 ff., 252, 306, 452, 454 - politik 35, 54, 113, 117, 182, 184 f., 366 - regulierung 170, 182, 455 - Senkung 38, 181, 195, 222, 428, 560 - Stabilisierung 195, 220, 252, 262 - Stabilität 221, 306, 431, 455, 588 - Steigerung 37, 46, 184, 223, 229, 231, 236, 393, 455, 541 - theorie 236 - stop 182 Stop- 452 - stürz 455 - theorie 236 - vergleich 631 Presse 100, 142, 160, 294, 570, 580, 583 (s. auch Massenkommunikations­ mittel) Prestige s. Geltung Preußen 313, 359 f., 423 Primogenitur 518 Privatisierung 626 Privatrecht 275 Privatwirtschaft 50, 76, 121 ff., 191, 195, 233, 365 Problemgeschichte 151 Produktion 14, 21 f., 24 f., 33, 43, 59, 72, 117, 119 f., 153, 159, 162, 168 f., 176, 178, 181 f., 203 f., 207, 219, 272, 274, 324, 363, 365, 375, 391, 397, 420, 469, 474 f., 535, 537, 539, 566 f., 601 - anlagen 168, 205 - anstieg 54 f., 59, 119 f., 163, 328 f., 589 - bedingungen 25, 114, 117, 329 - beschränkung 58, 73, 176, 219 - faktoren 22, 24, 26, 78, 81, 116, 156, 223, 305, 324, 328, 588 f. 43 Festgabe für Müller-Armack

67$

- industrielle 54 f., 57, 72, 203, 561, 565 - kosten 20, 58 Massen- 565 - methoden 26, 74, 158 f., 161 f., 565, 610 - mittel 43, 66, 203 f., 419 - möglichkeiten 113, 430 - tertiäre s. Dienstleistungen - verbot 203, 205 Produktivität 14, 24, 50, 204, 317, 535, 590 Grenz- 52 - landwirtschaftliche 57, 114 ff., 119 - reserven 58 - Steigerung 46, 58 f., 67, 74, 160, 329, 590, 593 Wert- 328 - zuwachs 159 f. Produktivkräfte 56 f., 60, 117, 578, 588 ff. Produzenten 21, 25, 215, 329, 373, 418, 566, 570 Proletariat 63, 66, 561, 589 ff., 608 Proletarität 588, 590 f. Propaganda 53, 406, 409, 413, 566, 570 Proportionalitätsprinzip 123 Proporz s. Verhältniswahl Prosperität 117, 172, 244 f., 247 Protektionismus 51, 180, 255, 314, 321, 418 ff., 429, 440, 446 Protestantismus 5’15, 519, 521 Publizistik s. Presse Publizitätsvorschriften 29, 32 Puritanismus 514, 519 ff. Psychologie 66, 90 ff., 135, 413, 630 Massen- 562 Sozial- 91 Psychotherapie 523

Q Quantitätstheorie 228 f., 234 f., 238

R Radikalisierung 342 Rationalisierung 59, 73, 113, 116, 143, 172, 195, 216, 317, 353 Rationalität 50 Raumpolitik 267, 365 Realismus 441 Rechnungswesen 375 f., 383 Recht 74, 87, 123, 139, 198, 210, 279 f., 405, 438, 538, 561, 587, 596, 606 ff. - angelsächsisches 286 - anspruch 438 - deutsches 280, 286 - empfinden 308 - europäisches 276, 282

674

Sachregister

- formen 39, 209 f., 213 - französisches 280, 282, 284 - geschichte 148, 606 - gleichheit 564 - läge 192 - nationales 282 - Ordnung 609, 614 - pflege 347 - Römisches 407, 606 - Setzung 290 - sprechung 139, 357, 532, 612 - theorie 285 ff. - Verordnung 192 f., 284, 286 - Wissenschaft 84, 86 f., 606 Rediskont 48, 225, 227, 241 - kredit 223 Redundanz 287 Reformation 349, 509, 521 Reformiertentum 508 f., 520, 522 Raumordnung 611 Regierung 52, 61, 98, 101, 104 f., 109, 126, 132 ff., 141, 169, 161, 164, 181 f., 194, 202, 219 f., 273, 277, 287 f., 294, 296, 301, 307 ff., 312 f., 333 f., 336, 339, 342, 373, 399, 402, 425, 542, 561, 580, 584 - bildung 133, 340 Landes- 76 Mehrheits- 44 - parlamentarische 333, 340 Reichs- 97 f., 107, 110, 218 f. Welt- 433 f., 438 Regime s. Regierung Regionalismus s. regionale Wirt­ schaftspolitik Reichskalirat 107 Reichskohlenrat 107 Reichsrat 107 Reichstag 98 f., 101 ff. - europäischer 351 Reich'swirtschaftsrat 97 - Endgültiger 98 - Vorläufiger 97 ff., 106 ff. Reklame 22, 48, 565 ff. Religion 62, 348, 388, 402, 406, 412, 474, 489, 501 ff., 510 f., 513 f. - Soziologie 501 ff. Renaissance 354, 520 - heidnische 498 Rendite 211 Rentabilität 44, 50, 207, 372, 535 f., 623 - Steigerung 115, 119 Rente 60, 577 Differential- 116, 127, 617 Monopol- 617 Quasi- 329 Sozial- 190, 198 Rentenversicherung 593 f., 598, 620 Reparationen 170, 172 Repristinationspolitik 101

Republik 353 f., 357, 554 Republikanismus 489 Reserven 623 f. Kassen- 235 Rohstoff- 432 - stille 209, 624 Überschuß- 228 Ressentiment 124, 404 Revolution 66, 162, 525, 563, 565, 568, 572, 606 - bürgerliche 357 f., 551, 555 - Französische 356 - industrielle 588, 590, 599 - kriege 355 - liberale 589, 591 - technische 588 f. - totale 561 f. Welt- 70 Rezession s. Konjunkturrückschlag Rohstoffgebiete 326, 368 Romantik 355, 555 ff. Rücklagen s. Reserven Rußland 398, 561 (s. auch UdSSR)

S Säkularisierung 502, 508 f., 513 f. Sassanidenstaat 492 Schadenversicherung 40 Schiedsgericht, internationales 351 Schisma, Morgenländisches 497 Scholastik 514, 547, 550 f. Anti- 547 ff. Schulden 214 Auslands- 199 - konsolidierung 214, 232 Staats- 225, 231 - tilgung 137, 199, 252 Schuldverschreibungen 622 f. Wandel- 212 Schweden 43 f., 46 f., 51, 54, 227, 229, 238, 316, 319, 384 Schweiz 11, 48, 52, 181, 225, 240, 314 ff., 359, 369, 384 f., 423, 452, 466, 508 Sekten 572 Sektor, tertiärer s. Dienstleistungen Selbständige 595 Selbstbedienungsläden 378, 630 Selbstbestimmung 521, 525, 528 Selbstentfremdung 562 Selbsthilfe 14, 518, 538, 593 Selbstinteresse 67, 302, 429, 520 f., 535 ff., 541 Selbstversorgung s. Autarkie Selbstverwaltung 541, 608 Sezession 572 Sibirien 388 Sicherheit, soziale 14, 170, 305, 578, 593, 595

Sachregister Siedlung 609, 611 - formen 609 - politik 120 Sitte 347, 401, 403, 602 Skandinavien 52, 359, 388, 580 (s. auch die einzelnen Staaten) Solidarismus 92 Solidarität 93, 124, 247, 250, 274, 296, 308, 314, 318, 348, 354, 356 f. Solvabilität 32 Souveränität 249 ff., 271, 283, 288 f., 312 f., 350, 430, 432, 436, 442, 556 - verzieht 51, 436 Sowjetunion s. UdSSR Soziabilität 87 Sozialausgaben 136, 180, 184, 198 Sozialdemokratie 44 f., 49, 52, 162, 337 ff., 340, 342 Sozialethik 95, 124, 127, 544 f., 555 Sozialexperimente 439 Sozialfinanzen 13 Sozialforschung 84 Sozialgeschichte 94 Sozialgestaltung 580 Sozialisierung 6, 44 ff., 49, 88 Sozialismus 5 ff., 16, 43, 52, 162 f., 338, 516, 589, 591 f., 596, 618 Katheder- 592 Sozialkritik 563 Soziallast 50 Soziallehre, christliche 69, 599, 607 Sozialleistungen, öffentliche 178 182 f., 305 Sozialökonomik 555, 587 Sozialordnung 480, 507, 525, 527, 529, 612 Sozialpädagogik 413 Sozialpartner 243 Sozialphilosophie 19, 124 Sozialplan 84 Sozialpolitik 141, 18, 43, 67, 80, 100, 120, 126 f., 136, 162, 164, 179, 184, 186, 274, 365, 368, 423, 538, 587, 589 ff, 596 ff, 600 ff, 617 Sozialprinzip 305 f. Sozialprodukt 24. 46 f, 50, 56, 77 f, 83, 96, 119, 156, 168, 171, 176, 190, 237, 272, 321, 324, 329, 426, 435, 535 Sozialpsychologie 291, 559, 568 - des kollektiven Verhaltens 568 Sozialrabatt 626 Sozialstruktur 303, 399, 520, 609 Sozialsystem 448 Sozialtarif 365 Sozialtechnik 300, 302, 439 Sozialtheologie 555 Sozialversicherung 598 - reform 294 43*

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Sozialwissenschaft 18, 83 ff, 87, 90 ff, 124, 435, 445, 533 Soziologie 87, 94, 291, 298, 413, 533, 547, 555, 559, 628 Spanien 6, 297, 350, 358, 388, 520, 522 Sparen 45, 47 ff, 51, 155, 161, 220, 222, 615 ff, 626 Zwangs- 49, 56, 155 Sparkapital 215, 219, 619 Sparkassen 239, 626 - tag, Deutscher 107 Sparneigung 155, 169 Sparquote 125, 155 f, 178 Sparsamkeit 519 Spekulation 33, 40, 172, 236, 449 f, 456 f, 495, 498 - religiöse 489 Sperrklausel 341 Spezialisierung 150, 323, 383, 402 Spieltheorie 152 Spiritualismus 479, 511 Staat 13 ff, 19, 29 ff, 44, 49 ff, 57, 65, 67 f, 100, 121 ff, 125 f, 129 f„ 132, 136, 164, 171 f, 181, 186 f, 189 ff, 193 ff, 201 f, 205 f, 208, 214, 218, 220 f, 224 f, 240, 251, 268 f, 273 ff, 283, 287, 290, 292 ff, 297 ff, 302 f, 305, 309, 314, 322. 325, 348, 355 f„ 360 f, 363, 365 f, 368 ff, 372, 390, 399, 401, 418, 430 f„ 434 f, 438, 440, 442 f, 445, 447 f„ 451, 474, 483, 507, 519, 520 f, 543, 547, 550ff, 553 f, 556, 563, 570, 575 ff, 581, 588, 592, 594 f„ 617, 619, 622, 626 - angehöriger s. Bürger - ausgaben, s. öffentliche Ausgaben - defizit 450 - einnahmen s. öffentliche Einnah­ men Gruppen- 131, 136, 140 - handel 455 - haushalt s. öffentlicher Haushalt - lehre 122, 292. 353 National- s. Nation - Obligationen 48 f, 225 - pension 1'4 - rat 105 - recht 192, 553 Rechts- 53, 61, 81, 353 - streich 35 f. - Verfassung 289 - Zuschüsse 51, 126, 137, 180, 190, 306, 365, 369, 371, 593, 598, 617 Staaten, nordische s. Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden Staatenbund 434 - mitteleuropäischer 360 Städte 150, 566 - Planung 609 Reichs- 389

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Sachregister

- tag, Deutscher 107 Stagnation 1’57 f., 173 f. Stalinismus 301 Stände 20, 101, 277, 507, 540,560,608, 609 Standort 74, 77 f., 80, 117, 311, 323 f., 326, 328 ff., 363, 368 f., 376, 577 Starthilfe 73 Stationierungskosten 460 Statistik 35 f., 45, 48, 54 f., 57, 147 f., 153, 156, 163, 174, 213, 375, 590, 614 Steuer 17, 19, 45, 56 f., 121 ff., 124 ff., 127, 129, 135 f., 141, 162, 191, 195 f., 199, 201, 205, 208, 211, 385, 577, 622 Abschreckungs- 125 - analogic, privatwirtschaftliche 122 - änderungsgesetz 192, 197, 199 Ansporn- 125 Ausgleich- 200 f - bemessungsgrundlage 127 - druck 13, 211 - einnahmen 125, 184, 198 f., 621 f. - entlastung 126, 200 - erhöhung 16, 138, 180, 195 f. - erleichterung 51, 181 - freiheit 48 f., 625 - gesetz 139, 164, 191, 193 - Ideologie 121, 123 ff. - kombination 13 - last 134, 141, 195 - mehraufkommen 195 f., 198 - Politik 17, 49 f., 122, 125 ff., 129, 136, 162, 190, 196, 202, 423 - Privilegien 125 f. - progression 13, 123 f. - recht 192, 196, 200 - reform 8, 139, 196, 619, 623 - satz 13, 196, 621 - Senkung 137 f., 191, 194 ff., 200 Straf- 126 - system 13, 124, 127, 136 - tarif 123, 125 f., 623 - theorie 121 - Überwälzung 195 - Umverteilung 136 - Veranlagung 196 - Vereinfachung 196 - Vergünstigung 125 ff., 196, 209, 211, 619 Stoa 62, 70 Streik 215 f. Strukturpolitik 67, 71 ff., 74 ff., 78 ff., 100, 113 ff., 117 ff., 120, 137, 153 Stufentheorie 152, 157 Subsidiaritätsprinzip 601 Subsidien 515 Substitutition 55 Subversion 268 Supranationalitätsprinzip 303 f. Systemkonformität 137

T Tarif 16, 36, 217, 365 ff., 370 f., 452 - autonomie 243 - gehalt 50 - gruppe 36 - hoheit 325 - lohn 176 - politik 369 - Verhandlungen 594 - vertrag 217 Technik 21 f., 53, 55, 60, 74, 115, 118 f., 149, 155, 160, 170, 203, 207, 215 f., 271, 358, 366, 401, 405, 475, 478, 480 f., 484 f., 528, 576 Technisierung 74, 115, 119 Technologie 326 Technokratie 333, 584 Theologie 62 f., 70, 476, 482, 491, 498, 505 f., 509 ff., 531, 610 Hof- 549, 551 Moral- 62, 88 Pseudo- 64, 66, 70 Theorie 20, 33, 37 f., 40, 46, 64 f., 94, 150 f., 168, 189, 221, 387, 403, 433 f., 440 f., 443, 461 f., 526, 533, 561, 573, 575, 587 f., 592, 596 ff., 629 - dynamische 152 f. - des Fürsten 548 ff. - geschichte 151 - geschichtliche 168 - klassische 61, 596, 612 — neoklassische 463, 466, 468, 592, 599 - statische 162 - der zwischenstaatlichen Wirt­ schaftskonflikte 445 Toleranz 360, 412 f. Totalitarismus 21, 69, 246, 437, 448, 573, 578, 580 Tradition 32, 94, 227, 277, 352, 434, 474, 528 f., 563, 569, 601 Transfertheorie 461 Transportversicherung 29, 35 Trinitätslehre 495 Trust 65 Türkei 315 Typenbeschränkung 59

U UdSSR 43, 53 ff., 57 f., 163, 178, 297, 301, 323 Umsatzsteuer 119, 127, 137, 139,200 f. - recht 200 Umstrukturierung, wirtschaftliche 71, 73, 118, 156 Unfallversicherung 40, 101 Universalgeschichte 148, 155 Universalismus 349, 499 UNO (United Nations Organization) 54, 57, 247 f., 434

Sachregister

Unternehmer 14, 16 f., 20 f., 26 f., 44, 60 f., 65, 74, 80, 102, 111, 15'5, 160, 168, 185, 195 L, 209, 220, 237, 274, 309, 418, 520, 533 ff., 541, 601 f., 625 - verbände 160 - verhalten 20, 151, 153, 168 ff., 533 f., 536, 541 - Vertretung 98 - Wirtschaft 12 Unternehmung 26, 32, 34, 36 ff., 40, 49, 52, 58, 107 f., 149, 153, 159, 169, 204, 206 ff., 209 ff., 223, 235, 237, 285 f., 329, 435, 443, 535, 541, 593, 613, 617 f., 620, 624 Verkehrs- 368 Versorgungs- 212 - Zusammenschlüsse 12, 26, 35, 435 Unwirtschaftlichkeit 208 Urheberrecht 98 Ursprungszeugnis 417 Utilitarismus 426, 533 Utopismus 426, 481 V

Vaterrecht 553, 555 Verbände 12, 26 f., 36 f., 107, 110, 129 ff., 133 f., 137 ff., 141 ff., 181, 185, 202,312,316,371 f., 563, 578 ff., 583 - kommunale 201 Spitzen- 542 Verbandspolitik 131, 137 ff. Verbrauch s. Konsum Vereinigte Staaten von Amerika 5, 7, 47, 52, 54 f., 57, 159, 163, 170 ff., 173 ff., 176, 178, 181, 196, 202, 222, 225, 233, 236, 239 f., 257, 259 ff., 268 ff., 298, 302, 316, 318, 323, 334, 358, 405, 409, 418, 422. 425, 431, 452, 459 f., 516 ff., 575 ff., 580, 631 f. Vereinte Nationen s. UNO Verelendung 161 Verfassung 86, 191, 271, 289, 294, 429, 579, 581, 584, 605, 610 - Frankfurter 606 - geschichte 277 - lehre 292 - Ordnung, deutsche 284 - Preußische 606 - recht 192, 290 - Weimarer 283, 606, 612 Verhaltensweisen 27, 87 f., 91 f., 96, 118, 125 f., 149, 1'54 f., 169 f., 215, 219, 247, 251, 253, 260 f., 398, 401, 482, 526, 541, 565, 571, 583, 610 Verkehr 74, 77, 107 f., 164, 200, 204, 296, 316, 326, 355, 360, 363 ff., 390, 393, 397, 402, 417 Binnen- 366

677

Eisenbahn- 363, 365 ff. Fern- 367, 372 Fremden- 116 - gericht 373 Güter- 365, 367 f., 371 - hindernis 273 - internationaler 262, 363 ff. - konzessionierung 368 Kraftwagen 365 ff., 372 Luft- 370, 391 - mittel 358, 363, 365 f., 372, 390, 397, 610 - monopol 365, 367 Personen- 171, 367 - planung 371 f. - Politik 274, 278, 363 ff., 366 ff., 369 f., 423 Schiffahrts- 366 ff., 390, 394, 397, 517, 520 _steuer 13 - tarife 273, 365 ff., 369 ff. - technik 407 - wege 76, 372, 520 - Wissenschaft 364 ff. Vermassung s. Masse Vermögen 136, 211 ff., 453, 615 ff. - akkumulation 615, 618 Anlage- 210 f. - ausländisches 469 - bildung 59, 213, 615 ff. - gruppen 154 - steuer 13, 200, 621 - Streuung 136, 615 ff., 626 - Struktur 126, 136, 617, 620 Verrechnungsabkommen 452 Versicherung 29 ff., 34, 39 f., 109, 233 - aufsicht 29 ff., 40 — gesetz 30 ff. - angebot 34, 39 f. - auifwand 33 ff., 37, 40 Individual- 35 - markt 38 f. - Politik, staatliche 30 - prämie 35 ff., 38, 40, 123 - prinzip 598 Rück- 29 - verbände 36 f. - vertrag 35 Verstaatlichung 16, 170 Verteidigungsausgaben 178,182 f., 198 Verteilungstheorie 149 Verwaltung 51, 72, 77 f., 124, 133, 139, 186, 189, 210, 269, 276, 293, 303, 402, 532, 541, 578, 608, 624 Vitalpolitik 68 Völkerbund 276, 301, 434 - europäischer 350 f. Völkerrecht 279, 292, 313, 350, 352 Völkerwanderung 493, 495

678

Sachregister

Volksentscheid 100 Volkspension 45, 49 Volkswirtschaft 18 f., 21, 24, 26, 41, 43, 54, 57, 67, 99, 103 ff., 108, 118, 102, 152 f., 157, 164, 171, 174, 176, 186, 209, 218, 243, 246, 256, 276, 304, 387, 425, 461, 464, 535, 616, 627, 630 - rat, Deutscher 101,104, 106 — Preußischer 101, 104 ff., 108 Volkswirtschaftslehre 19 ff., 26, 31, 40, 61, 83, 87, 94, 126, 147 ff., 151 f., 155, 157 ff., 176, 181, 243, 274 f., 440, 445, 460, 511, 514, 533, 535, 591, 598 Historische Schule der- 65, 148 Klassische Schule der- 19 ff., 24, 44, 61, 147, 161, 596, 612 Makroökonomische Schule der 599 Neoklassische 463, 466, 468, 592, 599 Neoliberale Schule der - 7, 11, 43, 67 ff., 304 f., 587 ff., 596 ff., 599 Paläoliberale Schule der - 12, 61 ff., 68 ff., 304 f., 521, 533, 597 Vollbeschäftigung 126, 178, 182 f., 189, 216 f., 219, 221, 243, 247 f., 252, 275, 303 f., 429, 433, 577 f., 580, 582, 584 f., 600 - Politik 170, 180, 182, 215, 219, 248, 251 f. Vorurteil 124, 404 f., 407, 413

W Wachstum 55 ff., 141, 147 f., 150 ff., 153, 156 ff., 160 ff., 165, 171, 173 f., 178, 186 f., 189, 221 f., 225, 233, 256, 275, 306, 308, 456, 536, 616, 627, 629 - rate 163 f., 229, 231, 433 - Stabilisierung 258, 262 f. - Stagnation 256 -theorie 147 f., 152 ff., 156 ff., 160 f., 162, 164 Wahl T29, 132, 134, 162, 331, 337 ff., 341, 343, 543 - direkte 299, 337 - europäische 336, 339, 341, 343 Gemeinde- 342 - geschenke 134 f., 142 - indirekte 332 Landtags- 341 f. Listen- 106 Mehrheits- 336 ff., 340 ff., 343 Nach- 340 - nationale 341 - parlamentarische 338 - recht 106, 337 f., 341 f., 581 — änderung 342 f. - system 335 ff.

Verhältnis- 106, 335 ff., 339 ff., 342 f. - versprechen 134 f., 142 Währung 54, 182, 186, 219 f., 248, 250, 257, 262, 385, 416, 426, 449 ff., 452 ff., 455 f., 462, 467 - ausgleichsfonds 225 - geschichte 518 - gesetz 224 - konvertibilität 186, 190, 202, 24'5, 256, 302, 323, 426, 429 ff., 447, 452, 457, 461, 465 ff. - politik 9, 17, 39, 51, 178, 180, 183 f., 200, 218, 232, 240, 257, 262, 273,318, 360, 426, 454, 460, 466 - reform 39, 71, 73, 203, 205, 207, 209, 213 - Stabilisierung 182, 459 - Stabilität 17, 243, 259, 268, 431, 443, 445, 459 - Wirtschaft 6 f. Waren 25, 47, 121, 169, 173, 200 f., 235 f., 273, 323 f., 328, 421, 452, 455 ff., 517, 629 f. - Qualität 25, 154 - Unkenntnis 633 - verkehr 171, 176, 305, 324, 326 f., 329, 456 Wasserrecht 606 Wechselkurs 181, 219, 221, 225, 243 f., 246, 253, 272, 274, 329, 459 ff., 463 ff. - politik 245 f., 446 Wechselrecht 359 Wehrwirtscha'ftspolitik 172, 182 Weltanschauung 70, 89, 96, 122, 124, 155, 206, 295, 297, 301, 318, 404, 412, 503 Weltbank s. IBRD Weltgeschichte 357, 407. 489 Weltmarkt 201, 301, 390, 392 f., 418, 437, 469 WeltWährungsfonds s. IMF Weltwirtschaft 147, 172, 178, 186, 246, 255, 258, 260 f., 263, 296, 301 ff., 314, 322, 324, 326, 329, 378, 387 ff., 391, 395 f., 415, 425, 428 ff., 435, 441 ff., 445 ff., 535 - krise 44, 66, 103, 170, 172, 174, 176, 179 ff., 221, 425, 428 f., 434, 597 - Organisationen 199, 224 f., 246, 248 f., 252, 258, 260 f., 277 f., 281, 425 ff., 434 - sta’at 433, 435 ff., 438, 441 - theorie 443 f. Werbung 141 f., 455, 565 ff., 630, 632 Werkstattaussiedlung 601 Wert 89, 93, 109, 111, 151, 159, 204, 206, 270, 272, 294, 296, 299 f., 302, 304, 311, 316, 401, 406, 409, 448, 485 518, 540, 575, 603

Sachregister - lehre 592, 596 - maßstab 87 f., 103 - ordnung 605 ff., 611 - urteil 90, 560, 564 — streit 440 - Vorstellung 130 f., 135, 570 Wertpapier 212, 224 f., 231, 238 ff., 623, 635 - bestände 231 f., 234, 239 - emission 232 - ertrag 212 - kauf 232, 239 - markt 225 - sparen 18 - verkauf 225, 227 f., 232 Wettbewerb 8, 12, 16, 19 ff., 23 ff., 26 f., 30 ff., 34 ff., 38 f., 40 f., 60 f., 74, 76 f., 126, 137, 195, 201, 203, 209, 268, 273, 275, 304, 306, 311, 323,328, 364 f., 367, 370, 393, 395, 425, 440, 507, 521, 536, 540, 543, 592, 601, 619, 625 f. - aufsicht, staatliche 38 - ausländischer 74, 79, 195 - beschränkungen 36 f., 58, 169, 173, 178 - gesellschaft 507 Leistungs- 67 - monopolistischer 21 - Ordnung 18, 24 f., 60, 193, 275, 305 5'39 - politik 19, 22, 24, 58, 305 - preis 22 Preis- 27 Qualitäts- 27 Substitutions- 236 - theorie 32 f. - unlauterer 540 - unvollständiger 20, 27 - Verfälschungen 273 - Verschärfung 625 - vollständiger 20 ff., 26 f., 31, 209 - vorsprung 35, 37, 200 - Wirtschaft 20 ff., 26, 56, 137, 304 Wiederaufbau 71, 182, 203 ff., 255, 322 Wiedergutmachung 199 Wiener Kongreß 352, 356 Wirtschaft 6, 8, 12, 15 f., 19 ff., 22 f., 25 ff., 29, 31, 33, 41, 53, 57 ff., 60 f., 71 ff., 75 f., 78 f., 81, 83, 99, 110 f., 120 ff., 136, 138, 141 f. 150 f. 153, 155 ff., 168 f., 172 f., 176, 184 f., 193, 195 f., 201 ff., 204 f., 208 f., 212 f., 215 f., 218, 233 ff., 237 f., 251, 306, 322 ff., 326, 329, 355, 358, 361, 363 f., 366, 369, 387 f., 401 f., 413, 418, 426, 437, 452, 455 f., 459, 479, 514 f., 521, 528, 533, 535 f., 539 f., 543 f., 576 f., 580, 584, 587, 593, 598, 615 ff., 618, 620, 631, 633

679

Befehls- 61 - diagnose 138, 191, 193 - dynamische 26, 115, 147, 506, 511, 602 - entwicklung 15, 24 f., 27, 47, 53 ff., 57, 59, 61, 71f.,77, 79, 81, 113, 115 ff., 120, 126, 147, 149, 167, 169, 172, 179, 190, 193, 217 f., 304, 326 358, 433, 511, 581, 628, 632 f. - ethik 514 - förderung, staatliche 72 f., 80 f. - führung 118, 581 ff. - geist 514 - geschichte 9, 148 ff., 149, 152 ff., 157 f., 228, 326, 501 ff. - gestaltung 27, 190 f., 202, 577, '580 - konventionen, internationale 327 - korporationen 106, 110 - kreislauf 150, 154, 158 - krieg 446 - krise 44, 77, 80, 171 f., 179, 190 f., 195, 197, 213, 215, 218 f., 231, 255, 302 f., 311 f., 393, 400 ff., 590, 600 - läge 137 f., 190 f, 193, 202, 262 f. - lehre, „neue“ 164, 597 - lenkung 14, 19, 22, 56, 170, 172, 176, 197, 209, 303, 544,589,591,627 f. - ministerien 275 - modelle 150 f. - nationalismus 581 - Ordnung 15, 19, 21 ff., 25, 51, 57, 86, 113, 169, 174, 176, 182, 185, 206, 268, 275, 301 f., 305 f., 346, 428, 480, 539 f., 587, 591 - - politik 58, 137,176, 178 f., 181,183, 186 f., 434, 590, 599 - plan 84, 207, 277 - politik 6 ff., 14 f., 21 f., 24, 26 f., 32, 35 f., 41, 43, 56, 58, 61, 65, 71, 75, 77, 79 f., 100, 117, 126 f., 129, 137, 148, 151, 159 f., 162, 164 f., 167, 170, 178 f., 180, 182, 184 ff., 187, 189 ff., 194, 196, 200, 202, 207, 214, 218, 220 f., 244, 248, 256, 259 ff., 271 ff., 275, 291 f., 297, 300, 304, 307 f., 316, 324, 326, 331, 334, 355, 360, 364 f., 368 f., 377, 420, 426, 428, 434 f., 447, 518, 540, 542, 597, 599, J616, 618, 621, 627 f. 633 autonome 245 ff., 251 ff., 426, 437 - - europäische 249 ff., 261, 276ff., 283 — regionale 71 ff., 75 f., 113 ff., 415 - prognose 138, 157, 191, 193 - Programm 6, 8, 45 f., 80, 120, 259 - raum 150, 317 - rat, zentraler 97 ff., 103, 106 - repräsentation 101, 103, 106, 108 f. - ressorts 259 - rückschlag 340 f. - Stabilität 41, 46

Sachregister

680

stationäre 26, 153 statische 109 Steuerung 176 Struktur 73, 75 ff., 154, 169 f., 297, 303, 364 - system 45 f., 53, 56, 125, 149, 156 f., 173, 304, 434, 506, 51'1, 518, 632 - theorie s. Volkswirtschaftslehre - therapie 191, 193 - union 276, 297, 313 - Verflechtung 190, 348 Verkehrs- 56 - Verstaatlichung 565 - Wissenschaft s. Volkswirtschafts­ lehre Zentralverwaltungs- 53, 56, 206, 297 - Zentren 76 t, 79 f. 116 f. 368 - Zusammenschlüsse 323 Zwangs- 61, 174, 452 Wissenschaft 23, 33, 61, 64 t, 86 ff., 90, 97, 108, 1*23, 142, 156, 167, 179, 183, 185, 203, 271, 3471, 400, 402 t, 408, 412 f. 423, 441, 445, 480, 489, 493, 504, 526, 559, 597 - empirische 33, 77, 87, 90, 93, 95, 148, 155, 440, 504 - ethos 503 - ideal 503 - politische 441, 504 Wohlfahrt 526, 538, 575, 580, 583 f. Massen- 5, 8 - Ökonomie 96 - staat 8, 14, 43 t, 46 ff. - system 577 f. Wohlstand 31, 63, 67, 160 f. 312, 324, 488, 517, 519, 521, 588, 590 f, 596, 6120, 627 t, 633 Wohngebiete 010 Wohnung 480, 611 f. - bau 50, 198, 233, 612 ---- finanzierung 612 — förderung 46, 621 — öffentlicher 611 ---- privater 233 - markt 15 - Wirtschaft 182 - Zwangswirtschaft 6 -

Z Zahlungsabkommen 431, 452 Zahlungsbilanz 186, 329, 433 - aktive 9, 225, 243, 245, 248, 257, 431 - amerikanische 7, 257 - ausgleich 183, 186, 189, 222, 225, 243 ff., 247 f., 251 f., 256, 262, 431, 445, 447 - gleichgewicht 178, 243, 329, 425, 428, 430, 447, 459

- passive 182, 243, 245, 257 - politik 183, 245, 247, 249 - regulierung 431 - Salden 447 - theorie 445, 447 - Ungleichgewicht 246, 251 ff., 257 - Schwierigkeiten 249, 422 Zahlungsverkehr, internationaler 171, 176, 305, 426, 431, 447 Zentralismus 579, 601 Zentralnotenbank s. Bundesbank u. Notenbank Zins 48, 207, 211 f., 220, 223, 227 f., 234, 460 - ablösung 618 - bedingungen 53 - erhöhung 237 f., 461 - freier 238 - fuß 453, 616, 622 Geld- 223 Haben- 232, 238 f., 625 Kapitalmarkt- 239 f. - langfristiger 239 - natürlicher 223 Netto- 211 - niveau 257 - recht 608 - satz 223, 237 f. - Senkung 181 Soll- 228, 238 f. - Steigerung 223 f., 238 - variation 237 ff. - Zahlung 233 Zivilisation 164, 317, 347 f., 387, 392, 397, 401, 407, 419 f., 488, 531 Zoll 186, 194, 246, 271, 273, 277, 309, 323, 325, 327 ff., 346, 416 ff., 428, 446 - abbau s. Zollsenkung Außen- 273, 315, 322, 325, 327 ff., 420, 422 f. - bindung, multilaterale 429 Binnen- 314, 328 - erhöhung 245, 328, 420 Erziehungs- 420 f. Finanz- 420 - gesetz 193 - krieg 429 - Politik 171, 202, 257, 315, 322, 324 f., 329, 446 Prohibitiv- 125 - reform 359 - schranken 52, 309, 317, 359, 363 Schutz- 200, 321, 323 f., 420, 428 - Senkung 51, 221, 243, 255, 257, 305, 308, 327 f., 416 ff., 419 ff., 422, 426, 430, 446 - union 273, 276, 310 f., 314, 321, 325, 327 ff., 418 f., 420 ff., 423