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German Pages 365 Year 2000
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 806
Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der Gefahrenabwehr durch das Sicherheits- und Bewachungsgewerbe Eine rechtsvergleichende Untersuchung zu Deutschland und den USA Von Florian Huber
Duncker & Humblot · Berlin
F L O R I A N HUBER
Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der Gefahrenabwehr durch das Sicherheits- und Bewachungsgewerbe
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 806
Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der Gefahrenabwehr durch das Sicherheits- und Bewachungsgewerbe Eine rechtsvergleichende Untersuchung zu Deutschland und den USA
Von Dr. Florian Huber
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Huber, Florian: Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der Gefahrenabwehr durch das Sicherheits- und Bewachungsgewerbe : eine rechtsvergleichende Untersuchung zu Deutschland und den USA / von Florian Huber. Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Schriften zum öffentlichen Recht ; Bd. 806) Zugl.: Jena, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09781-5
Alle Rechte vorbehalten © 2000 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Druck: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-09781-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier
entsprechend ISO 9706 θ
Meinen Eltern
Vorwort Die Untersuchung lag der juristischen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Sommersemester 1998 als Dissertation vor. Da das Manuskript im A p r i l 1998 abgeschlossen war, konnte später erschienene Literatur nicht mehr berücksichtigt werden. Dank gebührt allen, die diese Arbeit ermöglicht und gefördert haben. Von besonderem Nutzen waren dabei die Gespräche und Korrespondenz mit meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Peter M . Huber. Für die Erstellung des Zweitvotums danke ich Herrn Prof. Dr. R o l f Gröschner. Besonders hervorheben möchte ich weiter Herrn Rainer Krick, dessen kritische Anmerkungen und engagierte Ratschläge für meine Arbeit von wesentlicher Bedeutung waren. Herrn Thomas Lange danke ich für die mühevolle Hilfe bei der Erstellung des Manuskriptes, Herrn Dr. Stefan Storr für seine Anteilnahme und Unterstützung. Herrn Prof. Dr. Norbert Simon bin ich für die Aufnahme der Arbeit in die „Schriften zum Öffentlichen Recht" zu Dank verpflichtet. München, September 1999
Dr. Florian Huber
Inhaltsverzeichnis Einleitung
25
Erster
Teil
Vorbemerkung zur Rechtsvergleichung; Klärung des Untersuchungsgegenstandes Erstes Kapitel Vorbemerkungen zur Rechtsvergleichung
29
A. Vergleichbarkeit
29
B. Darstellung und Zielsetzung der Rechtsvergleichung
31
Zweites Kapitel Klärung des Untersuchungsgegenstandes A. Der Begriff des privaten Sicherheits- und Bewachungsgewerbes in der Bundesrepublik Deutschland I. Gewerbsmäßigkeit II. Privatstatus
32
32 32 34
1. Formeller Begriff
35
2. Materieller Begriff
35
3. Negativabgrenzung des Privaten
37
B. Der Begriff der „private security" iri den USA
37
I. „Security" II. „Private" III. Gewerbsmäßigkeit C. Zusammenfassung
38 38 39 41
nsverzeichnis Zweiter
Teil
Situation in der Bundesrepublik Deutschland Erstes Kapitel Entwicklung der gewerblichen Sicherheit A. Geschichtliche Ursprünge
42 42
I. Die Nachtwache als Vorläufer des Sicherheitsgewerbes II. Beginn des Bewachungsgewerbes im heutigen Sinne B. Das private Sicherheitsgewerbe der Gegenwart I. Aktuelles Zahlenmaterial
42 43 44 44
II. Gründe für diese Entwicklung
45
1. Kriminalitätsfurcht der Bürger
45
2. Nachholbedarf in den neuen Bundesländern
48
3. Kundenorientiertes Verhalten der privaten Sicherheitsdienste
48
4. Auslagerung des betriebsinternen Werkschutzes
49
5. Erhöhte Nachfrage des Staates
49
6. Zusammenfassung
51
Zweites Kapitel Erscheinungsformen des Tatigwerdens des privaten Sicherheitsgewerbes im Bereich der Gefahrenabwehr A. Eigenständige, ohne spezialgesetzliche Befugnisse ausgestattete Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte I. Tätigwerden ohne staatliche Veranlassung II. Staatlich veranlaßtes Tätigwerden; Eigensicherungspflichten
51
52 52 52
1. Eigensicherungspflichten im Luftverkehrsrecht
53
2. Eigensicherungspflichten für die Betreiber besonders sicherheitsbedürftiger Anlagen
54
nsverzeichnis Β. Obrigkeitliche Gefahrenabwehr durch das private Sicherheitsgewerbe I. Zivile Wachpersonen im Bereich des UZwGBw II. Zivile Wachpersonen im Bereich des LuftVG III. Abgrenzung zu sonstiger obrigkeitlicher Gefahrenabwehr durch Private 1. „Hilfspolizisten" nach Landesrecht
11 55 56 57 58 58
a) Einsatz gewerblicher Sicherheitskräfte im Bereich der freiwilligen Polizeireserven
59
b) Wahrnehmung bestimmter Aufgaben der Gefahrenabwehr durch gewerbliche Hilfspolizeibeamte
60
2. Spezialgesetzliche Beleihungstatbestände C. Zusammenfassung
61 62
Drittes Kapitel Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit A. Dem Staat zurechenbare Verleihung von Rechten an gewerbliche Sicherheitskräfte; Befugnisse und Schranken I. Notrechte als „Gewaltgestattungsnormen" 1. Notwehr- und Nothilfevorschriften; § 32 StGB, § 15 OWiG, § 227 BGB a) Tatbestandsvoraussetzungen
63
63 64 64 64
(1) Abwehr eines gegenwärtigen Angriffs
65
(2) Einschränkungen der Verteidigungshandlung
65
(3) Rechtfertigung als Rechtsfolge
66
b) Bedeutung der Notwehrvorschriften für die Praxis des Bewachungsgewerbes 2. Notstands Vorschriften
66 67
a) Rechtfertigender Notstand; § 34 StGB, § 16 OWiG
67
b) Zivilrechtliche Notstandsvorschriften; §§ 228,904 BGB
69
3. Recht der vorläufigen Festnahme; § 127 StPO
70
a) Tatbestandsvoraussetzungen
70
b) Gerechtfertigte Maßnahmen
71
nsverzeichnis II. Handlungsermächtigungen aufgrund abgeleiteter Rechte 1. Abgeleitete Wahrnehmung zivilrechtlicher Selbsthilferechte
73 73
a) Selbsthilfe des Besitzers/Besitzdieners; §§ 859, 860 BGB
73
b) Selbsthilfe des Eigentümers; § 903 BGB
75
c) Selbsthilfe des Anspruchsinhabers; §§ 229-231 BGB
76
2. Abgeleitete Wahrnehmung des Hausrechts
77
a) Begriff und Inhalt des Hausrechts
77
b) Öffentlich-rechtlich fundiertes Hausrecht
78
(1) Rechtsnatur des Hausrechts
78
(2) Konsequenzen für eine Übertragung dieses Hausrechts auf gewerbliche Sicherheitskräfte
80
c) Privatrechtlich fundiertes Hausrecht III. Befugnisse aufgrund spezieller staatlicher Ermächtigung 1. Eingriffsbefugnisse aufgrund des UZwGBw
81 82 82
a) Übertragung der Befugnisse
83
b) Geltungsbereich der Befugnisse des UZwGBw
83
c) Einzelbefugnisse des UZwGBw
84
2. Befugnisse der Luftfahrtbehörden bzw. der von diesen ermächtigten Personen aus § 29c LuftVG
86
3. Betätigung gewerblicher Sicherheitskräfte im Rahmen der Verkehrsüberwachung
87
a) Rechtswidrigkeit der bisherigen Praxis
87
b) Beleihung als denkbare Alternative
90
4. Trotz staatlicher Aufgabenübertragung keine Verleihung obrigkeitlicher Befugnisse IV. Zusammenfassung B. Gewerberechtliche Regelungen I. § 34a GewO
93 93 94 95
1. Gewerberechtliche Definition des Bewachungsgewerbes und Erlaubnispflicht des § 34a GewO
95
2. Sonderproblem der Bewachung auch im Reisegewerbe
97
nsverzeichnis
13
3. Zugang zum Gewerbe
99
a) Zuverlässigkeit
100
b) Erforderliche Mittel
101
c) Das Unterrichtungsverfahren
102
(1) Der Unterrichtungsnachweis
102
(2) Keine gesetzliche Normierung eines Sach- oder Fachkundenachweises 103 4. Gewerbeüberwachung
104
a) Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht
105
b) Auskunft und Nachschau
105
c) Rücknahme/Widerruf der Erlaubnis bei Unzuverlässigkeit
106
d) Wirksamkeit des bestehenden gesetzlichen Instrumentariums zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Gewerbebetriebs 107 II. BewachV
109
1. Das Unterrichtungsverfahren; §§ 1 ff. BewachV
109
2. Die Berufsausübungsregelungen der BewachV
110
a) Haftpflichtversicherung, Haftungsbeschränkung; §§ 6, 7 BewachV
110
b) Wahrung von Geschäftsgeheimnissen; § 8 BewachV
112
c) Beschäftigung und Meldung von Wachpersonen; § 9 BewachV
112
d) Dienstanweisung; § 10 BewachV
113
e) Ausweis und Dienstkleidung; §§ 11, 12 BewachV
113
f) Ordnungswidrigkeiten; § 16 BewachV
113
III. Freiwilliger Qualifikationsstandard; Zertifizierungsverfahren ISO 9000 ff
nach DIN EN
C. Bewaffnung I. Erwerb und Besitz von Schußwaffen
114 115 115
1. Zuverlässigkeit
115
2. Bedürfnisprüfung
116
3. Sachkundeerfordernis
117
II. Führen von Schußwaffen
117
III. Behandlung der Waffen und Anzeigepflicht nach Waffengebrauch gemäß §13 BewachV
118
nsverzeichnis D. Novellierungsbestrebungen
119
I. Vorschläge aus Literatur und Praxis
120
1. Kodifizierung der Aufgaben und Befugnisse des Sicherheitsgewerbes
120
2. Gesetzliche Normierung eines Fach-bzw. Sachkundenachweises
121
a) Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Sicherheitsgewerbes keine ausreichende Rechtfertigung 122 b) Sachkundenachweis zur Sicherung des Rechtsfriedens II. Politische Initiativen
123 125
Viertes Kapitel Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes A. Rechtsstaatsprinzip und Gewaltmonopol I. Ursprung und Bedeutung des staatlichen Gewaltmonopols
127 127 127
1. Das Gewaltmonopol als wesentliches Merkmal der Staatssouveränität und des Staatszwecks 127 2. Das staatliche Gewaltmonopol aus Sicht der heutigen Staatsrechtslehre
129
3. Staatliche Gewaltgestattung als immanente Grenze des staatlichen Gewaltmonopols 131 II. Staatliches Gewaltmonopol und private Sicherheitskräfte 1. Nicht-hoheitliche Gefahrenabwehr
132 133
a) Anwendbarkeit der Notwehr- / Nothilfevorschriften auf gewerbliche Sicherheitskräfte trotz fehlender Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 133 (1) Notrechte nur zur Bewältigung von Ausnahmesituationen?
134
(a) Eindeutiger Wortlaut der Notrechtsbestimmungen
135
(b) Mißbrauchslehre als Korrektiv
136
(2) Problematik der umfassenderen Befugnisse im Verhältnis zur Polizei 137 (a) Anpassung der Kompetenzen von gewerblichen Sicherheitskräften
138
(b) Erforderlichkeit einer derartigen Angleichung
139
(3) Zusammenfassung
140
nsverzeichnis
15
b) Sonderproblem der staatlich veranlaßten, auf die Notrechte beschränkten Gefahrenabwehr Privater 141 (1) Gewerbliche Nothelfer zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung
142
(2) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr unter Ausnutzung der Notrechte 144 2. Hoheitliche Gefahrenabwehr
147
3. Zusammenfassung
151
B. Vereinbarkeit der Beleihung gewerblicher Sicherheitskräfte mit Art. 33 Abs. 4 GG 152 I. Anwendbarkeit des Priifungsmaßstabs des Art. 33 Abs. 4 GG auch auf Privatpersonen
152
II. Anforderungen an eine Übertragung obrigkeitlicher Befugnisse auf gewerbliche Sicherheitskräfte 155 1. Überprüfung der Vereinbarkeit einer Beleihung mit Art. 33 Abs. 4 GG am Maßstab der Verhältnismäßigkeit 155 2. Konkrete Abwägungsmaßstäbe für eine Beleihung im Bereich der obrigkeitlichen Gefahrenabwehr 157 C. Grenzen aus dem Demokratieprinzip I. Auswirkungen des Demokratieprinzips auf das private Sicherheitsgewerbe
161 162
1. Demokratieprinzip und staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr durch Private .. 163 2. Demokratieprinzip und Gefahrenabwehr durch Private ohne staatliche Veranlassung II. Gefahren des „Gewalt- und Machtpotentials" Sicherheitsgewerbe D. Sozialstaatsprinzip I. Bedenken gegen ein Tätigwerden des privaten Sicherheitsgewerbes II. Kritik an den auf dem Sozialstaatsprinzip beruhenden Bedenken
164 165 166 166 168
E. Grundrechtsverletzung durch die Verwertung von Beweisen, die von gewerblichen Sicherheitskräften unrechtmäßig gewonnen wurden 171 I. Rechtswidrige Beweiserhebungen durch Private 1. Geltung der Verfahrensvorschriften nur für staatliche Strafverfolgungsorgane
172 172
nsverzeichnis 2. Beweisverwertungsverbote für von Privatpersonen rechtswidrig erhobene Beweise 173 a) Anwendbarkeit der StPO-Vorschriften aufgrund von staatlichem Einfluß auf die Privatperson
173
b) Grundrechtlich gestützte Beweisverwertungsverbote
174
II. Zusammenfassung
177
Dritter
Teil
Situation in den USA
Erstes Kapitel Entwicklung der gewerblichen Sicherheit A. Geschichtliche Ursprünge
179 179
I. Ursprünge des englischen Polizeisystems II. Die Entstehung der gewerblichen Sicherheit in den USA B. Das Sicherheitsgewerbe der Gegenwart I. Aktuelles Zahlenmaterial
179 181 185 185
II. Gründe für diese Entwicklung
187
1. Kriminalitätsfurcht der Bürger
187
2. Beschränkte Mittel der Polizei
188
3. Erhöhte Nachfrage des Staates
188
4. Weitere Gründe
191
5. Zusammenfassung
191
Zweites Kapitel Erscheinungsformen des Tätigwerdens des privaten Sicherheitsgewerbes im Bereich der Gefahrenabwehr A. Eigenständige, ohne spezialgesetzliche Befugnisse ausgestattete Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte
192
192
B. Obrigkeitliche Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte; „commission" und „deputization" 193 I. Rechtmäßigkeit der „deputization" im Bereich der privaten Sicherheit
193
nsverzeichnis II. „Deputized watchmen" als Bestandteil der „proprietary security" III. Einsatzgebiete der „deputized watchmen"
17 195 195
1. Universitätspolizei
196
2. Bahnpolizei
198
3. Einzelhandelsgeschäfte
199
C. Bewachungsgewerbliche Nebentätigkeit von Polizeibeamten; „police moonlighting" 201 I. Rechtmäßigkeit
201
II. Wettbewerbsrechtliche Probleme
203
III. Haftung
204
IV. Zusammenfassung
206
Drittes Kapitel Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit A. Gesetzgebungskompetenzen I. Allgemeines II. Gesetzgebungskompetenzen im Bereich der privaten Sicherheit
206 206 206 207
1. Kompetenzen der Gliedstaaten; „police power"
207
2. Kompetenzen des Bundes
209
B. Dem Staat zurechenbare Verleihung von Rechten an private Sicherheitskräfte; Befugnisse und Schranken 210 I. Notrechte als „Gewaltgestattungsnormen" 1. Notwehr-und Nothilfevorschriften
212
a) Notwehr
214
b) Nothilfe
216
2. Recht der vorläufigen Festnahme; „citizen's arrest"
217
a) Verbrechen
218
b) Vergehen
219
c) Anwendung von Gewalt
221
d) Zusammenfassung
223
3. Durchsuchungsmaßnahmen; „search and seizure" 2 Huber
212
224
18
nsverzeichnis II. Befugnisse aufgrund spezieller staatlicher Ermächtigung; „deputization" und „commission" 225 1. Universitätspolizei a) Übertragung auf gliedstaatlicher Ebene
226 226
(1) Bevollmächtigungsverfahren
226
(2) Umfang und Geltungsbereich der Befugnisse
226
b) Übertragung auf kommunaler Ebene
228
c) Zusammenfassung
230
2. Bahnpolizei
230
a) Bevollmächtigungsverfahren
230
b) Umfang und Geltungsbereich der Befugnisse
231
c) Erweiterter Aufgabenbereich
232
3. Spezialgesetzliches Festnahmerecht zur Bekämpfung des Ladendiebstahls ... 233 a) Normzweck
234
b) Voraussetzungen für eine rechtmäßige Festnahme nach den „shoplifting statutes" 235 (1) Begünstigter Personenkreis
235
(2) Hinreichender Tatverdacht
235
(3) Durchführung der Festnahme
236
c) Unterschiedliche Ausgestaltung der Gesetze in den einzelnen Staaten III. „Police moonlighting" im Bereich der gewerblichen Sicherheit
237 238
1. Police-Officer-Status
239
2. Private-Citizen-Status
241
3. Zusammenfassung
241
IV. Zivilrechtliche Grenzen des Tätigwerdens gewerblicher Sicherheitskräfte V. Zusammenfassung C. Gewerberechtliche Regelungen I. Gesetzgebung des Bundes Π. Gesetzgebung der Gliedstaaten 1. Zugang zum Gewerbe
242 245 246 247 248 250
a) Definition des Wachgewerbes
250
b) Erlaubnispflicht
251
Inhaltsverzeichnis c) Erlaubnisvoraussetzungen
19 251
(1) Schriftlicher Antrag
251
(2) „Zuverlässigkeit"
252
(3) Sachkunde
254
(4) Sonstiges
255
(a) Versicherungspflicht
255
(b) Mindestalter
256
2. Gewerbeüberwachung
256
a) Überwachungsmöglichkeiten
257
b) Sanktionsmöglichkeiten
258
3. Anforderungen an das Personal
258
a) „Registration"
260
(1) „Zuverlässigkeit"
260
(2) Fachliche Qualifikation
261
b) Entziehung der „registration card"
262
III. Freiwilliger Qualifikationsstandard; „certified protection professional"
262
IV. Zusammenfassung
263
D. Bewaffnung
264
E. Novellierungsbestrebungen
266
I. Empfehlungen von Arbeitsgruppen zur privaten Sicherheit II. Politische Initiativen
266 268
Viertes Kapitel Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes A. Grundrechte betroffener Dritter I. Begriffsklärungen und Abgrenzung des Problemfeldes
2*
269 269 270
1. Grundsätzliches zu den Grundrechten
270
2. Reichweite der Grundrechte
271
a) Bindung der Bundesgrundrechte auch für die Gliedstaaten
271
b) Grundsätzlich nur Abwehrrechte der Bürger gegen den Staat
272
nsverzeichnis
20 3. „State action doctrine"
272
a) Begriff der „state action"
273
b) Inhalt der „state action doctrine"
274
(1) Geschichtliche Entwicklung der Doktrin
274
(2) Zurechnungskriterien
275
(a) „State nexus"
276
(aa) Staatlich erzwungenes Privatverhalten
276
(bb) Finanzielle Unterstützung bzw. Abhängigkeit
277
(cc) Staatliche Lizenzierung und Regulierung
278
(dd) „Symbiotic relationship test"
278
(b) Public-Function-Fälle (3) Zusammenfassung II. Gefährdete Grundrechte Dritter 1. U.S. Const, amend. IV; „search and seizure" a) Schutzbereich des Grundrechts
279 281 281 282 282
b) Historische Entwicklung der „exclusionary rule" als ein aus dem U.S. Const, amend. IV begründetes Beweisverwertungsverbot 283 c) Anwendbarkeit der „exclusionary rule" auf Private (1) Gegenwärtige Rechtsprechung
286 286
(a) Die „Burdeau rule" als Grundsatzentscheidung zur Drittwirkungsproblematik im Sicherheitsbereich 286 (b) Gerichtsentscheidungen zum Vorliegen von „state action"
288
(aa) „State action" nach der „public function doctrine"
288
(bb) Aufgabenqualifikation bei „deputized private security officers"
289
(α) Aufgabenqualifikation ohne „deputization" (cc) „State action" nach dem Nexus-Grundsatz
290 294
(α) Handeln Privater mit direkter Beteiligung der Polizei ... 294 (β) Handeln Privater ohne direkte Beteiligung der Polizei... 296 (7) Zusammenfassung (2) Kritik der Literatur
298
(a) Geschichte und Ratio des U.S. Const, amend. IV
298
(b) „Private security" als „public function"
300
(c) Richterliche Integrität
302
2. U.S. Const, amend. V und VI; Anwendbarkeit der „Miranda rule" III. Gerichtliche Geltendmachung einer Grundrechtsverletzung B. Ergebnis
297
303 306 308
nsverzeichnis Vierter
21
Teil
Rechtsvergleich A. Geschichte
309
B. Ausmaße des Sicherheitsgewerbes und Ursachen für dessen Wachstum
311
C. Erscheinungsformen der gewerblichen Sicherheit
312
I. Eigenständige, ohne spezialgesetzliche Befugnisse ausgestattete Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte II. Obrigkeitliche Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte
312 312
III. Sonderproblem der Eigensicherungspflichten
314
IV. Sonderproblem des „police moonlighting"
317
D. Gesetzliche Regelung des privaten Sicherheitsgewerbes
318
I. Rechtsgrundlagen für die Eingriffe der gewerblichen Sicherheitskräfte in die Rechte anderer 319 1. Jedermannrechte
319
2. Befugnisse aufgrund spezieller staatlicher Ermächtigung
320
3. Zivilrechtliche Grenzen des Tätigwerdens
322
II. Gewerberechtliche Regelungen III. Zusammenfassung E. Verfassungsrechtliche Beurteilung des Sicherheitsgewerbes I. Verfassungsrechtliche Beurteilung des Sicherheitsgewerbes in seiner Gesamtheit II. Anwendbarkeit der Beweisverwertungsverbote III. Notwendigkeit einer an der Verfassung orientierten Wachsamkeit
322 326 327 328 330 335
Schlußbemerkung
339
Thesen
341
Literaturverzeichnis
345
Sachwortregister
362
Abkürzungsverzeichnis AB-UZwGBw
ALR Am. U. L. Rev. Annals Am. Acad. Pol. & Soc. Sci. ASIS
Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen American Law Review American University Law Review Annals of the American Academy of Political and Social Science American Society for Industrial Security
B.C. L. Rev.
Boston College Law Review
B.U. L. Rev.
Boston University Law Review
BD WS
Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen Verordnung über das Bewachungsgewerbe (Bewachungsverordnung)
BewachV BewachVwV
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 34a der Gewerbeordnung und der Bewachungsverordnung
BKA
Bundeskriminalamt
Brook. L. Rev. Chi.-Kent L. Rev. Colum. J.L. & Soc. Probs. Colum. L. Rev.
Brooklyn Law Review Chicago-Kent Law Review Columbia Journal of Law and Social Problems Columbia Law Review
Conn. L. Rev.
Connecticut Law Review
CONSCO
Committee of National Security Companies
Cornell L. Rev.
Cornell Law Review
CPP
Certified Protection Professional
DAR
Deutsches Autorecht, Rechtszeitschrift des ADAC
Dick. L. Rev.
Dickinson Law Review
DSD
Der Sicherheitsdienst
Fia. St. U. L. Rev.
Rorida State University Law Review
FPolDG
Gesetz über den freiwilligen Polizeidienst (Baden-Württemberg)
FPRG
Gesetz über die freiwillige Polizeireserve (Berlin)
FSHG NW
Gesetz über den Feuerschutz und die Hilfeleistung bei Unglücksfällen und öffentlichen Notständen (Nordrhein-Westfalen)
Geo. Wash. L. Rev.
George Washington Law Review
Golden Gate U. L. Rev.
Golden Gate University Law Review
Harv. C.R.-C.L. L. Rev.
Harvard Civil Rights-Civil Liberties Law Review
Harv. L. Rev.
Harvard Law Review
Abkürzungsverzeichnis Hofstra L. Rev.
Hofstra Law Review
HSOG
Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung
IFPO
International Foundation for Protective Officers
Ind. L.J.
Indiana Law Journal
La. L. Rev.
Louisiana Law Review
LEAA
Law Enforcement Assistance Administration
MPC
Model Penal Code
MSS
Model State Statute for the Regulation of Private Security
N.C. L. Rev.
North Carolina Law Review
NCISS
National Council of Investigation and Security Services
NZV
Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht
Ohio St. L. J.
Ohio State Law Journal
Or. L. Rev.
Oregon Law Review
PFA
Polizei-Führungsakademie
PS AC
Private Security Advisory Council
Pub. Admin. Rev.
Public Administration Review
St. Louis U. L. J.
Saint Louis University Law Journal
Stan. L. Rev.
Stanford Law Review
Syracuse L. Rev.
Syracuse Law Review
U. Chi. L. Rev.
University of Chicago Law Review
U. Cin. L. Rev.
University of Cincinnati Law Review
U. Dayton L. Rev.
University of Dayton Law Review
U. Pa. L. Rev.
University of Pennsylvania Law Review
U. Toi. L. Rev.
University of Toledo Law Review
U.S. Const, amend.
Zusatzartikel der US-Bundesverfassung
U.S. Const, art.
Artikel der US-Bundesverfassung
23
UCLA L. Rev.
UCLA Law Review
UZwGBw
Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen Virginia Law Review Vanderbilt Law Review
Va. L. Rev. Vand. L. Rev. WaffVwV
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. 11. 1979
Einleitung Der Begriff der Sicherheit ist vielschichtig und komplex. Er kann sich auf finanzielle oder soziale Sicherheit beziehen. Man spricht von der Verkehrssicherheit und von der Sicherheit technischer Anlagen. Einzelne Arbeitsplätze erfordern das Tragen von Sicherheitskleidung, und Autofahrern wird das Anlegen des Sicherheitsgurtes gesetzlich vorgeschrieben. Einen Hauptaspekt dieses breiten Begriffsspektrums stellt jedoch der auch in der politischen Diskussion stets aktuelle Terminus der inneren Sicherheit dar. Spricht man dann von der Wahrung jener inneren Sicherheit, so denkt man wohl zwangsläufig zunächst einmal an Begriffe wie Staatsaufgabe und Gewaltmonopol und in der Folge an ein Tätigwerden von Staat und Polizei. Erst auf den zweiten Blick wird man dessen gewahr, daß in dieser Disziplin der Sicherung des Gemeinschaftsfriedens vor kriminellen Eingriffen unterschiedlicher Ausprägung auch vermehrt private Einrichtungen tätig werden. Allen voran ist hier diejenige Institution anzuführen, die diesen Schutz gewerblich gewährt, das sogenannte Sicherheits- und Bewachungsgewerbe. Obwohl, wie nachstehend aufzuzeigen sein wird 1 , die Ursprünge des deutschen Bewachungsgewerbes bis zu den Anfängen unseres Jahrhunderts zurückreichen, wurde eine kontroverse rechtswissenschaftliche Diskussion dieser Materie erst durch einen Aufsatz Hoffmann-Riems aus dem Jahre 1977 in Gang gesetzt2. Wie die zahlreichen Veröffentlichungen seither belegen, ist deren Ende auch noch nicht in Sicht3. Seit diese Sicherheitsdienste nicht mehr lediglich innerhalb der befriedeten Besitztümer ihrer Auftraggeber tätig werden, sondern mehr und mehr auch auf öffentlichem Verkehrsraum auftreten, und damit mit einem Großteil der Bevölkerung in Berührung kommen, hat auch deren Präsenz in der allgemeinen Presse eine gewisse Konstanz erreicht 4. Hierbei ist anzumerken, daß es sich dort größtenteils um Negativschlagzeilen handelt, wie ζ. B. ,3ei Handgemenge mit Schwarzen Sheriffs fallen Schüsse; Wildwest im Englischen Garten" 5, „Ruinöser Wettbewerb pri1 Hierzu ausführlich der geschichtliche Überblick im zweiten Teil der Arbeit, Kapitel eins, Abschnitt A. 2 Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277 ff. 3 Allen voran seien hier anzuführen: Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen; Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107 ff.; Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130 ff.; Stober, Staatliches Gewaltmonopol und privates Sicherheitsgewerbe, NJW 1997, S. 889 ff.; Pitschas, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitsdienste, DÖV 1997, S. 393. 4 Laut Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 22, ist dies seit Mitte der siebziger Jahre der Fall.
26
Einleitung
vater Sicherheitsfirmen; Unqualifizierte Mitarbeiter und Stundenlöhne von acht Mark" 6 , „Die wilden Sheriffs; Private Wachdienste boomen und brechen das staatliche Gewaltmonopol"7, oder „Das gute Geschäft mit Angst und Bequemlichkeit" 8 . Gerade in letzter Zeit ist das Sicherheitsgewerbe jedoch wieder zunehmend in den Blickpunkt der juristischen Diskussion geraten9. Dieser aktuelle Konfliktstoff und damit auch der konkrete Anlaß für die vorliegende Untersuchung begründet sich dabei primär auf das weiter anhaltende Wachstum dieses Gewerbezweigs und die damit verbundenen Forderungen nach einer gesetzlichen Neuregelung der Thematik des Sicherheitsgewerbes 10. Auch die nachhaltige Erörterung um eine Überfrachtung polizeilicher Tätigkeitsfelder, und damit um die Überlastung der Polizei 11 , hat der Diskussion um die gewerbliche Sicherheit zu neuer Aktualität verholfen. So lassen sich als eine der Ursachen für das eben angesprochene Wachstum auch die mit der allgegenwärtigen Forderung nach einem „schlanken Staat" 12 verbundenen Bestrebungen für eine künftige „Privatisierung" gewisser Teilbereiche der inneren Sicherheit und damit für die Abgabe polizeilicher Aufgaben auch an private Sicherheitsdienste identifizieren 13. Die Vertreter des Sicherheitsgewerbes beispielsweise zeigen relativ unverhohlen, daß sie der Ansicht sind, weitere, bis jetzt der Polizei übertragene Aufgaben sollten an sie abgegeben werden. Hierbei wird allen voran die Überwachung des ruhenden und des fließenden Verkehrs (Geschwindigkeits- und Abstandsmessungen, Rotlichtüberwachung), die Vorführung und Überwachung von Justizgefangenen, die Gewährleistung der Luftsicherheit, die Aufnahme von Verkehrsunfällen und die Rückführung von Asylbewerbern an-
5 „SZ" vom 22. 4. 1996, S. 39. 6 „FAZ" vom 12. 10. 1995. ι „Die Woche" vom 18. 10. 1996, S. 14. 8 „SZ" vom 28./29. 12. 1996, S. V I /1. 9 So auch Schenkelburg in: Weiß/Plate, Privatisierung polizeilicher Aufgaben, S. 51 f. Beispielhaft auch die Titelgeschichte, „Mehr Sicherheit durch private Polizei" in: Der Spiegel v o m i i . 11. 1996, S. 30 ff. 10 Hierzu beispielhaft das Symposium des BDWS zum Thema: „Gesetzliche Neuregelung des privaten Sicherheitsgewerbes". Vorträge der Referenten abgedruckt in: DSD 1996, Nr. 3, S. 4 ff. Auch Pitschas, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitsdienste? - Zur gesetzlichen Neuregelung der Beziehungen zwischen Polizei und Sicherheitsgewerbe-, DÖV 1997, S. 393 ff. Ebenso Schulte, in: Polizei-Führungsakademie-Seminar, S. 12. u Hier sei auf den kürzlich diskutierten Vorschlag des Bundesinnenministers Kanther verwiesen, Zivildienstleistende als Aushilfen für bestimmte Tätigkeiten bei der Polizei einzusetzen; in: SZ vom 8./9. 11. 1997, S. 1, 6. Speziell für die angespannte Personalsituation der Polizei in den neuen Bundesländern, SZ vom 16. 4. 1992, S. 4. 12 Allgemein zum „schlanken Staat": P. M. Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 164 und Schuppert, Rückzug des Staates, DÖV 1995, S. 761 ff. 13 Raber, Private Sicherheitsdienste vor neuen Aufgaben?, DSD 1995, Nr. 16, S. 11 ff. Pitschas, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitsdienste, DÖV 1997, S. 393. Umfassend hierzu: Weiß/Plate, Privatisierung polizeilicher Aufgaben.
Einleitung
geführt 14. Aber auch die Polizei selbst fordert eine Entlastung ihres Personals durch die Übertragung bestimmter Aufgaben nicht-hoheitlicher Art auf private Sicherheitskräfte 15. Gerade der damit verbundene Einsatz gewerblicher Sicherheitskräfte auch auf öffentlichem Verkehrsraum birgt jedoch nicht zuletzt auch eine gewisse verfassungsrechtliche Brisanz, die im Laufe dieser Abhandlung zu diskutieren sein wird. Im Gegensatz zu den bisher erschienenen Veröffentlichungen zur Thematik des Sicherheitsgewerbes, besteht der Gegenstand dieser Untersuchung nicht in der Erforschung ausschließlich der deutschen gewerblichen Sicherheit. Hier geht es vielmehr primär darum, die rechtlichen Rahmenbedingungen des US-amerikanischen Sicherheitsgewerbes denen des deutschen gegenüberzustellen. Ansatzpunkt dieser Arbeit ist also der Rechtsvergleich. Vorausgeschickt werden muß in diesem Zusammenhang freilich, daß eine abschließende dogmatische Erforschung aller, im Zusammenhang mit dem Bewachungsgewerbe beider Länder bestehender, rechtlicher Probleme unmöglich ist. Um die Arbeit trotz des rechtsvergleichenden Ansatzes in einem angemessenen Umfang zu halten, wird sie daher in einigen Bereichen auf die Darstellung der grundlegenden Zusammenhänge zu beschränken sein. Vorab eine Darstellung des weiteren Gangs der Untersuchung: Der erste Teil widmet sich der Darstellung der rechtsvergleichenden Intention und des Untersuchungsgegenstandes. Ausgehend vom grundsätzlichen Aufbau als Rechtsvergleich, wird dort zunächst der dieser Arbeit zugrundeliegende Begriff des Sicherheits- und Bewachungsgewerbes, wie er sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in den USA vorzufinden ist, auszufüllen und gegenüberzustellen sein. Nach dieser fundamentalen und daher direkt zu vergleichenden Klärung des Ausgangspunktes für die gesamte Arbeit wird die weitere Untersuchung für beide Länder getrennt und jeweils in sich geschlossen fortgeführt werden. Auch wenn die Bedeutung des gesetzten Rechts in dem ursprünglich hauptsächlich auf Richterrecht beruhenden anglo-amerikanischen Rechtssystem seit Ende des 19. Jahrhunderts stetig zunimmt 16 , so unterscheidet es sich doch nach wie vor deutlich von dem grundsätzlich auf dem römischen Recht basierenden deutschen Rechtssystem. Abgesehen von der eben angesprochenen Begriffsklärung wird daher von einem Punkt für Punkt durchzuführenden Vergleich Abstand genommen. Ein solcher Aufbau erscheint schon deshalb nur wenig sinnvoll, da eben, bedingt durch die unterschiedlichen Ursprünge der Rechtssysteme, nicht zu jedem in Deutschland existierenden Rechtsproblem ein entsprechendes amerikanisches Äquivalent vorliegt. Entsprechendes gilt dann natürlich auch für den umgekehrten Fall. 14 Olschok, Das Sicherheitsgefühl der Bürger aus der Sicht privater Sicherheitsunternehmen, DSD 1995, S. 25, 28. Ebenso Schult in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 152. 15 So jedenfalls der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Hermann Lutz in: Focus vom 30. 5. 1994, S. 77. 16 Hay, Einführung in das amerikanische Recht, S. 3 f.
28
Einleitung
So beschäftigt sich der zweite Teil daher ausschließlich mit dem Bewachungsgewerbe in Deutschland. Hier wird im ersten Kapitel zunächst eine Darstellung der historischen Entwicklung des deutschen Sicherheitsgewerbes vorzunehmen sein. Danach wird mit dem eigentlichen Schwerpunkt dieses Teils der Arbeit begonnen, nämlich der Analyse des rechtlichen Umfelds des Sicherheits- und Bewachungsgewerbes in Deutschland. So wird im zweiten Kapitel zunächst auf die unterschiedlichen Erscheinungsformen der privaten Sicherheit in dem im ersten Teil definierten Sinne einzugehen sein. Die diesen jeweiligen Kategorien von privaten Sicherheitskräften zustehenden Befugnisse und Kompetenzen und die sonstigen zu dieser Problematik existierenden gesetzlichen Vorschriften werden dann im dritten Kapitel dargestellt. Das vierte Kapitel schließlich beschäftigt sich mit den Problemen verfassungsrechtlicher Art, die durch die verschiedenartigen Einsätze privater Sicherheitskräfte ausgelöst werden können. Um trotz der oben dargelegten, grundsätzlich unabhängig voneinander vorzunehmenden Untersuchung des Sicherheitsgewerbes beider Länder eine gewisse Einheitlichkeit und damit eine bessere Vergleichbarkeit zu gewährleisten, werden dieser Aufbau bzw. die Hauptgliederungspunkte des zweiten Teils jedoch auch für die Strukturierung der Untersuchung der „private security" in den USA im dritten Teil der Arbeit übernommen. Der vierte Teil schließlich beinhaltet dann den eigentlichen Rechtsvergleich. Dort gilt es, die in den Teilen zwei und drei vorgefundenen Ergebnisse zu vergleichen und auf diesem Wege die signifikanten Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten und schließlich zu bewerten.
Erster T e i l
Vorbemerkung zur Rechtsvergleichung; Klärung des Untersuchungsgegenstandes Erstes Kapitel
Vorbemerkungen zur Rechtsvergleichung Wie bereits in der Einleitung angekündigt, wird im folgenden der dieser Abhandlung zugrundeliegende Untersuchungsgegenstand des Sicherheits- und Bewachungsgewerbes begrifflich und inhaltlich zu konkretisieren sein. Da die Untersuchung jedoch neben der Thematik der gewerblichen Sicherheit vor allem durch deren rechtsvergleichenden Ansatz charakterisiert wird, erscheint es erforderlich, an dieser Stelle auch einige Erläuterungen zu dieser Vorgehensweise anzubringen.
A. Vergleichbarkeit Vor einer solchen Darstellung im Rahmen eines Rechtsvergleichs ist zunächst zu klären, in welcher Form eine derartige Gegenüberstellung des amerikanischen mit dem deutschen Recht zu diesem Themenbereich überhaupt stattfinden kann, inwieweit ein direkter Vergleich möglich ist, und in welchem Umfang dabei auf die Unterschiede in beiden Rechtssystemen einzugehen ist. Zwar würden an dieser Stelle detaillierte Ausführungen zur grundsätzlichen Problematik der Verschiedenheit der beiden Rechtssysteme den Rahmen der Arbeit sprengen1. Der Klarstellung halber ist jedoch einleitend darauf hinzuweisen, daß es sich bei dem deutschen, auf dem römischen Recht beruhenden und dem amerikanischen, auf die Wurzeln des angelsächsischen Rechts zurückzuführenden Rechtssystem um zwei grundsätzlich verschiedene Rechtsordnungen handelt. Auch wenn, wie bereits oben erwähnt, die Bedeutung des gesetzten Rechts in den USA seit geraumer Zeit zunimmt, so handelt es sich doch immer noch vornehmlich um ein Fallrechtssystem. Den US-amerikanischen Normen kommt also nach wie vor primär die Aufgabe zu, das „case 1 Insoweit allgemein zu den Grundlagen des amerikanischen Rechtssystems: Hay, Einführung in das amerikanische Recht, erstes Kapitel; Blumenwitz, Einführung in das anglo-amerikanische Recht, 2. Teil. Ebenso Grossfeld, Macht und Ohnmacht der Rechtsvergleichung, S. 94 ff.
30
1.
: Vorbemerkung zur Rechtsvergleichung
law" zu ergänzen und zu konkretisieren, bzw. etwaige, durch veränderte Rahmenbedingungen erforderlich gewordene Berichtigungen vorzunehmen2. Wenn umgekehrt in Deutschland gleichzeitig eine zunehmende Bedeutung des Fallrechts zu beobachten ist 3 , so kann immer noch davon ausgegangen werden, daß das deutsche Rechtssystem größtenteils auf Gesetzen und Kodifikationen beruht. Auch wenn sich dies vielleicht nicht unmittelbar auf den Umgang mit dem privaten Sicherheitsgewerbe auswirkt, ist weiter zu berücksichtigen, daß in den USA teilweise stark von den deutschen Verhältnissen abweichende soziologische Gegebenheiten vorzufinden sind. So ist die US-amerikanische Gesellschaft in Bezug auf Religion, Rasse und Einkommen wesentlich heterogener zusammengesetzt als die deutsche und besitzt auch eine wesentlich stärker multikulturell ausgerichtete Gesellschaftsstruktur. Grossfeld folgert aus diesen Unterschieden, daß von einem annähernd gleichen zivilisatorischen Niveau, wie es bei der Bundesrepublik und den USA anzunehmen ist, nicht ohne weiteres auch auf soziale und kulturelle Kongruenz geschlossen werden könne4. Schließlich sind auch noch die unterschiedlichen historischen Entwicklungen der Länder zu berücksichtigen. Die Erfahrungen aus dem Ende der Weimarer Republik, vor allem aber aus den Geschehnissen während des Dritten Reiches, haben in Deutschland zu einer Sensibilität in einigen, vor allem staatsrechtlichen Bereichen geführt, die in den USA in dieser Form nicht bekannt ist. Diese unterschiedlichen geschichtlichen Erfahrungen, die Verschiedenheit der beiden Rechtssysteme, aber auch die bereits angesprochenen soziologischen Verschiedenheiten, schlagen sich naturgemäß in teilweise grundsätzlichen Disparitäten in einzelnen Rechtsund Regelungsbedürfnissen nieder. Somit kann aber auch nicht vorausgesetzt werden, daß zu jedem im deutschen Teil zu behandelnden Rechtsinstitut oder Problemkreis ein exaktes amerikanisches Äquivalent existiert. Wie im Verlauf der Arbeit noch aufzuzeigen sein wird, gilt dies insbesondere auch für die verfassungsrechtliche Untersuchung des Sicherheitsgewerbes beider Länder. In diesem Zusammenhang wird nachfolgend, im dritten Teil, kurz auf einige grundsätzliche Besonderheiten des US-Verfassungsrechts einzugehen sein. Es kann zwar nicht Zweck dieser Abhandlung sein, einen prinzipiellen Überblick über das amerikanische Verfassungsrecht zu gewähren. Dennoch erscheint es zum Verständnis einzelner zu behandelnder Problemkreise angebracht zu sein, teilweise kurz auf spezifische Eigenarten des US-Verfassungsrechts einzugehen und diese mit kurzen Vergleichen mit der deutschen Rechtslage zu versehen.
2 3 4
Blumenwitz, Einführung in das anglo-amerikanische Recht, S. 44. Hay, Einführung in das amerikanische Recht, S. 4. Grossfeld, Probleme der Rechtsvergleichung, RabelsZ 39, S. 5, 8.
1. Kap.: Vorbemerkungen zur Rechtsvergleichung
31
B. Darstellung und Zielsetzung der Rechtsvergleichung Ausgangspunkt dieser Arbeit ist, wie bereits erwähnt, eine Gegenüberstellung des deutschen und des US-amerikanischen Sicherheitsgewerbes. Hierbei wird jedoch von vornherein nicht der Versuch unternommen werden, den Aufbau des amerikanischen Teils als Spiegelbild des deutschen zu verstehen, wenn auch die grundsätzlichen Obergliederungspunkte im dritten Teil der Arbeit so weit als möglich beibehalten werden. Da eine effektive Vergleichung nur auf Grundlage eines möglichst objektiven Überblicks auch über die amerikanische „private security" durchgeführt werden kann, ist beabsichtigt, eine unbefangene und von den in Deutschland vorgefundenen Verhältnissen möglichst unbeeinflußte Darstellung der rechtlichen Situation in den USA durchzuführen. Von einigen, lediglich der Klarheit der Darstellung dienenden, kurzen Verweisen auf das deutsche Recht abgesehen, soll der Vergleich zwischen den in beiden Ländern vorgefundenen Ergebnissen dem vierten Teil der Arbeit vorbehalten bleiben. Dieser an die Gegenüberstellung anschließende eigentliche Vergleich dient jedoch nicht deren Wiederholung oder Zusammenfassung. Er hat vielmehr die Aufgabe, die jeweiligen Erkenntnisse auszuwerten. Er soll die bessere Lösung für den rechtlichen Umgang mit dem privaten Sicherheitsgewerbe aufzeigen 5. Die diesem Rechtsvergleich zugrundeliegende Fragestellung ist also, ob in den USA eine dem deutschen Sicherheitsgewerbe grundsätzlich vergleichbare Einrichtung existiert, welche Regelungen hierzu vorhanden sind, um die jeweils entsprechende soziale Aufgabe zu erfüllen, und ob diese zu ähnlichen Problemen führen wie im deutschen Recht. Darüber hinaus, gleichsam als Anregung für das eigene Recht, soll dann versucht werden die unterschiedlichen Ansätze zu bewerten, und sowohl aus den positiven als auch den negativen Aspekten der entsprechenden amerikanischen Problemlösungen Lehren zu ziehen. Dieser, auf die jeweilige soziale Funktion der Rechtsnormen abstellende und in der Folge die Problemlösungen vergleichende Ansatz wird auch als funktionale Rechtsvergleichung bezeichnet6. Geht man nun aber davon aus, daß nicht jedes auftretende rechtliche Problem ohne weiteres vergleichbar bzw. übertragbar ist, so ergeben sich automatisch auch Schwierigkeiten bei der Übersetzung einzelner, lediglich in den USA vorkommender Begriffe und Bezeichnungen. Um diese Originalbegriffe nicht durch eine eventuell unpräzise Übersetzung zu verwässern und ihrer Schärfe zu berauben, wird im folgenden auf eine schematische Übertragung sämtlicher amerikanischer Begriffe ins Deutsche verzichtet 7. 5 Zu dieser Funktion des Rechtsvergleichs siehe Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 16. 6 Rheinstein, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 25 ff. Ebenso Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 29 ff., 34. 7 Ausführlich zu den Übersetzungsproblemen von Rechtsquellen aus dem US-amerikanischen Raum, siehe auch Grossfeld, Macht und Ohnmacht der Rechtsvergleichung, S. 96 ff.;
1.
: Vorbemerkung zur Rechtsvergleichung
Zweites Kapitel
Klärung des Untersuchungsgegenstandes Vor der eigentlichen Rechtsvergleichung erscheint es angebracht, die zu vergleichenden Objekte kurz darzustellen und deren jeweiligen Inhalt und Bedeutung zu präzisieren. Da dieser Arbeit eine Gegenüberstellung des privaten Sicherheitsgewerbes der beiden Länder zugrundeliegt, gilt es also zunächst, festzustellen, ob und inwieweit überhaupt diesbezüglich vergleichbare Institutionen in beiden Ländern existieren.
A. Der Begriff des privaten Sicherheits- und Bewachungsgewerbes in der Bundesrepublik Deutschland Wie bereits dem Titel der Arbeit aber auch der Einleitung zu entnehmen ist, liegt dieser Untersuchung der Begriff des deutschen Sicherheits- und Bewachungsgewerbes zugrunde. Die Aufgabe dieses Abschnitts besteht nun darin, diesen bloßen Begriff darzustellen und inhaltlich auszufüllen. Vorstehend wurde bereits ausgeführt, daß mit dieser inhaltlichen Konkretisierung zum einen beabsichtigt ist, Klarheit über die grundsätzliche Vergleichbarkeit der gegenüberzustellenden Begriffe zu erlangen. Weiterhin soll diese begriffliche Veranschaulichung jedoch auch der Ein- bzw. Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes dienen, und damit dazu beitragen, den Rahmen der Arbeit möglichst klar zu definieren.
I. Gewerbsmäßigkeit Auch wenn die Untersuchung der rein gewerberechtlichen Aspekte des Sicherheitsgewerbes im einzelnen ausführlich erst in Kapitel drei des zweiten Teils der Arbeit durchgeführt wird, erscheint es sinnvoll, bereits vorab, als Ausgangspunkt der durchzuführenden Inhaltsbestimmung des Untersuchungsgegenstandes die in § 34a Abs. 1 GewO enthaltene Legaldefinition des Bewachungsgewerbes zugrundezulegen. Hiernach betreibt ein solches Bewachungsgewerbe, wer „gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will". Als eine Bewachung" in diesem Sinne ist schließlich jede Tätigkeit zu verstehen, die auf den Schutz vorstehend dargestellter Rechtsgüter vor Eingriffen Dritter gerichtet ist 8 . Dem Titel der Arbeit folgend, ist als primäres inhaltliches Abgrenzungs- bzw. Beallgemein zu Sprachproblemen im Rahmen der Rechtsvergleichung, ders. in: Kernfragen der Rechtsvergleichung, S. 53 ff. 8 So definiert in Nr. 1.1 BewachVwV des Thüringer Landesministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur, vom 28. 4. 1997.
2. Kap.: Klärung des Untersuchungsgegenstandes
33
griffsbestimniungsmerkmal folglich die gewerbliche, also auf die Erzielung von Gewinn ausgerichtete Ausübung von Bewachungstätigkeiten heranzuziehen9. Untersuchungsobjekt des deutschen Teils dieser Abhandlung ist also das in § 34a Abs. 1 GewO legaldefinierte Bewachungsgewerbe und eben ausschließlich dieses. Während der allgemeine Sprachgebrauch und somit auch die meisten der zu diesem Thema erschienenen Abhandlungen mittlerweile von einer Gleichsetzung der Begriffe des „Sicherheits"- und des „Bewachungsgewerbes" im Sinne der Legaldefinition des § 34a GewO ausgehen10, sind nach Peilert das Bewachungsgewerbe, das Auskunftei- und Detekteigewerbe und der gewerbliche Werkschutz sämtlich unter den Oberbegriff des Sicherheitsgewerbes zusammenzufassen 11. In diesem Zusammenhang erscheint daher eine weitere Klarstellung im Rahmen der Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes vor allem zum Auskunftei- und Detekteigewerbe sowie zum Werkschutz bzw. eine Vorbeugung vor begrifflichen Mißverständnissen angezeigt. Zwar ist auch die gewerblich ausgeübte Werkschutztätigkeit, also die seitens des zu schützenden Betriebs im Sinne eines „outsourcing" erfolgte Vergabe der Bewachungsaufgabe an ein Wachunternehmen, dem Bereich des Bewachungsgewerbes zuzuordnen. Aus der Perspektive des Wachunternehmens bedeutet diese Werkschutztätigkeit dann schließlich wieder nichts anderes als die gewerbliche Bewachung fremder Rechtsgüter. Ein betriebseigener Werkschutz dagegen unterfällt diesem Begriff des Sicherheits- und Bewachungsgewerbes gerade nicht. Da solche Werkschutzkräfte direkt bei dem zu schützenden Unternehmen angestellt sind, mangelt es bereits an der Gewerblichkeit ihrer Leistung. Aufgrund dieses direkten Beschäftigungsverhältnisses sind die vom Werkschutz zu schützenden Rechtsgüter auch nicht als fremde im Sinne des § 34a Abs. 1 GewO anzusehen12. Demzufolge unterfällt also lediglich der gewerblich ausgeübte, nicht aber auch der firmeneigene Werkschutz dem vorliegenden Untersuchungsgegenstand. Selbige Differenzierung läßt sich auch auf die Tätigkeit des Kaufhausdetektivs übertragen. Dieser unterfällt dem vorstehend dargestellten Untersuchungsgegenstand dementsprechend nur in den Fällen, in denen er seine Tätigkeit selbständig und nicht als Angestellter des Kaufhauses ausübt13. 9 Ausführlich zu dieser rein gewerberechtlichen Definition siehe Teil zwei, Kapitel drei, Abschnitt Β. I. 1. m So ζ. B. bei Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, der in seiner Arbeit ebenfalls lediglich auf das Wachgewerbe eingeht. Ebenso Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 23 ff. Auch das Sonderheft zum Thema „Privates Sicherheitsgewerbe und Polizei" in: Die Polizei, 1994, Nr. 2, S. 25 ff., beschäftigt sich ausschließlich mit dem Bewachungsgewerbe i. S. d. § 34a Abs. 1 GewO. 11
In: Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 59 ff. So ausdrücklich auch in Nr. 1.1 BewachVwV des Thüringer Landesministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur, vom 28. 4. 1997. So auch Nr. 1.4.9. der BewachVwV des Thüringer Landesministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur, vom 28.4. 1997. 12
3 Huber
34
1.
: Vorbemerkung zur Rechtsvergleichung
Die vom Auskunftei- und Detekteigewerbe durchgeführten Tätigkeiten dienen dagegen nicht dem Schutz fremder Rechtsgüter und fallen daher schon nicht unter den Begriff der Bewachung im Sinne der Legaldefinition des § 34a GewO 14 . Dieser, von Peilert ebenfalls dem Begriff des Sicherheitsgewerbes untergeordnete Teilbereich sicherheitsrelevanter Tätigkeiten wird demzufolge in der hier vorliegenden Arbeit ebenfalls ausgeklammert bleiben.
II. Privatstatus Wie im Verlauf der Arbeit noch aufgezeigt werden wird, begründet sich ein Großteil der rechtlichen Problemkreise, die im Zusammenhang mit der bewachungsgewerblichen Tätigkeit zu erörtern sind, dadurch, daß in diesem Bereich Privatpersonen tätig werden. Eine möglichst umfassende inhaltliche Analyse des Untersuchungsgegenstandes erfordert daher neben dem vorstehend erfolgten Eingehen auf die gewerbliche Durchführung der Bewachungstätigkeiten weiterhin eine Klärung des Status derjenigen Personen bzw. Institutionen, die diese Tätigkeiten durchführen. Wie bereits erwähnt, wurden in der letzten Zeit einige Abhandlungen zur Problematik der Durchführung von Aufgaben der Gefahrenabwehr durch Privatpersonen veröffentlicht. Der Schwerpunkt einiger dieser Arbeiten liegt jedoch ausschließlich im Privatstatus der im Bereich der Gefahrenabwehr tätigen Personen15. Primär geht es dort also ganz allgemein um den sicherheitsrechtlichen Bereich der vielfach diskutierten Begriffsantithese zwischen dem Privaten und dem Staat. Wie bereits dem Titel der vorliegenden Arbeit sowie den vorstehenden Ausführungen zu entnehmen ist, stellt dagegen hier das Sicherheits- und Bewachungsgewerbe den ganz konkreten primären Untersuchungsgegenstand dar. Obwohl in dieser Arbeit also nicht primär die allgemeine Dichotomie „Privater-Staat" im Zentrum der Diskussion steht, sondern das private Sicherheitsgewerbe als solches, ist im folgenden dennoch auch auf den Status des betroffenen Personenkreises einzugehen. Es ist also zu klären, was unter dem Begriff des Privaten im Zusammenhang mit der gewerblichen Sicherheit zu verstehen ist. Auch wenn die allgemeine Privatisierungsproblematik hier nicht Gegenstand der Diskussion sein kann, wird zur klareren Eingrenzung des zu klärenden Status trotzdem auf einige der aus dieser allgemeinen Problemdiskussion stammenden Begriffe einzugehen sein.
14
Hierzu ausführlich Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 62 f. 15 So vor allem Bracher in: Gefahrenabwehr durch Private, S. 24. Ebenso Honigl, Tätigwerden von Privaten; Scholz, Verkehrsüberwachung durch Private, NJW 1997, S. 14 oder Weiß/Plate, Privatisierung von polizeilichen Aufgaben.
2. Kap.: Klärung des Untersuchungsgegenstandes
35
1. Formeller Begriff So versteht man im Rahmen der Privatisierungsdebatte unter formeller Privatisierung lediglich eine Privatisierung der Organisationsform und nicht der Aufgabe selbst16. Angelpunkt dieser im Schrifttum auch als „Organisationsprivatisierung" 17 bezeichneten Praxis ist das Verwaltungsprivatrecht. Hier schlüpft der Staat selbst in das Gewand eines Privatrechtssubjekts, also einer privatrechtlich organisierten juristischen Person wie ζ. B. einer GmbH, eines e.V. oder einer AG, deren Hauptträger er jedoch selbst bleibt, um in dieser Rechtsform unmittelbar staatliche Aufgaben wahrzunehmen 18. So besteht in der Literatur Einigkeit darüber, daß unter einem formell Privaten jeder zu verstehen ist, der als Privatrechtssubjekt in den Formen des Privatrechts am Rechtsverkehr teilnimmt 19 . Trotz der gewahrten privatrechtlichen Rechtsform meint diese formelle Privatisierung also ein Tätigwerden des Staates bzw. seiner Institutionen20. Ein Privater in diesem Sinne ist also weiterhin ein Verwaltungsträger, der lediglich die Rechtsform des „Verwaltungshandelns" gewechselt hat 21 . Die in dieser Arbeit zu untersuchenden Bewachungsunternehmen sind aber gerade nicht in den Händen eines Verwaltungsträgers. Sowohl die Betreiber dieser Unternehmen als auch die dort Beschäftigten sind vielmehr reale, materielle Privatpersonen. Bleibt also festzuhalten, daß deshalb der formelle Begriff des Privaten, also die bloß funktionelle Unterscheidung zwischen öffentlich- oder privatrechtlichem Handeln weniger geeignet erscheint, um den Status der im Bewachungsgewerbe tätigen Personen zu beschreiben.
2. Materieller
Begriff
Zwar wird auch bei der materiellen Privatisierung die Leistung als solche in einer privatrechtlichen Organisationsform erbracht. Diese stellt jedoch im Gegensatz zur formellen Privatisierung eine echte Aufgabenverlagerung auf den privaten w Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 29, S. 137, 144 und von Hagemeister, Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, S. 44; von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 19. 17 P. M. Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 165; von Vitzthum, Gemeinderechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Wirtschaftsunternehmen, AöR 1979, S. 580, 588; von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 16. 18 Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 29, S. 137, 144; Thiemann, Privatisierung öffentlicher Verwaltungstätigkeit, BayVBl. 1976, S. 261, 263. 19 Ossenbühl, a. a. O., S. 144; von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 17; von Hagemeister, Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, S. 44; von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 19. 20 Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, S. 42.
P. M. Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 165. 3*
36
1.
: Vorbemerkung zur Rechtsvergleichung
Sektor dar, also auf gänzlich nichtstaatliche Steuerungsmechanismen22. Für die statusmäßige Qualifikation desjenigen, dem eine bestimmte staatliche Aufgabe zur Erledigung übertragen wurde, wird in der Literatur daher häufig auf dessen Grundrechtsfähigkeit abgestellt23. So wird versucht, eine Abgrenzung in der Form vorzunehmen, daß als Privater nur derjenige zu bezeichnen ist, der dem Staat mit materiellem Grundrechtsstatus gegenübersteht24. Auch eine derartige materielle Bestimmung erscheint jedoch nicht geeignet, um den hier zu untersuchenden Kreis der im Bereich der gewerblichen Gefahrenabwehr tätigen Personen voll zu erfassen. Die Rechtsfigur des Beliehenen nämlich, die, wie noch aufzuzeigen sein wird, auch im Bereich des Sicherheitsgewerbes eine gewisse Rolle spielt 25 , würde bei einer derartigen Eingrenzung ausgeklammert werden, zumal der Beliehene als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung eben dem Staat gerade nicht gegenübersteht, sondern als Hoheitsträger als ein Teil desselben anzusehen ist. Diese Eingliederung in die staatliche Verwaltung aber hat zur Folge, daß der Beliehene sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben gerade nicht auf grundrechtlichen Schutz berufen kann, sondern im Gegenteil seinerseits Dritten gegenüber grundrechtlich verpflichtet ist 2 6 . Daß dieses Abgrenzungskriterium der Grundrechtsfähigkeit für die zu untersuchende Problematik zu eng gewählt wäre, zeigt sich auch daran, daß den juristischen Personen des öffentlichen Rechts als staatlichen Funktionsträgern zwar grundsätzlich die Grundrechtsfähigkeit abgesprochen wird 2 7 , hiervon jedoch dann eine Ausnahme gemacht wird, wenn derartige Institutionen Grundrechte in einem Bereich verteidigen, in dem sie vom Staat unabhängig sind, wenn sie also unmittelbar dem durch diese Grundrechte geschützten Lebensbereich zuzuordnen sind 28 .
22
von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 17; Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben, DVB1. 1994, S. 962, 962; Dagtoglou, Die Beteiligung Privater an Verwaltungsaufgaben, DÖV 1970, S. 532, 533. 23 So beispielsweise m.w.N. von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 20. 24 Von Heimburg, a. a. O., S. 20, sieht dies im besonderen für die Grundrechte aus Art. 12, 14 und 2 Abs. 1 GG; so grundsätzlich auch Ossenbühl, in: Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 29, S. 137, 144, der dies aber lediglich als positives Kriterium zur Bestimmung des Privaten sieht, daneben jedoch auch noch eine Negativabgrenzung zu den professionellen Funktionären des Staates vornimmt. Hierauf wird unter 3. nochmals einzugehen sein. 25 Im Gegensatz hierzu untersucht Bracher die Tätigkeit des Beliehenen im Bereich der Gefahrenabwehr unabhängig und gleichberechtigt neben der des privaten Sicherheitsgewerbes; in: Gefahrenabwehr durch Private, Teil 2, Abschnitt A. 26 Michaelis, Der Beliehene, S. 199; Dürig, Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Art. 1 Rz. 107. Zur Grundrechtsverpflichtetheit des Staates und seiner Hoheitsträger: P. M. Huber, Konkurrenzschutz im Verwaltungsrecht, S. 174 f. ν BVerfGE 21, S. 362, 396; 68, S. 193,205 ff. m So ζ. B.: BVerfGE 31, S. 314, 322; 39, S. 302, 314 für die Rundfunkfreiheit der Rundfunkaristalten des öffentlichen Rechts; oder BVerfGE 15, S. 256, 262 für das den Universitäten und Fakultäten zustehende Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG.
2. Kap.: Klärung des Untersuchungsgegenstandes
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3. Negativabgrenzung des Privaten Einstweilen kann also festgehalten werden, daß eine positive Bestimmung des hier zu untersuchenden Begriffs des Privaten kaum möglich ist. Greift man jedoch, wie dies auch bereits in anderen Abhandlungen zu vergleichbaren Problematiken geschehen ist, auf die Form der Negativabgrenzung zurück, so läßt sich der Kreis der in dieser Arbeit zu behandelnden Personen relativ leicht und exakt bestimmen 29 . Da die funktionelle Einstufung, wie oben bereits erörtert, Schwierigkeiten bereitet, ist hierbei lediglich auf die personelle Eingliederung des einzelnen in die Staatsorganisation abzustellen. Danach sind als „Nicht-Private" im wesentlichen all diejenigen Personen zu verstehen, die Beamte oder sonstige professionelle Funktionäre des Staates sind 30 , oder anders formuliert, diejenigen, die durch das Personal- und Dienstrecht in die öffentliche Verwaltung eingebunden sind 31 . Die hier näher zu beleuchtenden Personen, die im Bereich der gewerblichen Sicherheit als Beschäftigte der Privatwirtschaft tätig sind, werden von diesen Kriterien gerade nicht erfaßt. Nur letztere sind im folgenden also als Private im Sinne des Titels dieser Abhandlung zu verstehen.
B. Der Begriff der „private security" in den USA Entsprechend der Klärung des deutschen Terminus, erfordert die Bestimmung des Ausgangspunktes dieser Untersuchung auch ein begriffliches Eingehen auf das gegenüberzustellende amerikanische Äquivalent zum Sicherheits- und Bewachungsgewerbe. Die amerikanische Bezeichnung für die Gesamtheit des in dieser Arbeit zu erörternden Problemkreises ist kurz und prägnant: „private security" 32 . Zwar wäre auch eine Übersetzung dieses Begriffs mit „privater Sicherheit" ebenso deutlich, doch sei bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß diesem allgemeinen Terminus unterschiedliche Bedeutungen beigemessen werden. Um im Rahmen dieser Arbeit die für die USA zu untersuchenden Problemkreise abstecken zu können, ist es daher unumgänglich, zunächst eine Definition dieser „private secu29 So geschehen bei: von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 20; Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 24. Anders dagegen Honigl, Tatigwerden von Privaten S. 23, der ausdrücklich den Beliehenen und die damit verbundene obrigkeitliche Gefahrenabwehr ausgeklammert wissen möchte. Ähnlich auch Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 75 ff. 3° Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 29, S. 137, 144; Krautzberger, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch Private, S. 59; Dagtoglou, Die Beteiligung Privater an Verwaltungsaufgaben, DÖV 1970, S. 532, 534; zusammenfassend auch von Heimburg, a. a. O., S. 20. 31
Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 24. Nitz dagegen verwendet den ebenfalls gebräuchlichen, allerdings wohl etwas engeren Begriff des „Private Policing", in „Private Policing" in den Vereinigten Staaten, VerwArch 1998, S. 306 ff, 307. 32
38
1.
: Vorbemerkung zur Rechtsvergleichung
rity" zu erarbeiten. Mit Hilfe einer Analyse der jeweiligen spezifischen Elemente der privaten Sicherheit in den USA, ist beabsichtigt, diese Begriffsbestimmung möglichst präzise zu gestalten.
I. „Security" Beginnt man diese Analyse mit dem Begriff der „security", so stößt man zunächst auf eine etwas allgemein gehaltene Definition. Diese bezeichnet „Sicherheit" als all diejenigen Bemühungen, sowohl aktiver als auch passiver Art, zum Schutz und zur Wahrung einer Umwelt, die es dem einzelnen ermöglicht, seinen, den Verhältnissen der Gesellschaft nicht widersprechenden Aktivitäten nachzugehen, ohne dabei gestört zu werden 33. Ein anderer Definitionsversuch versteht unter Sicherheit den Schutz von Personen, deren Eigentum oder sonstigen Rechtsgütern vor unterschiedlichen Gefahren. Hierbei ist jedoch die Abwehr von Gefahren aller Art gemeint, also unter anderem auch die Abwehr von Naturkatastrophen oder von kriegerischen Bedrohungen durch fremde Staaten34. Im Gegensatz dazu meint die Sicherheit im Sinne der „private security" jedoch primär den Schutz vor menschlich geschaffenen Gefahren und klammert die Aspekte der Landesverteidigung vollständig aus. Sie beinhaltet im wesentlichen also den Schutz vor kriminellen Angriffen anderer. Als weiteres, die inhaltliche Seite dieser Sicherheit betreffendes Unterscheidungsmerkmal wird angeführt, daß die von den öffentlichen Ordnungskräften zu wahrende Sicherheit eine bürgerorientierte, die des privaten Sicherheitsgewerbes dagegen eine kundenorientierte ist 3 5 . Während also Polizisten zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verpflichtet sind, haben die Privaten diese Pflicht, entsprechend dem jeweiligen privatrechtlichen Vertragsverhältnis, lediglich gegenüber ihrem Auftraggeber 36.
II. „Private" Das für die Definition dieser „private security" entscheidende zweite Hauptmerkmal ist allerdings in dem Privatstatus derjenigen Personen bzw. Institutionen zu sehen, die diese Sicherheit gewähren. So hat sich in der einschlägigen amerika33 Post/Kingsbury, Security Administration, S. 5. 34
National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 3 f. 35 National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 10. Begriffsmäßig wird der „private security" die „public security" gegenübergestellt, also das, wofür die öffentlichen Sicherheitsorgane zu sorgen haben; National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 5.
2. Kap.: Klärung des Untersuchungsgegenstandes
39
nischen Literatur letztendlich eine Begriffsbestimmung durchgesetzt, die sich einer Negativabgrenzung vom öffentlichen Sicherheitsbeamten, dem sogenannten „peace officer" bedient 37 . Ein solcher „peace officer" wird definiert als ein: „sheriff 4 , „deputy sheriff 4, „marshall", „deputy marshall", Mitglied eines „police departments" oder „township constable", der von einer öffentlichen Gebietskörperschaft als „peace officer" bevollmächtigt und beschäftigt wird und dessen primäre Pflichten in der Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, dem Schutz von Leben und Besitztümern und der Durchsetzung der jeweiligen Gesetze besteht.. ." 3 8 . Im Gegensatz dazu, sind die mit dem Oberbegriff des „security officer" zu bezeichnenden39 privaten Sicherheitskräfte gerade keine staatlichen Funktionäre, sondern werden von einem privaten Arbeitgeber beschäftigt und bezahlt. Wie später noch aufzuzeigen sein wird, ist eine Abgrenzung alleine anhand der dem jeweiligen „officer" zur Verfügung stehenden Befugnisse nicht möglich, wenn das gesamte Spektrum der privaten Sicherheit abgedeckt werden soll 40 . So werden ζ. B. die sogenannten „private security officers with special police powers" ebenfalls als Private in diesem Sinne angesehen, solange sie nicht in irgendeiner Art und Weise direkt beim Staat beschäftigt sind 41 . Auch wenn der Staat selbst als Auftraggeber eines Sicherheitsunternehmens auftritt, werden die tätigen Sicherheitskräfte nicht zu dessen Funktionsträgern, sondern behalten ihren Privatstatus. Die öffentliche Hand ist dann eben nicht als Arbeitgeber der Sicherheitskräfte anzusehen, sondern nimmt, wie ein privater Auftraggeber auch, lediglich deren Dienstleistungen in Anspruch.
ΙΠ. Gewerbsmäßigkeit Als ein weiteres Merkmal der „private security" in dem hier zu erörternden Sinne wird ihre gewerbliche Ausrichtung angesehen. Während öffentliche Sicherheitseinrichtungen mit Steuergeldern finanziert werden, lassen sich die jeweiligen, gewinnorientiert arbeitenden Unternehmen oder Einzelpersonen des privaten 37 So beispielsweise: Clouse, Special Police, 47 Ohio St. L. J. 261 (1986); Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 29 ff.; Kakalik/Wildhorn, Private Police in the U.S., S. 3 f. 38 Repräsentativ für die Gesetze der anderen Staaten, gibt dies die in: Ohio Rev. Code Ann. 109.71 (A) (1), enthaltene Legaldefinition eines „peace officers" für Ohio wieder. 39 Diese Bezeichnung für alle im Bereich der privaten Sicherheit Tätigen hat sich, zur Abgrenzung vom öffentlichen „peace"- oder „police officer", im Sprachgebrauch der einschlägigen Literatur eingebürgert. 40 Ohne ein Ergebnis vorwegnehmen zu wollen, sei auf die Ausführungen in Kapitel drei hingewiesen, wo dargestellt werden wird, daß es Personen gibt, die mit Polizeibefugnissen, also eigentlich den öffentlichen Sicherheitskräften vorbehaltene Kompetenzen ausgestattet werden, dabei aber trotzdem dem Oberbegriff der „private security" unterzuordnen sind. 41 National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 10.
40
1.
: Vorbemerkung zur Rechtsvergleichung
Sicherheitsgewerbes direkt von ihren, die Dienstleistung empfangenden Kunden bezahlen42. Fügt man diese Charakteristika nun zusammen, so erhält man diejenige Definition der „private security", die 1976 von der „Private Security Task Force", einer vom US-Justizministerium berufenen Arbeitsgruppe, entwickelt wurde: „Private security includes those self-employed individuals and privately funded business entities and organizations providing security-related services to specific clientele for a fee, for the individual or entity that retains or employs them, or for themselves, in order to protect their persons, private property, or interests from varied hazards." 43
Dieser Definition zufolge beinhaltet die „private security" neben der als „contractual security" zu bezeichnenden Möglichkeit, ein externes Unternehmen mit der Überwachung der zu schützenden Rechtsgüter zu beauftragen und dafür zu bezahlen, aber auch noch jene betriebseigenen Sicherheitseinrichtungen, wie ζ. B. den Werkschutz oder den Ladendetektiv, die unmittelbar vom jeweiligen zu schützenden Unternehmen selbst beschäftigt und kontrolliert werden. Letztere sind im Gegensatz zur „contractural security" als „proprietary security" zu bezeichnen44. Bezugnehmend auf den Titel der Arbeit ist an dieser Stelle jedoch eine erste Einschränkung des Untersuchungsgegenstandes vorzunehmen. Grundlage dieser Abhandlung ist eben nicht die „private Sicherheit" im allgemeinen, sondern in erster Linie nur deren gewerblich ausgerichteter Teil. Verweist man an dieser Stelle auf die weiter unten vorzunehmende gesetzlich-gewerberechtliche Definition des Bewachungsgewerbes, so ist hierunter eben primär die gewerbliche Bereitstellung von Wachpersonal zum Schutz von Personen und Gütern vor strafbaren Handlungen aller Art zu verstehen 45. Der Gegenstand der folgenden Untersuchungen wird also in erster Linie von den selbständigen, gewerblich ausgerichteten Sicherheitsund Bewachungsunternehmen, der „contractural security" gebildet. Auf die Ausführungen zu den überwiegend unselbständigen weil betriebseigenen „deputized private watchmen" 46 , die damit der „proprietary security" zuzuordnen sind, wird jedoch bereits an dieser Stelle hingewiesen.
42
National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 4. 43 National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 4. Auf diese Definition berufen sich ζ. Β. auch: Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 29; oder: Euller, Private Security and the Exclusionary Rule, 15 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 649,651 (1980). 44 So jedenfalls: Hess /Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 37 ff. und National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 4. 45 Hierzu siehe die in Teil drei, Kapitel drei, Abschnitt C. II. 1. a) enthaltenen Legaldefinitionen der Staaten Kalifornien, Florida und New York. 46 Hierzu ausführlich Teil drei, Kapitel zwei Abschnitt B. und Kapitel drei, Abschnitt Β. II.
2. Kap.: Klärung des Untersuchungsgegenstandes
41
C. Zusammenfassung Vergleicht man nun die jeweils charakterisierenden Elemente der oben dargestellten „private security" mit denen des deutschen Sicherheits- und Bewachungsgewerbes, so ist festzustellen, daß es sich in beiden Fällen um jene privaten Unternehmen und Organisationen handelt, die ihre sicherheitsbezogenen Dienste einer bestimmten Klientel gegen Bezahlung zur Verfügung stellen, um deren Personen, Besitztümer und sonstigen Rechtsgüter vor verschiedenen Gefahren zu schützen. Es steht also nicht die auf die Gefahrenabwehr bezogene Gegenüberstellung „Privater-Staat" im Zentrum der Diskussion47, sondern vielmehr eine Darstellung des rechtlichen Rahmens deqenigen Privaten, die gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen wollen. Auf unselbständige Sicherheitseinrichtungen wie den betriebseigenen Werkschutz oder den unmittelbar angestellten Ladendetektiv wird dabei nur ausnahmsweise einzugehen sein. Vorstehend wurde also der Untersuchungsgegenstand für beide Länder analysiert und dargelegt. Dabei konnte festgestellt werden, daß die hier konkret zugrundezulegenden Begriffe der „private security" und des „Sicherheits- und Bewachungsgewerbes" dieselbe Institution meinen. Nach Klärung dieser Übereinstimmung und damit der grundsätzlichen Vergleichbarkeit, kann nun mit der eigentlichen Untersuchung der gewerblichen Sicherheit, wie sie in den USA und in der Bundesrepublik Deutschland jeweils vorzufinden ist, begonnen werden.
47
So wie dies bei Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, der Fall ist.
Zweiter Teil
Situation in der Bundesrepublik Deutschland Erstes Kapitel
Entwicklung der gewerblichen Sicherheit A. Geschichtliche Ursprünge I. Die Nachtwache als Vorläufer des Sicherheitsgewerbes Auch wenn die Branche des Sicherheitsgewerbes vor allem in den letzten Jahren das größte Wachstum erfahren hat1, so reichen ihre Anfänge doch bis weit in die Vergangenheit hinein. Um ein grundsätzliches Verständnis für das heute existierende deutsche Bewachungsgewerbe zu erlangen, empfiehlt es sich, jene historischen Umstände zu beleuchten, die zu dieser Entwicklung geführt haben. So läßt sich der Beginn der privaten Sicherheit in Deutschland bis in die Ursprünge der städtischen Nachtwache zurückverfolgen. Dabei stammen die ersten urkundlichen Nachweise über nachtwächterliche Tätigkeiten in Deutschland bereits aus dem Jahre 14302. Hierbei handelte es sich jedoch größtenteils um Staatsdiener, deren Bezahlung aus öffentlichen Mitteln bestritten wurde 3 und deren Hauptaufgabe in der Brandbekämpfung und dem Schutz der Bürger vor Verbrechen bestand. Dieses erste Wachsystem zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wurde also von öffentlichen Sicherheitskräften bestritten. Demzufolge ist in dieser öffentlich übertragenen reinen Nachtwächterfunktion eigentlich eher der Vorläufer der Polizei als des privaten Sicherheitsgewerbes zu sehen4. Durch die Leistung zusätzlicher, über ι Auf die dieses Wachstum bestätigenden Zahlen wird im folgenden Abschnitt näher einzugehen sein. 2 Die Nürnberger Haushaltsrechnungen dieser Zeit enthalten Ausgaben für „Nachtwächter", „außerordentliche Nachtwachen" und „reitende Nachtwacht"; BDWS, Nachtwachwesen älter als die Polizei, W+S Information 1983, Nr. 159, S. 105; ebenso: Olschok-Tautenhahn in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 1 f. 3 Olschok-Tautenhahn in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 2. So waren beispielsweise in Hamburg im Jahre 1600 zwölf Staatsdiener und 1610 bereits sechzig Soldaten beschäftigt; BDWS, Nachtwachwesen älter als die Polizei, W+S Information 1983 Nr. 159, S. 105. 4 So auch Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 26, der diese Frage der Herkunft der gewerblichen Sicherheit jedoch dann nicht weiter vertieft.
1. Kap.: Entwicklung der gewerblichen Sicherheit
43
die allgemeine Nachtwache hinausgehender Wach- und Schließtätigkeiten bei Privathaushalten - gegen Bezahlung sogenannter Schlüsselgelder - besserten diese spärlich besoldeten kommunalen Nachtwächter ihr Gehalt auf 5. Zumindest teilweise übernahmen diese Nachtwächter daher zusätzlich auch solche Aufgaben, die über diejenigen zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung hinausreichten. Das Ende dieses Sicherheitssystems wurde dann im Jahre 1893 durch die Verabschiedung des Polizeikostengesetzes eingeläutet, das die Kosten für die Beamten des Nachtwachdienstes als unmittelbare Kosten der staatlichen Polizeiverwaltung auswies. Diese, durch die staatliche Übernahme bedingte Umstrukturierung der Nachtwache führte zu ihrer Beschränkung auf die zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unmittelbar erforderlichen Aufgaben. Die von den privaten Haushalten zuvor in Anspruch genommenen Zusatzleistungen der Nachtwächter wurden seither nicht mehr erbracht 6. Da aber bei vielen Menschen weiterhin das Bedürfnis nach zusätzlicher Sicherheit durch individuelle Bewachung bestand und ein Teil der vormals als Nachtwächter beschäftigten und von den staatlichen Wachen nicht übernommenen Männer weiter in diesem Beruf arbeiten wollte, entstanden in der Folgezeit die ersten reinen Privatwachen7. Diese arbeiteten zunächst hauptsächlich als sogenannte „Ein-Mann-Wächter". Bedingt durch die weder vom Staat noch von den Kommunalbehörden geschlossene „Sicherheitslücke", den Erfolg dieser Privatwächter und die daraus resultierende immer größere Nachfrage, war um die Jahrhundertwende auch in Deutschland der Nährboden für die Wachstumsbranche der gewerblichen Sicherheit entstanden.
II. Beginn des Bewachungsgewerbes im heutigen Sinne Ohne dem dritten Teil der Arbeit vorweggreifen zu wollen, ist an dieser Stelle bereits darauf hinzuweisen, daß das erste US-amerikanische Sicherheitsunternehmen, die Pinkerton's Inc., bereits im Jahre 1843 gegründet wurde 8. Berücksichtigt man diese frühe Entwicklung, so verwundert es kaum, daß das deutsche Sicherheitsgewerbe nach deren Vorbild entstand. Die Kaufleute Jacobs und Salomon gründeten am 15. Juli 1901 mit dem „Hannoverschen Wach- und Schließinstitut, Jacobs & Co." das erste deutsche Sicherheitsunternehmen, nachdem ersterer in den USA den Betrieb der damaligen amerikanischen „security companies" genau studiert hatte9. Als Pionier des deutschen Sicherheitsgewerbes war Jacobs auch am 5
Olschok-Tautenhahn in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 2. 6 Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 19. 7
Olschok-Tautenhahn in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 2. 8 Hierzu ausführlich: Teil drei, Kapitel eins, Abschnitt Α. II. 9 Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 19; ebenso Olschok-Tautenhahn in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 6.
44
2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Aufbau der am 1. Dezember 1901 gegründeten „Kölner Wach- und Schließgesellschaft" beteiligt. Bedingt durch das rasche Wachstum und den Erfolg dieser Unternehmen wurden in den Folgejahren in vielen deutschen Städten Zweigniederlassungen aber auch neue Bewachungsfirmen gegründet. So existierten im Jahre 1905 schon 52 deutsche Bewachungsunternehmen10. Bereits am 24. Oktober 1904 wurde mit der „Zentralstelle der vereinigten Wach- und Schließgesellschaften" (Kölner Verband) der erste Dachverband der Sicherheitsunternehmen ins Leben gerufen 11. Drei Jahre später organisierten sich die kleineren Sicherheitsunternehmen im „Verband Deutscher Wachgesellschaften" (Kasseler Verband) als Gegengewicht zu den im „Kölner Verband" zusammengefaßten älteren und größeren Unternehmen. Während des dritten Reichs wurde eine Zwangsvereinigung dieser Verbände zum 1933 neu gegründeten „Reichseinheitsverband des Deutschen Bewachungsgewerbes e.V. Berlin" diktatorisch durchgesetzt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden in den drei westlichen Besatzungszonen jeweils Interessenvertretungen der dort angesiedelten Sicherheitsunternehmen etabliert. Diese gingen schließlich in dem am 27. August 1945 gegründeten „Zentralverband des Deutschen Bewachungsgewerbes" auf, welcher im Jahre 1973 in den bis heute existierenden „Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen" (BDWS) umbenannt wurde.
B. Das private Sicherheitsgewerbe der Gegenwart L Aktuelles Zahlenmaterial Um vorab eine gewisse Vorstellung von den Dimensionen und dem sicherheitsrechtlichen Stellenwert des in der Bundesrepublik Deutschland derzeit tätigen privaten Sicherheitsgewerbes vermitteln zu können, erscheint ein Überblick über die aktuellen Zahlen dieses Gewerbezweigs sowie über dessen Wachstumsraten der letzten Jahre sinnvoll. Lag ζ. B. 1984 die Anzahl der in den Wach- und Sicherheitsunternehmen der gesamten Bundesrepublik Vollzeitbeschäftigten 12 noch bei 32.500, so waren es 1990 bereits 56.000. Im Jahr 1992 stieg diese Beschäftigungszahl sprunghaft auf 95.000 und erhöhte sich bis Ende 1996 auf 112.000. Eine ähnliche Entwicklung läßt sich sowohl bei der Anzahl der in Deutschland registrierten
io Olschok-Tautenhahn in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 7. u Schammert, Der lange Marsch, W+S Information 1986, Nr. 164, S. 14. 12 Diese Zahlen beziehen sich auf die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten des Sicherheitsgewerbes. Zum Einsatz bei großen Veranstaltungen bzw. anderweitigem zeitweisen Bedarf an zusätzlichem Personal ist von einer stillen Reserve von zusätzlichen ca. 25-50 Prozent Aushilfskräften auszugehen; hierzu Olschok-Tautenhahn, Aufgaben, personeller Bestand und Dimension privater Sicherheitsdienste, Die Polizei 1994, S. 31, 32 und von Arnim, BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 23.
1. Kap.: Entwicklung der gewerblichen Sicherheit
45
Bewachungsunternehmen als auch bei deren Umsätzen feststellen. 1984 noch haben 620 Unternehmen 1,4 Mrd. DM umgesetzt. Sechs Jahre später waren es 899 Betriebe mit einem Umsatz von 2,3 Mrd. DM und im Jahre 1992 1290 Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von 3,8 Mrd. DM. Bis Ende 1996 existierten ca. 1400 Bewachungsunternehmen, die zusammen 4,5 Mrd. DM umsetzten13. Betrachtet man diese Zahlen und berücksichtigt dabei, daß den 112.000 privaten Sicherheitskräften derzeit noch 250.000 Beschäftigte bei Polizei in Bund und Ländern gegenüberstehen14, so ist festzustellen, daß das private Sicherheitsgewerbe mittlerweile in Deutschland auf dem Gebiet der Sicherheit und Gefahrenabwehr eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt. Nichtsdestotrotz bedeuten diese Zahlen aber auch, daß das Polizeivollzugspersonal den Beschäftigten des privaten Sicherheitsgewerbes in Deutschland nach wie vor noch in einer 2,3-fachen Überzahl gegenübersteht. Betrachtet man freilich die durchschnittliche jährliche Zuwachsrate des Bewachungsgewerbes in den letzten Jahren von ungefähr 10 Prozent 15 , so läßt sich erahnen, welches weitere Wachstumspotential in diesem Gewerbezweig innerhalb des Sektors Sicherheit noch liegt 16 .
II. Gründe für diese Entwicklung 1. Kriminalitätsfurcht
der Bürger
Die Angst vor einem steten Zuwachs des Verbrechens scheint auch in Deutschland weit verbreitet. So sahen im Jahr 1995 25 Prozent der Ostdeutschen und 20 Prozent der Westdeutschen die steigende Kriminalität als das vordringlichste innenpolitische Problem an. Noch im Jahre 1991 wurde diese Gewichtung lediglich von zwei bzw. drei Prozent der Bevölkerung vertreten 17. Die steigende Kriminalitätsfurcht wirkt sich zwangsläufig auch in einem wachsenden Sicherheitsbedürfnis und damit einer stärkeren Nachfrage nach Sicherheit aus. Zumindest bei den wohlhabenderen Bürgern kanalisierte sich diese Angst schließlich auch in einer verstärkten Inanspruchnahme der Sicherheitsindustrie 18. So führte beispielsweise 13 Quelle: BD WS / Statistisches Bundesamt, September 1996. ι* Hierzu siehe die Grafik bei von Arnim, BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 23. Hiernach wären jedoch weiterhin die ca. 60.000 Teilzeitbeschäftigten hinzuzuzählen, die von den Unternehmen bei Bedarf zusätzlich eingesetzt werden könnten. 15 Möller, NRW fordert rechtliche Regelungen, Streife 1994, Nr. 12, S. 10. 16 Berücksichtigt man, daß das Verhältnis der staatlichen zu den privaten Ordnungskräften vor zehn Jahren noch bei 2,5 : 1 lag - hierzu Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 33 - , so ist jedoch wohl auch in Zukunft eine explosionsartige Verschiebung dieser Relation zu Lasten der staatlichen Ordnungskräfte nicht zu erwarten. 17 Aus einer GfK-Umfrage aus dem Jahre 1996 mit der Frage: „Welches sind die dringlichsten Probleme, die in Deutschland zu lösen sind"; in: Mehr Sicherheit durch Private Polizei?, „Der Spiegel" 1996 Nr. 46, S. 35. 18 Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 43.
46
2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
1992 eine Einbruchsserie im Kölner Villenvorort Hahnwald dazu, daß mittlerweile ca. 50 Prozent der Haushalte dieses Stadtteils sich mit einer monatlichen Einlage von jeweils 100.-DM an der Beauftragung eines Sicherheitsdienstes mit der Bewachung ihrer Wohngegend beteiligt haben19. Eine derartige Privatbewachung ganzer Nachbarschaften stellt mittlerweile keinen Einzelfall mehr dar. Der Bremer Stadtteil Oberneuland wird für monatlich 30.000,- DM privat bewacht. In Chemnitz haben die Bewohner eines Hochhauses eine Sicherheitsfirma beauftragt. Im Raum Bonn sind 600, in Berlin ca. 2.500 Haushalte mit ihren Alarmanlagen statt bei der Polizei bei privaten Sicherheitsfirmen angeschlossen20. Immer mehr Bürger legen ihre Sicherheit mittlerweile also eher in die Hände von Privaten, als sich auf den öffentlich gewährten Schutz durch die Polizei zu verlassen, welcher anscheinend nicht mehr zugetraut wird, diese Aufgaben ausreichend zu bewältigen21. Auch wenn den privaten Sicherheitskräften größtenteils nicht mehr Befugnisse zustehen als anderen Bürgern auch, so ist in diesem Zusammenhang alleine schon deren verstärkte Präsenz geeignet, den Bürgern ein gewisses Gefühl der Sicherheit zu vermitteln, was der oftmals nicht gegenwärtigen Polizei nicht zu gelingen vermag 22. Als eine der Ursachen für die ständig wachsende Furcht der Bevölkerung werden zum Teil auch die jeweils aktuellen Kriminalitätsstatistiken angeführt 23. So ist bei der Anzahl der in der Bundesrepublik begangenen, registrierten Straftaten seit Beginn der siebziger Jahre bis zum Jahre 1990 ein Anstieg von 2,5 auf 4,5 Millionen zu vermelden. Für das seit der Vereinigung vergrößerte Bundesgebiet wurden 1993 sogar 6,8 Millionen Delikte erfaßt 24. Einer für das Bundeskriminalamt angefertigten Studie der Universität Münster zufolge wird bis zum Jahr 2000 alleine bei Diebstahls- und Einbruchsdelikten ein weiterer Anstieg von 16 Prozent erwartet 25. Weiterhin besteht Einigkeit dahingehend, daß eine immer größere Professionalisierung der Straftäter und eine steigende Brutalität bei der Begehung der Straftaten beobachtet werden kann. Dies wird teilweise mit einem allgemeinen Werteverlust 26 , teilweise aber auch mit den geringeren Skrupeln osteuropäischer oder fernöstlicher Bandenkriminalität begründet 27. 19 Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130. 20 Meroth in: „die Woche" vom 12. 8. 1993, S. 26. 21
Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 43. Einer EMNID-Umfrage zufolge wird dann auch die mangelnde Polizeipräsenz als eine der Hauptursachen für die steigende Kriminalität beurteilt; EMNID 1992, S. 4. Im Ergebnis ebenso Ahlf in: Weiß/Plate, Privatisierung von polizeilichen Aufgaben, S. 28 f. 2 3 Zachert in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 20 ff. 22
24 So Zachert in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 21, der sich hierbei auf die polizeiliche Kriminalitätsstatistik beruft. 2 5 Aus: Vertrauliche Prognose für das BKA: Kriminalität wird weiter steigen, „Süddeutsche Zeitung" vom 8. Juli 1996, S. 5. 26
Zachert in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 33. So ζ. B. der ehemalige Vizepräsident des BKA Köhler, der zusätzlich noch die prominente kriminalgeographische Lage Deutschlands und einen, wie er es allerdings etwas frag27
1. Kap.: Entwicklung der gewerblichen Sicherheit
47
Andere wiederum halten diese Statistiken für überzogen und sehen in der dadurch geschürten Kriminalitätsfurcht und dem Ruf nach „law and order" einen künstlich geschaffenen Angstmarkt mit dem Ziel, die Sicherheit weiter zu kommerzialisieren 28. Auch wird oft dahingehend argumentiert, daß diese gesteigerte Angst bei differenzierterer Betrachtung der Kriminalitätsstatistiken objektiv nicht zu begründen sei, zumal die Gewaltkriminalität höchstens zehn Prozent der registrierten Straftaten ausmacht und hiervon der größte Teil auf die Beziehungskriminalität entfallen würde 29 . Außerdem wurde 1994 erstmals ein Rückgang der Gesamtkriminalitätsrate um drei Prozent registriert und ein gegenüber dem Jahre 1971 um die Hälfte gesunkener Schußwaffengebrauch bei Straftätern festgestellt 30. Vereinzelt wird sogar unterstellt, daß diese Zahlen gezielt verbreitet bzw. bei einem Rückgang der Kriminalitätsrate verheimlicht werden, um die Notwendigkeit der Forderung nach immer schärferen Polizei- und Strafgesetzen glaubhaft zu machen. So wird der Vorwurf erhoben, daß der Bevölkerung die Information über den Rückgang der Kriminalitätsrate im letzten Jahr um 3,5 Prozent, bei Diebstahlsdelikten sogar um 8,5 Prozent, aus diesem Grunde wissentlich vorenthalten wurde 31 . Es scheint also, als würde sich die Kriminalitätsfurcht der Bevölkerung nicht unbedingt mit den Kriminalitätsstatistiken bzw. der tatsächlichen Entwicklung der Sicherheitslage begründen lassen. Auch der ehemalige Präsident des Bundeskriminalamtes, Hans Ludwig Zachert, sieht starke Differenzen zwischen der objektiven Gefährdung und dem subjektiven Sicherheitsgefühl der Bürger 32 . Der Geschäftsführer des BDWS, Olschok, räumt aufgrund der vorliegenden Zahlen ein, daß sich das individuelle Sicherheitsgefühl der Bürger wesentlich deutlicher verschlechtert hat als die objektive Sicherheitslage 33. Für die zu einer erhöhten Inanspruchnahme der gewerblichen Sicherheit führende Motivation der Privathaushalte ist jedoch letztlich alleine deren subjektives Sicherheitsgefühl bzw. -bedürfnis ausschlagwürdig formuliert, „überdimensionierten Datenschutz" für die Entwicklung der Kriminalität verantwortlich macht; in: Sicherheitsaufgaben durch private Unternehmen, Die Polizei 1994, S. 49, 51. 28 Vor allem, Hoffmann-Riem, Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277, 278 f. Zustimmend aber auch Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 43. 29
So der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Klaus Steffenhagen, der anführt, daß eine genauere Analyse der polizeilichen Kriminalitätsstatistik dazu beitragen würde, den Bürgern die Angst vor Verbrechen zu nehmen oder zumindest zu mildern; in: Das Verhältnis zwischen Polizei und privatem Sicherheitsgewerbe, DSD 1995, Nr. 16, S. 18. 30 Steffenhagen a. a. O. 31 „Süddeutsche Zeitung" vom 22. 8. 96, S. 4. 32 In: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 35. Begründet wird dies unter anderem damit, daß den sinkenden Kriminalitätszahlen eine immer größere Brutalität bei der Begehung der Delikte gegenübersteht. 33 In: Das Sicherheitsgefühl der Bürger aus der Sicht privater Sicherheitsunternehmen, DSD 1995, Nr. 16, S. 25, 26. Zur kriminologischen Beurteilung der Ursachen für die steigenden Kriminalitätsfurcht in der Bevölkerung, siehe ausführlich: Villmow in: Weiß/Plate, Privatisierung von polizeilichen Aufgaben, S. 90 ff.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
gebend. Weitgehend unumstritten ist, daß ein Großteil der Bevölkerung sich immer stärker bedroht fühlt, und zwar unabhängig davon, ob dieses Gefühl nun objektiv begründbar ist oder nicht 34 . Laut einer Emnid-Umfrage von 1994 stieg der Wunsch nach einer starken Präsenz der Polizei in der Öffentlichkeit von 50 Prozent der Befragten im Jahre 1986 auf 79 Prozent in 1994, in Ostdeutschland gar auf 90 Prozent 35 . Da diesem Anliegen der Bürger wegen der angespannten Lage der öffentlichen Kassen nicht in ausreichendem Maße entsprochen werden kann 36 , versucht die Bevölkerung ihren Bedürfnissen auf andere Weise nachzukommen. Zur Kompensation derartiger objektiver, vor allem auch subjektiver Sicherheitsdefizite werden dann eben verstärkt die entgeltlichen Dienste des Sicherheitsgewerbes in Anspruch genommen.
2. Nachholbedarf in den neuen Bundesländern Auch die Vereinigung der Bundesrepublik Deutschland hat ihren Anteil zu dem gerade in den Jahren ab 1989 sprunghaft angestiegenen Wachstum des Sicherheitsgewerbes beigetragen. Dieser überproportionale Anstieg nach dem Mauerfall ist damit zu begründen, daß in der ehemaligen DDR keinerlei privat-gewerbliche Sicherheit existierte. Die betriebliche Sicherheit beispielsweise war alleinige Aufgabe des „Betriebsschutzes", einer Unterabteilung der Polizei 37 . Der durch die Vereinigung entstandene Nachholbedarf wirkte sich in den Jahren von 1990 bis 1992 in über 300 Neugründungen von Sicherheitsbetrieben alleine in den neuen Bundesländern aus 38 .
3. Kundenorientiertes
Verhalten der privaten Sicherheitsdienste
Als ein weiterer Grund für das stete Wachstum der gewerblichen Sicherheit dürfte die Weisungsgebundenheit der Privaten gegenüber ihren Auftraggebern anzusehen sein. Anders als die Polizei ist ein privates Sicherheitsunternehmen durch die vertragliche Übereinkunft mit seinem Kunden verpflichtet, dessen Anweisun34 Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130. Ebenso, Bernhardt in: Weiß /Plate, Privatisierung von polizeilichen Aufgaben, S. 59; ders. in: Private Sicherheit und polizeiliche Aufgabenwahrnehmung, S. 87 f. 35 Abgedruckt in: Steffenhagen, Das Verhältnis zwischen Polizei und privatem Sicherheitsgewerbe, DSD 1995, Nr. 16, S. 18. 36 Der ehemalige Staatssekretär im Bundesministerium des Inneren geht von 40.-60.000 zusätzlichen Polizeikräften aus, die zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung erforderlich wären; in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 51. Auch Schult hält eine Verstärkung der Polizei um 60.000 Mann für erforderlich; in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 140. 37 Olschok-Tautenhahn in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 12. 38 Mauersberger in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 768.
1. Kap.: Entwicklung der gewerblichen Sicherheit
49
gen Folge zu leisten. Diese größere Flexibilität und das verstärkte Eingehen auf die individuellen Bedürfnisse der Kundschaft tragen ebenfalls zu einer verstärkten Beauftragung Privater bei und stellen damit einen weiteren Wachstumsfaktor für diese Branche dar 39 . 4. Auslagerung des betriebsinternen
Werkschutzes
Im Zuge der allgemeinen Bestrebungen zum „lean management" kommt es bei immer mehr Unternehmen zu einer Ausgliederung von betrieblichen Werkschutzaufgaben. Diese Auftragsvergabe an private Sicherheitsdienstleister wird - bezogen auf den Umsatz- und Beschäftigungszuwachs der Sicherheitsbranche in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren - teilweise sogar als primärer Wachstumsgrund angesehen40. Hauptanreiz für eine derartige Ausgliederung seitens der Unternehmen stellt der zum Teil erhebliche Kostenvorteil dar, der hauptsächlich auf die vergleichsweise günstigeren tariflichen Bestimmungen im Bewachungsgewerbe zurückzuführen ist 4 1 . So wird im Verhältnis zum betriebseigenen Werkschutz von einer 20 - 30 prozentigen Einsparung bei gleicher Dienstleistungsqualität ausgegangen 42 . Berücksichtigt man darüber hinaus die größere Flexibilität bezüglich der jeweils konkret erforderlichen Personalstärke, die ein extern beauftragtes Wachunternehmen mit sich bringt, so werden diese Vorteile in Zukunft noch weitere Unternehmen zur Auflösung ihrer Werkschutzabteilungen und zur Vergabe der entsprechenden Aufgaben an das Bewachungsgewerbe veranlassen43. 5. Erhöhte Nachfrage des Staates Als weiterer wachstumsfördernder Faktor ist schließlich ein verstärktes Auftreten der öffentlichen Hand als Auftraggeber der gewerblichen Sicherheit auszumachen. Da sich auch der Staat nicht dem Trend des „lean management" verschließt44, werden immer mehr bislang von staatlicher Seite angebotene Sicherheitsdienstleistungen an private Unternehmer übertragen. Auch hier steht das Kostenargument im Vordergrund, da private Anbieter in vielen Fällen in der Lage 39 So ζ. B. Honigl, Tätigwerden von Privaten auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, S. 43. 40 Olschok-Tautenhahn, Das Sicherheitsgefühl der Bürger aus der Sicht privater Sicherheitsunternehmen, DSD 1995, Nr. 16, S. 18, 26. 41 Ibd. 42
Glavic in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 879. Glavic a. a. O., S. 880, geht von einem weiteren auslagerungsfähigen Markt- und damit Wachstumspotential für das Sicherheitsgewerbe von 70.000 Beschäftigten und drei Milliarden DM Umsatz aus. 43
44 So schreibt Heinz Eggert in: „Die Welt" vom 13. 4. 1995, S. 7, daß beispielsweise auch die Polizei sich einem Fitneßprogramm unterziehen müsse, um dem Schönheitsideal des schlanken Staates zu entsprechen.
4 Huber
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
sind, ihre Leistung preisgünstiger anzubieten als der Staat selbst. Alleine 13 Prozent des Auftragsvolumens des gesamten Sicherheitsgewerbes wird dabei von der Bundeswehr für die Bewachung ihrer Kasernen beansprucht45. Selbst einige Polizeigebäude werden mittlerweile aus Kostengründen privat-gewerblich bewacht46. Bislang einmalig ist der Fall der JVA Büren, einer nahezu vollständig mit Abschiebehäftlingen belegten Haftanstalt, wo 55 Wachleute eines privaten Sicherheitsunternehmens tätig sind. Hierbei wurde zwischen dem Land Nordrhein-Westfalen und dem beauftragten Bewachungssbetrieb vertraglich vereinbart, daß diese 55 Sicherheitskräfte lediglich mit nicht-hoheitlichen Aufgaben betraut werden und die 58 ebenfalls dort eingesetzten Vollzugsbeamten bei ihren Tätigkeiten zu unterstützen haben47. Schließlich nehmen immer mehr Kommunen als Träger von öffentlichen Einrichtungen wie Verkehrsbetrieben und Sportarenen zu deren Sicherung die Dienste der Privaten in Anspruch 48. In Großstädten wie Hamburg, München, Duisburg und Essen liegt die Sicherung des gesamten Personennahverkehrs mittlerweile in den Händen der Privaten 49. Die Stadt Dresden beispielsweise hat mittels Gründung einer privatrechtlichen „Sicherheits- und Servicegesellschaft", an der sie 51 Prozent der Anteile hält, ihre gesamten kommunalen Sicherheitsaufgaben einem privaten Dienstleister übertragen 50. Gegen diese Tendenz wird teilweise eingewendet, diese der Kosteneinsparung dienenden Auslagerungsmaßnahmen seien primär deswegen günstiger, weil sehr oft eine geringere Qualifikation zu entgelten sei 51 . Nicht unproblematisch ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, daß bei dieser Art der Beauftragung durch die öffentliche Hand der Einsatz der Privaten sehr oft auf öffentlichen Verkehrsflächen stattfindet. Insbesondere auf diese Einwände vorwiegend verfassungsrechtlicher Art ist jedoch erst später im einzelnen einzugehen52.
45 BDWS /Statistisches Bundesamt (1996). Diese private Bewachung kostet das Bundesverteidigungsministerium 600 Millionen Mark jährlich; Hestermann, Wachstumsbranche mit lädiertem Image, Deutsche Polizei 1995, Nr. 4, S. 6, 7. 46 So ζ. B. die Kasernen der Bayerischen Bereitschaftspolizei; hierzu siehe FAZ vom 10. 8. 1995, S. 10. Ebenso in Potsdam, wo einige Polizeigebäude privat bewacht werden; Glavic, Sicherheitsunternehmen als zuverlässiger Partner der Polizei, Die Polizei 1994, S. 36, 39. 47 Ausführlich hierzu siehe: Thullen, Die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch private Sicherheitsunternehmen, in: Polizei-Führungsakademie-Seminar, S. 181 ff. 48 Zimmermann, Privates Sicherheitsgewerbe, Die Polizei 1994, S. 60. Ebenso Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 34, 188. 49 Glavic, Sicherheitsunternehmen als zuverlässiger Partner der Polizei, Die Polizei 1994, S. 36,39. 50
Schult, in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsrechts, S. 150. So jedenfalls Holzamer, Das gute Geschäft mit der Bequemlichkeit, „SZ" vom 28. /29. Dezember 1996, S. V I / 1 . 52 Hierzu siehe Kapitel vier. 51
2. Kap.: Das private Sicherheitsgewerbe im Bereich der Gefahrenabwehr
51
6. Zusammenfassung Im wesentlichen lassen sich zwei Gründe für das nach wie vor anhaltende immense Wachstum des Sicherheitsgewerbes feststellen. Dies ist zum einen ein erhöhter Sicherheitsbedarf bei der Bevölkerung, der sich allein durch die öffentliche Gefahrenabwehr nicht mehr befriedigen läßt 53 . Hierbei kann dahingestellt bleiben, inwieweit sich dieser Bedarf tatsächlich mit einer objektiv angespannten Sicherheitslage oder nur mit dem subjektiven Sicherheitsgefühl begründen läßt. Aber auch eine verstärkte Nachfrage nach den privat angebotenen Sicherheitsdienstleistungen, nicht zuletzt seitens der öffentlichen Hand, spielt bei diesem Wachstum eine entscheidende Rolle. Als Grund dieser steigenden Nachfrage ist vor allem der Kostenvorteil einer externen Bewachungsdienstleistung gegenüber der selbst erbrachten auszumachen.
Zweites Kapitel
Erscheinungsformen des Tätigwerdens des privaten Sicherheitsgewerbes im Bereich der Gefahrenabwehr Die Funktionen, die Private im Bereich der Gefahrenabwehr übernehmen, sind ebenso vielfältig wie die Gründe, die sie dazu veranlassen. Welche Ursachen der immer stärker werdende Trend zur „Privatisierung" der Sicherheit hat, wurde im vorstehenden Kapitel erörtert. Hier gilt es nun, die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Tätigwerdens Privater im Bereich der Gefahrenabwehr zu skizzieren. Bereits im Rahmen der vorangegangenen Klärung des Untersuchungsgegenstandes ist angeklungen, daß der Begriff des Sicherheits- und Bewachungsgewerbes eine gewisse Komplexität aufweist und daher nur schwer einer gedanklichen Einheit zugeführt werden kann. Um überhaupt eine strukturierte rechtliche Beurteilung des Sicherheitsgewerbes vornehmen zu können, erscheint es daher sinnvoll, die verschiedenen Formen der gewerblich ausgeübten Gefahrenabwehr einer bestimmten Einteilung zu unterwerfen. Wie im Laufe dieser Arbeit aufzuzeigen sein wird, hat das jeweilige Ausmaß an staatlichem Einfluß eine wesentliche Bedeutung sowohl für die jeweils zur Verfügung stehenden Handlungs- und Eingriffsmöglichkeiten als auch für deren verfassungsrechtliche Beurteilung. Als Maßstab zur Einteilung der verschiedenen Erscheinungsformen der Gefahrenabwehr wird demzufolge die Intensität der jeweiligen Einflußnahme des Staates auf die Privaten gewählt.
53 Dieses Argument wird von Ahlf als „Vakuum-These" bezeichnet, zumal die Privaten in das dem Staat verlorengegangene oder von diesem aufgegebene Terrain vordringen; in: Weiß/Plate, Privatisierung von polizeilichen Aufgaben, S. 30. 4*
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
A. Eigenständige, ohne spezialgesetzliche Befugnisse ausgestattete Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte I. Tätigwerden ohne staatliche Veranlassung An die erste Stelle dieses Überblicks ist die Gruppe derjenigen Wachleute zu setzen, bei deren Tätigkeit die Beteiligung des Staates am geringsten ist, diejenigen also, die lediglich aus eigenem Antrieb und somit ohne staatliche Veranlassung tätig werden und dabei auch auf keine über die allgemeinen Jedermannrechte hinausgehenden Befugnisse zurückgreifen können. Hierbei ist nochmals zu betonen, daß - dem dieser Arbeit zugrundeliegenden Begriffsverständnis entsprechend - all diejenigen auszuklammern sind, die ihrer sicherheitsrechtlichen Betätigung nicht aus gewerblichen, sondern beispielsweise aus altruistischen Motiven nachgehen54. Trotz dieser Einschränkungen dürften die Angehörigen der ersten Gruppe den weitaus größten Anteil am Gesamtvolumen des Sicherheitsgewerbes stellen. Jeder nicht besonders bevollmächtigte Wachmann, jede Sicherheitsstreife, jede U-Bahnwache und jede Begleitung von Geld- oder Werttransporten ist dieser ersten Gruppe zuzuordnen. Wie jedem anderen Bürger auch, stehen diesen Sicherheitskräften zur Bewältigung ihrer Aufgaben ausschließlich die allgemeinen Notrechte zur Verfügung 55 . Als weiteres Merkmal dieser ersten Gruppe staatlich nicht bevollmächtigter Sicherheitskräfte ist schließlich noch festzuhalten, daß diese nicht kraft eines Gesetzes oder einer sonstigen staatlichen Veranlassung tätig werden, sondern lediglich aufgrund einer rein privatrechtlichen Beauftragung.
II. Staatlich veranlaßtes Tätigwerden; Eigensicherungspflichten Ein weiteres Tätigkeitsfeld des Sicherheitsgewerbes ist der Bereich gewerblicher Gefahrenabwehr, den der Staat per Gesetz Privaten zur Erfüllung übertragen hat. Dieser Vorgang, bei dem der Staat in Ermangelung oder zur Schonung verwaltungseigener Mittel die persönlichen oder sachlichen Kräfte Privater unmittelbar kraft Gesetzes in Anspruch nimmt, um durch sie öffentliche Aufgaben erledigen zu lassen, wird als gesetzliche Indienstnahme bezeichnet56. Der in dieser Arbeit besonders interessierende, im Rahmen der gewerblichen Sicherheit zu behandelnde 54 Private ehrenamtliche Sicherheitseinrichtungen wie ζ. B. die „Guardian Angels" oder freiwillige Anwohnerstreifen, die bis auf die fehlende Gewerblichkeit ihrer Tätigkeit eigentlich Teil der Gruppe der privaten Sicherheitsdienstleister wären, können daher hier keine Berücksichtigung finden. 55
Hierzu ausführlich jedoch erst in Kapitel drei. 56 So als erster Ipsen, Gesetzliche Indienstnahme Privater für Verwaltungsaufgaben, in: FS für Kaufmann, S. 141 ff. Ähnlich: Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 59 oder von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 38 ff.
2. Kap.: Das private Sicherheitsgewerbe im Bereich der Gefahrenabwehr
53
Teilbereich dieser Indienstnahme wird maßgeblich durch die sogenannten Eigensicherungspflichten bestimmt. Diese stellen eine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung privater Unternehmer dar, innerhalb der von ihnen betriebenen Anlagen und Institutionen eigenverantwortlich für einen bestimmten Bereich der Gefahrenabwehr zu sorgen 57. Vorab ist schließlich noch anzumerken, daß diese Auferlegung öffentlicher Aufgaben an einen Privaten im Rahmen der Eigensicherungspflichten ohne gleichzeitige Übertragung hoheitlicher Befugnisse stattfindet. Von Heimburg sieht in den fehlenden Befugnissen sogar ein notwendiges Abgrenzungskriterium einer jeden Indienstnahme zur Beleihung 58 .
1. Eigensicherungspflichten
im Luftverkehrsrecht
Beispiele für derartige Auflagen an private Unternehmer zur Erfüllung von Eigensicherungspflichten, also zur Gefahrenabwehr in eigener Verantwortung, existieren ζ. B. im Luftverkehrsrecht. So ist nach § 19b Abs. 1 Nr. 4 LuftVG der Betreiber eines Verkehrsflughafens verpflichtet, Luftfahrzeuge, die Gegenstand einer Bedrohung sind, auf Sicherheitspositionen zu verbringen und deren Ver- und Entsorgung durchzuführen. Nach § 20a Abs. 1 Nr. 3 LuftVG obliegt weiterhin dem Luftfahrtunternehmer die Verpflichtung, noch in Betrieb befindliche Luftfahrzeuge, die Gegenstand von Bedrohungen sind, auf Sicherheitspositionen zu verbringen. Der Schwerpunkt der Sicherheitspflichten liegt hierbei in der Verhinderung von Schäden für Passagiere und Besatzungsmitglieder durch Flugzeugentführungen und Sabotagehandlungen, also in der Abwehr von im Bereich des Luftverkehrs konkret drohenden Gefahren 59. Die jeweils Verantwortlichen haben aufgrund dieser Vorschriften die im Rahmen der übertragenen Aufgaben erforderlich werdenden Maßnahmen auch auf eigene Kosten durchzuführen. Zwar wurden diese Eigensicherungspflichten sowohl im Bereich der Flughafen- als auch der Luftfahrtunternehmer bisher überwiegend von derem jeweils eigenen Personal wahrgenommen. Vor allem aus Kostengründen wird aber in den letzten Jahren verstärkt dazu übergegangen, die entsprechenden Sicherheitsaufgaben an externe private Sicherheitsfirmen zu vergeben 60. Immer öfter werden also gewerbliche Wach- und Si57 Ausführlich zu diesen Eigensicherungspflichten, siehe: Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 18 ff. 58 In: Verwaltungsaufgaben und Private, S. 38 f. So auch Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht Rz. 605 ff. A.A. Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 59 und Gause, Die öffentliche Indienststellung Privater als Rechtsinstitut der Staatsorganisation, S. 109 ff., nach denen Indienstnahme und Beleihung im Einzelfall zusammenfallen können. 59 Hierzu ausführlich Martens in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsrechts, S. 348, mit Zahlen zu derartigen Angriffen auf den Luftverkehr in den letzten 40 Jahren. 60 So existiert am Flughafen München mittlerweile ein von dem Flughafenbetreiber, der Lufthansa und einem privaten Sicherheitsunternehmen ins Leben gerufenes Gemeinschaftsunternehmen, das mit der Erledigung der in §§ 19b, 20a LuftVG normierten Aufgaben betraut wurde; siehe: Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 215.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
cherheitsunternehmen mit bestimmten Teilaufgaben wie der Basisabsicherung, der Durchführung von Streifendiensten sowie von Passagier- und Gepäckkontrollen beauftragt 61. 2. Eigensicherungspflichten für die Betreiber besonders sicherheitsbedürftiger Anlagen Einen weiteren für den Einsatz gewerblicher Sicherheitskräfte geeigneten Bereich der Eigensicherungspflichten eröffnet § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtomG. Durch diese Vorschrift wird die atomrechtliche Genehmigungsbehörde dazu ermächtigt, dem Betreiber einer kerntechnischen Anlage die zum Schutz gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen aufzuerlegen. Dabei sind unter Störmaßnahmen in diesem Sinne solche zu verstehen, die in konkreter Schädigungsabsicht durchgeführt werden 62. Sonstige Einwirkungen sind demgegenüber all diejenigen, die keine Störmaßnahmen darstellen, trotzdem aber auf menschliches Verhalten zurückzuführen sind 63 . § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtomG bildet also die Grundlage für die Verpflichtung des Betreibers, Maßnahmen zum Schutz einer kerntechnischen Anlage gegen terroristische oder sonstige rechtswidrige Akte zu treffen 64 . Da aber die Form der Aufgabenerfüllung nicht gesetzlich geregelt ist, bleibt es dem Anlagenbetreiber selbst überlassen, ob er dieser Eigensicherung^pflicht durch die Einrichtung eines betriebseigenen Werkschutzes nachkommt oder durch die Beauftragung eines externen Bewachungsunternehmens. So wird in den »Anforderungen an den Objektsicherungsdienst und an Objektsicherungsbeauftragte in kerntechnischen Anlagen der Sicherungskategorie I" vom 8. 4. 1986, in Ziffer 6 eine Übertragung der Aufgaben des Objektsicherungsdienstes an ein gewerbliches Sicherheitsunternehmen ausdrücklich zugelassen65. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, daß in diesem Bereich sogar die Auflage der Genehmigungsbehörde für rechtmäßig erklärt wurde, den beschäftigten Objektsicherungsdienst mit Faustfeuerwaffen auszurüsten66. Auf die in diesem Zusammenhang geführte Diskussion, inwieweit eine derartige Auflage eigentlich mit der Übertragung hoheitlicher Befugnisse verbunden werden müßte, ist jedoch erst in Kapitel vier einzugehen.
61
Martens in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsrechts, S. 356. Hiernach waren 1994 bereits 13 verschiedene private Sicherheitsunternehmen am Rhein-Main Flughafen in Frankfurt a.M. zur Erledigung von § 20a-Maßnahmen tätig. 62 Haedrich, Atomgesetz § 7 Rz. 111. 63 Ronellenfitsch, Das atomrechtliche Genehmigungsverfahren, S. 273. Diesem zustimmend Haedrich, Atomgesetz § 7 Rz. 112. 64 So auch BVerwG, Urteil vom 19. 1. 1989 in: DVB1. 1989, S. 517. 65 Gemeinsames Ministerialblatt, herausgegeben vom Bundesminister des Innern, Ausgabe A, 37. Jahrgang, S. 242 ff. 66 Sojedenfalls BVerwG, Urteil vom 19. 1. 1989 in: DVB1. 1989, S. 517.
2. Kap.: Das private Sicherheitsgewerbe im Bereich der Gefahrenabwehr
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Ein weiteres, normstrukturell vergleichbares Betätigungsfeld im Zusammenhang mit den Eigensicherungspflichten eröffnet dem privaten Sicherheitsgewerbe im Bereich des Immissionsschutzrechts § 4 Nr. 5 der 12. BImSchV. Dort wird der Betreiber von Anlagen, die unter die Störfallverordnung fallen, verpflichtet, sicherheitstechnisch bedeutsame Anlagenteile vor Eingriffen Dritter zu schützen. Ebenso wie im Bereich der kerntechnisehen Anlagen ist auch im Rahmen dieser Ermächtigung in zunehmendem Maße eine Einschaltung des privaten Wachgewerbes festzustellen67. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß private Sicherheitsdienste auch im Bereich der mittels gesetzlich verankerter Eigensicherungspflichten staatlich veranlaßten Gefahrenabwehr ein immer größeres Betätigungsfeld finden. Dies ist insbesondere deshalb der Fall, weil die verpflichteten Anlagenbetreiber meist aus Kostengründen immer mehr dazu übergehen, externe Betriebe mit der Erfüllung dieser Aufgaben zu betrauen. Hierbei stehen dên Sicherheitskräften allerdings keinerlei obrigkeitliche Sonderbefugnisse zur Verfügung. Sie sind bei der Erfüllung ihrer Wachtätigkeiten ebenso wie ihre der ersten Gruppe zuzuordnenden Kollegen auf die jedermann zur Verfügung stehenden Notrechte beschränkt.
B. Obrigkeitliche Gefahrenabwehr durch das private Sicherheitsgewerbe Als letzte Gruppe der gewerblichen Gefahrenabwehr ist schließlich diejenige anzuführen, deren Vertreter die stärkste Bindung zum Staat haben. Hierbei handelt es sich um Sicherheitskräfte, denen der Staat zur Erledigung ihrer Aufgaben gewisse hoheitliche Eingriffsbefugnisse übertragen hat und die im eigentlichen Kernbereich der Gefahrenabwehr tätig werden, dem Einschreiten mit Befehl und Zwang zum Schutz von Bürgern oder staatlichen Einrichtungen 68. Zwar stellt eine derartige Übertragung hoheitlicher Befugnisse ein grundsätzlich im Rahmen der Rechtsfigur der Beleihung zu diskutierendes Problem dar 69 . An dieser Stelle soll es jedoch vorerst mit dem bloßen Hinweis auf diesen Hauptfall der Übertragung obrigkeitlicher Kompetenzen an Private sein Bewenden haben. Unabhängig von der jeweiligen Rechtsform eines im obrigkeitlichen Bereich tätigen Privaten herrscht jedoch seit dem Kreuzberg-Urteil des Preußischen OVG 7 0 67
Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 177. So formuliert von Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 37 und 59. 69 Unter einem beliehenen Unternehmer ist eine Privatperson zu verstehen, der hoheitliche Kompetenzen zur Wahrnehmung im eigenen Namen übertragen sind, und die organisatorisch in das System der mittelbaren Staatsverwaltung einbezogen ist. So: Von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 34; P. M. Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 162 f.; Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 Rz. 2. Hierzu siehe auch Scholz, Verkehrsüberwachung durch Private, NJW 1997, S. 14,15. 68
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Einigkeit dahingehend, daß ein derartiges, grundsätzlich dem Staat vorbehaltenes Tätigwerden ausschließlich aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung auf einen Privaten übertragen werden kann 71 . Vorab ist daher an dieser Stelle bereits kurz auf die gesetzlichen Vorschriften einzugehen, die eine hoheitliche Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitskräfte möglich machen.
I. Zivile Wachpersonen im Bereich des UZwGBw Den einen der beiden derzeit existierenden Fälle von spezialgesetzlicher Übertragung hoheitlicher Eingriffsbefugnisse auf gewerbliche Sicherheitskräfte stellt § 1 Abs. 2 UZwGBw dar 72 . Hiernach verfügt jemand, der, ohne Soldat zu sein, mit militärischen Wachaufgaben der Bundeswehr betraut ist 7 3 , in rechtmäßiger Erfüllung dieser Aufgabe über die Befugnisse nach dem UZwGBw, soweit diese ihm durch den Bundesminister der Verteidigung oder einer anderen von diesem bestimmten Stelle übertragen werden. Zwar befindet sich ein Teil dieser zivilen Wachpersonen direkt im Dienst der Bundeswehr 74, doch wird der Großteil dieser nicht von Soldaten durchgeführten Wachtätigkeiten mittlerweile von der Bundeswehrverwaltung zur Erledigung an gewerbliche Sicherheitsunternehmen vergeben. Berücksichtigt man, daß 13 Prozent des Umsatzvolumens des deutschen Sicherheitsgewerbes aus Aufträgen der Bundeswehr zur Bewachung ihrer Kasernen und sonstigen militärischen Anlagen stammen75, so ist dem UZwGBw und seinem § 1 Abs. 2, welche überraschenderweise in einigen sich mit diesem Themenbereich beschäftigenden Arbeiten unberücksichtigt gebliebenen sind 76 , eine nicht unerhebliche Bedeutung für die gewerbliche Sicherheit beizumessen. An dieser Stelle sei zunächst nur kurz darauf hingewiesen, daß einzelne dieser im UZwGBw enthaltenen und durch § 1 Abs. 2 auch auf ziviles Sicherheitspersonal übertragbaren 70 PrOVG 9, S. 353 ff.; ausführlich zu diesem zur begrenzten Auslegung von § 10 II 17 PrALR ergangenen Urteil siehe: Schrödter, Vom Kreuzberg-Urteil zur Bauregelungsverordnung, DVB1. 1975, S. 846. 71 Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 26. Zur Geltung des Vorbehalts des Gesetzes, statt vieler: P. M. Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 163. Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, § 104 Rz. 6, bezeichnen dies als den institutionellen Gesetzesvorbehalt der Beleihung. Grundsätzlich auch Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, S. 41 ff. 72 So auch Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 188.
73 So die Legaldefinition der zivilen Wachperson in § 1 Abs. 2 UZwGBw. 74 Großmann, Bundeswehrsicherheitsrecht, III. § 1 Rz. 80. 75 Informationen des BDWS nach Angaben des statistischen Bundesamtes (1996). Zwar ohne die Angabe genauer Zahlen, doch mit dem Hinweis auf die große Bedeutung dieses Bereichs für das Sicherheitsgewerbe, Sausen in: Beer/Hohl/Sabitzer, Sicherheitsjahrbuch 1997/98, S. 105. 76 Weder bei Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, noch bei Peilert, das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, findet dieser Bereich der obrigkeitlichen Gefahrenabwehr durch Privatpersonen Erwähnung.
2. Kap.: Das private Sicherheitsgewerbe im Bereich der Gefahrenabwehr
57
Befugnisse obrigkeitlicher Natur sind. So werden in den §§ 4 ff. UZwGBw mit den Befugnissen zum Anhalten, zur Personenüberprüfung, zur vorläufigen Festnahme, Durchsuchung und Beschlagnahme und in den §§ 10 ff. UZwGBw mit den Befugnissen zur Anwendung des unmittelbaren Zwanges echte obrigkeitliche Eingriffsbefugnisse geregelt.
II. Zivile Wachpersonen im Bereich des LuftVG Neben den bereits angesprochenen Eigensicherungspflichten aus dem LuftVG regelt dieses Gesetz in § 29c weiterhin noch die Sicherheitsaufgaben der Luftfahrtbehörden. Zur Erledigung dieser Aufgabe der Abwehr äußerer Gefahren für den Luftverkehr vermittelt § 29c LuftVG den Luftfahrtbehörden ebenfalls verschiedene obrigkeitliche Befugnisse 77. Gleichzeitig werden diese Behörden durch Abs. 1 S. 3 dieser Vorschrift jedoch ermächtigt, die ihnen obliegenden sicherheitsrelevanten Aufgaben zu delegieren und einen Teil der Befugnisse auf Privatpersonen zu übertragen 78. Bis zum Jahre 1992 enthielt jener Abs. 1 S. 3 einen Zusatz dahingehend, daß eine derartige Übertragung nur an solche Personen möglich ist, die im Geltungsbereich der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes tätig sind. Eine Übertragung an Beschäftigte gewerblicher Sicherheits- und Bewachungsunternehmen war infolgedessen nicht möglich. Mit dem zehnten Änderungsgesetz zum LuftVG vom 23.7.1992 wurde allerdings genau diese Passage aus § 29c Abs. 1 S. 3 herausgestrichen. Dies hatte zur Folge, daß nun jede Privatperson, unabhängig von einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst, als ein derartiges Hilfsorgan herangezogen werden kann, und daß hierdurch ein weiteres Aufgabenfeld für die gewerbliche Sicherheit eröffnet wurde 79 . Zwar wurde von dieser Ermächtigung in § 29c LuftVG bisher nur auf den Flughäfen Hamburg und Berlin Gebrauch gemacht80. 77
An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, daß auch § 29 LuftVG eine Regelung zur Aufgaben- und Befugnisübertragung im Bereich der Gefahrenabwehr enthält. Grundsätzlich können, entsprechend § 29c Abs. 1 S. 3, nach § 29 Abs. 1 S. 3 LuftVG ebenfalls Befugnisse auch auf Privatpersonen übertragen werden; siehe Hofmann/Grabherr, § 29 Rz. 23 ff. Da es sich hierbei jedoch um Maßnahmen der Luftaufsicht, also um größtenteils hochkomplexe technische Überwachungs- und Beobachtungstätigkeiten handelt -hierzu: Hofmann /Grabherr, § 29 Rz. 5 ff.-, kann bezweifelt werden, daß sich auch dieser Bereich der Gefahrenabwehr für eine Übernahme durch das private Bewachungsgewerbe eignet. 78
Zu diesen einzelnen übertragbaren Befugnissen und den näheren Voraussetzungen an eine solche Übertragbarkeit siehe die entsprechenden Ausführungen in Kapitel drei, Abschnitt A. III. 2. 79 Hierzu siehe Giemulla/ Schmid /Müller-Rostin, § 29c Rz. 9a und Hofmann/Grabherr, § 29c Rz. 25. 80 Auf dem Flughafen München wurde die Durchführung der entsprechenden Personenund Gepäckkontrollen auf die eigens zu diesem Zweck gegründete „Sicherheitsgesellschaft am Flughafen München mbH" übertragen. Bei dieser Gesellschaft hält der Freistaat Bayern einen Anteil von 51 und ein privates Sicherheitsunternehmen 49 Prozent; siehe: OlschokTautenhahn, Private Sicherheitsunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland, S. 151.
2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
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Glaubt man jedoch den Prognosen des Sicherheitsgewerbes, so ist im Rahmen des allgemein im Vordringen befindlichen Outsourcing-Gedankens von einer weiteren Ausbreitung der gewerblichen Sicherheit auch in diesem Bereich auszugehen81.
I I I . Abgrenzung zu sonstiger obrigkeitlicher Gefahrenabwehr durch Private Wie bereits mehrfach betont, bildet das Merkmal der Gewerblichkeit der Gefahrenabwehr ein wesentliches Charakteristikum des dieser Arbeit zugrundeliegenden Untersuchungsgegenstandes. In weiten Bereichen der einschlägigen Literatur wird demgegenüber ein weitaus größerer Rahmen obrigkeitlicher Gefahrenabwehr durch Private diskutiert. Der Vollständigkeit halber ist hier einerseits die Geeignetheit dieser weiteren Formen obrigkeitlicher Gefahrenabwehr zur Erledigung durch die gewerbliche Sicherheit zu prüfen. Zugleich ist nochmals eine Abgrenzung zu der hier nicht zu berücksichtigenden obrigkeitlichen Gefahrenabwehr durch Private vorzunehmen, die eben nicht gewerblich ausgeübt wird.
7. „Hilfspolizisten
" nach Landesrecht
In den meisten Bundesländern bestehen Gesetze, nach denen unter bestimmten Umständen freiwillige Privatpersonen zu „Hilfspolizisten" mit polizeilichen Befugnissen bestellt werden können 82 . Zwar existieren in den verschiedenen Ländern einige Unterschiede in der konkreten Ausgestaltung bzw. der Reichweite der Aufgaben- bzw. Befugnisübertragung, so daß es schwer fällt, hierin eine homogene Erscheinungsform obrigkeitlicher Gefahrenabwehr zu sehen83. Einigkeit herrscht jedoch darüber, daß mittels all dieser Vorschriften im Ergebnis auch Privatpersonen mit polizeilichen Befugnissen betraut werden können 84 . Die Gründe und damit 81
Sojedenfalls Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 215. 82 So in: Baden-Württemberg, § 1 Abs. 3 FPolDG; Berlin, § 5 Abs. 2 ASOG i.V.m. FPRG; Bremen, § 84 Abs. 1 BremPolG; Hamburg, § 29 Abs. 2 HmbgSOG; Hessen, § 99 Abs. 1 HSOG; Niedersachsen, § 73 NdsSOG; Rheinland-Pfalz, § 95 POG RhPf; Saarland, § 84 SPolG und Sachsen-Anhalt, § 83 SOG LSA. 83 So auch einleitend Ungebieler, Der Hilfspolizeibeamte im deutschen Polizeirecht, DVB1.1980, S. 409. Auch begrifflich herrscht diesbezüglich eine gewisse Uneinigkeit, zumal diese Form einmal als „Hilfspolizeibeamter" bezeichnet wird; so von Ungebieler, allerdings mit dem Hinweis, daß dies insofern unpräzise sei, als der Betroffene keinesfalls einen Beamtenstatus durch die Ernennung erhalten würde. Teilweise findet sich aber auch eine Bezeichnung als „Polizeihelfer"; Bachof, Verwaltungsrecht Bd. III, § 123 Rz. 10 oder als „Hilfspolizist"; Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 56 f. 84 Insoweit übereinstimmend: Mußmann, Allgemeines Polizeirecht in Baden-Württemberg, S. 56; Ungebieler, a. a. O., S. 409 und Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 57, die aber ausdrücklich einschränkend darauf hinweisen, daß dies nur im Rahmen
2. Kap.: Das private Sicherheitsgewerbe im Bereich der Gefahrenabwehr
59
auch die gesetzlichen Voraussetzungen für eine derartige Heranziehung von Nichtpolizisten zu polizeilichen Aufgaben sind einerseits zu sehen in dem durch besondere Gefahrensituationen entstehenden, bloß vorübergehenden Bedarf nach einer Unterstützung der Polizei bei Vollzugsaufgaben 85. Andererseits ist aber auch eine dauerhafte Entlastung der Vollzugspolizei auf Gebieten der Gefahrenabwehr beabsichtigt, die nicht zum Kernbereich hoheitlicher polizeilicher Tätigkeiten gehören 86 . Wie bereits erwähnt, können den entsprechenden Vorschriften nach auch Privatpersonen zu derartigen Hilfspolizeibeamten ernannt werden. Da es die weitgehend fehlende Veröffentlichung der Ernennungspraxis durch die zuständigen Behörden unmöglich macht, einen genauen Überblick über die Zusammensetzung des bestellten Personenkreises zu erhalten, können auch Angaben über den Anteil gewerblicher Sicherheitskräfte hieran nicht gemacht werden. So wird zwar von Ungebieler behauptet, daß die Gruppe der öffentlichen Bediensteten den überwiegenden Teil der Hilfspolizeibeamtenschaft stellt und Privatpersonen dort die Ausnahme bilden 87 . Da es sich jedoch auch hierbei um eine bloße Vermutung handelt, ist an dieser Stelle die grundlegende Frage zu stellen, ob diese gesetzlich eröffneten Aufgabenbereiche für den Einsatz gewerblicher Sicherheitskräfte überhaupt geeignet sind 88 . a) Einsatz gewerblicher Sicherheitskräfte im Bereich der freiwilligen Polizeireserven Betrachtet man den Aufgabenbereich der auch als „freiwillige Polizeireserve" bezeichneten Gruppe, deren Mitglieder nur zur vorübergehenden Unterstützung in einer Hilfstätigkeit stattfindet und die so Bestellten weisungsgebunden und unselbständig bleiben. Ebenso: Wolff/ Bachof, Verwaltungsrecht II, § 104 I b, die diese Bestellung deshalb rechtsdogmatisch von der Beleihung unterscheiden, obwohl diese aufgrund der ebenfalls übertragenen obrigkeitlichen Kompetenzen durchaus vergleichbar ist. 85 So ζ. B. die Aufgabenstellung der freiwilligen Polizeireserven in Baden-Württemberg (§ 1 Abs. 3 FPolDG), Berlin (§ 5 Abs. 2 BlnASOG), und Hamburg (§ 29 HmbgSOG). 86 Relativ weit gefaßt in Hessen, wo nach § 99 Abs. 1 HSOG „bestimmte polizeiliche Aufgaben übertragen werden können". Hierzu auch Kunkel/Pausch/Prillwitz, HSOG § 99 Rz. 1. Ähnlich in Niedersachsen (§ 73 NdsSOG), Rheinland-Pfalz (§ 95 POG RhPf) und im Saarland § 84 SPolG. Ausführlich hierzu und mit weiteren Differenzierungen im Aufgabenbereich: Ungebieler, Der Hilfspolizeibeamte in deutschen Polizeirecht, DVB1. 1980, S. 409, 413 f. 87 A.a.O., S. 415. Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 56 f. und Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, S. 180 f., machen über die Zusammensetzung der Hilfspolizistenschaft keine Angaben, sondern erwähnen in diesem Zusammenhang lediglich, daß sowohl Beschäftigte des öffentlichen Dienstes als auch normale Bürger hiervon betroffen sind. 88 Zwar erwähnt Czepluch die Vorschriften über die Hinzuziehung von Hilfspolizeibeamten im Zusammenhang mit den Befugnissen gewerblicher Sicherheitskräfte. Konkrete Aussagen über deren Anwendung fehlen jedoch; so in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 204 f.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
besonderen Bedarfsfällen zum Hilfspolizeidienst herangezogen werden 89, so fällt es schwer, hierin ein geeignetes Betätigungsfeld für das Sicherheitsgewerbe zu sehen. Würde eine derartige Polizeireserve aus hauptberuflich tätigen gewerblichen Sicherheitskräften gebildet werden, so wäre dies mit erheblichen permanenten Fixkosten verbunden. Sinn und Zweck dieser Bevollmächtigungsvorschriften liegt jedoch darin, die Vollzugspolizei zu entlasten, damit deren zu einer effektiven Arbeit erforderliche Personalstärke gering zu halten und somit Kosten zu sparen 90. Die Angehörigen des freiwilligen Polizeidienstes erhalten keinen Lohn, sondern beziehen lediglich Ersatzleistungen, ζ. B. für Verdienstausfall 91. Das Modell der „freiwilligen Hilfspolizei" scheint daher lediglich für den normalen Bürger konzeptioniert worden zu sein, der sich freiwillig und unentgeltlich bereit erklären, bei Bedarf seine Hilfstätigkeit zur Verfügung zu stellen 92 . Neben dem gegen die Beschäftigung des Sicherheitsgewerbes in diesem Bereich sprechenden wirtschaftlichen Aspekt, wäre aber auch noch die politische bzw. verfassungsrechtliche Problematik einer Übertragung polizeilicher Befugnisse auf gewerbliche Sicherheitskräfte anzuführen. Es sei in diesem Zusammenhang bereits auf das Stichwort des „Machtpotentials der Privatarmeen" hingewiesen93. Insbesondere auch das Attribut der „Freiwilligkeit" dieses privaten Polizeidienstes94 läßt einen Schluß darauf zu, daß der Gesetzgeber damit gerade kommerzielle Anbieter von der Aufgabenerfüllung fernhalten wollte und daher solche vermutlich auch nicht mit diesen Aufgaben betraut sehen möchte. Nach alledem erscheint ein Einsatz gewerblicher Sicherheitskräfte in diesem Bereich eher als unwahrscheinlich. Dem Verfasser ist jedenfalls kein Fall bekannt geworden, in dem eine derartige Ernennung vorgenommen wurde.
b) Wahrnehmung bestimmter Aufgaben der Gefahrenabwehr durch gewerbliche Hilfspolizeibeamte Für das Bewachungsgewerbe interessanter sein dürfte allerdings der zweite Aufgabenbereich der Hilfspolizeibeamten, also die dauerhafte Entlastung der Voll89 Zu den näheren Voraussetzungen für einen derartigen Einsatz und den potentiellen Einsatzgebieten siehe ausführlich: Reiff/Wöhrle/Wolf/Stephan, Polizeigesetz für Baden-Württemberg, § 59 Rz. 6. In bestimmten Katastrophen- und Notfällen beispielsweise: § 83 Abs. 1 S. 1 Buchstabe a.) SOG LSA. 90 Dies wird zwar so explizit nirgends erwähnt, doch erscheint es als einziger plausibler Grund dafür, die anfallenden, durch diese Gesetze abgegebenen sicherheitsrechtlichen Aufgaben nicht von einer personell ausreichend verstärkten Vollzugspolizei erledigen zu lassen. 91 Z. B. § 7 FPolDG. Hierzu auch Mußmann, Allgemeines Polizeirecht in Baden-Württemberg, S. 56. 92 So auch Drews /Wacke /Vogel /Martens, in Gefahrenabwehr, S. 57. » Vor allem Hoffmann-Riem, Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277, 279. 94 So bereits im Namen der jeweiligen Gesetze in Baden-Württemberg (FPolDG, Gesetz über den freiwilligen Polizeidienst) und Berlin (FPRG, Gesetz über die freiwillige Polizeireserve) enthalten.
2. Kap.: Das private Sicherheitsgewerbe im Bereich der G e f a h r e n a b w e h r 6 1
zugspolizei durch die „Wahrnehmung bestimmter Aufgaben der Gefahrenabwehr" 95 . Hier ist insbesondere die in Deutschland bisher einzigartige Praxis der Stadt Frankfurt am Main anzuführen, Leiharbeitnehmer von privaten Sicherheitsunternehmen als Hilfspolizeibeamte zu bestellen und diese mit der Überwachung des ruhenden Verkehrs zu beauftragen 96. Zwar wurde von dieser Möglichkeit der Bestellung gewerblicher Sicherheitskräfte zu Hilfspolizeibeamten bisher nur von der Stadt Frankfurt am Main Gebrauch gemacht97. Betrachtet man jedoch die stete Zunahme des Straßenverkehrs und den allgemeinen Trend zur Vergabe auslagerungsfähiger Aufgaben, so bietet sich in diesem Zusammenhang gerade bei der Überwachung des ruhenden und des fließenden Verkehrs ein ergiebiges Betätigungsfeld für das Sicherheitsgewerbe. Sollte sich die Praxis der Stadt Frankfurt a.M. in Zukunft bewähren, so ist ein weiteres Vordringen des privaten Sicherheitsgewerbes in diesen Bereich der Gefahrenabwehr zu erwarten.
2. Spezialgesetzliche Beleihungstatbestände Eine weitere Grundlage zur Ausstattung von Privatpersonen mit obrigkeitlichen Befugnissen zur Gefahrenabwehr stellen die verschiedenen spezialgesetzlich normierten Beleihungstatbestände dar. Im Verkehrsrecht beispielsweise werden dem Schiffskapitän (§ 106 Abs. 1 SeemG), dem Beauftragten für Luftaufsicht (§ 29 Abs. 2 LuftVG), dem Flugzeugführer (§ 29 Abs. 3 LuftVG), den Technischen Überwachungs-Vereinen und den Bediensteten von Privatbahnen (§ 55 EBO) hoheitliche Befugnisse zur Erhaltung der Sicherheit und Ordnung in ihrem Tätigkeitsbereich übertragen. Auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft sind der Jagdausübungsberechtigte (§ 25 Abs. 1 BJagdG), der bestätigte Jagdaufseher (§ 25 Abs. 2 BJagdG) und in einigen Bundesländern der Feld- und Forstschutzbedienstete (Art. 26 BayForststrafgesetz; § 99 Abs. 3 Nr. 2 lit. b HSOG; § 13 Feld- und Forstordnungsgesetz, Nds.; § 29 Feld- und Forstschutzgesetz NW) und der Fischereiaufseher (§ 54 Fischereigesetz NW; § 73 Hess. Fischereigesetz; Art. 86 Bay Fischereigesetz) zur obrigkeitlichen Gefahrenabwehr ermächtigt. Schließlich werden bestimmte Private im Falle einer Naturkatastrophe oder eines anderen Unglücksfalles mit hoheitlichen Befugnissen zur Gefahrenabwehr ausgestattet. So ist dies 95 Beispielsweise § 99 Abs. 1 HSOG. Ähnlich auch § 73 NdsSOG, § 95 POG RhPf und § 84 SPolG. 96 Zu dieser Praxis und den damit gemachten Erfahrungen siehe ausführlich: Magistrat der Stadt Frankfurt am Main, Erfahrungsbericht zum Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen /-nehmern als Hilfspolizeibeamtinnen /-beamte zur Überwachung des ruhenden Verkehrs in Frankfurt am Main. 97 Jedenfalls der Kenntnis des Verfassers nach. Die bei Peilert im Zusammenhang mit der Bestellung von „Hilfspolizisten" genannte, privat durchgeführte Geschwindigkeitskontrolle im Landkreis Grevesmühlen, Mecklenburg-Vorpommern (in: Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 46), wurde nach telefonischer Rückfrage bei dem zuständigen Abteilungsleiter lediglich als private Bereitstellung der technischen Geräte identifiziert.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
beispielsweise in Nordrhein-Westfalen beim Führer von Brandsicherheitswachen nach § 24 FSHG NW der Fall. Auch dem Strandvogt (§§ 1 Abs. 2, 6 Abs. 1, 9 Abs. 1 der Strandungsordnung vom 17. 5. 1874) und dem Bisamrattenfänger (§ 4 Abs. 3 der Verordnung zur Bekämpfung der Bisamratte vom 1. 7. 1938) werden gewisse, der Gefahrenabwehr dienende obrigkeitliche Eingriffsbefugnisse zugestanden. All diesen Beleihungstatbeständen ist jedoch gemein, daß sie bis heute nicht auf die Beschäftigten der gewerblicher Sicherheitsunternehmen angewendet werden. Letztlich eignen sich die entsprechenden Funktionen auch nicht zu einer gewerblichen Ausführung. Die meisten der oben aufgeführten Beliehenen erfüllen primär eine andere Aufgabe als die sicherheitsrelevante, für die ihnen die jeweiligen obrigkeitlichen Befugnisse zur Seite gestellt werden. Die Gefahrenabwehr ist hier also bloßes Mittel zum Zweck, um den reibungslosen Ablauf der jeweiligen, an sich nicht polizeilichen Haupttätigkeit zu gewährleisten 98. Außerdem werden in diesem Zusammenhang zumeist hohe Anforderungen an die fachliche Qualifikation der Beliehenen gestellt, die ohne eine längere und kostspielige Ausbildung nicht zu erfüllen sind 99 . Dieser Bereich privater Gefahrenabwehr ist demnach für das Sicherheitsgewerbe bereits aus wirtschaftlichen Gründen völlig uninteressant. Da die Fachkenntnis der betrauten Personen, im Hinblick auf die in ihrem Aufgabenbereich speziell auftretenden Probleme als unabdingbare Voraussetzung für ein besonders gut angepaßtes polizeiliches Einschreiten erachtet wird, erscheint es auch nicht sinnvoll, den auf die Gefahrenabwehr bezogenen Nebenbereich von der Gesamttätigkeit des Beliehenen abzutrennen und zur Erledigung an ein gewerbliches Sicherheitsunternehmen abzugeben 1 0 °.
C. Zusammenfassung Der erste Überblick über die verschiedenen in Deutschland existierenden Erscheinungsformen der gewerblichen Sicherheit zeigt, daß der Großteil der dort Tätigen lediglich auf die allgemeinen Notrechte zurückgreifen kann 101 . Dies gilt sowohl für den Bereich der eigenständigen, ohne staatliche Veranlassung tätig werdenden gewerblichen Sicherheit als auch für diejenigen, die von Betreibern gefährdeter Anlagen mit der Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Eigensicherungs98
So auch Ungebieler, der einer Übertragung sicherheitsrechtlicher Befugnisse neben der Entlastungsfunktion für die Polizei eine sogenannte Unterstützungsfunktion für die betrauten Personen zuspricht; Der Hilfsbeamte im deutschen Polizeirecht, DVB1. 1980, S. 409,410. 99 Hierbei ist vor allem an die Beliehenen des Verkehrsrechts, also ζ. B. den Flugzeugführer oder den Schiffskapitän, aber auch an die der Jagd- und Forstwirtschaft zu denken. Hierzu Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 295 f. 101 So auch Schwabe, Legitimation und Schranken für Sicherheitsgewerbe und betrieblichen Werkschutz, W+S Information 1983, Nr. 158, S. 10, 13, der feststellt, daß die Jedermann-Notrechte für die Praxis des Sicherheitsgewerbes die wichtigste Rolle spielen würden.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
pflichten beauftragt werden. Die mit obrigkeitlichen Befugnissen ausgestatteten gewerblichen Sicherheitskräfte werden zum Großteil von der Bundeswehr beauftragt, die diese Kräfte zur Bewachung ihrer Anlagen einsetzt. Außerhalb des UZwGBw bildet obrigkeitlich und spezialgesetzlich bevollmächtigtes oder gar beliehenes Sicherheitspersonal dagegen eher die Ausnahme. Bis auf vereinzelte landesrechtlich geregelte Fälle der Bestellung Privater zu Hilfspolizisten und einige Fälle von Beleihungen im Bereich des LuftVG ist das Sicherheits- und Bewachungsgewerbe in diesem Bereich der Gefahrenabwehr also bislang noch nicht in Erscheinung getreten.
Drittes Kapitel
Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit Nach Klärung des dieser Arbeit zugrundeliegenden Begriffs und dem vorstehend gewährten Überblick über die unterschiedlichen Formen der gewerblichen Gefahrenabwehr, gilt es nun in diesem Kapitel, eine Darstellung der normativen Rahmenbedingungen des Sicherheits- und Bewachungsgewerbes vorzunehmen. Hierbei wird vor allem auf diejenigen Vorschriften eingegangen, die dem Sicherheitspersonal als Grundlage für seine jeweiligen Handlungs- und Eingriffsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Die Darstellung der die private Sicherheit betreffenden gewerberechtlichen Vorschriften bildet einen weiteren Schwerpunkt dieses Kapitels. Weiterhin wird noch einzugehen sein auf das Waffenrecht und schließlich auf die existierenden Bestrebungen zur gesetzlichen Neuregelung des privaten Sicherheitsgewerbes.
A. Dem Staat zurechenbare Verleihung von Rechten an gewerbliche Sicherheitskräfte; Befugnisse und Schranken Es wird vielfach davon ausgegangen, daß die Gefahrenabwehr noch als Musterbeispiel der Eingriffsverwaltung anzusehen ist, die in diesem Bereich tätigen Personen also primär über die ihnen zustehenden Eingriffsbefugnisse zu definieren bzw. zu unterscheiden sind 1 0 2 . Selbst wenn man aber zutreffenderweise die Aufgabe der Gefahrenabwehr von den zu ihrer Erfüllung einzusetzenden Handlungsmitteln streng unterscheidet, so ist die Reichweite und die Qualität der Eingriffsbefugnisse einer im Bereich der Gefahrenabwehr tätigen Person wohl noch immer als 102 So wird nach Isensee die Gefahrenabwehr von den Mitteln bestimmt, die den sie durchführenden Personen zur Verfügung stehen; in: Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 167 f.
. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
wesentliches Charakteristikum zur Beschreibung ihrer Stellung anzusehen. Um letztendlich ein komplettes Bild des Sicherheits- und Bewachungsgewerbes zu erhalten, ist es daher unumgänglich, auch den Umfang der den verschiedenen Erscheinungsformen gewerblicher Sicherheitskräfte zur Verfügung stehenden Handlungsgrundlagen zu untersuchen. Mit der Frage nach den jeweiligen Befugnissen ist dieser Problemkreis allerdings nicht in seiner Gesamtheit zu erfassen. Während unter einer Befugnis im strengen Wortsinne lediglich die ausdrückliche Ermächtigung einer Person zu einem Handeln und damit verbunden zu einem Eingriff in bestimmte Rechte Dritter zu verstehen ist, soll hier der gesamte Rahmen bestimmt werden, innerhalb dessen die privaten Sicherheitskräfte in rechtmäßiger Weise ihrer Tätigkeit nachgehen können. Zwar wird dieser Rahmen zumindest teilweise durch die Verleihung von Befugnissen bestimmt. In einigen anderen Fällen handelt es sich aber eben gerade um Sicherheitskräfte, denen keine ausdrücklich zugewiesenen Befugnisse zur Verfügung stehen. Wie noch aufzuzeigen sein wird, beschränken sich deren „Befugnisse" auf die Jedermannrechte, die somit neben den ausdrücklichen, sozusagen echten Befugnissen eine zweite Kategorie von „Gewaltgestattungsnormen" 103 darstellen.
I· Notrechte als „Gewaltgestattungsnormen" Wie bereits festgestellt wird der Handlungsrahmen des Großteils der in der gewerblichen Sicherheit Beschäftigten durch die sogenannten Jedermannrechte bestimmt. Anders als im dritten Teil, mit seinen, dem besseren Verständnis des amerikanischen Rechtssystems dienenden, eher grundsätzlich angelegten Ausführungen, soll hier auf eine allzu ausführliche Darstellung der einzelnen Tatbestandsmerkmale der jeweiligen straf- und zivilrechtlichen Notrechte verzichtet werden. Beabsichtigt ist vielmehr eine Auflistung der für das Sicherheitsgewerbe einschlägigen Normen und die Darstellung derjenigen Rechtsprobleme, die im Zusammenhang mit dem Tätigwerden gewerblicher Wachdienste als relevant erscheinen. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang vor allem auf die nach wie vor existierende Diskussion über die Geeignetheit dieser Normen als Befugnisgrundlagen für das Sicherheits- und Bewachungsgewerbe einzugehen.
1. Notwehr- und Nothilfevorschriften;
§ 32 StGB, § 15 OWiG, § 227 BGB
a) Tatbestandsvoraussetzungen Auch wenn § 32 StGB die wohl bedeutsamste, weil umfassendste und am häufigsten angewandte Notwehr- bzw. Nothilfevorschrift darstellt, seien hier der Voll103 Diese durchaus passende Bezeichnung für die Notrechte geht zurück auf Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, S. 56.
. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
ständigkeit halber auch die entsprechenden Notwehrvorschriften des Zivil- und OrdnungsWidrigkeitenrechts, nämlich § 227 BGB und § 15 OWiG erwähnt. Da zwischen diesen Vorschriften aber weder inhaltlich noch in bezug auf die Auslegung der Rechtfertigungsvoraussetzungen Unterschiede bestehen104, werden sie im folgenden anhand des § 32 StGB einheitlich diskutiert. (1) Abwehr eines gegenwärtigen Angriffs Als erstes verlangt der Rechtfertigungsgrund des § 32 StGB, daß sich die Verteidigungshandlung gegen einen gegenwärtigen Angriff richtet. Hierunter ist jede rechtswidrige, unmittelbar bevorstehende oder noch nicht abgeschlossene Verletzung rechtlich geschützter Güter oder Interessen zu verstehen, wobei Angreifer in diesem Sinne nur ein Mensch sein kann 105 . Nur wenn die Verteidigungshandlung gegen einen Angriff auf eigene Rechtsgüter erfolgt, kann dabei von Notwehr gesprochen werden. Handelt der Verteidigende dagegen, um die Rechtsgüter eines Dritten zu schützen, so liegt eine allerdings ebenso gerechtfertigte Nothilfemaßnahme vor 1 0 6 . Betrachtet man das Tätigkeitsfeld der gewerblichen Sicherheitskräfte, so werden diese primär beschäftigt, um ihren Auftraggeber als Dritten im Sinne des § 32 StGB zu beschützen und dessen Rechtsgüter vor Schaden zu bewahren. Die für das Bewachungsgewerbe und seine eigentliche Aufgabe weitaus wichtigere der beiden Alternativen des § 32 StGB stellt also die Nothilfe dar. Der Rechtfertigungsgrund der Notwehr ist daher nur in den Fällen von Bedeutung, in denen sich eine Sicherheitskraft im Rahmen der Tätigkeit für ihren Auftraggeber mit Angriffen gegen ihre eigene Person konfrontiert sieht. (2) Einschränkungen der Verteidigungshandlung Nachdem zunächst die Grundvoraussetzungen einer nach § 32 StGB gerechtfertigten Notwehrhandlung geklärt wurden, sollen nun die gesetzlich normierten Grenzen einer solchen Verteidigungshandlung abgesteckt werden. Diese muß nach § 32 Abs. 2 StGB zunächst erforderlich sein. Das bedeutet, sie muß geeignet sein, um die endgültige Beendigung des Angriffs herbeizuführen. Hierbei muß zwar nicht jedes Risiko für den Angreifer vermieden werden, doch hat der Notwehrausübende zumindest bei verschiedenen, gleichzeitig zur Verfügung stehenden und gleich wirksamen Mitteln das jeweils mildeste auszuwählen107. Zwischen der Intensität der Angriffshandlung und der notwendigen Abwehrhandlung muß daher
104 Für das Verhältnis zwischen § 32 StGB und § 227 BGB, siehe: Tröndle, vor § 32 Rz. 9, Lenckner in: Schönke/Schröder, vor. § 32 Rz. 64. Von Feldmann in: MüKo Bd. I, § 227 Rz. 1, nimmt zwischen allen drei Vorschriften gänzliche Übereinstimmung an. 105 Lenckner in: Schönke/Schröder, § 32 Rz. 3; Lackner, § 32 Rz. 2. 106 Statt aller BGHSt. 27, S. 313. 107 Lenckner in: Schönke/Schröder, § 32 Rz. 34. 5 Huber
2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Verhältnismäßigkeit gegeben sein. Eine Abwägung zwischen dem Rang des angegriffenen Rechtsgutes und dessen Gefahrdung einerseits und dem Rang des durch die Verteidigungshandlung bedrohten Rechtsgutes des Angreifers und dessen Gefährdung andererseits ist hingegen nach immer noch herrschender Ansicht bei § 32 StGB entbehrlich 108 . Das Notwehrrecht wird also noch immer von dem Grundsatz beherrscht, daß das Recht dem Unrecht nicht zu weichen braucht. Dementsprechend spielt das Werte Verhältnis der sich jeweils gegenüberstehenden Rechtsgüter hierbei grundsätzlich keine Rolle. Darüber hinaus stellt jedoch das Erfordernis der Gebotenheit der Verteidigungshandlung nach § 32 Abs. 1 StGB eine weitere sozialethische Einschränkung des zulässigen Handlungsrahmens dar. Diese Gebotenheit ist in der Regel immer schon dann erfüllt, wenn die Verteidigungshandlung auch erforderlich ist. Kann von dem Notwehrausübenden jedoch ein anderes Verhalten gefordert werden, weil die Verteidigung ansonsten einen Rechtsmißbrauch darstellen würde, so wäre die Gebotenheit der Verteidigungshandlung zu verneinen. Ein derartiger Rechtsmißbrauch wird beispielsweise bei einer Verteidigung gegenüber Kindern, Geisteskranken oder anderen schuldlos Handelnden angenommen, in den Fällen der Notwehrprovokation oder aber dann, wenn zwischen dem angegriffenen und dem durch die Verteidigung gefährdeten Rechtsgut ein unerträgliches Mißverhältnis besteht 109 . (3) Rechtfertigung
als Rechtsfolge
Sind die oben genannten Tatbestandsvoraussetzungen der Notwehr erfüllt, so ist eine eigentlich tatbestandsmäßige und daher rechtsgutsverletzende Handlung des Verteidigenden als rechtmäßig anzusehen. Die Rechtsfolge aller drei Notwehrbzw. Nothilfenormen (§ 32 StGB, § 227 BGB, § 15 OWiG) besteht also in der Rechtfertigung eines grundsätzlich tatbestandsmäßigen Handelns, das somit weder als Straftat noch als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann und auch keine zivilrechtlichen Schadensersatzpflichten auszulösen vermag.
b) Bedeutung der Notwehrvorschriften für die Praxis des Bewachungsgewerbes Die den Jedermannrechten zuzuordnenden Rechte der Nothilfe und der Notwehr eignen sich nach Wortlaut und grundsätzlicher Auslegung des Gesetzestextes auch zur Nutzung durch das Personal des privaten Sicherheitsgewerbes. Wie bereits angesprochen, stellt gerade der Rechtfertigungsgrund der Nothilfe die am häufigsten 108 Lackner, § 32 Rz. 11; Lenckner in: Schönke/ Schröder, § 32 Rz. 34, m.w.N. A.A. Klose, Notrecht des Staates aus staatlicher Rechtsnot, ZStW 1977, S. 61,90. 109 Tröndle, § 32 Rz. 18 ff.; Lenckner in: Schönke/Schröder, § 32 Rz. 46 f., 50,52.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
in Anspruch genommene und daher wichtigste Eingriffsgrundlage für den Großteil der nicht anderweitig mit Spezialbefugnissen ausgestatteten gewerblichen Sicherheitskräfte dar 1 1 0 . Angriffe von Seiten Dritter auf die zu bewachenden und zu schützenden Rechtsgüter des Auftraggebers können im Rahmen dieser Rechte abgewehrt werden, ohne daß sich der professionelle Nothelfer dadurch strafbar oder schadenersatzpflichtig macht. Auch wenn es sich bei diesen Notrechten eigentlich um bloße Rechtfertigungsgründe straf- oder zivilrechtlicher Natur handelt, also um Erlaubnissätze, bei deren Vorliegen eine konkrete Verbotsnorm keine Wirksamkeit entfaltet 111 , dienen sie dem Sicherheitsgewerbe im Rahmen ihrer Bewachungsund Schutztätigkeiten de facto als Ermächtigungsgrundlage zur rechtmäßigen Beeinträchtigung von Rechten Dritter, als Gewaltgestattung112.
2. Notstandsvorschriften Neben diesen relativ stark problematisierten Notwehr- bzw. Nothilfevorschriften werden auch die Notstandsvorschriften von privaten Sicherheitsdiensten als Eingriffsgrundlagen herangezogen.
a) Rechtfertigender Notstand; § 34 StGB, § 16 OWiG Da die jeweiligen Vorschriften über den rechtfertigenden Notstand des Strafund des Ordnungswidrigkeitenrechts sowohl in ihren Tatbestandsvoraussetzungen als auch bezüglich ihrer Auslegung übereinstimmen 113, wird hier die Darstellung wiederum lediglich anhand der strafrechtlichen Vorschrift des § 34 StGB vorgenommen. So setzt der rechtfertigende Notstand des § 34 StGB zunächst das Vorlieno Nach schriftlicher Auskunft des BDWS vom 6. Mai 1997 sind 97,5-98 Prozent der Beschäftigten des privaten Sicherheitsgewerbes auf die Nutzung der Notrechte beschränkt, was ihr befugnisrechtliches Instrumentarium anbelangt. m Terminologisch treffend: Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, S. 56, der in diesem Kontext den Begriff der Befugnis ganz vermeidet und statt dessen von „übertragener Gewalt" bzw. „Gewaltgestattungsnorm" spricht. So auch die mehrheitliche Ansicht in der strafrechtlichen Literatur; statt vieler Tröndle, vor. § 32 Rz. 2; Lenckner in: Schönke/Schröder, vor. § 32 Rz. 4. 112 Honigl beispielsweise bezeichnet diese Notrechte unmißverständlich und ohne Anführungszeichen als „Befugnisse des Bewachungsgewerbes"; in: Tätigwerden von Privaten, S. 67 ff. So auch Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 204, 208 f., der diesbezüglich auch nicht auf die hierzu bestehenden, im nächsten Punkt zu besprechenden Zweifel hinweist. Vorsichtiger dagegen Mahlberg, S. 97 ff., der das Wort ,3efugnis" in diesem Zusammenhang in Anführungszeichen gesetzt sehen möchte. Im Ergebnis ähnlich: Peilert, S. 462 ff., Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes oder Eberstein, der an dieser Stelle von „Einzelrechten" anstelle von Befugnissen spricht; so in: Rechtsgrundlagen für das Tätigwerden von privaten Sicherheitskräften, BB 1980, S. 863, 865. 113 Tröndle, § 34 Rz. la oder Göhler, OWiG, § 16 Rz. 1.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
gen einer nicht anders abwendbaren Gefahr für ein beliebiges Rechtsgut114, kurz eine Notstandslage voraus. Im Gegensatz zur Notwehr muß sich die Abwehrhandlung also nicht gegen einen bestimmten Angreifer richten, sondern muß lediglich dazu dienen, die für das Rechtsgut bestehende Gefahr zu beenden115. Hierbei ist ebenso unerheblich wie bei dem Recht der Notwehr, ob es sich dabei um eigene oder um die Rechtsgüter eines Dritten handelt. Zwar gilt auch hier grundsätzlich das Erfordernis der Gegenwärtigkeit einer Gefahr. Im Gegensatz zur Notwehr werden jedoch vorliegend die zeitlichen Grenzen etwas weiter gezogen und somit auch die Präventivverteidigung und die Verteidigung gegenüber einer Dauergefahr zugelassen. Wie bei der Notwehr muß auch hier das Abwehrmittel angemessen sein. Bei verschiedenen zur Verfügung stehenden gleich geeigneten Mitteln ist also das jeweils mildeste zu wählen 116 . Ebenfalls entsprechend der Notwehr handelt es sich auch bei § 34 StGB/§ 16 OWiG um Erlaubnistatbestände, deren Rechtsfolge in der Rechtfertigung einer eigentlich tatbestandsmäßigen Straftat oder Ordnungswidrigkeit besteht 117 . Der entscheidende Unterschied zum Recht der Notwehr bzw. Nothilfe besteht jedoch darin, daß beim rechtfertigenden Notstand eine Interessenabwägung gesetzlich vorgeschrieben ist. Das heißt, daß die rechtfertigende Rechtsfolge des § 34 StGB nur dann eintritt, wenn das geschützte Interesse bzw. die dafür bestehende Gefahr das beeinträchtigte und dessen Gefährdung wesentlich überwiegt. Im Gegensatz zu § 32 StGB ist hier also eine Abwägung auch im Bereich der sich gegenüberstehenden Rechtsgüter und damit eine echte Verhältnismäßigkeitsprüfung erforderlich 118 . Berücksichtigt man, daß sich sämtliche gegen eine Ausübung des Notwehrrechts durch private Sicherheitsdienste bestehenden Bedenken vor allem auf das Fehlen einer dem § 34 StGB vergleichbaren Bindung an das Verhältnismäßigkeitsprinzip begründen 119, so verwundert es nicht, daß § 34 StGB im Gegensatz zu § 32 StGB weitgehend kritiklos als Handlungsgrundlage für die 114
Lenckner in: Schönke/Schröder, § 34 Rz. 8 f. Liegt eine Abwehrhandlung gegen einen Angreifer vor, so würde § 34 hinter § 32 StGB als dem spezielleren Rechtfertigungsgrund zurücktreten; ausführlich zu den Konkurrenzverhältnissen zwischen den einzelnen Rechtfertigungsgründen siehe: Schönke/Schröder, § 34 Rz. 6; Tröndle, § 34 Rz. 23. Speziell zu den Konkurrenzen zwischen Notwehr- und Notstandsrechten siehe: Renzikowski, Notstand und Notwehr, S. 19 ff. 116 Hirsch in: Leipziger Kommentar, § 34 Rz. 50. Lenckner in: Schönke/Schröder, § 34 Rz. 18. Roxin, Strafrecht AT Bd. I, S. 598. 117 Bezüglich einer detaillierteren Darlegung der Voraussetzungen des § 34 StGB sei auf die entsprechende, mit weiteren Nachweisen versehene Darstellung bei Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 68 f., verwiesen. ue Roxin, Strafrecht AT, Bd. I, S. 599 ff. M.w.N. Lenckner in: Schönke/Schröder, § 34 Rz. 22 ff. 115
119 Hierzu siehe Kapitel vier, Abschnitt Α. II. 1. Lediglich Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 76 ff. und Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107, 128 f., weisen in diesem Zusammenhang nur am Rande auf die Problematik des Verhältnismäßigkeitsprinzips hin, problematisieren im übrigen jedoch lediglich die Konzeptionierung der Notrechte auf andere Fälle als für eine professionelle Nutzung durch das Sicherheitsgewerbe.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
Beschäftigten des privaten Sicherheits- und Bewachungsgewerbes akzeptiert wird 1 2 0 Im Gegensatz dazu ist der in § 35 StGB festgeschriebene entschuldigende Notstand unbestritten nicht zur Anwendung durch das Sicherheitsgewerbe geeignet. Anders als § 34 ist § 35 StGB kein Rechtfertigungs-, sondern ein bloßer Entschuldigungsgrund und läßt sich von daher bereits nicht als Grundlage für Eingriffe in Rechte Dritter heranziehen 121. Eine nach § 35 StGB entschuldigte Tat bleibt rechtswidrig, sie ist nicht als von der Rechtsordnung gebilligt anzusehen, sondern es entfällt, wegen einer ausnahmsweise bestehenden psychischen Drucksituation beim Täter, lediglich der Schuldvorwurf 122 . Als weiterer Aspekt gegen eine planmäßige Anwendbarkeit des § 35 StGB durch das Sicherheitsgewerbe läßt sich auch anführen, daß die Notstandshilfe nur entschuldigt wird, wenn sie zugunsten von Angehörigen oder anderen dem Täter nahestehenden Personen erfolgt. Es ist daher stets eine gewisse emotionale Bindung erforderlich, wie sie ζ. B. gegenüber anderen Verwandten, Lebensgefährten oder engen Freunden üblich ist, und wie sie gegenüber dem Auftraggeber einer gewerblichen Sicherheitskraft dagegen nicht angenommen werden kann 1 2 3 .
b) Zivilrechtliche Notstandsvorschriften; §§ 228,904 BGB Neben den straf- bzw. ordnungswidrigkeitenrechtlichen Rechtfertigungsgründen können auch noch die zivilrechtlichen Notstandsvorschriften als Eingriffsgrundlagen für das private Bewachungsgewerbe herangezogen werden. Sowohl der defensive Notstand des § 228 BGB als auch der Angriffsnotstand des § 904 BGB sind als Rechtfertigungsgründe anzusehen124, deren Vorliegen bei einer bestehenden, 120 So ausdrücklich Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 129. Auch Peilert diskutiert diese Problematik ausschließlich im Bereich des Notwehrrechts, S. 463 ff., 478 f. Inkonsequent insoweit Hoffmann-Riem, der zwar von der allgemeinen Ungeeignetheit der Notrechte spricht, im Rahmen seiner Argumentation lediglich auf das Notwehrrecht eingeht, den rechtfertigenden Notstand dabei jedoch unberücksichtigt läßt; in: Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277,283 f. 121 Mahlberg spricht insofern den Entschuldigungsgründen generell, aus rechtssystematischen Gründen und ihrer Wertstruktur nach, die Geeignetheit ab, um als Erlaubnissätze für Eingriffe in Rechte Dritter in Frage zu kommen; in: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 130. 122 Mahlberg, a. a. O., S. 129; Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 486. A.A. Eberstein, der, ohne die Rechtsnatur des § 35 StGB zu problematisieren, diesen als Eingriffsgrundlage für das Bewachungsgewerbe ansieht; in: Rechtsgrundlagen für das tigwerden privater Sicherheitskräfte, BB 1980, S. 863, 866. Ebenso unproblematisch: Olschok-Tautenhahn, Aufgaben, personeller Bestand und Dimension privater Sicherheitsdienste, Die Polizei 1994, S. 31, 35 und Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 210. 12
3 So auch Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 487. IM Von Feldmann in: MüKo, § 228 Rz. 1.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
eigentlich tatbestandsmäßigen Beschädigung fremder Sachen sowohl den Ausschluß der zivilrechtlichen Schadensersatzpflicht als auch der Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung zur Folge hat 1 2 5 . Insoweit sind sie im Falle eines einer Verteidigung dienenden Eingriffs in Sachgüter auch als Spezialgesetze im Verhältnis zu den umfassenderen § 34 StGB/§ 16 OWiG anzusehen, die wie bereits dargestellt, ein Tätigwerden zum Schutze jeglicher Rechtsgüter rechtfertigen 126. Da im Rahmen dieser sachbezogenen zivilrechtlichen Rechtfertigungsgründe ebenfalls eine entsprechende Güterabwägung vorzunehmen ist, insofern also auch hier das Verhältnismäßigkeitsprinzip Anwendung findet, werden auch diese Regelungen unbestritten als Gewaltgestattungsnormen der privaten Bewacher akzeptiert 127.
3. Recht der vorläufigen
Festnahme; §127 StPO
Als weiteren, den Jedermannrechten zuzuordnenden Tatbestand läßt sich in diesem Zusammenhang noch das vorläufige Festnahmerecht des § 127 StPO anführen. Dieses stellt ebenfalls einen strafrechtlichen Rechtfertigungsgrund dar, der vor allem die im Rahmen einer Festnahme möglicherweise erfüllten Straftatbestände der Freiheitsberaubung, der Nötigung und der Körperverletzung rechtfertigt 128 .
a) Tatbestandsvoraussetzungen Hiernach ist jedermann berechtigt, eine auf frischer Tat betroffene Person festzunehmen, sofern diese der Flucht verdächtig ist oder ihre Identität nicht sofort festgestellt werden kann. Dabei steht diese Berechtigung jedem zu, auch wenn er nicht selbst Opfer oder Augenzeuge der Tat ist, sondern erst nach deren Begehung hinzugeholt wurde 129 . Umstritten ist jedoch, ob zur Rechtfertigung einer Festnahmemaßnahme nach § 127 StPO der subjektive dringende Tatverdacht des Festnehmenden ausreicht, oder ob hierbei objektiv das Vorliegen der Täterschaft zu fordern ist 1 3 0 . Für die letztere Ansicht spricht vor allem die Tatsache, daß ein Betrof125 Insoweit unstreitig, statt vieler: Palandt, § 228 Rz. 1; Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 209 f.; Eberstein, Rechtsgrundlagen, BB 1980, S. 863, 866. 126 Lenckner in: Schönke/Schröder § 34 Rz. 14. 127 M.w.N. Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 485 ff. 128 Statt aller Boujong in: Karlsruher Kommentar, § 127 Rz. 27. 129 Kleinknecht/Meyer/Meyer-Goßner, § 127 Rz. 6, 7; Boujong in: Karlsruher Kommentar, § 127 Rz. 13. 130 Diese Tatsicherheitstheorie wird ζ. B. vertreten von Schmidt, § 127 Rz. 8, der einen Eingriff in die Freiheitsrechte eines Bürgers nur dann gestattet, wenn gewiß ist, daß dieser alle Merkmale einer Straftat verwirklicht hat. Andernfalls hat er diese Festnahme den staatlichen Behörden zu überlassen. Diesem zustimmend: Kleinknecht/Meyer/Meyer-Goßner, § 127 Rz. 4. Ohne weitere Begründung auch Honigl, Tatigwerden von Privaten, S. 70.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
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fener gegen solchermaßen nach § 127 StPO gerechtfertigte Maßnahmen nicht zur Notwehr berechtigt ist 1 3 1 , einem Unschuldigen aber eigentlich das Recht zur Notwehr gegen freiheitsbeschränkende Maßnahmen von Privatpersonen nicht genommen werden sollte 132 . Andererseits würde ein Abstellen auf die Sicherheit der Täterschaft dazu führen, daß kaum jemand noch das Risiko einer möglicherweise nicht gerechtfertigten Festnahme auf sich nehmen würde und somit das im öffentlichen Interesse liegende Festnahmerecht weitgehend leerlaufen würde. Aus Gründen der Aufrechterhaltung der Rechtsordnung, welcher die Vorschrift des § 127 StPO schließlich vor allem dienen soll, erscheint es daher geboten, bereits den sich aus dem wahrnehmbaren Geschehen ergebenden dringenden Tatverdacht des Festnehmenden ausreichen zu lassen und die Beschränkung des Notwehrrechts eines Unschuldigen ausnahmsweise hinzunehmen133. Wie bereits der Wortlaut des § 127 StPO verdeutlicht, handelt es sich bei einer hiernach erfolgten Festnahme um eine vorläufige Maßnahme. Als solche ist sie einerseits dann sofort aufzuheben, wenn der Fluchtverdacht entfällt oder die Identität eindeutig festgestellt werden konnte. Andererseits darf sie aber auch nur bis zum Eintreffen der Polizei aufrechterhalten werden 134 . b) Gerechtfertigte Maßnahmen Dieses Festnahmerecht berechtigt bei Vorliegen seiner Voraussetzungen zu verschiedenen Maßnahmen, wie ζ. B. dem Festhalten bzw. Einsperren des Verdächtigen bis zum Eintreffen der Polizei sowie dessen Verbringung auf die nächste Polizeistation und die dazu erforderliche Anwendung körperlicher Gewalt 135 . Der Einsatz einer Schußwaffe ist dabei grundsätzlich nur zur Drohung und zur Abgabe von Warnschüssen, nicht jedoch zu gezielten Schüssen auf einen fliehenden Täter gerechtfertigt 136. Generell ist zur Intensität der jeweils noch gerechtfertigten Maß131 Dies schon deshalb, weil es dann an dem für die rechtfertigende Wirkung der Notwehr erforderlichen Tabestandsmerkmal eines rechtswidrigen Angriffs fehlt. 132 Kleinknecht/Meyer/Meyer-Goßner, § 127 Rz. 4. 133 So BGH, NJW 1981, S. 745. Zustimmend auch Boujong in: Karlsruher Kommentar, § 127 Rz. 9 und Löwe/Rosenberg/Wendisch, § 127 Rz. 9 f. Ebenso Roxin, Strafverfahrensrecht, § 31 Α. I. 2. D.), m.w.N.
134 Roxin, Strafprozeßrecht, § 31 Α. I. 1.; Eberstein, Rechtsgrundlagen, BB 1980, S. 863, 866. 135 Zu diesen und zu weiteren Beispielen der von dieser Vorschrift gedeckten einzelnen Befugnisse, siehe: Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 488 f. m.w.N. 136 So die ständige Rechtsprechung des BGH bzw. des Reichsgerichts seit RGSt 65, S. 392, 394. Ausnahmsweise sei dies jedoch bei Vorliegen einer besonders schwerwiegenden Straftat gestattet; BGH, MDR 79, S. 985; Boujong in: Karlsruher Kommentar, § 127 Rz. 28; Löwe/ Rosenberg / Wendisch, § 127 Rz. 29. A.A. : Roxin, Strafverfahrensrecht, § 31, Α. II. 2. a), der dies auch für schwerste Fälle ablehnt. Ebenso: Kleinknecht/Meyer/Meyer-Goßner, § 127 Rz. 15, m.w.N.
2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
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nahmen anzumerken, daß nach herrschender Meinung auch bei der Anwendung dieser Vorschrift die Grundsätze des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu beachten sind. Festnahmemaßnahmen dürfen nur dann durchgefühlt werden, wenn sie im Verhältnis zur Bedeutung der Sache nicht unangemessen sind und dabei gleichzeitig das mildeste von verschiedenen gleich geeigneten Mitteln darstellen 137. Nicht von § 127 StPO gedeckt sind dagegen Maßnahmen, die über das bloße Festhalten des Verdächtigen hinausgehen. So ist beispielsweise eine Durchsuchung des Festgenommenen zur Wiedererlangung eventuell gestohlener Gegenstände oder nach Waffen zur Eigensicherung des Festnehmenden nicht gestattet138. Ohne den Ausführungen des dritten Teils der Arbeit vorgreifen zu wollen, ist darauf hinweisen, daß in einzelnen Bundesstaaten der USA diese im Zusammenhang mit einer Festnahme durchzuführenden Durchsuchungs- bzw. Beschlagnahmemaßnahmen dagegen ausdrücklich gestattet sind 139 . Die Identitätsfeststellung durch den Festnehmenden, ζ. B. durch eine Kontrolle des Personalausweises, ist jedoch auch in Deutschland zumindest dann als gerechtfertigt anzusehen, wenn dies im Verhältnis zu einem weiteren Festhalten bis zum Eintreffen der Polizei das mildere Mittel darstellen würde 140 . Die angesprochene Geltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips und die Tatsache, daß § 127 StPO von Polizisten ebenso wie von Privatpersonen in Anspruch genommen werden kann, trägt neben der allgemeinen Eignung der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen wohl auch dazu bei, daß diese Vorschrift als Gestattungsnorm für das private Sicherheits- und Bewachungsgewerbe nahezu gänzlich unbestritten und von herausragender Bedeutung ist 1 4 1 . Anzumerken ist jedoch noch, daß diese Vorschrift an sich weniger dem präventiven als vielmehr dem eigentlich dem Staat vorbehaltenen repressiven Bereich polizeilichen Handelns zuzuordnen 137
Dünnebier in: Leipziger Kommentar StPO, § 127 Rz. 27, Kleinknecht/Meyer/MeyerGoßner, § 127 Rz. 14. Boujong in: Karlsruher Kommentar, § 127 Rz. 19, 29. A.A. lediglich Arzt in: FS für Kleinknecht, S. 8 f. 138 Hierzu siehe Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 491, m.w.N. Roxin, Strafverfahrensrecht, § 31 Α. II. 1, der lediglich die Sicherstellung des Täters als Selbstzweck des § 127 StPO identifiziert. Ebenso Eberstein, Rechtsgrundlagen, BB 1980, S. 863, 866, der jedoch ausdrücklich zwischen verbotener Durchsuchung des Verdächtigen und erlaubter Wegnahme von offen getragenen bzw. durch bloßes Abtasten feststellbaren, den Festnehmenden gefährdenden Gegenständen differenziert. 139 Hierzu vergleiche die Ausführungen in Teil drei, Kapitel drei, Abschnitt Β. I. 2. und 3. 140 Roxin, Strafprozeßrecht, § 31 Α. I. 2. c) aa); Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 158. A.A. lediglich Schmidt, § 127 Rz. 26, der die Wegnahme des Ausweises nicht als minus zu einem längeren Festhalten versteht, sondern als aliud und insofern als nicht von § 127 StPO gedeckt. 141
Statt vieler ζ. B. Czepluch, in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 206. Lediglich Hoffmann-Riem, Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277, 282 f. und Jeand'Heur, Von der Gefahrenabwehr als staatlicher Angelegenheit zum Einsatz privater Sicherheitskräfte, AöR 119, S. 107, 127 ff. sprechen, allerdings ohne ausdrückliche Erwähnung des § 127 StPO, von der Ungeeignetheit der Notrechte im allgemeinen.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
ist. Zweck des § 127 StPO ist eben gerade nicht der Schutz irgendwelcher individueller Rechtsgüter, sondern die Sicherung der Strafverfolgung des Täters 142 . Diese, wie Mahlberg es formuliert, „vom Gesetzgeber tolerierte punktuelle Durchbrechung des staatlichen Gewaltmonopols" wird dabei allgemein hingenommen, zumal die Erhaltung der Rechtsordnung eben auch als Gemeinschaftsaufgabe angesehen wird, bei der im öffentlichen Interesse ausnahmsweise auch Private zur Unterstützung der Behörden herangezogen werden können 143 .
II. Handlungsermächtigungen aufgrund abgeleiteter Rechte Neben den eben dargestellten, auf den Jedermannrechten begründeten Gewaltgestattungen ist als zweite Kategorie von Handlungsberechtigungen diejenige anzuführen, die sich aus einer bestimmten Rechtsposition des Auftraggebers der privaten Sicherheitsdienste ableiten läßt. Die Übertragung dieser Rechte vollzieht sich auf vertraglicher Ebene zwischen dem Sicherheitsunternehmen und seinem Kunden.
1. Abgeleitete Wahrnehmung zivilrechtlicher
Selbsthilferechte
a) Selbsthilfe des Besitzers / Besitzdieners; §§ 859, 860 BGB Der Besitzer einer Sache darf sich nach § 859 BGB verbotener Eigenmacht im Sinne einer Besitzentziehung oder -Störung gegen seinen Willen (§ 858 BGB) mit Gewalt erwehren. Da bei den gewerblichen Sicherheitskräften der zur Annahme von Besitz erforderliche Besitzbegründungswille im Hinblick auf Sachen des Auftraggebers regelmäßig fehlen wird 1 4 4 , ist eine direkte Wahrnehmung dieser Verteidigungsrechte des § 859 BGB nicht möglich. Allerdings wird das bewachungsvertragliche Weisungsrecht des Auftraggebers gegenüber der Sicherheitskraft über142 Dies wird bereits dadurch deutlich, daß alleiniger Zweck der Festnahme die Zuführung des Täters zur Strafverfolgung und nicht etwa die Sicherung der Geltendmachung von Wiedergutmachungsansprüchen sein kann. Statt aller: Kleinknecht/Meyer/Meyer-Goßner, § 127 Rz. 8. 143 In: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 130 f. Mahlberg ist insoweit auch der einzige, der im Zusammenhang mit den gewerblichen Sicherheitskräften überhaupt auf diesen Unterschied zwischen den übrigen Notrechten und dem § 127 StPO hinweist. Im Hinblick auf dessen Eignung als Gewaltgestattungsnorm für das Sicherheitsgewerbe hält er diesen jedoch ebenfalls für unbedenklich. 144
Dieser Wille müßte neben der Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft nach außen erkennbar sein; so Palandt/Bassenge, § 854 Rz. 2, 5 und MüKo, BGB/Joost, § 854 Rz. 8, was gerade bei den privaten Sicherheitskräften verneint wird; Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 163 und diesem zustimmend: Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 495.
2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
einstimmend als soziales Abhängigkeitsverhältnis betrachtet, innerhalb dessen der Wachmann die tatsächliche Gewalt über die zu bewachenden Sachen für seinen Besitzherm, also als Besitzdiener im Sinne des § 855 BGB übertragen bekommen kann 145 . Nach § 860 BGB können somit die weiterhin dem Auftraggeber als Besitzherrn zustehenden Selbsthilferechte aus § 859 BGB mit dessen vertraglich manifestiertem Übertragungswillen auch von dem einzelnen Wachmann wahrgenommen werden. Dabei gilt es allerdings nochmals zu betonen, daß es sich hierbei gerade nicht um dessen eigene Rechte handelt, sondern um solche des Auftraggebers, die dieser lediglich zur Erfüllung an die Sicherheitskraft übertragen hat. Zu den durch §§ 859, 860 BGB vermittelten Rechten gehört zunächst einmal die Besitzwehr, also das Recht zur Verteidigung von bestehendem Besitz gegen eine drohende oder gegenwärtige Beeinträchtigung 146. Dieses Recht wird allerdings von einigen Seiten als überflüssig erachtet, da es im Ergebnis keine über das den Besitz ebenfalls erfassende Notwehrrecht hinausgehenden Handlungsmöglichkeiten verleihen würde 147 . Eine Lösung dieser rein zivilrechtlichen Streitfrage kann jedoch dahingestellt bleiben, weil an dieser Stelle die Feststellung ausreicht, daß diese Vorschrift eine weitere Handlungserlaubnisnorm für die privaten Sicherheitskräfte darstellt und zwar unabhängig davon, inwieweit diese bereits im zivilrechtlichen Notwehrrecht des § 227 BGB mitenthalten ist oder nicht. Weiter ist das durch § 859 Abs. 2 bzw. Abs. 3 BGB vermittelte Recht zur Besitzkehr anzuführen. Dieses stellt im Gegensatz zur Besitzwehr unstreitig eine Erweiterung gegenüber dem Notwehrrecht dar. Hiermit ist nämlich die erlaubte gewaltsame Wiederbeschaffung des bereits entwendeten Besitzes gemeint, also ein Einschreiten gegen den Besitzstörer auch noch nach Vollendung des Angriffs und somit jenseits der zeitlichen Grenzen der Notwehr 148 . Weder die Besitzkehr bei beweglichen Sachen nach § 859 Abs. 2 BGB noch bei Grundstücken nach § 859 Abs. 3 BGB sind freilich im Hinblick auf den zeitlichen Rahmen ihrer Anwendbarkeit grenzenlos gestattet. So ist die Wiederbeschaffung beweglicher Sachen nur im unmittelbaren Anschluß an die Wegnahme möglich, die Entsetzung des Täters nur sofort nach Entziehung eines Grundstücks 149.
145 Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 207. Ebenso Peilert, das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 495; Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 163 f. und Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 64. Ohne weitere Begründung auch Eberstein, Rechtsgrundlagen, BB 1980, S. 863, 866. Zum Erfordernis des sozialen Abhängigkeitsverhältnisses der Besitzdienerschaft grundsätzlich: Palandt/Bassenge, § 855 Rz. 1. Palandt/Bassenge, § 859 Rz. 2. ι*? Ausführlich, mit weiteren Nachweisen und einer schlüssigen Argumentation: Mahlberg, a. a. O., S. 164 f. A.A., allerdings ohne dies näher zu begründen, Peilert, a. a. O., S. 496 und Palandt /Bassenge, § 859 Rz. 2, der eben gerade davon ausgeht, daß für eine gerechtfertigte Besitzwehr nach § 859 BGB die im Rahmen der Notwehr erforderliche Gegenwärtigkeit des Angriffs entbehrlich wäre. Gerade dies streitet Mahlberg, ebd., jedoch ab. 148 Statt aller: Staudinger/Bund, § 859 Rz. 13.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
Ähnlich wie bei der Notwehr wird auch hier nach herrschender Meinung die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsprinzips, also eine Abwägung zwischen dem Wert des zu verteidigenden und dem des durch diese Verteidigung bedrohten Rechtsgutes nicht für erforderlich gehalten 150 . Davon abgesehen ist eine Verteidigung jedoch nur in dem zur Abwehr der verbotenen Eigenmacht erforderlichen Ausmaß erlaubt. Von mehreren gleich geeigneten Mitteln ist stets das jeweils mildeste zu wählen 151 .
b) Selbsthilfe des Eigentümers; § 903 BGB Einige Autoren entnehmen dem § 903 BGB ein entsprechend aus dem Eigentum abgeleitetes Selbsthilferecht 152. Dieser Norm ist jedoch die Relevanz als Gewaltgestattungsvorschrift für das private Bewachungsgewerbe aus zweierlei Gründen abzusprechen. Zum einen bietet § 903 BGB selbst keine Befugnis zur gewaltbewehrten Abwendung einer unbefugten Einwirkung auf das Eigentum, sondern lediglich einen Abwehranspruch, welcher nur auf gerichtlichem Wege oder aber mittels Notwehr im Sinne des § 227 BGB durchgesetzt werden kann 153 . Folgerichtig können hieraus aber auch keine für das Bewachungspersonal nutzbaren, vertraglich übertragbaren Rechte oder Befugnisse hergeleitet werden 154 .
ι 4 9 Palandt/ Bassenge, § 859 Rz. 3 f. Hiervon ist jedenfalls beim Ertappen auf frischer Tat oder bei Entdecken der Tat unmittelbar nach deren Begehung auszugehen; wobei die zeitliche Grenze hier bei maximal 30 Minuten anzusetzen ist; so jedenfalls OLG Schleswig, SchlHA 87, S. 12. 150 So ζ. B. Palandt/Bassenge, § 859 Rz. 2; Soergel/Mühl, § 859 Rz. 5 und grundsätzlich auch Staudinger/Bund, § 859 Rz. 8, der jedoch nach Art. 2 Abs. 1, Buchst, a.) MRK dahingehend einschränkt, daß die Tötung eines Menschen zur Verteidigung eines Sachgutes hiervon nicht gedeckt sein kann. A.A. Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 167, der diesbezüglich konsequenterweise auf seine ebenfalls von der herrschenden Meinung abweichenden Ausführungen zur Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei der Notwehr verweist. Hiernach wäre eine Gewaltanwendung zur Besitzkehr dann als ungerechtfertigt anzusehen, wenn deren Folgen in einem unerträglichem Mißverhältnis zu dem Wert des zu verteidigenden Rechtsgutes stehen würden. Vergleiche hierzu auch die Ausführungen zu der Theorie Mahlbergs im Rahmen der Notwehr, in Kapitel vier, Abschnitt Α. II. 1. a.). 151 Palandt/Bassenge, § 859 Rz. 2; Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 496. 152 So ζ. B. Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 211 oder Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 65. Ohne tiefergehende Erörterung auch Eberstein, Rechtsgrundlagen, BB 1980, S. 863, 866. 153 Palandt/Bassenge, § 903 Rz. 6. 154 So auch Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 168, der § 903 BGB somit auf dem Gebiet des Eigentumsschutzes für das Tätigwerden gewerblicher Sicherheitsdienste für nicht einschlägig hält.
2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
c) Selbsthilfe des Anspruchsinhabers; §§ 229-231 BGB Zur Vervollständigung der von den gewerblichen Sicherheitsdiensten nutzbaren zivilrechtlichen Selbsthilfevorschriften sind schließlich noch die §§ 229 ff. BGB anzuführen. Deren Rechtsfolge besteht ebenfalls in der Rechtfertigung der Selbsthilfehandlung und zwar sowohl in zivil- als auch in strafrechtlicher Hinsicht 155 . Grundlage der sich hieraus ergebenden Rechte ist zunächst die Inhaberschaft eines gerichtlich theoretisch durchsetzbaren Anspruchs, dessen Verwirklichung gefährdet, zumindest aber wesentlich erschwert sein muß. Zu denken wäre im Zusammenhang mit der Bewachung von Sachgütern beispielsweise an Herausgabe- oder Schadensersatzansprüche 156. Aber auch Nebenansprüche aus den diversen bestehenden Rechtsverhältnissen zählen zu diesen mit Hilfe des § 229 BGB durchsetzbaren Ansprüchen 157 . Voraussetzung einer solchen Selbsthilfe ist zwar, daß obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig erlangt werden kann. Diese Subsidiaritätsklausel des § 229 BGB meint dabei in erster Linie den gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutz 158 . Begründet sich der durchzusetzende Anspruch jedoch auf die Begehung einer Straftat, so stellt auch die rechtzeitig verfügbare Polizeigewalt, die in diesem Fall auch zum Schutz privater Rechte einzuschreiten hat 1 5 9 , obrigkeitliche Hilfe in diesem Sinne dar 1 6 0 . Darüber hinaus ist allerdings ein gegenwärtiger Angriff wie bei der Notwehr oder ein dringender Verdacht bezüglich der Begehung einer Straftat wie bei § 127 StPO nicht erforderlich 161 . Im Vergleich zu diesen beiden bereits angesprochenen Notrechten stellt § 229 BGB also eine für die gewerblichen Sicherheitskräfte bedeutsame Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten dar 1 6 2 . Grundsätzlich ist Selbsthilfe im Sinne von § 229 BGB nur zur Sicherung eigener Ansprüche möglich. Ein der Nothilfe entsprechender selbst gefaßter Entschluß, die 155 Hierzu siehe: Soergel/Fahse, § 229 Rz. 20, 24; Staudinger/Werner, § 229 Rz. 26, wobei hiervon nur solche Handlungen betroffen sind, die nicht zugleich Rechtsgüter unbeteiligter Dritter oder der Allgemeinheit verletzen. So auch Palandt/Heinrichs, § 229 Rz. 9. 156 So auch Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 498. 157 MüKo/von Feldmann, § 229 Rz. 2. Die Pflicht von Fahrgästen der öffentlichen Verkehrsmittel, den offiziell ermächtigten Kontrolleuren jederzeit ihre Fahrausweise zu zeigen, stellt ζ. B. einen derartigen Nebenanspruch dar. Leistet ein Fahrgast den entsprechenden Aufforderungen des Kontrolleurs keine Folge, stehen diesem zur Durchsetzung dieses Anspruchs die Rechte des § 229 BGB zur Verfügung; vgl. hierzu OLG Karlsruhe, VRS 58, S. 393, 394. 158 Palandt/Heinrichs, § 229 Rz. 4; Staudinger/Werner, § 229 Rz. 10. 159 Wolff/ Bachof, Verwaltungsrecht ΙΠ, § 125 IIa 1. 160 Palandt/Heinrichs, § 229 Rz. 4; Staudinger/Werner, § 229 Rz. 10. 161 Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 497, der als Beispiel für einen nicht mehr gegenwärtigen Angriff den früher ermittelten aber entkommenen Ladendieb anführt, gegen den aber nach wie vor ein Anspruch auf Herausgabe des Diebesgutes besteht. Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 171, der hierbei auch auf die von § 229 BGB erfaßte fahrlässige, nicht strafbewährte Tat hinweist, die nach § 127 StPO eben gerade kein Festnahmerecht gewähren würde. 162 Ausführlich zur Reichweite dieses Selbsthilferechts im Vergleich zur Notwehr und dem einstweiligen Festnahmerecht aus § 127 StPO, siehe: Mahlberg, a. a. O., S. 170 f.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
Ansprüche Dritter zu schützen, wird hiervon also nicht gedeckt 163 . Wie die anderen zivilrechtlichen Selbsthilferechte kann aber auch § 229 BGB in abgeleiteter Form wahrgenommen werden. So kann sich der Anspruchsinhaber im Rahmen seiner Selbsthilfe der Unterstützung von privaten Sicherheitskräften bedienen, indem er sie bereits im voraus, also vor Bestehen des konkret zu schützenden Anspruchs mit einer generellen vertraglichen Ermächtigung versieht 164 . Zu den verschiedenen durch § 229 BGB vermittelten, gesetzlich festgeschriebenen Rechten gehören die Wegnahme, Zerstörung und Beschädigung einer Sache, die Festnahme eines der Flucht Verdächtigen und die Brechung des Widerstandes des Verpflichteten gegen eine Handlung, welche dieser zu dulden hat. Die Grenzen dieser jeweiligen Handlungsmöglichkeiten enthält § 230 BGB. So ist nach dessen Abs. 1 Selbsthilfe nur insoweit zulässig, als sie auch erforderlich ist, um die Gefahr abzuwenden. Wie bei den anderen Selbsthilferechten, so ist auch hier nur das jeweils mildeste von mehreren gleich geeigneten Mitteln gerechtfertigt. Zwar braucht einerseits auch hier keine Verhältnismäßigkeit zwischen der drohenden Gefahr und dem durch die Maßnahme eventuell hervorgerufenen Schaden beim Schuldner zu bestehen, ist aber andererseits wiederum der Rechtsmißbrauch als Grenze zu ziehen 165 .
2. Abgeleitete Wahrnehmung des Hausrechts a) Begriff und Inhalt des Hausrechts Schließlich ist in diesem Rahmen der abgeleiteten Rechte noch darzustellen, inwieweit auch das einem Auftraggeber zustehende Hausrecht als Handlungsermächtigung für die von ihm beschäftigten Sicherheitskräfte gesehen werden kann. Der gesetzlich nirgends definierte Begriff des Hausrechts beinhaltet die Gesamtheit der geschützten Rechte, in einem räumlich abgegrenzten Herrschaftsbereich tatsächlich frei verfügen und über Zutritt und Verweilen anderer Personen entscheiden zu dürfen, und wird als solches als Schutzgut im Sinne des § 123 StGB betrachtet 166 . Dieser abstrakte Begriff des Hausrechts impliziert dabei jedoch auch gewisse konkrete Befugnisse, die seiner Ausfüllung bzw. Realisierung zu dienen ι « MüKo/von Feldmann, § 229 Rz. 2; Palandt/Heinrichs, § 229 Rz. 3; Staudinger/Werner, § 229 Rz. 7. A.A. lediglich Schünemann, Selbsthilfe im Rechtssystem, S. 57 ff. 164 Staudinger/Werner, § 229 Rz. 7. Eber/Ehses/Foerster/Otto, Lehrbuch für den Werkschutz, S. 157 f.; Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 169. 165 Insoweit unstrittig: Staudinger/Werner, § 230 Rz. 1; MüKo/von Feldmann, § 230 Rz. 1; Palandt/Heinrichs, §§ 230 Rz. 1,227 Rz. 8; Soergel/Fahse, § 230 Rz. 1. 166 Leipziger Kommentar/Schäfer, § 123 Rz. 1; Schönke/Schröder/Lenckner, § 123 Rz. 1; Tröndle, § 123 Rz. 1. Mahlberg, S. 174, assoziiert es deshalb auch mit dem Eigentum und der darauf beruhenden Verfügungsgewalt. So auch Honigl, S. 62, der dieses Institut aus Art. 13,14 GG und aus § 903 BGB herleitet.
2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
bestimmt sind. So gewährt dieses Recht einerseits ein Bestimmungsrecht, also die Befugnis, sowohl einen Hausverweis als auch ein Hausverbot auszusprechen167. Unter ersterem versteht man die Anordnung an eine im Geltungsbereich des Hausrechts befindliche Person, diesen umgehend zu verlassen, unter letzterem die befristete oder unbefristete Anordnung gegenüber einem nicht Anwesenden, diesen Geltungsbereich nicht wieder zu betreten 168 . Eine über diese bloßen Bestimmungen hinausgehende zwangsweise Durchsetzung dieser Anordnungen ist jedoch nicht auf Grundlage des Instituts des Hausrechts möglich. Dieses stellt also keine Ermächtigungsgrundlage für gewaltsame Eingriffe in Rechte anderer dar 1 6 9 . Da aber eine Zuwiderhandlung des Adressaten eines Hausverweises oder -Verbots gegen eine solche Anordnung eine Verletzung des Hausrechts und damit einen Angriff gegen ein notwehrfahiges Rechtsgut im Sinne des § 32 StGB darstellt, läßt sich deren zwangsweise Durchsetzung jedoch auf die allgemeinen Notrechte stützen 1 7 0 . Ob sich dieses, grundsätzlich nur dem Hausrechtsinhaber 171 zustehende Recht als weitere Handlungsgrundlage in den Katalog der Gewaltgestattungsnormen des privaten Sicherheitsgewerbes einfügen läßt, hängt somit im Ergebnis von dessen Übertragbarkeit ab 1 7 2 .
b) Öffentlich-rechtlich fundiertes Hausrecht (1) Rechtsnatur des Hausrechts Bei dem sogenannten öffentlich-rechtlichen Hausrecht oder dem Hausrecht der Behörden 173 ist eine derartige Übertragung auf private Sicherheitskräfte nämlich 167 Hierzu siehe ausführlich: Knemeyer, Öffentlich-rechtliches Hausrecht und Ordnungsgewalt, DÖV 1970, S. 596, 597 ff. und diesem zustimmend Mahlberg, S. 179, der dieses Bestimmungsrecht als „Anordnungskompetenz" bezeichnet. Beide beziehen sich zwar lediglich im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Haus Verbots auf diese Begriffsbestimmung, doch ist nicht ersichtlich, wieso sich dies darüber hinaus nicht auch auf das Hausrecht im allgemeinen erweitern lassen sollte. 168 Ebert/Ehses/Foerster/Otto, Lehrbuch für den Werkschutz, S. 150. 169 Knemeyer, Öffentlich-rechtliches Hausrecht und Ordnungsgewalt, DÖV 1970, S. 596, 599, der feststellt, daß sich das Hausrecht als solches in der Befugnis zum Aussprechen eines Hausverweises oder -Verbots beschränkt. 170 Konsequent insofern: Knemeyer, a. a. O., S. 599. Ebenso: Ebert/Ehses/Foerster/Otto, Lehrbuch für den Werkschutz, S. 151; Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 62 und Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 211. Bezüglich der näheren Ausgestaltung bzw. Anwendbarkeit dieser Notrechte sei auf die entsprechenden vorstehenden Ausführungen verwiesen. 171 Dieser muß nicht notwendigerweise der Eigentümer der Immobilie sein. So steht dieses Recht beispielsweise dem Mieter sogar gegenüber dem Vermieter und Eigentümer zu; insoweit unstrittig ζ. B. Leipziger Kommentar /Schäfer, § 123 Rz. 41. 172 Insoweit nicht problematisiert von Schönke/Schröder/Lenckner, § 123 Rz. 21; Leipziger Kommentar /Schäfer, § 123 Rz. 1. So auch Mahlberg, S. 175, der dies scheinbar aus einem Erst-recht-Schluß aus der Ableitbarkeit der Besitzschutzrechte folgert.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
keineswegs unproblematisch. Hierbei gilt es jedoch zunächst, die Rechtsnatur dieses Hausrechts darzustellen: Im Rahmen einer rein fiskalischen Tätigkeit der öffentlichen Hand ergeben sich in diesem Zusammenhang keine Schwierigkeiten. Verfügt der Staat über die jeweiligen Räumlichkeiten in seiner Eigenschaft als Subjekt des Privatrechts, so kann auch das in diesem Rahmen geltend gemachte, auf die privatrechtlichen Besitz- und Eigentumsrechte gestützte Hausrecht nur ein privatrechtliches sein 174 . Problematisiert wird also nicht allgemein das Hausrecht der öffentlichen Hand, sondern vielmehr dessen tatsächlich öffentlich-rechtlicher Bezug; also lediglich der Fall, in dem die zu bewachenden Räumlichkeiten hoheitlicher Verwaltungstätigkeit dienen. Um dies zu bestimmen, existieren jedoch nach wie vor zwei verschiedene Ansätze. So stellt ein großer Teil der Rechtsprechung auf den Zweck des Besuchs in den Behördenräumen ab. Nur wenn dieser der Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Angelegenheiten dient, leitet sich auch ein etwaiges Hausverbot aus der öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft ab 1 7 5 . Dagegen stellt die herrschende Meinung in der Literatur und ein Teil der neueren Rechtsprechung 176 auf den Zweck des Hausverbots als Abgrenzungskriterium ab 1 7 7 . Hiernach handelt es sich nur dann um ein öffentlich-rechtliches Hausverbot, wenn es, ohne Rücksicht auf die Motivation des jeweiligen Besuchers, ausgesprochen wurde, um eine Störung der öffentlich-rechtlichen Aufgabenerfüllung zu verhindern oder zu beheben bzw. die Zweckbestimmung der öffentlichen Einrichtung, also eine ungestörte ordnungsgemäße Verwaltungstätigkeit zu gewährleisten 178.
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So bezeichnet von Ronellenfitsch, Das Hausrecht der Behörden, VerwArch 73, S. 465. Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 51 f.; m.w.N. aus der Rechtsprechung; Ronellenfitsch, a. a. O., S. 472, mit Beispielen zu derartigen privatrechtlichen Rechtsbeziehungen. Ebenso: Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 42 und Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 32. "5 BGHZ 33, S. 230; BGH MDR 1970, S. 614; BVerwGE 35, S. 103; VGH BW, NJW 1994, S. 2500 f. Für weitere Nachweise siehe auch: Ronellenfitsch, Das Hausrecht der Behörden, VerwArch 73, S. 465,472 Rz. 48. 174
Π6 So vor allem der Bay VGH in: DVB1. 1981, S. 1010; BayVBl 1986, S. 271. 177 Neben diesen zwei Hauptansichten, die beide sowohl die Existenz eines öffentlich- als auch eines privatrechtliches Hausrechtes der Behörden bejahen, sich dabei lediglich über das Abgrenzungskriterium uneinig sind, existieren jedoch sowohl Stimmen, die entweder ein ausschließlich öffentlich- oder ausschließlich privatrechliches Hausrecht annehmen; hierzu siehe ausführlich: Ronellenfitsch, Das Hausrecht der Behörden, VerwArch 73, S. 465, 469 ff., der jedoch ebenfalls die „Janusköpfigkeit" des Hausrechts der Behörden vertritt; S. 473 f. ne Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 42; Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 52; ebenso bereits: Knemeyer, Öffentlich-rechtliches Hausrecht und Ordnungsgewalt, DÖV 1970, S. 596, 598 f.; ders. in: BayVBl. 1977, S. 206 ff. Zustimmend auch: Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 175 und Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 32. In Abänderung seiner früheren Rechtsprechung auch Bay VGH in: BayVBl. 1980, S. 724 ff. Zustimmend und m.w.N. gerade auch zur jüngeren Rechtsprechung: Kopp, VwVfG, § 35 Rz. 24.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
(2) Konsequenzen für eine Übertragung dieses Hausrechts auf gewerbliche Sicherheitskräfte Das Resultat beider Ansätze, nämlich die Bejahung der Existenz eines öffentlich-rechtlichen Hausrechts, stellt jedoch das eigentliche Problem bei der Übertragung an Private dar. Mittlerweile herrscht Einigkeit darüber, daß die darauf begründeten Maßnahmen - sowohl Hausverbot als auch Hausverweis - verbindliche Einzelfallregelungen mit öffentlichem Charakter darstellen, also im Ergebnis Verwaltungsakte179. Bei der Ausübung dieses Hausrechts durch die Verwaltungsbehörde bzw. durch das jeweils zuständige Verwaltungsorgan als Träger dieses Rechts, stellt sich bezüglich des Erlasses eines Verwaltungsaktes lediglich die Frage nach der normativen Eingriffsgrundlage 180. Da ein Verwaltungsakt jedoch die hoheitliche Maßnahme eines Trägers öffentlicher Verwaltung ist, wäre der Mitarbeiter eines gewerblichen Bewachungsunternehmens, also eine Privatperson, nur dann zu dessen Erlaß befugt, wenn er mit dieser Aufgabe beliehen wäre 181 . Die in diesem Abschnitt darzustellende Kategorie von privaten Sicherheitskräften verfügt jedoch über keinerlei derartige Beleihungen oder Sonderbefugnisse, sondern kann, wie bereits mehrfach erwähnt, bezüglich ihres sicherheitsrechtlichen Tätigwerdens lediglich auf die jedermann zustehenden Notrechte zurückgreifen. Betrachtet man also die sich aus dem öffentlich-rechtlichen Hausrecht konkret ergebenden möglichen Maßnahmen des Hausverweises und des Hausverbots, so können diese von privatem Bewachungspersonal nicht ausgesprochen werden. Eine Übertragung dieses Behördenhausrechts ist, entgegen der Ansicht Honigls, schon wegen des Verwaltungsaktcharakters der jeweiligen, dieses Recht ausfüllenden Maßnahmen nicht möglich 182 . Eine Berufung des Sicherheitsgewerbes auf das öffentlich-rechtliche Hausrecht als Eingriffsgrundlage scheidet daher aus. Im Gegensatz zu dem zukunftsgerichteten Hausverbot, das in keiner anderen Art und 179 So ζ. B. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 42, der hierfür auch keine spezielle Rechtsgrundlage für erforderlich hält, sondern diese Befugnis bereits aus der Kompetenz einer jeden Behörde, für einen störungsfreien Dienstbetrieb innerhalb ihres Verwaltungsbereichs zu sorgen, folgert. Ähnlich: Papier, Recht der öffentlichen Sachen, S. 33, der die normative Eingriffsgrundlage des Anstaltsherrn im Gewohnheitsrecht sieht. Ebenso: Kopp, § 35 Rz. 24 m.w.N. A.A. BayVGH BayVBl. 1980, S. 723, 724, der eine spezielle gesetzliche Ermächtigung für erforderlich hält. Ausführlich hierzu auch: Knemeyer, Anmerkung zur Anmerkung, BayVBl. 1981, S. 152. 180 Da die Klärung dieser Frage jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit sein kann, sondern hier lediglich auf die in Zusammenhang mit der gewerblichen Sicherheit aufgeworfenen Fragen einzugehen ist, sei diesbezüglich auf die oben dargestellten Ansichten verwiesen. 181 Kopp, VwVfG § 35 Rz. 14. Mit dem gleichen Ergebnis: Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 177 f. 182 Honigl bejaht die Übertragbarkeit des öffentlich-rechtlichen Hausrechts auf Private, ohne auf die Problematik der Rechtsnatur der sich daraus ergebenden Maßnahmen einzugehen und macht diese lediglich vom Willen der öffentlichen Hand abhängig; Tätigwerden von Privaten S. 73.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen S i c h e r h e i t 1
Weise als durch den Erlaß eines Verwaltungsaktes verordnet und daher auch keinesfalls von einem Privaten ausgesprochen werden kann, gelangt Mahlberg bei dem Hausverweis, also der Anordnung an einen Anwesenden, die Räumlichkeiten zu verlassen, zu einem anderen Ergebnis 183 : Zwar könne eine derartige Maßnahme von Privaten aus den eben dargestellten Gründen nicht auf ein abgeleitetes Hausrecht gestützt werden, doch könne darin zumindest eine schlichte Ausübung der allgemeinen Notrechte gesehen werden. Da jeder rechtswidrige Eingriff in das Hausrecht einen Angriff gegen ein von § 32 StGB geschütztes Rechtsgut darstellt 184 , kann diesem Angriff entweder mittels Notwehr durch den Hausrechtsinhaber selbst oder aber durch Dritte - also auch durch private Sicherheitskräfte - im Wege der Nothilfe ein Ende bereitet werden. In einem Hausverweis ist dann auch das mildeste Mittel zur Abwendung des Eingriffs zu sehen 185 . Auch wenn diesem Ansatz der Sache nach durchaus zuzustimmen ist, kann abschließend festgehalten werden, daß das öffentlich-rechtliche Hausrecht und die sich daraus ergebenden Befugnisse nicht zur Durchführung auf private Sicherheitskräfte übertragen werden können. Werden gewerbliche Wachleute im Rahmen ihrer auftragsgemäßen Bewachungstätigkeit innerhalb öffentlicher Räumlichkeiten tätig, und verweisen sie jemanden dieser Räumlichkeiten, um den ansonsten gefährdeten Ablauf ordnungsgemäßer Verwaltungstätigkeit zu gewährleisten, so tun sie das auf Grund der ihnen zustehenden allgemeinen Notrechte, nicht jedoch kraft eines an sie weitergeleiteten Hausrechts ihres öffentlichen Auftraggebers. c) Privatrechtlich fundiertes Hausrecht Eine Übertragbarkeit auf private Sicherheitskräfte wird hingegen bei dem auf die privatrechtlichen Besitz- und Eigentumsrechte (§§ 859 ff., 903,1004 BGB) gegründeten Hausrecht einhellig bejaht 186 . Da in diesem Fall weder Hausverbot noch -verweis Verwaltungsaktqualität haben, sondern lediglich Anweisungen des privat183
Hierzu siehe seine Ausführungen in: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 180 f. »84 Tröndle, § 32 Rz. 6; Ebert/Ehses/Foerster/Otto, Lehrbuch für den Werkschutz, S. 151. Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 501; Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 211, m.w.N. Im Ergebnis zustimmend: Rupprecht, BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 20. A.A. OLG Frankfurt NJW 1994, S. 946, Das Hausrecht ist kein notwehrfähiges Rechtsgut; allerdings ohne weitere Begründung zustimmend Ahlf in: Weiß/Plate, Privatisierung von polizeilichen Aufgaben, S. 16. 185 Hier weist Mahlberg ein weiteres Mal auf das seiner Ansicht nach im Rahmen der Notwehr zu beachtende Verhältnismäßigkeitsprinzip hin; a. a. O., S. 181. Konsequent, aber wie oben bereits diskutiert, insoweit abzulehnen. 186 Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 500 f; Schönke/Schröder/Lenckner, § 123 Rz. 21; Leipziger Kommentar /Schäfer, § 123 Rz. 1. Insoweit zustimmend auch Mahlberg, der zu Recht nochmals ausdrücklich feststellt, daß dies auch für die Bewachung von ausschließlich fiskalischen Zwecken dienenden Gebäuden der öffentlichen Hand gilt; in: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 181,183. 6 Huber
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
rechtlich auftretenden Hausrechtsinhabers darstellen, können diese unproblematisch auch durch Dritte ausgesprochen werden, sofern dies mit Wissen und Wollen des Auftraggebers geschieht 187 . Wie jedoch bereits im Rahmen der Diskussion um das öffentlich-rechtliche Hausrecht festgestellt, kann auch das privatrechtliche Hausrecht darüber hinaus nicht als Grundlage für eine gewaltsame Entfernung der Störer dienen. Auch hier kann sich ein Wachmann insoweit lediglich auf die allgemeinen Notrechte berufen. Die Diskussion um die abgeleitete Wahrnehmung des Hausrechts durch private Sicherheitskräfte deshalb als „Phantom" zu bezeichnen, wie Mahlberg es tut 1 8 8 , erscheint dennoch nicht ganz zutreffend. Da dieses Recht zumindest die Befugnis verleiht, ein Hausverbot auszusprechen und für diesen Ausspruch auch keine alternative Rechtsgrundlage ersichtlich ist, kann seine Entbehrlichkeit bereits aus diesem Grund verneint werden. Im übrigen kann der Argumentation Mahlbergs zum Hausverweis auch insoweit nicht gefolgt werden, als eine Eingriffsgrundlage keineswegs allein deshalb unnötig und daher nicht existent sein soll, nur weil sich deren Rechtsfolge bereits aus einem anderen Rechtsgrund ergibt.
I I I . Befugnisse aufgrund spezieller staatlicher Ermächtigung Während bislang diejenigen Handlungsgrundlagen des privaten Sicherheits- und Bewachungsgewerbes dargestellt wurden, die keinerlei obrigkeitliche Befugnisse vermitteln und somit von jedem Privatmann in Anspruch genommen werden können, soll nun auf solche spezialgesetzlichen Regelungen hingewiesen werden, die den Beschäftigten der gewerblichen Sicherheitsdienstleister mit über diese Jedermannrechte hinausgehenden obrigkeitlichen Befugnissen ausstatten.
1. Eingriffsbefugnisse
aufgrund des UZwGBw
Dabei stellt das UZwGBw und sein § 1 Abs. 2 die für das Sicherheitsgewerbe bedeutendste Regelung zur spezialgesetzlichen Übertragung obrigkeitlicher Befugnisse dar. Hiernach können auch zivile Wachpersonen mit Wachaufgaben beauftragt und hierzu mit den Befugnissen des UZwGBw ausgestattet werden. In diesem Zusammenhang ist nochmals zu betonen, daß zu diesen zivilen Wachpersonen im Sinne des § 1 Abs. 2 UZwGBw nicht nur die sich im unmittelbaren Dienst bei der Bundeswehr befindlichen Personen bestellt werden können, sondern ausdrücklich
187 Dies geschieht für gewöhnlich im Rahmen des zwischen dem Hausrechtsinhaber als Auftraggeber und dem Bewacher bestehenden Vertragsverhältnis; hierzu siehe: Ebert/Ehses/Foerster/Otto, Lehrbuch für den Werkschutz, S. 150 und Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 211. 188
In: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 183.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
83
auch die hier allein interessierenden, bei gewerblichen Bewachungsunternehmen Beschäftigten 189. a) Übertragung der Befugnisse Eine gewerbliche Wachperson verfügt jedoch erst dann über die Befugnisse des UZwGBw, wenn sie ihr nach dessen § 1 Abs. 2 mittels eines individuellen Übertragungsaktes vom Bundesminister der Verteidigung oder einer von diesem bestimmten Stelle 190 verliehen wurden 191 . Die jeweils zuständige Dienststelle hat die Wachperson vor einer Übertragung nach Nr. 6 AB-UZwGBw - entsprechend den Vorschriften über die förmliche Verpflichtung nicht verbeamteter Personen 192 auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheiten zu verpflichten. Vollzogen wird ein solcher Übertragungsakt durch die Aushändigung eines sogenannten Sonder- und Waffenausweises nach Nr. 13 der AB-UZwGBw in Verbindung mit dessen Anlage 2. Zwar ist die Rechtsnatur dieses Übertragungsaktes in der Literatur nicht ganz unstrittig. Großmann ζ. B. sieht die hierdurch Bevollmächtigten als „mindestens öffentlich-rechtlich Beliehene" an 1 9 3 . Mahlberg dagegen ist der Ansicht, daß es sich hierbei deshalb um „keine echte Beleihung" handelt, weil der zivile Wächter seine Befugnisse unselbständig, aber als außerordentlicher Organwalter der Bundeswehr ausübt. Trotzdem bejaht aber auch er das Vorliegen eines Tätigwerdens der Privaten in einem obrigkeitlichen, dem Staat vorbehaltenen Bereich der Gefahrenabwehr 194. Eine Klärung dieses Streits kann an dieser Stelle dahinstehen, da zumindest insoweit Einigkeit herrscht, als § 1 Abs. 2 UZwGBw eine gesetzliche Grundlage darstellt, um hoheitliche Befugnisse an Beschäftigte von gewerblichen Sicherheits- und Bewachungsunternehmen zu übertragen, und daß hiervon in der Praxis auch regelmäßig Gebrauch gemacht wird 1 9 5 . b) Geltungsbereich der Befugnisse des UZwGBw Vor einer Darstellung der verschiedenen, dem UZwGBw zu entnehmenden Einzelbefugnisse ist darauf hinzuweisen, daß die gewerblichen Bewacher als zivile 189 Großmann, UZwGBw, III § 1 Rz. 81. Dies folgt auch aus Nrn. 6, 7 der AB-UZwGBw, wo die Befugnisausübung durch eben jene zivile Wachpersonen gewerblicher Bewachungsunternehmen ausdrücklich erwähnt und einschränkend geregelt wird; hierzu ausführlicher weiter unten. 190 Diese jeweils für ihren Zuständigkeitsbereich bevollmächtigten Dienststellen sind unter Nr. 4 der AB-UZwGBw aufgelistet. 191 Großmann, UZwGBw, I I I § 1 Rz. 88. 192 Art. 42 EGStGB. 193 So in: UZwGBw, III. § 1 Rz. 91. 194 In: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 66 ff., 189. 195 Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 75, Mahlberg, a. a. O., S. 189 und Großmann, UZwGBw, III. § 1 Rz. 91. 6*
2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Wachpersonen nach § 1 Abs. 2 UZwGBw lediglich mit „Wach-", nicht aber auch mit „Sicherheitsaufgaben" im Sinne dieses Gesetzes betraut werden dürfen. Danach können die im Auftrag der Bundeswehr tätig werdenden Sicherheitskräfte ausschließlich solche Schutzaufgaben übernehmen, die sich innerhalb des militärischen Sicherheitsbereichs durchführen lassen. Mit der Erledigung von „Sicherheitsaufgaben", also von Schutzaufgaben auch außerhalb des militärisch bewachten Bereichs, können hingegen nach § 1 Abs. 1 UZwGBw ausschließlich Soldaten betraut werden 196 . Neben dieser örtlichen Begrenzung der Befugnisse ziviler Wachpersonen ist weiterhin festzuhalten, daß diese auch lediglich für die Dauer ihrer tatsächlichen Dienstzeiten über ihre Eingriffsgrundlagen verfügen können, nach Nr. 14 der AB-UZwGBw also lediglich innerhalb des in einer besonderen Wachanweisung zu regelnden Zeitraumes.
c) Einzelbefugnisse des UZwGBw Im Rahmen der eben beschriebenen, auch zeitlich und örtlich definierten Wachaufgaben verfügen die gewerblichen Sicherheitskräfte dann über die folgenden, in Nr. 17 der AB-UZwGBw nochmals speziell den zivilen Wachpersonen zugewiesenen Einzelbefugnisse des UZwGBw. So sind sie zunächst befugt, Einzelanweisungen zur Ausführung allgemeiner Anordnungen nach § 2 Abs. 3 UZwGBw zu erteilen 1 9 7 , sofern die jeweils zuständige Dienststelle von der Ermächtigung zum Erlaß derartiger Anordnungen Gebrauch gemacht und die Wachleute dazu ermächtigt hat, derartige Einzelanweisungen zu erteilen. Weiter steht ihnen nach § 4 UZwGBw die Befugnis zu, jedermann anzuhalten198 und seine Personalien zu überprüfen, wenn er sich innerhalb eines militärischen Sicherheitsbereichs aufhält, diesen betreten oder verlassen will oder unmittelbar nach dem Verlassen verfolgt wird, sofern nach den Umständen anzunehmen ist, daß er sich nicht in dem Bereich hätte aufhalten dürfen. Kann bei einer Personenüberprüfung nach § 4 UZwGBw die Identität der Person nicht festgestellt werden oder ist diese einer Straftat gegen die Bundeswehr dringend verdächtig und ist Gefahr im Verzug, so haben die privaten Sicherheitskräfte nach § 5 UZwGBw weiter die Befugnis, den Verdächtigen zum Zwecke einer weiteren Personenüberprüfung zum Wachvorgesetzten zu verbringen. Besteht gegen eine nach § 4 UZwGBw überprüfte Person der Verdacht einer Straftat gegen die Bundeswehr im Sinne des § 3 UZwGBw, so kann diese nach § 7 UZwGBw durchsucht werden, sofern zu vermuten ist, daß hierdurch
196 Zu dieser Abgrenzung siehe ausführlich: Großmann, UZwGBw, III. § 1 Rz. 41 ff., 91. Vgl. ebenfalls Nrn. 1,2 der AB-UZwGBw. 197 Nach Großmann, Bundeswehrsicherheitsrecht, ΠΙ § 2 Rz. 84 handelt es sich bei diesen Anordnungen um Rechtsvorschriften. 198 Wobei hiervon auch ein für eine genauere Kontrolle erforderliches Festhalten, also eine gegenüber dem bloßen Anhalten als kurzfristige Freiheitsentziehung zu bezeichnende Maßnahme gedeckt ist; Großmann, Bundeswehrsicherheitsrecht, ΙΠ § 4 Rz. 12 f.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
Beweismittel gewonnen werden könnten. Gegenstände, die hierbei gefunden werden und aus einer Straftat gegen die Bundeswehr stammen oder zur Begehung einer solchen geeignet sind, können nach § 7 UZwGBw sichergestellt oder vorläufig beschlagnahmt werden. Die Maßnahmen des § 7 UZwGBw können nach § 8 UZwGBw auch dann durchgeführt werden, wenn diesbezüglich eine entsprechende Anordnung des Bundesministers der Verteidigung erlassen wurde, daß Personen beim Betreten und Verlassen bestimmter militärischer Sicherheitsbereiche zu durchsuchen sind. Nach § 9 in Verbindung mit den §§ 10 ff. UZwGBw darf eine gewerbliche zivile Sicherheitskraft auch unmittelbaren Zwang 1 9 9 ausüben, sofern dies erforderlich ist und der Verhinderung oder Beendigung einer Straftat gegen die Bundeswehr dient. Ebenfalls zulässig ist die Ausübung unmittelbaren Zwangs, um sonstige rechtswidrige Störungen der dienstlichen Tätigkeit der Bundeswehr zu beseitigen 200 , ebenso nach § 9 Nr. 3 Alt. 1 UZwGBw, um die nach dem UZwGBw zulässigen Maßnahmen auch gegen den Willen der von ihnen betroffenen Person durchzusetzen. Entgegen der Ansicht Honigls 201 sind diese Befugnisse für die zivilen Bewacher nach Nr. 17 (7) der AB-UZwGBw jedoch grundsätzlich auf das Gebiet des militärischen Sicherheitsbereichs beschränkt. Lediglich die Verfolgung eines Verdächtigen kann auch außerhalb dieses Bereichs fortgesetzt werden. Nach § 9 Nr. 3 Alt. 2 UZwGBw kann unmittelbarer Zwang auch ausgeübt werden, um bei Vorliegen einer Straftat gegen die Bundeswehr eine Festnahme nach den Voraussetzungen des § 127 StPO vornehmen zu können 202 . Das Ausmaß dieser nach dem Gesetz grundsätzlich auch auf zivile und damit auf gewerbliche Bewacher übertragbaren Befugnisse kann nach Nr. 18 der ABUZwGBw begrenzt werden. So kann die nach § 1 Abs. 2 UZwGBw zuständige Stelle im Einvernehmen mit dem jeweiligen Kasernenkommandanten bestimmen, daß die in Nr. 17 der AB-UZwGBw aufgezählten Befugnisse lediglich in einem näher zu konkretisierenden eingeschränkten Umfang übertragen werden. Insbesondere kann hierdurch der Schußwaffengebrauch ausgeschlossen werden.
199
Dieser wird nach § 10 UZwGBw als das Einwirken auf Personen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen definiert. 200 Nach Nr. 63 AB-UZwGBw ist dies bereits dann der Fall, wenn ein einzelner Soldat daran gehindert wird, seinen jeweiligen Auftrag zeitgerecht zu erfüllen. Zu dieser Nr. 2 des § 9 UZwGBw, siehe ausführlich: Großmann, Bundeswehrsicherheitsrecht, III § 9 Rz. 23 ff., 30 ff. 201 Er behauptet ausdrücklich, daß die Ausübung unmittelbaren Zwangs durch private Sicherheitskräfte nach § 9 UZwGBw nicht auf das Gebiet des militärischen Sicherheitsbereichs beschränkt sei; Tätigwerden von Privaten, S. 75. 202 Das an der Amtsbefugnis des § 127 Abs. 2 StPO orientierte Festnahmerecht des § 6 UZwGBw steht den zivilen Bewachern entgegen den Ausführungen Honigls, a. a. O., S. 75, jedoch nicht zur Verfügung. Dies ist ausdrücklich nur dem Wachvorgesetzten oder dem Leiter der Dienststelle vorbehalten und ist in der Aufzählung der auf die zivilen Bewacher übertragbaren Befugnisse in Nr. 17 der AB-UZwGBw nicht enthalten.
2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
2. Befugnisse der Lufifahrtbehörden bzw. der von diesen ermächtigten Personen aus § 29c LuftVG Ein weiterer Bereich der Gefahrenabwehr, in dem ein Tätigwerden von mit obrigkeitlichen Befugnissen ausgestatteten gewerblichen Sicherheitskräften möglich ist, stellt der den Luftfahrtbehörden obliegende Schutz des zivilen Luftverkehrs dar. Um kriminelle Angriffe auf den Luftverkehr - wie ζ. B. Flugzeugentführungen oder Sprengstoffanschläge gegen Flugzeuge am Boden und in der Luft - zu verhindern, werden seit Anfang der siebziger Jahre auf den Flughäfen Sicherheitsmaßnahmen wie Personen-, Fracht- und Gepäckkontrollen durchgeführt 203. Um diesen, teilweise in die Rechte Dritter eingreifenden, präventiven Maßnahmen zur Gefahrenabwehr eine eindeutige Rechtsgrundlage zu geben, wurde mit dem neunten Änderungsgesetz zum LuftVG vom 18. 9. 1980 § 29c LuftVG in das Gesetz aufgenommen. Dieser weist die Abwehr dieser Angriffe nunmehr nach Abs. 1 S. 1 als eine Aufgabe der Luftfahrtbehörden aus 204 . Nach Abs. 1 S. 3 dieses § 29c LuftVG körinen sich die Luftfahrtbehörden zur Erfüllung dieser Aufgaben geeigneter Personen als Hilfsorgane bedienen. Deutlich abzugrenzen hiervon ist freilich der Aufgabenbereich, der sich aus den jeweiligen Eigensicherungspflichten der Flughafenbetreiber (§ 19b LuftVG) und der Luftfahrtunternehmen (§ 20a LuftVG) ergibt, und auf den näher erst unter Punkt 4.) dieses Abschnitts einzugehen sein wird. § 29c Abs. 1 S. 3 LuftVG stellt also die gesetzliche Grundlage dar, um die als hoheitlich zu bezeichnenden Befugnisse der Luftfahrtbehörden auf Privatpersonen zu übertragen 205. Nach § 29c Abs. 5 LuftVG müssen alle Personen, die mit diesen Aufgaben betraut werden und nicht Beamte sind, auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Obliegenheiten verpflichtet werden 206 und unterliegen im Rahmen ihrer Tätigkeit nach § 29c Abs. 1 S. 3 LuftVG weiterhin der Aufsicht der Luftfahrtbehörde. Eine derartige Verpflichtung bzw. Übertragung der Befugnisse geschieht nach herrschender Meinung auf dem Wege der Beleihung 207 . Ist ein gewerblicher Bewacher nach den eben dargestellten Grundsätzen mit der Erfüllung der durch § 29c LuftVG festgeschriebenen Aufgaben betraut, so stehen ihm nach § 29c Abs. 1 S. 3 in Verbindung mit Abs. 2 S. 2 LuftVG die Befugnisse zur Durchsuchung von Personen und zur Durchsuchung, Durchleuchtung und sonstiger Überprüfung von 203 Hierzu ausführlich: Giemulla/ Schmid /Müller-Rostin, LuftVG, § 29c Rz. 1. 204 Ausführlich Martens in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 350. 205 Hofmann/Grabherr, § 29c LuftVG Rz. 24. Ebenso: Schneider, Die Abwehr äußerer Gefahren im Luftverkehr, S. 58 f. 206 Das Erfordernis der Geeignetheit der Personen in § 29c Abs. 1 S. 3 LuftVG setzt nach Hofmann / Grabherr weiter voraus, daß die zuständige Behörde bei deren Auswahl besonders sorgfältig sein muß und für deren Aus- und Fortbildung zu sorgen hat; so in § 29c LuftVG Rz. 25. 207 Sojedenfalls Hofmann/Grabherr, § 29c Rz. 24 und Giemulla/ Schmid /Müller-Rostin, § 29c Rz. 18. A.A. VG München in seinem Urteil vom 23. 10. 1991 (Az.: M 17 Κ 91, 3419), das in diesen Hilfsorganen keine beliehenen Unternehmer sieht, sondern Beauftragte, die als verlängerter Arm der Luftfahrtbehörde tätig werden.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
Gegenständen zur Verfügung. Hierunter fällt beispielsweise die in § 29c Abs. 2 S. 2 Ziff. 2 LuftVG ausdrücklich genannte Durchsuchung von Personen nach eventuell mitgefühlten gefährlichen Gegenständen im Sinne des § 27 Abs. 1 LuftVG. Nach Hoffmann / Grabherr sind hiervon aber auch die sonstigen Überprüfungen von Fluggästen und ihrem Handgepäck und Überprüfungen nach § 29c Abs. 3 LuftVG gedeckt 208 . Dagegen stehen den Hilfspersonen nach § 29c Abs. 1 S. 3 LuftVG weder die Generalklausel des Abs. 2 S. 1 zur Ergreifung aller erforderlicher und geeigneter Maßnahmen zum Schutz des Luftverkehrs noch die über die bloße Durchsuchung hinausgehenden Befugnisse des Abs. 2 S. 2 zur Verfügung. Ein Anhalten oder Verweisen von Personen aus den nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flughafens ist den Beliehenen also gleichfalls nicht möglich 209 . Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß die Luftfahrtbehörden nach § 29c Abs. 1 S. 3 LuftVG mit der Wahrung der Sicherheit des Luftverkehrs auch Mitarbeiter von gewerblichen Sicherheitsunternehmen betrauen können. Zur Durchführung der im Rahmen dieses Aufgabenbereichs erforderlichen Durchsuchungsmaßnahmen können diesen Personen die erforderlichen Befugnisse übertragen werden. Da es sich hierbei um hoheitliche Befugnisse handelt, haben die derart Bevollmächtigten den Status eines beliehenen Unternehmers. 3. Betätigung gewerblicher Sicherheitskräfte im Rahmen der Verkehrsüberwachung Als weiteren, wesensmäßig an sich staatlichen Bereich, in dem gerade in letzter Zeit eine vermehrte Betätigung privater Sicherheitsdienstleister zu beobachten ist, ist die Überwachung des fließenden und des ruhenden Verkehrs anzuführen. Gerade das Gebiet der von Privaten durchgeführten Geschwindigkeitsmessungen und Parkraumüberwachung hat in der jüngsten Vergangenheit für einige Bewegung sowohl bei den Gerichten als auch innerhalb der zuständigen Verwaltung geführt. Bevor nun auf das in diesem Bereich zu diskutierende Rechtsinstitut des Beliehenen eingegangen werden kann, erscheint es angebracht, vorab einen kurzen Überblick über die hierzu bis vor kurzer Zeit herrschende Praxis und deren Bewertung durch Literatur und Gerichte zu gewähren. a) Rechtswidrigkeit der bisherigen Praxis So haben die in den letzten Jahren immer lauter werdenden Forderungen nach einem schlanken Staat, welcher sich auf seine Kernaufgaben zurückzuziehen hat, 208 in: LuftVG, § 29c Rz. 26. 209 Dies folgt bereits aus § 29c Abs. 1 S. 3 LuftVG, der eben nur die Übertragung der zur Wahrnehmung der sicherheitsrechtlichen Aufgaben erforderlichen Durchsuchungsmaßnahmen auf Privatpersonen zuläßt. So im Ergebnis auch Hofmann/Grabherr, § 29c Rz. 25.
2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
dazu geführt, daß viele Kommunen den Bereich der ihnen übertragenen 210, wirtschaftlich durchaus lukrativen Kontrollaufgaben im Bereich des ruhenden und des fließenden Verkehrs durch die Zuhilfenahme privater Unternehmer zu intensivieren versucht haben 211 . So hat sich sukzessive die Praxis eingebürgert, daß die grundsätzlich nach §§ 35 Abs. 1, 36 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 OWiG, § 26 Abs. 1 S. 1 StVG in Verbindung mit den jeweiligen Rechtsverordnungen der Landesregierungen zur Ahndung und Verfolgung bestimmter Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen Gemeinden private Unternehmer mit der Durchführung von Geschwindigkeitsmessungen auf ihrem Gemeindegebiet beauftragt haben. Hierbei hat der Private sowohl das Radargerät als auch das zu dessen Bedienung erforderliche Personal zu stellen. Die Messungen selbst fanden dann auf exakte Anweisung der Gemeinde hin an einem genau vorgegebenen Ort und in einem ebenso genau vorgegebenen Zeitraum statt. Mittlerweile wurde eben diese Praxis allerdings mehrfach für rechtswidrig erklärt. So hat das Bayerische Oberste Landesgericht festgestellt 212, daß Maßnahmen der Geschwindigkeitsüberwachung und die sich daraus ergebende Ermittlung und Verfolgung von Verkehrsverstößen dem Gesamtkomplex der öffentlichen Sicherheit und damit dem Kern der funktionell originären Staatsaufgaben zuzuordnen wäre 213 . Die dem Verstoß folgende hoheitliche Sanktion würde direkt auf dem durch die Messung erzielten Ermittlungsergebnis aufbauen, weshalb die Vorgänge der Ermittlung, Dokumentation, Verfolgung und Ahndung nicht voneinander getrennt werden könnten und daher eine einheitliche Rechtsstruktur im hoheitlichen Funktionsbereich bilden würden. Die durch einen beauftragten Privatunternehmer durchgeführte Messung stellt sich demnach, trotz der genauen zeitlichen und örtlichen Vorgaben durch die Gemeinde, als eine Übernahme funktionell originärer Staatsaufgaben dar und nicht mehr nur als bloßer technischer Hilfsdienst, wie beispielsweise die bloße Installation der Überwachungsgeräte, die unproblematisch von Privaten durchgeführt werden könnte 214 . In der hier gewählten Konstellation ist der Private also nicht mehr nur Helfer der Verwaltung, sondern hat selbst ihre Aufgaben übernommen. Zwar kam dem Bediener des Radargerätes im konkreten Fall der Status eines Leiharbeitnehmers zu, jedoch ohne daß dieser in physischräumlicher und organisatorischer Art und Weise in die Gemeindeverwaltung inte210 Ausführlich zur Thematik der kommunalen Verkehrsüberwachung, siehe: Janker, Verkehrsüberwachung durch Kommunen und Privatunternehmen, DAR 1989, S. 172 ff. und Steiner, Möglichkeiten und Grenzen kommunaler und privater Verkehrsüberwachung, DAR 1996, S. 272 ff. 211 Steiner, a. a. O., S. 272. 212 BayObLG, Beschluß vom 5. 3. 1997 (1 ObOWiG 785/96) abgedruckt in: NZV 1997, S. 276 ff. = BayVBl. 1997, S. 412 ff. = DAR 1997, S. 206 ff. 213 BayObLG, NZV 1997, S. 277; OLG Frankfurt, Beschluß vom 10. 3. 1992, NJW 1992, S. 1400 ff.; BVerfGE 17, S. 371, 375. Ebenso: Steiner, Möglichkeiten und Grenzen kommunaler und privater Verkehrsüberwachung, DAR 1996, S. 272, 273 und Scholz, Verkehrsüberwachung durch Private, NJW 1997, S. 14,15. 214 Steegmann, Verkehrsüberwachung durch Private, NJW 1997, S. 2157.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
griert gewesen wäre. Um sicherzustellen, daß die Gemeinde Herrin des Überwachungsverfahrens bleibt, wäre jedoch eine solche Integration erforderlich gewesen 215 . Eine Übertragung derartig selbständig durchzuführender Maßnahmen, die aufgrund Art. 33 Abs. 4 GG in der Regel den Angehörigen des öffentlichen Dienstes vorbehalten sind, hätte die Gemeinde wirksam nur aufgrund einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung vornehmen können 216 . Mangels einer solchen gesetzlichen Ermächtigung wurde die Übertragung der Aufgabe der Geschwindigkeitsmessung auf den Privaten für rechtswidrig erklärt 217 . Auch die Beistellung einer städtischen Bediensteten zur Überwachung der Arbeit des Privaten ist nach Ansicht der Gerichte jedenfalls dann nicht zur Gewährleistung der erforderlichen staatlichen Kontrolle über das Überwachungsverfahren und damit dessen Rechtmäßigkeit ausreichend, solange diese Bedienstete nicht über das erforderliche technische Wissen zur Beurteilung der Meßvorgänge verfügt und somit die gesamte Durchführung der Kontrollmaßnahme de facto in den Händen des privaten Bedienpersonals liegt 2 1 8 . Vergleichbares wurde für die Überwachung des ruhenden Verkehrs in Form der Parkraumbewirtschaftung durch private Unternehmen entschieden. So wurde auf einen Beschluß des Senats des Landes Berlin vom 26. 7. 1994 hin in einigen Teilen Berlins die flächendeckende Parkraumbewirtschaftung durch die Aufstellung von Parkscheinautomaten nach § 13 StVO eingeführt. Die Aufgaben der Unterhaltung und des Betriebs dieser Automaten sowie der Feststellung von Parkverstößen wurde daraufhin verschiedenen Privatfirmen zugewiesen. Die Mitarbeiter dieser Unternehmen haben die Angaben über die Art und den Zeitpunkt des Verstoßes sowie das Kennzeichen des betreffenden KFZ in ein elektronisches Erfassungsgerät eingegeben. Diese sodann an das Berliner Landesamt für Informationstechnik weitergeleiteten Informationen wurden anschließend, ohne zwischengeschaltete Entscheidung eines Hoheitsträgers, von der nach § 26 Abs. 1 S. 1 StVG i.V.m. § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zuständigen Straßenverkehrsbehörde in den entsprechenden Verwarnungs- bzw. Bußgeldbescheid umgesetzt. In seinem Urteil vom 24. 4. 1996 hat sich das AG Tiergarten schließlich eingehend mit dieser Praxis auseinandergesetzt 219 . In einer der Argumentation des BayObLG vergleichbaren Weise wurden auch hier die von den Angestellten der privaten Unternehmen planmäßig durchge215
So auch Steiner, Möglichkeiten und Grenzen kommunaler und privater Verkehrsüberwachung, DAR 1996, S. 272, 273. Zustimmend, zumindest im Bereich der hier vorliegenden selbständigen Wahrnehmung durch Private auch Radtke, Privatisierung von Geschwindigkeitsüberwachung, NZV 1995, S. 428,430. 216 Ausführlich zu Art. 33 Abs. 4 GG und dessen Bedeutung für die Tätigkeit Privater im Bereich der Gefahrenabwehr siehe Kapitel vier, Abschnitt B. 217 BayObLG, NZV 1997, a. a. Ο. In einem ähnlich gelagerten Fall auch AG Alsfeld, Urteil vom 6. 2. 1995, Az. 15 Js Owi 88543/94. 218 So entschieden vom AG Alsfeld, Urteil vom 6. 2. 1995, DAR 1995, S. 210; insoweit bestätigt vom OLG Frankfurt durch Beschluß vom 10. 5. 1995, DAR 1995, S. 335. 219 NStZ-RR 1996, 277. Dieses Urteil wurde in vollem Umfang durch das Kammergericht Berlin mit Beschluß vom 23. 10. 1996 bestätigt; DAR 1996, S. 504 ff.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
fühlten Maßnahmen als hoheitliche Tätigkeiten qualifiziert. Als solche sind sie ihrem Wesen nach der Strafverfolgung und damit dem Kernbereich der Staatlichkeit zuzuordnen und können folglich wegen Art. 33 Abs. 4 GG ebenfalls nur im Wege einer Beleihung auf Privatpersonen übertragen werden 220 . Mangels einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage wurde diese Übertragung auf die privaten Verwaltungshelfer daher ebenfalls für rechtswidrig befunden 221. In diesem Zusammenhang ist auch noch eine jüngst ergangene weitere Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts anzuführen 222. Auch hier wurde, unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe zum oben zitierten Beschluß über die Rechtmäßigkeit privater Geschwindigkeitsmessungen223, eine kommunal in Auftrag gegebene, selbständige Tätigkeit von Angestellten privater Unternehmen zur Verfolgung von Parkverstößen für rechtswidrig erklärt. Wiederum wurde festgestellt, daß die systematische Überwachung des ruhenden Verkehrs durch beauftragte Privatunternehmer als eine Übernahme von Funktionen der Ermittlung und Verfolgung zu werten ist und somit als funktionell originäre Staatsaufgabe und nicht nur als technische Verwaltungshilfe 224. Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß die den Kommunen zugewiesenen Verkehrsüberwachungsaufgaben von diesen nicht an Privatpersonen weiter übertragen werden dürfen, wenn dadurch die Entscheidung über den konkreten Überwachungsvorgang in das Ermessen des privaten Unternehmers bzw. seines Bedienpersonals gestellt wird.
b) Beleihung als denkbare Alternative Da bereits konkrete Ansätze zur Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage für die Übertragung von Überwachungs- und Kontrollaufgaben im Straßenverkehr existieren, erscheint es angebracht, diese an Ort und Stelle darzulegen. Bereits die beiden oben zitierten Urteile weisen in ihren Entscheidungsgründen auf die Möglichkeit zur Vornahme einer Beleihung in diesem Bereich hin. Vorab ist noch darauf hinzuweisen, daß sämtliche im folgenden darzustellenden Möglichkeiten der Übertragung von Verkehrsüberwachungsaufgaben auf Private auf die Überwachung des ruhenden Verkehrs, also auf die Parkraumbewachung beschränkt sind. Da eine Überwachung des fließenden Verkehrs und insbesondere die Aufgaben der Tempokontrolle zumeist mit Verstößen und in der Folge mit Sanktionen 220 So auch m.w.N. Scholz, Verkehrsüberwachung durch Private, NJW 1997, S. 14, 15. Ausführlich ebenfalls KG Berlin, DAR 1996, S. 505 f., das ausdrücklich auf den individuellen Eingriffscharakter einer Überwachungsmaßnahme hinweist, die ohne weitere Entscheidung eines Hoheitsträgers in eine Verwarnung oder einen Bußgeldbescheid mündet. 221 AG Tiergarten, NStZ-RR 1996, S. 277. 222 lObOWi 282/97. 223 BayObLG DAR 1997,206. 224 lObOWi 282/97, S. 4.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen S i c h e r h e i t 1
verbunden sind, die über eine gewisse Geringfügigkeit hinausgehen, wird deren Übertragung auf Privatpersonen nahezu einhellig abgelehnt bzw. erst gar nicht diskutiert 225 . Hierbei scheint eine Abwägung der Vorteile einer Übertragung mit den Argumenten gegen ein Tätigwerden Privater, gegen eine solche Betrauung gesprochen zu haben. Namentlich wäre hier allen voran die vermutlich rein wirtschaftliche Motivation der Privaten und die damit verbundene Gefahr einer Vernachlässigung öffentlicher Interessen anzuführen. Eine Übertragung von Aufgaben der Überwachung der generell als geringfügig einzustufenden Verstöße im ruhenden Verkehr dagegen würde bei Vorhandensein einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage wohl weitgehend als Ausnahme akzeptiert werden. Den unstreitbar auch hier im Vordergrund stehenden wirtschaftlichen Interessen der Privaten wird im Rahmen der Kontrolle örtlicher Parkstatuten eine das öffentliche Interesse gefährdende Wirkung abgesprochen. Wie aus den oben dargestellten Urteilen ersichtlich, sind die Beschäftigten der beauftragten privaten Unternehmen in der Rolle eines schlichten Verwaltungshelfers tätig geworden. Deshalb konnten sie diese als hoheitlich qualifizierten Überwachungstätigkeiten auch nicht rechtmäßig durchführen. Eine Übertragung derartiger Befugnisse auf gewerbliche Sicherheitskräfte könnte daher nur in der Form einer organisationsprivatisierenden Beleihung erfolgen, die jedoch wiederum einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf 226 . Zur Schaffung einer solchen Ermächtigungsgrundlage auf bundesrechtlichem Niveau hat nun die „Ständige Konferenz der Innenminister und -Senatoren der Länder" eine Ergänzung des § 26 StVG vorgeschlagen227. Ein auf der Grundlage dieser Entschließung der Innenministerkonferenz beruhender Gesetzesantrag des Landes Berlin vom 24. 9. 1996 beinhaltete schließlich einen Änderungsvorschlag zu § 26 StVG, der „im Interesse der personellen und wirtschaftlichen Entlastung der Polizei" die Möglichkeit zur Übertragung der Aufgabe der Erforschung von Verstößen gegen den ruhenden Verkehr auch auf Personen des Privatrechts vorgesehen hat 2 2 8 . Da jedoch beide Vorstöße bisher nicht über das Antragsstadium hinausgekommen sind, letzterer sogar am Widerstand der Länderkammer gescheitert ist, kann eine auf die Zulassung einer Beleihung zielende Änderung des § 26 StVG und damit eine bundeseinheitliche Regelung zur Betrauung Privater mit Aufgaben der selbständigen Überwachung des ruhenden Verkehrs in nächster Zukunft nicht erwartet werden.
22 5 Janker, Verkehrsüberwachung durch Kommunen und Privatunternehmen, DAR 1989, S. 172, 178; Steiner, Kommunale und private Tempokontrollen, DAR 1996, S. 272, 275. Im Ergebnis ebenso: Scholz, Verkehrsüberwachung durch Private, NJW 1997, S. 14 ff., der zwar eine derartige Abgrenzung im Titel seiner Abhandlung vermissen läßt, im folgenden aber ausschließlich auf die Überwachung des ruhenden Verkehrs eingeht. 226 Zu den Anforderungen an eine rechtmäßige Beleihung siehe unten, Kapitel vier, Abschnitt Β. II. 227 Beschlußprotokoll v. 3. 5. 1996 (Az: SIK 21 /25 - TOP 15.6). 228 Bundesratsdrucksache 691/96.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Einen anderen, allerdings durch landesrechtliche Besonderheiten gekennzeichneten Weg hat demgegenüber die Stadtverwaltung in Frankfurt am Main eingeschlagen. Hier wurde von der Möglichkeit des § 99 Abs. 3 Nr. 2 lit. e HSOG Gebrauch gemacht, auch „andere Personen" zu Hilfspolizeibeamtinnen / -beamte bestellen zu lassen. Diese gesetzliche Grundlage hat zu der in Deutschland bisher einzigartigen Praxis der Stadt Frankfurt am Main geführt, Leiharbeitnehmer von privaten Sicherheitsunternehmen als Hilfspolizeibeamte zu bestellen und diese mit der Überwachung des ruhenden Verkehrs zu beauftragen 229. Zu diesem Schritt sah sich die Frankfurter Stadtverwaltung infolge der angespannten Haushaltssituation und der Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von geeignetem eigenen Personal zur Verkehrsüberwachung veranlaßt. Nach einer öffentlich erfolgten Ausschreibung wurde ein privates Bewachungsunternehmen damit beauftragt, der Stadt 40 entsprechend geeignete Sicherheitskräfte im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses zur Verfügung zu stellen. Diese Leiharbeitnehmer wurden vom Führungspersonal der kommunalen Verkehrsüberwachung ausgebildet, von der Stadt bzw. dem Regierungspräsidium in Darmstadt nach § 99 Abs. 3 Nr. 2 lit. e HSOG zu Hilfspolizeibeamten bestellt und mit den erforderlichen hoheitlichen Befugnissen ausgestattet230. Seit 17. April 1995 bestreifen diese gewerblichen Sicherheitskräfte den Frankfurter Verkehrsraum und sind mittlerweile neben den kommunalen Angestellten und der Vollzugspolizei zum festen Bestandteil der Überwachung des ruhenden Verkehrs geworden 231 . Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die von verschiedenen Gerichten für erforderlich erachtete gesetzliche Grundlage zur Beleihung Privater mit Verkehrsüberwachungsaufgaben auf bundesrechtlicher Ebene bisher nicht existiert und in nächster Zukunft auch nicht zu erwarten ist. Da der von der Stadt Frankfurt am Main beschrittene landesrechtliche Alleingang auf Grundlage des § 99 Abs. 3 Nr. 2 lit. e HSOG bisher als durchaus erfolgreich zu beurteilen ist, steht jedoch zu erwarten, daß zumindest in den Ländern, die über eine ähnliche gesetzliche Grundlage zur Beleihung Privater mit sicherheitsrechtlichen Aufgaben verfügen 232 , ein vergleichbares Modell eingeführt werden wird. 229 Zu dieser Praxis und den damit gemachten Erfahrungen siehe ausführlich: Magistrat der Stadt Frankfurt am Main, Erfahrungsbericht zum Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen / nehmern als Hilfspolizeibeamtinnen / -beamte zur Überwachung des ruhenden Verkehrs in Frankfurt am Main, Stand: März 1996. 230 in dem Erfahrungsbericht wird jedoch ausdrücklich betont, daß es sich hierbei um sehr begrenzte Befugnisse handelt, die beispielsweise nicht die Berechtigung beinhalten, eine Abschleppanordnung auszusprechen; so: Magistrat der Stadt Frankfurt am Main, Erfahrungsbericht, S. 14 f. Zu dem Übertragungsverfahren siehe ausführlich: Meixner, HSOG § 99 Rz. 7 ff. Allgemein zu den im Rahmen des § 99 Abs. 3 HSOG übertragbaren Befugnissen, siehe Lippert, Hilfspolizeibeamte in Hessen, S. 22 ff. 231 Nach den Ausführungen des Erfahrungsberichtes werden erstere vor allem bei der Überwachung der 13 verschiedenen Anwohnerparksysteme sowie der Geltungsbereiche von Parkscheinautomaten eingesetzt; so: Magistrat der Stadt Frankfurt am Main, Erfahrungsbericht, S. 16 f.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
4. Trotz staatlicher Aufgabenübertragung keine Verleihung obrigkeitlicher Befugnisse Lediglich der Klarstellung halber soll in diesem Zusammenhang nochmals auf die in Kapitel zwei bereits erwähnten Eigensicherungspflichten eingegangen werden. Diese sind einem Bereich der Gefahrenabwehr zuzuordnen, den der Staat bestimmten Privaten per Gesetz zur Erfüllung übertragen hat. Im Unterschied zu den soeben behandelten Aufgabenzuweisungsnormen werden den privaten Eigensicherungsverpflichteten zur Erledigung ihrer Aufgaben gerade keinerlei obrigkeitliche Befugnisse an die Hand gegeben233. Zwar können sich die jeweils Verpflichteten bei der Erledigung dieser Aufgaben der Hilfe Dritter und daher auch gewerblicher Sicherheitsunternehmen bedienen 234 , doch sind diese im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung wiederum auf den Gebrauch der im vorstehenden Abschnitt dargestellten Jedermannrechte beschränkt 235. Auf die an dieser Rechtslage vorgebrachte Kritik und der damit verbundenen Forderung, die Adressaten der Eigensicherungspflichten zur Erledigung der ihnen vom Staat übertragenen Aufgaben mit obrigkeitlichen Befugnissen auszustatten, ist in Kapitel vier näher einzugehen.
IV. Zusammenfassung Abschließend kann also festgehalten werden, daß sich die verschiedenen gewerblichen Sicherheitskräfte nach dem ihnen im Rahmen der gegenwärtigen Rechtslage zur Verfügung stehenden Handlungsinstrumentarium im wesentlichen in zwei Kategorien einteilen lassen. Nämlich zum einen diejenigen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit über hoheitliche Befugnisse verfügen, und zum anderen die, denen solche Befugnisse gerade nicht zustehen und die sich zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben auf die Verwendung der sogenannten Jedermannrechte beschränken müssen. Die Handlungsgrundlagen der zweiten Kategorie lassen sich dabei wohl noch am besten unter den Begriff der straf- bzw. zivilrechtlichen Rechtfertigungsgründe zusammenfassen. Diese stellen somit eigentlich keine ausdrücklichen Befugnisse dar, schließen jedoch zumindest die Strafbarkeit bzw. die Schadensersatzpflichtigkeit einer grundsätzlich tatbestandsmäßigen Handlung der zivi232 So ζ. B. in Niedersachsen, § 73 NdsSOG; Rheinland-Pfalz, § 95 PCX} RhPf und im Saarland, § 84 SPolG. 233 Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 47. 234 Hierzu vergleiche die entsprechenden Ausführungen in Kapitel zwei, Abschnitt Α. II. 235 Für den § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtomG auch geregelt in den »Anforderungen an den Objektsicherungsdienst und an Objektsicherungsbeauftragte in kerntechnischen Anlagen der Sicherungskategorie I", in: Gemeinsames Ministerialblatt, herausgegeben vom Bundesminister des Innern, Ausgabe A, 37. Jahrgang, Ziff. 2.5. Ausdrücklich auch BVerwG, DVB1,1989, S. 517 f. Ebenso: Haedrich, AtomG § 7 Rz. 117 und Ronellenfitsch, Das atomrechtliche Genehmigungsverfahren, S. 279.
. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
len Wachperson aus. Weiter kann festgestellt werden, daß der Großteil der im Sicherheitsgewerbe Beschäftigten auf eben jene Notrechte beschränkt ist. Eine darüber hinausgehende Gewaltgestattung kommt dagegen nur in den wenigen, gesetzlich ausdrücklich festgelegten Fällen in Frage, die jedoch allesamt mit einer Beleihung der Sicherheitskraft verbunden sind.
B. Gewerberechtliche Regelungen Den Hauptuntersuchungsgegenstand dieser Arbeit bildet das Sicherheits- und Bewachungsgewerbe sowie dessen rechtlicher Rahmen. Nachdem vorstehend diejenigen Vorschriften dargestellt wurden, die den Handlungsrahmen der dafür tätigen Mitarbeiter beschreiben, gilt es nun an dieser Stelle, zunächst den groben gewerberechtlichen Rahmen dieser Branche darzustellen bzw. im weiteren Verlauf dieses Abschnitts, eine Untersuchung der hierdurch an die Unternehmen gestellten Anforderungen vorzunehmen. Die das Bewachungsgewerbe betreffende Hauptnorm des Gewerberechts ist § 34a GewO. Weiterhin wurde von der Ermächtigungsnorm des § 34a Abs. 2 GewO Gebrauch gemacht und vom Bundesministerium der Wirtschaft die Verordnung über das Bewachungsgewerbe (BewachV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. 6. 1976 erlassen. Diese konkretisiert im wesentlichen den Umfang der Rechte und Pflichten bei der Ausübung des Bewachungsgewerbes. Schließlich existiert noch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 34a GewO und zur BewachV, die sogenannte BewachVwV. Diese ursprünglich von einem Teil der Landeswirtschaftsminister und -Senatoren erlassene Vorschrift wurde 1996 im Rahmen der Tagung des „Bund-Länder-Ausschusses Gewerberecht" auf der Grundlage der Bayerischen Bewach VwV aktualisiert 236 . Die hierbei erarbeitete Musterverwaltungsvorschrift wurde an die Länder übersandt und soll nun von diesen erlassen werden 237 . Diese norminterpretierende Verwaltungsvorschrift, die primär eine einheitliche Anwendung der einschlägigen Gesetze und Verordnungen gewährleisten soll, wird im folgenden beispielhaft in ihrer Bekanntmachung durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie vom 30. Mai 1997 verwendet und und als „BewachVwV" zitiert 238 . Einzelne Hinweise auf Verwaltungsvorschriften anderer Bundesländer werden dagegen ausdrücklich als solche ausgewiesen. 236 Landmann/Rohmer/Mareks, GewO Band II, Vorb. zu Bewach VwV Rz. 1. 237 Fuchs/Demmer, Sitzung des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht", GewArch 1997, S. 60, 61. Ein solcher Erlaß existiert ζ. B. bereits in Thüringen, vom 28. 4. 1997 (Thür. StAnz. Nr. 21 /1997, S. 1147); in Hessen, vom 27. 3. 1997 (Hess. StAnz. 1997, S. 1249) und in Bayern, vom 30. 5. 1997 (A11MB1 Nr. 14/1997, S. 440). 238 Landmann/Rohmer/Mareks Band II, Vorb. BewachVwV Rz. 3, legen ihren Kommentierungen ebenfalls die BewachVwV in der Form der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie zugrunde.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
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I. § 34a GewO Noch in der Gründungszeit der ersten Bewachungsunternehmen, Anfang des 20. Jahrhunderts bis Mitte der zwanziger Jahre, existierte in der Bewachungsbranche völlige Gewerbefreiheit (§ 1 GewO). Gewerberechtlich war demzufolge bei der Gründung eines Sicherheitsunternehmens mit der bloßen Anzeige nach § 14 GewO alles Erforderliche getan. Durch das starke Wachstum der Branche und das damit verbundene, zugleich durch das Erscheinen „unzuverlässiger" Mitbewerber verursachte, vermehrte Auftauchen unseriöser Praktiken, sahen sich die Vertreter des Bewachungsgewerbes, allen voran der 1904 gegründete Kölner Verband, dazu veranlaßt, für eine Erlaubnispflicht im Wach- und Sicherheitsgewerbe einzutreten. Hiermit sollte verhindert werden, daß praktisch jedermann ohne vorherige Prüfung seiner persönlichen Voraussetzungen ein Bewachungsunternehmen betreiben kann 239 . Am 7. 2. 1927 wurde dann mit dem Gesetz zur Abänderung der Gewerbeordnung der grundsätzlich auch heute noch geltende § 34a GewO eingeführt.
1. Gewerberechtliche Definition des Bewachungsgewerbes und Erlaubnispflicht des § 34a GewO § 34a GewO stellt die für das Bewachungsgewerbe geltende, eine besondere Genehmigung vorschreibende, gewerberechtliche Spezialvorschrift dar. Nach der in Abs. 1 S. 1 enthaltenen Legaldefinition betreibt deijenige ein Bewachungsgewerbe, der gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will. Unter Bewachung in diesem Sinne ist nach Nr. 1.1 der BewachVwV jede auf den Schutz fremden Lebens oder Eigentums vor Gefahren für die Sicherheit gerichtete Tätigkeit zu verstehen 240. Mittels des Kriteriums der Fremdheit der zu schützenden Personen wird die Abgrenzung der Bewachungsunternehmen im Sinne des § 34a GewO zu den vor allem in größeren Industrieunternehmen anzutreffenden firmeneigenen Werkschutzfachkräften vorgenommen 241. Den von letzteren zu schützenden Personen und Sachgütern wird nämlich aufgrund der gemeinschaftlichen Zugehörigkeit zu einem Unternehmen die Qualifikation als „Fremde" abgesprochen. 239 Olschok, Unterrichtungsverfahren, DSD 1995, Nr. 17, S. 58. Ebenfalls zur gewerberechtlichen Entstehungsgeschichte: Friauf/Höfling, § 34a Rz. 2 f. 240 An dieser Legaldefinition der BewachVwV scheinen sich auch die von Literatur und Rechtsprechung entwickelten Definitionen zu orientieren. So ζ. B. Mareks in: Landmann/ Rohmer/Mareks, § 34a Rz. 4 oder OVG Rheinland-Pfalz, GewArch 1988, S. 270 f. 241 Landmann/Rohmer/Mareks, Band II, Nr. 1 BewachVwV; Honigl führt als weiteres Kriterium für die Abgrenzung der Bewachungstätigkeit im Sinne des § 34a GewO zum Werkschutz an, daß § 34a GewO nur für das stehende Gewerbe gelte, ein Wesensmerkmal des stehenden Gewerbes aber die Selbständigkeit der Gewerbeausübung darstellt, und diese Selbständigkeit gerade den firmeneigenen Werkschutzkräften abzusprechen ist; in: Tätigwerden von Privaten, S. 45. Ebenso: Friauf, § 34a Rz. 23. Ausführlicher zu der Problematik der Zulässigkeit des Bewachungsgewerbes im Reisegewerbe später.
2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
§ 34a GewO ist daher, mangels einer Bewachungstätigkeit in diesem Sinne, nicht auf den Werkschutz anzuwenden, weshalb im folgenden auch von einer eingehenden Befassung mit dieser besonderen sicherheitsrechtlichen Institution abzusehen ist 2 4 2 . Weiteres Kriterium für das Vorliegen einer Bewachungstätigkeit im Sinne des § 34a GewO ist, daß der Schwerpunkt des privatrechtlichen Vertrages zwischen dem Bewachungsunternehmen und dem die Sicherheitsleistung in Anspruch Nehmenden gerade die Bewachungstätigkeit sein muß 2 4 3 . Diese darf nicht lediglich untergeordneter Teil einer Abmachung sein, die im übrigen eine vertragliche Leistung ganz anderer Art zum Inhalt hat 2 4 4 . So stellt beispielsweise die im Rahmen der Erfüllung eines Beherbergungsvertrages durchgeführte Überwachung eines in einer Hotelgarage abgestellten Fahrzeugs eines Hotelgastes keine erlaubnispflichtige Bewachungstätigkeit im Sinne des § 34a GewO dar. Abzugrenzen ist die Bewachung schließlich auch von der Überwachung im Sinne einer bloßen Beobachtungs- bzw. Ermittlungstätigkeit, wie sie beispielsweise von den dem § 34a GewO nicht unterliegenden Detektivbüros durchgeführt wird 2 4 5 . Im Gegensatz zu einer lediglich beobachtenden Tätigkeit wird also für die Bewachung eine aktive menschliche Obhutstätigkeit verlangt 246 . Dieses Erfordernis der menschlichen Tätigkeit schließt nicht aus, daß sich die Wachpersonen in gewissem Umfang technischer Hilfseinrichtungen bedienen, solange die menschliche Kontroll- und Entscheidungsfunktion noch im Vordergrund steht und nicht durch Automatismen vollständig verdrängt wird 2 4 7 . Einen sehr ausführlichen wenn auch nicht abschließenden Katalog von Tätigkeiten, die nach den vorgenannten Grundsätzen als Bewachungstätigkeiten anzusehen sind, enthält auch Nr. 1.4 der Thüringer BewachVwV 248 . 242
So auch die Eingrenzung des der Arbeit zugrundeliegenden Untersuchungsgegenstandes in Teil eins, Kapitel zwei, Abschnitt A. III. 243 Friauf/Höfling, § 34a Rz. 21 f.; Landmann/Rohmer/Mareks, § 34a Rz. 4; ebenso Nr. 1.3 BewachVwV. 244 Honigl, Tatigwerden von Privaten, S. 45; Landmann/Rohmer/Mareks § 34a Rz. 8. 245 Ausführlich zu dieser Abgrenzung siehe: Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 537 ff. Entgegen der Begriffsbezeichnung fällt jedoch ζ. B. der selbständige Kaufhausdetektiv nach herrschender Meinung unter die Genehmigungspflicht des § 34a GewO, da sein Aufgabenbereich eben hauptsächlich in der Verhinderung von Diebstählen, also dem Schutz fremden Eigentums besteht und weniger in der bloßen Überwachung; Fuchs/Demmer, Sitzung des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht", GewArch 1996, S. 62, 65; ebenso, m.w.N. Peilert, a. a. O., S. 538 und ausdrücklich auch Nr. 1.2 BewachVwV. 246 Nr. 1.1 BewachVwV; Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 215; Landmann/Rohmer/Mareks, GewO § 34a Rz. 4 ff.; Kienzle, Recht des Bewachungsgewerbes, GewArch 1964, S. 73, 74, der eine Abgrenzung nach dem Zweck der Obhut vornimmt. Um die Qualifikation als Bewachung annehmen zu können, fordert er, daß der Inhalt der Obhutspflicht wesentlich von Gesichtspunkten der Sicherheit bestimmt wird. Zum Erfordernis der Aktivität der Obhut siehe auch: Friauf/Höfling, § 34a Rz. 16. 247
Rz. 15.
Kienzle, Recht des Bewachungsgewerbes, GewArch 1964, S. 74; Friauf/Höfling, § 34a
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
Wird ein der vorstehend dargestellten Definition des Bewachungsgewerbes unterfallendes Wach- und Sicherheitsunternehmen gewerbsmäßig, also vor allem selbständig und mit Gewinnerzielungsabsicht tätig, so unterliegt es der Erlaubnispflicht nach § 34a Abs. 1 GewO 2 4 9 . Nach diesem sogenannten Verbot mit Erlaubnisvorbehalt kann ein solches Gewerbe nur dann rechtmäßig betrieben werden, wenn dem Gewerbetreibenden von der zuständigen Behörde die hierzu erforderliche Erlaubnis erteilt wurde.
2. Sonderproblem der Bewachung auch im Reisegewerbe Ein schon seit längerer Zeit im Schrifttum kontrovers diskutiertes gewerberechtliches Problem in diesem Bereich stellt die Frage dar, inwieweit eine Ausübung des Bewachungsgewerbes auch im Reisegewerbe zulässig ist 2 5 0 . Einigkeit besteht noch insoweit, als § 34a GewO, entsprechend seiner Stellung im II. Abschnitt der Gewerbeordnung, die in ihm normierte Erlaubnispflicht und die Voraussetzungen an die Erteilung einer solchen Erlaubnis lediglich für eine Ausübung der Bewachungstätigkeit im stehenden Gewerbe verlangt 251 . Auslöser des eigentlichen Streits ist allerdings mit § 55a Abs. 1 Nr. 7 GewO eine andere Vorschrift. Diese befreit diejenigen, die ein Gewerbe im Sinne des § 34a GewO betreiben, von dem Erfordernis einer Reisegewerbekarte. Nun setzt letztere Vorschrift aber voraus, daß die Leistungen eines Bewachungsdienstes schon der Natur der Sache nach stets außerhalb der gewerblichen Niederlassung erbracht werden 252 . Der Regelungszweck des § 55a Abs. 1 Nr. 7 GewO besteht daher lediglich darin, allein die Inhaber einer Erlaubnis nach § 34a GewO von der nach § 55
248 Erlaß des Thüringer Landesministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur vom 28. 4. 1997 (Thür. StAnz. Nr. 21 /1997, S. 1147). Dort ebenfalls aufgeführt: ein Negativkatalog, also solche Tätigkeiten, die gerade keine Bewachung im Sinne des § 34a GewO darstellen. 249 Zu den weiteren, auch detaillierten Anforderungen an die gewerbsmäßige Ausübung einer Tätigkeit siehe: Landmann /Rohmer /Mareks, § 1 Rz. 3 ff.; § 14 Rz. 12 ff. und Friauf/ Höfling, § 1 Rz. 19 ff. Ebenso Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 187 f. 250 Für eine solche Zulässigkeit: Landmann/Rohmer, § 34a Rz. 11; Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 45 ff. Dagegen: vor allem Fuhr, § 34a Rz. 2a (S. 7 ff.), auf den sich Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 216 ff., ausführlich berufen hat.
251 Mahlberg, a. a. O., S. 216; Landmann/Rohmer, § 34a Rz. 11. 252 Eine Tätigkeit lediglich innerhalb der Geschäftsräume eines Bewachungsunternehmens widerspricht von Grund auf der Intention des § 34a GewO, der ja gerade die Bewachung fremder Personen und deren Rechtsgüter beinhaltet. Diese werden sich jedoch stets außerhalb der gewerblichen Niederlassung des Sicherheitsunternehmens befinden. So dem Sinne nach auch Mahlberg a. a. Ο. und Landmann/Rohmer/Mareks a. a. O. A.A. jedoch noch Kienzle, Das neue Recht des Bewachungsgewerbes, GewArch 1964, S. 73,75. 7 Huber
2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Abs. 2 GewO grundsätzlich bestehenden Reisekartenpflicht zu befreien . Diese Befreiung ist rein gesetzessystematisch auch erforderlich, da nach § 42 Abs. 1 GewO eine Erbringung der gewerblichen Leistung auch im Rahmen eines stehenden Gewerbes grundsätzlich außerhalb der Niederlassung möglich ist, dies allerdings nur unbeschadet der Vorschriften des Titels III, also auch des § 55 Abs. 1 1. Alternative, i.V.m. Abs. 2 GewO, der in diesem Fall grundsätzlich die Reisegewerbekarte vorschreibt. An dieser Stelle müssen jedoch die beiden Erscheinungsformen des Reisegewerbes auseinandergehalten werden. Nach § 55 Abs. 1 GewO betreibt nämlich nicht nur derjenige ein Reisegewerbe, der außerhalb seiner gewerblichen Niederlassung tätig wird, sondern auch derjenige, der tätig wird, ohne überhaupt eine solche Niederlassung zu haben. Nicht erfaßt von dieser nur auf den § 34a GewO, also stehendes Gewerbe, verweisenden Befreiung des § 55a Abs. 1 Nr. 7 GewO, ist jedoch § 55 Abs. 1 2. Alternative GewO, also die gewerbliche Tätigkeit nicht nur außerhalb einer Niederlassung, sondern „ohne eine solche zu haben" 254 . Während die wohl herrschende Meinung von einer Zulässigkeit des Bewachungsgewerbes auch in der Form des Reisegewerbes in der 2. Alternative des § 55 Abs. 1 GewO ausgeht 255 , wird dies vor allem von Mahlberg bestritten 256 . Den Argumenten Mahlbergs ist zwar insoweit zu folgen, als in dem für unzuverlässige Bewerber anfälligen Metier des Bewachungsgewerbes auf die einschränkenden Zulassungsvoraussetzungen des § 34a GewO eigentlich nicht verzichtet werden sollte. In seiner Annahme, daß das Zuverlässigkeitserfordernis für die Erteilung einer allgemeinen Reisegewerbekarte nicht speziell normiert sei 2 5 7 , geht Mahlberg jedoch fehl. Er übersieht hier § 57 GewO, der auch für die Erteilung einer Reisegewerbekarte ausdrücklich auf die Zuverlässigkeit des Bewerbers abstellt. Auch dem Einwand, daß bei der Zulassung von Bewachungstätigkeiten im Reisegewerbe die auf einer Ermächtigung des § 34a Abs. 2 GewO erlassene BewachV samt den dort normierten Erlaubnisvoraussetzungen insgesamt keine Anwendung finden würde, kann nicht gefolgt werden 258 . Hier muß davon ausgegangen werden, daß 253 Landmann/Rohmer/Mareks, § 34a Rz. 11; § 55a Rz. 39 f. 254 Bis zu diesem Punkt herrscht unter den einschlägigen Kommentatoren noch Einigkeit. Statt aller: Höfling in: Friauf, § 34a Rz. 26. 255 M.w.N. Landmann/Rohmer/Mareks, § 34a Rz. 11; Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 46; unproblematisch auch Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten .Sicherheitsgewerbes, S. 188. Kienzle hingegen, dem von Mahlberg, a. a. O., S. 217, unterstellt wird, auch er würde diese Meinung vertreten, äußert sich überhaupt nicht zu einer Bewachungstätigkeit ohne gewerbliche Niederlassung, sondern lediglich zu der, außerhalb einer solchen; in: Das neue Recht des Bewachungsgewerbes, GewArch 1964, S. 73,75. 256 in: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 217; so auch noch die Kritik von Fuhr in der Vorauflage von Friauf, GewO § 34a Anm. 2 a., der jedoch von Friauf/ Höfling in der aktuellen Fassung der Kommentierung zu § 34a Rz. 26 mittlerweile mit dem Hinweis auf § 61a GewO widersprochen wird. 257 A.a. O., S. 217. 258 So aber Höfling in: Friauf, § 34a Rz. 26 und Mahlberg, a. a. O., S. 217.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
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§ 61a GewO übersehen wurde. Dieser regelt nämlich ausdrücklich die Anwendbarkeit der nach der Ermächtigung des § 34a Abs. 2 GewO erlassenen BewachV für die Ausübung von Bewachungstätigkeiten im Reisegewerbe. Gerade diese Norm und die damit verbundene Gesetzessystematik sprechen jedoch deutlich für die Zulässigkeit der Bewachungstätigkeit auch in der Form des Reisegewerbes. Dies scheint auch der Wille des Gesetzgebers zu sein, der, wenn er diese Folge nicht beabsichtigt hätte, eine Norm wie den § 61a GewO, der sich innerhalb des Titels über das Reisegewerbe befindet und sich ausdrücklich auf das Bewachungsgewerbe bezieht, wohl kaum erlassen hätte 259 . Abgesehen davon, daß, wie aufgezeigt, eine Zuverlässigkeitsprüfung des Bewerbers auch im Reisegewerbe stattfindet und auch dort die durch die BewachV normierten Zulassungskriterien Anwendung finden und die Befürchtungen von Mahlberg als unbegründet erscheinen, wird wegen der doch sehr geringen praktischen Relevanz eines „reinen Reisebewachungsgewerbes"260 auf eine weitere Vertiefung dieser speziellen Problematik verzichtet. 3. Zugang zum Gewerbe Als Ausnahme von der nach § 1 GewO grundsätzlich geltenden Gewerbefreiheit stellt § 34a GewO ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt dar. Liegt bei einem Bewerber keiner der in Abs. 1 S. 3 enthaltenen Versagungsgründe vor, so ist ihm die Erlaubnis zwingend zu erteilen. Es handelt sich bei der Frage nach der Zulassung eines Bewerbers also um eine gebundene und nicht um eine Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde 261. Als solche stellt sie einen gerichtlich in vollem Umfang nachprüfbaren Verwaltungsakt dar 2 6 2 . Zwar heißt es in § 34a GewO: „ . . . wer bewachen will, bedarf der Erlaubnis ...", was vom Wortlaut eigentlich dafür sprechen würde, daß dies auch für das Bewachungspersonal, also die Angestellten einer Bewachungsfirma gilt. Nun ist aber einhellige Meinung im Schrifttum, daß sich die Erlaubnispflicht des § 34a GewO und damit auch die dort normierten Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Erlaubnis lediglich auf den Betreiber des Gewerbes, also den verantwortlichen Inhaber eines Sicherheitsunternehmens beziehen263. Lediglich die in § 34a 259
Hierfür spricht auch Nr. 3.6 der BewachVwV, wo ausdrücklich von der Existenz einer Bewachungstätigkeit im Reisegewerbe ausgegangen und hierbei ebenfalls auf die Vorschrift des § 61a GewO hingewiesen wird. aß So bezeichnet von Friauf/ Höfling, § 34a Rz. 26. Statt aller zusammenfassend: Friauf/ Höfling, § 34a Rz. 28. Nach Nr. 2.1. BewachV besteht der Hauptzweck des Erlaubnisverfahrens darin, festzustellen, inwieweit der Antragsteller als zuverlässig anzusehen ist. 262 BVerwGE 28, S. 202. Zur Verwaltungsaktqualität einer solchen Erlaubnis bzw. deren Versagung: Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 194 ff. 263 Landmann/Rohmer/Mareks, § 34a Rz. 12 und grundsätzlich zum stehenden Gewerbe § 14 Rz. 14 ff.; Kienzle, Recht des Bewachungsgewerbes, GewArch 1964, S. 73,75. 7*
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 3 GewO normierten Erlaubnisvoraussetzungen der Zuverlässigkeit und der Durchführung eines Unterrichtungsverfahrens, auf die später noch genauer einzugehen sein wird, werden durch § 34a Abs. 1 S. 4 GewO auch auf die Beschäftigten eines Bewachungsunternehmens übertragen und von diesen gefordert 264 . a) Zuverlässigkeit In § 34a Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewO wird als Versagungsgrund die fehlende Zuverlässigkeit des Bewerbers normiert. Zwar taucht dieser zentrale Begriff der Zuverlässigkeit an verschiedenen Stellen des Gewerberechts als Zulassungsvoraussetzung auf. Dennoch handelt es sich dabei nicht um einen absoluten, in allen Fällen gleich auszulegenden Terminus 265 . Ein stets gleiches, allgemein verbindlichen sittlichen Vorstellungen genügendes Verhalten, kann demzufolge nicht in dieses Erfordernis der Zuverlässigkeit hineingelesen werden. Es handelt sich hierbei vielmehr um einen nach dem jeweils vorliegenden Gewerbezweig auszufüllenden und gerichtlich in vollem Umfang nachprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff 266. Der nähere Inhalt dieses Begriffs wird demzufolge vom Schutzzweck der jeweiligen gewerberechtlichen Bestimmungen ausgefüllt 267 . Als unzuverlässig ist also derjenige anzusehen, der keine Gewähr dafür bietet, daß er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird 2 6 8 . Da die Feststellungslast für eine derartige Behauptung hierbei der Behörde obliegt, ist grundsätzlich von der Zuverlässigkeit des Bewerbers auszugehen; das Gegenteil müßte von der Behörde dargelegt und nachgewiesen werden 269 . Übertragen auf das Bewachungsgewerbe, liegen spezifische Bedenken gegen die Zuverlässigkeit eines Bewerbers dann vor, wenn Umstände darauf hindeuten, daß dieser die Vermögenssphäre oder die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse seiner Auftraggeber nicht respektiert oder allgemein zu aggressivem Verhalten neigt 2 7 0 . Zur Feststellung dieser Unzuverlässigkeit reichen bloße 264 Jedoch ist auch diese Voraussetzung wieder an den Gewerbetreibenden selbst adressiert, zumal diesem vorgeschrieben wird, nur Personen mit den erforderlichen Kenntnissen zu beschäftigen. 265 Friauf/Heß, § 35 Rz. 48; Landmann/Rohmer/Mareks, § 35 Rz. 28 ff. 266 Heß in: Friauf verwendet den Begriff der sogenannten gewerbebezogenen Unzuverlässigkeit; § 35 Rz. 48; Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 46; Landmann/Rohmer/Mareks, § 35 Rz. 29. 267 BVerwG, DVB1. 1961, S. 731; BVerwG, GewArch 1966, S. 9. 268 Friauf/Höfling, § 34a Rz. 37 und Heß, § 35 Rz. 48. BVerwG, GewArch 1971, S. 200; BVerwGE 65, S. 1. 269 Friauf/Höfling, § 34a Rz. 39. 270 Friauf/Höfling, § 34a Rz. 37; Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 46. Zu anderen Verhaltensweisen, die gegen eine Zuverlässigkeit des Bewerbers aus eher allgemeinen Aspekten sprechen, wie ζ. B. das Bestehen von Steuerschulden oder die nachhaltige Nichtabführung von Lohn an die Arbeitnehmer, siehe: Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 192, m.w.N.
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Vermutungen nicht aus 271 . Das Vorliegen von Verurteilungen des Gewerbetreibenden bzw. des Antragstellers wegen Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder das Eigentum sind hingegen durchaus geeignet, Zweifel an einer zuverlässigen Gewerbeausübung aufkommen zu lassen 272 . Die Begehung dieser Straftaten muß dabei nicht notwendigerweise im Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes stehen. Entscheidend ist vielmehr die Prognose, die sich hieraus für das künftige Verhalten des Gewerbetreibenden ziehen läßt 273 . Durch den mit Gesetz vom 28. 10. 1994 274 neu eingefügten S. 4 des § 34a GewO wird dieses Zuverlässigkeitserfordernis auch auf die Mitarbeiter eines Bewachungsunternehmens erweitert. Hiernach darf ein Gewerbetreibender also nur solche Personen zur Durchführung von Bewachungsaufgaben beschäftigen, die nach den vorstehend dargestellten Kriterien als zuverlässig anzusehen sind 275 . Die Einhaltung dieses, auf das Personal erweiterten Zuverlässigkeitskriteriums wird durch die in § 9 S. 2 BewachV geregelte Pflicht gewährleistet, jede zu beschäftigende Wachperson bei der jeweils zuständigen Erlaubnisbehörde zu melden.
b) Erforderliche Mittel Als weitere Erlaubnisvoraussetzung zur Betreibung eines Bewachungsgewerbes ist der in § 34a Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GewO normierte Mittelnachweis anzuführen. Von einem Bewerber ist nachzuweisen276, daß er über die für einen entsprechenden Gewerbebetrieb erforderlichen finanziellen Mittel oder Sicherheiten verfügt 277 . Im Gegensatz zur Erlaubnisvoraussetzung der Zuverlässigkeit wird hierbei allerdings nicht auf den Charakter des Bewerbers, sondern auf die tatsächliche, unabhängig 271
Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 191. Landmann/Rohmer/Mareks, § 34a Rz. 18; Ebenso Nr. 2.2.1 BewachVwV. Ausführlich mit einer Auflistung von verschiedenen, zur Unzuverlässigkeit eines Bewachungsgewerbetreibenden führenden Straftaten, siehe: Bleck, Die Rechtsstellung des privaten Sicherheitsgewerbes, Die Polizei 1994, S. 42. 273 Landmann /Rohmer, § 35 Rz. 31; Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 191. 274 BGBl. 19941, S. 3186. 27 5 Dies stellt jedoch keine rechtliche Neuerung dar, zumal diese Erweiterung bereits durch § 5 BewachV a.F. (v. 1. 6. 1976; BGBl. I S. 1341), (§ 9 BewachV n.F.) geregelt war und durch die Aufnahme in § 34a GewO lediglich ein höherrangiges Normenniveau erreicht hat. 272
276
Insoweit ist hier eine Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast im Verhältnis zur Nr. 1, dem Vorliegen der Zuverlässigkeit bzw. der Unzuverlässigkeit des Bewerbers festzustellen. Zweifel gehen also zu Lasten des Antragstellers; hierzu siehe auch: Höfling/Friauf, § 34a Rz. 39. Hoffmann/Janssen/Krautschneider, Bewachungsgewerberecht, S. 50. 277 Bezüglich des Umfangs der hierfür geforderten Mittel ist nach Nr. 2.2.2 BewachVwV darauf abzustellen, daß für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten ein reibungsloser Ablauf des Gewerbebetriebs gewährleistet werden kann.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
von einem eventuellen Verschulden bestehende Vermögenslage des Gewerbetreibenden abgestellt 278 . Sinn und Zweck dieses Erfordernisses ist es, bestimmten, mit einer angespannten Finanzlage in Zusammenhang gebrachten Gefahren im Rahmen der Bewachungsgewerbeausübung vorzubeugen. So wird beispielsweise bei einem wirtschaftlich nicht leistungsfähigen Bewerber befürchtet, er könne seine Gewerbetätigkeit dazu ausnützen, um sich auf Kosten seines Auftraggebers oder Dritter zu bereichern 279. Weiter soll verhindert werden, daß er, um Kosten zu sparen, nur minder qualifiziertes Personal beschäftigt 280 oder solche Regelungen mißachtet, die der ordnungsgemäßen Ausübung des Gewerbes dienen und mit gewissen Kosten verbunden sind 2 8 1 .
c) Das Unterrichtungsverfahren (1) Der Unterrichtungsnachweis Neben der durch Art. 1 Nr. 7 des ÄndG vom 23. 11. 1994 eingefügten Erweiterung der Verordnungsermächtigung in Abs. 2 Nrn. 2 und 3 wurde § 34a GewO im Jahre 1994 noch ein weiteres Mal entscheidend geändert. Durch Art. 15 Nr. 1 Buchstabe a des Verbrechensbekämpfungsgesetzes vom 28. 10. 1994 282 wurden die beiden bis zu diesem Zeitpunkt existierenden Berufszulassungsvoraussetzungen um das Erfordernis des Unterrichtungsnachweises erweitert. Dieser dritten Zulassungsanforderung ist dann Genüge getan, wenn mittels einer von der Industrieund Handelskammer auszustellenden Bescheinigung nachgewiesen wird, daß der Bewerber über die zur Ausübung des Gewerbes notwendigen rechtlichen VorSchriften unterrichtet wurde und mit ihnen vertraut ist. Im Rahmen der an dieser Stelle darzulegenden Regelungen des § 34a GewO ist in diesem Zusammenhang schließlich noch darauf hinzuweisen, daß ein solcher Unterrichtungsnachweis nach Abs. 1 S. 4 des § 34a GewO auch von den zu beschäftigenden Arbeitnehmern und nicht nur vom Gewerbetreibenden selbst gefordert wird 2 8 3 . Da beim Betrieb eines Bewachungsgewerbes nicht nur von einem mangelhaft ausgebildeten oder unterrichteten Gewerbetreibenden Gefahren ausge278 Landmann/Rohmer/Mareks, § 34 Rz. 21; Friauf/Höfling, § 34 Rz. 21; § 34a Rz. 39. 279 Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 192. 280 in diesem Zusammenhang soll auch einer Umgehung der tariflichen Mindestlohnbestimmungen entgegengewirkt werden; hierzu auch Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, a. a. O. 281 Höfling/Friauf, § 34a Rz. 39. M.w.N. auch Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 619. 282 BGBl. 19941, S. 3186 (3196 f.). 283 Wie in Punkt 3. a.) dieses Abschnitts festgestellt wurde, gilt selbige Erweiterung auch für das Erfordernis der Zuverlässigkeit. Insoweit unterscheidet sich diese Norm auch von der entsprechenden, bereits seit längerem existierenden Regelung des Gaststättengewerberechts in § 4 Abs. 1 Nr. 4 GaststättenG.
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hen, sondern ebenfalls und bedingt durch deren direkten Umgang mit Dritten vielleicht sogar noch stärker von den mit Bewachungsaufgaben betrauten Beschäftigten, erscheint diese Erweiterung der Unterrichtungspflicht auch sinnvoll 284 . (2) Keine gesetzliche Normierung eines Sach- oder Fachkundenachweises Vom Unterrichtungsverfahren streng abzugrenzen ist dagegen der bisher nicht gesetzlich geregelte Sach- oder Fachkundenachweis. Die Normierung eines derartigen Qualifikationsnachweises wird schon seit mehreren Jahren von einigen Seiten, vor allem aber vom BDWS selbst nachdrücklich gefordert 285. Mahlberg wiederum erachtet die Einführung eines solchen Sachkundeerfordernisses zwar an sich ebenfalls für notwendig, hält jedoch eine dahingehende ausdrückliche gesetzliche Regelung für entbehrlich. Er ist vielmehr der Ansicht, daß diese qualifikationsbezogene Anforderung ohnehin unter das Zuverlässigkeitskriterium des § 34a Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewO zu subsumieren wäre 286 . Inhaltlich könnte eine im Bewachungsgewerbe tätige Person einen solchermaßen geforderten Sachkundenachweis alternativ entweder durch das Absolvieren einer Ausbildung, einer zeitlich näher zu konkretisierenden Berufspraxis oder das Bestehen einer Prüfung erbringen 287 . Bis jetzt wurde diese Forderung vom zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft aber mit dem Argument abgelehnt, daß die gesetzliche Festschreibung eines solchen Nachweises eine Einschränkung der Berufswahl in Form einer subjektiven Berufszulassungsvoraussetzung darstellen würde und insofern nach der Rechtsprechung des BVerfG nur zulässig wäre, soweit der Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter dies zwingend erfordern würde 288 . Es konnten jedoch bisher noch keine empirisch belegbaren Tatsachen erbracht werden, die eine derartige Einschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigen würden 289 . Da es sich bei den behaupteten Mißständen im Sicherheitsgewerbe um 284 Dies war scheinbar auch die Intention des Gesetzgebers, der die Einführung dieses Unterrichtungsverfahrens mit öffentlichen Sicherheitsinteressen begründet hat; hierzu Olschok, Das Unterrichtungsverfahren, DSD 1995, Nr. 17, S. 58,60. 285 So erstmals in einer Besprechung im Bundesministerium für Wirtschaft am 16.1.1976; hierzu Mauersberger, Unterrichtungsverfahren in der Gewerbeordnung, S. 7. Ebenso ζ. B. Olschok, Aufgaben, personeller Bestand und Dimension privater Sicherheitsdienste, Die Polizei 1994, S. 31, 34; ders., Das Unterrichtungsverfahren in der Gewerbeordnung, DSD 1995, Nr. 17, S. 58; Thieme, Rechtsgutachten, S. 29 ff.; ebenso Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 193 oder Bleck, Sicherheit auf dem Prüfstand, Die Polizei 1992, S. 178 ff. Aber auch die SPD-Bundestagsfraktion in ihrem Antrag vom 5. 1. 1996; Bundestagsdrucksache 13/3432, S. 7. 286 Ausführlich in: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 228 ff. 287 Mauersberger, Unterrichtungsverfahren in der Gewerbeordnung, DSD 1994, Nr. 14, S. 7, 8. 288 Hierzu vor allem das sogenannte »Apothekenurteil" des BVerfG; BVerfGE 7, S. 377, 406 und das „Einzelhandelsurteil", BVerfGE 19, S. 330, 337. 289 Siehe Bericht B M I 1986, S. 10 ff.; Mareks, Gewerberechtliche Regelungen, W+S Information 1983, Nr. 158, S. 17, 18.
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solche Verfehlungen handeln würde, die mit dem bereits bestehenden gesetzlichen Instrumentarium behoben werden könnten - so das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft - , würde eine trotzdem eingeführte Zulassungsbeschränkung daher einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG darstellen und wäre demzufolge verfassungswidrig 290 . Festzuhalten bleibt an dieser Stelle, daß das neu in den § 34a GewO eingeführte Unterrichtungsverfahren einen Kompromiß darstellt zwischen den Befürwortern einer uneingeschränkten Gewerbefreiheit und denjenigen, die für die Normierung eines Sachkundeerfordernisses plädieren 291 . Ein detaillierteres Eingehen auf die nähere Ausgestaltung dieses Unterrichtungsverfahrens erfolgt im Rahmen der Ausführungen zur Bewachungsverordnung weiter unten. Auf die nach wie vor bestehenden Forderungen nach Einführung eines über den existierenden Unterrichtungsnachweis hinausgehenden Sachkundenachweises wird im Rahmen der am Ende dieses Kapitels darzulegenden Novellierungsbestrebungen nochmals zurückzukommen sein.
4. Gewerbeüberwachung Die Ausübung eines Bewachungsgewerbes birgt im Vergleich zu anderen Gewerbearten ein relativ hohes Gefährdungspotential. Dies zum einen wegen des Tätigwerdens im vorwiegend sicherheitsrelevanten Bereich und den damit verbundenen größeren Risiken einer Konfrontation mit Dritten, zum anderen aber auch aufgrund der Bewaffnung vieler Wachleute. Um dieses Gefährdungspotential kontrollieren zu können, ist neben der Berufszugangskontrolle noch eine permanente weitere Überwachung des bereits bestehenden Bewachungsbetriebs auf eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung hin erforderlich. Diese, den zuständigen Behörden zustehenden Kontrollmöglichkeiten bei bereits zugelassenen Bewachungsunternehmen sind im folgenden kurz aufzuzeigen: So enthält die Ermächtigung zum Erlaß der bereits angesprochenen BewachV in § 34a Abs. 2 GewO in Nr. 2, Buchstaben b.) und d.) die erforderliche Befugnis zur Regelung der als Buchführungsund Aufbewahrungspflicht bzw. Auskunft und Nachschau zu bezeichnenden gewerberechtlichen Kontrollinstrumentarien.
290 Hierzu ausführlich: Mareks, Neuerungen im Bewachungsgewerberecht, GewArch 1996, S. 133 f. 291
So auch Friauf/Höfling, § 34a Rz. 39b und Landmann/Rohmer/Mareks, § 34a Rz. 22; Mareks, Neuerungen im Bewachungsgewerberecht, GewArch 1996, S. 133, 134. Ähnlich auch Olschok, Das Unterrichtungsverfahren in der Gewerbeordnung, DSD 1995, Nr. 17, S. 58, der in der Normierung des Unterrichtungsverfahrens eine zumindest ansatzweise Entsprechung gegenüber den Forderungen des BDWS sieht. Nicht zu folgen ist in diesem Zusammenhang Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130, 134, der die Forderung des BDWS nach einer Normierung des Sachkundeerfordernis durch die Einführung des Unterrichtungsnachweises als vollständig erfüllt ansieht.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
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a) Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht
Die in § 14 der BewachV geregelte Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht beinhaltet zunächst in Abs. 1 S. 1 die generelle Verpflichtung des Gewerbetreibenden zur Anfertigung von Aufzeichnungen 292 und zum übersichtlichen Sammeln von Unterlagen und Belegen. Die einzelnen Aufzeichnungstatbestände sind dann abschließend in Abs. 2 des § 14 BewachV aufgeführt, wobei dort zunächst in S. 1 die Pflicht normiert wird, jeden einzelnen abgeschlossenen Bewachungsvertrag aufzuzeichnen. S. 2 regelt verschiedene andere Aufzeichnungspflichten betreffend die Einstellung und Beschäftigung von Wachpersonen, den Abschluß der in § 6 BewachV vorgeschriebenen Haftpflichtversicherung und über die Überlassung und Rückgabe von Schußwaffen und Munition. Abs. 3 enthält eine Auflistung aller aufzubewahrenden Unterlagen und Belege, wie ζ. B. den Versicherungsvertrag 293, die Verpflichtungserklärung des Wachpersonals, Nachweise über Zuverlässigkeit und Unterrichtung von Wachpersonen und andere Dokumente, auf die im Rahmen der Ausführungen zur Bewachungsverordnung noch näher einzugehen sein wird. In Abs. 4 schließlich wird die für die jeweiligen Aufzeichnungen bzw. Unterlagen und Belege geltende Aufbewahrungsfrist festgelegt. Zweck dieser Buchführungsund Aufbewahrungspflichten ist es zum einen, die Überwachung des Gewerbes zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. Es soll also die Anfertigung bzw. Aufbewahrung schriftlicher Aufzeichnungen sichergestellt werden, anhand derer die zuständigen Behörden ihre Kontrollen durchführen können. Andererseits soll der Gewerbetreibende hierdurch aber gleichzeitig zu einer ordnungsgemäßen Ausübung seiner Tätigkeit angehalten werden 294 .
b) Auskunft und Nachschau Nach der in § 15 Abs. 1 BewachV normierten Auskunftspflicht hat der Gewerbetreibende den Beauftragten der zuständigen Behörden, auf deren konkret gestellte Anfrage hin 2 9 5 , die für die Überwachung des Gewerbebetriebs erforderliche mündliche oder schriftliche Auskunft zu erteilen. Da der Zweck der Gewerbeüberwachung und somit auch der Auskunftspflicht darin besteht, durch unzuverlässige 292
Diese sind nach § 14 Abs. 1 S. 3 BewachV nach den Grundsätzen der § 239 Abs. 2 - 4 HGB anzufertigen. 293 Auf die hier zugrundeliegende Pflicht zum Abschluß einer Haftpflichtversicherung wird im Rahmen der Ausführungen zur BewachV weiter unten näher einzugehen sein. 294 So auch Janssen, Der praktische Vollzug, GewArch 1967, S. 193, 197, der dies lediglich für die allgemeine Bestimmung des § 38 GewO feststellt, die sich jedoch mit der speziellen Verordnungsermächtigung des § 34a Abs. 2 Nr. 2 Buchstaben b.) und d.) GewO weitgehend deckt. 295 Siehe Hoffmann/Janssen/Krautschneider, Bewachungsgewerberecht, S. 149 und Janssen, a. a. O., S. 193. Eine Pflicht zur allgemeinen Benachrichtigung über die laufenden Geschäftsvorfälle besteht hiernach nicht; hierzu siehe auch Nr. 3.5 BewachVwV.
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Gewerbeausübung entstehende konkrete Gefahren bereits im Vorfeld zu verhindern 296 , benötigt die Behörde für ein solches Auskunftsverlangen nicht erst das Vorliegen eines bereits eingetretenen Schadens. Sie kann vielmehr sogar selbst ohne Vorliegen einer konkreten Gefahr tätig werden 297 . Neben der Pflicht des Gewerbetreibenden, dem Auskunftsverlangen der Behörde nachzukommen, hat letztere auch noch das in § 15 Abs. 2 BewachV festgelegte Recht zur Nachschau. Dieses berechtigt die Beauftragten der zuständigen Behörde, zum Zweck der Gewerbeüberwachung Einsicht in den Geschäftsbetrieb zu nehmen. Hierzu hat der Gewerbetreibende den Behördenvertretern Zutritt zu allen für den Geschäftsbetrieb genutzten Räumen und Grundstücken, sowie Einsichtnahme in die oben angesprochenen Aufzeichnungen, Unterlagen und Belege zu gewähren. Sollte dies erforderlich sein, um eine Vereitelung des Überwachungszwecks zu verhindern, können diese Nachschaumaßnahmen auch jederzeit ohne Voranmeldung durchgeführt werden 298 . c) Rücknahme/Widerruf der Erlaubnis bei Unzuverlässigkeit Der Zweck all dieser verschiedenen Gewerbeüberwachungsmaßnahmen besteht darin, auch nach der Zulassung des Gewerbetreibenden weiterhin laufend dessen Zuverlässigkeit zu überprüfen, deren weiteres Vorliegen keineswegs automatisch gewährleistet ist. Wird im Rahmen dieser Überwachung festgestellt, daß der Gewerbetreibende, aus welchen Gründen auch immer, nicht länger als zuverlässig angesehen werden kann, so liegt es im Ermessen der Behörde, seine Erlaubnis zu widerrufen. Dies geschieht jedoch nicht mehr nach dem mittlerweile ersatzlos gestrichenen § 53 Abs. 2 Nr. 2 GewO 2 9 9 . Auch die allgemeine Gewerbeuntersagungsvorschrift des § 35 GewO ist für die Rücknahme einer Erlaubnis zum Betreiben eines Bewachungsgewerbes nicht einschlägig. Vielmehr erklärt dessen Abs. 8 im Fall der Rücknahme bzw. des Widerrufs einer Gewerbeerlaubnis wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden die Abs. 1 bis 7 des § 35 GewO für nicht anwendbar 300 und verweist somit, in Ermangelung einer Spezialnorm für die Rück296 Janssen, a. a. O., S. 196. 297 So ausdrücklich Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 251, der so weit geht, daß eine Behörde, um die ihr obliegenden Überwachungspflichten ordnungsgemäß durchzuführen, gar nicht solange warten darf, bis Mißstände auftreten, sondern stets von sich aus die Kontrollinitiative zu ergreifen hat. 298 Janssen, Der praktische Vollzug, GewArch 1967, S. 193,196. 299 Da dieser § 53 GewO bereits durch Gesetz vom 25. 7. 1984 (BGBl. I S. 1008) gestrichen wurde, beruft sich Mahlberg in seinem 1987 erschienenen Werk fälschlicherweise auf diese zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr existierende spezialgesetzliche Widerrufsnorm; a. a. O., S. 250, 252. Honigl erkennt zwar die Aufhebung des § 53 GewO, versäumt es dabei aber, auf die Konsequenz dieser Gesetzesänderung hinzuweisen und die entsprechenden Rücknahme- bzw. Widerrufsnormen zu nennen; Tätigwerden von Privaten, S. 46. 300 So auch das OVG Schleswig-Holstein, GewArch 1994, S. 167, das festgestellt hat, daß falls eine Gewerbeerlaubnis wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nach den
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen S i c h e r h e i t 1 0
nähme bzw. den Widerruf der Erlaubnis im Bereich des Bewachungsgewerbes, auf die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts, namentlich die Vorschriften der §§ 48, 49 VwVfG 3 0 1 . Stellt die zuständige Behörde also im Rahmen der Gewerbeüberwachung aufgrund von nach dem Erlaß der Erlaubnis ermittelter Fakten fest, daß der Gewerbetreibende nicht länger als zuverlässig angesehen werden kann, so ist mit der fehlenden Zuverlässigkeit eine Tatsache eingetreten, die die Behörde nach § 34a Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewO dazu berechtigen würde, die Erlaubnis nicht mehr zu erteilen 302 . Wäre weiterhin ohne den Widerruf der Erlaubnis das öffentliche Interesse gefährdet, so könnte die Erlaubnis als ursprünglich rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG widerrufen werden 303 . Zu berücksichtigen ist allerdings, daß dabei die Behörde im Rahmen ihres Ermessens den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten hat. Sie muß also prüfen, ob statt eines Widerrufs der Erlaubnis der gewünschte Erfolg der Beendigung der Gefahrdung der Öffentlichkeit durch einen unzuverlässigen Bewachungsgewerbetreibenden auch mittels einer Abmahnung oder der Erteilung einer Auflage erzielt werden könnte 304 .
d) Wirksamkeit des bestehenden gesetzlichen Instrumentariums zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Gewerbebetriebs Zum Abschluß der Darstellung der verschiedenen Möglichkeiten zur Überwachung des Bewachungsgewerbes ist noch kurz auf die hierzu existierende Kritik der einschlägigen Literatur einzugehen. So besteht zwar Einigkeit dahingehend, daß das den Behörden zur Verfügung gestellte Aufsichts- und Kontrollinstrumentarium grundsätzlich ausreichen würde, um die geeigneten Maßnahmen zu einer effektiven Überwachung der Bewachungsgewerbetreibenden zu treffen. Allerdings würden die zuständigen Behörden von diesen Möglichkeiten einer angemessen, regelmäßigen und umfassenden Kontrolle der verschiedenen Gewerbebetriebe
§§ 48,49 VwVfG zurückgenommen oder widerrufen werden kann, eine Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO nicht mehr möglich ist; ebenso: Friauf/Heß, § 35 Rz. 15. 301 Hierzu siehe Landmann/Rohmer/Ernst, § 53 a.F. Rz. 1; ausdrücklich für eine Erlaubnis nach § 34a GewO, § 53 a.F. Rz. 4; ebenso Friauf/Heß, § 35 Rz. 12. Ohne nähere Begründung auch Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 196 f. 302
So auch Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 196. Ausführlich zu den Rücknahme- bzw. Widerrufsvorschriften der §§ 48, 49 VwVfG im Rahmen des Gewerberechts, siehe: Landmann/Rohmer/Ernst, § 53 a.F. Rz. 4 ff. 303 Nach Nr. 2.4.2 BewachVwV ist der Betroffene vor Rücknahme oder Widerruf jedoch zu hören. 304 Landmann/Rohmer/Ernst, § 53 a.F. Rz. 24; ebenso Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 196. Führt die Unzuverlässigkeit jedoch zu einer Gefährdung der in § 35 GewO aufgeführten Rechtsgüter, so besteht nach Kienzle, Das neue Recht des Bewachungsgewerbes, GewArch 1964, S. 73, 79, die einzig pflichtgemäße Ausübung dieses Ermessens in einem Widerruf der Erlaubnis.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
nicht in ausreichendem Maß Gebrauch machen 305 . Die tatsächlich durchgeführte Gewerbeüberwachung wäre also im Ergebnis zu wenig intensiv und unzulänglich, um die regelmäßig auftretenden Mißstände aufzudecken und für deren Behebung zu sorgen, um also einen ordnungsgemäßen Gewerbebetrieb gewährleisten zu können. Diese Kritik sollte schon deswegen zu denken geben, da sie vor allem auch von den Vertretern des BDWS selbst erhoben wird 3 0 6 . Zwar schreibt die BewachVwV in Nr. 3.5 ausdrücklich vor, daß abgesehen von den Überprüfungen aus besonderem Anlaß, der Geschäftsbetrieb in unregelmäßigen Abständen stichprobenartig zu kontrollieren ist. Vor allem aber infolge mangelnder Qualifikation der Aufsichtsbeamten307 und der personellen Unterbesetzung der zuständigen Behörden 308 läßt sich diese mittels Verwaltungsvorschrift festgeschriebene Vorgabe in der Praxis nicht entsprechend realisieren. Festzuhalten ist also, daß die gegenwärtige Praxis der Gewerbeüberwachung als unzureichend zu erachten ist und ihren Ansprüchen und Zielen nicht gerecht wird. Einigkeit herrscht weiter darüber, daß die Wurzel dieses Mißstandes nicht in dem Potential der zur Verfügung stehenden Kontrollvorschriften zu suchen ist, sondern in deren unzulänglicher Anwendung durch die zuständigen Behörden 309 . Bezüglich der Maßnahmen, die zur Verbesserung dieser Situation ergriffen werden könnten, ist auf die bei Mahlberg 310 aufgelisteten Vorschläge der Verbesserung des Informationsflusses an die Gewerbeämter, der verstärkten Überwachung von Betrieben, die in einem besonders risikoträchtigen Aufgabengebiet tätig werden 311 und einer personellen Verstärkung der Gewerbeämter zu verweisen. 305
So bereits der Bericht des Bundesminister des Innern an den Innenausschuß und den Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestags zur privaten Wahrnehmung von Wach- und Sicherheitsaufgaben von 1982, S. 29, der ebenfalls ein volles Ausschöpfen der bestehenden rechtlichen Möglichkeiten für erforderlich hält, in der Praxis jedoch vermißt. Ebenso: Kunz, Die organisierte Nothilfe, ZStW 1983, S. 973, 992 und m.w.N. auch Mahlberg, a. a. O., S. 246 f. 306 So ζ. B. von Glavic, Tendenzen und zukünftige Entwicklung des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 68. Ebenso in einem Bericht des BDWS an den Bundesminister des Innern; abgedruckt in: W+S Information 1986, Nr. 164, S. 19 ff. So auch Schriml, Aus der Sicht der Sicherungsunternehmen, W+S Information 1980, Nr. 148, S. 266,268. 307 Schmidt, Das private Sicherheitsgewerbe, S. 45. 308 Boetcher, Private Sicherheitseinrichtungen, W+S Information 1980, Nr. 146, S. 12, 17. Grundsätzlich zu den Gründen für eine unzureichende Gewerbeaufsicht, siehe Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 635 ff. 309 So auch das Fazit des BMI in: Bericht BMI 1982, S. 29, 30. Diesem zustimmend auch Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsuntemehmen, S. 253. Ebenso: Stobei; Staatliches Gewaltmonopol und privates Sicherheitsgewerbe, NJW 1997, S. 889, 893, der eine gesetzliche Neuregelung ablehnt, solange das gegenwärtig zur Verfügung stehende gewerberechtliche Instrumentarium noch nicht ausgeschöpft ist. 310 in: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 253, wobei er sich hierbei auf die allgemein gewerberechtlich gehaltenen Ausführungen von Knaus, Die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit, S. 185 ff. bezieht, die sich jedoch durchaus auf das Bewachungsgewerbe im speziellen übertragen lassen.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
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II. BewachV Neben dem vorstehend behandelten § 34a GewO, der vorwiegend Fragen der Berufszulassung regelt, ist im folgenden auf die bereits mehrfach angesprochene BewachV einzugehen. Diese zuletzt am 7. 12. 1995 novellierte Verordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft regelt in den §§ 1 ff. das oben bereits kurz angesprochene Unterrichtungsverfahren und in den §§ 6 ff. verschiedene Grundsätze der Berufsausübung.
1. Das Unterrichtungsverfahren;
§§ 1 ff. BewachV
Der Zweck des Unterrichtungsverfahrens, welches die Modalitäten zum Erwerb des nach § 34a Abs. 1 S. 3 Nr. 3 GewO als Erlaubnisvoraussetzung normierten Unterrichtungsnachweises regelt, besteht nach § 1 Abs. 1 BewachV darin, die im Bewachungsgewerbe tätigen Personen mit den für die Ausübung des Gewerbes erforderlichen rechtlichen Vorschriften und fachspezifischen Pflichten und Befugnissen vertraut zu machen. Gefordert wird dieser Unterrichtungsnachweis einmal vom Gewerbetreibenden persönlich (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BewachV), nach Nr. 2 vom gesetzlichen Vertreter einer mit Bewachungsaufgaben betrauten juristischen Person, vom Betriebsleiter (Nr. 3) sowie nach Nr. 4 von allen unselbständigen Personen, die mit der Durchführung von Bewachungsaufgaben betraut werden sollen, also dem eigentlichen Bewachungspersonal. Die zur Durchführung des mit der Unterrichtung verbundenen gesamten Verfahrens alleinig zuständigen Stellen sind nach § 2 BewachV die Industrie- und Handelskammern. Das in § 3 BewachV näher geregelte Unterrichtungsverfahren schreibt für Personen im Sinne der § 1 Abs. 2 Nrn. 1 - 3 BewachV den Besuch von mindestens 40 und für das Bewachungspersonal im Sinne der Nr. 4 von mindestens 24 Stunden Unterricht vor. Sobald ein Kandidat an diesen Unterrichtsstunden ohne Fehlzeiten teilgenommen hat, erhält er die von der IHK auszustellende, in § 34a Abs. 1 S. 3 Nr. 3 GewO geforderte Bescheinigung. Zwar wird in § 3 Abs. 2 BewachV nicht geregelt, daß der Kandidat hierfür eine Abschlußprüfung zu absolvieren hat 3 1 2 , doch hat sich die Kammer durch „geeignete Maßnahmen" davon zu überzeugen, daß ihn der Unterricht auch mit den zu vermittelnden Lehrinhalten vertraut gemacht hat. Maßnahmen dieser Art können ζ. B. mündliche oder schriftliche Verständnisfragen sein 313 , also vor allem ein aktiver Dialog zwischen den Teilnehmern und dem Referen311 Hierbei ist beispielsweise an Betriebe zu denken, die mit der Bewachung von Bundeswehreinrichtungen, Objekten des Luftverkehrs oder Atomkraftwerken betraut sind. Für letztere siehe auch Roßnagel, Radioaktiver Zerfall der Grundrechte, S. 193 f. 312 Wegen des Fehlens einer solchen Abschlußprüfung bezeichnet beispielsweise Stober den Nachweis als reinen „Sitzschein" und das gesamte Verfahren als „Farce"; in: Staatliches Gewaltmonopol und privates Sicherheitsgewerbe, NJW 1997, S. 889, 895. 313 Landmann/Rohmer/Mareks, § 1 BewachV Rz. 4. Ebenso Mareks, Neuerungen im Bewachungsgewerberecht, GewArch 1996, S. 133, 135.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
ten 3 1 4 . In § 4 BewachV wird der zu vermittelnde Unterrichtsstoff in verschiedenen Sachgebieten festgelegt. So müssen die Kandidaten mit dem Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einschließlich dem Gewerberecht, dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Straf- und Strafverfahrensrecht vertraut gemacht werden. Zusätzlich sind sie im Umgang mit Waffen, über die Unfallverhütungsvorschriften der Wach- und Sicherheitsdienste und über die Grundzüge der Sicherheitstechnik zu unterrichten 315. Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß durch dieses neu eingeführte Verfahren sichergestellt werden soll, daß jede in diesem Gewerbe tätige, mit sicherheitsrelevanten Aufgaben betraute Person zumindest über ein gewisses grundlegendes fachspezifisches Know-how verfügt. Inwieweit diese Ziele tatsächlich verwirklicht werden konnten, läßt sich bisher nicht feststellen, da seit der Einführung des Unterrichtungsnachweises im Jahre 1995 noch keine entsprechenden Erfahrungsberichte vorliegen. Die oftmals erhobene Kritik, daß das Bewachungsgewerbe ein Magnet für gänzlich unqualifizierte und teilweise bereits einschlägig vorbestrafte Personen sei 3 1 6 , kann in dieser Schärfe jedoch wohl nicht mehr aufrecht erhalten werden 317 .
2. Die Berufsausübungsregelungen
der BewachV
a) Haftpflichtversicherung, Haftungsbeschränkung; §§ 6, 7 BewachV Neben den in § 34a Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GewO normierten Anforderungen an die dem Gewerbetreibenden zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel wird dieser durch § 6 BewachV zusätzlich noch verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen und aufrechtzuerhalten 318. Geschützt werden sollen hierdurch einer314 Ausführlich zu diesen Maßnahmen und zum Kriterium des Vertrautseins siehe auch die Broschüre des DIHT, „Unterrichtung im Bewachungsgewerbe", Stand Januar 1996, die auf S. 6 f. die von der IHK als zuständiger Behörde die nach den Grundsätzen des § 10 VwVfG („einfach und zweckmäßig") festzulegenden Maßnahmen beschreibt. 315 Laut Begründung soll diese Unterrichtung trotz der vorgeschriebenen Lehrinhalte weder den bereits angesprochenen Fachkundenachweis noch eine Aus- oder Fortbildung nach dem BBiG ersetzen; BR-Drucks. 544/95, S. 18. 316 So ζ. B. in: Das gute Geschäft mit Angstund Bequemlichkeit, SZ vom 28./29.12.1996 V I /1; Der Spiegel 1996 Nr. 46, S. 30 ff.; oder Die Woche vom 12. 8. 1993, S. 26. Dem Sinne nach auch Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107, 125 ff. Besonders drastisch auch Bleck, Die Rechtsstellung des privaten Sicherheitsgewerbes, Die Polizei 1994, S. 42, 43, der von „zweifelhaften Existenzen, die sich ausschließlich zum Zwecke der persönlichen Bereicherung betätigen", spricht. 317 Der Beschäftigung einschlägig vorbestrafter Personen wird bereits durch die oben erwähnte Erweiterung des Zuverlässigkeitserfordernisses auch auf das Bewachungspersonal nach § 34a Abs. 1 S. 4 GewO entgegengesteuert.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen S i c h e r h e i t 1 1
seits der Auftraggeber bzw. Dritte, denen durch eine fehlerhafte Ausübung der Bewachungstätigkeit des Gewerbetreibenden Schaden entsteht319. Andererseits soll diese Versicherung aber auch den Gewerbetreibenden von derartigen Schadensersatzforderungen freistellen 320 . Nimmt ein Gewerbetreibender die Bewachungstätigkeit ohne Abschluß einer entsprechenden Versicherung auf, so stellt dies in der Regel eine Gefährdung des öffentlichen Interesses dar und verpflichtet die nach § 3 Nr. 2 lit. a GewV 3 2 1 für Anzeigen nach § 158c Abs. 2 VVG zuständige Erlaubnisbehörde, das Widerrufsverfahren nach § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG einzuleiten 322 . In § 6 Abs. 2 BewachV sind die, zuletzt 1995 den aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen angepaßten Mindesthöhen der Versicherungssummen vorgeschrieben 3 2 3 . Diese liegen pro Schadensereignis für Personenschäden bei zwei Millionen und für Sachschäden bei 500.000 D M 3 2 4 . Hierbei kann jedoch zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer nach S. 2 des § 6 Abs. 2 BewachV vereinbart werden, daß die Leistungen für innerhalb eines Versicherungsjahres verursachte Schäden auf den doppelten Betrag der Mindestversicherungssumme begrenzt werden. Dadurch soll dem Versicherungsnehmer ein adäquater Schutz zu einer angemessenen Prämie ermöglicht werden 325 . Erwähnenswert erscheint schließlich noch, daß der Deckungsumfang der Versicherung nur Schäden erfaßt, die sich aus der unmittelbaren Durchführung der Bewachungstätigkeit ergeben. Darüber hinausgehende Tätigkeiten der Unternehmen sind demzufolge nicht pflichtversichert 326. In § 7 der BewachV schließlich wird geregelt, daß der Gewerbetreibende die Haftung aus der Bewachungstätigkeit nur bis zur Mindesthöhe der Versicherungssumme beschränken darf. Mit diesem Eingriff in die Vertragsfreiheit 318 Auf diese Haftpflichtversicherung finden die Vorschriften der §§ 149, 158 ff. VVG Anwendung; siehe: Landmann/Rohmer/Mareks, § 6 BewachV Rz. 1. 319 Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 199. 320 Landmann/Rohmer/Mareks, § 6 BewachV Rz. 1. 321 Da dieser Untersuchung, wie oben bereits festgestellt, die BewachVwV in der Fassung der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr zugrundeliegt (hier Nr. 3.1), handelt es sich hierbei auch um die Bayerische Verordnung zur Durchführung der GewO, BayGewV. 322 Siehe BewachVwV Nr. 3.1. Dies unterstreicht nach Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 200, auch die besondere Bedeutung eines ausreichenden Versicherungsschutzes in diesem Gewerbezweig. 323 Zur näheren Ausgestaltung des Umfangs und des Gegenstands der Bewachungshaftpflichtversicherung siehe die „Besonderen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung von Bewachungsunternehmen", genehmigt durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen vom 3. 9. 1982, Gesch.-Z: III-41401 - 1 / 8 2 . 324 Die Versicherung für die Risiken des Abhandenkommens bewachter Sachen (Mindestversicherungssumme 30.000 DM) und für reine Vermögensschäden (Mindestversicherungssumme 25.000 DM) können mit dem Einverständnis des Auftraggebers nach § 6 Abs. 2 S. 3 BewachV von der Versicherungspflicht ausgenommen werden. 325 Landmann/Rohmer/Mareks, § 6 BewachV Rz. 2. 326 § 1 Abs. 1 S. 2 der besonderen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung von Bewachungsunternehmen".
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des Gewerbetreibenden soll die Befriedigung der Ansprüche der Geschädigten in Höhe dieser Mindestsumme sichergestellt werden 327 .
b) Wahrung von Geschäftsgeheimnissen; § 8 BewachV Nach § 8 BewachV obliegt es dem Gewerbetreibenden, seine Mitarbeiter dahingehend zu verpflichten, die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Dritter, von denen sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Kenntnis erlangt haben, auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Gewerbebetrieb zu wahren. Verstöße des Gewerbetreibenden gegen diese, in der Regel im Rahmen des Arbeitsvertrags zu vermittelnde Pflicht, können als Ordnungswidrigkeiten (§16 Nr. 2 BewachV) verfolgt werden und begründen darüber hinaus Zweifel an der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden 328.
c) Beschäftigung und Meldung von Wachpersonen; § 9 BewachV § 9 S. 1 BewachV bestimmt, daß der Gewerbetreibende nur zuverlässige Personen mit Bewachungsaufgaben betrauen darf, die mindestens 18 Jahre alt sind und über den erforderlichen Unterrichtungsnachweis verfügen 329 . Bei der Anstellung eines Bewerbers besteht im Hinblick auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen eine Prüfungspflicht des Gewerbetreibenden. Diese Pflicht erfüllt der Gewerbetreibende bezüglich der Zuverlässigkeit, indem er in das vom Bewerber vorzulegende Führungszeugnis nach § 30 BZRG Einsicht nimmt, bezüglich des Unterrichtungserfordemisses, indem er den entsprechenden Nachweis nach § 3 Abs. 2 BewachV kontrolliert 330 . Erfüllt der Bewerber die erforderlichen Voraussetzungen, so hat ihn der Gewerbetreibende nach § 9 S. 2 BewachV mittels Übersendung des Führungszeugnisses und des Unterrichtungsnachweises vor 3 3 1 dessen Arbeitsantritt an die zuständige Behörde zu melden. Mit dieser Meldepflicht wird bezweckt, daß auch die Behörde die Geeignetheit des Bewerbers überprüfen kann. Ergibt sich aus dieser Überprüfung die Unzuverlässigkeit des Bewerbers, so hat die Behörde den Gewerbetreibenden hierüber unverzüglich zu unterrichten. Dieser muß dann von einer Einstellung absehen332. 327
Ausführlich zum Haftungsausschluß siehe: Landmann/Rohmer/Mareks, § 7 BewachV Rz. 2. 328 Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 201. 329 Bis auf die Regelung des Mindestalters wird dies bereits in § 34a Abs. 1 S. 4 GewO geregelt. 330 Mareks, Neuerungen im Bewachungsgewerberecht, GewArch 1996, S. 133, 137 und Landmann/Rohmer/Mareks, § 9 BewachV Rz. 1. 331
Eine ursprünglich beabsichtigte Karenzfrist, innerhalb der die Meldung hätte nachgeholt werden können, scheiterte bereits an der klaren Vorgabe des § 34a Abs. 1 S. 4 GewO; siehe auch Landmann /Rohmer /Mareks, § 9 BewachV Rz. 2.
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d) Dienstanweisung; § 10 BewachV Nach der Anstellung eines Wachmannes ist der Gewerbetreibende nach § 10 BewachV dazu verpflichtet, diesem eine, den spezifischen Besonderheiten der jeweiligen Tätigkeit Rechnung tragende, schriftliche Dienstanweisung gegen Empfangsbestätigung (Abs. 2) auszuhändigen. Diese Bestätigung muß nach Abs. 1 S. 2 den Hinweis enthalten, daß der Wachmann nicht über die Eigenschaften oder die Befugnisse eines Polizisten, Hilfspolizisten oder sonstigen Bediensteten einer Behörde verfügt 333 . Weiter muß dort nach Abs. 1 S. 2 geregelt sein, daß während des Dienstes eine Schußwaffe nur mit Zustimmung des Gewerbetreibenden geführt werden darf und jeder Gebrauch unverzüglich einer Polizeidienststelle und dem Gewerbetreibenden anzuzeigen ist.
e) Ausweis und Dienstkleidung; §§ 11, 12 BewachV Zur Legitimation des Wachpersonals bei der Ausübung des Dienstes ist diesem nach Maßgabe des § 11 BewachV vom Gewerbetreibenden ein Dienstausweis auszustellen, der sich in seiner Beschaffenheit von amtlichen Ausweisen unterscheiden muß. Diesen Ausweis hat die Wachperson nach § 11 Abs. 3 BewachV während des Wachdienstes mitzuführen und auf Verlangen den Beauftragten der zuständigen Behörde vorzuzeigen. Stellt der Gewerbetreibende seinem Wachpersonal Dienstkleidung zur Verfügung, so hat er nach § 12 BewachV dafür Sorge zu tragen, daß diese Kleidung und eventuell getragene Abzeichen nicht mit den Uniformen von Streitkräften oder behördlichen Vollzugsorganen verwechselt werden können 3 3 4 . Um eine Verwechslung mit Unbefugten zu vermeiden, besteht nach § 12 S. 2 BewachV für Wachleute, die in Ausübung ihres Dienstes befriedetes Besitztum zu betreten haben, ein Dienstkleidungszwang.
f) Ordnungswidrigkeiten; § 16 BewachV § 16 BewachV schließlich bestimmt, daß eine vorsätzliche oder fahrlässige Nichtbeachtung der einzeln aufgelisteten Verpflichtungen aus der BewachV durch 332 Landmann/Rohmer/Mareks, § 9 BewachV Rz. 3. Für das Verfahren zu einer eventuell erforderlichen Unterbindung einer Beschäftigung siehe Nr. 3.3.1.3 BewachVwV. 333 Landmann/Rohmer/Mareks, § 10 BewachV Rz. 2, empfehlen darüber hinaus auch eine Aufnahme der positiven Aspekte, also eine Darstellung der den Wachpersonen tatsächlich zustehenden Rechte und Handlungsmöglichkeiten in dieser Dienstanweisung. 334 im Interesse einer sauberen optischen Abgrenzung zwischen staatlichem Gewaltmonopol und privater Notrechtsausübung hält Stober, Staatliches Gewaltmonopol und privates Sicherheitsgewerbe, NJW 1997, S. 889, 895, darüber hinaus noch eine genaue Beschreibung der erforderlichen Unterscheidung von Polizeiuniformen für erforderlich. 8 Huber
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
den Gewerbetreibenden als Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 GewO zu behandeln und zu ahnden ist.
III· Freiwilliger Qualifikationsstandard; Zertifizierungsverfahren nach DIN EN ISO 9000 ff. Nur der Vollständigkeit halber ist hier noch kurz auf das eigentlich nicht dem Gewerberecht zuzurechnende Zertifizierungsverfahren nach DIN EN ISO 9000 ff. einzugehen335. Ziel dieses Verfahrens ist es, einen, gewissen Normen entsprechenden, sogenannten Qualitätsmanagementstatus in den Betrieben zu etablieren, der alle organisatorischen Bereiche und Ebenen des Unternehmens erfassen soll 3 3 6 . Allgemein wird hierdurch beabsichtigt, seitens des Lieferanten ein an den Kriterien der ISO-Normen orientiertes System aufzubauen, durch das eine bestimmte Qualitätsfähigkeit für den Kunden nachgewiesen werden kann. Bezogen auf das Bewachungsgewerbe soll also sichergestellt werden, daß sowohl die vom Auftraggeber als auch die nach den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen gestellten Anforderungen erfaßt und dokumentiert werden, sowie daß deren Erfüllung nachgewiesen werden kann 3 3 7 . So haben sich in Deutschland 1994 die ersten Bewachungsunternehmen diesem Zertifizierungsverfahren unterzogen. Von den ca. 400 Mitgliedsunternehmen des BDWS haben einer Umfrage zufolge derzeit ca. zehn Prozent dieses Verfahren absolviert und der Rest eine Zertifizierung zumindest für die Zukunft geplant 338 . Bereits jetzt ist, insbesondere seitens der öffentlichen Hand als Auftraggeber, eine Bevorzugung zertifizierter Bewachungsunternehmen gegenüber ihren Mitbewerbern festzustellen 339. Neben den durch das Gewerberecht geforderten obligatorischen Qualitätsanforderungen dient also auch dieses Zertifizierungsverfahren einer Steigerung des Qualitätsstandards im Sicherheits- und Bewachungsgewerbe. Zwar ist die Absolvierung dieses Verfahrens für einen Betrieb freiwillig. Berücksichtigt man jedoch die daraus resultierenden Wettbewerbsvorteile gerade auch auf internationaler Ebene, so ist zu erwarten, daß sich in Zukunft immer mehr Unternehmen dieser Prüfung unterziehen werden, und der hierdurch geforderte Qualitätsmaßstab sukzessive zum allgemeinen Standard wird 3 4 0 . 335 Diese DIN ISO 9000- 9004 Normen entsprechen den Europäischen Normen EN 29000- 29004; Braun /Thomann in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 722. 336 Braun/Thomann, a. a. O., S. 723. 337
Zu einer Übertragung der ISO-Normen auf das Sicherheitsgewerbe ausführlich: Krawinkel, Erfahrungsbericht über Zertifizierung eines Sicherheitsunternehmens, DSD 1995, Nr. 17, S. 79, 80 f. 338 Feuerstein in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 793. 339 Krawinkel, Erfahrungsbericht über Zertifizierung eines Sicherheitsunternehmens, DSD 1995, Nr. 17, S. 79.
So auch Feuerstein in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 794.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
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C. Bewaffnung Das Kapitel über die für das Bewachungsgewerbe einschlägigen Rechtsvorschriften wird abgeschlossen mit einem Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen es den Wachleuten ermöglicht wird, ihre Tätigkeit unter Mitführung von Waffen und insbesondere von Schußwaffen im Sinne des § 1 Abs. 1 WaffG auszuüben. Hierzu ist vorab darauf hinzuweisen, daß diesbezüglich fast keine speziell für das private Bewachungsgewerbe geltenden Sonderbestimmungen existieren 341 , sondern vielmehr auch in diesem Bereich die allgemein geltenden, im folgenden kurz zu skizzierenden waffenrechtlichen Vorschriften Anwendung finden.
I. Erwerb und Besitz von Schußwaffen Bereits der Erwerb und der tatsächliche Besitz einer Schußwaffe sind nach § 28 Abs. 1 S. 1 WaffG erlaubnispflichtig. Dasselbe gilt nach § 29 Abs. 1 S. 1 WaffG für den Erwerb von Munition. Um diese Erlaubnisse, also die sogenannte Waffenbesitzkarte und den Munitionserwerbschein erteilt zu bekommen, muß ein Bewerber über die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG), Sachkunde (§ 31 WaffG) und körperliche Eignung verfügen, das 18. Lebensjahr vollendet haben und ein Bedürfnis im Sinne des § 32 WaffG nachweisen können. Andernfalls ist ihm die Erlaubnis nach § 30 Abs. 1 WaffG zu versagen.
1. Zuverlässigkeit Bezüglich der Zuverlässigkeit eines Waffenbesitzers wird nach § 5 Abs. 1 WaffG darauf abgestellt, ob Tatsachen vorliegen, die einen mißbräuchlichen Umgang mit Waffen oder Munition befürchten lassen. Es handelt sich dabei um eine vom gewerberechtlichen Zuverlässigkeitsbegriff unabhängige, rein waffenrechtliche Zuverlässigkeit 342. Sie wird nach Abs. 2 in der Regel dann verneint, wenn der Bewerber einen der dort beispielhaft aufgeführten Straftatbestände 343 verwirklicht hat und deswegen rechtskräftig verurteilt wurde. Die materielle Beweislast für den Nachweis der Unzuverlässigkeit liegt bei der Behörde 344 . 34 1 Auf die das Waffenrecht des Bewachungsgewerbes betreffende gewerberechtliche Vorschrift des § 13 BewachV wird unten jedoch einzugehen sein. 342
Steindorf/Potrykus, Waffenrecht, § 5, Rz 2. Allerdings kann die gewerberechtliche die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zur Folge haben und umgekehrt; Steindorf/Potrykus, ebd. 343 Insoweit ist der Katalog der Gründe des § 5 WaffG, die für eine Unzuverlässigkeit sprechen, nicht abschließend; Steindorf/ Potrykus, Waffenrecht, § 5 Rz. 3. 344 Steindorf/Potrykus, Waffenrecht, § 5 Rz. 2. 8*
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
2. Bedürfnisprüfung Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt es im öffentlichen Interesse, möglichst wenig Waffen in Umlauf gelangen zu lassen und somit eine waffenrechtliche Erlaubnis nur ausnahmsweise zu erteilen 345 . Vor allem der Durchsetzung dieses Ziels dient das in § 30 Abs. 1 Nr. 3 WaffG geforderte „Vorliegen eines Bedürfnisses". Zur Begründung dieses Bedürfnisses muß also auch ein im Bewachungsgewerbe Tätiger aufzeigen, inwieweit besondere Umstände dafür sprechen, daß gerade er eine solche Erlaubnis erhalten sollte. Bei der Entscheidung über das Vorliegen eines solchen konkreten Bedürfnisses ist nach der Rechtsprechung des BVerwG abzuwägen zwischen dem jedermann zustehenden Recht der Notwehr sowie dem damit verbundenen grundsätzlichen Recht, sich auch mit Waffengewalt zu verteidigen einerseits, und den sich aus der Bewaffnung von Privatpersonen ergebenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit andererseits 346. Zur Feststellung eines solchen Bedürfnisses ist auf die beispielhafte Aufzählung des § 32 Abs. 1 WaffG zurückzugreifen, wobei hieran strenge Anforderungen zu stellen sind 3 4 7 . Für eine zivile Wachperson ist es nur dann anzunehmen, wenn der Antragsteller glaubhaft machen kann, wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet zu sein. Weiterhin muß der Erwerb von Schußwaffen und Munition geeignet sein, diese Gefährdung zu mindern 348 . Nach Nr. 32.3.5.2 der WafTVwV 349 , wo die Beschäftigten von Sicherheitseinrichtungen besondere Erwähnung finden, ist eine Gefährdung und damit die Grundlage für ein entsprechendes Bedürfnis bei solchen Personen anzunehmen, für die im Rahmen ihrer Berufsausübung eine erhöhte Gefahr besteht, zum Ziel von Überfällen zu werden. Dies wird beispielsweise bejaht bei Angestellten von Geld- und Geldtransportinstituten, bei Lohngeldfahrern, bei Angestellten von Bewachungsunternehmen, die mit der Bewachung besonders gefährdeter Objekte betraut sind, und bei Personen, die besonders begehrenswerte Güter wie ζ. B. Schußwaffen oder Rauschmittel transportieren 350. Für das Vorliegen eines derartigen Bedürfnisses trägt der
345 So auch der Leitsatz der Entscheidung des BVerwG, BVerwGE 49, S. 1, 7: „möglichst wenig Waffen ins Volk"; ebenso: BVerwG, DVB1. 1966, S. 796. Hierzu siehe auch Steindorf/Potrykus, Waffenrecht, § 32 Rz. 12. 346 BVerwGE 49, S. 1,7. 347 Dies folgt bereits aus der oben zitierten Rechtsprechung des BVerwG. So auch Steindorf/Potrykus, Waffenrecht, § 32 Rz. 11; ebenso: Erbs/Kohlhaas/Steindorf, Strafrechtliche Nebengesetze, § 32 Rz. 1. 348 Diese, in Nr. 3 des § 32 Abs. 1 WaffG normierte Voraussetzung für die Annahme eines Bedürfnisses stellt die einzige für das private Sicherheitsgewerbe in Frage kommende Alternative des § 32 Abs. 1 WaffG dar. 349 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. 11.1979. 350 Hiernach hat der BayVGH in: GewArch 1989, S. 37 das Bedürfnis für einen Bewachungsunternehmer abgelehnt, der keine besonders gefährdeten Objekte und Personen bewacht hat.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
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Antragsteller die materielle Beweislast 351 . Alleine das eng auszulegende Bedürfniskriterium schränkt also im Ergebnis den Kreis derer deutlich ein, die im Rahmen des Bewachungsgewerbes zur Ausübung ihrer Tätigkeit Waffen besitzen dürfen. Im Gegensatz dazu kann im Bereich des Objektsicherungsdienstes in kerntechnischen Anlagen die Genehmigungsbehörde auf Grundlage des § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtomG die Auflage erteilen, daß die hierfür tätigen Wachleute ihren Dienst mit Handfeuerwaffen zu versehen haben 352 . In diesem bisher einzigartigen Fall liegt also nicht bloß eine generelle Bejahung des zur Erteilung der waffenrechtlichen Erlaubnis erforderlichen Bedürfnisses vor, sondern darüber hinaus sogar eine Verpflichtung zur Bewaffnung von gewerblichen Sicherheitskräften 353.
3. Sachkundeerfordernis Im Gegensatz zum vorstehend dargestellten Bewachungsgewerberecht ist in § 30 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ein besonderes Sachkundeerfordernis als weitere Erlaubnisvoraussetzung normiert. Der hierfür erforderliche Nachweis kann nach § 31 Abs. 1 WaffG entweder durch die Absolvierung einer Prüfung oder durch die Vorlage einer Bescheinigung über die Erledigung einer bestimmten sachbezogenen Tätigkeit oder Ausbildung des Bewerbers erbracht werden. Bezüglich der an einen derartigen Nachweis im Hinblick auf die erforderlichen waffentechnischen bzw. waffenrechtlichen Kenntnisse und die Modalitäten des Prüfungsverfahrens gestellten Erfordernisse ist auf die §§ 29 ff. der aufgrund der in § 32 Abs. 2 WaffG enthaltenen Ermächtigungsgrundlage vom Bundesminister des Innern erlassenen 1. WaffV 3 5 4 zu verweisen.
II. Führen von Schußwaffen Neben dem Erwerb und dem Besitz einer Schußwaffe ist auch ihr Führen ein erlaubnispflichtiger Tatbestand. Hierfür ist der sogenannte Waffenschein nach § 35 Abs. 1 S. 2 WaffG erforderlich. Dieser Waffenschein unterscheidet sich von der 351 Steindorf/Potrykus, Waffenrecht, § 32 Rz. 11. 352 So jedenfalls der Leitsatz der Entscheidung des BVerwG in: DVB1. 1989, S. 517 ff. Ebenso geregelt in Nr. 5.2 der vom BMI erlassenen »Anforderungen an den Objektsicherungsdienst und an Objektsicherungsbeauftragte in kerntechnischen Anlagen der Sicherungskategorie I". Siehe hierzu auch die Ausführungen zu den Eigensicherungspflichten der Betreiber von kerntechnischen Anlagen in Kapitel zwei, Abschnitt Α. II. und Kapitel drei, Abschnitt A. III. 4). 353 Bezüglich der auf verfassungsrechtlicher Ebene gefühlten Diskussion über die Rechtmäßigkeit dieser Auflage sei auf die entsprechenden Ausführungen in Kapitel vier verwiesen. 354 Erste Verordnung zum Waffengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. 3. 1987, BGBl. I S. 777.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Waffenbesitzkarte insofern, als er zum Führen der Waffe nach § 4 Abs. 4 WaffG berechtigt, also zur Ausübung der Gewalt über eine Waffe außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräumen oder des sonstigen befriedeten Besitztums. Letztere dagegen ermächtigt lediglich zum Erwerb bzw. zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt innerhalb dieser Bereiche. Alle außerhalb des eigenen Betriebsgeländes tätig werdenden Wachpersonen benötigen daher für eine Bewachungstätigkeit unter Mitführung einer Schußwaffe einen Waffenschein. Entsprechend den Erteilungsvoraussetzungen für eine Waffenbesitzkarte wird auch ein Waffenschein nach § 36 WaffG nur dann erteilt, wenn bei dem Bewerber keiner der Versagungsgründe des § 30 Abs. 1 S. 1 WaffG einschlägig ist 3 5 5 . Für die Frage, ob ein Bedürfnis für die Erteilung eines Waffenscheins vorliegt, ist auch hier auf die bereits oben angesprochenen Abwägungskriterien des Bundesverwaltungsgerichts zurückzugreifen 3 5 6 . Da jedoch eine im öffentlichen Verkehrsraum geführte Waffe eine größere Gefährdung für die öffentliche Sicherheit darstellt als eine, die lediglich innerhalb befriedeten Besitztums „geführt" wird, bedarf es hier für die Bejahung des Bedürfnisses einer entsprechend größeren Gefährdung des Antragstellers, der er durch das Führen einer Waffe entgegenwirken kann 357 . Darüber hinaus muß der Waffenscheininhaber nach § 36 Abs. 1 S. 2 WaffG eine Haftpflichtversicherung für Personen- und Sachschäden abgeschlossen haben.
I I I . Behandlung der Waffen und Anzeigepflicht nach Waffengebrauch gemäß § 13 BewachV In Ergänzung zu den Bestimmungen des WaffG wird in § 13 BewachV der besondere gewerberechtliche Aspekt des allgemeinen Einsatzes von Schußwaffen im Bewachungsgewerbe geregelt. So wird in § 13 Abs. 1 BewachV bestimmt, daß der Gewerbetreibende selbst die Verantwortung für die sichere Aufbewahrung der in seinem Betrieb existierenden Schußwaffen trägt. Weiter normiert § 13 Abs. 1 S. 2 BewachV eine Ausnahmeregelung zu § 35 Abs. 4 Nr. 2 Buchstabe b WaffG. Nach letzterer Vorschrift dürfte eine Person mit Einverständnis des Hausrechtsinhabers in dessen befriedetem Besitztum eine Waffe bei sich führen, ohne im Besitz eines Waffenscheins zu sein, und ohne daß diesbezüglich eine gesetzliche Überprüfungspflicht bezüglich der Zuverlässigkeit dieser Person besteht 358 . Dies relativiert § 13 355 Diesbezüglich wird auf die entsprechenden Ausführungen zu den Erlaubnisvoraussetzungen für eine Waffenbesitzkarte verwiesen; oben, Abschnitt C. I. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, daß die Erteilung eines Waffenscheins nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, BVerwGE 49, S. 1,3, an strengere Voraussetzungen geknüpft ist als die einer Waffenbesitzkarte. 356 BVerwGE 49, S. 1. Hierzu siehe auch oben, Abschnitt C. I. 2. 357 BVerwGE 49, S. 1,7. 358 Siehe: Steindorf/ Potrykus, Waffenrecht, § 35 Rz. 9; Landmann/Rohmer/Mareks, § 13 BewachV Rz. 2.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
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Abs. 1 S. 2 BewachV für gewerbliche Wachpersonen dahingehend, daß der Gewerbetreibende auch innerhalb eines öffentlich nicht zugänglichen Geländes nur solche bewaffneten Wachleute einsetzen darf, welche die für den Erwerb einer Schußwaffe gestellten Anforderungen an Zuverlässigkeit, Sachkunde und an die körperliche Eignung erfüllen. Hierbei muß die Erlaubnisbehörde jeweils bestätigen, daß keine Versagungsgründe nach § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WaffG vorliegen. Schließlich ist der Gewerbetreibende gemäß § 13 Abs. 2 BewachV noch verpflichtet, jeden Gebrauch einer von ihm oder seinen Beschäftigten verwendeten Schußwaffe unverzüglich der zuständigen Behörde oder Polizeidienststelle anzuzeigen. Berücksichtigt man zum Abschluß der waffenrechtlichen Ausführungen, daß nach Angaben des BDWS lediglich fünf bis sechs Prozent der im Bewachungsdienst eingesetzten Personen eine Waffe tragen 359 , so muß man wohl das teilweise gezeichnete Bild von der Gefährlichkeit der bewaffneten Privatarmeen relativieren 3 6 0 . Die Bewaffnung eines maßgeblich größeren Prozentsatzes wird vor allem durch die restriktiv handzuhabende Bedürfnisprüfung vermieden, durch die es eben nur einem geringen Teil der gewerblichen Wachleute möglich ist, den für eine waffenrechtliche Erlaubnis erforderlichen Bedarf vorzuweisen. Diese fünf bis sechs Prozent bewaffneter Wachleute schließlich werden vorwiegend innerhalb von Bundeswehranlagen oder zum Schutz von Atomkraftwerken oder Geldtransporten eingesetzt361. Nach der gegenwärtigen waffenrechtlichen Gesetzeslage und dem derzeitigen Aufgabenspektrum der gewerblichen Bewachungsunternehmen ist also nicht anzunehmen, daß die Anzahl der im öffentlichen Verkehrsraum tätig werdenden bewaffneten gewerblichen Wachleute ein Ausmaß annimmt, welches die vom Bundesverwaltungsgericht befürchteten Gefahren für die öffentliche Sicherheit zur Folge hätte.
D. Novellierungsbestrebungen Anhand der vorstehenden Ausführungen wurde versucht, einen Überblick über die derzeit bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen für das deutsche Sicherheits· und Bewachungsgewerbe zu gewähren. Nachdem diese gesetzlichen Vorgaben in der einschlägigen Literatur allerdings keineswegs völlig kritiklos akzeptiert werden, erscheint es angebracht, abschließend kurz auf die in diesem Zusammenhang geäußerten Vorschläge zu einer gesetzlichen Neuregelung des privaten Sicherheitsgewerbes einzugehen.
359 Wackerhagen, BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 5. 360 So ζ. B. festgestellt von Hammes in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 161. 361 Wackerhagen, BDWS-Symposium, a. a. O.; ebenso: Glavic, Sicherheitsunternehmen als zuverlässiger Partner der Polizei, Die Polizei 1994, S. 36,40.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
I. Vorschläge aus Literatur und Praxis 1. Kodifizierung
der Aufgaben und Befugnisse des Sicherheitsgewerbes
Die in Literatur und Praxis vorgebrachte Kritik an den für das Sicherheitsgewerbe bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen läßt sich im wesentlichen an zwei Punkten festmachen. Einmal wird geltend gemacht, daß weder die Aufgaben noch die Handlungsgrundlagen der Beschäftigten des privaten Sicherheitsgewerbes gesetzlich genauer spezifiziert seien. Eine derartige gesetzliche Festschreibung sei nur in einzelnen spezialgesetzlich geregelten Bereichen wie dem Atomgesetz, dem Luftverkehrsgesetz oder dem UZwGBw ausreichend vorhanden. Da jedoch der Aufgaben- und Befugnisbereich des Großteils der in diesem Bereich Tätigen lediglich durch § 34a GewO, die BewachV und die Jedermannrechte geregelt wird, diese Vorschriften jedoch die Belange der inneren Sicherheit und insbesondere eine ausreichende Abgrenzung des privaten Sicherheitsgewerbes zum Tätigkeitsbereich der Polizei vernachlässigen, wird von einzelnen eine generelle Regelung betreffend die Rechte, Pflichten, Befugnisse und Aufgabenbereiche des Sicherheitsgewerbes für erforderlich erachtet 362 . Zwar ist dieser Kritik insoweit zuzustimmen, als die Jedermannrechte tatsächlich nicht für eine professionelle Nutzung konzeptioniert und bestimmt wurden. Bereits an dieser Stelle ist jedoch vorab darauf hinzuweisen, daß nur bei einigen wenigen Bereichen des bewachungsgewerblichen Tätigkeitsspektrums hinsichtlich der Nutzung der Jedermannrechte verfassungsrechtliche Bedenken festgestellt werden können 363 . Einer auf den Handlungsrahmen bezogenen Neuregelung kann daher nur für den Bereich des Sicherheitsgewerbes zugestimmt werden, für den eine professionell-gewerbliche Nutzung der Notrechte problematisch erscheint. Ohne den Ausführungen des vierten Kapitels vorgreifen zu wollen, sei an dieser Stelle schon vorab erwähnt, daß es sich hierbei lediglich um den Bereich der staatlich veranlaßten, jedoch nicht mit obrigkeitlichen Befugnissen ausgestatteten, privaten Gefahrenabwehr handelt, wie sie ζ. B. im Rahmen der Eigensicherungspflichten und bei einem Tätigwerden Privater auf öffentlichem Verkehrsraum vorkommt. Eine das gesamte Bewachungsgewerbe betreffende, allgemeine und nicht differenzierende Kodifizierung, ein spezielles „Sicherheitsgewerbegesetz" 364, ist daher nicht nur entbehrlich, sondern würde im Gegenteil sogar zu einer weiteren 362 So ζ. B. Möller, BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 15 f.; Penner, BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 8.; Zimmermann, Privates Sicherheitsgewerbe, Die Polizei 1994, S. 60, 61; Ebenso Pitschas, BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 13, der besonders seine Forderung nach einer gesetzlichen Regelung des Tätigwerdens Privater im öffentlichen Verkehrsraum unterstreicht; ders. in: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsdienste?, DÖV 1997, S. 393, 396 f. 363 Hierzu ausführlich Kapitel vier, Abschnitt Α. II. 1. 364 So im Ergebnis gefordert ζ. B. von: Zimmermann, Privates Sicherheitsgewerbe, Die Polizei 1994, S. 60, 61 und Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107, 131 ff.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen S i c h e r h e i t 1 1
Aufwertung sowie einer Angleichung der privaten im Verhältnis zur staatlichen Sicherheit führen und damit zu einer grundsätzlich zu vermeidenden Aufweichung der Grenzen zwischen diesen beiden Institutionen.
2. Gesetzliche Normierung eines Fachbzw. Sachkundenachweises Einen weiteren Ansatzpunkt für Vorschläge zur Verbesserung der normativen Ausgangslage stellen die vielfach für unzureichend erachteten Regelungen bezüglich der von Betreibern und Angestellten der Sicherheitsunternehmen geforderten Qualifikation dar. So wird zwar das neu in § 34a GewO aufgenommene Unterrichtungsverfahren im Verhältnis zu der früher herrschenden Gesetzeslage durchgehend als Verbesserung gewertet. Doch auch diese Normierung einer Qualifikationsanforderung wird vielfach als noch nicht ausreichend angesehen, um beim Personal der Bewachungsunternehmen tatsächlich einen dem sicherheitsrechtlichen Gefährdungspotential angemessenen Qualitätsstandard gewährleisten zu können. Wie bereits im Rahmen der gewerberechtlichen Überwachung angesprochen 365, wird die gegenwärtige Situation der Ausbildung und Qualifikation der im Sicherheitsgewerbe Tätigen überwiegend als unbefriedigend empfunden. Während jedoch teilweise versucht wird, dieses Problem zu lösen, indem man eine verstärkte Anwendung der bestehenden gewerberechtlichen Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten empfiehlt und damit primär die Exekutive anspricht 366 , fordern andere auch in diesem Punkt weitergehende gesetzliche Regelungen. Aufgrund der fehlenden Abschlußprüfung und der geringen Anzahl der vorgeschriebenen Unterrichtsstunden bezeichnet beispielsweise Stober diesen Unterrichtungsnachweis als bloßen „Sitzschein" und damit im Ergebnis als eine ,farce" 3 6 7 . Die Vertreter des BDWS suchen die Lösung dieser Problematik in der von ihnen seit Jahren geforderten Einführung eines Sach- oder Fachkundenachweises368. In diesem Zusammenhang ist nochmals daran zu erinnern, daß die Einführung eines derartigen Nachweiserfordernisses bezüglich einer bestimmten Qualifikation und nicht nur hinsichtlich der bloßen Teilnahme an einem Unterricht - insbesondere wegen seiner Qualifizierung als subjektive Berufszulassungsvoraussetzung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG 365 Kapitel drei, Abschnitt Β. I. 3. c). 366 So z. B. Penner, BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 8; ebenso: Pitschas, BDWSSymposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 11. Ähnlich auch Stober, der eine gesetzliche Neuregelung schon deshalb für übereilt hält, weil mit dem erst 1994 eingeführten Unterrichtungsnachweis noch keine einschlägigen Erfahrungen gesammelt werden konnten; in: BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 31. 367 in: BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 32. 368 So z. B. Mauersberger, Unterrichtungsverfahren in der Gewerbeordnung, DSD 1994, Nr. 14, S. 7 f.; Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 21. Aber auch Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107, 130 f. und Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 227 ff.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
kontrovers diskutiert wird 3 6 9 . Als subjektive Berufszulassungsvoraussetzung wäre das Sachkundeerfordernis nach der Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 12 Abs. I GG nur dann gerechtfertigt, wenn diese Begrenzung der Berufswahlfreiheit des einzelnen zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter erforderlich und nicht unverhältnismäßig wäre 370 .
a) Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Sicherheitsgewerbes keine ausreichende Rechtfertigung Unterstellt man dem Anliegen des BDWS eine primäre Motivation dahingehend, daß mit der Einführung eines solchen Fachkundenachweises in erster Linie versucht werden soll, das in der Öffentlichkeit nach wie vor noch vorherrschende negative Image vom Bewachungsgewerbe als „Magnet für gänzlich unqualifizierte Personen" 371 zu beseitigen, ließe sich eine solche subjektive ZulassungsVoraussetzung nach den vom BVerfG aufgestellten Grundsätzen vermutlich noch nicht rechtfertigen 372. Dient das Erfordernis der Sachkunde nämlich vor allem den Interessen des Berufsstandes selbst, also der Erhaltung seiner Leistungsfähigkeit und seines sozialen Ansehens, so würde dies alleine nur ausnahmsweise ausreichen, um eine subjektive Zulassungsvoraussetzung zu begründen 373. Eine solche Ausnahme wurde vom BVerfG bisher nur für die handwerkliche Meisterprüfung angenommen, da an der Erhaltung eines gesunden und leistungsfähigen Handwerkerstandes deshalb ein hohes Gemeinschaftsinteresse besteht, weil im Handwerk auch der Nachwuchs für die übrige gewerbliche Wirtschaft ausgebildet wird 3 7 4 . Vergleichbare Verhältnisse können beim Berufsstand des Bewachungsgewerbes dagegen nicht festgestellt werden 375 .
369 So vor allem die Rechtsauffassung des zuständigen Bundeswirtschaftsministeriums; hierzu: Mareks, Neuerungen im Bewachungsgewerberecht, GewArch 1996, S. 133 f.; a.A. Thieme in: Rechtsgutachten. M.w.N. auch Jeand'Heur, a. a. O., S. 130 f. 370 Hierzu grundlegend: BVerfGE 7, S. 377,406 und speziell für den Sachkundenachweis: BVerfGE 19, S. 330, 337. 371 So ζ. B. in: Das gute Geschäft mit Angst und Bequemlichkeit, „SZ" vom 28./ 29. 12. 1996 V I /1; „Der Spiegel" 1996 Nr. 46, S. 30 ff.; oder „Die Woche" vom 12. 8. 1993, S. 26. Dem Sinne nach auch Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107,125 ff. 372 Eine solche Motivation unterstellt auch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr; Drucksachen des Bayerischen Landtages 10/4615 vom 13. 9. 1984. 373 So ausdrücklich BVerfGE 19, S. 330, 339 f. 374 BVerfGE 19, S. 330, 341. 375 im Ergebnis ebenso: Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107, 130.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
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b) Sachkundenachweis zur Sicherung des Rechtsfriedens Neben den Vorteilen, die die Einführung eines Sachkundeerfordernisses für den Berufsstand des Sicherheitsgewerbes selbst mit sich bringen würde, gilt es im Rahmen der Untersuchung der Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlichen Zulassungsvoraussetzung natürlich weiter zu berücksichtigen, daß sich solches auch darüber hinaus als nutzbringend erweisen würde. Selbst wenn dies zugegebenermaßen empirisch noch nicht belegt werden kann 3 7 6 , sollte in Betracht gezogen werden, daß wohl eine nicht unerhebliche Anzahl der vom Sicherheitsgewerbe ausgehenden Verfehlungen und Konfliktfälle zumindest auch auf einen Mangel an Qualifikation beim Bewachungspersonal zurückgeführt werden kann. Im übrigen wäre nach der Rechtsprechung des BVerfG ein Eingreifen des Gesetzgebers auch nicht erst dann gerechtfertigt, wenn die entsprechenden Mißstände bereits eingetreten sind. Das überragende Gemeinschaftsgut soll schließlich geschützt werden 377 , so daß bereits die drohende Gefahr solcher Mißstände ausreicht, um eine solche subjektive Zulassungsvoraussetzung zu rechtfertigen 378. Wie im folgenden aufzuzeigen sein wird, stellen unzureichend fachkundige Sicherheitskräfte auch eine Bedrohung für ein überragendes Gemeinschaftsgut dar. Zu Verletzungen von Rechtsgütern beteiligter Personen kann es nämlich insbesondere dann kommen, wenn der Wachmann die Grenzen der ihm zustehenden Handlungsspielräume verkennt oder wenn er über keine ausreichende Schulung im Umgang mit den ihm anvertrauten Gerätschaften und Waffen verfügt. Eine Sicherheitskraft, die aufgrund einer unzulänglichen Ausbildung nicht über die für ihren Tätigkeitsbereich jeweils erforderliche Qualifikation verfügt, stellt also eine nicht unerhebliche, von der Art ihrer jeweiligen Tätigkeit abhängige Gefahr für die mit ihr in Kontakt geratenden Personen und deren Rechtsgüter dar. Mit Jeand'Heur ist davon auszugehen, daß außerhalb der entsprechenden Handlungsgrundlagen erfolgende und damit rechtswidrige Eingriffe in die Rechtspositionen einzelner, verursacht durch unzureichend ausgebildetes Sicherheitspersonal, eine Gefahr für den Rechtsfrieden und damit für ein Rechtsgut von überragendem Allgemeininteresse darstellen 379 . Unstrittig ist, daß die Normierung eines Sachkundeerfordernisses im Vergleich zum derzeit geltenden Unterrichtungsnachweis eine Steigerung des Qualifikationsniveaus beim Sicherheitspersonal zur Folge hätte 380 . Eine dahingehende Gesetzesänderung wäre demzufolge auch geeignet, eine Reduzierung der Rechtsgutsverletzungen zu erreichen, die sich auf eine unzureichende Ausbildung der gewerblichen Wachkräfte zurückführen lassen. 376 So wie von Mareks vorgebracht; Gewerberechtliche Regelungen, W+S Information 158(1983), S. 17 ff. 377 BVerfGE 7, S. 377,406 f. 378 So auch Thieme, Rechtsgutachten, S. 33. 379 Jeand'Heur, a. a. O., S. 131. 380 Statt vieler: Stober, Staatliches Gewaltmonopol und privates Sicherheitsgewerbe, NJW 1997, S. 889, 895.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Eine solche Steigerung des Qualifikationsstandards ist auch erforderlich. Zwar lehnt Mareks in seiner Eigenschaft als Repräsentant des Bundeswirtschaftsministeriums den Sachkundenachweis ab, „weil die zumeist strafrechtlichen Verfehlungen mit dem bereits bestehenden Instrumentarium behoben werden können" 381 . Es erscheint jedoch fraglich, ob das repressive Straf- oder Gewerbeaufsichtsrecht im Vergleich zum präventiv einsetzenden Sachkundeerfordernis tatsächlich für den Wachmann ein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Bekämpfung dieser Konflikte darstellt. In diesem Zusammenhang miißte allerdings in jedem Fall berücksichtigt werden, daß das Berufsbild des Bewachungsgewerbes mittlerweile eben ein sehr breites Spektrum an unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern und damit verbundenen Gefährdungspotentialen beinhaltet 382 , und deshalb die von einem Wachmann an den Nachweis der erforderlichen Sachkunde zu erbringenden Anforderungen seiner Tätigkeit entsprechen müßten und nicht unverhältnismäßig hoch sein dürften. Der Ansicht des Bundeswirtschaftsministeriums kann daher zumindest insoweit zugestimmt werden, als ein generelles, also allgemeines und undifferenziertes Sachkundeerfordernis für das gesamte Bewachungsgewerbe einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf die Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG darstellen würde. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechend müßte folglich nach der Komplexität des Tätigkeitsbereichs der jeweiligen Sicherheitskraft und dem von ihr ausgehenden Gefährdungspotential differenziert werden. Eine Sicherheitskraft, die lediglich mit der Bewachung relativ geringwertiger Sachgüter betraut ist, bedarf sicherlich keiner so umfassenden und hohen Qualifikation wie jemand, der in sensiblen Bereichen wie dem Schutz von Personen oder der Bewachung von militärischen Anlagen oder Kernkraftwerken tätig wird. Die Anforderungen, die eine Sicherheitskraft erfüllen muß, um der subjektiven Zulassungsvoraussetzung gerecht zu werden, also das Maß in dem das Grundrecht der freien Berufswahl eingeschränkt werden kann, darf also zur jeweils bestehenden Gefahr für den Rechtsfrieden nicht außer Verhältnis stehen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß zum Schutz des Rechtsfriedens eine Erhöhung der durchschnittlichen Qualifikation in Form der Einführung eines Sachkundeerfordernisses für das Bewachungsgewerbe und damit eine Einschränkung der Berufswahl in Form einer subjektiven Zulassungsvoraussetzung sinnvoll und verfassungsrechtlich zu rechtfertigen wäre. Bezüglich der hierbei anzulegenden Sachkundekriterien ist nach dem Tätigkeitsfeld und dem jeweiligen Gefährdungsbereich des Bewachungsgewerbes zu differenzieren. Berücksichtigt man dieses Gebot der Differenzierung, so stellt sich die Frage der Verfassungsmäßigkeit eines Sachkundenachweises für das Bewachungsgewerbe weniger nach dem „ob", sondern vielmehr nach dem „wie". Jeand'Heur ist insoweit zuzustimmen, als eine entsprechende Gesetzesnovellierung zunächst eine typologische Zuordnung der 381 In: Neuerungen im Bewachungsgewerberecht, GewArch 1996, S. 133. 134. 382 Ebenso: Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107,131.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit
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jeweils zu stellenden Anforderungen zu den verschiedenen Tätigkeitsfeldern des Sicherheits- und Bewachungsgewerbes erfordern würde 383 .
II. Politische Initiativen Im Hinblick auf die vorstehend dargestellten Verbesserungsvorschläge gilt es im folgenden zu untersuchen, welche Chancen betreffend ihrer gesetzlichen Umsetzung in absehbarer Zeit bestehen. Zunächst ist in diesem Zusammenhang festzustellen, daß die augenblickliche gesetzliche Situation auch von staatlicher Seite sowie auf Ebene der politischen Parteien keineswegs kritiklos akzeptiert wird. So hat beispielsweise der aus den Innenministerien der Länder zusammengesetzte „Arbeitskreis Π, Innere Sicherheit" festgestellt, daß § 34a GewO als Kernvorschrift des Sicherheitsgewerbes den aktuell herrschenden Verhältnissen des privaten Sicherheitsmarktes nicht mehr gerecht wird 3 8 4 . Auch die Kritik der ständigen Konferenz der Innenminister und -Senatoren geht in diese Richtung. In ihrer Sitzung am 3. 5. 1996 wurde insbesondere eine gesetzliche Klarstellung und Beschränkung der Befugnisse der gewerblichen Sicherheitskräfte gegenüber Dritten gefordert 385. Schließlich hat die SPD-Bundestagsfraktion die Bundesregierung dazu aufgefordert, einen allumfassenden Gesetzesentwurf über die Rechte, Pflichten und Aufgabengebiete privater Sicherheitsunternehmen vorzulegen. Dabei wird vor allem eine klar geregelte Begrenzung der Tätigkeitsfelder und der Befugnisse privater Sicherheitskräfte gefordert sowie der kategorische Ausschluß einer Übertragung hoheitlicher Aufgaben. Weiter solle dieser Entwurf auch detaillierte Regelungen über den Besitz und den Umgang mit Waffen sowie über die Erhebung und Verwertung von Daten Dritter enthalten. Schließlich wird eine über die derzeit bestehenden gewerberechtlichen Regelungen hinausgehende Normierung der an die erforderliche fachliche Qualifikation der Betreiber und Mitarbeiter zu stellenden Anforderungen verlangt 386 . In einer kontroversen, weitgehend polarisierenden Debatte hat sich schließlich der Bundestag in seiner Sitzung vom 11. 10. 1996 erstmals mit diesem Antrag der SPD-Fraktion beschäftigt. Während die Vertreter von SPD, Bündnis 90 die Grünen und PDS versucht haben, die Notwendigkeit einer in die Richtung des SPD-Antrags zielenden Neuregelung darzulegen, lehnten die Vertreter von CDU/ CSU und FDP den Antrag unter Hinweis auf die existierenden, ihrer Ansicht nach ausreichenden Gesetzesgrundlagen für das Sicherheitsgewerbe ab 3 8 7 . Nach erfolg383
Jeand'Heur, a. a. Ο. Niederschrift über die Sitzung des „AK II, Innere Sicherheit" vom 17./18. 4. 1996 zu TOP 3: Private Sicherheitsdienste. 3 «5 Beschlußniederschrift über die Sitzung der ständigen Konferenz der Innenminister und -Senatoren der Länder am 3. 5. 1996 zu TOP 15.5: Private Sicherheitsdienste. 384
386 Zum Ganzen siehe: Bundestagsdrucksache 13/3432 vom 5. 1. 1996 mit ausführlicher Begründung für die geforderten Gesetzesänderungen. 387 Hierzu siehe das Plenarprotokoll 13/129 dieser Bundestagsdebatte vom 11.10.1996.
. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
ter Überweisung der Vorlage an den Rechts- und Wirtschaftsausschuß sowie den federführenden Innenausschuß kam es zu mehreren Anhörungen von Sachverständigen. In den am 4. 12. 1996 abgehaltenen Sitzungen des Rechts- und des Wirtschaftsausschusses kamen sogar die von den Befürwortern des SPD-Antrags bestellten Sachverständigen zu dem Schluß, daß ein entsprechendes Gesetz weder erforderlich noch empfehlenswert sei. Beide Ausschüsse haben daher die ihnen übertragene Behandlung der Problematik mit einer ablehnenden Stellungnahme an den Innenausschuß abgeschlossen388. Zwar lag der Schlußbericht des Innenausschusses zur Vorlage des SPD-Antrags bei Abschluß der Arbeit noch nicht vor, doch kann unter Berücksichtigung der Empfehlungen der beiden anderen Ausschüsse sowie der grundsätzlich ablehnenden Haltung der Regierungsmehrheit des Parlaments wohl davon ausgegangen werden, daß es zumindest in dieser Legislaturperiode nicht zur Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs kommen wird. Bei der Diskussion um die Notwendigkeit einer umfassenden gesetzlichen Neuregelung des privaten Sicherheitsgewerbes ist den Gegnern einer solchen Novellierung in jedem Fall zumindest in dem Argument zuzustimmen, daß die Möglichkeiten der derzeit bestehenden Gesetze wohl noch nicht gänzlich ausgeschöpft wurden, und daß der Bekämpfung dieser Vollzugsdefizite deshalb der Vorrang gewährt werden sollte vor der Schaffung neuer Gesetze. Zudem gilt es zu berücksichtigen, daß ein eigens für das Sicherheits- und Bewachungsgewerbe geschaffenes Gesetz zu einer an sich gerade von den Kritikern dieses Gewerbezweigs unerwünschten staatlichen Anerkennung und damit Aufwertung der privaten Sicherheit führen würde 389 . Den Worten Stobers ist insoweit zuzustimmen, als sich die derzeit bestehende Situation des privaten Sicherheitsgewerbes und seiner gesetzlichen Rahmenbedingungen bereits durch eine behördliche Vollzugsintensivierung und eine punktuelle Ergänzung der bestehenden Gesetze maßgeblich verbessern ließe 390 . Eine vollständig neue Kodifikation des Rechts des privaten Sicherheitsgewerbes, wie sie der Antrag der SPD-Bundestagsfraktion vorsieht, ist hingegen weder erforderlich noch bei den derzeitigen politischen Mehrheiten durchsetzbar. Eine grundlegende gesetzliche Neuregelung auf diesem Gebiet ist somit in nächster Zeit auch nicht zu erwarten.
388 Telefonische Information durch das Sekretariat des Innenausschusses des deutschen Bundestags vom 29. 7. 1997. 389 So z. B. der FDP Bundestagsabgeordnete Stadler in der oben angesprochenen BT-Debatte vom 11. 10. 1996. Ebenso Rupprecht, BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 18 f. Differenzierend dagegen Möller der eine solche Aufwertung zu Recht stark von der inhaltlichen Ausgestaltung des Gesetzes abhängig macht; in: BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 16; ders. in: Weiß/Plate, a. a. O., S. 49. 390 So in: BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 33. A.A. dagegen Pitschas, der die gegenwärtige gesetzliche Situation als „Inseln der rechtlichen Steuerung privater Gefahrenabwehr" bezeichnet und die neue „Qualität privater Sicherheitsangebote" für regelungsbedürftig hält; in: Gefahrenabwehr durch private Sicherheitsdienste, DÖV 1997, S. 393, 396 f.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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Viertes Kapitel
Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes Nach dem vorstehend dargestellten einfachgesetzlichen Rahmen des privaten Sicherheitsgewerbes ist nun auf die in nahezu jeder Veröffentlichung zu diesem Thema erhobenen, zumindest aber angesprochenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Gefahrenabwehr durch Private einzugehen391. Ziel dieses Kapitels ist es, einen Überblick über die diskutierte Problematik und den aktuellen Streitstand zu vermitteln, um den hierzulande bestehenden verfassungsrechtlichen Rahmen besser mit den entsprechenden, für die USA in Teil drei zu ermittelnden Verhältnissen vergleichen zu können.
A. Rechtsstaatsprinzip und Gewaltmonopol Wohl infolge des nach wie vor anhaltenden Booms des Bewachungsgewerbes und dessen Ausbreitung in sicherheitsrechtlich sensible, früher ausschließlich der Polizei vorbehaltene Aufgabenbereiche, bildet die Problematik um die Gefährdung des staatlichen Gewaltmonopols den Brennpunkt der verfassungsrechtlichen Diskussion. Gusy beispielsweise stellt eine zunehmende Privatisierung staatlicher Sicherheitsaufgaben und damit eine „neue Gewaltenteilung" zwischen Staat und Privaten fest 392 . Kernfrage dieser Problematik ist damit, inwieweit im privaten Bewachungsgewerbe ein neues Gewalt- und Machtpotential gesehen werden kann, das eine Gefahr für das staatliche Gewaltmonopol darstellt. I. Ursprung und Bedeutung des staatlichen Gewaltmonopols 7. Das Gewaltmonopol als wesentliches Merkmal der Staatssouveränität und des Staatszwecks Um diese Diskussion überhaupt richtig einordnen zu können, erscheint es zweckmäßig, zunächst den Begriff des staatlichen Gewaltmonopols zu erläutern. 391 Allen voran: Hoffmann-Riem, Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277 ff., der diese Diskussion mit seinem Aufsatz in Gang setzte. Direkt kommentiert von Schwabe, Zum Status privater Sicherheitskräfte, ZRP 1978, S. 165 ff. Ausführlich zu dieser Problematik auch: Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 50 ff. und Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 59 ff. Ebenso aber auch: Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107, 113 ff. und aktuell: Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130 ff.; Gusy, Rechtsgüterschutz als Staatsaufgabe, DÖV 1996, S. 573, 581 ff. und Stober, Staatliches Gewaltmonopol und privates Sicherheitsgewerbe, NJW 1997, S. 889 ff. 392 in: Rechtsgüterschutz als Staatsaufgabe, DÖV 1996, S. 573,581 f.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
So wird das staatliche Monopol legitimer Machtausübung zwar heute als ein staatstragendes verfassungsrechtliches Prinzip angesehen393, doch läßt sich sein ideengeschichtlicher Ursprung bis in die Zeit der absolutistischen Monarchie und zu den Werken Jean Bodins von der Souveränität des Staates zurückverfolgen. Dieser Lehre zufolge ist die Konzentration der öffentlichen Gewalt beim Staat als das elementarste Merkmal der staatlichen Souveränität anzusehen394. Daneben ist die Existenz von unabhängigen nichtstaatlichen, ebenfalls mit Machtbefugnissen ausgestatteten Institutionen nicht möglich 395 . Dieser Gedanke, der alleine die Überlegenheit des Staates gegenüber den einzelnen Mitgliedern der Gesellschaft zum Zwecke der unumschränkten Durchsetzung seines Willens zum Gegenstand hatte, wurde von Thomas Hobbes weiterentwickelt. Zwar wird auch von Hobbes ein Monopol der staatlichen Zwangsausübung und somit eine Unterwerfung der Menschen unter die staatliche Gewalt für unabdingbar gehalten. Da jedoch seiner Ansicht nach die Erlangung von Sicherheit der einzige Grund ist, warum sich Menschen der staatlichen Gewalt unterwerfen, kann dieser Gehorsam vom Staat auch nur dann erwartet werden, wenn dieser dafür im Gegenzug den inneren und äußeren Frieden gewährleistet 396. Hobbes zufolge ist die Souveränität und das damit verbundene Gewaltmonopol eines Staates also nicht Selbstzweck397, sondern nur notwendiges Instrument, um dem Staat die Erfüllung seiner Aufgabe der Friedenssicherung zu ermöglichen. Der Staat also als Mittel zum Zweck der Wahrung der inneren und äußeren Sicherheit 398 und damit verbunden, das Gewaltmonopol als notwendiges, von der Bevölkerung zu akzeptierendes Instrument zur Erreichung dieses Ziels 3 9 9 .
393 So statt vieler Scholz, Rechtsfrieden im Rechtsstaat, NJW 1983, S. 705, 707, der von einer unverzichtbaren Grundlage des demokratischen Rechtsstaates spricht. 394 Hierzu siehe: Quaritsch, Staat und Souveränität, S. 139 ff. Ausführlich zu den Umständen in den spätmittelalterlichen Feudalstaaten, die mit ihrer Unfähigkeit zur Sicherung des inneren Friedens den Ausgangspunkt für den Ansatz Bodins bildeten, siehe: Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 105 f. 395 Quaritsch, Staat und Souveränität, S. 266 f. 396 Hierzu auch Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 3 ff. 397 Dies ist auch bei Bodin nicht der Fall, der die Friedenssicherungspflicht ebenfalls, wenn auch unausgesprochen als Selbstverständlichkeit voraussetzt; hierzu: Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107, 113 und m.w.N. Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 106 f., der davon spricht, daß der Staat seine Souveränität zum Schutz der Bürger einzusetzen hat. 398 Jeand'Heur, a. a. O., S. 114, spricht hier von der „einzigen Existenzberechtigung des Staates"; ähnlich Bracher, a. a. O., S. 106. Zu den Grundlagen des Sicherheitszwecks auch Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 3 ff. 399 So auch Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130, 132, der den Fortschritt von Bodin zu Hobbes in dessen ausdrücklicher Verknüpfung des Gewaltmonopols mit dem Handlungsauftrag des Staates sieht.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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2. Das staatliche Gewaltmonopol aus Sicht der heutigen Staatsrechtslehre Zur Bestimmung der Berührungspunkte des privaten Bewachungsgewerbes mit dem staatlichen Gewaltmonopol gilt es nun, diesen Terminus über seine ideengeschichtlichen Herleitungsansätze hinaus inhaltlich zu erfassen. Als Grundlage dieser Inhaltsbestimmung wird allgemein der von Max Weber entwickelte Staatsbegriff angesehen400. Hiernach ist als Staat anzusehen: „ . . . diejenige menschliche Gemeinschaft, welche innerhalb eines bestimmten Gebietes ... das Monopol legitimer physischer Gewaltsamkeit für die Durchführung der Ordnungen mit Erfolg für sich beansprucht" 401. Zunächst kann dieser Definition der dem Gewaltmonopol zugrundeliegende Gewaltbegriff entnommen werden, nämlich die rechtmäßige Ausübung körperlichen Zwangs 402 . Weiter enthält sie mit der an den Staat gerichteten Zuweisung der Aufgabe der Wahrung der Ordnungen, also der Sicherung des Rechtsfriedens, die Bestimmung des eigentlichen Zwecks eines Staatswesens, seine Daseinsberechtigung 403. Dies stellt gleichzeitig die Legitimation des staatlichen Gewaltmonopols dar, zumal vorausgesetzt wird, daß ein solcher Rechtsfrieden nur verwirklicht werden kann, wenn eine Gewaltausübung zwischen den Bürgern verhindert wird. Der Staat übernimmt den Schutz des einzelnen, verlangt von diesem dafür jedoch den Verzicht auf sein Naturrecht zur Selbstverteidigung und verbietet ihm die Gewaltanwendung404. Die Friedenspflicht der Bürger ergibt sich also im Gegenzug aus der Friedenssicherungspflicht des Staates405. Gleichzeitig ist aber auch noch sicherzustellen, daß der Staat sein Zwangsausübungsrecht nicht mit anderen, wie von Mahlberg formuliert, „innerstaatlichen Machtpotentialen" teilen muß" 4 0 6 , daß er eben tatsächlich über das konkurrenzlose Monopol zur legitimen physischen Gewaltausübung verfügt. Andernfalls bestünde die Gefahr der Verselbständigung derartiger Machtpotentiale und damit verbunden des Verlustes ihrer Kontrolle durch den Staat. Auf diesen zweiten und für die Kritik an den Bewachungsunternehmen wesentlichen Aspekt 407 des staatlichen Gewaltmonopols 400 Isensee, Die Friedenspflicht der Bürger und das Gewaltmonopol des Staates, in: FS für Eichenberger, S. 23 f. Ebenso: Schulte, a. a. O., S. 132 und m.w.N. Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 217. 401 Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 29. 402 Ausführlich hierzu Isensee in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, § 13 Rz. 75, der hier eine Abgrenzung der vis zum Gewaltbegriff der potestas, im Sinne von Herrschaft vornimmt. Ähnlich auch Götz in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, § 79 Rz. 30. 403 Scholz, Rechtsfrieden im Rechtsstaat, NJW 1983, S. 705, nach dem der Rechtsfrieden einen der höchsten ethischen Staatszwecke darstellt. Ebenso: Gusy, Rechtsgüterschutz als Staatsaufgabe, DÖV 1996, S. 573, 575. 404
Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, S. 21; Klein, Grundrechtliche Schutzpflicht des Staates, NJW 1989, S. 1633, 1635 f. 405 Dem Sinne nach auch Isensee in: Isensee /Kirchhof, HdBStR, § 13 Rz. 82. 406
In: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 79. Hierzu sei stellvertretend nur auf die Ausführungen Hoffmann-Riems und seine Befürchtungen bezüglich des Entstehens einer Privatarmee zu verweisen; in: Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277. 407
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
wird vor allem im Rahmen der verfassungsrechtlichen Beurteilung der obrigkeitlichen Gefahrenabwehr durch Private näher einzugehen sein 408 . Nach wie vor besteht jedoch Uneinigkeit darüber, wie dieses anerkanntermaßen staatstragende Prinzip vom staatlichen Monopol der Zwangsausübung am Wortlaut des Grundgesetzes eindeutig festgemacht werden kann, wie es verfassungsrechtlich zu begründen ist. Isensee ζ. B. leitet die Aspekte des Gewaltmonopols aus dem Gesamtbild der Verfassung ab und dabei insbesondere aus den Art. 20 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 und 13 Abs. 3 GG 4 0 9 . Teilweise wird auch alleine Art. 33 Abs. 4 GG als verfassungsrechtliche Konkretisierung des Gewaltmonopols angesehen 4 1 0 , und in einigen Fällen wird versucht, es direkt aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleiten 411 . Gegen letzteren Ansatz ist gemäß den soeben erarbeiteten Grundsätzen einzuwenden, daß das Gewaltmonopol gerade ein grundlegendes Charakteristikum jedes Staates darstellt und eben nicht bloß des Rechtsstaates im speziellen 4 1 2 . Die Sicherung der inneren Ordnung mit Hilfe des staatlichen Gewaltmonopols ist eben auch in einem Unrechtsstaat möglich. Nichtsdestotrotz besteht natürlich eine Verbindung zwischen beiden Prinzipien. Während das Gewaltmonopol dem Staat die alleinige Ausübung von körperlicher Gewalt zubilligt, wird diese Befugnis durch das Rechtsstaatsprinzip wieder begrenzt. Das Gewaltmonopol weist dem Staat die Aufgabe zu, seine Bürger vor den Bedrohungen durch andere Bürger zu schützen und gibt ihm das dafür erforderliche Instrumentarium an die Hand. Die potentielle Bedrohung, die der Staat für den Bürger durch den Erhalt dieser Machtbefugnis darstellt, wird ihrerseits durch die mittels des Rechtsstaatsprinzips aufgestellten gesetzlichen Schranken begrenzt. Kurz gesagt: was dem Bürger verboten ist, ist dem Staat umgekehrt noch lange nicht erlaubt 413 . Demzufolge ist das staatliche Gewaltmonopol also nicht aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleiten, sondern steht neben diesem in einem gewissen ergänzenden Spannungsverhältnis. Es ist insofern eher als notwendiges Element auch des Rechtsstaates anzusehen414. 408 Unten, Abschnitt II. 2. 409 In: Die Friedenspflicht des Bürgers und das Gewaltmonopol des Staates, in: FS für Eichenberger, S. 32. 410 So wiederum Isensee in: Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 160, der feststellt, daß dieser das staatliche Gewaltmonopol zumindest voraussetzt bzw. sich auf diesem aufbaut. 411 Ebert/Ehses/Foerster/Otto, Lehrbuch für den Werkschutz, S. 30. Schuster, Privates Sicherheitsgewerbe, DSD 1988, Nr. 2, S. 15. 412 Allen voran: Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 104 und diesem zustimmend: Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130, 132. Ebenso: Isensee in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, § 13 Rz. 34. 41 3 Hierzu Isensee in: Isensee /Kirchhof, HdBStR, § 13 Rz. 78, der von der Inkongruenz der legitimen Gewalt des Staates und dem Gewaltverbot für Private spricht. 414 So auch Bracher, a. a. Ο., der zutreffend formuliert, daß „erst der Rechtsstaat das mit Hilfe des Gewaltmonopols zu verwirklichende Ordnungsideal vollständig mit dem Rechtsideal verbindet". Diesem folgend: Schulte, a. a. O., S. 132. Im Ergebnis ebenso: Scholz,
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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3. Staatliche Gewaltgestattung als immanente Grenze des staatlichen Gewaltmonopols Zur Bestimmung der durch das Gewaltmonopol aufgestellten Grenzen für das Bewachungsgewerbe erscheint es zunächst weiter erforderlich, die Grenzen des Gewaltmonopols selbst noch einmal abstrakt, also unabhängig von der gewerblichen Sicherheit festzulegen. Hierbei ist auf den von Merten begründeten Begriff der staatlichen Gewaltgestattung zurückzugreifen. Hiernach ist das staatliche Gewaltmonopols dahin zu verstehen, daß zwar grundsätzlich nur der Staat rechtmäßigerweise physischen Zwang ausüben darf, es ihm jedoch zugleich möglich ist, im Wege einer Gewaltgestattung auch die Gewaltanwendung nichtstaatlicher Organe zu legitimieren 415 . Aus diesem Begriffs Verständnis folgt, daß der Grundsatz des staatlichen Gewaltmonopols nicht jegliche rechtmäßige Gewaltanwendung allein dem Staat und seinen Organe vorbehält. Dementsprechend herrscht beispielsweise Einigkeit darüber, daß die den Bürgern zustehenden Jedermannrechte eine begrenzte Ausnahme zum staatlichen Gewaltmonopol darstellen 416 bzw. dieses zumindest legitimerweise durchbrechen 417. An dieser Stelle ist jedoch auf die oben dargelegten theoretischen Grundlagen des Gewaltmonopols zu verweisen und zugleich zu berücksichtigen, daß sich dieses Monopol nur insoweit rechtfertigen läßt, als der Staat seiner ihm obliegenden Friedenssicherungspflicht auch gerecht wird. In der Praxis ist es jedoch keinem Staat möglich, mittels des von ihm unterhaltenen Sicherheits- und Gefahrenabwehrapparates permanent die totale Sicherheit all seiner Bürger zu gewährleisten und somit seiner Friedenssicherungspflicht in vollem Umfang nachzukommen418. Kann der Bürger aber die zu seinem Schutz erforderliche staatliche Hilfe 4 1 9 nicht erlangen, Rechtsfrieden im Rechtsstaat, NJW 1983, S. 705,707; Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107, 115 f. und Gusy, Rechtsgüterschutz als Staatsaufgabe, DÖV 1996, S. 573, 575. 415 In: Rechtsstaat und Gewaltmonopol, S. 56 f. Diesem zustimmend: Schulte, a. a. O., S. 133 und Peilert, a. a. O., S. 218. 416 Götz in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, § 79 Rz. 32; Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, S. 57 und ebenfalls: Isensee, Die Friedenspflicht des Bürgers und das staatliche Gewaltmonopol, in: FS für Eichenberger, S. 27. 417 So ζ. B. Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 82; Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 104 und Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130, 133 f. 418 Die hierfür erforderliche totale Omnipräsenz der Polizei, Peilert spricht von einem „Polizeistaat Orwell'scher Prägung", Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 218, wäre wohl weder wünschenswert noch finanzierbar. Vgl. hierzu auch Helmers/ Murck in: Staatliche Schutzpflicht und privates Sicherheitsgewerbe, Die Polizei 1994, S. 64, 66 und Gusy, Rechtsgüterschutz als Staatsaufgabe, DÖV 1996, S. 573,573 f. 419 Mit diesem „Anspruch" auf Schutz ist die, der oben besprochenen Friedenssicherungspflicht entnommene, als Gegenleistung für den privaten Gewaltverzicht zu verstehende Schutzpflicht des Staates zur Gewährleistung des inneren Friedens gemeint. Zu den nicht in dieser Arbeit zu besprechenden grundrechtlichen Schutzpflichten des Staates und der hierzu 9*
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
so fällt die Rechtfertigung für das Gewaltmonopol weg, und der status naturalis in Form des jedem Menschen zustehenden Selbstverteidigungsrechts lebt wieder auf 4 2 0 Wo der Staat die Sicherheit seiner Bürger nicht restlos gewährleisten kann, versucht er seiner Schutzpflicht also dadurch gerecht zu werden, daß er die betroffenen Bürger - im Wege der staatlichen Gewaltgestattung durch Einräumung spezieller Notrechte - dazu ermächtigt, sich selbst zu verteidigen. Die Notrechte stellen folglich genau besehen keine Ausnahme zum Gewaltmonopol dar, sondern sind vielmehr als eine, durch die tatsächlichen Verhältnisse bedingte, immanente Einschränkung desselben zu sehen 421 . Es handelt sich bei den Notrechten also um Vorschriften, die den Bürger lediglich dazu ermächtigen, zu seinem Schutz Gewalt gegenüber anderen auszuüben, sofern dieser Schutz durch den Staat nicht rechtzeitig gewährt werden kann. Da diese Gestattung aber nicht mit einer gleichzeitigen Übertragung hoheitlicher Befugnisse einhergeht, spricht man hierbei auch von einer bloßen Gewaltermächtigung 422. Als weitere Form der zulässigen Gewaltgestattung und damit der legitimen Gewaltausübung durch einen Privaten wird die Gewaltübertragung angesehen, bei der die Privatperson im Wege der Beleihung hoheitliche Befugnisse erhält 423 . Zusammenfassend läßt sich also festhalten, daß das staatliche Gewaltmonopol den Privaten lediglich ein originäres Recht auf Gewaltanwendung verwehrt. Durch eine unmittelbar vom Staat abgeleitete, zur Gewaltanwendung ermächtigende Befugnis kann es jedoch grundsätzlich auch Privaten ermöglicht werden, innerhalb des jeweils vom Staat konkret zu bestimmenden Rahmens physische Gewalt auszuüben.
II. Staatliches Gewaltmonopol und private Sicherheitskräfte Nach der allgemeinen Darstellung der Bedeutung und des Inhalts des staatlichen Gewaltmonopols gilt es nun, einerseits die konkreten Grenzen aufzuzeigen, die dem privaten Bewachungsgewerbe hierdurch auferlegt werden. Andererseits ist auf die in der Literatur existierenden kritischen Stimmen einzugehen, die in dem immer stärker expandierenden Sicherheitsgewerbe eine Bedrohung für das Gewaltergangenen Rechtsprechung des BVerfG siehe ausführlich: Dietlein, Die Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten; Klein, Grundrechtliche Schutzpflicht des Staates, NJW 1989, S. 1633 ff. und Kopp, Grundrechtliche Schutz- und Förderungspflichten der öffentlichen Hand, NJW 1994, S. 1753 ff. «ο Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130, 133. So auch Isensee, Die Friedenspflicht des Bürgers und das staatliche Gewaltmonopol, in: FS für Eichenberger, S. 27, der diesen Zustand auch als „zeitweilige Suspendierung der gewaltmonopolistischen Normalordnung" bezeichnet. 421 So auch Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 218. 422 Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, S. 56. 423 Merten, a. a. O., S. 56 f.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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monopol sehen. Dabei erscheint es auch an dieser Stelle durchaus sinnvoll, zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitskräfte zu differenzieren.
/. Nicht-hoheitliche
Gefahrenabwehr
Verrichten gewerbliche Sicherheitskräfte ihre gefahrenabwehrbezogenen Tätigkeiten unter Einsatz von physischer Gewalt gegenüber anderen Personen und deren Rechtsgütern, ohne daß ihnen hierzu obrigkeitliche Befugnisse verliehen worden sind, so ist dies legitimerweise nur im Rahmen der oben dargestellten Notrechte möglich. An dieser Stelle gilt es folglich zu klären, inwieweit Bedenken bestehen gegen eine solchermaßen begründete private Gewaltanwendung, und in welchem Umfang der Tätigkeit gewerblicher Sicherheitskräfte hierdurch verfassungsrechtliche, durch das Gewaltmonopol begründete Grenzen gezogen werden.
a) Anwendbarkeit der Notwehr-/Nothilfevorschriften auf gewerbliche Sicherheitskräfte trotz fehlender Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Angesichts der grundsätzlichen Anforderungen an das Notwehr- bzw. Nothilferecht einerseits und deren derzeitiger Bedeutung für das Sicherheitsgewerbe andererseits ist zunächst zu eruieren, inwieweit sich diese Rechte von ihrer Konzeptionierung her überhaupt als Gewaltgestattungsnormen für das private Sicherheitsund Bewachungsgewerbe eignen. Schließlich handelt es sich dabei nicht um ausdrücklich formulierte Eingriffsgrundlagen, sondern lediglich um Rechtfertigungsgründe, die wie Eingriffsgrundlagen eingesetzt werden. So existieren Stimmen, die eine planmäßige Anwendung der Jedermannrechte durch professionelle Sicherheitskräfte ablehnen und statt dessen eine spezialgesetzliche Normierung von ausdrücklich auf das Bewachungsgewerbe zugeschnittenen Eingriffsbefugnissen fordern 424 . Die wohl größten Zweifel an der Anwendbarkeit der Jedermannrechte auf gewerbliche Nothelfer sind auf die bereits angesprochene 425, lediglich partielle 424 So ζ. B. Zimmermann, Privates Sicherheitsgewerbe, Die Polizei 1994, S. 60, 61; ebenso die Hauptforderung der SPD Bundestagsfraktion in ihrem Antrag zu einem Gesetzentwurf für private Sicherheitsdienste, Regelungspunkt Nr. 1. Besonders drastisch auch HoffmannRiem, Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277,284, der den gewerblichen Sicherheitskräften den Rückgriff auf das Recht der Nothilfe gänzlich verwehren möchte. Mahlberg dagegen fordert in dem vorrangig strafrechtsdogmatischen Teil seiner Untersuchung lediglich die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch auf professionell geleistete Nothilfe und lehnt die Schaffung einer neuen „Quasi-Befugnisnorm" für private Sicherheitskräfte ab; in: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitskräfte; S. 124 ff., 127. 42 5 Vgl. hierzu Kapitel drei, Abschnitt Α. I. 1. a.) (II).
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Geltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zurückzuführen 426. So ist nach wie vor herrschende Meinung im Bereich der Notrechtsdogmatik, daß das Recht dem Unrecht nicht zu weichen brauche und daher auch keine Abwägung zwischen dem zu schützenden und dem durch die Verteidigungshandlung gefährdeten Rechtsgut stattfinden dürfe 427 . Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz findet im Rahmen der Notwehr daher nur Anwendung im Verhältnis zwischen den Angriffs- und den Abwehrmitteln, nicht jedoch auch zwischen den sich jeweils gegenüberstehenden Rechtsgütern. Da das Gesetz selbst nicht zwischen professioneller und sonstiger Nothilfe unterscheidet, wären auch die professionellen Kräfte der Bewachungsunternehmen in der Lage, ein Rechtsgut rechtmäßig zu verteidigen, selbst wenn dadurch relativ höherwertige Güter des Angreifers gefährdet bzw. verletzt würden. Eine Grenze wäre erst dort zu ziehen, wo eine weniger intensive Abwehr ausreichen würde, um den Angriff endgültig und sicher abzuwenden428. Gerade gegen dieses Ergebnis werden jedoch gewisse Bedenken erhoben: (1) Notrechte nur zur Bewältigung von Ausnahmesituationen ? So wird insbesondere eingewendet, die allgemeinen Notrechte und hier im speziellen das Recht der Nothilfe seien auf den normalen Bürger zugeschnitten, mit dem der berufsmäßige Bewacher nicht gleichgesetzt werden könne. So gesteht Hoffmann-Riem einem einer entsprechenden Angriffssituation ausgesetzten Bürger die vor allem durch die Nichtgeltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips bewußt großzügig gefaßte Rechtfertigung der Notwehr/Nothilfe deshalb zu, weil sich dieser in einer für ihn unvorhersehbaren psychischen Ausnahmesituation befindet und aufgrund dessen überrascht, ja sogar hilflos und deshalb unter Umständen auch unangemessen reagieren wird 4 2 9 . Ein professioneller Nothelfer dagegen ist auf solche Situationen vorbereitet und zu ihrer Bewältigung ausgebildet worden. Derartige Hilfsaktionen gehören gerade zu seinem normalen beruflichen Aufgabenfeld. Das Überraschungs- und Überforderungsmoment, welches dem Normalbürger zugestanden wird, liegt bei ihm nicht vor. Gemäß der historischen und teleologischen 426 Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 98. Diesem zustimmend: Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 463. 427 So generell: Spendel in: Leipziger Kommentar, § 32 Rz. 224. Lenckner in: Schönke/ Schröder, § 32 Rz. 34; Lackner, § 32 Rz. 11 ff. Ebenso: Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 136 f. Im Ergebnis zustimmend, aufgrund der pauschalierenden Wirkung dieser Formel jedoch differenzierend: Renzikowski, Notstand und Notwehr, S. 80 ff. 428 So, ausdrücklich im Kontext mit dem Bewachungsgewerbe: Schulte, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130, 134 und Stober, Staatliches Gewaltmonopol und privates Sicherheitsgewerbe, NJW 1997, S. 889, 894, unter Berufung auf BGH, NJW 1996, S. 2574. 429 in: Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277, 283. Ebenso: Roßnagel, Zum Schutz kerntechnischer Anlagen gegen Angriffe von außen, ZRP 1983, S. 59, 62. Zustimmend: Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107, 127 ff.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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Auslegung der Notwehrvorschriften könnten daher die speziell für den Selbstschutz des überraschten Bürgers konzeptionierten Rechtfertigungsgründe nicht mit der gleichen Großzügigkeit auf professionelle Nothelfer angewendet werden. Die Notrechte würden demnach eben nicht nur selbst Ausnahmeregelungen darstellen, sondern wären auch lediglich zur Bewältigung von Ausnahmesituationen konzeptioniert, in welche professionelle Bewacher aber regelmäßig nicht geraten würden 4 3 0 . Eine Ausnahme hiervon bilde lediglich der bei einer einfachen Bewachungsmaßnahme selbst in Not geratene Wachmann, dem in diesem Fall das Recht der Notwehr zuzugestehen sei 4 3 1 .
(a) Eindeutiger Wortlaut der Notrechtsbestimmungen Diesem Einwand der Konzeptionierung der Notrechte ausschließlich für in Not geratene Normalbürger wird jedoch vor allem der eindeutige Gesetzestext der Notwehr- bzw. Nothilfevorschriften entgegengehalten. Dort werden eben außer dem Vorliegen eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs auf ein Individualrechtsgut keine weiteren Voraussetzungen und insbesondere auch keine Ausnahmesituation für den Nothelfer vorausgesetzt 432; eine Unterscheidung zwischen professioneller und sonstiger Nothilfe ist dem Gesetz nicht zu entnehmen433. Da für eine Gesetzesauslegung, sei sie historischer oder teleologischer Art, nur dort Platz sein kann, wo der Normtext eine Auslegung zuläßt, muß § 32 StGB uneingeschränkt auch auf professionelle Sicherheitskräfte angewendet werden; der Gesetzeswortlaut ist insoweit unmißverständlich. Eine Auslegung des § 32 StGB in dem Sinn, wie sie von Hoffmann-Riem vorgenommen wurde, würde einer Ergänzung des Tatbestandes um eine weitere, ausschließlich für gewerbliche Wachleute geltende Hürde gleichkommen, die einer Einschränkung des Notwehr /Nothilferechts contra legem gleichzusetzen wäre 434 . Betrachtet man also die gegenwärtige Gesetzeslage, so kommt man nicht umhin, die allgemeinen Notrechte und dabei insbesondere das «ο Hoffmann-Riem, ebd. 431 Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107,128 f., der deshalb die Rechtslage zur Ordnung des Bewachungs- und Sicherungsgewerbes als lückenhaft bezeichnet. Ähnlich auch Greifeid, Öffentliche Sachherrschaft und Polizeimonopol, DÖV 1981, S. 906,909 ff. 432 So zusammenfassend: Mahlberg, der feststellt, daß Erwägungen über das Erfordernis einer psychischen Ausnahmesituation zwar im Rahmen der Entschuldigungsgründe, nicht jedoch beim Rechtfertigungsgrund der Notwehr/Nothilfe zu diskutieren sind; in: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 107 m.w.N. 433 Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130, 133; ebenso: Stober, Staatliches Gewaltmonopol und privates Sicherheitsgewerbe, NJW 1997, S. 889, 894. 434 So zusammenfassend auch Schulte, ebd. und Stober, a. a. O., S. 894. Ausführlich zu der entsprechenden strafrechtsdogmatischen Begründung mittels des überindividuellen Aspekts der Notwehr, siehe: Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 106 ff.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Recht der Nothilfe auch den professionellen Kräften der Sicherheitsunternehmen zuzugestehen. Hoffmann-Riem ist jedoch insoweit zuzustimmen, als diese Notrechtsnormen tatsächlich keine Eingriffsgrundlagen bzw. Befugnisnormen darstellen und vom Gesetzgeber auch nicht als solche verstanden wurden. Auch wenn nach dem Gesetzestext und seiner Auslegung durch die herrschende Meinung eine Anwendung dieser Vorschriften durch das private Sicherheits- und Bewachungsgewerbe möglich ist, können diesbezüglich also nicht sämtliche Bedenken gegen ihre uneingeschränkte Eignung in diesem Bereich ausgeräumt werden. (b) Mißbrauchslehre als Korrektiv Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang noch auf das im Tatbestand der Notwehr enthaltene Erfordernis der Gebotenheit der Verteidigungshandlung. In Verbindung mit der hierzu herrschenden Rechtsmißbrauchslehre stellt dieses Tatbestandsmerkmal ein weiteres Mittel zur Beschränkung des Notwehrrechts dar. Im Zusammenhang mit dem Streit um die fehlende Unterwerfung des Notwehrrechts unter den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sind dabei vor allem die Fälle erwähnenswert, in denen ein derartiger Rechtsmißbrauch bei einem unerträglichen Verhältnis zwischen dem angegriffenen und dem durch die Verteidigung bedrohten Rechtsgut bejaht wird 4 3 5 . Eine derart massive Disproportionalität der Rechtsgüter und damit eine rechtsmißbräuchliche und nicht mehr gerechtfertigte Verteidigungshandlung wird beispielsweise im Fall des Schußwaffengebrauchs gegen einen mit geringer Beute fliehenden Dieb angenommen436. Auch bei den nicht an den strengen Grundsätzen des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu messenden Notwehr/Nothilfemaßnahmen werden also nur diejenigen Verteidigungshandlungen als gerechtfertigt angesehen, die keinen Rechtsmißbrauch darstellen. Diese Grenzen gelten für alle Nothelfer gleichermaßen und stellen keine spezifische Einschränkung lediglich für den gewerblichen Bewacher dar. Die Gewerblichkeit der Nothilfe kann auch nicht als Fallkonstellation angesehen werden, die unter den sozialethischen Mißbrauchsbegriff des Notwehrrechts fallen würde. Berücksichtigt man jedoch, daß von vornherein stets nur diejenige Verteidigungshandlung als erforderlich anzusehen ist, die für den Verteidigenden unter den zur Beendigung des Angriffs gleichermaßen wirksamen auch das relativ mildeste der ihm zur Verfügung stehenden Mittel darstellt, und außerdem ein professioneller Nothelfer aufgrund seiner Ausbildung, Ausrüstung und Konstitution im Vergleich zum Normalbürger regelmäßig über ein größeres Repertoire an Verteidigungsmöglichkeiten verfügt, so kann im Ergebnis wohl sogar davon ausgegangen werden,
435 Baumann/Weber, Strafrecht § 17 Rz. 34 ff. und Wessels, Strafrecht Allgemeiner Teil, S. 92; ebenso m.w.N.: Lenckner in: Schönke/Schröder, § 32 Rz. 46 und Tröndle, § 32 Rz. 18. Grundsätzlich zustimmend auch Roxin, Strafrecht AT, Bd. I, S. 555 ff., der jedoch eine andere Einteilung der verschiedenen Mißbrauchsfalle vornimmt. 436 Tröndle, § 32 Rz. 20, m.w.N.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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daß es dem Gewerblichen eher möglich sein wird, einen Angriff mit weniger intensiven Mitteln zu beenden. Nicht nachvollzogen werden kann folglich, wieso das schneidige Werkzeug der Notwehr wegen der nicht vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung gerade in den Händen professioneller Sicherheitskräfte gefährlicher sein sollte als in denen des Normalbürgers. Da die von der Mißbrauchslehre gezogenen Grenzen für jeden Nothelfer gleich zu ziehen sind, im Regelfall bei den Gewerblichen aber sogar mildere Mittel zur Anwendung kommen können und müssen als bei den Normalbürgern, kann insgesamt eine speziell bei den gewerblichen Sicherheitskräften bestehende Gefahr eines Rechtsmißbrauchs nicht erkannt werden. (2) Problematik der umfassenderen Befugnisse im Verhältnis zur Polizei Weitere Bedenken bestehen dahingehend, daß infolge der fehlenden Bindung der Notwehr/Nothilfe an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz den gewerblichen Sicherheitskräften Handlungsbefugnisse zustehen würden, deren Inanspruchnahme staatlichen Stellen, namentlich der Polizei versagt seien. Diese Kritik stützt sich darauf, daß staatlichen Ordnungskräften die Berufung auf die Notrechte nicht möglich ist und sie daher lediglich auf ihre obrigkeitlichen, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterliegenden polizeilichen Befugnisse zurückgreifen können. Das Vorgehen gegen einen Angreifer sei gewerblichen Sicherheitskräften daher mit einer Intensität gestattet, die der Polizei verwehrt ist 4 3 7 . Die diesem Einwand zugrundeliegende Prämisse der Nichtgeltung der Notrechte für Polizisten ist in der Literatur allerdings nicht unumstritten. Zwar kann an dieser Stelle nicht allzu ausführlich auf den Streitstand zu dieser Problematik eingegangen werden 438 , doch läßt sich zumindest auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durchaus eine herrschende Meinung feststellen. Diese geht davon aus, daß eine alleine auf § 32 StGB bzw. § 227 BGB gestützte Maßnahme eines Polizisten zwar gerechtfertigt und damit weder straf- noch zivilrechtlich zu beanstanden ist, gleichzeitig aber wegen Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage als polizeirechtswidrig anzusehen ist 4 3 9 . Eine Ausweitung der Befugnisse der Polizei und damit eine Angleichung an die Möglichkeiten der privaten Sicherheitsdienste ist 437 So vor allem Kunz, Die organisierte Nothilfe, ZStW 1983, S. 973, 974 ff. 4
38 Einen kurzen Überblick über diesen Streitstand sowohl aus öffentlich- als auch aus strafrechtlichem Blickwinkel gewährt insoweit Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 466. Ausführlich aus strafrechtlicher Sicht mit zahlreichen Nachweisen: Lenckner in: Schönke/Schröder, § 32 Rz. 42a ff. 439 Klose, Notrecht des Staates aus staatlicher Rechtsnot, ZStW 1977, S. 61, 79 f.; Riegel, §§ 32, 34 StGB als hoheitliche Befugnisgrundlage?, NVwZ 1985, S. 639, 640. Kirchhof, Polizeiliche Eingriffsbefugnisse und private Nothilfe, NJW 1978, S. 969, 970 ff. Diesem zustimmend: Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 131 f., m.w.N. Ebenso: Honigl, Tätigwerden von Privaten, S. 76. Ausführlich auch Renzikowski, Notstand und Notwehr, S. 296 ff. Ausdrücklich offen gelassen von Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 99.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
damit nicht durch einen Rückgriff auf die allgemeinen Jedermannrechte, sondern lediglich durch eine entsprechende Änderung der Polizeigesetze erreichbar 440. Geht man wie die derzeit wohl herrschende Meinung davon aus, daß die Notrechte als legitime Handlungsgrundlagen der gewerblichen Bewacher anzusehen sind, so hätte dies tatsächlich eine zumindest die Erforderlichkeit der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme betreffende Diskrepanz zu den Befugnissen der Polizei zur Folge. In der sich auf diese Argumentation stützenden Literatur wird hierbei primär auf die unterschiedlichen Anforderungen für einen Schußwaffengebrauch abstellt 441 . So ist ein Polizist hierzu lediglich befugt, zur Abwendung von gegenwärtigen Gefahren für Leib oder Leben bzw. zur Verhinderung von Verbrechen oder von Vergehen, die mittels Schußwaffen oder Sprengstoff begangen werden 442 . Der normale Nothelfer dagegen ist beim erforderlichen Schußwaffengebrauch lediglich im Falle des Rechtsmißbrauchs durch das Merkmal der Gebotenheit beschränkt. (a) Anpassung der Kompetenzen von gewerblichen Sicherheitskräften Da ein Ausgleich dieses bestehenden Unterschieds in den Handlungsmöglichkeiten im Wege einer Zubilligung der Notrechte an Polizisten, wie gesehen, nicht möglich ist, wird nun teilweise versucht, dasselbe Ergebnis durch eine Anpassung der Kompetenzen der Privaten durch deren Bindung an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu erreichen. So fordert Hoffmann-Riem eine solche Angleichung auf dem Wege der Verabschiedung spezialgesetzlicher Befugnisnormen für das Sicherheitsgewerbe 443. Mahlberg dagegen hält eine Schaffung neuer „Quasi-Befugnisnormen für gewerbliche Sicherheitskräfte" ebenso wie die legislatorische Erweiterung der bestehenden Notwehrvorschriften für unnötig 444 . Für ihn ergibt sich vielmehr bereits aus dem Gebot der verfassungskonformen Auslegung des Notwehrrechts, daß das Verhältnismäßigkeitsprinzip auch hier in vollem Umfang zu integrieren sei. Dies würde sich seiner Ansicht nach bereits durch eine entsprechende verfassungsgemäße Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Gebotenheit
440 So ausdrücklich auch Kunz, Die organisierte Nothilfe, ZStW 1983, S. 973, 985, der insoweit die für diese Problematik entscheidende Konsequenz aus der hierzu herrschenden Meinung zieht. 441 Allen voran Kunz, a. a. O., S. 974. 442 Vergleiche hierzu die Polizeigesetze der Länder: § 54 PolG BW; Art. 67 BayPAG; §§ 11 ff. BlnUZwG; § 66 VG PolG Bbg; § 47 BremPolG; § 25 HmbgSOG; § 61 HSOG; § 55 NdsSOG; § 64 PolG NW; § 57 PVG RhPf; § 57 SPolG; § 34 SächsPolG; § 66 SOG LSA; § 232 LVwG SchlH und § 65 ThürPAG. 443 in: Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277, 283. Damit verbunden wäre konsequenterweise die Nichtanwendbarkeit der Notrechte auf professionelle Nothelfer, die Hoffmann-Riem jedoch seinen Überlegungen zugrunde legt. 444 So ausdrücklich in: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 127.
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ergeben 445. Eine derart weitgehende Dehnung des Begriffs der Gebotenheit der Verteidigungshandlung erscheint jedoch im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Notwehr fraglich. Dieser liegt gerade darin, jedermann eine Möglichkeit an die Hand zu geben, sich eines gegen ihn selbst oder einen Dritten gerichteten Angriffs zu erwehren, ohne dabei auf den Angreifer Rücksicht nehmen zu müssen. Dieses dem Notwehrrecht zugrundeliegende Rechtsbewehrungsprinzip würde durch eine über das Maß der Vermeidung des Rechtsmißbrauchs hinausgehende Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips aufgeweicht werden. Die Waffe der Notwehr würde einen großen Teil ihrer Schneidigkeit verlieren 446 . (b) Erforderlichkeit einer derartigen Angleichung Ehe man sich mit der Frage einer derartig weitgehenden allgemeinen Auslegung der Notrechte eingehender beschäftigt, muß freilich primär die Frage beantwortet werden, ob die Maßnahmen von staatlichen und gewerblichen Sicherheitskräften überhaupt miteinander verglichen werden können. Wäre das nicht der Fall, ließe sich der Unterschied in der Reichweite ihrer Befugnisse sachlich rechtfertigen und eine Anpassung an die Beschränkung polizeilicher Befugnisse wäre gar nicht erforderlich. Dabei ist zunächst zu klären, aus welchem Grund die Handlungen der Polizei uneingeschränkt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterworfen sind. Entsprechend der Argumentation der Befürworter einer Angleichung durch die Anwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf die Tätigkeit professioneller privater Nothelfer müßte dies vor allem auf die gute Ausbildung und die Befähigung der Polizisten zu einer überlegten und maßvollen Verteidigung zurückzuführen sein. Dies wäre jedenfalls die Konsequenz daraus, daß ζ. B. HoffmannRiem 4 4 7 und Jeand'Heur 448 dem überforderten Normalbürger die Notrechte in der bestehenden Auslegung, also ohne Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zugestehen, dem professionellen gut ausgebildeten Nothelfer dagegen nicht, weil eine derartige Verteidigung für ihn ebensowenig eine Ausnahmesituation darstellen würde wie für einen Polizisten. Ein gut ausgebildeter Polizist würde nach diesem Leitbild nie in Situationen geraten, in denen ihm das für möglicherweise überreagierende Normalbürger konzeptionierte Notwehr/Nothilferecht zugestanden werden müßte. Gerade diese Überlegungen spielen hierbei tatsächlich keine Rolle. Entscheidend für die Bindung polizeilicher Zwangsmaßnahmen an 445 A.a. O., S. 119, 122 f. Ähnlich weitgehend in der Interpretation des Tatbestandsmerkmals der Gebotenheit: Peilert, S. 464, der die Unterschiede einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu einer Beschränkung der Notwehr durch die Rechtsmißbrauchslehre „nahezu eingeebnet" sieht; Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes. 446 Spendel in: Leipziger Kommentar, § 32 Rz. 308, 313 ff. Auch Kunz, Die organisierte Nothilfe, ZStW 1983, S. 973, 987, der die symbolische Bekräftigung der Rechtsordnung dem reinen Gütervergleich überordnet. Ähnlich: Baumann/Weber, Strafrecht § 17 Rz. 36, der jedoch darüber hinaus auch die Rechtsmißbrauchslehre weiter einschränken möchte. m In: Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277,283. In: Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107, 127 f.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist vielmehr der hoheitliche Charakter dieser Handlungen 449 . So ist der Polizist als hoheitliches Organ der Gefahrenabwehr allen Mitgliedern der Rechtsgemeinschaft gegenüber verpflichtet und daher den Rechtsgütern des Angegriffenen ebenso wie denen des Angreifers. Diesen grundsätzlich bestehenden Widerstreit der Interessen muß die einschreitende staatliche Sicherheitskraft gerade unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit mit dem Ziel auflösen, aus absoluter Sicht beurteilt, den geringst möglichen Schaden zu verursachen. Eine Durchsetzung des Rechtes gegen das Unrecht in dem Ausmaß, wie es die Notrechte erlauben, gehört also gerade nicht zu den Aufgaben des Staates bzw. seiner Sicherheitsbehörden. Umgekehrt fehlt es aber den privaten, auf die Nutzung der Notrechte beschränkten Sicherheitskräften an dem Status der Hoheitlichkeit und damit dieser Verpflichtung gegenüber der gesamten Gesellschaft. Im Notwehrrecht wird die Verteidigung der Rechtsordnung eben deutlich über den reinen Gütervergleich gestellt 450 . Im übrigen kann auch davon ausgegangen werden, daß die durch die Nichtgeltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips verursachte höhere Intensität der privaten Eingriffsmöglichkeiten durch die sonstigen, den Privaten nicht zustehenden polizeilichen Befugnisse durchaus kompensiert werden 451 . Das oben gefundene Ergebnis, daß eine gewerbliche Sicherheitskraft bei der Verteidigung der Rechtsgüter einer angegriffenen Person unter Umständen intensiver einschreiten darf als ein Polizist, stellt im Rahmen der nicht-hoheitlichen und nicht vom Staat veranlaßten Gefahrenabwehr durch Private also zunächst keinen Widerspruch dar. Die Zweckrichtung und Reichweite der Notrechte auch in der Form, in der sie durch das Sicherheitsgewerbe in Anspruch genommen werden, können also mit den polizeilichen Befugnissen insoweit nicht verglichen werden. Die Diskussion um die umfassenderen, weil nicht an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebundenen Eingriffsmöglichkeiten gewerblicher Sicherheitskräfte gegenüber denen der Polizei erweist sich daher zumindest für diesen Bereich des Sicherheitsgewerbes als Scheinproblem. Anders mag das sein bei der staatlich veranlaßten Gefahrenabwehr Privater. Auf diese Problematik ist jedoch erst weiter unten einzugehen.
(3) Zusammenfassung Bezüglich der Frage der Geeignetheit der Notwehr-/Nothilfevorschriften als Befugnisnormen der gewerblichen Sicherheit kann festgehalten werden, daß der derzeit bestehende Gesetzestext nicht zwischen professioneller und gewöhnlicher Nothilfe unterscheidet. De lege lata besteht also kein Grund, weshalb gewerbliche Sicherheitskräfte diese Rechtfertigungsgründe nicht für sich in Anspruch nehmen 449 Kunz, Die organisierte Nothilfe, ZStW 1983, S. 973, 983, 986. Diesem zustimmend: Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130, 134 und Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 467. 450 Kunz, a. a. O., S. 987. 451 Kunz, a. a. O., S. 988.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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könnten. Die gravierendsten Bedenken gegen eine Anwendbarkeit der Nothilfevorschriften auf gewerbliche Sicherheitsdienste begründen sich darauf, daß diese Vorschriften nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterliegen. Eine Unterwerfung der Notrechte unter diesen Grundsatz erscheint allerdings weder erforderlich noch wünschenswert. Eine derartige Beschränkung der Notwehr/Nothilferechte nur im Bereich der gewerblichen Sicherheit würde sie zu etwas machen, was sie nicht sind und was sie auch nicht sein sollen, nämlich speziell auf das private Bewachungsgewerbe und die damit verbundenen Bedenken zugeschnittene Eingriffsbefugnisse. Auch wenn also eine vollständige Integration des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit in die Notrechte wegen deren Bedeutung nicht möglich aber auch nicht nötig ist, ist jedoch weiterhin festzuhalten, daß die umfangreiche Kritik an der bestehenden Praxis durchaus nicht gänzlich unberechtigt ist. Eine derartige Verweisung des größten Teil dieses mittlerweile doch recht umfangreichen Gewerbezweigs der privaten Bewachung ausschließlich auf die Nutzung der Notrechte, kann zumindest nicht als Ideallösung angesehen werden. Diese professionelle Nutzung der Notrechte wirft jedoch in Bezug auf das staatliche Gewaltmonopol oder das Rechtsstaatsprinzip zumindest dann keine Probleme auf, solange es sich bei den gewerblichen Sicherheitskräften um solche Private handelt, die ihrer Tätigkeit nicht aufgrund einer staatlichen Veranlassung nachgehen.
b) Sonderproblem der staatlich veranlaßten, auf die Notrechte beschränkten Gefahrenabwehr Privater Die auf einen möglichen Verstoß gegen das staatliche Gewaltmonopol begründeten generellen Bedenken, welche gegen eine professionelle und planmäßige Verwendung der Notrechte durch gewerbliche Sicherheitskräfte erhoben werden, konnten zunächst weitgehend ausgeräumt werden. Fraglich ist allerdings, inwieweit dies für alle Erscheinungsformen dieser, nicht anderweitig mit Befugnissen ausgestatteten gewerblichen Bewacher gelten kann. Neben den für private Auftraggeber auf deren freiwilligen Entschluß hin, also ohne jegliche staatliche Veranlassung tätigen Sicherheitskräften gibt es auch solche professionelle Nothelfer, die nur aufgrund besonderer staatlicher Veranlassung tätig werden. Diese Veranlassung kann dabei einerseits mittelbar sein, weil ein privater Auftraggeber das Sicherheitsgewerbe. zur Erfüllung seiner ihm vom Gesetzgeber auferlegten Eigensicherungspflichten in Anspruch nimmt, andererseits auch unmittelbar, weil der Staat selbst als Auftraggeber in Erscheinung tritt. Auf die erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine solchermaßen staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr Privater ohne gleichzeitige Übertragung öffentlich-rechtlicher Eingriffsbefugnisse - soll im folgenden eingegangen werden.
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(1) Gewerbliche Nothelfer zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung In den vorstehenden Ausführungen wurde dargestellt, daß sich der Einsatz von Notrechten und insbesondere der Nothilfe zum Schutz von privaten Individualrechtsgütern schon aus dem staatlichen Gewaltmonopol selbst herleiten läßt, und daß deshalb auch eine professionelle Nutzung dieser Rechte nicht in Konflikt mit dem Gewaltmonopol gerät. Im Bereich der hier zu erörternden staatlich veranlaßten Gefahrenabwehr stellt sich allerdings die grundlegende Frage, ob insoweit ebenfalls der Schutz entsprechender Individualrechtsgüter im Vordergrund steht. Zu klären ist also zunächst, welchen Zweck der Staat mit der an die privaten Unternehmer und Betreiber adressierten Auferlegung der Pflichten zur Sicherung besonders sicherheitsbedürftiger Anlagen oder des Luftverkehrs verfolgt. Stünde hier der Schutz des Betriebs oder der Existenz der gefährdeten Anlage oder sonstiger Rechtsgüter des Betreibers im Vordergrund, so könnte dieser, wie bereits oben dargestellt, auch durch Private mittels Ausnützung der Notrechte gewährleistet werden. Auch hier läge dann eine private Sicherung privater Individualrechte vor. Der primäre Schutzzweck solcher Eigensicherungspflichten richtet sich aber gerade nicht auf die Rechtsgüter des Betreibers oder andere konkrete Individualrechtsgüter, sondern vielmehr auf den Schutz vor Gefahren, die von einer solchen Anlage für die Allgemeinheit ausgehen. Man denke hierbei nur an die Risiken, die ein Plutoniumdiebstahl, eine durch einen terroristischen Anschlag verursachte Freisetzung radioaktiver Strahlung oder ein Sprengstoffanschlag auf ein Flugzeug für die Allgemeinheit und damit die öffentliche Sicherheit und Ordnung bedeuten würden. Das mit der Verpflichtung des Unternehmers zur Eigensicherung verbundene Hauptanliegen des Staates dient hier der Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung als Ganzes und nicht etwa nur dem Schutz bestimmter, darin enthaltener privater Individualrechtsgüter 452. An dieser Zielsetzung ändert auch die Tatsache nichts, daß die gefahrenabwehrenden Tätigkeiten natürlich zugleich dem Schutz der Rechtsgüter des Betreibers dienen und sich das öffentliche Interesse auf diese Weise mit dem privaten des Betreibers überschneiden kann 453 . Auch die den Eigensicherungspflichten zugrundeliegenden potentiellen Ursachen für Störmaßnahmen können wohl nicht alleine auf den Inhaber der Anlagen zurückgeführt werden. Zwar ermöglicht dieser durch den von ihm in Gang gesetzten Betrieb der Anlage überhaupt erst, diesen zu stören und damit die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gefährden. Ossenbühl ist jedoch insoweit zuzustimmen, daß die eigentliche Ursache der Störmaßnahmen, vor denen ζ. B. ein Kernkraftwerk mittels des Einsatzes privater Sicherheitskräfte geschützt werden soll, „in der allgemeinen politischen Lage und der in der Gesellschaft sich bildenden Kriminalität und gerade nicht in dem bloßen Betrieb oder der Existenz des gefährdeten Ob452 Bracher, Anmerkung zum Urteil des BVerwG vom 19. 1. 1989, S. 520 f. 453 So auch Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 154 f.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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jekts" zu suchen ist 4 5 4 . Ähnlich gelagert sind die Motive, die den Staat zu der Verpflichtung der Flughafenbetreiber nach § 19b LuftVG und der Luftfahrtunternehmer nach § 20a LuftVG veranlaßt haben. Auch diese Verpflichtung dient dem Schutz vor Gefährdung durch kriminelle bzw. terroristische Anschläge auf den Luftverkehr 455 . Die Bedrohung, die den Staat zur Regelung dieser Eigensicherungspflichten veranlaßt hat, ist also nicht primär auf die den Anlagen oder den jeweiligen Tätigkeiten selbst innewohnenden Gefahren zurückzuführen, sondern vielmehr auf die allgemeine politische Situation. Sowohl wegen der allgemein gehaltenen Schutzrichtung, in die diese Eigensicherungspflichten zielen, als auch wegen der in der Gesellschaft und nicht in der Sphäre des Betreibers begründeten Ursachen für eine Gefährdung, kann also davon ausgegangen werden, daß es sich bei der hierdurch beabsichtigten Gefahrenabwehr dem Grunde nach um eine an sich durch die Polizei wahrzunehmende öffentliche Aufgabe des Staates handelt und nicht um eine private des Anlagenbetreibers 456. Betrachtet man den zweiten Bereich der staatlich veranlaßten Gefahrenabwehr durch Private ohne gleichzeitige Übertragung hoheitlicher Befugnisse, nämlich die Beauftragung gewerblicher Sicherheitsdienste durch den Staat zur Bewachung von öffentlichen Einrichtungen bzw. öffentlich zugänglichen Verkehrsräumen, so gelangt man zum gleichen Ergebnis. Sobald eine Einrichtung dem allgemeinen öffentlichen Verkehr zugänglich gemacht wird oder der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe zu dienen bestimmt ist 4 5 7 , richtet sich nämlich der Schutzzweck der Ordnungswahrung, zu dessen Erfüllung die Sicherheitsdienste eingesetzt werden, nicht mehr auf ein bestimmtes Rechtsgut, sondern allgemein auf die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung 458 . Abzugrenzen ist dieses Tätig werden des Staates zum öffentlichen Wohl von seinem rein fiskalischen Auftreten, bei dem er durchaus als privatrechtlicher Auftraggeber gewerblicher Bewachungsunterneh454 In: Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 26. Diese Ursache, des mittels der Eigensicherung gering zu haltenden Risikos läßt sich auch auf andere sicherheitsbedürftige Anlagen, wie ζ. B. denen nach § 4 Nr. 5 der 12. BImSchV übertragen. 4 55 Czepluch, S. 213 und Martens, S. 350, beide in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes. 4 *> So auch die Feststellung des BVerwG in: DVB1. 1989, S. 517 (518). Allgemein zur Qualifizierung der Wahrnehmung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung als Staatsaufgabe von hohem verfassungsrechtlichen Rang, siehe: Götz in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, § 79 Rz. 1 ff. Zustimmend: Pitschas, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitsdienste?, DÖV 1997, S. 393, 398. 4 57 Hier sei das Beispiel der JVA Büren anzuführen, in der neben den Justizvollzugsbeamten auch eine gewisse Anzahl gewerblicher Wachleute für die Abwicklung des Anstaltsbetriebs eingesetzt werden; siehe: Kapitel eins, Abschnitt Β. II. 5. 4
58 Zimmermann, Privates Sicherheitsgewerbe, Die Polizei 1994, S. 60, 62 und ebenso Schult in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 146. Greifeid, Öffentliche Sachherrschaft und Gewaltmonopol, DÖV 1981, S. 906, 911 f., bejaht dies allerdings nur für diejenigen ordnungsbezogenen Aufgaben, die sich vom strengen Anstaltsbezug, also den in engem Zusammenhang mit der jeweiligen Leistungsfunktion stehenden Aufgaben gelöst haben.
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men in Erscheinung treten kann. Sowohl die in öffentlichen Nahverkehrsmitteln, wie beispielsweise in der Münchener U-Bahn eingesetzten privaten Sicherheitskräfte als auch andere im öffentlichen Verkehrsraum tätige Wachleute erfüllen auf staatliche Veranlassung hin Aufgaben, die eigentlich der Polizei zugewiesen sind 459 . Festzuhalten ist an dieser Stelle, daß die eben dargestellten Beispiele von staatlich veranlaßtem Tätigwerden gewerblicher Sicherheitskräfte in erster Linie den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sicherstellen sollen und nicht den Schutz der konkreten Individualrechtsgüter des Auftraggebers oder sonstiger genau zu spezifizierender Personen 460. Es handelt sich hierbei demnach um eine Aufgabenübertragung im Bereich der allgemeinen Gefahrenabwehr. Wie oben bereits herausgearbeitet, sind solche, dem inneren Frieden dienenden Tätigkeiten der Gefahrenabwehr schon wegen der Geltung des Gewaltmonopols den staatlichen Aufgaben zuzuordnen 461. (2) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr unter Ausnutzung der Notrechte Nachdem vorstehend festgestellt wurde, daß es sich bei den zu erledigenden Tätigkeitsbereichen der staatlich veranlaßten Gefahrenabwehr eigentlich um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben handelt, ist nun zu klären, inwieweit eine Übertragung dieser Aufgaben auf gewerbliche Sicherheitsunternehmen mit dem staatlichen Gewaltmonopol vereinbar sein kann. Zwar besteht Einigkeit darüber, daß der Staat nicht mehr alle Aufgaben des Rechtsgüterschutzes selbst und mit eigenen Mitteln wahrnehmen kann 4 6 2 , und daß deshalb zur Abwehr einer von Kriminellen ausgehenden Gefahr auch die Verteidigungsmaßnahmen Privater herangezogen werden können 463 . Fraglich ist aber, ob der Staat den Teil der Gefahrenabwehr zur Erfüllung an Private übertragen kann, welcher die Sicherung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung betrifft, ohne diesen gleichzeitig die dazu erforderlichen Handlungsmöglichkeiten an die Hand zu geben.
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59 So auch Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130, 135 m.w.N.; ebenso: Zimmermann, Privates Sicherheitsgewerbe, Die Polizei 1994, S. 60,62. 460 Bernhardt in: Weiß/Plate, Privatisierung von polizeilichen Aufgaben, S. 57 f., der ebenfalls deutlich zwischen der privaten Gefahrenvorsorge und der Bestreifung des öffentlichen Verkehrsraumes differenziert, wobei eben letztere als eine der Polizei vorbehaltene Aufgabe anzusehen ist. 461 Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 42 f. 462 statt vieler Gusy, Rechtsgüterschutz als Staatsaufgabe, DÖV 1996, S. 573. Vergleiche hierzu auch die Ausführungen zu den allgemeinen Grundlagen des Gewaltmonopols in Abschnitt Α. I. 463 So auch BVerwG in: DVB1. 1989, S. 517, 518 und diesem zumindest insoweit zustimmend, Bracher in seiner Anmerkung hierzu.
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Da diese private Gefahrenabwehr unter möglichem Einsatz körperlicher Gewalt vom Staat selbst veranlaßt wird, ist auf den ersten Blick ein Konflikt mit dem staatlichen Gewaltmonopol nicht ersichtlich. Wie bereits festgestellt, ist es dem Staat im Rahmen einer Gewaltgestattung durchaus möglich, auch Privatpersonen die legitime Ausübung physischen Zwangs zu überlassen. Bei der hier zu diskutierenden staatlich veranlaßten Gefahrenabwehr liegt jedoch eine Gewaltgestattung ohne gleichzeitige Übertragung hoheitlicher Befugnisse vor, eine bloße Gewaltermächtigung 464 . Ob eine solche Gewaltermächtigung ausreicht, um einem Privaten die öffentliche Aufgabe der Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung rechtmäßig übertragen zu können, ist fraglich. Mittels der Eigensicherungspflichten, aber auch durch die bloße Beauftragung gewerblicher Sicherheitskräfte im öffentlichen Verkehrsraum, überträgt der Staat nämlich einen Teil seiner eigentlich von ihm selbst wahrzunehmenden Aufgabe der allgemeinen Gefahrenabwehr. Zwar begründet die schlichte Präsenz von gewerblichen Sicherheitskräften im öffentlichen Verkehrsraum als solche wohl noch keinen Verstoß gegen das Gewaltmonopol 465 . Geht man aber davon aus, daß ihr Einsatz als Ersatz für eine aus welchen Gründen auch immer nicht verfügbare 466 staatliche Ordnungskraft fungiert und damit der Aufrechterhaltung der Ordnung dient, so ist davon auszugehen, daß zur Erfüllung dieser Aufgabe auch ein Eingriff in die Rechte anderer Bürger erforderlich werden kann. Daß der Staat - zumindest im Rahmen der Eigensicherungspflicht nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 AtomG - selbst von solchen potentiellen Eingriffen ausgeht, ergibt sich bereits aus der Auflage, den zum Schutz einer kerntechnischen Anlage eingesetzten Wachdienst mit Faustfeuerwaffen auszurüsten 467. Es muß also zumindest in Betracht gezogen werden, daß im Rahmen dieser Tätigkeiten auch Gewalt gegen andere Bürger ausgeübt und somit in deren Rechte eingegriffen wird. Wegen der besonderen Veranlassung zur Ausübung einer öffentlichen Aufgabe sind aber in letzter Konsequenz auch diese möglichen Gewaltausübungen dem Staat zuzurechnen. Würde der Staat diese der Eingriffsverwaltung zuzuordnenden Aufgaben selbst ausführen, so wäre er durch das Rechtsstaatsprinzip gebunden. Da, wie bereits festgestellt, eine Anwendung der Notrechte durch staatliche Sicherheitskräfte zumindest polizeirechtswidrig wäre 468 , dürften diese nur aufgrund be464 Zur Thematik der Gewaltgestattung siehe: Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, S. 56 f. und oben Abschnitt Α. I. 3. A.A. Bernhardt, Möglichkeiten der Zusammenarbeit, Die Polizei 1994, S. 55, 56. 466 Zu den wirtschaftlichen bzw. personellen Engpässen, die zu einer Beschäftigung gewerblicher Sicherheitskräfte anstelle des Einsatzes der Polizei führen, siehe: Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 152 f., 155 ff. 467 Zur Rechtmäßigkeit einer derartigen Auflage der Genehmigungsbehörde an den Betreiber einer solchen Anlage siehe: BVerwG, DVB1. 1989. Zur Ausgestaltung dieser Auflage: Nr. 5.2 der Anforderungen an den Objektsicherungsdienst und Objektsicherungsbeauftragte in kerntechnischen Anlagen der Sicherungskategorie I des BMI. 468
Zu dieser Diskussion, die die polizeiliche Rechtswidrigkeit bejaht, mit der herrschenden Meinung aber die Strafbarkeit eines Polizisten, der in den Grenzen der Notrechte tätig wird, verneint, siehe Α. II. 1. a.) (II). 10 Huber
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sonderer öffentlich-rechtlicher Eingriffsnormen tätig werden. Gestattet man es dem Staat, private Unternehmer bzw. gewerbliche Sicherheitsunternehmen unmittelbar dazu zu veranlassen, Aufgaben der staatlichen Gefahrenabwehr unter Anwendung der privaten Notrechtsbefugnisse auszuüben, so läßt man zu, daß er sich über Umwege die eigentlich nicht für ihn bestimmten Jedermannrechte doch zunutze macht. Dies stellt einen zumindest mittelbaren Eingriff des Staates in die Rechte seiner Bürger dar, der nicht auf eine ausreichende öffentlich-rechtliche Grundlage gestützt werden kann. Diese Einschätzung spiegelt sich auch in dem allgemein anerkannten Grundsatz wider, daß überindividuelle Rechtsgüter gerade nicht notwehr- bzw. nothilfefähig sind 4 6 9 . Der mittelbare Rückgriff des Staates auf die allgemeinen Notrechte ist dabei besonders gefährlich, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Notrechte prinzipiell keine Anwendung findet. Muß man bei der Anwendung dieser Notrechte durch ohne staatliche Veranlassung tätig werdende private Sicherheitskräfte noch zu dem Ergebnis kommen, daß hier noch kein Verstoß gegen Gewaltmonopol und Rechtsstaatsprinzip vorliegt, so läßt sich dies im Rahmen der staatlich veranlaßten Gefahrenabwehr Privater wohl nicht mehr rechtfertigen. Es sind es eben nicht die Privaten, die hier unter Zuhilfenahme der Notrechte einzelne Rechtsgüter anderer Privater beschützen. Hier steht vielmehr der Staat im Hintergrund, der sich der Privaten planmäßig bedient, um eine an sich öffentliche Aufgabe zu erfüllen. Auch wenn in diesen Fällen nach außen hin nur Private tätig werden, die sich dabei grundsätzlich auch der ihnen zustehenden privaten Notrechtsbefugnisse bedienen können, so handelt es sich dabei der Sache nach doch letztendlich um eine planmäßige Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und damit um eine materiell polizeiliche Tätigkeit. Als solche kann sie jedoch nur unter bestimmten, dem Rechtsstaatsprinzip entnommenen Voraussetzungen zulässig sein 470 . Wird hierbei in die Rechte Dritter eingegriffen, so dürfte dies nur unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig sein. Da dieser im Rahmen der Notrechte jedoch keine Anwendung findet, hat die staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr also auch eine Umgehung der rechtsstaatlichen Bindung an das Verhältnismäßigkeitsprinzip zur Folge. Bracher spricht in diesem Zusammenhang sogar von einer „Instrumentalisierung der Notrechte vom subsidiären Selbstschutzinstrument zum Mittel planmäßigen Staatshandelns" und qualifiziert dies als einen „staatlichen Mißbrauch privater Notrechtsbefugnisse" 471. Dieser Ansicht ist dem Grunde nach zuzustimmen. Zwar 469 statt vieler Greifeid, Öffentliche Sachherrschaft und Polizeimonopol, DÖV 1981, S. 906,912. Hierzu siehe auch BGH in: NJW 1975, S. 1161. 470 Greifeid, a. a. O., S. 912 und Bernhardt, Private Sicherheit und polizeiliche Aufgabenwahrnehmung, in: Polizei-Führungsakademie-Seminar, S. 93. Ebenso auch Gusy, Rechtsgüterschutz als Staatsaufgabe, DÖV 1996, S. 573, 582, der insoweit feststellt, „daß der Staat grundsätzlich verpflichtet ist, eigene Aufgaben mit eigenen Mitteln wahrzunehmen", wobei er diesbezüglich eben auch primär auf die Legitimation dieser Mittel abstellt. Ähnlich auch Bracher in: Anmerkung zum Urteil des BVerwG vom 19. 1. 1989, DVB1. 1989, S. 521.
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kann dem Staat wohl keine planmäßige Umgehung des Rechtsstaatsprinzips vorgeworfen werden. Vielmehr entspringt der Rückgriff auf private Sicherheitskräfte zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eher der Schwierigkeit, diese Aufgaben angesichts der angespannten Haushaltssituation aber auch wegen der immer geringeren Attraktivität des Polizeiberufs allein mit Polizeikräften zu erfüllen 4 7 2 . In diesem Zusammenhang birgt eine derartige sicherheitsbezogene Tätigkeit Privater jedoch weiteres verfassungsrechtliches Konfliktpotential. So sind die staatlichen Ordnungskräfte aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis heraus verpflichtet, von den ihnen zur Verfügung stehenden Befugnissen auch Gebrauch zu machen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Eine Pflicht zur Ausübung einer eventuell erforderlichen Nothilfe ergibt sich für die Privaten dagegen allenfalls auf zivilrechtlicher Ebene aus dem Auftrags Verhältnis. Für die gewerblichen Sicherheitskräfte besteht eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Übernahme eines Risikos für die eigene Person also nicht 4 7 3 . Die dadurch entstehende Sicherheitslücke führt wiederum dazu, daß die öffentliche Sicherheit und Ordnung und damit der innere Friede nicht in dem Umfang gewahrt werden kann, wie dies der Staat eigentlich tun müßte, um sein Gewaltmonopol zu rechtfertigen. Für den Teilbereich der staatlich veranlaßten, aber auf die Notrechte beschränkten privaten Gefahrenabwehr kann also zusammenfassend festgehalten werden, daß ein solcher Rückgriff auf die allgemeinen Notrechte im Wege der bloßen Gewaltgestattung in Konflikt mit dem Rechtsstaatsprinzip bzw. dem staatlichen Gewaltmonopol steht. Inwieweit dieser Widerspruch zu vermeiden wäre durch eine mit der Übertragung hoheitlicher Befugnisse verbundenen staatlichen Veranlassung der Privaten, gilt es im nächsten Abschnitt festzustellen. 2. Hoheitliche Gefahrenabwehr Nachdem die auf die Jedermannrechte zu stützende Gefahrenabwehr gewerblicher Sicherheitskräfte und ihr Verhältnis zum staatlichen Gewaltmonopol vorstehend dargestellt wurden, ist nunmehr noch die Kategorie derjenigen privaten Wachleute zu untersuchen, denen der Staat zur Erledigung ihrer Aufgaben bestimmte obrigkeitliche Befugnisse übertragen hat. Diese Fälle hoheitlicher Gefahrenabwehr durch Private finden sich derzeit allein im Bereich des UZwGBw und des LuftVG 4 7 4 . Da derzeit auch keine anderen Einsatzgebiete von mit obrigkeitli471
In: Gefahrenabwehr durch Private, S. 150. Im Ergebnis ebenso: Bernhardt, a. a. Ο.,
S. 94. 472 Ausführlich zu den Motiven für eine staatliche Beauftragung Privater im Bereich der öffentlichen Sicherheit, siehe Zimmermann, Privates Sicherheitsgewerbe, Die Polizei 1994, S. 60 ff. und Bernhardt, Möglichkeiten der Zusammenarbeit, Die Polizei 1994, S. 55 ff. Ähnlich Götz in: Isensee/Kirchhof, HdBStR, § 79 Rz. 32. 473 Im Zusammenhang mit der Sicherung kerntechnischer Anlagen wird dies auch von Roßnagel, Zum Schutz kerntechnischer Anlagen, ZRP 1983, S. 59,61, festgestellt.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
chen Befugnissen ausgestatteten gewerblichen Sicherheitskräften bekannt sind, wird die nun folgende verfassungsrechtliche Untersuchung auch alleine anhand dieser beiden konkreten Beispiele durchgeführt werden 475 . Im Hinblick auf die Qualifizierung der dieser Übertragung von Befugnissen jeweils zugrundeliegenden Aufgaben als öffentlich, kann das vorstehend im Rahmen der Eigensicherungspflichten Festgestellte übertragen werden 476 . Die Sicherung von Anlagen der Bundeswehr und des Luftverkehrs dient primär der Abwehr äußerer, durch die allgemeine politische Lage begründeter Gefahren. Schutzgut ist ebenfalls die öffentliche Sicherheit und Ordnung und keine anderen, konkreter bestimmbaren Individualrechtsgüter. Der Unterschied zu den Eigensicherungspflichten liegt bislang also nur darin, daß mit den hier zu behandelnden öffentlichen Aufgaben gleichzeitig auch obrigkeitliche Befugnisse an die Privaten übertragen werden. Gerade diese staatliche Gewaltgestattung in Form der Gewaltübertragung im Bereich der gewerblichen Sicherheit ist aber noch auf ihre Vereinbarkeit mit dem staatlichen Gewaltmonopol hin zu überprüfen. Die den hier zu untersuchenden Sicherheitskräften übertragenen Eingriffsbefugnisse ermöglichen durch ihre Anwendung eine für den jeweiligen Adressaten einseitig verbindliche Regelung und damit einen Eingriff in dessen jeweilige Freiheitssphäre 477. Derartige Zwangsbefugnisse sind dem obrigkeitlichen Handeln zuzuordnen 478 und als solche grundsätzlich dem Staat zur Ausübung vorbehalten 479 Sollen solche Befugnisse auf Privatpersonen übertragen werden, so ist dies nur im Wege der organisatorischen Eingliederung dieser Person in das System einer Verwaltungskörperschaft möglich, also mittels einer Beleihung kraft verwaltungsrechtlichen Organisationsaktes 480. Insofern kommt hierfür auch eine gesetzliche Indienstnahme nicht in Frage, da diese dem Privaten eben nur die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe auferlegt, ohne ihm gleichzeitig auch gewisse obrigkeitliche Kompetenzen zu übertragen 481. Auch den im Rahmen der gewerblichen Sicherheit festgestellten Beispielen des obrigkeitlichen Handelns Privater liegt ein solcher Beleihungsakt zugrunde. Sowohl für die gewerblichen Wachpersonen im Bereich des UZwGBw als auch für diejenigen, die nach § 29c Abs. 1 S. 3 LuftVG zur Sicherung des Luftverkehrs eingesetzt werden, existieren mit § 1 Abs. 2 UZwGBw 474 Vgl. hierzu Kapitel zwei, Abschnitt B. 475 Auf die in diesem Zusammenhang bereits angesprochene Diskussion um eine Beleihung gewerblicher Sicherheitskräfte zur Überwachung des ruhenden und des fließenden Verkehrs sei an dieser Stelle hingewiesen; siehe: Kapitel drei, Abschnitt A. III. 3. 476
Hierzu vgl. oben, Abschnitt 1. b.) (I). 77 Siehe Kapitel drei, Abschnitt A. III. 1. c.) und 2. 478 Wolff /Bachof, Verwaltungsrecht I,S. 111. 479 Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, S. 41 ff. 480 M.w.N. hierzu siehe: von Heimburg, Verwaltungsaufgaben und Private, S. 34. 4
481 Zur Abgrenzung des Beliehenen vom Indienstgenommenen siehe ausführlich von Heimburg, a. a. O., S. 39 f. Ebenfalls zum „Inpflichtgenommenen": P. M. Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 162.
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bzw. § 29 Abs. 5 LuftVG die für eine Beleihung nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes erforderlichen gesetzlichen Grundlagen 482. Auch enthalten die jeweiligen Gesetze die entsprechend erforderlichen Regelungen zu den Befugnissen und ihren Grenzen 483 . Weiter ist festgelegt, daß eine Beleihung mit den entsprechenden Eingriffsbefugnissen nur aufgrund eines individuellen Übertragungsaktes der jeweils zuständigen Behörde durchgeführt werden kann 484 . Schließlich muß die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Beliehenen durch eine entsprechende staatliche Aufsicht sichergestellt werden 485 . Wegen des aus den besonderen Eingriffsbefugnissen folgenden Machtpotentials dieser Beliehenen im Bereich der Gefahrenabwehr hat diese Aufsicht in ihrer Gründlichkeit und Intensität über die gewöhnliche Gewerbeaufsicht hinauszugehen486. Maßgeblich für das Verhältnis dieser Gewaltübertragung zum staatlichen Gewaltmonopol ist jedoch die Frage, ob die solchermaßen Beliehenen überhaupt noch als Private in dem Sinne angesehen werden können, daß sie dem Staat gegenüberstehen. Diese Frage ist zu verneinen. Durch den Beleihungsakt, der, wie bereits erwähnt, eine organisatorische Eingliederung des Privaten in die staatliche Verwaltung zur Folge hat, wird die faktisch private Handlung dem Staat zugerechnet und wird somit rechtlich zur staatlichen487. Wie Bracher es formuliert, weicht der Staat bei der Beleihung lediglich von der üblichen Erfüllung staatlicher Aufgaben ab. Die Aufgabenwahrnehmung durch den Beliehenen bleibt jedoch staatliche Verwaltung 4 8 8 . Der Beliehene ist als Verwaltungsträger und Behörde im Sinne des § 1 Abs. 4 VwVfG anzusehen489. Es liegt hier also auch bei diesen Sicherheitskräften 482 P. M. Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 163. 483 Zu dem aus dem Bestimmtheitsgebot abgeleiteten Erfordernis, nur deutlich umschriebene Einzelbefugnisse, nicht aber generalklauselartige Ermächtigungen zu übertragen, siehe: Greifeid, Öffentliche Sachherrschaft und Polizeimonopol, DÖV 1981, S. 906, 912. 484 Großmann, Bundeswehrsicherheitsrecht, III, § 1 Rz. 88. Hofmann/Grabherr, Luftverkehrsgesetz, § 29c Rz. 24 ff. Vgl. hierzu auch Kapitel drei, Abschnitt A. III 1. c.) und 2. 485 Zu diesen Pflichten des Staates bei der Durchführung einer Beleihung ausführlich: Gusy, Rechtsgüterschutz als Staatsaufgabe, DÖV 1996, S. 573, 583. Ebenso: P. M. Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 163. Allgemein zu den formellen Voraussetzungen der Beleihung siehe auch Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 269 ff. 486 Insoweit auch Gusy, Polizeirecht, § 3 Rz. 160, der für die Notwendigkeit einer solchermaßen gründlichen Aufsicht auch noch die mit dem Einsatz physischer Gewalt verbundene Gefahr der Schaffung vollendeter und irreparabler Tatsachen anführt. Diese „verbesserte staatliche Aufsicht zur Kompensation für die reduzierten Rechtsschutzmöglichkeiten" kann als Argument jedoch deshalb nicht besonders überzeugen, da die auf die Jedermannrechte beschränkten Sicherheitskräfte ebenso vollendete Tatsachen schaffen können, diesen gegenüber die gewerbliche Aufsicht aber grundsätzlich ausreichen soll. 487 Gusy, Polizeirecht, § 3 Rz. 159. Ausführlich zu dieser personellen Eingliederung in die Staatsorganisation auch Dagtoglou, Die Beteiligung Privater an Verwaltungsaufgaben, DÖV 1970, S. 532,533. 488 in: Gefahrenabwehr durch Private, S. 61; ebenso Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130,135. 489 So ausdrücklich P. M. Huber, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 163.
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kein originäres Recht zur Gewaltanwendung vor. Auch hier leitet sich dieses Recht vom Staat ab und zwar sogar in einer derart direkten und kontrollierten Weise, daß von einem Tätigwerden des Hoheitsträgers selbst auszugehen ist, der sich des Privaten lediglich zur Erfüllung seiner Aufgabe bedient. Diese Form der Gewaltermächtigung wird, im Gegensatz zur bloßen Gewaltgestattung, als Gewaltübertragung bezeichnet490. Übt aber in derartigen Fällen letztlich der Staat selbst, wenn auch mit Hilfe statusmäßig Privater, die physische Gewalt aus, so kann kein Konflikt mit dem staatlichen Gewaltmonopol festgestellt werden. Der beliehene Private steht dem Staat eben gerade nicht mehr gegenüber, sondern ist durch den Beleihungsakt ein Teil desselben geworden. Die durch ihn vorgenommenen Eingriffe in die Rechte Dritter sind daher als staatlich zu qualifizieren und nicht mehr als privat. Der Beleihungsakt, die damit verbundene Staatlichkeit eingriffsbezogener Handlungen der Privaten und die fortbestehende Verantwortlichkeit des Staates für den übertragenen Aufgabenbereich hat jedoch auch zur Folge, daß die Maßnahmen der Beliehenen denselben Handlungsmaßstäben unterliegen wie diejenigen des Staates selbst. Im Gegensatz zu den auf die Notrechte beschränkten Sicherheitskräften gelten für die Beliehenen daher dieselben Befugnisgrenzen wie für die staatlichen Ordnungskräfte, also namentlich das Übermaßverbot bzw. der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Gerade im Hinblick auf das staatliche Gewaltmonopol greifen daher die primär auf die Nichtanwendbarkeit des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gestützten Bedenken, die oben gegen die nicht-hoheitlich tätig werdenden Wachleute geltend gemacht wurden, in diesem Bereich nicht 4 9 1 . Der Staat nimmt seine eigene Aufgabe selbst wahr, führt diese lediglich durch den Beliehenen aus, bleibt dabei jedoch an die ihm auferlegten rechtsstaatlichen Maßstäbe gebunden. Die Beleihung gewerblicher Sicherheitskräfte wird daher zumindest im Hinblick auf das staatliche Gewaltmonopol nahezu einhellig akzeptiert 492 .
490 Zu dieser Bezeichnung und zur Abgrenzung von der bloßen Gewaltgestattung, siehe: Merten, Rechtsstaat und Gewaltmonopol, S. 56 ff. 491 Stober, Anmerkungen zu einer Gesetzesinitiative „Private Sicherheitsdienste", GewArch 1997, S. 217, 219. 492 So ohne weitere Begründung: Schulte, Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte, DVB1. 1995, S. 130, 135 und Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 189; ebenso: Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 218. Ähnlich Gusy, Rechtsgüterschutz als Staatsaufgabe, DÖV 1996, S. 573, 583, der jedoch voraussetzt, daß dem Staat bezüglich der Wahrnehmung dieser Aufgaben durch die Beliehenen eine bestimmte, von ihm nicht weiter spezifizierte Einstandspflicht zukommt. Anhaltspunkte dafür sieht er in den Grundsätzen der Entscheidung des BVerfG; BVerfGE 74, S. 264, 284 ff., zur Zulässigkeit einer Wahrnehmung des „öffentlichen Wohls" durch Private. Mit Einschränkungen was den Umfang der übertragbaren Befugnisse angeht auch Greifeid, Öffentliche Sachherrschaft und Polizeimonopol, DÖV 1981, S. 906,912.
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3. Zusammenfassung Anhand der vorstehenden Ausführungen lassen sich bezüglich der dem privaten Sicherheitsgewerbe durch das staatliche Gewaltmonopol gesetzten Grenzen Erkenntnisse gewinnen, die nach der Form der Tätigkeit und den zur Verfügung stehenden Befugnissen zu unterscheiden sind. Zunächst ist festzuhalten, daß das Gewaltmonopol nicht bedeutet, daß legitimer physischer Zwang nur vom Staat oder seinen Organen ausgeübt werden darf, sondern daß dies in gewissen Grenzen auch Privatpersonen gestattet werden kann. Im Falle der Wahrnehmung der Notrechte ergibt sich dies bereits aus den Grenzen des Gewaltmonopols selbst, zumal der Staat nicht in der Lage ist, der ihm obliegenden, das Gewaltmonopol rechtfertigenden Aufgabe der Friedenssicherung in vollem Umfang alleine nachzukommen und er somit dem Bürger die Selbstverteidigung als notwendige Ergänzung gestatten muß. Auch wenn die Notrechte nicht für eine professionelle Nutzung konzeptioniert wurden, kann zumindest bei ihrem Einsatz zum Schutze konkreter privater Rechtsgüter noch kein Verstoß gegen das staatliche Gewaltmonopol festgestellt werden. Die professionelle Nothilfe stellt noch keinen Eingriff in den staatlichen Kompetenzbereich dar, sondern lediglich eine Ausnutzung der vom jeweiligen Auftraggeber im Rahmen seiner Privatautonomie übertragenen Selbsthilferechte. Weder die Befugnisbereiche noch der Auftrag der öffentlichen und der privaten Sicherheitskräfte sind rechtlich also identisch. Deshalb ist auch ein Vergleich mit den Befugnissen der staatlichen Polizei und die daraus resultierende Forderung nach einer Begrenzung der professionell genutzten Notrechte unterhalb des Ausmaßes dieser öffentlichen Kompetenzen nicht ohne weiteres gerechtfertigt. Lediglich bei der staatlich veranlaßten, aber auf die Nutzung der Notrechte beschränkten Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitskräfte ist ein solcher Konflikt festzustellen. In diesen Fällen liegt eine Verteidigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor, also die Erfüllung einer grundsätzlich öffentlichen Aufgabe, die hier freilich mit privatrechtlichen anstatt mit öffentlich-rechtlichen Mitteln bewältigt wird. Da auf diese Art und Weise eine Umgehung der dem Staat normalerweise obliegenden rechtsstaatlichen Grenzen, allen voran des Übermaßverbots möglich ist, wird in diesem Zusammenhang vom staatlichen Mißbrauch privater Notrechtsbefugnisse gesprochen. Gegen einen staatlich veranlaßten Einsatz privater Notrechte durch gewerbliche Sicherheitskräfte, welcher dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu dienen bestimmt ist und nicht lediglich dem Schutz bestimmter Individualrechtsgüter, bestehen also verfassungsrechtliche Bedenken. Diese lassen sich auf den Konflikt mit dem staatlichen Gewaltmonopol und dem Rechtsstaatsprinzip stützen 493 . Zum Bereich der hoheitlichen Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitskräfte ist festzuhalten, daß eine solche grundsätzlich möglich und in gewissen Grenzen auch mit dem staatlichen Gewaltmonopol vereinbar ist. Die solchermaßen 493
Hierzu siehe auch Rupprecht, BDWS-Symposium, DSD 1996, Nr. 3, S. 19.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Beliehenen sind organisatorisch in die staatliche Verwaltung eingegliedert, weshalb ihr Handeln nicht länger als privat anzusehen ist, sondern als staatlich. Staatliche Eingriffe in die Rechte Dritter stellen jedoch von vornherein keinen Verstoß gegen das Gewaltmonopol dar. Unter Berücksichtigung der vorstehend konstatierten Voraussetzungen und Einschränkungen und unter Einhaltung gewisser Grenzen stellt das staatlich gestattete Tätigwerden gewerblicher Sicherheitskräfte im Bereich der Gefahrenabwehr demzufolge keinen Verstoß gegen das staatliche Gewaltmonopol dar. Berücksichtigt man weiter, daß derzeit mehr als 95 Prozent der im Sicherheitsgewerbe Beschäftigten lediglich auf privatem Raum tätig werden und ihr Einsatz im öffentlichen Verkehrsraum auch von den Vertretern des Bewachungsgewerbes selbst abgelehnt wird 4 9 4 , ist trotz der im ersten Kapitel geschilderten expansiven Entwicklung dieses Gewerbezweigs zumindest derzeit keine Aushöhlung des staatlichen Gewaltmonopols zu befürchten. Es ist jedoch dafür Sorge zu tragen, daß die vorstehend dargestellten gesetzlichen Grenzen nicht überschritten und die staatlichen Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten weiterhin voll ausgeschöpft werden 495 .
B. Vereinbarkeit der Beleihung gewerblicher Sicherheitskräfte mit Art. 33 Abs. 4 GG Da in dieser Fallgruppe statusmäßig Private mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet werden, Art. 33 Abs. 4 GG aber „die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes vorbehält, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen", ist im Rahmen dieser verfassungsrechtlichen Untersuchung weiter zu klären, inwieweit eine solche obrigkeitliche Betätigung gewerblicher Sicherheitskräfte mit Art. 33 Abs. 4 GG vereinbart werden kann.
I. Anwendbarkeit des Prüfungsmaßstabs des Art· 33 Abs. 4 GG auch auf Privatpersonen Dabei ist zunächst festzustellen, daß Art. 33 Abs. 4 GG i.V.m. Abs. 5 die sogenannte institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums darstellt, so daß unter die Angehörigen des öffentlichen Dienstes im Sinne des Abs. 4 nach herrschender Meinung ausschließlich die Berufsbeamten fallen 496 . Unstreitig ist weiterhin, daß diese 494
Schult in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 130,143 f. Hierzu auch das Fazit der Bundesregierung in der Antwort auf eine Anfrage im Bundestag; BT-Drucksache Nr. 12/5246, vom 23. 6. 1993. 4 *> P. M. Huber, Das Berufsbeamtentum im Umbruch, Die Verwaltung 1996, S. 437, 439. Maunz/Dürig, Art. 33 Rz. 39; Badura, Staatsrecht, D Rz. 102. Battis in: Sachs, GG, Art. 33 495
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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Norm mittels des in ihr enthaltenen Funktionsvorbehalts primär der Abgrenzung der Aufgabenbereiche und der Zuständigkeiten von Beamten und den sonstigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes dient 497 . Zu klären ist jedoch, ob und inwieweit diese „Aufgabenverteilungsnorm innerhalb des öffentlichen Dienstes" 498 darüber hinaus auch Auswirkungen auf die hier in Frage stehende Übertragbarkeit obrigkeitlicher Befugnisse auf Privatpersonen hat. Diese Frage kann der derzeit herrschenden Meinung nach wohl bejaht werden 499 . Einerseits wäre die institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums nur zur Hälfte gewährleistet, wenn zwar nicht die Arbeiter und Angestellten des öffentlichen Dienstes in ihren Aufgabenbereich vordringen dürften, dafür aber alle Privatpersonen 500. Weiter besteht der Schutzzweck des Art. 33 Abs. 4 GG nicht darin, das Berufsbeamtentum um seiner selbst Willen zu erhalten. Mit P. M. Huber kann dem Funktionsvorbehalt vielmehr eine primäre Zielsetzung dahingehend entnommen werden, daß er sicherstellen soll, daß hoheitsrechtliche Befugnisse nur von solchen Personen wahrgenommen werden, die, bedingt durch ihre persönliche Stellung und Bindung an den Staat, einen rechtsstaatlichen Gesetzesvollzug gewährleisten 501. Eine über diese personelle Absicherung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung hinausreichende Funktion des Art. 33 Abs. 4 GG dahingehend, mittels fach- und sachkundigen Personals eine höhere Effizienz der Verwaltungstätigkeit zu erreichen 502 , erscheint jedoch bereits deshalb zweifelhaft, weil das in Art. 33 Abs. 2 GG enthaltene Leistungsprinzip nicht nur für die Beamten, sondern gleichermaßen auch für die Angestellten des öffentlichen Dienstes gilt 5 0 3 . Bezogen auf diese Intention des Funktionsvorbehalts ist jedoch nicht einzusehen, wieso sowohl die Institution des Berufsbeamtentums als solche, als auch eine rechtsstaatliche Verwaltungstätigkeit von einer Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch hoheitlich befugte Privatpersonen nicht mindestens504 ebenso bedroht sein Rz. 45. Ebenso: Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 29, S. 137, 161. 497 So: Bansch, Die Beleihung als verfassungsrechtliches Problem, S. 66 f. Ebenso: m.w.N., Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, S. 53. 49 « So formuliert von Bansch, a. a. O., S. 66. 499 Statt vieler, m.w.N. siehe: Maunz/Dürig, Art. 33 Rz. 39 u. 42. Ebenso: Kunig in: von Münch / Kunig, Art. 33 Rz. 42. A.A. wegen des Wortlauts des Art. 33 Abs. 4 GG und der darin fehlenden Erwähnung von Privatpersonen ζ. B. Ule, Diskussionsbeitrag zu Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 29, S. 137, 269 oder Bansch, a. a. O., S. 69. 500 Zur Gefahr eines Leerlaufens des Funktionsvorbehalts siehe auch: Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, S. 54. soi In: Das Berufsbeamtentum im Umbruch, Die Verwaltung 1996, S. 437,440 f. 502 So ζ. B. Ossenbühl, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, VVDStRL 29, S. 137, 162. 503 p. M. Huber, Das Berufsbeamtentum im Umbruch, Die Verwaltung 1996, S. 437,442. 504 Nach Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 65, müßten gegen eine Übertragung auf Private schon deshalb größere Bedenken bestehen, da diese geringeren Kontroll- und Lenkungsmöglichkeiten unterliegen als die Angehörigen des öffentlichen Dienstes.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
sollte wie durch die nicht-verbeamteten Angestellten des öffentlichen Dienstes. Von einer Wirkung des Art. 33 Abs. 4 GG auch gegenüber Privaten ist daher auszugehen. Zwar ist der Argumentation Steiners insoweit zuzustimmen, als eine Übertragung staatlicher Aufgaben auf Privatpersonen und auf Angestellte oder Arbeiter des öffentlichen Dienstes nicht aus dem gleichen Blickwinkel beurteilt werden kann 505 . So werde mit einer Übertragung auf Private ein „Verlust an Staatlichkeit" verursacht, welcher über den Verlust bei einer innerhalb des öffentlichen Dienstes erfolgten Übertragung weit hinausgeht, und der deshalb in dieser Form von Art. 33 Abs. 4 GG auch gar nicht erst erfaßt werden kann. Dieser Verlust sei vielmehr bereits am Maßstab von Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip zu beurteilen 5 0 6 . Da die Vereinbarkeit einer solchen Übertragung anhand der eben genannten Verfassungsprinzipien im Verlauf dieser Abhandlung ohnehin noch zu prüfen sein wird, spricht jedoch wohl nichts dagegen, diese darüber hinaus zusätzlich noch am Maßstab des Art. 33 Abs. 4 GG zu beurteilen 507 . Neben diesem in der Literatur existierenden Streit über die Anwendbarkeit des Art. 33 Abs. 4 GG auf Privatpersonen, besteht auch hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" eine gewisse Uneinigkeit. Während eine Meinung davon ausgeht, daß hierunter lediglich die sogenannte Eingriffsverwaltung zu verstehen ist 5 0 8 , bezieht eine andere Ansicht unter diesen Begriff jegliche mit öffentlich-rechtlichen Handlungsinstrumentarien zu erfüllende Verwaltungstätigkeit 509 und wieder andere sogar die Fiskalverwaltung mit ein 5 1 0 . Eine vierte und überaus überzeugende Auffassung zum Verständnis des Begriffs der „hoheitsrechtlichen Befugnisse" wird in diesem Zusammenhang von P. M. Huber vertreten. Bezogen auf die oben angesprochene Funktion des Art. 33 Abs. 4 GG, die personelle Absicherung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu gewährleisten, sei der Funktionsvorbehalt überall dort anzuwenden, wo die Erfüllung einer Verwaltungsaufgabe in die Rechte und Pflichten eines Bürgers eingreifen könnte. Er stellt also - unabhängig von der Rechtsnatur des jeweiligen Verwaltungshandelns bzw. dessen Zugehörigkeit zur Eingriffs-, Leistungs- oder Fiskalverwaltung - auf die typische Rechtsfolge des entsprechenden Handelns ab 5 1 1 .
505 in: Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 262. 506 Steiner, a. a. O., S. 269 f. 507 Von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 43; ebenso: Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 66 f. 508 So ζ. B. Isensee, Beamtenstreik, S. 85 ff.; m.w.N. auch Battis in: Sachs, GG, Art. 33 Rz. 56. 509 Lerche, Verbeamtung als Verfassungsauftrag?, S. 20 f.; ebenso: Grabbe, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung kommunaler Aufgaben, S. 54 und m.w.N. auch von Heimburg, die dies als die wohl mittlerweile herrschende Meinung qualifiziert; in: Verwaltungsaufgaben und Private, S. 22 Rz. 27. Mittlerweile auch Isensee, in: Benda/Maihofer/ Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, S. 1552 f. 510 Leisner, Das Berufsbeamtentum im demokratischen Rechtsstaat, S. 121 ff. 5Π In: Das Berufsbeamtentum im Umbruch, Die Verwaltung 1996, S. 437,442 ff.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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Bezüglich des für diese Abhandlung einschlägigen Teilaspektes des Funktionsvorbehalts läßt sich jedoch festhalten, daß nach den verschiedenen Ansichten zumindest insoweit Einigkeit herrscht, daß sich der Funktionsvorbehalt jedenfalls auf die sogenannte Eingriffsverwaltung bezieht, also die mittels obrigkeitlicher Befugnisse durchgeführten Maßnahmen des Staates, die zu Eingriffen in die Rechtssphäre der Bürger führen 512 . Da es sich bei den hier in Frage stehenden Eingriffsbefugnissen des UZwGBw und des LuftVG ohnehin um solche der obrigkeitlichen Art handelt, und nicht etwa auch eine Übertragung der schlichten Hoheitsverwaltung in Frage steht, kann eine Klärung dieses Streits an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Schließlich ist anzumerken, daß Art. 33 Abs. 4 GG nur bei Übertragung einer ständigen Aufgabe einschlägig ist. Da jedoch bei den hier vorliegenden Beleihungstatbeständen keine zeitliche Begrenzung vorgesehen und damit ein Ende der privaten Wahrnehmungszuständigkeit nicht absehbar ist, kann hier von der erforderlichen Beständigkeit ausgegangen werden 513 .
II. Anforderungen an eine Übertragung obrigkeitlicher Befugnisse auf gewerbliche Sicherheitskräfte 1. Überprüfung der Vereinbarkeit einer Beleihung mit Art. 33 Abs. 4 GG am Maßstab der Verhältnismäßigkeit Da Art. 33 Abs. 4 GG eine Übertragung hoheitlicher Befugnisse nicht völlig ausschließt, sondern ihre Ausübung nur „in der Regel" den Beamten vorbehält, ist nun zu ermitteln, unter welchen Voraussetzungen zugunsten Privater eine Ausnahme von dieser Regel gemacht werden kann 514 . Hierbei soll zunächst die Qualität der von diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis gesetzten Grenzen für eine derartige Übertragung festgestellt werden. Unstreitig ist in diesem Zusammenhang, daß dieses zunächst eine quantitative Grenze sowohl für das Verhältnis der Zahl beliehener Privater zur Anzahl der Beamten als auch für das Ausmaß der zu übertragenen Befugnisse darstellt 515 . Darüber hinaus werden von der herrschenden Meinung an die Rechtmäßigkeit jeder einzelnen Übertragung an Privatpersonen noch weitere, 512 Von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 45. Ausführlich und m.w.N. zu den Vertretern der unterschiedlichen Ansätze, siehe auch Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 68. 513 Von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 41. 514 Für eine grundsätzliche Ablehnung der Übertragbarkeit hoheitlicher Befugnisse auf Private, siehe: Bansch, Die Beleihung als verfassungsrechtliches Problem, S. 126, der jedoch von Grabbe insoweit widerlegt wird, daß dem Verfassungsgeber die in Deutschland traditionell existierenden Fälle der Beleihung ζ. B. von Schornsteinfegern oder Schiffskapitänen bekannt waren und dieser, hätte er derartige Übertragungen abschaffen wollen, den Art. 33 Abs. 4 GG wohl anders gestaltet hätte. 515 So ζ. B. Steiner, Öffentliche Verwaltung durch Private, S. 260 f. oder Badura, Das Verwaltungsmonopol, S. 251.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
wie Bracher es formuliert, „bestimmte qualitative Anforderungen" gestellt 516 . Unter den verschiedenen hierzu existierenden Ansätzen, die allesamt mehr oder weniger darauf abstellen, inwieweit sich eine solche Ausnahme von der Regel vernünftigerweise begründen läßt 5 1 7 , erscheint die Lösung Ossenbühls am geeignetsten: Wahrend die anderen Auffassungen eine Übertragung unabhängig von der zu übertragenden Aufgabe bzw. der damit verbundenen Befugnisse zulassen wollen, sobald sich eine solche nur sachlich begründen läßt 518 , möchte Ossenbühl dahingehend differenzieren, daß er die Wertigkeit des für eine Übertragung erforderlichen Grundes ins Verhältnis setzt zur Bedeutung der zu übertragenden Aufgabe 519 . Wie bereits oben festgestellt, dient Art. 33 Abs. 4 GG sowohl dem Schutz der Institution des Berufsbeamtentums als auch der damit verbundenen Funktionsfähigkeit des Staates. Die mit diesem Schutzzweck verbundenen hoheitlichen Aufgaben bzw. Befugnisse sind jedoch in ihrer Wichtigkeit nicht alle gleich zu bewerten. So existieren eben Aufgaben, die dem Kernbereich der Staatsgewalt näher sind 5 2 0 und deren Erledigung durch Beamte daher entsprechend von größerer Bedeutung ist. Bei diesen müssen für eine Übertragung auf Private folgerichtig auch gewichtigere Gründe sprechen. Eine am Verhältnismäßigkeitsprinzip zu orientierende Differenzierung erscheint daher bei der Bewertung der Übertragbarkeit einer Aufgabe durchaus angebracht. Bei den hier in Frage stehenden Aufgaben der Gefahrenabwehr handelt es sich jedoch unstrittig um einen dem unmittelbaren Kernbereich der Staatsgewalt zugehörigen 521 , ja sogar staatsdefinierenden Aufgabenbereich 522. Dem das Verhältnisse in: Gefahrenabwehr durch Private, S. 70. Auch: Isensee in: Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts, S. 1555. M.w.N.: Maunz/Dürig, Art. 33 Rz. 42. A.A. Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 58 f., der in dieser Regelung lediglich eine Grenze zur Verhinderung eines quantitativen Übergewichts Privater gegenüber Beamten sieht. 517 Für einen Überblick über diese, zur Begründung einer Übertragung existierenden, unterschiedlichen Formulierungen der Anforderungen, siehe: Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 70 f. 518 Hierzu siehe eben jene Nachweise bei Bracher, a. a. O., S. 70 f. 519 In: Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 42 ff. Diesem Ansatz zustimmend: von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 44; Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 71, 76 f. und Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 179. 520 So das von Ossenbühl gewählte Kriterium für die Bestimmung der im Rahmen des Art. 33 Abs. 4 GG entscheidenden Bedeutung einer Aufgabe; Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 42. Ebenfalls in seiner Abgrenzung darauf zurückgreifend: Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 79. 521 Ossenbühl, Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 43. Im Ergebnis zustimmend auch Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, der zuvor jedoch noch ausführlich darlegt, inwieweit sich Art. 33 Abs. 4 GG überhaupt auf das staatliche Gewaltmonopol stützen läßt; so auf S. 79 ff. Hierzu siehe auch Abschnitt Α. I. 2. 522 Dies jedenfalls dann, wenn man die von Max Weber stammende Definition eines modernen Staatswesens zugrunde legt; vgl. hierzu ausführlich Abschnitt Α. I. 2. dieses Kapitels.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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mäßigkeitsprinzip zugrundelegenden Ansatz Ossenbühls zufolge, wäre aufgrund dieser staatstragenden Bedeutung der in Frage stehenden Aufgaben und Befugnisse eine Übertragung auf Private hier also nur bei Vorliegen eines zwingenden sachlichen Grundes zulässig 523 .
2. Konkrete Abwägungsmaßstäbe für eine Beleihung im Bereich der obrigkeitlichen Gefahrenabwehr Diese zwingenden sachlichen Gründe, die für die hier vorliegenden Fälle der Beleihung gesprochen haben könnten, gilt es im folgenden zu ermitteln. Ein solcher erforderlicher wichtiger Grund könnte beispielsweise dann vorliegen, wenn die Privaten zur Erledigung der ihnen übertragenen Aufgaben im Einzelfall besser geeignet wären als die Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Dies wäre ζ. B. dann der Fall, wenn die hier Beliehenen über eine besondere Sachkunde verfügen würden oder bei Entstehen einer konkreten Gefahrensituation schneller vor Ort sein könnten als die staatlichen Ordnungskräfte. Ganz abgesehen davon, daß den in den Bereichen des UZwGBw und des LuftVG tätigen Sicherheitskräften keine besonders aufwendige Ausbildung und auch kein entsprechend komplexes Fachwissen abverlangt wird 5 2 4 , wären dies auch Argumente, die seitens des Staates durch einen entsprechenden Einsatz finanzieller Mittel ausgeglichen werden könnten. Selbst die in ausreichender Anzahl erfolgende Bereitstellung höchst qualifizierter Beamter zur Gewährleistung eines rechtzeitigen Auftretens bei den konkreten Gefahrensituationen, wäre also lediglich eine Frage der Kosten. Da jedoch ansonsten keine Gründe ersichtlich sind, weshalb ein Privater den Schutz von Anlagen der Bundeswehr oder der Sicherung des Luftverkehrs besser gewährleisten könnte als ein an seiner Stelle einsetzbarer Beamter, kann die bessere Geeignetheit von Privaten als rechtfertigender Grund für eine Übertragung hier nicht herangezogen werden 525 . Als weiterer, eine solche Beleihung rechtfertigender Aspekt, wäre eine dadurch zu erzielende Entlastung des Staates denkbar. Wie vorstehend bereits angedeutet, kann eine derartige Staatsentlastung - auch wenn es sich um eine Schonung lediglich der personellen Kapazitäten handelt - im Grunde auf eine rein finanzielle Basis reduziert werden. Schließlich könnten knappe personelle Ressourcen seitens des Staates mit Hilfe zusätzlicher Einstellungen bzw. im Fall des Art. 33 Abs. 4 523 in: Eigensicherung und hoheitliche Gefahrenabwehr, S. 43. Bracher stimmt dem grundsätzlich zu, möchte aber begrifflich dahingehend differenzieren, daß er statt des „zwingenden sachlichen" einen „besonders wichtigen Grund" zur Rechtfertigung fordert; in: Gefahrenabwehr durch Private, S. 82. Ebenso: Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 179. 524 wie dies ζ. B. bei Flugzeug- oder Schiffskapitänen der Fall ist. 525 Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 179. Ausführlich zu dieser Problematik auch Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 83 ff.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
GG durch zusätzliche Verbeamtungen aufgestockt werden. Derartige Maßnahmen sind jedoch mit Kosten verbunden. Zutreffend stellt Bracher fest, daß eine solche wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht isoliert anhand des Staatshaushaltes vorgenommen werden darf, sondern auch die mit einer solchen Übertragung verbundenen Kostensteigerungen für die Bürger zu berücksichtigen hat 5 2 6 . Um eine Beleihung zum Zwecke der finanziellen Entlastung des Staates zuzulassen, dürften beim Staat die durch eine solche Übertragung zu erzielenden Einsparungen also nicht auf Kosten desjenigen erfolgen, dem die Aufgaben und Befugnisse übertragen werden. Erst wenn absolut gesehen eine Ersparnis erzielt werden kann, dürfte eine solche Maßnahme also akzeptiert werden. Bei der Beleihung im Rahmen des UZwGBw ist dabei allerdings zu berücksichtigen, daß hier keine Privatperson mit Kosten belastet wird. Auch die Tätigkeit der einzusetzenden beliehenen gewerblichen Sicherheitskräfte muß von der Bundeswehr, also aus dem Verteidigungshaushalt und somit aus Staatsmitteln bezahlt werden. Hier ist daher nur danach zu fragen, inwieweit eine Beleihung dem Staat weniger Kosten verursacht als eine Bewachung durch Beamte. Besondere Kosten, die mit einer Aufgabenübertragung für Privatpersonen verbunden sind, wie ζ. B. im Fall des § 29c LuftVG für den Flughafenbetreiber, sind daher im Rahmen des UZwGBw nicht zu berücksichtigen. Zieht man in diesem Zusammenhang die rechtlichen Rahmenbedingungen in Betracht, unter denen Beamte tätig werden, so besteht weitgehend Einigkeit dahingehend, daß es auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht kostengünstiger ist, Privatpersonen mit diesen Aufgaben und den zugehörigen Befugnissen zu betrauen. Hierbei ist eben nicht nur das jeweils zu bezahlende Entgelt zu berücksichtigen, sondern darüber hinaus auch die völlig unterschiedlichen tariflichen und organisatorischen Voraussetzungen des privaten Sicherheitsgewerbes im Vergleich zu denen des öffentlichen Dienstes. P. M. Huber spricht in diesem Zusammenhang vom hohen und unelastischen Personalkostenanteil, den eine übergroße Zahl von Beamten verursacht 527 . Beispielhaft sind hier nur die größeren arbeitsvertraglichen Möglichkeiten anzuführen, die zu einem flexibleren, daher besser auf den jeweiligen konkreten Bedarf abgestimmten und somit auch kostengünstigeren Einsatz der Privaten führen 528 . Von Hagemeister verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff des „starren Korsetts des Besoldungs- und Karriereschemas im öffentlichen Dienst", das im Wege der Beleihung abgestreift werden kann 529 . Aus demselben 526 Bracher, a. a. O., S. 85 f. 527 in: Das Berufsbeamtentum im Umbruch, Die Verwaltung 1996, S. 437,455. 528 So ζ. B. Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 180. Großmann stellt diesen Belastungseffekt speziell durch die Betrauung gewerblicher Sicherheitskräfte mit hoheitlichen Befugnissen im Bereich des UZwGBw fest; Bundeswehrsicherheitsrecht, III, § 1 Rz. 79. Für den Bereich des § 29c LuftVG auch Giemulla / Schmid, Rz. 9a, der dies jedoch auf sämtliche auch nicht verbeamtete Beschäftigte des öffentlichen Dienstes erweitert. 529 So in: Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, S. 92. a. a. O. auch zu den durch die Bürokratie selbst verursachten Kosten der Verwaltung, siehe S. 73 f. m.w.N. Insgesamt gewährt diese Abhandlung eine ausführliche, hier nicht unterzubringende Darstellung der Diskussion um die Kostenvorteile der Privatisierung; so insbesondere auf S. 92 ff.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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Grund ist jedoch ein wirtschaftlicher Vorteil des Einsatzes Privater nicht nur gegenüber demjenigen von Beamten gegeben, sondern auch gegenüber den Angestellten und Arbeitern im Geltungsbereich der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes 530 . Auf diesem Weg läßt sich zugleich die von einigen für erforderlich gehaltene Begründung der Bevorzugung Privater auch vor den nicht-verbeamteten Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erbringen 531 . Insgesamt ist festzustellen, daß die Beleihung von Beschäftigten gewerblicher Sicherheitsdienste tendenziell geringere Gesamtkosten verursacht als der Einsatz von Beamten oder sonstigen öffentlichen Bediensteten. Da aber Art. 33 Abs. 4 GG bei der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen von einem grundsätzlichen Einsatz von Beamten ausgeht und damit auch einen bestimmten Zweck verfolgt 532 , wird zur Erreichung dieses Zwecks dort wohl auch die Verursachung höherer Kosten grundsätzlich bewußt in Kauf genommen. Es sollte also weiterhin geklärt werden, inwieweit eine derartige Kostenersparnis im Rahmen des Art. 33 Abs. 4 GG wirklich berücksichtigt werden darf, ob eine solche also überhaupt geeignet wäre, eine Ausnahme von der grundsätzlichen Aufgabenerledigung durch Beamte zu rechtfertigen. Zu untersuchen ist also, ob die durch eine Ausübung hoheitlicher Befugnisse durch Privatpersonen verbundenen Nachteile durch die damit zu erzielende absolute Kostenersparnis aufgewogen werden können. Die hier zu berücksichtigenden Nachteile lassen sich wohl dahingehend zusammenfassen, daß zu befürchten ist, daß das Risiko einer fehlerhaften Anwendung der hoheitlichen Befugnisse bei Privaten höher ist als bei Beamten. Im Rahmen der Bewertung eines solchen Risikos sind jedoch verschiedene Faktoren zu berücksichtigen. Zum einen ist dabei der Umfang der übertragenen Befugnisse und deren Anwendungsbereich in die Abwägung miteinzubeziehen. So ist zwar bei beiden in Frage stehenden Beispielen der Übertragung obrigkeitlicher Befugnisse auf gewerbliche Sicherheitskräfte festzustellen, daß diese zur Anwendung von Gewalt und damit zu Eingriffen in die Rechtssphäre anderer Bürger berechtigen. Im Rahmen des § 29c LuftVG sind dies jedoch lediglich Befugnisse zur Durchsuchung derjenigen Personen, die die nicht allgemein zugänglichen Bereiche des Flugplatzes betreten 533 . Es werden hier also grundsätzlich Fluggäste durchsucht, also lediglich solche Personen, die sich dieser Prozedur freiwillig unterziehen und die in deren eigenem Interesse stattfindet, nämlich zur Sicherung des Luftverkehrs.
530 So wurde aus eben diesem Grunde die ursprüngliche Fassung des § 29c LuftVG dahingehend geändert, daß die zu beschäftigenden Wachleute mittlerweile eben nicht mehr ,4m Geltungsbereich der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes" beschäftigt sein müssen; hierzu siehe: Giemulla/Schmid, LuftVG § 29c Rz. 9a. 531 Allen voran Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 77 f., der schlüssig darlegt, inwieweit im Rahmen des Art. 33 Abs. 4 GG an eine Übertragung der Befugnisse auf Private höhere Anforderungen zu stellen sind als bei einer Beauftragung sonstiger, nicht verbeamteter Beschäftigter des öffentlichen Dienstes. 532 Hierzu siehe oben, Abschnitt I. 533 Martens in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 352.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Darüber hinaus ist zwar ein durch eine unberechtigte Durchsuchung erfolgter Eingriff in die Privatsphäre eines Menschen nicht zu unterschätzen; es ist ihm jedoch wohl nicht dieselbe Bedeutung beizumessen, wie einem Eingriff in die körperliche Integrität oder gar das Leben. Zu derartigen Maßnahmen ist dieses Personal jedoch gerade nicht befugt 534 . Das nach dem UZwGBw bevollmächtigte Sicherheitspersonal dagegen verfügt über derartige, zur Anwendung unmittelbaren Zwangs berechtigende Befugnisse 535 , von denen aber nur innerhalb umschlossener, der Öffentlichkeit nicht zugänglicher Bereiche Gebrauch gemacht werden darf 536 . Insbesondere verfügen diese Beliehenen über ihre Befugnisse lediglich für den Zeitraum von Antritt bis zum Ende ihres jeweiligen Wachdienstes537. Aufgrund der strikten zeitlichen wie auch örtlichen Limitierung der Eingriffsbefugnisse und der damit verbundenen Begrenzung des Kontakts dieser Bevollmächtigten mit der Öffentlichkeit, hält sich jedoch auch hier der durch eine fehlerhafte Anwendung solcher Befugnisse möglicherweise entstehende Schaden in Grenzen. Auch werden in beiden Fällen der Beleihung gewerblicher Sicherheitskräfte an die Auswahl des Personals und an seine Überwachung und Kontrolle hohe Anforderungen gestellt 538 . Es wurden also von staatlicher Seite die zur Minimierung des Risikos eines Schadenseintritts durch eine fehlerhafte Anwendung obrigkeitlicher Befugnisse erforderlichen Maßnahmen ergriffen. Vielfach wird dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG auch die Aufgabe zugesprochen, eine von privaten Interessen unbeeinflußte Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu gewährleisten 539. Die Gefahr einer parteilichen Aufgabenerfüllung ist jedoch bei den hier Beliehenen nicht ersichtlich. Weder besteht für sie die Möglichkeit, sich im Rahmen der jeweiligen Tätigkeit wirtschaftlich zu bereichern, noch stehen den Privaten in diesem Rahmen Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung, bei denen ihre privaten Interessen miteinfließen könnten. Bezüglich der hier vorliegenden Fälle der Beleihung Privater mit obrigkeitlichen Befugnissen ist also festzuhalten, daß die hierdurch bestehende Gefahr eines fehlerhaften oder mißbräuchlichen Einsatzes dieser Befugnisse insgesamt durchaus kalkulierbar erscheint. Sowohl die enumerative Übertragung konkreter Befugnisse als auch die zeitliche und örtliche Begrenzung ihrer Ausübung sowie die Fest534 535 536 licher 41 f.
Siehe Kapitel drei, Abschnitt A. III. 2. Zu diesen Einzelbefugnissen siehe Kapitel drei, Abschnitt A. III. 1. c.). Zu den auf die militärischen Sicherheitsbereiche beschränkten Wachaufgaben gewerbSicherheitskräfte, siehe: Großmann, Bundeswehrsicherheitsrecht, III, § 1 Rz. 91 i.V.m.
537 Nrn. 15 und 16 AB-UZwGBw. 538 So Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 214, für die Beliehenen im Bereich des LuftVG. Für das Auswahlverfahren gewerblicher Sicherheitskräfte nach dem UZwGBw, siehe: § 1 Abs. 2 S. 2, 3 UZwGBw i.V.m. den Nrn. 5 - 1 2 der AB-UZwGBw. 539 So ζ. B. von Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, S. 42 und Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 178.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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legung der im Hinblick auf das Personal geltenden Auswahl- und Kontrollmöglichkeiten führen zu einem auf ein erträgliches Maß reduzierten Risiko. Besonders hervorzuheben ist dabei nochmals, daß die Wachleute in beiden Fällen der Beleihung nicht im öffentlichen Verkehrsraum tätig werden. Zwar besteht mangels konkret existierender Beispiele kein Anlaß, den theoretischen Fall zu diskutieren, daß ein mit obrigkeitlichen Befugnissen ausgestatteter Privater in der Öffentlichkeit eingesetzt wird. Wegen des mit einem solchen Einsatz verbundenen deutlich erhöhten Risikos ist jedoch davon auszugehen, daß eine derartige Beleihung, wenn überhaupt, dann nur unter wesentlich strengeren Voraussetzungen gerechtfertigt wäre 540 . Für die bislang existierenden Formen kann jedoch festgehalten werden, daß die mit einem Einsatz Privater zu erzielenden wirtschaftlichen Vorteile die zu befürchtenden Nachteile überwiegen und damit eine Ausnahme von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG rechtfertigen 541. Festzuhalten bleibt aber auch, daß eine derartige Übertragung auch zukünftig die Ausnahme bleiben muß, sich also vor allem quantitativ in Grenzen zu halten hat und lediglich dann möglich ist, wenn sie sich im konkreten Einzelfall durch einen sachlichen Grund rechtfertigen läßt.
C. Grenzen aus dem Demokratieprinzip Als weiterer Maßstab zur Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit privat-gewerblicher Gefahrenabwehr hat sich in der einschlägigen Literatur das Demokratieprinzip herausgebildet. Ihren Ursprung finden die solchermaßen begründeten Bedenken wiederum in der Darstellung Hoffmann-Riems, der in den privaten Sicherheitskräften ein neues Macht- und Gewaltpotential sieht, das im Gegensatz zur Polizei nicht in den Rahmen demokratischer Kontrolle eingebunden ist. Dieses Potential würde mit dem Staat im Hinblick auf die Innehabung der Entscheidungsmacht über den Einsatz von organisierter Gewalt und damit in einem besonders gefährlichen Bereich konkurrieren. Nach Ansicht Hoffmann-Riems besteht, ohne daß er dies derzeit bereits für aktuell hält, zumindest zukünftig die Möglichkeit zum Einsatz dieser käuflichen Macht zur Verstärkung gesellschaftlich-ökonomischer Machtgruppen und damit der Gefahr einer Umwidmung der gewerblichen Sicherheitskräfte in eine zur Verwirklichung politischer Zwecke einsetzbare schlagkräftige private Einheit 542 .
540 Eine solche Ausübung hoheitlicher Tätigkeit wird jedoch weder vom Gesetzgeber in Erwägung gezogen noch von den Vertretern des privaten Sicherheitsgewerbes angestrebt; hierzu siehe ζ. B. Schult in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 143, 151, der ausdrücklich betont, daß ein Vordringen des Sicherheitsgewerbes in den öffentlichen Verkehrsraum nicht beabsichtigt ist. 541 So auch BVerwGE 95, S. 196 f., wo das BVerwG feststellt, daß gegen die Regelung des § 29c Abs. 1 S. 3 LuftVG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Ebenso: Ronellenfitsch, Die Luftsicherheitsgebühr, VerwArch 86, S. 307, 319.
11 Huber
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
I. Auswirkungen des Demokratieprinzips auf das private Sicherheitsgewerbe Diese Befürchtungen Hoffmann-Riems sind vor allem aus zwei Gründen zu hinterfragen. Zum einen ist bereits fraglich, inwieweit das in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG manifestierte Demokratieprinzip überhaupt eine demokratische Kontrolle des privaten Sicherheitsgewerbes verlangt. Der Definition Hesses zufolge, nach der „das demokratische Prinzip als das Leitprinzip der Ordnung des politischen Prozesses, in dem staatliche Gewalt geschaffen und wirksam wird und nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG vom Volk auszugehen hat" 5 4 3 , anzusehen ist, gilt dieses Erfordernis eben nur für die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben und staatlicher Befugnisse 544. Die einzige im Grundgesetz festgelegte Erweiterung des Demokratieprinzips auf private Institutionen stellt Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG dar, der den politischen Parteien vorschreibt, ihre innere Ordnung an den demokratischen Grundsätzen zu orientieren. Als solches bildet Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG jedoch eine auf die besondere Staatsnähe der Parteien und deren maßgeblicher Bedeutung für das Funktionieren der parlamentarischen Demokratie begründete Ausnahme 545 . Eine den Parteien vergleichbare staatstragende Bedeutung kann anderen nicht-staatlichen Institutionen wie einem privaten Sicherheitsunternehmen dagegen nicht beigemessen werden 546 . Es stellt sich damit die Frage, inwieweit die Tätigkeit gewerblicher Sicherheitsdienste überhaupt als staatliche Gewalt anzusehen ist. Zur differenzierten Klärung dieser Frage ist einmal mehr auf die bereits bekannte Abgrenzung abzustellen zwischen der staatlich veranlaßten Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte einerseits und einer solchen Tätigkeit ohne eine staatliche Veranlassung andererseits 547. 542 in: Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277, 279. Zustimmend aufgegriffen wurde diese Kritik ζ. B. von Roßnagel, Zum Schutz kerntechnischer Anlagen, ZRP 1983, S. 59, 62; ders., Radioaktiver Zerfall der Grundrechte?, S. 197; Stacharowsky, Private Sicherheitsdienste, KrimJournal 1985, S. 228, 232 und Schenkelberg, Das private Sicherheitsgewerbe, S. 28. 543 in: Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rz. 130; ebenso: Badura, Staatsrecht, D Rz. 6. 544 Ausdrücklich auch Stern, Band I, § 18 III 1. Ebenso: P. M. Huber, Die parlamentarische Demokratie unter den Bedingungen der europäischen Integration, S. 105, 115, in: Huber/ Mößle/Stock, Zur Lage der parlamentarischen Demokratie, der feststellt, daß dieser Zurechnungszusammenhang auch Bestandteil der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG ist. 545 Stern, a. a. O. Eingehend zur nach wie vor überragenden Bedeutung der politischen Parteien für den demokratischen Willensbildungsprozeß: P. M. Huber, Der Parteienstaat als Kern des politischen Systems, JZ 1994, S. 689 ff., insb. 690-692. 546
Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 224. 547 Eine solche Abgrenzung lassen sowohl Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 88 ff., als auch Peilert, a. a. O., S. 222 ff., im Bereich der Problematik um das Demokratieprinzip vermissen. Obwohl beide grundsätzlich von der Existenz sowohl obrigkeitlicher als auch sonstiger staatlich veranlaßter Gefahrenabwehr ausgehen, legen sie ihren Ausführungen um das Demokratieprinzip lediglich die Gefahrenabwehr ohne staatliche Veranlassung zugrunde. Wie im folgenden aufzuzeigen sein wird, ist hierbei eine Differenzierung aber angebracht.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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7. Demokratieprinzip und staatlich veranlaßte Gefahrenabwehr durch Private Wie bereits im Rahmen der entsprechenden Ausführungen zum staatlichen Gewaltmonopol festgestellt, handelt es sich sowohl bei den Aufgaben der beliehenen Privaten als auch bei den Aufgaben der nicht mit obrigkeitlichen Befugnissen ausgestatteten Sicherheitskräfte, die aber aufgrund einer staatlichen Veranlassung tätig werden, um staatliche Aufgaben 548 . Die Tätigkeit dieser Personen wäre demzufolge auch als staatliche Gewalt im oben angesprochenen Sinne des Demokratieprinzips zu werten. Sowohl diesen Beliehenen als auch den auf anderweitige staatliche Veranlassung hin tätig werdenden Sicherheitskräften wurden also Verwaltungsaufgaben übertragen. Diese Personen wurden jedoch weder durch Wahlen demokratisch legitimiert, noch sind sie demokratisch legitimierten Personen politisch verantwortlich. Fraglich ist allerdings, ob diese Unterbrechung der Legitimationskette tatsächlich mit dem Demokratieprinzip in Konflikt steht. Da an dieser Stelle eine ausführliche Diskussion der Problematik um den Begriff des ministerialfreien Raums nicht stattfinden kann 5 4 9 , ist im wesentlichen auf die hierzu bei Bracher erarbeiteten Ergebnisse zurückzugreifen 550. In Übereinstimmung mit dem Großteil der Literatur 551 und einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. 2. 1959 552 stellt er bei dem durch das Demokratieprinzip begründeten Erfordernis einer „ununterbrochenen Legitimationskette" auf das Kriterium der Staatsleitung ab. Hiernach dürfen lediglich solche Aufgaben nicht auf selbständige Verwaltungseinheiten übertragen werden, die aufgrund ihrer politischen Tragweite dem „Bereich der Regierung" im funktionellen Sinne zuzuordnen sind, die also der „obersten Zielsetzung" und „der Selbstbestimmung des Staates" zugrunde liegen 5 5 3 . Diesem grundsätzlich demokratisch zu legitimierenden Komplex der Staatsleitung steht andererseits der große Bereich des einfachen Gesetzesvollzugs gegenüber. Die auch für diesen Bereich grundsätzlich geforderte demokratische Legitimierung wird dabei nicht nur durch die im Bereich der Staatsleitung erfor548 So auch Bracher, der seine im Rahmen der Ausführungen zum Demokratieprinzip für die Beliehenen gewonnenen Erkenntnisse ebenso auf die nicht hoheitlich aber auf staatliche Veranlassung hin tätig werdenden privaten Sicherheitskräfte anwendet; Gefahrenabwehr durch Private, S. 91 ff., 161. Die Rechtsform der Aufgabenerledigung habe keinen Einfluß auf die parlamentarische Verantwortung des Handelnden, S. 161. 549 Zu dieser Thematik siehe im Bereich der Rechtsprechung die Entscheidungen des BVerfG: BVerfGE 9, S. 268; 38, S. 258 und 47, S. 253. In der Literatur sei in diesem Zusammenhang vor allem auf die Abhandlung Kleins, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raums, verwiesen. 550 Ausführlich zu dieser Problematik in: Gefahrenabwehr durch Private, S. 93 ff. 551 Fichtmüller, Zulässigkeit ministerialfreien Raums in der Bundesverwaltung, AöR 91, S. 297, 344; Klein, Die verfassungsrechtliche Problematik des ministerialfreien Raums, S. 214; Vogel, Das Bundesverfassungsgericht zum Bremer Personalvertretungsgesetz, MDR 1959, S. 894,895. 552 BVerfGE 9, S. 268. 553 Bracher, Gefahrenabwehr durch Private, S. 95 f. 11*
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
dediche unmittelbare personelle und institutionelle Legitimation erbracht. In diesem Bereich genügt vielmehr bereits das Vorliegen inhaltlicher Vorgaben und Grenzen, die durch andere demokratisch legitimierte Organe wie Regierung und Parlament gesetzt wurden 554 . Diese Form der demokratischen Legitimation wird von Bracher auch als „Vollzugslegitimation" bezeichnet555. Der Mangel an unmittelbarer personeller demokratischer Legitimation wird bei diesen unabhängigen Verwaltungseinheiten durch einen möglichst deutlichen Vollzugsauftrag in Form von Vorgaben wie Gesetzen, Verordnungen und Grundsatzentscheidungen ausgeglichen. Je enger diese Grenzen und je geringer damit der eigene Entscheidungsspielraum solcher Vollzugsorgane ist, desto stärker ausgeprägt ist ihre Vollzugslegitimation 556 . Betrachtet man in diesem Zusammenhang die verschiedenen Arten staatlich veranlaßter Gefahrenabwehr durch Private, so stellt man fest, daß es sich hierbei zwar um die Erledigung staatlicher Aufgaben handelt, daß der eigene Entscheidungsspielraum der Privaten aber durch die genaue Begrenzung der Befugnisse und Ermächtigungsgrundlagen sowie die sie jeweils konkretisierenden Verordnungen genau vorgegeben und stark eingeengt wird. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die vorstehenden Ausführungen zu den Regelungen des UZwGBw und des LuftVG 5 5 7 sowie zu den gewerberechtlichen Vorgaben des § 34a GewO und der BewachV 558 hinzuweisen. Sowohl die Tätigkeit der Beliehenen als auch die der anderweitig auf staatliche Veranlassung hin tätig werdenden privaten Sicherheitskräfte läßt keinen Spielraum für Entscheidungen mit politischer Reichweite und ist daher dem einfachen Gesetzesvollzug und nicht der Staatsleitung zuzuordnen. Die durch die eben angesprochenen, eng vorgegebenen Grenzen vermittelte Vollzugslegitimation ist als ausreichend zu erachten, um die derart beschäftigten Sicherheitskräfte für ihre Tätigkeit angemessen demokratisch zu legitimieren.
2. Demokratieprinzip und Gefahrenabwehr durch Private ohne staatliche Veranlassung Die Tätigkeit derjenigen privaten Sicherheitskräfte, die ohne jeglichen staatlichen Einfluß aktiv werden, birgt im Hinblick auf ihr Verhältnis zum Demokratieprinzip sogar noch weniger Konfliktpotential. Wie bereits oben festgestellt, gilt das Erfordernis der demokratischen Legitimation nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG nämlich nur für die „staatliche Gewalt" 559 . Demgegenüber wird für Aktivitäten 554 555 556 557 558 559
Bracher, a. a. O., S. 96. Bracher, a. a. O., S. 96. Bracher, a. a. O., S. 97. Hierzu siehe Kapitel drei, Abschnitt Α. III 1. und 2. in Kapitel drei, Abschnitt Β. I, Π. Siehe Abschnitt Β. I. Ausführlich auch: Stern, Band I, § 18 I I I 1.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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von Bürgern, und nichts anderes sind ja die Tätigkeiten gewerblicher Sicherheitskräfte ohne staatliche Veranlassung, eine entsprechende Legitimierung nicht verlangt. Dies gilt selbst dann, wenn sich die Bürger im Rahmen ihrer Tätigkeiten zu nichtstaatlichen Institutionen oder Organisationen, wie in diesem Fall zu Sicherheitsunternehmen zusammenschließen. Zu Recht verweist Mahlberg in diesem Zusammenhang auf andere nichtstaatliche Machtpotentiale ζ. B. aus dem Bereich der Wirtschaft oder der Medien, deren Machtpositionen denen des privaten Sicherheitsgewerbes in ihren Möglichkeiten sicherlich nicht unterlegen wären, die jedoch, unbeachtet von der Kritik Hoffmann-Riems, ebenfalls über keinerlei demokratische Legitimierung verfügen 560 . Der bloße faktische Besitz gesellschaftlicher Macht kann den der Forderung nach einer demokratischen Legitimierung zugrundeliegenden staatlichen Status daher nicht auslösen561 und vermag auch eine, über die entsprechenden Gesetze und Verordnungen hinausgehende, besondere demokratische Kontrolle dieser „Machtinhaber" nicht zu rechtfertigen. Zur Überwachung derartiger nichtstaatlicher Machtpotentiale ist die allgemeine, durch die Bindung an das parlamentarisch gesetzte Recht erfolgende, demokratische Kontrolle ausreichend 562. Dem Demokratieprinzip ist eben weder eine abstimmungsmehrheitlich bestimmte Legitimation nichtstaatlicher Tätigkeit noch eine unmittelbare staatliche Kontrolle aller gesellschaftlicher Machtpotentiale zu entnehmen563.
II. Gefahren des „Gewalt- und Machtpotentials" Sicherheitsgewerbe Ganz unabhängig von der besonderen rechtlichen Problematik der demokratischen Legitimierung ist abschließend noch ganz allgemein auf die Befürchtungen Hoffmann-Riems einzugehen, es bestehe eine Gefahr des Mißbrauchs des „Machtpotentials" Sicherheitsgewerbe im Sinne einer zu politischen Zwecken einsetzbaren schlagkräftigen Einheit, die gegen entsprechendes Entgelt beliebig engagiert werden könnte 564 . Auch wenn dieser Kritik insoweit zuzugeben ist, daß derartige Zustände in jedem Fall vermieden werden sollten und diesbezüglich auch ein hohes Maß an Wachsamkeit angezeigt ist, können die dahingehenden konkreten Befürchtungen beim gegenwärtigen Zustand des Sicherheitsgewerbes nicht geteilt werden. Berücksichtigt man alleine die derzeit vorhandene Beschäftigungsstruktur 560 in: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 90; ebenso: Peilert, Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 225. 561 Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, S. 125 f. Diesem zustimmend: Mahlberg, a. a. O., S. 90 und Peilert, a. a. O., S. 225. 562 Schwabe, Zum Status privater Sicherheitskräfte, ZRP 1978, S. 165. 563 So auch das Fazit Mahlbergs, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 90, der sich damit der Kritik und den Zielsetzungen Hoffmann-Riems, Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277, 278 f., 283, entgegensetzt. 564 A.a.O., S. 279, wobei dies mit der Einschränkung geschieht, daß derartige Zustände noch nicht herrschen, für die Zukunft aber durchaus zu befürchten wären.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
der 1.400 in der Bundesrepublik existierenden und ca. 112.000 Mitarbeiter beschäftigenden Bewachungsunternehmen 565, so dürfte die Gefahr eines Zusammenschlusses dieser Unternehmen zu einer, wie Hoffmann-Riem es befürchtet, „schlagkräftigen Truppe", einer „Privatarmee" als eher unwahrscheinlich anzusehen sein. Auch wenn keine gleichmäßige Verteilung der Gesamtbeschäftigtenzahl auf die einzelnen Unternehmen vorliegt, sondern durchaus die Mehrheit bei wenigen großen Unternehmen beschäftigt ist 5 6 6 , so dürfte doch zumindest wegen der bestehenden KQnkurrenzsituation auch und gerade zwischen diesen Marktführern eine dem gesellschaftlichen Gesamtgefüge gefährlich werdende Vereinigung nicht zu befürchten sein. Selbst wenn die Realisierung der von Hoffmann-Riem dargestellten Befürchtungen bei einem explosionsartigen Wachstum der Branche und einer damit verbundenen zunehmenden Monopolisierung für die Zukunft nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, so ist zumindest derzeit kein Anzeichen für eine solchermaßen politisch mißbrauchbare Zusammenballung des privaten Sicherheitsgewerbes zu erkennen. Schon aus diesen tatsächlichen Gründen heraus ist ein für das Demokratieprinzip relevantes Gefährdungspotential nicht zu erkennen.
D. Sozialstaatsprinzip I. Bedenken gegen ein Tätigwerden des privaten Sicherheitsgewerbes In der verfassungsrechtlichen Auseinandersetzung um das Tätigwerden gewerblicher Sicherheitsunternehmen wird schließlich neben dem Rechtsstaatsprinzip, dem staatlichen Gewaltmonopol und dem Demokratieprinzip auch noch das Sozialstaatsprinzip als Grundlage für Bedenken herangezogen. Einmal mehr ist es vor allem Hoffmann-Riem, der dahingehend Einwände vorbringt 567 . Die Kritik zielt zum einen darauf ab, daß eine immer weiter fortschreitende Ausbreitung des Bewachungsgewerbes zu einer zunehmenden Kommerzialisierung der Sicherheit führen würde. Im Endeffekt könnte sich nur der besser situiertere Teil der Bevölkerung die käuflich gewährte Sicherheit durch Bewachungsunternehmen leisten. Der von der Polizei allen Bürgern gleichmäßig gewährte Schutz alleine würde dagegen nicht mehr ausreichen, um das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung angemessen zu befriedigen. Hoffmann-Riem geht sogar soweit, daß er eine Abnahme der Qua565 Prognosen des BDWS in Zusammenarbeit mit dem statistischen Bundesamt für das Jahr 1996. 566 Eine Analyse der Betriebsgrößen ergibt, daß 30 Prozent der Unternehmen weniger als 20 und 74 Prozent weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigen. 2,5 Prozent der Betriebe haben eine Mitarbeiterzahl von über 500; hierzu siehe die Grafik bei Mauersberger in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 768. 567 in: Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277 f.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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lität der polizeilichen Tätigkeit als Folge des Wachstums der privaten Sicherheit prognostiziert 568. Weiter würde die bessere, weil zusätzlich privat durchgeführte Bewachung der Rechtsgüter finanzkräftigerer Auftraggeber zu einer Verlagerung der Kriminalität hin zu den weniger intensiv, weil ausschließlich öffentlich geschützten Objekte und Gebiete führen 569 . Wer sich aufgrund mangelnder finanzieller Mittel private Sicherheit nicht leisten könnte, wäre also doppelt belastet; einmal dadurch, daß ihm dieser käufliche Schutz nicht zur Verfügung steht und zum anderen, weil er infolge des durch die bessere Bewachung anderer verursachten Umlenkungseffekts zudem einem höheren Risiko ausgesetzt wäre. Kunz formuliert letztere Befürchtung dahingehend, daß die Privatisierung der Kriminalitätsabwehr einen Kampf um das Opferrisiko auslöst, bei dem diejenigen unterliegen würden, die den Preis für die erhöhte Sicherheit nicht zahlen können oder wollen 5 7 0 . Etwas polemisch läßt sich diese auf dem Sozialstaatsprinzip begründete Kritik am privaten Sicherheitsgewerbe daher auch mit dem Schlagwort der „Sicherheit für Zahlungskräftige auf Kosten der Armen" zusammenfassen 571. Schließlich lassen sich Bedenken gegen das Tätigwerden privater Bewacher auch noch auf die bei privaten Sicherheitskräften möglicherweise fehlende ausreichende Berücksichtigung des dem Sozialstaatsgebot zu entnehmenden Gedankens der Resozialisierung begründen 572. Während eine verantwortungsvolle Polizeiführung im Rahmen ihrer Ermittlungstätigkeit insbesondere bei Bagatelldelikten stets auch darauf zu achten hätte, welche Folgen eine Anzeige für den Verdächtigen hat, wären derartige Erwägungen den Privaten völlig fremd. Da letztere an der Anzahl der von ihnen überführten Straftäter gemessen werden, wären sie sogar im Gegenteil dazu angehalten, Delikte ohne Rücksicht auf die persönlichen Konsequenzen für den Verdächtigen zur Anzeige zu bringen 573 .
568 Hoffmann-Riem, a. a. O., S. 277 f., wobei er sich in seiner Annahme jedoch primär auf die seiner Meinung nach in den USA herrschenden Verhältnisse stützt. Zwar stellt er klar, daß diese nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragbar wären, doch hält er eine baldige Annäherung für wahrscheinlich. 569 Hoffmann-Riem, a. a. O., S. 280. 570 in: Die organisierte Nothilfe, ZStW 1983, S. 973,980. 571 Ausdrücklich: Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 183 und Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 91. So wohl auch das Fazit von Hoffmann-Riem, a. a. O., S. 280 sowie ähnlich: Zimmermann, Privates Sicherheitsgewerbe, Die Polizei 1994, S. 60,63. 572 Zu dieser Ermöglichung der Resozialisierung, die ebenfalls in das dynamisch zu verstehende Sozialstaatsprinzip hineingelesen wird, siehe: Stern, Band I, § 21 Π 2. 573 Hoffmann-Riem, Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277,279 f.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
II. Kritik an den auf dem Sozialstaatsprinzip beruhenden Bedenken Würdigt man diese im Ergebnis überwiegend von Hoffmann-Riem erhobenen Einwände 574 kritisch, so ergibt sich nach der ganz herrschenden Meinung folgendes: So ist zum ersten Kritikpunkt der drohenden Kommerzialisierung der Sicherheit zunächst anzumerken, daß von Verfassung wegen jeder Bürger das Recht hat zusätzlich zu dem von der Polizei gewährten Schutz - , sich und seine Rechtsgüter privat bewachen zu lassen. Betrachtet man das Beispiel der oftmals privat bewachten Villenviertel, so läßt sich bei den Auftraggebern privater Sicherheitsdienste meist auch ein tatsächlich bestehendes höheres Sicherheitsrisiko feststellen. Neben zahlreichen anderen Faktoren bestimmt eben auch der Wert eines Rechtsgutes seine Attraktivität für einen kriminellen Angriff und damit zugleich das Bedürfnis, es besonders zu schützen. Dabei erscheint es aus sozialstaatlichen Aspekten gerade wünschenswert, daß der Schutz derart überdurchschnittlich gefährdeter Rechtsgüter durch deren Inhaber selbst gewährleistet bzw. finanziert wird. Da die Polizeikosten in der Bundesrepublik in der Regel nach dem Gemeinlastprinzip abgerechnet und aus dem Staatshaushalt bestritten werden 575 , wäre es im Hinblick auf sozialstaatliche Erwägungen bedenklicher, wenn sich auch diese stärker gefährdeten vermögenden Bürger auf den polizeilichen Schutz verlassen und sich diesen von der Allgemeinheit mitfinanzieren lassen würden. Stober sieht daher in der staatlich angeordneten privat-gewerblichen Bewachung von Rechtsgütern mit einem erhöhten Gefährdungspotential eine Alternative zu der seiner Ansicht nach grundsätzlich wünschenswerten Erweiterung des Verursacherprinzips 576. Diesem Argument gegen die sozialstaatliche Unverträglichkeit des privaten Bewachungsgewerbes ist zuzustimmen. Die selbstgewählte, nicht staatlich angeordnete Beauftragung gewerblicher Sicherheitskräfte könnte demzufolge sogar als freiwillige und marktorientierte Realisierung des Verursacherprinzips eingestuft werden und wäre insoweit durchaus zu begrüßen 577. Die im Bereich des Sicherheitsrechts festzustellende Tendenz, die Betreiber gefährlicher Anlagen verstärkt zu Eigensicherungsmaßnahmen anzuhalten578, findet in der Beauftragung privater Sicherheitsdienste durch Inhaber von Rechtsgütern mit erhöhtem Gefährdungspotential an sich nur eine Fortsetzung auf freiwilliger Basis. 574 So beruft sich ζ. B. auch Stacharowsky, Private Sicherheitsdienste-Polizeiersatz im Wartestand?, KrimJournal 1985, S. 228, 233, auf die bereits von Hoffmann-Riem erhobenen Bedenken und wiederholt diese lediglich. 575 Ausführlich: Stober, Staatliches Gewaltmonopol und privates Sicherheitsgewerbe, NJW 1997, S. 889, 892. 576 Stober, a. a. O., S 892, wobei er hier beispielhaft die Gebührenfinanzierung der Fluggastkontrolle anführt. 577 So auch Glavic, Sicherheitsunternehmen als zuverlässiger Partner der Polizei, Die Polizei 1994, S. 36,40. 578 Hierzu siehe Kapitel zwei, Abschnitt Α. II. und m.w.N. Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 93.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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Einen weiteren, aus sozialstaatlichen Aspekten heraus positiv zu bewertenden Effekt dieser Privatbewachung stellt die sich daraus ergebende Entlastung der staatlichen Polizei dar. Zwar wird die Polizei durch das Tätigwerden Privater nicht von ihrer Aufgabe der Gefahrenabwehr befreit, doch ist davon auszugehen, daß allein schon die von gewerblichen Sicherheitskräften ausgehende zusätzliche Abschreckungswirkung zu einer Verminderung der kriminellen Angriffe und damit zu einer Unterstützung und Entlastung der polizeilichen Kräfte führt 579 . Die hierdurch freiwerdenden Polizeikräfte könnten sich dann verstärkt dem Schutz derer zuwenden, die sich eine private Bewachung nicht leisten können. Auf diese Weise würde auch letzteren indirekt die Tätigkeit der Privaten zugute kommen 580 . Nicht ganz unproblematisch stellt sich allerdings das Argument bezüglich des Effekts der Umlenkung der Kriminalität auf weniger geschützte Personen und Objekte dar. So geht Hoffimann-Riem, ohne dies jedoch in irgendeiner Form belegen zu können, davon aus, daß private Sicherheitsdienste insgesamt gesehen nicht zu einer Verringerung der Zahl krimineller Handlungen beitragen, sondern daß sie „wahrscheinlich nur eine Umlenkung und darüber hinaus eine Eskalation der Intensität und Gefährlichkeit der Strafhandlungen bewirken" 581 . Zwar läßt sich diese These ebenso schwer widerlegen, wie sie sich begründen läßt. Es erscheint jedoch zumindest zweifelhaft, daß die Ströme krimineller Energie, die durch eine intensive Bewachung von den Wohngegenden finanzkräftigerer Bevölkerungskreise ferngehalten werden, zwangsläufig und ungebremst auf die finanziell durchschnittlich bzw. minderbemittelten Bürger umgeleitet werden. Überspitzt formuliert kann wohl nicht davon ausgegangen werden, daß jeder Kriminelle, dem ein Diebstahl in einem Villenviertel durch private Bewachung erschwert wird, sich dann ersatzweise dem unbewachten Sozialwohnungsgebiet zuwendet 582 . Es kann zwar nicht aus* 7 9 Ein ebenfalls nicht unerheblicher Entlastungseffekt dürfte von den privaten Alarmdiensten ausgehen, bei denen die Meldung der Alarmanlage bei einem Überfall nicht mehr zur Polizei, sondern direkt zu einer privaten Alarmzentrale weitergeleitet wird. Hierzu ausführlich Ehses in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 462 und Glavic, Sicherheitsunternehmen als zuverlässiger Partner der Polizei, Die Polizei 1994, S. 36, 39. 580 So im Ergebnis auch Czepluch in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 184; Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 92 ff., stellt in diesem Zusammenhang absolut gesehen ein erhöhtes Sicherheitsniveau, einen allgemeinen Zuwachs an Sicherheit fest; ebenso: Rupprecht, Die Rolle des privaten Sicherheitsgewerbes im demokratischen Rechtsstaat, Die Polizei 1994, S. 46,47. 581 In: Übergang der Polizeigewalt auf Private?, ZRP 1977, S. 277, 280. Ähnlich: Schuster, Privates Sicherheitsgewerbe, DSD 1988 Nr. 2, S. 15, 16 f., der jedoch zumindest einräumt, daß ihm das zum Beweis seiner These erforderliche Zahlenmaterial nicht zur Verfügung steht. Auch Zimmermann, Privates Sicherheitsgewerbe, Die Polizei 1994, S. 60,63, hält eine solche Umlenkung für „sehr wahrscheinlich", verfügt jedoch ebenfalls über keinerlei Belege für seine Annahme. 582 So aber wohl die These Hoffmann-Riems, die Schwabe, Zum Status privater Sicherheitskräfte, ZRP 1978, S. 165, 165, bereits aus volkswirtschaftlichen Gründen für nicht zutreffend hält. Ähnlich auch Rupprecht, Die Rolle des privaten Sicherheitsgewerbes im demokratischen Rechtsstaat, Die Polizei 1994, S. 46, 47, der zwar eine teilweise Verdrängung
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
geschlossen werden, daß derartige Umlenkungseffekte bis zu einem bestimmten Grad möglich wären, ein etwa auftretender Umlenkungseffekt könnte jedoch andererseits mittels der oben angesprochenen freiwerdenden Polizeikapazitäten und der dadurch realisierbaren Verlagerung der Streifentätigkeiten möglicherweise kompensiert werden. Solange für das Vorhandensein und Ausmaß eines solchen Umlenkungseffekts keinerlei empirische Beweise vorliegen, erscheint dieser Ansatz allerdings nicht ausreichend, um den von den Gegnern gewerblicher Sicherheit behaupteten Konflikt der Tätigkeit privater Sicherheitsuntemehmen mit dem Sozialstaatsprinzip zu begründen. Schließlich können auch jene sozialstaatlichen Bedenken, die aufgrund der angeblich fehlenden Resozialisierungsverpflichtung privater Sicherheitskräfte erhoben werden, nicht in dieser pauschalen Form akzeptiert werden. Zum einen ist hierbei zu beachten, daß die privaten Bewacher ausschließlich im präventiven und nicht wie von Hoffmann-Riem formuliert, im repressiven Bereich der Gefahrenabwehr tätig werden 583 , die Strafverfolgung insofern also gar nicht zu ihrem eigentlichen Aufgabenbereich zu zählen ist. Davon abgesehen ist jedoch auch die entsprechende Schlußfolgerung Hoffmann-Riems zu relativieren. Während nämlich gerade die Polizei bei ihrer Strafverfolgungsaufgabe grundsätzlich durch das Legalitätsprinzip gezwungen ist, die entsprechenden auf eine Straftat deutenden Vorgänge an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten und auf die Durchführung eines Ermittlungsverfahren hinzuarbeiten 584, gilt diese Verpflichtung für private Sicherheitskräfte gerade nicht. Auch wenn die Polizei im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden engen Grenzen des Opportunitätsprinzips auch aus Gründen der Resozialisierung ausnahmsweise von einer Strafverfolgung absehen kann 585 , gehört es jedenfalls nicht zu ihren Aufgaben, „aufgrund ihrer Sozialbindung, aufgegriffene Rechtsbrecher laufen zu lassen", wie Mahlberg es provokativ aber zutreffend formuliert 586 . Die privaten Bewacher unterliegen in dieser Hinsicht keinerlei gesetzlichen Schranken. Ihnen steht es völlig frei, einen aufgegriffenen Verdächtigen den Strafverfolgungsbehörden zu übergeben oder davon abzusehen. Der Argumentation Hoffmann-Riems kann also wohl nur insoweit zugestimmt werden, als die privaten Bewacher aufgrund ihrer gewerblichen Orientierung wohl tatsächlich unter einem stärkeren Erfolgsdruck stehen als die Polizei, was das Vorweisen einer gewissen Anzahl überführter Straftäter anbelangt. In der Realität werden sie daher einen einmal aufgegriffenen Täter eher selten wieder frei lassen. Der Schlußfolgerung Mahlbergs, daß die gewerbliche Gefahrenabwehr - aufgrund ihrer fehlenden Bindung an das Legalitätsprinzip - den Resozialisierungsgedanken sogar besser bejaht, insgesamt jedoch von einem absoluten Gewinn an Sicherheit ausgeht, da überwiegend entsprechende kriminelle Tatpläne ganz aufgegeben werden dürften. 583 Dieser spricht insoweit ohne nähere Begründung von „privaten Strafverfolgungsinstanzen"; a. a. O., S. 280. 584 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 163 Rz. 3. 585 Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 370. 586 in: Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsuntemehmen, S. 94 Rz. 103.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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verwirklicht als die Polizei 587 , kann insoweit also nicht zugestimmt werden. Trotzdem wird nicht ersichtlich, wieso die Tätigkeit der privaten Sicherheitskräfte dem Resozialisierungsgedanken weniger entsprechen sollte als die entsprechende Tätigkeit der an das Legalitätsprinzip gebundenen Polizei. Ein Konflikt der Tätigkeit gewerblicher Sicherheitskräfte mit dem Sozialstaatsgebot kann also auch hieraus nicht hergeleitet werden.
E. Grundrechtsverletzung durch die Verwertung von Beweisen, die von gewerblichen Sicherheitskräften unrechtmäßig gewonnen wurden Bedingt durch das stete Wachstum des Sicherheitsgewerbes und dessen zahlreicher Einsatzmöglichkeiten nimmt die Zahl der Fälle zu, in denen private Sicherheitskräfte in ihrer Eigenschaft als „Ordnungskräfte" - zeitlich gesehen - vor der Polizei an einen Tatort gelangen. Auch wenn ihr eigentlicher Aufgabenbereich in erster Linie den der präventiven Gefahrenabwehr betrifft, so ist es nicht zu vermeiden, daß Private im Rahmen dieser Tätigkeiten auch an Beweise gelangen, die in einem späteren Strafprozeß gegen einen mutmaßlichen Straftäter verwendet werden könnten. Grundsätzlich besteht dabei die nicht von der Hand zu weisende Gefahr, daß die Privaten auf einem Weg an Beweise gelangen, der den staatlichen Ordnungskräften nicht offensteht, da die von letzteren derart gewonnenen Beweise unter ein strafprozessuales Beweisverwertungsverbot fallen würden. Damit stellt sich die wichtige Frage, wie Beweise, die durch eine rechtswidrige Handlung einer privaten Sicherheitskraft erlangt wurden, strafprozessual zu behandeln sind. Wie unten noch darzulegen sein wird, stellt eben diese Problematik der strafprozessualen Verwertbarkeit solcher Beweise den Schwerpunkt der verfassungsrechtlichen Diskussion um das amerikanische Sicherheitsgewerbe dar 5 8 8 . Im Gegensatz dazu ist sie in der einschlägigen Literatur zum privaten Sicherheitsgewerbe in Deutschland bislang weitgehend unbeachtet geblieben 589 . Dies mag vor allem damit zusammenhängen, daß bereits der dieser speziellen Problematik zugrundeliegenden allgemeinen Diskussion um die Verwertbarkeit privat gewonnener Beweise in Deutschland aufgrund der unterschiedlichen Systematik des Strafprozeßrechts eine weitaus geringere Bedeutung zukommt als in den USA. Dennoch ist eine Darstel-
587 Mahlberg, a. a. O., S. 95. 588 Siehe Teil drei, Kapitel vier, Abschnitt Α. II. 589 Weder Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, noch Bracher, Gefahrenabwehr durch Private oder Jeand'Heur, Gefahrenabwehr als staatliche Angelegenheit, AöR 119, S. 107 und Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, gehen in ihren Abhandlungen zum privaten Sicherheitsgewerbe auf diese Problematik ein. Lediglich Peilert spricht diese Problematik kurz an; in: Das Recht des Auskunftei- und Detekteigewerbes, S. 320 ff.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
lung des Diskussionsstandes im deutschen Recht im Hinblick auf den abschließenden Rechtsvergleich mit der amerikanischen Situation besonders instruktiv.
I. Rechtswidrige Beweiserhebungen durch Private 1. Geltung der Verfahrensvorschriften für staatliche Strafverfolgungsorgane
nur
Die Verwertbarkeit der von den staatlichen Strafverfolgungsorganen erhobenen und den Ermittlungsorganen übergebenen Beweisen ist durch die Verfahrensvorschriften der StPO geregelt. Hierbei sind vor allem die Beweismethodenverbote des § 136a StPO zu berücksichtigen. Beweise, die unter Verstoß gegen diese Verbote erhoben wurden, unterliegen grundsätzlich einem umfassenden Beweisverwertungsverbot und können demzufolge in einem Strafprozeß zumindest nicht zu Lasten des Angeklagten herangezogen werden 590 . Gleiches gilt im Hinblick auf die sogenannten Beweismittelverbote: So dürfen beispielsweise Gegenstände, die entgegen einem bestehenden Beschlagnahmeverbot wie z. B. § 97 StPO beschlagnahmt 591 oder aufgrund einer rechtsfehlerhaften Durchsuchung erlangt wurden 592 , sowie Erkenntnisse, die unter völliger Umgehung des § 100a StPO gewonnen wurden, im Prozeß nicht verwertet werden 593 . Diese Vorschriften richten sich aber grundsätzlich nur an die staatlichen Strafverfolgungsorgane und entfalten somit für Privatpersonen keine Geltung 594 . Wenn daher private Sicherheitskräfte, also Privatpersonen in diesem Sinne, auf rechtswidrige Art und Weise Beweise erheben, so unterliegen diese der herrschenden Meinung nach zumindest unmittelbar keinem der StPO zu entnehmenden Beweisverwertungsverbote 595.
590 KK/Boujong, § 136aRz. 37 ff.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 136a Rz. 27 ff. 591 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 97 Rz. 46 ff. 592 Hierzu siehe: BGH NJW 89, S. 1744, nach dem es für ein Verwertungsverbot darauf ankommen soll, inwieweit eine fehlende Durchsuchungsanordnung rechtlich hätte erlassen werden können. Vgl. auch Roxin, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 15. 2. 1989, NStZ 1989, S. 376 ff., 378. 593 Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 100a Rz. 21. 594 Roxin, Strafverfahrensrecht, § 24 Rz. 45; ebenso: Rogali, Die Lehre von den strafprozessualen Beweisverboten, ZStW 1979, S. 1, 41, der jedoch im folgenden bezüglich der Privatrechtswirkung der Beweisverbote differenziert; ähnlich auch Gössel, Strafverfahrensrecht, S. 192. Speziell für die Vorschrift des § 136a StPO: KK/Boujong, § 136a Rz. 3; LöweRosenberg/Hanack, § 136a Rz. 9 und Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 136a Rz. 2 f. 595 Roxin, Strafverfahrensrecht, § 24 Rz. 45; m.w.N. auch KK/Boujong, § 136a Rz. 3. A.A. z. B. Sydow, Kritik der Lehre von den Beweisverboten, S. 116 f., der bei jedweder rechtswidrigen Beweiserlangung ein Verwertungsverbot annimmt. Ebenso: Rogali, a. a. Ο., S. 41, der die rechtswidrige Beweiserlangung durch Private ebenso behandeln möchte wie staatliche Rechtsverletzungen, da sich der Staat die Verletzung von Individualrechtsgütern nicht zunutze machen dürfte.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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2. Beweisverwertungsverbote für von Privatpersonen rechtswidrig erhobene Beweise Dieser der herrschenden Lehre zu entnehmende Grundsatz der gerichtlichen Verwertbarkeit von Beweisen, die von Privaten rechtswidrig erhoben wurden, gilt jedoch nicht ausnahmslos. Im folgenden sind daher die Voraussetzungen darzustellen, unter denen auch die von einer privaten Sicherheitskraft rechtswidrig erhobenen Beweise einer strafprozessualen Verwertung entzogen wären.
a) Anwendbarkeit der StPO-Vorschriften aufgrund von staatlichem Einfluß auf die Privatperson Eine Ausnahme von der grundsätzlichen Verwertbarkeit wird etwa für die Fälle angenommen, in denen die von den privaten Sicherheitskräften erhobenen Beweise bereits deshalb einem Verwertungsverbot unterliegen, weil die Privaten einem gewissen staatlichen Einfluß ausgesetzt sind. So ist beispielsweise anerkannt, daß die Beweisvorschriften der StPO auch dann Anwendung finden, wenn die Privaten im Auftrag der Strafverfolgungsbehörden gehandelt haben 596 . Wird also ζ. B. ein Wachmann durch einen Polizisten veranlaßt, sich in rechtswidriger Art und Weise auf die Suche nach Beweisen zu machen, so unterliegen dabei etwa erlangte Beweise ebenfalls den Verwertungsverboten der StPO. Für den Angeklagten dürfte dabei jedoch der Nachweis einer solchen staatlichen Veranlassung ein nicht unerhebliches Problem darstellen. Weitgehend ungeklärt ist, inwieweit auch ein sonstiger staatlicher Einfluß auf die privaten Sicherheitskräfte als ausreichend anzusehen ist, um die Vorschriften der StPO auf das Tätigwerden Privater anwenden zu können. In diesem Zusammenhang wäre ζ. B. an die Beliehenen im Bereich der gewerblichen Sicherheit zu denken. Fraglich ist hier also, ob der Akt der Beleihung einer im Rahmen des UZwGBw oder des LuftVG tätigen Wachperson insoweit als ausreichende staatliche Veranlassung angesehen werden könnte. Noch einen Schritt weiter würde man gehen, würde man auch bei den im Rahmen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung tätig werdenden Privaten, denen keine Sonderbefugnisse zur Verfügung stehen, einen derartigen staatlichen Einfluß bejahen. Eine solche Ausdehnung der Beweisverwertungsverbote dürfte wohl nach dem gegenwärtigen Stand von Schrifttum Und Rechtsprechung keine mehrheitliche Zustimmung finden. Wie bereits oben festgestellt, gilt die StPO nur für Strafverfolgungsorgane. Bei privaten Sicherheitskräften handelt es sich jedoch trotz aller ihnen zur Verfügung stehenden Befugnisse und auch unter Berücksichtigung des öffentlichen Charakters der von den privaten Sicherheitskräften dieser Kategorie zu erfüllenden Aufgaben nach
596 Löwe-Rosenberg/Hanack § 136a Rz. 6, 9; KK/Boujong, § 136a Rz. 3. M.w.N. auch Rogali, a. a. O., S. 40 f.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
wie vor um lediglich präventiv tätig werdende Sicherheitskräfte und eben gerade nicht um Strafverfolgungsorgane. Sie sind folglich nicht Normadressat der Beweisverwertungsverbote. Ein anderes Ergebnis ließe sich nur durch eine entsprechende Maßnahme des Gesetzgebers erreichen 597. Auch eine Parallele zu dem oben angesprochenen Ausnahmefall der Beauftragung Privater durch Strafverfolgungsorgane kann hier nicht gezogen werden. Zum einen läßt sich der staatliche Einfluß, dem die Beliehenen und die anderen auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung tätig werdenden privaten Sicherheitskräfte unterliegen, nicht auf die Strafverfolgungsorgane zurückführen. Zum anderen liegt bei dem von Rechtsprechung und Literatur anerkannten Ausnahmefall auch insofern eine Besonderheit vor, als sich die Strafverfolgung hier der Privaten bewußt bedient, um die eigenen Grenzen zu überschreiten. Der Private wird praktisch angestiftet, um auf eine Art und Weise an verwertbare Beweise zu gelangen, die einem Polizisten verwehrt wäre. Der Schutzzweck dieses Ausnahmefalls dürfte also lediglich darin bestehen, eine gezielte Umgehung der Beweisverwertungsregeln durch den Einsatz Privater zu vermeiden. Eine derartige Umgehungsabsicht kann dem Staat aber nicht schon deshalb unterstellt werden, weil er private Sicherheitskräfte mit obrigkeitlichen Befugnissen beleiht oder mit öffentlichen Aufgaben betraut. Eine den Grundsätzen der amerikanischen „state action doctrine" entsprechende staatliche Einflußnahme auf die Tätigkeiten Privater 598 , die unterhalb des angesprochenen Ausnahmefalls der direkten Beauftragung zu rechtswidrigen Beweiserhebungen anzusiedeln ist, wird demzufolge wohl als nicht ausreichend anzusehen sein, um die Tätigkeit Privater bereits den entsprechenden Beweiserhebungs- und verwertungsnormen der Strafprozeßordnung unterwerfen zu können.
b) Grundrechtlich gestützte Beweisverwertungsverbote Es bleibt folglich zunächst festzuhalten, daß der herrschenden Meinung zufolge eine direkte Anwendung der Beweiserhebungs- und -verwertungsvorschriften auf Privatpersonen nicht in Betracht kommt, und Beweismittel, die von Privaten ohne staatliche Beauftragung auf rechtswidrige Art und Weise erlangt wurden, grundsätzlich im Strafprozeß verwertbar bleiben. Nun hat jedoch der Bundesgerichtshof bereits früh in einer vielzitierten Entscheidung festgestellt, „daß die Strafprozeßordnung nicht von dem Grundsatz beherrscht werde, daß die Wahrheit um jeden Preis erforscht werden müsse" 599 . Die Auswirkungen dieses Grundsatzes auf rechtswidrige Beweiserhebungen durch Privatpersonen sind im folgenden darzu597 So auch das Ergebnis des Antrags der SPD-Bundestagsfraktion zu den privaten Sicherheitsdiensten, wo eine Gesetzesänderung dahingehend angeregt wird, daß Erkenntnisse privater Sicherheitsunternehmen nur nach den Bestimmungen der StPO verwertet werden dürfen; BT-Drucksache 13/3432, S. 7. 598 Hierzu ausführlich unten: Teil drei, Kapitel vier, Abschnitt Α. I 3. 599 BGHSt 14, S. 365.
4. Kap.: Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes
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stellen. Es existieren neben den einfachgesetzlichen Beweisverboten der StPO auch die sogenannten grundgesetzlichen Beweisverbote, die sich unmittelbar aus den Grundrechtsartikeln des Grundgesetzes ergeben 600. Während einige dieser grundgesetzlichen Beweisverbote ζ. B. in § 136a StPO Ausdruck gefunden haben, existieren daneben weiterhin auch solche, die nicht einfach-gesetzlich geregelt sind 601 . Im Gegensatz zu den in den U.S. Const, amend. IV, V und V I explizit festgeschriebenen Beweisverboten 602, bestimmen sich diese Verbote in Deutschland primär anhand des durch die Anerkennung der Menschenwürde garantierten Bereichs der Persönlichkeitsentfaltung, also nach den Grundrechten der Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG 6 0 3 . Hiernach sind solche Beweismittel, die durch einen Eingriff in eben diesen Schutzbereich gewonnen wurden, wegen Verletzung des Achtungsanspruchs der Menschenwürde zur Überführung des Betroffenen unverwertbar 604 . So bejaht die herrschende Meinung eine derartige, auf einen besonders schwerwiegenden Verstoß gegen die Menschenwürde gestützte Unverwertbarkeit privat gewonnener Beweise beispielsweise in den Fällen, in denen die Beweiserhebung einen Eingriff in den Kernbereich privater Lebensgestaltung darstellt 605 . Dieser ist unantastbar und auch der öffentlichen Gewalt schlechthin entzogen606. Schriftliche Aufzeichnungen, wie insbesondere Tagebücher, die der Intimssphäre des Betroffenen angehören, sind daher zwar nicht in jedem Fall von der Verwertung ausgeschlossen607, aber doch zumindest dann, wenn ihr Inhalt die inneren, höchstpersönlichen Erlebnisse des Verfassers betrifft, und dieser sie auch geheimhalten w i l l 6 0 8 . Auch eine derartig höchstpersönliche Aufzeichnung gehört jedoch dann nicht die600 So formuliert vom BGH in: NJW 1964, S. 1141. 601 Kleinknecht, Die Beweisverbote im Strafprozeß, NJW 1966, S. 1537, 1539. 602 Hierzu siehe unten, Teil drei, Kapitel vier, Abschnitt Α. II. 1. und 2. 603 BVerfGE 35, S. 202, 220; BGHSt 14, S. 358; 19, S. 325. Hierzu auch Kleinknecht, Die Beweisverbote im Strafprozeß, NJW 1966, S. 1537, 1542. Kleinknecht/Meyer-Goßner, Einl. Rz. 56. 604 Otto, Die strafjprozessuale Verwertbarkeit von Beweismitteln, in: FS für Kleinknecht, S. 327 f. 605 So allen voran Kleinknecht, Die Beweisverbote im Strafprozeß, NJW 1966, S. 1537, 1543, der mit seinen Ausführungen wohl den Grundstein für diese Lehre gelegt hat. Zustimmend: Roxin, Strafverfahrensrecht, § 24 Rz. 45; Otto, a. a. O., S. 321; Löwe-Rosenberg/Hanack, § 136a Rz. 10; KK/Boujong, § 136a Rz. 3. 606 So die ständige Rechtsprechung des BVerfG: BVerfGE 6, S. 32 (41); 54, S. 143 (146); 80, S. 367 (373). 607 So entgegen der h.M. aber Otto, a. a. O., S. 328. 608 BVerfGE, JZ 73, S. 504; mit einer Anmerkung von Arzt. BGHSt 19, S. 325 („TagebuchfaH"); BGHSt 14, S. 358 („heimliche Tonbandaufnahme"), wobei in diesem Fall ausnahmsweise besondere Umstände, wie Notwehr oder Nothilfe eine Verwertung rechtfertigen können; hierzu m.w.N. Kleinknecht / Meyer-Goßner, Einl. Rz. 56b. Ebenso: Roxin, Strafverfahrensrecht, § 24 Rz. 45 und Löwe-Rosenberg/Hanack, § 136a Rz. 10. A.A. Otto, a. a. O., S. 321 ff., der auch bei Eingriffen jenseits des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung einen absoluten Schutz fordert.
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
sem absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung an, wenn sie beispielsweise Angaben über bevorstehende oder bereits begangene Straftaten enthält 6 0 9 . Private Aufzeichnungen, die diesem Kernbereich jedoch nicht angehören, können einer strafprozessualen Verwertung dagegen zugeführt werden, solange dies durch ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit - wie ζ. B. das Erfordernis einer wirksamen Rechtspflege - gerechtfertigt ist 6 1 0 . Einen weiteren Fall eines grundgesetzlichen Beweisverbotes stellt das Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung dar. So hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, daß der Zwang, durch eine selbstbelastende Aussage die Voraussetzung für eine strafrechtliche Verurteilung schaffen zu müssen, mit der Würde des Menschen unvereinbar ist 6 1 1 . Zwar hat der „nemo tenetur se ipsum accusare"Grundsatz bereits in § 136a StPO und den hierdurch untersagten Vernehmungsmethoden Eingang gefunden 612 . Da diesem Grundsatz infolge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gleichzeitig aber auch Verfassungsrang zukommt, wird seine Geltung auch jenseits des Anwendungsbereichs der StPO bejaht 6 1 3 . So ist beispielsweise von der herrschenden Meinung anerkannt, daß eine Erklärung, die durch Folter oder andere vergleichbar krasse Verstöße gegen die Menschenwürde erlangt wurde, einer strafprozessualen Verwertung nicht zugeführt werden darf. Bei der Herleitung eines solchen Beweisverbotes ist schließlich auf ausreichende Beachtung der Rechtsidee abzustellen, auf deren Verwirklichung der Prozeß ausgelegt ist, nämlich auf die Schaffung von Rechtsfrieden. Hiernach würde sich der Staat, der sich einen solchen, von einer Privatperson auf eine gegen die Menschenwürde verstoßenden Art und Weise erlangten Beweis in einem Strafprozeß zunutze machen würde, selbst unglaubwürdig machen 614 . Die gerichtliche Verwertung eines solchen Beweises würde damit eine erneute selbständige Verletzung des Anspruchs der Menschenwürde durch den Staat selbst darstellen, die sich mit seiner Rolle als Wahrer der Rechtsstaatlichkeit nicht vereinbaren ließe 6 1 5 . Bei der jeweils im Einzelfall zu treffenden Entscheidung über die Verwertbarkeit, sind das Strafverfolgungsinteresse der verletzten Rechtsgemeinschaft auf 609 BVerfGE 80, S. 367 (375). 610 Zu dieser Abwägung zwischen dem Schutzgebot des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und den Bedürfnissen einer wirksamen Strafverfolgung und Verbrechensbekämpfung siehe ausführlich: BVerfGE 80, S. 367 (375 ff.). Ebenso KK/Pfeiffer, Einl. Rz. 121. 611 BVerfGE, NJW 1981, S. 1432. Ausführlich hierzu auch Stürner, Strafrechtliche Selbstbelastung, NJW 1981, S. 1757 ff. 612 M.w.N. Kleinknecht/Meyer-Goßner, § 136a Rz. 1. 613 Otto, Die strafprozessuale Verwertbarkeit von Beweismitteln, in: FS für Kleinknecht, S. 326. 614 Kleinknecht, Die Beweisverbote im Strafprozeß, NJW 1966, S. 1537,1543; Otto, a. a. O., S. 326 und Bradley, Beweisverbote in den USA und in Deutschland, GA 1985, S. 99,106. 615 BGHSt 14, S. 358 (Leitsatz). Zustimmend: Schmitt, Tonbänder im Strafprozeß, JuS 1967, S. 19, 24 f.
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der einen Seite und der Persönlichkeitsschutz nach Art. 1 und 2 GG sowie die Pflicht zur Gewährleistung eines justizgemäßen Verfahrens auf der anderen Seite gegeneinander abzuwägen616. Im Fall einer Verletzung des Kernbereichs des Grundrechtsschutzes wäre eine solche Abwägung allerdings überflüssig, da eine rechtsstaatliche Strafrechtspflege auf einem derart gewonnenen Beweis eben nicht aufbauen darf 6 1 7 .
II. Zusammenfassung Aus dem Abschnitt über die Anwendbarkeit strafprozessualer Beweisverbote auf die von privaten Sicherheitskräften erhobenen Beweise ergibt sich, daß die hierzu herrschende Meinung eine solche Unverwertbarkeit nur dann annimmt, wenn die Beweiserhebung mit einem derartigen Maß an Menschenrechtswidrigkeit gegenüber dem Beschuldigten behaftet ist, daß eine Verwertung dieser Beweise selbst eine Menschenrechtsverletzung darstellen würde und somit dem Staat als Wahrer der Rechtsstaatlichkeit nicht möglich wäre. Andere Beweiserhebungen Privater, die zwar unter Verstoß gegen die nur für die staatlichen Strafverfolgungsorgane geltenden Vorschriften der StPO erfolgt sind, im übrigen jedoch nicht mit einem derartigen „Makel an Menschenrechtswidrigkeit" behaftet sind, können gegen den Betroffenen demnach vor Gericht nahezu uneingeschränkt verwendet werden 6 1 8 . Eine entsprechende, in diesem Zusammenhang in den Vereinigten Staaten intensiv geführte Diskussion über die Gefahr einer Umgehung der entsprechenden Grundrechte des Angeklagten durch eine schleichende Privatisierung der Beweisgewinnung 619 läßt sich in Deutschland bislang praktisch nicht nachweisen. Lediglich Gössel erwähnt in seinem Lehrbuch kurz die Gefahren einer unkontrollierten gewaltsamen Ermittlungstätigkeit durch Private, ohne dabei jedoch das in diesem Zusammenhang vom privaten Sicherheitsgewerbe ausgehende besonders große Gefahrenpotential zu bemerken 620 . Eine speziell auf die privaten Sicherheitsunternehmen bezogene Forderung nach einer gesetzlichen Regelung, die eine Anwendbarkeit der Vorschriften der StPO auf die durch diese Sicherheitskräfte gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen würde, wird schließlich nur im Antrag der SPDBundestagsfraktion zu den privaten Sicherheitsdiensten gestellt 621 . Ein vertieftes 616 Kleinknecht, Die Beweisverbote im Strafiprozeß, S. 1543; BGHSt 14, S. 358. Im Ergebnis auch Rogali, Die Lehre von den strafprozessualen Beweisverboten, ZStW 1979, S. 1, 42. 617 Löwe-Rosenberg/Hanack, § 136a Rz. 10. 618 Bei Aussagen, die von Privaten entgegen den Bestimmungen des § 136a StPO gewonnen wurden, bliebe also lediglich der tatsächliche Beweiswert dieser Ausführungen sorgfältig zu prüfen; KK/Boujong, § 136a Rz. 3, m.w.N. 619 Hierzu ausführlich unten, Teil drei, Kapitel vier, Abschnitt Α. Π. 620 in: Strafverfahrensrecht, S. 192. 621 Bundestagsdrucksache 13/3432, S. 7. 12 Huber
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2. Teil: Situation in der Bundesrepublik Deutschland
Eingehen auf diese Problematik und ihre Relevanz für die in der Bundesrepublik Deutschland herrschenden Verhältnisse soll jedoch in unmittelbarer Gegenüberstellung zum amerikanischen Recht erfolgen und ist daher dem abschließenden vierten und vergleichenden Teil der Arbeit vorzubehalten.
Dritter Teil
Situation in den USA Um den im Anschluß durchzuführenden wertenden Vergleich beider Rechtsordnungen vornehmen zu können, soll nunmehr versucht werden, das den Entwicklungen des deutschen Rechts gegenüberzustellende rechtliche Umfeld der gewerblichen Sicherheit in den USA darzustellen.
Erstes Kapitel
Entwicklung der gewerblichen Sicherheit A. Geschichtliche Ursprünge Entsprechend dem Überblick über die geschichtliche Entwicklung des deutschen Bewachungsgewerbes empfiehlt es sich, auch die historischen Umstände zu beleuchten, aus denen sich das heute existierende amerikanische Private-Security-System entwickelt hat. Wie bereits in den Vorbemerkungen erwähnt, ist das amerikanische Rechtssystem weitgehend auf das englische „common law" zurückzuführen. Es erscheint daher nur konsequent, bei der Suche nach den Ursprüngen des US-amerikanischen Bewachungsgewerbes in England zu beginnen.
I. Ursprünge des englischen Polizeisystems Versucht man die Anfänge des Polizeisystems in England zu ergründen, so gilt es zunächst das Mittelalter, insbesondere die Jahre von 1066 bis ca. 1300 zu betrachten. In dieser Zeit war es dem König überlassen, sogenannte „shire-reeves" einzusetzen. Dieser „shire-reeve", später bekannt als „sheriff", war innerhalb seines „shires", also eines Gebiets, das dem der heutigen „counties" entsprechen dürfte, primär dafür verantwortlich, daß die Interessen des Königshauses und vor allem der verschiedenen Lords gegenüber der Bevölkerung ausreichend gewahrt wurden. Gleichzeitig war er auch der oberste Beamte des jeweiligen „shires" und 12+
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3. Teil: Situation in den USA
als solcher verantwortlich für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in diesem Gebiet1. Durch die Weiterentwicklung des Feudalsystems, einer Konzentration der Gemeinwesen auf immer größere Kommunen und einem damit verbundenen stetigen Anstieg der Kriminalität, wurde aber neben dem Sheriff die Einsetzung weiterer lokal zuständiger Ordnungskräfte, der sogenannten „constables" erforderlich 2. Da jedoch auch diese Maßnahmen mit der Zeit nicht mehr ausreichten, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten, verabschiedete König Edward im Jahre 1285 das Statute of Westminster, in dem unter anderem das System des sogenannten „watch and ward" ins Leben gerufen und geregelt wurde 3. Dieses „watch and ward" begründete für alle Männer der Kommune im Alter zwischen 15 und 60 Jahren die Verpflichtung, nach einem gewissen Dienstplan einerseits die nächtliche Bewachung der Gemeinde zu übernehmen und andererseits den „constable" bei seinen Aufgaben während des Tages zu unterstützen. Diese Männer waren zwar dazu ermächtigt, die Verbrecher, die sie während ihres Wachdienstes aufspürten, zu verhaften, am nächsten Morgen mußten sie diese dann aber dem „constable" übergeben. Weiter waren sie, nach dem ebenfalls in der Statute of Westminster festgeschriebenen Grundsatz der „assize of arms", dazu verpflichtet, während ihres Dienstes Waffen zu tragen. Im Gegensatz zu den „sheriffs" und „constables" standen ihnen jedoch ansonsten keinerlei darüber hinausreichende Polizeibefugnisse zur Verfügung 4. Die Aufrechterhaltung des öffentlichen Friedens war zu diesen Zeiten also auch eine Aufgabe der Allgemeinheit, die ihren Beitrag dazu durch das Ableisten dieser Dienste zu erbringen hatte. Aber auch dieses System hielt dem rapiden Wachstum der Bevölkerung und damit der Städte und dem dadurch verursachten weiteren Anstieg der Kriminalität auf Dauer nicht stand. Weiter waren die „constables" unzureichend ausgerüstet und hatten als Institution keinen besonders erstrebenswerten Ruf. Die Männer, denen die Pflicht oblag, dieses Amt zu übernehmen, waren hauptberuflich Bauern oder Händler und wurden für ihre polizeiliche Tätigkeit nicht entlohnt. Dies führte dazu, daß sie sich Vertreter suchten, die ihnen gegen eine gewisse Bezahlung die Ausübung dieser lästigen Pflicht abnahmen. Da sich diese bezahlten „deputies" jedoch meistens als inkompetent und korrupt erwiesen, stellten sich in den größeren Ballungsräumen alsbald anarchieähnliche Zustände ein s . In London mußten sukzessive ganze Bezirke den Verbrechern und Bettlern überlassen werden, die sich zusammenrotteten und wohlhabendere Bürger, vor allem aber Geschäftsleute terrorisierten 6.
1 Eldefonso/ Coffey /Grace, Principles of Law Enforcement, S. 18. Ebenso Bilek / Klotter / Federal, Legal Aspects, S. 3 und Nemeth, Private Security and the Law, S. 2. 2 Nemeth, Private Security and the Law, S. 3. 3 Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 7; Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 5. 4 Eldefonso/Coffey/Grace, Principles of Law Enforcement, S. 18 f. 5 Critchley, A History of Police, S. 11.
1. Kap.: Entwicklung der gewerblichen Sicherheit
181
Das stete Ansteigen der Kriminalität und das Unvermögen des englischen Polizeisystems, diese effektiv zu bekämpfen, führten schließlich dazu, daß Privatleute und Betriebe ihre eigenen Vorstellungen von Sicherheit entwickelten und sich zum Zwecke des gegenseitigen Schutzes zusammenschlossen. Teilweise organisierten sie die Bildung von Privatpolizeien, die mit der Bewachung der Besitztümer ihrer jeweiligen Auftraggeber betraut wurden. Diese Privatpolizeikräfte setzten sich aus anderen Bürgern zusammen, die aus einem durch Mitgliedsbeiträge finanzierten Fonds bezahlt wurden 7. Die Bürger hatten also bereits damals die Gewährleistung ihrer Sicherheit in die eigenen Hände genommen. Sie hatten selbst Personal mit der Wahrung dieser Aufgaben beauftragt und dieses auch mit eigenen Mitteln bezahlt. Letztendlich sind in dieser Art von Eigeninitiative die Wurzeln der „Private Security"in England zu sehen8. Zwar wurden diese privat beauftragten Kräfte ihrer Aufgabe, die Sicherheit ihrer Arbeitgeber zu gewährleisten, weitgehend gerecht. Da dieses Privileg durch die damit verbundenen Kosten jedoch den besser situierten Gesellschaftsschichten vorbehalten war, wurde alsbald offensichtlich, daß diese Privaten einen professionellen und zentralisierten öffentlichen Polizeiapparat nicht ersetzen konnten. Zur Einrichtung einer solchen effektiv arbeitenden Polizei auf kommunaler Ebene kam es jedoch erst im Jahre 1829 auf Grundlage des unter der Federführung von Sir Robert Peel erlassenen Metropolitan Police Act 9 . Und obwohl diese städtische Polizei ihrer Aufgabe durchaus gerecht werden konnte, wurde der Wert von privaten Sicherheitskräften, zumindest als Ergänzung zu ihrem öffentlichen Gegenstück, nicht vergessen.
II. Die Entstehung der gewerblichen Sicherheit in den USA Wie bereits in der Einleitung dieses Kapitels angedeutet, sind auch die Ursprünge des amerikanischen Polizeisystems in diesen englischen Wurzeln zu suchen. Die Einrichtungen der „sheriffs", „constables" und das Watch-and-Ward-Prinzip wurden dementsprechend auch in derselben Form durch die englischen Kolonisten nach Amerika überführt und dort übernommen 10. So wurde im Jahre 1607 in 6 Ibd., S. 47. Zu den damals vorherrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen, die zur Überlastung dieses bis dahin existierenden Sicherheitssystems geführt haben, ausführlich siehe: Manning, Police Work, S. 51 ff. 7 Bilek/ Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 6; Nemeth, Private Security and the Law, S. 8.
s So auch Lipson, On Guard, S. 13 ff. Einsatzbereich dieser „Metropolitan Police of London" war ein zehn Meilen-Radius rund um die St. Paul's Cathedral; siehe: Eldefonso/Coffey/Grace, Principles of Law Enforcement, S. 19 ff. und Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 14 f. 9
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Während die größeren, zu dieser Zeit vor allem im Norden des Landes existierenden Städte sicherheitsrechtlich weitgehend von Bürgerwehren, freiwilligen Wachmännern und den „constables" versorgt wurden, wurde diese Aufgabe im spärlich besiedelten Süden dem „county sheriff 4 übertragen. Hierzu siehe: Prassel, The Western Police Officer, S. 29.
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3. Teil: Situation in den USA
Jamestown, Virginia, der erste „constable" der neuen Welt ernannt 11. Die Institution einer Nachtwache trat erstmals 1634 in Boston in Erscheinung 12. Auch hier hatten die Männer einer Kommune die Pflicht, ihren Dienst als Nachtwächter abzuleisten, und auch hier waren diese Pflicht und die Position des „constables" ähnlich unbeliebt wie bei ihren englischen Vorbildern und wurden daher ebenfalls von jedem, der es sich leisten konnte, auf einen anderen übertragen. So verwundert es auch nicht, daß diese Umstände und die dadurch bedingten Schwierigkeiten, diese Stellen mit zuverlässigen Leuten zu besetzen, allmählich zu derselben, für England bereits geschilderten, unbefriedigenden sicherheitspolitischen Situation führten 13 . Da sich die Sicherheitsbedürfnisse der amerikanischen Bevölkerung in der Gründerzeit des Landes jedoch auf den Schutz vor Feuer, Landstreichern und Indianerangriffen beschränkten, genügte dieses Polizeisystem vorerst noch den Ansprüchen. Mit dem Anwachsen der Kommunen und der vermehrten wirtschaftlichen Betätigung der Bevölkerung traten jedoch auch die Mängel dieser Art des öffentlichen Sicherheitswesens immer deutlicher zu Tage. Zwar wurden, dem englischen Vorbild des Metropolitan Police Act folgend, sukzessive auch in den großen Städten der USA einheitliche kommunale „police departments" gebildet 14 . Aber auch diese Entwicklung konnte die Entstehung und ein rasantes Wachstum des privaten Sicherheitsgewerbes Mitte des 19. Jahrhunderts nicht verhindern. Einer der Gründe für dieses Wachstum ist beispielsweise in der strikten Begrenzung der Zuständigkeit der Polizisten auf ihren jeweiligen örtlichen Tätigkeitsbereich, also meist die Grenzen der großen Städte, zu sehen. Außerhalb dieser Bereiche konnte von einem funktionierenden Sicherheitssystem nach wie vor nicht die Rede sein 15 . Weiter erschien auch den meisten Kaufleuten die öffentlich gewährte Sicherheit nicht ausreichend, um einen weitgehend ungestörten Ablauf ihrer Geschäfte zu gewährleisten. Diese Unzufriedenheit veranlaßte einzelne Handelszweige schließlich dazu, eine speziell für ihren jeweiligen Bereich zuständige Privatpolizei zu organisieren. Dies führte zur Bildung von privaten Sicherheitsdiensten zum Schutz von Einzelhandelsgeschäften, Farmern und Rinderzüchtern 16 oder zum Geleit von Postkutschen, die damals ein begehrtes Ziel für Überfälle darstellten 17. 11 Green, Introduction to Security, S. 8. Ebenso Bopp/ Schultz, Principles of American Law Enforcement and Criminal Justice, S. 14 f. 12 Hierzu ausführlich Savage, Boston Watch and Police, S. 12 ff. Ausführlich zu diesen, mit den geschilderten englischen, nahezu deckungsgleichen Verhältnissen siehe: Dralla/Honig, Who's Watching the Watchman, 5 Golden Gate U. L. Rev. 433, 442 ff. (1975). Hierzu auch Bopp / Schultz, Principles of American Law Enforcement and Criminal Justice, S. 28 f. 14 In New York City wurde bereits 1844 eine derartige öffentliche Sicherheitsinstitution eingerichtet. Chicago folgte diesem Vorbild 1851, New Orleans und Cincinnati 1852, Schon bald verbreitete sich diese Entwicklung über das ganze Land; hierzu: Lipson, On Guard, S. 21. ^ Eldefonso/Coffey/Grace, Principles of Law Enforcement, S. 23. Lipson On Guard, S. 23. 16 Prassel, The Western Officer, S. 129 ff.
1. Kap.: Entwicklung der gewerblichen Sicherheit
183
Gleiches galt auch für die Eisenbahn, die bereits damals zu einem der Hauptbetätigungsfelder von privaten Sicherheitskräften geworden war 18 . Da die Bahn auf ihren Strecken oft mehrere Staaten und somit verschiedene Polizeibezirke durchquerte, war eine öffentlich gewährleistete Sicherheit hier kaum möglich. Dieses Problem erkennend, erließen viele Staaten spezielle Gesetze, sogenannte „Railway Police Acts", nach denen die Betreiber der Eisenbahnlinien eigene Sicherheitskräfte einsetzen durften, die für ihr allerdings auf die Bahnlinie und die Bahnhöfe beschränktes Tätigkeitsfeld sogar über volle Polizeibefugnisse verfügten 19 . Trotz Verleihung derartiger lediglich örtlich begrenzter Polizeibefugnisse handelte es sich bei diesen Sicherheitskräften um Private, die von anderen Privaten, nämlich den Betreibern der Eisenbahnlinien bezahlt wurden. In einigen weniger dicht besiedelten Teilen des Landes stellte diese „railroad police" für einen gewissen Zeitraum sogar den einzig erreichbaren Schulder öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar 20 . Der Klarstellung halber ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß diese damals direkt bei der Bahnlinie beschäftigten Sicherheitskräfte nicht als „contractural security" sondern vielmehr als „proprietary security" anzusehen sind. Sie stellten eine Art Werkschutz dar, und unterfielen daher nicht dem im ersten Teil definierten Untersuchungsgegenstand21. Bereits an dieser Stelle ist jedoch festzustellen, daß die Institution der „railroad police" auch heute noch existiert 22 . Die Schlüsselfigur der „railroad police" und schließlich der gesamten gewerblichen Sicherheit in den USA war Allen Pinkerton, ein schottischer Immigrant, der 1843 die erste Detektei Chicagos gründete. Während er anfangs ausschließlich damit beschäftigt war, den örtlichen „sheriff 4 bei seiner Arbeit zu unterstützen, nahm er bereits 1850 seine ersten privaten Klienten an, zwei Eisenbahnlinien. Bald schon gehörten seinem Kundenstamm über zehn verschiedene private Bahngesellschaf17 Die Wells Fargo Company, zu jener Zeit der größte Betreiber eines Postkutschenstrekkennetzes, errichtete damals sogar einen firmeneigenen Sicherheitsdienst zum Schutz der zu transportierenden Personen und Güter. Zu diesen Schutzmaßnahmen gehörten nach Prassel, The Western Police Officer, S. 137, einerseits der bewaffnete Begleitschutz und eine Panzerung der Kutschen, andererseits aber auch eine eigenständige Detektivagentur zur Aufklärung von Überfällen. 18 Wie im weiteren Verlauf der Arbeit noch dargestellt werden wird, hat die sogenannte „railroad police" ihren privaten Status bis heute behalten. Diesen, vor allem in den Kapiteln zwei und drei zu behandelnden, Verhältnissen soll deshalb nicht bereits an dieser Stelle vorgegriffen werden. 19 Zu diesen Staaten gehörten ζ. B. Pennsylvania und Oklahoma, deren Gesetze von 1865, bzw. 1890 stammen. Ausführlich hierzu: Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 8 und Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 16 f. 20 Chamberlain, History of Private Security, S. 38; Bilek, Legal Aspects, S. 8. 21 22
Hierzu siehe Teil eins, Kapitel zwei, Abschnitt Β. ΙΠ. Ausführlich dazu: Kapitel zwei, Abschnitt B. II.
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3. Teil: Situation in den USA
ten an. Seine Agentur expandierte ständig und war bald im gesamten, damals bereits erschlossenen Bundesgebiet der USA tätig 23 . Für über 50 Jahre war Pinkertons Unternehmen die einzige sicherheitsgewährleistende Institution, öffentliche Einrichtungen eingeschlossen, die gliedstaatenübergreifend tätig wurde 24 . Bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs im Jahre 1861 hatte sich Pinkertons Sicherheitsfirma bereits einen so guten Ruf erarbeitet, daß er von Präsident Lincoln sogar mit nachrichtendienstlichen Tätigkeiten für die Nordstaatenarmee beauftragt wurde. Die Übertragung einer solchen Aufgabe, die von ihrer Wichtigkeit und Brisanz her grundsätzlich als eine öffentliche anzusehen ist, auf ein Privatunternehmen, läßt jedoch bereits erahnen, welchen Stellenwert die private Sicherheit in den USA zu diesem Zeitpunkt bereits eingenommen hat 25 . Der Boom des privaten Sicherheitsgewerbes, das zu diesem Zeitpunkt fast ausschließlich von Pinkertons Firma repräsentiert wurde, blieb jedoch von Rückschlägen nicht verschont. Die nach dem Krieg einsetzende und alsbald rapide fortschreitende Industrialisierung des Landes führte zu Unruhen bei den Arbeitern, Bildung von Gewerkschaften und in der Folge zu Streiks. Um diese Bestrebungen der Arbeiterschaft zu verhindern bzw. einzudämmen, engagierten viele Industriebetriebe Sicherheitskräfte der Pinkerton's Inc. Zunächst geschah das nur mit dem Ziel, Versammlungen zu unterbinden oder zu zerschlagen und somit eine Ausbreitung der Gewerkschaften zu verhindern, später jedoch wurden diese Sicherheitskräfte auch vermehrt als Streikbrecher eingesetzt, um den Maßnahmen der Arbeiter ihre Wirkung zu nehmen26. Dieses Engagement von Pinkerton für die Repräsentanten der Industrie trug dazu bei, daß breite Schichten der Bevölkerung der privaten Sicherheit immer skeptischer gegenüberstanden. Den Wendepunkt in dieser Praxis, private Sicherheitskräfte in Arbeitskämpfen einzusetzen, bildete ein Ereignis im Jahre 1892: Im Rahmen eines Streiks gegen beabsichtigte Lohnkürzungen besetzten und blockierten circa 10.000 Arbeiter das Gelände der Carnegie Steel Company in Homestead, Pennsylvania. Um die Kontrolle über die Fabrik wieder zu erlangen, setzte die Geschäftsleitung 300 bewaffnete „Pinkerton officer" ein, die sich bei ihren Räumungsbemühungen mit den Arbeitern eine unerbittliche Schlacht lieferten. Dieses sogenannte „Homestead Massaker" führte zu einem immensen Imageverlust des privaten Sicherheitsgewerbes, und der Name Pinkerton wurde in der Bevölkerung zu einem Synonym für die Unterdrückung und Aus-
23 Lipson, On Guard, S. 35. 24 Sowohl überregional tätige Industriebetriebe als auch nahezu alle interstaatlichen Transporte, vor allem von Wirtschaftsgütern, wurden in dieser Zeit, was deren Sicherheit angeht, von Pinkerton versorgt. Siehe hierzu: Chamberlain, History of Private Security, S. 37. 25 So war es beispielsweise Bestandteil dieser Tätigkeit, für die persönliche Sicherheit des Präsidenten zu sorgen. Eine Aufgabe, die, wie auch Hess in: Introduction to Private Scurity, S. 18 feststellt, heute ausschließlich durch eine Behörde wahrgenommen wird. 26 Zu den einzelnen Maßnahmen für die die „Pinks", wie die Beschäftigten der Pinkerton's Inc. kurz genannt wurden, in den Arbeitskämpfen eingesetzt wurden, siehe ausführlich: Lipson, On Guard, S. 27 ff.
1. Kap.: Entwicklung der gewerblichen Sicherheit
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beutung durch die industriellen Arbeitgeber 27. Dieser Vorfall führte letztendlich sogar zu besonderen staatlichen Abhilfemaßnahmen in Form eines als „Pinkerton Act" bezeichneten Gesetzes, nach dem es allen Bundesbehörden untersagt wurde, staatliche Aufträge an die Pinkerton's Inc. oder ein ähnliches Unternehmen zu erteilen 28 . Auf lange Sicht bewirkten diese Ereignisse jedoch lediglich einen punktuellen Rückzug des privaten Sicherheitsgewerbes aus dem Bereich der Arbeitskämpfe. Das hierdurch nur kurzzeitig gedämpfte Wachstum der Branche konnte im übrigen nicht dauerhaft aufgehalten werden, sondern erfuhr - ganz im Gegenteil durch das Bedürfnis nach nationaler Sicherheit einen weiteren Schub. Sowohl während des Ersten und Zweiten Weltkrieges als auch während des Korea- und Vietnamkrieges wurden vor allem in der Rüstungsindustrie verstärkt private Sicherheitskräfte eingesetzt. So konnte ein Unternehmen überhaupt nur dann mit einem Rüstungsauftrag der Regierung rechnen, wenn es die äußerst strengen, staatlich vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen zur Abwendung von Spionage und Sabotage erfüllen konnte 29 . Da dem Staat aber aufgrund der Beschickung der Streitkräfte die personellen Ressourcen fehlten, um für diese Sicherheit zu sorgen, blieb es den Unternehmen selbst überlassen, sich darum zu kümmern. Dieser Obliegenheit kamen sie durch den verstärkten Einsatz privater Sicherheitskräfte nach. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse über die Wichtigkeit und die Vorteile der „private security" blieben jedoch auch über die Kriege hinaus erhalten und führten zu einem weiteren Wachstum des Gewerbes im Bereich der zivilen Wirtschaft 30.
B. Das Sicherheitsgewerbe der Gegenwart I. Aktuelles Zahlenmaterial Wohin diese, im England des Mittelalters begonnene Entwicklung des privaten Sicherheitsgewerbes mittlerweile geführt hat, läßt sich am eindrucksvollsten mit einem Überblick über die einschlägigen Beschäftigungs- und Umsatzzahlen verdeutlichen. Wahrend in der historischen Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte
27 Nemeth, Private Security and the Law, S. 9. 28 OToole, The Private Sector, S. 21 f.; nach den Ausführungen Nemeths, Private Security and the Law, S. 11, hatte diese Regelung Bestand bis es Ende der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts der Wackenhut Corporation, mittlerweile ebenfalls eines der drei größten Sicherheitsunternehmen der USA, unter dem früheren FBI Beamten George R. Wackenhut gelang, als Privatfirma wieder staatliche Aufträge im Bereich der Sicherheit zu bekommen. 29 Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1830 ff. (1995). Den Ausführungen von Green, Introduction to Security, S. 12 zufolge arbeiteten beispielsweise bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges über 200.000 private Sicherheitskräfte in den Betrieben der Rüstungsindustrie. 30 So stellte die zur Erforschung der privaten Sicherheit eingesetzte staatliche Arbeitsgruppe, die sogenannte „Private Security Task Force of 1976" fest, daß das im Zweiten Welt-
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3. Teil: Situation in den USA
der privaten Sicherheit ein stetiges, aber doch meist moderates Wachstum der Branche zu verzeichnen war, ist dieses in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, und dabei vor allem in den letzten 35 Jahren, durchaus als sprunghaft zu bezeichnen. Lag der Gesamtumsatz der Branche 1963 noch bei 662 Mio. US-Dollar, so betrug er 1973 bereits 1,92 Mrd. US-Dollar, also nahezu das Dreifache 31. Weitere zehn Jahre später hatte sich dieser Umsatz wiederum auf 20 Mrd. US-Dollar verzehnfacht. Einer Regierungsstudie zufolge wird für das Sicherheitsgewerbe für das Jahr 2000 sogar ein Umsatz von 103 Mrd. US-Dollar prognostiziert, während sich gleichzeitig die Ausgaben für die öffentlich gewährleistete Sicherheit, also für Polizei auf Bundes-, Staats- und Kommunalebene von 14 auf 44 Mrd. US-Dollar entwickeln werden 32 . Einen weiteren Indikator für das immense Wachstum der Branche stellen die Beschäftigungszahlen dar, die zwar unter den für den Umsatz ausgewiesenen Steigerungsraten bleiben, bei Gegenüberstellung der entsprechenden Zahlen für die öffentlichen Sicherheitskräfte aber gleichwohl einen Rückschluß auf das Wachstum der Branche erlauben. Im Jahre 1975 waren im öffentlichen und im privaten Sicherheitssektor noch eine identische Anzahl von Beschäftigten zu verzeichnen, nämlich jeweils ca. eine halbe Million. Während die Beschäftigungszahlen bei der Polizei bis heute annähernd gleich geblieben sind, haben sie sich beim gesamten privaten Sicherheitsgewerbe auf ca. 1,6 Millionen erhöht, also mehr als verdreifacht 33 . Infolgedessen existieren in den USA heute dreimal so viele private Sicherheitskräfte wie Polizisten. Es erscheint daher wohl nicht übertrieben, wenn man feststellt, daß die staatlichen Ordnungskräfte von den privat-gewerblichen zumindest zahlenmäßig in zunehmendem Maße in den Hintergrund gedrängt werden, und daß letztere mittlerweile einen Stellenwert eingenommen haben, der die vielzitierte Floskel von der Privatisierung der Sicherheit durchaus zu rechtfertigen in der Lage wäre. Zieht man hier bereits vorab einen Vergleich zu den in Deutschland vorgefundenen Verhältnissen, wo das Polizeivollzugspersonal den Beschäftigten des privaten Sicherheitsgewerbes nach wie vor noch in einer 2,3-fachen Überzahl gegenübersteht34, so läßt sich ohne weiteres erkennen, daß der Stellenwert des in der Bundesrepublik tätigen Bewachungsgewerbes, zumindest quantitativ, noch bei weitem nicht mit dem der amerikanischen „private security" verglichen werden kann. krieg vor allem in der Rüstungsindustrie tätige Sicherheitsgewerbe nach dem Krieg in allen Bereichen der privaten aber auch der öffentlichen Wirtschaft zum Einsatz gekommen ist; in: National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 35. 31 National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 36 f. 32 Cunningham / Strauchs / VanMeter, Hallcrest Report III, S. 229 f. 33 Connolly/Reid, Working Together, S. 50; Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 24. 34 Hierzu ausführlich: Teil zwei, erstes Kapitel, Abschnitt B.I.
1. Kap.: Entwicklung der gewerblichen Sicherheit
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II. Gründe für diese Entwicklung Angesichts dieser signifikanten Zahlen über die Entwicklung der amerikanischen privaten Wachdienste in der jüngsten Vergangenheit stellt sich auch hier die Frage nach den Gründen, die zu dieser außergewöhnlich starken Ausbreitung geführt haben könnten. 1. Kriminalitätsfurcht
der Bürger
Die Hauptursache für die immer stärkere Verlagerung der Gefahrenabwehr auf den privaten Sektor dürfte wohl in der steigenden Angst der Bevölkerung vor Verbrechen und der damit verbundenen Forderung nach zusätzlicher Sicherheit zu sehen sein 35 . Inwieweit diese Furcht objektiv mit einem tatsächlichen Anstieg der Kriminalitätsrate begründet werden kann, ist allerdings fraglich. So war beispielsweise in den Jahren 1992 und 1993 ein Rückgang der Gesamtkriminalitätsrate zu verzeichnen 36. Die Kriminalstatistik von 1995 weist sogar die niedrigste Anzahl an registrierten Verbrechen seit 20 Jahren aus 37 . Anhand dieser Zahlen über die tatsächliche Entwicklung der begangenen Straftaten läßt sich dieses gesteigerte Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung also eigentlich nicht belegen. Betrachtet man die Statistik allerdings genauer, so ist festzustellen, daß der Anteil der Gewaltverbrechen trotz Rückgang der Gesamtkriminalität sogar zugenommen hat 38 . Möglich erscheint also, daß die Angst der Bevölkerung auf diesen Anstieg der Gewaltverbrechen und die damit verbundene Berichterstattung in den Medien zurückzuführen ist. Worauf sich diese Angst begründet und ob sie objektiv gerechtfertigt ist, kann hier jedoch dahinstehen, da sie ganz unabhängig von ihrer Motivation in jedem Fall dazu geführt hat, daß das Vertrauen der Bürger in die Polizei und deren Fähigkeiten zu einer wirksamen Verbrechensbekämpfung deutlich erschüttert wurde 39 . Einer Studie des US-Bundesjustizministeriums zufolge hatten 1994 40 Prozent der 35 Der Kriminalitätsstatistik des Bundesjustizministeriums zufolge glauben 54 Prozent der befragten Bevölkerung, daß die Kriminalitätsrate in ihrer jeweiligen Wohngegend zugenommen hat; U.S. Department of Justice, Criminal Justice Statistics-1994, Übersicht 2.31. Nach einer Umfrage der Los Angeles Times von 1994 ist der Anteil der Bevölkerung, der die Kriminalität für das größte Problem des Landes hält, innerhalb von sechs Monaten von 21 auf 43 Prozent gestiegen; in: Braun/Pasternak, A Nation with Peril on its Mind, Los Angeles Times, Feb. 13, 1994, at 1. 36 Tumulty, Overall Crime Rate Dips, Los Angeles Times, Oct. 3, 1993, at A l . 37 Krauss, Violent Crime Rate Drops, New York Times, Dec. 31,1995, at 1. 38 Tumulty, Overall Crime Rate Dips, Los Angeles Times, Oct. 3,1993, at A l . 39 Daß eine Steigerung der Kriminalität, wenn auch möglicherweise nur vermeintlich, von der Bevölkerung wahrgenommen wird und daher Angstgefühle auslöst, ist dem Grunde nach unstreitig. So jedenfalls Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1832 (1995) oder Caffuzzi, Who's Guarding the Guards, 40 N.Y.L. Sch. L. Rev. 225, 228 (1995).
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3. Teil: Situation in den USA
Bevölkerung entweder gar kein oder sehr wenig Vertrauen in die Polizei und ihre Möglichkeiten, einen ausreichenden Schutz vor der nach Ansicht der Bevölkerung ständig wachsenden Bedrohung durch Verbrechen zu gewährleisten 40. 2. Beschränkte Mittel der Polizei Im Gegensatz zu der lediglich subjektiv zu begründenden Kriminalitätsfurcht stellen die Kürzungen der öffentlichen Mittel für die Polizei, die von den allgemeinen staatlichen Sparmaßnahmen nicht verschont blieb, einen durchaus objektiv belegbaren Grund für das Wachstum des privaten Sicherheitsgewerbes dar 41 . Bedingt durch diese Budgetkürzungen sah sich die Polizei einer nicht zu bewältigenden Überlastung sowohl ihrer personellen als auch ihrer technischen Möglichkeiten ausgesetzt. Es blieb ihnen also nichts anderes übrig, als Prioritäten zu setzen und einige der ihnen als wichtiger erscheinenden Pflichten auf Kosten anderer konkurrierender, vielleicht weniger dringlicher Aufgaben zu erledigen 42. Ergebnis dieser wohl durchaus als Mangelverwaltung zu bezeichnenden Polizeipraxis ist aber, daß viele Bürger nicht mehr in dem Maß polizeilichen Schutz erhalten, wie es ihren Vorstellungen und Sicherheitsbedürfhissen entsprechen würde. Für viele Autoren ist der Schritt der Bürger, sich durch die Zuhilfenahme privater Sicherheitsunternehmen selbst um ihren Schutz zu kümmern, nur die logische Konsequenz dieser, ihrer Ansicht nach unzureichenden staatlichen Versorgung mit Sicherheit 43. 3. Erhöhte Nachfrage des Staates Als weiterer Wachstumsfaktor läßt sich schließlich auch eine erhöhte Nachfrage des Staates nach Sicherheit anführen. So werden bei einzelnen staatlichen Aktivitäten, die ein erhöhtes Maß an Sicherheit erfordern, wie ζ. B. das Raumfahrtprogramm oder Tätigkeiten der Landesverteidigung, verstärkt auch private Unternehmen beauftragt 44. Dabei führt vor allem der allgemeine Trend zur Privatisierung
40 U.S. Department of Justice, Criminal Justice Statistics-1994, Übersicht 2.11. Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807,1832 (1995). 42 Glionna, Private Patrol, Los Angeles Times, Aug. 1, 1992, at B l . Conolly sieht die einzige Lösung dieses Problems darin, daß sich die Polizei nur noch um die Kapitalverbrechen kümmert, die das Sicherheitsgefühl der Bürger am stärksten beeinträchtigen. Weniger bedeutende Verbrechen müßten zwangsläufig vernachlässigt werden; in: Conolly/Reid, Working Together, 35 Security Management, Jan. 1991, at 50. 43 Gagel, in: Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1831 (1995), bezeichnet diese seit Beginn der Sechziger Jahre anhaltende Entwicklung als Trend zur Selbsthilfe. Etwas martialisch dagegen Webb, der die private Sicherheit sogar als Amerikas Antwort auf Verbrechen, Chaos und eine zerbröckelnde soziale Ordnung sieht; in: Webb/Harrigan/Sundance, Private Police in California, 5 Golden Gate U. L. Rev. 115, 116 (1975). Ähnlich auch Conolly, in: Conolly/Reid, Working Together, 35 Security Management, Jan. 1991, at 50. 44 Nemeth, Private Security and the Law, S. 11 f.
1. Kap.: Entwicklung der gewerblichen Sicherheit
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zu einer immer stärkeren Inanspruchnahme privater Sicherheitsdienste durch die öffentliche Hand. Schlagworte wie „lean state" und das damit verbundene „contracting out" bezeichnen die Bestrebung, den Staat auf seine wesentlichen Aufgaben zurückzuführen und infolgedessen unnötigen Ballast abzuwerfen. Verschiedene, nicht notwendig vom Staat zu erfüllende Aufgaben werden an private Anbieter vergeben, die in der Lage sind, diese meist kostengünstiger auszuführen 45. Ungeachtet der Frage, ob die Wahrung der öffentlichen Sicherheit als eine der wesentlichen Aufgaben des Staates anzusehen ist, die sich für eine derartige Privatisierung eigentlich gar nicht eignet, steht freilich fest, daß tatsächlich immer mehr öffentliche Körperschaften private Anbieter mit der Überwachung ihrer Einrichtungen beauftragen. So setzen beispielsweise einige Kommunen in ihren öffentlichen Parks private Sicherheitskräfte als Patrouillen ein 46 . Auch öffentliche Sportarenen wie das Freecom Stadium in San Francisco oder das Giants Stadium in New Jersey werden inzwischen privat bewacht. In vielen amerikanischen Städten haben die Sicherheitsdienste mittlerweile die Überwachung der öffentlichen Sozialwohnungsbauten übernommen. Generell sind viele amerikanische Kommunen dazu übergegangen, die Mehrzahl ihrer öffentlichen Gebäude nur noch von Privaten überwachen zu lassen47. In Reminderville, Ohio, wurde dieser Privatisierungsgedanke bis jetzt am konsequentesten zu Ende gedacht. In dieser 2000 Einwohner zählenden Gemeinde, in der kein öffentliches „police department" mehr existiert, sorgt ausschließlich eine von einem pensionierten Polizeichef gegründete Privatfirma für die öffentliche Sicherheit und Ordnung innerhalb der Gemeindegrenzen. Diese Firma verlangt für ihre Leistungen von der Gemeinde lediglich die Hälfte des Betrages, den diese zuvor für die entsprechende öffentliche Versorgung durch den „county sheriff 4 bezahlen mußte; darüber hinaus wurden die Notrufzeiten von 45 auf nurmehr sechs Minuten verkürzt 48 . Es sind aber nicht nur die Kommunen, die dieses „contracting out" im Bereich der Sicherheit betreiben. Mittlerweile wird in vielen Teilen des Landes auch die 45 Ein Eingehen auf die Kostenvorteile der Privatisierung und die Gründe hierfür würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Insofern sei auf die Ausführungen von Hagemeisters in: Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, S. 72 ff. und die dort enthaltenen Verweisungen hingewiesen. 46 Poole, Cutting Back City Hall, S. 40; sowohl die kalifornischen Kommunen, San Diego, Los Angeles County und Norwalk, als auch St. Petersburg, Florida, sind bereits zu dieser Praxis übergegangen. 47 Ausführlich zum Ganzen, mit Angabe weiterer Beispiele, siehe: Fixier/Poole, Can Police Services be Privatized?, S. 32 f. in: Bowman /Hakim /Seidenstat, Privatizing the United States Justice System. 48 Siehe ausführlich zu diesem Beispiel: Savas, Privatization, the Key to Better Government, S. 182 f. Ein Dienststellenleiter der New Yorker Polizei hält es gar für möglich, daß eines Tages ein Unternehmer kommen wird, der anbietet den Stadtteil Bronx für 50 Mio. USDollar weniger und nebenbei effektiver zu bewachen als es die Polizei tut; Teltsch, Private Guard Forces, New York Times, Jan. 29,1984, at 4.
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3. Teil: Situation in den USA
Sicherheit in den Gerichtssälen der Bundes- und Staatsgerichte durch private Sicherheitskräfte gewährleistet 49. Ein weiteres Beispiel für diesen allgemeinen Privatisierungstrend stellt die Praxis einiger Staaten dar, inzwischen sogar ihren Strafvollzug zu privatisieren 50. Die von den staatlichen Strafgerichten zu Freiheitsstrafen verurteilten Straftäter werden in diesen Fällen an gänzlich von Privaten betriebene Haftanstalten überstellt. Ungeachtet der Tatsache, daß auch dieser Problematik ein sicherheitsrelevantes Tätigwerden von Privatpersonen zugrunde liegt, ist festzustellen, daß dieses dennoch jenseits der Grenzen des in dieser Arbeit zu behandelnden Untersuchungsgegenstandes liegt. Neben den anderen Zielen der Freiheitsstrafe wie Generalprävention und Resozialisierung dient die im Rahmen des Strafvollzugs durchzuführende Bewachungstätigkeit nämlich dazu, die Allgemeinheit vor den bewachten Personen zu schützen. Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist jedoch die oben definierte „private security", also die Bewachung fremder Personen und deren Rechtsgüter. An dieser Stelle soll es daher mit dem bloßen Hinweis auf die Existenz solcher privat geführter Gefängnisse sein Bewenden haben51. Als Ursache für die gesteigerte staatliche Nachfrage nach privater Sicherheit ist neben dem allgemeinen Trend zur Privatisierung in den letzten Jahren ein verstärktes Bedürfnis auch der öffentlichen Hand nach Sicherheit auszumachen. So hat die für die USA bis dahin weitgehend unbekannte Konfrontation mit terroristischen Aktivitäten im eigenen Land zu einer massiven Verstärkung der Sicherheitsvorkehrungen in öffentlichen Gebäuden geführt 52. Da diese inzwischen geforderten Standards allein durch den verstärkten Einsatz von Sicherheitspersonal zu erreichen sind, die öffentlichen Kräfte jedoch ohnehin bereits überlastet sind, konnten die erhöhten Standards nur durch die Beauftragung privater Firmen erreicht werden 53.
49 Wackenhut, Court Officers now in 21 States, Wackenhut Pipeline, Dec. 1984, at 1,4. 50 Dies führt so weit, daß die Aktien einiger privater Gefängnis-Bewirtschaftungsunternehmen an der Wall Street bereits als Anlageobjekt empfohlen werden; Thullen, Die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch private Sicherheitsunternehmen, in: Polizei-Führungsakademie-Seminar, S. 194. Ein detailliertes Eingehen auf die Problematik der Privatgefängnisse stellt ein reiches Betätigungsfeld für eigene Abhandlungen dar und würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Ausführlich zu dieser Thematik, siehe: Robbins, The Legal Dimensions of Private Incarceration, 38 Am. U. L. Rev. 531 (1989); dieselbe, Privatization of Prisons: An Analysis, 20 Conn. L. Rev. 813 (1988) und The Delegation Doctrine on Prison Privatization, 35 UCLA L. Rev. 911 (1988); Field, Making Prisons Private, 15 Hofstra L. Rev. 649 (1987); Sullivan, Privatization of Corrections, 53 Federal Probation 36 (1989); Mayer, Private Operation of Prisons, 20 Criminal Law Bulletin 309 (1986). 52 Hierbei wären für die jüngste Vergangenheit vor allem die Bombenattentate auf das World Trade Center, das Bürogebäude in Oklahoma City und den Centennial Park in Atlanta während der Olympischen Spiele 1996 anzuführen. 53 Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1831 (1995); weitere Beispiele für eine Privatisierung von Polizeiaufgaben: Nitz, „Private Policing" in den Vereinigten Staaten, VerwArch 1998, S. 306, 318.
1. Kap.: Entwicklung der gewerblichen Sicherheit
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4. Weitere Gründe
Neben diesen Hauptursachen für die verstärkte Beauftragung privater Sicherheitsunternehmen existieren aber noch weitere Gründe für das immense Wachstum derartiger Dienste. Bedingt durch das bestehende private, beliebig regelbare Auftragsverhältnis gehen private Sicherheitsdienste sehr genau auf die jeweiligen Wünsche ihrer Kunden ein. Die doch recht stark dienstleistungsorientierte und gewohnte amerikanische Bevölkerung fühlt sich von einem weisungsgebundenen „security officer" also zumeist besser versorgt als von der Polizei 54 . Weiter hat die Zunahme der durchschnittlichen privaten Einkommen in den letzten Jahren einerseits zu einer Vermehrung der zu beschützenden Besitztümer und damit zu einer größeren Sicherheitsnachfrage geführt, es andererseits aber auch immer mehr Leuten ermöglicht, sich die Dienste der Privaten zu leisten. Auch das Versicherungswesen trägt aus verschiedenen Gründen seinen Teil zur Expansion der privaten Sicherheitsdienste bei. Zum einen wird bei den zu versichernden Industrieunternehmen oder Einzelhandelsgeschäften in den Versicherungsverträgen teilweise ein bestimmter Sicherheitsstandard gefordert. Dieser kann von den Versicherten oft nur durch den Einsatz von Wachleuten erreicht werden. Viele Versicherungen gewähren ihren Kunden Prämiennachlässe, wenn bei ihnen das Überfallrisiko durch die Beschäftigung von Sicherheitspersonal verringert wird. Nach dem Motto Prävention statt Ersatz wird die Möglichkeit, seine Güter von Privaten schützen zu lassen, aber auch teilweise als ein kostengünstigeres Substitut für eine Versicherung angesehen55.
5. Zusammenfassung Zusammenfassend kann also ein durch die Entwicklung der Sicherheitslage bedingter, erhöhter Schutzbedarf festgestellt werden. Dies gilt sowohl für die öffentliche Hand als auch für die privaten Auftraggeber von Sicherheitsunternehmen. Bei letzteren muß allerdings dahingestellt bleiben, inwieweit dieses Verhalten rational nachvollziehbar ist. Da es Privaten grundsätzlich möglich ist, viele Sicherheitsaufgaben kostengünstiger anzubieten als der Staat, sieht dieser selbst sich in vielen Fällen veranlaßt, Sicherheitsleistungen nicht mehr von eigenen Kräften erbringen zu lassen, sondern gewerbliche Anbieter damit zu beauftragen. Somit lassen sich also ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis einerseits und das allgemeine Streben nach Privatisierung andererseits als die Hauptursachen für das überdurchschnittliche Wachstum des privaten Sicherheitsgewerbes identifizieren.
54
Conolly/Reid, Working Together, 35 Security Management, Jan. 1991, at 50; ähnlich Nitz,,»Private Policing" in den Vereinigten Staaten, VerwArch, S. 306, 326 ff. 55 Zum Zusammenhang zwischen Versicherungen und privater Sicherheit ausführlich: Kakalik/Wildhorn, Private Police, S. 29 ff.
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3. Teil: Situation in den USA
Zweites Kapitel
Erscheinungsformen des Tätigwerdens des privaten Sicherheitsgewerbes im Bereich der Gefahrenabwehr Als Ausgangspunkt der weiteren Darstellung ist wiederum zunächst ein Überblick über die verschiedenen Kategorien privater Bewachungstätigkeit zu gewähren. Entsprechend den Ausführungen des zweiten Teils wird dabei auch hier eine Einteilung anhand des Grades von staatlichem Einfluß auf die jeweilige Form der Sicherheitsdienstleistung gewählt.
A. Eigenständige, ohne spezialgesetzliche Befugnisse ausgestattete Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte Entsprechend dem Aufbau in Teil zwei der Arbeit ist dabei zunächst die Gruppe derer anzusprechen, denen keinerlei obrigkeitliche, staatlich übertragene Sonderermächtigungen zur Verfügung stehen. Die „security officer" dieser ersten Kategorie besitzen somit keinerlei Befugnisse, die über diejenigen eines normalen Bürgers hinausgehen. Dieser entsprechend relevante Handlungsrahmen eines Normalbürgers beschränkt sich auch in den USA auf die allgemeinen Selbsthilfe- und Notrechte. Grundsätzlich kann also vorab festgestellt werden, daß der durchschnittliche „security officer", der weder über eine spezialgesetzliche Ermächtigung noch über eine „deputization" 56 einer dazu berechtigten Instanz verfügt, seiner Tätigkeit - ebenso wie der deutsche Wachmann - nur unter Zuhilfenahme der allgemeinen Notrechte nachgehen kann. Berücksichtigt man die weiter unten noch darzulegende Typenvielfalt an speziell bevollmächtigten Privaten im Bereich der gewerblichen Sicherheit 57, so überrascht es doch etwas, daß trotzdem jene, die sich bei ihren Tätigkeiten auf die durch die Jedermannrechte vermittelten Möglichkeiten beschränken müssen, auch in den USA den bei weitem größten Anteil an der Gesamtzahl der im Bereich der gewerblichen Sicherheit Beschäftigten ausmachen.
56 Zur Erläuterung dieses Begriffs siehe die folgenden Ausführungen. 57 Hierzu vor allem Kapitel drei, Abschnitt Β. II.
2. Kap.: Erscheinungsformen des Tätigwerdens
193
B. Obrigkeitliche Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte; „commission" und „deputization" I. Rechtmäßigkeit der „deputization" im Bereich der privaten Sicherheit Eine in fast allen Staaten vorkommende Form der privaten Sicherheit stellt die der „deputized private watchmen" dar. Bei der „deputization"58 handelt es sich um einen relativ umfassenden, damit aber auch etwas diffusen Begriff, der verschiedene Methoden beinhaltet, nach denen die Befugnisse von Bürgern, meist jedoch von registrierten privaten Sicherheitskräften, auf das Niveau von Polizisten angehoben werden können 59 . In einer vom amerikanischen Bundesjustizministerium in Auftrag gegebenen, aus dem Jahre 1971 stammenden Studie, wurde die Rechtsfigur der „deputization" als formelles Verfahren 60 definiert, nach dem Bund, Länder und Kommunen Privatleute mit dem Status bzw. den Befugnissen eines Polizisten versehen können. Diese Übertragung, die allerdings aus dem derart Bevollmächtigten keinen Funktionsträger des Staates macht, sondern ihm den Status eines Privaten beläßt, gilt jedoch lediglich für einen bestimmten, im Übertragungsverfahren genau definierten Zeitraum und einem ebenso genau begrenzten geographischen Bereich 61 . Häufigstes Beispiel dieser „deputization" ist der Fall, daß der Leiter des jeweils zu bewachenden Unternehmens die Namen und Daten der zu bevollmächtigenden Personen an die jeweils zuständigen Behörden, die sogenannten „commissioning agencies" weiterleitet 62. In den meisten Fällen sind diese „commissioning agencies" die jeweils zuständigen örtlichen Polizeibehörden. Stellvertretend für andere Staaten sei hier die Gesetzgebung Ohios anzuführen, nach welcher der Leiter eines jeden kommunalen „police departments" private Polizisten ernennen darf, die zwar mit Polizeibefugnissen ausgestattet werden können, ohne dadurch jedoch zu Mitgliedern des „departments" zu werden 63. Diese Behörden verleihen den Wachkräften dann im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Handlungsbefugnisse, wie sie normalerweise ausschließlich vereidigten Polizisten zustehen64. Die Ausübung dieser zusätzlichen Befugnisse ist jedoch fast ausnahmslos auf Betriebsgelände und Gebäude des Unternehmens 58 Die Begriffe der „deputization" und der „commission" haben in diesem Kontext die gleiche Bedeutung und sind daher synonym verwendbar. Siehe auch Braun /Lee, Private Police Forces, 38 U. Chi. L. Rev. 555, 559 (1971); Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 16,94. 59 Kakalik/Wildhorn, The Private Police, S. 322. 60 Auf die jeweiligen, dieses Verfahren regelnden Vorschriften wird im dritten Kapitel, im Rahmen der diesen „deputized watchmen" zustehenden Befugnisse einzugehen sein. 61 Kakalik/Wildhorn, The Law and Private Police, S. 4. 62 Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 16. 63 ORC Ann. 737.05. 64 Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 16. 13 Huber
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3. Teil: Situation in den USA
beschränkt, für das der jeweils Bevollmächtigte arbeitet. Diese Kompetenzen stehen den Bevollmächtigten auch nur für die Dauer ihres Arbeitsverhältnisses mit dem die Registrierung beantragenden Auftraggeber zu und im Gegensatz zu den öffentlichen Sicherheitskräften auch nur während ihrer jeweiligen Dienstzeiten65. Auch der U.S. Supreme Court hat diese Art der Verleihung von Befugnissen als rechtmäßig anerkannt. So heißt es in der Entscheidung NLRB v. Jones & Laughlin Steel Corp., daß es in den USA übliche Praxis wäre, private Sicherheitskräfte mit den Befugnissen eines Polizisten auszustatten, damit sie auf diese Weise den Privatbesitz ihres privaten Arbeitgebers effektiv beschützen können. Bei der Ausübung ihrer Polizeiaufgaben handeln sie dann wie ganz normale Polizisten; mit denselben Rechten aber auch denselben Verpflichtungen, die mit diesem Status verbunden sind 66 . Die grundsätzliche Rechtmäßigkeit dieses Verfahrens wurde daher nie ernsthaft in Frage gestellt. Nach einer aus dem Jahr 1985 stammenden Studie für das US-Justizministerium praktizieren ca. 25 Prozent aller mittleren und großen „police departments" dieses Verfahren der „deputization" 67 . Das Hauptargument für diese Art der Bevollmächtigung dürfte in der dadurch zu erreichenden Entlastung der öffentlichen Polizei zu sehen sein 68 . Durch die Tatsache, daß die Wahrung der Sicherheit in privaten Unternehmen auf diese Weise auch von Privaten in vollem Umfang und mit umfassenden Befugnissen wahrgenommen werden kann, wird es der Polizei ermöglicht, sich verstärkt auf die Probleme der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung im öffentlichen Bereich zu konzentrieren 69. Ein weiteres, allerdings nicht im Zusammenhang mit der gewerblichen Sicherheit stehendes Beispiel für die durch „deputization" zu erzielenden Entlastungsmöglichkeiten stellt die Praxis einiger Polizeiinspektionen dar, bei einer notfallbedingten Überlastung ihrer Personalkapazitäten Bürger anzuwerben, die, sobald sie ausreichend bevollmächtigt sind, der Polizei in diesem einen speziellen Fall assistieren können 70 . So liegt z. B. auch dann ein Fall von „deputization" vor, wenn ein Polizist während eines Einsatzes einen Bürger bittet, ihn bei einer Durchsuchung oder einer Verhaftung zu unterstützen 71. Diese Art der Verleihung von Spezialbefugnissen war schon in der Pionierzeit der Besiedlung des amerikanischen Westens üblich. Damals schon hatte jeder „sheriff 4 die Möglichkeit, bei Bedarf einzelne Bürger, meistens Freiwillige, als Hilfssheriffs, sogenannte 65 Ibd., S. 16, 17. Wie später beim „police moonlighting" noch aufgezeigt werden wird, stehen einem vereidigten Polizisten im Gegensatz zu dem durch „deputization" bevollmächtigten Privaten seine Befugnisse auch dann zur Verfügung, wenn er nicht im Dienst ist. « 331 U.S. 416; 429 (1946); ebenso in: Williams v. United States 341 U.S. 97; 99, 100. In Griffin v. Maryland 378 U.S. 130 (1962) wird es als gegeben vorausgesetzt, daß ein Privater mittels „deputization" mit staatlicher Autorität ausgerüstet wird. 67 Cunningham/Taylor, Hallcrest Report I, S. 324.
68 So auch Bates, Special Police Powers, 33 Security Management, Aug. 1989, at 54. 69 Bates, ibd., S. 54. 70 Ibd., S. 55. 71 Kakalik, The Private Police, S. 226.
2. Kap.: Erscheinungsformen des Tätigwerdens
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„casual deputies" einzusetzen. Auch deren Status und Befugnisse waren auf die Zeit des jeweiligen Einsatzes limitiert, für den ihre Dienste benötigt wurden 72 . II. „Deputized watchmen" als Bestandteil der „proprietary security" Der Klarstellung halber ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß diese „deputized private watchmen" zu einem großen Teil direkt bei den jeweiligen zu bewachenden Institutionen wie Universitäten oder Bahnlinien angestellt sind. Damit gehören sie jedoch überwiegend zur „proprietary security" und liegen eigentlich außerhalb der Grenzen des oben definierten Untersuchungsgegenstandes der „contractural security" 73 . Berücksichtigt man jedoch den hohen Stellenwert, den diese obrigkeitlich befugten Sicherheitskräfte innerhalb der US-amerikanischen „private security" einnehmen sowie die guten Erfahrungen, die dort mit dieser Art der Gefahrenabwehr gemacht wurden, so erscheint ein vertieftes Eingehen auf diese spezielle Erscheinungsform privater Sicherheit geboten; dies gerade im Hinblick auf die Zielsetzungen der Rechtsvergleichung, also der Absicht, aus den Problemlösungen der Amerikaner zu lernen 74. Anzumerken ist weiterhin, daß aufgrund des allgemeinen Bestrebens zum „lean management" und „outsourcing" auch immer mehr dieser Betriebe dazu übergehen, externe Bewachungsunternehmen mit der Erledigung ihrer sicherheitsrechtlichen Belange zu beauftragen 75. Auch wenn also, wie bereits erwähnt, der Großteil der „deputized watchmen" zur Zeit noch direkt, gewissermaßen als Werkschutzkraft bei den zu schützenden Einrichtungen beschäftigt ist, ist zu erwarten, daß auch diese Sicherheitsdienstleistungen in Zukunft verstärkt durch die Unternehmen des eigentlichen Bewachungsgewerbes durchgeführt werden. I I I . Einsatzgebiete der „deputized watchmen" Im Rahmen der in diesem Kapitel darzustellenden verschiedenen Erscheinungsformen der privaten Sicherheit ist im folgenden auf die einzelnen Bereiche einzugehen, in denen die „deputized private watchmen" tätig werden.
72 Bopp/Schultz, Principles of American Law Enforcement and Criminal Justice, S. 54 f. 73
Hierzu ausführlich: Teil eins, Kapitel zwei, Abschnitt B. III. Bereits vorab sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß die nachfolgende Darstellung von „proprietary security" deshalb ausnahmsweise durchgeführt wird, um im Rahmen des Rechtsvergleichs in Teil vier einen Lösungsvorschlag für die Problematik um die deutschen Eigensicherungspflichten zu erarbeiten. 75 Speziell für den US-amerikanischen Markt: Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 704,707. Allgemein zu diesem Trend: Mahlberg, Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitsunternehmen, S. 42 f. 74
13*
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3. Teil: Situation in den USA
1. Universitätspolizei Vor der folgenden Analyse der sogenannten „campus security", also der Sicherheit und Ordnung auf einem Universitätsgelände, sei angemerkt, daß das Hochschulwesen der USA sowohl aus staatlichen als auch aus privaten Instituten besteht. Hess/Wrobleski beispielsweise differenzieren aber nicht nach dem Träger der jeweiligen Universität. Für sie gehören die universitätseigenen Sicherheitsdienste sowohl der privaten als auch der öffentlichen Hochschulen zu den Einrichtungen der „private security" 76 . Dieser Pauschalisierung kann jedoch nicht gefolgt werden. Der Universitätspolizist einer staatlichen Bildungseinrichtung ist Angestellter einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft und erhält seine Bezüge aus öffentlichen Mitteln. Er ist somit nicht als Privater im Sinne der im ersten Teil dargelegten Definition anzusehen, sondern im Gegenteil als professioneller Funktionär des Staates. Als solcher fällt er aber auch nicht unter den hier zu untersuchenden Begriff der „private-", sondern eben unter den der „public security". Dementsprechend ist auch in den jeweiligen Polizeigesetzen der meisten Staaten per Legaldefinition festgelegt, daß die bei öffentlichen Bildungseinrichtungen tätigen Campuspolizisten als „peace officer", also als mit vollen polizeilichen Befugnissen ausgestattete staatliche Polizisten anzusehen sind 77 . Diesen Polizistenstatus eines „campus security officers" an einer staatlichen Universität scheinen Hess/Wrobleski zu übersehen. Der Untersuchungsgegenstand dieses Abschnitts über die „campus security" ist daher richtigerweise allein auf die privaten Universitäten zu beschränken. Zwar verfügen die meisten der amerikanischen Universitäten schon seit über 100 Jahren über eigene Sicherheitsabteilungen. Diese beschäftigten jedoch bis Ende der dreißiger Jahre vorwiegend Wachmänner, die lediglich mit dem Abschließen von Türen und ähnlich einfachen Überwachungstätigkeiten betraut waren 78 . Im Laufe der folgenden Jahre wurden diese Wachmänner immer stärker auch mit eingriffsbezogenen sicherheitsrelevanten Aufgaben betraut, wenngleich sie diesen auch noch nachgehen mußten, ohne mit Spezialbefugnissen ausgestattet zu sein 79 . Der endgültige Trend zu einer Professionalisierung und umfassenden Zuständigkeit dieser „campus police departments" begann erst während der Studentenproteste Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger Jahre. In dieser Zeit kam es auch zu einer vermehrten Beschäftigung von immer besser ausgebildeten Sicher76
In: Introduction to Private Security, S. 580 ff. Ebenfalls etwas undeutlich bei der Trennung, ob es sich um private oder staatliche Universitäten handelt: Fixier/Poole, Can Police Services be Privatized?, in: Bowman /Hakim /Seidenstat, Privatizing the United States Justice System, S. 36. 77 Stellvertretend für alle anderen Staaten, in denen die Einrichtung von „campus police departments" gesetzlich geregelt ist, z. B.: Kalifornien; Cal Pen Code 830.2 (d ); Illinois, 110 ILCS 305/7; Massachusetts, Mass Ann Laws Ch 22C, 32; Ohio, Rev Code Ann. 109.71 (A) (12); Texas, Ta Educ Code 51.203 (a), (b). 78 Powell/Pander/Nielsen, Campus Security, S. 3. 79 Bordner/Petersen, Campus Policing, S. IX ff.
2. Kap.: Erscheinungsformen des Tätigwerdens
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heitskräften 80 . Zwar gehören diese Studentenrevolten mittlerweile der Vergangenheit an, doch sehen sich die Universitäten in der letzten Zeit immer stärker mit dem Problem der rapide zunehmenden Gewaltkriminalität gegen Mitglieder der Universitätsgemeinschaft konfrontiert 8 1 . Als weiterer Grund für das Anhalten dieses vor 30 Jahren begonnenen Trends zu immer mehr Professionalität der campuseigenen Polizei dürfte anzuführen sein, daß zumindest die großen Universitäten immer mehr zu selbständigen, von der direkten Umgebung unabhängigen Einheiten werden 8 2 . In diesem Zusammenhang ist auch ein immer stärkerer Einsatz von Sicherheitspersonal festzustellen, dessen Befugnisse mittels „deputization" denen eines normalen Polizisten angepaßt wurden. Während zu Beginn der Sechziger Jahre noch kaum eine Universität über derart bevollmächtigtes Sicherheitspersonal verfügte, haben bis heute viele Staaten 83 die gesetzlichen Voraussetzungen geschaffen, Polizeibefugnisse an private Campusbewacher privater Universitäten zu übertragen 84 . Zusammenfassend kann also festgestellt werden, daß Privatuniversitäten in vielen Staaten die Möglichkeit haben, eigenes Sicherheitspersonal mit polizeilichen Befugnissen ausstatten zu lassen und von dieser Möglichkeit auch in immer größerem Umfang Gebrauch machen. Einer 1995 veröffentlichten Studie 8 5 zufolge, wird 80
Powell/Pander/Nielsen, Campus Security, S. 6. Bordner/ Petersen sehen einen der Hauptgründe für den verstärkten Einsatz universitätseigener Sicherheitskräfte in den schlechten Erfahrungen, die zu dieser Zeit mit dem Auftreten staatlicher Polizei und den damit verbundenen aggressiven Reaktionen der Studenten gemacht wurden; in: Campus Policing, S. XI. β» Powell/Pander/Nielsen, Campus Security, S. 7; Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 582 ff.; Arbetter, Textbook of Campus Security, 38 Security Management, Sept. 1994, at 40,43 f. 82 Einige der größeren Universitäten beanspruchen für ihr Campusgelände mehr Platz als eine mittelgroße Stadt; zu Beispielen siehe: National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 45. 83 Zwar wurden derartige „Campus Police Acts" in fast allen Staaten erlassen. Einige Staaten wie ζ. B.: Alabama, Ala. Code § 16-22-2; Arkansas, Ark. Code Ann. § 25-17-301; Kalifornien; Cal Educ Code, § 89560, 92600; Colorado, Colo. Rev. Stat. § 18-1-901; Delaware, Del. Code Ann. tit. 14, § 5104; Florida, Fla. Stat. Ann. § 240.268; New York, N.Y. Educ. Law § 355 (2) (1); New Mexico, N.M. Stat. Ann. § 29-5-2; oder Pennsylvania, Pa Stat Ann tit. 71, § 646 gewähren derartige Polizeibefugnisse jedoch nur den Sicherheitskräften an staatlichen Universitäten, die aber, wie bereits oben erwähnt, wegen ihres öffentlichen Status jenseits der zu untersuchenden „private security" liegen. 84 Zu den Staaten, in denen auch private Universitäten ein „campus police department" mit umfassend befugtem Personal einrichten dürfen, gehören z. B.: Georgia, O.C.G.A. 20 8-1 I.V. mit der Auslegung dieser Norm durch den Generalstaatsanwalt (1980 Op. Att'y Gen No. U 80-17); Illinois, 110 ILCS 1020/1, § 2; New Jersey, N.J. Stat Ann § 18A: 6-4.1; North Carolina, N.C. Gen Stat 74E-6 (b) (1); Ohio, ORC 1713.50; Oklahoma, Okl St 360.17 A i.V.m. 360.16.5; Rhode Island, RI Gen Laws 12-2.1-1; South Carolina, S.C. Code Ann 59-116-10,20 und Washington, RCW 28B. 10.550. 85 International Association of Campus Law Enforcement Administrators (IACLEA), Campus Crime Report 1991 - 9 3 , S. 2.
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3. Teil: Situation in den USA
an 70 Prozent der an der Umfrage beteiligten und an 91 Prozent der Universitäten mit einer Anzahl von über 15.000 Studenten und Beschäftigten privates Sicherheitspersonal tätig, welches mit polizeilichen Spezialbefugnissen ausgestattet ist 8 6 . Die im Wege der „deputization" bevollmächtigten Sicherheitskräfte bleiben jedoch Angestellte der Universität bzw. des von dieser beauftragten Bewachungsunternehmens und sind als solche auch weiter deren Weisungen unterworfen. Zwar besteht für den Leiter der jeweils für die Bevollmächtigung zuständigen Polizeidienststelle die Möglichkeit, die Dienste der Universitätspolizisten bei einem Notfall - gewissermaßen als Einsatzreserve - auch für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Anspruch zu nehmen87. Doch selbst diese Verpflichtung zu einem etwaigen Tätigwerden auf öffentlichem, außerhalb der Campusgrenzen liegendem Terrain macht diese Sicherheitskräfte nicht zu solchen des Staates, sondern beläßt ihnen den Status eines Privaten.
2. Bahnpolizei Bereits in der im ersten Kapitel erfolgten historischen Darstellung der privaten Sicherheit in den USA wurde darauf hingewiesen, daß der Schutz der Eisenbahn und der von ihr transportierten Personen und Güter seit jeher ihren Betreibern obliegt. Damals wie heute befindet sich die Bahn in den USA in privaten Händen. Dieser Aspekt und die Tatsache, daß eine Bahnlinie meistens mehrere Staaten und daher Geltungsbereiche von verschiedenen, die Frage der Sicherheit und Polizei betreffenden Gesetzen durchquert, machte es problematisch, ja geradezu unmöglich, die Sicherheit auf Bahnlinien und in Bahnhöfen einheitlich und vor allem öffentlich zu gewährleisten 88. Das Problem der Sicherheit in diesem Bereich stellt sich daher auch heute noch als ein solches der privaten Betreiber dar, die jedoch bei der Bewältigung dieser sicherheitsrechtlichen Aufgabe auf eine staatliche Unterstützung in der Form von Ermächtigungsgesetzen vertrauen dürfen. Fast ebenso alt wie die Einrichtung einer privaten Bahnpolizei ist denn auch die Praxis, diese mit öffentlichen Polizeibefugnissen zu bevollmächtigen. So existierte beispielsweise in Pennsylvania bereits im Jahre 1865 ein Gesetz, das die dort ansässigen 86 In dieser Studie wurden 830 Universitäten befragt, die eine Anzahl von Studenten und Beschäftigten von 360 bis 228.000 aufzuweisen hatten. Wahrend die größeren Universitäten (ab 10.000 Studenten) „police departments" betreiben, die die gesamte Palette an polizeilichen Tätigkeiten anbieten, herrscht an den kleineren Universitäten nach wie vor noch das klassische Nachtwächterprinzip vor; siehe: Bordner/Petersen, Campus Policing, S. 3. 87 Powell/Pander/Nielsen, Campus Security, S. 88. 88 Bowman, Privatizing the United States Justice System, S. 36. Zu den Risiken, denen die Bahn und die von ihr transportierten Güter und Personen auf dem circa 400.000 Meilen umfassenden Schienennetz und den Bahnhöfen ausgesetzt sind und die ein effektiv arbeitendes Sicherheitssystem erforderlich machen, siehe: National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 55.
2. Kap.: Erscheinungsformen des Tätigwerdens
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Bahngesellschaften dazu ermächtigte, privates Sicherheitspersonal zu beschäftigen, das mittels „deputization" mit vollen Polizeibefugnissen ausgestattet war 89 . Zu dieser Zeit, als noch kein flächendeckendes Netz von öffentlichen „police departments" existierte, stellte die Bahnpolizei in einigen Teilen des Landes teilweise sogar die einzige Institution dar, die für die Sicherheit der Bevölkerung sorgte 90. So wird die „deputization" im Bereich der privaten Bahnpolizei einerseits als die ursprünglichste Form der „private security" angesehen91, andererseits aber auch als die einzige private Einrichtung mit derartig weitreichenden Polizeibefugnissen92. Mit Hilfe der mittlerweile in 41 Staaten existierenden Ermächtigungsgesetze93 wurde ein Stab von derzeit bundesweit 3.500 Bahnpolizisten mit dem Status eines „deputized private watchman" versehen 94.
3. Einzelhandelsgeschäfte Bereits Mitte der sechziger Jahre war bei den amerikanischen Einzelhandelsgeschäften ein zunehmender Trend weg von den kleinen „Ein-Mann-Kramerläden", in denen der ganze Verkaufsbereich vom Ladenbesitzer überblickt werden konnte, hin zu den großen Supermärkten mit Selbstbedienung zu beobachten. Bedingt durch die für diese Supermärkte typischen unüberschaubar großen Räumlichkeiten, die Tatsache, daß der Kunde sich die Waren selbst aus den Regalen nehmen kann und der relativ geringen Anzahl an überwachendem Personal, kam es jedoch zugleich auch zu einem dramatischen Anstieg der Ladendiebstähle95. Allerdings ist bei der Analyse der Ursachen dieses Anstiegs auch zu berücksichtigen, daß es nicht ausschließlich die Kunden eines Einzelhandelsgeschäfts sind, die für dieses Anwachsen der Diebstahlsquote gesorgt haben, sondern zu einem nicht unerheblichen Teil auch die Angestellten selbst96. 89 Shallo, Private Police, S. 25. 90
Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 17. Bowman, Privatizing the United States Justice System, S. 36; ebenso: National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976. 92 Zeirke, Chicago Knights, Trains Magazine, Feb. 1993, at 62. » Lawrence, Private Exercise of Governmental Power, 61 Ind. L.J. 647,667 (1986). 94 Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 464; National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 31. 9 5 Brazener, False Imprisonment Action, 47 A.L.R. 3d 998 (1995), art. 3; Hannon, The Legal Side of Private Security, S. 162. Zu den Ausmaßen, die viele der amerikanischen „shopping malls" mittlerweile angenommen haben, und dem damit verbundenen Anstieg der Ladendiebstahlsquoten, siehe ausführlich: Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 510 ff. 91
* Teilweise wird sogar angenommen, daß 75 Prozent der Warendiebstähle in den Einzelhandelsgeschäften durch das eigene Personal begangen werden; siehe: Marshall, Fifth Amendment Protection to Private Security Guard Abuse, 96 Dick. L. Rev. 37, 42 f. (1991). Nach
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3. Teil: Situation in den USA
Vor diesem massiven Anstieg konnten sich die Kaufleute gegen derartige Angriffe durch Ladendiebe, gleich ob externer oder interner Herkunft, mit dem auf den Grundsätzen des „citizen's arrest" begründeten allgemeinen Festnahmerecht wirksam zur Wehr setzen. Durch das vermehrte Auftreten von Ladendiebstählen wurde jedoch immer deutlicher, daß die durch den „citizen's arrest" vermittelten Befugnisse in den meisten Fällen kein ausreichendes Mittel zur effektiven Bekämpfung der Ladendiebstähle darstellten. Berücksichtigt man, daß es sich bei Diebstahl lediglich um ein Vergehen handelt, und deshalb sehr hohe Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Festnahme gestellt werden 97, so war es den Geschäftsinhabern bzw. deren Angestellten oft nicht möglich, die des Diebstahls Verdächtigen rechtmäßig bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten. Die bei einem bloßen Verdacht stets immanente Gefahr, einen Unschuldigen festgenommen zu haben, ist nämlich stets mit dem Risiko einer zivil- oder strafrechtlichen Klage seitens des unberechtigt Festgenommenen verbunden. Schließlich blieb den Kaufleuten lediglich die Wahl, entweder dieses Risiko einzugehen oder aber bei einem Ladendiebstahlsverdacht wegzusehen und den Verlust der Ware hinzunehmen98. Einige Staaten versuchten damals, das Problem auf dem Wege einer Änderung des einschlägigen „case law" zu lösen. Gerichte räumten den Beschäftigten in Einzelhandelsgeschäften bei der Beurteilung der Angemessenheit einer Festnahme nach den Vorschriften des „citizen's arrest" einen größeren Spielraum ein 99 . Der Großteil der Staaten jedoch bediente sich beim Bemühen um eine Problemlösung des Erlasses spezieller Vorschriften, den sogenannten „shoplifting statutes" 100 . Der primäre Unterschied zwischen diesen und den Grundsätzen des „citizen's arrest" besteht darin, daß den Kaufleuten bzw. den von ihnen beauftragten Sicherheitskräften bei der Festnahme von des Ladendiebstahls verdächtigen Personen eine umfassendere Immunität gewährt wird 1 0 1 . Bei genauerer Betrachtung stellen auch diese Vorschriften eine spezialgesetzliche Ermächtigung dar, die einer bestimmten PerLipman beträgt der durch den Diebstahl von Angestellten verursachte Schaden bundesweit ca. 40 Mrd. Dollar pro Jahr, wobei dieser den Anteil der Angestellten an der Verursachung des Gesamtschadens lediglich auf maximal 30 Prozent beziffert; in: Employee Theft: A USDollar 40 Billion Industry, 498 Annals Am. Acad. Pol. & Soc. Sci. 51,53 (1988). 97 Auf die genauen Voraussetzungen für eine rechtmäßige Festnahme nach den jedermann zustehenden Regeln des „citizen's arrest" wird im dritten Kapitel näher einzugehen sein. An dieser Stelle sei jedoch vorab angemerkt, daß sie für eine wirksame Bekämpfung der zunehmenden Ladendiebstähle nicht ausreichten. 98 Brazener, False Imprisonment Action, 47 A.L.R. 3d 998 (1995), art. 3. 99 Barron, Detaining Shoplifters, 50 N.C. L. Rev. 188 (1971). Die Gerichte entschieden entgegen der bisherigen Grundsätze des „citizen's arrest" dahingehend, daß unter gewissen Umständen die Festnahme auch dann als gerechtfertigt anzusehen ist, wenn sich der Festgenommene im nachhinein als unschuldig erweist. Hierzu sind mittlerweile 41 Staaten übergegangen; Siehe: Hannon, The Legal Side of Private Security, S. 163. 101 Eine Auflistung der Staaten, die eine solche Haftungsbefreiung für Kaufleute mittels der sogenannten „shoplifting statutes" kodifiziert haben, befindet sich in: Szuberla, Defining Private Security Law, 13 U. Toi. L. Rev. 377, 394 Rz. 94 (1982).
2. Kap.: Erscheinungsformen des Tätigwerdens
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sonengruppe aus dem Bereich der Privaten sicherheitsrechtliche Befugnisse verleiht, die über die eines Normalbürgers hinausgehen. Hinsichtlich einer genauen Darstellung des Inhalts und der Reichweite dieser für die Berufsgruppe der Einzelhändler erweiterten Festnahmebefugnisse wird auf die entsprechenden Ausführungen in Kapitel drei verwiesen.
C. Bewachungsgewerbliche Nebentätigkeit von Polizeibeamten; „police moonlighting64 Unter den Begriff des „police moonlighting", dem eigentlich eine eher negative Bedeutung beigemessen wird 1 0 2 , werden diejenigen im Bereich der gewerblichen Sicherheit Tätigen subsumiert, die hauptberuflich als vereidigte öffentliche Polizisten arbeiten 103 . Im Rahmen ihrer „privaten" Nebentätigkeit stellen sie ihre Dienste dann entweder einer Sicherheitsfirma oder unmittelbar bei Banken, Krankenhäusern, Hotels oder ähnlichen Betrieben zur Verfügung 104. Diese Praxis des „moonlighting" trägt zwar zum einen dazu bei, daß mit den Polizisten verstärkt auch gut ausgebildete Kräfte im Bereich der privaten Gefahrenabwehr tätig werden 1 0 5 . Auch stellt sie für die jeweiligen Ordnungshüter eine gute Möglichkeit dar, ihr Einkommen maßgeblich aufzubessern 106. Nichtsdestotrotz werden dadurch auch einige Probleme aufgeworfen, die im folgenden zumindest kursorisch angesprochen werden sollen 107 .
I. Rechtmäßigkeit Da der Begriff des „moonlighting police", wie bereits erwähnt, doch etwas negativ behaftet ist, bietet sich zunächst eine Klärung dahingehend an, ob eine solche 102 „Moonlighting" wird eigentlich als Bezeichnung für Schwarzarbeit oder eine unerlaubte Nebentätigkeit verwendet bzw. gilt als amerikanisches Äquivalent des Begriffs „bei Nacht und Nebel"; siehe: Romain, Dictionary of Legal and Commercial Terms. 103 Bei: Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 17, werden diese Sicherheitskräfte als „security officers who are also police officers" bezeichnet. 104 Cunningham/Taylor, Hallcrest Report I, S. 199. 105 Nach wie vor gilt der Großteil der im Bereich der privaten Sicherheit Beschäftigten als eher unterdurchschnittlich ausgebildet, weshalb die Beteiligung von Polizisten und die damit verbundene Anhebung des durchschnittlichen Ausbildungsstandards auch als eines der Hauptargumente für das „moonlighting" angesehen wird. Siehe: Kakalik/Wildhorn, Private Police, S. 95. 106 Teilweise sind die Einkünfte der Polizisten aus ihrer privaten Nebentätigkeit sogar höher als ihre Beamtenbezüge; siehe: Malcolm, When Private Employers Hire Public Police, The New York Times, Feb. 26, 1989, at 22; ebenso Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1832 (1995). 107 Daß diese Art der Rekrutierung von Tätigen im Bereich der privaten Sicherheit durchaus auf Kritik stößt, verdeutlicht die folgende Äußerung in: Cunningham/Strauchs/Van
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3. Teil: Situation in den USA
Nebentätigkeit für Polizisten überhaupt rechtmäßig sein kann. Die Regelung dieser Problematik ist fast ausschließlich den jeweiligen „police departments" selbst überlassen; Vorschriften diesbezüglich existieren weder auf Bundes- noch auf Gliedstaatenebene108. Ein Überblick über die Handhabung dieses Problems durch die verschiedenen Polizeibehörden der Vereinigten Staaten bzw. die hierzu ergangenen Gerichtsentscheidungen führt zu folgendem Ergebnis: Während einzelne „departments" ihren Polizisten eine derartige Nebentätigkeit strikt verbieten 109 , gibt es wieder andere, die die Entscheidung über die Aufnahme einer solchen völlig ihrem Personal überlassen. Teilweise werden Privatfirmen sogar von „police departments" dazu ermutigt, Polizisten, die sich gerade nicht im Dienst befinden, für eine Nebentätigkeit bei ihnen anzustellen110. Zwischen diesen Extremen sind diejenigen „departments" anzusiedeln, die zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit ihrer Polizisten im Rahmen ihrer hauptamtlichen Tätigkeit die Dauer einer erlaubten Nebentätigkeit auf eine bestimmte Stundenzahl limitieren 111 . Nach einer Befragung von 384 kommunalen Polizeiinspektionen in allen Staaten der USA erlauben 81 Prozent dieser „departments" eine derartige Nebentätigkeit ihrer Polizisten 112 . 19 Prozent verbieten eine Nebentätigkeit ganz oder regeln zumindest deren Ausübung umfassend 113. Auch die Form der Ausübung selbst wird unterschiedlich gehandhabt. Während 75 Prozent der Behörden sogar
Meter, Hallcrest Report II, S. 293: „It's a good deal for the cops, but some think it's not so good for the country". 108 Eine Ausnahme hiervon bilden die entsprechenden Regelungen der Lizenzierungsgesetze in Connecticut und Kansas. In diesen beiden Staaten erhält eine Person, die mit Polizeibefugnissen ausgestattet ist, also auch ein „moonlighting officer", nicht die zur Ausübung einer privaten Sicherheitstätigkeit erforderliche Lizenz; siehe Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 55. Ein näheres Eingehen auf diese Lizenzen bleibt dem Abschnitt über die gewerberechtlichen Regelungen im dritten Kapitel vorbehalten. 109 Kakalik/Wildhorn, The Private Police, S. 95. In Jürgens v. Davenport, 249 Io. 711 (1958) wurde die von einem betroffenen Polizisten angegriffene Rechtmäßigkeit eines derartigen Verbots bestätigt. "o Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 19. m Kakalik/Wildhorn, The Private Police, S. 96. So auch beispielsweise die Entscheidung, Hopewood v. Pacudah, 424 S.W. 2d 134 (1965). Im Durchschnitt beträgt dieses Zeitlimit 20 Stunden pro Woche, in denen der Polizist seiner Tätigkeit für einen privaten Arbeitgeber nachgehen darf; siehe: Cunningham/Taylor, Hallcrest Report II, S. 202. 112 Während demzufolge die Mehrheit der kommunalen „departments" einer derartigen Nebentätigkeit nicht im Wege steht, ist bei den „police departments" auf Bundes- und Staatenebene das Gegenteil der Fall. Die meisten dieser Behörden verbieten eine außerdienstliche Tätigkeit ihrer Beamten strikt. Somit darf das „police moonlighting" als Erscheinung betrachtet werden, die fast ausschließlich auf kommunaler Ebene zu finden ist; siehe: Cunningham/ Taylor, Hallcrest Report I, S. 206. Nitz geht davon aus, daß über 20% der amerikanischen Polizisten regelmäßig im Bereich des „Police Moonlighting" tätig werden, in „Private Policing" in den Vereinigten Staaten, VerwArch 1998, S. 306, 315. 113 Cunningham/Strauchs/Van Mieter, Hallcrest Report II, S. 290. Hiernach wird geschätzt, daß ca. 20 Prozent aller Polizisten in den USA, also ungefähr 150.000, einer solchen Nebentätigkeit im privaten Sektor nachgehen.
2. Kap.: Erscheinungsformen des Tätigwerdens
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eine Ausübung der Nebentätigkeit in Polizeiuniform und damit ein Auftreten als Polizist erlauben, ist dies in den restlichen Fällen, wenn überhaupt, nur in Zivilkleidung bzw. in der Uniform des privaten Arbeitgebers gestattet114. Bedingt durch diese gänzlich uneinheitliche Regelungspraxis, die vom kategorischen Verbot bis zur völligen Nichteinmischung reicht, ist es also auch nicht möglich, eine für die gesamten USA einheitliche Antwort auf die Frage der Rechtmäßigkeit einer solchen Nebentätigkeit von Polizisten zu geben. Da es aber in diesem Kapitel lediglich darum gehen soll, die in den USA existierenden verschiedenen Formen der privaten Sicherheit vorzustellen, soll hier dieser Hinweis auf die unterschiedliche Handhabung dieses Problems genügen. Auch auf die disziplinarischen Konsequenzen, die diejenigen Polizisten zu befürchten haben, die trotz eines bestehenden Verbots in ihrem „department" heimlich einer solchen Nebentätigkeit nachgehen, ist hier nicht näher einzugehen115.
II. Wettbewerbsrechtliche Probleme Ein vor allem von Sicherheitsfirmen vorgebrachter Aspekt, der gegen die Praxis des „police moonlighting" spricht, ist die Gefahr der wettbewerblichen Verzerrung. So wird angemerkt, daß es gewisse Kosten verursacht, einen „security officer" umfassend auszubilden und auszurüsten. Diese Kosten kommen zu den bloßen Lohnkosten und erhöhen den vom Kunden zu zahlenden Preis für die von diesem Angestellten zu erbringende Sicherheitsleistung. Die Summe dieser Kosten stellt aber den wahren Marktpreis einer solchen Leistung dar. Wird dieselbe Leistung jedoch von einem Polizisten im Rahmen seiner Nebentätigkeit erbracht, so fallen hier lediglich dessen Lohnkosten an, weil seine Ausbildung ja bereits auf Staatskosten erfolgt ist. Er kann seine Leistung zu einem geringeren als dem eigentlichen Marktpreis erbringen und hat demzufolge gegenüber Sicherheitsfirmen, die keine Polizisten beschäftigen, einen Wettbewerbsvorteil 116. Erschwerend kommt hinzu, daß die Ausbildung und die Ausrüstung des Polizisten aus Steuergeldern bezahlt wurden, dann aber nicht ausschließlich der Allgemeinheit zugute kommen, sondern im Rahmen einer Moonlighting-Tätigkeit zur Begründung eines Wettbewerbsvorteils für Private dienen. Dies würde im Ergebnis eine Subventionierung des jeweiligen Polizisten und seiner privaten Verdienstmöglichkeiten darstellen und wäm Cunningham/Strauchs/Van Mieter, ibd., S. 291. 1 15 Es ist jedoch davon auszugehen, daß auch Polizisten, denen eine derartige Nebentätigkeit verboten ist, auf den Gehaltslisten privater Arbeitgeber zu finden sind; Cunningham/ Strauchs/Van Mieter, ibd., S. 95. 116 Hierzu ausführlich: National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 232 ff. Ein weiteres, als wettbewerbsrechtlich bezeichnetes Problem wird in diesem Zusammenhang in der bevorzugten Anstellung von Polizisten gegenüber normalen Bürgern, also in deren durch ihre bessere berufliche Qualifikation bedingten, höheren Chancen auf dem Arbeitsmarkt gesehen.
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3. Teil: Situation in den USA
re deshalb abzulehnen117. Der National Council of Investigation and Security Services (NCISS), eine Bundesvereinigung von Sicherheitsdiensten, kam in einer Stellungnahme zur Praxis des „police moonlighting" sogar zu dem Ergebnis, daß hierdurch der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz verletzt wird 1 1 8 . Auch wenn die Gerichte diese verfassungsrechtlichen Bedenken bislang noch nicht teilen, so sind doch zumindest die wettbewerbsrechtlichen Probleme nicht von der Hand zu weisen.
I I I . Haftung Schließlich stellt sich noch die Frage, wer für die Handlungen eines in einer Nebentätigkeit beschäftigten Polizisten verantwortlich ist, wer für einen durch diesen verschuldeten Schaden haftet. Als mögliche Haftungsobjekte kommen dabei in Betracht: der private Arbeitgeber, der den Polizisten bezahlt, oder der Träger der Polizeibehörde, deren Uniform er trägt. Vorab sei erwähnt, daß man auch zu diesem Problem eine einheitliche Antwort vergeblich sucht. Versucht man allerdings, durch einen Überblick über die zu diesem Problem ergangenen Gerichtsentscheidungen119 einige grundlegende Entscheidungskriterien zu ermitteln, so stellt man fest, daß es z. B. grundsätzlich keine Rolle spielt, ob der Polizist in Uniform oder in Zivilkleidung gehandelt hat, ob während oder außerhalb seiner Dienstzeiten 120 . Für die Haftungsfrage ausschlaggebend scheint vielmehr zu sein, ob der „officer" im Rahmen seiner polizeirechtlichen Befugnisse gehandelt hat, ob er also „under the color of law" tätig wurde 121 . Wird diese Voraussetzung von den Gerichten bejaht, so nehmen sie den PoliceOfficer-Status und damit die grundsätzliche Haftung des „departments" an. Auf die Fragen, ob, unter welchen Umständen, und in welchem Umfang diese Polizisten bei ihrer Tätigkeit für einen privaten Arbeitgeber überhaupt rechtmäßig auf ihre polizeilichen Befugnisse zurückgreifen können, ist allerdings erst unten im dritten Kapitel näher einzugehen.
117 Stewart, Public Safety and Private Police, 45 Public Administration Review 758, 761 (1985). Diesem wettbewerbsrechtlichen Problem begegnet Reiss mit dem Argument, daß beim „moonlighting" die Polizeiarbeit von denen bezahlt wird, die diese auch in Anspruch nehmen. Hierbei übersieht er aber gerade, daß ein Großteil der Kosten für Ausbildung und Ausrüstung eben doch wieder auf den Steuerzahler abgewälzt wird, der von dieser Leistung dann aber gar nichts hat; in: Private Employment of Public Police, S. 78 ff. us Cunningham/Taylor, Hallcrest Report I, S. 204 ff. 119 Einen derartigen Überblick gewähren die in Form einer Tabelle aufbereiteten Entscheidung bei Cunningham/Taylor, Hallcrest Report I, S. 207, Tabelle 12-1. 120 Robinson v. Davis, 447 F. 2d 753 (4 t h CIR. 1971).
121 Hayes, Κ., Department Civil Liability, Police Chief, Feb. 1982, at 16. Für detailliertere Ausführungen zu diesem Begriff siehe: Kapitel vier, Abschnitt B. III.
2. Kap.: Erscheinungsformen des Tätigwerdens
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Weiteres Kriterium für die Entscheidung der Haftungsfrage kann sein, wer über die Art und Weise bestimmt, in der die Tätigkeit des Polizisten auszuführen ist, bzw. der Grad des Direktionsrechts, das dem privaten Arbeitgeber zusteht 122 . Je nachdem, ob der jeweilige Polizist bei der Ausübung seiner Nebentätigkeit den Weisungen des Privaten oder des „departments" unterliegt, wird auch die Haftungsfrage von den Gerichten entschieden. Schließlich spricht bei den Polizisten, die 24 Stunden am Tag im Dienst und mit ihren Polizeibefugnissen ausgestattet sind, eine grundsätzliche Vermutung für eine Verantwortlichkeit des Staates bzw. der zuständigen Behörde 123 . Die vorstehenden Kriterien geben nur einige Leitlinien vor, die den Gerichten bei Schadensersatzklagen zur Klärung der Haftungsfrage dienen. Ob der für seinen privaten Arbeitgeber tätige „moonlighting officer" bei dem jeweils in Frage stehenden Vorfall als Polizist, also in Erfüllung seiner ihm vom Staat übertragenen Aufgaben gehandelt hat, oder vielmehr außerhalb dieser Pflichten und Befugnisse tätig wurde, entscheiden die Gerichte allerdings je nach Einzelfall und keineswegs einheitlich. Letztendlich bleibt für das „police department" also immer ein gewisses Risiko, die Haftung auch für einen seiner außerdienstlich für einen Privaten tätig werdenden Polizisten übernehmen zu müssen124. Diese Unsicherheit hat mittlerweile dazu geführt, daß viele „departments" eine Nebentätigkeit nur unter der Voraussetzung gestatten, daß der private Arbeitgeber eine Haftpflichtversicherung für die Tätigkeit des Polizisten abschließt und diesen persönlich und seine Behörde von jeglicher Haftung freistellt 125 . Da diese FreistellungsVereinbarungen aber gegenüber den geschädigten Dritten keine Wirkung entfalten, bleibt die Unsicherheit in der Haftungsfrage weiter bestehen. Diese Gefahr der Haftung der öffentlichen Kassen für nicht der Allgemeinheit dienende Tätigkeiten von Beamten trägt im Ergebnis auch dazu bei, daß die Praxis des „police moonlighting" verstärkt der Kritik ausgesetzt ist 1 2 6 .
122 Stengel v. Belcher, 522 F. 2d 438,441 (6 t h CIR. 1975). 123 Cunningham/Taylor, Hallcrest Report I, S. 205. Ebenso: National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 232. Dies ist bei dçn meisten „departments" der Fall. Mit dieser permanenten AutoritätsVerleihung geht dann auch meist die Verpflichtung einher, ständig eine Waffe zu tragen. Inwieweit sich diese dauerhafte Verpflichtung der Polizisten dahingehend auswirkt, daß diese auch bei einer eventuellen Nebentätigkeit auf ihre regulären Polizeibefugnisse zurückgreifen können, wird in Kapitel drei zu klären sein. 124 Lipman, Private Delivery of Public Services, S. 3. 125 Cunningham/Taylor, Hallcrest Report I, S. 202. 126 Stellvertretend hierfür: National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 232.
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3. Teil: Situation in den USA
IV. Zusammenfassung Beim „police moonlighting" handelt es sich um eine immer stärker verbreitete Praxis, bei der sogar Polizisten im Bereich der privaten Sicherheit tätig werden können. Weiterhin ist festzustellen, daß eine exakte Grenzziehung zwischen öffentlicher und privater Gefahrenabwehr in den USA dadurch zunehmend erschwert wird. Obwohl die Kritik an dieser Doppeltätigkeit von Polizisten wächst 127 , sind bis auf einige wenige Ausnahmen bislang allerdings noch keine Bestrebungen von Gesetzgebern oder Gerichten festzustellen, dieses Vorgehen zu unterbinden oder zumindest spürbar zu begrenzen.
Drittes Kapitel
Gesetzliche Regelungen im Bereich der gewerblichen Sicherheit A. Gesetzgebungskompetenzen Wie später aufgezeigt werden wird, existieren in fast jedem Einzelstaat eigene Gesetze zur Regelung der gewerblichen Sicherheit. Diese weisen zwar Ähnlichkeiten auf, unterscheiden sich teilweise aber auch deutlich voneinander. In Anbetracht der deshalb im Bereich der privaten Sicherheit herrschenden Vielfalt an Gesetzen und Regelungen, auf die in diesem Kapitel einzugehen sein wird, erscheint es daher angezeigt, zunächst einen Überblick über die für diese Normenkomplexe entscheidenden Gesetzgebungskompetenzen in den USA zu vermitteln 128 .
I. Allgemeines Anders als in Deutschland, wo die einschlägigen gesetzlichen Regelungen für den Bereich der privaten Sicherheit fast ausschließlich bundesrechtlicher Natur sind und daher für die gesamte Bundesrepublik einheitlich gelten 129 , sucht man 127 Ablehnend steht dieser Praxis auch Hamit in: Cops for Hire, Security Technology and Design, Sep. 1994, at 77, 79, gegenüber. Zusammenfassend stellt er fest, daß die einzige Aufgabe von Polizisten darin bestehen sollte, die Öffentlichkeit zu beschützen, von der sie auch bezahlt werden. Ähnlich hierzu: Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 63; Stewart, Public Safety and Private Police, 45 Public Administration Review 758,761 (1985) und Ellis, Some Features of Moonlighting, 1 The Police Chief 4, 12 (1965). 128 Eingehend zu diesem Thema: Klotter/Kanovitz, Constitutional Law for Police, Chapter 1; Engdal, Constitutional Federalism, §§ 3 ff. Eine gute Zusammenfassung dieser Problematik in deutscher Sprache bietet Brugger, Einführung in das öffentliche Recht der USA, S. 24 ff.; 34 ff.; 56 ff.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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eine solche Einförmigkeit in den USA vergeblich. Betrachtet man die in der Bundesverfassung festgeschriebenen Gesetzgebungskompetenzen des Bundes und der Gliedstaaten, so ergibt sich folgendes Bild: In U.S. Const, art. I, § 1 heißt es: „AH legislative Powers herein granted shall be vested in a Congress of the United States...".
Der Gesetzgebungskompetenz des Bundes werden also die in der Verfassung ausdrücklich gewährten Bereiche zugewiesen. Hierzu zählen vor allem Kompetenzen in bezug auf Besteuerung, Kreditaufnahme, Handelsregulierung zwischen den einzelnen Staaten und mit anderen Nationen sowie Fragen der inneren und äußeren Sicherheit 130 . Weiter wird dann in U.S. Const, amend. X bestimmt: „The Powers not delegated to the United States by the Constitution, nor prohibited by it to the States, are reserved to the States respectively, or to the People".
Daraus und aus dem Zusammenhang mit U.S. Const, art. 1, § 1 ergibt sich eine durch den in der Verfassung enthaltenen Kompetenzkatalog begrenzte Zuständigkeit für den Bund 1 3 1 . Dagegen fallen alle Bereiche, die dem Bundeskongreß nicht ausdrücklich durch die Verfassung zugewiesen sind, unter die Gesetzgebungskompetenz der Gliedstaaten132. Deren Grenzen ergeben sich daher wiederum aus den einzelnen Kompetenzen des Bundes sowie der sonstigen in der Verfassung gezogenen Schranken 133. Gerade im Bereich der Innenpolitik stehen der Bundesgewalt daher nur sehr beschränkte Zuständigkeiten zur Verfügung 134.
II. Gesetzgebungskompetenzen im Bereich der privaten Sicherheit 7. Kompetenzen der Gliedstaaten; „police power " Nach diesen allgemeinen und grundsätzlichen Ausführungen zur Bund-Gliedstaaten-Kompetenzverteilung geht es nun um die spezifischen Zuständigkeiten für Regelungen, die den Bereich der privaten Sicherheit berühren. Eine der Haupt129 Sowohl StGB und BGB, die mit ihren Notrechten den Kompetenzkatalog für den Großteil des Sicherheitsgewerbes bilden, als auch die GewO und die BewachV sind Bundesgesetze- bzw. Verordnungen. 130 Eine enumerative Aufzählung dieses Kompetenzkatalogs findet sich in U.S. Const, art. I, § 8, cl. 1 —18 (Powers of Congress). Für eine Zusammenfassung der wesentlichen Kompetenzen siehe: Brugger, Einführung in das öffentliche Recht der USA, S. 52 ff. 13
1 Schon Madison beschrieb diese Aufteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten in einem Artikel über den Verfassungsvorschlag: „the powers delegated by the proposed constitution to the federal government are few and defined. Those which are to remain in the state governments are numerious and indefinite"; in: Federalist Papers, art. 45, S. 292. 132 Klotter/Kanovitz, Constitutional Law for Police, S. 8,9. 133 Hier sind vor allem die in U.S. Const, art. I, § 10 angeführten Aktivitäten zu nennen. 134 Brugger, Einführung in das öffentliche Recht der USA, S. 25.
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3. Teil: Situation in den USA
kompetenzen, die infolge U.S. Const, amend. X aufgrund fehlender Erwähnung in der Bundesverfassung den Gliedstaaten vorbehalten ist, stellt die sogenannte „police power" dar. Vielfach wird diese „police power" als Sammelbegriff bezeichnet, um alle essentiellen Verantwortlichkeiten zu umfassen, die zur Bildung und Erhaltung eines souveränen Staates erforderlich sind 135 . Obwohl eine klare Definition dieses Begriffs äußerst schwierig zu sein scheint 136 , besteht nunmehr zumindest insoweit Einigkeit, daß man darunter die dem Staat selbst innewohnende Autorität zu verstehen hat, innerhalb der Grenzen der Staats- und Bundesverfassungen vernünftige Gesetze zu erlassen, die erforderlich sind, um öffentliche Ordnung, Sicherheit, Gesundheit und Moral der Bevölkerung zu gewährleisten 137. Bei genauerer Betrachtung dieses Definitionsversuchs kommt man zu dem Ergebnis, daß diese den Staaten durch die Bundesverfassung indirekt verliehene „police power" nahezu den gesamten Bereich der inneren Angelegenheiten der Staaten abdeckt. Diese „police power" wird zurückgeführt auf die Verpflichtung eines jeden Staates, seine Bürger zu beschützen, und der daraus hergeleiteten Ermächtigung, Gesetze zu erlassen, die erforderlich sind, um die Bevölkerung vor Schäden zu bewahren 138 . So ist beispielsweise auch der Hauptteil des Strafrechts, das, wie später aufzuzeigen sein wird, im Bereich der gewerblichen Sicherheit auch in den USA eine erhebliche Rolle spielt, eine auf Staatenebene geregelte Rechtsmaterie, deren Regelungskompetenz sich auf die „police power" zurückführen läßt. Die Kompetenz betreffend Regulierung und Kontrolle der privaten Sicherheit bzw. die Regelung der Befugnisse, die den in diesem Bereich Tätigen zugestanden werden, leitet sich für die Staaten ebenfalls aus der „police power" ab 1 3 9 . Durch diese Kompetenz jedes einzelnen der 50 amerikanischen Gliedstaaten existieren also bereits 50 potentiell verschiedene gesetzliche Rahmenbedingungen für die „private security". Da ein detailliertes Eingehen auf die jeweiligen Gesetzeslagen aller 50 Staaten den Rahmen der Arbeit sprengen würde, werden die hierzu erforderlichen Ausführungen nachfolgend im wesentlichen auf die Darstellung der Rechtslage in den großen Reformstaaten wie Kalifornien, New York oder Massachusetts beschränkt. Um einen möglichst repräsentativen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen in den gesamten USA zu erlangen, wird im übrigen lediglich auf die jeweiligen Extreme der Regelungsskala sowie auf einen Querschnitt der restlichen Gliedstaatengesetze einzugehen sein. 135 Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 23; Mayer, Private Operation of Prisons, 20 Criminal Law Bulletin 309, 315 (1986). Zusammenfassend auch die zur Beschreibung dieses Begriffs ergangenen Gerichtsentscheidungen in: 16A Am Jur 2d §§ 360 ff. 136 16A Am Jur 2d §§ 362, 363. 137 Mayer, Private Operations of Prisons, 20 Criminal Law Bulletin 309, 315 (1986); 16A Am Jur 2d, § 363. 138 Panhandle E. Pipeline Co. v. State Highway Comm., 294 U.S. 613, 617 ff. (1935). 139 Klotter/ Kanovitz, Constitutional Law for Police, S. 12 ff. Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 21.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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2. Kompetenzen des Bundes Vorab zu klären sind freilich noch die Kompetenzen des Bundeskongresses. Bei den Gliedstaaten wurde festgestellt, daß deren „police power" aus der Verpflichtung eines jeden Staatswesens erwächst, sich um die Sicherheit seiner Bevölkerung zu kümmern 140 . Nun ist aber auch die nationale Gewalt, also der Bund als selbständiges Staatsgebilde anzusehen. Diese nationale Gewalt und die Gliedstaaten stehen nach der Theorie der „dual sovereignities" bzw. des „dual federalism" gleichberechtigt nebeneinander 141. Nach dem oben Gesagten und der Theorie, daß die „police power" eine jedem zivilisierten Staat per se durch seine Verpflichtung gegenüber seiner Bevölkerung innewohnende Zuständigkeit darstellt, müßte folgerichtig auch dem Bund eine ähnliche Kompetenz zustehen. Obwohl in der Bundesverfassung für diesen Bereich eine ausdrückliche Regelungsermächtigung für den Bund nicht enthalten ist, hat der U.S. Supreme Court eine begrenzte bundesrechtliche Regelungskompetenz auf die sogenannte „necessary and proper clause" 142 , vor allem aber auf die „interstate commerce clause" 143 gestützt. Nach den Interpretationen, die diese Verfassungsbestimmungen durch den Obersten Gerichtshof erfahren haben, werden sie als Grundlage für die Bundesgewalt angesehen, Gesetze in zweierlei Bereichen zu erlassen: Einerseits stellen sie die Grundlage zur Einrichtung von Sicherheitsbehörden auf Bundesebene zum Erlaß von Bundesstrafvorschriften und Regelungen in anderen Bereichen dar, die auf Bundesebene die Ziele der „police power" verfolgen 144 . Der Bund verfügt über die entsprechenden Kompetenzen folglich nur bei denjenigen privaten Sicherheitskräften, die im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizeien oder in einer sonstigen Bundesbehörde tätig werden. In allen anderen Fällen bleibt es bei der Zuständigkeit der Gliedstaat s 145 ten Andererseits aber dienen diese Kompetenzen der Bundesgewalt auch dazu, im Namen „der Förderung des zwischenstaatlichen Handels" mitunter auch in interne 140 Siehe oben Α. II. 1. 141 Nowak/Rotunda, Constitutional Law, § 4.5. 142 U.S. Const, art. I, § 8, cl. 18: „The Congress shall have the Power... To make all Laws which shall be necessary and proper for carrying into Execution the foregoing Powers, and all other Powers vested by this Constitution in the Government of the United States, or in any Department or Officer thereof." 143 U.S. Const, art. I, § 8, cl. 3: „The Congress shall have the Power... To regulate Commerce with foreign Nations, and among the several States, and with the Indian Tribes". 144 Klotter/Kanovitz, Constitutional Law for Police, S. 10, 11. Kelly/Harbison, The American Constitution, S. 590 ff., 710 ff., 790 ff. 145 Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 23 ff. In National League of Cities v. Usery, hat der Supreme Court dann auch entschieden, daß die umfassende Kompetenz des Bundes aus der „interstate commerce clause" dort ihre Grenzen findet, wo es um traditionelle Aufgaben der Gliedstaaten wie Feuerwehr, Polizei, Gesundheit und öffentliche Anlagen gehe und damit um die Gefahrdung des effektiven Funktionierens der Einzelstaatengewalt; 426 U.S. 833; 845, 846(1976). 14 Huber
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3. Teil: Situation in den USA
Angelegenheiten der Gliedstaaten einzugreifen, sofern dasjenige Verhalten, das unmittelbar geregelt werden soll, auch den zwischenstaatlichen Handel betrifft 146 . Ein detaillierteres Eingehen auf die Entwicklung der Rechtsprechung zur „interstate commerce clause" und der damit verbundenen Problematik einer etwaigen Aushöhlung der „police power" der Gliedstaaten kann im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden 147 . Für den Bereich der Gesetzgebung auf dem Gebiet der gewerblichen Sicherheit kann diese Problematik jedoch auch dahinstehen. Da Gesetze und Verordnungen, die die private Sicherheit betreffen, kaum die Handelsbeziehungen der einzelnen Staaten untereinander tangieren oder Einfluß auf Handelskanäle haben können, sondern ausschließlich die lokalen Angelegenheiten der einzelnen Staaten im Bereich ihrer „police power" betreffen, bleibt die Gesetzgebungskompetenz in diesem Bereich den Einzelstaaten für ihr jeweiliges Staatsgebiet vorbehalten 148 .
B. Dem Staat zurechenbare Verleihung von Rechten an private Sicherheitskräfte; Befugnisse und Schranken Die im ersten Teil bereits begrifflich geklärte Frage: „Was ist ein security officer?", dürfte inhaltlich wohl auch hier am besten mit einer Darstellung des Umfangs und der Reichweite seiner jeweiligen Eingriffs- und Handlungsmöglichkeiten beantwortet werden. Von ihrem Erscheinungsbild her, mit den meist blauen oder schwarzen Uniformen, den Schulterklappen und Rangabzeichen149 und sehr oft einem Revolver im Halfter, vermitteln sie, zumindest nach außen, den Eindruck, als wären sie staatlich vereidigte Polizisten. Darauf ist dann auch zurückzuführen, daß diese „security officer" von vielen Bürgern auch für ganz normale Polizisten mit umfassenden Befugnissen gehalten werden. Oft sind sich sogar die einzelnen Sicherheitskräfte selbst nicht im klaren über das Ausmaß der ihnen jeweils zustehenden Handlungsmöglichkeiten150. Um Mißverständnissen dieser Art entgegenzuwirken bzw. Kompetenzübertretungen und damit verbundene Risiken auch für die Sicherheitskräfte selbst verhindern zu können, ist nachfolgend 146
Emanuel, Constitutional Law, S. 34 ff. Ausführlich hierzu: Brugger, Einführung in das öffentliche Recht der USA, S. 35 ff. M So wurde schon in: Carter v. Carter Coal Co., 298 U.S. 238 (1936) entschieden, daß die Regelungsbefugnis des Bundes dort aufhört, wo der zwischenstaatliche Handelsverkehr endet und diese Befugnis erst dann wirkt, wenn der Handel zwischen den Staaten beginnt; S. 309. 149 Nach einer Studie des amerikanischen Bundesjustizministeriums von 1977 statten die meisten Sicherheitsfirmen ihre Wachmänner mit Rangabzeichen, Metallsternen oder sonstigen Insignien aus, die denen der öffentlichen Polizei zum verwechseln ähnlich sehen; PSAC, Law Enforcement and Private Security, 1977, S. 8. Ebenso: Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 181. ι » Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 14. 147
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festzustellen, welche Arten von Eingriffen in die Rechte anderer von den verschiedenen privaten Sicherheitskräften rechtmäßigerweise vorgenommen werden dürfen. Mit der Frage nach den jeweiligen Befugnissen ist dieser Problemkreis jedoch auch für die „private security" nicht in seiner Gesamtheit zu erfassen. Wie bereits in den entsprechenden Ausführungen im deutschen Teil 1 5 1 ist auch hier der Begriff der Befugnis nicht im reinen Wortsinne, also als ausdrückliche Ermächtigung einer Person zu einem Handeln und damit verbunden zu einem Eingriff in bestimmte Rechte Dritter zu verstehen, sondern als Handlungsrahmen, innerhalb dessen die „security officer" in rechtmäßiger Weise ihrer Tätigkeit nachgehen können. Wie noch aufzuzeigen sein wird, beschränken sich die Handlungsmöglichkeiten derjenigen Sicherheitskräfte, denen keine ausdrücklich zugewiesenen Befugnisse zur Verfügung stehen, auf die Jedermannrechte. Diese bilden damit neben den ausdrücklichen, sozusagen echten Befugnissen eine zweite Kategorie an Handlungsgrundlagen. Bleibt also festzuhalten, daß mit der Darstellung der jeweils zur Verfügung stehenden direkten Befugnisse das ganze Spektrum an „eingriffsdefinierenden" Vorschriften auch hier nicht abgedeckt werden kann. Es erscheint daher geboten, den Tatbestand des rechtmäßigen Handelns eher negativ abzugrenzen, also nicht nur die erlaubten Handlungen darzustellen, sondern auch einzugehen auf das, was nicht mehr rechtmäßig ist bzw. auf die Konsequenzen, die ein solches Handeln nach sich zieht. Zwar ergeben sich die Grenzen der Rechtmäßigkeit indirekt bereits aus dem Rahmen, der durch Befugnisse bzw. Jedermannrechte beschrieben wird. Da hier jedoch im Ergebnis einige Unterschiede zu der in Deutschland vorgefundenden Situation festzustellen sind, wird im folgenden auch zumindest überblicksmäßig auf die zivil- bzw. strafrechtlichen Konsequenzen einzugehen sein, die ein außerhalb des Rahmens der Rechtmäßigkeit durchgeführter Eingriff in die Rechte Dritter für den jeweils Tätigen haben kann. Für die Darstellung der Handlungsgrundlagen und deren Grenzen ergibt sich somit der folgende Aufbau. Von dem unter Punkt Β ΠΙ. zu besprechenden „police moonlighting" abgesehen, teilen sich die Beschäftigten im Bereich der privaten Sicherheit in zwei Gruppen auf. Zum einen in diejenigen, die sich bei ihren Handlungen innerhalb der allgemeinen Jedermannrechte bewegen müssen, denen also darüber hinaus keine zusätzlichen Befugnisse zustehen. Zum anderen existieren aber auch verschiedene Gruppen von Privaten, die mit über die Notrechte hinausgehenden, spezialgesetzlich übertragenen Kompetenzen ausgestattet sind 152 . Schließlich folgt in einem eigenen Abschnitt ein kurzer Überblick über die einschlägigen, die Tätigkeiten des gewerblichen Sicherheitspersonals betreffenden, zivilrechtlichen Haftungstatbestände. 151
Siehe Teil zwei, Kapitel drei, Abschnitt A. Bilek nimmt hier eine Dreiteilung vor. Die erste Kategorie bezeichnet er als: „security officers with citizen powers", die zweite als „security officers with special powers" und die dritte als „security officers who are also police officers", wobei hierunter die als „police moonlighting" zu bezeichnende Praxis zu verstehen ist; in: Legal Aspects, S. 15. 152
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3. Teil: Situation in den USA
I. Notrechte als „Gewaltgestattungsnormen" Zunächst gilt es, die Handlungsmöglichkeiten derer zu bestimmen, die zwar auch im Bereich der gewerblichen Sicherheit tätig werden, ihrem befugnisrechtlichen Status nach jedoch als ganz normale Bürger anzusehen sind. Dieser Status führt für die „security officer" somit aber auch zu den gleichen strafrechtlichen Konsequenzen wie bei Normalbürgern, sollten sie im Rahmen ihrer Tätigkeit rechtswidrig die Rechtsgüter eines anderen verletzen. Wie auch in Deutschland, so existieren in der amerikanischen Strafrechtsordnung gewisse Rechtfertigungsgründe, die, sobald deren Voraussetzungen erfüllt wurden, zu einer Rechtfertigung der grundsätzlich tatbestandsmäßigen Handlung führen. Die Ausnutzung dieser strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe, die auch als Jedermann- oder Notrechte zu bezeichnen sind, stellt im Endeffekt aber die einzige Möglichkeit jener Sicherheitskräfte mit ,3ürger-Status" dar, im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit rechtmäßig Gewalt auszuüben. Auch an dieser Stelle ist dabei nochmals zu betonen, daß diese Jedermannrechte jedoch keine Befugnisnormen im eigentlichen Wortsinne darstellen, also keine ausdrückliche Ermächtigungen zu einer bestimmten Handlungsweise sind, um in Rechte anderer eingreifen zu können. Zwar kann es nicht Aufgabe dieser Arbeit sein, eine umfassende strafrechtliche Würdigung der Notrechte vorzunehmen. Da diese jedoch, wie bereits angedeutet, die einzige eingriffsbezogene Handlungsgrundlage für den Großteil der Beschäftigten der „private security" bilden, erscheint es zumindest der Vollständigkeit halber angezeigt, die Umrisse dieser strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe darzustellen.
1. Notwehr- und Nothilfevorschriften Im Zusammenhang mit der Problematik der privaten Sicherheit dient das auf den Notrechten beruhende Recht zur Selbstverteidigung vor allem zur Rechtfertigung von Tötungs- und Körperverletzungsdelikten, die ein nicht anderweitig spezialgesetzlich befugter „security officer" einem Dritten in Ausübung seiner Tätigkeit zufügt 153 . Im folgenden soll nun ein Überblick über die Voraussetzungen für eine derartige Rechtfertigung bzw. die Grenzen dieser Selbstverteidigung aufgezeigt werden. Dies wird primär anhand einer Analyse der entsprechenden strafrechtlichen Normen stattfinden 154 . Wie bereits oben erwähnt, ist allerdings auch das Gebiet des Strafrechts in den USA - im Gegensatz zum deutschen Recht (Art. 74 I Nr. 1 i.V. mit Art. 72 GG) - eine ausschließlich auf gliedstaatlicher 153
Straftatbestände, mit denen private Sicherheitskräfte durch ihre Tätigkeit immer wieder in Berührung kommen, sind vor allem Körperverletzungsdelikte wie „assault and battery" und „homicide", „manslaughter" und „murder", also Totungsdelikte. 154 Zur Regelung der Notrechte im Rahmen der Strafgesetze ausführlich: Prosser, Law of Torts, §§ 19, 20.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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Ebene geregelte Materie. Dies hat jedoch ebenso wie in den bereits oben geschilderten Fällen von gliedstaatlicher Gesetzgebungskompetenz dazu geführt, daß jeder Staat seine Notrechte eigenständig und individuell regeln kann 1 5 5 . Im Gegensatz zu den bisher besprochenen Gesetzen ist im Bereich der Strafgesetze jedoch auf eine Besonderheit hinzuweisen: Aufgrund des allgemeinen Bestrebens zur Vereinheitlichung der verschiedenen einzelstaatlichen Strafgesetze bzw. zu einer Umsetzung des bis dato bestehenden „case law" in normatives Recht, wurde 1962 vom American Law Institute der sogenannte „Model Penal Code" erarbeitet 1 5 6 . Seitdem haben 40 Staaten ihre Strafgesetze dahingehend überarbeitet, daß viele dieses, mit „MPC" abgekürzte Modellstrafgesetz nahezu wortgleich übernommen haben 157 . Allerdings gibt es nach wie vor noch einige Staaten, die noch keine Normen zum Notwehrrecht erlassen haben, sondern dieses immer noch in der Form des reinen „case law" handhaben158. Die Entscheidungen der Gerichte in diesen Staaten stimmen jedoch weitgehend mit den Grundsätzen überein, die in den anderen Staaten normativ geregelt sind 159 . Der Übersichtlichkeit halber wird die Darstellung der Notwehrvorschriften daher anhand dieses Model Penal Code vorgenommen. Zwar wird in einigen Staaten sicherlich mehr oder weniger von dem als Vorbild dienenden MPC abgewichen, was jedoch der Funktion dieses Abschnitts, einen Überblick über das Recht der Notwehr zu gewähren, keinen Abbruch tut 1 6 0 . Zu den Staaten mit einem kodifizierten Notwehr-/ Nothilferecht zählen ζ. B.: Kalifornien, Cal Pen Code 197; Colorado, Colo Rev Stat 18-1-704; Connecticut, Conn Gen Stat Ann 53A-19; Georgia, Ga Code Ann 26-902; Illinois, 111 Rev Stat ch. 38, § 7 - 1 ; Louisiana, La Rev Stat Ann ch. 14, § 19; New York, NY CLS Penal, § 35.15. 156 Diese „model codes", die auch zu anderen Rechtsgebieten existieren, sind Modellgesetze, die von dem vom Bund getragenen American Law Institute entworfen werden. Hierdurch soll zum einen die bereits angesprochene Einheitlichkeit und daher größere Gerechtigkeit innerhalb der USA erreicht werden, und zum anderen aber auch das vor allem gegenüber kleineren Staaten größere gesetzestechnische Know-how des Bundes weitergegeben werden. Da hiervon aber die Gesetzgebungskompetenz der Gliedstaaten unberührt bleibt, ist dieser MPC nicht mehr als ein unverbindlicher Vorschlag, bei dem es den Staaten überlassen bleibt, ob und inwieweit sie diesen in geltendes Recht umsetzen. Zum Ganzen ausführlich siehe: La.F.ave/Scott, Handbook on Criminal Law, S. 4 ff. 157 Burnham, Introduction to the Law and Legal System of the USA, S. 489. 158 Zu diesen Staaten gehört z. B. auch Massachusetts. Allgemein zu den „common law doctrines" des Notwehrrechts siehe: 6 Am Jur 2d, Assault and Battery, art. 63, 152; 40 Am Jur 2d, Homicide, art. 170-173. 159 Hierzu ausführlich für den Staat Massachusetts die in: Weinstock, Criminal Law Procedure for Private Security, S. 16 ff., kommentierten Entscheidungen. Einen Überblick über die Leitsätze der einschlägigen Entscheidungen bieten ebenfalls die Anmerkungen in: Mass Ann Laws ch. 265, tit.l3, § 6 und 8 und tit. 15A , § 5. !60 Auch Nemeth in: Private Security and the Law, S. 192 ff. hält sich bei der Behandlung der Notrechte ausschließlich an die Vorschriften des MPC. Mit Hinweisen auf diesen auch: Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 145 f. Ebenso hält Veilleux die Bestimmungen des MPC für ausreichend repräsentativ; in: Justifying the Use of Force, 71 A.L.R. 4 t h 940 (1996), art. 2a.
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3. Teil: Situation in den USA
a) Notwehr Zunächst erfordert der Tatbestand der Notwehr, wie im deutschen Strafrecht auch, daß sich die Notwehrhandlung gegen einen rechtswidrigen und gegenwärtigen Angriff richtet161. In einem zweiten Abschnitt wird dann geregelt, unter welchen Voraussetzungen welches Maß an Gewalt angewendet werden darf. Zunächst ist festzustellen, daß die bei einer Selbstverteidigung anzuwendende Gewalt in zwei Kategorien aufgeteilt wird, und zwar in die tödliche und die nicht tödliche 162 . Unter den Begriff der tödlichen Gewalt werden alle Handlungen subsumiert, die zum Tod des Angreifers führen, aber auch sämtliche Anwendungen von Schußund allen anderen Waffen die von der Rechtsprechung als tödlich angesehen werden 1 6 3 . Alle anderen Formen der Gewaltanwendung werden hingegen der nicht tödlichen Gewalt zugeordnet 164. Diese Beurteilung der rechtmäßigen Anwendbarkeit von tödlicher Gewalt spielt im Rahmen der privaten Sicherheit deshalb eine nicht unerhebliche Rolle, da viele der nur mit Notrechten ausgestatteten Sicherheitskräfte mit Schußwaffen ausgerüstet sind 1 6 5 , und deren Einsatz ja bereits potentiell tödliche Gewalt in diesem Sinne darstellt. Die allgemeine Frage, ab wann tödliche Gewalt im Rahmen von Notwehr oder Nothilfe eingesetzt werden kann, bedeutet also für private Sicherheitskräfte, die sich im Besitz einer Schußwaffe befinden, konkret die Frage, ab wann sie rechtmäßig von dieser Gebrauch machen können. Als wohl wichtigste Einschränkung ist dabei festgelegt, daß die Anwendung von tödlicher Gewalt zur Verteidigung bloßer Eigentums- und Besitzrechte nicht gerechtfertigt ist 1 6 6 . Der Einsatz tödlicher Gewalt zur Selbstverteidigung ist daher nur dann gestattet, wenn der Angriff eine Bedrohung für Leben oder Gesundheit des Verteidigenden darstellt, bzw. auch dann, wenn bestimmte Delikte wie Menschenraub oder Vergewaltigung drohen 167 . Zusammenfassend kann dies als eine Normierung der Güterabwägung und des Verhältnismäßigkeitsprinzips angesehen werden. Abgesehen von dieser groben Zweiteilung der Gewaltanwendung muß 161 The American Law Institute, Model Penal Code § 3.04, cl. 1. 162 MPC § 3.04, cl. 2. 163 Veilleux, Justifying the Use of Force, 71 A.L.R. 4 t h 940 (1996), art. la. In § 3.12, cl. 2 des MPC wird hierzu geregelt, daß allerdings die der Verteidigung dienende bloße Drohung mit einer Waffe auch dort als rechtmäßig anzusehen ist, wo ihr Einsatz, egal ob tödlich oder nicht, nicht gestattet wäre. 164 Veilleux, Justifying the Use of Force, 71 A.L.R. 4 t h 940 (1996), art. la. Ebenso Weinstock, Criminal Law Procedure for Private Security, S. 3. 165 Hierauf wird im Abschnitt über die waffenrechtliche Situation in diesem Kapitel näher einzugehen sein. 166 MPC § 3.04, cl. 2b. Ebenso im Ergebnis: Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 259; Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 146, 148 und Weinstock, Criminal Law Procedure for Private Security, S. 23. Für den Staat Massachusetts siehe entsprechend: Commonwealth v. Klein 372 Mass 823, 363 NE 2d 1313. 167 MPC § 3.04, cl. 2b.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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jedoch bei jeder Verteidigungshandlung geprüft werden, ob diese zum Angriff und zu der durch diesen drohenden Gefahr nicht außer Verhältnis steht 168 . Die Frage, ob die in einem konkreten Fall angewendete Gewalt in Form und Intensität als verhältnismäßig und damit rechtmäßig anzusehen ist, wird von den Gerichten der einzelnen Staaten allerdings nach unterschiedlichen Maßstäben beurteilt 169 . Bei den meisten Gerichten wird hieran ein strikt objektiver Standard angelegt. Die Handlung des Verteidigenden wird also nur dann als gerechtfertigt angesehen, wenn ein gewissenhaft handelnder Normalbürger, der sogenannte „reasonable man", an seiner Stelle ebenso gehandelt hätte 170 . Einige andere Gerichte wiederum stellen auf die Sichtweise des Verteidigenden selbst ab und prüfen lediglich, ob dieser gutgläubig davon ausgehen durfte, daß seine Handlung erforderlich war, um den Angriff abzuwenden171. Zwischen diesen beiden Extremen existieren auch Gerichte, die sich dahingehend nicht festlegen lassen und die Entscheidung über die Verhältnismäßigkeit der Gewaltanwendung ganz dem Ermessen der Jury überlassen 172. Welche Handlungen im konkreten Einzelfall tatsächlich als rechtmäßig anzusehen sind und welche nicht, ist nur durch eine genaue Analyse der hierzu ergangenen Gerichtsentscheidungen zu ermitteln 173 . Da eine detaillierte strafrechtliche Untersuchung nicht Gegenstand dieser Arbeit sein kann, sondern an dieser Stelle lediglich ein Überblick über die Grundsätze des Selbstverteidigungsrechts gegeben 168 MPC § 3.04, cl. 2b; La.F.ave/Scott, Handbook on Criminal Law, S. 239; Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 259 f. und ebenso Bilek /Klotter /Federal, Legal Aspects, S. 146. 169 Klansky, Bernard Goetz, A Reasonable Man, 53 Brook. L. Rev. 1149, 1152 (1988). Auch bei der Frage, ob der Verteidigende bei einem tatsächlichen NichtVorliegen einer Gefahrenlage gutgläubig von einer solchen ausgehen durfte, wird von den Gerichten unterschiedlich entschieden. 170 Dies ist beispielsweise der Fall in Kalifornien, Florida, Louisiana und Massachusetts. Es existiert dahingehend jedoch keine völlig einheitliche Rechtsprechung innerhalb der einzelnen Staaten, so daß es sich hierbei lediglich um Tendenzen handelt. Für eine Auflistung von Entscheidungen, die diesen objektiven Standard anlegen: Wagner, Standard of Determination of Reasonableness, 73 A.L.R. 4 t h 993 (1996), art. 3. Ebenso La Fave/Scott, Handbook on Criminal Law, S. 457. 171 Einen derart subjektiven Prüfungsstandard legen die meisten Gerichte in Connecticut, Illinois und Indiana an. Für einen Überblick über Entscheidungen zu diesem Prüfungsmaßstab siehe: Wagner, Standard of Determination of Reasonableness, 73 A.L.R. 4 t h 993 (1996), art. 4. Auch der Model Penal Code repräsentiert den subjektiven Standard, MPC § 3.04, cl. (2)(b). 172 Hierzu siehe die in Wagner, Standard of Determination of Reasonableness, 73 A.L.R. 4 t h 993 (1996), art. 5, aufgelisteten Entscheidungen. Dieser Mittelweg wird beispielsweise von den New Yorker Gerichten gegangen; siehe Klansky, Bernard Goetz, A Reasonable Man, 53 Brook. L. Rev. 1149,1152 (1988) und 497 N.E. 2d 41, 52. 173 So auch zusammenfassend Bilek, Legal Aspects, S. 146, mit einer Übersicht über die wichtigsten zu diesem Problem der Verhältnismäßigkeit von Verteidigungshandlungen ergangenen Gerichtsentscheidungen. Eine ausführlichere Zusammenstellung von Entscheidungen zu diesem Problemkreis findet sich in: Wagner, Standard of Determination of Reasonableness, 73 A.L.R. 4 t h 993 (1996), Abschnitt II.
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3. Teil: Situation in den USA
wird, soll hier diese Darstellung des Umfangs des Notwehrrechts genügen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß das Notwehrrecht, sei es nun in der Form einer Norm oder als „case law", den nicht anderweitig bevollmächtigten Beschäftigten des Sicherheitsgewerbes die Möglichkeit gewährt, sich unter Anwendung verhältnismäßiger körperlicher Gewalt gegen rechtswidrige Angriffe auf ihre Person zu erwehren.
b) Nothilfe Eine größere Bedeutung als dem Notwehrrecht dürfte im Rahmen der privaten Sicherheit jedoch dem Recht der Nothilfe beigemessen werden. Schließlich besteht die primäre Aufgabe der Sicherheitskräfte nicht darin, ihre eigenen Rechtsgüter zu schützen, sondern die ihres Auftrag- oder Arbeitgebers. Während bei nahen Verwandten wie Kindern oder Ehegatten sogar eine Verteidigungspflicht besteht 174 , begründet die Nothilfe zugunsten „fremder" Personen lediglich ein begrenztes Recht zur Verteidigung. Dieses ist, ebenso wie das oben dargestellte Recht der Notwehr in den meisten Staaten kodifiziert 175 , in einigen anderen aber nach wie vor lediglich in der Form des „case law" existent 176 . Der Vollständigkeit halber ist jedoch auch dieses Notrecht anhand der entsprechenden Bestimmungen des Model Penal Codes darzustellen. Danach wäre der Eingriff eines Nothelfers dann gerechtfertigt, wenn er im Zeitpunkt seiner Handlung davon ausgehen durfte, daß der zu Schützende, würde er sich selbst mit einer entsprechenden Maßnahme gegen den konkreten Angriff zur Wehr setzen, nach den Grundsätzen der Notwehr gerechtfertigt wäre 177 . Das Recht des A, den Β vor einem Angriff des C zu schützen, geht also nicht weiter als B's eigenes Recht, sich selbst zu schützen. Dies gilt vor allem für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Gewaltanwendung, also primär für die Frage, ob die Anwendung tödlicher Gewalt noch als gerechtfertigt anzusehen ist und allgemein, welches Ausmaß an Gewaltanwendung gestattet ist 1 7 8 .
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Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 147. Ein näheres Eingehen auf diese durch eine Art Garantenstellung begründete Schutzpflicht ist jedoch nicht erforderlich, zumal die im Rahmen der gewerblichen Sicherheit zu schützenden Personen und deren Rechtsgüter nicht unter diesen Schutzbereich fallen. Ausführlich zu diesen Pflichten mit einer Übersicht über die entsprechende Rechtsprechung: Kellet, Private Person's Duty and Liability for Failure to Protect Another Against Criminal Attack, 10 A.L.R. 3d 619 (1996); ebenfalls: Am Jur 2d, Homicide, art. 170. 175 Hierbei wird auf die entsprechenden Ausführungen zum Recht der Notwehr verwiesen, zumal die meisten dieser Staaten das Nothilferecht in derselben Norm regeln. Beispielhaft dafür: Colorado, Colo Rev Stat 18-1-704. 17 6 Einen Überblick über diese Staaten bzw. die jeweiligen Gerichte gewährt: 6 Am Jur 2d, Assault and Battery, art. 63,152 und 40 Am Jur 2d, Homicide, art. 170-173. 1 77 MPC § 3.05, cl. 1. 17 8 Da hierfür auf die Notwehrsituation des zu Verteidigenden abzustellen ist, kann bezüglich dieser Grenzen auf die entsprechenden Ausführungen zur Notwehr verwiesen werden.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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Sollte keine notwehrfähige Gefahrenlage vorgelegen haben, sei dies aus tatsächlichen Gründen der Fall oder weil dem vermeintlichen Opfer selbst wegen rechtlicher Mängel das Notwehrrecht nicht zugestanden hätte 179 , so ist der Nothelfer in den meisten Fällen jedoch auch dann gerechtfertigt, wenn er gutgläubig davon ausgehen durfte, daß eine solche Notwehrlage für den zu Verteidigenden doch bestanden hat. Die Vorschrift des Model Penal Codes enthält ζ. B. den rein subjektiven Standard, der alleine auf das abstellt, was der Nothelfer im Zeitpunkt seiner Handlung für richtig hielt, und zwar unabhängig sowohl von dem objektiven Standard des ,»reasonable man" als auch von der tatsächlichen Situation 180 . Andererseits gibt es aber auch Gerichte, die einem Nothelfer nur dann die rechtfertigende Wirkung seiner Intention zugestehen, wenn sich der Verteidigte tatsächlich in einer Notwehrlage befand 181 . Die Reichweite der Nothilfe kann also dahingehend zusammengefaßt werden, daß die durch die Vorschriften der Notwehr bestimmten Möglichkeiten, die einem Privatbürger zur Verteidigung seiner eigenen Rechtsgüter zustehen, dann auch den Handlungsrahmen eines für ihn arbeitenden „security officers" darstellen 182. Abzustellen ist hierbei darauf, ob der zu Schützende sich selbst in einer Notwehrsituation befand, wobei es in den meisten Fällen genügt, daß der Wachmann, unabhängig von der tatsächlichen Sachlage, vom Vorliegen einer solchen Situation ausgehen durfte.
2. Recht der vorläufigen
Festnahme; „citizen's arrest "
Ein weiteres für die gewerbliche Sicherheit bedeutsames Notrecht stellt das an den Grundsätzen des sogenannten „citizen's arrest" orientierte allgemeine, jedermann zustehende Festnahmerecht dar. So wird dieser „citizen's arrest" sogar teilweise als die Hauptwaffe im Arsenal der privaten Sicherheitskräfte bezeichnet183. Vertiefend hierzu die Ausführungen von Veilleux, Justifying the Use of Force, 71 A.L.R. 4 t h 940 (1996), Abschnitte V und VI. Ζ. Β. dann, wenn dieser die Notwehrlage selbst provoziert hat oder eigentlich der vermeintliche Angreifer das Opfer war. Mit einer Auflistung weiterer Beispiele: Veilleux, Justifying the Use of Force, 71 A.L.R. 4 t h 940 (1996), art. 2a, 9. 180 Model Penal Code § 3.05, cl. 1. Ebenso ζ. Β. die folgenden Gerichtsentscheidungen: Morris ν. State (1981 Ala-App) 405 So2d 81; Howard v. State (1982 Ala App) 420 So 2d 828; People ν. Williams (1977, I s t Dit.) 75 Cal App 3d 71; People v. Steele (1970) 26 NY 2d 526. M.w.N. siehe: Veilleux, Justifying the Use of Force, 71 A.L.R. 4 t h 940 (1996), art. 7. 181 Ζ. B. in: Sandman v. Hagan (1967) 261 Iowa 560, 154 NW 2d 113; State v. Brown (1969, Iowa) 168 NW 2d 922; State v. Thiel (1987, ND) 411 NW 2d 66 oder State v. Barnes (1984, Tenn Crim) 675 SW 2d 195. 182 Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 16. 183 So ζ. B. von Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1838 (1995). Sinngemäß ebenso Szuberla, Defining Private Security Law, 13 U. Toi. L. Rev. 377, 393 (1982), der neben der Verhinderung von Verbrechen durch Bewachung die Hauptaufgabe von
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3. Teil: Situation in den USA
Ursprünglich als Common-Law-Grundsatz von den Gerichten entwickelt, wurde jedem Bürger das Recht zugestanden, bei Vorliegen eines Verbrechens die Festnahme des Täters zum Schutz der Öffentlichkeit vorzunehmen 1 8 4 . Bei einem Vergehen bestand dieses Recht nur, wenn dessen Begehung gleichzeitig eine Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellte 1 8 5 . Mittlerweile ist dieses Recht des „citizen's arrest" in 31 der 50 Einzelstaaten der USA normiert 1 8 6 , wobei sich deren gesetzliche Ausgestaltungen von Staat zu Staat nicht unerheblich unterscheiden. In einigen Fällen werden die von der Common-Law-Regel gezogenen Grenzen erweitert, in anderen aber auch deutlich unterschritten 1 8 7 . I m folgenden wird versucht, anhand einer Analyse der Eckpunkte des „citizen's arrest" in den einzelnen Staaten einen repräsentativen Überblick über die Ausgestaltung dieses Rechts zu erhalten 1 8 8 .
a) Verbrechen Das weitestgehende Recht zur Festnahme wird in den meisten Staaten bei Vorliegen eines Verbrechens gewährt. Auch hier sind jedoch Unterschiede in der Reichweite festzustellen 1 8 9 . Die stärkste Limitierung dieses Rechts findet sich in
Sicherheitskräften darin sieht, auf frischer Tat Betroffene festzunehmen, um sie dem öffentlichen Strafverfolgungssystem zuzuführen. So im übrigen auch die Definition der Festnahme im Sinne des „citizen's arrest" von Braun/Lee, Private Police Forces, 38 U. Chi. L. Rev. 555,560(1971). 184 Bassiouni, Citizen's Arrest, S. 12 ff. National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 392. 185 Carroll v. United States 267 U.S. 132, 157 f. (1925); State v. Mobley, 240 N.C. 476, 479, 83 SE 2d 100, 102 (1954); Radloffv. National Food Stores Inc., 20 Wis. 2d 224, 123 NW 2d 570(1963). 186 Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 257. Eine Übersicht über die Anforderungen, die die Gerichte in den Staaten, die über kein entsprechendes Gesetz verfügen, nach den Grundsätzen des „common law" an eine rechtmäßige Festnahme stellen, findet sich bei: Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 91. Zu diesen Staaten gehören ζ. B.: Massachusetts, Pennsylvania und Washington. 187 Note, The Law of Citizen's Arrest, 65 Colum. L. Rev. 502, 503 (1965). Es existiert jedoch in jedem Staat, also auch in den 19, die hierzu keine gesetzliche Regelung erlassen haben, ein grundsätzlich vergleichbares Recht zur allgemeinen Festnahme, das in letzteren eben nach den Grundsätzen des „common law" weiter besteht; hierzu siehe Szuberla, Defining Private Security Law, 13 U. Toi. L. Rev. 377, 386 (1982). 188 Einen Überblick über die unterschiedliche Ausgestaltung dieses Rechts in den einzelnen Staaten gewährt die tabellarisch aufgebaute Übersicht in: Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 258. Eine ähnliche Übersicht findet sich in: Nemeth, Private Security and the Law, S. 73, Tabelle 3.3. 189 Ebenso wie in Deutschland unterteilt man auch in den USA die Straftaten nach schwerwiegenderen Delikten, den „felonies" und den weniger gewichtigen sogenannten „misdemeanors". Auch hier wird die Abgrenzung anhand des Strafrahmens vorgenommen. So wird in Kalifornien, Cal Pen Code 17 (A), festgelegt, daß alle Straftaten, die mit dem Tod oder mit
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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New York, wo ein Verbrechen tatsächlich vorliegen und auch von dem Festzunehmenden begangen worden sein muß 1 9 0 . Etwas weitergehend ist die entsprechende Regelung beispielsweise in Kalifornien: Hier muß zwar ebenfalls tatsächlich ein Verbrechen vorliegen. Dann genügt es aber, wenn der Festnehmende gutgläubig davon ausgehen durfte, daß dieses Verbrechen auch von dem Festgenommenen begangen wurde 191 . Wiederum einen Schritt weiter geht man in Ohio. Hier reicht es aus, wenn der Private glauben durfte, daß überhaupt ein Verbrechen begangen wurde, ohne daß dies tatsächlich der Fall gewesen sein muß. Auch bezüglich der Täterschaft des Festzunehmenden genügt also der schützenswerte Glaube des Festnehmenden 192 . Die geringsten Anforderungen an die rechtmäßige Festnahme eines vermeintlichen Verbrechers werden in Illinois gestellt. Jedermann ist dort zur Festnahme legitimiert, solange er nur davon ausgehen durfte, daß eine staatliche Strafnorm verletzt wurde 193 . Hier wird also weder verlangt, daß tatsächlich eine Straftat begangen wurde noch daß der Festgenommene der Täter ist. Außerdem gilt dieses Recht für Verbrechen und Vergehen gleichermaßen.
b) Vergehen Wie bereits angedeutet, existiert in einigen Staaten auch ein Festnahmerecht bei Vorliegen eines bloßen Vergehens. Hierzu ist jedoch festzustellen, daß diesbezüglich die Regelungen der einzelnen Staaten noch stärker voneinander abweichen als bei den Verbrechen 194. Nichtsdestotrotz soll auch hierzu ein kurzer Überblick gegeben werden. Wie bei den Verbrechen, so stammt auch hier die großzügigste Norm aus Illinois. Dort reicht der gute Glauben des Festnehmenden an Tat und Täterschaft des Festzunehmenden aus 195 . Die wohl am häufigsten vorzufindende Haft in einem Staatsgefängnis bestraft werden, zu den „felonies", den Verbrechen zählen. Alle geringer bewehrten Straftaten gehören zu den „misdemeanors", also den Vergehen. Ebenso in: Kentucky, KRS 431.060 (1, 2). 190 New York, NY CLS CPL 140.30 (1) (a). 191 California, Cal Pen Code 837. Nahezu wortgleich oder zumindest vom Inhalt her entsprechend sind die Vorschriften in Arizona, A.R.S., 13-3884 (2); Indiana, Code Annotated 3 5 - 3 3 - 1 - 4 (a)(l,2); Kentucky, KRS 431.005 art. 5; Oklahoma Statutes Annotated 22, § 202; Tennessee Codes Annotated 40-816; Texas Statutes Annotated, 1401. In Florida, das zu den Staaten gehört, die das Recht des „citizen's arrest" noch nicht kodifiziert haben, entscheiden jedoch die Gerichte entsprechend; United States v. Montos, 421 F.2d 215 (5 t h Cir. 1970), bestätigt vom U.S Supreme Court in: 397 U.S. 1022. 192 Ohio, ORC 2935.04. Ebenso in: Georgia Code Annotated 827-211; Louisiana Statutes Annotated CPC 5-214; Mississippi, Code Annotated 99-3-7 und North Carolina Statutes Annotated § 15A-404. 193 Illinois, 725 ILCS 5 / 1 0 7 - 3 . Staatliche Strafnorm ist hier in dem Sinne zu verstehen, daß es sich um eine von der gliedstaatlichen Legislative erlassene Norm, also ein Landesgesetz handeln muß und nicht lediglich um kommunale Straf- oder Ordnungswidrigkeitsvorschriften. 194 So auch Bilek, Legal Aspects, S. 91.
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3. Teil: Situation in den USA
Regelung verlangt, daß die Begehung des Vergehens in Gegenwart des Festnehmenden stattgefunden haben muß 1 9 6 . Für eine rechtmäßige Festnahme ist es also nicht ausreichend, wenn der Festnehmende von der Tat durch einen Dritten erfährt. Er muß vielmehr selbst Augen- oder Ohrenzeuge des Vergehens gewesen sein 197 . In anderen Staaten wird zusätzlich noch gefordert, daß die Begehung des Vergehens mit einer Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung verbunden ist, oder daß es sich bei dem Vergehen um ein Offizialdelikt handelt 198 . Schließlich gibt es jedoch auch Staaten, die bei Vorliegen eines bloßen Vergehens das Recht des „citizen's arrest" gänzlich ausschließen199. Berücksichtigt man, daß das Delikt des Diebstahls lediglich ein Vergehen darstellt, so führt dies dazu, daß eine darauf begründete Festnahme nur dann gerechtfertigt wäre, wenn der Festnehmende selbst Zeuge des tatsächlich durchgeführten Diebstahls gewesen ist. Irrtümer über die Täterschaft führen somit zur Rechtswidrigkeit der Festnahme und für den Festnehmenden zum Risiko, sich selbst einer straf- bzw. zivilrechtlichen Klage auszusetzen. Dies stellt vor allem im Rahmen der Thematik des Ladendiebstahls ein vielfach diskutiertes Problem dar. So werden die Vorschriften des allgemeinen „citizen's arrest" zur effektiven Bekämpfung dieser Art der Kriminalität vielfach als unzureichend angesehen. Hierauf ist jedoch im nächsten Abschnitt im Rahmen der Darstellung der zur Abhilfe dieser Problematik entwickelten sogenannten „shoplifting statutes" näher einzugehen.
195 Illinois, 725 ILCS 5 / 1 0 7 - 3 . 196 Dies ist ζ. B. der Fall in: Kalifornien, Cal Pen Code 837 (1); Alabama, Code of Alabama 15-10-7; Kentucky, KRS 431.005 (d); New York, NY CLS CPL 140.30 (l)(b); Oklahoma Statutes Annotated 22-202; Tennessee Code Annotated 40-816 und Utah Code Annotated 77-13-4. 197
So jedenfalls verstehen die Gerichte in diesen Staaten den Begriff der Präsenz: Gray v. Earls, 250 S.W. 567, 298 Mo. 116 (1923); People v. Burgess, 170 CA2d 36, 338 P2d 524 (1959); People v. Sjosten, 262 CA2d 539, 68 Cal Rptr 832 (1968), hier ist jede eigene Wahrnehmung durch einen der Sinne erfaßt; People ν. Santiago, 53 Mise 2d 264, 278 NYS2d 260 (1967). Auch in: Note, The Law of Citizen's Arrest, 65 Colum. L. Rev. 502, 504 (1965), wird nach einer Analyse der einschlägigen Gerichtsentscheidungen festgestellt, daß der Mangel an geforderter eigener Wahrnehmung nicht durch Information von anderen kompensiert werden kann. 198 Dies ist ζ. B. der Fall in: Arizona, Revised Statutes Annotated 13-3884 (1); Indiana, Statutes Annotated 3 5 - 3 3 - 1 - 4 (3) und North Carolina Statutes Annotated 15A-404. Vergleiche hierzu ebenfalls die bei Braun/Lee, Private Police Forces, 38 U. Chi. L. Rev. 555, 561 Rz. 36 (1971) aufgeführten, hierzu ergangenen Gerichtsentscheidungen. 199 Zu diesen Staaten, die das allgemeine Festnahmerecht ausschließlich bei Vorliegen eines Verbrechens zugestehen, gehören beispielsweise Arkansas, Statutes Annotated 4 3 404; Louisiana Statutes Annotated CPC 5-214; Ohio, ORC Ann. 2935.04 und South Carolina, Code of Law 17-251, wo jedoch bei Vorliegen eines Diebstahls eine Ausnahme gemacht wird, und man eine rechtmäßige Festnahme zuläßt, obwohl dieser als Vergehen klassifiziert wird.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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c) Anwendung von Gewalt Zu klären ist weiterhin, welches Maß an Gewalt der „security officer" bei einer im übrigen nach den oben erörterten Grundsätzen rechtmäßigen und begründeten Festnahme anwenden darf 2 0 0 . Hierzu ist generell zu sagen, daß der Festnehmende nach den Grundsätzen des „citizen's arrest" dazu befugt ist, Gewalt anzuwenden; dies jedoch nur in dem Ausmaß, welches erforderlich ist, um die Festnahme durchzuführen 201 . Eine ansonsten rechtmäßige Festnahme würde durch den Gebrauch exzessiver Gewalt zu einer rechtswidrigen werden 202 . Auch hier läßt sich - entsprechend den Ausführungen zu Notwehr und Nothilfe feststellen - , daß das Maß der angewendeten Gewalt grundsätzlich zunächst in eine tödliche und eine nicht tödliche einzuteilen ist 2 0 3 . Während das in einem konkreten Fall noch rechtmäßige Maß an nicht tödlicher Gewalt anhand einer Prüfung der Verhältnismäßigkeit dieser zu dem Grund der Festnahme festzustellen ist 2 0 4 , existieren für die Anwendbarkeit tödlicher Gewalt in den meisten Staaten einige feste Grundsätze. Wie bereits im Rahmen der Notwehr angesprochen, spielt diese Beurteilung der rechtmäßigen Anwendbarkeit von tödlicher Gewalt auch im Rahmen des „citizen's arrest" eine nicht unerhebliche Rolle, zumal viele der nur mit Notrechten ausgestatteten Sicherheitskräfte dennoch über Schußwaffen verfügen 205 und deren bloßer Einsatz ja bereits potentiell tödliche Gewalt in diesem Sinne darstellt. Im folgenden ist daher zu klären, unter welchen Umständen ein „security officer" bei einer Festnahme von seiner Schußwaffe oder einer anderen Möglichkeit zur Anwendung tödlicher Gewalt Gebrauch machen darf. So ist der Schußwaffeneinsatz ζ. B. nach dem Model Penal Code nur dann als rechtmäßig anzusehen, wenn der Festnahme ein Verbrechen zugrundeliegt, bei
200 Wenn bereits die Festnahme als solche als rechtswidrig anzusehen ist, so kann die Anwendung von Gewalt gegen den rechtswidrig Festgenommenen erst recht nicht rechtmäßig sein. So auch Griffin, Private Persons Authority in Making Arrest for Felony, 32 A.L.R. 1078 (1996), art. 2a, 11. 201 Auch hier wenden die meisten Gerichte den subjektiven Standard an, entscheiden also zugunsten des Festnehmenden, wenn dieser aus seiner Sicht von der Notwendigkeit der Gewaltanwendung ausgehen durfte. Siehe hierzu: Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 149. 202 La Fave/Scott, Handbook on Criminal Law, S. 406 ff.; Note, The Law of Citizen's Arrest, 65 Colum. L. Rev. 502, 508 (1965). 203 Siehe oben in diesem Kapitel, Abschnitt Β. I. 1 a.). Hierzu auch Note, The Law of Citizen's Arrest, 65 Colum. L. Rev. 502,509 (1965). 204 Ein näheres Eingehen auf die einzelnen Umstände, die nach Ansicht der verschiedenen Gerichte ein jeweils bestimmtes Maß an nicht tödlicher Gewalt rechtfertigen, würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Insoweit sei auf die entsprechenden Kommentierungen in den „annotated codes" der verschiedenen Staaten, wie ζ. B.: Kalifornien, Cal Pen Code 837, Notes of Decisions, art. 8; New York , NY CLS CPL 140.35 (3) i.V.m. NY CLS CPL 35.30 (4), Case Notes, art. 1 oder Ohio ORC Ann 2935.04, Case Notes, art. 1,2 verwiesen. 205 Hierauf wird im Abschnitt über die waffenrechtliche Situation in diesem Kapitel näher einzugehen sein.
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3. Teil: Situation in den USA
dem seinerseits tödliche Gewalt angewendet wurde, oder wenn die Anwendung tödlicher Gewalt zumindest droht, falls die Festnahme nicht unmittelbar durchgeführt wird 2 0 6 . Dieses erste Erfordernis, daß es sich bei der die Festnahme begründenden Straftat um ein Verbrechen handeln muß, ein bloßes Vergehen hierfür also nicht ausreicht, wird dann auch von sämtlichen Gerichten verlangt 207 . Weiterhin wird grundsätzlich zwischen zwei verschiedenen Konstellationen unterschieden: Einmal besteht die Möglichkeit, daß der Festnehmende vom Straftäter bei der Festnahme körperlich attackiert wird. Diesen Fällen werden diejenigen gegenübergestellt, bei denen vom Festzunehmenden keinerlei Gewalt gegen den Festnehmenden ausgeht. Während im ersten Fall die Gewaltanwendung nach den für die Notwehr geltenden Grundsätzen beurteilt wird 2 0 8 , existieren für die Anwendung tödlicher Gewalt zum Zweck der Festnahme eines fliehenden, ansonsten aber keine Gefahr für den Festnehmenden darstellenden Verbrechers andere Entscheidungskriterien. Während in einigen wenigen Entscheidungen dem Festnehmenden die Anwendung tödlicher Gewalt unter diesen Voraussetzungen generell abgesprochen wurde 2 0 9 , lassen die meisten Gerichte dies unter bestimmten Voraussetzungen zu. So wird von einigen gefordert, daß tatsächlich ein Verbrechen vorgelegen haben muß 2 1 0 , und von anderen zusätzlich, daß dies auch von dem Festzunehmenden begangen wurde 211 . In diesen Fällen riskiert also jeder, der bei einer auf einen bloßen Verdacht begründeten Festnahme tödliche Gewalt anwendet, daß er sich dabei strafbar macht, sollte sich der Festzunehmende nachträglich als unschuldig erweisen. Wieder andere Gerichte fordern, daß ein Privater, der bei der Flucht eines Festzunehmenden Gewalt anwendet, dies erst dann tun darf, wenn er diesen zuvor
206 MPC § 3.07, cl. 2 (b). 207 Hierzu siehe die Anmerkungen von Griffin, Private Person's Authority, in Making Arrest for Felony, 32 A.L.R. 1078 (1996), art. la, 2a. 208 z. B.: Cal People v. Vezerian 85 Cal App d 708, 193 P2d 944 (1948); Mich. People v. Whitty, 96 Mich App 403, 292 NW 2d 214 (1980); Okla-Wingfield ν. State, 89 Okla Crim 45, 205 P2d 320 (1949). Einen Überblick über weitere Gerichtsentscheidungen zu diesen Fällen der Notwehr während einer Festnahme gewährt Griffin, Private Person's Authority, in Making Arrest for Felony, 32 A.L.R. 1078 (1996), art. 16-18. 209 So entschieden in: State v. Clarke 61 Wash 2d 138, 377 P2d 449 (1962); State v. Jones 104 SC 141,88 SE 444 (1916). 210 Ala-Suell v. Derricott, 161 Ala 259, 49 SO 895 (1909); Ky-Baker v. Commonwealth, 212 Ky 50, 278 SW 163 (1925); Mo-Robbs v. Missouri P.F. Co., 210 Mo App 429, 242 SW 155 (1922). Zum Nachweis weiterer Entscheidungen siehe: Griffin, Private Person's Authority, in Making Arrest for Felony, 32 A.L.R. 1078 (1996), art. 6. 211 In den folgenden Entscheidungen hat also weder der gute Glaube an die Begehung eines Verbrechens noch an die Täterschaft des Festzunehmenden ausgereicht, um die Anwendung tödlicher Gewalt zu rechtfertigen: Mich-People v. Whitty, 96 Mich App 403, 292 NW2d 214 (1980); People v. Hampton 194 Mich App 593, 487 NW2d 843 (1992); Cal People v. Lillard, 18 Cal App 343, 123 Ρ 221 (1912); Ky-Baker ν. Commonwealth, 212 Ky 50, 278 SW 163(1925).
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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gewarnt hat 2 1 2 . Schließlich rechtfertigen einige Gerichte die Anwendung tödlicher Gewalt bei einer Festnahme nur dann, wenn eine bestimmte Art von Verbrechen, normalerweise verbunden mit dem Tod oder der schweren Körperverletzung eines Menschen, vorliegt 213 .
d) Zusammenfassung Für Beschäftigte der gewerblichen Sicherheit, die über keine besonderen, über die Notrechte hinausgehenden Befugnisse verfügen, kann also ein allgemeines Recht zur Festnahme festgestellt werden. Um sich bei einer solchen Festnahme deren Rechtmäßigkeit sicher zu sein, müssen sie jedoch aufgrund der größtenteils uneinheitlichen Rechtsprechung einige Grundsätze beachten. So ist bei Vorliegen eines Verbrechens eine rechtmäßige Festnahme meist bereits dann möglich, wenn der „security officer" von der Täterschaft des Festzunehmenden ausgehen durfte. Handelt es sich hingegen nur um ein Vergehen, so empfiehlt sich eine Festnahme nur dann, wenn dessen tatsächliche Begehung und die Täterschaft des Festzunehmenden von dem Festnehmenden selbst wahrgenommen wurde. Grundsätzlich ist die Anwendung von Gewalt bei einer Festnahme nur dann gerechtfertigt, wenn sie erforderlich ist und zur Tat des Festzunehmenden nicht außer Verhältnis steht. Bei der Anwendung von tödlicher Gewalt, also insbesondere dem Einsatz von Schußwaffen, kann sich ein „security officer" der Rechtmäßigkeit seiner Handlung nur dann sicher sein, wenn er sie einsetzt, um die Flucht eines Schwerverbrechers zu verhindern, oder falls er selbst vom Festzunehmenden angegriffen wird und seine Handlung nach den Grundsätzen der Notwehr gerechtfertigt wäre. An dieser Stelle ist noch darauf hinzuweisen, daß im Rahmen dieses allgemeinen Festnahmerechts vereinzelt diskutiert wird, ob und inwieweit die sogenannten „Miranda warnings", also die bei einer polizeilichen Verhaftung notwendige Rechtsbelehrung des Verdächtigen über das ihm zustehende Aussageverweigerungsrecht auch dann gefordert werden kann, wenn die Verhaftung von einem Privaten vorgenommen wird. Auf diese Problematik ist jedoch erst unten im Rahmen der verfassungsrechtlichen Untersuchung näher einzugehen. 212 So z. B. in: Or-State v. Nodine 198 OR 679, 259 P2d 1056 (1953); Pa-Commonwealth v. Chermansky, 430 Pa 170, 242 A2d 237 (1968); Commonwealth v. Long 17 Pa Super 641 (1901). 213 Commonwealth v. Klein, 372 Mass 823, 363 NE 2d 1313 (1977); Commonwealth v. Chermansky, 430 PA 170, 242 A2d 237 (1968); Commonwealth v. Allen, 443 Pa 15, 276 A2d 539 (1971); People v. Piorkowski, 41 Cal App 3d 324, 115 Cal Rptr 830 (1974). Auch das American Law Institute ist dieser Ansicht bis 1948 gefolgt, siehe Restatement of Torts, art. 131, hat diese jedoch dann dahingehend geändert, daß jedes Verbrechen eine derartige Gewaltanwendung rechtfertigt; Restatement of Torts 2d, art. 131. Einen umfassenden Überblick über die Rechtsprechung zu dieser Problematik, bzw. zu weiteren Umständen und Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Festnahme mit Gewaltanwendung gewährt Griffin, Private Person's Authority, in Making Arrest for Felony, 32 A.L.R. 1078 (1996), art. 16,17.
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3. Teil: Situation in den USA
3. Durchsuchungsmaßnahmen; „search and seizure" Da die Durchsuchung einer Person aufgrund eines amtlichen Durchsuchungsbefehls den Staatsbediensteten vorbehalten ist 2 1 4 , stellt sich die Frage, ob und inwieweit ein „security officer" in seiner Eigenschaft als Privatperson unter bestimmten Umständen den zuvor nach den Grundsätzen des „citizen's arrest" Festgenommenen trotzdem rechtmäßig durchsuchen kann. So wird - in Ergänzung zu der eben dargestellten bloßen Festnahmebefugnis - den Privaten teilweise ein, zumeist auf die Suche nach Waffen beschränktes Durchsuchungs- und Beschlagnahmerecht gegenüber der festgenommenen Person zugestanden215. Grundvoraussetzung einer derartigen Durchsuchung ist jedoch wiederum, daß die zur in Frage stehenden Durchsuchung führende Festnahme selbst rechtmäßig gewesen sein muß. Wenn bereits die Festnahme aus irgendeinem der oben beschriebenen Gründe rechtswidrig gewesen sein sollte, so kann eine sich daran anschließende Durchsuchung oder Beschlagnahme auch dann nicht rechtmäßig sein, wenn sie ansonsten unter keinerlei rechtlichem Mangel leidet 216 . Weiter ist eine dem Schutz des Festnehmenden dienende Durchsuchung eines nach den Grundsätzen des „citizen's arrest" Festgenommenen nur dann zulässig, wenn ersterer vernünftigerweise davon ausgehen durfte, daß bei dem Verdächtigen die Gefahr einer Bewaffnung und einer dadurch bedingten Bedrohung besteht. Dieses Recht ist zum einen in dem Common-Law-Grundsatz der Selbstverteidigung enthalten217 und zum anderen in einigen Staaten gesetzlich normiert 218 . In beiden Fällen ist diese Befugnis jedoch untrennbar mit einer im Vorfeld erfolgten rechtmäßigen Festnahme verbunden 219. 214
So ζ. B.: Bassiouni, Citizen's Arrest, S. 68 und Fine, Private Assumption of the Police Function, 51 B.U. L. Rev. 464,471 (1971). 215 Zwar handelt es sich dabei auch in den USA um zwei voneinander unabhängige Befugnisse. Da diese jedoch meistens kombiniert angewendet werden, hat sich hierfür der einheitliche Begriff des „search and seizure" - also eben Durchsuchung und Beschlagnahme - eingebürgert. So auch ζ. B. Nemeth, Private Security and the Law, S. 79 ff. und Bilek, Legal Aspects, S. 112 ff. 216 So ζ. B. in: Gibson ν. J.C. Penney , 165 CA2d 640, 331 P.2d 1057 (1958). Ebenso Braun/Lee, Private Police Forces, 38 U. Chi. L. Rev. 555, 567 (1971) und Kakalik/Wildhorn, Private Police, S. 321. 2 17 Warner, The Uniform Arrest Act, 28 Va. L. Rev. 315, 324 (1942); Kakalik/Wildhorn, Private Police, S. 320 f.; United States v. Viale, 312 F2d 595 (1963). Für einen ausführlichen Überblick über diesen Bestandteil des Notrechts zur Selbstverteidigung, siehe: Restatement of Torts (2d) § 132 (d). 2 *8 So ζ. B. in: Kalifornien, Cal Pen Code 846; Michigan, MSA 28.884, § 25; Delaware, 11 Del C 2303 (2)(c); Idaho, Code 19-613; Nevada, Nev Rev Stat Ann 171.146 und Oklahoma, 22 Okl St 206, wo die entsprechenden Normen die Befugnis zur Durchsuchung der Person und zur Beschlagnahmung einer eventuell gefundenen Waffe, aber auch die Pflicht, eine solche Waffe bei der zuständigen Behörde abzugeben, beinhalten. ™ Gibson v. J.C. Penney, 165 CA2d 640, 331 P.2d 1057 (1958). So auch Euller, Private Security and the Exclusionary Rule, 15 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 649, 662 (1980); Burkoff, Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629, 654 (1981); Kakalik/Wildhorn, Private Police, S. 320 und Braun/Lee, Private Police Forces, 38 U. Chi. L. Rev. 555,567 (1971).
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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So bleibt festzuhalten, daß privaten Sicherheitskräften im Falle einer rechtmäßig durchgeführten Festnahme in einigen Staaten das Recht gewährt wird, die festgenommene Person auf den Besitz von Waffen hin zu durchsuchen und, falls die Suche erfolgreich ist, diese zu beschlagnahmen und bei der zuständigen Behörde abzugeben. Zweck dieser Maßnahmen ist der Schutz des Festnehmenden und anderer Personen vor den von einer Waffe ausgehenden Gefahren. An dieser Stelle ist auf die hiervon abweichenden entsprechenden Verhältnisse in Deutschland hinzuweisen, wo gerade diese im Zusammenhang mit einer Festnahme durchgeführten Durchsuchungs- bzw. Beschlagnahmemaßnahmen nicht gestattet sind 220 . Abgesehen von der nicht besonders ausführlich geregelten Frage, inwieweit privaten Sicherheitskräften Befugnisse zur Durchsuchung Festgenommener zustehen, wird in diesem Zusammenhang ein anderer Aspekt wesentlich ausführlicher diskutiert. Auf das in der einschlägigen Literatur höchst umstrittene Problem der strafrechtlichen Verwertbarkeit von Beweisen, die von Privaten auf unrechtmäßige 221, diese Befugnisse überschreitende Art und Weise erhoben wurden bzw. der Anwendbarkeit der verfassungsrechtlichen Beweisverwertungsverbote auf eben jene Beweise, ist jedoch an dieser Stelle lediglich hinzuweisen. Hierauf wird im Rahmen der verfassungsrechtlichen Untersuchung in Kapitel vier näher einzugehen sein.
II. Befugnisse aufgrund spezieller staatlicher Ermächtigung; „deputization" und „commission" An dieser Stelle wird nun der Handlungsspielraum derjenigen Privaten besprochen, die, ohne in irgendeiner Weise Funktionäre des Staates222 zu sein, mit Befugnissen ausgestattet sind, die über diejenigen des Normalbürgers hinausgehen. Wie schon bei den Erscheinungsformen der privaten Sicherheit dargestellt, handelt es sich dabei primär um spezialgesetzlich übertragene Befugnisse, die eine Eigensicherung privater Einrichtungen ermöglichen sollen. Beispiele für solche, dem Überbegriff der „deputization" zuzuordnenden Befugnisübertragungen sollen nun im folgenden dargestellt werden.
220 Hierzu vergleiche die Ausführungen im zweiten Teil dieser Arbeit, Kapitel drei, Abschnitt Α. I. 3. B.). 22 1 An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, daß sowohl bundes- als auch gliedstaatliche Strafvorschriften zur Sanktionierung rechtswidrig durchgeführter Durchsuchungsmaßnahmen existieren, auf die jedoch hier nicht weiter einzugehen ist. Hierzu siehe ausführlich Fine, Private Assumption of the Police Function, 51 B.U. L. Rev. 464,477 (1971), m.w.N. 222 Der Begriff Staat meint hier nicht den Gliedstaat, sondern die Staatlichkeit als solche, also sowohl die bundes- als auch die einzelstaatliche und die kommunale Obrigkeit.
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3. Teil: Situation in den USA
1. Universitätspolizei Besonders zahlreich sind solche Kompetenzübertragungen bei den nichtstaatlichen Universitäten. So existieren in diesem Bereich neben den Normen der Einzelstaaten auch solche auf kommunaler Ebene, denen, wie später aufzuzeigen sein wird, jedoch hauptsächlich eine ergänzende Bedeutung zukommt.
a) Übertragung auf gliedstaatlicher Ebene (]) Bevollmächtigungsverfahren In den Staaten, die ein Gesetz zur „deputization" von Sicherheitskräften in privaten Universitäten erlassen haben, wird deren Bevollmächtigung im wesentlichen nach dem folgenden Verfahren abgewickelt 223 . Eine Universität, die derartig bevollmächtigte Sicherheitskräfte in den Reihen ihrer „campus police" beschäftigen möchte, muß die von ihr auszuwählenden „officers" unter Angabe ihrer Personalien dem örtlichen „police department", oder falls ein solches nicht existiert, der obersten Polizeibehörde des jeweiligen Staates vorschlagen. Nach einer Überprüfung dieser Kandidaten auf ihre physische, psychische und moralische Eignung für eine Ausstattung mit Polizeibefugnissen, werden deren Anträge bei positiver Verbescheidung an die Universität zurückgeleitet. Diese kann den Bevollmächtigungsakt dann durch die endgültige Anstellung des Kandidaten vollziehen 224 . Um diese Bevollmächtigung und den Status eines „university police officers" auf Dauer behalten zu können, muß der „deputized private watchman" allerdings innerhalb eines Jahres nach seiner Ernennung an einem staatlich autorisierten Trainingskursus für Polizisten teilnehmen 225 . (2) Umfang und Geltungsbereich der Befugnisse Nach Abschluß dieses Deputization-Verfahrens stehen dem so bevollmächtigten Universitätspolizisten die normalerweise nur einem „peace officer" zugewiesenen, vollen polizeilichen Befugnisse zu 2 2 6 . Diese Befugnisse richten sich im einzelnen nach den Vorschriften der jeweiligen kommunalen Polizeibehörde, wobei es der Universität vorbehalten bleibt, diese in einzelnen Bereichen zu limitieren bzw. durch interne Richtlinien zu konkretisieren 227. Von Seiten des Staates stehen den 223
Beispielhaft wäre hier die entsprechende Vorschrift von New Jersey, N.J. Stat Ann § 18A: 6 - 4 . 1 ff., anzuführen. Aufgrund der für die meisten anderen Staaten repräsentativen Regelungsweise gesteht Powell dieser Vorschrift sogar den Status eines Modellgesetzes zu; siehe: Campus Security, S. 86 f. 224 N.J. Stat Ann § 18A: 6 - 4 . 3 oder auch: RI Gen Laws 12-2.1-1. 225 N.J. Stat Ann § 18A: 6-4.4. 226 N.J. Stat Ann § 18A: 6-4.5.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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wirksam bestellten Sicherheitskräften also grundsätzlich die vollen Polizeibefugnisse zur Verfügung, die jedoch mittels des der Universität ihren Angestellten gegenüber zustehenden Direktionsrechts auch beschnitten werden können 228 . Wie schon im zweiten Kapitel erwähnt, besteht ein wesentliches Charakteristikum dieser „deputization" darin, daß ihre Wirksamkeit meist nur innerhalb eines genau definierten geographischen Zuständigkeitsbereichs entfaltet wird. Mit dem Überschreiten dieser örtlichen Grenzen reduzieren sich die Befugnisse der so Bevollmächtigten auf die Jedermannrechte 229. Dies hat zur Folge, daß die universitätseigenen Sicherheitskräfte in den meisten Staaten ihre polizeiähnlichen Befugnisse im wesentlichen auch nur innerhalb des Campusgeländes ausüben können. So beschränkt sich in einigen Staaten der Kompetenzbereich dieser Sicherheitskräfte auf das im Eigentum der Universität befindliche Gelände und die dazugehörigen Gebäude230. Diese strikte Zuständigkeitsbegrenzung führt in der Praxis dann sogar zu dem Ergebnis, daß Verhaftungen von eindeutig überführten, auf frischer Tat betroffenen Straftätern vor Gericht für unrechtmäßig erklärt wurden, nur weil sie von Campuspolizisten außerhalb des Unigeländes und daher jenseits ihres Zuständigkeitsbereichs vorgenommen wurden 231 . Dies gilt selbst dann, wenn die Straftat auf dem Campus begangen wurde und nur ein Teil der Verfolgungsjagd und die Festnahme auf öffentlichem Gelände stattgefunden haben 232 . Diese Art der Zuständigkeitsregelung stößt daher in der Literatur auch auf einige Kritik, zumal dadurch dem betroffenen Sicherheitspersonal weitgehend die Hände gebunden sind und eine effektive Verbrechensbekämpfung doch deutlich erschwert wird 2 3 3 . 227
Da die Universität als Arbeitgeber des „security officers" für von diesem verschuldete Schäden an den Rechtsgütern Dritter haftet, schränkt sie beispielsweise die Reichweite der Befugnisse mittels interner Richtlinien ein. Durch diese selbstauferlegte Beschränkung ihrer Sicherheitskräfte und die damit erhoffte Verringerung von Eingriffen in die Rechte anderer, versuchen die Universitäten das Risiko einer zivilrechtlichen Schadensersatzklage zu mindern; siehe: Powell/Pander/Nielsen, Campus Security, S. 87 ff. 22 8 N.J. Stat Ann § 18A: 6-4.5. 22 9 Bordner/Petersen, Campus Policing, S. 65. Für diese jedem Normalbürger zustehenden Befugnisse wird im einzelnen auf die Ausführungen in Abschnitt Β. I . dieses Kapitels verwiesen. 2 30 Eine derart restriktive Zuständigkeitsbeschränkung existiert ζ. B. in: Illinois, ILCS 1020/1. § 1; Ohio, Ohio Rev. Code Ann. § 3345.04; South Carolina, S.C. Code Ann 5 9 116-30 (A) (2); oder Washington, Wash. Rev. Code Ann. § 28B.10.555. 231 Allerdings kann eine solche von einem Universitätspolizisten außerhalb des Geltungsbereichs seiner polizeilichen Befugnisse vorgenommene Festnahme nur dann für ungültig erklärt werden, wenn sie nicht, unabhängig von diesen Polizeibefugnissen, auch nach Grundsätzen des jedermann zustehenden „citizen's arrest" gerechtfertigt gewesen wäre. Zu diesem allgemeinen Festnahmerecht wird auf die Ausführungen in diesem Kapitel, Abschnitt Β. I. 2. hingewiesen. 232 Für einen Überblick über Gerichtsentscheidungen, die solche im übrigen rechtmäßigen und begründeten Festnahmen für ungültig erklärt und den solchermaßen festgenommenen Angeklagten deshalb freigesprochen haben, siehe: Jacobson, The Model Campus Police Jurisdiction Act, S. 44.
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In einigen anderen Staaten wiederum ist dieser Geltungsbereich auf die direkt an das Universitätsgelände angrenzenden öffentlichen Straßen erweitert 234 . Auf diese Art und Weise kann dann auch verhindert werden, daß es zu den oben angesprochenen, rechtspolitisch durchaus angreifbaren und unerwünschten Ergebnissen kommt. Andererseits existieren aber auch Staaten, in denen die Befugnisse der Universitätspolizei deutlich über den geographischen Bereich des Unigeländes hinausreichen. Der Zuständigkeitsbereich in diesen Staaten umfaßt dann ζ. B. den Campusbereich und zusätzlich einen gewissen Radius von beispielsweise 500 Yards 235 oder sogar das gesamte Gemeindegebiet, in dessen Grenzen sich die Universität befindet 236 . Diese Art der Zuständigkeitsregelung ermöglicht es dem Sicherheitspersonal einer Universität, seiner Tätigkeit mit größerer Effektivität nachzugehen, als es bei denen der oben dargestellten ersten Kategorie der Fall ist. Zusätzlich zu den geographischen Grenzen, innerhalb derer der „security officer" über seine Polizeibefugnisse verfügen kann, ist ihm auch ein zeitlicher Rahmen gesteckt. Während einem „peace officer" seine Befugnisse permanent, also 24 Stunden am Tag zur Verfügung stehen, ist die Befugnisübertragung bei den Campuspolizisten privater Universitäten auf die Dienstzeiten der Sicherheitskraft beschränkt 237. In dem Zeitraum, in dem diese nicht für ihre Universität arbeitet, stehen ihr die mittels „deputization" erteilten Befugnisse also nicht zur Verfügung und sie kann wiederum lediglich auf die einem jeden Bürger zustehenden Jedermannrechte zurückgreifen.
b) Übertragung auf kommunaler Ebene Wie bereits dargestellt, stehen privaten Universitäten nicht in allen Bundesstaaten die ausdrücklich gesetzlich gewährten Möglichkeiten zur Verfügung, ein mit Polizeibefugnissen ausgestattetes Sicherheitspersonal zu beschäftigen. In den Staaten, die eine „deputization" nur für das Sicherheitspersonal von öffentlichen Universitäten gesetzlich geregelt haben, bleibt den Universitätsverwaltungen allerdings die Möglichkeit, in Angelegenheiten der Befugnisübertragung mit der örtlich
233 Ausführlich zu dieser Problematik: Jacobson, The Model Campus Police Jurisdiction Act, S. 39 ff. Seine Kritik mündet in einem von ihm ausgearbeiteten, bisher aber noch von keinem Staat umgesetzten Modellgesetz zur Regelung der universitätseigenen Sicherheitsdienste, in dem unter anderem deren Zuständigkeitsbereich deutlich erweitert wird; ibd. S. 72 ff. 234 Hierfür anzuführen wären beispielsweise: Rhode Island, R.I. Gen. Laws § 16-52-2 oder North Carolina, N.C. Gen Stat 74E-6 (c). Georgia, Ga. Code Ann. § 20-3-72. 236 So hat ein Campuspolizist in New Jersey in der Gemeinde, in der sich seine Universität befindet, die Befugnisse, bei einer Verletzung von Vorschriften, die den Straßenverkehr regeln, einzugreifen; N.J. Stat. Ann. § 18A: 6-4.7. 237 New Jersey, N.J. Stat Ann § 18A: 6 - 4 ; South Carolina, S.C. Code Ann 59-116-20.
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zuständigen kommunalen Polizeibehörde zusammenzuarbeiten238. Auf diese Form der „deputization" auf kommunaler Ebene ist am Beispiel der privaten Yale Universität näher einzugehen, deren Praxis für die anderen Universitäten, die ihr Sicherheitspersonal derart bevollmächtigen, als repräsentativ anzusehen ist 2 3 9 . Diese im Staat Connecticut 240 liegende Universität hat mit der City of New Haven, der für Yale zuständigen Kommune, ein Abkommen geschlossen, nach dem alle Beschäftigten des universitätseigenen Sicherheitsdienstes von der Gemeinde mit regulären Polizeibefugnissen ausgestattet werden. Anwärter auf diese Stellen müssen die gleiche Ausbildung durchlaufen wie alle städtischen Polizisten in Connecticut. Nach Absolvierung dieses Trainingsprogramms 241 und der Einwilligung der zuständigen Polizeibehörde erhalten sie Abzeichen und Dienstnummern, die sie als Mitglieder der Polizei von New Haven ausweisen. Trotz dieses Status und der damit verbundenen vollen Polizeibefugnisse bleiben diese Sicherheitskräfte aber dennoch Private. Sie sind nämlich weiterhin Angestellte der privaten Yale University und nicht etwa der City of New Haven. Ihr Zuständigkeitsbereich bzw. der Geltungsbereich ihrer Befugnisse umfaßt zwar das ganze Stadtgebiet, jedoch wurde der primäre Bereich, in dem die Sicherheitskräfte patrouillieren, in dem Abkommen zwischen Universität und Gemeinde im wesentlichen auf das Universitätsgelände begrenzt 242 . Derart unerwünschte Ergebnisse wie die gerichtliche Unwirksamkeitserklärung von Verhaftungen, die außerhalb des Unigeländes vorgenommen wurden, werden durch diese Art der Bevollmächtigung und Zuständigkeitsregelung vermieden. Andererseits ist aber auch gewährleistet, daß sich die Universitätspolizei grundsätzlich nicht in die Angelegenheiten der normalen Polizei einmischt, sondern lediglich ihrer Aufgabe nachgeht, die Sicherheit von Studenten und Beschäftigten der Universität zu gewährleisten. Gewissermaßen als Gegenleistung für die „deputization" ist in diesem Abkommen aber zusätzlich geregelt, daß die Universitätspolizei bei einem Notfall, einem Großeinsatz oder in anderen Fällen eines Personalmangels innerhalb des städtischen „police departments" diesem, auf dessen Anfrage hin, ihre Unterstützung 238 National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 46; Powell/Pander/Nielsen, Campus Security, S. 84 ff. 239 Die Yale University war auch die erste amerikanische Universität mit einem eigenen „campus police department". Bereits 1894 waren dort zwei von der Gemeinde New Haven bevollmächtigte Sicherheitskräfte beschäftigt; siehe: Bordner/Petersen, Campus Policing, S. IX. 240
Connecticut ist einer der Staaten, die lediglich seinen öffentlichen Universitäten Sonderbefugnisse übertragen; Conn Gen Stat 29-18. 241 In Bordner/Jacobson, Campus Policing, S. 94 ff., ist am Beispiel der oben schon erwähnten anonymen Privatuniversität ein detaillierter Trainings- und Ausbildungsplan aufgeführt, der von Umfang und Inhalt her im wesentlichen dem Pensum entspricht, das öffentliche Polizisten zu bewältigen haben. Lediglich der zur Verfügung stehende Zeitrahmen für die Ausbildung ist kürzer; ibd., S. 103. 242 Zum Ganzen siehe: Jacobson, The Model Campus Police Jurisdiction Act, S. 65 und Powell /Pander /Nielsen, Campus Security, S. 84 ff.
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3. Teil: Situation in den USA
zusichert und als Einsatzreserve zur Verfügung steht 243 . Diese sogenannten „mutual aid agreements", die auf dem Gedanken der gegenseitigen Unterstützung beruhen, dienen einerseits der Verhinderung von Kompetenzkonflikten zwischen den verschiedenen öffentlichen und privaten Sicherheitskräften, sollen aber andererseits auch dazu beitragen, eine konstruktive, der Sicherheit im ganzen Gemeindegebiet dienende Zusammenarbeit zwischen den „departments" zu fördern. Abgesehen davon, daß diese Abkommen auf kommunaler Ebene zu schließen sind und eigentlich keiner staatlichen Ermächtigung bedürfen 244 , existieren in einigen Staaten sogar Regelungen, die diese Praxis ausdrücklich genehmigen245.
c) Zusammenfassung Es kann also festgestellt werden, daß die bei einer privaten Universität angestellten Sicherheitskräfte mittels „deputization" auf staatlicher oder kommunaler Ebene mit vollen Polizeibefugnissen ausgestattet werden können. Diese Befugnisse stehen den Bevollmächtigten jedoch nur innerhalb der mehr oder weniger eng gezogenen geographischen Grenzen des Universitätsgeländes und auch nur für die Dauer ihrer Arbeitszeiten zur Verfügung. Bei der kommunalen „deputization" bevollmächtigt die Kommune im Rahmen eines „mutual aid agreement" die universitätseigenen Sicherheitsdienste. Als Gegenleistung für die Bevollmächtigung und mittels dieser umfassenden Befugnisse unterstützen diese dann die örtliche Polizei bei der Arbeit. Dies geschieht einmal dadurch, daß die Campuspolizei die von der Universität ausgehenden Sicherheitsrisiken selbst und ohne polizeiliche Mitwirkung zu bewältigen imstande ist und andererseits bei personalen Engpässen der kommunalen Polizei ihre Kapazitäten als Einsatzreserve zur Verfügung stellt.
2. Bahnpolizei a) Bevollmächtigungsverfahren Gesetze zur Regelung der Befugnisse von privaten Bahnpolizeien existieren, wie bereits in Kapitel zwei erwähnt, in 41 Staaten246. Da diese Gesetze in ihren wesentlichen Merkmalen weitgehend übereinstimmen, wird das Übertragungsverfahren im folgenden, stellvertretend für die anderen Staaten mit entsprechender 243
Bordner/Petersen, Campus Policing, S. 65. Jacobson, The Model Campus Police Jurisdiction Act, S. 65. 245 So ζ. B. in: North Carolina, N.C. Gen Stat 74E-6 (d) oder in Kalifornien, Cal Pen Code 830.7 (b), wo aber lediglich das polizeiliche Festnahmerecht als Teil der polizeilichen Befugnisse erwähnt wird. 244
246
Hierzu gehören beispielsweise Kalifornien, Cal Pen Code 830.33 i.V.m. Cal Pub Util Code 8226; Massachusetts, Mass Ann Laws Ch 159, 93; New York, NY CLS RR 88; Ohio, ORC 4973.17 und Pennsylvania, 22 PA CS 3301.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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Gesetzeslage, anhand der Regelung für den Staat New York dargestellt 247. Entsprechend dem Bevollmächtigungsverfahren im Rahmen der Universitätspolizei sind es hier die Bahngesellschaften, die für die zu bevollmächtigenden Sicherheitskräfte einen schriftlichen Antrag beim Leiter der obersten staatlichen Polizeibehörde stellen müssen 248 . Diese Behörde veranlaßt sodann eine eingehende Untersuchung des Kandidaten auf seine Tauglichkeit für eine derartige polizeiliche Tätigkeit. Falls weder das staatliche polizeiliche Führungszeugnis noch die Aufzeichnungen des FBI auf eine kriminelle Vergangenheit des Bewerbers schließen lassen 249 und die von der Bahngesellschaft durchzuführenden Qualifikationstests bezüglich Fitneß und charakterlicher Festigkeit durchgeführt wurden, sind die materiellen persönlichen Voraussetzungen an eine Ernennung zum Bahnpolizisten erfüllt. Zwar muß der Kandidat bzw. die diesen beschäftigende Bahngesellschaft noch einen Nachweis über seine Teilnahme an einer Schießausbildung und an einem Kursus für Kommunalpolizisten, ein sogenanntes „minimum police training for local police officers", vorlegen 250 . Dabei ist es allerdings ausreichend, wenn diese Bescheinigungen innerhalb von sechs Monaten nach der Ernennung zum Bahnpolizisten nachgereicht werden 251 . Nach dem Erhalt seiner Ernennungsurkunde darf sich der Bewerber dann als „railroad police officer" bezeichnen252. Dieser Status muß durch ein während der Arbeitszeiten ständig zu tragendes Metallabzeichen mit der Aufschrift: „railroad police" und dem Namen der Bahngesellschaft nach außen kenntlich gemacht werden 253 .
b) Umfang und Geltungsbereich der Befugnisse Während der Tätigkeit für ihren Arbeitgeber, die Bahngesellschaft, verfügen die derart ernannten Bahnpolizisten über die Befugnisse, die im Staate New York auch einem „peace officer" eines kommunalen „police departments" zustehen254. Wie bei den meisten Ermächtigungsgesetzen für Universitätspolizisten stehen aber auch den Bahnpolizisten diese erweiterten Befugnisse nur dann zu, wenn sie sich innerhalb von im Eigentum ihres Arbeitgebers befindlichem Terrain bewegen 255 . 247 Dieses, die „deputization" der Bahnpolizei im Staate New York regelnde Gesetz ist unter Abschnitt 88 des „Railroad Law" zu finden, kurz NY CLS RR 88. 248 NY CLS RR 88, §§ 1 i.V.m. 2 und 3; in Kalifornien, Cal Pub Util Code 8226; Ohio, ORC 4973.17.1 und Pennsylvania, 22 PA CS 3301 ist dieser Antrag allerdings beim Gouverneur anstatt beim Polizeichef zu stellen.
249 NY CLS RR 88, §§ 4 und 5. 250 NY CLS RR 88, §§ 6 und 7. 251 NY 252 NY 253 NY 254 NY 255 NY
CLS CLS CLS CLS CLS
RR 88, § 8. RR 88, §§ 9 und 12. RR 88, § 13. RR 88, § 1. RR 88, § 1 i.V.m. § 14.
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3. Teil: Situation in den USA
Außerhalb von Bahnhöfen, Zügen oder dem Betriebs- oder Lagergelände der Bahngesellschaft reduzieren sich also auch deren sicherheitsrelevante Befugnisse auf die eines normalen Bürgers. Weiter dürfen die Bahngesellschaften diese mittels staatlicher „deputization" bevollmächtigten Sicherheitskräfte auch lediglich in ihrer Eigenschaft als Bahnpolizisten einsetzen und nicht auch in anderen wesensfremden Tätigkeitsbereichen 256. Wenn die Bahngesellschaft den „railroad police officer" entläßt oder seine sicherheitsrechtlichen Dienste aus anderen Gründen nicht mehr benötigt, so muß sie dies der staatlichen Polizeibehörde anzeigen, die dessen „deputization" dann beendet 257 .
c) Erweiterter Aufgabenbereich Neben diesen Befugnissen, die auch den Universitätspolizisten in einem ähnlichen Umfang zustehen, ist es aber vor allem die besondere Aufgabenzuweisung, die einen Bahnpolizisten von den anderen, im Bereich der privaten Sicherheit Tätigen unterscheidet. Innerhalb der Grenzen ihres Zuständigkeitsbereichs haben die Bahnpolizisten nämlich ausdrücklich auch für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu sorgen 258 . Wie in der Definition des im ersten Teil analysierten Begriffs der „private security" dargelegt, ist der Aufgabenbereich bzw. die Qualität der von dem jeweiligen „officer" zu schützenden Rechtsgüter eines der primären Unterscheidungskriterien zwischen „private-" und „public security". Während den Privaten primär der Schutz ihres Auftraggebers und dessen Rechtsgüter obliegt, haben staatliche Sicherheitsorgane vor allem die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu wahren. Bei den Bahnpolizisten scheinen diese beiden Aufgabenbereiche aber miteinander zu verschmelzen. Einerseits obliegt ihnen, wenn auch beschränkt auf die Ereignisse innerhalb der oben beschriebenen Grenzen ihres Zuständigkeitsbereichs, die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Andererseits aber haben sie vertraglich den Schutz der Rechtsgüter ihres Auftraggebers übernommen und somit die gleichen Pflichten wie jeder normale Werkschutz. Sie sind also der private Sicherheitsdienst eines privaten Unternehmens, haben aber gleichzeitig für ihren Zuständigkeitsbereich polizeiliche Aufgaben übertragen bekommen 259 . Aufgrund dieser im Rahmen der „private security" als einzigartig anzusehenden Doppelstellung der „railroad police" wurde diese Einrichtung von der Association of Ameri-
NY CLS RR 8 8 , § 14. 257 NY CLS RR 88, § 16. 258 So der Wortlaut des Ν Y CLS RR 88, § 1. In einigen anderen Staaten wird diese eigentlich polizeiliche Aufgabe dadurch auf die Bahnpolizisten übertragen, daß ihnen innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit der Status eines „peace officer" erteilt wird; so ζ. B. in: Kalifornien, Cal Pen Code 830.33 (e) oder Arizona, ARS 40 - 856, C. 259 So auch Zeirke, Chicago Knights, Trains Magazine, Feb. 1993, at 62. 256
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
233
can Railroads auch als „parapublic" bezeichnet260. Festzuhalten bleibt jedoch, daß die Bahnpolizisten trotz aller ihnen übertragenen polizeilichen Befugnisse und Aufgabenzuweisungen dennoch immer noch den Status von Privaten haben. Hierfür spricht nicht zuletzt auch die Tatsache, daß in den Ermächtigungsgesetzen ausdrücklich die Bezahlung der Bahnpolizisten durch ihren privaten Arbeit- oder Auftraggeber geregelt ist 2 6 1 . Weiterhin ist in den meisten Staaten festgelegt, daß für von einem Bahnpolizisten verursachte Schäden nur die Bahngesellschaft und nicht auch der Staat verantwortlich gemacht werden kann 262 . Dieser Abschnitt läßt sich also dahin zusammenfassen, daß den Beschäftigten der „railroad police" sicherheitsrechtlich ein gewisser Sonderstatus zukommt. Obwohl sie von der öffentlichen Hand bevollmächtigt und ernannt werden müssen, werden sie von der Bahngesellschaft für die Ermächtigung vorgeschlagen, von dieser beschäftigt, bezahlt und auch beaufsichtigt. Sie sind also - ähnlich den oben besprochenen Universitätspolizisten - bei privaten Institutionen beschäftigte Privatpersonen, die durch ihre Bevollmächtigung seitens des Staates zugleich auch diesem und der öffentlichen Sicherheit gegenüber eine gewisse Verantwortung tragen. Letztendlich sind die Abteilungen der „railroad police" aber nichts anderes als ein Bestandteil der jeweiligen privaten Eisenbahngesellschaften - solange sie nicht an externe Bewachungsunternehmen „outgesourct" werden also „proprietary private security" 263 - , denen gewisse Polizeibefugnisse übertragen wurden 264 .
3. Spezialgesetzliches Festnahmerecht zur Bekämpfung des Ladendiebstahls Wie in Kapitel zwei schon angesprochen, stehen den Betreibern von Einzelhandelsgeschäften in den meisten Staaten spezielle Befugnisse zur Festnahme von des Ladendiebstahls verdächtigen Personen zu. Zwar sind die diese Befugnisse verleihenden Vorschriften in Einzelheiten von Staat zu Staat unterschiedlich ausgestaltet, jedoch ist eine Übereinstimmung in den wesentlichen, im folgenden zu erläuternden Eckpunkten festzustellen. 260 in: The Railroad Police, S. 2. 261 NY CLS RR 88, § 15. 262 Hierzu existiert zwar gerade in New York keine ausdrückliche gesetzliche Regelung, doch kann diesbezüglich auf eine dahingehende Entscheidung des Bezirksgerichts von New York, also eines Bundesgerichts erster Instanz verwiesen werden; Amtrack Merola v. National R. Passenger Corp, 683 F Supp 935 (1988 SD NY). In den übrigen Staaten ist diese Haftungsregelung gesetzlich normiert; so ζ. B. in: Kalifornien, Cal Pub Util Code 8226; Massachusetts, Mass Ann Laws Ch 159, 95; Ohio, ORC 4973.17, § 21 und Pennsylvania, 22 Pa CS 3304. 263 Siehe: Definition in Teil eins, Kapitel zwei, Abschnitt B. III. 264 So auch letztendlich die von der Private Security Task Force of 1976 vorgenommene Charakterisierung der Bahnpolizei; National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, S. 54.
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3. Teil: Situation in den USA
a) Normzweck Bereits oben wurde darauf hingewiesen, daß grundsätzlich jeder Bürger die Möglichkeit hat, einen anderen, der ihm ohne rechtliche Grundlage Sachen aus seinem Eigentum entwendet, unter bestimmten Voraussetzungen nach den Vorschriften des sogenannten „citizen's arrest" festzuhalten. Wie unter Punkt I. 2.) dieses Abschnitts bereits dargestellt, läßt dieser „citizen's arrest" allerdings keinen Raum für Irrtümer des Festnehmenden. Kann also der Einzelhändler nicht beweisen, daß der andere ihm tatsächlich etwas gestohlen hat, so wäre dessen Festnahme rechtswidrig, und er würde sich deswegen dem Risiko sowohl einer zivil- als auch einer strafrechtlichen Klage wegen „false imprisonment" 265 ausgesetzt sehen. Der Hauptzweck der „shoplifting statutes" aller Staaten besteht also darin, dem Kaufmann die Möglichkeit zu gewähren, einen mutmaßlichen Ladendieb festzunehmen, ohne sich bei einem etwaigen Irrtum über dessen Täterschaft strafbar oder haftpflichtig zu machen. Hannon bezeichnet diese Vorschriften lapidar als ein Privileg der Kaufleute, sich irren zu dürfen, ohne die Konsequenzen dafür tragen zu müssen 266 . Auf diese Art und Weise soll dem Betreiber eines Einzelhandelsgeschäfts ein wirksameres Werkzeug zur Bekämpfung des Ladendienstahls an die Hand gegeben werden. Da das primäre Interesse der Kaufleute meist darin besteht, ihre gestohlene Ware zurückzuerhalten, bleibt diesen in den meisten Staaten die Entscheidung darüber, ob sie den Täter auch noch anzeigen wollen, selbst überlassen 267 . Die Ausgestaltung dieses „Werkzeugs" bzw. die Reichweite der Befugnisse variieren allerdings von Staat zu Staat. So handelt es sich bei diesen „shoplifting statutes" primär um erweiterte Festnahmerechte, die in den meisten Staaten nur die Ermächtigung zur bloßen Festnahme beinhalten. Jedoch umfassen diese Vorschriften beispielsweise in Oklahoma zusätzlich noch die Ermächtigung zu einer angemessenen Befragung und einer ebenso angemessenen Durchsuchung des Täters nach der mutmaßlichen Beute 268 .
265 Als „false imprisonment" oder „false arrest" wird der Tatbestand einer, aus welchem Grund auch immer, rechtswidrigen Festnahme eines Bürgers bezeichnet. Dieser Tatbestand kann dann im Rahmen des „tort law" zu Schadensersatzansprüchen des Festgenommenen führen. Weiterhin stellt es aber auch einen eigenen Straftatbestand dar. Vertiefend hierzu, siehe: 32 Am Jur 2d, False Imprisonment. 266 in: The Legal Side of Private Security, S. 163. Auch Weinstock formuliert ähnlich, indem er ausführt, daß die Kaufleute mit ihrem Verdacht nicht recht haben müssen, um eine rechtmäßige Festnahme durchführen zu können; in: Criminal Law Procedure for Private Security, S. 48. 267 So haben die Einzelhändler mittlerweile in 41 Staaten die Wahl, ob sie einen Ladendieb strafrechtlich anzeigen, oder lediglich einen zivilrechtlichen Anspruch auf eine Entschädigungszahlung gegen ihn geltend machen. Ausführlich hierzu Hayes, R., The Civil Recovery Side of Shoplifting, 36 Security Management, Aug. 1992, at 30. So ζ. B. ausdrücklich geregelt in: Oklahoma Stat. Ann. tit. 22, § 1343. 268 Oklahoma Stat. Ann. tit. 22, § 1343 (a) und (c). In den meisten Staaten ist aber weder eine Befragung noch die Durchsuchung des Verdächtigen gegen dessen Willen zugelassen. In
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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b) Voraussetzungen für eine rechtmäßige Festnahme nach den „shoplifting statutes" (1) Begünstigter Personenkreis Der Personenkreis, dem die Privilegien und damit die Zusatzbefugnisse der „shoplifting statutes" zuteil werden, ist in allen Staaten weitgehend identisch. Es sind dies stets die Inhaber des jeweiligen Einzelhandelsgeschäfts und deren Angestellte, also beispielsweise Verkäufer, Kassierer oder sonstige Mitarbeiter 269 . Aber auch die für private Sicherheitsdienste tätigen „security officer" verfügen über jene Befugnisse, sobald sie im Auftrag und für den jeweiligen Ladeninhaber tätig werden 2 7 0 . Eine Person befindet sich also dann im Besitz dieser Sonderbefugnisse, sobald sie mit Wissen und Wollen des Ladenbesitzers tätig wird und aufgrund einer vertraglichen Bindung mit diesem mit der Überwachung des Warenbestandes betraut ist. Ein Passant oder Kunde, der glaubt, einen Ladendiebstahl beobachtet zu haben und den mutmaßlichen Dieb dann festnimmt, fällt daher nicht unter den Schutz der „shoplifting statutes" 271 . Wenn er die Grenzen des einfachen „citizen's arrest" überschreitet, steht ihm demzufolge auch diese spezielle Immunität nicht zu seiner Rechtfertigung zur Verfügung. Andererseits existieren von Staat zu Staat durchaus Unterschiede in der Reichweite der Handlungsermächtigungen. Zwar sind die Gesetze der meisten Staaten strikt auf den Einzelhandel beschränkt, weshalb beispielsweise Diebstähle im industriellen Sektor nicht erfaßt werden. Einzelne Staaten wie Kalifornien und Ohio haben diesen Geltungsbereich jedoch erweitert und diesen Schutz beispielsweise auch auf Bibliothekare ausgedehnt272. In Massachusetts und Wisconsin verfügen auch die Betreiber von Hotels und Motels über die Befugnisse der „shoplifting sta-
(2) Hinreichender
Tatverdacht
Allen Vorschriften ist weiterhin gemein, daß eine Festnahme nur dann als rechtmäßig anzusehen ist, wenn der Einzelhändler oder seine Angestellten mit hinreiWisconsin ist hierzu ausdrücklich geregelt, daß mit beiden Maßnahmen bis zum Eintreffen eines Polizisten gewartet werden muß; Wisconsin Criminal Code § 943.50(3). 269 So ζ. B. in: Kalifornien, Cal Pen Code 490.5 (g) § 2; Massachusetts, Ma General Laws Annotated, 231 § 94 Β; New York, NY CLS Gen Bus 218; Florida, Fla Statutes Annotated, § 901.34; Pennsylvania, 18Pa C.S. 3929 (D) oder Virginia, Code of Virginia, § 18.2-105. Lediglich in Rhode Island steht diese erweiterte Festnahmebefugnis lediglich dem Kaufmann selbst zu, Rhode Island General Law, § 11-41-21 (b). 270 Bassiouni, Citizen's Arrest, S. 83. Hannon, Legal Side of Private Security, S. 164. 271 Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 94. 272 Kalifornien, Cal Pen Code 490.5 (g) § 4; Ohio, ORC 2935.041 (B); ebenso Iowa Code Ann. § 808.12. 273 Massachusetts, Mass Ann Laws Ch 231,94B; Wisconsin Criminal Code, § 943.50.
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3. Teil: Situation in den USA
chendem Tatverdacht annehmen dürfen, daß eine Person Waren aus dem Geschäft entfernen will, ohne diese zu bezahlen 274 . Ob dieser hinreichende Tatverdacht im Einzelfall vorlag, überprüfen die Gerichte nach den jeweiligen Umständen, die der Festnehmende vorgefunden hat. Als Maßstab hierfür wird das Verhalten eines vernünftigen Durchschnittsmenschen, eines „reasonable prudent man" herangezogen 2 7 5 . Das Ausreichen eines bloßen, wenn auch substantiierten Tatverdachts stellt letztendlich den entscheidenden Unterschied der „shoplifting statutes" gegenüber dem regulären „citizen's arrest" dar, bei dem eine rechtmäßige Festnahme nur dann möglich ist, wenn der Festgenommene die Tat auch tatsächlich begangen hat. Dieses rechtmäßige „Tätigwerden auf Verdacht" stellt für den betreffenden Personenkreis letztendlich die diesen Vorschriften zu entnehmende, entscheidende Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten dar. Wertet man die zu diesem Verdachtsmaßstab ergangenen Gerichtsentscheidungen aus, so kann zusammenfassend festgestellt werden, daß eine unbegründete Verhaftung durch einen Kaufmann dann noch als rechtmäßig anzusehen ist, wenn dieser den Irrtum auch bei Anwendung der entsprechenden Sorgfalt nicht hätte vermeiden können, wenn ihm diesbezüglich also keine Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist 2 7 6 . (3) Durchführung der Festnahme Wenn nun das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts bejaht wurde, muß der Festnehmende allerdings noch zwei weitere Voraussetzungen erfüllen, bevor die von ihm durchgeführte Festnahme als rechtmäßig bewertet werden kann. Zum einen muß sie in einer verhältnismäßigen Art und Weise durchgeführt worden sein und darf zum anderen einen als angemessen zu bezeichnenden Zeitrahmen nicht überschreiten 277. Insofern unterscheiden sich diese Vorschriften jedoch nicht von den Grundsätzen des „citizen's arrest", wo dieselben Anforderungen an Durchführung und Dauer der Festnahme gestellt werden. Was die Gerichte jeweils unter diesen Begriffen verstehen, läßt sich jedoch wiederum nur anhand einer Analyse der zahlreichen hierzu ergangenen Entscheidungen ermitteln 278 . Allerdings ist bezüg274 Bilek/ Klotter/ Federal, Legal Aspects, S. 93; Hannon, The Legal Side of Private Security, S. 163. 275 Weinstock, Criminal Law Procedure for Private Security, S. 48; Hannon, The Legal Side of Private Security, S. 165; Brazener, False Imprisonment Action, 47 A.L.R. 3d 998 (1995), art. 4. In New York, NY CLS Gen Bus 218, ist ein nicht abschließender Katalog an Gründen enthalten, bei deren Vorliegen von einem hinreichenden Tatverdacht ausgegangen werden kann. 276 Eine genauere Darstellung der Umstände, die die Gerichte für die Annahme eines hinreichenden Tatverdachts ausreichen lassen und welche nicht, würde bei der Fülle der hierzu ergangenen Entscheidungen den Rahmen der Arbeit sprengen. Insoweit sei auf die Zusammenfassung der hierzu einschlägigen Urteile bei Brazener, False Imprisonment Action, 47 A.L.R. 3d 998 (1995), art. 7 verwiesen. 277 Bassiouni, Citizen's Arrest, S. 84. Ebenso, Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 91 und Hannon, The Legal Side of Private Security, S. 163 f.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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lieh der Art der Durchführung eine grobe Linie dahingehend zu erkennen, daß jede unnötige Art der Gewaltanwendung zur Rechtswidrigkeit der Festnahme führt. Der zeitliche Rahmen der Festnahme erscheint stets dann als angemessen, wenn sie solange dauert, bis der Täter die gestohlene Ware herausgegeben hat, seine Personalien erlangt sind bzw. die alarmierte Polizei eingetroffen ist oder aber sich die Unschuld des Verdächtigen herausgestellt hat 2 7 9 . Einige wenige Staaten allerdings haben den zeitlichen Rahmen bereits in die gesetzliche Regelung mit aufgenommen. So ist eine Festnahme nach den „shoplifting statutes" in West Virginia nur dann als rechtmäßig anzusehen, wenn das Festhalten des Täters einen Zeitraum von dreißig Minuten nicht überschreitet 280. In Louisiana darf niemand länger als eine Stunde festgehalten werden, es sei denn die jeweiligen Umstände des Einzelfalls machen dies erforderlich 281 .
c) Unterschiedliche Ausgestaltung der Gesetze in den einzelnen Staaten Die eben dargestellten Ausführungen haben ergeben, daß sich die „shoplifting statutes" der einzelnen Staaten sowohl in ihrem Zweck als auch in ihren Anforderungen an die ordnungsgemäße Durchführung der Festnahme einer des Ladendiebstahls verdächtigen Person weitgehend gleichen. In ihrer Gesetzescharakteristik können die Vorschriften dennoch grob in zwei unterschiedliche Kategorien aufgeteilt werden 282 . Durch die erste Kategorie dieser Vorschriften wird den Begünstigten ausdrücklich und positiv das erweiterte, oben dargestellte Festnahmerecht zugesprochen. Werden in diesen Staaten bei einer Festnahme sämtliche Voraussetzungen der Norm eingehalten, so ist der Tatbestand des „false imprisonment" nicht gegeben283. Die „shoplifting statutes" der zweiten Kategorie dagegen geben den Einzelhändlern keine über die Befugnisse des „citizen's arrest" hinausgehenden Kompetenzen. Sie gewähren vielmehr eine Art Rechtfertigungsgrund 284. Wenn 278 Eine Zusammenfassung von Gerichtsentscheidungen des gesamten Bundesgebiets zu diesen Rechtsfragen findet sich bei Brazener, False Imprisonment Action, 47 A.L.R. 3d 998 (1995), art. 9, 10. 279 Siehe hierzu jeweils die Ausführungen von Brazener, False Imprisonment Action, 47 A.L.R. 3d 998 (1995), zu den Entscheidungen bei art. 9. 280 West Virginia Code § 61 - 3A-4. 281 Louisiana Code Crim. Proc. Ann. art. 215. 282 Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 92 f. 283 Diese Art der „shoplifting statutes" existiert beispielsweise in Arkansas, Statutes Annotated, ch. 22, tit. 41, § 2202; Colorado, Revised Statutes, § 18 - 4-407; Illinois, Revised Statutes Chapter 38, § 16A-5; Louisiana Code Crim. Proc. Ann. art. 215; New Jersey, Statutes Annotated, 2A: 170-100; Ohio, ORC 2935.041; Oklahoma, 22 Okl. St. 1343 oder Rhode Island, R.I. Gen Laws 11-41-21. Zum Nachweis weiterer Staaten mit dieser Art der Ausgestaltung siehe: Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 109 Rz. 24. 284 Dies ist ζ. B. in: Kalifornien, Cal Pen Code 490.5 (f) § 7; Georgia, Code Annotated, § 105-1005; Massachusetts, General Laws Annotated, 231 § 94 Β; Michigan, Statutes An-
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3. Teil: Situation in den USA
also ein Kaufmann in diesen Staaten eine Verhaftung eines mutmaßlichen Ladendiebs vornimmt, die nach den Maßstäben des „citizen's arrest" rechtswidrig wäre, so führt dies dazu, daß dieser den Tatbestand des „false imprisonment" erfüllt hat. In einem Prozeß, sei er nun zivil- oder strafrechtlicher Art, kann er jedoch, solange er im Rahmen der jeweiligen Ladendiebstahlsvorschrift gehandelt hat, diese zu seiner Verteidigung heranziehen. Sein hinsichtlich des „false imprisonment" grundsätzlich tatbestandsmäßiges Handeln wäre dann gerechtfertigt. Vergleichen kann man diesen Unterschied wohl am besten mit der in Deutschland geführten strafrechtlichen Diskussion, ob der ärztliche Heileingriff den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt und daher einer besonderen Rechtfertigung bedarf, oder ob ein solcher Eingriff für die Körperverletzung erst gar nicht tatbestandsmäßig ist 2 8 5 . Abschließend kann festgehalten werden, daß als Festnahmebefugnis im reinen Wortsinne wohl lediglich die Vorschriften der ersten Kategorie bezeichnet werden können. Die der zweiten Gruppe stellen, obwohl sie letztendlich ebenfalls zu dem erstrebten Ergebnis der Rechtmäßigkeit der jeweiligen Festnahme führen, lediglich Rechtfertigungsgründe und keine Befugnisse dar. Gerade mit Blick auf das Ergebnis für die jeweils Handelnden kann jedoch festgestellt werden, daß die verschiedene Ausformung dieser Vorschriften keinen besonders weitreichenden Unterschied begründet. Dies ist nur einmal mehr ein Beispiel dafür, daß das Wort „Befugnisse" in der Überschrift dieses Abschnitts nicht ohne Grund in Anführungszeichen gesetzt wurde. Nichtsdestotrotz stimmen all diese Vorschriften darin überein, daß sie den Kaufleuten bzw. den für diese arbeitenden Personen, also eigentlich Privaten im Sinne des Titels dieser Arbeit, ein Werkzeug an die Hand geben, das ihren sicherheitsrechtlichen Handlungsrahmen über den des Normalbürgers hinaus erweitert 286 . Solange sie sich bei einer Festnahme innerhalb der von den Gerichten im Wege des „case law" im Laufe der Jahre gebildeten Grenzen der Angemessenheit bezüglich des Verdachts, der Durchführung und der Dauer bewegen, spielt auch ein Irrtum über die Täterschaft des Festgenommenen keine Rolle.
I I I . „Police moonlighting" im Bereich der gewerblichen Sicherheit An dieser Stelle ist nun zu klären, welche Stellung die im zweiten Kapitel beschriebenen „moonlighting police officers" in der Befugnishierarchie einnehmen.
notated, § 600.2917; New York, NY CLS Gen Bus 218; Pennsylvania, 18 PA. C.S. 3929 (D) oder West Virginia, W VA Code 61-3A-4 der Fall. Für einen Überblick über die restlichen Staaten, in denen diese Vorschriften in der Form eines Rechtfertigungsgrundes ausgestaltet sind, wiederum Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 110 Rz. 25. 285 Während die ständige Rechtsprechung die erste Ansicht vertritt, ist das Schrifttum der gegenteiligen Meinung. Siehe hierzu: Dreher/Tröndle, StGB, § 223 Rz. 9a ff. 286 Petroziello bezeichnet diese Vorschriften auch als ein wirksames Werkzeug für die, die sich am nächsten am Tatort des Ladendiebstahls befinden und diesen daher auch am wirk-
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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Verfügen diese Polizisten bei der Ausübung ihrer Nebentätigkeit über ihre normalen Polizeibefugnisse oder lediglich über die unter I. näher beschriebenen Jedermannrechte? Auch hier läßt sich keine einheitliche Antwort geben. Vielmehr ist wiederum zwischen den einzelnen Staaten zu differenzieren. Während in einigen Staaten die Polizisten auch bei ihrer Tätigkeit für einen privaten Arbeitgeber ihre vollen Befugnisse behalten, reduzieren sich diese in anderen Staaten auf das Maß der Jedermannrechte eines Normalbürgers. Zwar wurde in Kapitel zwei bei der Darstellung der Erscheinungsform des „police moonlighting" dargelegt, daß die Frage, ob und unter welchen Umständen eine solche Nebentätigkeit rechtmäßigerweise durchgeführt werden kann, eine Angelegenheit der jeweils zuständigen Polizeibehörden ist und staatliche Regelungen hierzu nicht existieren. Die Problematik der Befugnisse der „moonlighting officer" ist ihrerseits demgegenüber eine Materie, die fast ausschließlich durch Entscheidungen von Gerichten auf Gliedstaatenebene bestimmt und daher von Staat zu Staat unterschiedlich gehandhabt wird.
1. Police-Officer-Status Die Staaten, in denen ein „police officer" auch bei der Ausübung seiner privaten Nebentätigkeit grundsätzlich nicht auf seine Polizeibefugnisse verzichten muß, begründen dies primär damit, daß sich ein Polizist 24 Stunden am Tag im Dienst befindet 287 . Seine Pflichten, die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrecht zu erhalten, deren Erfüllung er bei seiner Vereidigung geschworen hat, sind also weder zeitlich noch örtlich limitiert. Aufgrund dieser Annahme sei es folglich für die Frage der Befugnisse auch nicht von Belang, ob der jeweilige Polizist sich im Dienst für sein „department" befindet oder lediglich der Tätigkeit für seinen privaten Arbeitgeber nachgeht 288 . Dieses Argument wird oftmals noch dadurch verstärkt, daß vielen Polizisten von ihren Dienststellen das Tragen einer Feuerwaffe vorgeschrieben wird und zwar unabhängig davon, ob sie sich im Dienst befinden oder nicht 2 8 9 . Einige Gerichte haben entschieden, daß diese Pflicht zum Tragen einer Waffe mit dazu führt, daß der Polizist sich ständig in Erfüllung einer öffentlichen, von seiner Dienststelle verordneten Aufgabe befindet 290 . Gestützt auf eine Entscheidung des Appellationsgerichts von Ohio kann zusammenfassend festgestellt werden, daß ein ordnungsgemäß vereidigter „police officer" dauerhaft und ständig ein öffentliches Amt bekleidet. Er bleibt solange ein samsten bekämpfen können; in: Are Private Police Really Private, 2 U. Dayton L. Rev. 275, 278(1977). 287 Cunningham/Taylor, Hallcrest Report I, S. 205. 288 People v. Lawrence D Barrett, 370 N.E. 2d 247 (III. App. 1977). 289 Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 18. 290 Collins v. City of New York, 171 N.Y.S. 2d 710 (Sup. Ct. 1958); Kull v. City of New York 347 N.Y.S. 2d 205 (1973); District of Columbia v. Davis, 386 A. 2d 1195 (D.C. App. 1978).
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3. Teil: Situation in den USA
Polizist seines „departments", solange dieses Dienstverhältnis besteht. Eine Nebentätigkeit für einen privaten Arbeitgeber kann die Pflicht des Polizisten, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schützen und aufrecht zu erhalten, nicht beeinflussen 291. Diese gerichtliche Zuerkennung der Polizeibefugnisse an Polizisten, auch wenn diese nur ihrer Nebentätigkeit nachgehen, darf man allerdings nicht so umfassend verstehen, daß dies für alle Fälle der privaten Tätigkeit gilt. Auch für die Gerichte, die eine grundsätzliche Weitergeltung der Polizeibefugnisse bejahen, stellt der maßgebliche Entscheidungsfaktor für eine solche Weitergeltung im Einzelfall die hinter der jeweiligen Handlung des Polizisten steckende Intention dar 2 9 2 . Handelte dieser ausschließlich zum Nutzen seines Arbeitgebers oder auch, um die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrecht zu erhalten? Diese, bei der Klärung, welche Befugnisse dem „officer" zustehen, im konkreten Einzelfall von den Gerichten zu stellende Frage, zeigt aber schon, wie schwierig in diesem Bereich eine eindeutige Antwort zu finden ist. Wie kann bei einem bestimmten Einschreiten eines Polizisten außerhalb seiner Dienstzeiten mit Sicherheit festgestellt werden, ob dies zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geschah und somit mit vollen Polizeibefugnissen oder ausschließlich zum Schutz der privaten Rechtsgüter des privaten Arbeitgebers und damit außerhalb dieser Befugnisse? Auch stellt sich in solchen Fällen doch wohl die Frage, ob bzw. ab wann private Rechtsgüter ebenfalls als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit und Ordnung anzusehen sind und damit deren Schutz ebenfalls zu den öffentlichen Pflichten eines Polizisten gehört. Eine hierauf gestützte Entscheidung, ob der jeweilige Polizist bei der konkret in Frage stehenden, gerichtlich zu untersuchenden Tätigkeit berechtigterweise auf seine polizeilichen Befugnisse zurückgreifen konnte, läßt sich demnach nicht immer verläßlich prognostizieren. Auch die Rechtsprechung innerhalb dieser Staaten, in denen eine Weitergeltung der Befugnisse grundsätzlich bejaht wird, ist nicht unbedingt als einheitlich anzusehen, was den Umfang und die genauen Umstände einer solchen Weitergeltung angeht. Alles in allem führt diese Abgrenzung der Befugnisse also zu recht großen Unsicherheiten. Unsicherheiten, die sich - wie im zweiten Kapitel bereits angesprochen - in der Praxis vor allem bei der Klärung der Haftungsfrage auswirken. Wie dort bereits ausgeführt, wird die Frage nach dem Haftungsschuldner bei dem von einem „moonlighting officer" verschuldeten Schaden danach entschieden, ob dieser bei dem Vorfall im Rahmen seiner polizeilichen Befugnisse gehandelt hat oder nicht 2 9 3 . Wird diese Frage von den Gerichten bejaht, so folgt daraus die Verantwortlichkeit des „police departments". Andernfalls haftet der private Arbeitgeber für die von dem „officer" verursachten Schäden. Weiter stellt diese Art der Abgrenzung auch für den Polizisten selbst ein nicht unerhebliches Risiko dar. Abgesehen davon, daß dieser ebenfalls einer zivilrechtlichen Haftung unterliegen kann, spielt die Art der ihm konkret 291 State v. Glover, 367 N.E. 2d 1202 (Ohio App. 1977). 292 People v. Lawrence D. Barrett, 370 N.E. 2d 247 (III. App. 1977). 293 Siehe Kapitel zwei, Abschnitt C. III.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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zustehenden Befugnisse auch bei der strafrechtlichen Beurteilung seiner Handlungen eine große Rolle.
2. Private-Citizen-Status In anderen Staaten hingegen wird die Auffassung vertreten, daß ein „police officer" bei seiner Tätigkeit für einen privaten Arbeitgeber keinesfalls auf seine vollen Befugnisse zurückgreifen kann. Hier wird argumentiert, ein Polizist verwandele sich, sobald er ein privates Arbeitsverhältnis eingeht und von seinem privaten Arbeitgeber bezahlt wird - im Hinblick auf seine Befugnisse - in einen normalen Bürger 294 . Um also beispielsweise eine rechtmäßige Verhaftung vornehmen zu können, muß dieser Polizist sich im Rahmen der Vorschriften des „citizen's arrest" 295 bewegen. Die deutlich weiter reichenden Verhaftungsbefugnisse eines Polizisten stehen ihm dann nicht mehr zu 2 9 6 . Als konsequent ist dann allerdings auch die von den Gerichten dieser Staaten entschiedene haftungsrechtliche Folge anzusehen. Da die „moonlighting officer" im Rahmen ihrer Nebentätigkeit befugnisrechtlich zu Normalbürgern werden und sich dort nicht mehr auf ihre vollen Befugnisse berufen können, werden sie als normale „security officer" angesehen. Der Police-Officer-Status wird ihnen für die Dauer der Nebentätigkeit abgesprochen. Sie handeln folgedessen auch nicht mehr „under the color of l a w " 2 9 7 . Daraus ergibt sich dann auch stets die volle Verantwortlichkeit des privaten Arbeitgebers für die Schäden, die ein bei ihm beschäftigter Polizist verursacht hat. Für den Polizisten selbst hat dies dann zur Folge, daß er sich bei seinen Handlungen wiederum nicht mehr auf die einem normalen Polizisten üblicherweise zustehenden zivil- und strafrechtlichen Haftungsbefreiungen berufen kann 2 9 8 .
3. Zusammenfassung Im Ergebnis kann festgestellt werden, daß die von Staat zu Staat verschiedene aber auch innerhalb der jeweiligen Staaten nicht notwendig einheitliche Rechtsprechung zu den Befugnissen der „moonlighting officer" eine gewisse Gefahr
294 Stewart v. State, M-74-274,9-16-74 (1974). 295 Hierzu siehe oben, Abschnitt Β. I. 2. 296 Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 18. 297 Hayes, Κ., Department Civil Liability, Police Chief, Feb. 1982, at 16. Ausführlich zu diesem, im Rahmen der zivilrechtlichen Schadensersatzhaftung diskutierten Zurechnungsbegriff siehe Kapitel vier, Abschnitt Α. ΠΙ. 298 So auch die Ansicht des Generalstaatsanwalts von Florida; in: Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 18. 16 Huber
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3. Teil: Situation in den USA
sowohl für den Polizisten selbst als auch für dessen privaten Arbeitgeber darstellt. Schließlich ist es nahezu unmöglich, von vornherein festzustellen, ob ein solcher Polizist bezüglich der ihm für die Nebentätigkeit zustehenden Befugnisse als normaler Bürger oder als „police officer" zu behandeln ist. Eine endgültige Identifikation im Einzelfall läßt sich nur mittels einer gründlichen und vorsichtigen Untersuchung der zu diesem Thema ergangenen Rechtsprechung durch die jeweils zuständigen Gerichte ermitteln.
IV. Zivilrechtliche Grenzen des Tätigwerdens gewerblicher Sicherheitskräfte Der Rahmen der Handlungsermächtigungen, die den privaten Sicherheitskräften zustehen, wird jedoch nicht ausschließlich durch die strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe oder die etwa zugestandenen Sonderbefugnisse bestimmt. Eine weitere, parallel neben dem Strafrecht existierende Quelle für die rechtlichen Grenzen dieses Handelns stellt das zivilrechtliche Deliktsrecht, das sogenannte „tort law" dar. Berücksichtigt man das hohe Risiko der privaten Sicherheitskräfte, sich im Rahmen ihrer Tätigkeit einem zivilrechtlichen Haftungsanspruch auszusetzen, so ist der Problematik der zivilrechtlichen Haftung im Rahmen der gewerblichen Sicherheit eine solche Bedeutung beizumessen, die jedenfalls ein Eingehen auf die Grundlagen des für die gewerbliche Sicherheit einschlägigen Deliktsrechts rechtfertigt. Die Relevanz des „tort law" für das Sicherheitsgewerbe wird nicht zuletzt auch durch die für deutsche Verhältnisse enorm hohen Schadensersatzbeträge bestimmt, die in den USA teilweise zugesprochen werden 299 . Weiter ist vorab auf den im Vergleich zum deutschen Deliktsrecht bestehenden Hauptunterschied hinzuweisen, welcher darin besteht, daß der Schadensersatz für nachgewiesene „torts" nicht nur den materiellen, sondern auch den immateriellen Schaden miteinschließt 300 . Dementsprechend existieren „torts", deren tatbestandliches Vorliegen in Deutschland keinen Schadensersatzanspruch auslösen würde. Auch in prozessualer Hinsicht bestehen deutliche Unterschiede: So gibt das amerikanische Zivilprozeßrecht einem Kläger das Recht, eine Verhandlung vor einer Jury zu verlangen 3 0 1 , die üblicherweise das Vorliegen eines deliktsrechtlichen Tatbestandes und des daraus resultierenden Schadens eher unter menschlichen als juristischen Gesichtspunkten beurteilt und deshalb einen immateriellen Schaden oft höher beziffert als dies vielleicht ein Berufsrichter tun würde 302 . 299 Immer häufiger werden auch Schadensersatzansprüche jenseits der Millionen-DollarGrenze geltend gemacht und teilweise von den Gerichten auch zugesprochen. Hierzu siehe ausführlich Federal / Fogleman, Avoiding Liability in Retail Security. Ebenso Nemeth, Private Security and the Law, S. 112. 300 Hay, Einführung in das amerikanische Recht, S. 96. 3Q1 Dieses Recht auf ein ,jury-trial" in einem Zivilprozeß wird auch durch U.S. Const, amend. VII gewährt.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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Die bei Tätigkeiten der gewerblichen Sicherheit am häufigsten relevanten „torts" sind einerseits „assault and battery" 303 , also Körperverletzungsdelikte, und andererseits „false imprisonment" oder „false arrest", also die Freiheitsberaubung mittels einer rechtswidrig durchgeführten Festnahme304. Zu letzteren ist anzumerken, daß deren Vorliegen mit den sogenannten, in diesem Abschnitt unter II. 3.) besprochenen „shoplifting statutes" in engem Zusammenhang steht. Da diese Vorschriften den Sicherheitskräften auch in zivilrechtlicher Hinsicht eine erweiterte Immunität gewähren, ist deren Existenz bei der Beurteilung des Vorliegens eines Schadensersatzanspruches wegen „false imprisonment" zu berücksichtigen 305. Weiterhin können Überwachungs- und Ausforschungsmaßnahmen ab einem bestimmten Ausmaß den Tatbestand des Einbruchs in die Privatsphäre („invasion of privacy") erfüllen 306 . Auch die rechtswidrige Durchsuchung einer Person, ihrer Sachen oder ihrer Wohnung kann unter anderem auch zur Verwirklichung dieses „torts" führen 307 . Wie weit eine derartige Verpflichtung zu Schadensersatzzahlungen in den immateriellen Bereich hineinreicht, zeigt auch der „tort" der „intentional infliction of emotional distress". Dieser Tatbestand beinhaltet eine durch ein extremes und unverschämtes Verhalten des Schädigers verursachte emotionelle Belastung oder Demütigung des Opfers, die beispielsweise bereits durch die ungerechtfertigte Drohung mit einer Anklage 308 oder dem Anlegen von Handschellen
302 Auf diese Möglichkeit baut sehr oft auch die Strategie der klagenden Partei auf. Siehe Hay, Einführung in das amerikanische Recht, S. 96. 303 Generell hierzu Griffith, Respondeat Superior and the Intentional Tort, 45 U. Cin. L. Rev. 235, 237 ff. (1976). Safeway Stores v. Kelly 448 A.2d 856, (D.C. 1982); General Motors Corp . V. Piskor, 340 A. 2d 767 (1979). 304 Zu den Voraussetzungen an die Rechtmäßigkeit einer Festnahme, siehe die Ausführungen in diesem Kapitel, Abschnitt Β. I. 2. Wal-Mart Stores, Inc. v. Yarborough, 681 S.W. 2d 359 (Ark. 1984); Daley v. John Wanamaker, Inc., 464 A.2d 355 (Pa. Super. Ct. 1983); Landry v. John Schwagman, 416 So.2d 341 (La. Ct. App. 1982); Sarah Robinson v. Wieboldt Store, Inc., 433 N.E.2d 1005 (III. App. Ct. 1982), wo ausdrücklich betont wird, daß auch die Art und Weise der Durchführung der Festnahme für die Höhe des Schadensersatzes entscheidend ist; ibd., S. 1009. 305 Um einer zivilrechtlichen Haftung zu entgehen, muß die Sicherheitskraft bei Vorliegen derartiger Vorschriften lediglich beweisen, daß das Verhalten des Festgenommenen auch einen vernünftig denkenden Durchschnittsbürger zu der Annahme veranlaßt hätte, daß dieser einen Ladendiebstahl begangen hat. Ζ. B.: Georgia Code Ann. §§ 105- 1005. Allgemein zum Umfang der durch diese Vorschriften gewährten Privilegierung: Abschnitt Β. II. 3. b.). 306 Hierzu ausführlich Emerich, Investigations and Surveillance, Shadowing and Trailing, as Violation of Right of Privacy, 13 A.L.R. 3d 1025 (1996). 307 Siehe Sutherland v. Kroger Co., 110 S.E. 2d 716 (1959), wo die erforderliche Verletzung der Privatsphäre in der illegalen Durchsuchung einer Einkaufstüte gesehen wurde. Ansonsten sei bezüglich illegaler Durchsuchungsmaßnahmen vor allem auf die verfassungsrechtlichen Auswirkungen und die damit verbundenen zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen in Kapitel vier hingewiesen. 308 Ausführlich zu diesem vielschichtigen Themenbereich, Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 160 ff. 16*
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3. Teil: Situation in den USA
ausgelöst werden kann 3 0 9 . Der hiernach ersatzfähige Schaden wird also ausschließlich aufgrund zugefügter emotionaler Beeinträchtigung zugesprochen 310. Eine unwahre, an die Öffentlichkeit gelangte Behauptung - wie ζ. B. die falsche Verdächtigung eines vermeintlichen Ladendiebs - kann den Tatbestand der „defamation" erfüllen und damit ebenfalls einen Schadensersatzanspruch auslösen, soweit diese geeignet ist, den Ruf des zu Unrecht Beschuldigten zu schädigen311. Überschneidungen gibt es hierbei mit dem Tort der „malicious prosecution", für den es jedoch darüber hinaus zu einer böswillig beabsichtigten strafrechtlichen Anklage gekommen sein muß 3 1 2 . Es kann also festgehalten werden, daß den Beschäftigten der gewerblichen Sicherheit in den USA die Grenzen ihrer Handlungsbefugnisse nicht nur durch das Strafrecht aufzeigt werden. Durch die Art und Weise ihrer Tätigkeit sehen sie sich daneben auch einem breiten Spektrum an zivilrechtlichen Deliktstatbeständen augesetzt, die wiederum zu nicht unerheblichen Schadensersatzforderungen führen können. Straf- und zivilrechtliche Haftung können parallel nebeneinander durchgesetzt werden. Eine zivilrechtliche Verurteilung ist jedoch aufgrund der geringeren Anforderungen an den Schuldnachweis wahrscheinlicher 313 und stellt somit vermutlich auch das effektivere Mittel zur Disziplinierung der privaten Sicherheit dar 3 1 4 . Auch nach Ansicht Kakaliks stellt das „tort law" die primäre Quelle der rechtlichen Grenzen für das Sicherheitsgewerbe dar. Dies führt er vor allem darauf zurück, daß das Risiko einer hohen Schadensersatzzahlung eine größere Abschrekkung darstellt, als die Sanktionen des seiner Ansicht nach ineffizienten amerikanischen Strafrechtssystems 315.
309 Dickens v. Puryear, 276 S.E. 2d 325 (1981); Rondelli v. Pirna County, 586 P.2d 1295 (1978); Shoop v. Dauphin County, 766 F. Supp. 1323 (1990). 310 Obwohl erkannt wird, daß diese Schäden schwer zu beziffern sind, ist dieser „tort" in der Rechtsprechung mittlerweile allgemein anerkannt und wird im Zusammenhang mit der gewerblichen Sicherheit immer öfter angewendet; ζ. B. Montgomery Ward v. Jeses M. Garza, 660 S.W.2d 619 (Tex. Ct. App. 1983). Hierzu ausführlich Prosser, Law of Torts, § 12. 311 Allgemein hierzu Statsky, Torts: Personal Injury Litigation, S. 540 ff. Daley v. John Wanamaker, 464 A.2d 355 (1983); Canto ν. J.B. Ivey and Co., 595 So.2d 1025 (1992); K-Mart, Corp. v. Washington, 866 P.2d 274 (1993). Great Atlantic & Pacific Tea Company v. Paul, 261 A.2d 731 (Ct. App. Md. 1970). 312 Nemeth, Private Security and the Law, S. 123. Siehe: Birnbaum v. U.S., 436 F. Supp. 967 (1978); Owens v. The Kroger Co., 430 So.2d 843 (Mo. 1982); Arnold v. Eckerd Drugs of Georgia, Inc., 358 S.E.2d 632 (Ga. Ct. App. 1987). 313 Hierbei sei auf den Fall von O.J. Simpson hingewiesen, bei dem zwar die für eine strafrechtliche Verurteilung erforderliche, mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Schuld („proof beyond a reasonable doubt") nicht nachgewiesen werden konnte. Da in einem Zivilprozeß jedoch die einfache Überzeugung des Gerichts von der Schuld für eine Verurteilung ausreicht („clear and convincing evidence"), kam es in diesem Fall zu einer zivilrechtlichen Verurteilung. 314 So im Ergebnis auch Nemeth, Private Security and the Law, S. 111. 315 In: The Private Police, S. 221 ff.
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Schließlich ist noch zu erwähnen, daß nach der Lehre des „respondeat superior" 3'6 zusätzlich auch der Arbeitgeber für eine von einer seiner Sicherheitskräfte begangenen unerlaubten Handlung in Anspruch genommen werden kann. Diese Haftung erstreckt sich allerdings lediglich auf den unmittelbaren Arbeitgeber der Sicherheitskraft, also das Sicherheitsunternehmen selbst 317 . Derjenige, der die vertraglichen Dienste eines derartigen Unternehmens bzw. des bei diesem angestellten Personals in Anspruch nimmt, kann demzufolge nicht in Anspruch genommen werden 318 . Berücksichtigt man, daß schuldhafte Schädigungen vor allem durch schlecht ausgebildete bzw. unzuverlässige Sicherheitskräfte verursacht werden, so sollte die den Unternehmen drohende Gefahr einer Haftung für ihr Personal eigentlich dazu beitragen, daß diese in ihrem ureigensten Interesse bei Auswahl und Ausbildung ihrer Angestellten größtmögliche Sorgfalt walten lassen, um das Risiko derartiger Schadensersatzklagen möglichst gering zu halten. Einen weiteren, neben dem „tort law" stehenden, für den Bereich der privaten Sicherheit einschlägigen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch stellt 42 U.S.C. § 1983 dar. Dieser setzt die Verletzung eines bundesverfassungsmäßig gewährten subjektiven Rechts durch den Staat oder einen Privaten voraus. Weiterhin muß der Private dabei jedoch unter einem gewissen staatlichen Einfluß gehandelt haben. Auf diese staatliche Einflußnahme und die damit verbundene Problematik der „state action" sowie die näheren Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage des 42 USC § 1983 wird jedoch erst im Rahmen der verfassungsrechtlichen Untersuchung näher einzugehen sein 319 .
V. Zusammenfassung Wie im Verlauf dieses Kapitels dargestellt, reicht die Skala der Befugnisse der im Bereich der privaten Sicherheit Beschäftigten von denen eines normalen Polizisten über die teilweise begrenzten, auf Spezialbereiche beschränkten Kompetenzen der „commissioned special officers" bis hin zu den jedermann zustehenden Not316 Ausführlich zu dieser Haftung des Dienstherren für die Handlung einer angestellten Sicherheitskraft, siehe: Kakalik/Wildhorn, The Private Police, S. 362 ff.; Note, Liability of one Hiring Private Investigator or Detective for Tortious Acts Committed in Course of Investigation, 73 A.L.R. 3d 1175 (1996) oder Note, Principal's Liability for False Arrest or Imprisonment Caused by Agent or Servant, 92 A.L.R. 2d 15 (1996). Allgemein hierzu: Brill, The Liability of an Employer for the Wilful Torts of his Servants, 45 Chi.-Kent L. Rev. 1 (1968). 317 Note, Liability of one Hiring Private Investigator or Detective for Tortious Acts Committed in Course of Investigation, 73 A.L.R. 3d 1175, 1178 (1996). 318 Wenn jedoch nachgewiesen wird, daß auch der Kunde des Sicherheitsunternehmens ein bestimmtes Maß an Kontrolle über den „officer" hatte, dann wird auch dieser ausnahmsweise von der „vicarious liability" erfaßt. Hierzu Nemeth, Private Security and the Law, S. 151 ff. 319 Ausführungen hierzu finden sich in Kapitel vier, Abschnitt A. III.
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3. Teil: Situation in den USA
rechten. Eine klare Aussage dahingehend, wer mit welchen Befugnissen ausgestattet ist, kann dabei jedoch nicht ohne weiteres getroffen werden. Auch das Auftreten eines „officers" als solches läßt keinen eindeutigen Schluß auf die diesem konkret zustehenden Eingriffsbefugnisse zu. Zum einen ähneln die Uniformen der meisten Sicherheitsdienste denen der Polizei stark, zum anderen kann es sich dabei schließlich auch um einen „echten" Polizisten in seiner normalen Uniform handeln, der im Rahmen seiner Moonlighting-Tätigkeit lediglich über die Notrechte verfügt. Auch die Gerichte tragen in einigen Bereichen - so ζ. B. beim „police moonlighting" - nicht unbedingt dazu bei, klar abgrenzbare Befugnisgruppen zu bilden. Andererseits bedeutet diese Unsicherheit über die Befugnisse eines „officers" - wegen der drohenden Straf- oder Zivilklage von Seiten Dritter bei einer Kompetenzüberschreitung - stets auch ein gewisses Risiko, sowohl für den „officer" selbst als auch für seinen Arbeitgeber. Eine möglichst genaue Bestimmung des Kompetenzbereichs eines „security officers" läßt sich daher nur durch eine vorsichtige und exakte Bestimmung seines rechtlichen Status und der konkreten Umstände erreichen, in denen dieser tätig wird. Abschließend kann festgestellt werden, daß der Eingriffsrahmen der nicht anderweitig bevollmächtigten Sicherheitskräfte im wesentlichen dadurch definiert wird, daß jeder befugt ist, das zu tun, wofür er weder zivil- noch strafrechtlich belangt werden kann 3 2 0 .
C. Gewerberechtliche Regelungen In diesem Kapitel über die gesetzlichen Regelungen zur privaten Sicherheit ist weiterhin noch auf den die „private security" betreffenden gewerberechtlichen Rahmen einzugehen. Vorab ist jedoch bereits darauf hinzuweisen, daß sich die Regelungen in diesem Bereich vor allem durch ihre Uneinheitlichkeit auszeichnen. So schreibt Bilek, daß die meisten der vor allem in den letzten zwanzig Jahren erlassenen, die gewerberechtliche Seite der privaten Sicherheit regelnden Gesetze überstürzt entworfen und zu schnell verabschiedet wurden 321 . Dies führt er primär darauf zurück, daß die meisten Staaten den durch die immer häufiger aufgetretenen negativen Schlagzeilen über die gewerbliche Sicherheit entstandenen massiven Druck der Öffentlichkeit so schnell als möglich durch entsprechende Regulierungen abbauen wollten 3 2 2 . Bei der Frage nach dem Nutzen und der Notwendigkeit 320 Kakalik/ Wildhorn, The Private Police, S. 307. 321 Während zu Beginn dieses Jahrhunderts lediglich einige Staaten an der Ostküste minimale Anforderungen an die öffentliche Registrierung eines Sicherheitsgewerbes gestellt haben, wurden seit Ende der siebziger Jahre von immer mehr Staaten teilweise recht ausführliche Regelungen zu diesem Bereich erlassen. Hierzu siehe: Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 28. 322 Bilek/Klotter/Federal, ibd., S. 29; ebenso Nemeth, Private Security and the Law, S. 21, der darin, also in den verschiedenen zum Zeitpunkt des Gesetzeserlasses aktuell herr-
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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einer gewerberechtlichen Reglementierung des Sicherheitsgewerbes hat ein New Yorker Berufungsgericht festgestellt, daß derartige Gesetze vor mißbräuchlichem Verhalten der „security officer" schützen sollen, mit denen sie aufgrund des Wesens ihrer Tätigkeit bei Abwesenheit stringenter Kontrollen anderen Mitgliedern der Gesellschaft irreparablen Schaden zufügen könnten 323 . Schwerpunktmäßig sind hier also die dem Schutz der Öffentlichkeit dienenden Aspekte innerhalb der Voraussetzungen an eine Zulassung zum Gewerbe, des Verlustes dieser Zulassung und der Gewerbeüberwachung zu klären. Die den gesamten gewerberechtlichen Bereich abdeckende Regelungsmaterie wird in den USA mit dem Begriffspaar des „licensing and regulation" zusammengefaßt 324 . Dabei ist unter „licensing" die Genehmigung der zuständigen Behörde zu verstehen, ohne die ein Gewerbe nicht rechtmäßig ausgeübt werden kann 325 . Unter dem Begriff der „regulation" sind die Voraussetzungen an eine solche Genehmigung und die Auflagen, die mit einer solchen verbunden werden können, zu verstehen 326.
I. Gesetzgebung des Bundes Wie bereits die Regelung der verschiedenen Befugnisse und Kompetenzen so ist auch die gewerberechtliche Seite der privaten Sicherheit eine Materie, die aufgrund der bereits angesprochenen „police power" primär unter die Gesetzgebungskompetenz der Gliedstaaten fällt. Nach der verfassungsrechtlichen „commerce-" und „due process clause" steht dem Bund jedoch zumindest hinsichtlich der bei seinen Institutionen zu beschäftigenden privaten Sicherheitskräfte eine gewisse Regelungsbefugnis zu 3 2 7 . So existieren bundesrechtliche Standards für die private sehenden Bedürfnissen und Ängsten der Bevölkerung auch die Ursache für die teilweise sehr starken Abweichungen der Gesetze der Einzelstaaten sieht. 323 Schauder v. Weiss (1949, Supp.) 88 NYS2d 317. Ebenso: Allen v. Killoran, 56 F. Supp. 173, 176(1944). 324 So jedenfalls in den die gewerberechtliche Seite der privaten Sicherheit behandelnden Abschnitten der einschlägigen Werke; ζ. B. in: Kakalik/Wildhorn, Private Police, S. 148; Nemeth, Private Security and the Law, S. 17; Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 28. 325 National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 297. 326 Für den Begriff des „licensing" werden synonym allerdings auch die Begriffe „permit", „commission" oder „appointment" verwendet. Siehe hierzu, Kakalik/Wildhorn, Private Police, S. 151. 327 Der Bund kann also Gesetze erlassen, die die Anforderungen an ein Sicherheitsgewerbe regeln, das für bundesstaatliche Einrichtungen arbeitet; so auch, Lipson, On Guard, The Business of Private Security, ch. 4. Die erste Regelung dieser Art stellt der „Pinkerton Act" von 1893 dar, der allen Bundesbehörden untersagte, die Dienste der Pinkerton's Detective Agency oder einer ähnlichen Firma in Anspruch zu nehmen. Zum Anlaß für dieses Verbot siehe die Ausführungen zur historischen Entwicklung der privaten Sicherheit in Kapitel eins.
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3. Teil: Situation in den USA
Sicherheit im Bereich des Verteidigungsministeriums, der Flughäfen, von Atomkraftwerken und dem zwischenstaatlichen Frachtverkehr. Diese sind entweder in Form von bundesrechtlichen Gesetzen oder als Verwaltungsvorschriften der jeweiligen Bundesbehörden festgeschrieben 328. Weiter sind in den letzten Jahren deutliche Bestrebungen in der Politik zu beobachten, den gewerberechtlichen Bereich der privaten Sicherheit umfassend und vor allem einheitlich zu regeln. Der erste dieser Vorstöße, der sogenannte „Security Officer Employment Standards Act of 1991", Senate Bill 1258, ist eine Gesetzesinitiative des damaligen Senators von Tennessee und jetzigen Vizepräsidenten der USA, Albert Gore, Jr., vom 11. Juni 1991. Dieser Vorschlag beinhaltet zum einen einheitliche Standards für die Beschäftigung privater Sicherheitskräfte durch die Bundesregierung, also vor allem Anforderungen an eine umfassende Ausbildung und die physische und psychische Geeignetheit der Kandidaten. Zum anderen enthält er aber auch ein Programm, das die Gliedstaaten dabei unterstützen soll, ähnliche Standards auch für die Staatenebene bzw. für private Auftraggeber zu normieren 3 2 9 . Ein zweiter, noch wesentlich weitergehender Gesetzesvorschlag in dieser Richtung ist der „Security Officers Quality Assurance Act of 1992" (H.R. 5931) von dem kalifornischen Kongressabgeordneten Matthew Martinez. Der politische Widerstand gegen beide Initiativen ist jedoch groß genug, um ihre Verabschiedung bis heute zu verhindern 330 .
Π. Gesetzgebung der Gliedstaaten Wie bereits erwähnt, findet sich der Hauptanteil gewerberechtlicher Regelungen auf der Ebene der Gliedstaaten331; auch hier greift die „police power" der Einzelstaaten 332 . Das die private Sicherheit betreffende Gewerberecht zeichnet sich bis328 Lipson, On Guard: The Business of Private Security, ch. 4. 329 Cuvala/Fischer, The Role of Regulation; Private Security Agencies, S. 62; Note, New Bill on Security Officer's Employment Standard, 35 Security Management, Dec. 1991, at 11. 330 Siehe hierzu ζ. Β. die Kritik von Bottom in: Note, The Security Officer Employment Standards Act of 1991, 15 Journal of Security Administration Education 1, 3 (1992) oder von Wathen in: Zalud, Federal Security Officer Standards, 28 Securities 60 (1991). Anderseits zählen die Berufsverbände der „Committee of National Security Companies" (CONSCO) und die „International Foundation for Protective Officers" zu den Befürwortern der Gesetzesinitiative; siehe: Note, Zalud Report: Reports and Incidents that Impact Asset Protection, 30 Securities 108 (1993) und Note, Experts Rate New Officer Bill, 30 Securities 66 (1993). 331 Zwar existieren Vorschriften, die diese Art von Gewerbe regeln, teilweise auch auf kommunaler Ebene. So haben einer Studie von 1971 zufolge 54 Prozent der Kommunen mit einer Bevölkerung über 25.000 derartige, das Gewerbe der Sicherheit betreffende Vorschriften erlassen; hierzu, Post, Relations with Private Police, Tabelle 6.4. Da diese aber noch bei weitem uneinheitlicher sind als die entsprechenden Staatsgesetze, sei hier lediglich auf deren Existenz und auf die etwas ausführlicheren Ausführungen hierzu in: Kakalik/Wildhorn, Private Police, S. 166 ff. hingewiesen.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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lang jedoch vor allem durch einen Mangel an Einheitlichkeit und Vollständigkeit a u s 3 3 3 . So wurden entsprechende Gesetze bis jetzt nur in 45 Staaten erlassen. I n fünf Staaten ist das Betreiben eines Sicherheitsgewerbes also völlig ohne spezifisch staatlich geregelte Voraussetzungen und Auflagen m ö g l i c h 3 3 4 . Auch wird keinem der Staatsgesetze ein „model code status" zugestanden, also die Eigenschaft, alle wichtigen Aspekte der Rechtsmaterie erschöpfend zu regeln 3 3 5 . Es existiert in diesem Bereich aber auch kein, dem i m Rahmen der Notrechte angesprochenen Model Penal Code entsprechendes offizielles, vom Bundesjustizministerium anerkanntes Modellgesetz 3 3 6 , das sich die Staaten zum Vorbild nehmen könnten. Die verschiedenen Ausschüsse und Arbeitsgruppen zur Thematik der „private security" haben dieses Problem der weitgehend unzureichenden gewerberechtlichen Regelung jedoch erkannt und jeweils Vorschläge für ein derartiges Modellgesetz in die Diskussion eingebracht 3 3 7 . Arthur J. Bilek, Präsident sowohl der PSAC als auch der L E A A , hat schließlich deren beiden Modellgesetze zusammengefaßt, die Verbesserungsvorschläge von Kakalik /Wildhorn zu beiden Entwürfen berücksichtigt und daraus das von ihm als „Model State Statute for the Regulation of Private Security" (MSS) bezeichnete Modellgesetz entworfen 3 3 8 .
332 Gerichtsurteile, die diese Reichweite der „police power" auf gewerberechtliche Regelungen für die private Sicherheit bestätigen, sind ζ. B.: State v. Guardsmark, Inc. (1971, Iowa) 190 NW2d 397; North Carolina Asso, of Licensed Detectives v. Morgan (1973 17 NC App 701, 195 SE2d 357; Surry v. Seattle (1942) 14 Wash 2d 350, 128 P2d 322; State ex rei. Pitkanen v. Zittel (1969) 77 Wash 2d 366, 462 P2d 944; ausdrücklich auch für das weiter unten ausführlich zu besprechende Gesetz des Staates New York (NY General Business Law art. 7): Fox v. Smith (1908) 123 AD 369, 108 NYS 181. Zur Rechtmäßigkeit dieser Regelungen siehe ausführlich: Klotter/Kanovitz, Constitutional Law for Police, ch. 1 und Williams, Regulation of Private Detectives, Private Investigators, and Security Agencies, 86 A.L.R. 3d 691,(1996), art. 16,17. 333 Kakalik/Wildhorn, Private Police, S. 151. Ebenso, National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 278 f. Bilek bezeichnet die Gesetze in diesem Bereich sogar als größtenteils willkürlich, bruchstückhaft und von geringem Wert. Zur Kritik an den bestehenden gewerberechtlichen Vorschriften der Gliedstaaten auch: Lipson, On Guard, The Business of Private Security, ch. 10 und Post/ Kingsbury, Security Administration, ch. 6. 334 Diese Staaten sind: Idaho, Kentucky, Missouri, Rhode Island und Wyoming. 335 Kakalik/Wildhorn, Private Police, S. 152. 336 Dies gilt, auch für die im folgenden anzusprechenden Modellgesetze der LEAA, des PSAC und der von Bilek modifizierten Version, die trotz Unterstützung der Arbeitsgruppen durch das Justizministerium dessen offizielle Fürsprache nicht erhalten haben. Hierzu Kakalik/Wildhorn, Private Police, S. 481. 337 So hat die Private Security Task Force of the National Advisory Committee on Criminal Justice Standards and Goals of the Law Enforcement Assistance Administration, U.S. Justice Department, einen „Model Standard for Private Security" (Private Security Task Force of 1976, part 5) entwickelt. Auch die PSAC hat mit dem „Model Private Security Licensing and Regulatory Statute" (PSAC, Law Enforcement and Private Security, 1977) ihren Beitrag zum Entwurf einer derartigen Regelung geleistet. 338 Abgedruckt in: Legal Aspects, S. 43 ff.
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3. Teil: Situation in den USA
Nach diesem kurzen Überblick über die entsprechende Gesetzessituation, den damit verbundenen Schwierigkeiten und die hierzu existierenden Verbesserungsvorschläge ist nun die Vorgehensweise für die folgende Analyse des US-amerikanischen Bewachungsgewerberechts zu erläutern. Da es wenig sinnvoll erscheint, die Gesetze der Staaten zu analysieren, die wegen ihrer Regelungsdefizite als weitgehend unbrauchbar beurteilt werden, beschränkt sich die Arbeit im folgenden weitgehend auf die Darstellung der gewerberechtlichen Situation in den Staaten, denen immerhin bescheinigt wurde, die Problematik ausreichend erfaßt und geregelt zu haben. Zu den Staaten dieser letzteren Kategorie zählen nach übereinstimmender Ansicht einiger Autoren ζ. B. Kalifornien, Florida und New York 3 3 9 . Hierbei wird das Hauptaugenmerk auf die Aspekte der Zulassungsregelungen, der Gewerbeüberwachung und die an das Wachpersonal gestellten Anforderungen beschränkt; weiter werden die entsprechenden Regelungen eben jener drei Staaten dargestellt 340 . Um den Überblick dabei möglichst repräsentativ zu gestalten, erscheint es sinnvoll, in einigen wichtigen Punkten daneben auch auf Besonderheiten in den Regelungen anderer Staaten hinzuweisen 341 .
1. Zugang zum Gewerbe a) Definition des Wachgewerbes Im folgenden soll zunächst ein Überblick über die gesetzlichen Anforderungen gegeben werden, die an die Errichtung eines gewerblichen Sicherheitsunternehmens gestellt werden. Vorab erscheint es jedoch sinnvoll, eine weitere begriffliche Klarstellung vorzunehmen 342 und auf die vorherrschende gewerberechtliche Definition der „private security" einzugehen. So versteht man beispielsweise unter 339 Aber auch Connecticut, Delaware, Illinois, Michigan, Ohio, Texas und Wisconsin gehören zu jenen Staaten, deren gewerberechtliche Regelungen zur privaten Sicherheit als ausreichend anzusehen sind. Sojedenfalls Kakalik/Wildhorn, Private Police, S. 152 und diesem zustimmend: Nemeth, Private Security and the Law, S. 25. Wohingegen Staaten wie Alabama, Alaska, Louisiana und Tennessee am unteren Ende der Skala der „Gesetzesqualität" lediglich Regelungen über die für die Erteilung einer Lizenz fälligwerdende Gebühr erlassen haben. 340 Die entsprechenden Gesetze sind zu finden in Kalifornien unter: div. 3, ch. 11.5, art. 3: Private Security Services, Regulation, Licensing and Registration; kurz: Cai Bus & Prof Code §§ 7580 ff.; in Florida unter: Florida Statutes, tit. XXXII, Regulations of Professions and Occupations, ch. 493 Private Investigative, Private Security and Repossession Services, kurz: Fla Stat §§ 493.6100 ff.; und in New York unter: Gemerai Business Law, art. 7, Private Investigators and Watch, Guard and Patrol Agencies, kurz: NY CLS Gen Bus §§ 70 ff. 341 Einen umfassenden, allerdings in der Form einer Tabelle gehaltenen Überblick über die von den einzelnen Staaten jeweils geregelten Bereiche des Gewerberechts gibt eine Übersicht bei Nemeth, Private Security and the Law, S. 26 ff., Figure 2.3. 342 Hierbei sei auf die allgemeine Begriffsbestimmung der „private security" in Teil eins, Kapitel zwei, Abschnitt B. III. hinzuweisen, wo bereits auf diesen gewerberechtlichen Aspekt vorgegriffen wurde.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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einem kalifornischen Wachgewerbetreibenden, einem „operator of private patrol services", nach Cal Bus & Prof Code § 7582.1 (a): „ . . . a person ... who ... agrees to furnish, or furnishes, a watchman, guard, patrolperson, or other person to protect persons or property or to prevent the theft, unlawful taking, loss, embazzlement, misappropriation, or concealment of any goods, wares, merchandise, money, bonds, stocks, notes, documents, papers, or property of any kind; or performs the service of a watchman, guard, patrolperson, or other person, for any of these purposes.
Die Begriffsbestimmungen zur „watch, guard or patrol agency" in New York und zur „security agency" in Florida entsprechen dieser nahezu wortgleich 343 . Sie umfassen daher ebenfalls die gewerbliche Bereitstellung von Wachpersonal zum Schutz von Personen und Gütern vor strafbaren Handlungen aller Art, andererseits aber auch die Durchführung dieser Wachtätigkeit als solche.
b) Erlaubnispflicht In allen drei Staaten ist eine gewerbliche Tätigkeit im Sinne der eben aufgeführten Definition erst nach Erteilung einer Lizenz durch das „department of state" also die zuständige Genehmigungsbehörde - gestattet344. Die Aufnahme eines Wachgewerbes ist daher in diesen drei Staaten erlaubnispflichtig. Während in Kalifornien und New York lediglich eine Lizenz für den Gewerbetreibenden selbst erforderlich ist, schreibt das Gesetz in Florida für jede Art von Tätigkeit innerhalb des Gewerbes eine bestimmte Lizenz vor. Sowohl an den Betrieb als auch an die einzelnen Stufen des Management und die verschiedenen Hierarchien und Qualifikationen von Mitarbeitern werden also gewisse Anforderungen gestellt 345 .
c) Erlaubnisvoraussetzungen (1) Schriftlicher
Antrag
Allgemeine Voraussetzung ist zunächst die Stellung eines schriftlichen Antrags auf Erteilung einer entsprechenden Gewerbelizenz. Diesem Antrag sind in allen drei Staaten Photos und Fingerabdrücke des Antragstellers beizulegen346. Weiter 343 NY CLS Gen Bus § 71, cl. 1; Fla Stat § 493.6101, cl. 18, 19. 344 Cai Bus & Prof Code § 7582.3 (a); NY CLS Gen Bus § 70, ci. 1, 2; Fla Stat § 493.6105, cl. 1 i.V.m. § 493.6101, ci. 1. 345 So sind in Fla Stat § 493.6301 zehn verschiedene Klassen von Wachgewerbelizenzen für die unterschiedlichen Aufgabenbereiche aufgeführt. Da diese Einteilung jedoch vor allem für die gewerberechtlichen Anforderungen an das Wachpersonal eine Rolle spielt, wird hierauf auch erst im Rahmen der entsprechenden Abhandlung hierzu, unten unter 3., näher einzugehen sein. 346 Cai Bus & Prof Code § 7582.7 (f); NY CLS Gen Bus § 72, ci. 1,2; Fla Stat § 493.6108, cl. 1 (a).
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3. Teil: Situation in den USA
hat jeder Antragsteller Angaben über etwa in der Vergangenheit begangene Straftaten zu machen. In New York und Florida gibt er mit seinem Ersuchen auf Erteilung einer Lizenz weiter sein Einverständnis zu einer Einsichtnahme in sein polizeiliches Führungszeugnis durch das „department of state" 347 . Die Bearbeitung dieses Antrags ist schließlich an die Entrichtung einer Verwaltungsgebühr gebunden348. (2) „Zuverlässigkeit" Nach Nemeth ist der „good character" eines Bewerbers traditionell als Hauptkriterium für die Erteilung einer gewerberechtlichen Erlaubnis zu sehen 349 . Dementsprechend wird daher sowohl in New York als auch in Florida jeweils die Eigenschaft eines „good moral character" gefordert 350 . Betrachtet man daneben die im weiteren noch anzusprechenden Anforderungen wie Mindestalter und Versicherungspflicht, so dürfte dieses charakterliche Kriterium auch tatsächlich das für die Erteilung einer Erlaubnis wichtigste sein. Zwar ist es einfach, ein derartiges Ziel abstrakt festzulegen und zu fordern. Es jedoch in der Praxis zu definieren, vor allem aber auch sein Vorliegen bei einem konkreten Bewerber zu beurteilen, bereitet jedoch in den USA einige Schwierigkeiten. Nach der Legaldefinition in Florida liegt dieses Merkmal bei einem Bewerber dann vor, wenn nichts gegen seine Ehrlichkeit und Fairneß spricht, und er das Leben und Eigentum anderer und die Gesetze des Staates und des Bundes respektiert 351. Auch Nemeths von der Zielsetzung ausgehender Definitionsversuch für dieses Auswahlkriterium, nämlich der Wunsch, „die Lizenzierung von Lügnern, Dieben, unzuverlässigen Schurken und anderen tadelnswerten Charakteren zu verhindern", geht in diese Richtung 352 , ist jedoch ebenfalls sehr allgemein und nicht besonders griffig gehalten. Bleibt im folgenden zu klären, wie die einzelnen Staaten dem Problem der konkreten Beurteilung der charakterlichen Tauglichkeit eines Bewerbers begegnen.
347 NY CLS Gen Bus § 72, cl. 1; Fla Stat § 493.6108, cl. 1 (a), (c). 348 NY CLS Gen Bus § 74, cl. 1 (a), 100 US-Dollar; Fla Stat § 493.6302, cl. 1 (a), 450 US-Dollar für die zur Einrichtung eines Gewerbebetriebs erforderliche B-Lizenz; Cai Bus & Prof Code § 7582.10. 349 in: Private Security and the Law, S. 34. 350 Während diese beiden Staaten mit diesem Begriff des „good moral character" ausdrücklich auf den Charakter des Bewerbers abstellen, NY CLS Gen Bus § 72, cl. 1; Fla Stat § 493.6106, cl. 1 (b), wird in Kalifornien lediglich gefordert, daß dieser nicht einschlägig vorbestraft sein darf, bzw. keine Handlungen seinerseits vorliegen, die auf dessen allgemeine Unaufrichtigkeit schließen lassen; Cal Bus & Proof Code § 7582.24. Aber auch Staaten wie North Carolina, N.C. Gen Stat 74 C-8(d) (2), Ohio, ORC § 4749.03 (A) (1) (a) oder Iowa, Code, ch. 2 Private Investigation and Private Security Business § 680-2.5 (80A), stellen auf den Begriff des „good moral character" ab. 351 Fla Stat §493.6101, cl. 7. 352 in: Private Security and the Law, S. 34.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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So muß beispielsweise ein Antragsteller in New York seine charakterliche Integrität nachweisen, indem er sich von fünf unbescholtenen, angesehenen und mit ihm weder verwandten noch verschwägerten, jedoch persönlich bekannten Bürgern seiner Heimatgemeinde schriftlich bestätigen läßt, daß sie ihn für ehrlich und kompetent halten und ihm einen tadelfreien Charakter bekunden. Diese fünf Personen müssen sich den Antrag des Bewerbers auf Erteilung einer Lizenz durchgelesen haben und in ihrer Erklärung für die Richtigkeit seiner Angaben bürgen. Diese Bürgschaften sind in der Form einer eidesstattlichen Versicherung vor einem dafür zuständigen Beamten zu erklären und von dem Bewerber seinem Antrag auf Erteilung der Erlaubnis beizufügen 353 . Für die Erteilung einer Lizenz ist in New York jedoch nicht nur die charakterliche Festigkeit des Gewerbetreibenden selbst ausschlaggebend. Es gilt vielmehr jede Person, die mit mindestens zehn Prozent am Firmenkapital eines Sicherheitsunternehmens beteiligt ist und diese charakterlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, als Erlaubnisverweigerungs- bzw. sogar -rücknahmegrund 354. Abgesehen von dem Erfordernis dieser Bürgschaft von fünf Mitbürgern des Bewerbers schreibt jedoch auch das New Yorker Gesetz zusätzlich noch die Einsichtnahme in dessen polizeiliche Führungszeugnisse und eine Überprüfung seiner Fingerabdrücke anhand der einschlägigen Verbrechenskarteien vor 3 5 5 . In Florida wird auf eine derartige Leumundsbezeugung verzichtet und statt dessen lediglich eine umfassende behördliche Ermittlung über eine eventuelle kriminelle Vergangenheit des Bewerbers angeordnet. Diese beschränkt sich grundsätzlich auf die Durchsicht der polizeilichen Führungszeugnisse des Kandidaten, kann jedoch auch auf andere, nicht konkreter bezeichnete Untersuchungen erweitert werden, sofern diese vom „department of state" für nötig erachtet werden, um ein ausreichend umfassendes Bild über die charakterliche Geeignetheit des Bewerbers zu erhalten 356 . Noch konkreter bzw. objektiver bestimmbar sind beispielsweise die entsprechenden Bestimmungen in Arizona. Dort wird einem Bewerber dann die erforderliche Bescheinigung des „good character" verweigert, wenn er der Begehung einer Straftat überführt wurde, die entweder eine betrügerische Handlung, die Anwendung körperlicher Gewalt, die Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung oder die illegale Benutzung oder den Besitz von Waffen zum Gegenstand hat 3 5 7 . In Arkansas und Illinois wird im Rahmen der Beurteilung der charakterlichen 353 NY CLS Gen Bus § 72, cl. 2. 354 Ν Y CLS Gen Bus § 72, cl. 4. Auch hier wird eine Liste von im Rahmen des Wachgewerbes typischerweise begangenen Straftaten für die charakterliche Beurteilung des Antragstellers und damit als Versagungsgründe für eine Lizenz angeführt; NY CLS Gen Bus § 74, cl. 2. 355 Ν Y CLS Gen Bus § 72, cl. 1. 356 Fla Stat § 493.6108, cl. 1 (a), (c). 357 Ariz. Rev. Stat. eh. 26, § 32-2612 (3). Auch Kalifornien führt vor allem Straftaten mit betrügerischer Absicht als persönliche Versagungsgründe an, aber auch andere Delikte, die
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3. Teil: Situation in den USA
Geeignetheit des Kandidaten eine ähnliche Liste an Straftatbeständen aufgeführt, die jedoch noch dahingehend ergänzt wird, daß weiterhin sichergestellt sein muß, daß dieser weder drogen- noch alkoholabhängig sein darf 3 5 8 . Es kann also festgestellt werden, daß als Gründe für die Versagung einer gewerberechtlichen Lizenz vor allem Verstöße des Bewerbers gegen bestimmte, im Zusammenhang mit der Ausübung des Wachgewerbes stehende Straftatbestände anzuführen sind. Falls also im Laufe der im Rahmen des gewerberechtlichen Lizenzierungsverfahrens durchzuführenden Überprüfungsmaßnahmen festgestellt wird, daß der Bewerber sich der Begehung eines solchen Delikts strafbar gemacht hat, wird ihm die Erteilung der zur Ausübung des Sicherheitsgewerbes erforderlichen Lizenz verweigert. Fügt man die einzelnen zur Beschreibung dieses Begriffs des „good moral character" angeführten persönlichen Eigenschaften und Voraussetzungen wie Kompetenz, Ehrlichkeit, moralische Festigkeit und ein sauberes Vorstrafenregister zusammen, so läßt sich dieses Zulassungskriterium dahingehend charakterisieren, daß der jeweilige Bewerber in der Lage sein muß, ein Sicherheitsunternehmen so zu führen, daß Dritte dadurch nicht gefährdet werden. Einerseits sollen mittels dieses Zulassungskriteriums die typischen Gefährdungspotentiale des Wachgewerbes abgedeckt werden, andererseits aber eben auch die allgemeine Zuverlässigkeit und moralische Integrität des Bewerbers gewährleistet sein. Wenn also im folgenden von der Zuverlässigkeit des Bewerbers oder seiner Art und Weise der Gewerbeausübung die Rede ist, so ist damit eben jenes umfassende charakterliche Kriterium gemeint, das den ordnungsgemäßen Betrieb des Gewerbes durch den jeweiligen Gewerbetreibenden gewährleisten soll 3 5 9 . (3) Sachkunde Neben der im weiteren Sinne charakterlichen Qualifikation des Gewerbetreibenden wird in den meisten Staaten als zusätzliche Erlaubnisvoraussetzung auch noch eine gewisse fachliche Bildung, ein bestimmtes Maß an Sachkunde in Form von einschlägiger Berufserfahrung gefordert 360 . So muß im Staate New York nachim Zusammenhang mit der Ausübung eines Wachgewerbes stehen; Cai Bus & Prof Code § 7582.24 (a)-(c). 358 Ark Code Ann 17-33-306 (5); 225 ILCS 445/14 (6). Auch in Florida gelten Vorfälle aus der Vergangenheit des Bewerbers, die im Zusammenhang mit Drogen- oder Alkoholmißbrauch stehen, als Lizenzverweigerungsgrund. Dies ist jedoch im Gegensatz zu den anderen beiden Staaten unabhängig von der charakterlichen Prüfung, als eigenständige Erlaubnisvoraussetzung zu prüfen; Fla Stat § 493.6106, cl. 1 (d). 359 in Ν Y CLS Gen Bus § 79, cl. 1 (d) wird beispielsweise auch der Begriff der „untrustworthiness", also der Unzuverlässigkeit als Grund für die Rücknahme einer Erlaubnis angeführt. Zwar taucht dieser Begriff bei den Erlaubniserteilungsvoraussetzungen nicht auf, wird jedoch bei den Rücknahmegründen im engen Zusammenhang mit den Kriterien genannt, die oben zur Beschreibung des Begriffs des „good moral character" gedient haben. 360 wie bereits kurz angedeutet ist der Begriff der Kompetenz in einigen Staaten wie ζ. B. New York, Ν Y CLS Gen Bus § 72, cl. 1, bereits als Bestandteil des „good moral character",
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gewiesen werden, daß wenigstens ein leitendes Mitglied des Gewerbebetriebs über eine mindestens zweijährige Berufserfahrung im Sicherheitsgewerbe verfügt, wobei hierfür auch eine Tätigkeit im öffentlichen Polizeidienst anerkannt wird 3 6 1 . Neben diesem Nachweis über die einschlägige Fachpraxis muß die betreffende Person ihre Fähigkeiten weiterhin durch die Absolvierung eines schriftlichen Tests über die Rechte, Pflichten und Befugnisse eines „security officers" beim „department of state" unter Beweis stellen 362 . Eine einjährige Berufspraxis als „security guard" müssen Bewerber in Kalifornien nachweisen363. Die wohl höchsten Anforderungen an die Sachkunde eines Bewerbers für eine Wachgewerbelizenz werden in North Carolina gestellt, wo dieser innerhalb der letzten fünf Jahren mindestens drei Jahre in der Geschäftsführung einer Sicherheitsfirma tätig gewesen sein muß 3 6 4 . (4) Sonstiges (a) Versicherungspflicht Weiterhin muß der Bewerber in den meisten Staaten den Nachweis über den Abschluß einer Haftpflichtversicherung erbringen. So schreibt das Gesetz in Florida vor, daß eine Wachgewerbelizenz erst dann ausgestellt werden darf, wenn der Antragsteller den Abschluß einer Versicherungspolice mit einer Deckungssumme von mindestens 300.000 US-Dollar pro Schadensfall nachgewiesen hat 3 6 5 . Die Versicherungspolice muß die Haftung für sämtliche bei dieser Firma beschäftigten, vom „department of state" lizenzierten Angestellten einschließen. Hierdurch soll eine Versicherung für alle von diesen verschuldeten Schäden nach den oben, unter Β. IV. bereits dargestellten, jeweils einschlägigen zivilrechtlichen Haftungstatbeständen, den sogenannten „torts", erreicht werden 366 . Schließlich wird bestimmt, also des Zulassungskriteriums der Zuverlässigkeit enthalten. Das im folgenden anzusprechende Sachkundeerfordernis geht also über diesen, etwas allgemein gehaltenen Terminus der Kompetenz hinaus. 361 NY CLS Gen Bus § 72, cl. 1. Die gleichen Anforderungen an eine zweijährige Berufspraxis werden an einen Gewerbetreibenden (MB-Lizenz, Fla Stat § 493.6301, cl. 1 i.V.m. cl. 3 (a)) in Florida gestellt, Fla Stat § 493.6303, cl. 2; oder in Georgia, Private Detective and Securities Act, Ga. L. P. 1828 § 43-3-6(7), wo ebenfalls polizeiliche Berufspraxis anerkannt wird. 362 NY CLS Gen Bus § 72, cl. 1. 363 Cai Bus & Prof Code § 7583.1, wobei dieser Nachweis über eine Bestätigung des früheren Arbeitgebers zu führen ist. 364 N.C. Gen Stat 74 C-7 (d). Dagegen werden ζ. B. in Kansas und New Jersey keinerlei Anforderungen an die fachliche Qualifikation eines Gewerbetreibenden gestellt, K.S.A. 7 5 7b 05; N.J.S.A. 45: 19-8. 365 Fla Stat § 493.6110. Weiter wird in Fla Stat § 493.6110, cl. 1 vorgeschrieben, daß das „department of state" umgehend von jedem Haftungsfall zu unterrichten ist. 366 Ausdrücklich aufgeführt sind hier bei: Fla Stat § 493.6110 ζ. B.: die „torts" des „death", „bodily injury", „property damage", „false arrest", „malicious prosecution", „defamation of character" und „violation of the right of privacy", also eben jene Rechtsgutsver-
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3. Teil: Situation in den USA
daß die Gewerbeerlaubnis automatisch erlischt, sobald der Versicherungsschutz nicht mehr besteht 367 . Während die Anforderungen an eine Versicherungspflicht in Kalifornien denen in Florida nahezu wortgleich entsprechen 368, besteht in New York statt dessen lediglich die Pflicht, beim „department of state" eine Sicherheitsleistung von 10.000 US-Dollar zu hinterlegen 369 . Der Zweck aller dieser Regelungen besteht darin, die Entschädigung von Personen sicherzustellen, die von Beschäftigten des Wachgewerbes schuldhaft in einem ihrer Rechtsgüter verletzt wurden. Berücksichtigt man aber die bereits angesprochenen, für deutsche Verhältnisse immens hohen Schadensersatz- und Schmerzensgeldbeträge, die teilweise von US-amerikanischen Gerichten zugesprochen werden, so erscheinen die vorgeschriebenen Deckungssummen und Sicherheitsleistungen wohl als zu niedrig angesetzt, um die Ansprüche der Geschädigten wirklich voll zu befriedigen. Damit sind diese Deckungssummen aber auch zu niedrig, um die Gewerbebetriebe vor einer erdrückenden weiteren Haftung zu befreien 370 . (b) Mindestalter Ein weiteres Anforderungskriterium für die Erteilung einer Lizenz stellt in den meisten Staaten ein gewisses Mindestalter des Antragstellers dar. Während dies in Kalifornien und Florida bereits mit der allgemeinen Volljährigkeit, also mit 18 Jahren erreicht ist 3 7 1 , muß ein Bewerber in Indiana und Arkansas mindestens 2 1 3 7 2 und in New York, Massachusetts und Delaware sogar 25 Jahre alt sein 373 , um eine Lizenz zum Betrieb eines Wachgewerbes zu erhalten.
2. Gewerbeüberwachung Da eine im Vorfeld der Gewerbeausübung stattfindende Kontrolle dem von dem Sicherheitsgewerbe ausgehenden Gefährdungspotential nicht in vollem Umfange letzungen, für deren Begehung im Rahmen der Tätigkeiten des Sicherheitsgewerbes eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. 367 Fla Stat § 493.6110, cl. 2. 368 Cai Bus & Prof Code § 7583.40-42. Allerdings wird hier eine Haftungssumme von 500.000 US-Dollar pro Schadensfall vorgeschrieben; § 7583.40. 369 NY CLS Gen Bus § 74, cl. 1 (b). 370 in diesem Zusammenhang sei bereits vorab auf das oben kurz angesprochene „Model Regulatory Statute" (MSS) von Bilek, Legal Aspects, S. 43 ff., hingewiesen. Hier wird eine Mindestdeckungssumme von 10.000.000 US-Dollar für Personen- und 1.000.000 US-Dollar für Sachschäden vorgeschlagen. 371 Cai Bus & Prof Code § 7582.8 (a); Fla Stat § 493.6106, cl. 1 (a). 372 ind Stat Ann 2 5 - 3 0 - 1 - 8 ; Ark Code Ann § 17-33-306 (a) (1). 373 NY CLS Gen Bus § 74, cl. 1 (b); Mass Gen Laws, ch. 147, § 24; Del Code, tit. 24 ch. 13, § 1304.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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gerecht wird, gilt es nun zu klären, inwieweit die entsprechenden Gesetze die zuständigen Behörden weiter in die Lage versetzen, die Berufsausübung zu überwachen und eventuell auftretende Mißstände zu beheben und zu sanktionieren.
a) Überwachungsmöglichkeiten So wird beispielsweise dem New Yorker „department of state" die Befugnis eingeräumt, entweder auf die Beschwerde eines Außenstehenden hin, oder auch aus eigener Initiative, ohne einen konkreten Ermittlungsanlaß, die Einhaltung sämtlicher einschlägiger Gewerbevorschriften zu überwachen. Um diese Kontrolle zu ermöglichen, besteht für jedes Sicherheitsunternehmen eine Auskunftspflicht dahingehend, sämtliche im Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes stehenden Aufzeichnungen, Bücher und sonstige Daten auf Anfrage an die Behörde zur Einsichtnahme zu übergeben 374. Da zu den zu überwachenden Vorschriften vor allem auch die permanente Einhaltung der vorstehend besprochenen Zulassungskriterien gehört, und dabei die Überprüfung der Gewerbetreibenden auf ihre Zuverlässigkeit hin im Vordergrund steht, ist es der Behörde auch jederzeit gestattet, zu überprüfen, ob und inwieweit diese ihren Betrieb in einer Art und Weise führen, die den an sie gestellten charakterlichen Anforderungen gerecht wird. So bleibt also auch die Einsichtsmöglichkeit in die Strafregister und die polizeilichen Führungszeugnisse weiter bestehen375. In diesem Kontext wird dem „department of state" auch das Recht zugestanden, den Gewerbetreibenden selbst oder jede andere im Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb stehende Person jederzeit zwangsweise zu einer Anhörung vorzuladen, sofern dies für nötig erachtet wird, um den durchzuführenden Ermittlungen den entsprechenden Erfolg zu verschaffen 376. Nahezu wortgleich werden dem „department of state" in Florida die gleichen Überwachungs- und Kontrollmöglichkeiten bezüglich der Einhaltung der allgemeinen Gewerbevorschriften, vor allem aber auch der Zuverlässigkeit der Gewerbetreibenden zugestanden377. Ausdrücklich ist hier ebenfalls geregelt, daß eine Kontrolle auch ohne einen konkreten Hinweis auf einen Mißstand stattfinden kann und auch routinemäßig durchgeführt werden soll 3 7 8 . 374 Ν Y CLS Gen Bus § 73, cl. 1. 375 NY CLS Gen Bus § 73, cl. 1 i.V.m. § 72. 376 NY CLS Gen Bus § 73, cl. 2. Im Rahmen einer solchen Vorladung ist die Behörde dann auch befugt, „depositions", also schriftliche Zeugenaussagen aufzunehmen und den Vorgeladenen sogar zu vereidigen; ibd. 377 Fla Stat § 493.6121, cl. 1 - 3 . Auch hier wird der Behörde die Befugnis der zwangsweisen Vorladung und der Einsichtnahme ins gesamte „criminal justice information system" zugestanden; § 493.6121, cl. 4,5. 378 Fla Stat § 493.6121, cl. 1. Vergleichbar hiermit ist das den kalifornischen Behörden zur Verfügung gestellte Kontrollinstrumentarium, Cai Bus & Prof Code § 7587 i.V.m. Cal Gov Code §§ 11500 ff. 17 Huber
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3. Teil: Situation in den USA
Als Ergebnis bleibt festzuhalten, daß ein Einschreiten der Behörde dann möglich ist, wenn konkrete Anzeichen für Mißstände und Nachlässigkeiten bei der Gewerbeausübung vorliegen. Weiterhin, und dies dürfte das bedeutendere Kontrollinstrument darstellen, ist es den jeweils zuständigen Behörden auch jederzeit gestattet, vorbeugende Untersuchungen durchzuführen, um eventuelle Mängel hinsichtlich einer zuverlässigen Gewerbeausübung gar nicht erst aufkommen zu lassen bzw. diese bereits in einem möglichst frühen Stadium abstellen zu können.
b) Sanktionsmöglichkeiten Da ein im Rahmen der Gewerbeüberwachung aufgedeckter Mißstand nur dann wirksam beseitigt werden kann, wenn der Behörde auch die entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, sind die vorstehend dargestellten Überwachungs- und Kontrollnormen im engen Zusammenhang vor allem mit den Normen über die Erlaubnisrücknahme zu lesen. Die entsprechenden Vorschriften über eine Lizenzrücknahme können ihrerseits dahingehend zusammengefaßt werden, daß die jeweilige Behörde nach Feststellung von Mißständen und Nachlässigkeiten beim Betrieb des Gewerbes bzw. der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden im oben angesprochenen Sinn zum Widerruf der Erlaubnis befugt ist. So haben die Behörden je nach Art und Schwere des Vorfalls die Möglichkeit, die Lizenz entweder vorläufig oder dauerhaft zu entziehen 379 . Neben dieser am weitesten gehenden Maßnahme der Erlaubnisrücknahme steht den Behörden jedoch weiterhin das mildere Mittel der Verhängung eines Bußgeldes zur Verfügung 380 . Vor der Durchführung einer entsprechenden Maßnahme wird dem Gewerbetreibenden allerdings stets das Recht zugestanden, sich zu den erhobenen Vorwürfen in einem „hearing" zu äußern 381 .
3. Anforderungen an das Personal Zumindest in den angeführten Staaten existieren also gewisse Zulassungskriterien, die jedoch lediglich die Person des Gewerbetreibenden selbst betreffen. Dem präventiven Schutzbedürfnis vor den Gefährdungspotentialen des Wachgewerbes 379 New York, NY CLS Gen Bus § 79, cl. 1; Fla Stat § 493.6118, cl. 2 (e); Cai Bus & Prof Code §§ 7587.1, 3,4. In New York, NY CLS Gen Bus § 79, cl. 2, wird eine dauerhafte Rücknahme der Lizenz ausdrücklich als ultima ratio gekennzeichnet, die erst dann zulässig ist, wenn weder ein Bußgeld noch eine vorübergehende Suspendierung zu einer Beseitigung der Mißstände geführt haben. 380 in Florida kann ein solches bis zu einer Höhe von 1.000 US-Dollar pro Gesetzesverletzung verhängt werden; Fla Stat § 493.6118, cl. 2 (c); Cai Bus & Prof Code § 7587.6 (bis zu 500 US-Dollar) NY CLS Gen Bus § 79, cl. 2 (ohne Angabe einer konkreten Höhe). 381 NY CLS Gen Bus 79, cl. 3,4; Fla Stat § 493.6118, cl. 3; Cai Bus & Prof Code § 7587 i.V.m. Cal Gov Code §11510.
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kann jedoch alleine durch das Abstellen auf die Zuverlässigkeit des Betreibers eines Gewerbes nicht genüge getan werden. Die Tatsache, daß bis vor kurzem in den meisten Staaten keinerlei gesetzliche Anforderungen an das vom Gewerbetreibenden beschäftigte Personal gestellt wurden, führte dann auch des öfteren zur Anstellung von Personen, die der Verantwortung und den Aufgaben eines „security guard" nicht gewachsen waren. So schreibt Schwartz, daß das Fehlen einer bundesweiten Strafregisterkontrolle dazu geführt hat, daß viele zum Mindestlohn engagierte Kriminelle im besten Falle ineffektiv gearbeitet haben, meistens jedoch im Rahmen ihrer Tätigkeit sogar massiv mit den Strafgesetzen in Konflikt gekommen sind 382 . In der jüngeren Vergangenheit haben daher einige Staaten ihre Gesetze dahingehend ergänzt, daß nun auch an das zu beschäftigende Wachpersonal bestimmte Anforderungen gestellt werden: So hat ζ. B. New York zum 1. Januar 1994 seinen article 7 des „General Business Law, Private Investigators and Watch, Guard and Patrol Agencies" um den article 7-A, den sogenannten „Security Guard Act of 1992" ergänzt 383 . Dieser, auf massiven Druck der Öffentlichkeit hin erlassene Gesetzesabschnitt384 regelt ausschließlich die an eine Anstellung und Beschäftigung eines „security guards" gestellten Anforderungen. Mittlerweile finden sich auch in den gewerberechtlichen Vorschriften anderer Staaten, wie ζ. B. Kalifornien, Florida oder Massachusetts Regelungen, die auch an das Personal eines Bewachungsunternehmens gewisse Anforderungen stellen und bestimmte Zulassungskriterien vorschreiben 385.
382 in: New Security Guard Law, S. 7; in einem Interview in: Meaney, BOMA Seminar Explores Security Trends, 1995 Real Estate Weekly, No. 36, at 24, unterstreicht Schwartz die Gefahr mangelhafter Kontrolle bei der Auswahl des Wachpersonals mit dem Beispiel, daß jemand in der New Yorker Strafkartei eine weiße Weste haben könnte, in Connecticut aber als Axtmörder gesucht wird. Für eine ausführliche Übersicht über Qualifikation, Bildung und Bezahlung des durchschnittlichen Wachmannes im Jahre 1976, siehe: Kakalik/Wildhorn, The Private Police, S. 99 ff. 383 Dieser Zusatz zu den vorstehend bereits mehrfach angesprochenen gewerberechtlichen Vorschriften findet sich bei: NY CLS Gen Bus §§ 89-e ff. 384 Hierzu siehe: Schwartz, New Security Guard Law, 1994 Real Estate Weekly, No. 9, at 7; McNicholas, Security Act Means Better Quality, 1994 Real Estate Weekly, No. 31, S. A17 f. Entsprechend auch die in der Kommentierung zu NY CLS Gen Bus § 89-e angeführten Motive der Gesetzgebung, die sie zur Verabschiedung dieses Gesetzesabschnitts veranlaßt hat. Ebenso massiv wie der Druck der Öffentlichkeit dürfte jedoch der zu überwindende Widerstand der Sicherheitsindustrie gewesen sein, die sich vor allem gegen die dadurch entstehenden höheren Kosten gewehrt hat; hierzu vergleiche ebenfalls die Ausführungen von Schwartz und McNicholas. 385 Einen guten Überblick über die in den einzelnen Staaten konkret gestellten Anforderungen an das Wachpersonal gewährt McCrie/Botnick/Madia, State Requirements for Security Officer Training, 35 Security Management, March 1991, at 15. 17*
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3. Teil: Situation in den USA
a) Registration" Entsprechend der zur Einrichtung eines Wachgewerbes erforderlichen Lizenz wird für jeden beschäftigten „security guard" eine sogenannte „registration card" gefordert 386 . Ein Sicherheitsunternehmen, das einen neuen Wachmann einstellen möchte, kann dies nur tun, wenn dieser im Besitz einer gültigen „registration card" ist. Andernfalls muß das Unternehmen eine solche Registrierung beim „department of state" beantragen 387. Ziel dieser Registrierungspflicht ist es zum einen, der zuständigen Behörde von jedem im Bereich der gewerblichen Sicherheit Arbeitenden Kenntnis zu verschaffen. Zum anderen, und dies dürfte als das Hauptmotiv des Registrierungserfordernisses anzusehen sein, ist es auf diese Weise möglich, gewisse Anforderungen an die Erteilung einer solchen „Arbeitserlaubnis" zu stellen und somit den fachlichen und persönlichen Standard des Wachpersonals zu bestimmen 388 . (1) „ Zuverlässigkeit " Was die charakterlichen Kriterien betrifft, gleichen diese Anforderungen weitgehend den an den Gewerbetreibenden selbst gestellten. So wird entsprechend dem „good moral character" beim Gewerbetreibenden auch von den „security guards" eine gewisse, primär an der Ausübung der Wachtätigkeit orientierte Zuverlässigkeit gefordert 389 . Diese Zuverlässigkeit wird einem Kandidaten wiederum dann abgesprochen, wenn er einschlägig vorbestraft i s t 3 9 0 oder ihm in seiner bisherigen beruflichen Laufbahn bereits einmal aufgrund entsprechender disziplinarischer Verfehlungen seine „registration card" entzogen wurde 391 . 386 in Florida werden, wie bereits erwähnt, für die einzelnen Tätigkeitsbereiche und Hierarchiestufen des Sicherheitsgewerbes verschiedene Klassen von Lizenzen gefordert, Fla Stat § 493.6301. Da die Anforderungen an eine Erteilung einer derartigen Security-Guard-Lizenz aber ähnlich sind wie an die einer „registration card", ist hier nicht weiter auf diese unterschiedlichen Bezeichnungen einzugehen. 387 NY CLS Gen Bus § 89-g, cl.l (a), (b). Während in New York und Florida nur ein registrierter bzw. lizenzierter „security guard" als solcher arbeiten darf, ist in Kalifornien eine derartige Registrierung innerhalb der ersten drei Arbeitstage des „guards" zu beantragen und somit nicht erforderlich, wenn dieser den Betrieb innerhalb dieses Zeitraums wieder verläßt, Cai Bus & Prof Code § 7583.9. 388 National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 315. Hiemach steht wiederum der Schutz der Öffentlichkeit vor unqualifiziertem oder sogar kriminellem Personal im Vordergrund. 389 Ausdrücklich gefordert in: New York, NY CLS Gen Bus § 89-h, cl.6 und Florida, Fla Stat § 493.6301, cl. 5 i.V.m. § 493.6106, cl. 1 (b). 390 Cai Bus & Prof Code § 7583.10 (d), (e); New York, NY CLS Gen Bus § 89-h, cl. 5. Entsprechend den Ausführungen zur Gewerbelizenzerteilung hat auch jeder „security guard" seine Fingerabdrücke abzugeben. Weiter sind auch hier für jeden Kandidaten die Strafregister auf Staats- und Bundesebene einzusehen; New York, NY CLS Gen Bus § 89-i. 391 New York, NY CLS Gen Bus § 89-h, cl. 8.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
261
(2) Fachliche Qualifikation Neben den geforderten charakterlichen Voraussetzungen existieren in den hier zu überprüfenden Staaten weiter noch gewisse Anforderungen an die fachliche Qualifikation des zu registrierenden „security guards". Die höchsten Anforderungen an die Ausbildung einer gewerblichen Sicherheitskraft werden dabei in New York gestellt. Hier wird die Registrierung nur dann erteilt, wenn der Kandidat die erfolgreiche Absolvierung eines achtstündigen sogenannten „pre-assignment training course" an einer der anerkannten „security guard training schools" 392 nachweisen kann 3 9 3 . Die Lehrziele dieses Trainingsplans beziehen sich auf die Darstellung der rechtlichen Befugnisse eines Wachmannes, auf das in einem Notfall zu zeigende Verhalten und schließlich, ganz allgemein, auf das richtige Standesverhalten in und gegenüber der Öffentlichkeit 394 . Weiterhin muß der Arbeitgeber ein innerhalb der ersten 90 Tage der Anstellung durchzuführendes, als „on the job training" bezeichnetes Ausbildungsprogramm garantieren. Dieses soll vor allem die Vermittlung der auf den einzelnen „security guard" zukommenden Aufgaben und der vom jeweiligen Unternehmen gestellten Anforderungen beinhalten 395 . Schließlich wird für jeden Wachmann, also auch für die bereits lizenzierten, die Teilnahme an einem jährlichen, ebenfalls achtstündigen Auffrischungskurs vorgeschrieben 396. In Rorida dagegen werden bis auf ein 16-stündiges Training, dessen Absolvierung vor Aufnahme der Bewachungstätigkeit zu erfolgen hat, keine weiteren Ausbildungsmaßnahmen gefordert 397 . Eine spezielle Ausbildung wird weiter für alle mit einer Schußwaffe auszurüstenden Sicherheitskräfte, die sogenannten „armed guards" vorgeschrieben. So darf eine Sicherheitskraft in New York erst dann mit einer Schußwaffe ausgestattet werden, wenn sie im Besitz einer speziellen „armed guard registration card" ist. Eine solche wird erst nach Absolvierung einer 47-stündigen Spezialausbildung im
392 Für die an die Lizenzierung derartiger Schulen gestellten Anforderungen siehe: NY CLS Gen Bus § 89-n, cl. 1, i.V.m. NY CLS Exec. § 841 (c). 393 NY CLS Gen Bus § 89-h, cl. 2 i.V.m. § 89-n, cl. 1 (a). Die Bescheinigung über die erfolgreiche Teilnahme ist dem Antrag auf Erteilung einer „registration card" beizulegen; NY CLS Gen Bus § 89-g, cl. 1 (b) (iii). 394 McNicholas, Security Guard Act Means Better Quality, 1994 Real Estate Weekly, No. 31, S. A17. Im Gegensatz dazu wird in Kalifornien lediglich die Teilnahme an einem zweistündigen Kurs über Grundlage, Umfang und Grenzen des allgemeinen Festnahmerechts gefordert; Cai Bus & Prof Code § 7583.6 i.V.m. § 7583.7. 395 NY CLS Gen Bus § 89-h, cl. 2 i.V.m. § 89-n, cl. 1 (b). 396 NY CLS Gen Bus § 89-n, cl. 1 (d). Die entsprechenden Mindestanforderungen an diese regelmäßigen Weiterbildungsmaßnahmen betragen in Florida allerdings nur vier Stunden alle zwei Jahre; Fla Stat § 493.6303, cl. 4. Für einen Überblick über die Ausbildungsanforderungen einiger der restlichen Staaten, siehe: Nemeth, Private Security and the Law, S. 46 ff. 397 Fla Stat § 493.6303, cl. 4.
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3. Teil: Situation in den USA
Umgang mit Handfeuerwaffen erteilt 398 . Auch in Kalifornien ist einer Sicherheitskraft das Tragen einer Handfeuerwaffe im Dienst nur dann gestattet, wenn sie an einer entsprechenden Ausbildung teilgenommen hat und ihr daraufhin die „firearms qualification card" ausgestellt wurde 399 .
b) Entziehung der,registration card" Auch die „registration card" oder „license" des Wachbediensteten kann von den jeweiligen Behörden bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen wieder eingezogen werden. Die Gründe, die eine solche Rücknahme rechtfertigen, entsprechen weitgehend den oben genannten, zu einem Entzug der Gewerbelizenz führenden Verhaltensweisen, die einer zuverlässigen Ausübung der für einen „security guard" typischen Tätigkeiten zuwiderlaufen. Kalifornien beispielsweise sieht im Fall der Begehung einer in Beziehung zu der Tätigkeit des Wachmannes stehenden Straftat die automatische Nichtigkeit der Registrierung vor 4 0 0 .
I I I . Freiwilliger Qualifikationsstandard; „certified protection professional" Einen weiteren Versuch zur Etablierung eines gewissen Qualitätsstandard im Bereich der gewerblichen Sicherheit stellt der von der American Society for Industrial Security (ASIS), also einer privaten Bundesvereinigung des Sicherheitsgewerbes, im Jahre 1977 ins Leben gerufene Begriff des „Certified Protection Professional" (CPP) dar. Hierbei handelt es sich um einen Status, den ein im Sicherheitsgewerbe Tätiger erwerben kann, sofern er ein bestimmtes Maß an Berufserfahrung und Bildungsnachweisen401 aufweisen kann. Zusätzlich muß er 398 NY CLS Gen Bus § 89-n, cl. 1 (c). Die in Florida zum Erwerb einer bewachungsgewerberechtlichen Schußwaffenlizenz („class G-license") erforderliche Ausbildung umfaßt dagegen lediglich einen 28-stündigen Kurs; Fla Stat § 493.6115, cl. 8. 399 Cai Bus & Prof Code § 7583.22 i.V.m. § 7583.23 (b). Dort darf im übrigen auch ein Schlagstock erst dann mitgeführt werden, wenn der Security Guard sich in einem entsprechenden Lehrgang dafür qualifiziert hat; Cai Bus & Prof Code § 7583.33. 400 Cai Bus & Prof Code § 7583.21. Entsprechendes gilt für Florida, Fla Stat § 493.6118, und New York, wo weiterhin generalklauselartig die Rücknahme einer Registration Card immer dann möglich ist, wenn eine weitere Beschäftigung des Wachmannes eine Gefahr für Gesundheit und Sicherheit der Öffentlichkeit darstellt; Ν Y CLS Gen Bus § 89 - 1 , cl. 2 (d). 401 Anforderungen an Berufserfahrung und Bildungsstatus werden hier insoweit miteinander kombiniert. So muß ζ. B. eine Person ohne einen anerkannten Schulabschluß eine zehnjährige Praxis als „security guard" und sieben Jahre in einer Verwaltungstätigkeit nachweisen, wohingegen jemand mit einem „master degree" lediglich sechs und vier Jahre entsprechende Praxis vorzuweisen hat; siehe hierzu Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 45. Ausführlicher zu den einzelnen Ausbildungszielen siehe Smith, J., Develop Yourself Professionally, 35 Security Management, Feb. 1991, at 92.
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
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erfolgreich an einer Prüfung über sein fachspezifisches Wissen teilgenommen haben. Zuständig für Durchführung dieser Prüfung und Verleihung des Titels, der einen Wachmann zur Übernahme von Führungsaufgaben innerhalb des Wachgewebes qualifizieren soll, ist der sogenannte „Professional Certification Board", ein speziell für diese Aufgabe gegründeter Ausschuß der ASIS 4 0 2 . Ziel dieser freiwilligen Maßnahme der amerikanischen Sicherheitsindustrie war es, ihr in der Öffentlichkeit etwas angeschlagenes Image bezüglich der Qualifikation ihrer Beschäftigten aufzubessern 403. Mittlerweile ist festzustellen, daß immer mehr Sicherheitsfirmen den Status eines CPP bei der Neubesetzung von Führungspositionen von den Bewerbern verlangen. Als Reaktion darauf ist zu beobachten, daß mehr und mehr Sicherheitskräfte diese Möglichkeit der beruflichen Karriere anstreben und sich dahingehend weiterbilden. Folgerichtig läßt sich daher bereits eine Verbesserung der durchschnittlichen Qualifikation des gehobenen Sicherheitspersonals feststellen 404.
IV. Zusammenfassung Als Ergebnis bleibt also festzuhalten, daß mittlerweile viele der amerikanischen Bundesstaaten mittels gewerberechtlicher Regelungen gesetzliche Anforderungen an Mindestalter, Berufserfahrung bzw. Ausbildungsstand und Charaktereigenschaften der im Sicherheitsgewerbe Tätigen stellen. Was die Beurteilung der Tauglichkeit des Großteils dieser Gesetze betrifft, herrscht jedoch eine gewisse Uneinigkeit. Einerseits sind die Bestrebungen, möglichst wenig mit Regelungen in den Wirtschaftsprozeß einzugreifen, in den USA noch deutlicher zu spüren als in Deutschland. Stichworte wie ζ. B. „deregulation" bezeichnen einen Prozeß, nach dem sogar bestehende Regelungen soweit wie möglich abgebaut werden sollen und die Wirtschaft sich im großen und ganzen durch die Gesetze des Marktes regulieren soll. So wird auch die wachsende Normierung im Bereich der gewerblichen Sicherheit teilweise als Bedrohung für die freie amerikanische Marktwirtschaft angesehen 4 0 5 . Andererseits existieren jedoch auch Stimmen, die für eine schärfere und 402
Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 44. So heißt es in einer ASIS-Studie von 1989, daß dieser zertifizierbare Kompetenzmaßstab dazu dient, durch eine Weiterbildung des Individuums das fachliche Niveau des gesamten Berufsstandes zu verbessern; in: ASIS, Certification Procedure, S. 1. 404 ASIS, Certification Procedure, S. 2 ff. Ebenso Paul, Certified Protection Professional Progress Report, 35 Security Management, Sept. 1991, at 86. Laut Hess/Wrobleski betrug die Anzahl der anerkannten CPP's am 1. November 1994 bereits 2.816; Introduction to Private Security, S. 46. 403
405 National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976; so auch der Präsident von Pinkerton's Inc., Thomas Wathen, der als strikter Gegner einer bundesrechtlichen Regelung auf die Gesetze des Marktes vertraut; in: Zalud, Federal Security Officer Standards, 28 Securities 60, 62 (1991). In diesem Zusammenhang wurde in Ohio ein Gesetz verhindert, das für jeden „private security officer" eine
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3. Teil: Situation in den USA
ausführlichere Regelung der gewerblichen Sicherheit plädieren. Hier wäre allen voran und stellvertretend für die bis heute eingerichteten Arbeitskreise zum Thema „private security" Arthur J. Bilek zu nennen. Zur Verdeutlichung seines Standpunktes sei nochmals auf das von ihm zusammengefaßte und ergänzte „Model State Statute for the Regulation of Private Security" verwiesen, das unter anderem eine noch gründlichere Ausbildung und eine deutliche Anhebung der Mindestdekkungssumme bei der Haftpflichtversicherung vorsieht 406 . Allerdings kommen immer mehr der Sicherheitsunternehmen von sich aus zu der Erkenntnis, daß die gründliche Regulierung und Kontrolle ihres Gewerbes zwar eine gewisse Kostensteigerung mit sich bringt, dennoch aber unumgänglich erscheint, um eine gewisse Seriosität zu gewährleisten und damit ein weiteres Wachstum der Branche zu erreichen 407 . Die Verabschiedung einer in diese Richtung zielenden gesetzlichen Neuregelung ist jedoch in nächster Zeit nicht zu erwarten.
D. Bewaffnung Die Reglementierung des Besitzes von Feuerwaffen ist in den USA seit jeher ein sensibles Thema. Jedem US-Bürger wird durch den zweiten Verfassungszusatz der Bundesverfassung das Recht zugestanden, eine Waffe zu tragen 408 . Andererseits nimmt die Anzahl der unter Verwendung von Schußwaffen begangenen Gewaltverbrechen von Jahr zu Jahr zu. So ist beispielsweise die häufigste Todesursache für Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren mittlerweile eine tödliche Verletzung durch eine Schußwaffe 409. Da an dieser Stelle ein Eingehen auf die erbittert geführte Diskussion um die Einführung strengerer Waffengesetze den Rahmen der Arbeit sprengen würde, ist hier lediglich kurz und überblicksmäßig auf die für
120 Stunden umfassende Schulung vorsah. Das Veto des Gouverneurs wurde damit begründet, daß die „exzessiven Kosten für eine derartige Ausbildung bereits ein faktisches Verbot des privaten Sicherheitsgewerbes darstellen würden"; Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 41. 406 Abgedruckt in: Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 43 ff. 407 Vergleiche hierzu die Stimmen von Repräsentanten des Sicherheitsgewerbes zu dem 1994 neu eingeführten New Yorker Security Guard Act in: Schwartz, New Security Guard Law, 1994 Real Estate Weekly, No. 9, at 7; Weiss, Security Guard Act Amendments Explained, 41 Real Estate Weekly No. 8 (1994), at 10; Fletcher, J./Borokawa, H., Non-Security Education, 1 Journal of Security & Private Police 4 (1978) und Note, Security Endorses Campus Incident Reporting, 28 Security 8 (1991). 408 So wird davon ausgegangen, daß derzeit 4 6 - 5 1 Prozent der amerikanischen Haushalte über eine Schußwaffe verfügen; McAffee/Qinlan, Bringing Forward the Right to Keep and Bear Arms, 75 N.C. L. Rev. 781,792 (1997). 409 Smith, Α., Struggling for in Future, 36 B.C. L. Rev. 953, 977 (1995), geht bei farbigen Jugendlichen sogar von einem Anteil von 88 Prozent aus; ähnlich Herz, Gun Crazy, 75 B.U. L. Rev. 57,60 (1995).
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
265
die Beschäftigten des Sicherheitsgewerbes einschlägigen waffenrechtlichen Vorschriften einzugehen410. Aufgrund des U.S. Const, amend. I I steht natürlich auch den privaten Sicherheitskräften das Recht zu, Schußwaffen zu tragen. Dieses allgemeine Recht wird allerdings sowohl durch Bundes- als auch durch Staatsgesetze konkretisiert bzw. eingeschränkt. Bundesgesetze wie der „Omnibus Crime Control A c t " 4 1 1 oder der „Gun Control Act of 1968" 4 1 2 beinhalten Regelungen dahingehend, daß Minderjährigen und bestimmten Personen wie Verbrechern, Geisteskranken oder Drogenabhängigen keine Schußwaffen verkauft werden dürfen 413 . Diese Anforderungen sind daher auch an Personen zu stellen, die im Sicherheitsgewerbe arbeiten. Weiterhin haben alle 50 Staaten Gesetze zur Regulierung des Besitzes und Gebrauchs von Schußwaffen erlassen. Diese lassen sich zumindest insofern vergleichen 414 , als jeder Staat den Besitz bzw. das Tragen einer Waffe nur solchen Personen gestattet, die über die entsprechende Erlaubnis verfügen 415 . Wie bereits im Abschnitt über die gewerberechtlichen Regelungen angesprochen, existieren Staaten, die über keine entsprechenden Gesetze zur Regulierung des privaten Sicherheitsgewerbes verfügen bzw. in solchen Gesetzen keine besondere Regelung zur Bewaffnung der Sicherheitskräfte treffen. In diesen Staaten muß ein „security guard" also nur das jeweilige allgemeine, für jeden Bürger geltende Erlaubnisverfahren durchlaufen, um rechtmäßig eine Schußwaffe tragen zu können. In den meisten Staaten jedoch, die in ihren Gewerbevorschriften über entsprechende Lizenzierungs- bzw. Registrierungsvorschriften für „armed security guards" verfügen, sind diese Normen praktisch als leges speciales zu den allgemeinen waffenrechtlichen Erlaubnis Vorschriften zu verstehen. Ein „security guard", der ζ. Β. in Rorida oder Kalifornien im Dienst eine Waffe zu tragen hat, braucht hierfür lediglich die entsprechende „G-class license" oder „firearms permit" nach dem jeweiligen Spezialgesetz416.
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Ausführlich zur allgemeinen und aktuellen Kritik an diesem verfassungsmäßig garantierten Recht: McAffee/Qinlan, Bringing Forward the Right to Keep and Bear Arms, 75 N.C. L. Rev. 781 (1997). 4Π 18 U.S.C. §§ 1201-1203. 412 Title I: 18 U.S.C. §§ 921 -928; Title II: 26 U.S.C. §§ 5861 -5872. 413 Ausführlicher hierzu, Kakalik/Wildhorn, The Private Police, S. 345 f. 414 Für einen Vergleich der verschiedenen Staatsgesetze siehe: Note, Firearms Legislation, 18 Vand. L. Rev. 1312(1965). 415 Habeb, Who is Entitled to Permit to Carry Concealed Weapons, 51 A.L.R. 3d 504 (1995), art. 2a, der auch feststellt, daß der unerlaubte Waffenbesitz in den meisten Staaten den Tatbestand einer Straftat erfüllt. Ein vertieftes Eingehen auf die jeweiligen Erlaubnisvoraussetzungen dieser allgemeinen Waffengesetze kann hier zwar nicht stattfinden, doch sei darauf hingewiesen, daß in einigen Staaten die Erlaubnis bereits zum Kauf einer Waffe vorliegen muß, in den meisten anderen jedoch erst das Tragen der Waffe außerhalb der eigenen Wohnung erlaubnispflichtig ist; hierzu: Note, Firearms: Problems of Control, 80 Harv. L. Rev. 1328,1336 f. (1967).
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3. Teil: Situation in den USA
Zusammenfassend kann also festgehalten werden, daß eine private Sicherheitskraft ihrer Tätigkeit unter Mitführung einer Schußwaffe nachgehen kann, sofern die jeweils an sie gestellten, entweder spezialgesetzlich oder allgemein waffenrechtlich geregelten Anforderungen an Charakter und Ausbildung erfüllt sind. In der Praxis verzichten allerdings ohnehin viele Sicherheitsunternehmen freiwillig auf die Bewaffnung ihres Personals, um nicht der durch einen mißbräuchlichen Einsatz entstehenden finanziellen Haftung ausgesetzt zu sein 417 .
E. Novellierungsbestrebungen In den vorangegangenen Kapiteln wurde versucht, das bestehende rechtliche Umfeld der gewerblichen Sicherheit in den USA darzustellen. Gerade was die gesetzlichen Rahmenbedingungen und hierbei vor allem die Regelung der Befugnisse betrifft, wird dieser gegenwärtig bestehende Zustand von vielen als zumindest nicht ideal bezeichnet 418 . In diesem Abschnitt soll deshalb nun abschließend auch noch auf die hierzu existierenden Verbesserungsvorschläge und Gesetzesinitiativen eingegangen werden.
I. Empfehlungen von Arbeitsgruppen zur privaten Sicherheit Anfang der siebziger Jahre, als die Diskussion um die unzulängliche Regelung des privaten Sicherheitsgewerbes immer deutlichere Formen annahm, wurden verschiedene Arbeitsgruppen zur Analyse und Bewältigung dieser Probleme ins Leben gerufen. Hier wäre zunächst die von der Law Enforcement Assistance Administration (LEAA), einer Unterabteilung des US-Bundesjustizministeriums, 416 Wie bereits oben, bei der für die Registrierung eines „armed security guards" erforderlichen Ausbildung erwähnt, enthalten die Gesetze dieser drei Staaten Regelungen über die waffenrechtliche Erlaubnis von Sicherheitspersonal. Fla Stat § 493.6301, cl. 6 i.V.m. § 493.6115; Cai Bus & Prof Code § 7583.23. In New York dagegen muß der bewaffnete Wachmann zwar auch im Besitz einer speziellen „armed guard registration card" sein; NY CLS Gen Bus § 89-f, cl. 12, S. 1. Allerdings wird er dadurch nicht von der allgemeinen waffenrechtlichen Erlaubnispflicht befreit, sondern muß diese zusätzlich beantragen; NY CLS Gen Bus § 89-f, cl. 12, S. 2. 4 D i e s e Unternehmen greifen daher verstärkt auf den Einsatz chemischer und elektrischer Waffen oder von Schlagstöcken zurück, zumal bei deren Verwendung die Wahrscheinlichkeit einer ernsten Körperverletzung oder gar einer Tötung und damit auch das entsprechende Haftungsrisiko wesentlich geringer erscheint. Hierzu siehe: Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 82 f. 418 Hierzu siehe auch die Ausführungen in Kapitel drei, Abschnitt Β.) II. Etwas deutlicher drückt sich hierzu aus, Bilek in: Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 37: „current state government regulation of private security can be best described as haphazard, fragmented and of little value."
3. Kap.: Gesetzliche Regelungen
267
1972 begründete Private Security Advisory Council (PSAC) anzuführen. Die Aufgabe dieser mit Experten der unterschiedlichen Interessengruppen besetzten Arbeitsgruppe bestand darin, ein Modellgesetz zur Regulierung und Lizenzierung des privaten Sicherheitsgewerbes zu entwickeln. Im Jahre 1976 wurde dann das Ergebnis in Form des „PSAC Model Private Security Licensing and Regulatory Statute" vorgelegt 419 . Die Schwerpunkte dieses Modellgesetzes bilden eine generelle Genehmigungs- bzw. Lizenzierungspflicht für alle Sicherheitsunternehmen, eine Festlegung von gewissen Anforderungen an die berufliche Erfahrung und den Abschluß einer Versicherung und bestimmte Mindesttrainingsanforderungen an das registrierungspflichtige Personal. Weitere Verbesserungsvorschläge, vor allem bezüglich der geforderten Ausbildung des Sicherheitspersonals, wurden kurz darauf von einer weiteren, der LEAA unterstehenden Arbeitsgruppe, der Private Security Task Force eingebracht 420. Arthur Bilek, Präsident der PSAC, fügte diese beiden Gesetzesvorschläge im Jahre 1981 zusammen und modifizierte sie noch in einigen vor allem die Anforderungen an Personal und Gewerbetreibende betreffenden Punkten. Das Ergebnis dieser bis heute aktuellsten Initiative 421 in dieser Richtung wurde als „Model State Statute for the Regulation of Private Security" bezeichnet422. Wie bereits die Darstellung der entsprechenden gewerberechtlichen Regelungen in Abschnitt C. dieses Kapitels gezeigt hat, wurden zwar in vielen der Gliedstaaten weite Teile dieser Vorschläge übernommen. Gerade im Hinblick auf den Standard der erforderlichen Mindestausbildung des Personals bzw. die Qualifikation des Gewerbetreibenden, bleiben jedoch alle Staaten mit ihren entsprechenden Gesetzen mehr oder weniger weit hinter den dortigen Forderungen zurück. Festzuhalten bleibt, daß diese Modellgesetze ebenso wie die entsprechenden Gesetze der Gliedstaaten lediglich den gewerberechtlichen Bereich der privaten Sicherheit abdecken. Eine Regelung bzw. Beschreibung der den verschiedenen Formen von privaten Sicherheitskräften zustehenden Befugnisse und Eingriffsmöglichkeiten sucht man in all diesen Gesetzen und Vorschlägen hingegen vergeblich 423 . Dieser weiterhin diffuse Bereich wird dort lediglich insofern angesprochen, als ein Teil der Lehrpläne der Ausbildungs419 Erhältlich von der LEAA, U.S. Department of Justice, Washington D.C.; abgedruckt bei: National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 472, Appendix 11. 420 Dieses „Model Security Guard Training Curricula" ist abgedruckt in: National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 98 ff. und 323 ff. 421 Nach diesem Modellgesetzvorschlag wurde zumindest keine weitere staatlich geförderte Arbeitsgruppe mehr eingesetzt. Zwar haben verschiedene private Verbände der gewerblichen Sicherheit noch dahingehende Vorschläge erarbeitet, die jedoch gegenüber den hier angesprochenen keine nennenswerten Innovationen enthalten und deshalb auch nicht vertieft dargestellt werden. 422 Abgedruckt in: Bilek / Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 43 ff. 423 Kritik an diesem, auch den Modellgesetzen anhaftenden Mangel übten bisher lediglich Kakalik/Wildhorn, The Private Police, S. 482.
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3. Teil: Situation in den USA
programme für Sicherheitspersonal einige Pflichtstunden über die Reichweite der ihnen zustehenden Eingriffs- und Handlungsmöglichkeiten vorschreiben 424.
II. Politische Initiativen Neben diesen für die Staatenebene konzipierten Modellgesetzen, deren Vorschläge teilweise von den einzelnen Gliedstaaten übernommen wurden, sind im Rahmen dieses Kapitels vor allem noch zwei Bundesgesetzesinitiativen zu erwähnen. Die erste dieser Empfehlungen wurde 1991 vom damaligen Senator von Tennessee und jetzigen Vizepräsidenten Albert Gore, Jr. eingebracht und nennt sich „Security Officer Employment Standards Act of 1991 (S. 1258)". Inhaltlich handelte es sich bei dieser sogenannten „Gore Bill" abermals primär um die gesetzliche Normierung eines standardisierten Trainings- und Ausbildungsprogramms für den gesamten Bereich der privaten Sicherheit 425 . Zwar beabsichtigte man mit dieser Initiative primär, gewisse Standards für die Beschäftigung von privaten Sicherheitskräften bei Bundesbehörden zu normieren. Ein weiterer Hauptzweck bestand jedoch gleichzeitig darin, den Staaten ein Modellgesetz vorzugeben, das somit auch für den größtenteils gliedstaatlich zu regelnden Bereich der gewerblichen Sicherheit eine vernünftige Basis dargestellt hätte und von diesen hätte übernommen werden sollen 426 . Damit sollte vor allem auch eine gewisse Konformität bei den bis dato stark voneinander abweichenden Gesetzen der Einzelstaaten erreicht werden. Eine zweite in diese Richtung weisende Initiative stellte der „Security Officers Quality Assurance Act of 1992 (H.R. 5931)" dar, eingebracht vom kalifornischen Kongreßmitglied Matthew Martinez. Wenn auch diese „Martinez Bill" eine um einiges detailliertere Regelung der Materie vorsah, so stimmte sie inhaltlich im wesentlichen doch mit den durch den Gore-Vorschlag geregelten Bereichen überein 4 2 7 . Ein äußerst bemerkenswerter zusätzlicher Antrag dieser Initiative sah 424 So ζ. B. in: „Model State Statute for the Regulation of Private Security", § 37 (a) (2). Stellvertetend für die Staaten, die diese Lerninhalte normiert haben: Illinois, 225 ILCS 445, 27 oder Louisiana, LSA-R.S. 37, 3284 (B). 425 Hierzu siehe ausführlich, Chuvala/Fischer, The Role of Regulation; Private Security Agencies, 37 Security Management, March 1993, at 61, 63 ff.; Note, Good Guys and Bad Guys-Who's Who? New Bill on Security Officer's Employment Standards, S. 11 f. und Zalud, Federal Security Officer Standards, 28 Securities 60,62 (1991). 426 Allerdings wäre dies lediglich als unverbindlicher Vorschlag an die Staaten zu verstehen gewesen, zumal sie aufgrund der ihnen zustehenden „police power" in diesem Bereich die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz besitzen. Hierzu siehe ausführlich: Kapitel drei, Abschnitt Α. II. 427 So war hier bereits ein genau strukturierter Lehrplan mit einer Stundenvorgabe für den jeweiligen Themenbereich für die Ausbildung der „security officer" vorgesehen; siehe: Chuvala/Fischer, The Role of Regulation; Private Security Agencies, 37 Security Management, March 1993, at 61,64.
4. Kap.: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
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jedoch vor, den privaten Sicherheitsunternehmen vollen Zugang zu den Datenbanken und Archiven des FBI zu ermöglichen 428 . Abgesehen von den dadurch entstehenden datenschutzrechtlichen Problemen, hätte ein derartiges Zugeständnis der Gesetzgebung wohl auch eine weitere Verwischung der Grenzen zwischen öffentlicher und privater Sicherheit zur Folge gehabt. Bis heute warten beide Initiativen jedoch vergebens auf ihre Umsetzung durch den Bundesgesetzgeber. Obwohl auch der Großteil der Sicherheitsindustrie eine ausführlichere Regelung des Gewerbes befürwortet 429 , ist der Widerstand gegen eine derartige Normierung auf Bundesebene offensichtlich groß genug, um deren Umsetzung auch weiterhin zu verhindern 430 . Viertes Kapitel
Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes Nach Darstellung der Erscheinungsformen der privaten Sicherheit und der hierzu existierenden einfachgesetzlichen Normen, gilt es nun, die verfassungsrechtliche Seite und die damit verbundenen Problematiken im Umgang mit dem Sicherheitsgewerbe zu untersuchen.
A. Grundrechte betroffener Dritter Gemäß den weiter oben erfolgten Ausführungen handelt es sich bei der Sicherheitsbranche um einen starken Wachstumsmarkt. Der Vormarsch privater Sicherheitskräfte auch in Bereiche, die bis vor einiger Zeit noch der Polizei vorbehalten waren, scheint unaufhaltsam. Da diese Expansion auch Tätigkeiten in grundrechtsempfindlichen Segmenten des Sicherheitsmarktes mit sich bringt, wird an dieser 428 George, New Officer Bill Sets Standards for both Armed and Unarmed, 29 Securities 53 (1992). 429 ζ . B. Ira Lipman, Präsident von Guardsmark Inc., der die „Gore Bill" als Meilenstein in der Bestrebung die Qualität des Sicherheitsgewerbes zu verbessern, ansieht; so in: Note, Guardsmark Endorses Proposed Standards for Security Officers, 28 Securities 48 (1991). Zu den Befürwortern dieser Vorschläge zählen auch das CONSCO und die IFPO, beides Interessenverbände der Sicherheitsindustrie; in: Note, Experts Rate New Officer Bill, 30 Securities 66 (1993). 430 Sojedenfalls die Prognose von Nemeth in: Private Security and the Law, S. 24, der dies auf die generelle Einstellung zum Wirtschaftsliberalismus zurückführt, also dem Ruf nach „deregulation" und einem Vertrauen in die Kräfte des Marktes. Ähnlich auch der Präsident von Pinkerton's Inc., Thomas Wathen in: Zalud, Federal Security Officer Standards, 28 Securities 60, 62 (1991) oder Norman Bottom in: Note, The Security Officer Employment Standards Act of 1991, 15 Journal of Security Administration Education 1, 3 (1992).
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3. Teil: Situation in den USA
Stelle die Frage gestellt, ob und inwieweit ein Bürger, der mit den „security guards" in Konflikt gerät, sich diesen gegenüber auch auf seinen durch die verfassungsmäßigen Grundrechte gewährten Schutz berufen kann. Wie bereits gesehen, zieht beispielsweise das unrechtmäßige Eindringen eines „private security officer" in die Wohnung eines anderen Bürgers sowohl straf- als auch zivilrechtliche („tort law") Konsequenzen nach sich 431 . Fraglich ist jedoch, ob und inwieweit derartige Vorgehensweisen auch eine Verletzung der verfassungsrechtlich geschützten Rechte des Wohnungsinhabers zur Folge haben können. Es ist hier also zu klären, ob Beschäftigte aus dem Bereich der privaten Sicherheit denselben, durch Grundrechte ausgelösten, verfassungsrechtlichen Zwängen unterliegen wie die Polizei oder sonstige staatliche Funktionsträger 432.
I. Begriffsklärungen und Abgrenzung des Problemfeldes Um die Frage der Drittwirkung von Grundrechten gegenüber Beschäftigten des privaten Sicherheitsgewerbes klären zu können, erscheint es hilfreich, vorab einige grundsätzliche Anmerkungen zu den Grundrechten und deren Privatwirkungsaspekt zu machen, zumal hier doch einige Unterschiede gegenüber den in Deutschland vorgefundenen Verhältnissen festzustellen sind. 7. Grundsätzliches zu den Grundrechten Zunächst wäre die Frage zu klären, ob in den USA überhaupt eine mit Deutschland vergleichbare Grundrechtssituation vorzufinden ist, ob man von Grundrechten in unserem Verständnis überhaupt sprechen kann. Es existieren zwar einzelne spezifische Grundrechtsgarantien, nicht jedoch ein, wie Brugger es formuliert, „allgemeiner Teil" 4 3 3 . Eine dem Grundrechtskatalog des Grundgesetzes vergleichbare Einrichtung kann allenfalls in den bereits am 15. Dezember 1791 in Kraft getretenen ersten acht Zusatzartikeln der US-Bundesverfassung gesehen werden, die zusammen mit den U.S. Const, amend. DC und X die sogenannte „Bill of Rights" bilden. Weitere im Text der Verfassung enthaltene Grundrechte stellen die, während und nach dem Bürgerkrieg ausgehandelten und ratifizierten Zusatzartikel ΧΠΙ-XV dar. Diese enthalten das grundsätzliche Verbot der Sklaverei sowie verschiedene Bürgerrechte wie die Regelung des direkten und des indirekten Wahlrechts. Eben431 Siehe die Ausführungen in Kapitel drei, Abschnitt Β. IV., zu den zivilrechtlichen Schranken der privaten Sicherheitskräfte. 4 32 Stellvertretend: Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1810 (1995). Sie verleiht dieser Fragestellung zusätzliche Schärfe, indem sie anführt, daß die Privaten engagiert werden, um die Polizei zu ersetzen, und daß damit die Gefahr der Umgehung von Grundrechten besteht. 433
In: Einführung in das öffentliche Recht der USA, S. 83 ff. Ebenso: Giegerich, Privatwirkung der Grundrechte in den USA, S. 38 f.
4. Kap.: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
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falls das Wahlrecht betreffend, stellen auch noch die U.S. Const, amend. XIX, XXIV und X X V I weitere geschriebene Grundrechtsartikel dar. Weiterhin entwikkelten sich aus der Rechtsprechung des Supreme Court - neben diesen, explizit im Text der Verfassung enthaltenen Grundrechten - noch die sogenannten „non-textual" - oder „fundamental rights"434. Für den Bereich der privaten Sicherheit sind außerdem vor allem U.S. Const, amend. V, die sogenannte „due process clause" und U.S. Const, amend. XIV anzuführen, der diese Klausel auf die Gliedstaaten überträgt 435 . 2. Reichweite der Grundrechte a) Bindung der Bundesgrundrechte auch für die Gliedstaaten Wie bereits festgestellt, stehen sich in den USA stets die Bundesverfassung und die Verfassung der jeweiligen Gliedstaaten gegenüber. Da den Hauptuntersuchungsgegenstand dieser verfassungsrechtlichen Darstellung die „Federal Constitution" bildet, stellt sich zunächst die Frage, inwieweit die dort enthaltenen Grundrechte auch die einzelnen Gliedstaaten betreffen. Grundsätzlich bindet die „Bill of Rights" nur den Bund und seine Organe 436 . Den Kernpunkt des Lösungsansatzes dieser Frage bildet U.S. Const, amend. XIV, in dem geregelt wird: ,,Νο State shall deprive any person of life, liberty, or property, without due process of law."
Der U.S. Supreme Court hat dann in einer umfangreichen und über viele Jahre hinweg entwickelten Rechtsprechung den Inhalt dieser sogenannten „due process clause" konkretisiert. Detaillierte Ausführungen zu den einzelnen Stationen dieser sogenannten Inkorporationsdebatte können hier jedoch keinen Raum finden 437. Nach dem gegenwärtigen Stand dieser Rechtsprechung sind jedoch lediglich das im U.S. Const, amend. V enthaltene Erfordernis einer Grand Jury-Anklage und der U.S. Const, amend. VE, der das Recht auf ein ,jury trial" auch in einem Zivilprozeß gewährt, von der Geltung auch für die Gliedstaaten ausgenommen438. Alle anderen Garantien der „Bill of Rights" werden durch den U.S. Const, amend. XIV auch gegen die gliedstaatliche Gewalt wirksam 439 .
434 Brugger, Einführung in das öffentliche Recht der USA, S. 84. 435 Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 25. 436 Tribe, American Constitutional Law, S. 1688. 437 Ausführlich hierzu: Emanuel, Contitutional Law, S. 148 ff.; Brugger, Einführung in das öffentliche Recht der USA, S. 93 ff. Diese „Grundrechte" haben jedoch, wie später noch zu erörtern sein wird, für die in dieser Arbeit durchzuführende verfassungsrechtliche Untersuchung keine Bedeutung. 438 Emanuel, Constitutional Law, S. 148. Ebenso Abraham, Freedom and the Court, S. 113 ff. 439 Tribe, American Constitutional Law, S. 1688. Zur Inkorporationsdebatte im einzelnen, siehe: Abraham, Freedom and the Court, S. 38 ff.
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3. Teil: Situation in den USA
Somit kann festgehalten werden, daß sich die Grundrechte der Bundesverfassung als Maßstab der Untersuchung auch für die einzelnen Staaten eignen. Sie sind als solche auch ausreichend, da ein Plus an Grundrechtsgarantien der Länderverfassungen gegenüber der Bundesverfassung eher selten festgestellt wird. Sofern dies aber dennoch in einem hier einschlägigen Bereich der Fall ist, wird auch hierauf einzugehen sein.
b) Grundsätzlich nur Abwehrrechte der Bürger gegen den Staat Grundsätzlich stellen die Grundrechte in den USA, ebenso wie in Deutschland, Schutzrechte des Bürgers gegen den Staat dar 4 4 0 . Privatleute können diese Rechte bei ihren Handlungen gegenüber anderen Privaten solange mißachten, solange sie damit nicht auch ein anderes, im Rang unter der Verfassung stehendes Gesetz verletzen 441 . Diese Unterscheidung, die bei der Gewährleistung von grundrechtlichem Schutz zwischen staatlichen und privaten Tätigkeiten gemacht wird, geht zurück auf die sogenannten Civil Rights Cases des U.S. Supreme Courts aus dem Jahre 18S3 442 . Leitsatz dieser Entscheidung war, daß die durch die Bundesverfassung gewährten Rechte und insbesondere die „Bill of Rights" nur gegen staatliches Handeln geschützt sind, eine private Beeinträchtigung von privaten Rechten demzufolge nicht Gegenstand des verfassungsrechtlichen Schutzes sein kann 443 . Eine direkte Drittwirkung eines Grundrechts gegenüber Privaten ist lediglich bei U.S. Const, amend. ΧΠΙ festzustellen, der ein generelles Verbot der Sklaverei enthält 4 4 4 . Alle anderen Grundrechte oder grundrechtsähnlichen Bestimmungen entfalten ihre Schutzwirkung erst, sobald staatliches Handeln vorliegt; dann jedoch unabhängig davon, ob es sich um legislative, judikative oder exekutive Akte handelt oder um Organe des Bundes, der Einzelstaaten oder der Kommunen.
3. „State action doctrine" In diesem Abschnitt sollen jedoch die (bundes-)verfassungsrechtlichen Aspekte einer Grundrechtswirkung gegenüber gewerblichen Sicherheitsunternehmen, also nicht-staatlichen privaten Einrichtungen untersucht werden. Daher ist zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen auch bei Maßnahmen von Privatpersonen das Vorhandensein der zur Eröffnung des grundrechtlichen Schutzbereichs erforderli" o Tribe, American Constitutional Law, S. 1688, m.w.N. 441
Barak-Erez, A State Action Doctrine for an Age of Privatization, 45 Syracuse L. Rev. 1169, 1171 (1995). 109 U.S. 3 (1883). 109 U.S. 3, 11. Ebenso, zusammenfassend: Giegerich, Privatwirkung der Grundrechte in den USA, S. 40. 443
444
Sullivan, Privatization of Public Services, 47 Pub. Admin. Rev. 461,462 (1987).
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chen staatlichen Handlung angenommen werden kann. Um einen Überblick über diese Problematik der Drittwirkung von Grundrechten zu erhalten, wird diese zunächst abstrakt und unabhängig von der Thematik der privaten Sicherheit darzustellen sein. Eine grundsätzliche Diskussion der amerikanischen Drittwirkungsproblematik ist dabei allerdings nicht beabsichtigt. Unumgänglich ist hierbei jedoch zunächst die Klärung der Begriffe der „state action doctrine" bzw. zunächst der „state action". a) Begriff der „state action" Zurückzuführen ist dieser Begriff auf den Wortlaut des U.S. Const, amend. XIV, der bei den meisten zur Entwicklung der „state action doctrine" führenden Fällen einschlägig war 4 4 5 . So heißt es in den entsprechenden Teilsätzen cl. 2 und 3 von § 1 dieses Zusatzartikels: „ . . . nor shall any State deprive any person of life, liberty or property, without due process of law; nor deny to any person within its jurisdictions the equal protection of laws" 4 4 6 .
Wie bereits oben bei den Ausführungen über die Reichweite der Grundrechte festgestellt, wird hierdurch die aus den grundrechtlichen Garantien entstehende staatliche Verpflichtung der Bundesverfassung auf die Gliedstaaten als Adressaten erweitert. Wer also unter Berufung auf dieses „amendment" mit Erfolg geltend machen möchte, daß unberechtigt in sein Leben, seine Freiheit oder sein Eigentum eingegriffen wurde, muß hierfür nachweisen, daß diese Beeinträchtigung auf eine gliedstaatliche Handlung zurückzuführen ist bzw. einem Gliedstaat zugerechnet werden kann 4 4 7 . Zwar ist hier im Rahmen des U.S. Const, amend. XIV „State" im Sinne der Gliedstaatlichkeit als Gegensatz zur Bundesgewalt zu verstehen. Dies gilt jedoch nicht für den hier zu erörternden Begriff der „state action". Da auch die Bundesstaatsgewalt einer entsprechenden, wenn auch nicht aus U.S. Const, amend. XIV, so aber weitgehend gleichartig aus U.S. Const, amend. V 4 4 8 hergeleiteten Bindung unterliegt, ist festzustellen, daß der Begriff der „state action" die Staatlichkeit als solche, also das Handeln der öffentlichen Gewalt meint. Demzufolge ist hier nicht auf die Dichotomie von Glied- und Bundesstaatlichkeit, also auf die Verbandszugehörigkeit des Grundrechtsverletzers abzustellen, sondern auf die Abgrenzung gegenüber der „private action" 449 . Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die vor445 Stellvertretend hierfür: Marsh v. Alabama 326 U.S. 501 (1946) und Shelley v. Kramer 334 U.S. 1(1948). 446 Hervorhebung durch den Verfasser. 447 Giegerich, Privatwirkung der Grundrechte in den USA, S. 3 f. 448 Dieses lautet auszugsweise: „Nor shall any Person... be deprived of life, liberty, or property, without due process of law". 449 Brugger, Grundrechte und Verfassungsgerichtsbarkeit in den USA, S. 30. Giegerich, in: Privatwirkung der Grundrechte in den USA, S. 4, hält daher eigentlich den Begriff der 18 Huber
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3. Teil: Situation in den USA
liegende Arbeit den Begriff der „state action" lediglich auf seine Bedeutung im Privatwirkungsbereich hin durchleuchtet, andere, hier nicht relevante Aspekte dieses Terminus jedoch unberücksichtigt lassen muß 4 5 0 .
b) Inhalt der „state action doctrine" (I) Geschichtliche Entwicklung der Doktrin Nach Klärung des Ursprungs und der Bèdeutung des Begriffs der „state action" ist nun auf die Eckpunkte der gegenwärtigen „state action doctrine" einzugehen, so wie sie durch die Rechtsprechung des U.S. Supreme Courts entwickelt wurde. Die Ursprünge dieser Doktrin reichen bis zu den Civil Rights Cases451 im Jahre 1883 zurück und stellten das Hauptinstrument dar bei dem Versuch des Bundes, einer Ausdehnung der gliedstaatlichen Eigenständigkeit entgegenzuwirken 452. Die Anfänge des hier relevanten Teilaspekts dieser Lehre, nämlich die Drittwirkung von Grundrechten, sind jedoch erst in der als „White Primary Cases" 453 zu bezeichnenden Rechtsprechung zu suchen. Diesen Fällen lag zugrunde, daß die politischen Parteien, die in bestimmten Landesteilen traditionell so stark waren, daß ihr Sieg bei den Wahlen als nahezu sicher galt, durch die Aufstellung ausschließlich weißer Kandidaten zu den Vorwahlen („primaries"), farbige Parteimitglieder praktisch völlig von den politischen Mandaten ferngehalten haben 454 . Der State-Action-Begriff erfuhr durch die gegen diese faktische Rassendiskriminierung gerichtete Rechtsprechung eine Ausweitung dahingehend, daß der Supreme Court anerkannte, daß auch bei Handlungen Privater, in diesem Falle von Parteien, „state action" angenommen werden kann, wenn ansonsten die Grundrechtsbindung des
„governmental action" für geeigneter, da präziser und einer Verwechslungsgefahr entgegenwirkend. 450 Für die Bedeutung dieses Begriffes im Bereich der Inkorporationsproblematik, der einzelstaatlichen Immunität und des Bundeskartellrechts sei auf die Abgrenzung bei Giegerich, Privatwirkung der Grundrechte in den USA, S. 7 ff., hingewiesen. Ein weiteres mal wird auf diesen Begriff allerdings im Rahmen der gerichtlichen Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus einer Grundrechtsverletzung bei der „action under color of law" am Ende dieses Kapitels einzugehen sein. 451 109 U.S. 3. 452 Da dieser Aspekt für die in dieser Arbeit zu diskutierende Problematik der Drittwirkung von Grundrechten jedoch keine Rolle spielt, sei hierzu lediglich auf entsprechenden Ausführungen bei Giegerich, Privatwirkung der Grundrechte in den USA, S. 190 ff., verwiesen. 453 Mxö/i v. Condon, 273 U.S. 536 (1927); Grovey v. Townsend, 295 U.S. 45; Smith v. Allwright, 321 U.S. 649; Terry v. Adams, 345 U.S. 461. 454 Diese Fälle ereigneten sich ausschließlich in Südstaaten wie Texas, Alabama, Arkansas, Georgia und Louisiana, wo die dort dominierende Demokratische Partei versuchte, farbigen Parteimitgliedern die Teilnahme an den Vorwahlen zu verwehren. Ausführlich hierzu: Giegerich, Privatwirkung der Grundrechte in den USA, S. 224 ff.
4. Kap.: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
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Staates umgangen werden könnte. In späteren, ebenfalls Fälle der Rassendiskriminierung betreffenden Entscheidungen des Supreme Courts 455 wurden dann immer weiterreichendere Konstruktionen gefunden, um statusmäßig Private einer entsprechenden Grundrechtsbindung unterwerfen zu können. Diese ersten Entscheidungen, die eine Privatwirkung von Grundrechten zum Gegenstand hatten, beruhten also vor allem auf Fällen privater Rassendiskriminierung und hatten damit den grundrechtlichen Schutz des U.S. Const, amend. XIV, § l 4 5 6 bzw. des U.S. Const, amend. XV, § l 4 5 7 zum Gegenstand. In den Folgejahren kam es dann jedoch zu einer Zunahme der Prozesse, in deren Mittelpunkt die Privatwirkung anderer Grundrechte wie z. B. die Religionsfreiheit 458, das Recht der freien Meinungsäußerung 459, die Pressefreiheit 460 oder das Recht auf Schutz vor unrechtmäßigen Durchsuchungen 461 stand. (2) Zurechnungskriterien Ein von Giegerich stammender Definitionsversuch bezeichnet die „state action doctrine" als „die Gesamtheit der rechtlichen Voraussetzungen, die einzeln oder in bestimmter Kombination von der Rechtsprechung als ausreichend angesehen werden, um Grundrechtsbeeinträchtigungen durch Personen oder Einrichtungen, die nicht im formalen Sinne als Organe der Staatsgewalt anzusehen sind, so zu behandeln, als wäre dies der Fall" 4 6 2 . Die Problematik, die die „State action doctrine" zu lösen versucht, besteht also darin, zu definieren, unter welchen Umständen ein formal privates Handeln als „state action" bezeichnet werden kann und damit grundrechtlichen Schranken zu unterwerfen ist. Wie bereits angedeutet, versteht der Supreme Court diese Problematik als eine Frage der Zurechnung 463. Eine mittel455 Hier wären vor allem Marsh v. Alabama 326 U.S. 501 (1946) und Shelley v. Kramer 334 U.S. 1 (1948) anzuführen. 456 „No State shall... deny to any person within its jurisdiction the equal protection of the laws." 457 „The rights of citizens of the United States to vote shall not be denied or abridged by the United States or by any State on account of race, color or previous condition of servitude". 458 Marsh v. Alabama 326 U.S. 501 (1946). 459 Lloyd Corporation, Ltd. v. Tanner, 407 U.S. 551 (1972). 460 New York Times Co. v. Sullivan, 376 U.S. 254 (1964).
461 Auf die Gerichtsentscheidungen, die dieses durch den vierten Verfassungszusatz zugestandene Grundrecht zum Gegenstand haben, ist ausführlich unten bei der Darstellung der im Bereich der privaten Sicherheit relevanten Grundrechte einzugehen. 462 in: Privatwirkung der Grundrechte in den USA, S. 5 f. Er führt außerdem an, daß der Begriff der „doctrine" hier nicht im Sinne eines in sich geschlossenen Lehrgebäudes, sondern eher eines „begrifflichen Daches über eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen des Supreme Court zu einem Problembereich" zu verstehen ist; ibd. 463 Friendly, The Public-Private Penumbra, 130 U. Pa. L. Rev. 1289, 1294 f. (1982); Gunther, Constitutional Law, S. 886. *
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bare Drittwirkung gegenüber einem Privaten wird also erst bei Bejahung einer ausreichend engen Verbindung seiner Person oder seiner Handlungen zum Staatsapparat erreicht, wobei die Staatsrichtung der Grundrechte nach dieser Zurechnungslehre grundsätzlich unangetastet bleibt. Es gilt also zu klären, ob ein ausreichend enges Näheverhältnis Privater-Staat besteht, um eine Grundrechtswirkung auch gegenüber ersterem annehmen und um letzterem die Verletzungshandlung des Privaten zurechnen zu können. Da dieser formale Ansatz dazu führt, daß nicht nur die Organe der Legislative, Judikative oder Exekutive als staatliche Akteure bezeichnet werden, sondern auch Privatpersonen, die in einer näher zu konkretisierenden Beziehung zum Staat getreten sind, spricht Giegerich insofern auch von einer „Erweiterung des Staatsbegriffs" 464. Auch wenn die Beantwortung dieser Zurechnungsfrage nicht mittels einer allgemeingültigen Formel, sondern vielmehr anhand einer einzelfallbezogenen Betrachtung und Bewertung der konkreten Umstände erfolgen kann 4 6 5 , gilt es im folgenden zumindest die Hauptkriterien darzustellen, die den Supreme Court zu einer Bejahung dieser Zurechenbarkeit veranlassen. Diese lassen sich zunächst grob in zwei Kategorien und zwar die State-Nexusund die Public-Function-Fälle einteilen 466 . (a) „State nexus" Bei diesem State-Nexus-Ansatz wird das Vorhandensein einer formalen Verbindung zwischen dem Privaten und dem Staat überprüft und somit die Frage gestellt, ob der Staat in die grundrechtsverletztende Maßnahme ausreichend weit verwikkelt ist, um diese als „state action" einstufen zu können 467 . Es gilt also zu klären, ab wann die Beziehung zwischen einem Privaten und dem Staat als substantiell genug anzusehen ist, um einen State-Action-Anspruch zu begründen. (aa) Staatlich erzwungenes Privatverhalten Einen unumstrittenen, weil besonders deutlichen Fall von „state action" stellt ein durch eine staatliche Anordnung erzwungenes Privatverhalten dar. Zuriick464 In: Privatwirkung der Grundrechte in den USA, S. 21. Da hier lediglich eine Darstellung der gegenwärtigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dieser Problematik Platz finden kann, ist auf die Kritik Giegerichs zu dem Zurechnungsansatz des Supreme Courts nicht weiter einzugehen. Hierzu sei auf dessen Ausführungen a. a. O., S. 23 f. hingewiesen. ** Burton v. Wilmington Parking Authority , 365 U.S. 715, 722 (1961); Evans v. Newton, 382 U.S. 288, 299 f. (1966); Moose Lodge No. 107 v. Irvis, 407 U.S. 16, 172 (1972). So im Ergebnis zusammenfassend und für die Unberechenbarkeit des Supreme Courts in dieser Problematik auch kritisierend: Ayoub, The State Action Doctrine, 11 Fla. St. U. L. Rev. 893, 896 f. (1984), Barak-Erez, A State Action Doctrine for an Age of Privatization, 45 Syracuse L. Rev. 1169,1184 (1995) und Giegerich, Privatwirkung der Grundrechte in den USA, S. 455.
Gunther, Constitutional Law, 866 ff. Stellvertretend für viele Entscheidungen, mit weiteren Nachweisen: Jackson v. Metropolitan Edison Co., 419 U.S. 345, 351 (1974). 467
4. Kap.: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
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zuführen ist diese Regel auf das Supreme-Court-Urteil in dem Fall Peterson ν. City of Greenville 46*. Dieser Entscheidung lag eine Satzung der Stadt Greenville zugrunde, die für alle Restaurationsbetriebe die Rassentrennung vorgeschrieben hat. Zehn Farbige, die sich den Aufforderungen des Geschäftsführers eines Schnellimbiß, diesen umgehend zu verlassen, widersetzt hatten, wurden daraufhin mit Hilfe der Polizei aus dem Lokal entfernt, festgenommen und wegen Hausfriedensbruchs angeklagt und verurteilt. Obwohl hier die Verletzungshandlung in der Anwendung des privaten Hausrechts durch eine Privatperson bestand, wurde diese vom Supreme Court problemlos als „state action" gewertet, zumal hier die Stadt Greenville, also eine öffentliche Gebietskörperschaft mittels einer Satzung den Geschäftsführer gezwungen hat, von diesem Recht Gebrauch zu machen 469 . So läßt das Gericht also staatlichen Zwang auf eine Privatperson ausreichen, um deren Handlungen die Qualifikation als „state action" zuzugestehen. Eine bloße Billigung des Privatverhaltens durch den Staat, wie sie noch in Public Utilities Commission v. Pollack 470 zur Begründung von „state action" geführt hat, dürfte nach der heutigen Rechtsprechung des Supreme Court hierfür nicht mehr ausreichen 471. (bb) Finanzielle Unterstützung bzw. Abhängigkeit Einen weiteren Aspekt, der zur State-Action-Qualifikation einer privaten Handlung führen kann, stellt die staatliche finanzielle Förderung dieser Handlungen dar. Dies ist zum Beispiel bei öffentlichen Subventionen der Fall. So wurde die staatliche Beihilfe für Privatschulen, die ausschließlich weiße Kinder aufgenommen haben, als hierfür ausreichend gewertet und dadurch diese selektive rassistische Maßnahme dieser Institute als Grundrechtsverletzung gegenüber den farbigen Antragstellern gewertet 472 . Andererseits existieren jedoch auch Entscheidungen, bei denen sogar eine gänzliche finanzielle Abhängigkeit der privaten Institution von der Staatskasse nicht zur Annahme von „state action" geführt hat. So wurde in Rendell-Baker v. Kohn 473 entschieden, daß die Tatsache, daß eine Sonderschule ih468 373 U.S. 244 (1963). 469 373 U.S. 244, 246 ff. (1963). Auch hat das Gericht festgestellt, daß es hier für die Annahme von „state action" keine Rolle spielt, daß der Geschäftsführer auch unabhängig von der Satzung ein Anhänger der Rassentrennungspolitik war und somit diese für die Ausübung des Hausrechts möglicherweise gar nicht kausal war; ibd., S. 247 f. Dies wurde jedoch in dem abweichenden Votum von Richter Harlan kritisiert; ibd., S. 251 f. Siehe weiterhin Rendell-Baker v. Kohn, 457 U.S. 830, 840 (1982). 470 343 U.S. 451 (1952). 471 So jedenfalls in: Adickes v. S.H. Kress & Co., 398 U.S. 144, 171 (1970); Jackson v. Metropolitan Edison Co., 419 U.S. 345, 357 (1974); Blum v. Yaretsky, 457 U.S. 991, 1004 (1982). 472 Norwood v. Harrison, 413 U.S. 455 (1973) oder Gilmore v. City of Montgomery Alabama, 417 U.S. 555 (1974). In: Bob Jones University v. United States, 461 U.S. 573 (1983) wurde entschieden, daß einer rassendiskriminierenden Privatuniversität keine Steuerbefreiungen zugestanden werden dürfen.
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re Mittel zu über 90 Prozent vom Staat erhält, für die Qualifikation der Handlungen der Schulleitung als „state action" nicht ausreicht. Demzufolge konnten sich deren Angestellte diesen gegenüber daher auch nicht auf ihr Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus U.S. Const, amend. I berufen 474 . (cc) Staatliche Lizenzierung und Regulierung Weiterhin wäre die Frage zu klären, inwiefern staatliche Lizenzierungen und Regulierungen in der Lage sind, eine „private-" in eine „state action" zu transformieren und damit den Privaten denselben grundrechtlichen Bindungen zu unterwerfen wie den Staat. Hierzu ist zu sagen, daß diese Licensing and Regulation-Maßnahmen bei der hier zu bearbeitenden Problematik, also die gewerberechtliche Regelementierung, für sich alleine genommen wohl kaum für die Annahme von „state action" ausreichen werden. Dies wird vor allem durch die Entscheidung Jackson v. Metropolitan Edison Co.475 deutlich, der die Handlungen eines privaten Stromversorgungsunternehmens zugrundelagen. Hier wurde sogar trotz einer staatlichen, fast monopolartigen Lizenzierung und einer äußerst ausführlichen Regelung des Geschäftsbetriebs durch den Staat Pennsylvania den Verletzungshandlungen der Energiegesellschaft die State-Action-Eigenschaft abgesprochen 476. (dd) „Symbiotic relationship test" Dagegen wurde ein weiterer Fall von ausreichendem „state nexus" in der Entscheidung Burton v. Wilmington Parking Authority 477 vom Supreme Court festgestellt. Zwar fällt der Begriff der „symbiotic relationship" in dieser Entscheidung noch nicht, doch wird er in späteren, „Burton " zitierenden Entscheidungen zur Charakterisierung des dort festgestellten Verhältnisses zwischen dem privaten „Grundrechtsverletzer" und dem Staat verwendet 478 . In dieser Entscheidung ging es um ein Parkhaus der Gemeinde Wilmington, einer öffentlichen Einrichtung auf öffentlichem Grund. Innerhalb dieses, in öffentlichem Eigentum stehenden Gebäudekomplexes wurden verschiedene Ladenlokale an private Betreiber verpachtet, um die Rentabilität des Parkhauses zu erhöhen und Parkkunden anzuziehen. Ande473 457 U.S. 830 (1982). 474 457 U.S. 830, 840. Eine ähnliche Entscheidung stellt Blum v. Yaretsky, 457 U.S. 991 (1982) dar, bei der die Maßnahmen eines fast vollständig öffentlich finanzierten Pflegeheims ebenfalls nicht als „state action" anerkannt wurden. 475 419 U.S. 345 (1974). 476 Ibd., S. 347. Ähnlich in: Public Utilities Commisson of the District of Columbia v. Pollak, 343 U.S. 451 (1952), wo die Drittwirkung gegenüber einer privaten, ebenfalls monopolistischen Bahngesellschaft verneint wurde. 477 365 U.S. 715 (1961). 478 So z. B. in: Moose Lodge No. 107 v. Irvis, 407 U.S. 169, 175 (1972) oder Jackson ν. Metropolitan Edison Co., 419 U.S. 345, 357 (1974).
4. Kap.: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
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rerseits aber hatten diese Lokale für die Betreiber eine gewisse besondere Attraktivität, weil stets ausreichend Parkplätze zur Verfügung standen und dadurch potentielle Kunden zugeführt wurden. Diese gegenseitige Förderung des Privaten und des Staates wurde dann als das bereits angesprochene symbiotische Verhältnis bezeichnet, das der Supreme Court für ausreichend erachtet, um die Handlungen des privaten Pächters, der sich weigerte, einen farbigen Gast zu bedienen, als „state action" zu qualifizieren 479 . (b) Public-Function-Fälle Neben diesen, den Einfluß des Staates auf die Handlungen des Privaten betreffenden Fällen, existiert ein weiterer Ansatz, der ebenfalls zur State-Action-Qualifizierung führen kann, der jedoch bei der Natur der vom Privaten zu erledigenden Aufgabe ansetzt. Der hinter dieser „public function theory" stehende Gedanke geht davon aus, daß eine Kategorie von grundsätzlich staatlichen Verantwortlichkeiten existiert. Diese Aufgaben wären dann aufgrund ihrer öffentlichen Natur, selbst nach deren staatlich autorisierter Übertragung auf Privatpersonen, auch weiterhin Gegenstand derselben verfassungsrechtlichen Schranken, denen auch der Staat bei ihrer Erfüllung unterliegen würde 480 . Bei diesen Public-Function-Fällen prüft das Gericht also, ob die grundrechtsverletzende Handlung des Privaten Teil einer Tätigkeit ist, welche sich ihrem Wesen nach eigentlich als die Ausübung einer staatlichen Aufgabe darstellt. Auch in diesem Fall einer funktionsbezogenen „state action" müßte sich die Privatperson mit einer Grundrechtsbindung ihrer Tätigkeit abfinden. Zwar ist darauf hinzuweisen, daß diese Fälle von den Gerichten mittlerweile ebenfalls innerhalb des State-Nexus-Ansatzes geprüft werden 481 . Da diesen Fällen innerhalb der in dieser Arbeit thematisierten speziellen Diskussion um die private Sicherheit jedoch eine nicht unerhebliche Bedeutung zukommt, wird hier der Übersichtlichkeit halber an dieser Aufspaltung der älteren Judikatur festgehalten. Die Entscheidung, auf welche die Entstehung dieses Public-Function-Arguments und die daraus resultierende Drittwirkung zurückzuführen ist, war Marsh v. Alabama4* 2. Hier wurde festgestellt, daß eine gänzlich in Privatbesitz befindliche 479
365 U.S. 715, 724. Hierzu ausführlich, Giegerich, Privatwirkung der Grundrechte in den USA, S. 344 f. 4 «o Tribe, American Constitutional Law, S. 1705. «ei Z. B.: Jackson v. Metropolitan Edison Co., 419 U.S. 345 (1974). Ausführlich hierzu Brugger, Grundrechte und Verfassungsgerichtsbarkeit in den USA, S. 31 ff. 4 82 326 U.S. 501. (1946). Inzwischen gilt dieser Fall als „leading- oder seminal case", also Hauptfall für das Entstehen der „public function theory". So ζ. Β. in: Evans ν. Newton, 382 U.S. 296, 320 oder Lloyd Corp., Ltd. v. Tanner, 407 U.S. 512, 562. Ebenso Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1820 (1995). Allerdings wurden bereits in den „White Primary Cases" die Entscheidungen darauf gestützt, daß die Durchführung der Vorwahlen eine staatliche Funktion darstellt und deshalb im Einklang mit den Grundrechten stattzufinden hat; ζ. B. in: 321 U.S. 649, (660,663).
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3. Teil: Situation in den USA
Stadt, die jedoch ansonsten nicht von einer amerikanischen Durchschnittsstadt zu unterscheiden war, ihren Einwohnern die gleichen verfassungsrechtlich garantierten Rechte gewähren muß wie jede öffentliche Kommune auch 483 . In diesem Fall wurde eine Verletzung der Religions- und Pressefreiheit, also des U.S. Const, amend. I darin gesehen, daß der Beschwerdeführerin in dieser Privatstadt die Verteilung von Flugblättern der Zeugen Jehovas untersagt wurde. Diese und die darauffolgenden Entscheidungen des Supreme Courts zur „public function theory" können dahingehend zusammengefaßt werden, daß private Individuen, die vom Staat mit Aufgaben ausgestattet werden, die ihrer Natur nach als öffentlich zu qualifizieren sind, zu Organen des Staates werden und damit ebenfalls dessen verfassungsrechtlichen Limitierungen unterliegen 484. Als äußerst problematisch wird freilich schon seit Entstehung dieser Theorie die Frage angesehen, ab wann eine Aufgabe als öffentlich in diesem Sinne anzusehen ist. Die vom Supreme Court in diesen Entscheidungen verwendeten Kriterien wurden schließlich dahingehend zusammengefaßt, daß das Vorliegen von „state action" in den Fällen bejaht wird, in denen ein Privater eine traditionell und ausschließlich staatliche Funktion ausübt 485 . Später wurde dann noch klargestellt, daß das Hauptentscheidungsmerkmal für eine Public-Function-Analyse das Erfordernis der Ausschließlichkeit bzw. Exklusivität zu sein hat 4 8 6 . Andererseits hat aber der Supreme Court selbst festgestellt, daß die Aufstellung einer präzisen Formel zur Erkennung von staatlicher Verantwortlichkeit eine unlösbare Aufgabe darstellt, und deshalb nur mittels einer vorsichtigen Abwägung aller Umstände des Einzelfalles bestimmt werden kann, inwieweit das Vorliegen einer öffentlichen Aufgabe zu bejahen
4 «3 326 U.S. 501,507 f. Bestätigend hierzu auch Lloyd Corp., Ltd. v. Tanner, 407 U.S. 512, 562 (1972). 484 So ζ. B. ausdrücklich in: Evans v. Newton, 382 U.S. 296, 299 (1966), wo es darum ging, daß in einem von einem Privaten betriebenen, der Öffentlichkeit zugänglichen Park, Farbigen der Zutritt verwehrt wurde. 485 So ζ. B. in: Jackson v. Metropolitan Edison Co., 419 U.S. 345, 352 (1974) wo festgestellt wurde, daß die Stromversorgung nicht zu jenen Aufgaben gehört. Für die Grundlage zu dieser Formel wird hier auf die Fälle Evans v. Newton, 382 U.S. 296 (1966), Terry v. Adams, 345 .S. 461 (1953), Marsh v. Alabama, 326 U.S. 501 (1946) und Nixon v. Condon, 286 U.S. 73 (1932) verwiesen. 486 Flagg Bros. Inc. v. Brooks, 436 U.S. 149, 158 (1978). Hier wird dargelegt, daß zwar viele Aufgaben traditionell vom Staat ausgeführt werden, sehr wenige hiervon diesem aber exklusiv vorbehalten sind. Hierzu siehe auch White v. Scrivner Corp., 594 F. 2d 140,142 (5 t h Cir. 1979). 487 Burton v. Wilmington Parking Authority, 365 U.S. 715,722 (1961). Dieses Fehlen einer klaren Linie führt dann in der Literatur auch zu einer gewissen Kritik an der Tauglichkeit dieses Public-Function-Kriteriums. So z. B. Tribe, der feststellt, daß keinerlei verläßliche Kriterien zur Definition einer „public function" existieren. Hierzu siehe: American Constitutional Law, S. 1706 und die dort aufgeführten Hinweise auf die verschiedenen Urteile des Supreme Courte zur „public function theory" in Rz. 4, denen Tribe eine nachvollziehbare Linie abspricht. Ebenso: Burkoff, Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629,644 (1981).
4. Kap.: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
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(3) Zusammenfassung Die aus einer bei den Civil Rights Cases beginnenden Rechtsprechung des U.S. Supreme Courts entwickelte „state action doctrine" ist funktional mit der deutschen Lehre von der Drittwirkung der Grundrechte zu vergleichen 488. Diese Lehre knüpft für die Annahme einer Drittwirkung bereits dem Namen nach am ursprünglich grundrechtsgebundenen Subjekt, dem Staat an. Es findet also eigentlich keine Adressatenerweiterung auf den Privaten statt, sondern vielmehr eine Suche nach dem entscheidenden Merkmal der „State action", also der Anteilnahme der Staatlichkeit an den Handlungen des Privaten. Ob ein privates, dem Wesen nach grundrechtsverletzendes Verhalten als „state action" anzusehen ist, wird also nach dem Kriterium entschieden, inwieweit es dem Staat zuzurechnen ist. Sei dies in der Form einer wie auch immer gearteten staatlichen Beteiligung oder dadurch, daß dem Privaten die Ausübung einer sogenannten „public function" zugesprochen wird. Eine allgemeingültige Zurechnungsformel existiert diesbezüglich jedoch nicht. Vielmehr ist in jedem Einzelfall eine konkrete Betrachtung der jeweiligen Umstände vorzunehmen, die eventuell nicht einzeln, so aber doch in ihrer Summe und bezogen auf die konkrete Situation für die Bejahung von „state action" ausreichen können. Festzuhalten bleibt schließlich, daß der Supreme Court in seiner jüngeren Rechtsprechung mehr und mehr zu einer engeren Interpretation des State-Action-Begriffs übergegangen ist. Während beispielsweise Phillips diese Bewegung neutral als eine Philosophie der richterlichen Zurückhaltung aus dem freien Spiel der privaten Kräfte bezeichnet 489 , mehren sich andererseits die Stimmen in der Literatur, die hierin die Gefahr sehen, daß der Staat sich mittels verstärkter Privatisierung seiner Aufgaben und seiner grundrechtlichen Pflichten gegenüber den Bürgern entziehen könnte 490 . Diese Kritik, die zwar primär auf die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge bezogen ist 4 9 1 . läßt sich jedoch, wie im folgenden aufzuzeigen sein wird, im Bereich der privaten Sicherheit ebenfalls diskutieren.
IL Gefährdete Grundrechte Dritter Nach diesen eher grundsätzlichen Ausführungen zur Drittwirkung von Grundrechten nach der „state action doctrine" ist nun auf die einzelnen, durch die Tätigkeiten der privaten Sicherheitskräfte möglicherweise betroffenen Grundrechte einzugehen. 488 im Ergebnis auch: Giegerich, Privatwirkung der Grundrechte in den USA, S. 451. 489 in: Modern State Action Doctrine, 28 St. Louis U. L. J. 683,738 f. (1984). 490 So jedenfalls Sullivan, Privatization of Public Services, 47 Pub. Admin. Rev. 461, 465 f. (1987) oder Barak-Erez, A State Action Doctrine for an Age of Privatization, 45 Syracuse L. Rev. 1169, 1183 ff. (1995). 491 Barak-Erez, a. a. O., S. 1185 f.
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3. Teil: Situation in den USA
1. U.S. Const, amend. IV; „search and seizure" Das im Rahmen der Tätigkeit Privater im Bereich der Gefahrenabwehr am stärksten diskutierte Grundrecht dürfte der vierte Verfassungszusatz der Bundesverfassung sein. Hierin wird geregelt: „The right of the people to be secure in their persons, houses, papers, and effects, against unreasonable searches and seizures, shall not be violated, and no warrants shall issue, but upon probable cause, supported by Oath or affirmation, and particularly describing the place to be searched, and the persons or things to be seized."
Wie oben bereits angesprochen, ist dieses U.S. Const, amend. IVeines der Rechte, die über das U.S. Const, amend. XIV auch für die Gliedstaaten Anwendung finden 4 9 2 . Die verfassungsrechtliche Untersuchung dieses Grundrechts beschränkt sich demzufolge auch weitgehend auf dessen bundesverfassungsrechtliche Version. Ein zusätzliches Eingehen auf entsprechende Regelungen in den Verfassungen der Einzelstaaten ist also grundsätzlich nicht erforderlich und wird daher nur bei einem konkreten Abweichen der rechtlichen Beurteilung erfolgen 493 .
a) Schutzbereich des Grundrechts Dem Wortlaut nach gewährt U.S. Const, amend. IV Schutz vor unrechtmäßigen Durchsuchungen und Beschlagnahmen und erlaubt das Ausstellen eines Durchsuchungsbefehls nur bei dringendem Tatverdacht. Diesem Wortlaut zufolge wird also primär der Schutz der individuellen Privatsphäre .gewährt. Dieses war auch die historisch gesehen erste Bedeutung, die der U.S. Supreme Court dieser Regelung beigemessen hat. In Boyd v. United States hat das Gericht entschieden, daß der Schutz vor Verletzungen der Persönlichkeitsrechte durch das staatliche Eindringen in die Unantastbarkeit von Heim und Privatsphäre eines Bürgers das Herz des U.S. Const, amend. IV bildet 4 9 4 .
492 in: Wolfv. Colorado, 338 U.S. 25 (1949) hat der Supreme Court entschieden, daß der vierte Verfassungszusatz auch für die Einzelstaaten wirksam wird und zwar durch die „due process clause" des U.S. Const, amend. XIV; ibd., S. 27, 28: „the security of one's privacy against arbitrary intrusion by the police is implicit in the concept of ordered liberty and as such enforceable against the states through the due process clause". 493 Hierzu siehe bereits oben, Abschnitt A. I. 2. 494 116 U.S. 616, 630; dort wurde entschieden: „ . . . they apply to all invasions on the part of the government and its employes of the sanctity of a man's home and the privacies of his life. It is not the breaking of his doors, and the rummaging of his drawers, that constitutes the essence of the offense; but... the invasion of his indefeasible right of personal security, personal liberty and private property".
4. Kap.: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
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b) Historische Entwicklung der „exclusionary rule" als ein aus dem U.S. Const, amend. IV begründetes Beweisverwertungsverbot Der in der Praxis, vor allem aber für die Problematik der privaten Sicherheit weitaus konkretere Schutzbereich dieses Grundrechts wird jedoch durch das aus diesem hergeleiteten strafrechtlichen Beweisverwertungsverbot, der sogenannten „exclusionary rule", näher beschrieben. Zwar ist im Rahmen dieser öffentlichrechtlichen Arbeit ein detailliertes Eingehen auf ausschließlich strafprozessuale Probleme nicht beabsichtigt. Da jedoch die vor allem im Schrifttum geführte Diskussion, inwieweit dieses Beweisverwertungsverbot auch bei einer die Grundsätze des U.S. Const, amend IV verletzenden Beweiserhebung durch Private eingreift, den Hauptbestandteil der verfassungsrechtlichen Problematik bildet, erscheint eine Darstellung auch der strafrechtlichen Dimension dieser Thematik durchaus angezeigt. Um die Bedeutung der „exclusionary rule" vor allem für die hier zu diskutierende Problematik ihrer Anwendbarkeit auf Private erfassen zu können, erscheint es erforderlich, zunächst einen Überblick über die Entstehung und Entwicklung dieser Regel zu gewähren. Mit der Entscheidung in dem Fall Weeks ν. United States im Jahre 1914 495 erweiterte der U.S. Supreme Court den Schutzbereich des vierten Verfassungszusatzes, indem er die „exclusionary rule" entwickelte. Diese „exclusionary rule" stellt ein strafprozessuales Beweisverwertungsverbot dar, nach dem Beweise, die von öffentlichen Bediensteten in einer gegen das vierte Amendment verstoßenden Art und Weise erhoben wurden, von den Gerichten nicht mehr verwertet werden dürfen 496 . Sinn und Zweck dieser Regel war es primär, den Polizisten den Anreiz für eine unrechtmäßige Durchsuchung zu nehmen. Wenn die bei einer gegen die Grundsätze des U.S. Const, amend. IV verstoßenden Durchsuchung und Beschlagnahme erlangten Beweise in einem Strafprozeß wertlos sind, so versprach man sich, würden die Beamten von solchen Maßnahmen absehen, zumal sie ansonsten um die Früchte ihrer Arbeit gebracht würden. Auf diese Art und Weise versuchte der Supreme Court praktisch über einen Umweg, die Bürger in ihrem Grundrecht auf eine ungestörte Privatsphäre zu schützen. Dieses Verwertungsverbot galt jedoch lange Zeit ausschließlich für solche Beweise, die von Bundesbediensteten erhoben wurden. Von Polizisten auf Einzelstaatenebene unrechtmäßig erhobene Beweise wurden nach wie vor von den Gerichten zugelassen; die „exclusionary rule" war auf sie nicht anwendbar. Erstmalig wurde diese unterschiedliche Behandlung in Byars v. United States direkt angespro-
495 232 U.S. 383(1914). 496 232 U.S. 383 391 ff.; dort hat das Gericht entschieden, daß ohne einen derartigen Schutz durch ein Beweisverwertungsverbot, bei unrechtmäßig erhobenen Beweisen, der Schutz des vierten Amendments wertlos wäre und genauso gut aus der Verfassung gestrichen werden könnte; ibd., S. 393.
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3. Teil: Situation in den USA
chen 497 . Dort stellte ein einstimmiger Supreme Court fest, daß das Recht des Bundes, von Beweisen zu profitieren, die von gliedstaatlichen Polizisten in unrechtmäßiger Art und Weise erhoben wurden, nicht in Frage gestellt wird, solange die Staatsbediensteten auf eigene Veranlassung und ohne Beteiligung eines Bundesbeamten handelten 498 . Wenn also nun diese Staatsbeamten die von Ihnen unrechtmäßig erhobenen Beweise an Bundesbeamte weitergegeben haben, die an dieser Beweiserhebung nicht beteiligt waren, so waren diese Beweise in Bundesstrafverfahren verwertbar 499 . Diese Handhabung der Beweisverwertungsregel wurde später dann als „silver platter doctrine" bezeichnet 500 ; dies, weil eine Durchsuchung nur dann als eine solche eines Bundesbeamten angesehen wurde, wenn er in irgendeiner Art und Weise beteiligt war, nicht aber wenn diese Beweise von einem Beamten eines Einzelstaates erhoben und von diesem an einen solchen des Bundes auf einem „silbernen Tablett" übergeben wurden 501 . Solange aber eine unrechtmäßig Beweiserhebung nicht als die eines Bundesbeamten angesehen wurde, konnte sie auch nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führen. In der Praxis führte diese „silver platter doctrine" also zu einer unterschiedlichen Behandlung von Verstößen gegen ein Grundrecht. Während Zuwiderhandlungen von Bundesbeamten geahndet wurden, indem die so erlangten Beweise praktisch für wertlos erklärt wurden, konnten gliedstaatliche und kommunale Polizisten die durch einen Grundrechtsverstoß erlangten Beweise ihrer strafprozessualen Verwertung zuführen. Man muß wohl nicht extra erwähnen, daß diese „silver platter doctrine" in einzelnen Fällen auch dazu führte, daß Staatspolizisten von solchen des Bundes animiert wurden, Beweise zu erlangen und diese dann an sie zu übergeben. Der Nachweis, daß eine solche Anstiftung oder eine sonstige Beteiligung des Bundesbeamten vorlag, war meistens schwer zu erbringen. Vergegenwärtigt man sich allerdings den oben angesprochenen eigentlichen Zweck der „exclusionary rule", nämlich Verstöße gegen das vierte Amendment uninteressant zu machen und damit zu verhindern, so arbeitete diese „silver platter doctrine" jedoch genau diametral zu dieser Intention.
497 273 U.S. 28 (1927). 498 ibd., S. 33; ebenso im selben Jahr in: Gambino v. United States, 275 U.S. 310, 314 ff. (1927). Allerdings handelt es sich bei dieser Feststellung in Byars um ein obiter dictum. Die betreffenden Beweise wurden dann, unabhängig von der Nichtanwendbarkeit der „exclusionary rule" auf Staatsbedienstete, nicht vor Gericht zugelassen, da das Gericht eine Beteiligung des Bundesbeamten bei der Beweiserhebung angenommen hatte und diese somit als eine solche des Bundesbeamten selbst angesehen hat. 499 Burkoff, Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629, 632 (1981). 500 Erstmals tauchte dieser Begriff in der Entscheidung Lustig v. United States, 338 U.S. 74 (1949) auf. soi 338 U.S. 74, 78,79 (1949). Zwar wurde auch hier eine Beteiligung eines Bundesbeamten bei der Beweiserhebung angenommen und deshalb der Beweis vor Gericht nicht zugelassen. Die weitere Gültigkeit dieser Übergaberegel und deren Bezeichnung als „silver platter doctrine" wurden hier jedoch ausdrücklich bestätigt bzw. ins Leben gerufen.
4. Kap.: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
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Im Jahre 1960 in der Entscheidung Elkins v. United States wurde diese Differenzierung dann aus eben diesen Gründen aufgehoben 502. Auch hier machte der Angeklagte geltend, daß die in einem Bundesverfahren gegen ihn vorgebrachten, von Staatsbeamten unrechtmäßig erhobenen Beweise ihn in seinem Grundrecht aus U.S. Const, amend. IV verletzen 503 . Sowohl das Distriktgericht als auch das Berufungsgericht des neunten Bezirks hatten in Übereinstimmung mit der bis dahin gültigen Rechtsprechung zur „silver platter doctrine" noch festgestellt, daß die Unrechtmäßigkeit der Beweiserhebung irrelevant wäre, zumal an dieser kein Bundesbeamter beteiligt war 5 0 4 . Der Supreme Court stellte dann aber fest, daß der Zweck der „exclusionary rule", nämlich die Bewahrung vor Verletzungen des vierten Verfassungszusatzes, nur dann erreicht werden kann, wenn sämtliche Anreize zu einer unrechtmäßigen Beweiserhebung wegfielen 505 . Dadurch, daß in dieser Entscheidung die Bundes- und Staatsbeamten gleichgestellt wurden, was die Verwertbarkeit der von ihnen unrechtmäßig erhobenen Beweise anbelangt, wurde den Bundesgerichten die Möglichkeit genommen, die durch den Umweg des „silbernen Tabletts" erlangten Beweise zu verwerten. Endgültig wurde der „silver platter doctrine" die Grundlage dann ein Jahr nach Elkins in der Entscheidung Mapp v. Ohio entzogen506 . In diesem Urteil wurde nun endlich die bis dato nur auf Bundesebene geltende „exclusionary rule" über die „Due Process Clause" des U.S. Const, amend. XIV auf die Gliedstaatenebene erweitert 507 . Damit hat der Supreme Court letztendlich auch die in Wolfv. Colorado entstandene Inkonsequenz aufgehoben, die darin bestand, daß zwar das U.S. Const, amend. IV über das U.S. Const, amend. XIV für die Gliedstaaten Gültigkeit erlangte, nicht aber die zur Realisierung dieses Recht so wichtige „exclusionary rule" 5 0 8 . In Mapp hieß es dann, daß die Erweiterung der Beweisverwertungsregel auf die Einzelstaaten erforderlich sei, um sicher zu stellen, daß das in Weeks fest502 364 U.S. 206 (1960). 503 Ibd., S. 206. 504 ibd., S. 208. 505 Ibd., S. 217. Als weiteres Argument für die Abkehr von der „silver platter doctrine" wurde auch noch „the imperative of judical integrity", also die richterliche Integrität angeführt. Dies wurde von den Richtern des U.S. Supreme Courts angemahnt, zumal diese in der Zulassung der von Staatsbediensteten in einer gegen U.S. Const, amend. IV verstoßenden Art erlangten Beweisen durch die Bundesgerichte eine vorsätzliche Mißachtung der Verfassung, deren Aufrechterhaltung sie geschworen haben, sahen; ibd., S. 222. Burkoff, Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629, 635 (1981), sieht hierin sogar das Hauptargument gegen die Aufrechterhaltung der „silver platter doctrine". 506 367 U.S. 643 (1961). 507 Ibd., S. 660. Sich darauf berufend, ebenso: Escobedo v. Illinois, 378 U.S. 478 und Miranda v. Arizona, 348 U.S 436 (1966). 508 338 U.S. 25, 27 ff. (1961). Hier befand das Gericht, daß zwar der Schutz vor willkürlichen Polizeidurchsuchungen und Eingriffen in die Privatsphäre ein derart wichtiges Recht ist, daß es auch auf Gliedstaatenebene gelten müßte, sprach aber gleichzeitig der „exclusionary rule" ab, ein essentieller Bestandteil dieses Rechts zu sein.
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3. Teil: Situation in den USA
gestellte und begründete, verfassungsmäßig garantierte Recht auf die Unverletzlichkeit der Privatsphäre 509 nicht ausgehöhlt wird 5 1 0 . Schließlich identifizierte das Gericht die „silver platter doctrine" auch noch als ein Werkzeug, um sowohl Bundes· als auch Staatspolizei in Mißkredit zu bringen, zumal diese ständig unter dem Verdacht standen, mit der Absicht das Beweisverwertungverbot und damit U.S. Const, amend. IV zu umgehen, zusammenzuarbeiten511. Diese Entscheidung stellte also das offizielle Ende der „silver platter doctrine" dar und führte durch die Erweiterung der „exclusionary rule" dazu, daß auch die durch gliedstaatliche oder kommunale Bedienstete durchgeführte, gegen U.S. Const, amend. IV verstoßende Erhebung von Beweisen zu deren Nichtverwertbarkeit, sowohl vor Bundes- als auch vor Staatsgerichten führt.
c) Anwendbarkeit der „exclusionary rule" auf Private Nach diesen vorab erfolgten Darstellungen der gegenwärtigen Rechtsprechung zur allgemeinen Drittwirkungsproblematik und des Umfangs des aus U.S. Const, amend. IV gefolgerten strafrechtlichen Beweisverwertungsverbots, wird nun auf die Auswirkungen dieser Judikatur auf den Bereich der privaten Sicherheit einzugehen sein. Es gilt also zu klären, inwiefern dieser Grundrechtsschutz des vierten Verfassungszusatzes und das daraus entstandene Beweisverwertungsverbot auch auf die von privaten Sicherheitskräften unrechtmäßig erlangten Beweise anwendbar sind. Für die Frage, unter welchen Umständen eine durch eine Privatperson erfolgte Durchsuchung und damit Beweiserlangung als rechtmäßig anzusehen ist oder nicht, ist auf die entsprechenden Ausführungen in Kapitel drei, Abschnitt B.) I. 3. zu verweisen. Im folgenden werden ausschließlich die Fälle unrechtmäßiger Beweiserhebung durch Private diskutiert, zumal nur diese überhaupt verfassungsrechtliche Probleme auszulösen in der Lage sind. Dies soll im folgenden einerseits anhand eines Überblicks über die hierzu einschlägige Rechtsprechung des Supreme Courts erfolgen. Andererseits ist aber weiterhin auf das diese Rechtsprechung größtenteils kritisierende Schrifttum einzugehen. (1) Gegenwärtige Rechtsprechung (a) Die „Burdeau rule" als Grundsatzentscheidung zur Drittwirkungsproblematik im Sicherheitsbereich Das im Zusammenhang mit der Frage der Drittwirkungsproblematik im Bereich der privaten Sicherheit immer wieder angeführte, als Grundsatzentscheidung zu 509 232 U.S. 383, 393 (1914). Die Erkenntnis nämlich, daß das Grundrecht des U.S. Const, amend. IV ohne den zusätzlichen Schutz durch die „exclusionary rule" wertlos wäre. 510 367 U.S. 643,655. su Ibd., S. 658.
4. Kap.: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
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bezeichnende Urteil des Supreme Courts im Fall Burdeau v. Mc Dowell 512 stammt bereits aus dem Jahre 1921. Diesem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Mc Dowell, Geschäftsführer mehrerer Abteilungen eines privaten Stadtwerkeunternehmens, wurde durch das Geständnis eines Kollegen belastet, Beteiligter bei diversen betrügerischen Aktivitäten zu Lasten des Unternehmens gewesen zu sein. Mc Dowell wurde daraufhin sofort entlassen und seiner sämtlichen Posten enthoben. Ohne ihn dahingehend zu informieren, wurden sodann seine Büroräume und Bücher von Mitarbeitern des Unternehmens und Privatdetektiven eingehend durchsucht. Das dabei gefundene belastende Material wurde mit dem Ziel, damit eine Anklageerhebung zu erreichen, an das U.S.-Justizministerium weitergeleitet. Mc Dowell hat daraufhin bei einem Bundesbezirksgericht eine Verfügung erwirkt, wonach diese unrechtmäßig erlangten Beweise 513 wieder an ihn zurückgegeben werden müssen und einer Verwertung vor Gericht nicht zugeführt werden dürfen 514 . Burdeau, ein Assistent des Generalstaatsanwalts legte gegen diese Entscheidung Revision beim Supreme Court ein, der auch stattgegeben wurde. Dieser entschied, unter Berufung auf die eingangs dargelegte „state action doctrine", daß der Schutz des U.S. Const, amend. IV sich lediglich gegenüber „governmental action" entfaltet. Da bei der Durchsuchung kein Bundesbeamter 515 beteiligt war, diese vielmehr ausschließlich von Privatpersonen durchgeführt wurde und auch ansonsten keinerlei „state action" festgestellt werden konnte, wurde das Beweisverwertungsverbot der „exclusionary rule" hier für unanwendbar gehalten und damit diese unrechtmäßig erhobenen Beweise vor Gericht für verwertbar erklärt 516 . Diese Rechtsprechung wird bis heute vom Supreme Court als „settled law" behandelt 517 und von den Untergerichten weitgehend kritiklos zitiert und ange512 256 U.S. 465 (1921). 513 Zwar standen die Büroräume des Mc Dowell im Eigentum des Unternehmens, da jedoch auch private Unterlagen bei dem beschlagnahmten Material waren, wurde die grundsätzliche Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsmaßnahme bejaht. Hierzu siehe: 256 U.S. 465, 474; ausführlicher Burkoff, Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629 (1981). 514 256 U.S. 465,471. 515 Da dieser Fall lange vor Elkins v. United States (1969) entschieden wurde, galt zu diesem Zeitpunkt der Schutz des U.S. Const, amend. IV auch noch nicht gegenüber den Aktivitäten der Beamten der Gliedstaaten. Unabhängig davon wurde hier jedoch jede staatliche, i.S. von „governmental", Beteiligung verneint. 516 256 U.S. 465, 475 f. Hierbei wurde in den Urteilsgründen jedoch ausdrücklich betont, daß Mc Dowell aufgrund der rechtswidrigen Durchsuchungsmaßnahme zivil- und strafrechtliche Rechtsmittel gegen die Beteiligten zustehen, diese jedoch keinen Einfluß haben auf die Nichtanwendbarkeit des verfassungsrechtlich begründeten Beweisverwertungsverbots. 517 Siehe z. B.: Coolidge v. New Hampshire, 403 U.S. 443, 487 (1971); United States v. Janis, 428 U.S. 433,456 (1976); Walter v. United States, 447 U.S. 649, 656 (1980); New Jersey v. T.L.O., 469 U.S. 325, 335 (1985). Im Hinblick auf die unten zu erörternde Kritik an dieser Rechtsprechung sei jedoch bereits hier darauf hingewiesen, daß die Burdeau-Entscheidung gegen die Stimmen der Richter Brandeis und Holmes gefällt wurde, die in dieser Verwertung von „gestohlenen" Beweisen durch ein Gericht, also ein staatliches Organ, die Glaubwürdigkeit des Staates gefährdet sahen.
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3. Teil: Situation in den USA
wendet 518 . Dieser auch als ,3urdeau rule" zu bezeichnende Leitsatz der Entscheidung kann also dahingehend zusammengefaßt werden, daß privates Sicherheitspersonal verfassungsrechtlich so zu behandeln ist wie jeder normale Bürger auch. Ohne das Vorliegen einer ausreichenden Beteiligung staatlicher Stellen („state action") liegt selbst bei einer von diesen unrechtmäßig durchgeführten Durchsuchungsmaßnahme oder Befragung kein Verfassungsverstoß vor. Die so erlangten Beweise unterliegen damit auch nicht der „exclusionary rule" und können somit vor Gericht verwendet werden. (b) Gerichtsentscheidungen zum Vorliegen von „state action" Im folgenden soll anhand einer Darstellung der entsprechenden, zeitlich nach Burdeau ergangenen Gerichtsentscheidungen dargelegt werden, unter welchen Umständen der für eine Anwendbarkeit des verfassungsrechtlichen Schutzes des U.S. Const, amend. IV erforderliche staatliche Einfluß bei privaten Durchsuchungsmaßnahmen angenommen werden kann 5 1 9 . (aa) „State action" nach der „public function doctrine" Nach der oben ausführlich dargestellten „public function doctrine" wird „state action" unter anderem dort angenommen, wo Privaten Aufgaben übertragen werden, die bis dato traditionell und exklusiv vom Staat erledigt wurden 520 . Fraglich ist nun, ob und inwieweit den diversen, von privaten Sicherheitskräften durchgeführten Tätigkeiten eine derartige Public-Function-Eigenschaft zugestanden werden kann. Explizit hat der Supreme Court diese Qualifizierung erst in zwei Fällen angenommen. Dies war der Fall bei einer Abhaltung von Wahlen 521 und bei einer privaten, aber mit allen Attributen einer öffentlichen Kommune ausgestatteten sie Hierzu siehe: Burkoff, Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629,631 ff. (1981). Lediglich der Supreme Court von Montana hat in dem Fall State v. Helfrich, 600 P.2d 816, 819 (Mont. 1979) entschieden, daß der Schutz der „exclusionary rule" auch bei rechtswidrigen Beweiserhebungen der privaten Sicherheit greift, selbst wenn dabei keine „state action" im klassischen Sinne festgestellt werden kann. Dieser grundrechtliche Schutz wurde dabei jedoch aus der dem U.S. Const, amend. IV entsprechenden Vorschrift der Verfassung des Staates Montana (art. II, §§ 10, 11) und nicht aus der Bundesverfassung hergeleitet. Ebenso State v. Hyem, 630 P.2d 202, 206 (Mont. 1981). Da diese Rechtsprechung jedoch seit State v. Long, 700 P.2d 153,156 (Mont. 1985) aufgegeben wurde, und nunmehr auch in Montana derartige Fälle nach der „Burdeau rule" entschieden werden, ist hierauf nicht näher einzugehen. Ausführlich hierzu siehe Archey, the Status of Private Searches, 49 La. L. Rev. 873, 888 ff. (1989). 519 Eine sehr ausführliche Zusammenstellung von hierzu ergangenen Gerichtsentscheidungen bietet: Reiter, Admissibility, in Criminal Case, of Evidence Obtained by Search by Private Individual, 36 A.L.R. 3d 553 (1996). 520 So die Leitsätze der hierzu ergangenen Grundsatzentscheidungen: Marsh v. Alabama, 326 U.S. 501,502 und Jackson v. Metropolitan Edison Co., 419 U.S. 345, 352 f. 521 Flagg Bros, Inc. v. Brooks, 436 U.S. 149,158.
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Stadt 522 . Allerdings wurde in Flagg Bros, Inc. v. Brooks festgestellt, daß neben den staatlichen Aufgaben der schulischen Erziehung und der Erhebung von Steuern auch die Gewährleistung der Sicherheit mittels der Polizei als eine solche „public function" anzusehen wäre 523 . Somit stellt sich also die Frage, ob die Ausübung bestimmter polizeilicher bzw. sicherheitsrechtlicher Aufgaben durch Private als Übernahme einer solchen „public function" angesehen und damit als „state action" qualifiziert werden kann. (bb) Aufgabenqualifikation bei „deputized private security officers" Im Fall der „deputization", also der Verleihung polizeilicher Sonderbefugnisse an einen Privaten wird dies von den Gerichten nahezu einhellig bejaht 524 . So wurde beispielsweise in NLRB v. Jones & Laughlin Steel Corp. entschieden: „It is common practice in this country for private watchmen or guards to be vested with the powers of policemen, sheriffs or peace officers to protect the private property of their private employers. And when they are performing their police functions, they are acting as public officers and assume all the powers and liabilities attaching thereto" 525 .
Ausdrücklich wurde auch in Flagg Bros , Inc. v. Brooks 526 festgestellt, daß den Handlungen des „private security officer" in dem Fall Griffin v. Maryland, 378 U.S. 130 (1964) deshalb State-Action-Qualität zugesprochen wurde, weil dieser zum „deputy sheriff 4 von Montgomery County, Maryland ernannt worden war. Auch bei rechtswidrigen Durchsuchungsmaßnahmen von „moonlighting officers" 527 dürfte die Anwendbarkeit der „exclusionary rule" auf die dabei gewonnenen Beweise anzunehmen sein. Zwar wird dieser Aspekt in der einschlägigen Literatur nicht besonders ausführlich diskutiert 528 , und es existieren diesbezüglich auch nur wenige einschlägige Gerichtsentscheidungen. Da es sich bei diesen Poli522 Marsh v. Alabama, 326 U.S. 501, 502. 523 436 U.S. 149,162 f. 524 So ζ. B. in: National Labor Relations Board v. Jones & Laughlin Steel Corp., 331 U.S. 416,429 (1947); Williams v. United States, 341 U.S. 97 (1951); Griffin v. Maryland, 378 U.S. 130, 135 (1964); Pratt ν. State, 9 Md. App. 220, 263 A.2d 247 (1970); People v. Diaz, 85 Misc. 2d 41, 376 N.Y.S. 2d 849 (1975). A. A. lediglich State v. Mc Daniel, 44 Ohio App. 2d 163, 377 N.W. 2d 180 (1975), wo entschieden wurde, daß alleine der formelle Bevollmächtigungsakt noch keine „state action" auszulösen vermag, solange damit nicht auch die Erfüllung öffentlicher Pflichten verbunden ist. 525 331 U.S. 416,429. 526 436 U.S. 149, 163. 527 Vergleiche hierzu die Ausführungen in Kapitel zwei, Abschnitt C.) und Kapitel drei, Abschnitt B.) III.). 528 Lediglich Nemeth in Private Security and the Law, S. 166, spricht die Problematik der „moonlighting police" im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit von grundrechtlichem Schutz an. 19 Huber
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3. Teil: Situation in den USA
zisten mit Nebentätigkeit aber letztendlich nicht um Private, sondern um vereidigte Polizisten handelt, liegt bei deren Tätigwerden demzufolge auch ein Handeln funktionell staatlicher Akteure vor 5 2 9 . Insofern müßte grundsätzlich auch gar keine „state action" mehr im einzelnen nachgewiesen werden, um dem Bürger verfassungsrechtlichen Schutz gegen diese Maßnahmen zugestehen zu können 530 . Andere Urteile wiederum, die die Anwendbarkeit von grundrechtlichem Schutz gegenüber Handlungen von „moonlighting officers" ablehnen531, führen dazu, daß diese Aussage allerdings nicht mit dieser Allgemeingültigkeit und ausnahmslos getroffen werden kann. Mit dem Hinweis auf diese Problematik und die wohl auch hier bestehende Ungewißheit bezüglich der Berechenbarkeit der Gerichte in diesem Bereich soll es hierbei jedoch sein Bewenden haben. (α) Aufgabenqualifikation ohne „deputization" Stehen einem „private security officer" dagegen keine über die Jedermannrechte hinausgehenden Spezialbefugnisse zu bzw. wurde er nicht formell im Wege der „deputization" ermächtigt, so wird seiner Tätigkeit, egal wie sehr sie sich auch mit der eines Polizisten deckt, die Eigenschaft einer „public function" zumindest vom U.S. Supreme Court bisher nicht zuerkannt. Zwar hat Richter Stevens in seiner abweichenden Meinung in Flagg zum Ausdruck gebracht, daß er die Griffin-Entscheidung dahingehend versteht, daß hier unabhängig vom formellen Akt der „deputization" des Sicherheitsangestellten entschieden wurde, daß jede Einrichtung einer polizeiähnlichen Institution - in Verbindung mit einer Übertragung von sicherheitsrechtlichen Handlungsermächtigungen - „state action" nach der „public function doctrine" zur Folge hat 5 3 2 . Die Mehrheit des Flagg-Courts allerdings war der Ansicht, daß der Supreme Court bei seiner Gnj^n-Entscheidung kein dahingehendes Dictum ausgesprochen und damit auch keine Entscheidung über den Status der von privaten Sicherheitskräften ausgeübten Aufgaben im allgemeinen getrof-
529 In Leach v. Penn-Mar Merchants Assoc., 308 A.2d 446, 450 (Md. Ct. App. 1973) wurde ausdrücklich festgestellt, daß derartige Nebentätigkeiten von Polizisten ebenfalls verfassungsrechtlichen Schutz auslösen. In City of Grand Rapids v. Frederick Impens, 327 N.W.2d 278 (Mich. 1982) wurde zwar die geringfügige Beteiligung eines „moonlighting officers" bei einer Festnahme durch privates Sicherheitspersonal als in diesem konkreten Fall nicht ausreichend angesehen. Weiter wurde jedoch unterstellt, daß dieser, hätte er selbst gehandelt, dem State-Action-Erfordernis genüge getan hätte; ibd., S. 282. 530 So im Ergebnis auch Nemeth, Private Security and the Law, S. 168 ff., der jedoch ebenfalls nicht sämtliche Zweifel an der Unangreifbarkeit dieses Status ausräumen kann. 531 So ζ. B. in: Bowman ν. State of Indiana, 468 N.E.2d 1064, 1068 (Ind. Ct. App. 1984) und ebenso in: People v. Faulkner, 282 N.W. 2d 377 (1979), wo festgestellt wurde, daß ein derartiger „Polizist" nicht verpflichtet ist, die verfassungsrechtlich begründeten „Miranda warnings" auszusprechen. Zu dieser Belehrungspflicht siehe ausführlich Punkt 2. dieses Abschnitts. 532 in: 436 U.S. 149, 172, N. 8. So auch: Burkoff, Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629, 647 ff. (1981).
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fen hat 5 3 3 . Ausdrücklich wurde dann auch in Flagg eine dahingehende Entscheidung vermieden und diese Frage dort offen gelassen: „We express no view as to the extent, if any, to which a city or state might be free to delegate to private parties the performance of such functions (as education, fire and police protection, and tax collection) and thereby avoid the strictures of the Fourteenth Amendment
Diese bis heute bestehende Rechtsprechung des U.S. Supreme Court führt dazu, daß zumindest keine positive Aussage dahingehend getroffen werden kann, daß dem Tätigkeitsfeld privater Sicherheitsdienste die erforderliche Tradition und Exklusivität einer „public function" zugestanden werden kann 535 . Im übrigen ist auch darauf hinzuweisen, daß der Supreme Court bei Grenzfällen vor allem in den letzten Jahren mit seinem Zugeständnis von „state action" nach der „public function doctrine" immer restriktiver wurde, so daß eine Änderung dieser Rechtsprechung in absehbarer Zeit eher unwahrscheinlich ist 5 3 6 . Neben dieser Supreme-Court-Rechtsprechung, der auch die meisten der Untergerichte gefolgt sind, existiert im Rahmen dieser Public-Function/Private-Security-Debatte jedoch noch eine weitere, als „minority view" 5 3 7 bezeichnete Linie. Diese wird primär vom Urteil des Supreme Courts von Kalifornien in der Entscheidung People v. Zelinski bestimmt 538 . In diesem Fall hat ein in einem Warenhaus angestellter Ladendetektiv die Beklagte Virginia Zelinski dabei beobachtet, wie sie einige Gegenstände in ihre Tasche steckte und ohne diese zu bezahlen, das Geschäft verließ. Sie wurde außerhalb des Ladenlokals gestoppt, nach den Grundsätzen des „citizen's arrest" rechtmäßig festgenommen und ihre Tasche routinemäßig nach Waffen und den gestohlenen Gegenständen durchsucht 539. Nachdem der „security officer" die gestohlenen Gegenstände sichergestellt und keine Waffen gefunden, seine Durchsuchung aber dennoch fortgesetzt hatte, fand er dabei eine Medikamentenflasche, die, wie sich später herausstellte, mit Heroin gefüllt war. Diese 533 436 U.S. 149,163 f. 534 ibd. 535 Zu der dieser Rechtsprechung entgegengebrachten Kritik siehe die Ausführungen des nächsten Abschnitts. 536 Sojedenfalls Burkoff, Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629, 645 (1981). Ebenso Nemeth, Private Security and the Law, S. 97. Vgl. auch Pressley, Privacy or Safety: A Constitutional Analisys of Public Housing Sweep Searches, 6 Boston Public Interest Law Journal 777,795 ff. (1997). 537 So z. B. Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1846 (1995), die die Rechtsprechung dieser Gerichte dem „majority approach" des U.S. Supreme Courts und der diesem folgenden Gerichte gegenüberstellt. Ebenso Szuberla, Defining Private Security Law in Ohio, 13 U. Toi. L. Rev. 377,415 (1982). 538 594 P.2d 1000 (Cal. 1979). 539 Sowohl die Festnahme als auch die Suche nach Waffen waren nach den entsprechenden Common-Law-Grundsätzen und nach Cal Penal Code § 490.5 (e) und § 846 gerechtfertigt und rechtmäßig durchgeführt worden; 594 P.2d 1000,1003. *
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3. Teil: Situation in den USA
Flasche wurde von dem festnehmenden Detektiv in Besitz genommen und zusammen mit der Angeklagten an die Polizei übergeben. Obwohl die Rechtswidrigkeit der zur Erlangung der Flasche führenden Durchsuchung ausdrücklich festgestellt wurde 540 , hat das erstinstanzliche Gericht diese als Beweismittel für eine Verurteilung von Zelinski wegen des Besitzes verbotener Substanzen541 anerkannt. Auf der Basis der „Burdeau rule" des U.S. Supreme Courts wurde die Rechtswidrigkeit der Beweiserlangung im Hinblick auf dessen Verwertbarkeit vor Gericht für unerheblich erachtet, da diese von einer Privatperson durchgeführt wurde 542 . Diese Entscheidung wurde jedoch in der Revision vom California Supreme Court aufgehoben, die „exclusionary rule" für anwendbar erklärt und somit bezüglich der Flasche ein aus der Verfassung des Staates Kalifornien begründetes Beweisverwertungsverbot ausgesprochen 543. Das Gericht stellte ausdrücklich fest, daß dem hier handelnden „security officer" keine über die einem jeden Bürger zustehenden Jedermannbefugnisse hinausgehenden Rechte zugestanden haben, und daß dieser auch nicht „deputized" war 5 4 4 . Die Feststellung, daß in diesem konkreten Fall die staatliche Einflußnahme dennoch ausreichend groß war, um „state action" annehmen und die „exclusionary rule" heranziehen zu können, begründete das Gericht mit den folgenden drei Argumenten: Erstens hätte der Sicherheitsmann mit seinen Festnahme- und Durchsuchungsmaßnahmen Zwangsbefugnisse angewendet, die eigentlich dem Staat vorbehalten sind. Dazu wurde er zweitens vom Staat ermächtigt, indem dieser Gesetze erlassen hat, die den „citizen's arrest" bzw. die daran anschließenden Durchsuchungsmaßnahmen gestatten. Das dritte und wohl ausschlaggebende Argument für die Annahme von „state action" wurde schließlich darin gesehen, daß die Aktivitäten des Wachmannes über die privaten Interessen seines Arbeitgebers hinausreichten. In der Tatsache, daß er nicht lediglich versucht hatte, diesem die gestohlene Ware wiederzubeschaffen, sondern die Verdächtige vielmehr mitsamt dem Beweismittel der Polizei übergeben und damit eigentlich in den Tätigkeitsbereich der öffentlichen Strafverfolgung vorgedrungen ist, wurde hierin die Erfüllung einer „public function" gesehen545. Zusammenfassend stellte das Gericht fest 546 : 540
Da die einem rechtmäßigen „citizen's arrest" folgende Durchsuchung lediglich zum Zwecke einer eventuellen Entwaffnung des Festgenommenen bzw. zur Rückerlangung gestohlener Waren gerechtfertigt ist, ist jede darüber hinausgehende Suchmaßnahme als ungerechtfertigt anzusehen; 594 P.2d 1000, 1003 f. Vergleiche hierzu auch dié entsprechenden Ausführungen in Kapitel drei, Abschnitt Β. I. 3. 541 Cal Health & Safety Code § 11350. 542 594 P.2d 1000, 1004. 543 Dieses Urteil bezog sich also nicht auf eine Interpretation des U.S. Const, amend. IV, sondern auf die entsprechenden Vorschriften der kalifornischen Staatsverfassung, denen das Gericht in diesem Fall einen weiteren Schutzbereich attestiert hat; 594 P.2d 1000, 1006. Insoweit konnte diese, eigentlich der ,3urdeau rule" des U.S. Supreme Court widersprechende Entscheidung in dies«· Form überhaupt erst zustande kommen und bestehen. 544 594 P.2d 1000,1002. 545 594 P.2d 1000,1006.
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„when private security personnel conduct an illegal search or seizure while engaged in a statutorily-authorized citizen's arrest and detention of a person in aid of law enforcement authorities, the constitutional proscriptions of art. 1, § 13 are applicable." 547
Obwohl das Gericht auch dahin argumentiert hat, daß das stete Wachstum der privaten Sicherheit eine Bedrohung für die verfassungsmäßigen Rechte der Bürger im allgemeinen darstellt 548 , wurde weiterhin ausdrücklich festgehalten, daß hier keinerlei Entscheidung dahingehend getroffen wurde, inwieweit diese verfassungsrechtlichen Schranken allgemein auf sämtliche Aktitvitäten von privaten Sicherheitskräften anwendbar sind. In diesem konkreten Fall aber wurde in der Übergabe eines Straftäters an die Polizei die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe und damit ein Verlassen des rein privaten Bereichs erkannt 549 . Obwohl diese Entscheidung regelmäßig zitiert wird und in breiten Kreisen der Literatur auf Zustimmung gestoßen ist 5 5 0 , konnte sie keinen durchschlagenden neuen Trend in der Rechtsprechung zur Erweiterung der verfassungsmäßigen Rechte der Bürger gegenüber privaten Sicherheitsdiensten auslösen551. So konnte sie die Rechtsprechung des U.S. Supreme Court nicht beeinflussen, der diesbezüglich seine ,3urdeau rule" weiterverfolgt. Auch der Einfluß auf die anderen Staatsgerichtshöfe ist als eher gering zu bezeichnen 552 . Schließlich wurde die Verfassung des Staates Kalifornien im Jahr 1982 dahingehend ergänzt, daß Beweise in Strafprozessen nur noch dann von einer Verwertung ausgeschlossen werden dürfen, wenn dies durch die Bundesverfassung zwingend geboten ist 5 5 3 . Es wurde also ausdrücklich festgelegt, daß die Verfassung von Kalifornien keinen über das U.S. Const, amend. IV der Bundesverfassung hinausreichenden Schutz auf die Wahrung der Privatsphäre gewährt. In dem rechtskräftigen Urteil eines kalifornischen Berufungsgerichts wurde dann konsequenter-
546 594 p.2d 1000, 1006 f. Diese Zusammenfassung macht auch nochmals deutlich, daß wohl keiner dieser drei festgestellten Punkte alleine ausreicht, um die erforderliche „state action" auszulösen, sondern lediglich deren kumuliertes Erscheinen in diesem konkreten Fall dazu in der Lage war. 547 Anmerkung des Verfassers: Hierbei handelt es sich um art. 1, § 13 der Landesverfassung von Kalifornien, der das Äquivalent zu U.S. Const, amend. IV darstellt. 548 Marshall hat in: Fifth Amendment Protection to Private Security Guard Abuse, 96 Dick. L. Rev. 37, 48 (1991) festgestellt, daß der Zelinski-Court eine der wenigen Entscheidungen war, wo erkannt wurde, daß die von der privaten Sicherheit ausgehende Bedrohung für die Individualrechte durchaus mit der durch die Polizei verursachten Gefahren vergleichbar ist. 549 594 P.2d 1000, 1005. 550 Hierzu ausführlicher unter Punkt (II). 551 So ζ. B. Marshall, Fifth Amendment Protection to Private Security Guard Abuse, 96 Dick. L. Rev. 37,48 (1991). 552 Für einen Nachweis zu dieser Rechtsprechung: Archey, The Status of Private Searches, 49 La. L. Rev. 873, 887 (1989) und Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1848 (1995). 553 Dieser Grundsatz wurde in Cal. Const, art. 1 § 28 (d) per Referendum in die Landesverfassung aufgenommen.
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3. Teil: Situation in den USA
weise auch festgestellt, daß bedingt durch diesen Verfassungszusatz die Linie des Zelinski-Courts nicht mehr zu halten sei 5 5 4 . Vielmehr sei die Anwendbarkeit der „exclusionary rule" bei rechtswidrigen Beweiserhebungen durch Private fortan, der Rechtsprechung des U.S. Supreme Court folgend, nur noch bei ausreichendem, über das in Zelinski erreichte Maß hinausgehendem, staatlichen Einfluß anzunehmen 555 . Zusammenfassend ist hierzu anzumerken, daß die Public-Function-bedingte Annahme von „state action" bei den Handlungen privater Sicherheitskräfte auf die Fälle beschränkt bleibt, in denen die Privaten durch einen formellen Akt mit einer Sonderbevollmächtigung versehen wurden bzw. dort, wo vereidigte Polizisten im Rahmen einer Nebentätigkeit gehandelt haben. Eine Qualifizierung der Tätigkeiten der sonstigen im Bereich der gewerblichen Sicherheit beschäftigten Privaten als „public function" wird jedoch von der Rechtsprechung nicht anerkannt. (cc) „State action" nach dem Nexus-Grundsatz Wie bereits oben bei den allgemeinen Ausführungen zur State-Action-Problematik dargestellt, existieren neben den eben besprochenen Public-Function-Fällen auch noch die Konstellationen, in denen „state action" beim Vorhandensein von direktem staatlichen Einfluß auf die private Handlung angenommen wird. Situationen in denen dieser „state nexus" von den Gerichten bejaht wird, sollen im folgenden dargestellt werden. (α) Handeln Privater mit direkter Beteiligung der Polizei Zunächst sind hier die Fälle zu untersuchen, bei denen private Sicherheitskräfte ihre in Frage stehenden Durchsuchungsmaßnahmen unter direkter Mitwirkung von Polizisten oder anderen staatlichen Funktionären durchgeführt haben. Das für diesen Bereich der State-Action-Problematik entscheidende Grundsatzurteil des U.S. Supreme Court erging in dem Fall Coolidge v. New Hampshire 556. Diesem Verfahren lag die Frage zugrunde, inwieweit Beweise in dem Mordprozeß gegen Coolidge zu Recht verwertet wurden, die von der Polizei dadurch erlangt wurden, daß sie die Frau des Beschuldigten in deren gemeinsamer Wohnung aufgesucht hat und dort über ihre Kenntnis zur Tatbeteiligung ihres Mannes befragt hat 5 5 7 . Im Laufe dieses Gesprächs mit den Polizisten hat Mrs. Coolidge dann unaufgefordert zwei 554 People v. Geary, 173 Cal App 3d 904,907. 555 173 Cal App 3d 904, 907 f. „ . . . we think it clear that the Supreme Court's decision in Zelinski was abrogated following the enactment of art. 1, § 28, subdivision (d). We must then look to federal decisional authority to determine wether defendant in our case may invoke whatever protections are afforded by the exclusionary rule." 556 403 U.S. 443(1971). 557 403 U.S. 443,446 ff.
4. Kap.: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen
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Pistolen, bei denen es sich um die Tatwaffen handelte, an die Polizisten herausgegeben 558 . Coolidge machte in der Revision geltend, die Erlangung der Beweise verletze sein Grundrecht aus U.S. Const, amend. IV deshalb, weil seine Frau bei deren Herausgabe nicht in ihrem, sondern im Namen der Polizei, also als deren Werkzeug gehandelt hat. Die dabei ohne gültigen Durchsuchungsbefehl erlangten Beweismittel seien daher ihrer Verwertbarkeit beraubt 559 . Der Supreme Court Schloß sich dieser Ansicht allerdings nicht an, sondern stellte fest, daß Mrs. Coolidge die Waffen von sich aus und unbeeinflußt an die Polizisten herausgegeben hat, die Beweise also durch die Handlung einer Privatperson in den Machtbereich der Justiz gelangt sind. Die hier entscheidende Frage über die Annahme von „state action" und damit der Anwendbarkeit der „exclusionary rule" wurde dahingehend gestellt, inwieweit die Frau dabei als Instrument, als verlängerter Arm des Staates anzusehen war: „The test, as the petitioner's argument suggests, is whether Mrs. Coolidge, in light of all the circumstances of the case, must be regarded as having acted as an „instrument" or an agent of the state when she produced her husband's belongings" 560 .
Bei der Beantwortung dieser Frage wurde auf die Motivation der Frau für ihre Handlungsweise abgestellt. Diese bestand nach Ansicht des Gerichts darin, ihren Mann zu entlasten, nicht jedoch in einer Unterstützung der Arbeit der Polizei. Bedingt durch diesen eigenen Willensakt und die zumindest nicht staatlich motivierte Handlungsweise wurde festgestellt, daß sie als Privatperson und nicht als verlängerter Arm des Staates gehandelt hat 5 6 1 . Der „Burdeau rule" folgend, wurde die Verwertbarkeit dieser Beweise folglich für rechtmäßig erklärt 562 . Der entscheidende Faktor für die Qualifikation einer privaten Search-andSeizure-Maßnahme unter Mitwirkung eines staatlichen Funktionärs wird demzufolge in der Motivation der durchsuchenden Person gesehen. Nach dieser, mittlerweile als „Coolidge agent oder instrumentality test" bezeichneten Vorgehensweise 563 wird „state action" also nur dann angenommen, wenn die Privatperson davon ausgeht, daß sie die in Frage stehende Handlung für die Staatlichkeit, sozusagen als deren „Instrument" ausführt. Ist sie dagegen der Meinung, daß sie die Maßnahme, die zur Erlangung der Beweise führt, aus eigenem Antrieb und unab558 Mrs. Coolidge hat hier die Polizisten von sich aus gefragt, ob sie die Waffen sehen und mitnehmen möchten; 403 U.S. 443,486. 559 403 U.S. 443,487. 560 ibd.
561 403 U.S. 443,488. 562 ibd.; bedingt durch diese festgestellte Freiwilligkeit wurde hier auch eine Durchsuchungsmaßnahme der Polizisten, die Mrs. Coolidge ja nur befragen wollten, verneint. Zumal die Polizisten ihre Befragung nicht in der Absicht durchgeführt haben, irgendwelche Beweise zu erlangen, war hierfür auch ein Durchsuchungsbefehl nicht erforderlich; 403 U.S. 443,489. 563 So ζ. B. von Gagel in: Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807,1824 (1995).
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3. Teil: Situation in den USA
hängig von der Einflußnahme eines Nichtprivaten durchführt, so bleibt diese Handlung eine private und die „exclusionary rule" findet keine Anwendung. Vorausgesetzt, die Anforderungen des „Coolidge instrumentality test" sind erfüllt, ist „state action" dort anzunehmen, wo die Durchsuchungen unter direkter Mitwirkung oder Unterstützung von Polizeibeamten vorgenommen wurden. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Privater von einem Polizisten zum Appartement eines Diebes begleitet wird, damit ersterer dort nach Beweisen für die Tat suchen kann 564 . Auch die Unterstützung eines Privaten durch einen Polizisten bei einer Festnahme und bei der daraus resultierenden Durchsuchung des Festgenommenen wurde für ausreichend erachtet, obwohl die Beweise letztendlich durch den Privaten sichergestellt wurden 565 . Schließlich wird in der Regel „state action" auch dann anzunehmen sein, wenn der Private zu seinen Durchsuchungsmaßnahmen von der Polizei angestiftet wurde 566 oder diese auf deren Empfehlung 567 oder Anweisung 568 hin durchgeführt hat. (ß) Handeln Privater ohne direkte Beteiligung der Polizei Bei sicherheitsrechtlichen Handlungen Privater, die ohne unmittelbare Beteiligung von Polizisten oder sonstigen staatlichen Organen durchgeführt wurden, sind die Gerichte mit der Annahme von „state action" noch restriktiver. Zwar hat ein Gericht in Kentucky festgestellt, daß ein Privater bereits dann „state action" ausführt, wenn er eine durch eine staatliche Citizen's-Arrest-Vorschrift gerechtfertigte Festnahme vornimmt 569 . Da jedoch weder der U.S. Supreme Court noch die Gerichte der anderen Staaten diese Rechtsprechung aufgenommen, sondern in vergleichbaren Fällen sogar das Gegenteil entschieden haben 570 , kommt diesem Urteil eher Ausnahmecharakter zu 5 7 1 . Auch die staatliche Lizenzierung, also die Ertei564 State v. Scrotsky, 39 N.J. 410, 189 A. 2d 23 (1963) oder Moody ν. United States, 163 A. 2d 337 (D.C. Munie. Ct. App. 1960). 565 Stapleton v. Superior Court, 447 P. 2d 967 (1968) und People ν. Jones, 419 N.Y.S. 2d 447 (1979). 566 People V. Agnosopoulos, 354 N.Y.S. 2d 575 (1974). Hierzu siehe auch: People ν. Moreno, 135 Cal Rptr. 340 (1976) und Gundlach v. Janing, 401 F. Supp. 1089 (1975). 567 People v. Tarantino, 290 Ρ 2d 505 (1955). Dort hat der Polizeichef einem Toningenieur nahegelegt, eine Abhöreinrichtung in der Wohnung eines Verdächtigen anzubringen. 568 So ζ. B. in: People v. Fierro, 46 Cal. Rptr. 132 (1965), wo ein Polizist einen Hotelmanager aufgefordert hat, das Hotelzimmer eines Verdächtigen zu durchsuchen. Andererseits wurde in: Snyder ν. State of Alaska, 585 Ρ 2d 229 (1978) „state action" abgelehnt, obwohl ein Angestellter einer Fluggesellschaft das Gepäck eines Reisenden nur auf die ausdrückliche Anweisung eines Staatspolizisten hin untersucht hat. 569 Thacker v. Commonwealth, 221 S.W. 2d 682 (1949). 570 ζ. B. People v. Chaetham, 263 Cal. App. 2d 458 (1968); People v. Frank, 275 N.Y.S. 2d 570 (1966) und State v. Bolan, 271 N.E. 2d 839 (1971). 571 So auch Bassiouni, Citizen's Arrest, S. 71 oder auch Euller, Private Security and the Exclusionary Rule, 15 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 649,656 Rz. 29 (1980).
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lung einer gewerberechtlichen Genehmigung an ein privates Sicherheitsunternehmen, wird als solche noch nicht als ausreichender staatlicher Einfluß angesehen, um deren Tätigkeit als „state action" zu qualifizieren 572 . Ebensowenig gilt dies für die meisten staatlichen, das private Sicherheitsgewerbe betreffenden allgemeinen Regulierungsvorschriften 573. In seiner Entscheidung Skinner v. Railway Executives' Association 574 hat der U.S. Supreme Court jedoch festgestellt, daß die im Verordnungswege aufgegebene Auflage einer Bundesbehörde an eine private Eisenbahngesellschaft, nach jedem schweren Unfall von den daran beteiligten Arbeitnehmern Blut- und Urinproben zu entnehmen, um einen etwaigen Alkohol- oder Drogenkonsum festzustellen, als eine für die Annahme von „state action" ausreichende staatliche Beteiligung anzusehen ist. Ist also eine Regelung derart weitgehend, daß sie den Privaten zu einer Beweiserhebung verpflichtet, so wird wiederum dessen Werkzeugeigenschaft angenommen und damit die so gefundenen Beweise der „exclusionary rule" unterworfen 575. (7) Zusammenfassung Die Analyse der diesbezüglich wohl als eher restriktiv zu bezeichnenden Rechtsprechung 576 hat ergeben, daß die Handlungen privater Sicherheitskräfte nur unter ganz bestimmten Umständen als „state action" anzusehen sind. Dies ist zum einen bei den per „deputization" formell bevollmächtigten Privaten sowie den sogenannten „moonlighting police officers" der Fall, zum anderen aber auch dann, wenn der Einfluß des Staates durch eine ausreichend starke, direkte Beteiligung von Polizisten oder eine entsprechend zwingende Gesetzgebung dergestalt gegeben ist, daß der Private nur als verlängerter Arm des Staates anzusehen ist. Die Unterwerfung
572 So in: United States v. Lima, 424 A. 2d 13 (1980), wo festgestellt wurde, daß die Lizenzierungsvorschriften des District of Columbia keine ausreichenden staatlichen Autoritäten an das lizenzierte Personal überträgt. Ähnlich in: Weyandt v. Mason's Stores, Inc., 279 F. Supp. 283 (1968). Anderer Ansicht lediglich: People v. Eastway, 241 N.W. 2d 249 (1976), deren Leitsatz jedoch von People v. Halloway, 267 N.W. 2d 454 (1978) aufgehoben wurde. 573 Bichel Optical Lab., Inc. v. Marquette Ν at'I Bank of Minneapolis, 336 F. Supp. 1368 (Minn. 1971), bestätigt durch: 487 F.2d 906 (8 t h Cir. 1973). So auch: Euller, Private Security and the Exclusionary Rule, 15 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 649, 656 f. (1980). Zur Annahme von „state action" durch intensive staatliche Regulierung im allgemeinen siehe: Jackson v. Metropolitan Edison Co., 419 U.S. 345 (1974). 574 489 U.S. 602 (1989). 575 ibd., 614 f. Es wird hier die „state action" nicht damit begründet, daß es sich bei den die Proben entnehmenden Personen eventuell um „deputized private security" handelt (hierzu Kapitel zwei, Abschnitt B.), sondern ausdrücklich damit, daß der regulierende Einfluß des Staates durch die Verordnungsgebung ausreichend groß sei. 576 So stellt Nemeth in: Private Security and the Law, S. 86 fest, daß die Gerichte in Fällen, denen rassen- oder geschlechtsbedingte Diskriminierungen zugrunde liegen, wesentlich flexibler seien, was die Anwendung der State-Action-Prinzipien angeht als im Bereich der privaten Sicherheit.
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allgemeiner, diese Kriterien nicht erfüllender privater Sicherheitstätigkeit unter U.S. Const, amend. IV wird dagegen abgelehnt. (2) Kritik der Literatur Die relativ große Bereitschaft der Gerichte zur Verwertung von Beweisen, die von privaten Sicherheitskräften illegal erlangt wurden, stößt jedoch teilweise auf erhebliche Kritik in der Literatur. Euller beispielsweise formuliert seine Bedenken dahin, daß Private stehlen, rauben oder einen Safe sprengen könnten, um Beweise zu erhalten, ohne daß diese durch die „exclusionary rule" ihrer gerichtlichen Verwertbarkeit entzogen würden 577 . Im wesentlichen läßt sich diese Kritik in vier Argumentationsstränge zusammenfassen, die im folgenden dargestellt werden sollen. (a) Geschichte und Ratio des U.S. Const, amend. IV Die meisten Kritiker der derzeitigen Linie der Rechtsprechung argumentieren primär mit dem Schutzzweck des U.S. Const, amend. IV. Dieser gewährt jedem Bürger das Recht auf Privatsphäre und damit den Schutz vor unrechtmäßigen Durchsuchungen. Zwar ist durchaus anerkannt, daß hiervon nur staatliche Durchsuchungen bzw. solche, die als „state action" anzusehen sind, gedeckt sind. Es wird jedoch auch die Gefahr gesehen, daß durch die Nichtanwendbarkeit eines Beweisverwertungsverbots auf privat erhobene Beweise dieses Grundrecht ausgehöhlt werden könnte. Diese Bedenken werden anhand eines Vergleichs dieser Situation mit der bis Elkins geltenden „silver platter doctrine" 578 dargelegt. Damals wurde die Beeinträchtigung des U.S. Const, amend. IV dadurch verursacht, daß gliedstaatliche Polizisten, auf die dieses Grundrecht bis dahin nicht angewendet werden konnte, die von ihnen illegal erhobenen Beweise an Bundesbeamte „auf einem silbernen Tablett" übergaben und diese somit verwertbar machten. Viele Autoren sehen nun in der Nichtanwendbarkeit der „exclusionary rule" auf die gewerbliche Sicherheit eine Rückkehr der „silver platter doctrine" in anderer Form 579 . Nemeth bezeichnet diese Praxis gar als „platinum platter doctrine" 580 . Sie befürchten, daß es so zu einer ähnlichen Zusammenarbeit zwischen privaten und staatlichen Sicherheitskräften kommt, wie es vor Elkins zwischen Staats- und Bundesbeamten der Fall war; daß also Private auf eine Art Beweise sammeln, wie sie für Polizisten nicht möglich wäre, und diese dann den staatlichen Strafverfolgungsbehörden übergeben, um eine strafrechtliche Anklage und Verurteilung zu erreichen 581. Bei 577 in Private Security and the Exclusionary Rule, 15 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 649, 650 (1980). Belegt wird dies jeweils mit einer Gerichtsentscheidung, in der derartig gewonnene Beweise verwertet wurden. 578 Hierzu vergleiche die Ausführungen in diesem Abschnitt, 1. a.) und b). 579 So ausdrücklich Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1841 f. (1995). Ähnlich auch Caffuzzi, Who's Guarding the Guards, 40 N.Y.L. Seh. L. Rev. 225, 236 ff. (1995) oder Burkoff, Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629,636 (1981). 580 So in: Private Security and the Law, S. 84.
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Hess/Wrobleski wird die weitgehende Nichtanwendbarkeit der „exclusionary rule" auf private Sicherheitskräfte sogar als einer der Vorteile der gewerblichen Sicherheit aufgeführt 582 . Da es sich bei diesem Werk um eine dem Bundesverband des amerikanischen Wachgewerbes nahestehende Publikation handelt 583 , dies also auch als ein Werbeargument für die private Sicherheit angesehen werden kann, wird deutlich, daß derartige Befürchtungen um eine Aushöhlung des U.S. Const, amend. IV nicht gänzlich unberechtigt sind. Das Risiko einer derartigen Zusammenarbeit sei auch deshalb relativ groß, weil in der gewerblichen Sicherheit mittlerweile viele ehemalige Polizisten oder FBI-Agenten tätig sind, die insofern noch eine gewisse Verbindung zu ihren früheren Kollegen unterhalten. Euller spricht deshalb von einer „Informationspipeline" von den öffentlichen Sicherheitsbehörden zu den einzelnen Unternehmen der privaten Sicherheit 584 . Ein Argument des Elkins-Court bei seiner Entscheidung gegen die „silver platter doctrine" bestand darin, daß das Grundrecht aus U.S. Const, amend. IV nur dann effektiv gewahrt werden kann, wenn der Anreiz für dessen Verletzung wegfällt. Wenn also Beweise, die nur durch einen Verstoß gegen dieses Recht erlangt wurden, dadurch ihre gerichtliche Verwertbarkeit verlieren und der Polizist demzufolge „mit leeren Händen dasteht" 585 . Gerade aber dieses Argument wollen die Kritiker der hierzu bestehenden Rechtsprechung auch auf die Beweiserhebung durch Private angewendet sehen. Sie gehen davon aus, daß Verletzungen der Privatsphäre durch private Sicherheitskräfte verhindert werden könnten, wenn die so erhobenen Beweise einem Verwertungsverbot unterfielen und damit wertlos wären 586 . Dagegen wenden die Befürworter dieser restriktiven State-Action-Rechtsprechung ein, daß die Aufgabe der privaten Sicherheitskräfte nicht in der Unterstützung des öffentlichen Strafverfolgungssystems bestünde, sondern ihr Interesse vielmehr dem präventiven Schutz der Rechtsgüter ihres privaten Auftraggebers gilt 5 8 7 . Ein
sei Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1841 (1995). 582 in: Introduction to the Private Security, S. 63 f. Ähnlich auch Nemeth, Private Security and the Law, S. 96, der hierin einen der Gründe für das starke Wachstum der gewerblichen Sicherheit sieht. 583 Beide Autoren sind Mitglieder der American Society for Industrial Security (ASIS). 584 in: Private Security and the Exclusionary Rule, 15 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 649, 668 (1980). Burkoff sieht in dieser Situation auch die Gefahr, daß diese ehemaligen Polizisten, bedingt durch ihre frühere Berufstätigkeit, genaue Kenntnis von der Nichtanwendbarkeit des U.S. Const, amend. IV auf ihre Handlungen als Private hätten und deshalb zusätzlich zu derart unrechtmäßigen Durchsuchungsmaßnahmen motiviert seien; in: Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629,638 f. (1981). 585 Elkins v. United States, 364 U.S. 206, 217 (1960): „The rule (exclusionary rule) is calculated to prevent not to repair: Its purpose is to deter respect for the constitutional guaranty in the only effectively way, by removing the incentive to disregard it". 586 So jedenfalls Palmer in: Sticky Fingers, 55 Or. L. Rev. 279, 280 (1976). Ebenso Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1842 ff. (1995); Petroziello, Are Private Police Really Private, 2 U. Dayton L. Rev. 275, 288 ff. (1977) und Burkoff, Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629,640 (1981).
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Anreiz für eine unrechtmäßige Durchsuchung zur Erlangung verwertbarer Beweise bestünde daher bei den Privaten ohnehin nicht, da sie an einer strafrechtlichen Verfolgung des Verdächtigen von vornherein kein Interesse hätten. Burkoff wiederum hält dieses Gegenargument schon deshalb nicht für zutreffend, weil seiner Ansicht nach die Gefahr darin besteht, daß die gegenwärtige Rechtslage einen Anlaß für die Polizisten darstellen könnte, Private zu unrechtmäßigen Durchsuchungen anzustiften 588 . (b) „Private security" als „public function" Einige sehen in dem Tätigkeitsbereich der privaten Sicherheitskräfte auch die Erfüllung einer traditionellen staatlichen Funktion im Sinne einer „public function" und plädieren deshalb für die Anwendbarkeit der „exclusionary rule" auf die von ihnen erhobenen Beweismittel 589 . Nach Ansicht dieser Autoren stellt die Ausübung polizeilicher Tätigkeit zumindest dann eine staatliche Aufgabe im Sinne einer „public function" dar, wenn sie mit der Ausübung von Zwang einhergeht. Untrennbar verbunden mit diesem exklusiven Recht zur Gewaltanwendung sei jedoch auf der anderen Seite die Pflicht eines Staatswesens, die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Allgemeinheit zu gewährleisten 590. Bedingt durch das Gewaltmonopol sei es auch ausschließlich dem Staat vorbehalten, festzulegen, wie er dieser Pflicht gerecht wird, wer demzufolge derartige, mit der Ausübung von Zwang verbundene polizeiliche Aufgaben ausführen darf 591 . Neben der Gewährleistung der allgemeinen Sicherheit durch die Bereitstellung der Polizei kommt der Staat dieser Pflicht jedoch auch dadurch nach, daß er den Bürgern gewisse Rechte zur Selbstverteidigung überträgt. Eine derartige, dem Staat vorbehaltene Übertragung von Kompetenzen zur Ausübung von Zwang wird also nicht erst bei der Polizei oder in der formellen Bevollmächtigung mit polizeilichen Befugnissen im Rahmen einer „deputization" gesehen, sondern bereits mit der gesetzlichen Bewilligung der Selbsthilferechte 592. Schon die Gewährung des Notwehrrechts oder 587 Braun/Lee, Private Police Forces, 38 U. Chi. L. Rev. 555, 556 f. (1971). 588 in: Not so Private Searches, S. 640. 589 Petroziello, Are Private Police Really Private, 2 U. Dayton L. Rev. 275, 278 (1977); Note, Private Searches and Seizures: An Application of the Public Function Theory, 48 Geo. Wash. L. Rev. 433 (1980); Bassiouni, Citizen's Arrest, S. 71 f. Ebenso m.w.N., Euller, Private Security and the Exclusionary Rule, 15 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 649,661 Rz. 42 (1980). 590 Liebmann, Delegation to Private Parties, 50 Ind. L. J. 650, 713 (1975). Siehe ebenfalls: Fine, Private Assumption of the Police Function, 51 B.U. L. Rev. 464,471 (1971), mit Bezug auf Steitz v. Beacon, 64 N.E. 2d 704 (1945) und m.w.N. zu entsprechenden Gerichtsentscheidungen. Hierzu auch die Meinung von Richter Stevens in seiner abweichenden Stellungnahme in: Flagg Bros., Inc. v. Brooks. 436 U.S. 149, 172 (1978). 591 Fine, Private Assumption of the Police Function, 51 B.U. L. Rev. 464,470 f. (1971). 592 Fine, ibd., S. 470 ff., 474. Zu diesem Problembereich der Übertragung einer „public function" durch die Gewährung von Jedermannrechten ausführlich auch Burkoff, Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629, 644 ff. (1981). Dieser stützt sich dabei vor allem auf
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eines Rechts zur vorläufigen Festnahme nach den Grundsätzen des „citizen's arrest" sei - aufgrund des Zwanges, der bei deren Anwendung ausgeübt wird - also bereits eine Übertragung der eigentlich dem Staat vorbehaltenen hoheitlichen „police function" an einen Privaten 593 . Wie bereits in Kapitel zwei dargestellt, stoßen die gewerblichen Sicherheitsdienste in immer mehr Bereiche vor, die bis vor einiger Zeit noch der öffentlichen Polizei vorbehalten waren. Die Bekämpfung des Ladendiebstahls beispielsweise geschieht mittlerweile fast ausschließlich durch private Sicherheitskräfte 594. Diese Expansion der gewerblichen Sicherheit wird unter anderem auch damit begründet, daß der Staat nicht mehr in der Lage sei, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung alleine durch die Bereitstellung der öffentlichen Polizei in vollem Umfang zu gewährleisten. Die mit den staatlich gewährten Selbsthilferechten ausgestatteten privaten Sicherheitskräfte seien demzufolge mittlerweile zu einem festen Bestandteil der Gefahrenabwehr geworden. Der Staat könnte ohne die Tätigkeit der gewerblichen Sicherheit seiner Pflicht, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewähren, nicht mehr nachkommen. Wenn aber nun die grundrechtlichen Schutznormen und insbesondere das U.S. Const, amend. IV nicht auch auf die Handlungen der privaten Sicherheitskräfte anwendbar sind, besteht nach dieser kritischen Auffassung die Gefahr, daß sich der Staat mittels dieser Übertragung eines Teils seiner Aufgaben auf Private seiner verfassungsrechtlichen Pflichten gegenüber den Bürgern entledigt. Da aber eines der Hauptziele der „public function doctrine" darin gesehen wird, daß eine solche Umgehung von Verpflichtungen im Wege einer Aufgabendelegation an Private gerade verhindert werden soll 5 9 5 , erscheint nach dieser Auffassung eine Erweiterung der Anwendbarkeit der „exclusionary rule" auch auf Privatpersonen das einzige Mittel zu sein, um diese drohende Aushöhlung der entsprechenden Grundrechte abwenden zu können 596 .
seine Interpretation der Supreme-Court-Urteile Griffin v. Maryland, 378 U.S. 130 und Flagg Bros., Inc. v. Brooks, 436 U.S. 149 bzw. die dort enthaltene abweichende Meinung von Richter Stevens. 593 Euller, Private Security and the Exclusionary Rule, 15 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 649, 658 (1980). Ebenso: Caffuzzi, Who's Guarding the Guards, 40 N.Y.L. Sch. L. Rev. 225, 247 (1995). 594 Diesbezüglich sei auf die entsprechenden Ausführungen in Kapitel zwei, Abschnitt B.) III. verwiesen. Dies feststellend aber auch Euller in: Private Security and the Exclusionary Rule, 15 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 649,658 (1980). 595 Dels Big Saver Foods, Inc. v. Carpenter Cook, Inc., 795 F. 2d 1344, 1346 (7 t h Cir. 1986) So auch Caffuzzi, Who's Guarding the Guards, 40 N.Y.L. Sch. L. Rev. 225, 245 (1995). 596 So jedenfalls Burkoff, Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629, 665 f. (1981); Gagel, Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1849 (1995). Ebenso Kakalik/ Wildhorn, Private Police, S. 472 ff.; Bassiouni, Citizen's Arrest, S. 72 f. oder Euller, Private Security and the Exclusionary Rule, 15 Harv. C.R.-C.L. L. Rev. 649,663 f. (1980).
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(c) Richterliche Integrität Viele halten eine erweiterte Anwendbarkeit der „exclusionary rule" auf die Handlungen Privater auch deshalb für erforderlich, um die richterliche Integrität zu schützen. Dieses Argument des „imperative of judical integrity", das noch aus Zeiten der Silver-Platter-Diskussion stammt 597 , geht davon aus, daß ein Richter, der einen in einer gegen die Grundsätze des U.S. Const, amend. IV verstoßenden Art und Weise gewonnenen Beweis verwertet, damit selbst eine Grundrechtsverletzung begeht. Richterliche Integrität erfordere eine Abwägung zwischen der Pflicht eines jeden Gerichts, die Rechte des Angeklagten zu wahren und seiner Aufgabe der Wahrheitsfindung 598. So wird zwar zugestanden, daß Gerichte nicht bei jedem Beweis, der unter Verletzung des U.S. Const, amend. IV gewonnen wurde, automatisch von einer Verwertung absehen müßten, da in diesem Bereich die Rechtsverletzung bereits dann vollendet ist, wenn der Beweis in die Hände des Gerichts gelangt 599 . Sollte diese Verwertung aber einen Anreiz zu weiteren Verletzungen grundrechtlicher Schutzvorschriften darstellen, so müsse zugunsten der richterlichen Integrität hiervon abgesehen werden 600 . Nach Ansicht dieser Kritiker stellt die derzeitige Rechtsprechung - mit ihrem Grundsatz der Nichtanwendbarkeit des U.S. Const, amend. IV auf Private - gerade eine solche Ermutigung zu weiteren Verletzungen der Privatsphäre dar 6 0 1 . Gegen diesen Argumentationsansatz wird allerdings vorgebracht, daß es eigentlich nicht zum auftragsgemäßen Aufgabenbereich der privaten Sicherheitskräfte gehört, Beweise für Strafverfahren zu erlangen, sondern daß dies höchstens zufällig der Fall wäre. Private Sicherheitskräfte wären schließlich nicht für die Strafverfolgung zuständig, würden auch nicht für die Erlangung von strafrechtlich verwertbarem Beweismaterial bezahlt und hätten dementsprechend auch kein Interesse an einer derartigen Beweiserhebung. Demzufolge dürfte die gerichtliche Verwertbarkeit oder Nichtverwertbarkeit von Beweisen bei der Motivation des Sicherheitspersonals eigentlich keine allzu große Rolle spielen 602 . Berücksichtigt man aller597 Schon in der Elkins-Entscheidung, 364 U.S. 206, 222 f., wurde dies als einer der Gründe für die Abschaffung der „silver platter doctrine" angeführt. Es sollte verhindert werden, daß die Gerichte zu „Komplizen einer vorsätzlich begangenen Gesetzesverletzung" gemacht werden; ibd., S. 223. 598 Archey, The Status of Private Searches, 49 La. L. Rev. 873, 896 (1989). Zustimmend: Caffuzzi, Who's Guarding the Guards, 40 N.Y.L. Sch. L. Rev. 225, 242 (1995). 599 Archey, ibd., S. 897. eoo So grundsätzlich auch der U.S. Supreme Court in: United States v. Janis, 428 U.S. 433, 458. 601 Burkoff, Not so Private Searches, 66 Cornell L. Rev. 629, 641 f. (1981); Caffuzzi, Who's Guarding the Guards, 40 N.Y.L. Sch. L. Rev. 225, 242 (1995). Im Ergebnis zustimmend: Fine, Private Assumption of the Police Function, 51 B.U. L. Rev. 464,473 (1971). 602 So jedenfalls Archey in: The Status of Private Searches, 49 La. L. Rev. 873, 897 (1989), der in dieser Rechtsprechung deshalb keine Ermutigung zu rechtswidrigen Beweiserhebungen sieht und daher auch keinen Grund für eine Erweiterung des Beweisverwertungs-
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dings die Gefahr, die von der bereits angesprochenen Zusammenarbeit zwischen Polizei und gewerblicher Sicherheit ausgeht, so dürfte der von dieser Rechtsprechung ausgehende Anreiz, weiterhin illegale Durchsuchungen vorzunehmen, immer noch groß genug sein 603 . Im Zusammenhang mit der richterlichen Integrität wird von einigen schließlich dahingehend argumentiert, daß zwar die rechtswidrige Beweiserhebung durch einen Privaten noch keine „state action" sei, dafür aber die daraus resultierende Verwertung durch ein Gericht. Erst das Gericht begehe also durch seine Anerkennung der Beweise die Grundrechtsverletzung 604. Abgesehen davon, daß sich die Judikative nicht an einer Grundrechtsverletzung beteiligen dürfte, wäre demnach die Anwendbarkeit der „exclusionary rule" auch auf privat erhobene Beweise also schon aus State-Action-Gesichtspunkten zu bejahen. Da dieses Argument bisher jedoch weder in der Rechtsprechung noch in der übrigen Literatur aufgegriffen wurde, soll es hier mit dem Hinweis auf dessen Existenz sein Bewenden haben.
2. U.S. Const, amend. Vund VI; Anwendbarkeit der „Miranda rule " Ebenfalls innerhalb der Thematik um die Verwertbarkeit von Beweisen werden im Zusammenhang mit der gewerblichen Sicherheit neben U.S. Const, amend. IV weiter noch U.S. Const, amend. V und V I problematisiert. So wird in U.S. Const, amend. V unter anderem geregelt: „No Person ... shall be compelled in any criminal case to be a witness against himself ...,".
Weiterhin wird die Stellung des Beschuldigten durch U.S. Const, amend. V I und das dort festgeschriebene Recht auf einen Verteidiger gestärkt: „In all criminal prosecutions, the accused shall enjoy the right... to have the assistance of counsel for his defence."
Dieses verfassungsrechtlich gewährte Recht, sich nicht selbst bezichtigen zu müssen, sowie das Recht auf Verteidigung stellen den rechtlichen Rahmen für die sogenannte „Miranda rule" und die damit zusammenhängende Diskussion im Rahverbotes auf die gewerbliche Sicherheit. Die zivil- und strafrechtlichen Sanktionen für eine rechtswidrige Durchsuchungsmaßnahme seien demgegenüber das wesentlich wirkungsvollere Mittel zur Verhinderung weiterer Verstöße gegen den Schutzbereich des U.S. Const, amend. IV. Ähnlich auch Hall, Search and Seizure Inapplicability of the Fourth Amendment, S. 61. 603 Vergleiche hierzu auch die von Reiter in: Admissibility, in Criminal Case, of Evidence Obtained by Search by Private Individual, 36 A.L.R. 3d 553 (1996), art. 9a, analysierten Gerichtsentscheidungen . 604 Ziff, Seizure by Private Parties, 19 Stan. L. Rev. 608, 614 f. (1967); zustimmend: Caffuzzi, Who's Guarding the Guards, 40 N.Y.L. Sch. L. Rev. 225, 242 f. (1995).
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men der privaten Sicherheit dar. Der Entscheidung Miranda v. Arizona 605, auf die die „Miranda rule" zurückzuführen ist, lag zugrunde, daß der Beschuldigte M. nach seiner Festnahme ein Geständnis vor der Polizei abgelegt hat, ohne zuvor auf seine Rechte, die Aussage zu verweigern oder anwaltlichen Beistand hinzuzuziehen, hingewiesen worden zu sein. Bereits vor dieser Entscheidung stellte der U.S. Supreme Court fest, daß wenn ein Beschuldigter in Polizeigewahrsam eine selbstbelastende Aussage ohne seinen Anwalt macht, die Anklage beweisen muß, daß dieser wissentlich und freiwillig auf seine Rechte aus U.S. Const, amend. V und V I verzichtet hat 6 0 6 . In Miranda wurde dann entschieden, daß dieses Wissen und die Freiwilligkeit des Beschuldigten nur dann angenommen werden kann, wenn dieser zuvor ausdrücklich über seine Rechte belehrt wurde 607 . Begründet wurde dies damit, daß ein Verdächtiger sich bei einer derartigen Vernehmung stets in einer physischen oder psychischen Zwangslage befindet, die ihn zur Aussage von Dingen veranlassen würde, die er unter normalen Umständen nicht preisgeben würde 608 . Der Ausgleich mangelnder Kenntnis von Verfahrensvorschriften stand hier also nicht im Vordergrund. Seit diesem Urteil sind solche Aussagen eines Beschuldigten, die unter einer entsprechenden Zwangssituation zustandegekommen sind, nur dann vor Gericht gegen ihn verwertbar, wenn die Anklage nachweisen kann 6 0 9 , daß der vernehmende Polizeibeamte den Beschuldigten vor seiner Aussage über seine Rechte belehrt hat 6 1 0 . Dieser Grundsatz wird mittlerweile als „Miranda rule" und die entsprechende Belehrung als „Miranda warnings" bezeichnet611. Die Frage, die nun im Zusammenhang mit der gewerblichen Sicherheit gestellt wird, ist die, inwieweit von diesem, neben der „exclusionary rule" existierenden weiteren Beweisverwertungsverbot auch Aussagen betroffen sind, die von einem 605 384 U.S. 436 (1966). 606 So bereits in: Johnson v. Zerbst, 304 U.S. 458 (1938). 607 384 U.S. 436,467 ff. 608 384 U.S. 436, 445 ff. Diese Zwangslage läßt sich in erster Linie unmittelbar nach einer Festnahme feststellen. Aber auch bei einer in sonstiger Weise spürbaren Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit; ibd., S. 452 ff. Die kurze Befragung eines am Straßenrand angehaltenen Verkehrsteilnehmers (Berkemer v. McCarty, 468 U.S. 420) oder das freiwillige Aufsuchen einer Polizeistation (Oregon v. Mathiason, 429 U.S. 492) jedoch fallen nicht hierunter. 609 Dieser Nachweis wird mittlerweile dadurch geführt, daß dem Beschuldigten eine Erklärung in Form eines Formblattes („waiver of rights") vorgelegt wird, in der dieser mit seiner Unterschrift bestätigt, daß er entsprechend belehrt wurde und trotzdem auf seine verfassungsmäßigen Rechte aus U.S. Const, amend. V und V I verzichten möchte. Hierzu: Nemeth, Private Security and the Law, S. 201, 203 (figure 5.4). 610 So wurde in dieser Entscheidung auch festgelegt, welche Punkte diese Belehrung enthalten muß, um den Anforderungen von U.S. Const, amend. V und V I zu genügen: „The person in custody must, prior to interrogation, be clearly informed that he has the right to remain silent, and that anything he says will be used against him in court; he must be clearly informed that he has the right to consult with a lawyer and to have the lawyer with him during interrogation, and that, if he is indigent, a lawyer will be appointed to represent him."; 384 U.S. 436,467 ff. 611 Bumham, William, Introduction to the Law and Legal System of the United States, S. 296f.
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dahingehend nicht belehrten Verdächtigen gegenüber einer privaten Sicherheitskraft gemacht wurden, ob also auch private Wachleute die „Miranda warnings" geben müßten. Da es sich jedoch auch bei diesen Schutzvorschriften um solche der verfassungsrechtlichen Art handelt, läßt sich das unter Punkt 1.) bei der Frage der Anwendbarkeit der „exclusionary rule" bereits Ausgeführte auch hierauf anwenden. Grundsätzlich entfalten diese Schutznormen ihre Wirksamkeit nur dann, wenn sie sich gegen Maßnahmen des Staates oder dessen Funktionäre richten612. Handlungen von Privatpersonen, also eben auch von privaten Sicherheitskräften, fallen nur dann unter diese Beschränkungen, wenn sie sich als „state action" darstellen 6 1 3 . In allen anderen Fällen jedoch, in denen Verdächtige von privatem Sicherheitspersonal ohne ausreichenden staatlichen Einfluß vernommen und nicht vorher nach den Grundsätzen der „Miranda rule" belehrt werden, bleiben die hierbei gewonnenen Erkenntnisse strafprozessual verwertbar 614 . Zwar wird dieser Problematik in der Literatur erheblich weniger Bedeutung beigemessen als der oben besprochenen Anwendbarkeit der „exclusionary rule". Nichtsdestotrotz existieren auch hierzu Stimmen, die die gegenwärtige Rechtsprechung kritisieren und die „Miranda rule" auch bei privaten Vernehmungen angewendet wissen wollen. Hauptkritikpunkt hierbei ist die Befürchtung, daß private Wachleute nach der derzeitigen Linie der Gerichte über mehr Möglichkeiten verfügen als die staatliche Polizei, einen Festgenommenen so zu befragen, daß die Aussage noch gerichtlich verwertet werden kann. Weiter wird die Gefahr gesehen, daß diese Möglichkeiten auch in Form illegaler und gewaltsamer Vernehmungsmethoden ausgenützt werden könnten 615 .
612 So wurde in State v. Solan, 271 N.E. 2d 839, 842 (1971) entschieden: „The duty of giving Miranda warnings is limited to the employees of governmental agencies whose function is to enforce the law, or to those acting for such law enforcement agencies by direction of the agencies;... it does not include private citizens not directed or controlled by a law enforcement agency ...". Im übrigen sei hier auf die obenstehenden Ausführungen zur Rechtsprechung bezüglich der Annahme von „state action" im Bereich der privaten Sicherheit verwiesen; Abschnitt A. II. 1. c.) (I) in diesem Kapitel. 613 Dies wurde in diesem Zusammenhang z. B. im Fall eines „deputized private security officer" bejaht; Williams v. United States, 341 U.S. 97 (1951); Pratt ν. State, 263 A.2d 247 (1970); ebenso für einen Privaten, der auf Anweisung der örtlichen Polizei gehandelt hat; Tarnefv. State, 512 P. 2d 923 (Alaska 1973). 614 So entschieden ζ. B. in: State v. Bolan, 271 N.E. 2d 839 (1971); State v. Lombardo, 457 P.2d 275 (1969); People ν. Amata, 75 Cal. Rptr. 860 (1969); State v. Kelly, 294 A.2d 41 (1972); People v. Frank, 275 N.Y.S. 2d 570 (1966); Commonwealth ν. Green, 63 Pa. D. & C..2d 388 (1973) und People ν. Leroy Morgan, 180 NW2d 842 (1970). In People v. Faulkner, 282 N.W. 2d 377 (1979) und in Bowman ν. State of Indiana, 468 N.E.2d 1064 (Ind. Ct. App. 1985) wurde dies sogar im Fall der Vernehmung durch einen „moonlighting police officer" entschieden. 615 So vor allem Marshall, Fifth Amendment Protection to Private Security Guard Abuse, 96 Dick. L. Rev. 37,49 ff., 57 (1991). Ähnlich aber auch Szuberla, Defining Private Security Law, 13 U. Toi. L. Rev. 377,406 (1982) und Kakaük/Wildhorn, The Private Police, S. 324 f., der die daraus entstehenden Unterschiede jedoch durch die den Privaten durch das „tort law" gesetzten Grenzen relativiert sieht. 20 Huber
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II. Gerichtliche Geltendmachung einer Grundrechtsverletzung Einen weiteren, vom Ergebnis her eigentlich eher dem Abschnitt über die zivilrechtliche Haftung zuzuordnenden Aspekt der verfassungsrechtlichen Untersuchung der gewerblichen Sicherheit stellt die zivilrechtliche deliktische Anspruchsgrundlage des 42 U.S.C. § 1983 dar. Dort wird geregelt: „ E v e r y person who, under color of any statute, ordinance, regulation, custom, or usage, of any State or Territory or the District of Columbia, subjects, or causes to be subjected, any citizen of the United States or other person within the jurisdiction thereof to the deprivation of any rights, privileges, or immunities secured by the Constitution and laws, shall be liable to the party injured in an action at law, suit in equity, or other proper proceeding for redress."
Diese Norm stellt also einen Ausgleichsanspruch dar, nach der ein Kläger, dessen Rechte aus der Bundesverfassung oder einem Bundesgesetz geschmälert wurden, auch gegen einen privaten Schädiger gewisse zivilrechtliche Schadensersatzforderungen geltend machen kann 6 1 6 . Im Fall einer Rechtsverletzung, die durch einen Beschäftigten des privaten Sicherheitsgewerbes verursacht wurde, muß der Verletzte also zunächst darlegen, daß ihn der beklagte Private in einem seiner verfassungsmäßig garantierten Rechte verletzt hat. Dies kann z. B. bei einer durch eine unrechtmäßige Durchsuchungsmaßnahme erfolgten Verletzung des U.S. Const, amend. IV der Fall sein 617 . Weiter kann eine rechtswidrige Festnahme einen Verstoß gegen den Due-Process-Grundsatz aus U.S. Const, amend. V und XIV darstellen 618. Die entscheidende und weitaus schwieriger zu erfüllende Voraussetzung für einen Anspruch aus 42 U.S.C. § 1983 stellt jedoch dessen sogenanntes „under color of state law"-Erfordernis dar. Bei der Feststellung, ob eine Privatperson wegen der Verletzung von Grund- oder anderen Bundesrechten haftbar gemacht werden kann, ist zu klären, inwieweit diese Rechtsverletzung einem Gliedstaat zugerechnet werden kann 6 1 9 . Gestützt auf diesen Aspekt der Zurechnung kann daher auch die Parallele dieses Begriffs zu dem der „state action" gezogen werden. Festzuhalten ist jedoch, daß dem Wort „state" in diesen beiden Begriffen eine unterschiedliche Bedeutung beigemessen wird. Während dieser in „state action" die Staatlichkeit 616 Entstehungsgeschichtlich ist diese, ursprünglich als „Ku Klux Klan Act of 1871" bezeichnete Vorschrift als weiteres Mittel zur Bekämpfung von Sklaverei und Rassendiskriminierung eingeführt worden. Durch die hierdurch geschaffene Möglichkeit des Bundes, auf die Gesetze der Gliedstaaten einzuwirken, sollte vor allem die Politik der Südstaaten angepaßt werden; siehe: Nemeth, Private Security and the Law, S. 157. 617 Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 174. 618 Hierzu siehe die bei DiSabatino, Actionability, Under 42 U.S.C. § 1983,44 A.L.R. Fed 225 (1996), art. 24a., aufgelisteten Gerichtsentscheidungen. 619 Rendall-Baker v. Kohn, 457 U.S. 830 838 (1982), hierbei bezugnehmend auf Lugar v. Edmondson Oil Co., 457 U.S. 922, 937.
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als solche, also den Gegensatz zum Privaten verkörpert, ist bei der „color of state law" der gliedstaatliche im Gegensatz zum bundesstaatlichen Einfluß gemeint 620 . Inhaltlich gesehen ist im Rahmen dieser Arbeit jedoch die Aussage gerechtfertigt, daß diese beiden Begriffe zumindest dann im wesentlichen als gleichbedeutend anzusehen sind, solange die „state action" auf glied- und nicht auf bundesstaatlichen Einfluß zurückzuführen ist 6 2 1 . Wenn auch der U.S. Supreme Court in neueren Entscheidungen begonnen hat, diesbezüglich geringfügig zu differenzieren 622, so erscheint ein detailliertes Eingehen auf den genauen Unterschied zwischen diesen Begriffen hier schon deshalb nicht geboten, da diese Differenzierung für die hier zu behandelnde Problematik keine ausschlaggebende Bedeutung hat 6 2 3 . An dieser Stelle sei daher lediglich auf die Existenz dieser Anspruchsgrundlage und deren Bedeutung für das Sicherheitsgewerbe hingewiesen. Wenn also nach den oben besprochenen Grundsätzen und richterlichen Linien die Handlung einer privaten Sicherheitskraft als „state action" zu qualifizieren ist, so erfüllt sie damit stets auch das „color of state law"-Erfordernis. Dies zumindest dann, wenn die „state action" durch staatlichen Einfluß entstanden ist, der nicht auf den Bund oder eines seiner Organe zurückzuführen ist 6 2 4 . Die bloße Ausstattung des Privaten mit speziellen staatlich normierten Festnahmerechten im Sinne der „shoplifting statutes" reicht hierfür beispielsweise nicht aus 625 . Aufgrund der dargelegten weitgehenden Übereinstimmung der Begriffe von „state action" und „under color of state law" wird im übrigen auf die obenstehenden Ausführungen zur richterlichen Anerkennung von „state action" bei Handlungen privater Sicherheitskräfte verwiesen. Bleibt festzuhalten, daß bei Vorliegen von „state action" 620 Vergleiche hierzu die Ausführungen zum Begriff der „state action" in diesem Kapitel, Abschnitt Α. I. 3. a). 621 So auch die frühere ständige Rechtsprechung des U.S. Supreme Court ζ. B. in: U.S. v. Price , 383 U.S. 787, 794 (1966). Ebenso Robbins, Privatization of Prisons: An Analysis, 20 Conn. L. Rev. 813, 836 (1988): „the constitutional standard for finding state action is closely related, if not identical, to the statutory standard for determining color of state law." 622 Erstmals in: Lugar v. Edmondson Oil Co., 457 U.S. 922,930 ff. (1982). 623 So im Ergebnis auch Bilek, Legal Aspects, S. 175. Auch Kakalik/ Wildhorn verwenden diese Begriffe anscheinend synonym; in: The Private Police, S. 231 Rz. 44. Ebenso: Jacobsen, The Model Campus Police Jurisdiction Act, 29 Colum. J.L. & Soc. Probs. 39,54 (1995). Ausführlich zum Verhältnis zwischen „state action" und „color of state law" im allgemeinen, siehe: Giegerich, Privatwirkung der Grundrechte in den USA, S. 9 ff. und 423 ff. oder Thomas/Calvert-Hanson, The Implications of 42 U.S.C. § 1983, 16 Fla. St. U. L. Rev. 933, 936 ff. (1989). 624 ßaer v. Baer, 450 F. Supp. 481 (1978). 625 White v. Scrivner Corp., 594 F. 2d 140 (5 t h Cir. 1979); Battle v. Payton-Hudson Corp., 399 F. Supp. 900 (D. Minn. 1976); Warren v. Cummings, 303 F. Supp. 803 (D. Col. 1969); Weyandt v. Mason's Stores, Inc., 279 F. Supp. 283 (W.D. Pa. 1968). Anders hat hierzu lediglich ein Bundesgericht in Pennsylvania entschieden, das in diesen Vorschriften die Übertragung einer öffentlichen Aufgabe sieht und daher die Anwendbarkeit des 42 U.S.C. § 1983 bejaht hat; DeCarlo ν. Joseph Hörne & Co., 251 F. Supp. 935 (W.D. Pa. 1966). Ebenso: Smith v. Brookshire Brothers, Inc., 519 F.2d 93 (5 t h Cir. 1975). 20*
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bzw. „color of state law" die grundrechtsverletzende Handlung einer privaten Sicherheitskraft einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Geschädigten aus 42 U.S.C. § 1983 auslöst. Dieser Anspruch kann gegenüber dem „security officer", nicht jedoch gegen seinen Arbeitgeber 626 geltend gemacht werden und steht neben den bereits besprochenen Schadensersatzansprüchen aus dem „tort law" 6 2 7 .
B. Ergebnis Faßt man dieses Kapitel über die verfassungsrechtliche Untersuchung der gewerblichen Sicherheit zusammen, so läßt sich abschließend feststellen, daß weder Literatur noch Rechtsprechung in der bloßen Existenz der Institution „private security" Probleme verfassungsrechtlicher Art erkennen. Problematisiert wird hier ausschließlich die Anwendbarkeit der grundrechtlich gewährten Beweisverwertungsregeln im Bereich des Strafprozeßrechts. Die hierzu geltende Rechtsprechung des U.S. Supreme Court geht davon aus, daß diese Regeln ihrem Schutzzweck nach lediglich auf die Handlungen staatlicher Funktionäre anwendbar sind. Nach der zur Bestimmung der Drittwirkung von Grundrechten existierenden „state action doctrine" wird die Wirkung von Grundrechten auch gegenüber Handlungen von funktionell privatem Sicherheitspersonal jedoch dann bejaht, wenn diese unter einem gewissen Einfluß des Staates zustandegekommen sind. Die geringe Bereitschaft des Supreme Court, den Handlungen der verschiedenen „private security officer" die State-Action-Qualität zuzugestehen628, stößt in der Literatur auf gewisse Kritik. Diese zielt primär darauf ab, daß ohne eine umfassende Anwendbarkeit der entsprechenden grundrechtlichen Schutznormen auch auf den immer stärker wachsenden privaten Bereich der Gefahrenabwehr eine Aushöhlung dieser Grundrechte droht. Auch wenn die privaten Sicherheitskräfte nur ausnahmsweise mit Aufgaben der Strafverfolgung betraut sind und daher grundsätzlich keine besonders große Motivation zur Erlangung von strafprozessual verwertbarem Beweismaterial besitzen dürften, kann diese Gefahr der Entwertung einzelner grundrechtlicher Schutzbereiche nicht von der Hand gewiesen werden. Nichtsdestotrotz wird eine generelle Anwendbarkeit jener verfassungsrechtlich begründeten Beweisverwertungsverbote auf das private Sicherheitsgewerbe von der Rechtsprechung nach wie vor weitgehend abgelehnt.
626 Duchesne v. Sugarman, 566 F.2d 817 (1977); Scott v. Vandiver, 476 F.2d 238 (1973); McDonald v. Illinois, 557 F.2d 596 (1977). DiSabatino in: Actionability, Under 42 U.S.C. § 1983, 44 A.L.R. Fed 225 (1996), art. 2a. hält dies allerdings für strittig. 627 Bilek/Klotter/Federal, Legal Aspects, S. 175. 628 Gagel in: Stealthy Encroachments, 63 U. Cin. L. Rev. 1807, 1821 (1995), formuliert diese Linie so, daß der U.S. Supreme Court weniger als bereit sei, in Grenzfällen „state action" anzunehmen.
Vierter
Teil
Rechtsvergleich Diesen Abschnitt einleitend, ist nochmals zu betonen, daß der nun folgende, im Laufe der Arbeit bereits mehrfach angekündigte Rechtsvergleich, keine Wiederholung oder Zusammenfassung der in den drei vorangegangenen Teilen erarbeiteten Ergebnisse darstellt. Er dient vielmehr der Aufgabe, diese jeweiligen Ergebnisse auszuwerten. Da die Basis dieses Vergleichs durch die in beiden Ländern jeweils zugrundeliegenden Untersuchungsobjekte gebildet wird, ist an dieser Stelle nochmals auf deren grundsätzliche Vergleichbarkeit hinzuweisen1. So hat die im ersten Teil erfolgte Gegenüberstellung der begrifflichen Definitionen eine inhaltlich nahezu vollständige Deckung ergeben. In beiden Ländern betreffen sie Sicherheitseinrichtungen, die mit der Aufgabe betraut werden, fremde Rechtsgüter vor unberechtigten menschlichen Eingriffen zu schützen. Die Erfüllung dieser Aufgaben wird hier wie dort gewerblich ausgeübt und im Gegensatz zur öffentlichen Sicherheit direkt vom Auftraggeber der Dienstleistung bezahlt. Neben diesen Merkmalen der Sicherheit und der gewinnorientierten gewerblichen Ausrichtung werden schließlich beide Begriffe hauptsächlich durch den Privatstatus der die Sicherheitsaufgaben erfüllenden Personen definiert. Dieser wird jeweils in einer Negativabgrenzung zu den staatlichen Sicherheitskräften bestimmt. Es läßt sich also feststellen, daß die dieser Gegenüberstellung zugrundeliegenden Begriffe des Sicherheits- und Bewachungsgewerbes und der „private security" in beiden Ländern die Institution der gewerblichen Sicherheit meinen und somit vergleichbar sind.
A. Geschichte In der geschichtlichen Entwicklung sind zunächst einige Übereinstimmungen zwischen der amerikanischen und der deutschen gewerblichen Sicherheit zu erkennen. Die zur Erreichung zusätzlicher Sicherheit ins Leben gerufenen unterschiedlichen Selbsthilfeinitiativen der Bürger, deren Anfänge wiederum auf den klassischen Nachtwächter zurückzuführen sind und daher bis ins 15. Jahrhundert zurückreichen, werden in beiden Ländern als die Vorboten des Sicherheitsgewerbes angesehen. Der Anstoß zur Errichtung der Institution gewerblicher Sicherheit ging 1
Hierzu bereits ausführlich: siehe erster Teil, zweites Kapitel.
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4. Teil: Rechtsvergleich
dann sowohl in Deutschland als auch in den USA weitgehend aus der von Seiten des Staates unzureichend gewährleisteten Sicherheitslage Mitte des 19. Jahrhunderts und der damit verbundenen, ständig wachsenden Nachfrage der Bevölkerung nach Schutz und Bewachung hervor. Dieser steigende Bedarf an Sicherheit führte schließlich in beiden Ländern dazu, daß sich zunächst Einzelpersonen, später auch ganze Unternehmen dazu entschlossen haben, ihre Bewachungsdienste in gewerblicher Weise anzubieten. Diese Entwicklung verlief jedoch in beiden Ländern mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. So wurde das erste ernstzunehmende Sicherheitsunternehmen in den USA circa 50 Jahre vor der Errichtung eines entsprechenden Betriebs in Deutschland gegründet. Daher verwundert es auch nicht, daß der Kaufmann Jacobs Anfang dieses Jahrhunderts das zu diesem Zeitpunkt in den USA bereits florierende Sicherheitsgewerbe zunächst studierte, bevor er schließlich im Jahre 1901 das erste deutsche Sicherheitsunternehmen nach amerikanischem Muster gründete 2. Zumindest in den Anfängen der gewerblichen Sicherheit Deutschlands ist demnach ein maßgeblicher Einfluß des zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden amerikanischen Bewachungsgewerbes zu erkennen. Nachfolgend soll nun überprüft und ausgewertet werden, ob bzw. inwieweit derartige Impulse auch auf das heutige deutsche Bewachungsgewerbe ausgeübt werden. Sowohl die Übernahme neuer Aufgabenbereiche durch das deutsche Sicherheitsgewerbe3 als auch der Einzug amerikanischer Begriffe in das deutsche Fachvokabular 4 sprechen jedoch für einen nach wie vor bestehenden Einfluß. Weiter ist festzustellen, daß die gewerbliche Sicherheit in den USA - ζ. B. durch ihre Tätigkeiten im Rahmen des bahnpolizeilichen Aufgabenbereichs - bereits relativ früh in öffentlich zugänglichen Bereichen Fuß gefaßt hat. Ein vergleichbares, bereits in den Anfängen des Sicherheitsgewerbes zu beobachtendes Tätigwerden im öffentlichen Verkehrsraum war dagegen beim deutschen Bewachungsgewerbe nicht zu verzeichnen. So zeigt sich bereits im Rahmen der Analyse der geschichtlichen Entwicklung in beiden Ländern ein signifikanter Unterschied in der Akzeptanz und im Spektrum der Arbeitsbereiche des Sicherheitsgewerbes. Während die „private security" in den USA von Anbeginn in Bereiche wie die der „railroad police", der „campus security" oder sogar in den staatlichen Nachrichtendienst vorgedrungen ist, wurde das deutsche Bewachungsgewerbe - zumindest in seinen Griinderjahren - ganz überwiegend für private Auftraggeber zum Schutz deren privater Rechtsgüter tätig.
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Siehe: zweiter Teil, erstes Kapitel, Abschnitt A. II. 3 Hier sei z. B. die Privatisierung von Strafvollzugsanstalten anzuführen, die man in den USA bereits seit einigen Jahren praktiziert, die aber auch in Deutschland mittlerweile zum Gegenstand von Diskussionen wird; hierzu: zweiter Teil, erstes Kapitel, Abschnitt B. II. 5. 4 So z. B. die von Stober, Staatliches Gewaltmonopol und privates Sicherheitsgewerbe, in: Polizei-Führungsakademie-Seminar, S. 59, gebrauchte „police-private-partnership" oder die „community crime prevention", bzw. „community policing", bei Feltes, in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 96.
4. Teil: Rechtsvergleich
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Β. Ausmaße des Sicherheitsgewerbes und Ursachen für dessen Wachstum Vergleicht man die zahlenmäßige Entwicklung des Sicherheitsgewerbes, so ist zunächst festzustellen, daß es sich hierbei in beiden Ländern seit einigen Jahrzehnten um eine Wachstumsbranche handelt5. Insbesondere aufgrund der immer stärker greifenden Outsourcing-Maßnahmen der Industrie und der öffentlichen Hand wird ihr auch für die Zukunft ein erheblicher, sowohl Umsatz- als auch personalbezogener Zuwachs prognostiziert 6. Mit diesem zahlenmäßigen Wachstum wird aber auch eine kontinuierliche Zunahme der gesellschaftlichen und politischen Bedeutung des Faktors Sicherheitsgewerbe verbunden sein. Im unmittelbaren Vergleich ist derzeit der Stellenwert des amerikanischen Sicherheitsgewerbes innerhalb des Gesamtsystems der Sicherheit und Gefahrenabwehr jedoch noch deutlich höher als der des deutschen. Während in den USA auf einen Polizisten bereits drei private Sicherheitskräfte kommen, überwiegt die deutsche Polizei das private Sicherheitsgewerbe im personellen Bereich nach wie vor im Verhältnis 2,3 : 1. Zumindest was die Personalstärke betrifft, kann also festgestellt werden, daß der Schwerpunkt der Sicherheitsgewährleistung in den USA mittlerweile auf dem privaten Sektor liegt, während in Deutschland nach wie vor die öffentlichen Sicherheitskräfte ein deutliches Übergewicht besitzen. Vergegenwärtigt man sich nochmals, daß das deutsche Sicherheitsgewerbe als Kopie des amerikanischen begonnen hat, so stellt sich bei diesem Vergleich der Kräfteverhältnisse zwangsläufig die Frage, inwieweit mit einer derartigen Verschiebung der Größenordnungen auch in Deutschland zu rechnen ist. Vergleicht man hierzu zunächst die Ursachen für das Wachstum des Sicherheitsgewerbes in beiden Ländern und sieht dabei von einzelnen nationalen Besonderheiten wie der deutschen Wiedervereinigung oder der verstärkten Privatisierung des Strafvollzugs in den USA ab, so sind diesbezüglich eigentlich kaum Unterschiede festzustellen. Sowohl in Deutschland als auch in den USA führen die objektive wie auch die subjektive Sicherheitslage bei der Bevölkerung zu einem verstärkten Verlangen nach Sicherheit. Dieser erhöhten Nachfrage kann die Polizei - aufgrund ihrer begrenzten Mittel- und Personalressourcen - nicht mehr in ausreichendem Maße entsprechen. Weiter läßt sich in beiden Ländern eine erhöhte Nachfrage sowohl des Staates als auch der Industrie nach personellen Sicherheitsdienst5 Glavic spricht hierbei von einer lang anhaltenden kontinuierlichen Wachstumsphase in den letzten 50 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg; in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 871. Ähnlich für den US-amerikanischen Markt, National Advisory Commission on Criminal Justice Standards and Goals, Private Security Task Force of 1976, S. 36 f. 6 Glavic in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 874 ff., differenziert hierbei nach den einzelnen Leistungsbereichen der Branche, erwartet jedoch insgesamt weiterhin deutliche Wachstumsraten. Allgemein für die USA, Hess/Wrobleski, Introduction to Private Security, S. 24.
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4. Teil: Rechtsvergleich
leistungen feststellen, die auf die allgemeinen Bestrebung zur Ausgliederung bestimmter Aufgaben zurückzuführen ist. Als eine Ursache, die sich auf dem dienstleistungsorientierteren amerikanischen Markt vermutlich deutlicher auf das Wachstum der Branche auswirkt als in Deutschland, dürfte die stärkere Kundenorientierung des Sicherheitsgewerbes gegenüber den staatlichen Sicherheitskräften anzusehen sein. Schließlich ist bei der amerikanischen Bevölkerung aber auch bei der dortigen Obrigkeit eine stärkere Orientierung hin zur freien Marktwirtschaft festzustellen. Diese Einstellung wirkt sich dann auch allgemein in einer größeren Bereitschaft zur Privatisierung grundsätzlich staatlicher oder öffentlicher Aufgaben aus7. Diese mentalitätsbedingte Tendenz zu mehr Privatinitiative und weniger staatlichem Einfluß dürfte als weiterer Grund für die stärkere Ausbreitung des amerikanischen gegenüber dem deutschen Sicherheitsgewerbe anzuführen sein.
C. Erscheinungsformen der gewerblichen Sicherheit I. Eigenständige, ohne spezialgesetzliche Befugnisse ausgestattete Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte Auch bezüglich der verschiedenen Erscheinungsformen gewerblicher Sicherheit herrscht in beiden Ländern eine weitgehende Übereinstimmung zumindest dahin, was die in dieser Abhandlung gewählte Kategorisierung nach der Qualität der jeweils zur Verfügung stehenden Handlungs- und Eingriffsmöglichkeiten anbelangt. Die zahlenmäßig stärkste Gruppe der privaten Sicherheitsdienstleister wird in beiden Ländern von denjenigen gestellt, die über keinerlei obrigkeitliche Eingriffsbefugnisse verfügen und bei der Erledigung ihrer Tätigkeiten vielmehr auf die Anwendung der allgemeinen Notrechte beschränkt sind.
Π. Obrigkeitliche Gefahrenabwehr durch private Sicherheitskräfte Daneben existieren aber in beiden Ländern auch solche gewerblichen Sicherheitskräfte, die zur Erfüllung der ihnen anvertrauten Aufgaben in einem begrenzten Umfang mit obrigkeitlichen Befugnissen betraut werden. Dabei kann eine derartige Übertragung hoheitlicher Befugnisse an private Sicherheitskräfte - sowohl in den USA als auch in Deutschland - nur mittels eines jeweils konkret gesetzlich geregelten Verfahrens durchgeführt werden. Während hierfür in Deutschland ein formeller Beleihungsakt erforderlich ist, muß in den USA das damit durchaus vergleichbare Verfahren der „deputization" bzw. „commission" durchlaufen werden. 7
Hierzu siehe auch: Savas, Privatization, the Key to Better Government, S. 24 ff.
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Dieses Ermächtigungsverfahren für private Wachleute wird in beiden Ländern nur in begrenztem Umfang und bisher nur für bestimmte wenige, jeweils genau konkretisierte Bereiche der Gefahrenabwehr zugelassen. So werden auf diese Weise bevollmächtigte private Sicherheitskräfte in Deutschland nur im Bereich des Bundeswehrsicherheitsrechts zur Bewachung militärischer Anlagen und im Rahmen des Luftverkehrsrechts zur Abwehr von dem Luftverkehr drohenden äußeren Gefahren eingesetzt. In den USA sorgen solche „deputized watchmen" schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts für die Sicherheit der durchgehend privaten Eisenbahnlinien und der von diesen transportierten Personen und Güter. Auch wurde es mittlerweile in einigen Einzelstaaten den privaten Universitäten ermöglicht, mittels staatlich bevollmächtigter privater Wachleute selbst für die Sicherheit auf ihrem Campusgelände zu sorgen. In diesem Zusammenhang ist jedoch nochmals darauf hinzuweisen, daß diese obrigkeitlich bevollmächtigten „deputized watchmen" in den USA, im Gegensatz zu ihrem eben dargestellten deutschen Äquivalent, größtenteils der „proprietary security" angehören8. Es handelt sich dabei also zumeist um direkt bei den jeweils zu schützenden Institutionen angestelltes Sicherheitspersonal und damit eigentlich nicht um gewerbliche Sicherheitskräfte im Sinne des in Teil eins definierten Untersuchungsgegenstandes. Abgesehen davon handelt es sich bei diesem Bereich privater Gefahrenabwehr in beiden Ländern um das gleiche Prinzip: Einzelnen Institutionen wird die Möglichkeit gewährt, die Sicherheit in ihrem Wirkungskreis durch die Beschäftigung obrigkeitlich bevollmächtigter, ansonsten jedoch privater Sicherheitskräfte zu gewährleisten. Besonders signifikant ist dabei die Tatsache, daß, aufgrund der besonderen Tätigkeitsfelder der betreffenden Institutionen, die Sicherheit in ihrem privaten Wirkungskreis stets zugleich auch Fragen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung berührt. Während dieser Aufgabenbereich in Deutschland jedoch von den entsprechenden Institutionen größtenteils im Wege des „outsourcing" an gewerbliche Bewachungsunternehmen vergeben wird, lassen die entsprechenden amerikanischen Einrichtungen diese Tätigkeiten überwiegend durch eigenes werkschutzähnliches Sicherheitspersonal durchführen. Berücksichtigt man jedoch die allgemeinen Bestrebungen zum „lean management", denen man gerade in den USA in immer größerem Umfang nacheifert, so erscheint es wahrscheinlich, daß dieses Tätigkeitsfeld privater Gefahrenabwehr auch in den Vereinigten Staaten zunehmend ausgelagert und damit auf die Unternehmen des privaten Sicherheitsgewerbes übertragen wird. Anders verhält es sich in den USA allerdings mit der gesetzlichen Übertragung von obrigkeitlichen Eingriffsbefugnissen an die Betreiber von Einzelhandelsgeschäften. Ein der „deputization" entsprechendes Verfahren ist hierbei nicht erforderlich. Es handelt sich vielmehr um direkt aus den jeweiligen Gesetzen abzuleitende, das allgemeine Festnahmerecht erweiternde Sonderbefugnisse für Kaufleute und deren Helfer, die dabei auch Angestellte eines gewerblichen Bewachungsunternehmens sein können. Eine solche Form der Übertragung hoheitlicher Befug8
Umfassend hierzu bereits in Teil drei, Kapitel zwei, Abschnitt Β. II.
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4. Teil: Rechtsvergleich
nisse an Privatpersonen existiert in Deutschland nicht, dürfte jedoch auch in den USA als einzigartiger Ausnahmefall anzusehen sein.
I I I . Sonderproblem der Eigensicherungspflichten Im Rahmen dieses Vergleichs erscheint es angezeigt, nochmals konkret auf diejenigen Sicherheitskräfte einzugehen, die im Bereich der Eigensicherungspflichten tätig werden. Hier sei nochmals kurz daran erinnert, daß diese Eigensicherungspflichten in Deutschland eine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung privater Unternehmer darstellen, selbst für einen bestimmten Bereich der Gefahrenabwehr innerhalb der von ihnen betriebenen Anlagen wie ζ. B. Kernkraftwerke oder Verkehrslandeplätze zu sorgen9. Zumindest teilweise beinhaltet diese Verpflichtung neben dem Schutz der jeweiligen Anlagen und Institutionen zugleich auch eine Pflicht zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung 10. Trotz dieser staatlichen Verpflichtung zur Erfüllung einer eigentlich staatlichen Aufgabe stehen diesen Unternehmern bzw. den von ihnen zur Erfüllung dieser Pflicht beschäftigten gewerblichen Sicherheitskräften aber keinerlei obrigkeitliche Befugnisse zur Verfügung. Sucht man in den USA nach einem vergleichbaren Gegenstück zu den deutschen Eigensicherungsverpflichteten, so stößt man wiederum auf die bereits vorstehend behandelten privaten Bahnlinien und Universitäten. Diesen privat betriebenen Institutionen wird durch Gesetz die Möglichkeit gewährt, auf ihrem jeweiligen Betriebs- bzw. Anstaltsgelände eine eigene „railroad police" bzw. ein eigenes „campus police department" zu betreiben. Auch dort existieren also private Unternehmen und Institutionen, denen die Eigensicherung gesetzlich übertragen wird. Auch dort beinhaltet diese Pflicht zur Eigensicherung nicht lediglich den Schutz der Rechtsgüter des jeweiligen privaten Unternehmers, sondern darüber hinaus auch den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, soweit dies vom Tätigkeitsbereich der betreffenden Unternehmen erfaßt wird. Im Gegensatz zu den deutschen Eigensicherungsverpflichteten werden den entsprechenden amerikanischen Unternehmern bzw. den von ihnen eingesetzten „security officers" zur Erfüllung dieser Aufgaben jedoch die entsprechenden obrigkeitlichen Befugnisse übertragen. Zusammen mit der Verpflichtung zur eigenständigen Gewährleistung der Sicherheit im Wirkungsbereich der jeweiligen Universität oder Bahngesellschaft wird diesen Institutionen eben auch die Möglichkeit gewährt, das zur Ausführung dieser Tätigkeiten erforderliche Personal mit Befugnissen bevollmächtigen zu lassen, die von ihrem Umfang her denen eines „police officer" entsprechen11. Auch wenn diese 9
Ausführlich hierzu siehe: Teil zwei, Kapitel zwei, Abschnitt A. II. 10 Siehe oben, Teil zwei, Kapitel vier, Abschnitt A. II. 1) b) (II). 11 Zu Umfang und Reichweite dieser Befugnisse: Teil drei, Kapitel drei, Abschnitt B. II. 1. und 2.
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Befugnisse bezüglich ihres zeitlichen und örtlichen Geltungsbereichs auf die jeweilige Dauer der Tätigkeit und das entsprechende geographische Einsatzgebiet beschränkt sind, stellen sie für die jeweilige Sicherheitskraft eine ausreichende Grundlage dar, um ihre teilweise öffentlichen Aufgaben auch mit hoheitlichen Mitteln durchführen zu können. Die staatliche Übertragung einer zumindest teilweise staatlichen Aufgabe an Privatpersonen ist in den USA also konsequenterweise mit der Übertragung der hierzu erforderlichen Handlungsmöglichkeiten verbunden. Hierzulande werden die von den Eigensicherungspflichten betroffenen Privatpersonen dagegen vom Staat verpflichtet, diese zumindest teilweise öffentlichen Aufgaben unter Nutzung der allgemeinen Notrechte zu erfüllen. Wie oben bereits festgestellt, stellt eine solche Verpflichtung einen verfassungsrechtlich problematischen staatlichen Mißbrauch der Notrechte dar 12 . Um dieser verfassungsrechtlich zweifelhaften Praxis abzuhelfen, erscheint eine Orientierung an dem vorstehend beschriebenen US-amerikanischen Lösungsansatz angezeigt. So ließe sich der festgestellte staatliche Mißbrauch der Notrechte in diesem Bereich vermeiden, wenn sichergestellt wird, daß auch in Deutschland eine Verpflichtung zu einer solchen, mit dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verbundenen Eigensicherung nurmehr in Verbindung mit einer Übertragung der entsprechenden obrigkeitlichen Befugnisse erfolgt. Berücksichtigt man dabei, daß der Aufgabenbereich der Eigensicherungsverpflichteten, im Gegensatz zu dem der amerikanischen Universitäten und Bahngesellschaften, nicht die allgemeine Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung mitumfaßt, sondern sich vielmehr nur auf die Bewachung der jeweiligen Anlagen - dies jedoch unter anderem auch zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - beschränkt, so wäre hier wohl die Übertragung bestimmter Einzelbefugnisse ausreichend. Während die „deputized watchmen" über die gesamte Befugnispalette eines „peace officer" verfügen, würde es genügen, dem deutschen Wachmann, der zum Schutz einer kerntechnischen Anlage oder eines Verkehrsflughafens eingesetzt wird, weniger und genau spezifizierbare Einzelbefugnisse zu übertragen. In diesem Zusammenhang soll schließlich noch auf das oben bereits dargestellte Tätigwerden des Sicherheits- und Bewachungsgewerbes im Bereich des UZwGBw sowie des LuftVG hingewiesen werden. Auch dort existieren gesetzliche Regelungen, die eine Übertragung obrigkeitlicher Einzelbefugnisse auf gewerbliche Sicherheitskräfte ermöglichen 13. Zwar ist festzustellen, daß die Dienste der derart bevollmächtigten Wachleute dort nicht von privaten Unternehmen, sondern von der öffentlichen Hand selbst in Anspruch genommen werden 14, doch zeigt diese 12
Ausführlich zur verfassungsrechtlichen Problematik der Eigensicherungspflichten, siehe: Teil zwei, Kapitel vier, Abschnitt Α. II. 1. b) (II). 13 Ausführlich in Teil zwei, Kapitel drei, Abschnitt A. III. 14 Im Bereich des UZwGBw sind dies die in Kapitel 1 Abschnitt II Nr. 4 der ABUZwGBw aufgelisteten Dienststellen der Bundeswehr und im Bereich des LuftVG die Luftfahrtbehörden nach § 29c LuftVG.
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Praxis, daß eine dosierte Übertragung einzelner hoheitlicher Befugnisse auf Privatpersonen zur Erledigung zumindest teilweise öffentlicher Aufgabenbereiche durchaus üblich und praktikabel ist. Zwar müßten die entsprechend zu übertragenen Einzelbefugnisse für die jeweiligen Eigensicherungsverpflichteten konkret auf deren entsprechende Aufgaben abgestimmt werden, doch läßt sich beispielsweise der Aufgabenbereich der Wachleute eines Atomkraftwerks durchaus mit demjenigen der zivilen Sicherheitskräfte im Bereich des UZwGBw vergleichen. In beiden Fällen sind umschlossene Anlagen zu bewachen, von denen eine nicht unerhebliche Gefahr auch für die Allgemeinheit ausgeht. Da die Erarbeitung eines Befugniskatalogs für die jeweiligen Verpflichteten den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, ist an dieser Stelle lediglich darauf hinzuweisen, daß hierbei eine Orientierung an den Maßstäben der §§ 4 ff. UZwGBw durchaus zweckmäßig erscheint 15. Zu denken wäre insbesondere an Befugnisse zum Anhalten und zur Personenüberprüfung, zur Durchsuchung, Sicherstellung und vorläufigen Beschlagnahme sowie zur Anwendung unmittelbaren Zwanges ohne bzw. erforderlichenfalls auch mit Schußwaffengebrauch. Gerade im Hinblick darauf, daß der Staat im Rahmen der Eigensicherungspflichten selbst von der Möglichkeit der Gewaltanwendung durch private Wachleute ausgeht - hier ist insbesondere auf die Auflage der atomrechtlichen Genehmigungsbehörde hinzuweisen, den zum Schutz einer kerntechnischen Anlage eingesetzten Wachdienst mit Faustfeuerwaffen auszurüsten - 1 6 , erscheint, angesichts des Stichworts vom „staatlichen Mißbrauch der Notrechte zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung", eine Übertragung der letzteren Befugnis besonders wichtig. Da eine solche Befugnisübertragung an gewerbliche Wachleute nur im Wege einer Beleihung erfolgen könnte, müßten hierfür jedoch zunächst die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden. Eine solche Regelung und die damit verbundene Erweiterung der Befugnisse der Eigensicherungsverpflichteten könnte freilich nur innerhalb der oben dargestellten Grenzen stattfinden, die der Beleihung gewerblicher Sicherheitskräfte durch Art. 33 Abs. 4 GG gesetzt werden 17. Berücksichtigt man dabei den zur Zeit quantitativ noch überschaubaren Bereich der im Rahmen der Eigensicherungspflichten eingesetzten Wachleute, die Tatsache, daß diese ausschließlich in nicht für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen wie ζ. B. Atomkraftwerken tätig werden, und geht man weiter von einer zeitlich und örtlich zu limitierenden Übertragung deutlich zu begrenzender Befugnisse aus 18 , so 15 Detailliert zu den Einzelbefugnissen des UZwGBw: Teil zwei, Kapitel drei, Abschnitt A. III. l.c). 16 Dazu und zur Entscheidung des BVerwG, das die Erteilung einer solchen Auflage für rechtmäßig erklärt hat: Teil zwei, Kapitel vier, Abschnitt A. 1. b) (II). 17
Ausführlich zu dem hier anzuwendenden Prüfungsmaßstab, siehe: Teil zwei, Kapitel vier, Abschnitt Β. II. 2. is Auch eine solche Limitierung der Befugnisse ließe sich beispielsweise am Muster der entsprechenden, auch für gewerbliche Sicherheitskräfte konzeptionierten, Eingriffsgrundlagen des UZwGBw ausrichten; ausführlich hierzu: Teil zwei, Kapitel drei, Abschnitt A. III. 1. b).
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dürfte eine solche Beleihung auch durchaus mit den Maßstäben des Art. 33 Abs. 4 GG zu vereinbaren sein.
IV. Sonderproblem des „police moonlighting" Auch für die Erscheinung der sogenannten „moonlighting officers", also der im Rahmen einer Nebenbeschäftigung in Bewachungsunternehmen tätig werdenden Polizisten, kann in Deutschland keine Entsprechung gefunden werden. Zwar ist es einem deutschen Polizeibeamten dem Grunde nach ebenfalls möglich, einer Nebenbeschäftigung nachzugehen. Eine solche Nebenbeschäftigung im Bereich der gewerblichen Sicherheit wäre jedoch grundsätzlich nach § 67 Abs. 1 S. 1 ThürBG 19 genehmigungspflichtig, zumal bei einer derartigen Tätigkeit keiner der Befreiungstatbestände aus dem Katalog des § 68 Abs. 1 ThürBG einschlägig wäre. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Ausübung einer solchen Nebenbeschäftigung besteht dabei nur dann, wenn kein Sachverhalt vorliegt, der eine Versagung rechtfertigen würde, also insbesondere, wenn nicht zu besorgen ist, daß durch die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden (§ 67 Abs. 2 S. 1 ThürBG). Eine derartige Beeinträchtigung liegt zumindest in allen im Katalog des § 67 Abs. 2 S. 2 ThürBG aufgelisteten Fällen vor. Darüber hinaus kommen jedoch auch noch andere, nicht ausdrücklich aufgeführte Erscheinungsformen dienstlicher Interessen in Betracht, deren Beeinträchtigung die Versagung einer entsprechenden Genehmigung ebenfalls rechtfertigen würden 20. Dem Kenntnisstand des Verfassers nach wurde bisher noch nicht über die Genehmigungsfähigkeit einer Nebentätigkeit von Polizeibeamten in Bewachungsunternehmen gerichtlich entschieden. Berücksichtigt man jedoch das zwischen Polizei und den gewerblichen Sicherheitskräften nach wie vor bestehende Spannungsverhältnis, welches nicht zuletzt durch Überschneidungen bei den jeweiligen Tätigkeitsbereichen und die damit verbundene, lediglich verschwommene Zuständigkeitsabgrenzung hervorgerufen wird, so erscheint es zumindest nicht unwahrscheinlich, daß eine solche Nebentätigkeit einen Polizeibeamten durchaus in einen Widerstreit mit seinen dienstlichen Pflichten bringen könnte 21 . Man denke hierbei nur an die auch in den USA auftretenden Schwierigkeiten, die daraus resultieren, daß ein Polizei-
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Anstelle der einzelnen beamtenrechtlichen Vorschriften der jeweiligen Bundesländer wurde hier stellvertretend die entsprechende Norm des Thüringer Beamtengesetzes angegeben. Diese, wie die entsprechenden Beamtenvorschriften der anderen Bundesländern, orientieren sich hierbei an der Vorgabe der §§ 42 ff. BRRG, weshalb von einer weitgehenden inhaltlichen Übereinstimmung in den einzelnen Ländern auszugehen ist. 20 Keymer/Kolbe/Braun, Das Nebentätigkeitsrecht in Bund und Ländern, Art. 73 BayBG Rz. 33. 21 Heijboer in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 843 f., führt in diesem Zusammenhang auch die Gefahren der Korruption und der Weitergabe vertraulicher Informationen durch Polizisten an.
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beamter auch außerhalb seiner Dienstzeiten über seine öffentlichen Sonderbefugnisse verfügt. Müssen diese Sonderbefugnisse für den Zeitraum ruhen, in dem die Nebentätigkeit ausgeübt wird? Welche Grundsätze gelten, wenn der Polizist während der Ausübung der Nebentätigkeit zu entscheiden hat, ob er seinen Auftraggeber oder die gleichzeitig gefährdeten und vielleicht höherwertigeren Rechtsgüter anderer Personen schützen soll? Diese Fragen verdeutlichen, daß das Auftreten von Interessenkollisionen bei einer derartigen Nebentätigkeit wohl unvermeidlich wäre. Diese Ansicht wird offenbar auch im Polizeipräsidium München vertreten, wo in einem internen Rundschreiben vom 11. 11. 1996 ausdrücklich die „Nebentätigkeiten bei Bewachungsunternehmen, sogenannten zivilen Sicherheitsdiensten, Transportbewachungsunternehmen und bei Detekteien oder Unternehmen mit Sicherheits- und Schutzaufträgen zu nichtgenehmigungsfähigen Nebentätigkeiten bei Polizeivollzugsbeamten" erklärt wurden 22 . Hier wird ohne weitere Begründung davon ausgegangen, „daß diese Nebentätigkeiten grundsätzlich allgemein nicht genehmigungsfähig sind, da stets die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zu besorgen ist" 2 3 . Da eine ähnliche Rechtsauffassung der zuständigen Behörden anderer Bundesländer zugrundegelegt werden kann 24 und auch zu erwarten ist, daß diese Ansicht bei Anhängigkeit einer entsprechenden Klage gegen die Versagung einer solchen Nebentätigkeitsgenehmigung von der Rechtsprechung bestätigt werden würde, kann festgehalten werden, daß zumindest nach der gegenwärtigen Gesetzeslage in Deutschland, eine dem amerikanischen „police moonlighting" entsprechende Praxis nicht zu erwarten ist. Vergegenwärtigt man sich nochmals die mit dieser Situation in den USA verbundenen rechtlichen und praktischen Probleme und berücksichtigt zugleich, daß diese Nachteile durch die Vorteile einer Erhöhung der durchschnittlichen Qualifikation des gewerblichen Sicherheitspersonals insgesamt nicht aufgewogen werden 25 , so ist dieses Lösungsmodell in Deutschland auch nicht zur Nachahmung zu empfehlen.
D. Gesetzliche Regelung des privaten Sicherheitsgewerbes Jede Rechtsvergleichung mit den USA stößt auf die grundsätzliche Schwierigkeit, daß man es dort nicht mit einer weitgehend einheitlichen Rechtsordnung eines Bundesstaates in unserem Sinne zu tun hat, sondern mit den 50 Teilrechtsordnungen der 50 Gliedstaaten, die alle über eine jeweils eigene Identität verfügen. Dieses 22 PRdS Nr. Ρ lb / Ρ 2 - 608/96, Nr. 2.7. 23 Ibd. 24 Eine entsprechende Anordnung, derartige Nebentätigkeitsgenehmigungen nicht zu erteilen, wurde ζ. B. ebenfalls vom Polizeipräsidium Thüringen am 20. 9. 1995 erlassen (Az.: P3-0304). Nach telefonischer Auskunft beim Thüringer Innenministerium vom 20. 1. 1998 gilt dieser Erlaß auch nach Auflösung des Thüringer Polizeipräsidiums fort. 25 Hierzu siehe ausführlich: Teil drei, Kapitel zwei, Abschnitt C.
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grundlegende Problem wurde bei der in dieser Arbeit zu behandelnden Thematik noch dadurch verstärkt, daß für diesen Bereich in den USA, ganz anders als in Deutschland, nahezu keine bundesrechtlichen Regelungen existieren, sondern vielmehr das gesamte Gebiet der gewerblichen Sicherheit auf gliedstaatlicher bzw. sogar kommunaler Ebene geregelt wird. Bedingt durch die Vielfalt und die Unterschiede dieser einzelnen, in einem Staat vereinigten Rechtsordnungen, muß sich ein Vergleich zum US-amerikanischen Recht daher auf die überregional bestehenden grundsätzlichen Tendenzen beschränken. Dies wurde in dieser Arbeit dadurch versucht, daß die Darstellung der gliedstaatlichen Regelungen im wesentlichen auf die Normen der großen Reformstaaten begrenzt wurde.
I. Rechtsgrundlagen für die Eingriffe der gewerblichen Sicherheitskräfte in die Rechte anderer 7. Jedermannrechte Trotz dieser Unterschiede bei den Gesetzgebungskompetenzen und der dadurch hervorgerufenen Normenvielfalt in den USA weist die Diskussion über die Befugnisse des gewerblichen Sicherheitspersonals von Struktur und Inhalt her in Deutschland und den USA deutliche Parallelen auf. In beiden Ländern stehen dem privaten Sicherheitsgewerbe zur Erfüllung seiner Aufgaben grundsätzlich die gleichen Rechtsgrundlagen zur Verfügung. So sind dies für den Großteil der Wachleute beider Länder lediglich die entsprechenden Jedermann-Notrechte. Es handelt sich hierbei jeweils hauptsächlich um die allgemeinen strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe der Notwehr, Nothilfe und des allgemeinen Festnahmerechts. Zivilrechtliche Rechtfertigungsgründe scheinen für das amerikanische Sicherheitsgewerbe dagegen keine Rolle zu spielen. Berücksichtigt man allerdings, daß diese in Deutschland von ihren Tatbestandsvoraussetzungen mit den strafrechtlichen im wesentlichen übereinstimmen, so dürfte sich deren eigenständige praktische Bedeutung für die gewerbliche Sicherheit auch hierzulande in Grenzen halten. Bedenkt man, daß eine gewerbliche Sicherheitskraft primär zum Schutze der Rechtsgüter ihres Auftraggebers tätig wird, so stellt in beiden Ländern das Recht zur Nothilfe, also ein aus den Selbstverteidigungsrechten des Auftraggebers abgeleitetes Recht, und damit verbunden das allgemeine Festnahmerecht, die bedeutsamste Eingriffsgrundlage für den Großteil der im Sicherheitsgewerbe Beschäftigten dar. Bis auf geringe Unterschiede in der Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale sind diese Notrechte in beiden Ländern nahezu deckungsgleich und gewähren dem Personal der Bewachungsunternehmen eine durchaus vergleichbare Handlungsreichweite. Bemerkenswert erscheint an dieser Stelle allerdings, daß in den USA die Notrechte den Einsatz von tödlicher Gewalt, insbesondere also von Schußwaffen, zur Verteidigung von bloßen Eigentums- und Besitzrechten nicht decken. Private Wachleute dürfen von ihren Schußwaffen also nur dann zur Vertei-
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digung Gebrauch machen, wenn sich der Angriff gegen Gesundheit, Leben oder ähnlich hochwertige Rechtsgüter richtet. Die US-amerikanischen Notwehr- bzw. Nothilfevorschriften enthalten also im Ergebnis die Normierung einer teilweisen Güterabwägung und des Verhältnismäßigkeitsprinzips. In Deutschland dagegen müssen zwar die für die Abwehr eingesetzten Mittel verhältnismäßig sein, darüber hinaus wird jedoch - bis zur Grenze des Rechtsmißbrauchs - keine Verhältnismäßigkeitsprüfung bei den sich gegenüberstehenden Rechtsgütern gefordert. Im Ergebnis stellt das Recht der Notwehr bzw. der Nothilfe für die amerikanischen Sicherheitskräfte damit eine stärker beschränkte Handlungsgrundlage dar als für ihre deutschen Kollegen. Diese im Vergleich geringeren, weil zumindest teilweise an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebundenen Eingriffsmöglichkeiten der „private security officers" führen vermutlich unter anderem auch dazu, daß die Nutzung der Notrechte durch das Sicherheitsgewerbe in den USA weniger umstritten ist als in Deutschland.
2. Befugnisse aufgrund spezieller staatlicher Ermächtigung Neben dieser Mehrheit der lediglich mit den Notrechten ausgestatteten Sicherheitskräfte existiert in beiden Ländern aber auch die Gruppe privater Wachleute, die von der öffentlichen Hand mit speziellen obrigkeitlichen Eingriffsbefugnissen ausgestattet wird. Sieht man von den lediglich in den USA vorkommenden, direkt aus den jeweiligen Bevollmächtigungsgesetzen berechtigten Einzelhandelskaufleuten einmal ab, so wird eine derartige Übertragung von Befugnissen in beiden Ländern nach einem vergleichbaren Verfahren durchgeführt: Grundsätzlich muß die Übertragung zunächst durch ein Gesetz ermöglicht werden. Von dieser abstrakten Möglichkeit können dann die in diesem Gesetz festgelegten Behörden Gebrauch machen und unter bestimmten Voraussetzungen sowie unter Einhaltung gewisser Verfahrensvorschriften eine konkrete gewerbliche Sicherheitskraft zur Ausübung der in diesem Gesetz dargelegten Befugnisse bevollmächtigen. In beiden Ländern können sich die derart Bevollmächtigten nur in einem begrenzten zeitlichen wie auch geographischen Rahmen auf diese Befugnisse stützen. Die Ermächtigungen sind nämlich stets auf die Dauer des jeweiligen Arbeitsverhältnisses limitiert, bestehen regelmäßig auch nur während der Dienstzeiten und sind örtlich beschränkt auf das Gebiet, in dem sich die zu schützenden Rechtsgüter ihrer jeweiligen Auftrag- oder Arbeitgeber befinden. Betrachtet man jedoch den konkreten Umfang und die Reichweite dieser Sonderbefugnisse in beiden Ländern genauer, so stößt man auf erhebliche Unterschiede. Während eine beliehene Sicherheitskraft in Deutschland sowohl im Bereich des UZwGBw als auch des LuftVG jeweils nur über gesetzlich genau festgelegte und stark limitierte Eingriffsbefugnisse verfügt, erhält ein „deputized watchman" in den USA innerhalb der eben angesprochenen allgemeinen örtlichen und zeitlichen Grenzen den befugnisrechtlichen Status eines „peace officers", also eines normalen Polizeibeamten. In diesem Zusammenhang
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wird einzelnen amerikanischen „deputized watchmen" die Nutzung dieser Befugnisse sogar ausnahmsweise für einen erweiterten, über das Terrain ihres Auftraggebers hinausgehenden örtlichen Bereich gestattet26. Im Ergebnis sind in den USA Privatpersonen, die in Bewachungsunternehmen bzw. bei privaten Universitäten, Bahnlinien oder sonstigen von den entsprechenden Gesetzen begünstigten privaten Institutionen tätig werden, im gleichen Umfang mit sicherheitsrechtlichen Befugnissen ausgestattet wie ein in demselben gesetzlichen Geltungsbereich handelnder Polizist. Zwar werden auch die in Deutschland eingesetzten staatlich bevollmächtigten Sicherheitskräfte tätig, um neben den Rechtsgütern ihrer Auftraggeber zugleich die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu schützen. Gerade bei den entsprechenden Aufgabenbereichen des LuftVG und des UZwGBw sind beide Bereiche untrennbar miteinander verbunden. In den USA allerdings sind die „deputized watchmen" als Gegenleistung für ihre staatliche Bevollmächtigung in den meisten Fällen sogar ausdrücklich gesetzlich verpflichtet, in ihrem Tätigkeitsgebiet für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Durch eine derartige Verleihung obrigkeitlicher Befugnisse an private Sicherheitskräfte wird in den USA also nicht nur versucht, einer bestimmten privaten Institution, deren Tätigkeitsfeld zu einem großen Teil auch in den öffentlichen Bereich hineinreicht, die Möglichkeit zu geben, selbst und umfassend für ihre Sicherheit zu sorgen. Es wird vielmehr darüber hinaus angestrebt, diesen jeweiligen Institutionen weitgehende sicherheitsrechtliche Autarkie zu vermitteln und damit den staatlich-polizeilichen Sicherheitsapparat weiter zu entlasten. Derartig weitgehend ist der Aufgaben- und Verantwortungsbereich der beliehenen Sicherheitskräfte in Deutschland nicht. Zwar dienen sie auch hier der Verbesserung der Sicherheitslage der jeweiligen Einrichtung, der sie zugeteilt sind, und damit letztendlich auch der Entlastung der Polizei. Im Gegensatz zu ihrem amerikanischen Äquivalent ist ihnen jedoch nicht der gesamte, dort zu erledigende Tätigkeitsbereich der Gefahrenabwehr übertragen. Hierzu wären schon die ihnen übertragenen, relativ begrenzten Befugnisse nicht ausreichend. Zusammenfassend kann daher wohl gefolgert werden, daß den beliehenen Sicherheitskräften in Deutschland eher die Aufgabe zukommt, die Polizei bei ihrer Tätigkeit zu unterstützen bzw. ihr bestimmte, weniger eingriffsrelevante Tätigkeiten abzunehmen. In den USA dagegen stellen diese staatlich bevollmächtigten Privaten vielmehr ein örtlich limitiertes Substitut dar, also einen auf ein bestimmtes Gebiet begrenzten vollwertigen Ersatz für die Polizei.
26 Dies ist ζ. B. bei den im Rahmen eines „mutual aid agreements" kommunal bevollmächtigten Universitätspolizisten der Yale Universität der Fall, denen ihre Sonderbefugnisse innerhalb des gesamten Gemeindegebiets der City of New Haven zustehen; hierzu siehe ausführlich: Teil drei, Kapitel zwei, Abschnitt Β. I. und Kapitel drei, Abschnitt Β. Π. 1. b.). 21 Huber
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4. Teil: Rechtsvergleich
3. Zivilrechtliche
Grenzen des Tatigwerdens
Ein rechtswidriges Handeln privater Sicherheitskräfte, eine von diesen verursachte, nicht gerechtfertigte Rechtsgutsverletzung an einer anderen Person, führt grundsätzlich in beiden Ländern sowohl zu einer straf- als auch zu einer zivilrechtlichen Haftung der Verantwortlichen. Berücksichtigt man allerdings die in den USA teilweise zugesprochenen Schadensersatzsummen einerseits und die dort bestehende Ersatzfähigkeit auch des immateriellen Schadens andererseits, so ist im Rahmen der Grenzbestimmung des Handlungsrahmens des Sicherheitsgewerbes der zivilrechtlichen Haftung in den USA eine weitaus größere Bedeutung beizumessen als in Deutschland. Die Strategie eines amerikanischen Sicherheitsunternehmens, durch billige, da unqualifizierte Kräfte Kosten sparen zu wollen, könnte sich durch dieses Haftungsrisiko folglich sehr leicht als Boomerang erweisen. Dies um so mehr deshalb, als die meisten Unternehmen ihre Haftpflichtversicherungen lediglich über die gesetzliche Mindestdeckungssumme abschließen, welche für Schadensersatzforderungen in der angesprochenen Höhe jedoch bei weitem nicht ausreicht 27. Als Folge dieses Haftungsrisikos in Millionenhöhe liegt es im ureigensten Interesse der Unternehmen, nur möglichst zuverlässiges Personal zu beschäftigen und dieses auch bestmöglich auszubilden, um auf diese Weise zumindest die von ungeeigneten bzw. unqualifizierten Wachleuten ausgehende Gefahr eines Fehlverhaltens möglichst gering zu halten. Diese faktisch gesetzten, einschneidenden zivilrechtlichen Grenzen führen also zu einer Selbstdisziplinierung des amerikanischen Bewachungsgewerbes28, wie sie in Deutschland infolge des geringeren finanziellen Risikos, das sich aus den hierzulande wesentlich niedrigeren Schadensersatzsummen ergibt, in diesem Ausmaß nicht anzutreffen ist.
II. Gewerberechtliche Regelungen Die in dieser Arbeit zu untersuchende Institution der privaten Sicherheit wird sowohl in den USA als auch in Deutschland gleichermaßen als ein Gewerbe angesehen. So verwundert es auch nicht, daß in beiden Ländern der größte Komplex an unmittelbar auf diesen Berufszweig einwirkenden Normen jeweils dem Gewerberecht zu entnehmen ist. So steht die Errichtung eines Bewachungsunternehmens in den meisten der amerikanischen Gliedstaaten ebenso wie in Deutschland unter einem gewerberechtlichen Erlaubnisvorbehalt. Auch die an die Erteilung einer solchen Erlaubnis geknüpften Voraussetzungen stimmen in beiden Ländern im wesentlichen überein. So werden in den USA wie in Deutschland zunächst einmal gewisse Anforderungen an den „good moral character" bzw. die Zuverlässigkeit 27
Wie weiter unten noch näher auszuführen sein wird, liegt die Höhe dieser Mindestversicherungssumme in Deutschland sogar wesentlich höher als in den meisten US-Gliedstaaten. 28 Ausführlich zu diesem Effekt der zivilrechtlichen Schadensersatzhaftung des „tort law", siehe: Kakalik/Wüdhorn, The Private Police, S. 221 ff.
4. Teil: Rechtsvergleich
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eines Bewerbers, also an seine charakterliche Integrität gestellt. Zusätzlich wird von den Bewachungsgewerbetreibenden beider Länder ein gewisses Maß an Sachkunde gefordert. Während der Nachweis über die erforderlichen Kenntnisse in den USA zumeist durch Bestätigung einer bestimmten einschlägigen Berufserfahrung oder die Absolvierung entsprechender Tests zu erbringen ist, muß ein deutscher Bewerber lediglich das sogenannte Unterrichtungsverfahren durchlaufen, also bloß an 40 Stunden fachspezifischem Unterricht teilnehmen, ohne danach eine Prüfung abzulegen. Während in den USA also in einigen Staaten ein Sachkundenachweis bereits gesetzlich gefordert wird, lehnt das zuständige Bundeswirtschaftsministerium unter Hinweis auf Art. 12 Abs. 1 GG eine Normierung dieses Erfordernisses in Deutschland nach wie vor ab 29 . Wie im dritten Teil der Arbeit mehrfach festgestellt wurde - hier ist insbesondere auf die Ausführungen zu den Novellierungsbestrebungen hinzuweisen30 - , wird das durchschnittliche Ausbildungs- bzw. Qualifikationsniveau des gewerblichen Sicherheitspersonals auch in den USA für größtenteils noch anhebungswürdig erachtet. So sind sich auch die Kritiker der gegenwärtigen gewerberechtlichen Situation in den USA zumindest dahingehend einig, daß die im Bereich der „private security" auftretenden Mißstände am ehesten durch die gesetzliche Normierung eines der jeweiligen sicherheitsrechtlichen Tätigkeit angepaßten Trainings- und Ausbildungsprogramms behoben bzw. maßgeblich verringert werden könnten. Abgesehen von diesen, auch dort noch verbesserungswürdigen Zuständen, erscheint nichtsdestotrotz der zumindest von den untersuchten Reformstaaten beschrittene Weg über den Sachkundenachweis grundsätzlich geeigneter als ein bloßer Unterrichtungsnachweis, um eine ausreichende fachliche Befähigung der gewerblichen Sicherheitskräfte zu erreichen. Die gesetzliche Einführung eines allerdings differenzierenden, am Tätigkeitsfeld und dem Gefährdungspotential der jeweiligen Sicherheitskraft zu orientierenden Sachkundeerfordernisses sollte demzufolge auch in Deutschland nicht aus den Augen verloren werden. Bezüglich des Prinzips einer Abstufung der für die verschiedenen Bereiche jeweils für erforderlich zu erachtenden Kenntnisse kann beispielsweise auf die entsprechende Regelung in Florida verwiesen werden. Dort werden die unterschiedlichen Tätigkeitsfelder des Sicherheitsgewerbes je nach dem Grad der zu übernehmenden Verantwortung in Kategorien eingeteilt. Um eine Tätigkeit aus einer dieser Kategorien ausüben zu dürfen, muß eine bestimmte, genau spezifizierte Lizenz erworben werden 31. Diese Lizenzen wiederum werden nur erteilt, wenn der Antragsteller die entsprechend erforderliche, dem Tätigkeitsbereich innerhalb der jeweiligen Kategorie angepaßte Sachkunde nachweisen kann 32 . 29
Zu diesem Streit siehe: Teil zwei, Kapitel drei, Abschnitt Β. I. 3. c) (II) sowie Abschnitt D. I. 2. 30 Teil drei, Kapitel drei, Abschnitt E. Hierzu vergleiche Fla. Stat. Ann. § 493.6301. So muß der Gewerbetreibende selbst ζ. B. eine „class Β license" besitzen, ein einfacher „security officer" eine „class D license" und ein „security officer" der seinen Dienst mit einer Feuerwaffe versieht, eine „class G license". 32 Zu diesen jeweiligen Sachkundeerfordernissen: Fla. Stat. Ann. § 493.6303. 21*
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Auch bei der Form der zu fordernden Sachkunde könnte man sich hierzulande an den entsprechenden amerikanischen Regelungen orientieren. Ein Sachkundenachweis läßt sich dort entweder durch Nachweis einer bestimmten Berufserfahrung, die Absolvierung einer Ausbildung und einer entsprechenden Prüfung oder einer Kombination aus beidem erwerben 33. Die Normierung eines Sachkundeerfordernisses mit einer ähnlichen, jedenfalls differenzierten und damit verhältnismäßigen Abstufung der zu fordernden Qualifikation würde in Anbetracht der Gefahren, die von unzureichend ausgebildetem gewerblichen Sicherheitspersonal für den Rechtsfrieden ausgehen auch keinen Verstoß gegen das Grundrecht auf freie Berufswahl darstellen 34. Bleibt festzuhalten, daß in diesem Bereich der an die Ausbildung der privaten Sicherheitskräfte gestellten Anforderungen die amerikanische Lösung mittels eines gesetzlich normierten Sachkundeerfordernisses dem deutschen Unterrichtungsnachweis vorzuziehen ist. In diesem Zusammenhang erscheint es auch bemerkenswert, daß in beiden Ländern erst vor kurzem darauf reagiert wurde, daß das im privaten Sicherheitsgewerbe liegende Risiko für die Bevölkerung nicht alleine von dem Gewerbetreibenden persönlich ausgeht, sondern zumindest in gleichem Maß von denjenigen, die direkt mit der Öffentlichkeit in Kontakt kommen, also von den Angestellten des Gewerbetreibenden, dem Bewachungspersonal. Zur Verminderung eben dieses Risikos wurden daher nunmehr in beiden Ländern auch an die Anstellung bzw. die Beschäftigung einer Sicherheitskraft gewisse gesetzliche Anforderungen gestellt. So darf ein Wachmann in beiden Ländern nur dann angestellt werden, wenn dieser ebenfalls die vom Gewerbetreibenden selbst geforderten charakterlichen Voraussetzungen der Zuverlässigkeit bzw. des „good moral characters" erfüllt. Darüber hinaus wird mittlerweile eben auch von der Belegschaft eines Sicherheitsunternehmens eine bestimmte fachspezifische Qualifikation gefordert. Um die Einhaltung dieser an das Wachpersonal gestellten Anforderung sicherstellen zu können, müssen die Gewerbetreibenden beider Länder ihren gesamten Mitarbeiterstab unter Vorlage der entsprechenden Nachweise bei der zuständigen Behörde melden. Diese Erweiterung der gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen auch auf das Bewachungspersonal ist in beiden Ländern zu begrüßen. Schließlich enthält das deutsche wie auch das Gewerberecht der meisten amerikanischen Einzelstaaten die Normierung einer Versicherungspflicht für die Dekkung der Schäden, die Dritten bei der Durchführung der Bewachungstätigkeiten entstehen können. Hierbei ist bemerkenswert, daß die Höhe der deutschen Mindestversicherungssumme die der amerikanischen übersteigt. So ist in Florida beispielsweise eine Deckungssumme von mindestens 300.000 US-Dollar und in Kalifornien von 500.000 US-Dollar pro Schadensfall vorgeschrieben. Diese beiden am oberen Ende der amerikanischen Skala angesiedelten Staaten erreichen jedoch 33 Zu den unterschiedlichen Ausgestaltungen der Anforderungen in den einzelnen Staaten: Teil drei, Kapitel drei, Abschnitt C. II. 1. c.) (III). 34 Hierzu ausführlich auch oben: Teil zwei, Kapitel drei, Abschnitt D. 1.2.
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nicht die deutsche Mindestdeckungshöhe von 500.000 DM für Sach- und zwei Mio. DM für Personenschäden. Berücksichtigt man weiterhin die bereits angesprochenen, durchschnittlich wesentlich höheren Schadensersatzsummen, die von amerikanischen Zivilgerichten zugesprochen werden, so kommt man zu dem Ergebnis, daß ein Bewachungsunternehmen in den USA einem wesentlich höheren finanziellen Risiko ausgesetzt ist 3 5 . Die gewerberechtlich vorgeschriebene Mindestversicherungssumme für Bewachungsunternehmen ist daher in den USA als zu niedrig angesetzt anzusehen. In Deutschland dagegen dürften die Deckungssummen in Anbetracht der vergleichsweise moderaten Schadensersatzzahlungen, vor allem für Personenschäden, als angemessen bewertet werden. Als Fazit dieses Vergleichs der gewerberechtlichen Regelungen kann zunächst festgehalten werden, daß die für einen Zugang zu diesem Gewerbe zu überwindenden gesetzlichen Hürden in beiden Ländern weitgehend gleich hoch bzw. - treffender ausgedrückt - gleich niedrig sind. Zwar wurden die Anforderungen in den letzten Jahren sowohl in Deutschland als auch in den USA merklich verschärft. Nach wie vor ist jedoch davon auszugehen, daß die Belegschaft dieses Gewerbezweigs noch immer zu einem nicht zu unterschätzenden Anteil aus unzureichend qualifiziertem bzw. charakterlich fragwürdigem Personal besteht. Von den in beiden Ländern vortretenden Kritikern der gegenwärtigen Gesetzeslage wird daher auch vor allem der gesetzlich geforderte fachspezifische Ausbildungsstand für insuffizient erachtet. Berücksichtigt man den sicherheitsrechtlich teilweise hochsensiblen Tätigkeitsbereich des Bewachungsgewerbes, so kann dieser ordnungsgemäß eigentlich nur von einem in ausreichendem Maß rechtlich, fachspezifisch aber auch psychologisch geschulten Personal ausgefüllt werden. Die für einen solchen Qualifikationsstand erforderliche Ausbildung läßt sich jedoch nur schwerlich in einem 20- bis 40-stündigen Schnellkurs vermitteln. Obwohl einige amerikanische Gliedstaaten bereits ein Sachkundeerfordernis normiert haben, scheint eine gesetzliche Regelung, die eine dem jeweiligen Tätigkeitsfeld und dem von den verschiedenen Sicherheitskräften ausgehenden Gefährdungspotential angemessene und ausreichende Qualifizierung gewährleistet, freilich sowohl im amerikanischen als auch im deutschen Recht große Schwierigkeiten zu bereiten. Während dies in Deutschland bisher nicht durchgesetzt wurde, weil in einer derartigen Normierung ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG gesehen wird, scheint sich in den USA in diesen weitgehend zu gering gestellten Anforderungen ein weiteres Mal die allgemeine Deregulations-Bewegung zu manifestieren, also der Trend zu möglichst wenig Gesetzen bei gleichzeitigem Vertrauen in die Selbstregelungskräfte des Marktes 36 . Um so mehr zu denken geben sollte jedoch die Tatsache, daß sogar die Bewachungsindustrie selbst eine weitere Verschärfung der gewerberechtlichen Zulas35 So schreibt Stewart: „many small companies faced with large liability claims simply go out of business, leaving an injured party with little recourse"; in: Public Safety, Private Police, 45 Public Administration Review 758,763 (1985). 36 So auch die Äußerungen von Bottom und Wathen in: Nemeth, Private Security and the Law, S. 24.
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sungskriterien fordert, obwohl man doch von dort an sich am ehesten erwarten könnte, daß man eine möglichst geringe Regelungsdichte in diesem Bereich begrüßen würde. Außer in dem wiederholt geäußerten Wunsch der unterschiedlichen Berufsverbände nach eben solchen strengeren Gesetzen wird diese Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Situation vor allem auch durch die selbstgewählten Maßnahmen deutlich, die die Sicherheitsindustrie in beiden Ländern ergriffen hat, um ihr in der Öffentlichkeit etwas ramponiertes Image als Beschäftigungsstätte für moralisch wie fachlich unterqualifiziertes Personal zu verbessern. Allen voran ist hier die Einrichtung bestimmter freiwilliger Qualitätsstandards anzuführen. Sowohl die von der ASIS, einer amerikanischen Bundesvereinigung des Bewachungsgewerbes, ins Leben gerufene Institution des CPP 37 als auch das in Deutschland von immer mehr Bewachungsunternehmen absolvierte DIN ISO 9000 ff.-Zertifizierungsverfahren 38 sollen dieser selbstgewählten Qualitätssteigerung im Vergleich zu dem jeweiligen gewerberechtlich geforderten Standard dienen. Dabei ist der Status des amerikanischen CPP rein personenbezogen, gibt also lediglich Aufschluß über die Qualifikation eines einzelnen „security officer". Das DIN ISO 9000-Zertifizierungsverfahren dagegen erfaßt den jeweiligen Bewachungsgewerbebetrieb in seiner Gesamtheit und stellt daher eine ausführlichere, weil unternehmensbezogene Qualitätskontrolle dar. Dennoch sind diese Maßnahmen der Bewachungsindustrie beider Länder durchaus vergleichbar. Beide dienen einer Qualitätssteigerung über den gesetzlich geforderten Standard hinaus. Daß die Motivation der Industrie hierbei primär marktorientiert ist und auf die Erlangung von Wettbewerbsvoiteilen gegenüber der Konkurrenz abzielt, soll der grundsätzlich positiven Bewertung dieser Bemühungen keinen Abbruch tun, solange hierdurch tatsächlich eine Steigerung des Sicherheitsstandards und eine Verminderung der unerwünschten, von ungeeignetem Bewachungspersonal verursachten Zwischenfälle erreicht wird. Bei allen Vorteilen dieser Verfahren ist jedoch nochmals ausdrücklich festzuhalten, daß es sich hierbei um freiwillige Maßnahmen handelt, und es somit immer Unternehmen geben wird, die sich primär aus Kostengründen einer solchen Standardisierung nicht unterziehen. Die Gewährleistung eines ausreichenden Qualitäts- und damit Sicherheitsstandards für die Gesamtheit des Bewachungsgewerbes läßt sich daher in beiden Ländern im Ergebnis nur durch eine Verschärfung bzw. Konkretisierung der entsprechenden gesetzlichen Zulassungskriterien erreichen.
ΠΙ. Zusammenfassung Vergleicht man abschließend die einfachgesetzlichen Rahmenbedingungen des privaten Sicherheitsgewerbes beider Länder, so kann hier im Ergebnis eine weitgehende Übereinstimmung festgestellt werden. Bis auf wenige spezialgesetzliche 37 Dazu ausführlicher: Teil drei, Kapitel drei, Abschnitt C. III. 38 Teil zwei, Kapitel drei, Abschnitt Β. ΙΠ.
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Ausnahmen ist der Großteil der privaten Wachleute beider Länder befugnisrechtlich auf die Nutzung der allgemeinen Notrechte beschränkt. Diese Situation wird zwar hier wie dort nicht kritiklos akzeptiert, doch ist eine ausdrückliche gesetzliche Festschreibung der Aufgaben und Befugnisse gewerblicher Sicherheitskräfte weder in den USA noch in Deutschland in nächster Zeit zu erwarten. Ähnliches kann bezüglich des jeweils geltenden gewerberechtlichen Rahmens festgestellt werden. Auch hier wird vermehrt vorgebracht, daß die gegenwärtige Situation der Bedeutung und dem Gefahrenpotential dieses Gewerbezweigs nicht gerecht wird. Im Hinblick auf die Gewerbezulassungs- und -ausübungsregelungen kann jedoch auch hier eine umfassende Gesetzesänderung weder gefordert noch erwartet werden, solange die Möglichkeiten der bestehenden Regelungen - vor allem aus dem Bereich der Gewerbeüberwachung - von der Verwaltung nicht einmal in vollem Umfange ausgeschöpft werden. Anders verhält es sich allerdings mit der gesetzlich jeweils geforderten fachlichen Tauglichkeit der Gewerbetreibenden bzw. des für diese tätig werdenden Wachpersonals. Berücksichtigt man, daß das Bewachungsgewerbe beider Länder in den letzten Jahren in immer komplexere und damit auch sensiblere Bereiche der Gefahrenabwehr vorgedrungen ist, so ist gerade im Hinblick auf die Ergänzung der gesetzlichen Anforderungen an die fachliche Eignung des Personals ein Handlungsbedarf durchaus zu bejahen.
E. Verfassungsrechtliche Beurteilung des Sicherheitsgewerbes Zum Abschluß der rechtsvergleichenden Gegenüberstellung des privaten Sicherheitsgewerbes in Deutschland und den USA sind zuletzt noch die unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Beurteilungen dieses Themenkomplexes zu vergleichen. Dabei ist bereits vorab anzumerken, daß in diesem Bereich die größten Unterschiede in der Behandlung des Bewachungsgewerbes durch die beiden zu vergleichenden Rechtsordnungen festzustellen waren. Klarzustellen ist dabei nochmals, daß ein vollständiger Vergleich einzelner Problemfelder auf verfassungsrechtlicher Ebene an sich zunächst eine ausführliche und elementare Analyse der jeweils zugrundeliegenden Verfassungsordnungen gebietet. Eine solche vergleichende Untersuchung des jeweiligen verfassungsrechtlichen Fundaments würde freilich über die Zielsetzung dieser Arbeit, nämlich die Gewährleistung eines Überblicks über die Behandlung der Problematik der gewerblichen Sicherheit, deutlich hinausgehen. Deshalb wird auch dieser abschließende Vergleich auf den vorstehend gezogenen Rahmen der jeweiligen verfassungsrechtlichen Untersuchungen beschränkt.
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4. Teil: Rechtsvergleich
I. Verfassungsrechtliche Beurteilung des Sicherheitsgewerbes in seiner Gesamtheit Vergleicht man zunächst die allgemeine verfassungsrechtliche Beurteilung der Institution des privaten Sicherheitsgewerbes, so läßt sich vorab feststellen, daß diese in Deutschland doch recht kritisch ausfällt, derweil diese Thematik in den USA so gut wie überhaupt nicht problematisiert wird. So wird beispielsweise auf die im Zusammenhang mit den Eingriffsbefugnissen der gewerblichen Sicherheitskräfte in Deutschland sehr ausführlich erörterten Risiken einer möglichen Aushöhlung des staatlichen Gewaltmonopols in der amerikanischen Literatur nicht eingegangen; zumindest nicht im Zusammenhang mit der Frage der generellen Verfassungsmäßigkeit der Tätigkeit des Sicherheitsgewerbes. Zwar sind die Handlungsmöglichkeiten privater Wachleute in den USA ebenso von denen der staatlichen Ordnungskräfte abgegrenzt wie in Deutschland. Diese wenigstens im Ergebnis auch in den USA am Maßstab des staatlichen Gewaltmonopols orientierte Abgrenzung zwischen staatlicher und privater Sicherheit wirkt sich dort allerdings auf verfassungsrechtlicher Ebene nur im Rahmen der Diskussion um die Drittwirkungsproblematik aus, also konkret bei der Frage der Anwendbarkeit der grundrechtlich manifestierten Beweisverwertungsverbote im Bereich privater Sicherheit 39. Generell ist in den USA eine größere Bereitschaft festzustellen, private Sicherheitskräfte in weiteren Tätigkeitsbereichen einzusetzen und umfassender zu ermächtigen. So wird beispielsweise in den USA gerade das in Deutschland so umstrittene, von der herrschenden Meinung wie auch vom Sicherheitsgewerbe selbst grundsätzlich abgelehnte Tätigwerden Privater auf öffentlichem Verkehrsraum, zumindest im Hinblick auf seine verfassungsrechtliche Zulässigkeit nicht problematisiert. Auch das in Deutschland in diesem Zusammenhang diskutierte Stichwort vom „staatlichen Mißbrauch der Notrechte zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" bildet in den USA keine Grundlage für eine verfassungsrechtliche Diskussion über die grundsätzliche Geeignetheit der Jedermannrechte als Befugnisse des Sicherheitsgewerbes. Dieser Aspekt der Bereitstellung der Notrechte als Ausfluß der Schutzpflicht des Staates gegenüber den Bürgern wird hier abermals nur im Rahmen der oben angesprochenen Diskussion um die Anwendbarkeit der Beweisverwertungsverbote angeführt. So wird von den Befürwortern einer solchen Anwendbarkeit vorgebracht, die staatliche Billigung einer professionellen Nutzung der Notrechte stelle die Abgabe einer eigentlich öffentlichen Aufgabe, einer „public function" an Private dar; und deshalb müßte der gegenüber einer staatlichen Stelle gewählte Grundrechtsschutz auch auf die Tätigkeiten dieser Privaten erweitert werden. Entsprechendes gilt für die verfassungsrechtliche Beurteilung der „deputization", also der Bevollmächtigung gewerblicher Sicherheitskräfte mit obrigkeitlichen Befugnissen. Während die grundsätzliche Vereinbarkeit einer solchen Bevollmächtigung mit dem Verfassungsrecht nicht einmal problematisiert wird 4 0 ,
39 Dazu ausführlich unten, Nr. ΠΙ. dieses Abschnitts.
4. Teil: Rechtsvergleich
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erscheinen ihre Auswirkungen wiederum ausschließlich in der State-Action-Diskussion und der damit verbundenen Problematik um die Anwendbarkeit verfassungsrechtlich gewährter Beweisverbote auf die Ermittlungen der „deputized private watchmen". Bei der Suche nach den Ursachen für diese Unterschiede in der Gewichtung des Gewaltmonopols bei der Legitimierung privater Sicherheitskräfte stößt man vor allem auf die unterschiedlichen staatstheoretischen Grundlagen beider Staaten. Während sich das staatliche Gewaltmonopol als Grundlage des in Deutschland existierenden Staatswesens primär auf die absolutistischen, durch keine Rechtsvorbehalte geprägten Staatstheorien von Jean Bodin und Thomas Hobbes zurückführen läßt 41 , ist das US-amerikanische Staatsverständnis wohl am nachhaltigsten durch die naturrechtlich begründeten Theorien John Lockes geprägt worden 42 . Einen „Unterwerfungsvertrag" zwischen Volk und Herrscher, der ein staatliches Gewaltmonopol im Sinne des absoluten, mit Rechtssicherungsaufgaben betrauten Staates Hobbes*scher Prägung erst möglich macht, lehnt Locke ab. Vielmehr werden dem Staat seine Befugnisse, seine politische Macht, durch Mehrheitsbeschluß des Volkes zur treuhänderischen Ausübung und damit auch rückholbar übertragen. Dies gilt aber gerade auch für die Wahrnehmung von Aufgaben im Bereich der Gefahrenabwehr. Mit diesen unterschiedlichen Staatsphilosophien läßt sich auch das in den USA traditionell stärkere Bewußtsein von Eigeninitiative und Eigenverantwortung anstatt staatlicher Regulierung begründen. Wenn aber die staatlichen Schutzpflichten, der rechtliche Anspruch auf polizeilichen Schutz privater Rechtsgüter in den Hintergrund tritt, so kann konsequenterweise der „private security" das staatliche Gewaltmonopol als Gegenstück zur staatlichen Schutzpflicht nicht in dem Ausmaß entgegenstehen, wie das in Deutschland der Fall ist. Im Ergebnis läßt sich also der staatstheoretische Hintergrund der amerikanischen Grundrechtsverbürgungen als Hauptursache für die unterschiedliche Legitimierung staatlicher und privater Gefahrenabwehr anführen. Die Ausübung von Eingriffsbefugnissen durch das Sicherheitsgewerbe, also die grundsätzliche Vereinbarkeit privatgewerblicher Sicherheitstätigkeit mit dem staatlichen Gewaltmonopol, wird daher in den USA nicht in Frage gestellt. Zwar werden die in diesem Zusammenhang in Deutschland erörterten Problemkreise auch dort angesprochen. Im Gegensatz zu der hierzulande geführten Diskussion um die grundlegende Zulässigkeit bzw. die Grenzen der privaten Sicherheit finden diese Argumente jedoch in den USA ausschließlich in der Diskussion um die Anwendbarkeit grundrechtlicher Beweisregeln wie beispielsweise U.S. Const, amend. IV Verwendung. Staatsgewalt 40
So bezeichnet es der Supreme Court in seiner Entscheidung NLRB v. Jones & Laughlin Steel Corp., 331 U.S. 416; 429 (1946), als übliche Praxis, private Sicherheitskräfte mittels „deputization" mit staatlicher Autorität auszurüsten; ebenso in: Williams v. United States, 341 U.S. 97; 99, 100 und in: Griffin v. Maryland, 378 U.S. 130 (1962). 41 Ausführlich zweiter Teil, viertes Kapitel, Α. I. 42 Gough, Social Contract, S. 229 ff.
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4. Teil: Rechtsvergleich
und auf der anderen Seite Schutzpflichten dienen also einzig und allein zum Zwekke des Schutzes von Freiheit, Gesundheit und Besitztümern der Bürger. Auch sozialstaatliche bzw. am Demokratieprinzip orientierte Erwägungen werden im Hinblick auf das Sicherheitsgewerbe in den USA nicht angestellt. Ersteres läßt sich sicherlich auch zu einem gewissen Teil damit begründen, daß die amerikanische Gesellschaft markt- und konsumorientierter ist. Nach dem Motto „wer zusätzliche Sicherheit wünscht, soll sie sich auch kaufen können" wird auch der Bereich der Gefahrenabwehr wesentlich mehr von den Regularien der Marktwirtschaft bestimmt als in Deutschland. So zieht beispielsweise Stewart sein Fazit aus einer Abhandlung über das private Sicherheitsgewerbe dahingehend, daß zwar der Staat weiterhin einen bestimmten Mindeststandard an Sicherheit garantieren sollte, darüber hinaus aber jedem, der dies möchte, die Möglichkeit zu gewähren ist, zusätzliche private Sicherheit kaufen zu können 43 . Nicht problematisiert wird dabei allerdings die sich ergebende Gefahr, daß dieses Minimum an staatlich gewährter Sicherheit den Bedürfnissen der Bevölkerung nicht gerecht werden könnte und sich ein Großteil der Population die erforderliche zusätzliche Sicherheit nicht leisten könnte. Von diesen Unterschieden in der verfassungsrechtlichen Beurteilung bzw. dem völligen Fehlen eines entsprechenden Problembewußtseins in den USA läßt sich jedoch wohl auch auf die grundsätzliche Einstellung schließen, die dem privaten Sicherheitsgewerbe als solchem in den beiden Ländern entgegengebracht wird. Es entsteht der Eindruck, als herrsche in den USA die Ansicht vor, der Staat sei alleine nicht in der Lage, in ausreichendem Maße für die Sicherheit seiner Bevölkerung zu sorgen, sondern das Sicherheitsgewerbe stelle hierfür eine unentbehrliche Ergänzung dar, deren grundsätzliche Daseinsberechtigung und verfassungsrechtliche Gesetzmäßigkeit nicht mehr in Frage gestellt werden könne. Während in Deutschland Wachsamkeit und Skepsis vorherrschen, wird die Diskussion über die „private security" in den USA eher von Pragmatismus und Sorglosigkeit bestimmt.
II. Anwendbarkeit der Beweisverwertungsverbote Zwar wird die Vereinbarkeit des Sicherheitsgewerbes mit der Verfassung in den USA im allgemeinen nicht in Frage gestellt. Dort findet sich jedoch statt dessen eine um so lebhaftere Diskussion bezüglich der Anwendbarkeit verfassungsrechtlich verankerter, strafrechtlicher Beweisverwertungsverbote auf die von privaten Sicherheitskräften erhobenen Beweise. Nach dem Dreh- und Angelpunkt dieser Diskussion, der sogenannten „state action doctrine", kann solch grundrechtlich gewährter Schutz nur in den Fällen gewährt werden, in denen die Tätigkeit der Privatperson unter einem gewissen staatlichen Einfluß steht. Bisher wird dieser staat43 In: Public Safety and Private Police, 45 Pub. Admin. Rev. 758,764 f. (1985).
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liehe Einfluß von den Gerichten nur in eindeutigen Fällen wie ζ. B. bei der „deputization" oder bei einer direkten Beteiligung staatlicher Ordnungskräfte bejaht. Es mehren sich jedoch diejenigen Stimmen, die bereits in der allgemeinen, nicht besonders staatlich bevollmächtigten sicherheitsrechtlichen Tätigkeit von „private security officers" die Ausübung einer „public function" und damit „state action" erkennen. Das Handeln gewerblicher Sicherheitskräfte soll also - nach Ansicht dieser Kritiker der derzeit in der Rechtsprechung noch vorherrschenden Meinung zumindest im Hinblick auf die Anwendbarkeit der grundrechtlich manifestierten Beweisverwertungsverbote - dem Handeln der staatlichen Polizei gleichgestellt werden 44. Berücksichtigt man die primäre Motivation der US-amerikanischen Beweisverbotsregeln, nämlich die Eindämmung mißbräuchlicher Machtausübung durch die Polizeikräfte 45, so kann dieser Gleichstellungsargumentation auch durchaus zugestimmt werden. Die zumeist weniger gute Ausbildung der gewerblichen Sicherheitskräfte sowie die Tatsache, daß sie im Gegensatz zu den staatlichen Ordnungskräften keinem spezifischen internen Disziplinarrecht unterliegen, lassen bei den Privaten die Gefahr mißbräuchlicher Befugnisüberschreitungen in Verbindung mit den Bemühungen zur Erlangung von Beweisen sogar höher erscheinen als bei der Polizei. Es wäre daher als durchaus sinnvoll anzusehen, wenn man zur Bekämpfung dieser durch die Privaten hervorgerufenen Gefahren auf die Maßnahmen zurückgreifen würde, die man auch zur Disziplinierung der Polizei eingesetzt hat, nämlich die Beweisverwertungsverbote. Auch im Hinblick auf die - mittlerweile in Relation zur staatlichen Polizei erreichten - zahlenmäßigen Ausmaße des privaten Bewachungsgewerbes in den USA können die Befürchtungen jener Kritiker bezüglich der schleichenden Gefahr einer Umgehung der Beweisverwertungsverbote durch einen verstärkten und teilweise sogar gezielten Einsatz von nicht an diese Verbote gebundenen Privaten durchaus nachvollzogen werden. Hier sei nochmals auf die Argumentation von der Vergleichbarkeit dieser Situation mit der bereits seit 1960 vom Supreme Court aufgegebenen Rechtsprechung zur „silver platter doctrine" hingewiesen46. Der Forderung nach einer Änderung der teilweise mit dem Begriff „platinum platter doctrine" bezeichneten und kritisierten Rechtsprechung des Supreme Court 47 dahingehend, daß die Anwendbarkeit grundrechtlich manifestierter Beweisverwertungsverbote zumindest auch auf die im polizeilichen Aufgabenbereich tätig werdenden privaten Sicherheitskräfte erweitert wird, ist daher zuzustimmen.
44 In diesem Zusammenhang sei nochmals auf die oben, unter Punkt I. erwähnte, am sicherheitsrechtlichen Aufgabenbereich und den Auswirkungen des Gewaltmonopols orientierte Argumentation dieser Kritiker hinzuweisen. 4 * So ζ. B. Bradley, Beweisverbote in den USA und in Deutschland, GA 1985, S. 99,101 f. ^ Hierzu ausführlich Teil zwei, viertes Kapitel, Abschnitt Α. II. 1.) c.) (II.). 47 So ζ. B. Nemeth, Private Security and the Law, S. 84.
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Zieht man nun den Vergleich zu der in Deutschland herrschenden Situation, so ist zunächst nochmals darauf hinzuweisen, daß ein hierzulande privat erhobener Beweis nur dann für strafprozessual unverwertbar erklärt wird, wenn die Beweiserhebung mit einem derartigen Maß an Menschenrechtswidrigkeit behaftet ist, daß die Verwertung durch einen Richter selbst eine solche Menschenrechtsverletzung darstellen würde. Beweise, die diesseits dieser Grenze von Privaten erhoben wurden, sind vor Gericht jedoch uneingeschränkt verwertbar. Die Beweisverbote der Strafprozeßordnung werden auf die von Privatpersonen erhobenen Beweise nicht angewendet. Eine mit der amerikanischen Gleichstellungsdiskussion vergleichbare Ansicht existiert in Deutschland bislang nicht. Nun stellt sich aber die Frage, ob eine solche Gleichstellung für das deutsche Sicherheitsgewerbe überhaupt erstrebenswert wäre. Einerseits lassen sich die Argumente der amerikanischen Befürworter einer solchen Erweiterung der Beweisverwertungsverbote grundsätzlich wohl auch auf die deutschen Verhältnisse anwenden. Auch hierzulande verlieren die Beweisverwertungsverbote an Bedeutung und Schutzwirkung, wenn unrechtmäßig erhobene Beweise einer gerichtlichen Verwertbarkeit zugeführt werden können, solange sie nur von privaten Sicherheitskräften gewonnen wurden. Dies um so mehr, als die Privaten, bedingt durch das stete Wachstum ihrer Branche, auch hierzulande immer gegenwärtiger werden und somit auch in zunehmendem Maße zeitlich vor den staatlichen Ordnungskräften an einen Tatort und damit an prozeßrelevante Beweise gelangen. Die Gefahr einer Aushöhlung der auch in Deutschland grundrechtlich abgesicherten Beweisverwertungsverbote kann also auch hier nicht ausgeschlossen werden. Auch das eigentliche Hauptargument der amerikanischen Gleichstellungsbefürworter, nämlich die durch ein Beweisverwertungsverbot angestrebte Disziplinierungsfunktion gegenüber den privaten Sicherheitskräften, ließe sich grundsätzlich ebenso auf das deutsche Sicherheitsgewerbe anwenden. Wären unrechtmäßig erhobene Beweise vor Gericht nicht mehr verwertbar, so würde wohl auch hierzulande der Anreiz verloren gehen, bei der Beweiserhebung unrechtmäßige Methoden einzusetzen. Bei aller Vergleichbarkeit der Thematik sollte jedoch berücksichtigt werden, daß gerade auch bei Bedeutung und Intention der gesetzlichen Regelungen des Strafprozesses und im besonderen bei der Beweisverbotslehre zwischen Deutschland und den USA einige generelle Unterschiede bestehen. Im Gegensatz zu den amerikanischen Beweisverbotsregeln besteht deren erstrangiges Ziel in Deutschland eben nicht in der Disziplinierung der jeweiligen Strafverfolgungsbehörden, sondern in der Erreichung eines optimalen Gleichgewichts zwischen dem Schutz der verfassungsmäßigen Rechte des Angeklagten und dem Bemühen um einen wirksamen Gesetzesvollzug 48 . Ein fehlerhaftes Verhalten der Polizei führt hier also, anders als in den USA, nicht zwangsläufig zur Unverwertbarkeit der Beweismittel49. Einem Gesetzesverstoß der Polizei kommt in Deutschland also keineswegs diese absolute Be-
48 Bradley, Beweisverbote in den USA und in Deutschland, GA 1985, S. 99,101 f., 105 f. 49 Ibd., S. 102.
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deutung zu. Dasselbe hätte dann aber im Rahmen der hier angeschnittenen Thematik auch für die Fälle der Beweiserlangung durch Private zu gelten. Diese fehlende Disziplinierungsfunktion des deutschen Strafprozeßrechts gilt es jedoch im Rahmen der Diskussion um eine Ausdehnung von Beweisverboten zu berücksichtigen, zumal gerade diese Funktion und ihre Übertragbarkeit auf das Sicherheitsgewerbe in den USA eigentlich das Hauptanliegen der Befürworter einer Gleichstellung von polizeilichem und privatem Handeln darstellt. Im Ergebnis würde eine solche gesetzlich geregelte Anwendbarkeit strafprozessualer Beweisverwertungsverbote auf private Sicherheitskräfte, wie sie hierzulande beispielsweise von der SPD gefordert wird 5 0 , auch zu einer weiteren staatlichen Anerkennung und damit Aufwertung des Sicherheitsgewerbes führen. Die Grenzen zwischen staatlicher und privater Sicherheit würden dadurch weiter verwischt werden, wenn auch nicht im Bereich der Aufgaben und Befugnisse, so aber doch im Rahmen der Bewertung ihrer Tätigkeiten. Nachdem im Laufe dieser Arbeit jedoch mehrfach festgestellt wurde, daß eine strikte Abgrenzung zur staatlichen Gefahrenabwehr den weiteren Umgang mit dem Sicherheitsgewerbe prägen sollte, bestehen gegen eine derartige Gleichstellung, wie in den USA gefordert, in Deutschland nicht unerhebliche Bedenken. Wenn auch an dieser Stelle eine vollständige Erörterung der sich hier gegenüberstehenden Argumente für die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens einerseits und eine ebenso strikte wie umfassende Trennung zwischen staatlicher und privater Sicherheit andererseits keinen Raum finden kann, so ist doch abschließend zumindest folgendes festzustellen: Beachtet man die bislang praktisch nicht vorhandene Problematisierung dieser Thematik in Deutschland, so könnte man die Schlußfolgerung ziehen, daß unrechtmäßig durchgeführte Beweiserhebungen gewerblicher Sicherheitskräfte und damit verbundene zweifelhafte gerichtliche Verwertungen dieser Beweise hierzulande tatsächlich nicht vorkommen und deshalb keine Rolle spielen. Wahrscheinlicher erscheint jedoch, daß auch in Deutschland Fälle von Beweiserhebungen durch Private existieren, die auf eine Art und Weise durchgeführt werden, nach der die dort gewonnenen Beweise, wären sie von einem Polizisten erhoben worden, einem Verwertungsverbot unterliegen würden. Bedenkt man dabei weiter, daß das Sicherheitsgewerbe mittlerweile zu einer festen Größe auch im System der deutschen Gefahrenabwehr geworden ist und ihm immer mehr auch die Aufgabe der Entlastung und Unterstützung der staatlichen Ordnungskräfte zukommt, so ist fraglich, ob die kategorische Ablehnung der Anwendbarkeit strafprozessualer Beweisverwertungsverbote auf Private diesem Stellenwert des Sicherheitsgewerbes noch gerecht werden kann. Letztlich wäre es für einen Verdächtigen vom bloßen Zufall abhängig, ob die gegen ihn vorliegenden Beweise von einem Privaten oder von einem Polizisten in einer gegen ein Beweisverbot verstoßenden Weise gewonnen wurden, ob diese Beweise also verwertet werden dürfen oder 50 Hierzu siehe den Antrag der Bundestagsfraktion zu den privaten Sicherheitsdiensten; BT-Drucksache 13/3432, S. 7.
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nicht. Eine solche Konsequenz läßt sich jedoch nur schwerlich mit den Grundsätzen eines rechtsstaatlichen, für jedermann an den gleichen Maßstäben zu messenden Strafverfahrens vereinbaren. Es erscheint daher angebracht, die entsprechenden Beweisverbote zumindest auf die Tätigkeit jener Sicherheitskräfte zu erweitern, die ihrem rechtmäßigen und bestimmungsgemäßen Aufgabenbereich entsprechend mit der Erhebung von Beweisen konfrontiert werden können. Allen voran ließe sich hier die Gruppe der Kaufhausdetektive anführen 51. Auch bei denjenigen gewerblichen Sicherheitskräften, die eine besondere Bindung zum Staat aufweisen - sei dies bei den Beliehenen aufgrund ihrer Betrauung mit hoheitlichen Befugnissen, oder bei den im Rahmen der Eigensicherungspflichten Tätigen, denen unter anderem auch der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung obliegt - , wäre entsprechend der amerikanischen State-Action-Argumentation durchaus eine Anwendbarkeit der Beweisverbote zu diskutieren. Zwar handelt es sich bei diesen Sicherheitskräften nicht um staatliche Strafverfolgungsorgane und somit eben nicht um Adressaten der entsprechenden StPO-Vorschriften 52, doch stellt sich auch für Deutschland die Frage, ob hier nicht ein Widerspruch vorliegt, wenn sich der Staat einerseits die Tätigkeit der Privaten dort zunutze macht, wo eigentlich auch Polizisten eingesetzt werden könnten und andererseits aber dann die Beweisverbote, also Schutzvorschriften, die dem Bürger im Falle des Tätigwerdens der Polizei offenstehen würden, für nicht anwendbar erklärt. Um dieser für die Beweisverbote bestehenden Umgehungs- bzw. Entwertungsgefahr entgegenzuwirken, erscheint auch hier eine Erweiterung ihrer Anwendbarkeit auf die Privaten angezeigt. Eine generelle Erweiterung der Anwendbarkeit der Beweisverbote auf das gesamte Sicherheitsgewerbe, wie es beispielsweise in den USA schon wegen der Charakterisierung jedweder sicherheitsrelevanter Tätigkeit als öffentlich, als „public function" gefordert wird, würde dagegen tatsächlich zu einer Gleichstellung der privaten mit den staatlichen Ordnungskräften führen, wie sie aus den bereits angesprochenen Gründen gerade vermieden werden sollte. Auch kann dem Public-FunctionArgument für Deutschland nicht zugestimmt werden. Wie oben dargestellt, ist der Bereich der Gefahrenabwehr, der nicht den Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zum Gegenstand hat, sondern ausschließlich den von Individualrechtsgütern, gerade nicht als spezifisch staatliche Aufgabe anzusehen. Der Staat verfügt eben nur über das Gewalt- nicht aber auch über ein Sicherheitsmonopol. Auch wenn die mit den Beweisverwertungsverboten verfolgten Ziele in Deutschland und den USA also nicht unbedingt dieselben sind, und die Kritik der Wie im ersten Teil bereits erwähnt, ist die Tätigkeit selbständiger Kaufhausdetektive als Bewachungstätigkeit im Sinne des § 34a GewO anzusehen; Fuchs/Demmer, Sitzung des Bund-Länder-Ausschusses „Gewerberecht", GewArch 1996, S. 62, 65. Ausdrücklich auch Nr. 1.4 BewachVwV (in der Fassung der Bekanntmachung des Thüringer Ministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur, vom 28.4.1997). 52 Hierzu ausführlich Teil zwei, Kapitel vier, Abschnitt E. I. 1.).
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Gegner der derzeitigen Supreme-Court-Rechtsprechung auch nicht in vollem Umfange auf die deutschen Verhältnisse übertragbar ist, lassen sich doch deren grundsätzliche Bedenken gegen eine kategorische Nichtanwendbarkeit der strafprozessualen Beweisverbote auf private Sicherheitskräfte auch für das deutsche Sicherheits· und Bewachungsgewerbe nicht gänzlich von der Hand weisen. Selbst wenn man die vermutlich auch hierzulande von den Beweisverwertungsverboten ausgehende Disziplinierungsfunktion für Ordnungskräfte unberücksichtigt läßt, sollte bereits wegen der zu wahrenden Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens über eine Erweiterung dieser Regeln auch für einzelne Bereiche der gewerblichen Sicherheit nachgedacht werden.
I I I . Notwendigkeit einer an der Verfassung orientierten Wachsamkeit Nachdem vorstehend die unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Sichtweisen aufgezeigt wurden, mit denen man in beiden Ländern dem Sicherheits- und Bewachungsgewerbe gegenübersteht, soll nun an dieser Stelle eine Weitung dieser jeweiligen Standpunkte vorgenommen werden. Es gilt also nachfolgend die Frage zu beantworten, ob und inwieweit die in den USA herrschende Sichtweise nutzbringend sein könnte. Die Frage also, ob eine den amerikanischen Verhältnissen entsprechende, etwas kooperativere Einstellung dem Sicherheitsgewerbe gegenüber auch in Deutschland angebracht wäre, oder ob Deutschland besser beraten wäre, wenn der gegenwärtige, etwas vorsichtigere Umgang mit dem Bewachungsgewerbe beibehalten wird. Dazu ist zunächst anzumerken, daß die Notwendigkeit und damit die grundsätzliche Daseinsberechtigung des Sicherheitsgewerbes wohl auch in Deutschland von niemandem mehr ernsthaft angezweifelt wird. Nichtsdestotrotz besteht angesichts der derzeitigen Situation Sicherheit im Hinblick darauf, daß das private Sicherheitsgewerbe kein vollwertiger Ersatz für die Polizei sein kann, sondern diese allenfalls in gewissen, sicherheitsrechtlich weniger sensiblen Bereichen zu unterstützen bzw. zu entlasten vermag 53. In den USA ist dagegen teilweise festzustellen, daß die „private security" dort bereits eher als echtes Substitut für die Polizei angesehen wird, welches deren Aufgaben genauso gut, aber kostengünstiger durchzuführen in der Lage ist 5 4 . Hier sind in erster Linie die „deputized watchmen" anzuführen, die innerhalb ihres Tätigkeitsfeldes über die gesamte Befugnis53
So statt vieler ζ. B. Schenkelberg, Das private Sicherheitsgewerbe - Kriminalpolitische Forderungen aus der Sicht eines Innenministeriums, in: Polizei-Führungsakademie-Seminar, S. 29 oder Stober, staatliches Gewaltmonopol und privates Sicherheitsgewerbe, in: PolizeiFührungsakademie-Seminar, S. 59, der hierfür das Stichwort von der „police-private-partnership" gebraucht. 54 Bezüglich dieser Sichtweise sei nochmals an das Beispiel der Gemeinde Reminderville erinnert, die aus Kostengründen ihr kommunales „police department" aufgelöst und statt dessen eine Privatfirma mit der Erledigung der Sicherheitsaufgaben betraut hat; siehe oben: Teil drei, Kapitel eins, Abschnitt Β. II. 3.
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palette eines Polizisten verfügen und in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich als vollständiger und gleichwertiger Ersatz für die staatliche Polizei fungieren. Zwar wurde vorstehend im Zusammenhang mit den deutschen Eigensicherungspflichten dafür plädiert, die in diesem Bereich tätigen Sicherheitskräfte ebenfalls mit obrigkeitlichen Befugnissen auszustatten. Hierbei ist jedoch nochmals ausdrücklich zu betonen, daß sich dies lediglich auf die Übertragung einzelner Befugnisse bezieht, die für die Sicherheitskräfte erforderlich wären, um die staatlich übertragenen Sicherungspflichten bewältigen zu können, ohne auf die hierfür nicht geeigneten Notrechte zurückgreifen zu müssen. Eine den amerikanischen Verhältnissen entsprechende Übertragung derart umfassender Gesamtbefugnisse und damit eine Bildung vollwertiger privater Ersatzpolizeien, wäre jedoch nur schwerlich mit den durch Art. 33 Abs. 4 GG gezogenen engen Grenzen zu vereinbaren 55 und sollte im Hinblick auf die Wahrung der hierzulande nach wie vor bestehenden und auch beizubehaltenden Mehrheitsverhältnisse zugunsten staatlicher Sicherheitskräfte auch unbedingt vermieden werden. Dementsprechend erscheint es auch weiterhin notwendig, dafür Sorge zu tragen, daß die Privaten ihre Tätigkeiten nur innerhalb bestimmter Schranken und in klarer Abgrenzung zu den öffentlichen Sicherheitskräften ausüben können. Sowohl ein Verwischen der Grenzen zwischen öffentlicher und privater Sicherheit als auch ein damit verbundenes Vordringen des Sicherheitsgewerbes in den auch weiterhin den staatlichen Hoheitsträgern vorzubehaltenden Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, gilt es nach den vorgefundenen Ergebnissen56 auf jeden Fall zu vermeiden. In den USA sind hingegen eben diese Grenzen nur in deutlich aufgeweichterer Form vorzufinden und die staatlichen gegenüber den privaten Sicherheitskräften zumindest zahlenmäßig immer mehr ins Hintertreffen geraten. So wird dort auch ein Tätigwerden von „private security officers" auf öffentlichem Verkehrsraum als vollkommen unproblematisch angesehen. Nun soll die in den USA vorgefundene Situation keineswegs als warnendes schlechtes Beispiel hingestellt werden. Dennoch ist festzuhalten, daß eine derartige Entwicklung des Sicherheitsgewerbes für Deutschland nicht angestrebt werden sollte. Zwar befinden sich die hierzulande gegenwärtig anzutreffenden Erscheinungsformen der gewerblichen Sicherheit größtenteils im Einklang mit dem Grundgesetz. Um jedoch sicherzustellen, daß dies auch weiterhin so bleibt, erscheint die derzeit herrschende vorsichtige Zurückhaltung auch für die Zukunft angebracht. Aufgrund des nach wie vor ungebrochenen Wachstums dieser Branche und des damit verbundenen Strebens nach einer steten Erweiterung ihres Aufgabenbereichs 57, erlangen die diskutierten verfassungsrechtlichen Grenzen immer
55 Zu den Anforderungen, die durch Art. 33 Abs. 4 GG an eine Übertragung obrigkeitlicher Befugnisse an gewerbliche Sicherheitskräfte gestellt werden, siehe Teil zwei, Kapitel vier, Abschnitt B. II. 56 Hierzu vergleiche die Ergebnisse zur verfassungsrechtlichen Untersuchung des deutschen Teils; Kapitel vier, Abschnitt A. II. 2.
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größere Bedeutung. Würden die derzeit noch absoluten Grenzen des staatlichen Gewaltmonopols einmal gelockert werden, so wäre wohl nicht zu erwarten, daß das Sicherheitsgewerbe auf die dadurch eröffneten Möglichkeiten zur Erweiterung seines Tätigkeitsfeldes und damit zur Expansion und zur Umsatzsteigerung freiwillig verzichten würde. Gerade ein Vordringen der Privaten in Bereiche, die aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols den staatlichen Ordnungskräften vorzubehalten ist, gilt es jedoch weiterhin unbedingt zu vermeiden. Auch aus sozialstaatlichen Aspekten ist dafür zu sorgen, daß die öffentliche Sicherheit und Ordnung weiterhin durch den Staat gewahrt wird und sich dessen Ordnungskräfte nicht immer mehr von denen des Sicherheitsgewerbes verdrängen lassen. Je mehr Bereiche der Gefahrenabwehr von den Privaten übernommen werden, desto mehr gerät die öffentlich gewährte Sicherheit ins Hintertreffen. Es erscheint unproblematisch, aus sozialstaatlichen Aspekten ja sogar begrüßenswert, wenn bestimmte Sonderrisiken wie beispielsweise kommerzielle Sport- oder Kulturveranstaltungen oder auch gehobene Wohnviertel in besonderer Form bewacht werden. Eine solche Bewachung könnte dann ohne Schwierigkeiten aus dem Aufgabenbereich der staatlichen Sicherheitskräfte herausgenommen und statt dessen auf dem Sicherheitsmarkt käuflich erworben werden. Der in den USA festzustellenden Tendenz, den Bürgern die Sorge für ihre Sicherheit zu einem nicht unerheblichen Teil eigenverantwortlich zu übertragen, ist also bis zu einem bestimmten Ausmaß beizupflichten. Berücksichtigt man hierbei jedoch wiederum das Zahlenverhältnis, das in den USA mittlerweile zwischen staatlichen und privaten Sicherheitskräften besteht, so drängt sich die Schlußfolgerung auf, daß dort die finanziellen und personellen Mittel der staatlich gewährten Sicherheit mittlerweile nicht mehr ausreichen, um die gesamte Bevölkerung zumindest mit einer ausreichenden „Sicherheits-Grundausstattung" zu versorgen. Gerade dieses menschliche Grundbedürfnis an Sicherheit aber muß nach wie vor für jedermann zu befriedigen sein und darf nicht zu einer Frage von Profit und Finanzkraft werden. Um hierzulande eine Angleichung an die für die USA zu befürchtende Entwicklung, hin zu einer privatlastigen Sicherheit, die den finanziell schlechter gestellten Bevölkerungskreisen nicht mehr zugänglich wäre, zu verhindern, sollte dementsprechend auch das Sozialstaatsprinzip weiterhin eine bei der Lenkung der Entwicklung des privaten Sicherheitsgewerbes unbedingt zu beachtende Größe bleiben 58 . Selbst wenn das derzeitige Erscheinungsbild des Sicherheitsgewerbes einen Konflikt mit dem Demokratieprinzip nicht erkennen läßt, sollte auch dieser Maßstab zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Branche stets im Auge behalten werden. Schließlich stellen gewerbliche Sicherheitskräfte, die, wie in den USA 57 Gerade die Vertreter des Sicherheitsgewerbes bemühen sich stets, neue Tätigkeitsfelder zu erschließen. So ζ. B. Schult in: Glavic, Handbuch des privaten Sicherheitsgewerbes, S. 152 f., der sogar von Tätigkeiten im öffentlichen Raum spricht, deren Ausübung er für das Sicherheitsgewerbe anstrebt. 58 Zum sozialen Prinzip der Wirtschaftslenkung siehe: Gröschner, Grundlagen des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts, ThürVBl. 1996, S. 217 ff., 220. 22 Huber
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mittlerweile der Fall, dem Polizeiapparat in einer dreifachen Überzahl gegenüberstehen, eben doch ein Macht- und Gewaltpotential dar, das einem demokratischen Staatswesen unter Umständen gefährlich werden könnte. Zieht man das Fazit dieses Vergleichs der verfassungsrechtlichen Beurteilung und der darin jeweils zum Ausdruck kommenden Grundeinstellung gegenüber der privaten Sicherheit, so erhalten die an das Sicherheitsgewerbe in Deutschland angelegten Verfassungsmaßstäbe eine etwas andere Bedeutung. Da das gegenwärtige Bild des Bewachungsgewerbes mit dem Grundgesetz weitgehend in Einklang steht, wurden die vor allem von Hoffmann-Riem vorgebrachten Bedenken und Warnungen für weitgehend überzogen und unbegründet erachtet 59. Stellt man dem jedoch die entsprechende Situation in den USA gegenüber, so hat die gewerbliche Sicherheit dort mittlerweile Ausmaße und Formen angenommen, die diese Bedenken in einem anderen Licht erscheinen lassen. Zwar sind auch dort noch keine Zustände erreicht, die eine akute Gefahr für den Verfassungsstaat und seine Ziele bedeuten würden. Dennoch wurde von den USA in diesem Bereich ein Weg beschritten, auf dem Deutschland nicht unbedingt folgen sollte. Es sollten vielmehr die bisher angelegten Verfassungsmaßstäbe auch weiterhin als unabdingbare Grenzen für das private Sicherheitsgewerbe angesehen werden. Um eine Realisierung der von Hoffmann-Riem befürchteten negativen Perspektiven einer „Aushöhlung des Gewaltmonopols", „der Sicherheit nurmehr für Reiche" und „den Gefahren eines demokratisch nicht legitimierten Macht- und Gewaltpotentials" auch für die Zukunft zu verhindern, sollte eine Entwicklung jenseits dieser Verfassungsgrenzen in jedem Fall durch den Staat unterbunden werden.
59 Diesbezüglich am deutlichsten: Schwabe, Zum Status privater Sicherheitskräfte, ZRP 1978, S. 165 ff., der sich direkt und ausschließlich gegen die von Hoffmann-Riem vorgebrachten Argumente wendet. Ähnlich: Eberstein, Rechtsgrundlagen, Betriebsberater 1980, S. 863, 866 ff.
Schlußbemerkung Ausgehend von den oben angeführten Zielsetzungen dieses Rechtsvergleichs, nämlich der Darlegung anderer Betrachtungsweisen und damit verbunden dem Aufzeigen der besseren Lösung bzw. der Erarbeitung positiver Impulse für den Umgang mit dem deutschen Sicherheitsgewerbe, läßt sich nun abschließend das Folgende anmerken: Berücksichtigt man die Entwicklung des amerikanischen Sicherheitsgewerbes, so kann unterstellt werden, daß dieses mittlerweile kein direktes Vorbild mehr für sein deutsches Pendant darstellt, so wie dies noch in der Gründungszeit des hiesigen Bewachungsgewerbes zu Beginn dieses Jahrhunderts der Fall war. Unter Umständen lassen sich die dort feststellbaren Tendenzen jedoch nach wie vor noch als Indikatoren für einen später auch in Deutschland einsetzenden Fortgang ansehen. So hat das deutsche Sicherheitsgewerbe, was dessen Aufgabenbereiche und Größenordnung anbelangt, noch nicht den sicherheitspolitischen Stellenwert seines amerikanischen Gegenübers erreicht. Doch ist es wohl auch hierzulande an der Zeit, zu erkennen, daß die privaten Sicherheitsdienstleister mittlerweile auch in Deutschland zu einem unentbehrlichen Bestandteil der inneren Sicherheit geworden sind. Die Tätigkeiten des Sicherheitsgewerbes wären wohl nicht mehr hinwegzudenken, ohne daß dies zwangsläufig zu einer massiven Störung des nationalen inneren Friedens, wenn nicht sogar zu dessen Zusammenbruch führen würde. Die grundsätzliche Notwendigkeit der Existenz des Sicherheitsgewerbes ist also zu akzeptieren. Eine kompromißlose Anwendung der Philosophie des „schlanken Staates" auch im Bereich des Systems von Gefahrenabwehr und Sicherheitsvorsorge ist jedoch abzulehnen. Die Bereitstellung von Sicherheit kann eben nicht ohne weiteres mit anderen, weniger sensiblen und daher einfacher zu privatisierenden Dienstleistungen verglichen werden. Geht man davon aus, daß eines der wichtigsten Ziele beim Umgang mit dem Sicherheitsgewerbe dessen strikte Abgrenzung und Unterordnung im Verhältnis zur öffentlichen Gefahrenabwehr darstellt, so sollte gerade das eingriffsrelevante Tätigwerden Privater auf öffentlichem Verkehrsraum mit besonders wachsamen Augen beobachtet werden. Gerade in Bezug auf eine weitere Ausdehnung des Aufgabenspektrums sollte daher der Beachtung und Einhaltung der dem deutschen Sicherheitsgewerbe vom Verfassungsrecht gezogenen Grenzen auch weiterhin ein hohes Maß an Aufmerksamkeit gewidmet werden. Von einer Übernahme der in den USA vorherrschenden allgemeinen verfassungsrechtlichen Arg- und Sorglosigkeit gegenüber der gewerblichen Sicherheit sollte daher auch in Zukunft Abstand genommen werden. 22*
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Schlußbemerkung
Es gilt ein produktives Miteinander zwischen der Arbeit von Polizei und privatem Sicherheitsgewerbe zu gewährleisten. Dies sollte jedoch lediglich in Form einer Entlastung und Unterstützung der Polizei, nicht aber im Wege einer schleichenden Substitution der öffentlichen durch eine private Gefahrenabwehr stattfinden. Im Gegensatz zu einzelnen in den USA zu beobachtenden Tendenzen zur umfassenden Privatisierung der Gefahrenabwehr gilt es festzuhalten, daß es in Deutschland nach wie vor Aufgabe des Staates ist, die innere Sicherheit in der Gesellschaft grundsätzlich zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang ist auch sicherzustellen, daß die politisch und rechtlich bedeutsame Distanz zwischen diesen beiden Sicherheitsinstitutionen auch weiterhin gewahrt bleibt. Um die zur Erfüllung dieser Aufgabe erforderliche Qualität der privaten Sicherheitsdienstleistung gewährleisten zu können, erscheint eine weitere Anhebung der Anforderungen an die fachspezifische berufliche Qualifikation von Betreibern und Personal der Bewachungsunternehmen in diesem Zusammenhang geboten.
Thesen 1. Bei dieser Arbeit handelt es sich um einen Rechtsvergleich, dem eine Darstellung des deutschen Sicherheits- und Bewachungsgewerbes als Untersuchungsgegenstand zugrundeliegt. Die primäre Zielsetzung dieser Untersuchung besteht darüber hinaus jedoch in der Gegenüberstellung des deutschen und des US-amerikanisehen Bewachungsgewerbes bzw. in der vergleichenden Auswertung dieser Gegenüberstellung. In diesem die Untersuchung abschließenden Vergleich werden die Unterschiede beider Rechtsordnungen herausgearbeitet. Schließlich wird hervorgehoben, was Deutschland für seinen zukünftigen Umgang mit dem Sicherheitsgewerbe aus den positiven wie negativen Aspekten der jeweiligen US-amerikanischen Problemlösungen lernen kann. 2. Inhaltlich bestimmt sich der Untersuchungsgegenstand des deutschen Teils nach der in § 34a GewO enthaltenen Legaldefinition des Bewachungsgewerbes, nach der derjenige ein solches Gewerbe betreibt, der gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will. Bei dem amerikanischen Begriff der „private security" handelt es sich um eine grundsätzlich mit dem deutschen Sicherheits- und Bewachungsgewerbe vergleichbare Erscheinung. 3. Die geschichtlichen Ursprünge der gewerblichen Sicherheit lassen sich in beiden Ländern bis in die Anfänge der städtischen Nachtwache und damit bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen. Das erste gewerbliche Bewachungsunternehmen wurde in Deutschland jedoch erst im Jahre 1901 gegründet. Dabei orientierte man sich an dem Vorbild der in den USA zu diesem Zeitpunkt bereits seit längerem existierenden Betriebe. 4. Im Hinblick auf die quantitative Bedeutung des privat-gewerblichen im Verhältnis zum staatlichen Sicherheitspersonal läßt sich feststellen, daß die Privaten in den USA mittlerweile ein dreifaches Übergewicht erreicht haben, während in Deutschland noch immer mehr als doppelt so viele Polizeikräfte tätig sind wie gewerbliche Wachleute. Somit kommt der „private security" in den USA also ein vergleichsweise höherer Stellenwert zu als dem Bewachungsgewerbe in Deutschland. In beiden Ländern ist jedoch in den letzten Jahren übereinstimmend ein ebenso deutliches wie kontinuierliches Wachstum im Bereich der Umsatz- wie auch der Beschäftigungszahlen des Sicherheitsgewerbes erkennbar. Dieses Wachstum ist in beiden Ländern auch weitgehend auf dieselben Ursachen zurückzuführen. 5. In beiden Ländern sind grundsätzlich zwei verschiedene Kategorien von gewerblichen Sicherheitskräften zu unterscheiden. Zum einen sind dies diejenigen Wachleute, die zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben vom Staat mit be-
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stimmten obrigkeitlichen Befugnissen ausgestattet werden. Obwohl diese Übertragung obrigkeitlicher Befugnisse in beiden Ländern nach einem ähnlichen Verfahren stattfindet, werden den amerikanischen „deputized watchmen" vergleichsweise umfassendere Rechte verliehen als den deutschen beliehenen Sicherheitskräften. Zum anderen aber läßt sich feststellen, daß der Großteil der Beschäftigten des Bewachungsgewerbes in beiden Rechtsordnungen bei Tätigkeiten, die mit einer Beeinträchtigung der Rechte Dritter verbunden sind, ohnehin auf die zivil- und strafrechtlichen Jedermann-Notrechte beschränkt ist. 6. Nicht zuletzt aufgrund der negativen Erfahrungen, die in den USA mit dem „police moonlighting" gemacht wurden, sollte in Deutschland auch weiterhin davon abgesehen werden, Polizeibeamten eine Nebentätigkeitsgenehmigung für eine Beschäftigung innerhalb des Sicherheits- und Bewachungsgewerbes zu erteilen. 7. Der Zugang zum deutschen Bewachungsgewerbe ist nach § 34a Abs. 1 S. 1 GewO erlaubnispflichtig. Diese Erlaubnis ist zu erteilen, sobald beim Bewerber die erforderliche bewachungsgewerberechtliche Zuverlässigkeit vorliegt, er über die für einen solchen Gewerbebetrieb erforderlichen Mittel verfügt und einen entsprechenden Unterrichtungsnachweis vorlegen kann. Auch für die Beschäftigten eines Bewachungsunternehmens gelten diese Anforderungen an Zuverlässigkeit und Unterrichtungsnachweis entsprechend. Der bloße Nachweis über die Teilnahme an einer maximal 40-stündigen Unterrichtsmaßnahme ist jedoch nicht geeignet, um eine ausreichende fachliche Qualifikation des Bewachungspersonals zu gewährleisten. So ist der sicherheitsrechtlich teilweise hochsensible Tätigkeitsbereich des Bewachungsgewerbes in Deutschland wie auch in den USA zu einem Großteil nach wie vor durch ungelerntes bzw. unzureichend geschultes Personal besetzt. Während die gewerberechtlichen Vorschriften einiger Reformstaaten der USA von den Sicherheitskräften bereits den Nachweis über eine bestimmte Sachkunde fordern, wird die Normierung eines solchen Sachkundenachweises in Deutschland bisher mit der Begründung abgelehnt, dies stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf die Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG dar. Um aber das durchschnittliche Qualifikationsniveau des gewerblichen Sicherheitspersonals in Deutschland auf ein ausreichendes Maß anheben zu können, erscheint die gesetzliche Normierung eines Fachkundenachweises unumgänglich. Dieser wäre auch mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, solange bezüglich der geforderten Sachkundekriterien ausreichend differenziert wird, und diese den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern des Sicherheitsgewerbes bzw. dem daraus jeweils resultierenden Gefährdungspotential angepaßt werden. 8. Freiwillige Maßnahmen des Sicherheitsgewerbes zur Anhebung des fachlichen Qualifikationsniveaus, wie das deutsche Zertifizierungsverfahren nach DIN EN ISO 9000 ff. oder der amerikanische „CPP", sind zwar durchaus zu begrüßen, können aber einen gesetzlich vorgeschriebenen Fachkundenachweis nicht ersetzen.
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9. Das Tätigwerden der auf die Nutzung der Notrechte beschränkten gewerblichen Sicherheitskräfte ist grundsätzlich mit dem staatlichen Gewaltmonopol und dem Rechtsstaatsprinzip zu vereinbaren. Trotz der fehlenden Bindung an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit -im Rahmen der Notwehr-/Nothilferechte findet nur zwischen den Angriffs- und den Abwehrmitteln, nicht jedoch auch zwischen dem zu schützenden und dem durch die Verteidigungshandlung gefährdeten Rechtsgut eine Abwägung statt- ist die eigenständige, nicht mit spezialgesetzlichen Befugnissen ausgestattete Gefahrenabwehr durch gewerbliche Sicherheitskräfte in beiden Ländern als weitgehend unproblematisch anzusehen. Zwar sind die Notrechte nicht für eine planmäßige und dauerhafte Nutzung durch professionelle Wachleute konzipiert worden, doch bestehen zumindest dann keine Bedenken, wenn sie lediglich eingesetzt werden, um die privaten Individualrechtsgüter des Auftraggebers der Sicherheitsdienstleistung zu beschützen. Verfassungsrechtlich problematisch ist demgegenüber allerdings ein staatlich veranlaßter Einsatz derartig „befugter" Sicherheitskräfte im Bereich der Eigensicherungspflichten bzw. zum Tätigwerden im öffentlichen Verkehrsraum. In diesen Fällen dient der Einsatz der Wachleute auch dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und damit einer grundsätzlich staatlichen Aufgabe. Ein mit der Erfüllung dieser Aufgaben in Verbindung stehender staatlich angeordneter Eingriff in die Rechte Dritter, der nicht auf obrigkeitliche, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterliegende Befugnisse gestützt werden kann, ist mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht in Einklang zu bringen. Insoweit ist ein staatlicher Mißbrauch privater Notrechtsbefugnisse festzustellen. 10. Auch ein obrigkeitliches Tätigwerden gewerblicher Sicherheitskräfte stellt keinen Verstoß gegen das staatliche Gewaltmonopol dar, solange die hoheitlichen Befugnisse durch ein ordnungsgemäßes Belebungsverfahren übertragen werden. Um solche Befugnisübertragungen jedoch auch mit Art. 33 Abs. 4 GG vereinbaren zu können, müssen sowohl bei der Anzahl der in diesem Bereich zu Beleihenden als auch bei dem Umfang der diesen zu übertragenden Befugnisse bestimmte quantitative Grenzen eingehalten werden. Schließlich muß eine solche Beleihung auch im Einzelfall durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein. Bei den bislang existierenden Formen von obrigkeitlicher Gefahrenabwehr durch das Sicherheitsgewerbe im Bereich des UZwGBw sowie des LuftVG ist eine Ausnahme von der Regel des Art. 33 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Derart weitgehende Beleihungen, wie sie in den USA bei den mit vollständigen Polizeibefugnissen ausgestatteten „deputized watchmen" der Universitäten und Bahnlinien zu finden sind, würden jedoch die Grenzen des Art. 33 Abs. 4 GG überschreiten. 11. Da Deutschland mit seinen staatlichen Sicherheitskräften derzeit noch in der Lage ist, die gesamte Bevölkerung zumindest mit einer ausreichenden „Sicherheits-Grundausstattung" zu versorgen, bestehen gegen die Tätigkeit des privaten Sicherheitsgewerbes im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip derzeit keine Bedenken. Um die für die USA zu befürchtende Entwicklung einer größtenteils kommer-
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ziellen, den finanziell schlechter gestellten Bevölkerungskreisen nicht mehr zugänglichen Sicherheitsversorgung für Deutschland zu verhindern, sollte das Sozialstaatsgebot bei der künftigen Entwicklung des privaten Sicherheitsgewerbes weiter als limitierender Faktor beachtet werden. 12. Auch aus dem Demokratieprinzip lassen sich gegen das deutsche Sicherheitsgewerbe in seinen gegenwärtigen Ausmaßen keine Bedenken ableiten. Gerade im Hinblick auf die Größenordnung, die die amerikanische „private security" in Relation zu den Polizeikräften mittlerweile einnimmt, kommt jedoch auch dem Maßstab des Demokratieprinzips bei der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Bewachungsgewerbes weiterhin große Bedeutung zu. 13. Von privaten Sicherheitskräften unrechtmäßig erhobene Beweise sind nur dann einer strafprozessualen Verwertung entzogen, wenn ihre Erhebung als grob menschenrechtswidrig anzusehen ist. Die Beweisverwertungsverbote der StPO sind in diesen Fällen nicht anwendbar. Einer generellen Erweiterung der Anwendbarkeit der strafprozessualen Beweisverbote auf das gesamte Sicherheitsgewerbe, wie sie beispielsweise in den USA mehrfach gefordert wird, kann für Deutschland jedoch nicht zugestimmt werden. Allerdings verlieren auch hierzulande die Beweisverwertungsverbote an Bedeutung und Schutzwirkung, wenn unrechtmäßig erhobene Beweise einer gerichtlichen Verwertung uneingeschränkt zugeführt werden können, solange sie nur von privaten Sicherheitskräften gewonnen wurden. Um der Gefahr einer Umgehung der Beweisverwertungsverbote zu begegnen, wäre daher auch in Deutschland eine Erweiterung dieser Regeln zumindest auf einzelne problematische, vorwiegend staatlich veranlaßte Bereiche der gewerblichen Sicherheit angezeigt. 14. Das private Sicherheitsgewerbe ist mittlerweile sowohl in Deutschland als auch in den USA zu einem unentbehrlichen Bestandteil der inneren Sicherheit geworden. Die Unterschiede in der grundsätzlichen Beurteilung der Institution des Sicherheitsgewerbes bzw. der Tätigkeit privater Wachleute ist zu einem wesentlichen Maß auch auf die unterschiedlichen staatstheoretischen Grundlagen der beiden Länder zurückzuführen. Obwohl die grundsätzliche Notwendigkeit der Existenz des Sicherheitsgewerbes zu akzeptieren ist, sollte dessen Entwicklung auch in Zukunft - gerade in verfassungsrechtlicher Hinsicht - sorgsam beobachtet werden. Eine Weiterentwicklung des deutschen Sicherheitsgewerbes in die Richtung der „private security" bzw. eine Annäherung an die in den USA vorherrschende allgemeine verfassungsrechtliche Arg- und Sorglosigkeit gegenüber der gewerblichen Sicherheit sollte daher auch in Zukunft vermieden werden.
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Sachwortregister Armed Guard 261, 265 Assault and battery 243 Atomkraftwerk 54, 142, 145 Auskunft 105 Auskunfts- und Detekteigewerbe 33 Bahnpolizei 198, 230 ff. Bedürfnisprüfung 116 Beleihung 90 ff., 312 Beliehener 36, 86 f., 149 ff., 173 Berufsbeamten 152 Berufsbeamtentum 155 ff. Berufserfahrung 254 f. Berufsfreiheit 103, 121 f. Bewachung 32 Bewachungstätigkeit 95 Bewaffnung 115 ff., 264 Beweismethodenverbot 172 Beweisverwertungsverbot 171, 225, 283 ff. Bill of Rights 270 Buchführungs- und Aufbewahrungspflicht 105 Bundeswehranlagen 55 Burdeau rule 286 f., 292, 293,295 Bürge 253 Bußgeld 258 Campus Police Act 197 Campus security 196 f. Case Law 29, 200,213,216 Certified Protection Professional (CPP) 262 Citizen's arrest 200,217 ff., 234 Color of state law 306 Commission 193, 225 Commission agencies 193 Common law 217 f. Constable 180,182 Contracting out 189 Contractural Security 40,183 Coolidge instrumentality test 295
Defamation 244 Deliktstatbestände, zivilrechtliche 243 f. Demokratieprinzip 161 Deputization 193 ff., 225, 228, 232, 312 Deputized watchman 192, 195 f., 199, 226, 289 Deputy 195 Dienstanweisung 112 Dienstkleidung 112 Dienstleistungsgedanke 191, 312 Disziplinierungsfunktion 332 Drittwirkung von Grundrechten 270,274 ff. Dual sovereignities 209 Due process clause 266,285 Durchsuchung 72,224,234 Eigensicherungspflichten 53 f., 93, 142, 168, 314 ff. Eingriffsgrundlagen 319 Einzelhandel 199,233, 313 Erlaubnispflicht 97,99, 251 Exclusionary rule 283, 286,295,297 Fachkundenachweis s. Sachkundenachweis False imprisonment 234, 243 Felony 218 Festnahmerecht, allgemeines 70 ff., 217 f., 233 Fischereiaufseher 61 Flughafen 86 f. Flugzeugführer 61 Friedenssicherungspflicht 129,131 Funktionsvorbehalt 153 ff. Gefährdungspotential 124 Gefängnis 50,190, 310 Geldtransport 116 Gepäckkontrollen 86 Geschäftsgeheimnisse 112 Geschwindigkeitsmessungen 87 ff.
Sachwortregister Gesetzesinitiativen 125 Gesetzesvorbehalt 149 Gesetzgebungskompetenzen 206, 212 Gewalt- und Machtpotential 161, 165 Gewaltanwendung 221 Gewaltermächtigung 132 Gewaltgestattung 147,150 Gewaltgestattungsnormen 62, 131, 212 Gewaltmonopol 127 ff., 144, 150 Gewaltübertragung 150 Gewerbelizenzen 251, 260, 265, 323 Gewerbeüberwachung 104 f., 257 ff. Gewerbsmäßigkeit 32 ff., 39,95 f. Good character 252 Grundrechte, USA 270 ff. Haftung 204, 240 Haftungsbeschränkung 110 Hausrecht 77 ff. Hausverbot 78 Hausverweis 78 Hilfspolizisten 58 ff., 92 Hoheitliche Eingriffsbefugnisse 55 ff., 145, 147 f., 154 Identitätsfeststellung 72 Immaterieller Schadensersatz 242 f. Indienstnahme 52 Instrumentalisierung der Notrechte 146 Interstate commerce clause 209 Invasion of privacy 242 Jedermannrechte 319 Jury 242 Kaufhausdetektiv 33,96 Kommerzialisierung 167,168 Kommunale Einrichtungen 189 Konsumorientierung 330 Kriminalitätsrate 46 f., 187 Kunde 48 Ladendiebstahl 199,234 Lean Management 49,195 Legalitätsprinzip 170 Leistungsprinzip 153 Licensing and regulation 247,278
363
Lizenzierung 297 Luftfahrtbehörden 86 f. Luftverkehrsrecht 53 Malicious prosecution 244 Meldepflicht 112 Menschenwürde 175 Mindestalter 112, 256 Ministerialfreier Raum 163 Miranda warnings 223, 290, 303 Misdemeanor 218 Mittelnachweis 101 Model Penal Code 213,216,221 Modellgesetze 249,256,267 Mutual aid agreement 230 Nachfrage, staatliche 188, 190, 311 Nachholbedarf 48 Nachschau 105 Nachtwache 42,182, 309 Nebentätigkeiten von Polizisten 317 Notstandsvorschriften 67 ff. Notwehr-/Nothilfevorschriften 64 ff., 133 f., 212 f. Novellierungsbestrebungen 119,266 Organisationsprivatisierung 35 Outsourcing 33, 195,311 f. Parapublic 232 Parkraumüberwachung 87 Peace Officer 39,228,231 Pinkerton Act 185, 247 Pinkerton's Inc. 183 f. Police department 201 Police function 301 Police moonlighting 201 ff., 238 f., 289, 317 Police power 207,247 Politische Initiativen 125,248,268 Polizeireserve, freiwillige 59 Privatbewachung 46 Private action 273 Private Security, Begriff 37 ff., 250 f., 309 Privatisierung 35 ff., 189 Privatstatus 35 ff. Proprietary Security 40, 183,195,233 Public function 289 f., 292, 294, 300 Public function doctrine 288,291,301
364
Sachwortregister
Public function theory 279 Public security 196,232 Qualifikation 261 Qualitätsmanagement 114,262, 326 Railway police 183,198,231 Railway police Act 183, 199 Reasonable man 215,236 Rechtsstaatsprinzip 127 ff. Rechtsvergleichung 31 f. Registration 260 Registration card 262 Reisebewachungsgewerbe 99 Reisegewerbekarte 97 Resozialisierung 167, 170 Respondeat superior 245 Richterliche Integrität 302 Rücknahme der Gewerbelizenz 106, 258,
262 Sachkunde 254 Sachkundenachweis 103, 117,121 f., 323 Sanktionierungsmöglichkeiten 258 f. Schadensersatz 306 Schiffskapitän 61 Schußwaffen 115 Schutzpflichten 127 ff., 330 Search and seizure 224,282 Security officer 37 f., 210,246 Selbstbezichtigung 304 Selbsthilferechte 73 ff., 300 Sheriff 179, 181 Shoplifting statutes 200,220, 233 ff., 243 Sicherheits- und Bewachungsgewerbe, Begriff 32 ff., 309 Sicherheitsaufgaben 84 Sicherheitsgefühl 46, 187 Sicherheitsgewerbegesetz 120 Sicherheitsnachfrage 188 f., 311 Silver platter doctrine 284, 298 Sozialstaatsprinzip 166 ff. Staatliche Einrichtungen 190 Staatsaufgabe 127 f., 279,293, 300, 312 Staatsbegriff 129, 329
Staatsleitung 163 Staatstheorien 329 State action 244, 273,287, 290, 305, 307 State action doctrine 174,272,274 State nexus 276, 294 Strafregister 259 Strafverfolgungsorgane 172 Strafvollzug 50,190 Strandvogt 62 Subventionen 277 Symbiotic relationship 278 Tatverdacht, hinreichender 235 Terroranschlag 142 Tort law 242, 308 Torts 243 f., 255 TÜV61 Under the color of law 204, 241 Universitätspolizei 1% f., 226 Unterrichtungsnachweis 102,109,123 Unterrichtungsverfahren 102 f., 109 Unterwerfungsvertrag 329 Vergleichbarkeit 29 f. Verhältnismäßigkeitsprinzip 133, 142, 214, 320 Verkehrsüberwachung 61, 87 ff. Versicherung 110,118,191, 255, 324 Verursacherprinzip 168 Viscarious liability 245 Wachaufgaben 84 Wachpersonal 102,258 f. Waffenschein 117 Watch and ward 180 f. Werkschutz 33,49,95 Wettbewerbsvorteil 203 Zertifizierungsverfahren DIN ISO 9000 ff. 114 Zivile Wachperson 82 ff. Zivilrechtlicher Haftungsmaßstab 322 Zuverlässigkeit 100 ff., 115,252 f., 260