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German Pages 1180 [516] Year 2007
Weimarer Arnim-Ausgabe Werke und Briefwechsel
Ludwig Achim von Arnim Werke und Briefwechsel Historisch-kritische Ausgabe In Zusammenarbeit mit der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen herausgegeben von Roswitha Burwick, Lothar Ehrlich, Heinz Härtl, Renate Moering, Ulfert Ricklefs und Christof Wingertszahn
Band 2
MAX NIEMEYER VERLAG TÜBINGEN 2007
Ludwig Achim von Arnim Naturwissenschaftliche Schriften I Herausgegeben von Roswitha Burwick Teil 1: Text
MAX N I E M E Y E R VERLAG T Ü B I N G E N 2007
Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- u n d Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 978-3-484-15600-5 (Gesamtwerk) ISBN 978-3-484-15602-9 (Band 2) © Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2007 Ein Imprint der Walter de Gruyter GmbH & Co. KG http://www.niemeyer.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Satz: pagina GmbH, Tübingen Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Buchbinder: Norbert Klotz, Jettingen-Scheppach
Inhalt Naturwissenschaftliche Schriften Veröffentlichungen 1799-1811 1799 Versuch einer Theorie der elektrischen Erscheinungen . . . . Einleitung — Grundzüge der Theorie — Ableitung der Gesetze. Ableitung der merkwürdigsten Erscheinungen aus den dargelegten Gesetzen Aufsuchung des Gesetzes, nach welchem die verschiedenen zu diesem Gebrauche bestimmten Werkzeuge Elektricität erregen Bemerkungen über Cohärenz, Anziehung, Krystallisation und W ä r m e Zusammenstellung der vorgetragenen Theorie m i t der Franklinischen und Dualistischen a) Franklin's Theorie b) Kratzensteins Darstellung des Dualismus Erste Beilage. Beschreibung einiger neuen Elektrometer . . Zweyte Beilage. Unterschied zwischen Schall, Ton und Klang, als Erläuterung zu S. 81
42
B e s c h r e i b u n g des von H. Hassenfratz verbesserten Ramsdenschen Areometers Zusatz des Herausgebers
46 48
A n h a n g . Carradori's Einwürfe gegen Spalanzani's Bemerkungen über das Leuchten des faulen Holzes u n d der Johanniswürmchen
51
V
5 5 11
22 25 32 34 35 39
Inhalt
B e s c h r e i b u n g einer neuen hydraulischen Maschine der Bürger Montgolfier und Argant Uber einige Eigenschaften des Platins, vom Bürger G u y t o n . 1. Specifisches Gewicht des Platins 2. Z u s a m m e n h a l t oder Cohärenz des Platins 5. Adhärenz zwischen Platin und Quecksilber 4. Amalgamation des Platins
54 .
57 57 58 58 59
Ueber die Electricität des Wassers, von J. Bressy
61
Ueber den bisher noch nicht beachteten Einfluß der Adhärenz auf die Bestimmung des specifischen Gewichtes fester Körper von dem Bürger H a s s e n f r a t z
63
Vorschläge zur Vervollkommnung der Areometer
71
A n m e r k u n g zum vorhergehenden Aufsatze des Bürgers Hassenfratz
77
Specifische Gewichte einiger im Wasser auflöslichen Stoffe, bestimmt vom Bürger H a s s e n f r a t z
78
Ueber die Zersetzung des Sauerstoffgas durch die reinen Erden 1. Brief des H e r r n von H u m b o l d t an den D. I n g e n h o u s s über die Eigenschaft einiger Erden, die atmosphärische L u f t zu zersetzen 2. Brief Saussüre des Sohns an J. C. D e l a m e t h e r i e , in welchem bewiesen wird, daß die reinen Erden den Sauerstoff nicht absorbiren 3. A. F. von H u m b o l d t ' s Antwort an D e l a m e t h e r i e über die Zersetzung des Sauerstoffgas durch die einfachen Erden . 4. F. A. von H u m b o l d t über die Zersetzung des Sauerstoffgas durch die einfachen Erden, und über den Einfluß derselben auf die Kultur des Bodens
85
85
87 89
90
B e m e r k u n g gegen H a s s e n f r a t z ' s Behauptung von d e m Einflüsse der Adhärenz auf die Bestimmung des specifischen Gewichts; H a s s e n f r a t z ' s Antwort; Bemerkungen über beide .
93
B e s c h r e i b u n g eines Dynamometers, (Kraftmessers,) und der damit angestellten Versuche zur Schätzung der Kräfte der Menschen, der Thiere, und des Widerstandes bei Maschinen, von d e m Bürger R e g n i e r
97
VI
Inhalt
B e s c h r e i b u n g eines Areometers von ganz neuer Einrichtung, e r f u n d e n von H e r r n Say, I n g e n i e u r - H a u p t m a n n
102
A n w e i s u n g zum Gebrauche des Areometers von Say ohne Barometerbeobachtungen; allgemeiner Beweis des Mariottischen Gesetzes, und Bemerkungen über dieses Gesetz
106
Beschreibung neuer Thermometer 1. L e m a i s t r e s Beschreibung eines von Six e r f u n d e n e n Thermometers, welches den größten u n d geringsten Wärmegrad, der während einer gewissen Zeit eingetreten ist, aufzeichnet 2. Beschreibung eines T h e r m o m e t r o g r a p h e n 3. H e r r n D. J u c h ' s D a m p f - T h e r m o m e t e r . (Aus einem Briefe an H e r r n Prof. T r o m m s d o r f ) B e s c h r e i b u n g n e u e r B a r o m e t e r m i t einigen Zusätzen . . . . 1. 2. 3. 4. 5.
P r o n y ' s Barometer an einer Wage Contes neue Barometer A l e x a n d e r von H u m b o l d t ' s Reise-Barometer G ö d e k i n g ' s Reise-Barometer Eine Verbesserung des Heber-Barometers nach B r a n d e r u n d ein neues Reise-Barometer von H e r r n Voigt . . . . 6. Einige Bemerkungen über das Heber-Barometer . . . . 7. Beitrag zur Geschichte der Barometer
111
111 112 116 118 118 119 124 126 127 130 131
Einige Barometerbeobachtungen 1. Bestimmung der Barometerhöhe am Ufer des Meers, von Fleuriau Bellevue 2. Tägliche Veränderungen der Atmosphäre a m Barometer beobachtet von dem Bürger D u c - L a c h a p e l l e
133
I d e e n zu einer Theorie des Magneten
136
1. Beobachtungen über die chemische Beschaffenheit der Magneten Zusatz. Versuche über den Einfluß der Eisenmagneten auf Galvanische Erscheinungen Versuche, mittelst des D i a m a n t e n das geschmeidige Eisen in G u ß s t a h l zu verwandeln, von G u y t o n Zusatz des H e r a u s g e b e r s VII
133
135
136 144
146 149
Inhalt
Versuche über die chemische Zerlegung des Luftkreises und über einige andere Gegenstände der Naturlehre von Alex, von Humboldt 1. Beschreibung eines Kohlensäuremessers, (Anthracometer.) 2. Ueber die Kohlensäure, welche i m Dunstkreise verbreitet ist, und über die Beschaffenheit des Luftkreises der gemäßigten Zone 3. Ueber die E n t b i n d u n g des Lichts 4. Versuche über das Salpetergas und seine Verbindungen m i t dem Sauerstoffe N a c h t r a g zu den vorhergehenden Abhandlungen des Herrn von H u m b o l d t ' s . Ueber einige bisher nicht beachtete Ursachen des I r r t h u m s bei Versuchen m i t d e m Eudiometer Einige magnetische Beobachtungen 1. Bemerkungen über die natürlichen Magnete; vom Bürger Hauy
153 153
154 157 158
162 165 165
Perolle's B e m e r k u n g e n zu Chladni's Versuchen über die Töne einer Pfeife in verschiedenen Gasarten; mit einigen Gegenbemerkungen und Zusätzen
167
B e o b a c h t u n g e n über scheinbare Verdoppelung der Gegenstände f ü r das Auge
172
Ueber die Bewegungen k l e i n e r b r e n n e n d e r D o c h t e , wenn sie in einem Becken m i t Oehl schwimmen; von P a t r i c k W i l s o n A n m e r k u n g zu Wilson's Versuchen über die Bewegung schwimmender L a m p e n U e b e r die Versuche mit geblendeten Fledermäusen, von J u r i n e
177 183 185
1800 Gesetze f ü r die Stärke der Schallfortpflanzung durch feste und flüssige Stoffe
189
Beitrag zur Berichtigung des Streits über die ersten G r ü n d e der Hygrologie u n d Hygrometrie
193
VIII
Inhalt
U e b e r einige scheinbare Anomalien im specifischen Gewichte der Verbindung verschiedener Stoffe m i t dem Wasser, von J. H . H a s s e n f r a t z
206
A n m e r k u n g e n zu dem vorstehenden Aufsatze des B. H a s s e n f r a t z
210
Versuche, den D i a m a n t e n in Kohle zu verwandeln, und den Schwefel durch ihn zu entsäuern, von G u y ton
216
Die W ä r m e als Ursach des Leuchtens nach chemischen E r f a h r u n g e n betrachtet, vom Bürger Dize
219
Electrische Versuche von A l d i n i
224
Ueber die chemische W i r k u n g der Metalle auf einander, bei der gewöhnlichen Temperatur der Atmosphäre, von F a b r o n i . .
229
A n m e r k u n g e n zur Geschichte der von Aldini und F a b r o n i in den vorhergehenden Aufsätzen beschriebenen Versuche . .
233
Ein merkwürdiger Versuch des Prof. A b i l d g a a r d in Koppenhagen, über die W i r k u n g des Lichts auf das rothe Quecksilber-Oxyd
236
Electrische Versuche 1. Versuche zur Aufklärung des Verhältnisses zwischen der chemischen und electrischen Beschaffenheit der Körper . Anmerkungen A. Versuche über die W i r k u n g der Kettenverbindung auf die Beschleunigung des chemischen Prozesses . . . . B. Erläuterungen aus der W ä r m e l e h r e C. Ueber die Ausdehung des Wassers in der Nähe des Gefrierpunktes D. Ueber einige W i r k u n g e n des Blitzes und die Ursach des Donners E. A n m e r k u n g e n und Versuche über den Einfluß der Electricität auf die Krystallenbildung Von einer ältern Araneologie
237 237
248 251 255 259 261 264
IX
Inhalt
Neue Beobachtungen über magnetische Granitfelsen auf d e m Harze, von J. K. Wächter Anmerkung, über gleiche Polarität an zwei entgegengesetzten E n d p u n k t e n eines magnetischen Stoffs .
268
U e b e r s i c h t der magnetischen nicht-metallischen Stoffe
270
.
.
.
265
A n m e r k u n g e n zur Licht-Theorie
280
(Entwicklungsgeräth zum Salpetergas-Eudiometer)
285
E m m e r t über die W i r k u n g einiger unverbrennlichen Stoffe auf die atmosphärische L u f t
287
Einige electrische Bemerkungen
290
Einige physiologische Bemerkungen 1. W i r k u n g des Lichts auf Hirn- und Nerven-Substanz, beobachtet von L e F e b u r e 2. Vassali u n d B u n i v a über die W i r k u n g des Bluts eines an einer Seuche gestorbenen Thieres auf die Reizbarkeit . . 3. Olivi über die Feinheit des Gefühlsinns einiger Thiere . 4. Ein merkwürdiger Instinkt des Neuntödters, (Lanius Excubitor L i n n . )
293
295
Sind die Flüssigkeiten Nichtleiter der Wärme? untersucht von Socquet
296
293 294 295
Ueber einige bisher nicht beachtete Ursachen des I r r t h u m s bei Versuchen m i t dem Eudiometer
300
(Ueber die Hermbstädtschen und Bertierschen Attractionsversuche)
.
.
307
(Zu Hrn v. Arnims Ideen über die Wirkungen in Kettenverbindungen)
308
v. H u m b o l d t über die unterirdischen Gasarten und die Mittel ihren Nachtheil zu vermindern
309
Vermischte chemische Beobachtungen I. Ueber die W i r k u n g des ätzenden Kalks auf thierische Theile II. Leichte Reinigungsart des Quecksilbers III. Anzeige einer Ursach des I r r t h u m s bey den gewöhnlichen Bestimmungsarten des Kohlensäuregehalts der Körper . X
318 318 321 321
Inhalt
IV. Ueber die dreyfache Verbindung der Thonerde m i t Schwefelsäure und Kohlensäure V. Dreyfaches Salz aus Schwefelsaurem-Gallussaurem-Zinkoxyd VI. Nachricht von einigen Verbesserungen der englischen Lampenöfen VII. Zerlegung der sogenannten Hallischen Thonerde, aus d e m Garten des Königl. Pädagogiums in Halle . . . . (Zu Girtanners Versuchen mit dem Stickgas)
Nachschrift
322 324 325 326 328
333
Versuche über das Verhalten des Phosphorus in verschiedenen Gasarten von C. W. Böckmann; herausgegeben von F. Hildebrandt
334
S a m m l u n g practisch-chemischer Abhandlungen von W. A. Lampadius III B. Dresden 1800
338
(Parrot's und Grindels Versuche)
349
1801 Versuche mit dem Electrometer, von Vassalli
353
I d e e n zu einer Theorie des Magneten 2. Ueber die Polarität
356 356
B e m e r k u n g e n über Volta's Säule Erster Brief 1. Versuche zur Aufklärung des Verhältnisses der Voltaischen Säule zu den galvanischen und electrischen Ketten . . . 2. Ueber die W i r k u n g der Voltaischen Säule auf Wasser und andere Flüssigkeiten 3. Bestätigung der vorigen Theorie
371 371
B e r i c h t i g u n g der Untersuchung des rothen sibirischen Bleispaths von Sage, (Annalen, V, 463,) durch Gegenversuche von T h e n a r d
XI
371 381 387
391
Inhalt
B e m e r k u n g e n über Volta's Säule Zweiter Brief W i r k u n g e n der Voltaischen Säule auf vegetabilische und animalische Stoffe Dritter Brief. Untersuchungen über die Leiter
393 400 400
(Gruners galvanische Versuche)
408
Ueber die Benennung der Endpole der Voltaischen Säule .
. .
393 393
410
1802 B e o b a c h t u n g e n über die E n t f ä r b u n g und Wiederfärbung des Berlinerblau, vom Bürger D e s m o r t i e r s
415
(Physik in Regensburg)
418
1803 Z e r s t r e u t e Aufsätze über die angeblich thierische Electricität . 4. Ein Brief Aldini's an Moscati über thierische Electricität . 5. Barzellotti über Muskelzusammenziehung, und P r ü f u n g der Prochaskaschen Theorie 6. Neuere Beobachtungen über sogenannte unterirdische Electrometrie Beyträge zur innern Naturgeschichte der Erde; von H e i n r i c h S t e f f e n s . Erster Theil, Freyberg 1801
425 425 427 429
431
1806 Steinregen
449
1807 Eine Berichtigung, die Haarröhrchen betreffend XII
453
Inhalt
1810 Fragmente aus dem Nachlasse eines jungen Physikers. Ein Taschenbuch für Freunde der Natur. Herausgegeben von J. W. Ritter. Erstes und zweytes Bändchen
457
1811 Antikritik Jedem das Seine Antwort des Recensenten
467 467 469
Verzeichnis der Abbildungen
475
Abbildungen
479
Kunstdrucktafeln
nach 479
Kommentar Zu dieser Ausgabe
483
Abkürzungen und Zeichen in den Texten
492
Abgekürzt zitierte Literatur
494
Bibliographie und abgekürzt zitierte Schriften Arnims
519
Fachausdrücke und Fremdwörter
526
Zu den naturwissenschaftlichen Veröffentlichungen
571
a) Überblick
571
Arnims naturwissenschaftliches Werk im Kontext seiner Zeit:
.
571
Umbruch und Neuordnung der Naturwissenschaften um 1800 .
571
Auswirkungen des Umbruchs und der Neuorientierung Arnims Studienzeit in Halle
. .
.
.
576 577
Arnims Studienzeit in Göttingen
582
Studien zur Geologie/Mineralogie
586
XIII
Inhalt Arnims Mitarbeit an den Journalen:
Zu den Annalen der Physik Zum Allgemeinen Journal der Chemie Zu den Annalen der Chemischen Literatur Zum Archiv f ü r die thierische Chemie Zum Archiv der reinen und angewandten M a t h e m a t i k Arnims wissenschaftliche Leistung und ihre Rezeption b) Erläuterungen
587
.
588 592 593 595 596 597 600
Personenregister
1141
XIV
1799
Versuch einer Theorie der elektrischen Erscheinungen.
Von L u d w i g Achim von
Arnim.
Mit einer Kupfertafel. Halle bey J o h a n n J a c o b G e b a u e r . 1 799.
1799
Inhalt.
Einleitung — Grundzüge der Theorie — Ableitung der Gesetze. Ableitung der merkwürdigsten Erscheinungen aus den dargelegten Gesetzen. Aufsuchung des Gesetzes, nach welchem die verschiedenen zu diesem Gebrauche bestimmten Werkzeuge Elektricität erregen. Bemerkungen über Cohärenz, Anziehung, Krystallisation und Wärme. Zusammenstellung der vorgetragenen Theorie mit der Franklinischen und Dualistischen.
S. 53. 73. io
s. 100. s. 107. s. 110. s. 124. 15
b) Kratzensteins Darstellung des Dualismus. Erste Beilage. Beschreibung einiger neuen Elektrometer.
4
S. 24. 5
s.
a) Franklin's Theorie.
Zweyte Beilage. Unterschied zwischen Schall, Ton und Kl als Erläuterung zu S. 81.
S. 1.
>
s. 132.
Theorie der elektrischen Erscheinungen
5
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30
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Es gab sonst unter den Physikern zwey durch den Gang ihrer Untersuchungen ganz entgegengesetzte Klassen, eine, welche der Schnur nach folgerte und demonstrirte, eine andre dagegen, welche unbekümmert über den Ausgang ins Blaue experimentirte. Jene scheint veraltet, doch kann man eben so wenig die allein ihr zurechnen, welche das m o r e g e o m e t r i c o d e m o n s t r a t u m an der Stirne führen, als man die letztere bloß auf die Alchemisten einschränken darf. Beiden Methoden dankt die Naturlehre viel, doch das Verdienst der Erfinder war dabey sehr verschieden; jene hatten ihre Entdeckungen durch unzählige fruchtlose Träume erkauft, diesen warf der Zufall sie zu. Priestley, der glücklichste vielleicht unter allen, verglich seinen Weg sehr passend mit einer Jagd, oft ist sie reich an Ausbeute, oft arm; ich möchte noch hinzu fügen, daß auch diese Klasse der Physiker, wie die eifrigen Jäger, die Jagd für alles, den Fang für nichts achten, und daher selten ihn zu benutzen wissen. Das Ebenrechte 1 suchte ich hier, wie bey allen entgegengesetzten Meinungen, die sich lange erhalten haben, auf dem Mittelwege, der | Mittelweg mag noch so selten an der Tagesordnung seyn. Ich würde daher rathen, in der Naturlehre weder den Schein des Wissens anzunehmen, wo im Buche der Natur eine unleserliche Stelle ist, noch, wie jener Homerische Freybeuter, die Fußstapfen umgekehrt zu zeigen, und die Leser bey dem erreichten Ziele über den zurückgelegten Weg in Ungewißheit zu lassen. Dafür darf dann auch der Schriftsteller, der diesen Mittelweg einschlug, auf billige Leser rechnen, das heißt, auf Leser, die nicht das Ganze nach dem Einzelnen, sondern das Einzelne nach seiner Stelle würdigen; die das Neue nicht belächeln, weil es vielleicht irgend einer berühmten Meinung widerspricht, den Irrthum aber mit Scho|nung widerlegen. Die deutsche Sprache nennt den Physiker mit vielem Nachdrucke »Naturforscher«, aber um zu forschen muß man zweifeln; alle, welche die Natur wirklich erforschten, zweifelten, daß die wahrscheinlichste Wahrheit schon erforscht sey, und wer von ihnen gefürchtet hätte, seine bessere Ueberzeugung zu bekennen, der wäre nicht werth gewesen, die Entdeckungen größerer Männer bewundert zu haben. Ich versuchte es in diesem Werkchen, die Grundzüge einer neuen Theorie der elektrischen Erscheinungen, den Fortschritten der Naturwissenschaft angemessen darzulegen; ich habe mich von der einen Seite ' S. L i c h t e n b e r g s T a s c h e n b u c h f ü r 1799.
5
1
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1799 5 freilich dem Vorwurfe ausgesetzt, in der Reihe so vieler berühmten | Naturforscher aufzutreten, aber auf der andern Seite wird mich das Schicksal der Elektricität in unsern Tagen entschuldigen, wo sie das Spielwerk aller Kinder geworden zu seyn scheint, um einige langweilige Stunden zu verblitzen, und im K a m p f e entgegenwirkender Kräfte das 5 Bild ihrer Jugendblüthe zu erkennen. Endlich hat sich auch der menschliche Geist in Europa eine Republik gebildet, in welcher jeder, der Konstitution gemäß, gleiche Rechte, jeder gleiche Stimme, zwar nicht bey der Entscheidung, aber wenigstens beym Vortrage haben sollte. U m die Möglichkeit der elektrischen, der magnetischen Erscheinun- 10 6 gen, der Wahlanziehung und Cohärenz, kurz aljler Verschiedenheiten und Veränderungen der Materie zu erklären, müssen wir die Materie als verschieden denken. Die Ableitung dieser Verschiedenheit nach der Art, wie wir Materie überhaupt nothwendig denken, gehört einem Werke an, das freilich erst noch geschrieben werden muß, das überdies von 15 einem Einzelnen wahrscheinlich nicht beendigt wird, und zu welchem diese Bogen als ein Xtes Kapitel gerechnet werden können. Die allgemeine Kraftlehre der Materie stellte Kant in seiner D y n a m i k nach ihrem ganzen U m f a n g e auf; die besondere Kraftlehre der Materie, gleichsam die angewandte Kraftlehre, scheint m a n bis jetzt ganz übersehen zu 20 7 haben. Und doch beantwortet sie die wichtige Frage: Wie | jene Urkräfte, die Repulsiv- und Attractiv-Kraft gedacht werden müssen, um die mannigfaltigen Erscheinungen der Natur hervorzubringen? Eine Frage, die nicht nur den größten Theil der heutigen Physik, sondern auch die wichtigsten Untersuchungen der Physiologie (wie Leben über- 25 haupt möglich u. s. w.) umfaßt. Durch die gänzliche Auflösung dieser A u f g a b e würden gleichsam a p o s t e r i o r i die Gesetze ratificirt werden, unter welchen Materie uns denkbar ist; die Physik hätte dann ihre Gränzen, und g r i f f e nicht ferner in den Wirkungskreis der Chemie ein. Wären alle Hypothesen erschöpft, so wäre es der P r ü f u n g leicht, eine 30 8 sicher gegründete Kraftlehre zusammen zu setzen; aber leider | wie fern ist dies Ziel! wie lange werden nur Fragmente die Bahn bezeichnen und den Naturforscher in Z w e i f e l lassen, ob die Chemie ein Theil der Physik, oder die Physik wol gar nur ein Theil der angewandten Mathematik sey. Doch hat man längst die Bemerkung gemacht, daß die Kenntnisse, 35 welche der physischen Menschen-Erhaltung am nächsten vorarbeiten, die Seele am leichtesten zur bloßen mechanischen Beobachterin herabsetzen; es ist daher, wie ich glaube, f ü r die Bildung des Geistes ganz vortheilhaft gewesen, die Beschäfftigung mit Chemie auch mit der Phy6
Theorie der elektrischen Erscheinungen
sik zu verbinden. Der Chemiker muß indessen, um ein nützlicher Chemiker zu bleiben, den Physiker während der Arbeit ganz aus den | Augen verlieren, er muß, unbekümmert über ihn, Elemente annehmen und absetzen, und neue Körper daraus hervorgehen lassen, er muß bey Mischungen höchster Cohärenz, die jeder seiner Kräfte widerstehen, und bey Mischungen höchster Elasticität, die ihm unter den Händen entschlüpfen, stehen bleiben. Der Physiker weiß, was er von ihnen zu denken hat, und bleibt doch zu seiner Zeit Chemiker; der Physiolog übersieht das Ganze des großen Wechsels und forscht doch seinen kleinsten Aeußerungen nach. Ich kehre daher zu meinem Gegenstande zurück, den ich absichtlich auf einige Zeit verlassen hatte. Die Materie ist verschieden, sie ist daher vereinzelt, und diese Theile unterscheiden | sich durch ungleiche Potenzen repulsiver und attractiver Kraft. Die Körper haben folglich nicht nur eine verschiedene Anziehung gegen einander, sondern jeder kann auch nur eine verschiedene Menge freyer repulsiver Kraft binden. Ich bezeichne durch freye Repulsivkraft diese Kraft nicht als unbeschränkt; denn in diesem Falle würde sie an keinem Orte seyn, sondern ich unterscheide sie nur dadurch von der Repulsivkraft, wie dieselbe in der Materie modificirt ist. Der Unterschied liegt aber darin, daß diese durch keine eigne Anziehungskraft beschränkt ist, und daher nur im Verhältnisse zu einer äußeren Anziehung an irgend einem Orte wirken kann, während der letzteren selbst die Anziehung zukömmt, und | daher in allen Fällen durch sich selbst ein Gegenstand unsrer Wahrnehmung seyn kann, dagegen jene nur wahrgenommen werden kann, während sie gebunden, oder während sie aus einer Bindung in die andre übergeht. Elektrisirt heißt ein Körper, der im Verhältniß seiner attractiven Kraft zu der attractiven Kraft eines andern, entweder mehr oder weniger freye repulsive Kraft als jener gebunden hat. P o s i t i v - e l e k t r i s i r t nennen wir einen Körper, der in eine Lage gekommen ist, in Verhältniß seiner attractiven Kraft zu der attractiven Kraft eines andern mehr repulsive Kraft als jener gebunden zu haben und gebunden zu erhalten. Vollkommen wäre jene Lage zu nennen, wenn die umgebende materielle Substanz gar keine Anziehung auf die freye Repulsivkraft äußerte; da dies aber dem Begriffe der Materie widerspricht, so müssen wir uns begnügen, daß die Materie verschieden, daß wir folglich den zu elektrisirenden Körper mit Materien umgeben können, deren Anziehung für freye Repulsivkraft geringer als die Anziehung des Umgebenen ist. Wir nennen einen Körper in jener Lage 7
1799
i s o l i r t . N e g a t i v - e l e k t r i s c h kann ein Körper nur im Gegensatze eines positiv-elektrischen seyn. Dies liegt schon im Begriffe einer anziehenden Kraft; er hat folglich im Verhältniß seiner anziehenden Kraft zu der anziehenden Kraft eines andern weniger repulsive Kraft als jener gefesselt. L e i t e r nennen wir alle | die Körper, welche der Anziehung kein Hinderniß in den Weg legen, also selbst keine größere Anziehung, aber ohne Unterbrechung Anziehung haben; Nicht-Leiter im Gegensatze sind alle die, welche größere, oder ungleichförmige Anziehung haben. Nicht-Leiter isoliren, Leiter verbinden. Soviel v o n n ö t h i g e n E r k l ä r u n g e n ; alles ist eingeleitet, und ich kann jetzt ohne Verzug aus der Kantischen allgemeinen Kraftlehre2, gleichsam der Grund-Gesetzgebung, die ich hier als angenommen und eingeführt voraussetzen muß, die Provinzial-Gesetze ableiten, so wie die Elektricität ihrer bedarf. 1) N e g a t i v - e l e k t r i s i r t e K ö r p e r z i e h e n d i e p o s i t i v - e l e k t r i s i r t e n Körper an. Dieses Gesetz ist bloß die Anzeige, welche Kraft im positiv-elektrisirten Körper, und welche im negativen wirkt, es ist analog auf der einen, aber widersprechend auf der andern Seite dem bisher in allen Schriften aufgestellten Gesetze: »Ungleichartige Elektricitäten ziehen sich an. Ein Körper, der + E hat, zieht einen andern, leicht beweglichen —Ε an, und umgekehrt.« 3 Die Physiker behaupteten also bisher einstimmig, die Anziehung zwischen ungleichnamigen Elektricitäten sey gegenseitig; dessen ungeachtet wurde das Franklinische System aufgestellt und abgenommen. Beides ist aber durchaus nicht zu vereinigen; Anziehung kann nur wirken, wo etwas Positives, etwas Anzuziehendes ist, wie kann aber etwas Negatives (die Abwesenheit von Materie, wie der negative Zustand Franklins war) angezogen werden? Das widerspricht sich selbst, entweder muß daher dieses Gesetz oder die Franklinische Theorie geleugnet, oder der h o r r o r v a c u i unsrer Vorältern wieder aufgenommen werden. Die Physiker fügen jenem Gesetze gewöhnlich noch ein anderes bey, welches eine eigne Betrachtung verdient: »Gleichartige Elektricitäten stoßen sich ab«, sagen sie. »Ein Körper + E stößt einen andern leichten und beweglichen + E ab; ein Körper —Ε stößt einen an|d ern, 2 5
Kants metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft. Riga, 1787. Gren's Naturlehre 1797. §. 1305.
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Theorie der elektrischen Erscheinungen
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dessen Elektricität auch —E, von sich.« 4 Diesem Gesetze widerspricht m e i n e Theorie ohne der Erscheinung selbst zu widersprechen, die sehr leicht von derselben erklärt werden kann. Die Ursache des Auseinanderfahrens leichter Körper, die positiv elektrisirt sind, ist die entgegengesetzte von d e m Auseinanderfahren der negativen; bey jenen ist der G r u n d außer ihnen, bey diesen in ihnen. Sind zwey an seidenen Fäden isolirte Korkkugeln (a. und b. Fig. I.) gleich stark positiv elektrisirt, so kann keine die andere anziehen, noch abstoßen; dies beweist unmittelbar die Definition eines positiv elektrisirten Körpers; die Ursach | des Entfernens liegt folglich in der umgebenden Materie. Die 17 L u f t , welche ihn umgiebt, hat gleiche anziehende Kraft; von allen Seiten werden sie angezogen, nur auf der nicht, wo sie sich berühren. Sie entfernen sich daher, und da die anziehende Kraft der eingeschlossenen Luftschicht zwischen beiden getheilt, also schwächer ist, so würden sie sich i m m e r entfernen, wenn nicht die allgemeine Anzieh u n g diesem Treiben ein Ziel setzte. Die negativ elektrisirten Kugeln (a. und b. Fig. II.) ziehen alle Materie, die sie umringt, n u r nicht eine die andre an, sie entfernen sich daher. Da aber auf den zwischen ihnen liegenden L u f t r a u m die Anziehung beider, auf den übrigen Theil aber die Anziehung jeder einzelnen Ku|gel allein, folglich in h ö h e r e m Grade 18 wegen der E n t f e r n u n g der andern wirkt, so werden auch diese einander i m m e r fliehen. Die Anziehung wirkt hier, wie in allen Fällen, nach d e m großen Neutonischen Gesetze. D e n Erfahrungs-Beweis f ü r diese theoretische Behauptung der Nothwendigkeit der umgebenden Materie zur Hervorbringung der Zurückstoßung giebt der luftleere Raum, wo diese, nach Cavallo's Versuchen, sehr schwach ist 5 .
2) D i e A n z i e h u n g d e s n e g a t i v e l e k t r i s c h e n K ö r p e r s a u f den positiv e l e k t r i s c h e n K ö r p e r ist e i n e u n m i t t e l b a r e W i r k u n g a u f | i h n d u r c h d e n l e e r e n R a u m 6 ; s i e v e r m e h r t 19 30 s i c h i m u m g e k e h r t e n V e r h ä l t n i s s e d e r Q u a d r a t e d e r Entfernungen7. Gewöhnlich 8 wird die Uebertragung des letzteren großen Gesetzes dem H. Coulomb 9 zugeschrieben, doch m i t Unrecht; er bestätigte es 4
Gren's N a t u r l e h r e §. 1302. Cavallo's vollständige Abh. über die Elektr. II, 36. Leipz. 1797. 6 Kant's metaphysische A n f a n g s g r ü n d e der Naturwissenschaft S. 60. 7 Ebendas. S. 76. 8 Gren's N a t u r l e h r e §. 1303. Schmeißer's Beyträge zur n ä h e r n K e n n t n i ß d. Z. d. Wissensch, in Frankreich, I, 65. H a m b . 1797. 9 40 Auszug aus verschiedenen A b h a n d l u n g e n des H. Coulomb über Elektricität. Gren's neues J. d. Ph. B. III. S. 51. Es ist sehr zu bedauern, daß wir n u r den Auszug haben. 35
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1799 n u r durch sehr genaue Beobachtung seines Elektrometers. H. Bohnenberger 10 i m Gegentheil legt diese E r f i n d u n g dem Lord Mahon 1 1 bey, aber ebenfalls mit Unrecht; denn auch dieser war nur Bestätiger. Der erste Erfinder scheint Aepinus zu seyn, welcher in seinem trefflichen Versuche über Electricität und Magnetismus 1 2 sagt: S e q u i i p s a s (seil, funetiones, secundum quas exercentur actiones,) inversam quadratorum rationem, cum aliqua verosimilitudine c r e d e n d u m esse, pro hac e n i m lege a n a l o g i a n a t u r a e militare videtur. 3) J e d e V e r ä n d e r u n g d e r L a g e e i n e s K ö r p e r s i s t e i n e V e r ä n d e r u n g in der M e n g e s e i n e r s p e c i f i s c h g e b u n d e n e n p o s i t i v e n K r a f t , sie ist f o l g l i c h m i t g r ö ß e r e n o d e r geringem elektrischen Erscheinungen verbunden. Dieses Gesetz folgt unmittelbar aus dem vorhergehenden über die Z u n a h m e der Anziehung durch Näherung. J e n e m gemäß ist die specifisch gebundene positive Kraft der Quotient der specifischen Anzieh u n g des Körpers durch die specifische Anziehung aller gegen dieselbe. W ä r e die Materie nicht verschieden und unbegränzt, so würde durch keine Verschiebung in derselben die specifisch gebundene positive Kraft vermehrt oder vermindert werden. Aber sie ist verschieden; es vermehrt und vermindert sich | daher die Anziehung der Materie abwechselnd, doch i m m e r nach dem Gesetze der Anziehung. Es kann daher nur so lange, als alles in R u h e ist, die W i r k u n g aller auf alle = 0 seyn. In wie fern dieses Gesetz auf die Physiologie und insbesondere auf die Lehre vom Galvanismus angewendet werden könne, ist hier nicht erst zu untersuchen; leicht ist es indessen, den partiellen Lebensproceß bey den Galvanischen Erscheinungen ohne ein besonderes galvanisches Fluidum abzuleiten, ohne daß diese Ableitung die E i n w ü r f e des H. v. Humboldt 1 5 gegen die Einerleyheit des galvanischen und elektrischen Reizmittels treffen | könnten. Diesen partiellen Lebensproceß m i t einem größeren im lebenden Körper zu verketten, wird wahrscheinlich (nach dem, was wir jetzt kennen, geurtheilt,) der einzige unmittelbare praktische Nutzen des Galvanismus seyn, so nützlich er auch mittelbar durch A u f r ä u m u n g der Physiologie geworden oder 10
Bohnenberger's Beyträge zur theoretischen u n d praktischen Elektricitätslehre, I. Stück S. 89. " M a h o n ' s Grundsätze der Elektricität, übersetzt von Seeger, S. 66. Leipzig 1789. 12 Aepini tent, theor. electr. et m a g n e t , p. 39. 15 Versuch über die gereizte Muskel- u n d Nervenfaser, Posen 1797.
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Theorie der elektrischen Erscheinungen
noch werden mag; die Entdeckung desselben danken wir, wie so vieles andre, der Einsicht und Beharrlichkeit des Ο. B. von Humboldt, der zuerst unter den Neuern ein Beyspiel gab, für Wissenschaft selbst körperliche Schmerzen zu ertragen 14 .
Ableitung der merkwürdigsten Erscheinungen aus den dargelegten Gesetzen. Ich komme jetzt zu der Casuistik meiner Theorie, also zum Prüfsteine dessen, was sie leisten kann. Alle Erscheinungen, die wir unter dem Namen der elektrischen begreifen, beruhen A) auf Anziehung, oder B) auf Uebergang der positiven Kraft. Die letztere Gattung zerfällt wiederum in zwey besondre Arten, in den freyen und in den aufgehaltenen Uebergang; zwey Gattungen, die, so einfach und kurz auch ihre Herleitung ist, durch eine unübersehbare Menge mannigfaltiger Versuche erläutert werden können. Ich fange von der ersten an, welche ganz auf dem zweyten Gesetze | von der Vermehrung der Anziehung nach dem umgekehrten Verhältnisse der Quadrate der Entfernungen ruhet. Doch muß ich erinnern, daß aller Uebergang nie absolut frey zu nennen ist, weil er immer den Zusammenhang irgend einer Materie dabey zu überwinden hat. Ich nenne daher allen Uebergang durch luftförmige Flüssigkeiten, nur zur Unterscheidung von dem Uebergange durch tropfbar flüssige und feste, frey. Diese Bedeutung ist gar nicht willkührlich, sondern durch Analogie mit der bürgerlichen Freyheit ganzer Völker hinlänglich bestätigt. AB sey eine positiv geladene metallene Belegung, welche in dieser Absicht durch C D isolirt ist. Ε F sey eine Fläche, die sich ihr nähert und in Η die Anziehung der | Fläche AB überwindet, so vermehrte sich diese Anziehung nach dem Gesetze S. 18. also: EFG : EFH = HI2 : Gl 2 . Wenn aber zwischen beiden Flächen, zwischen der anziehenden und zwischen der angezogenen, ein Körper sich befindet, der den Uebergang nicht verstattet, wo die Anziehung ihn fordert; so werden dadurch alle die Erscheinungen hervorgebracht, welche die zweyte Gattung begreift. Glas ist dazu der geschickteste Körper, es ist zugleich 14
Bey den Versuchen an seinem eignen Körper nach abgelöster Haut.
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1799 isolirend und dicht genug, u m einer großen Kraft zu widerstehen. W ü r d e die elektrisirte Fläche AB auf die Glasscheibe CD gelegt, die etwa eine Linie dick, also etwa zehnfach dünner als die E n t f e r n u n g wäre, | unter welcher i m freyen Zustande, oder vielmehr in d e m Zustande der gewöhnlichen L u f t u m g e b u n g , der Uebergang nach der unelektrisirten Fläche e f h geschehen müßte; so erfolgen neue und grössere Erscheinungen. Jetzt ist wegen der Zwischenlage des Glases E D kein Uebergang möglich, ich kann daher ef bis k nähern, und hier verhält sich dann nach d e m Gesetze der Anziehung (S. 18.) efh:efk = 1:100. Da ungeachtet dieser hundertfach verstärkten Anziehung kein Uebergang möglich ist, so wird diese anziehende Kraft h u n d e r t m a l so viel positive Kraft auf die schon elektrisirte Fläche anziehen, wenn sie diese freye Repulsivkraft in irgend einem positiv elektrisirten Körper antrifft. Eine solche auf beiden Seiten belegte Glastafel, welche im Wesentlichen ganz m i t den gewöhnlichen Leydner Flaschen übereinkommt, sie m a g n u n m e h r oder weniger Elektricität auf einer ihrer Flächen gesammelt oder verloren haben, | ist g e l a d e n . So groß hier auch die Menge der Elektricität seyn mag, die endlich bey der lange ersehnten Verbindung beider Flächen m i t Heftigkeit erfolgt, so hat doch auch diese Anziehung ihre Grenzen. Die L u f t übertrifft endlich ihre Anziehung, und die Elektricität, welche n u n noch einströmt, strömt auch ohne Verzug wieder aus; eine Erfahrung, die zwar schon längst 15 gemacht worden, die aber, wegen des f r ü h e r e n Entladens und Zerspringens der gewöhnlichen, n u r m i t sehr guten Flaschen gemacht werden kann. Es fragt sich nun: ob Flaschen durch große Elektrisirmaschinen höher, als durch mehrere kleine, geladen werden können? Alles k o m m t hier auf die freye L a d u n g an, welche ich der Fläche geben kann, also auf die Ladung, welche ich e f h nannte, und die sich zu der höchsten L a d u n g i m vorgelegten Falle | wie 1 zu 100 verhält. Diese richtet sich aber nothwendig nach der L a d u n g des Conductors; diese L a d u n g steht aber wiederum in Verhältniß m i t der Größe der Maschine, und es m u ß folglich eine große Maschine Batterien weit höher laden können, als viele kleine, wo sich die Elektricität i m m e r n u r in geringer Menge entwickeln kann. Aus der E r f a h r u n g bewies dieses schon H. Bohnenberger, indem er die W i r k u n g e n der vielen Elektrisirmaschinen i m Pantheon zu London, unter d e m Oberbefehle Wilson's, m i t den außerordentlich großen Erscheinungen verglich, 15 Bohnenberger's Beyträge zur theoret. u n d prakt. Elektricitätslehre, I. Stück S. 11.
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Theorie der elektrischen Erscheinungen
welche die einzelne Leydner Riesenmaschine darbietet; ein Werkzeug, das m i t eben d e m Rechte in der Elektricitätslehre, wie Herschels | Spiegelteleskop in der Astronomie, Epoche zu machen verdient, da nur von ihr über die wichtigsten Theile derselben sichere E r f a h r u n g e n zu fordern sind. — Ich betrachtete die Körper in der Untersuchung über die Wirkungsart der Kleistischen Flasche als absolut negativ, ungeachtet ich in der Definition des negativen Zustandes (S. 12.) auch darauf Rücksicht g e n o m m e n hatte, daß wir überhaupt keinen vollkommen 1 6 negativen Zustand eines Körpers kennen, und daß alle Körper daher nur in Verhältniß gegen andre negativ genannt werden können; ich that dies absichtlich, da dieser Umstand die Theorie der Erscheinung | selbst nicht abändern, wohl aber neue Erscheinungen hervorbringen kann, zu deren Erklärung ich übergehe. Eine isolirte Flasche kann nur schwach elektrisirt werden; die Vulgata sagt g a r n i c h t , weil das Franklinische System dies fordert; aber ich habe mich durch E r f a h r u n g überzeugt, daß meiner E r w a r t u n g gemäß selbst die sorgfältig isolirten Flaschen einer, wenn gleich geringen, L a d u n g fähig sind. Nach der Erklärung aus Franklin's Theorie 1 7 wäre dies unmöglich; nach ihr darf eine Flasche n u r soviel auf der innern Seite einn e h m e n , als von der äußern abgestoßen wird, sonst wäre zwar ein Funken, aber keine Erschütterung | möglich. Cavallo 18 schon bemerkte die Ladung, schrieb sie aber m i t Unrecht der m e h r e r n Berührung der äußern Fläche von der L u f t zu. Ich wiederholte den Versuch m i t einer Flasche ohne Harzdeckel, wo die L u f t gleiche Berührung hatte, und dies veränderte durchaus darin nichts. Gray 19 hat diese Erscheinung dem Franklinischen Systeme gemäßer erklären wollen, aber seine Erklärung ist gar nicht Franklinisch. M a n kann nach dieser Theorie die Elektricität des Glases auf der einen Seite gar nicht vermehren, ehe es die Abstoßung von | der andern Seite nothwendig macht, sondern nur dadurch k a n n nach Franklin die innere Seite stärker geladen werden, daß sie von der äußern gerade soviel abstößt. Nach meiner Theorie k a n n die Flasche soviel einnehmen, als sie durch freye Anziehung ihrer innern Fläche von dem Conduktor erhalten würde, so daß ihr elektrisches Verhältniß gegen einander null würde; also in d e m Beyspiele S. 27. die Menge, welche in h (als der E n t f e r n u n g des Uebergangs) = 1 wirkt, daß folglich von der Fläche in k lOOmal so stark 16 17 18 19
D e n n sonst w ä r e keine Verstärkung desselben möglich. Gren's N a t u r l e h r e 1797. §. 1348. Cavallo's vollst. Abh. von der Elektricität, I. S. 213. Gren's Journal der Physik, I. B. S. 83.
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angezogen wird. Nun ist es Bedingung zur Ladung einer Flasche, daß diese lOOmal verstärkte Anziehung gegen die geladene Fläche die Anziehung zu der eigenen natürlichen gebundenen Elektrizität übertrifft, aber dies ist auch die einzige Einschränkung, welche durch den Mangel eines absolut negativen Körpers nothwendig wird. Ist die Flasche isolirt, so hört hier der Proceß auf, denn keine von beiden Flächen zieht mehr Elektricität an. Ist aber die Flasche mit andern Leitern verbunden, so entfernt sich diese positive Kraft wegen der stärkern Anziehung der andern Körper, die der elektrisirten Fläche nicht so nahe liegen, die äußere Fläche bindet jene, und nun zieht die innere Fläche so lange immer neue Elektricität an, bis die äußere nicht mehr bindet. Doch bindet sie nicht so lange, bis die Anziehung der äußern Fläche 0 wird, sondern sie hört schon dann auf, wenn die Anziehung der Luft und | andrer Körper, die sie umgeben, ihre Anziehung übertrifft. Man sieht daraus den großen Einfluß, welchen der Zustand der Luft auf die Ladung der Flaschen hat; ein Einfluß, den man nie geleugnet hat, bey welchem man aber bisher zweyerley zu unterscheiden vergessen zu haben scheint; nämlich die Anziehung der Luft und den Uebergang nach andern Körpern. So wurde H. Bohnenberger 2 0 durch das Ausströmen der Elektricität aus den Flaschen in verdünnter Luft verleitet anzunehmen, daß man in Gegenden, wo eine beschwertere Luft wie in Holland sey, die Flaschen stärker laden könne. Aber wenn wir jenen Versuch mit der Luftpumpe genauer betrachten, so zeigt er gar nicht, daß die Elektricität von der verdünnten Luft stärker angezogen werde, sondern er zeigt nur, daß der Teller der Luftpumpe und die Wände des Glases, nach denen sie ausströmt, in diesem Zustande ihre Anziehung mehr geltend machen können, d. h. daß ihnen die Dichtigkeit der Luft nicht mehr Hindernisse in den Weg legt. Es ist überhaupt ein falscher Verdacht, daß die verdünnte Luft leite, nur die Dämpfe, die beym Auspumpen gewöhnlich aufsteigen, sind leitend. Der höchst verdünnte Luftraum über dem Barometer ist gar kein Leiter, wie Morgan 2 1 durch sehr bestimmte Versuche bewies, auch leuchtet er nie, wenn das Quecksilber gut ausgekocht ist. Es würde daher zur Vermeidung der Anziehung der Elektricität durch die Luft der luftleere Raum am vortheilhaftesten seyn; eine Bemerkung, die freylich nur eine Tautologie enthält, die aber wirklich bezweifelt worden. — Die auffallende Erscheinung, daß die Flaschen immer nur einen geringen Rück20 21
Beyträge I. S. 16. Vorlesungen über die Elektricität, S. 195. Leipz. 1798.
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Theorie der elektrischen Erscheinungen
stand nach der Entladung behalten; daß übrigens, wenn man nach der Ladung die Flasche einzelt und sie dann ordnungsmäßig aus der gehörigen Entfernung entladet, die äußere Fläche keinen Ueberschuß an positiver Kraft enthält, dies scheint es wol vorzüglich gewesen zu seyn, was der Franklinischen Erklärung noch einen Schein von Wahrheit | geben konnte; doch auch diese Erscheinungen fordert die vorgetragene Theorie, so wie sie ihr wiederum zur Bestätigung dient. Die Flasche kann nach der ersten freyen Mittheilung nicht mehr einnehmen, als die äußere ihr abfordert; was sie ihr aber abfordert, das bindet sie auch, daher auch nicht der geringste Ueberschuß auf der Außenseite möglich ist. Aber woher der Rückstand nach jeder Entladung? Ich habe hierüber, so viel ich mich erinnere, an keinem Orte eine Beantwortung gelesen; nach der gegebenen Erklärung ist er nothwendig, und bey gleicher Belegung die Hälfte der Kraft, welche die innere Fläche ohne Anziehung der äußern, durch freyen Uebergang erhalten würde. Die Hälfte davon | erhält die äußere Fläche, die andere Hälfte bleibt zurück, wird wiederum angezogen, und macht das Uebergehende einer neuen Entladung. Mit dem Rückhalte muß man nicht die unvollständige Entladung verwechseln, die nach H. Bohnenberger durch ein schnelles Vorbeygleiten mit dem Auslader möglich ist, leichter aber durch einen spitzen Auslader bewerkstelligt werden kann. Ich brauche wohl nicht meine Leser darauf aufmerksam zu machen, daß alles, was ich bis jetzt über die Erklärung der Kleistischen Flasche gesagt habe, nicht blos für die positive Ladung gelte, der ich mich gewöhnlich als Beyspiel bediente, sondern daß alles mit Umsetzung der anziehenden und der angezogenen | Fläche u. s. w. unverändert auf die negative Ladung angewendet werden kann; ich vermeide daher, um nicht unnöthig zu langeweilen, die wiederholte Erklärung für diesen Tausch in der Wirkungsart. Zugleich erinnere ich, daß ich in allen den Stellen, wo von Metallbelegung, ihrer Annäherung, Anziehung u. s. w. gesprochen worden, gar nicht voraussetze, die Elektricität habe in i h n e n ihren Sitz. Ich muß vielmehr allen Erfahrungen zufolge annehmen, daß das Glas beide Eigenschaften, welche ich S. 10. den Nichtleitern beylegte, vereinige; daß es die Elektricität stärker anzieht als Metall, daß ihm aber wegen des verschiedenen Erkaltens seiner Masse, nur durch eine vollkommne Belegung seiner | ganzen Oberfläche mit einem Leiter (der schwächere mit gleichförmiger Anziehung verbindet), die elektrische Kraft über seine ganze Oberfläche verbreitet werden kann, daß aber aus eben den Gründen nur auf soviel 15
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elektrisirte Glasfläche gerechnet werden kann, als belegt worden, daß endlich die Cohärenz desselben dem Durchgange widersteht. Den auffallendsten Beweis für die ungleiche Anziehung der Oberfläche des Glases gegen Elektricität, giebt eine Glasröhre. Nähert man diese dem Conductor, so zeigt sie in ihrer ganzen Länge abwechselnde positive und negative Zonen. Das Durchgehen der Elektricität verhindert die Cohärenz des Glases nur bis zu gewissen, nach der Beschaffenheit des Glajs es sich ändernden Graden; wird aber die Kraft zu groß, so erfolgt die Durchbrechung des Glases, begleitet von mehreren sehr auffallenden Erscheinungen 22 . Aus der größeren Anziehung des Glases gegen Metall läßt sich nun ohne Zwang die folgende Erscheinung 25 erklären. Heftet man nämlich zwey Belegungen einer Glastafel so an, daß sie davon isolirt abgenommen werden können, so vermindert es gar nicht die elektrische Kraft, beide, nachdem sie abgenommen worden, zu berühren und zu vereinigen; sondern wenn man sie dann wieder anlegt, ist die Stärke des elektrischen Schla|ges gar nicht vermindert. Versuche, welche die Nothwendigkeit der Belegung zur Ladung einer Glastafel beweisen, findet man bey Cavallo und andern, so wie die tägliche Erfahrung uns dieselben auch liefert. Die veränderte Bedeutung, welche, nach der gegebenen Theorie, dem negativen Zustande beygelegt werden muß, erleichtert die Ableitung mehrerer Erscheinungen, zu deren Erklärung man sonst eigne Gesetze, der Vertheilung, der elektrischen Atmosphären, annehmen mußte. Da sich die Anziehung, nach Angabe des zweyten Gesetzes, im umgekehrten Verhältnisse der Quadrate der Entfernungen vermehrt, so wird man dieses Gesetz schon an Körpern von einijger Länge, die einem elektrisirten Körper genähert werden, wahrnehmen können, und die eine Seite desselben wird in Vergleich mit der andern, entweder positiv oder negativ seyn24. Betrachtet man den Körper CD. Fig. IV. in der Nähe des Conductors A, so verhält sich die Anziehung von C zu der Anziehung in D wie DA2 zu CA2; es ist folglich die Anziehung in C viel stärker, als im Puncte D. Da es aber ein Leiter ist, so muß die anziehende Kraft in beiden sich immer gleich seyn; es wird daher die Anziehung gegen die natürliche ihm zukommende Elektricität hier in C eben so vielmal schwächer werden, in Vergleich mit D, als die Anzie22 Priestley's Versuche über verschiedene Theile der Naturlehre, S. 323. Leipz. 1780. 25 Cavallo's Abh. von der Elektricität, I, 214. 24 Cavallo's vollst. Abh. I, 186.
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Theorie der elektrischen Erscheinungen
hung gegen die Elektricität des Conductors in C stärker ist als in D. Sie wird sich daher in D ansammlen, da hingegen sie von C entweicht; dieses wird negativ, jenes positiv. Die Franklinianer sagen hier, der Körper wird negativ an dieser Seite, weil seine positive Kraft (abgestoßen) entfernt wird; ich sage, seine positive Kraft wird entfernt, weil er negativ wird. Stelle ich nach CD noch einen andern isolirten Leiter EF, so wird dieser die Elektricität des Conductors noch weniger anziehen. Der Punkt D ist daher aus doppelter Ursach gegen ihn positiv, einmal, weil er mehr als seine ihm in Verhältniß zukommende elektrische Kraft, nämlich die von C, enthält; zweytens aber auch, weil seine Anziehung gegen die eigne Elektricität | durch die Anziehung gegen die Elektricität des Conductors geschwächt ist. Es wird in diesem Falle Elektricität von D nach Ε übergehen. Entfernt man die isolirten Stangen vom Conductor, so wird durch das Aufhören der Anziehung gegen denselben, die Anziehung gegen die eigne Elektricität an allen Orten gleich seyn, im ersten Falle wird der Körper in den unelektrischen Zustand zurückkehren, im andern wird wegen der Beraubung 25 (wenn man beide gehörig entfernt, daß kein Rückschlag stattfinden kann) CD negativ, EF aber positiv elektrisirt seyn. Eben so leicht läßt sich aus dem Gesetze der Anziehung die größere Stärke der Elektricität an der abgekehrten Seite des Conductors erklären. Durch die freywerdende elektrische Kraft wird nämlich die Anziehung an der zugekehrten Seite rege, diese vermindert sich aber nach jenem Gesetze, es wird daher die schon gebundene Elektricität von der abgekehrten Seite des Conduktors ungleich stärker angezogen. Daher der Nutzen langer Conductoren; daß aber auch hierin ein Maaß gehalten werden müsse, erinnert schon Marum 26 , es folgt auch aus | der Beachtung der nun immer mehr anziehenden, immer mehr berührenden Luft. Aus jenem Gesetze der Anziehung erklärt sich die allgemeine Beobachtung 27 der negativen Elektricität des Elektrometers bey der Annä25 Mahon nannte das Zurückkehren der Elektricität nach dem ersten Leiter, wenn man den Conductor seiner Elektricität beraubte, den Rückschlag, und wandte ihn auf mehrere Erscheinungen beym Gewitter an. S. dessen Grundsätze der Elektricität S. 97—140. Seine Meynung erhielt wenig Anhänger; unter andern bestreitet sie auch Cavallo im II. Th. S. 130. Reimarus über den Blitz S. 183. 26 Beschr. der Elektrisirmaschine und der damit angestellten Versuche, 2te Forts. S. 40. Lpz. 98. 27 Lampadius über Elektricität und W ä r m e der Atmosphäre, S. 45. Berl. 93. Die Resultate der Versuche sind S. 100. 118. 134. 160. Cavallo's vollst. Abh. I, 330. u. s. w.
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herung der Wolke. Hr. Lampadius 2 8 , dem wir hierüber die genauesten und vollständigsten Beobachtungen danken, macht daraus den, wie ich glaube, falschen Schluß, dies sey der Beweis einer häufigen negajtiven Elektricität der Wolken. I m Gegentheile, so oft das Elektrometer durch eine Wolke negativ elektrisirt wird, muß jene positiv elektrisirt seyn. Denn weil die Wolke positiv ist, aber kein Uebergang nach dem Elektrometer (wegen seiner zu geringen Anziehung) bemerkt wird, so muß die Anziehung des Elektrometers gegen die Wolke, die Anziehung gegen die eigne positive Kraft bald übertreffen; diese entweicht daher, und der Elektrometer zeigt negative Elektricität. Doch wozu soll ich die erhabenen Erscheinungen in der Natur rechnen, welche wir unter dem allgemeinen Namen eines Gewitters begreifen? Die Beantwortung dieser Frage wird minder schwer, sobald wir das Zusammengesetzte bey diesen Erscheinungen, die Art der Erregung, die Einwirkung auf die Luft und andre Umstände ganz aus den Augen verlieren, und nur das beachten, was in der Erscheinung des Blitzes rein elektrisch genannt werden muß. Uebergang der Elektricität findet unleugbar beym Blitze statt, es frägt sich aber, ob dieser Uebergang nach den Bestimmungen (S. 25.) frey oder aufgehalten genannt zu werden verdient. Da hier kein anderer Widerstand gegen den Uebergang als die Luft bemerkt werden kann, so muß ich auch den Blitz als einen freyen Uebergang nach der festgesetzten Bedeutung des Worts betrachten. Es findet daher keine Ladung in dem Sinne statt, wie wir dies Wort von der Leydner Flasche | gebrauchen. Außerdem bleiben noch mehrere mögliche Erklärungsarten übrig: Ob nämlich die Erde vielleicht als Auslader diene, und positive Wolken mit negativen entfernten verbinde? Ob die Wolken im negativen und die Erde im positiven, oder umgekehrt die Wolken im positiven und die Erde im negativen Zustand sich befinde? u. s. w. Alles kömmt hier auf Erfahrungen an, welche das Daseyn negativer Wolken beweisen. Ich glaube mit Wahrscheinlichkeit gezeigt zu haben, daß auf diesem Wege ihre Wirklichkeit noch nicht erwiesen worden, und nehme daher an, so lange keine Erfahrungen widersprechen, daß das Gewitter eine mit der bisher sogenannten geladenen Luftschicht übereinstimmende Erscheinung sey, wo die Wolken die positiv elektrisirte Fläche vorstellen. Mit Unrecht nannte man aber bisher diesen Apparat eine geladene Luftschicht; die Luft ist gar nicht der geladene Körper, denn mit einem Blasebalge kann man immerfort die Luft vertreiben, der 28
Am a. O. bey Lampadius S. 48.
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Theorie der elektrischen Erscheinungen
Ladung schadet dies wenig. H. Bohnenberger 29 zeigt aus der Vergleichung der Stärke des Funkens, daß man dieselbe ganz aus der Größe des Conduktors und der Fläche, welche ihn anzieht, herleiten könne. Die geladene Fläche wirkt hier wie der Conduktor gegen jeden Körper, der ihm (wie S. 44.) genähert wird. Die Anziehung wird gegen jenen grösser, als gegen die eigenthümliche Elektricität, die aber, | wegen der gleichmäßigen 50 Anziehung einer Fläche von beträchtlicher Größe, erst nach erlangter größerer Stärke übergeht. Daher auch die Wirkung der Elektricitäts-Verdoppler, des Condensators und Collectors, welche Erfindungen der neuern Zeiten, in mehr als einer Rücksicht, unsre Kennt niße erweiterten, so vieler Vorsicht diese Werkzeuge auch nach den besten Einrichtungen und nach so vielen eifrigen Bemühungen Bennet's31, Cavallo's32, Nicholson's33, | Volta's34 und Bohnenbergers 35 , bedürfen, wenn man sich nicht Täuschungen von mancherley Art aussetzen will. Alles beruht hier auf dem Gesetze der Anziehung, und läßt sich auf den S. 44. erklärten Fall zurückbringen, nur daß man beym Duplikator die elektrische Kraft, welche dort EF von CD erhält oder an CD abgiebt, hier nach Α bringt, also dessen Elektricität vermehrt, beym Collector hingegen die Anziehung eines | Körpers durch Annäherung zweyer Elektricität anziehender Flächen vermehrt, die aber nicht so, wie er, zum Einsaugen der Elektricität eingerichtet sind. Da der größte Theil dieser Erscheinungen bisher aus der Natur der Atmosphäre erklärt worden, von denen manche Physiker gar wunderliche Sachen zu erzählen wußten, und voll Wahrheitsgefühl den Irrenden nicht allzu höflich 36 | Weg und Steg zeigten, so muß ich wohl über Beyträge I. Stück S. 137. Man muß sich bey der Verfertigung dieser Scheiben besonders vor kleinen Erhabenheiten in der Fläche hüten. 51 Phil, transact. V. 77. 52 Phil, transact. V. 78. 35 Phil, transact. V. 78, 2. 54 Phil, transact. V. 72, 1. 55 Beschreibung verschiedener Elektricitäts-Verdoppler, Tübingen 1798. Die Veränderungen dieses thätigen Elektrikers an diesen und vielen andern elektrischen Geräthschaften sind großentheils wahre Verbesserungen, für welche ihm jeder Dank wissen muß, der das Mühsame solcher Arbeiten kennt. 36 Den Streit über die Atmosphären siehe bey Priestley: G e s c h . d e r Elekt r i c i t ä t , S. 158—165. Es giebt vielleicht keinen unschicklicheren Titel, als welchen dieses Werk führt. Allenfalls könnte man sich unter einer solchen Geschichte und gegenwärtigen Zustande der Elektricität, meteorologische Tafeln, aber sicher keine Geschichte der Elektricitäts-Lehre denken. 29
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ihr problematisches Daseyn auch mein geringes Votum ablegen. Zum Beweise dieses Daseyns führt man gewöhnlich mehrere Anzeigen an: das den Spinngeweben ähnliche Gefühl bey der Annäherung, der Geruch und Geschmack beym Einströmen in Nase und Mund, die merkliche Bewegung der Luft, und endlich, um nichts zu übergehen, die Erscheinungen selbst, die man erst durch ihre Annahme zu erklären hoffte. Das letzte Argument kann nur als Entschuldigung der Annahme dienen, und ich muß es daher dem Urtheile meiner Leser überlassen, welche Erklärungsart, die der Vertheilungs-Atmosphäre, oder diese der Anziehung, mehr Gründe für sich, | weniger Schwierigkeiten gegen sich habe. In Rücksicht der den Spinngeweben ähnlichen Berührung kann ich aber versichern, daß sie ganz allein eine Wirkung der Bewegung der Haare ist, die den Körper bedecken, welche angezogen oder anziehend, sich nach dem Conduktor emporheben; daß hingegen bey der Annäherung der flachen Hand, wo diese fehlen, keine Spur dieser Empfindung wahrzunehmen ist, ungeachtet der Mensch hier so fein fühlet. Es ist dies keine blos subjektive Wahrnehmung, keine Erfahrung, wo etwa die Macht des Gemüths durch den bloßen Vorsatz das gesunde Gefühl schwächte, sondern die Erfahrung aller, die ich darauf aufmerksam machte. Der eigenthümliche Geruch | und Geschmack, der bald schwefligt37, bald phosphorisch38 genannt worden, scheint sich nicht dadurch erklären zu lassen39, daß es bloß die Art sey, wie die Organe davon gereizt würden; denn wenn dieses Urtheil nicht mehr gelten sollte, so bliebe uns gar kein Merkmal übrig, um die Gleichheit und Verschiedenheit der Gegenstände anzugeben. Aber eben so wenig scheint dies dem, was wir Elektricität nennen, eigenthümlich zuzukommen, und dieser Geruch und Geschmack dankt vielmehr nach aller Wahrscheinlichkeit einer Luftzersetzung seinen Ursprung, durch welche | bald salpetrigte Säure, bald Ammoniakgeist erzeugt wird, (je nachdem die Körper sind, welche sie durchbricht,) eine Luftzersetzung, die zwar nicht wesentlich, aber selten zu vermeiden ist. Die lebhafte Einwirkung der Elektricität auf das Organ, und die Erhöhung seiner Thätigkeit durch dieselbe, macht diese geringe Menge riechbarer und schmeckbarer Materie auch empfindbar. Inwiefern der Versuch Priestley's40, daß atmosphärische Luft nach langem Durchschlagen des elektrischen Funkens 37 38 39 40
Bohnenberger. Westrumb im Journal der Physik. Gren's Naturlehre 1797. §. 1418. Versuche S. 220.
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unathembar gemacht wurde, und die Lackmustinktur roth färbte, H. Göttlings 41 Meinung über | die Natur dieser Gasarten bestätigt, ist hier nicht der Ort zu untersuchen. Die bewegte Luft, welche elektrisirte Körper umströmt, bleibt das einzige wahre Merkzeichen, und wenn man diese Bewegung Atmosphäre nennen will, so habe ich nichts dagegen; zugleich muß ich aber erinnern, daß sie dann nur zur Erklärung einer sehr geringen Menge von Erscheinungen gebraucht werden kann. Diese Bewegung der Luft beruht auf zwey Ursachen: einmal, und zwar gewöhnlich, ist sie das Verdrängen der elektrisirten Luftschichten durch die nicht-elektrisirten; dann aber auch der Gegendruck beym Uebergange der positiven Elektricität. Ist die Anziehung der Luft gegen einen elektrisirten leichten | und beweglichen Körper, oder im andern Falle, die Anziehung desselben gegen die umgebende Materie nicht nach allen Seiten sich gleich, so wird sich dieser Körper nothwendig nach der Seite bewegen, wohin er stärker angezogen wird, oder anzieht. In dieser Lage befindet sich das bekannte Flugrad, ein Werkzeug, bey dessen erstem Anblicke man leicht verführt wird, ihm eine gleiche Wirkungsart, wie der, von ihrem Erfinder Segner genannten, hydraulischen Maschine beyzulegen 42 . Aber die Aehnlichkeit ist nur scheinbar, immer ist die | Ursach ihrer Bewegung außer derselben, bey jener in derselben. Die Spitzen lassen nämlich aus Gründen, die nachher entwickelt werden, mehr positive Elektricität ausströmen, und ziehen sie früher ein, als Flächen. Sind die Spitzen jetzt alle nach einer Seite gekehrt, so wird die Luft dort früher elektrisirt, als die Luft auf der entgegenstehenden Seite, also zieht diese den Körper stärker an; das Rad bewegt sich daher nach der entgegengesetzten Richtung seiner Spitzen, und hat es erst seine Umdrehungen angefangen, so belebt der Schwung seinen Gang immer mehr. Aber weil die umgebende Luft die Ursache seiner Bewegung ist, so vermindert sich auch seine Bewegung, je mehr man den Raum davon | leert 45 , ungeachtet der Widerstand jetzt ungleich geringer ist, welches man durch einen andern sehr bekannten Versuch mit einem bewegten Rade leicht beweisen kann.
41 Beyträge zur Berichtigung der antiphlogistischen Chemie, I. Heft, Weimar 1794. II. Heft, ebend. 1798. 42 Wie ζ. B. Busch's Handbuch der Erfindungen VI. S. 303. wo Gehler's Wörterbuch IV. S. 9. 10. angeführt wird. 43 Hube's Briefe über die Naturlehre, I, 335. Leipz. 1793.
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Aufsuchung des Gesetzes, nach welchem die verschiedenen zu diesem Gebrauche bestimmten Werkzeuge Elektricität erregen. Die Wirkung der mannigfaltigen Werkzeuge zur Erregung der Elektricität ist gar nicht so versteckt, so zusammengesetzt und unauflöslich ihre Ursachen, als der erste Eindruck und die | Geschichte der vielen mißrathenen Verbesserungs-Versuche fürchten läßt. Wir sehen auch hier, wie bey manchen Dichterwerken, die ein leichter Geniushauch geschaffen zu haben scheint, so ängstlich indessen Theil an Theilchen aufgereiht wurde, alles erst n a c h d e m es entstanden, nicht w i e es entstand. Alles folgt dem wichtigen Gesetze (S. 21.), daß jede Veränderung der Lage auch eine Veränderung der Menge specifisch gebundener positiver Kraft sey, und das ganze Kunststück der Erfindung einer Elektrisirmaschine besteht darin, einen Körper abwechselnd in zwey Lagen zu versetzen: in eine, wo er viel Elektricität anziehen oder verlieren kann; in eine andere, wo diese ihm von einem andern entrissen | und gesammelt wird 44 . Bey den gewöhnlichen Elektrisirmaschinen ist Glas dieser Körper, den man durch Umdrehung in diese beiden Lagen versetzt. Das Reibzeug ist als Leiter dazu geschickt, durch den Glaskörper eines Theils seiner | Elektricität beraubt zu werden. Dieser verläßt es darauf schnell, und kommt in die umgebende Luft, deren Elektricität er jetzt anzieht, die ihm aber wegen ihrer ungleichen Anziehung nicht mitgetheilt wird; dessen ungeachtet wird seine Anziehung gegen die schon gebundene so geschwächt, daß die Metallspitzen des Conduktors sie ihm entreißen. Reibung ist hier gar nicht wirksam, im Gegentheile erhitzt sie das Glas und macht es lei-
44 Eine merkwürdige neue Methode, Elektricität zu erregen, finde ich bey B r e s s y s u r l ' e l e c t r i c i t e d e l ' e a u ( a P a r i s l ' a n 5 . ) p. 5 — 8. Er erregte in dem in gläsernen oder porcellanenen Gefäßen stehenden Wasser, durch Umrühren desselben mit einer metallenen Kette, einen nicht unbeträchtlichen Grad von Elektricität. Am stärksten war die Elektricität, wenn die Außenseite des Wassergefäßes mit Metall belegt war. Die Erklärung dieser Erscheinung ist sehr leicht nach dem erwähnten Gesetze. Auch hier kömmt das Wasser nach und nach in allen seinen Theilen mit einem Körper von ganz verschiedener Anziehung in Berührung; sein elektrisirter Zustand wird daher verändert, und die belegte Außenseite verrichtet dann gleiche Dienste wie bey der Leydner Flasche.
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tend; aber diese Reibung kann auch nicht vermieden werden, denn mit je mehr Theilen das Glas in Berührung kommt, desto mehr kann es anziehen. Hieraus folgt, daß breite Reibkissen zwar nicht mehr wirken könnten als schmale, wenn beide das Glas in allen Punkten berührten, daß | sie aber dadurch einen Vorzug erhalten, weil dies bey schmalen Kissen nicht der Fall seyn kann, das Amalgama 45 mag so eben seyn, wie nur immer möglich. Zugleich erklärt sich die Nothwendigkeit, das Reibezeug stark anzuschrauben und nicht zu isoliren. Leicht läßt sich nun auch die Nothwendigkeit der schnellen Umdrehung und des Taftüberschlags erklären, denn beide dienen dazu, daß die angezogene Elektricität nicht zurüc kjfließe; jene, damit sie nicht nach dem Kissen, dieses, damit es nicht nach der Rückseite des Kissens, welche denn negativ gegen das Glas ist, überströme. Ein anderer Fall muß nothwendig eintreten, wenn Glas, statt an einem gewöhnlichen Reibzeuge durch ein flüssiges Metall, wie Quecksilber, bewegt wird, das ihm nicht adhärirt, wo folglich immer eine Luftschicht zwischen ihnen ist. Es tritt hier derselbe Fall, wie bey der geladenen Luftschicht, ein, das Glas wird seiner Elektricität beraubt, und Uebergang kann wegen der Schnelligkeit des Umdrehens nicht erfolgen, wenn es daher wieder an die Luft kommt, so ist es negativ. Dieses trifft bey den Marumschen 46 1 Quecksilbermaschinen ein, die dem Glase ohne Ausnahme eine negative Elektricität mittheilen. Bey rauh geschliffenem Glase, welches mit einem festen Körper gerieben wird, tritt wiederum derselbe Fall ein; hier wird ebenfalls nur ein geringer Theil der Oberfläche von dem Leiter berührt, zwischen dem größeren ist eine Luftschicht, und das rauh geschliffene Glas wird daher negativ am gewöhnlichen Reibkissen elektrisirt, im Quecksilber hingegen, weil dieses weder dem einen, noch dem andern adhärirt, eine dem gewöhnlichen Glase gleiche Elektricität haben. Das Elektrophor wirkt zugleich als Elektrisirmaschine und als Leydner Flasche, doch wie gewöhnlich, wenn man zweyerley zugleich | treiben will, genügt es keiner von beiden Obliegenheiten 45 Ich habe mehrere Versuche über die vorzüglichste Art des Amalgama gemacht. Musivgold fand ich unter den verschiedenen Vorschlägen am schädlichsten, es gab geringere Elektricität und bedeckte bald die Wachsklappen, so wie es sich auch in die Vertiefungen des Glases einsetzte. Zinnober, so wie wir ihn gewöhnlich kaufen, versuchte ich zuletzt, und dieser that ganz vorzügliche Wirkung, die Funken waren beträchtlich länger und wirksamer, als bey dem Gebrauche des Kienmeyerschen. 46 Abhandl. über das Elektrisiren, Uebers. Gotha 1777. S. 2 6 - 5 1 .
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1799 ganz. Ist es ein Harzkuchen, wie m a n jetzt fast allein noch findet, so vermindert m a n die Elektricität desselben durch Andrücken oder Schlagen m i t einem Fuchsbalge, der Kuchen wird negativ. Dieser Harzkuchen liegt in einer metallenen Schüssel, er zieht daher die positive Kraft derselben an. Diese darf folglich nicht isolirt seyn, denn dann könnte sich keine positive Kraft darin sammeln, und er würde seinen Zweck nicht erfüllen. Aber der Kuchen darf nicht zu dick seyn, denn auch hier v e r m e h r t sich die Anziehung im u m g e k e h r t e n Verhältniß des Quadrats der Entfernungen. Nur aus der gänzlichen Vernachlässigung der letzten Regel | läßt sich die geringe W i r k u n g der meisten Elektrophore erklären, welche ihre Größe und den Aufwand an Material lächerlich macht. Auf den Kuchen legt m a n einen Metalldeckel, der isolirt aufgehoben werden kann. Sobald dieser aufgelegt ist, zieht der Kuchen seine positive Kraft an; da aber der Harz ein Nichtleiter ist, so findet nur ein geringer Uebergang statt. Seine positive Kraft ist daher so lange von dem Kuchen angezogen, als er darauf liegt; entfernt m a n ihn isolirt, so ist seine Elektricität 0; berührt m a n ihn aber, während er darauf lag, so zieht seine Anziehung positive Kraft an; entfernt m a n ihn dann vom Kuchen, so ist er, wegen der befreyten positiven Kraft, auch positiv elektrisirt. Berührt m a n erst | die Schüssel und dann ihn, so findet ein aufgehaltener Uebergang der in der Schüssel angehäuften Elektricität nach dem negativen Deckel statt, nicht weil dieser überhaupt negativ, sondern weil er eben so n a h e oder näher dem anziehenden Kuchen ist, er also angezogen wird, aber weniger positive Kraft enthält. M a n empfindet deswegen eine Erschütterung. Deckel und Schüssel wirken nicht m e h r auf einander, n i m m t m a n aber dann den Deckel isolirt ab, so findet m a n ihn sehr stark positiv elektrisirt. Alle übrige Erscheinungen am Elektrophor lassen sich ohne Zwang aus dem Gesagten erklären, ich übergehe sie daher. Eine ganz neue G a t t u n g von Elektricitäts-Erregern bietet sich uns n u n noch in den verschiedenen chemischen Veränderungen dar, welche Körper erleiden. Indessen ist diese Gattung noch zu neu, zu a r m an Beobachtungen und von zu großem Umfange, u m jetzt schon m i t Zuversicht ihr Gesetze geben zu können; Vermuthungen darüber sind leicht ausgefertigt, aber w e m ist m i t Vermuthungen gedient?
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Bemerkungen über Cohärenz, Anziehung, Krystallisation und Wärme. Ehe ich meinen Lesern den übrigen Theil der Theorie vorlege, werde ich sie einige Augenblicke bey der Erörterung von Begriffen aufhalten, deren Gebrauch und Mißbrauch gleich oft vorkommt; einige derselben stehen mit jenem Theile in enger Verbindung, die entbehrliche Zugabe andrer Bemerkungen muß ich zu entschuldigen bitten. Zuerst wünschte ich auf den wahren Unterschied zwischen der allgemeinen Anziehung und der chemischen Anziehung, welche als Ursach der chemischen Veränderungen aller Körper gedacht wird, aufmerksam machen zu können. Bey beiden finden wir freylich dieselbe Kraft, die Anziehung wirksam, doch bey jener wirkt sie allein, bey dieser gleichzeitig mit der Repulsivkraft; die Erscheinungen, welche beiden zugeschrieben werden, veranlaßt dieselbe Anziehung, aber durch diese ihre Folgen ist sie in beiden Fällen | verschieden; jene verursacht Näherung, wenn kein größerer Widerstand stattfindet, die letztere Auflösung oder Veränderung der specifischen Dichtigkeit beider Körper, jene kann folglich wirken und doch die ihr zukommende Wirkung der Näherung des angezogenen Körpers nicht haben, da hingegen die letztere durch jenes Prädikat (der Auflösung) allein bestimmt wird, folglich ohne dasselbe nie stattfindet. Daher ist angebliche chemische Verwandtschaft, wo keine Auflösung stattfindet, ein Mißbrauch des Worts, der aber insbesondere bey französischen Schriftstellern47 sehr gewöhn|lich ist. In allen solchen Fällen gebrauchen sie chemische Anziehung, um die besondre specifische Anziehung zweyer Körper, die auf irgend eine Art der allgemeinen Anziehung, welche das Produkt unendlich vieler specifischen Anziehungen ist, wie bey den Haarröhrchen, entgegenwirkt. So lange man dieses nicht bemerkte, und, durch den falschen Begriff der chemischen Anziehung verleitet, Cohärenz als eine Wirkung der Anziehung allein48 betrachtete, so konnte | die Physik nicht 47 Als Beyspiel will ich Hassenfratz anführen, der in den A n n a l . de C h i m i e 9 8 . Ν . 3 . , indem er von einer Wirkung der specifischen Anziefhung spricht, sagt: Q u e c e t t e v a r i a t i o n de p r e s e n t e u r est o c c a s i o n n e e p o u r l ' a f f i n i t e d u c o r p s a p e s e r p o u r le l i q u i d e d a n s l e q u e l on le p e s e . 48 Fischers physikalisches Wörterbuch I, 598. » E s muß nothwendig eine Ursache daseyn, welche die Materie auf eine bestimmte Gränze | beschränkt, und diese nennt m a n die Cohärenzkraft, ihre Wirkung die Cohesion.« Dies nothwendige Begränzen ist aber die einzige Ursach, weswegen wir eine Anziehungskraft der
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ohne eine besondre Schwerkraft auskommen, die H. Gren 49 wirklich annahm. Η. P. Fischer tadelte ihn zwar deswegen, aber ohne ihn zu verbessern, da er, statt die Sache zu eijklären, einen Wortunterschied 50 machte. Der Begriff von Cohärenz ist indessen für den Dynamiker gar kein so unauflöslicher Knoten, als die Atomisten wähnen. Im Gegentheile glaube ich, daß es für sie eine Fallbrücke war, von der sie in ein Meer von Lächerlichkeiten (man erinnere sich der Haken und Oesen einiger Atomisten, des krummen Falls der Atomen nach Epikur u. a. m.) gestürzt wurden, und durch ihren Fall das schlummernde Nachdenken weckten. Doch muß sich der Dynamiker in allen | Fällen hüten, Anziehungs- und Cohärenzkraft als gleichsinnig zu gebrauchen, da Mißverstand und Widerspruch sonst unvermeidlich wären. Unter Cohärenz versteht man die Eigenschaft eines Körpers, der Veränderung des bestimmten Raumes, den er erfüllt, zu widerstehen. Einen b e s t i m m t e n R a u m erfüllt aber nur der Körper, welcher bestimmte Gränzen sich gesetzt hat, nicht von andern erhält, oder der fest (im Gegensatze von flüssig) ist. Die Kraft, welche einen Raum erfüllt, nennen wir Repulsivkraft, die Kraft, welche die Repulsivkraft auf einen bestimmten R a u m begränzt, Attractivkraft. Die Aeußerungen der Cohärenz sind daher der Widerstand, welchen die auf einen bestimmten Raum durch Attractiv(kraft eingeschränkte Repulsivkraft, der Veränderung desselben, oder der Veränderung in der Richtung ihrer Wirkung entgegensetzt. Wird die Cohärenz an einem Orte überwunden, so erhält die Repulsivkraft eine neue Richtung, und durch die Attractivkraft eine neue Gränze. Diese ist der B r u c h . Hätte blos Anziehung in der Berührung, wie H. Fischer behauptet, jene Cohärenz hervorgebracht, so wäre es genug, u m jenen Zusammenhang wieder herzustellen, beide Körper einander in diesem Bruche berühren zu lassen. Berührten sich dann auch nur die Hälfte der abgerissenen Stellen, so müßte die Cohärenz wenigstens halb so groß seyn. Aber nein, nur Materie beylegen müssen. (S. Kant's metaphysische Anfangsgr. der Naturw. S. 53. 54.) Mithin ist diese Cohärenzkraft und Anziehungskraft ganz einerley, Cohärenz und Adhärenz folglich gar nicht verschieden. 49 Grundriß der Chemie, Halle 1796. §. 17. »Die drey Grundkräfte der Materie sind Schwerkraft,. Cohärenzkraft oder anziehende Kraft, und Expansivkraft oder abstoßende Kraft.« 50 Fischers physical. Wörterbuch, I. S. 162. »Ich werde beständig Anziehung in der Entfernung bloß Anziehung, hingegen Anziehung in der Berührung in den gehörigen Fällen Adhäsion und Cohäsion nennen.«
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Vermehrung der Repulsivkraft an dieser Seite, (durch | Wärme) kann diese Begrenzung der Repulsivkraft durch die Attractivkraft aufgehoben und der Repulsivkraft ihre alte Richtung wiedergegeben werden. D u r c h b r e c h u n g ist demnach der gelungene Versuch, Cohärenz zu überwinden; B e u g u n g in einen Winkel und D e h n u n g nach gerader Linie der gelungene Versuch, der Cohärenz eine andere Richtung zu geben. E l a s t i s c h e Z u r ü c k z i e h u n g ist im Gegentheile der mißlungene Versuch, der Cohärenz eine andre Richtung zu geben, d. h. Aufhebung der Dehnung oder Beugung durch die Cohärenz. Ein flüssiger Körper ist verschiebbar, er setzt sich folglich keine bestimmte Gränzen, hat keine Cohärenz, ist folglich weder elastisch, noch brüchig oder beugsam. Ganz verschieden | von Elasticität ist Compressibilität; diese ist die Eigenschaft der repulsiven Kraft, auf einen bestimmten Raum eingeschränkt zu werden. Compressibel ist daher nur die Materie, welche durch sich selbst noch nicht in bestimmten Gränzen eingeschlossen ist, folglich ist nur die flüssige Materie compressibel. Compressibilität steht demnach der Elasticität eben so entgegen, wie Cohärenz der Verschiebbarkeit. Was Cohärenz hat, ist nicht verschiebbar; was elastisch ist, nicht compressibel; was compressibel ist, nicht elastisch. Wesentlich verschieden von der Cohärenz ist die Adhärenz; sie bezeichnet allein die Anziehung, in so fern dieselbe in der Berührung gedacht wird. Damit sie aber wahrnehmbar ist, müssen | die verschiedenen materiellen Substanzen in der Welt eine verschiedene specifische Anziehung haben. Die Adhärenz ist folglich Wirkung der Anziehung, die Cohärenz nur ohne sie nicht möglich. Nach der Feststellung dieser Begriffe läßt sich vielleicht einiges Licht über die Bildung fester Körper in flüssigen, oder über die in der Natur so allgemein wirkende Krystallisation verbreiten. Hr. Link 51 war, wenn ich nicht irre, der erste und einzige unter den Dynamikern, welcher bey der Erklärung dieser merkwürdigen Erscheinungen verweilte. Er erklärt alles aus einem gewissen Krystallisationstriebe, dem man freylich nach | Gefallen Wirkungen aufbürden kann, ohne in einen Widerspruch zu verfallen. Doch gesteht er selbst, daß dadurch die Erscheinung nur bezeichnet, nicht erklärt werde; daß aber dadurch, wie er hofft, falsche Erklärungen wenigstens abgehalten werden, kann ich nur in sofern zugeben, als dadurch alle Versuche zur weitern Erklärung zurückgeschreckt werden möchten. — Der Beweis, daß jede 51
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gleichartige materielle Substanz, wenn sie verschiebbar52 ist, und keine stärkere | gegenwirkende Kraft es hindert, die Kugelgestalt annehmen müsse, macht keine Schwierigkeit; er folgt unmittelbar aus dem Begriffe einer attractiven Kraft und | der Beschaffenheit der Kugel, einer Masse unter allen Formen die kleinste Oberfläche zu geben. Aber auch die Krystallen sind von gleichartiger Materie, und wajren verschiebbar, und doch findet man n i e die Kugelgestalt unter denselben. Die ekkigte Gestalt der Krystallen ist daher ein Zwang von außen; ein Zwang, unter welchem allein das Daseyn und Werden aller Krystalle mit dem Daseyn jedes einzelnen bestehen konnte. Die ersten festen Theile bilden sich da in einer Flüssigkeit, wo zuerst die Wärme, welche die Materie flüssig machte, entwich. Diese entweicht aber nicht an diesem Orte allein, sondern nach allen Seiten; es bildet sich daher in der Flüssigkeit nicht Ein fester Körper, sondern viele, und diese vergrößern sich immer mehr, bis die Anziehung eines andern Orts, wo nun die Wärme leichter entweicht, die Anziehung dieses Krystalls übertrifft. Sphäjrische Krystalle sind nie denkbar, weil dazu erfordert würde, daß die Flüssigkeit durch ihre ganze Masse in gleich weit entfernten Punkten auch gleich erkaltete. In diesem Falle würde auch der äußere Zwang Kugelkrystalle hervorbringen, aber dieser Fall ist 52 Verschiebbar sind alle die Substanzen, bey denen die Attractivkraft nicht das Uebergewicht hat. Ein Recensent in der allgem. Litteraturzeitung (1798. Dec. Ν. 380.) macht dagegen folgenden Einwurf: »Recensent findet bey der Darstellung, daß Adhäsionskraft und Exjpansivkraft die Form aller Körper bestimmen, die Schwierigkeit, daß dieser Lehre zufolge ein jeder tropfbarer Körper im Vacuo der Luftpumpe augenblicklich bey dem geringsten Zusätze von Wärme in einen gasförmigen verwandelt werden müsse.« Dieser Einwurf verliert indessen seine ganze Kraft, sobald man bedenkt, daß das Wasser, wenn es auch in geringer Menge ist, nie g e m e i n s c h a f t l i c h Wärme bindet, sondern daß nur immer die Wasserabtheilungen, welche der Wärme am nächsten sind, die folglich die größte Anziehung zu derselben haben, in eine luftförmige Flüssigkeit verwandelt werden können. Daher die Verdunstung des Wassers unter der Luftpumpe zwar schneller, aber doch nicht augenblicklich, selbst bey der stärksten Hitze, vor sich gehen kann. Da ferner die Anziehung einen gewissen Grad erreicht haben muß, ehe eine chemische Verbindung zwischen dem Wasser und der Wärme möglich ist, so ist zu diesem Gebrauche nicht etwa eine geringe, sondern eine beträchtliche Wärme nöthig. Ungeachtet jener Einwurf, wie ich gezeigt zu haben glaube, die dynamische Vorstellungsart nicht trifft, so hat er doch gegen die Meinung einiger Physiker (ζ. B. Lavoisier t r a i t e e l e m e n t , de C h i m i e I. p. 8.), als wenn wir nur durch den Druck der Atmosphäre tropfbar flüssige Körper hätten, sein volles Gewicht.
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nicht möglich. In welchem Verhältnisse die Anziehung der gesättigten krystallisirenden Flüssigkeiten für Wärme, und ihre Form zu ihrem Eigengewichte und ihrem Krystallisationswasser stehen, müssen erst Versuche lehren. Alle Krystallisationen waren aber ohne vorhergehende Auflösung nicht möglich; es wird daher gut seyn, nicht bey dem Worte, chemische Durchdringung, stehen zu bleiben, damit es nicht zum bloßen Bilde herabsinke, sondern das zu erklären, was eigentlich dabey vorgeht. Ist nämlich die Anziehung eines Körpers, gegen die Repulsivkraft eines andern so stark, daß sie die Anziehung des andern gegen dieselbe, und die Anziehung gegen die eigne gebundene Repulsivkraft übertrifft, so werden die repulsiven Kräfte beider frey, und diese werden nun entweder gleichförmig von der attractiven Kraft beider gebunden, oder die attractiven Kräfte tauschen einander aus, und trennen sich zu zweyen neuen Körpern, von denen der eine an Repulsivkraft gewonnen, der andre verlohren hat. Dies ist Auflösung; die einzelnen Fälle bey derselben kann ich, nach dieser Vorstellungsart, hier nicht durchgehen; genug, die Körper, welche aus | den Auflösungen hervorgehen, haben gleiches Recht wie die Körper, aus denen sie zusammengesetzt worden, auf den Titel Element, welchen der Chemiker indessen nur denen bewilligen kann, die er nicht mehr zusammenzusetzen vermag. Aus der nothwendigen Mitwirkung der Repulsivkraft folgt auch, daß ihre Entfernung null seyn muß, weil diese nie aus der Entfernung wirken kann, ungeachtet aus der Entfernung auf sie gewirkt, d. h. sie angezogen wird. Eben so nothwendig ist es, daß einer von beiden Körpern flüssig sey, da zwey Negationen einander unmöglich aufheben können. Bey den Materien muß nun zwar immer die Anziehung des einen Körpers die Anziehung des andern übertreffen, um sich zu | einer materiellen Substanz zu vereinigen; bey der freyen Repulsivkraft wird aber ein andrer Fall eintreten. Hier ist es genug, daß ein Körper Anziehung hat, um dieselbe auch wirklich an sich zu ziehen. Ist sie aber, wie immer in der Natur, von einem Körper schon gebunden, so muß der Körper, welcher sie ihm entreißen soll, ebenfalls stärkere Anziehung als jener haben. Auch hier werden drey Fälle eintreten; einer, wo die Anziehung gegen die schon gebundene Repulsivkraft die Anziehung gegen jene übertrifft, und dies ist bey den elektrischen Erscheinungen im engern Sinne der Fall, weswegen auch keine Veränderung an den Körpern dadurch hervorgebracht wird; oder wo die Anziehung gegen die | übergehende Repulsivkraft der Anziehung gegen die eigne Repulsivkraft gleich ist, (in diesem Falle findet 29
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Schmelzung 5 3 , Vermehrung 5 4 des Volums der Gasarten, welches sich wieder verliert, Thermometersteigen 5 5 u. s. w. statt,) oder wo dieselbe sie übertrifft, und dann bemerkt man Entkalkung 5 6 , Bildung 57 von Gasarten, salpetrigter Geruch u. a. dgl. Die Elektricität wirkt in allen d i e s e n Fällen ganz wie die Wärme; ich kann daher, selbst den vorsichtigen Neutonischen Regeln gemäß, auch bey der Wärme auf gleiche Ursach, auf die vermehrte Repulsivkraft schließen. Ausgedehnt (das heißt nicht, ausgedehnt durch eine Anhäufung einer gewissen Materie, wie ζ. B. Holz durch Wasser, sondern durch Veränderung der Qualität einer Materie, durch das veränderte Verhältniß der Grundkraft, oder Vermehrung der Repulsivkraft,) und erwärmt, ist in der Erfahrung durchaus einerley 58 , nach je|nem Erklärungsgrunde ist es auch der Theorie nach gleichbedeutend. Die Wärme wirkt folglich chemisch und zwar immer, aber deswegen ist sie selbst noch nicht Materie. Ungeachtet sie oft aus der Zersetzung irgend einer Materie entstanden, so ist sie doch nicht selbst Materie, eben so wenig wie sie bloß die Bewegung 5 9 seyn kann, welche ein Erfolg der in Thätigkeit gesetzten Kräfte ist; vielmehr ist sie selbst diese Kraft, und wo sie chemisch wirkt, da ist Erwärmung 6 0 . Billig muß | ich hier die Frage beantworten: wodurch sich die Erwärmung von der positiven Elektrisirung der Theorie nach unterscheide? Warum die Wärme nicht zuweilen eben so, ohne die Körper ihrer Qualität nach zu verändern, 35 Marum's Beschreibung einer großen Elektrisirmaschine und der Versuche, Leipz. 1786. I. S. 39. II. Leipz. 1788. S. 4 - 1 3 . 54 Ibid. II. S. 3 9 - 4 3 . 55 Marum's Aufsatz in Gren's neuem Journale der Physik III. Band S. 1—17. Beschreibung u. s. w. III. Heft, Leipz. 1798. S. 19-27. 56 Ibid. I. Heft S. 37. 57 Ibid. III. Heft S. 31. und 29. II. Heft S. 28. A n n a l e s de C h i m i e 1798. N. 80. p. 161. 58 Indem wir einen Körper warm, unserm Gefühle nach, nennen, so erkälten wir ihn eigentlich, denn das, was uns auf dieses Urtheil führt, diese Wärme rauben wir ihm. 59 Scherer's Nachträge zu den Grundzügen der neuen chemischen Theorie, S. 287. Jena 1796. 60 Sie selbst ist folglich kein Gegenstand des Chemikers, aber ihre Wirkung ist für ihn höchst wichtig, und sie macht ihn in dieser Rücksicht vom Physiker abhängig. Vergebens | ist daher das Bestreben der Chemiker in neuern Zeiten, dieses Joch abzuschütteln und eine eigene Wärmematerie einzuführen; kein Glied der Facultäten muß sich etwas vergeben, so wenig wie die Facultäten gegen einander.
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doch von ihnen gebunden werde? Dies folgt aber aus dem sehr deutlichen Satze, daß man die repulsive Kraft dann nur Wärme nenne, wenn sie mit einem Körper chemisch gebunden gewesen und diesem entzogen wird, diesem aber nur in sofern entzogen werden kann, als ein anderer Körper | sie in seine Mischung aufnimmt. Dagegen kann sie auch als Elektricität wirken, so bald die attractive Kraft ihr geraubt wird; und irre ich nicht, so ist dies bey den Zersetzungen der Fall, welche einem Gewitter vorhergehen. Die repulsive Kraft hingegen, so wie ich sie bey der Elektricität bestimmt habe, braucht zwar nicht mit Erwärmung zu wirken, kann es aber, sobald die Anziehung gegen dieselbe stark genug ist. Nachdem jetzt die Meinung ganz verworfen ist, als wenn bey der positiven Elektrisirung eines Körpers diese von jenem chemisch gebunden werde, so ist es leicht, mehrere Erscheinungen zu erklären. Warum ζ. B. das Innere eines | Conduktors nicht elektrisirt 61 wird, und warum es ohne Einfluß ist, ob er leer, oder mit Holze gefüllt u. s. w. ist. Da keine chemische Durchdringung stattfinden kann, so betrachte man den Durchschnitt irgend eines metallnen Cylinders, so wird, dem zweyten Gesetze gemäß, der Punkt Β (Fig. 5.) unter der Oberfläche immer schwächere Anziehung gegen die Elektricität haben, als jeder Punkt Α in der Oberfläche; unmöglich wird daher die Elektricität den Ort, wo sie am stärksten angezogen wird, mit je|nem, wo die Anziehung ungleich schwächer ist, vertauschen. Mehrere haben das frühere Einströmen in Spitzen in Vergleich mit Flächen, aus gleicher Ursache abzuleiten gesucht. Dieses beruht aber ganz allein auf der Unmöglichkeit eines ganz freyen Uebergangs der Elektricität. Die Fläche zieht viel, die Spitze nur wenig Elektricität an; der Funke hat daher bey jener ungleich mehr Widerstand bey gleicher Entfernung zu überwinden. Um bey der Fläche den Uebergang möglich zu machen, muß die Anziehung verstärkt, die Entfernung verringert werden. Eben so geht auch die Elektricität eher aus einer Spitze, als aus einer Fläche über, weil der anziehende Körper hier weniger Anziehung zu überwinden hat. Daraus ist ebenfalls das stärkere Ausströmen der Elektricität aus 61 Coulomb's Abhandlungen über Elektricität im Auszuge, in Gren's neuem Journale der Physik, III. S. 59. Er ist der erste Entdecker dieser Eigenschaft, und sucht sie aus der Repulsion des natürlichen ihnen zukommenden Fluidi zu erklären.
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Spitzen an die umgebende Materie zu erklären, indem hier weniger Anziehung, als bey einer Fläche zu überwinden ist. Bey einer negativen Elektrisirung der Spitze kömmt es hingegen daher, weil es auf die größte Menge von Luft 62 wirkt, und ihm wegen seiner größeren Anziehung mehr positive Kraft entziehen kann.
Zusammenstellung der vorgetragenen Theorie mit der Franklinischen und Dualistischen. Da ich unmöglich die ganze Zahl der einzelnen elektrischen Erfahrungen, welche Zufall, Fleiß und Scharfsinn in so vielen Jahren sammelte, mit einem Kommentar begleiten konnte, aber durch eine Ableitung der Hauptversuche aus allgemeinen Gesetzen die Lücke einigermaßen ausgefüllt zu haben glaube, so fordert doch die leichte Uebersicht dieser Versuche zur Urbarmachung einiger sehr verwachsenen Stellen, sie durch Umzäunungen von den Arbeiten der Nachbarn zu trennen. Franklin 65 nahm eine, Symmer 64 zwey elektrische Materien an. Ich nehme gar keine Materie, sondern die beiden Kräfte, durch welche erst Materie constituirt wird, als Ursach der elektrischen Erscheinungen an, und halte sie dem gemäß für keine chemische Processe, durch Ich will hier eine Erfahrung nachtragen, welche ich während des Drucks in H. Schmidt's physisch-mathematischen Abhandl. (Gießen 93. S. 163.) finde, und eigentlich zu S. +6. gehört. Er hat nämlich an einer sehr empfindlichen Wage geladene Glasplatten und Flaschen immer um einige Richtpfennige leichter gefunden. Die Unrichtigkeit des Schlusses, welchen er (S. 190.) daraus macht: daß die Elektricität die Anhänglichkeit der Luft an die Oberfläche, und eben dadurch das Gewicht der Körper vermindern, ist sowohl in der Rücksicht falsch, | als wenn die Anziehung zwischen Luft und dem zu wägenden Körper sein Gewicht vermehre; dann aber auch in der Annahme, daß die Anziehung der Luft gegen einen Körper durch Elektrisirung vermindert werde. Den Gegengrund für die letzte Behauptung enthält meine Theorie, die erste werde ich an einem andern Orte widerlegen. 65 Franklins sämmtliche Werke, übersetzt von Wetzel, I. Theil. Dresden 1780. 64 Phil, transact. Vol. LI. I. 62
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welche Veränderungen in der Qualität der Materie gemacht werden müssen, sondern, wo diese eintreten, sind sie nur zufällig. Unstreitig übertrifft | die Symmersche Meinung alle andre in der Leichtigkeit, 102 mit welcher sie Erklärungen von a l l e m geben kann, aber leider durch einen Kunstgriff, der nicht schwer dem Erfinder, aber, bey einer weiteren Ausdehnung, der Wissenschaft sehr schwer hätte fallen können. Man nahm hier zwey Materien an, ohne irgend einen haltbaren Beweis 65 ihres Daseyns geben zu können; man nahm Materien an, so viele jeder wollte und welche man wollte, indem alle Eigenschaften, Gesetze, welche ihr zukamen, nach dem jedesmaligen Bedürfnisse bestimmt wurden. Daher folgten ihr auch nur | wenig Physiker von 103 Ansehen, Franklin's Name siegte überall. Den letzteren Fehler in der Gesetzgebung hat indessen auch die Franklinische Theorie mit ihr gemein; zwar ist hier die größte Mäßigkeit in der Annahme hypothetischer Materien beobachtet, aber die Gesetze folgen eben so wenig aus der Natur dieser Materie, und doch sind sie zum Theil so wunderbar, daß es nicht zum verwundern ist, daß jeder änderte, ohne daß einer etwas verdarb. Die Gesetze, welche ich aufstellte, folgen unmittelbar aus der Hypothese, und diese Hypothese muß umgekehrt wahr seyn, sobald jene Gesetze sich bestätigen. Man betrachte endlich so manches Gesetz der andern Systeme, das wichtigste | Gesetz der Vertheilung unter andern, ob man nicht einen 104 Wortunterschied zur Erklärung eines Sachunterschiedes gebraucht. Denn angenommen, daß wirklich die elektrische Materie, welche auf der einen Seite der Flasche angehäuft wird, die Elektricität der anderen Seite austreiben könne; nun wohl, warum setzt sie sich dann nicht in ihre Stelle, statt zu warten, bis eine weitläuftige Leitung sie verbindet?
Uebrigens ist die Repulsion und Attraction der Dualisten und Fran30 klinianer von der ganz verschieden, welche ich durch diese Worte bezeichnete. Bey jenen war die Repulsion in der elektrischen Materie
65 Morgan sagt in seinen Vorlesungen über Elektricität, Leipz. 1798. S. 9. die elektrischen Erscheinungen müßten von etwas Körperlichem herrühren, weil sie viele Körper durchbohre.
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1799 105 des positiv elektrisirten Körpers | wirksam 6 6 ; bey m i r kann sie nur i m U e b e r g a n g e durch Zerreißen, Zersprengen u. s. w. wirken, sonst ist sie stets gebunden. Bey den Franklinianern war es unbestimmt, ob die 106 Anziehung nach ato|mistischer oder nach dynamischer Vorstellungsart betrachtet werden sollte; bey den Dualisten hingegen war die Anzie- 5 h u n g chemische Wahlverwandtschaft. D a s Unzulängliche mancher ihrer Erklärungen erkannten beide Parteyen, die Schüler S y m m e r s , wie die Schüler Franklins. Franklin selbst redet oft von den M ä n g e l n seiner Erklärungen, von d e m Beschränkten in der Erkenntniß; wer erkennt darin nicht den großen 10 Mann? Durch Geist und Schule scharfsichtig, durch Welthändel vorsichtig, hob er den Schleier empor, ohne zu rufen: Seht doch das Licht! Statt aller weiteren Vergleichung, wo doch vielleicht falsche Ansicht 107 und Eigenliebe einfließen könnte, setze ich das | Verglichene selbst her, so wie es sein Geist uns darstellt; die wenigen Verbesserungen seiner 15 Nachfolger wird der geneigte Leser ohne m e i n e E r i n n e r u n g hinzu fügen. S y m m e r h i n g e g e n m a g in d e m systematischen G e w ä n d e Kratzensteins auftreten, der viel für ihn that, ohne d a m i t zu prahlen.
Franklin's Theorie. Seite 48. D i e elektrische Materie besteht aus sehr feinen Theilen, und 20 diese sind in allen Körpern verbreitet. Seite 94. Wird aber e i n e m Körper m e h r Elektricität zugeführt, als i h m wesentlich ist, so legt sich dieselbe auf seiner Oberfläche an, und bildet eine Atmosphäre.
Aepini tentamen theoriae electricitatis et magnet, etc. p. 19. C u m vero sup- 25 ponatur status naturalis adesse, corpus A tantam praecise comprehendit fluidi copiam, cui retinendae vis attractiva par est, unde tota in particulam (fluidi electrici) actio a—r = 0. Concipiamus jam accedere ad fluidum in corpore contentum, quacunque hoc fiat ratione, certam quandam ipsius quantitatem, uniformiter per totum corpus distributam, quae fit ad quantitatem fluidi naturalem, uti a ad Q , 30 (Q ^ a ) r eritque t u m repulsio particulae B = — , unde j a m particula Β attrahetur versus 66
corpus A , v i = a—r A trahit, =
ar
. C u m autem fit a—r = 0 , erit vis, quae particulam Β versus ^
ar
, sive particula Β a corpore A ν i = — repelletur.
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S. 95. Die Gestalt der elektrischen Atmosphäre richtet sich nach 108 dem Körper, den sie umgiebt 6 7 . Dieses ist der Zustand eines positiv elektrisirten Körpers. Wird hingegen ein Theil des natürlichen Vorraths von der elektrisehen Materie aus dem Stücke herausgezogen, so kann der Rückstand 68 den Körper nicht mehr erfüllen, es entsteht negative Elektricität. S. 115. Glas und andre selbstelektrische Körper ziehen die Elektricität am | stärksten an, und besitzen davon die größte Menge; Harz und 109 andere Körper im Gegentheile enthalten weniger davon, und lassen sich dieselbe leicht rauben. S. 118. Das Glas hat immer gleichviel Elektricität; wird aber die eine Seite desselben mehr damit erfüllt, so stößt dasselbe die Elektricität der andern Seite ab. Soweit Franklin; ich will als Beylage noch die gewöhnliche Erklärungsart der Leydner 6 9 Flasche hinzu fügen. Es wird hier erst das Gesetz aufgestellt, jeder elektrisirte Körper errege in denjenigen Körpern, die in seinen Wirkungskreis kommen, in diesem Wirkungskreise eine der seinigen entgegengesetzte Elektricität. | Zweytens das Gesetz, 110 dünne Nichtleiter hielten zwar nicht diese Vertheilung, wohl aber die Mittheilung auf. Ist nun die innere Belegung einer Flasche positiv elektrisirt, sagen sie, so stößt sie die Elektricität der äußeren nach dem ersten Gesetze ab; verbindet man sie durch einen Leiter, so theilt die innere der äußeren Belegung ihren Ueberfluß mit.
Kratzenstein's Darstellung des Dualismus 70 . S. 164. Die Elektricität ist die Eigenschaft verschiedener Körper, vermöge welcher sie unter gewissen Umständen leichte Körper an sich ziehen, wieder von sich stoßen und Funken geben.
67 Aepinus weicht den Worten nach hierin von seinem Lehrer ab; aber da es ohne 30 Einfluß auf die Erklärung ist, so waren die Streitigkeiten darüber fast ohne Nutzen. 68 S. 93. Ich übergehe hier Franklins atomistische Vorstellung von den Dreyekken. 69 Gren's Naturlehre §. 1348. 35 70 Kr. Vorlesungen über die Experimentalphysik, Kopenhagen 1787.
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1. Satz. Die elektrische Kraft rühret von einem Dunstkreise her, welcher aus feinen Theilen des Acidi und des Phlogistons, oder der elementarischen Kohlenerde, bestehet, welche aus den für sich elektrisirten Körpern durchs Reiben oder eine andre schütternde Bewegung herausgetrieben, und dadurch selbst in eine zitternde oder oscil- 5 lirende Bewegung gesetzt worden sind. Dieser Dunstkreis wird durch die abstoßende Kraft der Oscillationen in seine zwey Elemente, Acidum und Phlogiston, abgeschieden, wovon sich das eine vermöge seiner allgemeinen anziehenden Kraft nach seiner besondern Verwandtschaft (die vom Zusammenpassen der Theile entsteht) an den reiben- 10 112 den, das andre an den anliegenden Kör|per (Conductor) hänget, und an ihnen, wenn sie isolirt ist, einen elektrischen Dunstkreis erwecket, der nahe am Körper dichter, weiter davon dünner, und überall in einer wellenförmigen Bewegung ist. 2. Satz. Wenn einem nicht selbst elektrischen Körper die Elektricität 15 mitgetheilt werden soll, so muß solcher mit selbstelektrischen, als Glas, Harz, Schwefel u. s. w., begränzt seyn. S. 169. Durch die Annäherung eines leitenden unelektrischen Körpers werden aus dem elektrischen Dunstkreise Funken hervorgelockt, indem sich der ganze elektrische Dunstkreis dahin bewegt, sich daselbst 20 113 concentrirt, aus dem eingetauchten Körper das ihm fehlende | elektrische Element aussauget, und sich damit in einen Funken vereinigt. S. 171. 3. Satz. Wenn polirtes Glas und Harz gerieben werden, so entstehen in jedem dieser geriebenen Körper elektrische Atmosphären, von verschiedener Art. Jene zeigt in Leitern sich in langen leuchten- 25 den Schweifen, da hingegen diese nur leuchtende Sterne zeigt. Hieraus wird wahrscheinlich, daß die gläserne die acide, und die harzigte die phlogistische Elektricität sey, weil die acide das zum Leuchten gehörige Phlogiston, nicht aber die phlogistische das dazu gehörige Acidum in der Luft antrifft. 30 S. 172. 4. Satz. Bey der Erregung der Electricität entstehen beide 114 zugleich. Beide müssen sich an verschiedenen Körjp ern von einander abscheiden können, wenn eine oder beide ihre Wirkung zeigen sollen. Seite 173. 5. Satz. Man kann nämlich ein jedes dieser Elemente als elastisch und zur Ausbreitung über Körper fähig ansehen; vereinigen 35 sie sich aber beide, so gelangen beide zur Ruhe.
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S. 173. 6. Satz. Die Mittheilung der Elektricität an die Conduktoren geschieht also nicht sowohl durch eine Ergießung der von Elektris ausgestoßenen Materie über dieselben, sondern durch Aussaugen der freundschaftlichen Elektricität aus ihren Zwischenräumen, wodurch 5 die friedliche zur Ausbreitung über den Conduktor veranlaßt wird. S. 178. 7. Satz. Auf gleiche Art wird der elektrische Funken hervor- 115 gebracht, indem durch das Eintauchen eines unelektrischen oder freundschaftlichen elektrisirten Körpers in den dichteren Theil der Atmosphäre das Acidum des einen Theils das Phlogiston aus dem 10 andern an sich ziehet und sich mit ihm unter Bildung eines Funkens vereinigt.
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Einer von diesen beiden lassen sich fast alle die Theorien zugesellen, welche man in höchst mannigfaltiger Gestalt vor Franklin und Symmer und nach ihnen aufgestellt hat; alle nehmen entweder eine oder zwey Materien an, ihre Verschiedenheit ist nur gering, die Erklärungsart unterscheidet sie fast gar nicht. | Nollets 71 Erklärungen müssen 116 billig davon ausgenommen werden; seine Annahme der entgegengesetzten Aus- und Zuströmungen ward indessen wegen der scharfsinnigen Ausführung mehr bewundert als geglaubt. Er erlebte nicht viel Gutes an seinen Schülern, wie man dies an den Anmerkungen des D. Krünitz zu Priestley's Geschichte deutlich erkennen kann. In Absicht der chemischen Zusammensetzung der vermeinten elektrischen Materien, haben sich mehrere Schriftsteller neuerer Zeit der Kratzensteinischen Hypothese mehr angenähert. Lavoisier 7 2 | bemerkte in einer 117 seiner kleineren Schriften: »daß er künftig einmal von den Gründen Rechenschaft geben werde, welche ihn zu glauben bewegten, daß die elektrischen Erscheinungen, welche wir wahrnehmen, nur ein Erfolg der Zerlegung der L u f t seyn möchten, bey welcher die L u f t den elektrischen Stoff eben so liefere, wie sie, nach seiner Meinung, den Stoff des Feuers und des Lichts bey der gewöhnlichen Verbrennung liefert.« Lavoisier führte diesen Gedanken nicht weiter aus; H. Scherer 75 und H. Schelling 74 suchten diese Annahme durch Gründe zu befestigen
71 Traite de la cause et des phenomenes de l'electricite, ä Paris 1740. Legons de Physique, Tom. VI. 35 72 L. kleine Schriften, III. 270. Greifsw. 1785. 73 Scherer's Nachträge S. 492. 74 Schelling's Ideen zur Philosophie der Natur, Lpz. 97. Ebend. von der Weltseele, 1 lamb. 98.
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118 und I näher zu bestimmen. D e L u c und L a m p a d i u s 7 5 suchten schon zu beweisen, die elektrische Materie sey zusammengesetzt aus einer ponderablen Basis und e i n e m fortleitenden Fluido i h r e m Feuer. Hr. Schelling stellt als ausgemacht auf 7 6 : I.
daß die elektrische Materie ein zusammengesetztes F l u i d u m ,
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II. ein Produkt der L i c h t m a t e r i e und einer andern f ü r jetzt noch unbekannten M a t e r i e sey, und III. daß die beiden Elektricitäten sich durch ihre ponderablen Basen reel unterscheiden, d. h. durch das quantitätische Verhältniß ihrer ponderablen Basen zum Licht 7 7 .
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Hr. Achard 7 8 machte auf die Aehnlichkeit zwischen Elektricität und
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W ä r m e a u f m e r k s a m ; Hr. Schelling hat darauf folgendes Gesetz gegründet: IV. Von zween Körpern wird nur derjenige negativ elektrisch, der die größte Verwandtschaft zum Sauerstoff hat 79 .
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V. W i e eine chemische Zersetzung der L e b e n s l u f t die P h ä n o m e n e des Verbrennens bewirkt, so bewirkt eine mechanische Zerleg u n g derselben die P h ä n o m e n e der Elektricität 8 0 . 120
I n d e m ich dies f ü n f t e Gesetz mit dem dritten verglich, suchte ich nach, w i e die mechanische Z e r l e g u n g , oder eigentlich Trennung, eine 20 Veränderung in der Qualität jener Materien oder ihrer chemischen M i s c h u n g hervorbringen könne; ich habe aber keine E r l ä u t e r u n g gefunden, welche ich m e i n e n L e s e r n mittheilen könnte. Soviel von T h e o r i e e n , Gesetzen und Hypothesen, vielleicht zu viel 25 schon. Von dem, w a s ich darüber dachte, trenne ich m i c h m i t der Ueberzeugung, die alte B a h n wenigstens gebrochen zu haben, w e n n gleich die B e e n d i g u n g des neuen Weges m i r vielleicht nicht ertheilt
121 war. D i e lose V e r k n ü p f u n g zwischen den | einzelnen Abschnitten wird der geneigte L e s e r durch die E r i n n e r u n g entschuldigen, daß ich hier 30 die Elektricitätslehre nicht abhandeln, kein B u c h schreiben, sondern nur m e i n e B e m e r k u n g e n als A b h a n d l u n g über die Elektricität i h m Ueber Elektricität und Wärme. Von der Weltseele, S. 90. 77 Ebendas. S. 91. 35 78 Memoires de l'academie de Prusse 1779. Achards Sammlung physikalischer und chymischer Abhandlungen, Berl. 1784. S. 141—144. 79 Schellings Ideen S. 56. 80 Ebendas. S. 57. 7ό 76
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mittheilen wollte. Ordnung gefällt, wenn v i e l zu ordnen ist; wenn ich aber beym Mangel in der Hütte des Armen die Ordnung eines Prachtzimmers antreffe, so freue ich mich zwar über den glücklich beschränkten Sinn, der selbst in der geringen Habe eine Menge sucht, die ohne bestimmte Anordnung nicht würde übersehen werden können; halte aber diesen seinen Zustand für den angemessensten, da er sonst über die Anordnung sein ganzes Vermögen übersehen würde. Und | nicht bloß einzelne Forscher können über die Freude der einge- 122 führten Ordnung und Einheit die nöthigen Ausbesserungen übersehen, ganze Wissenschaften selbst könnten leicht durch den Lehrbuchszuschnitt einschrumpfen. Ein gutes Mittel dagegen wäre unleugbar eine Zeitschrift, welche ununterbrochen nicht bloß darstellte, was wir in den Wissenschaften überhaupt, und insbesondre in der Naturwissenschaft, zulernen, sondern auch das, was wir wissen und nicht wissen, also die Data und Agenda in der Physik. Wenn ich Data in der Physik annehme, so verstehe ich darunter weder Euklidische Data, noch Geschichts-Data, beide sind hier noch zu gewiß; es soll nur das bezeichnen, was man bis|h er gefunden, erobert und befestigt zu haben g l a u b - 123 t e. Nun wird es sich natürlich gar oft finden, daß die eine oder die andre Erfahrung, oder eine unvermuthete Frage des Scepticismus, in der Physik manche Data unter die Agenda zurück-, oder vielmehr vorschiebt, da die Agenda zwar nicht unsern Wissensschatz bereichern, aber uns die Hoffnung einer mit Erfolg belohnten Thätigkeit darbieten, welche mehr als zwey solche Schätze aufwiegt.
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Erste Beilage. Beschreibung einiger neuen Elektrometer. Nur mit Widerstreben haben sich endlich die Physiker von ihren hohen Erwartungen herabstimmen lassen, für jede Veränderung in den 30 Körpern und ihren Eigenschaften und Verhalten gegen einander jetzt schon einen sicheren Maaßstab zu haben. Nicht alles ist meßbar, aber noch ungleich weniger läßt sich abgesondert von fremdem Einflüsse messen; das Wenigste endlich ist wirklich schon gemessen. Barometer, Manometer, Thermometer, Hygrometer u. s. w. durchkreuzen sich ge35 genseitig, der Physiker schüttelt dazu den Kopf, aber die Natur geht 39
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ihren stillen Gang fort. Doch wird auch der Physiker endlich dem 125 Ziele sich nähern, alle | Einwirkungen der Körper und ihre Veränderungen trennen und messen zu lernen, so wie der Annäherung zu dieser Aufgabe die Physik wenigstens einen großen Theil ihrer Fortschritte schuldig ist. Auch die Elektricität sollte ihre Meßwerkzeuge haben; es wurden viele Versuche dazu gemacht, abwechselnd, scharfsinnig und mit Glück. Dessen ungeachtet betrachtete man die Elektricität in allen diesen Fällen nie als Materie, wofür man sie doch ausgab; immer beachtete man nur die Entfernung zweyer leichten gleich elektrisirten Körper von einander durch eine dieser Materie eigene abstoßende Kraft; nie wog man sie. Η. P. Gren81 sagt mit Recht 126 von den meisten, »daß sie | höchstens dazu dienten, ohngefähr zu beurtheilen, ob die Elektricität stärker oder schwächer sey, als eine andre; aber nicht, wie stark sie sey.« Ich will meine Anforderungen an ein Elektrometer hier angeben: Anziehung und dadurch veränderte Lage des Elektrometers ohne merkliche Aenderung des Zustande seiner Elektricität, d. h. ohne Mittheilung fremder, und ohne Entfernung der eignen Elektricität wegen der stärkern Anziehung gegen die Elektricität eines andern Körpers (der Franklinianer Vertheilung), zweytens so wenig wie möglich fremder Einfluß andrer Materien auf den Elektricität-messenden Körper. Aus dem ersten Grunde, wegen der Mit127 theilung, sind alle die Elektrometer, welche | durch Mittheilung wirken, also weder Canton's, Henly's, Cavallo's, noch Coulomb's Elektrometer zu billigen, alle geben immer nur den Unterschied zwischen der Elektricität der Luft, in welcher wir elektrisiren, und zwischen dem Körper, den wir untersuchen, an. Durch das Elektrometer, welches ich meinen Lesern vorlegen werde, habe ich diesen Forderungen mich zu nähern gesucht, da die vollkommene Erfüllung derselben dadurch unmöglich wird, weil kein Körper in der Natur vollkommen isolirt. 1) Das ganze Werkzeug ist aus Glas verfertigt und hat etwa zwey Fuß Höhe. Es steht auf einem Kreuze von Glas; a b ist länger (etwa 1V2 128 Fuß groß) und mit | einem Maaßstabe versehen, um die Entfernung von Gegenständen zu messen. Die Glasstange f b hält die Glasplatte g h i , an welcher auf einem Glaskeile bey Α das Meßwerkzeug aufgehängt ist. A C ist eine dünne Glasstange, welcher der eingedrückte Teller C D und diesem die Kugel Ε angeschmolzen ist. Diese Kugel ist 81
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eigentlich das, was anzieht, indem es während der Verfertigung, noch glühend, nach Art einer gemachten Art von Perlen, mit einer Mischung von Zink und Zinn, von I n n e n dünn überzogen und dann genau zugeschmolzen ist. Diese Kugel darf nicht zu dünn von Glase seyn, sonst läßt das Glas Elektricität durchschlüpfen, und eben durch diesen Glasüberzug soll alle Mittheilung der Elektrizität an dem an- 129 ziehenden Körper vermieden werden. Diese Glaskugel zieht den positiv elektrisirten Körper an, oder wird von dem negativ elektrisirten angezogen; ist dieser fest, so nähert sie sich ihm, und macht mit der senkrechten Linie A B einen Winkel, welcher durch den Gradbogen EF gemessen wird. Mittheilung ist dabey geringe, Entfernung der eignen positiven Kraft wegen der geringen Breite der Kugel und ihrer zehnzölligen Isolirung ganz unmöglich. Der eingedrückte Teller dient dazu, ihn bey stärkeren Graden der Elektricität mit Gewichten zu beschweren, diese müssen aber nothwendig von Glas und sehr genau seyn. Das Gewicht dieser addirt zu dem sehr genau bestimmten Gewichte des | Elektrometers A E , und multiplicirt mit dem Sinus des 130 Abstands-Winkels Β A C , zeigt die jedesmalige Stärke der Elektricität. Der Einfluß des Manometerstandes ist wegen der geringen Größe der Kugel Ε so gering, daß er nicht bestimmbar, der Einfluß des Thermometerstandes fast null. 2) Wünscht man ein sehr empfindliches Elektroskop von ähnlicher Einrichtung, so lasse man eine kleine Kugel von jener Art an einem fein gesponnenen Glashaare Im (Fig. VII.) aufhängen und an A befestigen. So entspricht dieses ganz der Erwartung; noch empfindlicher sind indessen zwey an einem Glasteller aufgehängte Glashaare ab und bc. 3) Wünscht man ein Vergleichungs-Elektrometer zu zwey Körpern, 131 welches ungesäumt wirkt, diese Körper mögen positiv, oder positiv und negativ, oder negativ seyn, so lasse man zwey nach der oben beschriebenen Art gefüllte, gleich schwere Glaskugeln Α und Β (Fig. VIII.) einer Glasstange ab anschmelzen, diese befestige man in der Mitte an einem seidenen Faden, welcher durch eine runde Scheibe DE geht, welche in Grade getheilt ist, so fallen beide Mittelpunkte auf einander und beide stehen horizontal. Durch zwey bey i und k eingesteckte Glasstifte wird A B auf den Anfang der Grade festgehalten; haben dann beide Körper, deren Elektricität ich vergleichen will, ihren gehörigen Stand, so werden diese | leise herausgezogen, und der Winkel 132 der Näherung der einen von beiden Kugeln zeigt die Uebermacht dieses elektrisirten Körpers. 41
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Zweyte Beilage. Unterschied zwischen Schall, Ton und Klang, als Erläuterung zu S. 81. W e n n m a n j e n e B e m e r k u n g e n ü b e r Elasticität u n d C o m p r e s s i b i l i t ä t m i t d e m vergleicht, w a s Euler 8 2 , F u n k 8 3 u n d C h l a d n i 8 4 über die T ö n e
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133 der B l a s i n s t r u m e n t e s a g e n , so f i n d e t m a n einen Widerjspruch in der B e h a u p t u n g , daß ein compressibler Körper, w i e die L u f t , elastische S c h w i n g u n g e n m a c h e n könne; u n d W i d e r s p r u c h , der zwar o h n e weiteren E i n f l u ß a u f die T h e o r i e ist, aber doch eine g e n a u e r e B e t r a c h t u n g verdient. — Vermehrt sich der D r u c k a u f die L u f t in u n s e r m Gehöror- io g a n e m i t einer g e w i s s e n S c h n e l l i g k e i t u n d m i t einer g e w i s s e n S t ä r k e , wird sie d a h e r m e h r z u s a m m e n g e d r ü c k t , oder v e r m i n d e r t sich unter g l e i c h e n B e d i n g u n g e n der D r u c k a u f dieselbe, d e h n t sie sich d a h e r in einen größeren R a u m aus; so e r h a l t e n wir den E i n d r u c k , w e l c h e n wir Schall
n e n n e n . D i e B e s t i m m u n g dieser g e w i s s e n N o r m a l s c h n e l l i g - 15
keit u n d S t ä r k e g e h ö r t nicht hieher; ich m e r k e n u r in R ü c k s i c h t jener 134 an, daß d a s | a l l m ä l i g e s c h w a c h e A u s p u m p e n a u s einer Glocke, e i n e m d a r i n e i n g e s c h l o s s e n e n O h r e noch k e i n e n Schall hervorbringt, d a hing e g e n d a s O e f f n e n einer kleinen l u f t l e e r e n K u g e l m i t s t a r k e m S c h a l l e v e r b u n d e n ist; daß in R ü c k s i c h t der S t ä r k e ein Orkan, welcher die L u f t 20 50 F u ß weit in einer S e k u n d e in B e w e g u n g setzt, noch nicht stark g e n u g ist; daß h i n g e g e n ein starker Schall in einer S e k u n d e e i n e E n t f e r n u n g v o n 1040 Fuß 8 5 zurücklegt. E b e n so g i e b t es g e w i s s e G r e n z e n a u c h in der S c h n e l l i g k e i t u n d Stärke; ist ein Ton zu schnell, so wird er undeutlich; ist er zu stark, so zerstört er d a s O r g a n . W i r d ein S c h a l l v o n 25 135 b e s t i m m t e r F ü l l e u n d S c h n e l l i g k e i t g e d a c h t , so n e n n e n | wir ihn Ton. D e r Ton zerfällt w i e d e r u m in Ton i m e n g e r n S i n n e u n d in K l a n g . T ö n e i m e n g e r n S i n n e b r i n g e n wir d u r c h u n s r e S t i m m e , a u f Blasins t r u m e n t e n u. a. hervor; sie b e s t e h n g e w ö h n l i c h in einer durch L ä n g e u n d F o r m der I n s t r u m e n t e b e s t i m m t e n S c h n e l l i g k e i t u n d F ü l l e , m i t 30 welcher die Z u s a m m e n d r ü c k u n g
i m O h r e geschieht, ihren
Unter-
schied v o n d e n K l ä n g e n w i r d der Verfolg lehren. D a s Wesentliche bey der Elasticität b e s t a n d n a c h S. 81. in der W i r k u n g der Cohärenz, d e n 82 85 8+ 85
Euleri tentamen theoriae novae Musicae c. I. §. 34. Funk de sono et tono Comment. II. Lipsiae 1782. Chladni über Longitudinalschwingungen, Erfurt 1796. S. 11. Nach den Versuchen des Major Müller.
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Versuch, ihr eine andre Richtung zu geben, durch Zurückziehung aufzuheben. Diese Zurückziehung ist aber ohne Geschwindigkeit nicht möglich. Die Geschwindigkeit ist der Kraft der Zurückziehung gleich, welche sie | hervorbrachte; diese ist wiederum der Kraft, welche der Cohärenz entgegen wirkte, also der Kraft, welche die Bewegung versuchte, gleich. Die Geschwindigkeit treibt folglich den elastischen Körper nach der andern Seite gleich weit, und so würde die Schwingung eines elastischen Körpers ohne Widerstand von außen unendlich seyn. In unserm Gehörorgane ist ein elastischer Körper, das Trommelfell (tympanum), ausgespannt, dieser wird beym Schalle durch das schnelle Ausdehnen oder Zusammendrücken der äußern L u f t nach einer Seite gebeugt, folglich in solche Schwingungen versetzt. Die Kraft, mit welcher die L u f t zusammengedrückt oder ausgedehnt wird, bestimmt die Stärke und | die Schnelligkeit dieser Schwingungen, also auch die Unterschiede der Töne. Werden zwey Töne zugleich angegeben, so sind sie entweder von gleicher Fülle und Schnelligkeit, oder von ungleicher; im ersten Falle nehmen wir keinen Unterschied wahr, wir halten sie für gleich 86 ; im zweyten Falle nehmen wir einen Unterschied wahr, und wir nennen sie dann entweder Consonanzen oder Dissonanzen. Consonanzen sind es, wenn die doppelte Schwingung, in welche durch beide Töne das Gehörorgan gesetzt worden, während seiner ganzen Dauer in gleichem Verhältnisse bleibt; Dissonanz dagegen, | wenn sich dies bey jeder Dauer der Schwingung ändern muß, also überhaupt als ein gegenseitiges Verhältniß beider gegen einander, und wenn hier das Mannigfaltige nicht zur Einheit vereinigt werden kann. Auch zur Wahrnehmung einer Consonanz und Dissonanz gehört eine Normaldauer. Der Unterschied zwischen einem Tone im engern Sinne und einem Klange liegt nun darin, daß der letzte der Ton ist, welcher durch die Bewegung eines elastischen schwingenden Körpers hervorgebracht wird. Der Klang besteht also in der Schwingung eines Körpers außer unserm Gehörorgane, nach eben dem Gesetze, nach welchem jenes in eine Schwingung versetzt werden kann. Ist endlich die Schwingung eines | elastischen Körpers so schnell, daß die L u f t (der zwar Verschiebbarkeit, aber nicht höchste Verschiebbarkeit, d. h. die Eigenschaft, gar keinen Widerstand dabey zu leisten, zugeeignet werden kann,) sich nicht verschiebt, sondern nach beiden Seiten des 86 Auch die ähnlichsten, gleichgestimmten Instrumente können sich einer solchen Gleichheit nur nähern.
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1799 S c h w u n g e s zurückgedrängt wird, u n d nach der Stelle, welche der Körp e r v e r l a s s e n hat, sich a u s d e h n t , so treten b e i d e U r s a c h e n d e s Schalles, Z u s a m m e n d r ü c k u n g u n d A u s d e h n u n g , ein. E s ist also B e d i n g u n g z u m K l a n g e , daß die S c h w i n g u n g nicht zu l a n g s a m sey; zu schnell d ü r f e n sie aber a u c h nicht seyn, weil d a s Gesetz, w e l c h e s die Z a h l der S c h w i n -
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g u n g e n b e s t i m m t , auch auf das G e w i c h t der Saite, u n d auf die Kraft, 140 w e l c h e s i e a n s p a n n t , R ü c k s i c h t | n i m m t 8 7 , j e n e s a b e r n i c h t z u g e r i n g e seyn kann, u m das Zerreißen abzuhalten. Eine Consonanz findet n u n zwischen z w e y K l ä n g e n statt, w e n n das Verhältniß der Z a h l ihrer beid e r s e i t i g e n S c h w i n g u n g e n w ä h r e n d d e r g a n z e n D a u e r d e s K l a n g e s i m - 10 m e r dasselbe bleibt, also ein Verhältniß w a h r g e n o m m e n w e r d e n kann; das Gegentheil davon, oder die U n m ö g l i c h k e i t hierin ein Verhältniß w a h r z u n e h m e n , u n d dieses M a n n i g f a l t i g e zur E i n h e i t zu
verbinden,
141 g i e b t d i e D i s s o n a n z . D i e s e E r k l ä r u n g d e s V e r g n ü g e n s a n C o n j s o n a n z e n m u ß m a n n i c h t m i t d e r g e w ö h n l i c h e n o d e r E u l e r s c h e n 8 8 v e r w e c h s e l n , 15 welcher das V e r g n ü g e n in die leichte Einsicht des b e s t i m m t e n
Ver-
h ä l t n i s s e s setzt, w e l c h e s z w i s c h e n der Z a h l der S c h w i n g u n g e n
ver-
schiedener S a i t e n stattfindet, d e n n g e g e n diese lassen sich sehr
ge-
gründete E i n w ü r f e m a c h e n . E s erklärt sich aus d e m Gesagten, w a r u m 142 e i n S t r e i c h | i n s t r u m e n t , b e s o n d e r s m i t d ü n n e n S a i t e n , w o d i e S c h w i n - 20 g u n g e n schnell sind, d e m u n g e ü b t e n O h r e so w e n i g V e r g n ü g e n
ge-
währt; d e n n e b e n das Z u s a m m e n g e s e t z t e in der B e w e g u n g , in welche die S c h w i n g u n g d e s s e l b e n u n s e r O h r versetzt, m a c h t es schwerer, in Vergleich m i t den Blasinstrumenten hier Verhältniß
wahrzunehmen.
D a r u m i s t d e r K l a n g d e r V i o l i n e d e m u n k u l t i v i r t e n M e n s c h e n u n d 25 T h i e r e n so widerlich; d a r u m ü b e r r a s c h t u n s selbst b e y h ö h e r e n T ö n e n d e r s e l b e n ein g e w i s s e r S c h a u e r , der sich besser f ü h l e n als b e s c h r e i b e n läßt, u n d m i t d e m S c h a u e r der F u r c h t w e g e n einer plötzlich drohen-
Euleri tentamen theoriae Musicae, Petrop. 1789. Est scilicet in qualibet chorda numerus vibrationum eodem tempore editarum, ut radix quadrata ex pondere 30 tendente diviso et per pondus chordae et per ejus longitudinem. p. 7. 88 Euleri tentamen theor. Mus. p. 31. Piacent itaque ea, in quibus ordinem, qui inest, percipimus. Eulers Briefe über verschiedene Gegenstände der Naturlehre, übersetzt von Kries. I. Leipz. 1792. S. 21. »Bey der Octave ist unstreitig nach dem Unisono der simpelste Fall, wo man das Verhältniß in den beiden Reihen von 35 Punkten sehr leicht entdecken kann; und eben so ist es auch mit den beiden Tönen beschaffen, welche durch diese Punkte bezeichnet werden; der eine wird noch einmal so viele Schwingungen machen, welches s c h ö n e Verhältniß das Ohr leicht bemerken wird.« 87
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Theorie der elektrischen Erscheinungen
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den und gleich wiederum verschwindenden Gefahr Aehnlichkeit hat. Ich glaube, daß nichts mehr die Natuijanlage der Griechen für Kunst verräth, als ihr früher Geschmack, den sie den Saiteninstrumenten abgewinnen konnten; doch kam ihnen hier freylich die unförmliche Dicke der Saiten in jenen Zeiten zu statten. Es folgt daraus, daß die Feinheit des Hörorgans dem Musiker eben so nothwendig, wie der leichte gelenkige Körper dem Tänzer seyn müsse; dadurch tritt die Musik in die Reihe aller der Künste, die zu ihrer Erfindung der äußern Sinne bedürfen, und unterscheidet sich ganz von der Dichtkunst, die, von der Phantasie gezeugt, ihr allein tönt. Ich eile nach diesen Erklärungen zu der Anwendung jener Sätze (Seite 81.), welche mich zur Aufstellung derselben veranlaßten. D a zu der Hervorbringung | des Klanges eine elastische Schwingung erfordert wird, so sind alle klingende Körper elastisch; da zu jeder Schallfortpflanzung fortgesetzte, verminderte oder vermehrte Zusammendrükkung des Mediums in unserm Hörorgane erfordert wird, so muß jede schall-leitende Materie compressibel seyn. Es findet daher durch feste Körper keine Fortleitung des Schalles statt, sondern diese klingen dann selbst. Hr. P. Wünsch 89 hat ganz richtig vermuthet, daß die Schnelligkeit, mit der ein Schall an einem festen Körjper, der an seiner entferntesten Seite angeschlagen wird, auf der andern Seite gehört wird, unendlich sey. Daß er sich aber des Wortes Fortpflanzung bediente, war unrecht; denn die Holzlatte wurde durch den Schlag selbst in eine schwingende Bewegung versetzt, und bey einem elastischen Körper kann kein Theil schwingen, ohne die übrigen in Schwingung zu setzen. Betrachtet man seine Versuche unter diesem Gesichtspunkte, so lehren sie zwar nichts Neues, aber auch nichts Unwahres; denn, wenn hier die Schnelligkeit einer Fortpflanzung des Schalles hätte gesucht werden sollen, so war freylich, nach H. Chladni 90 Be|merkung, der Versuch etwas zu eingeschränkt. Ein Schall kann nur dadurch jenseits eines festen Körpers wahrgenommen werden, daß entweder die zusammengedrückte Flüssigkeit denselben durchdringt, oder er selbst durch den Anstoß derselben in eine Schwingung versetzt wird.
89 Wünsch's Nachricht von einem Versuche, welcher lehret, daß der Schall durch 35 feste elastische Körper unendlich geschwind, oder doch eben so geschwind als das Licht sich bewegt. S. S a m m l u n g der deutschen Schriften, welche in der kön. Akademie der Wissenschaften vorgelesen worden, Berlin 1793. S. 187. 90 Voigt's Magazin für den neuesten Zustand der Naturkunde, Jena 1797. I. S. 14.
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Beschreibung des von H. Hassenfratz verbesserten Ramsdenschen Areometers.1
Dieses Instrument, so wie es Ramsden einrichtete, 2 bestand in einer kleinen Schnellwage aus Messing. Auf dem längern Arme wird nach 5 159 Art | der römischen Wagen ein bestimmtes Gewicht nach Willkühr verschoben; an den andern ist eine mit Quecksilber gefüllte Glaskugel an einem Pferdehaare aufgehängt. Diese Kugel wird in die Flüssigkeiten eingetaucht, und man schließt aus dem Gewichtsverluste, den sie in denselben erleidet, auf die specifische Schwere der Flüssigkeiten. 10 So bequem dieses Werkzeug zur Bestimmung des specifischen Gewichts der Flüssigkeiten war, so reichte man doch damit für das specifische Gewicht fester Körper nicht aus, deren Gewichtsunterschiede zu beträchtlich sind, als daß man durch das Verschieben des Gewichts, welches bei leichtern hinlängliche Genauigkeit gab, auch bei schwe 15 rern die gehörige Schärfe in der Bestimmung hätte erhalten sollen. U m dieses zu bewerkstelligen, bringt H. Hassenfratz auf dem längern Arme der Wage zwei Gewichte Α und Β , Taf. III, Fig. 7, an, die 1 A n n a l e s d e C h y m i e , An 6, N o . 76, 77, 80, T r o i s M e m o i r e s de H a s s e n f r a t z de l ' a r e o m e t r i e . Diese Abhandlungen machen den Anfang einer 20 vollständigen Arbeit über Areometer, die Hassenfratz in sieben Memoiren zu vollenden denkt. Das erste enthält die allgemeine Theorie, in der wir eben nichts Neues, eher manchen kleinen Mißverstand gefunden haben, und die Beschreibung des verbesserten Ramsdenschen Areometers; das zweite, die Beschreibung verschiedener Senkwagen; das dritte, vierte und fünfte, Methoden, besser eingetheilte 25 Senkwagen für Soole, Säuren und Weingeist zu bilden; das sechste und siebente, Vergleichungen der gebräuchlichen mit diesen verbesserten Eintheilungen, und eine leichte Art, diese Eintheilungen aufzutragen. Ein Mitarbeiter hat das Neue aus diesen etwas weitschweifigen Abhandlungen kurz ausgezogen, und diese Beschreibung macht davon den Anfang. d. H. 30 2 Es ist unter andern beschrieben im J ο u r η a 1 de P h y s i q u e , An 1792, J u i n .
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Beschreibung des Ramsdenschen Areometers
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sich beide für sich verschieben lassen, und von denen das eine durch seine Stellung Grammen, (gleich 18,841 Grän,) das andere Centigram men, (gleich Vs Grän,) angiebt. Man bringt auf dem Arme, nach Gefallen, entweder für jedes der beiden Gewichte eine besondere, oder für beide eine gemeinschaftliche Eintheilung an. Das Grammengewicht | stellt man auf einen der Theilstriche, dem Gleichgewichte so 160 nahe wie möglich, und bewirkt dieses dann vollends durch die Stellung des Centigrammengewichts, so daß beide vereint das Gewicht des abzuwiegenden Körpers in Grammen und Centigrammen angeben. An das Ende des kleinen Arms wird, an einem sehr dünnen Drahte von Platin, der Körper, dessen Gewicht man wissen will, aufgehängt. Ungeachtet die Wassermasse, welche dieser Draht verdrängt, wenn er eingetaucht wird, sehr geringe ist, so kann man doch selbst diesen geringen Verlust, durch das Verschieben eines kleinen Hütchens C, ersetzen. Nach dieser Einrichtung dient das Werkzeug, welches weder zerbrechlich, noch durch eine Menge feiner Gewichte beim Gebrauche und auf Reisen beschwerlich ist, zugleich als Wage des absoluten und des specifischen Gewichts der Körper. In ein Kästchen gepackt, kann man es in der Tasche tragen; und statt des langen Glasbechers, der bei andern Senkwagen nöthig ist, dient ein gewöhnliches Trinkglas. Diese Wage mit einer Eintheilung nach dem neuen Grammen- und nach dem alten Markgewichte kostet bei F e r r a t , I n g e n i e u r , en I n s t r u | m e n s de m a t h e m a t i q u e s in Paris, achtzehn Franken, de- 161 ren jeder einen L i v r e t o u r n o i s gilt. Sie kann auch sehr leicht zur Bestimmung des specifischen Gewichts der Flüssigkeiten eingerichtet werden, wenn man an den Platindraht eine mit Quecksilber beschwerte Glaskugel hängt. Da aber hier wiederum die Unannehmlichkeit des leichten Zerbrechens eintritt, so werden diejenigen, welche an physikalische Geräthschaften etwas wenden können, wohl thun, sich eine hohle Kugel von einem Metalle, wie Gold und Platin, das nicht leicht verkalkt wird, verfertigen zu lassen, oder wenigstens eine hohle vergoldete Metallkugel, die sich durch einen Ausguß mit Harz oder einem ähnlichen Stoffe leicht gegen Beulen schützen läßt.
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Zusatz des Herausgebers. Bei diesem Gebrauche, zur Bestimmung des specifischen Gewichts der Flüssigkeiten, hat das Ramsdensche Areometer vor den gewöhnlichen Senkwagen den großen Vorzug, dass sich darauf ohne Schwierigkeit eine gleich getheilte Scale reißen läßt, die sogleich das specifische Gewicht jeder Flüssigkeit, in welche die Kugel getaucht wird, angiebt, indeß eine solche Scale bei den gewöhnlichen Senkwagen, nach 162 B e a u m e ' s Art, aus ungleichen | Theilen besteht, die aufzutragen, mühsam und unsicher ist. Soll es eine a l l g e m e i n e S e n k w a g e , für jede Art von Flüssigkeit werden, so ist das Instrument so einzurichten, daß, wenn die Kugel in destillirtes Regenwasser getaucht wird, der Ort der Läufer so ziemlich in der Mitte des längern Armes liegt, so daß die Läufer sich für specifisch schwerere Flüssigkeiten nach dem Ruhepunkte zu, für specifisch leichtere von dem Ruhepunkte ab, gehörig weit verschieben lassen. Mit dem größern Läufer läßt sich ζ. B. die Veränderung des specifischen Gewichts bis auf Fünfhundertel, mit dem kleinern bis auf Tausendel anzeigen. Will man das Areometer zu einer Senkwage für Mischungen zweier bestimmter Flüssigkeiten, ζ. B. zu einer S o o l w a g e oder einem A l k o h o l o m e t e r , einrichten, und verlangt dabei nicht, bis über Hundertel hinaus zu gehen: so reicht man mit dem einen Läufer Α aus, der so einzurichten ist, daß er, bei der Soolwage, am äußern Ende des Arms geschoben, die Metallkugel, in destillirtes Regenwasser getaucht, gleich wiegt, unweit des Drehpunkts hingegen der Metallkugel, wenn sie in die stärkste Soole versenkt wird, das Gleichgewicht hält; bei dem Alkoholometer umgekehrt. Hat man den Ort des Läufers in beiden Lagen genau bemerkt, und es ist ζ. B. das specifische Gewicht geschwängerter Soole 1,21, oder des reinsten Weingeistes 0,79; so hat man nur den gefundenen Fundamentalabstand, sowohl bei der Soolals bei der Weingeistwage, in 21 gleiche Theile zu theilen, und dabei, vom Orte des Läufers für destillirtes Wasser an, (bei welchem 1 zu 163 stehen kommt,) nach | dem Ruhepunkte zu, die Zahlen 1,01, 1,02 u. s. f., vom Ruhepunkte abwärts 0,99, 0,98 u. s. w. zu setzen, um eine Sool- oder Branntweinwage zu erhalten, die sogleich die specifischen Gewichte jeder Soole oder jedes Weingeistes, folglich mittelbar auch die Antheile von Salz und Wasser, oder von Weingeist und Wasser in ihnen angiebt, und daher den gewöhnlichen Senkwagen, nach
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Beschreibung des Ramsdenschen Areometers
B e a u m e ' s Art, mit ihrer nichtssagenden Eintheilung, weit vorzuziehen ist, und diese billig aus den Werkstätten und chemischen Laboratorien verdrängen sollte. Auf eine ähnliche Art ist die Eintheilung für eine allgemeine Senkwage zu machen. Daß aber auf dem Ramsdenschen Areometer, für gleiche Veränderungen in der Dichtigkeit des Fluidi, in welches die Kugel getaucht wird, der Läufer immer gleich viel verrückt, folglich für gleichmäßig wachsende oder abnehmende Dichtigkeiten, die Scale gleich getheilt werden müsse, dafür giebt Herr H a s s e n f r a t z einen unstatthaften Grund an, der leicht verleiten könnte, die Richtigkeit dieser Eintheilung in Zweifel zu ziehen, und der mir deshalb eine Berichtigung zu verdienen scheint. »Da der Gewichtsverlust der Kugel«, sagt er, »in verschiedenen Flüssigkeiten, sich direct, wie die Dichtigkeit dieser Flüssigkeiten verhält; so müssen die Gewichte, welche der Kugel das Gleichgewicht halten, in demselben Verhältnisse seyn,(!) und deshalb l e s d i v i s i o n s du l e v i e r , c o r r e s p o n d a n t a d e s d e n s i t e s e g a les, doivent etre des d i v i s i o n s e g a l e s . « Wiegt die Kugel in der Luft Q , in den Flüssigkeiten Ρ, P1 Gran; so ist ihr Gewichtsverlust im Wasser Q—P, Q —P1 Gran. Diese Größen stehen allerdings | im Verhältnisse der Dichtigkeiten der Flüssigkeiten; aber aus ihrem Verhältnisse läßt sich auf das Verhältniß P:P' im Allgemeinen nicht schließen, und dieses ist nichts weniger als jenem gleich. Wäre das der Fall, so würden sich die Dichtigkeiten verkehrt, wie die Abstände des Läufers vom Ruhepunkte verhalten, und dann gehörten keinesweges zu gleichen Veränderungen in der Dichtigkeit, gleiche Eintheilungen des längern Arms. Folgendes ist der Beweis für die angegebene Eintheilungsart des Ramsdenschen Areometers als Senkwage. Der Läufer wiege Ρ Gran. Die Entfernung desselben vom Ruhepunkte sey, wenn die Kugel in der Luft abgewogen wird, c Linien; wenn sie in destillirtem Regenwasser, bei der Temperatur von 10° Reaum., gewogen wird, a Linien; und endlich χ Linien, wenn man sie bei derselben Temperatur in einer Flüssigkeit abwiegt, deren specifische Schwere m ist, (die specifische Schwere des destillirten Regenwassers bei einer Wärme von 10° Reaumür, wie immer, 1 gesetzt.) Alsdann ist der Gewichtsverlust der Kugel im Wasser Pc—Pa; ihr Gewichtsverlust in der m mahl specifisch schwerern Flüssigkeit Pc—Px; und da diese Gewichtsverluste im Verhältnisse der specifischen Schweren beider Flüssigkeiten stehen, Ρ · (c—a) :P· (c—χ) = 1 : m , folglich c—x = m-(c—a) und x = c—(c—a) m . 49
1799 D i e specifische S c h w e r e der Flüssigkeit, m , u n d die dazu g e h ö r i g e E n t f e r n u n g des L ä u f e r s v o m R u h e p u n k t e , x , sind also zwar n i c h t indirect proportional, h ä n g e n aber doch von e i n a n d e r n a c h e i n e r Glei165 c h u n g des e r s t e n G r a d e s ab, so daß, w e n n m g l e i c h f ö r m i g | wächst, χ g l e i c h f ö r m i g a b n i m m t u n d u m g e k e h r t . 3 Verändert sich also die D i c h - 5 tigkeit der Flüssigkeit von 1 bis 1,21 d u r c h alle H u n d e r t e l ; so v e r ä n d e r t sich a u c h die E n t f e r n u n g des T h e i l s t r i c h s v o m R u h e p u n k t e i m m e r u m gleich viel, u n d zwar u m d e n ein u n d zwanzigsten T h e i l des F u n d a m e n t a l a b s t a n d e s , d e n m a n d a h e r n u r in 21 gleiche T h e i l e zu t h e i l e n b r a u c h t , u m die Stellen des L ä u f e r s f ü r die n a c h H u n d e r t e l n w a c h s e n - 10 d e n oder a b n e h m e n d e n specifischen G e w i c h t e zu e r h a l t e n . Ist der e i n z u t h e i l e n d e A r m der S c h n e l l w a g e so lang, daß der g r o ß e L ä u f e r sich w e i t g e n u g verschieben läßt, u m der Kugel, w e n n sie in der L u f t g e w o g e n wird, das G l e i c h g e w i c h t zu h a l t e n , so b e m e r k e m a n die Stelle des L ä u f e r s in d i e s e m Falle, u n d b e o b a c h t e a u c h d e n Ort des 15 L ä u f e r s , w e n n die K u g e l in destillirtem Wasser, welches die T e m p e r a t u r von 10° R e a u m . h a t , a b g e w o g e n wird. D a die D i c h t i g k e i t der 166 L u f t h i e r b e i | f ü r n i c h t s zu r e c h n e n ist, so t h e i l e m a n diesen A b s t a n d (der in u n s r e r F o r m e l d e n W e r t h c—a hat,) in so viel gleiche T h e i l e , als n a c h d e m v e r l a n g t e n W e r t h e eines T h e i l s der Scale, auf die D i c h - 20 t i g k e i t e n v o n 0 bis 1 k o m m e n m ü s s e n . Dieses giebt die zuverlässigste E i n t h e i l u n g , die von d e m I r r t h u m e frei bleibt, der sonst aus der falsch a n g e n o m m e n e n specifischen S c h w e r e der Flüssigkeit, die m a n zur Bes t i m m u n g des F u n d a m e n t a l a b s t a n d e s g e b r a u c h t h a t , e n t s t e h e n k ö n n t e . Selbst w e n n der e i n z u t h e i l e n d e A r m des A r e o m e t e r s zu kurz ist, u m 25 diese E i n t h e i l u n g s a r t zuzulassen, u n d es ist n u r das specifische Gew i c h t der Kugel, g , g e n a u b e k a n n t , so l ä ß t sich hieraus, u n d aus der Stelle des L ä u f e r s , w e n n die Kugel in destillirtem Wasser a b g e w o g e n wird, j e n e r Abstand c—a, (folglich a u c h die G r ö ß e jedes e i n z e l n e n T h e i l s auf d e m l ä n g e r n A r m e , ) leicht in L i n i e n b e r e c h n e n , u n d so die 30 E i n t h e i l u n g a u f t r a g e n . Es ist n ä m l i c h c = w o r a u s sich c—a u n d die g L ä n g e jedes T h e i l s ergiebt. 5 Sind n ä m l i c h Δ χ , A m zwei z u s a m m e n g e h ö r i g e Veränderungen, so ist Δ χ = — ( c — a J ' A m . Construirt m a n die g e f u n d e n e Gleichung geometrisch, so wird jedes χ durch das dazu gehörige m , vermittelst zweier gerader Linien, von be- 35 s t i m m t e r Lage, ae u n d df, (Fig. 8), gegeben, die sich in e i n e m P u n k t e b so durchschneiden, daß, w e n n m a n auf ae von a an, die Dichtigkeiten als Abscissen n i m m t , u n d die dazu gehörigen Perpendikel ef die Abstände χ bedeuten, ab = ^ j , u n d das Perpendikel ad = c ist. Zu gleichen Veränderungen auf ae, gehört d a n n i m m e r ein gleicher Unterschied der Perpendikel ef. 40
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A n h a n g .
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Carradori's Einwürfe gegen Spalanzani's Bemerkungen 1 über das Leuchten des faulen Holzes und der Johanniswürmchen. 2 5 1. Die phosphorescirenden Holzstücke leuchten auch unter Wasser, im Oehle, selbst in dem luftleeren R ä u m e des Barometers; also unter Umständen, die dem Sauerstoffgas gar keinen Zugang verstatten. 2. Warum bemerkte Spalanzani, als er jenes Holz in Glocken mit 210 Lebensluft einschloß, keine Verminderung des Volums derselben, da er 10 dieses doch bei den Phosphorsubstanzen der Johanniswürmer wahrnahm? 3. Es ist nicht gegründet, was mehrere Naturforscher behaupten: daß die Luccioloni und die Lucciole Einem Geschlechte zugerechnet werden müssen, nur die Gattungsunterschiede haben, und daß zwar 15 jene die Weiber, diese die Männchen wären. Ich kann versichern, den Bauch der Lucciolen mit Eiern erfüllt gesehn zu haben, nur sind dann die leuchtenden Theile des Bauches sehr viel kleiner. Sie verstecken sich dann, aber man findet sie zuweilen in diesem Zustande auf Kräutern und Gesträuchen. 20 4. Auch die Lucciolonen und Lucciolen leuchten im Oehle. Aus allem diesem scheint zu folgen, daß weder bei den Hölzern, noch bei den Johanniswürmchen eine langsame Verbrennung, wie Spalanzani meint, vorgehe. Ueberhaupt führen seine Erfahrungen auf Resultate, welche von den seinigen sehr verschieden sind. Vielleicht, daß die 25 nicht-athembaren Gasarten auf diese phosphorischen Substanzen einen vorübergehenden Eindruck machen, welcher fähig ist, das Ausströmen ihres Lichts zu verhindern, so wie im Gegentheile | das Sauerstoffgas, 211 G r e n ' s Annalen der Physik, I, S. 33—63. Auszug aus dem Briefe Carradori's an Fabroni, in den A n n a l e s d e C h i m i e , 30 An 6, No 71. 1
2
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1799 d u r c h eine e i g e n t h ü m l i c h e E i n w i r k u n g , dieses A u s s t r ö m e n
vermehrt.
W a r u m sollten nicht jene Gasarten einen E i n f l u ß h a b e n k ö n n e n ,
den
wir noch nicht k e n n e n ? Sah ich doch die phosphorische Substanz,
im
Weingeiste u n d Weinessig sogleich ihres Glanzes b e r a u b t w e r d e n , aber i m Oehle u n d Wasser u n d in L u f t wieder aufleuchten.
5
5. D i e B e m e r k u n g , d a ß d i e p h o s p h o r i s c h e S u b s t a n z d e r s e l b e n
das
V o l u m e n d e r L e b e n s l u f t v e r m i n d e r t , ist n i c h t e n t s c h e i d e n d ; w i e v i e l e Substanzen v e r ä n d e r n diese nicht durch ihre Ausflüsse, u n d doch nicht, u n d sind doch keine
brennen
Phosphore!
6. E s i s t f e r n e r e i n b e t r ä c h t l i c h e r U n t e r s c h i e d z w i s c h e n d e m k ü n s t - 10 liehen u n d j e n e m natürlichen Phosphor: jener leuchtet n u r bei einer b e s t i m m t e n T e m p e r a t u r ; dieser b e i j e d e r T e m p e r a t u r , sobald sie n u r nicht
seine Substanz
angreift. Dies beweiset
wohl, wie
ich
glaube,
h i n l ä n g l i c h , d a ß das L e u c h t e n bei d i e s e m n i c h t W i r k u n g e i n e r Verb r e n n u n g sey, d a jede V e r b r e n n u n g e i n e r m e h r o d e r w e n i g e r h o h e n
15
Temperatur bedarf. 7. W a s d i e E r k l ä r u n g s a r t
Spalanzani's ü b e r die V e r w a n d l u n g
212 H o l z e s i n P h o s p h o r e b e g r i f f t , i n d e m e r a n n i m m t , d a ß d e r (mis
des
entblößte,
a d e c o u v e r t , ) Wasserstoff u n d Kohlenstoff den Sauerstoff an-
z i e h e n ; so m u ß i c h s i e n a c h m e i n e n B e o b a c h t u n g e n a l s u n w a h r s c h e i n - 20 lieh verwerfen. V i e l m e h r
i s t g e w i ß , d a ß d i e H ö l z e r , so b a l d s i e
zu
leuchten anfangen, ihre harzigen Theile fast ganz verloren haben, u n d d a ß sie d a h e r f a s t n i c h t s m e h r v o n j e n e m G r u n d s t o f f e , es s e y W a s s e r stoff o d e r K o h l e n s t o f f , d e r sie z u m V e r b r e n n e n g e s c h i c k t m a c h t e , b e h a l t e n ; d a ß s i e d a h e r , w e n n m a n s i e i n d i e F l a m m e w i r f t , n u r s e h r 25 s c h l e c h t b r e n n e n . I c h b i n d a g e g e n g a n z ü b e r z e u g t , d a ß sie sich
um
e b e n so v i e l d e m P h o s p o r e s c i r e n n ä h e r n , a l s s i e b r e n n b a r e n S t o f f v e r lieren, u n d
daß
zurückzuhalten,
davon
die Fähigkeit,
das Licht
zu absorbiren
und
abhängt.
Diese M e i n u n g könnte m a n
o h n e Z w a n g a u c h a u f d i e F ä h i g k e i t 30
verschiedener T h i e r e , zu leuchten, a u s d e h n e n . D e n n da jene l e u c h t e n d e S u b s t a n z d e r s e l b e n w e d e r h a r z i g e r n o c h ö h l i g e r N a t u r i s t , so k a n n sie n i c h t viel K o h l e n - u n d Wasserstoff e n t h a l t e n , also a u c h n i c h t s e h r v e r b r e n n l i c h seyn. 8. W e n n d i e L u c c i o l e n w i r k l i c h n u r d a r u m a u c h u n t e r d e m W a s s e r 35 l e u c h t e t e n , w e i l sie, ( w i e H e r r S p a l a n z a n i b e h a u p t e t , ) d e n S a u e r s t o f f , 213 w e l|ch e n natürlich
das Wasser
absorbirt hat, dazu verbrauchen;
fragen: w a r u m
so m u ß
der künstliche Phosphor nicht auch
man unter
Wasser leuchte? F e r n e r m ü ß t e m a n diese B e h a u p t u n g auch durch Er-
52
Carradori's Einwürfe g e g e n Spalanzani
fahrungen unterstützen, ζ. B.: daß die phosphorische Substanz der Lucciole wirklich im Wasser enthaltenes Sauerstoffgas absorbire, und daß er in dem Wasser, das kein Sauerstoffgas enthalte, auch nicht leuchten könne. A.
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Beschreibung einer neuen hydraulischen Maschine der Bürger M o n t g o l f i e r und A r g a n t . Die bekannten Physiker M o n t g o l f i e r und A r g a n t haben eine sehr einfache Maschine, unter dem Namen: B e l i e r h y d r a u l i q u e , erdacht, um durch die Geschwindigkeit der Strömung in einem Flusse das Wasser desselben zu erheben. Folgende Beschreibung derselben findet sich in einem der neuesten französischen Journale. 1 Die parallelepipedarische Röhre a g h l , deren Wände sehr fest seyn müssen, (Taf. VI, Fig. 6.) liegt horizontal in der Richtung des Stroms. An ihrem Ende h ist ein Klappenventil i angebracht. Die Klappe wird vom Strome nach der Richtung i g um das Charnier h gedreht, und schließt sich bei einer Neigung von 45°, indem sie dann an den Vorstoß bei g angedrückt wird. Sich selbst überlassen, fällt sie zum Boden der Röhre hinunter, berührt diesen aber nicht ganz wegen des Eckstücks i k . 2 Auf der erstem Röhre steht die senkrechte Röhre c b d e , welche das Ventil b f , seiner natürlichen Schwere überlassen, verschließt. Oeffnet man die Röhre bei a l , so strömt das Wasser hinein; das Ventil i schließt sich; und indem nun alles Wasser in der Röhre a g h l plötzlich in seiner Bewegung gehemmt wird, drückt es nach allen Seiten gegen die Wände der Röhre, und hebt durch diesen Stoß nicht nur das Ventil b f , sondern steigt auch selbst in die vertikale Röhre c b e d hinauf, bis die Schwere der erhobenen Wassersäule die durch den Stoß erlangte Bewegung gänzlich aufhebt. Alsdann würde sie zurücksinken, und das Ventil b f schließt sich. Das Ventil i, das nun auch 1 B u l l e t i n d e s s c i e n c e s , p a r l a s o c i e t e p h i l o m a t i q u e , ä Paris, An 6, Nro. 8, p. 58. 2 Dieses scheint in der Zeichnung fälschlich am obern Ende der Klappe angebracht zu seyn; weiter hinunter würde es diesen Dienst besser leisten. A.
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Beschreibung einer neuen hydraulischen Maschine seiner S c h w e r e ü b e r l a s s e n ist, w ü r d e e b e n f a l l s zurücksinken,
wenn
nicht die B e w e g u n g des Wassers es wieder zurückdrückte u n d so d a s v o r i g e S p i e l erneuerte. D i e s e s zweite M a h l theilt d a s Wasser in der R ö h r e a g h l , i n d e m das Ventil i sich schließt, die G r ö ß e seiner Be5 w e g u n g der Wassersäule in c b e d mit, u n d e r h e b t sie a b e r m a l s , bis der D r u c k dieser e r h ö h e t e n Wassersäule w i e d e r u m diese B e w e g u n g a u f g e h o b e n hat. M a n ü b e r s i e h t hieraus, daß die W i r k u n g dieser M a s c h i n e von der 365 C a p a c i t ä t der R ö h r e a g h l u n d von der S c h n e l l i g k e i t des S t r o m e s ab10 h ä n g t . M a n m u ß ü b r i g e n s ihre W i r k u n g nicht m i t der in Ρ i t o t ' s k r u m m e r R ö h r e , deren horizontale O e f f n u n g m a n g e g e n d e n S t r o m hält, verwechseln. D a s Wasser e r h e b t sich freilich auch in dieser, aber es bleibt bei einer g e w i s s e n H ö h e stehen, weil es nur u n e n d l i c h kleine I m p u l s e erhält, oder v i e l m e h r , w e i l es nur d e n D r u c k des Wassers, 15 w e l c h e s g e g e n die O e f f n u n g strömt, erleidet, u n d dieser D r u c k nur die e n t s t e h e n d e a u g e n b l i c k l i c h e B e w e g u n g , die d e m Wasser durch die S c h w e r e e i n g e d r ü c k t wird, a u f z u h e b e n v e r m a g . A b e r in der M a s c h i n e der B ü r g e r A r g a n t u n d M o n t g o l f i e r wirkt d a s Wasser in der horizontalen R ö h r e m i t endlicher G e s c h w i n d i g k e i t , nach Art stoßender 20 Körper, u n d m u ß d a h e r i m m e r e i n e gewisse B e w e g u n g d e m Wasser in der vertikalen R ö h r e mitteilen, w i e hoch d a s s e l b e a u c h stehen m a g . D a s Princip, w o r a u f diese M a s c h i n e beruht, ist d a h e r
vollkommen
neu. 3 D i e E r f i n d e r besitzen nicht nur v o n ihrer M a s c h i n e , w i e sie so e b e n 366 25 b e s c h r i e b e n ist, ein Modell, dessen W i r k u n g M e h r e r e g e s e h e n h a b e n , sondern sie ist v o n i h n e n a u c h schon a u f m e h r e r e A r t e n sinnreich a b g e ä n d e r t worden. U m ihre W i r k u n g e n stetig zu m a c h e n , setzten sie die s e n k r e c h t e R ö h r e b c d e n e b e n die horizontale a g h l , u n d zwischen b e i d e e i n e Art von W i n d k e s s e l , in w e l c h e m die L u f t , i m A u g e n b l i c k e , 30 d a d a s Ventil i sich schließt, z u s a m m e n g e d r ü c k t wird; u n d diese L u f t drückt d a s Wasser in die s e n k r e c h t e R ö h r e h i n a u f . F i g u r 7 stellt e i n e n Horizontalschnitt der so v e r ä n d e r t e n M a s c h i n e vor; h h ist d a s u n t e r e C h a r n i e r des Ventils, welches das Wasser in der H o r i z o n t a l r ö h r e zu3 Die Theorie, welche sich der mit L . C. unterschriebene Verfasser dieses Auf35 satzes über die Wirkungsart der Maschine macht, ist hier zu unvollständig angedeutet, um sie gehörig beurtheilen zu | können. Ueberhaupt ist in seinen Angaben 366 und Beschreibungen alles gar sehr im Dunkel gehalten, und es läßt sich nicht recht beurtheilen, was Thatsachen, durch Versuche bewährt, oder was bloße Projecte sind. d. H.
55
1799 rückhält; ρ die Projection des oben verschlossenen Windkessels; und q die Projection der senkrechten Röhre. — Vermittelst zwei horizontaler Röhren, die sich nach entgegengesetzter Richtung öffnen, können sie die Strömung bei Ebbe und Fluth benutzen, und durch einen ähnli367 chen Mechanismus einen Heber, wie a b f d , Fig. 8, so | in Bewegung 5 setzen, daß das Wasser aus dem niedrigem G e f ä ß e in das höhere hinansteigt. Ein Gewicht ö f f n e t das Ventil g f . W ä h r e n d dieses offen, und das Ventil k l geschlossen ist, bringt m a n den Heber a b f e durch Saugen, oder durch ein anderes Mittel zum Fließen. Sobald die Geschwindigkeit des Wassers groß genug ist, u m das Ventil g f zu schlies- io sen, ö f f n e t der Stoß des aufgehaltenen Wassers das zweite Ventil k l , und zugleich fließt eine gewisse Menge Wasser in das höhere G e f ä ß d , bis das Ventil g f sich wieder durch die Schwere des daran befestigten Gewichtes öffnet, da dann der Heber a b f e wieder läuft, und so dauert das Spiel fort. Setzt m a n in f zwei Röhren, wie f e , an, so läßt 15 sich dadurch ein beständiger Ausfluß aus der Röhre d bewirken, indem dann abwechselnd i m m e r eins der beiden Ventile f g geschlossen ist. 4 A. Schwerlich möchte dieses Alles durch Versuche an Modellen bewährt seyn. 20 Vielmehr scheinen uns viele der hier beschriebenen Wirkungen sehr zweifelhaft zu seyn. — Es ist übrigens aus mehrern gelehrten Blättern bekannt, daß M o n t g o l f i e r und A r g a n t , die über den B e l i e r h y d r a u l i q u e ein Patent auf 15 Jahre erhalten haben, wegen dieser Erfindung von V i a l l o n in Anspruch genommen wurden. Beide waren bei ähnlichen Versuchen gegenwärtig, die dieser am 25 367 5ten Jul. 1797 anstellte, und | verbanden sich mit ihm, seine Entdeckung gemeinschaftlich zu verfolgen. Nach einigen Monaten hoben sie, unter dem Vorwande, daß die Versuche im Großen zu kostbar wären, den Contract wieder auf, und stellten sogleich ein paar Tage darauf öffentliche Versuche an, die ihnen das Patent bewirkten. Diese Vorrichtung, sagt V i a l l o n , sey auch keinesweges so vortheilhaft, 30 als man nach der Anzeige seiner Gegner vermuthen sollte, und nur in einzelnen Fällen von Nutzen. Es gehöre ζ. B., um Wasser dadurch bis auf 100 Fuß Höhe zu heben, 10 Fuß Fall und 100 Fuß Länge für die Röhren; Umstände, bei denen die bekannten hydraulischen Maschinen weit mehr leisten würden. M o n t g o l f i e r und A r g a n t erwiederten darauf, ihre Maschine sey von der Maschine V i a l l o n ' s 35 ganz verschieden, dieser habe das Princip, welches sie leitete, aus einem falschen, oder wenigstens aus einem von dem ihrigen sehr verschiedenen Gesichtspunkte betrachtet, und in A r g a n t s Destillirwerken sey dieses Princip schon seit 17 Jahren angewandt worden. — B o u l t o n und W a t t , denen sie ihren B e l i e r h y d r a u l i q u e mittheilten, sollen noch 4 andere Methoden angegeben haben, die 40 nämliche Wirkung nach denselben Grundsätzen hervorzubringen, ohne deshalb weitere Ansprüche auf die Ehre der Erfindung dieser Maschine zu machen, d. H. 4
56
Über einige Eigenschaften des Platins, vom Bürger G u y t o n . 1
369
1. Specifisches Gewicht des Platins. Β r i s s ο η bestimmt das specifische Gewicht des Gußplatins auf 19,5, des geschmiedeten Platins auf 20,236. Der Graf v o n S i c k i n g e n giebt dagegen diesem letztern ein specifisches Gewicht von 21,061, und C h a b a n e a u versichert wie|derholt,2 das Gewicht des reinsten 370 Platins in Blech geschlagen, sey fast 24. Ich erhielt durch den Bürger G r e g o i r e von C h a b a n e a u ein feines Platinblech, wog es, und fand sein specifisches Gewicht nur 20,833. Dagegen wog ich einen Platindrath, der hier verfertigt war, dessen specifisches Gewicht 20,847 betrug; 5 er war daher von ungleich größerer Reinheit. 1 Ein Auszug aus einer Vorlesung G u y t o n s im Nationalinstitute der Wissenschaften, welche in den A n n a l e s d e C h y m i e , Nro. 73, An. 6, p. 1—20, abgedruckt ist. Ich vertausche übrigens, nach G r e n s Beispiele, den Namen der Pla20 tina, mit dem des P l a t i n s , um die Analogie mit den übrigen Metallnamen beizubehalten. A. Zwar enthält das so eben erscheinende Stück des S c h e r e r s c h e n Journals der Chemie eine Uebersetzung der ganzen Vorlesung; dennoch glaube ich diesen kurzen Auszug, der bloß das Physikalische mit Uebergehung des Chemischen enthält, 25 nicht unterdrücken zu müssen. d. H . 2 E l e m e n t o s d e c i e n c i a s n a t u r a l e s , Madrid 1790, Tom. I, pag. 14. 3 B r i s s o n bestimmt das specifische Gewicht des Platindrahts auf 21,041, des Platinblechs auf 22,069. P e s a n t e u r s p e c i f i q u e d e s c o r p s p a r B r i s s o n , ä Paris 1787. A.
57
1799 2. Zusammenhalt oder Cohärenz des Platins. Nehme ich S i c k i n g e n s sehr sorgfältige Beobachtungen4 über die Cohärenz der andern Metalle und die höchste der Bestimmungen aus meinen Versuchen über den Zusammenhalt des Platins; 5 so folgen die 371 Metalle in folgernder Ordnung: Es zerriß, bei zwei Millimeter Dicke, 5 Kilogr. 249,659 137,399 124,690 85,062 68,216
Eisen durch ein Gewicht von Kupfer Platin Silber Gold
372
5. Adhärenz zwischen Platin und Quecksilber. Ich verfertigte auf der Drechselbank eine Platinscheibe von 12 Linien, (2,71 Centimeter,) im Durchmesser, die 10,2571 Grammen wog, hing sie an eine Wage und brachte sie ins Gleichgewicht. Darauf drückte 15 ich die Scheibe nach einem Quecksilberbecken unter derselben nieder, und erhielt folgende Größen der Gewichte, bei welchen die Scheibe sich losriß.
4 Des Grafen v o n S i c k i n g e n V e r s u c h e ü b e r d i e P i a t i n a , Mannheim 1782. 20 3 Der Graf v o n S i c k i n g e n , der Einzige, der bisher Versuche über den Zusam371 menhalt des Plajtins angestellt hat, fand, daß Platin- und Golddraht 0,5 Linien im Durchmesser und 2 Fuß lang, jener 262361,714, dieser nur 152988 Gran tragen konnte, ehe sie rissen. Ich ließ einen Platindraht ziehen, der genau 2 Millimeter dick, 11,175 Centimeter lang und 8,372 Grammen schwer war, faßte seine beiden 25 Enden mit zwei starken Schraubenstöcken, deren Kneife mit Rinnen aus polirtem Kupfer versehen waren, befestigte einen dieser Schraubenstöcke an einen Wagebalken, und beschwerte den andern Arm der Wage mit Gewichten, bis der Draht riß. Das geschah in 3 Versuchen, bei 118,850, 116,87, 124,69 Kilogrammen, (ungefähr 243, 239, 255 Pfund,) und dieser letzte Versuch giebt für das Platin eine 30 noch stärkere Cohäsion, als sie der Graf v o n S i c k i n g e n gefunden hat. Denn reducirt man seinen Versuch auf einen Draht, 2 Millimeter dick, nach dem Verhältnisse des Quadrats der Durchmesser, so würde darnach ein solcher Draht 116,954 Kilogrammen getragen haben. G.
58
Einige Eigenschaften des Platins
5
10
15
20
1. 58,91 Decigrammen oder 109 Gran. 2. 77,95 Decigrammen oder 146 7/s Gran. 3. 149,8 Decigrammen oder 28225/ioo Gran. Beim letztern Versuche hatte ich das Platinscheibchen zwei Tage auf dem Quecksilber stehen lassen. Er scheint daher das Maximum der Adhärenz anzugeben. Bei den ersten Versuchen war kein Quecksilber am Platin hängen geblieben; bei dem letztern hatte es sich umher etwas erhoben; auch waren einige Tropfen nach dem Abreißen daran hängen geblieben, welches die gewöhnliche Meinung widerlegt, daß Platin so wenig als Eisen vom Quecksilber genäßt werde. Das Platin erhält hiernach in seiner Adhärenz mit dem Quecksilber den Platz 373 zwischen Wismuth und Zink. 6 Ich versuchte darauf, ob die Adhärenz zwischen dem Quecksilber und der Platinscheibe nicht größer seyn würde, wenn ich es bis zum Weißglühen erhitzte, da hierdurch sein Zusammenhalt geschwächt wird. Aber ich fand mich getäuscht, da jetzt die Adhärenz schon durch 58 Decigrammen aufgehoben wurde. Ich glaube dies daraus erklären zu können, daß die Oberfläche nicht genugsam gereinigt werden konnte; 7 denn die Verminderung des Zusammenhalts zwischen den 374 Theilen des Platins hatte doch die Wirkung gehabt, daß das Platinscheibchen mit Quecksilber bedeckt war, welches sich indeß leicht davon abnehmen ließ.
4. Amalgamation des Platins. Ich setzte ein Stück Platin in Quecksilber einer Hitze des Sandbades 25 bis zum Rothglühen, oder bis zum siebenten Grade des Wedgwoodschen Pyrometers aus. Merkwürdig war es hierbei, daß das Platinstück, ungeachtet seines größern specifischen Gewichts und ungeachtet ich es wiederholt untertauchen ließ, immer zurückkam und oben 6 Wismuth 372 Gran; Platin 282,25 Gran; Zink 204 Gran. 30 Siehe A n f a n g s g r ü n d e d e r t h e o r e t i s c h e n u n d p r a k t i s c h e n C h e m i e , v o n d e n H e r r e n D e M o r v e a u , M a r e t u n d D u r a n d e , Leipzig 1779, Th. I, S. 49; wo G u y t o n zeigt, daß diese Adhäsionen sich nach der Verwandtschaft, in welcher die Amalgamas sich bilden oder zersetzen, zu richten scheinen. Siehe auch O b s e r v a t . de P h y s i q u e de M r . l ' A b b e R o z i e r . T o m . I, p a g . 172, 35 4 6 0 . A. 7 Diese Erklärung scheint mir nicht ganz befriedigend. Eher möchte hier an das Verdampfen des Quecksilbers beim Glühen des Platins zu denken seyn, welches den Zusammenhang zwischen den Quecksilbertheilchen vermindert und ihre Trennung befördert. A.
59
1799 375 auf schwamm. 8 Ich sah | mich daher genöthigt, es mit einer Glasröhre unter dem Quecksilber zu halten. Nachdem der Glaskolben, in welchem sich das Quecksilber befand, wieder erkaltet war, nahm ich die Glasröhre heraus, und nun stieg das Platinstück nicht mehr in die Höhe. Als das Quecksilber abgegossen wurde, sah die Platte wie ein frisch verzinntes Metall aus; und nachdem die daran hängenden Tropfen abgeklopft waren, fand sich ihr Gewicht um die Hälfte vermehrt. An dem erhabenem Theile des Metalls konnte man Spitzen bemerken, welche auffallende Aehnlichkeit mit den Krystallen hatten, die man in andern Amalgamen bemerkt. Die Platte war über dies sehr leichtbrüchig geworden. D a ich ein Stück dieses Metalls dem Feuer aussetzte, verminderte sich dessen Dicke, es wurde wieder streckbar, und war auf seiner Fläche mit einem schwarzen Pulver bedeckt, welches ich für Platinkalk, (in Salpetersäure auflöslich,) erkannte. Aus diesen Erfahrungen, welche ich nachher noch einmal wiederholt habe, ziehe ich den Schluß: daß sich Platin in der Wärme mit dem Quecksilber amalgamire; daß dieses Amalgama sich auch krystallinisch wie bei den andern Metallen darstelle; daß endlich das 376 Platin, wie Gold, | durch diese Amalgamation zur Verkalkung geneigter wird. Und so wäre denn ein bisher streitiger Punkt über das Platin entschieden. 9 5. Das Platin wird bei der Rothglühhitze an seiner Oberfläche durch das übergesäuerte kochsalzsaure Kali verkalkt. A.
s
10
15
20
25
8 Diese merkwürdige Erscheinung, deren Erklärung G u y t o n zu geben unterläßt, klärt sich bald auf, sobald m a n die nachher angeführte Erscheinung, daß das Platinstück untergesunken sey, nachdem es sich amalgamirt, damit zusammenstellt. Hier sowohl, wie bei einigen andern specifisch-schwerern Materien, welche dessen ungeachtet in Flüssigkeiten nicht untersinken, ist die Anziehung der Flüs- 30 sigkeit unter sich stärker, als die Anziehung gegen den schwimmenden Körper und die Kraft, mit welcher der Körper zu sinken strebt. Es ist daher dieses Phänomen ganz dem Niedrigstehen des Quecksilbers in einem gläsernen Haarröhrchen analog. Doch darüber vielleicht an einem andern Orte. A. 9 Schon vor G u y t o n erhielt der Herr v o n M u s s i n - P u s c h k i n ein vollkom- 35 menes Platin-Amalgama, indem er das aus der Platin-Auflösung mit Salmiak gefällte, gelbgrünliche, gereinigte und krystallisirte Platinsalz, welches indeß nur 2Λ an Platin enthält, nach und nach mit einem neunfachen Gewichte Quecksilber zusammenrieb. Dieses sehr gute und dichte A m a l g a m a enthielt folglich auf einen Theil Platin volle zwei und zwanzig Theile Quecksilber. Siehe v o n C r e l l s c h e - 40 m i s c h e A n n a l e n , 1797, Band I, S. 199. A.
60
Ueber die Electricität des Wassers, von J. Bressy.1
5
(Aus einem
Lessing
377
Briefe.)
sagt e i n m a l bei guter G e l e g e n h e i t von e i n e m Werke: E s
enthalte viel Neues und viel Wahres, aber das N e u e sey nicht wahr, das Wahre nicht neu. Ich glaube dies mit gleichem R e c h t e von diesem 10 Werke sagen zu können. E s enthält eine neue B e m e r k u n g , welche, w e n n sie sich bestätigt, 2 m e r k w ü r d i g , aber gar keines solchen A u f w a n des von neuen E r k l ä r u n g e n bedarf, an welcher wenigstens der Verfasser die altern T h e o r i e n hätte p r ü f e n können. M i t dieser E r f a h r u n g beginnt das Buch. Sie besteht darin, daß Was15 ser in e i n e m porzellanenen G e f ä ß e , durch U m r ü h r e n m i t einer Kette, so electrisch werden soll, daß ein Stück Siegellack, welches darauf s c h w i m m t , von e i n e m nicht-electrisirten Körper sehr sichtbar angezogen wird. N u n bemerkte B r e s s y , daß, w e n n er eine Münze in der N ä h e dieses Siegellackstücks isolirte, dieselbe nicht eher davon ange20 zogen wurde, bis er es mit der H a n d berührte. Statt diesen Versuch aus den gewöhnlichen T h e o r i e n zu erklären, glaubte er sich genöthigt, noch | eine dritte Art von Electrisirung anzunehmen. E r theilt nämlich 378 das electrische F l u i d u m in drei Strahlenarten, in den glasigen, harzigen und Lebensstrahl. D u r c h diesen wird erklärt, wo es i h m m i t jenen 25 nicht gelingt: er erklärt durch denselben sogar die G a l v a n i s c h e n Versuche, die er, w i e er eingesteht, nur dem N a m e n nach kennt; sogar den
1 2
E s s a i s u r l ' e l e c t r i c i t e de l ' e a u . ä Paris, l'an 5. Versuche darüber werden in einem der nächsten Stücke nachfolgen. 61
1799
Scheintod hofft er durch jene Lebens Fiectricität, die ihm zugleich eine neue Sorte von Weltseele ist, zu entdecken, und in dieser Rücksicht nennt er jenes Gefäß mit Wasser Psychoskop, das Siegellackstück Sensitif, und die Verbindung desselben mit dem isolirten Metalle Conjonction. Doch ich will Sie nicht länger mit der Erzählung der übrigen Cu riositäten in diesem Buche aufhalten, das durchgängig mehr ein Herumtappen als ein Suchen nach Wahrheit ist. Ich füge nur noch die Abbildung der drei Sorten von Electricität hinzu, (Taf VI, Fig. 9.) Interessant ist übrigens eine Zusammenstellung verschiedener Meinungen über das Leuchten des Meeres; sie ist das Einzige, wo der Verfasser seine Leser nur selten mit eignen Ideen belästigt. Wozu eine Uebersetzung dieser Schrift dienen soll, welche ich vor einigen Tagen in der Litteraturzeitung angekündigt fand, sehe ich nun freilich nicht ein; aber der Uebersetzer mag wohl mit desto mehr Gewißheit wissen, daß sie ihm nutzen könne. A.
62
5
Ueber den bisher noch nicht beachteten Einfluß der Adhärenz auf die Bestimmung des specifischen Gewichtes fester Körper von dem B ü r g e r H a s s e n f r a t z . 1
396
Die Physiker stellen es als einen Grundsatz auf, daß ein Körper, der in eine Flüssigkeit getaucht ist, gerade so viel von seinem Gewichte verliert, als das Gewicht der Flüssigkeit beträgt, die er aus der Stelle 10 drückt. Ferner nehmen sie an, daß, wenn ein Körper in mehrere Theile zerstückt wird, sein Volumen sich dadurch nicht ändert, so daß immer die Summe aller getrennten Theile zusammengenommen, dem Volumen des ganzen Körpers gleich sey.2 Nach diesen Grundsätzen | müßte ein (nicht-poröser) Körper, der einmahl ganz, das andere Mahl 397 15 zerstückt, bei gleicher Temperatur in destillirtem Wasser gewogen wird, in beiden Fällen gleich viel an seinem Gewichte verlieren. Um dieses durch Erfahrungen zu prüfen, nahm ich ein Stück Glas, welches in der Luft 200 Grammen, und unter destillirtem Wasser 124,3 Grammen wog, dessen specifisches Gewicht folglich 2,6402 war, 20 und stieß es in einem Mörser klein. Als ich darauf diesen Glasstaub wieder wog, fand ich, daß zwar das Gewicht von 200 Grammen in der Luft geblieben war, daß er aber im Wasser nur 108,5 Grammen wog. Das ganze Glas verlor also nur 75,7, und der Glasstaub 91,5 Grammen; 1 A n n a l e s de C h i m i e , Paris, an VI, Nro. 77, pag. 188—203. S u i t e du p r e 25 m i e r M e m o i r e de l ' A r e o m e t r i e . 2 Das möchten die Physiker doch wohl bloß von durchgängig dichten Körpern, ohne Zwischenräume, nicht aber von porösen Körpern behaupten, wo die Poren zwar mit zum Volumen des ganzen | Körpers gehören, nicht aber bei der Summe 397 der Voluminum der einzelnen Theile, allesammt in Anschlag kommen. d. Η.
63
1799 jenes hatte folglich ein specifisches Gewicht von 2,6042, dieses nur von 2,1846. Anfangs glaubte ich, diese Wirkung sey ganz derselben Ursache zuzuschreiben, welche in den Versuchen des Dr. P e t i t trockene Goldund Silberblättchen schwimmend erhält, und macht, daß die Magnet398 nadel, so lange sie trocken ist, sich auf | einer ruhigen Wasserfläche frei drehte, oder daß Wassertropfen über eine Wasserfläche hinrollten; nämlich die mit der Oberfläche dieser Körper cohärirende Luft, die das Ganze specifisch leichter macht, und die unter der Luftpumpe oder beim Naßwerden der Körper weicht. Ich brachte daher das fein gestoßene Glas in einem Gefäße mit Wasser unter die Luftpumpe, und wirklich erhoben sich daraus viele Luftblasen. Als sich deren keine mehr entwickelte, wog ich diese 200 Grammen noch einmal im Wasser unter dem Recipienten, und fand ihr Gewicht 113,2 Gr. Ihr Verlust im Wasser war folglich 86,8 Gr. und ihr specifisches Gewicht 2,3021. Aus dieser Erfahrung lernte ich, erstens, daß noch eine beträchtliche Menge von L u f t an dem zerstoßenen Glase hängen geblieben war, ungeachtet ich es im Wasser umgerührt hatte, nämlich so viel als das Volumen von 4,7 Gr. destillirten Wassers beträgt; zweitens, daß der Gewichtsverlust des zerstoßenen Glases im Wasser nicht durch die Cohäsion mit der L u f t allein verursacht wird, sondern daß darauf noch andere Ursachen Einfluß haben. Nachdem ich mich durch wiederholte Versuche versichert hatte, daß dieser Umstand immer statt hat, und daß er theils von der Be399 schafjfenheit, theils von der Theilbarkeit des Glases abhängt, so suchte ich, wo möglich, das Gesetz aufzufinden, nach welchem die Verminderung der specifischen Schwere von der Zerstückelung eines und desselben Glases abhängt. Ich nahm zu dem Ende ein Quadrat von Glas, welches in der L u f t 49,48 Gr. wog, und 29,48 Gr. Wasser im luftleeren Räume verdrängte, dessen specifisches Gewicht folglich 2,4739 war. Dieses Glas wurde nachgerade in 20, 63, 320, 624, 1660, 2520 Theile zerstückt 5 und das specifische Gewicht desselben in jedem dieser Zustände untersucht. Es betrug bei
1 20 63
Stück
2,4739 2,4700 2,4642
10
15
20
25
30
specifisches Gewicht
3 Wie? sagt Herr H a s s e n f r a t z eben so wenig, als ob alle Theile gleich waren; doch gehört dieses zur Beurtheilung des Verfahrens. d. H .
64
5
35
Einfluß der A d h ä r e n z
320 624 1660 2520
2,4460 2,4311 2,4108 2,3995
5 Aus diesen sieben Beobachtungen habe ich die Verminderung des specifischen Gewichts für Theilungen nach arithmetischer Progression | zu 400 bestimmen gesucht, und meine Berechnung giebt mir folgendes:
10
15
20
25
30
35
Zahl der Stücke. 1 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1700 1800 1900 2000 2100 2200 2300 2400 2500
Specifisches Gewicht. 2,4739 2,4615 2,4537 2,4472 2,4420 2,4371 2,4330 2,4296 2,4265 2,4238 2,4215 2,4194 2,4175 2,4160 2,4145 2,4130 2,4116 2,4102 2,4089 2,4076 2,4063 2,4050 2,4037 2,4024 2,4011 2,3999
Unterschi 114 78 65 52 47 41 36 31 27 23 21 19 15 15 15 14 14 14 13 13 13 13 13 13 124
4 H. H a s s e n f r a t z sagt wiederum nicht, wie er diese Berechnung angestellt hat. Um seine Zahlen einigermaßen zu prüfen, habe ich aus den drei Versuchen für 1,320 und 624 Stück, unter der Voraussetzung, daß Alles in eine arithmetische Reihe zweiter Ordnung passe, nach der bekannten Interpolationsmethode folgende specifische Gewichte für 1 bis 600 Stück berechnet.
65
1799
Das Glas, dessen ich mich bei diesem Versuche bediente, hatte einen Quadratdecimeter Fläche und zwei Millimeter Dicke, mithin 2,008 | 402 Quadratdecimeter Oberfläche.5 Durch das Zerstücken vermehrten sich die Oberflächen, indeß das specifische Gewicht abnahm; doch scheint es nicht, daß jene in eben dem Verhältnisse zugenommen hätten, wie 5 dieses abnahm. 6
Stück. specif.Gewicht. Unterschiede. 1 2,4739 100 2,4637 102 200 2,4547 90 300 2,4471 76 400 2,4408 63 500 2,4357 51 600 2,4316 41 Diese Zahlen sind beträchtlich von denen unsers Verfassers unterschieden. Freilich giebt meine Rechnung für 20 Stück das specifische Gewicht 2,4716, und für 64 Stück, 2,4668. Ob diese große Abweichung bloß daran liegt, daß die Voraussetzung, nach der von mir interpolirt ist, so weit von der Wahrheit abweicht? d. Η . 5 Da ein Decimetre der zehnte Theil 0,1, der Millimetre hingegen der tausendste Teil 0,001 der neuen französischen Linear-Einheit, d.h. des Metre ist; so enthält ein Quadratmetre 100 Quadratdecimetres, und 1000000 Quadratmillimetres, mithin ein Quadratdecimetre, 10000 Quadratmillimetres in sich. Jede der schmalen Seitenflächen war 1 Decimetre lang und 2 Millimetres breit, giebt 200 Quadratmillimetres, d. h., 200/ioooo oder 2/ioo Quadratdecimetres, mithin für alle vier schmale Seitenflächen 0,08, und für die ganze Oberfläche des Glases 2,08 Quadratdecimetres. Herr H a s s e n f r a t z scheint sich also hier um eine ganze Decimalstelle zu irren. d. Η . 6 Herr H a s s e n f r a t z sucht dieses durch eine Rechnung darzuthun, die ich übergehe, da sie mir nicht ganz richtig zu seyn scheint. Nach ihm soll die Oberfläche der 100 Stück 2,044, der 200 Stück 2,066, der 300 Stück 2,088 Quadratdecimetres enthalten, und er gründet auf diese arithmetische Zunahme der Oberflächen sein Raisonnement. Diese Zahlen sind aber nicht nur auf dieselbe Art, wie die in der vorigen Anmerkung, unrichtig, sondern es scheint in ihnen, wie man sich auch die Stücke aus dem gegebenen Quadrate geschnitten denke, (denn auch das vergißt Herr H a s s e n f r a t z zu bestimmen,) noch ein zweiter Irrthum zu 403 lie|gen. Gesetzt, die 100 Stücke sind insgesammt Quadrate, so muß die Tafel 9 Mahl nach einer Richtung, und eben so 9 Mahl nach der Richtung, die darauf senkrecht ist, geschnitten werden. Jeder Schnitt giebt zwei neue Oberflächen, deren jede 0,02 Quadrat decimetres groß ist. Bei 18 Schnitten nimmt folglich die Oberfläche um 36 X 0,02, d. h., um 0,72 Quadratdecimetres, zu. Statt deren berechnet Herr H a s s e n f r a t z nur eine Zunahme von 0,0036 Quadratdecimetres. Wer-
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Einfluß der A d h ä r e n z
Uebrigens | habe ich diesen Versuch, der m i c h durch das Unregel- 403 m ä ß i g e in der A b n a h m e der specifischen G e w i c h t e in Verwunderung setzte, f ü n f M a h l wiederholt, und, von d e m Unterschiede abgesehen, 404 der aus der Verschiedenheit des Glases entsprang, jedesmal ähnliche 5 Resultate erhalten. Stoffe, die sich b e i m Zertheilen zusammendrücken, w i e ζ. B. Metalle, sind zu diesen Versuchen nicht brauchbar, da ihr speci|fisches G e w i c h t beim C o m p r i m i r e n v e r m e h r t wird, und daher die 405 Verminderung des specifischen Gewichts, w e g e n der M e n g e der T h e i le, aufhebt. 10
D a ich m i c h durch die Versuche unter der L u f t p u m p e überzeugt hatte, daß die Verminderung des specifischen Gewichtes, bei diesen Versuchen, nicht von der adhärirenden L u f t s c h i c h t abhängt; so boten sich m i r zwei andere G r ü n d e zur E r k l ä r u n g dieser Erscheinung, als die natürlichsten, w o auch nicht als die einzigen, dar:
15 den noch 10 Schnitte nach einer dieser Richtungen geführt, so erhalten wir 200 Stücke, und eine Oberfläche von 2,8 + 0,4 Q.Decimetres; und führen wir nach der Richtung, die darauf senkrecht steht, 5 Schnitte, so erhalten wir 300 Stücke, deren Oberfläche 3,2 + 0,2 Quadratdecimetres beträgt. Ist der Körper durch 20 Schnitte nach einer, und 25 Schnitte nach der darauf senkrechten Richtung, in 500 Theile 20 getheilt; so bedarf es nur 4 Schnitte nach der erstem Richtung, um 600 Theile zu erhalten, und dann nimmt die Oberfläche nur um 0,16 Quadratdecimetres zu. Und auf diese Art wächst die Summe aller Oberflächen k e i n e s w e g e s g l e i c h f ö r m i g , w e n n d i e Z a h l der T h e i l e g l e i c h f ö r m i g z u n i m m t , wie Herr H a s s e n f r a t z behauptet, sondern sie nimmt langsamer zu, gerade so wie das 25 specifische Gewicht bei mehrern Theilen immer um weniger abnimmt. Diese Zunahme richtet sich nach der Art, wie die Theilung bewerkstelligt wird, und | mir scheint wenigstens die die natürlichere, wo alle Theile möglichst gleich wer- 404 den. Dagegen scheint Herr H a s s e n f r a t z sich vorgestellt zu haben, die Theilung werde von 100 an, immer durch Schnitte nach einer und der nämlichen Richtung 30 bewirkt; in welchem Falle allerdings für jedes neue 100 von Stücken, die Oberfläche immer um gleich viel, nämlich 0,4, (bei ihm falschlich 0,022,) Quadratdecimetres vermehrt, also die Zunahme der Oberflächen gleichförmig seyn würde. Allein dann müßten die Stücke gar lange und schmale Rechtecke werden, und ich zweifle sehr, daß dieses die Gestalt der abgewogenen Glastheile gewesen sey. 35 Endlich ist das ganze Verfahren, welches Herr H a s s e n f r a t z einschlägt, um ein Gesetz zwischen der Flächenzunahme und der Abnahme des specifischen Gewichts zu finden, nicht ganz tadelfrei. Er hätte die Oberfläche der Theile berechnen müssen, deren specifisches Gewicht er unmittelbar bestimmt hatte; das würde etwas Sicheres geben. Indem er aber aus den beobachteten specifischen Gewichten 40 andere berechnet, trägt er eben dadurch ein willkührliches Interpolationsgesetz hinein, kann also daraus nicht das wahre Gesetz der Abhängigkeit rein und lauter finden. d. H. 67
1799 1. Die Adhärenz oder die Verwandtschaft der Flüssigkeit gegen den Körper, den wir wägen. 2. Der Unterschied von Verwandtschaft der kleinsten Theilchen des Körpers unter einander, und gegen die kleinsten Theilchen der Flüssigkeit, in die der Körper getaucht wird. Von dem Einflüsse der ersten Ursache haben wir sehr viele Beispiele. Wird ein Stein von der Höhe eines Gebäudes herabgeworfen, so fällt er sehr schnell zu Erde; verwandelt man ihn aber in Staub, so fallen zwar die größern Stücke schnell, die kleinern aber nur allmäh406 lig, und die kleinsten bleiben selbst in der L u f t schweben und | der Wind führt sie mit sich fort. Dieses hängt ganz allein von seiner Verwandtschaft gegen die L u f t ab, welche jetzt größer ist, als die Kraft, mit welcher er gegen den Boden getrieben wird. 7 Das Wasser, welches an specifischem Gewichte die L u f t 824 Mahl übertrifft, schwebt oft in dieser Flüssigkeit. So sind die Nebel aus frei gewordenen Wassertropfen gebildet, welche die L u f t durch ihre Verwandtschaft so lange zurückhält, bis ihr Gewicht, durch das Zusammenfließen mehrerer, zu groß wird. Eben so schwimmt gepulverter 407 Schieber, ungeachtet sein specifisches Gewicht 2,85 ist, selbst unter der Luftpumpe, lange über dem Wasser; fein geschlagene und zerriebene Goldblättchen erhalten sich lange in dem sogenannten Goldwasser schwebend; und gepulverte Harze sind, ungeachtet ihres größern specifischen Gewichtes, doch nur mit Mühe zum Untersinken im Wasser zu bringen. Alle diese Erfahrungen zeigen, daß die Anziehung des Mittels, in welchem Körper gewogen werden, ihr Gewicht vermindern kann, und daß diese Verminderung in dem Verhältnisse ihrer Theilung zunehmen müsse.
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7 Hier scheint Herr H a s s e n f r a t z über die ihm als Chemiker geläufigen Vorstellungsarten, bekannte Sätze der Physik übersehen zu haben. D i e Anziehung der 30 L u f t , welche nach der Zertheilung des Körpers stärker wirkt, möchte wohl den Fall nicht wirklich verzögern, geschweige denn, daß sie die einzige Ursache ist, die diese Verzögerung bewirkt. Diese liegt bekanntlich im Widerstande, den die L u f t Körpern, die sich in ihr bewegen, leistet, und dieser Widerstand nimmt mit der Oberfläche des Körpers zu, vermindert folglich, bei größerer Oberfläche, die Ge- 35 schwindigkeit des Falles stärker. D a die Adhäsion der Lufttheilchen die Oberfläche der sich bewegenden Masse vergrößert, so möchte sie eher als der von Herrn H a s s e n f r a t z angegebene Grund in Betracht kommen. d. Η .
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Einfluß der Adhärenz
U m m i c h von der W a h r h e i t dieses R e s u l t a t s zu versichern, b e s t i m m te ich d a s specifische G e w i c h t des Oehls, e i n m a h l m i t e i n e m g e w ö h n lichen A r e o m e t e r , der in d a s Oehl g e t a u c h t wird, d a s a n d e r e M a h l d u r c h d a s A b w ä g e n in einer F l a s c h e m i t e n g e m H a l s e , n a c h H o r n 5 bergs
Art. N a c h jener B e s t i m m u n g wap d a s specifische
Gewicht
0,9156, n a c h dieser 0,9183. S o wird m a n , j e n a c h d e m die F l ü s s i g k e i t e n größere oder g e r i n g e r e A n z i e h u n g z u m A r e o m e t e r als z u m Wasser h a b e n , b a l d bei j e n e m , b a l d bei d i e s e m Verfahren, ein größeres specifisches G e w i c h t f ü r d a s s e l b e F l u i d u m erhalten. U m in b e i d e n F ä l l e n 10 glei|che R e s u l t a t e in einerlei F l ü s s i g k e i t zu b e w i r k e n , m ü s s e n d a s Areo- 408 m e t e r u n d die F l a s c h e von gleicher M a t e r i e , ja, selbst v o n einerlei G l a s a r t seyn, d a die H a a r r ö h r c h e n zeigen, daß die A n z i e h u n g
der
F l ü s s i g k e i t g e g e n v e r s c h i e d e n e G l a s a r t e n v e r s c h i e d e n ist. Was d e n U n t e r s c h i e d zwischen der V e r w a n d t s c h a f t der M o l e c ü l e n 15 des festen K ö r p e r s g e g e n e i n a n d e r u n d g e g e n den f l ü s s i g e n K ö r p e r b e t r i f f t , in w e l c h e m er g e w o g e n wird; so scheint diese Verschiedenheit b e s o n d e r s d a n n v o n E i n f l u ß zu seyn, w e n n die V e r w a n d t s c h a f t der M o l e c ü l e n des festen K ö r p e r s g e g e n e i n a n d e r , die V e r w a n d t s c h a f t derselben zu der F l ü s s i g k e i t ü b e r t r i f f t . Zerstückt m a n e i n e n solchen Kör20 per, so w e r d e n die M o l e c ü l e n desselben v o n e i n a n d e r entfernt, u n d d a f ü r die des f l ü s s i g e n Körpers i h n e n g e n ä h e r t . D i e s e größere oder g e r i n g e r e A n n ä h e r u n g m u ß die V e r w a n d t s c h a f t e n n o t h w e n d i g ändern. Bis jetzt f e h l e n m i r noch die n ö t h i g e n E r f a h r u n g e n hierüber; ich vers c h i e b e d a h e r diese A u s e i n a n d e r s e t z u n g bis zu der B e e n d i g u n g der 25 Versuche, die ich zu d e m E n d e b e g o n n e n h a b e . U m m i c h durch e i n e n directen Versuch v o n d e m E i n f l ü s s e der Anz i e h u n g der M o l e c ü l e n einer F l ü s s i g k e i t g e g e n d e n festen Körper, welcher | g e w o g e n wird, zu ü b e r z e u g e n , verbesserte ich d a s H o m b e r g i s c h e 409 A r e o m e t e r dahin, daß ich e i n e F l a s c h e m i t w e i t e m H a l s e
nahm,
30 (Taf. V I I , F i g . 2,) deren O e f f n u n g ich a u s s c h l e i f e n u n d m i t
einem
Stöpsel v o n Blei, ( F i g . 3,) v e r s e h e n ließ, dessen oberer R a n d hervorr a g t e , u n d der sich leicht a u f s t e c k e n ließ, sich d a b e i a b e r n u r bis zu e i n e m b e s t i m m t e n P u n k t e einsenkte. 8 D i e s e r Stöpsel w a r in der M i t t e d u r c h b o h r t u n d u n t e n etwas a u s g e h ö h l t , d a m i t , w e n n er a u f die volle 35
8 Ramsden, ( A n a c c o u n t of e x p e r i m e n t s to d e t e r m i n e t h e s p e c i f i c g r a v i t i e s of f l u i d s etc., by Ramsden, London 1792. 4.,) beschreibt ein solches Gefäß, dessen er sich schon seit 1776 bedient. Eine andere Einrichtung von Herrn S c h m e i ß e r , ( V o i g t ' s M a g a z i n f ü r d i e N a t u r k . , Β. IX, St. 2, S. 97 u. f.,) ist der hier beschriebenen noch ähnlicher. A.
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1799 Flasche gesetzt würde, keine Luftblase unter ihm blieb; und so stimmte diese Flasche in Absicht des engen Halses mit dem Hombergischen Areometer überein, ließ sich dabei aber viel leichter füllen. In dieser Flasche, die 800 Grammen destillirten Wassers faßte, (und deren Angaben ich dadurch geprüft hatte, daß bei 14mahligem Ab410 wägen von destillirtem Wasser, an einer Wage, die bei '/so | Gramm Ausschlag gab, kein größerer Unterschied als von '/ίο Gramm erfolgte,) suchte ich das specifische Gewicht der 2520 Glasstücke, die ich aus einer Glasplatte von einem Quadratdecimeter Fläche und zwei Millimeter Dicke erhalten hatte. Das specifische Gewicht der ganzen Schei be, im Wasser nach gewöhnlicher Methode gewogen, war 2,4739; das specifische Gewicht der Stücke, eben so bestimmt, 2,3995, hingegen in der Flasche, nach dem Auspumpen der Luft, 2,4807. Dies ist ein offenbarer Beweis, daß die Verminderung des specifischen Gewichtes, das sich bei Zerstückung der Körper zeigt, von der Anziehung der Flüssigkeit abhängt, in welcher sie gewogen werden. Denn diese Verminderung fand im letztern Falle, wo die Wirkung der Anziehung aufgehoben ist, nicht Statt. Zugleich sieht man, daß das große Stück eine Verminderung seines specifischen Gewichts von 0,0068, und mithin eine Gewichtsverminderung von 0,05 Grammen, durch seine Anziehung gegen das Wasser erlitten hatte. Aus diesen Beobachtungen ziehe ich folgende Schlüsse: 411 1. Daß das specifische Gewicht der Körper nach dem Verhältnisse ihres Volums sich ändert. 2. Daß diese Aenderung größtentheils durch die Anziehung des Körpers, welcher gewogen wird, gegen die Flüssigkeit, in welcher man ihn wägt, bewirkt wird. 3. Daß indeß diese Aenderung bei dem Gebrauche der oben beschriebenen Flasche, (des verbesserten Hombergischen Areometers,) nicht statt findet, und daß mithin diese Art, das specifische Gewicht zu bestimmen, einen Vorzug vor der gewöhnlichen hat. A.
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Vorschläge zur Vervollkommnung der Areometer, von L . A. v o n A r n i m .
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5 U m die Bemerkungen des Bürgers H a s s e n f r a t z , über die Veränderung des specifischen Gewichts durch die Adhärenz, nützen zu können, m u ß vorher untersucht werden: ob dieser Einfluß sich über alle unsre Werkzeuge zur Bestimmung des specifischen Gewichts fester und flüssiger Körper erstreckt? Zugleich f ü h r e n sie uns auf eine andere 10 nicht minder wichtige Frage: ob die specifische Anziehung der verschiedenen Materien gegen die atmosphärische Luft, in der wir ihr absolutes Gewicht bestimmen, ebenfalls einen veränderlichen Einfluß auf unsre Wagen hat? Hr. H a s s e n f r a t z sagt nicht, ob er m i t dem Nicholsonschen Areo15 meter, oder m i t der gewöhnlichen hydrostatischen Wage, oder m i t seinem eignen Areometer, (s. A n n a l e n , I. B., 2. St., S. 146,) jene falschen Resultate erhalten, denen er nur durch die Hombergische Methode auswich. Genug, alle drei Methoden sind augenscheinlich dem Fehler unterworfen, daß die Anziehung der | Flüssigkeit den Druck der 413 20 Körper auf das Fluidum, und dadurch die Anzeige des specifischen Gewichts vermindert; und bedürfen deshalb einer Correctionstafel, deren E n t w e r f u n g nicht wenig schwierig seyn möchte. Doch läßt sich dieser Störung bei den Nicholsonschen Areometern vielleicht durch eine sehr einfache Aenderung ausweichen. 25 In allen den Fällen, wo irgend eine specifische Anziehung der allgemeinen Anziehung entgegen wirkt, wird diese nur in einer gewissen Rücksicht, keinesweges aber überhaupt aufgehoben. So hört das Eisen, welches der Magnet trägt, nicht auf, schwer zu seyn; nur drückt es jetzt nicht m e h r gegen den Körper, der darunter liegt. Es hat n u n m i t dem 30 Magnete einen gemeinschaftlichen Schwerpunkt; u n d wer diesen un71
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terstützt, trägt eben so viel, als wenn beide durch keine specifische Anziehung vereinigt wären. So wird auch der Theil der Schwere der Körper, welcher durch ihre Adhäsion mit d e m Wasser f ü r das Areometer verloren geht, nicht aufgehoben, sondern er wirkt bei der Schwere des Ganzen mit, und läßt sich daher in R e c h n u n g bringen, wenn m a n auf die Schwere des Wassers, worin der Körper liegt, ge414 hörig sieht. Dazu würde ich n u n ein cylindri|sches Gefäß, (Taf. VII, Fig. 4,) statt des konischen bei den gewöhnlichen Nicholsonschen Areometern vorschlagen. In dieses legt m a n die Körper, nachdem m a n ihr absolutes Gewicht erforscht hat, und schließt dann das Gefäß durch den spitzen, m i t einer Schraube versehenen Deckel Β, der in seiner Spitze bei c eine kleine O e f f n u n g hat, u m d e m Wasser freien Zutritt in das Gefäß zu gestatten, ohne daß L u f t darin bleibt. So trägt das Areometer den durch Adhärenz erleichterten Körper und auch das dadurch gleich viel erschwerte Wasser, und m a n erhält das gehörige specifische Gewicht. Aber auch das Fahrenheit-Schmidtsche allgemeine Areometer scheint m i r Bestimmungen zu geben, die von d e m erwähnten Fehler frei sind. Da dieses in Flüssigkeiten jeder Art, welche die verschiedenste Anziehung gegen Glas haben, getaucht wird, so sollte m a n zwar das Gegentheil vermuthen; da aber diese Anziehung ringsum gleich stark wirkt, so scheint sie den Stand des Werkzeugs in der Flüssigkeit, worauf dabei alles ankommt, nicht zu ändern, sondern nur einen Widerstand bei der Veränderung dieses Standes, durch aufgelegte Gewichte, hervorzubringen. Aber dieser Widerstand kann n u r sehr geringe seyn, 415 da Alle, die dieses Werkzeug kennen, die | Empfindlichkeit desselben, und die Genauigkeit bewundern, m i t welcher es Unterschiede von Tausendtheilen des specifischen Gewichts angiebt. 1 Ja, diese große Empfindlichkeit ist selbst das Haupthinderniß beim Gebrauche des Instruments, welches deshalb einen großen Vorrath von kleinen sehr genauen Gewichten erfordert. U m dieses Vorraths und des Zeitverlustes, den das Abwägen m i t so kleinen Gewichten veranlaßt, entübrigt zu seyn, möchte ich eine Veränderung des allgemeinen Areometers, wie sie Figur 5 darstellt, vorschlagen. I n dieser Figur ist Alles wie bei dem allgemeinen Areometer, bis auf die beiden Glasröhren a b und a ß , zwischen welchen Scalen 1 Siehe L i c h t e n b e r g ' s A n m e r k u n g e n Sechste Auflage, §. 472, S. 410.
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zu E r x l e b e n ' s
Naturlehre.
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liegen. D e n n ob der hohle Theil Α einer Birne oder einer Kugel gleicht, ist unwesentlich. Jene beiden Röhren a b und a ß sind dazu bestimmt, daß Quecksilber und destillirtes Wasser, (welche die Stelle der Gewichte vertreten,) hinein gegossen werde. D a m i t gleiche Gewichten in ihnen gleiche Längen einnehmen, müssen sie durchgehende gleich weit seyn, und gerade so wie Barometerröhren geprüft werden. Die, welche f ü r das Quecksilber bestimmt ist, wird n u r wenig entfernt von der Achse des Instruments angeschmolzen. Die Scale wird 416 in gleiche Theile getheilt, nachdem m a n durch einen Versuch gefunden hat, welche Länge einem bestimmten Gewichte Quecksilber in der Röhre zukommt. Das Gewicht der Flüssigkeit, die das Areometer aus der Stelle drückt, ist dann gleich dem Gewichte des Instruments, addirt zu d e m eingegossenen Gewichte. Richtet m a n daher das Instrum e n t so ein, daß es etwa 7000 Theilchen wiegt, und, u m in destillirt e m Wasser bis an die bestimmte Stelle sich einzutauchen, noch m i t 3000 solcher Gewichtstheilchen beschwert werden m u ß ; so zeigt die Veränderung jedes solchen Gewichtstheilchens die Veränderung von 0,0001 i m specifischen Gewichte an. Durch die Quecksilbersäule bestimmt m a n Zehntheile und Hunderttheile, durch die Wassersäule Tausend- und Zehntausendtheile des specifischen Gewichts. Dieses Areometer könnte außer der größern Bequemlichkeit und der größern Genauigkeit vielleicht noch einen andern Vorzug haben, ind e m es die Veränderungen des specifischen Gewichts, welche durch die Abweichungen von dem a n g e n o m m e n e n m i t t l e m W ä r m e g r a d e entstehen, durch Ausdehnung oder Zusammenziehung des Quecksilberu n d Wassergewichts compensirte. Diese Compensation ist freilich nicht pünktlich, aber | leider ist sie f ü r andere Areometer, wegen der vielen 417 nöthigen Beobachtungen, gar nicht in R e c h n u n g zu bringen. Bei diesen Vorzügen hat ein solches Areometer jedoch den Nachtheil, daß es nicht nur oben, sondern auch nach unten, ( u m hierher den Schwerp u n k t zu bringen,) verlängert werden m u ß ; und diese Verlängerung m a c h t es zerbrechlicher und auf Reisen weniger brauchbar. Diesem ließe sich jedoch dadurch abhelfen, daß man, wie in Fig. 6, die beiden Röhren a b und a ß , in das hohle, vorhin kugelförmige, jetzt cylindrische, Gefäß m n o p einsenkte, da dann das Instrument n u r wenig länger zu werden brauchte. Wer die Bestimmung von Zehntausendtheilen des specifischen Gewichts d e m Schmidtschen Areometer noch hinzufügen will, kann, (nach Anleitung der 7ten Figur,) an den Teller a b f ü r die Auflege73
1799 gewichte, die mit einer Scale versehene Glasröhre a ß anschmelzen, welche durch das eingegossene destillirte Wasser diese feinern Abweichungen angiebt. Hier noch einige andere Areometervorschläge. Alle Areometer, die ich kenne, sind nur für Flüssigkeiten brauchbar, die wir in hinlänglicher Menge besitzen, um einen hohen Becher da418 mit zu füllen. Aber wie oft kommen uns nicht ge|ringere Mengen von Flüssigkeiten vor! und für sie mangelt noch ein Mikro-Areometer, das kleine Mengen ohne große Fehler messen könnte. Dazu ist das Werkzeug bestimmt, welches ich in Figur 8 vorgestellt habe. Α ist eine hohle Glaskugel, an welche eine kleinere mit Schrot oder Quecksilber gefüllte Kugel angeschmolzen ist. Die Glasröhre ist doppelt und mit einer Scale versehen, hat entweder bei a einen Boden oder geht auch durch die Kugel Α durch. Oben ist sie offen und von innen bei d d mit einem Ringe von gefärbtem Glase versehen. Bis zu diesem Ringe wird die Röhre mit der zu untersuchenden Flüssigkeit gefüllt und das Areometer in destillirtes Wasser gesetzt, so zeigt die Scale a b , durch tieferes oder geringeres Einsinken, das specifische Gewicht der Flüssigkeit an; denn bei gleichem Volumen verhalten sich bekanntlich die Dichtigkeiten oder specifischen Gewichte zweier Körper gegen einander, wie ihre absoluten Gewichte. Bei meinem Instrumente haben aber die Flüssigkeiten, welche untersucht werden, gleiche Volumina, indem sie alle die Röhren bis zu dem bunten Glasringe ausfüllen, und nach ihrem absoluten Gewichte richtet sich die größere oder geringere 419 Menge von Wasser, welche das Werkzeug aus der Stelle | treibt, mithin auch das geringere oder stärkere Einsinken des Glascylinders a b . Ist diese in seiner ganzen Länge von gleichem Durchmesser, so wird, bei gleichen Gewichtszunahmen, auch die Größe des eingetauchten Stücks gleichmäßig zunehmen, daher denn die Scale der Glasröhre in ihrer ganzen Länge in gleiche Theile einzutheilen ist. Diese gleichen Theile bestimme ich auf folgende Art. Ich beobachte den Stand des Instruments, wenn es mit Naphtha, Wasser und Schwefelsäure, also mit der leichtesten, der schwersten, und der Flüssigkeit, auf welche alle übrige specifische Gewichte, als Einheit, bezogen werden, gefüllt ist, und theile den R a u m dazwischen in die bekannten Zehntheile und Hunderttheile ein. Die Tausendtheile können zwar nicht auf der Scale angezeigt, aber doch ungefähr geschätzt werden. Ein anderes Instrument, welches im praktischen Gebrauche die Stelle eines Areometers, vielleicht auch eines sogenannten Bertholimeters 74
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vertreten kann, ist in Fig. 9 vorgestellt. In der Anwendung sucht man das specifische Gewicht der Stoffe gewöhnlich nur zu wissen, um darnach den Grad ihrer Reinheit oder ihre Vermischung mit einem fremdartigen Stoffe beurtheilen zu können. Dazu gebraucht man Alkoholometer, | Soolwagen u. s. w. Das Werkzeug Fig. 9 besteht aus ei- 420 nem Haarröhrchen a b c d , aus starkem Glase verfertigt, welches unten gekrümmt ist, und sich in den hohlen Glaskegel e a f endigt. In diesen wird die Flüssigkeit bis g g gegossen und durch Saugen schnell empor gehoben; dann fällt sie bis zu dem Punkte, wo die specifische Anziehung zwischen ihr und dem Glase sie aufhält. Sind nun einige Flüssigkeiten, wie ζ. B. Alkohol, Naphtha u. s. w. mit einer Flüssigkeit, dem Wasser, gemengt, so giebt das nach Verschiedenheit der Mischung eine sehr verschiedene Anziehung zu dem Glase. Man wird daher ihre Reinheit mit ziemlicher Genauigkeit aus ihrem Stande in den Haarröhrchen beurtheilen können. Zu einer Entwerfung der Scale werden freilich wiederholte Versuche erfordert, da der Stand gar nicht in gleichem Verhältnisse mit dem specifischen Gewichte, sondern in ganz eignen Progressionen zunimmt. Feuchtigkeit und Wärme haben auf den Stand der Flüssigkeit, nach M u s s c h e n b r o e k s Versuchen über Haarröhrchen, keinen, der Barometerstand wenig Einfluß. 2
Ich komme nun zur zweiten Frage: ob die verschiedene Anziehung 421 der Körper gegen die Luft, nicht auch einen veränderlichen Einfluß auf die Bestimmung des absoluten Gewichts vermittelst unsrer Wagen hat. So geringe dieser Einfluß auch nur seyn kann, so scheint er doch 25 schon von Herrn Professor S c h m i d t in Gießen an einer Wage von vorzüglicher Einrichtung, und bei sehr sorgfältig angestellten Versuchen wahrgenommen zu seyn. (S. S c h m i d t ' s p h y s i s c h - m a t h e m a t i s c h e A b h a n d l u n g e n , Gießen 1793, I, S. 214.) Herr Prof. S c h m i d t wog erst Papier und Mandelöhl getrennt, auf dieser Wage. 30 Dann bestrich er das Papier mit dem Mandelöhle, und fand das Ganze nachher IV2 Richtpfennig leichter. Er glaubte nun zwar, die Ursache davon sey, weil Anziehung der L u f t den Körper, der in derselben gewogen wird, schwerer mache, und Oehl geringere Anziehung gegen L u f t als Papier hätte; beide Voraussetzungen scheinen mir aber nicht 35 ganz zulässig zu seyn. Die L u f t drückt ringsum gleich stark auf den zu wägenden Körper, und die Anziehung der L u f t kann den Körper nicht 2 M u s s c h e n b r o e k i i D i s s . p h y s . e t g e o m e t . , V i e n n a e 1756, d e t u b i s c a p i l l a r i b u s , pag. 8, 53 u. s. w.
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schwer, wohl aber ihn leichter machen, indem sie ihn, so zu sagen, an die umgebende Luft, in der er gewogen wird, fesselt. Hätte nun Oehl weniger Anziehung gegen die Luft als Papier, | so würde das Ganze nach dem Bestreichen schwerer geworden seyn, welchem doch die Erfahrung widersprach. Jene Annahme der größern Anziehung des Papiers, ist nicht bloß aus dieser Ursache unzulässig, sondern ihr widerspricht auch die gemeine Erfahrung, daß Oehl bei mittlerer Temperatur sich schon mit dem Sauerstoffe der Atmosphäre verbindet, und so verdirbt, Papier hingegen einer sehr erhöheten Temperatur dazu bedarf. Mit diesen Schmidtschen Erfahrungen haben auch die Beobachtungen des Herrn E i m b k e , ( G r e n ' s J o u r n a l d e r P h y s i k , Band VII, S. 31,) über den Gewichtsverlust glühender Körper, Aehnlichkeit. Sie sind indeß aus einer andern Ursache, nämlich aus der Vermehrung des Volums der Körper, ohne Vermehrung der Masse, zu erklären, wobei sie mehr Luft aus der Stelle drückten, also mehr am Gewichte verloren. So leicht man diesen Erfolg auch vorhersehen konnte, so sind sie doch deswegen besonders interessant, weil M u s s c h e n b r o e k 5 und Andere, aus dieser nicht erfolgten Gewichtsverminderung in ihren Versuchen, die Schwere des Wärmestoffs erschlossen haben.
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M u s s c h e n b r o e k E s s a y de P h y s i q u e , ä Leyde 1739, I, p. 471, §. 956.
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Anmerkung zum vorhergehenden Aufsatze des Bürgers Hassenfratz.
423
Ohne Herrn H a s s e n f r a t z nur entfernt einer unrechtmäßigen Be5 nutzung eines fremden Eigenthums beschuldigen zu wollen, kann ich doch nicht unterlassen, für den thätigen H a u s k b e e die Ehre der e r s t e n Erfindung des Einflusses der specifischen Anziehung der Flüssigkeiten auf den Körper, der darin gewogen wird, zurückzufordern. Er erzählt, ( E x p e r i e n c e s p h y s i c o - m e c h a n i q u e s s u r d i f f e r e n s 10 s u j e t s , p a r H a u s k b e e , a P a r i s 1754, Τ. I, p. 14—19,) daß er einen Quadratzoll dickes Kupferblech, und dünnes Kupferblech von gleichem absoluten Gewichte, dessen Oberfläche sich zu jenem verhielt, wie 1:225, im Wasser gewogen, und am dünnen Bleche zwei Gran Verlust mehr wahrgenommen habe. Eben so zerstieß er Krystallglas, 15 nahm gleiche Gewichte von diesem und von dem nicht zerstückten Glase, und fand wiederum eine | größere Gewichtsverminderung des 424 erstem im Wasser. Dieses erklärt er daher, weil die feinern Glastheile im Wasser schwimmen, ohne auf die Schale der Wage zu drücken. Endlich sagt er, (pag. 17:) Ce P h e n o m e n e d o i t e t r e a t t r i b u e a 20 la m e m e c a u s e , q u i s o u t i e n t l e s l i q u e u r s d a n s l e s t u y a u x c a p i l l a i r e s , c ' e s t - a - d i r e , ä l ' a t t r a c t i o n . So richtig erklärte er schon dieses Phänomen, und doch hat man es bisher so ganz übersehen. A.
77
425 Specifische Gewichte einiger im Wasser auflöslichen Stoffe, bestimmt vom
Herr H a s s e n f r a t z bediente sich bei diesen Untersuchungen des Fläschchens aus Krystallglas, welches im zweiten Aufsatze dieses Stücks der Annalen, S. 409, als ein verbessertes Hombergsches Areometer beschrieben wird. Statt des Wassers, worin die Stoffe sich aufgelöst hätten, füllte er es mit Quecksilber, dessen specifisches Gewicht 13,561 betrug. Die Flasche wog leer 262, voll Quecksilber 2018 Grammen, und hielt daher 0,01288 Litres. Bei zehn wiederholten Abwägungen der vollen Flasche, fand sich nur ein Unterschied von 0,105 Grammen. Zuerst wurde der Stoff in der leeren Flasche gewogen, wodurch sich das absolute Gewicht desselben bestimmte. Darauf füllte Herr H a s s e n f r a t z die Flasche vollends mit Quecksilber, brachte sie unter 426 die Luftpumpe, um von dem Körper die a n f a n g e n d e L u f t zu sondern, und wog so die Flasche, da dann dieses Gewicht, abgezogen von 2018 Grammen, und dazu gefügt das absolute Gewicht des Stoffs, das Gewicht einer Quecksilbermasse von gleichem Volumen mit dem Körper gab. Bezeichnet man diese mit q, und das absolute Gewicht des Stoffs mit p , so ist das specifische Gewicht dieses Stoffs jj· 13,561. Auf diese Art sind die specifischen Gewichte von folgenden 103 Stoffen mit der größten Sorgfalt bestimmt worden:
5
io
15
20
1 A n n a l e s de C h i m i e , No. 82, An. 7. S e c o n d e s u i t e d u p r e m i e r Mem o i r e de 1' A r e o m e t r i e . 25
78
Specifische Gewichte einiger im Wasser auflöslichen Stoffe
Säuren.
Specifisches Mittleres spec. Gewicht. Gewicht.
Arseniksäure,
2,420
sublimirt zerflossen 5 Boraxsäure,
(fondu) des Krystallisationswassers beraubt (effleuri)
Weinsteinsäure, 10 Phosphorsäure, Kamphersäure, Benzoesäure, Milchzuckersäure,
2,420
,8707 1 Γ 0,8707 ,755 { 0,755
J
1,803
1,805
0,498
0,498
1,5962
1,5962
2,8516
2,8516
0,770
0,770
0,667
0,667
ί[ n f 1 J1 0,739
0,645
Specifisches
Mittleres spec. Gewicht.
15
Alkalien.
Gewicht. J 1,856 1
Gewächsalkali,
1,7085
ι 1,561 J 1,336
Mineralalkali,
0,8129
1,336
Erde Γ 1,5949 1
20 Kalkerde,
{ 1,4558 J
Thonerde, Talkerde, Schwererde,
{kalcinirt krystallisirt kalcinirt {krystallisirt
25 Strontionerde,
1,5253
0,820
0,820
0,346
0,346
2,374
2,374
1,465
1,465
1,647
1,647
1,460
1,460
2,0481
2,0481
1,5854
1,5854
Sah Ueberschüssigschwefelsaures 30 Kali, (Sulfate a c i d u l e de potasse,)
kalcinirt krystallisirt
Schwefelsaures Kali, völlig gesättigt, 79
Γ 2,5156 1 { 2,299
J
2,4073
427
1799 Γ 1,5345 1
Schwefelsaures Natron, Schwefelsaures Ammoniak, Schwefelsaure Kalkerde,
1,7676
2,1895
2,1895
f 1,7054 Ί
Schwefelsaure Thonerde, r in Oktaedern
{ 1,7165 J
in Kuben
2,2193
1,6603
1,6603
Specifisches Gewicht.
Mittleres spec. Gewicht.
Γ 1,3695 Ι
1,3275
Schwefelsaurer Zink, ( in Körnern (en g r a i n s )
1 1,335
i
11,278 J
krystallisirt Schwefelsaures Eisen, Schwefelsaures Kupfer, Schwefelsaures Blei, Schwefelsaurer Braunstein-König, Schwefelsaure ammoniakalische Talkerde,
1,912
1,912
1,8399
1,8399
2,1943
2,1943
1,8742
1,8742
1,657
1,657
1,696
1,696
Γ 1,256 1
1
Schwefeligsaures Natron, Schwefeligsaure Talkerde, Schwefeligsaure Thonerde, Schwefeligsaure Schwererde, Schwefeligsaures Quecksilber, Salpetersaures Kali, Salpetersaures Natron,
1,916
J
2,9566
1,3802
1,3802
1,122
1,122
1,6938
1,6938
4,068
4,068
1,9369
1,9369
J 1,658 1
Salpetersaure Kalkerde, Salpetersaure Talkerde, Salpetersaure Thonerde, Salpetersaure Schwererde, Salpetersaure Strontionerde, Salpetersaurer Zink,
1,5785
1,6207
1,6207
1,736
1,736
1,645
1,645
3,0061 2,096 f 2,256 "I { 2,092 J
80
2,0964
1 1,499 J
2,9149
Salpetersaures Kupfer,
1,586
2,9566
2,0964
Salpetersaures Ammoniak,
1,7109
2,2193
Schwefelsaure Talkerde,
Schwefeligsaures Kali, ( S u l f i t e de p o t a s s e , )
1,4457
1 1,357 J 1,7676
2,9149 3,0061 2,096 2,174
Specifische Gewichte einiger im Wasser auflöslichen Stoffe
Specifisches Gewicht. Salpetersaures Blei,
4,068
5 Salpetersaures Quecksilber,
j ^ ^
Uebersaures salzsaures Kali, Salzsaures Kali, Salzsaures Natron,
J
1,989
1,9367
1,9367
2,2001 '
15608
10 Salzsaure Kalkerde, Salzsaure Talkerde, Salzsaure Schwererde, Salzsaure Strontionerde, Salzsaurer Zink, 15 Salzsaures Kupfer,
j
Salzsaures Blei, Salzsaures Quecksilber, Uebersaures salzsaures Quecksilber, Salzsaures Zinn, 20 Ueberschüssig weinsteinsaures Kali, Weinsteinsaures Kali,
1,5442
1,7603
1,7603
1,601
1,601
2,8257
2,8257
1,4402
1,4402
1,577
1,577
J
1,8226
1,8226
7,1758
7,1758 5,1398
2,2932
2,2932
1,9153
1,9153 l J
1,7437
Essigsaure Thonerde, 30 Essigsaure Schwererde, Essigsaures Blei, Essigsaures Kupfer, Essigsaures Eisen, Phosphorsaures Kali, (ausgetrocknet,) 35 Phosphorsaures Natron, 81
1,6775
5,1398
I [ 1,6670
Weinsteinsaures Natron, Essigsaures Natron, Essigsaure Kalkerde, 25 Essigsaure Talkerde,
3,914
1,989
1 5277
1,5567 1,7437
2,109 1,005 1,378
2,109 1,005 1,378
Specifisches Gewicht.
Mittleres spec. Gewicht. 1,245 1,828
1,245 1,828
429
4,068
2,2001
{
Mittleres spec. Gewicht.
2,345
2,345
1,779 1,368
1,779 1,368
2,8516
2,8516
1,333
1,333
430
1799 Phosphorsaures Ammoniak, Phosphorsaures ammoniakalisches Natron, Phosphorsaure Talkerde,
1,8051 1,509 1,5489
1,8051 1,509 1,5489
Phosphorsaure Schwererde, Phosphorsaures Kupfer, Phosphorsaures Quecksilber, Gephosphorte Kalkerde,
1,2867 1,4158 4,9849
1,2867 1,4158 4,9849
( P h o s p h u r e de c h a u x , ) Boraxsaures Natron, r wie es im Han- ] < del vorkommt, > l· gesättigt J
0,9835 1,723 1,351
0,9835 1,723 1,351
Boraxsaure Kalkerde, Boraxsaure Kalkerde und Talkerde, Boraxsaures Quecksilber, Kohlensaures Kali,
0,7007 0,9913 2,266 2,012 1 2242 1
0,7007 0,9913 2,266 2,012
? 1,494 J 1,7377
1,3591 1,7377
{ l krystallisirt
Specifisches Gewicht. Kohlensaures Ammoniak,
j ^
( Kohlensaure Thonerde, Wolframsaures Ammoniak, Blausaures Quecksilber, Arsenikalisch-saures Kali, Kampher, Zucker, gewöhnlicher,
I
Mittleres spec. Gewicht.
J
0,966
0,2733 Ι 0315 I 1,118 1,938 2,7612 2,155 0,9968
0,2941 1,118 1,938 2,7612 2,155 0,9968
1
Die Exemplare, nach welchen Herr H a s s e n f r a t z
1,4085 die specifischen
Schweren bestimmt hat, sind insgesammt von B o u i l l o n
Lagrange
für die chemischen Vorlesungen G u y t o n ' s und F o u r c r o y ' s in der E c o l e P o l y t e c h n i q u e , mit großer Sorgfalt bereitet worden, daher man sich auf ihre möglichste Reinheit verlassen kann. Noch war man mit der Präparation mehrerer für diese Schulen beschäftigt, und ihr
82
Specifische Gewichte einiger im Wasser auflöslichen Stoffe
specifisches Gewicht verspricht Herr H a s s e n f r a t z in der Folge nachzutragen. Die Ersten, die specifische Gewichte von Stoffen, die im Wasser auflöslich sind, bestimmten, waren N e u t o n , in seiner O p t i k , und 5 M u s s c h e n b r o e k , in seiner I n t r o d . in | P h i l o s . n a t u r a l e m . 432 Ersterer beschreibt die Methode nicht, die er einschlug; Letzterer wog jene Stoffe in frischem Terpenthinöhle ab, und seinen Angaben folgt Β r i s s ο η, der bei der Wiederholung dieser Versuche Schwierigkeiten fand. Auch in K i r w a n ' s M i n e r a l o g i e , und in mehrern seiner Ab10 handlungen über die Zusammensetzung und das specifische Gewicht verschiedener Salze, die im J o u r n a l de P h y s i q u e , Α. 1784, übersetzt sind, kommen neue Bestimmungen des specifischen Gewichts von Erden und Salzen, die sich im Wasser auflösen, vor. Κ i r w a η bediente sich dabei einer eisernen Büchse, durch die ein Loch ging, in welcher 15 er jene Stoffe stark zusammenpreßte; so wog er sie erst in der Luft und dann in Alkohol ab. Folgende Tabelle dient zur Vergleichung dieser verschiedenen Angaben mit denen des Herrn H a s s e n f r a t z . Neuton. 20
Gewächsalkali, rein Kalkerde Talkerde Thonerde 25 Schwererde Schwefelsaures Kali Schwefelsaures Ammoniak Schwefelsaure Thonerde 1,714 Schwefelsaurer Zink 1,712 30 Schwefelsaures Eisen Schwefelsaures Kupfer Salpetersaures Kali 1,900 Salpetersaures Natron Salzsaures Kali 35 Salzsaures Natron 2,143 Essigsaures Blei Ueberflüssig-weinsteinsaures Kali 83
Specifisches Gewicht nach Musschen- Kirwan. Hassenbroek fratz 4,6215 1,7085 2,3700 2,3908 1,5233 2,3298 0,3460 2,0000 0,8200 4,0000 2,3740 2,3980 2,6360 2,4073 1,4063 1,7676 1,7260 1,7109 1,9000 1,9120 1,8800 1,8399 2,2300 2,1943 1,901 1,9330 1,9369 1,8694 2,0964 1,8365 1,9367 2,0835 2,2001 2,3953 2,3450 1,8745 1,9153
433
1799
1,4797 1,7170
Boraxsäure Borax, gewöhnlicher 1,714 Kohlensaures Kali, nicht gesättigt Kohlensaures Natron Kohlensaures Ammoniak Kampher 0,996 Arabisches G u m m i 1,375
1,8030 1,7230
2,749 1,5026
1,4210 1,8245
2,0120 1,3591 0,9660 0,9968
5
434 N e u t o n ' s Angaben stimmen, wie man hieraus sieht, mit denen des Herrn H a s s e n f r a t z aufs beste zusammen; den einzigen schwefelsau- 10 ren Zink, ( D a n z i g e r V i t r i o l , ) ausgenommen, bei welchem die Abweichung vielleicht daher kommt, daß N e u t o n ' s Exemplar nicht völlig krystallisirt war. Die großen Abweichungen in M u s s c h e n b r o e k ' s Bestimmungen des specifischen Gewichts der Kalkerde, des nicht gesättigten kohlensauren Kali's und des kohlensauren Ammoni- 15 aks von seinen, glaubt Herr H a s s e n f r a t z sich aus der Verwandtschaft der Alkalien zum Terpenthinöhle erklären zu können, so wie die ausnehmende Verschiedenheit in einigen von K i r w a n ' s Angaben, aus dem Zusammenpressen der Stoffe in der eisernen Büchse, in der sie K i r w a n untersuchte. 2 20
2 Es ist wohl schwerlich nöthig, daß wir hierbei zu so gezwungenen und kaum begreiflichen Erklärungen unsre Zuflucht nehmen. Die so großen Unterschiede in den meisten Angaben erklären sich viel leichter daraus, daß Herr H a s s e n f r a t z durch Kunst bereitete Stoffe, in ihrer größten Reinheit abwog, indeß 435 M u s | s c h e n b r o e k und K i r w a n ungeläuterte Stoffe, wie sie die Natur giebt, 25 oder wie sie im Handel vorkommen, untersuchten; so zum Beispiel M u s s c h e n b r o e k gewöhnlichen gebrannten Kalk, der aber neben der Kalkerde noch andere Stoffe enthält, und vielleicht, nach dem Antheile von Feuchtigkeit, den er in sich gezogen hat, einer eben so großen Verschiedenheit im specifischen Gewichte unterworfen ist, als der dichte Kalkstein, dessen specifische Schwere nach K i r w a n 30 von 1,3864 bis 2,72 variirt. In der zweiten Ausgabe von K i r w a n ' s Mineralogie finde ich das specifische Gewicht der reinen einfachen Erden nirgends bestimmt, überall nur specifische Gewichte von Mineralien, wie sie die Natur giebt. d. Η .
84
Ueber die Zersetzung des Sauerstoffgas durch die reinen Erden.
501
1. Brief des Herrn von H u m b o l d t an den D. I n g e n h o u ß 5 über die Eigenschaft einiger Erden, die atmosphärische Luft zu zersetzen.1 Ich eile, Ihnen das Resultat meiner Versuche über die einfachen Erden mitzutheilen, da diese Versuche nicht nur über die Natur dieser problematischen Elemente einiges Licht zu verbreiten, sondern auch Ihre 10 scharfsinnigen Bemerkungen in der Schrift über die Ernährung der Pflanzen 2 sehr zu unterstützen scheinen. Ich hatte, wie Sie, bemerkt, daß der Humus, oder die vegetabilische Erde, die atmosphärische Luft zersetze, indem er ihr den Antheil Sauerstoff raubt, und nur Stickgas und einige Hunderttheile kohlensaures Gas zurückläßt. Ich schrieb 15 dies bisher den säujrungsfähigen Basen, (dem Kohlen-, Wasser-, Stick- 502 Stoffe u. s. w.,) zu, welche sich immer darin vorfinden, und vermuthete, die Fruchtbarkeit des Bodens hänge eben von jenen Oxyden, ( O x y d e s du c a r b o n e et d ' h y d r o g e n e , ) ab, welche sich hier im Boden bilden, und geschickter als Kohlensäure und Wasser sind, von 20 den Vegetabilien zersetzt zu werden. Indem ich hierüber arbeitete, fand ich, daß die graue Thonerde, die Gangart, in welcher das Steinsalz im Oestreichischen und Salzburgischen vorkömmt, (das Lebergestein der deutschen Bergleute,) die Eigenschaft, die atmosphärische Luft zu zersetzen, eben so, wie die vegetabilische Erde hat. Ich brachte 25
J o u r n a l de P h y s i q u e , p a r D e l a m e t h e r i e , Tom. IV, pag. 323. I n g e n h o u ß ü b e r E r n ä h r u n g der P f l a n z e n und F r u c h t b a r k e i t d e s B o d e n s . Uebersetzt von C h . F i s c h e r , Leipzig 1798. Insbsondere S. 137. 1
2
A.
85
1799 angefeuchtete Thonerde von dieser Art unter einer Glocke, bei einer Temperatur von 14 bis 15° Reaumur, mit der Luft in Berührung, und so wurden eben die Gasarten unter derselben gebildet, die sich im Steinsalzbergwerke finden. Von 3000 Theilen atmosphärischer Luft, welche nach einer sehr genauen Analyse, (dem Volumen nach,) zusam 5 mengesetzt war aus 852 Theilen Sauerstoffgas, 2103 Theilen Stickgas und 45 Theilen Kohlensäure, blieben nach 18 Tagen nur noch 2460 Theile,
503
io
und von diesen waren 81 Theile Sauerstoffgas, 2207 Theile Stickgas, vermischt mit Wasserstoffgas, 172 Kohlensäure. Zur Bildung der 127, (172—45,) Theile kohlensauren Gas werden nach L a v o i s i e r s Bestim- 15 mung 35,5 Sauerstoff erfordert. Da also der Rückstand von 2460 Theilen nur 81 Theile Sauerstoff enthielt, so kann man behaupten, daß von 0,28 Theilen Sauerstoff, die in der Luftmasse enthalten waren, 0,24 Theile den gasförmigen Zustand verlassen, und mit der Thonerde sich verbunden haben. Einige Monate nachher fand ich in V a u q u e - 20 l i n s Laboratorio eine weiße Thonerde, (von M o n t m a r t r e , ) die in gleicher Zeit und Temperatur, (17 bis 20° Reaumur,) mehr Oxygen als der Phosphor verschluckte. Diese Erfahrungen führten mich zu jener Entdeckung, welche ich Ihnen mitzutheilen geeilt habe, d a ß d i e einfachen, reinen, mit destillirtem Wasser angefeuch-25 teten E r d e n , bei einer n i e d r i g e n T e m p e r a t u r , den Saue r s t o f f d e r A t m o s p h ä r e a b s o r b i r e n . Ich habe in zehn Tagen durch Thonerde reines Stickgas bereitet. Schwererde ließ nur einen Rückstand von 0,08 Sauerstoff, nachdem sie 0,19 Theile absorbirt hatte. Kalkerde zersetzt die atmosphärische Luft auch, aber langsamer. 30
504 Kiesel- und Talkerde scheinen diese Eigenschaft nicht zu besitzen. Ein Versuch, in welchem die Kieselerde 0,09 Oxygen absorbirt hatte, schien mir doch noch zweifelhaft. Diese überraschenden Erscheinungen verdienen eine nähere Betrachtung und veränderte Versuche. Sie beweisen, daß die Erden es sind, welche im Humus oder der Gartenerde das 35 Sauerstoffgas absorbiren. Sind es nun diese problematischen Elemente selbst, die sich mit dem Sauerstoffe verbinden? Oder ertheilen sie
86
Die Zersetzung des Sauerstoffgas durch e i n e n , bis jetzt n o c h u n b e k a n n t e n V e r w a n d t s c h a f t s e i n f l u ß
dem
destillirten Wasser die E i g e n s c h a f t , das O x y g e n zu zerlegen? D a s sind F r a g e n , ü b e r w e l c h e ich jetzt n o c h n i c h t s e n t s c h e i d e n m a g , doch glaub e ich, d a ß sich diese E r s c h e i n u n g e n s e h r gut m i t d e n e n I d e e n verei5 n i g e n lassen, die S i e ü b e r die S ä u r u n g des B o d e n s g e ä u ß e r t h a b e n . N u r durch V e r m e h r u n g der E r f a h r u n g e n w e r d e n w i r zur L ö s u n g des g r o ß e n P r o b l e m s der V e g e t a t i o n g e l a n g e n .
2. Brief S a u s s ü r e des Sohns a n J . C. D e l a m e t h e r i e , in welchem bewiesen wird, daß die reinen Erden den Sauerstoff nicht absorbiren.3
15
20
25
30
I c h h a b e m e i n e B e h a u p t u n g , daß die g r ü n e n T h e i l e der P f l a n z e n , w i e die T h i e r e , sowohl i m S o n n e n l i c h t e als i m S c h a t t e n , die a t m o s p h ä r i s c h e L u f t v e r d e r b e n , sobald diese L u f t m i t e i n e r Substanz, w e l c h e das k o h l e n s a u r e G a s absorbirt, in B e r ü h r u n g steht, durch m a n n i g f a l t i g e , s o r g f ä l t i g e Versuche bestätigt. M e i n e ersten E r f a h r u n g e n b e s t a n d e n d a r i n , daß ich a b w e c h s e l n d die P f l a n z e n d e m E i n f l ü s s e des S o n n e n lichts u n d der F i n s t e r n i ß aussetzte; a b e r m a n k ö n n t e daraus i m m e r n o c h s c h l i e ß e n , d a ß sie die L u f t n u r i m F i n s t e r n v e r d e r b e n , w e i l das k o h l e n s a u r e Gas, w e l c h e s sie n a c h I n g e n h o u ß ' s B e h a u p t u n g n u r w ä h r e n d der N a c h t b i l d e n , u n d das durch die i m R e c i p i e n t e n l i e g e n d e K a l k e r d e z u r ü c k g e h a l t e n w ü r d e , v o n d e m L i c h t e n i c h t w i e d e r zersetzt w e r d e n k a n n . A b e r als ich n a c h h e r die P f l a n z e n bloß b e i m S o n n e n l i c h t e m i t k a u s t i s c h e m A l k a l i oder g e b r a n n t e m K a l k e u n t e r e i n e n R e c i p i e n t e n setzte, u n d g e g e n A b e n d h e r a u s n a h m , so e r h i e l t ich stets dasselbe | R e s u l t a t , n ä m l i c h V e r m i n d e r u n g des S a u e r s t o f f g a s und Ver- 506 m i n d e r u n g des g a n z e n g e s p e r r t e n L u f t r a u m s ; da h i n g e g e n die P f l a n zen, w e l c h e in e i n e g l e i c h e L a g e , a b e r o h n e A l k a l i oder o h n e K a l k gesetzt w u r d e n , i h r e n L u f t r a u m v e r b e s s e r t e n , oder w e n i g s t e n s n i c h t v e r s c h l i m m e r t e n . A u ß e r d e m b e w i e s ich, d a ß das k o h l e n s a u r e Gas, das in g e r i n g e r M e n g e m i t der a t m o s p h ä r i s c h e n L u f t v e r m i s c h t , die Veget a t i o n der e n t w i c k e l t e n P f l a n z e n b e f ö r d e r t , sowohl i m S o n n e n s c h e i n e als i m S c h a t t e n das K e i m e n des S a a m e n s verzögert 4 u n d in a l l e n Verh ä l t n i s s e n den j u n g e n P f l a n z e n schadet.
J o u r n a l de P h y s i q u e p a r D e l a m e t h e r i e , Tom. IV, An. 6, pag. 470. Die Notwendigkeit des Sauerstoffs zum Keimen des Saamens ist jetzt hinlänglich bekannt. Wie stark aber die Anziehung des kohlensauren Gas, zum Sauerstoffgas und eben deswegen auch das Hinderniß des Keimens in einer mit kohlensaurem Gas sehr reichlich versehenen Luft ist, beweiset ein Versuch H u m b o l d t ' s , nach welchem in einer Luft, die 0,25 kohlensaures Gas und 0,75 Sau40 erstoffgas enthielt, noch kein Licht brennen wollte. A. 5
35
505
4
87
1799 Ich kann hier die neuesten E r f a h r u n g e n H u m b o l d t ' s nicht übergehen, deren Genauigkeit ich indessen in Zweifel ziehen muß. D a ß 507 der H u m u s , welcher ein Produkt der Vermijschung zersetzter Vegetabilien m i t noch unzersetzten ist, das Sauerstoffgas absorbire; ist freilich nicht neu, da es bekannt g e n u g ist, daß die vegetabilischen Substan- 5 zen, die sich freiwillig an der L u f t zersetzen, in einen Zustand der G ä h r u n g k o m m e n , bei welchem sie Sauerstoff verschlucken. Außerd e m ist dieser Einfluß des H u m u s auf die atmosphärische L u f t schon i m J a h r e 1788 von I n g e n h o u ß bekannt g e m a c h t worden. Aber eine sehr wichtige Entdeckung wäre es immer, diese Absorbtion des Sau- 10 erstoffs durch die reinen angefeuchteten Erden darzuthun. Ich kann indessen versichern, daß dieses bei Erden, die von aller vegetabilischen Substanz befreiet sind, nicht der Fall ist, sobald m a n nur kein kochendes Wasser zu ihrer B e f e u c h t u n g anwendet, weil dieses das Sauerstoffgas in größerer M e n g e als das Stickgas absorbirt. 15 Schon seit vier Monaten habe ich vier Unzen Thonerde, (aus d e m Alaun durch A m m o n i a k präcipitirt, wiederholt gewaschen, an der Sonne getrocknet und darauf m i t einer hinlänglichen M e n g e von Wasser angefeuchtet, u m sie weich ( d u c t i l e , ) zu machen, m i t 50 Kubikzoll atmosphärischer L u f t in B e r ü h r u n g gesetzt, und die T h o n e r d e hat 20 noch nichts von dieser L u f t absorbirt. — Dieselbe E r f a h r u n g habe ich 508 m i t kohlensaurer Kalkerde | und ätzender Kalkerde gemacht; der Erfolg war derselbe. E b e n das beobachtete ich auch bei der Kieselerde. H u m b o l d t ' s eudiometrische Untersuchungen sind scharfsinnig; aber die Grenzen des Irrthums, welche er für das P h o s p h o r - E u - 25 d i o m e t e r ansetzt, sind nicht genau, und sind nicht so arg, daß m a n dieses Instrument verwerfen müßte. Es ist wahr, es zeigt nur 2 I / i o o oder 2 2 /ioo Sauerstoffgas in der Atmosphäre an; aber diese zeigt es beständig, wie auch die Gestalt des Gefäßes zur Untersuchung und die Schnelligkeit der Verbrennung seyn m a g . Wenn m a n eine bekannte M e n g e 30 von Stickgas oder Sauerstoffgas der atmosphärischen L u f t hinzufügt, so wird das Eudiometer diese M e n g e m i t aller Genauigkeit anzeigen. Für einen U n g e ü b t e n hat unläugbar das Phosphor-Eudiometer vor d e m Salpetergas-Eudiometer, wegen der Leichtigkeit, m i t diesem zu irren, wesentliche Vorzüge. Dies ist mein Urtheil, nach dreijährigem tägli- 35 chen Gebrauche beider Instrumente.
88
Die Zersetzung des Sauerstoffgas
Was die H i n z u f ü g u n g des schwefelsauren Eisens bei d e m Gebrauche des Salpetergas-Eudiometers betrifft, so hat mich die E r f a h r u n g von d e m Nachtheile dieses Verfahrens überzeugt; denn diese Substanz absorbirt n u r schwer und niemals | ganz das Salpetergas, wenn es m i t 509 5 Stickgas vermischt ist. Es verbessert außerdem nicht die Ursache von Fehlern, wegen welcher m a n m i t Recht F o n t a n a ' s Eudiometer anklagt, und besonders die nicht, welche durch die schnellere oder langsamere Absorbtion des Sauerstoffgas durch das Salpetergas entstehen. Ich glaube daher, sowohl in chemischer Rücksicht, als auch wegen der 10 dabei nöthigen complicirten Handgriffe, diese Aenderung verwerfen zu müssen. A.
3. A. F . v o n H u m b o l d t ' s Antwort an D e l a m e t h e r i e über die Zersetzung des Sauerstoffgas durch die einfachen Erden. 5 15 Diese Antwort H u m b o l d t ' s will ich im Auszuge vorlegen, da die Versicherung und Behauptung S a u s s ü r e ' s , jene Entdeckung gänzlich widerlegt zu haben, zu unvorsichtig ist, u m nicht eine Menge von Blößen zu geben. Zuerst erinnert H u m b o l d t , ob m a n wohl erwarten könne, in Va u q u e 1 i η ' s Laboratorio Erden zu finden, die m i t vegeta20 bilischen Substanzen verunreinigt sind; er erinnert ferner, ob wohl je|mals ein Chemist, auch selbst m i t kochendem Wasser, atmosphäri- 510 sehe L u f t in Stickgas verwandelt habe; und ob wohl einige entgegenstehende Versuche S a u s s ü r e ' s eine ganze Reihe, m i t gutem Erfolge unter Kenneraugen angestellte Versuche widerlegen können? Er weiß 25 nicht, was er zu dem Vorwurfe S a u s s ü r e ' s sagen soll, als wenn er das Salpetergas und schwefelsaures Eisen zugleich i m Eudiometer brauche, und glaubt, daß m a n bei einer Vergleichung seines Memoire über das Salpetergas mit V a u q u e l i n ' s Aufsatze über das schwefelsaure Eisen, die Unbilligkeit des Vorwurfs einsehen werde. Er braucht es nur, u m 30 die Güte des Salpetergas zu bestimmen. Außerdem beweisen die genauesten zahlreichen Erfahrungen, daß das schwefelsaure Eisen bei einer Temperatur von 30 bis 40° auch das geringste Ueberbleibsel an Salpetergas h i n w e g n i m m t . In Rücksicht des Nachtheiligen des Phosphor-Eudiometers beruft er sich auf seine Erfahrungen; eben so f ü h r t 35
5
J o u r n a l d e P h y s i q u e p a r D e l a m e t h e r i e , Τ. V, An 7, pag. 132.
89
1799
er über die Absorbtion des Sauerstoffgas durch die Erden noch einige Versuche an, die hier anzuführen nicht der Ort ist, eine so gänzliche Niederlage sie auch seinem Gegner bereiten mögen. Was den 511 Hauptpunkt des Streits, nämlich die Verschluckung des Sauerstoffgas durch einfache Erden, betrifft; so ließe sich vielleicht für beide Phy- 5 siker, ohne ihre Genauigkeit oder ihre Geübtheit in Versuchen in ein nachtheiliges Licht zu stellen, eine friedliche Vereinigung finden. Angenommen, daß die Erden den Sauerstoff absorbiren; wäre es dann nicht möglich, daß H u m b o l d t mit noch ungesättigter, S a u s s ü r e mit gesättigter Erde experimentirt hätte? Α. io
4. F. A . v o n H u m b o l d t über die Zersetzung des Sauerstoffgas durch die einfachen Erden, und über den Einfluß derselben auf die Kultur des Bodens.6 Aus dieser interessanten Abhandlung können wir unsern Lesern nur einen Auszug liefern, um uns nicht dem Vorwurfe auszusetzen, Frei- 15 beuterei in das Gebiet der chemischen Journale zu treiben. Also hier noch zuerst eine Reihe von Versuchen mit dem Τ h o n e aus den Steinsalzgebirgen. 512
Volumen atmosphärischer Luft, zu 0,27 Sauerstoffgas, welche damit in Berührung gebracht wurde.
Rückstand nach 15 bis 23 Tagen.
250 460 300 520 500
212 418 260 492 446
6
Der Rückstand enthielt: 20
Sauerstoffgas.
Kohlensaures Gas. 25
0,10 0,18 0,07 0,20 0,11
A n n a l e s d e C h i m i e , An 7, Pluviose, Nro. 86, p. 125.
90
0,04 0,02 0,08 0,04 0,07
Die Zersetzung des Sauerstoffgas
Versuche mit dem H u m u s , an verschiedenen Orten eingesammelt. Tage der Berührung. 2 3 4 5 8 11 14
Rückstand von den anfangs vorhandenen 0,27 Theilen Sauerstoffgas in fünf Glocken. lste, 2te, 3te, 4te, 5te. 0,20 0,24 0,19 0,26 0,20 0,16 0,15 0,20 0,20 0,20 0,16 0,14 0,17 0,15 0,15 0,12 0,11 0,15 0,16 0,10 0,11 0,12 0,10 0,11 0,08 0,10 0,11 0,08 0,09 0,05 0,06 0,04 0,08 0,09
Versuche mit e i n f a c h e n E r d e n . 15
Thonerde, 20 Thonerde, Schwererde, Thonerde, Thonerde, Kalkerde, 25 Schwer er de,
Rückstand von den anfänglichen 0,27 Theilen Sauerstoff. 0,00 17 Fructid. 0,00 5 Vendem. 17 Fructid. 0,08 0,12 6 Fructid. 0,08 6 Fructid. 0,20 6 Fructid. 0,11 6 Fructid.
Zeit.
bis bis bis bis bis bis bis
4 14 4 14 14 14 14
Vendem. Vendem. Vendem. Vendem. Vendem. Vendem. Vendem.
H u m b o l d t zeigt hierauf die mannigfaltige Anwendung dieser Erfahrung zur Erklärung der Fruchtbarkeit des Thonbodens, des Humus überhaupt, des Nutzens der Brache, des Umwendens an die Luft durch 513 den Pflug. Er bemerkt, daß es sich jetzt leicht erklären lasse, warum 30 die Luft im Humus so sehr azotisch, aber dessen ungeachtet den darin wohnenden Geschöpfen allein zuträglich sey. Auch den schädlichen, von dem Gärtner längst wahrgenommenen Einfluß der unbedeckt aus dem Boden hervorragenden Wurzeln glaubt er leicht aus der Ungewohnheit einer stark mit Sauerstoff angefüllten Luft, in welche sie 35 jetzt versetzt sind, erklären zu können. Nach einigen Bemerkungen über die Chemie der Vegetabilien, nach einem Rückblicke auf die bekannten Pfeifenstiel-Versuche und deren 91
1799 wahrscheinliche Erklärung aus der Absorbtion des Sauerstoffgas durch die Thonerde, geht er zur Erklärung der Bildung des S a l p e t e r s über. Die Gegenden, welche reich an Thonerde, wie Thibet, Ungarn und ein Theil von Deutschland sind, sind auch die reichsten im Salpeterertrage. Hier senkt sich der Sauerstoff zur Erde; hier ist das Verhältniß 5 gegen das Stickgas abgeändert; es bildet sich unter Umständen, welche besonders durch die bei Ungewittern häufig in die negative übergehende Electricität herbeigeführt scheinen, Salpetersäure. Vielleicht, 514 fährt H u m b o l d t fort, daß auch das Gewächs-Alkali, von dem man | nicht den achten Theil vorher im Humus findet, durch eine Zerset- io zung des Wassers, bei welchem der Wasserstoff mit dem atmosphärischen Stickstoffe sich verbindet, hervorgebracht wird. — Doch will er sich hier in kein Reich wagen, wo jetzt noch bloße Vermuthungen die Stelle der Thatsachen vertreten müssen. Eine Behauptung, die H u m b o l d t hier aufstellt: daß Körper, die 15 gleiche Bestandtheile bei der Analyse geben, doch sehr verschiedene Erscheinungen darbieten können; wird dem Leser beim ersten Anblikke auffallen und durch die von ihm gegebene Erklärung, daß der Unterschied nur daher entstehe, wie die Stoffe verschieden an einander gebunden sind, (ζ. B. in der einen Verbindung von Sauerstoff, (1,) 20 Stickstoff, (2,) Kohlenstoff, (3,) und Wasserstoff, (4,) 2 und 4 oder 5 und 4 sich verbunden haben,) weder erklärt noch bewiesen finden. Aber diese Behauptung kann doch zuweilen wahr seyn, wenn entweder einige dieser Stoffe nicht chemisch verbunden, sondern nur eingemengt sind, oder wenn unsre Analyse so unvollkommen ist, daß sie die 25 Verschiedenheit nicht wahrnehmen kann. A.
92
Bemerkung gegen H a s s e n f r a t z ' s Behauptung von dem Einflüsse der Adhärenz auf die Bestimmung des specifischen Gewichts; H a s s e n f r a t z ' s Antwort; 5 Bemerkungen über beide.
515
In D e l a m e t h e r i e ' s Journale der Physik 1 wurde gegen H. H a s s e n f r a t z ' s Behauptung von dem schädlichen Einflüsse der Adhärenz auf die gewöhnliche Bestimmung des specifischen Gewichtes der Körper der Zweifel erhoben, daß, da die Wasserschicht, welche der Außen10 fläche des Körpers adhärirt, im Gleichgewichte mit den umgebenden Wassersäulen ist, diese Adhäsion auf das specifische Gewicht nicht anders Einfluß haben könne, als wenn dadurch das Wasser in seiner Dichtigkeit verändert würde, welches aber schwerlich anzunehmen sey. 15 H. H a s s e n f r a t z antwortete 2 darauf, diese Erinnerung treffe ihn nur dann, wenn die abgewogenen Körper schwer genug wären, um die Affinität der Molekülen der Flüssigkeit zu überwinden; 5 wären sie dieses aber nicht, so müßte der Körper allerdings in der Flüssigkeit schwebend erhalten werden, und sein Ge|wicht gehe dann für jedes 516 20 andere Areometer, als für das Hombergsche, völlig verloren. Er schreibe dieses 1. der Affinität zwischen der Flüssigkeit und dem Körper, welcher gewogen wird, und der gegenseitigen Affinität der Molekülen der Flüssigkeit zu; derselben, welche Wasser in Luft, gepulverten
J o u r n a l de P h y s i q u e , p a r D e l a m e t h e r i e , Tom. IV, An 6, pag. 63. J o u r n a l de P h y s i q u e , Τ. IV, An 6, p. 274-278. 3 Er überfirnißte ein Stück Pappelholz, 1 Decimeter im Quadrate und 1 Centimeter dick, so daß es in jeder Lage unter destillirtem Wasser blieb, legte eine Bleikugel darauf, deren specifisches Gewicht er vorher und in dieser Lage, bis auf eine Kleinigkeit gleich fand, und glaubt dieses dadurch direct bewiesen zu haben. 1
25
2
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1799 S c h i e f e r in Wasser u. s. w., ( a b g e s e h e n v o n der d a r a n h ä n g e n d e n L u f t , ) s c h w e b e n d erhalte, diese U r s a c h e sey w e l c h e sie wolle; u n d 2. d e m U n t e r s c h i e d e dieser b e i d e n A f f i n i t ä t e n der Wassertheilchen unter sich u n d m i t d e m Körper, besonders a u c h der C o m p r e s s i b i l i t ä t des W ä r m e s t o f f s , die er indeß erst in dieser V e r t h e i d i g u n g zu H ü l f e ruft. Zu-
5
gleich b e w ä h r t er seine B e o b a c h t u n g durch m e h r e r e n e u e Versuche m i t zerstücktem Staniol. D i e s e E r k l ä r u n g e n m ö c h t e n sich indeß wohl nicht g a n z v o n einer petitio
p r i n c i p i i frei sprechen lassen; d e n n statt zu zeigen, w i e
k a n n hier A d h ä r e n z E i n f l u ß h a b e n , zeigen sie nur, daß H a s s e n - 10 f r a t ζ j e n e n E i n f l u ß der A d h ä r e n z zuschreibt. W i e diese hier w i r k s a m sey, das m ö c h t e freilich wohl bei der in F r a n k r e i c h e i n g e f ü h r t e n Erk l ä r u n g durch M o l e k ü l e n , w o der Stoß die Stelle der A n z i e h u n g vertreten m u ß , nicht leicht zu zeigen seyn. F ü r die, w e l c h e e i n e anzieh e n d e K r a f t a n n e h m e n , fällt aber diese S c h w i e r i g k e i t w e g ; d e n n daß 15 eine a n z i e h e n d e K r a f t , w e n n sie einer a n d e r n A n z i e h u n g , w i e ζ. B. der Schwere, e n t g e g e n wirkt, die W i r k u n g dieser d a d u r c h v e r m i n d e r t , h a t nicht d a s m i n d e s t e S c h w i e r i g e . D a s ist aber hier der Fall. D a s Wasser, in w e l c h e m der Körper, dessen specifisches G e w i c h t m a n sucht, gew o g e n wird, h a t eine stärkere A n z i e h u n g zu d e m Körper, als die L u f t , 20 in welcher m a n ihn zuerst abwiegt. F o l g l i c h m u ß die S c h w e r e eines Körpers nicht bloß durch den G e g e n d r u c k der F l ü s s i g k e i t , in die er g e t a u c h t wird, (der so viel als d a s G e w i c h t eines gleichen Volumens 517 der
Flüssigkeit
beträgt,)
verminjdert
werden;
sondern
auch
seine
größere oder g e r i n g e r e A n z i e h u n g zu d e m M e d i o h a t E i n f l u ß a u f sein 25 relatives G e w i c h t , m i t h i n auch a u f die g e w ö h n l i c h e Art sein specifisches G e w i c h t zu b e s t i m m e n , u n d in so fern h a t H r n . H a s s e n f r a t z ' s E r k l ä r u n g nichts W i d e r s p r e c h e n d e s . 4
4 Ich muß gestehen, daß es mir einige Schwierigkeiten zu haben scheint, diese Erklärung bei einer Flüssigkeit zuzulassen, die den Körper rings umgiebt, ihn 30 durch ihre Adhärenz nach allen Seiten zu gleich stark zieht, und die durch ihr Adhäriren an dem Körper das relative Gewicht desselben in der Flüssigkeit weder vermehren noch vermindern kann. Vielleicht möchte hierbei eher die Cohärenz der Wassertheilchen unter sich in Anschlag kommen, wodurch der Druck des Körpers im Wasser etwas, und zwar um so mehr vermindert werden könnte, je 35 größer die Oberfläche des Körpers ist. Damit würde die Verschiebbarkeit der Wassertheilchen unter sich durch die kleinste Kraft recht wohl bestehen können, ließe
94
Bemerkung gegen Einfluß der Adhärenz
Was den dritten Grund betrifft, den H a s s e n f r a t z in seiner Ver- 518 theidigung diesen Gründen beifügt, nämlich die Compressibilität des Wärmestoffs und seine Anziehung zu den Molekülen der Körper; so hat es damit nach seiner Vorstellung folgende Bewandtniß: So lange 5 diese Molekülen des festen Körpers zusammenhängen, befindet sich der Wärmestoff in einer desto größern Bedrängniß, je mehr jene durch ihre Affinität zusammenhängen. Zerbricht man den Körper, so bleibt zwar der Wärmestoff daran hängen, aber jetzt ist es nothwendig, daß er wegen der verminderten Zusammendrückung einen größern 10 Raum einnimmt. Die Molekülen der Flüssigkeit, in welche man den Körper zum Wägen einsenkt, werden zu den Molekülen des festen Körpers nach ihrer Affinität gezogen; indem sie nun die Außenseite nässen, drücken sie den Wärmestoff der Außenseite zusammen, und das Verhältniß dieser Compression des Wärmestoffs, welche derselbe 15 vor dem Zerbrechen erlitt, bestimmt eine Gleichheit oder Ungleichheit der Dichtigkeit. sich gleich ein fremdartiges Partikelchen dann nicht mit der kleinsten Kraft im Wasser hin und her bewegen, weil es nämlich gegen die Cohäsion der Wasser theilchen unter sich zu wirken hätte. — Indeß möchten sich wohl hieraus auf 20 keinen Fall die außerordentlichen Ungleichheiten im specifischen Gewichte des ganzen und zerstückten Staniols erklären lassen, die H a s s e n f r a t z in seinen neuen Versuchen fand, welche folgende Tafel darstellt:
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Versuch 1, Versuch 2, Versuch 3, mit 120 Bl. Spec. Gewicht, mit 67 Blättern mit 60 Bl. als die Blätter zwiStaniol Staniol, Staniol schen den Walzen nach vor nach nach eines Streckwerks dem Aus pumpen der L u f t unter der zusammengeLuftp. preßt waren — 5,744 5,975 7,16 6,575 im Homb. Areom. 7,3 7,296 7,315 als die Blätter unter d. Wasser getrennt worden waren 3,714 3,344 3,675 3,535 im Homb. Areom. 4,162 5,113 als d. Bl. unter dem Wass. wied. mit d. Hand zusammengedrückt wurden 3,984 im Homb. Areom. 7,305 Daß im zweiten Versuche das specifische Gewicht der vereinigten Blätter nach dem Auspumpen im Hombergschen Areometer kleiner als zuvor war, lag daran, daß einige Blätter durch die aufsteigenden Luftblasen von den übrigen getrennt worden waren. Im dritten Versuche war die L u f t gleich anfangs ausgepumpt worden, und die Blätter blieben immer unter dem Wasser. d. Η.
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Ich übergehe alles Unwahrscheinliche dieser Erklärung, und glaube das Fehlerhafte derselben hinlänglich bewiesen, wenn ich erinnere, daß diese Differenz auch auf die Resultate im Hombergischen Areometer wie auf alle übrige Areometer gleichen Einfluß haben müsse, welches unmittelbar durch H a s s e n f r a t z ' s eigne Erfahrungen wi- 5 derlegt wird. A.
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Beschreibung eines Dynamometers, (Kraftmessers,) und der damit angestellten Versuche zur Schätzung der Kräfte der Menschen, der Thiere, und des Widerstandes bei Maschinen, von dem Bürger R e g n i e r . 1 A, (Taf. II,) stellt in perspectivischer Zeichnung eine elliptische Stahlfeder vor, die mit Leder überzogen wird, um die Hand beim Zusammendrücken nicht zu verletzen. Sie ist 32 Centimeter, (12 Zoll,) lang, aus gut gehärtetem Stahle, ( a c i e r c o r r o y e et t r e m p e a v e c soi n , ) verfertigt, und man versichert sich zuvor durch den Druck einer Kraft, die stärker ist, als alle, welche daran geschätzt werden sollen, von ihrer Güte, und daß sie während des Gebrauchs nichts an Elasticität einbüßen werde. An den einen Arm der Feder ist der stählerne Träger Β durch Einschnitte und Schrauben, ( a p a t t e et ä v i s , ) stark befestigt, und auf diesem Träger sitzt eine Messingplatte C, in Form eines Halbkreises, auf den zwei Bogen mit Theilungen, die eine nach Myriagrammen, (etwas über 20 Pfund des Markgewichts,) andere nach Kylogrammen, (etwas über zwei Pfund,) eingerissen sind. D ist ein zweiter Träger von Stahl, der auf dieselbe Art an den andern Arm der elliptischen Feder befestigt ist. Er endigt sich in eine gabelförmige Klammer bei d, in welcher, (durch einen stählernen Stift befestigt,) der kupferne Zurückstoßer, ( u n p e t i t r e p o u s s o i r en c u i v r e , ) E, sich frei bewegen kann. Deutlicher, und zwar in seiner natürlichen Größe, ist dieser Mechanismus bei Η dargestellt. F ist ein leichter und elastischer stählerner Zeiger, der durch eine Schraube im 1 J o u r n a l de l ' E c o l e p o l i t e c h n i q u e . C a h i e r V, T o m e I I , an V I , ä Paris, p. 160-178.
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1799 Mittelpunkte des halben Kreises befestigt, und bei G mit einem kleinen Polster von Tuch oder Leder versehen ist, um die Reibung gegen den halben Kreis so geringe wie möglich zu machen. Man wird bemerken, daß der Zeiger vorne zwei Spitzen trägt, eine vor und die andere in der Mitte der Oeffnung, und so dient er für beide Eint e i l u n g e n . Die erste Eintheilung in Myriagrammen dient zu allen denen Versuchen, welche die elliptische Feder nöthigen, sich nach ihrer großen Achse zu verlängern, wie bei der Prüfung der Stärke eines Zugthieres; die zweite Eintheilung, in Kylogrammen, ist für die Versuche, (ζ. B. zur Prüfung der Muskelkraft der Hand,) bestimmt, bei welchen man die beiden Arme der Feder zusammendrückt. Ueber diese Theile, auf welchen der Mechanismus des Instruments beruht, ist, um sie gegen Nässe und andere Unfälle zu sichern, die kleine Messingplatte I befestigt. Auch auf ihr befindet sich ein eingetheilter Bogen, dessen Theilstriche denen auf | dem ersten Bogen entsprechen; und das Spiel eines kleinen Zeigers, der hinter dieser Platte liegt, zeigt hier alle Veränderungen in der Stahlfeder. Mittelst eines Schraubenschlüssels, den man durch die Oeffnung Κ dieser Platte steckt, läßt sich der stählerne Zeiger F fester oder loser andrücken. L ist ein Stück Messing durch Hämmern gehärtet und mit einem Hütchen, wie die Magnetnadel, versehen. In dieses Hütchen spielt der untere Theil des Stifts an dem Hebel Η ein, welcher den Zeiger zurückstößt. Indem dieses Messingstück gleich einer Feder nachgiebt, weicht es bei einem falschen Stoße oder Schlage, und verhütet dadurch, daß der Mechanismus bei Η nicht so leicht zerbrochen werde. Μ ist eine der Deckplatte angenietete Pfanne, in welcher der obere Theil des Stifts am Zurückstoßungsarme läuft. Bey Ν , Ν , Ν ist die Deckplatte angeschraubt. Nach der Beschreibung der einzelnen Theile dieses Werkzeugs wird es dem Leser nicht schwer werden, die Anwendung desselben einzusehen. Man drücke die Feder zusammen, oder ziehe sie am längern Durchmesser aus einander, immer nähern sich ihre beiden Arme. Dabei stößt der kleine Hebel des Mechanismus Η den Zeiger zurück, der, so bald der Stoß aufhört, an dem Orte stehen bleibt, bis zu welchem er getrieben ist, und bei jedem Versuche zum Nullpunkte zurückgedreht werden muß; eine Vorrichtung, die viel bequemer ist, als wenn der Zeiger sich mit der Feder hin und her bewegte. | Die Grade auf der Scheibe sind durch Versuche mit Gewichten bestimmt worden, durch welche man die große Achse der elliptischen Feder verlängerte, und
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Beschreibung eines Dynamometers dadurch den Zeiger zurückdrückte. D a dieser d a n n stehen bleibt, so ist die Bezeichnung leicht. D i e Art, wie m a n die M u s k e l k r a f t des M e n s c h e n in H ä n d e n u n d Schenkeln, oder die Kraft des Zugviehes p r ü f t , ist in Fig. Ο , Ρ , Q deutlich g e n u g dargestellt, es bedarf d a h e r k e i n e r E r l ä u t e r u n g . D i e K r a f t der M ä n n e r von m i t t l e r e r Stärke w a r in der Stellung P , wo sie ihre ganze M u s k e l k r a f t i m H e b e n a n w e n d e n , i m D u r c h s c h n i t t e gleich 13 M y r i a g r a m m e n , (265 P f u n d , ) u n d die M u s k e l k r a f t ihrer H ä n d e in der Stellung O , gleich 50 K y l o g r a m m e n , (102 P f u n d . ) E i n starker M a n n ü b t e in der Stellung Ρ eine K r a f t von 755 P f u n d i m Z i e h e n aus. Die m i t t l e r e Stärke der Weiber ist der Stärke eines f ü n f z e h n j ä h r i g e n Jünglings, also u n g e f ä h r % von der K r a f t der M ä n n e r gleich. E i n e Frau, die noch nicht lange v o m Schlage g e r ü h r t w a r u n d die m a n electrisirte, hatte, d e m D y n a m o m e t e r zu Folge, n a c h j e d e m Electrisiren m e h r Kräfte als vorher. Ich m u ß hier e r i n n e r n , daß n i c h t i m m e r die Kraft in den H ä n d e n b e i m Drucke, ihrer K r a f t i m H e b e n gleich ist, wenigstens f a n d ich einige M a h l a u f f a l l e n d e Unterschiede. So z.B. drückte ein j u n g e r ü b e l g e b a u t e r Mensch den D y n a m o m e t e r in den H ä n d e n m i t einer Kraft von 145 P f u n d z u s a m m e n , i n d e ß er ein gleich schweres G e w i c h t nicht zu h e b e n vermochte. G e w ö h n l i c h h e b t m a n ein doppelt so großes Gewicht. l i e b e r die K r a f t der P f e r d e i m Z i e h e n stellte ich m i t vier g u t e n Z u g p f e r d e n von mittlerer G r ö ß e n a c h e i n a n d e r sorgfältige Versuche an. Sie zogen 36, 38 V2, 26Ά, 46 M y r i a g r a m m e n , welches f ü r die m i t t lere Stärke eines Pferdes im Ziehen, u n g e f ä h r 36 M y r i a g r a m m e n , (736 P f u n d , ) giebt. Es t h u t m i r leid, daß m i r n i c h t m e h r e r e P f e r d e oder anderes Zugvieh zu Gebote standen; doch reicht diese A n g a b e allenfalls hin, daß F u h r l e u t e u n d andere die G ü t e ihrer Z u g p f e r d e d a r a n p r ü f e n k ö n n e n . M a n m u ß hierbei das P f e r d nicht ruckweise, sondern n u r a l l m ä h l i g stärker ziehen lassen, welches m a n nach d e m G a n g e des Zeigers beurtheilt; sonst erhielte m a n zugleich m i t die Kraft, welche die in B e w e g u n g gesetzte Masse des Pferdes m i t ausübt. Auch läßt das P f e r d n i c h t so leicht i m Z i e h e n nach, daß m a n n i c h t den höchsten Grad seiner K r a f t auf diese Art f i n d e n sollte. E i n Mensch von mittlerer Stärke, der eine Last horizontal m i t H ü l f e eines Brustbandes, wie z.B. e i n e n Karren oder ein Schiff, fortzieht, hat, n a c h wiederholten Versuchen, höchstens 50 K y l o g r a m m e n , (102 P f u n d , ) Kraft, u n d der stärkste zieht so n i c h t m e h r als 60 K y l o g r a m m e n , (123 P f u n d , ) welches ganz gut m i t der g e w ö h n l i c h e n B e h a u p t u n g z u s a m m e n s t i m m t , daß
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1799 ein Pferd 7 Mahl stärker als ein Mensch ist; versteht sich, im horizontalen Zuge. Weil der Mensch hier nur durch sein Gewicht wirkt, so vermag der Stärkere nicht viel mehr wie | der von mittlerer Kraft; dagegen im Zuge Ρ, wo es auf Muskelkraft ankommt, der Unterschied weit beträchtlicher ist. Noch habe ich einige Versuche über die beste Art, eine Last fortzubringen, angestellt. Das Resultat dieser Versuche enthält folgende Tafel: Eine 2 Meter, (3 Fuß 11 Vi Linie,) lange und 7 Decimeter breite Kiste, welche 24V2 Myriagrammen, (501 Pfund,) wog, wurde über eine horizontale ebene Fläche fortgezogen durch eine Kraft von Myriaund Kylooder Pfund grammen grammen auf der Ebene selbst ruhend auf Rollen stehend, die 27 Centimeter im Umkreise hatten auf einem kleinen Wagen mit 4 niedrigen Rädern, 10 Decimeter im Halbmesser auf Rädern, die % Meter im Durchmesser hatten auf 2 Rädern von 1V2 Meter im Durchmesser
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6 4 3
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Diese Versuche zeigen sehr deutlich den Vorzug der hohen vor den niedrigen Rädern, und der zweirädrigen Karren zu Frachtfuhrwerk, da diese kaum eine Kraft, die ein Achtel ihrer Ladung beträgt, bedürfen, um über einen festen, völlig horizontalen | Boden fortgezogen zu werden. Eben so sieht man, wie nützlich Rollen zum Transport der Waaren sind; sie machen sie 6 Mahl beweglicher, als wenn sie platt fortgeschleift würden. Aehnliche Versuche wurden mittelst des Dynamometers mit großen Wagen von neuen Einrichtungen von der C o m i t e c e n t r a l e de l ' A r t i l l e r i e angestellt. Da indeß diese Wagen, welche durch das beschriebene äußerst gemeinnützige Instrument geprüft wurden, nicht näher beschrieben sind, auch nicht den Beifall der Commission erhiel100
Beschreibung eines Dynamometers
ten, so übergehe ich diese Versuche. Doch verdienen ein Paar Bemerkungen, welche dabey gemacht wurden, E r w ä h n u n g . M a n fand n ä m lich: 1. daß i m m e r die bewegende Kraft, welche dazu gehörte, einem Wagen die erste Bewegung zu geben, das Doppelte der Kraft war, 5 welche erfordert wurde, ihn in Bewegung zu erhalten, u n d daß ζ. B. ein belasteter Wagen, der sich bei einer Kraft von 20 M y r i a g r a m m e n anfing zu bewegen, sich m i t einer Kraft von 10 M y r i a g r a m m e n fortbewegte; 2. daß, indeß ein gewöhnlicher Wagen, mit hölzerner Achse, ungeschmiert, 222 P f u n d bedurfte, u m bewegt zu werden, er ge10 schmiert bei einer Kraft von 133 P f u n d in Bewegung kam. 2 A.
2
B ü f f o n u n d G u e n e a u von Montbeillard w ü n s c h t e n sich ein leicht zu beh a n d e l n d e s I n s t r u m e n t , mittelst dessen sich die K r ä f t e der M e n s c h e n | nach d e m 98 Alter u n d nach d e m verschiedenen Stande der G e s u n d h e i t messen ließen. D a i h n e n die von D e s a g u i l l i e r s verbesserte G r a h a m s c h e Vorrichtung zu schwer15 fällig war, u n d L e r ο y s D y n a m o m e t e r n u r f ü r die M u s k e l k r a f t der Finger, höchstens der H a n d paßte, so w e n d e t e n sie sich deshalb a n R e g n i e r , der nach m a n nigfaltigen Versuchen u n d A b ä n d e r u n g e n endlich, nach i h r e m Tode, das hier beschriebene I n s t r u m e n t zu Stande brachte, d e m die C o m m i s s i o n c e n t r a l e d e l ' A r t i l l e r i e das Z e u g n i ß giebt, daß die E i n r i c h t u n g scharfsinnig, der Mecha20 nismus einfach u n d der G e b r a u c h sehr leicht ist. Es wiegt n u r zwei P f u n d , u n d reicht doch hin, die K r a f t des stärksten Pferdes zu messen. E i n e M e n g e von Versuchen, welche C h a u s s i e r in seinen Vorlesungen in der E c o l e p o l y t e c h n i q u e über die M u s k e l k r a f t der T h i e r e u n d der besten Art, sich ihrer zu bedienen, m i t diesem D y n a m o m e t e r angestellt hat, wird m a n in e i n e m der folgenden Stücke 25 finden. d. Η .
101
Beschreibung eines Areometers von ganz neuer Einrichtung, erfunden von Herrn S a y , Ingenieur-Hauptmann. 1 Dieses Instrument unterscheidet sich durch die Art, wie damit das specifische Gewicht der Körper bestimmt wird, von allen übrigen wesentlich. Man bringt dabei den abzuwägenden Körper mit keiner tropfbaren Flüssigkeit in Berührung, welches bei allen übrigen Areometern geschehen muß, um dadurch das Gewicht eines mit dem Körper gleichen Volumens der Flüssigkeit zu finden, und erhält dadurch den Vortheil, viele Stoffe, die bei solchen Berührungen verändert werden würden, mit Leichtigkeit zu behandeln. Die Stelle einer solchen Flüssigkeit vertritt hier die Luft, und das Wesentliche der Einrichtung beruht darauf, das Volumen eines Körpers mittelst der Luftmasse, die er aus der Stelle drückt, zu messen. Dieses neue Areometer ist Tafel IV, Figur 2, abgebildet. Es besteht aus einem weitern cylindrischen Gefäße A, worauf ein Deckel | aus Spiegelglas Μ, genau paßt, und aus einer dünnen Röhre Β , die man von so gleichem Durchmesser, wie nur immer möglich, aussuchen muß. Der Rand des weitern Gefäßes ist abgeschliffen, damit es sich durch den Deckel, wenn er dünn mit Fett überzogen wird, luftdicht verschließen lasse. Auf die Röhre ist in ihrer ganzen Länge eine doppelte Scale aufgeklebt. Die eine zeigt gleiche Abschnitte der ganzen Röhre; die andere, die durch Versuche gefundene Capacität nach einem gewissen Maaße der Röhre bis zu jeder Höhe. Die letztere wäre überflüssig, wenn man eine durchaus gleichförmige Röhre haben könnte. ' Zusammengezogen aus den A n n a l e s de C h i m i e , An V, N. 67, p. 1—27.
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Beschreibung eines Aerometers
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B e i m G e b r a u c h e versenkt m a n das I n s t r u m e n t , bis auf b e s t i m m t e H ö h e n dieser Scalen, in das cylindrische G e f ä ß R , (Fig. 4,) welches u n t e r d e m kleinen Gerüste F steht u n d m i t Quecksilber g e f ü l l t ist. Das I n s t r u m e n t selbst h ä n g t an einer Schnur, welche über die Rolle Η des Gerüstes geschlagen wird. E h e m a n es m i t der Deckplatte Μ verschließt, läßt m a n es bis z u m P u n k t e C , (Fig. 3,) in das Quecksilber h i n a b , welches d a n n auch in der R ö h r e bis d a h i n steigt. D a r a u f deckt m a n das weitere Becken N N m i t der Deckplatte Μ l u f t d i c h t zu, da d a n n die darin eingeschlossene atmosphärische L u f t v o m jedesmahligen G e w i c h t e der A t m o s p h ä r e z u s a m m e n g e d r ü c k t wird. Diesen D r u c k m i ß t , wie bekannt, die B a r o m e t e r h ö h e , die ich m i t m bezeichnen will. Hierauf zieht m a n das I n s t r u m e n t an der Schnur bis z u m P u n k t e Ε der R ö h r e in die H ö h e . | D a das G e f ä ß l u f t d i c h t verschlossen ist, so 232 sinkt das Quecksilber in der R ö h r e nicht bis Ε , d. h., bis zur Fläche des ü b r i g e n Quecksilbers, hinab, sondern n u r bis D , u n d diese Quecksilbersäule D E , welche durch die gleichtheilige Scale an der R ö h r e gemessen wird, giebt an, u m wie viel die in d e m I n s t r u m e n t e eingeschlossene v e r d ü n n t e L u f t schwächer als die atmosphärische drückt. D i e L u f t i m I n n e r n des I n s t r u m e n t s h a t sich u m den I n h a l t der R ö h r e von C bis D ausgedehnt; dieser R a u m C D , den ich m i t ν bezeichnen will, wird durch die zweite Scale gemessen.
N a c h d e m Mariottischen Gesetze verhält sich aber das Volumen einer l u f t f ö r m i g e n Flüssigkeit u m g e k e h r t , wie die sie z u s a m m e n d r ü k k e n d e n Kräfte. Ist d a h e r χ das Volumen der L u f t in der ersten L a g e 25 des I n s t r u m e n t s , da das Quecksilber bis C stand; so verhält sich χ zu χ + v, ( d e m Volumen der L u f t in der zweiten Stellung des I n s t r u m e n t s , da es bis Ε aus d e m Quecksilber h e r a u s gezogen ist,) v e r k e h r t wie m : m — D E , oder, w e n n D E = b gesetzt wird, wie m — b : m . Also w ä r e . mx I i i bx . (m —b)v χ + ν — u n d daher ν — - , und χ = — : . m - b m - b b 30 M i t Worten ausgedruckt, h e i ß t das: U m den I n h a l t des Gefäßes bis z u m P u n k t e C zu f i n d e n , ( x , ) multiplicire m a n den n a c h e i n e m bek a n n t e n K ö r p e r m a a ß e ausgedruckten I n h a l t der R ö h r e von C bis z u m P u n k t e D , wo das Quecksilber in der zweiten Stellung | stehen blieb, 233 (v,) m i t d e m Unterschiede zwischen der H ö h e des Quecksilber D Ε = b 35 in der zweiten Stellung u n d d e m j e d e s m a h l i g e n Barometerstande, ( m , ) u n d dividire dieses P r o d u k t durch die H ö h e des Quecksilbers D Ε . H a t m a n auf diese Art das Volumen der L u f t i m G e f ä ß e bei einer darin s t e h e n d e n Einsetzschale L , (Fig. 2,) g e f u n d e n , so b r a u c h t m a n 103
1799 nur bei jeder Untersuchung des specifischen Gewichts eines Körpers, den Körper in die Schale zu legen, das Instrument wiederum in der Lage 1, Fig. 3, luftdicht zu verschließen, u n d wenn m a n es in die Lage 2 gebracht hat, nach der angegebenen Formel den Inhalt an Luft, der in der ersten Lage i m Gefäße war, zu berechnen, (für welchen zweiten 5 Fall die gestrichenen Buchstaben gehören mögen:) so ist in diesem Falle das Volumen der L u f t u m das Volumen des hineingelegten Körpers, i m Vergleiche m i t d e m ersten Falle, vermindert worden. Folglich ist das Volumen des hineingelegten Körpers V = χ — ( m j* ) v Es wird also m i t diesem Areometer n u r eine einzige Operation er- 10 fordert, u m das Volumen des Körpers zu finden; doch tritt dabei die Unbequemlichkeit ein, daß zur j e d e s m a l i g e n Bestimmung von m ' ein Barometer in der Nähe seyn m u ß . M a n k a n n indeß dieser Bestim234 m u n g des Werths von m 1 | durch eine doppelte Operation entübrigt bleiben. Zieht m a n nämlich das I n s t r u m e n t noch bis zu einem von Ε 15 verschiednen P u n k t e E' in die Höhe, so daß das Quecksilber auch bei einem von D verschiedenen P u n k t e D' in der Röhre stehen bleibt, so erhält man, (sofern die Veränderung des Barometers in der Zwischenzeit beider Beobachtungen gleich Null gesetzt wird,) f ü r x1 zwei verschiedene Werthe: x1 = ( m Folglich läßt sich 20 u n ( j x' — m ' aus ihnen fortschaffen, indem m a n nämlich die erste Gleichung v" v' mit — und die andere m i t — multiplicirt u n d beide von einander b b . . . „ . , (v"b'-v'b")x' v'v" (b"-b') ... , v' v" (b" - b') „ abzieht. Das giebt—-——— = —-———, mithin χ = — — 1 -. D a 6 b1 · b" b1 • b" ' v" b - v1 b" aber diese Formel sehr zusammengesetzt ist, so rathe ich nicht, sie zu gebrauchen. U m b und ν in der andern Formel χ = ( m
b v
)
m
jt
2s
Genauigkeit zu finden, wird es gut seyn, m e h r e r e Beobachtungen in verschiedenen H ö h e n zu machen, damit, wenn sie verschieden ausfallen, von allen das Mittel g e n o m m e n werden kann. Ich wende mich jetzt zu den Fehlern, die im Resultate aus den 235 unvermeidlichen Fehlern in den | einzelnen dazu erforderlichen Beob- 30 achtungen entstehen müssen. Nennen wir μ den größten Fehler in der Beobachtung der Barometerhöhe m , ferner β den größten Fehler in der Beobachtung der Quecksilberhöhe b in der Röhre E C , u n d φ den größten Fehler in der Beobachtung des Inhalts ν der Röhre von C bis · 1 ..n tut ι (m + μ - b + β) (ν + φ) . . D : so ist der größte Werth von χ = , u n d der 35 104
Beschreibung eines Aerometers
ιι· τ*τ ι (m - μ - b — ß) (ν - φ) ο • ι ι· /-< kleinste Werth von χ = — — , woraus sich die (je( b + ß) nauigkeit der Bestimmungen specifischer Gewichte ergiebt, die auf Abwägungen in diesem Instrumente beruhen.5 Da hier das Voflumen ν 236 des Instruments im Multiplicator, und b, d. h., die Quecksilberhöhe 5 DE, im Divisor vorkommt; so sieht man, daß das Areometer an Zuverlässigkeit gewinnen wird, wenn man die Kapsel NN so klein und die Röhre Β so enge als möglich | macht, ohne daß sie sich jedoch dem 237 Haarröhrchen nähere, damit die Quecksilbersäule b die größte mögliche Länge erhalte. Denn dann werden die Fehler, die aus unver10 meidlichen Mängeln in den Beobachtungen entstehen, am kleinsten ausfallen. 2 Ich übergehe hier eine weitläufige Anmerkung des Verfassers über die allgemeine Auflösung, die Grenzen der Fehler in gewissen Fällen zu finden, da sie f ü r den Analysten nichts Neues, für den Physiker nichts Brauchbares enthält. A. 5 S a y n i m m t an, man könne in der Bestimmung der Quecksilberhöhen etwa 15 um '/Bostel Linie, und in der Beobachtung des Inhalts der Röhre C D etwa um Väostel Kubiklinie fehlen. Gesetzt nun, bei einem Versuche habe das Barometer 28 Zoll oder 336 Linien hoch gestanden, und die Quecksilbersäule D E habe 26,6 Linien, der Inhalt des Stücks C D aber 18,5 Kubiklinien betragen; so ist nach der
20 Formel χ = ( m
das Volumen der Luftjmasse, welche in der ersten Lage im 309 4
236
Instrumente war, "^rjr ' 18,5 = 215,2 Kubiklinien. Nachdem man den abzuwägenden nur 17,4 25 35,1
Körper in das Instrument gelegt hat, betrage D E 29,6 Linien und C D 306 jetzt 4 17,4 Kubiklinien; so ist für diesen Fall die Luftmasse im Gefäße x' = -r-h- • = 180,11 Kubiklinien. Also beträgt das Volumen des hineingelegten Körpers Kubiklinien. Betragen nun die größten Fehler bei den Beobachtungen f ü r x'
nicht m e h r als S a v annimmt, so würden die Grenzen f ü r x' =
~ /2° · (17,4 + 29,6 ± /m V20), folglich 181 und 179,23 Kubiklinien, und der mögliche Fehler 1,77 Kubiklinien seyn. Rechnet man den möglichen Fehler f ü r die Bestimmung von χ 1,85, so wäre der größte mögliche Fehler 3,62 Kubiklinien, auf einen Inhalt von 35,1 30 Kubiklinien. Allein dabei müßten die ungünstigsten Umstände eintreten. Gewöhnlich compensiren sich einige Fehler; doch könnte man nicht auf eine größere Genauigkeit als auf '/Bostel des ganzen Volumens, mithin auch nur auf '/Bostel des specifischen Gewichts, rechnen. Und selbst das möchte sehr mißlich seyn, da man schwerlich den Stand des Quecksilbers bis auf Vfeostel Linie mit Zuverlässigkeit 35 bestimmen kann. | Berechnet man auf ein ähnliche Art die möglichen Fehler bei 237 andern Areometern, so könnte m a n daraus die Genauigkeit dieses Instruments mit den übrigen Areometern vergleichen. — Noch bemerke ich hier, daß in Fig. 3, Taf. IV, das Quecksilbergefäß nicht mit einem bestimmten Boden gezeichnet seyn sollte, da es tief genug seyn muß, daß die Röhre C E der ersten Lage sich bis an C 40 hinein versenken lasse. d. H.
105
238
Anweisung zum Gebrauche des Areometers von S a y ohne Barometerbeobachtungen; allgemeiner Beweis des Mariottischen Gesetzes, und Bemerkungen über dieses Gesetz, von L. A. v o n A r n i m .
5
Statt der vom Erfinder S. 234 angegebenen Methode, mit seinem Instrumente specifische Gewichte ohne Beobachtung des Barometerstandes zu bestimmen, fiel mir eine andere ein, die in mehrerer Rücksicht 10 vortheilhafter zu sein scheint. Der Inhalt des leeren Gefäßes AC, Figur 2, oder χ = ( m ^
j s t e j n f y r a j j e Mahl gefunden. In der
Gleichung, durch welche das Volumen des eingelegten Körpers bestimmt wird, V = χ —
b , bedeutete m' den Stand des Barometers b zur Zeit der Beobachtung, und dieser fehlt uns, wenn man nicht zu- 15 gleich ein Barometer beobachtet. Um nun die jedesmahlige Barometerhöhe bloß mittelst des Sayschen Areometers zu bestimmen, senke man das Instrument nach der oben angeführten Art l e e r in das Quecksilbergefäß, und ziehe es nach dem Verschließen heraus. Steht 239 jetzt | das Quecksilber wieder an demselben Punkte der Röhre bei D, 20 wie bei den Versuchen, wodurch der Inhalt des leeren Instruments bis D, d. h., x, ein für allemahl bestimmt wurde; so ist der jetzige Barometerstand m' mit dem bei jenen Versuchen, m , derselbe, und also bekannt. Gesetzt aber, der Quecksilberstand in der Röhre EC weiche nach 25 dem Herausziehen von jenem Stande um ±DD'= +ß ab, und die dazu gehörige Vermehrung der Luft sey = + δ ; so wird nach dem bekannten Mariottischen Gesetze sich verhalten
106
Anweisung zum Gebrauche des Areometers
χ + ν : χ + v+ 8 = m ' - b ± ß : m - b . Daraus folgt: m1 = ^ * ^ J ™ g ^ m x _i Α +_ ub χ+ ηp, oder m ι -— (
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30
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+ v) +
_+ g
Xh Rp.
Diese Formel ist zwar nicht einfacher als die Sayische S. 234, aber sie erspart die dazu nöthige, übrigens aber hinderliche, Verlängerung der Röhre C E , so wie die Fehler, die daraus entspringen können. Außerdem giebt sie uns Mittel an die Hand, uns dieses Instruments als eines Barometers zu bedienen, dem man bis auf eine Linie so ziemlich trauen kann. Was den Fehleranschlag S a y ' s betrifft, so ist dabei zu bemerken, da er nur auf Fehler der Beobachtung, nicht auf Fehler des Instruments selbst sieht, die jedoch gleichfalls bei Schätzung der Zuverlässigkeit der Beobachtung mit demselben in Anschlag kommen. So kann die Deckplatte nicht ge|nau anpassen, die Röhre nicht genau genug cali- 240 brirt, oder das Quecksilber nicht gehörig luftleer seyn, und daraus Luft in die verdünnte Luft ansteigen. Diese Zweifel muß der Gebrauch lösen; aber eine Frage, die vor dem Gebrauche dieses Instruments beantwortet seyn muß, betrifft das M a r i o t t i s c h e G e s e t z . Bisher hat es sich immer nur in einzelnen Fällen bewährt; und so lange es noch nicht anders begründet ist, können immer noch die Zweifel, die man anfänglich gegen dasselbe hegte, hervortreten. Sobald aber bewiesen ist, daß die Repulsiv- und Attraktivkraft gegenseitig sich so beschränken, daß die Wirksamkeit der einen i m umgekehrten Verhältnisse der Wirksamkeit der andern steht; wenn ferner bewiesen wird, daß die Stärke jener i m umgekehrten Verhältnisse des Kubus der Räume, welche sie erfüllt, 1 die Stärke der Anziehung, welche auf dieselbe wirkt, aber i m umgekehrten Verhältnisse des Quadrats eben dieser jedesmahligen Wirkungskreise steht: 2 so wird die Repulsion in einer expansibeln Flüssigkeit, deren jetzige Raumerfüllung zur vorigen sich wie m : η verhält, seyn R : r = n 3 • m 2 : m 5 · η 2 = η : m . Da also die widerstehenden Kräfte | in umgekehr- 241 tem Verhältnisse der Voluminum wachsen, so werden auch die ihnen entgegen wirkenden zusammendrückenden Kräfte diesem Gesetze folgen müssen. Ich glaube, daß wir jetzt des folgenden Kantischen 5 Beweises entbehren können: »daß man die zurückstoßende Kraft der Luft als eine
1 Kant's M e t a p h y s i s c h e A n f a n g s g r ü n d e der N a t u r w i s s e n s c h a f t , S. 79. 2 E b e n d a s e l b s t , S. 76. 5 Kant's M e t a p h y s i s c h e A n f a n g s g r ü n d e der N a t u r w i s s e n s c h a f t , 40 S. 80.
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1799
W i r k u n g der W ä r m e ansehen müsse, die nicht bloß als eine in sie eingedrungene Materie, sondern allem Ansehen nach durch ihre Erschütterungen die eigentlichen Lufttheilchen, (denen m a n überdies wirkliche E n t f e r n u n g e n von einander zugestehen kann,) nöthigt, einander zu fliehen. D a ß aber diese Bebungen der einander nächsten Theile eine Fliehkraft erzeugen, die in u m g e k e h r t e m Verhältnisse ihrer E n t f e r n u n g e n steht, läßt sich nach den Gesetzen der Mittheilung der Bewegung durch Schwingung elastischer Materien wohl begreiflich machen.« M a n hat gegen diesen Beweis m i t Recht erinnern können, daß er nicht n u r auf ganz unerwiesenen Gründen, auf einer eignen W ä r m e materie, ihren Schwingungen, und auf Theilchen, wo alles noch ungetheilt sich darstellt, beruhe, sondern daß er überdies nach diesen A n n a h m e n nichts beweise, weil jene W ä r m e m a t e r i e andern Gesetzen als jede andere Materie folgen müsse. 242 Das Mariottische Gesetz darf nicht über sein Gebiet ausgedehnt werden, also weder auf bloß gemengte Flüssigkeiten, von denen zwar jede in ihrer specifischen Repulsion d e m Gesetze folgt, aber deren gemeinschaftliche Z u s a m m e n d r ü c k u n g nothwendig von diesem Gesetz abweichen muß; noch auf Flüssigkeiten, die während des Drucks zersetzt werden. 4 Das Mariottische Gesetz kann uns daher zugleich ein Prüfungsmittel abgeben, ob eine Flüssigkeit gemischt oder gemengt sey, und in dieser Rücksicht würde aus denen von S u l z e r 5 u n d M ü l 243 1er 6 angestellten Versuchen, (nach denen | die L u f t zwar wenig mehr, aber doch etwas mehr, als aus der R e c h n u n g folgt, sich zusammendrücken läßt,) folgen, daß sie zwar i m Ganzen ein Gemisch sey, daß
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4 W e n n die veränderliche Feuchtigkeit der L u f t und einige andere U m s t ä n d e es nicht h i n d e r t e n , so w ü r d e sicher die B e s t i m m u n g der Kraft, durch welche sich eine b e s t i m m t e M e n g e L u f t auf einen b e s t i m m t e n R a u m z u s a m m e n d r ä n g e n ließe, oder auch die B e s t i m m u n g der H ö h e , bei welcher ein Barometer u m ein Bestimm- 30 tes, (etwa 1 Linie,) fällt, das beste E u d i o m e t e r seyn, so wie u m g e k e h r t ein g u t e s E u d i o m e t e r u n d H y g r o m e t e r eben so n ö t h i g e B a r o m e t e r b e r i c h t i g u n g e n als das T h e r m o m e t e r geben möchten, da die S u b t a n g e n t e wegen der Veränderungen in der M i s c h u n g der A t m o s p h ä r e sicher täglich wechselt, u n d deswegen auch so verschieden a n g e g e b e n worden. Doch m ö c h t e vielleicht dieses u n n ü t z seyn, wie 35 m a n c h e a n d e r e Sorgfalt f ü r das Barometer, m i t d e m m a n doch jetzt n u r noch H ö h e n schätzen, nicht aber scharf messen kann. A. 5 6
M e m . d e l ' A c a d . de Berlin, 1753, S. 116-125. Mülleri Collegium experimentale.
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Anweisung zum Gebrauche des Areometers ihr aber auch einige Flüssigkeiten bloß sen sich vielleicht diese A b w e i c h u n g e n s e r d ä m p f e oder aus der g e r i n g e n M e n g e erklären, sondern es giebt eine in vieler 5 r u n g , die hier vielleicht zur A u f k l ä r u n g
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b e i g e m e n g t wären. Doch lasaus der Zersetzung der Wask o h l e n s a u r e n Gas allein nicht Hinsicht merkwürdige Erfahgebraucht werden kann.
C u l l e n 7 m a c h t e zuerst die Beobachtung, daß b e i m schnellen Ausp u m p e n der L u f t aus einer Glocke das darin eingeschlossene T h e r m o m e t e r schnell u m zwei bis drei G r a d e fällt, u n d a l l m ä h l i g wieder auf seinen vorigen Stand z u r ü c k k o m m t . L a m b e r t u n d S a u s s ü r e bestätigten dies, u n d der Letztere bewies durch einige sorgfältige Versuche, 8 daß kein schnelles Verdunsten einer Flüssigkeit die Ursache dieser E r s c h e i n u n g sey. 9 O h n e m i c h hier auf | die E r k l ä r u n g dieser f ü r 244 die W ä r m e l e h r e höchst wichtigen E r s c h e i n u n g einzulassen, u n g e a c h tet die L a m b e r t s c h e , (PyTometrie, S. 267,) W e n i g e n noch g e n ü g e n möchte; so wird doch so viel gewiß, daß die L u f t bei i h r e m Ausdehn e n in e i n e n größern R a u m die u m g e b e n d e n Körper erkalte. D a aber jedes W ä r m e v e r s c h l u c k e n der Körper, besonders aber der L u f t , m i t A u s d e h n u n g v e r b u n d e n , oder eigentlich w o h l nichts anderes ist, so wird die Repulsion der L u f t b e i m Ausbreiten derselben in e i n e n größern R a u m , oder b e i m V e r d ü n n e n derselben größer seyn, als n a c h d e m u r s p r ü n g l i c h e n Gesetze f ü r ihre A u s d e h n u n g statt f i n d e n sollte. U m g e k e h r t wird aber einer d i c h t e m L u f t , (bei j e n e m Versuche ist die dichtere L u f t die u m g e b e n d e , ) von den u m g e b e n d e n K ö r p e r n W ä r m e g e r a u b t werden, u n d diese d a d u r c h e i n e n g e r i n g e m G r a d von Repulsion behalten, als n a c h d e m Gesetze ihrer Z u s a m m e n d r ü c k u n g erfolgen sollte, u n d dies bestätigen die Sulzerschen u n d Müllerschen Versuche.
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E s s a i s d e l a s o c i e t e d ' E d i m b o u r g , Τ . II, p. 153.
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H y g r o m e t r i e , p. 332. I m J o u r n a l d e P h y s i q u e p a r D e l a m e t h e r i e , An 6, Τ . IV, p. 186 wird erzählt: P i c t e t h a b e b e m e r k t , daß b e i m schnellen Herauslassen der L u f t aus e i n e m Gefäße, in w e l c h e m sie stark c o m p r i m i r t ist, eine beträchtliche Kälte hervorgebracht werde. U m diese leichter b e m e r k b a r zu m a c h e n , h a b e er einige Wassertropfen hineingegossen, u n d diese w a r e n sogleich erstarrt. D e l a m e t h e r i e 35 glaubt diese | E r k a l t u n g aus d e m schnellen Verdunsten des Wassers b e i m v e r m i n - 243 derten D r u c k e herleiten zu können; aber er irret, d e n n die Kälte w u r d e e h e r b e m e r k t , als das Wasser hineingesprengt war, u n d a u ß e r d e m ist das Verdunsten des Wassers bei d e m gewöhnlichen D r u c k e der L u f t gar nicht so heftig. A. 30
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Doch lassen sich aus jenen Beobachtungen noch einige andere Schlüsse ziehen, die für die Meteorologie nicht unwichtig sind. Man setze nämlich, die Luft in jener Glocke wäre von den umgebenden Körpern und der dichtem Luft nicht wieder erwärmt worden, so würde das Thermometer darin immer niedriger gestanden haben, als in der dichtem Luft. Dieses findet nun wirklich in den obern Regionen unsers Luftkreises statt, wo dünnere Luft und keine wärmern Körper sind, und es wird daher, auch ohne Rücksicht zu nehmen auf die Erwärmung des untern Luftkreises durch die Erde, ohne alle Hypothesen von größerer oder geringerer Durchsichtigkeit der Luft, die größere Kälte der Luft, je höher man steigt, erklärt seyn.
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1. L e m a i s t r e s Beschreibung eines von S i x erfundenen Thermometers, welches den größten und geringsten Wärmegrad, der während einer gewissen Zeit eingetreten ist, aufzeichnet. 1
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Dieses Thermometer, welches von einem Engländer S i x erdacht, und auf Taf. V, Fig. 1, abgebildet ist, besteht aus einer zweimahl gekrümmten Glasröhre a b c d , und einem kleinen daran geschmolzenen Glascylinder a g . Der Cylinder und der Theil a b y der Röhre sind mit Alkohol gefüllt, der Theil y c z hingegen mit Quecksilber; jener dient als Wärmemesser, und beide berühren sich ohne einen Luftzwischenraum; das Stück cd ist leer und bei d offen. Wird der Alkohol bei zunehmender Wärme ausgedehnt, so drückt er auf die Quecksilbersäule in y und treibt diese in dem Schenkel b y c hinunter und in dem andern Schenkel c z d hinauf. Beide Schenkel haben gleiche Eintheilung; nach der Einrichtung des Erfinders die Fahrenheitische. Wenn daher da, wo in der Figur | ο steht, der Punkt des gefrierenden Wassers 288 in beiden Schenkeln ist, so müssen von ο nach c, und in dem andern Schenkel von ο nach d gleiche Eintheilungen aufgetragen werden, und so auch nach den entgegengesetzten Seiten zu. Bei i und k sieht man kleine, sehr leichte, eiserne Pfeile, die im Feuer bronzirt und bei 1 m in ihrer wahren Größe vorgestellt sind. Die beiden Stückchen Haar η und ο thun die Dienste einer elastischen Feder, und drücken so stark gegen die Wände der Röhre, daß der 1 Journal p. 150.
de P h y s i q u e ,
d e C h i m i e etc., par D e l a m e t h e r i e ,
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Pfeil, der mit seinem breiten Fuße auf dem Quecksilber ruht, zwar mit diesem die Röhre hinaufsteigen, aber nicht wieder zurücksinken kann, weil nach der ersten Richtung hin die Haare sogleich nachgeben, dagegen nach der zweiten zu, sich vor die Wände der Röhre stemmen, und den Pfeil beim Zurücksinken des Quecksilbers hängend erhalten. So zeigen diese beiden Pfeile den höchsten und niedrigsten Stand des Quecksilbers, also die größte und geringste Wärme an, welche während irgend einer Zeit eingetreten ist. Will man nach einer solchen Beobachtung das Thermometer aufs neue zu einer Beobachtung einrichten, so zieht man das eiserne Pfeilchen mittelst eines Magnets auf die Oberfläche des Quecksilbers zurück. Man muß darauf sehen, daß der Fuß des Pfeils i nicht zu breit sey, damit er dem sich ausdehnenden Weingeiste kein Hinderniß, hinabzusteigen, in den Weg setze, und diesem ein völlig freies Spiel lasse. Die | Thermometerröhre hatte eine Weite von IV2 Millimeter, oder von ungefähr einer halben Linie. Der Mechanismus dieses Instruments scheint der Empfindlichkeit und der Genauigkeit desselben keinen Eintrag zu thun, und der D. R o u p p e , Professor der Physik zu Rotterdam, ein Mann, auf dessen Urtheil man sich verlassen kann, bedient sich seit einiger Zeit keines andern Thermometers. Man kennt das Barometer mit einem Index, mittelst dessen man den Barometerstand in Tiefen findet, zu denen man nicht hinabsteigen mag. Gerade so können der Bergmann, der Geologe und der Meteorologe sich dieses sinnreichen Thermometers bedienen, mit dem sich auch die Versuche über die Temperatur des Meers in der Tiefe vervollständigen lassen. A.
2. Beschreibung eines Thermometrographen, angegeben von L. A . v o n A r n i m . Nicht jede Veränderung eines Instruments ist eine Verbesserung desselben; billig sollte daher eine jede solche Veränderung von ihrem Urheber gerechtfertigt, und daß bis dahin dem Bedürfnisse, für welches er sorgt, noch nicht abgeholfen worden, bewiesen werden. Das im vorigen Aufsatze beschriebene Thermometer von S i x nähert sich zwar in etwas einem Thermometrographen, hat aber keinen Anspruch auf diesen Namen, da es nur das Maximum und Minimum 112
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der W ä r m e , nicht den ganzen Gang derselben während einer be- 290 s t i m m t e n Zeit anzeigt. Beides leistet der von m i r erdachte T h e r m o metrograph, der daher durch das Sixische T h e r m o m e t e r nicht entbehrlich wird. Doch selbst nicht einmahl das M a x i m u m u n d M i n i m u m der W ä r m e k a n n nach der Sixischen Einrichtung genau und verständlich gen u g angegeben werden; und der Beifall, den ihr der D . R ο u ρ ρ e geben soll, läßt sich höchstens n u r in so fern rechtfertigen, als es bisher an einem bessern Instrumente fehlte. Nicht bloß der Luftdruck wirkt auf dasselbe, u n d dieser ist veränderlich, sondern der Weingeist leidet überdies noch bei verschiedenem Stande des Quecksilbers in den beiden Schenkeln, m i t h i n unter allen verschiedenen Wärmegraden, von d e m Quecksilber einen verschiedenen Druck. Auch abgesehen von dem veränderlichen Luftdrucke, (dem sich abhelfen ließe, wenn m a n die Röhre luftleer machte u n d bei d zuschmelzte,) müssen die Grade des Sixischen, im Vergleiche m i t den Graden anderer T h e r m o m e t e r , ungleich werden. Hier wirken außerdem als Wärmemesser zwei Körper zusammen, (Weingeist u n d Quecksilber,) welche bei einerlei Veränderungen der Temperatur auf das Verschiedenste ausgedehnt werden, 2 u n d nach L a m b e r t s Versuchen, d e m Lichte ausgesetzt, sehr | verschiedene W ä r m e g r a d e annehmen. 3 Auch diese Verschiedenheit der 291 Ausdehnung beider Substanzen in gleichen W ä r m e g r a d e n m u ß in ein e m Instrumente, in welchem sie beide gemeinschaftlich den Stand bestimmen, ungleich wachsende Grade, in Verhältniß zu den gleichen Graden eines andern Thermometers, hervorbringen. Die Grade dieses T h e r m o m e t e r s können daher nicht durch unmittelbare gleiche Eintheilung des R a u m e s zwischen d e m Frost- und Siedepunkte gefunden, sondern müssen durch ein anderes T h e r m o m e t e r bestimmt werden, von d e m m a n doch nie mit Gewißheit wissen kann, ob es dieselbe Temperatur wie das zu graduirende hat. Ferner verdunstet auch das Quecksilber schon bei einer m i t t l e m Wärme, 4 und die Röhre wird m i t Staub u n d Feuchtigkeit bedeckt; beides ist der Genauigkeit gleich hinderlich. Mein letzter Zweifel trifft endlich die beiden kleinen Pfeile. Unmöglich kann ich glauben, daß diese kleinen Körper, die so lose 2
d e L ü c ' s U n t e r s u c h u n g e n ü b e r d i e A t m o s p h ä r e , I, 430. L a m b e r t ' s P y r o m e t r i e , S. 153 bis 155. 4 M a n e r i n n e r e sich an A c h a r d ' s E r f a h r u n g , bei welcher eine Q u a n t i t ä t Quecksilber, die zufällig auf d e m O f e n seines Z i m m e r s frei stand, bei allen Bew o h n e r n dieses Z i m m e r s einen Speichelfluß hervorbrachte. 3
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sind, daß sie sich nicht unter die Oberfläche des Quecksilbers senken, und daß sie nur durch einen Magnet herabgezogen werden, die nur durch ein seitwärts gelegtes Pferdehaar sich halten, und von denen 292 einer stets durch den Weingeist ge|näßt wird; daß, sage ich, diese beim Sinken des Quecksilbers, stehen bleiben und nicht bei der geringsten Erschütterung hinunter sinken sollten. Uebrigens ist das Sixische Thermometer, der wesentlichen Einrichtung nach, gar nicht von dem Rutherfordischen verschieden, welches in den Edinburger T r a η s a c t . , Vol III., 1794, und im V o i g t i s c h e n M a g a z i n e , Th. X, St. 3, S. 175, beschrieben wird. Nur vertreten bei jenem kleine Glasstücke die Stelle der Pfeile. In den Repertorien, wie dem Gehlerschen und andern, in denen ich nachschlug, fand ich keines Thermometrographen erwähnt; ich führe daher nur noch an, daß F o n t a n a vor einigen Jahren von acht Instrumenten, 5 nämlich einem Thermometer, Barometer, Hygrometer, Anemometer, (die Stärke und Schnelligkeit des Windes zu messen,) einem Ausdünstungsmesser, einem Manometer und einem Regenmesser, Nachricht ertheilte, die alle ihre Beobachtungen, theils durch Linien, theils durch Punkte aufzeichnen, ohne jedoch, was sicher vielen, die gleiche Beobachtungen anstellen wollen, sehr willkommen gewesen wäre, etwas von ihrer Einrichtung zu sagen. Die 2te Figur auf Tafel V stellt den von mir erdachten Thermo293 metrographen dar. Er beruht daijauf, daß das Quecksilber, welches bei einer hohen Temperatur die ganze Röhre des Thermometers erfüllt, bei einer sinkenden Temperatur in die Kugel und näher nach der Kugel sich zurückzieht, so daß, wenn man vorher Röhre und Kugel ins Gleichgewicht gebracht hat, dieses durch Erniedrigung der Temperatur gestört wird. Das Thermometer a b , welches dazu erfordert wird, muß, u m empfindlich zu seyn, mit einer längern weitern Röhre und einer verhältnismäßigen Kugel versehen seyn. Es ruht in der fein gearbeiteten und gut getheilten Messingskale c d , welche durch die Achse e, (wie gewöhnlich mit einer scharfen Schneide,) in den beiden Pfannen f und f ruht. An der der Kugel gegen über stehenden Seite befindet sich eine feine Schraube d g , die sich in eine Spitze endigt; sie dient: ein Mahl, den horizontalen Stand des Thermometers anzuzeigen, und dann, um durch Vor- oder Zurückschrauben das kleine Ge5 M a g a z i n e n c y c l o p e d i q u e r e d i g e p a r M i l l i n s , Tome IV, An 2, Nro. 16, p. 464.
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wicht h längs der Skale zu verschieben, um mittelst desselben das Gleichgewicht bei einer gewissen Temperatur hervorzubringen. Nun muß man wissen, wie hohe Grade der Hitze man beobachten will. Bis zu diesen erwärme man das Thermometer und bringe durch das kleine Gewicht h das Gleichgewicht hervor. Kennte man genau das absolute Gewicht des Quecksilbers im Thermometer, die Länge der Röhre, den Durchmesser derselben und der Kugel u. s. w.; hätte ferner die | Wage die schickliche Einrichtung dazu: so würde es leicht seyn, 294 aus Einer Erfahrung die Grade an der Scheibe i und k für übereinstimmende Thermometergrade durch Rechnung zu finden. Aber jene Bestimmungen erforderten zugleich so viele andere Erfahrungen, sie erforderten ferner eine solche Gleichförmigkeit der Glasröhre, daß sie sich der Wahrheit vielleicht nicht einmahl nähern würden. Es ist daher sicherer, und, wenn es genau gemacht wird, ganz fehlerlos, die beim Uebergewichte durch den Arm ed abgeschnittenen Grade beim allmähligen Erkalten zu beobachten, aufzuzeichnen und nachher einzustechen. Empfängt zugleich das ganze Instrument diesen Wärmegrad, so kann auch nicht die kleinste Differenz bei mehrern wiederholten Beobachtungen statt finden. Hinter der Gradscheibe i k bemerkt man den geschwärzten Streifen I m . Dieser gehört zu einer polirten Scheibe, welche durch Rauch geschwärzt ist, und auf welcher durch das hervorragende kleine Gewicht h , bei jeder Bewegung des Thermometers, eine Linie gezogen wird. Will man bloß das Maximum und Minimum der Wärme während einer bestimmten Zeit wissen, so ist von jener Scheibe mehr nicht als dieser Streifen nöthig, und die Endpunkte des von dem Gewichte eingestrichenen Bogens zeigen diese Punkte auf der Gradscheibe an. Will man aber, was für den Meteorologen oft ungleich | wichtiger ist, den 295 Gang der Wärme wissen, so wird dazu die polirte und durch Rauch geschwärzte Scheibe erfordert, welche durch eine hinten angebrachte Uhr in einer gewissen Zeit herumgedreht wird. Das Gewichtchen h zieht auf derselben ununterbrochene Linien, aus deren Entfernung in jeder Stunde vom Mittelpunkte man den Wärmegrad findet. 6
Wie wichtig solche fortgesetzte thermometrische Beobachtungen an 35 verschiedenen Orten sind, ist wohl nie bezweifelt worden, und nur aus der geringen Menge derselben im Verhältnisse der erforderlichen, läßt 6 Die Reibung des Gewichts gegen die Platte ist geringe und beständig, hat daher keinen Einfluß auf die Beobachtung.
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sich das ungewisse Schwanken der Theorie erklären. Aber auch beim chemischen Ofen, bei Oefen besonders, die mehrere Tage einen bestimmten Wärmegrad erfordern, könnte ein solches Thermometer an einer Seite und in einem gegen den Luftzug verschlossenen Kasten angebracht, vielleicht mit mehrerer Bequemlichkeit, als das Wedg- 5 woodsche gebraucht werden. Einfacher, wenn gleich nicht ganz so genau, würde man eine Einrichtung zur Bestimmung des Maximums und Minimums der Tem296 peratur an zwei correspondirenden Luftthermometern majchen können, wenn man in die Röhre des einen ein Ventil setzte, das sich nur 10 nach oben, und in die Röhre des andern ein Ventil, das sich nur nach unten öffnete. Jenes würde dann durch das über ihm stehende Quecksilber das Maximum der Wärme, so wie dieses durch das wenige über ihm stehen gebliebene, das Maximum der Erkältung anzeigen. Die Ventilklappen würden wohl, um das nöthige Gewicht zu haben, von 15 Gold oder Platin seyn müssen.
5. Herrn D. J u c h ' s Dampf-Thermometer. 7 (Aus einem Briefe an Herrn Prof. T r o m m s d o r f . ) Ich mache jetzt ein neues Thermometer; es besteht in folgender Einrichtung: An eine 28 Zoll lange Thermometerröhre von nicht zu 20 weitem Durchmesser blase ich eine Kugel, im Durchmesser 1 Zoll. Diese Kugel fülle ich mit Schwefel-Aether an, so daß Vstel des Raums der Kugel leer bleibt; wenn die Kugel auf diese Art gefüllt ist, wende ich sie um. Die Annäherung der Fingerspitze macht die Flüssigkeit oft 10 bis 15 Zoll, bei 18° Reaum., steigen. Sie werden leicht einsehen, 25 worauf die außerordentliche Wirksamkeit dieses Instruments beruht, 297 wenn sie einen Blick auf die äußer|ste Flüchtigkeit der Flüssigkeit werfen wollen, welche besonders sehr groß ist, wenn ein kleiner Theil eine große Fläche überzieht.
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T r o m m s d o r f ' s J o u r n a l d e r P h a r m a c i e , B. VI, St. 2, S. 343.
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(Aus einem spätem Schreiben.) Ihr Urteil über mein Thermometer hat sich schon durch mehrere Versuche bestätigt; ich bin nicht im Stande, zwei zu verfertigen, welche harmoniren, und nicht einmahl in einem einzigen können Resul5 täte bestimmt werden: — aber doch ist es in so fern zu brauchen, als man fragt: wird hier oder da Wärme frei?8
8 Schon früher bediente sich Professor P i c t e t in Genf eines nicht weniger empfindlichen Dampf-Thermometers. Vergleiche S. 280, Anmerkung, dieses Stücks der Annalen. d. Η.
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1. P r o n y ' s B a r o m e t e r a n e i n e r W a g e . 1 Zu diesem Instrumente wird eine empfindliche Wage erfordert. An ihr ist bei c und c (Fig. 3, Taf. V,) durch Schrauben, das an eine metallene Platte befestigte gläserne Barometer ab cd, nicht weit von den Aufhängepunkten der Gewichtschalen, aufgehangen. Der obere Theil des 10 Barometers d und der untere a sind von ungleich größerer Weite als die übrige Röhre, und die Länge dieser Erweiterungen wird nach den zu erwartenden Veränderungen in dem Stande des Quecksilbers bestimmt. Zu Höhenmessungen macht man sie länger; zum gewöhnlichen Gebrauche an einem Orte ist eine Länge von zwei Zollen hin- 15 reichend. Beide Theile müssen mit Sorgfalt calibrirt seyn. Weiß man nun ihren Durchmesser und kennt das specifische Gewicht des Quecksilbers, so kann man mit vieler Genauigkeit das Gewicht des Queck 312 silbers erfahren, welches eine bestimmte Länge der Röhre füllt. | Ist die Röhre nicht von gleichem Durchmesser, so muß man den Inhalt 20 eines jeden Abschnitts berechnen. Bei g und g sind Mikroskope mit Faden-Mikrometern angebracht, 2 um ganz genau zu wissen, ob ein Ausschlag nach einer Seite ist. Der Pfosten der Wage wird durch eine Weingeist-Libelle und durch Schrauben senkrecht gestellt. B u l l e t i n des s c i e n c e s , Brumaire, An 7, p. 156. 25 Eine Einrichtung, die den meisten in Deutschland verfertigten Wagen fehlt, ungeachtet sie sehr einfach und nützlich ist. A. 1
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Die Wage bringt man bei einem Mittelstande des Barometers auf Null. Verändert sich der Luftdruck, vermindert er sich zum Beispiele, so sinkt das Quecksilber in d und steigt in a. Dadurch senkt sich dieses herab; um wie viel es herabgesunken sey, erfährt man durch die Gewichte, welche auf der andern Seite zugelegt werden müssen, um das Gleichgewicht herzustellen.
Bemerkung. Es ist kaum zu glauben, daß P r o n y den Fehler dieser Einrichtung, daß das auf jeden Arm wirkende Quecksilbergewicht veränderlich ist, indem es bei jeder Schwankung des Balkens sich an dem niedergesenkten Arme vermehrt und an dem steigenden vermindert, und so die Wage zum Umschlagen bringt, ganz übersehen oder wenigstens nicht beim Gebrauche bemerkt haben sollte. Eher ist es wohl einem Gedächtnisfehler dessen zuzuschreiben, der dieses Thermometer im B u l l e t i n beschreibt, | daß dieser Umstand übersehen ist, da sich dem Fehler durch einen in der Röhre bc angebrachten Hahn leicht hätte abhelfen lassen, der, wenn er nach bewirktem Gleichgewichte verschlossen wird, die innere Bewegung des Quecksilbers und die Vermehrung oder Verminderung des Gewichts an den verschiedenen Armen bei kleinen Schwankungen oder Stößen verhindert. 3
2. C o n t e s n e u e B a r o m e t e r . 4 Der Bürger C o n t e , Director der zu Meudon errichteten aerostatischen Schule, jetzt in Aegypten, hat sich seit langer Zeit damit beschäftigt, 5 Sollten nicht vielleicht die kleinen senkrecht stehenden Stücke h , h , mit den horizontalen Stiftchen an ihrem obern Ende, welche auf den Mikroskop-Trägern aufsitzen, dazu bestimmt seyn, beträchtliche Schwankungen unmöglich zu machen und den Wagebalken immer nahe an der Horizontallage zu erhalten? Und ist das der Fall, sollten sie nicht einen Hahn in der Quecksilberröhre entbehrlich machen? Sind übrigens beide Barometerschenkel unter rechten Winkeln an den Wagebalken angeschroben, so daß sie unveränderlich in dieser Lage bleiben, so hat die Lage ihres Schwerpunkts einen beträchtlichen Einfluß auf die Empfindlichkeit und den Ausschlag des Wagebalkens. d. Η. * B u l l e t i n d e s s c i e n c e s , Floreal, An 6, p. 106. A.
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1799 ein Barometer einzurichten, welches sich vor den gewöhnlichen durch 314 bequeme Einrichtung und Empfindlichkeit auszeichnete. Seiner beiden ersten Versuche wollen wir n u r kurz erwähnen. Das erste dieser Instrumente, (Taf. V, Fig. 4,) war einer Taschenuhr ähnlich. A B C ist eine Schale von starkem Eisen oder Kupfer, auf welche eine Decke C F A , von sehr d ü n n e m Stahlbleche, m i t ihren Rändern genau aufpaßt. Die Federn R , R halten diese Deckplatte in die Höhe, wenn, wie dies die Einrichtung fordert, die L u f t aus dem Gefäße A F C B , durch die O e f f n u n g bei D , ausgepumpt wird. Diese O e f f n u n g läßt sich luftdicht verschließen, und dann strebt der ganze Druck der Atmosphäre die beugsame Schale C F A niederzudrücken. D a n u n der Widerstand der Federn beständig derselbe bleibt, so m u ß , w e n n der Luftdruck verändert wird, die Deckplatte C F A sich erheben oder niedersinken, und diese Veränderungen werden mittelst eines Mechanismus, der einen bei I H befestigten Zeiger hin und her dreht, auf einer Gradscheibe angezeigt. Doch schon der Erfinder verwarf dieses I n s t r u m e n t wegen des nachtheiligen Einflusses, den die Temperaturveränderung auf dasselbe hat. Der z w e i t e Versuch gründete sich auf das schnellere u n d langsamere Einfließen des Quecksilbers in einen bestimmten leeren R a u m bei größerm oder geringerm Luftdrucke. Zu diesem Ende bediente er sich der weiten Röhre A B D C , Taf. V, Fig. 5, welche bei N , durch einen H a h n , Verbindung m i t der atmosphärischen L u f t hat. Bei 315 P Q K L wird die | Röhre massiv, und durch dieses Stück geht n u r eine enge Oeffnung, welche der H a h n G F verschließt. Der Stempel I H schließt luftdicht; und zieht m a n ihn von K L bis zu einem bestimmten P u n k t e hinaus, so bringt er einen luftleeren R a u m hervor. D a n n werden die H ä h n e G F u n d Ν geöffnet, und die Zeit wird beobachtet, bis das Quecksilber, welches sich i m Gefäße A B P Q befindet, den leeren R a u m K L I H erfüllt. So fand C o n t e , daß 9 Secunden Zeit m e h r erfordert wurden, u m den R a u m zu füllen, an einem Orte, wo das Barometer nur 5 Linien höher stand. Aber auch dieses Barometer war zu sehr den Temperaturveränderungen unterworfen. Die 6te Figur stellt den Längendurchschnitt des d r i t t e n C o n t e s c h e n Barometers dar. Die Röhre, in welcher das Quecksilber steht, ist, statt, wie gewöhnlich, von Glas zu seyn, hier von Eisen. Oben, bei Α Β C D , wird sie sehr viel weiter, u n d die Länge dieses weitern Stücks wird durch die größten Veränderungen i m Stande des Quecksilbers bestimmt. Hier ist die Röhre durch Calibriren in allen Stellen gleich 120
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weit gemacht. In d e m v o m Erfinder d e m National-Institute vorgelegten Modelle war A B D C 8 Zoll l a n g und hatte 18 L i n i e n i m innern Durchmesser. Bei E F schließt sich ein G e f ä ß E F H G , (dessen massiver U m f a n g 5 in der F i g u r weiß, dessen innere H ö h l u n g d a g e g e n schattirt erscheint,) an diese R ö h r e luftdicht an. E s ist bei H G offen und | durch den 316 S t e m p e l T R U S luftdicht verschlossen. Bei I K schließt sich an dieselbe Röhre, innerhalb dieses erstem, ein zweites G e f ä ß I Κ P L Μ Ν an, welches innerlich die Gestalt eines a b g e s t u m p f t e n Kegels hat, und 10 in diese k e g e l f ö r m i g e H ö h l u n g paßt der Stöpsel P L N M luftdicht hinein. D i e F i g u r stellt ihn dar, wie er in die O e f f n u n g des zweiten Gefäßes hineingeschoben ist, und an die untere O e f f n u n g der eisernen Barometerröhre bei Ο anschließt; und zwar soll die Seitenschraube X , welche in einen Ausschnitt desselben eindringt, ihn in fast unmerkli15 chen G r a d e n der O e f f n u n g Ο nähern. Durch diesen Stöpsel bei Ο und durch das umschließende G e f ä ß bei Ρ geht eine Röhre, welche das Innere der eisernen Barometerröhre Β F D Α m i t d e m größern u m schließenden Gefäße, und durch den H a h n bei V auch m i t der äußern L u f t in Verbindung bringt. 20 Soll das Instrument gefüllt werden, so schließt m a n den H a h n V , dreht es u m , zieht den Stempel T U und den Stöpsel P L N M heraus, und füllt die Barometerröhre Ρ A B L , ferner das innere G e f ä ß P L M N , und die H ö h l u n g zwischen der innern und äußern Hülle, m i t Quecksilber. Alsdann setzt m a n den S t e m p e l T U S auf, 5 bringt 25 dann durch Zurückziehen desselben einen verdünnten L u f t r a u m über 317 d e m Quecksilber hervor, und entfernt so die eingeschlossene L u f t . Darauf schiebt m a n den Stöpsel P L M N und den Stempel T U wieder hinein, und öffnet V . D a s Quecksilber sinkt nun nach d e m jedesmahligen Stande herab, und erfüllt die größere Büchse bis zu e i n e m b e 30 s t i m m t e n Niveau. Hier zieht m a n durch den für sich beweglichen m i t e i n e m Schraubenzieher versehenen Stiel S R den Stöpsel zurück, so daß die Barometerröhre keine Verbindung m e h r m i t der Außenseite hat. D a s Stück E F H G wird dann abgewogen. Bringt m a n jetzt das Instrument an einen höhern Ort, so sinkt das Quecksilber in der 35
5 Es wird nicht bemerkt, auf welche Art hierbei die eingeschlossene L u f t oder das Quecksilber entweicht. Wahrscheinlich ist entweder im Stempel T U eine Vorrichtung angebracht, vermöge wel|cher die L u f t ausweichen kann, oder wäh- 316 rend des Hineinschiebens wird der Hahn V geöffnet, so daß Quecksilber durch ihn ausfließt. d. Η .
121
1799 Röhre A B C D , eben so viel fließt bei Ο aus, desto mehr, je weiter Α Β C D ist, und dieses wird in Ε F Η G aufgefangen und wieder gewogen. Dieses Werkzeug ist so empfindlich, daß, wenn man es 204 Fuß hoch auf einen Thurm beim Platze der sonstigen Kirche N o t r e 5 D a m e trug, 1877 Gran Quecksilber ausflossen, welches 9 Gran auf einen Fuß ausmacht. Der Bürger C o n t e hatte dem Instrumente anfänglich eine Form gegeben, durch welche es einer besondern Wage entbehren konnte; da aber diese Einrichtung beim Gebrauche allzu beschwerliche Reductionen erforderte, so verwarf er sie wieder. 10
318
Bemerkungen zu C o n t e ' s neuen Barometern.
Der d r i t t e Vorschlag C o n t e ' s entschädigt uns sehr reichlich für seine beiden ersten etwas mißrathenen Vorrichtungen. Man sieht hier Schwierigkeiten verschwinden, die andere, welche das Barometer zu verbessern suchten, vergebens hinwegzuräumen bemüht waren, und 15 die auch die Ausführung eines diesem in mancher Rücksicht ähnlichen Barometers, mit dem ich mich einst beschäftigte, lange verzögerten. Dieser glückliche Gedanke C o n t e ' s , der aber freilich erst bei wiederholter Anwendung sich bewähren muß, besteht in der Verwechselung der Glasröhre mit einer eisernen Röhre. Diese Einrichtung ist 20 zwar nicht neu, vielmehr bediente sich sonst die ganze französische Marine des B l o n d e a u s c h e n M e e r - B a r o m e t e r s , 6 welches nichts anderes als ein aus einem Flintenlaufe verfertigtes Heber-Barometer ist. Aber ganz neu ist die Anwendung desselben auf Barometer, die zu genauem Beobachtungen bestimmt sind. Die Unmöglichkeit, ein 25 s t a r k e s Glasgefäß vor der Löthlampe zu behandeln, nöthigte mich bei der Ausführung der Vorrichtung, die ich für das Barometer erdacht 319 hatte, statt des einen Gefäßes am Ende der | Röhre sechs weite Barometerröhren zu wählen, und diese in einem gemeinschaftlichen Gefäße sich endigen zu lassen. Da das Instrument nur zu Höhenmessun- 30 gen bestimmt war, so wurde nur auf Verminderung des Luftdrucks und auf Ausfließen des Quecksilbers gerechnet. Alles Quecksilber, wel6 Beschrieben im L i c h t e n b e r g i s c h e n M a g a z i n , I, St. 3, S. 80. Herr L u z , ( B e s c h r e i b u n g v o n B a r o m e t e r n , S. 279,) macht gegen dieses Blondeausche Barometer mehrere Einwürfe; von ihnen trifft aber keiner das Contesche. A. 35
122
Beschreibung neuer Barometer ches aus dem gemeinschaftlichen Gefäße ausfloß, sollte in einer engen, gut calibrirten und zum Abnehmen eingerichteten R ö h r e aufgefangen, und nicht gewogen, sondern gemessen werden. So wäre der Vorzug des Bernoullischen 7 Barometers erreicht und dem Tadel d e 5 Luc's
ausgewichen worden. 8 Indeß, das Contesche Barometer
ge-
währt viele wesentliche Vorzüge, da die eiserne Röhre nach Gefallen weit seyn kann, und dadurch die Empfindlichkeit des Werkzeugs verm e h r t wird. Das Amalgamiren des Eisens m i t dem Quecksilber brauchen wir nicht zu fürchten; ob aber die Weite solcher eiserner Röhren 10 m i t der zu meteorologischen Werkzeugen erforderlichen Genauigkeit gearbeitet werden könne, ist eine Frage, die dem Künstler zur Beantwortung überlassen bleiben muß. E i n e andere Frage, die vom Erfinder nicht beantwortet worden, betrifft das Niveau. D a man die Höhe des Quecksilbers in der eisernen 15 R ö h r e | nicht sehen kann, so m u ß dies beständig seyn. C o n t e scheint 320 dies nicht bei der Ausführung, sondern nur bei der Beschreibung vergessen zu haben, da er es in einer Stelle als bekannt annimmt. Wahrscheinlich wird wohl das Quecksilber bis zum Ausgange bei V stehen, und wenn das Quecksilber in der Barometerröhre steigt oder fällt, 20 durch Hinaufdrücken oder Herabziehen des Stempels T U
in diesem
Stande erhalten werden. E i n e n andern Weg halte ich nicht für möglich, da das Gefäß von Holz ist, und das Quecksilber nur bei jener Oeffnung gesehen werden kann. D i e Methode C o n t e ' s , die L u f t aus der R ö h r e durch einen oben 25 hervorgebrachten leeren R a u m zu entfernen, ist sehr unvollkommen; ich wüßte nicht, warum nicht auch hier das Auskochen vorzuziehen wäre. D e n n amalgamiren würde sich das Quecksilber bei diesem W ä r megrade ebenfalls nicht. Noch m u ß ich bemerken, daß die von C o n t e
angegebene E m p -
30 findlichkeit seines Barometers für einen F u ß Erhöhung, nur berechnet, nicht durch Versuche gefunden ist. D a ß bei dem größern Versuche ungefähr 9 Gran auf einen F u ß kommen, ist unläugbar; aber sehr zu bezweifeln ist es, ob bei dem Widerstande der engen Ausflußröhre jene 9 Gran bei der Erhöhung bloß von einem F u ß e ausfließen möch35 ten.
1
8
Ι ο . B e r n o u l l i ] O p e r a o m n i a , Τ II, Ν. XCVIII, p. 207. de L u c ' s U n t e r s u c h u n g ü b e r d i e A t m o s p h ä r e , Th. I, S. 41 u. f.
123
1799
3. A l e x a n d e r v o n H u m b o l d t ' s Reise-Barometer. 9
321
E i n B a r o m e t e r z u b i l d e n , d a s so a u s m e h r e r n T h e i l e n
zusammenge-
setzt w ä r e , d a ß sie sich l e i c h t d u r c h n e u e ersetzen l i e ß e n , u n d sich bei jeder Beobachtung, gleich e i n e m astronomischen Instrumente,
wech-
selseitig corrigirten; das w a r die A u f g a b e , sagt d e r französische Be-
5
Schreiber, w e l c h e r dieses B a r o m e t e r G e n ü g e t h u n sollte. Die Barometer-Röhre,
d e r e n u n t e r n T h e i l d i e 7 t e F i g u r , T a f e l V,
d a r s t e l l t , ist a n e i n e e i s e r n e R ö h r e g e k ü t t e t , d i e sich b e i q Schraubengang eckigem
endigt. In
diesen
K o p f e , 2!/2 L i n i e t i e f
geht
eine Schraube
hinein, und
verschließt
cd
in
einen
mit
vier-
dadurch
B a r o m e t e r - R ö h r e l u f t d i c h t , n a c h d e m sie g e f ü l l t u n d a u s g e k o c h t
d i e 10 wor-
den. D i e R ö h r e wird u m g e k e h r t in eine k u p f e r n e , v o n i n n e n m i t woll e n e m Zeuge, von a u ß e n m i t L e d e r überzogene R ö h r e gesteckt,
um
auf Reisen b e q u e m g e t r a g e n zu w e r d e n . G l a u b t m a n , d a ß einige L u f t s i c h e i n g e s c h l i c h e n h a t , so i s t s i e u n t e r q ; e s w i r d d a h e r d i e S c h r a u b e 15 geöffnet u n d die L u f t durch einige hineingegossene Tropfen Quecksilb e r e n t f e r n t . D i e g a n z e R ö h r e ist frei, u n d es k a n n d a h e r
untersucht
w e r d e n , o b das Q u e c k s i l b e r d a r i n n i c h t d u r c h B l a s e n g e t r e n n t sey; e i n 322 V o r t h e i l , d e s s e n d i e e n g l i s c h e n B a r o m e t e r , w e l c h e h a l b v e r d e c k t s i n d , 20
entbehren. D a s G e f ä ß f s t , (Fig. 8,) w e l c h e s a u f d a s k l e i n e d r e i f ü ß i g e S t a t i v g h a u f g e s c h r a u b t ist, e n t h ä l t d a s n ö t h i g e Q u e c k s i l b e r , ( b e i d e n e n , d i e i n J e n a v e r f e r t i g t w e r d e n , ist es i n n e n v i e r e c k i g ; ) u n d b e i m
Gebrauche
wird die B a r o m e t e r - R ö h r e aus der k u p f e r n e n R ö h r e g e n o m m e n u n d in das
Quecksilber
Schraube cd
dieses
Gefäßes
gesenkt.
Der
viereckige
i s t so g r o ß , d a ß s i e s i c h i n d e m G e f ä ß e n i c h t
Kopf
d e r 25
umdrehen
l ä ß t ; w e n n d a h e r d i e R ö h r e b e i 1 a n g e f a ß t u n d u m g e d r e h t w i r d , so ö f f n e t sich die S c h r a u b e , u n d das Q u e c k s i l b e r i m I n n e r n d e r
Röhre,
welches m i t der ä u ß e r n L u f t V e r b i n d u n g erhält, sinkt bis zur
jedes-
m a h l i g e n B a r o m e t e r h ö h e h e r a b . D a r a u f w i r d m i t t e l s t d e r d r e i S t e l l - 30 schrauben
rrr
am
Stative, u n d
des Bleiloths w
an d e m
hölzernen
A r m e , w o r a n d i e B a r o m e t e r r ö h r e g e s c h r a u b t ist, d i e s e R ö h r e i n senkrechte Lage gebracht. Zuletzt öffnet m a n den aus Elfenbein drehten
Hahn
s, w e l c h e r
dazu
bestimmt
ist, e i n
eine ge-
unveränderliches
Q u e c k s i l b e r - N i v e a u z u b e w i r k e n . A l l e s Q u e c k s i l b e r , w e l c h e s i m G e f ä s - 35 se f s t ü b e r d e m N i v e a u dieses H a h n s s t e h t , f l i e ß t d u r c h i h n i n e i n e n 9
J o u r n a l d e P h y s i q u e p a r D e l a m e t h e r i e , Τ. IV, p. 468.
124
Beschreibung neuer Barometer e i g n e n B e h ä l t e r aus; u n d sollte das Quecksilber u n t e r d e m
Niveau
d e s s e l b e n s t e h e n , so w i r d d a s N ö t h i g e h i n z u g e g o s s e n . D a m i t a b e r d i e ser H a h n auf d e r Reise sich n i c h t e t w a a u f d r e h e , h ä l t i h n eine z u m Anschrauben eingerichtete Gabel. 5
So a u f g e s t e l l t k a n n d a s I n s t r u m e n t f o r t g e t r a g e n w e r d e n , i n d e m m a n
323
e i n d u r c h z w e i S c h r a u b e n ν u n d v , ( F i g . 9,) a n g e d r ü c k t e s K i s s e n a u f l e g t . S o l l es a b e r a u s e i n a n d e r g e n o m m e n w e r d e n , so s c h l i e ß t m a n d e n H a h n s , s e n k t d i e R ö h r e w i e d e r so t i e f i n d a s Q u e c k s i l b e r d e s G e f ä ß e s e i n , b i s k e i n l e e r e r R a u m m e h r ü b e r d e m s e l b e n ist, u n d
dreht
10 d u r c h e i n e d e r v o r i g e n , ( w o d u r c h d i e R ö h r e g e ö f f n e t w u r d e , )
fst
entge-
gengesetzte B e w e g u n g die Schraube c d in die B a r o m e t e r r ö h r e hinein. Das übrige Verhalten bedarf keiner weitern Erläuterung. E s ist w o h l d i e b e s t e E m p f e h l u n g d i e s e s B a r o m e t e r s , d a ß e s z w e i j ä h r i g e B e r g r e i s e n , o h n e b e s c h ä d i g t z u w e r d e n , e r t r a g e n h a t . E s ist 15 a u c h b e m e r k e n s w e r t h , d a ß d i e s e s B a r o m e t e r d e m v o n M o s c a t i m e r k t e n Einflüsse der G r ö ß e des leeren R a u m e s ü b e r d e m
be-
Quecksil-
ber, auf den Stand desselben, durch ein willkührliches H i n e i n d r ü c k e n der R ö h r e in das G e f ä ß ausweicht.
20
Zusatz. Dieses Barometer, dessen Beschreibung wir erst in seinen n e u e r n u n g e d r u c k t e n Schriften von der H a n d des E r f i n d e r s zu e r w a r t e n ist d u r c h H e r r n V o i g t
10
haben,
z u e r s t b e k a n n t e r g e w o r d e n . Seijne B e s c h r e i - 324
b u n g w e i c h t n u r i n e i n i g e n N e b e n d i n g e n , ζ. B. i m H a h n e z u m V e r 25 s c h l i e ß e n , v o n d e r D e l a m e t h e r i s c h e n a b . I c h w i l l h i e r d i e L e s e r
in
Rücksicht der Geschichte der Barometer auf das von H e r r n Professor Rabe
erfundene und von H e r r n L u ζ11 beschriebene Barometer auf-
m e r k s a m m a c h e n , v o n w e l c h e m das H u m b o l d t s c h e n u r eine Verbess e r u n g zu seyn scheint, u n g e a c h t e t der E r f i n d e r jenes vielleicht n i c h t 30 e i n m a h l k a n n t e .
10
Scherer's Allgemeines Journal der C h e m i e , kostet, von H e r r n V o i g t verfertigt, 2 Louisd'or. 11 L u z ' s B e s c h r e i b u n g v o n B a r o m e t e r n , S. 190.
125
7 t e s Heft, S. 96. Es
1799
4. G ö d e k i n g ' s
Reise-Barometer.
D a s H u m b o l d t s c h e R e i s e - B a r o m e t e r h a t b e i a l l e n s e i n e n Vorzügen, w i e Herr G ö d e k i n g
in B a y r e u t h
b e m e r k t , doch zwei U n b e q u e m l i c h -
k e i t e n , d a ß es sich n ä m l i c h n i c h t g u t u n d c o m p e n d i ö s e i n p a c k e n l ä ß t , u n d d a ß m a n a u f j e d e r n o c h so k l e i n e n R e i s e e i n b e s o n d e r e s G e f ä ß m i t Q u e c k s i l b e r m i t sich f ü h r e n m u ß . D i e s e s b e w o g H e r r n
Göde-
k i n g , auf ein verbessertes Reise-Barometer nach denselben
Grund-
5
s ä t z e n zu s i n n e n ; u n d F o l g e n d e s ist die E i n r i c h t u n g dieses v e r b e s s e r t e n R e i s e - B a r o m e t e r s , w i e e r sie w i r k l i c h a u s g e f ü h r t h a t , u n d w i e er sie i n e i n e m Briefe an den H e r r n Bergrath S c h e r e r beschreibt.12 325
10
Fig. 1 a u f Taf. VI stellt d e n u n t e r n T h e i l des B a r o m e t e r s u n d Fig. 2 bis 6 s t e l l e n d i e e i n z e l n e n S t ü c k e vor, w o r a u s d i e s e r T h e i l z u s a m m e n gesetzt ist. F i g . 2 u n d 4 b i l d e n v e r e i n i g t d i e Kapsel, w e l c h e v o n f e s t e m , ä u ß e r s t t r o c k e n e m , d e m W e r f e n n i c h t u n t e r w o r f e n e n H o l z e , u n d so v e r f e r t i g t s e y n m u ß , d a ß sie bei d e n p u n k t i r t e n L i n i e n a ß , F i g . 1, a u s 15 e i n a n d e r g e s c h r a u b t w e r d e n k a n n . I n d e n o b e r n T h e i l d e r Kapsel, Fig. 2, w i r d e i n S t ü c k E l f e n b e i n b , w e l c h e s i n Fig. 5 d u r c h s c h e i n e n d gez e i c h n e t ist, g e l e i m t . D a s E l f e n b e i n ist m i t e i n e r e t w a s s c h a r f e n K a n t e i n d e r G e g e n d v o n m v e r s e h e n , u n d d u r c h dieses s o w o h l , als d u r c h das H o l z a , e i n L o c h g e d r e h t , w o r e i n e i n e B a r o m e t e r r ö h r e e g e k ü t t e t 20 wird, jedoch m i t der Bedingung, daß das E l f e n b e i n bei m
u m etwa
eine L i n i e vorsteht; c u n d d sind m i t Z a p f e n versehene O e f f n u n g e n . I n d e m u n t e r n T h e i l e , Fig. 4, ist e i n S c h r a u b e n g a n g , in w e l c h e n e i n e e i s e r n e S c h r a u b e , F i g . 5, so g e n a u p a ß t , d a ß sie n u r m i t A n w e n d u n g v o n e i n i g e r K r a f t h i n u n d h e r g e d r e h t w e r d e n k a n n , g e s c h n i t t e n . 25 D i e s e S c h r a u b e g h a t e i n e e i s e r n e P l a t t e h , w o r a u f e i n S t ü c k festes L e d e r , F i g . 6, k v e r m i t t e l s t e i n e s e i s e r n e n R i n g e s p p p
g e n i e t e t ist.
D i e s e P l a t t e m u ß m i t d e r Vorsicht a n d i e S c h r a u b e g g e s c h r a u b t w e r den, daß an d e m Orte der Befestigung kein Quecksilber durchdringen k a n n , w e l c h e s m a n e r r e i c h t , w e n n d i e P l a t t e bei i i n i c h t g a n z d u r c h - 30 bohrt, oder der Ansatz der Schraube g e n a u anschließend
verfertigt
326 w i r d . D i e s e S c h r a u b e g | w i r d n u n i n d e n S c h r a u b e n g a n g Fig. 4 geschraubt, u n d alsdann die Platte h darauf befestigt. Soll d a s B a r o m e t e r g e f ü l l t w e r d e n , so b r i n g t m a n d e n T h e i l des G e f ä ß e s F i g . 2 i n die R i c h t u n g , d a ß die R ö h r e e s e n k r e c h t h e r u n t e r - 35 h ä n g t , g i e ß t sie voll Q u e c k s i l b e r , r e i n i g t sie a u f d i e b e k a n n t e W e i s e 12
S c h e r e r ' s A l l g e m e i n e s J o u r n a l d e r C h e m i e , 7tes Heft, S. 94. 126
Beschreibung neuer Barometer
von allen Luftblasen, füllt sie wieder bis an m mit Quecksilber, schraubt den Theil Fig. 4 fest an, und verschließt die Röhre dadurch, daß man die Schraube Fig. 5 so anzieht, daß die (etwas abgeplattete) Schärfe m sich gleichsam in das Leder k drückt. Jetzt läßt sich nun das Instrument in die Höhe richten, so daß die Barometer-Röhre aufwärts steht, ohne daß Quecksilber herausläuft; ferner die Kapsel durch c voll Quecksilber füllen und das Ueberflüssige in der Kapsel und Röhre durch die zum Niveau bestimmte Oeffnung wieder herauslassen. »Um dieses Barometer zum Gebrauche im Hause und auf Reisen einzurichten, habe ich zwei halbrunde Stäbe so aushöhlen lassen, daß in einen jeden das Instrument genau bis zur mittlem Durchschnittsfläche paßt. An einen derselben ist die Skale, ein Senkblei und das Barometer selbst befestigt, in dem andern aber sind Oeffnungen zu einem Ringe und Haken mit Holzschrauben, zum kleinen Trichter und zu einem Glase mit oder zu Quecksilber geschnitten. Will ich nun das Barometer transportiren, so wird es so weit geneigt, bis die Röhre voll Quecksilber ist, alsdann diese mit der Schraube fest verschlossen, der Zapfen in die Oeffnung C ge|drückt, und, (wenn die Reise beträchtlich ist,) die Kapsel Α ganz mit Quecksilber gefüllt; hierauf werden die beiden halbrunden Stäbe auf einander gelegt, mit messingenen Ringen befestigt, und alles ist zur Reise fertig. Alle dabei nöthige Vortheile und Handgriffe lehren sich bei der Behandlung bald.«
5. Eine Verbesserung des Heber-Barometers nach B r a n d e r und ein neues Reise-Barometer von Herrn V o i g t . Herr F r i e d r i c h W i l h e l m V o i g t , mathematischer und physikalischer Instrumentmacher zu Jena, der sich unter andern auch durch seine Beiträge zur Verfertigung und Verbesserung des Barometers als ein thätiger Künstler bekannt gemacht hat, giebt uns in der kürzlich erschienenen Fortsetzung derselben 15 eine sehr genaue Beschreibung und Abbildung beider Vorrichtungen. Die Einrichtung des Branderschen Heber-Barometers wird den Lesern aus einem Schriftchen B r a n d e r s 1 4 hinlänglich bekannt seyn. Herr V o i g t wählte fast die15 14
Zweites Heft. Leipzig 1799, 56 S., 5 Kupf. B e s c h r e i b u n g n e u e r B a r o m e t e r v o n B r a n d e r . Augsburg 1772. 8.
127
1799 selbe E i n r i c h t u n g , n o c h e h e er j e n e B e s c h r e i b u n g gelesen h a t t e , u n d s c h r ä n k t sich d a h e r in seiner Schrift d a r a u f ein, seine V e r ä n d e r u n g e n 328 dieses B r a n d e r s c h e n B a r o m e t e r s zu b e s c h r e i b e n u n d zu r e c h t f e r t i g e n , w e s h a l b ich indeß d e n L e s e r a u f die Schrift selbst v e r w e i s e n
muß.
N u r e i n e n Vorschlag h e b e ich für d e n k e n d e M e c h a n i k e r aus; » o b m a n
5
nicht etwa durch eine den Pendel-Compensationen ähnliche Einricht u n g der Skale alle B e r i c h t i g u n g e n des B a r o m e t e r s t a n d e s w e g e n der W ä r m e u n d die dazu n ö t h i g e n R e c h n u n g e n überflüssig m a c h e n könn e ; « ein Vorschlag, d e m e b e n n i c h t viele H i n d e r n i s s e i m W e g e
zu
s t e h e n scheinen.
10
D a s Voigtsche R e i s e - B a r o m e t e r
beruht auf einer Einrichtung,
329 die P r i n z i s c h e n 1 5 G e f ä ß e a u c h | a u f R e i s e n zu g e b r a u c h e n , i n d e m i h m diese G e f ä ß e , w e n n m a n sie n u r v e r s c h l i e ß e n u n d e t w a s v e r k l e i n e r n könnte, die g r ö ß t e G e n a u i g k e i t m i t der g r ö ß t e n B e q u e m l i c h k e i t
zu
330 v e r e i n i g e n s c h i e n e n , 1 6 | w e s h a l b a u c h s c h o n H e r r L u z , w i e w o h l a u f is
15 Die P r i n z i s c h e n und alle nach der Idee dieses holländischen Künstlers, eingerichtete G e f ä ß e unterscheiden sich durch ein sinnreich hervorgebrachtes beständiges Quecksilber-Niveau in diesem Gefäße, von welchem ab, als von einem beständigen Nullpunkte, die Skale für den Barometerstand angeht. Bekanntlich halten alle Flüssigkeiten auf einer völlig ebenen Fläche, wo nichts ihrer Ausbrei- 20 tung widersteht, so lange sie sich verbreiten, und bevor sie an die Seitenbegrenzungen der Fläche anstoßen, beständig einerlei Höhe, sie mögen, von einer gewissen Menge an, in größerer oder geringerer Menge sich darauf befinden. Breitet sich daher das Quecksilber aus dem Gefäße des Barometers auf einer solchen hinlänglich großen, horizontalen und völlig ebenen Fläche aus, die nämlich groß 25 genug ist, daß das Quecksilber die Seitenflächen derselben nicht erreicht, oder daß, bevor dieses geschieht, das Ueberflüsige durch eine Oeffnung von dieser sogenann-
328
ten Prinzischen Fläche abfließt: so | wird es bei jedem Stande des Barometers auf dieser Fläche doch immer in einerlei Höhe stehen, folglich der Punkt, von welchem an die Barometer-Höhe zu rechnen ist, für jeden Barometer-Stand unverän- 30 derlich derselbe seyn, und daher ein solches Gefäß-Barometer eine feste und doch genaue Skale zulassen. Und das ist es, was Herr V o i g t bei seinem Reise-Barometer bezweckt zu haben scheint. A. 16 »Daß die Gefäß-Barometer«, sagt Herr V o i g t , »im Praktischen viele Vorzüge an Bequemlichkeit und Genauigkeit vor dem Heber-Barometer besitzen, und daß 35 es wünschenswerth wäre, sie zum Reise-Barometer qualificiren zu können, zeigen die vielen vergeblichen Versuche und Mißgeburten, welche nach de L u c in die Welt gekommen sind. — Daß ichs deutsch sage, ich rede hier vorzüglich von den A s s i e r - , P r e i c e - , M a g e l l a n - und H u r t e r s c h e n Barometern, deren Gebrauch jedwedem zeigen wird, wie ein Reise-Barometer nicht qualificirt seyn muß. 40 128
Beschreibung neuer Barometer
keine glückliche Art, sie zu verbessern suchte. Auf Tafel VI stellen Fig. 7 und 8 die erste Ausführung dar. Der untere Theil der Glasröhre R R , Fig. 7, ist mit einem Cylinder von Papier Α Α überzogen, an welchen ein Ansatz gedreht ist, der, wenn der Cylinder in die Oeffnung des 5 Gefäßes Ν geküttet wird, genau auf der Oberfläche des Gefäßes bei E D aufsitzt und das Durchdringen des Quecksilbers verhindert. D i e Communications-Oeffnung Η ist konisch ausgerieben und durch einen passenden we i|ch en Kork verschlossen, durch dessen Mitte ein Stück 331 Stahldraht bis in den Griff geht, in welchem er festgeleimt ist. D a s 10 ganze Hauptstück des Gefäßes E C P L ist von Buchsbaum und in der Höhe E C mit einem feinen in Hausenblase getränkten Papierdeckel umzogen, den m a n bei B P und E C sieht, wodurch der Gefäßraum E C P L H D , (Fig. 7,) die F o r m erhält, welche Fig. 8 darstellt. Durch den senkrecht stehenden nach dem Auge zugekehrten Pap15 pendeckel ist bei M , Fig. 7, in einiger Entfernung von dem R a n d e L , von außen nach innen, ein konisches Loch gebohrt, dessen Achse gerade in der Prinzischen Fläche liegt, wie Fig. 8 es darstellt, und durch welches das Quecksilber, wenn es sich beim Ausbreiten auf der Prinzischen Fläche den Seitenwänden nähern sollte, ehe es an diese stößt, 20 zum Theil herausfließt. Auf dieser Oeffnung Μ liegt von außen ein Klappe von einer Feder gebildet, welche sich in Fig. 10 bei α zeigt. In jenem Gefäßraume steht das Quecksilber mit einer convexen Fläche i m m e r in einerlei Niveau, und durch die Oeffnung Μ fließt das überflüssige in das untergesetzte prismatische Gefäß aus, welches m a n in 25 Man bekommt statt der Barometer-Beobachtungen Luftblasen: man ist nicht im Stande, das Barometer zu verschließen und wieder zu öffnen, ohne den Eintritt der Luft in die Barometer-Röhre zu riskiren, und man muß daher, außer den dazu gehörigen ungeheuern Stativen, noch ein Kohlenbecken bei sich führen. Oft und viel verbesserte Werkzeuge haben meistens das | Schicksal, daß ihre erste ursprüng- 329 30 liehe Einrichtung allen nachher verbesserten vorgezogen werden muß, wenn man das Wesentliche, und nicht Nebendinge, zur Vollkommenheit bringen will. Das vortreffliche von Herrn von H u m b o l d t angegebene Reise-Barometer und die Luftpumpe des Herrn v a n M a r u m haben diesen Satz vor kurzem noch bestätigt. Herr v o n H u m b o l d t hat das Barometer von allen Fehlern, welche die Reise35 Barometer bisher besaßen, größtentheils befreit. Sein Reise-Barometer ist nichts anderes, als eine äußerst einfache, bequeme und genaue Vorrichtung zum Torricellischen Versuche, welcher bei jeder Beobachtung gleichsam von neuem angestellt oder wiederholt wird. Ich beschreibe indeß hier ein Reise-Barometer, welches früher als das von Humboldtsche von mir erfunden war, und in vielen 40 Stücken noch einfacher und bequemer als dieses ist.«
129
1799 Fig. 10 bei β wahrnimmt. Fig. 9 stellt eine solidere Einrichtung vor, wo die Barometeröffnung durch eine Fingerschraube E H verschlossen wird, und das Ganze sieht man in Fig. 10 abgebildet, nur daß darin der untere Theil des dreibeinigen Stativs ausgelassen ist.
332
6. Einige Bemerkungen über das Heber-Barometer.
Der Verfasser der französischen Beschreibung des Humboldtschen Barometers rühmt die Leichtigkeit, i m Falle die Röhre zerbrochen würde, eine neue einsetzen zu können, welches, wie er glaubt, in den Wüsten Thibets selbst keine Hindernisse finden würde. Wenn wir 10 auch hiervon die gewöhnliche französische Wortgröße abziehen, so scheint doch selbst der Rest nicht einmahl gegründet zu seyn. Beim Humboldtschen, wie beim de Lucschen, Barometer müssen einige Röhren für diesen Unfall mitgenommen werden; ist es dann nicht einerlei, ob sie etwas mehr oder weniger Platz wegnehmen? beide 15 müssen doch auch in Thibets Wüsten gefüllt und ausgekocht werden, und mehr Mühe macht es auch nicht, ein Heber-Barometer als eine gerade Röhre auszukochen. Es ist ein bloßes Vorurtheil, daß gekrümmte Röhren nicht ausgekocht werden können; ich habe mich durch eigne Erfahrungen vom Gegentheile überzeugt, und auch Herr 20 L u z erwähnt nie, daß er erst die Glasröhren nach dem Umkehren beuge. Besser wäre es, wenn man dem Zerschlagen der Röhre durch das Quecksilber leichter ausweichen könnte. Eine vortheilhafte Einrichtung der Röhre, um dieses Zerschlagen durch das Quecksilber zu vermeiden, fand ich an einem von Herrn 25 S t o p p a n i in Leipzig gekauften Barometer. Die Barometerröhre war 333 einen Viertelzoll von ihrer höchsten Spitze, und | unten einen halben Zoll hinter der Krümmung verengt und dadurch hier verstärkt. Diese Einrichtung hat einen doppelten Nutzen, indem dadurch oben ein Theil des Stoßes des Quecksilbers aufgefangen wird, und gegen die 30 obere Fläche nur geschwächt wirken kann, unten aber das Verschließen der Röhre durch einen an einen dünnen Stab befestigten Pfropf, nachdem man das Quecksilber bis ans Ende hat laufen lassen, möglich gemacht wird. Eine andere Unannehmlichkeit beim Heber-Barometer, selbst wenn er gut verschlossen ist, entsteht oft aus der Verdichtung des 35 Quecksilbers durch Erkältung oder durch einiges auf der Reise heraus130
Beschreibung neuer Barometer gefallenes Quecksilber und dagegen eingedrungene Luft. D a unsre Heber-Barometer gleichförmig in einen Bogen g e k r ü m m t zu seyn pflegen, so kann eine solche kleine Luftblase b e i m Umdrehen, sowohl nach der offenen, als nach der verschlossenen luftleeren Seite herauf5 steigen und so ein erneuertes Auskochen nöthig machen. D a ß dieser Fehler nicht etwa sehr selten, sondern fast jedesmahl nach dem Verschließen und einer starken Erschütterung eintritt, lehrte mich Erfahrung. 1 7 Ich wich diesem Uebel durch die Taf. V, Fig. 10 abgebildete Einrichtung aus, die weiter keiner Erläuterung bedarf, als daß die 10 R ö h r e n bei a zusammengeschmolzen sind, und daß jetzt, wenn das Barometer umgekehrt ist, die eingedrungene L u f t in 1, als dem höchsten Punkte, sich befindet.
7. Beitrag zur Geschichte der Barometer. 1 8
334
Herr G e h l e r führt in seinem physikalischen Wörterbuche, im ersten 15 T h e i l e , S. 246, bei dem Barometer m i t der s c h i e f g e b o g e n e n
Röhre
an: es sey nach M u s s c h e n b r o e k der R i t t e r Μ o r l a n d der Erfinder, Leupold
aber sage, R a m a z z i n i
beschreibe sie, als seine eigne. Es
war dem Besitzer dieses Barometers interessant, den Erfinder gewisser zu kennen, und er schlug die angeführte Stelle nach, welche er in 20 R a m a z z i n i i Opp., ed. Lond. 1718, 4., p. 213, ( s . e p h e m .
barom.,)
fand, und woraus erhellet daß, — doch erst die Stelle: — » p r o p t e r e a totam
altitudinem
perpendicularem,
quam
hoc
anno
m e r c u r i u s in m e o b a r o m . o b t i n u i t , in 30 p a r t e s , seu pollices
suppono
divisam,
et
quia
meus
barom.
ad
altitu-
25 d i n e m p o l l i c u m 2 8 a d l a t u s i n f l e c t i t u r , e t b r a c h i u m porrigit
a piano
horizontali
mediocriter
assurgens,
quo m e r c u r i u s v a g a t u r , ut m a g i s s e n s i b i l i t e r i l l i u s tiones
dignoscantur,
reliquos
duos
pollices
sunt distributae,
in 90 l i n e a s
in mo-
altitudinis
perpendicularis, qui per latus i n f l e x u m sistulae 30 r i t r a c t u
ex-
placuit
longioesse
di~
ν i s ο s . « M i r deucht, es ist einleuchtend, R . beschreibe hier ein ganz Siehe auch de L u c ü b e r d i e A t m o s p h ä r e , Th. I, S. 346. Von einem Ungenannten, der ihn dem verstorbenen G r e n mitgetheilt hatte, an dessen Behauptung der Herausgeber keinen Antheil nimmt, da sie mit dem 35 Schlüsse der angeführten lateinischen Stelle nicht zu bestehen scheint. 17 18
131
1799 gewöhnliches Barometer von 30 Zoll, und sey ganz unschuldig, daß L e u p o l d , und mit ihm Andere, das Obere zum Untern kehren, und statt ad a l t i t u d i n e m oben zu übersetzen: b e i d e r H ö h e von 28 Z o l l ; setzen: auf 28 Zoll h o c h . R. sagt, die Röhre beträgt, von oben nach unten gerechnet, 28 Zoll, dann ist sie 2 Zoll gebogen, wie jede Röhre gewöhnlich. Er habe aber, aus Accuratesse, die obere Skale in 90 Linien getheilt. Das: ad l a t u s f l e c t i t u r , gilt so gut von der untern als obern Beugung. Alles also stößt sich an den Ausdruck: ad a l t i t u d i n e m , ad l a t u s , folglich ad ist der ganze Stein des Anstoßes. Noch bemerke ich, daß das Morlandische, außer diesem Verhältnisse, eine gebogene obere Röhre von 50 Zoll habe, wovon also bei R. kein Wort vorkommt.
132
Einige
Barometerbeobachtungen.
359
1. Bestimmung der Barometerhöhe am Ufer des Meers, von F l e u r i a u B e l l e v u e . 1 5 Ungeachtet der Genauigkeit der neuern meteorologischen Beobachtungen ist man doch über die mittlere Barometerhöhe am Ufer des Meers noch nicht ganz aufs Reine. Vier Jahre lang, von 1781 bis 1784, habe ich zu R o c h e l l e täglich dreimahl, um 7 Uhr Morgens, u m 2 Uhr Nachmittags und u m 11 Uhr 10 Abends, ein gutes Gefäß-Barometer beobachtet, dessen Röhre 5Ϊ/2 Linie und dessen Gefäß 2% Zoll weit war. Das Quecksilber war in meiner Gegenwart gereinigt und mehrmahls ausgekocht worden, und die genaue Skale hatte einen Vernier. Auch stand es stets IV2 Linie höher als das Barometer der Mannheimer meteorologischen Societät, 15 womit S e i g n e t t e zu Rochelle beobachtet hat, und das unterweges gelitten haben mochte. 2 In einem Mittel aus 1400 | Beobachtungen war 360 die Höhe desselben, auf ungefähr 9 bis 10° Reaum. reducirt, als es in einem nördlichen Zimmer 33 Fuß hoch über dem mittlem Wasserstande hing, 28 Zoll 25/i2 Linien; und daraus folgt eine mittlere Baro20 meterhöhe bei 10° Reaum. im Niveau des Meers von 28 Zoll 2% Linien.
J o u r n a l d e P h y s i q u e p a r D e l a m e t h e r i e , Τ. IV, p. 158. Das Barometer, welches de L u c mit sich führte, stand in Paris Γ/β Linie höher als M e s s i e r s Barojmeter, und 1 Linie höher als L a v o i s i e r s Barometer, 359 25 welches mit großer Sorgfalt gemacht war. 1
2
133
1799 Nach sorgfältigen Barometerbeobachtungen, in deren Besitz C o t t e ist, betrug zu nach Beobachtungen von
die mittlere Barometerhöhe
Brest
1 Jahr
28"2"' Vi
Dieppe
1 Jahr
28"2'" Vz
Lücon in der Vendee
4 Jahren
28"2"'Vt
Isle d'Oleron
3 Jahren
28"2'"
1 Jahr
28"2"l7/i2
St. Malo
10 Jahren
28"2'" %
Port Louis in Isle de France
5 Jahren
28"2'"
Sables d'Olonne
Dies giebt im Mittel eine Höhe von 28"2'"Ι/δ. C o t t e konnte aus seinen Papieren nicht finden, wie hoch die Barometer an den Beobachtungsörtern über dem mittlem Stande des Meers erhaben waren. Rechnet man dafür, was gewiß nicht zu viel ist, 37 Fuß; so giebt das als Mittel aus allen | sieben eine Barometerhöhe von 28 Zoll 2% Linien, gerade wie meine Beobachtungen. S c h u c k b o u r g h fand aus einem Mittel 132 Beobachtungen, die er 1775 in England und Italien angestellt hatte, eine mittlere Höhe von 28"2'",91 oder von 28"2""!/i2. Alles dieses stimmt so vortrefflich zusammen, daß dadurch, zum wenigsten für unsre Breite, ein mittlerer Barometerstand von 28 Zoll 2 Linien, oder von 76,44 Centimetres neues Maaß außer Streit gesetzt wird, wodurch das Niveau des Meers um 211 Fuß niedriger zu liegen kommt, als nach den Annahmen, welche jene Höhe auf 28 Zoll setzen.5
134
Einige Barometerbeobachtungen
2. Tägliche Veränderungen der Atmosphäre am Barometer beobachtet von dem Bürger D u c - L a c h a p e l l e . 4
5
10
15
20
Das schöne Barometer, mit welchem diese Beobachtungen gemacht wurden, zeichnete sich durch eine eigenthümliche Einrichtung des Faden-Mikrometers zur Bestimmung der Höhe des Quecksilberstandes aus. An diesem waren nicht nur auf die vordere, sondern auch auf die hintere Seite der Barometerröhre Haare gezogen, welche mit einander correspondirten. Das Steigen und Fallen des | Quecksilbers konnte er 362 aus der Höhe der sphärischen Quecksilberoberfläche leicht wahrnehmen: stieg es, so betrug die Höhe derselben 2 Millimeter; war die Höhe derselben hingegen nur 1 Millimeter, so sank das Barometer. So fand er, daß um 7 Uhr des Morgens das Quecksilber täglich steige, u m 2% des Nachmittags hingegen sinke, um 1OV2 des Abends wieder steige, und, wie man aus einigen Beobachtungen schließen kann, nach Mitternacht wiederum sinke. Er glaubt, daß diese Veränderungen dem veränderten Wärme- und Feuchtigkeitszustande, der Anziehung 5 der Sonne auf die Atmosphäre, (vielleicht, meint der französische Herausgeber, auch der Anziehung des Mondes,) zugeschrieben werden müssen. Unter 230 Beobachtungen waren nur 21 widersprechend und 24 unbestimmt, und immer nur an Tagen vor großen Witterungsveränderungen. Die Veränderungen am Abende waren regelmäßiger.
* B u l l e t i n d e s s c i e n c e s , An 7, No. 21, p. 162. 5 Herr H e m m e r , ( G r e n ' s J o u r n a l d e r P h y s i k , Β. II, S. 223,) machte an dem Barometrographen die Beobachtung, daß, wenn die Sonne durch den Meri25 dian geht, das im Fallen begriffene Barometer mehr falle, das steigende still stehe oder langsamer falle, und das stillstehende sinke; eine Beobachtung, die sehr für den Einfluß der Sonne spricht. A.
135
Ideen zu einer Theorie des Magneten, von L. A. v o n A r n i m .
1. Beobachtungen über die chemische Beschaffenheit der Magneten.
Inhalt. Das Eisen ist nicht allein des Magnetismus fähig. Magnetismus des Diamanten, der Kohlen u. s. w. Zum dauernden Magnetismus des Eisens wird Sauerstoff erfordert, doch nicht die Verbindung mit Sauerstoff allein, sondern auch mit Kohlenstoff; alle beide in bestimmten Verhältnissen, weil sie sonst die Bedingung des Magnetismus, Cohärenz, aufheben. Die auszeichnende Eigenschaft des Eisens zum Magnetismus besteht darin, bei der höchsten Cohärenz, mit dem Kohlenstoffe in verschiedenen Graden der Oxydation eine Verbindung in Metallform einzugehen. Ueber das Auszeichnende der Metallform. Im rohen Eisen ist der Kohlenstoff stärker oxydirt als im Stahle; das rohe Eisen unterscheidet sich ferner durch Ungleichheit der Mischung mit Kohlenstoff. Chemischer Unterschied zwischen den beiden Polen des Magneten. Entgegengesetzter Unterschied der Erdpole, durch die ungleiche Erwärmung der nördlichen und südlichen Halbkugel hervorgebracht. Magnetismus des Kobalts. Kohlengehalt des Kobalts. Der Magnetismus des Diamanten, des Eisens und Kobalts lassen sich dadurch auf eine gleiche Ursache zurückführen.
136
Theorie des Magneten 1
Unter den Versuchen B r u g m a n n ' s über den Magnetismus verschiedener Stoffe erregte keiner | so sehr meine Aufmerksamkeit, als die mit Diamanten 1 angestellten. Nach diesen wurde der farbenlose Diamant nicht bloß vom Magneten gezogen, sondern zeigte auch eigne Polarität. Doch schien durch L a v o i s i e r s 2 und Anderer Versuche hinlänglich bewiesen, daß er reiner Kohlenstoff ohne Metallgehalt, und daß selbst die wenige Erde, die zuweilen beim Verbrennen zurück bleibt, nur zufällig ihm beigemischt sey. Man könnte vielleicht den Versuch C a v a l l o ' s , 3 der einem Türkis, der vorher gar nicht auf die Magnetnadel wirkte, durch Reiben an einer Stahlnadel, diese Eigenschaft erteilte, damit zusammenstellen; aber der Diamant wird eines Theils nicht vom Stahle angegriffen, andern Theils mit eignem Staube oder Diamantspath geschliffen. — Dieser Versuch leitete mich auf ähnliche. Ich schnitt aus Holzkohlen, nach der Länge der Holzfasern, längliche Nadeln, gab ihnen so wenig Berührungsfläche, wie nur möglich, mit dem Quecksilber, auf welches ich sie legte, und alle wurden mehr oder weniger vom Magneten gezogen, zeigten sogar bei kleinen 4 Magnetjnadeln Polarität. Eine Steinkohle aus dieser Gegend zeigte auch einigen, aber viel schwächern Magnetismus. Ich verbrannte beide in gleicher Menge, fand in jener nur eine Spur Eisen, in dieser viel mehr. Ich versuchte, ob durch Ablöschen der einen angebrannten Seite des Magneten im Wasser der Magnetismus der kleinen Nadeln nicht verändert würde: ich konnte es aber nicht bemerken, ungeachtet es doch wohl möglich war, daß es statt fand; da in diesen Versuchen die geringste Feuchtigkeit auf der Oberfläche des Quecksilbers und die geringste entgegenstrebende Bewegung darin, die Wirkung des Magneten aufhebt. Dies hielt mich auch davon ab, Kohlen, die verschiedene Gasarten verschluckt hatten, in dieser Rücksicht zu untersuchen. — Die C a v a l l o ' s c h e n 5 Versuche mit dem Messing schienen mir nicht so bestimmt wie der Brugmannsche zu beweisen, d a ß das EiB r u g m a n n ' s Phil. Versuche über die m a g n e t i s c h e M a t e r i e , Leipzig 1784, S. 293. A. 2 L a v o i s i e r ' s P h y s i s c h - c h e m i s c h e S c h r i f t e n , übers, von W e i g e l , II. B., S. 160 bis 243. A. 3 C a v a l l o ' s A b h a n d l u n g v o m M a g n e t , Leipzig 1788, S. 196. A. 4 Ich folgte der Bemerkung H a u y ' s , der mit vielem Rechte erinnert, daß wir öfter Polarität | an Körpern bemerken würden, wenn nicht unsre große Magnetnadeln gewöhnlich die Pole verwandelten. (S. H a u y ' s Aufsatz in diesem Hefte d. Α.) A. 5 A b h a n d l u n g v o m M a g n e t , S. 172 bis 179. A. 137
1799
s e n n i c h t a l l e i n d e s M a g n e t i s m u s f ä h i g s e y , da dieser Naturforscher nicht ein einziges Mahl die Messingmagneten einer chemischen Prüfung auf Eisen unterwarf. — Giebt es nun Magneten ohne Eisen; giebt es ferner Eisen, das sehr verschiedene Fähigkeit zum Magnetismus zeigt: so frägt es sich: welches die des stärksten Magnetismus fähige Mischung des Eisens ist. Daß hierin | ein Unterschied zwischen den Stahl- und Eisenarten statt finde, darin stimmen alle Physiker überein, auch in den Angaben finden sich wenig Unterschiede. Weiches Eisen, sagen sie, nimmt den Magnetismus schnell an, verliert ihn aber eben so schnell; guter Stahl nimmt ihn zwar schwerer an, aber er ist sowohl dauerhafter als auch zu einem höhern Grade zu bringen. 6 Nach R i n m a n n 7 ist das Roheisen am wenigsten des Magnetismus fähig. Da von hier an Versuche und Resultate, unter gewissen Ansichten, nicht mit einander übereinstimmen, so will ich sie unter bestimmte Gesichtspunkte bringen und prüfen. Das vollkommne Eisen-Oxyd, sehen wir, wird nicht mehr vom Magneten 8 gezogen, und die Stärke der Magneten nimmt ab, je mehr sie sich mit gelbem Roste überziehen. Dagegen fand W i l k e , 9 daß Stahlnadeln, die, an einer Spitze glühend, noch keine Spur von Magnetismus zeigten, schnell in Wasser abgelöscht, einen dauernden Magnetismus annahmen. Hierbei erstreckt sich aber nach R e a u m ü r ' s und L a v o i | s i e r ' s 1 0 sehr bestimmten Versuchen, die Säuerung nicht bloß auf die Oberfläche, sondern sie dringt auch tief ins Innere vor. R i n m a n n " sah sogar, daß ein an einem Ofen liegender oxydirter und nachher wieder zusammengeschmolzener eiserner Anker stark magnetisch geworden war. Auch wenn Eisen12 anfängt von Schwefelsäure angegriffen zu werden, wirkt es stärker auf den Magneten, als vorher. So empfiehlt R i n m a n n , 1 3 6
Ζ. B. C a v a l l o S. 137. R i n m a n n ' s G e s c h i c h t e d e s E i s e n s , I, S. 93.
A. R i n m a n n ' s G e s c h i c h t e des E i s e n s . Berlin 1785, I. B., S. 64. A. 8 E b e n d a s e l b s t , Th. I, S. 99. A. 9 A b h a n d l u n g e n d e r s c h w e d i s c h e n A k a d e m i e f ü r 1 7 6 6 , §. 21. A. 10 L a v o i s i e r ' s P h y s i s c h - c h e m i s c h e S c h r i f t e n , IV. B., S. 252 bis 256. A. 11 R i n m a n n ' s G e s c h i c h t e d e s E i s e n s , I. B., S. 98. A. 12 C a v a l l o ' s A b h a n d l u n g v o m M a g n e t , S. 192. Daß Schwefelsäure in etwas hier bessere Wirkung that, als Salzsäure, läßt sich daraus erklären, daß jene nur unvollkommenes, diese auch vollkommenes Eisen-Oxyd auflöst. A. 15 R i n m a n n ' s G e s c h i c h t e des E i s e n s , I. B., S. 95. Auch das vom Schwefel aufgelöste Eisen wird stark vom Magneten gezogen. I. B., S. 101. A. 7
138
Theorie des Magneten 1
den zu Magneten bestimmten Stahl glühend stark zu drehen, und Herr S t e i n h ä u s e r 1 4 bemerkte einen großen Einfluß auf die Fähigkeit zum Magnetismus in Stahlstücken, die er in verschiedenen Gasarten hatte abkühlen lassen. Ferner sind fast alle Eisenerze15 magnetisch. Hier könnte vielleicht jemand auf den Gedanken kommen, daß zwischen magnetischer Anziehung und dauernder Polarität ein solcher Gegensatz statt fände, daß zwar keine ohne die andere, jede aber im entgegengesetzten Verhältnisse der andern wüchse. Seit v a n S w i η d e n 1 6 indessen gezeigt hat, daß die Magneten einander ungleich stärker anziehen, als weiches Eisen und ein Magnet, scheint diese Erklärung alle Wahrscheinlichkeit zu verlieren. Noch einen Grund dagegen bietet auch das Roheisen dar, welches, nach L a m p a d i u s , 1 7 viel Sauerstoff enthält, und, der Rinmannschen oben angeführten Erfahrung gemäß, des Magnetismus unfähig ist, und da Stahl, der, wie wir bald sehen werden, mehr Sauerstoff als weiches Eisen enthält, am besten zu Magneten geeignet ist. Der Widerspruch, worauf wir also hier geführt würden, bestünde darin, d a ß e b e n d e r S a u e r s t o f f , d e r d a s E i sen durch s e i n e n Z u t r i t t des d a u e r n d e n M a g n e t i s m u s f ä h i g m a c h t , d i e s e W i r k u n g w i e d e r u m z e r s t ö r t . Diesen Widerspruch aufzulösen, dazu scheint uns besonders die letztere Erfahrung die Hand zu bieten. Roheisen | unterscheidet sich vom weichen Eisen, nach L a m p a d i u s , nicht bloß durch größern Sauerstoffgehalt, sondern auch durch mehr Kohlenstoff. Bestimmter, als aus L a m p a d i u s ' s Versuchen, geht dieses Resultat aus der Bergmann schen18 Bestimmung der Menge von Wasserstoffgas hervor, die sich bei Auflösung gleicher Mengen der verschiedenen Eisenarten in Salzsäure entwickelt. Die Menge Sauerstoff kann man hieraus sehr bestimmt nach dem Verhältnisse wie 15 Theile Wasserstoff zu 85 Theile Sauerstoff,19 dem Gewichte nach, berechnen, doch ist uns dies zu keinem S c h e r e r ' s J o u r n a l d e r C h e m i e , II. B., S. 341. A. H a u y am angeführten Orte. A. 16 A n a l o g i e de l ' e l e c t r i c i t e e t d u m a g n e t i s m e , ä la Haye 1785, Τ. II, P. 500. A. 17 A b h a n d l u n g e n ü b e r d i e P r e i s f r a g e : W o r i n b e s t e h t d e r Unters c h i e d z w i s c h e n R o h e i s e n u n d g e s c h m e i d i g e m E i s e n ? Leipzig 1799, S. 1 bis 48. L a m p a d i u s P r a k t i s c h - c h e m i s c h e A b h a n d l u n g e n , II. Band, S. 47 bis 164. A. 18 B e r g m a n n i O p u s c u l a , T. III, pag. 16—17. Die Mittelzahlen für die Menge Kubikzolle Wasserstoffgas aus einem Probiercentner von jedem sind: Aus weichem Eisen 49,6 Aus Stahl 46 Aus Roheisen 42,3. A. 19 L a v o i s i e r ' s T r a i t e e l e m e n t . , Τ. III, pag. 16—17. A. 15
139
1799 Zwecke. Genug, die Mittelzahlen beweisen: rohes Eisen bedürfe weniger Sauerstoff zu seiner Verkalkung, als weiches Eisen, und dieser Unterschied sey ungleich größer, als aus dem Verhältnisse des größern Kohlenstoffgehalts folgen würde, Stahl hingegen sey etwas weniger oxydirt als Roheisen. Den Kohlenstoffgehalt giebt B e r g m a n n 2 0 in 100 Th. Roh|e isen von 1 bis 3,3, in dem Stahle von 0,2 bis 0,8, im weichen Eisen zu 0,05 bis 0,2 an; doch war dies kein reiner Kohlenstoff, sondern eisenhaltiger Graphit. Außer diesen beiden Unterschieden giebt es, wenn ich nicht irre, zwischen dem Roheisen und den übrigen Sorten noch einen dritten, den ich hier beiläufig zur Prüfung vorlegen will. R i n m a n n 2 1 erzählt, daß ein Tropfen Scheidewasser auf dem Roheisen einen schattirenden, ungleichen schwarzen Fleck hervorbringe, da hingegen auf dem Stahle ein solcher Fleck gleichförmig schwarz, auf dem weichen Eisen gleichförmig weiß erscheint. Ich glaube nicht, daß sich jene Ungleichheit besser, als aus der ungleichen Mischung des Roheisens mit Kohlenstoff ableiten lasse, woher sich dann nicht nur die Brüchigkeit des Roheisens, sondern auch zum Theil die Unfähigkeit zum Magnetismus erklärt. — Alle diese Erfahrungen, insbesondere die Nothwendigkeit des Kohlenstoffs, um den, des Magnetismus fähigsten Stoff, Stahl, hervorzubringen, führen uns auf das Resultat, daß weder das Eisen allein, noch die Verbindung mit dem Sauerstoffe in gewissem Verhältnisse, sondern allein die dreifache Verbindung zwischen Eisen, Kohlenstoff und Sauerstoff in g e w i s s e n V e r h ä l t n i s s e n , die des stärksten, dauernden Magnetismus fähige Masse hervorbringt. Ich hoffe, daß durch die folgenden | Erfahrungen sich auch über diese Verhältnisse einiges Licht verbreiten lasse. Ich muß hier etwas voraussetzen, was ich erst in einem andern Aufsatze beweisen kann, daß zum Magnetismus überhaupt Cohärenz, und zum höchsten Magnetismus, außer der chemischen Beschaffenheit, die höchste Cohärenz gehöre. Die Erfahrung bestätigt dies hinlänglich: Glühend22 und verkalkt verliert das Eisen alle magnetische Eigenschaften; Eisen, der beste Magnet, hat ferner die größte25 Cohärenz, nach ihm kommt Kupfer und Platin, und auch diese24 lassen sich 20 21 22 23 24
B e r g m a n n de a n a l y s i f e r r i , pag. 84^-85. A. R i n m a n n ' s G e s c h i c h t e des E i s e n s , Seite 295. A. C a v a l l o ' s A b h a n d l u n g v o m M a g n e t , S. 190. A. Siehe die A n n a l e n d e r P h y s i k , I. B., S. 371. A. Fast alles Messing und Kupfer, welches ich versuchte, zeigte einige Polarität.
A.
140
Theorie des Magneten 1
durch eine geringe Mischung mit Eisen, (also durch Mittheilung der chemischen Eigenschaft,) in Magneten verwandeln. Diese auszeichnende chemische Eigenschaft desselben ist: mit dem Kohlenstoffe in verschiedenen Graden der Säuerung eine Verbindung in Metallform einzugehen. Herr L a m p a d i u s 2 5 glaubt, mit dem Sauerstoffe: doch stützt sich diese Meinung nur auf Versuche mit kohlenstoffhaltigem Eisen; allgemeine Gründe dagegen werden sich in der gewöhnlichen Wirkung der Sauerstoffverbindung auf die Metallform finden. Aber was hat diese Metallform | so Auszeichnendes, daß jeder sie wieder erkennt, ohne sich genau den Unterschied zu entwickeln. Ich glaube, man thut Unrecht, wenn man es in diese oder jene einzelne Eigenschaft setzt; einzeln möchte man sie wohl alle auch in andern Stoffen wiederfinden, aber so wie sie hier verbunden sind, nie. Oxydirbarkeit, Undurchsichtigkeit, Schmelzbarkeit, Wärme- und Electricitäts-Leitung, großes specifisches Gewicht, Cohärenz u. s. w., machen es zusammen aus. Und alle diese Eigenschaften verschwinden entweder ganz oder zum Theil bei der Verbindung mit dem Sauerstoffe. Es ist diese Wirkung so allgemein, zeigt sich auch beim Eisen, wenn wir es EisenOxyd nennen, so, daß es schwer wird, zu glauben, daß bei einem niedrigem Grade der Oxydation das Gegentheil statt finden sollte. Ich kehre dahin zurück, daß der Kohlenstoff in verschiedenen Graden der Oxydation sich mit dem Eisen verbindet. Durch die Verbindung mit Kohlenstoff wird das Eisen im Stahle specifisch schwerer, mit eben diesem Stoffe im Roheisen verbunden, specifisch26 leichter; dies muß daher durch den dritten Stoff, den Sauer|stoff, bestimmt, und, da, nach allgemeiner Erfahrung, der Sauerstoff die Dichtigkeit des Körpers, mit dem er sich verbindet, mindert, der Kohlenstoff im Roheisen oxydirter als im Stahle seyn. Das stimmt nicht nur mit dem Resultate aus den eben angeführten Versuchen B e r g m a n n ' s , über die Menge des entwickelten Wasserstoffgas, sondern auch mit der Erfahrung überein, daß Stahl schwerer rostet, als jedes andere Eisen, welches nun leicht aus der Beobachtung Guy ton's 2 7 sich erklärt, daß der Kohlenstoff, mit je weniger Sauerstoff verbunden, desto schwerer sich damit verP r a k t i s c h - c h e m i s c h e A b h a n d l u n g e n , II. B., S. 157. A. R i n m a n n ' s G e s c h i c h t e d e s E i s e n s , I, S. 64 bis 66. Roheisen 7,251 Weiches Eisen 7,700 Stahl 7,795 Etwas von der großen Abweichung des Roheisens kann man billig auf feine Blasen rechnen, die fast nie darin fehlen. A. 27 A n n a l e n d e r P h y s i k , II. B., S. 397f. A. 25 26
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bindet. Es wird endlich auch dadurch bestätigt, daß der Stahl beim Härten an specifischem Gewichte verliert, 28 und daß, nach C o u l o m b s 2 9 Erfahrung, das starke Härten dem Magnetismus schadet. M u s s c h e n b r o e k , ( I n t r o d . ad p h i l . n a t . , Τ. I, §. 1096,) fand aber, daß Stahl ungleich geringere Cohärenz als Eisen hat. Sobald daher angenommen ist, daß bei der erforderlichen chemischen Beschaffenheit die größte Cohärenz des Stoffs die besten Magneten liefert, so sieht man, daß der Kohlenstoff und der Sauerstoff ein bestimmtes Verhältniß haben müssen, weil ohne beide zwar kein dauernder Magnetismus im Eisen ist, sie aber die Cohärenz des Magnetismus vermindern, daher wiederum der Stärke schaden. Da wir finden, daß beim Magnetisiren ohne Volum-Veränderung bei uns der Nordpol schwerer, also specifisch schwerer, dagegen der Südpol specifisch leichter wird, so können wir vielleicht annehmen, daß, durch eine Wirkung eines zweiten Magneten, dieser dem Südpole Sauerstoff abgetreten, dagegen von dem Südpole Kohlenstoff erhalten habe. Doch folgt daraus nicht, daß der Chemiker, wenn er den Magneten jetzt in der Mitte durchbräche, von der einen Seite mehr Kohlen·, von der andern mehr Sauerstoff erhalten würde, sondern, indem der Magnet sich trennt, kehren auch diese gegenseitigen Bindungen in ihre neuen Pole sich um. Nur in der leichtern oder schwerern Oxydirbarkeit der Pole läßt sich dieses erkennen. An Magneten allein versuchte ich dieses vergebens, weil sie zu lange, um merklich verkalkt zu werden, mit Wasser überstrichen seyn müssen. Legt man hingegen eine Armatur von w e i c h e m Eisen an beide Pole, und bestreicht beide Pole mit Wasser, so kann man in kurzer Zeit, (überhaupt in kürzerer als wenn die Kette nicht geschlossen wäre,) die stärkere Oxydation an dem Südpole des Magnetens, also wo schon der meiste Sauerstoff ist, finden, weil, nach G u y t o n s Erfahrung, die Anziehung des | Kohlenstoffs zum Sauerstoffe zunimmt, je mehr er davon erhält. Diese verschiedene Oxydation erklärt auch die von Herrn R i t t e r 3 0 beobachtete Erscheinung, daß zwei Eisennadeln zu wirksamen Excitatoren des Galvanismus gemacht wurden, wenn man die eine derselben durch 28 R i n m a n n ' s G e s c h i c h t e des E i s e n s , I. B., S. 65. Siehe auch B r i s s o n P e s a n t e u r s p e c i f , des c o r p s , ä Paris 1787. Ungehärteter Stahl 7,840 Gehärteter Stahl 7,810
A.
G r e n ' s N e u e s J o u r n a l d e r P h y s i k , II. B., S. 341. A. 50 H u m b o l d t U e b e r d i e g e r e i z t e M u s k e l - u n d N e r v e n f a s e r , II. B., S. 189. A. 29
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Theorie des Magneten Ί
Streichen galvanisirte. Ich gestehe, daß jene Vermuthung über die ungleiche chemische Beschaffenheit beider Pole ihre Schwierigkeiten hat, dagegen gewinnt sie aber durch die angeführte Beobachtung G u y tons. 5 1 Dieses Letztere erklärt mit außerordentlicher Leichtigkeit die Schnelligkeit, mit der man die magnetische Kraft, wenn sie einmahl sich zeigt, unter schwach magnetisirten Stäben vermehren kann, u. s. w. Eine entgegen gesetzte chemische Beschaffenheit der Erdpole würde dann diesen magnetischen Nord- und Südpolen entsprechen; eine Verschiedenheit, die ich zwar nicht aus der verschiedenen Bildung 32 der beiden Seiten unsrer Erde herleiten kann, weil die Uebereinstimmung der Gebirgsmassen 53 in sehr | entfernten Gegenden es wahrscheinlich macht, daß dieser Unterschied tiefer als unsre bewohnte und befahrne Erdrinde liegt, wenn gleich beide einen gemeinschaftlichen Grund in der ungleichen Erwärmung 34 der nördlichen und südlichen Halbkugel haben. Noch giebt es ein Metall, den Kobalt, das ohne Beimischung des Eisens, nach Herrn K o h l s 3 5 Entdeckung, eines starken Magnetismus fähig ist. Merkwürdig ist es, daß er, nach Β r i s s ο n, mit dem Stahle im specifischen Gewichte übereinstimmt, (Stahl 7,810, Kobalt 7,811.) In Rücksicht der Cohärenz sind noch keine Versuche damit angestellt; in der Reihe 36 der Adhärenzen mit dem Quecksilber steht er neben dem Eisen, doch so, daß das Eisen durch 115 Gran, der Kobalt durch 8 abgerissen wird. Diese außerordentlich geringe Adhäsion machte mich zuerst darauf aufmerksam, ob nicht auch hier, wie bei dem Stahle, durch die Verbindung mit Kohlenstoff die Adhäsion geschwächt werde. Ich löste deswegen etwas von einem sehr reinen Kobaltkönige in Salpetersäure auf; die angegriffene, vorher polirte Seite war schwarz gefleckt worden, auch fand ich | in der Säure einen feinen unauflöslichen schwarzen Niederschlag, von dem ich aber zu wenig hatte, um mich Siehe A n n a l e n d e r P h y s i k , II. B., S. 398 bis 399. A. F o r s t e r ' s B e o b a c h t u n g e n z u r T h e o r i e d e r E r d e . Leipzig 1798. L i c h t e n b e r g ' s T a s c h e n b u c h für 1798, S. 127. A. 55 Ζ. B. G u e t t a r d ü b e r ä g y p t i s c h e u n d f r a n z ö s i s c h e G r a n i t e . M e m d e l ' A c a d . de P a r i s , 1751. Hist. | p. 239. H u m b o l d t ü b e r d i e u n t e r i r d i s c h e n G a s a r t e n , S. 89. A. 34 Den Beweis siehe in P r e v o s t ' s U n t e r s u c h u n g e n über die W ä r m e , Halle 1798, S. 104. A. 55 C r e l l ' s N e u e s t e E n t d e c k . , Th. VII, S. 39. A. 36 G u y t o n M o r v e a u ' s G r u n d s ä t z e d e r W a h l a n z i e h u n g , Berlin 1794, S. 9. A. 51
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1799 mit Gewißheit zu überzeugen, ob es Kohlenstoff sey. Sollte dies nicht etwa zufällig, sondern allem Kobaltkönige gemein seyn, so würde dadurch die Entstehung des Magnetismus im Kobalt, wie im Eisen, gleiche Ursache haben. Eben so einfach schließt sich der Magnetismus kohlenstoffhaltiger Substanzen, des Diamanten u. s. w., wovon wir ausgingen, hieran; sie sind, wie der Eisen-Magnetismus, Folge der verschiedenen Oxydirbarkeit des Kohlenstoffs, und seiner Eigenschaft, mit der größern Menge Sauerstoff, die er gebunden, immer mehr Anziehung gegen denselben zu bekommen. Für die Theorie des Magneten ist, wenn diese Beobachtungen nicht Berichtigung, sondern Bestätigung erhalten sollten, weiter nichts geleistet, als daß ich das Chemisch-Auszeichnende des Magneten, das Chemisch-Veränderte beim Magnetisiren aufgesucht habe; eine Arbeit, die zwar zur Vollständigkeit nothwendig, aber für den übrigen Theil der Theorie, Ableitung der Gesetze aus der allgemeinen Dynamik, ganz ohne Anwendung ist. Zu erklären, wie dieses Einzelne, Verschiedene, welches wir Magnet nennen, entstand, war nie mein Zweck; mechanisch oder organisch, wie man es versuchen mag, unvermerkt geht man einen Zirkel, indem man das Mannigfaltige, welches abgeleitet werden soll, dazu schon voraus setzen muß.
Z u s a t z . Versuche über den Einfluß der Eisenmagneten auf Galvanische Erscheinungen. Das Urtheil des Herrn v. H u m b o l d t , (über die gereitzte Muskelund Nervenfaser, II, S. 189,) daß es wohl unendlich schwer seyn möchte, über den S. 60 angeführten R i t t e r s c h e n Versuch bestimmte Gegenversuche anzustellen, hielt mich lange von diesen Untersuchungen ab. Die große und aushaltende Reizbarkeit der Frösche in dieser Jahrszeit machte mir endlich Hoffnung; ich wagte es, und muß gestehen, selten so bestimmte Erfolge in dieser Klasse von Versuchen erhalten zu haben. 1. Als in einer Kette aus zwei Eisenstücken weder Eisen noch Stahl aller Art mehr Zuckungen hervorbringen wollte, brauchte ich statt des einen Eisenstücks einen Magneten; sogleich erfolgte Zuckung. Jene Stücke wieder an die Stelle des Magneten hinein gebracht, erregten keine Zuckung mehr. 144
Theorie des Magneten 1
2. Ich ließ die Kette aus Stahl und Eisen, oder Eisen und Eisen, geschlossen. Wenn ich eins der beiden Stücke durch Stahl oder Eisen mit dem Muskel verband, entstand keine Zuckung; wurde die Verbindung mit einem Magneten gemacht, so war die Zuckung sehr stark. Beide Versuche beweisen hinlänglich, daß der magnetische Stahl in der G a l v a n i s c h e n Kette anders wirkt als Stahl oder Eisen; sie bestätigen den R i t t e r s c h e n Versuch. 3. Als die Reizbarkeit eines Froschschenkels so weit herabgestimmt war, daß Ketten aus Zink und Eisen, oder Zink und Stahl, keine Zuckung mehr erregten, setzte ich einen Magneten an die Stelle des Eisens, und es entstanden keine Zuckungen. Es folgt daraus, daß die Heterogeneität des Magneten nur in Rücksicht der Körper, die selbst der Polarität fähig sind, statt findet. 4. Ich armirte einen Magneten mit einem dünnen Stücke weiches Eisen. Der Schenkel zuckte nicht mehr durch jenes Eisen; ich verband jetzt das Eisen der Kette mit dem Muskel durch jene EisenArmatur, und es erfolgte keine Zuckung. Jener armirte Magnet allein in die Kette gebracht, erregte Contraction. Wegen der dünnen Eisen-Armatur waren hier gleicharmige Pole in der Kette. 5. Zwei gleich starke Magneten wurden zwischen Muskel und Nerve gebracht; legte ich ihre ungleichnamigen Pole zusammen, so erfolgte keine Zuckung; die gleichnamigen zusammengebracht, sah man Zuckung. Hier war in der Kette ebenfalls alle Heterogeneität durch gegenseitige Bindung aufgehoben. 6. Wenn ich in der Kette des ersten Versuchs den an den Muskel stoßenden Magnetpol durch den ungleichnamigen eines andern seiner Kraft beraubte, konnte ich doch keinen Unterschied in Absicht der Stärke der Zuckungen wahrnehmen. Aus diesem 3, 4, 5 und 6 Versuche folgt, daß die Heterogeneität der Metalle, die Muskel und Nerven berührten, hier nicht wesentlich, hingegen die Heterogeneität in den sich berührenden Metallstücken nothwendig war. Ein Resultat, welches dem thierischen Magnetismus, (thierischer Magnetismus in der wahren, nicht in der Mesmerischen Bedeutung,) eben nicht günstig zu seyn scheint. 7. Ob bloß der dauernde, oder auch der mitgetheilte Magnetismus wirke, habe ich nicht bestimmt ausmachen können; eben so wenig, ob die außerordentliche Wirksamkeit des Stahls in Galvanischen, besonders in Eisenketten, bloß von seiner Mischung oder auch von einem geringen Grade Magnetismus herkomme, habe ich nicht bestimmen können. 145
Versuche, mittelst des Diamanten das geschmeidige E i s e n in G u ß s t a h l zu verwandeln, von Guyton.1 (Eine Fortsetzung des Aufsatzes A. d. Ph., II, 397.) U m meine Theorie, daß der Diamant reiner Kohlenstoff, Reißblei dessen Oxyde des ersten, Holzkohle des zweiten Grades, und Kohlensäure das Produkt der vollkommnen Oxydirung des Diamantes sey, von einer neuen Seite zu prüfen, wünschte C1 ο u e t , 2 der die Versuche über das Ver|brennen des Diamanten mit mir angestellt hatte, daß wir geschmeidiges Eisen durch Cementation mit Diamanten in Stahl zu verwandeln suchen möchten. Man hat es bisher als ausgemacht angenommen, daß das Eisen nicht anders flüssig wird, als wenn es in den Zustand des Stahls oder des Gußeisens übergeht. Aber in welchem Zustande geht der Kohlenstoff mit in die Mischung ein? D a der, den Säuren daraus abscheiden, sich in dem glänzenden Schwarz und der Unverbrennlichkeit zeigt, welche die wesentlichen Kennzeichen des Reißbleies ausmachen; so glaubt man, daß es in Form dieses Oxydes des ersten Grades, (als oxydule,) A n n a l e s de C h i m i e , t. 31, p. 328—336. Der Gedanke C l o u e t ' s , die Verbindung zwischen dem Diamanten und dem Eisen zu versuchen, ist nicht neu. M a l l i a r d fand den Diamanten in der Berührung mit Eisen angefressen und in eine Art von Schlacken geflossen. Herr L a m p a d i u s , (Sammlung prakt.-chem. Abhandl., II, S. 6,) vermuthet, es sey eine Verbindung von Eisen und Kohlenstoff gewesen, und ermuntert zu fernem Versuchen. Wenn nur Deutschland ein National-Institut hätte! Doch, dazu gehört NationalGeist! A. 1
2
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Versuche, das Eisen in Gußstahl zu verwandeln
geschehe, und daß m i t h i n die Kohle, deren m a n sich beim Cementiren des Stahls bedient, sich zuvor bis auf einen gewissen P u n k t entoxydire. 3 In der T h a t hat das Kohlenpulver nach dieser Operation ein glänzenderes Ansehen, und ist eben so schwer zu Asche zu brennen, als Kohlen, die in einem verschlossenen Gefäße entbrannt sind, ( d e b r ü l e , ) welches diese M e i n u n g zu bestätigen scheint. Ist sie richtig, so m u ß sich aus der Kohle beim Cementiren des Stahls Sauerstoffgas entwickeln. Ich t h a t in eine Retorte aus Porzellan, die bei einer f r ü h e r n Operation sich m i t einer Glashülle umzogen hatte, und folglich keine L u f t durchließ, einige kleine Eisenstücke, umschüttete sie von allen Seiten mit recht trockner, klein gestoßner Büchenkohle, und brachte die durch eine Entbindungsröhre mit dem Quecksilber-Apparate verbundne Retorte in einen Reverberir-Ofen. Ich erhielt eine beträchtliche M e n g e von Luft, und zwar von einer Mischung aus kohlenhaltigem Wasserstoffgas u n d kohlensaurem Gas; letzteres betrug im Anfange 0,11, in der Mitte der Operation 0,13 und gegen Ende 0,15 des ganzen Volumens. Da indeß nach einer Feuerung von vierthalb Stunden die Verwandlung in Stahl noch nicht weit vorgerückt war, so setzte ich die Retorte in eine Esse m i t 3 Gebläsen. N u n entwickelte sich zwar sehr viel weniger Luft, ganz von derselben Beschaffenheit wie zuvor, (das kohlensaure Gas machte anfangs 0,07, zuletzt 0,12 des Ganzen aus,) das Eisen wurde aber dabei völlig in Stahl verwandelt; die einzelnen Stükke hatten sich sogar in einem Anfange von Schmelzung miteinander vereinigt. Es ist zwar nicht unwahrscheinlich, daß das kohlensaure Gas sich zum Theil aus der unveränderten Holzkohle und aus der entoxydirten, welche in den Stahl mit eingeht, gebildet habe; allein bei der beständigen Gegenwart des Wasserstoffgas läßt sich aus diesem Versuche nichts anderes m i t Sicherheit schließen, als daß es äußerst schwierig ist, | die Kohle von aller Feuchtigkeit, die sie in sich schließt, gänzlich zu befreien. 4 3 Es schien, als dürfte das n u r bis auf einen gewissen Grad geschehn, da, nach D u h a m e l ' s Erfahrungen, Kohlenpulver, das e i n m a h l zum Cementiren des Stahls gedient hatte, dazu nicht m e h r recht brauchbar war, wegen der Langsamkeit, womit dann der Prozeß vor sich ging. d. Η. 4 Dieser Versuch widerspricht, wie m a n sieht, der M e i n u n g m a n c h e r Chemisten, die daraus, daß beim Abbrennen des kohlenhaltigen Wasserstoffgas m i t wenigem Sauerstoffgas sich der Kohlenstoff niederschlägt, schließen, der Sauerstoff habe eine stärkere Verwandtschaft zum Wasserstoffe als zum Kohlenstoffe. Bei m e i n e m
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1799 Der von C l o u e t in Vorschlag gebrachte Versuch schien mir dadurch noch u m so interessanter zu werden, und schon des Verlusts einer der schlechtem D i a m a n t e n der e c o l e p o l y t e c h n i q u e werth zu seyn. C l o u e t ließ einen kleinen Tiegel von geschmeidigem Eisen, (ausgesuchten Nägelköpfen,) schmieden, der m i t einem genau passenden Stöpsel aus demselben Eisen zu verschließen war, und wir bes t i m m t e n den 25sten T h e r m i d o r im J. 7 zum Versuche in der e c o l e polytechnique. Ein D i a m a n t , 907 Milligrammen schwer, wurde in den kleinen eisernen Tiegel gethan, u n d m i t so viel Eisenfeil vom Tiegel umschüttet, daß der Stöpsel genau darauf paßte. U m so wenig L u f t als möglich darin zu behalten, wurde der Stöpsel m i t | Gewalt hinein getrieben u n d dann abgeschnitten. Stöpsel und Tiegel wogen zusammen 55,8 Gran, die Eisenfeil 2 Gran; folglich alles den D i a m a n t e n umgebende Eisen 57,8 Grammes. Darauf setzte m a n den Tiegel ganz allein, ohne alle Umgebung, in einen sehr kleinen hessischen Tiegel, und diesen, m i t reinem, eisenfreien Kieselsand umschüttet, in einen zweiten, auf den der Deckel m i t geschlemmtem T h o n und klein gestoßener Schmelztiegelmasse fest geküttet wurde. Diesen ganzen Apparat brachte m a n in die Esse m i t den drei Gebläsen. Als alles erkaltet war, fand m a n im innern hessischen Tiegel das kleine eiserne Tiegelchen, den Stöpsel u n d die Eisenfeil, zu einer einzigen abgerundeten u n d gut begrenzten Masse Gußstahl, die 55,5 G r a m m e n wog, bis auf einige einzelne daneben liegende Stahlkügelchen, 0,884 Gr. schwer, zusammen geschmolzen. Vor der Schmelzung hatten Eisen u n d D i a m a n t zusammen 58,707 G r a m m e n gewogen; giebt einen Verlust von 2,423 G r a m m e n an Eisen, welche sich m i t dem hessischen Tiegel vereinigt, und i h m das Ansehn des Reißbleies gegeben hatten. D a der Stahl vollkommen geschmolzen war, so daß sich an der Oberfläche desselben der Anfang der schönsten Krystallisation zeigte, so läßt sich, bei der großen Verschiedenheit des specifischen Gewichts beider Stoffe, nicht denken, daß sich irgend ein Theilchen D i a m a n t i m I n n e r n des Stoffs unverändert erhalten habe, ohne sich mit dem
Versuche war die T e m p e r a t u r o h n e Zweifel hoch genug, u m d u r c h Vereinigung des Wasserstoffs u n d Sauerstoffs Wasser zu erzeugen, u n d es war nichts v o r h a n d e n , welches hier eine besondere Verwandtschaft des Sauerstoffs z u m Kohlenstoffe hätte veranlassen können. Guyt.
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Versuche, das Eisen in Gußstahl zu verwandeln
Eisen chejmisch zu verbinden.5 Der Diamant war also vermöge der Verwandtschaft verschwunden, die er in der ausnehmend erhöhten Temperatur, zu der er hier gelangte, zum Eisen hat, gerade so wie ein Metall in seiner Legirung verschwindet; und dabei hatte der Diamant denselben Grundstoff hergegeben, der sich in der Holzkohle findet, weil das Produkt seiner chemischen Vereinigung mit dem geschmeidigen Eisen dieselben Eigenschaften, als die Vereinigung des Grundstoffs der Holzkohle mit diesem Eisen zeigte. Daß übrigens das Eisen sich wirklich in Stahl verwandelt hatte, daran läßt sich nicht zweifeln. Denn als man die geschmolzne Masse an einer Stelle auf einer Steinschleifmühle schliff, und einen Tropfen schwacher Salpetersäure darauf brachte, entstand auf der Stelle ein dunkelgrauer Fleck, vollkommen dem ähnlich, der sich auf dem englischen Gußstahle, und auf dem Gußstahle nach C l o u e t ' s Methode verfertigt, zeigt. Bei dieser, schon längst von R i n m a n n angegebnen Probe wird der Fleck im Gußstahle, ob er gleich sehr merkbar ist, doch minder dunkel als in cementirtem Stahl. | Vielleicht, daß dieses von dem verschiednen Grade der Oxydirung des in ihnen befindlichen Kohlenstoffs herrührt.
Zusatz des Herausgebers. G u y t o n s Theorie ist auch für die Natur des E i s e n s und S t a h l s , (und dadurch mittelbar für die Lehre vom M a g n e t e n , 6 ) von vielem Interesse, und scheint über mehrere noch nicht ganz genügend erklärte Umstände in der Bearbeitung des Eisens, durch die verschiednen Grade der Säuerung des Kohlenstoffs, der dem Eisen im Stahle und Gußeisen beigemischt ist, neues Licht zu verbreiten. Hier ein paar Umstände dieser Art. 5 Da mehrere neugierig waren, das Innere der Stahlmasse zu sehn, so wurde er auf einem Amboße zerschlagen. Erst nach mehrern Schlägen eines sehr schweren Hammers zersprang er in zwei Stücke vom schönsten Korne und von einem völlig gleichförmigen Bruche. Guyt. 6 W i e ζ. B. vorstehender Aufsatz eines schätzbaren Mitarbeiters d. A. d. Ph. beweisen mag, dem dieser Versuch G u y t o n ' s noch nicht bekannt seyn konnte. d. H.
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Ein unterrichteter Reisender erzählte Herrn N i c h o l s o n , 7 daß man in Ungarn aus allen Arten von Eisen, die aus ihren Minern mit Holzkohlen, und nicht mit Coak's ausgeschmolzen sind, sehr guten Steiermärker Stahl bereite. Das ganze Geheimniß des Prozesses beruhe auf der Regierung des Gebläses oder des Raffinir-Ofens. Wird das Metall, während es im Flusse ist, umgerührt, so erhält man Stabeisen; zieht man aber bloß die Schlacke ab, | so wie sie aufsteigt, läßt es eine geraume Zeit im Flusse, und bringt es dann unter den Hammer, so zeigt es sich als Stahl. Mit Coak's ausgeschmolznes Eisen soll, nach der Versicherung dieses Reisenden, im Cementiren nie Stahl, sondern nur eine Schlacke geben. Nach G a z e r a n ' s Bemerkungen über das Ausschmelzen der Eisenminern mit verkohlten Steinkohlen oder sogenannten Coak's8 braucht man zu einer gleichen Quantität von Stabeisen viel mehr von Gußeisen, das mit Coak's, als von Gußeisen, das mit Holzkohlen aus Eisenminern von derselben Art ausgeschmolzen ist. Ersteres soll nur V2 bis letzteres % bis 5Λ so viel Stabeisen geben, als man dazu an Gußeisen brauchte. G a z e r a n schrieb das auf den großen Gehalt der Steinkohlen und der daraus erhaltenen Coak's an Erde, die mehrentheils Thonerde zu seyn pflegt, welcher sowohl bei englischen als bei französischen aus derselben Grube, so verschieden seyn soll, daß er bald 1, bald 18 bis 20 Theile auf 100 beträgt, indeß die Holzkohle höchstens '/ioo an fremdartigen Stoffen beigemischt ist. Dadurch erhält man theils bei gleichem Gewichte von Holzkohle und Coak's sehr veränderliche Mengen von Kohlenstoff, theils kommt bei den letztern in den Guß Thonerde in sehr verschiedner Menge mit hinein; und das, (eben so sehr auch die verschiednen Grade der Oxydirung des Kohlenstoffs I in ihnen, die G a z e r a n noch nicht kannte,) sind Gründe genug, die außerordentliche Verschiedenheit zu erklären, die man unter einerlei Umständen bei Holzkohlen und bei Coak's, und im letztern Falle wiederum nach Verschiedenheit der Coak's in dem erhaltnen Gußeisen wahrnimmt. 14000 Kilogrammen Glaskopf und 2000 Kilogr. Zuschlag wurden einmahl mit 8250 Kil. Coak's von verschiedner Güte und Gewicht unter einander, das zweite Mahl mit 6250 bis 6500 Kil. ausgesuchten leichten Coak's von der besten Beschaffenheit, die nur IV2 bis 2 Prozent Erde enthielten, in einem Hochofen in 24 Stunden 7 8
J o u r n . of n a t . p h i l . , I, 328. A n n a l e s d e C h i m i e , t. 31, p. 115.
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Versuche, das Eisen in Gußstahl zu verwandeln
geschmolzen. Das erste Mahl erhielt man 2350 Kilogr. eines weißlichen Gußeisens, von 588 bis 600 Kilogr. Zusammenhalt, 9 wovon man zu 500 Kilogr. raffinirtem Eisen 950 bis 1000 Kilogr. verbrauchte. Das zweite Mahl bekam man dagegen 2900 bis 3000 Kilogr. graues Gußeisen, welches Reißblei in Ueberfluß enthielt, einen Zusammenhalt von 750 bis 900 Kilogr. hatte, bei höchster Gluth des ReverberirOfens noch einmahl geschmolzen, an Zusammenhalt noch um !Λ zunahm, (eine Kanone daraus, die eine Kugel von 1 Kilogr. schoß, platzte erst beim sechsten Schusse, ob sie gleich mit 4 Kugeln und Lehm und Stroh dazwischen war geladen worden,) und wovon schon 800 bis 850 Kilogr. 500 Kilogr. Stabeisen gaben. G a z e r an schließt hieraus mit | Recht, daß man vor jedesmahligem Ausschmelzen nicht bloß die Beschaffenheit der Eisenminern, sondern noch mehr die der Coak's untersuchen, und nur solche nehmen sollte, die keinen Schwefelkies enthalten, und höchstens 1 bis 3 Prozent Asche beim Verbrennen als Rückstand lassen. Die guten, im Hohofen brauchbaren Coak's sind, nach ihm, porös und leicht, und 16 Theile derselben müssen 100 Theile salpetersaures Kali im Verpuffen zersetzen. Auch muß man nicht alle Steinkohlen auf einerlei Art verkohlen: die, welche nichts als Bitumen enthalten, auf eine ähnliche Art wie das Holz; die mit Schwefelkies gemischten einzeln und in freier Luft entschwefeln. Noch füge ich ein paar Gedanken N i c h o l s o n ' s bei.10 »Es ist noch nicht ausgemacht, ob reines Eisen bloß mit Kohlenstoff verbunden den besten Stahl giebt, oder ob dazu nicht vielleicht noch ein anderer Stoff, als: Phosphor, Talkerde u. dergl., mit in die Verbindung eingehn müsse." | Ist das Erstere der Fall, so giebt es zum Stahlmachen kein
A n n a l e s de C h i m i e , t . 7. J o u r n a l of n a t . p h i l o s . , II, 105. 11 Nach V a u q u e l i n ' s interessanter Analyse von vier Stücken eines sehr guten cementirten Stahls aus der Stahlraffinerie zu Groß-Remmelsdorf in Lothringen, welche mit Coak's betrieben wird, enthielt dieser Stahl, ( J o u r n a l d e s M i n e s , No. 25, 1,) im Durchschnitte an R e i ß b l e i , das, (vielleicht nur zufällig,) mit Kieselerde vermischt war, 0,014 Theile, und an phosphorsaurem Eisen 0,052 Theile. Von Talkerde fand sich keine Spur. Das Reißblei | bestand zu 0,53 aus Kohlenstoff, 0,26 aus Eisen und 0,21 aus Kieselerde; das phosphorsaure Eisen zu 0,58 aus Eisenkalk und 0,42 aus Phosphorsäure, welche selbst zu 0,39 aus Phosphor und 0,61 aus Sauerstoff zusammengesetzt ist. Mithin waren die Bestandtheile dieses Stahls im Durchschnitte 0,0074 Theile Kohlenstoff, 0,0087 Th. Phosphor, 0,0029 Th. Kieselerde, etwa 0,025 Th. Sauerstoff und 0,956 Th. Eisen. d. Η. 9
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besseres Eisen als das allerreinste, und kein besseres Cement als den unvermischten Kohlenstoff;12 im letztern Falle würde die Güte des Stahls noch von den andern Bestandtheilen des Stabeisens und des Cements abhängen. Das g r a u e R o h - oder G u ß e i s e n läßt sich für eine bei einer sehr hohen Temperatur gesättigte Auflösung von Reißblei in Eisen nehmen. Erkaltet es schnell, so scheint sich das Reißblei in der ganzen Masse durch eine schleunige Krystallisation abzuscheiden; daher man es dann in solcher Menge auf dem Bruche oder auf einer Eisenstange sieht, die man in das geschmolzene Roheisen taucht, und die herausgezogen ganz mit Reißblei überzogen ist. Wird dieses Eisen in eine kalte metallene Form gegossen; oder läuft es beim Gießen weit durch Sand; oder wird | es, wenn es weiß glüht, in Wasser abgelöscht: so nimmt es eine außerordentliche Härte an, welche die der gewöhnlichen stählernen Werkzeuge übertrifft; dabei ist es sehr weiß und von dichterem Bruche. Diese Härte beruht auf Umständen in der Aggregation desselben, die zu erklären uns alle Data fehlen;13 die weiße Farbe scheint aber daher zu rühren, daß Eisen und Reißblei darin eben so innig als in der Weißglühehitze vereinigt sind. Sehr wahrscheinlich findet etwas Aehnliches auch beim Härten des Stahls statt, nur daß dieser weniger Kohlenstoff in seiner Mischung enthält. Daß übrigens der Stahl im Feuer sehr leicht wieder in Eisen ausartet, ist den Stahlarbeitern nur zu wohl bekannt.«
12 Hierauf scheint zwar G u y t o n ' s Versuch zu deuten, da er mit dem ganz reinen, völlig desoxydirten Kohlenstoffe, (dem Diamanten,) als Cement, einen dem Aussehn nach vortrefflichen Stahl er|hielt; allein da er diesen nicht weiter nach Härte, Zusammenhalt und andern Eigenschaften geprüft hat, so läßt sich darüber wohl nichts im Allgemeinen bestimmen. d. H. 13 Sollte sie nicht auch auf der innigem Mischung des abgelöschten oder plötzlich erkalteten Gußeisens mit dem Reißblei beruhen, woraus N i c h o l s o n die weiße Farbe desselben erklärt? d. H.
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Versuche über die chemische Zerlegung des Luftkreises, von Alex, von H u m b o l d t .
1. Beschreibung eines Kohlensäuremessers, (Anthracometer.) Dieses Instrument besteht aus einer 3 bis 5 Linien weiten, etwa 12 Zoll langen, sehr starken Glasröhre, die sich unten in eine Kugel von 1,2 bis 1,3 Zoll Durchmesser endigt. Die untern 3 Zoll der Röhre werden an der L a m p e so umgebogen, daß die Kugel nicht über 6,3 Linien weit von der Röhre absteht, u m in ein enges Glas m i t Wasser getaucht werden zu können. Die Röhre a b , (Fig. 7,) m u ß in ihrer ganzen Länge gleich weit seyn. Erweiterungen in c und d sind für den Gebrauch gleichgültig, nur m u ß zur Ersparung der Reagentien die ganze Capacität des Instruments nicht über 2 bis 2,5 Kubikzoll betragen. Bei e ist die Röhre so zerschnitten, daß der obere Theil 7 Zoll Länge behält, u n d durch Metallcylinder so verbunden, daß keine Flüssigkeit durchdringen kann. Das obere Ende der Röhre ist in einen, etwa 6 Linien hohen, metallenen Cylinder | geküttet, der von außen etwa 9 sehr enge Schraubengänge hat und an der M ü n d u n g kegelförm i g ausgedreht ist. I n diese M ü n d u n g paßt ein konisches Muschelventil von 1 bis 2 Linien Dicke. Ein zweiter Cylinder von Metall, h , der bei 5 Linien H ö h e oben durch eine Platte verschlossen und inwendig als Schraubenmutter ausgehöhlt ist, paßt als Deckel auf die Röhre. U m den Druck zu vermehren, ist die Platte k l in der Mitte durchbohrt, u n d ein zweite Schraube m preßt das Ventil auf die M ü n d u n g der Röhre. — Der Gebrauch dieses Instruments ist sehr einfach. M a n 153
1799 fülle es m i t flüssigem ätzenden Ammoniak; dann gieße m a n aus a e so viel heraus, als m a n L u f t untersuchen will, und trage die Länge der Luftsäule a b mit dem Zirkel auf einen Maaßstab; ist aber a e selbst eingetheilt, so merke m a n sich die Zahl der Grade. M a n schließe das Ventil und lasse die L u f t in die Kugel gehen. Hier befindet sie sich wegen der großen berührenden Fläche in einer vortheilhaften Lage, u m ihre Kohlensäure an das Ammoniak abzutreten. Dadurch sinkt das Ammoniak in der engen Röhre a e . M a n öffnet das Ventil und füllt die Röhre ganz, so bald das Sinken aufhört. M a n läßt die Luftsäule aus der Kugel wieder in die Röhre. Da sie comprimirt ist, schraubt m a n sie unter Wasser bei e ab, und senkt das obere Stück so weit unter, bis die Flüssigkeit von innen und außen gleich hoch steht. Der Rest von der erstem Menge L u f t abgezogen, zeigt die Menge der Kohlensäure. M a n kann den | Stand des Barometers und T h e r m o m e t e r s bei diesem Versuche als beständig a n n e h m e n . Kalkwasser ist d e m ätzenden Ammoniak noch wegen der größern Leichtigkeit, es zu bereiten, vorzuziehen; doch wäre es wohl noch zu untersuchen, ob die vom Herrn ν . H u m b o l d t entdeckte Eigenschaft der Erden, Sauerstoff zu binden, nicht hierbei einen schädlichen Einfluß haben könnte. D a ß dieses Instrum e n t auch als Sauerstoffgas-Messer gebraucht werden könne, bedarf keiner Erinnerung.
2. Ueber die Kohlensäure, welche i m Dunstkreise verbreitet ist, u n d über die Beschaffenheit des Luftkreises der g e m ä ß i g t e n Zone. In ältern physikalischen Schriften n a h m m a n die gewöhnliche Menge derselben sehr groß an, nämlich 0,06.' G i r t a n n e r schätzt sie auf 0,01, überhaupt fehlt es aber an sichern Erfahrungen. Nach zahlreichen E r f a h r u n g e n des H e r r n v . H u m b o l d t ist die Mittelzahl f ü r die gemäßigte Zone nahe an 0,015. Das M a x i m u m , welches er fand, ist 0,018, (21sten August 1797, 73° Hyg. Sauss., 18°,5 R.;) das M i n i m u m 0,005, (den 3ten Sept. bei einem Regen, bewölktem H i m m e l und 17° R.) Herr von S a u s s ü r e fand auf d e m Gipfel des Montblanc 2 noch Kohlensäure, die wahrscheinlich | durch kohlenstoffhaltige Flechten, 1 2
S. G e h l e r ' s phys. W ö r t e r b u c h , B. 2, S. 396. V o y . d a n s l e s A l p e s , T. 4, §. 2010, p. 200.
154
Die chemische Zerlegung des Luftkreises
( l i e h e n s u l p h u r e u s und r u p e s t r i s , ) so wie weiter unten durch Chloriterde und Hornblende hervorgebracht wird. In der Luft, die Garnerin 5 aus einer Höhe von 650 Toisen mitbrachte, war eben so viel Kohlensäure, wie damahls zu Paris. — Nach diesen Erfahrungen scheint die Kohlensäure kein zufälliger, sondern ein allgemein verbreiteter Bestandtheil der Atmosphäre zu seyn, vielleicht, daß wir auch noch Wasserstoffgas mit dem Stickgas in derselben verbunden entdecken. Das Regenwasser zeigte ihm keine Spur Kohlensäure. Lange wiederhohlte Vergleichungen des Anthracometers mit dem Hygrometer haben zwar gezeigt, daß im Sommer im Ganzen etwas mehr Kohlensäure in der Atmosphäre ist, daß aber dieser Unterschied keinesweges in den hygrometrischen Verhältnissen des Luftkreises gegründet ist. Aus diesen Versuchen geht ebenfalls hervor, daß wir die nächsten Ursachen des zunehmenden und abnehmenden Kohlensäuregehalts noch nicht zu bestimmen im Stande sind. Die Versuche des Hrn. v. H u m b o l d t über die Beschaffenheit des Luftkreises der gemäßigten Zone, die er mit dem Eudiometer, dem Barometer, Thermometer, Electrometer, Anthracometer, dem Saussürischen und de L ü c ' s Hygrometer während 6 Monate, täglich mehrere Mahle angestellt, können hier nicht in ihrem Umfange, sondern nur in ihren | Resultaten mitgetheilt werden. Wer es weiß, wie wenig Genuß solche Versuche gewähren, ehe eine genügsame Menge derselben gesammelt, wie sorgfältig man selbst alle vorschnelle Vermuthungen zurückhalten muß, um nicht bei dieser Beobachtung etwas zuzugeben, bei jener etwas wegzulassen; der wird sicher der unermüdeten Ausdauer des Herrn von H u m b o l d t s seine Bewunderung nicht versagen. Die wichtigsten Resultate, welche er aus jenen Versuchen zieht, zeigen, daß, wenn bei trübem Wetter die Dünste sich auflösen, die Wolken verschwinden und sich des Himmels Gewölbe blau färbt, meist die Sauerstoffmenge des Luftkreises zunehme. Sie nimmt dagegen meist ab, wenn am blauen heitern Himmel das Cyanometer von 20° bis 7° übergeht, und wenn Regen- oder Schneewolken sich bilden. Schlak kiges Wetter, besonders Hagel mit Schnee gemischt, kündigt die geringste Sauerstoffmenge an. Beim Nebel mit starker negativer Electricität, indem die Wasserdünste sich auflösen, ist die Luft sehr reich an Oxygen. Das Schmelzen des Schnees, bisweilen selbst das Fallen eines 3
S i e h e d e n Zusatz.
155
1799 großflockigen, leicht zergehenden Schnees, verbessert den Luftkreis. Eine ähnliche Verbesserung wird häufig bei den im F r ü h j a h r e gewöhnlichen wohlriechenden Strichregen bemerkt, bei welchen die Electricität häufig aus der positiven in die negative übergeht. Die Verminderung bei der Bildung des Regens leitet der Verfasser aus einem Verschlucken desselben durch das gebildete Wasser her, oder | durch die U m h ü l l u n g der Dunstbläschen durch oxygenreichere Atmosphären. Das M a x i m u m des Sauerstoffgehalts fand der Verf. 0,290 u n d das M i n i m u m 0,236; der mittlere Sauerstoffgehalt war im November 0,256, i m December 0,268, Januar 0,275, Februar 0,272, März 0,269, April 0,272, u n d in allen sechs Monaten 0,268. — Die electrische L a d u n g des Luftkreises fand er stets positiv, (S. 174,) negativ war sie nur auf einzelne Minuten. Es war m i r dies eine willkommene Bestätigung dessen, was ich in m e i n e m Versuche über die Theorie der elect rischen Erscheinungen, S. 48, darüber geäußert habe. Bei sehr tief ziehenden Wolken war die Ε meist 0. Beim Schneien aber bemerkte der Verf. oft denselben Wechsel zwischen + und — E , welchen Herr L a m p a d i u s beim Gewitter w a h r n a h m . A m 5ten Februar war die Ε bei blauem wolkenfreien H i m m e l negativ. A m stärksten u n d a m schnellesten aus + in —, wechselt sie im Nebel. Hagelwetter ist anhaltend negativ. Herr v o n B u c h hatte den sinnreichen Gedanken, den Stand des T h e r m o m e t e r s i m Schatten und i m Lichte zu beobachten. Es ist merkwürdig, wie an gleich heitern Tagen bei gleicher Himmelsbläue die Sonnenkraft ungleich ist. Ungeachtet nicht angezeigt wird, wie Herr v o n H u m b o l d t diesen Gedanken ausgeführt, so läßt es sich doch von einem so sorgfältigen Experimentator erwarten, daß er einen Schatten wird gewählt haben, dessen Dichtigkeit sich nach der Sonn e n h ö h e nicht veränderte. Am leichtesten wäre wohl dieser Gedanke auszuführen, w e n n m a n zwei T h e r m o m e t e r neben einander der Sonne aussetzte, von denen die Kugel des einen weiß, die Kugel des andern schwarz überzogen wäre.
156
Die chemische Zerlegung des Luftkreises
3. Ueber die Entbindung des Lichts. Mit Vergnügen werden die Physiker die Reihe dieser Versuche, über das Leuchten des faulen Holzes, unter verschiedenen Umständen übersehen, sowohl wegen der Genauigkeit, als auch wegen der bestimmten Resultate. 4 Kohlensaures Gas, durch Phosphor des Sauerstoffgas beraubt, verlöscht den phosphorischen Schein; einige hineingelassene atmosphärische L u f t bringt denselben wieder hervor. I n Sauerstoffgas leuchtet das Holz nicht stärker; die Absorbtion ist nicht stark, aber bald bemerkt m a n Kohlensäure darin. I m reinen Stickgas, so wie im reinen Wasserstoffgas, verlischt das Holz schnell; hineingelassene atmosphärische L u f t stellt das Leuchten wieder her. Diese L u f t a r t e n waren durch Phosphor gepeinigt; damit m a n aber nicht die Schuld dieses Verlöschens der verdampften phosphorischen Säure geben könne, zeigte Η. v. H., daß das Holz in atmosphärischer Luft, die stark damit angeschwängert war, leuchte. Heiße L u f t und heißes Wasser vernichten das Leuchten, (zwischen 30 und 32° R e a u m . hört es auf zu leuchten,) i m kalten Wasser leuchtet es lange. In alkalischer Auflösung verschwindet der Glanz; im Alkohol in 6 Minuten; in allen Säuren 9 bis 12 Minuten nach den Eintauchen. Herr v o n H u m b o l d t k a n n wohl keine concentrirte Schwefelsäure angewendet haben, denn diese greift mit außerordentlicher Schnelligkeit leuchtendes Holz an und färbt es schwarz, und die Stelle, worauf m a n es gießt, senkt sich sogleich; es wird dadurch als ein Hydro-Carbone m i t großem Antheile Wasserstoff charakterisirt. Herr v o n H u m b o l d t hat bemerkt, daß das unterirdische Grubenholz nie leuchte; er glaubt dies der Abwesenheit des Lichts zuschreiben zu können, und f ü h r t ein Beispiel an einem Bolzen an, dessen oberer Theil n u r so weit er d e m Lichte ausgesetzt war, leuchtete. Ich gestehe aber, daß ich nie Holz, welches fortdauernd d e m Lichte ausgesetzt gewesen war, phosphoresciren gesehen habe, auch Herr G ä r t n e r , 5 ein sorgfältiger Beobachter dieser Erscheinungen, fordert ausdrücklich Abwesenheit des Lichts. Nie | wird das äus4 Nicht ganz vereinbar mit den Versuchen des Herrn v. H u m b o l d t ' s ist ein von A c h a r d in der bis 27% Zoll geleerten Glocke der Luftpumpe angestellter Versuch, in welcher das Holz noch einige Tage leuchtete. ( M e m . d e l ' A c a d . d e B e r l i n , p. 1783, S. 99.) Etwas kann man wohl auf die sauerstoffreichere Atmosphäre des Holzes rechnen, doch verdienen diese sowohl, wie die übrigen Versuche daselbst, nicht vergessen zu werden. A. 5 S c h e r e r ' s J o u r n a l d e r C h e m i e , III. Band, S. 5. A.
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1799 serlich faule Holz leuchten; gemeiniglich muß man bei den Hölzern ein Stück wohlerhaltenes Holz von dem leuchtenden abreißen, und dieses, durch das umgebende Holz von dem Sauerstoffgas der Atmosphäre gesondert, kann so durch Fäulniß eine Mischung erhalten, in der es ohne vorangehende Temperatur-Erhöhung verbrennt.
4. Versuche über das Salpetergas und seine Verbindungen mit dem Sauerstoffe. Es sey ζ der Summe des in der Fontanaschen Röhre zersetzten Sauerstoffgas und Salpetergas gleich; nenne ich daher das vernichtete Salpetergas χ und das absorbirte Sauerstoffgas y , so ist ζ = χ + y . Es sey m das Volumen des zur Sättigung eines Theils Sauerstoff nöthigen Salpetergas, so verhält sich χ : y = m : 1, folglich x + y : y = m + l : l und es wird y = y-y— oder m ~ | — 1. Alles kommt hier auf die Bestimmung von m an, und dieses ist bisher von den Physikern äußerst verschieden angegeben worden. Von L a v o i s i e r zwischen 1,725 und 1,830, von P r i e s t l e y zu 1,970, von andern bis 4,1. Herr v o n H u m b o l d t nahm daher die Arbeit noch einmahl vor, und fing damit an, die Güte des Salpetergas durch schwefelsaures Eisen und oxygenirt salzigsaures Gas zu prüfen. In einer gejmeinschaftlich mit V a u q u e l i n unternommenen Arbeit zeigte es sich, daß die schwefelsaure Eisenauflösung nach dem Absorbiren aus salpetersaurem Eisen und schwefelsaurem Ammoniak bestehe, weswegen sie hier eine Zersetzung des Wassers annahmen. Zu bedauern ist es freilich, daß man hier annehmen und nicht voraus bestimmen kann, und daß dieser, wie so mancher andere Fall, wo Ammoniak sich bildet, noch einzeln da steht und keinen bestimmten Verwandtschaftsgesetzen unterworfen ist. Durch diese Auflösung wird alles Salpetergas absorbirt; doch ist hierbei zu bemerken, daß, wenn man die Eisenauflösung geschüttelt hat, 0,02 bis 0,03 wegen des aus der Auflösung aufgefangenen Gas abzuziehen sind. — Herr v. H u m b o l d t bemerkte, daß der Phosphor in manchen Sorten Salpetergas leuchte; er zieht daraus den Schluß, daß sie Sauerstoff eingemengt enthielten, welches nicht Zeit habe, sich mit dem Salpetergas zu verbinden, (S. 12.) Ich glaube, daß sich das einfacher, nicht den Verwandtschaftsgesetzen widersprechend, auf eine ähnliche Art, wie F o u r c r o y die von G ö t t l i n g gemachten 158
Die chemische Zerlegung des Luftkreises
Beobachtungen erklärt. Es kann sich hier das in dem Salpetergas enthaltene Stickgas mit dem Phosphor verbinden, durch diese doppelte Wahlverwandtschaft das Salpetergas zersetzt, und Stickstoff-PhosphorHalbsäure erzeugt werden. Herr v o n H u m b o l d t n a h m keine R a u m verminderung bei diesem Leuchten wahr, welches sich sehr gut damit reimt, daß | eine Stickstoff-Phosphor-Halbsäure, nach seinen eignen Beobachtungen in einer andern Abhandlung, (S. 63 bis 81,) sich gasförmig darstellt. 6 Ob Wasserstoffgas dem Salpetergas beigemengt sey, läßt sich nicht gut ausmachen. Das Salpetergas läßt sich sehr gut von gleicher Güte erhalten, wenn m a n die Salpetersäure von gleichem specifischen Gewichte, nämlich 17 oder 21° des Beaumeschen 7 Areometers, (1,132 bis 1,170,) wählt; das Salpetergas enthält dann gewöhnlich 0,13 bis 1,14 Azote. Aus den Versuchen, die der Verf. | m i t Sauerstoffgas anstellte, erhielt er, nach nöthiger Reduction, m = 2,82, welches gar sehr von dem gewöhnlichen 1,72 abweicht. Er vermißte indessen hier oft die schöne Uebereinstimmung, an | die er sonst bei der atmosphärischen L u f t gewöhnt war; er sah auch, daß künstliche Luftgemische, m i t gleichem Antheile Sauerstoff, sich ganz anders verhielten, wie atmosphärische L u f t . Dies veranlaßte ihn, eine zweite Versuchsreihe mit atmosphärischer L u f t zu machen, wobei m zwischen 2,5 und 2,6 schwankte. Daraus folgt, daß 2,55 Salpetergas
6
H e r r v o n H u m b o l d t b e m e r k t in dieser A b h a n d l u n g , daß einst eine sehr wasserstoffreiche L u f t a r t aus einer G r u b e b e i m Erkalten Eisen abgesetzt, ein and e r m a h l , (über die unterirdischen Wetter, S. 182,) daß er b e i m A b b r e n n e n von Wasserstoffgas Zinkkalk g e f u n d e n . Dies f ü h r t ihn auf die V e r m u t h u n g , ob m a n nicht eben d a h e r das Eisen ableiten könne, das aus F e u e r k u g e l n niederfällt. E i n e Beobachtung, die den 12ten N o v e m b e r dieses Jahres hier von vielen g e m a c h t wurde, (daß eine Feuerkugel sich plötzlich in einen breiten b r e n n e n d e n Feuerstreifen auflöste,) spricht sehr f ü r luftartige, vielleicht n u r m i t einer Kruste Eisen u m g e b e n e Bestandtheile, in diesen Meteoren. A. 7
D a sehr viele französische C h e m i s t e n sich noch i m m e r dieses Areometers bedienen, so glaube ich, daß es vielen w i l l k o m m e n seyn möchte, die Grade des B e a u m e s c h e n Areometers auf die zugehörigen specifischen Gewichte reduciren zu k ö n n e n . Folgende Tabelle giebt z u m B e h u f e dieser Reduction | N i c h o l s o n , in seinem J o u r n . of n a t u r . p h i 1., I, 59, zufolge einiger von i h m u n d von G u y t o n angestellten Versuche.
159
1799 d a z u g e h ö r e n , u m 1,00 8 S a u e r s t o f f g a s zu a b s o r b i r e n . N a c h d i e s e m Werthe von m
und nach der F o r m e l y =
net, die sicher j e d e m w i l l k o m m e n
ist d i e f o l g e n d e T a b e l l e b e r e c h seyn wird, der das
Eudiometer
braucht.
88
89
Absorbirtes
Sauerstoff
Volumen = ζ.
= y.
Rückstand.
109 °
0,307
108
0,304
92
107
0,301
93
106
0,298
94
Bei 10° Reaum. oder 55° Fahr, entsprechen Grade an einem Grade an Beaume's specifischen Beaume's Areometer Gewichte Areometer für für geistige Salze. Flüssigkeiten. 0 10 1,000 3 11 1,020 6 12 1,040 9 1,064 13 12 1,089 14 15 1,114 15 18 1,140 16 21 1,170 17 24 1,200 18 27 1,230 19 30 1,261 20 33 1,295 21 36 1,333 22 39 1,373 23 42 1,414 24 45 1,455 26 48 1,500 28 51 1,547 30 54 1,594 32 57 1,659 34 60 1,717 36 63 1,779 38 66 1,848 40 69 1,920 72 2,000
91
io
specifischen Gewichte von 1,000 0,990 0,985 0,977 0,970 0,963 0,955 0,949 0,942 0,935 0,928 0,922 0,915 0,909 0,903 0,892 0,880 0,867 0,856 0,847 0,837 0,827 0,817
A. Im Originale steht 0,01, so wie überhaupt sehr viele Zahlen und Nahmen, ja, ganze Perioden, verwirrt sind. A. 160
5
15
20
25
30
35
40
Die chemische Zerlegung des Luftkreises
105 104 103 102 101 100 99 98 97 96 95 94 93 92 91 90 89 88 87 86 85 84
5
10
15
20
0,295 0,293 0,290 0,287 0,284 0,281 0,278 0,276 0,2749 0,270 0,267 0,264 0,261 0,259 0,256 0,253 0,250 0,247 0,245 0,242 0,239 0,236
95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116
Der Leser empfängt hier den Beschluß meines Auszugs der schönen Abhandlungen H u m b o l d t s über die Zerlegung des Luftkreises, die 25 vor einiger Zeit in Braunschweig erschienen sind, zum Theil aber schon Auszugsweise früher bekannt wurden. Die dahin gehörigen Abhandlungen finden sich im ersten Bande der Annalen, S. 457 bis 458, ferner S. 501 bis 514; im zweiten Bande, S. 221 bis 224; hier endlich die dem Physiker interessantesten Resultate aus den übrigen Abhand30 lungen. Jede Wissenschaft hat ihren eignen Standpunkt, von wo aus sie die Wichtigkeit der Untersuchung beurtheilt: aber der Einzelne hat auch wiederum seinen eignen Standpunkt; ein Auszug für eine besondere Wissenschaft kann daher weder vollkommen seyn, noch vollkommen beurtheilt werden, ungeachtet jeder das Bedürfniß desselben 35 f ü h l t .
L . A. v. A r n i m . A.
0,273.
161
Nachtrag zu den vorhergehenden Abhandlungen des Herrn von H u m b o l d t ' s . Ueber einige bisher nicht beachtete Ursachen des Irrthums bei Versuchen mit dem Eudiometer, von L. A. v. A r n i m . Die Luft in Paris, so wie die von G a r η er i n mitgebrachte, enthielt, nach des Herrn von H u m b o l d t ' s Untersuchung, 0,008 bis 0,01 kohlensaures Gas, die erstere 0,276, die letztere nur 0,259 Sauerstoffgas. Herr v. H u m b o l d t macht auf diesen großen Unterschied in Rücksicht des Sauerstoffgehalts und auf die Menge Kohlensäure besonders aufmerksam; 1 aber er vergißt hier, wenn ich nicht irre, wie alle, die sich bisher mit eudiometrischen Untersuchungen beschäftigten, einen Umstand von Wichtigkeit, nämlich die Temperatur-Verschiedenheit der Luft an dem Orte, wo die Luft eingesammelt worden, und ihre Expansions- Verschiedenheit eben daselbst. Ich muß hier an die | Prieurschen Versuche, ( J o u r n . p o l y t e c h n . C. II,)2 über die e i g e n t ü m liche Ausdehnung der verschiedenen Gasarten bei gleichen Graden der Wärme, und besonders an die ausgezeichnet große Ausdehnung des Stickgas erinnern. Das Stickgas hat, nach diesen Versuchen, in Verhältniß zu der atmosphärischen Luft, die es mit dem Sauerstoffgas hauptsächlich zusammensetzt, eine größere Ausdehnungsfähigkeit durch die Wärme, als dieses. Im Eudiometer erhalten wir auf verschiedenen Wegen Stickgas; das Sauerstoffgas wird zersetzt; geschieht daher die Untersuchung einer Luftart nicht bei derselben Temperatur, 1 2
A. a. O., S. 256. P r o n y a r c h i t e c t u r e h y d r a u l i q u e , ä Paris 1796, Τ. II, p. 152—196. 162
Humboldt's Versuche mit dem Eudiometer
wo sie eingesammelt, sondern in einer wärmern, so werden alle Untersuchungen zu viel Stickgas in Verhältniß zum Sauerstoffgas angeben. Es ist diese Bemerkung in mehrerer Rücksicht von Einfluß. Zuerst für die Eudiometrie selbst; nicht etwa bloß wegen der Garnerinschen Luftuntersuchung allein, die in der wärmern Pariser Atmosphäre vorgenommen wurde, sondern überhaupt in Rücksicht aller Eudiometer-Versuche im Winter, die in der warmen Stube angestellt werden. Ich weiß nicht, wie Herr v o n H u m b o l d t seine trefflichen salzburger meteorologischen Untersuchungen angestellt hat, es sollte mir aber sehr leid thun, wenn dieser Schatz von Beobachtungen dadurch an | Richtigkeit verlöre. — Für die Meteorologie überhaupt ist ferner jene Bemerkung von Einfluß, indem, nach derselben, wenn anderweitige Umstände es nicht hinderten, durch erhöhte Temperatur der Atmosphäre ihr Sauerstoffgehalt vermindert erscheinen müßte. Wenn man deswegen die Humboldtschen Beobachtungen durchsieht, so findet man ungefähr eben so viele, wo dies der Fall war, als wo der entgegengesetzte eintrat. Dem Meteorologen bleibt daher die Untersuchung, durch welchen Prozeß in den entgegengesetzten Fällen das Sauerstoffgas vermehrt wurde. — Der Luftdruck kommt bei Eudiometer-Versuchen, insbesondere bei solchen, wie die Humboldtschen über eine Luft, in der das Barometer 4 Zoll niedriger als in Paris stand, und wegen der ungleichen Zusammendrückung der Luftarten durch gleiche drückende Lasten, in Betracht. Zwar haben wir nur Versuche, die diese Verschiedenheit beweisen, ohne Versuche zu haben, die diesen Unterschied bestimmen; so viel ist aber gewiß, daß, je nachdem das Stickgas, welches im Eudiometer abgeschieden wird, in Verhältniß zu der atmosphärischen Luft eine größere oder geringere Compressibilität hat, durch den größern Luftdruck zu Paris der Sauerstoffgehalt größer oder geringer angegeben wird. — Die Rechnung des Herrn v o n H u m b o l d t , (S. 163,) nach welcher der mittlere Sauerstoffgehalt der Luft im December viel geringer als im April ist, widerspricht der Meinung einiger Physiker, die den größern Reiz der Winjterluft auf die Lungen von größerm Sauerstoffgehalte derselben herleiten. Vielleicht, wenn ich nicht irre, so wird der Fehleranschlag für die Eudiometer im Winter ihre Meinung wenigstens in dieser Rücksicht rechtfertigen. Auch dem Astronomen kann jene Bemerkung über Hrn. v. H u m b o l d t ' s Untersuchung nicht gleichgültig seyn, da, nach Hrn. K r a m p , (in seiner A n a l y s e d e s r e f r a c t i o n s a s t r o n o m i q u e s , Leipz. 99, S. 29,) die beste Tafel über die Strahlenbrechung von B r a d 163
1799 l e y mit der Annahme einer beständigen specifischen Elasticität, wie er sie nennt, der Luft in jeder Höhe am besten übereinstimmt, nach der Analyse des Herrn von H u m b o l d t ' s hingegen, diese durchaus nicht hätte bestehen können. Da die Oxyanthrakometrie mit allem Fug einen Platz in der Eudiometrie behauptet, so ist es wohl nicht am Unrechten Orte, auf einen Versuch aufmerksam zu machen, wodurch die Vermuthung des Hrn. v. H u m b o l d t ' s , (über die unterirdischen Gasarten, S. 169,) daß es eine übersaure, oder vollkommne Kohlensäure gebe, geprüft werden könnte. Man wäge nämlich die Menge von Kalkerde, die aus dem Kalkwasser durch gleiche Volumina von verschiednen Sorten Kohlensäure niedergeschlagen wird; denn Säuren, die man auf ein gleiches specifisches Gewicht gebracht, lassen sich am besten durch die Menge des zu ihrer Sättigung nöthigen Stoffs unterscheiden. Sollte der Versuch einen Unterschied zeigen, so wäre das Lichtenbergische5 Verzeichniß der auf Meter oder Messer sich endigenden Namen um einen vermehrt, um einen Kohlensäure-Güte-PrüfungsMesser. Ein nothwendigeres Werkzeug zur Luftprüfung wäre wohl ein Feuchtigkeitsmesser der Luft, da die gewöhnlichen Hygrometer, aus bekannten Gründen, aller von Saussüre angewendeten Mühe ungeachtet, dies nicht leisten können. Herrn v. H u m b o l d t ' s Vorschlag, die Flaschen zu erwärmen und dann schnell zu erkälten, (über unterirdische Gasarten, S. 148,) leistet, wenn ich nicht irre, nicht viel mehr, da auch aus der kältesten Luft durch Entbindung der Gasarten, (ζ. B. Flußsäure, salzige Säure,) die des Wassers zu ihrer Darstellung in tropfbar-flüssiger Gestalt bedürfen, Wasser abgeschieden wird. Diese Luftarten würde ich aber am tauglichsten zu diesem Geschäfte der Wasserabscheidung finden; gleiche Volumina der zu prüfenden und der prüfenden Luft in dem mit Quecksilber gefüllten Humboldtschen Eudiometer vermischen; die Vermischung bis zu einem bestimmten Punkte erkälten; und aus der Verminderung des Volumens, nach den dazu nöthigen Erfahrungen, auf den Wassergehalt schließen.
5 Ich glaube immer, daß sich Experimental-Physik am besten nach einem solchen Verzeichnisse von Metern entwickeln ließe. A.
164
Einige magnetische Beobachtungen.
113
1. Bemerkungen über die natürlichen Magnete; vom Bürger H a u y . 1 5 Die Mineralogen haben bisher unter dem Namen der n a t ü r l i c h e n M a g n e t e eine eigne Art von Eisenerz begriffen, welche zwei magnetische Pole hat. D e l a r b r e machte im Jahre 1786 bekannt, daß der Eisenglanz von Valois, Puis-de-Döme und Mont-d'Or Polarität zeigte. 2 Dasselbe wurde auch an einem oktaedrischen Eisen-Krystalle aus 10 Schweden, an einem oktaedrischen Eisen-Krystalle aus Korsika, an Brocken verschiedner Eisenerze aus Franche-Comte, und an einem Eisensande von St. Domingo bemerkt. Es mußte daher den Physikern auffallen, daß andere Mineral-Körper, die doch beträchtliche Mengen regulinisches Eisen enthalten | und so viele Jahrtausende im Schooße 114 15 der Erde geruht haben, keinen Theil von der Wirkung empfangen zu haben schienen, welche jene magnetisch machte. Gewöhnlich bediente man sich zu diesen Untersuchungen größerer Magnete; 3 und da konnte es leicht geschehn, daß sehr schwache Ma1 B u l l e t i n d e s S c i e n c e s , p a r l a s o c i e t e p h i l o m a t i q u e , ä Paris, An 5, 20 No. 5, p. 34. 2 Schon vorher im J o u r n a l de P h y s i q u e desselben Jahres, August, Seite 119, hatte Rome de l'Isle an einem Eisenglanze aus Philadelphia, (Crystall., t. 3, p. 187, note 35,) ein Gleiches beobachtet. Hauy. 5 Wenigstens war das nicht der Fall bei der Untersuchungsmethode C a v a l l o ' s , 25 ( T h e o r e t i s c h e u n d p r a k t i s c h e A b h a n d l u n g d e r L e h r e v o m M a g n e t e , von Cavallo, Leipzig 1788,) und Β e η η e t ' s, der kleine Magnetnadeln, von der Größe der Nähnadeln, an das Gewebe der Kreuzspinne aufhing. (Siehe J o u r n a l d e r P h y s i k , Β. VII, S. 355.) Nur scheint man bisher zu wenig magnetische Körper solchen Untersuchungen unterworfen zu haben. Der Zufall muß in solchen 30 Fällen gewöhnlich das Beste thun. So erinnere ich mich, daß, ehe ich noch Magnete mehr als von Ansehen und dem Namen kannte, ich schon die Veränderung der Richtung einer kleinen Magnetnadel durch ein altes Serpentintintefaß bemerkte. A.
165
1799 gnete
beide
Pole des starken
gleichmäßig
anzogen,
weil ihre
durch die E i n w i r k u n g des starken M a g n e t e n augenblicklich selt w u r d e n . H e r r H a u y
Pole
verwech-
wählte daher eine kleine Magnetnadel
g e r i n g e r S t ä r k e , so w i e m a n s i e i n d e n k l e i n e n S o n n e n u h r e n
von
findet,
u n d n u n w u r d e , was er in die H ä n d e n a h m , zu M a g n e t e n . D i e Kry-
5
stalle der Insel E l b a , aus D a u ρ h i η e , aus F r a m ο η t , u n d aus K o r 115 s i k a , s t i e ß e n a n e i n e r S e i t e d e n e i n e n P o l a b , u n d z o g e n | d e n
ent-
gegengesetzten an, w o d u r c h ihre Polarität überzeugend erwiesen war. D a r a u f n a h m er statt der M a g n e t n a d e l einen m a g n e t i s c h e n Stab, wie m a n sich bisher zu solchen U n t e r s u c h u n g e n zu b e d i e n e n pflegte, u n d
10
n ä h e r t e e i n e m seiner Pole d e n g l e i c h n a m i g e n Pol eines Krystalls von d e r I n s e l E l b a . D e r g r ö ß e r e M a g n e t h a t t e g e r a d e n u r so v i e l K r a f t , d i e Polarität des Krystalls a u f z u h e b e n , o h n e daß er hier ein A n z i e h n
be-
wirkte; welches aber erfolgte, da m a n d e n Krystall, in derselben Lage, a n den entgegengesetzten Pol des M a g n e t s t a b s brachte.
15
N u n w a r noch ein kleiner Zweifel w e g z u r ä u m e n , ob nicht jene Krystalle n u r v o r ü b e r g e h e n d
diesen
Magnetismus
angenommen
haben,
wie z u m Beispiel ein u n m a g n e t i s c h e s a u f r e c h t gehaltenes Stück Eisen, w e l c h e s , so l a n g e e s i n d i e s e r L a g e
ist, m i t d e r u n t e r n
Spitze
den
S ü d p o l a b s t ö ß t u n d d e n N o r d p o l a n z i e h t , a b e r so b a l d e s a u s d i e s e r 20 Lage genommen
wird, seine Magnetisirung verliert. Allein die
stalle zeigten in jeder L a g e i m m e r gleiche
Kry-
Magnetisirung.
Aus diesen leicht anzustellenden Betrachtungen
zieht H a u y
den
Schluß, d a ß alle, oder w e n i g s t e n s die m e i s t e n E i s e n m i n e r n , die n i c h t m i t S a u e r s t o f f ü b e r l a d e n s i n d , z u d e n n a t ü r l i c h e n M a g n e t e n g e h ö r e n , 25 d a ß f o l g l i c h d e r m a g n e t i s c h e E i s e n s t e i n n i c h t als e i n e e i g n e Klasse v o n E i s e n m i n e r n in den M i n e r a l - S y s t e m e n m ü s s e a u f g e f ü h r t w e r d e n , u n d 116 d a ß m a n l i e b e r b e i j e d e r E i s e n m i n e r d e n G r a d i h | r e r
Magnetisirung
a n m e r k e n sollte. A u c h m u ß m a n d e n m i n e r a l o g i s c h e n Bestecken,
au-
ß e r d e m M a g n e t s t a b e o d e r e i n e r s t a r k e n M a g n e t n a d e l , b i l l i g n o c h e i n e 30 schwache Magnetnadel beifügen.
166
Perolle's Bemerkungen 193 zu Chladni's Versuchen über die Töne einer Pfeife in verschiedenen Gasarten; mit einigen Gegenbemerkungen und Zusätzen. 5 Nach den sorgfältigen Versuchen, die Herr Dr. C h l a d n i 1 in Verbindung m i t Herrn J a c q u i η dem Jüngern in W i e n über die Töne einer P f e i f e in verschiedenen Gasarten angestellt hatte, 2 tönte S a u e r s t o f f g a s über einen halben, oder beinajhe einen ganzen Ton tiefer, k o h - 194 l e n s a u r e s G a s fast u m eine große Terz, und S a l p e t e r g a s u m 10 einen halben Ton tiefer als die atmosphärische Luft, welches der Theorie, nach der die Töne sich umgekehrt w i e die Quadratwurzeln der specifischen Gewichte dieser Gasarten verhalten sollten, fast ganz entsprach. 3 Dagegen tönte das W a s s e r s t o f f g a s , das m a n aus Zink und Salzsäure bereitet hatte, n u r eine Octave und einen Ton, dasjenige 15
' V o i g t ' s M a g a z i n , I. B., 3. St., S. 65-79. Sie befestigten eine offne zinnerne Orgelpfeife, (worin die Länge der schwingenden Luftsäule, von der Ritze, wo die eingeblasene Luft ausgeht, bis zu dem Ende, etwa 6 Zoll betrug,) an diesem Ende an den mit einem Hahne versehenen Hals einer gläsernen Glocke, an den sich zugleich eine Blase, die auch einen Hahn 20 hatte, anschrauben ließ. Glocke und Blase wurden auf die gewöhnliche Art mit der Gasart gefüllt, und dann durch sanftes Zusammendrücken der Blase die Pfeife angeblasen, wobei aber alle Vorsicht nöthig war, damit die Pfeife nicht statt ihres Grundtons einen von ihren höhern Tönen gab. Die Temperatur war die an kühlen Frühlingstagen gewöhnliche. Zwei Saiten, welche mit dem Pfeifentone der at25 mosphärischen Luft im Einklänge gestimmt waren, gaben bei jeder andern Gasart den Vergleichungston an. d. H. 3 Im Vergleiche mit dem Gewichte der atmosphärischen Luft, als Einheit, ist das specifische Gewicht des Sauerstoffgas 1,103, des kohlensauren Gas 1,5, des Salpetergas 1,195, des Wasserstoffgas 0,084, und des Stickgas 0,985. Doch ist zu 30 bemerken, daß | diese Angaben für die specifischen Gewichte der Gasarten nicht 194 von den untersuchten hergenommen, sondern aus den gewöhnlichen Angaben entlehnt wurden. A. 2
167
1799 aber, das man durch Zersetzung des Wassers in einer glühenden Röhre erhalten, eine Octave und eine kleine Terz höher, als die atmosphärische Luft, indeß, nach dieser Theorie, das Wasserstoffgas um eine Octave und eine große Terz hätte höher als die atmosphärische Luft klingen müssen. Auch das S t i c k g a s wich von der Theorie merklich 5 ab, und tönte, statt etwas höher als atmosphärische Luft zu klingen, um einen halben Ton tiefer, und dieses fand zwar gleichförmig bei Stickgas, das man auf drei verschiedne Arten entwickelt hatte, statt. Die Abweichung des Wasserstoffgas ließe sich vielleicht noch aus der großen Verschiedenheit seiner Güte mit Hinsicht auf andre bei- 10 195 gemengte Gasarten und fremde Dämpfe erklären, vielleicht auch | so die Abweichung beim Stickgas, wodurch sich dieses auf mehrfache Art, ζ. B. durch seine Ausdehnung bei größern Wärmegraden nach den Pronyschen4 Versuchen, vor allen andern Gasarten auszeichnet. Doch scheint man in der That hierdurch berechtigt zu seyn, mit Hrn. D. 15 Chladni zu schließen, daß die Geschwindigkeit der Schwingungen einer ausdehnbar flüssigen Materie, sich aus den bisher angenommenen mechanischen Principien allein, nicht bestimmen läßt, sondern daß sie außerdem noch von andern Eigenschaften derselben abhängt. Diese Versuche lernte Ρ e r ο 11 e aus einer kurzen Notiz im B u l l e - 20 t i n des s c i e n c e s 5 und dem J o u r n a l de P h y s i q u e 6 kennen; und im V. Theile, S. 455, dieser letztern Zeitschrift findet sich ein Brief von ihm an D e l a m e t h e r i e , worin er diese Versuche angreift. Und zwar zuerst die in jenen französischen Zeitschriften mitgetheilte Nachricht, daß ein Gemisch aus Stickgas und Sauerstoffgas, nach andern Verhält- 25 nissen als in der atmosphärischen Luft, einen von dieser völlig ver196 schiedenen Ton | angebe, welche freilich nur auf einem Irrthume der französischen Journale beruhte; denn C h l a d n i fand im Gegentheile, daß der Ton einer Mischung aus beiden Gasarten sich nicht merklich änderte, als anfangs nur [A, nachmals aber über Vi Sauerstoffgas in der 30 Mischung war. Dagegen zeigte sich der merkwürdige Umstand, daß der Ton dieser Mischung völlig der Ton der atmosphärischen Luft, und folglich höher war, als in jeder der beiden Gasarten einzeln; ein Umstand, der Herrn C h l a d n i mit dem in Verbindung zu stehn scheint,
4 5 6
J o u r n a l p o l y t e c h n i q u e , IV. Cahier. Pluviose, an 6. Messidor 1, an 6.
168
35
Perolle's Bemerkungen zu Chladni
daß sich der Schall durch die atmosphärische Luft schneller fortpflanzt, als er es nach der Theorie sollte.7 Gegen die übrigen Versuche führt P e r o l l e nicht sowohl Gegenversuche, unter gleichen Umständen angestellt, an, als vielmehr 5 P r i e s t l e y ' s 8 und seine eignen9 Versuche über den Ton klingender Körper in verschiedenen Gasarten, auf die er | sich schon in den vori- 197 gen Aufsätzen einigemahl berief. Er füllte mit diesen Gasarten gläserne Recipienten, in denen er Glocken durch ein Uhrwerk schlagen ließ, und folgendes waren die Resultate dieser Versuche: 10
Gasarten. Atmosphärische Luft, mit der die übrigen verglichen werden. Kohlensaures Gas
Der Ton in denselben schien
Beschaffenheit d. Klangs
Abstand von der Glocke, in welcher d. Ton aufhörte gehört zu werden.
Fuß 56 merklich dumpfer 10
etwas tiefer
48
Zoll 9 5
7 Herr C h l a d n i führt dabei einen Versuch des Prof. D o t t i e r in W i e n an, der, wenn er sich bestätigen sollte, von Wichtigkeit seyn würde. Atmosphärische Luft in einer 5 Fuß langen und l'A Z. weiten, wohlverschlossenen Röhre über ein Jahr 25 lang in völliger Ruhe aufgehoben, hatte sich nach der specifischen Schwere ihrer beiden Bestandtheile geschieden, indem ein hineingetauchtes Licht oben verlöschte, unten aber stärker brannte. d. H. 8 O b s e r v . e t e x p e r . s u r d i f f e r e n t e s b r a n c h e s d e l a P h y s i q u e , III. T., p. 355. 9 R e c u e i l d e l ' a c a d . d e s s c i e n c e s d e T u r i n , ann. 1786 et 1787. 30 10 P r i e s t l e y ' n schien der Ton in dieser Gasart stärker als in der atmosphärischen Luft zu seyn. Daß der Ton tiefer wurde, erklärt Herr D. C h l a d n i sich daraus, daß die Schwingungen eines Körpers, wenn das umgebende Medium dichter wird, wahrscheinlich an Geschwindigkeit abnehmen; daher die | Töne in der 197 35 Atmosphäre tiefer, als im luftleeren Räume, und noch tiefer im Wasser seyn müssen. Stickgas ist weder von P r i e s t l e y noch von Ρ e r ο 11 e untersucht worden. d. H .
169
1799
etwas heller schneidender 63 d e m vorigen Salpetergas ähnlich eben so 63 war nicht gut zu unterschieden, und ähnlicher einem schwachen Geräusche als ohne einem Annehmlichkeit bestimmten Tone und ohne Kraft Wasserstoffgas 11 Sauerstoffgas
5
10
198 »Wie k a n n nun«, fragt P e r o l l e , »ein Fluidum, das in der Flöte den Ton u m 9 Töne steigert, ohne menschliche W i r k u n g auf den Ton eines klingenden Körpers seyn? Die neuen Versuche stehen daher sowohl 15 m i t den Priestleyschen als m i t den m e i n e n i m Widerspruche.« Ich würde darauf antworten, daß dieser Widerspruch bei etwas genauerer Betrachtung völlig verschwinde. Bekanntlich werden die H ö h e und Tiefe des Tons eines klingenden Körpers lediglich durch die Geschwindigkeit seiner Schwingungen bestimmt. Die umgebende Flüs- 20 sigkeit n i m m t n u r die e m p f a n g e n e Zahl von Eindrücken auf, und bestimmt zum Theil durch ihre Dichtigkeit die Stärke und Schwäche, nicht die H ö h e des Tons. Bey Blasinstrumenten hingegen, wo die L u f t in der Pfeife selbst der tönende Körper ist, und durch ihre Schwingungen den Ton bestimmt, wird auch die Dichtigkeit der Luft, bei 25 gleicher Länge der Luftsäule, die H ö h e und Tiefe des Tons bestimmen. P e r o l l e ' s Versuche konnten daher nur die Stärke und Schwäche des Tons in den verschiednen Gasarten bestimmen, die Chladnischen hingegen belehren uns über die Höhe und Tiefe des Tons der Gasarten. 11
198
11 I n der Nachricht, welche H e r r Dr. C h l a d n i von seinen Versuchen im Voigt- 30 sehen Magazin f ü r | den neuesten Zustand der N a t u r k u n d e etc., Bd. I, St. 3, giebt, m a c h t er schon auf diese wesentliche Verschiedenheit seiner Versuche von d e n e n P r i e s t l e y ' s u n d P e r o l l e ' s a u f m e r k s a m . »Die Versuche dieser beiden Naturforscher«, sagt er, S. 17, »betreffen n u r die Intensität, m i t welcher die Schwing u n g e n eines a n d e r n elastischen Körpers, (einer angeschlagenen Glocke,) durch 35 diese Gasarten fortgeleitet werden, u n d auch diese L e i t u n g s f ä h i g k e i t e n verhalten sich nicht völlig wie die Dichtigkeiten der Gasarten. Bei m e i n e n Versuchen w a r
170
Perolle's Bemerkungen zu Chladni Durch eine Verstümmelung der Nachricht in den französischen Zeit- 199 Schriften schien es, als wenn die Physiker so unbestimmt in Rücksicht der Tonangabe gewesen wären, daß sie den Ton des Wasserstoffgas zwischen einer Octave und einer Octave und kleinen Terz angegeben 5 hätten. Ρ e r o l l e
benutzt dies, u m die ganze Versuchsreihe wegen
Mangel an Genauigkeit in Zweifel zu ziehen; das Mißverständniß löst sich aber bald auf, wenn m a n hinzufügt, daß die beiden Physiker aus 200 Vorsicht drei verschiedene Sorten 1 2 Wasserstoffgas versuchten. Bei dem durch Eisen und Schwefelsäure erhaltenen, betrug der Un10 terschied des Tons von dem durch atmosphärische L u f t etwas über eine Octave; bei dem durch Zink und Salzsäure eine Octave und einen ganzen Ton; endlich bei dem durch Zersetzung der Wasserdämpfe in glühenden Röhren eine Octave und eine kleine Terz. Diese Unterschiede erregen i m m e r eine Hoffnung, deren Erfüllung nicht sehr 15 schwierig zu seyn scheint. W i r könnten nämlich dem gemäß j e t z t , für feinere U n t e r s u c h u n g e n ,
die G ü t e
des
Wasserstoff-
gas, was b i s h e r fast u n m ö g l i c h war, m e s s e n , und zwar in einem,
dem
Chladnischen
(Hydrogenometer) d u r c h 20 V i e l l e i c h t , Manometer einrichten
daß
auch
ähnlichen
die
Höhe
ein
brauchbares
für l u f t f ö r m i g e
des
Flötenapparate
angegebenen
Tons.
Eudiometer
Flüssigkeiten
sich
und
darnach
ließen.
E i n e sehr auffallende Bestätigung jener Versuche findet m a n in einem
zufälligen Versuche M a u n o i r ' s . 1 5
Dieser athmete
einst
bei
25 P a u l in G e n f Wasserstoffgas aus Scherz ein, und empfand keine Unbequemlichkeit. Als er aber sprechen wollte, hatte seine S t i m m e einen so grellen Ton, ( g r e l e e t f l u t e ) , daß er erschrak. P a u l wiederholte den Versuch mit demselben Erfolge. A. v. A r n i m . 30 die Absicht, die Geschwindigkeit der Schwingungen, (nicht die Stärke des Klanges,) zu untersuchen, und dabei erinnere ich mich nicht, eine beträchtliche Verschiedenheit der Stärke bemerkt zu haben, außer daß beim Wasserstoffgas der Klang schwächer, und beim Salpetergas am schwächsten und unvollkommensten 35 war.« Noch muß ich hier hinzufügen, daß wir ein ausführliches Werk P e r o l l e ' s unter dem Titel: R e c h e r c h e s s u r l a p r o p a g a t i o n du son d a n s d i v e r s m i l i e u x , t a n t s o l i d e s q u e f l u i d e s , zu erwarten haben, welches binnen kurzem der Presse übergeben werden soll. d. Η . 12
40
13
V o i g t ' s Magazin, S. 74. B i b l . b r i t a n n i q u e , No. 79, 80, pag. 347.
171
249
Beobachtungen über scheinbare Verdoppelung der Gegenstände für das Auge, von L . A. v o n A r n i m .
5
Zufällig sah ich vor einiger Zeit nach einem Lichte durch eine Glasröhre, die an einer Seite weit war, auf der andern sich in eine enge Oeffnung endigte. Ich war sehr überrascht, als ich das andere Auge öffnete, das Licht verdoppelt und die beiden Bilder in beträchtlicher Entfernung von einander zu sehen. Vergebens bemühte ich mich, diese 10 Erscheinung irgendwo aufgezeichnet zu finden; dies bestimmte mich, sie genauer zu betrachten. 1. Sie fand sich nicht bei einem leuchtenden Körper allein, sondern bei jedem andern. 2. Sie war nicht Folge eines mechanischen Drucks auf das Auge, denn ich konnte die Röhre zwei Fuß vom Auge entfernt halten, und die einzige begleitende Veränderung war, daß die Bilder näher an einander rückten. 3. Sie war nicht in der besondern Beschaffenheit einer Seite der Röhre gegründet, denn es hatte keinen Einfluß, wie ich auch die Röhre verschieben mochte. Auch in der Durchsichtigkeit lag es nicht, denn ich konnte sie unbeschadet von innen und außen mit Papier bekleben. Auch war diese Röhre nicht 250 allein dazu geschickt, sondern je|de andere, die nur etwa 2 bis 3 Linien im Durchmesser hatte. 4. Selbst die Röhre war nicht nothwendig, sondern wenn ich eine Oeffnung von einer Linie im Durchmesser in ein Papier schnitt, mit dem einen Auge durch dieses, mit dem andern unmittelbar nach einem Buchstaben sah, so erschien dieser verdoppelt. 5. Diese Erscheinung ist nicht vorübergehend, bedarf auch keines Kunstgriffs, um zu gelingen, und findet für beide Augen statt. 6. Das Bild in der Röhre liegt immer nach der Seite des Auges, welches nicht durch die Röhre sieht; und nimmt man zwei Röhren, eine vor jedes 172
15
20
25
30
Verdoppelung der Gegenstände für das Auge
5
10
15
20
Auge, so scheinen sich die Röhren zu durchschneiden; und schließe ich dann das rechte Auge, so verschwindet das Bild an der linken Seite, und umgekehrt. 7. Das Bild in der Röhre ist verändert, es ist trüber, und man setzt es daher in eine etwas größere Entfernung. 8. Man zeichne zwei willkührliche Figuren in einer kleinern Entfernung von einander, als in welcher beide Augen von einander stehen, verdecke die nächste für das eine Auge durch ein Holzstück, die andere für das andere Auge durch ein zweites Holzstück, so wird, wenn immer nur Ein Auge geöffnet wird, die erste Figur diesseits des ersten Holzstücks, die andere diesseits des zweiten liegen. Werden hingegen beide Augen geöffnet, so fällt die erste jenseits des ersten, die zweite jenseits des andern, und die beiden Holzstücke scheinen zusammenzufallen. 9. Einen Buchstaben sah ich durch ein Glas, welches etwa ums Doppelte | vergrößert, mit einem und zugleich auch mit dem andern unbewaff- 251 neten Auge an; es stellten sich zwei Bilder dar, von denen das vergrößerte nach der Seite des unbewaffneten Auges lag, ungeachtet es selbst, was merkwürdig ist, entfernter zu liegen schien als das andere.1 10. Ich wählte ein | um ungefähr eben so viel verkleinerndes Glas, und 252 fand ebenfalls die Verdoppelung der Bilder; eben so lag auch jetzt das verkleinerte Bild auf der Seite des unbewaffneten Auges, und das ver-
Da Schein fast ganz auf subjectiven Gründen beruht, und dabei so viel auf das Organ, auf Gewohnheit und Urtheil ankommt, so läßt sich davon nicht wohl etwas gemein geltendes aussagen. Bekanntlich ist es eine der leichtesten Methoden, die Vergrößerung von Glaslinsen und Ferngläsern zu schätzen, daß man einen bequemen Gegenstand, besonders ein Ziegeldach, mit einem Auge durch das Fernrohr vergrößert, mit dem andern durch das unbewaffnete Auge sieht, die Grenze beider Bilder in einander fallend macht, und nun ihre Größe vergleicht. Wer sich nicht darauf geübt hat, dem verschwindet gewöhnlich das eine Bild, indem er das andere gewahr wird. Dunkler erscheint das vergrößerte allerdings nach Verhältniß des Quadrats der Vergrößerung; allein entfernter ist es mir deshalb nicht vorgekommen. Sonderbar, daß ich die vom Verfasser angegebenen Erscheinungen eines Lichts durch ein Stück einer Tabakspfeifenröhre gehörig, durch eine conische Glasröhre dagegen, nur ein einziges Mahl auf einige Augenblicke wahrnahm, sonst durch sie immer nur e i η Licht mit beiden Augen erblickte. Daß dabei nicht etwa ein Auge nichts sah, würde ich daraus schließen, daß bei dem ProjektionsMikrometer die Bilder des Netzes auf Oehlpapier, das man mit | dem linken Auge 251 sieht, und ζ. B. des Mondes, den man mit dem rechten Auge durch das Fernrohr sieht, in eins zusammenfallen, und man den Mond auf dem Oehlpapiere liegend zu sehn glaubt, wäre dieser Fall nicht von dem des Versuchs wesentlich verschieden. d. H . 1
25
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35
40
173
1799
kleinerte Bild schien näher zu liegen. Unser Urtheil über die Entfernung in diesem und dem vorhergehenden Falle wird durch die Deutlichkeit bestimmt, daher das größere doch entfernter schien. 1 1 . Wenn ich dagegen durch eine sehr stark vergrößernde oder verkleinernde Glaslinse irgend etwas sah, so blieb nur Ein Bild, wenn auch 5 beide Augen nach dem Gegenstande gerichtet waren, und ich konnte willkührlich bald das veränderte, bald das unveränderte Bild durch eine Veränderung, die, nach dem G e f ü h l e , im Innern des Auges vorging, sehen. Ich will mit der Erklärung dieser letztern Erscheinung anfangen. 10 W i r sehen hier den Gegenstand durch die Wirkung der Glaslinse in einer von der wahren, (welche das andere Auge wahrnimmt,) verschiedenen Entfernung. D a nun das Bild eines entferntem Gegenstandes nicht so weit hinter die Krystall-Linse als das Bild eines nähern 253 fällt, zum deutlichen Sehen aber erfordert wird, daß die Spitze des 15 Strahlenkegels auf die Netzhaut fällt, so hat die Krystall-Linse das Vermögen, welches Y o u n g 2 sehr scharfsinnig aus der faserigen Bildung derselben erklärt, nach dem jedesmahligen Gebrauche ihre K r ü m m u n g zu ändern. D a wir aber wahrnehmen, daß alle andere innere Bewegungen des Auges, Stellung der Achse u. s. w., von beiden 20 Augen zugleich und gemeinschaftlich gemacht werden, so läßt sich auch auf ein gemeinschaftliches Zusammenziehen der Krystall-Linse schließen. Ist aber dies der Fall, so wird, nach dem oben angeführten Grunde, bei einem beträchtlichen Unterschiede, der Gegenstand für das unbewaffnete Auge nicht sichtbar seyn, in so f e m er es f ü r das 25 bewaffnete wird, und umgekehrt. Alle übrige Beobachtungen lassen sich eben so leicht aus angenommenen Bedingungen und Gesetzen des Sehens und des Lichts erklären, aus der Beugung desselben und aus der Ortsveränderung der Gegenstände, die nicht im Horopter liegen. 3 Das Licht oder jeder andere 30 Gegenstand, worauf wir sehen, liegt hier im Horopter, also alles an254 dere diesjseits oder jenseits; so auch die Röhre, das Glas, das Papier, durch welches wir den Gegenstand sehen. Die Deutlichkeit und Größe des Gegenstandes werden durch Beugung in der Röhre und im Papiere, durch Brechung im Glase verändert, der Gegenstand wird vergrö- 35 2
G r e n ' s Journal der Physik, Bd. VIII, S. 415. A. Vergl. S m i t h ' s O p t i k , S. 43 u. folg. Ich brauche wohl nicht zu e r i n n e r n , daß die dort a n g e f ü h r t e n Beispiele v o m Doppeltsehen n u r eine der Ursachen m i t den von m i r beobachteten g e m e i n haben. A. 3
174
Verdoppelung der Gegenstände für das Auge
ßert oder verkleinert, dunkler oder heller. Die beiden Bilder sind daher verschieden, und wir müssen sie an verschiedene Orte setzen; da aber das mit bloßem Auge Gesehene im Horopter liegt, kann das andere nicht darin liegen, sondern es muß in der Richtung der eben5 falls nicht im Horopter befindlichen Röhre, Glases oder Papiers seyn, und wird so auf einen dem andern nicht correspondirenden Punkt der Netzhaut fallen. Hieraus scheint die Erklärung aller beschriebenen Versuche unmittelbar zu folgen. Durch die Beugung an einem Körper, der nicht im Horopter liegt, 10 läßt sich auch, wie ich glaube, die von S c h e i n e r 4 zuerst beobachtete Erscheinung der Verdoppelung eines Lichts in demselben Auge, wenn man es durch eine Karte sieht, in welche mehrere Löcher gestochen sind, leichter als nach l a M o t t e erklären. 5 Auch erklärt sich, wie R o c h on, 6 durch Zusammensetzung von Glasplatten von verschiede15 ner Brechbarkeit, einen künstlichen verdoppelnden Krystall hat hervorbringen können, und warum Trunkene und andere, denen ein Auge voll Wasser | steht, ohne Verrückung der Augenachse etwas doppelt 255 sehen können. In allen oben angeführten Fällen wurde ein Gegenstand immer von 20 beiden Augen deutlich gesehen; es wurde auch der Grund gezeigt, warum er verschieden gesehen wurde. Dies ist der von G a s s e n d i 7 und später von Herrn M ö n n i c h 8 vertheidigten Behauptung der relativen Ruhe des einen Auges, wenn gleich beide nach Einem Gegenstande gerichtet sind, wenigstens in so fern entgegen, daß doch beim 25 ersten Anschauen eines Gegenstandes beide Augen thätig sind. Sonst würde, wenn ich einen Gegenstand durch jene Röhre betrachte, und nun das andere Auge öffne, die Verschiedenheit nicht wahrgenommen werden können. »Wenn ich«, sagt Herr M ö n n i c h , »beide offene Augen auf Einen und denselben Gegenstand richte, so ist die Richtung 30 des einen Auges von der des andern verschieden.« Das ist aber der Erfahrung gar nicht gemäß, nach welcher die beiden Augenachsen sich immer unter demselben Winkel nach einem Gegenstande richten. 4
S c h o t t i i m a g . u n i v e r s . , p. 37. A. V e r s u c h e u n d A b h a n d l u n g e n d e r G e s e l l s c h a f t i n D a n z i g , Β. II, 35 S. 290. P r i e s t l e y ' s G e s c h i c h t e d e r O p t i k , übersetzt von K l ü g e l , S. 490.
A. 6
C r e l l ' s N e u e s t e E n t d e c k u n g e n i n d e r C h e m i e , T h . IX, S. 3 bis 6.
A. A.
Opp., Τ. II, p. 395. 40
8
S a m m l u n g der deutschen m i e , Berlin 1796, S. 46 bis 66.
Abhandlungen
der Berliner
Akade
A. 175
1799 Die Versuche, die Herr M ö n n i c h anführt, beweisen alle nur, daß bei einigen Menschen der Fall ist, daß sie gewöhnlich nur m i t E i n e m Auge sehn. Der erste Versuch, (S. 47,) über einen Gegenstand, der, von einem andern zwischen stehenden gedeckt, m i t beiden Augen nicht gesehen wird, und hervortritt, w e n n m a n ein Auge zumacht, der, wie er selbst sagt, nicht allen gelingt, hat keinem von denen, die ich u m Wiederholung bat, gelin|gen wollen. Wenn dabei nicht ein I r r t h u m statt gefunden, daß die Achse des einen Auges beim Z u m a c h e n des andern die Lage verändert, so ist wenigstens dieser Erfolg ganz subjectiv. Eben so wenig läßt auch der Erfolg der Wiederholung der Janinschen Versuche eine allgemeine Folgerung zu. J a n i n 9 sah durch Brillen mit verschieden gefärbten Gläsern nach einem Gegenstande, und sah diesen in der Farbe, die aus d e m Vorhalten beider Gläser vor Ein Auge entsteht: es wurde ζ. B. aus blau und gelb, grün; aus blau u n d roth, violett. Herr W a l t h e r 1 0 wiederholte diese Versuche m i t gleichem Erfolge, aber Herr M ö n n i c h sah i m m e r n u r Eine der beiden Farben, und höchstens n u r einen vermischt gefärbten Ring. Ich habe jene Versuche ebenfalls wiederholt, und ein dem Janinschen völlig entsprechendes Resultat erhalten. So weit ich die Gegenstände m i t beiden Augen sehen konnte, hatten sie die Farbe der Vermischung; das hingegen, was nur mit E i n e m Auge gesehen wurde, die Farbe des vorgehaltenen Glases. Hieraus folgt, daß es noch völlig unerwiesen ist, daß beim größten Theile der Menschen gewöhnlich eine relative R u h e des einen Auges statt finde, daß vielmehr Versuche dagegen sind, daß hingegen die Versuche, die bisher zum Beweise gebraucht wurden, n u r in der ausgezeichneten Beschaffenheit der Augen der einzelnen Menschen gegründet waren.
9 J a n i n ' s A b h a n d l u n g ü b e r d a s A u g e u n d s e i n e K r a n k h e i t e n , Berlin 1776, S. 38 u. 39. A. 10 D e u t s c h e A b h a n d l u n g e n d e r A k a d e m i e z u B e r l i n , Berlin 1793, S. 3 bis 11. A.
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Ueber die Bewegungen kleiner brennender Dochte, wenn sie in einem Becken mit Oehl schwimmen; von Patrick Wilson, Prof. der prakt. Astron. zu Glasgow1.
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Die h y d r o s t a t i s c h e L a m p e (wie sie Herr Wilson nennt) be10 steht aus einem kreisförmigen Schnittchen von gewöhnlichem Schreibpapiere, ungefähr 3/8 Zoll im Durchmesser; etwa 1/4 Zoll gesponnene Baumwolle, durch eine Oeffnung in der Mitte des Papieres gesteckt, vertritt die Stelle des Dochtes, und das Lämpchen schwimmt in einem flachen gläsernen Becken mit beynahe senkrech15 ten Seiten, auf Provenceröhl. Sobald die Lampe angezündet ist, segelt sie schnell nach der Seite des Gefäßes zu, stößt daran, und geht dann nach der Seite des Gefäßes zu sich drängend im Kreise umher, wobey sie bald von der Rechten nach der Linken, bald in entgegengesetzter Richtung circulirt, je nachdem der vorderste | Punct der papiernen 448 20 Basis (der Leitungspunct), der zuerst an der Seite anstieß, sich nach der Berührung des Glases rechts oder links umkehrt. Dieses Umkehren bemerkt man deutlich an einer partiellen Umdrehung der Lampe um den Docht, als ihre Achse, welche so bald, als sie an den Rand des Gefäßes kömmt, statt hat. Bisweilen, aber selten, bleibt auch der Lei25 tungspunct unbeweglich an der Seite des Gefäßes stehn, und hält die Lampe fest ( f o r m s t h e v i n c u l u m ) , zufolge der wohlbekannten Anziehung zwischen der Erhebung des Oehls um die Basis, und an den Seiten des Glases. 1 T r a n s a c t , of t h e R o y . S o c . of E d i n b u r g h , V. 4. 1798. ausgezogen in 30 N i c h o l s . J o u r n . of n a t . p h i l . V. 2. p. 167.
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H a t der kleine Docht irgend eine merkliche Excentricität auf der kreisförmigen papiernen Basis, so segelt die L a m p e so, daß der dem Dochte zunächst liegende Theil das Hinterheil wird. Macht m a n die Basis der L a m p e oval, und setzt den Docht in die längere Achse excentrisch, so bleibt das d e m Dochte zunächst liegende Ende der Basis 5 ebenfalls hinten, wenn die L a m p e queer über das Becken schwimmt. Ist endlich das Papier ein gleichseitiges Dreyeck, und steckt der Docht in einem Perpendikel auf einer der Seiten, so wird entweder diese Seite oder die gegenüberstehende Spitze das Hintertheil, je nachdem der Docht der einen oder der andern am nächsten liegt. Diese L a m p e n 10 bewegen sich ebenfalls kreisförmig, so bald sie an die Seiten des Gefäßes k o m m e n wenn, wie es gewöhnlich geschieht, der Leitungspunct sich vom Glase wegkehrt. 449
Dieser stete Kreislauf der Lampe, nachdem sie an die Seite des Gefäßes g e k o m m e n ist, scheint W i l s o n von derselben Kraft herzurühren, welche sie vorher antrieb, und noch auf dieselbe Art, aber in einer schiefen Richtung gegen die anziehende Kraft, welche das Vinculum bildet, wirkt. Diese Inclination, sagt er, werde offenbar größer oder geringer seyn, je nachdem der Leitungspunct m e h r oder weniger von dem Glase abgekehrt ist. Wenn der Leitungspunkt und das Vinculum coincidiren, so scheint es, daß beide Kräfte die L a m p e in senkrechter Richtung nach der Seite des Glases zu forttreiben und dort still halten werden, welches auch der Beobachtung gemäß ist. Wenn die L a m p e in gerader Richtung schwamm, so war eine d e m Anschein nach sehr active Repulsion zwischen ihrem Hintertheile und d e m daran liegenden Oehle bemerkbar. U m sie noch anschaulicher zu machen, streute W i l s o n sehr feinen Holzkohlenstaub u m das Lämpchen. D a n n entstand beym Fortsegeln derselben hinter ihr ein divergirender Streifen, der von allem Kohlenstaub frey war, indem dieser zurück und zu den Seiten, und zwar m i t einer weit m e h r als relativen Bewegung, fortgetrieben wurde. U m diese Zerstreuung des Kohlenstaubes bey einer unbeweglichen L a m p e zu beobachten, verfertigte W i l s o n ein L ä m p c h e n von feiner Oblate, mit einem excentrischen 450 Dochte, der aus einem doppelten | und weichen Faden Baumwolle bestand. Die obere Fläche dieser Oblate überzog er m i t Goldblättchen, damit sie kein Feuer fangen möchte; und machte sie n u n auf dem Oehle unbeweglich. Der Kohlenstaub zog sich von ihr nach allen Richtungen zurück, und zwar an der d e m Dochte zunächst liegenden Seite am schnellsten, an der entgegenstehenden Seite a m wenigsten merklich. 178
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Ueber die Bewegung kleiner brennender Dochte
Hieraus glaubt W i l s o n sowohl die progressive Bewegung der L a m pe, als auch das allgemeine Gesetz der oben beschriebenen Bewegungen erklären zu können. Denn, betrachtet m a n diese Zerstreuung des Staubes f ü r jetzt blos im Allgemeinen als die W i r k u n g einer Repulsion 5 zwischen der L a m p e und dem angränzenden Oehle, so zeigen die oben a n g e f ü h r t e n Thatsachen offenbar, daß in allen Fällen diese Repulsion an d e m der F l a m m e oder dem Dochte zunächst liegenden Theile a m stärksten ist, und da W i r k u n g und Gegenwirkung gleich und entgegengesetzt sind, so m u ß die L a m p e in der Richtung der Linie fortge10 trieben werden, die m a n sich durch den Docht nach d e m von der F l a m m e entferntesten Theile der Lampe, wo die Gegenwirkung am Schwächsten ist, gezogen denken kann.
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U m aber eine noch deutlichere Einsicht in die physische Ursache dieser Bewegung zu erhalten, schien es i h m nöthig, dieser scheinbaren Repulsion genauer nachzuforschen, und hier boten | sich i h m folgende 451 Betrachtungen dar. Wenn das Oehl in dem Becken von gleichförmiger Temperatur ist, so befinden sich alle Oehltheile i m Zustande des Gleichgewichts und der Ruhe. Wird die L a m p e angezündet, so hört dieser Zustand des Gleichgewichts auf, indem die F l a m m e das unter ihr befindliche Oehl erwärmt, welches dadurch sogleich sein Volumen vergrößert, und fein specifisches Gewicht vermindert, daher es durch die Schwere der übrigen Masse emporgetrieben wird. Das Aufwärtssteigen der erhitzten Oehltheilchen wird durch das Gewicht der aufliegenden L a m p e verhindert; sie suchen sich daher einen Weg zu bahnen, und gleiten unter der L a m p e fort, als ein dünner Strom in der Oberfläche. Dieses beständige Strömen geht a m schnellsten und häufigsten nach der Seite hin, wo der Widerstand am geringsten, und der Weg, u m unter der L a m p e hervor zu kommen, a m kürzesten ist, d. h. vom Dochte ab nach dem d e m Dochte zunächst liegenden Rand der Basis. Die Gegenwirkung dieses Stroms des verdünnten Oehls ist daher auch ungleich, und m u ß die L a m p e in einer der stärksten Strömung entgegengesetzten Richtung forttreiben, da sie denn so schwimmen muß, wie wir gesehen haben. Dazu kömmt, daß das erhitzte und von der F l a m m e sich zurückziehende Oehl, welches sich etwas über der Oberfläche der übrigen Oehlmasse zu erheben sucht, auch i m Verhältniß der erlittenen Veränderung seiner specifischen Schwere den Theil der Lampen-Basis, wo es | austritt, bald m e h r bald weniger in die H ö h e 452 hebt. Dieses befördert die Gegenwirkung des Oehlstroms, und macht, daß die L a m p e in der entgegengesetzten Richtung desselben gleichsam bergabwärts schwimmt.
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Daß das unter der Basis verdünnte Oehl wirklich eine beständige Tendenz hat, sich zu erheben, scheint Wilson auch daraus unläugbar zu erhellen, daß eine Lampe, die eine Zeitlang gebrannt, und ihre Basis voll Oehl gesogen hat, sogleich untersinkt, sobald sie ausgeblasen wird. Dies geschieht auch bey einer Lampe von einer dünnen Lamelle von 5 G l i m m e r (Marienglas), die sehr gut schwimmt, bis die Flamme ausgelöscht wird, dann aber sogleich zu Boden sinkt. Dieser Erklärung entsprach auch folgender Versuch. Als er die Oberfläche des Oehls mit einer rothglühenden Eisenstange berührte, und so eine örtliche Erwärmung in demselben hervorbrachte, zeigte sich 10 ringsum vom Eisen ein solches Abströmen, so daß der auf der Oberfläche gestreute Kohlenstaub sich in immer mehr erweiternden Kreisen davon entfernte, bis er endlich ganz an dem Rande des Beckens zusammengedrängt war. Wurden sehr kleine Theilchen Goldblatt mit dem Oehle, wenn es eine sehr geringe Höhe hatte, vermischt, und 15 durch sie alle Bewegungen im Oehle sichtlich gemacht, so bemerkte 453 man unter|wärts einen entgegengesetzten Strom, der sich der glühenden Eisenstange von allen Richtungen her nahte, und dann aufwärts stieg2. Diese allgemeine Tendenz aller Theile der Flüssigkeit, sich durch 20 Bewegung ins Gleichgewicht zu setzen, läßt sich dem Auge auf folgende Art darstellen. Man gieße in eine Theeschaale oder in ein Punschglas, Wasser, und dazu einen Löffel voll sehr helles Provenceröhl, welchem kleine Goldblatttheilchen beygemischt sind. Wenn das Wasser kalt ist, und das Oehl allmälig und ohne Unterbrechung zuge- 25 gössen wird, so bleibt es mitten auf der Oberfläche des Wassers in Gestalt einer Linse, ganz isolirt, von den Seiten des Gefäßes in gleicher Entfernung. Ein Lämpchen auf diese Linse von Oehl gesetzt und angezündet, fährt und dreht sich eben so herum, wie längere Lampen in einem Becken mit Oehl. Bringt man sie in Ruhe, so bemerkt man, 30 daß die kleinen Goldtheilchen beständig an dem Hintertheile von dem Strome in der Oberfläche herausgeworfen werden, indeß die Theilchen auf dem Boden der Oehllinse langsam von allen Richtungen her nach der Lampe strömen, unter der Flamme, als dem großen 454 Mittelpunct der Anziehung emporsteigen, und dann von dem Strome 35
2 Eine Bestätigung der Rumfordschen Lehre, daß Oehl ein Nichtleiter der Wärme ist, d. h. daß die Wärme sich durch Oehl nicht nach unten fortpflanzt, d. Η.
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Lieber die Bewegung kleiner brennender Dochte
an der Oberfläche ergriffen, schnell wieder bis in einige Entfernung von der Lampe mit fortgerissen werden, wo sie wieder sinken, um den Kreislauf von neuem zu beginnen. Wenn ein Stückchen Papier, eine Oblate, oder ein anderer leichter Körper auf dem Oehle in dem Becken schwimmt, und man die Spitze eines heißen Eisen daran hält, so verläßt er, von einer scheinbaren Repulsion weggetrieben, seinen Ort; im Grunde aber ist es der von der Hitze hervorgebrachte Strom an der Oberfläche, der sich von dem Eisen nach allen Richtungen bewegt, der ihn mit sich fortreißt. Wirft man auf Terpentinöhl, Aether, Alcohol oder irgend ein andres entzündbares Fluidum, welches viele Tenacität besitzt, eine stark erhitzte Oblate; so gleitet sie sogleich von ihrem ersten Standpunct weg, und setzt ihre Bewegung fort, bis sie erkaltet ist, da dann auch der Strom, welcher unter irgend einem Theile derselben reichlich hervorkam, aufhört. Starker Rum, geschmolzener Talg, Wachs und Harz, zeigen dasselbe anhaltende Abströmen auf der Oberfläche, von dem Punct, wo eine örtliche Erwärmung vorgeht, und dieselben Erscheinungen, wie das Oehl, wenn man kleine Lampen auf ihnen schwimmen läßt. Auf dem W a s s e r bringt eine örtliche Hitze keine ähnlichen Wirkungen hervor. Hält man nemlich die Spitze eines beynahe glühenden Schiereisens sehr nahe an die Oberfläche des Wassers in einem Becken, so gleiten die Kohlenstäubchen ganz und gar nicht hinweg, sondern nehmen blos eine langsame irreguläre Kreisbewegung an, die sich bald weiter verbreitet, indeß die schwimmenden Partikeln beynahe ihren relativen Ort behalten. Dasselbe geschieht, wenn man auch gleich durch diese glühende Spitze das Wasser in ein gelindes Kochen bringt. Wilson meint, daß dies wohl daher rühre, weil das Wasser sich durch die Wärme bekanntermaaßen weit weniger ausdehnen lasse, als die brennbaren Flüssigkeiten, und daß die Ausdehnung desselben wohl zu gering seyn möge, um das Gleichgewicht der Theilchen so weit zu stören, daß dadurch ein solches Abströmen der leichtern und ausgedehnter, unter dem erhitzten Körper, entstehen könnte. Auch ist es möglich, daß die Wassertheilchen, wenn sie erwärmt werden, sogleich den Ueberschuß von Wärme dem angränzenden kältern Wasser mittheilen, und weit schneller, als es die entzündbaren Flüssigkeiten unter gleichen Umständen thun; so daß der hohe Grad der Temperatur, welcher eine so starke Expansion, wie sie zur Aufhebung des Gleichgewichts und zur Hervorbringung eines Stroms nöthig ist, nie zu Stan181
1799 de kommen kann; nicht zu gedenken, daß das M a x i m u m dieser Tem456 peratur nie 212 Grade, | als den Siedepunkt des Wassers, überschreiten kann. Daß das Gleichgewicht unter den Wassertheilen durch locale Anwendung der Hitze, obgleich in geringem Graden als bey entzündba- 5 ren Flüssigkeiten, wirklich unterbrochen wird, erhellt, wenn m a n ein Lämpchen in einer kleinen dünnen Schaale auf Wasser schwimmen läßt. Stand die Lampe etwas vom Rande, und zugleich etwas tiefer als derselbe, so daß sie mit dem Wasser einerley Niveau hatte, so bewegte sich die Schaale auf dem Wasser sehr langsam, und zwar immer so, 10 daß der Theil der Schaale, dessen Rande die F l a m m e am nächsten war, zu hinterst kam. Wurde dieselbe Schaale aus dem Wasser genommen, und in ein Becken mit starkem R u m gethan, so schwamm sie viel geschwinder, aber nach demselben Gesetze 3 . 457 In der Nachschrift giebt W i l s o n Anleitung zur Wiederholung sei- 15 ner Versuche. Der Faden, welchen er zu dem Dochte brauchte, war von sehr weicher Baumwolle, wie man sie zu dem geblümten Muslin nimmt. Nachdem er die Basis in einem Punct durchstochen hatte, steckte er ein Stückchen von dem Faden durch, schnitt ihn unten kurz ab, und drängte mit einer Nadel den Rand der Oeffnung rund u m den 20 Faden sanft an, damit die Basis ihn desto besser halten konnte. Dann schnitt er den überflüssigen Faden oben weg, und ließ den Docht ungefähr einen Viertelzoll lang; so war die Lampe fertig. Wenn er sie 5 Dasselbe thun auch die Versuche dar, welche P r e v o s t in seiner zweyten Abhandlung über die Mittel, die Ausflüsse riechender Körper sichtbar zu machen, 25 erzählt. Er näherte Scheiben aus dünner Zinnfolie, welche auf dem Wasser schwammen, einem glühenden Eisenstab. Hielt er ihn senkrecht über der Mitte der Scheibe, so blieb sie ruhen; über einen andern Punkt senkrecht gehalten, bewegte sich der Mittelpunct vom Stabe abwärts; in schiefer Richtung gehalten, 456 kam die Scheibe stets in der Richtung | des Stabs in Bewegung, gleichviel ob er 30 über den vordersten, den hintersten Theil oder den Mittelpunct gehalten wurde. Grade so, wie im ersten Fall, erfolgte die Bewegung, als er den Brennpunct einer Glaslinse auf die Scheibe fallen ließ. Solche Bewegungen, behauptete P r e v o s t , fänden bey leichten Körpern, die man in der Luft aufhängt, gar nicht, und auf dem Oehle nur sehr schwer statt; doch schmölzen die auf Oehl schwimmenden 35 Staniolscheiben bald. Auch reiche eine sehr dünne Oehllage, etwas Staub, oder das bloße Eintauchen der warmen Finger hin, diese Bewegungen auf dem Wasser zu verhindern. Alles dieses läßt sich aus den von W i l s o n angegebnen Gründen ohne Schwierigkeit erklären. Daß dabey aber wahrscheinlich noch ein andrer Umstand mit im Spiel ist, darüber sehe man die folgende von Arnimsche Bemer- 40 kung. d. Η.
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Lieber die Bewegung schwimmender Lampen auf | das Oehl setzte, so faßte er sie bey dem Dochte an, damit die 458 papierne Basis nicht gekrümmt oder zerknittert werden möchte; hierauf berührte er den Docht mit einem Tropfen Oehl, der dann zum anzünden fertig war. Zum Anzünden bediente er sich eines Stückchens 5 in Oehl getauchten Bindfadens, wodurch keine Unreinigkeiten auf das Oehl kamen, wie es mit einem Talg- oder Wachslichte geschehn seyn würde. Wenn sich die Lampe kreisförmig bewegen soll, so muß das Oehl sehr rein seyn, und in völlige Berührung mit den Seiten des Glases 10 gebracht werden. Das Oehl und das Becken müssen gleiche Temperatur, welche zwischen 55° bis 60° F. fallen kann, haben. Denn, wenn ein Theil des Randes beträchtlich heißer ist als der andere, so wendet sich die Lampe von dieser Seite weg.
Anmerkung zu Wilson's Versuchen über die Bewegung schwimmender Lampen, von L . A. v o n A r n i m . Bey der Wiederholung der Wilsonschen Versuche wurde es mir sehr wahrscheinlich, daß außer der durch Erhitzung im Oehl hervorgebrachten Strömung, noch eine andre Ursach mitwirke. 20 Wenn man an die merkwürdigen Versuche A c h a r d ' s über Adhäsion bey verschiedenen Graden | der Wärme 4 , und an die große Schwä- 459 chung derselben durch die Wärme sich erinnert, so dringt sich uns die Vermuthung auf, ob nicht etwa bey jenen Lampen eine ungleiche Erwärmung des Oehls unter derselben, und dadurch eine stärkere An25 ziehung nach der weniger erwärmten Seite, so wie eine leichtere Ausströmung des erwärmten Oehls an der andern Seite, und durch diese Ursach allein schon eine Bewegung der schwimmenden Lampe hervorgebracht werde. In dieser Absicht schnitt ich einige kreisrunde Lampen so genau wie möglich aus, befestigte den Docht genau in 30 ihrer Mitte und setzte sie auf das Oehl. Der Erfolg war, daß einige nach dem Anzünden sich bewegten, andre unbewegt stehen blieben. Bey diesen letzteren brauchte ich aber nur leise den Docht nach einer Seite überzubeugen, wodurch diese stärker erwärmt wurde, um sie sogleich in einer der Erwärmung entgegengesetzten Richtung in Be35
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Achard's ehem. phys. Schriften. Berlin 1780 S. 359. u. Tab. 1.
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1799 wegung zu setzen. Ich verfertigte eine elliptische Lampe, und setzte den Docht in einen der Brennpuncte; die Bewegung erfolgte nach dem leeren Theil der Scheibe; sobald ich aber den etwas langen Docht nach der andern Seite überbog, so erfolgt sie nach der entgegengesetzten Richtung. Ich glaube, daß diese Versuche jene Vermuthung hinlänglich bestätigen. Die kreisende Bewegung am Rande des Gefäßes läßt sich wohl am leichtesten aus der durch die Adhäsion des Gefäßes mit der Flüssigkeit hervorgebrachten Erhöhung der letztern erklären. Wird nemlich die weniger erwärmte, oder längere Seite der Lampe herangetrieben, so steht sie höher; dadurch wird der Strohm des erwärmten leichtern Oehls nach dieser Seite sich wenden. Ist er stärker als die Adhäsion, so wird die Scheibe mit der längern Seite herabsinken, und die kreisende Bewegung erfolgt. Diese Ansicht wird auch bey P r e v o s t ' s 5 Versuchen über die durch Sonnenstrahlen getriebenen Platten nutzbar. Auch bey diesen wird die auf der Flüssigkeit schwimmende Platte durch ein Brennglas nur an einer Seite erhitzt; es wird daher die Anziehung der Flüssigkeit gegen den kälteren Theil stärker, wohin die Bewegung geht. Bey schlechteren Wärmeleitern wird daher auch die Bewegung schneller als bey guten Wärmeleitern seyn. Dies bestätigen P r e v o s t ' s 6 Versuche sehr gut, nach welchen das Kupfer in Verhältniß seines Gewichts ungleich schneller als Zinn sich beweget, da nach Mayer 7 das Wärmeleitungsvermögen des Zinns 67, des Kupfers 39 ist.
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Ann. de Chimie T. 24. N. 70. p. 31-56. Ann. de Chimie p. 37. Ueber die Gesetze und Modif. des Wärmestoffs. Erlangen 1791. S. 255.
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Ueber die Versuche mit geblendeten Fledermäusen, von Jurine.
4βι
5 Die Leser des Grenschen Journals der Physik kennen aus mehrern Briefen Spallanzani's (das. Th. I. S. 399—443.) und andrer, die Versuche, welche einen neuen Sinn in den Fledermäusen vermuthen ließen. Die Versuche (S. 440. u. a.) mit den über den Kopf gezogenen Kappen, und die dadurch erfolgte Beraubung jenes Vermögens, ohne sehen zu 10 können und ohne Berührung, Gegenstände doch wahrzunehmen, diese mit demselben Erfolge oft wiederholten Versuche zeigten schon darauf hin, daß der Sitz desselben wahrscheinlich am Kopfe sey. Auf das Gehör fällt man am ersten, auch Spallanzani vergaß dies nicht; aber das Verstopfen der Fledermaus-Ohren (S. 412.) mit Klebewachs scha15 dete ihrem Fluge nicht; also glaubte er, daß kein Eindruck auf die Gehörorgane die Ursach sey. Anders fielen Jurine's 1 Versuche aus, die er mit dem v e s p e r t i l i o a u r i t u s und dem f e r r u m e q u i n u m anstellte. Einigen goß er flüssiges Fett, andren zustopfende Salben in die 20 Ohren, noch andern zerstieß | er das Trommelfell. Konnten sie noch 462 sehen, so waren sie zwar unruhig, aber sie wußten sehr gut allem auszuweichen, woran sie sich hätten stoßen können. Sobald er sie aber auch des Gesichts beraubte, stießen sie sogleich an allen Orten an, und hatten keinen sichern Flug mehr. Nahm man das Fett wieder aus den 25 Ohren, so war der Flug und ihre gute Unterscheidungsgabe wieder hergestellt. Jurine untersuchte den Kopf dieser Thiere anatomisch, er fand das Gehörorgan in Verhältniß sehr groß, und sehr viele dazu gehörige Nerven. Auch der obere Kinnbacken hatte große Nerven, die sich auf der Schnauze ausbreiteten. Jurine Schloß aus jenen Erfahrun30
1
J o u r n a l de P h y s i q u e p a r D e l a m e t h e r i e , Τ. III. p. 145—148.
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gen, daß das Gehörorgan diesen T h i e r e n in Ermangelung des Gesichts diene, die Nähe von Gegenständen, ohne sie zu berühren, wahrzunehmen. So weit Jurine; wenn wir indessen noch einen Schritt weiter gehen, und fragen, was auf diesen Sinn wirkt, so bieten sich uns m e h r e r e 5 Unterarten dar. Vielleicht ist es der stärkere Gegendruck der Luft, wo eine Wand oder ein andrer fester Körper die durch den Flug des Thiers erhaltene Bewegung derselben zurückwirft? Aber Jurine sowohl wie Spallanzani sahen, daß sie auch weitmaschige Netze sogar vermieden. Vielleicht ist es der Eindruck des fast ununterbrochenen Luftstroms 2 , 10 463 der wegen der ungleichen E r w ä r m u n g der W ä n d e und der L u f t fast beständig statt findet? Ich glaube kaum, denn auch bey denen Dingen, die in der Stube standen, also sicher die L u f t t e m p e r a t u r hatten, nahm e n jene Beobachter das erwähnte Vermögen der Fledermäuse wahr. Aber ist es nicht vielleicht die jedem Körper eigene Luft-Atmosphäre, 15 die eine Folge der Anziehung ist? Ich glaube, daß diese Vermuthung nicht ganz zu verwerfen ist, da m a n auf das Daseyn derselben nicht blos geschlossen, sondern durch den Marumschen Versuch m i t dem Brennen des Phosphors i m fast luftleeren R ä u m e 5 sich überzeugt hat. Daß eine ausgezeichnete Einrichtung des Organs dazu gehöre, u m 20 diese feine Aenderung des Luftdrucks wahrzunehmen, ist nicht zu leugnen. Diese zeigt auch wirklich die anatomische Zergliederung so wie auch die Empfindlichkeit m a n c h e r Kranken für Töne, die keinem andern w a h r n e h m b a r sind ihnen das Wunderbare n e h m e n . Auch die etwas u n a n g e n e h m e E m p f i n d u n g bey dem nahen U e b e r f ü h r e n eines 25 Körpers über das Gesicht (ohne es doch selbst oder die feinen Haare zu 464 berühren) nach Art der sogenannten magnetischen | Curen, läßt sich sehr wahrscheinlich eben daraus erklären. D e n Beweis, daß die Beugung ( i n f l e x i o , d i f f r a c t i o ) des Lichts wahrscheinlich nichts anders, als eine Brechung ( r e f r a c t i o ) desselben in diesen L u f t a t m o - 30 Sphären der Körper sey; davon an einem andern Orte. L . A. v. A. 2
M a n k a n n diesen sehr gut durch den kleinen Apparat des H. Eike (Voigt's Mag. 7. B. 2. St. S. 11.) sichtbar m a c h e n . A . 35 5 Siehe Gren's neues Journal der Physik, III. 96—108. Doch b r a u c h e n wir diesen Versuch bey k e i n e m so n e u e n Schriftsteller zu suchen, u n g e a c h t e t H. van M a r u m sich f ü r den ersten Beobachter hielt. H a u k s b e e ( E x p e r i e n c e s p h y s i c o - m e c h a n i q u e s , T o m e I . P a r i s 1754. p . 40.) der zu sehr vergessene, h a t diesen Versuch schon m i t größerer Präcision gemacht. A. 40
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Gesetze für die Stärke der Schallfortpflanzung durch feste und flüssige Stoffe von 5 L . A. v. A r n i m , (Nachschrift zu Perolle's Abhandlung Ann. d. Ph. III. 167f.) Nachdem ich in einem Aufsatze über den Unterschied zwischen Schall, Ton und Klang bewiesen hatte, daß die Fortpflanzung des Schalls 10 durch einen festen Körper nur in so fern erfolge, als dieser selbst in eine schallende elastische Schwingung gesetzt werde1, daß ferner Elasticität und elastische Schwingung nur durch Cohärenz (Elasticität sowohl wie Cohärenz in dem dort bestimmten Sinne) möglich sey2; so ließ sich allgemein daraus folgern, daß auch die Stärke der Schallfort 15 pflanzung durch verschiedenartige Körper, mit ihrer Cohärenz im Verhältniß stehen müsse. Aus Mangel an Versuchen wagte ich damals nicht weiter zu gehen. Perolle's Versuche haben diesem Mangel abgeholfen, und ich darf ihnen um so eher trauen, da er bey der Anstellung derselben keinen vorgefaßten Gesichtspunct gehabt zu haben scheint, 20 auch keine Folgerungen daraus gemacht hat. Dieses Gesetz: D a ß d i e S t ä r k e d e r S c h a l l f o r t p f l a n z u n g d u r c h v e r s c h i e d e n a r t i g e h o m o g e n e , f e s t e S t o f f e in d e m V e r h ä l t n i s s e i h r e r C o h ä r e n z e n s t e h t , läßt sich am sichersten an so homogenen Stoffen, wie die Metalle prüfen.
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1 Versuch einer T h e o r i e d e r e l e k t r i s c h e n E r s c h e i n u n g e n , Halle 99. S. 146. 2 D a s . S. 81.
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113 F o l g e n a c h d e r C o h ä r e n z , nach Sickingen's3 und Musschenbroek's4 Versuchen Sickingen Eisen Kupfer Silber Gold Musschenbroek Zinn Bley
Folge nach der Stärke der Schallfortpflanzung nach P e r o l l e ' s V r s . ( A . d . P h . I I I . 1 70.) Eisen Kupfer 5 Silber Gold Zinn Bley
Hier stimmt die E r f a h r u n g mit der Theorie vollkommen überein; ein Erfolg, der nicht wenig Zutrauen zur weiteren Ausdehnung derselben einflößen m u ß . Zwar kann jenes Gesetz eigentlich auf H o l z a r t e n nicht ausgedehnt werden, da diese keine homogene Stoffe sind; doch findet m a n auch eine Bestätigung an d e m Fichten- und Tannenholze, welches in seiner ganzen Structur sehr m i t einander übereinstimmt. Jenes wurde Musschenbroeks Versuchen zufolge durch 550 lb, dieses erst durch 600 lb getrennt, und welche Vorzüge hat dieses nicht vor jenem zu Resonanzböden. Eben so schön stimmt die Folge der S c h n ü r e verschiedener Art mit dem Gesetze überein. Perolle giebt ihnen folgende Ordnung in der Schalleitung: Darmsaite, Haar, Seide, Hanf, Wolle, Baumwolle. (A. III. 170.) Zwar haben wir keine genaue vergleichende Versuche in Rücksicht ihrer Cohärenz, aber die tägliche E r f a h r u n g hat uns darüber hinlänglich belehrt, und ich glaube nicht, daß diese, außer bey der Wolle und Baumwolle, die ihre Stellen vertauschen müssen, etwas dagegen zu erinnern hätte. So verschieden die Schallfortpflanzung durch flüssige und feste Körper ist, da diese in eine elastische Schwingung gesetzt werden, jene 114 hingegen eine | Bewegung e m p f a n g e n und fortpflanzen 5 ), (die aber nur bis zu einer gewissen Weite a n n e h m b a r ist,) eben so verschieden wird auch das Gesetz für die Stärke des Schalles in den f l ü s s i g e n K ö r 5
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V e r s u c h e ü b e r d i e P i a t i n a . M a n n h e i m 1782. A n n a l e n S. 371. 4 I n t r o d . a d p h i l . n a t . Τ . I. p. 417. 5 A u s d i e s e m U n t e r s c h i e d e l ä ß t es s i c h e r k l ä r e n , ge K ö r p e r k e i n e R e s o n a n z g e b e n , u n d w a r u m T ö n e , Stäbe, wie P e r o l l e in j e n e r A b h a n d l u n g , d e m O h r e machen, dadurch eine gewisse Dauer erhalten, die den Körper selbst nicht h e r k o m m t .
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der Physik I B.
warum flüssid i e w i r d u r c h 35 wahrnehmbar vom schallenA.
Gesetze für die Stärke der Schallfortpflanzung
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30
35
p e r n seyn. Da die Größe der Bewegung im Allgemeinen, und so auch hier der Bewegung der Flüssigkeit, dem Producte aus der Masse und der Geschwindigkeit gleich ist, so werden auch die Größen der Bewegung verschiedener Flüssigkeiten, welche durch gleiche Ursachen (den Schlag der Lappen gegen die Zähne des Steigrads in der Uhr, bey Perolles Versuchen,) in Bewegung gesetzt werden, sich wie diese Producte verhalten. Sobald aber diese Flüssigkeiten nicht selbst, auf eine wahrnehmbare verschiedene Art, mit der Geschwindigkeit des Schlags, den Ton desselben verändern; so werden die Geschwindigkeiten in beiden Producten, da die Uhr von gleichen Kräften bewegt wird, gleich seyn: die Größen der Bewegung werden sich daher verhalten wie die Massen. Da ferner die Oberfläche der Uhr, also die Volumina der bewegten Flüssigkeiten gleich sind; so w e r d e n s i c h d i e G r ö s sen der B e w e g u n g v e r s c h i e d e n e r F l ü s s i g k e i t e n u n t e r den a n g e g e b e n e n U m s t ä n d e n w i e die s p e c i f i s c h e n Gew i c h t e der F l ü s s i g k e i t e n v e r h a l t e n . Hier finden wir wiederum die schönste Uebereinstimmung mit der Erfahrung, aus der Priestley 6 für luftförmige Flüssigkeiten schon d e n s e l b e n Schluß zog. Auch Perolle's Versuche7 bestätigen es, doch mit Ausnahme des Kohlensaurengas. Auf die Vergleichung der Stärke des Schalls in luftförmigen und tropfbarflüssigen Körpern läßt sich jenes Gesetz nicht unmittelbar anwenden, da aus Perolle's Versuchen, (Ann. III. 172,) nach welchen sie nicht bios | die Stärke des Tons, sondern 115 auch den Ton selbst verwandeln, hervorgeht, daß sie die Geschwindigkeit der Schwingungen der Uhr verändern, und zwar beträchtlich verzögern (?) Am wenigsten würden uns aber Perolle's Versuche zu dieser Vergleichung genügen, da dort nicht die ganze Entfernung von dem Beobachter bis zur Uhr, mit der untersuchten tropfbaren Flüssigkeit, wie vorher mit atmosphärischer Luft, gefüllt war, sondern nur der Zwischenraum zwischen der Uhr und dem Glase, worin sie lag. Ungeachtet dieser beiden entgegenwirkenden Ursachen verschwand doch der Ton in der Luft bey einer Entfernung von 8, hingegen im Wasser erst bey einer Entfernung von 20 Fuß. Die Folge der tropfbar flüssigen Stoffe unter sich, stimmt wiederum sehr gut mit dem Gesetze überein:
6 7
V e r s u c h e u n d B e o b a c h t u n g e n u. s. w. W i e n 1782. II Th. S. 241. A n n a l . d. P h y s i k III. 197. 191
1800
Folge nach Perolle's Versuchen Wasser Oehl Terpentinöhl W e i n g e i s t 88
Specifische Gewichte nach Musschenbroek 1,000
0,913 0,792 0,791
Am Schlüsse noch ein paar Erfahrungen von Z a n o t t i und mir. Er fand, ganz jenem Gesetze gemäß, daß der Ton in einem offenen Gefäße, dessen Luft erwärmt, wo also ohne die absolute Expansion zu ändern, das specifische Gewicht vermindert wurde, viel schwächer war ( H a w k s b e e e x p e r . Τ. II. p. 323.) Zur Prüfung des Gesetzes für feste Körper machte ich den Versuch, nachdem ich beide Ohren verstopft und die Verbindung mit einer Taschenuhr durch einen dünnen Messingdraht gemacht hatte, diesen bis zum Glühen durch ein untergesetztes Licht zu erhitzen. Der Ton wurde dadurch sehr geschwächt, und ich konnte die einzelnen Anschläge der Spindellappen kaum mehr unterscheiden, bis endlich der Draht riß. Ich habe diesen Versuch einigemal wiederholt, und er bestätigt ebenfalls das vorstehende Gesetz.
8 Durch einen D r u c k f e h l e r steht dort beym W e i n g e i s t e 21 statt 12 Fuß E n t f e r n u n g .
192
B e i t r a g
308
zur Berichtigung des Streits über die ersten Gründe der Hygrologie und Hygrometrie, von 5
L . A. von
Arnim.
Nous avons une impuissance ä prouver, invincible a tout le Dogmatisme: nous avons une idee de la verite, invincible a tout le Pyrronisme. Pascal. 10 Inhalt. P r ü f u n g der Theorien — Adhäsions-Theorie — Zerlegungs-Theorie in Wasserstoff- und Sauerstoffgas; in Stickgas — Verbindung des Wassers mit dem Wärmestoffe; Beweis, daß, wenn bei dem Luftdrucke und der 15 Temperatur der L u f t an der Erde Wasser nicht permanent dampfförmig seyn kann, dies auch in keiner Höhe statt finde. — Untersuchung, ob das Hygrometer chemisch oder mechanisch durch das Wasser a f f i cirt werde, ob es ferner das Wasser aus der Atmosphäre abscheidet oder bloß das abgeschiedene aufnimmt? Fortgesetzte P r ü f u n g der Theorien 20 — Verbindung des Wassers mit Electricität — Verbindung mit Feuer und aerisirendem Stoffe — Verbindung mit L u f t — P r ü f u n g der E i n w ü r f e gegen diese Theorie — Beweis, daß der R e g e n sich nicht bloß in der Höhe sammelt, sondern daß alle L u f t von der Wolke bis zur Erde dazu beiträgt — Aussichten f ü r die Zukunft. 25
Die Grenzen der Hygrometrie schienen durch S a u s s ü r e ' s Bemühungen so fest bestimmt, so weit ausgedehnt, durch seine glückliche Erklärung manjcher wunderbarer Erscheinungen der Meteorologie so 309 vielmahl bestätigt zu seyn, daß die meisten mehr überrascht als über193
1800 zeugt
wurden,
als d e
Lüc,
seinen
Untersuchungen
zufolge,
diese
G r e n z e n ganz a u f z u g e b e n , sich g e n ö t h i g t glaubte. D i e Streitschriften, w e l c h e seit dieser Zeit erschienen, insbesondere S a u s s ü r e ' s digung des Haarhygrometers,1 berg^
5
Preisschrift2 und
Zylius
Verthei-
Lichten-
A n t w o r t aus seinem Nachlasse, haben, jede auf i h r e m Wege,
die v e r s c h i e d e n e n A n s i c h t e n aus e i n a n d e r gesetzt, g e p r ü f t u n d
5
wider-
legt. Alles e r i n n e r t daran, die R e s u l t a t e zu s a m m e l n , e h e das Interesse f ü r diesen T h e i l der P h y s i k sich verliert. D a s e r s t e E r f o r d e r n i ß d a b e i ist e i n e b e q u e m e U e b e r s i c h t A n t w o r t e n auf die wichtige Frage: i n das
Wasser,
Atmosphäre habe?
Die
welches
wir
im
herabfallen
erste E i n t h e i l u n g
welchem
Regen,
sehen,
Schnee
vorher
bietet sich
Zustande u.s.w. a u s
darin
10
der
gefunden
u n s dar, je n a c h d e m
Physiker entweder nur Einen oder m e h r e r e Zustände desselben n o m m e n haben. Zu den erstem gehören S a u s s ü r e
aller sich
die ange-
u n d f a s t a l l e ä l - 15
t e r n Physiker; zu d e n letztern ganz vorzüglich d e L ü c , da er beide | 310 Z u s t ä n d e , a l s W a s s e r d u n s t u n d i n L u f t v e r w a n d e l t , a l s u n a b h ä n g i g v o n e i n a n d e r b e t r a c h t e t ; a u c h Z y l i u s , i n so f e r n e r g l a u b t , d a ß d a s W a s ser n a c h seiner A b s c h e i d u n g aus der L u f t n o c h l a n g e als W a s s e r d u n s t d a r i n b l e i b e n k a n n . N a c h d e r v e r s c h i e d e n e n A r t , w i e d a s W a s s e r v e r - 20 ä n d e r t s e y n k a n n , e r g i e b t sich a u ß e r d e m die f o l g e n d e E i n t h e i l u n g d e r Systeme: Das
Wasser
ist in der
Atmosphäre
1. v e r ä n d e r t a. d u r c h V e r b i n d u n g
25
α. m i t e i n e m d a r s t e l l b a r e n Stoffe, n ä m l i c h d e r sphärischen
Luft, (Saussüre
atmo-
u . a.)
ß. m i t e i n e m n i c h t - d a r s t e l l b a r e n , h y p o t h e t i s c h e n S t o f f e aa. m i t
Wärmestoff
bb. m i t E l e c t r i c i t ä t cc. m i t F e u e r (de b. d u r c h
und einem a e r i s i r e n d e n
30 Stoffe,
Lüc) Zerlegung
α. i n S a u e r s t o f f g a s u n d W a s s e r s t o f f g a s ß. i n S t i c k g a s u . s. f.
1 2 5
D e f e n s e e t c . J o u r n . d e P h y s . , 1788, Janv. et Fevr. P r ü f u n g d e r T h e o r i e d e L ü c ' s v o m R e g e n , Berlin 1795. V e r t h e i d i g u n g d e s H y g r o m e t e r s , Göttingen 1799.
194
35
A. A. A.
Hygrologie und Hygrometrie
5
10
15
20
25
30
2. u n v e r ä n d e r t . (System der Adhäsion, der mechanischen Zertheilung fast aller ältern Physiker.) Die Meinung von der feinen Zertheilung des Wassers in der Luft hat keine Anhänger mehr und auch keinen haltbaren Grund, da eine der gewaltsamsten Erklärungen, daß das Wasser in der Luft, | welches 311 keine der Eigenschaften des Wassers mehr zeigt, doch noch ungeändert wäre, zu seiner Begründung erfordert wird; daher ich sie übergehe. Die Z e r s e t z u n g des Wassers nach der Lavoisierschen Theorie konnte nur durch einen ähnlichen Zwang auf die Meteorologie angewendet werden, da man weder da, wo Wasser entstand, vorher Wasserstoffgas fand, noch die den Regen begleitenden Umstände einer Verbrennung ähnlich sahen. Diese Zersetzungs-Theorie könnte indessen doch wohl einer Modification fähig seyn, wodurch sie wiederum der Untersuchung empfohlen würde. Schon Herr v o n H u m b o l d t 4 vermuthete aus der Menge von Wasserstoffgas, die bei vielen Prozessen in der Natur sich entwickelt und doch nicht in der Luft angetroffen wird, daß dieses sich mit dem Stickgas in einer noch unbekannten Verbindung befinden möchte. Vielleicht, daß dieses Stickgas eben so wirkt, wie die Kohle in der Verbindung mit dem Wasserstoffe, (nach R o u p p e ' s Versuchen,)5 und die Verbindung mit dem Sauerstoffe zu Wasser, ohne vorhergehende Temperatur-Erhöhung vermittelt. Viel größere Wahrscheinlichkeit hatte das von Herrn M a y e r 6 angegebene Zersetzungs-Syjstem in Stickgas, so lange W i e g l e b ' s , 312 W ü r t z e r ' s und Anderer Versuche sich bestätigten; seitdem diese aber durch die Amsterdammer 7 Chemiker und durch Herrn v o n H a u c h 8 widerlegt worden, bleibt auch diese Theorie ohne Nutzen. Ich gehe nun zu den Systemen der andern Abtheilung über. Die V e r b i n d u n g mit dem W ä r m e s t o f f e macht das ältere de Lücsche System aus,9 und ist ein Theil des neuern; 10 auch Herr Z y l i u s " nimmt diesen Zustand des Wassers nach der Trennung von der Luft
A n n a l e n d e r P h y s i k , III. B., S. 87. A. E b e n d a s e l b s t , II. B., S. 482. A. 6 G r e n ' s J o u r n a l d e r P h y s i k , V. B., S. 382. A. 7 A n n a l e n d e r P h y s i k , II. B , S. 220. A. 8 E b e n d a s e l b s t , S. 369. Vergleiche S c h e r e r ' s U e b e r s i c h t d e r 35 Unters u c h u n g e n ü b e r d i e V e r w a n d l u n g des W a s s e r s in S t i c k s t o f f g a s , Halle 1800. A. 9 U n t e r s u c h u n g e n ü b e r d i e A t m o s p h ä r e , II. Theil, S. 276. A. 10 G r e n ' s J o u r n a l d e r P h y s i k , IV. B., S. 267. A. 40 11 P r e i s s c h r i f t , S. 68. A. 4 5
195
1800
an. Da aber den Wärmestoff bis jetzt niemand kennt, so will ich, um Irrthum zu vermeiden, das Produkt seiner Verbindung mit dem Wasser nennen. Es ist der W a s s e r d a m p f , eine luftförmige Flüssigkeit, in welche sich das Wasser ohne das Hinzukommen eines andern Stoffs bei einem durch den Luftdruck bestimmten Wärmegrade verwandelt, und welche das E i g e n t ü m l i c h e hat, zersetzt zu werden, wenn man bei 313 dem Wärmegrade, bei dem sie sich erzeugte, den | Druck vermehrt, oder, bei unverändertem Drucke, bei dem sie sich bildete, die Wärme vermindert. Diese Eigenschaft, welche alle Physiker, nur verschieden ausgedruckt, dem Wasserdampfe beilegen, findet sich bei jenem, welchen die angeführten Meteorologen annehmen, gar nicht. Nach de L ü c 1 2 soll er die Ursache der Hygrometer-Veränderungen seyn. Das Hygrometer zeigt aber diese in einer Temperatur und bei einem Luftdrucke, wobei kein Wasserdampf vorhanden ist; außerdem setzt sich auch bei jeder Temperatur nur ein Theil des in der Luft enthaltenen Wassers ab. Dieser Stoff kann daher kein Wasserdampf seyn. Dasselbe gilt auch für die Meinung des H. Z y l i u s . Das, was d e L ü c zu seiner Vertheidigung gegen diesen Einwurf, der sich jedem sogleich aufdringen muß, anführt, ist eine bloße Annahme. Die Luft 1 3 soll, nach ihm, durch ihre Umhüllung diesen Wasserdunst gegen ihren eignen Druck schützen. Mir scheint hierin sogar ein Widerspruch zu liegen. Ist es nun angenommen, daß bei dem Luftdrucke und bei der Temperatur der L u f t an der Erde das Wasser noch nicht permanent dampfförmig seyn kann, und wir stellen damit die von mir an einem andern 314 Orte 14 aufgestellte allgemeine | Ursache der Wärmeverminderung, je höher wir steigen, zusammen, nämlich die Vermehrung der WärmeCapacität derselben Luftart, nach dem Verhältnisse ihrer Verdünnung: so wird auch, (da die Wärme der L u f t und der zum Sieden nöthige Wärmegrad in gleichem Verhältnisse abnehmen,) das Wasser in keiner Höhe permanent dampfförmig seyn; nur örtliche Ursachen werden es in Dampfgestalt verwandeln. Doch ist zu unserm Zwecke dieser Beweis nicht unentbehrlich, da bewiesen ist, daß bei der Wärme der Höhe, bis zu welcher sich Wolken bilden, noch kein Wasser siedet. Nehme ich aber einen Wasserdunst bei jeder Temperatur an, so hat freilich Herr Z y l i u s 1 5 der Erfahrung gemäßer, (nach der das Hygro12 15 14 15
G r e n ' s J o u r n a l d e r P h y s i k , IV. Band, S. 267. I d e e n ζ. Μ . , I. Theil, S. 16. A n n a l e n d e r P h y s i k , II. B., S. 245. P r e i s s c h r i f t , S. 49.
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A. A. A. A.
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Hygrologie und Hygrometrie m e t e r i m r e i n e n W a s s e r d a m p f e zur Trockenheit geht,) a n g e n o m m e n , so l a n g e das Wasser noch in L u f t f o r m sey, w i r k e es n i c h t auf das H y g r o m e t e r ; u n d ich gestehe, daß sich L i c h t e n b e r g 1 6 u m die H y g r o m e t r i e w ü r d e sehr verdient g e m a c h t h a b e n , w e n n er, statt bei 5 dieser Stelle s e i n e m G e g n e r den Verstand abzusprechen, d e L ü c gegen diesen E i n w u r f vertheidigt hätte, insbesondere da es hauptsächlich der e i n z i g e u n d H a u p t e i n w u r f des H e r r n Ζ y 1 i u s gegen den G e n f e r Naturforscher ist. Ist aber, wie ich glaube, erwiesen, daß d e r Wasserd a m p f , welcher von den P h y s i k e r n in so vielen Verhältnissen unter- 315 10 sucht ist, nicht, wie d e L ü c b e h a u p t e t , die Ursache der H y g r o m e t e r Veränderungen seyn k a n n , weil diese vorgehen, wo jener gar n i c h t existiren kann; 1 7 so ist dies schon eine L ü c k e in j e n e m Systeme, die n i c h t leicht auszufüllen seyn m ö c h t e . Dies f ü h r t m i c h u n m i t t e l b a r auf die Frage: w i e d a s H y g r o m e 15 t e r a f f i c i r t w i r d ? D a ß das Wasser jene Veränderungen hervorbringt, n e h m e ich als erwiesen an; die M e i n u n g e n sind n u r darin getheilt, ob sich das Wasser chemisch m i t den hygroskopischen Substanzen verbinde, oder ob es sich bloß a n h ä n g e u n d sich in die Zwis c h e n r ä u m e lagere. S a u s s ü r e 1 8 u n d d e L ü c 1 9 entschieden f ü r die 20 chemische W i r k u n g , Z y l i u s 2 0 f ü r die bloße Adhäsion. D i e E r s t e m h a b e n alle Analogie m i t den S a l z - H y g r o m e t e r n f ü r sich, die sich chemisch m i t I d e m Wasser verbinden, u n d d e m G a n g e der H a a r - H y g r o - 316 m e t e r u n d anderer sich n ä h e r n ; f e r n e r die g e w a l t s a m e W i r k u n g bef e u c h t e t e r hygroskopischer Stoffe, ζ. B. die T r e n n u n g von Steinmassen 25 durch angefeuchtete 2 1 Keile; endlich den Verlust aller Eigenschaften, den das Wasser durch diese Verbindung erleidet. D i e G r ü n d e des H e r r n Z y l i u s dagegen, 1. daß in jeder c h e m i s c h e n Verbindung d e r
16
V e r t h e i d i g u n g d e s H y g r o m e t e r s , S. 115. A. Ein Versuch, der sehr auffallend den Unterschied zeigt, ist die Verschiedenheit, 30 mit welcher feuchte bis über 80° R. erhitzte Luft und reiner Wasserdampf in gleicher Temperatur auf das Hygrometer wirken. In diesem geht es auf Trockenheit, in jenem hingegen kann man den hygrometrischen Feuchtigkeitsgrad nach Gefallen verändern. Da hier das de Lücsche und das Saussürsche Hygrometer sehr verschiedene Resultate geben, ( d e L ü c ' s I d e e n ζ. Μ . , I, S. 55 bis 56,) so werde 35 ich mich in der Fortsetzung noch damit beschäftigen. A. 18 E s s . d e H y g r . , §. 41. A. 19 I d e e n ζ. M . , §. 24. A. 20 P r e i s s c h r i f t , S. 33. A. 21 L i c h t e n b e r g ' s V e r t h , d. H y g r . , S. 101. A. 17
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1800
Körper, der als Bestandtheil mit andern Körpern chemisch vereinigt wird, dadurch die Aeußerung seiner charakteristischen Wirkungen verliert; und 2. daß diese Verbindung durch keine physische Kraft aufgehoben und dem Körper seine vorigen eigenthümlichen Beschaffenheiten wiedergegeben werden können, dieses aber bei dem Wasser 5 in hygrometrischen Stoffen nicht der Fall sey, daß daher, w e n n Buchsbaum und Elfenbein sich wie ein Schwamm zusammendrücken ließen, das Wasser sich eben so daraus herstellen würde: 22 — diese Einwürfe bedürfen eigentlich, als bloße Hypothese, gar keiner Widerlegung. Doch wird es vielleicht nicht am Unrechten Orte seyn, hier 10 noch hinzuzufügen, daß, wenn wir uns an einer hygroskopischen Substanz befeuchten, zwei Fälle eintreten können: entweder wir nehmen Wasser hinweg, welches bloß dem Stoffe adhärirt, so wie schwefelsaure Kalkerde mit Schwefelsäure befeuchtet werden kann; — oder, (da 317 fast alle Körper hygroskopisch sind,) wir entrei|ßen das Wasser durch chemische Anziehung, und der Druck darauf ist nur nöthig, um die beiden Körper in eine vollkommenere Berührung zu bringen. Ein Schwamm vereinigt beides, ein Theil des Wassers ist mit ihm chemisch verbunden, ein anderer hängt bloß in seinen vielen Höhlungen; eben daher kann auch dem Schwämme durch bloßen Druck nur dieser Theil des Wassers genommen werden. Aber weil das Hygrometer chemisch das Wasser bindet, so braucht es darum noch nicht chemisch einem andern Körper, ζ. B. der Luft, das Wasser zu entziehen; es wäre daher immer noch unbestimmt, ob es bloß das Wasser, (wie Z y l i u s 2 5 meint,) anzeigt, welches sich aus der Luft auf irgend eine Art abgeschieden hat, oder ob es auch Wasser dadurch anzeigt, daß es dasselbe abscheidet? Ich glaube das Letztere mit Grunde bejahen zu können. Wenn wir in eine Luft, die im Mittel der Feuchtigkeit sich befindet, die also durchaus noch keine Feuchtigkeit absetzt, sondern sie noch begierig verschluckt, ein bis zum Trockenpunkte zurückgebrachtes Hygrometer setzen, so steigt dieses; es verbindet sich Wasser damit. Dieser Versuch beweist die Abscheidung des Wassers durch hygroskopische Substanzen hinlänglich; zugleich widerlegt er auch die Gründe des Herrn Z y l i u s gegen das Hygrometer überhaupt, die nicht bloß 318 die Hygrome(trie zu modificiren, sondern gänzlich aufzulösen droh22 25 24
Am angef. Orte, S. 55. A. Am angeführten Orte, S. 49. A. Dies nahm auch G r e n an. Vergl. G r u n d r i s s d e r N a t u r l e h r e , §. 948.
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Hygrologie und Hygrometrie
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Das Aufsteigen des Wassers durch die V e r b i n d u n g m i t E l e c t r i c i t ä t , oder mit electrischer Materie, behauptete zuerst B e c c a r i a . 2 5 Seine Gründe dafür waren nur Analogien und Aehnlichkeiten, daß Regen Electricität zeige, daß der Rauch um electrisirte Körper Wolken bildet, daß die Electricität die Ausdünstung befördere u. s. w. Der letzte Versuch ist nach v a n M a r u m 2 6 falsch befunden worden; die übrigen Erscheinungen lassen sich ohne diese Annahme erklären. Das Produkt jener Verbindung selbst ist außerdem völlig unbekannt, also die ganze Erklärung bloß hypothetisch. Herrn de L ü c ' s neuestes System, das letzte dieser Klasse, ist zu bekannt, um einer weitläuftigern Auseinandersetzung zu bedürfen. So wie S a u s s ü r e eine Verbindung des Wassers mit Luft, so nimmt er eine27 Verbindung mit Feuer und einer dritten, aerisirenden Substanz, (wie L i c h t e n b e r g 2 8 sie sehr passend nennt,) zu L u f t an. | »Wasser 319 und Feuer«, sagt de L ü c , »sind allen Luftarten gemein; jenes ist der wägbare Theil derselben, und sie unterscheiden sich nur durch das Verhältniß dieser Bestandtheile und durch den aerisirenden Stoff. Das Hygrometer zeigt dieses Wasser nicht an, sondern nur das als Dampf darin enthaltene.« Allein wir haben schon vorher gesehen, daß sich gegen diese letztere Vorstellungsart sehr gegründete Einwürfe darbieten, daß dadurch die de Lücsche Theorie den Erklärungsgrund für die Hygrometer-Veränderungen verliert; nicht so unmittelbar, ich glaube überhaupt, auf gar keine unmittelbare Art, läßt sich etwas gegen de L ü c ' s eigentliches System sagen. Daß es nicht durch Versuche begründet ist, daß es überhaupt durch Versuche nicht begründet werden kann, folgt schon daraus, weil jene Stoffe nicht wägbar und nicht dargestellt sind; daß es aber leicht sey, durch solche Stoffe zu erklären, ist eben so gewiß. Ich würde daher keinen Augenblick anstehen, wenn keine darstellbaren Stoffe zur Erklärung der meteorologischen Erscheinungen, wenn selbst e i n hypothetischer Stoff dazu nicht genügte, zu de L ü c ' s Theorie mich zu bekennen, und nur in diesem Falle der goldnen Regel B a c o ' s getreu zu seyn glauben. Vorher will ich daher noch S a u s s ü r e ' s AuflösungsTheorie und de L ü c ' s Einwürfe gegen dieselbe, die ich keinesweges 25 26
L e t t e r e d e l l ' e l l e t r i c i s m o . B o l o g n a 1754. A n n a l e n d e r P h y s i k , I. B., S. 122.
27
Vergl. die verschiedenen Briefe in G r e n ' s J o u r n a l e Uebersicht, II, S. 266. 28 V e r t h e i d i g u n g d e s H y g r o m e t e r s , S. 200.
199
A. A. der
Physik
zur A. A.
1800
320 für s o unbedeutend halte, wie sie Herrn Z y | l i u s nach seiner Ansicht vom Hygrometer erscheinen, gegen einander halten und prüfen. Gewöhnlich wird S a u s s ü r e ' s T h e o r i e so dargestellt, als wenn er nothwendig voraussetzte, daß nicht anders die L u f t das Wasser auflöse, als wenn dieses vorher sich in Dampf verwandelt. Aus einigen Stellen, insbesondere §. 264, scheint auch dies zu folgen; doch glaube ich, aus mehrern andern Stellen schließen zu müssen, diese Meinung habe ihm keinesweges nothwendig geschienen, und sie entstehe nur aus der Schwierigkeit, die S a u s s ü r e hatte, Mengung und Mischung zu unterscheiden. Aus der Randnote zum §. 190.: L ' e a u n e s ' e v a p o r e q u ' e n s e c h a n g e a n t e n v a p e u r e l a s t i q u e , und aus der darin angeführten Erfahrung: L e m a n o m e t r e r e n f e r m e a v e c d e l ' e a u et de l ' a i r f a i t v o i r q u e l ' e a u en s ' e v a p o r a n t a u g m e n t e le v o l u m e de l ' a i r , et q u e c e t t e a u g m e n t a t i o n v i e n t de la p r o d u c t i o n d ' u n f l u i d e e l a s t i q u e p l u s r a r e q u e l ' a i r m e m e , et q u i n ' e s t a u t r e c h o s e q u e l ' e a u r e d u i t e e n v a p e u r s , - scheint jene Meinung zu folgen. Dies hört aber auf, sobald man den Zusatz liest: L a s e u l e d i f f e r e n c e q u ' i l y a i t e n t r ' e u x (zwischen dem reinen Wasserdampfe, wie er aus der Aeolipila kommt, und zwischen dem unter der Glocke gebildeten Dampfe,) c ' e s t , q u e c e l u i q u i s o r t d e l ' e o l i p i l e , e s t t r e s p u r e e t ä peu pres pur, au lieu que celui qui est p r o d u i t par une e v a p o r a t i o n i n s e n s i b l e , est p l u s d e n s e , et m e l a n g e d ' u n e p l u s g r a n d e q u a n t i t e d ' a i r . Er fragt hierauf, ob wohl L u f t und 321 Wasser hier chemisch mit einander vermischt sind, | und nachdem er mehrere Gründe angeführt hat, fährt er fort: c e s o n t d e s i n d i c e s c e r t a i n s d ' u n e c o m b i n a i s o n i n t i m e des e l e m e n s de la vap e u r a v e c les e l e m e n s de l ' a i r , ou d ' u n e v r a i e d i s s o l u t i on c h i m i q u e . Man lese ferner den §. 195, warum die Ausdünstung durch die Winde vermehrt wird, u m ganz überzeugt zu werden, daß S a u s s ü r e , ungeachtet er an einem andern Orte 29 einen Unterschied zwischen v a p e u r e l a s t i q u e und v a p e u r d i s s o u t e macht, doch hier, wo es auf den Hauptbeweis unter der Glocke ankam, daß Wasserdunst sich auch außer der Siedehitze bildet, doch weiter nichts bewies, als daß v a p e u r d i s s o u t e entstanden sey; daß es selbst zweifelhaft werde, ob er noch mehr habe damit beweisen wollen, gewiß aber, daß nichts mehr damit zu beweisen sey. Wenn nun aber, wie wir §. 264. 200
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gesehn haben, das Wasser weder unverändert noch als D a m p f sich in der Atmosphäre befinden konnte, und es den Grundsätzen einer richtigen Naturbetrachtung widerspricht, die Verbindung mit hypothetischen Stoffen anzunehmen; was bleibt uns d a n n noch f ü r eine Zuflucht als die Verbindung m i t der Luft, die Auflösungs-Theorie? U m so genauer werden wir daher die Einwürfe dagegen durchgehen müssen. H e r r d e L ü c hat diese Theorie nicht in ihren Gründen, sondern in ihrer A n w e n d u n g auf die meteorologischen Erscheinungen bestritten. Es sind | zwei Beobachtungen auf d e m B u e t , 3 0 die er ihr insbesondere 322 entgegengestellt. Hier sah er erstlich, daß die L u f t trockner wurde, je höher er stieg. Das Hygrometer stand nämlich den 30sten Morgens bei 24° R e a u m u r in der Abtey Sixt auf 43,7°, den 31sten auf d e m Buet, 6808 Fuß höher, bei 6° R. auf 33,5°. Dieses reducirt er in Rücksicht der g e r i n g e m W ä r m e auf den Hygrometer-Stand in der ersten Station nach den Saussürischen Tafeln, u n d findet daraus 24° des Hygrometers. Gegen diese Beobachtungen bieten sich uns aber viele Erinnerungen dar. Sie sind nicht gleichzeitig an beiden Orten angestellt; sie s t i m m e n nicht m i t den oft wiederhohlten Versuchen 3 ' S a u s s ü r e ' s ; und endlich können sie nichts ausmachen, weil die Luft, welche einen Berg umgiebt, sehr verschieden von der übrigen seyn muß, so wie ü b e r h a u p t die L u f t u m jeden hygroskopischen Körper. Ueberdies ist die Reduction auf 24° unrichtig. Wenn von Trockenheit einer L u f t gesprochen wird, so k a n n nicht von der absoluten Menge Wasser die Rede seyn, die sie enthält, sondern n u r von der relativen, oder von d e m Grade ihrer Sättigung. Jene Tafel dient daher n u r zur Beantwortung auf die Frage: wie hoch das Hygrometer in dieser L u f t stehen würde, w e n n | die Temperatur bis zu einem gewissen Grade erhöht würde. 323
Herr d e L ü c bemerkte ferner, daß, ungeachtet dieser Trockenheit auf d e m Berge, sich in der Gegend Wolken zusammenzogen, worauf es 30 stark regnete, wobei sich aber der Stand des Hygrometers unter d e m Obdache nicht sehr veränderte. Er schließt daraus, daß also, u m Feuchtigkeit aus der L u f t abzuscheiden, diese nicht bis zum M a x i m u m feucht zu seyn braucht. M a n wird sich aber außer den obigen G r ü n d e n noch folgender erinnern. Es fehlt uns an Beobachtungen, ob dünnere 35 Luft, als die mittlere an der Erde, das Hygrometer auch bei ihrer 30
U n t e r s u c h u n g e n ü b e r d i e A t m o s p h ä r e , §. 929. I d e e n ζ. Μ . , II, S. 7. G r e n ' s J o u r n a l d e r P h y s i k , III, S. 294. A. 51 E s s . d ' H y g r . , pag. 468 f. A.
201
1800
größten Feuchtigkeit bis zu dem in jener bestimmten Maximum erheben kann. Aber, wenn sich auch dieses nicht fände, was ich in der Fortsetzung dieser Beiträge untersuchen werde, so bildet sich der Regen doch immer nicht da, wo das Hygrometer beobachtet wurde, und der Wind konnte ja schon abgeschiedene Feuchtigkeit in Wolken dahin treiben. Ein dritter Einwurf wird von der Menge des herabfallenden Regens hergenommen. Wenn man auch annimmt, daß die Temperatur-Veränderung groß genug ist, und ein Theil der obern L u f t das M a x i m u m übersteigt und Wasser abscheidet, wie will man die große Menge erklären, die wir herabfallen sehen? Hier muß auf die absolute Menge von Wasser in der obern Luft, also auch auf den Wärmegrad, und, was 324 nicht vergessen werden muß, | auch auf d i e V e r d ü n n u n g gesehen werden. Die Wärme vermehrt das Wasser-Fassungsvermögen der Luft, 3 2 die Verdichtung vermindert es. 33 Die Wirkung der letztern ist nicht genau bestimmt, S a u s s ü r e 5 4 selbst hat erst spät in der Meteorologie davon Gebrauch gemacht. Für die erstere hat S a u s s ü r e 3 5 eine Tafel aus Versuchen berechnet. Nach ihr ist bei 30° des Reaumur. Thermometers und 98° des Hygrometers, der Wassergehalt nur 20,7 Gran; wie viel geringer ist er daher nicht in jenen kältern obern Luftschichten! Merkwürdig ist es indessen, daß in Rücksicht des Wassergehalts der L u f t die älteren Versuche so sehr von den Saussürischen abweichen. Auf den Branderschen 36 Hygrometern ist angemerkt, daß man 2 Gran Wasser im Cubikfuße Luft, für jede 3 Grad des Hygrometers rechnen könne, und dieses ist in 360° eingetheilt. Freilich verdienen hier S a u s s ü r e ' s sorgfältigere Versuche mehr Zutrauen; auch läßt sich diese Schwierigkeit ohne Zwang und ohne der AuflösungsTheorie zu widersprechen, erklären. 325 Ich muß hier an einige merkwürdige, aber leicht erklärbare Erfahrungen R i c h m a n n ' s 3 7 erinnern. Sie beweisen, daß Wasser, welches beträchtlich kälter als die umgebende L u f t ist, durch eine partiale Erkältung, statt Feuchtigkeit daran abzugeben, sie daraus nieder32 33 54 55 36
37
5
10
15
20
25
30
S a u s s ü r e H y g r . , p. 122. S a u s s ü r e H y g r . , p a g . 193. A n n a l e n d e r P h y s i k , I Bd., S. 317. E s s . d ' H y g r . , p. 261. L a m b e r t ' s H y g r o m e t r i e , Augsburg 1774, a. d. Titelkupfer, §. 60 und
A. A. A. 35 A. 64.
N o v i C o m m e n t . A c a d . P e t r o p . , Τ. II, p. 145 seqq.
Α.
202
A.
Hygrologie und Hygrometrie
5
10
15
20
25
schlägt, und am Gewichte zunimmt. Dasselbe wird auch bei den Regentropfen der Fall seyn, die aus einer großen Höhe herabfallen; auch sie werden wegen ihrer Kälte38 aus der ganzen Luftsäule Feuchtigkeit in sich nehmen. Die Erfahrung bestätigt dieses sehr auffallend. H e b e r d e n 3 9 sagt, daß die Mengen des Wassers, welches nach Angabe der Regenmesser auf die Westminster-Abtey in London, auf ein Haus ganz in der Nähe derselben, und 15 Vi Fuß tiefer herabfiel, sich wie 5:8:10 verhielten. Eben so verhielt sich die Menge des Wassers auf einem Berge zu dem im Thale, wie 8,165 zu 8,765, und man findet, daß die Regentropfen in der Ebene40 immer größer sind, als auf nahe gelegenen Bergen. Auch ist es eine bekannte Erfahrung, daß der starke Schnee nie bei der stärksten Kälte eintritt. Hier ist der Wärme| 326 unterschied zwischen der obern und untern Atmosphäre nicht groß genug, und es bildet sich nur ein feiner Schnee, den man immer nur bei der stärksten Kälte wahrnehmen kann. Wenn wir nun nach dieser Erklärung einen Ueberschlag machen, wie viel Wasser bei einer Regenbildung von 8000 Fuß Höhe, (wo de L ü c 4 1 dies selbst beobachtete,) wenn jeder Cubik-Fuß nur 3 Gran dazu im Durchschnitte liefert, ohne Wind und herangetriebene Wolken sich niederschlage, so giebt das 24000 Gran oder 41 Pfund auf jeden Quadratfuß. Rechnen wir nur 100 Regentage 42 auf ein Jahr, und den Cubik-Fuß 43 Regenwasser zu 70 Pfund, so macht das über 416 Pfund auf einen Quadratfuß oder 5,9 Cubik-Fuß, und ein mehr als doppelt so hohes jährliches Regenmaaß, als die Erfahrung 44 giebt. Eine Rechnung, wodurch die Auflösungs-Theorie völlig gegen alle Gegenrechnungen L i c h t e n b e r g ' s 4 5 , (so wie gegen den Einwurf der Unzulänglichkeit in Rück- 327 sieht der Menge des herabfallenden Wassers,) geschützt ist.
38 L a m b e r t beobachtete, daß, wenn es im Sommer in der Ebene bei Chur regnete, es auf den nahgelegenen Bergen schneite. A c t a H e l v e t . , Vol. 3, p. 325.
30
A.
P h i l . T r a n s a c t . , Vol. LIX, p. 1. A. 40 G e h l e r ' s W ö r t e r b u c h , Th. III, S. 646. A. 41 I d e e n , II, S. 7. A. 42 Zu Leyden waren im Durchschnitte 107 Regentage. M u s s c h e n b r o e k Intr. 35 ad p h i l . n a t . , II T., §. 2365. A. 43 Vergl. S c h m i d t ' s p h y s . - m a t h . A b h a n d l . , S. 90. A. 44 Das Regenmaaß zu Leyden finde ich als Mittelzahl aus siebzehnjährigen Beobachtungen 285/i2 Z. Vergl. M u s s c h e n b r o e k , §. 2364. A. 45 V e r t h , d e s H y g r . , S. 137. A. 39
203
1800 U n g e a c h t e t d i e s e T h e o r i e d u r c h d i e b i s h e r i g e n E i n w ü r f e n i c h t ers c h ü t t e r t w o r d e n , so i s t s i e d o c h e b e n s o w e n i g b e e n d i g t , w i e
alle
andere T h e i l e der Physik. Sie hat noch viele u n d große Lücken. D a z u rechne ich das den specifisch leichteren Körpern ähnliche
Schweben
der Wolken, ihr S i n k e n u n d S t e i g e n n a c h d e n V e r ä n d e r u n g e n der Atmosphäre, da die E r k l ä r u n g des H e r r n Z y l i u s ,
4 6
5
der sie m i t Wasser-
d a m p f füllte, nach den obigen G r ü n d e n nicht a n g e n o m m e n
werden
kann. Versuche m i t Platten, die, w e n n sie a u f einer Seite m i t Stanniol belegt waren, auf der andern Seite nicht bethauet wurden, m a c h e n es w a h r s c h e i n l i c h , d a ß h i e r b e i E l e c t r i c i t ä t w i r k s a m ist, u n d d a ß W o l k e 10 u n d E r d e sich erst vereinigen, w e n n sie a u f h ö r e n gleich electrisirt zu seyn, oder entgegengesetzt electrisch werden; w o n a c h auch die Schnelligkeit, m i t der sie h e r a b s t e i g e n , sich richten wird. D i e s e
electrische
E n t g e g e n s e t z u n g findet besonders b e i m H a g e l statt u n d bei Gewitterr e g e n . J e n e r 4 7 i s t f a s t i m m e r n e g a t i v , u n d e r s t ü r z t s o s c h n e l l a u s d e r 15 H ö h e h e r a b , d a ß er statt a u f z u t h a u e n d u r c h d i e s c h n e l l e V e r d ü n s t u n g noch m e h r gefriert. D i e s c h a r f s i n n i g e de L ü c s c h e 4 8 E r k l ä r u n g der Wol328 k e n , d a ß s i e e b e n so, w i e d i e | N e b e l ü b e r k o c h e n d e m W a s s e r , w e c h selnd sich bilden u n d auflösen, m a g
allerdings in m a n c h e n
Fällen
r i c h t i g s e y n ; a b e r i m m e r i s t s i e e s s i c h e r n i c h t . D a v o n k a n n u n s d i e 20 Beständigkeit
der Gestalt m a n c h e r
Wolken hinlänglich
überzeugen.
Von d e n ü b r i g e n F o r d e r u n g e n an die T h e o r i e in der F o r t s e t z u n g . A n d e r e E r k l ä r u n g e n n a c h d i e s e r T h e o r i e , ζ. B . d e r v e r t i k a l e W i n d , sind bestritten49 worden, oder bloß durch Mißverstand50
entstanden;
a n d e r e T h e i l e d e r U n t e r s u c h u n g l a s s e n n o c h n e u e R e s u l t a t e h o f f e n . 25 D a h i n gehören insbesondere die W i r k u n g e n
eines
augenblicklichen
D r u c k s a u f die L u f t , es sey als W i n d 5 1 oder als Ton. F ü r d e n E i n f l u ß des letztern spricht die Volkserfahrung, daß durch den K a n o n e n d o n n e r der R e g e n zerstreut wird; in Rücksicht des e r s t e m m u ß ich a u f eine 329 E r f a h r u n g K r a t z e n s t e i n ' s
5 2
a u f m e r k s a m m a c h e n . A u c h | d i e W i r - 30
P r e i s s c h r i f t , S. 68. A. A n n a l . d. P h y s . , III Bd., S. 82. A. 48 I d e e n ζ. Μ . , II T „ S. 91. A. 49 Von d e L ü c in den I d e e n ζ. Μ . , II Th., S. 67. A. 50 Dahin gehört besonders die Meinung, als wenn das Wasser nur durch Verbin- 35 dung mit L u f t in D a m p f verwandelt werde. A. 51 Nach d e L ü c , I d e e n , II Bd., S. 117, ist der Hagel allemahl mit heftigen Windstößen verbunden. A. 52 A b h a n d l . v o n d e m A u f s t e i g e n d e r D ü n s t e u n d D ä m p f e , Halle 1744, S. 12. Er pumpte die L u f t aus einer gläsernen Kugel aus, wobei sie völlig 40 durchsichtig blieb; ließ m a n jetzt L u f t hinein, so war sie so | lange voll Wassernebel, bis sie mit L u f t angefüllt war, dann wiederum völlig durchsichtig. A. 46
47
328
204
Hygrologie und Hygrometrie
kung der Veränderung des Sauerstoff-Gehalts auf die WasserhaltungsFähigkeit ist wenig untersucht. Doch ich schließe; denn auch hier machen wir die Erfahrung, daß die Menge des Unbekannten und Ungewissen gegen das Ausgemachte gehalten, unendlich groß werden 5 möchte. (Die Fortsetzung in einem der folgenden Stücke.)
205
Ueber einige scheinbare Anomalien im specifischen Gewichte der Verbindung verschiedener Stoffe mit dem Wasser, von J. H. H a s s e n f r a t z . 1 (Im Auszuge.) Der Bürger H a s s e n f r a t z bestimmte in den folgenden Versuchen, wie er ausdrücklich erklärt, das specifische Gewicht der Körper, nach der in den A n n a l e n d e r P h y s i k , I, 425,2 beschriebenen Methode, im Hombergschen Areometer. Der g e b r a n n t e K a l k , dessen er sich bediente, variirte im specifischen Gewichte zwischen 1,2647 und 1,5949, und der luftsaure, woraus er gebrannt war, zwischen 1,6542 und 2,3902, so daß die Dichtigkeit des Kalkes beim Brennen abnimmt. Von einerlei Stück wurden ungleiche Mengen genommen, und es wurde ihnen Wasser nach verschiedenen Verhältnissen zugesetzt, wobei sich viel Wärme entwickelte und ein Theil des Wassers verflüchtigt wurde. Nachdem die chemische Vereinigung völlig zu Stande gebracht, die Erhitzung vorbei, das Ganze zur mittlem Temperatur zurückgekommen und vollkommen trocken war, wurde es gewogen, | um aus der Vermehrung des Gewichts den Antheil Wasser zu finden, der sich mit dem Kalke chemisch vereinigt hatte. Zuletzt wurde das specifische Gewicht aller dieser chemischen Verbindungen bestimmt. Die, welche nur wenig Wasser enthielten, waren im Zustande eines Steins geblieben; die, mit welchen sich mehr Wasser vereinigt hatte, in Staub zerfallen; und überhaupt hing der feste oder erdige Zustand des Kalks von der Wassermenge ab, die er gebunden enthielt. 1 2
A n n a l e s d e C h i m i e , Τ. XXXI, p. 284^298. A n n a l e s d e C h i m i e , Τ. XXVIII, p. 9.
206
Scheinbare Anomalien im specifischen Gewichte
W a s s e r zu 10000 Theilen ätzenden Specifisches Gewicht. gebrannten K a l k s Nach der Mittleres, hinzugesetzt. Beobachtung, berechnetes. 5 Versuch Theile 1 , 5 9 4 9
1 , 5 9 4 9
1 8 3
1 , 6 1 3 7
1 , 5 8 4 1
-
2 9 6
1 6 2 0
1 , 4 8 7 7
1 , 5 1 2 3
+
2 4 6
3 3 5 5
+
0 1
2
3
.
Unterschiede.
0
0 , 7 8 5 2
1 , 4 4 4 9
0
1 , 4 5 5 8
1 , 4 5 5 8
6 5 9 7
6 2 9
1 , 4 8 1 9
1 , 4 2 9 2
-
1 5 6 2
1 , 4 7 3 7
1 , 3 9 4 1
-
7 9 6
2 5 0 0
1 , 4 0 0 0
1 , 3 6 4 6
-
3 5 4
5 0 0 0
0 , 8 9 8 3
1 , 3 0 3 8
+
r ° 3 1 2
1 , 3 7 1 5
1 , 3 7 1 5
1 , 4 5 0 6
1 , 3 6 0 2
-
9 3 7
1 , 4 7 8 1
1,3397
-
1 3 8 4
1 8 7 5
0 , 9 7 2 7
1 , 3 1 2 8
+
3 4 0 1
0 5 2 7
4 0 5 5 0 9 0 4
Man sieht aus diesen Versuchen, daß bei den ersten Verbindungen des 20 gebrannten Kalks mit wenig Wasser die Dichtigkeit zunimmt, mithin gewiß eine innige Vereinigung vor sich geht, aus der sich die große Menge von Wärmestoff, die sich dabei entjwickelt, erklären zu lassen 366 scheint. Allein bei mehrerm Wasser, welches zugesetzt wird, dauert zwar die Erhitzung, und mithin die chemische Vereinigung fort, die 25 Dichtigkeit nimmt aber ab. Fernere Versuche belehrten mich, daß, so lange der Kalk vom zugesetzten Wasser nicht berstet, reißt und sich pulverisirt, die Dichtigkeit im Verhältnisse der zugesetzten Wassermenge zunimmt; manchmahl aber, nach Verhältniß wie er zerfällt und sich pulverisirt, abnimmt, bis er, in ein feines Pulver verwandelt, 30 specifisch leichter als Wasser wird. Völlig eben so behandelte ich A l a u n , (schwefelsaure Kali-Thonerde,) die ich zuvor zu einem feinen Staube calcinirt hatte; auch sie giebt eine Menge Wärme, wenn sich das Wasser mit ihr verbindet, und ist sie recht fein calcinirt, völlig so viel als der gebrannte Kalk. Der ge35 pulverte S a l p e t e r , (salpetersaures Kali,) dagegen, mit dem ich die letzten Versuche anstellte, erkältete sich beim Verbinden mit dem Wasser: 207
1800
Wasser zu 1000 Theilen calcinirten Alauns Hinzugesetzt. 0 Theile 323 404 412
Specifisches Gewicht berechnet. beobachtet. 0,4229 0,4229 0,5531 0,6094 1,1423 0,6558 1,7165 0,6606
Unterschiede. 0 + 563 - 4865 - 10559
Wasser zu 1000 Theilen trockenen gepulverten Specifisches Gewicht Salpeters hinzugethan. beobachtet. berechnet. 0 1,7269 1,7269 59 1,4654 1,6840 111 1,4402 1,6461 158 1,6415 1,6120 200 1,8677 1,5800 238 1,8956 1,5539 273 1,8905 1,5284
Unterschiede. 0 + 2186 + 2059 - 295 - 2877 - 3417 - 3621
Wir sehen hier merkwürdige Abweichungen vom mittlem specifischen Gewichte, indem der Kalk, statt, wie der Alaun und Salpeter, im Anfange ein geringeres und nachher ein größeres specifisches Gewicht als das berechnete zu geben, im Gegentheile anfangs ein größeres, und 25 erst zuletzt ein geringeres, als das berechnete, giebt. Diese Abweichungen lassen sich aus vier verschiedenen Ursachen erklären. 1. Aus der Dichtigkeit dieser Stoffe; 2. aus der Dichtigkeit des damit verbundenen Wassers; 3. aus der Verwandtschaft des Stoffs zu dem Wasser; 4. aus der größern und geringem Theilung der Ver- 30 bindung. Von diesen Ursachen sind die beiden erstem für eine und dieselbe Sorte einer dieser Stoffe beständig, die beiden letztern hingegen veränderlich. Die dritte vermehrt die Dichtigkeit der Verbin368 dung; die vierte vermindert sie, nach den davon gegebenen Beweisen. 5 So lange daher diese letztere Ursache einen stärkern Einfluß als jene 35 3
A n n a l e n d e r P h y s i k , I. B., S. 396-411.
208
A.
Scheinbare Anomalien im specifischen Gewichte
dritte hat, vermindert sich die Dichtigkeit; im entgegengesetzten Falle vergrößert sie sich. Der K a l k war erst ein einzelnes Stück, der gebrannte A l a u n und der gepulverte S a l p e t e r hingegen waren erst gepulvert; jener zerfiel 5 endlich bei der Verbindung mit Wasser zu Pulver, diese hingegen verbanden sich zu ganzen Stücken, es war daher jener Erfolg leicht vorauszubestimmen. Der Salpeter unterscheidet sich noch dadurch vom Kalke und vom Alaun, daß das specifische Gewicht bei letztern erst größer, als das specifische Gewicht der trockenen Substanz ist, das 10 specifische Gewicht des Salpeters hingegen erst kleiner wird, als das ursprüngliche, und nachher größer. Dies kommt daher, weil in den beiden ersten Fällen Wärmestoff frei, im Salpeter hingegen gebunden wird, folglich die Molekülen dort getrennt, hier einander genähert werden.
209
369
Anmerkungen zu dem vorstehenden Aufsatze des B. Hassenfratz, von L. A. v o n A r n i m .
5
D e r B ü r g e r H a s s e n f r a t z s c h e i n t i n d i e s e m A u f s a t z e schon v e r g e s s e n zu h a b e n , w a s e r i n d e r v o n i h m h i e r a n g e f ü h r t e n A b h a n d l u n g 1 ü b e r d e n E i n f l u ß d e r A d h ä r e n z a u f d i e B e s t i m m u n g des s p e c i f i s c h e n Gew i c h t s b e w i e s e n zu h a b e n g l a u b t e : d a ß d i e T h e i l u n g n u r s c h e i n b a r b e i d e r g e w ö h n l i c h e n Art, s p e c i f i s c h e G e w i c h t e zu b e s t i m m e n , d i e s e s ver- 10 m i n d e r e ; d a ß h i n g e g e n b e i der dort b e s c h r i e b e n e n u n d h i e r a n g e w e n d e t e n H o m b e r g s c h e n Art, d i e g r ö ß e r e oder g e r i n g e r e T h e i l u n g des Körpers k e i n e n E i n f l u ß h a b e . Ist d i e s e B e h a u p t u n g g e g r ü n d e t , so f ä l l t z w a r d i e h i e r g e g e b e n e E r k l ä r u n g j e n e r E r f a h r u n g e n w e g , sie w e r d e n a b e r d a d u r c h n o c h m e r k w ü r d i g e r u n d v e r d i e n t e n w o h l e i n e g e n a u e 15 prüfende W i e d e r h o l u n g . Die E r w ä r m u n g wird bei der Erklärung wohl n i c h t g e b r a u c h t w e r d e n k ö n n e n , i n so f e r n d i e s p e c i f i s c h e n G e w i c h t e n i c h t w ä h r e n d d e r s e l b e n b e s t i m m t w o r d e n sind; es ist i m m e r w a h r s c h e i n l i c h e r , d a ß sie F o l g e , a l s d a ß sie U r s a c h e der V e r d i c h t u n g , ( W ä r 370 m e - C a p a c i t ä t s - M i n d e r u n g , ) sey. L e i c h t mögjlich ist i n d e s s e n , d a ß sich 20 h i e r , w i e H e r r Professor S c h m i d t 2 s e h r ü b e r z e u g e n d f ü r d i e a u g e n scheinlich falschen specifischen Gewichtsangaben der Talkerde gezeigt h a t , d i e U r s a c h e des I r r t h u m s i n d e r e i n g e s c h l o s s e n e n L u f t f i n d e t . D i e s e r k l ä r t d a n n s e h r g u t , w a r u m das s p e c i f i s c h e G e w i c h t d e r S t o f f e so v i e l g e r i n g e r s c h i e n , so l a n g e sie g e p u l v e r t w a r e n . 25 N i c h t so ü b e r z e u g e n d s i n d m i r d i e S c h l ü s s e , d i e H e r r S c h m i d t dort a u s s e i n e n V e r s u c h e n d e r H a s s e n f r a t z i s c h e n M e i n u n g ü b e r d e n E i n f l u ß der Adhärenz entgegengesetzt. Der erste u n d dritte seiner 1 2
A n n a l e η d e r P h y s i k , I. Β., S. 411. A n n a l e n d e r P h y s i k , IV. Bd. S. 208. 210
30
Anmerkung zu Scheinbare Anomalien im specifischen Gewichte
Versuche sind dazu bestimmt, gegen H a s s e n f r a t z zu beweisen, daß Stanniol ausgebreitet und so zusammengeschlagen, daß er nur vom Wasser in einer geringen Fläche berührt wird, gleiche specifische Gewichte habe. Diese Versuche scheinen aber mit den Hassenfratzischen nicht unter gleichen Bedingungen angestellt zu seyn; H a s s e n f r a t z ließ seinen Stanniol durch ein Streckwerk zusammendrücken, das Wasser konnte daher nicht zwischen die Blätter dringen, oder höchstens nur wenige trennen. Herr S c h m i d t hingegen faltete und preßte ihn nur so viel wie möglich zusammen, und daß dieses nicht hinlänglich fest gewesen seyn kann, beweist der 5te Gegenversuch, wo der zusammengeschlagene Stanniol ganz aus einander getrieben war. Der 5te und 6te Versuch sprechen sehr für H a s s e n f r a t z , denn hier waren doch beide Stannioljstreifen zusammengeschlagen, 3 beide wurden auf einerlei Art mit der Luftpumpe behandelt, und doch zeigte nur jener eine so beträchtliche Gewichtsverminderung, dieser nur einen Unterschied von einem Hunderttheile. Zur Uebersicht setze ich die Versuche H a s s e n f r a t z ' s mit Stanniol noch einmahl hierher. 4 Specifisches Gewicht. Als die Blätter zwischen den Walzen eines Streckwerks zusammengepreßt waren, im Homberg. Areometer. Als die Blätter unter dem Wasser getrennt waren,
Vers. 1.
5,744 (fehlt.)
3,714
im Homberg. Areometer. Als die Blätter unter Wasser durch die Hand zusammengedrückt wurden,
(fehlt.)
im Homberg. Areometer.
(fehlt.)
Versuch 2. wird vom Verf., nach der Bemerkung eines Freundes, verworfen, weil er die Blätter beim Auseinandernehmen und beim Eintragen aus einem Areomet. in das andere an die L u f t gebracht hatte.
3,984
Vers. 3.
6,5752 7,3152
5,1134 7,3051
(fehlt.) (fehlt.)
3 Herr S c h m i d t sagt, der eine war bis auf 'Λ Quadrat-Zoll zusammengefaltet; vom andern, er sey zusammengerollt: es wäre daher vielleicht möglich, daß doch noch eine Verschiedenheit statt gefunden habe. 4 Bei der Anordnung ihrer Resultate in eine Tafel, A n n a l e n d e r P h y s i k , I, 517, ist in der letzten Columne die vierte Zahl 5,113 um eine, und die unterste um zwei Zeilen zu tief gesetzt worden.
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Η. S c h m i d t ' s Frage, ob sich nicht jene Unterschiede aus der verm i n d e r t e n Beweglichkeit der Wage und aus der anhängenden L u f t 372 erklären lassen, möchte ich daher nicht bejahen, und bin deshalb noch i m m e r geneigt, bis eine andere Erklärung ihre Stelle ersetzt, oder neue Versuche die Hassenfratzischen widerlegen, die Adhärenz als Ursache der Erleichterung anzunehmen. H. S c h m i d t k ö m m t durch die Theorie auf ein ganz entgegengesetztes Resultat, daß nämlich Adhärenz zwischen d e m abzuwägenden Körper und dem Medio, worin er gewogen, wenn dieses nicht verdichtet wird, gar keinen Einfluß haben könne, daß durch Verdichtung hingegen das relative Gewicht verm e h r t werde. D e n letztern Fall k a n n ich, als bloße Annahme, hier übergehen. »Wenn ein Körper«, sagt Herr S c h m i d t , 5 »in eine Flüssigkeit getaucht, benetzt aus derselben wieder hervortritt, so sagt man, er adhärire m i t der Flüssigkeit.« Allein dieses ist wohl keine Bestimm u n g des Sprachgebrauchs in seiner ganzen Allgemeinheit, da wir adhäriren auch da sagen, wo keine Flüssigkeit gegenwärtig ist. Adhäsion nenne ich daher lieber jede W i r k u n g der Anziehung, in so fern diese in der Berührung zweier Materien wirkt. D a Anziehung aller Materie gemein und wesentlich ist, so k o m m t sie auch der L u f t zu; auch die L u f t adhärirt daher, wie es m i r scheint, den Körpern, die sie berührt; und da alle Anziehung gegenseitig ist, so ist es einerlei, ob ich sage, die L u f t adhärirt d e m Körper, oder dieser Körper der Luft. D a
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373 ferner die Anziehung wegen des bekannten Gesetzes ihrer Wirksamkeit f ü r verschiedene Entfernungen, in der Berührung a m stärksten ist, so wird auch die Adhäsion jeder Kraft, welche beide Körper zu trennen 25 strebt, entgegenwirken; und überwindet sie diese Kraft, so wird, wer eines von beiden, die L u f t oder den Körper, unterstützt, beide unterstützen, so wie m a n gleich viel trägt, welche von zwei einander adhärirenden Platten m a n halten mag, und gleich viel, ob m a n den Magneten a m daran hängenden Eisen, oder das Eisen an d e m Ma- 30 gneten, woran es hängt, aufhebt. U m hier in Rücksicht des Körpers, der dem Wasser oder der L u f t adhärirt, zu entscheiden, welcher von beiden, er oder die Luft, erleichtert wird, k ö m m t es darauf an, welcher von beiden unterstützt wird. Da n u n offenbar die L u f t auf der Oberfläche, das Wasser in dem Gefäße, worin es eingeschlossen ist, unter- 35 stützt und getragen wird, so kann, wie es m i r scheint, die bewegende Kraft des fallenden Körpers durch Adhäsion m i t L u f t oder Wasser n u r 5
A n n a l . d e r P h y s . , IV, 197.
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A n m e r k u n g zu Scheinbare Anomalien im specifischen Gewichte
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vermindert werden. Die Erfahrung muß entscheiden, ob diese Verminderung groß genug ist, einen wahrnehmbaren Theil derselben aufzuheben. Findet es sich, daß sie zu schwach ist, um das wahrnehmbare Uebergewicht eines Körpers aufzuheben, so wird dieser sinken; mit ihm die adhärirende Luft, und dann wird die Adhäsion nur die beschleunigende, keine bewegende Kraft vermindern. Ich glaube durch diese Auseinandersetzung dem Vorwurfe begegnet zu seyn, als wenn ich Cohäsion | der Lufttheilchen annähme, 6 welches 375 beides, wie ich ohne Einschränkung zugestehe, der Natur jeder elastischen Flüssigkeit widerspricht. Ein zweiter Einwurf ist, daß man aus der Verwandtschaft eines Körpers gegen den Sauerstoff nicht gerade auf die Adhäsion des Körpers gegen die Luft schließen dürfe. Ohne die Frage zu untersuchen, ob die atmosphärische Luft ein Gemisch oder ein Gemenge aus Sauerstoff und Stickstoff in Gasgestalt sey, scheint es mir hinlänglich, daß man weiß, Oehl habe bei dieser Temperatur stärkere Wahlanziehung zum Sauerstoffe, als das Papier, daß beide hingegen mit dem Stickstoffe unter diesen Umständen keine Verbindung eingehen. Der Analogie mit allen bisherigen Erfahrungen von M o r v e a u 7 und A c h a r d 8 gemäß, wird dann auch hier dem chemisch näher verwandten Stoffe stärkere Adhäsion zugeschrieben werden müssen. Das von Herrn S c h m i d t angeführte Beispiel der Stillung der Meereswellen durch Oehl spricht schwerlich dagegen, da, nach A c h a r d ' s 9 Versuchen, das Oehl auch da gute Dienste thut, wo die Bewegung des Wassers nicht von der Luft herkömmt, und da außerdem, bei genauerer Betrachtung der Umstände, 10 diese größere
6 7
A n n a l e n d e r P h y s i k , IV, 201. S. C h y m i s c h - p h y s i s c h e S c h r i f t e n , Berl. 1780, S. 334 bis 67. Herr
A c h a r d und Herr M o r v e a u (a.a.O. S. 32,) vermuthen, das b =
η————, • c
welches mit der Erfahrung, besonders bei den Säuren, so übereinstimmende Re30 sultate gab, werde durch die Figur der kleinsten Theile bestimmt; wenn wir aber die Art, dieses b zu bestimmen, (aus d und c,) durch das kalihaltige Glas betrachten, so wird man sich leicht überzeugen, daß es durch chemische Anziehung bestimmt wurde, da die Alkalien und Erden in derselben Ordnung die Säuren anziehen. 8 Die Reihe der Adhärenzen zwischen Quecksilber und den Metallen folgt der 35 Ordnung, wie ihr chemischer Verwandtschaftsgrad. M o r v e a u ' s Grundsätze der chemischen Affinität, S. 9. 9 S a m m l u n g p h y s i k a l . A b h a n d l . , Berl. 1784, S. 91. 10 Vergl. A l l g e m . g e o g r . E p h e m e r i d e n , II. B., S. 524, III. B., S. 244.
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Anziehung des Oehls zu der Luft als zu dem Wasser, wodurch statt der ganzen Wassermasse nur eine dünne darauf schwimmende Oehllage vom Winde fortgetrieben wird, in manchen Fällen viel zur Hervorbringung jener Wirkung beiträgt. Doch kommen bei dieser Erscheinung noch manche andere Umstände in Betrachtung, deren Auseinandersetzung uns zu weit führen würde.
Ich glaube, es wird hier am rechten Orte seyn, einige V e r s u c h e ü b e r d i e M e i n u n g anzuführen, die, seit W e i t b r e c h t , " den M u s s c h e n b r o e k s c h e n 1 2 Versuchen zuwider, von den geschätztesten Physikern, wie G e h l e r , 1 3 F u n k , 1 4 Gren, 1 5 u. a., angenommen worden, d a ß b e i d e m A u f s t e i g e n d e r F l ü s s i g k e i t e n i n H a a r r ö h r c h e n n u r d i e A n z i e h u n g in der u n m i t t e l b a r e n B e r ü h r u n g w i r k s a m w e r d e , aber nicht auf eine angebliche Entfernung wirke, daß daher die Länge der Haarröhren von keinem Einflüsse sey. Die Versuche hierüber stellte ich mit aller Sorgfalt an, verkürzte nicht die Röhre durch tieferes Eintauchen in die Flüssigkeit, (denn dann kömmt die Flüssigkeit an Stellen von verschiedenem Durchmesser und verschiedener Dicke,) sondern durch Abbrechen. Ihre Länge und den Stand der Flüssigkeit trug ich durch einen Zirkel auf eine Skale. Länge der Glasröhre. Zoll Linien 5 7 4 11 1 4 3 7 2 5 9 1
Höhe des Wassers darin. Zoll Linien 10,1
9,9 9,7 9,5 9,3 7,3
11 T e n t , t h e o r . q u a a s c e n s u s a q u a e in t u b i s c a p i l l . C o m m e n t . A c a d . P e t r o p . , Τ. VIII, p. 261. 12 D i s s e r t . , Viennae 1756, p. 15 etc. 15 P h y s i k a l . W ö r t e r b u c h , II. Th„ S. 550. 14 C o m m e n t . II de t u b i s c a p i l l . , Lips. 1773, p. 24. 15 N a t u r l e h r e , §. 155 und §. 162.
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explicatur.
A n m e r k u n g zu Scheinbare Anomalien im specifischen Gewichte
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Länge der Glasröhre, in Linien. 28 25 21,5 19 18,9 15 10,4
Höhe des Wassers darin, in Linien. 21,9 20,9 16,9 15,5 14,6 13,4 9
ο Diese Versuche, so wie noch mehrere, die ich weglasse, da sie weniger genau angestellt waren, und dasselbe Resultat gaben, entscheiden mich für die Meinung, daß die Länge der Haarröhrchen auf den Stand der Flüssigkeit einen merklichen Einfluß hat.
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Ve r s u c h e , den Diamanten in Kohle zu verwandeln, und den Schwefel durch ihn zu entsäuern, von Guyton.1
(Eine Fortsetzung der Aufsätze in den A n n a l e n d e r P h y s i k , II, 387, und III, 65.) Unter die Erfahrungen, welche gegen die Meinung zu streiten scheinen, d a ß d e r D i a m a n t r e i n e r K o h l e n s t o f f s e y , gehörte ganz besonders der Umstand, daß S c h w e f e l s ä u r e , selbst erhitzt, auf den Diamanten keine Wirkung zu äußern, und sich durch ihn nicht zu entsäuern schien. Folgender Versuch, der von C l o u e t und H a c h e t t e mit dem Scharfsinne und der skrupulösen Genauigkeit, die wir an ihnen gewohnt sind, angestellt wurde, ( q u i a e n c o r e e t e s u i v i e p a r l e s c i t o y e n s C l o u e t et H a c h e t t e , ) hebt diese Schwierigkeit völlig. Zugleich entspricht er meinem Wunsche nach einem Mittel, d e n D i a m a n t e n , wenigstens theilweise, in K o h l e , das heißt, in s c h w a r z e s O x y d e des K o h l e n s t o f f s , ( o x y d e noir de carb o n e , ) v e r w a n d e l t d a r z u s t e l l e n , bevor er sich so stark mit Sau406 erstoff geschwängert hat, um als kohlensaures Gas zu verfliegen; 2 eine Reduction, welche den Ungläubigsten von meiner Theorie überzeugen muß. Man nahm einen rohen, krystallisirten und recht durchsichtigen Diamanten, der 158 Milligrammes wog, legte ihn in eine kleine Kapsel aus Piatina, unter eine Art von Gitter aus Platina-Draht, und umschüttete ihn mit einer Mischung aus 5 Grammes Thonerde und 15 Decigrammes Kalk. Der Platina-Draht diente, den Diamanten zu hindern, im geschmolzenen Flusse in die Höhe zu schwimmen, und dann 1 2
A n n a l e s d e C h i m i e , Tom. XXXII, p. 62-66. A n n a l e n d e r P h y s i k , Β. II, S. 400. 216
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Versuche, den Diamanten in Kohle zu verwandeln
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etwa an der Luft zu verbrennen; und der ganze Versuch wurde angestellt, um zu sehn, ob der glasartige Fluß aus beiden Erden auf den Diamanten irgend eine Wirkung äußern würde. Durch einen unerwarteten Umstand blieb dieses unentschieden, führte aber der Versuch zu andern noch mehr belehrenden Resultaten. Die Thonerde war nämlich aus Alaun durch Ammoniak gefällt, und wiederholt ausgesüßt worden, enthielt aber dessen ungeachtet noch Schwefelsäure; eine Warnung für Chemiker, Thonerde nur dann für rein zu halten, wenn sie nach der Fällung aus dem Alaun durch Salpetersäure wieder aufgelöst, durch salpetersaure Schwererde gereinigt und von neuem präcipitirt, oder bis zur Trockniß verdampft worden ist. Die Anwesenheit der Schwefelsäure war nicht zu verkennen, als man, | nachdem die Kapsel eine halbe Stunde lang im Feuer einer Esse 407 mit 3 Gebläsen gestanden hatte, statt der Verglasung eine graue, Ulldurchsichtige Schwefelerde, ( s u l p h u r e t e r r e u x , ) fand, die sich gleich durch ihren Geruch verrieth, und bei den Proben, die wir damit anstellten, alle Eigenschaften einer Schwefelerde zeigte. Die Tiegel, (d. h., die Platina-Kapsel, worin der Diamant lag, und der thönerne Tiegel, worein wir diese gesetzt hatten,) kamen ganz und wohlbehalten aus dem Feuer, und der Diamant hatte sich nicht aus der Stelle bewegt. Er war an die untere Fläche der kleinen schwefelhaltigen Masse wie eingefaßt, unterschied sich aber von ihr durch seine Ecken und Seiten, und noch mehr durch seine schwarze Farbe, die er angenommen hatte. Als er losgemacht war, zeigte sich, daß dieser schwarze Stoff bloß die Oberfläche des Diamanten bedeckte, der übrigens in seinen Eigenschaften, selbst in seiner Härte, keine Veränderung gelitten hatte, und nach wie vor noch Glas schnitt. Sein Gewicht war aber um 58 Grammes, d. h., um mehr als ein Drittel, vermindert worden. Hieraus kann man folgern: 1. Daß sich der S c h w e f e l , gerade so wie die K o h l e , vermittelst des Diamanten entsäuern, (desoxydiren,) läßt, wofern nur die Säure, ( a c i d e , ) in einer chemischen Verbindung zurückgehalten wird, welche die zur Säuerung des Kohlenstoffs nöthige Temperatur auszuhalten vermag. 2. Daß der D i a m a n t , wenn man ihn unter Umstände bringt, wo 408 er den ersten Grad der Säuerung annimmt, ohne sich sogleich in
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Kohlensäure zu verwandeln, sich unter allen Merkmahlen des R e i ß 408 b l e i e s , ja selbst der K o h l e , darstellen läßt.3
3 In einer Bemerkung zu G u y t o n ' s Aufsätzen ü b e r d e n D i a m a n t e n , ( A n n a l e s d e C h i m i e , Τ. XXXII, p. 208—211,) verweist F o u r c r o y erst auf dieselbe ältere Erfahrung über die Wirksamkeit des glühenden Eisens auf Diamanten in M a c q u e r ' s c h e m i s c h e m W ö r t e r b u c h e , welche in den A n n a l e n d e r P h y s i k , B. III, S. 65 angeführt ist, und fährt dann fort: »Schon L a v o i s i e r , der Erste, der aus dem erhaltenen kohlensauren Gas auf die Identität des Diamanten und des Kohlenstoffs Schloß, bemerkte an seinen stark erhitzten Diamanten schwarze Flecke. Zwei kleine Diamanten, die ich 1782 in Kapellen unter Muffeln verbrannte, waren, als ich das Verbrennen unterbrach und sie sich abgekühlt hatten, schwarz, wie mit Büß überzogen, so daß sie selbst beim Reiben auf einem Papiere eine leichte Spur davon hinterließen. Es ist in die Augen fallend, daß diese schwarzen Flecken und der rußartige Ueberzug durch Oxydirung des Diamanten entstehn, der dadurch in den Zustand der Kohle überzugehn scheint. G u y t o n hat der wichtigen Entdeckung, daß der Diamant reiner und sehr dichter Kohlenstoff ist, einigermaßen das Siegel aufgedrückt. Das, was man allgemein unter dem Nahmen K o h l e versteht, ist, wie wir nun wissen, in der That nur gesäuerter Kohlenstoff, ( o x y d e d e c a r b o n e , ) dem fast immer W a s s e r s t o f f , 409 obschon in sehr verschiedener Menge, beijgemischt und beigemengt ist, und überdies noch alkalische oder erdige Salze, ja selbst Wasser schon völlig gebildet, nach Verschiedenheit der organischen Stoffe, von denen die Kohle herrührt, und dem Prozesse, der Temperatur, der Gestalt der Gefäße u. s. w. beim Verkohlen.« Hier noch eine hierher gehörige Bemerkung meines Freundes, des Herrn v o n A r n i m , ü b e r d i e F a r b e d e r D i a m a n t e n . »Ich kenne keine Untersuchung, durch welche die Ursache der verschiedenen Farben der Diamanten, ζ. B. der nicht sehr seltenen gelben, (etwa ein Metallgehalt?) angegeben würde. Sollten diese nicht von einer anfangenden Oxydation des Kohlenstoffs entstehen? Ein Versuch des Herrn B e r e n a r d , (siehe v. C r e l l ' s B e i t r ä g e , III. B., S. 382,) in welchem durch starkes Feuer ein weißer Diamant gelb wurde, bestätigt diese Vermuthung. Wer meine Bemerkungen über die chemische Natur der Magneten ( Α η η a 1., III, 48,) gebilligt hat, wird auch darin eine Bestätigung finden, daß, nach B r u g m a n n ' s Beobachtung, die gelben Diamanten stärkern Magnetismus als die ungefärbten zeigen, (siehe Β r u g m a η η ' s p h i l o s o p h i s c h e V e r s u c h e ü b e r d i e m a g n e t i s c h e M a t e r i e , S. 292.) Auch d ' A r c e t u n d R o u e l l e , ( R o z i e r Obs., J a n v . 1773, p. 17 bis 34, und v o n C r e l l ' s n e u e s t e E n t d e c k u n g e n i n d e r C h e m i e , II. B., S. 155,) fanden, daß ein Diamant im Feuer gelblich geworden war.« d. Η.
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Die W ä r m e als Ursach des Leuchtens nach chemischen E r f a h r u n g e n betrachtet, vom Bürger D i z e
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5 Die Eigenschaft vieler Körper, W ä r m e , und einer geringem Zahl, auch Licht hervorzubringen, sind bekannt. Versuche, die ich vor einigen Jahren über die Zersetzung des Glaubersalzes, (schwefelsaures Natrum,) zum Behuf einer unweit Paris anzulegenden Fabrik, anstellte, und die m i r neue E r f a h r u n g e n über den Wärmestoff gaben, be10 s t i m m t e n mich, über die Natur desselben weiter nachzudenken, und fürs erste auf dem Wege der Erfahrung, dem einzigen sichern, wo möglich auszumachen: O b d e r W ä r m e s t o f f v e r b u n d e n o d e r isolirt sich von der F e u e r - und L i c h t m a t e r i e unters c h e i d e ? Die Meinungen über diese Wesen, die eine so große Rolle 15 in Physik und Chemie spielen, sind so getheilt, daß fast jeder Naturkündiger eine eigne hat. Meine E r f a h r u n g e n | werden darthun, daß sie 411 ein u n d derselbe Stoff sind, nur unter verschiednen Verhältnissen betrachtet. Auch L a v o i s i e r behauptete dieses, doch waren bisher noch nicht alle Zweifel dagegen durch entscheidende Versuche gehoben. 20 Die Beobachtung M a y e r ' s , daß f r i s c h g e b r a n n t e r K a l k beim Löschen leuchte, wurde 1782 von P e l l e t i e r bestätigt, und ist seitdem allgemein bekannt. E r f a h r u n g 1. Ich übergoß gebrannten Kalk, der vor d e m Versuche noch eine Viertelstunde lang in starkem Feuer erhalten war, so daß er roth schien, m i t Wasser, und m a n sah, sobald die 25 Wärmeentwickelung anfing, glänzende Stellen. Soll der Versuch gelingen, so m u ß der Kalk gut gebrannt seyn, und das Wasser allmählig 1 Z u s a m m e n g e z o g e n , ohne eben etwas Wesentliches zu ü b e r g e h e n , aus d e m J o u r n a l d e P h y s i q u e , Τ. VI, p. 177—200. Einige der hier a n g e f ü h r t e n E r f a h r u n g e n verdienen alle A u f m e r k s a m k e i t ; aber die daraus gezogenen Folgerungen 30 m ö c h t e n wohl nicht j e d e m b ü n d i g scheinen. A.
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immer schneller zugegossen werden, bis das Leuchten erfolgt. Mancher Kalk giebt dabei eine so starke Wärme, daß brennbare Sachen, mit denen ich ihn überstreut hatte, verkohlt, manchmahl selbst entzündet wurden. — E r f a h r u n g 2 und 3. Mit concentrirter S c h w e f e l s ä u r e über gössen, gab der gebrannte, vor dem Versuche geglühte, 5 und nur grob gestoßne K a l k , ein noch viel lebhafteres Licht, und eine so heftige Entbindung des Wärmestoffs, daß das Gefäß sprang, und dichte Wolken das Laboratorium füllten. Weniger Licht zeigte sich mit S a l p e t e r - und S a l p e t e r s ä u r e , und nur ein schwaches Leuchten mit concentrirter E s s i g s ä u r e . — E r f a h r u n g 4. Als diese ι ο letztern Versuche in einer gläsernen Retorte, die mit dem 412 pneumatischen Apparate in Verbindung stand, wiederhohlt wurden, zeigte sich in der Vorlage nicht eine Spur von Schwefelluft etc., nichts als etwas atmosphärische L u f t der Gefäße, und in der Mittelflasche bloß Schwefelsäure etc., die durch die Wärme verflüchtigt war. Die 15 Säuren wurden dabei gar nicht verändert, erhielten weder Sauerstoff, noch wurde er ihnen geraubt. Das Licht, welches man sah, konnte also keine andere Ursache haben, als das Freiwerden des Wärmestoffs. Der Kalk ist nicht der einzige Stoff, aus dem sich auf diesem Wege Wärme und Licht abscheiden läßt. — E r f a h r . 5. K a u s t i s c h e s K a l i 20 grob gestoßen und in ein Glas, (das mit Kohlengestüb umlegt war, um die Wärme minder abzuleiten,) geschüttet, entwickelte, als Wasser darauf gegossen wurde, so viel Wärme, daß ein Thermometer von 0 bis 85° stieg, wobei sich ein lebhafter Kalkgeruch verbreitete. — E r f a h r . 6. Mit concentrirter S c h w e f e l s ä u r e Übergossen, zeigte das kausti- 25 sehe Kali noch eine viel stärkere Erwärmung und ein sehr lebhaftes Licht in Funken. Die Hitze war dabei so groß, daß die Mischung roth wurde, gleich einer brennenden Kohle, und einige Secunden lang so glühte. Das sich bildende schwefelsaure Kali schmolz und lief über, und das Licht schien viel heller als beim Kalke; doch wurde auch hier, 30 eben so wenig als dort, schweflige Säure erzeugt. — E r f a h r . 7. K a l i , das nur zum Theil durch Glühen von der Kohlensäure befreit war, 413 erhitzte sich zwar stark mit Schwefelsäure, wobei sich Kohlensäure entband, aber es erschien kein Licht. — E r f a h r . 8. Es hinderte gar nichts, wenn man auch den Kalk, das Kali und die Schwefelsäure erst 35 einzeln bis zum Nullpunkte des Thermometers erkältete, u m ihnen allen freien Wärmestoff zu entziehn, und den Versuch dann sogleich machte; auch dann entstand lebhafte Wärme und Licht. — E r f a h r . 9 und 10. U m mit möglichster Genauigkeit zu bestimmen, wie viel Wär220
Die Wärme als Ursach des Leuchtens
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me bei der Verbindung der Schwefelsäure und dem Kali frei werde, fehlte es mir an einem Calorimetre nach L a v o i s i e r ' s Art. Ich wollte mir damit helfen, daß ich die Flasche, worin das Kali war, in zwei in einander gesteckte Trichter stellte, deren Zwischenraum mit Eis ausgefüllt war, sie mit Eis umschüttete, einen Trichter darüber stürzte, auch den mit Eis belegte, über alles einen vierten Trichter stürzte, und nun durch die Oeffnungen der beiden obern Trichter Schwefelsäure zugoß, erhielt aber einen viel zu geringen Wärmegrad. Ich brachte daher einmahl ein zum Wedgwoodschen Pyrometer gehöriges Stück in einem Glase mitten ins Kali, das zweitemahl ein langes Reaum. Thermometer. Die durch 13 Decagrammen ätzendes Kali, und 9,17 Decagrammen Schwefelsäure erregte Wärme betrug nach den ersten Versuchen 3 Grad Wedgwood, nach den zweiten 300° Reaumur. Folgende Betrachtungen bieten sich uns hierüber dar: a. Es war hier Wärmestoff mit den Körpern verbunden; als er frei wurde, erzeugte sich Wär|me und Licht, b. Dem Licht ging Wärme vorher, es zeigte 414 sich erst bei 300° Reaumur, und wuchs in Verhältniß der Wärme, c. Es scheint der verbundene Wärmestoff mit der freien Wärme einerlei zu seyn. Hieraus kann man also schließen, daß d a s L i c h t e i n e E i g e n s c h a f t d e r b i s 300° R. a n g e h ä u f t e n W ä r m e i s t . Wir kommen jetzt auf L i e h t e n t W i c k e l u n g e n , wo m a n b i s h e r k e i n e W ä r m e w a h r n a h m , wie z.B. beim Leuchten des Phosphors und bei den electrischen Funken. — E r f a h r . 11. Von zwei sehr empfindlichen Thermometern, die beide auf 0,16° standen, wurde die Kugel des einen in einem gläsernen Trichter mit 25 Grammen P h o s p h o r in Stückchen umschüttet. Ungefähr nach 2 Minuten fing der Phosphor an weiße Dämpfe zu geben und zu schmelzen; sogleich stieg dieses Thermometer, und allmählig immer höher bis 0,44°. Als aber der gefloßne Phosphor oben an der Kugel erhärtete, fiel es wieder bis 0,20°, wo es stehn blieb. Also hat der Phosphor beim Leuchten an der atmosphärischen Luft wirklich gebrannt, und dabei Wärme entbunden. — Ich stellte die ganze Vorrichtung an einen Ort, dessen Temperatur sich nicht beträchtlich änderte, so daß die sich bildende Phosphorsäure durch den Trichter abfloß, und beobachtete während der 25 Tage, die vergingen, bis alle 25 Grammes Phosphor zerflossen waren, den Stand beider Thermometer täglich dreimahl, Morgens, Mittags und Abends. Das Thermometer im Freien veränderte | seinen Stand 415 nur von 0,13° bis 0,19°; das im Phosphor, stand beständig um einige Hundertel Grad höher; während der 4 ersten Beobachtungen um 0,03, 221
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der 5 folgenden u m 0,04, der 6 folgenden u m 0,07, der 6 folgenden u m 0,06, und dann die größte Zeit über u m 0,03, zuletzt u m 0,02, 0,01° höher, und n a h m , nach gänzlicher Schmelzung, wieder denselben Stand an. Zwar weiß man, daß die stark condensirte e l e c t r i s c h e M a t e r i e 5 brennbare Körper erleuchtet und e n t f l a m m t , die schwerflüssigsten Metalle schmelzt, und selbst das Gold verkalkt, allein bisher hatte m a n noch durch keinen unbezweiflichen Versuch dargethan, daß im electrischen Lichte freie W ä r m e sey.2 So oft das electrische Licht stark genug ist, u m sichtbar zu werden, zeigt es sich m i t der Schnelligkeit 10 des Blitzes, daher es dem gewöhnlichen T h e r m o m e t e r nicht W ä r m e genug ertheilen kann, u m es zum Steigen zu bringen. — E r f a h r . 12. Ich richtete daher den Apparat ein, welchen Taf. VII, Fig. 2 vorstellt. Die Glasröhren Μ und Ν wurden so weit mit Wasser gefüllt, daß es in 416 der letztern bis zur halben H ö h e stand, darauf die L u f t in der | Glas- 15 kugel Α genau bis auf 10°, nach einem empfindlichen Thermometer, erwärmt, und dann sogleich der Kork Β mit fettem Kütte darin luftdicht befestigt. Dies gab ein so empfindliches L u f t - T h e r m o m e t e r , daß ein Licht schon in beträchtlicher E n t f e r n u n g das Wasser in der nach Hundertel- und Tausendel-Graden eingetheilten Röhre Μ u m einige 20 Tausendtheilchen in die H ö h e trieb. Der Funke aus dem Conductor einer Electrisir-Maschine wurde, mittelst eines Directors, dem in einer Glasröhre durch den Kork gehenden D r a h t e k mitgetheilt, und sprang von diesem auf den D r a h t i über, den eine Kette m i t der Erde in Verbindung setzte. Die Temperatur des Zimmers war 0,20°; durch eine 25 schnelle Folge überschlagender Funken wurde das Wasser in der Röhre Μ bis auf 0,24° getrieben, und sank dann sehr langsam wieder zurück. M e h r m a h l s wiederhohlt, gab der Versuch i m m e r dasselbe Resultat. Die L a d u n g einer Leidner Flasche mit ungefähr gleich viel Funken trieb das Wasser schnell bis 0,26 oder bis 0,27° hinauf, welches 30 in diesem Falle eben so schnell wieder zurück sank. 3 2 W ä r m e b e m e r k t e n bei der Electricität zuerst A d a m s u n d K i n n e r s l e y a m L u f t - T h e r m o m e t e r . ( A d a m s V e r s u c h ü b e r d i e E l e c t r i c i t ä t , S. 211.) G a r d i n i , ( U e b e r d a s e l e c t r i s c h e F e u e r , Dresden 1793, S. 62,) f a n d dies ebenfalls, u n d viele Versuche v a n M a r u m ' s bewiesen das gleiche. G r e n ' s n e u e s 35 J o u r n a l d e r P h y s i k , III. B. S. 1 - 1 8 . A. 5 Ueber das Gesetz, nach w e l c h e m die Stärke der W i r k u n g einer electrischen L a d u n g fortschreitet, vergleiche C u t h b e r t s o n ' s Aufsatz, ( A n n a l e n d . P h y s i k , III. B., S. 13.) Schon H e r r S c h m i d t b e m e r k t e einen z u n e h m e n d beschleunigten G a n g a m Stande des Electrometers, ( G r e n ' s n e u e s J o u r n a l , I. B., 40 S. 361.) A.
222
Die Wärme als Ursach des Leuchtens
5
10
15
20
25
Aus diesen Versuchen, die ich alle mehrmahls mit möglichster Sorg- 417 falt anstellte, schließe ich, daß Wärmeentwickelung immer dem Lichte vorhergeht, daß daher das Licht keine eigentümliche Materie, sondern nur eine Eigenschaft des Wärmestoffs ist, die zwar jedem Molecül des freien Wärmestoffs einzeln zukömmt, sich aber nur nach Anhäufung dieser Molecüles bis auf einen bestimmten Grad den Augen zeigt.4 Der Wärmestoff ist in einem steten hin und her fließen. So wie er frei wird, streben seine leuchtenden Molecülen, sich von einander zu entfernen, und bewegen sich dahin, wo sie am stärksten angezogen werden, d. h. nach der Sonne. Haben sie sich hier so stark angehäuft, daß ihre Repulsiv-Kraft die Kraft, welche sie anzog, überwiegt, so werden sie zurückgestoßen, zerstreuen sich in die andern | Körper nach 418 Verhältniß ihrer Masse, werden eben durch ihre Repulsiv-Kraft im Räume vereinzelt, so daß sie nicht mehr leuchten, und folgen dann wieder der anziehenden Kraft der Sonne, welche auf diese Art die immerwährende Werkstätte leuchtender Wirkungen ist. — Eine gleiche Bewandtniß hat es mit den künstlichen leuchtenden Wirkungen des concentrirten Wärmestoffs, die wir durch mechanische oder chemische Mittel bewirken. So wie das Sonnenlicht, wärmen und erleuchten sie, verbreiten Strahlen umher, welche sich durch Spiegel zurückwerfen lassen, und erhellen dunkle Gegenstände; und das von diesen erleuchteten Objecten zurückgeworfne Licht bringt, eben so wenig als das Mondlicht, Wärme hervor, weil die Molecülen des Wärmestoffs darin allzu wenig concentrirt sind, um auf die Empfindung zu wirken.5 A. v. A.
4 Ein Versuch D a v y ' s , ( C o n t r i b u t . to p h y s i c a l a n d m e d i c a l k n o w l e d g e c o l l e c t e d b y B e d d o e s , Bristol 1799, p. 9. 10,) der ganz der Dizeschen 30 Meinung entgegen ist, verdiente wohl wiederhohlt zu werden. Er drückte ein Flintenschloß im fast luftleeren R ä u m e ab, bemerkte durchaus keinen Funken, und fand doch unter dem Mikroskope an den abgeschlagenen gesammelten feinen Eisenstücken sichere Kennzeichen der Schmelzung. Er hat nicht angegeben, wie diese Kennzeichen waren. Als Electrometer könnte vielleicht der Apparat unsers 35 Verfassers, besonders mit verschiedenen Gasarten gefüllt, merkwürdige Resultate liefern. A. 5 L e s m o l e c u l e s du c a l o r i q u e , qui nous p a r v i e n t de la S u n e , sont trop e c a r t e e s e n t r ' e l l e s , pour p r o d u i r e une s e n s a t i o n de c h a l e u r . Wie D i z e dieses mit seiner Hypothese S. 414 und 417 vereinigen kann, sehe ich
40 n i c h t r e c h t a b .
d. Η .
223
Electrische Versuche von Aldini,
419
Prof. der P h y s i k auf der U n i vers. Bologna.1 Zuerst untersucht A l d i n i , ob die F l a m m e
ein L e i t e r in der galva-
5
n i s c h e n K e t t e ist. S o m a n n i g f a l t i g e r a u c h s e i n e V e r s u c h e m i t H ü l f e des H e r r n M a l a g r i d a
a b ä n d e r t e , so e r h i e l t er d o c h n i e M u s k e l b e -
w e g u n g , w e n n er eine u n t e r b r o c h e n e K e t t e durch eine L i c h t f l a m m e v e r b a n d . D e s s e n u n g e a c h t e t w a r er durch verschiedene Versuche überz e u g t , d a ß d i e F l a m m e e i n g u t e r L e i t e r d e r E l e c t r i c i t ä t s e y . D e n n 10 g e h ö r e n gleich die S t o f f e , w e l c h e sie bilden, das O e h l u n d die L u f t , zu d e n N i c h t l e i t e r n , so w e r d e n s i e d o c h , e b e n so w i e G l a s , d u r c h W ä r m e in L e i t e r verwandelt. D e r Director M o s c a t i Versuchen, die A l d i n i
die
g a b zu einigen
d e s w e g e n anstellte, Veranlassung. E r
wählt
e i n e n L e i t e r , d e r , ( m i t d e r E r d e v e r b u n d e n , ) n u r u n g e f ä h r u m e i n e 15 L i n i e u n t e r b r o c h e n w a r . A u f d a s e r s t e S t ü c k s t e l l t e er e i n B e n n e t s c h e s Electrometer, d e m Electricität zugeführt wurde, u n d zwischen beide b r a c h t e er e i n e L i c h t f l a m m e . D a s E l e c t r o m e t e r b l i e b r u h i g . E r ent420 f e r n t e s i e b i s a u f | e i n e n Z o l l , u n d n o c h b l i e b a l l e s r u h i g ; e i n Z e i c h e n , d a ß d i e F l a m m e s e h r g u t , j a n o c h b e s s e r a l s M e t a l l l e i t e t . S o b a l d e r s i e 20 aber
ganz
hinwegnahm,
divergirte
das
Electrometer
sogleich
stark. D i e s läßt sich a u f die g a l v a n i s c h e n E r s c h e i n u n g e n
sehr
anwenden.
H i e r hebt die F l a m m e die B e w e g u n g des Electrometers, dort des M u s kels auf, weil sie den D u r c h g a n g der a n i m a l i s c h e n Electricität nicht a u f h ä l t ; i n b e i d e n F ä l l e n , w e i l s i e m a c h t , d a ß s i c h d i e E l e c t r i c i t ä t 25 zerstreuet, u n d dadurch bei den galvanischen E r s c h e i n u n g e n die z u m Versuche nöthige Circulation, ohne welche keine B e w e g u n g
möglich
ist, a u f h e b t . ' Zusammengezogen aus den A n n a l i d i C h i m i c a d. S. B r u g n a t e l l i , T. XIII. p. 135-154. 30
224
Electrische Versuche von Aldini Zunächst folgen einige Versuche über die K l e i s t i s c h e Aldini
hatte
verschiedene
gläserne
Röhren,
von
Flasche.
denen
einige
auf
einer, a n d e r e auf b e i d e n Seiten zugeschmolzen, einige ganz, a n d e r e bis auf zwei Drittheile ihrer L ä n g e m i t Wasser angefüllt waren. Von 5 s e n u m f a ß t e er e i n e u n t e n m i t d e r H a n d , u n d b e l e g t e sie v o n
die-
außen,
oben, e t w a s ü b e r der Stelle, w o i m I n n e r n die Flüssigkeit a u f h ö r t e , m i t Metallbelegung. Maschine,
und
Diese lud
näherte
sie;
sobald
erhielt er einen beträchtlichen 10
E s ist u n l ä u g b a r ,
daß
sich
er er
dem nun
Conductor den
einer
belegten
Electrisir-
Theil
anfaßte,
Schlag. diese Flaschen
wesentlich
von
den
ge-
wöhnlichen unterscheiden, i n d e m hier die innere Fläche mit der äußern in
gar
keine
leitende
Verbindung
kommt;
sie lassen
sich
aber
sehr
leicht durch Vergleichung m i t doppelten | Flaschen, w o zwei gewöhnliehe Flaschen eine in die andere gesetzt w e r d e n , erläutern, bei 15 c h e n
man
beider
auch
einen
Flaschen
Schlag
berührt
erhält, sobald
werden.
Wird
die
die
äußern
421
wel-
Belegungen
Metallbelegung
positiv
electrisirt, so w i r d d a s W a s s e r , so w e i t d i e B e l e g u n g g e h t , n e g a t i v . E s w i r d a b e r n u r n e g a t i v , i n d e m es s e i n e n a t ü r l i c h e Electricität d e m
Was-
ser u n t e r der B e l e g u n g abtritt; dieses w i r d d a h e r positiv u n d bringt 20 d e r a n d e r n S e i t e d e s G l a s e s , w e l c h e d i e H a n d b e r ü h r t , e i n e Ladung
in
negative
hervor.
Bei dieser Gelegenheit b e m e r k t e A l d i n i ,
daß die D ü n n e des
ses v i e l z u r S c h n e l l i g k e i t , w o m i t es sich l a d e n läßt, b e i t r ä g t . E r
Gla-
konnte
eine sehr d ü n n e Glaskugel, welche vor der L ö t h l a m p e geblasen
war,
25 o h n e M e t a l l b e l e g u n g s c h w a c h l a d e n , u n d e b e n s o d i e v o r h e r
erwähn-
ten Versuche auch ohne Metallbelegung machen. D a ß wenig
Ladung
s t a t t f i n d e t , s o b a l d d e r , w e l c h e r d i e R ö h r e h ä l t , isolirt ist, v e r s t e h t sich. Bei
Leuchtröhren
Erschütterungen,
mit und
Quecksilber
bemerkte
glaubt dieses n u n
Aldini
oft
schwache
sehr leicht erklären zu
kön-
30 n e n . Auch zum
die b e k a n n t e n
Gegenstande
L i c h t e n b e r g i s c h e n
seiner Untersuchung.
Er
F i g u r e n
machte
fand, daß, w e n n
s c h i e d e n e A r t e n v o n P u l v e r , sie m o c h t e n a u s d e m M i n e r a l - , oder Thierreiche g e n o m m e n
er
er ver-
Pflanzen-
seyn, auf einen H a r z k u c h e n warf,
jedes
35 d e r s e l b e n i h m v e r s c h i e d e n e E r s c h e i n u n g e n d a r b o t . M a c h t e e r p o s i t i v e Punkte
mit
(rothen
Bleikalk,)
electrisirt, gepulverter
der
Flasche
bildeten
auf
dem
Kuchen,
d a r a u f , so b i l d e t e n sich
zirkelrunde
sich
Figuren.
Schwefel in gleichen Theilen
225
und
streuete
Sterne; negativ Werden
| Mennige, hingegen
Mennige
vermischt, und
die
und
Fläche
422
1800
positiv electrisirt, so setzt sich dieser sternförmig an, der Mennig wird dagegen ohne Ordnung zerstreuet. Wird umgekehrt die Fläche negativ electrisirt, so setzt sich der Mennig in regelmäßigen Zirkeln, der Schwefel in Unordnung an. So wurde der Mennig, der allein beiden Electricitäten gleich geneigt war, in dieser Verbindung von der negativen eher als von der positiven Electricität gezogen. Darauf wurden auf einem Harzkuchen abwechselnde positive und negative Punkte gemacht, und ein Gemisch aus gepülvertem BergKrystall und Schwefel darauf gestreuet. Sogleich trennten sich beide; eins machte Sterne, das andere Zirkel. Ein Gleiches erfolgte beim Zusammenmischen von Kupferfeil und Bleiweiß; von Antimonium und Messingfeil; von Mennig und gewöhnlichem Mehle. Es ist gut zur leichteren Unterscheidung, die Gemische von verschiedenen Farben zu machen. Das Pulver zwischen den negativen und positiven Punkten nimmt völlig unregelmäßige Figuren an. Bestreuet man einen dünnen Harzkuchen oder ein Glastafel mit einem Pulver, und setzt an verschiedenen Orten den Knopf einer positiv geladenen Flasche auf, so wird das Pulver zurückgestoßen; und entfernt man nun die Flasche, so werden sternföijmige Figuren sichtbar. Sind Harzkuchen einigemahl so electrisirt, so behalten sie diese Electricität lange. Der Professor G a l v a n i ermunterte A l d i n i , auch f l ü s s i g e K ö r p e r zu diesen Versuchen zu gebrauchen. Er legte eine runde Metallscheibe auf einen Harzkuchen, und umgab diesen mit einem Oehlstriche. Sobald er jetzt die Metallscheibe positiv electrisirte, breitete sich das Oehl aus und bildete umher eine Art von Sonnenstrahlung. Auf denselben Kuchen legte er noch eine Metallscheibe, ganz der ersten ähnlich, electrisirte sie positiv, und sogleich ließ sich eine ähnliche Umstrahlung sehen; beide berührten sich indeß nicht. Sobald aber die eine der Belegungen, (Scheiben,) negativ electrisirt wurde, suchten sich die Oehlstrahlen einander zu nähern, und flössen dann, wo sie sich berührten, in einen Strahl zusammen; eine Wirkung der Tendenz beider Arten von Electricität zum Gleichgewichte. Noch erwähnt A l d i n i hier das Aufblähen des auf eine electrisirte Flüssigkeit gegossenen Oehls und einiger ähnlicher Erscheinungen, wobei er an die bekannte Plinianische Erzählung von dem Stillen des empörten Meeres durch aufgegossenes Oehl erinnert. »Da nun unsre künstliche Electricität«, sagt A l d i n i , »so sehr auf gewisse bestimmte Formbildung hinwirkt, warum soll denn nicht die 226
Electrische Versuche von Aldini
5
10
15
20
25
30
35
natürliche Electricität eben das leisten? So wie wir dort bei den Pulvern bald eine sternförmige strähnige Gestalt, bald eine kugelartige, 424 bald eine unregelmäßige bemerkten; so finden wir es auch beim S c h n e e . Sollten wir da nicht auf Gleichheit der Ursache schließen dürfen? Wer kann überdies wohl noch, so wie überhaupt an dem Einflüsse der Electricität auf die meisten meteorologischen Erscheinungen, so auch insbesondere an dem Einflüsse derselben bei der Bildung des Schnees zweifeln? G u y t o n , M o r v e a u ' s Bemerkung von der Fähigkeit der Electricität, in gewissen Fällen Kälte hervorzubringen, bestätigt uns darin. So sah man in Bologna im Februar bei einem plötzlich eingefallenen mit starkem Schnee begleiteten Froste, Blitze, und hörte Donner. I m März darauf sah man häufige Blitze und der Frost vermehrte sich. Außerdem hat man noch viele Beispiele in Chalons u. s. w., wo Schnee von Blitzen 2 begleitet war.« »Doch giebt es noch andere Bestätigungsgründe. Man hat bemerkt, daß immer, wenn der Schnee in Sternform fällt, er nach Art eines Sechsecks mit sechs gleichen Strahlen gebildet ist, die mit einander Winkel von 60° einschließen. Diese Beobachtung des E r a s m u s B a r t h o l i n u s vom Jahre 1661 3 wurde von C a s s i n i und M u s s c h e n | b r o e k bestätigt; A l d i n i selbst machte sie oft. Dies aus einer beson- 425 dern Vorliebe für das Sechseck, nach einem Beispiele der Alten, zu erklären, wäre keine Auflösung der Schwierigkeit, sondern eine neue Vermehrung derselben; es könnte auch darüber leicht das Fünfeck eifersüchtig werden. B e c c a r i a wollte diese sechseckige Figur des Schnees aus geometrischen Gründen erklären. Wenn man sich nämlich die Dünste in einer Ebene der Wolken in gleichen Entfernungen vertheilt denkt, so kann jeder Dunst als von concentrischen sechseckigen Reihen von Dünsten umgeben gedacht werden, so daß, wenn der Dunst im Centro mit verschiedener Electricität, als die übrigen, versehen ist, er die nahen umgebenden Dünste anzieht. Allein die geometrische Erklärungsart würde ganz ohne Sinn seyn, wäre nicht eine physische Ursache mit hineingewebt, welche man in der Verschiedenheit der Electricität der Dünste erkennt; und ohne gerade Anwendung auf den Vater der Electricitäts-Lehre in Italien machen zu wollen, 2 Eine ähnliche Erscheinung wurde im vorigen harten Winter in Halle von vielen beobachtet. A. 3 E r a s m i B a r t h o l i n i D i s s , de f i g u r a n i v i s , Havn. 1660. 8. Vergl. M a i r a n in der A b h a n d l u n g v o m E i s e , Leipzig 1752, S. 130 M a i r a n sagt, B a r - 424 t h o l i n i habe hierin nur die Entdeckung des C a r t e s i u s bestätigt. A.
227
1800
erinnert A l d i n i h i e r a n M a i r a n ' s B e m e r k u n g g e g e n C a r t e s i u s , daß m a n durch Geometrie allein nicht alle Erscheinungen e r k l ä r e n könne, sondern zu gewissen feinen Flüssigkeiten seine Zuflucht neh426 m e n müsse. B e c c a r i a h a t keinesweges die Art gezeigt, w i e | jene sechsstrahligen Sterne gebildet werden; und dies ist daher der Gegenstand der folgenden Nachforschungen. Auf d e m Electrophor w u r d e n positive P u n k t e g e m a c h t und P u l v e r aufgestreuet; sogleich erschienen Sterne, w e l c h e 12, 18 und 24 Strahlen hatten: w u r d e aber die Flasche nur schwach geladen, so zeigten sich nur 6 Strahlen, die in ihrer ganzen B i l d u n g d e m Schnee völlig ä h n l i c h w a r e n . Auch, als darauf einzelne Tropfen Oehl auf das Electrophor gespritzt, und eben so wiederholt F u n k e n auf ihren M i t t e l p u n k t geleitet wurden, n a h m e n diese Tropfen sogleich eine sechsekk i g e F i g u r an. So w ä r e denn durch n e u e V e r s u c h e j e n e r E i n f l u ß d e r E l e c t r i c i t ä t auf d i e B i l d u n g des S c h n e e s b e s t ä t i g t . Man m u ß sich dabei erinnern, daß nur sehr g e r i n g e Electricität erfordert wird, u m jene S t a u b f i g u r e n hervorzubringen. Nur e i n electrischer Zustand k a n n zu gleicher Zeit in der Atmosphäre seyn, und daher sieht m a n zu einer Zeit i m m e r nur e i n e der Schneearten h e r a b f a l l e n , n i e die verschiedenen Arten Schnee u n d H a g e l zugleich vermischt. F o l g e r u n g e n h i e r a u s sind: 1. Der E i n f l u ß der Electricität auf die chemischen Abscheidungen. Schon B e r g m a n n h a t das kohlensaure Gas aus der Atmosphäre durch den electrischen F u n k e n abgeschieden. Es w ä r e wünschenswerth, w e n n diese Versuche über m e h r e r e Stoffe ausgedehnt w ü r d e n . 427 2. Die Electricität theilte und verband die M e n g u n g e n . Es scheint daher eine gewisse W a h l a n z i e h u n g statt zu finden, nach w e l c h e r sie den einen Körper stärker als den andern anzieht; u n d h i e r ü b e r m ü s s e n Tafeln verfertigt werden. 3. Unsre künstliche Electricität bildet Sterne, Z i r k e l f l ä c h e n und unr e g e l m ä ß i g e Figuren; eben so die natürliche bei der B i l d u n g des Schnees. So können n u n die P h y s i k e r u n m i t t e l b a r aus der Gestalt des Schnees auf die Art der Electricität, w e l c h e i h n bildet, schließen. 4. Das b e k a n n t e Gesetz der A n z i e h u n g gleich electrisirter Körper und der Abstoßung u n g l e i c h electrisirter, ist n u n auch f ü r flüssige Körper durch die Versuche m i t d e m Oehle bewiesen. A.
228
5
10
15
20
25
30
35
Ueber 42s die chemische Wirkung der Metalle auf einander, bei der gewöhnlichen Temperatur der Atmosphäre, von 5 Fabroni.1
10
15
20
25
Der von S u 1 ζ e r beobachtete eigentümliche Geschmack auf der Zunge bei der Berührung zweier Metalle, ist zu den galvanischen Erscheinungen gerechnet worden. F a b r o n i läugnet, daß diese Erscheinungen überhaupt, und insbesondere jener Geschmack, von dem unbekannten electrischen Feuer abhängen, und glaubt den Beweis davon in folgenden neuen Beobachtungen zu finden, die er im Jahre 1792 der Akademie zu Florenz vorlegte, die aber jetzt erst gedruckt erscheinen.2 Er bemerkte, daß mehrere Metalle, wie Quecksilber, Blei, Zinn, ungemischt ihren Metallglanz lange behalten, hingegen vermischt sehr bald oxydirt werden. Medaillen von reinem Blei mit etruscischen Inschriften hatten sich vollkommen erhalten, indeß viel neuere, mit 429 Zinn, vielleicht auch mit etwas Arsenik gemischte, Medaillen, ganz in ein weißes Oxyd zerfallen waren. Selbst die bloße Berührung zweier verschiedener Metalle befördert die Oxydation. Dies kann man leicht an der Löthung der Kupferplatten auf dem beweglichen Dache der Sternwarte zu Florenz bemerken, wo diese Löthung bei der Berührung mit dem Kupfer in ein weißes Oxyd verwandelt worden. Auch bemerkte man in England, daß an den Schiffen, wo das Kupfer durch eiserne Nägel angeschlagen war, die Löcher sich bald so erweiterten, daß die Köpfe der Nägel durchgingen. 1 Journal d e P h y s i q u e , Tome VI, p. 348—357. B u l l e t i n d e s s c i e n c e s , an 7, No. 29, p. 35, 36. 2 Das Resultat ohne Versuche theilte er Hrn. B. R. v. Cr e i l in einem Briefe mit. C h e m i s c h e A n n a l e n , 95, II. B., S. 503. A.
229
1800 Fabroni
glaubt alle diese E r s c h e i n u n g e n der gegenseitigen
Wir-
k u n g der M e t a l l e a u f e i n a n d e r zuschreiben zu m ü s s e n , die zwar
im
Flusse derselben stärker, aber, in g e r i n g e r m G r a d e , auch, w e n n
sie
noch fest sind, sich w i r k s a m zeigt. So d u r c h d r i n g t i m E i s e n b l e c h e das Z i n n die Eisenplatten, o h n e daß diese bis z u m F l u s s e g e b r a c h t zu seyn b r a u c h e n . U e b e r h a u p t ist e s n u r d i e K r a f t d e r C o h ä s i o n , w e l c h e
5
die
M e t a l l e v e r h i n d e r t , sich m i t e i n a n d e r zu v e r b i n d e n , so w i e es diese a u c h w o h l seyn k a n n , w e l c h e sie verhindert, sich schnell zu oxydiren. Zur Bestätigung dient das Quecksilber, welches nur einer Zertheilung i m W a s s e r d u r c h S c h ü t t e l n b e d a r f , u m s i c h z u o x y d i r e n . I n d e r B e r ü h - 10 r u n g wird durch die gegenseitige A n z i e h u n g die j e d e m
eigenthümli-
che Cohäsion geschwächt, und dadurch ihre Verwandtschaft gegen das Oxygen wirksamer. 430
Wenn m a n
die schnelle W i r k u n g zweier Metalle auf der
Zunge,
e i n e m besondern F l u i d u m oder d e m electrischen, wie G a l v a n i , A l d ini
u n d V o l t a , zuschreibt; so v e r g a ß m a n , daß a u c h die
15
chemische
W i r k u n g beider Stoffe i m Augenblicke der B e r ü h r u n g geschieht. D i e Zeichen von Electricität, die m a n bei der B e r ü h r u n g zweier
Metalle
f a n d , sind eher F o l g e als U r s a c h dieser E r s c h e i n u n g e n ; d e n n b e k a n n t lich
stören
die
meisten
chemischen
Veränderungen
das
e l e c t r i s c h e 20
Gleichgewicht, und m a n wird, weil schmelzender Schwefel, Chocolade u . s. w . S p u r e n v o n E l e c t r i c i t ä t z e i g t e n , d a r u m n o c h n i c h t E l e c t r i c i t ä t als U r s a c h ihrer S c h m e l z u n g a n g e b e n . W e n n d a h e r a u c h
electrische
W i r k u n g e n bei d e n g a l v a n i s c h e n sich zeigen, u n d vielleicht a u c h bei d e m S u l z e r s c h e n V e r s u c h e n o t h w e n d i g s i n d ; s o s i n d s i e d o c h h i e r n i c h t 25 d i e U r s a c h d e s G e s c h m a c k s . W a r d i e Z u n g e s e h r t r o c k e n , so f a n d F a b roni
diesen G e s c h m a c k b e i m Sulzerschen Versuche fast unmerklich.
Fabroni
legte in zwei Gläser in jedes eine verschiedene Art M e -
tall; in ein drittes l e g t e er beide, a b e r d u r c h e i n e G l a s p l a t t e g e t r e n n t ; i n e i n v i e r t e s b e i d e i n B e r ü h r u n g m i t e i n a n d e r : a l l e G l ä s e r w a r e n v o l l 30 Wasser. In den M e t a l l e n der drei ersten G l ä s e r b e m e r k t e er
keine
Veränderung, hingegen i m vierten war das oxydirbarere Metall stark m i t O x y d überzogen, u n d beide h i n g e n fest z u s a m m e n . D a s n a h m hierbei einen metallischen G e s c h m a c k an, doch konnte
Wasser durch
k e i n R e a g e n s d a s M e t a l l w a h r g e n o m m e n w e r d e n . E s i s t d a h e r s e h r 35 431 k l a r , | d a ß d e r S u l z e r s c h e G e s c h m a c k e i n e r c h e m i s c h e n W i r k u n g s e i n e E n t s t e h u n g verdankt. D i e W ä r m e e n t w i c k e l u n g bei dieser chemischen W i r k u n g ist zu g e r i n g e , u m w a h r g e n o m m e n zu w e r d e n ; die L i c h t e n t wickelung hingegen kann m a n bemerken, wenn m a n ein Stück Silber
230
Die chemische W i r k u n g der Metalle aufeinander
in den Mund, und ein Stück Zinn auf den Augapfel hält, und dann beide verbindet. Man sieht ein Licht, welches wegen der Gewohnheit, auch wenn man die Berührung nicht aufhebt, verschwindet. Denn um sich zu überzeugen, daß der Lichtzustand während der Verbindung der beiden Metalle fortdauert, muß man den Versuch im Dunkeln anstellen, wo nach Aufhebung der Verbindung eine größere Finsterniß im Auge wahrgenommen wird. Den Blitz, den Einige zu bemerken glauben, wenn sie das obere Zahnfleisch mit der Zunge durch zwei Metalle verbinden, glaubt F a b r o n i durch einen convulsivischen Eindruck hervorgebracht; ihm und mehrern Andern gelang der Versuch nicht. 3 Die Oxydation der Metalle erfordert, nach F a b r o n i , nicht bloß die Gegenwart des Wassers, sondern auch der Luft, um dem Wasser so viel Sauerstoff zuzusetzen, daß das Metall ihm diesen entzieht. Schließt man beide Metalle in ein hermetisch | verschlossenes und mit Wasser gefülltes Glas, (von Flintglas,) ein, so verkalkt sich zwar das Zinn, aber das Blei im Flintglase wird desoxydirt, so daß das Glas sich schwärzt, gerade, als wenn man Wasserstoffgas darin glüht. Dieser Versuch muß mit einem andern zusammengestellt werden, wo das Eisen, in Wasser getaucht, dieses nicht zersetzt, wenn rothes Blei-Oxyd darin liegt, sondern dem Blei-Oxyd einen Theil des Sauerstoffs raubt. Macht man den Versuch mit der Verkalkung zweier Metalle an einem ruhigen Orte, so sieht man auf der Oberfläche des Wassers eine dünne Haut von der Größe des unten liegenden Metallstücks schwimmen; dies scheint die dabei zur Uebertragung des Sauerstoffs thätig gewesenen Wassersäulen zu bezeichnen. Die Physiker, welche die Sulzerschen Erscheinungen der Electricität zuschreiben, glauben diese Meinung dadurch zu bestätigen, daß man sie auch noch bei ziemlich langen Ketten wahrnimmt. F a b r o n i fand aber den Unterschied, daß diese Kette auf 6 bis 7 Metres begrenzt sey, da hingegen die electrischen unbegrenzt sind. Wären überdies jene Sulzerschen Versuche electrischen Ursprungs, so müßten sie nur augenblicklich seyn; das Licht hingegen, so wie der Geschmack, ist fortdauernd, wie bei der chemischen Einwirkung zweier Körper auf einander; ja die Oxydation ist sogar genau im Verhältnisse der Zeit. Die Sulzerschen Erscheinungen müßten dann ferner bei allen Metallen, 5 Der Versuch ist mir noch nie fehlgeschlagen; er beweist sehr gut, daß die Behauptung des Verfassers, das Licht sey bloß im Anblicke der Oxydation des Metalls gegründet, falsch sey. A.
231
1800
wie sie auch zu einander sich verhalten mögen, wahrgenommen | werden. Dagegen fand F a b r o n i viele Verbindungen, die ohne Wirkung blieben, andere, die sehr stark wirkten. — So ist Silber im Auge, Gold auf der Zunge, durch Kupfer beide verbunden, unwirksam; hingegen Silber auf der Zunge, Eisen im Auge, und Kupfer verbindend, sehr wirksam, u. s. w. Er glaubt, daß der Wasserstoff aus dem zersetzten Wasser sich mit dem Metall-Oxyd verbinde; die octaedrischen Krystalle, die sich auf dem Zinne in seinen Versuchen bildeten, hält er deswegen für hydrogenirtes Zink-Oxyd, da das Wasserstoffgas mehrere Metalle, wie Eisen,4 Zink, Arsenik, auflöst, und das Zink-Amalgama Wasserstoff enthält, welches man durch Hülfe der Wärme daraus entwickelt. Auch fand er, als er einst Zinn und Silber in Alkohol sich berühren ließ, auf dem Silber grünliche Parallelepipeda, worin wahrscheinlich Kupfer aus der Silbermünze war. Im Ammoniak bildeten sich keine Krystalle; er löste nur etwas Kupfer auf. F a b r o n i schließt mit der Vermuthung, daß, da in allen diesen Fällen eine chemische Wirkung statt fände, auch in den meisten galvanischen Erscheinungen der Stimulus, welcher auf die thierischen Theile so mächtig wirkt, einer solchen chemischen Veränderung zugeschrieben werden müsse. A.
4
A.
Vergl. Ann. d. P h . , III, S. 87.
232
5
10
15
20
25
30
Anmerkungen 434 zur Geschichte der von A l d i n i und F a b r o n i in den vorhergehenden Aufsätzen beschriebenen Versuche, von L . A. v o n A r n i m . Die Unbekanntschaft des größern Theils der italiänischen Gelehrten mit den Arbeiten ihrer Nachbarn, eine Unbekanntschaft, die mehr in dem schlechten Zustande des Buchhandels, (ein Hinderniß, welches in Rücksicht ausländischer Werke selbst unsre eifrigsten Literatoren nicht ganz überwinden können,) als in ihrer Abneigung gegen dieselbe ihren Grund hat, ist eine genügsame Entschuldigung A1 d i η i' s, wenn er in seinem Aufsatze viele ältere Erfahrungen als neu beschrieben, und deswegen hier eine kurze Bemerkung nothwendig gemacht hat. Schon Herr von H u m b o l d t , ( U e b e r d i e g e r e i z t e M u s k e l u n d N e r v e n f a s e r , I. Th., S. 438; D i e V e r s u c h e d e r f r a n z ö s i s c h e n N a t u r f o r s c h e r , ü b e r s e t z t in R i t t e r ' s B e i t r ä g e n zur n ä h e r n K e n n t n i ß d e s G a l v . , I. B., S. 98,) hat alle Beweise dafür gesammelt, daß die F l a m m e ein vollkommner Leiter der Electricitat, und ein Nichtleiter der galvanischen Kette sey. Von der Einschränkung, die jene Behauptung erleiden muß, ist hier nicht der Ort zu reden. Das L a d e n k l e i n e r G l a s f l ä c h e n o h n e B e l e | g u n g ist 435 nicht neu, und schon von den Verfassern d e r M a t e r i a l i e n f ü r E l e c t r i k e r , (Halle 1795, I. Th., S. 91,) wahrgenommen. Die Wirkung der D i c k e d e s G l a s e s zu belegten Flaschen ist sehr lange schon bekannt gewesen. Herr B o h n e n b e r g e r , ( B e i t r . z u r t h e o r e t . u n d p r a c t i s c h e n E l e c t r i c i t ä t s - L e h r e , I. St. Stuttg. 1793, S. 1, II. St. 1793, S. 11,) hat gute Erfahrungen darüber mitgetheilt. — Der Versuch über die Trennung eines Gemenges aus Mennige und Schwefel ist schon von Herrn V i l l a r s y zu Chalons, ( J o u r n . g e n e 233
1800
r a l d e F r a n c e , 1788, No. 9; in L i c h t e n b e r g ' s M a g a z i n , I. B., 4. St., S. 176,) angestellt, von Herrn Κ or t u m bestätigt, ( L i c h t e n b e r g ' s M a g a z i n , Χ. Β., 1. St., S. 1—15,) und mit einer Reihe interessanter Versuche über die Electricität, welche Pulver in verschiedenen Sieben geschüttelt, annehmen, begleitet worden. — Ueber den Einfluß 5 der Electricität auf die B i l d u n g d e s H a g e l s hat schon Herr S e i ferheld, (Electrischer Versuch, wodurch Wasser tropfen i n H a g e l k ö r n e r v e r ä n d e r t w e r d e n . Altdorf und Nürnberg 1790. 8vo, Einen Auszug daraus findet man in V o i g t ' s M a g a z i n , VII. B., 2. St., S. 45;) über den Einfluß auf die Krystallisation des io Wassers Herr B ö c k m a n n , ( K l e i n e S c h r i f t e n , Carlsruh 1789, S. 145—174,) und einige andere Versuche beschrieben. — Den O e h l v e r s u c h , wenn gleich nicht so vollkommen wie A l d i n i , beschreibt schon M a r a t , ( P h y s i s c h e U n t e r s u c h u n g e n ü b e r d i e E l e c t r i c i t ä t , Leipzig 1784, S. 62.) Nur die Beobachtung über die Zahl der 15 436 Strahlen, bei | diesem sowohl wie bei den Versuchen mit Oehl, habe ich nirgends gefunden; sie ist ganz besonders der Aufmerksamkeit der Physiker zu empfehlen. F a b r o n i hat durch die Verspätung der Bekanntmachung seiner Abhandlung u m 7 Jahre, ein entgegengesetztes Schicksal wie A l d i n i 20 gehabt. Andere sind ihm in der Zeit zuvorgekommen, wenn gleich seine Abhandlung noch viele neue, höchst wichtige Beobachtungen enthält. Die Beförderung der Oxydation durch die Berührung verschiedener Metalle machte schon Herr A s c h in einem Schreiben vom Jahre 90 dem Hrn. v o n H u m b o l d t , ( U e b e r d i e g e r e i z t e M u s - 25 k e l - u n d N e r v e n f a s e r , I. Th., S. 472,) bekannt, und dieser bestätigte sie, (S. 474, 475.) Das schnellere Verkalken der Metallgemische kannte schon P r i e s t l e y . ( V e r s u c h e u n d B e o b a c h t . , Leipzig 1780, S. 119.) Daß das Licht beim Verbinden der Metalle nicht wie ein Blitz im Auge vorübergehe, sondern einen anhaltenden erhöheten 30 Lichtzustand im Auge hervorbringe, machte Herr R i t t e r , ( B e w e i s , daß ein b e s t ä n d i g e r G a l v a n i s m u s den L e b e n s p r o z e ß in d e m T h i e r r e i c h e b e g l e i t e , Weimar 1798, S. 84 und folg.,) bekannt, aber er bemerkte auch außerdem eine relative Finsterniß, (das., S. 89,) wenn er die Ordnung der Metalle in der Kette umkehrte, das 35 Silber an das Auge, das Zinn an die Zunge legte. Die Nothwendigkeit der Gegenwart der L u f t zur Zersetzung des Wassers bemerkte schon 437 S c h e e l e , ( P h y s i s c h e u n d c h e m i s c h e | W e r k e , g e s a m m e l t v o n H e r m b s t ä d t , I. B., S. 120.) Daß die Kette beim Sulzerschen 234
Anmerkungen zu Aldini und Fabroni
Versuche auf 6 bis 7 Metres begrenzt seyn sollte, ist wohl noch etwas zu bezweifeln; die galvanischen sind von ihrem Erfinder um ein Haus geleitet worden. Daß die octaedrischen Krystalle hydrogenirtes ZinkOxyd gewesen, ist, (wie man sieht,) eine durch gar keine Untersu5 chung begründete Annahme; sie hätten aber wohl verdient, von Herrn F a b r o n i genau untersucht zu werden.
235
1. Ein merkwürdiger Versuch des Prof. A b i l d g a a r d in Koppenhagen, über die Wirkung des Lichts auf das rothe Quecksilber-Oxyd. Herr Professor A b i l d g a a r d erzählt in einem Briefe an V a u q u e l i n : 1 »Er habe die Luft aus einer Glasröhre, in welcher zwei Gran rother Quecksilberkalk lagen, ausgepumpt und sie verschlossen dem Sonnenlichte ausgesetzt. Der rothe Quecksilberkalk sey dadurch an der Oberfläche in schwarzen verwandelt, und zugleich Wasser an die Wände der Glasröhre abgesetzt worden. Nachdem er die Röhre unter Wasser geöffnet, fand sich Luft darin, deren Beschaffenheit er aber nicht untersuchte. Er wünscht die Wiederholung dieses Versuchs, der ihm merkwürdig schien.« Bei der Wiederholung dieses allerdings interessanten Versuchs, der vor Zeiten bei dem Streite über das antiphlogistische System wahrscheinlich bald geprüft worden wäre, sind indeß mehrere Vorsichtsmaßregeln nicht zu vergessen, besonders wohl ausgeglüheten Kalk zu nehmen, und sich dajb ei keiner gewöhnlichen Luftpumpe, sondern etwa einer von der Art, wie sie S a u s s ü r e beschreibt,2 zu bedienen. Denn ohnedies wird man immer abgeschiedenes Wasser sehen, sobald man in einen auf die gewöhnliche Art ausgepumpten Raum etwas Luft, welcher Art sie auch sey, (hier Sauerstoffgas aus dem Quecksilberkalke,) einläßt, wodurch die Wasserdämpfe gedrückt, sich verdichten. L . A. v. A.
1 2
A n n a l e s de C h i m i e , Τ. XXXII, p. 193. E s s a y d e H y g r o m . , S. 331.
236
Electrische Versuche von L . Α. v o n A r n i m .
33
1. Versuche zur Aufklärung des Verhältnisses zwischen der chemischen und electrischen Beschaffenheit der Körper. 1
Inhalt. Versuche mit Pulvergemengen, Resultate derselben. — Allgemeine 10 Uebersicht der verschiedenen Veränderungen, durch welche Körper
15
20
25
30
1 Der Leser empfängt hier auf Veranlassung der Abhandlungen A1 d i η i' s und F a b r o n i ' s , (Ann., IV, St. 4,) B r u c h s t ü c k e ü b e r e i n i g e d e r a m w e n i g s t e n b e a r b e i t e t e n , a b e r n i c h t w e n i g e r w i c h t i g e n T h e i l e 34 d e r E l e c t r i c i t ä t s - L e h r e . In meinem V e r s u c h e e i n e r T h e o r i e d e r e l e c t r i s c h e n E r s c h e i n u n g e n , (Halle 1799,) wagte ich nicht davon zu reden, weil nur das, was schon sicher in unserm Erfahrungsbesitze ist, abgeleitet, nicht aber die Theorie durch eine schwankende Erfahrung irre geleitet werden sollte. Sie dienen daher theils zur Vervollständigung des Ganzen, theils zur Berichtigung. Bei dieser Gelegenheit ein Paar Worte über eine Recension jener kleinen Schrift. Der Recensent in der A l l g e m e i n e n L i t t e r a t u r - Z e i t u n g gab zu verstehen, meine Theorie sey wohl nur eine consequente Bezeichnungsart der Franklinschen. Ich glaube dieses durch nichts bündiger als durch Zusammenstellung der Fundamental-Gleichung für den Zustand des electrischen Gleichgewichts zwischen zwei Körpern nach jener Theorie mit der meinigen, widerlegen zu können; dort ist sie A —R + a + x = 0, nach meiner AR—ar = 0, wo selbst die Bedeutung von r und R verschieden, nicht, wie jene, als eine Abstoßung hervorbringende Ursach gedacht wird, und daher den Widersprüchen entgeht, worauf jene, nach v a n S w i η d e n ' s Bemerkung, ( A n a l o g , de l ' e l e c t r . et du m a g n e t . , Τ. II, p. 217—266,) führt. Ich finde mich zu dieser Berichtigung veranlaßt, weil sonst mancher, durch jenes Urtheil abgehalten, das Eigenthümliche der Ansicht seiner Prüfung nicht unterwerfen möchte.
237
1800
electrisch werden. Bei chemischen Veränderungen ist einzig allen gemeinschaftlich Aenderung der Wärme-Capacität. Der Körper, dessen Wärme Capacität in Verhältniß eines andern sich vergrößert, wird negativ-, der, dessen Wärme-Capacität in Verhältniß eines andern sich vermindert, positiv-electrisch. Die Erfahrung zeigt, daß dieses Gesetz auch für die durch Reibung erregte Electricität, also ganz allgemein gelte. Ursach der Leitungsfähigkeit. — Die Electrictät als Wirkung in einer unterbrochenen Kette betrachtet. A n m e r k u n g e n : 1. Versuche über die Wirkung der Kettenverbindung auf die Beschleunigung des chemischen Prozesses. 2. Erläuterungen aus der Wärmelehre. 3. Ueber die Ausdehnung des Wassers in der Nähe des Gefrierpunktes. 4. Ueber einige Wirkungen des Blitzes und die Ursach des Donners. 5. Anmerkungen und Versuche über den Einfluß der Electricität auf die Krystallenbildung.
Die merkwürdigen Resultate, welche Herr K o r t u m 2 aus seinen Versuchen über die Electricität | der in verschiedenartigen Sieben geschüttelten Pulver erhielt, veranlaßten mich, auch die Electricität verschiedenartiger Pulvergemenge zu untersuchen. Die Art, wie diese Versuche angestellt werden, ist völlig die Aldinische;5 sie bedarf daher keiner Erläuterung. Versuch 1 2
Schwefel und Braunsteinkalk
3 4 5
Schwefel und Talkerde
6
7 9 10
2
3
Braunstein und Talkerde Gelber und rother Bleikalk Rother Bleikalk und
}
kein merkbarer Unterschied
{
+ etwas gelber die Sterne — die Zirkel etwas röther
V o i g t ' s M a g a z i n , X. Band, 2. St., S. 1 bis 15. A n n a l e n d e r P h y s i k , IV. Band, S. 422.
238
Electrische Versuche 11 12 13 14 15 16 17 18
Ι Rother Bleikalk u. KupI ferkalk 1 Kupferkalk u. Schmälte
+ die Sterne grünlich — die Flecken röthlich
+
i
— nicht merklich verschieden
Ί Kupferkalk u. Schwefel
+
1
— nicht merklich verschieden Kupferkalk u. weißer kohlensaurer Bleikalk nicht merklich verschieden
19
20 Versuch 21
22 23 24 25
26
27 28
29 30
Schmälte u. rother Bleikalk
u. roth. (Schwarzer Quecksilberkalk Schmälte u. semen Ly} copodii
1
Vollkommener u. unvollkommener, aber wenig von einander verschiedener Eisenkalk r Vollkommener u. un< vollkommener 1 Spießglanzkalk I Schwefel und rother Bleikalk
33 34
] Schwefel und vollkom> mener Eisenkalk
35 36
ι Schwefel und rother > Quecksilberkalk
eben so
+ — + —
Gelber und ein schlecht rother Bleikalk
31 32
+
schwarze Sterne rothe Zirkel blaue Sterne gelbe Zirkel
+ die Sterne gelber — die Zirkel röther
nicht merklich verschieden
+ der Farbe nach nicht — merklich verschieden + die Figuren fleischfarbig und gelb abstechend gegen den umgebenden Staub — die Zirkel auffallend roth + die Sterne heller — die Zirkel dunkler + die Sterne vollkommen gelb — die Zirkel vollkommen roth
239
1800
37
Schwefel und schwarzer Quecksilberkalk
+ die Sterne nicht so auffallend gelb — die Zirkel nicht so auffallend schwarz |
Rothes Siegellack u. Schwefel
+ die Sterne gelb — die Zirkel vollkommen roth, ganz ohne Beimischung des Schwefels + die Sterne röthlich die Zirkel schwärzlich + die Sterne röthlich die Flecken weißlich -
38 Versuch 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58
Rothes Siegellack u. Braunsteinkalk Rothes Siegellack u. weißes Glas Rothes Siegellack und sehr fein gestoßene Kieselerde
+ die Sterne röthlich die Zirkel weißlich
-
Fein gestoßene Kieselerde und roth. Bleikalk Kalkerde und rother Bleikalk Kalkerde, (ätzende,) und > rother Bleikalk
+ die Sterne weiß
1
Zucker und rother Bleikalk Rothes und schwarzes 1 Siegellack "1 Kohlensaurer und rother Bleikalk
.
-
'
+
die Zirkel roth die Sterne weiß die Zirkel weiß
+ die Sterne weiß
die Zirkel ebenfalls + die Sterne weiß die Zirkel roth -
+ die Sterne schwärzlich die Zirkel roth
+ -
wenig verschieden
Gern hätte ich diese Versuche auch auf Gemenge verschiedener gefeilter Metalle und verschiede|ner Erden ausgedehnt, beide, um sie nach ihrem Verhältnisse zum Sauerstoffe dabei zu prüfen. Theils war es aber, besonders das letztere, wegen der Uebereinstimmung der Farben unmöglich, theils konnte ich die Metalle nicht hinlänglich fein gefeilt erhalten. Ich muß daher diese Versuche mit mehrern andern auf die Zukunft verschieben. 240
Electrische Versuche
Zwar bieten jene Versuche uns keine auffallenden Resultate dar, doch immer einiges, wodurch wir, in Verbindung mit den Versuchen anderer, der Aufgabe uns nähern können. Der Einfluß der Farbe, den C i g n a 4 schon wahrnahm, auf die Bestimmung der Electricität zweier an einander geriebener Körper, bestätigt sich in Versuch 7 und 8; 9 und 10; 21 und 22; 23 und 24; 25 und 26; 31 und 32; 33 und 34; 35 und 36; 37 und 38; 39 und 40; 47 und 48; 53 und 54; 55 und 56. Der Körper, dessen Farbe die geringste Brechbarkeit hat, wird von zwei an einander geriebenen Körpern immer positiv, der gar kein Licht zurücksendet, immer negativ. Ausnahmen davon machen Versuch 31 und 32; 43 und 44; 45 und 46. Statt daß jedoch diese Ausnahmen davon abschrecken sollten, hier eine bestimmte Regel zu suchen, führen sie vielmehr darauf, daß die Farbe hier wohl nur als Zeichen der chemischen Eigenschaft, als Zeichen der größern oder geringem Sauerstoffanziehung desselben | Körpers, nach Herrn V o i g t ' s Theorie,5 also hier nur in Versuch 7 und 8, 21 und 22, 25 und 26 etwas beweisen können, da hingegen die Uebereinstimmung in den übrigen Fällen nur zufällig sey. Aber diese sowohl, wie alle übrige Versuche beweisen, worauf schon ältere Versuche führten,6 daß von zwei an einander geriebenen Körpern immer der dem Sauerstoffe näher verwandte negativ werde; ein Gesetz, welches bald, wie ich zeigen werde, durch das allgemeine Gesetz für alle Electricitäts-Erzeugung bestätigt und berichtigt wird. Man kennt bis jetzt nur zwei Arten der Entstehung der electrischen Entgegensetzung: Veränderung der Lage und Veränderung der Mischung. Ob jene nur wegen einer damit verbundenen chemischen Veränderung, ob diese nur wegen der damit verbundenen Bewegung wirke, darüber wird die Betrachtung des beiden Gemeinschaftlichen Aufschluß geben. Zuerst von dieser. Ein sehr wichtiger Versuch ist die von Volta 7 zuerst beobachtete Hervorbringung der negativen Electricität durch das Kochen des Wassers | in einem isolirten Gefäße. Das Wasser wird hier nicht in seiner Mischung verändert, der Wasserdampf ist auch Leiter der Electricität; 4 M i s c e l l . s o c i e t a t i s T a u r i n e n s i s , Ann. 1765, P. 31 seq. C a v a l l o ' s A b h a n d l u n g , I. Th., S. 310. 5 G r e n ' s N e u e s J o u r n a l d e r P h y s i k , B. III, S. 280. 6 C a v a l l o ' s A b h a n d l u n g , I. Theil, S. 21 bis 22. S c h e l l i n g ' s I d e e n z u r P h i l , d e r N a t u r , Leipzig 1797, S. 56. 7 V o l t a ' s M e t e o r o l o g i s c h e B r i e f e , Leipzig 1793, I. B., S. 257.
241
1800
der Gegensatz findet also nicht zwischen dem Wasserdampfe 8 und dem Gefäße, sondern zwischen ihnen und der umgebenden Luft statt. Dasselbe findet aber nicht statt, sobald das Gefäß das Wasser zersetzt; wenn dieses z.B. auf ein bis zum Glühen erhitztes Eisen gegossen wird. Das Gefäß wird hier, nach S a u s s ü r e ' s 9 und V o l t a ' s Versuchen, positiv-electrisch, wobei sehr wohl das entwickelte Wasserstoffgas eine entgegengesetzte Electricität haben kann. Ueberhaupt hat man wahrgenommen, daß bei der Entwickelung des Wasserstoffgas durch Säuren aller Art immer positive Electrictät dem Gefäße bleibe.10 Mit jenem Versuche nicht übereinstimmend scheint beim ersten Anblicke eine andere Beobachtung Volta's, 1 1 daß, wenn man Zinn und Silber auf einem angefeuchteten Tuche einander berühren läßt, jenes Zeichen | von negativer, dieses von positiver Electricität giebt. Nun wird aber, nach F a b r o n i , 1 2 A s c h und Andern, jenes oxydirt, woraus wenigstens schon hervorgeht, daß die Oxydation nicht die Electricität bestimmt. Noch bemerken wir Electricität beim Festwerden der Chokolade, des Talgs,15 des Schwefels, 14 des eingedickten TerpenthinOehls15 u. s. w.; und daß wir nur bei diesen und einigen andern Electricität auch nach dem Erkalten wahrnehmen, liegt allein daran, weil nur diese als Nichtleiter zu Electrophoren werden und die Electricität aufbewahren. So verschieden auch alle diese Veränderungen seyn mögen, so finden wir doch an allen Eine, an den meisten sogar nur diese Veränderung, nämlich W ä r m e - C a p a c i t ä t s - A e n d e r u n g . Bei der Verwandlung des Wassers in Dampf wird die Wärme-Capacität des Wassers vergrössert.16 Bei dem | Uebergießen des glühenden Eisens zwar auch, nur 8 Vergleiche T r a l l e s B e i t r a g z u r L e h r e v o n d e r E l e c t r i c i t ä t , Bern 1786. 9 S a u s s ü r e ' s R e i s e n , III. Band, S. 264 u. f. 10 V o l t a am angeführten Orte, S. 262. L a v o i s i e r ' s Physisch-chemische S c h r i f t e n , IV. Theil, S. 59 bis 62. 11 G r e n ' s N e u e s J o u r n a l , IV. Band, S. 129. 12 A n n a l e n d e r P h y s i k , IV. B., S. 430. v o n H u m b o l d t U e b e r d i e g e r e i z t e M u s k e l - u n d N e r v e n f a s e r , I. Th., S. 472. 13 v o n C r e l l ' s A n n a l e n für 1784, II. Band, S. 119. 14 E b e n d a s e l b s t , II. Band, S. 127. 15 Von B o y l e gefunden. S. de L o y s A b r e g e c h r o n o l o g . p o u r s e r v i r a l ' h i s t . de la P h y s i q u e , Tom. III, p. 45. 16 Nach C r a w f o r d ist die Wärme-Capacität des Wassers 1.000 des Wasserdampfs 1,550 C r a w f o r d U e b e r t h i e r i s c h e W ä r m e , Leipzig 1799, S. 381.
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Electrische Versuche
muß man bedenken, daß, so weit das Wasser dieses berührt, es zersetzt wird und daß hier sich Eisen-Oxyd und Wasserstoffgas zugleich bilden, daß dieses ein Nichtleiter ist, und größere Wärme-CapacitätsVermehrung als das Eisen erhält.17 Eben so wird die Wärme-Capacität des in Säuren oxydirten Metalls, in Verhältniß der Wärme-CapacitätsVermehrung bei der Verwandlung des Wassers in Wasserstoffgas, nur wenig vermehrt.18 Das ist bei der Oxydation an der atmosphärischen Luft nicht der Fall, also auch bei den Voltaschen Versuchen mit verschiedenen Metallen nicht, da, nach F a b r o n i ' s 1 9 und meinen Versuchen, (siehe Anmerkung 1,) hier keine Wasserzersetzung, sondern eine Zersetzung jener erfolgt. Hierdurch wird aber | die Wärme-Capacität der Luft vermindert, des Zinnes vermehrt.20 Auch beim Festwerden der Körper wird die Wärme-Capacität vermindert. In a l l e n diesen F ä l l e n w u r d e der K ö r p e r , dessen W ä r m e - C a p a c i t ä t in V e r h ä l t n i ß e i n e s a n d e r n v e r g r ö ß e r t w u r d e , n e g a t i v - ; d e r d e s s e n W ä r m e - C a p a c i t ä t in V e r h ä l t n i ß e i n e s andern vermindert wurde, positiv-electrisch. Dieses Gesetz wird uns auch bei den Erfahrungen über die durch Reibung erregte Electricität nicht verlassen. Wenn von zwei in aller Rücksicht gleichen Bändern eins erwärmt, und dann beide an einander gerieben werden, so wird das erwärmte negativ.21 Wie ich nachher, (Anmerkung 2,) zeigen werde, nimmt die Wärme-Capacität durch Erwärmung ab, also brachte auch hier, wo das Erwärmtere erkaltete, das Kältere erwärmt wurde, die Wärme-Capacitäts-Vergrößerung negative Electricität hervor. Die Erwärmung und der Widerstand der Friction beim Reiben sind bei gleichen Körpern am stärksten; von dieser 17 Nach C r a w f o r d ist die Wärme-Capacität des Eisens 0,1269 des Eisen-Oxyds 0,2500 des Wassers 1,000 des Wasserstoffgas 21,400 also die Zunahme der Wärme-Capacität des Wassers viel größer. A m angeführten Orte, S. 381 und 382. 18 Nach C r a w f o r d vermehrt sich zwar die Wärme-Capacität aller Metalle durch die Oxydation, aber sie bleiben doch alle in den Zehntheilen. 19 A n n a l e n d e r P h y s i k , IV. B., S. 431. 20 Nach C r a w f o r d ist die Wärme-Capacität des Zinnes 0,0704 des Zinn-Oxyds 0,0990 des Sauerstoffgas 4,7490 der atmosphärischen L u f t 1,7900 des Stickgas 1,0454 A m angeführten Orte. 21 G a r d i n i U e b e r d a s e l e c t r i s c h e F e u e r , Dresden 1793, S. 55.
243
1800 E r f a h r u n g w i r d | seit l a n g e r Zeit i m M a s c h i n e n - W e s e n G e b r a u c h gem a c h t : h i n g e g e n ist d i e E l e c t r i c i t ä t b e i m R e i b e n g l e i c h e r K ö r p e r e n t w e d e r todt oder n u r sehr schwach.22 D i e stete B e r ü h r u n g b e i m R e i b e n zweier Körper bringt die stärkste W ä r m e hervor, die unterbrochene B e r ü h r u n g die stärkste Electricität. Durch das Z w i s c h e n k o m m e n eines
5
o x y d i r b a r e n Körpers w i r d die W ä r m e b e i m R e i b e n v e r m i n d e r t ; 2 5 starke Electricität k a n n b e i m R e i b e n n u r bei der A n w e n d u n g u n d Oxyd a t i o n e i n e s l e i c h t o x y d i r b a r e n K ö r p e r s e r h a l t e n w e r d e n . E n d l i c h ist auch die E r w ä r m u n g b e i m Reiben i m luftdünnen R ä u m e , nach P i c t e t ' s V e r s u c h e n , 2 4 s t ä r k e r , d i e E l e c t r i c i t ä t s e h r s c h w a c h . 2 5 E n d l i c h zer- 10 stört E r w ä r m u n g d i e E l e c t r i c i t ä t ; n i c h t W ä r m e ü b e r h a u p t ,
sondern
erzeugte W ä r m e durch das R e i b e n b e i m Electrisiren. Aus allen diesen Gegensätzen
geht hervor, daß die
Erwärmung
durch R e i b u n g ein d e m Electrisiren durch R e i b u n g ganz
entgegen-
g e s e t z t e r P r o z e ß s e y . | N u n ist m i t E r w ä r m u n g C a p a c i t ä t s - V e r m i n d e - 15 r u n g beider e r w ä r m t e r Körper n o t h w e n d i g v e r b u n d e n ; also h a b e n w i r schon h i e r a u s Grund, zu schließen, daß b e i m Electrisiren das Entgegengesetzte, Wärme-Capacitäts-Vergrößerung,
sich findet. Diese
Er-
w a r t u n g täuscht uns auch nicht, w e n n w i r A c h t u n g geben, w a s auf d e m R e i b e k ü s s e n v o r g e h t . H i e r w i r d e i n l e i c h t o x y d i r b a r e s M e t a l l g e - 20 misch, (Zink-, Zinn- und Quecksilber-Amalgama, gewöhnlich
etwas
oxydirt,) m i t e i n e m stärker o x y d i r b a r e n Körper, (thierisches Fett,) der es v ö l l i g d e s o x y d i r t , a u f g e s t r i c h e n . N a c h e i n i g e r Z e i t , w e n n s i e e l e c t r i s i r t w e r d e n , f i n d e t m a n es o x y d i r t , u n d d i e E l e c t r i c i t ä t ist ä u ß e r s t s c h w a c h . J e d e O x y d a t i o n v e r m e h r t a b e r d i e W ä r m e - C a p a c i t ä t ; es ist 25 also a u c h h i e r w i e d e r u m , w i e bei der durch c h e m i s c h e V e r ä n d e r u n g e n erregten Electricität, W ä r m e - C a p a c i t ä t s - A e n d e r u n g , negative Electricität. Der W ä r m e - C a p a c i t ä t s - V e r g r ö ß e r u n g steht e i n e W ä r m e - C a p a c i t ä t s - V e r m i n d e r u n g d e s d e s o x y d i r t e n K ö r p e r s 2 6 e n t g e g e n . 2 7 D i e s e r ist 22 W i l k e n ' s P h y s i k a l i s c h - m a t h e m a t i s c h e A u f s ä t z e , Göttingen 1790, 30 S. 58. 25 Es ist ein sehr gewöhnlicher Kunstgriff der Arbeiter, das zu starke Erhitzen der Feilen durch aufgestrichenes Oehl zu verhindern. 24 P i c t e t ' s V e r s u c h ü b e r das F e u e r , Tübingen 1790, S. 191. 25 v a n M a r u m ' s A b h a n d l u n g ü b e r das E l e c t r i s i r e n , Gotha 1777, 35 S. 57.
Vergleiche die Bestimmungen C r a w f o r d ' s der Wärme-Capacität der atmosphärischen Luft, des Sauerstoffgas u. s. w., vorher. 27 Es bedarf wohl keiner Erinnerung, daß das oben angeführte Gesetz für die Nähe der Verwandtschaft zum Sauerstoffe unmittelbar hieraus folge. 40 26
244
Electrische Versuche
hier kein anderer als die Luft. Diese Electrisirung der Luft durch Desoxydation, oder vielmehr durch Wärme-Capacitäts-Vermin|derung, zeigen uns v a n M a r u m ' s Versuche auffallend,28 wo, nach wenigen Umdrehungen der Maschine, die Luft des ganzen Saals merkbar positiv electrisch geworden war; auch beobachtete er, daß die negative Electrictät des negativen Leiters ungleich schwerer sich verbreitete, da sie doch gleich stark war: ein Versuch, der sehr für meine Meinung spricht. Auch bin ich überzeugt, daß das Zusammendrücken der Luft ebenfalls positive Electricität hervorbringt, ungeachtet ich keine bestimmten Versuche dafür anführen kann, wenigstens scheint mir meine Erklärung29 der negativen Electricität an der ältern Marumschen Electrisir-Maschine aus dieser Zusammendrückung der dem Glase adhärirenden Luft im Quecksilber, noch immer sehr wahrscheinlich. R e a d ' s Versuche,30 welche negative Electricität in Treibhäusern in der Nähe von Misthaufen, an den Versammlungsorten einer großen Zahl von Menschen zeigten, streiten nicht gegen meine Meinung, denn hier geht nicht bloß eine die Wärme-Capacität vermindernde Desoxydation, also positive Electrisirung, vor sich, sondern auch Verbindung mit Kohlensäure, und besonders Verdün|stung.M Daß dieses letztere insbesondere die Ursach sey, beweisen die Treibhäuser, wo die Luftgüte selten schlechter, oft sogar größer ist, als in der Atmosphäre. — Die durch das Electrisiren hervorgebrachte positive Luft legt sich an die Glasscheiben der Marumschen Maschine, und macht sie positiv, bis sie ihnen durch stärkere Anziehung entrissen und fortgeleitet wird. Zu diesem ganzen Prozesse wurde ein Nichtleiter vorausgesetzt. Vielleicht, daß jemand hier nach einer genauem Anzeige fragte, was die Leitungsfähigkeit der Körper bestimme? Doch dazu muß ich vorher noch einige Erfahrungen anführen. G a r d i n i 5 2 fand, daß lange wiederhohltes Electrisiren die Wärme-Capacität des Quecksilbers vergrößere; H. J u c h 5 5 sah Eisenfeil, die in einer Kleistischen Flasche gewesen war, beym Herausnehmen schnell glühen und sich verkalken. A n n a l e n d e r P h y s i k , I. B., S. 243. T h e o r i e d e r e l e c t r i s c h e n E r s c h e i n u n g e n , S. 68. 30 G r e n ' s N e u e s J o u r n a l d e r P h y s i k , II. Band, S. 72, 75 u. f. 51 Die Menge von Wasser, womit die Luft durch das Athmen geschwängert wird, ist bekannt. 32 G a r d i n i U e b e r d a s e l e c t r i s c h e F e u e r , S. 59. 33 S c h e r e r ' s J o u r n a l d e r C h e m i e , II. B., S. 493. 28 29
245
1800
Ferner bemerken wir, daß Leitungsfähigkeit für Electricität mit Leitungsfähigkeit für die Wärme in Verhältniß steht. D a nun, nach Μ a Jγ e r ' s Gesetz, 34 L : 1 = : — ' MA ma
ist, v(wo Α und a die Wärme'
Capacitäten bezeichnen;) so sieht man die Abhängigkeit der Leitungs|fähigkeit für Electricität von der Wärme-Capacität. Wir bemerken außerdem, daß wir keine Leitungsfähigkeit wahrnehmen würden, wenn es keine Nichtleiter gäbe, daß die Leitungsfähigkeit eines und desselben Körpers nicht in Verhältniß seiner Masse, sondern seiner Oberfläche stehe; 55 eine Erfahrung, für deren Genauigkeit uns zwei Beobachter, A c h a r d 3 6 und C o u l o m b , 3 7 bürgen. Aus allem dem läßt sich folgern, daß an der Oberfläche des Leiters und des Nichtleiters zwey entgegengesetzte Prozesse, Wärme-Capacitäts-Vergrößerung auf der Oberfläche des einen, Wärme-Capacitäts-Verminderung auf der Oberfläche des andern, vorgehen: ein Punkt, worauf die Uebersicht der Erfahrungen uns schon einigemahl zurückführte. Die Nichtleitung eines Körpers kann also auch eben sowohl durch die Größe der Wärmeleitung, als dadurch bestimmt werden, in wie fern seine Oberfläche die Wärme-Capacität ändern kann, ohne den Zusammenhang des Ganzen zu stören oder eine chemische Veränderung darin hervorzubringen. | Jenes ist beim Glase überhaupt, dieses beim befeuchteten Glase 58 nicht der Fall; daher sie Nichtleiter sind. Die Leitungsfähigkeit der Leiter wird folglich durch die Zerstörbarkeit der Nichtleiter beschränkt, und die entgegengesetzten Eindrücke, die Herr K o r t u m 3 9 und einige andere an den vom electrischen Funken durchbohrten Körpern wahrnehmen, sind Folge der verschiedenen, aber auf beiden Seiten geänderten Wärme-Capacität. Eben so erklärlich wird daraus der H e r b e r t s c h e Versuch, der beim Durchschlagen des electrischen Funkens durch ein gut ausgekochtes Barometer L u f t entwickelte; 40 denn wer weiß es nicht, daß ohne unvorsichtige BeweM a y e r U e b e r d e n W ä r m e s t o f f , S. 251. Es ist zu bedauern, daß man von dieser Erfahrung nicht allgemeinen Gebrauch macht, sondern noch immer in manchen Gegenden Eisenbarren zu den Blitzableitungen gebraucht. 36 A c h a r d ' s S a m m l u n g p h y s i k a l . u n d c h y m . A b h a n d l . , Berlin 1784, S. 19. 37 G r e n ' s N e u e s J o u r n a l d e r P h y s i k , III. B., S. 58. 38 A n n a l e n d e r P h y s i k , III, S. 19. 39 V o i g t ' s Magazin, X. B., 3 St., S. 47. 40 T h e o r i a e p h a e n o m . e l e c t . , Vindob. 1778, p. 51. 34 55
246
Electrische Versuche
gung auch aus dem am besten ausgekochten Quecksilber allmählig wieder Luft aufsteigt, und ein wiederhohltes Auskochen nothwendig macht? Was dort lange Abwechselung der Temperatur thut, leistet hier die schnelle Capacitäts-Aenderung im Augenblicke. Der Schluß, den Herr H e i d e m a n n 4 1 daraus macht, ist daher unrichtig. D a nun die Veränderung der Wärme-Capacität, (durch Erwärmung,) im chemischen Prozesse so große Veränderungen hervorbringt, durch Electrisirung die Wärme-Capacität verändert wird; so läßt es sich leicht vorhersehen, daß die Electricität Wirkungen hervorbringen wird, die sonst nur bei sehr veränderter Temperatur 4 2 vorgehen. Als Beispiel will ich nur die Verwandlung der atmosphärischen Luft in Salpetersäure und Stickgas, die Verkalkung und Reduction 4 3 der Metalle anführen. So wie also durch die vom Reiben hervorgebrachte Erwärmung die Oxydation des Amalgama angefangen hat, ist diese sich selbst Quelle der entstehenden Oxydation, Wärme-CapacitätsVergrößerung und Electricität, gewesen. W i r müssen einräumen, daß ohne einen Nichtleiter, (oder, was einerlei ist, schlechten Leiter,) Electrictät weder entstehen, noch die entstandene wahrgenommen werden könne. Wollen wir nun, nach dem Sprachgebrauche, eine Verbindung von Leitern eine Kette nennen, so können diese Leiter keine electrische Gegensetzung gegen einander haben. Das Erforderniß ist daher Unterbrechung derselben. Es kann daher die Electrici|tät allgemein auch als W i r k u n g i n e i n e r u n t e r b r o c h e n e n K e t t e b e t r a c h t e t w e r d e n ; eine Ansicht, wodurch die g a l v a n i s c h e n E r s c h e i n u n g e n 4 4 in ihre Sphäre fallen, und beide gegenseitig sich der Gesetze erfreuen werden, denen jede
41 V o l l s t ä n d i g e T h e o r i e d e r E l e c t r i c i t ä t , Wien 1799, §. 600. Auch die übrigen Versuche in Gasarten, die einen materialen Grundstoff der Electricität, und zwar den Sauerstoff und Wärmestoff, (II. B., S. 149,) beweisen sollen, können dies nicht leisten, weil keine Gasart von Wasser befreiet wurde. 42 Es wäre hier am Unrechten Orte, alle Abhandlungen über den Einfluß der Temperatur auf chemische Verwandtschaft anzuführen; eine neue hat G u y t o n dem Nationalinstitute vorgelegt. 43 M a r u m ' s B e s c h r . d e r E l e c t r . , I. Heft, S. 37, II., S. 1 3 - 2 2 u. s. w. 4 * Wenn man bei diesen Erscheinungen von einer geschlossenen Kette spricht, so ist das eigentlich nur ein eingeführter, aber kein richtiger Sprachgebrauch; welches am besten V o l t a ' s V e r s u c h e ü b e r d i e v e r s c h i e d e n e E l e c t r i c i t ä t v e r s c h i e d e n e r M e t a l l e , ( G r e n ' s N e u e s J o u r n a l , IV. B., S. 128,) beweisen.
247
1800
einzeln sich unterworfen findet. Ich glaube dadurch meinen Gegenstand vollständig ins Auge gefaßt zu haben: ob mein Blick sich bei dieser weiten Aussicht nicht verirrt hat; mögen andere entscheiden. Für jetzt bleibt mir wenigstens ein auch in Rücksicht anderer Theile der Naturwissenschaft höchst wichtiges Resultat, daß die Electricität k e i n e M a t e r i e a l s G r u n d s t o f f a u f z u w e i s e n h a b e , sondern daß sie, nur in einem gewissen Verhältnisse der Körper gegen einander gegründet, nie der s p i r i t u s s y l v e s t r i s der Chemie werden könne, den der geistreichste Physiker unsrer Nation darin ahndend bewillkommte. 45
Anmerkungen. A. Versuche über die Wirkung der Kettenverbindung auf die Beschleunigung des chemischen Prozesses. 1. Die Wirkung der Berührung verschiedener Körper auf ihre Oxydation findet auch bei Nichtleitern, die Wirkung der Kettenverbindung nur zwischen Leitern der Electricität statt. — Aus dem A s c h i s c h e n , vom Herrn von H u m b o l d t 4 6 bestätigten, Versuche über die Oxydation des Zinks auf dem Glase, schien das Gegentheil des erstem hervorzugehen. Zur Prüfung legte ich eine Stange S c h w e f e l auf einen starken, polirten Eisendraht; einen zweiten Draht mit einem gleichen Stücke Schwefel, doch ohne daß sich beide berührten, in ein anderes Glas: beide setzte ich einer mäßigen Erwärmung aus. Nach einiger Zeit war das Eisen im ersten Glase ganz mit schwarzem EisenOxyd überzogen, das sich nur an der einen Seite, aber wenig mit dem Schwefel verbunden hatte. Wenn ich dagegen Schwefel in die Kette47 brachte, war sie völlig unwirksam. Dieser oxydirenden Kraft des Schwefels schreibe ich auch die reizende Wirkung auf das Keimen des Saamens zu, welche Herr von H u m b o l d t 4 8 beobachtete. A n n a l e n d e r P h y s i k , II. B., S. 153. U e b e r d i e g e r e i z t e M u s k e l - u n d N e r v e n f a s e r , I. Th., S. 472—474. 47 Von ihrem Erfinder, Herrn R i t t e r , beschrieben, A n n a l e n d e r P h y s i k , II. B., S. 80. 48 A p h o r i s m e n aus der c h e m i s c h e n P h y s i o l o g i e der P f l a n z e n , Leipz. 1794, S. 77. 45 46
248
Electrische Versuche
2. Die Wirkung des Schwefels in der Beförderung der Oxydation steht in Verhältniß mit seiner Verwandtschaft gegen das Metall. — Auf Eisen, Quecksilber und Zink legte ich Schwefelstangen, übergoß sie mit Wasser, und brachte alle in eine gleiche Temperatur; dieselben Metalle legte ich einzeln in drei andere mit Wasser gefüllte Gläser. Nach gleicher Zeit war das Eisen viel stärker als in diesen, das Quecksilber etwas mehr, das Zink gar nicht mehr als in diesen verkalkt. 3. Auch die Kettenverbindung bedarf zur stärkern Oxydation im Wasser, die Gegenwart der atmosphärischen Luft. — F a b r o n i 4 9 bemerkte die Nothwendigkeit ihrer Gegenwart in den Berührungsversuchen. Um zu versuchen, ob dasselbe auch in den Kettenverbindungen statt fände, bedeckte ich die Oberfläche des Wassers der einen mit Oehl, die andere blieb frei. Nur bei der letztern konnte ich verstärkte Oxydation bemerken. Ich halte dies | für eine neue Bestätigung meiner Vermuthung über die Wirkung des Wassers in den Versuchen der F u 1 h a m e. Die Wirkung der Gegenwart der Luft zeigte sich mir auch bei der Auflösung des Zinks in Quecksilber. Zwei gleiche Glasröhren, die auf Quecksilber standen, worauf Zinkstangen lagen, wurden mit Wasser gefüllt; die eine war über dem Wasser zugeblasen, die andere offen. Da nun Oxydation die Amalgamation verhindert, so hatte sich in dem verschlossenen Gefäße noch einmahl so viel Zink aufgelöst, als in dem andern. 4. Auch bei der Berührung mit Luft wirkt das Oxyd eines Metalles von geringerer Anziehung zum Sauerstoffe, oxydirend auf die Berührungs-, wie auf die Ketten versuche. — F a b r o n i 5 0 fand diese Wirkung nur beim Ausschlüsse der Luft. Ich legte schwarzen, oft ausgewaschenen Silberkalk in zwei Gläser: in das eine brachte ich eine Kettenverbindung aus Eisen und Zink; in das andere beide Metalle, aber ohne Verbindung; in ein drittes Glas brachte ich ebenfalls jene Kettenverbindung; in ein viertes die Metalle getrennt: alle vier wurden
49 A n n a l e n d e r P h y s i k , IV. B., S. 431. Zu S. 433 muß ich noch bemerken, daß P r o u s t eine niedrige Oxydation des Kupfers mit 0,17 Sauerstoff bemerkte, welche tetraedrische weiße Krystalle lieferte, die am Lichte violett wurden. ( S c h e r e r ' s J o u r n a l , IV. B., S. 192.) Sie unterscheiden sich also wohl durch Farbe und Krystallisation; aber man muß bedenken, wie bei der sehr zu vermuthenden Kleinheit der Fabronischen Krystalle die Krystallisation nicht genau bestimmt, und die Farbe durch Licht noch weiter abgeändert werden konnte. 50 A n n a l e n d e r P h y s . , IV, 431.
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1800
mit Wasser gefüllt. Kein Versuch kann geschickter seyn, die Wirkungen der Kettenverbindungen darzuthun, als dieser. In dem ersten Glase war fast die ganze Oberfläche wie ein Stern mit Zink-Oxyd bedeckt, auch war viel auf den Boden des Gefäßes gefallen; es war viel mehr Zinkkalk, als in allen übrigen erzeugt, | auch in dem zweiten hatte sich mehr als im vierten gebildet. Ob der Silberkalk wirklich zum Theil entsauerstofft werde, kann ich wegen der Vermischung mit dem Zinkkalke nicht entscheiden. Das Hornsilber schien mehr reducirt dadurch. Eben diese Erscheinungen zeigten mir auch die Berührungsversuche. 5. Die Kettenverbindung und die Berührung wirken nicht nur oxydirend auf das oxydirbarere Metall, sondern sie verhindern auch die Oxydation des weniger oxydirbaren. — Ich hatte schon einigemahl bemerkt, daß in den Ketten Verbindungen aus Eisen und Zink jenes weniger als bei der Trennung verkalkt werde, und bemühte mich daher, diesen Unterschied noch sichtbarer zu machen. Dies gelang mir auf mehrere Art. Zuerst in Gläsern, worin Silberkalk lag. Noch besser, wenn ich statt des Wassers salpetersaure Silberauflösung mit vielem Ueberschusse an Säure nahm. Nachdem ich beide, sowohl die Kette, als die beiden einzelnen Metalle, gleiche Zeiten hatte auflösen lassen, wobei ich in der Stärke des Aufbrausens keinen sehr merklichen Unterschied wahrnahm, war die Flüssigkeit der Kette grün, die letztere gelb, das Eisen hatte folglich in der Kette einen geringem Grad der Oxydation angenommen. Auch schien es mir, als wenn sich bei der Reduction des Kupfers aus der Verbindung mit Schwefelsäure durch Eisen und Zink mehr Kupfer an das Zink in der Kette, als an das einzelne Zink angesetzt, aber weniger Kupfer an das Eisen in der | Kette, als an das einzelne Eisen angesetzt habe; doch waren diese Unterschiede nicht so groß, daß sie nicht auch durch zufällige Umstände hätten hervorgebracht werden können. Auf die stärkere Oxydation des oxydirbarern Metalles wirkt die Kettenverbindung ebenfalls stark. Ich legte Eisen und Zink verbunden in salzichte Säure und auch getrennt in ein anderes Gefäß. Die Kettenverbindung schien etwas stärker aufzubrausen. Nach einer Stunde schwamm eine Menge schwarzen unvollkommnen Zink-Oxyds in den andern, aber in diesem nur sehr wenig, und selbst das war grau. Einen auffallenden Erfolg hatte auch der Versuch, als ich in zwei Gläser voll gesättigten schwefelsauren Eisens, in das eine Kupfer und Eisen verbunden, in das andere getrennt stellte. Beide setzte ich in gleiche Wärme, und als ich sie nach einigen Stunden betrachtete, war 250
Electrische Versuche
das Kupfer in der Verbindung, so weit es in der Flüssigkeit stand, schwarz, das andere gelb überzogen, auf dem Boden beider Gefäße lag viel gelber Eisenkalk. Am andern Morgen, nachdem beide der Luft ausgesetzt gewesen waren, war jenes an der Oberfläche ebenfalls gelb geworden, und verhielt sich, so wie dieser, ganz wie Eisenkalk. Dies widerspricht scheinbar dem Versuche mit der Salzsäure, denn auch hier hatte sich das oxydirbarere Metall in der Verbindung in ein Oxydule verwandelt; aber dieser Widerspruch verschwindet, indem die Schwefelsäure hier gesättigt war, eigentlich also nicht mehr Oxydule aufnehmen konnjte. Auffallend ist aber die Erscheinung, daß sich das Eisen-Oxydule auf das Kupfer abgesetzt hatte. 51 Noch will ich eine Erfahrung, aber nicht für ganz ausgemacht, anführen, da ich sie zwar öfter, aber nicht immer machte. Zwei krumm gebogene Metalldrähte, (gewöhnlich Eisen oder Zink,) gleicher Art, lagen mit ihrem einen Schenkel in einem mit Wasser gefüllten Glase, mit dem andern der eine in Schwefelsäure, der andere in kohlensaurem Kali. Alle drei Gläser standen einige Zeit auf dem Ofen, und fast immer war der Draht, dessen anderer Schenkel in Säure lag, zuerst oxydirt und stärker.
B. Erläuterungen aus der Wärmelehre. Die Ansicht der Wärme als Ausdehnung, von der ich schon mehreremahl Gebrauch gemacht habe,52 bedarf einer Rechtfertigung, da sie von den gewöhnlichen Vorstellungen von Wärmestoff, als Materie, oder von Bewegung, als Ursach der Wärme, ganz abweicht. Ich will sie, wenn gleich noch unvollständig, hier zur Prüfung vorlegen. 1. Wir haben, wie durch die Bemühungen mehrerer Physiker erwiesen, keinen Grund, eine besondere Materie als Ursach der Wärme anzunehmen; entweder alle Materie ist Wärmestoff, oder es giebt | gar keinen. Eben so wenig Grund haben wir, wenn gleich Erwärmung mit Bewegung begleitet ist, das Wesen der Wärme in Bewegung zu setzen. Ausdehnung ist das einzige, allgemeine, die Erwärmung begleitende Merkmahl. Wir haben also allen Grund, diese als Ursach der Empfin51 Es reiht sich dieses vielleicht an R u m f o r d ' s Bemerkungen über Wahlverwandtschaft, A n n a l e n d e r P h y s i k , II. B., S. 258. 52 T h e o r i e d e r e l e c t r i s c h e n E r s c h e i n u n g e n , S. 93.
251
1800
dung anzunehmen. Ausdehnung in diesem Sinne bedeutet zunächst nur Vergrößerung der Raumeserfüllung. Betrachten wir aber, daß wir gar keinen Grund haben, ein Aufhören, eine Grenze der Zusammenziehung durch Erkältung anzunehmen, (einen absoluten Null-Punkt des Thermometers;) so tritt hier Ausdehnung auch in seine andere Bedeutung, als Raumeserfüllung. Erwärmung und Erkältung hießen dann weiter nichts, als größere oder geringere Freiheit der Kraft, die den Raum erfüllt. Die absolute wärmende Kraft steht daher in demselben Verhältnisse, wie die Freiheit der den Raum erfüllenden Kraft. Diese verhält sich umgekehrt, wie die Beschränkung oder wie die Dichtigkeiten; also, bei gleichen Massen, wie die Volumina, bei gleichem Volumen, umgekehrt wie die Massen. Die Größe der Kraft, (die absolute Capacität,) die dazu erfordert wird, eine Masse in verschiedene Volumina auszudehnen, wird sich aus Gründen, deren Entwikkelung hier zu weit führen würde, umgekehrt wie die Volumina verhalten;53 daher ist der Zusammenhang zwischen der specifischen Capacität und der Ausdehnung der | Körper durch gleiche Temperaturänderungen erklärlich. 2. Aus diesem folgt, daß die Temperatur und Capacität im umgekehrten Verhältnisse stehen, daß es eben so viele Ursachen der Erwärmung und Erkältung, als der Aenderungen der Capacität, und überhaupt Aenderungen des Verhältnisses der Kräfte giebt, also entweder durch c h e m i s c h e V e r b i n d u n g e n der Materien, (die Abhängigkeit der specifischen Wärme-Capacität von der chemischen Beschaffenheit ist bekannt,) oder durch Einwirkung auf einander in die Ferne. 3. Durch chemische Verbindungen können die beiden Körper entweder verändert oder nicht verändert werden; im erstem Falle waren sie verschieden, im letztern von Einer Art. 4. Wir wollen den zweiten Fall, wenn Körper gleicher Art, (die sich chemisch verbinden,) aber von verschiedener Temperatur mit einander vermischt werden, zuerst betrachten. Die Temperatur des Körpers A sey t, sein Volumen ν, seine Masse m , sein specifisches Gewicht s. Die Temperatur des Körpers Β sey t', sein Volumen ν', sein specifisches Gewicht s. Nach dem 1, verhielt sich, bei gleichem Volumen, t:t' = m' : m , also hier, wo jeder einzelne Körper in dem ganzen Räume von v+v 1 verbreitet ist, m1 + m : m = t:
55
"lt
m +m
und m' + m : m' = t':
Vergl. A n n a l e n d e r P h y s . , Β. II, S. 244.
252
1
m +m
, also
Electrische Versuche
die gemeinschaftliche Temperatur 11" —
mt
. So sind wir zu dem
Richmannschen Gesetze gekommen, ohne, wie er, bloß hypothetisch anzunehmen, die Temperaturen verhielten sich umgekehrt, wie die Massen.54 Aber aus der Ableitung sehen wir auch, daß es nur für Vermischungen gilt, wo jede der einzelnen Massen jetzt in dem ganzen Räume verbreitet, aber nicht für Mengungen, eben so wenig für Vermischungen, wodurch die chemische Beschaffenheit geändert wird. 5. Der erste Fall, oder die Aufgabe, wie viel Wärme bei der Verbindung verschiedenartiger Körper entstehe, ist noch keinem Gesetze unterworfen; wahrscheinlich wird hier der Körper einen eben so großen Temperatur-Ueberschuß oder Erniedrigung zeigen, als erfordert würde, ihn von dem beobachteten zu dem berechneten specifischen Gewichte zu bringen. Doch fehlt es zur Prüfung an den nöthigen Erfahrungen. 6. Die zweite Hauptaufgabe, über die Erwärmung ohne Mischung, scheint schwieriger: sie hat auch die meisten Hypothesen erzeugt; die nähere Betrachtung hellet sie indessen leicht auf. Gewöhnlich hat man das Gleichgewicht der Wärme als ausgemacht, als gegeben betrachtet, und die Ursache der Störung, es sey durch Erwärmung oder Erkältung, aufgesucht. Richtiger scheint indessen | der entgegengesetzte Weg, da, der stete Wechsel in der Materie gegeben, erst die Ursache des Gleichgewichts aufgesucht werden muß. Wir finden dieses Gleichgewicht überhaupt nur selten, und nur da, wo weder Veränderungen der Lage noch der Mischung vorgehen; nothwendig ist diese Bedingung, weil n u r unter diesen Umständen die Einwirkung der Körper auf einander sich nicht ändern kann. Dadurch ist die durch Reibung und durch chemische Verbindungen hervorgebrachte Erwärmung erwiesen. 7. Man hat in die Wärmelehre den Begriff von Capacität oder specifischer Wärme eingeführt, (die hier von dem eben angegebenen Begriffe der absoluten Capacität auch durch den Beisatz des specifischen unterschieden werden könnte,) und bezeichnet dadurch das Verhältniß zweier gleich schwerer Körper von gleicher Temperatur auf einen dritten von ungleicher Temperatur, um diese auf die Temperatur des letztern zu bringen, oder, wie es auch ausgedrucktwerden kann, die verhältnismäßigen Quantitäten freien Wärmestoffs, die in zwei Körpern 54
N o v . C o m m e n t . A c a d . P e t r o p . , Τ. I, p. 52
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von gleichen Massen und Temperaturen, aber verschiedener Qualität, enthalten sind.55 Es bieten die Erfahrungen, so unbestimmt sie auch seyn mögen, viel Merkwürdiges, besonders in Rücksicht des chemischen Verhältnisses dar; nur ist es zu bedauern, daß den | fleißigsten Beobachtern derselben, wie W i l k e , C r a w f o r d , K i r w a n u.a., in der Ueberzeugung, sie sey beständig, in welche Materie der zu untersuchende Körper eingetaucht würde, sobald nur die Capacität dieser gegen den zur Einheit angenommenen Stoß bestimmt sey, diese Untersuchungen nicht weiter ausgedehnt haben. Der Crawfordsche 56 Beweis, daß die Wärme-Capacität eines Stoffes, so lange er seinen Zustand nicht ändert, gleich sey, gilt nur für die mit der Vermischung gleichartiger Körper angestellten Versuche und nur in Rücksicht der Unempfindlichkeit unsrer Instrumente. Wir sahen, (§. 1,) 1. daß sich die Kraft, die gleiche Temperatur-Aenderungen in demselben Körper hervorbringen sollte, (so lange dieser seinen Zustand nicht geändert,) im umgekehrten Verhältnisse der Voluminum, in welche dieser sich ausdehnt, stehen müsse. Nun beträgt, nach Herrn S c h m i d t ' s 5 7 Versuchen, die Ausdehnung des Wassers von 15 bis 48° Reaum. 0,01528; wie würde sich diese Capacitäts-Aenderung bei unsern jetzigen Versuchen, wo es selbst auf Zehnteile eben nicht ankommt, wahrnehmen lassen? Für die Mengungen verschiedener Stoffe zeigt auch die Erfahrung, daß die Capacität veränderlich sey. C r a w f o r d ' s | wiederholter Versuch58 bewies, daß die kalt machende Kraft der erkalteten Blechfläche stärker gewesen, als die warm machende der wärmern. Eben so ist unter 13 Reihen der Wilkeschen 59 Versuche nur Ein,60 und zwar ein sehr abweichender Versuch, in welchem das Maximum der Capacität, das hier nach der Temperatur der Flüssigkeit beurtheilt wird, nicht auf die höhere Temperatur des erwärmten Körpers gefallen wäre; ein sicheres Zeichen, da die Flüssigkeit sich stärker ausdehnt, als der feste Körper, daß in diese Temperatur sie zu erheben, verhältnißmäßig weniger Wärme erfordert wird, als in die niedrigere. Auch die beiden M a y e r U e b e r d e n W ä r m e s t o f f , Erlangen 1791, S. 47. C r a w f o r d U e b e r t h i e r i s c h e W ä r m e , S. 45 bis 54. M a y e r U e b e r d e n W ä r m e s t o f f , S. 50. 57 G r e n ' s N e u e s J o u r n a l , I, S. 227. 58 Am angeführten Orte, S. 32. 59 v. C r e l l ' s N e u e s t e E n t d e c k u n g e n i n d e r C h e m i e , X. Th., S. 165 bis 55 56
201. 60
Die neunte Reihe, S. 181.
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Electrische Versuche
Versuche C r a w f o r d ' s 6 1 mit Kalk und Alkohol, (das specifische Gewicht war 0,7, er war folglich sehr wasserfrei und daher seine chemische Wirkung sehr geringe,) war von größerer Erwärmung als bei der höhern Temperatur. Bei den übrigen Versuchen ist entweder eine chemische Wirkung möglich, oder es sind die Umstände nicht gleich. Man sieht daraus, daß nur dieser einzige Versuch von ihm angestellt wurde, woraus man schließen konnte, ob die Capacität beständig sey, daß die Capacität durch Erwärmung, so lange | sie den Zustand nicht ändert, auch nicht verändert werde. Theorie und Erfahrung führten mich auf das Entgegengesetzte, daß sie unter diesen Umständen durch Erwärmung abnimmt, daß folglich die Capacitäten immer für einen bestimmten Wärmegrad bestimmt werden sollten, und daß diese Bestimmung vielleicht einzig richtig L a v o i s i e r ' s Calorimeter geben könne.
C. Ueber die Ausdehnung des Wassers in der Nähe des Gefrierpunktes.
(Zweifel gegen die bisher angeführten Beweise dieser Ausdehnung. Sichere Methode, darüber zu entscheiden. Das Wasser scheint sich, je näher es dem Gefrierpunkte kommt, immer mehr zu oxydiren.) Eine Ausnahme von der sonst allgemein bestätigten Regel, daß durch Erwärmung die Körper ausgedehnt werden, glaubt man in der von M a i r a n , d e L ü c 6 2 und, (um nur der neuesten genauesten Versuche zu erwähnen,) auch von G i l p i n , 6 3 S c h m i d t 6 4 und L e f e v r e - G u i n e a u 6 5 beobachteten Ausdehnung unter 4 ° Reaumur | zu finden. Aber ich habe Grund, theils die Sache selbst noch nicht ganz für ausgemacht zu halten, theils, wenigstens so, wie sie vorgestellt wird, daran zu zweifeln, weil die Versuche auch einer andern Erklärung fähig sind. 61 62 63 64 65
Am angeführten Orte, S. 230. U n t e r s u c h u n g e n ü b e r d i e A t m o s p h ä r e , I. Th., S. 439. G r e n ' s N e u e s J o u r n a l , II. B., S. 374. E b e n d a s e l b s t , I. B., S. 228. J o u r n . de P h y s . , Τ. VI, p. 169.
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Man hat dieses Gesetz sowohl durch Wasser, das in eine Thermometer· Kugel und Röhre eingeschlossen, (wie de L ü c , ) als auch durch Aufsuchung des specifischen Gewichts, (wie S c h m i d t und L e f e ν r e G u i n e a u , ) bestätigt; aber könnte nicht diese Abweichung in beiden Fällen, (da beide Instrumente doch nur den Unterschied der Ausdehnung beider durch gleiche Grade der Wärme angeben,) aus der Zusammenziehung des Glases erklärt werden, die vielleicht fast gleichförmig fortgeht, wenn jene immer mehr abnimmt? Es wäre in diesem Falle eine ähnliche Täuschung, wie das anfängliche Fallen der Thermometer mit starken Kugeln, wenn man sie in eine heiße Flüssigkeit bringt.66 Diesen Zweifeln auszuweichen, glaube ich das folgende einfache Werkzeug sehr geschickt. Es besteht, (Taf. I, Fig. 5,) aus zwei starken Thermometer-Röhren, ab und c d , von denen jene 5 Fuß, diese ungefähr 1 Fuß Länge hat, und durch ein weites Gefäß, in dessen Boden diese, in dessen Höhe jene eintritt, verbunden sind. Die Röhre ab | ist mit Wasser, cd mit Quecksilber gefüllt, ee ist die Grenze zwischen dem Quecksilber und dem Wasser im Gefäße, und kann, da das Gefäß weit ist, als beständig angenommen werden. Die specifischen Gewichte werden sich daher umgekehrt verhalten, wie die Höhen des Wassers und Quecksilbers e η: e m . Durch Eintauchen in eine kalte Flüssigkeit und Beobachtung des Thermometers darin wird man, nach vorhergegangener Untersuchung des specifischen Gewichts des Quecksilbers bei 0° Reaum., bestimmen können, ob das Wasser von 4° Reaum. ab sich nicht wieder ausdehne. Herr S t o p p a n i hatte für mich ein solches Instrument sehr geschickt ausgeführt; durch einen unangenehmen Zufall füllte sich aber die Röhre a b an mehrern Stellen mit Unreinigkeiten, und machte mir für jetzt die Anstellung der Versuche unmöglich. Erfreulich würde mir es seyn, wenn ein Naturforscher, der dazu Gelegenheit und Muße hätte, recht bald diese Untersuchung, die in physikalischer Hinsicht sowohl, wie auch für das metrische System der Franzosen wichtig ist, beendigte. Schon N i c h o l s o n scheint die Unzulänglichkeit der bisherigen Beweise für die Ausdehnung des Wassers in der Nähe des Gefrierpunktes gefühlt zu haben; wenigstens sagt er, daß die Rumfordsche Erfahrung 67 mit dem Talge, der sich kugelförmig erhebt, statt sich zu sen66 S. A b h a n d l u n g e n d e r Petersburger IV. B , S. 216 bis 234. 67 A n n a l e n d e r P h y s i k , III, S. 281.
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A k a d e m i e , II. B., S. 24, und
Electrische Versuche
ken, ihm der einzige sichere | Beweis dafür sey. Dieser Versuch scheint aber weit leichter aus der allgemein gefundenen Tropfenbildung der Flüssigkeiten in Stoffen, gegen die sie weniger Anziehung als unter sich zeigen, abgeleitet werden zu können. Ich sagte, daß, wenn ich auch die Sache annehme, ich wenigstens zweifle, ob sie ganz so sey, wie man sie vorstellt. Das Wasser scheint nämlich beim Erwärmen vom Gefrier- bis zum Siedepunkte nicht ein und derselbe Stoff zu bleiben, sondern in seiner Mischung sich ununterbrochen zu ändern; und eben diese Veränderlichkeit seiner Mischung, diese wahrscheinlich zunehmende Oxygenation bis zum Gefrierpunkte herab, ist es, die es zu der Zwischenrolle bei Oxydationen und Desoxydationen, (nach den Versuchen der F u l h a m e 6 8 und R u m f o r d ' s , ) 6 9 eignet. Die Luft, welche wir durch Kochen aus dem Wasser entwickeln, hält Herr von H u m b o l d t 7 0 für eingemengt. Aber welchen Grund haben wir, sie nicht für chemisch damit verbunden zu halten? Nennt er doch auch das Schneewasser71 oxygejnirt, und erkennt doch auch nur durch dieselben Mittel, wie dort, die Güte der daraus entwickelten Luft. Da diese Verbindung übrigens vollkommen den Charakter der Homogenität hat, so kann ich es auch nicht anders, als eine chemische Verbindung nennen. Nun finden wir, daß die Luft, aus erwärmtem Wasser entwickelt, stickgasreich,72 die Luft aus dem vorher sehr erkälteten und nun erwärmten Wasser oxygenreich73 ist; was kann man anders schließen, als: daß sich im letztern Falle mehr Oxygen damit verbunden hat? Ich füllte zwei Gläser mit demselben Wasser von 12° Reaum., und sperrte sie in zwei verschiedenen Schalen mit Quecksilber. Die eine Schale setzte ich in die Kälte; ihre Temperatur wurde bis zu 0° Reaum. erniedrigt; auch hatte sich etwas Eis gebildet. Die andere behielt die Temperatur 11,5° Reaum. Nun brachte ich in beide gleich viel derselben hellen Auflösung des schwefelsauren Eisens. In der war68 F u l h a m e U e b e r d i e W i e d e r h e r s t e l l u n g d e r M e t a l l e , Göttingen 1798. Doch muß man bei ihren Versuchen den wichtigen Grundsatz nicht vergessen: C o r p o r a n o n a g u n t n i s i s o l u t a . 69 S c h e r e r ' s J o u r n a l d e r C h e m i e , II. B., S. 11. 70 U e b e r d i e u n t e r i r d i s c h e n G a s a r t e n , S. 45. 71 U e b e r d i e c h e m i s c h e Z e r l e g u n g d e s L u f t k r e i s e s , S. 164. 72 Vergleiche, außer sehr vielen andern Erfahrungen, A n n a l e n d e r Physik, II. B., S. 374. 75 H a s s e n f r a t z i m J o u r n . p o l y t . , Cah. I.
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men fiel sogleich ein starker Niederschlag zu Boden; in der kalten blieb die Auflösung gelblich, ohne Niederschlag, bis sie erwärmt wurde. Herr J u c h 7 4 bemerkte, daß eine gewisse Temperatur dazu erfordert würde, um das Wasser mit dem Sauerstoffe zu verbinden. Ferner fanden l a Hire, 7 5 1 Hook, 7 6 M a i r a n 7 7 und K r a f t die Refraction des Wassers größer als im Eise. Nach den Versuchen des Letztern verhielt der Sinus des Einfallwinkels zum Sinus des Winkels der Refraction sich im Eise wie 1000:715, im Wasser wie 100:75.78 Was kann man aus diesen Erfahrungen anders folgern, als daß das Eis ein oxydirtes Wasser79 und daß die Anziehung des Wassers gegen den Sauerstoff mit der Verminderung der Temperatur zunimmt. Auch fand de Lüc, 8 0 daß diese Ausdehnung durch Verbindung des Wassers mit Kochsalz vermindert, durch Verbindung mit Luft vermehrt würde. Nicht das Wasser, welches sich anfangs durch Erkältung zusammenzog, dehnt sich nun aus, sondern durch Mischungsveränderung wird nicht nur die Zusammenziehung aufgehoben, sondern es wird sogar noch ausgedehnt. Hiermit scheint auch die allgemeine Erfahrung in Verbindung zu stehen, daß zugepfropfte Gläser, wenn einige Luft darin ist, nicht so leicht beim Frieren zerspringen, als offene, wie ich dieses im jetzigen Winter wieder oft bestätigt gefunden habe. — Es versteht sich wohl, wenn wir hier auf die Behauptungen der Anmerk. B. Rücksicht ne h|m en wollen, daß das Umgekehrte: Jede Ausdehnung muß mit Erwärmung begleitet seyn; nicht daraus folgt, daß jede Erwärmung immer auch Ausdehnung ist, oder daß dieses Umgekehrte nur für die Stoffe gilt, die sich selbst eine Grenze, (wie feste und tropfbar-flüssige,) gesetzt haben, wo also nicht die Ausdehnung durch die Veränderung der fremden Grenzen bestimmt wird, wie bei den luftförmigen.
74 75 76 77 78 79 80
S c h e r e r ' s J o u r n a l , II. B., S. 495. M e m . de l ' A c a d . de P a r i s , p. 1693. D e L o y s a b r e g e de l ' H i s t . , II, p. 59. J o u r n . d e s S a v a n s , A n n . 1719, p. 580. A b h a n d l . d e r P e t e r s b . A k a d e m i e , III. B., S. 466. N e u t o n i s O p t i c e , Lond. 1706, p. 233. U n t e r s u c h u n g ü b e r d i e A t m o s p h ä r e , I, S. 440.
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Electrische Versuche
D. Ueber einige Wirkungen des Blitzes und die Ursach des Donners. (Die Wirkungen der vermeinten electrischen Materie werden durch Ausdehnung und Zersetzung der Luft, des Wassers u. s. w. hervorgebracht. Das Rollen des Donners ist Folge der unendlich vielen, in nicht unterscheidbaren Zeiten auf einander folgenden Schallzurückwerfungen.) Die Beschreibungen merkwürdiger Wirkungen des Blitzes haben sich stark vermehrt, seitdem man aufmerksamer auf diese Erscheinungen wurde, ohne daß wir in der Erklärung derselben seit F r a n k l i n weiter vorgerückt wären. Doch bleibt noch immer viel Räthselhaftes in diesen Erscheinungen. Wie doch wohl derselbe Blitz, der von einem schwachen Drahte, ohne etwas zu beschädigen, in ein Zimmer geleitet ist, hier alles verwüstet, Wände einwirft, die schwersten Lasten fortschleudert? Wir mögen unsrer Einbildungskraft alle Gewalt anthun; ihn, wie unsre Vorältern, als einen festen, wie die Neuern, als einen flüssigen Körper betrachten: beide | müssen sich erst nach dem Eindringen ins Zimmer bilden, beide sich auch hier wieder zerstören. Wenn wir diesen Wink beachten, so dringt sich uns die Frage auf: ob sich die Wirkungen des Blitzes wohl unmittelbar aus der sogenannten electrischen Materie, oder nicht vielmehr aus einer Veränderung in gewissen Stoffen, die hier eingeschlossen waren, erklären lassen, so wie man vom Zersprengen erwärmter Gefäße durch die in sie eingeschlossene Luft nicht sagt, die Wärme habe sie zersprengt, sondern d i e e i n g e s c h l o s s e n e Luft. Nun haben wir in A d a m ' s , v a n M a r u m ' s , D i z e ' s 8 1 Versuchen die Luft von sehr geringen electrischen Funken ausgedehnt. Welche außerordentliche Ausdehnungen derselben wird dann nicht der ohne Vergleich mächtigere Funken im Blitze hervorbringen! Dazu kömmt dann noch die Zersetzung der Luftarten und des Wassers, und die Verwandlung des in der Luft aufgelösten Wassers in Wasserdunst. Wenn man dieses auf die Erscheinungen bei merkwürdigen Blitzschlägen, (z.B. in V o i g t ' s M a g a z i n , I. B., 5 St., S. 145,) anwendet, so werden diese leicht zu erklären seyn. Ich übergehe daher die weitere Ausführung. 81
Annal der Phys., IV. B., S. 416. 259
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Ohne behaupten zu wollen, daß die Aufhebung der Reizbarkeit, die v a n M a r u m 8 2 als die Ursach des Todes der vom Blitze E r s c h l a g e n e n angiebt, | einzig eine Folge der durch die plötzliche partielle Wärme-Capacitäts-Aenderung und Erwärmung hervorgebrachten Ueberreizung sey, (eine Vermuthung, die manches für sich hat;) so glaube ich wenigstens, daß das Niederwerfen, die Betäubung vieler, die, ohne vom Blitze getroffen zu seyn, nur in der Nähe waren, wo es einschlug, eine Folge des plötzlichen Luftdrucks auf die Respirations-Werkzeuge sey. Von mehrern Beispielen will ich nur zwei anführen, die dieses bestätigen.85 Ein Boot auf der Seine wurde vom Blitze getroffen. An einem dabei umgekommenen Manne fand man mehrere Quetschungen, die Lungen schlaff, das Blut wie aus den Blutgefäßen herausgedrückt. Ferner hat ein beim Einschlagen eines Blitzes Betäubter ausgesagt,84 er habe den Blitz gesehen, und den D r u c k gefühlt, der ihn zu Boden geworfen. Auch der Vorfall mit dem verstorbenen E r x l e ben 85 läßt sich daraus erklären. Diese plötzliche Ausdehnung der Luft ist auch eine Hauptursache des D o n n e r s sowohl, wie des Knalls bei unsern electrischen Versuchen im Kleinen. Mitwirken kann aber auch noch die Veränderung des Luftdrucks bei der Entladung der Wolke, da, | nach den Beobachtungen des Herrn R o s e n t h a l , 8 6 bei der Annäherung des Gewitters das Barometer jedesmahl steigt. Daß der Donner in der Entfernung länger tönt,87 läßt sich aus der Menge von Zurückwerfungen der schallenden Luft erklären, das Rollen des Donners aus dem schnellen Aufeinanderfolgen dieser Zurückwerfungen, wobei jedes einzelne Echo nicht mehr unterschieden werden kann.
R o z i e r O b s e r v . , Tom. XXXIII, p. 65. R e i m a r u s N e u e r e B e m e r k u n g e n v o m B l i t z e , Hamburg 1794, S. 119. 84 H a n n ö v . M a g a z i n , 1781, S. 1276-1298. 85 G o t t i n g . M a g a z i n , herausg. von L i c h t e n b e r g und F o r st e r . 86 L i c h t e n b e r g ' s M a g a z i n , IV. B., St. 1, S. 2. 87 Dasselbe hat man auch beim Abknallen der Schwaden in Gruben erfahren, wo die, welche sie zufällig entzündeten, nur wenig, und die entferntem Arbeiter das Krachen hörten. S. P h i l . T r a n s a c t . , Vol. XV, p. 450. 82
85
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Electrische Versuche
Ε. Anmerkungen und Versuche über den Einfluß der Electricität auf die Krystallenbildung. A l d i n i 8 8 führte uns in einen neuen Wirkungskreis der Electricität. Kann ich auch auf diesem Wege nicht weiter fortgehen, so wird doch selbst die Untersuchung, wie sicher er ist, nicht ganz unwichtig seyn. Da die Electricität sich hier in der Formgebung des Eises so wirksam zeigen soll, so ist es nicht unwahrscheinlich, sie ebenfalls als Ursach der bestimmten Gestaltung der übrigen Krystalle anzunehmen. Daß diese Electricität in den sich krystallisirenden Flüssigkeiten nicht ist wahrgenommen worden, ist | noch kein Zeichen ihrer Abwesenheit; es kann selbst seyn, daß diese Electricität, in sich selbst begrenzt, nur beim Uebergange zur Krystallisation sich bildet und aufgehoben wird. Zeigen nicht mehrere Krystalle, wie der Turmalin,89 Zeolith,90 Boracit,91 das Marienglas92 u. m., merkwürdige electrische Eigenschaften, die bloß in ihrer Form gegründet sind, und mit dieser zerstört werden? Das wäre freilich mit Wahrscheinlichkeit geschlossen: ob aber auch mit Wahrheit; das ist eine andere Frage. Denn eben jene einzige Aehnlichkeit, die A l d i n i zu der Begründung brauchte, die Zahl der Strahlen an den Staubfiguren und am Schnee, die Winkel, (von 60°,) unter denen sie sich an einander setzen; diese Uebereinstimmung findet hier gar nicht statt. Sollte endlich sogar diese Uebereinstimmung nicht so vollkommen, oder jene Schneebildung anders zu erklären seyn, so fiele selbst alle Wahrscheinlichkeit weg. A l d i n i nennt die sechsfache Strahlenbildung der Staubfiguren ein gewöhnliches Phänomen. Den Erfolg zeigte die | Wiederholung gar nicht, bei den größern vielästigen Sternen konnte man die größere Zahl auf sechs Hauptäste zurückbringen: aber, wie Herr Professor G i l b e r t und mehrere andere, in deren Gesellschaft ich diese Versuche zu wiederholen das Vergnügen hatte, meinten, so wäre es auch oft nicht schwer A n n a l . , Β. IV, S. 426. B e r g m a n n d e v i e l e c t r i c a t u r m a l i n i , Opusc., V, p. 402. So wie die Turmaline, Tab IV, 1 und 2, abgebildet sind, laufen die Krystalle auch unter Winkeln von 60° zusammen. 90 C a v a l l o ' s A b h a n d l . v o n d e r E l e c t r i c i t ä t , Leipz. 1797, II. Th., S. 384. 91 H a u y in den M e m o i r e s d e l ' i n s t i t u t n a t i o n a l , Τ. I, math, et phys., p. 55. 92 G r e n ' s J o u r n a l d e r P h y s i k , Β. VII, S. 87. 88
89
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gewesen, mehr oder weniger herauszubringen. Hier zur Uebersicht eine Reihe der etwas bestimmtem: Versuch 1- 6 2-6 3-6 4-9 5-8 6-6 7-6
Versuch 8-4 9-6 10-5 11-5 12-5 13-6 14-6
Uebrigens war hier gar nicht an gleiche Winkel von 60° zu denken. Nachher fand ich, daß die Versuche regelmäßiger angestellt werden können, wenn man die Kugel von der Flasche abschraubt, und mit der Spitze den Harzkuchen berührt. Ich erhielt hier sehr bestimmte Figuren, aber die Gleichheit der Winkel fand sich nie; die Regelmäßig- 15 keit der Strahlenzahl eben so wenig. Hier nur einige zur Probe: Versuch
15 — 6 16-5 17-5 18-6 19 — 7 u. s. w.
20
76 Zum Beweise, daß mich nicht allein der Zufall getroffen, jene regelmäßigen Strahlenzahlen nicht zu erhalten, will ich hier auch die Strahlenzahl aller deutlich unterscheidbaren Sterne aus den Kupfern zu L i c h t e n b e r g ' s A b h a n d l u n g 9 3 ausziehen. 25 Stern 1— 7 Stern II — 6 Stern III - 7 Stern IV - 7 Stern V— 6 30 Noch wichtigere Gründe finden sich gegen die Erklärung A1 d i η i' s vom Hagel aus negativer, vom Schnee aus positiver Electricität. Nicht nur, daß man dann immer, wenn negative Electricität wäre, Hagel erhalten müßte,94 da man doch auch negative Electrictät beim Schnee 95 L i c h t e n b e r g d e n o v a m e t h . etc. N o v i C o m m e n t , s o c i e t . G o t - 35 t i n g . , Τ. VII, p. 172. 94 Η. von H u m b o l d t nahm beim Schneien denselben Wechsel zwischen + und — wahr, wie Herr L a m p a d i u s beim Gewitter. A n n a l e n d e r P h y s i k , B. III, S. 82.
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Electrische Versuche
wahrnimmt, sondern es zeigt auch die genauere Betrachtung der Hagelkörner, daß sie im Innern völlig die strahlige Krystallisation des Schnees 95 haben. Hier wären also, was A l d i n i 9 6 selbst für unmöglich hält, negative | und positive Electricität zugleich an einem und demselben Orte 97 der Atmosphäre. Für jetzt glaube ich daher schließen zu müssen, daß die Electricität noch keine erwiesene Ursach der Schnee-Krystallisation sey. Dazu kömmt noch, daß die Schnee-Krystallisation vielleicht aus der durch den gegenseitigen Druck und die Adhäsion der, (durch Versuche erwiesenen,) veränderten Gestalt der Dunstbläschen hervorgebracht werden. Wenigstens fand ich, indem ich Schaum auf Seifenwasser bildete, daß beim Durchschnitte der Blasen und des Glases sich gar kein Kreis durch die Wasserwände, sondern regelmäßige Achtecke gebildet hatten. Eben so auch, von oben angesehen, hatten die Blasen eine achteckige Form. Wenn nun der Frost eine Trennung der Flächen und Zusammenziehung in Nadeln verursacht, so wird man leicht alle die verschiedenen Schneeverbindungen erhalten können, die H a s s e n f r a t z 9 8 und andere beobachtet haben. Meine Versuche über den Einfluß der Electricität auf krystallisirende Flüssigkeiten, indem ich eine durch einen Metallfaden mit dem ersten Conductor verbundene Metallkugel in die Flüssigkeit hing, zeigten mir nichts Auffallendes, als daß die Kryjstalle beim Electrisiren, es mochte positiv oder negativ seyn, kleiner wurden, und sich mehr an die Kugel, als an die Seiten des Gefäßes anhingen. Die Abscheidung einiger Krystalle aus dem halbkohlensauren Kali, ( O l e u m t a r t a r i p e r d e Ii q u i u m , ) 9 9 scheint wahrscheinlich eine vollkommene Sättigung eines Theils des Kali mit Kohlensäure zu seyn, auf Unkosten des andern; eine Wirkungsart, die dem electrischen Funken in den meisten Fällen eigenthümlich ist.
d e L ü c ' s I d e e n ü b e r M e t e o r o l . , II. Th., S. 115. A n n a l e n , IV. B., S. 426. 97 Herr S e i f e r h e l d bildete seinen Hagel bei einer Temperatur von —13° R., wo es keiner Electricität bedurft hätte, sondern nur einer kleinen Erschütterung, (s. A n n a l e n d e r P h y s i k , I. B., S. 475,) um den Tropfen am Conductor gefrieren zu machen. 98 V o i g t ' s M a g a z i n , III. B., 3 St., S. 34. 99 C a v a l l o ' s A b h a n d l . , Β. I, S. 293. 95 96
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2
1. Von einer ältern Araneologie. (Aus einem Briefe.) Jene Nachricht, die ich in einem öffentlichen Blatte fand, und ziemlich sicher zu seyn scheint, geht Herrn Q u a t r e m e r e d ' I b y ο η ν a 1 und seine meteorologischen Spinnen am meisten an. In einem zu Görlitz 1588 von B a r t h o l . S c u l t e t u s unter dem Titel: M e t e o r o g r a p h i c u m p e r p e t u u m , oder e w i g w ä h r e n d e P r a k t i c a , herausgegebenen Werke, beschäftigt sich S c u l t e t u s im 7ten Kapitel des zweiten Theils mit Anzeigen von bevorstehender Witterung aus dem Benehmen der Spinnen, und giebt uns eine Araneologie, die wohl mit unsrer 200 Jahr spätem verglichen zu werden verdient. Da das Finden an und für sich selbst nicht viel Anstrengung kostet, die Finder sich aber darüber gewöhnlich gar viel einbilden, so werden solche historische Notizen auch in moralischer Hinsicht ihren Werth behalten. A.
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Neue Beobachtungen über magnetische Granitfelsen 376 auf dem Harze, von J. K. W ä c h t e r . 1 5 Dass sich am Fusse des nordöstlichen der beiden pyramidalischen Granitfelsen, die S c h n a r c h e r genannt, welche auf einem Bergrücken über Schierke neben einander liegen, eine Stelle befindet, wo die Magnetnadel vom magnetischen Meridiane abweicht, ist schon seit einiger Zeit bekannt. 2 Als Herr W ä c h t e r diese Stelle mit einem sehr 10 empfindlichen englischen Taschen-Compaß besuchte, fand er, daß das nördliche Ende der Nadel, wenn es an diese Stelle gehalten wurde, etwa 15—18° von seiner Richtung westlich abwich. An andern benachbarten Stellen stand die Nadel ganz richtig im magnetischen Meridia- 377 ne. Auf der Spitze des Felsens zeigte sich eine ganz vorzüglich starke 15 Polarität. Diese Spitze wird von drei großen, horizontal auf einander liegenden Granitblöcken, aus welchen die S c h n a r c h e r überhaupt zusammengesetzt zu seyn scheinen, gebildet. Wenn man an der östlichen Seite dieser Blöcke steht, und die Nadel gegen sie heranbewegt, so weicht sie schon in einer Entfernung von 1 bis 2 Fuß westlich von 20 ihrer Richtung ab, und bringt man sie dem mittelsten Blocke ganz nahe, so wird das nördliche Ende der Nadel von Norden durch Westen nach Süden gegen den Block, und das südliche Ende der Nadel völlig nach Norden gekehrt. Der Granitblock hat hier folglich südliche PoAus d e m V e r k ü n d i g e r , N ü r n b e r g 1800, 22. Stück, S. 169-172. Der Berghauptmann v o n T r e b r a war der Erste, der diese merkwürdige Eigenschaft an jenem Granitfelsen entdeckte; Herr S c h r ö d e r in Wernigerode fand sie auch an dem andern, höhern Schnarcher, und bestimmte die Polarität des erstem dahin, daß die Nordseite desselben den Nord-Pol, die Südseite den Süd-Pol der Magnetnadel anzieht, und seine Beobachtung bestätigte Hr. v o n Z a c h . 30 Vergl. mein H a n d b u c h f ü r R e i s e n d e d u r c h D e u t s c h l a n d , Th. 3, S. 723. d. H . 1
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larität. Diese Polarität zeigt sich auch an den andern beiden Grantitblöcken, aber nicht so stark wie an dem mittelsten, und an diesen reicht der stärkste Wirkungskreis auch nur etwa Fuß weit. Andere unterhalb diesem liegende Blöcke zeigen gar keine magnetische Eigenschaft. 5 Durch die Entdeckung einer so beträchtlichen Polarität ist nun Einheit in die magnetischen Erscheinungen am S c h n a r c h e r gebracht. Der ganze Granitfelsen ist zu einem ungeheuern M a g n e t mit Nordund Süd-Pol geworden; der erstere Pol liegt westlich am Fuße, der letztere östlich an der Spitze, beide in einer Diagonale des Felsens. An 10 der nördlichen und südlichen Seite liegen lauter Indifferenz-Punkte. 378 Herr W ä c h t e r untersuchte noch einige andere ganz isolirte Granitfelsen in dieser Rücksicht. Auf dem bekannten I l s e n s t e i n e bei Ilsenburg fand er auf der Spitze eine Stelle, wo die Magnetnadel auf dieselbe Weise, wie bei dem Schnarcher, aus ihrer Richtung, und ihr 15 nördliches Ende nach dem Felsen zu gedreht wurde.5 Eine gleiche südliche Polarität findet sich an der ganzen östlichen Seite des pyramidalischen Granitblockes, der die Spitze bildet, nur in immer abnehmenden Graden, so wie man sich von seiner äußersten Spitze entfernt; sie ist aber hier nicht so wirksam wie auf dem Schnarcher. Auf der 20 gegen über liegenden westlichen Seite findet man in einer künstlichen, etwa eine gute Hand breiten Kluft eine entgegengesetzte nördliche Polarität, die indeß nicht so wirksam ist, wie die südliche. Alle andere hier herum befindlichen Stellen sind dagegen IndifferenzPunkte, oder zeigen doch nur schwache magnetische Kraft. Die Linie, 25 in welcher beide Pole liegen, scheint also nur schräg durch das oberste Ende des Felsens zu laufen, und nicht wie beim Schnarcher von der Spitze bis zum Fuße. 379 Die h o h e n K l i p p e n liegen ebenfalls in der Grafschaft Wernigerode, in der Nähe des Brockens, in einer Reihe auf dem Rücken des 30 Berges. Jede Klippe ist von der andern abgesondert, und besteht eigentlich aus einem Haufen ungeheurer, auf einander gethürmter, einzelner Granitblöcke, welche so wenig mit einander verbunden, und so genau auf einander balancirt zu seyn scheinen, daß man glauben sollte, es bedürfe nur eines Stoßes, um sie aus einander zu werfen. An der 35 3 Diesen Inversions-Punkt auf der Spitze des Ilsensteins hat zuerst Herr Ob. Wachtm. v o n Z a c h entdeckt. Das Nord-Ende der Nadel dreht sich hier nach ihm plötzlich durch Osten nach Süden. d. H .
266
Beobachtungen über magnetische Granitfelsen westliche Seite der höchsten Spitze fand Herr W ä c h t e r schon in einer Entfernung von einem Fuße eine sehr merklich wirkende nördliche Polarität, und an der gegenüberstehenden östlichen Seite, eine noch größere südliche, so daß der entgegengesetzte ungleichnamige 5 Pol der Nadel dem Pole des Felsens jedesmahl zugekehrt war. 4 Diese Felsenspitze ist nur an der Westseite zugänglich; obgleich an dieser Seite die nördliche Polarität ziemlich weit verbreitet ist, so scheint sie doch nur an Einer, wiewohl nicht sehr kleinen Stelle, zu liegen. An der südlichen Seite des Granitblockes befinden sich lauter Indifferenz10 Punkte. Die andere minder hohe Klippe zeigt dieselben Erscheinungen, nur in einem noch beträchtlichem Grade. Hier lag die wirksamste Stelle an einer scharfen Kante. Nun ging Herr W ä c h t e r zurück, und untersuchte auch den z w e i - 380 t e n , h ö h e r n , s ü d w e s t l i c h e n S c h n a r c h e r , der aber ohne Lei15 ter nicht zu besteigen war, und also nur am Fuße untersucht werden konnte. Hier fand er an zwei entgegengesetzten Stellen eine sehr beträchtliche Polarität. Der Süd-Pol lag an der nordöstlichen Seite, und zeigte sich an der Spitze eines beträchtlich vorragenden Granitblockes vorzüglich stark. Das nördliche Ende der Nadel ward in einer Entfer20 nung von Fuß mit Schnelligkeit herumgerissen, und der Felsenspitze zugekehrt. Auf der westlichen Seite lag der Nord-Pol, er war aber bei weitem nicht so wirksam als der erstere, und auch nur an ein Paar Granitblöcken merklich. Als darauf Herr W ä c h t e r den früher untersuchten e r s t e n 25 S c h n a r c h e r noch einmahl bestieg, entdeckte er hier noch eine merkwürdige Anomalie in den magnetischen Erscheinungen. Etwa in der Mitte des mittelsten Blocks auf diesem Felsen lag, wie schon angeführt worden, der Süd-Pol, und war bereits in einer Entfernung von zwei Fuß wirksam. Jetzt untersuchte Herr W ä c h t e r auch die beiden 30 Enden dieses Blocks, und fand, daß sie beide eine so starke nördliche Polarität zeigten, daß das südliche Ende der Nadel in der Entfernung schon in Bewegung gerieth. An einem und demselben Granitblocke befinden sich also drei Pole, und zwar so, daß der Süd-Pol in der Mitte des Blocks von | den beiden Nord-Polen am Ende eingeschlossen ist.5 381
35
4
Die Polarität der sogenannten H o h n e k l i p p e n weiß, noch kein anderer Naturforscher erprobt. 5 Vergl. die Anmerkung am Schlüsse.
267
hatte vorher, so viel ich d. H .
1800
Der Granit der beiden S c h n a r c h e r ist derber wie der der Hohn e k l i p p e n und des I l s e n s t e i n s , und giebt am Stahle viel Funken. Der Granit des Ilsensteins ist nicht sehr fest, und scheint durch seine gelbliche Farbe zu verrathen, daß er der Auflösung nahe ist. Diesen Beobachtungen fügt Herr W ä c h t e r noch folgende Bemerkungen hinzu: 1. Die sämmtlichen von ihm untersuchten Granitfelsen liegen um den Brocken in einer Entferung von 3 Stunden herum. — 2. Bei allen liegt auf der östlichen Seite der Süd-Pol, auf der westlichen der Nord-Pol. — 3. Der Süd-Pol ist bei den meisten viel schärfer bestimmt und kräftiger als der Nord-Pol; dabei nimmt aber doch der Süd-Pol eine größere Fläche ein. — 4. Wo sich Polarität zeigt, ist sie an den hervorragenden Ecken und Kanten der Granitblöcke gewöhnlich am stärksten, doch nicht immer. Auch scheint sie mit der Festigkeit des Granits in Verhältniß zu stehen. — 5. Die Linie, in welcher beide Pole liegen, hat ein sehr verschiedenes Streichen, bald von der Spitze bis zum Fuße, bald anders; an der Spitze des Felsens befindet sich aber i m m e r Polarität. — 6. Der Granitblöcke, welche keine Wirksamkeit auf den Magnet äußern, oder der Indifferenz-Punkte, sind an einer Klippe bei weitem mehrere als der wirksamen. Dieser finden sich | gewöhnlich nur einige. Der Oberfläche der Granitblöcke, oder eingemischtem magnetischen Eisen, scheint also wohl die Ursache der magnetischen Erscheinungen nicht beigelegt werden zu können. Eisenfeilspäne haften nicht im mindesten auf den stärksten Stellen. — 7. Die Granitfelsen scheinen das im Großen zu seyn, was eiserne magnetische Stäbe im Kleinen sind; beide werden nämlich magnetisch. — 8. Scheint es, daß man die magnetischen Eigenschaften ganzer Felsen von denen einzelner abgeschlagener Gebirgsmassen unterscheiden müsse.
Anmerkung, über gleiche Polarität an zwei entgegengesetzten Endpunkten eines magnetischen Stoffs. Vassa 11 i erzählt in einem Briefe an den Abt A m o r e t t i , ( O p u s c u l i s c e l t i s u l l e s c i e n z e et s u l l e a r t i , Τ. XIX, Milano 1796, p. 215,) er habe versucht, ob man nicht einem Eisen, das auf einer 268
Anmerkung über gleiche Polarität
Seite sehr dick, auf der andern entgegengesetzten sehr dünn war, auf beiden Seiten gleiche Polarität geben könne. Dies sey ihm auch vollkommen gelungen, indem er beide Seiten abwechselnd in dieselbe zur Verfertigung künstlicher Magneten gewöhnliche Lage gebracht habe. Möglich ist es, hieraus jene von Hrn. W ä c h t e r beobachtete gleiche Polarität an beiden Seiten eines Granitblockes zu erklären, so wie es eben so gut auch möglich ist, daß sie von einzelnem eingesprengten magnetischen Eisen entstanden ist. In demselben Briefe V a s s a l l i ' s ist es, wo er seine Magnetnadel ohne Abweichung nach achtjjähriger Erfahrung, (die erste Nachricht steht in der B i b l i o t h e c a o l t r e m o n t a n a ad u s o d ' I t a l i a , Vol. III, p. 236,) wieder ins Gedächtniß bringt. Es ist doch wohl etwas unbillig, mit T r e m e r y achtjährige Erfahrungen eines unbescholtenen Mannes, wegen einer so unvollkommenen Theorie, wie die bisherige magnetische, zu verwerfen. V a s s a l l i ' s Vorschlag scheint zwar auch mir nicht von Erfolg zu seyn, aber darum möchte ich ihn doch nicht geradezu verwerfen. Taf. VII, Fig. 4, seyen zwei Magnetnadeln, die durch den hölzernen Stab AB in a, b und in c, d in entgegengesetzter Richtung unveränderlich befestigt sind. Man sieht leicht, daß, so wie der obere Nord-Pol stärker nach einer Seite, ζ. B. nach Osten, gezogen wird, eben so auch der untere dahin gezogen wird; vorausgesetzt, daß beide gleich stark sind, so werden sich beide Abweichungen aufheben. Im Allgemeinen glaube ich daher nicht, daß diesem Vorschlage einer M a g n e t n a d e l o h n e A b w e i c h u n g etwas entgegenstehen würde, als die Schwächung der magnetischen Kraft der einen Nadel durch das beständige Halten nach der dem natürlichen Zuge entgegengesetzten Richtung. (Es versteht sich, daß beim Magnetismus die Repulsion nur eben so scheinbar wie bei der Electricität ist.) L. A. von A r n i m .
269
Uebersicht der magnetischen nicht-metallischen Stoffe, von L . A. von A r n i m . Namen der Stoffe.
Beobachter.
Achat.
Anton Brugmans, (Beobachtungen üb. d. Verwandtschaften des Magnets, Leipz. 81, S. 128). A. B r u g m a n s 48,45 Talkerde, 46,66 Vers., S. 156. Kieselerde, 4,79 Eisen (Wiegleb in S. B r u g m a n s Crell's Ann. 84, I, (litt. holl. Groe521). ningana, Gron. 81, p. 98.) 52 Kiesel-, 15 Thon-, 8 Charpentier kohlens. Kalkerde, (im Intelligenzbl 25 Eisen, (Bergder allgem. Litt. manni opusc. III, Zeitung von 97, p. 213). No. 59). S. B r u g m a n s , p. 74; v o n V e l t h e i m ; und Steinhäuser, (in Scherer's Journal I, S. 279). A. B r u g m a n s , Vers., S. 39.
Asbest.
Basalt von Grobsdorf in Schlesien.
vom Fichtelberge bei Wiesenthal, der schwarze stärker als der graue.
Baumrinden.
270
Bestandtheile in 100 Theilen des Stoffs.
Uebersicht der magnetischen nicht-metallischen Stoffe
Bernstein. Bimstein.
A.
Brugmans, Vers., S. 128. A. B r u g m a n s , Vers., S. 123, vielleicht auch Β ο u guer.1
385
77,50 Kiesel-, 17,50 Thonerde, 1,75 Eisenoxyd, (Klaproth's Beiträge, II. Band, S. 65). 19 Thon-, 47 Kiesel-, 6,20 Talk-, 5,40 Kalkerde, 5,40 Eisen, 17,50 Wasser, (Bergmanni Opusc. IV, p. 154).
Bol.
v. S c h l o t t h e i m , (in Crell's Ann. 97, I, S. 107).
Chrysolith.
A. B r u g m a n s Vers. S. 127. A. B r u g m a n s Vers. S. 22. A. B r u g m a n s , Kohlenstoff nach Guy(phil. Vers, über ton, (Annal. der die magnetische Physik, II, S. Materie, Leipz. 599). 2 84, S. 293). A. B r u g m a n s Vers. S. 45. S. B r u g m a n s , 64 Kiesel-, 365Λ Thonp- 42, erde und 6 Eisen, (Heyer in Crell's v. S c h l o t t h e i m Ann. 88, II, in Crell's AnnaS. 147). len, 97, I, 108. S. B r u g m a n s , p. 38.
15
Dammerde. D i a m a n t , weißer und gelber. 20
Essigsaures Eisen. 25 F e l d s p a t h , je röther, desto stärker.
30 F i l t r i r s t e i n .
1 Bouguer beschreibt einen weißen von Vulkanen ausgeworfenen Stein, der schwarz überzogen, stark auf die Magnetnadel gewirkt habe. (La figure de la terre determinee par Bouguer, Paris 1749, p. LXXXIV.) A. 2 Doch ist in Guyton's Analyse nicht darauf Bücksicht genommen, ob er nicht 35 sogenanntes Krystallisations-Wasser, also Wasserstoff und Sauerstoff enthalte. A.
271
1800
386 G l i m m e r , schwarzer.
Grauwacke, (Quarz, Thon u. Kieselschiefer). Granat. Er hat die stärkste Polarität unter allen von S. Brugmans unters. Fossilien.
Saussure beobachtete dies an dem schönsten durchsichtigen orientalischen G r a n i t . Der Granit der Schnarcher soll Magnet-Eisenstein eingesprengt enthalten.3 Hornblende.
S. B r u g m a n s , p. 101.
35 Kiesel-, 50 Thon-, 1,35 Talkerde, 7 Eisenkalk, (Vauquelin im Journal des Mines XXXIII, 302).
Charpentier, a. a. O. S. B r u g m a n s , p. 50. A. B r u g m a n s , Vers. S. 128 und M. S. 295.
S a u s s u r e Voy. Τ. I, 84 et 85.
Z a c h , (in Bode's Samml. z. astr. Jahrb. 1794).
v. H u m b o l d t , (im Intell. der allg. Lit. Ζ. 97, No. 38).
Der Böhmische 40 Kiesel-, 28,50 Thon-, 10 Talk, 3,50 Kalkerde, 16,50 Eisenkalk, 0,25 Braunsteinkalk, (Klaproth's Beiträge II, S. 21). Der oriental. 35,75 Kiesel-, 27,25 Thonerde, 36 Eisenk., 0,25 Braunstein. Das. S. 26.
10
20
25
37 Kiesel-, 22 Thon-, 16 Talk-, 2 Kalker- 30 de, 23 Eisenkalk, (Kirwan in d. η. A. s. Miner. I B., S. 289).
5 Steinhäuser in Scherer's Journal, I, S. 267, fand Magnetismus an einem Granit, 35 der strahligen W o l f r a m enthielt, von Reutenkranz, und an einem mit grüner T a l k er de mit Granaten. A.
272
Uebersicht der magnetischen nicht-metallischen Stoffe
Hornstein.
S. B r u g m a n s , p. 74.
H o l z , insbesondere das dichtere. 5 J a s p i s . Bis zu den kleinsten Stücken polarisirend, der rothe insbesondere. 10
Kalkstein. Kalkgang aus dem Wildsberge bei Marienberg. 15 L a b r a d o r s t e i n . 4 L a v a . Sie zog gar kein magnetisches Eisen an. 20
Ein Mühlstein, der 25 Lava ähnlich. Marmor, schwarzer. Pechstein. 30
A. B r u g m a n s Vers., S. 38. S. B r u g m a n s , p. 68.
A. B r u g m a n s Vers., S. 128. Steinhäuser, a. a. O., S. 277. S. B r u g m a n s , p. 12. Charpentier, a. a. O. A. B r u g m a n s phil (Chromium?) Versuche, S. 296. B r e i s l a k , (in Voigt's Magazin, IV B. St. 4, S. 34,) und G i ο e η i, (Saggio di lithologia vesuviana, Napoli 1790, p. 88.) A. B r u g m a n s Vers., S. 116. A. B r u g m a n s Vers., S. 107. Steinhäuser, 73 Kiesel-, 18 Thona. a. O., S. 277. erde, 5 Eisenkalk, Wasser, (Wiegleb in Crell's neuesten Entdeckungen, Th. II, S. 26).
Herr v. Schlottheim spricht ihm den Magnetismus ab, in Crell's Annalen, 97, I, 35 S. 109; ich habe mich aber von der Richtigkeit der Brugmannischen Beobachtung, wenigstens in einigen Stücken überzeugt. A. 4
273
387
1800
388 P o r p h y r . Bei Pini war die Hauptmasse des ei nen Pechstein, des andern Jaspis; in beiden Feldspath.
Porphyrschiefer. Pechstein-Porphyr von Schneeberg. Quarz. Der weiße nie, aber der graue kör nige immer. Quarz, mit schwarzem Schörl. Rubin, desto mehr je dunkler. R u b i b a l a ß und Rubizell. S a n d s t e i n , der rothe am stärksten, der gelbe weniger, der weiße gar nicht. Salpetersaures Eisen.
Saphir.
S. B r u g m a n s , p. 116. und P i n i , (Memoria di alcuni fossili singolari della Lombardia austriaca et di altre parte dell' Italia, 8. Milano 1791, §. 5, p. 8). Ch a r p e n t i e r , a. a. O. A d o l p h B e y e r , (im Intell. d. allg. Litt. Z. 97, No. 87.) S. B r u g m a n s , p. 46.
S. B r u g m a n s , p. 108.
20
A. B r u g m a n s Vers., S. 127. A. B r u g m a n s , P. V. und M., S. 294. S. B r u g m a n s , p. 29-55. 30
A. B r u g m a n s Vers., S. 41-50.
B r u g m a n s M., S. 295. 274
98 Thon-, 0,5 Kalkerde, 1,0 Eisenkalk, (Klaproth's Beitr. 35 I, S. 77.
Uebersicht der magnetischen nicht-metallischen Stoffe A. B r u g m a n s Schwefelsaures Eisen. Vers., S. 4 1 - 5 0 . Schwefelsaurer A. B r u g m a n s , Z i n k u. KupS. 38. 5 fer. A. B r u g m a n s Smaragd. Vers., S. 127. A. B r u g m a n s Serpentin. Vers., 124. S. B r u g m . 98. 10 Vom P a ß Vulkan F i c h t e l ' s mineralogische Aufsätze, W i e n 94, S. 223. Von d e m H a i d b e r g e v . H u m b o l d t in 33,5 Talk-, 45 Kiesel-, 15 bei G e f r e e ß i m der all. Litt. Z., 6,25 Kalkerde, 14 Bayreuthischen. Int. Bl. f. 1796, Eisen, (Knoch in S. 1447, u n d 1797, den ehem. Anna No. 38, 68; f e r n e r len, 90, II. B , in C r e i l ' s AnnaS. 504). len f ü r 97, I. B., 20 S. 100. (Vergl. Moll's J a h r b ü c h e r der Berg- u n d H ü t t e n k u n d e , III. B. Salzburg 1799, 25 S. 3 1 7 . 0 ) Von Zöblitz u n d von Waldheim. 30 Von Erbendorf bis z u m Schlosse Kretschenweil. Alle Serpentine aus 35 d e m Voigtlande. Schwamm.
Charpentier a. a. O. Schlottheim a. a. O., S. 106. R e i n e r im Münchn e r Taschenbuche f ü r 1798. Steinhäuser a. a. O., S. 279. A . B r u g m a n s Vers.
275
Enthält Chromium nach Rose in Scherer's Journ. IV. B., S. 308.
389
1800
S c h i l l e r s p a t h von C h a r p e n t i e r , der Paste bei a. a. Ο. Harzburg, von Vellerano bei Siena, und aus dem Innthale bei Hall. 390 S p e c k s t e i n . S. B r u g m a n s , p. 104.
Spinell.
A. B r u g m a n s M., S. 295.
Strahlstein.
S. B r u g m a n s , p. 98. Charpentier.
S y e n i t vom Spaarberge bei Meißen. Talk.
A. B r u g m a n s Versuch, S. 130. v. S c h l o t t h e i m , am angef. Orte. T h o n e r d e aller Art. A. B r u g m a n s Vers., S. 25. Gebrannte Ziegel, Ebenderselbe, vorzüglich auch S. 88-90. Porcellain. Thonschiefer. S. B r u g m a n s , p. 74. T h o n s c h i e f e r , ur- S t e i n h ä u s e r , anfänglicher von a. a. O, S. 277. rothbrauner Farbe aus der Gegend von Falkenstein im Voigtlande; ist 276
52 Kiesel-, 23,33 Thon-, 6 Talk-, 7 Kalkerde, 17,5 Eisen. (Heyer in Crell's Ann., 88, II. 5 B., S. 147). 30,5 Talk-, 59,5 Kieselerde·, 2,5 Eisenkalk, 5,5 Wasser. (Klaproth's Beiträ- 10 ge, II, S. 179). 82,47 Thon-, 8,78 Talkerde, 0,18 Chromium-Kalk, (Vauquelin im J 15 des Mines, XXXVIII, p. 89).
Uebersicht der magnetischen nicht-metallischen Stoffe
5
selbst Magnet, hat seine bestimmten Pole und zieht viel Eisen an. Topfstein. S. B r u g m a n s ,
391
p. 98.
Torf. 10 T r a ß oder Tufstein.
15
Türkis. T u r m al in. 20
25 T h i e r i s c h e T h e i l e , Haare, Federn, Fischgräten.
A. B r u g m a n s Vers., S. 31. E b e n d a s . , S. 34. (Vergl. B. 32 der schwed. akademischen Abh. Leipzig 74, S. 52. Breislak in Gioeni lith. vesuv., p. 89). E b e n d a s . , S. 128. A. B r u g m a n s M., 40 Kiesel-, 39 Thon-, 4 S. 295. Kalkerde, 12 Eisenkalk, 2,50 Braunstein, (Vauquelin in Ann. de Ch., No. 88, p. 105). A. B r u g m a n s Vers., S. 104.
Nur wenige Worte will ich dieser Uebersicht hinzufügen, die Resultate hingegen mit manchen andern Bemerkungen späterhin im Zusam30 menhange vorlegen. Mein Wunsch war, daß sie möglichst vollständig alle bekannt gewordenen Beobachtungen aufstellen möchte; dadurch glaubte ich ein Hauptbedürfniß zu befriedigen. Eine Uebersicht des größern Theils der magnetischen m e t a l l i s c h e n Stoffe, hat Herr R i t t e r in diesen Annalen geliefert, ( A n n a l e n , IV, S. 15—33.) Die 35 M e t a l l k a l k e und E r z e , ζ. B. G a l l i z i n ' s Eisenerz, (v. Cr e i l ' s | A n n a l e n , 97, I, 63,) habe ich ebenfalls weggelassen; es ist genug, daß 392 ich im Allgemeinen bemerke, auch der gelbe und rothe Eisenkalk sey nach B r u g m a n s Versuchen, ( B r u g m a n s V., S. 45,) noch vom Ma277
1800
gnete gezogen worden; eben so fast alle damahls bekannten Metallkalke, selbst der Metalle, die im metallischen Zustande nicht anziehbar waren. Unter den E r z e n fand er den würfligen Bleiglanz, insbesondere die Zinnerze, die Kupfererze, Gold- und Silbererze und Quecksilbererze magnetisch, ( B r u g m a n s V . , S. 156—165.) Die Nam e n der Fossilien habe ich nicht ändern mögen, es hätte dadurch eher Mißverstand entstehen können; dies ist aber auch Ursache, daß bei m a n c h e n keine chemische Analysen stehen, die natürlich auch bei allen gemengten Fossilien und den Salzen weggeblieben sind. Hier noch einige Versuche als Nachträge zu m e i n e m f r ü h e r n Aufsatze über Magnetismus, ( A n n a l e n , III, S. 48.) M o r v e a u fand, daß metallisches P l a t i n erst nicht vom Magnet gezogen wurde, da hingegen es m i t Kohlen umgeschmolzen magnetisch wurde, ( R ο z i e r o b s . , Τ. VI, 1775 sept., p. 193-203. C r e l l ' s B e i t r ä g e , III. B., S. 357.) B r u g m a n s sagt daß unter allen damahls sogenannten Halbmetallen das Z i n k den stärksten Magnetismus gezeigt habe, ( B r u g m a n s V . , S. 163,) und L a s s o n e erhielt beim Verkalken desselben Kohlensäure, und B e r t h o l l e t sogar aus 4 Loth Zink 14'/2 G r a n Kohle, die etwas Eisen und Braunstein | enthielt, ohne zu rechnen, was m i t d e m Wasserstoffgas verbunden verloren ging, ( C r e l l ' s A n n . , 94, I. B., S. 526.) Auch W i s m u t h ist stark magnetisch, ( B r u g m a n s V . , S. 163,) und Herr L a m p a d i u s , ( S a m m l . p r a k t . - c h e m . A b h a n d l . , I. B., S. 152,) erhielt beim Verkalken desselben etwas Kohlensäure. Die Verbindung des K u p f e r s und B r a u n s t e i n s m i t Kohle sind bekannt. Ueberhaupt sind indessen die Verbindungen der Kohle m i t den Metallen noch zu wenig untersucht; über den Kohlenstoff selbst, seine verschiedene Bildung u. s. w. läßt sich noch i m m e r m e h r vermuthen, als beweisen. A n g e n e h m war es mir, die in m e i n e m f r ü h e r n Aufsatze aufgestellte Beobachtung über den Z u s a m m e n h a n g zwischen Cohärenz und Magnetismus von H e r r n S c h e l l i n g in sein System a u f g e n o m m e n zu finden, ( S y s t e m d e s t r a n s c e n d e n t a l e n I d e a l i s m u s , Tübingen 1800, S. 184;) doch gestehe ich, daß ich die Coincidenz der a p r i o r i dort construirten Linie mit der des Magnets nicht finde, (S. 179,) und glaube, der Magnetismus sey mehr, oder vielmehr etwas anderes als das Construirende der Länge, und n u r durch Construction aller drei Dimensionen möglich. Das Gesetz der Einheit der Mischung bei der Zweiheit der Klassen der gemischten Stoffe, (Sauerstoff und Nichtsauerstoff,) welches ich dort für die meisten magnetischen me278
Uebersicht der magnetischen nicht-metallischen Stoffe
5
10
15
20
25
30
tallischen Stoffe bewiesen zu haben glaube, (ein Gesetz, an dessen Uebereinstimmung mit dem Galvanischen, von Herrn R i t t e r aufgestellten, ich | erst einige Zeit nach dem Abdrucke jenes Aufsatzes dach- 394 te,) wird auch durch die hier zusammengestellten magnetischen nicht metallischen Stoffe bestätigt. In allen sind Sauerstoff und sauerstoffbare Stoffe. Wenn auch unsre chemischen Untersuchungen uns nicht sagen können, ob in einer Verbindung eines Metalls mit einer Erde Sauerstoff ist, so beweist es doch schon die Unmöglichkeit, einen metallischen Stoff als Metall damit zu verbinden. Merkwürdig ist es sicher, daß hauptsächlich so vereinzelte verwitternde Gebirgsmassen, wie die Schnarcher, der von Herrn v . H u m b o l d t aufgefundene SerpentinFelsen im Fichtelgebirge und andere, einen so ausgezeichneten Magnetismus zeigen. Oder ist es nur Mangel fleißiger Beobachtung, der uns diese kleinern Erdpole so selten wahrnehmen läßt? Oder paßt dies etwa mit Β u f f o n ' s Erfahrung, ( S u p p l e m a l ' h i s t . n a t . , Τ. II, p. 39,) zusammen, daß Erze nur in offenen Tiegeln geglüht, Vermehrung ihrer magnetischen Kraft zeigen? und wird es hierdurch nicht schon wahrscheinlich, daß der oben liegende Südpol mehr oxydirt werden muß? Worin besteht auch wohl die Luft-Verwitterung einer Gebirgsart anders, als in der Abscheidung des darin enthaltenen Metalls durch Oxydation desselben? Ich kann einen Versuch nicht unerwähnt lassen, den ich in diesem Frühjahre sehr oft mit demselben Erfolge wiederholt habe. Wenn ich von drei polirten magnetischen Stäben zwei mit | ungleichnamigen Polen und den dritten mit gleich- 395 namigen Polen, befeuchtet an einander legte, so hatte ich nach einer Nacht zwischen jenen immer gelben vollkommenen, zwischen diesen schwärzlichen unvollkommenen und viel weniger Eisenkalk. Von Einfluß für den Magnetismus ist auch die von Ρ i c t e t beobachtete größere Wärmeverbreitung nach oben in festen Körpern; — doch davon die weitere Ausführung an einem andern Orte.
So wie der Magnetismus des Serpentins, nach dem von Herrn R o s e darin gefundenen Chromium, Herrn R i t t e r ' s Vermuthungen über den Magnetismus des Chromiums bestätigen: so können uns der aus35 gezeichnete Magnetismus des mit Wolfram durchzogenen Granits, so wie der Titangehalt, nach H. C r e i l ' s Analyse, ( C r e l l ' s A n n . , 97, I, S. 73,) des Gallitzinschen Fossils, zu neuen Vermuthungen über den Magnetismus beider berechtigen.
279
Anmerkungen zur Licht-Theorie.
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(Aus e i n e m Briefe.) von L . A. v o n
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Arnim G ö t t i n g e n d e n 30sten M a i .
Ich w u n d e r e m i c h , w i e ich in den Versuchen über d a s c h e m i s c h e u n d electrische Verhältniß der Körper 1 N a i r n e ' s
E r f a h r u n g e n über die
Verkürzung der M e t a l l d r ä h t e durch electrische S c h l ä g e 2 v e r g e s s e n ha- 10 be. S i e sind f ü r m i c h sehr m e r k w ü r d i g , besonders auch in R ü c k s i c h t der g a l v a n i s c h e n
Erscheinungen.
M e c h a n i s c h e u n d c h e m i s c h e B e w e g u n g sind sich g e g e n s e i t i g in der galvanischen
Bewegung
so sehr M i t t e l u n d Zweck, daß m a n
von dieser S e i t e das L e b e n als ein d u r c h H e r s t e l l u n g des c h e m i s c h e n 15 G l e i c h g e w i c h t s gestörtes m e c h a n i s c h e s , u n d durch H e r s t e l l u n g
des
m e c h a n i s c h e n G l e i c h g e w i c h t s gestörtes c h e m i s c h e s betrachten könnte. E i n s c h w a c h e s K n e i f e n , noch stärker ein Z i e h e n des N e r v e n oder ein 466 Stechen, b r i n g t die stärksten Muskel-Con|tractionen hervor, selbst da, wo der g a l v a n i s c h e R e i z nur noch s c h w a c h wirkt; aber n i c h t eigentliche N e r v e n - S u b s t a n z ist hier die U r s a c h e der
die 20
Zusammenzie-
h u n g , (denn o h n e B e r ü h r u n g der N e r v e n h ä u t e k a n n m a n sie u n g e straft zerstechen, auch k a n n sie b e i m Z e r s c h n e i d e n u n d U n t e r b i n d e n der N e r v e n in u n u n t e r b r o c h e n e r B e r ü h r u n g bleiben, die Z u s a m m e n z i e h u n g e n e r f o l g e n doch nicht,) sondern die N e r v e n h ä u t e , d e r e n Zu- 25 s a m m e n z i e h u n g durch m e c h a n i s c h e Verbindung, durch ihren U e b e r g a n g in Z e l l g e w e b e , 3 in der B e w e g u n g des g a n z e n S c h e n k e l s sich zeigt. A n n a l , V, 33. C r e l l ' s A n n . f. 1784, I, 96; L i c h t e n b e r g ' s M a g a z i n , I. B., 2. St., S. 22. 3 U e b e r d e n B a u des H i r n s u n d d e r N e r v e n . G r e n ' s n e u e s J o u r - 30 n a l d e r P h y s i k , I. B., S. 107. 1
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A n m e r k u n g e n zur Licht-Theorie
Dies erklärt, w a r u m die Muskelfaser in jedem fast mathematischen Punkte, (a.a.O., S.113,) sensibel ist, ungeachtet die besten Anatomen keinen Uebergang der Nerven-Substanz in Muskel-Substanz wahrgen o m m e n , und die Vermuthung einer sensibeln Nerven-Atmosphäre, 5 (seit H u m b o l d t ' s Versuche m i t Wahrscheinlichkeit aus einer D a m p f leitung erklärt werden,) sehr an Wahrscheinlichkeit verloren hat. Dies erklärt auch, w a r u m die Muskeln, die weiter von d e m Nerven entfernt sind, a m heftigsten bewegt werden, w a r u m an diesen entfernten Punkten, ζ. B. an dem Zehen der Froschschenkel, sich die letzten 10 Zusammenziehungen zeigen, sehr ähnlich der schnellen Bewegung eines Punktes in dem Umkreise eines Rades, verglichen m i t der Schnelligkeit eines Punktes | an der Achse, ungeachtet beide Punkte, der 467 Muskel im Nervenbündel und der Muskel an dem Ende des Schenkels, n u r einen und denselben Winkel zurücklegen. Es versteht sich, daß 15 dieses n u r Bild und nichts weiter seyn soll.
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Bedarf es aber nur der Zusammenziehung der Nervenhaut, u m galvanische Erscheinungen hervorzubringen, so ist durch jene Nairnische Beobachtung, d i e W i r k u n g d e r E l e c t r i c i t ä t i n H e r v o r b r i n g u n g g a l v a n i s c h e r A c t i o n e n e r k l ä r t , nur ist es jetzt nothwendig, die von H e r r n v o n H u m b o l d t , ( U e b e r d i e g e r e i z t e M u s k e l f a s e r , I, S. 435—442,) angegebenen Unterschiede zwischen g a l v a n i s c h e r und e l e c t r i s c h e r A c t i o n genauer zu betrachten. Sie werden gefunden haben, daß es selbst diesen zufolge keinen Leiter in der galvanischen Kette giebt, der nicht auch Leiter in der electrischen Kette wäre; aber umgekehrt ist nicht jeder electrische Leiter auch ein galvanischer: alte wohlgetrocknete Knochen, der luftverdünnte R a u m , die F l a m m e und heißes Glas machen Ausnahmen. Zuerst bemerke ich dabei, daß sehr viele Leiter der Electricität es n u r f ü r stärkere Ladungen sind, ζ. B. eine Blitzscheibe. Wenn die Construction derselben verdeckt wäre, m a n würde sich sehr wundern, wie vollkommen derselbe Körper schwache electrische Schläge h e m me, starke fortleite; und das scheint ganz besonders auch bei den Knochen und dem heißen Glase der Fall zu seyn. Zweitens wirken einige Körper nur in so fern leitend, | als sie die Electricität zerstreuen, (ab- 468 leiten,) oder einsammeln, (einleiten.) Dieser Unterschied zwischen den Leitern ist nicht unwichtig. War es nicht unwahrscheinlich, die durch brennende Kerzen in den Electrometern gesammelte Electricität aus der größern Leitungsfähigkeit der beim Verbrennen entstehenden Gasarten herzuleiten? Ein u m so viel größerer metallener Leiter dar281
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auf gesteckt, würde doch eben das leisten, (besonders wenn man bedenkt, daß jenes kohlensaure Gas nicht in ununterbrochener Verbindung mit der Flamme bleibt, sondern vom Winde hinweggetrieben wird.) Aber das ist gar nicht der Fall. Aeußerst merkwürdig, auch für die Licht-Theorie ist es, d a ß , u n g e a c h t e t w i r f a s t b e i a l l e n Oxydations-Prozessen Entstehung von Electricität w a h r n e h m e n , dieses doch bei den O x y d a t i o n e n mit L i c h t e n t w i c k e l u n g n i c h t d e r F a l l i s t ; daß wir nur da electrisches Licht bemerken, wo entgegengesetzte Electricitäten sich aufheben, und daß eben deswegen jene Verbrennungen nur da Electricität sammeln, wo man mit sehr empfindlichen Instrumenten schon vor dieser Verbrennung Electricität beobachten kann. Wird es hieraus nicht sehr deutlich, daß, so wie nach meinen frühern Bemerkungen ein entgegengesetzt electrischer Zustand zweier Körper, einer entgegengesetzten Wärme-Capacitäts-Aenderung zuzuschreiben ist, Lichtentstehung im Gegentheile einer Herstellung des Gleichgewichts zwischen zwei entgegengesetzten Wärme-Capacitäts-Aenderungen zuzuschreiben sey? Ist also, wie es scheint, mit Wahrscheinlichkeit zu behaupten, daß die F l a m m e in den meisten Fällen die Electricität nicht leitet, sondern selbstthätig modificirt; so frägt es sich: Wie hat man bisher die Flamme in der galvanischen Kette angewendet? Nur zwei Fälle sind möglich: entweder man hat damit zwei Cylinder verbunden, und in diesem Falle hätte man schon den Erfolg vorhersehen können, daß keine Zuckungen erfolgen konnten, da die Electricität zerstreut wird, wenn eine Flamme zwischen zwei electrisirten Conductoren steht; oder man hat den brennenden Körper auf den einen Leiter gestellt, und in diesem Falle ist die Kette unterbrochen, da man, nach einer bekannten electrischen Erfahrung, sehr verschiedene Electricitäten auf diese Art in zwei Körpern erhalten kann. Nur der Theorie, welche bei dem Schließen der Kette Entladungen annimmt, konnten die Versuche widersprechen, und zu der bekenne ich mich nicht. Der l u f t v e r d ü n n t e R a u m endlich wirkt, wie ich gezeigt habe, nur durch seinen Feuchtigkeitszustand leitend, ( T h e o r i e d e r e l e c t r i s c h e n E r s c h e i n u n g e n , S. 36.) Daß er auch Leiter für geringe Entfernungen in der galvanischen Kette werden kann, beweisen die Versuche H u m b o l d t ' s , welche eine Wirkung in die Ferne vermuthen ließen. 282
Anmerkungen zur Licht-Theorie
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Nachdem diese vier Hindernisse weggeräumt sind, und ich, wie gesagt, sowohl in der electrischen Ladungs-Theorie, als in den Uebergangs-Circulations-Theorien einiges Unwahrscheinliche zu finden | glaube, (sie widersprechen insbesondere der Fortdauer der Wirkung 470 beim Geschlossenseyn der Kette,) nehme ich keinen Anstand, Ihnen einige Bemerkungen zu dieser Theorie mitzutheilen. Jede electrische Entgegensetzung ist, wie ich gezeigt habe, entweder durch Veränderung der Mischung oder der L a g e verschiedener Körper hervorgebracht. D a bisher keine nothwendige chemische Veränderung als Ursache der galvanischen Erscheinungen wahrgenommen worden; so ist Veränderung der L a g e Bedingung derselben, so werden sich galvanische Bewegungen nur beim Verbinden und beim Trennen der Kette zeigen; wenn auch die electrische Vertheilung fortdauert, sie werden nur Zeichen der Aenderung dieser Einwirkung seyn. Erschöpfung aller möglichen Combinationen entgegengesetzter Zustände zur Verbindung derselben in einem Einzelnen, ist Bedingung aller Bewegung in der Natur, also auch der galvanischen oder electrischen. Es giebt zwei einander entgegengesetzte electrische Zustände: + E und —E, und + + , Η—, — sind alle mögliche Combinationen derselben. Demnach werden zur Hervorbringung electrischer Thätigkeit zwei Klassen erfordert: eine, die eines einfachen; die zweite, die durch diese einfachen in einen zwiefachen Zustand versetzt werden kann, und von diesen zwei Klassen drei Individuen. So sehen Sie dieses von R i t t e r entdeckte Gesetz der galvanischen Action, welches ich auch bei genauerer Betrachtung im Magnetismus gefunden, auf | eine 471 scheinbar scherzhafte, aber doch wohl ernsthafte Art bewiesen; auch die Nothwendigkeit der Anschauung der Materie nach drei Dimensionen kann hiernach vollständig bewiesen werden. 4
M u l t a r e n a s c e n t u r etc. hat sich noch immer bestätigt. Als 30 W i n k l e r vor 50 Jahren einen e l e c t r i s c h e n P r o z e ß z w i s c h e n S o n n e u n d E r d e a n n a h m , hat mancher gespottet. Erinnern wir uns aber jener oben gemachten Bemerkung über die Abwesenheit electrischer Entgegensetzung bei Oxydationen mit Lichterscheinung, und der daraus gezogenen Folgerung: der Lichtentwickelungs-Prozeß 35 sey dem electrischen entgegengesetzt; so gewinnt diese Idee sehr an Wahrscheinlichkeit. Es erklärt sich ebenfalls daraus, woher eine sehr 4 Daß es mit einem solchen Beweise dem Briefschreiber nicht recht Ernst seyn könne, darf wohl kaum erinnert werden. d. H .
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allgemeine Erfahrung abzuleiten ist, d a ß a l l e s , was L e i t e r in der e l e c t r i s c h e n K e t t e ist, N i c h t l e i t e r in der L i c h t k e t t e , und j e d e r L e i t e r in der L i c h t k e t t e , N i c h t l e i t e r in der e l e c t r i s c h e n s e y , (wobei ich erinnern muß, daß ich die Halbleiter der Electricität zu den Nichtleitern rechne, und daß ich unter Nicht- 5 leiter in der Lichtkette alle undurchsichtige Körper verstehe.) In Verbindung damit steht auch das Gesetz: d a ß K ö r p e r n u r i n so f e r n F a r b e und E l e c t r i c i t ä t z e i g e n , als sie diese v e r l i e r e n .
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(Entwicklungsgeräth zum Salpetergas-Eudiometer.)
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Es wird Ihnen sicher angenehm seyn, das sehr bequeme E n t w i k - 472 k e l u n g s g e r ä t h z u m S a l p e t e r g a s - E u d i o m e t e r kennen zu lernen, dessen sich Herr v o n H u m b o l d t bei seinen Untersuchungen bedient. Ich danke es der Güte des Herrn v o n B u c h . Die kleine Flasche sowohl wie die Röhre, (Taf. VII, Fig. 5,) sind von Horn. Die Höhe von a bis b beträgt etwas über 2 Zoll; bei cd ist eine männliche, in gh eine weibliche Schraube. Man kann daher das Gefäß hier öffnen und Kupferdraht und Salpetersäure hineinthun. Die Röhre f e ist bei f ebenfalls zum Herausziehen, und dann lassen sich sofort in der kleinsten pneumatischen Wanne die genauesten Versuche machen. Bei einer fortgesetzten Reihe von Versuchen, welche ich ü b e r d a s V e r h ä l t n i ß d e r L i c h t s t ä r k e zu d e r F a r b e d e s H i m m e l s vorhabe, denke ich das in den Annal. d. Physik, III, 85, von mir vorgeschlagene schwarz und weiß überzogene Thermometer, ( L e s l i e ' s P h o t o m e t e r , Ann., V, 235, ist im Wesentlichen nichts anderes,) und das Saussürische K y a n o m e t e r zu brauchen, letzteres jedoch, zur bessern Vergleichung der Farben des Himmels mit den aufgetragenen, folgender Maßen abzuändern. Zwei gleich große Pappscheiben drehen sich über einander um eine Achse, in ihrem Mittelpunkte. Die untere hat in ihrem Umfange so viele kleine Kreise, als man Abstufungen der Farbe gewählt hat, ( S a u s s ü r e machte 94, besser 473 sind wohl 100,) und diese sind sämmtlich halb durchschnitten, so daß, wenn man die Scheibe nach dem Himmel hält, beide, die Himmelsfärbe und die damit verglichene, unmittelbar neben einander grenzen. Die obere Scheibe ist nur in drei Kreisen, aber hier ganz durchschnitten, damit die Menge der Abstufungen den Blick nicht verwirre und nur immer an dem zu wenig oder zu stark Blauen, das mittlere sich annähernde erkannt werden könne. Ist der Halbmesser der ganzen Scheibe a, und der Halbmesser der aufzutragenden Farbenkreise y, mithin der Halbmesser der Kreises durch ihren Mittelpunkt a—y; fer285
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ner die Zahl der Farbenabstufungen oder Kreise n, also 2 η die Zahl der Halbmesser y der kleineren Kreise: so sind die Halbmesser y in dem mit a—y beschriebenen Kreise Chorden der Winkel von — C, also in Theilen des Halbmessers ausgedrückt = 2 s i η. —, und Q
mithin y = (a—y)2 s i n . — oder y = 2
2a sin · — 1 + 2
——Ich
sin · —
glaube, es 5
könnte zu manchem merkwürdigen Resultate führen, zwei Kyanometer zu verfertigen, von denen das eine zwischen b l a u und w e i ß , das andere zwischen b l a u und s c h w a r z nüancirte. Beide Verhältnisse scheinen sehr selten denselben Gang zu beobachten.
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E m m er t über die Wirkung einiger 101 unverbrennlichen Stoffe auf die a t m o s p h ä r i s c h e Luft.1 Herr D . Ε m m e r t wurde zu diesen Versuchen durch die Entdeckung 5 A l e x , v o n H u m b o l d t ' s , daß die reinen Erden das Sauerstoffgas zersetzen, ( A n n a l . , I, 501,) veranlaßt. Er wünschte zu wissen, ob dasselbe auch mit den Alkalien und andern verbrennlichen Stoffen der Fall sey, und fing seine Versuche zuerst mit atmosphärischer Luft an, die er durch Kalkmilch von aller Kohlensäure reinigte, und von der 10 sich im Fontanaischen Eudiometer 100 Theile mit eben so viel Salpetergas vermischt, auf 150 Theile verminderten. Von allen Stoffen, deren Einwirkung er diese atmosphärische Luft aussetzte, wurde gleich viel, (7 Drachmen,) mit Wasser zur Consistenz eines weichen Teigs gebracht, dieser in einer Glasschale in einen Kreis ausgedehnt, 15 der ungefähr 2 Zoll im Durchmesser hatte, und die Schale unter gleich große mit jener atmosphärischen Luft gefüllte Gläser gesetzt, welche er mit Wasser sperrte, das so lange an der Luft gestanden hatte, bis es | 102 keine Luft mehr verschluckte. In diesen Gläsern ließ er die Stoffe, die bis auf einige wenige, unerwärmt hinein gesetzt waren, 8 Tage lang 20 stehn; doch war, wie er bemerkt, die Oberfläche der Stoffe, die er in Berührung mit der Luft brachte, vielleicht nicht groß genug, und deshalb seine Reihe von Versuchen nicht ganz tadelsfrei. Die ganze Zeit über war das Wetter heiter, das Thermometer stand gewöhnlich Mittags auf 18° R., das Barometer einige Linien über 27 Zoll. Folgen25 des sind die Resultate seiner Versuche: 1. Der H u m u s absorbirte 2 " Sauerstoffgas; g e l b e r E i s e n k a l k 3CZ; T h o n , durch halbkohlensaures Kali aus dem Alaun niedergeD i s s e r t a t i o i n a u g . m e d i c a de i n c o m b u s t i b i l i u m n o n n u l l o r u m vi in A e r e m a t m o s p h a e r i c u m , a u c t . A u g . G o d o f r . F e r d . E m m e r t . 30 Tubingae 1800. 24 S. 8. 1
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schlagen, 3 " Luft, bestehend aus 2, c z 9715 Sauerstoff- und 0, c z 0285 Stickgas; ä t z e n d e K a l k e r d e 2CZ atmosphärische Luft; K r e i d e lc'% war sie aber zuvor erwärmt worden, und vor dem Eintragen in das Gefäß wieder erkaltet, 2 CZ ; g e b r a n n t e K a l k e r d e 13/4CZ; k o h l e n s a u r e T a 1 k e r d e 1% Cz ; g e b r a n n t e r G y p s , wenn er zuvor erwärmt wurde, l c z ; ä t z e n d e s K a l i mit einigem Eisen verbunden 3 CZ ; und h a l b k o h l e n s a u r e s K a l i 15/4CZ atmosphärische Luft. 2. Alle diese Stoffe ändern ihr äußeres Ansehen dabei nicht. Sie äußern jene Wirkungen auf die atmosphärische L u f t n u r a n g e f e u c h t e t ; selbst die Menge des Wassers hat Einfluß auf die Menge der absorbirten Luft, (Kreide, einige Linien hoch mit Wasser übergos103 sen, absorbirte 2 CZ , also mehr als beim | bloßen Anfeuchten; wurde allzuviel Wasser darüber gegossen, so absorbirte sie keine Luft.) 3. Nicht bloß die Verbindung mit Wasser, auch die Verbindung dieser Stoffe mit S ä u r e n verschlucket Luft. Eine Unze Talkerde mit zwei Unzen salziger Säure verbunden, absorbirte einen Kubikzoll Luft, und auch salpetersaures Kali und Kalkerde nahmen einige L u f t auf. In einer je größern Oberfläche der absorbirende Stoff und die L u f t sich berühren, desto stärker ist auch die Luft-Absorption. Die K ä l t e vermindert sie, eine sehr starke H i t z e , oder vielmehr das L i c h t , vermindert sie ebenfalls. 5. D e m L i c h t e ausgesetzt verschluckte die Kalkerde nur sehr wenig Luft, und wenn die Stoffe viel L u f t verschluckt haben, so scheidet sich diese wieder ab, wenn die Stoffe dem Lichte ausgesetzt werden. 6. Die Elasticität der Atmosphäre und ihr electrischer Zustand schienen auf dieses Verschlucken keinen Einfluß zu haben. 7. Wurden die Stoffe durch Erwärmung getrocknet, so absorbirten sie nachher von neuem. Vermischungen von mehreren wirkten nicht stärker als jeder einzelne. 8. E r d e n , h a l b k o h l e n s a u r e s K a l i , E i s e n k a l k und r o t h e r B l e i k a l k absorbirten sowohl Sauerstoffgas, als auch das fast ganz r e i n e S t i c k g a s . Die b r e n n b a r e L u f t wurde nur von T h o n und ä t z e n d e r K a l k e r d e absorbirt. 104 9. In der Geschwindigkeit der Wirkung übertrafen der H u m u s und E i s e n k a l k alle übrigen; dann kam T h o n , dann ätzende K a l k e r d e ; sie absorbiren 14 Tage und länger.
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Die Wirkung einiger unverbrenniichen Stoffe
Die Uebereinstimmung der Wirkungen dieser Stoffe mit der Wirkung der K o h l e auf die Luftarten ist nicht zu verkennen.2 Von den Bemerkungen des Herrn v o n H u m b o l d t unterscheidet sich das Resultat dieser Versuche, besonders durch die wahrgenommene Absorption des Stickgas und Wasserstoffgas durch die einfachen Erden. Gewiß ist es, daß sich dadurch noch glücklicher, als nach den Humboldt schen Erfahrungen allein, der Nutzen der Brache, die Bildung der Salpetersäure ohne Hinzukommen organischer Stoffe, die Wirkung feuchter Orte auf die Luft und manche andere Erscheinung erklären würden. Doch muß man nicht aus der Acht lassen, daß diese Versuche erst öfter und mit größerm und ausgewählterem Apparate wiederholt werden müssen, ehe man auf Resultate derselben, als auf ausgemachte Thatsachen, bauen darf.
2 Annalen d e r P h y s i k , III, 488. Vergleiche des D r . R o u p p e s eigne vorläufige Nachricht über diese Versuche und v a n M ö n s Bemerkungen darüber in S c h e r e r ' s J o u r n . d. C h e m i e , B. 3, S. 300 und 724, auch in C r e l l ' s c h e mischen Annalen.
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Einige electrische Bemerkungen. (Aus einem Briefe des Herrn L. A. v. Arnim.)
H a l d a n e ' s Erklärung des B l i t z e s als eines Entladungsfunkens, ( A n n a l e n d e r P h y s i k , V, 115,) ist so natürlich, daß er den meisten einfallen muß. 1 Aber eben deswegen glaube ich, daß der gewöhnliche Bath der Physiker für Furchtsame, sich zu isoliren, zwar die Furcht, aber nicht die Gefahr ableiten möchte. Nur bei dem Uebergange durch Nicht-Leiter zeigt sich der Blitz zerstörend; ein mit Metall beschlagenes Zimmer würde daher ungleich zweckmäßiger seyn. Sie werden sich auch des Falles erinnern, wo die goldenen Leisten im Zimmer eine ganze Gesellschaft gegen alle Gefahr schützten. H a l d a n e ' s Erklärung über das Einschlagen des Blitzes in Häuser mit Gewitterableitern, scheint mir nicht wahrscheinlich. Der einzelne Funken, der an einer Flasche mit zerschnittenem Stanniol zu den einzelnen Stanniolstückchen übergeht, kann kein Metall schmelzen, wenn auch die ganze Ladung es thut, eben so wenig scheint der geringe Funken, der dem Hause das electrische Gleichgewicht wiedergiebt, die mächtigen Wir117 kungen des ganzen | Blitzes hervorbringen zu können. Sollten nicht zuweilen diese Blitzableiter an der Erde isolirt gewesen seyn, so daß der Blitz an einem Theile des Hauses eine bessere Halbleitung gefunden? Bei den gleichzeitigen Blitzeinschlägen an zwei verschiedenen Orten scheint wahrscheinlich etwas dem ähnlich vorzugehn, was A l d i n i , ( A n n a l e n d e r P h y s i k , IV, S. 420,) an halbbelegten Flaschen beobachtete. Wenn eins der beiden Häuser, Band V, Taf. III, Fig 2, dort durch eine Wolke positiv electrisirt wird, so wird das andere negativ, und electrisirt die über ihm stehende Wolkenschicht positiv; entladen sich jene, so entladet sich auch diese. Solche abwechselnde positive und negative Zonen der Erde scheint auch der Wechsel des Electrometers
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Vergleiche meine Theorie der electrischen Erscheinungen, S. 51.
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Einige electrische Bemerkungen
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zwischen positiver und negativer Electricität auszudrücken, ( A n n a l e n d e r P h y s i k , III, 82;) so wie das ö r t l i c h e E i n s c h l a g e n der Gewitter 2 sich sehr wahrscheinlich aus der Leitungsfähigkeit des Bodens, und daher entstehenden Geneigtheit zu dieser Vertheilung erklären läßt. Daß der electrische Funken auf die S a l z s ä u r e ebenfalls seine Verwandtschaft aufhebende Kraft bewiesen, ( A n n . d e r P h y s i k , V, 459,) war mir nicht unerwartet; das Licht schien das schon lange | bei 118 der Reduction des Hornsilbers zu thun. Aber es wundert mich, daß man in England bei Gelegenheit der Herschelschen Beobachtungen über die verschiedene Wärme des farbigen Lichts, der Scheelischen Versuche über Reduction des Hornsilbers durch das gebrochene Licht, ( S c h e e l e ' s S c h r i f t e n , ges. von H e r m b s t ä d t , I. Th., S. 144,) und der Sennebierschen Versuche mit Pflanzen sich nicht erinnert hat; jener reducirte Hornsilber, dieser weiße Pflanzen zuerst durch den violetten Strahl. Strahlendes Licht und strahlende Wärme, beide einander entgegengesetzt, werden im Prisma getrennt; strahlende Wärme ist nur reflexibel, nicht brechbar; der kälteste Strahl, (der violette,) der nach dem weißen die stärkste Lichtwirkung übt, (gegen das salzigsaure Silber,) ist der gebrochenste oder brechbarste, wie man es nennen will, und der wärmste Strahl, der rothe, der reflexibelste, ( A n n . d e r P h y s i k , V, S. 130 u. f.)
Meine Versuche, ( A n n a l e n d e r P h y s i k , V, 73 u. f.,) machten es zwar unwahrscheinlich, daß die Electricität die Ursache der Construc25 tion nach drei Dimensionen der Krystallisation sey, aber ob sie nicht manche regelmäßige Bildungen besonders in organischen Körpern erklärt, möchte ich fast behaupten. Noch m a g ich es nicht auf so allgemeine Erscheinungen, wie ζ. B. die Winkel, unter denen die Aeste der Bäume anschießen, ausdehnen; aber welche Aehnlichkeit zwischen 30 den regelmäßig unregelmäßigen, größtentheils sechsstrahligen Figuren | auf der Haut einiger Thiere, ζ. B. des O s t r a c i o n t r i q u e t e r 119 und c o r n u t u s , der t e s t u d o g e o m e t r i c a , und den Staubfiguren. Beide bilden sich auf schlechten Leitern, dort hornähnlich; beide haben zwar häufig sechs Strahlen, aber gar keine regelmäßigen Krystal35 len-Winkel, keine geraden Krystallen-Linien; beide zeigen oft fünf, oft 2 So erzählt M a f f e i d e l l a f o r m a z i o n e d e F u l m i n i , V e r o n a 1747, L e t t , p r i m . , ein Schloß im obern Italien habe bloß wegen der jährlich dort einschlagenden Gewitter verlassen werden müssen. A.
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sieben Strahlen, wo sie einander beschränken; endlich zeichnete selbst die Electricität solche Figuren auf die Oberhaut der beiden erschlagenen Soldaten, (siehe T h e d e n ' s Erfahrungen, I. B.,) und noch neulich auf die Haut der in Harburg Erschlagenen, (Hamburger Correspondent 1800.) Auch die electrischen Fettzellen des g y m n o t u s 5 e l e c t r i c u s sind, V a s s a l l i zufolge, ( J o u r n . de P h y s i q u e , Τ. VI,) sechseckig, und wahrscheinlich hat doch dies einen andern Grund, als das Zerfallen vieler Fossilien in sechsseitige Sterne. ( B r ü c k m a n n über diese Fossilien i n C r e l l ' s A n n . , 1794, II. B , S. 498.)
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Einige physiologische Bemerkungen.
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1.Wirkung des Lichts auf Hirn- und Nerven-Substanz, beobachtet von Le Febure.1 L e F e b u r e setzte frische Hirn- und Nerven-Substanz, R ü c k e n m a r k und Samenfeuchtigkeit von Menschen, H u n d e n und Pferden unter Wasser der W i r k u n g des Sonnenlichts aus. E s entwickelte sich eine 10 M e n g e von Wasserstoffgas, welches oft u m % leichter als jedes auf andern Wegen erhaltene war. War, (S. 34,) atmosphärische L u f t in d e m Apparate, so entwickelte sich kein Wasserstoffgas; wahrscheinlich verdankt also jenes seinen U r s p r u n g einer Wasserzersetzung. S a m e n feuchtigkeit von Fieberkranken und andern Kranken g a b sehr wenig 15 Wasserstoffgas; und mit Kohlensäure oder gekohltem Wasserstoffgas gemischtes, ein an der Phthysis Leidender. Gemeinschaftlich machten wir, Herr E m m e r t , R e u s s und ich, folgende Versuche: 1. das Gehirn eines w e g e n einer Krankheit erstochenen Pferdes | wurde u n g e f ä h r l!/2 S t u n d e nach d e m Tode unter 246 20 Wasser in ein d a m i t gefülltes Glas gebracht; m e h r e r e Stunden d e m L i c h t e ausgesetzt, zeigte sich keine Gasblase. — 2. D a s H i r n eines jungen Kaninchens wurde unmittelbar nach der T ö d t u n g in ein mit ausgekochtem Wasser gefülltes, m i t Wasser gesperrtes Glas gebracht; drei Stunden d e m ungeschwächten Sonnenlichte ausgesetzt, zeigte sich 25 noch keine Gasblase. — 3. D a s H i r n eines alten Kaninchens eben so 1 Recherches et d e c o u v e r t e s s u r la n a t u r e du f l u i d e n e r v e u x , a P a r i s 1800, p. 31.
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schnell nach der Tödtung eben so unter Wasser gebracht, und 3 Stunden dem stärksten Sonnenlichte ausgesetzt, zeigte eben so wenig Gasentwickelung. Ohne durch diese Versuche jene widerlegen zu wollen, machten sie wenigstens eine Untersuchung der Umstände nöthig, unter denen jene 5 Gasentwickelung erfolgt. Ob beim Galvanisiren einer großen Zahl thierischer Stoffe unter Wasser, und bei ihrem Liegen in wirksamen Ketten sich auch wohl Wasserstoff entwickeln mag? L . A. v o n A r n i m .
2. Y a s s a l i u n d B u n i v a über die Wirkung des Bluts eines 10 an einer Seuche gestorbenen Thieres auf die Reizbarkeit. 2 Man weiß aus Hrn. v o n H u m b o l d t ' s Versuchen, 3 daß Herzen in 247 schwarzes venöses Blut | und in arterielles hochrothes getaucht, in jenem ihre schwache Pulsation nicht veränderten, in diesem hingegen vermehrten. V a s s a l l i und B u n i v a tauchten ein pulsirendes Kälber- 15 herz in das Blut eines von einer Seuche angesteckten Ochsen, ein anderes in das Blut eines gesunden. Diesen Versuch wiederhohlten sie mehreremahl, und immer hörte die Pulsation viel früher in dem Blute des angesteckten auf. Es wäre sehr interessant gewesen, wenn sie diesen Versuch auch mit Herzen anderer Gattungen der Thiere, für wel- 20 che jene Seuche nicht ansteckend war, wiederhohlt hätten. Uebrigens fanden sie hier keine jener Thierchen, die einige Pathologen als Ursach der Seuchen angegeben haben. Auch scheint ihnen diese Erklärung, nach vielen Untersuchungen von verpesteten und pestvertreibenden Dingen, die beide oft gleichviel, oft gar keine Thiere enthiel- 25 ten, völlig unhaltbar. A. v. A.
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J o u r n a l d e P h y s i q u e , Τ. VI, p. 453-457. U e b e r d i e g e r e i z t e M u s k e l f a s e r , II. B., S. 264.
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Einige physiologische Bemerkungen
3. O l i v i über die Feinheit des Gefühlsinns einiger Thiere. 4 Einige Zoophiten und Molusken haben kein Organ zum Sehen oder Riechen, und doch nehmen sie ihren Unterhalt in einiger Entfernung von sich wahr und suchen ihn zu erhäschen. Dieses Gefühl scheint 5 einige Aehnlichkeit mit dem Vorgefühle der | Fledermäuse zu haben. 248 ( S . J u r i n e ' s Versuche mit geblendeten Fledermäusen, A n n a l e n d e r P h y s . , III, 481.) Sie konnten in einer Entfernung von 8 Zollen einen solchen Körper, ζ. B. einen kleinen Wurm im Wasser, wahrnehmen. Setzte er hingegen eine vollkommen durchsichtige Glastafel zwi10 sehen sie und den Wurm ins Wasser, so vermochten sie dies selbst bei viel geringem Entfernungen nicht mehr; sicher der beste Beweis, daß sie den Wurm nicht s a h e n . A.
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4. Ein merkwürdiger Instinkt des Neuntödters, (Lanius Excubitor L i n n . ) 5
Herr H e c k e w e l d e r hat beobachtet, daß der Neuntödter beinahe jeden Tag vor dem Eintritte des Winters neun Grashüpfer, (GrasHoppers,) fängt und sie immer in ihrer natürlichen Stellung an die Dornen eines Strauches oder an die spitzigen Zweige eines Baums 20 befestigt, bis er 100 oder 200 derselben auf diese Art angespießt hat. Er glaubte anfänglich, daß er dies thue, um, wie R a f f in seiner Naturgeschichte für Kinder, (Göttingen 1778,) erzählt, sie nach und nach zu verzehren. Eigne Beobachtung und Nachrichten mehrerer Freunde haben ihn aber belehrt, daß der Neuntödter diese Insekten 25 nicht selbst frißt, sondern daß er sie als Lockspeisen aufspießt, um kleinere Vögel zu fangen, die ihm zu seiner Nahrung dienen.
4 M e m o r i a d i m a t e m . e f i s i c a d e l l a s o c i e t a I t a l i a n a , V e r o n a 1794, Τ . VII, p. 478—481. 5 Aus e i n e m Schreiben J o h a n n 30 H e c k e w e l d e r ' s , B e t h l e h e m 18ten Dec. 1795, in den T r a n s a c t , o f t h e A m e r i c . P h i l o s . S o c . , Vol. 4, p. 124.
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Sind die Flüssigkeiten Nichtleiter der Wärme? untersucht von Socquet D. M. im Depart, des Montblanc.1
Obschon die Lehre des Grafen R u m f o r d , d a ß a l l e e l a s t i s c h e und l i q u i d e F l ü s s i g k e i t e n a b s o l u t e N i c h t l e i t e r der Wärm e sind, 2 mich durch ihre Neuheit und durch die Menge scharfsinniger und einfacher Versuche, worauf sie von ihm gegründet wird, anfangs überraschte; so wurde ich doch beim Nachdenken über einige Erscheinungen, die täglich unter meinen Augen vorgehn, sehr bald an ihr zweifelhaft, und dadurch zu einigen Gegenversuchen bestimmt. Einer der Hauptversuche des Grafen v o n R u m f o r d ist der mit einer Eisscheibe, die in der Mitte einen kleinen Eishügel hat, und mit einer Flüssigkeit Übergossen wird, in die er, wenige Linien über der Eisspitze, einen bis auf 80° R. erhitzten eisernen Cylinder hing, ohne daß von jenem das mindeste zerschmolz.3 Diesen Erfahrungen im 408 Kleinen, kann ich einige Erfahrungen im Großen entgegenjsetzen. Ich sah einst in der herrlichen Spiegel-Manufactur B r i a t i zu V e n e d i g eine Glasmasse von etwa 40 Pfund, so wie sie völlig glühend aus dem Ofen kam, in ein mit kaltem Wasser gefülltes großes Marmorbecken tauchen, worin es im Wasser schwebend gehalten wurde. Ich glaubte, das Wasser würde nun gleich umher kochend aufbrausen, aber das geschah nur da, wo sie mit dem Eisen, welches die Masse hielt, in Berührung kam, 4 und die rothglühende Masse sah man völlig deutlich
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Zusammengezogen aus d e m J o u r n a l d e P h y s i q u e , t. 6, p. 441—452. Vergl. A n n a l e n d e r P h y s i k , I, 225 f., III, 530. 3 Annalen d e r P h y s i k , II, 253. 4 Daß das Blasenwerfen beim Kochen des Wassers von einer Abscheidung der L u f t komme, hat schon d e L ü c , (Atmosph., II, 549,) gezeigt. A. 30 1
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Sind die Flüssigkeiten Nichtleiter der Wärme?
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in dem ruhigen Wasser. Ich tauchte die Hand in das Wasser, das nun zu rauchen anfing, bewegte sie bis an den Boden des Gefäßes hinab, brachte sie dann allmählig mit der größten Vorsicht, und ohne das Wasser zu bewegen, unter die noch glühende Masse, und näherte sie dieser allmählig. Ich fand das Wasser bis ziemlich tief hinab sehr heiß, aber auf dem Boden schien es mir merklich kälter als an der Oberfläche zu seyn. Bei einer Entfernung von wenigstens 6 Linien von der untern Fläche der glühenden Masse, fühlte ich sehr deutlich die Irradiation des Wärmestoffs ringsumher durch die Umgebung von Wasser. Dieser Versuch wurde dreimahl wiederhohlt, immer mit demselben Erfolge, und man sieht aus demselben, daß das W a s s e r doch immer ein Leiter der Wärme, obschon ein sehr schlechter Leiter ist. Mit noch weniger Widerspruch haben fast alle Physiker das E i s für 409 einen Nichtleiter der Wärme angenommen. Wie will man dann aber das Frieren des Wassers in einer Flasche erklären, welches an der Oberfläche zu frieren anfängt, und dann erst im Innern, wo es von dem Eise ringsum eingeschlossen ist, friert? Hier muß doch wohl Wärme durch das Eis abgeleitet werden? — Wie will man es ferner nach jenen Behauptungen erklären, daß man Eis bis auf —10° oder —30° erkälten kann? Hier kann man doch, da Eis ein fester Körper ist, keinen Umlauf, keine innere Bewegung annehmen? Ehe ich zu einem Versuche übergehe, der unmittelbar sich dem R u m f o r d s c h e n entgegenstellt, will ich zu diesem nur bemerken, daß der Eisen-Cylinder, den R u m f o r d in die Flüssigkeiten hing, nur bis auf 80° R., aber nur mäßig erwärmt, dagegen der Eishügel und die Flüssigkeiten, durch die das Gefäß umgebende frierende Mischung, wenigstens bis auf —2° R. erkältet waren. Ehe das Eisen das Eishügelchen schmelzen konnte, mußte es folglich die ganze Masse u m 2° erwärmen, und nach dem großen dadurch erlittenen Wärmeverluste hätte dann die übrige Wärme noch hinreichen müssen, so viel Wasser oder Eis bis 60° zu erwärmen, denn so viel wird beim Schmelzen des Eises verschluckt. Selbst, wenn auch etwas Eis geschmolzen wäre, so würde es gleich wieder bei der Berührung mit dem Eise und der ununterbrochenen Erkältung von außen gefroren seyn. Nicht nur, daß überdies die Flüssigkeiten dem heißen Eisen viel Wärme entziehen, so 4io wird ganz besonders noch die dem Eise zugekehrte Seite beim langsamen Eintauchen erkältet, und auch das muß man in Betrachtung ziehen, daß sowohl die Hand, wie das Pappfutteral, Wärme ableiteten. 297
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An einem der kältesten Decembertage von 1798 füllte ich ein tiefes irdenes Gefäß mit weiter Oeffnung mit Quecksilber, befestigte darin, durch einen im Boden des Gefäßes festgehaltenen, und zu oberst in einen Haken gebognen Draht, ein Stück Eis von der Größe eines Thalers und einen halben Zoll dick, ungefähr 10 Linien unter der Oberfläche des Quecksilbers parallel mit derselben, so daß es so gut als isolirt in dem Quecksilber schwebte. Die Temperatur des Zimmers war —5'Λ0 R. Senkrecht über der Eisscheibe befestigte ich über der Oberfläche des Quecksilbers einen weiten Glas-Cylinder, der sich kaum eine Linie tief in das Quecksilber einsenkte, und füllte ihn bald mit kochendem Wasser, bald mit heißen Salzauflösungen verschiedner Art, bald mit Oehl u. s. w., und in allen diesen Fällen, wo, nach R u m f o r d , gar keine Leitung möglich gewesen wäre, sah ich nach kurzer Zeit das vom isolirten Eise a b g e s c h m o l z e n e Wasser durch d a s Q u e c k s i l b e r h i n a u f s t e i g e n , so daß also die Wärme senkrecht durch eine unbewegte und undurchsichtige Flüssigkeit heruntergedrungen war. Will man den Versuch wiederhohlen, so nehme man statt des Glas-Cylinders, den die kochenden Flüssigkeiten leicht zersprengen, lieber einen Metall-Cylinder. Zugleich muß man | einen Trichter haben, dessen untere Mündung aufwärtsgebogen ist, und die kochende Flüssigkeit in denselben mit aller Vorsicht hineingießen, so daß sie das Quecksilber nicht in schwankende Bewegung setze. Die Chemiker wissen, daß die Stärke der chemischen Verwandtschaft im umgekehrten Verhältnisse der Stärke der Aggregation steht; daher alle die Mittel, sowohl Verkleinerung, wie Erwärmung, wodurch sie diese aufzuheben suchen. Dieses auf das Wasser angewendet, so wird es schneller verdunsten, wenn es einer Platte, worauf es liegt, adhärirt, weil so auf zweierlei Art, durch diese Adhäsion und durch die Wärme, die Aggregation aufgehoben wird. Man weiß, daß das Wasser bei einer gewissen Hitze vom Eisen zersetzt, und das Eisen oxydirt wird, daß hingegen bei einer stärkern Hitze das Eisen wiederum desoxydirt, also nicht mehr das Wasser zersetzt wird, vielmehr bei einer hohen Temperatur Wasser- und Sauerstoff sich mit einander verbinden. Daraus glaube ich folgende Erfahrung zu erklären, die ich bei der Bearbeitung von glühendem Eisen gemacht habe. Als Arbeiter, die in eine große Platte von glühendem Gußeisen mit einem stählernen Keile eine viereckige Oeffnung einarbeiten wollten, den Keil, so oft sie ihn aufs neue einsetzten, anfeuchteten, tropfte das Wasser zum Theil in die Ritze des glühenden Eisens hinab. Hier blieb es ruhig, ohne zu 298
Sind die Flüssigkeiten Nichtleiter der Wärme?
zittern, und es verdampfte dabei nur mäßig. Wenn aber beim Schlagen auf den Keil ein Tropfen auf die Haut der | Arbeiter spritzte, so 412 verbrannte er sie eben so stark, wie ein Stück glühendes Eisen; ein sicheres Zeichen, daß in diesem Zustande, (wo die Stärke der Aggre5 gation vermehrt war, und die umgebende L u f t wegen ihrer Verdünnung durch die Wärme keine starke Anziehung darauf ausübte,) das Wasser, ehe es verdampfte, eine höhere Temperatur als 80° R. angenommen hatte. 5 Dagegen befördert eine schwache Erwärmung eines Eisens, worauf Wasser ruht, die Verdampfung außerordentlich. 10 Hieraus ist es auch, wie ich glaube, zu erklären, daß eine angefeuchtete Erdfläche viel mehr Wasser in gleicher Zeit verdunstet, als die Oberfläche eines Sees; daß man beim Kochen des Wassers die Dampfwirbel immer von dem Rande und dem Roden des Gefäßes aufsteigen sieht; und daß, nach V a u q u e l i n ' s Erfahrungen, die Salzauflösungen 15 bei einer niedrigem Temperatur, als das Wasser, also unter 80° R. kochen. Lassen sich gleich, den angeführten Versuchen zufolge, die Flüssigkeiten für keine absoluten N i c h t l e i t e r der Wärme ausgeben, so läßt sich doch keinesweges läugnen, daß sie sehr s c h l e c h t e W ä r m e l e i 20 t e r sind, und man muß in dieser Eigenschaft der tropf|baren und 413 elastischen Flüssigkeiten den Erklärungsgrund vieler interessanter Erscheinungen suchen. So z. R. war es unstreitig der sehr schlechten Wärmeleitung der durch die Ausdünstung des Körpers gebildeten Dampfhülle, die F o r d y c e und seine Gefährten in dem Ofen, in den 25 sie sich bei 240° R. Hitze hineingewagt hatten, sogleich umgab, zuzuschreiben, daß sie an ihrem Körper nur eine verhältnißmäßig geringe Wärme empfanden und das Thermometer schon ehe es die Haut berührte sank, am stärksten an den Stellen, die am meisten ausdünsten; auch daß, als die Feuchtigkeit, mithin auch die Dampfhülle sich 30 verminderte, und die L u f t im Ofen mehr mit Wasser sich gesättigt hatte, ihnen die Wärme viel schwerer zu ertragen wurde. A.
5 Schon d e L ü c bemerkte, an dem oben angeführten Orte, den Einfluß der in 35 dem Wasser enthaltenen, davon aufgelösten L u f t auf die Bestimmung des Siedepunkts. Sollte nicht auch diese Erhöhung des Siedepunkts durch eine Mischungsveränderung des Wassers hervorgebracht seyn? A.
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414 Ueber einige bisher nicht beachtete Ursachen des Irrthums bei Versuchen mit dem Eudiometer, von L. A. von A r n i m . 1 Sollte sich nicht ein Mißverständniß, vielleicht durch die Kürze meiner Bemerkungen über diesen Gegenstand in den A n n a l e n d e r P h y s . , III, 91, veranlaßt, in der Anmerkung S. 190, Th. V der Annalen, finden? Ich erinnere mich nur, von Hrn. v o n B u c h gehört zu haben, daß er den von mir gerügten E i n f l u ß d e r W ä r m e , ( A n n a 1., III, 92,) sogleich berechnet, und ihn für geringe Unterschiede zu geringe gefunden habe, u m einen bedeutenden Irrthum bei dem größern Theile der Humboldtschen eudiometrischen Versuche hervorzubringen. Daran zweifelte ich nie; aber darauf machte ich auch nicht aufmerksam, sondern nur auf Herrn v o n H u m b o l d t ' s Winterbeobachtungen, und auf seine Untersuchung der von G a r n e r i n mitgebrachten Luft. Daß aber hier durch einen Wärmeunterschied von 10° bis 20°, (der in einem Winter, wo den 13ten Januar das Thermometer 415 auf—8,5° Reaum. stand, | nicht sehr selten zwischen dem Zimmer und der äußern L u f t gewesen seyn kann,) wegen der verschiedenen Ausdehnbarkeit der verschiedenen Gasarten durch gleiche Grade der Wärme, s e h r b e d e u t e n d e Irrthümer entstehen können, läßt sich leicht berechnen. Es sey a ein gewisses Volumen atmosphärische L u f t bei einer gewissen Temperatur; b das Volumen des daraus bei dieser Temperatur abgeschiedenen Stickgas: so scheiden sich aus 1 Theile dieser
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atmosphärischen Luft, ^ Theile Stickgas ab. Durch eine Temperatur- 25 Aenderung werde das Volumen a der atmosphärischen L u f t in ( a + a ) , und das Volumen b des Stickgas in ( b ± ß ) verändert; bezeichnet man 1
Aus einem Briefe an den Herausgeber, Göttingen den 18ten Juli 1800.
300
Ursachen des Irrthums bei Versuchen mit dem Eudiometer
nun mit χ die Menge von Stickgas, welche aus 1 Theile solcher atmosphärischen Luft abgeschieden werden wird, und mit S die Menge des in 1 solchen Theile atmosphärischer Luft enthaltnen Sauerstoffgas: so ist, da sich verhält (a + a ) : ( b + ß ) = l : x , das jetzige Volum Stickgas 5 x = ^ ^ und das Volum des abgeschiednen Sauerstoffs S gleich 1—x. Hiernach sind die folgenden Tabellen berechnet worden:
10
Volumen der atmos. Stand des Volumen Luft, nach Reaumür. des Stick- P r i e u r ' s Thermogas nach Versuchen meters. Prieur's (a±o). Versuchen.
Volumen des abgeschiedenen Stickgas, Volumen in Theilen des daraus des als Einabgeschie- heit angedenenStick- nommenen gas atmos. Luft(b±ß). volums (b±ß X
0° 20° 40° 60° 80°
1,0000 1,0340 1,2186 1,7664 6,9412
1,0000 1,0789 1,2570 1,6574 1,9368
0,7500 0,7755 0,9139 1,3248 5,2059
Volumen des 416 abgeschiedenen Sauerstoffs in Theilen des als Einheit angenommenen atmos. Luftvolums S= 1 - x
(a±a
0,7500 0,7178 0,7272 0,7994 2,6758
0,2500 0,2822 0,2728 0,2006 -1,6758
Wie wäre es möglich, daß Herr von H u m b o l d t diese Unterschiede berechnet, aber bei der Ausübung und in seinen vortrefflichen, auch die geringsten Ursachen des Irrthums genau betrachtenden Untersu25 chungen über Eudiometrie als unbedeutend übergehen, und doch hätte versichern können, ( U e b e r d i e e h e m . Z e r l e g u n g des L u f t k r e i s e s , S. 54,) die angegebene Methode gebe bis 0,003 genaue Resultate, da sie doch bei der ganz gewöhnlichen Temperatur-Abwechselung von 0° bis 20°, einen bestimmten Fehler von 0,02 zuläßt, der 30 überaus großen Fehler bei höhern Temperaturen nicht zu gedenken, die aber wahrscheinlich auch Fehler der Prieurschen Versuche sind? Wie hätte er, ( U e b e r d i e g e r e i z t e M u s k e l - u n d N e r v e n f a s e r , II. B., S. 301,) den Prieurschen Versuchen zufolge eine w i r k l i c h e , nicht bloß scheinbare, Sauerstoffvermehrung durch die Kälte, 35 die nur bei einem Luftgemenge, aber nicht bei einem Luftgemische statt finden kann, anjnehmen können, wenn er jene scheinbare, von 417 mir gerügte, gekannt hätte? Ich muß hier etwas vom früher Gesagten berichtigen, weil es noch kein anderer gethan. Die Erwärmung ver301
1800
mindert nicht immer, wie ich dort allgemein behauptete, (Α η η a 1., III, 93,) den scheinbaren Sauerstoffgehalt den Prieurschen Versuchen zufolge, sondern dies geschieht nur etwa vom 45° an; bei den gewöhnlichen Temperaturen v e r m e h r t sie ihn scheinbar. W a r u m ich mich hier der Prieurschen und nicht der, sicher eben so genauen, S c h m i d t s c h e n Versuche bedient habe, wird der Verfolg rechtfertigen, ich bemerke nur i m Voraus, daß sie bei den gewöhnlichen Temperaturen über d o p p e l t so g r o ß e Unterschiede als jene zeigen. Die andere in jenem Aufsatze gerügte Veranlassung zu Fehlern, die v e r s c h i e d e n e C o m p r e s s i b i l i t ä t d e r L u f t a r t e n , ist, wenn auch nur seltener, doch in diesen Fällen, wenn m a n der von H u m b o l d t in den andern Operationen erreichten Genauigkeit sich auch hier n ä h e r n will, nicht zu vernachlässigen. Ein bestimmter Fall wird das am besten beweisen. Die zu untersuchende L u f t sey von einem hohen Berge; a m Fuße desselben, wo sie untersucht wird, n i m m t sie einen VÖ kleinern R a u m ein. Nach F o n t a n a ' s Versuchen, ( Ο ρ u s c u 1. p h y s . e t c h y m . , P a r i s 1784, p. 126,) ist die Compressibilität des Stickgases Vi 20 größer als der atmosphärischen Luft, daher wird ein gewisses L u f t v o l u m in der Höhe zur Einheit angenommen, dieses unten 0,6666 des Volumens der oben g e f u n d e n e n betragen, und 0,75 8 Thei|le Stickgas in der untern Luft, nur 0,75, (2/3+'/i2o,) — 0,5051 Theile Stickgas in der obern geben, und, weil sich verhält 0,6666:0,5051 = 1,0000:0,7577, der Sauerstoffgehalt, statt des oben gef u n d e n e n 0,2500, n u r 1-0,7577=0,2483 seyn. Wenn weiter kein Hinderniß i m Wege stünde, so ließen sich jene Correctionen leicht anbringen, aber ein neues findet sich in der verschiedenen h y g r o s k o p i s c h e n B e s c h a f f e n h e i t d e r L u f t . Wie sehr verschieden ist die Ausdehnung der atmosphärischen L u f t durch gleiche Grade der W ä r m e bei verschiedenem Stande des Hygrometers, Hrn. S c h m i d t ' s Versuchen zufolge! ( G r e n ' s n e u e s J o u r n a l , IV. B., S. 353.) Für atmosphärische L u f t ist sie durch diese Versuche bekannt, f ü r das Stickgas m ü ß t e sie erst durch neue Versuche ausgemittelt werden; und wäre auch dies ausgemittelt, so macht es wenigstens das Eudiometer von der Richtigkeit und der Beihülfe eines andern Instruments, des Hygrometers, abhängig. Sollte vielleicht gar Stickgas m i t Wasser verbunden in einem sehr abweichenden Verhältnisse als atmosphärische L u f t ausgedehnt werden, so würde diese neue Schwierigkeit die gesammte Eudiometrie drücken, die dann, ohne daß sich der Sauerstoffgehalt eines gewissen Luftvolums veränderte, doch 302
Ursachen des Irrthums bei Versuchen mit dem Eudiometer
sehr verschiedene Rückstände, nach den verschiedenen Graden des Hygrometers, geben würde. Die Beobachtung des Hrn. v. H u m b o l d t , ( A n n a l e n d. P h y s . , III, 81,) über den Zusammenhang zwischen Luftverschlimmerung macht diese Verschiedenheit | schon sehr 419 5 wahrscheinlich. Fast zur Gewißheit bringt dies die große Verschiedenheit zwischen den sorgfältigen Versuchen der Herren S c h m i d t und P r i e u r über die Ausdehnung der Gasarten durch Wärme, ( G r e n ' s n e u e s J o u r n . , IV. B., S. 396,) von denen jener mit a u s g e t r o c k n e t e n , dieser mit gewöhnlichen, also w a s s e r h a l t e n d e n Gasarten 10 experimentirte, und die so gegenseitig sich ergänzen. Die Irrthümer, die hieraus entstehen, lassen sich nicht gut schätzen, weil der Hygrometerstand, bei dem die Prieurschen Versuche angestellt worden, unbekannt ist. Doch es ist noch eine vierte, eben so wenig vermiedene, fruchtbare 15 Ursache der Unrichtigkeit, die wenigstens mit ziemlicher Genauigkeit vermieden werden kann. Herr ν . H u m b o l d t , ( A n n a l e n d e r P h y s i k , III, 85, über die ehem. Zerl. des Luftkreises, S. 43,) und alle mir bekannten Schriftsteller über Eudiometrie glauben, das zur Sättigung des Volumens y Sauerstoff erforderliche Volumen χ Salpetergas, stehe 20 in dem b e s t ä n d i g e n Verhältnisse l : m . Aber nicht die Volumina, sondern die Massen beider Stoffe in diesem Volumen, werden mit einander gesättigt; es wird daher bei einer Ausdehnung der beiden Gasarten durch gleiche Grade der Wärme, das Verhältniß der Dichtigkeiten beider dasselbe bleiben müssen. Das ist es aber, den Prieurschen 25 Versuchen zu Folge, nicht; das Verhältniß 1: m ist daher für verschiedene, aber beiden gleiche Wärmegrade v e r ä n d e r l i c h . Den verschiedenen Werth von m für verschiedene Temperaturen | habe ich in 420 der folgenden Tabelle zusammengestellt, a sey das Volumen der atmosphärischen Luft 2 bei der Temperatur, (ich nehme 15° als eine 30 wahrscheinliche Mittel-Temperatur an,) wo durch Versuche das Verhältniß m : l des Salpetergas zum Sauerstoffgas 2,55:1, ( H u m b o l d t am a. O.,) bestimmt worden; a1 sey ihr Volumen bei jeder andern Temperatur: so ist a: a ' = 1: - . Eben so, wenn b das Volumen des
2 Ich nehme dieses als Beispiel, weil doch die meisten eudiometrischen Unter35 suchungen sich damit beschäftigen; sollte man eine sehr sauerstoffreiche Luft prüfen, so würde man die Ausdehnung aus einem Mittel zwischen den Ausdehnungen des Sauerstoffgas und der atmosphärischen Luft erhalten. A.
303
1800
Salpetergas bei jener ersten Temperatur, b' das Volumen bei der zweiten ist, verhält sich b:b' = 2,55 m-
2,55'
a' 2,55b1
daher —
= 1: m , also
2,55-b'a
Stand des Reau- Ausdehnung der Ausdehnung des Verhältniß des Salpetergas zur murischen atmosphärischen Salpetergas Sättigung des Thermometers. Luft nach nach P r i e u r ' s Sauerstoffs in der Ρ r i e u r ' s VerVersuchen, atmosphärischen suchen. Luft m:l. 1° 1,0000 1,0000 2,5725:1 15° 1,0591 1,0489 2,5500:1 20° 1,0789 1,0652 2,5401:1 40° 1,2570 1,1763 2,4028:1 60° 1,6574 1,4437 2,2409:1 80° 1,9368 1,6029 2,1299:1
10
15
Die allgemeine Regel zur Vermeidung des größern Theils dieser Veranlassungen zu unrichtigen Versuchen mit dem Salpetergas-Eudiometer ließe sich etwa so zusammenfassen: wo möglich alle eudiometrischen Untersuchungen bei einem Normal-Hygrometerstande anzustellen; jede Luft an dem Orte ihrer Einsammlung zu untersuchen, 20 oder wo dieses nicht möglich ist, die Barometer-Berichtigung n u r b e i g r o ß e n U n t e r s c h i e d e n n i c h t , die Thermometer-Berichtigung nach der oben gegebenen Tafel n u r b e i s e h r g e r i n g e n A b w e i c h u n g e n zu u n t e r l a s s e n ; ferner statt der von Humboldtschen, ( A n n a l e n d e r P h y s i k , III, 89,) Tafel, die von ihm daselbst gege- 25 bene Formel y :
422
1 + m
zu gebrauchen, und statt des dort als unverän-
derlich gesetzten m = 2,5 5, die in und nach der zweiten Tafel für verschiedene Wärmegrade berechneten Werthe zu setzen. Das P h o s p h o r - E u d i o m e t e r , welches durch P a r r o t ' s und B e r t h o l l e t ' s Bemühungen 5 von dem Vorwurfe der Unbestimmtheit 30 gerettet worden, läßt sich, da es mit Quecksilber gesperrt werden kann, durch Austrocknen von allen durch Feuchtigkeit hervorgebrachten Unregelmäßigkeiten befreien. Aber dann gilt nicht mehr die erste nach P r i e u r ' s Versuchen berechnete Berichtigungstafel, | wenn bei V o i g t ' s M a g a z i n , II. Β, 1. St., S. 154, und A n n a l e n d e r P h y s i k , V, 341. 35
A.
304
Ursachen des Irrthums bei Versuchen mit dem Eudiometer
einem andern Wärmegrade untersucht wird, als die L u f t eingefüllt worden. Ich habe daher eben so, nach den von S c h m i d t mit getrockneten Luftarten angestellten Versuchen, folgende Tafel berechnet: Volumen Volumen Volumen des Stickdes abgeschiedenen der atStand des gas nach Volumen Reaumür. Schmidt's des abge- mos. L u f t Stickgas in Theilen des ThermoVersuschiedenach meters chen nen Stick- Schmidt's als Einheit (Gren's gas Versuangenomneues Jour - ( b ± ß ) chen menen atmos. Luftnal. IV, (a+a) 396.) volums Y = (b±ß)
Volumen des abgeschiedenen Sauerstoffs in Theilen des als Einheit angenommenen atmos. Luftvolums S - 1-x.
(a+a)
0° 20° 40° 60° 80°
1,0000 1,0893 1,1787 1,2680 1,3574
0,7500 0,7569 0,8841 0,9510 1,0179
1,0000 1,1204 1,2408 1,3612 1,4787
0,75000 0,67558 0,71256 0,69872 0,68842
0,25000 0,32442 0,28744 0,30228 0,31158
20 Die Barometer- und Thermometer-Aenderungen, die beim langsamen Verbrennen des Phosphors im Eudiometer gewöhnlich vorkommen, hat man bisher durch Rechnung und Beobachtung des Thermometers und Barometers corrigirt. Eine viel bequemere Methode, welche die Thermometer und Barometer entbehrlich macht, scheint mir folgende 25 zu seyn. Ueber die Eudiometerröhre, in welcher L u f t und Phosphor sich befinden, und die mit Wasser gesperrt ist, stülpe man eine etwas weitere, etwas höhere Glasröhre, die von unten, so weit es ungefähr nöthig, nach ihrer Länge fein graduirt ist. Man merkt sich den Theilpunkt, wo der Wasserspiegel im Innern die Röhre berührt. Nachdem 423 30 der Phosphor aufgehört zu leuchten, sehe man, ob das Wasser noch eben da steht. Ist dies der Fall, so ist der Barometer- und Thermometerstand entweder ungeändert geblieben, oder beide haben sich compensirt. Ist es nicht der Fall, so kann leicht, theils durch Niederdrücken, theils durch Erheben dieser obern Röhre, das Wasser im In35 nern bis zu dem Punkte gebracht werden, und eben dahin, und eben so wird dann auch das Wasser im Innern der Eudiometerröhre gebracht. Dieses letztern kann man sich auch entübrigen, wenn man vorher 305
1800 durch Versuche das Verhältniß des Volums der äußern Röhre zu jedem Volum jedes Abschnitts der innern Röhre bestimmt. Es wird dann bloß der Wasserstand der innern Röhre dem in der äußern gleich gemacht. Doch ist das Letztere unsicher und macht Rechnung nöthig.
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(Ueber die Hermbstädtschen und Bertierschen Attractions versuche.) zu den Annalen, II, 63. 462 }•
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