209 20 8MB
German Pages 248 [252] Year 1830
Volkslieder der Schweden. AuS der Sammlung von
Geijer und Afzelius.
» o n
Gottlieb Mohnike.
Erster Band.
Berlin, 1830. Gedruckt und verlegt bei ($>, Reimer.
ss mul etwa- in diesen simplen Liedern stecken, das ihnen Stärke giebt, dem Zahn der Zeit zu trotzen.
E l >v e r t.
Seinem
lieben Freunde und Landsmann
Ernst Moritz Arndt in Bonn.
Inhalt.
1. Der Jtnab' im Rosenhain. 2. Der Kleinen Testament.
.
. Der böse Stiefvater. . . . Wunderbare Erscheinung. . . Pehr TyrSsonS Töchter in Wänge. . Swen Swanehwit. . . . Herr Karl oder der Klosterraub. . Die wunderbare Harfe. . . Die beiden Schwestern. . . . 10. Herr Peters Beichte. . 11. Herr PeterS Seereise. . . 12. Herr Bold. . . 13. Stotz Hilla. . . . . 14. Herr Erich und die Seherin. . . 13. Die Macht de- Kummers. . 16. Bergkönigs Frau. . . 17. Der Taube Gesang duf dem kilienzweige. 18. Klein Christels Hochzeit und Begräbniß. 19. Herr MagnuS. . . . . 20. Herr Olof tanzt mit den Elfen. . . 21. Die Prüfung. . . . . 22. Klein KLthchen. . . . . 23. Ritter Olle. . . . 24. Die Kraft der Harfe. . . . 23. Klein Lofwa. . • . 26. Die Verkaufte. . . . . 27. Der grimme Bruder. . . . 28. Der unerwartete Hochzeitgast. . • 29. Klein Dotelid als Stallknecht. . . 30. Die zwei Königstöchter. . . . 31. Floren- und Margarethe. . 32. Klein StigeS Einladung. ». 4. 5. 6. 7. 8. y.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
S. 3 — s — 7 — ll — 13 — 13 — 17 — so — 23 — 26 — 28 — 3t — 34 —37 — Sv — 41 — 43 — 43 — 47 — 49 — öl — 33 — 33 — 37 — 39 — 61 — 64 —66 —69 —70 — 72 — 76
VI 33. Herr Helmar.
S.
'77
34. Jung Hillerström.
—
'79
33. Der Lindwurm.
—
181
36. Klein Christel befreit ihren Bruder.
—
183
37. Klein Christels Muth.
—
185
.
38. Sanct Steffen.
—
187
3g. Der kleine Bootsmann.
—
189
40. Herr Peter und klein Christel.
—
Im Brautbette todt die Braut nun lag. Die Harte bezwingt mich.
23
9. Die beiden Schwestern.
Es wohnte ein König in Engcland, So hört' ich ein Vögelein singen — Zwei Töchter die hgtt' er jung und gewandt. Grade nun steht der Wald in der Blüthe. Und die Schwester sagte zur Schwester schön: So hört re. „Komm« laß uns wieder zum Strande gehn." Grade nun re. Die jüngste war schön und glänzte wie der Tag, Die ältste war schwarz wie die finstre Nacht. Die jüngste ging voran mit wallendem Haar; Es folgte die ältste — doch falsch sie war. Und wie sie nun gingen am Strand daher, Da stieß sie die Schwester ins tiefe Meer. Und die Jungfrau streckt empor die schneeweiße Hand : „0 Schwester, du Liebe, o hilf mir aufs Land. Und Schwester, du Liebe, o hilf mir aufs Land, Ich will dir auch geben mein rothes goldnes Band." „„Dein rothes goldnes Band wird mir doch beschert, Doch nimmermehr sollst treten du auf Gottes grüne Erd.""
24 „Und Schwester, du Liebe, o hilf mir anst Land, Und ich will dir auch geben meinen rothen goldnen Kranz." „„Dein rother goldncr Kranz wird mir doch beschert. Doch nimmermehr sollst treten du auf Gottes grüne Erd."" „Und Schwester, du Liebe, o hilf mir aufs Land, Ich will dir auch geben meinen jungen Bräutigam." „„Aufs Land will ich helfen dir nimmermehr, Dein Bräutigam er wird mir ja doch beschert."" Die Fischer sie ruderten wohl in der finstern Nacht, Und kamen an den Ort, wo die Jungfrau lag. Sic fanden der Jungfrau schneeweißen Leib, Und brachten ihn leise aufs Land sogleich. Des Weges nun ein Harfner reist. Er machte eine Harfe fich aus der Maid. Und er nahm der Jungfrau schneeweiße Brust, Der Klang sollte Jeden erfüllen mit Lust. Und er nahm der Jungfrau Fingerlcin Und machte daraus die Schrauben feilt. Und er nahm das schöne goldne Haar der Maid Und machte daraus die Harfensaitcn. So nimmt er die Harf' in die Arme sein. Und geht in den Hochzeitshof hinein. Die Harf' er spielte schön und laut: „llnd höre, was die Harfe spricht, du junge Braut!"
25 Der erste Griff auf der Harf erklang: „Die Braut sie trägt mein rothes goldncs Band!" Und der zweite Griff auf der Harf erklang: „Der Bräutigam ist mein lieber Bräutigam!" Und der dritte Schlag, den die Harfe schlug: „Meine Schwester stieß mich in die tiefe Fluth." Am Sonntag faß die Braut noch mit der goldnen Krön', So hört' ich ein Digelein singen — Am Montag aber fand sie auf dem Holzstoß ihren Lohn. Grade nun steht der Wald in der Blüthe.
26
10. *5etrn Peters Deichte.
Herr Peter geht unter der Schlosseslind, Gekräuselt war sein Haar; Znr Pflegemutter geht er hinein: „0 gebt mir guten Rath!" — Denn die Sec nimmt so manchen. „„Auf dem Land nicht wirst du sterben. Auch nicht in der blutigen Scklacht. Doch die Welle wird dich verderben. Vor ihr nimm wohl dich in Acht!"" — Denn die Sec re. „Die Schnecke liegt ain Meercsstrand, Das Gras wohl unter ihr grün«. Der, welcher nicht weg sic bringt vom Land, Nur schlecht seinem Herren dient." Und wie sie waren weit aus dem Meer, Ein Sturmwind kam heran. Da beichtete er »cm Steuermann, Kein Priester »var znr Hand. E» war der junge Herr Peter selbst. Aufs Knie er niederfällt. Und sprach nun seine Beichte Bor einem Segelknccht.
27 „Beraubt hab' ich Altäre» Klöster hab' ich verbrannt. Und mancher stolzen Jungfrau wohl Hab' ich die Ehr' entwandt.
Verführt der Wittven und Bräute viel, Betrogen manche Maid. Daß einst verschlänge mich die Fluth, Lag meinem Sinn so weit.
Kommt einer von euch nach Hause zurück. Hub die Mutter frägt nach mir, So sagt, ich diene in fremdem Land, Gar herrlich geh' es mir.
Kommt einer von euch nach Hause zurück. Und die Braut ihn frägt alsdann. So sagt, ich lieg' auf dem Meeresgrund, Sie könne sich nehmen einen Mann." Denn die Sec nimmt so manchen.
28
.
11
Herrn Peters Seereise.
Es war der junge Herr Peter, Sein Haar er kräuselt gar fein. Zur Pflegemutter geht er hin: „Welch ein Ende harret mein?" „„Nicht wirst du sterben im Bett, Nicht wirst du sterben in der Schlacht; Dir bringen die blauen Wellen Gefahr, Der diesen nimm dich in Acht."" „Und werd' ich nicht sterben im Bett, Und werd' ich nicht sterben in der Schlacht; Die Wellen nicht sollen mir bringen Gefahr, Vor diesen nehm' ich mich in Acht." Es war der junge Herr Peter, Er geht zum Mecresstrand, Da läßt er bauen ein großes Schiff, Wohl auf dem weißen Sand. Und Die Die Sic
das Schiff, cs war von Walfischbein, Masten warens auch; Flaggen waren von dem rothsten Gold, wehrten oben drauf.
„Heute wollen wir zechen, Bier haben wir in Ucbcrfluß; Morgen wollen wir uns holen Gewinn in Ueberfluß." Es war der Schiffer und Steuermann, Sic stießen das Schiff vom Land, Gott Vater, Gott Sohn und heiligen Geist, Doch die vergaßen sie ganz.
29 Diel Tag und Jahre segelten sie Wohl auf dem Meere so weit; Doch wie sie kamen auf den tiefsten Grund, Da brachen die Masten entzwei. Herr Peter er nahm sein Würfelbuch, Er warf den Würfel aufs Brett: „Nun wollen wir alle werfen das Loos, Wer als Sünder unter uns steht." Der erste Würfel auf den» Würfelbrett lief. Die Schiffer sie »varfcn all'; Das Loos fiel auf Herr Peter, Auf den jungen Königssohn. Der ziveite Würfel auf dem Würselbrett lief. Die Schiffer sie warfen all'; Das Loos fiel auf Herr Peter, Auf den jungen König selbst. Der dritte Würfel auf dem Würselbrett lief. Die Schiffer sie »varfen all'; Das Loos fiel auf Herr Peter, Auf den jungen König selbst. „llnfc weil wir sind vom Lande so weit. Daß kein Priester uns hier erreicht, Laßt vor den Masten uns fallen auf die Knie Und sprechen unsre Deicht." Es war der junge Herr Peter Da lag er vor dem Mast; Seine Deichte wollt' er sprechen nun, Wohl eine schwere Last: „In
Kirchen hab' ich geraubet,
Und Klöster hab' ich verbrannt, Und manchem cdclen Fräulein Die Ehr' und Tugend entwandt.
30 Im Walde hab' ich gehauset, Betrieben Raub und Mord, Und manchen redlichen Daucrsohn Hab' ich gctödlct dort. Wenn Gott mir wollte helfen. Daß ich käme wieder ans Land, Dann wollt' ich bann eine Kirche Wohl auf dem weißen Sand. Wenn Gott mir wollte helfen, Daß ich käme wiederum heim. Dann wollt' ich baun eine Kirche Und decken sie ganz mit Blei. Wenn einer von euch nach Hause kommt. Und die Mutter ihn fragt nach mir. Dann sagt, ich diene dem Königshof, Gar ritterlich geh' cs mir. Wenn einer von euch nach Hause kommt. Und ihn fragt das Dräntlein mein, So sagt, ich lieg' in der blauen Fluch, Sic möge gedenken mein." Kaum war ihm noch das letzte Wort Gekommen aus dem Mund, So kam ein wildes Wetter daher Und schlug das Sclnff zu Grund.
3t
12. *Vrt Lolv.
Herr Bold er sattelt sein graues Roß; Könnte man mit Recht sich bedenken! — So reitet er hin zu der Mutter Schloß; Herr Bold tritt verwirrt in die Thüre. „Sei willkommen, Her Bold, willkommen bei mir. Könnte man re Gar vieles hab' ich zu rede« mit dir." Hcrr Bold rc. Ist's wahr, was sie haben von dir mir erzählt: Herr Bold er hätte sich ein Trollweib gewählt?" „„Und, liebste Herzmuttcr, glaubt solches doch nicht; Nur Lügen sind dieses und eitel Gedicht. Ja, ich habe sie gestern auf der Heide gesehn. Und Trollgcsindcl vieles war auch zu sehn. Den Bären sie ritt in schnellem Lauf, Zu Sattel hatte sie den Wolf darauf. Den Drachen sie hatte als Peitsch' in der Hand; Ich selber war da und sah es mit an."" Hcrr Bold er schwenket sein graues Roß; Hort reitet er zornig von der Mutter Schloß.
32
Hcim rettet Herr Bold nach seinem Hof, Klein Christel schnell ihm entgegen kommt. „Sei willkommen, Herr Bold, willkommen bei mir, Gar lange sah ich entgegen dir." „„Nicht brauchst du zu freuen dich über mich: Zch freue ja wenig mich über dich."" Er faßte klein Christel beim goldnen Haar Und warf sie zu Boden mit grimmigem Arm. „Herr Bold, laßt mich noch ein wenig leben. Daß ich mein Testament kann schreiben." Klein Christel sie ging zur Kammer hinein, Herr Bold er folgere hinterdrein. Zu schloß er die Thür im Zorne feilt, Sie beide sie waren im Zimmer allein. „Meinem Vater geb' ich mein graues Pferd; Drauf reite er hinter der Leiche her. Meiner Mutter geb' ich mein seidenes Kleid; Für mich hat sie geduldet viel Kummer nnd Leid. Meinem Bruder geb' ich die Goldkron roth; Ich weiß, daß et trauert um meinen Tod. Die goldene Lade, den goldenen Schrein Die geb' ich den lieben Schwestern, den zwein." Herr Bold er zog sein vergoldetes Schwert, lind haute mit diesem klein Christel zur Erd'.
33 Herr Bold nunmehr zu dem Diener sprach: „Was soll ich nun thun? — o gieb mir Rath!" „„Mein Herr läßt satteln sein Roß alsbald. Und reitet damit in den dichtesten Wald."" Herr Bold läßt satteln sein graues Roß, Und reitet damit zu der Schwiegermutter Hof: „Willkommen, Herr Bold, willkommen hier, O sage, wie geht es klein Christel bei dir?" „„Klein Christel geht es gar wohl und gut. Ich glaube, sie lebt in der himmlischen Ruh."" „Diel Blut gewahr' ich auf deinem Schtvert; „Getödtet hast du mir die Tochter werth." Sie legten klein Christel auf eine vergoldete Bahr, Herr Bold in Ketten geschlagen ward. Sie legten klein Christel ins schwarze Grab, Könnte man sich rechtlich bedenken. — Herr Dolden zu Theil ward Galgen und Rad. Herr Bold tritt verwirrt in die Thüre.
I.
3
34
13. Stolz Hills.
Hilla lilla sitz»« im Kämmerlein, Keiner weiß mein Elend als Gott — Manche Thrän' ihr fällt auf die Wangen fein; Der lebt ja nicht mehr, dem ich klagen könnte mein Elend. Da tritt ein Böthe j»r Königin und sagt: Keiner weiß re. „Hilla lilla handthierct so wild im Schlaf." Der lebt ja nicht rc. Die Königin schlägt den Mantel um. Und hin zu stolz Hilla sie eilte nun. Die Königin schlug Hilla auf die bleiche Wang', Daß das Blut auf die weiße Gardine sprang. „Gnädige Königin, wollet mich nicht so schlagen, Bin eine Königstochter wie Euer Gnaden." Hilla lilla schlägt auf das Polster blau: „Gefällt meiner Königin, zu ruhen darauf? Gnädige Königin, setzet euch näher her; Ich will euch erzählen mein Elend schwer. Als ich bei meinem Vater noch war, Halten täglich zehn Ritter bei mir die Wacht. Mein Vater hielt mich so königlich, Zwei Ritter täglich bedienten mich.
35
Der eine Herzog Magnus war. Meine Ehre wollt' er mir rauben sogar. Der andre hieß Herzog Hillebrand, War ein Kbnige-sohn au- Engeland. Und es war Herzog Hillebrand, Mit dem ich mußte fliehen wohl an- dem Land. Hillebrand sattelt den Traber grau, Stolz Hilla lilla setzt er darauf. Und wie wir kamen in den Rosenhain, Wollt Herzog Hillebrand schlafen ein Stündelein. Wohl ein auf meinem Schooß er schlief; Er schlief so lieblich, er schlief so tief. „Hillebrand, Hillebrand, dein Schlafen laß seyn. Ich höre den Vater und die Brüder mein. Hillebrand, Hillebrand, mache dich auf; Sie kommen geritten in schnellem Lauf." lind Hillebrand mich mit den Armen umflicht: „Hilla lilla nenne den Namen doch nicht." Er schlug auf den ersten Haufen ein; Sech- Brüder erschlug er und den Vater mein. Er schlug die andre Rotte; Meinen jüngsten Bruder mit der goldnen Locke. O Hillebrand, Hillebrand, zügle dein Schwert; Nicht t-dte mir den jüngsten Bruder werth. Und eh und bevor ich die- Wort noch sprach, Hillebrand verwundet auf der Erde lag.
36 Hillebrand ziehet sein blutige» Schwert: „Und wärst Du nicht Hill«, die» wärest du werth." Mein Bruder zog mich an der goldgelben Locke; Ich mußte folgen am Sattelknopfe. Und nirgend war eine Wurzel so klein. Die ein Stücklein nicht riß au» Hilla» Dein. Und nirgend war ein Stein so klein, Der ein Stücklein nicht riß au» Hilla» Bein. Und nirgend war ein Dorn so klein. Der ein Stücklein nicht riß au» Hilla» Dein. Und wie wir kamen an» erste Thor, Da trat meine trauernde Mutter hervor. Da wollte der Bruder ersäufen mich. Die Mutter wollte verkaufen mich. Sie verkauften mich für eine Glocke nun. Noch hängt sie in Marien Kyrkeby. Wie die Mutter hörte den Glockenklang, Ihr Herz au» einander in Stücke sprang." Stolz Hilla lilla hörte zu reden auf, Keiner weiß mein Elend al» Gott — Todt fiel sie nieder vor der Königin. Der lebt ja nicht mehr, dem ich klagen könnte mein Elend.
37
14. Röntg Erich und die Seherin.
Und der König sprach zu den Dienern zween: Und der junge — „Ihr sollt morgen hin zu der Seherin gehn." Ihr betet alle wohl für den jungen König Erich Und die Diener, die zwei, vor der Seherin stehn Und der re. „Ihr sollt morgen hin zum Könige gehn." Ihr betet rc. „Und wie sollt' ich doch können zum Könige gehn; Im grauen Walmar sehet ihr mich hier ja stehn." Und die Seherin hin zum Könige ging; Gar freundliche Worte sie dort empfing. Und der König er klopft auf die Polster fein: „Willst du ruhen hierauf, lieb Seherin klein?" „„Wie könnt' ich wohl ruhn auf den Polstern fein, Es liegen ja darunter zwei Federmesserlcin." " „Und weißt du dieses, so weißt du wohl mehr. Und weißt, wie viel der Diener ich hab' am Hof?" „„Der Diener am Hof hast du zehnmal drei. Doch getreu sind von diesen nicht mehr dir als zwei. Der eine dem König das Bette macht. Der andre die Schlüssel des Königs bewacht.""
„Und weißt du alle- dieses, so weißt du wohl mehr. Und weißt, wie viel der Fräulein ich hab' am Hof?" „„Der Fräulein am Hof hast du zehnmal drei, Doch getreu sind von diesen nicht mehr dir als zwei. Die eine der Königin das Bette macht, Die andere die Schlüssel der Königin bewacht."" „Und weißt du alles dieses, so weißt du wohl mehr, Und weißt, wie lang die Königin wird leben nach mir?" „„Die Königin sie träget zwei Knäblein im Schooß Im Wochenbette stirbt sie, daS ist ihr LooS."" „Und weißt du alles dieses, so weißt du wohl mehr. Und weißt, wie lang ich werde noch leben auf der Erd'?" „„Auch dieses wär' ein Leichtes zu sagen dir; Doch du könntest nehmen daS Leben mir."" „Nein, ich will nicht nehmen das Leben dir; Freie Kost sollst haben du Lebenslang bei mir." ,,„)m Lenz den Norden hüllet Dunkel ganz und gar; Dann liegt unsre Königin auf der Todtcnbahr. Im Herbst den Norden hüllet Dunkel ganz und gar Dann liegt unser König auf der Todtcnbahr."" Und dem Könige wnrd' cS vor den Augen schwarz; Und zwei ganze Stunden blieb die Zung' ihm starr. „Mein gnädigster Herr König, o werdet nicht so bleich; Und der junge — Für euch stehen der Stühle zwei im Himmel bereit." Ihr betet alle wohl für den jungen König Erich.
.59
15. Di« Macht des Summer».
-Klein Christel und ihre Mutter Gold legten anf die Bahr. Wer bricht das Laub von dem Lilienbanin? — Klein Christel sie trauert um den Bräut'garn im Grab. Ihr freuet euch wohl alle Tage. Er klopft an die Thür mit den Fingern sein: Wer bricht re. „Steh anf, klein Christel, und laß mich ein." Ihr freuet re. „„Mit Keinem hab' ich Derlöbniß gemacht. Und Keinen lass' ein ich zu mir in der Nacht."" „Steh auf, klein Christel, und laß mich ein; Ich bin ja dein Buhle, der Liebling dein." Die Jungfrau sie eilt mit schnellem Lauf, Das Schloß und den Riegel nun schiebt sie anf. Sie seht ihn nun auf den goldnen Schrein, Und wäscht ihm die Füße mit dem klarsten Wein. Drauf legten sic sich auf den weichen Pfühl; Sic schliefen nicht mehr, sie sprachen so viel. „Hörst, Liebchen, die Hähne du krähen? Zeit ists, daß die Todten wieder gehen." Und die Jungfrau stand auf und beschuhte sich alsbald; Sie folgte dem Buhlen durch den langen Wald.
40 Und wie sie nun kamen auf den Kirchhof, Da verschwand sein Haar so gelb wie Gold. „Den Mond dort schaue, schdn' Jungfrau du" Und verschwunden war auch der Jüngling im Nu. Und sie setzte sich hin nun auf sein Grab: „Hier sitz' ich, bis Gott mich einst rufet ab." Des Jünglings Stimm' erscholl durch die Luft: „Klein Christel, o gehe doch weg von der Gruft l Denn jegliche Zähr, die dem Aug' entquillt, Macht, daß sich mein Herz mit Blut erfüllt. Doch jegliches Glück, das dein Herz bewegt. Wer bricht das Laub von dem Lilicnbaum? — Den Sarg voll duftender Rosen mir legt. Ihr freuet euch wohl alle Tage."
41
16. Le« Lergk-niga Frau.
Und
die Jungfrau wollte zur Frühmette gehn;
— Lang wird mir die Zeit — Da ging sie des Weg«, wo die Berge stehn; Doch ich weiß, der Kummer ist schwer. Sie klopft an die Thür mit den Fingern klein: — Lang wird re. „Steh' auf, Bergkönig, und laß mich ein." Doch ich weiß re. Bergkönig, er kommt und läßt sic ein, Und trägt sie in« seidene Bett hinein. So war sie im Berg' acht runde Jahr, Sieben Söhn' und ein Töchterlein sie gebar. Zum Bergkönig tritt die Jungfrau schön: „Ach, laß mich doch einmal zur Mutter gehn." „„Wohl, kannst einmal du zur Mutter gehn, Doch nenne mir nicht die sieben Kindlcin schön."" Und wie sie nun kommt zu lieb Müttcrlein Hau«, Da tritt lieb Müttcrlein zu ihr hinan«. „Und wo konntest du denn so lange seyn? Du bist wohl gewesen im Roscnhain?" „„Nicht bin ich gewesen im Roscnhain; Im Berge da mußt' ich so lange seyn.
42 )m Serge war ich acht lange Jahr, Sieben Söhn' und ein Töchterlein dort ich gebar."" Bergkönig er tritt herein in die Thür: „Wie kannst du so schlecht doch sprechen von mir?" „ „Nichts Schlechtes hab' ich gesprochen von dir; Erzählt mir das Gute, was du thatest an mir."" Hart schlug er sie nun auf die Lilienwang, Daß das Blut auf den Mantel mit Schnüren sprang. „Auf, pack dich von hinnen und fort von hier! Nie kommst du mir wieder zu der Mutter Thür." „„Leb wohl, lieb Vater, lieb Mutter, leb wohl! Leb wohl, lieb Schwester, lieb Bruder, leb wohl! Leb wohl, d» Himmel, du Erde grün! Mit Bergkönig muß ich zum Berge zieh»."" Weit ritten sie nun durch des Waldes Nacht; Gar bitterlich weint sie, doch Bergkönig lacht. Sechsmal sie gingen den Berg herum; Drauf gingen sie hinein in die Thüre stumm. Jung Töchterlein setzte den Goldstuhl hin: „Hier ruhet, lieb Mutter, mit Kummer im Sinn." „„Füllt die Gläser mit Meth, das ist mein Gebot: Draus will ich nun selber mir trinken den Tod."" Und wie ans dem Glase den Meth sie trank, Lang wird mir die Zeit — Da schloß sie die Augen, das Herz zersprang! Doch ich weiß, der Kummer ist schwer.
43
17. Der Taube Gesang auf dem Lilie»zweige.
Auf dem Lilicnzweig eine Taube sitzt In Mittsoinmcrtagen — Sie singet so lieblich von Ics» Christ. Im Himmel ist Freude die Fülle. Sie singet so lieblich, sie singet so schön: )n ic. „Die- Jahr wird zum Himmel ein Mägdlein noch gehn." Im Himmel re. „„Dies Jahr ich noch gehe znm Himmel nicht, Ich weiß nicht von Fieber, ich weiß nicht von Gicht."" Die Maid ging hin auf des Vaters Gut, Und plötzlich im Herzen so weh cs ihr thut. „Lieb Müttcrlein, mache das Bette mir nur; Dies Jahr ich nicht sehe die An und die Flur." „ „0 rede nicht so, lieb Tichterlein, Dies Jahr noch sollst du den König frein."" „Viel besser ja ist es dem Himmel vertraut. Denn hier zu prangen als Königsbraut. Lieb Däterlcin, hole den Priester zu mir; Es steht der Tod schon als Gast vor der Thür.
44 Lieb Brüderlein, mache du mir die Bahr, Liebe Schwesterlein, kräusle der Todten da- Haar." Das Mägdelein starb und lag auf der Bahr, Und Frauen und Jungfraun ihr schmückten das Haar. Sie tmgen das Mägdlein hinaus sodann. Mit Lichtern gingen die Engel voran. Sic trugen die Leiche den Kirchhof entlang. Die Engel sie sangen den Todtcnsang. Sie legten das Mägdlein ins düstre Grab; In Mittsommertagen — Mit Huld auf sie sah Gott Vater herab. )m Himmel ist Freude die Fülle.
45
.
18
'S fei n Christel« ^»chzeit und Legräbniß.
Stallbruder sagte zum Stallbruder sein So freudenvoll: „Soll ich haben klein Christel, die Schwester dein? Ich habe sic liebgewonnen." „„Klein Christel ju jung ist viel ju sehr. So re. Die goldene Krön' ist ihr noch zu schwer."" Ich habe sie rc. „Wär' jung klein Christel auch viel zu sehr, Uins Jahr ist die Goldkron' ihr nicht zu schwer." Sie setzten die Braut aufs hohe Roß, Des Königs Dicnerpaar sich an sie schloß. Sie führten die Braut auf den Kirchhof Mit goldenen Flechten und in Goldstoff. Sie führten die Braut in die Kirch' hinein, Die Thränen ihr rollten aufs Wängclein. Sie führten die Braut auf den Drautplatz, Die Thränen rollten zur Erd' hinab. „Und Herr, Gott, Vater!
hör mein Flehn,
Nimm klein Christel, da die Bäum' in der Blüthe stehn."
46 Am Pfingsttag war#, wie sie diese# bat; So kummervoll: )c>banni#tag man sic legte in# Grab. Ich habe sie liebgewonnen. Sie legten klein Christel auf die Bahr, Und rund um sie stand der Engel Schaar. Sic legten die Leich' auf schneeweißen Sand, Gotte# Engel sangen den Todtensang. Sic legten die Leich' in die schwarze Erde wohl; So kummervoll: Gotte# Engel pflanzten da# Kreuz von Gold. )ch habe sie liebgewonnen.
47
19
.
«?
84
„ „Hier hab' ich gelegen schon fünfzehn Jahr, Und kann vom König kein Recht empfahn."" Die Jungfrau nun mit dem Fuße stieß, Das harte Schloß doch nicht wankte noch ließ. Die Jungfrau stieß zum zweiten Mal, Auf nun sprang der harte Stahl. Klein Christel besänftigt ihr wildes Pferd, Und hebt hinauf den Bruder werth. Und als auf die Blumenau sie kommt, Mit seinem Gefolge der König kommt. Guten Tag, guten Tag, lieb Christel klein. Wie kommst du zu dem Gefangnen mein?" „„Den hab' ich genommen im Königsfaal, Mit harter Macht gegen Schloß und Stahl."" Klein Christel sie sitzt auf dem grauen Gaul; ^Liebe, sie zieht — Von dannen zu reiten ist sie nicht faul. Man spielt hinterm Vorhang.
85
37.
Sltin Christels Muth.
Klein Christel sie ging zum Stall hinein, O Hinkeli und Finkeli! — Da schauet sie der Gaule fünf Für Freunde und Sippen, Für Eidam' und Schwäher, Für Herren und Fürsten, Für Brüder und Schwestern, Und für den, der da lieget getuaden. Sie steht den weiße«, sie stehet den graun 0 Hinkeli
ic.
Dem braunen legt sie den Sattel auf. Für Freunde rc. Sie reitet nun hin zum König« schnell. Und vor seinem Hofe der König steht. „Wo hast du das groß« Gefängniß dein ? Ich will darinnen leuchten mit Fackelschein." „„Mein Gefängniß es lieget so weit über kand; Daß auch der kühnste Ritter dahin nicht kommen kann."" Klein Christel sie ritt
M
an den dritten Tag,
Da gewahrte sie, wo der Kerker lag. Ihre Finger waren so klein und zart. Doch erbrach sie mit ihnen das Schloß so hart.
86 „Mein Brüderlein, o höre, was ich will sagen dir: Sprich, wie viele waren es, die dich banden hier?" „„Es banden mich nicht vier, es banden mich nicht acht. Es waren wohl an Hundert von des Königs Macht«"" Klein Christel nun stößt mit dem spornbeschnallten Dein: „Möchten doch sie alle hier zur Stelle seyn!" Eiligst kam ein Böthe zum König hinein: „Ein Ritter hat gelöst den Gefangnen dein." Der König er sprach zu dem Diener fein: „So nimm ihn fest und setz ihn in den Thurm hinein." Klein Christel nun schwinget ihr Rtffekcin herum. Alle Schranzen jagt sie im Kreis herum. Klein Christel ziehet ihr blutiges Schwert: „Und wärest du nicht König, dieses wärst du werth." „„Lieber, stolzer Ritter, laß ruhn dein Schivert, Mein Töchterlein sollst haben du, ihrer bist du werth."" Dein Tichterlein das kann ich gebrauchen nie; O Hinkeli und Finkeli! — Schön Fräulein bin ich selber so gut als sie. Für Freunde und Sippen, Für Eidam' und Schwäher, Für Herren und Fürsten, Für Schwester und Brüder, Und für den , der da lieget gebunden.
87
38. Die Sanct Steffens,weise.
Steffen war ein Pferdeknecht, Wir danken nun so gerne — Er führte seine fünf zur Tränk Schon vor dein hellen Sterne. Noch erscheinet nicht der Tag, Doch die Stern' am Himmelsdach Sie leuchten. Zwei die waren braune. Wir danken nun so gerne — Sie fraßen das Heu im Raume Schon vor dem hellen Sterne. Noch erscheinet re. Zwei die waren weiße, Wir danken nun so gerne — Sie waren den andern gleiche Schon vor dem hellen Sterne. Noch erscheinet rc. Das fünft« das war apfelgrau. Wir danken nun so gerne — Und Steffen er ritt selber drauf. Schon vor dem hellen Sterne. Noch erscheinet rc.
88
Sh der Hahn noch hat gekräht, Wir danken nun so gerne — Steffen schon im Stalle steht Schon vor dem hellen Sterne. Noch erscheinet rc. Eh noch steigt die Sonn' heraus, Wir danken nun so gerne — Legt er Zaum und Sattel draus, Schon vor dem hellen Sterne. Noch erscheinet u Steffen reitet zur Quelle, Wir danken nun so gerne — Er schöpft das Waffer so schnelle Schon vor dem hellen Sterne. Noch erscheinet nicht der Tag, Doch die Stem' am Himmelsdach Sie leuchten.
89
39. Der kleine Dsotsman«.
Jungfrau faß im Hochgemach Und sticket« gar fein. Da kam ein kleiner Bootsmann Und guckcte herein. Und sie spielten, sie spielten Goldwürfel. „Und höre, kleiner Bootsmann, Was ich will sagen dir: Hast du Lust zu spielen Goldwürfel mit mir?" Und sie spielten
k.
„„Und wie doch tonnt* ich spielen Goldwürsel mit dir? Kann fetzen ja kein rothes Gold Im Spiel mit dir."" „Setz du nur deine Jacke, Setz du die Jacke dein; Ich will dagegen setzen Der goldnen Ringe zwei." Zum ersten Mal der Würfel Hin auf der Tafel rann; Kleiner Bootsmann er verlor. Schön Jungfrau sie gewann.
90 „Und höre, kleiner Bootsmann, Was ich will sagen dir: Hast du Lust zu spielen Goldwürfel mit mir?" „„Und wie doch könnt' ich spielen Goldwürfcl mit dir? Kan» setzen ja kein rothes Gold Im Spiel mit dir."" „Setz d» nur deine Mühe, Die graue Mütze dein. Ich setz die goldne Krone, Triffst du, soll dein sie seyn." Zum jweiten Mal der Würfel Hin auf der Tafel rann; Kleiner Bootsmann er verlor. Schön Jungfrau sic gewann. „Und höre, kleiner Bootsmann, Was ich will sagen dir: Hast du Lust j« spielen Goldwürfcl mit mir?" „„Und wie hoch könnt' ich spielen Goldwürfcl mit dir? Kann setzen ja kein rothes Gold Im Spiel mit dir."" „Setz du nur deine Strümpfe Und Silbcrschnallenschnh, Ich setze meine Ehre Und meine Treu dazu."
91 Zum dritten Mal der Würfel Hin auf der Tafel rann; Schöne Jungfrau sie verlor. Klein Bootsmann er gewann. „Und höre, kleiner Bootsmann, Fort mache dich von hier! Ein schnelles Schiff mit Rüdem Das will ich geben dir." „„Ein schnelles Schiff mit Rüdem Das krieg' ich, wie ich kann. Ich will die Jungfrau haben. Die ich im Spiel gewann."" „Und höre, kleiner Bootsmann, Fort mache dich von hier. Ein Hemd mit scidnen Nöthen Das will ich geben dir." „„Ein Hemd mit seidnen Nöthen Das krieg' ich, wie ich kann. Ich will die Jungfrau haben, Die ich im Spiel gewann."" „Und höre, kleiner Bootsmann, Fort mache dich von hier. Mein Königreich zur Hälfte Das will ich geben dir." „„Dein Königreich zur Hälfte Das krieg' ich, wie ich kann. Ich will die Jungfrau haben. Die ich im Spiel gewann.""
92
Die Jungfrau i# die Kammer ging, Ihr Haar sie kräustr fein. „Ach weh mir armen Jungfrau! Nun soll meine Hochzeit seyn." Bootsmann stieg vom Hochfitz Und spielt« mit dem Schwert. „Die Hochzeit jetzt wohl wartet dein. Wie ihrer du dist werch. Ich bin ja nicht ein Bootsmann, Du irrest dich in mir. Ich bin der beste Königssohn, Din Engelandes Zier." Und sie spielten, sie spielten Goldwürsel.
93
40. *$, Die Liebe wollen wir beginnen — Sie scherzten so munter, sie scherzten so frisch. Allerliebste mein, ich kann euch nimmer vergessen. Herr Peter er sprach zu fch-n Christel klein: Di« Liebe re. „Am Sonntag wird meine Hochzeit seyn." Allerliebste re. „„Wird eure Hochzeit am Sonntag seyn, Zusehen will ich dann und mich stellen ein."" „Meine Hochzeit wird seyn so weit über Land, Daß nie eine Maid dahin kommen kann." „„Mag die Hochzeit auch seyn über Land, Werd' ich geladen, ihr sehet mich dann."" Herr Peter über den breiten Tisch wohl sprang. Der goldene Spom auf dem Estrich klang. Herr Peter wohl durch die Thüre sprang, Er schlug sie wieder zu, daß da» Schloß erklang. Herr Peter nun in den Garte« ging» Und sattelt sein graue» Rtßlein geschwind.
94 Älcin Christel hinaus durch die Thüre stieg. Klein Christel ihm nach mit den Augen ficht. Klein Christel ringt ihre Hand' in Dl»t; „Weh dem Mägdlein, das Schalken vertrauen thut.1 Herr Peter er läßt sich die Hochzeit bereiten, Klein Christel läßt sich die Hochzeitkleidcr schneiden. Ihr Rtcklein war von Goldtuch fein, Don grünem Scharlaken das Miederlein. Ihre Schürze war von Perlen und Gold, Ihre Arme hingen von Demanten voll. Herr Peter nicht läßt die Hochzeit ruhn, Klein Christel lässet ihr Roß beschuhn. Klein Christel reitet aus schneeweißem Sand, Ans rothen Goldschuhen ihr Rößlcin stand. Klein Christel reitet, zur Hochzeit es geht. Ein kleiner Knabe da vor ihr steht. Klein Christel in dem Garten ihr Rößlein bindet an Ihr Goldhaar kräuselt und kämmt sie sodann. Klein Christel geht hinein in Herr Peters Hos, Manche Kummerthrän' aus dem Aug' ihr floß. „Du kleiner Knabe gehe ins Dranthaus hinein. Sag', hier hält ein Fräulein lieblich und fein." „„Hält dort ein Fräulein lieblich und sein, Nun, so laß sic kommen ins Drauthaus hinein.""
95 Klein Christel hinein durch die Thüre stieg, Herr Peter auf sie mit den Augen sieht. Klein Christel sie geht ins Drauthaus hinein, Auf beiden Wangen lief ihr ein Röselein. „Klein Christel, willkommen, o kommt herein! Ich habe gemischet hier Meth und Wein." „„Nicht frag' ich nach Meth, nicht frag' ich nack Wein, Darf ich nicht sitzen beim Dräutlein dein."" „Nein, sitzen nicht darfst du beim Dräutlein mein; Zum Estrich gehe, bringt Meth ihr und Wein!" Klein Christel hin zum Estrich geht; Manche Kummerthrän' in den Augen ihr steht. Die Braut nun sprach zu den Dienern zween: „Welch Fräulein ist dort auf dem Estrich zu sehn?" „„Herr Peter hatt' eine Buhle so schön; Die ist sicher gekommen die Braut zu sehn. Sie hat mehr Gold auf dem Saum am Rock, Als Herr Peter hat in Haus und Hof. Sie hat mehr Gold an den Fingern klein, Als Herr Peter an seinen Goldstühlen zwei»."" Sie tranken einen Tag, sic tranken zween, Das Dräutlein nicht wollte zu Bette gehn. Doch als am dritten Tag der Abend kain. Da ihren Platz im Bette die Braut einnabm.
06
Sie führte« die Braut in die Kammer hinein. Klein Christel ging vor ihr mit Fackelschein. Die Braut sie setzt sich aus einen Stuhl, Klein Christel zieht ihr aus die Strümpf und Schuh. Ins Brautbett nun legten die Braut sie hinein. Es deckte sie zu schön Christel fein. Klein Ehristel sic ging durch die Thüre schwer: „Gewißlich hier komm' ich nicht wieder her!" Klein Ehristel nun hin in den Garten ging, An ihrem schönen Goldhaar am Daum sie hing. Schnell Bothschaft hin zu Herr Peter kam: „Klein Christel hinget im Garten da." Herr Peter hinaus durch die Thüre sprang. Er warf sie wieder zu, daß das Schloß erklang. Herr Peter ging hin in den Gatten; Da löst er ihr die schönen gelben Haare. Und er weinte bittre Thrätren betrübt: „Ach, wie du noch lebtest, wie hab' ich dich geliebt!" Er ließ graben ein Grab so tief und breit: „Hier wollen wir liegen alle beid'." Er ließ graben ein Grab so breit und lang: „Und hier soll seyn unser Spatzlerengang." Herr Peter fetzt sein Schwert an einen Stein, Die Spitze drang tief ins Herz hinein.
97 Herr Peter seht sein Schwert an einen Stamm, Die Spitze den Lauf zum Herzen nahm. Den andern Tag, als die Nackt war aus, Die Liebe wollen wir beginnen — Da lagen drei Leichen in Herr Peters Haus. Allerliebste mein, ich kann euch nimmer vergessen.
1.
7
OS
41. Kittet Tynne.
Unb cs war Ritter Tynne, Er war ein Ritter so stille — Wohin es ging zn Fuß oder Roß, Er war ein Ritter so milde. Ihr führet wohl die Runen! Und es war Ritter Tynne, Er wollte schießen Hirsche und Hinden, Da sah er klein Ulfwa, die Zwergcntochter, Wohl unter der grünen Linden. Ihr führet wohl die Runen! Und es war Ulfwa, des kleinen Zwerges Tochter, Sie sprach zu ihrer Dirne: „Geh, hole mir schnell die Goldharf her, Ritter Tynne den muß ich mir gewinnen." Ihr lenket wohl die Runen! Den ersten Griff sie in die Goldharfe that, So lieblich mochte das klingen. Das wilde Thier in Feld und Wald Vergaß, wohin es wollte springen. Ihr lenket wohldie Runen! Den andern Griff sie in die Goldharfe that, So lieblich mochte da- klingen. Der kleine graue Falk auf dem Zweige saß. Er breitete aus seine Schwingen. Ihr lenket wohldie Runen!
99 Den dritten Griff sie in die Goldharfe that. So lieblich mochte das klingen, Der kleine Fisch im Flusse ging, Er vergaß, wohin er wollte schwimmen. Ihr lenket wohl die Runen! Hier blühte die Au, hier belaubte sich's rings. Die Runcnschlagc hier walten, Ritter Tynne sein Roß mit dem Sporne stieß. Er konnte nicht langer cs halten. Ihr lenket wohl die Runen! Und es war Ritter Tynne, Von seinem Roß er sich schwinget. So geht er zu Ulswa, des kleinen Zwerges Tochter, Wohl unter der grünen Linde. Ihr lenket wohl die Runen! „Ihr sitzet hier, lieb Jungfrau schön. Eine Rost über alle Lilien, Es kann kein Manncsaug' euch sehn; 2hm lüstcts euch zu lieben." Ihr lenket wohl die Runen! „„Schweiget still, schweiget still, Ritter Tynne, Mit eurem Liebeswcrben. Ein Bergkönig ist mein Bräutigam, Ein König über alle Zwerge. Ihr lenket wohl die Runen! Mein Dräut'gam sitzet im Berge drinnen Und spielt so gerne Schach. Mein Vater er stellet seine Kämpen ring« Und kleidet sie alle in Stahl. Ihr lenket wohl die Runen!
100 Meine Mutter sitzt im Berge drinnen Und legt da« Gold in den Schrein, Ich schlich mich heraus einen Augenblick, Zu schlagen die Gvldharfe mein."" Ihr lenket wohl die Runen. »lud es war Ritter Lonne, Die Rosenwang' er ihr streicht. „Warum giebst du nicht bessere Antwort mir? Du Hcrzgelicbte mein!" Ihr lenket wohl die Runen! „ „ Bessere Antwort kann ich nicht geben euch, Kann selber nicht über mich walten. Ein Bergkönig ist mein Bräutigam, Mein Verlöbniß muß ich ihm halten."" Ihr lenket wohl die Runen! Und es war Thora, des kleinen Zwerges Frau, Aus der Dergcsthüre sie sah. Da sah sie, wie Ritter Tynne Unterm grünen Lindenbaum lag. Ihr lenket »vohl die Runen! Und es war Thora, des kleinen Zwerges Frau, Sie schalt und zürncte sehr: „Was hast du hier im Hain zu thun? Dein Weg ist nicht hieher. Ihr lenket wohl die Runen! Wohl besser wärs, du bliebest im Berge, Und legtest Gold in den Schrein, Als daß im Rosenhaine du weilst Und schlägst die Goldharfe dein. Ihr lenket wohl die Runen!
101 Und besser wär'S, du bliebest im Berg« Und nähtest dein Brautkleid zu Ende, AIS daß du im Hain mit dem Rnnenfchlag Eines Christenmanns Her; zu dir wendest." Ihr lenket wohl die Runen! Und eS war Ulfwa, des kleinen Zwerges Tochter, Sie ging in den Berg hinein. Und ihr folgere Ritter Tynne Im Pelz und Scharlakcnklcid. Ihr lenket wohl die Runen! Und es war Thora, des kleinen Zwerges Frau, Den Goldstuhl sie stellt in den Saal; So bringt sie Ritter Tynne in Schlummer, Dis daß da krähte der Hahn. Ihr lenket wohl die Runen! Und es war Thora, des kleinen Zwerges Frau, Fünf Runenbücher nimmt sie zur Hand, So macht sie ihn von den Runen los. Worin die Tochter ihn band. Ihr lenket wohl die Runen! „Und höret nun, Ritter Tynne, Nun seid ihr frei von den Runen; Doch die Wahrheit will ich euch sagen, Meine Tochter wird nie die eure. — Ihr lenket wohl die Runen! Und ich war geboren vom Christcnvolk, Gestohlen in den Berg hinein, Meine Schwester wohnet auf Iseland Und trägt eine Goldkrone fein. Ihr lenket wohl die Rune»!
102
Und da tragt fit ihre Krone von Gold, Frau Königin heißt sie dazu. Ihre Tochter haben gestohlen sie ihr. Gesprochen wird viele- davon. Ihr lenket wohl die Runen! Ihre Tochter haben gestohlen sie ihr Und geführt nad; Bernerland hin; Da sitzet sie nun, die zierlid)« Maid, Und heißet Fräulein Hermelin. Ihr lenket wohl die Runen! Und niemals darf sie zum Tanze gehn. Sieben Weiber sind immer ihr nah, Und niemals spielen die goldene Harf, Ist die Königin selber nicht da. Ihr lenket wohl die Runen! Der König, er hat einen Schwestersohn, Der wird ihm folgen im Reiche, Ihin haben bestimmt sie die zierliche Maid, Doch die Maid, sic mag ihn nicht leiden." Ihr lenket wohl die Runen! „„Und ich gebe dir hier mein Ehrenwort, Nicht Ritter sollst du mich nennen. Wenn her id> nicht bringe die zierliche Maid, Und von dem Prinzen sie trenne."" Ihr lenket wohl die Runen! Sie Mit Und Mit
gab ihm hierauf ein neues Kleid, Gold und Perlen besetzt. jeglicher Saum an dem Kleide war Edelsteinen belegt. Ihr lenket wohl die Runen!
103 Sie gab ihm hierauf ein Pferd so gut. Und einen neuen Sattel darauf. „Und niemals wirst du nach dem Wege fragen; Dein Pferd, cs kennt ihn genau." Ihr lenket wohl die Runen! Und eS war Ulfwa, des kleinen Zwerges Tochter, Er war auch jetzt ihr noch werth; Sie gab ihm hierauf einen neuen Speer Und dazu ein gutes Schwert. Ihr lenket wohl die Runen! „Und niemals wirst du kämpfen im Streit, Stets werden die Feinde dir weichen. Und niemals wirst du fahren zur See, Das Land wirst stets du erreichen." Ihr lenket wohl die Runen! Und es war Thora, des kleinen Zwerges Frau, Sie reicht ihm ein Glas mit Wein. „Reitet fort, reitet fort, Ritter Tynne, Ehe heimkommt der Gatte mein." Ihr lenket wohl die Rune»! Und es war Rittet Tynne, Er reitet auf der grünen Weide, Da begegnen ihm Bergkönige zwei. Ganz sacht zu dem Berg« sie schreiten. Ihr lenket wohl die Runen! „Willkommen! Guten Tag, Ritter Tonne! — Dein Pferd ist in tüchtigem Gange — Wohin geht deine Reise nun? Es scheint, dein Weg ist noch lang." Ihr lenket wohl die Runen!
104
„ „Reisen will ich auf die Freite — Eine Blume will ich mir pflücken — Versuchen will ich mein gutes Schwert, Mißlingen wird's oder glücken."" Ihr lenket wohl die Runen! „Reit' in Frieden, reit' in Frieden, Ritter Tynne! Wir wollen den Weg dir nicht sperren. Es kommen wohl die Kämpen von Jseland, Um mit dir eine Lanze zu brechen." Ihr lenket wohl die Runen! Und es war Ritter Tynne, Er reitet auf der grünen Weide; Da begegnen ihm sieben Bernische Kämpen, Die geboten ihm zu halten und zu bleiben. Ihr lenket wohl die Runen. „Entweder müssen um Silber hier Und rothes Gold wir uns streiten, Oder fechten müssen wir beide hier Ein jeder um seine Maid." Ihr lenket wohl die Runen! Und es war des Königes Schwestersohn, Ihm war so keck zu Muth. „Und Silber und Gold das hab' ich genug. Meinem Wort vertraue du." Ihr lenket wohl die Runen! „„Doch hast du nicht eine verlobte Braut, Die da heißt Fräulein Hermelin? Um diese wollen wir fechten hier, Ob du sie erhältst oder ich."" Ihr lenket wohl die Runen!
105
Und auf einander sie ritten los; Dir Kämpen waren zu loben: Er haute de- Königes Schwestersohn, Daß das Haupt hinfiel auf den Boden. Ihr lenket wohl die Runen! Zurück nun ritten die Kämpen sechs, In Pelj sic sich hüllten ein. Und gingen hinauf in das Hochgemach Zu dem alten König hinein. Ihr lenket wohl die Runen! Und cs war der alte König; Er jerrauftc sein graues Haar — Ihr sollt mir rächen des Neffen Tod, Ich biet' euch Zobel und Marder. Ihr lenket wohl die Runen! Zurück nun ritten die Kämpen sechs. Sie wollten gewinnen den Preis, Doch gelähmt sic wurden und gliederlos; Durch Schaden wird man weise. Ihr lenket wohl die Runen! Und Die Und Die
er schlug die Wölfe und Bären, da lagen vor dem Hochgcmach, holte sich heraus die zierliche Maid, so lange gesessen in Schmach. Ihr lenket wohl die Runen!
Und nun ist Fräulein Hermelin Entgangen allem Harm; Nun schläft sie süß so manchen Schlaf In Ritter Tynnes Arm. Ihr lenket wohl die Runen!
10G Nun ist Ritter Tynnc Entgangen allem Harm und Leide. Nun schläft er süß so manchen Schlaf An Fräulein Hermelins Seite. Ihr lenket wohl die Runen! Meist dankt er es Ulfwa, des kleinen Zwerges Tochter, Die ihn einst mit Runen gebunden; Denn wär' er nicht in den Berg gekommen. Sein Fräulein hätt' er nicht gefunden. Ihr lenket wohl die Runen!
107
42. Der Xlteermann.
Eine Wittib wohnte auf Dänemarks Schloß, Frau Helga hieß sie mit Namen. Ein einziges Töchterlein hatte sie bloß, Und fort war die Tochter schon lange. Ein Töchtcrlcin war ihr, ein einziges bloß, Klein Wina so hieß sie mit Namen. Da schickte hinweg sie den jüngsten Sohn, Klein Wina wieder zu suchen. Und wie er kam in ein fremdes Land, Da stand klein Wina am Strande: „Was bist d» für einer, du fremder Mann? Du gehst ja so einsam am Strande." „„Eine arme Wittib ist Mutter mir, Frau Helga so heißt sie mit Namen, Die Tochter haben geraubt sie ihr, Weit muß ich nun reisen und suchen."" „Ist eine Wittib die Mutter dir, Und heißt Frau Helga dieselbe. So sollst du die Wahrheit hören von mir, Daß du bist mein theuerster Bruder." Klein Wina nun ging zum Hof hinein. An der Hand den Bruder sie führte; Hin setzte sie ihn in den Winkel klein. In den kleinsten,
den
sie
verspürte.
108 Rosen er kam »um Berge heim. Er wittert sogleich mit der Nase: „Fürwahr, ich riech' hier Christenblut, Ja Christenblut ist mir nahe." „„Es flog ein Rabe wohl über das Dach, Menschenfieisch hatt' er im Munde; Es fielen drei Blutstropfen herab. Ich trocknete auf sie zur Stunde."" Als Rosen nun trat in den Berg hinein, Da wittert er gleich mit der Nase: „Wahrhaftig, ich riech' hier Christcnblut, Ja Christenblut ist mir nahe." „ „Und wahrlich, ich will es nicht bergen euch, Und wahrlich, nicht will ich's verschweigen. Hier innen ist mein Schwestcrsohn, Er ist kommen vom Dänenreiche. Gekommen hieher ist mein Schweflersohn Dom heimathlichen Gestade. Eine einzige Bitte nur hab' ich an euch: Wollt ihn weder schelten noch schlagen."" „Und ist gekommen dein Schwestersohn, Gekommen vom Batcrlandr, So will ich ihm geben ein« Kiste mit Gold, Und tragen sie beide zum Strande." Klein Wina sie war im Herzen so froh, Und rasch ihn z» überlisten, Sie nahm das Gold aus der Kiste fort. Und legte sich selbst in die Kiste.
109
Und Rosen den Knaben nahm in den Arm, Und die Kiste trug er im Munde, So führte er wohl dreihundert Meil Sie unter dem Erdengmnde. Als Rosen zum Hof nun kam zurück. Fing er an zu suchen, zu spüren; Das Gold das zeigte sich seinem Blick, Doch die Liebste war nicht zu erspüren. „Da stehst du nun, du garstiges Thier, Bist werth nicht länger zu leben; Wegtrügest selber das Weibchen dir: Nun kannst du zu Tode dich grämen."
110
43. Die
Meerfrau.
Herr Peter er spricht zu der Mutter so: Kalt weht es, kalt von Norden über die See — „Und hab' ich nicht gehabt der Schwestern zwo?"" Sie kommt wohl wieder, wenn der Wald grün ist. „„Eine Schwester wohl hattest du so schön und so traut, Kalt weht ic. Doch die Meersrau hat sie uns weggeraubt."" Sie kommt wohl k. Herr Peter gehet zum Stalle, Da besieht er die Rosse sich alle. Er beschaut den weißen, er beschaut den grauen, Dem besten legt er den Sattel auf. So reitet er hin zu der Mcerfrau Haus; Die Meerfrau kommt draußen zu ihm heraus. „So helfe mir Gott aus all meinem Leid, Wenn ich jemals sah eine schönre Maid!" „„Und hast du nie eine schönre gesehn? Eine Dirn hab' ich drinnen, wie der Tag so schön."" „Und ich will euch geben den Traber, den graun. Wenn ihr die kleine Dirne mich lasset schau»."
111
„ „Behaltet nur selber den Traber, de» graun. Meine kleine schöne Dime sollt ihr dennoch schaun."" Die Meerfrau sie trippelte den Söller entlang, Und ihre schönen Mädchen all bewundern ihren Gang. Und die Mecrfrau sie klopft auf die blauen Polster schön: „Und willst du, schöne Dirne, nicht vom Bett aufstchn? Hier bist du nun gewesen wohl fünfzehn mnde Jahr, Doch nimmer hab' ich aufgeweckt dich aus dem Schlaf. Ich wecke dich auch nicht um Nadel oder Scheer — O nein, ein schöner Junggesell ist kommen zu uns her. Es hält ein schöner Junggesell vor unserm Haus, Und meine kleine Dirne soll zu ihm hinaus." „ „Hinaus zum Haufe gehen das kann ich nicht. In fünfzehn Jahren sah ich ja kein Tageslicht."" Sie setzten nun die Maid auf den goldenen Stuhl, Sie kleidend, daß sie übertraf den Sonnenstrahl. Der Schuh er war geziert mit golducr Spang', So daß der Geldschein fuhr die Dielen entlang. Die Meercsjungfraun machten ihr die Haare kraus. Die Mcerfrau selber setzte ihr die Goldkron' auf. Die Meerfra» sic sagte zum Schwcsterlein: „Sprich: was dünkt dich jetzo von meinem Mägdelein?" „„Versteh' ichs recht, so fehlen noch die Perlen im Haar, Auch wird man ihr am Busen noch kein Gold gewahr.""
Drei umgedruckte Vlätter.
112 Klein Christel sie gehet mm den Söller entlang; Der Iunggesell erkannte sie an ihrem stolzen Gang. Und die Jungfrau sie ging am grünen Strand, Und die Silberkanne trug sic in der weißen Hand. „Und nimmer nehm' die Kanne ich aus deiner Hand, Bevor mit deinem Vater du mich machst bekannt." „„Mit meinem Vater mach' ich dich gar gern bekannt: Und er war der König von Engeland."" „Und war dein Vater König von Engcland, So werden ja Geschwister wir beide genannt." „Und euch will ich geben meine Goldringe vier, Wenn eure kleine Dirne nun ich nehmen darf mit mir." „„Behalte du nur deine Goldringe vier. Denn meine kleine Dirne sollst du nehmen doch mit dir."" Die Mecrfrau sie wartet der Jahre zwei, Doch keine kleine Dirne kam wieder herbei. „Und hätt' ich deine Falschheit geahnet nur, Kalt weht cs, kalt, vom Norden über die See — D» kiättcst nie betreten die grüne Flur." Sic kommt nicht wieder, wenn der Wald grün ist.
113
44. Herzog Magnus und di« Uletrfrau.
Herzog Magnus er sah durch da- Fenster im Schloß» Wie die Flnth hintobte, die wilde, Und siehe, da saß aus dein Strome groß Ein gar liebliches Franengcbilde. »Herzog Magnns, Herzog MagnuS, verlobt euch mit mlr, Ich hätt' euch zum Manne so geme. 0 sagt doch nicht Nein, sondern Ja — Ja. Und ich will euch geben cln gehende- Schiff, Wie nie eS befeffen ein Ritter, Es geht ans dem Lande so wie ans der Tief, Und scheut nicht Sturm noch Gewitter. Herzog Magnns re. Und ich will euch gebe» ein Röffelein grau, Wie nie thät ein Ritter es reiten, Es geht auf dem Meer wie auf fester An, Und durch die Wälder die weiten." Herzog Magnns rc „„0 bleibe mir fern mit Dcrlöbniß und Band, Mit der Stille nicht hab' ich zu schaffen; Ich diene dem König, dem Vaterland, Darf nicht mich in Weiber vergaffen."" Herzog Magnus re. I.
s
114 „Und ich will euch geben so vieles Gold, Wie ihr immer nur möget begehren. Und Perlen und Steine, so viel ihr wollt, Die sollt ihr besitzen in Ehren." Herzog Magnus rc. „„0 gerne verlobte ich wohl mich mit dir, Wenn du wärest vom Cbristengeschleckte, Doch du bist ein so häßliches Meerungetbier, Solch Liebchen mir ist nicht das rechte."" Herzog Magnus rc. „Herzog MagnuS, Herzog Magnus, o höre mich. Und laß dein Höhnen und Schelten, Denn willst du mit mir nicht verloben dich, So wird dein Verstand es entgelten." Herzog Magnus rc. „ „Ich bin ein Königssohn so gut; Wie kannst du doch so nach mir streben: Ich wohn' auf dem Lande und nicht in der Fluth, Im Wasser ja kann ich nickt leben."" — Herzog Magnus, Herzog Magnus, verlobt euch mit mir. Ich hatt' euch zum Manne so gerne; O sagt doch nicht Nein, sondern Ja — Ja.
115
45. lf»ver-al.
„Ihr, meine lieben Freunde — o lasset ab vom Schinano, Ich ,n»ß zur Kirche gehen, den Daker wecken ans; Mein Kummer geht weit." Und Silfwerdal er klopfet wohl an das finstre Grab; Sein Baker aus demselben nun ihm diese Antwort gab: Mein Kummer re. „Wer ist es, der mich wecket und stört den Schlummer mir ? Kann ich denn in der Erde nicht ruhig schlafen hier?" „„Nicht wecken will ich, Daker, dich, nickt stören deine Ruh; Welch Mädchen mir bescheret ist, dies Eine sage du."" „Eine Königstochter ist cs, die einst dir wird verliebn, Doch mußt umher nach dieser du zwei Jahr lang zieh». Und mit dir mußt du nehmen ja das rothe goldne Band, Und dies mußt der Prinzessin d» dann geben in die Hand." Und Silfwerdal er sattelte sein scköncs graues Roß: So reitet er nun eilends fort aus seinem Schloß. lind als er nun geritten war der Jahre zwei, So sah er dicht am Wege stehn der Hirtenknaben drei. „Ihr Hirtenknaben, saget mir, wie nennt man dieses s'and. Da- jetzt nach langem Wandern hier mein Grauroß fand?"
125
„„Kein Land es nennet, nein, es ist ein Eiland weit, Es soll der Herzog Silswerdal hier finden feine Maid."" Goldringe nun Herrr Silswerdal zieht von der Hand; Will geben sie den Knaben nun in Ihre Hand. „Behaltet die Goldringe, sie zieren eure Hand; Den Weg auch ebne Ringe zeigt euch unsre Hand." „ „Wenn König oder Herr ich werd' auf dieser Oe, Dann sollt ihr werden alle drei meine Ritter schön."" „Nicht Hirtenknaben find wir drei, wie's euch erscheint, Nein, Engel sind im Himmel wir, mit Gott vereint. “ Herr Silswerdal er reitet nun zum Königshaus; Da tritt des Königs Töchterlein zu ihm heraus. „0 höret, liebe Jungfrau, o höret meine Wahl: Und wolltet ihr wohl werden mein Ehgemahl?" ,,„Mit nichten will ich dieses, mit Nichten ich es kann: Mein Vater mich im zweiten Jahr verlobte einem Mann."" Herr Silswerdal er nahm nun das rothe goldne Band, Und legte der Prinzessin es in ihre Hand. Das Band nun die Prinzessin nahm aus Silfwerdals Hand: ,,Hernach nun wollen knüpfen wir ein besseres Liebesband." Mein Kummer geht weit.
120
49. Di» Töchter deo Grafen beim ißlfabohain.
Es wohnete ein Graf beim Elfabohain, Er hatte drei Töchter, die waren fein. Mit Ehren — Die erste war so zierlich, die andre war so schlank, Die dritte daS Gelübde that, zu nehmen keinen Mann. Mit Ehren — Weit über Meer erschallte die-, weit über Land, Und hin znm Necken kam eS auch am Elfabostrand. Der Neck sich machte auf nnd schwamm zum weißen Strand, Da zog er saubre Kleider an, gleich wie ein Edelmann. Der Edelmann gefahren kam nach Oesterwell, Und vor der Thür die Jungfrau stand und kämmt ihr goldne-Haar. „Was stehst du, schöne- Fräulein, hier und kämmst dein Haar? Ich habe Lust zu setzen drauf den goldncn Kranz." Da- Fräulein e- ging zum Saal hinein: „0 daß der schöne Edelmann doch würde mein!" Der Neck er ging zum Saal hinein. Er wünscht in seinem Herzen nur, die Jungfrau wäre sein. „Willst hin zur Kirche fahren du, schön Jungfräulein? Ich selber will, vertraue mir, dein Kutscher seyn."
127 Rasch fuhr er über- Wasser, rasch über die Drück', Rasch fuhr er die Jungfrau, sie kam nicht zurück. „Und, lieber Herr, o fahret doch nicht so rasch! Meine Zäume sind von Seide und nicht von Bast." Er jagte über Berg und Thal und Land, Er jagte weit hin am Elfabostrand. „Und, lieber Herr, o fahret doch mich wieder an- Land; lind gerne will ich geben euch mein rothe- goldne- Band." „„Dein rothe- goldne- Band will mir nicht stehn; Und nie au- meinem Wagen sollst fort du gehn."" „Und lieber Herr, o fahret inich zur Insel doch. Und gerne will ich geben euch die rothe goldne Krön'!" „ „Die rothe goldne Krone will mir nicht stehn. Und nie auf grüner Erde wirst hinfort du gehn."" „Zu Hanse weint der Vater, zu Hanse weint die Mutter, Zu Hanse weint die Schwester, der kleine Bruder." „„Laß weinen zu Hanse, laß weinen wer da will; Der Neck ist jetzt dein Ehgemahl, o schweige still. Laß weinen zn Hanse, laß weinen wer da will; Aus- grüne Land nicht kommst du mehr, o schweige still."" Mit Ehren.
128
50. D e r 17 t