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German Pages 346 Year 2018
Felix Silomon-Pflug Verwaltung der unternehmerischen Stadt
Urban Studies
Felix Silomon-Pflug (Dr. phil.) arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Humangeographie der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Sein wissenschaftliches Arbeiten umfasst urbane Transformationsprozesse, Urban Governance und Labour Geographies.
Felix Silomon-Pflug
Verwaltung der unternehmerischen Stadt Zur neoliberalen Neuordnung von Liegenschaftspolitik und -verwaltung in Berlin und Frankfurt am Main
Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Unter dem Titel »Neuordnungen städtischer Verwaltungen. Die Mobilisierung betriebswirtschaftlicher Verwaltungssteuerung und deren Auswirkungen auf Liegenschaftspolitik und -verwaltung in Berlin und Frankfurt am Main« im Jahr 2016 als Dissertationsschrift am Fachbereich Geographie/Geowissenschaften der Johann-Wolfgang-Goethe Universität zu Frankfurt am Main eingereicht und am 21. April 2017 verteidigt.
© 2018 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlaggestaltung: Maria Arndt, Bielefeld Umschlagabbildung: Das Bild »Betreten verboten« wurde 2009 von Uwe »OldSkoolMan« Vogel in Berlin aufgenommen (www.oldskoolman.de), dem ich für die Zurverfügungstellung herzlich danke. Es zeigt ein Schild an einem Grundstück des Berliner Liegenschaftfonds. Lektorat & Satz: Katharina Vester Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar Print-ISBN 978-3-8376-3985-8 PDF-ISBN 978-3-8394-3985-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]
Inhalt
Vorwort | VII Abkürzungsverzeichnis | IX 1.
Ein Geständnis | 1
1.1 Forschungsstand und -desiderate der Neuordnung städtischer Verwaltungen | 6 1.2 Untersuchungszeitraum und Auswahl der Fallbeispiele | 13 1.3 Methodisches Vorgehen | 16 1.4 Aufbau der Arbeit | 22 2.
Theoretischer Bezugsrahmen | 27
2.1 Foucault und Poulantzas – Eine Positionsbestimmung | 30 2.2 Die Geschichte der Gouvernementalität und der Staat als Effekt von Regierung | 34 2.3 Der Staat als Form politischer Herrschaft im Kapitalismus | 54 3.
Die Neuordnung städtischer Verwaltungen Das Neue Steuerungsmodell und darüber hinaus | 73
3.1 Die Mehrfachkrise städtischer Verwaltungen | 76 3.2 Die Mobilisierung der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen als diskursive Praxis | 89 3.3 Zwischenfazit | 126 Interludium | 151
4.
Berlin Verwaltungsreform und der Ausverkauf öffentlichen Liegenschaftsvermögens | 153
4.1 Verwaltungsskepsis als Motor der Reform | 155 4.2 Die Verwaltungsreform als Strukturierung des Handlungsfeldes der Bezirke | 159 4.3 Die Zentralisierung des Berliner Liegenschaftswesens | 186 4.4 Dimensionen der Entpolitisierung | 201 4.5 Resümee | 207 5.
Frankfurt am Main Verwaltungsbypass mittels privater Rechtsformen | 213
5.1 5.2 5.3 5.4
Neue Verwaltungssteuerung in Frankfurt am Main | 217 Liegenschaftspolitik und -verwaltung in Frankfurt am Main | 226 Stadtentwicklung in privatrechtlichen Formen | 238 Resümee | 263
6.
Abschlussbetrachtung Die Verwaltung der unternehmerischen Stadt | 269
6.1 Bedingungen, Einflüsse und Problematisierungen der Mobilisierung | 273 6.2 Instrumente, Strategien und Formen der Wissensproduktion der Mobilisierung | 274 6.3 Neuordnungen von Liegenschaftsverwaltung & -politik | 276 6.4 Einordnung, Reflektion und weiterführende Fragestellungen | 282 6.5 Aktuelle Entwicklungen und Aussicht | 288 Literatur | 293
Vorwort
Die vorliegende Arbeit mit ihren beiden Fallbeispielen ist aus dem Projekt Neuordnung städtischer Verwaltungen: New Public Management am Beispiel der Liegenschaftsverwaltungen in Berlin und Frankfurt am Main hervorgegangen, das im Rahmen des Paketantrages Neuordnungen des Städtischen im neoliberalen Zeitalter von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wurde. Beantragt wurde das Projekt von Susanne Heeg und Josef Esser (†) unter Mitarbeit von Hendrik Lebuhn. Leider hat Josef Esser den Beginn des Projekts nicht mehr erlebt. Da ich mein Studium der Politikwissenschaften an der Frankfurter Goethe Universität absolviert und seiner Lehre wie auch seinen Schriften viel zu verdanken habe, ist es aus persönlichen und fachlichen Gründen sehr bedauerlich, dass er das Forschungsvorhaben nicht mehr begleiten konnte. Zunächst möchte ich Susanne Heeg und Sonja Buckel dafür danken, dass sie sich eine gutachterinnenliche Meinung über diese Arbeit gebildet haben. Hinzu kommen aus meinem direkten AG-Umfeld am Institut für Humangeographie der Frankfurter Goethe Universität Nadine Bitterer, Kerstin Bläser, Lidia Monza, Lucas Pohl, Sofrony Riedmann, Marit Rosol und Eugenia Winter. Danke für die Zeit, Geduld und Unterstützung in den zahlreichen Diskussionen. Auch möchte ich den Teilnehmer_innen des Promotionskolloquiums von Sonja Buckel danken, die mich mit meinem etwas quer liegenden Thema herzlich aufgenommen und mir zahlreiche wertvolle Anregungen mit auf den Weg gegeben haben. Außerdem möchte ich den am DFG-Projektverbund Neuordnungen des Städtischen Beteiligten und hier im Speziellen Iris Dzudzek, Nils Grube, Jenny Künkel, Max Leimstättner, Nadine Marquardt, Mathias Rodatz und Christian Stein danken. Auch Conny Petzold und Maximilian Söllner gebührt Dank für die sorgfältige Transkription und ausdauernden Recherchearbeiten. Für die Unterstützung bei der Fertigstellung des Manuskripts danke ich zudem Katharina Vester, die mir von großer Hilfe bei der Umsetzung der transcriptFormatvorlagen und beim Ausbügeln sprachlicher Unebenheiten war. Für die Unterstützung und die Herausforderungen in allen Lebenslagen danke ich meiner Familie. Im Besonderen danke ich meinen Eltern Dis und Peter wie auch
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Anna und Herbert für die zusätzlichen Stunden am Schreibtisch. Es gibt zudem zahlreiche Menschen, die mich in den letzten Jahren in meinem unmittelbaren Umfeld begleitet und die ihren Teil zur Fertigstellung der Arbeit beigetragen haben. Unter diesen sind im Besonderen Anna, Johannes, Katha und Mario zu nennen, die mir in den letzten Zügen der Fertigstellung eine große Unterstützung waren. Ein Dank von Herzen geht an Martina und Matilda, die mich nicht nur auf ihre jeweils eigene Art und Weise unterstützt, sondern vor allem auch ertragen haben. Felix Silomon-Pflug Februar 2018, Frankfurt am Main
Abkürzungsverzeichnis
AGH Berlin AZG BIM BKRZ BM BPO BS BVV BZ DBB DFG DHV DST Doppik e. H. EY EZB FAZ FNP FR HBS HGO H. i. O. IMK ImmoZ KEG
Abgeordnetenhaus von Berlin Allgemeines Zuständigkeitsgesetz Berliner Immobilien Management GmbH Brandschutz-, Katastrophenschutz- und Rettungsdienstzentrum – Grundstücksgesellschaft mbH und Co. KG Berliner Morgenpost Business Process Outsourcing Bertelsmann Stiftung Bezirksverordnetenversammlung Berliner Zeitung Deutscher Beamtenbund und Tarifunion Deutsche Forschungsgemeinschaft Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer Deutscher Städtetag Doppelte Buchführung in Konten; auch kaufmännische Buchführung eigene Hervorhebung Ernst & Young GmbH Europäische Zentralbank Frankfurter Allgemeine Zeitung Frankfurter Neue Presse Frankfurter Rundschau Hans-Böckler-Stiftung Hessische Gemeindeordnung Hervorhebung im Original Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (Innenministerkonferenz) Immobilien Zeitung Konversions-Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH
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KGSt
KLR KWNS LFB NPM NSM ÖPP ÖTV PPP PwC StVV SWPR VerwRefG VGG zit. n.
Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung; ab 2005 Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement Kostenleistungsrechnung Keynesian Welfare National State Liegenschaftsfonds Berlin GmbH & Co. KG New Public Management Neues Steuerungsmodell Öffentlich-private Partnerschaft Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr Public Private Partnership PricewaterhouseCoopers AG Stadtverordnetenversammlung Frankfurt Schumpeterian Workfare Postnational Regime Verwaltungsreformgesetz Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz Zitiert nach
1. Ein Geständnis1 »I don’t want this parks department to build any parks because I don’t believe in government. I think that all government is a waste of taxpayer money. My dream is to have the park system privatized and run entirely for profit by corporations […].« (RON SWANSON 2009, PARKS AND RECREATION, 1. STAFFEL, 1. FOLGE)
Die Aussage des Amtsleiters des Departments Parks and Recreation aus der gleichnamigen Fernsehserie fasst in polemischer Art und Weise die Reformbestrebungen zusammen, die seit den frühen 1990er Jahren die deutschen Kommunen beschäftigen. Der charakteristische Unterschied besteht darin, nicht einfach alle öffentlichen Aufgabenfelder an private Unternehmen zu übertragen, sondern über betriebswirtschaftliche Verwaltungssteuerung, Aufgabenkritik und (organisatorische) Privatisierung die Kommunalverwaltungen selbst zu Dienstleistungsunternehmen umzubauen. Diese Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen resultiert in einer Neuordnung (lokal-)staatlichen Handelns im doppelten Sinne. Auf der einen Seite
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In jeder wissenschaftlichen Arbeit wird dargelegt, wie die Autor_in zu der niedergeschriebenen »Wahrheit« (vgl. Foucault 1980) gekommen ist. Das Schreiben einer Qualifikationsarbeit kommt in meinen Augen einer Konstatierung gleich oder, anders ausgedrückt, einem Geständnis. Die Bedingungen der hier entwickelten Betrachtung administrativer und städtischer Neuordnungsprozesse offen zu legen, bedeutet jedoch auch ihre Bedingtheit und das von mir entworfene Handlungsfeld, in dem ich mich für diese Arbeit bewege, zu bestimmen. Ich möchte mich damit auch als forschendes Subjekt verorten – lesend, fragend, analysierend und schreibend. Verwaltungsreformen, Liegenschaftspolitik und ‐verwaltung sowie städtische Neuordnungen sind keine Objektivitäten, die es schlicht zu entdecken und beschreiben gilt, sondern werden durch die von mir gewählte Perspektive, Fragestellung und Bearbeitung in spezifischer Weise her‐ und zur Diskussion gestellt.
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handelt es sich um die Neuordnung der Art und Weise, wie administratives Handeln organisiert und strukturiert ist. Es steht zur Debatte, auf welcher Grundlage öffentliche Aufgaben wie erfüllt werden. Auf der anderen Seite handelt es sich um eine Neuordnung des Umfangs (lokal-)staatlichen Handelns. Die Grenze zwischen dem, was als öffentliche und was als nichtöffentliche Aufgabenerfüllung angesehen wird, wird neu gezogen bzw. flexibilisiert. Anders gesagt beschränkt sich die Reform nicht auf die Neuordnung binnenadministrativer Prozesse durch die Einführung betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente, sondern sie hat auch grundlegend das Verhältnis zwischen Gesellschaft, Staat und Markt zum Gegenstand (vgl. Reichard/Röber 2001: 374). Bei der Reform der lokalen Verwaltungsapparate handelt es sich folglich nicht um einen technisch-neutralen, sondern um einen umkämpften und vermachteten Prozess. Das Ergebnis der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen ist die Verwaltung der unternehmerischen Stadt. Städte sind zentrale Orte eines veränderten Akkumulationsregimes, das sich seit Ende der 1970er Jahre entwickeln konnte und in dem Städte und Regionen in zunehmender Konkurrenz zueinander gesehen werden. Bei der unternehmerischen Stadt handelt es sich um das Ergebnis konvergierender Diskurse, die ein akzeptiertes Set an Diagnosen und Empfehlungen für ökonomische und politische Probleme anbieten (vgl. Jessop 1997: 30) und in denen Städte als Orte politischer, kultureller, sozialer Aktivität und ökonomischer Prosperität hergestellt werden. Lokales Regieren orientiert sich unter diesen Bedingungen maßgeblich an den Bedürfnissen der Kapitalakkumulation, wobei dieser Prozess auch die radikale Neuordnung der lokalstaatlichen Maßstabsebene und die sie hervorbringenden und durchdringenden gesellschaftlichen Verhältnisse umfasst (vgl. Harvey 1989: 15). Die Auseinandersetzung mit der Verwaltung der unternehmerischen Stadt zeigt, wie die veränderten sozialen, politischen, ökonomischen und räumlichen Beziehungen eines flexibilisierten und globalisierten Kapitalismus sich in das materielle Gerüst des lokalen Staats einschreiben bzw. von diesem mit hervorgebracht und stabilisiert werden. Die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen umfasst die Selbstbegrenzung administrativen Handelns auf Basis betriebswirtschaftlicher Deutungsrationalitäten und ist von einer Bürokratie- und Verwaltungsskepsis geprägt, in der der öffentliche Verwaltungsapparat als unmäßig, aufgebläht und ineffizient problematisiert wird. Aus diesen Gründen seien die Verwaltungen den Anforderungen einer globalisierten Gesellschaft und Ökonomie nicht mehr gewachsen. Demgegenüber werden Wettbewerbs- und Marktsurrogate als Instrumente gesehen, um die Verwaltung auf ihr vermeintlich natürliches und objektiv benötigtes Maß zurückzustutzen (vgl. KGSt 1993: 13). Über privatrechtlich verfasste (teil-)staatliche Gesellschaften werden zudem privates Kapital sowie außeradministrative Wissens- und Handlungsressourcen mobilisiert, die sich über wirtschaftliche Effizienz oder politische Ergebnisse legitimieren. Ein Effekt dessen besteht in der Begrenzung des politisch Sag-
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und Gestaltbaren, das sich stets innerhalb eines Rahmens betriebswirtschaftlicher Deutungshoheit bewegen muss. Beide Entwicklungslinien zeichnen sich zudem durch eine Abgrenzung gegenüber dem für nicht mehr zeitgemäß erachteten Weber’schen Idealtyp der »legalen Herrschaft […] mittelst bureaukratischen Verwaltungsstabs« (Weber 1922: 126) aus, der u.a. von Berechenbarkeit und universeller Anwendbarkeit geprägt sein soll. Die Mobilisierung der Verwaltungsreform in ihrer diskursiv-programmatischen Form bildet den Ausgangspunkt der Auseinandersetzung. Der erste Fragenkomplex umfasst die Kontextualisierung neuer Formen der Verwaltungssteuerung und deren Mobilisierung: •
•
Welche Bedingungen, Einflüsse und Problematisierungen prägen die Mobilisierung der Neuordnung städtischer Verwaltungen in ihrer programmatischen Form? Welche Instrumente, Strategien und Taktiken sowie Formen der Wissensproduktion sind dafür prägend?
Die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen2 wirkt sich auch auf die Wahrnehmung von und den Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen aus. Die betriebswirtschaftliche Einhegung des öffentlichen Liegenschaftsvermögens beinhaltet die Erfassung und Bewertung von Grundstücken und Immobilien im öffentlichen Besitz nach unternehmerischen Gesichtspunkten. Liegenschaftsverwaltung und -politik stellen Querschnittsthemen dar, die Verbindungen zwischen unterschiedlichen stadtpolitischen Feldern aufweisen. Dazu sind Schul- und Sozialpolitik, Gesundheit, Sicherheit, Kultur, Verkehr oder Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung zu zählen. Ob es nun um die Versorgung mit Kita- oder Schulplätzen, die Umsetzung eines gesamtstädtischen Brandschutz- und Rettungskonzepts, das Angebot an Theatern und Museen, die Ansiedlung von Unternehmen oder die Schaffung von Wohnraum geht – in allen Bereichen stellt sich die Frage danach, wo dies in einem hochverdichteten urbanen Raum einen Platz finden kann: »Man kann ja sagen, dass sich an den Liegenschaften was fokussiert. Die öffentliche Hand hat nichts, aber sie hat Grundstücke, und die Frage ist, weil die Grundstücke nicht hergestellt sind, sondern zur Substanz der Gemeinde gehören, wie gehen wir eigentlich damit um?« (B2012-B: 245)
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Die begriffliche Unterscheidung in städtische und kommunale Verwaltungen wird hier getroffen, da es sich bei dem Fallbeispiel Berlin nicht um eine kommunale Verwaltung im eigentlichen Sinn handelt.
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Grundlegender formuliert dies Karl Polanyi (2001 [1944]: 71ff), wenn er feststellt, dass Land ein Teil des natürlichen Umfelds des Menschen ist und historisch immer schon zentraler Gegenstand von Regulation war. Land – neben Arbeit und Geld – als fiktive Ware unter Markmechanismen zu handeln, bedeutet für ihn, »to subordinate the substance of society itself to the laws of the market« (ebd.: 75). Die Fragen danach, wie, unter welchen Bedingungen, von wem und mit welchen Zielen Liegenschaften der öffentlichen Hand genutzt werden können, sind damit gerade in hochverdichteten urbanen Räumen Gegenstand von Interessens- und Regulationskonflikten. Aktuell zeigt sich dies etwa hinsichtlich der Schaffung bezahlbaren Wohnraums in urbanen Metropolen oder der menschenwürdigen und nachhaltigen Unterbringung von Geflüchteten. Nils Schmid (2005: 197) stellt fest: »Mit der Verfügung über Staatsvermögen entscheidet sich auch das Ausmaß an eigenständiger Gestaltungsmacht und Planungsmöglichkeiten.« Weiter betont er (ebd.), dass der »Gebrauchswert des Verwaltungsgrundvermögens und damit dessen Tauglichkeit zur Unterstützung des Staates bei seiner Aufgabenwahrnehmung […] entscheidend durch die Anzahl und Qualität staatlicher Liegenschaften bestimmt« wird. Die Frage nach der Wahrnehmung von und dem Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen ist folglich eng verwoben mit der Frage nach der relationalen Autonomie und den staatlichen Handlungsressourcen. Die Regulation öffentlichen Eigentums verdichtet sich folglich im Spannungsverhältnis zwischen haushalts- und fachpolitischer, zivilgesellschaftlicher sowie privater Interessen. Dabei stellt sich die Frage nach Liegenschaften als Ressource in unterschiedlicher Hinsicht. Es handelt sich um eine Ressource, mit der sparend umgegangen werden soll, um damit verbundene Kosten zu reduzieren. Liegenschaften dienen als Handlungsressource, um Entwicklungen zu initiieren oder selbst zu gestalten. Auch sind Liegenschaften eine Vermögensressource, deren Aktivierung in Form von privaten Investitionen oder Privatisierung die Generierung finanzieller Gewinne ermöglicht. Aus diesen Gründen eignen sich Liegenschaften als Fluchtpunkt für die Auseinandersetzung mit der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen, um deren Auswirkungen auf die Geographie des urbanen Raums zu untersuchen. Vor diesem Hintergrund untersuche ich anhand der beiden Fallbeispiele Berlin und Frankfurt am Main einen zweiten Fragenkomplex. Neben den lokalen Entwicklungspfaden der Verwaltungsneuordnung steht hier die Frage nach deren Auswirkungen auf die Liegenschaftspolitik und -verwaltung in den beiden Städten im Zentrum meines Interesses: • •
Welche Verwaltungsneuordnungen lassen sich hinsichtlich der Wahrnehmung von und des Umgangs mit Liegenschaften im öffentlichen Eigentum feststellen? Welche Relevanz haben diese Neuordnungsprozesse für andere stadtpolitische Felder und das Verhältnis zwischen Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft?
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Entsprechend der beiden Fragekomplexe ist das Buch in zwei Abschnitte unterteilt: Erstens betrachte ich die Mobilisierung unternehmerischer Verwaltungssteuerung nach dem Neuen Steuerungsmodell (NSM) in Deutschland (siehe 3.). Dabei begreife ich städtische Verwaltungen als ein erklärungswürdiges, dynamisches und von Kräfteverhältnissen durchzogenes Feld und nicht als abgeschlossenes, statisches und in sich homogenes institutionelles Gefüge. Darüber ist es mir möglich zu zeigen, wie die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen erfolgreich mobilisiert werden konnte. Aus gouvernementalitätstheoretischer Perspektive betrachte ich die Reform der lokalen Verwaltungen als die Produktion von Wissensordnungen, über die mittels Praktiken, Strategien und Technologien der Machtausübung ein Leitbild der unternehmerisch handelnden Verwaltung produziert und verbreitet wird. Zum anderen steht die Frage im Zentrum, warum es zur Reform der städtischen und kommunalen Verwaltungen gekommen ist. Hier analysiere ich über eine materialistischstaatstheoretische Perspektive die Verwaltungsreform als politisches Projekt der unternehmerischen Stadt und damit als Rahmen und Feld für die Artikulation und Aushandlung von Interessen gesellschaftlicher, ökonomischer und politischer Akteur_innen. Diese Auseinandersetzung und das damit entwickelte Verständnis der Verwaltungsneuordnung dient mir zweitens als Grundlage für die Betrachtung der beiden Fallbeispiele Berlin und Frankfurt am Main (siehe 4. & 5.). Anhand des Fallbeispiels Berlin zeige ich, wie die Binnenreform der Berliner Bezirksverwaltungen und die Gründung eines Liegenschaftsfonds in privatrechtlicher Form einen katalytischen Wirkungszusammenhang bilden, der über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren einen enormen Verwertungsdruck auf Liegenschaften im öffentlichen Eigentum erzeugt hat. Steht bei diesem Schritt die Reform der Binnenverwaltung auf Ebene der Berliner Bezirke im Vordergrund, liegt der Fokus beim zweiten Fallbeispiel, Frankfurt am Main, auch auf Neuordnungsprozessen, die jenseits der traditionellen Verwaltungslandschaft zu verorten sind. Hierbei zeige ich, wie mit Hilfe privater Rechtsformen und in Abgrenzung zu bestehenden Verwaltungsapparaten strategische Handlungsspielräume für eine aufwertungsorientierte Stadtentwicklungspolitik erschlossen werden. Die beiden Fallbeispiele ermöglichen damit einen begrenzten Einblick in die schier unendlichen Formen kommunaler und städtischer Verwaltungsreformen und darüber hinaus die Entwicklung eines Verständnisses davon, wie sich diese in das urbane sozialräumliche Gefüge einschreiben (siehe 6.). Mit diesem Zuschnitt leiste ich einen Beitrag, der an der Schnittstelle aus Politikwissenschaften, Verwaltungswissenschaften und Stadtgeographie verortet ist: Der differenzierte und kontextualisierende Blick auf die scheinbar von Eigenlogik geprägten Neuordnungen städtischer Verwaltungen dient der Beschreibung und Analyse neoliberaler städtischer Neuordnungsprozesse in der unternehmerischen Stadt, die sich seit der Krise des fordistischen Wohlfahrtsstaates vollzogen haben (vgl. Harvey 1989; Peck 2010).
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1.1 F ORSCHUNGSSTAND UND - DESIDERATE DER N EUORDNUNG STÄDTISCHER V ERWALTUNGEN Bereits in den 1960er und 1970er Jahren wurden Versuche unternommen, die kommunalen Verwaltungen zu reformieren. Aufgrund steigender Aufgabenlast und sinkender Finanzmittel in den Städten und Gemeinden wurde mit der sog. Gebietsreform ergebnislos versucht, leistungsfähigere und gleichzeitig auch sparsamere Verwaltungen zu schaffen (vgl. Beyer/Brinckmann 1990: 15ff). Bereits hier wurde das Primat der leeren Kassen geprägt. Diese Entwicklung betrachtend, lässt sich die funktionale Reform der Verwaltungen in den deutschen Städten und Gemeinden nicht als isoliertes Ereignis betrachten oder als klar umrissenes Programm, das durch einen Anfangsund Endpunkt markiert ist. Es handelt sich dabei vielmehr um eine andauernde Auseinandersetzung um die innere Verfasstheit und die äußeren Grenzen des politischadministrativen Institutionengefüges Staat. Seit den 1970er Jahren lässt sich auf globaler Maßstabsebene unter dem Begriff des New Public Managements (NPM) in den westlichen Industrieländern eine ökonomische Rationalisierung der öffentlichen Verwaltungen erkennen, die sich maßgeblich auf lokalstaatlicher Maßstabsebene vollzieht und als Antwort auf die Krise des fordistischen Wohlfahrtsstaats zu sehen ist. Mit etwas Verzögerung im internationalen Vergleich beginnt ab den späten 1980er Jahren in Deutschland eine Renaissance der Diskussion um die Leistungsfähigkeit öffentlicher Verwaltungen in den Städten und Kommunen, die vor allem in ihrer frühen Mobilisierungsphase Verbindungslinien zu dem internationalen Reformdiskurs des NPM aufweist. Ihren programmatisch-diskursiven Ausdruck findet diese Reformbewegung im Neuen Steuerungsmodell (NSM), das von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) 3 maßgeblich ausformuliert und vorangetrieben wurde und wird. Aufgrund der Erfahrungen aus zurückliegenden Reformversuchen und der ausbleibenden Reformerfolge lag ab den 1990er Jahren der Fokus weiterhin auf der Schaffung einer effizienteren und effektiveren administrativen Binnenstruktur (vgl. Mehde 2000: 35ff). Die Feststellung eines vermeintlichen Reformbedarfs ist mit einem Set an Problematisierungen verbunden, die sich teilweise untereinander bedingen (vgl. Löffler 1998). Erstens hätten die öffentlichen Verwaltungen in Deutschland den Anschluss an internationale Entwicklungen verpasst, die es nachzuholen gelte. In den USA, in 3
Die KGSt hieß von 1949 bis 2005 »Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung« und wurde danach in »Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement« umbenannt. Die KGSt ist ein kommunaler Fachverband für Verwaltungsfragen und unterscheidet sich in dieser Funktion von kommunalen Spitzenverbänden wie dem Deutschen Städtetag oder dem Städte- und Gemeindebund, die die Interessen von Städten und Kommunen gegenüber dem Land oder dem Bund vertreten.
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Großbritannien, Neuseeland sowie in den Niederlanden oder den skandinavischen Ländern seien Modernisierungskonzepte entwickelt und Programme zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltungen durchgeführt worden. Zweitens wird dem Verwaltungshandeln ein Legitimitätsdefizit attestiert, da es nicht an wirtschaftlichen Kriterien ausgerichtet sei. Kurz, es mangele den Verwaltungen an Output-Legitimität. Das bürokratische Rechtsstaatsprinzip weise zwar eine hohe Input- und Verfahrenslegitimität auf, was jedoch nicht mehr ausreichend sei. Folglich müsse drittens nicht nur ein höherer Grad an Wirtschaftlichkeit und Wirkmächtigkeit erreicht werden, sondern auch eine damit verbundene stärkere Orientierung an privatwirtschaftlichen Handlungsformen und der Bürger_in als Kund_in (vgl. Naschold 1995a: 25). Wie bei der Steigerung von Effizienz und Effektivität wird darin die Bedingung dafür gesehen, um die Output-Legitimität von Verwaltungshandeln zu steigern. Viertens wird eine Finanzierungs- und Verschuldungskrise der öffentlichen Haushalte festgestellt, die es mittels Personal- und Ausgabenkürzungen, unterschiedlichen Formen von Privatisierungen und durch wirtschaftlich handelnde Verwaltungen zu bewältigen gelte. Aus diesen Gründen gehen in den deutschen Städten und Kommunen Verwaltungsreform und Haushaltskonsolidierung Hand in Hand (vgl. Belzer 2005; KGSt 1982). Die umfangreichste Auseinandersetzung mit den Reformen der lokalstaatlichen Verwaltungsapparate fand und findet zweifelsohne in den Verwaltungswissenschaften und der lokalen Politikforschung statt. Diese Arbeiten sind zumeist durch eine institutionen- und prozessimmanente Betrachtung gekennzeichnet (vgl. exemplarisch Banner 2001; Bogumil et al. 2003, 2007a; Holtkamp 2010; Kuhlmann/Wollmann 2006; Reichard 1993). Ein Teil der Literatur beschäftigt sich mit internationalen Vergleichen von Verwaltungsorganisation und -praxis oder auch von Reformmodellen (vgl. exemplarisch Heinelt/Mayer 2001; Hill 2009; Kuhlmann 2006b; Löffler 1998; Naschold 1997; Reinermann et al. 1998). Charakteristisch ist für die verwaltungswissenschaftliche Literatur »die möglichst große Nähe des Wissens zum Kontext seiner Anwendung als Voraussetzung instrumenteller Verwertbarkeit« (Vogel 2006: 499). Dieser evaluierende und an praktischer Umsetzung orientierte Blick ist von Fragen nach dem Grad der Durchsetzung von Reformen, deren Wirkungsreichweite und -tiefe oder nach Faktoren charakterisiert, die Reformprozesse begünstigen und fördern oder ver- und behindern. Grundsätzlicher kritisieren Josef Esser und Joachim Hirsch, dass die Verwaltungswissenschaften aufgrund des Ausblendens der materialen Basis des Staats und der systemtheoretischen Dominanz nicht im Stande seien, »anderes als systematisierende Beschreibungen partialer Funktionszusammenhänge zu liefern« (Esser/Hirsch 1982: 112). Die verwaltungswissenschaftliche Literatur fungiert aus diesen Gründen in der vorliegenden Betrachtung nicht als Ausgangspunkt, sondern ist vielmehr als Teil des Untersuchungsgegenstands zu sehen. Anwendungsorientierung prägt auch die Arbeiten, die sich mit dem Thema der Liegenschaftsverwaltung beschäftigen. Dabei geht es vor allem um die Entwicklung von Best Practices und Benchmarks der öffentlichen Immobilienwirtschaft (vgl.
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Gondring 2004; Portz/Düsterdiek 1999; Seilheimer 2007). Abweichend ist hier die Arbeit von Nils Schmid (2005) zu nennen, der sich aus einer staats-(vermögens-) rechtlichen Perspektive mit staatlichem Liegenschaftsmanagement, Staatsverschuldung und Staatsvermögen beschäftigt. Hier argumentiert er, dass eine Funktionsnotwendigkeit des Staatsvermögens festzustellen ist, da »staatliches Handeln ohne Sachund Finanzausstattung […] nicht denkbar« sei (ebd.: 188). Die Frage, ob es sich bei Liegenschaften um ein »unvertretbares Staatsvermögen« (ebd.) handelt – was eine (materielle) Privatisierung ausschließen würde –, löst Schmid dahingehend auf, dass über Staatsvermögen im Allgemeinen und staatliches Liegenschaftsvermögen im Speziellen weitestgehend frei verfügt werden kann, solange die Erledigung der unvertretbaren Staatsaufgaben nicht beeinträchtigt wird (vgl. ebd.: 190). Die KGSt stellt in ihren Berichten zu dem Themenbereich fest, dass Grund- und Gebäudevermögen finanzielle und personelle Ressourcen bindet, weshalb eine strategische Entwicklung des kommunalen Liegenschaftsvermögens mit Hilfe einer übergreifenden Immobilienholding vorgeschlagen wird (vgl. KGSt 2000). Um Haushaltsentlastungen zu erzielen, sollen über ein an den Bedarfen der Verwaltungen ausgerichtetes Portfoliomanagement die Anforderungen der öffentlichen Daseinsvorsorge mit wirtschaftlicher Steuerung verbunden werden (vgl. KGSt 2013). Hierbei steht die strategische Steuerung und Entwicklung des öffentlichen Grund- und Immobilienbesitzes im Vordergrund. Daneben finden sich allgemeine und verwaltungsspezifische Auseinandersetzungen mit dem Thema Facility Management bzw. Gebäudebewirtschaftung (vgl. Frutig/Reiblich 1995; Kompetenzzentrum für Immobilien- und Facility Management 2007; Krimmling 2005). In diesen Arbeiten wird die Umsetzung einer wirtschaftlichen Gebäudebewirtschaftung umsetzungsorientiert thematisiert. Diese Auseinandersetzungen mit den Themen Liegenschaftsverwaltung und -politik sind von einer kosten- und anwendungsorientierten Perspektive geprägt und verbleiben innerhalb der eigenlogischen institutionellen Grenzen des Verwaltungshandelns. Auch für diese Arbeiten gilt, dass es sich nicht nur um einen Forschungsstand, sondern um Quellen für die vorliegende Arbeit handelt.4
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Zu Berlin sind vor allem die Arbeiten Hendrik Lebuhns (2007, 2008, 2010) zu nennen, die wesentlich dieses Vorhaben inspiriert haben. Lebuhn beschäftigt sich mit der Frage nach den Auswirkungen von New Public Management in Berlin für städtische soziale Bewegungen und zeigt dabei auf, wie es zu einem strukturellen Ausschluss der Bewegungen hinsichtlich der Nutzung des öffentlichen Liegenschaftsbestands kommt. Zum Fallbeispiel Frankfurt am Main existieren Arbeiten, die sich mit städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen, Baulandmobilisierung, Bodenpolitik am Beispiel von Erbbaurechten oder der Konversion von Militärliegenschaften beschäftigen (vgl. Kempf/Rehm 1995; Odehnal 1994; Schreiber 2002; Wolf/Scholz 1999). Diese Arbeiten stellen zum Teil wichtiges Kontextwissen für die betrachteten Neuordnungsprozesse bereit. Daneben wurde von
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In der (Stadt-)Geographie existiert eine große Sensibilität gegenüber dem (städtischen) Raum und den ihn hervorbringenden und prägenden sozialen Praktiken, Prozessen und den daraus resultierenden Transformationen (vgl. Belina/Michel 2007; Elden et al. 2012; Krätke 1990; Smith 2007). David Harvey stellt fest, dass dabei auch die »Definition räumlicher Einheiten als Verwaltungs-, Rechts- und Bilanzierungsentitäten […] Felder sozialen Handelns« festlegt, »die weitreichenden Einfluss auf die Organisation des sozialen Lebens nehmen« (2007: 37). Davon ausgehend argumentiere ich, dass die »Verwaltungsentitäten« und deren Reformen nicht nur hinsichtlich der eigenlogischen Funktionsweise betrachtet werden müssen, sondern sich auch die Frage stellt, welche sozialen Handlungsfelder damit transformiert und hergestellt werden.5 Darüber noch hinausgehend begreife ich die Neuordnung städtischer Verwaltungen als soziales Verhältnis, das im Kontext der Produktion und Transformation städtischen Raums zu betrachten ist. Dies reicht vom Umgang mit öffentlichem Liegenschaftseigentum und dessen Nutzung über die lokale Artikulation globaler Transformationsprozesse bis hin zu städtebaulichen und stadtentwicklungspolitischen Strategien und Praktiken. Die kommunalen Verwaltungen sind in hohem Maße ortsgebundene und heterogene institutionelle Ensembles, in denen überlokale Prozesse mit lokalen Spezifika kombiniert werden. Unter Verweis auf Doreen Massey stellen Castree et al. (2004: 68) fest: »Places ›internalize‹ these processes in distinctive ways, which is why place interconnection does not imply increasing homogeneity among places.« Mit dieser Perspektive weisen die lokal eingebetteten Artikulationen und Materialisierungen der Verwaltungsreform immer über sich selbst hinaus und müssen in einem »glokalen« Kontext begriffen und analysiert werden (vgl. Swyngedouw 1997). Erik Swyngedouw stellt hierbei neben einer »Glokalisierung« der ökonomischen Beziehungen auch die »Glokalisierung« staatlicher Regulation fest. Diese umfasse die Dezentralisierung der Regulation des Verhältnisses von Kapital und Arbeit auf lokale und übernationale Maßstabsebenen sowie die Aushöhlung des Wohlfahrtsstaats und die Responsibilisierung der einzelnen Individuen. Als dritten Prozess beschreibt er die Reskalierung staatlicher Interventionen in die Ökonomie »either to damaligen Planungsdezernenten Martin Wentz zwischen 1991 und 2000 in elf Bänden die Reihe Die Zukunft des Städtischen herausgegeben. Die darin enthaltenen Problematisierungen und Projektbeschreibungen sind neben den geführten Interviews wichtiger Gegenstand der empirischen Analyse (vgl. Wentz 1991a; 1991b; 1992a; 1993; 1994; Noller et al. 1994; Bartetzko 1994; Mohr/Hunscher 1995; Wentz 1996a; 1998a; 2000a). 5
Was für die Produktion von Raum festzustellen ist, gilt auch für die Produktion qualitativ spezifischer Zeitlichkeiten (vgl. Harvey 2007: 36; vgl. auch Massey 1992). Das neue Verwaltungshandeln, wie es Gegenstand dieser Arbeit ist, ist ebenso geprägt von einem beschleunigten Zeitverständnis, das sich in Form von Bearbeitungszeiten, Entscheidungsprozessen und Flexibilität ausdrückt.
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the level of the city or the region where public-private partnerships shape an entrepreneurial practice and ideology needed to successfully engage in an intensified process of interurban competition […], or upwards« (ebd.: 158). Susanne Heeg (2008) argumentiert, dass in der unternehmerischen Stadt diese Interventionen mit einer Flexibilisierung der Stadtplanung bzw. Stadtentwicklungspolitik einhergehen, was die Realisierung von Großprojekten auf ehemals industriell genutzten Brachflächen ermöglichen soll. Darin wird »eine Möglichkeit gesehen, auf veränderte räumliche Anforderungen einer postindustriellen Wirtschaftsweise mit einer Anpassung der baulich-materiellen Umwelt zu reagieren« (ebd.: 55). Die Formulierung und Umsetzung städtebaulicher Visionen geht dabei Hand in Hand mit der Absicht ein attraktives Umfeld für die Ansiedlung wissensbasierter und unternehmensorientierter Dienstleistungen zu schaffen. In diesem Kontext stellt die »baulich-räumliche Erneuerungspolitik den Dreh- und Angelpunkt für die Bewältigung städtischer Veränderungen dar […]. Großprojekte dienen dabei als Hebel für eine Flexibilisierung der Stadtplanung, für eine imageorientierte Städtekonkurrenz bzw. allgemein für die Durchsetzung einer ›entrepreneurial city‹.« (Ebd.: 56)
Fragen danach, wie sich diese Prozesse in das politisch-administrative Gerüst des lokalen Staats einschreiben und welche Rolle der Einsatz öffentlichen Liegenschaftsvermögens spielt, werden in dem Rahmen von Urban Regime Theorie und Regulationstheorie zwar angedeutet jedoch nicht explizit als eigener Untersuchungsgegenstand behandelt (vgl. ebd.: 37ff). In der geographischen Stadtforschung existieren des weiteren zahlreiche Arbeiten, die sich mit der Frage nach der Bedeutung lokaler und regionaler räumlicher Maßstabsebenen für und in Neoliberalisierungsprozessen auseinandersetzen (vgl. bspw. Belina et al. 2013; Brenner/Theodore 2002b; Eick et al. 2007; Harvey 2011; Heeg/Rosol 2007; Keil 2009; Leitner et al. 2007; Peck et al. 2009; Pütz/Rodatz 2013; Raco 2005; Siemiatycki 2005; Swyngedouw et al. 2002; Weber 2002). Hier finden sich Verweise auf die Relevanz der Veränderung des politisch-administrativen Apparats. Ähnlich wie bei Swyngedouw wird jedoch lediglich allgemein auf die Einführung von New Public Management (NPM) oder Public Private Partnerships (PPP) verwiesen (Ruehl/Klönne 2007; Rügemer 2008a, 2008b; Willems/van Dooren 2014). Unter dem Banner der unternehmerischen Stadt werden »ortsspezifische bzw. territorial einzigartige Bedingungen für Kapitalinvestitionen« (Brenner/Heeg 1999: 105) geschaffen. Es wird feststellend darauf verwiesen, dass sich dies auch in Form von Verwaltungsreformen und neo-korporatistischen Regulationsweisen ausdrücke. Diese werden entweder wie oben skizziert als spezifische Artikulationen von Globalisierung und Standortpolitik behandelt oder haben sogar lediglich den Stellenwert einer Randbedingung für andere Bereiche, wie bspw. Soziales, Kultur oder Sicherheit. Auffällig ist, dass die politisch-administrative Landschaft selbst nicht als
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expliziter Gegenstand oder Ausgangspunkt von Forschungsvorhaben herangezogen wird (abweichend Lebuhn 2010). Mit der vorliegenden Arbeit zeige ich, dass es sich bei der Verwaltungsreform um einen relevanten Forschungsgegenstand handelt, den es zu bearbeiten gilt, um weitergehende Erkenntnisse über die diskursive Figur und materielle Praxis der unternehmerischen Stadt und die sie hervorbringenden und charakterisierenden Praktiken und Prozesse zu gewinnen (siehe 2.3.4). Von besonderem Interesse für meine Überlegungen sind die Arbeiten von Neil Brenner und hier sein Buch New State Spaces (2004). Sein Forschungsinteresse »is devoted to the tasks of theorizing the process of state rescaling and explicating major pan-European trends«, er stellt aber zugleich fest, dass »much work remains to be done in order to decipher, and to explain, the contextually specific forms in which state rescaling processes have unfolded in divergent national, regional, and local settings, both within and beyond western Europe« (ebd.: 7). Brenner zeigt sehr eindrücklich, dass Städte und Regionen zentrale Orte der Reintegration vormals nationalstaatlicher Aufgaben- und Handlungsfelder im sich transformierenden Kapitalismus sind. Bei seiner sehr ausführlichen Betrachtung bleibt jedoch die Frage offen, wie sich diese Prozesse konkret lokal artikulieren. Hier schließt meine Arbeit an und ergänzt die Herausbildung neuer staatsräumlicher Konfigurationen, indem ich am Beispiel der Reform der städtischen und kommunalen Verwaltungsapparate aufzeige, wie sich diese Reskalierungsprozesse lokal materialisieren. In diesem Sinne zielt meine Auseinandersetzung auf eine materialistische Verwaltungsanalyse zur Untersuchung der Herausbildung eines neuen Verwaltungsverständnisses und dessen lokaler Verdichtung. Mit dem dezidierten Blick auf die lokalstaatlichen Neuordnungsprozesse in Deutschland geht die bewusste Entscheidung einher, keine große Erzählung vom Staat zu beabsichtigen (vgl. etwa Hirsch 2005; Kannankulam 2008). Es finden sich zahlreiche Auseinandersetzungen mit der Frage, wie die zunehmende transnationale politische und ökonomische Integration zu Verstaatlichungsprozessen führt und welche Folgen dies für die Nationalstaaten hat (vgl. Bieling/Grosse Hüttmann 2016; Brand 2007; Demirović 2010; Forschungsgruppe »Staatsprojekt Europa« 2013; Hirsch/Kannankulam 2011; Wissel 2007; Wissen/Brand 2011; Wolff 2010). In dieser Arbeit nehme ich einen anderen Blickwinkel ein, indem ich die Frage danach stelle, wie die Reform lokalstaatlicher Verwaltungsapparate mobilisiert wurde und welche Konsequenzen dies hinsichtlich der Wahrnehmung von und des Umgangs mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen hat. In der Regel wird die Frage nach dem Umgang mit öffentlichem Eigentum im städtischen Raum nicht bearbeitet (abweichend Lebuhn 2007, 2008, 2010; Thiele 2016). Die Analyse der Transformation lokalstaatlicher Strukturen und von deren stadt- und gesellschaftspolitischen Konsequenzen ist ein Beitrag für die noch ausstehende Auseinandersetzung mit den heterogenen Reformwegen in den deutschen Kommunen.
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In Großbritannien existiert eine ausgiebige Auseinandersetzung mit der Transformation des local state während der Amtszeit von Magret Thatcher (vgl. bspw. Barnett 2013; Cockburn 1977a, 1977b; Duncan/Goodwin 1982, 1988; Duncan et al. 1988; Goodwin et al. 1993). Demgegenüber findet eine entsprechende Auseinandersetzung mit der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen in Deutschland nur im Zeitraum von Ende der 1980er Jahre bis Anfang der 2000er Jahre statt (vgl. Esser/Hirsch 1982, 1987, 1996; Felder 1998, 2000, 2001; Krätke 1991; Krätke/Schmoll 1987, 1991; Pelizzari 2001, 2004). Besonders relevant ist aber das Ende der Auseinandersetzung dahingehend, dass die Reformen nach einer längeren Mobilisierungsund Umsetzungsphase in den 1990er Jahren und einer Konsolidierungsphase zu Beginn der 2000er Jahre sich zu einer dauerhaften und wirkmächtigen Restrukturierung lokalstaatlicher Strukturen entwickelt und sich erst in einem längeren Prozess nach und nach im materiellen Gerüst des lokalen Staats verdichtet haben. Wird dieser Zeitraum nicht analysiert, bleibt unbeachtet, wie sich der lokale Staat als Ergebnis und Terrain der auf ihn bezogenen und in ihm vermittelt artikulierten gesellschaftlichen Verhältnissen verändert hat. Das analytische Werkzeug dafür stellen erstens die Arbeiten Michel Foucaults und die daran anschließenden Studies of Governmentality bereit (siehe 2.2). Mit ihrer Hilfe ist es möglich, die Verwaltungsreform und die damit verbundenen Instrumente und Verfahrensweisen – über deren technokratisch-instrumentellen Charakter heraus – als einen Macht/Wissen-Komplex zu konzeptualisieren, der aus heterogenen und sich wechselseitig konstituierenden Machtbeziehungen und Wissensfeldern besteht und dessen Effekt eine Neuordnung der lokalstaatlichen Verwaltungsapparate ist. Die Produktion handlungsleitenden betriebswirtschaftlichen Wissens über lokale Verwaltungen und öffentliches Liegenschaftseigentum bringt wiederum neue regierbare Realitäten hervor. Mit meiner Betrachtung des politisch-administrativen Systems auf lokalstaatlicher Ebene im engeren Sinne zeige ich, dass die Analyse des Staates und der ihn transformierenden Prozesse mit Hilfe der von Foucault entwickelten Perspektive produktiv umzusetzen ist, um die Verschiebungen und Schnittstellen im Bereich zwischen Staat und Nicht-Staat in den Blick zu bekommen. Zweitens dienen mir Nicos Poulantzas und an ihn anschließende Arbeiten der historisch-materialistischen Staatstheorie als theoretischer Bezugsrahmen (siehe 2.3). Die als Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen zusammengefassten Reformen betrachte ich nicht als verwaltungsimmanenten Prozess, sondern als politisches Projekt der unternehmerischen Stadt, dessen Gegenstand Art und Umfang des lokalen Verwaltungshandelns ist und das zu einer Multiplizierung und Formalisierung der Schnittstellen zur Artikulation, Vermittlung und Bearbeitung von Interessen zwischen Ökonomie und Staat führt und in einem Prozess der Synchronisierung Verwaltungshandeln gegenüber marktwirtschaftlichem Handeln öffnet. In der Folge werden vormals staatliche Aufgabenfelder und Vermögenswerte zum Ziel privatwirtschaftlicher Interessen und Investitionen. Damit steht ein Reflektionsrahmen
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für die gewonnenen Erkenntnisse zur Verfügung, mit dessen Hilfe diskutierbar wird, welche Rolle die relationale Autonomie und strategische Selektivität des lokalen Staats hinsichtlich der Artikulation der Reformen spielen oder eben auch selbst Gegenstand dieser Reformen sind. Zusammengefasst ergeben sich daraus folgende Forschungsdesiderate: Erstens steht eine aktuelle kritische Auseinandersetzung mit der Verwaltungsreform in den deutschen Städten und Kommunen aus, die zweitens auch in einem stadtgeographischen Kontext verortet ist. Drittens gilt es, städtische Liegenschaftspolitik und -verwaltung dabei als wichtiges Interventionsfeld zu begreifen. Dies erfordert viertens, die Umsetzung und Wirkungsweise der Reformen über ihre disziplinären Grenzen hinaus als vermachteten und politischen Prozess zu analysieren, dessen Gegenstand Umfang und Art lokalstaatlichen Handelns ist.
1.2 U NTERSUCHUNGSZEITRAUM DER F ALLBEISPIELE
UND
AUSWAHL
Der hier gewählte Untersuchungszeitraum reicht von 1990 bis 2012 und beginnt mit der Begründung einer neuen Reformwelle auf kommunaler Ebene, bei der das Neue Steuerungsmodell (NSM) der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung – ab 2005 für Verwaltungsmanagement – (KGSt) begrifflich und programmatisch einen dominierenden Bezugspunkt darstellt. Der Reformprozess ist von einem hohen Maß an Heterogenität und einer großen Anzahl (lokalspezifischer) Entwicklungen geprägt, weswegen der Zeitraum so gewählt ist, dass neben der Diskussion von Reformvorhaben und -programmen auch deren Adaption, Transformation und Implementierung in den Blick genommen werden können. Die Mobilisierung neuer Formen der Verwaltungsorganisation und des Verwaltungshandelns vollzieht sich daher entlang zahlreicher lokalspezifischer Entwicklungspfade, die durch einen kontingenten Charakter gekennzeichnet sind: Obwohl lokale administrative Neuordnungsprozesse an überlokalen Entwicklungspfaden und Programmatiken orientiert sind, besteht eine hohe lokale Spezifität (vgl. McCann/Ward 2011, 2012a, 2012b; Peck/Theodore 2012; vgl. auch Silomon-Pflug et al. 2013). Neben der Analyse der Mobilisierung des NSM in den 1990er Jahren gehe ich den aufgeworfenen Fragen anhand der Fallbeispiele Berlin und Frankfurt am Main nach. In beiden Städten wurden in den 1990er Jahren Verwaltungsreformen initiiert. Dabei sind es nicht die Ähnlichkeiten, sondern vielmehr die Differenzen, die den Blick auf die Neuordnung städtischer Verwaltungen vor dem Hintergrund der gleichen Fragestellungen spannend machen. Die Fallbeispiele ermöglichen einen differenzierten Blick auf unterschiedliche institutionelle Konfigurationen und Ausgangsvoraussetzungen. In dieser Differenz ermöglichen sie, unterschiedliche Aspekte und
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lokale Entwicklungspfade der administrativen Neuordnung sowie deren Auswirkungen auf Liegenschaftspolitik und -verwaltung herauszuarbeiten. Berlin ist von einer nachholenden Entwicklung gekennzeichnet, da es erst nach der Wiedervereinigung von Ost- und West-Berlin in den Metropolen-Wettbewerb eingestiegen ist. Zudem verfügt Berlin bis in die 2000er Jahre über einen umfangreichen öffentlichen Liegenschaftsbestand. Die Verwaltungsreform ist hier wesentlich von dem Verhältnis zwischen Senat und Bezirken geprägt. Die zwölf Berliner Bezirke verfügen über eine hohe fachpolitische Autonomie, sind aber in den Rahmenvorgaben und ihrer finanziellen Ausstattung in hohem Maß von der Politik des Berliner Senats und den Beschlüssen des Berliner Abgeordnetenhauses abhängig. Frankfurt am Main hingegen ist eine Kommune mit großer Autonomie gegenüber der hessischen Landesverwaltung und -regierung, die über selbstständige Facheinheiten und einen geringen Bestand an Liegenschaften im öffentlichen Eigentum verfügt.6 Frankfurt sei ein »reifer Standort« (F2013-T: 8) mit funktionierendem Grundstücks- und Immobilienmarkt und kein Entwicklungsstandort, weswegen auch die öffentliche Hand als Eigentümerin von Liegenschaften nur eine nachrangige Bedeutung spiele. Die Stadt Frankfurt habe »traditionell als alte Kaufmannstadt keine Politik der Bodenbevorratung betrieben« (F2013-U: 11). Der unterschiedliche institutionelle Aufbau prägt maßgeblich die Machtverhältnisse, die die politisch-administrativen Apparate in den beiden Städten durchziehen, was sich wiederum in der Art und Weise und der Qualität der Neuordnungsprozesse widerspiegelt, die von diesen Machtverhältnissen zugleich geprägt werden, diese aber zugleich auch transformieren. Die Verschuldung der beiden Städte (siehe Abb. 1) verläuft nicht nur auf völlig unterschiedlichem Niveau, sondern auch mit entgegengesetzten Entwicklungstendenzen: Frankfurt weist 1993 einen Schuldenhöchststand von ca. 3,5 Milliarden Euro auf, während Berlin seinen Schuldenhöchststand mit ca. 61 Milliarden Euro erst im Jahr 2011 erreicht hat. Trotz der divergierenden Tendenz stellt die Verschuldung in beiden Städten einen wichtigen diskursiven Bezugspunkt für die administrativen Reformvorhaben dar. Ist es in Frankfurt der hohe Schuldenstand zu Beginn der 1990er Jahre, der die Reformdiskussion prägt, ist es in Berlin die schnell steigende Verschuldung in dieser Zeit. In beiden Fällen wird ein Reformdruck gesehen, mit Hilfe der betriebswirtschaftlich orientierten Verwaltungsreform auch eine Entlastung der Haushalte zu erreichen. Der hohe Reformdruck geht in beiden Fällen mit einem steigenden Verwertungsdruck auf öffentliches Liegenschaftsvermögen einher. In beiden Städten lassen sich unterschiedliche Reformprojekte identifizieren, die sowohl unmittelbare als auch mittelbare Folgen für die Liegenschaftspolitik, -verwaltung und -verwertung haben.
6
Siehe zur historischen Entwicklung des öffentlichen Liegenschaftseigentums der Stadt Frankfurt am Main Schreiber 2008: 71ff.
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Abbildung 1: Schuldenstand Berlin und Frankfurt am Main, 1992-2012
Quelle: Statistisches Landesämter Berlin-Brandenburg & Hessen, eigene Darstellung
In Berlin beginnt die Verwaltungsreform7 Mitte der 1990er Jahre und resultiert in einer betriebswirtschaftlichen Neuordnung der binnenadministrativen Struktur vor allem auf Ebene der Bezirke. Dieser Prozess verschränkt sich ab den 2000er Jahren mit einer verwertungsorientierten Liegenschaftspolitik des Landes Berlin in Form der Gründung einer eigenen Gesellschaft zur Verwertung des landeseigenen Liegenschaftsvermögens. Die Wechselwirkungen zwischen diesen beiden Entwicklungen stehen im Fokus der Betrachtung. In Frankfurt am Main verdichtet sich ab den frühen 1990er Jahren die Diskussion um die Notwendigkeit einer umfassenden Verwaltungsreform, mit deren Umsetzung ebenfalls ab Mitte der 1990er Jahre begonnen wird. Die durchgeführten Reformen sind dabei von der hohen Autonomie der politischen und administrativen Fachbereiche geprägt, was sich auf die Reform der Binnenverwaltung und auf die damit einhergehenden Implikationen für die Liegenschaftspolitik und -verwaltung bremsend bis verhindernd auswirkt. In Frankfurt lässt sich zudem feststellen, dass in einem parallelen Prozess von der Stadt sowohl stadteigene als auch in Kooperation mit Privaten Gesellschaften gegründet werden, die nicht dem Kernbereich der Verwaltungsreform zuzurechnen sind, hier aber dennoch als Neuordnungen der städtischen Verwaltung untersucht werden. Neben der Reform der Binnenverwaltung stehen deswegen zwei PPP-Gesellschaften im Fokus der Betrachtung, die eine dezidierte stadtentwicklungspolitische Ausrichtung haben. 7
Angemerkt werden muss, dass die Verwaltungsmodernisierung in Berlin zeitgleich von der Verwaltungsvereinigung von Ost und West geprägt ist. Eine systematische Differenzierung ist hier jedoch nicht vorgesehen.
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1.3 M ETHODISCHES V ORGEHEN Die analysierten Dokumente und Interviews begreife ich nicht als »eigenständige methodische und situativ eingebettete Leistungen ihrer Verfasser«, die »als solche zum Gegenstand der Untersuchung zu machen« sind (Wolff 2003: 504). Sie sind für mich vielmehr Teil einer »diskursiven Praxis« und damit eine »anonyme, d.h. überindividuelle Praxis, die in einem Feld die Begriffe mit Bedeutung füllt, die Objekte bezeichnet, diese damit erst sozial wahrnehmbar macht« (Diaz-Bone 2006: 72f). Beim Expert_innenwissen wird davon ausgegangen, dass die Deutungsmuster und Handlungsorientierungen einer Expert_in in einem organisationalen Funktionskontext hegemonial praxiswirksam sind (Bogner/Menz 2002: 46). Die Relevanz der interviewten Expert_innen besteht darin, dass diese aufgrund ihrer Tätigkeit über ein Sonderwissen und einen privilegierten Zugang zu Informationen verfügen und es sich um »aktive Partizipanten« handelt (vgl. Meuser/Nagel 2009: 44). In der Interviewsituation werden Erzählungen provoziert, anhand derer Rückschlüsse auf bewusste und auch unbewusste Aspekte des Expert_innenhandelns ermöglicht wurden (vgl. ebd.: 16). Der Diskurs der Neuordnung städtischer Verwaltungen und die damit verbundene Wissensordnung sind kein identisches Abbild der »realen« Verwaltungsrestrukturierung in den deutschen Kommunen, sondern als eigene Realität zu verstehen, die trotz dieser Differenz existiert (vgl. Diaz-Bone 2006: 73). Sie umfasst »Ereignisse, Aussagen, Akteure und Praktiken, in denen Wissen aktualisiert, verbreitet, angegriffen, bestritten, verändert und verworfen wird« (Keller 2008: 17). Gemäß diesem Verständnis konstituiert sich der Diskurs der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen über auf den lokalen Staat bezogene »gegenstandtransformierende Praktiken«, die »das historisch determinierte, sozial eingeübte, regelgeleitete Hervorbringen einer bestimmten Materialität durch ›Subjekte‹« (Reisigl 2006: 96) einschließen. Damit erschließe ich die Neuordnung städtischer Verwaltungen in ihrer programmatischen Form, die in dieser Art und Weise zwar nicht existiert, aber als Macht/Wissen (siehe 2.2.3) dennoch Wirkmächtigkeit entwickelt (vgl. Foucault 2003 [1977]: 521, 2007: 60f). Der Diskurs der Verwaltungsmodernisierung in Deutschland ist nicht als homogen zu beschreiben, es handelt sich hierbei vielmehr um überlappende, zeitlich versetzte Diskursstränge, die auf unterschiedlichsten Maßstabsebenen in unterschiedlicher Qualität wirken. So lassen sich neben einem globalen Diskurs des New Public Management (NPM) ein national geprägter Diskurs zum so genannten Neuen Steuerungsmodell (NSM) sowie lokalspezifische Entwicklungspfade und damit korrespondierende Diskurse identifizieren. Diese drei Diskursstränge existieren nicht getrennt voneinander und bilden eine nicht deckungsgleiche Einheit, die von symbolischen, materiellen und diskursiven Elementen aller Couleur beeinflusst wird.
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Es ist nicht das Ziel dieser Arbeit, diese unterschiedlichen Diskursstränge und deren Elemente gleichberechtigt nebeneinander zu betrachten. Der Fokus liegt hier auf der Neuordnung städtischer Verwaltungen in Frankfurt am Main und Berlin, wobei der deutsche Reformdiskurs als Kontext aufgearbeitet, dargestellt und analysiert wird. Die Verwaltungsreformen begreife ich vor diesem Hintergrund als Wissensordnungen, die mit einer »konstruierenden Praxis« (Diaz-Bone 2006: 73) verbunden sind. 1.3.1 Forschungsprozess und Datenkorpusse8 Das methodisch-analytische Vorgehen meiner Arbeit ist durch eine konsekutive Analyse gekennzeichnet, deren empirische Basis aus unterschiedlichen Korpussen für die beiden Fragenkomplexe sowie für die beiden Fallbeispiele besteht (siehe Tab. 1). Korpus (A) umfasst Publikationen von Think Tanks und Interessensverbänden in Form von Berichten, Gutachten und weiterer grauer Literatur sowie verwaltungswissenschaftliche Fachpublikationen9. Anhand dieses Korpus analysiere ich im ersten Teil der Arbeit die Entstehungsgeschichte und Entwicklungsdynamik der Neuordnung städtischer Verwaltungen in ihrer programmatischen Form, um die »Konfigurationen, Muster, Strukturen von beobachtbaren Sachverhalten oder Verläufen« (Wienold 2000: 67) herauszuarbeiten. Im Vordergrund steht zum einen, welche Problematisierungen der Mobilisierung eines betriebswirtschaftlich geprägten Verwaltungsverständnisses zugrunde liegen, das seit den 1990er Jahren zu umfassenden Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen geführt hat und dessen programmatischer Ausdruck das NSM ist. Zum anderen wird anhand des Korpus analysiert, welche Akteur_innenkonstellation am Entstehungsprozess der lokalen Verwaltungsreform beteiligt war.
8
Teil des Forschungsprozesses war auch die Teilnahme an diversen Fach- und Diskussionsveranstaltungen. Dazu zählt neben Treffen der Initiative »Stadt Neudenken!« und einem Workshop des Deutschen Instituts für Urbanistik (difu) zur Verwaltungsmodernisierung auch der Besuch der Fachmesse »Moderner Staat«. Hierbei konnten wichtige Einblicke in die unterschiedlichen Bereiche des Vorhabens gewonnen werden, die in diese Arbeit eingeflossen sind. Das gleiche gilt für Dokumente, die im Rahmen der Teilnahmen entstanden sind.
9
Zur Identifikation von Publikationen für den Korpus habe ich mich an zentralen Akteur_innen der Verwaltungsreform orientiert, wie sie in den zahlreich vorliegenden Zusammenfassungen des Reformprozesses nach dem NSM genannt werden (siehe 3.2).
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Tabelle 1: Übersicht Datenkorpusse Fragenkomplex 1: Programmatische Mobilisierung der Neuordnung Städtischer Verwaltungen (A) Publikationen von »Think Tanks« (graue Literatur) und Verbänden sowie verwaltungswissenschaftliche Fachliteratur Fragenkomplex 2: Lokale Neuordnung städtischer Verwaltungen und die Wahrnehmung von und der Umgang mit Liegenschaften im öffentlichen Eigentum (B) Berlin (B.1) (B.2) (B.3) Interviews Pressebe- PARDOK richterstattung
(F) Frankfurt am Main (F.1) (F.2) (F.3) Interviews Pressebe- PARLIS richterstattung
Ich arbeite heraus, dass die Neuordnung städtischer Verwaltungen in ihrer programmatisch-diskursiven Form eine Wissensordnung schafft, die neben Problematisierungen und damit verbundenen Lösungsperspektiven auch Umsetzungsstrategien formuliert und die Bestimmung von Handlungsfeldern der Verwaltungsneuordnung auf städtischer Maßstabsebene umfasst. Das Ergebnis dieses Arbeitsschritts ist die Bestimmung des Kontexts und der Entwicklungspfade der Verwaltungsmodernisierung sowie ihrer Reformstrategien und -instrumente. Die theoriegeleitete Perspektive auf die Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen ermöglicht es mir, über eine programm- und institutionenimmanente Betrachtung hinauszugehen und zu zeigen, dass es sich dabei nicht nur um eine technische Modernisierung der Verwaltung handelt, sondern um politische Strategien, die »neben strukturellen Veränderungen neue Deutungsmuster und Handlungslogiken (mit neuen Grenzziehungen) institutionalisieren« (Kimmerle 2003: 16; vgl. auch Felder 2000: 1092f). Ausgehend von der in diesem ersten empirischen Block entwickelten Perspektive, stehen im zweiten Teil der Arbeit die Fallbeispiele in Berlin und Frankfurt am Main im Zentrum der Analyse (siehe 4. & 5.). Die dafür zusammengestellten fallbespielbezogenen Korpusse setzen sich analog aus drei Teilkorpussen zusammen: leitfadengestützten Expert_inneninterviews (B.1 & F.1), Presseberichterstattung (B.2 & F.2) sowie den parlamentarischen Informations- und Dokumentationssystemen in Berlin und Frankfurt am Main (B.3 & F.3). In einer explorativen Phase standen zunächst die lokale Presseberichterstattung und Dokumente aus den parlamentarischen
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Informationssystemen (bspw. Haushaltsdebatten, Situationsberichte, Beschlussvorlagen) im Zentrum der Erhebung.10 In diesem Zuge wurde ein Überblick über die Reformverläufe in den beiden Fallbeispielen erstellt und Phänomene identifiziert, die einer eingehenderen Analyse unterzogen wurden. Damit konnten außerdem erste Handlungsstrukturen und die damit verbundenen Vorstellungen und Repräsentationen der Verwaltungsreform herausgearbeitet werden (vgl. Atteslander/Cromm 2000: 203). Diese Auseinandersetzung diente wiederum als Grundlage für die Erstellung der Interviewleitfäden und die Auswahl der Interviewpartner_innen. Hierbei handelte es sich nur anfänglich um aufeinander folgende Arbeitsschritte, die sich später in einem ständigen Reflexionsprozess aufeinander bezogen, um durch kontinuierliches Überarbeiten und Anpassen der Leitfäden und Dokumentenkorpusse ein theoretisches Sampling11 zu erreichen (vgl. Merkens 2003: 295ff). Ausgehend von der Dokumentenanalyse habe ich in Berlin neun und in Frankfurt am Main 20 leitfadengestützte Expert_inneninterviews geführt, welche die lokalen Entwicklungspfade zum Gegenstand haben.12 Interviewpartner_innen waren gegenwärtige und ehemalige Repräsentant_innen aus Verwaltung, Politik, Unternehmen und Zivilgesellschaft mit spezifischen Funktionen und (professionellem) Deutungsund Erfahrungswissen hinsichtlich meiner Fragestellungen (vgl. Flick et al. 2003: 214f).13 Die geführten Interviews sind die empirische Grundlage der vorliegenden
10 Bei der Auswahl der Dokumente diente das Vorwissen aus der vorangegangenen Analyse der Verwaltungsreform als Grundlage, um Reformprozesse und Debatten in den entsprechenden Datenbanken zu identifizieren. 11 Beim theoretischen Sampling wird im Forschungsprozess selbst die Entscheidung über die erhobenen Daten und deren Zusammensetzung entschieden. Die Erhebung wird dann beendet, wenn eine weitere Auseinandersetzung keine ergänzenden Aspekte hervorbringt (vgl. Flick 2007: 158ff). 12 Die Diskrepanz in der Anzahl der Interviews ist darüber zu erklären, dass sich in Berlin die zentralen Konzepte und Phänomene schneller herauskristallisierten. Dies hängt auch damit zusammen, dass zu Berlin bereits von Hendrik Lebuhn (2007, 2008, 2010) eine Auseinandersetzung zum Zusammenhang von Verwaltungsreformen und Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen vorlag. In Frankfurt hingegen war der Feldzugang breiter angelegt, da hier keine vergleichbare Konzentration oder Verdichtung festzustellen war und auch keine entsprechenden Vorarbeiten hinzugezogen werden konnten. 13 Im Folgenden wird darauf verzichtet, genauer zu benennen, in welchen Bereichen die Interviewpartner_innen tätig sind bzw. waren. Da die beiden Fallbeispiele nicht anonymisiert diskutiert werden, soll damit ein maximaler Schutz der interviewten Personen gewährleistet werden. Des Weiteren sind die verwendeten Interviewzitate insoweit überarbeitet, dass keine Rückschlüsse auf die Interviewpartner_innen möglich sind, ohne dabei die inhaltlichen Aussagen zu verfälschen. Dieses Vorgehen erscheint mir angebracht, um mithilfe von
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Analyse der Fallbeispiele Berlin und Frankfurt. Auch wenn diese das Kernstück der Auseinandersetzung darstellen, waren im Forschungsprozess Erhebung und Analyse nicht voneinander getrennte Arbeitsschritte, sondern miteinander verschränkt. Damit war das Vorgehen von einer Zirkularität geprägt, die sowohl die Erhebung weiterer Daten (Dokumente, Presseberichterstattung, Interviews) als auch deren Analyse und Auswertung umfasst. Die Erkenntnisse, die sich im Verlauf der Interviews und deren Analyse oder der Auseinandersetzung mit dem ergänzenden empirischen Material herauskristallisierten, führten immer wieder zu Korrekturen meines Blicks und damit der folgenden Auseinandersetzungen mit dem Feld und der Analyse der erhobenen Daten. Für beide Fallbeispiele gilt, dass, bedingt durch den andauernden Reflexionsprozess, die Interview-Datenkorpusse weiter überarbeitet, ergänzt und konkretisiert wurden. Die anderen Korpusse – bestehend aus grauer Literatur, Medien- und Presseberichten und Dokumenten aus den Parlamentarischen Informationssystemen – wurden über die explorative Phase hinaus vor allem zur Ergänzung und weiteren Bearbeitung sowie Konkretisierung der Analyseergebnisse verwendet. Das zirkuläre Vorgehen hat, bezogen auf die beiden Fallbeispiele, Unterschiedliches hervorgebracht. So lässt sich in Berlin ein relativ gut abgrenzbarer Prozess beschreiben, in dessen Zentrum die Binnenreform der Berliner Bezirksverwaltungen und die Gründung des Liegenschaftsfonds Berlin stehen. Hier ließ sich schnell ein theoretisches Sampling erreichen. In Frankfurt am Main war es notwendig, den verwendeten Interviewleitfaden beständig weiterzuentwickeln und unter Berücksichtigung der im Verlauf des Forschungsprozesses identifizierten Phänomene und Konzepte zu konkretisieren, um aus arbeitsökonomischen Gründen zu einem bearbeitbaren Datenkorpus zu gelangen. Geleitet von der Frage nach dem Zusammenhang von Verwaltungsreformen und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Wahrnehmung von und den Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen konnten auf diese Weise für die Fragestellung relevante Neuordnungsprozesse identifiziert und eingehender betrachtet werden. 1.3.2 Analytische Aufarbeitung der erhobenen Daten Für die Analyse des erhobenen empirischen Materials habe ich mich zunächst an den grundlegenden Überlegungen des theoretischen Kodierens 14 orientiert (vgl. Böhm
Expert_inneninterviews explizit das professionelle Erfahrungswissen im institutionellen Kontext herauszuarbeiten. Die auf diese Weise erhobenen Daten betrachte ich damit als überindividuelles Wissen, was den Grad der Anonymisierung rechtfertigt. 14 Mit diesem Vorgehen orientiere ich mich an den arbeitspraktischen Überlegungen im Umgang mit dem empirischen Material, wie sie bei der Grounded Theory verwendet werden
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2003: 475; Hildenbrand 2003: 34). Das Ziel dieses Arbeitsschrittes bestand darin, von der Empirie abstrahierte Aussagen zu formulieren, die dazu geeignet sind, die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen sowie die damit verbundenen staatstheoretischen und stadtgeographischen Implikationen zu beschreiben und zu analysieren (vgl. Böhm 2003: 476). Zur Kodierung15 und weiteren Bearbeitung wurden die transkribierten Expert_inneninterviews in fallbeispielspezifischen Datenbanken offen kodiert. Bei diesem Arbeitsschritt wird das Material entlang von Leitfragen aufgeschlüsselt und zerlegt (vgl. ebd.: 477f): • • • • • • •
Was? Worum geht es hier? Welches Phänomen wird angesprochen? Wer? Welche Personen sind beteiligt? Welche Rollen spielen sie dabei? Wie interagieren sie? Wie? Welche Aspekte des Phänomens werden angesprochen (oder nicht angesprochen)? Wann? Wie lange? Wo? Wie viel? Wie stark? Warum? Welche Begründungen werden gegeben oder lassen sich erschließen? Wozu? In welcher Absicht, zu welchem Zweck? Womit? Welche Mittel, Taktiken und Strategien werden zum Erreichen des Ziels verwendet?
Mit der offenen Kodierung wurde das analytische Denken der Interviewten über den untersuchten Bereich herausgearbeitet und die Eigenschaften der identifizierten Entwicklungen erfasst (vgl. ebd.: 478). Diese wurden im Verlauf des Analyseprozesses
(vgl. Glaser/Strauss 2006 [1967]; Strauss 1994; Strauss/Corbin 1996). Es handelt sich dabei um die strategisch-selektive Aneignung methodischer Umgangsweisen mit dem Material (siehe zur Adaption der Grounded Theory auch Keller 2011: 103ff). Die Beschränkung auf die arbeitspraktischen Aspekte der Grounded Theory mit dem Material resultiert auch aus deren Grenzen »für soziale und vor allem historische Phänomene […], weil sich die sozialen Bedingungen nicht beliebig reproduzieren lassen« (Böhm 2003: 483). Dennoch stellen die im Verlauf des Forschungsprozesses gestellten Fragen und die ordnende und verknüpfende Bearbeitung des Materials für mein Vorhaben eine gute Orientierung dar. Besondere Relevanz in der Aufarbeitung meines Materials haben dabei das offene, das axiale und das selektive Kodieren, wie im Folgenden erläutert wird. 15 Die Analyse der Korpusse zu den beiden Fallbeispielen, die aus unterschiedlichen Dokumenten und Expert_inneninterviews bestehen, erfolgte mit dem Programm Maxqda. Dieses eignet sich als dezidiert für die qualitative Datenanalyse entwickeltes Programm, um komplexe Sachverhalte aufzuschlüsseln. Die im Programm integrierte Funktion der Memo-Erstellung diente dabei als zentrales Instrument der induktiven bzw. abduktiven Generierung von Kategorien und Phänomenen.
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sukzessive immer stärker differenziert bzw. integriert. Mit Hilfe des darauf aufbauenden axialen Kodierens wurden Beziehungen zwischen einzelnen Teilentwicklungen markiert und benannt.16 In einem dritten Schritt wurden über selektives Kodieren die zentralen Entwicklungen des Reformprozesses bestimmt und weiter herausgearbeitet. Die im Laufe des Arbeitsprozesses gewonnenen Erkenntnisse über den Mobilisierungsprozess der Verwaltungsreform wurden durch die Analyse fallbeispielbezogenen empirischen Materials ergänzt und stetig weiterentwickelt. Diese Aufarbeitung des empirischen Materials ermöglicht, zentrale Entwicklungslinien und -prozesse der Neuordnungen städtischer Verwaltungen zu identifizieren und in ihrem lokalen Kontext zu betrachten. Mit Hilfe der offenen, axialen und selektiven Kodierung konnten die unterschiedlichen Aspekte der Forschungsfragen nach der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Wahrnehmung von und den Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen analysiert und in Beziehung zueinander gesetzt werden. Die so herausgearbeiteten zentralen Phänomene werden nicht isoliert betrachtet, sondern als Verdichtungen eines – vom empirischen Material abstrahierten – thematischen Netzes. Anhand dieser Verdichtungen kann diskutiert werden, welche Implikationen den Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen vor dem Hintergrund des theoretischen Bezugsrahmens zuzuschreiben sind.
1.4 AUFBAU
DER
ARBEIT
Im Detail ist die Arbeit folgendermaßen aufgebaut. Kapitel 2 beginnt mit einer zusammenfassenden Positionsbestimmung der beiden zentralen theoretisch-analytischen Bezüge, um gemeinsame Perspektiven auf den Staat als erklärungswürdiges Phänomen zu entwickeln, wie es von Michel Foucault und Nicos Poulantzas sowie in an sie anschließenden Arbeiten behandelt wird (siehe 2.1). Hierbei ist jedoch keineswegs die erkenntnistheoretische Differenzierung oder gar Integration beider Ansätze beabsichtigt. Vielmehr nutze ich die beiden Sichtweisen auf den Staat und die ihn hervorbringenden, durchziehenden und transformierenden Praktiken, Strategien und Technologien, um jeweils andere Fragen an das empirische Material zu stellen. Dienen Foucault et al. dazu, die Frage nach dem Wie der Neuordnung städtischer 16 Die in der verwendeten Analysesoftware integrierte Funktion, einzelne Kodierungen – und die damit verbundenen Memos – untereinander zu verknüpfen, ermöglichte es, Beziehungen zwischen einzelnen Kodierungen herauszuarbeiten, um zentrale Phänomene zu identifizieren. Hilfreich war dabei das Visual Tool MAXMaps, mit dem es möglich ist, diese Verbindungen sichtbar zu machen und weiter herauszuarbeiten. Dabei war das sogenannte Code-Theory-Model von Nutzen, da mit diesem die Verbindungen zwischen einem Code, seinen Subcodes und allen verbundenen Memos visualisiert werden können.
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und kommunaler Verwaltungen zu stellen, steht bei Poulantzas et al. die Frage nach dem Warum im Zentrum. Im Anschluss daran arbeite ich von beiden Bezugspunkten zentrale Begrifflichkeiten, Argumentationen und Betrachtungen heraus und stelle diese in den Kontext meines Untersuchungsgegenstands und der an ihn gestellten Fragen (siehe 2.2 & 2.3). Kapitel 3 beinhaltet den ersten empirischen Block. In einer aufarbeitenden analytisch-deskriptiven Darstellung setze ich mich hier mit der Mobilisierung des neuen Verwaltungsverständnisses auseinander. Dies umfasst die Problematisierungen und Rahmenbedingungen, die das Entstehen des NSM prägen und letztlich ermöglicht haben (siehe 3.1). Daran anschließend nehme ich die zentralen Akteur_innen und Akteur_innengruppen in den Blick, die die Mobilisierung neuer Verwaltungssteuerung nach dem NSM vorangetrieben haben (siehe 3.2). Hier stelle ich zugleich auch die zentralen Aspekte der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen vor. In dem Kapitel steht die programmatische Form der Verwaltungsreformen im Fokus, um in dem daran anschließenden Zwischenfazit (siehe 3.3) vor dem Hintergrund des theoretischen Orientierungsrahmens eine eigene Interpretation und Erzählung zu den Reformen zu entwickeln. In diesem Abschnitt arbeite ich heraus, dass die zeit-räumlich und inhaltlich fragmentierte Mobilisierung und Umsetzung den strategischen Charakter der Verwaltungsreformen bestimmt (siehe 3.3.1). Wie gezeigt wird, steht im Zentrum der Mobilisierung die Aktivierung der einzelnen Kommunen und weniger die flächendeckende, homogene Umsetzung einer bestimmten Reformprogrammatik. Begleitet wird diese von einer umfangreichen Produktion von Wissen über die bis Anfang der 1990er Jahre dominierende Verwaltungsstruktur, die identifizierten Herausforderungen und die damit verbundenen Lösungsstrategien und -instrumente. In Form von Gutachten, Wettbewerben, Berichten oder Fachveranstaltungen kommt es zu einer Zirkulation und Proliferation dieses Wissens, wobei festzustellen ist, dass dominierende Akteure (KGSt & Bertelsmann Stiftung) zu identifizieren sind, diese aber nicht die Mobilisierung neuer Verwaltungssteuerung unmittelbar kontrollieren. Vielmehr wird mit Hilfe der Produktion von Wissen ein Handlungsfeld geschaffen, innerhalb dessen die Kommunen selbst tätig werden sollen. Ergebnis dieser Strategie ohne Subjekt ist eine heterogene Reformlandschaft, die unter anderem davon geprägt ist, dass im Schatten der Reformwelle in den 1990er Jahren auch Neuordnungsprozesse zu beobachten sind, die nicht unmittelbar zum Kernbereich des NSM zu zählen sind (siehe 3.3.2). Daran anschließend diskutiere ich, warum und inwieweit es sich bei der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen um einen Neoliberalisierungsprozess handelt (siehe 3.3.3). Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass betriebswirtschaftliche und damit outputorientierte Instrumente und Rationalitäten in den lokalen Verwaltungen eingeführt werden. Allgemein lässt sich feststellen, dass es sich bei den Neuordnungsprozessen zwar nicht um die Abschaffung lokalstaatlicher Daseins-
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vorsorge in Form öffentlicher Verwaltungsstrukturen handelt. Im Kern dieser Neuordnungsprozesse steht allerdings die ständige Befragung administrativen Handelns hinsichtlich Effizienz, Effektivität und daraus abgeleiteter Legitimität. Dieses Moment institutionalisierter Selbstbeschränkung ist sowohl dafür entscheidend, welche Aufgaben als öffentliche anzusehen sind, als auch dafür, wie diese erbracht werden. Abschließend wird die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen als politisches Projekt betrachtet (siehe 3.3.4): In der Reform ist der Versuch zu sehen, über Selbstbegrenzung, Deregulierung und Öffnung gegenüber privatwirtschaftlichen Akteur_innen und Organisationsformen die Erbringung von Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge und das dafür notwendige Verwaltungshandeln an bürgerliche bzw. privatwirtschaftliche Interessen zu binden. Als lokale Faktoren internationaler Wettbewerbsfähigkeit sollen Kommunen und ihre Verwaltungen ihr Handeln dahingehend ausrichten, dass die zur Verfügung stehenden organisatorischen und finanziellen Ressourcen zur Förderung zukunftsweisender Branchen eingesetzt werden. In diesem Abschnitt wird darüber hinaus diskutiert, warum es zur fragmentierten Umsetzung der Verwaltungsreformen gekommen ist. Aufgrund der eigenen Materialität der lokalstaatlichen Verwaltungsapparate und deren Eigenschaft als strategisches Feld kann es nicht zu einer unmittelbaren Artikulation von Interessen kommen. Die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen führt jedoch zu einer potentiellen Multiplizierung von Schnittstellen zwischen lokalstaatlichen Verwaltungsapparaten und privatwirtschaftlichen Akteur_innen – sei dies über Wirtschaftsförderpolitik oder die Nutzung privater Rechtsformen als institutionalisierte Kooperationsformen, die eine eigene Selektivität und Flexibilität aufweisen. Dabei wird deutlich, dass gerade über solche Maßnahmen Städte und Kommunen versuchen, unterschiedliche Ressourcen – qualifiziertes Personal, privates Kapital sowie Flexibilität und Handlungsspielräume – zu akquirieren. Diese Auseinandersetzung bot wiederum den ergänzenden Rahmen für die Analyse und Diskussion der beiden Fallbeispiele in den Kapiteln 4 und 5, bei denen der Fokus neben den lokalen Entwicklungspfaden der Verwaltungsreform auf der Wahrnehmung von und dem Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen liegt. Am Berliner Fallbeispiel kann gezeigt werden, wie die Innen- und Außendimension der Verwaltungsreformen auf spezifische Weise ineinandergreifen und ein Handlungsfeld erzeugen, in dem es zum systematischen Verkauf öffentlichen Liegenschaftsvermögens zu Konsolidierungszwecken kommt. Demgegenüber zeigt die Reform der Frankfurter Binnenverwaltung nur begrenzt vergleichbare Effekte. Hier wird jedoch deutlich, wie private Rechtsformen unter der Beteiligung privatwirtschaftlicher Akteur_innen für die Umsetzung stadtentwicklungspolitischer Ziele genutzt werden. Diese Entwicklung ist weniger von unmittelbaren haushalts- und finanzpolitischen Interessen und Motiven geprägt als dadurch, dass Handlungsformen geschaffen werden, die auf der einen Seite Finanz- und Wissensressourcen mobilisieren sollen und
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auf der anderen Seite Handlungsspielräume jenseits politischer Kontrolle und administrativer Beteiligung schaffen. In Kapitel 6 wird zunächst auf die aktuellen Entwicklungen in beiden Fallbeispielen eingegangen, die aufgrund der Dynamik des empirischen Felds nicht mehr explizit berücksichtigt werden konnten. In beiden Städten ist festzustellen, dass zum einen ein Schwerpunkt auf die Verwaltung bestehender Liegenschaftsbestände gelegt wird und zum anderen Spielräume geschaffen werden, die eine Partizipation zivilgesellschaftlicher Initiativen und Gruppen grundsätzlich ermöglichen soll. Des Weiteren werden in diesem Kapitel die Teilergebnisse zur Mobilisierung neoliberaler Verwaltungssteuerung und den beiden Fallbeispielen zusammenfassend und – soweit es sich anbietet – vergleichend diskutiert. Abschließend stelle ich weiterführende Fragestellungen vor, die aus den erzielten Ergebnissen resultieren und benenne weitere mögliche Forschungsvorhaben. Dies beinhaltet auch eine Reflexion darüber, welche Aspekte nicht ausreichend Berücksichtigung gefunden haben und welche methodischkonzeptionellen Anpassungen für eine bessere Operationalisierung, Datenerhebung und Analyse erfolgsversprechend sein könnten.
2. Theoretischer Bezugsrahmen »Ich habe keine allgemeine Theorie und auch kein sicheres Instrument. Ich taste mich voran und fabriziere nach besten Kräften Instrumente, die Objekte sichtbar machen sollen. Ein wenig sind die Objekte durch die guten oder schlechten Instrumente bestimmt, die ich fabriziere.« (FOUCAULT 2003 [1977]: 521f)
Im Folgenden wird ein theoretischer Rahmen aufgespannt, der den Gegenstand der städtischen und kommunalen Verwaltungen sowie die verändernden Prozesse und Dynamiken auf eine bestimmte Art und Weise beschreib- und sichtbar machen soll. Damit einher geht auch die methodische Implikation, dass ich mich als forschendes, fragendes, analysierendes und damit produzierendes Subjekt in meinem Forschungsfeld platziere. Es ist nicht meine Intention mit Hilfe dieses theoretischen Bezugsrahmens die Geschichte der Modernisierung kommunaler und städtischer Verwaltungen zu erzählen, sondern eine spezifische und von den entwickelten Instrumenten dementsprechend abhängige Version. Der theoretische Bezugsrahmen ermöglicht es somit, eine spezifische Perspektive auf die Prozesse zu entwickeln, die unter dem Begriff der »Verwaltungsmodernisierung« seit den späten 1980er Jahren in den deutschen Städten und Kommunen zu beobachten sind und die ich als Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen begrifflich zusammenfasse. Diese begriffliche Abgrenzung ist geboten, um der dem Begriff der Modernisierung inhärenten Fortschrittsperspektive entgegenzutreten. Die in diesem Kapitel entwickelte Perspektive orientiert sich dezidiert nicht an den reformimmanenten normativen Zielen und an der Frage, ob oder inwieweit diese umgesetzt werden. Vielmehr wird hier ein Rahmen entwickelt, der die Neuordnung des lokalstaatlichen politisch-administrativen Gefüges aus Institutionen, Verfahrensweisen und Praktiken betracht- und analysierbar macht.
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Um mich dem Untersuchungsgegenstand städtischer und kommunaler Verwaltungen, deren Neuordnungsprozessen sowie den daraus resultierenden Konsequenzen für die Wahrnehmung von und den Umgang mit öffentlichen Liegenschaften zu nähern, dienen mir als konzeptionelle Bezugspunkte die Arbeiten Michel Foucaults und Nicos Poulantzas’ sowie daran jeweils anschließende Auseinandersetzungen. Die beiden theoretischen Bezugspunkte erfüllen unterschiedliche Aufgaben und es ist nicht beabsichtigt, einen integrierten Ansatz oder eine allgemeine Theorie zu entwickeln. Dennoch ist zu zeigen, dass beide mit dem Staat als erklärungswürdiges Phänomen einen gemeinsamen Fluchtpunkt aufweisen (siehe 2.1). Während mir die maßgeblich von Michel Foucault geprägte Auseinandersetzung mit dem Begriff der Gouvernementalität als analytisches Werkzeug dient, bietet das von Poulantzas geprägte Verständnis vom Staat als Ausdruck politischer Herrschaft den Rahmen einer staats- und herrschaftstheoretischen Reflektion der Analyseergebnisse. Der unterschiedliche Stellenwert resultiert aus den unterschiedlichen Fragen oder Frageperspektiven, die mit den beiden Ansätzen jeweils verbunden sind. Der Diskussion Foucaults um den Staat als Ausdruck einer spezifischen Form der Machtausübung in Form der Regierung liegt primär die Frage zugrunde, wie es zum Entstehen des Staats als von der Gesellschaft getrennt erscheinendes Ensemble aus Strategien, Technologien und Praktiken der Machtausübung kommt (vgl. Foucault 2005 [1982]: 281ff). Den modernen kapitalistischen Staat in Anschluss an Poulantzas als Ausdruck politischer Herrschaft der Bourgeoisie und ihrer Fraktionen zu analysieren, dreht sich um die Frage, warum es den Staat gibt (vgl. Jessop 2005: 42). Verbunden sind beide Denkrichtungen durch ein dynamisches Staatsverständnis, das den Staat nicht als gegebenes, homogenes und autonomes Ganzes begreift, sondern davon ausgeht, dass die ihn durchziehenden gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse und Machtbeziehungen beständige Verwerfungen und Transzendierungen bedingen. Mit Foucault lässt sich zeigen, wie mit Hilfe umfassender und kontinuierlicher Wissensproduktion in Form von Problematisierungen und Lösungsangeboten die bis in die 1990er Jahre hinein existierende Verwaltungsstruktur delegitimiert wird. Ein neues, privatwirtschaftlich geprägtes Verwaltungsverständnis wird mobilisiert, in dessen Zentrum die aktive, eigenverantwortlich und effizient handelnde Verwaltung steht. Mit Poulantzas lässt sich die Frage beantworten, welche Veränderungen die Materialisierung der Reformen für den lokalen Staat als strategisches Feld der Interessensartikulation und -durchsetzung zur Folge hat, indem betriebswirtschaftliche Instrumente der Verwaltungsführung in der administrativen Binnenstruktur eingeführt und mittels (öffentlich-)privater Gesellschaften lokalstaatliche Handlungsfelder strategisch erschlossen werden. Als erster konzeptioneller Bezugspunkt ermöglichen mir die zentralen Argumentationen, Denkfiguren und Analyseperspektiven der Studies of Gouvernmentality, die Modernisierung städtischer und kommunaler Verwaltungen über deren eigenlogische
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Grenzen hinaus zu konzeptualisieren und zu analysieren. Dabei hilft Foucaults Perspektive auf den Staat als dynamischen Gegenstand (siehe 2.2.1), um zu zeigen, in welcher Hinsicht dieser als Untersuchungsgegenstand einer gouvernementalitätstheoretischen Analyse zugänglich gemacht werden kann. Die Perspektive auf den Staat als Effekt von Regierung und als spezifische Form der Machtausübung ermöglicht es, Verwaltungsmodernisierung als einen allgemeineren Prozess der Neuordnung städtischer Verwaltungen zu begreifen (siehe 2.2.2). Mit dieser Begrifflichkeit grenze ich mich gegenüber anwendungs- und implementationsorientierten Auseinandersetzungen mit der Verwaltungsmodernisierung ab, die die verwaltungswissenschaftliche Forschung dominieren (siehe dazu 1.1 & 3.2.3). In meiner Auseinandersetzung mit den Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen begreife ich diese als Macht/Wissen-Komplex (siehe 2.2.3), der den lokalstaatlichen Verwaltungsapparat überhaupt erst als Handlungsfeld und zu reformierende staatsräumliche Maßstabsebene konstituiert. Ausgehend von dieser konzeptionellen Aufschlüsselung liegt der Fokus der Analyse – sowohl bei Mobilisierung neuer Verwaltungssteuerung und -praxis (siehe 3) als auch bei den beiden Fallbeispielen Berlin und Frankfurt am Main (siehe 4 & 5) – auf dem strategischen Charakter der Reformen und den damit verbundenen Praktiken und Technologien der Machtausübung (siehe 2.2.4), welche die Neuordnungsprozesse charakterisieren. Der zweite konzeptionelle Bezugspunkt – die historisch-materialistische Staatstheorie in Anschluss an Nicos Poulantzas – dient nicht als analytisches Instrumentarium, sondern als herrschaftstheoretischer Reflektionsrahmen. Hierbei zeige ich im einleitenden Teil, inwiefern unter den Neuordnungen städtischer Verwaltungen ein neoliberales politisches Projekt zu verstehen ist (siehe 2.3). Daran anschließend beschäftige ich mich mit der Relationalität staatlichen Handelns und dem Staat als Form politischer Herrschaft (siehe 2.3.1). Dabei wird die Trennung des Staats von der Gesellschaft als konstitutiver Ausdruck politischer Herrschaft verstanden und von einem Staatsverständnis unterschieden, das den Staat als Instrument oder Subjekt betrachtet. Die damit beschriebene bedingte formale Trennung des Staats ist von einer raumzeitlich spezifischen strategischen Selektivität geprägt, die beeinflusst, welche gesellschaftlichen Klassen sich wie und mit welchen Strategien und Mitteln gegenüber dem Staat und durch den Staat artikulieren können (siehe 2.3.2). Da sich im Staat die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse und Kämpfe nicht unmittelbar artikulieren, ist vom Staat auch als strategisches Feld für die Artikulation von Interessen und Politiken zu sprechen. Den Staat als Wissensapparat zu begreifen, weist ihm eine zentrale Rolle bei der Ermöglichung und Herstellung eines Allgemeinwillens bzw. -interesses zu (siehe 2.3.3). Da sich mein Untersuchungsinteresse auf die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen bezieht, wird dieser Abschnitt mit einem Unterkapitel über die Transformation des lokalen Staats als staatsräumliche Maßstabsebene abgeschlossen (siehe 2.3.4), in dem es zu klären gilt, inwieweit und in welcher Art und Weise von lokaler Staatlichkeit zu sprechen ist.
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In den folgenden Kapiteln führe ich in das grundlegende Denken und die Analyseperspektiven der beiden Ansätze auf den Staat als Untersuchungsgegenstand ein, die den Kontext meiner Auseinandersetzung mit dem empirischen Material darstellen. Damit entwickele ich einen gegenstandsbezogenen theoretischen Bezugsrahmen, der eine spezifische Sprache und Werkzeuge bereitstellt, um die Prozesse, Gegenstände und Phänomene dessen, was ich als Neuordnungen städtischer Verwaltungen zusammenfasse, beschreib-, analysier- und diskutierbar zu machen.
2.1 F OUCAULT UND P OULANTZAS – E INE P OSITIONSBESTIMMUNG 1 In den folgenden Ausführungen zeige ich, dass es sich beim Verständnis des Staats als erklärungswürdiges Phänomen – dessen Existenz nicht vorausgesetzt werden kann – trotz aller Unterschiede, die begrifflich oder erkenntnistheoretisch zwischen den beiden Theoretisierungen gesehen werden können,2 um einen gemeinsamen Fluchtpunkt handelt: Poulantzas betrachtet den Staat als spezifische Form politischer 1
Zwar waren Michel Foucault und Nicos Poulantzas im Jahr 1968 für kurze Zeit beide an der Reformuniversität Paris VIII Vincennes-Saint-Denis, jedoch kann biographisch nicht geklärt werden, inwieweit auch persönlicher Kontakt bestand. Ein gemeinsamer Bezugspunkt in ihrem Arbeiten ist in Bezug auf die Arbeiten von Karl Marx und den Marxismus zu sehen. Während Nicos Poulantzas das Projekt verfolgt eine marxistische Theorie des Staates zu verfassen, um damit den nach 1968 in die Krise geratenen Marxismus »zu retten« bzw. zu erneuern, distanziert sich Foucault vom Marxismus als wissenschaftlicher Lehre (vgl. Jessop 2005: 1ff). Etienne Balibar (1991) zeigt jedoch, dass in Foucaults Arbeiten ein beständiges Abarbeiten am Marxismus stattfindet. Foucault selbst beschreibt sein Verhältnis gegenüber Marx mit folgender Analogie: »Verspürt denn ein Physiker das Bedürfnis, Newton oder Einstein ausdrücklich zu zitieren? Er verwendet sie einfach und braucht keine Anführungszeichen, keine Fußnote und keine Lobrede, die seine Treue gegenüber dem Denken des Meisters unter Beweis stellt.« (Foucault 1976: 46) Die expliziteste Bezugnahme von Poulantzas auf Foucault ist seine Auseinandersetzung mit Foucaults Machtbegriff und Machtanalytik (vgl. Demirović et al. 2002; Lindner 2006: 157; Poulantzas 2002: 64ff). Diese Einseitigkeit in der Rezeption hat zur Folge, dass das Verhältnis beider Arbeiten in erster Linie entlang der kritischen Rezeption Poulantzas’ befragt werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Poulantzas keine unmittelbaren Anleihen bei Foucault nahm, sondern diese immer modifizierte, um sie in seine Arbeit zu integrieren (vgl. Jessop 2005: 11).
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Über Gemeinsamkeiten und Konvergenzen hinaus formulierte Poulantzas eine explizite Kritik an Foucault, auf die hier nicht weiter eingegangen wird (vgl. Adolphs 2008: 192; Adolphs/Karakayali 2010: 162; Jessop 2005: 18ff; Lindner 2006: 155ff).
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Herrschaft im Kapitalismus; Foucault stellt den Nexus aus Regierungsweisen des Selbst und der anderen in den Vordergrund und sieht im Staat deren Effekt und zentralen Bezugspunkt. Damit begründe ich, warum die beiden Perspektiven ein geeignetes konzeptionelles Verständnis des Staats bereitstellen, in dessen Rahmen ich die Neuordnung städtischer Verwaltungen analysiere, deren Gegenstand wiederum die innere und äußere Verfasstheit des lokalstaatlichen Verwaltungsapparates ist. Adolphs/Karakayali (2010: 155) argumentieren, dass Poulantzas’ Analyse des kapitalistischen Staats und Foucaults Auseinandersetzung mit der Machtform der Regierung eine Reihe verwandter Elemente aufweisen. So zeichnen sich beide durch einen gewissen Anti-Institutionalismus aus, verweigern sich funktionalen Analysen zugunsten der Betrachtung von Strategien und Taktiken in ihrem historischen Kontext und begreifen den Staat nicht als gegebenes homogenes institutionelles Ensemble. Im Zentrum der Auseinandersetzung stehen stattdessen die Entstehungsbedingungen und das den Staat hervorbringende soziale Handeln. Des Weiteren wählt Poulantzas in seiner Betrachtung der dem Staat zugehörigen Wissenspraktiken eine zum Teil explizit an Foucault orientierte (kritische) Perspektive, wie er sie in seiner Analyse von in Dispositiven und Machttechnologien organisiertem Macht/Wissen formuliert (vgl. ebd.: 152f). Für beide nehmen Wissenspraktiken bzw. wissensbasierte Machttechnologien eine entscheidende Rolle ein, um den Staat einerseits »von seinem Konstitutionsprozess in den sozialen und politischen Auseinandersetzungen her« (Demirović 1990: 24; zit. n. Adolphs 2008: 188) zu denken und im Staat »ein von vielfältigen und widersprüchlichen über ihn hinausgehenden Machtbeziehungen durchzogenes Terrain« zu sehen, »auf dem mit Hilfe von verschiedenen Machttechnologien, Steuerungs- und Kontrollverfahren eine asymmetrische aber gleichwohl konsensuale gesellschaftliche Regulation […] erzielt wird« (ebd.). Als wichtiges Verbindungsglied sieht Lindner dabei Poulantzas’ Verständnis vom Staat als strategisches Feld und Foucaults handlungs- und politiktheoretisches Verständnis von Strategie (vgl. Lindner 2006: 165ff; siehe auch 2.4.4 & 2.5.2). Auf dem Terrain des Staats entstehen in Folge einer Vielzahl heterogener und potentiell konfligierender intentionaler Handlungen anonyme Strategien, die als Verdichtungen die Materialität des Staats ausmachen (vgl. ebd.: 166). Außerdem begreift Foucault Politik als eine globale Strategie, die das Ziel verfolgt, Kräfteverhältnisse zu koordinieren und zu stabilisieren und in dieser Funktion Ausdruck der politisch herrschenden bzw. hegemonialen Klasse oder Fraktion und ihrer Interessen ist (vgl. ebd.: 165f). Lindner resümiert, dass Foucaults Formulierung, den Staat als beweglichen Effekt von mehreren Gouvernementalitäten zu begreifen, mit Poulantzas um die Feststellung ergänzt werden muss, »dass politische Auseinandersetzungen innerhalb des Staates keineswegs auf neutralem Terrain stattfinden, dass vielmehr die dem Streit zugrundeliegenden Akteursinteressen durch den Staat in herrschaftlicher Weise formiert werden« (ebd.: 167).
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Historisch-materialistische Perspektiven auf den Staat sehen seine formale Trennung von der Gesellschaft als konstitutiv für die kapitalistische Produktionsweise an. Es handelt sich beim Staat nicht um ein äußerliches Strukturmerkmal, sondern um eine spezifische Art und Weise der Ausübung von politischer Herrschaft der Bourgeoisie bzw. einer Klassenfraktion. In der materialistischen Staatstheorie wird in dieser Trennung die Voraussetzung dafür gesehen, um in und durch den Staat klassenspezifische Interessen als Allgemeininteresse zu formieren und zu artikulieren. Der Staat wird somit als der Garant des Allgemeininteresses und eines vermeintlichen Allgemeinwohls wahrnehmbar (vgl. Poulantzas 2002 [1978]: 85; Brand 2013: 433f). Vom Staat als Terrain der Formulierung und Artikulation eines Allgemeininteresses bei Poulantzas kann eine Verbindungslinie zu Foucaults Ausführungen über die Säkularisierung der Pastoralmacht (siehe Fn. 5 [39]) als wesensbestimmende Entwicklung für die Entstehung modernder Staatlichkeit gezogen werden. Als Anknüpfungspunkt ist hierbei die Bestimmung und Gewährung des Allgemeinwohls zu sehen, als dessen Garant der Staat bei Poulantzas benannt wird. Nach Foucault orientiert sich die Pastoralmacht an der Figur des Hirten, der sich um das Heil seiner Herde und jedes einzelnen Schafes kümmern muss, während der Pastor wiederum für das (Seelen-)Heil seiner Gemeinde und jedes einzelnen Mitglieds zu sorgen hat (vgl. Foucault 2005 [1981]: 168ff). Foucault sieht im Staat das Auftauchen eines »neuen Typus politischer Macht« (1980: 107) und ein »souveränes Subjekt, das die Funktion der Allgemeinheit hat, und ein Objekt der Erkenntnis, das von allen als immer schon daseiend zu erkennen ist« (ebd.: 108). Der Bezugspunkt des modernen Staates ist die Bevölkerung, was nach Foucault eine qualitative Neuerung für die Ausübung von Macht in Form der Regierung darstellt. Für die Regierung der Bevölkerung ist wiederum das Wissen über deren innere Regeln und Gesetzmäßigkeiten notwendig – das sog. Staatswissen bzw. die Statistik (vgl. Foucault 2005 [1981]: 188). Legitimes Regieren soll entlang dieser Regeln gestaltet werden, womit eine Selbstbegrenzung des Regierungshandelns verbunden ist. Die Produktion von Wissen ist damit die Voraussetzung, um ein soziales Gefüge – bspw. die gesamte Bevölkerung eines Nationalstaats oder die Mitarbeiter_innen und Führungskräfte städtischer und kommunaler Verwaltungen – regierbar zu machen. Das statistische Wissen erfüllt dabei nicht nur die Funktion, das Regieren zu legitimieren, sondern lässt den Staat auch als etwas erscheinen, das anhand des Wissens über alle Entscheidungen für die Allgemeinheit trifft. Hierbei wird die Verbindung aus der Ausübung von Macht und der Produktion von Wissen deutlich. Dieses Macht/Wissen ist zentraler Aspekt von Foucaults Arbeiten (Adolphs 2008; Foucault 1980 [1977], 2003 [1977]). Foucault arbeitet sich an Universalien ab, die als (immer schon) existierend angenommen sind und fragt hinsichtlich der Regierungspraxis, »wie sie sich darstellt, aber zugleich wie sie sich reflektiert und sich rationalisiert, um von da aus zu sehen, wie sich bestimmte Dinge wirklich konstituieren können« (Foucault 2006b: 14ff).
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Noch näher rücken beide Perspektiven aneinander, wenn man bedenkt, dass Foucault Herrschaft erstens als »globale Machtstruktur« beschreibt, die sich bis in die kleinsten Teile der Gesellschaft einschreibt, und zweitens als eine »strategische Situation«, die sich über lange Zeit herausgebildet und verfestigt hat (vgl. Foucault 2005 [1982]: 293). Beim Staat handelt es sich hierbei also jeweils nicht um eine in aller Ursprünglichkeit existierende Entität, sondern um einen von gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen hervorgebrachten und durchzogenen beweglichen Effekt – inkl. der daraus resultierenden Frakturen und Widersprüchlichkeiten. Analog beschreibt Poulantzas den Staat als Verdichtung von Kräfteverhältnissen. Ausgehend von Foucaults Annahme, dass die Bestimmung des Heils – bzw. in anderen Worten eines raumzeitlich spezifischen Allgemeininteresses – keine historische Konstante darstellt, stellt sich die Frage, wie dieses dann in seiner konkreten zeit-räumlichen Konfiguration bestimmt wird. Hier wiederum sehe ich in den Ausführungen von und in Anschluss an Nicos Poulantzas eine produktive Ergänzung: Der stetig andauernde Prozess der Herstellung eines Allgemeininteresses in Form von Hegemonie verweist auf den Staat als Wissensapparat (vgl. Demirović 1990; Stützle 2006) und als strategisches Feld (vgl. Demirović 2007 [1987]: 118; Jessop 1990: 9f; Lemke 2007b: 50ff). Eine Schnittstelle zwischen den Perspektiven von Poulantzas und Foucault besteht auch im Zusammenhang zwischen der Produktion, Sanktionierung und Verbreitung von Wissen und der Ausübung von Macht sowie in der damit verbundenen Herstellung dessen, was als Allgemeinwohl oder als Allgemeininteresse anzusehen ist. Poulantzas stellt fest, dass es im Staat und durch den Staat zu der Formulierung eines vermeintlichen Allgemeininteresses durch die herrschenden Klassen kommt. Foucault sieht im Staat die Verkörperung der Allgemeinheit zur Regierung der Einzelnen. In beiden Fällen wird im Staat eine spezifische Form der politischen Herrschaft (Poulantzas) bzw. der politischen Machtausübung (Foucault) gesehen. Es lassen sich nach Stephan Adolphs (2008: 197f) weitere Verbindungslinien ziehen: Sowohl Poulantzas als auch Foucaults Verständnis vom Staat basierten auf der Annahme, dass dieser das Resultat heterogener Machttechnologien und Wissensformen sei – Poulantzas begründe diese in letzter Instanz über die kapitalistischen Produktionsverhältnisse, während Foucault seinen Schwerpunkt auf Machtverhältnisse und deren Mikrophysik legt. Jessop beschreibt das Verhältnis ähnlich, wenn er feststellt, »dass Foucault an der Beweglichkeit der ›Elemente‹ in einer polyvalenten und instabilen Reihung von Mikroverhältnissen der Macht ansetzte, wohingegen Poulantzas die Fixiertheit der ›Momente‹ einer klassenbasierten Arbeitsteilung zu seinem Ausgangspunkt wählte« (Jessop 2005: 37). Betrachte man beide zusammen, ließen sich die gesellschaftlichen Verhältnisse als Effekt sozioökonomischer Praktiken verstehen, die mittels Machtpraktiken und -technologien reguliert werden und sich im Staat als – eine mögliche – institutionelle Form von Herrschaft verdichten (vgl. Adolphs 2008: 198). Thomas Lemke sieht in
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der Kombination beider theoretischer Konzeptionen des Staats die Möglichkeit einer Erneuerung materialistischer Staatskonzepte.3 Dafür müsse »die Analyse von Staatlichkeit […] die realitätskonstituierende Bedeutung von Diskursen, Narrativen, Wissenssystemen auf der einen und praktischer Verfahren, Instrumente und Programme auf der anderen Seite einbeziehen« (2007a: 50). Bezogen auf meine Untersuchung der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen lässt sich feststellen, dass es zu einer Neubestimmung des lokalstaatlichen Handlungsfelds kommt, bei dem die Produktion von Wissen über städtische und kommunale Verwaltungen als staatsräumliche Maßstabsebene und über Verwaltungshandeln eine zentrale Bedeutung einnimmt. Das über die und in den Verwaltungen produzierte Wissen ist nicht als neutral oder beschreibend anzusehen, sondern ist Teil eines komplexen, heterogenen und umkämpften Konstitutionsprozesses einer unternehmerisch verfassten lokalen Staatlichkeit, die ich als die Verwaltung der unternehmerischen Stadt zusammenfasse. Dieses Wissen schreibt sich in produktiver Art und Weise in die Materialität des lokalen Staates ein und verändert damit die Bedingungen und Strategien, unter und mit denen auf dem Terrain des Staates als Wissensapparat und strategisches Feld um die Ausformulierung eines Allgemeinwohls bzw. -interesses gerungen wird.
2.2 D IE G ESCHICHTE DER G OUVERNEMENTALITÄT DER S TAAT ALS E FFEKT VON R EGIERUNG
UND
Die von Michel Foucault vor allem in seinen Vorlesungen zur Geschichte der Gouvernementalität (2006a, 2006b) formulierte Sichtweise auf den Staat als spezifischer Machteffekt bietet mir für diese Arbeit einen analytischen Rahmen, mit dessen Hilfe ich die Mobilisierung des Neuen Steuerungsmodells (NSM) in den deutschen Städten und Kommunen zu Beginn der 1990er Jahre betrachte (siehe 3.). Dabei steht nicht die Frage im Vordergrund, ob die Reformen innerhalb ihrer eigenen Logik erfolgreich oder gescheitert sind. Erst das Hinausgehen über die technokratische Eigenlogik der betriebswirtschaftlichen Rationalisierung von Verwaltungsorganisation und handeln ermöglicht eine stadtgeographische, staats- und gesellschaftstheoretische Einbettung der Auseinandersetzung.
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Davon erhofft sich Lemke eine Vertiefung der Auseinandersetzung mit Staatlichkeit, die – über Klassenkonflikte oder Geschlechterverhältnisse hinaus – Konstitutionsprozesse von Subjekten berücksichtigt. Damit kritisiert er den auch in Poulantzas’ Arbeiten zu findenden Klassenreduktionismus, der mithilfe Foucaults integrierter Betrachtung von Individualisierungs- und Institutionalisierungsprozessen überwunden werden könne (vgl. 2007a: 55).
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Mit unterschiedlichen Formen der Wissensproduktion über Verwaltungsorganisation und -handeln wird die Wissensordnung eines betriebswirtschaftlichen Verwaltungsverständnisses hergestellt und mobilisiert. Das Bild einer modernen bzw. modernisierten Verwaltung bildet einen Macht/Wissen-Komplex, der handlungsleitenden Charakter hat und zu einer dezentralen bzw. multilokalen Verdichtung eines unternehmerischen Verwaltungsverständnisses führt. Es handelt sich um einen zeiträumlich fragmentierten Prozess, in dessen Zentrum nicht die lineare Umsetzung eines in sich geschlossenen Modells steht, sondern die Aktivierung der im Sinne eines Fortschritts- und Modernisierungsdenkens (eigen-)verantwortlich handelnden Kommunen. Die an Foucault angelehnte Perspektive ermöglicht zu analysieren, wie mit Hilfe betriebswirtschaftlicher Instrumente und des mit ihnen produzierten Wissens die Aktivierung von Verwaltungsmitarbeiter_innen erfolgt und in einem ständigen Prozess Art und Umfang von Verwaltungshandeln und öffentlichem Liegenschaftseigentum wie auch öffentliche Liegenschaftsnutzung einer kostenorientierten Bewertung unterzogen werden. Sowohl auf der Ebene der Mobilisierung der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen als auch auf der Ebene der beiden Fallbeispiele bewirkt die Herstellung von Relationalität und Vergleichbarkeit von Verwaltungshandeln über die Ermittlung von Kosten- und Leistungszahlen einen Normalisierungseffekt, was Umfang und Art und Weise öffentlichen Verwaltungshandelns angeht. Das produzierte Wissen dient dabei als Basis für die künstliche und aktive Herstellung von markt- und wettbewerbsähnlichen Formen der (Selbst-)Regulierung. Mit der Verwaltungsreform ist das Ziel verbunden, mittels des Wissens über die Gesetzmäßigkeiten der öffentlichen Verwaltung ein System zur Unterscheidung zwischen richtigem und falschem bzw. legitimem und illegitimem Verwaltungshandeln zu implementieren. Diese Synchronisierung des Verwaltungshandelns mit marktwirtschaftlichen Prinzipien ist als selbstbegrenzendes Prinzip zu beschreiben. Die Einführung von Wettbewerbs- und Marktsurrogaten subsumiert Verwaltungshandeln und die Wahrnehmung von und den Umgang mit Liegenschaften im öffentlichen Eigentum unter einer quasi-marktlichen Rationalität. Diese soll als regulatives Prinzip das traditionelle Verwaltungsmodell überwinden, dem Bürokratisierung, Unwirtschaftlichkeit und Übermaß zugeschrieben wird. Am Beispiel von Liegenschaftspolitik und -verwaltung lässt sich mit Hilfe der Foucault’schen Brille erkennen, dass politische Aushandlungsprozesse zwar nicht durch betriebswirtschaftliche Kalkulationen und Bilanzierungen ersetzt, so aber doch von diesen dominiert oder mittels der Auslagerung von Verwaltungshandeln in Form organisatorischer Privatisierungen umgangen werden. Im Folgenden gehe ich zunächst auf den Staat als Gegenstand gouvernementaler Analysen ein und veranschauliche, in welcher Hinsicht das politisch-administrative Gerüst des Staates nicht nur analysiert werden kann, sondern auch sollte (siehe 2.2.1).
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Im darauffolgenden Abschnitt zeige ich, dass der Staat das dynamische Ergebnis einer spezifischen Form der Machtausübung in Form der Regierung darstellt (siehe 2.2.2). Dabei besteht ein wechselseitig konstitutiver Zusammenhang zwischen staatlichem Handeln und der Produktion von Wissen: Durch die Produktion von Wissen über die öffentliche Verwaltung und deren inneren Gesetze und Funktionsweisen werden diese zum Bezugspunkt von Machtausübung (siehe 2.2.3). Abschließend lege ich dar, wie eine Dezentrierung der Analyseperspektive auf die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen erlangt werden kann, um eine Diskussion über ihre institutionellen und funktionalen Grenzen hinaus zu ermöglichen (siehe 2.2.4). 2.2.1 Der Staat als Gegenstand gouvernementaler Analysen Manchen Rezeptionslinien von Foucaults Arbeiten liegt eine Tendenz zur Negierung jeder Form von Staatlichkeit zugrunde (vgl. stellv. Burchell et al. 1991). Das kritisieren unter anderen Thomas Lemke (1997, 2000) und Bob Jessop (2011a, 2011b), die Foucaults Beitrag gerade darin sehen, das Verständnis politischer Macht vom Staat zu lösen, um diesen wiederum in einem komplexen Feld von nicht auf ihn begrenzten Kräfteverhältnissen zu analysieren (vgl. Lemke 2000: 40f). Diese Loslösung vom Staat als Zentrum politischer Macht verleitet demnach dazu, Machtverhältnisse vorwiegend oder gar ausschließlich jenseits des Staates zu untersuchen. Jessop hält es hingegen für notwendig, »Gouvernementalität wieder in Beziehung zur Rolle des Staates zu setzen«, um ihm »als einem der wichtigen Orte der institutionellen Integration von Machtverhältnissen« gerecht zu werden (2011b: 52). Mit Thomas Lemke lässt sich ergänzen, dass die Unterbewertung des Staates »nicht nur systematisch die strategische Bedeutung staatlicher Organisations- und Regulierungsformen [verkennt], sondern zudem mit einem Begriff des Staates [operiert], der diesen auf eine institutionell-rechtliche Struktur beschränkt« (2000: 41). Mit der Analyse der Neuordnung städtischer Verwaltungen grenze ich mich dezidiert gegen eine solche reduktionistische Konzeptualisierung von Staatlichkeit ab. Die Verwaltungsreformen in den deutschen Städten und Kommunen können nicht auf deren institutionell-rechtliche Bedeutung und Funktionsweise beschränkt begriffen werden, vielmehr sind auch die sie konstituierenden Praktiken, Strategien und Technologien der Machtausübung in Bezug auf und durch den Staat in den Blick zu nehmen. Michel Foucault entwickelt im Rahmen seiner Auseinandersetzung mit der CoKonstitution von moderner Staatlichkeit und modernem Subjekt die Unterscheidung eines engen und eines weiten Verständnisses von Regierung. Ersteres bezieht sich auf die Ausübung politischer Macht durch bspw. die gewählte Regierung eines Staats. Der von ihm herausgestellte weite Regierungsbegriff hingegen erweitert die Ausübung von Regierungsmacht auf soziales Leben in Gänze und hat die Führung
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der Bevölkerung und des einzelnen Individuums zum Gegenstand. Diese Ausweitung des Regierungsbegriffs über den Staat hinaus darf jedoch nicht zur Folge haben, politisch-administrative Systeme als möglichen Untersuchungsgegenstand auszuschließen. Der Staat bzw. staatliche Institutionen können also nicht als (alleiniger) Ausgangspunkt politischen Handelns begriffen werden, sondern als das Ergebnis spezifischer »tactics of government, as a dynamic form and historic stabilization of societal power relations« (Lemke 2002: 58).4 Dieses Verständnis verweist auf den Umstand, dass »Universalien« – als was der Staat in Foucaults Augen zu sehen ist – nicht schon immer existiert haben, aber dennoch wirklich sind (vgl. 2006b: 13). Folglich begreift Foucault den Staat als Universalie in dem Sinne, dass es sich bei ihm um die »Gesamttechnologie der Regierung der Menschen« (Foucault 2006a: 181, Fn.) handelt. Diesem Verständnis nach sind die Grenzen des Staats ständigen Verwerfungsprozessen unterworfen und werden ständig neu gezogen. Eine gouvernementalitätstheoretisch inspirierte Analyse ist sensibel dafür, dass die Neuziehung der Grenzen »between state and society, politics and economy does not function as a foundation or a borderline but as element and effect of specific neoliberal technologies of government« (Lemke 2002: 59, e. H.). Die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltung verhandle ich in meiner empirischen Auseinandersetzung als ebensolche neoliberalen Technologien des Regierens, deren Gegenstand die Transformation der lokalstaatlichen Maßstabsebene ist. Die Neubestimmung der Grenzen staatlichen Handelns ist nach Foucault bereits im Liberalismus enthalten, den er als Regierungstechnologie bezeichnet, »die ihre eigene Begrenzung zum Ziel hat, insofern sie sich an der Besonderheit der Wirtschaftsprozesse ausrichtet« (Foucault 2006b: 407). Neoliberalismus als Regierungstechnologie greift diese Tendenz der Selbstbegrenzung auf, in dem zur dominierenden Grundlage bzw. Wissensform staatlichen Handelns die politische Ökonomie erhoben wird (vgl. Foucault 2006a: 158, 2006b: 30ff). Foucault definiert diese als »eine Art von allgemeiner Reflexion auf die Organisation, die Verteilung und die Begrenzung der Macht in einer Gesellschaft« (Foucault 2006b: 28). Die Selbstbegrenzung neoliberalen Regierens ist darin zu sehen, dass diese nicht ausschließlich oder in erster Linie im rechtlichen Sinne legitim zu sein hat, sondern nicht gegen die festzustellenden Gesetzmäßigkeiten – die eigene Ökonomie – des zu Regierenden verstoßen
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Wegen des dynamischen Charakters des Staates sieht Foucault in ihm eine sogenannte Transaktionsrealität, die »gerade im Spiel sowohl der Machtverhältnisse als auch dessen [entsteht], was diesen Verhältnissen entgeht, also gewissermaßen an der Schnittstelle der Regierenden und der Regierten« (2006b: 407). Den Staat als Transaktionsrealität zu begreifen bedeutet auch, ihn als »ein soziales Verhältnis und eine Praxisform« (Lemke 2007a: 52) zu sehen.
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darf: »Eine Regierung weiß nie genug, so daß sie Gefahr läuft, stets zuviel zu regieren, oder auch: Eine Regierung weiß nie gut genug, wie man gerade ausreichend regieren soll« (ebd.: 34). Die Gefahr des nicht (hinreichend) vorhandenen Wissens des Staats – bspw. über Personaleinsatz, Ressourcenverbrauch oder Effektivität in Verwaltungsstrukturen – verweist auf das reziprok konstitutive Verhältnis zwischen Macht und Wissen (siehe 2.2.3), das Gegenstand vieler Arbeiten Foucaults Arbeiten ist. Das Prinzip der Selbstbegrenzung erfährt eine Ausweitung als (selbst-)regulatives Prinzip nicht nur einer vor Interventionen zu schützenden und nach eigenen Gesetzmäßigkeiten funktionierenden ökonomischen Sphäre, sondern auch politisch-administrativen Handelns selbst. Darin ist der Einsatz des neuen Liberalismus zu sehen, dem zufolge staatliches – und damit auch administratives – Handeln grundsätzlich entlang ökonomischer Gesetzmäßigkeiten organisiert sein muss, um als legitim zu gelten. Auf diese Weise ist es möglich nachzuzeichnen, wie die öffentliche Verwaltung über die Produktion eines umfangreichen Wissensregimes als Regierbares erst hergestellt wird. Vor diesem Hintergrund begreife ich die Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen nicht als ein externes Einwirken auf eine bestehende Struktur des Staates. Vielmehr ist darin ein Set aus Praktiken, Strategien und Technologien zu sehen, deren Effekt in der Neubestimmung dessen besteht, was als Staat und was als Nicht-Staat angesehen wird und wie staatliche Aufgaben zu erbringen sind. Als anschauliches Beispiel ist hier die Aufgabenkritik zu nennen, die einen zentralen Stellenwert im Kontext der Verwaltungsreform einnimmt. Mit Hilfe der betriebswirtschaftlichen Abbildung von Verwaltungsleistungen sollen diese mit dem freien Markt vergleichbar gemacht werden, was wiederum dazu dient, die Ausgliederung und Privatisierung öffentlicher Aufgaben zu legitimieren. Es wird mit Hilfe betriebswirtschaftlicher Verwaltungssteuerung ein Wissen über Verwaltungshandeln erzeugt, das dann als Ansatzpunkt für dessen Überprüfung und Begrenzung fungiert. Auf diese Weise wird eine eigene Repräsentation über Verwaltungshandeln geschaffen, die dieses als Handlungs- und Interventionsfeld hervorbringt. Zusammengefasst bedeutet das, dass der Nexus aus Macht und Wissen die städtischen und kommunalen Verwaltungen – im Sinne eines Regierbar-Machens – als Reformbares und zu Reformendes erst konstituiert. 2.2.2 Der Staat als Effekt von Regierung Der Akt der Staatsgründung ist mit Foucault nicht als einmaliger Akt zu begreifen. Vielmehr handelt sich hierbei um einen kontinuierlichen Prozess, der mit einer andauernden Neukonstituierung und Transformation dessen einhergeht, was als Staat
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wahrgenommen wird. Im Umkehrschluss bedeutet dies auch, dass die Grenzen zwischen Staatlichem und Nichtstaatlichem umkämpft sind und von beständigen Neuziehungen und Verschiebungen gekennzeichnet sind. So haben die administrativen Neuordnungsprozesse in den deutschen Städten und Kommunen nicht nur die innere Verfasstheit der administrativen Apparate zum Gegenstand. Sie markieren auch ein Feld, auf dem ebenjene Grenzziehungen zur Disposition stehen und bearbeitet werden. Dabei sind gerade solche Formen staatlichen Handelns von besonderem Interesse, die im Graubereich zwischen Privatem und Staat zu verorten sind. Es stellt sich folglich nicht einfach um die Frage, ob bspw. eine betriebswirtschaftliche Haushaltsführung eingeführt wurde und wie hoch die damit verbundenen Einsparungen (nicht) sind – denn die Verwaltungsneuordnung als ein Regime aus Diskursen, Strategien und Praktiken hat nicht lediglich Verwaltungsstrukturen und -handeln im engeren Sinne zum Gegenstand, sondern verweist vielmehr auf ein verändertes Verständnis dessen, was als staatlich begriffen werden kann. Mit Foucault gesprochen heißt das, dass sich die Machtbeziehungen und -technologien verändern, als deren Effekt der Staat zu verstehen ist. Im Zentrum steht bei ihm der Begriff der Regierung als eine spezifische Form der Machtausübung, als deren Effekt er den Staat betrachtet. Regierungsmacht unterscheidet er von der Machtausübung in Form der Disziplin oder Souveränität – im Gegensatz zu diesen ist sie nicht juristisch begründet und auch kein Naturrecht bzw. göttliches Recht. Auch wenn Foucaults Darstellung dies nahelegt, betont er, dass es sich hierbei um nicht um eine historische Abfolge unterschiedlicher Formen der Machtausübung handelt, sondern Souveränität, Disziplin und gouvernementale Regierung vielmehr ein dynamisches Dreieck beschreiben (vgl. Foucault 2006a: 161). Es ist von einer gegenseitigen Indienstnahme der unterschiedlichen Formen der Machtausübung auszugehen, von denen jeweils eine Form eine dominierende Rolle einnimmt (vgl. Balke 2011: 85). So baut etwa Regierungsmacht auf den Prinzipien der Disziplinierung auf und bezieht sich dabei auf die neu entstandene Wissensform der politischen Ökonomie (vgl. Mitchell 1999: 88). Ein wesentlicher Unterschied zwischen den drei Formen der Machtausübung besteht in deren unterschiedlichen Bezugspunkten: Während sich die Souveränität auf die Machtausübung über ein Territorium bezieht und die Disziplinarmacht auf den Körper gerichtet ist, besteht das Problem der Regierung in der Ausübung von Macht zugleich über das Individuum und die Bevölkerung (vgl. Foucault 2006a: 27).5
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Die Erfindung der Regierung als spezifische Form der Machtausübung führt Michel Foucault auf das 16. Jahrhundert zurück, in dem mit dem christlichen Pastorat das Problem der Seelen- und Verhaltensführung aufkam: Die mit dem Pastorat verbundene Figur des Hirten hat die Aufgabe, für das Heil sowohl der ganzen Herde als auch des einzelnen Scha-
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Regierung als Form der Machtausübung ist als verbindende Praxis zwischen der Führung der anderen und der Führung des Selbst zu sehen und weist damit zugleich totalisierende und individualisierende Züge auf. Es ist diese spezifische Praxis der Machtausübung mit Hilfe von Machttechnologien, -strategien und -praktiken der Regierung, die den Staat als Effekt von Regierung bzw. als spezifische Regierungspraxis und Art und Weise der Machtausübung hervorbringen. Anstatt also den Staat als Ausgangspunkt zu betrachten, stellt Foucault dessen Begründung auf den Kopf: »Kurz, der Staat hat keine Innereien […] nicht nur in dem Sinne, daß er keine Gefühle hat, weder schlechte noch gute, sondern er hat keine Innereien in dem Sinne, daß er kein Inneres hat. Der Staat ist nichts anderes als der bewegliche Effekt eines Systems von mehreren Gouvernementalitäten.« (Foucault 2006b: 115)
Der Staat als beweglicher Effekt von Regierung ist eine spezifische Form der Machtausübung und – wie in 2.2.1 argumentiert – dynamisches Produkt von Regierungspraxis (vgl. Lemke 2007a: 52f). Mit der Regierung wird das Problem des Staates formuliert, das darin besteht, dass der Staat unter dem ständigen Verdacht des zu viel Regierens steht und mittels einer ständigen Überprüfung dessen bestimmt werden soll, was innerhalb und was außerhalb der Kompetenzen des Staats liegt (vgl. Mitchell 1999: 88). Foucault sieht in der Herstellung und Existenz des Staates »nicht die Verstaatlichung der Gesellschaft, sondern […] eher die ›Gouvernementalisierung‹ des Staates« (Foucault 2006a: 163). Den Staat – in der Heterogenität seiner Apparate – als Bezugspunkt unterschiedlichster Formen von Wissensproduktion, Strategien und Technologien zu begreifen, verweist auf die konstitutive Beziehung zwischen Regierungshandeln und Wissen (vgl. Gottweis 2004: 256). Die Praktiken, Strategien und Technologien der Regierung »erlauben zu definieren, was in die Zuständigkeit des Staates fallen darf und was nicht, was öffentlich und was privat ist, was staatlich und was nicht staatlich ist« (Foucault 2006a: 164). Der Staat ist folglich als dynamisch-kontingenter Ausdruck von Regierungspraxis und gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen von Brüchen durchzogen und von ständigen Verschiebungen geprägt. Diese Dynamik begreife ich als Neuordnungsprozesse, in deren Zentrum ebenjenes Problem des Staates und damit die Frage danach steht, was (legitimes) staatliches Handeln ist bzw. als solches angesehen wird und wie in der Folge die dynamischen Grenzen zwischen staatlichem und nichtstaatlichem Handeln neu bestimmt werden. Die Gesamtheit staatlicher Institutionen in Form des Staates kann erst aufgrund dessen Besonderung gegenüber der Gesellschaft oder der Ökonomie wahrgenommen fes zu sorgen. Dieses mit Omnes et Singulatim – Alles und das Einzelne – zusammengefasste Verhältnis sieht Foucault in seiner säkularisierten Form als prägend für den modernen Staat (vgl. Foucault 1987: 249, 2005 [1981]: 177).
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werden (vgl. Mitchell 1999: 76f). Die Unterscheidung in staatliche und nichtstaatliche Sphäre ermöglicht Ressourcen der Macht zu generieren, wobei es unmöglich ist, Staat und Gesellschaft als einander äußerlich zu begreifen (vgl. ebd.: 83f). Die Herstellung einer Differenz zum Staat eröffnet die Option, eine neutrale Position zu beanspruchen oder andere Formen der Interessensartikulation und -vermittlung zu nutzen – etwa durch die Gründung privatrechtlicher Gesellschaften unter Beteiligung oder durch die öffentliche Hand. Diese Form und Repräsentation staatlichen Handelns erschließt Handlungs- und Finanzierungsressourcen und inszeniert sich politikfern und sachbezogen (siehe 4.3 & 5.3). Thomas Lemke stellt diesbezüglich fest: »[W]hat we observe today is not a reduction of state sovereignty and planning capacities but a displacement from formal to informal techniques of government and the appearance of new actors on the scene of government. These processes indicate fundamental transformations in statehood and a new relation between state and civil society actors.« (Lemke 2007b: 57f)
An dieser Transformation von Staatlichkeit und der damit verbundenen Herausbildung re-regulierender Handlungsformen setze ich mit meiner Auseinandersetzung mit den seit den 1990er Jahren in Deutschland zu beobachtenden Reformen städtischer und kommunaler Verwaltungen an, in deren Kern ebenjene Frage nach der richtigen Form politisch-administrativen Handelns auf lokalstaatlicher Maßstabsebene gestellt wird. Genauer gesagt werden zwei Fragen aufgeworfen: Welche Aufgaben müssen bzw. sollen wie von städtischen Verwaltungen (nicht) erfüllt werden? Die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen stellt damit zur Disposition, welche Leistungen innerhalb lokaler Verwaltungsapparate erbracht werden und welche von nichtstaatlichen Akteur_innen. Es handelt sich also nicht um einen Prozess, der sich allein auf die inneren Strukturen und Abläufe von Verwaltungen bezieht oder der in seiner innersten Logik durchdrungen werden muss, sondern verweist auch immer schon über die institutionellen Grenzen der Verwaltungsreform hinaus. Den Staat nicht als gegebene und gegenüber der Gesellschaft existierende objektive Entität zu begreifen, verlegt den Fokus der Auseinandersetzung auf die Machtverhältnisse, die sich auf den Staat als dominierenden Bezugspunkt für die Ausübung von Macht beziehen. Nikolas Rose und Peter Miller sehen darin »a way of dividing a ›political sphere‹, with its particular characteristics of rule, from other ›non-political spheres‹ to which it must be related, and a way in which certain technologies of government are given a temporary institutional durability and brought into particular kinds of relations with one another« (1992: 176f).
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Vor diesem Hintergrund geht es mir darum, die Strategien, Technologien und Praktiken zu betrachten, die die lokalen Verwaltungsapparate als Reformgegenstand hervorbringen und transformieren (vgl. Osborne 2004: 37). Mit dieser Betrachtung von administrativen Neuordnungsprozessen gehe ich davon aus, dass die Formulierung von Politikinhalten wie etwa einer Verwaltungsreform unmittelbar mit Prozessen der Staatsformierung verbunden ist. Policies sind also als Teil ständiger Staatsgründungsprozesse zu verstehen und nicht diesen nachgelagert, womit auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass es einen Ursprung oder Gründungsmythos des Staates gibt (vgl. Steinmetz 1999: 9). Der Staat existiert nicht als theoretische Ableitung, sondern ist in politischen Programmatiken, administrativen Strukturen und konkretem Regierungshandeln verkörpert (vgl. Saar 2011: 42). Verwaltungsreformen – gedacht als policies, deren Bezugspunkte Strukturen (polity) und Prozesse (politics) lokalstaatlichen Handelns sind – stellen als heterogene Einheit von Messung und Ergebnis kontingente Realitäten dar (vgl. Gottweis 2004: 248ff) und wirken sich auch auf den Staat als Effekt und Ausdruck spezifischer Formen der Machtausübung aus. Allgemeiner ausgedrückt heißt das, »the state-idea and the state-system are […] two aspects of the same process« (Mitchell 1999: 77). Die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen ist mit einem spezifischen Wissen über politisch-administratives Handeln verbunden, das über seinen programmatisch-abstrakten Ausdruck (siehe 3.) hinaus anhand der spezifischen Artikulation sowohl des programmatisch ausformuliertem Idealtypus in Form des Neuen Steuerungsmodells als auch der scheinbar abweichenden/fehlerhaften Umsetzung untersucht werden muss (siehe 3.3.1). 2.2.3 Staatliches Handeln und Macht/Wissen Es besteht, wie bereits erwähnt, ein konstitutiver Zusammenhang zwischen Macht und Wissen in Bezug auf den Staat und im Kontext staatlichen Handelns. Historisch gesehen ist die Stadt – als »Ort der Zirkulation« (vgl. Mazumdar 2011) – der Raum, in dem sich das Problem der Bevölkerung entwickeln konnte. Die Zirkulation von Waren, Menschen und Krankheiten entwickelte sich zum Problem, das nicht mehr an die souveräne Ausübung von Macht über Territorium gebunden war, sondern die Bevölkerung zum zentralen Bezugspunkt des Regierungshandelns werden ließ. Um (legitim) regieren zu können, ist es notwendig, die Öffentlichkeit als politische Sphäre über deren eigene Gesetzmäßigkeiten zu erfassen. Dies wurde möglich, indem »der Regierende die Ereignisse aus der Sphäre der Bevölkerung wissenschaftlich, das heißt, unter anderem auch statistisch zur Kenntnis genommen« hat (ebd.: 88, H. i. O.). Dieses Staatswissen (siehe auch 2.3.3) stellt die Grundlage der Regierung der Bevölkerung dar und markiert gleichzeitig das wechselseitig konstituierende Verhältnis zwischen der Ausübung von Macht und Wissen:
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»Conversely, nothing can function as a mechanism of power if it is not deployed according to procedures, instruments, means and objectives which can be validated in more or less coherent systems of knowledge. […] [A] nexus of knowledge-power has to be described so that we can grasp what constitutes the acceptability of a system […].« (Foucault 2007: 61)
Staatliches Handeln ist kurz gesagt maßgeblich mit der Produktion von Wissen verbunden. In diesem als Macht/Wissen-Komplex zu beschreibenden Verhältnis sind die Ausübung von Macht und die Produktion von Wissen reziprok konstituierend aufeinander bezogen: »Eher ist wohl anzunehmen, daß die Macht Wissen hervorbringt (und nicht bloß fördert, anwendet, ausnutzt); daß Macht und Wissen einander unmittelbar einschließen; daß es keine Machtbeziehung gibt, ohne daß sich ein entsprechendes Wissensfeld konstituiert, und kein Wissen, das nicht gleichzeitig Machtbeziehungen voraussetzt und konstituiert.« (Foucault 1977: 39)
Aufgrund der hier verdeutlichten konstitutiven Beziehung zwischen Machtausübung und Wissen, besteht eine Verbindung zwischen Orten der Wissensproduktion (Märkten, Forschungsinstituten, Firmen, Fach- und Interessenverbänden etc.) und dem Staat (vgl. Gottweis 2004: 256). Das reziproke Verhältnis, das zwischen staatlichem Handeln und dem dafür notwendigen Wissen besteht (vgl. Collin/Horstmann 2004: 9), ist darin zu sehen, dass Wissen ebenso Grundlage staatlichen Handelns ist, wie es dieses auch zum Gegenstand haben kann. Genauso kann sich staatliches Handeln auf die Produktion, Distribution oder Unterdrückung von Wissen beziehen. Die Produktion von Wissen und Wissensordnungen ist als Prozess des Regierbarmachens zu verstehen: »Who is capable of conducting people in the ways they conduct their lives? Who is enabled to take action on whose actions, in which manner, and to what end?« (Lessenich 2011: 305) Foucault betont, dass Machtausübung in Form der Regierung nicht auf interindividuelle Machtbeziehungen zu beschränken sei, sondern beides umfasse »individuelle und kollektive Subjekte […], die jeweils über mehrere Verhaltens-, Reaktionsoder Handlungsmöglichkeiten verfügen« (Foucault 2005 [1982]: 287). Thomas Lemke folgert, dass die Analyse von Regierungstechnologien sowohl Prozesse der Individualisierung als auch der Institutionalisierung zum Gegenstand haben kann (2007b: 49). Bob Jessop unterstreicht ebenfalls die Skalierbarkeit der Regierungsanalyse: Da die Analyse von Regierungstechnologien von der Analyse von MikroMächten bis hin zur Organisation des Staates reicht, kann davon gesprochen werden, dass es sich nicht um einen bestimmten Gegenstand oder ein klar zu bestimmendes Feld handelt, sondern um das Einnehmen einer bestimmten Perspektive (Jessop 2011a: 65).
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Mit der Perspektivverschiebung hinsichtlich der Maßstabsebene des gewählten Untersuchungsgegenstandes wird es möglich, sowohl die Mobilisierung ökonomischer Verwaltungsorganisation und -praxis zu betrachten als auch die beiden Fallbeispiele Berlin und Frankfurt am Main. Auf diese Weise kann sowohl herausgearbeitet werden, wie Stabilität und Akzeptanz bestimmter Formen von Verwaltungsorganisation und -handeln nach dem NSM hergestellt werden, als auch, wie bestehende staatlich-administrative Strukturen und Verfahrensweisen über Problematisierungen destabilisiert und in Frage gestellt werden. Die Adaption von gouvernementalitätstheoretischen Überlegungen für meine Analyse ermöglicht mir, zu untersuchen, welches spezifische Macht/Wissen die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen und in der Folge die Wahrnehmung von und den Umgang mit Liegenschaften im öffentlichen Eigentum prägt. Die Neuordnung städtischer Verwaltungen betrachte ich dabei als Ergebnis der Kritik staatlichen Handelns in Form der idealtypischen Weber’schen Bürokratie. Grundlage für diese Kritik ist das Staatswissen bzw. das Wissen über den Staat und dessen lokale Verwaltungsapparate selbst. Dieses Wissen wird nicht nur von außen herangetragen, sondern gleichzeitig innerhalb der städtischen Verwaltungen in einer selbstreflexiven Praxis von den Verwaltungsapparaten selbst erzeugt. Damit ist es möglich, die prozessuale Selbstbegrenzung (lokal-)staatlichen Handelns auf Basis einer eigenen politischen Ökonomie als Kernelement der Neuordnung städtischer Verwaltungen zu begreifen (siehe 2.2.2). Die in diesen Prozessen entwickelte Kritik an administrativem Handeln richtet sich jedoch nicht (ausschließlich) auf den Umfang von Verwaltungsaufgaben, sondern auch darauf, wie diese erbracht werden. Anhand der Fallbeispiele Berlin und Frankfurt am Main analysiere ich, welche Konsequenzen die administrativen Neuordnungsprozesse für die Wahrnehmung von und den Umgang mit kommunalem Liegenschaftseigentum hat. Die Leitfrage ist dabei nicht, welche Reformen mit welchem Erfolg umgesetzt wurden, vielmehr bildet die entwickelte Perspektive auf administrative Neuordnungsprozesse den Rahmen, innerhalb dessen der strategische Gehalt der Reformen in den Blick genommen werden kann. Bei der Betrachtung dieser Neuordnungsprozesse geht es zum einen darum, wie sich die Wahrnehmung von und der Umgang mit städtischem Liegenschaftseigentum in Folge einer betriebswirtschaftlichen Einhegung durch die Verwaltungsreform verändert. Zum anderen geht es darum, im Kontext der beiden Fallbeispiele und des Feldes kommunaler Liegenschaften exemplarisch deutlich zu machen, wie die Neuordnung städtischer Verwaltungen Transformationsprozesse lokaler Staatlichkeit und der Stadt als sozialen Raum zur Folge haben.
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2.2.4 Praktiken, Strategien und Technologien Die oben dargelegte Perspektive auf den Staat bietet einen adäquaten Rahmen für die Analyse von Neuordnungsprozessen in städtischen und kommunalen Verwaltungen sowie deren Implikationen auf Liegenschaftspolitik und -verwaltung (vgl. auch Lebuhn 2007, 2010). Bei dieser Betrachtung ist nicht davon auszugehen, dass es einen zentralen Bezugs- und Integrationspunkt gibt, sondern vielmehr von der zentralen Frage danach, welche Praktiken, Strategien und Technologien das Feld städtischer und kommunaler Verwaltungsneuordnung erst hervorbringen, strukturieren und dynamisieren (vgl. Bröckling et al. 2011: 12; vgl. auch Osborne 2004). Konsequenz dieser Perspektive ist auch, die Reform städtischer und kommunaler Verwaltungen nicht einem Begriff des Neoliberalismus als gemeinsamen Nenner oder als schon immer existierende, abstrakte und universelle Antwort zu subsumieren. Stattdessen wird dieser anhand der diskursiven Praxis der Verwaltungsneuordnung und damit am empirischen Gegenstand selbst erst bestimmbar. Neoliberalisierung muss dort untersucht werden, »where it is apparently normalized […]. Making sense of these manifestations is not a matter of measuring degrees of deviation from a supposedly paradigmatic norm; or naming states of exception or varieties of neoliberalism in relation, implicitly or explicitly, to some ideal-typical ›original‹ or perfect form; it calls for a qualitative analysis of conjunctures and connections.« (Peck 2010: 33)
Mit Foucault lässt sich nicht ein idealtypisches Original des Neoliberalismus, aber der »Einsatz der neoliberalen Politik« bestimmen. Dieser besteht darin, »aus dem Markt, dem Wettbewerb und folglich dem Unternehmen etwas zu machen, das man die informierende Kraft der Gesellschaft nennen könnte« (Foucault 2006b: 210f). Dabei ist der prozesshafte Charakter neoliberaler Politiken zu betonen: Es geht nicht darum, ein bestimmtes Ziel zu erreichen oder einen neoliberalen Zustand zu etablieren, sondern vielmehr um die Etablierung einer Dynamik ständiger Selbstüberprüfung und Reflexion (vgl. Dean 1999: 88; Springer 2012: 136). Neoliberalismus ist dabei nicht als dominante Strukturbedingung zu begreifen, sondern als »a technology of governing ›free subjects‹ that co-exists with other political rationalities« (Ong 2006: 4). Machtausübung in Form der Regierung findet in diesem Sinne innerhalb eines »Möglichkeitsfeldes« statt, das auf »dauerhaften Strukturen« aufbaut (Foucault 2005 [1982]: 285). Macht selbst muss als Handeln aufgefasst werden, das auf das Handeln anderer ausgerichtet ist und damit als die Strukturierung eines Handlungsraums zu
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verstehen ist. Dabei geht es nicht um unmittelbaren Zwang oder unmittelbare Einflussnahme, sondern um mögliches und zukünftiges Handeln. 6 Machtausübung in Form der Regierung unterscheidet sich aber auch von disziplinierenden Vorgaben, die bis ins kleinste Detail festlegen, welche Strukturen und Handlungsschritte existieren bzw. befolgt werden sollen. Machtbeziehungen beruhen demgegenüber immer darauf, dass ein handelndes Subjekt angenommen und als solches anerkannt wird, vor dem »sich ein ganzes Feld möglicher Antworten, Reaktionen, Wirkungen und Erfindungen öffnen« (ebd.). Die Ausübung von Macht in Form der Regierung »ist ein Ensemble von Handlungen, die sich auf mögliches Handeln richten«, welches »in einem Feld von Möglichkeiten« operiert; sie bietet »Anreize, verleitet, verführt, erleichtert oder erschwert, sie erweitert Handlungsmöglichkeiten oder schränkt sie ein, sie erhöht oder senkt die Wahrscheinlichkeit von Handlungen, aber stets richtet sie sich auf handelnde Subjekte« (ebd.: 286). Damit avanciert die Freiheit oder Autonomie handelnder individueller oder kollektiver Subjekte zur Voraussetzung und dauerhaften Bedingung von Macht(-ausübung).7 Im Fokus steht dabei die Beziehung zwischen der Regierung des Selbst und der Regierung der anderen (vgl. Bröckling et al. 2011: 13). Übertragen auf die Neuordnung städtischer Verwaltung steht administratives Handeln unter dem ständigen Verdacht, ins Übermaß zu verfallen. Die aus diesem Verdacht abgeleitete Forderung nach Rationalisierung staatlichen bzw. administrativen Handelns ist als Moment der Aktivierung zu betrachten. Neoliberales Regieren mit dem Markt bzw. auf Basis ökonomischer Rationalität bedingt eine reflexive und vor allem aktive Selbstbegrenzung staatlichen und administrativen Handelns. Die Problematisierung des richtigen Maßes und der Angemessenheit ist integrativer Bestandteil neoliberaler Gouvernementalität (vgl. ebd.: 7). Die als »Verwaltungsmodernisierung« normativ aufgeladene Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen betrachte ich als Antwort auf ebenjene Frage nach dem richtigen Maß, der richtigen Qualität und der richtigen Form (lokal-)staatlichen und administrativen Handelns. Die Neuordnungsprozesse der lokalen Verwaltungsneuordnung sind dahingehend zu befragen, inwieweit sie Ergebnis oder Technik der Regierung als spezifische Form der Machtausübung sind. Dabei geht es darum zu zeigen, 6
Damit unterscheiden sich Machtbeziehungen von bloßen Gewaltbeziehungen, die immer verhindernd, zerstörend oder vernichtend sind – auch wenn Gewalt und Zwang in Machtbeziehungen damit nicht ausgeschlossen sind.
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Dies hat auch zur Folge, dass Widerstand schon immer in Machtbeziehungen mitgedacht werden muss. Foucault beschreibt dieses Verhältnis prozesshaft, indem er es als Agonismus entwirft, der sich durch ein gegenseitiges Antreiben auszeichnet, durch »Kampf geprägt ist und weniger durch einen Gegensatz […] als durch ein permanentes Provozieren« (Foucault 2005 [1982]: 287f).
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»dass externe Ursachen der Veränderung von Staatlichkeit (Globalisierung, Krieg, Wirtschaftskrisen) an sich noch nicht erklären, wie es dazu kommt, dass sich Regierungsformen in Reaktionen auf diese externen Ursachen auf ganz bestimmte Art und Weise transformieren und eben nicht in völlig andere Richtungen entwickeln« (Biebricher 2012: 16).
Um die Transformation lokaler Staatlichkeit, (legitimen) staatlichen und administrativen Handelns sowie der Beziehung zwischen Staat und Zivilgesellschaft nachvollziehen zu können, schlägt Thomas Lemke vor, die Aufgabe formeller zugunsten informeller Regierungstechnologien und das Auftauchen neuer Akteur_innen in den Blick zu nehmen (vgl. Lemke 2002: 58). Für dieses Vorhaben seien Praktiken statt Objekte, Strategien statt Funktionen und Technologien statt Institutionen zu analysieren (vgl. Lemke 2007b: 57f).8 Diese Sichtweise eignet sich in besonderem Maß zur Analyse der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen, da diese zunächst nicht die Änderung der formalen und gesetzlichen Rahmenbedingungen des Verwaltungshandelns zum Gegenstand hat, sondern stattdessen an bestehenden endogenen Handlungsspielräumen in den Verwaltungen selbst ansetzt. Die Neuordnung städtischer Verwaltungen wendet sich gegen ein traditionelles Verwaltungsverständnis und problematisiert dieses auf spezifische Art und Weise: In Abgrenzung zu einem als überholt und unwirtschaftlich geltenden Verwaltungsmodell wird die Neuordnung als Widerstandsbewegung mobilisiert. Zu betonen ist hierbei, dass es sich nicht um ein progressiv-normatives, sondern um ein relationales Widerstandsverständnis handelt, das den Verhältnissen immanent ist. Diese Art des Widerstands beinhaltet auch, dass bestehende Machttechnologien und -strategien aufgegriffen und integriert werden (vgl. Jessop 2011a: 66). Foucault begreift »Widerstand als chemischen Katalysator, der die Machtbeziehungen sichtbar macht und zeigt, wo sie zu finden sind, wo sie ansetzen und mit welchen Methoden sie arbeiten« (Foucault 2005 [1982]: 273). Ziel ist nicht das Funktionieren eines Gesamtprojekts, sondern es geht darum, wie die einzelnen Bestandteile ausgerichtet und in Stellung gebracht werden (vgl. Jessop 2011a: 67).
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Mit diesem Vorschlag orientiert sich Lemke an Michel Foucaults dreifachem Übergang ins Außen des Untersuchungsgegenstands, den er in seinen Vorlesungen zur Geschichte der Gouvernementalität skizziert, um sich dem Untersuchungsgegenstand des Staats zu nähern. Statt Institutionen zu untersuchen, schlägt Foucault erstens vor, Machttechnologien und deren »Geflecht von Bündnissen, Verbindungen, Stützpunkten« (Foucault 2006a: 176) zu rekonstruieren. Zweitens dürfe nicht nach der Funktion von Untersuchungsgegenständen gefragt werden, sondern nach deren Strategien und Taktiken, die sich auf die »funktionalen Defizite« (ebd.) stützen. Der dritte Übergang ins Außen soll es ermöglichen nicht von gegebenen Objekten auszugehen, sondern danach zu fragen, wie ein »Wahrheitsfeld mitsamt der Wissensgegenstände« (ebd.: 177) konstituiert wird.
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Die Etablierung von Formen betriebswirtschaftlich orientierter Verwaltungssteuerung ist deswegen anhand ihrer Ansatzpunkte, Problematisierungen und Methoden zu analysieren. Dies als Widerstandsbewegung zu verstehen zeigt, wie neue Wissensordnungen und daraus resultierende Neuordnungsprozesse entstehen, auf die sich wiederum bezogen werden kann, um auf Probleme zu verweisen, Lösungen anzubieten und Reformen zu legitimieren. Die Neuordnung städtischer Verwaltungen begreife ich vor diesem Hintergrund als diskursive Praxis. Dabei handelt es sich insofern um eine strukturierende Praxis, »als für jede neue Aussage, die diesem Diskurs zugehören wird, gilt, dass sie die bereits vorhandenen Aussagen als Bedingungs- und Ermöglichungskontext vorfindet und deren inneres Gesetz sich auf die neue Aussage damit bildend auswirkt« (Diaz-Bone 2006: 74). Die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen als diskursive Praxis umreißt ein Feld des Sagbaren, was eine moderne, innovative oder leistungsfähige Kommune im ausklingenden 20. Jahrhundert ausmacht. Diesen Prozess gilt es nachzuzeichnen, um zu zeigen, welche Machttechnologien, -strategien und -praktiken die Neuordnung städtischer Verwaltungen konstituieren, kennzeichnen und stabilisieren (siehe 3.3). Der damit verbundene Übergang ins Außen der administrativen Reformprozesse ermöglicht bei der Betrachtung der beiden Fallbeispiele, städtische und kommunale Neuordnungsprozesse des lokalen Verwaltungsapparates über dessen institutionelle und funktionale Grenzen hinaus zu analysieren. Im Folgenden möchte ich jeweils einen kurzen Überblick über die Begrifflichkeiten der Praktiken, Strategien und Technologien der Machtausübung bei Michel Foucault geben. Jedem Abschnitt folgen kurze Überlegungen hinsichtlich des Bezugs auf die Neuordnung städtischer Verwaltungen. Es ist jedoch zu betonen, dass die drei Begriffe nicht trennscharf gegeneinander abgegrenzt werden können – wie unten noch ausführlicher gezeigt wird –, sondern eher als unterschiedliche Fokussierungen zu betrachten sind. Die untenstehende begriffliche Differenzierung stellt dementsprechend keine fixen Analysekategorien dar, sondern dient der differenzierten Veranschaulichung meiner analytischen Haltung gegenüber dem empirischen Material (vgl. Foucault 1992). Praktiken Mit dem Blick auf Praktiken der Machtausübung wird in den Blick genommen, wie die Verwaltungsapparate des lokalen Staats koordinierend und transformierend hervorgebracht werden (vgl. Bröckling et al. 2011: 13; Vogelmann 2012). Die Abkehr von Universalien (vgl. Foucault 2006b: 15) spiegelt sich auch in den drei Negativbedingungen wieder, die der Begriff der Praktiken in Foucaults Arbeiten nach Frieder Vogelmann (2012: 4ff) erfüllen muss. Es könne erstens kein vorgängiges Individuum angenommen werden, an dessen Willen die Ausübung von Macht gebunden wäre. Praktiken der Macht müssten zweitens an einen Wissensbegriff gebunden sein, der
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nicht eine wahr/falsch-Differenzierung voraussetze, sondern die Herstellung der selbigen betrachte. Drittens dürfe von keinem überhistorischen Subjektverständnis und damit verbundenen Praktiken des Selbst ausgegangen werden. Bei meiner Analyse der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen und deren Relevanz für Liegenschaftsverwaltung und -politik nehmen Praktiken der Regierung als spezifische Form der Machtausübung eine zentrale Rolle ein. Regierungspraktiken zeichnen sich durch ihren indirekten Charakter aus. Sie geben nicht vor, sondern setzen an der Handlungsfähigkeit und -freiheit von Individuen und Gemeinschaften an. Damit ist »die Ausübung von Macht […] keine bloße Beziehung zwischen individuellen oder kollektiven ›Partnern‹, sondern eine Form handelnder Einwirkung auf andere« (Foucault 2005 [1982]: 285). Die Ausübung von Macht in Form der Regierung ist »weder mit konkreten Inhalten noch mit einer bestimmten Methodik identisch, sondern bezeichnet eine Form der ›Problematisierung‹, das heißt sie definiert einen politisch-epistemologischen Raum, innerhalb dessen historische Probleme auftauchen (können) und bietet zugleich – möglicherweise konfligierende oder widersprüchliche – Lösungs- und Bearbeitungsstrategien für diese Probleme an« (Lemke 1997: 32).
Es stehen also nicht verschiedene Verwaltungsmodelle an sich, sondern die mit ihnen verbundenen Problembestimmungen und daraus abgeleiteten Lösungsstrategien im Vordergrund, die hinsichtlich unterschiedlicher Rationalitäten variieren können. Diese Rationalitäten formen einen spezifischen epistemischen Zugang zur Verwaltung als Gegenstand der Reformen, was wiederum plausibilitätsstiftende Wirkung für den Einsatz bestimmter Regierungspraktiken hat. Nach Susanne Krasmann ist darin die Produktion eines Regimes aus Sichtbarkeit und Artikulation gesehen werden (vgl. 2011: 120). Die zu reformierende und vor allem auch reformbare Kommunalverwaltung ist nicht der Ausgangspunkt des Reformdiskurses, sondern dessen Ergebnis. In Anlehnung an Krasmann lässt sich konstatieren, dass durch ein spezifisches Ensemble aus Regierungspraktiken die moderne Kommunalverwaltung überhaupt erst hervorgebracht wird (vgl. ebd.). Dabei sind zwei Ebenen zu unterscheiden: zum einen die diskursive Mobilisierung des Neuen Steuerungsmodells als bundesweite Reformdynamik; zum anderen die fallbeispielspezifischen Problematisierungen und Konfigurationen, die sich im Kontext der Reformentwicklungen finden lassen. Beide Ebenen können entlang einer Frage in den Blick genommen werden: Welche Regierungspraktiken produzieren ein spezifisches Verwaltungsverständnis und spezifische Formen der Liegenschaftspolitik und -verwaltung?
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Strategien Foucault unterscheidet drei unterschiedliche – einander nicht ausschließende – Bedeutungen von Strategie: »Zunächst wird damit die Wahl der Mittel zur Erreichung eines Zwecks bezeichnet; es handelt sich um die aufgewandte Rationalität zur Erreichung eines Ziels. Um die Weise zu bezeichnen, in der in einem gegebenen Spiel ein Partner handelt, je nachdem wie er denkt, daß die anderen handeln werden und wie er vermutet, daß die anderen denken, wie er handeln werde; also die Weise, in der man versucht, die anderen in den Griff zu bekommen. Schließlich um die Gesamtheit der Verfahren zu bezeichnen, die in einer Auseinandersetzung verwandt werden, um dem Gegner seine Kampfmittel zu entziehen und ihn zum Verzicht auf den Kampf zu nötigen; hier handelt es sich um Mittel zur Erringung des Siegs.« (Foucault 1987: 259, e. H.)
Die Strategie als Wahl der Mittel zur Erreichung eines Ziels, als Art und Weise des Führens von Handlung und als Verfahren in Auseinandersetzungen zur Erringung des Siegs verweisen darauf, dass ein »Manöver« notwendig ist, damit »ein bestimmtes Kräfteverhältnis nicht nur erhalten, sondern akzentuiert, stabilisiert wird« (Foucault 2003 [1977]: 405). An anderer Stelle charakterisiert Foucault Strategie als »die Wahl der ›gewinnenden‹ Lösung« und als die »Gesamtheit der Mittel […], die eingesetzt werden, um das Funktionieren oder den Bestand eines Machtdispositivs zu sichern« (Foucault 2005 [1982]: 292) 9. Die in Machtbeziehungen eingesetzten
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Unter Dispositiv versteht Foucault (2003a: 392f) erstens eine – seine Elemente vernetzende – »heterogene Gesamtheit, bestehend aus Diskursen, Institutionen, architektonischen Einrichtungen, reglementierenden Entscheidungen, Gesetzen, administrativen Maßnahmen, wissenschaftlichen Aussagen, philosophischen, moralischen und philanthropischen Lehrsätzen«. Das Dispositiv stellt nicht die Gesamtheit der Elemente dar, sondern bezieht sich vor allem auf deren Vernetzung. Deswegen beschreibt der Begriff zweitens »die Natur der Verbindung, […] zwischen diesen heterogenen Elementen«. Damit begreift Foucault ein Dispositiv als etwas Dynamisches, zwischen dessen diskursiven und nicht-diskursiven Elementen – gleich einer Art Spiel – »Positionswechsel und Veränderungen in den Funktionen« auftreten können. Ein Dispositiv zeichnet sich damit drittens durch eine historische Dimension aus. Es handelt sich um ein »Gebilde, das zu einem historisch gegebenen Zeitpunkt vor allem die Funktion hat, einer dringenden Anforderung nachzukommen«. Damit unterstreicht Foucault die strategische Funktion von Dispositiven. So ist ein Dispositiv »immer in ein Machtspiel eingeschrieben, doch immer auch an eine oder an mehrere Wissensgrenzen gebunden, die daraus hervorgehen, es aber genauso auch bedingen. Das eben ist das Dispositiv: Strategien von Kräfteverhältnissen, die Arten von Wissen unterstützen und von diesen unterstützt werden.« (Ebd.: 394f)
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Mechanismen können als Strategie bezeichnet werden, was Machtbeziehungen und Strategien aber nicht deckungsgleich macht: »Eine Auseinandersetzung findet ihr Ende […], wenn an die Stelle der gegensätzlichen Reaktionen jene stabilen Mechanismen treten, durch die der eine das Verhalten des anderen relativ dauerhaft und mit hinreichender Sicherheit zu lenken vermag.« (Ebd.) Die Machtbeziehung ist damit nicht zu einem Ende gekommen, sondern wird vielmehr kontinuierlich. Verdichtete und dauerhaft existierende Machtverhältnisse sieht Foucault als Zustände der Herrschaft an, die erstens eine »globale Machtstruktur« (ebd.: 293) bilden, die sich bis in die kleinsten Teile der Gesellschaft einschreibt. Zweitens handelt es sich dabei auch um eine strategische Situation, die sich über lange Zeit herausgebildet und verfestigt hat (vgl. ebd.). Wenn auch diese Herrschaftszustände – wie etwa der Staat und seine Institutionen – als zeitlose und universelle Gebilde erscheinen, so besteht dennoch die Gefahr, dass sie in ihrer Stabilität und Einheit in Frage gestellt werden. Die Neuordnung städtischer Verwaltungen über deren Strategien zu begreifen, unterstreicht ihren Charakter als Widerstandsbewegung. Sie richtet sich gegen die traditionelle Weber’sche Verwaltung, die als nicht mehr zeitgemäß, zu bürokratisch sowie ineffizient problematisiert und für modernisierungsbedürftig erklärt wird. Es stellt sich mit dem Blick auf die Strategien administrativer Neuordnungsprozesse also nicht nur die Frage, welche Kritiken und Problematisierungen aufgeworfen werden, sondern auch die Frage danach, mit Hilfe welcher Strategien die Dynamik der lokalstaatlichen administrativen Neuordnungsprozesse ermöglicht und stabilisiert werden konnte: »Warum hat das funktioniert? Warum hat das gehalten?« (Vgl. Foucault 2003 [1977]: 408) Technologien Bei Machttechnologien handelt es sich um »keine starren Strukturen«, stattdessen »modifizieren [sie] sich unablässig unter der Einwirkung von sehr zahlreichen Faktoren« (Foucault 2006a: 179f, Fn.). Damit sind es sich verändernde Machttechnologien und -verhältnisse, die (staatliche) Institutionen transformieren oder gar gänzlich in Frage stellen. Diese Beweglichkeit und Wandelbarkeit von Machttechnologien im Allgemeinen sind die Grundlagen für die Veränderung einer von ihnen hervorge-
Die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen ist als Dispositiv zu verstehen. Sie stellt eine heterogene Gesamtheit unterschiedlicher miteinander vernetzter Elemente dar (siehe 3.). Außerdem handelt es sich bei der Verwaltungsreform um ein dynamisches Feld, das von Kontingenzen, Brüchen und Neuausrichtungen gekennzeichnet ist. Die historische Dimension besteht in einer spezifischen Problematisierung administrativen Handelns. Die strategische Ausrichtung besteht darin, dass Handlungs- und Interventionsräume für die Mobilisierung und Stabilisierung eines neuen Verwaltungsparadigmas geschaffen werden.
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brachten Institution, »weil sie zu einigen grundlegenden Mutationen dieser Technologien inkompatibel geworden ist« (ebd.). Da es im Speziellen Regierungstechnologien sind, die es ermöglichen, »to set apart from society the free-standing apparatus of a state« (Mitchell 1991: 92; zit. n. Lemke 2007b: 50), sind diese auch die Basis für Transformation und Neuordnung des Staates und der mit ihm verbundenen Institutionen. Die Analyse von Regierungstechnologien ermöglicht eine Dezentrierung der Perspektive: »Instead of taking institutions as the point of departure, it [the analytics of government] focuses on technologies that are materialized and stabilized in institutional settings. Rather than attributing political transformations to the policies of an autonomous state, an analytics of government traces them in new technologies and forms of knowledge […].« (Lemke 2007b: 50)
Thomas Lemke differenziert zwischen unterschiedlichen Verständnissen von Technologien. Für die Untersuchung von Subjektivierungsprozessen müssten »politische Technologien der Individuen«, die es dem Individuum ermöglichen sich selbst als Teil einer Gesellschaft zu betrachten, und »Technologien des Selbst«, die Individuen mit dem Ziel der Selbstoptimierung auf sich selbst richten, analysiert werden (Lemke 2007a: 55). Daneben existieren politische Technologien, die sowohl materielle als auch symbolische Techniken umfassen. Diese bilden einen »Komplex von praktischen Verfahren, Instrumenten, Programmen, Kalkulationen, Maßnahmen und Apparaten der es ermöglicht Handlungsformen, Präferenzstrukturen, und Entscheidungsprämissen von Akteuren im Hinblick auf bestimmte Ziele zu formen und zu steuern« (ebd.: 56). Der oben bereits skizzierte Macht/Wissen-Nexus steht dabei im Zentrum der Anwendung von Machttechnologien, die eng verknüpft ist mit der Produktion und Proliferation von Wissen, das aus Definitionen, Problematisierungen und Lösungen bestehen kann. Sie integrieren »common modes of perception« (Rose/Miller 1992: 184) und bieten damit Interpretationen an, mit denen auch spezifische Formen des Handelns verbunden sind: »Making people write things down, prescribing what must be written down and how, is itself a kind of government of individual conduct, making it thinkable according to particular norms« (Rose 2006: 156). Regierungstechnologien sind damit zu verstehen als »arrangements of machines, medial networks, recording and visualization systems, and so forth, and to a range of procedural devices through which individuals and collectives shape the behavior of each other or themselves. These involve sanctioning, disciplining, normalizing, empowering, insuring, preventing, and so on.« (Bröckling et al. 2011: 12)
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Bröckling betont hier, dass die oben erwähnte Unterscheidung von Lemke in Technologien des selbst und politische Technologien eine analytische bleiben muss. Vielmehr geht es bei der Auseinandersetzung das aufeinander bezogene Verhältnis zwischen der Führung des Selbst und der Anderen durch den Einsatz von Regierungstechnologien. Die Bestimmung und Entwicklung von Handlungsfeldern, Problemen und Lösungen erfolgt mittels jener »reciprocal constitution of power techniques and forms of knowledge and of regimes of representation and modes of intervention« (Lemke 2007b: 44). Die Anwendung von Regierungstechnologien verbinden sich mit Praktiken und Strategien zu einem Macht/Wissen-Nexus über den spezifisches Wissen zur Handlungsgrundlage anderer gemacht werden kann, ohne dabei unmittelbaren Zwang auszuüben oder direkte Vorgaben zu machen. Individualisierung und Totalisierung verbinden sich zu einem Wirkungszusammenhang, den Nikolas Rose und Peter Miller als »governing at a distance« beschrieben (vgl. Rose/Miller 1992). Weitere Beispiele sind Techniken der Überprüfung, Evaluation, Aufzeichnung, Nummerierung, Kalkulation, Bilanzierung, Zeitsteuerung, Verortung, Präsentationsformen (Tabellen, Graphen), Formeln, Standardisierung und Training, pädagogische, therapeutische und strafende Techniken, architektonische Formen sowie professionelles Vokabular (vgl. ebd.: 183).10 Die Analyse der Neuordnung städtischer Verwaltungen orientiert sich dem entsprechend an den Definitionen, Problematisierungen und Lösungsstrategien sowie an den mit ihnen verbundenen Regierungstechnologien. Diese Perspektive bietet sich an, da – wie Rose et al. feststellen – »the technologies of budgets, audits, standards, and benchmarks […] were crucial for the operationalization of programs of governing at a distance that characterized the forms of new public management taking shape under rationalities of advanced liberalism« (2006: 95). Dabei gilt es zu zeigen, wie sich über die Abgrenzung von Konzepten, die Spezifizierung von Objekten und Grenzen sowie die Generierung von Argumenten und Begründungen Verwaltungshandeln verändert und hinsichtlich städtischer Liegenschaftspolitik und -verwaltung auswirkt (vgl. Lemke 2007b: 44).
10 Nach Petra Gehring verweist der Begriff der Technik auf die Frage nach dem Wie der Machtausübung mittels Technologien (vgl. Gehring 2004: 124). Damit einher geht auch eine Absage gegenüber einer Ontologie der Macht, der sich Foucault mit gutem Grund verweigert. Zwar führt »gerade der Beginn der Analyse mit dem Wie zu dem Verdacht, daß die MACHT nicht existiert« (Foucault 1987: 251, H. i. O.), vielmehr müsse aber von einem »Ensemble komplexer Realitäten« (ebd.) – bestehend aus einer Vielzahl heterogener Machttechnologien, -strategien und -praktiken – ausgegangen werden.
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2.3 D ER S TAAT ALS F ORM IM K APITALISMUS
POLITISCHER
H ERRSCHAFT
Das analytische Feld, das Michel Foucault mit seinen Vorlesungen zur Geschichte der Gouvernementalität eröffnet hat, bietet einen hilfreichen Zugriff auf die Art und Weise, wie sich die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen vollzieht. Wie im vorhergehenden Kapitel dargelegt, ermöglichen diese analytischen Werkzeuge auch eine Skalierung der Perspektive, um sowohl die Mobilisierung der Reformen auf übergreifender Maßstabsebene als auch die konkreten Reformprojekte, Instrumente und Strategien der Verwaltungsneuordnung anhand konkreter Fallbeispiele zu untersuchen. Mit Hilfe der Analyse von Regierungspraktiken, -strategien und -technologien lässt sich herausarbeiten, wie betriebswirtschaftlich inspirierte Formen von Verwaltungsorganisation und Verwaltungshandeln mobilisiert und adaptiert werden und in der Folge im urbanen Kontext Produktivität entwickeln bzw. produktiv gemacht werden. Diese Perspektive gerät jedoch dort an ihre Grenzen, wo die Neuordnung städtischer Verwaltungen hinsichtlich ihrer Relevanz für die Ausübung politischer Herrschaft eingeordnet werden muss (vgl. Stützle 2006: 201f). Zur weiteren Diskussion und Reflektion der Ergebnisse aus der Analyse der die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen prägenden Machtpraktiken, -strategien und -technologien orientiere ich mich an den Ausführungen von Nicos Poulantzas und daran anschließenden Arbeiten (vgl. Brenner/Heeg 1999; Buckel et al. 2013; Demirović 2007 [1987]; Hirsch 2005; Jessop 1992; Poulantzas 2002 [1978]). Poulantzas konzipiert den Staat als spezifische Verdichtung des Kräfteverhältnisses zwischen Arbeiter_innenklasse und Bourgeoisie und begründet ihn damit auf deren antagonistischer Position in den Produktionsverhältnissen bzw. dem Klassenkampf: »Die Besonderheit des modernen Staates beruht […] auf der relativen Trennung des Politischen vom Ökonomischen und auf einer Neuorganisation ihrer Räume und Felder ausgehend von der vollständigen Besitzlosigkeit der unmittelbaren Produzenten in den kapitalistischen Produktionsverhältnissen.« (Ebd. 2002 [1978]: 81)
Das, was als Staat den gesellschaftlichen Kräften als autonome Struktur gegenübertritt, ist nach Poulantzas das Ergebnis politischer Kämpfe und eine spezifische Form politischer Herrschaft11 der Bourgeoisie als herrschender Klasse. Dies zeichne den 11 In Michel Foucaults Arbeiten wird die Entstehung des Staates als spezifische Form der Machtausübung entwickelt (siehe 2.4). Die zunehmende Integration von Machtbeziehungen im Staat bzw. eine Ausrichtung der Ausübung von Macht auf den Staat sind damit die materiellen Entstehungsbedingungen für die Herausbildung moderner Staatlichkeit (vgl. Foucault 2001, 2006a, 2006b).
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Klassencharakter des Staates aus. In gegenwärtigen Arbeiten wird der dieser Perspektive inhärente Klassenreduktionismus zurückgewiesen bzw. erweitert und die Materialität des Staates in einem heterogenen Feld aus Machtbeziehungen bzw. gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen begründet (vgl. Buckel et al. 2013: 49; Demirović 2007 [1987]: 109f). Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Interessen und Bedürfnisse in gleichem Maße Berücksichtigung finden und der Staat als Verkörperung oder gar Garant eines Allgemeininteresses zu verstehen ist. Dennoch fungiert der Staat als ideeller Gesamtkapitalist, dessen Aufgabe darin besteht »langfristig das politische Interesse der gesamten Bourgeoisie […] unter der Hegemonie einer ihrer Fraktionen […] [zu] repräsentieren« (Poulantzas 2002 [1978]: 158). Die Organisierung politischer Herrschaft ist jedoch nur aufgrund der relativen bzw. relationalen Autonomie (siehe zur Unterscheidung der beiden Begriffe 2.3.1) des Staates gegenüber den gesellschaftlichen Klassen möglich. Die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und Kräfteverhältnisse verdichten sich im Staat und schreiben sich in die Staatsapparate und das materielle Gerüst des Staates ein. Die relative Autonomie des Staates bedingt auch, dass der Staat als strategisches Feld (siehe 2.3.2) zu begreifen ist und die Staatsapparate strategische Selektivitäten aufweisen, die gewissen gesellschaftlichen Kräften und Strategien gegenüber offener sind als anderen. Auf dem strategischen Feld des Staates, wird um die Formulierung eines Allgemeininteresses und die Hegemonie einzelner Kapitalfraktionen gerungen. Die Formulierung eines Allgemeininteresses und das Bestimmen staatlichen Handelns erfordern die Produktion staatlichen Wissens über die zu regierenden Gegenstände und staatlichen Interventionsfelder. Der Staat als Wissensapparat (siehe 2.3.3) produziert damit nicht lediglich Wissen über bestehende Realitäten, sondern eigene Wissensbestände, die wiederum eigene soziale Realitäten staatlichen Handelns hervorbringen. Es stellt sich die Frage, wie Kernelemente des von Poulantzas inspirierten Staatsverständnisses auf den lokalen Staat als spezifische staatsräumliche Maßstabsebene (siehe 2.3.4) zu übertragen sind: Was bedeutet es, von einer relativen Autonomie des lokalen Staats zu sprechen und in welcher Hinsicht ist der lokale Staat als strategisches Feld Gegenstand von Transformationen? Die Neuordnungsprozesse auf lokalstaatlicher Maßstabsebene begreife ich als Instrument und Resultat veränderter politischer Herrschaft, die sich als Transformation des lokalen Staats in dessen politisch-administrative Apparate einschreibt und darin verdichtet. Dafür begreife ich sie als politisches Projekt innerhalb eines neoliberalen Hegemonieprojekts 12 der unternehmerischen Stadt als staatsräumliche Maßstabs-
12 »Hegemonieprojekte sind […] begrifflich entwickelte Abstraktionen, die zwar durchaus organisierte Bündnisse […] oder andere bewusst hergestellte Netzwerke beinhalten können, hierin aber keinesfalls aufgehen. Entsprechend lassen sich in Hegemonieprojekten
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ebene (vgl. Brenner/Heeg 1999; Harvey 1989; vgl. zur Genealogie der unternehmerischen Stadt am Beispiel Frankfurt am Main: Schipper 2013). Buckel et al. unterscheiden zwischen Hegemonieprojekten und politischen Projekten, wobei Hegemonieprojekte gewissermaßen mit bestehenden politischen Projekten umgehen müssen: »Um hegemonial zu werden, muss es einem Hegemonieprojekt gelingen, eine Reihe […] begrenzter politischer Projekte so in Stellung zu bringen, dass diese zum politisch-strategischen ›Terrain‹ werden, auf dem sich ein hegemoniales Projekt verdichten kann.« (2013: 48) In Anlehnung an Bieling und Steinhilber teilen sie damit zwar deren Ansicht, dass unter politischen Projekten »besondere, konkrete politische Initiativen« zu verstehen sind, »die sich selbst als Lösungen von drängenden sozialen, ökonomischen und politischen Problemen darstellen« (Bieling/Steinhilber 2000: 106), jedoch setzen Buckel et al. diese nicht mit hegemonialen Projekten gleich (vgl. Buckel et al. 2013: 48f; vgl. auch Kannankulam/Georgi 2012: 24f).13 Politische Projekte bilden vielmehr das politisch-strategische Terrain und »sind der größere Zusammenhang oder das Feld, auf dem gesellschaftliche Kräfte und politische Akteure versuchen, ihre jeweiligen (Klassen-)Interessen hegemonial durchzusetzen« (Kannankulam/Georgi 2012: 20). Weiter konkretisiert wird dies wiederum von Bieling und Steinhilber, die in der Analyse von politischen Projekten die Möglichkeit sehen, deren »Modus der Artikulation« herauszuarbeiten, worunter sie »das konkrete Zusammenspiel von interessenbasierten rationalen Strategien, der Praktiken der diskursiven Interaktion sowie der Strategien von Akteur_innen zusammenfassen, die sich teils bewusst aufeinander beziehen, sich aber auch voneinander abgrenzen und sich selbst nicht als Teil eines ›gemeinsamen Projektes‹ begreifen würden […].« (Buckel et al. 2013: 46, H. i. O.) 13 Im Rahmen der Forschungsgruppe Staatsprojekt Europa wurde eine historisch-materialistische Politikanalyse entwickelt, um die Operationalisierung materialistischer Staatstheorie für empirische Forschungsvorhaben zu ermöglichen (vgl. ebd.). Das zentrale Anliegen bei diesem Vorhaben ist die Beantwortung der Frage »Wie genau lassen sich die [im Staat verdichteten] gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse, die tendenziell unendlichen Akteursund Kräftekonstellationen mit ihren Myriaden von Handlungen, Taktiken und Strategien analytisch fassen?« (Ebd.: 43) Als Analysegegenstand werden Hegemonieprojekte bestimmt, die einerseits als analytische Abstraktionen, andererseits aber auch als Aggregation von Akteursstrategien existieren (vgl. ebd.: 47). Unterschiedliche Hegemonieprojekte versuchen auf dem strategischen Feld des integralen Staats Hegemonie zu erlangen. Zur Analyse dieses Prozesses schlagen Buckel et al. einen analytischen Dreischritt vor, der aus Kontextanalyse (Strukturfaktoren und konjunkturelle Dynamiken sowie deren Relevanz für die Kräfteverhältnisse eines Konflikts), Akteursanalyse (Akteur_innen und deren Strategien, die sich in einem Hegemonieprojekt zusammenfassen und analysieren lassen) und Prozessanalyse (Kampfprozesse der am Konflikt beteiligten Akteure in unterschiedlichen Phasen) besteht (vgl. ebd.: 53ff).
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Formen der affektiven Imagination« verstehen, was auf den spezifischen Charakter politischer Projekte schließen lasse (2000: 109). Die Konzeptualisierung der Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen als politisches Projekt ermöglicht den Brückenschlag zwischen dem oben skizzierten analytischen Rahmen in Anlehnung an Michel Foucault (siehe 2.2) auf der einen Seite und der Spiegelung der damit gewonnenen Erkenntnisse vor dem Hintergrund eines historisch-materialistischen Staatsverständnisses in Anschluss an Nicos Poulantzas auf der anderen Seite. Die Praktiken, Strategien und Technologien der Mobilisierung und Stabilisierung einer betriebswirtschaftlichen Transformation der lokalen Verwaltungsapparate – verstanden als politisches Projekt – können auf diese Weise hinsichtlich ihrer Relevanz für die relative bzw. relationale Autonomie des lokalen Staates, dessen strategische Selektivität und seine Funktion als Wissensapparat sowie als spezifische staatsräumliche Maßstabsebene reflektiert werden. Vor diesem Hintergrund ist nicht davon zu sprechen, dass die Transformation der lokalen Staatsapparate im Zeichen des NSM allein eine technische und instrumentelle Modernisierung städtischer und kommunaler Verwaltungen umfasst. Es handelt sich vielmehr um eine Veränderung in der Ausübung politischer Herrschaft auf lokaler Maßstabsebene. 2.3.1 Die Relationalität staatlichen Handelns und die Organisierung politischer Herrschaft Den Staat als soziales Verhältnis und als Verdichtung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse zu betrachten bedeutet, nicht von einer kausalen Ableitung des Staats auszugehen. Die konfligierenden Interessen der Einzelkapitale werden in heterogenen Apparaten und Strategien im Staat organisiert, was nur gelingen kann, »wenn er [der Staat] gegenüber dieser oder jener Fraktion […] eine relative Autonomie behält« (Poulantzas 2002 [1978]: 158, H. i. O.). Die Loslösung des Politischen als Staat von der Gesellschaft kann dabei nicht als einmaliger Akt verstanden werden, sondern stellt einen anhaltenden Prozess der Begründung dar, in dem die relative bzw. relationale Autonomie des kapitalistischen Staates ständig hergestellt und bearbeitet wird (vgl. Demirović 2007 [1987]: 120). Der Staat ist in diesem steten Prozess der Stabilisierung und Transzendierung weder als bloßes Instrument herrschender Klassen (-fraktionen) noch als losgelöster struktureller Überbau oder unabhängig handelndes Gesamtsubjekt zu verstehen, das gegenüber der Gesellschaft wirkt. Ein historisch-materialistisches Staatsverständnis und eine damit korrespondierende Analyseperspektive gehen zum einen von der Materialität gesellschaftlicher Praxis aus und zum anderen davon, dass die grundlegend von Herrschaft strukturierte kapitalistische Gesellschaft von einem historischen Wandel geprägt ist, der sich in
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»der Praxis und den konkreten Auseinandersetzungen der gesellschaftlichen Akteur_innen begründet« (Buckel et al. 2013: 44, H. i. O.). Davon ausgehend wird der Staat als Verdichtung gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse gesehen, womit dem Umstand Rechnung getragen wird, dass eine politische Praxis und damit verbundene Ziele und Inhalte nicht gegen Veränderungen und Transformationen abgeschlossen sind, auch wenn sie eine gewisse Stabilität aufweisen. Im Prozess der Verdichtung »geraten die ursprünglichen Konflikte, Akteure und Ziele aus dem Blick. Es kommt zu […] Allgemeinheitsbildungen, die ökonomische oder zivilgesellschaftliche Kräfteverhältnisse verschieben, überlagern, verbergen, unzugänglich machen. Mit dieser Verdichtung verbinden sich politische Repräsentationsbeziehungen, die aufgrund eines alchemistischen Vorgangs dazu führen, daß in den Repräsentanten keine einzelne Klasse oder Fraktion mehr eindeutig identifiziert werden kann.« (Demirović 2007 [1987]: 123)
Die Abwesenheit der unmittelbaren Artikulation partikularer Interessen und die Formulierung und Repräsentation eines Allgemeininteresses auf dem Feld des Staats scheinbar jenseits der gesellschaftlichen Konflikte sind konstitutiver Ausdruck politischer Herrschaft im Kapitalismus (vgl. ebd.). Die daraus resultierende formelle Trennung des Staates von den gesellschaftlichen Klassen beinhaltet, dass die ökonomisch herrschende Klasse nicht mit der die Staatsapparate besetzenden Klasse identisch ist (vgl. Hirsch 2005: 46). Die relative Autonomie des Staates verweist also »auf die Materialität dieses Staates in seiner relativen Trennung von den Produktionsverhältnissen und auf die durch diese Trennung implizierte Spezifität der Klassen und des Klassenkampfes« (Poulantzas 2002 [1978]: 158). Relative Autonomie und Materialität des Staates prägen auch das Verhältnis zwischen administrativem Apparat und Politik. So erfordert die Durchsetzung von Politiken »auch die Übereinstimmungen über die Erhaltung von Amtshierarchien, von Gesetzen und Politiken« (Demirović 2007 [1987]: 123). In Poulantzas Worten bedeutet dies, dass sich »Veränderungen in der Staatsmacht […] in diesem Apparat ebensowenig wie in jedem anderen Apparat automatisch oder mechanisch in Transformationen seiner eigenen Materialität niederschlagen« (Poulantzas 2002 [1978]: 201). Bob Jessop14 kritisiert am Begriff der relativen Autonomie, dass dieser zu sehr der strukturalistischen Tradition in Anschluss an Louis Althusser verhaftet sei und 14 Jessop entwickelt in seiner Abarbeitung an Poulantzas einen strategisch-relationalen Ansatz zur Analyse des kapitalistischen Staats (vgl. 2007). Der Ansatz fokussiert dabei auf die Macht des Staats und nicht in erster Linie auf die Staatsapparate. Form und Dynamik politischer Auseinandersetzungen müssen nach Jessop in einen breiteren sozialen Kontext eingeordnet und hinsichtlich der Strategien bestimmter Akteur_innen inner- und außerhalb des Staats analysiert werden.
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dass Poulantzas nicht erklären könne, wie die relative Autonomie des Staates die Herrschaft der bürgerlichen Klasse garantiere (vgl. Jessop 1985: 130ff, 1990: 101f, 1999, 2007: 118ff). In seiner Auseinandersetzung mit Poulantzas’ Arbeiten betont er, dass dieser vor allem in seinem in Deutschland unter dem Titel Staatstheorie veröffentlichten Buch eine Selbstkorrektur vornimmt und sich vom Begriff der relativen Autonomie distanziert (vgl. Jessop 1999: 41). Dies ist vor allem auf die Integration von Michel Foucaults Überlegungen zur Relationalität von Machtverhältnissen zurückzuführen. Jessop verweist auf Poulantzas’ Verständnis vom Staat als soziales Verhältnis, womit auch der relationale Charakter der Staatsmacht ins Zentrum der Auseinandersetzung rückt (vgl. ebd.: 50): Beim Staat handelt es sich um ein »ensemble of power centers and capacities that offer unequal chances to different forces within and outside the state and that cannot, qua institutional ensemble, exercise power« (Jessop 2010: 45, H. i. O.). Von der relationalen Autonomie des Staates zu sprechen, verweist darauf, dass dessen eigene Macht- und Handlungsressourcen als von Ökonomie und Gesellschaft getrenntes institutionelles Ensemble nicht in den formalen Grenzen des Staates herund sichergestellt werden, sondern als Ausdruck gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse zu begreifen sind. Die langfristige Sicherung politischer Interessen der Bourgeoisie geschieht nicht im Staat alleine, sondern »as the resultant of a multiplicity of diversified micro-policies reflecting in turn the class struggles and contradictions inscribed in a specific manner – due to its structural selectivity – in the state itself« (Jessop 1985: 133f). Es ist davon auszugehen, dass der Staat in seiner Materialität und seinen Handlungsressourcen von den vielfältigen gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen und ausgetragenen Konflikten geprägt und damit immer provisorisch, fragil und begrenzt ist (vgl. Jessop 1999: 46). Dies bedenkend steht bei der Betrachtung der Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen die Annahme im Zentrum, dass »reorganizing the state – its modes of representation, its internal articulation, its modes of intervention, its social basis, the currently dominant state project or mode of political legitimation […] – will change its strategic selectivities« (ebd.: 55). Der relationale Charakter der Möglichkeiten und Formen staatlichen Handelns ist von den Kapazitäten und Machtressourcen der gesellschaftlichen Kräfte geprägt, die außer- und innerhalb des Staates um dessen Erhaltung und Transformation sowie die Durchsetzung ihrer Interessen ringen. Dieses Ringen auf dem strategischen Feld des Staates hat Auswirkungen auf die Frage, welche Strategien bei der vermittelten Artikulation von Interessen (potentiell) erfolgreich sind (vgl. ebd.: 62).
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2.3.2 Die strategische Selektivität des Staates und der Staat als strategisches Feld Ausgehend vom relationalen Charakter und der davon geprägten Autonomie staatlichen Handelns fasst Poulantzas den Staat als strategisches Feld, auf dem sich die Widersprüche und Klassenkämpfe entsprechend der Bedingungen des Staates artikulieren und sich in das materielle Gerüst des Staates einschreiben (vgl. Demirović 2007 [1987]: 118). Mit der davon geprägten strategischen Selektivität des institutionellen Ensembles Staat wird umschrieben, »daß bestimmte Staatsformen einige Strategien gegenüber anderen, den Zugang einiger Kräfte gegenüber anderen, einige Interessen gegenüber anderen, einige Zeithorizonte gegenüber anderen, einige Koalitionsmöglichkeiten gegenüber anderen privilegieren. […] Und er [der Staat] wird sich aufgrund der Interventionsweisen und Ressourcenformen, die dieses System charakterisieren, zur Verfolgung einiger Typen ökonomischer oder politischer Strategien eher als zu anderen eignen.« (Jessop 1992: 3)
Der Staat verfügt über eine eigene Dichte und Widerstandskraft, die dazu führen, dass Veränderungen der dem Staat zugrundeliegenden gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse nur in gebrochener, differenzierter und den einzelnen Apparaten entsprechender Art und Weise artikuliert werden (vgl. Poulantzas 2002 [1978]: 162). Gleiches gilt auch für die strategische Artikulation partikularer Interessen und die transformierende Einflussnahme, die sich ebenfalls nur mittelbar in die Materialität des Staates einschreiben (vgl. Hirsch 1992: 217). Die sozialen Machtbeziehungen, die den Staat und sein materielles Gerüst hervorbringen und durchziehen, formen die Möglichkeiten, Interessen durchzusetzen, weswegen Policies bzw. Politikfelder als Voraussetzungen und Produkte sozialer Auseinandersetzungen zu begreifen sind und nicht als rationale Instrumente zur Lösung spezifischer Probleme und Bedürfnisse (vgl. Brand 2013: 427ff; Jessop 1999: 59). Der strategisch-relationale Charakter des Staats wird deutlich, wenn er »als Resultat vergangener, als Schauplatz aktueller und Ursprung zukünftiger Strategien gedacht wird« (Biebricher 2012: 21). Dies verweist auf die raumzeitliche Komplexität, von der auch die Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen geprägt sind und die nicht als lineares Ergebnis unmittelbarer Durchsetzung herrschender Interessen begriffen werden können. Die Transformation der Staatsapparate kann folglich nicht auf eine Veränderung der Staatsmacht beschränkt werden, womit auf das integrale Staatsverständnis zu verweisen ist, das Poulantzas in Anlehnung an Antonio Gramsci übernimmt. Dieser hat »das Konzept des ›integralen Staates‹ vorgeschlagen, welcher zivilgesellschaftliche Organisationen mit umfasste, um durch diesen konzeptionellen Bezugspunkt eine analytische Engführung der politischen Analyse von Hegemonie zu vermeiden«
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(Biebricher 2012: 13f). Dies konkretisiert das Verständnis der oben diskutierten relationalen Autonomie staatlichen Handelns (siehe 2.3.1). So ist es nicht möglich sich bei der Auseinandersetzung mit dem Staat und seiner Transformation auf die juridisch-administrativen Apparate desselbigen zu beschränken (vgl. Jessop 1999: 56). Der Begriff des integralen Staats umfasst folglich nicht nur die politischen Institutionen im engeren Sinne, sondern »den gesamten Komplex praktischer und theoretischer Aktivitäten […], womit die führende Klasse ihre Herrschaft nicht nur rechtfertigt und aufrechterhält, sondern es ihr auch gelingt, den aktiven Konsens der Regierten zu erlangen« (Gramsci 1996: 7; zit. n. Buckel et al. 2013: 31). Dies gelingt über die moralische und intellektuelle Führung mittels Hegemonie, die nicht nur im und durch den Staat, sondern auch von der Zivilgesellschaft hergestellt wird, die bspw. aus Kirchen, Vereinen, Gewerkschaften und Massenmedien besteht (vgl. Buckel et al.: 32). Der (integrale) Staat bildet sich demnach aus der politischen Gesellschaft und der Zivilgesellschaft. Die Herstellung von Hegemonie geschieht dabei durch Intellektuelle wie Partei- und Gewerkschaftsfunktionär_innen, Fernsehmoderator_innen, Bürokrat_innen, Journalist_innen und Angestellte von Think Tanks, die die »Techniker_innen der Hegemonie« (ebd.) sind. Gramscis Perspektive auf den erweiterten Staat zeigt, »dass der Staatsapparat selbst von solchen Akteuren geschaffen, erhalten und erzeugt wird. Der Staat entsteht und bleibt immer Teil eines umfassenden Netzwerks von sozialen Beziehungen und Aktivitäten.« (Demirović 2011: 94) Wird der Staat einerseits gedacht als »Ermöglichungsagentur« (Lessenich 2009; zit. n. Buckel et al. 2013: 27), mittels derer gesellschaftliche Konflikte bearbeitbar gemacht werden und Stabilität hergestellt wird, muss andererseits berücksichtigt werden, dass nicht allein der Staat die gesellschaftliche und ökonomische Reproduktion gewährleistet, sondern auch die Zivilgesellschaft (vgl. Opratko 2012: 39ff). Wenn auch der Staat nicht auf sich selbst beschränkt betrachtet werden kann, so ist seine Trennung gegenüber der Ökonomie und Zivilgesellschaft konstitutiv. Diese ist die Grundlage für den institutionellen Aufbau des Staates und dessen Materialität (vgl. Buckel et al. 2013: 28). Gesellschaftliche Kräfte und Staat beziehen sich in ihren Interessen, Strategien und Handlungen aufeinander, was den Staat als strategisches Feld gesellschaftlicher Auseinandersetzungen konstituiert und zu widersprüchlichen und konkurrierenden Politiken führt (vgl. ebd.: 29f; vgl. auch Jessop 1985: 125ff; Poulantzas 2002 [1978]: 167f). Dies drückt sich in Form von Einflussnahme, Zustimmung, Konsens und Zugeständnissen oder auch Nichtentscheiden aus (siehe 2.3.3). Der Staat ist jedoch hinsichtlich der reziproken Einflussnahme von und gegenüber konkurrierenden gesellschaftlichen Kräften nicht nur als strategisches Feld zu betrachten. Diese Beziehung drückt sich auch im materiellen Gerüst des Staates und seinen Apparaten selbst aus, was dazu führt, dass der Staat nicht als homogener Apparat bzw. »monolithischer Block« (ebd. 2002 [1978]: 164) anzusehen ist, der rational arbeitsteilig organisiert ist
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und die direkte Artikulation von Interessen ermöglicht, sondern als ein »widersprüchliches und fragmentiertes Ensemble von Staatsapparaten« (Buckel et al. 2013: 29) mit einer spezifischen Eigendynamik. 15 Die gesellschaftlichen Widersprüche zwischen den einzelnen Klassen und Klassenfraktionen »nehmen im Innern des Staates die Form von internen Widersprüchen zwischen den verschiedenen staatlichen Zweigen und Apparaten an, sowie die Form von Widersprüchen innerhalb dieser Zweige und Apparate sowohl in vertikaler wie in horizontaler Richtung« (Poulantzas 2002 [1978]: 164).
Poulantzas orientiert sich dabei an Foucaults Überlegungen zur Mikrophysik der Macht, da die Multiplizität von Machverhältnissen innerhalb des Staats und auf ihn bezogen zu dessen innerer Fraktionierung und dem daraus resultierenden chaotischen Charakter bei der Formulierung und Umsetzung politischer Inhalte führt (vgl. Jessop 1999: 49). Dabei kommt dem Staatspersonal eine besondere Rolle zu, das in unterschiedlichen Bereichen des Staats unterschiedliche Affiliationen zu gesellschaftlichen Klassen aufweist und damit die interne Teilung des Staats mit herstellt (vgl. ebd.). Vor dem Hintergrund der raumzeitlich spezifischen strategischen Selektivität des Staats ist auch die Mobilisierung und vor allem Institutionalisierung neuer Verwaltungssteuerung zu betrachten. Dies hat zur Konsequenz, die Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen nicht als technokratisch-homogenen Prozess zu diskutieren, sondern Verwerfungen und Transformationen als konstitutiven Ausdruck der spezifischen relationalen Autonomie und strategischen Selektivität des Staats zu begreifen. 2.3.3 Der Staat als Wissensapparat Der Staat repräsentiert nach Poulantzas ein spezifisches Verhältnis von Macht und Wissen, das auf der gesellschaftlichen Trennung von geistiger und manueller Arbeit aufbaut und auch im Staat und seinen Apparaten eingeschrieben ist. Die spezifische Beziehung zwischen Wissen und Macht ist in dem organisatorischen Gerüst des Staates verkörpert, was sich bspw. in der Möglichkeit zeigt, Ebenen der Delegation von Entscheidungs- und Handlungsbefugnissen, Formen der (Nicht-)Verteilung von Wissen oder der Qualifikation und Einstellung des Staatspersonals zu bestimmen (vgl. Poulantzas 2002 [1978]: 86):
15 In Bob Jessops Worten zusammengefasst bedeutet das, dass »the state system is characterized by complex, cross-cutting, decentralized, non-hierarchical, and antagonistic relations among the different branches of the state system« (1985: 126).
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»Das Verhältnis Wissen-Macht manifestiert sich schließlich in besonderen Techniken der Machtausübung […]: durch eine Reihe von Ritualen, Diskursformen, strukturierten Typen der Thematisierung, Formulierung und Behandlung von Problemen durch die Staatsapparate […].« (Ebd.: 87)
Das von Poulantzas als Staat zusammengefasste Ensemble von Apparaten, Strategien und Instrumenten, das sich in Abhängigkeit von den gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen immer wieder neu begründet und in seiner Trennung als politische Sphäre gegenüber der Ökonomie neu konstituiert, muss als dynamisch begriffen werden und beinhaltet »wichtige Modifikationen auf dem Gebiet der politischen Herrschaft« (ebd.: 155). Das Erzeugen und Erhalten von Staatlichkeit ist als ein Prozess der Universalisierung mittels Wissensproduktion und Wahrheitspolitik zu verstehen, deren Artikulation unter anderem via politischer und rechtlicher Verfahren stattfindet (vgl. Buckel et al. 2013: 32, 62). Das staatlich produzierte Wissen – oder anders das Staatswissen – stellt keine bloße Dokumentation oder Erfassung existierender sozialer Realitäten dar, sondern eine eigene soziale Realitäten herstellende Praxis. Dieses abstrakte und administrative Wissen spielt bei Poulantzas historisch vor allem eine Rolle hinsichtlich der bürokratischen Standardisierung und bei der Herausbildung einer vereinheitlichten Nationalsprache durch den Staat (vgl. Stützle 2006: 194ff). In einem erweiterten Verständnis bestimmt das durch den Staat produzierte abstrakte und administrative Wissen erstens Handlungsfelder und -strategien, die die Grundlage staatlicher Interventionen sind. Über die Formulierung von Policies – im Sinne einer Wissensproduktion durch den Staat – werden Probleme auf eine bestimmte Art und Weise bestimmt und adressiert und die Grundlage für legitimes staatliches Handeln gelegt (vgl. Brand 2013: 427). Zweitens lässt das Staatswissen die sozialen Verhältnisse als kontrollierbar und regierbar erscheinen. Dieser produktive Aspekt des Staates hat zugleich auch organisierende Wirkung. Der Staat als soziales Verhältnis »stabilisiert dabei nicht einfach eine vorgefundene Ordnung, sondern bringt jene vergeschlechtlichten, ethnisierten und Klassen-Subjekte mit hervor, die […] als fixe und vorstaatliche Akteur_innen vorkommen und darüber naturalisiert werden« (Buckel et al. 2013: 29). Dafür steht der Staat außerhalb der Gesellschaft, wodurch er in der Lage ist, das gesellschaftliche Allgemeine – in relationaler Autonomie (siehe 2.3.1) von den Kämpfen und Widersprüchen der Gesellschaft – zu repräsentieren (vgl. ebd.: 27). Damit bildet der Staat zugleich Existenzbedingung und Ergebnis der kapitalistischen Produktionsweise, die sich ansonsten nicht reproduzieren könnte (vgl. Stützle 2006: 188). Die staatlichen Apparate produzieren strategisches Wissen (vgl. ebd.: 193f) und Wissensfelder, was dazu dient, in einem ständigen und prekären Prozess ein hegemoniales Gesamtinte-
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resse auszuarbeiten. Das Ergebnis ist nicht eine von Widersprüchen befreite allgemeine Strategie des Staates, sondern eine Strategie, diese Verwerfungen und Konflikte zu bearbeiten und zu bewältigen. Der Staat im engeren Sinne ist keineswegs alleiniger Ausgangspunkt der Produktion, Organisierung, Sanktionierung und Verbreitung von Wissen (vgl. ebd.: 201). Wie am Beispiel der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen veranschaulicht werden kann, sind die Gegenstände der Wissensproduktion, die die »Verwaltungsmodernisierung« hervorbringt, legitimiert und gestaltet, ebenjene Strukturen und Handlungsweisen der administrativen Staatsapparate im engeren Sinne. Getragen wird dies erstens von einem breiten Feld zivilgesellschaftlicher Akteur_innen, das sich auf die Verfasstheit der städtischen und kommunalen Verwaltungslandschaft in Deutschland bezieht (siehe 3.2). Grundlage und Ergebnis dieses Prozesses ist jedoch auch, dass zweitens in den administrativen Apparaten selbst – gemessen an Effizienz und Effektivität – kontinuierlich Wissen über administrative Handlungs- und Verfahrensweisen produziert wird. Der Staat als Wissensapparat produziert also nicht nur Wissen über Felder staatlicher Interventionen, sondern – mit der Einführung unternehmerischer Verwaltungssteuerung – auch in neuer Qualität prüfendes Wissen über das administrative Gerüst selbst. Die Perspektive auf den Staat als integraler Staat bzw. als die Einheit von politischer Gesellschaft und Zivilgesellschaft, macht deutlich, dass die staatliche und zivilgesellschaftliche Wissensproduktion als integriertes und relationales Artikulationsverhältnis begriffen werden muss, in dem – abhängig von den zeiträumlich spezifischen gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen – Staatlichkeit hergestellt wird (vgl. Demirović 2011: 94). Mit Hilfe der Überprüfung administrativen Handelns anhand betriebswirtschaftlicher Maßstäbe wird ein Wissens- und Interventionsfeld geschaffen, über das Notwendigkeit und Ausgestaltung einer Reform der administrativen Apparate des lokalen Staats nicht nur legitimiert, sondern erst hergestellt werden. 2.3.4 Die Transformation des lokalen Staats als staatsräumliche Maßstabsebene Kommunen »stellen innerhalb der gesamtstaatlichen Ordnung einen eigenständigen Politikbereich dar, in dem andere Verfahrens- und Konfliktregelungsmuster gelten als auf Landes- und Bundesebene« (Bauer 2007a: 404). Die hier angedeutete Besonderheit der Kommunen als staatsräumliche Maßstabsebene geht über die hier genannten spezifischen »Verfahrens- und Konfliktregelungsmuster« hinaus, wie Margit Mayer ausführt: »Während sie [die Kommunen] ein innovatives, wachstumsförderndes Klima bereitstellen sollen, müssen sie gleichzeitig Krisenmanagement und Regulationsformen erfinden, um […] das
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jeweilige endogene Potential zu stärken, und Kooperationsbeziehungen zwischen öffentlichen und privaten Akteuren zu initiieren und zu steuern. Damit übernimmt die lokale Politik eine wichtige Rolle im langfristigen Umbauprozeß […].« (1992: 210)
Mit der Krise des Fordismus ist eine Reskalierung und Dezentralisierung wirtschaftspolitischer Entwicklungen verbunden, wodurch lokale und regionale Wirtschaftsräume an Bedeutung gewannen. Margit Mayer sieht die »materielle Basis für die Aufwertung der lokalen Ebene« und deren daraus resultierende Autonomie in der »Dezentralisierung akkumulationsbezogener Entscheidungen« in Folge der Destabilisierung des fordistischen Akkumulationsregimes. Diese Entwicklung habe »lokalisierte Problemkonstellationen« und entsprechend »örtliche Einmaligkeit« zur Folge gehabt (vgl. ebd.: 212). Die Herausbildung konkreter lokaler Unterschiede hängt zunächst davon ab, »welches Produktions- und Dienstleistungsprofil und welche Art Infrastruktur und Umgebung bereits existieren, und in zweiter Linie von der Effizienz, mit der lokale Regierung und Partnerschaften die besondere Symbiose lokaler Voraussetzungen bereitstellen können« (ebd.). Eine ähnliche Bedeutung schreibt Neil Brenner der lokalen Maßstabsebene zu, wenn er feststellt, dass die »proliferation of entrepreneurial approaches to urban governance represents a key expression and outcome of the place- and scale-specific types of state spatial projects and state spatial strategies […]. As such, entrepreneurial urban policies have been closely intertwined with contemporary processes of state rescaling.« (Brenner 2004: 177)
Über die Feststellung, dass der lokale Staat eine wichtige Maßstabsebene im Kontext politischer, wirtschaftlicher und sozialer Transformationsprozesse darstellt, gehen Duncan et al. (1987: 11) hinaus, wenn sie davon sprechen, dass die Differenzierung zwischen dem Staat im Allgemeinen und dem lokalen Staat im Besonderen nur als eine analytische Abstraktion zu begreifen ist. Die Entwicklung lokaler staatlicher Institutionen und die ungleiche Entwicklung des Kapitalismus stehen ihnen zufolge in einer einander vermittelnden Beziehung zueinander: »Um wirksam zu sein, müssen staatliche Systeme auf lokaler, subnationaler Ebene entwickelt werden.« (Ebd.: 10) Weiter argumentieren sie, dass diese Ebenen auch die strukturelle Kohärenz und räumliche Fixierung politischer Herrschaft gewährleisten und damit die ungleiche Entwicklung des Kapitalismus organisieren (ebd.: 15f). Der allgemeine Charakter des Staates ist eine Folge dessen, dass dies nicht auf einen einzelnen Ort zu begrenzen ist, sondern multilokal stattfindet. Duncan et al. ergänzen, dass – als Effekte räumlicher Kontingenz gedachte – »[v]orgängige soziale und natürliche Unterschiede, oder unterschiedliche Dimension und Wirkung aktueller Veränderungen beeinflussen,
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wie, in welchem Ausmaß und sogar ob überhaupt bestimmte soziale Prozesse verlaufen« (ebd.: 10).16 Der Bedeutungszuwachs der lokalstaatlichen Maßstabsebene wirft die Frage auf, welche Handlungsressourcen hier bestehen. Mit Stefan Krätke und Fritz Schmoll kann in Bezug auf den lokalen Staat von einer relationalen Autonomie gesprochen werden. Diese besteht erstens gegenüber der lokalen und regionalen Ökonomie und zweitens gegenüber zentralstaatlichen Hierarchien und Institutionen (vgl. Krätke/ Schmoll 1987: 43). Hier lässt sich differenzieren, dass der lokale Staat sowohl als Agent zur Durchsetzung neuer Politiken fungiert als auch aufgrund seiner relationalen Autonomie bei Reformversuchen be- oder verhindernd wirken kann (vgl. Duncan/Goodwin 1985: 202). Lokalstaatliche Strukturen begründen und reproduzieren sich in einem Spannungsverhältnis von Territorialität und Relationalität in einem ständigen und von gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen geprägten Prozess. Die räumliche Maßstabsebene lokaler Staatlichkeit muss verstanden werden als »constructed out of interrelations, as the simultaneous coexistence of social interrelations and interactions at all spatial scales, from the most local level to the most global. […] The spatial spread of social relations can be intimately local or expansively global, or anything in between. Their spatial extent and form also changes over time.« (Massey 1992: 80)
Auf diese Weise ist es möglich, über einen ökonomischen Funktionalismus lokaler Staatlichkeit in Form einfacher ortsbezogener Wirtschafts(-förder-)politik hinauszugehen. Die Diffusion des räumlichen Blicks auf den Untersuchungsgegenstand Verwaltung hat zur Folge, dass städtische und kommunale Verwaltungen und deren Neuordnung nicht auf das administrativ-institutionelle Gerüst oder juridische Grenzen zu reduzieren sind. Nach Alex Demirović stellt »die Verwaltung in einem etwas konkreteren Sinn […] ein Kräfteverhältnis dar«, wozu bspw. die »Besetzung der Ämter, Amtswissen und Entscheidungen nach Akten- und Gesetzeslage, Juristenmonopol für den höheren Beamtendienst und damit ein bestimmtes Wissen und professionelles Verhaltensmuster« zu zählen seien (2007: 121). Dem Verwaltungsapparat spricht er eine besondere Dichte und Widerstandskraft zu, was jedoch nicht zur Folge habe, dass dieser
16 Dabei gehen Duncan et al. davon aus, dass keine Kausalbeziehung zwischen bestimmten Formen ungleichmäßiger Entwicklung und daraus resultierenden Politiken besteht und aus diesem Grund eine rein theoretische und statistische Analyse nicht möglich ist. Sie schlagen stattdessen vor, empirische Untersuchungen anzustellen, um herauszuarbeiten, »welche Mechanismen von einer Sphäre sozialen Handelns auf eine andere übertragen werden« (Duncan et al. 1987: 19).
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vor Konflikten und Kompromissen geschützt sei. Es gehe bei der Ausübung politischer Macht dementsprechend vor allem darum, »die Langfristigkeit einer bestimmten Kräftekonstellation herzustellen, die die geregelte Lösung von ›Konflikten‹ der Kompromißparteien ermöglicht […] [und die] darüber hinaus in der Fähigkeit [besteht], geregelte Veränderungen vornehmen zu können, um neu entstehende gesellschaftliche Probleme zu lösen« (ebd.: 121f).17
Allgemein gesagt, können die im Staat organisierten herrschenden Kräfte »dessen Kernbereich reorganisieren, den Ressourcenbedarf überprüfen, die Art der Aufgaben und den Umfang des Personals« (ebd.). Demirović unterscheidet in seinen Ausführungen nicht zwischen staatsräumlichen Maßstabsebenen. Dennoch sind die Gestaltung, Durch- und Umsetzung administrativer Reformprozesse, wie sie im Rahmen des NSM auf lokalstaatlicher Ebene festzustellen sind, vor diesem Hintergrund als Ergebnis von Kräfteverhältnissen zu betrachten. Verwaltungsreformen sind einerseits Gegenstand dieser Kräfteverhältnisse und haben andererseits selbst die Bedingungen zum Gegenstand, unter denen Interessen gegenüber dem Staat und durch ihn artikuliert sowie Kompromisse ausgehandelt und eingegangen werden. Es handelt sich also um einen Prozess, in dem darum gerungen wird, langfristig Kräftekonstellationen herzustellen. Diese ständigen Anpassungen werden von Demirović als »Oszillieren« beschrieben, das schwächer und stärker ausfallen kann, während deren Langfristigkeit darin besteht, dass die Interessen der Bourgeoisie gesichert werden (vgl. ebd.). In diesem Sinne ist auch die Neuordnung städtischer Verwaltungen zu verstehen, bei der es sich um einen über mehrere Jahrzehnte andauernden Reformprozess handelt, über den fragmentiert und in Konjunkturen eine betriebswirtschaftlich geprägte Regulierung und Selbstbegrenzung administrativen Handelns etabliert wurde. Die Neuordnung des lokalen Staats ist von einer Fragmentierung gekennzeichnet, da lokalstaatliche Exekutivorgane in teilautonome Institutionen mit Unternehmenscharakter überführt werden. Diese lokalstaatliche Fragmentierung muss über ihren strategischen Einsatz verstanden werden: 17 Zu den »geregelten Veränderungen« zählen »die Schaffung oder Abschaffung von Ministerien, der neue Zuschnitt von Ministerien, die Verlagerung von Abteilungen an andere Ministerien, das Verhältnis von Zentralregierung und Regionen, die Schaffung von neuen Polizeieinheiten, die Restrukturierung des Militärs, der Streit um das Juristenmonopol und die Ausbildung von JuristInnen, die Privatisierung staatlicher Aufgabenbereiche wie Bahn und Telekommunikation, die Einführung von Managementmethoden in der staatlichen Verwaltung und eines leistungsorientierten Dienstrechts, das den Mechanismus der Beförderung nach Dienstjahren beseitigt, die Ausgliederung von Bediensteten aus dem Beamtenverhältnis« (Demirović 2007 [1987]: 121f).
68 | V ERWALTUNG DER UNTERNEHMERISCHEN STADT »The creation of semi-autonomous communal enterprises was not just an appropriate precondition for the privatization of local state tasks, but also for their dedemocratization and depoliticization, as these bodies are to a large extent beyond the reach of elected local governments […].« (Krätke/Schmoll 1991: 549)
Die damit einhergehende Verschiebung der Grenze bzw. Diffusion zwischen Öffentlich und Privat bzw. Staat und Nicht-Staat verweist darauf, dass »behind the alliterative phrase ›from government to governance‹ lies a series of crucial transformations in the social, political, economic and cultural relations which operate in and around the local state. There has been a restructuring of the institutions and mechanisms through which local governance operates, as well as changes in the content of political struggles, projects and alliances.« (Goodwin/Painter 1996: 635)
Dieser Prozess findet seinen Ausdruck in der Re-Skalierung von Staatlichkeit, die auf der Ausweitung unternehmerischer Strategien und Praktiken unternehmerischer Governance18-Formen gründet (vgl. Brenner 2004: 177). Mit deren Herausbildung wird die formale Trennung zwischen Staat und Gesellschaft nur auf den ersten Blick um neue Handlungs- und Kooperationsformen ergänzt. Governance verweist nicht auf Defizite in der staatlichen Handlungs- und Durchsetzungskraft und kann ebenso nicht als illegitime Einflussnahme nichtstaatlicher Akteur_innen betrachtet werden, sondern formalisiert diese und erhebt sie »zu einem politisch wirksamen Tatbestand« (Demirović 2011: 84). Mehr noch handelt es sich dabei um die aktive Verfolgung und Schaffung »einer neuen politisch-staatlichen Strategie des Regierens« (ebd.: 88). Die angenommene Grenze zwischen Staat und Gesellschaft wird damit nur scheinbar durchlässiger, da die Formalisierung dieser Beziehungen wiederum eigene Selektivitäten aufweist (Finanzmittel, Wissen, politische Mobilisierungsfähigkeit, formale Qualifikation, Betroffenheit) (ebd.: 98, siehe auch 2.3.2). Wie Susanne Heeg (2001) feststellt, sind im urbanen Kontext seit den 1980er Jahren korporatistische Verhandlungssysteme zur politischen Interessensvermittlung, die auf einer deutlichen Trennung von Staat und Markt basieren, durch Netzwerke, Allianzen, Kooperationen und andere Formen öffentlich-privater Partnerschaften ergänzt worden. Diese sollen wiederum unternehmerische und private Flexibilität für stadtentwicklungspolitische Maßnahmen mobilisieren:
18 Siehe zur Governance-Diskussion in den Politikwissenschaften: Benz 2006, Jakubowski 2007, Mayntz 2010; kritisch: Brand 2006, Buckel et al. 2013: 22ff, Demirović 2011: 73ff, Jessop 2011b; zu Urban Governance: Brenner 2009, Jessop 2002b, 2008, Mayer 1997, Swyngedouw 2005.
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»Stadtplanung und -politik soll durch ein flexibles Stadtmanagement ersetzt werden, dessen Aufgabenbereich eher Dienstleistungen für private Akteure und Unternehmen, Organisation von konsensualen Abstimmungsprozessen und Servicemaßnahmen umfasst. Insofern zielen die Veränderungen auf eine Stärkung der Privatinitiative und des Marktes bei einer gleichzeitigen Reduzierung staatlicher Tätigkeit auf vermittelnde Staatsfunktionen.« (Ebd.: 42)
Bob Jessop (2011b: 50) schreibt dem Staat eine (immer noch) dominierende Rolle zu, da in der Formalisierung von bislang informellen politischen Verhandlungssystemen eine Antwort auf das Problem schwindender Legitimität und Effektivität bei der Formulierung und Umsetzung von Politiken besteht. Dabei greift der Staat auf Kollaborationsformen zurück, mit deren Hilfe er das Ziel verfolgt, die unterschiedlichen Verhandlungssysteme innerhalb und jenseits des Staats in Balance zu halten (vgl. ebd.: 53f). Auf diese Weise soll eine Art Metagovernance des integralen Staats (siehe 2.3.2) gewährleistet werden, wobei der Staat eine dominierende Position einnimmt (vgl. ebd.: 63f). Der interlokale Wettbewerb, in dem Städte wie private Unternehmen miteinander konkurrieren, impliziert eine marktorientierte Politik, mit deren Hilfe Wachstum und Ökonomie gefördert werden sollen und für die neue politisch-institutionelle Formen staatlichen Handelns entwickelt und institutionalisiert werden, die einer formal-demokratischen Kontrolle tendenziell entzogen sind (vgl. Krätke/Schmoll 1991: 550). Der Prozess marktähnlicher bzw. marktvermittelter sozialer Restrukturierung ist nach Krätke/Schmoll (1991: 545ff) durch drei Dimensionen charakterisiert, die sich auf lokalstaatlicher Maßstabsebene artikulieren: •
•
•
Privatisierung: Staatliches Eigentum wird als antikapitalistisch angesehen, weswegen es zu umfangreichen Privatisierungsprozessen kommt. In den Bereichen, in denen von öffentlicher Seite öffentliche Infrastruktur und sozialpolitische Institutionen bereitgestellt werden, stehen Staatsapparate unter dem Druck Unternehmensform anzunehmen oder sich daran in Organisation und Handeln zu orientieren. Deregulierung: Staatliche Kontrolle wird zugunsten von mehr Marktwirtschaft und marktförmiger Regulation reduziert. Dies hat nicht zwingend zur Folge, dass der Staat per se über weniger Einfluss verfügt oder weniger Einfluss nimmt. Staatliches Handeln erfolgt jedoch in einer veränderten Struktur. Flexibilisierung: Flexibilisierung und eine damit einhergehende Individualisierung der sozialen Strukturen bedingen deren zunehmende Fragmentierung. Diese Ausdifferenzierung ist als Ergebnis lokalstaatlichen Handelns zu sehen. Seit den 1970er Jahren wird die Strategie verfolgt, hochqualifizierte Einkommensgruppen in urbane Zentren zu ziehen, wo Aufwertungsstrategien und Stadterneuerungsprogramme für die Schaffung eines entsprechenden Angebots genutzt werden.
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Als ein Ergebnis dieser Entwicklungen ist eine Dezentralisierung auf lokalstaatlicher Maßstabsebene festzustellen, über die – im Sinne einer kleinteiligen und integrierenden Lösungssuche – mit Hilfe der Institutionalisierung halbstaatlicher Mediationsorganisationen Interessen des Immobilienkapitals bedient werden (vgl. ebd.: 546). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine staatstheoretische Rahmung der Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen eine wichtige Ergänzung beiträgt hinsichtlich der Analyse der Praktiken, Strategien und Technologien, die diese ermöglicht, hervorgebracht und stabilisiert haben. Besonders eindrucksvoll unterstreichen dies die Arbeiten von Michael Felder (1998, 2000, 2001). Felder sieht einen »Zusammenhang zwischen Verwaltungsmodernisierung und neuen Formen der Artikulation zwischen Politik und Ökonomie« (Felder 2001: 144). Dominierend sei dabei die Entpolitisierung der Implementationsbeziehungen, die sich einerseits aus der korrespondierenden Ökonomisierung der inneren Verwaltungsstrukturen und -abläufe und andererseits aus der deutlichen Trennung von Politik und Verwaltung zusammensetze (vgl. ebd.: 139f). Damit haben sich nach Felder »die Bedingungen für das Politische – im Sinne des gesellschaftlich Gestalt- und Entscheidbaren – […] unter den Bedingungen einer neuen Form von Staatlichkeit und der mit ihr korrespondierenden Form von Herrschaft durch Organisation (Bürokratisierung) verändert« (ebd.: 173f).
Die Modernisierung der lokalen Verwaltungsapparate in Deutschland seit den 1980er Jahren habe »neue kognitive Referenzpunkte und normative Referenzpunkte […] und damit zugleich neue strategische Selektivität generiert« (ebd.: 163). Die Legitimation administrativen Handelns leitet sich nicht mehr primär aus dessen Rechtmäßigkeit ab, sondern ist an eine »scheinbar eigenständige und unpolitische ökonomische Legitimationsquelle gebunden« (ebd.: 141). Die neue strategische Selektivität, die Felder ausmacht, führt er erstens auf die Begründung administrativen Handelns über dessen betriebswirtschaftlich abbildbaren Output zurück, mit welcher der Einzug der dafür notwendigen Sprache in die Verwaltungen einhergegangen sei (vgl. Felder 2000: 1097). Zweitens begründet er sie mit dem Aufbau neuer Verhandlungssysteme, denen er eine starke Tendenz zur Problemlösung attestiert (vgl. Felder 2001: 164f). Die zunehmende Bedeutung selektiv-korporatistischer Strukturen zeichne sich drittens dadurch aus, dass die Einflussmöglichkeiten ungleich verteilt seien, wodurch auch immer eine Abschottung gegenüber am Prozess nicht Beteiligten möglich sei, was beides zu einer Verengung der Selektivität des Staates führe (vgl. ebd.: 165). Die von Felder skizzierten Veränderungen in der strategischen Selektivität des lokalen Staats wirken sich auf die Artikulation von Interessen gegenüber und durch den Staat als strategisches Feld aus:
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»Die Inhaber der Grenzstellen bekommen den Spielraum, den sie als institutionelle Entrepreneure benötigen. Zugleich schaffen die damit einhergehenden Formen der Entdifferenzierung die Voraussetzung dafür, daß sich die im ökonomisch-modularisierten Organisationsregime angelegten neuen Formen bürokratischer Herrschaft durch die neuen Governance-Regime entfalten.« (Ebd.: 167f)
Die in dem Zitat angesprochenen Entdifferenzierungsprozesse sieht Felder als Folgen der Ökonomisierung von Verwaltungsstruktur und -handeln (vgl. ebd.: 142ff). Diese umfassen erstens die Ineinssetzung von Verwaltungshandeln und gesellschaftlichen Problemlagen. Die Einführung und Verwendung ökonomischer Kennzahlen hat eine Komplexitätsreduzierung zur Folge, wodurch gesellschaftliche Problembereiche in ein technokratisches Verwaltungsinstrumentarium transformiert werden, was sich wiederum auf die damit verbundenen Politikinhalte (Policies) auswirkt. Zweitens beschreibt er die Entdifferenzierung von politischem Prozess (Politics) und demokratischen Regulationsprinzipien. Die Ökonomisierung des Verwaltungshandelns infolge der Übertragung scheinbar neutraler ökonomischer Kriterien führt zu einer Entpolitisierung des Verwaltungshandelns und einer Ökonomisierung des politischen Handelns. Drittens ziehe die neue Verwaltungslogik die Umformulierung gesellschaftlicher Interessen nach sich. Es ist eine Restriktion der Schnittstellen der Verwaltung zu ihrem gesellschaftlichen Umfeld festzustellen, »indem nur noch das als anschlussfähig gilt, was in der neuen ökonomischen Sprache der Verwaltung formuliert wird« (ebd.: 143). Dies hat unter anderem zur Folge, dass Akteur_innen im sogenannten Dritten Sektor ihr Handeln entsprechend des ökonomischen Verwaltungshandelns neu organisieren müssen. In der Diffusion und Neuziehung der Grenzen dessen, was als lokaler Staat und dessen Verwaltungsapparate beschrieben werden kann, sind Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen als Praktiken, Strategien und Technologien politischer Herrschaft zu sehen, die sich als Verdichtungen gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse institutionalisieren und in den lokalen Staat und seine Apparate einschreiben.
3. Die Neuordnung städtischer Verwaltungen Das Neue Steuerungsmodell und darüber hinaus
»Die Verwaltung hat sich in den letzten 15 Jahren einem grundlegenden Funktionswandel unterzogen. Neben ihre traditionellen Aufgaben, nämlich die des Nachvollzugs von sich ändernden politischen Vorgaben und die des Wahrens fachlicher Kontinuität jenseits von Legislaturperioden, ist die Funktion des Steuerns getreten. Diese Funktion korreliert mit einer kritischen Überprüfung der von der Verwaltung wahrzunehmenden Aufgaben und zu erbringenden Leistungen […].« (SCHLUSCHE 2000: 229)
Gemeinhin gilt Deutschland bei der hier zusammengefassten Reformbewegung städtischer und kommunaler Verwaltungen im internationalen Vergleich als Nachzügler. Länder wie die Niederlande, Großbritannien oder Australien hatten bereits eine Dekade früher vergleichbare Reformbestrebungen unter dem Begriff des New Public Management (NPM) mit unterschiedlichen Strategien verfolgt und umgesetzt. Für die verzögerte Entwicklung in Deutschland werden ein reformhemmender Etatismus, die lange Zeit weniger angespannte Finanzlage der öffentlichen Haushalte, die Isolation der deutschen Verwaltungen vom internationalen Reformdiskurs und die Aufgaben und Belastungen der deutschen Wiedervereinigung verantwortlich gemacht (vgl. Reichard 1997: 50). Im deutschen Reformdiskurs hat das sogenannte Neue Steuerungsmodell (NSM), das von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) maßgeblich initiiert und ausgearbeitet wurde, ab den 1990er Jahren eine große Integrationskraft entwickelt. Das NSM kann als spezifisch deutsche Variante des NPM gesehen werden, ohne daraus abgeleitet werden zu können.
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In diesem Sinne sind NPM und NSM ähnlich, ohne unmittelbar verwandt zu sein.1 In diesem Abschnitt beschäftige ich mich mit dem NSM nicht als einer konkreten Praxis, sondern als Wissensform, Strategie oder Denksystem. Erst in den darauffolgenden Kapiteln werde ich anhand der beiden Fallbeispiele Berlin und Frankfurt am Main die konkrete Reform- und Verwaltungspraxis vor dem Hintergrund des NSM diskutieren. Im NSM werden unterschiedlichste alte und neue Programme und Vorhaben der Verwaltungsreform – sei es in den Bereichen Personal, Organisation, Verfahren oder Haushalt – unter einem neuen Oberbegriff zusammengefasst, weswegen dem NSM Leitbildfunktion zugeschrieben wird (vgl. Jann 2005: 74f). Den kleinsten gemeinsamen Nenner im fachwissenschaftlichen Diskurs bilden die Analogien Bürger_innen = Kund_innen und Verwaltung = Unternehmen (vgl. Vogel 2006: 500). Das NSM stellt mit der Integration mehrerer bereits existierender Reformvorhaben einen ganzheitlichen Ansatz dar, mit dem nicht versucht wird, einzelne Verwaltungsbereiche zu reformieren, sondern ein grundlegend neues Verständnis von Verwaltung – eine neue Verwaltungskultur – zu etablieren. Die seit den 1970er Jahren mehr oder weniger ergebnislos verfolgten Reformen seien einerseits zwar als Vorarbeiten für das NSM zu sehen, dennoch sei es andererseits zu einem Reformstau gekommen, der Handlungsdruck erzeugt habe (vgl. Reichard 1997: 51f). Die Reformdynamik, wie sie ab den 1990er Jahren in deutschen Städten und Kommunen zu beobachten ist, zeichnet sich gegenüber vorherigen Initiativen dadurch aus, dass sie von einem breiten Feld zivilgesellschaftlicher Akteur_innen getragen wird und in ihr eine spezifische Strategie zum Ausdruck kommt: Anstatt eine flächendeckende, einheitliche und gleichzeitige Reform bestimmter Instrumente und Teilbereiche zu verfolgen, geht es in der Mobilisierungsphase des NSM in erster Linie darum, ein neues Bild und Selbstverständnis kommunaler und städtischer Verwaltungen als aktive und innovative Dienstleistungsunternehmen zu etablieren. Zentraler Bestandteil dieses neuen Verständnisses ist die ständige (Selbst-)Überprüfung des politisch-administrativen Handelns in Bezug auf das Verhältnis von Angebot und Nachfrage und hinsichtlich dessen Wirtschaftlichkeit über virtuellen bzw. faktischen
1
Jenny Künkel hat diesen Gedanken über den Vergleich von scheinbar wandernden Policies in einem Workshop des Verbundprojekts Neuordnungen des Städtischen im Oktober 2012 in Frankfurt geäußert. Meiner Meinung nach passt er auch sehr gut für das Verhältnis von NPM und NSM. Beschreibt NPM eine globale Reformbewegung, die in zahlreichen Ländern zu beobachten ist, so sind das NSM und der deutsche Reformweg zwar Teile davon, lassen sich aber nicht kausal daraus ableiten.
3. DIE N EUORDNUNG
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Wettbewerb2 zwischen Städten und Kommunen, zwischen öffentlichen und privatwirtschaftlichen Anbieter_innen oder auch zwischen Einheiten innerhalb einer Verwaltung. Diese Wirkungsweise betrachte ich als Problematisierung des richtigen Maßes an administrativem Handeln und damit als Strategie zur Neubestimmung dessen, was als Aufgaben der lokalen Verwaltungen angesehen wird und wie diese erbracht werden. Ansatzpunkt ist dabei die Handlungsautonomie der deutschen Kommunen, die unabhängig von zentralstaatlichen Vorgaben Reformbestrebungen verfolgen sollen. Trotz der konstitutiv zeit-räumlich fragmentierten Umsetzung der Verwaltungsreform besitzt das NSM aufgrund seiner Leitbildfunktion eine hohe Integrationskraft (siehe 3.3.1). Im Kern der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen nach der Programmatik des NSM steht die Ökonomisierung von Verwaltungsstruktur und -handeln. Diese zeichnet sich durch die Integration von privatwirtschaftlichen Instrumenten aus, womit die Vorstellung einhergeht, dass die als starr und unbeweglich angenommene klassische Verwaltung durch eine dynamische und innovative Verwaltung ersetzt wird, deren Handeln an der Maxime der Wirtschaftlichkeit ausgerichtet ist (vgl. Vogel 2006: 275f). Es muss dabei zwischen dem programmatischen Anspruch des NSM und dessen Umsetzung unterschieden werden. Erhöhte Wirtschaftlichkeit und erzielte Einsparungen sind nicht ausschließlich auf die Einführung des NSM zurückzuführen (vgl. ebd.: 277). Anhand der Fallbeispiele Berlin und Frankfurt am Main lässt sich zeigen, dass sich die Ökonomisierung im Zuge der Neuordnung lokaler Verwaltungsapparate nicht nur auf die administrative Binnenstruktur bezieht, sondern – über die Kernelemente des NSM hinaus – unternehmerische Strategien und 2
Nach Nullmeier (2005) sind virtueller und faktischer Wettbewerb zu unterscheiden. Ersterer entstehe durch »wechselseitige systematisierte Beobachtung in einem Vergleichsverfahren« (ebd.: 111), bei dem es aber nicht zu einem Marktausscheiden kommen könne. Letzterer beschreibt ein »Wettbewerbsumfeld, dem sie [die Beteiligten] sich nicht straflos entziehen können« (ebd.: 112). Spielen bei der Mobilisierung des NSM vor allem Formen virtuellen Wettbewerbs eine Rolle, kommt faktischer Wettbewerb erst zum Tragen, wenn öffentliche Leistungen ausgeschrieben werden und Verwaltungseinheiten mit privaten Anbieter_innen um den Zuschlag konkurrieren. Formen des virtuellen Wettbewerbs sind nach Nullmeier Kosten- und Leistungsvergleiche, Benchmarking, Preisvergaben, Quasi-Märkte und der Wettbewerb um Bürger_innenzufriedenheit (ebd.). Auch wenn sich Nullmeiers Ausführungen durch eine zu kurz gegriffene Naturalisierung faktischen Wettbewerbs auszeichnen – schließlich muss auch dieser bspw. über die Garantie von Vertragsfreiheit und Privateigentum hergestellt bzw. abgesichert werden –, stehen bei der Auseinandersetzung des NSM in erster Linie virtuelle Formen des Wettbewerbs im Fokus, da diese sich eben durch jene aktive und künstliche Herstellung von Wettbewerbssituationen auszeichnen und auf eine indirekte Verhaltensführung der Kommunen und der in ihnen Tätigen abzielen.
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Instrumente im Umgang mit öffentlichem Liegenschaftseigentum festzustellen sind (siehe 4. & 5.). Das Ziel dieses Abschnitts ist es nicht, eine detaillierte Chronologie der Neuordnung städtischer Verwaltungen zu entwickeln. Stattdessen wird ein Einblick in das »Denksystem« der Neuordnung städtischer Verwaltungen gegeben, das hier als ein Macht/Wissen-Komplex verstanden wird (siehe 2.2.3). Leitfragen sind dabei: • • •
Welche Problematisierungen dienen als Anknüpfungspunkte für die Mobilisierung der Verwaltungsreform in den 1990er Jahren (siehe 3.1)? Wie kam es zur Mobilisierung der unternehmerischen Rationalisierung öffentlicher Verwaltungen auf lokalstaatlicher Maßstabsebene (siehe 3.2)? Welche Praktiken, Strategien und Technologien prägen die Implementierung der Neuordnung städtischer Verwaltungen (siehe 3.3)?
3.1 D IE M EHRFACHKRISE
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Die Neuordnung städtischer Verwaltungen konnte nicht im luftleeren Raum an Dynamik gewinnen, sondern bedurfte und bedarf einer Reihe von Problematisierungen, die als Anknüpfungspunkte für korrespondierende Lösungs- und Bearbeitungsstrategien fungieren. Der damit verbundene Handlungsdruck führt schließlich zur Erfindung des NSM als unternehmerische Neuordnung städtischer Verwaltungen, mit dem einerseits Problematisierungen performativ stabilisiert und anderseits korrespondierende Instrumente und Strategien zur Lösung der Legitimations- und Finanzierungskrise angeboten werden. Diese lassen sich als Mehrfachkrise zusammenfassen, die unterschiedliche Krisenmomente integriert: »Haushaltsdefizite, steigende Abgabenlast, Intransparenz, mangelnde Kundenorientierung staatlichen Handelns etc. sind die Krisenzeichen des öffentlichen Sektors, die nicht erst seit gestern Kritiker und Reformer gleichermaßen auf den Plan gerufen haben. Politik und Staatsverdrossenheit einerseits, ›New Public Management‹ bzw. ›Neues Steuerungsmodell‹ anderseits haben ihre Wurzel in derselben Erkenntnis: Staat und Verwaltung bedürfen neuer Konzeptionen, um die anstehenden Probleme zu bewältigen.« (Geyer/Mohn 1997: 13)
Zu den hier angesprochenen Krisenmomenten – bestehend aus Finanzierungs- und Haushaltskrise sowie Legitimations- und Regulationskrise – ist unter dem Schlagwort Globalisierung auch die mangelnde globale Ausrichtung lokaler Verwaltungen zu zählen. Die angesprochenen Probleme sind keineswegs erst seit den 1990er Jahren auf dem Tableau, kulminieren in dieser Zeit jedoch in einem spürbaren Finanzierungsdefizit vor allem auf städtischer und kommunaler Ebene.
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Die Neuordnung städtischer Verwaltungen bzw. das NSM als programmatischer Platzhalter ist mit einer Zielvorstellung verbunden, die auf einer Reihe von Problematisierungen aufbaut, ein korrespondierendes Set an Strategien und Instrumenten anbietet und gleichzeitig von unterschiedlichen Akteur_innen getragen wird. Die Neuordnung städtischer Verwaltungen stellt ein abstraktes, zu etablierendes Ziel dar, das aber nie endgültig erreicht werden kann. Auch lässt sich für diese Zielsetzung kein singulärer Ursprung – weder in zeitlicher noch handlungstheoretischer Hinsicht – bestimmen. Die Neuordnung städtischer Verwaltungen kann demnach als Strategie ohne Subjekt begriffen werden: »Das Ziel existierte also, und die Strategie hat sich mit immer größerer Kohärenz entfaltet, ohne daß man ihr jedoch ein Subjekt unterstellen müßte, das die Gesetzgebung innehätte und das Gesetz in der Form eines ›Du mußt, Du darfst nicht‹ aussprechen würde.« (Foucault 1978: 134f) Was Michel Foucault hier für die Modernisierung der Arbeiterklasse feststellt, kann auch auf die Modernisierung städtischer und kommunaler Verwaltungen übertragen werden. Erst im Laufe der Zeit konnte die Notwendigkeit zur Modernisierung und eine damit korrespondierende Reformprogrammatik institutionalisiert werden. In den einzelnen Bundesländern wurden erst nach und nach entsprechende Gesetze verabschiedet, die zu einer verbindlichen Kodifizierung von länderspezifischen gesetzlichen Verallgemeinerungen führte. Es lassen sich zwei Dimensionen benennen, entlang derer prozesshaft eine kontinuierliche Synchronisierung möglich gemacht wurde – die Binnen- und Außendimension der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen (siehe Tab. 2). Tabelle 2: Dimensionen neuer Verwaltungssteuerung nach dem NSM Binnendimension Verhältnis Politik – Verwaltung Trennung von Politik und Verwaltung (»Was« und »Wie«)
Außendimension Ablösung des klassischen Bürokratiemodells • Verfahrensinnovationen • Organisationsinnovationen • Personalinnovationen
• Kund_innen-
orientierung • Wettbewerbs-
elemente
Quelle: Vgl. Bogumil et al. 2007a: 31
Erstens werden mit Hilfe betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente Verwaltungshandeln und -struktur entlang bzw. auf Basis ökonomischer Rationalitäten neu geordnet. Das Ziel besteht nicht in der umfassenden und abschließenden Durchsetzung einer einmaligen Reform, sondern in der Etablierung einer ständigen Rechenschaftspflicht hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit von Verwaltungshandeln. Dazu
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wird eine klare Trennung von Politik (eindeutige Zielbestimmung) und Verwaltung (autonome Aufgabenerfüllung) gefordert. Damit sollen Innovationspotentiale in der Verwaltung geschaffen und gleichzeitig Vergleichbarkeit von Verwaltungshandeln ermöglicht werden. Die Reformentwicklung in Deutschland weist einen Schwerpunkt hinsichtlich der Binnenmodernisierung der Verwaltungen auf. Zweitens wird mit der Einführung (betriebswirtschaftlicher) Leistungs- und Kennzahlen der Vergleich zwischen öffentlichen und privaten Leistungserbringer_innen ermöglicht, was wiederum zu einer zunehmenden Wettbewerbsregulierung führen soll (vgl. Banner 1994c: 158). Dies und die Finanzierungskrise der öffentlichen Haushalte bereiten das Feld für die Diskussion über unterschiedliche Formen der Privatisierung (vgl. DBB 1996: 21ff; Pelizzari 2001: 24f). Innen- und Außendimension der Verwaltungsneuordnung sind folglich zu unterscheiden, bedingen sich jedoch gegenseitig konstitutiv und greifen produktiv ineinander. Die im Folgenden skizzierten Problematisierungen sind nicht nur als Anknüpfungspunkte für Lösungs- und Bearbeitungsstrategien zu sehen, sondern produzieren auch das Bild der reformbedürftigen Kommunalverwaltung und damit verbundenen Handlungsdruck. Die Problematisierungen reichen von der Bedeutung der lokalen Maßstabsebene in einer global integrierten Ökonomie über die Finanz- bzw. Finanzierungskrise der öffentlichen Haushalte bis hin zu rechtstaatlichen Überlegungen hinsichtlich der Legitimität von Verwaltungshandeln. 3.1.1 Schlagwort »Globalisierung« Die Notwendigkeit effizienteren Verwaltungshandelns wird oft diffus mit Globalisierungsprozessen in Verbindung gebracht, ohne dass expliziert würde, worin diese genau bestehen (vgl. Damkowski/Precht 1998b: 503; Koch 2004: 19; Naschold 1995a: 21). Generell wird konstatiert, dass mit Globalisierungsprozessen eine Schwächung traditioneller Staatlichkeit einhergeht, was aufgrund zunehmender Komplexität einen Verlust an Steuerungsfähigkeit bedinge und die Notwendigkeit nach sich ziehe, lokale und regionale Antworten zu ermöglichen und zu entwickeln (vgl. Ellwein 1997: 8ff). Trotz der fehlenden Spezifität steht jedoch fest: »Diskussionen um den Standort Deutschland sowie die Erkenntnis, daß öffentliche Verwaltung einen Wettbewerbsfaktor darstellt […], haben den Druck auf Organisationsveränderungen in der öffentlichen Verwaltung erhöht.« (Hill 1997: 3) Gerade vor dem Hintergrund der immer weiter zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Integration in Europa müsse »eine leistungsfähige Kommunalverwaltung« als »ein Standortfaktor ersten Ranges« angesehen werden (KGSt 1992: 3). Aber auch allgemeiner wird in den Publikationen zum NSM festgehalten, dass die »Globalisierung von Güter- und Faktormärkten« zu den »strukturell geänderte[n]
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Rahmenbedingungen innerhalb und außerhalb des politisch administrativen Systems« zähle (BS/KGSt 2009: 10). Unter anderem würde die Globalisierung neue Problemlagen hervorbringen, welche die gesamte Gesellschaft durchdringen würden und deswegen weitreichende Anpassungen des Staates erforderlich machten (vgl. Naschold 1995a: 61). Der mit der globalen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Integration entstehende Außendruck auf die öffentlichen Verwaltungen würde dabei noch schwerer wirken als der interne Reformdruck (vgl. ebd.: 62). Zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit städtischer und kommunaler Verwaltungen – gedacht als Standortfaktor – müssten gerade Städte und Kommunen sich vor dem Hintergrund der »europaweiten Standortkonkurrenz für Unternehmen und Arbeitskräfte« (KGSt 1993: 9) stärker »angepaßter betriebswirtschaftlicher Instrumente und Verfahren aus dem privaten Sektor« bedienen (KGSt 1992: 3). Die veränderten makroökonomischen Rahmenbedingungen machten eine Anpassung staatlicher Aufgaben hinsichtlich ihres Umfangs und der Art und Weise ihrer Erbringung zwingend notwendig, wobei ökonomische Effizienz zum handlungsleitenden Prinzip erhoben wird (vgl. Naschold 1995a: 71). Die damit einhergehende Ökonomisierung kommunalen Verwaltungshandelns findet jedoch nicht im luftleeren Raum statt, sondern bezieht sich problematisierend auf die wohlfahrtsstaatliche Organisation öffentlicher Daseinsvorsorge. Es sei notwendig, »das vormals stark wohlfahrtsstaatlich geprägte Konzept des Regierens und Verwaltens auf die veränderten Anforderungen der Globalisierung anzupassen« (Koch 2004: 2). Die Neuordnung der öffentlichen Verwaltungen wird als notwendige Anpassung betrachtet, die private Unternehmen mit der Aufgabe Taylor’scher Produktionsprinzipien im Kontext internationalen Wettbewerbs bereits hinter sich gebracht hätten (vgl. Hill 1997: 2f). Mehr noch könne davon ausgegangen werden, »daß der Bezug zur Wirtschaft gewollt ist und bewußt gesucht wird« (Klages 1995: 207). Eine unternehmerisch strukturierte Verwaltung wird als wirtschaftspolitische Notwendigkeit betrachtet, um den Standort Deutschland im zunehmend globalisierten Wettbewerb um Investitionen, Unternehmen und Arbeitskräfte konkurrenzfähig zu machen: »Diesem internationalen Trend wird sich die Bundesrepublik nicht entziehen können. Die Verschärfung der Standortkonkurrenz im Zuge der europäischen Entwicklung wird uns zwingen, aus der Kommunalverwaltung mehr Flexibilität und Leistung herauszuholen.« (Banner 1991: 11) Die Steigerung der Effizienz und der Handlungsfähigkeit sowie die Schaffung neuer Handlungsformen und -felder zur Erbringung administrativer Aufgaben wird als Sachzwang inszeniert, der vor dem Hintergrund der zunehmenden wirtschaftlichen Integration auf globaler und vor allem europäischer Ebene keine Alternativen zulässt. In dieser Problematisierung ist implizit enthalten, dass bis Ende der 1980er Jahre hinein bedeutsame Gewerbe- und Industriezweige an internationaler Wettbewerbsfähigkeit und damit auch an wirtschaftspolitischer Relevanz verlieren. Die öf-
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fentlichen Verwaltungen sollen mit dem NSM gerade auf städtischer und kommunaler Maßstabsebene reformiert werden, um in die Lage versetzt zu werden, die daraus resultierenden Herausforderungen lokal bewältigen zu können. Dazu zählen bspw. die Ansiedlung von IT- und Dienstleistungsunternehmen, die Schaffung attraktiver Wohn- und Arbeitsquartiere für qualifizierte Arbeitskräfte und die Bereitstellung von entsprechender (öffentlicher) Infrastruktur, um im internationalen Wettbewerb nicht abgehängt zu werden (vgl. Keil 2003; Mössner/Freytag 2014; Sassen 1991). Globalisierung wird hierbei als eine von außen über die Kommunen hereinbrechende Naturgewalt verhandelt, auf welche die Kommunen lediglich mit Anpassungen reagieren können. Bei dieser Sichtweise bleibt außer Acht, dass Globalisierungsprozesse nicht als dem Lokalen äußerlich begriffen werden können. Vielmehr ist von einem relationalen Verhältnis auszugehen, in dem lokale wie auch überlokale Prozesse und Beziehungen auf lokal spezifische Art und Weise miteinander artikuliert werden. Damit ist die Neuordnung städtischer Verwaltungen als Ergebnis eines Reskalierungsprozesses zu sehen, mit dem auf Ebene der Städte und Regionen neue Interventionsformen etabliert werden, um in einem sich intensivierenden interlokalen Wettbewerb unterhalb der Ebene der Nationalökonomien erfolgreich zu sein (vgl. Heeg 2008: 44ff; Swyngedouw 1997: 157f). 3.1.2 Haushalts- und Finanzierungskrise In der Frühphase der Mobilisierung des NSM begründet sich der Handlungsbedarf vor allem in einem diagnostizierten Steuerungsdefizit, wobei in der Folge die sich verschärfende Finanz- bzw. Finanzierungskrise der kommunalen Haushalte zunehmend handlungsleitenden Charakter hat und zu einer starken »Betonung von einsparorientierten NSM-Instrumenten wie Kostenrechnung und Budgetierung« führt (Reichard 1997: 51). Bei der Betrachtung der Relevanz der öffentlichen Haushaltssituation für die Neuordnung städtischer Verwaltungen sind drei Bedeutungsverhältnisse zu unterscheiden (vgl. Reissert 2006). Die Krise der öffentlichen Haushalte kann erstens Motor für die Durchsetzung von Reformen sein. Sie kann zweitens einen (begrenzenden) Rahmen für administrative Neuordnungsprozesse darstellen. Drittens kann die Verfassung der öffentlichen Finanzen auch selbst Gegenstand von Neuordnungsprozessen sein. Unabhängig vom Bedeutungsverhältnis wird die Situation der öffentlichen Haushalte in den Städten und Kommunen im Kontext des NSM bezüglich deren Krisenhaftigkeit thematisiert. Der Nexus aus Verwaltungsmodernisierung und Haushaltskonsolidierung ist in der Debatte um die Reform kommunaler Verwaltungen ein prägender Konflikt. Verweist die KGSt darauf, dass Modernisierung und Konsolidierung durchaus Hand in Hand gehen könnten (vgl. 1995: 7), wird von Kritiker_innen betont, dass die innerad-
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ministrativen Mikropolitiken eine umfassende und zielgerichtete Reform verhinderten (vgl. Fiedler 2001; Holtkamp 2008). In der Folge seien auch »Reformdividenden im Sinne finanzwirksamer Entlastungen« ausgeblieben (Fiedler 2001: 306). Von anderer Seite wird wiederum betont, dass die hohen Initiierungs- und Transaktionskosten zunächst zusätzliche finanzielle und organisatorische Belastungen schaffen würden, bevor Einsparungseffekte erzielt werden könnten (vgl. Kuhlmann/Wollmann 2006). So wiesen nicht die Kommunen mit dem höchsten Schuldenstand die größte Reformdynamik auf, sondern Kommunen, die noch über ausreichende organisatorische, personelle und finanzielle Kapazitäten verfügen, um die anfallenden Transaktionskosten einer umfassenden und über mehrere Jahre andauernden Verwaltungsreform überhaupt tragen zu können (vgl. Reissert 2006: 167ff). Dem wird entgegnet, dass es bei der Einführung der Instrumente des NSM in erster Linie um eine bessere Ausgabenkontrolle und -steuerung ginge, die nicht an und für sich zu Einsparungen führten (vgl. Banner 2008). Krise als Motor In einem Bericht der KGSt zum Thema Haushaltskonsolidierung lassen sich in den Projektberichten der teilnehmenden Verwaltungen unterschiedliche Begründungen für dessen Durchführung finden. In Bergisch Gladbach etwa zwinge »die Haushaltskrise […] zum Handeln« (KGSt 1994a: 15), in Dortmund herrsche eine Strukturkrise und es müssten Antworten auf die Wirtschaftsrezession sowie die hohen Wiedervereinigungskosten gefunden werden (vgl. ebd.: 18) und in Mannheim sei es die »allgemeine Haushaltssituation« (ebd.: 21), die zur Teilnahme veranlasst hätte. Allgemein gesagt, wird die Finanzierungskrise der öffentlichen Haushalte als »entscheidender Auslöser« betrachtet, der den notwendigen Druck erzeuge, damit »die aktuellen Reformbestrebungen nicht wie manche früheren Ansätze im Sand verlaufen« (Hill 1997: 3). Unter dieser Perspektive beansprucht das NSM nicht, die Krise der öffentlichen Haushalte in den Städten und Gemeinden an und für sich lösen zu können. Die Haushaltskrise öffnet vielmehr einen Raum des Sagbaren. Der so entstandene Handlungsdruck öffnet wiederum das Feld für Forderungen nach wirtschaftlicherem Handeln der Verwaltungen und der Initiierung institutioneller Reformprogramme. Die ideologisch geprägte Erzählung über die Krise der öffentlichen Haushalte fungiert als diskursive Strategie, um die Notwendigkeit eines institutionellen Wandels zu markieren (vgl. Fuller 2010). Die Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte erfährt damit in den 1990er Jahren eine mittelbare Normalisierung, da sie nicht mehr selbst als Gegenstand politischen Handelns gesehen wird, sondern vor allem als gesetzte Rahmenbedingung, an der sich die Modernisierungsprogramme der öffentlichen Verwaltung orientieren müssen, um ernst genommen zu werden. Mit der Etablierung des NSM als Lösungsperspektive für die eingeschränkte Handlungsfähigkeit der Städte und Kommunen verschiebt sich das Feld der Auseinandersetzung. Im Vordergrund stehen damit nicht die Wirtschafts- und Steuerpolitik
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als maßgebliche Stellschrauben für die Finanzierung der öffentlichen Haushalte. Das NSM legt den Fokus stattdessen auf die öffentlichen Verwaltungen, die unter gegebenen und nicht zu hinterfragenden Rahmenbedingungen – gleich einer Nabelschau – zusehen müssen, wie sie mit den zur Verfügung stehenden knappen bzw. knapper werdenden Ressourcen und gleichzeitig steigender Aufgabenlast handlungsfähig bleiben können. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass Kommunen, die aufgrund ihrer angespannten Haushaltslage Reformen initiieren, als Vorbilder und Orientierungspunkte für andere Städte und Gemeinden dienen: »[I]t seems plausible to hypothesize that municipalities suffering from particularly financial problems are the forerunners of administrative reform among local governments due to the stronger pressure for reform in such municipalities.« (Reissert 2006: 167) Die Konsequenz des Kostendrucks kann in einer Verantwortungsverschiebung gesehen werden, die sich durch die gesamte Reformdebatte und -praxis des NSM zieht. Das NSM »war nötig: Das Ende der Finanzkrise ist nicht abzusehen«, stellt die KGSt fest (1995: 7). Der Betonung endogener Konsolidierungspotentiale liege eine »Verschwendungsthese« zugrunde, die typisch für die Forderung nach neuen Formen der Verwaltungssteuerung sei (vgl. Holtkamp 2010: 8): Die Kommunen gingen mit den öffentlichen Geldern nicht wirtschaftlich genug um und seien damit für die missliche Lage selbst verantwortlich. Das Unvermögen der bürokratisierten Verwaltung und deren Hang zur Verschwendung führten dazu, »daß neue, gesellschaftlich dringliche Leistungen auf den vorhandenen Leistungsblock aufgeschichtet werden. Die Folge ist eine zunehmende Überforderung der Haushalte mit der Wirkung, daß die örtlichen Politikspielräume schrumpfen und die Abhängigkeit vom Staat wächst.« (Banner 1991: 7)
Damit werde der Handlungsdruck immer größer, an den bestehenden Strukturen etwas zu ändern, um Herausforderungen wie demographischem Wandel, Globalisierung oder Wertewandel gerecht werden zu können. Von der »Verschwendungsthese« ist die sogenannte »Opferthese« zu unterscheiden. Letztere besagt, dass exogene Faktoren für den hohen Verschuldungsstand der Kommunen verantwortlich seien, da diese nicht mit ausreichenden Finanzmitteln von Bund und Ländern ausgestattet würden (vgl. Holtkamp 2010: 7f). Hier wird die Finanzierungskrise der kommunalen und städtischen Haushalte mit externen Rahmenbedingungen in Verbindung gebracht, die in Wechselwirkung mit anderen Faktoren – wie bspw. Gesetzgebung oder makroökonomischen Entwicklungen – das Handlungsfeld auf kommunaler Ebene strukturieren. In beiden Fällen wird den Verwaltungen in den Städten und Kommunen ein Reformbedarf attestiert: Entweder sind diese selbst an ihrer Lage schuld und müssen an der eigenen Effizienz und Effektivität arbeiten oder sie können am Kontext ohnehin nichts ändern und müssen darauf reagieren.
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Krise als Rahmenbedingung Mit der Normalisierung der städtischen Finanzierungs- und Haushaltskrise werden diese zur Rahmenbedingung für städtisches Handeln. Konkretisieren lässt sich die allgemeine Feststellung der Krise städtischer Haushalte anhand der Verschuldung durch Kassenkredite, die Höhe der Sozialausgaben und den Umfang kommunaler Investitionen (siehe Abb. 2, Abb. 3 & Abb. 4). In Abbildung 2 ist zu erkennen, dass die Aufnahme von Kassenkrediten durch Kommunen seit den 1990er Jahren maßgeblich zugenommen hat. Diese können quasi als Dispo-Kredite bezeichnet werden, mittels derer Kommunen versuchen, unmittelbaren Zahlungsverpflichtungen kurzfristig nachzukommen. Als wesentliches Problem von Kassenkrediten wird gesehen, dass diesen keine Investitionen oder Sachwerte gegenüberstehen. Im Verhältnis zur Gesamtentwicklung der Kassenkredite von Gemeinden, Ländern und Bund ist die Aufnahme solcher Kredite durch die Kommunen besonders stark angestiegen. Abbildung 3 zeigt, dass die Kostenbelastung durch Sozialleistungen im Verhältnis zu den kommunalen Steuereinnahmen während der Krisenzeiten in den 1990er Jahren in Folge der Wiedervereinigung, nach dem Crash der New-Economy-Blase und zuletzt nach der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2008 steigt. Insgesamt ist über den Zeitraum ein allgemeiner Anstieg zu erkennen. Hierbei sind die Städte und Kommunen noch stärker als Bund oder Länder von der gesamtwirtschaftlichen Situation und der Entwicklung von Unternehmen abhängig, da die Gewerbesteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen darstellt. Durch diese hohe Abhängigkeit haben die Städte und Kommunen in Zeiten knapper Kassen deutlich weniger Spielräume als Bund und Länder, um zusätzliche Einnahmen zu generieren, da bspw. die Aufnahme neuer Schulden von den kommunalen Aufsichtsbehörden streng reglementiert ist (vgl. Reissert 2006: 166; Hill 1998 [1996]: 4).3
3
Besonders anschaulich ist dies am Beispiel des Kommunalen Schutzschirms, der von der Hessischen Landesregierung aufgelegt wurde. Dabei bekommen hochverschuldete Kommunen, die nicht in der Lage sind, einen – in der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) geforderten – ausgeglichenen Haushalt aufzusetzen, vom Land Gelder zur Tilgung ihrer Schulden oder Zinsbeihilfen zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug sind diese Kommunen gezwungen Ausgabenkürzungen bzw. Einnahmeerhöhungen vorzunehmen, um das Haushaltsdefizit auszugleichen (vgl. Hessische Landesregierung et al. 2012). Dieses Vorgehen wird als Nötigung und öffentliche Demütigung der betroffenen Kommunen kritisiert, die unter dem Schutzschirm nahezu keine eigenständigen Handlungsmöglichkeiten mehr besitzen.
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Abbildung 2: Kassenkredite beim nichtöffentlichen Bereich insgesamt und der Gemeinden im Besonderen 1990-2012
Quelle: Destatis 2014: 23, eigene Darstellung
Abbildung 3: Entwicklung der Steuereinnahmen und Sozialausgaben der Gemeinden, 1991-2011
Quelle: Destatis 2015b, eigene Darstellung
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Abbildung 4: Investitionsausgaben für Baumaßnahmen, (un-)bewegliches Sachvermögen, Beteiligungen 1990-2010
Quelle: Destatis 2015a, eigene Darstellung
Dies führt dazu, dass vor allem im Bereich öffentlicher Investitionen Einsparungen vorgenommen werden, da ansonsten langfristige Verpflichtungen oder gesetzliche Vorgaben existieren. Öffentliche Investitionen sind »the only major local expenditure category that is flexible and has, in fact, been reduced drastically in times of financial crisis« (Reissert 2006: 166). In Abbildung 4 lässt sich diese Entwicklung nachvollziehen: Stiegen die lokalen Investitionen durch die Kommunen mit der Wiedervereinigung von Ost- und West-Deutschland an, sanken diese seitdem kontinuierlich, bis sie im Jahr 2005 unter das Niveau aus der Zeit vor der Wende fielen. Ein Anstieg ist erst wieder mit den Konjunkturpaketen des Bundes und der Länder zu verzeichnen, die 2008 als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise verabschiedet wurden (Konjunkturpaket I »Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung«; Konjunkturpaket II »Pakt für Beschäftigung und Stabilität in Deutschland zur Sicherung der Arbeitsplätze, Stärkung der Wachstumskräfte und Modernisierung des Landes«). Dabei handelt es sich jedoch um einen einmaligen Effekt, der keine nachhaltige Wirkung zeigt. Die Handlungsspielräume der Kommunen sind in hohem Maß von ökonomischen und sozialpolitischen Entwicklungen abhängig. Als Beispiele können die Wirtschafts- und Finanzkrisen Anfang und Ende der ersten 2000er-Dekade genannt werden, wie auch die Reform der sozialen Sicherungssysteme oder die Aufgabe einer menschenwürdigen und nachhaltigen Unterbringung und Integration von Geflüchte-
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ten. Innerhalb dieser als krisenhaft beschriebenen und verhandelten Rahmenbedingungen sehen sich die Kommunen mit der Aufgabe konfrontiert, leistungsfähige und wirksame Lösungen zu entwickeln. Krise als Reformgegenstand Gerhard Banner stellt in seinem für den deutschen Reformdiskurs prägenden Beitrag »Von der Behörde zum Dienstleistungsunternehmen: Die Kommunen brauchen ein neues Steuerungsmodell« fest, dass das inputgesteuerte Haushaltssystem den veränderten Anforderungen nicht mehr gerecht werde, da Umfang und Komplexität der »Produktpalette der öffentlichen Hände noch einfach und anschaulich« gewesen seien, als es eingeführt wurde (1991: 9). Die outputorientierte Neuordnung städtischer und kommunaler Haushalte bzw. die Einführung einer unternehmensähnlichen Buchführung nimmt in der deutschen Reformentwicklung des NSM eine prominente Position ein (vgl. Reichard 1997: 51). In allen Bundesländern wurden Reformen vorgenommen, um entweder einzelne Elemente einer kaufmännischen Buchführung (erweiterte Kameralistik) bzw. die Doppelte Buchführung in Konten (Doppik) als Option oder Regelmodell auf Ebene der Kommunen einzusetzen. Den Städten und Kommunen kommt hierbei eine Pionierrolle zu. Während auf Landesebene mit der Kameralistik das traditionelle Rechnungswesen weiterhin als Regelfall anzusehen ist, befinden sich die Kommunen in einem Reformprozess hin zur Umstellung auf die Doppik als kaufmännische bzw. betriebswirtschaftliche Form der Haushaltsführung (vgl. BS/KGSt 2009: 28).4 Bei der Reform städtischer und kommunaler Rechnungssysteme stehen – neben budgetären Überlegungen – Aspekte der Steuerung im Zentrum. Damit hat sie auch das Verhältnis zwischen Politik und Verwaltung zum Gegenstand der Reformen. Die Verwaltungen sollen politische Zielsetzungen mit maximaler Wirtschaftlichkeit und Ergebnisorientierung umsetzen. Damit ist die Absicht verbunden, das Verwaltungshandeln und den damit verbundenen Ressourcenverbrauch durch die politischen Vertreter_innen besser steuerbar zu machen. Mittels festgelegter Budgets, Zielvereinba-
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Bei der Kameralistik handelt es sich um ein Rechnungssystem, das die Einnahmen und Ausgaben, kurz gesagt den Ressourceninput der Verwaltungen erfasst. Die Doppik hingegen erfasst Ressourcenaufkommen und -verbrauch. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass nicht Ausgaben, sondern Ziele beschlossen und der damit verbundene detaillierte Ressourcenverbrauch abgebildet werden (Personal- und Pensionskosten, liegenschaftsbezogene Kosten, Abschreibungen, Wertverlust infolge ausbleibender Instandhaltungen etc.). Teile der Doppik sind u.a. der Produkthaushalt und die KLR (siehe 4.2.2). Allgemein wird die Umstellung von der Kameralistik zur Doppik als Wechsel von einer input- zu einer outputorientierten Verwaltungssteuerung beschrieben, die der Buchführung privater Wirtschaftsunternehmen entlehnt ist.
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rungen und dezentraler Ressourcenverantwortung soll ein klares Verhältnis von (politischer) Ziel- und (fachlicher) Umsetzung geschaffen werden. Die politischen Zielvorgaben sollen so präzise wie möglich formuliert werden, damit diese von den administrativen Facheinheiten unter den gegebenen budgetären und politischen Rahmenbedingungen frei und selbstverantwortlich umgesetzt werden können. Auf diese Weise soll ein wirtschaftlicher Mitteleinsatz gewährleistet werden, der aber nur für möglich gehalten wird, wenn von Seiten der Politik kein Einfluss auf die Aufgabenerbringung genommen wird. Diese Ausrichtung der verwaltungsinternen Reform betrachtet den administrativen Apparat als technische Erbringungseinheit und nicht als politisch geprägtes Feld, das ermöglichend oder auch verhindernd wirken kann. Die betriebswirtschaftliche Rationalisierung der Verwaltungen zielt auf die Transformation der verwaltungsinternen Machtverhältnisse, die sich auf die Interessensartikulation innerhalb des administrativen Apparats auswirkt. 3.1.3 Legitimations- und Regulationskrise Bedingt durch die hohe Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Gesamtsituation müssen die Kommunen einen immer größer werdenden Teil ihres Budgets für Sozialausgaben aufbringen. Dafür stehen aber nicht mehr Gelder zur Verfügung, weswegen die Diskussion dahingehend verschoben wird, dass die Verwaltungen ihre Binnenstruktur modernisieren müssen, um effizienter und effektiver mit den knappen zur Verfügung stehenden Finanzmitteln umzugehen. Mit Hilfe des NSM wird das Problem in die mangelhafte Verwaltungsorganisation und das ineffiziente Verwaltungshandeln verlagert. Der damit hergestellte Konsens blendet sozialökonomische Ungleichheiten aus und verortet den Kern des Problems in der Organisationsstruktur des materiellen Gerüsts des lokalen Staats. Hierbei wird der bisher dominierende Idealtypus der Weber’schen Verwaltung in Frage gestellt und gleichzeitig dessen zu würdigende Tradition betont, die eine gute Basis für die Entwicklung eines neuen Verwaltungsverständnisses darstellen würde. Die »wesentlichen Mechanismen für die ›Naturwüchsigkeit‹ der Ausweitung staatlicher Aufgaben« (Naschold 1995a: 71) seien in der zunehmenden Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften, der zunehmenden Nachfrage nach Dienstleitungen und der Konkurrenz unter den politischen Parteien zu sehen. Damit wird öffentlichen Verwaltungen eine natürliche Tendenz zur Expansion und Ausweitung attestiert: »Was tut der Amtsleiter, wenn infolge von Marktveränderungen in seinem Amt zusätzliche oder neue Leistungen erbracht werden müssen? Er ruft nach mehr Personal, mehr Geld, mehr Diensträumen.« (Banner 1991: 6) Diese Strategie verliere jedoch angesichts des zunehmenden Umfangs und der zunehmenden Differenzierung öffentlicher Aufgaben an Effektivität und würde den gewachsenen Ansprüchen nicht mehr gerecht. Mehr noch bestünde ein allgemeines
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»Unbehagen am Wachstum des Staates« (DBB 1996: 14). Um dieses Unbehagen zu überwinden, wird es für notwendig erachtet, »die Effektivität, Effizienz, Qualität und Kundennähe kommunaler Dienstleistungen mit Hilfe angepaßter betriebswirtschaftlicher Instrumente und Verfahren aus dem privaten Sektor zu verbessern« (KGSt 1992: 3). Die Finanzierungkrise der städtischen und kommunalen Haushalte hat jedoch auch zur Folge, dass für den Rückgang öffentlicher Investitionen neue Modelle gefunden werden müssen bzw. können. Die Öffnung des öffentlichen Bereichs gegenüber neuen Finanzierungs- und Kooperationsmodellen stellt somit die korrespondierende Entwicklung zur Binnenreform der Verwaltungen dar. Die damit einhergehende stärkere Orientierung an Wirtschaftlichkeit und Ertragsgenerierung führt in der Folge auch zu einer Verschiebung in der Handlungsrationalität und der Leistungserbringung. Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben gerät somit unter einen Kostendruck, indem eine Vergleichbarkeit mit privaten Anbieter_innen ermöglicht wird. Dies wird mit der Umstellung der Haushalte ermöglicht, die für eine bestimmte Leistung der Verwaltung auch immer die entsprechenden Kosten abbilden müssen. Legitimes staatliches Handeln bestimmt sich damit nicht mehr nur über Rechtmäßigkeit, sondern auch über Wirtschaftlichkeit und Output. Das Verhalten der Kommunalverwaltungen sei zur Einführung des NSM »eher input- und verfahrensorientiert als produkt- und marktorientiert. Kosten- und Wirtschaftlichkeitsdenken sind noch immer wenig entwickelt, und manchmal fehlt geradezu das Bewußtsein, Leistungen gegenüber Kunden zu erbringen.« (Banner 1991: 6) Die Problematisierung, die städtischen und kommunalen Haushalte seien nicht mehr in der Lage, den neuen Anforderungen und Bedürfnissen effektiv zu begegnen, verweist auf eine Legitimations- und Regulationskrise, die in einer mangelnden Ergebnisorientierung des Verwaltungshandelns bestünden (vgl. Hill 1998 [1996]: 3). Die verstärkte Outputorientierung, die mit der Programmatik des NSM einhergeht, soll Legitimität erzeugen. Sowohl den Politiker_innen als auch den Bürger_innen wird ein zunehmendes Maß an Politikverdrossenheit attestiert, der mit einem höheren Maß an Effizienz und Effektivität als legitimierender Basis begegnet werden soll: »Nicht nur Bürger sind mit der Leistung ihrer (Kommunal-)Politiker unzufrieden, sondern auch diese selbst fühlen sich in der derzeitigen Lage nicht besonders wohl. Sie sehen ein extremes Mißverhältnis zwischen ihrem Arbeitsinput und dem, was bei ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit an Steuerungsleistung herauskommt.« (Ebd.)
Der Legitimations- und Regulationskrise wird neben der für notwendig erachteten internen Neuordnung eine zweifache Öffnung der Kommunalverwaltung gegenübergestellt, die mit dem Begriff der Entbehördlichung zusammengefasst werden kann (vgl. Banner 1991: 6). Erstens müssten sich die städtischen und kommunalen Ver-
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waltungen in ihrer neuen Rolle als Dienstleistungsunternehmen gegenüber den Bürger_innen öffnen und diese als Kund_innen für die öffentlichen Dienstleistungen und Produkte begreifen. Zweitens müssten sie sich gegenüber dem Wettbewerb mit privaten Dienstleister_innen öffnen: »Kennzeichen eines echten Dienstleistungsunternehmens ist seine primäre Markt-, Kunden- und Produktorientierung.« (Ebd.) Die Legitimations- und Regulationskrise verweist ebenso wie die Finanzierungskrise auf die für überholt erachtete, innere Verfasstheit der städtischen und kommunalen Verwaltungsapparate. Diese spezifische Perspektive auf Verwaltungsstruktur und Verwaltungshandeln ist darauf beschränkt, dass in erster Linie eine »instrumentelle Modernisierung« (Fiedler 2005: 483) notwendig sei. Die oben entwickelte Perspektive in Anlehnung an Michel Foucault zeigt, dass neben der Art und Weise auch der Umfang des Verwaltungshandelns problematisiert wird. Markt-, Kunden- und Produktorientierung sollen dabei als Instrumente dienen, um das angemessene Maß an Verwaltungshandeln zu bestimmen.
3.2 D IE M OBILISIERUNG
N EUORDNUNG KOMMUNALER V ERWALTUNGEN DER
STÄDTISCHER UND ALS DISKURSIVE P RAXIS
Im folgenden Abschnitt fasse ich die Wissensproduktion im Kontext des fachlich geprägten Reformdiskurses zusammen und arbeite heraus, dass in deren Kern die reformbedürftige, aber handlungsfähige Kommune hergestellt und zugleich aktiviert wird. Die Kommunen sind dabei nicht passives Objekt. Vielmehr handelt es sich um einen produktiven Prozess, der ein bestimmtes Verständnis modernen kommunalen Verwaltungshandelns und von dessen Grenzen hervorbringt: »Wir können noch nicht alles deuten, was da jetzt wieder auf die Verwaltung einstürmt, an mehr oder weniger gut gemeinten Ratschlägen der vielen Magier aus Wissenschaft, Beratungsfirmen und der Verwaltung selbst.« (Böhret 1997: 18) Die Neuordnung städtischer Verwaltungen – im gemeinen Sprachgebrauch Verwaltungsmodernisierung – wird in Deutschland zwar in der Regel unter dem Begriff des Neuen Steuerungsmodells (NSM) zusammengefasst, kann aber nicht darauf reduziert werden. Allgemeiner gesprochen steht im Kern der Neuordnung »die Öffnung der bürokratisch-hierarchischen Struktur zugunsten einer selbstständigen und kostenbewußten Aufgabenerledigung« (Ellwein 1997: 16, H. i. O.). Die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen muss darüber hinaus auch als eine diskursive Praxis unterschiedlicher Akteur_innen betrachtet werden, womit eine überindividuelle und konstruierende Praxis oder Denkperspektive gemeint ist, die in spezifischer Art und Weise ihren Gegenstand – die städtischen und kommunalen Verwaltungen – konstruiert und in einen Bedeutungszusammenhang stellt (vgl. Diaz-
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Bone 2006: 72f). Zu den oben so bezeichneten »vielen Magiern«, die Teil dieser diskursiven Praxis sind, zählen neben den Verwaltungen5 •
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kommunale Fach- und Spitzenverbände, wie etwa die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung bzw. -management (KGSt) oder der Deutsche Städtetag (DST), Stiftungen, wie die Bertelsmann Stiftung oder Konrad-Adenauer-Stiftung, Gewerkschaften, wie die Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV, heute ver.di) oder der Deutsche Beamtenbund und Tarifunion (DBB)6, wissenschaftliche Einrichtungen, wie die Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer, sowie private Unternehmen, wie Roland Berger und Partner (Beratungsunternehmen) oder Arvato (Dienstleistungsunternehmen der Bertelsmann AG).
Gleich einer Strategie ohne Subjekt (vgl. Foucault 1978: 132ff) formiert sich in den 1990er Jahren eine umfangreiche, nachhaltige und bis heute andauernde Reformdynamik, die durch unterschiedliche Konjunkturen geprägt ist. Als Gesamtprozess stellt sie die – für die deutschen Kommunalverwaltungen spezifische – Ausformulierung, Initiierung und Implementierung eines Verwaltungsverständnisses dar, wie es im angelsächsischen Sprachraum unter dem Begriff New Public Management (NPM) firmiert. Das Verhältnis von NPM und NSM ist davon geprägt, dass Ersteres zwar als legitimierender Kontext und externer Druck für Letzteres zu sehen ist, sich aber nur in der frühen Phase der Mobilisierung des NSM relevante Bezüge zu internationalen Reformbeispielen identifizieren lassen. So ist die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen in Deutschland zwar im Kontext der internationalen Reformbewegung NPM zu verstehen, jedoch nicht damit deckungsgleich oder daraus ableitbar. Die KGSt als kommunaler Fachverband für Fragen der Verwaltungsorganisation übernimmt die Aufgabe, unter dem Begriff des NSM eine für die deutsche Verwaltungsgeographie spezifische Programmatik zu formulieren. Ziel des NSM ist es dann 5
Vertreter_innen der Kommunalverwaltungen sind eng in den Prozess der Mobilisierung eingebunden, weswegen hier der Fokus auf der Produktion von Wissen über die Verwaltungen liegt. Die Betrachtung der Fallbeispiele zeigt exemplarisch auf, welche Reformaktivitäten auf Ebene der Kommunen vorgenommen wurden.
6
Gewerkschaften waren durch Kooperationen mit anderen Akteur_innen an der Mobilisierung des NSM zwar auch beteiligt, spielen aber eine nachgeordnete Rolle und werden bei der untenstehenden Betrachtung nur implizit berücksichtigt. Zu nennen ist hier die DGBnahe Hans-Böckler-Stiftung, die ab Ende der 1990er Jahre zahlreiche Projekte zur kommunalen Verwaltungsreform finanziert hat (vgl. Gerstlberger et al. 1999; Tondorf 2002; Schedler/Siegel 2005).
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auch nicht, bestehende Strukturen abzuschaffen und durch importierte Modelle zu ersetzen. Der strategische Ansatz besteht vielmehr darin, »aus dem Bestand« heraus privatwirtschaftlich orientierte Formen von Verwaltungsorganisation und -handeln zu entwickeln. Der Ursprung dieser Reformbewegung liege dementsprechend in »der Mitte und Breite der Verwaltung selbst« (Klages 1995: 203). Tabelle 3: Phasen des Institutionalisierungsdiskurses des NSM Latenz und Geburt (1989-1991)
Wachstumsphase (1991-1995) Reifephase (1995-1999)
Verfall (1999-2003)
Schaffung eines gemeinsamen Problembewusstseins ohne ausformulierte Lösungskonzepte. Privat- und betriebswirtschaftliche Referenzen. Offensive Propagierung und Mobilisierung des NSM durch die KGSt. Fokus auf Anwendungsnähe und Reform der Binnenstruktur. Neben der Reform der Binnenstruktur tritt ein rechtswissenschaftlich geprägter Privatisierungsdiskurs. Etablierung des NSM und Ausdifferenzierung des Diskurses inkl. Kritik am NSM. Dominanz des Privatisierungsdiskurses gegenüber dem NSM-Diskurs, der an Bedeutung und Integrationskraft verliert.
Quelle: Vgl. Vogel 2006: 337, eigene Darstellung
Vor dem Hintergrund des hier verfolgten Vorhabens ist es weder geboten noch möglich, einen kompletten Überblick über die gesamte Wissensproduktion zur Reform des lokal-administrativen Systems gerade in den 1990er Jahren zu geben. Im Zentrum der folgenden Betrachtung stehen die an der Formulierung von Problemen und Lösungen beteiligten Akteur_innen mit dem Fokus auf der Geburt des NSM und dessen Wachstum zwischen 1989 und 1995 (siehe Tab. 3). Über die Darstellung unterschiedlicher Akteur_innen mit dem Fokus auf exemplarische Publikationen lässt sich die breite diskursive Basis skizzieren, auf der die Neuordnung städtischer Verwaltungen aufbaut.7 Die Orientierung an internationalen Leitbildern findet hierbei vor allem in der Wachstumsphase statt. In den 1990er Jahren machen Verweise auf englisch- und anderssprachige Publikationen in bedeutenden deutschen verwaltungswissenschaftlichen Fachzeitschriften nur einen geringen Anteil der zitierten Literatur aus, bis Mitte des Jahrzehnts gehen solche Referenzen kontinuierlich zurück: »Nach der ideellen
7
Die Materialisierung des NSM in der konkreten Verwaltungspraxis wird mit Fokus auf dessen liegenschaftspolitische Implikationen anhand der beiden Fallbeispiele Berlin und Frankfurt am Main betrachtet (siehe 4. & 5.).
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Formierung des Diskurses unter vergleichsweise großem Einfluss internationalen Gedankenguts schließen sich seine Grenzen jedoch wieder und zeigen fortan nur noch eine geringe Durchlässigkeit für fremdsprachige Quellen.« (Ebd.: 403) Der Verweis auf internationale Entwicklungen ist damit mehr als strategisches Mittel zu sehen, um den Handlungsdruck in den deutschen Verwaltungen zu erhöhen. Es wird damit auch eine Unterscheidung hergestellt, zwischen den modernen und leistungsfähigen Referenzverwaltungen und den deutschen Verwaltungen. Die Verwendung des Vergleichs im Sinne einer Regierungstechnologie produziert als Regierungspraxis eine spezifische Wissensordnung, die sowohl Problematisierungen als auch handlungsleitendes Wissen enthält. Neben den zahlreichen Fachpublikationen ist bspw. auch die Vergabe des CarlBertelsmann-Preises 1993 als Teil dieser Mobilisierung zu sehen: Die Beschreibung und Auszeichnung internationaler Kommunen präsentiert auf der einen Seite mögliche best practices und Orientierungspunkte, verweist aber im selben Moment auch auf die Defizite der nicht berücksichtigten deutschen Kommunen. Die strategische Zielsetzung, einen interkommunalen Leistungsvergleich zu etablieren, verschiebt in der Folge die Mobilisierung von Reforminitiativen von einer internationalen auf eine lokale Maßstabsebene, welche die nationalstaatlichen Grenzen nicht mehr überschreitet. Im Kern dieser Verschiebung steht die aktive Herstellung einer Art ReformWettbewerb zwischen den deutschen Kommunen. In der Folge sollten über interkommunale Leistungsvergleiche nicht nur die Kosten, sondern auch der Output bestimmter Verwaltungsleistungen miteinander vergleichbar gemacht werden. Ein zentrales Moment der Neuordnung städtischer Verwaltungen ist die Einführung von Wettbewerb. Dieser kann zwei unterschiedliche Formen annehmen, die einander vermitteln. Über Berichtswesen und Managementstrategien werden die Voraussetzungen für den Vergleich einzelner Verwaltungsprodukte innerhalb einzelner Kommunen oder auch zwischen Kommunen geschaffen. Über die verwaltungsinterne Dimension hinaus werden die in Produkte übersetzten Verwaltungsaufgaben auch mit privaten Dienstleistungsanbieter_innen vergleichbar gemacht. Es trifft zwar zu, dass dabei nicht ausschließlich Wirtschaftlichkeitskriterien angelegt werden, unter den Bedingungen der kommunalen Finanzierungskrise findet Aufgabenkritik aber in enger Verbindung zu Einsparungs- und Konsolidierungsmaßnahmen statt. In der Folge liegt der Einführung von Wettbewerb und der ihn ermöglichenden Instrumente implizit immer der Verdacht zugrunde, es bestehe aufgrund von relational mangelnder Wirtschaftlichkeit ein Legitimationsdefizit. Das umfangreiche Berichtswesen, das im Zuge der Neuordnung städtischer Verwaltungen innerhalb verschiedener Kommunen und durch die KGSt auf einer Metaebene eingerichtet wurde, weist in seiner Anlage also immer über die einzelne Kommune hinaus und ist über eine relationale Perspektive zu verstehen. Die Institutionalisierung eines Leistungsvergleichs, der nur über die Herstellung von Relationa-
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lität möglich wird, ist wesentlicher Aspekt der Mobilisierung unternehmerischer Formen der Verwaltungssteuerung, stellt aber nur eine Seite der Medaille dar. Die andere Seite ist die Bereitstellung von Wissen in Form von Berichten, Gutachten, Beratungsangeboten und Fachpublikationen über Modelle, Instrumente und Strategien der Neuordnung städtischer Verwaltungen. Dieses bereitgestellte Wissen stellt wiederum den führenden und aktivierenden Handlungsrahmen für die Städte und Kommunen dar. Dies veranschaulicht den Zusammenhang zwischen der aktivierenden Regierung der Kommunen im Kontext der Verwaltungsreform mittels Problematisierungen und Lösungsperspektiven und Angeboten. Die Verwaltungsneuordnung ist Effekt der reziproken Konstitution von Machtausübung und der Produktion eines Wissensfeldes in dem Sinne, dass »die Formen und Bereiche der Erkenntnis« – hier die administrativen Organisations- und Handlungsstrukturen – »vom Komplex Macht/Wissen, von den ihn durchdringenden und konstituierenden Prozessen und Kämpfen bestimmt« werden (Foucault 1977: 39f). Bei der anfänglichen konzeptionellen Ausarbeitung des NSM wird von der KGSt dessen Modellcharakter in den Vordergrund gestellt. Auf dem Weg zum Dienstleistungsunternehmen Verwaltung solle das NSM der KGSt nach als allgemeine »Orientierungs-« und »Koordinierungshilfe« (KGSt 1993: 15) aufgefasst werden. Das NSM ermögliche damit, lokale Bedürfnisse und Anforderungen in den einzelnen Städten und Kommunen zu berücksichtigen. Beim NSM, wie es die KGSt Anfang der 1990er Jahre propagierte, handelt es sich also nicht um einen starren Baukasten, der nach einer mitgelieferten Anleitung zusammengesetzt werden muss, es soll vielmehr als »Skizze der unverzichtbaren Mindestbedingungen« für die Verwaltung als Dienstleistungsunternehmen verstanden werden (ebd.). Die in den 1990er Jahren startende Reformdynamik erfindet die Idee der angestrebten Modernisierung städtischer und kommunaler Verwaltungen allerdings nicht neu. Vielmehr werden unterschiedliche bereits vorher existierende Reformansätze in einen ganzheitlichen Ansatz überführt (vgl. Banner 1991: 10). Es wird angenommen, dass die »Reform der Staatstätigkeit […] unvermeidlich« sei, es dabei aber »eines ganzheitlichen Konzepts« bedürfe, »um die Staatstätigkeit nach Umfang und Intensität neu zu bestimmen« (DBB 1996: 14). Es geht also nicht darum, Reformen einzelner Teilbereiche zu entwickeln und durchzusetzen, sondern ein neues (Selbst)Verständnis kommunaler Verwaltungen zu etablieren. Dabei stehen zwei Fragen im Zentrum: Welche Aufgaben sollen von städtischen und kommunalen Verwaltungen übernommen und wie sollen diese erbracht werden? Dem verwaltungsrechtlich geprägten Verständnis von rechtmäßigem Verwaltungshandeln wird die Forderung nach einem modernen Leistungsbegriff entgegengestellt, der notwendig sei, um öffentliche Aufgabenerbringung in Form öffentlicher Dienstleistungen unter den Bedingungen eines »Leistungswettbewerbs« neu zu organisieren (vgl. Banner 1994b: 352).
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Diese Fragen werden von den oben genannten »Magiern« in den Publikationen zur Verwaltungsmodernisierung in den 1990er Jahren an Verwaltungsstruktur und -handeln gestellt. Die Achsen des Koordinatensystems, innerhalb dessen die Antworten auf die Fragen zu finden sind, sind erstens die betriebswirtschaftlich orientierte Restrukturierung der Binnenstruktur städtischer Verwaltungen und zweitens die Öffnung öffentlicher Leistungserbringung gegenüber Formen der Wettbewerbsregulierung. Der Raum des Sag- und Forderbaren wird in den 1990er Jahren erfolgreich so gestaltet, dass jenseits der betriebswirtschaftlichen Reform öffentlicher Verwaltungen keine Alternativen mehr existieren (vgl. Jann 2005: 75).8 Damit kann in der unternehmerischen Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen ein politisches Projekt gesehen werden, dessen Gegenstand Umfang und Art administrativer Staatstätigkeit ist und das trotz aller kontingenten Heterogenität von einer Vielzahl unterschiedlicher Akteur_innen9 getragen wird. Oder wie Nicolas Rose es ausdrückt:
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Damit ist nicht gesagt, dass es zu einer lückenlosen, konfliktfreien und widerspruchslosen Umsetzung des NSM kam. Im Gegenteil wird das NSM ab den späten 1990er Jahren bzw. spätestens ab den frühen 2000er Jahren aus unterschiedlichen Gründen und mit unterschiedlichen Konsequenzen für gescheitert erklärt (siehe 3.3.1).
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Es gibt eine nahezu unüberschaubare Anzahl an Publikationen, die sich mit der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen befassen. Einen sehr interessanten und umfassenden Überblick über die Publikationslandschaft der deutschen Verwaltungswissenschaft in den 1990er Jahren mit Schwerpunkt auf Fachzeitschriften bietet Rick Vogel in seinem 2006 erschienenen Buch »Zur Institutionalisierung von New Public Management. Disziplindynamik der Verwaltungswissenschaft unter dem Einfluss ökonomischer Theorie«. Mit Hilfe einer bibliometrischen Analyse der Publikationen in Fachzeitschriften im Zeitraum von 1989 bis 2003 identifiziert er unterschiedliche Sektoren und bestimmt u.a. deren Publikationsoutput (vgl. Vogel 2006: 309). Aus Verwaltungspraxis und Wissenschaft stammen mit Abstand die meisten Publikationen, gefolgt von den Sektoren Beratung und Think Tanks. Innerhalb der einzelnen Sektoren sind es unter den Think Tanks die KGSt und Bertelsmann Stiftung, die die meisten Publikationen aufweisen. Von den wissenschaftlichen Publikationen sind mehr als ein Fünftel der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer (DHV) zuzurechnen. Davon ausgehend werden in dem folgenden Abschnitt die KGSt, die Bertelsmann Stiftung, die deutschen Verwaltungswissenschaften und Beratungsunternehmen hinsichtlich ihrer Rolle bei der Mobilisierung einer unternehmerischen Verwaltungsreform betrachtet. Im Fokus der Untersuchung stehen dabei eine qualitativ repräsentative Betrachtung von Momenten, Instrumenten und Strategien der Mobilisierung und nicht eine abschließende Dokumentation und Analyse der Publikationen zur Mobilisierung des NSM in den 1990er und 2000er Jahren.
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»Knowledge […] flows around a diversity of apparatuses for the production, circulation, accumulation, authorization and realization of truth: in the academy, in government bureaux, in reports of commissions, public enquiries and pressure groups; it is the ›know-how‹ that promises to render docile the unruly domains over which government is to be exercised, to make government possible and to make government better.« (Rose 2006: 149)
3.2.1 Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmodernisierung Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung bzw. -management (KGSt)10 ist ein kommunaler Fachverband mit dem Schwerpunkt Verwaltungsorganisation. In dieser Funktion ist sie zentraler Akteur für die programmatische Ausformulierung und Mobilisierung neuer Formen der Verwaltungssteuerung in Deutschland. Die ab Ende der 1980er Jahre beginnende Ausformulierung eines Konzepts neuer Verwaltungssteuerung zeichnet sich gegenüber den früheren Bestrebungen dadurch aus, dass erstens die Handlungsautonomie der einzelnen Kommunen als strategischer Ansatzpunkt gesehen wird. Zweitens stehen nicht einzelne administrative Teilbereiche im Fokus, sondern die Etablierung eines zentralen Integrations- und Bezugspunkts (vgl. Vogel 1998: 41). Drittens wurden bei den konzeptuellen Überlegungen und der programmatischen Ausformulierung betriebswirtschaftliche und wettbewerbliche Instrumente und Strategien integriert. Auf dem 1990 in Karlsruhe veranstalteten KGSt-Forum wurden erstmals Grundzüge des Neuen Steuerungsmodells (NSM) am Beispiel der niederländischen Stadt Tilburg vorgestellt (vgl. ebd.: 18). Eine wichtige Rolle bei der Initiierung und Verstetigung der Diskussion um das NSM nimmt der ehemalige Leiter der KGSt, Gerhard Banner11, ein, der mit seinem Aufsatz »Von der Behörde zum Dienstleistungsunternehmen: Die Kommunen brauchen ein neues Steuerungsmodell« (1991)
10 Die KGSt wurde 1949 als Ergebnis einer Initiative nordrhein-westfälischer Kommunen unter dem Dach des Deutschen Städtetages (DST) gegründet, aber kurze Zeit später 1951 aus Kostengründen in einen eigenen eingetragenen Verein überführt (vgl. Vogel 1998: 14). Das Ziel bestand von Anfang an in der Rationalisierung der deutschen Verwaltungslandschaft mittels »unmittelbaren zwischengemeindlichen Vergleichen« (Mäding 1975: 79). Seit den 1950er Jahren werden von der KGSt auf Basis systemtheoretischer Überlegungen Grundsatzgutachten erstellt mit dem Ziel, einen Verwaltungsgliederungsplan und ein einheitliches Codesystem für Städte zu entwickeln (vgl. ebd.: 79f). 11 Die zentrale Rolle Banners lässt sich vor dem Hintergrund veranschaulichen, dass er zu Beginn der 1990er Jahre sowohl eine leitende Position bei der KGSt einnahm und gleichzeitig als Honorarprofessor an der DHV und im Vorstand des Beirates der Bertelsmann Stiftung tätig war (vgl. Vogel 1998: 20f).
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einen Grundstein für die Ausformulierung des NSM legte (vgl. Vogel 2006: 496f). Das Problem der Kommunalverwaltungen wird von Banner in erster Linie als Steuerungsproblem betrachtet, wobei bürokratischer Steuerung – die es zu überwinden gelte – ein Modell gegenübergestellt wird, das sich durch Konzernstruktur und Kontraktmanagement, Outputsteuerung sowie strategisches Handeln auszeichnet. Die Fokussierung und weitere Ausarbeitung des NSM wird in den folgenden Jahren maßgeblich von der KGSt vorangetrieben.12 Eine zentrale Rolle spielen dabei die von der KGSt angefertigten Berichte, die das NSM als Reform städtischer und kommunaler Verwaltungen zum Gegenstand haben und vor diesem Hintergrund schwerpunktmäßig einzelne Fachthemen behandeln. Die in den KGSt-Berichten veröffentlichten Gutachten verfolgen das Ziel, »bundeseinheitliche Lösungsvorschläge« und »einheitliche Organisationsgrundlagen« für alle Kommunen zu formulieren (Vogel 1998: 15), wobei der offene Modellcharakter des NSM betont wird, um dezidiert lokale Anpassungsprozesse zu ermöglichen und zu fördern. Wirft man einen Blick auf die an der Erstellung der Berichte beteiligten Akteur_innengruppen, so lässt sich feststellen, dass die Gutachten und Berichte der KGSt einen Integrations- und Konvergenzpunkt für die Produktion von Wissen über Struktur und Handeln der deutschen Kommunalverwaltungen darstellen. Neben Mitarbeiter_innen der KGSt sind politische Vertreter_innen aus Politik und Verwaltung der Kommunen, der Wissenschaft sowie der Bertelsmann Stiftung oder bspw. dem DST an den Gutachter_innenkommissionen beteiligt (vgl. ebd.). Diese Vernetzung unterschiedlicher Akteur_innen unter dem Dach der KGSt und deren breite Mitgliederbasis machen sie zu einer einflussreichen Akteurin mit großer Wirkmacht hinsichtlich der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen (vgl. Pollitt/Bouckaert 2011: 280). Neben den Berichten erstellt die KGSt ab Ende der 1980er Jahre auch Gutachten und veranstaltet Symposien, Fachtagungen sowie Workshops, wobei jeweils Vertreter_innen der oben genannten Akteur_innen beteiligt sind. Dies hat zur Folge, dass die konzeptionelle Ausarbeitung des NSM und dessen Mobilisierung nicht klar voneinander unterschieden werden können. Vielmehr handelt es sich dabei um miteinander verschränkte Prozesse.
12 Mit der KGSt-consult GmbH wurde auch ein eigenes Beratungsunternehmen geschaffen, das wie andere Unternehmensberatungen agierte, die im Bereich Public Management aktiv sind, und das auch einzelne Städte beraten hat (vgl. ebd.: 42). Die KGSt bietet weiterhin den Geschäftsbereich Beratung an, die KGSt-consult ist jedoch mittlerweile Teil der WIBERA Wirtschaftsberatung AG, die wiederum zur PricewaterhouseCoopers AG (PwC) gehört. Laut Selbstdarstellung zählen weiterhin Verwaltungen von Bund, Ländern und Gemeinden zum Klientel (vgl. PwC 30.11.2006).
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Die Berichte und Gutachten wie auch die unterschiedlichen Veranstaltungsformate bilden einen Wirkungszusammenhang aus Praktiken, Strategien und Technologien. Die bestehenden Verwaltungsstrukturen werden als überholt und ineffizient problematisiert; ihnen wird eine zeitgemäße und leistungsfähige Kommune als Dienstleistungsunternehmen gegenübergestellt. Damit werden eine Wissensordnung und ein damit verbundenes Handlungsfeld bestimmt, in deren Kontext die Akteur_innen als Handelnde vorausgesetzt werden. Gleichzeitig ist der übersubjektive Charakter der Reformen zu erkennen. Fach- und Interessensverbände, Stiftungen, Gewerkschaften, Vertreter_innen aus Politik und Verwaltung sowie Verwaltungswissenschaften und Beratungsunternehmen verfolgen unterschiedliche Interessen mit unterschiedlichen Rationalitäten und bearbeiten sowie stabilisieren das Feld der Verwaltungsreform, ohne dabei als eine einzige handelnde Entität begriffen werden zu können. Der indirekte Charakter markiert gleichzeitig das strategische Moment der Reformen, eine dezentrale und eigenverantwortliche Reformdynamik in den Kommunen zu mobilisieren. Damit einher geht auch eine Reskalierung und inhaltliche Verschiebung der Problematisierung. Es ist das Nicht-Handeln der Kommunen, das als Hindernis markiert wird. Die Kommunen werden zu der räumlichen Maßstabsebene erklärt, auf der die oben skizzierten Krisen gelöst werden können und auch gelöst werden müssen. Für die Herstellung des Handlungsfeldes werden von den beteiligten Akteur_innengruppen ein Verschnitt von Technologien der Selbst- und Fremdführung genutzt. Diese umfassen in heterogenen Kombinationen Formen der Überprüfung, Evaluation, Aufzeichnung, Kalkulation, Bilanzierung, Verortung, Standardisierung wie auch Training und die Etablierung eines (neuen) professionellen Vokabulars. Bei der Neuordnung städtischer Verwaltungen sind unterschiedliche Reformbereiche zu unterscheiden (vgl. Beyer/Brinckmann 1990: 11f). Erstens sind damit Bestrebungen einer Strukturreform gemeint, die Gebietsreformen, Funktionalreformen (Zuständigkeiten, [De-]Zentralisierung) und die Reform der Verwaltungsorganisation (Prozessabläufe, Technologieeinsatz, Management) umfasst. Zweitens wird darunter das Ziel der Aufgabenkritik verstanden, mit der die Diskussion verbunden ist, inwieweit öffentliche Aufgaben durch öffentliche, private oder gemischte Träger erbracht werden können und sollen. Drittens können darunter die Versuche verstanden werden, das öffentliche Dienstrecht und die daraus resultierenden arbeitsrechtlichen Bedingungen zu reformieren. Viertens schließt die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen die Umstellung auf Verwaltungsprodukte ein, womit Leistungen der Verwaltungen in Form von Produkten und den damit verbundenen Kosten (Personal, Material, Räumlichkeiten) definiert werden. Damit ist das NSM als spezifisch gewichtete deutsche Interpretation des NPM zu verstehen, dessen Prinzipien und Instrumente nach Pelizzari (2004: 442ff) folgendermaßen zusammengefasst werden können:
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Das Prinzip einer eng betriebswirtschaftlich definierten Effizienz Trennung kommerzieller und gemeinwirtschaftlicher Funktionen Plurale Struktur von Leistungsanbietern im Wettbewerb untereinander Trennung der strategischen von den operativen Kompetenzen Outputorientierung, Kundennähe Die Generalisierung von Evaluationen Kostensenkungs- und Effizienzdruck Die Vorherrschaft der Finanzkontrolle
In der Auseinandersetzung über den Reformbedarf und die daraus resultierenden Reformstrategien wird die Auffassung vertreten, dass die Ausgangsvoraussetzungen der deutschen Verwaltungen – trotz des festgestellten dringlichen Handlungsbedarfs – nicht schlecht seien. Die Kommunalverwaltung habe »über Jahrhunderte hinweg einen führenden Platz in der Welt behauptet und hält ihn teilweise auch weiterhin« (Adamaschek 1997: 22). Dennoch werden gerade in den Bereichen Steuerung, Wirtschaftlichkeit und Kund_innen- bzw. Bürger_innenorientierung Defizite gesehen. Der Reformbedarf sei entstanden aufgrund wiederholten Scheiterns vorheriger Reformversuche in der Nachkriegszeit und aus der Not heraus entwickelter Ersatzstrategien, »die dysfunktional waren und die die bestehenden Probleme bestenfalls nur verlagerten« (Klages 1995: 204). Die Modelle, Instrumente und Strategien, die zur Bearbeitung der Defizite vorgeschlagen werden, lassen in Innen- und Außendimension unterscheiden, die einander bedingen (vgl. Banner 1994c: 154ff): »Eine nachhaltige Verbesserung der Außenleistung ist nur möglich, wenn zuvor eine unternehmensähnliche Organisations- und Führungsstruktur geschaffen wurde.« (Ebd.: 156f) Für den Umbau städtischer und kommunaler Verwaltungen zu unternehmensähnlichen Organisationen sieht das NSM in seinen Anfängen schwerpunktmäßig eine Reform der administrativen Binnenstruktur vor (vgl. KGSt 1993: 14). Mit der Fokussierung auf die inneren Verwaltungsstrukturen und -abläufe und das diesbezüglich diagnostizierte Steuerungsdefizit schneidet das NSM die Diskussionen um Steuer-, Wirtschafts- und Sozialpolitik ab und beschränkt die Frage einer zeitgemäßen öffentlichen Daseinsvorsorge auf die Steigerung der inneradministrativen Effizienz und Effektivität. Dieser Perspektive zufolge besteht kein unmittelbar politisches Problem, da unter den gegebenen Voraussetzungen lediglich eine andere Verwaltungspraxis oder -kultur etabliert werden müsse. Damit entzieht sie das NSM auch einer politischen Diskussion, da es sich bei der verfolgten Modernisierung des kommunalen Verwaltungsapparates ausschließlich um einen fachtechnokratischen Prozess handelt. Die das NSM kennzeichnende Entpolitisierung ist wesentlich für dessen erfolgreiche Mobilisierung und damit als Antwort auf die Frage zu sehen, warum das funktioniert hat. Dies verweist auf das damit verbundene strategische Moment im Sinne Foucaults: Die Entpolitisierung des NSM ermöglicht die Integration unterschiedli-
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cher Akteur_innen und Akteur_innengruppen, die sich an der diskursiven Ausarbeitung, Mobilisierung und Materialisierung der Verwaltungsreform beteiligen. Auch verweist diese Betrachtung auf den prozessualen Charakter des NSM, das zunächst stabilisiert wurde und sich erst nach und nach als dominierende und handlungsleitende Wissensordnung verdichten konnte. Grundlegend können fünf Kernelemente13 des NSM benannt werden. Dazu zählen die Trennung von Politik und Verwaltung wie auch die Dezentralisierung von Verantwortung. Damit verbunden ist die Schaffung einer unternehmensähnlichen, dezentralen Organisations- und Führungsstruktur. Weitere Elemente sind die Einführung eines zentralen Controllingbereichs sowie outputorientierter Verfahren und Handlungslogiken. Zuletzt soll damit die Grundlage für die Aktivierung der Verwaltungsstrukturen durch Wettbewerb bzw. Wettbewerbssurrogate geschaffen werden (vgl. Banner 1994c: 15ff). Mit einer klaren Verantwortungsabgrenzung zwischen Politik und Verwaltung soll vermieden werden, dass sich die Politik zu stark in die administrativen Aufgaben einmischt, was zu Unwirtschaftlichkeit, Orientierung an Partikularinteressen und Demotivation auf Seiten der Verwaltungsangestellten führen könne. In der Debatte um das NSM findet sich immer wieder die Abgrenzung gegenüber dem Weber’schen Idealtypus einer rationalen Bürokratie, die durch hauptamtliches Personal, eine hierarchische Grundordnung, eindeutige Kompetenzen, die Trennung von Amt und Person, strenge Regelgebundenheit und aktenmäßiges Verwaltungshandeln gekennzeichnet ist (vgl. Hill 1997: 2). Diese Grundprinzipien des deutschen Verwaltungsapparates werden im Diskurs über die beabsichtigte und für notwendig erachtete Modernisierung der städtischen und kommunalen Verwaltungen aufgrund der »Unübersichtlichkeit und Verflochtenheit der Problemlagen sowie einem immer schnelleren Wandel ökonomischer, technologischer und sozialer Strukturen« (ebd.) als zu starr angesehenen, was schlicht zu Überforderung geführt habe. Diese Überbleibsel der sogenannten Befehlsverwaltung hätten qualitative Einbußen zur Folge gehabt, da gleichzeitig die Komplexität und der Umfang der Verwaltungsaufgaben gestiegen seien (vgl. Ellwein 1997: 17). Mit Hilfe dieser Problematisierung wird das NSM als Widerstandsbewegung in Stellung gebracht, die auf die Überwindung jener Verwaltungskonfigurationen abzielt, die den Bedingungen eines globalisierten Kapitalismus 13 Zur Darstellung und Zusammenfassung der Kernelemente des NSM bezieht sich die folgende Zusammenfassung maßgeblich auf den KGSt-Bericht »Das Neue Steuerungsmodell. Begründung, Konturen, Umsetzung« (KGSt-Bericht, 5/1993). Ziel des Abschnitts ist es, die grundlegenden Ansatzpunkte, Instrumente und Problemlösungsansätze des NSM zu skizzieren. Es geht folglich nicht um Implementationsforschung, weswegen die zu Recht aufkommende Frage, ob und inwieweit das NSM tatsächlich umgesetzt wurde, hier nicht relevant ist (vgl. Bogumil et al. 2006; Bogumil et al. 2007a; Jann et al. 2004; KGSt 1995).
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nicht mehr gewachsen sind oder, anders ausgedrückt, der Artikulation und Vermittlung von Kapitalinteressen nicht mehr genügt. Die Politik solle sich darauf beschränken, klare Vorgaben auf den unterschiedlichen kommunalpolitischen Feldern zu formulieren und deren Umsetzung durch die Verwaltung zu kontrollieren (siehe zur Übersicht des NSM Abb. 5). Damit verbunden ist das Ziel, Rückkopplungseffekte zwischen der Planung und der Realisierung von Verwaltungsleistungen zu erzeugen, die wiederum zu einer besseren Überprüfung und Steuerbarkeit der selbigen führen sollen. Der Zyklus aus Planung-Realisation-Überprüfung-Planung unterscheide sich evident vom linearen Handlungsprinzip konventioneller Verwaltungen, das sich auf Normsetzung und Normvollzug beschränke (vgl. Klages 1995: 207ff). Abbildung 5: Funktionsprinzipien und Strukturelemente des NSM
Quelle: Klages 1995: 210
Als Instrument dient hierbei das Kontraktmanagement. Die Formulierung einer »Unternehmensphilosophie« (KGSt 1993: 16) und die Festlegung von Rahmenbedingungen von Seiten der Politik sowie die Bestimmung von Zielen und Leistungsaufträgen und die Kontrolle von deren Einhaltung sollten zu den Kernaufgaben der gewählten politischen Vertreter_innen zählen. Bei deren Erfüllung sollen den Fachverwaltungen jedoch weitreichende – auch finanzielle – Handlungsspielräume zugestanden werden, statt Detailvorgaben für die konkrete Umsetzung vorzugeben. Die Zusammenführung von Fach- und Ressourcenverantwortung wird als maßgeblicher Schritt
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der Deregulierung zur Herstellung einer neuen Verantwortlichkeit auf Verwaltungsebene gesehen (vgl. Ellwein 1997: 17). Die von der Verwaltung zu erbringenden Leistungen sollen »nach Menge, Preis, Kosten, Qualität und Zielgruppe« (KGSt 1993: 17) konkretisiert und mit einer entsprechenden Budgetvorgabe verbunden werden. Bei der Erbringung der Aufgaben sollen die Verwaltungen weitgehend selbstverantwortlich handeln. Die Anwendung von Kontraktmanagement ist dabei nicht auf das Verhältnis zwischen Politik und Verwaltung beschränkt. Auch innerhalb der einzelnen Verwaltungsabteilungen und im Verhältnis zwischen Verwaltung und privaten Dienstleister_innen, die mit der Erbringung öffentlicher Aufgaben beauftragt sind, solle es zum Einsatz kommen. Die Leistungen der öffentlichen Verwaltung werden zu diesem Zweck in Form von Produkten14 und den damit verbundenen Kosten beschrieben (siehe unten). In diesem Verfahren werden auch Leistungen in Form fiktiver Kosten eingerechnet, die intern von anderen Verwaltungseinheiten erbracht werden. Auf diese Weise können auch intern erbrachte Leistungen mit Angeboten privater Anbieter_innen verglichen werden. Da die einzelnen Verwaltungseinheiten ihre Leistungsvereinbarungen innerhalb des zur Verfügung gestellten Budgets zu erbringen haben, sollen auf diese Weise Anreize für wirtschaftliches bzw. kosteneffizientes Handeln geschaffen werden. Damit findet eine unternehmerische Aktivierung der Verwaltungsangestellten statt. Der Erfolg und die Richtigkeit des eigenen Handelns werden jedoch erst im Nachhinein bestimmbar und sind maßgeblich an Prinzipien der Wirtschaftlichkeit orientiert. Die damit einhergehende Verlagerung der (Ressourcen-)Verantwortung an die einzelnen Verwaltungseinheiten führt zu deren Aktivierung. Es wird eine weitreichende Autonomie bei der Aufgabenerfüllung zugestanden, die auch den eigenverantwortlichen Einsatz des zur Verfügung gestellten Budgets umfasst. Nur so sei es möglich, dass in den Ämtern »Kunden- und Marktverantwortung« (ebd.: 18) handlungsleitenden Charakter bekommen. Die Übertragung soll jedoch nicht nur zwischen Zentral- und Fachverwaltung stattfinden, sondern auch innerhalb der Ämter bis zu den einzelnen Personen fortgesetzt werden. Die Schaffung persönlicher Ergebnisverantwortung setzt einerseits eine komplexe Controlling-Struktur voraus und soll
14 Unter einem Produkt, das von der öffentlichen Verwaltung erbracht wird, ist bspw. die Ausstellung eines Bußgeldbescheids oder die Erteilung einer Baugenehmigung zu verstehen. Dabei werden alle relevanten Kosten (Personal, Material, Räumlichkeiten) in einer Gesamtkostenrechnung zusammengeführt. Dieser stehen Einnahmen bspw. in Form von Gebühren gegenüber. Die Produktkosten bilden die Grundlage, auf welcher die Berechnung des Budgets erfolgt, das für die Erbringung eines Produkts zur Verfügung steht. Zur Überprüfung der Leistungserbringung werden die Kennzahlen des jeweiligen Produkts bestimmt, die wiederum für das verwaltungsinterne Controlling und die dafür notwendige Leistungsberichterstattung genutzt werden.
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andererseits dazu dienen, das »Führungs- und Kreativpotential« (ebd.) der Mitarbeiter_innen zu nutzen. Mit weitgehend autonom handelnden Fachverwaltungen nimmt die Verwaltung Konzernstrukturen an, die »Flexibilitätsvorteile des Eigenbetriebs mit den Steuerungsvorteilen der Regie verbinden« (ebd.: 19). Der neu zu schaffende zentrale Steuerungs- und Controllingbereich stellt die Schnittstelle zwischen Verwaltung und Politik dar. Er soll unterstützend bei der Verwaltungsführung sein und bspw. den für die politische Steuerung und strategische Planung notwendigen Informationsfluss gewährleisten, wozu auch die Koordination von Fachplanungen und der Gesamtpolitik der kommunalen Entwicklung zählen. Hier sollen zudem »Leitlinien der Personal-, Organisations-, Finanz- und Automationspolitik« (ebd.) definiert und die Vollzugskontrolle in Form eines Berichtswesens eingerichtet werden. Entscheidend sei hierbei, dass es sich um eine Ergebnis- und nicht um eine Durchführungskontrolle handele (vgl. Klages 1995: 211). Der zentrale Steuerungsbereich verwaltet des Weiteren fachbereichsübergreifende Informationsbestände (Personal und Finanzen). Er soll gewährleisten, dass die Verwaltung – gedacht als Konzern mit mehreren autonomen Fachbereichen – politisch gesteuert werden kann. Allgemein wird betont, dass es sich im Grundsatz um die »Steuerung der Fachbereiche ›auf Abstand‹« (KGSt 1993: 20) handeln müsse, die nicht in die Fachverantwortung der einzelnen Fachbereiche eingreift. Zusammenfassend heißt es in dem KGSt-Bericht, die »unternehmensähnliche, dezentrale Führungs- und Organisationsstruktur ist die organisatorische Voraussetzung dafür, daß die Kommunalverwaltung wie ein Dienstleistungsunternehmen funktionieren kann« (ebd.). Die damit einhergehende Verschiebung von der Input- zur Outputsteuerung soll ermöglichen, eine Verbindung zwischen Ressourceninput und Leistungsoutput herzustellen. Im Zentrum steht nicht mehr die Zuteilung (finanzieller) Ressourcen an die einzelnen Fachbereiche, sondern das Produkt als neue Basisgröße von Verwaltungshandeln und Verwaltungssteuerung. Welche Produkte von den Fachbereichen hergestellt werden sollen, ergibt sich aus den Pflichtaufgaben der Kommunen, den politisch-strategischen Planungen und der Erwartungshaltung der Bürger_innen. In einem zweiten Schritt sollen die Ziele und Wirkungen festgelegt werden, die mit einem Produkt verfolgt werden. Ergänzt werden müsse die Umstellung auf Produkte durch die Integration des Produktkonzepts in das Rechnungswesen: »Jedem Produkt werden die für seine Erstellung erforderlichen Kosten (Personal-, Sach- und kalkulatorische Kosten) sowie weitere Produktinformationen (Mengen- und Qualitätsangaben, Bestimmung der Zielgruppe, produktspezifische Einnahmen, personalwirtschaftliche und organisatorische Informationen usw.) zugeordnet.« (KGSt 1993: 21)
Die Definition von Verwaltungsleistungen in Form von Produkten geht Hand in Hand mit der Zuweisung (gedeckelter) Budgets, innerhalb derer die einzelnen Teilbereiche
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weitgehend frei agieren sollen (vgl. Reichard 1996: 62). Die Teilhaushalte der einzelnen Fachbereiche stellen gleichzeitig die Grundlage für die Vereinbarung von leistungsorientierten Kontrakten zwischen Politik und Verwaltung und für die zu deren Überprüfung erforderlichen Berichte dar. In dieser Umstellung wird eine Maßnahme für mehr Transparenz und in der Folge auch Steuerbarkeit von Verwaltungsorganisation und -handeln gesehen. Um nicht nur die haushaltskonforme Erbringung von Verwaltungsprodukten zu prüfen, sondern auch deren Qualität, wird die Umstellung auf Outputsteuerung mit der Einrichtung eines Qualitätsmanagements verbunden. Dies wird als notwendig angesehen, weil der »Qualitätsdruck auf die Kommunalverwaltung steigt, und zwar nicht nur dort, wo sie im Wettbewerb mit anderen Leistungsanbietern steht« (KGSt 1993: 22). Da kommunale Verwaltungen nicht per se in einem Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Anbieter_innen stehen, muss dieser erst hergestellt werden. Es kommt darauf an, »Voraussetzungen und Bedingungen zu schaffen, die einen funktionierenden Wettbewerb innerhalb von und zwischen öffentlichen Einrichtungen, aber auch zwischen öffentlichen und nichtstaatlichen Institutionen sicherstellen« (Reichard 1996: 46). Mit Hilfe sogenannter »Wettbewerbssurrogate« (KGSt 1993: 22) soll dies möglich sein. Dazu zählt der interkommunale Leistungsvergleich, mit dessen Hilfe nicht-privatisierbare Leistungen miteinander verglichen werden sollen. Daneben soll über den Vergleich mit privaten Angeboten in den Bereichen der Daseinsvorsorge (Energieversorgung, ÖPNV, Straßenreinigung), Annexaufgaben (Gebäudereinigung, Grünflächenerhaltung, EDV-Leistungen) und Routine-Verwaltungsleistungen Wettbewerb erzeugt werden. Aber auch über den Vergleich von öffentlichem Dienstrecht und freiberuflichen und privatwirtschaftlichen Tarif- und Honorarordnungen sollen Wettbewerb initiiert und in der Folge bspw. freiberufliche oder vorbereitende Leistungen außerhalb der öffentlichen Verwaltung erbracht werden. Die Etablierung von Wettbewerb ist auch immer mit der Frage verbunden, welche Aufgaben an private Leistungserbringer übertragen werden können. Dieser Logik nach werden Aufgaben nach drei Kategorien unterschieden – Gewährleistungs-, Finanzierungs- und Vollzugsverantwortung –, nach denen Art und Umfang staatlicher Aufgaben bestimmt werden sollen (vgl. Reichard 1996: 40f). Staatliche Kernaufgaben zeichnen sich dadurch aus, dass deren Erbringung umfänglich bei der öffentlichen Hand liegt. Mit Hilfe der wettbewerblichen Steuerung öffentlicher Leistungserbringung soll es gelingen, Verwaltungshandeln auf das notwendige Mindestmaß zu beschränken, um öffentliche Ressourcen kostengünstiger und effizienter einsetzen zu können. Der mit Hilfe der Instrumente des NSM möglich gemachte Leistungsvergleich und Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Anbieter_innen fungiert dabei als grundlegendes Regulativ für Art und Umfang von Verwaltungshandeln. In diesem Wettbewerb könnten die Verwaltungen jedoch nur erfolgreich agieren, wenn sie als Arbeitgeber_innen attraktiver würden. Die Arbeitsbedingungen gerade
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in den Kommunalverwaltungen werden selbst auf Amtsleitungsebene als zu unattraktiv eingeschätzt. Die Gestaltungsspielräume seien viel zu gering, sodass sich qualifiziertes Personal nicht angesprochen fühlen würde. Der Arbeitsplatz als Ort der Kreativität und Selbstverwirklichung sei gefragt, nicht die Vorzüge des öffentlichen Diensts, wie etwa Beschäftigungssicherheit: »Dabei hätte es die Verwaltung, die im Bezahlungsniveau auf weiten Strecken nicht mit dem privaten Sektor Schritt halten kann, noch nötiger als dieser, Arbeitsplätze mit Gestaltungsspielräumen, persönlicher Ergebnisverantwortung und leistungsgerechter Bezahlung bereitzustellen.« (KGSt 1993: 12)
Die öffentlichen Verwaltungen sollen durch Leistungsvergleich und Wettbewerb leistungsfähiger werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten sie wiederum im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft um qualifizierte Arbeitskräfte attraktivere Angebote schaffen. Die Verwaltung soll auf diese Weise zu einer lernenden bzw. lernfähigen Organisation werden. Damit einhergehend soll eine Anreizstruktur geschaffen werden, die Mitarbeiter_innen in ihrem alltäglichen Handeln motiviert und zu effizienterem und effektiverem Arbeiten führt. Zusammenfassend heißt es dazu in einem Bericht der KGSt: »Wie jedes private Dienstleistungsunternehmen braucht sie [die Verwaltung] die Herausforderung des Wettbewerbs, um leistungs- und innovationsfähig zu bleiben.« (Ebd.: 23) 3.2.2 Bertelsmann Stiftung Neben der KGSt ist vor allem die Bertelsmann Stiftung für die anfängliche Mobilisierung sowohl der Neuordnung städtischer Verwaltungen als auch der damit verbundenen Kritiken an dem bis dato existierenden Verständnis von Verwaltungsorganisation und -handeln verantwortlich. Bei der Bertelsmann Stiftung handelt es sich um eine dem Medienkonzern Bertelsmann AG nahe Stiftung, die einen Großteil der Unternehmensanteile hält und einen Teil der Unternehmensgewinne für ihr operatives Geschäft verwendet. Auf dieser ökonomischen Basis hat sie sich zur »größten und einflussreichsten operativen Stiftung in Deutschland« entwickelt, die mit zahlreichen Unternehmungen das Ziel verfolge, »die Gesellschaft nach messbaren Größen zu verändern« (Schuler 2010: 19). Die Bertelsmann Stiftung ist als Think Tank tätig und engagiert sich zu unterschiedlichen gesellschaftspolitischen Themen von der »Eu-
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ropa- und Bildungspolitik bis zur Gesundheits-, Kommunal-, Verwaltungs- und Arbeitsmarktpolitik« (ebd.: 11).15 Dabei tritt die Stiftung zuweilen wie ein Beratungsunternehmen auf, das staatliche Einrichtungen berät (vgl. ebd.: 14). Im Bereich der Kommunal- und Verwaltungspolitik liegt der Fokus auf der Messbarkeit von deren Effizienz (vgl. ebd.: 176) bzw. geht es der Stiftung darum, »exemplarische Konzepte dafür zu entwickeln, wie sich traditionelle Behörden zu demokratisch kontrollierten Dienstleistungsunternehmen entwickeln können« (Mohn 1994: 7). Dies solle unter anderem durch eine strategische Steuerung von Politik und Verwaltung und die Leistungsfähigkeit kommunaler Einrichtungen gewährleistet werden (vgl. Bauer 2007a: 408). In der aktuellen Satzung der Bertelsmann Stiftung heißt es dazu, man beschäftige sich mit der »Erforschung und Entwicklung von innovativen Konzepten der Führung und Organisation in allen Bereichen […] des Staates« (BS 2014: 2). Dabei spricht die Bertelsmann Stiftung den Kommunen einen besonderen Stellenwert zu: »Die Zukunftsfähigkeit unseres Gemeinwesens wird wesentlich vor Ort bestimmt. Das Zusammenspiel zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft wird neu verhandelt.« (BS 2015) Über die Bestimmung der Maßstabsebene »vor Ort« hinaus, wird hier auch darauf verwiesen, dass es bei dieser Aufgabe darum gehe, neue Grenzen und Kooperationsformen zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft zu entwickeln. Auch das in den 1990er Jahren verfolgte Ziel – die Neuordnung der politisch-administrativen Sphäre – begründet sich auf die Mobilisierung von Problematisierungen und entsprechenden Lösungsstrategien. Dabei nutzt die operativ tätige Stiftung zeitlich begrenzte Initiativen in einzelnen Modellstädten, die Durchführung von Wettbewerben, um – nach ihrer Vorstellung – besonders leistungsfähige Kommunen zu prämieren, das Ausrichten von Fachkongressen, die sich an ein ausgewähltes Publikum richten, oder die Veröffentlichung von Berichten und Gutachten in gedruckter oder digitaler Form. Dabei kooperiert sie mit Verbänden und Unternehmen sowie mit Vertreter_innen aus Wissenschaft, Politik und Verwaltung. Auf diese Weise adressiert die Stiftung mit ihren Veranstaltungen ein selbst definiertes Fachpublikum, das aus potentiellen Multiplikator_innen für die Vorstellung der Bertelsmann Stiftung einer zukunftsfähigen Kommune besteht, die sich dadurch auszeichnet, besonders unternehmer- und wirtschaftsfreundlich zu sein (vgl. Bauer 2007a: 403, 426f). »Dabei besteht die Methode der Bertelsmann Stiftung darin, gute internationale Beispiele für leistungsfördernde Strukturen […] aufzufinden und bekannt zu machen. Bekannt zu machen 15 Im Bereich der Arbeitsmarktpolitik ist die Bertelsmann Stiftung bspw. als Wegbereiterin für die restriktive Arbeitsmarktreform zu sehen, die die Einführung von Hartz IV beinhaltete (Bachmann 2007; Schuler 2010: 101ff; vgl. Spindler 2007). Daneben ist sie auch maßgeblich an der Ökonomisierung des deutschen Hochschulsystems beteiligt (vgl. Alidusti 2007; Lieb 2007; Silomon-Pflug 2010).
106 | V ERWALTUNG DER UNTERNEHMERISCHEN STADT gerade auch in Deutschland, in der Hoffnung, daß die Anregungen aufgenommen und in eine Verbesserung unserer eigenen Strukturen und Rahmenbedingungen umgesetzt werden.« (Banner 1994a: 35)
Bei dieser Einschätzung von Gerhard Banner ist der Begriff des Hoffens zu betonen, da bei der Etablierung von Verwaltungsorganisation und -handeln im Sinne der Bertelsmann Stiftung eine Strategie verfolgt wird, die die Kommunen als Handelnde anerkennt bzw. voraussetzt. Es handelt sich in den ersten zehn Jahren des NSM nicht um eine verbindliche und per Gesetz beschlossene Reform, sondern um die Etablierung eines spezifischen professionellen und wissenschaftlichen Wissens über das neu entworfene Verständnis städtischer und kommunaler Verwaltungen, das kalkulierend an den angenommenen Handlungsspielräumen der Kommunen ansetzt. Zusammenfassend lässt sich sagen, die Bertelsmann Stiftung hat »durch vielfältige Unterstützung, insbesondere die Anregung und Durchführung interkommunaler Leistungsvergleiche, den Reformprojekten Auftrieb gegeben« (Hill 1997: 3f). Die Bertelsmann Stiftung als zivilgesellschaftliche Akteurin hatte wesentlichen Einfluss auf die Transformation der lokalen Verwaltungsapparate und trug dazu bei, ein neues Verständnis lokalstaatlichen Handelns zu mobilisieren. Das Engagement der Bertelsmann Stiftung hinsichtlich der Mobilisierung der Neuordnung städtischer Verwaltungen fokussiert sich auf die 1990er Jahre. Hier dominieren zwei Tätigkeitsfelder: zum einen die Identifikation und öffentlichkeitswirksame Auszeichnung internationaler Best-Practice-Modelle in der Frühphase und zum anderen die Beteiligung am Aufbau eines interkommunalen Leistungsvergleichs. Das Vorgehen der Bertelsmann Stiftung zeichnet sich – wie auch das der KGSt – durch die Integration relevanter Akteur_innen aus. Diese werden als Expert_innen für verwaltungswissenschaftliche bzw. verwaltungspraktische Fragen für Evaluierungen, Gutachten, Berichte oder Preisvergaben an der Produktion von Problematisierungen und der Entwicklung von Lösungswegen beteiligt. Dieses Bestreben lässt sich anhand zweier Projekte beispielhaft veranschaulichen, wobei vor allem die Bedeutung von Kooperationen und Netzwerken für die Mobilisierung einer betriebswirtschaftlich geprägten Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen deutlich gemacht werden kann. Dabei steht jeweils das strategische Ziel im Zentrum, politisch-administratives Handeln einer kontinuierlichen Befragung mittels der Generierung von Leistungskennzahlen zu unterziehen. Bei den beiden Projekten handelt es sich erstens um die Vergabe des mit 300.000 DM dotierten Carl Bertelsmann Preises 1993 unter dem Motto Demokratie und Effizienz in der Kommunalverwaltung an Kommunen, die am erfolgreichsten das Leitbild der Kommune als Dienstleistungsunternehmen umgesetzt haben. Zweitens handelt es sich um das Projekt Grundlagen einer leistungsfähigen Kommunalverwaltung
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der Bertelsmann Stiftung und des Deutschen Beamtenbunds (DBB)16, das von 1990 bis 1996 durchgeführt wurde. Die beiden Projekte markieren zwei unterschiedliche Maßstabsebenen, auf denen sich die Bertelsmann Stiftung im Bereich der Reform städtischer und kommunaler Verwaltungen in den 1990er Jahren engagiert: Während es bei der Vergabe des Carl Bertelsmann Preises um die strategische Dimension eines internationalen Leistungsvergleichs geht, liegt im Projekt Grundlagen einer leistungsfähigen Verwaltung der Fokus auf der nachhaltigen Institutionalisierung eines interkommunalen Leistungsvergleichs. Internationaler Leistungsvergleich Die Bertelsmann Stiftung setzt sich zu Beginn der 1990er Jahre in besonderem Maße für den internationalen Leistungsvergleich von Verwaltungsmodernisierungen auf kommunaler Ebene ein. Damit verfolgt sie das Ziel, »in einer Reihe von unterschiedlichen Projekten […] modellhaft auf[zu]zeigen, wie die Innovations- und die Evolutionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung, insbesondere der Kommunalverwaltung, entwickelt und gefördert werden können« (Pröhl 1994b: 9). Rahmengebend ist hierbei das Projekt der Stiftung Grundlagen einer leistungsfähigen Verwaltung (siehe unten), das »für Aufmerksamkeit auch außerhalb der Fachkreise der öffentlichen Verwaltung« sorgt (Hill 1997: 3f). Bei der Identifizierung und relationalen Mobilisierung internationaler Best-Practice-Beispiele für den deutschen Reformdiskurs verfolgt auch die Bertelsmann Stiftung die Einbindung wichtiger Vertreter (sic!) der deutschen Verwaltungswissenschaften. In der Arbeitsgruppe zur Verleihung des Carl Bertelsmann-Preises ist die verwaltungswissenschaftliche Intelligenz vertreten, die auch in den folgenden Jahren und Jahrzehnten wesentlich den Diskurs um die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen bis heute prägt. Vorsitzender der Arbeitsgruppe ist Gerhard
16 Beim Deutschen Beamtenbund und Tarifunion (DBB) handelt es sich um einen Verband gewerkschaftlicher Vertretungen für Beamt_innen und Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst und im privaten Dienstleistungssektor. In der Selbstdarstellung heißt es, der DBB sei ein »konstruktiver Reformpartner von Politik, Verwaltung und Gesellschaft und […] tatkräftiger Interessenvertreter seiner Mitglieder« (DBB 2014). Der 1918 gegründete Zusammenschluss aus unterschiedlichen Interessensvertretungen publizierte in den 1990er Jahren unter dem Titel »Verwaltung 2000: DBB-Konzepte zur Dienstrechts- und Verwaltungsreform« eigene Positionen zum Thema Verwaltungsreform in Deutschland (vgl. DBB 1996, 1998a, 1998b, 1999a, 1999b). In der Berichterstattung über das Konzept wird jedoch darauf verwiesen, dass die »Inhalte […] alles andere als modern« seien und selbst »moderate Reformvorschläge […] von den Beamtenbund-Traditionalisten abgelehnt« würden (Die Zeit 17.11.1995).
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Banner17, während dieser Zeit Vorstandsmitglied der KGSt (vgl. BS 1994a: 171ff). 1993, im Jahr der Preisvergabe, veröffentlicht die KGSt den Bericht Das Neue Steuerungsmodell. Begründung, Konturen, Umsetzung, der den Grundstein für die Reformwelle in den 1990er Jahren legt (vgl. KGSt 1993). Ausgehend von der Verleihung des Carl Bertelsmann-Preises gründet die Bertelsmann Stiftung zudem das Network for Better Local Government. Organisation und Finanzierung werden von der Stiftung übernommen. Zu den Mitgliedern zählt auch die KGSt.18 Mit dem Netzwerk ist die Vorstellung verbunden »durch einen aktiven Erfahrungsaustausch von Verwaltungspraktikern bestehende Verwaltungskonzepte weiterzuentwickeln« (Pröhl 1997: 12). Ähnlich wie bei den Berichten und Gutachten der KGSt (siehe oben) soll die Dokumentation der Netzwerkarbeit handlungsanleitenden Charakter haben. »Der Blick über den Horizont« (Pröhl 1994b: 10) habe die Aufgabe, den beispielhaften Charakter der ausgezeichneten Kommunen aufzuzeigen. Die Praxisbeispiele sollen vor allem inspirieren und aktivieren, aber auf keinen Fall als konkrete Reformleitfäden behandelt werden. Das Ziel besteht darin, »alle diejenigen Personen in Verwaltung, Politik und Wissenschaft, die derzeit über Strukturveränderungen in der öffentlichen Verwaltung nachdenken, nicht nur mit Lösungsmodellen anderer Länder zu konfrontieren, sondern ihnen in erster Linie Mut zu machen, eigene Lösungswege zu finden und damit zu experimentieren.« (Ebd.: 10f)
Es wird auf unterschiedliche Länder Bezug genommen, die jeweils Vorbildcharakter für einen deutschen Reformweg haben. Dazu zählen Österreich, die Schweiz, Frankreich, Belgien, die Niederlande, Skandinavien, Großbritannien, die Vereinigten Staa-
17 Prof. Dr. Gerhard Banner war 1991 nicht nur Leiter der KGSt, sondern zugleich auch Honorarprofessor an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer. In diesen Funktionen steht er repräsentativ für die Platzierung und Etablierung des Themas der Verwaltungsmodernisierung durch eine Koalition aus kommunalem Fachverband (KGSt), Wissenschaft (Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer) und Zivilgesellschaft (Bertelsmann Stiftung). 18 Die Bertelsmann Stiftung hat mit unterschiedlichen Partner_innen weitere Netzwerke gegründet, deren Aufgabe darin zu sehen ist, das lokale Verwaltungshandeln in Relation zu anderen Kommunen zu setzen, was Vergleichbarkeit voraussetzt und Handlungsanreize schaffen soll. Dazu zählen bspw. das bis heute bestehende Netzwerk Kommunen der Zukunft, das von der Bertelsmann Stiftung gemeinsam mit der Hans-Böckler-Stiftung gegründet wurde (vgl. BS 2015), und das Netzwerk kompass – Kommunales Projekt zum Aufbau einer strategischen Steuerung (vgl. Schmidt 2001).
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ten, Neuseeland und Australien. Die Niederlande und in erster Linie die Stadt Tilburg19 werden bei der Vergabe des Carl Bertelsmann-Preises besonders hervorgehoben und es wird festgestellt, dass man von dieser besonders viel lernen könne (vgl. Reichard 1994: 20). Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass sich auch die KGSt bei der Ausformulierung des NSM maßgeblich an der niederländischen Stadt als Leitmodell orientiert. Hinsichtlich der Reformen in den skandinavischen Ländern wird der weiche und partizipative Einführungsstil herausgestellt sowie »die Versuche, [sich] im kontrollierten Experiment Kommunen von bestimmten staatlichen Vorschriften und Auflagen zu befreien« (ebd.). Auch die deutschen Kommunen würden von einem solchen symbolischen Befreiungsschlag profitieren können. Hierbei lässt sich die strategische Ausrichtung des deutschen Reformweges schon erkennen, der sich eher am skandinavischen Modell orientiert und sich nicht durch zentralstaatliche Vorgaben auszeichnet bzw. diese sogar als hinderlich für die Aktivierung der Kommunen ansieht. In Neuseeland stelle vor allem die Schaffung teilselbstständiger öffentlicher Einrichtungen einen möglichen Orientierungspunkt dar (vgl. ebd.). Insgesamt umfasst die Verwaltungsneuordnung korrespondierende Fluchtlinien: Die lokalen Verwaltungen sollen in die Lage versetzt werden unabhängig von zentralstaatlichen Vorgaben endogene Reformpotentiale zu entwickeln; die eigenverantwortlich sich optimierende Kommune bildet den Nukleus der deutschen Verwaltungsreform. Die beiden mit dem Preis ausgezeichneten Städte Phoenix und Christchurch stehen stellvertretend für zwei unterschiedliche Strategien der Verwaltungsreform, denen auch große Bedeutung im deutschen Reformdiskurs zugeschrieben werden kann. Erstens wird mit Phoenix als »Einzelkämpfer« (Pröhl 1994b: 21) die Eigeninitiative und Innovationskraft einer einzelnen Kommune betont, die von sich aus – auch ohne zentralstaatliche Unterstützung – in der Lage ist, umfassende Neuordnungsprozesse der lokalstaatlichen Verwaltung anzustoßen und durchzusetzen. Zweitens steht Christchurch für die Notwendigkeit, einen leitenden und vor allem ermöglichenden Rahmen für administrative Neuordnungsprozesse zu schaffen. Gleichzeitig wird damit betont, dass Reformen schnell, zielgerichtet und vor allem dann erfolgreich durchgeführt werden können, wenn der entsprechende politische Wille vorliegt und Handlungsspielräume gewährt werden. Es ist diese strategische Dimension und weniger konkrete Maßnahmen oder Programme der Verwaltungsreform, die das Engagement der Bertelsmann Stiftung kennzeichnen. Im Fokus stehen Wege der Umsetzung, die für einen deutschen Reformweg als vorbildlich angesehen werden. Mit der Auszeichnung werden auch unterschiedliche Maßstabsebenen identifiziert und damit in unterschiedlicher Art und Weise die Handlungsfähigkeit und Selbstführung relevanter Akteur_innen im politisch-administrativen System in Deutschland problematisiert: Für eine erfolgreiche Umsetzung der Reformen wird es
19 Siehe zur Bedeutung der Stadt Tilburg für das NSM 3.2.1.
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als notwendig erachtet, dass die Kommunen aktiviert werden und von ihrer Handlungsautonomie Gebrauch machen, um lokalspezifische Reforminitiativen und Modellprojekte zu realisieren. Dafür müsse sich zentralstaatliches Handeln einerseits durch Zurückhaltung und andererseits durch weitere Autonomiezugeständnisse gegenüber den Kommunen auszeichnen. Auf keinen Fall dürfe den Kommunen ein beschränkendes Reformkonzept übergestülpt werden, das diese in ihren endogenen Reformpotentialen und -bedürfnissen beschränke. Liegt der Schwerpunkt in der Dokumentation der Verleihung des Carl BertelsmannPreises auf besagter strategischer Dimension der Mobilisierung von Wissen und der Aktivierung von Kommunen, wird die inhaltliche Dimension der Reformen lediglich umrissen. Zentraler Anknüpfungspunkt ist hierbei die bereits im Unterkapitel zur KGSt benannte Problematisierung, dass in den deutschen Kommunen ein Steuerungsdefizit bestehe (vgl. ebd.: 9f). Neben anderen Reformen wird der interkommunale Leistungsvergleich (siehe unten) als wesentliches Instrument angesehen, um Wettbewerb als Motor für Selbststeuerungsprozesse zu implementieren. Zu den Merkmalen des für notwendig erachteten neuen öffentlichen Managements zählen darüber hinaus: • •
»Orientierung auf ein professionelles und verantwortungsbewußtes Management Instrumente und Standards der administrativen Leistungsbemessung und der Output-Kontrolle
• • • •
Verselbständigung und Dezentralisierung von Verwaltungseinheiten Stärkung des Wettbewerbsgedankens Einsatz von in der Privatwirtschaft erprobten Managementinstrumenten Größere Disziplin und Sparsamkeit in der Ressourcennutzung.« (Reichard 1994: 16f)
Die Konjunktur des Marktmodells sei darauf zurückzuführen, dass für die deutschen Verwaltungen prägende Werte wie Staatstreue oder Regelanwendung gegenüber individualistischen Leistungserwartungen an Stellenwert verloren hätten (vgl. ebd.: 17). Dieser Wertewandel – als Teil der oben beschriebenen Legitimationskrise – steht exemplarisch für den Wechsel zwischen Input- und Output-Legitimität im Diskurs der Verwaltungsreform. Verwaltungshandeln soll weniger durch legitime Verfahrensweisen als durch Ergebnisorientierung gekennzeichnet sein, um schneller und kostengünstiger auf veränderte Anforderungen und Interessen einzugehen. In der Diskussion der beiden Fallbeispiele (siehe 4. & 5.) wird deutlich, dass die damit verbundene Perspektive auf die Binnenrationalisierung der Kommunalverwaltungen ausblendet, dass die Neuordnungsprozesse wesentlich durch eine politische Dimension gekennzeichnet sind. Die veränderte Steuerung bzw. – mit Foucault gesprochen – Disziplinierung und Führung von Verwaltungsmitarbeiter_innen wie auch die Nut-
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zung organisatorischer Privatisierungen führen zu einer Diffusion der Grenzen staatlichen Handelns. Es findet eine Dynamisierung der politisch-administrativen Apparate auf lokalstaatlicher Maßstabsebene statt, die diskursive und institutionelle Handlungsfelder für die Materialisierung der unternehmerischen Stadt eröffnet. Interkommunaler Leistungsvergleich Einen zentralen Stellenwert in der Arbeit der Bertelsmann Stiftung hinsichtlich der Mobilisierung einer betriebswirtschaftlichen Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen nehmen die Generierung von Kennzahlen und darauf aufbauende Leistungsvergleiche ein. 20 Unter dem Titel Interkommunaler Leistungsvergleich. Leistung und Innovation durch Wettbewerb wird 1997 im Verlag der Bertelsmann Stiftung die Dokumentation des Projektes Grundlagen einer leistungsfähigen Kommunalverwaltung veröffentlicht (vgl. Adamaschek 1997). An dem Projekt nehmen insgesamt sieben Modellstädte teil – Castrop-Rauxel, Gütersloh, Ludwigsburg, Pforzheim, Unna, Dessau und Potsdam –, die als »geeignete Projektpartner« angesehen werden (vgl. Geyer/Mohn 1997: 14). Dabei fällt die Wahl explizit auf Mittelstädte, da diese eine überschaubare Verwaltungsstruktur und dementsprechend kurze Dienstwege aufweisen und sich dafür eignen, erzielte Ergebnisse für kleinere und größere Kommunen oder auch für Landes- oder Bundesverwaltungen weiterzuentwickeln (vgl. Adamaschek 1997: 31). Als zentrales Instrument wird die Regulierung von Verwaltungshandeln mittels künstlich hergestelltem und simuliertem Wettbewerb angesehen (vgl. ebd.: 25ff). Das Verständnis desselben, das dem Projektbericht zugrunde liegt, ist dabei so einfach wie wirksam und stellt die Selbstregulierung via Wettbewerb ins Zentrum: »Er ist Quelle für innovative Produkte, günstige Preise und Servicequalität. Der Grund ist simpel: Im Wettbewerb muß der Anbieter mindestens so gut sein, wie die Mitbewerber, sonst bleiben ihm die Kunden weg.« (Ebd.: 25) Die in diesem Kontext kritisierte Monopolstellung der Kommunen bei der Erbringung öffentlicher Leistungen müsse »durchbrochen werden oder – wo echter Wettbewerb nicht herzustellen ist – durch etwas, das ähnlich wirkt, wie der Wettbewerb« (ebd.), ersetzt werden. In den Bereichen, die weder durch den Wettbewerb mit privaten Anbieter_innen noch durch Outsourcing oder Privatisierung »optimiert werden können« (ebd.: 26) wird der interkommunale Leistungsvergleich als wichtigstes Instrument gesehen, um zu entscheiden, ob eine Leistung optimiert werden müsse oder nicht:
20 An den Produkten der Bertelsmann Stiftung wird kritisiert, dass es sich unabhängig vom Politikfeld immer um das gleiche Konzept handle, das verkauft werden soll: Schulen, Hochschulen, Ämter und Behörden usw. sollen mittels Leistungszahlen verglichen werden (vgl. Bauer 2007a: 409).
112 | V ERWALTUNG DER UNTERNEHMERISCHEN STADT »Auf diese Weise kann auch in der öffentlichen Verwaltung ein Mechanismus geschaffen werden, der ähnlich funktioniert wie der Wettbewerb im privaten Sektor: Die Selbststeuerungseffekte entstehen durch Transparenz von Leistung, das Bedürfnis nach Anerkennung und den Ehrgeiz, gut sein zu wollen, aber auch durch die Notwendigkeit schlechte Leistungen (möglicherweise sogar öffentlich) verantworten zu müssen.« (Ebd.: 28)
Verwaltungsinterne Prozesse und Verfahrensweisen sollen einer ständigen Messung und Überprüfung unterzogen werden, wobei Wettbewerb als das maßgebliche Regulativ innerhalb der und zwischen den Kommunen dienen soll (vgl. ebd.: 22). In der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen verbinden sich damit individualisierende und totalisierende Formen der Machtausübung. Die Verwaltungsreform beschreibt ein Kontinuum, das von der Selbstführung der einzelnen Verwaltungsmitarbeiter_in bis zur Führung des gesamten politisch-administrativen Systems auf lokalstaatlicher Maßstabsebene reicht. Dabei greifen unterschiedliche Wissensordnungen ineinander, die mit Hilfe von Machttechnologien wie Evaluationen, Benchmarking oder Berichtswesen ein spezifisches Verständnis richtigen und falschen Verwaltungshandelns erst begründen. Durch den Einsatz bestimmter Technologien wird ein Handlungsfeld geschaffen und strukturiert, in dem die Verwaltungsmitarbeiter_innen ihr eigenes Handeln kontinuierlich messen und dokumentieren (siehe 2.2). Produktion und Zirkulation verwaltungsbezogenen Wissens innerhalb und zwischen den Verwaltungen konstituieren die Regulation über Wettbewerb und entwickeln zugleich handlungsleitende Wirkung. Bei dem Aufbau eines kommunenübergreifenden Berichtswesens21 geht es darum, »steuerungsrelevante Informationen über die Zielerreichung« (ebd.: 41) von Verwaltungshandeln aussagekräftig, vollständig und zeitnah zu erfassen. Das Berichtswesen soll nicht nur Zielvereinbarungen zwischen Politik und Verwaltung ermöglichen, sondern auch deren anschließende Überprüfung. Neben der internen Dokumentation und Überprüfung von Verwaltungshandeln soll ein solches Berichtswesen auch den externen (interkommunalen) Vergleich einzelner Leistungen ermöglichen. Von einem derartigen Vergleich wird sich erhofft, dass er mobilisierende Wirkung auf best practices der Verwaltungen hat. Beide Vergleichsebenen werden ermöglicht, indem über die Bestimmung des »Zielerreichungsgrads« eine Abstraktion von den konkreten Verwaltungshandlungen vorgenommen wird, die eine komparative Perspektive ermöglicht. Es geht dabei explizit nicht darum, den Input der Leistungserbringung zu vergleichen und dafür zu sorgen, dass dieser »vereinheitlicht und somit in ein Schema gepreßt« werde (Adamaschek 1997: 43). Der Input – also der Einsatz von Arbeitskraft, Infrastruktur und (finanziellem) Vermögen – ist nur in Bezug auf den Output rele-
21 Auf den Inhalt des Berichtswesens wird im Kontext der Fallbeispiele näher eingegangen.
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vant, um diesen vergleichen zu können und möglicherweise darauffolgende Restrukturierungsmaßnahmen zu bestimmen. Die ständige Dokumentation und Messung von Verwaltungshandeln innerhalb einer Kommune soll dieses auch immer im Vergleich mit anderen Kommunen bewertbar machen, bei zu großen Abweichungen Handlungsbedarf markieren und gleichzeitig eine verstärkte Selbstkontrolle der Mitarbeiter_innen ermöglichen (vgl. ebd.: 27). Der Vergleich mit anderen Kommunen solle zudem nicht nur als Indikator dienen, sondern auch Orientierungspunkte für mögliche Veränderungen bieten. Die Herstellung leistungsorientierten Wissens über Verwaltungshandeln ist nicht lediglich ein Ergebnis, sondern zugleich auch die Voraussetzung dafür, dass die in den Verwaltungen tätigen Subjekte von sich aus ihr eigenes Handeln überprüfen und gegebenenfalls neu ausrichten, ohne dass dafür konkrete Vorgaben im Top-downVerfahren durchgesetzt werden müssten. Unter dem Credo, dass Mitarbeiter_innen von Betroffenen zu Beteiligten gemacht werden müssten, wird eine Integration und Aktivierung des Verwaltungspersonals zu einer wesentlichen Bedingung einer erfolgreichen Durch- und Fortführung von Reformprozessen in Form einer steten Überprüfung und Reformierung von Verwaltungsstruktur und -handeln erklärt (vgl. ebd.: 91ff). Bei der Aktivierung der städtischen und kommunalen Verwaltungen handelt es sich folglich um ein spekulatives oder kalkulatives Reformprojekt, das auf das mögliche Handeln der in ihr Tätigen abzielt. Die Einführung eines umfangreichen und vergleichbaren Berichtswesens alleine wird in dem Projektbericht als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung angesehen, um zu einer leistungsfähigen Kommune zu kommen. Als weiteres Instrument wird die Einführung eines Controllings in Form eines Managementprozesses gefordert, bei dem es darum gehe, »die Ergebnisse aus dem Interkommunalen Leistungsvergleich […] als Ausgangspunkt eines professionellen Qualitätsmanagements zu nutzen« (ebd.: 68). Die Erzeugung von Berichten hat dabei keinen Selbstwert, sondern soll der Steuerung von Verwaltungshandeln dienen. Hierbei wird problematisiert, dass in den Verwaltungen das Personal nicht über die entsprechende Qualifikation verfüge, um den Schritt vom Berichtswesen zur Verwaltungssteuerung via Leistungsvergleich zu vollziehen (vgl. ebd.: 68f). Mit »flankierenden Maßnahmen«, wird unter anderem durch die Delegation von Verantwortung und Qualifikationsmaßnahmen versucht, Handlungsspielräume zu schaffen und Kompetenzen zu vermitteln, die für den Aufbau und die steuernde Nutzung eines Berichtswesens für notwendig erachtet wurden (vgl. ebd.: 80ff). Neben der Bertelsmann Stiftung und dem DBB spielte die KGSt – wie auch bei der Vergabe des Carl Bertelsmann Preises (siehe oben) – eine zentrale Rolle bei dem Projekt Grundlagen einer leistungsfähigen Verwaltung. Der kommunale Fachverband war sowohl an der Vorbereitung des Projekts als auch an der Fortführung des interkommunalen Leistungsvergleichs beteiligt. Zwar wird gehofft, dass die »Idee
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des Leistungsvergleichs eine Eigendynamik entfaltet« (ebd.: 115), verlassen möchte man sich darauf jedoch nicht. Vielmehr wird betont, dass mit der KGSt der »geborene Partner« bereits existiere, die mit dem IKO-Netz22 1996 einen Geschäftsbereich geschaffen habe, »der in Zukunft Interkommunale Leistungsvergleiche auf Dauer und kostendeckend ermöglichen soll« (ebd.). Mit dieser Kooperation sei »das Ziel […], wettbewerbsorientierte Steuerungssysteme flächendeckend für alle Kommunen Deutschlands und alle kommunalen Aufgabengebiete zu initiieren, in greifbare Nähe gerückt« (Geyer/Mohn 1997: 14). Je nachdem wie erfolgreich die Integration der Projektergebnisse beim Aufbau des IKO-Netzes der KGSt sei, sehe die Bertelsmann Stiftung ihr Engagement als erfüllt an: Ende der1990er Jahre kündigt sie an zu prüfen, »ob und wie weit sich die Bertelsmann Stiftung aus der Leistungsvergleichsarbeit zurückziehen kann, oder ob noch weitere Unterstützung erforderlich ist« (Adamaschek 1997: 115f). Die Bertelsmann Stiftung ist wesentlich daran beteiligt, im Diskurs die mangelnde Effizienz und das daraus resultierende Legitimitätsdefizit der städtischen und kommunalen Verwaltungen zu problematisieren. Ein erklärtes Ziel besteht in der »Erarbeitung von Vorschlägen für die Weiterentwicklung der Gesetzgebung der Kommunalverwaltung« (ebd.: 21). Die scheinbar punktuellen Projekte der Stiftung zeichnen sich dadurch aus, dass sie in skalarer, geographischer und zeitlicher Hinsicht über sich hinausweisen. Der modellhafte Charakter des Projekts Grundlagen einer leistungsfähigen Verwaltung dient als Ausgangs- und Orientierungspunkt für zukünftige Entwicklungen und zielt damit auf eine qualitative und quantitative Verstetigung und Erweiterung ab. So wird etwa gehofft, dass die teilnehmenden Projektkommunen von sich aus Leistungsvergleiche mit benachbarten Kommunen starten und damit in einer Art »Schneeballsystem« zur Verbreitung interkommunaler Leistungsvergleiche beitragen (vgl. ebd.: 114). Das Projekt weise explizit eine »praxisorientierte und exemplarische Vorgehensweise« auf, um mit geringem Aufwand schnell konkrete Lösungen mit hohem Wirkungsgrad zu erarbeiten (vgl. ebd.: 31). Die starke Anwendungsorientierung des Projekts nutzt dabei zum einen die Integration von Verwaltungsmitarbeiter_innen vor allem der Leitungs- und Führungsebenen, die in ihrer alltäglichen Praxis als potentielle Multiplikator_innen fungieren können. Zum anderen ist eine Kooperation mit Verbänden und anderen Interessensvertretungen festzustellen. Mit diesen gemeinsam
22 Das IKO-Netz der KGSt besteht in einem umfangreichen System interkommunaler Leistungsvergleiche, deren Ergebnisse den Mitgliedskommunen zur Verfügung gestellt werden. Das IKO-Netz dient »als Instrument zur Verbesserung von Effizienz und Effektivität der kommunalen Verwaltung, indem es diese unterstützt, berät und begleitet, vor allem aber Software und eine Datenbank dafür zur Verfügung stellt« (olev.de 2015; siehe zum IKO-Netz auch KGSt 2016).
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werden Problematisierungen, Lösungsansätze und -strategien formuliert, die in entsprechenden Publikationen veröffentlicht werden oder in andere Projekte einfließen und als Voraussetzung für die Verstetigung des Reformprozesses anzusehen sind. Zur Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung des Projekts wurden zwischen 1990 bis 1997 Fachveranstaltungen durchgeführt. Dazu zählen eine Expert_innenkonferenz zum Thema Effizienz in der Verwaltung, Informationsveranstaltungen in den Projektstädten, Auftaktveranstaltungen zur Gründung von Vergleichsringen zum interkommunalen Leistungsvergleich und die Durchführung eines Abschlusssymposiums. Im Januar 1995 beginnen zudem die Verhandlungen zwischen der Bertelsmann Stiftung und der KGSt »über die Kooperation auf dem Feld der Leistungsvergleiche« (ebd.: 153), die 1996 zu einem Gründungssymposium des IKO-Netzes und der offiziellen Bekanntgabe einer Kooperation zwischen den beiden Organisationen führt. Die Bertelsmann Stiftung nimmt bei der Wissensproduktion der Verwaltungsreform eine zentrale Rolle ein, ist aber nicht in der Lage, eigene Reformprogramme durchzusetzen. Die Stiftung trägt mit Projekten wie Grundlagen einer leistungsfähigen Kommunalverwaltung dazu bei, Wissen über Verwaltungsorganisation und -handeln, die zu bewältigenden Herausforderungen und die damit verbundenen Problematisierungen sowie Lösungsansätze und -ideen zu produzieren und zu verbreiten. Im Zentrum steht das (Mit-)Strukturieren eines kontingenten Handlungsfeldes der Verwaltungsmodernisierung. Diese wird jedoch im Kern nicht auf ein abgeschlossenes Reformpaket reduziert, sondern besteht in einer unternehmerischen Aktivierung der kommunalen Verwaltungen bzw. des in ihr tätigen Personals. Exkurs: Die Arvato Government Services Das Engagement der Bertelsmann Stiftung im Kontext kommunaler Verwaltungsreformen wird dahingehend kritisiert, dass die Bertelsmann AG, welche die Arbeit der Stiftung finanziert, über ihre Tochtergesellschaft Arvato Government Services entsprechende Dienstleistungen auch im Bereich Public Management anbietet (vgl. Bauer 2007b). Sie ist eine spezialisierte Anbieterin für verwaltungsbezogene Dienstleistungen, die stellvertretend für eine große Anzahl privater Unternehmen steht, für die die Übernahme potentiell aller nichthoheitlichen Aufgabenbereiche öffentlicher Verwaltungen ein Geschäftsfeld darstellt. Der damit einhergehende Abbau von Beschäftigten im öffentlichen Dienst und die damit verbundene Kostenreduzierung gilt
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dabei als die zentrale Stellschraube für Kosteneinsparungen bzw. zu erzielende Gewinne.23 Eine dafür notwendige Voraussetzung ist die Bestimmung von Kernprozessen, wie es im Rahmen der Neuordnung städtischer Verwaltungen bspw. in Form der Definition von öffentlichen Leistungen in Produkten und der Durchführung von Aufgabenkritik getan wird (vgl. KGSt 1994a: 7f). Die nicht immer trennscharfe Unterscheidung zwischen Stiftungs- und Unternehmenstätigkeit von Bertelsmann Stiftung und Bertelsmann AG provoziere einen Interessenskonflikt, da sich die Stiftung auf der einen Seite für »effizientere Verwaltungen […] und […] Outsourcing von Dienstleistungen« (Schuler 2010: 13) einsetzt und auf der anderen Seite das Unternehmen über Arvato in diesem Bereich geschäftlich tätig sei. Dabei sei »die Vermengung kommerzieller und gemeinnütziger Interessen […] in wenigen Bereichen so deutlich wie bei der Beratung und Privatisierung kommunaler Verwaltungen« (ebd.: 177). Während die Bertelsmann AG bzw. ihre Tochtergesellschaft Arvato Government Services in Deutschland bislang noch wenige Kund_innen gewinnen konnte, ist ihr Engagement in Großbritannien erfolgreicher. 24 Die Erschließung des »deutschen Marktes« für öffentliche Dienstleistungen steht noch aus. Dieser verfüge »über ein großes Potenzial, da in Deutschland rund 1,5 Millionen Personen in Kommunalverwaltungen arbeiteten. Bei durchschnittlichen Jahreskosten von 70.000 Euro pro Mitarbeiter ergebe sich ein Gesamtvolumen von 105 Milliarden Euro. Experten gingen davon aus, dass man davon rund 20 Prozent outsourcen könne. Der potentielle Gesamtmarkt belaufe sich also auf 20 Milliarden Euro pro Jahr allein in Deutschland.« (Ebd.: 181)
Die Einsparung von Personalkosten stellt damit einen zentralen Anreiz für die Restrukturierung und Ausgliederung öffentlicher Leistungserbringung dar und weist damit eine arbeitspolitische Dimension auf, die neben der Neuordnung administrativer
23 In einer Selbstdarstellung aus dem Jahre 2013 bietet die Arvato GmbH folgende Dienstleistungen für den öffentlichen Sektor an: Bürgerkommunikation und Bürgerservice, technische Lösungen und e-Government, Finanzdienstleistungen sowie Kreativ- und Marketingleistungen (vgl. Arvato AG 2012: 6). Im Bereich der Finanzdienstleistungen umfasst das Leistungsportfolio die Übernahme des gesamten Abrechnungs-, Gebühren- und Forderungswesen oder etwa auch die Hilfe bei der Umstellung auf eine doppische Buchführung. 24 Dort hat Arvato gemeinsam mit East Riding, einer Verwaltungseinheit in der Grafschaft Yorkshire, in Form einer PPP eine gemeinsame Service-Gesellschaft gegründet (Arvato 80 Prozent, East Riding 20 Prozent). Bei dieser »strategischen Partnerschaft« bzw. »Dienstleistungspartnerschaft« bestehe das primäre Ziel in der Verschlankung und Vereinfachung von Prozessen mit hohem Einsparpotential und nicht in der qualitativen Verbesserung der Prozesse (vgl. Schuler 2010: 187ff).
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Strukturen und Verfahrensweisen auch die Neuordnung der Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst einschließt. Darin wird von Anbieter_innen wie Arvato die Möglichkeit gesehen, einen Teil der potentiell einsparbaren Kosten in private Gewinne umzuwandeln. An dem Engagement und der politischen Einflussnahme der Bertelsmann Stiftung in diesem Bereich wird von Gewerkschaften kritisiert, dass die Bertelsmann Stiftung mit ihrem Engagement das Feld bereite für »die ›feindliche Übernahme‹ durch private Unternehmen à la Arvato« (Die Zeit 11.11.2007; zit. n. Schuler 2010: 185). 3.2.3 Verwaltungswissenschaften Die deutschen Verwaltungswissenschaften haben einen nicht zu vernachlässigenden Beitrag zur Mobilisierung der Reformen zur Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen geleistet. Die verwaltungsbezogenen Wissenschaften spielen zwar keine Vorreiterrolle, nehmen jedoch bei der Mobilisierung neuer Formen der Verwaltungsorganisation als Geleitzug der Verwaltungsmodernisierung eine wichtige Rolle ein (vgl. Damkowski/Precht 1998a: 18f). Zusammenfassend lässt sich von einem anwendungsbezogenen Verhältnis gegenüber der Einführung neuer Formen der Verwaltungssteuerung sprechen. Dabei sind drei unterschiedliche Dimensionen zu unterscheiden. Erstens waren an allen wichtigen Projekten der Bertelsmann Stiftung verwaltungswissenschaftliche Experten (sic!) an der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung beteiligt, die in Beiräten, Arbeitsgruppen oder Auswahlkommissionen zum Teil leitende Funktionen einnahmen. Die wissenschaftliche Begleitung dieser und vergleichbarer Projekte anderer Akteur_innen kann als fachlich legitimierender Faktor gesehen werden, der dazu beigetragen hat, die integrierte Modernisierung der Innen- und Außendimension von Verwaltungsstruktur und -handeln auf lokalstaatlicher Ebene zu stabilisieren und voranzutreiben. Zweitens wurden zahlreiche Forschungsprojekte durchgeführt, die Umsetzungsstrategien, Umsetzungsstand wie auch Entwicklungsperspektiven der lokalen Verwaltungsmodernisierung zum Gegenstand hatten. Eine der bedeutsamsten Forschungsarbeiten zum NSM ist das Projekt 10 Jahre Neues Steuerungsmodell – Evaluation kommunaler Verwaltungsmodernisierung, das von der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) finanziert und von der KGSt unterstützt wurde (vgl. Bogumil et al. 2007a). Die Studie unterscheidet sich dahingehend von anderen Forschungsprojekten, dass nicht nur einzelne Kommunen oder Reformvorhaben als Fallbeispiele betrachtet werden, sondern eine »systematische Bestandsaufnahme der Ergebnisse und Wirkungen« (ebd.: 11) durchgeführt werden sollte. In dem Projekt wurden eine Institutionenevaluierung (organisatorische, personelle und instrumentelle Veränderungen),
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eine Performanzevaluierung (Leistungsfähigkeit, Bearbeitungsdauer, Kosteneffizienz, Kund_innen- und Mitarbeiter_innenzufriedenheit) und eine Outcome-Evaluierung (gesamtwirtschaftliche und verteilungspolitische Effekte) durchgeführt (vgl. ebd.: 11ff). In Folge dieser spezifischen Perspektiven bleibt der Kontext des NSM ausgeblendet, da innerhalb der programmatischen Grenzen desselben verblieben wird. Dieser Logik folgend hat das Projekt eine klare anwendungsbezogene Ausrichtung, da auf dessen »Grundlage Hinweise für die Gestaltung des weiteren Modernisierungsprozesses« und für einen »empirisch kontrollierten Blick nach vorne« zur Verfügung gestellt werden sollten (ebd.: 12). Trotz des Verbleibens innerhalb der Rationalität des NSM und die es fortschreibende Ausrichtung des Forschungsprojekts wird wissenschaftliche Neutralität beansprucht (vgl. ebd.). Ein weiteres Beispiel für die zweite, umsetzungsorientierte Dimension bei der Einführung neuer Formen der Verwaltungssteuerung ist die sogenannte Gelbe Reihe, die den Titel Modernisierung des öffentlichen Sektors trägt und an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer (DHV) herausgegeben wird. In diesem Rahmen wurden seit 1994 in zahlreichen Publikationen »komprimierte Überblicke über wichtige Problemfelder und zentrale Fragestellungen« der Verwaltungsmodernisierung25 und
25 Themen der Gelben Reihe sind Binnenmodernisierung und das Verhältnis von Politik und Verwaltung (Budäus 1994; Gerstlberger et al. 1999; Jann et al. 2006; Oppen et al. 2005; Reichard 1996; Tondorf 2002), Haushalts- und Rechnungssysteme (Holtkamp 2010; Lüder 2001; Seiwald et al. 2013), Leistungsmessung (Naschold et al. 1996; Schmidt/Müller 2013), Personalpolitik in öffentlichen Verwaltungen (Bahnmüller/Hoppe 2014; Bull 2006; Färber et al. 2011; Greifenstein/Kissler 2000; Kühnlein/Wohlfahrt 1994; Reichard/Röber 2012; Schmidt/Müller 2013; Schmidt et al. 2011; Tondorf 1995, 2007; Trittel et al. 2010; Wiechmann/Kissler 1997), Bürger_innen-, Kund_innen- sowie Serviceorientierung (Bogumil et al. 2001; Bogumil et al. 2003; Bogumil/Kissler 1995; Franzke/Kleger 2010; Hielscher/Ochs 2009; Klages et al. 2008; Klages/Vetter 2013; Kubicek et al. 2009; Oppen 1995), Changemanagement (Kuhlmann/Wollmann 2006; Naschold 1995b; Naschold et al. 1998; Reichard 1996; Straßheim/Oppen 2006), internationale Beispiele (Jann et al. 2006; Naschold 1995b; Naschold et al. 1999; Naschold et al. 1998; Reichard 1996; Seiwald et al. 2013), Qualitätsmanagement (Oppen 1995), Staatsaufgaben und Privatisierung (Bach et al. 2010; Behrens et al. 2005; Damkowski/Rösener 2003; Döhler et al. 2015; Evers et al. 2002; Gerstlberger/Schneider 2008; Killian et al. 2006; Lippert 2005; Naschold et al. 1996; Naschold et al. 1998; Stöbe-Blossey/Brandel 1996; Tondorf 2002; Wegrich 2011), einzelne Politikfelder (Bauer et al. 2007; Bogumil et al. 2013; Bogumil/Heinze 2009; Dubs 2011; Grimm et al. 2004; Hielscher/Ochs 2009; Hinte et al. 2003; Hinte et al. 1999; Jann/Schmid 2004; Keller 2010; Kißler et al. 2008; Kopatz 2003; Mosley et al. 2003; Nagel 2010; Oppen 1995; Richter 2007; Schütz/Mosley 2005; Wiechmann/Kissler 1997) sowie technische Mo-
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»vertiefende Analysen […] mit der Darstellung empirischer Ergebnisse und weiterführender Resultate« veröffentlicht (Nomos 2015). Unter den Herausgeber_innen der Reihe finden sich mit Jörg Bogumil, Dietrich Budäus, Isabella Pröller und Christoph Reichard zentrale Vertreter_innen der verwaltungswissenschaftlichen Intelligenz. Drittens wurden Wettbewerbe ausgelobt, um beispielhafte und vorbildliche Entwicklungen auszuzeichnen. Dazu gehören die von 1992 bis 2005 insgesamt siebenmal veranstalteten Speyerer Qualitätswettbewerbe. Begründet wurde der an deutschsprachige Verwaltungen vergebene Preis von Prof. Dr. Hermann Hill und Prof. Dr. Helmut Klages an der DHV. Mit ihm wurden alle zwei Jahre eine ganze Reihe von Kommunal- und Landesverwaltungen für die unterschiedlichsten Reformvorhaben und -programme ausgezeichnet. Während anfänglich allgemeine Reformprojekte bedacht wurden, vergab man ab dem Jahr 2000 auch Auszeichnungen nach Kategorien (Bürgerorientierung, E-Government, Personalmanagement, Politik & Verwaltung, PPP, Wissensmanagement und Strategisches Management). Das Ziel des Wettbewerbes bestand darin, »innovative Weiterentwicklungen der öffentlichen Verwaltung sowie des Staats- und Verwaltungshandelns im Sinne einer integrierten Modernisierung zu fördern« (DHV 2005a). Der Wettbewerb trieb die Generierung und Verbreitung von Problematisierungen, Lösungsstrategien und -instrumenten voran. Dies geschah mit Hilfe wissenschaftlich zertifizierter best practices, die anderen Kommunen als Orientierungspunkte dienen sollten. Hieran waren neben Wissenschaftler_innen auch Expert_innen aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft beteiligt (vgl. DHV 2005b). Der starke Anwendungsbezug, wie er sich in der Integration führender verwaltungswissenschaftlicher Vertreter bei Modellprojekten und in der verwaltungswissenschaftlichen Wissensproduktion zeigt, unterstreicht die Relevanz der deutschen Verwaltungswissenschaften für die Mobilisierung der Neuordnung städtischer Verwaltungen. So wiesen Publikationen mit großem Impact-Faktor bezüglich thematischer Schwerpunkte zu NSM und Privatisierung einen hohen Anwendungsbezug auf (vgl. Vogel 2006: 498). Auch sei der Modernisierungsdiskurs von Vertreter_innen aus unterschiedlichsten Bereichen und mit unterschiedlichen Interessen, Ressourcen, Kenntnissen und Fähigkeiten getragen worden, womit »die Unterscheidung von akademischer und nichtakademischer Wissensproduktion […] an Relevanz« (ebd.) verliere. Die affirmative Haltung gegenüber den Reformen der öffentlichen Verwaltungen im Mainstream der deutschen Verwaltungswissenschaften erzeugt eine wissenschaftlich-legitimierende Stellung hinsichtlich der Modernisierungsnotwendigkeit der lo-
dernisierung der Verwaltungen (Brinckmann/Wind 1999). Auch die Konsolidierungsphase des NSM ab Ende der 1990er und Beginn der 2000er Jahre wird in der Reihe bearbeitet (Bogumil et al. 2007a; Bogumil et al. 2007b; Brandel et al. 1999; Gerstlberger et al. 1999; Holtkamp 2008; Jann et al. 2004; Jann et al. 2006; Oppen et al. 2005).
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kalen Verwaltungen. Die wissenschaftliche Begleitung der administrativen Neuordnungsprozesse erfüllt dabei die Funktion, »ein günstiges ideologisches Klima für die über mehrere Jahrzehnte hinweg vorbereiteten Gegenreformen zu schaffen und ihnen einen wissenschaftlichen Anstrich zu verleihen« (Pelizzari 2001: 45). In diesem Sinne haben die deutschen Verwaltungswissenschaften dazu beigetragen, das NSM als integrativen Bezugspunkt und als Widerstandsbewegung gegen das politisch-administrative Gerüst des fordistischen Wohlfahrtsstaates in den 1990er Jahren in Stellung zu bringen. Dabei kann eine reziproke Abhängigkeit beschrieben werden, die einerseits darin besteht, dass die verwaltungswissenschaftliche Wissensproduktion mobilisierende und legitimierende Funktion für die Schaffung, Etablierung und Stabilisierung des NSM hat. Andererseits bietet die fortdauernde Modernisierung der städtischen und kommunalen Verwaltungen die Möglichkeit für Gutachten und Forschungsprojekte zur Evaluierung der Reformfortschritte. Damit sind die Verwaltungswissenschaften integrativer Teil einer politischen Ökonomie von Nachfrage nach und Produktion von Wissen über administrative Neuordnungsprozesse. 3.2.4 Beratungsunternehmen Das sogenannte Public Sector Consulting gehört seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre zum Leistungsportfolio großer Beratungsunternehmen wie bspw. McKinsey, Roland Berger & Partner oder Pricewaterhouse Coopers (vgl. Armbrüster et al. 2010: 42).26 In der frühen Phase der Mobilisierung fehlte den Beratungsunternehmen die Fachkompetenz. Nach der vermeintlichen Überwindung dieses Mangels hatten sie »in größeren Kommunen […] einen zunehmenden und starken Einfluss auf die Konzeptentwicklung« (Reichard 1997: 65). Das Betätigungsfeld Public Management und die Begleitung von Verwaltungsmodernisierungsprozessen stellte damit einen wichtigen Wachstumsmarkt für Unternehmensberatungen dar (vgl. Reichard 1998: 55). Das Engagieren externer Berater_innen im Rahmen der Reform öffentlicher Verwaltungen basiert auf der Annahme, dass die endogenen Potentiale der Verwaltung selbst nicht ausreichen, um Lösungen für den gestiegenen Kostendruck und die neuen Anforderungen zu entwickeln, mit denen man die Verwaltungsapparate zu Beginn der 1990er Jahre konfrontiert sieht. Berater_innen erfüllen dabei weniger die Aufgabe, konkrete Inhalte einer Verwaltungsreform zu entwickeln – dazu fehlt in der Regel das notwendige Fachwissen. Mehr noch wird ihnen attestiert, dass es sich bei den entwickelten Konzepten und angefertigten Berichten teilweise um Strohfeuer
26 Auch wenn hier der Fokus auf den großen Anbieter_innen der Branche liegt, sind im Bereich des Public Sector Consulting auch zahlreiche kleinere oder Ein-Personen-Unternehmen aktiv.
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und leere Worthülsen gehandelt habe (vgl. Damkowski/Precht 1998a: 31).27 Doch wenngleich Berater_innen keine primär inhaltliche Rolle bei der Neuordnung öffentlicher Verwaltung spielen, kommt ihnen dennoch eine strategische Bedeutung zu. Beratungsunternehmen fungieren als Problem- und Angstmacher_innen, die zugleich auch die vermeintlich individuell zugeschnittenen Lösungen für diese Probleme und Ängste anbieten (vgl. Resch 2005: 158ff). Unternehmensberatungen kommt dabei vor allem eine strategisch-legitimierende Funktion zu, da die Reformen von externer Seite mit wirtschaftlicher Expertise begleitet werden (vgl. Armbrüster et al. 2010: 35). Die Lösung und Erfüllung der sich ständig ändernden Probleme und Anforderungen kann aber nie endgültig sein, da ihnen nur über eine ständige Auseinandersetzung und Anpassung unter Zuhilfenahme externer Beratung beizukommen ist. Die Beratungsunternehmen tragen dazu bei, das Set an Problematisierungen und den daraus abgeleiteten, beständigen Reformbedarf als Lösungsstrategie gegenüber den Verwaltungen zu mobilisieren (vgl. Lemke 1997: 32). Sie agieren dabei als kommerzielle Dienstleister, die warenförmiges Wissen anbieten, das schnell überholt ist. Damit wird ständig neuer Beratungsbedarf erzeugt (vgl. Resch 2005: 114). Es ist von großer Bedeutung für Unternehmensberatungen, die Definitionshoheit über die zu lösenden Probleme zu beanspruchen, um im nächsten Schritt auch entsprechende Lösungsstrategien anbieten zu können. Dafür ist es notwendig, entsprechende Verbindungen zu wichtigen Akteur_innen zu haben, damit Problematisierungen auch hegemonial werden können (vgl. Armbrüster et al. 2010: 38f). Die Aufgabe von Berater_innen besteht darin, den politischen Beschluss zur Modernisierung gegenüber den Verwaltungsmitarbeiter_innen zu legitimieren und durchzusetzen. Es geht darum, »Prozesse anzustoßen und Akzeptanz für die internen Veränderer zu schaffen« (Rienaß 1998: 110). Die Verwaltungsbediensteten werden dabei in der Mehrheit als potentielle Verhinderer_innen und Blockierer_innen gesehen, die es zu aktivieren gilt. Um diese zu überzeugen, reicht es nicht aus, »sich allein auf Entscheidungen politisch Verantwortlicher zu berufen und diese konsequent umsetzen zu wollen, sondern es bedarf hier schon einer starken Überzeugungsarbeit, zumal Skepsis gerade hinsichtlich der Ernsthaftigkeit des Umsetzungswillens der Leitungskräfte in der Verwaltung durchaus angebracht war« (ebd.: 106f). 27 Es lassen sich auch Verbindungslinien zwischen Beratungsunternehmen und der Bertelsmann Stiftung ziehen. So wurde die Bewertung bei der Vergabe des Carl Bertelsmann Preises im Jahr 1993 von Unternehmensberatungen vorgenommen, »die sich kenntnisreich und motiviert in die Recherche eingebracht haben« (Mohn 1994: 8; vgl. auch Pröhl 1994a: 33). Daneben kooperieren auch kommunale Interessenverbände mit Beratungsunternehmen. So wurde bspw. im Jahr 2011 in einem gemeinsamen Projekt von DST und PwC die Reform des kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens evaluiert (vgl. Articus/Wagner 2011).
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Ähnlich wie bei der Bertelsmann Stiftung liegt der Schwerpunkt der Beratungstätigkeit von Beratungsunternehmen vor allem auf der Aktivierung der Verwaltungsmitarbeiter_innen. Das Engagement der Berater_innen ist daher das Instrument, mit dessen Hilfe das angenommene be- und verhindernde Verhalten der Beschäftigten überwunden werden soll: Verwaltungen seien weder willens noch in der Lage, über Konsolidierungspotentiale und damit sie selbst betreffende Einschnitte zu entscheiden, weswegen eine externe Beratungsfirma dies entsprechend der eigenen Bewertungskriterien besser leisten könne. Damit ist diese Bewertung bürokratischen Handelns wiederum ein Mittel, um Reform- und Innovationsdruck zu erzeugen, bei dem nicht das Erfüllen von Maximalforderungen das Ziel ist, sondern das Schaffen eines Klimas der Reformbereitschaft (vgl. Resch 2005: 16): »Die Berater mußten lernen, daß Bestandteil des Verwaltungshandelns auch ist, Dinge und Ergebnisse ›kleinzureden‹, und sich eine Vielzahl von Verwaltungsmitarbeitern in Larmoyanz gefallen […].« (Rienaß 1998: 107) Externe Berater_innen haben bei der Neuordnung öffentlicher Verwaltungen nicht – oder zumindest nicht vornehmlich – die Aufgabe, externen Sachverstand in die Verwaltungen zu bringen, um (fachliche) Wissensdefizite zu kompensieren. Der Bezugspunkt für das Engagement von Beratungsunternehmen ist vielmehr die gemeinhin angenommene Reformträgheit öffentlicher Verwaltungen, die als deren Wesensmerkmal bestimmt wird. Die technokratische Naturalisierung eines administrativen Strukturkonservatismus, der fortschritt- und innovationsfeindlich ist, ist möglich, wenn Verwaltung als ein technischer Apparat verstanden wird. In einer erweiterten Betrachtung wird jedoch deutlich, dass in öffentlichen Verwaltungen gesellschaftliche Kräfteverhältnisse und Kämpfe eingeschrieben sind oder, mehr noch, Umfang, Struktur und Aufgaben öffentlicher Verwaltungen selbst als Kräfteverhältnis begriffen werden müssen. Externer Beratung kommt dabei die Aufgabe zu, dem (potentiellen) Widerstand in der Verwaltung gegen Sozialabbau, Prekarisierung und die Zunahme sozialer Ungleichheit zu begegnen: »Die (antizipierten) Widerstände in der Verwaltung müssen gebrochen werden, um eine Verschlankung des Apparats, größere Beweglichkeit, Abbau von Interessenkonstellationen und Privatisierung von öffentlichem Eigentum (gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst und betroffene Bürger) durchsetzen zu können.« (Demirović 2007: 21)
Das Zwischenschalten von Berater_innen zwischen Politik und Verwaltung erweist sich als »Entpolitisierung der Politik« (Resch 2005: 215). Diese gründet sich in einer angeblichen Objektivierung der Notwendigkeit von Reformen und der Verschiebung von Verantwortung auf eine externe, vermeintlich neutrale Akteur_in. Die Reformen erscheinen damit nicht als Entscheidungen politischer Vertreter_innen, sondern als sachlich begründete Notwendigkeiten. Die damit einhergehende Entpersonalisierung
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von Politik korreliert mit einer Neudefinition von Politik, die als alternativloser Sachzwang inszeniert wird (vgl. ebd.: 216f). Gleichzeitig sind die vorgeschlagenen Konzepte und die in den Beratungstexten gewählte Sprache aber von einem hohen Maß an Vagheit geprägt. Ein Konzept müsse, um erfolgreich zu sein, »eine Balance von Einfachheit und Vagheit des Konzepts [aufweisen]. Diese Balance wird erreicht durch Metaphern, Mystifizierung sowie eine geschickte (Neu-)Kombination bekannter und neuer Elemente.« (Armbrüster et al. 2010: 38) Die strategische Offenheit und Vagheit von Beratung soll eine Adaptierbarkeit von Modernisierungskonzepten gewährleisten, die jedoch gleichzeitig eine Standardisierung von (Reform-)Wissen darstellt, das mit geringen Kosten angeboten und vermarktet werden kann. Bei Teilimplementierungen wird darüber hinaus auf diffuse Widerstände und Konflikte verwiesen, die eine erfolgreiche Implementierung verhinderten, wobei jedoch außer Frage steht, dass Auftraggeber_innen und Berater_innen ihre Aufgaben gut erfüllt hätten (vgl. Resch 2005: 215). Der Einfluss von Beratung auf Politik stellt an sich kein neues Phänomen dar. Staatliches Handeln gründet sich im Wesentlichen auf externes Beratungswissen über die Bevölkerung und die zu regierenden Probleme, womit es dem Staat nicht äußerlich, sondern integraler Bestandteil desselben ist (vgl. Demirović 2007: 15f). Beratung als integraler Teil von Staatlichkeit weist in mehrfacher Hinsicht problematische Züge auf: »die Gefahr der Bildung von informeller Macht […], die Einseitigkeit der Sicht der Beratenden, die Qualität des Beratungswissens, die Auswahl der Berater, die nicht-kontrollierbaren Prozesse der Wissensvermittlung« (ebd.: 16). Trotz dieser Probleme wird auf externe Beratung – wie im Fall der Neuordnung städtischer Verwaltungen – zurückgegriffen. Beratung wird als Zeichen für Aktivität und Innovation begriffen und stellt damit eine Art Trend dar. Sie dient mit ihrem politisch und fachlich neutralen Anstrich der Verschiebung von Verantwortung, als Unterstützung bei der öffentlichen Meinungsbildung sowie als Druckmittel der Politik gegenüber der Verwaltung zur Durchsetzung von Reformen (vgl. ebd.: 20). Mit zunehmender partikularer Einflussnahme von Beratungsunternehmen und Think Tanks stellt sich die Frage, inwieweit der Staat noch als Garant eines über ihn ausgedrückten Allgemeinwillens angesehen werden kann, da nicht mehr die Verfahrensgerechtigkeit administrativen und politischen Handelns im Fokus steht, sondern intransparente Beratungs- und Aushandlungsprozesse (vgl. ebd.: 21). Anhand der vielfältigen Betätigung von Beratungsunternehmen in Verwaltungsreformprozessen kann gezeigt werden, wie diese dazu beitragen, bestimmte Formen der Problematisierung mit hervorzubringen und zu stabilisieren. Ihr Engagement richtet sich dezidiert auf die Aktivierung der als strukturkonservativ und reformfeindlich eingestellten Mitarbeiter_innen, die, so der Vorwurf, aus Partikularinteressen sich der Reform verweigern. Sie schaffen als scheinbar neutrale, externe Akteure Reformdruck. Dabei können die vorgeschlagenen Reforminstrumente nicht scheitern. Es sind vielmehr die nicht umfassende oder fehlerhafte Umsetzung und Anwendung
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durch die Reformsubjekte selbst, die ein Scheitern bedingen. Die Kombination aus Problematisierung, Aktivierung und Verantwortungsverschiebung ist als Regierungspraktik im Sinne Foucaults zu verstehen, mit deren Hilfe der Gesamtzusammenhang Verwaltung über die Adressierung der einzelnen Verwaltungsmitarbeiter_innen reformierbar bzw. regierbar gemacht wird. Diese Dynamisierung der Verwaltungsapparate bietet die Grundlage für Prozesse der Entpolitisierung, die Einflussnahme privatwirtschaftlicher Akteur_innen und die Neubestimmung dessen, was als staatliche Aufgaben und damit auch als Staatlichkeit anzusehen ist. Exkurs: Das Konzept »Berlin sanieren!« Am Beispiel der Reform der Berliner Landes- und Bezirksverwaltungen zum »Unternehmen Verwaltung« (vgl. Rienaß 1998: 103) lässt sich die Art und Weise nachvollziehen, wie Beratungsunternehmen ihre Dienste anbieten.28 Im Jahr 2001 veröffentlichen die führenden Beratungsunternehmen Roland Berger, McKinsey und KPMG – ohne einen Auftrag dafür erhalten zu haben – in der Zeitschrift Capital ein gemeinsames Sanierungskonzept für das Land Berlin (vgl. Capital 28.06.2001). Darin werden bereits in Angriff genommene Maßnahmen aufgegriffen und in einem Sechspunkteprogramm als Strategie zur (finanziellen) Rettung Berlins zusammengefasst (vgl. Der Spiegel 02.02.2004: 6329). Diesem Konzept zu Folge zeichne sich die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung regierende rot-grüne Koalition – wie auch vorhergehende Koalitionen – dadurch aus, dass sie keine wirtschaftliche Qualifikation aufweise und auf mehr Gelder vom Bund setze. Der Rettungsplan, den die Beratungsunternehmen gegenüberstellen, besteht aus »Privatisieren, den Beamtenapparat schlank machen, bessere Wirtschaftsförderung, ein neuer Flughafen, private Hochschulen sowie intelligenteres Marketing« (Capital 28.06.2001).30
28 Weitere Beispiele sind etwa die Kommunalstudien von PwC (2002), Roland Berger (2002) oder EY (2014). 29 In dem Beitrag über das Konzept wird ein Zusammenhang zwischen Feminismus und mangelnder ökonomischer Kompetenz suggeriert und die Unfähigkeit der regierenden Politiker_innen als Aufhänger genutzt, um die sachliche Expertise der Beratungsunternehmen in Stellung zu bringen. 30 Der Bau eines neuen Flughafens hat sich für das Land Berlin zu einem politischen und finanziellen Desaster entwickelt. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist nicht abzusehen, wann der neue Berliner Großflughafen eröffnet werden wird und welche Kosten damit verbunden sein werden (vgl. Hammer 2015).
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In dem Konzept wird die Privatisierung von Unternehmen und Beteiligungen im Wert von mehreren Milliarden Mark vorgeschlagen, die bspw. die Berliner Bankgesellschaft, Wohnungsbaugesellschaften und die Berliner Wasserbetriebe umfassen.31 Es wird der Bau eines neuen Großflughafens empfohlen, von dem sich 45.000 neue Arbeitsplätze erhofft werden und der nach dem Bau komplett privatisiert werden soll. Die Wirtschaft soll außerdem durch die gezielte Ansiedlung von Medienunternehmen gestärkt werden.32 Dafür solle die Wirtschaftsförderung durch ein professionelles »Ansiedlungsmanagement« erweitert werden. In der Verwaltung müsse es zu einem »radikalen Abbau von Arbeitsplätzen« (ebd.) kommen und insgesamt 50.000 Stellen gestrichen werden, was auch mit betriebsbedingten Kündigungen durchgesetzt werden müsse. Die Freie Universität müsse privatisiert und der Biotech-Bereich ausgebaut werden. Insgesamt sei bei Forschungseinrichtungen eine wettbewerbsorientierte Mittelzuweisung anzustreben, anstatt die Gelder gleichmäßig zu verteilen. Im Kulturbereich solle eine stärkere Markenbildung verfolgt werden, um mehr Tourist_innen in die Stadt zu holen. Auch wenn den Senator_innen der rot-grünen Regierung gänzlich die politische Kompetenz abgesprochen wird, wird den beiden Führungspersonen von SPD und CDU, Klaus Wowereit und Frank Steffel, Pragmatismus attestiert, um substantielle Veränderungen anzugehen: »Hinter den Kulissen holen beide den Rat von Managern und Consultants ein.« (Ebd.) Das Konzept überzeichnet und radikalisiert damals ohnehin existierende Bestrebungen, der Verschuldung des Landes Berlin zu begegnen. Beim Lob der Leitfiguren der beiden Parteien SPD und CDU für das Hinzuziehen externer Berater_innen wird kein Hehl daraus gemacht, dass dies im informellen Rahmen stattfindet und auf diesem Weg in die Politikformulierung der regierenden Koalition einfließt. Das Auftreten der Beratungsunternehmen als Problematisierer_innen – die Politiker_innen haben keinen wirtschaftlichen Verstand – und das gleichzeitige Anbieten von Lösungen – mittels eines Pro-bono-Sanierungskonzepts – führte in Berlin zum Abschluss von mehreren Beratungsverträgen.
31 Zu diesem Punkt ist zu bemerken, dass der Verkauf der Berliner Wasserbetriebe mittlerweile aufgrund einer Volksabstimmung wieder rückgängig gemacht wurde (siehe dazu Becker et al. 2014; Beveridge/Hüesker 2008; Naumann 2008). Im Gegensatz dazu hat das Land Berlin durch die Privatisierung von Wohnungsbaugesellschaften seit Mitte der 1990er Jahre ca. die Hälfte des öffentlichen Wohnungsbestands eingebüßt. Dabei wurde nicht an die Mieter_innen zur Eigennutzung verkauft, sondern in erster Linie an institutionelle Investor_innen, die neue Investitionsmöglichkeiten gesucht haben (vgl. Holm 2008; Uffer 2014). 32 Auch dieses Projekt wurde vom Land Berlin verfolgt und unter großem öffentlichen Protest das sogenannte MediaSpree-Areal geschaffen (vgl. Ahlfeldt 2010; Dohnke 2014; Thiele 2011).
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Am Engagement der Berater_innen in Berlin wird u. a. kritisiert, dass in etlichen Fällen keine öffentliche Ausschreibung erfolgte, da die Verträge knapp unter der ausschreibungspflichtigen Grenze von 200.000 € lagen (vgl. Der Spiegel 02.02.2004: 64). Rückblickend waren viele dieser Projekte in ihrer Umsetzung umkämpft oder gelten heute als gescheitert (Privatisierung der Wasserversorgung und des öffentlichen Wohnungsbestands oder Flughafenbau). Die teilweise bzw. scheiternde Umsetzung von Projekten wird jedoch nicht den Beratungsunternehmen angelastet, sondern wird auf fehlerhafte Durchführung oder bürokratische Verhinderung geschoben (vgl. Resch 2005: 208ff).
3.3 Z WISCHENFAZIT Zusammenfassend lässt sich das NSM als programmatischer Kern einer über es selbst hinausweisenden Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen begreifen, in deren Mittelpunkt die Art und Weise administrativen Handelns und die Grenzen lokalstaatlicher Verwaltungsapparate verhandelt werden. Entlang des oben entwickelten theoretischen Bezugsrahmens (siehe 2.) wird im Folgenden die Mobilisierung der Neuordnung städtischer Verwaltungen zunächst hinsichtlich der Praktiken, Strategien und Technologien betrachtet, die das NSM hervorbringen, stabilisieren und prägen (siehe 3.3.1). Dabei lässt sich eine Strategie der zeit-räumlich und inhaltlich fragmentierten Umsetzung ausmachen, deren Ansatzpunkt Reformbereitschaft und Handlungsvermögen der einzelnen Kommunen ist. Im daran anschließenden Abschnitt argumentiere ich, dass über die programmatisch dominierende Binnendimension hinaus – quasi im Schatten des NSM – eine breitere Reformbewegung festzustellen ist, die sich nicht auf die Frage effektiverer und effizienterer Organisation der Binnenverwaltung beschränkt (siehe 3.3.2). Im darauffolgenden Abschnitt diskutiere ich die Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen als Neoliberalisierungsprozess, der sich dadurch kennzeichnet, dass erstens Wettbewerbs- und Marktsurrogate als regulative Elemente für Verwaltungsorganisation und -handeln fungieren und dass damit zweitens eine immanente Selbstbeschränkung administrativen Handelns etabliert wird (siehe 3.3.3). Abschließend setze ich mich mit der administrativen Neuordnung als politischem Projekt vor dem Hintergrund einer staatstheoretischen Betrachtung auseinander (siehe 3.3.4). Die Neuordnung der städtischen Verwaltung führt zu einer Multiplizierung der Schnittstellen gegenüber den lokalstaatlichen Apparaten, die sich auf die Artikulation von Interessen gegenüber und durch den Staat auswirkt.33
33 Über diese allgemeine Feststellung hinaus wird dieser Aspekt im Kontext der Fallbeispiele noch näher betrachtet.
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3.3.1 Die Neuordnung städtischer Verwaltungen als zeit-räumlich fragmentierter Prozess Was Rick Vogel für den Wissenschaftsdiskurs (siehe Tab. 4) feststellt, kann auch hinsichtlich der Reformpraxis unter dem Label des NSM konstatiert werden: »Die Phase der Latenz und Geburt von NPM ist zwar von einem gemeinsamen Problembewusstsein um die Reformbedürftigkeit der öffentlichen Verwaltung, nicht aber von konzertierten Bemühungen um Problemlösungen geprägt; sie enthält zwar einen diagnostischen, aber keinen therapeutischen Konvergenzpunkt.« (Vogel 2006: 496, H. i. O.)
Den Ausgangspunkt markiert die diskursive Etablierung eines Sets an Problematisierungen (bspw. Finanzierungskrise, mangelnde Wirtschaftlichkeit oder Legitimationsdefizit) in Verbindung mit idealtypischen Modellvorstellungen, die von der KGSt in Form des NSM als Orientierungs- und Handlungsrahmen präsentiert werden. Die daran anschließende Wachstumsphase beschreibt eine offensive und anwendungsnahe Ausbreitung des NSM. Trotz dieser Verbreitung des NSM kann »von flächendeckender und allumfassender NSM-Reform […] in Deutschland keine Rede sein« (Kuhlmann 2006a: 150). Zwar seien in einem Großteil der deutschen Kommunen Reformen in Anlehnung an das NSM diskutiert und angestoßen worden, allerdings zeige sich, dass oft keine große Implementationstiefe erreicht wurde (vgl. ebd.: 149).34
34 Es gibt zahlreiche divergierende Bewertungen hinsichtlich der nicht eben lückenlosen und homogenen Umsetzung des NSM. Mal wird das Scheitern des NSM an seinen eigenen Zielen verkündet (vgl. Holtkamp 2008), mal nach einem verbindlicheren Rahmen für die Reformen gerufen (vgl. BS/KGSt 2009: 8) oder dem entgegengehalten, dass es für eine Bewertung zu früh sei, da es sich um einen noch laufenden Prozess handle (vgl. Banner 2008). Die Diagnose des Scheiterns findet unterschiedliche Begründungsmuster. Erstens wird das NSM als gescheitert angesehen, da es nicht flächendeckend und homogen in allen Städten und Kommunen ungesetzt wurde. Zweitens zeigen sich auch in einzelnen Städten und Kommunen oft begonnene und nicht zu Ende geführte Reformvorhaben. Drittens wird kritisiert, dass eine Diskrepanz zwischen Reformabsichten und Umsetzung vorliege und die Reformen nur in Konzepten und Programmen in Papierform existierten. Stellvertretend sei hier auf die Debatte zwischen Lars Holtkamp (2008) und Gerhard Banner (2008) in der Zeitschrift der moderne staat verwiesen. Holtkamp argumentiert, dass das NSM nicht in gewünschtem Maß zur Haushaltskonsolidierung in den Kommunen beigetragen habe. Im Gegenteil seien hohe Transferkosten entstanden, zudem habe die multilokale Umsetzung zu kaum vergleichbaren Reformmodellen geführt, weswegen der interkommunale Leistungsvergleich kaum Wettbewerbseffekte entwickeln konnte. Zudem sei
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Was als Scheitern des NSM gelesen werden kann, ist meiner Ansicht nach vielmehr als multilokale und exemplarische Mobilisierung des NSM zu reinterpretieren, die eine sukzessive Stabilisierung, Konsolidierung und Normalisierung durchläuft. Dieser Prozess gestaltet sich jedoch nicht widerspruchsfrei. Zwar lässt sich feststellen, dass in vielen Kommunen NSM-Reformen oder daran orientierte Vorhaben umgesetzt wurden, diese zeichnen sich jedoch durch eine große inhaltliche Heterogenität aus (siehe Tab. 4). So haben sich nach zehn Jahren der Verwaltungsreform nur etwas mehr als ein Viertel der befragten Kommunen am NSM als Grundkonzept orientiert, wohingegen ein Großteil zwar aktiv wurde, dabei aber nur einzelne Instrumente einführten. Dennoch ist eine konvergierende Entwicklung festzustellen, da fast alle Kommunen Initiativen ergriffen haben, die Reform ihrer Verwaltungsstruktur zumindest in Teilen am NSM zu orientieren. Tabelle 4: Modernisierungsaktivitäten der deutschen Kommunen35 Maßnahmen der Verwaltungsmodernisierung Insgesamt Orientierung am NSM als Grundkonzept Orientierung an einzelnen Instrumenten des NSM
Kreisfreie Städte 97,6 %
Kreisangehörige Gemeinden 91,0 %
Landkreise 95,4 %
Gesamt 92,4 %
27,2 %
14,7 %
15,9 %
16,1 %
65,4 %
64,3 %
74,5 %
66,3 %
Quelle: Vgl. Bogumil et al. 2006: 157, eigene Darstellung
die deutliche Trennung zwischen Politik (Zielbestimmung) und Verwaltung (Umsetzung) aufgrund von Machterhaltungsinteressen seitens der Politik nicht konsequent implementiert worden. Kurz, das NSM sieht er als gescheitert an. Banner hält dem entgegen, dass es sich beim NSM nicht um ein Konsolidierungsprogramm handele und Reformerfolge in den Bereichen Budgetierung, Ziele, Kennzahlen, Kontraktmanagement, Kosten- und Leistungsrechnung nicht ausreichend berücksichtigt würden. Er betont darüber hinaus die Prozesshaftigkeit des Reformprozesses und verweist darauf, dass ein Scheitern erst konstatiert werden könnte, wenn dieser abgeschlossen sei. Mit meiner hier entwickelten Perspektive ließe sich sagen, dass beide Autoren Recht und Unrecht zugleich haben. Das NSM erzeugt aufgrund der Strategie, die seine Mobilisierung charakterisiert, seine eigenen Widersprüche, hat aber, obgleich es wohl an keinem Ort in Gänze umgesetzt wurde, über die lokalen Kräfteverhältnisse überformte Auswirkungen. 35 Es wurden insgesamt 870 Kommunen befragt.
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Ich interpretiere diese Entwicklung nicht als funktionales Scheitern gegenüber den gemachten Versprechungen und programmimmanenten Zielsetzungen, sondern begreife sie als strategisches Moment einer inhaltlich und zeit-räumlich fragmentierte Umsetzung neuer Verwaltungssteuerung, die konstitutiv für die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen und deren Mobilisierung ist. So ist die Mobilisierung und Stabilisierung des NSM meiner Analyse nach wesentlich von einer Strategie dezentraler Umsetzung geprägt. Dabei wird mittels der Etablierung eines Modernisierungsdiskurses sowie der Durchführung von Pilot- und Modellprojekten Handlungsdruck auf Seiten der Kommunen erzeugt, für sich selbst aktiv zu werden. Die Feststellung, dass es sich um einen noch laufenden Prozess handelt und die Verwaltungsmodernisierung auch als solcher bewertet werden sollte, muss dahingehend erweitert werden, dass das Moment unternehmerischer Aktivierung und Selbstüberprüfung des Verwaltungshandelns in seiner steten Prozesshaftigkeit nicht der Weg zum Ziel, sondern das Ziel selbst darstellt. Die ex ante formulierte Forderung nach allgemeinverbindlichen Regelungen, wie sie bspw. bei der KGSt und der Bertelsmann Stiftung zu finden ist, kann vor diesem Hintergrund als logische Schlussfolgerung nach der Initiierung der Verwaltungsneuordnung betrachtet werden. Für meine Auseinandersetzung kommt es weniger darauf an, das NSM als abgeschlossenes Programm zu begreifen, das an den gesteckten Zielen scheitert oder die Frage danach zu stellen, zu welchem Grad es umgesetzt wurde. Es geht also nicht um die Differenz »zwischen dem reinen Ideal und der ungeordneten Unreinheit des Wirklichen«, wie es Foucault formuliert; vielmehr geht es darum zu zeigen, »dass […] die verschiedenen Strategien beginnen, sich einander entgegenzusetzen, sich zusammenzusetzen, sich zu überlagern und dauerhafte und beständige Effekte produzieren, die man in ihrer Rationalität vollkommen begreifen kann, obgleich sie nicht dem ursprünglichen Programm entsprechen« (Foucault 2005 [1980]: 35f).
Die raum-zeitlich und inhaltlich fragmentierte Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen ist auf zwei strategische Momente zurückzuführen, die einander bedingen. Es wurde nicht versucht, eine allgemeinverbindliche und für alle Kommunen geltende Reform der Verwaltung in Form einer zentralstaatlichen Gesetzesinitiative durchzusetzen. Stattdessen wurde mit Hilfe politischer Technologien der Wissensproduktion ein dezentrales Handlungsfeld geschaffen, in dem die autonom handelnde Kommune aktiviert wird, lokale Reforminitiativen zu entwickeln. Zusammenfassen lässt sich dies als eine Strategie der Reskalierung, mit deren Hilfe nicht nur das strategische Feld der Reformen ausgeweitet bzw. multipliziert wird, sondern auch zentralstaatliche Auseinandersetzungen umgangen werden.
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Die Mobilisierung des NSM ist von einer ortspezifischen und zeitlichen Unmittelbarkeit geprägt, die aufwändige Reformausarbeitungen, damit verbundene Abstimmungsverfahren und konfliktgeladene Implementationsprozesse auf landes- oder bundespolitischer Maßstabsebene umgeht und sich damit weitestgehend als unpolitisch inszeniert. Dies ist als Strategie der Entpolitisierung zu verstehen: Die Kommunalverwaltungen brauchen nicht »grundlegend andere Gesetze […], um ein wirkliches öffentliches Dienstleistungsunternehmen zu werden, sondern ein anderes Steuerungsmodell« (KGSt 1993: 14). Stattfinden müsse die Neuordnung städtischer Verwaltungen »innerhalb des gesetzlichen Rahmenwerkes der gültigen Kommunalverfassungssysteme« (Adamaschek 1997: 21). Mehr noch ist mit dieser Rhetorik das Versprechen verbunden, mit Hilfe des NSM trotz der bzw. gegen die gesetzlichen Vorgaben durch Bund und Länder neue Handlungsspielräume erschließen zu können (vgl. KGSt 1995: 7). Diese Strategie richtet sich auch gegen einen juristischen Konservatismus, der den deutschen Verwaltungsleuten attestiert wird, da diese vor allem juristisch geschult seien und aus diesem Grund bei allen Veränderungen die Frage stellen würden: »Dürfen wir das überhaupt, ist das rechtlich zulässig?« Darin drücke sich das Gefühl aus, dass einer Veränderung eine detaillierte und präzise Gesetzesänderung vorausgehen müsse (vgl. Banner 1994a: 37). Dieser Einstellung entgegen seien »entscheidende Struktur- und Verhaltensänderungen […] heute schon möglich, ohne daß ein einziges Gesetz geändert wird« (ebd.). Es soll nicht ein allgemeinverbindlicher Rahmen geschaffen werden, sondern es hängt vom Reformwillen der einzelnen Kommunen ab, welche Reformen vorgenommen werden. Nicht nur sind keine umfangreichen Gesetzesinitiativen notwendig, vielmehr kann die Aktivierung der Kommunen im Rahmen des abgesteckten Handlungsfeldes der unternehmerischen Neuordnung städtischer Verwaltungen nur funktionieren, wenn sich von zentralstaatlicher Seite auf leitende oder flankierende Vorgaben beschränkt wird. Handeln auf landes- oder bundespolitischer Maßstabsebene ist nur dann legitim, wenn es Freiräume gewährt bzw. aktiv schafft, die betriebswirtschaftliche Steuerung und Regulierung via Wettbewerb auf städtischer und kommunaler Maßstabsebene ermöglichen. Die Herstellung der handelnden Kommune ist wesentlicher Faktor für die Umsetzung dessen. Nur auf diese Weise wird es als möglich angesehen, in den städtischen und kommunalen Verwaltungen Spielräume für die erhofften Innovationen und Reformmaßnahmen zu öffnen. Die Neuordnung städtischer Verwaltungen weist somit über sich hinaus und schließt auch zentralstaatliches Handeln mit ein, indem dessen Begrenzung und Zurückhaltung als ermöglichender Faktor mitgedacht wird. Frühere als gescheitert betrachtete Reformvorhaben zeichneten sich noch dadurch aus, dass zentral formulierte und für alle Länder und Kommunen in gleichem Maße geltende funktionale Reformen der städtischen und kommunalen Verwaltungen diskutiert wurden und vor allem auch durchgesetzt werden sollten (vgl. Beyer/Brinckmann 1990: 15ff). Doch auf der Forderungsagenda der KGSt steht nun
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kein allgemeinverbindlicher und spezifischer gesetzlicher Rahmen, stattdessen ist der strategische Bezugspunkt in der lokalen Verwaltungspraxis selbst zu sehen. Mit dieser strategischen Dezentralisierung des NSM kommt es zu einer Multiplizierung des Handlungsfeldes und möglicher Reformwege. So findet bspw. die Auseinandersetzung um ein einheitliches Rechnungswesen erst mit mehreren Jahren Verzögerung auf Ebene von Innenminister_innenkonferenz oder in den gesetzgebenden Gremien des föderalen Systems der BRD statt.36 Es sind demgegenüber die Bürgermeister_innen, Kämmer_innen und Verwaltungsmitarbeiter_innen in den Städten und Kommunen und deren Handeln, die den Ansatzpunkt der Verwaltungsreform bilden. Mittels der Produktion und Proliferation von Problematisierungen und Lösungsangeboten wird dafür im Sinne Foucaults ein Handlungsfeld geschaffen, innerhalb dessen Rahmenbedingungen die Kommunen selbst aktiv werden sollen. Die Produktion von Wissen, wie sie ab Beginn der 1990er Jahre unter anderem mit den Berichten der KGSt, den Projekten der Bertelsmann Stiftung, der wissenschaftlichen Begleitung und durch Beratungsunternehmen einsetzt, ist in diesem Kontext zu verstehen. Die Publikationen bspw. der KGSt dienen so gesehen nicht nur der Dokumentation der NSM-Reformen, sondern formen – mit Thomas Lemke gesprochen – als politische Technologien »Handlungsformen, Präferenzstrukturen und Entscheidungsprämissen […] im Hinblick auf bestimmte Ziele« (2007a: 56). Jenen Kommunen, die bereits Reformen in Angriff genommen haben, sollen sie »Gelegenheit zur Reflexion« bieten, anderen Kommunen, die sich der Reform der Verwaltung angenähert haben, als »Ermutigung« dienen, oder »den abseits stehenden Kommunen eine Überprüfung ihrer Haltung« ermöglichen (KGSt 1995: 3). Damit einher geht auch eine Verschiebung des strategischen Feldes in der Auseinandersetzung, die es ermöglicht, reformwillige Kommunen als Pionier_innen und
36 Dass es sich beim NSM nicht um eine detaillierte und umfassende Blaupause handelt, die an jedem beliebigen Ort eins zu eins umgesetzt werden kann, lässt sich an der Einführung der – an privater Unternehmensführung orientierten – kaufmännischen Buchführung in den Städten und Kommunen exemplarisch aufzeigen. Hinsichtlich der Neuordnung des kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens wurde von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (Innenministerkonferenz – IMK) in deren 173. Sitzung am 21. November 2003 in Potsdam die »Reform des Gemeindehaushaltsrechts« beschlossen (vgl. IMK 2003). Die Schaffung eines vermeintlich einheitlichen Rahmens für die kommunalen Haushalte wird jedoch im Beschlusspapier selbst wieder eingeschränkt, wenn es dort weiter heißt, »dass die Regelungsvorschläge für länderspezifische Gegebenheiten und konzeptionelle Unterschiede Raum lassen« (ebd.). Trotz des IMK-Beschlusses stellt die Reform der kommunalen Haushalte einen Flickenteppich dar. Die Neuordnung des Haushalts- und Rechnungswesens unterscheidet sich in räumlicher und zeitlicher Hinsicht nach Bundesländern – teilweise auch innerhalb derselben.
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Vorreiter_innen in Sachen zeitgemäßer Verwaltungssteuerung in Stellung zu bringen, die von reformunwilligen Kommunen unterschieden werden, die – als Ewiggestrige – in der als unzeitgemäß geltenden Verwaltungstradition verharren würden. Damit produziert die diskursive Mobilisierung des NSM eine eigene Unterscheidung zwischen richtigem und falschem administrativem Handeln. Es wird ein Wahrheitsfeld geschaffen, das darauf abzielt, das potentielle Handeln der einzelnen Kommune innerhalb der Grenzen dieses Feldes zu beeinflussen. Die Aktivierung der einzelnen Kommunen hat dazu beigetragen, dass sich eine breite und dezentrale Reformbewegung unter den deutschen Kommunen entwickeln konnte. Dabei spielen neben den Berichten der KGSt beispielhafte Projekte in Modellstädten eine zentrale Rolle für die Mobilisierung des NSM, mit deren Hilfe eine Unterscheidung zwischen reformwilligen und reformfeindlichen Kommunen geschaffen wird. Wesentlich ist hierbei weniger die detaillierte Betrachtung der Reformwirkungen in den einzelnen Städten, als vielmehr die Beschreibung einer solchen Differenz, wie sie sich oft in Evaluationen des NSM wiederfindet. Damit wird künstlich ein Reformwettbewerb zwischen den Kommunalverwaltungen initiiert, der zentrales Element bei der Mobilisierung, Stabilisierung und Ausbreitung der Verwaltungsneuordnung ist. Die Strategie mit ausgewählten Kommunen Modellprojekte durchzuführen oder Modellstädte zu prämieren, die als besonders gute Beispiele angesehen werden, produziert das Wissen, das zur Aktivierung der Kommunen führt. Dass es sich im Ergebnis nicht um eine einheitliche Entwicklung handelt, wird jedoch nicht für problematisch erachtet, sondern vielmehr betont, dass der »Reformstrom […] erstaunlich breit« sei (ebd.: 7). Dabei wird in der Betrachtung aus Sicht des NSM immer wieder festgestellt, dass es sich nicht um eine von außen an die Verwaltung herangetragene Initiative handelt, sondern die Verwaltungen diesen Prozess selbst »punktuell und praxisbezogen« (Damkowski/Precht 1998a: 17) angestoßen hätten. In einer Projektdokumentation der Bertelsmann Stiftung und des DBB wird das Ziel formuliert, »die kreativen Fähigkeiten und das Engagement der Beschäftigten in besonderem Maße zum Tragen zu bringen: Führungs- und Organisationsstrukturen sollen Freiräume zur Selbstentfaltung eröffnen« (Geyer/Mohn 1997: 13). Noch eindrücklicher ist die Feststellung, dass ein Staatswesen nur leistungsfähig sei, »wenn ihm Evolutions- und Innovationsfähigkeit verliehen werden: D. h., der öffentliche Sektor muss befähigt werden, aus sich selbst heraus zeitnahe und problemadäquate Lösungen zu finden« (Adamaschek 1997: 18). Den deutschen Kommunalverwaltungen werden bei diesem Vorhaben gute Voraussetzungen attestiert, da »reformförderliche Strukturbedingungen« (Reichard 1997: 49) bestünden, um aus eigener Kraft
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Reformbestrebungen zu verfolgen.37 Zwar nimmt die KGSt bei der aktiven Verbreitung des NSM Mitte der 1990er Jahre eine Monopolstellung ein (vgl. Vogel 1998: 15f), gleichzeitig müsse bei der Modernisierung kommunaler Verwaltungen aber von einer »Bewegung ausgegangen werden, die […] eine eigenständige Schub- und Sogkraft entwickelt, d. h. von denjenigen Anfangsmotiven zunehmend unabhängig wird, die für die Pioniere der ersten Stunde maßgeblich waren« (Klages 1995: 204). Die Stabilisierung des NSM kann als diskursive Praxis (siehe 2.2.4) beschrieben werden, bei der sich trotz der Dominanz der KGSt kein einzelnes Subjekt isolieren lässt, das für die Reformentwicklung verantwortlich gemacht werden kann. Es wird ein spezifisches und für zeitgemäß – oder mit anderen Worten als wahr – erachtetes Verständnis von Verwaltungsorganisation und -handeln konstruiert und diskursiv etabliert, das sich von der traditionellen Verwaltungskultur abgrenzt. In diesem Prozess stehen die konkreten inhaltlichen Reformen zunächst im Hintergrund. Die innovative Kommune zeichnet sich dadurch aus, dass überhaupt gehandelt wird. Es wird ein Bild der modernen Kommune als Dienstleistungsunternehmen diskursiv mobilisiert, das sich gegenüber der traditionellen Weber’schen Verwaltung abgrenzt, deren Strukturen für überholt und ineffizient gehalten werden (vgl. Reichwein 2004). Deren Schwerpunkt auf Rechtsstaatlichkeit und Verfahrenssicherheit wird als überholt angesehen. Die Neuordnung städtischer Verwaltungen konstituiert sich als Widerstandsbewegung, die sich nicht auf eine bestimmte politische oder weltanschauliche Einordnung bezieht, sondern in einem relationalen Sinn zu verstehen ist. Das NSM konstruiert mit der starren, modernisierungs- und innovationsresistenten Verwaltung, wie sie bis Mitte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den westlichen Industriestaaten dominierte, eine Pappkameradin, die als Vehikel dient, um neue, betriebswirtschaftlich inspirierte Formen von Verwaltungsstruktur und -handeln zu mobilisieren. Die Neuordnung städtischer Verwaltungen baut auf der Zurückweisung und dem Abbau traditioneller Verwaltungsstrukturen (roll-back) und der Proliferation neuer Formen der Verwaltungssteuerung (roll-out) auf, die sich an dem Leitbild der Kommunalverwaltung als Dienstleistungsunternehmen orientieren (vgl. Peck/Tickell 2002: 388f). Spezifische Problematisierungen und darauf rekurrierende Lösungsvorschläge haben als diskursive Praxis dahingehend Wirkmäch-
37 Es zeigt sich, dass im Reformdiskurs die deutsche Verwaltungstradition als erfolgreich betrachtet wird, wohingegen die diskursive Problematisierung über die durchaus beschriebenen funktionalen Defizite hinaus auf die reformunwilligen Subjekte abzielt, die sich einer wirtschaftlich-funktionalen Modernisierung verweigern.
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tigkeit entwickelt, dass in einem sukzessiven Prozess ein Wandel von einer Weberianischen zu einer Neo-Weberianischen Verwaltung stattfand und diese Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist (vgl. Bouckaert 2004).38 Der traditionellen Verwaltungsstruktur wird eine natürliche Tendenz zur Expansion und der Integration von Aufgaben attestiert, die jedoch im Angesicht der neu entstandenen Aufgaben keine adäquaten Lösungsstrategien darstellen würden. Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, das auf Input-Legitimität gründet, müsse durch eine stärkere Ausrichtung an Effektivität und Effizienz – sprich: Output-Legitimität – ergänzt werden. Den neuen Aufgaben könne nicht mit der Strategie des Größenwachstums durch Aufstockung der finanziellen und personellen Ausstattung begegnet werden. Die Kommune als Dienstleistungsunternehmen wird entlang unternehmerischer und betriebswirtschaftlicher Kategorien entworfen, mit deren Hilfe die Verwaltungen in die Lage versetzt werden sollen, neuen Problemen und Anforderungen selbst und eigenverantwortlich entgegenzutreten. Im Zentrum dieses Verständnisses stehen die aktive und sich stets selbst überprüfende Kommunalverwaltung und die einzelne Mitarbeiter_in in ihr. Die Idee neuer Verwaltungssteuerung weist zusammengefasst einen strukturellen Widerspruch auf, der darin zu sehen ist, dass versucht wird, eine breite und entsprechend heterogene Reformdynamik anzustoßen, die ohne zentralstaatliche und vor allem detaillierte Vorgaben oder komplexe Gesetzesänderungen möglich sein soll. Der Reform- und Leistungsvergleich zwischen Kommunen oder zwischen öffentlichen und privaten Leistungserbringer_innen scheitert aber auch aus demselben Grund. Die zeit-räumlich und inhaltlich fragmentierte Einführung neuer Verwaltungssteuerung ist einerseits als erfolgreiche Strategie zu sehen, mit deren Hilfe im föderalen System Deutschlands eine komplexe und weitreichende Reformdynamik angestoßen und etabliert wurde. Andererseits hat sie auch zu einer kaum zu überblickenden Landschaft unterschiedlicher begonnener, stagnierender, gescheiterter oder erfolgreicher Reformprojekte in einzelnen Kommunen geführt (vgl. Ellwein 1997: 1f). Die Neuordnung städtischer Verwaltungen kann vor diesem Hintergrund rückblickend als erfolgreich scheiternder und prinzipiell auch konvergierender Prozess beschrieben werden, obgleich nicht von einer kausalen oder homogenen Umsetzung gesprochen werden kann. Trotz der umfangreichen programmatischen Vorgaben –
38 So stellt Bouckaert (2004: 35) fest, dass das Funktionieren der von ihm beschriebenen NeoWeberianischen Verwaltung als offene empirische Frage zu betrachten sei. Der Begriff der Neo-Weberianischen Verwaltung unterscheidet sich von dem der Post-Weberianischen Verwaltung: Geht der Erstgenannte davon aus, dass es zu einer Integration neuer Steuerungselemente und -strategien in ein bestehendes Gerüst kommunaler Verwaltung gekommen ist, beschreibt der Letztgenannte die grundlegende Überwindung des Weberianischen Verwaltungssystems.
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vor allem durch die KGSt – zeigt sich, dass die räumliche Verbreitung von Neuordnungsprozessen von einer starken Fragmentierung gekennzeichnet ist. Das liegt daran, dass die Mobilisierung der Reform städtischer und kommunaler Verwaltungen als die Schaffung eines Handlungsfeldes zu verstehen ist, innerhalb dessen indirekt und unter Verzicht auf unmittelbaren Zwang und detaillierte gesetzliche Vorgaben die Handlungsfähigkeit der Kommune hergestellt wird, um notwendig erachtete Reformprojekte einzufordern. Mit Foucault gesprochen, zielt die Verwaltungsreform und die damit verbundene Wissensproduktion auf die Regierbarmachung der lokalen Verwaltungsapparate, die konstitutiv auf der Anerkennung bzw. diskursiven Herstellung der Handlungsfähigkeit der Kommunen aufbaut (siehe 2.2.3). Die Entwicklung einer Reform- und Handlungsdynamik steht dabei vor den programmatischen Aspekten des NSM, das als inhaltlicher Orientierungsrahmen fungiert. Das bedingt auch, dass in den Städten und Kommunen in dem hier betrachteten Zeitraum Reformvorhaben begonnen, abgebrochen oder umgesetzt wurden, die nicht unmittelbar innerhalb des von der KGSt formulierten programmatischen Rahmens einzuordnen sind, sondern in dessen Schatten ermöglicht wurden. 3.3.2 Die Neuordnung städtischer Verwaltungen »im Schatten des NSM« Wie oben argumentiert, liegt der Neuordnung städtischer Verwaltungen, wie sie seit den 1990er Jahren stattfindet, eine aktivierende Strategie zugrunde, die davon geprägt ist, die Initiierung von Reformdynamiken über die Homogenität und Universalität der Reformen zu stellen. In den 1990er Jahren wird von einer Hochphase des NSM gesprochen, der eine Überprüfungs- und Konsolidierungsphase ab den 2000er Jahren folgt, die auch für die schwindende Integrationskraft des Modells verantwortlich gemacht wird (vgl. Vogel 2006: 496f; Wollmann 2001: 49f). Die oben beschriebene inhaltlich, räumlich und zeitlich heterogene Durch- und Umsetzung des NSM kann als beständiges Scheitern39 des NSM beschrieben werden. Damit sind die pro-
39 Stephan Grohs (2013) spricht hier von einem erfolgreichen Scheitern des NSM. Dazu zähle »der reflexive Umgang mit Erwartungen, eine pragmatische Anpassung von Konzepten an die lokalen Bedarfe, eine Form von Kontingenzoffenheit, die Zufälle und nicht-intendierte Effekte zulässt und schließlich die Kunst, vor lauter kleinen Schritten das Reformziel nicht aus den Augen zu verlieren« (ebd.: 13). Dabei lässt er außer Acht, dass die Aktivierung der Kommunen innerhalb des Rahmens der unternehmerischen Verwaltungsneuordnung eine übersubjektive Strategie darstellt, die eng mit der multilokalen Implementierung des NSM verbunden ist. Zudem bleiben die lokalen Kräfteverhältnisse, die den lokalen Staat als Reformgegenstand hervorbringen und sich in ihn einschreiben, ebenso unberücksichtigt wie
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grammatischen Ausformulierungen des NSM gekennzeichnet von »einer notwendigen Nicht-Korrespondenz mit der Wirklichkeit, die sie als form- bzw. regierbar darstellen. Daraus ergibt sich das beständige Scheitern […], was aber wiederum nicht bedeutet, dass die Programme keinerlei Effekte zeitigen würden.« (Biebricher 2012: 17) Die Neuordnung städtischer Verwaltungen besteht nicht in einem erfolgreichen Abschluss eines Reformpaketes, sondern vielmehr in der Etablierung einer unternehmerischen Handlungs- und Organisierungsrationalität, die in der ständigen Überprüfung von Verwaltungsorganisation und -handeln zu sehen ist. Dies wird auch gerne als der geforderte Kulturwandel beschrieben, der in den Verwaltungen Einzug halten soll. So gesehen sind das Vorwärtsscheitern des NSM und die daraus resultierende notwendige transformierende Adaption nur über deren Prozesshaftigkeit und potentielle Transzendierung in Form von – über die Grenzen des NSM hinausgehenden – Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen zu verstehen. Was als Reformen im Schatten des NSM beschreibbar ist, ist damit Teil eines allgemeineren Dispositivs der Verwaltung der unternehmerischen Stadt. Sie beschreibt als heterogene Gesamtheit das dynamische Verhältnis zwischen Verwaltungen und diskursiven Problematisierungen, das zu einer binnenadministrativen betriebswirtschaftlichen Rationalisierung führen soll und eine reziprok konstituierten Synchronisierung zwischen lokalstaatlichem Handeln und Kapitalfraktionen begründet. In der Konsequenz ist eine Diffusion des NSM zu beobachten, die über die initialen Reformversuche hinausweist. Es kommt zu raum-zeitlich spezifischen Brüchen und transformierenden Adaptionsprozessen, die auch in Wechselwirkung mit anderen strategischen Zielen und Interessen stehen. Die hier entwickelte Sichtweise erlaubt es, die Mobilisierung und Umsetzung des NSM nicht in Form einer Checkliste abzuhaken, um Grad und Qualität der Umsetzung zu beschreiben. Demgegenüber ist das NSM als ein amorpher Untersuchungsgegenstand zu verstehen, der auch stets über sich hinausweist. Handelt es sich beim NSM in den 1990er Jahren sozusagen um Version 1.0, ist seit Ende der 1990er Jahre eine Transformation zu erkennen, die sich nicht mehr auf das ursprüngliche Modell des Dienstleistungsunternehmens Kommune beschränken lässt: »Since about 1998, a growing number of local governments within Germany have realized that the implementation of the first generation of NSM has not been completely successful, failing to meet all its expectations. They have therefore begun to enlarge NSM by adopting several
dessen relationale Autonomie, die eine vermittelte und transformierende Adaption neuer Verwaltungssteuerung bedingen (siehe 3.3.4, 4. & 5.).
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additional elements such as TQM, HRM, strategic management, process re-engineering, market-type mechanisms, and so on […]. Their aim has been to conceptualize a more comprehensive, less technocratic second generation of NSM (›NSM 2.0‹).« (Reichard 2003: 358)
Damit gerät auch in den Blick, welche Praktiken, Strategien und Technologien »im Schatten des NSM« Wirkmächtigkeit entwickeln können, die jedoch nicht identisch mit den programmatischen Zielen des NSM sind, wie sie von der KGSt formuliert wurden.40 Die Neuordnung städtischer Verwaltungen muss deswegen vor dem Hintergrund von »Diskontinuität und Transformation« betrachtet werden, die zu »tiefgreifenden Strukturveränderungen […] hinsichtlich der Herausbildung einer neuen Form von Staatlichkeit und in Hinblick auf politische Zäsuren« geführt hat (Felder 2000: 1094). Liegt der Schwerpunkt des NSM in der Anfangszeit auf den Binnenstrukturen der Verwaltung, bleibt festzustellen, dass sich die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen nicht auf das NSM reduzieren lässt: »In der Reifephase, auf dem Höhepunkt der Publikations- und Zitationsaktivität, tritt eine zweite Dimension in Erscheinung. Der durch Clusterbildungen nun sehr profilscharfe Diskurs zerfällt in zwei klar voneinander separierte Sinnprovinzen. Seine neue Qualität verdankt er einem rechtswissenschaftlichen Subdiskurs, der sich ordnungspolitischen Themen widmet.« (Vogel 2006: 496)
Hinsichtlich eines breiter gefassten Verständnisses der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen ist festzustellen, dass, nachdem das NSM als Keim der Reformwelle in den 1990er Jahren gesetzt wurde, immer mehr Bereiche in die Reformbestrebungen integriert wurden, die über die Modernisierung der binnenadministrativen Vorgänge hinausgehen. Die Privatisierung öffentlicher Leistungserbringung gewann immer mehr an Bedeutung und wurde vor allem unter verwaltungsrechtlichen Gesichtspunkten diskutiert (vgl. ebd.). In der Logik des NSM stellen die Umstellung der Verwaltungsleistungen und der damit mögliche Vergleich mit privaten Leistungsanbieter_innen die Grundlage der Aufgabenkritik. Marktförmige und wettbewerbliche Steuerung administrativer Aufgaben werden zum entscheidenden Regulativ für den Umfang öffentlicher Leistungen erklärt, die – soweit dies gesetzlich und verfassungsrechtlich möglich ist – als Dienstleistungen in Form von Produkten neu entworfen werden und mit Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit öffentlicher Daseinsvorsorge an privatwirtschaftliche Anbieter_innen übertragen werden sollen. 40 Am Beispiel der unten folgenden Betrachtung der beiden Fallbeispiele, Berlin und Frankfurt am Main, zeigt sich bspw., dass in Berlin das Wechselspiel zwischen Binnenreform der Bezirksverwaltungen und Ausgliederung von Aufgaben auf Ebene der Senatsverwaltungen eine viel größere Bedeutung haben als in Frankfurt am Main (siehe 4. & 5.).
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Die verwaltungsintern hergestellte Dynamik der Aufgabenkritik und Leistungsreduzierung eröffnet »neue Bereiche der Kapitalverwertung durch Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und Kollektivgüter wie Wasser, Gene, medizinische Versorgung, Wissen oder Ressourcen« (Demirović 2008: 20). Daraus ergibt sich auch eine Veränderung der Beschäftigungsbedingungen im öffentlichen Dienst. Ist das Dienstrecht auch Thema der KGSt gewesen, so hat dessen Reform weniger einschneidende Konsequenzen gehabt als die Umstellung der öffentlichen Haushalte auf eine betriebswirtschaftliche Buchführung sowie die Vorhaben eines inner- und interkommunalen Leistungsvergleichs mittels Verwaltungsprodukten. Neben den Versuchen einer Reform des öffentlichen Dienstrechts ist die Anzahl der in den Städten und Kommunen Beschäftigten in Folge von Privatisierungsbestrebungen unterschiedlicher Art, Ausgliederungen, Wiederbesetzungssperren oder in Folge der weitreichenden Einführung moderner Informations- und Kommunikationstechnologie seit den 1990er Jahren um mehr als 30 Prozent gesunken (siehe Abb. 6). Abbildung 6: Beschäftigte des öffentlichen Dienstes im kommunalen Bereich, 1992-2012
Quelle: Demografieportal des Bundes und der Länder 2014, eigene Darstellung
Es wäre jedoch fatal davon auszugehen, dass es sich dabei um den scheinbar rationalen Prozess handelt, der es auf dem Papier sein soll. Die Entscheidung, welche Aufgaben wie und ob innerhalb oder außerhalb lokaler Verwaltungsapparate erbracht werden, muss als machtgeladener und umkämpfter Prozess verstanden werden, der auch maßgeblich von austeritätspolitischen und anderen politischen Interessenslagen geprägt ist (siehe 4. & 5.).
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Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Schaffung von verwaltungs- und politiknahen Gesellschaften in (öffentlich-)privater Rechtsform nicht schlicht als Rückbau staatlicher Regulation verstanden werden kann. Im Gegenteil handelt es sich dabei um Formen staatlichen Handelns im produktiven Sinne. Die Neuordnung städtischer Verwaltungen produziert und legitimiert Formen administrativen und politischen Handelns, die jenseits der formalen Grenzen der öffentlichen Verwaltungen liegen – und damit auch im Schatten der NSM-Reformen, wie sie zu Beginn der 1990er Jahre initiiert wurden. Diese Formen der Ausdifferenzierung lokalstaatlichen Handelns sind nicht »als ein Mangel bei der Durchsetzung des politischen und herrschaftlichen Willens [zu] begreifen […]. Vielmehr handelt es sich um regelmäßig vorkommende Momente des Regierens. Allerdings muss dann auch das jeweilige Verhältnis von normalem und abweichendem, von formellem und nicht-formellem Regieren in den Blick genommen und bestimmt werden.« (Demirović 2011: 84)
Rückblickend kann die Wirkmacht des NSM also nicht in der Erfüllung eines detaillierten Reformplans gesehen werden, sondern in der Schaffung einer Wissensordnung und eines damit korrespondierenden Handlungsraums, welche zusammen die Diskussion, Erprobung und Einführung unternehmerischer Formen von Verwaltungsorganisation und -handeln möglich gemacht haben. Diese wirken sich nicht nur auf die Binnenstruktur der Verwaltungsapparate aus, sondern auch auf die Formen politisch-administrativen Handelns, die formal jenseits der traditionellen Verwaltungsgeographie liegen. Dies kann aus unterschiedlichen Motiven heraus geschehen. Dazu zählen bspw. • • • • • •
von tarifvertraglichen Regelungen abzuweichen, flexiblere Handlungsrahmen zu schaffen, Markt- und Wirtschaftsnähe zu demonstrieren, Belastungen der öffentlichen Haushalte auszulagern, externe Ressourcen (Wissen, Personal, Finanzen) zu integrieren oder langwierige politische Entscheidungsprozesse zu umgehen.41
Die hier vorgeschlagene Kontextualisierung des NSM und der von ihm ermöglichten Reformen zeigt, wie ein Verständnis verantwortlicher und handlungsfähiger städtischer und kommunaler Verwaltungen produziert wird (siehe 3.3.1). Es wird ein damit relational verbundenes Wissens- und Handlungsfeld begründet, in dem in Form einer 41 Die Ausgründung privatwirtschaftlicher Gesellschaften als Teil der Neuordnung städtischer Verwaltungen wird anhand der Fallbeispiele noch eingehender betrachtet (siehe 4. & 5.).
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neoliberalen Rationalisierung politisch-administrativen Handelns die Art und Weise desselben sowie dessen Grenzen überprüft werden. 3.3.3 Die Neuordnung städtischer Verwaltungen als Neoliberalisierungsprozess Die Neuordnung städtischer Verwaltungen ist in ihrer oben skizzierten Form als Neoliberalisierungsprozess zu verstehen, der administratives Handeln auf ökonomischkalkulativer Rationalität begründet. Mehr noch ist von einem Prozess der Neoliberalisierung zu sprechen, da Verwaltungsstruktur und -handeln auf städtischer und kommunaler Ebene auf deren innere und äußere Grenzen hin befragt werden. Allgemeiner lässt sich das folgendermaßen ausdrücken: »[T]he [neoliberal] agenda has gradually moved from one preoccupied with the active destruction and discreditation of Keynesian-welfarist and social-collectivist institutions (broadly defined) to one focused on the purposeful construction and consolidation of neoliberalized state forms, modes of governance, and regulatory relations.« (Peck/Tickell 2002: 384)
In diesem Sinne steht die Verwaltung der unternehmerischen Stadt »für die Strukturwerdung des Neoliberalismus« (Vogel 2006: 493). Die Neuordnung städtischer Verwaltungen zielt auf die künstliche Schaffung von Wettbewerb ab – innerhalb der Verwaltungen, zwischen den einzelnen Kommunen und zwischen Kommunalverwaltungen und Privatwirtschaft. Der Idee nach soll dieser Wettbewerb Kriterien an die Hand geben oder als Regulativ herangezogen werden, um ein normales Maß an Verwaltungshandeln und dessen Bedingungen zu bestimmen. Damit ist die Vorstellung verbunden, Effizienz- und Einsparungseffekte zu erzielen, die in der Folge bei den Konsolidierungsbestrebungen der öffentlichen Haushalte helfen sollen. Darin ist eine Strategie zu sehen, die es den herrschenden Klassen ermöglicht, den Staat über den Markt zu organisieren (vgl. Demirović 2009: 45f). Die Neuordnung städtischer Verwaltungen verschiebt den Fokus des Handelns auf die Verwaltungen, wohingegen Diskussionen um die Ausstattung der öffentlichen Verwaltungen ausgeklammert bleiben und stattdessen die Problematisierung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltungen im Zentrum des Reformdiskurses steht (vgl. Demirović 2008: 19). Dafür ist mit der administrativen Neuordnung die Vorstellung einer aktiven und innovativen und vor allem wirtschaftlichen Verwaltung verbunden, deren Handeln über ihre eigenen Grenzen hinausweist und als Garant für Regulierung durch Wettbewerb und marktkonformes Handeln steht. Mit dieser Perspektive wird das Außenverhältnis lokalstaatlicher Verwaltungen neu gefasst. Der in der idealtypischen Vorstellung des Liberalismus vorherrschende Dualismus von Staat und Markt als zwei
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einander äußerliche Sphären wird aufgebrochen, indem durch die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen marktförmiger Wettbewerb zum Organisations- und Regulationsprinzip administrativen Handelns erhoben wird. Lokalstaatliches politisches und administratives Handeln sollen in dieser Vorstellung nicht in den Markt als etwas ihnen Äußerliches intervenieren, sondern mit dem Markt und im Wettbewerb mit anderen Marktteilnehmer_innen handeln (vgl. Foucault 2006b: 169ff). Auch die oben bereits dargelegte Charaktereigenschaft des scheiternden Fortschreitens der Verwaltungsreformen muss als Charakteristikum eines Neoliberalisierungsprozesses verstanden werden. Dieses im angelsächsischen Wissenschaftsraum als »failing forward« bezeichnete Verhältnis zwischen der Formulierung von Politikinhalten und deren Umsetzung ist Motor von Neoliberalisierungsprozessen. Anstatt marktorientierte Formen der Regulation für gescheitert zu erklären, wird die Dysfunktionalität neoliberaler Politiken als Grundlage und Begründung für weitere – ggf. noch umfassendere – Reformen herangezogen (vgl. Brenner et al. 2010: 195, 209). Das NSM ist, gedacht als Neoliberalisierungsprozess, »a kind of permanent revolution which cannot simply be judged according to its own fantasies […]. Hence, the concern here with neoliberalization as an open-ended and contradictory process lies a turgid reality of neoliberalism variously failing and failing forward […].« (Peck 2010: 7) In diesem Sinne handelt es sich bei der Neuordnung städtischer Verwaltungen um einen Prozess, der kein in sich rationales System, »but a migratory set of practices« begründet, und bei dem berücksichtigt werden muss, »how its flows articulate diverse situations and participate in mutating configurations of possibility« (Ong 2006: 4). Im Kontext der Neuordnung städtischer Verwaltungen bedeutet dies, dass es zu einer Vielzahl lokalspezifischer Transformationsprozesse kommt, die in einem nicht übereinstimmenden Verhältnis zum programmatischen Charakter des NSM stehen. Die Umsetzung der Verwaltungsreform findet deswegen in einem Verhältnis aus relationaler Mobilisierung und lokaler Umsetzung statt (McCann/Ward 2011: xv). Damit bewegt sich die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen in der regulativen Logik neoliberalen Denkens, da die Implementierung nicht mittels eines aufgezwungenen Reformpakets stattfindet, sondern durch die Schaffung, Messung und informierende Darstellung von Unterschieden mittels Regierungstechnologien. Insbesondere durch die umfassende und anwendungsnahe verwaltungswissenschaftliche Dokumentation von Reformbestrebungen in den deutschen Städten und Kommunen, die Einrichtung eines institutionalisierten interkommunalen Leistungsvergleichs durch die Bertelsmann Stiftung und die KGSt sowie die »pro bono« erstellten Studien von Unternehmensberatungen wird ein spezifisches Wissen über die Neuordnung städtischer Verwaltungen produziert, das den quasi-wettbewerblichen
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Vergleich von Verwaltungen und Verwaltungsleistungen auf eine bis dato nie dagewesene Art und Weise ermöglicht. Die kommunalen Verwaltungen werden als Interventionsfeld entworfen, in dem die zu reformierende Verwaltung nicht einfach beschrieben, sondern als Reformbares, Regierbares und zu Regierendes erst hergestellt wird (vgl. Gottweis 2004: 256ff). Das NSM lässt sich nicht nur als eine neoliberale, sondern spezifischer als eine ordoliberale Strategie beschreiben. Dem Staat und seiner bürokratischen Verwaltung gegenüber wird ein Unbehagen formuliert, grenzenlos und überbordend zu sein (siehe 3.1.3). Die Implementierung einer ständigen betriebswirtschaftlichen Prüfung und Rechtfertigung öffentlicher Aufgaben zählt zu den Kernelementen des NSM. Das Verhältnis des Ordoliberalismus gegenüber dem Staat bestimmt sich nicht über dessen generelle Ablehnung, sondern schreibt dem Staat eine – die Marktwirtschaft sichernde und garantierende – aktive Rolle zu. Damit unterscheidet sich der Ordoliberalismus von neoliberalen Denkweisen, wie sie mit der sogenannten Chicagoer Schule in Verbindung gebracht werden. Der Staat wird hier grundsätzlich negiert und abgelehnt. Michel Foucault stellt das ordoliberale Denken, dessen geographischen Ursprung er in Deutschland (Freiburg) und Österreich (Wien) sieht, in den Kontext der Frage, welche Legitimation ein Staat nach den Erfahrungen des Dritten Reichs noch haben könne (vgl. Foucault 2006b: 225ff). Die Antwort, die der Ordoliberalismus auf diese Frage gibt, lautet, dass der Staat sich nur über die aktive Herstellung und Sicherung von Freiheit – im Sinne ökonomischer und marktlicher Freiheit – legitimieren kann (vgl. ebd.: 152). Das NSM lässt sich in dieses Denken einordnen, da es nicht per se die Abschaffung des Staates und seiner administrativen Apparate zum Gegenstand hat, sondern einen Mechanismus etabliert, der eine Selbstbegrenzung bzw. -befragung staatlichen und administrativen Handelns mit Hilfe betriebswirtschaftlicher Instrumente und Rationalitäten einführt. Die »künstliche« bzw. »aktive« Herstellung von Wettbewerb ist eines der Kernelemente der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen. Mehr noch, staatliches Handeln legitimiert sich über die Herstellung von Wettbewerb: »Ordoliberalism ventured beyond a limited safeguarding and correcting role for the state in an effort to prevent abuse of monopoly power or to promote and stabilize competition. The state is instead employed to initiate and comprehensively ensure a competitive order.« (Ptak 2009: 102) Staatlichkeit und staatliches Handeln begründet und legitimiert sich im ordoliberalen Denken auf Basis und entlang politökonomischer Wissensformen. Da das Prinzip der Regulation via Wettbewerb zum grundlegenden Handlungsparadigma erhoben wird, ist die Unterscheidung obsolet, ob es sich um simulierten oder echten Wettbewerb handelt. Die Gesetzmäßigkeiten der Ökonomie, die nicht gestört werden dürfen, erfahren eine Entgrenzung und Ausweitung auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Zudem verkennt die Unterscheidung, dass die Ökonomie und die mit ihr verbundenen Attribute wie Marktfreiheit, Wettbewerb,
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und scheinbare Selbstregulierung keine natürlich gegebenen Gesetzmäßigkeiten sind, sondern dass es sich dabei um materielle Verdichtungen gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse handelt, die mit Rechtsprechung und Exekutive über entsprechende flankierende bzw. reziprok ermöglichende und stabilisierende Institutionen verfügen. Darüber hinaus fungiert die künstliche Implementierung von Wettbewerb als Moment der Regulation und als Instrument der Wahrheitsfindung. Nicht die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns legitimiert es, sondern erst – ex post – der wettbewerbliche Leistungsvergleich. Beim Wettbewerb und den ihn ermöglichenden Technologien handelt es sich um »die Gesamtheit der Verfahren, mit deren Hilfe man zu jedem Zeitpunkt gegenüber jedermann Aussagen machen kann, die als wahr angesehen werden« (Foucault 2003 [1977]: 525). Die Neuordnung städtischer Verwaltungen zielt darauf ab, eine eigene Wahrheit legitimen staatlich-administrativen Handelns zu produzieren und ist damit als Teil eines Macht/Wissen-Komplexes zu verstehen, da sich diese »Wahrheitsproduktionen […] nicht von der Macht und den Machtmechanismen trennen [lassen], denn einerseits ermöglichen und induzieren Machtmechanismen die Produktion von Wahrheiten, andererseits hat die Produktion von Wahrheit auch Machteffekte mit bindender Wirkung für uns« (ebd.: 521). Der Gegenstand dieser Produktion von wahrem Wissen sind Art und Umfang von Verwaltungshandeln, das in Relation zu Orten der Wissensproduktion (Märkten, Forschungsinstituten, Firmen, Verbänden etc.) steht, als deren zentraler Bezugspunkt der Staat fungiert.42 3.3.4 Die Neuordnung städtischer Verwaltungen als politisches Projekt Ergänzend zur Auseinandersetzung mit der Frage, wie Formen unternehmerischer Verwaltungsorganisation und -steuerung durch Praktiken, Strategien und Technologien begründet, mobilisiert und stabilisiert wurden (siehe 3.3.1 & 3.3.2), geht es im Folgenden darum, die Neuordnung städtischer Verwaltungen als politisches Projekt zu betrachten (siehe 2.3). Zu betonen ist, dass die am Mobilisierungsprozess beteiligten Akteur_innen keinen rationalen Prozess kollektiver Wissensproduktion begründen. Sie »verknüpfen die Teilelemente eines Projekts, rationalisieren seine Ziele und Interessen und formulieren Kompromisse in spezifischen Problemdefinitionen, Situationsanalysen und Lösungsvorschlägen, kurz, sie schaffen eine übergreifende
42 Dies fasst Foucault als Gouvernementalisierung des Staates zusammen (vgl. Foucault 2006a: 163ff; vgl. auch Gottweis 2004: 256f).
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politische Erzählung« (Buckel et al. 2013: 46).43 Dabei greifen die allgemeinen programmatischen Ausführungen bspw. der KGSt, die Modellprojekte der Bertelsmann Stiftung, der evaluierende fachwissenschaftliche Blick oder die von Beratungsunternehmen entwickelten Produkte ineinander. Auch wenn es bei einem Untersuchungszeitraum von ca. 25 Jahren und der hohen Dynamik im Bereich der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen schwer ist, einen umfassenden und vor allem abschließenden Überblick zu geben, so lässt sich dennoch eine lose Koalition unterschiedlicher Akteur_innen identifizieren, die zahlreiche Verbindungslinien aufweisen. Wie oben bereits eingeführt, ist der spezifische Charakter der Neuordnung städtischer Verwaltungen als politisches Projekt gekennzeichnet durch das »Zusammenspiel von interessen-basierten rationalen Strategien, der Praktiken der diskursiven Interaktion sowie der Formen der affektiven Imagination« (Bieling/Steinhilber 2000: 109). Es ist ein Diskurs zu beschreiben, durch den ausformuliert wird, was eine Kommunalverwaltung im ausklingenden 20. Jahrhundert charakterisiert. Es lassen sich dominierende Zustands- und Problembeschreibungen identifizieren, die neue Herausforderungen gegenüber den lokalen Verwaltungsapparaten formulieren und, damit verbunden, bestehende Formen von Verwaltungsorganisation und -handeln problematisieren. Berichte, Evaluationen und Leistungsvergleiche dienen dabei als zentrale Technologien, über die eine Wissensordnung geschaffen und verbreitet wird, die eine Unterscheidung zwischen richtigem und falschem Verwaltungshandeln produziert, somit ein Bild der handelnden Kommune als Nukleus möglicher Reformen entwirft und die sich maßgeblich hinsichtlich der Effektivität und Effizienz des eigenen Handelns überprüft. Damit sind politische Initiativen verbunden, die Art und Umfang des Verwaltungshandelns, die (Re-)Organisation der administrativen Kernbereiche und die Prüfung des Umfangs und Ressourcenbedarfs administrativer Aufgabenerbringung umfassen. Kooperationen und personelle Verflechtungen lassen sich zwischen der KGSt als Fachverband und der Bertelsmann Stiftung beschreiben – bspw. beim Aufbau eines institutionalisierten interkommunalen Leistungsvergleichs oder der Vergabe des Carl Bertelsmann Preises. Ab Mitte der 1990er Jahre beginnen Beratungsunternehmen, das Geschäftsfeld Public Management mit entsprechenden Beratungsangeboten zur betriebswirtschaftlichen Reform der öffentlichen Verwaltungen zu entwickeln. Sie fertigen darüber hinaus – teilweise auch gemeinsam mit anderen Akteur_innen wie
43 Buckel et al. beziehen sich mit dieser Aussage auf die Rolle von Intellektuellen für die »Verallgemeinerung und Aggregation der unzählbaren Handlungen, Taktiken und Strategien zu Hegemonieprojekten« (2013: 46). Die Perspektive scheint mir hier jedoch auch sehr passend, um die Mobilisierung und Stabilisierung der Neuordnung städtischer Verwaltungen als politisches Projekt zu beschreiben.
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gewerkschaftsnahen Stiftungen oder dem DST – Gutachten an, in denen sie Herausforderungen der Kommunalverwaltungen formulieren, für die sie dann entsprechende Lösungsansätze anbieten. Gleichzeitig finden sich Vertreter_innen von Beratungsunternehmen auch als Gutachter_innen bei Wettbewerben der Bertelsmann Stiftung und der KGSt. Gleiches gilt für Wissenschaftler_innen, die zudem an der Erstellung der KGSt-Berichte mitwirken. Auch zeichnet sich die deutsche verwaltungswissenschaftliche Literatur durch einen hohen Anwendungsbezug auf, der durch die Verknüpfung von Wissensproduktion, -proliferation und praktischer Umsetzbarkeit charakterisiert ist. Vertreter_innen aus Politik und Verwaltung in den Städten und Kommunen sind ebenso in den Prozess der Produktion und Proliferation des Wissens über die moderne Verwaltung eingebunden – sei es durch die Mitarbeit in den Arbeitskreisen der KGSt oder die politische Profilierung, mit der Modernisierung von Verwaltungsorganisation und -handeln innovativ und am Puls der Zeit zu sein. Trotz aller Heterogenität stellen das NSM im Speziellen und die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen im Allgemeinen eine übergreifende politische Erzählung von einer als zeitgemäß angesehenen Kommunalverwaltung dar, die »mit der Privatwirtschaft ein praktisches Referenzmodell und mit der BWL eine wissenschaftliche Referenzdisziplin« (Vogel 2006: 496) aufweist. In den 1990er Jahren etablierte sich eine konvergierende Vorstellung zeitgemäßen Verwaltungshandelns, deren korrespondierende Entwicklung als Ökonomisierung der öffentlichen Verwaltungsstrukturen zusammenzufassen ist und die sich durch die transformierende Adaption von privatwirtschaftlichen Organisations- und Verfahrensweisen sowie eines betriebswirtschaftlichen Blicks auf Verwaltungshandeln auszeichnet. Das Ziel der »Diskussion über Unregierbarkeit, Überlastung und Staatsverschuldung« besteht darin, die »Verwaltung selbst […] wieder stärker an die bürgerlichen Kräfte« zu binden (Demirović 2011: 86). Dabei sind es »Prozesse einer ›Verbürgerlichung‹ des Gesellschaftsaufbaus«, welche »denkbar beste Voraussetzungen dafür bilden«, dass sich »Präferenzen gegenüber privatwirtschaftlichen Handlungslogiken zudem verstetigen« (Koch 2004: 18). Verbunden sind damit die Neubestimmung der Staatsaufgaben und deren Begrenzung sowie das Ziel, staatliche Unterstützungen für im internationalen Wettbewerb nicht mehr konkurrenzfähiges Kapital zu entziehen, was die Re-Konfiguration der strategischen Selektivität des Staates gegenüber der Ökonomie beinhaltet (vgl. Demirović 2007: 25). Die Neuordnung städtischer Verwaltungen ist als Versuch zu verstehen, die Definitionshoheit über die handlungsleitenden Problemlagen und die damit verbundenen Lösungsstrategien und Rationalitäten politisch-administrativen Handelns zu erlangen. Allgemeiner gesagt geht es darum, dass »die vorhandenen finanziellen Ressourcen und das Verwaltungshandeln derart gebündelt werden, dass international besonders konkurrenzfähige gewinnträchtige Bereiche gestärkt werden
146 | V ERWALTUNG DER UNTERNEHMERISCHEN STADT und gleichzeitig Kapital nicht weiter mittels staatlicher Subventionen erhalten wird, das in geringerem Maße produktiv ist« (ebd.).
Die Krise des Fordismus bzw. des fordistischen Akkumulationsregimes44 zog eine Reskalierung und Dezentralisierung von wirtschaftspolitischen Entwicklungen nach sich, die lokale und regionale Wirtschaftsräume an Bedeutung gewinnen ließen. Die lokalstaatlichen Verwaltungsapparate markieren die staatsräumliche Maßstabsebene, auf der sich die multilokalen Transformationsprozesse staatlich-administrativen Handelns als politisches Projekt vollzogen haben bzw. vollziehen. Die Mehrfachkrise als problembestimmender Handlungsrahmen für die kommunalen Reformbestrebungen erfordert von den Kommunen, endogene und exogene Handlungsmöglichkeiten zu identifizieren. Die daraus resultierende Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen entspricht als Element der unternehmerischen Stadt den Anforderungen eines veränderten Akkumulationsregimes: »Cities and the local state have been ›entrepreneurialized‹ […], and the state has, through innovations like the New Public Management […], been reconceived as a facilitative, rather than regulatory, apparatus, behaving like a business to attract and support capital, rather than to promote welfare as understood under Keynesianism.« (McCann/Ward 2011: xviii) 44 Die Krise des fordistischen wie auch die Herausbildung eines post-fordistischen Akkumulationsregimes lassen sich entlang einer Reihe unterschiedlicher – aber ineinandergreifender sowie einander verstärkender und bedingender – Entwicklungslinien und Verschiebungen beschreiben. Erstens etablieren sich mit Kommunikations- und Informationstechnologien, Robotertechnik, neuen Materialien, erneuerbaren Energien und Biotechnologie neue Schlüsseltechnologien, die durch staatliche Förderung bei gleichzeitiger Abkehr von einer die produzierenden Gewerbe erhaltenden Politik die Grundlage einer neuen technologischen Hierarchie darstellen (vgl. Jessop 1992: 245ff). Zweitens kommt es zu einer Internationalisierung und Homogenisierung finanzieller und industrieller Bewegungen, was auch dazu führt, dass makroökonomische Politikinstrumente (bspw. Beschäftigung, Wachstum oder Preisstabilität) durch ökonomische Internationalisierung gewährende bzw. ermöglichende Instrumente ersetzt werden (vgl. ebd.: 248). Drittens werden Massenproduktion und -konsum durch differenziertere Konsummuster und darauf aufbauende Wachstumsmodelle ersetzt, was zur Aufgabe der Nachfragesteuerung in nationalen Ökonomien zugunsten einer Orientierung an internationaler Wettbewerbsfähigkeit (Flexibilisierung der Arbeitsmärkte) führt. Viertens ist eine Änderung der globalen makroökonomischen Hierarchie in Folge bspw. zunehmender wirtschaftlicher Integration in bestimmten Regionen festzustellen, was zu einem Bedeutungsverlust der nationalstaatlichen Maßstabsebene in Folge von Reskalierungsprozessen führt, die ihre Funktion als wichtigster Kampfplatz gegenüber globalen, triadischen, supranationalen, nationalen, regionalen und lokalen Kräften jedoch beibehält (vgl. ebd.: 249).
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Die Städte und Kommunen sind zentrale Orte für die Schaffung attraktiver Investitions- und Lebensbedingungen, womit ihnen, allgemeiner gesprochen, als staatsräumliche Ebene eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Akkumulationskrise des Fordismus zukommt. Sie fungieren, wie Brenner und Theodore es ausdrücken, als institutionelle Labore neoliberaler Politiken. Diese reichen von »place-marketing, enterprise and empowerment zones, local tax abatements, urban development corporations, public-private partnerships, and new forms of local boosterism to workfare policies, property-redevelopment schemes, business-incubator projects, new strategies of social control, policing, and surveillance, and a host of other institutional modifications within the local and regional state apparatus« (Brenner/Theodore 2002a: 368).
Dazu zählt auch die Schaffung privater oder teilöffentlicher Institutionen, die zu einer Diffusion und Verschiebung der Grenzen zwischen Staat und Nicht-Staat führen. Prozesse der Privatisierung, Deregulierung und Flexibilisierung produzieren neue Formen und Instrumente staatlicher Regulation bzw. formalisieren Schnittstellen mit vormals informellem Charakter (siehe 2.3.4). Zu den Gegenständen der Neuordnung städtischer Verwaltungen zählen auf der einen Seite Bereiche, »in denen allgemein verbindliche Entscheidungen herausgebildet, beschlossen und schließlich umgesetzt werden« und auf der anderen Seite auch Bereiche, in denen »politische Ordnungen und Verfassungen […] und die sich daraus ergebenden Strukturen und Institutionen« zusammengefasst werden (Blum/Schubert 2011: 15). Damit sind es »konkrete, materielle Politiken« (ebd.) der Verwaltungsneuordnung, die sich auf die rahmengebenden Strukturen und Institutionen beziehen, innerhalb derer allgemeine politische Prozesse stattfinden. Es handelt es sich um die Formulierung von Problemen, Programmen, Lösungen und Bewertungen oder kurz Policy-Wissen, das nicht nur innerhalb politischer Prozesse (Politics) und Strukturen (Polity) umgesetzt wird, sondern dessen Gegenstand eben genau jene politischen Prozesse und Strukturen und damit die Bedingungen und die Grenzen lokalstaatlichen Handelns selbst sind. Die Rationalität der Verwaltungsreform besteht in erster Linie darin, als durchführbar und akzeptierbar angesehen zu werden, nicht aber in ihrer widerspruchsfreien und homogenen Umsetzung, die geprägt ist von gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen (vgl. Brand 2013: 434f). Oben habe ich auf den strategischen Charakter der zeit-räumlich und inhaltlich fragmentierten Umsetzung der Verwaltungsneuordnung aufgrund ihrer multilokalen Mobilisierung verwiesen (siehe 3.3.1). Es zeigt sich jedoch, dass die Fragmentierung in der Umsetzung wie auch die Herausbildung eines Feldes für Reformen im Schatten des NSM, die nicht Teil der Kernprogrammatik des NSM sind (siehe 3.3.2), auch hinsichtlich der relationalen Autonomie und der strategischen Selektivität der lokalstaatlichen Verwaltungsapparate zu reflektieren sind, die sowohl die Bedingungen für die Implementierung und Umsetzung der Neuordnung städtischer Verwaltungen
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als auch deren Gegenstand darstellen. Die lokalen Verwaltungsapparate können dabei nicht als homogen strukturiertes und rational handelndes Ensemble betrachtet werden. Der Umstand der inneren Fragmentierung und Zerrissenheit des lokalen Staats als strategisches Feld ist ebenso ein Grund dafür, weshalb sich keine homogene Reformlandschaft entwickelt hat. Erst auf diesem Weg lässt sich bestimmen, warum welche Reformen mit welchen Zielen und Effekten durchgesetzt werden konnten. Dies gilt insbesondere für die Kräfteverhältnisse innerhalb der Verwaltungen, um erklären zu können, warum bestimmte Reformelemente in manchen Bereichen erfolgreicher umgesetzt werden können als in anderen. Dies kann bspw. abhängig sein von der politischen Durchsetzungskraft, dem existierenden Reformwillen, der finanz- und wirtschaftspolitischen Situation oder dem sanktionierenden Eingriff kommunaler Aufsichtsbehörden. Dabei spielt ebenso eine Rolle, welche unterschiedlichen Interessen in der Materialität des lokalen Staats eingeschrieben sind und welche Strategien als erfolgversprechend angesehen werden. Die Materialisierung der Neuordnungsprozesse lässt sich folglich nur anhand konkreter Fallbeispiele untersuchen, wobei auch die jeweils ermöglichenden und verhindernden Faktoren sowie Kräfteverhältnisse sichtbar werden. Gleiches gilt für die Frage, welchen Einfluss die administrativen Neuordnungsprozesse auf die strategische Selektivität und relationale Autonomie der lokalen Verwaltungsapparate haben: Mit der Einführung der Outputsteuerung mittels betriebswirtschaftlicher Leistungskennzahlen soll eine neue Rationalität im Verwaltungshandeln etabliert werden, die mitbestimmt, welche Anliegen und Strategien erfolgreich gegenüber den Verwaltungsapparaten artikuliert werden können. Was für die Binnendimension gilt, kann auch auf die Außendimension der Verwaltungsneuordnung übertragen werden. Die Ausgliederung öffentlicher Aufgabenerbringung in private und teil-öffentliche Rechtsformen wirkt sich darauf aus, wie diese von wem adressiert und kontrolliert werden. Die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen stellt den handlungsleitenden Rahmen dar, innerhalb dessen Grundlagen für Privatisierungsentscheidungen und zunehmende Marktorientierung der Verwaltungen geschaffen wurden, was auch zu De- bzw. Re-Regulierung staatlicher Kontrolle führt und flexiblere Entscheidungsfindungen und Handlungsoptionen ermöglichet. Flexible Handlungs- und Entscheidungsstrukturen tragen dazu bei, schneller und vor allem unbürokratischer auf sich verändernde Anforderungen und partikulare Interessenslagen zu reagieren (vgl. Demirović 2007: 26f). Die Schaffung neuer Partizipationsmodelle zur Artikulation von Interessen gegenüber dem Staat und durch den Staat bringt Investitionsfelder und Kooperationsformen hervor, die die Voraussetzungen für die Synchronisierung zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft sind. Die Neuordnungen städtischer und kommunaler Verwaltungen als Teil des Hegemonieprojekts der unternehmerischen Stadt ist als lokalstaatliche Voraussetzung für die Bewältigung der Krisenhaftigkeit kapitalistischer Vergesellschaftung zu betrachten.
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So ermöglichen bspw. die Privatisierung und Ausgliederung öffentlicher Aufgabenbereiche »die Öffnung neuer Anlagenfelder und sind somit Ausdruck für das enorme Interesse, welche Privatinvestoren für die bisher weitgehend marktgeschützten [öffentlichen Dienste] bekunden, die regelrechte Wachstumsmärkte der Zukunft darstellen« (Pelizzari 2001: 28). Die Verwaltungsreform ab den 1990er Jahren ist vor diesem Hintergrund als Reartikulation politischer Herrschaft zu verstehen, der eine beständige Rückkopplung lokalstaatlichen Handelns an unternehmerische und wettbewerbliche Kriterien sowie die Interessen privaten Kapitals zugrunde liegen. Darüber werden strategische Zugänge, legitime Verhandlungspartner_innen sowie Möglichkeiten und Formen der Interessensartikulation in einer Art und Weise bestimmt, die sich dezidiert von den wohlfahrtsstaatlichen Netzwerken aus Politik und Verwaltung einerseits und Interessensverbänden – wie etwa Gewerkschaften und Sozialverbänden – anderseits unterscheiden (vgl. Demirović 2009: 47). Die stärkere Repräsentation bürgerlicher Interessen lässt sich jedoch aufgrund der relationalen Autonomie des (lokalen) Staates (siehe 2.3.1) nicht unmittelbar realisieren. Diese ist als ermöglichender, jedoch auch als verhindernder und transformierender Faktor zu betrachten. Die innere Fraktionierung der Verwaltungsapparate, die Trennung politischen und administrativen Handelns und die verwaltungsinternen Hierarchien mit den daraus resultierenden Konflikten bilden die fördernden oder sanktionierenden Bedingungen, unter denen die Materialisierung der Verwaltung der unternehmerischen Stadt folglich auch empirisch analysiert werden muss.
Interludium
In der nachfolgenden Analyse der beiden Fallbeispiele wird neben den allgemeinen Entwicklungslinien der lokalen Verwaltungsreformen auf die damit verbundenen Auswirkungen auf die Wahrnehmung von und den Umgang mit Liegenschaften im öffentlichen Eigentum eingegangen. Dabei sind sowohl Liegenschaftspolitik als auch Liegenschaftsverwaltung Gegenstand einer integrierten Betrachtung. Dieser eignet sich als Fluchtpunkt der Auseinandersetzung dahingehend, dass das Thema Liegenschaften gerade in hochverdichteten urbanen Räumen einen Kristallisationspunkt für Interessens- und Regulationskonflikte in unterschiedlichen politischen Bereichen darstellt (siehe ausführlicher 1.). Die hier zugrundeliegende empirische Basis besteht aus Expert_inneninterviews mit ehemaligen und aktuellen Vertreter_innen aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft. Fallbeispielbezogene Dokumentenkorpusse, die aus Gesetzestexten, Dokumenten der parlamentarischen Informationssysteme und Presseberichterstattung bestehen, wurden als ergänzendes empirisches Material hinzugezogen. Bezugnehmend auf die vorangegangene Auseinandersetzung mit der Mobilisierung der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen kann herausgearbeitet werden, dass sich die Reformwege bzw. die Reformeffekte in den beiden Fallbeispielen unterscheiden. Auch zeigt sich, dass die Reformen zwar Schnittmengen zum Leitbild des NSM aufweisen, aber genauso von Entwicklungen geprägt sind, die keineswegs deckungsgleich damit sind. Anhand der beiden Fallbeispiele kann herausgearbeitet werden, dass die Rationalisierung städtischer und kommunaler Verwaltungen in einem Artikulationszusammenhang mit lokalspezifischen austeritätspolitischen und politisch-strategischen Zielsetzungen analysiert werden muss. Die beiden Fallbeispiele veranschaulichen die Herausbildung der Verwaltung der unternehmerischen Stadt. Die Transformation des lokalen Staats als bedeutende Maßstabsebene für die Herausbildung und Artikulation der politischen Ökonomie eines globalisierten Kapitalismus umfasst die Neuordnung der Machtbeziehungen und Kräfteverhältnisse, die den lokalen Staat als strategisches Feld hervorbringen, transformieren und durchziehen.
4. Berlin Verwaltungsreform und der Ausverkauf öffentlichen Liegenschaftsvermögens
»Damit der Verkauf landeseigener Liegenschaften optimiert und offensiv in Angriff genommen werden konnte, beschloss der Berliner Senat eine professionelle Aufstellung der Immobilienvermarktung. Deshalb ging vor zehn Jahren der Liegenschaftsfonds Berlin mit dem Ziel an den Start, die landeseigenen Immobilien einerseits den Marktanforderungen anzupassen und andererseits gewinnbringend zu veräußern.« (LFB 2011: 8)
Zwischen Mitte/Ende der 1990er Jahre und ca. 20121 dominiert in Berlin eine betriebswirtschaftliche und vermögenspolitische Perspektive in der Wahrnehmung von und dem Umgang mit Liegenschaftseigentum der Bezirke und des Landes, die zu einer Privatisierungsdynamik geführt hat. Diese Veränderungen in Bezug auf Liegenschaftsverwaltung, -nutzung und -verwertung resultieren aus der umfassenden Neuordnung der Berliner Verwaltungslandschaft, die auf einer grundlegenden Verwaltungsskepsis aufbaut: Der Verwaltung werden Übermaß, Besitzstandwahrung
1
In diesem Zeitraum, auf dessen Betrachtung ich mich in diesem Abschnitt beschränke, wird im Jahr 2009 vom rot-roten Senat (SPD/Linke) eine Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik beschlossen, mit deren Umsetzung jedoch erst ab 2012 unter einem rotschwarzen Senat (SPD/CDU) begonnen wurde. Darüber hinaus wurde beschlossen, den Liegenschaftsfonds Berlin (LFB) in das Berliner Immobilienmanagement (BIM) zu integrieren. Verwertung und Bewirtschaftung der landeseigenen Liegenschaften, die von zwei spezialisierten GmbHs erledigt wurden, sind damit in eine Gesellschaft integriert worden.
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und Unterqualifikation unterstellt (siehe 4.1). Ausgehend von dieser Problematisierung, wird in den Bezirksverwaltungen ab 1994 eine Reform der internen Verwaltungsstruktur und Haushaltsführung durchgeführt, in deren Rahmen betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente und Formen quasi-marktlicher Regulierung implementiert werden (siehe 4.2). Dies hat einen ständigen Kostendruck zur Folge, der zu einer Rationalisierung der Liegenschaftsnutzung und der Privatisierung von Liegenschaften führt. Mitte der 1990er Jahre beginnt außerdem die Diskussion um die Schaffung einer zentralen Stelle zur professionellen Verwertung öffentlicher Liegenschaften, die 2001 in der Gründung der Liegenschaftsfonds GmbH und Co. KG (LFB) resultiert (siehe 4.3). Diese Gesellschaft, deren einzige Gesellschafter_in das Land Berlin ist, verfolgt zehn Jahre lang den politisch gesetzten Auftrag, über den ertragsorientierten Verkauf landeseigener Grundstücke und Immobilien einen Beitrag zur Konsolidierung des Berliner Landeshaushaltes und somit zur Senkung der verschuldungsbedingten Zinslast zu erwirtschaften. Beide Teilentwicklungen – die jeweils der Innen- und der Außendimension der Verwaltungsreform entsprechen, wie sie oben diskutiert wird (siehe Tab. 2) – greifen ineinander und führen dazu, dass Liegenschaften im Zuge der Neuordnung der Berliner Verwaltungslandschaft und der damit verschränkten Konsolidierungsbestrebungen als kalkulier- und verwertbare Ressource sichtbar gemacht werden. Innerhalb dieser Perspektive bedingen Kostenoptimierung und Privatisierung von Liegenschaften einander: Durch die effektivere Nutzung landeseigener Liegenschaften sollen Privatisierungspotentiale identifiziert werden und durch den Anreiz von Privatisierungserträgen sollen Optimierungen im Nutzungsverhalten angeregt werden. Die hier im Zentrum der Betrachtung stehenden Neuordnungsprozesse – Binnenmodernisierung und Gründung des LFB – sind mit Dimensionen der Entpolitisierung verbunden (siehe 4.4). Die erste Dimension ist darin zu sehen, dass das betriebswirtschaftlich geprägte Verwaltungshandeln und die daraus resultierende Verwendung von Liegenschaften zur dominierenden Verwaltungsrationalität wird. Die zweite Dimension besteht im politikfernen Agieren des LFB und der im Gesellschaftszweck politisch gewollten Fixierung der ertragsorientierten Verwertung von Liegenschaften. Diese Entpolitisierung im Umgang mit öffentlichen Liegenschaften wird 2012 mit dem Konzept zur »Transparenten Liegenschaftspolitik« für Berlin pointiert und festgeschrieben. Die Neuordnung der Verwaltungsgeographie hinsichtlich der Wahrnehmung von und des Umgangs mit landeseigenen Liegenschaften zeichnet sich dadurch aus, dass sich mit ihr auch das strategische Feld und damit die strategische Selektivität der Verwaltungsapparate verändert. Die reformierte Berliner Liegenschaftspolitik ist von einer dezidierten Markt- und Investor_innenorientierung geprägt. Die Reform der Binnenverwaltung und die Gründung des LFB schaffen ein Handlungsfeld, in dem die Nutzung von Liegenschaften – auch durch die öffentliche Hand selbst – nur unter
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(künstlich geschaffenen) Marktbedingungen geschieht. Dieses Handlungsfeld ist von der Annahme geprägt, dass politische Eingriffe hinsichtlich der Nutzung von Liegenschaften ein Investitionshemmnis oder eine Kapitalvernichtung darstellen, die es zu vermeiden gilt. Unter diesen Bedingungen unterliegt die fachpolitische Nutzung oder Direktvergabe landeseigener Liegenschaften einem Rechtfertigungszwang und wird als intransparent und als Klientelpolitik diskreditiert. Die an den Bedingungen des Grundstücks- und Immobilienmarkts orientierte Nutzung und Vergabe gilt demgegenüber als transparent und gerecht, hat aber zur Folge, dass die Verwertung des öffentlichen Liegenschaftsbestands zu einer marktgetriebenen Aufwertung von Grundstücks- und Immobilienpreisen führt oder zumindest davon profitiert.
4.1 V ERWALTUNGSSKEPSIS
ALS
M OTOR
DER
R EFORM
Der Diskurs um die Neuordnung der Berliner Verwaltung ist von einer strategischen Disqualifizierung der Verwaltung und der dort Tätigen geprägt. Dies dient zur Legitimierung der Einführung betriebswirtschaftlicher Instrumente der Verwaltungssteuerung (siehe 4.2) sowie der Gründung einer privatwirtschaftlichen Gesellschaft zur professionellen Vermarktung landeseigener Liegenschaften, die arbeits- und personalrechtliche Flexibilität wie auch die effiziente und effektive Umsetzung der politischen Zielsetzungen ermöglicht (siehe 4.3). Da in den Verwaltungen ein ausgeprägtes Eigeninteresse an Selbsterhalt existiere, seien diese gegenüber Veränderungen prinzipiell ablehnend eingestellt: »Jede Institution hat ihre Trägheit dahingehend, dass sie sich grundsätzlich weigert, irgendetwas abzugeben« (B2012-H: 9). Der Verwaltung wird damit unterstellt, sie sei »grundsätzlich immer dagegen« (B2012-H: 9). Ein rationaler Diskurs sei nicht möglich: »die Institutionen bekämpfen sich und konkurrieren wie Unternehmen, feindliche Unternehmen, auf einem Markt« (B2012-H: 9). Die »Eigenlogik« und »Schläfrigkeit« (B2012-H: 12, 43) der öffentlichen Verwaltung habe zur Folge, dass politisch-strategische Zielsetzungen des Senats und des Abgeordnetenhauses nicht direkt oder nur unter Widerständen umgesetzt würden. Reformfeindlichkeit und langwierige Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse führten zu einem Steuerungsproblem, wobei gerade die Beteiligung der Beschäftigten an Reformvorhaben als verhindernd angesehen wird: »Wenn einer sagt, wir arbeiten doch an der allgemeinen Sache und ich habe da jetzt mal einen Vorschlag und das wäre doch das Vernünftigste, wenn man mal sachlich diskutieren würde und wir würden das so organisieren. Wenn dieser Vorschlag bei irgendwem gegen diese organisationseigene Logik geht, geht das alles nur mit Gewalt.« (B2012-H: 9)
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Die Mitarbeiter_innen betrieben Besitzstandswahrung, da sie unter den Bedingungen von Reformdruck und Einsparungen ihren Tätigkeitsbereich in Gefahr sehen würden. Um Handlungsbereitschaft oder, besser gesagt, die Notwendigkeit zum Handeln in den Bezirksverwaltungen zu erzeugen, wird versucht über eine Verbindung aus Einsparungen und betriebswirtschaftlicher Verwaltungssteuerung einen aktivierenden Kostendruck zu induzieren: »Sie entziehen den Leuten so viel Geld, dass die bestehenden Strukturen nicht mehr finanzierbar sind […]. Aber das haben Sie von vornherein beabsichtigt, weil wenn es nicht mehr anders geht, wird halt die ganze Zeit reformiert.« (B2012-H: 9) Die Verwaltung wird als aufgebläht und unmäßig betrachtet, was zum einen mit einem quasi natürlichen Trend zur Expansion begründet wird und zum anderen damit, dass die Verwaltung West-Berlins vor dem Zusammenschluss von DDR und BRD wichtige Arbeitgeberin in der Inselstadt Berlin war »und in Ostberlin die Verwaltungen sowieso aufgebläht waren« (B2012-B: 16). Die zusammenfassende Diagnose lautet zu viel Staat, was die Wettbewerbsfähigkeit und die Entwicklungsmöglichkeiten Berlins einschränke. Zu der grundlegenden Verwaltungsskepsis, die hinsichtlich der öffentlichen Verwaltungsstruktur geäußert wird, kommt hier eine politisch-normative Abgrenzung gegenüber der realsozialistischen Geschichte der OstBerliner Verwaltung hinzu. Mit Hilfe der Verwaltungsreform und der mit ihr verbundenen Liegenschaftspolitik sollen Verwaltungsstruktur, Verwaltungshandeln und Liegenschaftsbestand auf ein normales Maß reduziert werden. Dabei handelt es sich gerade nicht darum, einen bestimmten Zustand zu erreichen, der sich genau definieren ließe, sondern mehr darum die Begrenzung zum integrativen Bestandteil politisch-administrativen Handelns werden zu lassen (siehe auch 3.1.3 & 3.3.3). Parallel zu den Bestrebungen der administrativen Binnenreform und der damit verbundenen Einführung betriebswirtschaftlicher Instrumente ist eine Zunahme der Beschäftigten in rechtlich selbstständigen Einheiten festzustellen (siehe Abb. 7). So steigt mit Beginn der Modernisierungsvorhaben in Berlin ab Mitte der 1990er Jahre der Anteil der in solchen rechtlich selbstständigen Einheiten Arbeitenden zunächst in Folge von Ausgliederungen sprunghaft an. Nach einer Konsolidierungsphase ab 2001 arbeiten in diesem Bereich mehr Beschäftigte als in den Bezirksverwaltungen, wo der größte Personalabbau stattfand.2
2
Es muss in Personalfragen zwischen den Bezirks- und den Senatsverwaltungen unterschieden werden. Vor allem in den Senatsverwaltungen spielt der Verlust von Verwaltungspersonal durch Ausgründungen eine Rolle. In den Bezirken stellt das Personal neben den Immobilienkosten den größten Kostenpunkt in den Haushalten dar. Um Personalkosten zu sparen, konnten Beschäftigte in einen Stellenpool überführt werden, der für deren weitere Bezahlung aufkam. So konnten sich die Bezirke von Personalkosten befreien, ohne dass
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Abbildung 7: Personal in rechtlich selbstständigen Einheiten und Bezirksverwaltungen 1991-2012
Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg 2015, eigene Darstellung
Die Ausgründung von Verwaltungsbereichen und der allgemeine Personalabbau führen zu einem brain drain in den Bezirks- und Senatsverwaltungen für Finanzen und anderen Verwaltungsbereichen. Es gehen »hordenweise« (B2012-D: 54) Beamt_innen in die neuen Unternehmen, die zuvor in der Senatsverwaltung tätig waren, wobei diese prinzipiell die Möglichkeit haben in die Verwaltung zurückzukehren. Der Verlust von Fachwissen in der Verwaltung wird auch dadurch verstärkt, dass die Stellen der an private Gesellschaften abgeordneten Verwaltungsmitarbeiter_innen auch nach deren endgültigem Ausscheiden meistens nicht neu besetzt werden. Der Personalabbau seit Beginn der 1990er Jahre im Rahmen der verfolgten Konsolidierungs- und Einsparpolitik wird maßgeblich von den Bezirken getragen und erreicht im Jahr 2011 seinen Höhepunkt. Zu diesem Zeitpunkt arbeiten nur noch ca. 54 Prozent des Personals, das 1991 in den Berliner Verwaltungen arbeitete, im öffentlichen Dienst (siehe Abb. 8). Auch dies führt zu einem Verlust an Fach- und Erfahrungswissen in der Verwaltung bei einem gleichzeitigen Anstieg der Anforderungen. Vor allem im Bereich der Angestellten geht die Anzahl der im öffentlichen
sich das auch auf die im Landeshaushalt veranschlagten Kosten ausgewirkt hätte. Mittelfristig führt dies zu einer Reduzierung des öffentlichen Personalbestands bei kurzfristiger Entlastung der Bezirke. Wenn Stellen zu besetzen waren, mussten zunächst die Beschäftigten aus dem Stellenpool eingestellt werden. Eine etwaige Differenz in der Besoldung wurde kompensiert.
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Dienst Beschäftigten zurück, zugleich nimmt ab 2003 der Personalstand der Beamt_innen kontinuierlich ab. Abbildung 8: Personal im Öffentlichen Dienst nach Beamt_innen & Angestellten in Berlin 1991-2012
Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg 2015, eigene Darstellung
Der kritisierte Mangel an Leistungsfähigkeit – vor allem der Bezirksverwaltungen – kann als eine Art self-fulfilling prophecy gesehen werden, die mittels einer massiven Austeritätspolitik vor allem gegenüber den Bezirken von einer Problematisierung bzw. Diagnose zu einer Realität umgearbeitet wurde: Personalabbau und Ausgliederungen sind das Resultat einer gewollten Rationalisierung des Verwaltungshandelns und einer Unterfinanzierung vor allem auf Ebene der Bezirke. Dabei sind eine aktivierende Austeritätspolitik und die Erzeugung von Kostendruck entscheidende Instrumente, um den Korridor abzustecken, innerhalb dessen fortan in den Verwaltungen – und hier vor allem in den Bezirksverwaltungen – gehandelt werden soll. Im Folgenden soll nachgezeichnet werden, welche Instrumente der Verwaltungssteuerung implementiert wurden, die in den Verwaltungen zu einer andauernden betriebswirtschaftlich geprägten Handlungsrationalität geführt haben.
4. B ERLIN
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4.2 D IE V ERWALTUNGSREFORM ALS S TRUKTURIERUNG DES H ANDLUNGSFELDES DER B EZIRKE Ausgehend von der Annahme, dass vor allem die Berliner Bezirke nicht bereit oder in der Lage seien, umfassende Reformen von sich aus zu initiieren, wird die Verwaltungsreform Mitte der 1990er Jahre top-down angestoßen und zudem von Beratungsunternehmen begleitet, mit deren Hilfe das Modell zur Reform der Berliner Verwaltungen umgesetzt werden soll.3 Der Einsatz von Beratungsunternehmen schränkt den Raum für politische Aushandlungen ein: Die Reformen werden mittels der Differenzierung von fachlicher und politischer Verantwortung ihres politischen Gehalts entkleidet und erscheinen als bloße Sachzwänge. Die externe Begleitung der Berliner Verwaltungsreform hat explizit die Aufgabe, die Vorgaben der KGSt und des von ihr gepriesenen NSM hinsichtlich einer Implementierung in Berlin zu prüfen und anzupassen (vgl. Rienaß 1998: 105). Mit externer Hilfe wird hier ein Reformprozess gestartet, den die Verwaltungen anschließend in eigener Verantwortung fortführen. Das Land Berlin ist bei der Konzipierung und Umsetzung der Verwaltungsreform von Roland Berger & Partner und anderen Beratungsunternehmen beraten worden, wobei »einiges davon ist völlig in die Hose gegangen ist; anderes blieb auch ganz liegen und wurde gar nicht angefasst« (B2012-F: 111). Die Teil-Implementierung eines umfassenden und weitreichenden Reformprogramms ist jedoch – wie oben bereits argumentiert – nicht als Scheitern zu lesen. Vielmehr muss auch in Berlin der strategische Charakter des unter 3.3.3 bereits verhandelten scheiternden Voranschreitens betont werden, der dem allgemeinen Charakter der Verwaltungsreform seit den frühen 1990er Jahren entspricht (siehe 3.3.1). Der primäre Erfolg aus Sicht der Reformer_innen ist darin zu sehen, dass in Berlin eine Situation und Dynamik erzeugt wurden, die den Raum für die (Teil-)Implementierung von Reformvorhaben geöffnet haben. Die Verwaltungsreform ist wesentlich von der Zweigliedrigkeit der Berliner Verwaltungslandschaft geprägt (siehe 4.2.1). Als Stadtstaat ist diese in die Senatsverwaltungen und Bezirksverwaltungen unterteilt. Die Bezirke verfügen dabei über weitreichende fachpolitische Autonomie, sind in ihrer finanziellen Ausstattung aber von den Zuweisungen aus dem Landeshaushalt abhängig. Dieses Verhältnis prägt sowohl die Reform der Bezirksverwaltungen als auch deren Auswirkungen auf die Wahrnehmung von und den Umgang mit Liegenschaften. Dabei sind die Reformen der Binnenverwaltung auf eine Aktivierung und indirekte Steuerung der Bezirksverwaltungen ausgerichtet. Im Zentrum steht die Einführung betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente, mit deren Hilfe die Bezirke in ihrem eigenen Interesse wirtschaftlicher handeln und Einsparungen umsetzen sollen (siehe 4.2.2). Die fachpolitische Autonomie und die 3
Siehe zur Rolle von Beratungsunternehmen im Berliner Reformprozess 3.2.4.
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Zuweisung von Globalsummenbudgets sind neben der künstlichen Schaffung eines pseudo-wettbewerblichen Handlungsfeldes zentrale Ansatzpunkte für das wirkmächtige Ineinandergreifen von Verwaltungsreform und Haushaltskonsolidierung. Hierfür bilden die Definition von Verwaltungsleistungen als vergleichbare Produkte, die umfangreiche Erfassung der mit den einzelnen Produkten verbundenen Kosten und die darauf aufbauende Bestimmung von normierten Budgetzuweisungen zur Verteilung des Bezirksplafonds4 als Teil des Berliner Landeshaushalts einen Wirkungszusammenhang. Die Neuordnung der administrativen Binnenstruktur und Haushaltsführung prägt wesentlich die Art und Weise, wie mit Liegenschaftseigentum auf Ebene der Bezirke umgegangen wird (siehe 4.2.3). Liegenschaften werden als betriebswirtschaftlich zu kalkulierender Kostenfaktor wahrgenommen, was einerseits zu Optimierungsbestrebungen in der Liegenschaftsnutzung und andererseits zu einem Privatisierungsdruck auf nicht unmittelbar benötigte Liegenschaften führt. 4.2.1 Gesetzlich-institutioneller Rahmen der Verwaltungsreform in Berlin Die Zweigliedrigkeit der Berliner Verwaltungslandschaft Bei der Durchsetzung der Verwaltungsreform ist die institutionelle Gliederung Berlins als Stadt und Bundesland zu berücksichtigen (vgl. Nagel 1995: 112). Die Senatsbzw. Hauptverwaltungen sind für »die Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung« zuständig, zu denen »1. die Leitungsaufgaben (Planung, Grundsatzangelegenheiten, Steuerung, Aufsicht), 2. die Polizei-, Justiz- und Steuerverwaltung, 3. einzelne andere Aufgabenbereiche, die wegen ihrer Eigenart zwingend einer Durchführung in unmittelbarer Regierungsverantwortung bedürfen«, zählen (AGH Berlin 23.11.1995: Art. 67 I). Die Bezirksverwaltungen »nehmen alle anderen Aufgaben der Verwaltung wahr« (ebd.: Art. 67 II). Auf Landesebene ist das Abgeordnetenhaus von Berlin (AGH Berlin) die parlamentarische Vertretung, auf Bezirksebene die Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Die Bezirke verfügen über große fachpolitische Autonomie, sind in ihrer Finanzierung aber nahezu gänzlich von den Zuweisungen des Landes abhängig. Dieses charakteristische Verhältnis wirkt sich auch auf die Verwaltungsreform und die Liegenschaftspolitik in Berlin aus: Zentralverwaltung und Bezirke führen einen »Kleinkrieg, in welchem die Bezirke immer mehr Zuständigkeiten
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Der Plafond setzt sich aus unterschiedlichen Teilplafonds zusammen, in denen die Zuweisungen differenziert dargestellt werden. Im Bezirksplafond für den Doppelhaushalt 2014/2015 waren dies die Teilplafonds Personal, Transferausgaben und sonstige Sachausgaben. Hinzu kommt der vertikale Finanzausgleich, während die Einnahmeerwartungen abgezogen werden.
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erbeuten, der Senat im Gegenzug die Bezirke finanziell aushungert« (HoffmannAxthelm 2013: 81).5 So können vom Senat allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen werden, zudem hat er die Aufsicht über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns der Bezirke. Um der Bezirksaufsicht nachzukommen, stehen dem Senat nach dem Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz (AZG) eine Reihe von Rechten zu (Informationsrecht, Aufhebungsrecht, Anweisungsrecht, Eingriffsrecht), die in Anspruch genommen werden können, wenn dringende Gesamtinteressen Berlins dies erforderlich machen. Diese »sind immer dann gegeben, wenn die Gefahr eines erheblichen Schadens durch das Handeln eines Bezirksamts für die Stadt (nicht nur für einzelne Bezirke) besteht. Denkbar ist dies z. B. bei gewichtigen Nachteilen für den Wirtschaftsstandort Berlin.« (SenInnSport Berlin 2013) Die Bezirke sind als »Selbstverwaltungseinheiten« zu betrachten, deren Autonomie in großem Maß von den finanz- und haushaltspolitischen Vorgaben des Senats beeinflusst wird. So ist die Senatsverwaltung für Finanzen berechtigt, »Maßnahmen zur Steuerung der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Bezirke« zu ergreifen (AGH Berlin 09.08.1996: Anlage zu § 4 I, 2). Auch bei der Reform der Binnenverwaltung auf Ebene der Bezirke und der Gründung des Liegenschaftsfonds (LFB) wurden den Bezirken »immer nur die Mechanismen präsentiert, die zu nutzen sind. […] Die haben das gemacht, was sie am besten können, nämlich diesen Unsinn auf das Schärfste kritisiert, aber sie haben keine eigene Gegenstrategie dazu entwickelt.« (B2012-A: 77) Die ansonsten bestehende fachpolitische Autonomie der Bezirke führt zu der Situation, dass der Prozess der politischen Willensbildung hinsichtlich der bezirklichen Aufgaben zwar in den Bezirksräten und -versammlungen stattfindet, der Bezirkshaushalt, der die Finanzierung sicherstellt, jedoch als Teil des Landeshaushalts durch das Abgeordnetenhaus beschlossen wird (vgl. AGH Berlin 09.08.1996: Anlage zu § 4 I, 1). Dieser Umstand spielt auch bei der Budgetierung als Verteilungsinstrument eine zentrale Rolle, da in Folge der Verwaltungssteuerung das zugewiesene Budget nicht zwangsweise auch den Finanzierungsbedarf des einzelnen Bezirks deckt. In der Konsequenz sind die Bezirke »nicht wirklich […] selbstständig handlungsfähig« (B2012-E: 36). Dies macht es möglich, dass der Senat mittels der Aufstellung des Haushalts und der Festlegung des Gesamtbudgets der Bezirke steuernd in die Handlungsbedingungen der Bezirke eingreift. Es bestehen also – neben den oben genannten direkten Ein-
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Diese Aufteilung ist das Ergebnis einer früheren Ära der Verwaltungsneuordnung. Im 1920 beschlossenen Groß-Berlin-Gesetz wurden im Gegenzug für die Eingemeindungen den dann späteren Bezirken umfangreiche Zugeständnisse gemacht. Siehe zur Geschichte der Zweigliedrigkeit der Berliner Verwaltung: Hoffmann-Axthelm 2013: 79ff.
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flussmöglichkeiten, die im AZG geregelt werden – vor allem auch indirekte Möglichkeiten, die Handlungsspielräume der Bezirke zu erweitern oder einzuschränken, ohne dabei die fachpolitische Autonomie der Bezirke direkt in Frage zu stellen. Dazu zählt letztlich auch, dass vom Abgeordnetenhaus die Gesetze zur Reform der Bezirksverwaltungen beschlossen wurden, die zu umfassenden Änderungen der Haushaltsaufstellung und -führung in den Bezirksverwaltungen geführt haben (siehe 4.2.2). Damit wurden den Bezirken zwar keine unmittelbaren fachpolitischen Vorgaben gemacht, jedoch die finanzpolitischen und haushalterischen Bedingungen verändert, unter denen die Bezirke ihre Aufgaben erfüllen. Im Falle der Liegenschaftspolitik zeigt sich dies bspw. an den Konflikten zwischen den vermögenspolitischen Interessen der Senatsverwaltung für Finanzen und den fachpolitischen Zielsetzungen der Bezirke (Sozial-, Kultur- oder Bildungspolitik) im Umgang mit öffentlichen Liegenschaften. Die betriebswirtschaftliche und quasi-marktliche Einhegung der Liegenschaftsverwaltung und -nutzung und die daraus resultierende Anreizsteuerung setzen an der Handlungsautonomie der Bezirke an und erzeugen einen konstanten Kostendruck (siehe 2.2.4). Dabei handelt es sich um einen schrittweisen Prozess ab Mitte der 1990er Jahre, der sich über mehrere Jahre vollzieht und der zur Schaffung eines Handlungsfeldes für die Bezirke führt, das den Rahmen für die Wahrnehmung von und den Umgang mit Liegenschaften im öffentlichen Eigentum nach betriebswirtschaftlichen und vermögenspolitischen Kriterien bildet (siehe 4.2.3). Zusammengefasst bedingt die Zweigliedrigkeit der Berliner Verwaltungslandschaft und die damit einhergehende Heterogenität die Verwaltungsneuordnung dahingehend, dass die Einführung unternehmerischer Formen der Verwaltungssteuerung das strategische Feld der Auseinandersetzung neu strukturiert und verlagert. Im Zentrum steht nun das wirtschaftliche Handeln der Bezirke, das über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Haushaltsdefizite sind damit keine Frage unzureichender Finanzierung, sondern Ergebnisse von Misswirtschaft und mangelnder Reformbereitschaft der Bezirke. Wie unten gezeigt wird, ermöglicht die Zweigliedrigkeit der Berliner Verwaltungslandschaft die Einführung von Wettbewerbs- und Marktsurrogaten zur relationalen künstlichen Preisbildung zwischen den einzelnen Bezirken, die wiederum als Grundlage für die marktbasierte Normalisierung von Verwaltungskosten dient. Die Neuordnung städtischer Verwaltungen kann aufgrund des Verhältnisses zwischen Senat und Bezirken und der Möglichkeit des relationalen Kosten- und Leistungsvergleichs zwischen den Bezirken Wirkmächtigkeit entwickeln. Deutlich wird dies auch vor dem Hintergrund der inhaltlichen und zeitlichen Differenzen bei der Reform der Bezirks- und Senatsverwaltungen. In Berlin konzentrierten sich die meisten Reformbemühungen zunächst auf die Bezirksverwaltungen. Eine Übertragung auf die Senatsverwaltungen stellte sich hingegen als problematisch heraus: Während die Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung in den Bezirken
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als weitgehend erfolgreich betrachtet wurde, bestand auf der Landesebene das Problem, dass es keine vergleichbaren Produkte gab oder Leistungen gar nicht quantitativ abgebildet werden konnten (vgl. Herting 1997: 157; Jordan 2002: 111).6 Dies machte eine einfache Übertragung unmöglich und erforderte aufwändige und langwierige Anpassungsprozesse. Wichtige Gesetze der Berliner Verwaltungsreform In Berlin folgt die Begründung für die Notwendigkeit der Modernisierung der Verwaltungsstruktur demselben Muster, nach dem auch die Mobilisierung des NSM in Deutschland angelegt ist (siehe 3.). Mit konservativen Strategien und Instrumenten7 könnten »dauerhaft Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit, Mitarbeiterzufriedenheit und Bürgerfreundlichkeit nicht erhöht werden« (Meyer-Piton/Rienaß 1997: 12). Um diese Zielstellungen zu erreichen, müsse stattdessen »[u]nter der Zielsetzung, die Berliner Verwaltung zu einem modernen, wirtschaftlich arbeitenden und an den Interessen der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft ausgerichteten Dienstleistungsunternehmen zu entwickeln, […] ein neues Führungs- und Steuerungssystem einschließlich einer betriebswirtschaftlichen Kosten- und Leistungsrechnung eingeführt werden« (ebd.).
Zwar habe es in Berlin bereits seit den 1960er Jahren Diskussionen und Auseinandersetzungen um die Reformnotwendigkeit der öffentlichen Verwaltung gegeben, aber erst die Wiedervereinigung, die Herausforderungen als Regierungssitz und die schnell steigende Verschuldung hätten die katalytische Wirkung entwickelt, die ab 1994 zu einer Materialisierung einer umfassenden und andauernden Modernisierungsdynamik führen sollte (vgl. ebd.: 11). Dabei wird in Berlin, wie auch in anderen Städten, nicht von vorneherein die gesamte Verwaltung reformiert. Wie bereits oben (siehe 3.3.1) für den Gesamtprozess 6
Dieses Phänomen findet sich auch im zweiten Fallbeispiel, Frankfurt am Main (siehe 5.). Sowohl die Senatsverwaltungen als auch die Fachdezernate in Frankfurt am Main zeichnen sich dadurch aus, dass für die meisten Produkte nur eine Abteilung oder ein Amt zuständig ist. Damit geht der relationale Charakter der Leistungserfassung und -bewertung verloren, wie er bei den Berliner Bezirken vorhanden ist. Es lassen sich lediglich isolierte Produktkosten erstellen, die zumindest nicht für einen Kosten- und Leistungsvergleich innerhalb der Verwaltungen geeignet sind. Die Singularität und fehlende Hierarchie verhindern somit, dass eine kosten- und leistungsorientierte Steuerung des Verwaltungshandelns greifen kann.
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Dazu zählen steigende Verschuldung, Erhöhung von Steuern, Gebühren und Abgaben, Kürzungen nach dem Rasenmäher-Prinzip, technologische Modernisierung, Leistungsund Personalabbau oder partielle Reorganisation (vgl. Meyer-Piton/Rienaß 1997: 12).
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beschrieben, werden auch in Berlin zunächst Pilotphasen in Teilbereichen durchgeführt und erst 1996 wird der Senatsbeschluss gefällt, die Reformen auf alle Verwaltungsbereiche auszuweiten. Auch für die Einführung einzelner Instrumente gilt, dass es sich dabei nicht um ein singuläres Ereignis handelt, sondern um einen zum Teil mehrjährigen Prozess. In einer frühen Evaluation zur Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung in Berlin heißt es exemplarisch: »Die Erfahrung zeigt, daß es nahezu unmöglich ist, im Vorfeld ein 100 %iges Konzept zu entwickeln. Übertriebener Perfektionismus in der Konzeptphase wirkt nur verzögernd. Der Erfolgsfaktor besteht nun darin, Teil-Konzepte einem evolutionären Prozeß zu unterwerfen und dies von vorneherein einzuplanen.« (Schnödt 1997: 174)
Das von der KGSt entwickelte Modell des NSM (siehe 3.2.1) dient dabei als zentrale Referenz für die Reform, wird jedoch nicht als Blaupause angesehen, die direkt umgesetzt werden kann, sondern als »eine variationsfähige Grundlage« behandelt (Nagel 1995: 105; vgl. auch Meyer-Piton/Rienaß 1997). Auch auf lokaler Ebene ist die Reform der Verwaltungen damit von einer Strategie zeit-räumlicher und inhaltlicher Fragmentierung gekennzeichnet, was einerseits die Initiierung ermöglicht, andererseits aber auch immer wieder Handlungsbedarf und Interventionen nach sich zieht. Teil dieses Prozesses ist das Dritte Gesetz zur Reform der Berliner Verwaltung – das sog. Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz (VGG) –, das vom Berliner Abgeordnetenhaus im Jahr 1999 verabschiedet wird. In § 1 Satz 1 des Gesetzes wird betont, dass durch die »Organisationsgrundsätze« des Gesetzes »die Einheitlichkeit der reformierten Berliner Verwaltung« geregelt werden soll (AGH Berlin 17.05.1999a). Das Gesetz stellt damit einen Höhepunkt der Versuche einer gesetzlichen Integration der Reformvorhaben in Berlin dar. Damit wird beansprucht, mit der umfassenden und weitreichenden gesetzlichen Kodifizierung ein hohes Maß an Verbindlichkeit der Reformvorhaben erzielt zu haben (vgl. Jordan 2002: 109). Das Gesetz markiert weniger den Beginn der Verwaltungsreform, vielmehr kann es als das Produkt der bis dahin stattgefundenen Auseinandersetzungen betrachtet werden, die um die Reform der Berliner Verwaltung geführt wurden. Mit dem Gesetz wird der Ausnahmefall zur Regel erklärt, wenn es in § 1 Satz 2 heißt: »Die Organisation der Berliner Verwaltung ist den Veränderungen gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und den fortschreitenden verwaltungswissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen anzupassen und fortwährend weiterzuentwickeln.« (AGH Berlin 17.05.1999a)
Damit wird die Reform von Verwaltungsstruktur und -handeln nicht nur als punktuelle und zeitlich begrenzte Intervention interpretiert, sondern als kontinuierlicher Pro-
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zess, was dem Kulturwandel entspricht, wie er auch im Rahmen des NSM eingefordert wird (siehe 3.3.2). Wie oben argumentiert, zeichnet sich die Verwaltungsneuordnung als Neoliberalisierungsprozess dadurch aus, dass das erklärte Ziel nicht darin besteht, einen bestimmten Zustand oder Endpunkt zu erreichen, sondern dass Innovation und Anpassung grundlegende Charaktereigenschaften der Verwaltungsapparate werden sollen. Dies wird jedoch erst möglich, wenn das Verwaltungshandeln einer permanenten Evaluierung unterzogen wird, was mit Hilfe der betriebswirtschaftlichen Instrumente der Haushaltsführung in Form einer (relationalen) KostenLeistungs-Bewertung geschieht.8 Beide Aspekte, Homogenisierung bei gleichzeitig anhaltender Aktivierung, stehen damit in einem Spannungsverhältnis zwischen einheitlicher Struktur und transformierender Praxis. Dies lässt sich als stetes Vorwärtsscheitern interpretieren, bei der sich Stabilisierung und Reformierung von Verwaltungsstruktur und -handeln zu einem dialektischen Prozess zusammenschließen. In der Betrachtung des Reformverlaufs lässt sich eine betriebswirtschaftlich dominierte Kontingenz erkennen, die die Reformen durchzieht. Dabei spielt vor allem die Herstellung von vergleichbaren Verwaltungseinheiten und -leistungen eine zentrale Rolle (siehe 4.2.2). Der oben zitierte Paragraph wird im Vierten Gesetz zur Reform der Berliner Verwaltung (4. VerwRefG)9 im Jahr 2005 als neuer § 1 I um folgende Konkretisierung ergänzt: »[…] [D]abei sind entscheidende Prämissen die Entwicklung zur Dienstleistungsverwaltung, die Kostentransparenz, die Ziel- und Wirkungsorientierung, einschließlich Gender Mainstreaming, die interkulturelle Öffnung sowie die dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung.« (AGH Berlin 17.05.1999b: § 1 I) Die Reformtätigkeit soll – abgesehen von Gender Mainstreaming und interkultureller Öffnung – innerhalb der Grenzen des betriebswirtschaftlich inspirierten Modells der Verwaltung als Dienstleistungsunternehmen stattfinden, wie es auch das NSM prägt. Dienstleistungsdenken, Kostentransparenz, Ziel- und Wirkungsorientierung sowie die dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung sind im Laufe der über zehnjährigen Reformtätigkeit zum zentralen Zweck der Reformen erhoben worden.
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Zu der Evaluierung zählen neben der Kostenerfassung bspw. auch die Erfassung der Anzahl und der Bearbeitungszeit für die Ausstellung von Genehmigungen oder die Bewilligung von Anträgen.
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Das 4. VerwRefG beinhaltet keine grundlegenden Neuerungen. Darin enthalten sind einige Konkretisierungen und Änderungen im Bezirksverwaltungsgesetz. Lediglich im Bereich des Landesbeamtengesetzes findet sich eine längere Änderung. Aus diesem Grund steht hier das VGG im Zentrum der Darstellung, da darin grundlegende und weitreichende Änderungen beschlossen wurden.
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Die mit dem VGG geschaffene Binnenstruktur der Berliner Verwaltung ist in Leistungs- und Verantwortungszentren (LuV) 10, Serviceeinheiten (SE) und Steuerungsdienst unterteilt. Damit wird per Gesetz eine einheitliche Ämterstruktur auf Ebene der Bezirke geschaffen, die wiederum als Grundlage dafür gesehen werden kann, dass die von den Bezirken erbrachten Verwaltungsleistungen miteinander verglichen werden können. Mit dieser Aufteilung soll auch das Ziel der dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung erreicht werden, indem in den LuV zusammengehörende Aufgabenbereiche gebündelt werden und diese »für den wirksamen und wirtschaftlichen Einsatz der Mittel verantwortlich« sind (AGH Berlin 17.05.1999a: § 2 II). Die Eigenverantwortung geht so weit, dass die LuV »an den positiven und negativen Ergebnissen ihres Handelns und Wirtschaftens beteiligt« werden (ebd.). Mit dieser Regelung wird ein Mechanismus eingeführt, der sich als deutliche Abgrenzung gegenüber der vorherigen Mittelzuweisung darstellt. Die Abteilungen und Behörden müssen Überschüsse zwar nicht zurücküberweisen – was bei der andauernden angespannten Haushaltslage Berlins ohnehin die Ausnahme darstellen dürfte –, bekommen aber für auftretende Defizite auch keine zusätzlichen Zuweisungen, sondern müssen diese durch Einsparungen zumindest anteilig selbst erwirtschaften. Die SE erfüllen »Aufgaben des inneren Dienstbetriebs« bzw. Querschnittsaufgaben auf Senats- und Bezirksebene (bspw. Facility Management oder Personal und Finanzen) und sind ebenfalls selbst für den Mitteleinsatz verantwortlich (vgl. ebd.: § 2 III). Der zentrale Steuerungsdienst soll laut Gesetz bei der Ausarbeitung von Zielvereinbarungen11 zwischen den einzelnen Verwaltungsgliederungen (Leitungen, LuV, SE) beratend tätig sein. Seine Aufgabe wird aber vor allem im Controlling und der Überprüfung der Einhaltung der abgeschlossenen Zielvereinbarungen gesehen, wofür er »sich betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente, auch für Leistungsvergleiche und ihre Ergebnisse«, bedient (ebd.: § 2 IV). Einen weiteren Zwischenschritt in dem Bestreben, in der Berliner Verwaltung einerseits Kosten zu senken und andererseits die Vergleichbarkeit des Verwaltungshandelns zu erhöhen, stellt das Gesetz über die Verringerung der Zahl der Berliner Bezirke (Gebietsreformgesetz) dar. In der Begründung des Senats heißt es dazu: 10 Auf Senatsebene werden die LuV als »Abteilungen« und auf Bezirksebene als »Ämter« bezeichnet. In den Bezirken sind die folgenden LuV im Bezirksverwaltungsgesetz festgelegt worden: Bürgerdienste; Jugend; Gesundheit; Soziales; Bildung, Schule, Kultur; Wirtschaft; Wohnen, Planen, Vermessen; Bauen; Umwelt, Natur. 11 »Zielvereinbarungen sind Absprachen der Behördenleitung mit den Leistungs- und Verantwortungszentren oder anderen Organisationseinheiten innerhalb der Behörde oder mit nachgeordneten Behörden. […] [Sie] bedürfen der Schriftform und sind auf eine Geltungsdauer für ein Haushaltsjahr angelegt. Sie umfassen abgestimmte Vorgaben, mindestens Festlegungen zu qualitativen und quantitativen Leistungszielen, Finanzzielen und einzusetzenden Mitteln.« (AGH Berlin 17.05.1999a: § 2 V)
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»Die Reduzierung der Zahl der Bezirke hat größere und damit leistungsfähigere Bezirke zur Folge […]. Durch die Vergleichbarkeit des Leistungsangebots wird zugleich eine wichtige Voraussetzung für die im Rahmen der Verwaltungsreform unerläßliche Vergleichbarkeit der Verwaltungskosten geschaffen.« (Senat von Berlin 16.07.1997: 3)
Hier wird ein direkter Zusammenhang zwischen der Verwaltungsreform und dem Gebietsreformgesetz benannt. Die Vergleichbarkeit der Verwaltungskosten ist demnach nur möglich, wenn auch eine Vergleichbarkeit des Leistungsangebots besteht. Die Reduzierung der Anzahl der Bezirke und damit auch der Verwaltungseinheiten, deren Leistungsangebot und daraus resultierende Kosten miteinander verglichen werden sollen, bedingt eine Komplexitätsreduzierung, da nur noch in zwölf statt zuvor 23 Bezirksverwaltungen Reformen umgesetzt werden müssen. Neben den Kosteneinsparungen, die durch die Zusammenlegung erreicht werden sollen, wird mit dem Gebietsreformgesetz die Voraussetzung für eine bessere Steuerbarkeit und Durchsetzbarkeit des Reformprozesses geschaffen. Die Berliner Verwaltungsreform wirkt sich damit konkret auf die staatsräumliche Konfiguration der Berliner Verwaltung aus. Das gleiche gilt für die Reform des Bezirksverwaltungsgesetzes durch das VGG. Damit wird festgelegt, dass in allen Bezirken die gleiche fachliche Aufteilung der Ämter existieren soll. Mit der Verabschiedung des VGG und der darauffolgenden Reformgesetze werden die Voraussetzungen geschaffen, um einen künstlichen Wettbewerb zwischen den Bezirken zu initiieren, was auf der aktiven Herstellung einer vergleichbaren Verwaltungsstruktur und vergleichbaren Verwaltungshandelns aufbaut. Der regulierende Vergleich des Verwaltungshandelns auf Ebene der Bezirke ist das Ergebnis der Einführung betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente (Produkthaushalt, Kostenleistungsrechnung, Budgetierung). Auf deren Grundlage wird »[d]er Leistungsstand der Organisationseinheiten […] mindestens jährlich in einem Vergleich der […] festgelegten qualitativen und quantitativen Leistungs- und Finanzziele mit den erreichten Ergebnissen und unter Berücksichtigung der Leistungsvergleiche ermittelt« (AGH Berlin 17.05.1999a: § 5 IV). Der Wettbewerb soll dabei sowohl innerhalb als auch außerhalb der Verwaltungen stattfinden. Hierfür ist die Ermittlung der Kosten und Leistungen von Verwaltungshandeln (siehe 4.2.2) Voraussetzung, da sie einen verwaltungsinternen Vergleich oder einen Vergleich mit externen Anbieter_innen ermöglicht. Hier zeigt sich, dass die für den wettbewerblichen Leistungsvergleich notwendige Generierung von Wissen über das Verwaltungshandeln12 in betriebswirtschaftlichen Kategorien einen 12 Dazu zählt auch, dass die Verwaltungen eine »systematische und regelmäßige Qualitätssicherung« durchführen, im Rahmen derer die Einhaltung festgelegter »Qualitätsziele und Qualitätsindikatoren« überprüft und Kund_innenbefragungen durchgeführt werden sollen (AGH Berlin 17.05.1999a: § 7).
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zentralen Stellenwert bei der Aktivierung der Verwaltungen einnimmt und damit ein verändertes Verständnis legitimen Verwaltungshandelns produziert wird. Die Ergebnisse der Leistungsvergleiche fließen wiederum in die abzuschließenden Zielvereinbarungen ein, in denen bspw. festgelegt, wird, dass eine bestimmte Leistung in Zukunft günstiger erbracht werden muss, da der Leistungsvergleich gezeigt hat, dass sie – im Vergleich – zu teuer ist. Ein weiteres Instrument, das als Marktsurrogat eingeführt wird, ist die Flexibilisierung in der Beauftragung von SE durch LuV. Auf Basis der Ergebnisse der KLR können bspw. Behörden im Bezirk A jene SE, die einer anderen Behörde in Bezirk B unterstellt sind, mit der Erbringung von Leistungen beauftragen, wenn die zuständige Leitung in Bezirk B dem zustimmt. Verweigert diese jedoch die Inanspruchnahme durch die Behörde in Bezirk A, »so gleicht sie finanzielle Nachteile in den Zielvereinbarungen intern aus der […] zur Verfügung stehenden Globalsumme aus« (ebd.: § 4 II). Die Behinderung eines quasi-wettbewerblichen Handels mit verwaltungsinternen Dienstleistungen wird damit sanktioniert, dass die entsprechende Behörde finanzielle Belastungen kompensieren muss, ohne dafür entsprechende Zuweisungen in ihrem Globalbudget zu haben. Mit dem VGG wurden zudem zahlreiche Änderungen bestehender Gesetze beschlossen. Neben dem Bezirksverwaltungsgesetz sind hier die Änderungen der Landeshaushaltsordnung (LHO) von Interesse, mit denen eine unternehmensähnliche Haushaltsführung in den Verwaltungen etabliert wurde. Zu den Maßnahmen zählen unter anderem: • •
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die Einführung von Globalsummen bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans; der umfassende Zugriff auf die Informationen der Kostenleistungsrechnung und Personalwirtschaft aller Verwaltungsabteilungen durch die Senatsverwaltung für Finanzen (SenFin); die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für alle finanzwirksamen Maßnahmen und deren Vergleich mit Angeboten privater Dienstleister; die Erprobung betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente auf Initiative der SenFin; Flexibilisierungen im Bereich der Mittelverwendung; Flexibilisierungen in den Bereichen Personalmanagement und Besoldung; die Ermöglichung von »Erfolgsrücklagen«, die durch eigene Managementmaßnahmen von Verwaltungseinheiten erwirtschaftet wurden (vgl. ebd.: § 11).
Es lässt sich zusammenfassend feststellen, dass die einzelnen Schritte der Verwaltungsreform in Berlin zwar sehr rigide in einem Top-down-Verfahren durchgesetzt werden, mit den Gesetzen jedoch ein Handlungsfeld geschaffen wird, innerhalb dessen die Verwaltungen wiederum möglichst autonom und vor allem (wirtschaftlich)
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eigenverantwortlich handeln sollen. Dieses Vorgehen zeichnet sich dadurch aus, dass von Seiten des Senats und des AGH Berlin darauf hingewirkt wird, künstlich marktähnliche Strukturen und damit die Bedingungen für wettbewerbliche Leistungsvergleiche und Regulationsformen einzuführen, wofür es legitim sein kann, die Reformen von zentraler Stelle durchzusetzen oder disziplinierende Elemente einzubauen. Wichtig ist vor allem, dass die Verwaltungseinheiten durch markt- und wettbewerbsähnliche Strukturen zu wirtschaftlichem Handeln angeregt werden und darüber sowohl ihr eigenes Handeln als auch die Reform als solche nachträglich legitimieren. Das VGG und andere Reformgesetze sind maßgeblich von der Idee outputorientierter Verwaltungssteuerung geprägt. Durch sie werden unternehmensähnliche Verwaltungsstrukturen begründet und, damit verbunden, eine Marktregulierung mittels betriebswirtschaftlicher Leistungsbewertung künstlich geschaffen. Mit der umfassenden und weitreichenden gesetzlichen Kodifizierung wird von den Befürworter_innen der Reform beansprucht, ein hohes Maß an Verbindlichkeit der Reformvorhaben erzielt zu haben. Gleichzeitig zeichnet sich, wie oben bereits zusammengefasst, die gesamte Reformbewegung neuer Verwaltungssteuerung und deren Dynamik dadurch aus, dass sie wesentlich auf der Aktivierung der einzelnen Verwaltungen aufbaut und nicht auf umfassenden Gesetzespaketen (vgl. Jordan 2002: 109; siehe auch 3.3): »Zur Modernisierung der Verwaltung reichen […] betriebswirtschaftliche Instrumente allein nicht aus. […] Berlin setzt ganz maßgeblich auf die Wirksamkeit von Eigeninitiative und Kreativität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hier steckt das wirkliche Potential der Verwaltungsreform.« (Nagel 1995: 105)
Das Moment der Aktivierung nimmt damit auf allen Ebenen der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltung eine wichtige Rolle ein. So können die Reformen nur funktionieren, wenn sich die mit ihnen verbundenen Sicht- und Deutungsweisen wie auch Handlungslogiken und -rationalitäten in den Blick und das Handeln der Verwaltungsmitarbeiter_innen einschreiben. Damit ist die Verwaltungsreform nicht nur als technokratischer Prozess zu verstehen, sondern als handlungsanleitender Macht/Wissen-Komplex, der sowohl die Verwaltung als Ganze als auch das Handeln der Einzelnen zum Gegenstand hat.
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4.2.2 Die Einführung betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente Eine besonders anschauliche Sammlung an Begründungen für die Notwendigkeit der Verwaltungsreform in Berlin findet sich in der Publikationsreihe Was kostet wo wieviel?13, die seit dem Jahr 2000 jährlich von der SenFin herausgegeben wird. Die in ihr veröffentlichten Kostenaufstellungen (siehe Abb. 9) basieren auf den definierten Verwaltungsprodukten und der eingeführten Kosten- und Leistungsrechnung. Gleichzeitig bilden sie die Grundlage für die Berechnung der Budgetzuweisungen an die Bezirke. Eine detaillierte Aufschlüsselung nach Kostenarten zu den einzelnen Produkten ist in dieser öffentlich verfügbaren Aufstellung jedoch nicht enthalten. In sogenannten Produktvergleichsberichten werden diese Detailinformationen von der SenFin im Intranet der Verwaltung monatlich veröffentlicht, um die Bezirke zeitnah über Kosten- und Mengenentwicklungen sowie den Trend in allen Bezirken zu informieren (vgl. Heuer 2013: 39). Dabei handelt es sich um die kontinuierliche und zeitnahe Proliferation aggregierten Wissens über einzelne Verwaltungsprodukte, das nicht nur für den internen Dienstgebrauch, sondern auch prinzipiell öffentlich zugänglich gemacht wird. Diese relationale Sichtbarmachung bedingt den handlungsleitenden Charakter für die Bezirke, sich beständig mit der eigenen Kostenentwicklung – auch im Vergleich zu den anderen Bezirken – auseinanderzusetzen und ggf. kostensenkende Maßnahmen zu ergreifen. Mit der Einführung betriebswirtschaftlicher Methoden ist das Ziel verbunden, durch mehr Kostentransparenz die Basis für eine sachliche Diskussion und auch für mehr Legitimität der Bezirksverwaltungen in den Augen der Öffentlichkeit zu schaffen (vgl. SenFin Berlin 2001: 7). Die Reform wird zudem als notwendig erachtet, 13 Die Publikation bietet einen Überblick über einzelne Produktkosten in den Bezirken. Bei der Berechnung werden folgende Kostenarten zusammengefasst: Personal- und Sachkosten, kalkulatorische Kosten für Mobilien, kalkulatorische Zinsen für Gebäude, Abschreibung für Abnutzung von Gebäuden, kalkulatorische Pensionszuschläge sowie dienstleistungsbezogene und übrige Transferkosten (siehe Abb. 10). Neben dem Vergleich zwischen den Bezirken werden der Gesamtkostenanteil, der Mittelwert der Kosten und die Veränderung zum Vorjahr angegeben. Bei einigen Produkten – bspw. der allgemeinen Kinder- und Jugendförderung – findet sich auch der Vergleich zwischen öffentlicher und freier Trägerschaft. Hier beziehe ich mich auf die Dokumentation der Bezirksverwaltungen, für die bereits seit dem Haushaltsjahr 2000 solche Kostenvergleiche vorliegen. Für die Senatsverwaltungen werden diese erst seit dem Haushaltsjahr 2010 veröffentlicht. Auch hier zeigt sich die unterschiedliche Zeitlichkeit in der Umsetzung von Reformvorhaben in den unterschiedlichen Berliner Verwaltungsgliederungen.
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weil unter den Bedingungen der hohen Verschuldung verlorengegangene Handlungsspielräume zurückgewonnen werden sollen, indem mittels Kostentransparenz und Benchmarking Aufgaben identifiziert werden, die von Dritten besser und kostengünstiger übernommen werden können, sodass die Bezirke wiederum in der Lage sind, die bei ihnen verbleibenden Aufgaben effizienter zu bewältigen (vgl. SenFin Berlin 2003a: 3). »Die Bezirke, die sich dieser Herausforderung nicht stellen, werden im Rahmen der Budgetierung durch Abschläge bestraft. So entsteht Wettbewerb auch da, wo es Konkurrenz im eigentlichen Sinne nicht gibt.« (Ebd.) Abbildung 9: Kostenvergleich der Grünflächenpflege pro m2 zwischen den Berliner Bezirken
Quelle: SenFin Berlin 2012: 103
Es soll eine nachvollziehbare Informationsgrundlage über die einzelnen Leistungen der Verwaltungen und die damit verbundenen Kosten geschaffen werden, auch um öffentliche Leistungen zu identifizieren, auf die zukünftig verzichtet werden muss (vgl. SenFin Berlin 2003b: 3). Nur so wird eine Konsolidierung des Berliner Haushalts als möglich angesehen, die darin bestünde, dass »mit dem öffentlichen Geld besser im Sinne des Gemeinwohls gewirtschaftet wird« (SenFin Berlin 2005: 3). Auffällig an dieser Argumentation ist, wie die Begrifflichkeiten Transparenz, Legitimität und Gemeinwohl für die Begründung betriebswirtschaftlicher Verwaltungssteuerung mobilisiert werden.
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Mittels der Aufschlüsselung der Kosten und deren Vergleich wird erstens der Vergleich zwischen Berlin und anderen Großstädten ermöglicht und zweitens der Vergleich unter den Berliner Bezirken (vgl. SenFin Berlin 2006: 3). Mit Hilfe des Kostenvergleichs soll auch das richtige Maß an öffentlichen Leistungen – jenseits persönlicher Standpunkte und innerer Einstellungen – ermittelt und folgende Fragen beantwortet werden können: »Hat die Verwaltung zu viel oder zu wenig Personal, sind unsere Kosten zu hoch oder gerade richtig, leisten wir uns mehr, als uns guttut, oder vielleicht viel zu wenig?« (SenFin Berlin 2007: 3) bzw. »Was können und was wollen wir uns künftig noch leisten?« (SenFin Berlin 2010: 3) Letztlich dienen die aggregierten Informationen als »Grundlage für die Finanzmittelzuweisung an die Bezirke, mit denen diese selbständig wirtschaften« (SenFin Berlin 2009: 3). Für das Erreichen der Ziele, die mit der outputorientierten Reform der Berliner Verwaltung verbunden sind, soll im Wesentlichen das Zusammenspiel der drei oben genannten Instrumente Produktdefinition, Kosten- und Leistungsrechnung sowie Budgetierung genutzt werden. Diese sind Grundlage bzw. Zweck des oben skizzierten Leistungsvergleichs. Im Folgenden werden diese drei Instrumente kurz vorgestellt, um ein grundlegendes Verständnis über deren Wirkungsweise zu vermitteln. Verwaltungsleistungen als Produkte Das Produkt wird zu einem »Kernbegriff outputorientierter Steuerung« (KGSt 1994b: 3) erklärt, unter dem »(zusammengefasste) Leistungen und Arbeitsvorgänge der Verwaltung, die für Dritte außerhalb der Verwaltung, aber auch für den Leistungsprozess innerhalb der Verwaltung erbracht werden« (Faber 2010: 41), zu verstehen sind. Die Idee des Produkts ist hier eng verbunden mit der Idee der Verwaltung als Dienstleistungsunternehmen und orientiert sich an der Definition von Produkt als »kleinste selbstständige Leistungseinheit, die […] genutzt werden kann« (Bals/Hack 2002: 181). Mit diesem Bedeutungshintergrund sollen Produkte, Produktgruppen und Produktbereiche die Grundlagen für alle weiteren Informations- und Entscheidungsprozesse darstellen (vgl. KGSt 1994b: 9). Mit dem Produkt als kleinste Definitionsgröße wird in einer spezifischen Art und Weise Wissen über die von Verwaltungen erbrachten Leistungen akkumuliert: Es werden vorhandene Informationen zusammengefasst, deren Fokus nicht auf der Frage der Rechtmäßigkeit des Verfahrens liegt, sondern darauf, welche Ziele unter Aufwendung welcher Ressourcen erreicht wurden. Im Produkt werden verschiedene Informationen zu einer Repräsentation von Verwaltungshandeln als Dienstleistung aggregiert. Damit ist die Vorstellung verbunden, eine größere Transparenz über den Mitteleinsatz und die Zielerreichung öffentlicher Verwaltungen herstellen zu können. Hinsichtlich der Bedeutung von Produkten im Reformprozess ist festzustellen, dass diese nicht nur nach ihrer Definition und Einführung als Steuerungselemente outputorientierten Verwaltungshandelns Relevanz haben, sondern dass bereits der
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Prozess der Bestimmung an sich als ein wichtiges Element bei der Reform der Berliner Verwaltung zu betrachten ist. So soll über komplexe Bestimmungs-, Einführungs- und Weiterentwicklungsverfahren eine verfahrensoptimierte und kostensensible Auseinandersetzung der Verwaltungsmitarbeiter_innen mit den Verwaltungsleistungen stattfinden. Es zeigt sich, dass nicht nur das verordnete Ziel – einen umfassenden Produktplan vorliegen zu haben – für die Reform der Verwaltungen entscheidend ist. Schon das reformierende Handeln der an dem Reformprozess Beteiligten soll zu ihrer strategischen Einbindung in das Streben nach mehr Wirtschaftlichkeit und zur Akzeptanz der Reformen führen. Es wird eine fortwährende Auseinandersetzung initiiert, die als materielle Grundlage der Neuordnung der Verwaltungsstrukturen und des Verwaltungshandelns in Berlin zu sehen ist. Es darf also »nicht vergessen werden, daß alleine die Beschäftigung mit der Frage, welche Arbeitsergebnisse in einzelnen Bereichen erstellt werden, bereits bei vielen Beteiligten eine neue, zielbezogenere Sicht des eigenen Handelns ausgelöst hat. In diesem Sinne hat der Berliner Produktkatalog schon viel erreicht und vermag noch viel zu bewirken.« (Herting 1997: 158)
Die Definition solcher einheitlichen und vor allem auch besser vergleichbaren Produkte wird als Voraussetzung für die Herstellung von Gerechtigkeit in der Mittelzuweisung an die Bezirke durch den Berliner Senat gesehen: »Wenn man ›Gerechtigkeit‹ herstellen will in der Zumessung von Finanzen für die Leistungserbringung in der Verwaltung, muss man zunächst dafür sorgen, dass diese Leistungen in den unterschiedlichen Bezirken auch vergleichbar sind. Die Frage ist klar: Wenn am Ergebnis gemessen werden soll – wie können dann die Ergebnisse definiert und bewertet werden?« (Heuer 2013: 13, H. i. O.)
Die Produkte sind als zentrales Element outputorientierter Verwaltungssteuerung zu sehen, weil mit ihrer Definition die Wissensbasis geschaffen wird – nicht nur für die Bewertung der Erbringung einzelner Verwaltungsaufgaben hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit, sondern auch für die Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Organisationseinheiten, im zeitlichen Verlauf und zwischen verschiedenen Verwaltungen (vgl. Balzer 2005: 426). In dieser Funktion ermöglichen die Produkte als künstlich geschaffenes Marktsurrogat auch maßgeblich die Initiierung wettbewerbsorientierter Leistungsvergleiche mit Hilfe der Kosten- und Leistungsrechnung.
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Die Kosten- und Leistungsrechnung (KLR)14 Wie der Name der Kosten- und Leistungsrechnung bereits suggeriert, basiert die Aufstellung einer solchen Rechnung neben der Erfassung der Kosten auch auf der Erfassung der Leistungen in Form von Produkten: »Die KLR stellt ein Teilgebiet des kaufmännischen Rechnungswesens […] dar, in dem Kosten und Leistungen erfasst, gespeichert, den verschiedenen Bezugsgrößen zugeordnet und für spezielle Zwecke ausgewertet werden. Die KLR gliedert sich in die Kostenarten- (WAS?), die Kostenstellen- (WO?) und die Kostenträger- (WOFÜR?)-Rechnung.« (Faber 2010: 98)
Mit Hilfe der KLR soll eine detaillierte Kostenaufschlüsselung ermöglicht werden, die auf der Ebene der Produktpläne nicht darstellbar ist (vgl. zur detaillierten Darstellung der KLR in Berlin Heuer 2013: 21ff): Die anfallenden Kosten (Kostenarten) werden im Idealfall direkt externen Produkten zugeordnet. Alle anderen Kosten werden nach internen Produkten, Infrastrukturkosten und Gemeinkosten unterschieden (Kostenstellen). Dabei werden Kosten für Personal, Sachkosten oder Beschaffung sowie interne Produkte, Infrastruktur oder Gemeinkosten so lange zugeordnet, bis alle Kosten einem externen Produkt15 (Kostenträger) zugewiesen sind. Trotz umfangreicher Kritik an der Umsetzung der Verwaltungsreform in Berlin (vgl. Holtkamp 2008: 431f, 436) wird die Einführung der KLR zur Optimierung des Verwaltungshandelns auf Ebene der Bezirke als erfolgreich betrachtet, da damit Leistungsvergleiche zwischen den Bezirken ermöglicht werden, so lange eine belastbare Datengrundlage existiert (vgl. Jordan 2002: 111). Ein wichtiges Detail – gerade hinsichtlich der Wahrnehmung von und des Umgangs mit öffentlichen Liegenschaften – bei der Einführung der Kostenrechnung, wie sie oben beschrieben ist, sind die sogenannten kalkulatorischen Kosten. Dabei handelt es sich um sogenannte budgetunwirksame Kosten, bei denen im Veranschlagungszeitraum keine oder keine gleich hohen Ausgaben gegenüberstehen (vgl. Bals/Hack 2002: 155; Heuer 2013: 18). Diese Unterscheidung lässt sich am Beispiel 14 Es gibt zahlreiche Fachbücher, in denen detailliert und ausführlich die Funktionsweise der KLR beschrieben wird (vgl. bspw. Wöltje 2016). In dieser Ausführlichkeit kann die KLR hier nicht dargestellt und behandelt werden, weswegen ich versuche, mich hier auf die relevanten Aspekte für mein Vorhaben zu beschränken und gleichzeitig eine Vorstellung davon zu vermitteln, welcher spezifische Blick mit der KLR auf Verwaltungshandeln und Liegenschaftsnutzung geworfen wird. 15 Externe Produkte sind zum Beispiel das Ausleihen eines Buches in einer Bibliothek, die Erteilung einer Baugenehmigung, die Betreuung eines Kindes, das Ausstellen eines Führerscheins oder die Pflege eines Quadratmeters Grünfläche. Diese Produkte umfassen eine Vielzahl von Leistungen und die damit verbundenen Kosten, die im Rahmen einer Kostenrechnung aufgeschlüsselt dargestellt werden.
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von Rücklagen für Pensionszahlungen veranschaulichen. Diese müssen einkalkuliert werden, wenn auch die konkreten Ausgaben erst zu einem späteren Zeitpunkt getätigt werden müssen. Gleiches gilt für kalkulatorische Abschreibungen oder Zinsen. Es werden jedoch abstrakt auch kalkulatorische Mieten berechnet, die für die Nutzung bezirks- oder landeseigener Gebäude in die Produktkosten eingerechnet werden, auch wenn de facto gar keine Mietzahlungen im eigentlichen Sinne erfolgen. Der Grund dafür liegt wieder im Ziel der Vergleichbarmachung von Verwaltungshandeln in unterschiedlichen Verwaltungseinheiten, die die gleichen Aufgaben zu erfüllen haben. »Und wenn man die Leistungen der Verwaltungen vergleichbar machen will, dann dürfen z.B. nicht nur Ausgaben für angemietete Objekte in die Betrachtungen der Aufwendungen einfließen, sondern auch Kosten, die (kalkulatorisch) in den landeseigenen Häusern und auf den landeseigenen Flächen anfallen. Ansonsten wären bei einem solchen Vergleich immer jene im Vorteil, die ihre Produkte in landeseigenen Immobilien erstellen – weil für die ja keine Miete gezahlt werden muss.« (Heuer 2013: 18)
Mit Hilfe der Bestimmung der kalkulatorischen Kosten für die Nutzung des öffentlichen Liegenschaftsbestands im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge wird der Leistungsvergleich mittels Produktkatalogen, Kostenrechnung und kalkulatorischen Kosten erst möglich gemacht. Diese zunächst rein rechnerische Größe wird benötigt, um eine abbildbare und vergleichbare Abstraktion von der konkreten Gebäudenutzung vorzunehmen, womit ein Vergleich nach Innen oder auch Außen möglich wird. Das heißt, dass die liegenschaftsbezogenen Kosten sowohl innerhalb der Verwaltung miteinander verglichen werden können als auch mit den Kosten, die bei einer Anmietung einer Liegenschaft durch die öffentliche Hand anfallen würden. Besonders bemerkenswert dabei ist, dass diese Kosten nicht per se existieren, sondern unter großem zeitlichen und personellen Aufwand erst ermittelt bzw. kalkuliert werden müssen, indem der Bestand der Gebäude umfassend erfasst und eine möglichst genaue Bauwertermittlung durchgeführt werden. Die kalkulatorischen Kosten für Gebäude, Mobilien und Pensionen werden neben den anderen Kostenarten (siehe Abb. 10) auch den Produkten (Kostenträgern) zugewiesen und sind damit auch Teil der Berechnungsgrundlage für die Zuweisungen an die Berliner Bezirke. Das Besondere der kalkulatorischen Kosten ist darin zu sehen, dass diese von den Bezirken wieder an den Landeshaushalt zurückgezahlt werden müssen. Dabei ist jedoch entscheidend, dass die Zuweisung der kalkulatorischen Kosten an die Bezirke auf Basis des Medians der Produktkostenrechnung bemessen wird, der an den Landeshaushalt abzuführende Betrag aber den tatsächlichen kalkulatorischen Kosten des jeweiligen Bezirks entspricht. Daraus ergibt sich die Situation, dass Bezirke entweder mehr kalkulatorische Kosten überwiesen bekommen als sie abführen müssen oder umgekehrt. Der Überschuss an kalkulatorischen Kosten ergibt sich letztlich zu Lasten der Bezirke, die überdurchschnittlich hohe kalkulatorische
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Kosten abzuführen haben. Dass sich die Bemessung der Budgetzuweisungen nicht am tatsächlichen Bedarf der Bezirke orientieren, sondern am Median, führt dazu, dass immer ein Kostendruck erzeugt wird. Dies gilt in erster Linie für Bezirke, die überdurchschnittliche Kosten ausweisen müssen, aber auch für die anderen Bezirke, da diese im eigenen Interesse darauf zu achten haben, dass sie auch in Zukunft weiterhin unterdurchschnittliche kalkulatorische Kosten ausweisen können, wenn die anderen Bezirke zu Sparmaßnahmen greifen. Kurz gesagt, in der Medianberechnung ist strukturell angelegt, dass zumindest ein Teil der Bezirke unterfinanziert ist. Abbildung 10: Kostenartenstruktur in den Berliner Bezirken 2012
Quelle: SenFin Berlin 2012: 8
Die (Berliner) Budgetierung16 Seit der Verabschiedung der Berliner Verfassung 1995 bekommen die Berliner Bezirke ein Globalsummenbudget zugewiesen, dessen Berechnung auf den bezirklichen Aufgaben beruht. In Kombination bilden Produktdefinition und Kostenrechnung, wie sie oben skizziert wurden, die Grundlage, auf der zunächst einzelne Produktbudgets und in der Folge die Produktsummenbudgets für die einzelnen Bezirke berechnet werden (siehe Abb. 11).17 Damit aus Produktkosten Produktbudgets werden, ist eine
16 Es ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle von den Bezirken erbrachten Leistungen nach dem unten beschriebenen Verfahren budgetiert werden, auch wenn diese die Berechnung der bezirklichen Produktsummenbudgets dominieren (vgl. Heuer 2013: 62). So werden in der Regel die klassischen Verwaltungsprodukte über die Median-Berechnung budgetiert, während Transferleistungen an Dritte (»T-Teil« der Bezirkshaushalte) nach den Ist-Kosten, also der Nachfrage entsprechend, budgetiert werden (vgl. ebd.: 58f). 17 Die folgende Zusammenfassung zu Produktbudgets und Produktsummenbudgets ist maßgeblich an den sehr übersichtlichen und nachvollziehbaren Erläuterungen von Jens-Peter Heuer über Die Budgetierung der Bezirkshaushalte orientiert (vgl. 2013: 32ff).
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Mengenbestimmung notwendig, die bezirksspezifisch vorgenommen wird. Dafür wird die tatsächlich erbrachte Ist-Menge des vorletzten Haushaltsjahres zugrunde gelegt oder eine an der sozialen Situation in den Bezirken orientierte Bestimmung von Plan-Mengen, um das Produktsummenbudget zu berechnen (vgl. Heuer 2013: 39f). Abbildung 11: Berliner Budgetierungsverfahren auf Basis der KLR
Quelle: Heuer 2013: 32ff, eigene Darstellung
Wie bereits oben erläutert, ist zu berücksichtigen, dass die Produktkosten, die der Berechnung der produkt- und bezirksspezifischen Budgets zugrunde gelegt werden, nicht den berechneten Kosten in dem einzelnen Bezirk entsprechen, sondern ein für alle Bezirke gleicher Kostenwert herangezogen wird, der aus dem Median 18 aller zwölf Bezirke berechnet wird. Abschließend wird eine sogenannte Normierung durchgeführt. Dafür wird eine für alle Bezirke gültige Normierungsquote ausgewiesen, mit deren Hilfe wiederum ein Normierungsabschlag bestimmt wird, zur »Anpassung der Summe der Produktsummenbudgets aller Bezirke an den vorab bestimmten ›Bezirksplafond‹« (ebd.: 59), der vom AGH Berlin beschlossen wurde. Bei der 18 Für die Ermittlung des Median, werden die produktspezifischen Kosten aller zwölf Bezirke der Größe nach sortiert und der Mittelwert des sechsten und siebten Bezirks berechnet. Dieses Vorgehen wurde gegenüber dem Durchschnittswert aller Bezirke gewählt, um zu vermeiden, dass zu starke Abweichungen einzelner Bezirke sich zu stark bei der Berechnung auswirken.
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Normierungsquote handelt es sich um einen rein rechnerischen Wert, mit dem die tatsächlichen Bedarfe der Bezirke mit dem im Landeshaushalt beschlossenen Budget für die Bezirke rechnerisch synchronisiert werden. Die Normierung besteht darin, dass das vorgesehene Budget im Landeshaushalt als normalisierende Referenz für die Zuweisungen der Bezirke dient. Der Bezirksplafond für alle Berliner Bezirke stellt die Obergrenze der Zuweisungen an die Bezirke dar. Die Berechnung des Plafonds beinhaltet aber auch Einsparungsvorgaben in unterschiedlichen Bereichen, die pauschal für alle Bezirke beschlossen werden und von diesen individuell umgesetzt werden müssen. Dabei kommen vor allem Einsparungen beim Personal, die Rationalisierung der Liegenschaftsnutzung oder der Verkauf von Liegenschaften als Instrumente zum Einsatz: »Wo man was einsparen kann, sind Personal und Immobilien. Was Anderes kann man in der Regel nicht einsparen, das muss man sowieso machen« (B2012-B: 27). Mit diesem Verfahren wird eine künstliche Preisbildung über die Bestimmung der Produktkosten und der Medianberechnung vorgenommen – in einem Umfeld, das eigentlich nicht marktförmig organisiert ist. Der Median dient in seiner Preisfunktion als normativer Bezugspunkt für die Bezirke und deren Handeln. Jene Bezirke, die unterdurchschnittliche Produktkosten ausweisen können, können die Differenz zu ihrer Budgetzuweisung quasi als Gewinn verbuchen, über den sie frei verfügen können. Demgegenüber müssen Bezirke, deren Produktkosten über dem Medianwert liegen, durch Einsparungen, Verkäufe von Liegenschaften oder Umverteilen diese Differenz eigenverantwortlich decken. Diese am Output der Bezirke orientierte Bemessung der Finanzzuweisungen durch den Senat unterscheidet sich grundlegend von der Meldung des Finanzbedarfs durch die Bezirke, die im vorherigen ausschließlich kameralen System die Bemessungsgrundlage für die Bezirkshaushalte darstellte und in der Kritik steht, zu Übermaß und Bürokratiewachstum zu führen. Bei der Budgetierung handelt es sich in erster Linie um ein System der Mittelverteilung und nicht um die Ausfinanzierung des bezirklichen Mittelbedarfs. Diese Wirkungsweise kritisiert der Rat der Bürgermeister (RdB) 2008 – nachdem in den Jahren 2006/2007 das Verfahren der Produktbudgetierung erstmals vollumfänglich angewandt wurde – und fordert, dass die produktorientierte Budgetierung von einem Instrument der Plafondaufteilung zu einem Instrument der Plafondbildung weiterentwickelt werden müsste (vgl. RdB 2008: 4). Die Änderung wird als notwendig erachtet, denn es sei für die Bezirke »nahezu unmöglich, aufgrund der Differenz zwischen dem zugewiesenen und dem errechneten Produktsummenbudget den tatsächlichen aufgabenbezogenen Finanzbedarf abzudecken« (ebd.: 3), was zu einem systemimmanenten Risiko der Haushaltsverschuldung führe (vgl. ebd.: 10). In den Bezirken wird unter diesen Bedingungen eigenverantwortlich entschieden, wie mit dem zugewiesenen Produktsummenbudget umgegangen wird. Deswegen können bspw. hohe Stückkosten eines Produkts auch das Ergebnis gewollter Schwerpunktsetzungen sein, für die in Kauf genommen wird, an anderer Stelle wiederum
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Mittel einzusparen. Zusammengefasst bedeutet das, dass der Bezirksplafond als »gedeckelter« finanzieller Input mittels eines wettbewerbsorientierten Verteilungssystems den Bezirken zugewiesen wird, was zur Folge hat, dass die Bezirke sich nicht nur in einem ständigen Prozess mit der eigenen Haushaltssituation auseinandersetzen müssen, sondern auch mit den Entwicklungen in allen anderen Bezirken: »Nur wer glaubt, in diesem in seiner Gesamtheit gedeckelten System in jedem Bereich mehr Aufwand leisten zu können, als er zentral finanziert bekommt, wird letzten Endes mit seinem Geld nicht reichen [sic!]. Dasselbe Schicksal droht natürlich auch jenen, die sich nicht regelmäßig mit der Entwicklung der Kosten in ganz Berlin vertraut machen. Das Maß der Dinge ist bei diesem System eben nicht (nur) die Kosten- und Mengenentwicklung im eigenen Bezirk, sondern die im landesweiten Vergleich.« (Heuer 2013: 44, H. i. O.)
Die Relationalität, durch die sich das System der Budgetierung auszeichnet, führt zu einer wettbewerbsähnlichen Situation, in der die Bezirke nicht direkt von unmittelbaren Kürzungen betroffen sind, aber dazu angeregt werden, ihre Produktkosten bei gleichbleibender oder gar steigender Stückzahl zu senken. Pauschale Anpassungen der Produktsummenbudgets an den vom AGH Berlin beschlossenen Bezirksplafond, die Unkalkulierbarkeit zukünftiger haushaltspolitischer Entscheidungen durch den Senat und andere kamerale Eingriffe in das Budgetierungssystem hätten zur Folge, dass für die Bezirke keine Planungssicherheit hinsichtlich ihrer finanziellen Ausstattung existiert (vgl. RdB 2008: 2f). Dies führt zu einem permanenten Rationalisierungsdruck, der sich in allen Bereichen des Verwaltungshandelns artikuliert und der das Handlungsfeld der Bezirke insbesondere hinsichtlich der Wahrnehmung von und des Umgangs mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen strukturiert. Dies zeigt sich im Anreiz zur Optimierung der bezirklichen Liegenschaftsnutzung und im Privatisierungsdruck auf Liegenschaften, deren Nutzung nicht mit einem Verwaltungsprodukt verbunden und damit sozusagen nicht akut für die öffentliche Daseinsvorsorge relevant ist. 4.2.3 Optimierung und Privatisierung des bezirklichen Liegenschaftsbestands Unter den Bedingungen der kameralen Haushaltsführung hatten die Bezirke »(fast) keinen Anreiz dazu, mit den ihm zur Verfügung stehenden oder übergebenen Ressourcen wirtschaftlich umzugehen. [...] Wer ein (eigenes) Gebäude abgab, war ›einfach selber schuld‹.« (Heuer 2013: 10) Erst durch die Integration der kalkulierten Immobilienkosten in die Bestimmung der Produktkosten führt die Neuordnung der bezirklichen Verwaltungsstrukturen dazu, dass der Liegenschaftsbestand innerhalb der Verwaltungen nicht mehr primär hinsichtlich der fachlichen Nutzung betrachtet
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wird. Die für eine immobilienwirtschaftliche Betrachtung relevanten Informationen (Größe, Bodenrichtwert, Bebauungsplan etc.) waren bis zur Einführung der betriebswirtschaftlichen Buchführung nicht vorhanden: »Das hat eben auch nie einen interessiert, auch sonst nicht, da haben wir eine Schule drauf und pfff. So und dann ist das eine Turnhalle und ein Gebäude und ein Schulhof und wie groß das ist, das weiß doch keiner. Ja, pfff, was sollen wir denn da nachgucken oder so, das ist eine Schule, ein blöder, oller Kasten, von 1877. […] So ist das doch behandelt worden. […] Was wollen wir das wissen. Wir wissen, da ist die Schule und die heißt so und so.« (B2012-H: 55)
Mit der Einführung von Verwaltungsprodukten und der damit verbundenen Kostenrechnung werden die Bezirksverwaltungen nun dazu angehalten, ihren Liegenschaftsbestand hinsichtlich der damit verbundenen Kosten zu erfassen und zu bewerten, mit dem Ziel, ein Kostenbewusstsein bei den Verwaltungsangestellten zu schaffen. Mit dieser kostensensiblen Betrachtung von Liegenschaften ist die Hoffnung verbunden, dass daraus ein verantwortungsbewusster Umgang entsteht. Damit wird ein Verhältnis von vermeintlich richtigem und falschem Handeln produziert, das darin besteht, dass vor allem eine kostenorientierte Handlungsmaxime für die Liegenschaftsnutzung als legitim gilt und eine davon abweichende Nutzungen delegitimiert wird: »Man hat tatsächlich ein Kostenbewusstsein entwickelt und nicht dieses, was der öffentlichen Hand gehört, kostet ja nichts. […] Das […] hat man vielleicht auch in dem ein oder anderen Fall überdreht, aber insgesamt ist das eigentlich ein Schritt zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit öffentlichem Eigentum.« (B2012-F: 99)
Ein weiterer Aspekt, der dazu beiträgt, dass die Verwaltungen sich auf eine neue Art und Weise mit ihrem Liegenschaftsbestand auseinandersetzen müssen, ist der massive Stellenabbau vor allem auf Ebene der Bezirke. Während auf der einen Seite infolge der Reformen Stellen abgebaut wurden – seit Beginn der 1990er Jahre sind 70.000 Stellen in der Berliner Verwaltung weggefallen – sind auf der anderen Seite keine Liegenschaften aufgegeben worden. Aus diesem Grund sollen die Verwaltungen ab den 2000er Jahren damit beginnen, ihre Liegenschaftsnutzung zu optimieren. Die Zielstellung besteht in einem selbstbeschränkenden Nutzungsverhalten, das vom damaligen Finanzsenator Peter Kurth (CDU) folgendermaßen beschrieben wurde: »Wir wollen dazu kommen, dass alle Verwaltungen, Bezirksämter und sonstigen öffentlichen Einrichtungen sehr gewissenhaft mit den ihnen anvertrauten Immobilien umgehen. Sie sollen direkt erfahren, dass sich Sparsamkeit und Einschränkung bei der Nutzung und Bewirtschaf-
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tung von Büroräumen lohnen. Genauso werden jene künftig Probleme haben, die verschwenderisch mit dieser Ressource umgehen. Mittelfristig werden alle Verwaltungen Miete für ihre Räumlichkeiten zahlen müssen.« (Zit. n. BM 15.01.2001: 25)
Die Pläne sahen vor – zunächst in den Senatsverwaltungen – genau zu ermitteln, wie hoch der tatsächliche Bürobestand und wie groß der notwendige Platzbedarf ist. Im Verlauf des Reformprozesses haben aber auch die Bezirke die »Aufgabe gekriegt […] eine Echt-Erfassung aller Liegenschaften […] mit Flächen, Anlagenwerten, kalkulatorischen Kosten« vorzunehmen, um »eine objektscharfe Darstellung zu allen wesentlichen Parametern eines Gebäudes« digital vorliegen zu haben (B2012-E: 28). Dabei handelt es sich um eine völlig neue Form der Erfassung und Sichtbarmachung des öffentlichen Liegenschaftsbestands und dessen Nutzung, die Grundlage und Ergebnis der Instrumente betriebswirtschaftlicher Verwaltungssteuerung sind. So stellt das auf diese Weise produzierte Wissen die Grundlage für die Optimierung der Liegenschaftsnutzung und für die erhofften Kostensenkungen dar, indem es die oben beschriebene Herstellung von Vergleichbarkeit der mit den Verwaltungsprodukten verbundenen Liegenschaftskosten ermöglicht: »Solange man die betriebswirtschaftlichen Kosten betrachtet, stellt man eine Vergleichbarkeit her. […] Macht praktisch Pankow vergleichbar mit Marzahn-Hellersdorf, die da so ein angemietetes Rathaus haben. Die Vergleichbarkeit wird hergestellt. Bloß ob das, was sich dann daraus ableitet an Tätigkeit und Denkrichtung, ob das die richtige ist, das wage ich zu bezweifeln.« (B2012-E: 26)
Der Kostenvergleich zwischen den Bezirken auf Basis der künstlichen Preisbildung beinhaltet auch, dass liegenschaftsbezogene Kosten miteinander verglichen werden können, so etwa die Kosten einer landeseigenen Liegenschaft mit den Kosten einer angemieteten Liegenschaft. Damit wird nicht nur eine Vergleichsebene zwischen den einzelnen Bezirken geschaffen, sondern auch zwischen der Nutzung bezirkseigener Liegenschaften und von am privaten Immobilienmarkt angemieteten Objekten. Letztere führt zu einer zusätzlichen wissensbasierten Öffnung des politisch-administrativen Bereichs gegenüber privatwirtschaftlichen Akteuren, wodurch vermehrt öffentliche Liegenschaften unter Verwertungsdruck geraten. Diese zweite Vergleichsebene wird dadurch hergestellt, dass »die eigenen Häuser über die Pagatorisierung mit einem angemieteten Objekt vergleichbar gemacht werden. Sie werden mit kalkulatorischen Kosten, mit kalkulatorischen Zinsen und dem Wiederbeschaffungswert belegt. Das belastet praktisch meine amtliche Immobilie manchmal so, dass man sagen kann, wenn ich billig miete, komme ich günstiger. [...] Es verschiebt sozusagen die Betrachtung von ›es ist immer wertvoll und richtig eigene Immobilien zu nutzen‹ hin zu ›was ist für das aktuelle Haushaltsproblem im Bezirk günstiger‹.« (B2012-E: 18)
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Als Pagatorisierung wird die Zahlbarmachung der kalkulatorischen Kosten für die Gebäudenutzung bezeichnet, die erst im Laufe des Reformprozesses eingeführt wird. Im Ergebnis müssen die zuvor nur rechnerisch angenommenen Immobilienkosten »dann auch richtig bezahlt werden von den Bezirken. Das Geld haben sie vom Land Berlin bekommen, aber sie haben nicht das bekommen, was sie bezahlen müssen, sondern das bekommen, was im Median der Bezirke für so eine Immobilie ausgegeben wird.« (B2012-B: 27) In der Folge entsteht für die Bezirke ein ständiger Kostendruck, ihre Liegenschaftsnutzung zu reduzieren bzw. zu optimieren: »Dann gab es das große Umziehen.« (B2012-F:87) Aufgrund des relationalen Charakters dieser Regelung »ist […] ein deutlicher Wettbewerb zwischen den Bezirken um die niedrigsten kalkulatorischen Kosten (bei möglichst gleichbleibender oder sogar wachsender Produktmenge) entbrannt […]« (Heuer 2013: 63). Dabei ist festzuhalten, dass die Berechnung der Mittelzuweisung so funktioniert, dass es immer Bezirke geben muss, die mit ihren zu zahlenden liegenschaftsbezogenen kalkulatorischen Kosten über dem bezirklichen Median liegen. »Es fing dann wirklich an, sich so ein Denken in den Bezirken auszubreiten – quer durch alle Parteien und quer durch die Verwaltungen und Bezirke. Die fingen alle an zu denken, so, wie man auf den Markt gehen würde, fingen die jetzt auch an, wie so kleine Marktwirtschaftler.« (B2012-B: 39) Zunächst werden Liegenschaften aus dem Finanzvermögen der Hauptverwaltungen veräußert. Wie oben argumentiert, wird auf Ebene der Bezirke mittels KLR und Budgetierung (Kosten-)Druck erzeugt, der in einer ständigen Überprüfung des Liegenschaftsbestands und der Liegenschaftsnutzung der Bezirke mündet. Diese werden in die Situation versetzt, aufgrund der neuen betriebswirtschaftlichen Betrachtung von Liegenschaften nicht unmittelbar benötigte Vermögensbestände für eine mögliche Privatisierung zu identifizieren. Der Verkauf von Liegenschaften soll daneben auch für klarere Verhältnisse sorgen. Wenn bspw. eine Liegenschaft schon immer von einem Verein genutzt wurde, dann könne diese auch an den Verein verkauft werden. Die Kosten für den Betrieb und die Instandhaltung würden damit eingespart und die Haushalte der Bezirke und der Senatsverwaltungen zusätzlich entlastet. Dabei sei es nur notwendig, dass durch entsprechende Regelungen verhindert wird, dass sich der Verein etwa auflöst und die Liegenschaft veräußert. Damit sind zwei unterschiedliche Formen der Privatisierung zu identifizieren: zum einen die Privatisierung von Liegenschaften, die an keine Auflagen gebunden ist, zum anderen die Privatisierung für eine bestimmte Nutzung. Für Letztere ist das Beispiel zu nennen, dass eine Liegenschaft an einen privaten Betreiber von Kitas verkauft werden kann, der dann dort eine Kita errichtet und betreibt, anstatt dass das Land Berlin dort selbst eine KiTa errichtet. Hier werden also strategisch Kosten umgelegt: Anstatt hohe Investitionskosten und Personalkosten ausweisen zu müssen, werden Kosten in Fachhaushalte verschoben, wo diese in kleineren Beträgen anfallen.
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Dass Liegenschaften als kostenverursachende Ressource betrachtet werden, hat zur Folge, dass die Unterscheidung von Finanz- und Fachvermögen19 in den Bezirken schärfer wird. Diese Unterscheidung ist dahingehend relevant, dass das Finanzvermögen prinzipiell durch den LFB (siehe 4.3) verkauft werden kann. Die Zuweisung in eine der beiden Kategorien ist damit der zentrale Mechanismus, mit dessen Hilfe Liegenschaften identifiziert werden sollen, die in das Portfolio des LFB überführt werden können, wodurch die weitere Privatisierung öffentlichen Liegenschaftseigentums möglich wird. Ansonsten hätte der LFB über kurz oder lang nicht mehr über ausreichend Liegenschaften in seinem Portfolio verfügt, um noch weiter am Grundstücks- und Immobilienmarkt zu agieren. Zum Verwertungsdruck auf Liegenschaften trägt auch bei, dass mit der Verwaltungsneuordnung und der damit verbundenen betriebswirtschaftlichen Haushaltsführung eine neue Zeitlichkeit in die Betrachtung öffentlicher Liegenschaften einzieht, die eine größere Nähe zur marktlichen Be- und Verwertung herstellt, da die Vergleichbarkeit mit Liegenschaften ermöglicht wird, die am freien Immobilienmarkt angeboten werden. Eine Liegenschaft wird nicht auf ihre Gesamtnutzungsdauer hin betrachtet, sondern daraufhin, welche finanziellen Belastungen mit ihr innerhalb eines Haushaltjahres einhergehen. Die Bewertung der Immobilie geschieht ebenso nicht vor dem Hintergrund der mittel- und langfristigen fachlichen Nutzung oder des (zukünftigen) Potentials für die Steuerung von Stadtentwicklungsprozessen. Stattdessen dominiert ihre betriebswirtschaftliche Bewertung und die daraus resultierende unmittelbare Belastung für den bezirklichen Haushalt: »Diese Kurzfristigkeit im Haushalt, die Kurzfristigkeit in der politischen Verantwortungszeit deckt sich nicht mit dem, was man eigentlich nachhaltig braucht.« (B2012-E: 64) Der betriebswirtschaftliche Blick auf den öffentlichen Liegenschaftsbestand und dessen Nutzung strukturiert das Handeln in den Verwaltungen. Die Folge davon ist, dass im Zweifelsfall dazu tendiert wird, die Nutzung von Liegenschaften im öffentlichen Eigentum zugunsten von Liegenschaften aufzugeben, die am freien Markt angemietet werden, da sich so Kosteneinsparungen in einem Haushaltsjahr realisieren lassen. Infolge des betriebswirtschaftlichen Umgangs mit Liegenschaften haben die Bezirke kaum Möglichkeiten, mittel- und langfristige Planungen anzustellen, da im
19 Das Liegenschaftsvermögen wird grundsätzlich in Fach- und Finanzvermögen unterteilt. Das Fachvermögen sind die Liegenschaften, die für die Erbringung öffentlicher Aufgaben genutzt werden. Für sie müssen kalkulatorische Kosten ausgewiesen werden, die Teil der Berechnung der Produktkosten sind (siehe 4.2.2). Für das Finanzvermögen müssen solche Kosten nicht veranschlagt werden, die Bezirke erhalten dafür aber auch keine Zuweisungen für deren Unterhalt. Ein hohes Finanzvermögen – also Liegenschaften, die keinem Produkt zugewiesen sind – belastet folglich den Bezirkshaushalt, da die anfallenden Kosten dennoch gedeckt werden müssen.
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Jahresrhythmus für einen ausgeglichenen Haushalt gesorgt werden muss. Dies führt zu einer immer größer werdenden Abhängigkeit gegenüber dem privaten Grundstücks- und Immobilienmarkt. Dabei nutzen Anbieter aus, dass die öffentliche Hand unter Zugzwang steht, wenn gesetzliche Vorgaben und politische Beschlüsse einzuhalten und umzusetzen sind. Um diese Abhängigkeit zu vermeiden, müsste den Bezirken die Möglichkeit gegeben werden, Grundstücke längerfristig zu halten, »weil man Vorsorge für zukünftige Bedarfe an sozialer Infrastruktur treffen will« (B2012E: 64).20 Da darüber hinaus die Mittelzuweisungen an die Bezirke zur Instandhaltung und Sanierung des Gebäudebestands zu niedrig angesetzt sind, können die Liegenschaften nicht in dem Maße instandgehalten werden, in dem die Bezirke eigentlich dazu verpflichtet wären. Der nicht ausreichend gedeckte Sanierungsbedarf macht es ggf. noch attraktiver, bspw. anstelle eines historischen Bestandgebäudes – mit dem hohe Betriebs- und Instandhaltungskosten verbunden sind und das keine effiziente Nutzungsstruktur zulässt – ein privat angemietetes Neubauobjekt zu nutzen. Dies entlastet den Bezirk davon, eigene Mittel für die Instandhaltung und Sanierung in ihrem Haushalt abbilden zu müssen. »Also insofern hat diese Art von Denken dazu geführt, nicht mehr in Zyklen von 100 Jahren zu rechnen, sondern eben von zehn oder von fünf. Die Bezirke versuchten die nächsten zwei Haushalte irgendwie klar zu kommen, [...] da ist es eben passiert, dass man sich irgendwo fremd einmietet und eigene Gebäude aufgab, weil das in der Regel unwirtschaftlich ist.« (B2012-B: 25)
Ein Handeln, das nicht diesem »Denken« entspricht, wird delegitimiert; damit eventuell verbundene finanzielle Mehrbelastungen gelten als selbstverschuldet und werden teilweise auch sanktioniert. Der Umgang mit und die Nutzung von öffentlichem Liegenschaftsvermögen unterliegt damit einer quasi-marktförmigen Regulierung und produziert gleichzeitig auch die Basis für einen Kostenvergleich mit dem privaten Immobilienmarkt. Diese Betrachtung und Nutzung nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten bildet letztlich die Basis für die Bestimmung guten und schlechten Verwaltungshandelns. Zusammengefasst kann davon gesprochen werden, dass damit
20 Dieser Aspekt sollte bei der Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik ab 2012 stärker berücksichtigt werden. Es zeigt sich jedoch, dass die betriebswirtschaftliche Dominanz in der Wahrnehmung und Nutzung von Liegenschaften mit der Neuausrichtung eher normalisiert als grundlegend in Frage gestellt wird (siehe 4.4).
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eine Synchronisierung zwischen staatlichem und marktförmigem Handeln stattfindet: Die Nutzung öffentlichen Liegenschaftsvermögens darf nur kompatibel zu marktförmiger Regulierung stattfinden.21 Spätestens mit der Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik, wie sie in dem Konzept zur »Transparenten Liegenschaftspolitik« für Berlin der SenFin von 2012 vorgeschlagen wurde, wird die immobilienwirtschaftliche und auf Aktivierung ausgerichtete Perspektive zur allgemeinen Referenz, gegenüber der ein abweichender Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen gerechtfertigt werden muss. Die Bezirke sollen nach diesem Konzept alle fünf Jahre begründen, warum sie welche Liegenschaften für welchen Zweck im Bestand halten wollen. Dieser Perspektive ist der stete Verdacht des Übermaßes immanent. Gerade in dem Hierarchiegefälle zwischen Senat und Bezirken sehen sich die Bezirke ständig mit der Unterstellung konfrontiert, Liegenschaften nicht abgeben zu wollen und sich einer immobilienwirtschaftlich effizienteren Liegenschaftsnutzung zu verweigern. In dem Konzept zur Neuausrichtung ist somit ein Mechanismus vorgesehen, mit dessen Hilfe der Liegenschaftsbestand einem kontinuierlich prüfenden Blick unterzogen wird. Jede fachpolitisch nicht zu begründende und nicht marktorientierte Nutzung führt potentiell zu finanziellen Belastungen. Dies hat zur Folge, dass alle über die Daseinsvorsorge hinaus existierenden Flächen potentiell für den Verkauf zur Verfügung gestellt werden sollen. Die Neuausrichtung der Liegenschaftsverwaltung verfestigt die Perspektive auf Liegenschaftsvermögen als zu kalkulierender Kostenfaktor und als eine Ressource, mit der sparsam umgegangen werden soll, um die damit verbundenen Kosten möglichst gering zu halten. Allerdings geht es dabei nicht um ein Ansparen, sondern mehr um ein Einsparen öffentlicher Flächennutzung vor allem auf Ebene der Bezirke. Aber auch ein spekulativer Blick auf das Liegenschaftsvermögen ist Teil der beschlossenen Neuausrichtung: Mit Hilfe gezielter kurz- oder mittelfristiger Zwischennutzung soll darauf spekuliert werden, dass die Liegenschaften zu einem späteren Zeitpunkt zu höheren Preisen verkauft werden können. Mit dem Konzept zur Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik setzt das Land Berlin somit unmittelbar auf steigende Grundstücks- und Immobilienpreise, um in der Zukunft ggf. höhere Verkaufserlöse zu erzielen. Die betriebswirtschaftliche Einhegung des bezirklichen Liegenschaftsvermögens mittels Produktdefinition, Kostenrechnung und Budgetierung unter den Bedingungen einer andauernden Austeritätspolitik führt zu einer Aktivierung der Bezirke, sich beständig mit der eigenen Liegenschaftsnutzung auseinanderzusetzen. Entscheidend ist
21 Für diesen Gedanken möchte ich Kerstin Bläser danken, die in ihrer Doktorarbeit in eindrucksvoller Weise herausarbeitet, wie Immobilien mit Hilfe kalkulativer Praktiken in kalkulierbare Objekte transformiert werden und damit am Markt handelbar gemacht werden.
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dabei, dass nie der richtige Umfang der Liegenschaftsnutzung erreicht sein kann, sondern diese einer andauernden Befragung unterzogen wird. Dieser selbstreflexive Prozess auf Ebene der Bezirke bildet zugleich die Grundlage dafür, dass dem LFB trotz der vorgenommenen Privatisierungen nicht die Grundstücke und Immobilien ausgehen: »Es werden Flächen und Liegenschaften identifiziert, die weder für die ureigensten Verwaltungsaufgaben in den Bezirken notwendig sind, noch, auf Vorrat, behalten werden sollten […]. Und daraus kommt dann immer eine Nachbestückung des Portfolios des Liegenschaftsfonds. Und diese Nachbestückung wird durch das Abgeordnetenhaus auch noch abgesegnet, also eigentlich müsste das Abgeordnetenhaus genau wissen, was das immer für Liegenschaften sind. Da das aber so viele sind, hat das kaum einer im Blick.« (B2012-F: 55)
Die Einspar- und Konsolidierungsinteressen der Bezirke und die allgemeine liegenschaftspolitische Strategie der SenFin bilden einen Wirkungszusammenhang. In diesem kann das Ziel, aus der Verwertung des öffentlichen Liegenschaftsvermögens einen möglichst hohen Konsolidierungsbetrag zu erwirtschaften, nur unter der Bedingung erreicht werden, dass in den Verwaltungseinheiten ein betriebswirtschaftlich rationalisierter Umgang mit Liegenschaften etabliert wird.
4.3 D IE Z ENTRALISIERUNG DES B ERLINER L IEGENSCHAFTSWESENS Komplementär zu dem oben skizzierten Prozess der Binnenreform in den Berliner Verwaltungen (siehe 4.2) beginnt ab Mitte der 1990er Jahre die Diskussion um eine Zentralisierung der Liegenschaftsverwaltung, an deren Ende die Gründungen des Liegenschaftsfonds (LFB) und des Berliner Immobilienmanagements (BIM) stehen. Während der LFB primär mit der Verwertung22 des Berliner Liegenschaftsbestands
22 Wird der LFB gemeinhin mit der Privatisierung öffentlichen Liegenschaftsvermögens in Verbindung gebracht, ist festzustellen, dass die Verwertung von Liegenschaften nicht erst mit dessen Gründung beginnt. Für die Bezirke stellte die Veräußerung von Liegenschaften bereits in den 1990er Jahren eine willkommene Einnahmequelle dar, um sinkende Zuweisungen aus dem Landeshaushalt und steigende Kosten zu kompensieren. Die Einnahmeanteile aus Liegenschaftsverkäufen, die an die Bezirke flossen, sanken jedoch beständig und immer größere Teile des Erlöses flossen an den Landeshaushalt. Mit der Gründung des Fonds wurden allgemeine Regeln aufgestellt, nach denen die Bezirke an den Verkäufen beteiligt werden.
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beauftragt ist, übernimmt die BIM die Verwaltung23 (Betrieb und Unterhalt) der von der Senatsverwaltung genutzten Liegenschaften. Bereits 1995 wird im AGH Berlin mit der Gründung eines Landesamtes für Liegenschaften eine verwaltungsinterne Lösung diskutiert, die jedoch nicht umgesetzt wird. Im Jahr 1996 endet ein Modellprojekt, bei dem mit Hilfe beauftragter Maklerunternehmen landeseigene Liegenschaften zum Höchstgebot veräußert werden sollten. Der Liegenschaftsbestand des Landes Berlin sei – entsprechend der Diagnose zur Verwaltung im Allgemeinen – übermäßig gewesen. Es habe sich um »sozialistischen Grundbesitz« gehandelt und das Land Berlin sei eine Art »Feudalgrundbesitzer« gewesen, weswegen es notwendig gewesen sei, eine Entreicherung anzustreben (B2012-H: 21). Am 28. September 2000 wird vom AGH Berlin auf Basis des nichtöffentlichen Konzepts zur Errichtung einer Gesellschaft zur Verwertung von Landesliegenschaften die Einrichtung des LFB beschlossen. Das erklärte politische Ziel des Fonds besteht darin, durch Liegenschaftsverkäufe einen Beitrag zum Schuldenabbau und zur Haushaltskonsolidierung des Landeshaushalts zu erwirtschaften (siehe Abb. 12): »Die Politik hat sich Ende der 90er Jahre überlegt: Wie kann man die Erlöse aus Immobilienveräußerungen sinnvollerweise zur Schuldentilgung oder zur Verminderung der daraus entstehenden Zinslasten einsetzen? Da kam damals Finanzsenatorin Frau Dr. Fugmann-Heesing durch Beratungen auf die Idee, wir bilden einen Liegenschaftsfonds, der die Aufgabe hat, Grundstücke des Landes Berlin zu verkaufen und die Erlöse fließen 1:1 in den Abbau der Landesschulden.« (B2012-G: 1)
In einem Grundstücksübertragungs- und Treuhandvertrag wird dem Fonds ein Anfangsportfolio von ca. 5.000 Liegenschaften übertragen, das von der Senatsverwaltung für Finanzen (SenFin) unter Zuhilfenahme eines Beratungsunternehmens zusammengestellt wurde. Die Bezirke sehen sich durch die Gründung des Fonds unter Druck gesetzt, nachweisen zu müssen, welche Liegenschaften sie weiterhin im Fachvermögen zur Daseinsvorsorge benötigen. Die SenFin kritisiert, dass die Erstellung 23 Der Fokus meiner Auseinandersetzung liegt auf dem LFB, weil hier die Verzahnung bzw. Wechselwirkung zwischen dessen Gründung und der Binnenreform der Bezirksverwaltungen besonders anschaulich herausgearbeitet werden kann. Die BIM verwaltet Liegenschaften, die von den Senatsverwaltungen genutzt werden, wobei diese für den Unterhalt und den Betrieb quasi Mieten zahlen müssen. Die BIM tritt als landeseigenes privatrechtliches Dienstleistungsunternehmen auf, steht aber nicht im Wettbewerb mit privaten Facility-Management-Unternehmen. Sie ermöglicht einen verwaltungsinternen Kosten- und Leistungsvergleich zwischen ihren eigenen Angeboten und der verwaltungsinternen Gebäudebewirtschaftung. Auch bei der Gebäudebewirtschaftung wird problematisiert, dass die Senats- und Bezirksverwaltungen nicht über das notwendige Fachpersonal und die Qualifikation verfügten, um eine effiziente Bewirtschaftung sicherzustellen.
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der Listen über vorhandene öffentliche Liegenschaften aufgrund der mangelhaften Datenbestände in den Grundstücksämtern der Bezirke die Gründung des Fonds und den Verkaufsbeginn erheblich verzögert habe. Abbildung 12: Erlöse aus Liegenschaftsverkäufen und verkaufte Hektar des LFB, 2004-2012
Quelle: Publikationen des LFB, eigene Darstellung
Die Gründung des LFB – als das Resultat einer grundlegenden Verwaltungsskepsis – soll eine Professionalisierung der Verwertung von Liegenschaften ermöglichen (siehe 4.3.1). Da die Verwaltung als modernisierungsfeindlich und unterqualifiziert gilt (siehe 4.1), wird mit dem LFB ein privatrechtlicher Rahmen geschaffen, der es ermöglicht jenseits der dienst- und tarifrechtlichen Regelungen des öffentlichen Diensts eine flexiblere Personalstrategie zu verfolgen. Die Ausgründung der Vermarktung landeseigener Liegenschaften ist als eine Strategie zu begreifen, mit deren Hilfe immobilienwirtschaftliches Fachwissen mobilisiert wird. Der LFB steht für eine Investor_innen- und Ertragsorientierung im Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen (siehe 4.3.2). Mit ihm wird ein zentraler Ansprechpartner für Investor_innen und Unternehmen geschaffen. Für eine schnelle und professionelle Aktivierung der Liegenschaften wurde es von der SenFin als hinderlich angesehen, dass in Berlin bis dahin neben den zuständigen drei Senatsverwaltungen auch noch zwölf – vor der Bezirksreform 23 – Bezirke als potentielle Anlaufstellen für Interessent_innen existierten. Diese Situation wurde als Investitionshemmnis betrachtet, da keine klare Ansprechpartner_in existierte und damit auch die Informationen über verfügbare Liegenschaften nur lokal in den einzelnen zuständi-
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gen Verwaltungseinheiten vorlagen. Diese Zentralisierung des Liegenschaftsverkaufs beim LFB war im Vorfeld von Senatsverwaltung und Bezirken heftig umkämpft. Der Streit drehte sich um die Frage, ob die Bezirksverwaltungen den Verkauf in der von der SenFin gewünschten Schnelle und Professionalität vorantreiben können. Anders als die SenFin, welche die Zentralisierung schließlich durchsetzte, sahen sich die Bezirke am besten geeignet, um den Verkauf der Liegenschaften durchzuführen, da sie sich als Expertinnen vor Ort betrachteten. Darüber hinaus befürchteten sie, dass ihre Beteiligung an den Verkäufen weiter sinken würde und sie außerdem entmachtet und in ihren haushalts- und fachpolitischen Handlungsspielräumen beschnitten würden. Ergebnis der Professionalisierung und Grundlage der Investor_innenorientierung der Liegenschaftsverwertung ist die immobilienwirtschaftliche Erfassung des zu vermarktenden Liegenschaftsbestands (siehe 4.3.3). Dabei spielt die Gründung des LFB eine zentrale Rolle, um mittels der Erhebung und Integration liegenschaftsbezogener Informationen öffentliche Liegenschaften kompatibel zum Grundstücks- und Immobilienmarkt zu machen. Der Fonds dient dabei als transformierende und öffnende Schnittstelle zwischen dem öffentlichen Liegenschaftsvermögen und dem Berliner Grundstücks- und Immobilienmarkt. 4.3.1 Professionalisierung jenseits des öffentlichen Dienst- und Tarifrechts Im Jahr 2001 nahm nach fünfjährigen Diskussionen mit dem LFB eine Tochtergesellschaft des Landes Berlin ihre Geschäfte auf, mit dem Ziel, das landeseigene Liegenschaftsvermögen immobilienwirtschaftlich professionell und mit dem höchstmöglichen Ertrag zu vermarkten. Gerade die Bezirke, die bis zur Gründung des LFB Liegenschaften direkt verwerten konnten, seien nicht in der Lage, diese Vorgabe umzusetzen, da sie »das Problem haben, dass sie einfach nicht mehr genug Leute haben, um eine solche Arbeit mit der notwendigen Professionalität durchzuführen, und sie haben nicht genug Geld, um die dafür erforderlichen technischen Prozesse im Hintergrund zu organisieren« (B2012-A: 131). Das Unvermögen, mit den Liegenschaften wie gewünscht umzugehen, könne jedoch nicht durch eine Ausweitung der personellen, finanziellen und technischen Ausstattung der Verwaltungen überwunden werden. Vielmehr wird der Grund für diese Unfähigkeit in der nicht ausreichenden Qualifikation der einzelnen Verwaltungsbediensteten gesehen, die in den Bezirks- und Landesverwaltungen für die Liegenschaftsverwaltung zuständig sind. Es wird vermutet, dass »die vielleicht auch nicht der Hit sind, weil das ja auch Spezialkenntnisse und -fähigkeiten erfordert, die der Durchschnittsbeamte vielleicht nicht unbedingt hat« (B2012-H: 28). Der Verwaltung
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wird gerade in Liegenschaftsfragen die fachliche Kompetenz abgesprochen, den öffentlichen Liegenschaftsbestand zu verwalten. Ein Ausdruck der Unterqualifikation wird auch darin gesehen, dass die Wissensbasis über den öffentlichen Liegenschaftsbestand nicht vorhanden war: »Es war praktisch nichts vernünftig vermessen. Entweder gar nicht oder es stimmte nicht. Es hat in all den Jahren kaum einen Fall gegeben, dass irgendein Aktenbestand zu einer Immobilie vollständig oder fehlerfrei gewesen wäre […]. Das Vermessungsproblem war schon erheblich und Bewertungen gab es sowieso nicht.« (B2012-H: 12)
Hier klingt an, worum es bei der gewünschten Perspektive auf den Liegenschaftsbestand gehen sollte und was die Qualität jener Liegenschaftspolitik auszeichnet, die sich ab den 1990er Jahren entwickelt und in der Gründung des Liegenschaftsfonds gipfelt: Das nicht ausreichende oder nicht existente Wissen über das öffentliche Liegenschaftsvermögen in Berlin stellt dahingehend ein Problem dar, dass dieses Wissen notwendig ist, um den Liegenschaftsbestand an den Markt zu bringen. Die Kritik an der mangelnden Leistungsfähigkeit und Qualifikation der Berliner Verwaltungsstruktur geht einher mit einer neuen Perspektive auf die Liegenschaften im öffentlichen Eigentum, die zuvor nicht in diesem Ausmaß relevant war. Erst die politische Entscheidung, das öffentliche Liegenschaftsvermögen aus austeritätspolitischen Gründen zu verkaufen, prägte die »feste Überzeugung […], dass man professionelle Arbeit nur außerhalb der Verwaltung bekommt. Das war vor allen Dingen ideologisch geprägt, […] aber natürlich auch von Erfahrungen, dass jede Verwaltung ihre eigenen Interessen hat.« (B2012-A: 123) Oder pointierter formuliert: »Ein derartiger Verkauf, wo stehen wir dann demnächst, 2,5 Milliarden oder so, wäre ja völlig unmöglich gewesen aus der Verwaltung heraus. Undenkbar!« (B2012-H: 65) Es lässt sich zusammenfassend feststellen, dass das Problem der politischen Steuerung der Verwaltungen bei der Umsetzung der Ende der 1990er Jahre beschlossenen Liegenschaftspolitik reinterpretiert und auf die mangelnde Leistungsfähigkeit der Verwaltungen, deren Eigeninteressen und Verweigerungshaltung gegenüber Veränderungen reduziert wird. Dies führte zu der Schlussfolgerung, dass »wenn der Verkauf von Liegenschaften zentralisiert unter dem Schutz der Finanzverwaltung, der mächtigsten aller Verwaltungen, in einem outgesourcten Bereich passiert, dann wird es zu größeren Effekten führen« (B2012-A: 123). Die Verwaltungsskepsis ist damit auch als Motiv dafür zu sehen, eine privatrechtliche Lösung für dieses Steuerungsproblem zu wählen – in Form des LFB. Ein Vorteil einer solchen Gesellschaft wird in der besseren Durchsetzbarkeit politischer Zielstellungen und von deren Umsetzung gesehen, weil gesellschaftsrechtlich ein bestimmter Zweck festgelegt werden könne, der maßgeblich das Handeln der Gesellschaft bestimme. Mit der Gründung des Liegenschaftsfonds kommt es durch den Gesell-
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schaftsvertrag zur Fixierung einer bestimmten politisch-strategischen liegenschaftspolitischen Zielstellung und zu einer Festlegung darauf, wie diese umzusetzen ist: »Wenn Sie also eine Privatisierungsmaschine haben wollen, müssen Sie es so machen. Das liegt schon in der Eigenlogik der Organisation, in welche Richtung die wirkt.« (B2012-H: 43) In der Folge wird die beschlossene ertragsorientierte Privatisierung des öffentlichen Liegenschaftsbestandes der grundlegenden politischen Diskussion entzogen (siehe ausführlicher 4.4). Ein weiteres Motiv für die Gründung einer privatrechtlichen Gesellschaft kann in den arbeits- und personalrechtlichen Rahmenbedingungen des öffentlichen Dienstes gesehen werden. Die Schaffung des LFB sollte die Einstellung qualifizierter Fachkräfte aus dem immobilienwirtschaftlichen Bereich ermöglichen, die auch »Informationen und Erfahrungen der Privatwirtschaft miteinbrachten« (B2012-G: 17). Diese sollten, anders als die traditionellen Bediensteten, in der Lage sein, die gestellte Aufgabe – die Privatisierung von Liegenschaften – professionell umzusetzen: »Ich habe keinen Bock, diese ganzen Verkäufe deswegen in den Sand zu setzen, weil ich als Abteilungsleiter irgendeinen nehmen muss, der irgendwie das Anrecht erworben hat, auf so einer Stelle zu sitzen, sondern ich kann das nach Qualifikation machen.« (B2012-H: 28) In den Verwaltungen würden neben den verwaltungsrechtlichen Hürden vor allem personalrechtliche Vorgaben verhindern, dass flexibel und schnell gehandelt werden kann. Der LFB hingegen unterliegt weder dem öffentlichen Dienstrecht noch einer Tarifbindung – kurz gesagt, ist er »arbeitsrechtlich relativ schlank gehalten« (B2012-G: 24). Dies ermögliche es, auf Anforderungen und Prozesse schneller zu reagieren und ein Anreizsystem in Form variabler ziel- und leistungsabhängiger Vergütung zu nutzen, was unter den Bedingungen eines Tarifvertrags oder des Besoldungsrechts nicht möglich gewesen wäre. Die Flexibilität in Personalfragen wird dabei unmittelbar verbunden mit der Leistungsfähigkeit des Unternehmens: »Diese Flexibilität wollte man bewusst, weil man gute Leistungen erwartete von diesem Unternehmen, das sollte eben auch gut bezahlt werden.« (B2012-G: 24) Unter den Bedingungen des öffentlichen Dienstrechts und Tarifvertrags wäre, so die Annahme, die öffentliche Hand als Arbeitgeberin im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte nicht konkurrenzfähig gewesen. Bei der Gründung des LFB war also der »entscheidende Punkt […] die Tarifflucht. Und hier jetzt nach oben. […] Sie haben das Problem, dass Sie wirklich gute Immobilienbewirtschafter, -kaufleute und -vermarkter zu Öffentlichen-Dienst-Konditionen nicht bekommen. Da sind andere Gehälter üblich. […] Der wesentliche Grund dafür, das nicht in der Verwaltung zu zentralisieren, war zu sagen: ›Wir zahlen denen höhere Gehälter als im Beamtenrecht oder in irgendeinem ver.di-Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vorgesehen. Und wir haben damit dann keinen Stress. Müssen wir auch mit niemand alles so diskutieren.‹« (B2012-H: 28)
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Die Gründung des LFB als Gesellschaft, die in Personalfragen außerhalb des Tarifund Dienstrechts des öffentlichen Dienstes agiert, schafft die Bedingungen, um Wissens- und Qualifikationsressourcen zu mobilisieren, die für die Umsetzung der ertragsorientierten liegenschaftspolitischen Zielsetzungen für notwendig erachtet wurden. Mit der größeren Flexibilität soll ermöglicht werden, »auf Anforderungen und Prozesse schneller reagieren« (B2012-G: 24) zu können. Mittels dieser Strategie können zudem punktuell und fachbezogen die Beschäftigungsbedingungen des öffentlichen Diensts umgangen werden, ohne dabei langwierige und kontroverse Auseinandersetzungen um eine grundlegende Deregulierung und leistungsbezogene Reform der Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst führen zu müssen. Dabei zeigt sich am Beispiel der Beschäftigungsbedingungen im öffentlichen Dienst eine deutliche Skepsis gegenüber der Leistungsfähigkeit der Verwaltungsmitarbeiter_innen (siehe ausführlicher 4.1): »Dass man auch jeden Fußkranken bis ans Ende seiner Tage mitschleppen muss, der aber gleichzeitig in welchem Lotto oder so einen Universitätsabschluss gewonnen hat.« (B2012-H: 28) Es wurde zudem das Problem gesehen, dass die vom Senat politisch beschlossene Perspektive auf den landeseigenen Liegenschaftsbestand sich nur unter großem Aufwand innerhalb der bestehenden Verwaltungsstruktur hätte durchsetzen lassen können: »Also man musste jetzt nicht aus landesrechtlichen und personalrechtlichen Gründen aus den Landesbediensteten Leute finden und mühsam ausbilden, dass die doch dann bitteschön das Gebäude, in dem sie seit 35 Jahren sitzen, nun anders betrachten mögen.« (B2012-F: 83) Eine verwaltungsinterne Lösung hätte demnach länger gedauert als in einem Gründungsakt die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen möglichst schnell und flexibel für qualifiziert befundenes Personal eingestellt werden kann, um mit der zeitnahen und immobilienwirtschaftlich professionellen Aktivierung des Berliner Liegenschaftsvermögens zu beginnen. Durch die Schaffung einer eigenen Rechtsform, die außerhalb der traditionellen Verwaltungsstruktur und deren Beschäftigungsbedingungen angesiedelt ist, wird zudem eine Differenzierung möglich, die auch bei der Mobilisierung des NSM zum Einsatz kommt, um zwischen Städten und Kommunen einen Reformwettbewerb zu initiieren (siehe 3.): Es wird unterschieden zwischen jenen Verwaltungsbeschäftigten, die gewillt und qualifiziert sind, den neuen liegenschaftspolitischen Kurs mitzutragen, und denjenigen, die einer ertragsorientierten Privatisierung des öffentlichen Liegenschaftsbestands kritisch gegenüberstehen oder als nicht qualifiziert angesehen werden. Kurz gesagt, wird zwischen Reformwilligen und Reformunwilligen unterschieden. Auch hier zeigt sich, dass der LFB nicht nur als das Ergebnis eines Rechtsakts zur Gründung einer GmbH zu sehen ist, sondern gleichzeitig auch eine Strategie markiert, mit deren Hilfe potentielle verwaltungsinterne Widerstände und Hindernisse umgangen werden können, die eine zügige Umsetzung be- oder gar verhindern würden.
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Unter den Bedingungen des andauernden Abbaus von Stellen im öffentlichen Dienst in Berlin müssen auf diese Weise nicht nur keine neuen Stellen innerhalb der Verwaltung geschaffen werden, es können auch noch Stellen abgebaut werden. So wurden mit der Gründung des LFB in den Bezirks- und Senatsverwaltungen 60 Stellen überflüssig, die zukünftig eingespart werden konnten. Demgegenüber wurden im Fonds zunächst 100 Stellen geschaffen. Diese Steigerung, die zunächst in der Berichterstattung zur Gründung des LFB und von Oppositionspolitiker_innen kritisch kommentiert wurde, unterscheidet sich jedoch von den nicht mehr benötigten Verwaltungsstellen: »Das ist ja dann schon eher so, dass sie dann dazu neigen zu sagen: ›Na dann gründen wir eine extra Gesellschaft, die kann man einstellen, die kann man wieder feuern.‹« (B2012-B: 127) Das Personal setzte sich zu Beginn vorwiegend aus bis dahin verwaltungsinternen Mitarbeiter_innen zusammen, die sich auf diese Stellen bewerben mussten.24 Stellt der Wechsel von Verwaltungspersonal in eine private Gesellschaft zunächst nur eine einfache Verlagerung von Beschäftigten dar, die oft auch über ein Rückkehrrecht verfügen, zeigt sich in der weiteren zeitlichen Entwicklung ein grundlegender Wandel: »Ehemalige öffentlich Beschäftigte wechseln mit ihren ganzen Pensionsansprüchen rüber in die Gesellschaft, aber wenn die langsam ausscheiden, dann werden da keine neuen eingestellt, sondern dann Leute vom freien Markt.« (B2012-B: 129) Damit wird der öffentlichen Verwaltung nicht nur mittelfristig grundlegend das Personal entzogen, das für die Gewährleistung der öffentlichen Daseinsvorsorge notwendig wäre, sondern auch das dafür notwendige fachliche und implizite Wissen, sodass eine Reintegration in die bestehende Verwaltung immer schwerer wird und sich die Verlagerung in den privatwirtschaftlichen Bereich gewissermaßen tendenziell selbst verstetigt.
24 Ein interessantes Detail bei der Stellenbesetzung nach der Gründung des Fonds ist, dass sich auf die ausgeschriebenen Stellen deutlich mehr Frauen als Männer beworben haben (⅔ zu ⅓). Dies wird in einem Interview damit begründet, dass die Leitungspositionen in der Verwaltung in der Regel von Männern besetzt waren/sind, für die ein Wechsel in ein Beschäftigungsumfeld außerhalb der Hierarchie der öffentlichen Verwaltung ein zu großes Risiko dargestellt hätte (vgl. B2012-G: 19). Eine Betrachtung der Verwaltungsreform unter organisations- und gendertheoretischen Gesichtspunkten findet sich bei Andresen et al. (2003). Dabei wählen sie eine verwaltungsimmanente Perspektive. Es könnte sich als spannend herausstellen, auch die Rolle privatrechtlicher Ausgründungen unter einem ähnlichen Blickwinkel zu untersuchen.
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4.3.2 Investor_innen- & Ertragsorientierung des LFB Da alle Liegenschaftsgeschäfte beim LFB zentralisiert werden, dominiert auch dessen Geschäftsstrategie, mit dem Verkauf des landeseigenen Liegenschaftsvermögens möglichst hohe Erträge zu erzielen, die in den Landeshaushalt fließen sollen. Kapitalstarke Investor_innen sind dabei erste Ansprechpartner_innen des Fonds. An dieser Ausrichtung wird bereits vor der Gründung des LFB kritisiert: »Indes bleibt der Investor alleiniger Ansprechpartner, das Verkaufen der einzige Weg.« (BZ 14.08.2000)25 Für Investor_innen ist Berlin in den frühen 2000er Jahren aufgrund des im Vergleich zu anderen Großstädten und Metropolregionen geringen Bodenpreisniveaus von zunehmendem Interesse, da sich gleichzeitig hohe Erträge und steigende Grundstücks- und Immobilienpreise versprochen werden. Viele in- und ausländische Investor_innen decken »sich mit Immobilien in der deutschen Hauptstadt ein, weil die Preise im internationalen Vergleich niedrig sind. Die Investoren hoffen darauf, dass sich der Wert der Immobilien in den nächsten Jahren kräftig erhöht.« (BZ 22.02.2008: 20) Der LFB präsentiert für das Land Berlin sein Portfolio auf internationalen Immobilienmessen (bspw. Expo Real oder MIPIM), um in Kontakt mit Investor_innen zu kommen. Daneben nutzt der LFB große, öffentlichkeitswirksame Entwicklungsprojekte – wie etwa die Eröffnung des neuen Berliner Hauptbahnhofs im Jahr 2006 – dazu, um landeseigene Liegenschaften anzubieten. Die Liegenschaften werden in offenen Bieter_innenverfahren angeboten, die sich dezidiert nicht am gutachterlich bestimmten Verkehrswert orientieren. Damit soll »unabhängig inhaltlicher Auswahlkriterien eine marktgerechtere Preisfindung« zu-
25 Beispielhaft für die Orientierung an institutionellen Investor_innen ist der von Bezirken, Politik und Wirtschaftsverbänden scharf kritisierte – und letztlich gescheiterte – Versuch des LFB unter Zustimmung der SenFin ein Paket aus über 40 Grundstücken an einen isländischen Investor zu verkaufen. Dabei wurde nach Interessen des Investors ein Liegenschaftspaket geschnürt und zunächst mit einer verkürzten Ausschreibungsfrist angeboten. Daran wurde kritisiert, dass Nutzer_innen von Liegenschaften, die Teil des Pakets waren, von dem Verfahren ausgeschlossen wären, da sie weder Interesse noch ausreichendes Kapital für das gesamte Paket hätten. Auch hätten andere Interessent_innen an dem Paketverkauf nicht genügend Zeit, das Angebot zu prüfen, um eigene Gebote abzugeben. Mit dem Paketverkauf sollte versucht werden in einer Mischkalkulation hochwertige Liegenschaften mit schwer verkäuflichen Liegenschaften zu kombinieren. Kritiker_innen wiesen darauf hin, dass der LFB nach der Landeshaushaltsordnung Liegenschaften nur mindestens zum gutachterlich bestimmten Verkehrswert veräußern dürfe. Diese Vorgabe werde bei einem Paketverkauf nicht eingehalten.
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gelassen werden und »nur noch der beste zu erzielende Preis« für den Zuschlag ausschlaggebend sein (BM 19.01.2006: 16). Das Land Berlin versucht mit dieser Verkaufsstrategie vom spekulativen Aufkauf landeseigener Immobilien zu profitieren und trägt damit sogar selbst dazu bei, dass die Grundstücks- und Immobilienpreise in Berlin sukzessive steigen. Dieses Vorgehen hat bspw. zur Folge, dass für ein 5.000 m² großes Baugrundstück in einem bedingungslosen Bieter_innenverfahren »ein Mehrfaches des Bodenrichtwertes in Höhe von 2.300 Euro pro Quadratmeter« (BM 24.03.2011: 15) erzielt wird. In einer Broschüre des LFB von 201326, in der einzelne Grundstücke für den Bau von Einfamilienhäusern angeboten werden, heißt es zum Bieter_innenverfahren: »Einen Preis suchen Sie hier vergeblich, denn Sie bestimmen, was Ihnen ›Ihr‹ Grundstück wert ist! Alle hier vorgestellten Grundstücke verkaufen wir im modernen, transparenten Bieterverfahren, bei dem Sie uns Ihr Kaufangebot mitteilen. Wenn Ihr Angebot das höchste war und unseren Kaufpreisvorstellungen entspricht, kann der Kaufvertrag beurkundet werden. Das Verfahren ist einfach und fair und für Sie Schritt für Schritt in unserem Flyer beschrieben. Bieten Sie mit, es lohnt sich!« (LFB 2013: 1)
Die Entscheidung darüber, ob eine Liegenschaft ohne weitere Bedingungen und zum Höchstgebot verkauft werden soll, trifft der sogenannte Steuerungsausschuss, in dem die Senatsverwaltungen für Finanzen, Stadtentwicklung und Wirtschaft sowie der Bezirk, in dem sich die jeweilige Liegenschaft befindet, mit je einer Stimme vertreten sind und der darüber entscheidet, ob und in welcher Weise eine Liegenschaft vom LFB verkauft werden soll. Damit nimmt der Ausschuss die Funktion eines Kontrollgremiums ein, das sicherstellen soll, dass der LFB »nicht einfach auf die Idee [kommt], ein Grundstück zu verkaufen«, sondern dies »in einer Art und Weise [macht], die ihm ganz eng administrativ vorgegeben wird« (B2012-D: 100). Dabei ist zu betonen, dass der Steuerungsausschuss kein politisches Gremium in dem Sinne ist, dass hier politische Diskussionen um die Bedingungen einer Liegenschaftsprivatisierung stattfinden: »Sagen wir mal so, wenn es jetzt krassen Dissens gibt, den gibt es ja öfter, dann wird das gar nicht abgestimmt. Da wird noch hinter den Kulissen gerungen.« (B2012-E: 146) Im Steuerungsausschuss selbst werden vielmehr isolierte Fallentscheidungen getroffen, ohne dass diese ausdiskutiert werden. Das Ergebnis war dabei im »Regelfall […] das Bieterverfahren, Direktvergabe war die Ausnahme« (B2012-E: 86). Die dominierende finanzpolitische Leitlinie im Umgang mit öffentlichen Liegenschaften spiegelt sich in der folgenden Darstellung zum Abstimmungsprozess im Steuerungsausschuss wieder:
26 Hier zeigt sich, dass auch nach der 2012 beschlossenen Neuausrichtung weiterhin ertragsorientierte Verkäufe zum Geschäftsmodell des Fonds gehörten.
196 | V ERWALTUNG DER UNTERNEHMERISCHEN STADT »Die drei Kollegen aus den Senatsverwaltungen wissen auch, was Liegenschaftspolitik des Landes bedeutete. Und bei Stimmengleichheit im Steuerungsausschuss entschied die Stimme des Vertreters der Senatsverwaltung für Finanzen. Der brauchte sich also immer nur noch einen zu kaufen, mit dem er zusammen die Beschlüsse zum bedingungsfreien Bieterverfahren durchsetzt. […] Es kam oft vor, dass man sich nicht einig war. Das war organisierter Kuhhandel auf hohem Niveau.« (B2012-A: 153)
In der Geschäftsordnung des Steuerungsausschusses steht, dass dieser der »politischen Absicherung der grundstücksbezogenen Entscheidungen des Liegenschaftsfonds« (LFB 2005: § 1 Abs. 2) diene. In der Praxis jedoch erweist sich der Steuerungsausschuss als flankierende Maßnahme zur Sicherstellung der Durchführung von bedingungslosen Bieter_innenverfahren und damit zur Maximierung des Erlöses aus Liegenschaftsverkäufen. In der Konsequenz haben die Bezirke »über den Liegenschaftsfonds und den Steuerungsausschuss […] ganz wenig Einfluss. Da hat der einzelne Bezirk bloß eine Stimme und Direktvergaben waren nur ganz schwer gegen Bieterverfahren durchzusetzen.« (B2012-E: 88) Die politische Kontrolle des Fonds soll neben dem Steuerungsausschuss auch dadurch gewährleistet werden, dass in dessen Aufsichtsrats Vertreter_innen aller Fraktionen des AGH Berlin vertreten sind. Damit unterscheidet sich der LFB von allen anderen Gesellschaften im Konzern Berlin, in deren Aufsichtsräten nur Regierungsvertreter_innen die Kontrollaufgabe übernehmen: »In der reinen Lehre ist das ein Fremdkörper.« (B2012-H: 31) Diese Sonderregelung ist ein strategisches Zugeständnis, um die notwendigen Fraktionsmehrheiten im Abgeordnetenhaus für die Gründung des Fonds zu sichern. Somit ist diese Besonderheit das Relikt des Misstrauens gegenüber der Gründung eines privatrechtlichen Fonds zur Privatisierung öffentlichen Liegenschaftsvermögens. Ähnlich wie der Steuerungsausschuss eignet sich diese Sonderregelung jedoch nicht zur politischen Kontrolle des Fonds: »Der Aufsichtsrat, das haben die wahrscheinlich alles gar nicht überlegt, kann den Ausverkauf zum Beispiel gar nicht verhindern. Der ist dem Wohl des Unternehmens verbunden. Das ist alles Dummheit.« (B2012-H: 33) Einem politisch umstrittenen Verkauf muss aus gesellschaftsrechtlichen Gründen im Aufsichtsrat des LFB zugestimmt werden, da ansonsten die Frage aufgeworfen werden würde, ob entgegen der Unternehmensinteressen gehandelt und sich damit der Untreue schuldig gemacht wurde. Für die Vertreter_innen stellt sich damit das Problem, dass Entscheidungen als Mitglied des Aufsichtsrats und als Mitglied des Abgeordnetenhauses im Spannungsverhältnis zueinander stehen können. Vermögenspolitisch geprägte Entscheidungen des LFB stehen politischen oder städtebaulichen Entscheidungen im Parlament gegenüber. Dies sei darauf zurückzuführen, dass für Letztere im Aufsichtsrat des LFB kein Raum des Sagbaren existiere: »Es kann
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vorkommen, dass einer Sache, die politisch so scheiße ist, dass sie im Abgeordnetenhaus – mit Argumenten, die nicht in einen Aufsichtsrat gehören – bis zum letzten Atemzug bekämpft wird, zugestimmt wird.« (B2012-H: 35) Sowohl der Steuerungsausschuss als auch die Sonderregelung für die Besetzung des Aufsichtsrats weisen einen strategischen Charakter auf, der in der Einhegung politischen Widerstands zu sehen ist. Während der Steuerungsausschuss eine Antwort auf die Kritik der Bezirke ist, die sich durch die Gründung des LFB entmachtet sahen, stellt die Aufsichtsratsregelung ein Zugeständnis gegenüber Kritiker_innen im AGH Berlin dar. Das Instrument der Grundstücksqualifizierung Auch wenn die Vermarktung der Liegenschaften in einer zentral zuständigen Gesellschaft, dem LFB, gebündelt wird, liegt das Planungsrecht bei den einzelnen Bezirken. Dies hat zur Folge, dass die Bezirke bei den Verkäufen nicht nur über den Steuerungsausschuss eingebunden sind, sondern auch bei der weiteren Vermarktung, »weil nur dann Grundstücke verkauft werden können, wenn sie wirtschaftlich nutzbar sind und man ebendiese wirtschaftliche Nutzung auch irgendwie manifestieren und beschreiben kann in einem Verkaufsprozess« (B2012-G: 3). Anders ausgedrückt, ist ein verkaufsförderndes Planungsrecht notwendig, um die landeseigenen Liegenschaften erfolgreich verwerten zu können. Der Marktwert und damit auch der zu erzielende Verkaufspreis eines Grundstücks hängt davon ab, »was man draufsetzen kann. […] Ein Grundstück hat überhaupt keinen Wert. [...] Letztlich geht es immer darum, welche Einnahmen kann ich da zukünftig generieren. Und deswegen ist natürlich das, was ich da drauf einrichten kann, das Entscheidende.« (B2012-H: 69) Aus diesem Grund bietet der LFB über die sogenannte Grundstücksqualifizierung27 Hilfe an, »um die Bezirke dabei zu unterstützen, für Flächen investorengerechtes Planungsrecht zu schaffen« (LFB 2011: 7). Die bezirklichen Planungsämter werden in diesen Verfahren quasi zu hoheitlichen Dienstleistungserbringerinnen, während die inhaltliche Ausarbeitung des Bebauungsplans ausgelagert und an den Interessen möglicher Investor_innen orientiert wird: »Der Liegenschaftsfonds finanziert dieses städtebauliche Gutachterverfahren und dann auch die externe Begleitung des Bebauungsplanverfahrens im Bezirk. Der Bezirk behält seine hoheitlichen Befugnisse und am Ende muss die BV den Bebauungsplan festsetzen, aber den Weg
27 Die Grundstücksqualifizierung wird bspw. dann genutzt, wenn ein Grundstück als sogenannte Gemeinbedarfsfläche ausgewiesen ist, aber keine öffentliche Nutzung mehr stattfindet. Abgesehen davon ist Berlin ein planungsrechtlicher Flickenteppich und es besteht kein flächendeckendes Planungsrecht oder ein politisch beschlossener Flächennutzungsplan, in dem geregelt würde, was möglich ist und was nicht.
198 | V ERWALTUNG DER UNTERNEHMERISCHEN STADT dahin, die Erarbeitung von Gutachten und Unterlagen für diesen Planungsprozess, wird ausgelagert an Stadtentwicklungsbüros oder Planungsbüros, die der Liegenschaftsfonds dann bezahlt.« (B2012-G: 7)
Der so entstandene Bebauungsplan muss von der BVV verabschiedet werden, die damit nicht nur Planungsrecht schafft, sondern auch über die potentielle Höhe der bei einem Verkauf anfallenden Beteiligung am Verkaufspreis entscheidet. Das damit verbundene Eigeninteresse führt zu Preissteigerungen bei Liegenschaftsverkäufen und hat wertsteigernde Effekte für die Käufer_in einer Liegenschaft. Dies hat wiederum zur Folge, dass das Grundstück zum einen bei einer Kreditaufnahme stärker belastet werden kann, was höhere Investitionen ermöglicht; zum anderen verändert sich auch die Grundlage für die Erstellung einer Ertragsprognose. Bis 2011 wurden vom LFB und den jeweils zuständigen bezirklichen Planungsämtern für »zwölf große Qualifizierungsgrundstücke – meist ausgedehnte Flächen in Toplagen« (ebd.: 8) – gemeinsame Planungsprozesse durchgeführt oder begonnen. Es zeigt sich, dass für die Erzielung eines hohen Verkaufspreises ein Planungsrecht geschaffen wird, das eine hochwertige bis luxuriöse Nutzung ermöglicht. So werden bspw. im sogenannten Diplomatenviertel im Bezirk Mitte nur geringe Vorgaben hinsichtlich der architektonischen Gestaltung gemacht, um die Liegenschaften für den Markt attraktiv zu machen. Auch sonst wurden nur wenige Vorgaben für die Bebauung der Parzellen gemacht, um den Investor_innen möglichst viele Gestaltungsspielräume zu gewähren. Es zeigt sich, dass das Verwertungsinteresse sich auch auf die Rahmenplanungen auswirkt, indem solche Freiräume gewährt werden. So würden sich bspw. die Sicherung der öffentlichen Zugänglichkeit einer Liegenschaft (etwa bei Uferstreifen) oder das Vorschreiben einer bestimmten (Teil-)Nutzung wertmindernd auswirken. Dies führt in der betriebswirtschaftlichen Betrachtung zu einer Vermögensvernichtung, die es zu rechtfertigen gilt: »Wenn ich den potentiellen Marktwert nicht erziele, betreibe ich Schädigung am Landesvermögen, da muss ich jetzt irgendwie einen Wertausgleich darstellen können.« (B2012-B: 117) Mit dem vom Liegenschaftsfonds angebotenen Qualifizierungsverfahren greifen die Erlösinteressen von Fonds und Bezirken ineinander, wobei der Fonds als Immobilienmarktspezialist das Wissen darüber zur Verfügung stellt, was bei Investor_innen besonders nachgefragt ist, und die Bezirke ihre planerische Hoheit nutzen, um ein entsprechend ermöglichendes Planungsrecht zu gewährleisten. Dies hat bei Liegenschaftsverkäufen dazu geführt, dass Interessent_innen und Käufer_innen von Liegenschaften immer wieder durchsetzen konnten, dass ihre Vorstellungen und Wünsche planungsrechtlich berücksichtigt werden. Mit dem LFB als Verkäufer_in von Liegenschaften und den Bezirken als Inhaber_innen der Planungshoheit nimmt die öffentliche Hand eine nicht unproblematische Doppelrolle ein,
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»weil baurechtlich gehen Sie eigentlich immer davon aus, in das Geschäft selber ist der Staat nicht verwickelt. Der Staat ist der unbeteiligte Dritte. [...] Eigentlich ist das eine dritte Rolle, dass Sie politisch und stadtgestalterisch unabhängig planen. […] Und in dem Moment, wo ich die Doppelrolle hier habe, dann sieht das ganz anders aus und Sie wissen das auch. Dann wird das zu einer Diskussion: ›Das ist aber schön, dass Sie das wollen...; […] Ich gebe Ihnen jetzt dreieinhalb und die fünf [Millionen Euro] gebe ich Ihnen, wenn Sie das machen, wir können sogar über fünfeinhalb reden, wenn Sie dieses oder jenes machen. Sehen Sie zu, dass Sie das mit Ihren Leuten klarkriegen.‹ – So eine Diskussion ist unschön und ob das alles im Sinne der Stadtentwicklung ist, was in diesem Zusammenhang passiert, ist die Frage.« (B2012-H: 69)
In diesem Szenario wird von einer potentiellen Käuferin ausgegangen, die an den LFB herantritt und die eigenen Bedarfe schildert, woraufhin der LFB sich an einen Bezirk wendet und versucht, diese Interessen in ein entsprechendes Planungsrecht einfließen zu lassen. Bei Verkaufsverhandlungen kann es dazu kommen, dass darüber verhandelt wird, was alles auf einem Grundstück möglich gemacht werden müsste, damit es zum Vertragsabschluss zu einem bestimmten Preis kommt. Auch ist denkbar, dass der LFB an den Bezirk wegen einer nicht marktgängigen Liegenschaft herantritt und sagt, dass die Liegenschaft unter den gegebenen Bedingungen nur Kosten verursache, aber nicht zu vermarkten sei. In beiden Fällen kommt dem Bezirk die Aufgabe zu, ein »wertaufwertendes Baurecht« (B2012-H: 69) zu erstellen und zu verabschieden, um den potentiell zu erreichenden Verkaufswert zu erhöhen. 4.3.3 Die immobilienwirtschaftliche Erfassung des Berliner Liegenschaftsbestands Die Erfassung des öffentlichen Liegenschaftsvermögens in einem zentralen Register wird als Voraussetzung für jede Form der Liegenschaftspolitik gesehen. In Berlin existierte eine entsprechende Erfassung in Form eines Registers oder Katasters zu Beginn/Mitte der 1990er Jahre nicht. Es bestand »Unkenntnis des Landes über sein eigenes Vermögen« (B2012-F: 53). Weder für die bezirkseigenen und landeseigenen Liegenschaften noch für die Beteiligungsgesellschaften gab es ein umfassendes Verzeichnis. Im Vermögensbericht des Landes wurde das Grundvermögen nicht mit seinem Wert beziffert, sondern es wurden die Gesamtquadratmeteranzahl und Flächenpotentialbenennungen angegeben. Dabei stellte sich das Problem, dass Berlin sehr großflächig ist und das Land über einen hohen Bestand an öffentlichen Liegenschaften verfügt. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Liegenschaften in den Zuständigkeitsbereich der Bezirke fällt.
200 | V ERWALTUNG DER UNTERNEHMERISCHEN STADT »Dann gab es in den Jahren 2000 und 2001 bis 2003 eine generelle Neustrukturierung der Landespolitik im Umgang mit dem Vermögen an Grund und Boden und da wurde der Liegenschaftsfonds gegründet, da wurde die BIM gegründet […] und es wurde angefangen, das Vermögen an Grund und Boden mal ein bisschen systematischer aufzuarbeiten.« (B2012-F: 37)
Wie oben bereits erwähnt, war ein zentraler Kritikpunkt bei der Gründung des LFB, dass dieser auf die für die Verwertung von Liegenschaften relevanten Informationen nicht zugreifen konnte bzw. die von den Bezirken zur Verfügung gestellten Informationen nicht die erforderte Qualität aufwiesen. Anfänglich mussten große Mengen an Dokumenten erst digitalisiert werden, um ein Grundstück entsprechend beschreiben zu können. Wenn ein Bezirk ein Grundstück an den LFB übertragen hatte, kam es vor, »dass teilweise LKWs vorgefahren sind, mit Aktenstapeln usw. und wie gesagt, es gab nichts digital, was man da irgendwie hätte verwenden können. Nur analoge Pläne sozusagen.« (B2012-G: 22) Dem LFB kam zunächst die Aufgabe zu, »Ordnung« (B2012-B:19) in das an ihn anfänglich übertragene Portfolio von ca. 5.000 Liegenschaften zu bringen, die nur in einer langen Excel-Tabelle erfasst waren. Schon die Lage der einzelnen Liegenschaften war das Insiderwissen einzelner Personen und nicht zugänglich. Zudem war nicht ersichtlich, ob einzelne Flurstücke als wirtschaftlich zusammenhängende Grundstücke vermarktbar sind. Auch stimmten die Grundbuchangaben oft nicht. Das Land Berlin hat »in den 90ern und 2000er Jahren seine Liegenschaftspolitik auf schnelles Geld ausgerichtet und dafür die erforderlichen technischen und strukturellen Voraussetzungen geschaffen« (B2012-A: 209). Es wurden unterschiedliche dezentral vorliegende Datenbestände (Liegenschaftskataster, Liegenschaftsbuch, Denkmalatlas, Altlastenkataster u.a.) in einem System integriert, um diese »bildlich auf einem Grundstück abbilden und dann den Zustand und die Beschaffenheit und die Lage erstmal richtig beschreiben« (B2012-G: 21) zu können. Auf diese Weise wurde es möglich, »bei jeder Adresse in ganz Berlin von den Stadtplänen, also welche U-Bahnen fahren dort, wie sieht die Topographie aus, bis hin zu Google Earth, was ist der Bebauungsplan dort, was sagt der Bodenrichtwert, was sagt das Altlastenkataster, was sagt die Denkmalkarte, das kann man alles übereinanderlegen« (B2012-G: 22).
Das eingeführte Geodateninformationssystems (GIS) wurde mit einem Liegenschaftsmanagementsystem (LMS) und dem Bodenrichtwerteatlas kombiniert, was die Integration liegenschaftsbezogener Informationen und Datenbestände wie auch gleichzeitig eine betriebs- und immobilienwirtschaftliche Erfassung und Bewertung des öffentlichen Liegenschaftsvermögens ermöglicht hat. Damit wurde es für den LFB möglich, vermarktbare Grundstücke und deren Wert zu definieren, die einem
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Verkauf zugeführt werden konnten. Im LMS werden nun Informationen zum Vermarktungsstatus, Nutzungsart, Fläche, Bebauungsplanvorgaben, Denkmalschutzauflagen, Bodenrichtwertangaben und schließlich der Bestandswert zusammengefasst. Die eingesetzte Software beinhaltet darüber hinaus zahlreiche weitere für den Verkaufsprozess relevante Informationen (Medien, Exposé, Vorgänge etc.). Auf diese Weise wird der öffentliche Liegenschaftsbestand als Asset bestimm-, abbild- und somit verwertbar gemacht. Die zunächst rein technische Zusammenführung von liegenschaftsbezogenen Informationen produziert einen zum Grundstücks- und Immobilienmarkt kompatiblen Vermögenswert. Wie bereits erwähnt, begann die Privatisierung öffentlicher Liegenschaften in den 1990er Jahren und damit vor der Gründung des LFB. Die Bezirke, die ihre Liegenschaften bis zur Gründung des LFB selbst verkauft haben, sind jedoch weniger systematisch und professionell vorgegangen, sondern haben einzig das Ziel verfolgt, kurzfristige Erträge zur Deckung laufender Kosten zu erwirtschaften. Mit der Gründung des LFB erfährt dieses Vorgehen eine Professionalisierung, deren Basis und Ergebnis in der immobilienwirtschaftlichen Erfassung des Liegenschaftsbestandes besteht. Die Reform der Bezirksverwaltungen stellt dabei eine komplementäre Entwicklung dar. Im Rahmen der Einführung der KLR mussten die Bezirke ihre Liegenschaftsnutzung erfassen, um die damit verbundenen (kalkulatorischen) Kosten bei der Bestimmung ihrer Produktkosten einfließen zu lassen: »Alle diese Aufgabenfelder sind im Prinzip seit den 2000er Jahren entwickelt worden und praktisch aus einer punktuellen Betrachtung in eine systematische überführt worden.« (B2012-E: 104) Die damit angestoßene Rationalisierungsdynamik führt nicht nur zu einer kosten- und vermögensorientierten Betrachtung bei den Bezirken, sondern ebenso zu einem beständigen Fluss von Liegenschaften an den Fonds, die dieser verwerten soll. Betrachtet man die Verschränkung von Binnenreform und Gründung des Liegenschaftsfonds, so ist zu erkennen, dass der Zugriff auf Informationen über den landeseigenen Liegenschaftsbestand ein zentraler Aspekt ist, der sich durch den gesamten Reformprozess zieht.
4.4 D IMENSIONEN DER E NTPOLITISIERUNG Das Herstellen von Vergleichbarkeit mittels der KLR hat zur Folge, dass bei der Betrachtung von Liegenschaften deren Kostenfaktor gegenüber ihrem (potentiellen) Gebrauchswert dominiert. Die Folge ist eine Entpolitisierung, da vor allem auf Basis von Rechentabellen Entscheidungen darüber getroffen werden, wo in welchem Maß gekürzt werden muss und welche Liegenschaften aufgegeben und ggf. verkauft werden müssen:
202 | V ERWALTUNG DER UNTERNEHMERISCHEN STADT »Die politische Entscheidung und der politische Diskurs wird aufgehoben. Früher unterlagen die Mittelzuweisungen an die Bezirke einer politischen Auseinandersetzung um Standards und Bedarfe. Das findet unter den Bedingungen der KLR nicht mehr statt, da die Zuweisungen an die Bezirke auf Basis von KLR und Budgetierung errechnet und beschlossen werden.« (B2012B: 37)
Die Neuordnung der Berliner Verwaltung setzt eine Mechanik in Gang, mittels derer politische Aushandlungen durch Kostendruck ersetzt werden. Es müssen keine Diskussionen geführt werden, in welchen Bereichen und in welchem Umfang Einsparungen getätigt werden sollen. Produktkosten und Budgetberechnungen geben den Rahmen vor, in welchem die Bezirke selbst zu verantworten haben, wie Fehlbeträge gedeckt und wie Einsparungen in welchen Bereichen und in welchem Umfang realisiert werden. Wenn dennoch ein Defizit am Ende des Haushaltsjahres besteht, haben die betroffenen Bezirke schlicht – im Verhältnis – unwirtschaftlich gehandelt. Die Frage der finanziellen Ausstattung stellt sich nur noch mittelbar über das Gesamtbudget des Bezirksplafonds, eine grundsätzliche politische Diskussion um die Ausfinanzierung der bezirklichen Haushalte findet nicht statt. Ein weiteres Moment der Entpolitisierung ist in der Gründung des LFB als privatrechtliche Gesellschaft außerhalb der Verwaltung zu sehen: »Ein Grund, warum man eine private Rechtsform gesucht hat, war das Ziel, die Steuerung des Liegenschaftsfonds möglichst politikfern vorzunehmen. […] Eine Landesbeteiligung, die zwar unter fachaufsichtlicher Führung steht, aber eben sonst nur über die Gesellschafterrolle durch die Verwaltung gesteuert wird, ist weiter weg als eine Anstalt, die dann im Haushaltsplan noch mit abgebildet ist, mit ihrem Budget usw., oder ein Eigenbetrieb des Landes Berlin. Der LFB macht seinen eigenen Wirtschaftsplan und kann im Rahmen dieses Wirtschaftsplans wirklich sehr effizient alles an Arbeitsmitteln und Grundlagen beschaffen, was notwendig und sinnvoll ist, um die Vorgaben und Ziele des Landes Berlin zu erfüllen. Das wäre in einer anderen Rechtsform schwieriger gewesen. Diese Flexibilität, die eine private Rechtsform mit sich brachte, die sollte wirklich mitgenutzt werden, um hier effizient Grundstücke zu verkaufen.« (B2012-G: 24)
Die Gründung einer Gesellschaft kann als eine Strategie gesehen werden, mit deren Hilfe aufgabenbezogen die gewünschte Outputorientierung erreicht wird, die eigentlich auch den Kern der Binnenreform der Verwaltung bildet: Einer politischen Zielvorgabe folgt die eigenverantwortliche Umsetzung durch die Facheinheit. Der Unterschied besteht darin, dass eine privatwirtschaftlich agierende Gesellschaft dabei dem Gesellschaftszweck und wirtschaftlichem Handeln verpflichtet ist. Die Aufgabenstellung des LFB, Liegenschaften zum höchstmöglichen Preis zu verkaufen, ist hierdurch gegen politische Interventionen geschützt – weder der Aufsichtsrat noch
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der Steuerungsausschuss bieten den Rahmen für inhaltliche politische Auseinandersetzungen, auch ist eine Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorgesehen. Die Vergabe öffentlicher Grundstücke und Immobilien nach anderen Verfahren wird zum Ausnahmefall, der gerechtfertigt werden muss. Mehr noch, die politische Intervention in den Verkauf von Liegenschaften durch den Fonds wird zu einem grundlegenden Problem erklärt und in die Nähe von Korruption, Klientelpolitik und politischer Willkür gestellt. Dies gilt vor allem für Liegenschaften, die direkt zu einem Festpreis vergeben wurden: »›Bisher war jede Vergabe, die nicht unter finanziellen Kriterien abgewickelt wurde, völlig ungeregelt, politisch motiviert und nicht transparent‹, sagt Jochen Esser, Finanzexperte der Grünen-Fraktion.« (BM 10.05.2010: 12) Auch der damals amtierende Finanzsenator Nußbaum monierte, die Direktvergabe öffentlicher Liegenschaften zum Festpreis »lasse leicht den Ruch von Begünstigung und Klientelwirtschaft entstehen« (BZ 07.05.2012: 19). Im Umkehrschluss suggeriert dies, dass eine legitime Nutzung einer Liegenschaft – jenseits der öffentlichen Daseinsvorsorge – darin bestünde, diese in einem bedingungslosen und damit transparenten Bieter_innenverfahren zu erwerben. Die Interventionen, so die Kritik von Seiten des Fonds, hätten nicht nur zu finanziellen Einbußen geführt, sondern würden auch interessierte Investor_innen potentiell abschrecken: »Weil Politiker – auf Landes- und Bezirksebene – im Nachhinein die Vergabebedingungen änderten, stehen derzeit zahlreiche bereits geschlossene Kaufverträge vor der Auflösung. Neben dem finanziellen Schaden für Berlin hat das auch verheerende Auswirkungen auf Investoren, sagt Lippmann: ›Berlin präsentiert sich derzeit nicht als verlässlicher Vertragspartner.‹« (BM 01.04.2009: 11)
Die Konflikte zwischen dem Konsolidierungsinteresse und der Liegenschaftsvergabe und -nutzung nach fachpolitischen Erwägungen nehmen ab ca. 2005 immer mehr zu. Dies und der zunehmende zivilgesellschaftliche Protest (vgl. Initiative Stadt Neudenken! 2011b; SenStadt Berlin 2009; Thiele 2016) tragen zu einer weiteren Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik bei, mit der intendiert ist, wirtschafts-, sozial- und stadtentwicklungspolitische Zielstellungen stärker zu berücksichtigen: »So soll bei jedem der derzeit rund 4800 Objekte im Fonds nun anhand der neuen Ziele überprüft werden, ob das Land es noch braucht. Wenn nicht, landet es im Verkauf – unwiderruflich.« (BM 10.05.2010: 12) Zwar wird der im Jahr 2010 gefällte Beschluss zur Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik in der Presseberichterstattung als das Ergebnis des zunehmenden Widerstands gegen die starke Erlös- und Investor_innenorientierung des Fonds gesehen, es ist jedoch festzustellen, dass – zumindest dem Papier nach – der Widerstand mit Hilfe einer Verfahrensweise eingehegt werden soll, die die grundlegende Rationalität im Umgang mit dem Berliner Liegenschaftseigentum nicht in Frage stellt, sondern
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vielmehr die betriebswirtschaftliche und vermögenspolitische Dominanz im Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen absichert. Zentrale Instrumente sind dabei die Clusterung des Liegenschaftsbestands und die Einforderung einer sogenannten Stadtrendite bei Direktvergaben. Die Clusterung soll entlang der folgenden Kategoiren vorgenommen werden (vgl. SenFin Berlin 2012b: 4f): •
•
•
Grundstücke mit Verkaufsperspektive: Dazu sollen alle Liegenschaften zählen, die weder als Vorhalteflächen genutzt werden sollen noch dem Fachvermögen zuzurechnen sind. Darunter fallen auch hochwertige Liegenschaften, die strategisch gehalten werden, um einen höheren Verkaufspreis erzielen zu können. Zuletzt sollen Liegenschaften dieser Kategorie zugerechnet werden, die für die Daseinsvorsorge durch Dritte genutzt werden sollen. Vorhalteflächen: Dazu sollen Grundstücke zählen, die in den nächsten fünf Jahren aus Gründen der Daseinsvorsorge für eine Fachnutzung vorgesehen sind. Liegenschaften mit überbezirklicher Bedeutung, für die in den nächsten zehn Jahren eine öffentliche Nutzung vorgesehen ist, gelten als Vorhalteflächen, die von der BIM verwaltet werden. Diese Liegenschaften sollen zwischengenutzt werden, wobei die BIM für eine nicht-kosten-deckende Nutzung von den Vermögensträger_innen entschädigt werden muss. Grundstücke des Fachvermögens: Dazu sind Liegenschaften zu zählen, die gegenwärtig für die öffentliche Daseinsvorsorge verwendet werden.
Das Verfahren der Clusterung soll vom LFB geleitet und alle fünf Jahre durchgeführt werden. Die Entscheidung über die Kategorisierung soll vom Portfolioausschuss getroffen werden, dem die Senatsverwaltungen für Wirtschaft, Finanzen und Stadtentwicklung sowie eine Vertretung der Fachvermögensträger_in angehören. Es ist vorgesehen, dass die Bezirke und Senatsverwaltungen eine Aufstellung über ihren gesamten Liegenschaftsbestand anfertigen und darin ihren aktuellen Fachbedarf markieren und diesen Bedarf vor allem auch nachweisen: »Hierzu gehört z. B. der Nachweis für die demografische Entwicklung im Bezirk zum Vorhalten eines Standortes für eine Grundschulnutzung, sowie die bezirkliche Schulbedarfsplanung, gegebenenfalls der Auszug aus der Investitionsplanung. Nachgewiesen werden sollte auch, dass das Objekt wirtschaftlich voll und flächenoptimiert für die Fachnutzung ausgenutzt wird und eine Verdichtung an anderen Standorten nicht möglich ist. […] Mit Blick auf eine Nachbestückung in das Treuhandvermögen des Liegenschaftsfonds hat der Portfolioausschuss ausdrücklich zu bewerten und systematisch festzuhalten und zu evaluieren, ob und inwieweit Grundstücke wie in der Clusterung vorgegeben für Zwecke der Daseinsvorsorge benötigt werden […].« (Ebd.: 5f)
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Kann der für notwendig erachtete Nachweis nicht erbracht werden, wird die Liegenschaft in das Treuhandvermögen des Fonds übertragen. In dem Verfahren ist angelegt, dass gegenwärtige und zukünftige fachpolitische Nutzungen gerechtfertigt werden müssen. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass der Verkauf öffentlicher Liegenschaften bzw. der private Besitz an Grundstücken und Immobilien indirekt zum Normalfall erklärt werden. Die Bemessung der Stadtrendite soll es ermöglichen, bei einer Vergabe einer Liegenschaft zum Verkehrswert und nicht nach Höchstgebot die finanziellen Einbußen zu rechtfertigen, die durch die Vergabe zu einem niedrigeren Preis entstehen. In der Theorie ist vorgesehen, dass die künftigen Nutzer_innen der Liegenschaft entsprechend nachweisen, welcher Beitrag geleistet wird, der »angesichts der dynamisch steigenden Nachfrage nach Grundstücken in Berlin« den »Verzicht auf die volle Preisausschöpfung des Grundstücks« (ebd.: 2) legitimieren soll, die in einem bedingungslosen Bieter_innenverfahren realisiert werden könnte. Die direkte und nutzungsgebundene Vergabe von öffentlichen Liegenschaften wird damit in Relation zum spekulativen und erlösorientierten Erwerb von Liegenschaften gesetzt. An den Überlegungen, die dem Konstrukt der Stadtrendite zugrunde liegen, zeigt sich die Marktorientierung bei der Betrachtung von Liegenschaften deutlich: »Deswegen hat der Finanzsenator auch eine eigene Vorstellung von der neuen Liegenschaftspolitik entwickelt und sieht das mehr unter Transparenzgesichtspunkten – nach dem Motto: Wenn ich ein Grundstück nicht am Markt, sondern an eine Initiative oder einen sozialen Träger direkt verkaufe, verschenke ich öffentliches Vermögen. Der Verkauf eines Grundstücks des Lands Berlin muss mindestens zum Verkehrswert erfolgen. […] Das ist immer eine rückwärtige Betrachtung, weil ja ein Gutachter sich eine Kaufpreissammlung oder einen Bodenrichtwert ansieht, der auch immer Verkäufe aus der Vergangenheit abbildet und der von nachhaltig erzielbaren Mieten ausgeht und nicht das spekulative Moment eines Marktes mit abbildet. Jeder Investor […] kalkuliert, was kann ich hier am Ende für Verkaufspreise für meine Eigentumswohnung, die ich da baue, erzielen, und geht nicht mit Nachhaltigkeit an dieses Projekt heran, sondern versucht dort Höchstpreise natürlich zu erzielen. Entsprechend hoch kann er auch den Preis für das Grundstücksgebot abgeben. Und das führt immer zu einer Schere, gerade bei nachgefragten Immobilien, zwischen dem gutachterlich ermittelten Verkehrswert, nach dem die Direktvergabe erfolgen würde, und dem Marktwert der Immobilien. Diese Differenz, sagt der Finanzsenator, die muss ich a) transparent machen […] und b) muss sich sagen, was habe ich denn davon? Rechtfertigt denn der stadtpolitische oder fachpolitische Mehrwert, der mit der Direktvergabe verbunden ist, diesen Einnahmeverzicht?« (B2012-G: 10)
Dass eine politisch entschiedene Nutzung öffentlicher Liegenschaften immer ins Verhältnis zu einer potentiellen marktorientierten Nutzung gesetzt werden soll, führt zu einer Entpolitisierung, da somit die Betrachtung des Liegenschaftsbestands von
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vorneherein einer betriebswirtschaftlichen Rationalität folgt. Hier zeigt sich die spezifische strategische Selektivität, die mit der Gründung des LFB und der Verwaltungsmodernisierung einhergeht: Die vermögenspolitische und betriebswirtschaftliche Dominanz im Umgang mit öffentlichem Liegenschaftseigentum führt zu einer Orientierung an kapitalkräftigen Investor_innen und zu Ausschlüssen nicht-kommerzieller Nutzungen beim Zugang zum landeseigenen Liegenschaftsvermögens.28 Zunächst ist festzustellen, dass mit der Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik, wie sie ab 2012 inhaltlich konkretisiert wurde, ein formalisierter Sagbarkeitsraum für Liegenschaftsnutzungen jenseits ertragsorientierter Verwertung geschaffen wurde. Dafür wurde der sogenannte Portfolioausschuss gegründet, der den Auftrag hat eine Portfolio-Analyse des landeseigenen Liegenschaftsbestands vorzunehmen. Das dafür vorgesehene Clusterverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass der Verbleib einer Liegenschaft im öffentlichen Eigentum immer begründet werden muss. Die strategische Entwicklung von Grundstücken sieht nach diesem Konzept nicht nur bspw. sozial-, kultur- und wohnungspolitische Nutzungen vor, sondern auch die Partizipation an Aufwertungsprozessen, die perspektivisch zu höheren Verkaufspreisen führen. Was politisch als Paradigmenwechsel verhandelt wird, kann als modifizierte Kontinuität oder gar Normalisierung betrachtet werden, mittels derer vor allem die Bezirke dazu angehalten werden, eine strategische und optimierende Liegenschaftsbewertung und -nutzung zu verstetigen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die vermeintliche Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik keinen grundlegenden Bruch mit der Wahrnehmung von öffentlichem Liegenschaftseigentum bedeutet. Vielmehr zeigt sich, dass die eingeführten Instrumente und die damit verbundene handlungsanleitende Perspektive auf Liegenschaften sich als Referenz in das institutionelle Gerüst der Berliner Verwaltungen eingeschrieben haben. Die Sprache, in der über Liegenschaften gesprochen wird, ist eine betriebswirtschaftlich und immobilienwirtschaftlich geprägte (bspw. Stadtrendite, kalkulatorische Kosten, Portfolioanalyse), die fachpolitische Forderungen nach einem anderen Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen zumindest rechtfertigungsbedürftig machen.
28 Mit den Auswirkungen der Berliner Liegenschaftspolitik gerade für nicht-kommerzielle Nutzungen öffentlicher Liegenschaften hat sich ausgiebig Hendrik Lebuhn (2007, 2008, 2010) beschäftigt. Er zeigt auf: Über »scheinbar neutrale ökonomische Kriterien, die zunächst einmal alle potenziellen NutzerInnen betreffen, setzen sich indirekt auch politische Präferenzen durch, die gerade linke und kritische Stadtteilprojekte strukturell ausschließen« (2010: 43).
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4.5 R ESÜMEE Was für die Verwaltungsreform und deren Entwicklungsdynamik bundesweit gilt, trifft auch auf die Reform der Berliner Verwaltung zu: Es handelt sich um einen schrittweisen, über mehrere Jahre andauernden und auch inhaltlich fragmentierten Prozess. Es kommt zu einer sukzessiven Einführung von Reformelementen, die in ihrer Wirkung zum Teil aufeinander aufbauen. Ebenso ist charakteristisch, dass sich die Reform ab Mitte der 1990er Jahre vom Ausnahme- zum Regelfall entwickelt. So konnte gezeigt werden, dass es sich bei der Reform nicht um ein einmaliges bzw. zeitlich begrenztes Vorhaben handelt, sondern um die Implementierung eines kontinuierlichen Prozesses der Kostensenkung bzw. -optimierung. Es wurde deutlich, dass die Zweigliedrigkeit, hier bestehend aus Senats- und Bezirksebene, hierfür eine zentrale Rolle spielt. Die Organisationsreform der Verwaltung wurde top-down gegen den Widerstand der Bezirke durchgesetzt. Dennoch zeichnet sich die Wirkungsweise der Reform vor allem durch aktivierende Elemente aus, was darauf zurückzuführen ist, dass die Bezirke in hohem Maße auf die finanziellen Zuweisungen aus dem Landeshaushalt angewiesen sind und gleichzeitig in ihrem fachpolitischen Handeln über ein großes Maß an Autonomie verfügen. Während die Handlungsfähigkeit der Bezirke zentraler Anknüpfungspunkt für die betriebswirtschaftliche Verwaltungssteuerung ist, ermöglicht ihre finanzielle Abhängigkeit, über die Reform der Haushaltsführung (Definition von Produkten, Kostenleistungsrechnung, Budgetierung) das bezirkliche Handlungsfeld zu strukturieren und damit indirekt die Handlungsbedingungen der Bezirke zu beeinflussen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich die Implementierung der Berliner Verwaltungsreform durch disziplinierende Vorgaben der Haushaltsführung bis in kleinste Detail auszeichnet, wohingegen die reformierte Verwaltungslandschaft von aktivierenden Maßnahmen und Anreizsteuerung geprägt ist. Über politische Technologien der Wissensproduktion und Technologien der Selbstführung, die ineinander vermittelt einen Wirkungszusammenhang bilden, wird eine ständige (Selbst-)Befragung politisch-administrativen Handelns hinsichtlich seines Umfangs und seiner Wirtschaftlichkeit angestoßen. In diesem Prozess sind die Bezirksverwaltungen Ausgangspunkt und Gegenstand der Reformen. Es lässt sich eine ausgeprägte Skepsis vor allem gegenüber den Bezirksverwaltungen erkennen, die sich auf die Qualifikation und Reformbereitschaft des Verwaltungspersonals sowie den Umfang und die Wirtschaftlichkeit der Verwaltungsstruktur bezieht. Diese Problematisierungen werden ähnlich wie im Gesamtdiskurs Verwaltungsreform (siehe 3.) einerseits herangezogen, um den Reformbedarf der Verwaltungen zu markieren und zu legitimieren. Andererseits zeigt sich, dass die Kombination aus Verwaltungsreform und Austeritätspolitik selbst einen Zustand der Überlastung und Unterfinanzierung mit herstellt, Reformdruck erzeugt und das Feld
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für die Einführung neuer Verwaltungsinstrumente bereitet. Kosteneinsparungen durch Personalabbau und die Auslagerung von Aufgaben und Personal in rechtlich selbstständige Einheiten haben gezwungenermaßen zu einem Kompetenz- und Substanzverlust an Arbeitskraft wie auch einem Verlust an explizitem und implizitem Wissen geführt. Die Frage nach einem wirtschaftlicheren Einsatz von Ressourcen bei gleichzeitiger Qualitäts- und Leistungssteigerung stellte sich damit umso dringlicher. Die Bezirke sind auch ermöglichender Faktor für die Reformen, in dem Sinne, dass es ihre fachpolitische Handlungsautonomie ist, die den zentralen Anknüpfungspunkt für Produktdefinitionen, Kostenleistungsrechnung und Budgetierung bildet. Die Leistungsfähigkeit der Bezirksverwaltungen wird im Reformprozess nicht als eine Frage der ausreichenden Finanzierung – also des Inputs – verhandelt, sondern als abhängig von der Reformbereitschaft und -initiative der Bezirke betrachtet wie auch von ihrem eigenverantwortlichen und vor allem wirtschaftlichen Einsatz in erster Linie der Ressourcen Personal und Liegenschaften zur Erfüllung ihrer Aufgaben. Die unternehmerische Aktivierung der Bezirke ist das Ergebnis eines beständigen Kostendrucks und der Implementierung betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente. Aufgrund ihrer Handlungsautonomie spielen die Bezirke aber auch eine widerständige und transformierende Rolle. Diese zeigt sich bspw. situativ in Konflikten um einzelne Liegenschaftsverkäufe, bei denen durch politische Interventionen Einfluss auf den Verkaufsprozess genommen wurde. Diese Einflussnahmen durch die Bezirke wurden von der Politik und in der Presse problematisiert: Politisch motivierte Vergaben seien als intransparent anzusehen, provozierten den Verdacht der Vetternwirtschaft und hätten aufgrund des geringeren oder ausbleibenden Verkaufserlöses nicht zu rechtfertigende finanzielle Einbußen für den Landeshaushalt zur Folge. Diese Problematisierungen rekurrieren auf eine scheinbar transparente und neutrale Vergabe von Liegenschaften, die sich allein nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage richte. Die Interventionen von Seiten der Bezirke wurden so zum Anlass genommen, die fachpolitisch motivierte Vergabe im Rahmen einer vermeintlichen Neuausrichtung der Liegenschaftspolitik zu formalisieren und in dem Sinne einzuhegen, dass solche inhaltlich begründeten Nutzungen und Vergaben von Liegenschaften immer gegenüber einer markt- und ertragsorientierten Verwertung zu rechtfertigen sind. Mit der Neuordnung der Berliner Verwaltungslandschaft wird ein Koordinatensystem geschaffen, das die Unterscheidung zwischen gutem und schlechtem, richtigem und falschem Verwaltungshandeln auch im Umgang mit landeseigenen Liegenschaften ermöglicht und dem ein Moment der Begrenzung inhärent ist. Der Umfang öffentlichen Liegenschaftseigentums und dessen fachpolitische Nutzung unterliegen dabei grundsätzlich dem Verdacht des Übermaßes und der Klientelwirtschaft und sollen zum einen durch die kalkulatorische Berechnung der Kosten öffentlicher Liegenschaftsnutzung und zum anderen durch eine marktorientierte Vergabe in Grenzen
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gehalten werden. Dabei dienen der Markt bzw. aktiv eingeführte Markt- und Wettbewerbssurrogate als regulative Prinzipien für die Bestimmung des vermeintlich richtigen Maßes an öffentlichem Eigentum und für dessen vermeintlich legitime Vergabe. Es konnte gezeigt werden, dass für diese Differenzierung die relationale Generierung und Verbreitung betriebswirtschaftlich geprägten Wissens über Verwaltungshandeln und öffentliches Liegenschaftseigentum in mehrfacher Hinsicht einen zentralen Stellenwert einnimmt. Die Re-Definition und Re-Strukturierung von Verwaltungshandeln in Form von Produkten mit den damit verbundenen Kosten ermöglicht aufgrund der horizontalen Organisationsstruktur der Bezirksverwaltungen eine Vergleichbarkeit der Kosten. Dies geschieht in Form einer künstlichen Preisbildung in einem nicht marktförmig organisierten Umfeld. Damit ist eine Normierung verbunden, mittels derer bestimmt wird, was eine Verwaltungsleistung kostet bzw. vielmehr kosten soll. Die Kosten der einzelnen Bezirke werden ins Verhältnis zueinander gesetzt und stellen nicht unmittelbar die Informationsbasis für die individuelle Mittelzuweisung dar, sondern dienen dazu, einen Verteilungsmechanismus für die begrenzten Zuweisungen an die Bezirke zu etablieren, der sich nicht an den Finanzierungsbedarfen, sondern am Output des Verwaltungshandelns orientiert. Dies führt zu einem künstlich induzierten ständigen Wettbewerb um im Verhältnis niedrigere Produktkosten und geht mit einer strukturellen Unterfinanzierung der Bezirke einher. Daraus resultierende Defizite werden jedoch auf mangelnde Innovationsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit einzelner Bezirke zurückgeführt. Dabei sind gerade auch liegenschaftsspezifische Auswirkungen zu identifizieren. Die Bestimmung von Produktkosten umfasst auch Kosten der Liegenschaftsnutzung. Diese beinhalten Betriebs- und Instandhaltungskosten, Mietkosten bei angemieteten Objekten und auch kalkulatorisch angenommene Kosten für Liegenschaften, die sich im Eigentum des Landes Berlin befinden. Oben konnte nachgezeichnet werden, wie über ebenjene kalkulatorischen Kosten, die der unternehmerischen Buchführung entnommen sind, eine betriebswirtschaftliche und marktorientierte Sichtbarkeit öffentlichen Liegenschaftseigentums erst etabliert werden konnte. Dieses Aggregieren neuer und bestehender liegenschaftsbezogener Informationen im Kontext der eingeführten Haushaltsführung ist keine neutrale Zusammenfassung, sondern hat eine handlungsleitende Wirkung: Liegenschaften werden zu einer Ressource, die sparsam eingesetzt oder verwertet werden kann bzw. soll. Das Ausmaß der Kostensenkung bzw. der höchstmögliche Verkaufspreis sind dabei legitimitätsstiftende Kriterien. Die Verbuchung der Liegenschaftsnutzung als Kostenfaktor in den Verwaltungshaushalten oder die immobilienwirtschaftliche Erfassung und Kategorisierung in einem Liegenschaftsmanagementsystem dienen als Technologien zur Produktion neuer Realitäten, indem sie eine neue Form der Wahrnehmung von Liegenschaften im öffentlichen Eigentum hervorbringen. Mit der Sammlung und Integration liegenschaftsbe-
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zogener Informationen wurde das öffentliche Liegenschaftsvermögen als Verwertbares erst hergestellt. Dazu zählt auch eine Verschiebung in der zeitlichen Wahrnehmung der Liegenschaftsnutzung. Nicht die Lebensdauer eines Gebäudes ist entscheidend, sondern die finanziellen Belastungen innerhalb eines Haushaltsjahres im Vergleich zu anderen Verwaltungseinheiten oder dem freien Mietmarkt. Die Bestimmung der (kalkulierten) Liegenschaftskosten ist als künstliche Preisbildung zu verstehen, womit in zweifacher Hinsicht eine Vergleichsebene geschaffen wurde. So wurde es auf diese Weise möglich – in Form von zwischenbezirklichen Kostenvergleichen – einen Optimierungs- und Verwertungsdruck in Bezug auf die öffentliche Liegenschaftsnutzung zu erzeugen. Gleichzeitig konnten die Nutzung von Bestandsliegenschaften und die Nutzung von Immobilien, die am freien Markt angemietet wurden, in Relation zueinander gesetzt werden. Der oben skizzierte Verteilungsmechanismus trägt dazu bei, Kostendruck zu erzeugen, da die Bezirke die liegenschaftsbezogenen Kosten auch für landeseigene Liegenschaften quasi als Miete an den Landeshaushalt zahlen müssen, aber die Budgetzuweisungen anhand der durchschnittlichen Liegenschaftskosten aller zwölf Bezirke bemessen werden. Außerdem erhalten die Bezirke keine Zuweisungen für Kosten, die mit solchen Liegenschaften verbunden sind, die nicht zur Daseinsvorsorge verwendet werden. Zusammengefasst muss es immer Bezirke geben, deren liegenschaftsbezogener Anteil an den Produktkosten im Vergleich zu anderen Bezirken höher ist. Diese Defizite müssen die Bezirke durch Umverteilung innerhalb ihrer Haushalte kompensieren – oder durch die Optimierung und Verwertung von Liegenschaften. Insbesondere im Kontext der kalkulatorischen Kosten wird deutlich, dass die Binnenreform der Berliner Verwaltungslandschaft und die Gründung des Liegenschaftsfonds Berlin (LFB) ineinandergreifen. Mit der Binnenmodernisierung wurde die Grundlage geschaffen, damit die Bezirke – aus ihren eigenen haushaltspolitischen Erwägungen heraus – ihre Liegenschaftsnutzung immer weiter optimieren bzw. reduzieren, was dazu führen sollte das Portfolio des LFB beständig aufzufüllen. Es wurden zusätzlich Anreize geschaffen, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die Bezirke die Nutzung von Liegenschaften aufgeben und sich von diesen mit Hilfe des LFB trennen. Die finanzielle Beteiligung am Verkaufserlös ist mit dem Interesse verbunden, einen möglichst hohen Verkaufspreis zu erzielen und führt in einzelnen Fällen zu der bewussten Schaffung aufwertenden und damit verkaufsfördernden Planungsrechts. Anstatt die Handlungsautonomie der Bezirke zu problematisieren, nimmt die Selbstführung der Bezirke eine zentrale Rolle in der Umsetzung der liegenschaftspolitischen Strategie ein, einen möglichst hohen Erlös aus der Privatisierung öffentlichen Liegenschaftseigentums zu erzielen. Das Ineinandergreifen beider Reformprozesse markiert den individualisierenden und totalisierenden Charakter der Reformen. Die Aktivierung der Bezirke bildet die Grundlage für die Umsetzung der liegenschaftspolitischen Ziele des Senats.
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Mit dem LFB wurde auf Betreiben der SenFin ein zentrales und gut zu steuerndes Exekutivorgan geschaffen, mit dem die liegenschaftspolitische Strategie konfliktärmer und zielgerichteter umgesetzt werden konnte. Auch knüpft die Gründung des LFB an die eingangs erwähnte Verwaltungsskepsis an. Die Rechtsform als private Gesellschaft hat ermöglicht, qualifiziertes Personal jenseits der dienst- und tarifrechtlichen Rahmenbedingungen der öffentlichen Verwaltung zu beschäftigen. In dieser Tarifflucht nach oben ist eine Mobilisierung von Wissensressourcen zu sehen, von denen angenommen wird, dass sie nicht oder nur unter großem Aufwand in der öffentlichen Verwaltung nutzbar gemacht werden könnten. Der LFB sollte in die Lage versetzt werden, politikfern und professionell den Verkauf öffentlicher Liegenschaften voranzutreiben. Die Schaffung eines außerhalb der Verwaltungsstruktur existierenden Unternehmens bedingt zudem eine Festlegung der liegenschaftspolitischen Ausrichtung, die die grundlegende Frage nach dem Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen ausblendet und auf objektbezogene Einzelfallentscheidungen verlagert. Mit dem LFB wurde ein Instrument geschaffen, mit dem potentielle Widerstände in den Bezirken und anderen Verwaltungseinheiten umgangen werden, indem liegenschaftsbezogene Kompetenzen und Zielstellungen in einer privaten Gesellschaft zentralisiert und politisch fixiert werden. So hat sich auch gezeigt, dass die eingerichteten Kontrollgremien nicht dazu geeignet sind, um politische Auseinandersetzungen um die Nutzung und Verwertung zu führen. Nicht nur minimiert der LFB die Auseinandersetzungen um die Nutzung öffentlichen Liegenschaftseigentums, mit seiner Gründung werden auch strategische Ausschlüsse produziert. Seine Daseinsberechtigung hat der LFB in der erlösmaximierenden Veräußerung von Grundstücken und Immobilien. Um dieses Ziel zu erfüllen, richtet er das Angebot gezielt an private Investor_innen, die über den Erwerb und eine aufwertende Entwicklung entsprechende Renditen erzielen wollen. Diese Ausrichtung des LFB konnte erst in Frage gestellt werden, als das Portfolio keine gut gelegenen und lukrativen Liegenschaften mehr enthielt. Und selbst danach zeigt sich, dass die grundlegende betriebswirtschaftliche Rationalität hinsichtlich der Wahrnehmung und legitimen Nutzung von öffentlichen Liegenschaften weiter bestehen bleibt. Die Binnenreform der Berliner Verwaltungslandschaft und die Gründung des LFB bedingen in ihrer Wechselwirkung eine Entpolitisierung des öffentlichen Liegenschaftswesens. Diese besteht darin, dass der Umgang mit Liegenschaften – auch nach der Neuausrichtung – einer politischen Debatte weitestgehend entzogen bleibt. Gleiches gilt für die Frage der bedarfsorientierten Finanzierung der Bezirkshaushalte, da die Verantwortung für Defizite allein den Bezirken und ihren als unwirtschaftlich, aufgebläht und unterqualifiziert angesehenen Verwaltungen zugeschrieben wird. Es dominiert eine betriebswirtschaftliche Betrachtungs- und Umgangsweise, die von einem marktorientierten Transparenzverständnis geprägt ist und ihren Fluchtpunkt
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nicht in fachpolitischen Fragen der Daseinsvorsorge hat, sondern in der Konsolidierung des Berliner Landeshaushalts. Die Zentralisierung der Verwertung von Liegenschaften beim LFB und dessen immobilienwirtschaftliche Ausrichtung bilden eine Schnittstelle, die den Zugriff auf öffentliches Liegenschaftsvermögen in einer völlig neuen Qualität und Quantität ermöglicht. Sie dient insbesondere der Artikulation von Interessen gerade privater Investor_innen hinsichtlich einer ertragsorientierten Entwicklung.
5. Frankfurt am Main Verwaltungsbypass mittels privater Rechtsformen
»Durch Wegzüge in das Umland verliert die Stadt jährlich 3.000 bis 4.000 Einwohner insbesondere aus der Bevölkerungsgruppe der mittleren Einkommen bei gleichzeitig relativer Zunahme unterer Einkommensschichten und sozial benachteiligter Gruppen. Die langfristigen Folgen, vor allem soziale Segregation und zurückgehendes Steueraufkommen, werden erhebliche negative Auswirkungen auf die Stadtentwicklung zeigen. Eine kürzlich durchgeführte Untersuchung des Frankfurter Amtes für Statistik, Wahlen und Einwohnerwesen hat deutlich gemacht, daß die wesentlichen Gründe für den fortwährenden Wegzug in dem qualitativ wie quantitativ nicht ausreichenden Wohnungsangebot sowie unbefriedigenden Wohnumfeld begründet sind.« (WENTZ 1998: 7)
Am Fallbeispiel Frankfurts kann gezeigt werden, dass die Wirkmächtigkeit der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen über eine stadtgeographische Kontextualisierung der Reformen nachgezeichnet werden kann, die über die innere Reformlogik des NSM hinausgeht. Zwar finden sich auch in Frankfurt ab den 1990er Jahren Initiativen zur Binnenreform der kommunalen Verwaltungslandschaft (siehe 5.1), jedoch zeigt sich, dass diese an und für sich und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Wahrnehmung von und den Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen nur limitierte Effektivität aufweist (siehe 5.2). Es lässt sich jedoch zeigen, dass neue Formen der Verwaltungssteuerung in Frankfurt am Main dazu genutzt wurden, um Handlungs- und Finanzierungsvermögen außerhalb der traditionellen Verwaltungsstruktur zu erschließen, wofür private Rechtsformen oder die Kooperation mit
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privaten Partner_innen genutzt wurden. Dabei spielten neben haushalterischen Überlegungen vor allem stadtentwicklungspolitische Problematisierungen eine wesentliche Rolle (siehe 5.3). Dabei wurden gezielt Liegenschaften in Kooperation mit privatwirtschaftlichen Akteur_innen marktnah entwickelt, um Wohn- und Arbeitsquartiere für Haushalte mit mittleren und hohen Einkommen zu schaffen. Es wurden über den privatrechtlichen Kontext die Ziele verfolgt, jenseits der öffentlichen Verwaltungsstruktur sowie unabhängig von Finanzierungsdebatten und politischen Konjunkturen eine unternehmerische Stadtentwicklungspolitik für die Global City Frankfurt zu verfolgen, ohne auf die interne Rationalisierung des politisch-administrativen Apparats angewiesen zu sein. Der Rückgriff auf privat-öffentliche Rechtsformen ist nicht als Sachzwang zu lesen, der aus der angespannten Haushaltslage in Frankfurt in den frühen 1990er Jahren resultiert, sondern vielmehr als politisch-strategisches Handeln. Der Haushalt der Stadt Frankfurt des Jahres 1992 wird vom Hessischen Innenministerium nur unter der Auflage genehmigt, »mit allen […] zur Verfügung stehenden Mitteln eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung sicherzustellen« und dass »für den Gesamthaushalt 1993 eine Nachtragssatzung und ein Sanierungskonzept für die gesamte Haushaltswirtschaft« beschlossen wird (StVV 1993c, Anhang). Im aufgelegten Konsolidierungsprogramm für die Jahre 1993 bis 1998 wird folgende Ausgangssituation beschrieben (vgl. ebd.: 1): Die weltweite Rezession hat zu Mindereinnahmen im Bereich der Gewerbesteuer geführt, was im Haushaltsjahr 1992 ein Defizit von 200 Millionen Mark zur Folge hatte. Die schwankenden Steuereinnahmen und wachsender Kostendruck belasteten den Haushalt der Stadt, wie auch kostspielige Investitionen der 1980er Jahre und die damit verbundenen Langzeitwirkungen und Folgekosten. Auch die aus wirtschaftlichen und politischen Ursachen steigenden Sozialausgaben und die Kosten der Wiedervereinigung haben zu einer höheren Ausgabenlast in der Kommune geführt. Ein weiteres Problem wird in den hohen Verwaltungskosten gesehen, die vor allem durch einen hohen Personalbestand und ein überdurchschnittliches Niveau an freiwilligen Leistungen verursacht werden. Im Konsolidierungsprogramm wird das Fazit gezogen, dass es nicht möglich sei, diesen Problemlagen unter den zu Beginn der 1990er Jahre gegebenen Bedingungen der öffentlichen Leistungserbringung zu begegnen, was auch umfasst, dass sich die Einsparungen nicht nur auf die freiwilligen Aufgaben der Kommune beschränken dürften (vgl. ebd.: 7ff). Das Ziel der Konsolidierung wird in der Rückgewinnung der finanziellen Handlungsfähigkeit gesehen, was mit den folgenden Maßnahmen erreicht werden soll: Senkung der Personalkosten; Einnahmeverbesserungen (bspw. durch Überprüfung und Anpassung der Mieten und Pachten für die Nutzung städtischer Einrichtungen); Aktivierung städtischen Vermögens (bspw. Optimierung der Liegenschaftsnutzung & Verkauf nicht benötigter Liegenschaften); Abbau öffentlicher Aufgaben durch wirtschaftlichere Betriebsformen und Privatisierung; Abbau von Sonderlasten (vgl. ebd.: 10ff).
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In dem Programm wird davon ausgegangen, dass dies nur gelingen könne, wenn Haushaltskonsolidierung und Verwaltungsreform Hand in Hand gingen: »Der Konsolidierungsprozeß sollte begleitet sein von einer grundlegenden Änderung der Verwaltungspolitik und einer Reorganisation der Stadtverwaltung. Die Strukturen der Stadtverwaltung sind in weiten Teilen überaltert. Sie entsprechen – wie übrigens auch die anderer Großstadtverwaltungen – den heutigen Aufgabenstellungen nicht mehr.« (Ebd.: 34)
Die Strategie, die dabei verfolgt werden sollte, wird unter Verweis auf ein Gutachten über die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Aufgabenwahrnehmung bei der Stadt Dortmund deutlich gemacht: »An der überlieferten Organisation der Verwaltung ist die grundlegende Aufgabenveränderung der letzten Jahrzehnte weithin spurlos vorübergegangen; die Verwaltung hat in der Regel eher mit Vergrößerung als mit Erneuerung reagiert.« (Ellwein 1988: 219 zit. n. StVV 1993c: 34) Der Verwaltung wird ein Expansionsdrang zugeschrieben, der für die aktuellen Aufgabenstellungen zu Beginn der 1990er Jahre keine Lösung darstelle. In seinem Bericht zur Finanzsituation der Stadt erklärt der damalige Oberbürgermeister Andreas von Schoeler (SPD) entsprechend, dass »die Stadtverwaltung […] an der Grenze dessen angelangt [ist], was ohne tiefgreifende strukturelle Veränderungen möglich ist« (Schoeler 1992: 57).1 Die initialen Problematisierungen (Globalisierung, Finanzierungskrise und Verwaltungsskepsis), die in dem Konsolidierungsprogramm formuliert wurden, entsprechen damit denen des oben skizzierten Gesamtdiskurses zur Verwaltungsreform 1
Es lässt sich rückblickend nicht detailliert rekonstruieren, welche Rolle die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) bei diesem Prozess in Frankfurt gespielt hat. Allgemein ist zu sagen, dass sich die Stadt Frankfurt als Mitglied der KGSt erhofft, von deren Expertise zu profitieren. In wenigen Interviewaussagen wird davon gesprochen, dass sie auf Ebene der Fachämter gar keine Rolle gespielt hat, nur in der Anfangsphase der Verwaltungsreform präsent war oder beim Thema Facility Management einen Orientierungspunkt darstellt. In einer Fragestunde der StVV wurde gefragt, inwieweit Dezernats- und leitende Verwaltungsmitarbeiter_innen am im Oktober 1993 stattgefundenen KGSt-Forum teilgenommen haben. Geantwortet wurde darauf, dass zahlreiche Vertreter_innen aus unterschiedlichen Ämtern als Besucher_innen und Referent_innen bei dem Forum vertreten waren. Auch wurde darauf verwiesen, dass die Stadt Frankfurt in verschiedenen Gutachter_innenausschüssen der KGSt und beim interkommunalen Erfahrungsaustausch mitarbeitet. Zudem »wurden […] die relevanten Grundsatzthemen zur Verwaltungsreform und Haushaltskonsolidierung gemeinsam mit den Vertreterinnen und Vertretern der KGSt beraten« (StVV 1993b: Frage 120). Des Weiteren fand im Oktober 1993 eine öffentliche Veranstaltung für alle Stadtverordneten und Mitglieder des Gesamtpersonalrats statt, bei der von einer Vertreterin der KGSt zu grundsätzlichen Fragen einer Verwaltungsreform gesprochen wurde.
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(siehe 3.1). Die Ausgangssituation, wie sie Anfang der 1990er Jahre in Frankfurt gesehen wurde, wird auch darüber normalisiert, dass es sich um Probleme handelt, die mit dem Verwaltungsmodell an sich verbunden sind, wie es auch in anderen Großstädten existiert und das als überholt angesehen wird. Die Reformbestrebungen in Frankfurt am Main reihen sich damit in den allgemeinen Trend der Verwaltungsreform ein, dem die deutschen Kommunen in den 1990er Jahren zu folgen begannen. Entsprechend der heterogenen Reformdynamik, die diese auszeichnet, weist Frankfurt trotz der analogen Ausgangsdiagnose eine spezifische Entwicklung auf, die sich bspw. von der Berlins unterscheidet. Hinsichtlich der Neuordnung der Frankfurter Verwaltungslandschaft lässt sich feststellen, dass mit der oben skizzierten Begründung ein Neuordnungsprozess der Verwaltungen initiiert und in einem etwa zehnjährigen Prozess auch umgesetzt wurde. Der signifikante Unterschied zum Fallbeispiel Berlin besteht darin, dass die Verwaltungsreform in Frankfurt bei weitem nicht die gleiche Wirkmächtigkeit und die gleichen Rückkopplungseffekte wie in der Hauptstadt entwickeln konnte. Es lässt sich zwar auch in Frankfurt eine Mobilisierung neuer Verwaltungssteuerung erkennen, gemeinhin wird jedoch eine Dysfunktionalität der Reformen festgestellt (siehe 5.1). In Bezug auf den Umgang mit öffentlichem Liegenschaftseigentum zeigt sich, dass die große Welle an Liegenschaftsprivatisierungen, die in Frankfurt ab den 1980er und vor allem in den 1990er Jahren zum Zweck der kurzfristigen Deckung von Defiziten des Verwaltungshaushalts einsetzte, hier nicht mit der Einführung betriebswirtschaftlicher Instrumente im Bereich der Binnenverwaltung in Zusammenhang steht (siehe 5.2.1). Mehr noch, auch über die Frage nach Privatisierungen hinaus wird kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Binnenreform und einem grundlegend veränderten Umgang mit Liegenschaften erkennbar. In Folge der Einführung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien kann dennoch eine gewisse Rationalisierung mittels der Integration von Informationen hinsichtlich der Liegenschaftsnutzung und -bewirtschaftung festgestellt werden (siehe 5.2.2). Diese ist auch auf die gesteigerte Kostensensibilität in der Verwaltung aufgrund der Einführung von Produkthaushalt, Kostenleistungsrechnung (KLR) und Budgetierung zurückzuführen. Vor dem Hintergrund des erweiterten Verständnisses der Verwaltungsreform als Neuordnung städtischer Verwaltungen, wie es dieser Arbeit zugrunde liegt, ist jedoch relevant, dass im Schatten der Reformdynamik in den 1990er Jahren zahlreiche objekt- bzw. projektbezogene private Gesellschaften – auch in Kooperation mit privaten Akteur_innen – gegründet wurden, wobei es sich nicht um materielle Privatisierungen oder Ausgründungen handelt (siehe 5.3). Bei diesen Vorhaben spielt weniger die Frage nach der Verwaltung öffentlichen Liegenschaftseigentums eine Rolle als die Frage, welche Strategien die stadtentwicklungspolitische Inwertsetzung öffentlichen Liegenschaftseigentums kennzeichnen. So wurde etwa in den frühen 1990er Jahren
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– also noch vor dem Beginn der Binnenreform – nicht nur eine der ersten städtebaulichen öffentlich-privaten Partnerschaften zur Entwicklung des Westhafens realisiert (siehe 5.3.2), sondern mit der Konversions-Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH (KEG) auch eine öffentlich-private Gesellschaft gegründet, die die Funktion eines objektbezogenen stadtentwicklungspolitischen Problemlösungsinstruments übernimmt (siehe 5.3.3). Es ist festzustellen, dass diese Gesellschaften – im Unterschied zum Berliner Liegenschaftsfonds – nicht die primäre Aufgabe hatten bzw. haben, Gewinne für die öffentliche Hand zu erwirtschaften, um den öffentlichen Haushalt zu decken. Sie sind vielmehr durch einen politisch-strategischen Charakter gekennzeichnet, der darin besteht, flexibel, politikfern und räumlich begrenzt Stadtentwicklungsprozesse zu finanzieren und zu gestalten. Damit verändert sich auch die Selektivität hinsichtlich der Artikulation von Interessen gegenüber dem und durch den lokalen Staat als strategisches Feld. Diese Gesellschaften sind dadurch gekennzeichnet, dass sie als eine Art Bypass fungieren, der es ermöglicht, Fachkräfte und privates Kapital zu mobilisieren, um auf diesem Weg – im Einklang mit den Interessen privatwirtschaftlicher Partner_innen – stadtentwicklungs- und bevölkerungspolitische2 Ziele zu realisieren, ohne dabei auf die öffentliche Verwaltungsstruktur einschließlich demokratischer Legitimierungsverfahren oder öffentliche Finanzierung angewiesen zu sein.
5.1 N EUE V ERWALTUNGSSTEUERUNG IN F RANKFURT AM M AIN Die Umsetzung der Verwaltungsreform3 beginnt in Frankfurt – wie auch in Berlin – Mitte/Ende der 1990er Jahre. Im Zentrum der 1996 beschlossenen Reform steht die »Entwicklung und Einführung einer Kosten‐ und Leistungsrechnung auf Basis eines 2
Ich bin mir über die historische Ambivalenz des Begriffs der Bevölkerungspolitik bewusst, verwende ihn hier aber dennoch in dem Sinne, dass er politisch-administrative Maßnahmen umfasst, die auf die sozial-ökonomische Zusammensetzung der Stadtbevölkerung gerichtet sind.
3
Vom Hessischen Landtag wurde 2004 die Änderung der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) beschlossen, mit der »die Kommunen ermächtigt werden, ihre Haushaltsführung nach kaufmännischen Grundsätzen zu gestalten« (vgl. Hessischer Landtag 2004). Mit der Änderung der HGO wird der Grundstein für den Übergang zur Verallgemeinerung der kaufmännischen Buchführung in den hessischen Gemeinden gelegt. Die Entwicklung erfolgt nach dem oben beschriebenen Schema, demzufolge zunächst in den Kommunen selbst Ansätze entwickelt wurden, neue Instrumente der Haushaltsführung im Rahmen von Verwaltungsreformbestrebungen einzuführen, bevor zeitlich versetzt landesweite Regelungen getroffen wurden.
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ebenfalls zu erstellenden Produktkataloges in der Stadtverwaltung Frankfurt am Main« (StVV 09.05.1996), womit unter den Bedingungen von Spar- und Kostendruck nach »neuen Wegen« gesucht wurde, »wie man unter den Gesichtspunkten der Effektivität und Effizienz die Verwaltung neu aufstellen kann«, um »mit den Ressourcen, die zur Verfügung stehen, […] gestalterisch tätig zu werden« (F2012-P: 24). Bei der Reform liegt, wie in vielen anderen Kommunen auch, der Schwerpunkt auf einer Reform der kommunalen Haushaltsführung durch die Einführung eines Produkthaushalts, der KLR und der Budgetierung, was jedoch nicht zu den gewünschten Einsprungs- und Steuerungseffekten geführt hat (siehe 5.1.1). Die ab Mitte der 1990er Jahre verfolgte Reform ist eng verbunden mit einem Konsolidierungsprogramm, mit dem das Ziel verfolgt wird, zwischen 1993 und 1998 zu einem ausgeglichenen Haushalt zu gelangen. Damit verbunden sind umfangreiche Stelleneinsparungen zur Reduzierung der Personalkosten (siehe 5.1.2). Dies führt zu einer Situation, in der auf der einen Seite eine Organisationsstrukturreform durchgeführt werden soll, von der sich eine höhere Qualität und höhere Stückzahlen bei gleichbleibendem oder gar sinkendem Ressourcenverbrauch versprochen werden. Auf der anderen Seite wird der Personalbestand sukzessive reduziert, was auch zu Überlastungen führt. 5.1.1 Dysfunktionalität der Verwaltungsreform Drei Jahre nachdem die Einführung des Produkthaushalts begonnen wurde, wird das Vorhaben in der Presse folgendermaßen kommentiert: »Was tatsächlich geschah, ist mit den Worten teures Ärgernis nur milde charakterisiert. Umgerechnet mindestens 25 Millionen Euro gab die Stadt aus, etliche Millionen davon flossen an das Beratungsunternehmen Roland Berger. Es gab unzählige Schulungen, man kaufte Terminals und Computerprogramme. Doch nach mehr als drei Jahren Anlauf ist es im Rathaus nicht gelungen, den Produkt‐Haushalt tatsächlich so umzusetzen, dass er einen Fortschritt für Bürger und Politik bringt.« (FR 26.11.2002: 27)
Der damalige Kämmerer, Horst Hemzal, zieht folgendes Fazit: »Es gibt keine verwendungsfähigen Berichte, nach denen die Verwaltung steuerbar wäre« (zit. n. FAZ 11.04.2002: 52). Das Grundproblem habe darin bestanden, dass die Verwaltungsreform »nicht […] einem strukturierten Prozess« gefolgt ist, »wo man gezielt und konsequent sich die Prozesse angeguckt und sich überlegt hat, wie optimiere ich diese« (F2011-G: 42). Vielmehr habe sie sich in spontanen und selbstorganisierten Prozessen in den einzelnen Facheinheiten niedergeschlagen, ohne dabei einem Programm zu folgen (F2011-J: 42). Die Einführung betriebswirtschaftlicher Haushaltsführung hatte auch auf Seiten der Politik keine grundlegenden Veränderungen zur Folge:
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»Die Umstellung auf den Produkthaushalt hat eigentlich die Haushaltssystematik […] strukturell stärker durcheinandergeworfen. Ich sage mal so, ich habe auch mal beim Produkthaushalt die Frage an den Magistrat gestellt, man soll doch mal eine Entscheidung nennen, die aufgrund der Umstellung auf den Produkthaushalt gefallen oder nicht gefallen ist. Da kam keine konkrete Antwort […]. Also für die praktische Haushaltsberatung haben diese […] Umstellungen praktisch überhaupt keine Relevanz gehabt.« (F2013-T: 19)
So gesehen folgte die Verwaltungsreform in Frankfurt auf lokaler Maßstabsebene dem Credo der Aktivierung und dezentralen Umsetzung, was jedoch gleichzeitig zu einer Fragmentierung der Reformbestrebungen innerhalb der Stadtverwaltung geführt hat, da viele Einzellösungen umgesetzt wurden. Vor dem Hintergrund dieser Bewertung stellt sich für Frankfurt die Frage, wie sich die Implementierung einer betriebswirtschaftlichen Haushaltsführung und Verwaltungssteuerung konkret vollzogen hat und welche Bedeutung diese Entwicklung trotz der festgestellten mangelhaften Wirkungstiefe für die Neuordnung der kommunalen Verwaltung hat. Als kreisfreie Stadt verfügt Frankfurt am Main über ein höheres Maß an Autonomie gegenüber den kommunalen Aufsichtsbehörden als bspw. die Berliner Bezirke gegenüber der Senatsverwaltung. Zwar muss der Haushalt vom Hessischen Innenministerium genehmigt werden, aber die Stadt Frankfurt verfügt über eigene Einnahmen. Haupteinnahmequelle sind dabei die auch im relativen Vergleich mit anderen Großstädten sehr hohen Gewerbesteuereinnahmen4 (siehe Abb. 13).
4
Die Gewerbesteuer bemisst sich nach dem Gewerbeertrag und stellt die wichtigste originäre Steuereinnahme der Gemeinden dar, ist aber stark konjunkturabhängig und weist deswegen große Schwankungen auf (vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2004: 100). Die Höhe der Gewerbesteuer ist von der lokalen Wirtschaftskraft abhängig, weswegen Kommunen im unterschiedlichen Maß von den damit verbundenen Einnahmen und Schwankungen abhängig sind. Die Stadt Frankfurt verzeichnete bspw. im Jahr 2002 fast 500 Millionen Euro weniger Einnahmen als im Jahr 2000, was auf die Folgen der DotcomBlase zurückzuführen ist. Aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2007 verzeichnete die Stadt im Jahr 2009 ca. 400 Millionen Euro weniger Gewerbesteuereinnahmen. Im Jahr 2001 ist zu erkennen, dass im Vergleich zu den drei Vorjahren deutlich mehr Liegenschaften verkauft wurden (siehe Abb. 15). Über diese Feststellung hinaus ist jedoch nicht ersichtlich, ob zwischen sinkenden Gewerbesteuereinnahmen und Liegenschaftsverkäufen ein kausaler Zusammenhang besteht. Die Schwankungen zeigen jedoch auf, dass die Stadt Frankfurt immer wieder innerhalb kürzester Zeit erheblich sinkende Einnahmen kompensieren musste.
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Abbildung 13: Gewerbesteuereinnahmen Frankfurt am Main, Köln, München und Berlin, 1996-2012
Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2016, eigene Darstellung
Die Gewerbesteuereinnahmen bewegen sich auf einem hohen Niveau und erreichen punktuell das Niveau von München und Berlin – beides deutlich größere Städte. Damit ist der Frankfurter Haushalt zwar einerseits in hohem Maße von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abhängig, wie man an den Einbrüchen nach den Jahren 2000 und 2008 sehen kann, wo es jeweils zu Wirtschaftskrisen kam, ist aber andererseits nicht auf Zuweisungen durch bspw. das Land Hessen angewiesen. Aufgrund der auch im Vergleich hohen Steuereinnahmen beansprucht Oberbürgermeister von Schoeler zu Beginn der 1990er Jahre für Frankfurt »eine Ausnahmestellung in Deutschland«, die es ermöglicht habe, »das erreichte Niveau öffentlicher Leistungen bislang weitgehend aus eigener Kraft [zu] bezahlen« (Schoeler 1992: 58). Frankfurt am Main weist zwar in den 1990er Jahren einen hohen Verschuldungsstand auf. Die hohen Gewerbesteuereinnahmen bedingen jedoch, dass selbst zu Hochzeiten die Verschuldung und der daraus abgeleitete Handlungsdruck bei weitem nicht das Niveau von Berlin erreicht haben. Bei Frankfurt handelt es sich um eine immer schon sehr wohlhabende Kommune, weswegen der Handlungsdruck zur Durchführung einer Verwaltungsreform zwar durchaus bestand, aber nicht besonders groß war, worin einer der Gründe für die mangelhafte Umsetzung einer solchen Reform gesehen wird: »Brutal gesagt, der finanzielle Druck in Frankfurt war nie da. […] Das heißt, dieser Druck, eine bestimmte Reform zu machen, wurde von der Politik nie so wahrgenommen. […] Im Grunde
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hat man nie was Anderes gemacht, als sich auf diese Einnahmequelle [Gewerbesteuer] zu verlassen und vor diesem Hintergrund alle Reformbemühungen wegzuschieben.« (F2014-W: 33)
Des Weiteren ist die politisch-administrative Topologie in Frankfurt als Grund dafür zu sehen, dass kein inneradministrativer Wettbewerb um geringere Produktkosten initiiert werden konnte, da bis heute trotz der Einführung von Produkthaushalt, Kostenrechnung und Budgetierung aufgrund der fachlich aufgegliederten Verwaltung keine Ebene für einen verwaltungsinternen Leistungsvergleich existiert – anders als in Berlin, wo mittels künstlicher Preisbidlung quasiwettbewerbliche Steuerungsmuster etabliert wurden. Mehr noch ist zwischen den Ämtern in Frankfurt gerade wegen der Verwaltungsreform kein Wettbewerb denkbar, weil im Zuge der Produktdefinition die Zusammenarbeit dahingehend vereinfacht wurde, dass Vorgänge, für die zwei Ämter zuständig waren, in die Verantwortung nur noch eines Amts überführt wurden. Aufgrund der Verwaltungsstruktur und der damit verbundenen Aufgabenverteilung wurde in Frankfurt also trotz der Einführung betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente keine relationale Mittelverteilung etabliert, sodass es bis heute keine künstlich geschaffene wettbewerbsbedingte Spirale der Kostensenkung etabliert werden konnte. Bei der Einführung einer betriebswirtschaftlichen Haushaltsführung wurde in umfangreichem Maß auf die Hilfe von Beratungsunternehmen – hier vor allem Roland Berger & Partner – zurückgegriffen, »die natürlich sehr dankbar dieses neue Betätigungsfeld für sich entdeckt und angenommen haben« und die versucht hätten, »mit möglichst wenig Input oder Einsatz möglichst viel vom Kuchen abzubekommen« (F2012-P: 24). In Multiplikator_innenschulungen sollte das neue Haushaltssystem eingeführt werden. Auf Fachämterebene wurde gerade die von Berater_innen angeleitete Entwicklung von Produkten als aktivierender Prozess der Selbstreflexion betrachtet, um Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Innenorganisation zu identifizieren. Der Prozess wurde als »Chance« gesehen, um »all das, was wir selbst erkennen, was besser gehen könnte, auch mal anzugehen, zu benennen und vielleicht auch voranzubringen« (F2011-H: 10). Dieser Prozess stieß jedoch auch auf Widerstand in den Verwaltungen: »Wenn in eine große Verwaltung, die ja auf eine Jahrhundert-Tradition zurückblickt, dreimal ein Roland Berger kommt, der der Verwaltung erzählen will, was sie zu tun hat, dann weiß ich […], dass das nicht funktionieren kann.« (F2011-G: 21) Konkreter wird die mangelhafte Umsetzung damit begründet, »dass Fachleute in der Verwaltung […] hinhaltenden Widerstand gegen das neue Etat‐System leisten« (FR 26.11.2002: 27). Die angestrebten Reformziele wurden von der Leitungsebene der Verwaltungen nicht oder nur selektiv mitgetragen: »Man konnte den Eindruck gewinnen, dass sich die Dienststellenvertreter das angehört haben und eigentlich vorher schon wussten, was man eigentlich machen möchte. […] Und diese ganzen Unterlagen, diese Power-Point-Präsentationen dieser Unternehmensberater, diese hunderte
222 | V ERWALTUNG DER UNTERNEHMERISCHEN STADT von Seiten, die wurden in die Schublade gesteckt und man hat so weitergemacht wie bisher. Das ist das Ergebnis.« (F2011-D: 74)
An anderer Stelle heißt es dazu, dass »alles, was damals erarbeitet worden ist, das interessiert heute überhaupt nicht mehr. Es sind die Überschriften noch genommen worden und alles andere interessiert nicht mehr.« (F2011-D: 80) Vorschläge von Beratungsunternehmen, die an anderen Städten als Vorbilder orientiert waren, führten dazu, »dass nach einer mittleren Diskussionsphase sich diejenigen durchsetzen, die sagen, das kann man doch alles nicht vergleichen« (F2013-T: 50)5. Es finden sich auch sachbezogene Argumente, warum die Verwaltungsreform nicht die gewünschten Effekte zur Folge hatte, die über eine reine Verweigerungshaltung der Verwaltung hinausgehen: »Was diese ganzen Neuen Steuerungsmodelle sehr stark charakterisiert, ist dieser betriebswirtschaftliche Aspekt. Man kann natürlich bestimmte betriebswirtschaftliche Mechanismen auf den öffentlichen Dienst adaptieren. Das geht schon. Man darf dabei aber eben nicht vergessen, dass der öffentliche Dienst per se erst mal nicht gewinnorientiert ist […]. Man hat versäumt […] zu gucken, passt denn dieser Mechanismus auf die Aufgaben, die der Öffentliche Dienst hat – ist schiefgegangen.« (F2012-P: 24)
Die Reformmodelle wurden nicht an die speziellen Anforderungen und Bedürfnisse der öffentlichen Daseinsvorsorge angepasst, »weil das wäre auch sehr kostenintensiv gewesen« (F2012-P: 24). In Frankfurt am Main ist eine Teilimplementierung betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente zu erkennen, die zwar auf dem Papier eingeführt wurden, aber nicht die gewünschte Wirkung entwickelten. Dies wird darüber hinaus auch mit dem mangelnden Verständnis und der nicht ausreichenden Qualifizierung der Verwaltungsmitarbeiter_innen begründet. Die erfolgreiche Umsetzung hätte fachlich qualifizierte Mitarbeiter_innen erfordert, »die zum einen die Verwaltung und ihre Strukturen kennen […], die aber so weit in diesen betriebswirtschaftlichen Mechanismen drinnen sind, dass sie genau diese Transferleistung hinbekommen« (F2012-P: 24). Den Verwaltungsmitarbeiter_innen wird die Qualifikation abgesprochen, die für eine erfolgreiche Implementierung der betriebswirtschaftlichen Verwaltungssteuerung für notwendig erachtet wird. Neben den fachlichen Aufgaben seien nicht ausreichende Ressourcen zur Qualifizierung und Umsetzung vorhanden gewesen, was zur Folge gehabt habe, dass »das Wissen nicht in einer Form
5
In den in Frankfurt geführten Interviews wurde immer wieder darauf verwiesen, dass man sich in Frankfurt traditionell immer noch als freie Reichsstadt fühle. Mit diesem Selbstverständnis ist die Überzeugung verbunden, dass die Situation nicht mit anderen Städten vergleichbar sei.
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in die Verwaltung weitergegeben wurde, wie es notwendig gewesen wäre, um es dezentral umzusetzen« (F2011-G: 15). Für eine erfolgreiche Umsetzung wird es als Bedingung angesehen, »fachlich hinreichend ausgebildete Ökonomen in die Verwaltung einzustellen, die dann mit Hilfe des Verwaltungswissens in den Verwaltungsabteilungen der Fachämter ein solches System aufgebaut hätten« (F2011-G: 15). Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Problematisierungen der Verwaltung und der in ihr Tätigen, die als legitimierender Ausgangspunkt der Verwaltungsreform gesehen werden, auch gleichzeitig für das partielle Scheitern der Reform verantwortlich gemacht werden. Zudem zeigt sich, dass die Kräfteverhältnisse im politisch-administrativen System Frankfurts sich hindernd auf die Reformprozesse ausgewirkt haben. Es lässt sich aber ebenso resümieren, dass trotz der als weitgehend gescheitert betrachteten Reformbemühungen, die Problematisierung der Leistungsfähigkeit der Verwaltungsstrukturen und -mitarbeiter_innen im Zentrum der Auseinandersetzung steht. Hier zeigt sich, dass die Verwaltungsreform nicht auf eine neutrale Rationalisierung der Verwaltungsabläufe mit Hilfe betriebswirtschaftlicher Instrumente und Rationalitäten zu reduzieren ist. Gegenstand der Neuordnung der Frankfurter Verwaltung sind die institutionellen Kanäle innerhalb der Verwaltung und zwischen Politik und Verwaltung sowie auch die Art und Weise der Problematisierung und den damit korrespondierenden Lösungsstrategien und -instrumenten. Die mangelnde Effektivität der Verwaltungsreform betrachte ich zudem als komplementäre Entwicklung zu der umfangreichen Nutzung privatwirtschaftlicher Formate, wie sie in den folgenden Kapiteln 5.2 und 5.3 diskutiert wird. 5.1.2 Personalentwicklung Gemäß den Protokollen der Stadtverordnetenversammlung Frankfurts (StVV) wird 1994 die Verwaltungsreform mit der Senkung der Personalkosten verbunden, die in Frankfurt im Vergleich zu anderen Städten als zu hoch erachtet werden. Der Personalabbau ist dahingehend relevant, weil darin ein Grund gesehen werden kann, warum die Umsetzung der Verwaltungsreform in Frankfurt als nicht erfolgreich bewertet wird. Darüber hinaus öffnet der qualitative und quantitative Abbau öffentlichen Personals den Raum für extraadministrative Lösungen, mit deren Hilfe auf qualifiziertes Personal zurückgegriffen werden kann, ohne die damit verbundenen Kosten im städtischen Haushalt ausweisen zu müssen (siehe 5.3). Damit werden Auseinandersetzungen um die Schaffung neuer Stellen und die damit verbundenen Kostenbelastungen umgegangen.
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Der Personalabbau wurde von der damaligen Koalition aus SPD und Grünen vor allem durch Wiederbesetzungssperren, Vorruhestandsregelungen und die Umwandlung von Eigenbetrieben in GmbHs erreicht (siehe Abb. 14)6. Dieses Vorgehen wurde damit begründet, dass eine Reform nicht mit betriebsbedingten Kündigungen erzielt werden könne, da dies die Mitarbeit der Verwaltungsbediensteten gefährdet hätte. Gegen den schleichenden Prozess des Personalabbaus wurde von Seiten der Beschäftigten kein Widerstand geleistet, da die Beschäftigungssituation sich nicht grundlegend veränderte und in einer Dienstvereinbarung das Mittel der betriebsbedingten Kündigungen ausgeschlossen wurde. Abbildung 14: Personal (Vollzeit & Teilzeit) der Stadt Frankfurt, 1992-2012
Quelle: Statistisches Landesamt Hessen 2016, eigene Darstellung
Auch wenn die beiden Begriffe in den Debatten oft miteinander verbunden werden, ist inhaltlich kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Personalabbau und einer Struktur- und Organisationsreform der Verwaltung festzustellen: 6
Der starke Personalabbau zwischen den Jahren 1995 und 1996 ist mit Letzterem zu erklären. Die Kategorie Einrichtungen u. Unternehmen in der Personalstatistik weist 1995 noch über 5.500 Beschäftigte aus, ab 1996 sind es nur noch knapp 250. Das Personal wurde hier aufgrund der Umwandlung der Eigenbetriebe nicht mehr in der Statistik aufgeführt. Noch entscheidender ist dabei jedoch, dass die Personalkosten nicht mehr im städtischen Haushalt ausgewiesen werden, obwohl es sich auch weiterhin um kommunale Mehrheitsgesellschaften handelt. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Organisationsprivatisierung, die sich von einer materiellen Privatisierung dahingehend unterscheidet, dass sich zwar die Rechtsform ändert, die Eigentumsverhältnisse jedoch gleich bleiben.
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»Personalorganisatorische Maßnahmen mit großen Einsparungen aufgrund von ControllingBerichten oder von Erkenntnissen, die man mit dieser neuen Kosten-Verursachungsorganisation gewonnen hätte, […] haben wir nie erlebt. Dieser Anspruch, jetzt sind wir effizient, weil wir ein Verfahren einführen, […] der hat sich zerschlagen.« (F2012-P: 77)
Es wurden stattdessen pauschale Personalkostenkürzungen beschlossen, die in jedem Haushaltsjahr umzusetzen waren. Der Personalabbau in den 1990er Jahren hatte zur Folge, dass ab 1996, als die ersten Schritte der betriebswirtschaftlichen Verwaltungsneuordnung getan waren, bereits »so viel ausgegründet und reduziert wurde, dass […] im personellen Sektor gar keine Chance bestand, Haushaltsmittel zu konsolidieren« (F2011-D: 44). Stattdessen sollte die Arbeitseffektivität der Verwaltungen erhöht werden. Stellenabbau wurde vor allem in Bereichen durchgeführt, wo erstens keine hoheitlichen Aufgaben erfüllt wurden und zweitens auf ein entsprechendes privates Angebot zurückgegriffen werden konnte: »Am Anfang war es natürlich so, dass vor allem Arbeiterinnenbereiche drastisch reduziert wurden. Beispiel Grünflächenamt. Fünfzig Prozent der working class des operativen Bereichs ist in diesen Konsolidierungszeiten ab 1993 abgebaut worden.« (F2011-D: 57) Die Auslagerung erfolgte dabei aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen, da die Leistungen günstiger eingekauft werden sollten. Diese Absenkung der Personalkosten hatte zur Folge, dass in den Ämtern Kontrollstellen eingerichtet wurden, um die Qualität der externen Leistungen zu überprüfen. Der Abbau von Personal hatte auch zur Folge, dass einige Aufgaben gar nicht mehr erledigt wurden, da keine ausreichenden personellen Ressourcen zur Verfügung standen: »Wenn ich den Apparat ausdünne, muss ich natürlich erkennen, dass er nicht alles managen kann.« (F2011-F: 135) Daraus resultierten teilweise erhebliche Probleme in der Aufgabenwahrnehmung, weil das Personal fehlte – in welchem Bereich dies der Fall war, hing von der politischen Konjunktur und der Koalitionsbildung im Frankfurter Magistrat ab. Auch hinsichtlich der Umsetzung des Qualitätsmanagements, das im Zuge der Verwaltungsreform eingeführt wurde, lässt sich feststellen, dass die damit einhergehende zusätzliche Arbeitsbelastung mit der noch zur Verfügung stehenden Personaldecke nicht geleistet werden konnte. Gleiches gilt für die gewollte Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren oder anderer Arbeitsprozesse, die aufgrund der Kürzungsvorgaben im Personalbereich nicht umgesetzt werden konnte. Die Personalreduzierung führte auch zu einer Verdichtung der Arbeitsprozesse, was sich sowohl auf die Arbeitsbedingungen als auch auf die Qualität der Leistungen ausgewirkt hat: »Das ist alles ziemlich gestrafft und ich muss sagen, es sind schon Kollegen dabei, die aufgrund dessen krank geworden sind. […] Die Arbeit ist mehr konzentriert und es wird nur noch das
226 | V ERWALTUNG DER UNTERNEHMERISCHEN STADT Wichtigste gemacht. Das, was nicht so wichtig ist, bleibt liegen und staut sich auf und das rächt sich natürlich irgendwann mal, weil das Personal fehlt.« (F2012-Q: 183)
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Personalkürzungen in Frankfurt am Main nicht das Ergebnis einer grundlegenden Organisations- und Verwaltungsreform sind, sondern auf eine allgemeine Kürzungspolitik ab den frühen 1990er Jahren zurückzuführen sind. Wie in Berlin gilt auch in Frankfurt am Main, dass diese Verbindung zu Effekten führt, die das Bild der nicht leistungsfähigen Verwaltung weiter verfestigen und Anlass für Reformbestrebungen geben. Kurz gesagt, haben die Austeritätseffekte kontinuierlich zu einer Überlastung der Verwaltungsapparate und des darin tätigen Personals geführt. Diese Entwicklung reiffiziert die Problematisierung der administrativen Leistungsfähigkeit und fungiert im Sinne eines Krisendiskurses dazu Interventionsfelder zu bestimmen oder den Rückgriff auf privatrechtliche und privatwirtschaftliche Lösungen zu legitimieren.
5.2 L IEGENSCHAFTSPOLITIK UND - VERWALTUNG IN F RANKFURT AM M AIN In Frankfurt am Main lassen sich keine kohärenten Auswirkungen der Verwaltungsreform auf die Wahrnehmung von und den Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen erkennen, wie das im Falle Berlins möglich ist. Vielmehr ist eine Vielzahl von Effekten feststellbar, die von binnenadministrativen Rationalisierungen der Liegenschaftsnutzung über unterschiedliche Formate öffentlich-privater Partnerschaften (ÖPP/PPP) bis hin zur Gründung städtischer Gesellschaften zur Ausgliederung von Verwaltungsbereichen reicht. Diese Neuordnungsprozesse stehen nicht immer unmittelbar im Zusammenhang mit der Einführung betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente in der Kernverwaltung, sind aber der gleichen Reformdynamik zuzuschreiben und finden sozusagen im Schatten des NSM statt (siehe 3.3.2). Erklärungen dafür sind unter anderem der hohe Grad der Fragmentierung im Bereich der Liegenschaftsverwaltung oder auch der fehlende Reformdruck aufgrund der hohen Gewerbesteuereinnahmen, wie bereits im vorherigen Kapitel beschrieben wurde (siehe 5.1). Neben dem Liegenschaftsamt, das für die Eigentumsverwaltung der stadteigenen Liegenschaften zuständig ist, betreiben zahlreiche Ämter eine eigene Liegenschaftsverwaltung (Bildung, Soziales, Kultur und Sport). Diese Fragmentierung der Liegenschaftsverwaltung ist das Resultat einer historisch gewachsenen Verwaltungsstruktur:
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»Früher war die Liegenschaftspolitik noch mehr zersplittert. Es gab Liegenschaftsverwaltung im Verkehrsbereich, es gab Liegenschaftsverwaltung im Industriereferat, es gab Liegenschaftsverwaltung für Wohnungen. […] Man hat das Anfang der 70er Jahre zusammengeschmissen und Liegenschaftsamt genannt und hat da in dieses damals neue Liegenschaftsamt das Industriereferat integriert.« (F2012-M: 9)
Weitergehende Zentralisierungsbestrebungen, wie sie in Berlin verfolgt wurden, lassen sich in Frankfurt nicht feststellen, da sie politisch nicht durchsetzbar gewesen wären: »Es wurde sehr viel über diese Situation gesprochen, aber da das immer an die Machtgrenzen einzelner Dezernate beziehungsweise Dezernentinnen und Dezernenten stieß, hat sich wenig getan.« (F2012-G: 9) So wird bspw. 1996 von der CDU ein Etatantrag zur Einrichtung einer Gebäudebewirtschaftung und eines Liegenschaftsmanagements gestellt. In der Begründung des Antrags findet sich folgende Problematisierung: »Derzeit arbeiten mehrere Ämter/Dezernate in der Vermögens-/Immobilien- und Technischen Gebäudeverwaltung, ohne daß ein schlüssiges Gesamtkonzept vorliegt. So werden Daten von Liegenschaften nicht zentral erfaßt, Kostenrechnungen und die Ermittlung von Arbeitsplatzkosten nicht angestellt. Auch fehlen systematische Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen zur Optimierung des Gebäudebestandes.« (StVV 1996)
Die Absicht, eine »effizientere Gebäudebewirtschaftung« (ebd.) für die mehr als 3.000 städtischen Amts- und Dienstgebäude einzuführen, umfasst auch den Aufbau einer detaillierten Gebäudedatenbank. Der Antrag wird jedoch von der rot-grünen Mehrheit in der StVV abgelehnt. Erst ab Ende der 1990er Jahre werden dezentral in einzelnen Fachämtern entsprechende Systeme eingeführt (siehe 5.2.2). Es dauert bis zum Jahr 2014, bis in Frankfurt wieder öffentlich über ein zentrales Management für alle städtischen Liegenschaften gesprochen wird, dessen Ausrichtung bis zur Kommunalwahl 2016 entschieden sein soll (vgl. FAZ 01.11.2014). Aus diesen Gründen lassen sich in den einzelnen Fachverwaltungen in Frankfurt zahlreiche unterschiedliche Ansätze und Modelle finden, die von öffentlich-privaten Partnerschaften über die Gründung eigener Gesellschaften bis hin zur Schaffung neuer Formen verwaltungsinterner Aufgabenerbringung reichen. In der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) ist eine mächtige Stellung der einzelnen Dezernent_innen verankert. Dort heißt es in §70 Abs. 2, dass der gesamte Gemeindevorstand gemeinsam entscheidet und ansonsten »die laufenden Verwaltungsangelegenheiten von dem Bürgermeister [sic] und den zuständigen Beigeordneten selbständig erledigt« werden. Das bedeutet, die Oberbürgermeister_in besitzt keine Weisungsbefugnis gegenüber den anderen Magistratsmitgliedern. Lediglich im Falle einer Stimmgleichheit ist ihre Stimme entscheidend. Die Oberbürgermeister_in
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ist damit »Erster [sic] unter Gleichen« (Dreßler 2004: 288) Die fachpolitischen Handlungsspielräume der Oberbürgermeister_in beschränken sich drauf, die Zuständigkeiten unter den Mitgliedern des Gemeindevorstands zu verteilen. Das hat zur Folge, dass grundlegende Reformen oder Reformen von Querschnittsthemen, wie bspw. der Liegenschaftspolitik und -verwaltung, nur kollegial und damit nicht gegen den Willen der Dezernent_innen durchgesetzt werden können. Das Ergebnis ist eine hohe fachpolitische Autonomie der Dezernent_innen, die es ermöglicht Entscheidungen, wie bspw. die Zentralisierung des Liegenschaftswesens, zu verhindern. Im Umkehrschluss hat diese Autonomie zur Folge, dass in den einzelnen Fachämtern eigene Liegenschaftsverwaltungen existieren. Wie umfangreich diese ausfallen, ist von politischen Konjunkturen geprägt, was auch zwischen den einzelnen Verwaltungsbereichen zu fachlichem Konkurrenzdenken führt: »Früher war das Liegenschaftsamt zuständig für alle Grundstücksgeschäfte. Mittlerweile haben sich in anderen Ämtern Abteilungen gebildet, die mordsmäßig aufgeplustert worden sind, auch mit Personal. Die meinen jetzt […], obwohl sie einen Haufen Leute haben […], dass das Liegenschaftsamt ihre Arbeit macht. Da wurde gesagt, nein, das kommt nicht in Frage, ihr habt hochbezahlte Leute […], die eingekauft werden. Das hätte früher alles das Liegenschaftsamt gemacht, aber dafür gibt es jetzt nicht ausreichend Personal.« (F2012-Q: 190)
Die Fragmentierung des Liegenschaftswesens in Frankfurt markiert inneradministrative Konfliktlinien zwischen einzelnen Verwaltungsbereichen um die Frage, welches Amt am besten qualifiziert ist, um die fachpolitischen Anforderungen an die Verwaltung einer Liegenschaft zu erfüllen. Daran anschließend ist festzustellen, dass die Zuordnung des Liegenschaftsamts in Frankfurt im Laufe der Jahre immer wieder zwischen Planungsdezernat und Kämmerei gewechselt hat.7 Diese Zuordnungswechsel sind jedoch nicht auf eine fachliche Auseinandersetzung über die Frage zurückzuführen, ob Liegenschaftspolitik und -verwaltung an stadtentwicklungspolitischen oder haushaltspolitischen Zielen ausgerichtet sein soll, sondern sind 7
Bedeutender als die Zuordnungswechsel wird für die Kontinuität und Ausrichtung der Liegenschaftspolitik in Frankfurt der Amtsleiter Alfred Gangel (1987-2016) gesehen, der als »sehr starke Figur« (F2013-V: 178) und »politisches Schwergewicht« eine »sehr gewichtige Position« (F2012-Q: 279) einnehme, weswegen das »Amt […] praktisch nur aus diesem einen Mann« (F2011-J: 108) bestanden habe, über den es heißt, »es wäre dem Amtsleiter egal, wer unter ihm Dezernent wäre« (F2013-T: 46). Der Amtsleiter »ist eher so der kleine König, der hat die Fäden in der Hand, der weiß auch, wo es noch was gibt, man hat aber sonst keine Chance das zu finden« (F2012-S: 33). Dies veranschaulicht am Beispiel einer einzelnen Person, dass die Verwaltung nicht nur ausführendes Organ ist, sondern ein eigenes politisches Gewicht und vor allem Wissens- und Handlungsautonomie gegenüber politischen Vertreter_innen aufweist.
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»im Wesentlichen […] Koalitionsarithmetiken geschuldet gewesen. […] Und wenn das nicht so ganz klappt, sind das dann meistens solche Bereiche wie Personaldezernat oder Liegenschaftsamt, wo man dann noch so eine Arithmetik-Korrektur macht. Also da sollte man jetzt nicht allzu viel reingeheimnissen.« (F2013-T: 29)
Die Liegenschaftsverwaltung wurde nicht in ein privatrechtlich organisiertes Liegenschaftsmanagement überführt, da – unabhängig von den politischen Mehrheiten – die Amtsstruktur genug Spielräume für die anfallenden Aufgaben bot: »Ich wüsste jetzt nicht, was ein GmbH-Geschäftsführer, außer einem Dienstwagen und anderen Möglichkeiten der Bewirtung und dergleichen, anders machen sollte. […] Natürlich ist ein Geschäftsführer ein Stück freier, was Ausschreibungsrichtlinien und das rechtliche Korsett angeht, das ein Amt und Hoheitsträger ständig um sich herum hat, aber es gibt immer Mittel und Wege dieses Korsett weniger oder mehr spürbar zu machen. Das hängt davon ab, wie weit bestimmte strategische Entscheidungen nicht contra legem aber vielleicht praeter legem umgesetzt werden. Für den Restbestand, den es noch gibt, braucht man diese GmbH-Geschichte nicht.« (F2012-N: 156)8
Insgesamt ist die Liegenschaftspolitik- und -verwaltung in Frankfurt am Main entlang dreier Dimensionen zu betrachten. Erstens wurde die Privatisierung öffentlichen Liegenschaftsvermögens bereits seit den 1980er Jahren unabhängig von der Neuordnung der Verwaltung durch das Liegenschaftsamt durchgeführt (siehe 5.2.1). Mit den Verkäufen sollten kurzfristig Defizite im städtischen Haushalt gedeckt werden. Es lässt sich nicht feststellen, dass die betriebswirtschaftliche Einhegung des öffentlichen Liegenschaftsbestands einen Privatisierungsdruck zur Folge hatte. Das kann unter anderem damit erklärt werden, dass bis zur Einführung der betriebswirtschaftlichen Verwaltungssteuerung und Haushaltsführung der Liegenschaftsbestand soweit reduziert war, dass schlicht keine weiteren Privatisierungspotentiale mehr vorhanden waren. Zweitens lässt sich feststellen, dass die Einführung moderner Informations- und Kommunikationstechnologie eine wichtige Rolle bei der Rationalisierung der Nutzung öffentlicher Liegenschaften spielte (siehe 5.2.2). So wurden Datenbanksysteme aufgebaut, in denen eine Vielzahl analog vorliegender Informationen integriert 8
Der Begriff praeter legem – lateinisch für zusätzlich zum oder neben dem Gesetz – bezeichnet die Rechtsfindung, »wenn zu einer in der gesellschaftlichen Wirklichkeit deutlich gewordenen Problemstellung keine gesetzliche Lösung vorhanden ist« (Honsell/MayerMaly 2015: 104). Während dieses Vorgehen als »Rechtsfortbildung« in der juristischen Methodenlehre akzeptiert wird, wird im Unterschied die Rechtsfortbildung contra legem abgelehnt, da diese gegen die gebotene Gesetzes- und Rechtsbindung bspw. einer Richterin verstoße (vgl. ebd.: 110ff).
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wurde. Die dezentrale Organisation des Liegenschaftswesens hat dabei zu Umsetzungsproblemen geführt, weil keine einheitliche Lösung implementiert wurde, sondern jedes Amt ein eigenes System aufgesetzt hat. Dennoch hat die Zusammenführung liegenschaftsbezogener Informationen punktuell zu einer Rationalisierung der Liegenschaftsnutzung geführt. Diese reicht von der Verrechnung erbrachter Leistungen zwischen Ämtern über die Optimierung der Liegenschaftsnutzung durch die Ämter bis hin zur Auslagerung ganzer Liegenschaftsbereiche mit hohem Investitionsbedarf in eigene Gesellschaften. Damit sollte eine wirtschaftlichere Sanierung und Bewirtschaftung der Liegenschaften möglich werden, ohne die damit verbundenen Investitions- und Personalkosten im städtischen Haushalt ausweisen zu müssen. Diese Entwicklung markiert drittens, dass der Umgang mit öffentlichem Liegenschaftseigentum durch eine strategische Dimension gekennzeichnet ist, die über die Binnenreform der Verwaltung hinausweist (siehe 5.3). In projektbezogenen Gesellschaften werden unter dem Einsatz öffentlichen Liegenschaftsvermögens – gemeinsam mit privaten Partner_innen – stadtentwicklungs- und bevölkerungspolitische Zielstellungen verfolgt. Damit einher geht die Mobilisierung privaten Kapitals und extraadministrativen Wissens. In der Regel steht aus städtischer Perspektive nicht die Ertragsmaximierung im Zentrum dieser Projekte, sondern die Umsetzung von Stadtentwicklungsprojekten im Einklang mit den Interessen privater Geldgeber_innen. 5.2.1 Privatisierung öffentlicher Liegenschaften zur Generierung von Ersatzdeckungsmitteln In Frankfurt wurde bereits ab den 1980er und vor allem in den 1990er Jahren im großen Maß öffentliches Liegenschaftseigentum privatisiert9: »Es gab eine Phase in den achtziger Jahren, da hat der Liegenschaftsbestand der Stadt Frankfurt einfach dazu gedient […], sogenannte Ersatzdeckungsmittel zu generieren. Und das ist in einem hohen Umfang passiert. Also das war sozusagen der historische Bestand an Liegenschaften. Und die Stadt Frankfurt ist ein relativ großer Liegenschaftseigentümer. Da ist ziemlich viel verkauft worden, um Erlöse zu erzielen und die laufenden Ausgaben zu decken.« (F2011-F: 44)
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Mit Blick auf die historische Entwicklung des öffentlichen Liegenschaftsbestands stellt die Entwicklung in den 1990er Jahren eine deutliche Zäsur dar. Bis in die 1970er Jahre hinein wurde mehr Geld für Ankäufe von Liegenschaften ausgegeben als durch Verkäufe eingenommen, in den 1980er Jahren hielten sich Aufwendungen und Einnahmen die Waage und in den 1990er Jahren setzte eine massive Privatisierungswelle ein, während der in der Bilanz mehr als zwei Milliarden Mark aus Liegenschaftsverkäufen eingenommen wurden (vgl. Schreiber 2008: 75f).
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Dabei wurde im Ergebnis ähnlich vorgegangen wie in Berlin, ohne jedoch eine umfangreiche Verfahrens- und Organisationsreform durchzuführen, die einen zusätzlichen Kosten- und Optimierungsdruck auf den Liegenschaftsbestand erzeugt hätte. Mehr noch wird in den Verkäufen ein Feigenblatt gesehen, um die Diskussion um strukturelle Reformen in den Verwaltungsbereichen zu umgehen bzw. in die Zukunft zu verschieben. In den 1980er und 1990er Jahren wurde die politische Leitlinie verfolgt, Defizite im laufenden Haushalt durch den Verkauf von Liegenschaften zu decken (siehe Abb. 1510). Es lässt sich erkennen, dass in den 1990er Jahren, dem Zeitraum der höchsten Verschuldung, auch die größten Erlöse durch den Verkauf von Liegenschaften erzielt wurden, um Defizite im Verwaltungshaushalt zu decken: »Es gab ganze Haushaltsjahre, da hat man den städtischen Haushalt aufgestellt, einen Strich drunter gezogen und festgestellt, dass der Verwaltungshaushalt ein Defizit von 250 Millionen [DM] aufweist. Und dann wurde […] an den Rand geschrieben: ›23‹. In diesem Haushaltsjahr mussten 250 Millionen an Ersatzdeckungsmitteln beschafft werden. Insoweit hat sich das Bewusstsein für Liegenschaften insgesamt auf der politischen Ebene verändert, nämlich als Steuerungsmöglichkeit Haushaltsmittel zu generieren, die man anderweitig nicht auftreiben konnte […].« (F2012-N: 110) 11
Das Ziel Ersatzdeckungsmittel zu generieren hat dazu geführt, dass die Stadt Frankfurt einen Großteil der Grundstücke und Immobilien verkaufte, die nicht unmittelbar für die öffentliche Daseinsvorsorge benötigt wurden. Die damit generierten Ersatzdeckungsmittel wurden zur kurzfristigen Kostendeckung von Defiziten im Verwaltungshaushalt verwendet, was bedeutet, dass mit diesen Ausgaben keine Investitionen vorgenommen wurden und dementsprechend auch keine Sachwerte im Vermögenshaushalt geschaffen wurden. Im Zeitraum von 1992 bis 2012 hat man sich von sogenanntem Tafelsilber im Wert von mehr als eineinhalb Milliarden Euro getrennt.
10 Es lässt sich nicht genauer bestimmen, wie sich der Liegenschaftsbestand in Frankfurt entwickelt hat. Weder war es möglich, Jahressummen zu ermitteln, noch eine Kartierung der Privatisierungen im zeitlichen Verlauf zu erhalten. Über das Hessische Statistische Landesamt war es lediglich möglich, die Summe der Erlöse aus Verkäufen zwischen 1992 und 2012 in Erfahrung zu bringen. Auf die Frage, ob es einen Überblick zum Liegenschaftsbestand im zeitlichen Verlauf geben würde, wurde in einem Interview geantwortet: »Das gibt es nicht, kann es nicht geben, weil wir keine Historie führen. Wenn Sie mit Ihrem Projekt in 20 Jahren kämen, dann wäre das möglich.« (F2012-R: 280) 11 Bei der Zahl 23 handelt es sich um die Ordnungskennziffer des Frankfurter Liegenschaftsamts, die bundesweit in vielen Kommunalverwaltungen verwendet wird.
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Abbildung 15: Einnahmen aus Liegenschaftsverkäufen und Schuldendstand in Frankfurt am Main, 1992-2012
Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt 2016, eigene Darstellung
Dieses liegenschaftspolitische Erbe zeigt in Frankfurt seine Wirkung bspw. mit dem Beschluss des Kinderförderungsgesetzes (KiföG) im Jahr 2008, mit dem ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebot für unter Dreijährige geschaffen werden sollte. Dies setzte die Kommunen unter Zugzwang, im ausreichenden Maß entsprechende Betreuungseinrichtungen zu schaffen. Dies konnte in Frankfurt nicht über den stadteigenen Flächenbestand erreicht werden, da alle eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft waren. In der Folge mussten Flächen wiederum hinzugekauft wurden, um die rechtliche Verpflichtung einzuhalten. Grundlegender stellt sich das Problem eines Mangels an öffentlichem Liegenschaftsbestand im Bereich der Wirtschaftsförderung und der Wohnraumversorgung, da hier größere zusammenhängende Flächen nachgefragt werden. Gerade im Bereich der Wirtschaftsförderung zeigt sich gegenwärtig, dass Probleme bestehen, stadteigene Flächen anzubieten, um Unternehmen im Stadtgebiet zu halten oder Neuansiedlungen zu ermöglichen. Dabei existiert die Auffassung, dass die Stadt als Immobilieneigentümerin weniger eine Rolle spielt als das von ihr beschlossene Planungsrecht: »Wenn das Planungsrecht stimmt und das Konzept stimmt, findet man in Frankfurt immer einen privaten Investor, der das macht. Das ist nicht das Problem. Hier laufen die Prozesse marktorientiert und eher in dem Sinne, dass hier von den Ansprüchen her wir eine doppelt so große Stadt bräuchten.« (F2012-M: 24)
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Die Stadt spielt bei immobilienwirtschaftlichen Vorgängen also eine kleinere Rolle, da eine »elaborierte Immobilienwirtschaft« (F2012-M: 42) existiert und »es wäre für die Stadt blöd, wenn sie dieses Potential nicht nutzen würde« (F2012-M: 71). Das Feld professionellen Developer_innen, Planer_innen und Immobilienfonds zu überlassen wird auch mit der Schnelllebigkeit des Immobilienmarkts begründet. Ab Mitte der 1990er Jahre ist ein bewussterer Umgang mit dem öffentlichen Liegenschaftseigentum zu verzeichnen: »Die große Zeit der Privatisierungen ist vorbei. Es ist aber auch klar, es gibt jetzt halt nicht mehr so sehr viel zu privatisieren.« (F2011-D: 184) Im Koalitionsvertrag für die Jahre 2011 bis 2016 wird dies als politisches Programm ausformuliert (vgl. CDU Frankfurt/Bündnis 90/Die Grünen 2011): Unter der Überschrift Planen wird erklärt, dass durch eine »aktive Grundstückspolitik […] der bestehende Grundbesitz der Stadt Frankfurt dauerhaft gesichert und vermehrt werden« soll (ebd.: 19). Das Instrument der Erbpachtvergabe gilt dabei als Mittel der Wahl, um den Bestand zu sichern. Ähnlich wie in Berlin kann auch für Frankfurt festgestellt werden, dass ein grundlegender Wandel hin zu einer erhaltenden Liegenschaftspolitik zu einem Zeitpunkt einsetzt, an dem der Bestand vor allem an am Markt nachgefragten Grundstücken bereits weitgehend aufgebraucht ist. 5.2.2 Rationalisierung von Liegenschaftsverwaltung und -nutzung Kein Kostendruck zur Einsparung von Flächen In Folge der Verwaltungsreform und der damit verbundenen Bestimmung der Produktkosten und Zuweisung von Budgets werden Ansatzpunkte für eine Rationalisierung der Liegenschaftsnutzung entwickelt. Diese beziehen sich vor allem auf die Bestandsliegenschaften, die für die öffentliche Daseinsvorsorge genutzt werden. In der Grundanlage soll die Budgetierung auch dazu dienen, Druck auf die Ämter auszuüben, sparsamer in der Nutzung von Liegenschaften zu sein, da im Budget auch die Kosten enthalten sind, die für Räume und Immobilien aufzuwenden sind. Das Resümee dazu fällt nüchtern aus: »Das, wenn ich das mal so knapp sagen darf, wirkt aber nicht, weil der Druck […] in Folge der Steuereinnahmen, die die Stadt hatte und Gott sei Dank auch noch hat, nie so groß war, […] dass Ämter selber angefangen haben zu sagen: Wir mieten jetzt einen Stock ab oder sowas, weil wir den nicht mehr brauchen.« (F2012-N: 20)
Noch prägnanter fällt die Antwort in einem anderen Interview auf die Frage aus, ob die Budgetierung in Frankfurt zu einer Reduzierung der öffentlichen Liegenschaftsnutzung geführt hat: »Nö, das ist nicht der Fall.« (F2012-O: 71) Lediglich in den Zeiten der hohen Verschuldung in den neunziger Jahren wurden Flächen abgebaut.
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Infolge der konjunkturellen Erholung und der wieder steigenden Gewerbesteuereinnahmen nahmen die Flächenanforderungen der Ämter jedoch wieder zu, teilweise über das Niveau aus der Zeit vor der Verwaltungsreform hinaus. Einführung von Datenbanksystemen Die Frankfurter Verwaltung nutzt nicht nur Gebäude, die sich im öffentlichen Eigentum befinden, sondern auch angemietete. In diesen Fällen geht man dazu über keine langfristigen Mietverträge mehr abzuschließen, um kurzfristig auf Marktveränderungen reagieren zu können. So sollen die städtischen Bediensteten möglichst kostengünstig und effizient untergebracht werden. Hierzu ist es notwendig, die Vergleichbarkeit von Liegenschaften zu ermöglichen. Ab Ende der 1990er Jahre wird begonnen, entsprechende Systeme aufzubauen. In der Dokumentation der Herstellerfirma zur Einführung eines Geodateninformationssystems (GIS) in Frankfurt heißt es, dass »Verschlankung und Optimierung […] strategische Ziele der aktuellen Verwaltungsreformen« (CSO GmbH/Autodesk GmbH 2004: 33) sind. Dies werde durch den schnelleren und umfassenderen Zugriff auf Informationen mit Hilfe eines GIS ermöglicht.12 Die neuen technischen Möglichkeiten bedeuten einen »Quantensprung« (F2012N: 91) hinsichtlich der Identifikation von Grundstücken, der Eigentümer_innenfeststellung, Einsichtnahmen ins Grundbuch und planungsrechtlichen Belegung eines Grundstücks. Bislang lag das liegenschaftsbezogene Wissen in analoger Form vor, was einen hohen zeitlichen und personellen Aufwand bedeutete, wollte man auf die Daten zugreifen oder sie aktualisieren. Der dezentrale Zugriff auf unterschiedliche liegenschaftsbezogene Informationen wird durch die Einführung eines GIS vor allem beschleunigt: »Früher hat das, bis man überhaupt mal Informationen zu einem Grundstück hatte, was man kaufen oder was man verkaufen wollte oder so, Wochen gedauert. Heute geht das alles auf Knopfdruck.« (F2012-R: 100) Es ist beabsichtigt, die Informationsgrundlage weiter auszubauen und zu verfeinern, um »irgendwann mal bis in die Darstellung von einzelnen Räumen in aufstehenden Gebäuden auf unterschiedlichen Grundstücken über die Verzahnung von Kolibri und GIS zurückgreifen zu können« (F2012-N: 95). Der schnelle Zugriff auf Informationen führt auch zu einer neuen Betrachtungsweise des öffentlichen Liegenschaftsbestands: 12 Es existiert nach wie vor kein einheitliches System, in dem alle Informationen zusammengeführt werden. Es gibt nun jedoch ein GIS, dessen Basisdaten vom Stadtvermessungsamt bereitgestellt werden und das mit Fachdaten durch die einzelnen Ämter ergänzt werden kann. Das Liegenschaftsamt nutzt eine eigene Softwarelösung für das Liegenschaftsmanagement mit dem Namen Kolibri, die im Zuge eines EU-Förderprojekts eingeführt wurde. Zwischen den Systemen bestehen Schnittstellen, um wechselseitig auf Daten zugreifen zu können.
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»Es war natürlich […] wesentlich, dass relativ einfach festzustellen ist: Aha, hier gibt es eine Liegenschaft. Die wird auch von uns verwaltet. […] Was machen wir damit? Liegt die nur da rum oder hat die eine Funktion und wenn sie keine Funktion hat, können wir sie veräußern oder mit Erbbaurecht belegen, damit eventuell drauf gebaut werden kann, um das Potenzial dieser Liegenschaft auch von der Wertschöpfung her zu heben.« (F2012-N: 101)
Liegenschaften werden sichtbar, wodurch sich neue Handlungsoptionen ergeben. Wissensbestände aus den unterschiedlichen Verwaltungsbereichen sind in einem vernetzten System flexibel kombinierbar und zugänglich, wobei fachpolitische und datenschutzrechtliche Beschränkungen zur Folge haben, dass diese Zugriffe kanalisiert werden. Die Rationalisierung des Verwaltungshandelns baut im Kern darauf auf, dass eine Entpersonalisierung jenes Wissens stattfindet, das bislang bei einzelnen fachlich qualifizierten Verwaltungsmitarbeiter_innen als implizites oder explizites Wissen vorlag. In einer Broschüre zur Liegenschaftsmanagement-Software Kolibri, die vom Liegenschaftsamt der Stadt Frankfurt genutzt wird, heißt es dazu: »Die Speicherung aller Informationen erfolgt zentral in einer Datenbank und nicht mehr verteilt in den Köpfen der Mitarbeiter.« (Kolibri software & systems GmbH 2007: 4) In der Verwaltungspraxis hat dies zur Folge, dass Stellen abgebaut werden können, die zuvor für die Erbringung der nun digitalisierten Bereitstellung und Aktualisierung von Wissensbeständen benötigt wurden. Dies wirkt sich auch auf das Verhältnis zwischen Politik und Verwaltung dahingehend aus, dass der Zugriff auf das administrative Spezialwissen vereinfacht und vor allem beschleunigt wird (bspw. für Erbpachtvergaben, Unternehmensansiedlungen oder Schaffung von Betreuungsangeboten): »Wir hatten in der Vergangenheit immer das Problem, die Daten haptisch zusammenzubekommen. Und das hat lange gedauert und unter Umständen gingen dann Zeitfenster zu, wo man hätte was entscheiden können, weil man kann ja auch nicht jede Entscheidung permanent treffen, sondern Entscheidungen müssen dann getroffen werden, wenn sie denn reif sind und dann können durch langsame Geschäftsprozesse Entscheidungsfenster zugehen.« (F2012-R: 202)
Mit Hilfe der aufgebauten Datenbanksysteme wird es möglich, anhand farblicher Unterscheidungen für ganze Stadtgebiete anzuzeigen, welche Liegenschaften sich im öffentlichen Eigentum befinden und welches Amt für deren Verwaltung zuständig ist. In der Folge werden freiwillige Leistungen, die innerhalb der Verwaltung oder bspw. gegenüber Vereinen aus Gewohnheit teilweise über Jahre hinweg erbracht wurden, entweder abgebaut oder in Rechnung gestellt. Die Darstellbarkeit dieser Informationen in einem integrierten System transformiert liegenschaftsbezogene Verwaltungsleistungen – bspw. Grünflächenpflege oder Facility Management – in (inneradministrative) Dienstleistungen, die in Rechnung gestellt werden können. Damit wird auch eine Vergleichbarkeit von Kosten ermöglicht, die zumindest potentiell auch zu einem handlungsleitenden Kostendruck führt. Dies hat bspw. im Bereich der
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Grünflächenpflege dazu geführt, dass einfache Arbeiten ausgegliedert werden, da sie nicht so preisgünstig erbracht werden können wie von privaten Anbieter_innen. Beispiel: Gründung einer Gesellschaft zur Verwaltung, Bewirtschaftung und Entwicklung der Feuerwachen Die umfassende Erfassung der öffentlich genutzten Liegenschaften und die integrierte Betrachtung von Grundstücken und aufstehenden Immobilien werden auch dazu genutzt, das Bauwesen zu reformieren. In Verbindung mit der betriebswirtschaftlichen Haushaltsdarstellung müssen unter anderem auch Rückstellungen für Instandhaltungen ausgewiesen werden. Dies führt zur Ausgründung des Liegenschaftswesens der Feuerwehr in Form des Brandschutz-, Katastrophenschutz- und Rettungsdienstzentrum – Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH (BKRZ), deren alleinige Gesellschafterin die Stadt Frankfurt ist. Der große Investitionsbedarf13 im Bereich der Feuerwachen wird mit der Abbildung der Investitionsrückstellungen sichtbar gemacht und führt dazu, dass »dieses ganze Feuerwehrwesen aus der Restliegenschaftsund Bauverwaltung der Stadt ausgegliedert worden ist und damit ein Eigenleben bekommen hat unter der Regie von Feuerwehr und Kämmerei […] und fortan alle Neubauvorhaben der Feuerwehr in diese GmbHs dann ausgelagert hat« (F2011-F: 44). Die BKRZ hat den Auftrag, alle nicht mehr benötigten Standorte zu schließen oder zu verkleinern und mit den damit erzielten Verkaufserlösen den Bau neuer und die Instandhaltung bestehender Standorte zu finanzieren. Die notwendigen Investitionen müssen mit diesem Vorgehen nicht im städtischen Investitionshaushalt abgebildet werden. Kurz gesagt werden mit der Ausgliederung in eine GmbH Investitionskosten in Mietkosten umgewandelt, die Teil des Budgets der Branddirektion sind und die an die gegründete Gesellschaft gezahlt werden. Dies hat auch den Effekt, dass die anfallenden Kosten zeitlich gestreckt abgebildet werden und nicht auf einmal den städtischen Haushalt belasten und ggf. Kreditaufnahmen erforderlich machen. Die Ausgliederung der Verwaltung, Bewirtschaftung und Entwicklung der Feuerwachen in eine private Rechtsform hat damit die Funktion, einen Schattenhaushalt zu schaffen, mit dessen Hilfe Investitionen jenseits des städtischen Haushalts getätigt werden können. Mit solchen Verschiebungen werden Investitionsdefizite der Kommunen in private Gesellschaften verschoben und damit verschleiert. Indirekt wird auf diese Art und Weise auch die Debatte um eine ausreichende Finanzierung der öffentlichen Haushalte ausgeklammert. Die öffentliche Daseinsvorsorge stellt sich damit nicht
13 Der Investitionsdruck, der im Bereich der Feuerwachen in Frankfurt bestand, resultierte aus dem schlechten Zustand der Feuerwachen und den notwendigen Investitionen für die Umsetzung des taktischen Feuerwehrkonzepts 2020, für die es notwendig war, große Standorte zu verkleinern und neue zu gründen.
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mehr als steuer- oder sozialpolitische Frage, sondern lediglich als eine Frage des richtigen Wirtschaftens. Die inhaltliche Dimension der Aufgaben, für deren Erledigung bereits vor der Ausgründung vermehrt Fachkräfte für Liegenschaftsverwaltung, -management und -instandhaltung eingestellt wurden, verändert sich indessen nicht. Neben der Abbildung der Kosten außerhalb des Investitionshaushaltes und der zeitlichen Streckung der Kosten werden die Vorteile der privaten Rechtsform gegenüber hoheitlichem Handeln darin gesehen, dass »die Gesellschaft […] schlicht und ergreifend flexibler« (F2012-P: 39) ist. Zum einen können nun die notwendigen Grundstücksgeschäfte unabhängig von verwaltungsrechtlichen Auflagen getätigt werden. Dies gilt auch für Entscheidungen im Bereich des Personalwesens, die bislang innerhalb der Verwaltungsstruktur aufgrund von Sparvorgaben nicht oder nur nach mehrmonatigen oder mehrjährigen Genehmigungsverfahren möglich waren: »Mit der Gesellschaft existieren wesentlich kürzere Entscheidungswege. Das heißt, es gibt die beiden Geschäftsführer und den Aufsichtsrat. Dort wird, wenn es finanziell kein Problem ist, […] innerhalb von einem Vierteljahr das Go gegeben. […] Und das ist natürlich ein unschätzbarer Vorteil.« (F2012-P: 41)
Die Auslagerung der Feuerwachen in eine eigene Gesellschaft hat in Frankfurt Modellcharakter.14 So wird 2011 von der StVV die Gründung der Museumsufer Frankfurt GmbH beschlossen, die sowohl für Neu- und Erweiterungsbauten als auch die Instandhaltung der Museen der Stadt Frankfurt zuständig ist (vgl. Dezernat Kultur und Wissenschaft Frankfurt 02.12.2011). Dass eine Vielzahl spezialisierter Gesellschaften für die Verwaltung, Bewirtschaftung und Entwicklung von Spezialimmobilien wie Feuerwachen oder Museen gegründet werden, resultiert aus der fragmentierten Zuständigkeit im Bereich der Liegenschaftsverwaltung. Die Entwicklung zeigt, dass in den einzelnen administrativen Fachbereichen mit Hilfe der privatrechtlich verfassten Gesellschaften Handlungsspielräume erschlossen werden, um Finanzierung und Personalwesen jenseits der Rahmenbedingungen der öffentlichen Verwaltungsstrukturen zu gestalten. Im Bereich der Feuerwachen zählt zu diesem Zugewinn an Flexibilität auch der (Ver-)Kauf (nicht mehr) benötigter Liegenschaften, um damit einen möglichst hohen Ertrag zur Refinanzierung des Kerngeschäfts zu erzielen. Darin ist vor allem ab 2011 ein Zugewinn an Handlungsvermögen zu sehen, nachdem der politische Beschluss gefasst wurde, dass stadteigene Liegenschaften nicht mehr verkauft, sondern nur noch in Erbpacht vergeben werden sollen. Mit Hilfe privater Gesellschaften können Grundstücksgeschäfte unabhängig von politischen Vorgaben oder Zustimmungsprozessen getätigt werden. 14 Dies gilt auch über Frankfurt hinaus. So haben Delegationen bspw. aus Hamburg und München das BKRZ besucht, um sich über das Modell zu informieren.
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5.3 S TADTENTWICKLUNG IN PRIVATRECHTLICHEN
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Die Problematisierungen der Verwaltungen, die Tendenz zur Überlastung der Verwaltung infolge des Personalabbaus, betriebswirtschaftliche und haushaltspolitische Erwägungen sowie politische Konflikte öffnen den Raum für die Verlagerung administrativen und lokalstaatlichen Handelns in private Rechtsformen (vgl. Heinz 1998: 211ff). In vielen Verwaltungsbereichen findet die Gründung privater Gesellschaften durch die Stadt Frankfurt alleine oder auch gemeinsam mit privaten Partner_innen statt.16 Hierbei werden unterschiedliche Formate angewendet, die sich seit den frühen 1990er Jahren herausgebildet haben. Zum einen gibt es Vorhaben, bei denen ganze Flächen entwickelt wurden, »die nicht dauerhaft in der städtischen Hand bleiben sollten, sondern wo durchaus der Investor gelockt wurde, der natürlich anschließend mit der Weiterveräußerung der Liegenschaft oder mit der Vermarktung sich refinanziert« (F2011-F: 72). Beispiele hierfür sind Projekte wie die Konversion des Westhafens oder die Entwicklung des Rebstockviertels: In beiden Fällen wurden gemeinsam von der Stadt und privaten Investor_innen Projektentwicklungsgesellschaften gegründet, die mit der Entwicklung und Vermarktung der Areale beauftragt wurden. Dabei fungiert die »Stadt als Zielvorgeber und Definierer dessen, was dort passieren soll und die Investoren müssen es letztlich umsetzen durch marktfähige Bebauung« (F2011-F: 72). Des Weiteren finden sich Formate wie das oben beschriebene BKRZ, die jenseits der Hochbauverwaltung eine andere Form der Baurealisierung ermöglichen, bei der die anfallenden Investitionen nicht im städtischen Haushalt abgebildet werden müssen. Auch gibt es objektbezogene öffentlich-private Partnerschaften, die geschlossen wurden, um Liegenschaften für das Stadtgesundheits-, Ordnungs-, Grünflächen- und Straßenbauamt sowie die Stadtbücherei oder ein Bildungszentrum zu bauen. Dabei wurden in Abstimmung mit den Fachämtern ein Anforderungsprofil an die zu bauende Liegenschaft formuliert und der Bau an einen privaten Investor vergeben, »dessen Aufgabe es dann auch ist, die Finanzierung zu stemmen« (F2011-F: 85). Hier besteht der Unterschied 15 Teile der untenstehenden Ausführungen sind bereits in dem Artikel Die unternehmerische Stadt als Gegenstand von Urban-Policy-Mobilities-Forschung (Silomon-Pflug et al. 2013) in einem anderen Kontext veröffentlicht worden. In dem Artikel liegt der Fokus darauf, welche Bedeutung Aneignungen global verfügbarer Politikmodelle für urbane Neuordnungsprozesse haben. 16 Zusammenfassend werden die Beteiligungen der öffentlichen Hand an Unternehmen als Konzern Stadt zusammengefasst. Kommunales Handeln wird »in viele selbstständig agierende Beteiligungsunternehmen aufgespaltet, die nach privatwirtschaftlichen Regeln agieren, und in wenige der Verwaltung unterliegende Restaufgaben, in denen ebenfalls ökonomische Maßstäbe das Handeln dominieren« (Dahme/Wohlfahrt 2009: 63).
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zum erstgenannten Format darin, dass die Stadt selbst nicht als Gesellschafterin auftritt, sondern die nach eigenen Vorstellungen realisierten Objekte für bspw. 20 Jahre inkl. Kaufoption anmietet. Die Bedeutung dieser Breite an privatrechtlichen Formaten, die einen Bezug zu städtischer Liegenschaftsnutzung aufweisen, ist folgendermaßen zusammenzufassen: »In Frankfurt wurde ein Großteil […] schon immer in Formen privatwirtschaftlichen Tätigwerdens oder privatrechtlichen Formen gemacht. […] Das gab es ja schon immer. Deshalb wurde das Liegenschaftsamt nicht privatisiert und eine GmbH draus gemacht.« (F2012-N: 156) Anstelle einer umfassenden Privatisierung des gesamten Liegenschaftswesens – Erwerb, Verkauf, Bauen, Instandhaltung, Bewirtschaftung – wurden in Frankfurt oft fachbezogene Gesellschaften oder räumlich und teilweise zeitlich begrenzte Gesellschaften gegründet, um projektbezogene Bypässe um Politik, Haushalt und Verwaltung zu schaffen. Eine vollumfängliche Privatisierung des Liegenschaftswesens war aufgrund politischer Widerstände nicht möglich (siehe 5.2.1). Eine gemeinsame Funktion dieser Formate besteht darin, »mehr Phantasie für neue Finanzierungsmodelle« (StVV 1993a: 63 [U. Baier, Grüne]) zu entwickeln. Im Fokus stehen im Folgenden zwei PPP-Gesellschaften, die eine dezidiert stadtentwicklungspolitische Ausrichtung aufweisen und im Kontext der Neuordnung städtischer Verwaltungen betrachtet werden: »Die Entwicklung neuer Kooperation zwischen öffentlicher und privater Hand zur Durchführung der […] komplexen städtischen Umstrukturierungs- und Aufwertungsvorhaben […] deckt mehrere der zentralen Forderungen an die gegenwärtige Stadtentwicklungspolitik gleichzeitig ab: wirtschaftspolitische Zielorientierung, verstärkte Management-Ausrichtung und Effektivierung kommunalen Verwaltungshandelns, Einbeziehung verwaltungsexterner Akteure und ihres Know-hows wie auch ihrer Ressourcen.« (Heinz 1992: 45)
Die hier genannten Aspekte, die mit den Ausgründungen verbunden seien und die als Mittel zur Realisierung städtischer Umstrukturierungs- und Aufwertungsvorhaben gesehen werden, zeichnen sich allesamt durch eine Output-Orientierung aus, bei der die wirtschaftliche und schnelle Realisierung zunächst im Vordergrund zu stehen scheint. Die Ausgliederung aus den bestehenden Strukturen des politisch-administrativen Systems ist jedoch darüber hinaus »mit einer Entdemokratisierung der kommunalen Politik auf der gesamtstädtischen Ebene verbunden […]. Zu den neuen politisch-institutionellen Regulationsformen einer ›unternehmerischen‹ Stadtpolitik gehört vor allem die Schaffung von vielfältigen para-staatlichen Entwicklungsträgern und gemischtwirtschaftlichen Organen (›public/private-partnerships‹), die der öffentlichen Kontrolle und der von Wahlen beeinflußbaren Politiksphäre weitestgehend entzogen sind. Dies betrifft […] auch viele öffentliche Aufgabenträger, die in privatunternehmerischer Form geführt werden.« (Krätke 1991: 102f, H. i. O.)
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Der hier konstatierte Verlust an politischer Einflussnahme wird als Ausdruck unternehmerischer Stadtpolitik betrachtet. Die festgestellte Entdemokratisierung kann jedoch nicht per se und umfassend als Steuerungsverlust gelesen werden. Wie schon im Rahmen des Fallbeispiels Berlin argumentiert, ermöglicht die Ausgliederung in private Rechtsformen – gerade auch in Kooperation mit privaten Akteur_innen – eine Fixierung und Durchsetzung politischer Zielstellungen. Private Rechtsformen verändern so gesehen die Bedingungen, unter denen Interessen artikuliert und durchgesetzt werden können. Dabei ist charakteristisch, dass dies in der Regel objekt- bzw. projektbezogen geschieht, was das strategische Feld der Interessensformierung überschaubarer macht. Anders gesagt, werden Bedingungen geschaffen, unter denen die Ausformulierung eines vermeintlichen Allgemeininteresses, geschützt vor politischen Interventionen, mit weniger Akteur_innen, mit einer wirtschaftlichen Ausrichtung geschieht und vor allem jenseits der kommunalen Entscheidungs- und Verwaltungsstrukturen stattfinden kann. Im Folgenden wird zunächst auf den stadtentwicklungspolitischen Kontext in Frankfurt eingegangen, vor dessen Hintergrund zwei schon genannten öffentlich-private Partnerschaften betrachtet werden. Anhand dieser wird veranschaulicht, welche Rolle die Gründung privatrechtlicher Gesellschaften in Kooperation mit privaten Akteur_innen im Kontext der Neuordnung städtischer Verwaltungen spielt. Die PPP Westhafen steht dabei für ein neues Finanzierungsmodell jenseits des öffentlichen Haushalts mit Hilfe der Mobilisierung privaten Kapitals, den Zugriff auf externe Fachqualifikationen und den Wissenstransfer privatwirtschaftlicher Qualifikationen in die Verwaltung sowie die Überwindung von Personalengpässen in der Verwaltung (vgl. ImmoZ 18.04.1996). Anhand des zweiten Beispiel, der Konversions-Grundstücksentwicklungsgesellschaft mbH (KEG), lässt sich zeigen, wie eine privatrechtliche Gesellschaft als wandlungsfähiges Problemlösungsinstrument genutzt wird, um brachliegende Liegenschaften wieder für private Investitionen attraktiv zu machen. 5.3.1 Stadtentwicklungspolitischer Kontext in den 1990er Jahren Frankfurt am Main zeichnet sich durch eine starke Integration in globale Wirtschaftsverflechtungen aus. Diese materialisiert sich in der starken Ausweitung des tertiären Sektors und der damit verbundenen Ansiedlung von Dienstleistungsunternehmen aus der Finanzwirtschaft, Werbeagenturen, Marktforschungsinstituten oder Wirtschaftsberatungen. Diese profitieren von in der Stadt existierender Infrastruktur, wie etwa dem Frankfurter Flughafen oder dem Internetknoten DE-CIX. Beide stellen wesentliche Voraussetzungen für die Mobilität von Informationen, Menschen und Gütern dar. Die zunehmende Tertiärisierung der Frankfurter Unternehmenslandschaft seit den 1980er Jahren ging einher mit der Abnahme industrieller Arbeitsplätze.
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Vor diesem Hintergrund stellt der damalige Planungsdezernent Martin Wentz fest: »Dieser Internationalisierungs- und Tertiärisierungsdruck löst in den Städten einen erheblichen sozialräumlichen Wandel aus.« (Wentz 1992b: 11) Dieser Wandel wird im Frankfurt der frühen 1990er Jahre als sozialräumlicher Segregationsprozess beschrieben, der als Ausdruck zunehmender sozialer Polarisierung angesehen wird: »Die Expansion des Finanzsektors und der dazugehörigen Dienstleistungen hat nicht nur hochqualifizierte, gut bezahlte Arbeitskräfte angezogen, sondern zugleich ein erweitertes Feld für die Anwendung von Niedriglohnarbeit geschaffen, das sowohl den Bereich konsumorientierter Dienstleistungen, als auch ›niedere‹ Funktionen bei produktionsorientierten Dienstleistungen (zum Beispiel Botendienste) umfaßt.« (Ebd.)
Dabei wird explizit der Zuzug von Ausländer_innen problematisiert, deren Anteil insgesamt zwar zunehme, aber nicht im Bereich sozialversicherungspflichtig Beschäftigter. Der Anteil an nichtdeutschen Arbeitslosen und Sozialhilfeempänger_innen hat wiederum zur »Zunahme der Sozialhilfedichte zwischen 1986 und 1989« (ebd.: 12) geführt. 17 Die Ausdifferenzierung und Pluralisierung des sozialen Raums müsse aufgrund der zunehmenden Internationalisierung der Stadtbevölkerung auch über deren »ethnische Dimension« betrachtet werden, was »von den (lokalen) politischen Institutionen reflektiert und anerkannt werden muß« (ebd.: 13).18 Diese stadtentwicklungspolitische Ausrichtung wurde mit einem gesellschaftlichen Krisenszenario legitimiert. Der relative Anstieg von Transferleistungsempfänger_innen wird als Gefährdung des sozialen Friedens in der Stadt verhandelt, worauf politisch reagiert werden müsse. Es bestünden nicht nur die Gefahren von »Verslummungstendenzen« (Wentz 1996b: 19), kleinräumiger Segregation und der Auflösung traditioneller Milieus, es bestünde auch das Problem, dass Frankfurt die sozialen Kosten des Umlandes tragen müsse. Diesen sozialpolitischen Problemlagen könne Stadtplanung und -entwicklung nur begegnen, wenn sie in der Lage seien, »Chancen für soziale Entwicklung zu schaffen« (ebd.). Um den befürchteten Segregationsprozesse zu begegnen, wird die Absicht formuliert, »allen sozialen Schichten in der Stadt ein 17 Hinsichtlich der Sozialhilfedichte ist anzumerken, dass es sich um eine relative Größe handelt. Dabei steigt die Anzahl der Transferleistungsempfänger_innen nicht zwangsweise absolut, sondern im Verhältnis zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. 18 Die Problematisierungen, die prägend für die stadtentwicklungspolitischen Zielsetzungen sind, weisen rassistische oder zumindest revanchistische Züge auf. Neil Smith charakterisiert – am Beispiel US-amerikanischer Städte – eine revanchistische Stadtentwicklung als eine »reaction against the supposed ›theft‹ of the city, a desperate defense of a challenged phalanx of privileges, cloaked in the populist language of civic morality, family values and neighborhood security« (Smith 1996: 207). Auch in Frankfurt am Main wird das Ziel formuliert, die soziale Kohäsion und die sozioökonomische Basis der Stadt sichern zu wollen.
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adäquates Wohn- und Baulandangebot unterbreiten« zu wollen (ebd.). Diese allgemeine und integrierende Formulierung verweist auf das Vorhaben der Abwanderung einkommenssteuerpflichtiger Haushalte mit mittleren und hohen Einkommen entgegenzuwirken, bei denen in den frühen 1990er Jahren ein relativer Rückgang festzustellen war. Die Stadt verlor Einwohner_innen durch »Wegzüge in das Umland […] insbesondere aus der Bevölkerungsgruppe der mittleren Einkommen, bei gleichzeitig relativer Zunahme unterer Einkommensschichten und sozial benachteiligter Gruppen« (Wentz 1998b: 7). Aufgrund des Wegzugs von Haushalten mit mittleren und hohen Einkommen sei Frankfurt eine »sterbende Stadt« gewesen, da für die Entwicklung der großflächigen Konversionsflächen »immer der Klassiker« gewählt wurde: »Geschosswohnungsbau, ein Gewerbegebiet […] und ein bisschen Grünfläche […]; absolut nicht konkurrenzfähig (F2013-U: 49). Das Fazit zur Bevölkerungsentwicklung fällt folgendermaßen aus: »Wenn Sie eine ganze Bevölkerungsgruppe so behandeln, dass Sie überhaupt kein Angebot in der Stadt haben, ist es ja eine Katastrophe« (F2013-U: 49). Dies führe nicht nur zu sozialer Segregation und zusätzlichen Haushaltsbelastungen, sondern stelle auch ein Problem der Stadtplanung dar: Die »Auflösung der traditionellen Milieus« (Wentz 1991c: 11) sollte dadurch kompensiert werden, dass die Stadt im Wettbewerb um Bevölkerungsgruppen, die Träger der neuen Basisökonomien im FIRE-Sektor19 sind, attraktiver gemacht werden sollte. Die Konkurrenzfähigkeit zum Umland sollte dadurch wiederhergestellt werden, dass »Menschen, die […] den Wunsch haben, wir wollen unser eigenes Haus, dass die überhaupt wieder in Frankfurt bedient wurden« (F2013-U: 49). Um hier erfolgreich zu sein, wurde die politische Strategie verfolgt, Aufwertungsprozesse zu initiieren, um ein attraktives Wohn- und Arbeitsumfeld zu schaffen: »Dass es Aufwertungen gibt, auch im Zusammenhang mit der Flächenentwicklung, das ist überhaupt keine Frage. Das ist auch gewollt. […] Das ist ein stadtentwicklungspolitisches Ziel, diese Aufwertung.« (F2011-I: 86) Aufwertung als Strategie der Stadtentwicklung ist darauf zurückzuführen, dass »gesellschaftliche Gruppen wie die neuen ungebundenen Mittelschichten […] sich zu einem sozial und politisch relevanten Faktor innerhalb der städtischen Bevölkerung entwickelt« (Wentz 1991c: 11f) haben. Es wurden Wohn- und Arbeitsquartiere geschaffen, um im Wettbewerb um 19 Das Akronym FIRE steht für Unternehmen der Finanz-, Versicherungs- und Immobilienwirtschaft (Finance, Insurance und Real Estate). Der Bedeutungszuwachs dieser Unternehmensgruppe und der mit ihr assoziierten Dienstleistungsunternehmen und Verbände für städtische Ökonomien seit den 1970er Jahren artikuliert sich auch in begleitenden Transformationsprozessen des urbanen Raums (vgl. Keil 2003; Mössner/Freytag 2014; Sassen 1991; Smith 1996). Städte sind bemüht die politischen, kulturellen und infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen, um im Wettbewerb um Unternehmen und Arbeitskräfte der FIRE-Ökonomie konkurrenzfähig zu sein.
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die neu entdeckte Zielgruppe mithalten zu können, die von Richard Florida (2002) begrifflich als Creative Class gefasst wurde und die als Motor für urbane und wirtschaftliche Prosperität im Postfordismus gesehen wird (vgl. Krätke 2012; Noller/Ronneberger 1995). Neben dem befürchteten Anstieg der Sozialhilfedichte und dem damit verbundenen sozialräumlichen Wandel wurden in der Stadtentwicklungspolitik die neuen Lebenseinstellungen und Konsumstandards und die Nachfrage nach veränderten Lebens- und Wohnformen zu Leitlinien: »Die Transformation ist bei den tertiarisierten Mittelklassensegmenten in den Großstädten am weitesten fortgeschritten. In solchen Milieus sind […] die Freiheitsspielräume und die Gestaltungsmöglichkeiten der Lebensführung deutlich angestiegen. Diese Schichten sind vorrangig an aktuellen Lebenserfahrungen und Lebensbedürfnissen orientiert. Sie sind beweglich in den Erwartungen, leistungsbewußt und aufstiegsorientiert.« (Wentz 1992b: 13)
Mit der Deindustrialisierung und der zunehmenden Bedeutung des tertiären Sektors veränderten sich nicht nur die ökonomische Basis der Stadt und die stadtentwicklungspolitischen Zielsetzungen. Eine unmittelbare Folge war auch, dass große Flächen freigesetzt wurden, die zuvor industriell oder gewerblich genutzt wurden. Den gleichen Effekt hatte auch der Abzug des US-amerikanischen Militärs aus der Stadt. In Folge dieser Veränderungen entstanden zum Teil sehr große Konversionsflächen, die genutzt wurden, um die oben skizzierte stadtentwicklungspolitische Leitlinie zu realisieren. Diese zeichnet sich nicht durch kurzfristige Umsetzung aus, sondern begründet eine Entwicklungslinie, deren Auswirkungen sich erst im Verlauf mehrerer Jahre oder sogar Jahrzehnte in einer Vielzahl von Projekten in Form von gehobenen Wohn- und Arbeitsquartieren für die tertiarisierten Mittelklassensegmente materialisieren und bis in die Gegenwart wirken. Dabei spielte die Aufwertung des Mainufers zum Stadtraum Main20 (vgl. Albers 1992) eine zentrale Rolle: »Die Schauseiten der
20 Für die Begleitung wurde das Consilium »Entwicklung des Stadtraumes Main« auf Antrag des Magistrats von der StVV beschlossen, um ein Beratungsgremium zu schaffen, dem sowohl externe Fachleute als auch leitendes Personal der städtischen Verwaltung angehörten. Zum Stadtraum Main gehören das südliche Ostend und der Großmarktbereich, auf dem im Jahr 2015 die Europäische Zentralbank ihren neuen Hauptsitz eröffnete. Das Ostend hat sich bis heute zu einem der Stadtteile in Frankfurt mit den höchsten Mieten entwickelt. Auf der anderen Mainseite wurde das Areal des aufgegebenen Schlachthofs zum Deutschherrnviertel entwickelt. Im Frankfurter Westen zählen die Entwicklung des Westhafens (s.u.) und des gegenüberliegenden Mainufers am Theodor-Stern-Kai zum Stadtraum Main. Dazwischen wurden der Mainuferpark und das Museumsufer als Erholungs- und Kulturräume geschaffen. Die Entwicklung des Kaiserleis wurde auch im Rahmen des Consiliums
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Stadt am Fluss sollten nach Osten und Westen ausgeweitet werden, um der ›Neuen Mitte‹, also den gut verdienenden Angestellten mit urban-hedonistischem Lebensstil, eine Heimat in der Stadt bieten zu können« (FAZ 01.04.2007). Auch die Planungen für die neuen Stadtteile Riedberg21 (vgl. Wolf/Scholz 1999) und Europaviertel22 (vgl. Bobka et al. 2010: 12f; Kriwall 2000) haben ihren Ursprung in dieser Zeit und die Entwicklung der Stadt Frankfurt bis in die Gegenwart maßgeblich geprägt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entscheidungen ab Ende der 1980er Jahre, die vor allem von den rot-grünen Magistraten unter den SPD-Oberbürgermeistern Volker Hauff und Andreas von Schoeler getroffen wurden, maßgeblich die Stadtentwicklung Frankfurts bis heute beeinflusst haben. Der Bedeutungsgewinn der Mittelschicht aufgrund der fortschreitenden Tertiärisierung der Frankfurter Unternehmenslandschaft ab den 1970er Jahren geht mit der Neuorientierung der Frankfurter Sozialdemokratie einher: »Mitte der achtziger Jahre drängte deshalb der damalige Frankfurter SPD-Chef Martin Wentz, die Partei müsse sich öffnen und dürfe nicht länger ›der alten Arbeiterpartei hinterherlaufen‹. Er propagierte als neue Zielgruppe den ›Dienstleistungsbürger‹« (Der Spiegel 1995: 52). Dies Neuausrichtung der SPD sei nach dem Motto erfolgt, »es gibt vielleicht noch 60.000 Blaumannarbeitsplätze, von denen sind 30.000 Migranten, die können gar nicht wählen, da drin liegt nicht die Zukunft für die SPD« (F2013-V: 42). Martin Wentz war als späterer Planungsdezernent (1989-2000) maßgeblicher Ermöglicher und Gestalter der verfolgten Stadtentwicklungspolitik seit den 1990er Jahren, die auch über seine Amtszeit hinaus zur Schaffung attraktiver innerstädtische Arbeitsbehandelt, ist aber bis heute nicht weit vorangeschritten. Die Zuwendung der Stadt zum Fluss ist Teil eines allgemeinen Trends in urbanen Metropolen, Uferbereiche stärker für Wohn- und Arbeitsquartiere zu nutzen (vgl. Lampugnani et al. 1992). 21 Für den Bau des neuen Stadtteils Riedberg wurde 1996 vom Magistrat eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme beschlossen, um auf 266 Hektar 8.000 Wohneinheiten für 20.000 Einwohner_innen zu schaffen (vgl. ImmoZ 04.04.1996). Der Riedberg wurde in einer Treuhandgesellschaft entwickelt und ist das bislang letzte realisierte Vorhaben der Stadt, einen neuen Stadtteil auf der grünen Wiese zu schaffen. 22 Beim Europaviertel handelt es sich um einen neuen Stadtteil auf dem Areal des ehemaligen Güterbahnhofs der Deutschen Bahn. Bei der Konversion des Bahnhofs dominieren gehobene bis luxuriöse Eigentumswohnungen, Bürogebäude und aufgrund der Nähe zur Messe Hotelbauten. Zudem wurde das Einkaufzentrum Skyline Plaza geschaffen. Mit der Entwicklung des Europaviertels geht ein Aufwertungsdruck auf das benachbarte Gallusviertel aus. Auch wenn es sich beim Europaviertel nicht um eine Bestandsaufwertung handelt, die mit unmittelbaren Verdrängungsprozessen einhergeht, so sind diese zumindest mittelfristig aufgrund der räumlichen Nähe des Europaviertels zum benachbarten Stadtteil als Effekt zu erwarten. In diesem Sinne kann von einer mittelbaren Gentrifizierung oder Neubau-Gentrifizierung gesprochen werden (vgl. Schipper/Wiegand 2015).
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und Wohnquartiere geführt hat: »Wohnen am Fluss ist eine Schlussfolgerung daraus gewesen, den Mittelstand hier anzusiedeln, denen Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten« (F2013-V: 42). Damit einher geht eine postmoderne Stadtentwicklungspolitik, die die Stadt als Prozess begreift, der immer wieder neugestaltet werden muss. Um jedoch diesen Prozess gestalten zu können, ist es notwendig, ihn zu ergründen und seine eigenen Gesetzmäßigkeiten zu kennen, wofür die traditionellen hierarchischen Strukturen als ungeeignet betrachtet werden. Die Stadt weißt diesem Verständnis nach eine eigene Entwicklungsökonomie auf, in die nicht interveniert werden darf, wenn sich endogene Potentiale entfalten sollen. Dieses Verständnis weist eine deutliche Nähe zu einem Verständnis freier Marktentwicklung auf, deren Entwicklung ermöglicht, aber nicht gesteuert werden soll. Darin enthalten ist eine Skepsis gegenüber der klassischen Verwaltung, da diese nicht in der Lage gesehen wird, auf die neuen Herausforderungen adäquat zu reagieren. Stadtplanung müsse einen Rahmen schaffen, »innerhalb dessen sich die Stadt frei und eigendynamisch entfalten kann« (Wentz 2000b: 15). Dieser Flexibilisierungsbedarf gilt nicht nur für das konkrete Planungsrecht, sondern auch für das materielle Gerüst des lokalen Staats. Der Verweis auf die Komplexität und hohe Eigendynamik von Urbanisierungsprozessen beinhaltet die Annahme, dass sich diese nur frei entwickeln können, wenn entsprechende Handlungsspielräume existieren, Altes zu überwinden oder zu erneuern bzw. Neues hervorzubringen. Die funktionale planerische Aufteilung der Stadt der Moderne in Wohn-, Arbeits- und Erholungsgebiete wird als überholt und gleichermaßen gescheitert angesehen, da sie eine funktionale Ghettoisierung der Stadt zu Folge habe. Als Beispiel kann hier die Bürostadt Niederrad gesehen werden, wo Büroraum zur Entlastung der Innenstadt geschaffen wurde: »Mit der ganzen Planungsideologie der Zeit, also Athener Charta, was ja immer dann auch Kritikpunkt war und ist, dass das kein gewachsenes Stadtquartier ist« (F2012M: 9)23. Demgegenüber sollen zur Entwicklung von Nutzungsmischungen, die als grundlegend für das Entstehen und Erleben von Urbanität angesehen wurden, die gesetzten Rahmenbedingungen erweitert werden. Die Bebauungspläne sind mit der Zeit flexib-
23 Die Charta von Athen wurde 1933 im Rahmen des 4. Congrès International d’Architecture Moderne in Athen beschlossen. In ihr wird die funktionale Differenzierung des städtischen Raums nach den Grunddaseinsfunktionen Wohnen, Arbeiten, Erholung und Zirkulation vorgeschlagen, die als die Schlüsselfunktionen von Urbanismus seien (vgl. Le Corbusier 1973 [1933]: 95f; vgl. auch Hall 2014: 237ff). Diese städtebauliche Vorstellung hat sich in die bürokratischen Prozesse eingeschrieben, wenn auch in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung die strikte funktionale Trennung des städtischen Raums bereits wieder abgelehnt wurde (vgl. Lichtenberger 1991: 192).
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ler gestaltet worden, um auf die schnellen Veränderungen der Anforderungen reagieren zu können, die oft weder von der Verwaltung noch von den Bauherr_innen selbst vorausgesehen werden können. Eine weitere Reaktion bestand darin, dass Bebauungspläne immer großflächiger und auch weniger detailliert angelegt wurden, womit der Arbeitsaufwand für die Verwaltung reduziert und die Reaktionsmöglichkeiten der Bauherr_innen erweitert werden sollten (F2011-C). Die Gewährung von Freiheit, die hinsichtlich städtebaulicher Vorgaben für notwendig erachtet wurde, ist die Voraussetzung, um die urbanen Entwicklungskräfte überhaupt erst zu ermöglichen. Diese Rolle kommt der öffentlichen Hand zu, die in einem ordoliberalen Verständnis aktiv die Bedingungen für die freie Entwicklung des Marktes zu schaffen hat (siehe 3.3.3). Es bedürfe keiner laissez-faire-Haltung, die einfach nur gewähren lässt, sondern der aktiven Schaffung eines Rahmens und von Orientierungspunkten, die die entsprechenden Entwicklungsspielräume und -linien markieren. Nur so könnten Städte zu transnationalen Räumen werden und im Wettbewerb mit anderen Städten um Dienstleistungen, wie »Forschung und Entwicklung, Finanzierung und Vermarktung, Organisation und Freizeit« (Wentz 2000b: 14), bestehen, denn »der transnationale Wettbewerb [sucht] immer mehr nach den Standorten mit den geringsten Regulierungskosten und den geringsten planerischen Restriktionen« (ebd.). Die emphatische Argumentation zur Rettung der Urbanität zeigt hier ihr Gesicht als Standortfaktor eines in globalen Wirtschaftsverflechtungen eingebundenen urbanen Raums. Frankfurt wird dabei als Global City in Stellung gebracht, die eine wichtige Rolle hinsichtlich der Kontrollfunktionen und Infrastruktureinrichtungen für eine global integrierte Ökonomie einnimmt. Attraktive Rahmenbedingungen für Entwickler_innen und Investor_innen mit einem geringen Grad an Regulierung stellen in dieser Perspektive die Retter_innen des durch den Funktionalismus der Moderne verunstalteten urbanen Raums dar. Dass es sich dabei um einen gestaltenden und aktiven Prozess handelt, wird auch daran deutlich, dass gleichzeitig »mit gezielten, kleinteiligen Eingriffen an strategisch wichtiger Stelle im Stadtgeflecht […] dem Organismus Stadt zu neuer Kraft verholfen werden [soll]. Sinnvollerweise haben wir uns auch im Städtebau von der Total-Operation zu mikrochirurgischen Eingriffen perfektioniert, stets allerdings das Ganze, die Stadt in ihrer Vielschichtigkeit der Räume und ihrer Nutzer, vor Augen.« (Ebd.: 13)
Als Instrument dafür dienen private Rechtsformen, mit denen lokal und punktuell Entwicklungen angeregt werden sollen, ohne dabei einen dominierenden und flächendeckenden öffentlichen Einfluss in Stadtentwicklungsprozessen auszuüben. Die Stadt wird als nicht zu kontrollierendes Chaos begriffen, das von zahlreichen gesellschaftlichen Kräften und deren Interessenslagen gekennzeichnet ist. Vor diesem Hintergrund wird die Ineffizienz der lokalen Verwaltungsstrukturen und zu detaillierte
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Regelungsdichte problematisiert, da unter diesen Bedingungen selbstregulative Urbanisierungsprozesse sich nicht frei entwickeln können. Ausgehend von dieser Problematisierung kommt es zur Erschließung neuer Handlungsspielräume mittels der Schaffung privatrechtlicher Unternehmen, die in enger Kooperation mit privatwirtschaftlichen Akteur_innen gegründet werden: »Die zunehmende Bedeutung der öffentlich-privaten Kooperation bei Projekten zur Stadtentwicklung und Stadterneuerung ist […] vor allem darauf zurückzuführen, daß Kommunalbehörden angesichts des Rückzugs der zuständigen Bundes- und Zentralregierung oder öffentlicher Finanzknappheit und kommunaler Liquiditätsprobleme wie auch in Ermangelung von Alternativen hierin oft die einzige Möglichkeit sehen, um wettbewerbsnotwendige beziehungsweise als notwendig erachtete Erneuerungs- und Entwicklungsaufgaben in Angriff zu nehmen. Der Trend zur Kooperation ist aber auch Ausdruck einer […] Wirtschaftspolitik, die ›mehr Markt und weniger Staat‹ anstrebt, sowie Indiz einer allgemein sich abzeichnenden Umstrukturierung und Veränderung des politisch-administrativen Systems. Hierarchisch strukturierte und tradierte Großorganisationen werden dabei zunehmend in Richtung effektiver und flexibler arbeitender kleinerer Einheiten unter Aufhebung bisheriger institutioneller oder organisatorischer ›Barrieren‹ verändert […].« (Heinz 1992: 46)
Die zugleich vorherrschende Unterfinanzierung führt zur Bildung neuer projektbezogener und in der Regel zeitlich begrenzter Handlungsräume, die sich dadurch auszeichnen, dass eine kleinere Anzahl von Akteur_innen beteiligt ist, die Interessensartikulation vertraulich und direkter verläuft und eine Orientierung an marktförmiger Regulierung und Umsetzung festzustellen ist, um Stadtentwicklungsprozesse zu gestalten. Es zeigt sich, dass sich mit diesen Formaten die Art und Weise und die Bedingungen der Interessenartikulation verändern. Es findet eine strategische und selektive Öffnung gegenüber den Interessen privater Kapitalgeber statt. Dies geschieht auch über den gezielten Einsatz öffentlichen Liegenschaftseigentums statt, das als Basis für die Materialisierung einer unternehmerischen Stadtentwicklungspolitik dient. Die Verwaltung der unternehmerischen Stadt zeichnet sich durch eine ermöglichende Flexibilisierung aus, deren Aufgabe darauf beschränkt ist, günstige Bedingungen für die markt- und kapitalorientierte Neuordnung des Städtischen zu schaffen. Im Folgenden werden zwei Vorhaben in Frankfurt am Main genauer betrachtet, die in diesem Kontext zu verorten sind. Erstens handelt es sich dabei um die Konversion des Westhafens in Form der ersten städtebaulichen PPP in Deutschland. Dabei wurde das Areal des bis zur Konversion gewerblich und industriell genutzten Westhafens an eine Projektentwicklungsgesellschaft verkauft, um ein gehobenes Wohnund Arbeitsquartier am Mainufer zu schaffen. Zweitens steht die KonversionsGrundstücksentwicklungsgesellschaft mbH (KEG) im Fokus der Betrachtung. Dabei
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handelt es sich ebenfalls um eine PPP, das initial mit der Konversion einer ehemaligen Liegenschaft des US-Militärs in Frankfurt Höchst beauftragt war, sich aber im Laufe der Jahre zum stadtentwicklungspolitischen Multitool entwickelt hat. Beide Beispiele sind im Kontext der Neuordnung städtischer Verwaltungen zu verorten, mit deren Hilfe neue Finanzierungsmodelle jenseits des städtischen Haushalts entwickelt, Handlungsspielräume erschlossen und außeradministrative Wissensressourcen nutzbar gemacht wurden, um stadtentwicklungspolitische Ziele mit Hilfe privater Gesellschaften umzusetzen. 5.3.2 Die Schaffung eines attraktiven Wohn- und Arbeitsquartiers am Westhafen Das Westhafenprojekt geht auf eine bewusste stadtentwicklungspolitische Entscheidung zurück, innerstädtisches Wohnen für Haushalte mit mittleren und hohen Einkommen wieder attraktiver zu machen und deren Abwanderung in den »Speckgürtel« Frankfurts zu bremsen. In Abgrenzung zu Modellen der funktionalen Trennung unterschiedlicher Nutzungsformen wurde hier bewusst auf eine Mischung aus Wohnen und Arbeiten gesetzt, »um Monostrukturen zu vermeiden« (Baum 2000: 164). Auf der Internetpräsenz der Projektentwickler_innen heißt es über den Westhafen heute: »Das Quartier bietet nicht nur repräsentative Büro- und Wohngebäude, sondern auch eine hohe Aufenthaltsqualität in einem maritimen Umfeld« (OFB Projektentwicklung GmbH). Die Entwicklung des Westhafens 24 wurde in einer Public Private Partnership vorgenommen, welches in Form der Westhafen Projektentwicklungs-GmbH begründet wurde. Die beiden Gesellschafter_innen waren die Stadt Frankfurt am Main und die Grundstücksgesellschaft Westhafen GmbH. Bei letzterer handelt es sich um einen Zusammenschluss der OFB Projektentwicklung GmbH (OFB), Max Baum Immobilien GmbH und Bau- und Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft mbH (BauBo). Bei diesem Konsortium ist anzumerken, dass die OFB, die wesentlich mit der Finanzierung des Vorhabens beauftragt war, wiederum Teil der Immobiliensparte der Hessischen Landesbank (HeLaBa) ist. Die ursprünglich an dem Projekt beteiligte Victoria Versicherung zog sich aus dem Projekt zurück. Das Modell sah vor, das Grundstück zum damaligen Verkehrswert – und damit ohne Berücksichtigung der möglichen Entwicklungsgewinne – von der Stadt an die vom Konsortium gegründete Grundstücksgesellschaft für knapp 23 Millionen Euro zu verkaufen. Diese wiederum schloss einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit der
24 Für weiterführende Informationen zur Entwicklung des Westhafens in Bezug auf die Konstruktion der Gesellschaften und das Brachflächenrecycling siehe Jakubowski et al. 2010 und Theiss 2007.
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PPP-Gesellschaft ab, welche die Entwicklung des Grundstücks übernahm. Die erzielten Gewinne wurden nach Abschluss der Entwicklung zwischen der Grundstücksgesellschaft und der Stadt Frankfurt jeweils zur Hälfte aufgeteilt. Insgesamt wurde ein Projektüberschuss von ca. 8,5 Millionen Euro erwirtschaftet (vgl. Jakubowski et al. 2010: 50). Die Schaffung eines gehobenen Wohn- und Arbeitsquartiers mit Yachthafen ist nicht einfach Endresultat der gewählten Rechtsform als PPP, sondern war vielmehr – wie im vorherigen Abschnitt dargelegt – von Beginn an erklärter politischer Wille, für dessen Umsetzung eine geeignete Form geschaffen wurde. Im Rahmen des von der Stadt Frankfurt ausgeschriebenen städtebaulichen Wettbewerbs wurde aus diesem Grund auch ein Organisationsmodell gesucht, das eine öffentlich-private Partnerschaft zur Entwicklung des Westhafens in diesem Sinne gestalten könnte. Von den politisch Verantwortlichen wurde erstens die fachliche Qualifikation der öffentlichen Verwaltung in Frage gestellt, ein solch umfangreiches Vorhaben wirtschaftlich zu realisieren. Zweitens wurde über die direkte Beteiligung der Stadt deren Einfluss auf die Umsetzung des Projekts über die Möglichkeiten bspw. eines städtebaulichen Vertrags oder planungsrechtlicher Vorgaben gesichert. Drittens verfügte die Stadt Frankfurt nicht über eigene finanzielle Möglichkeiten, um das Projekt zu finanzieren. Aus bevölkerungspolitischen Gründen wurde eine gezielte Aufwertungsstrategie verfolgt, die in Form einer PPP – als neue Form kommunalen Handelns – realisiert wurde, und als deren Ergebnis dem Westhafen im Verhältnis zum benachbarten Gutleutviertel als traditionellem Arbeiter_innenviertel mit hohem Migrant_innenanteil ein hoher Grad an sozialer Segregation attestiert werden kann, da im Westhafen heute »fast ausschließlich gut situierte, wohlhabende soziale Milieus« (Kolloge 2009: 11) leben. Zeitgleich zur Diskussion um die Entwicklung des gewerblich genutzten Westhafens wurde der angrenzende Stadtteil, das Gutleutviertel, zum städtischen Sanierungsgebiet erklärt. In der Auseinandersetzung darüber plädierte die CDU vor allem für den Erhalt des Industriestandortes, während die SPD hoffte, dass vom Westhafen auch Aufwertungsimpulse in Richtung des angrenzenden Arbeiter_innenviertels ausgehen würden. In der Westhafen-PPP verbindet sich insofern die aktive organisatorische und finanzielle Beteiligung der öffentlichen Hand mit entwicklungspolitischen Zielen Frankfurts als global orientierte Metropole. Das Westhafenprojekt ist in diesem doppelten Sinne zugleich als Instrument und Ergebnis unternehmerischer Stadtpolitik zu begreifen, das wesentlich von den stadtentwicklungspolitischen Zielsetzungen der damaligen Stadtregierung aus SPD und Grünen geprägt war. Dazu kommt, dass die Entwicklung des Westhafens in Zeiten beschlossen wurde, in denen die Immobilienpreise in Frankfurt sanken und vor allem Wohnimmobilien für private Investor_innen keine attraktive Anlageperspektive boten: Nachdem die Preise für Eigentumswohnungen in Frankfurt am Main seit den frühen 1980er Jahren kontinuierlich angestiegen waren, wurde ab Mitte der 1990er Jahre ein Rückgang
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bzw. eine Stagnation in der Preisentwicklung erkennbar; erst ab dem Beginn der 2000er Jahre konnten wieder leichte Preissteigerungen verzeichnet werden. Damit verbunden war eine Zurückhaltung von Wohnungsbaugesellschaften und privaten Investor_innen, in den Wohnungsbau zu investieren (vgl. Theiss 2007: 180). Dies stellte die Politik vor das Problem, dass bereits in den 1990er Jahren das Thema Wohnraumversorgung von großer politischer Brisanz war, sich aber der Bund gerade in dieser Zeit aus der Finanzierung des öffentlichen Wohnungsbaus zurückgezogen hat und gleichzeitig der auf Bundesebene beschlossene Wegfall der Gemeinnützigkeit bei den Wohnungsbaugesellschaften zu absehbaren Mietsteigerungen führte. Zudem wurde der öffentlichen Stadtplanung schlichtweg nicht zugetraut, mit hauseigenen Mitteln solch große Areale wie den Westhafen zusätzlich zum Alltagsgeschäft zielgerichtet und wirtschaftlich zu entwickeln und so die Schaffung neuen Wohnraums zu gewährleisten. Im Kontext des Westhafenprojekts wurden unterschiedliche Strategien und Maßnahmen ergriffen, um einen Transfer betriebswirtschaftlichen Wissens in die Verwaltung zu ermöglichen. Dieses punktuelle Vorgehen ist deswegen von besonderem Interesse, weil es zeitlich vor den oben zusammengefassten Bestrebungen einer umfassenden Verwaltungsreform stattfand (siehe 5.1). Bereits im Vorfeld der PPPGründung wurde gezielt die Möglichkeit geschaffen, die Vernetzung und den Austausch zum Thema PPP in Frankfurt anzustoßen. So begleitet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) bereits 1992 – also gut zwei Jahre vor der Gründung der PPP – eine Fachtagung in Frankfurt zum Thema öffentlich-privater Kooperationen, auf der »Vertreter von Kommunen, Banken und der Immobilienwirtschaft Gelegenheit« hatten, »sich mit den Schwierigkeiten der Organisationsplanung, Finanzierung und der vertraglichen Konzeption solcher Partnerschaften vertraut zu machen« (FAZ 20.11.1992). Auch innerhalb der Verwaltung wurden die Voraussetzungen geschaffen, um auf das ökonomische Fachwissen zurückgreifen zu können, das für die Realisierung einer Kooperation wie der Westhafen-PPP notwendig war. So wurde vom damaligen Planungsdezernenten Martin Wentz ein Ökonom eingestellt, wodurch fortan Beratungskapazitäten im eigenen Haus genutzt werden konnten. Mit der PPP-Gründung war das Ziel verbunden, »privatwirtschaftliche Erfahrungen in die Verwaltungstätigkeit hineinzuholen, um das effizienter zu gestalten« (F2011-G: 23). Diese Strategie unterscheidet sich insofern von der ab 1996 stattfindenden Verwaltungsreform, als eine veränderte Verwaltungspraxis hier nicht durch vorgeschriebene Schulungen zu Reforminstrumenten, sondern durch die direkte Einbettung des abgestellten Verwaltungspersonals in ein privatwirtschaftliches Arbeitsumfeld erreicht werden sollte. Dies sollte dadurch gewährleistet werden, dass kein neues Personal eingestellt, sondern von privater und öffentlicher Seite gestellt wurde, um die Arbeit der Entwicklungsgesellschaft zu übernehmen. Damit war die Hoffnung verbunden, dass auf diese Weise ein Lerneffekt beim abgestellten städtischen Personal einsetzt. Die Westhafen-PPP ist damit nicht nur aufgrund ihrer Rechtsform als
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Teil der Neuordnung der kommunalen Verwaltungsstruktur in Frankfurt zu sehen, sondern auch, weil mit ihr das Ziel verbunden war, einen privat- und betriebswirtschaftlichen Brain Gain unter den Verwaltungsmitarbeiter_innen zur wirtschaftlichen Umsetzung von Stadtentwicklungsprojekten zu erreichen. Damit ist die PPP – über ihre institutionellen und zeitlichen Grenzen hinaus – auf ein betriebswirtschaftlich geprägtes Verwaltungshandeln ausgerichtet. An der Gründung der PPP lässt sich nachvollziehen, wie Frankfurt sich Ende der 1990er Jahre in Fragen der Stadtpolitik zunehmend für privatwirtschaftliche Handlungsformen und Interessen öffnete und wie sich durch die PPP ein grundsätzlicher Neuordnungsprozess städtischen Regierens vermittelte. Auf Seite der Stadt hoffte man durch die »aktive Teilnahme am Entwicklungsprozess« (Baum 2000: 166) einerseits die Integration des Entwicklungsvorhabens in das städtebauliche Gesamtgefüge gewährleisten zu können, andererseits wollte die Stadt an der erwarteten Wertsteigerung des Areals teilhaben. Es zeigte sich jedoch, dass der monetäre Gewinn, der beim Westhafenprojekt und vergleichbaren Vorhaben erzielt wurde, nicht »dem Haushalt Geld in die Kasse [spülte] […], ganz im Gegenteil, der Haushalt wird damit noch belastet« (F2012-N: 120). Die Belastungen des öffentlichen Haushalts resultieren daraus, dass aus dem erzielten Entwicklungsgewinn auch alle Infrastrukturmaßnahmen finanziert werden mussten, die den Bau von Kanalisation, Straßen, Kindergärten oder Schulen umfassen: »Und wenn Sie das alles zusammennehmen, wird diese Rechnung immer sehr eng.« (F2012-N: 120) Die Position der Stadt bestand darin zu sagen: »Wir als Stadt bringen die Liegenschaft ein. Wir formulieren das Entwicklungsziel [...] und ansonsten holen wie das Investoren-Know-how an Bord durch die Gründung einer Fifty-Fifty-Gesellschaft.« (F2011-F: 70) Die PPP-Lösung sollte einerseits die Finanzierung der Projektentwicklung sicherstellen und andererseits eine schnelle und wirtschaftliche Realisierung gewährleisten. Ein weiteres Ziel bestand in der Freimachung des Geländes am Westhafen und in der dafür notwendigen Umsiedlung dort ansässiger Unternehmen: »Das können die von Unternehmen zu Unternehmen besser, als ich von Scheißstadt zu Unternehmen. Als Stadt bin ich immer erpressbar« (F2011-G: 23). Es wurde davon ausgegangen, dass Private unter sich diesen Prozess schneller und kostengünstiger gestalten können als wenn die Stadt dies mit den Unternehmen hätte aushandeln müssen. Die Umsetzung der organisatorischen Struktur der PPP Westhafen ist auch maßgeblich von den Erfahrungen geprägt, die in Frankfurt im Vorfeld mit Wohnungsbauunternehmen und städtischen Tochtergesellschaften gemacht wurden. So hatten
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sich etwa bei der Entwicklung des Schlachthof-Areals im Frankfurter Osten zum heutigen Deutschherrnvierte25 durch die städtische Mainufer-Projektentwicklungsgesellschaft mbH (MPG) »vor allem durch eine sehr hohe Regelungsdichte im B-Plan […] große Schwierigkeiten hinsichtlich der Vermarktbarkeit und auch architektonischen Freiheit der potentiellen Investoren« (Theiss 2007: 164) ergeben. Der Bebauungsplan für den Westhafen wurde demgegenüber freier gestaltet und fiel in der Folge investor_innenfreundlicher aus. Zuvor hatte man »die Erfahrung gemacht […], dass das [die Entwicklung des Deutschherrnviertels] ein politisch ganz schwieriges Geschäft war. […] Die Reaktion auf diese steten Auseinandersetzungen […] war eben zu sagen, es kommen Private mit ins Boot.« (F2011-G: 23) In der Konsequenz war aus diesem Grund für den Westhafen klar, »dass das Prunkstück verkauft wird […]. Der Kämmerer hat 1993 gesagt, ich habe kein Geld mehr, also wurde gesagt: Okay, dann machen wir es so, dass die Privaten das Grundstück kaufen – damit wurde in Hinblick auf die Rückabwicklung des Projekts die Opposition mundtot gemacht –, also braucht man kein Geld vom Kämmerer.« (F2011-G: 25)
Die Unabhängigkeit vom städtischen Haushalt wurde als notwendig erachtet, weil in Zeiten, in denen die Stadt unter Druck des Hessischen Innenministeriums ein Konsolidierungsprogramm auflegen musste (s.o.), Entwicklungsprojekte wie der Westhafen nur über die Gewinnung privater Investor_innen realisiert werden konnten. Das Ergebnis dieses Vorgehen ist, »dass große Liegenschaften, die vorher im Besitz der Stadt waren, [...] natürlich aus dem Portfolio der Stadt auf Dauer ausgeschieden« (F2013-T: 64) sind. Für die Finanzierung des Projekts war die Veräußerung des städtischen Areals essentiell, da die Privatisierung ermöglicht, das Grundstück durch Kreditaufnahmen zu belasten, was der öffentlichen Hand nicht gestattet ist. Durch die enge öffentlich-private Zusammenarbeit hat sich das strategische Feld der Interessenartikulation zwischen Politik und Verwaltung auf der einen und Investor_innen auf der anderen Seite verändert. Mehr noch ermöglichen PPP »eine lukrative Möglichkeit zur Erweiterung der Geschäftsfelder« und »den Einstieg in Projekte, die Privaten ansonsten verschlossen blieben« (ImmoZ 18.04.1996: 1). Die Kooperation in einer PPP eröffnet außerdem einen privilegierten Zugang zu politischen und administrativen Entscheidungsträger_innen. Mit einer PPP ist das Ziel einer gemeinsamen Interessensartikulation verbunden, die in einem höchst selektiv zugänglichen 25 Beim Deutschherrenviertel war ursprünglich geplant, ein Drittel sozial geförderten Wohnungsbau, ein Drittel über das städtische Mittelstandsprogramm geförderte Wohnungen und ein Drittel frei finanzierte Wohnungen zu schaffen. Aufgrund des hohen Verschuldungsstands der Stadt Frankfurt in dieser Zeit wurden diese Pläne nicht umgesetzt, was zur Folge hatte, »daß man nur noch einkommensstarke Mieter und Wohnungskäufer anlocken« wollte (ImmoZ 26.01.1995: 15).
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Rahmen stattfindet. Mit der Mobilisierung privaten Kapitals zur Finanzierung von Stadtentwicklungsmaßnahmen wie dem Westhafenprojekt geht außerdem einher, dass auch entsprechende Ertragsinteressen der privaten Investor_innen die Ausgestaltung des Projekts nicht nur maßgeblich beeinflussen, sondern ein solches Vorhaben erst ermöglich. Von der anderen Seite betrachtet, konnte die Westhafen-PPP nur zustande kommen, weil die stadtentwicklungspolitischen Ziele, die mit dem Quartier verbunden waren, mit den Interessen der Investor_innen kompatibel waren. Als Motiv für die Entscheidung, private Akteur_innen an der Entwicklung des Westhafens zu beteiligen, kann außer der Mobilisierung privaten Kapitals auch die Strategie gesehen werden, die Entwicklung des Westhafens einer politischen Diskussion und Intervention – bspw. in Folge etwaiger Regierungswechsel – zu entziehen und gleichzeitig die Auseinandersetzung um eine städtische Finanzierung zu umgehen. Es handelt sich hier um eine strategische Entpolitisierung von Stadtentwicklung durch die Kooperation mit Privaten in einer privaten Rechtsform, mit dem Ziel, ein attraktives Wohnangebot für die als notwendig angesehenen neuen urbanen Eliten zu schaffen. Der Konflikt bestand darin, ob Industrie- und Gewerbeflächen für den Wirtschaftsstandort Frankfurt erhalten bleiben oder für die Wohn- und Arbeitsquartiere umgenutzt werden sollten. Ähnliche Auseinandersetzungen finden sich auch bei der Entwicklung des ehemaligen Schlachthofareals oder der Diskussion um die Aufgabe des Osthafens als Gewerbestandort (vgl. Albers 1992; Lampugnani et al. 1992). Während Westhafen und Schlachthof einer Konversion unterzogen wurden, blieb die gewerbliche Nutzung im Osthafen auf Wirken der CDU und der Grünen erhalten (vgl. ImmoZ 14.12.1995). Die Entwicklung des Westhafens in einer PPP-Gesellschaft wird als »Pionierarbeit« (FR 13.05.2005) gesehen. Als 1994 in Frankfurt am Main die Westhafen-Projektentwicklungs-GmbH zur Entwicklung des bis dato gewerblich und industriell genutzten Westhafenareals gegründet wurde, existierte in Deutschland noch keine vergleichbare Kooperation zwischen Investor_innen und einer Kommune. Es dauerte schließlich ca. 20 Jahre, bis das gesamte Areal mit allen dazugehörigen Infrastruktureinrichtungen wie Kita und Bürger_innenzentrum entwickelt war. Die PPP Westhafen hat die Neuordnung kommunalen Handelns in Frankfurt nachhaltig geprägt, da es »dann immer für verschiedene Themen danach Blueprint gewesen [ist], woraus dann andere Projekte gestrickt wurden« (F2011-A: 7)26. Auch wurde, noch bevor das erste Gebäude im Jahr 2002 fertiggestellt war, die Westhafen-PPP als Paradebeispiel für öffentlich-private Zusammenarbeit zur Stadtentwicklung über die Grenzen Frankfurts hinaus beworben: »[U]nd dann sind die Frankfurter herumgezogen und haben das [PPP-Format] dann bis Ende 2000 verkündet und dann gab’s genügend andere Referenzprojekte« (F2011-G: 25). 26 Hierzu zählen das Rebstock-Viertel und Gateway Gardens, bei denen ähnliche Modelle für die Entwicklung genutzt wurden.
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Wie bereits erwähnt, wurde die Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Investor_innen durch eine Interessenskonvergenz möglich. Diese bestand darin, die Schaffung gehobener Wohnlagen für mittelständische Haushalte lukrativ zu machen – in Zeiten, in denen private Investor_innen unter den herrschenden Bedingungen kaum Interesse an Wohnungsbau in Frankfurt hatten. Die damals initiierte Entwicklung, für die der Westhafen exemplarisch steht, prägt bis heute die Diskussion um den Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Frankfurt (vgl. FAZ 31.08.2016; Schipper 2016). Mit der Ausrichtung am Personal des tertiären Sektors mit mittleren und hohen Einkommen wurde auf Initiative und unter Beteiligung der öffentlichen Hand mit dazu beigetragen, dass in der Folge im gesamten Stadtgebiet (un-)mittelbare Aufwertungsprozesse und damit verbundene Mietpreissteigerungen zu verzeichnen waren und sind. Dies hat auf dem schon Anfang der 1990er Jahre angespannten Frankfurter Wohnungsmarkt zu einer Verschärfung des Mangels an günstigem Wohnraum gesorgt. Realisiert werden konnte dies nur mittels der direkten (finanziellen) Beteiligung privater Investor_innen in Form ausgelagerter Gesellschaften27, die explizit jenseits der öffentlichen Verwaltungsstruktur und unter der Maßgabe einer marktorientierten Entwicklung agieren sollten. Dass im Falle des Westhafens ein Wohn- und Arbeitsquartier entstanden ist, das Nutzer_innen mit niedrigen Einkommen ausschließt und einen Aufwertungsdruck auf das benachbarte Gutleutviertel zur Folge hat, ist nicht nur auf die Ertragsinteressen der privaten Beteiligten zurückzuführen, 27 Der lokale Charakter und die zeitliche Begrenzung dieser Gesellschaften machen es schwierig allgemeine Aussagen darüber zu treffen, ob damit eine dauerhafte Neuordnung von Verwaltungshandeln einhergeht. Dies trifft umso mehr zu, seit im Jahr 2004 vom Hessischen Landtag ein striktes Subsidiaritätsprinzip in die HGO eingeführt wurde (vgl. Hessischer Landtag 2004). Dort heißt es in § 121 Abs. 1, dass die Gemeinde »sich wirtschaftlich betätigen darf, wenn der öffentliche Zweck die Betätigung rechtfertigt, die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht, der Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann«. Begründet wird dies damit, dass die Gemeinden »vor überflüssigen wirtschaftlichen Risiken bewahrt und die Privatwirtschaft vor einer Beeinträchtigung ihrer berechtigten Interessen geschützt werden [sollen]. Dieses Ziel wird erreicht, indem der Privatwirtschaft ein Vorrang gegenüber der Gemeinde eingeräumt wird, wenn sie den Zweck mindestens ebenso gut und wirtschaftlich erfüllen kann.« (Ebd.: 59) Damit stellt sich die Frage, ob unter diesen Bedingungen eine vergleichbare wirtschaftliche Betätigung der Stadt Frankfurt wie in der Westhafen-PPP nach 2004 noch möglich gewesen wäre, da ein entsprechender Nachweis nur schwer hätte erbracht werden können (vgl. F2013-U: 11-13). Gleiches gilt auch für das folgende Beispiel der KEG. Vor 2004 gegründete Gesellschaften sind von dieser Regelung jedoch auch im Nachhinein nicht betroffen.
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sondern auch Ergebnis der stadtentwicklungspolitischen Strategien, die unter den rotgrünen Magistraten Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre eingesetzt wurden, um der Abwanderung mittelständischer Bevölkerungsgruppen entgegenzuwirken. Die heutige Wohnungsnot ist damit – zumindest in Teilen – ein hausgemachtes politisches Problem und nicht nur auf das Ergebnis von Marktentwicklungen zu reduzieren. 5.3.3 Die KEG als privatrechtliches Instrument der Stadtentwicklung Die KEG ist eine öffentlich-private Partnerschaft, die 1995 von der Stadt Frankfurt und der Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung mbH (BSMF) 28 gegründet wurde, um ehemalige Liegenschaften des US-Militärs einer Konversion zu unterziehen. Ein Teil der Siedlungsbauten wurde in den Bestand der stadteigenen Wohnbaugesellschaft ABG Frankfurt Holding GmbH übernommen. Darüber hinaus existierten ca. 50 Brachflächen, die sich im Eigentum der Bundesvermögensverwaltung befanden. Der ursprüngliche Plan der Stadt Frankfurt bestand darin, für die zur Umnutzung freigewordenen Flächen Planungsrecht zu schaffen und 28 Bei der BSMF handelt es sich um ein 1991 gegründetes Architektur- und Ingenieurbüro mit Sitz in Frankfurt am Main. Sie gehört zur HEGLI Verwaltungsgesellschaft mbH, einer Holding, die außerdem an Planungsgesellschaften in Potsdam und Berlin beteiligt ist. Jenseits der KEG ist die BSMF in unterschiedlichen Bereichen für die Stadt Frankfurt tätig (gewesen). Die BSMF hat Anfang der 1990er Jahren die Stadt Frankfurt in Bezug auf das Kostencontrolling beim öffentlichen Wohnungsbau beraten. Dafür übernahm die BSMF die Vermittlung zwischen der Stadt als Fördergeldgeberin und den Wohnungsbauunternehmen. Auf diesem Weg sollten Baukosten gesenkt werden. Im Rahmen des Bund-LänderProgramms Soziale Stadt wurde das Gallusviertel zum Stadtteil mit besonderem Entwicklungsbedarf erklärt. In diesem Rahmen ist die BSMF gemeinsam mit der KEG, die 2005 das Teves-Areal von der Stadt angemietet hat, für das Erstellen eines Entwicklungskonzepts als Stadtteilzentrum und die Sanierung und Instandsetzung der Gebäude zuständig. Die BSMF hat zudem 2007 die Projektsteuerung für das 2006 als Stadtumbaugebiet festgelegte Bahnhofsviertel für die Stadt Frankfurt übernommen. Dabei ist sie für die Umsetzung des städtebaulichen Entwicklungskonzepts, die Akquise von Projekten und die Beratung zu Fördermitteln, die Gewinnung von Eigentümer_innen und Investor_innen für innovative Leitprojekte sowie die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, wozu auch ein Bürger_innenbüro gehört. Außerdem wurde die BSMF damit beauftragt ein Konzept zur Stadtentwicklung und Stadterneuerung für das Unterdorf in Kelsterbach zu entwickeln. Im Jahr 2014 führte sie für die PPP Grundstücksentwicklungsgesellschaft Gateway Gardens mbH am Frankfurter Flughafen ein Studienverfahren zum Bau von vier Hochhäusern durch.
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dem Markt die Entwicklung zu überlassen: »Das ist alles sehr kompliziert. Da hält man sich am besten raus. Da macht man mal die Bebauungspläne und dann wird der Markt das schon machen.« (F2014-U: 45) Es bestand jedoch das Problem, dass diese Flächen bei privaten Investor_innen nicht nachgefragt waren, da zum einen, wie oben dargelegt, das Interesse an Wohnungsbau in den 1990er Jahren gering war und zum anderen mit den Brachflächen Unsicherheiten verbunden waren (vgl. Buchholz 2000: 204; Kempf/Rehm 1995: 64ff). Die Flächen waren zum Teil für einzelne Investor_innen zu groß, die Lage zu unattraktiv oder auf ihnen befanden sich möglicherweise Altlasten aufgrund der vormals militärischen Nutzung. Auch mussten teils Fragen des Denkmalschutzes berücksichtigt werden. Außerdem war die Vergabe durch die Bundesvermögensverwaltung sehr langwierig und auch die Wertermittlung gestaltete sich problematisch, da die Areale bislang nicht Teil des lokalen Grundstücks- und Immobilienmarktes gewesen waren (vgl. Kempf/Rehm 1995: 64f).29 Gerade in Ballungsräumen mit hohen Bodenrichtwerten fielen die Wertberechnungen sehr hoch aus, obwohl für bestimmte Nutzungen wie sozialen Wohnungsbau, Studierendenwohnheime oder Infrastruktureinrichtungen Preisnachlässe gewährt wurden. Die Vergünstigungen konnten jedoch nur von Kommunen selbst oder von einer kommunalen Mehrheitsgesellschaft in Anspruch genommen werden. Trotz dieser Vergünstigungen heißt es im Vortrag des Magistrats in der StVV zur Gründung der KEG: »Die begrenzten Finanzmittel der Stadt Frankfurt am Main […] erschweren die Möglichkeit, diese Flächen aus eigenen städtischen Mitteln vom Bund zu erwerben, zu entwickeln und anschließend zu vermarkten« (Koenigs/Wentz 1994: 2). Wie in vielen anderen Kommunen auch wurde aus diesem Grund in Frankfurt eine Mehrheitsgesellschaft gegründet, die zunächst zwei Kasernenareale, die Micheal- und McNair-Kasernen, in Frankfurt Höchst entwickelt hat. Die Gründung der KEG muss in diesem Kontext auch als Instrument der Risikoübertragung und innerhalb einer zeiträumlich spezifischen Situation gesehen werden. Mit der Demilitarisierung von Liegenschaften wurden im Stadtgebiet in Folge des Truppenabzugs Entwicklungsareale frei, mit denen ein Umgang entwickelt werden musste. Die Aufgabe der KEG als PPP-Gesellschaft bestand in der »parallele[n] Konzeption von Bebauung, Erschließung und Findung von Investoren für die Teilgrundstücke, um die Effizienz zu maximieren und Planungszeiten zu vermindern« (Buchholz 2000: 204). Etwaige mit dem Kauf und der Entwicklung verbundenen Belastungen sollten an eine beschränkt haftende Gesellschaft übertragen werden. 29 Hier zeigt sich im Vergleich zu Berlin, welchen Stellenwert die Bereitstellung von Informationen zu Liegenschaften hat, um diese einer marktförmigen Verwertung zuzuführen: Anders als in der Hauptstadt geriet in Frankfurt die Entwicklung der Konversionsflächen durch den Markt geriet ins Stocken, weil die notwendige Informationsgrundlage nicht ausreichte.
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»Die Kommune war damals zu dem Ergebnis gekommen, dass es relativ große Risiken birgt. Man geht in eine Projektentwicklung und man wollte diese Risiken nicht tragen. Es sind damals sehr viele vergleichbare Gesellschaften, also kommunale Mehrheitsbeteiligungsgesellschaften gegründet worden. Schlicht und ergreifend zur Risikominimierung. […] Die KEG ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Stadt haftet als Körperschaft unbegrenzt.« (F2013-U: 7)
Damit verbunden ist auch die Bedingung, dass die KEG nur so lange existiert, wie ihre Projekte30 auch wirtschaftlich erfolgreich sind, ohne auf den Zuschuss öffentlicher Gelder angewiesen zu sein: »Entweder das Projekt finanziert sich aus sich selbst heraus, dann ist gut, oder im schlimmsten aller Fälle, es funktioniert nicht, dann geht im schlimmsten aller Fälle die KEG pleite« (F2011-A: 105). Nach dem Abschluss des ersten Entwicklungsvorhabens sollte die KEG eigentlich wieder abgewickelt werden, übernahm aber stattdessen weitere Projekte mit neuen Anforderungen, was sich in Ergänzungen des Unternehmenszwecks abbildet. Die Änderungen im Unternehmenszweck waren notwendig, um neu hinzugekommene Aufgabenfelder abdecken zu können. Die KEG wurde, wenn nötig, von Projekt zu Projekt den neuen Anforderungen angepasst. Diese wandelbare Einsetzbarkeit der KEG als private Hülle zur Umsetzung stadtentwicklungspolitischer Vorhaben hat – neben ihrem wirtschaftlichen Erfolg – letztlich dazu geführt, dass sie bis heute existiert. Die ursprüngliche Idee zur Gründung der KEG wurde von der BSMF und der Kommunal- und Unternehmensberatung (KUB)31 an den damaligen Planungsdezernenten Martin Wentz herangetragen. Das Konzept sah vor, eine Gesellschaft mit zwei 30 Seit ihrer Gründung hat die KEG insgesamt neun zum Teil sehr unterschiedliche Entwicklungsprojekte durchgeführt. Soweit ersichtlich, wurden bei sechs der Projekte auch geförderte Wohnungen geschaffen. Dabei ist jedoch nicht klar, nach welchen Kriterien und durch welche Förderprogramme diese gefördert wurden, weswegen hier keine Differenzierung zwischen klassisch gefördertem Sozialwohnungsbau und Programmen zur Eigenheim-, Mittelstands- oder Stadtumbauförderung möglich ist. Die Entwicklung der ehemaligen Gibs-Kaserne weicht insofern von dem Geschäftsmodell der KEG ab, als dort ausschließlich hochpreisige Eigentumswohnungen errichtet wurden. In den obenstehenden Ausführungen beziehe ich mich in erster Linie auf die allgemeine Ausrichtung der KEG seit ihrer Gründung. Eine detaillierte Betrachtung der einzelnen Projekte ist nicht vorgesehen. 31 Bei der KUB handelt es sich um ein Beratungsunternehmen, das auf den Geschäftsfeldern Stadtentwicklung, Konversion und Wohnungswirtschaft tätig ist. Ursprünglich war geplant, dass die Stadt Frankfurt, BSMF und KUB zu jeweils einem Drittel an der KEG beteiligt sind. Der Geschäftsführer konnte sich jedoch aufgrund politischer Differenzen mit dem damaligen Kämmerer, Tom Koenigs, nicht an der PPP beteiligen und hat nur an der Konzeptentwicklung der KEG mitgewirkt.
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Gesellschafter_innen – Stadt Frankfurt und BSMF – zu gründen. Im Handelsregister ist der Gegenstandsbereich der KEG zum Zeitpunkt der Gründung folgendermaßen beschrieben: »Erwerb, Entwicklung und Veräußerung von Flächen vorrangig im Stadtgebiet der Stadt Frankfurt am Main, deren bisherige Nutzung für andere Zwecke, insbesondere des Wohnungsbaus (Konversion), geändert werden soll.« (Handelsregister Bekanntmachung 1995) Die Geschäftsführung wird von der KEG gestellt und der Aufsichtsratsvorsitz von der amtierenden Planungsdezernent_in. Dabei ist zu betonen, dass im Fall der KEG trotz ihrer privaten Form und ihres politik- und verwaltungsfernen Handelns nicht von einem Steuerungsverlust gesprochen werden kann, der PPP-Formaten oft attestiert wird: »Die KEG gehört uns. […] Das ist unsere Firma und die macht das für uns. Die ist halt anders strukturiert und das funktioniert schneller« (F2012-S: 142-144). Für die Verbindung zur Stadt wurde die personelle Anbindung an das Planungsdezernat als essentiell angesehen, da mit privaten Gesellschafter_innen die Ausrichtung der KEG, wie sie gewünscht war, nicht möglich gewesen wäre: »Und weil es sich immer um Planungsprozesse auch handelt, war die Idee zu sagen: Der jeweilige Planungsdezernent ist der geborene Chef des Aufsichtsrates« (F2013-U: 35). Die KEG ist ein Problemlösungsinstrument der Stadt Frankfurt, das eingesetzt werden kann, wenn Liegenschaften im Stadtgebiet nicht vom Markt angenommen werden, aber ein Interesse besteht, diese einer Nutzung zuzuführen: »Dann hat es sich so entwickelt als Problemlöser für Flächenentwicklung […]. Und ich glaube, so wird die KEG mittlerweile wahrgenommen von der Stadtpolitik. Wenn […] der normale Marktteilnehmer sagt: Lohnt sich nicht, kann man nicht ordentlich Geld verdienen. Dann stellt sich die Frage: Wäre das nicht was für die KEG?« (F2013-U: 19) Dabei verfolgt die KEG bei den meisten von ihr durchgeführten Projekten das Ziel, eine Mischung aus frei finanzierten Eigenheimen und gefördertem Geschosswohnungsbau zu realisieren. Dabei wird eine Liegenschaft schrittweise an den Markt herangeführt, bis sich Investor_innen gefunden haben, die bereit sind, die Liegenschaft unter den gestellten Bedingungen zu entwickeln. Dies kann durch bauvorbereitenden Maßnahmen, Altlastenbeseitigung, Klärung von Fragen des Denkmalschutzes oder Fördermöglichkeiten oder in Form städtebaulicher Entwürfe geschehen. Im Ursprungsprojekt wurden von der KEG zwei Ansätze verfolgt. Erstens wurden Einfamilienhäuser in räumlicher Nähe zu gefördertem Geschosswohnungsbau realisiert. Dieser Ansatz unterscheidet sich von den Planungen, wie sie bis in die 1980er Jahre hinein verfolgt wurden. Hier waren Einfamilienhäuser und geförderter Wohnungsbau in der Regel durch eine große Straße oder Grünflächen voneinander getrennt. Zweitens wurde der Ansatz verfolgt, zu zeigen, dass man Investor_innen findet, die bereit sind, dieses Modell auch umzusetzen. Dabei wurden an den Verkauf der Liegenschaften Bedingungen gestellt: »So eine Fläche wurde nur dann verkauft, wenn der Investor auch bereit war, sich darum zu kümmern, dass geförderter Wohnungsbau errichtet wird« (F2013-U: 5). Bei dem Projekt wurden von ihr erworbene
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Flächen nur für den Bau von lukrativen Eigenheimen veräußert, wenn die Käufer_in einen erheblichen Anteil geförderten Wohnungsbau zusicherten und dabei den damaligen Mindestbetrag der kommunalen Beteiligung als ausreichend akzeptierte. Wie auch die oben diskutierte Entwicklung des Westhafens ist die Gründung der KEG von den stadtentwicklungspolitischen Zielsetzungen in den 1990er Jahren geprägt. In der Berichterstattung über die KEG findet sich immer wieder der Verweis auf die Zielgruppe der (jungen) Familien, für die in Frankfurt ein Angebot an Wohnraum oder sogar die Möglichkeit geschaffen werden sollte, Wohneigentum zu erwerben: »›Räume zum Leben‹, so das Motto, sollten insbesondere für junge Familien entstehen, die über ein bestenfalls mittleres Einkommen verfügen. Der Stadtflucht dieser Bevölkerungsgruppe sollte nach dem Wunsch des Magistrats entgegengewirkt werden.« (FR 26.06.2001: 33) Dabei wurde auch das Ziel verfolgt, die Eigenheime an Selbstnutzer_innen zu verkaufen, da diese ein Wohnquartier stabilisieren würden. Um Frankfurt für junge Familien attraktiver zu machen, die ansonsten ins Umland ziehen, sollte die KEG mit der Entwicklung der Michael- und McNair-Kasernen »ein Angebot in einem Marktsegment« schaffen, »das es in Frankfurt lange Zeit überhaupt nicht mehr gegeben habe« (FAZ 20.03.1995: 39). Die junge Familie fungiert in der Berichterstattung als weitgehend unspezifischer Signifikant, mit dem eine Bevölkerungsgruppe in der Stadt gehalten werden sollte, die in den 1990er Jahren vor allem in das suburbane Umland Frankfurts zog. Indem ein Wohnungsangebot geschaffen wurde, das sich dezidiert vom dominierenden kleinteiligen Geschosswohnungsbau unterschied, sollte die Stadt für Haushalte mit zumindest mittleren Einkommen als Wohnstandort attraktiver gemacht werden. Die Orientierung an einem neu entworfenen Bild der urbanen Mittelschicht sollte dabei auch zu einer sozialen Stabilisierung von Stadtteilen und Wohnquartieren führen, die von Haushalte mit unteren Einkommen dominiert wurden. Das Vorgehen der KEG, einerseits geförderten Sozialwohnungsbau und andererseits Eigenheime zu schaffen, hätte nicht zwangsweise in Form einer privaten Mehrheitsgesellschaft realisiert werden müssen. Die Entscheidung, dies über eine ausgelagerte Beteiligungsgesellschaft zu machen, wird damit begründet, dass dieser Prozess politikfern gestaltet werden kann: »Wenn es die Kämmerei macht, wäre es ein sehr öffentlicher Prozess. Man würde das sehr nachhaltig politisch diskutieren, warum man Flächen, die nebeneinander liegen einmal für 400 Euro verkauft und, wenn ein anderer Zweck, aber auch Wohnen realisiert wird, man das für 100 Euro zur Verfügung stellt. Wie die Diskussion aussieht, das weiß ich nicht. Sie wäre nicht einfach.« (F2013-U: 31)
Die Nutzung der KEG dient damit nicht nur der »Verfahrensbeschleunigung, weil bestimmte Prozesse nicht mehr den üblichen Gang durch die Verwaltung gehen« (F2011-I: 76), sondern ermöglicht vor allem auch eine andere Vergabepraxis, als sie
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formal und auch politisch umsetzbar gewesen wäre, wenn das Liegenschaftsamt die Brachflächen erworben hätte. Die KEG zeichnet demgegenüber aus, dass es sich um »eine schlanke Gesellschaft« handelt, »die keinen eigenen Apparat aufbaut« (F2011-A: 10). Mit dem Ausdruck »schlank« wird auch umschrieben, dass die Gesellschaft bis auf einen ehrenamtlich tätigen Geschäftsführer kein eigenes Personal beschäftigt und keine eigenen Geschäftsräume hat. Das operative Geschäft der KEG wird über Geschäftsbesorgungsverträge vor allem mit der privaten Gesellschafterin, der BSMF, nach branchenüblichen Tarifen erledigt. Auch sieht das Konstrukt der KEG vor, dass sie von der Grundkonzeption her keine eigenen Vermögenswerte32 aufbaut und das Eigentum an einer Liegenschaft im Idealfall nur eine juristische Sekunde33 andauert, bevor es an die Investor_innen übergeht (vgl. Buchholz 2000: 205). Die KEG ist damit in gewisser Hinsicht eine Briefkastenfirma, mit der nur sehr geringe laufende Kosten verbunden sind und die situativ und problemorientiert aktiviert werden kann. Sie eröffnet Handlungsspielräume und beschleunigt Prozesse, indem sie außerhalb der städtischen Verwaltung und der politischen Mitbestimmungsstrukturen Liegenschaften entwickelt: »Es ist eigentlich unumstritten, dass man solche Flächen nur mit einer GmbH-Struktur entwickeln kann, die losgelöst von den Beschränkungen der Hessischen Gemeindeordnung agieren kann, wo jeder Grundstücksverkauf über die Stadtverordnetenversammlung gehen muss. Mit so einer GmbH […] haben Sie eine schlagkräftige Struktur, die auch flexibel ist, während die städtischen Strukturen in der Verwaltung, das sind halt über Jahrzehnte gewachsene Strukturen – da haben Sie Mitarbeiter, die dem Beamtenrecht unterliegen, und wenn Sie den falschen befördern, haben Sie eine Konkurrentenklage am Hals, und haben die ganze Genehmigungsstruktur mit Kämmerei, Revisionsamt, Personal- und Organisationsamt und teilweise mit Genehmigung durch die Kommunalaufsicht am Hals und auch, mit Verlaub, Sie müssen alles durch die städtischen Gremien machen, mit den entsprechenden Vorlaufzeiten, die so eine Vorlage hat. Magistrat, Stellungnahme der Ämter, Stadtverordnetenversammlung, Beteiligung der Ortsbeiräte usw. Das ist halt eine sehr schwerfällige Struktur, die für eine wirtschaftliche Entwicklung von solchen Gebieten unangemessen ist.« (F2013-T: 81) 32 Hierzu ist zu sagen, dass ursprünglich nicht vorgesehen war, dass die KEG eigene Liegenschaften hält. Bei der Entwicklung der Höchster Kasernenareale wurde jedoch für einen denkmalgeschützten Teil des Gesamtareals keine private Investor_in gefunden, weswegen die Entwicklung der McNair-Kaserne von der KEG selbst vorgenommen wurde und die Liegenschaften in ihrem Eigentum verblieben sind. 33 Bei dem Begriff der juristischen Sekunde oder Minute handelt es sich um ein juristisches Konstrukt, mit dem der sogenannte Durchgangserwerb beschrieben wird. Dabei hält eine Rechtsperson für eine angenommene Sekunde bspw. die Eigentumsrechte an einer Liegenschaft, bevor diese an eine andere Eigentümer_in übergehen.
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Eine wirtschaftliche Entwicklung bedeutet für die KEG, dass sie in erster Linie kostendeckend arbeitet und nur im Ausnahmefall Gewinne erwirtschaftet, welche aber zur Finanzierung neuer Projekte eingesetzt werden. Hierbei wird eine weitere Besonderheit der KEG deutlich, da sie bis auf eine Gewinnausschüttung an die beiden Gesellschafterinnen in Höhe der Kapitaleinlage dezidiert nicht das Ziel verfolgt, monetäre Renditen zu erwirtschaften und diese an die Gesellschafter_innen auszuzahlen. Für die private Gesellschafterin BSMF reichen die gezahlten Honorare als Rendite aus, wohingegen für die Stadt vor allem die oben skizzierte soziale Rendite von Interesse ist. Diese besteht darin, dass städtische Brachen und Problemfelder bereinigt werden, »und wenn das passiert, ist eigentlich die Renditeerwartung der Stadt Frankfurt zufriedengestellt« (F2013-U: 23). Hier zeigt sich, wie mit der KEG problemorientiert von einer Input- zu einer Output-Legitimität gewechselt wird, ohne dass dafür eine aufwändige Reform der administrativen Binnenstruktur notwendig wäre. Der Erfolg der KEG definiert sich über den Verkauf der Entwicklungsflächen an private Investor_innen unter vorgegebenen Rahmenbedingungen. Dieses Vorgehen der KEG zeichnet sich in keiner Weise durch das Vorhaben einer Gewinnmaximierung aus, weist aber eine deutliche Orientierung an Marktbedingungen und Investor_inneninteressen auf, die schon früh in den Planungsprozess eingebunden werden. Damit fungiert die KEG als Instrument zur Mobilisierung privaten Kapitals zur Umsetzung stadtentwicklungspolitischer Ziele. So gesehen handelt es sich bei der KEG um eine Mischung aus Liegenschaftsund Hochbauamt in einer privatrechtlichen Form, die eingesetzt werden kann, um Liegenschaften im Stadtgebiet einer Verwertung zuzuführen, wenn sie von privaten Investor_innen (zunächst) nicht angenommen werden. Dabei wird der politisch-administrative Apparat umgangen, um mehr Flexibilität beim Erwerb, bei der Entwicklung und dem Verkauf von Liegenschaften sowie in Personalfragen zu haben. Mit der Gründung der KEG erschließt also die Stadt Frankfurt mit Hilfe einer privaten Partnerin Handlungs- und Kapitalressourcen jenseits des politisch-administrativen Apparats der öffentlichen Verwaltung und der StVV. Exkurs: Die Frankfurter Stiftungslandschaft Die Nutzung außeradministrativer Handlungsformen, wie sie oben anhand der beiden PPP Westhafen und KEG dargelegt wurde, stellt in gewisser Hinsicht kein gänzlich neues Format dar. So ist die Stadt Frankfurt für insgesamt sechs öffentliche milde Stiftungen34 geschäftsführend tätig, die teilweise ihren Ursprung im Spätmittelalter haben und die bis heute einen wichtigen Beitrag zu den sozialen Aufgaben (bspw. 34 Dazu zählen die Stiftungen Hospital zum Heiligen Geist (1267), St. Katharinen- und Weißfrauenstift (1228/1353), Allgemeiner Almosenkasten (1428), Waisenhaus (1679), Versorgungshaus und Wiesenhüttenstift (1817) und Taubstummenanstalt (1827).
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Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheitsversorgung, Altenpflege) der Stadt leisten. Die Einnahmen dieser Stiftungen werden außerdem, wie etwa im Fall des Allgemeinen Almosenkastens (ca. eine Millionen Euro/Jahr), zur Querfinanzierung des Frankfurter Sozialhaushaltes genutzt. Ihre Aufgaben finanzieren die Stiftungen dabei aus den Erträgen ihres umfangreichen Grundbesitzes, der sich über das gesamte Stadtgebiet verteilt. So war bspw. die Stiftung Waisenhaus 2003 achtgrößter Grundbesitzer in Frankfurt am Main und verfügte über 590 Wohnungen und 686 Hektar Land, womit sie Einnahmen aus Mieten, Pachten und Erbbauzinsen in Höhe von acht Millionen Euro erzielte (vgl. ImmoZ 19.08.2004: 23). Dieser Grundbesitz hat jedoch auch darüber hinaus eine wichtige Bedeutung für die Stadt. Im Jahr 2004 titelt die Immobilienzeitung: »Eine Stadt, gebaut auf Stiftungsland« (ebd.). In dem dazugehörigen Artikel heißt es: »Dank eines in Jahrhunderten gewachsenen Grundbesitzes sind sie [die Stiftungen] […] von jeher ein wichtiger Teilnehmer des Immobilienmarktes. Die Stadt hat sich die ehemals bürgerschaftlich organisierten Einrichtungen schon lange zum Zwecke der Stadtplanung dienstbar gemacht.« (Ebd.: 23) Die Nutzung der Stiftungen für die Stadtentwicklung reicht zurück bis in das ausgehende 19. Jahrhundert, als der damalige Oberbürgermeister Franz Adickes mit Hilfe der städtischen Stiftungsordnung den Einfluss auf die bis dahin bürgerlich geprägten Stiftungen ausweitete. Dies gelang, indem die Stadt über Stadträt_innen in den Stiftungsgremien Einfluss darauf nehmen konnte, »in welchem Umfang das Vermögen in Grundbesitz anzulegen ist und welche Grundsätze bei Erwerb, Verwaltung und Veräußerung zu befolgen sind« (Frankfurter Stiftungsordnung zit. n. ImmoZ 19.08.2004: 23). Der Grundbesitz städtischer Stiftungen wurde in den letzten 50 Jahren im Rahmen unterschiedlicher und zum Teil sehr bedeutsamer Vorhaben eingesetzt (vgl. Müller/Schembs 2006). So wurde stiftungseigener Grundbesitz beim Bau der Nordweststadt (ab 1959) oder des Sozialzentrums Marbachweg (1974) genutzt. Die Messe Frankfurt übernahm in einem Erbbaurechtvertrag eine 7,7 Hektar große Stiftungsliegenschaft (1978). Als Instrument der Stadtentwicklung wurde die Stiftung Allgemeiner Almosenkasten dazu genutzt drei Gebäude im Frankfurter Bahnhofsviertel zu kaufen, in denen sich bis dahin Bordelle befanden (1988).35 Das Ziel bestand darin, das Rotlichtviertel in den Osten der Stadt zu verlagern, wo – wiederum auf einem Grundstück der Stiftung – ein Großbordell entstehen sollte. Aber auch aktuellere Entwicklungsprojekte wurden mit Hilfe des Grundbesitzes der Stiftungen realisiert. Dazu zählen die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme zur Schaffung des neuen 35 Dieses Vorhaben – bei dem umfangreiche Immobiliengeschäfte zu überhöhten Preisen an der StVV vorbei getätigt wurden und kostspielige Absprachen getroffen wurden – scheiterte letztlich und entwickelte sich zu einem politischen Skandal für den zu der Zeit amtierenden CDU-Magistrat unter dem späteren hessischen Ministerpräsidenten Walter Wallmann (vgl. Der Spiegel 1989; 1990; 1990).
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Stadtteils Riedberg (ab 2003) oder das zum Ersatz der Großmarkthalle geschaffene Frischezentrum im Stadtteil Kalbach (2005). Die Aufgabe der Großmarkthalle ermöglichte den Bau des neuen Hauptsitzes der Europäischen Zentralbank auf dem Areal. Für diese Vorhaben verkauften die Stiftungen ihren Grundbesitz nicht, sondern nutzten diesen für den Abschluss von Erbbaurechtverträgen, die einen kontinuierlichen Einnahmefluss über mehrere Jahrzehnte garantieren, oder zum Grundstückstausch. Für die Stadt Frankfurt ist der Rückgriff auf stiftungseigenes Liegenschaftsvermögen auch deswegen von besonderem Interesse, weil diese ohne spekulative Preissteigerungen des freien Grundstücks- und Immobilienmarkts möglich sind. Stiftungen und die oben vorgestellten PPP weisen einige strategische Gemeinsamkeiten auf, da mit ihrer Hilfe unabhängig von politischen und verwaltungstechnischen Mitbestimmungs- und Beteiligungsverfahren Liegenschaften gekauft und verkauft bzw. getauscht werden können, wobei allerdings eine Gesellschaft noch mehr Flexibilität besitzt als eine Stiftung. »Dass man mal Dinge erwirbt, das geht alles viel glatter über diese Stiftungen. Das ist kein Eigenbetrieb und keine privatrechtlich organisierte Gesellschaft, aber eben eine politisch sehr stark beeinflussbare, letztendlich aber formal nicht zur Kommune gehörende Institution. Die Stadt ist mit dieser Vorgehensweise ausgesprochen glücklich. Es hat neben den rein wirtschaftlichen Vorteilen auch gewisse rechtliche Vorteile. Es gibt weniger Kontrolle von darüberstehenden Institutionen und es hat eine befriedende Wirkung, dass eine Reihe von Stakeholdern Einfluss nehmen können […]. Man kann […] darüber bestimmte Dinge initiieren und abwickeln. Das spielt eine mit Sicherheit deutlich unterschätzte Rolle, dass man so gewisse Einflüsse sichern kann.« (F2011-F: 60)
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte dem Thema Stiftungen nicht weiter nachgegangen werden. Dennoch sind gerade die oben erwähnten Stiftungen in ihrer hybriden Form zwischen eigener Rechtsperson und städtischem Steuerungsinstrument von besonderem Interesse hinsichtlich der Bestimmung der Grenzen und Formen staatlichen Handelns.
5.4 Resümee Es ist festzustellen, dass in Frankfurt am Main kein mit Berlin vergleichbarer Wirkungszusammenhang zwischen der Binnenreform der Verwaltung und der Privatisierung öffentlichen Liegenschaftseigentums besteht. Mehr noch wird der Reform der Binnenverwaltung, wie sie seit Mitte der 1990er Jahre in Frankfurt verfolgt wurde, eine gewisse Dysfunktionalität und Unwirksamkeit attestiert. Aufgrund der hohen Gewerbesteuereinnahmen hat sich – trotz der angespannten Haushaltssituation
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vor allem zu Beginn der 1990er Jahre – nie ein besonders hoher Kosten- und Handlungsdruck entwickelt. Darüber hinaus haben die fachliche Fragmentierung innerhalb der Verwaltung und die große politische Autonomie der einzelnen Dezernate parallel zum gesamtstädtischen Reformprozess eher zu punktuellen Reformansätzen geführt, was Umsetzungsprobleme und Inkompatibilitäten zu Folge hatte. Auch die Autonomie der Stadt gegenüber den kommunalen Aufsichtsbehörden ist selbst in den Zeiten hoher Verschuldung in den 1990er Jahren größer als bspw. die der Berliner Bezirke gegenüber dem Senat. Damit fehlt in Frankfurt eine Hierarchieebene, die in Berlin einen disziplinierenden Faktor für die Binnenreform auf Ebene der Bezirksverwaltungen darstellt. Die spezifische Geographie der Frankfurter Verwaltungslandschaft wird auch dafür verantwortlich gemacht, dass die Liegenschaftsverwaltung dezentral organisiert ist. Zwar wurden immer wieder Vorhaben diskutiert, ein zentrales Liegenschaftsmanagement aufzubauen, dies scheiterte aber an den politischen Widerständen der Dezernent_innen und deren Autonomie gegenüber der Oberbürgermeister_in, die nicht weisungsbefugt ist.36 Es zeigt sich hier jedoch auch, dass eine solche Zentralisierung nicht als hinreichende Bedingung dafür gesehen werden kann, eine Privatisierungsdynamik nach Berliner Art zu entwickeln. So lassen sich im Rahmen der Konsolidierungsvorhaben zu Beginn der 1990er Jahre in Frankfurt am Main trotz dezentraler Liegenschaftsverwaltung umfangreiche Privatisierungen öffentlichen Liegenschaftseigentums bis Mitte der 1990er Jahre ausmachen. Damit war jedoch wiederum eine vergleichbare Zielstellung wie in Berlin verbunden: Die Privatisierung kommunalen Liegenschaftseigentums diente der kurzfristigen Generierung von Ersatzdeckungsmitteln zur Deckung des defizitären Haushalts. Die Privatisierungen fanden allerdings zeitlich und inhaltlich unabhängig von der Binnenreform statt, die erst in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre einsetzt. Der umfangreiche Verkauf von Grundstücken und Immobilien aus dem öffentlichen Eigentum hatte zur Folge, dass unter den Bedingungen der reformierten Verwaltung schlicht ein Großteil des verwertbaren Liegenschaftsvermögens schon privatisiert worden war. Trotz der konstatierten Dysfunktionalität der Binnenreform lassen sich Effekte in Bezug auf die Wahrnehmung von und den Umgang mit Liegenschaften feststellen, wobei zunächst fachpolitische Rationalisierungsvorhaben im Vordergrund stehen. Die Einführung betriebswirtschaftlicher Haushaltsführung und die Sichtbarmachung von Liegenschaftsbeständen über Geodateninformationssysteme machte es möglich, dezentral und zeitnah liegenschaftsrelevante Informationen zu verarbeiten und vor 36 In den geführten Interviews wurde darauf verwiesen, dass die bislang ausgebliebene Zentralisierung und Privatisierung des Frankfurter Liegenschaftswesens vor dem Hintergrund zu verstehen sei, dass in einer dezentral organisierten Liegenschaftsverwaltung die politischen Einflussmöglichkeiten größer sind als gegenüber einem immobilienwirtschaftlich agierenden Unternehmen.
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allem auch umfassend darzustellen. Die Mobilisierung vormals personengebundenen Spezialwissens führt zu einer Entpersonalisierung von Fachwissen. Dies ermöglicht einen direkten bzw. dezentralen Zugriff und stellt das Wissensmonopol der Fachverwaltungen über den Liegenschaftsbestand in Frage. Hier lässt sich eine weitere Parallele zu Berlin erkennen: Die Produktion spezifischen (betriebswirtschaftlichen) Wissens über den öffentlichen Liegenschaftsbestand ist selbst als eine regierende Praxis zu begreifen, die subjektivierenden Charakter hinsichtlich der Wahrnehmung von Liegenschaften hat. Die Generierung liegenschaftsbezogenen Wissens und dessen Zirkulation dient darüber hinaus auch als Grundlage für Problematisierungen hinsichtlich des Umgangs mit öffentlichen Liegenschaften im Kontext einer betriebswirtschaftlichen Rationalität. Der handlungsleitende Charakter kann am Beispiel der Ausgliederung der Feuerwachen veranschaulicht werden. Die auf einmal als sanierungsbedürftig sichtbar gemachten Liegenschaften wurden in eine private Gesellschaft überführt, um diese instand zu halten und zu entwickeln. Die Aufgabenstellung hat sich mit dieser Maßnahme nicht verändert, sondern der institutionell-rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Aufgaben erfüllt werden. Kennzeichnend ist hierbei, dass nicht die Binnenreform der bestehenden Verwaltungsstrukturen nach dem NSM als Lösungsstrategie gesehen wurde. Stattdessen dient die Gründung einer privatrechtlichen Gesellschaft als Instrument, um die gewünschte Flexibilität und Wirtschaftlichkeit bei der Instandhaltung und Entwicklung der Feuerwachen herzustellen. Deutlich wird hierbei, dass damit potentielle inneradministrative Einschränkungen Konflikte umgangen werden, um eine aufgabenspezifische Rationalisierung zu erreichen, wie sie mit dem NSM verbunden wird. Am Beispiel des BKRZ – wie auch der KEG oder auch des LFB – kann gezeigt werden, dass sich die Neuordnung städtischer Verwaltungen nicht nur durch den Umbau der Kommunalverwaltungen nach dem Leitbild des Dienstleistungsunternehmens auszeichnet. Komplementär dazu umfasst die Neuordnung städtischer Verwaltungen die Schaffung außeradministrativer privatrechtlicher Gesellschaften im öffentlichen Eigentum in Form aufgabenspezifischer Dienstleistungsunternehmen. Für Frankfurt lässt sich feststellen, dass entsprechende Vorhaben sogar zeitlich vor der Initiative zur Binnenreform der Verwaltung genutzt wurden, um Handlungs- und Finanzierungsspielräume zu erschließen, die innerhalb der traditionellen Verwaltungsstruktur nicht für möglich gehalten werden. Dabei handelt es sich um punktuelle Neuordnungsmaßnahmen, die im Geiste bzw. im Schatten des Problematisierungs- und Reformdiskurses über Verwaltungsorganisation und -handeln in den 1990er Jahren entstanden sind, ohne direkt aus dem Neuen Steuerungsmodell abgeleitet werden zu können. Es wurde eine Vielzahl privater Gesellschaften als begrenzte Laboratorien unternehmerischen Verwaltungshandelns geschaffen, womit andere Strategien und Instrumente entwickelt worden waren, die zu vergleichbaren Effekten führen sollten bzw. sollen. Deutlich wird hierbei auch, dass die Neuordnung städtischer Verwaltungen nicht allein im Kontext der
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(betriebswirtschaftlichen) Rationalisierung fachadministrativer Aufgaben interpretiert werden kann. Gerade im Kontext der als in weiten Teilen als wirkungslos erachteten Binnenreform der Frankfurter Kommunalverwaltung zeigt sich, dass die Neuordnung städtischer Verwaltungen auch die Reartikulation des Verhältnisses zwischen Politik und Verwaltung zum Gegenstand hat. Von besonderem Interesse sind hierbei auch die beiden näher betrachteten PPPGesellschaften, die im Kontext der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen zu verorten, aber nicht über eine reformimmanente Betrachtung zu verstehen sind. Vielmehr dienen sie als Instrumente oder Vehikel zur Artikulation und Durchsetzung stadtentwicklungspolitischer und privatwirtschaftlicher Interessen jenseits des politisch-administrativen Systems. Der öffentlichen Verwaltung wird bescheinigt, nicht flexibel und leistungsfähig genug zu sein, um die Vorhaben in der gewünschten Schnelligkeit und Wirtschaftlichkeit zu realisieren. Auch hinsichtlich der Finanzierung wurde bei beiden Beispielen auf unterschiedliche Art und Weise das Ziel verfolgt, ohne öffentliche Beteiligung auszukommen; stattdessen wurden private Investor_innen direkt an der Gesellschaft beteiligt (Westhafenprojekt) oder die Aufgabe bestand darin, Investor_innen für die Entwicklung brachliegender Liegenschaften zu finden (KEG). Damit geht einher, dass bei den unterschiedlichen Projekten der Fokus auch immer darauf lag, bei den politischen Initiativen zur Entwicklung von Liegenschaften Gewinnerwartungen privater Geldgeber_innen nicht nur zu berücksichtigen, sondern mehr noch als konstitutive Bedingung zu ermöglichen. Die Folge ist eine Diffusion der Grenzen zwischen privatwirtschaftlichem und öffentlichem Handeln. Die Gesellschaften verändern hierbei evident den Modus und die Bedingungen der Interessensartikulation: Sie agieren politikfern und werden darüber hinaus, wie im Falle des Westhafens, durch den Verkauf des zu entwickelnden Areals an private Investor_innen gegen politische Interventionen geschützt. Damit stellen sie eine Art Bypass dar, mit dessen Hilfe Mitbestimmungsprozesse innerhalb des politisch-administrativen Systems und die Diskussionen über eine öffentliche Finanzierung umgangen werden konnten und können. Auch wurde mit den PPP-Vorhaben externes Fachwissen mobilisiert. Mit dem Westhafenprojekt war zusätzlich das Ziel verbunden, das aus der Verwaltung abgestellte Personal quasi on the job Erfahrungen in einem privatwirtschaftlichen Rahmen sammeln zu lassen, was Lerneffekte innerhalb der Verwaltung nach sich ziehen sollte. Dabei zeichnete sich die Politik, die hinter den Gesellschaften steht, durch eine bevölkerungspolitische Ausrichtung aus, die eine Integration von Ertrags- und Stadtentwicklungszielen ermöglichte. Dieser Einsatz öffentlichen Liegenschaftsvermögens unterscheidet sich dahingehend von der Berliner Entwicklung, dass das Ziel hierbei nicht unmittelbare Haushaltskonsolidierung ist, sondern eine mittel- bis langfristig angelegte Stadtentwicklungspolitik: Es sollen vor allem Wohnangebote für Haushalte mit mittleren und hohen Einkommen in der Stadt geschaffen werden, womit die Hoffnung einhergeht, auf die sozialökonomische Basis der Stadt Einfluss zu
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nehmen. Da es sich bei den Projekten um Konversionsvorhaben handelt, kann zwar nicht von einer Bestandsaufwertung und unmittelbar damit verbundenen Verdrängungsprozessen gesprochen werden, es sind aber dennoch – vor allem im Fall des Westhafenprojekts – mittelbare Aufwertungsprozesse festzustellen. Die Gesellschaften stehen in unterschiedlicher Qualität stellvertretend auch für andere Vorhaben der Stadt Frankfurt am Main, mit denen die Absicht verbunden war bzw. ist, im Sinne einer unternehmerischen Stadtpolitik attraktive und gehobene Wohn- und Arbeitsquartiere zu schaffen. Darin wird ein Standortfaktor im internationalen Wettbewerb um Ansiedlungen von Unternehmen und den Zuzug von hochqualifizierten Arbeitskräften gesehen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass – mehr noch im Hinblick auf die KEG als auf den Westhafen – die Interessen der Stadt nicht in einem monetären Gewinn bestehen, sondern in einer sozialen Rendite. Der Westhafen und die KEG stehen somit stellvertretend für Instrumente, die zur Bearbeitung einer bevölkerungspolitischen Problematik entwickelt wurden und die sich nicht auf eine Reformarithmetik rationaler Aufgabenkritik im Sinne des NSM zurückführen lassen. Die PPP-Gesellschaften in Frankfurt sind als aktiv geschaffene Interventionspunkte oder Schnittstellen für private Investitionen zu betrachten. Die Vermittlung von öffentlichen und privaten Interessen innerhalb dieser Gesellschaften geschieht immer unter der Prämisse der Wirtschaftlichkeit. Politisch-administratives Handeln wird dadurch legitimiert, dass es mit oder entlang des Marktes geschieht. Auch wenn es dabei aus Sicht der Politik, die mit diesen Gesellschaften verfolgt wurde bzw. wird, nicht primär um eine Ertragsorientierung im monetären Sinne handelt, so sind die hier betrachteten Gesellschaften im Sinne einer neoliberalen bzw. unternehmerischen Stadtpolitik zu verorten.
6. Abschlussbetrachtung Die Verwaltung der unternehmerischen Stadt
»Zugleich verdeutlicht diese Akzentuierung vor allem die eigentliche Stoßrichtung der Strategien der Verwaltungsmodernisierung, nämlich die Entpolitisierung der Implementationsbeziehungen. Während bisher die vielfältigen Verflechtungen zwischen Politik und Verwaltung eine Dominanz der Verwaltung in den politischen und administrativen Prozessen verhinderten, führen die im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung durchgesetzten klaren Trennungen zwischen Politik und Verwaltung bei gleichzeitiger Ökonomisierung der Verwaltungsstrukturen zu einer stärkeren Entkopplung des Verwaltungshandelns von der Politik.« (FELDER 2001: 139F)
Die Gründung sowohl der Verwertungsgesellschaft in Berlin als auch der öffentlichprivaten Partnerschaften in Frankfurt an Main ist vor dem Hintergrund einer politökonomischen Betrachtung als ein solcher Entkopplungsprozess zu verstehen, wie er von Michael Felder beschrieben wird. Gleiches gilt auch für die strategische Ausrichtung des binnenadministrativen Reformprozesses, wie er vor allem in den Berliner Bezirksverwaltungen vollzogen wurde. Ermöglichend ist hierbei ein multidimensionaler Krisendiskurs, dessen Annahmen von der mangelnden Qualifikation der einzelnen Verwaltungsmitarbeiter_innen bis hin zur Untauglichkeit des administrativen Gesamtapparats und dessen Verfahrensweisen reicht. Im Sinne Crispian Fullers (2010) wird hierbei nicht notwendigerweise eine materielle Krise festgestellt, sondern eine Krise symbolisch-diskursiv produziert, die den Möglichkeitsraum für institutionelle Transformationsprozesse öffnet. An diesem Prozess sind institutionelle Akteur_innen und Akteur_innengruppen beteiligt, deren materielle Praktiken der
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Mobilisierung der Verwaltungsreform auf unterschiedlichen diskursiven Maßstabsebenen der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen ansetzen. Die in diesem Zuge entwickelten Problematisierungen blenden Fragen der ausreichenden und nachhaltigen Ausfinanzierung öffentlicher Haushalte oder Fragen der Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums aus. Die Perspektive von Verwaltungswissenschaften, Think Tanks, Fachverbänden und Beratungsunternehmen fokussiert auf die binnenadministrative Leistungsfähigkeit der kommunalen Verwaltungen. Diese zunächst diskursive Begrenzung des Handlungsfeldes markiert ein strategisches Moment der Reskalierung, die die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen charakterisiert: Es sollen dezidiert keine zentralstaatlichen Reformmaßnahmen ergriffen werden. Mehr noch, den Städten und Kommunen sollen Handlungsspielräume zugestanden werden, um eigenverantwortlich und in Orientierung an den lokalen Strukturen und Bedürfnissen Reforminitiativen zu initiieren. Damit geht eine Strategie der Responsibilisierung einher, über welche die Städte und Kommunen als die zentralen Akteur_innen angerufen werden. Auch ist damit eine Strategie der Diversifizierung und Multiplizierung des Handlungsfeldes verbunden. In den 1990er Jahren werden von lokalen Akteur_innen mit Unterstützung und unter Begleitung von der KGSt, der Bertelsmann Stiftung, Beratungsunternehmen und Verwaltungswissenschaften in einer Vielzahl von Städten und Kommunen lokalspezifische Reforminitiativen gestartet, die einen heterogenen Trend an Best Practices begründen, aber gleichzeitig eine raumgreifende Reformbewegung hervorbringen. Die mangelnde Homogenität der Reformentwicklung wird jedoch nicht mit einer – zentral initiierten – Reform in Verbindung gebracht, die als gescheitert angesehen werden könnte. Das Ergebnis dieser Reformentwicklung ist die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen zur Verwaltung der unternehmerischen Stadt. Über die Einführung betriebswirtschaftlicher Instrumente und Techniken der Verwaltungsführung wird ein Verwaltungsverständnis etabliert, das sich durch zwei wesentliche Charakteristika auszeichnet. Erstens zielt die binnenadministrative Rationalisierung auf eine betriebswirtschaftlich geleitete Überprüfung und Begrenzung administrativen Handelns. Zweitens werden darüber und mit Hilfe privatrechtlicher Organisationsformen neue Schnittstellen gegenüber privatwirtschaftlichen Akteur_innen geschaffen, die die lokale Maßstabsebene als Handlungs- und vor allem auch Investitionsfeld ansehen. Deutlich ist dabei, dass es sich bei der Neuordnung des politisch-administrativen Systems auf lokalstaatlicher Ebene nicht um einen re-, sondern auch einen proaktiven Prozess handelt: Es werden über die Schaffung der institutionellen Voraussetzungen und den Einsatz öffentlichen Liegenschaftseigentums dezidiert Investitionsmöglichkeiten geschaffen, die zu urbanen Aufwertungsprozessen und einer Stärkung im interlokalen Wettbewerb führen sollen. Dabei ist nicht von »informal arrangements by which public bodies and private interests function together« zu sprechen, wie es Clarence N. Stone (1989) in seinen
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Ausführungen zu Urban Regimes ausdrückt. Es ist von der Schaffung formeller Schnittstellen zu sprechen, die jenseits binnenadministrativer Verfahren, Strukturen und Kräfteverhältnisse angesiedelt sind und die Möglichkeiten politischer Interventionen minimieren. Mehr noch müssen diese Schnittstellen sich immer an dem betriebswirtschaftlichen Diktum von Wirtschaftlichkeit und Effektivität messen, um als legitim zu gelten. Damit einher geht eine Rekonstitution der scheinbaren Grenze zwischen staatlicher und nichtstaatlicher Interessensartikulation. Alex Demirović (2011: 84) stellt bereits für das Weber’sche Bürokratiemodell fest, dass es sich dabei um eine Abstraktion handelt, deren Wirklichkeit »komplexer und durch ein ständig variierendes Verhältnis von formellem und informellem, von legalem, halb-legalem und para-legalem Handeln der staatlichen Akteure gekennzeichnet« ist. In der Verwaltung der unternehmerischen Stadt wird dieses informelle Regieren auf lokalstaatlicher Maßstabsebene zu formellen Schnittstellen umgearbeitet. Von politischen, administrativen und privatwirtschaftlichen Vertreter_innen werden diese dezidiert gegenüber den als un(ter)qualifiziert und unwirtschaftlich kritisierten kommunalen Verwaltungsstrukturen abgegrenzt und vor allem auch legitimiert. Die Verwaltung der unternehmerischen Stadt zeichnet sich zusammengefasst durch zwei Merkmale aus: Erstens durch eine betriebswirtschaftlich-disziplinierende Regierungsrationalität, die in einem reziprok konstituierenden Verhältnis sowohl Strukturen und Verfahren administrativer Prozesse als auch die Subjektivierung der Verwaltungsmitarbeiter_innen umfasst. Zweitens markiert sie die Schaffung privater und teil-öffentlicher Handlungsfelder infolge staatsräumlicher und ökonomischer Reskalierungsprozesse. Die Genese der Verwaltung der unternehmerischen Stadt ist als das Ergebnis eines Neoliberalisierungsprozesses zu verstehen, der alles staatlichadministrative Handeln unter den Generalverdacht des Übermaßes und der Unwirtschaftlichkeit stellt. Charakteristisch dafür ist, dass sich das Verwaltungshandeln nicht alleine politisch legitimieren lässt, sondern vor allem über eine betriebswirtschaftliche Leistungsmessung oder den politischen Output. Ergebnis dieses neuen Begründungszusammenhangs ist auch, dass es zu einer Annäherung von öffentlicher und privater Leistungserbringung vor allem in jenen Bereichen kommt, die nicht zu den hoheitlichen Aufgabenfeldern zählen. Hierbei darf die dieser Perspektive inhärente Staatsskepsis nicht mit einer Staatsfeindlichkeit verwechselt werden. Die öffentliche Leistungserbringung soll nicht gegen Marktprinzipien verstoßen, sondern – positiv formuliert – entlang des Marktes organisiert und durchgeführt werden. Dies gilt für die inneradministrativen Prozesse im Allgemeinen und somit auch für den Umgang mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen im Besonderen. Die kalkulative Betrachtung der Liegenschaftsnutzung durch die öffentliche Hand selbst wird marktähnlich organisiert und auch die Vergabe von Liegenschaften an Dritte muss nach Marktprinzipien und den darüber gebildeten Preisen erfolgen. Die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen ist zusammengefasst konstitutive Bedingung und Ausdruck der unternehmerischen Stadt und deren
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Materialisierung seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Verwaltung der unternehmerischen Stadt ist ein politisches Projekt, über das ein heterogenes Feld an Akteur_innen mithilfe von Praktiken, Strategien und Technologien der Regierung Einfluss auf die »Vielzahl zerstreuter Mikropolitiken« (Poulantzas 2002 [1978]: 167) nimmt, welche die lokalstaatliche Verwaltung kennzeichnet. Das lokalstaatliche Handlungsfeld wird mit dem Ziel rekonfiguriert, Städte zu zentralen Orten eines veränderten Akkumulationsregimes und zentralen Orten von Investitionen zu machen. Dafür werden öffentliche Leistungen und Vermögen für privatwirtschaftliche Investor_innen zugänglich gemacht und inneradministrative und institutionelle Voraussetzungen geschaffen, mit denen eine Neuordnung des lokalen Staats als strategisches Feld der Interessensartikulation und -vermittlung einhergeht. Mit der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen geht auch einher, dass sich das Verhältnis der »Cliquen, Hochburgen und Gruppierungen« (ebd.) innerhalb der Verwaltungsapparate ändert. In einem vorwärtsscheiternden Prozess der Neoliberalisierung werden in den Städten und Kommunen betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente und Markt- und Wettbewerbssurrogate eingeführt, in deren Zentrum die Selbstbegrenzung administrativen Handelns auf der Basis ökonomischer Kennzahlen steht. Die beiden Fallbeispiele Berlin und Frankfurt am Main konkretisieren, dass es sich bei der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen nicht um neutrale technokratische Reformen administrativer Organisations- und Verfahrensweisen handelt. Mit der administrativen Neuordnung kommt es zur Reartikulation politischer Herrschaft auf lokalstaatlicher Ebene. So lässt sich in Berlin im Kontext der Verwaltungsneuordnung und des Umgangs mit landes- und bezirkseigenen Liegenschaften eine lange Phase erkennen, in der die Finanzverwaltung eine deutliche Dominanz bspw. gegenüber den Bezirken oder der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat. In Frankfurt wurden mit Hilfe außeradministrativer Unternehmen inneradministrative Widerstände und politische Auseinandersetzungen minimiert, umgangen oder eingehegt, um eine sozialrevanchistische Stadtentwicklungspolitik zu begründen, die bis heute ihre Effekte zeigt. Beide Fallbeispiele zeigen, dass der potentielle Widerstand innerhalb der Verwaltung als mangelnde Qualifizierung reinterpretiert wird, um eine unternehmerische Politik zu verfolgen, die sich durch urbane Aufwertungsprozesse und die Schaffung von Kapitalanlagemöglichkeiten auszeichnet.
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6.1 B EDINGUNGEN , E INFLÜSSE UND P ROBLEMATISIERUNGEN DER M OBILISIERUNG Die Bedingungen, unter denen die Verwaltungsreform ab den 1990er Jahren mobilisiert wird, sind dadurch charakterisiert, dass im föderalen System der BRD keine zentralstaatliche Initiierung und Durchsetzung einer Reformentwicklung als erfolgsversprechend angesehen wird. Frühere Versuche, einheitliche Reformen in allen 16 Bundesländern einzuführen, sind gescheitert. Hinzu kommt, dass der Verwaltung im Allgemeinen ein großes Traditions- und Selbstbewusstsein zugeschrieben wird, welche Reformvorhaben ver- oder zumindest behindern würden. Gleichzeitig wird festgestellt, dass unter den Bedingungen stagnierender oder gar rückläufiger finanzieller Ausstattung ein Zuwachs an Aufgaben zu verzeichnen ist, was als Beleg für den Reformbedarf angesehen wird. Im zeitlichen Vorlauf der Reform in den deutschen Kommunen entwickelt sich in anderen westlichen Industrienationen unter dem Schlagwort New Public Management eine Reformdynamik, in deren Kern die betriebswirtschaftliche Reformierung der öffentlichen Verwaltungen steht. Auf diese Entwicklung verweisend, bildet sich auch für die deutschen Kommunen ein Reformdiskurs heraus. Die städtischen Verwaltungen in Deutschland seien im internationalen Vergleich ins Hintertreffen geraten. Es wird als notwendig erachtet, diesen Reformstau aufzulösen, um (wieder) international konkurrenzfähig zu werden. Die programmatische Ausarbeitung der Verwaltungsreform und deren Mobilisierung werden wesentlich von der KGSt als kommunalem Fachverband getragen. Daneben sind auch andere kommunale Spitzenverbände beteiligt. Bis Ende der 1990er Jahre ist zudem vor allem die Bertelsmann Stiftung engagiert, die unternehmensorientierte Neuordnung städtischer Verwaltung auf die lokalpolitische Agenda zu setzen. Begleitend zu diesem Prozess wird eine umfangreiche fachwissenschaftliche Debatte geführt, die eine meist anwendungsorientierte Fachliteratur zum NPM bzw. NSM hervorbringt und den Reformprozess evaluierend begleitet und damit auch stabilisiert. Darüber hinaus entdecken ab Mitte der 1990er Jahre auch Beratungsunternehmen Public Management als neues Geschäftsfeld. Innerhalb dieses diskursiven Feldes kristallisiert sich das Bild der überforderten und reformbedürftigen Kommunalverwaltung heraus. Die Finanz(ierungs)krise der öffentlichen Haushalte mache eine Reform der lokalen Verwaltungsapparate notwendig, um handlungsfähig zu bleiben bzw. Handlungsfähigkeit auf lokalstaatlicher Maßstabsebene überhaupt erst wieder herzustellen. Der Verwaltung in den Städten und Gemeinden wird eine Legitimations- und Regulationskrise attestiert, die ein Weiter-wie-bisher unmöglich gemacht habe. Deswegen wird es als notwendig angesehen, eine grundlegende Struktur- und Organisationsreform durchzuführen, mit der Verwaltungshandeln auf Basis von Wirtschaft-
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lichkeit neu begründet wird. Die bis in die 1990er Jahre hinein dominierende Verwaltungsstruktur verfolge primär die Strategie des Größenwachstums und sei damit nicht mehr in der Lage, Herausforderungen zu bewältigen, mit denen sich die Städte und Kommunen in Zeiten globalisierter Produktions-, Handels- und Arbeitsverhältnisse konfrontiert sahen bzw. sehen. Die Problematisierungen weisen eine strategische Verwaltungsskepsis auf: Sowohl Verwaltungsstrukturen als auch Personalbestand werden als ineffizient, verschwenderisch, aufgebläht und un(ter)qualifiziert betrachtet. Die überbordende Bürokratisierung wird als Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit der Städte kritisiert. Als idealtypischer Bezugspunkt dient hierbei das Weber’sche Bürokratiemodell, das in Abgrenzung als Vehikel dient, um betriebswirtschaftliche Formen der Verwaltungssteuerung als Lösungsperspektive in Stellung zu bringen. Die als Neoliberalisierungsprozess zu charakterisierende Reformdynamik ist mit der Orientierung an und der Einführung von markt- und wettbewerbsförmigen Formen der Regulierung verbunden, mit denen Prinzipien der Input-Legitimität durch Prinzipien der Output-Legitimität zumindest ergänzt oder sogar ersetzt werden sollen. Es wird – in einem ordoliberalen Sinn – ein Zuviel an staatlich-administrativem Handeln konstatiert, das sich über Instrumente betriebswirtschaftlicher Selbstbegrenzung darauf beschränken solle, vermeintliche Möglichkeiten und Freiräume für wirtschaftliche Entwicklungen zu schaffen.
6.2 I NSTRUMENTE , S TRATEGIEN UND F ORMEN DER W ISSENSPRODUKTION DER M OBILISIERUNG Berichte, Gutachten, Reformleitfäden, Leistungsvergleiche und die Initiierung modellhafter Entwicklungen sind die Regierungstechnologien, mittels derer das Wissens- und Handlungsfeld der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen geschaffen wird. Kommunale Verwaltungen werden nicht einfach beschrieben, sondern ein Interventionsfeld konstituiert, in dem die lokalen Verwaltungsapparate als Reformbares oder besser gesagt als Regierbares und zu Regierendes im Sinne Foucaults erst hergestellt werden. Die damit verbundene Wissensordnung ist durch die Unterscheidung zwischen einerseits reformwilligen, innovativen, zukunftsorientierten oder kurz aktiven Kommunen und andererseits solchen Kommunen, die sich dem etablierten Leitbild des Dienstleistungsunternehmens Kommunalverwaltung verweigern, gekennzeichnet. Diese Differenzierung produziert ein Verständnis von richtigem und falschem Verwaltungshandeln. Die Reform städtischer und kommunaler Verwaltungen ist als Strategie ohne Subjekt zu verstehen. Das bedeutet, dass die Mobilisierung der Reformen nicht auf einen singulären und intentionalen Ursprung – bspw. in Folge einer Gesetzesinitia-
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tive des Bundes und/oder der Länder –, sondern auf das Engagement eines heterogenen Netzwerks aus einzelnen zentralen Akteur_innen (bspw. KGSt, Bertelsmann Stiftung) und Akteur_innengruppen (bspw. Wissenschaften, Beratungsunternehmen) zurückzuführen ist. Der Prozess der Mobilisierung zeichnet sich durch eine multilokal, raum-zeitlich und inhaltlich fragmentierte Umsetzungsstrategie aus, in deren Zentrum die Handlungsautonomie reformwilliger Städte und Kommunen steht. Gegenstand der Verwaltungsneuordnung ist die Etablierung einer Selbstbegrenzung kommunaler Daseinsvorsorge auf Basis betriebswirtschaftlicher Interpretationen des Verwaltungshandelns und der Schaffung neuer kostenorientierter Leistungsvergleiche innerhalb von Verwaltungen, zwischen Verwaltungen und zwischen Verwaltungen und privatwirtschaftlichen Anbieter_innen. Damit wird Verwaltungshandeln unter einen ökonomischen Legitimationsdruck gestellt. Ökonomisches Wissen wird zur grundlegenden Rationalität für Verwaltungshandeln und dessen Bewertung. Die Herstellung der autonomen und zu aktivierenden Kommune als zentraler Ansatzpunkt der Reformen ist als Strategie der Reskalierung zu verstehen. Die möglichen Konfliktfelder werden auf die kommunale bzw. städtische Maßstabsebene verlagert und damit multipliziert. Das strategische Feld der Auseinandersetzung um die Reformen wird auf eine Vielzahl lokaler Arenen verschoben. Damit wird nicht nur die Komplexität eines bundesweiten Reformprozesses reduziert, sondern auch die Anzahl möglicher Reformprozesse erhöht. Es wird die Notwendigkeit ortsspezifischer Lösungs- und Reformwege betont. Die Mobilisierung unternehmerischer Verwaltungssteuerung in Form des NSM ist nur aufgrund der konstitutiven und strategischen Offenheit seiner Programmatik möglich, weswegen sich die Verwaltungsreform durch eine diversifizierte und lokalspezifische Implementierung auszeichnet. Mit Hilfe einer symbolischen Politik wird ein künstlicher und mobilisierender Reformwettbewerb zwischen den Städten und Kommunen initiiert. Die fragmentierte Umsetzung im Verlauf des Reformprozesses wird nicht zwingend als Scheitern interpretiert, sondern dazu genutzt weiteren Reformbedarf zu markieren. In diesem Sinne ist die Reformdynamik von einer neoliberalen Strategie des Vorwärtsscheiterns geprägt: Es muss nicht ein bestimmtes Ziel oder ein Endpunkt der Reform erreicht, sondern eine beständige Befragung und Transzendierung der kommunalen Verwaltungsstrukturen verfolgt werden. Mit der Reskalierung, Multiplizierung und Verstetigung des Reformprozesses geht auch eine Strategie der Entpolitisierung einher. Die Reform der Kommunalverwaltungen wird nicht als politisches Vorhaben diskutiert, sondern als notwendige technokratische Anpassungsmaßnahme dargestellt, die sachlich begründet wird. In der Verwaltungsreform wird ein Sachzwang gesehen, um in einem interlokalen Wettbewerb um Investitionen, Arbeitskräfte und Großveranstaltungen konkurrenzfähig zu sein. Mehr noch werden Bestrebungen der Repolitisierung als mangelnder Reformwille oder Besitzstandwahrung diskreditiert.
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6.3 N EUORDNUNGEN VON L IEGENSCHAFTSVERWALTUNG & - POLITIK Es kommt zu einer Verschränkung von Austeritätspolitik und administrativen Neuordnungsprozessen, die einen aktivierenden Effekt auf Politik und Verwaltung hat. Das Ausmaß an Schulden- und Kostendruck beeinflusst, welche Umsetzungskraft die Reformen entwickeln und welche Effekte sich daraus hinsichtlich der Wahrnehmung von und des Umgangs mit Liegenschaften im öffentlichen Eigentum ergeben. Trotz dieser Konvergenzen zeigt sich, dass die Neuordnungsprozesse in ihren ortsspezifischen Artikulationen analysiert werden müssen. In Berlin ist eine Verschränkung von Binnenreform und der ertragsorientierten Verwertung von Liegenschaften zu beschreiben, wohingegen in Frankfurt am Main vorhabenspezifische Ausgründungen charakteristisch sind, die räumlich und/oder zeitlich begrenzt sind. Die liegenschaftsspezifischen Auswirkungen der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen umfassen einerseits die materielle Privatisierung von Liegenschaften im öffentlichen Eigentum und andererseits den Einsatz öffentlicher Liegenschaftsvermögen für die Initiierung und Ermöglichung einer unternehmerischen Stadtentwicklungspolitik. 6.3.1 Neue Verwaltungssteuerung & Privatisierung von Liegenschaften In Frankfurt am Main werden vor allem bis Mitte der 1990er Jahre Liegenschaften mit dem Ziel privatisiert, Gelder zur kurzfristigen Deckung von Haushaltsdefiziten einzunehmen. Dies geschieht jedoch unabhängig von der Reform der Binnenverwaltung, wie sie ab Mitte der 1990er Jahre verfolgt wird. In Berlin wird ab den 2000er Jahren strukturiert das Vorhaben verfolgt, über den Ausverkauf des sogenannten Tafelsilbers Defizite und Zinsverpflichtungen zu decken. Der politische Beschluss zur Privatisierung des öffentlichen Liegenschaftsbestands wird in beiden Fällen mit der angespannten Haushaltslage begründet. Mit den Privatisierungserlösen werden keine vergleichbaren Vermögenswerte geschaffen oder Investitionen getätigt. Anders als in Frankfurt am Main kann in Berlin jedoch ein deutlicher Wirkungszusammenhang zwischen der Einführung von Instrumenten betriebswirtschaftlicher Verwaltungssteuerung und der Aktivierung bzw. Privatisierung öffentlichen Liegenschaftsvermögens ausgemacht werden. So zeigt sich, dass in Berlin die Redefinition von Verwaltungsaufgaben in Form von Produkten, die Bestimmung damit verbundener Kosten und Leistungen und die Schaffung einer dezentralen Fach- und Ressourcenverwaltung durch Budgetierung nicht nur ein neues betriebswirtschaftlich geprägtes Verständnis öffentlicher Da-
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seinsvorsorge schafft. Vor allem auf Ebene der Bezirke geht damit auch die Einführung von Markt- und Wettbewerbssurrogaten einher. Auf Basis der Produktkosten wird für jedes in den Bezirken zu erstellende Produkt eine rechnerische, relationale und vor allem künstliche Preisbildung vorgenommen. Der so ermittelte Preis wird als objektiver Maßstab gesehen, wieviel die Erstellung eines Produkts kosten soll. Dementsprechend dient nicht die Bedarfsrechnung als Grundlage für die bezirksspezifischen Budgets, sondern der anhand der durchschnittlichen Produktkosten definierte Preis. Dies hat zur Folge, dass es immer Bezirke gibt, deren tatsächliche Produktkosten über dem rechnerisch bestimmten Wert liegen, sodass die Bezirke einem strukturellen Kostendruck ausgesetzt sind. Diese Umstellung der bezirklichen Haushaltsführung wirkt sich dahingehend auf die Wahrnehmung von und den Umgang mit dem bezirklichen Liegenschaftseigentum aus, dass Bezirksbudgets nur Zuweisungen für Liegenschaften enthalten, mit denen auch die Erstellung eines Produkts verbunden ist. Entscheidender ist jedoch, dass in die Produktkosten nicht nur die Kosten für angemietete Liegenschaften einfließen, sondern auch kalkulierte Kosten für die Nutzung von Liegenschaften, die sich im Eigentum des Landes Berlin befinden. Hohe Liegenschaftskosten bedingen dabei auch hohe Produktkosten. Spätestens ab dem Zeitpunkt, ab dem die Bezirke im Rahmen der Pagatorisierung dazu verpflichtet werden, die tatsächlichen kalkulierten Kosten ihrer Liegenschaftsnutzung quasi als Miete an das Land Berlin zu zahlen, entsteht ein Optimierungs- und Privatisierungsdruck auf Liegenschaften. Dies gilt vor allem für Bezirke, deren ermittelte kalkulatorische Kosten über dem berechneten Mittelwert in Form des Medians liegen. Für diese betriebswirtschaftliche Dynamisierung ist darüber hinaus relevant, dass neben den Personalkosten die liegenschaftsbezogenen Kosten die einzige Stellschraube für Einsparungen in den Bezirken darstellen. Die betriebswirtschaftliche Abbildung der Liegenschaftsnutzung in den bezirklichen Haushalten setzt an der Handlungsautonomie der Bezirke an, die in einem nicht endenden Prozess der Selbstführung auf Basis betriebswirtschaftlicher Kennzahlen die Nutzung der Ressource Liegenschaften im Verhältnis zu den anderen Bezirken und zu am freien Markt angebotenen Immobilien optimieren sollen.1 Ergebnis dieses Prozesses soll sein, die öffentliche Liegenschaftsnutzung auf ein marktvermitteltes Normalmaß zu reduzieren. Der darüber hinaus existierende Liegenschaftsbestand steht zur Privatisierung zur Verfügung, wenn nicht ein Nachweis erbracht werden kann, dass dieser mittelfristig für die öffentliche Daseinsvorsorge benötigt wird. Von der betriebswirtschaftlichen Betrachtung abweichende Nutzungen sind nur möglich,
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Hier zeigt sich, dass die Strategie der Aktivierung und der Ansatz an der Handlungsautonomie, der auch die Mobilisierung des Reformdiskurses prägt, sich innerhalb der Berliner Reformentwicklung artikulieren.
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wenn bspw. eine soziale oder kulturelle Rendite für das Land Berlin belegt werden kann. Erfassung und Regierbarmachung öffentlichen Liegenschaftsvermögens Die Binnenreform in beiden Städten beinhaltet die umfassende Erschließung öffentlichen Liegenschaftsvermögens mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien. Es konnte gezeigt werden, dass es sich nicht um die neutrale Erfassung von Informationen handelt, sondern dabei entscheidend ist, wie welche Informationen zu welchem Zweck erhoben werden. In diesem Sinne ist die Erfassung von Liegenschaften als eine Regierungstechnologie im Sinne Foucaults zu verstehen, mit der das Liegenschaftsvermögen als zu optimierender Kostenfaktor oder privatisierbarer Vermögenswert erst sichtbar gemacht wird. Wie an den Fallbeispielen veranschaulicht werden konnte, besitzt das damit geschaffene liegenschaftsbezogene Wissen handlungsleitenden Charakter. Eine Voraussetzung dafür ist, dass aus administrativem Spezialwissen dezentral abrufbare, prozessierbare und abbildbare überindividuelle Wissensressourcen werden. In Berlin spielt die allumfängliche Erfassung des öffentlichen Liegenschaftsbestands sowohl bei der aktivierenden Binnenreform eine wichtige Rolle, da nur so möglich wird, die tatsächlichen oder kalkulierten Kosten der Liegenschaftsnutzung in die Kostenbeschreibung der Produkte einfließen zu lassen. Auf diese Weise konnten Optimierungs- und Privatisierungspotentiale identifiziert werden. Aber auch für den LFB spielt eine wichtige Rolle, zu wissen, wie groß eine Liegenschaft ist, wo sie gelegen ist, welche Bodenrichtwerte gelten, welche Bebauung möglich ist usw. Ohne dieses Wissen hätte der Liegenschaftsfonds die vorgegebene politische Leitlinie ertragsorientierter Privatisierung landeseigener Liegenschaften nicht umsetzen können. Aufgrund der dezentral organisierten Liegenschaftsverwaltung finden sich in Frankfurt mehrere und teilweise nicht kompatible Lösungen zur Erfassung des Liegenschaftsbestands. Diese führen zu Rationalisierungen vor allem hinsichtlich der verwaltungsinternen Liegenschaftsnutzung. Am Beispiel der Feuerwachen konnte gezeigt werden, dass die Sichtbarmachung eines hohen Investitionsbedarfs zur Ausgliederung der städtischen Feuerwachen in eine eigene Gesellschaft zur Verwaltung, Bewirtschaftung und Entwicklung der Gebäude führt. Damit ist das Ziel verbunden, diese Aufgaben wirtschaftlicher und flexibler zu erledigen, ohne dabei den städtischen Investitionshaushalt zu belasten.
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Erschließung von Finanzierungs-, Organisierungsund Wissensressourcen In beiden Städten sind der Neuordnung der Verwaltungslandschaft nicht nur die Reformen der Binnenstruktur, sondern auch die Gründung privatrechtlicher Gesellschaften zuzurechnen. Dabei zeigt sich, dass diese Gesellschaften vor allem dazu dienen, außerhalb der Verwaltung existierende Exekutivorgane zu schaffen. Darüber hinaus ist mit ihnen verbunden, größeres Vertrauen von Seiten privatwirtschaftlicher Akteur_innen zu schaffen sowie private Finanzierungs-, Organisations- und Wissensressourcen zu mobilisieren. Mittels dieser Gesellschaften sollen die Kommunen in der Lage sein, ihre Aufgaben wirtschaftlicher, flexibler und schneller zu erledigen bzw. erledigen zu lassen. So sind die Gründungen dieser Gesellschaften im Kontext der Problematisierungen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltungen zu verorten. Dennoch ist festzustellen, dass sie nicht als Ausgliederungen in Folge einer Aufgabenkritik im Sinne des NSM, sondern als strategische Neuordnungen staatlich-administrativen Handelns zu verstehen sind, welche die Bedingungen, Strategien und Modi der Interessensartikulation transformieren. Kurz gesagt werden hier Verwaltungsreformen in die Form privater Gesellschaften gegossen, die projekt- und aufgabenspezifisch zur Durchsetzung politischer Interessen gegründet werden. Während in Berlin die Durchsetzung einer Austeritätspolitik im Vordergrund steht, handelt es sich in Frankfurt am Main vor allem um stadtentwicklungs- und bevölkerungspolitische Ziele. Die Gesellschaften können weitestgehend unabhängig von parlamentarischen und administrativen Beteiligungsverfahren und den öffentlichen Haushalten agieren. Politische Zielsetzungen werden über die private Rechtsform fixiert. Entscheidungen im Aufsichtsrat unterliegen dem in einen Gesellschaftszweck überführten politischen Auftrag und minimieren damit parlamentarische oder öffentliche Partizipations- und Mitbestimmungsprozesse. In Berlin steht die Gründung des LFB im Vordergrund der Betrachtung. Dieser wird als ausführendes Organ für die Umsetzung des politischen Beschlusses gegründet, landeseigenes Liegenschaftsvermögen ertragsorientiert zu privatisieren. In dieser Funktion dockt der LFB an den oben skizzierten künstlich geschaffenen Wettbewerb um die Minimierung bezirklicher Liegenschaftsnutzung und -kosten an. Binnenreform und Gesellschaft bilden einen Wirkungszusammenhang, der einen katalytischen Effekt auf die Privatisierung öffentlichen Liegenschaftseigentums hat. Die Verkaufsmaschine LFB zeichnet sich dadurch aus, dass darin die Kompetenzen zum Verkauf von Liegenschaften gebündelt werden, um einen zentralen und kompetenten Ansprechpartner für private Investor_innen zu schaffen. Dabei ermöglicht die private Rechtsform eine Tarifflucht nach oben, um immobilienwirtschaftlich qualifiziertes Personal zu Konditionen zu beschäftigen, die unter den Bedingungen des öffentlichen Dienst- und Tarifrechts nicht möglich wären. Bei der Umsetzung der ertragsmaximierenden Verwertung von Liegenschaften greift der LFB direkt in die hoheitlichen
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Aufgaben der Bezirke ein, indem er diese berät, wie verkaufsförderndes Planungsrecht geschaffen werden kann. In Frankfurt wurden zwei PPP-Gesellschaften betrachtet, die schon vor der Umsetzung der Binnenreform geschaffen wurden und bei denen aus Sicht der Stadt nicht allein die ertragsorientierte Verwertung von Liegenschaften im Vordergrund steht. Vielmehr stehen sie im Kontext einer aufwertungsorientierten Stadtentwicklungspolitik, mit der die Schaffung attraktiver Wohn- und Arbeitsquartiere für Haushalte mit mittleren und hohen Einkommen realisiert werden soll. Im Falle des Westhafens wird ein untergenutzter Industriehafen im Rahmen der Aufwertung des Mainufers zu einem gehobenen Quartier entwickelt. Dabei wird dezidiert die Liegenschaft frühzeitig an private Investor_innen verkauft, um einer politischen Einflussnahme oder gar Abwicklung entgegenzuwirken. Für die Entwicklung werden privates Kapital und Wissen mobilisiert. Die erzielten Gewinne daraus werden zwischen den privaten Gesellschafter_innen und der Stadt Frankfurt geteilt. Im Falle der als PPP-Gesellschaft gegründeten KEG wird das Ziel verfolgt, über die fachliche Qualifikation der privaten Gesellschafterin und die flexible und kostenminimierende Gesellschaftsstruktur nichtmarktgängige Konversionsflächen im Stadtgebiet für private Investor_innen soweit attraktiv zu machen, dass diese bereit sind, die Konversionsflächen unter Berücksichtigung der stadtentwicklungspolitischen Vorstellungen der Stadt zu entwickeln. Beide behandelten Gesellschaften zeichnen sich dadurch aus, dass sie politikfern, jenseits der Verwaltung und unabhängig vom öffentlichen Haushalt agieren. Zudem ist in beiden Fällen eine Verschränkung stadtentwicklungspolitischer Ziele und privater Renditeerwartungen festzustellen. Für alle betrachteten Gesellschaften lässt sich zusammenfassend konstatieren, dass sie neue marktorientierte und politikferne Formen lokalstaatlichen Handelns darstellen. Damit stellen sie einen integralen Bestandteil für die Herausbildung der Verwaltung der unternehmerischen Stadt. 6.3.2 Relevanz für stadtpolitische Felder und das Verhältnis zwischen Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft Als politisches Projekt stellt die Neuordnung städtischer Verwaltungen eine politische Initiative dar, die als umfassende Antwort auf die diagnostizierte Dysfunktionalität der öffentlichen Verwaltungen präsentiert wird. An den Fallbeispielen konnte gezeigt werden, wie in Folge der zeit-räumlich und inhaltlich fragmentierten Artikulation in Form von lokalspezifischen Reformprozessen auf lokalstaatlicher Maßstabsebene ein politisch-strategisches Terrain geschaffen wird, auf dem um die Durchsetzung einer unternehmerischen Stadtpolitik gerungen wird. Die unternehmerisch or-
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ganisierte und handelnde Verwaltung wird dabei als Allgemeininteresse bzw. Universallösung inszeniert, um die Städte als Orte der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Integration unter den Bedingungen eines postfordistischen Akkumulationsregimes wettbewerbsfähig zu machen. Am Beispiel von Liegenschaftsverwaltung und -politik konnte besonders gut veranschaulicht werden, wie durch die Neuordnung von Verwaltungsorganisation und handeln Interventionsfelder für eine kapital- und aufwertungsorientierte Stadtpolitik geschaffen werden. Dabei sind zwei Entwicklungslinien zu beschreiben. Erstens findet aus austeritätspolitischen Gründen eine materielle Privatisierung öffentlichen Liegenschaftsvermögens statt. Es ist dabei von einer doppelten Enteignungsökonomie zu sprechen: Die umfangreiche materielle Privatisierung von Liegenschaftsvermögen hat wiederum zur Folge, dass die öffentliche Hand bei der Daseinsvorsorge in zunehmendem Maß vom privaten Grundstücks- und Immobilienmarkt abhängig ist. Zweitens wird öffentliches Liegenschaftsvermögen aktiv dafür eingesetzt, im Kontext einer unternehmerischen Stadtpolitik attraktive Bedingungen für Unternehmensansiedlungen und qualifiziertes Personal zu schaffen. Der Effekt der Verwaltungsneuordnung auf Liegenschaftspolitik und -verwaltung ist darin zu sehen, dass diese entlang des Marktes gestaltet werden. Dies gilt nicht nur für die Privatisierung von Liegenschaften und deren Nutzung durch Dritte, sondern auch für die interne Nutzung öffentlichen Liegenschaftseigentums. Liegenschaftsvermögen dient in erster Linie der unmittelbaren Daseinsvorsorge und soll sich – der unternehmerischen Verwaltungslogik folgend – auch darauf beschränken. Liegenschaftspolitik dient in dieser Form nicht zur Gegensteuerung von Marktentwicklungen, vielmehr wird der geschützte Bereich öffentlichen Vermögens an Grundstücken und Immobilien gegenüber privatwirtschaftlichen Zugriffen geöffnet. Dabei spielen gerade auch (teil-)öffentliche Gesellschaften eine wichtige Rolle, die zu einer Diffusion der Grenzen zwischen staatlichem und privatwirtschaftlichem Handeln beitragen, indem die Möglichkeiten und Formen der Interessensartikulation innerhalb eines unternehmerischen Rahmens formalisiert und neu bestimmt werden. Die Artikulation von Interessen gegenüber dem lokalen Staat und auch in ihm muss dabei den dominierenden betriebswirtschaftlichen Handlungs- und Deutungsmustern entsprechen. Dabei kann von einer Synchronisierung zwischen privatwirtschaftlichen Interessen und unternehmerischer Verwaltungsrationalität gesprochen werden. Dies hat zur Folge, dass soziale, kulturelle und politische Akteur_innen entweder von der Nutzung öffentlicher Liegenschaften ausgeschlossen werden oder diese in einer kompatiblen Form artikulieren müssten. Die interne Reorganisation der Verwaltungen wie auch die Gründung von Gesellschaften durch die öffentliche Hand und in Kooperation mit privaten Akteur_innen führen so dazu, dass die politischadministrativen Bedingungen für demokratische Auseinandersetzungen und öffentliche Beteiligungsprozesse eingeschränkt werden.
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Das Ergebnis dieser Entwicklung lässt sich besonders gut an der aktuellen Diskussion um die Schaffung bezahlbaren Wohnraums gerade in urbanen Zentren veranschaulichen. Mittlerweile beschränkt sich dieses Problem nicht nur auf den beständigen Rückgang des Bestands an Sozialwohnungen. Gerade in Städten wie Frankfurt oder München geraten zunehmend auch mittelständische Haushalte unter Druck, die kontinuierlich steigenden Mietkosten nicht mehr stemmen zu können. Diese Entwicklung ist Ergebnis einer unternehmerischen und aufwertungsorientierten Planungs- und Liegenschaftspolitik, die aktiv attraktive Investitionsbedingungen auch im Bereich der Wohnimmobilen schafft. Damit werden auf lokaler Ebene die politisch-materiellen Voraussetzungen für Finanzialisierungsprozesse bspw. in Form grenzüberschreitender Investitionen geschaffen, in deren Folge neben Büro- auch Wohnimmobilien in urbanen Zentren als Assetklasse erschlossen werden. Die Reduzierung, Beschränkung und der Einsatz des öffentlichen Liegenschaftsbestands, wie er mit der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen einhergeht, führt zu einer Situation, in der die Städte und Kommunen bei der Schaffung benötigten Wohnraums auf privatwirtschaftliche Akteur_innen und deren Renditeerwartungen angewiesen sind. Mehr noch werden Kooperationen eingegangen, um attraktive Wohn- und Arbeitsquartiere für hochqualifizierte Arbeitskräfte in dienstleistungsorientierten Wachstumssektoren zu schaffen. Die vermeintliche Rationalisierung des lokalen Staates ist initial mit einer Verbesserung der Steuerungsfähigkeit der Verwaltungen und der Schaffung von Handlungsfähigkeit verbunden gewesen. Es zeigt sich jedoch, dass die Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen vielmehr zu einem Verlust an politischen Handlungs- und Gestaltungsspielräumen sowie einer größeren Abhängigkeit von privatwirtschaftlichen Lösungen und Interessen führt.
6.4 E INORDNUNG , R EFLEKTION UND WEITERFÜHRENDE F RAGESTELLUNGEN 6.4.1 Einordnung der Ergebnisse im Forschungskontext Die Verwaltungswissenschaften kommen in der Regel nicht über eine deskriptive Betrachtung der Verwaltungsmodernisierung hinaus, weil sie nicht als machtgeladener und politischer Prozess analysiert wird. Mit der hier vorgenommenen Theoretisierung der Verwaltungsreformen war es möglich, die damit verbundenen Entwicklungen nicht nur als mehr oder weniger erfolgreichen Prozess technokratisch-neutraler Implementierung neuer Steuerungsinstrumente zu begreifen. Vielmehr konnte herausgearbeitet werden, dass das damit verbundene Verwaltungsverständnis in einem lokalspezifischen Prozess die Bedingungen der Interessensartikulation und -ver-
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mittlung gegenüber den und innerhalb der Verwaltungen verändert. Auch konnte gezeigt werden, dass die lokale Umsetzung der Verwaltungsreform als transformierende Adaption zu verstehen ist. Dies kann nur als fehlerhafter oder gescheiterter Reformprozess betrachtet werden, wenn davon ausgegangen wird, dass es sich beim Staat um einen technischen und ausführenden Apparat handelt. Es war möglich, eine theoriegeleitete Interpretation der Verwaltungsreform zu entwickeln, die diese als Neuordnung städtischer Verwaltungen begreift, in deren Kern die Reorganisation des lokalen Staats und die Reartikulation politischer Herrschaft in Form der Verwaltung der unternehmerischen Stadt steht. Es konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass es sich bei städtischen Verwaltungen und öffentlicher Liegenschaftspolitik und -verwaltung um wichtige Gegenstände im Rahmen stadtgeographischer Untersuchungen handelt. Dabei wurde herausgearbeitet, wie sich ein breiter und in der oben dargelegten Art und Weise auch wirkmächtiger Reformdiskurs entwickelt hat, der auf lokaler Maßstabsebene zu spezifischen politisch-administrativen Neuordnungsprozessen führt. Diese entsprechen einer neoliberalen Neuordnung des Städtischen und schaffen bzw. ermöglichen Instrumente und Verfahrensweisen sowie Schnittstellen und Interventionsfelder einer unternehmerischen Stadtpolitik. Damit ist die vorliegende Arbeit als empirisch basierte Konkretisierung zu verstehen, wie Städte als Laboratorien neoliberaler Politiken fungieren. Auch wurde gezeigt, dass Liegenschaftspolitik und -verwaltung eine zentrale Rolle bei der aktiven Initiierung urbaner Aufwertungsprozesse spielen und als solche zu analysieren sind. Mit der Arbeit wurde darüber hinaus ein Überblick über die Reformentwicklung in den deutschen Kommunen formuliert, der empirisch fundiert in aufgreifender und weiterführender Art und Weise einen Lückenschluss zu den Auseinandersetzungen in den 1980er und 1990er Jahren darstellt. Die Neuordnung der städtischen und kommunalen Verwaltungen stellt einen andauernden Prozess dar, der weiterer empirischer Untersuchungen bedarf, um lokalstaatliche Konstitutions- und Transformationsprozesse zu analysieren. Ausgehend von dieser Feststellung ist die Arbeit als ein Beitrag zu einer materialistischen Verwaltungsanalyse zu sehen. 6.4.2 Leerstellen und weiterführende Fragestellungen Im Rahmen der Bearbeitung konnten aufgrund der hohen Komplexität und des betrachteten Zeitraums nicht alle in der empirischen Auseinandersetzung identifizierten Entwicklungen und Phänomene berücksichtigt werden. Gleiches gilt für die Anwendung des analytisch-theoretischen Rahmens. Hier wären konzeptionelle und methodologische Konkretisierungen sowie weitere empirische Auseinandersetzungen not-
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wendig, um vor allem das Verhältnis zwischen der Neuordnung städtischer und kommunaler Verwaltungen und dem Hegemonieprojekt der unternehmerischen Stadt präziser herauszuarbeiten und zu untersuchen. In den erhobenen Daten sind weitere Beispiele enthalten, an denen deutlich wird, dass es sich beim Thema Liegenschaften um ein Querschnittsthema handelt, das in zahlreichen Kontexten in unterschiedlicher Art und Weise große Relevanz aufweist. Vor allem aus arbeitsökonomischen Gründen musste in der Analyse jedoch der gesamte Bereich der Gebäudeverwaltung und -bewirtschaftung als eigenständiges Untersuchungsfeld ausgeklammert bleiben. Hierzu zählen bspw. die Gründung der BIM in Berlin oder die Vertrags-PPP, die in Frankfurt auf Drängen der Kämmerei vom Stadtschulamt für die Sanierung und den Betrieb einzelner Schulen abgeschlossen wurden. In Frankfurt konnte auch die Relevanz von Stiftungen nur kursorisch angerissen werden. Deren Verhältnis hinsichtlich der Neuordnungsprozesse in der Verwaltung in Bezug auf öffentliches Liegenschaftsvermögen bedarf weiterer Betrachtungen. In Berlin finden sich weitere Beispiele, über welche die Neuordnung der Verwaltungsstruktur mittelbar mit dem Thema Liegenschaften in Verbindung steht. So veräußerte bspw. die Berliner Stadtreinigung als Tochtergesellschaft des Landes Berlin ein attraktives am Spreeufer gelegenes Grundstück in einem Bestpreisverfahren, ohne dass darauf – wie von Bürger_inneninitiativen gefordert – politischer Einfluss genommen werden konnte. Auch die darum geführten Konflikte und Auseinandersetzungen konnten nicht eingehender betrachtet werden. Ein weiteres Beispiel ist der Verkauf von Markthallen durch eine landeseigene Gesellschaft. Das Abweichen von einem Bestpreisverfahren im Stadtteil Kreuzberg, aufgrund von öffentlichem Protest, hatte eine Prüfung durch den Landerechnungshof zur Folge, ob bei einer konzeptgebundenen Direktvergabe zum Verkehrswert statt zum maximal erzielbaren Verkaufspreis ein Fall von Untreue vorliege. Eine weitere Leerstelle ist darin zu sehen, dass nicht systematisch und umfassend die fallbezogenen Konflikte um und Folgen von Liegenschaftsprivatisierungen in Berlin und Frankfurt am Main in den Blick genommen werden konnten. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass diese schlicht zu zahlreich waren und in eigenen Fallstudien eingehender analysiert werden müssten. Auch die Veränderung von Beschäftigungsbedingungen und -verhältnissen in der öffentlichen Verwaltung sowie den ausgegründeten Unternehmen konnte nicht ausführlicher betrachtet werden, obwohl sich hier spannende Ergebnisse hinsichtlich des Fremd- und Selbstverständnisses der Bediensteten und Angestellten in der reformierten bzw. sich reformierenden Verwaltung festhalten ließen.
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Ausweitung & Differenzierung der empirischen Basis Die hier erzielten Ergebnisse voraussetzend, bietet es sich an, einzelne Neuordnungsprozesse fokussierter und detaillierter hinsichtlich der sie prägenden Kräfteverhältnisse zu analysieren. Damit wäre das Ziel verbunden, nicht nur die empirische Basis auszuweiten, sondern auch im Sinne einer theoretisch-konzeptionellen Reflektion Konkretisierungen und Präzisierungen vorzunehmen. Dabei wäre es ertragreich, weniger umfassende Neuordnungsprozesse in den Blick zu nehmen, sondern kleinteiligere Entwicklungen. Dafür käme aufgrund der sehr ortsspezifischen Implementierung der Verwaltungsreformen in Frage, auch Klein- und Mittelstädte in die Analyse einzubeziehen.2 Die nächste Erweiterung könnte darin bestehen, politikfeldbezogene Auswirkungen der neuen Verwaltungssteuerung zu untersuchen. Eine mögliche Fragestellung könnte lauten, welche öffentlichen Aufgaben in welchem Maße von administrativen Neuordnungsprozessen betroffen sind. Zudem bietet es sich an, internationale Fallbeispiele hinzuzuziehen. Dies könnte vor allem von Interesse sein, um einen differenzierten Blick auf die Reformprozesse zu entwickeln, die unter dem Oberbegriff New Public Management zusammengefasst werden, und der Vorstellung eines bloßen und ungebrochenen Transfers technokratischer Modernisierungskonzepte konkrete Analysen komplexer und widersprüchlicher Prozesse entgegenzusetzen. Urbane Stiftungslandschaften Ausgehend von der Auseinandersetzung mit Frankfurt am Main stellt sich zudem die Frage nach der Bedeutung von Stiftungen für den städtischen Raum. Gerade die öffentlichen mildtätigen Stiftungen, die über einen nicht näher zu bestimmenden Liegenschaftsbesitz verfügen und die unter Verwaltung der Stadt stehen, haben sich im Forschungsprozess als eine Art Black Box herausgestellt, über die in Dokumenten und auch in den geführten Interviews nur wenig in Erfahrung zu bringen war (siehe ausführlicher Exkurs in 5.3). Es ist aber allgemein festzustellen, dass die Stiftungen seit der Nachkriegszeit von Seiten der Stadt immer wieder für Stadtentwicklungsvorhaben genutzt wurden. Die Stiftungen werden jedoch in der Regel in Bezug auf ihre Geschichte thematisiert und nicht hinsichtlich ihrer gegenwärtigen Bedeutung an der Schnittstelle zwischen Privatem und Staat. Auch in der Peripherie des Berliner Fallbeispiels fanden sich Hinweise auf die Relevanz von Stiftungen im urbanen Raum.3
2
Für diese Idee möchte ich Verena Schreiber danken, die sinngemäß festgestellt hat, dass es notwendig sei, auch Orte zu untersuchen, die nicht so laut und schrill sind wie die Hotspots der Globalisierung und urbaner Integrationsprozesse.
3
Es ist dabei anzumerken, dass sich ein Teil der Stiftungen einem anthroposophischen Weltbild verbunden sieht. Damit einher geht folgende Auffassung: »Der Boden selber ist nicht
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So haben sich in Berlin mindestens bei drei sehr umkämpften Objekten bzw. Arealen Stiftungen engagiert, um konzeptorientierte anstelle von marktorientierten Nutzungen zu ermöglichen. Gemein ist allen drei Auseinandersetzungen, dass auch der LFB als Verkäufer oder Dienstleister beteiligt war und dass durch das Engagement der Stiftungen mit dem Anspruch nachhaltiger Dekommodifizierung nutzungsorientierte Konzepte ermöglicht wurden.4 Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Rolle Stiftungen im städtischen Raum nicht nur hinsichtlich einer zunächst marktfernen Nutzung von Liegenschaften, sondern auch in Bezug auf bildungs-, sozial-, kultur- oder wirtschaftspolitische Themen im Verhältnis zu staatlichen und privatwirt-
Ware, sondern Waren entstehen auf ihm« (Steiner 1980: 108). Boden wird hier als Naturgrundlage aufgefasst, die nicht vermehrt werden kann und aus diesem Grund auch nicht als Ware handelbar sei (vgl. Okruch 1993). 4
Die Stiftung Abendrot, ein Schweizer Pensionsfonds, der sich in seinem Anlageverhalten den Kriterien »Gesundheit, Umwelt und Gerechtigkeit« verpflichtet sieht, erwarb 2012 von der Berliner Stadtreinigung das 18.000 m² große Holzmarkt Areal zum Höchstgebot, um es der Genossenschaft für urbane Kreativität eG in Erbpacht zu vergeben (vgl. BZ 17.10.2012). Die Genossenschaft möchte dort »nach fairen Grundsätzen nachhaltige, soziale und kulturelle Projekte ermöglichen und unterstützen« (GuK 2013). Sie sieht sich dabei »dem Wohl Ihrer Mitglieder und dem Erhalt des Vermögens verpflichtet, strebt jedoch nicht nach einer Maximierung monetärer Renditen« (ebd.). Bei dem Projekt ExRotaprint handelt es sich um eine 2007 gegründete gemeinnützige GmbH, die eine Industriebrache in einen »Standort für Arbeit, Kunst und Soziales« umgewandelt hat. Auch hier wurde das Areal von einer Stiftung – der gemeinnützigen Stiftung für Boden, Ökologie und Wohnen trias – erworben und in Erbpacht vergeben. Die Stiftung stellt in der Präambel ihrer Satzung fest: »Boden soll nicht als Ware behandelt werden« (trias 2002). Mit dem Modell aus Stiftung, Erbpacht und gemeinnütziger Gesellschaft wird beansprucht, »die Spekulationsspirale des Immobilienmarktes« (ExRotaprint 2016a) zu unterbrechen. An der Realisierung war auch die CoOpera Sammelstiftung PUK beteiligt. Bei dieser Stiftung handelt es sich um einen Schweizer Pensionsfonds, der nicht an der Börse investiert, »sondern in nachhaltige, soziale, ökologische oder kulturelle Projekte« und dabei das Ziel verfolgt, »wirtschaftlich und sozial verträgliche Lösungen, sowie Kontinuität und Sicherheit im Sinne einer vernünftigen Geldwert-Erhaltung« zu befördern (ExRotaprint 2016b). Das Projekt wird auch von der Schweizer Stiftung Edith Mayron unterstützt, die 2012 auch die Liegenschaft des Schokoladen e. V. in Berlin Mitte erwarb und sie ebenfalls in einem Erbpachtvertrag an den Verein verpachtete. Der Schokoladen versteht sich als letzter Ort in Berlin Mitte für nicht kommerzielle und freie Kultur sowie neue Wohnkonzepte. Die Stiftung betrachtet Grund und Boden als natürliche und vor allem nicht vermehrbare Lebensgrundlage, weswegen »Fragen nach dem Landeigentum und nach der Landverteilung und -nutzung […] von allgemeiner, gesellschaftlicher Bedeutung« seien (Edith Maryon 2016).
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schaftlichen Akteur_innen spielen. Dabei wäre es interessant, die Rechtsform Stiftung dahingehend zu befragen, welche Rolle Stiftungen bei der Artikulation und Durchsetzung von Interessen spielen (können). Subjektivierungsprozesse der Verwaltungsneuordnung Eine Leerstelle der Untersuchung besteht bei der eingehenden Betrachtung von Subjektivierungsprozessen der Verwaltungsneuordnung. Es lassen sich zwar im untersuchten Material Hinweise auf Subjektpositionen erkennen, die es genauer zu untersuchen gilt, allerdings war es nicht möglich, diese systematisch herauszuarbeiten. Ziel einer solchen Betrachtung könnte sein, zu untersuchen, ob es – vereinfacht ausgedrückt – zu einer Verschränkung des homo oeconomicus mit dem homo administrativus kommt und wodurch sich diese auszeichnet. Mögliche Leitfragen dabei wären, welche Normen und Handlungsmuster oder Werte, Präferenzen und Vorstellungen prägend sind und welche ritualisierten Denk- und Verhaltensweisen zum Tragen kommen (vgl. Krohn 2013: 114). Daran anschließend ließe sich fragen, welche Wechselwirkungen oder Konfliktmuster in Bezug auf unterschiedliche Subjektivierungsvorstellungen zu identifizieren sind. Die Arbeitsgeographie der Neuordnung städtischer Verwaltungen Anschließend an die Frage nach Subjektivierungsprozessen der Verwaltungsneuordnung würde es ein interessantes Vorhaben darstellen, die Neuordnung städtischer Verwaltungen dezidiert aus Sicht der Arbeitsverhältnisse bzw. der Beschäftigten zu analysieren. Über die allgemeine Feststellung des umfassenden Personalabbaus hinaus, könnte eine solche empirische Analyse auch die qualitativen Verschiebungen der Arbeitsverhältnisse in den Blick nehmen. Dabei könnten bspw. Fragen nach Qualifikationsniveau oder -hintergrund (Verhältnis traditioneller Ausbildungswege und Quereinsteiger_innen) oder Aspekte der Deregulierung von Beschäftigungsverhältnissen, Entwicklungen des Tarifrechts oder der Bedeutung leistungsbezogener Besoldung im öffentlichen Dienst im Zentrum der Untersuchung stehen. Gleichzeitig müsste die Frage gestellt werden, welche Agency (vgl. Herod 1997) die Verwaltungsmitarbeiter_innen haben. Über die Verwaltungsreform hinaus ist damit die Frage verbunden, welchen Beitrag öffentlich Beschäftigte an der (Re-)Produktion politischer und ökonomischer Geographien haben. Gleichzeitig müssten hierbei auch die Bedingungen und Einschränkungen dieser Agency in den Blick genommen werden. Die Untersuchung der (Public) Labour Geographies wäre ein wichtiger Beitrag, um den Staat nicht nur als reagierendes Ensemble aus Verfahrensweisen zu begreifen, sondern als heterogenes und von Konflikten durchzogenes soziales Verhältnis, das nicht auf seine institutionellen Grenzen beschränkt ist.
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6.5 AKTUELLE E NTWICKLUNGEN
UND
AUSSICHT
In Berlin zeigt sich, dass um die Politik umfassender Privatisierung ab der zweiten Hälfte der 2010er Jahre zunehmend Konflikte entstehen, in denen die fachpolitische bzw. konzeptorientierte Nutzung öffentlichen Liegenschaftsvermögens gefordert wird. Auch von zivilgesellschaftlichen Initiativen wird die Vergabepraxis zunehmend öffentlich kritisiert (vgl. Initiative Stadt Neudenken! 2011a; SenStadt Berlin 2009; Thiele 2016). Diese Widerstände korrelieren in dem Beschluss zur Neuausrichtung der Berliner Liegenschaftspolitik im Jahr 2009, die jedoch erst 2012 mit dem Konzept zur »Transparenten Liegenschaftspolitik« für Berlin inhaltlich spezifiziert wird. Im Jahr 2015 – also gut sechs Jahre nach dem Beschluss – findet diese Neuausrichtung mit der Auflösung des LFB und seiner Integration in die BIM ihre organisatorische Umsetzung und damit ihren vorläufigen Endpunkt. Mit der Integration des LFB in die BIM wird eine Gesellschaft geschaffen, die sowohl für die Bewirtschaftung als auch für die Verwertung des landeseigenen Liegenschaftsvermögens zuständig ist. Von Seiten der Politik wird dieser Schritt als notwendige Folge des Paradigmenwechsels in der Berliner Liegenschaftspolitik bewertet. In der Berliner Morgenpost wird Staatssekretärin Margaretha Sudhof mit den Worten zitiert, dass es »inzwischen […] nicht mehr vordringlich um den Verkauf an den Meistbietenden [geht], sondern um die Weiterentwicklung von Grundstücken und Gebäuden, die das Land oder die Bezirke so nicht mehr brauchen« (BM 18.12.2014). Das Geschäftsmodell des Liegenschaftsfonds, möglichst schnell möglichst viele Liegenschaften zu einem möglichst hohen Verkaufspreis zu veräußern, hat aber auch seine Grundlage eingebüßt, weil das Portfolio des Fonds an marktfähigen Liegenschaften immer weiter geschrumpft ist (vgl. BM 24.09.2012: 11). Frankfurt am Main ist aktuell von zwei Entwicklungen geprägt: Die öffentliche Liegenschaftspolitik wird auf die Bestandsverwaltung fokussiert und die KEG übernimmt die Aufgabe, Liegenschaften in Form eines Fonds für gemeinschaftliche Wohnprojekte zu mobilisieren. Es findet eine Diskussion um die Integration von Liegenschaftsamt und Hochbauamt in einem Eigenbetrieb statt, womit eine Institution geschaffen werden soll, die mit dem Berliner BIM vergleichbar ist. Liegenschaftsverwaltung, -bewirtschaftung und -geschäfte sollen in einem kommunalen Unternehmen gebündelt werden (vgl. FNP 07.07.2015). Darin kann ein weiterer Versuch gesehen werden, ein zentralisiertes Hochbau- und Liegenschaftsmanagement in Frankfurt zu schaffen. Im Zentrum der Debatte steht unter anderem der hohe Investitionsstau bei den Schulbauten, die ggf. aufgrund der Dringlichkeit in einen spezialisierten Eigenbetrieb überführt werden sollen. Dabei handelt es sich um einen konfliktgeladenen und laufenden Prozess, weswegen nicht abzusehen ist, ob und wie umfangreich diese Integration stattfinden wird (vgl. Tschierschke 11.11.2015).
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Darüber hinaus wurde 2015 unter dem ehemaligen Planungsdezernenten Olaf Cunitz (Grüne) die KEG damit beauftragt, einen Liegenschaftsfonds zu gründen.5 Dessen Ziel besteht im Aufkauf und der Vermittlung von am Markt nicht nachgefragten Grundstücken und Immobilien an gemeinschaftliche Wohnprojekte, bei denen die soziale Rendite für die Stadt im Vordergrund steht. Dafür bekommt die KEG knapp sieben Millionen Euro zur Verfügung gestellt, welche die Stadt durch den Verkauf eines Grundstücks in der Nähe des Frankfurter Flughafens eingenommen hat. Es soll sich um einen revolvierenden Fonds handeln, was bedeutet, dass das zur Verfügung gestellte Kapital immer wieder aufgefüllt werden soll, indem erworbene Grundstücke in Form von Konzeptverfahren6 ohne Gewinnerwartung, aber kostendeckend vergeben werden. Beim Aufkauf von Liegenschaften soll sich der Fonds am gutachterlichen Verkehrswert orientieren und keine spekulativen Erwartungen bedienen. Die KEG führt damit ihr bisheriges Konzept fort, nichtmarktgängige brachliegende oder mindergenutzte Liegenschaften einer Entwicklung zuzuführen, ohne dabei Gewinnerwartungen der Gesellschafter_innen bedienen zu müssen. Dabei ändert sich, dass bei dem Fonds nicht wie bisher die Immobilie oder das Grundstück der Ausgangspunkt für die Beauftragung der KEG ist, sondern der Fonds aktiv infrage kommende Liegenschaften mit dem von der Stadt zur Verfügung gestellten Fondsvermögen aufkaufen soll. Vor dem Hintergrund der Entwicklungen in den beiden Fallbeispielen kann zunächst nicht davon gesprochen werden, dass sich eine aktive und in den Markt intervenierende Liegenschaftsverwaltung und -politik abzeichnet. Mit der institutionellen Neuordnung in Frankfurt am Main und Berlin deutet sich eine neue Struktur an, in der eine aktive Liegenschaftsverwaltung bzw. -politik der öffentlichen Hand weitestgehend eingestellt wird und das Kerngeschäft auf die Gebäudebewirtschaftung beschränkt wird. In beiden Städten existiert darüber hinaus mittlerweile ein Bewusstsein über die mit dem Verkauf von Liegenschaften verbundenen Probleme. Sowohl in Berlin als auch in Frankfurt am Main kann außerdem festgestellt werden, dass der Bestand an öffentlichem Liegenschaftsvermögen auf ein Niveau gesunken ist, das umfangreiche und ertragsmaximierende Privatisierungsbestrebungen nahezu unmöglich macht.
5
Abschließend muss betont werden, dass es sich bei der KEG um ein sehr wandlungsfähiges und damit auch ambivalentes Instrument handelt. Die Ausrichtung der KEG und die Projekte, die sie entwickelt, sind sehr stark von der Politik der amtierenden Planungsdezernent_in abhängig.
6
An den Vergabeverfahren sind neben der Ortsvorsteher_in, Vertreter_innen des Ortsbeirats, des Stadtplanungsamtes, der Bauaufsicht, des Amtes für Wohnungswesen, die KEG als Eigentümerin und die Zivilgesellschaft beteiligt.
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Diesbezüglich werden Bedenken geäußert, dass mit dem einmaligen Verkauf öffentlichen Liegenschaftsvermögens große Einbußen des politischen Regulierungsvermögens hinsichtlich stadtentwicklungspolitischer Prozesse zu verzeichnen sind. So zeigt sich, dass beide Städte hinsichtlich der Versorgung mit günstigem Wohnraum massive Probleme haben, da sie beim Akquirieren von geeigneten Liegenschaften nicht mehr auf den eigenen Bestand zurückgreifen können, sondern vom privaten Grundstücks- und Immobilienmarkt und den stetig steigenden Preisen für Bauland und Bestandsimmobilien abhängig sind. Diese Problematik zeigt sich in Frankfurt und in vielen anderen Kommunen bei der Wohnraumversorgung im Allgemeinen und im Besonderen bei den Schwierigkeiten, eine menschenwürdige Unterbringung von Geflüchteten zu gewährleisten. Dabei werden den Kommunen oft minderwertige (Gewerbe-)Immobilien zu überhöhten Konditionen angeboten. Aufgrund mangelnder Spielräume sind die Kommunen darauf angewiesen, diese zur Unterbringung von Geflüchteten anzunehmen. Die umfangreiche Privatisierung öffentlichen Liegenschaftsvermögens und dessen betriebswirtschaftlich orientierte Nutzung in den letzten 20 bis 25 Jahren hat damit zur Folge, dass die Kommunen nicht nur ein wichtiges Regulierungsvermögen in sozialpolitischen Fragen verloren haben, sondern auch bei der Erledigung von Kernaufgaben in immer höherem Maße von Marktentwicklungen sowie privaten Grundstückseigentümer_innen und Geldgeber_innen abhängig sind. Demgegenüber müsste eine radikale Wendung in der Bodenbevorratungspolitik der öffentlichen Hand und der politischen Nutzungsvoraussetzungen vorgenommen werden. Angesichts der öffentlichen Steuer- und Finanzpolitik, der weiterhin starken Orientierung der Städte an großen Unternehmen und dem Umstand, dass die erzielten Einnahmen aus den Privatisierungen in der Regel zur Defizitdeckung genutzt wurden und bei weitem nicht ausreichen würden, unter heutigen Marktbedingungen einen hypothetischen Rückkauf vorzunehmen, lässt sich hier jedoch kein grundlegender Wandel erwarten. Damit rückt das hoheitliche Planungsrecht in den Fokus eines möglichen Paradigmenwechsels. Da sich der Wert eines Grundstücks nicht an sich, sondern nur in Relation zu seiner Umgebung und in Abhängigkeit zu dem bemessen lässt, was darauf gebaut werden kann, müsste hier verstärkt ein dezidiert (sozial-)politisches Planungsrecht genutzt werden, das sich von der Auffassung verabschiedet, dass eine Orientierung am Markt als vermeintlich neutrales und objektives Regulativ in Form von Angebot und Nachfrage dienen kann. Wie oben bereits erwähnt, entwickeln sich dazu parallel in beiden Städten Ansätze, welche die Aktivierung von Liegenschaften verfolgen, für die keine große oder unmittelbare Nachfrage am freien Grundstücks- und Immobilienmarkt besteht. Mit dieser Ausrichtung werden nicht mehr primär kapitalstarke Investor_innen oder Projektentwickler_innen angesprochen, sondern vermehrt Bauherr_innengruppen, Genossenschaften oder öffentliche Wohnbaugesellschaften, die gebrauchsorientierte,
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zum Teil kleinräumige Konzepte umsetzen wollen. Kurz gesagt sollen Liegenschaften, die für den Markt nicht attraktiv sind, im Sinne einer punktuellen »Stadtreparatur« (Stadt Frankfurt am Main 18.07.2014), wie es im Fall der KEG heißt, einer Nutzung zugeführt werden. Mit der Vergabe ist die Erwartung verbunden, dass diese Vorhaben eine soziale Rendite (Frankfurt) bzw. Stadtrendite (Berlin) nachweisen können. In dieser Ausrichtung ist – trotz der Schaffung von Möglichkeitsräumen – jedoch dezidiert kein sozialpolitischer Wandel in der Mobilisierung und Bereitstellung von Liegenschaften durch die öffentliche Hand zu sehen. Vielmehr erfordert die erfolgreiche Bewerbung auch in qualitativen Konzept- und Vergabeverfahren bei den aktuellen Bodenpreisen in Städten wie Berlin und Frankfurt am Main nicht nur ein hohes Maß an finanziellem Kapital, sondern auch an sozialem und kulturellem Kapital. Damit sind die konzeptorientierten Verfahren mehr als Fortführung (Frankfurt) bzw. Begründung (Berlin) einer bevölkerungspolitisch ausgerichteten Stadtentwicklungspolitik zu sehen, die ihre Ausschlüsse produziert. Mehr noch kann darin ein Angebot an Akteur_innengruppen gesehen werden, die einen Mittelschichts-Hintergrund aufweisen, aber aufgrund der aktuellen Aufwertungsprozesse in urbanen Metropolen selbst zunehmend unter Verdrängungsdruck geraten. Vor diesem Hintergrund ist im Sinne einer langfristigen Sicherung der öffentlichen Daseinsvorsorge und einer sozialen Stadtentwicklung die Dekommodifizierung von Liegenschaften oder zumindest die partielle Entkopplung von Marktprozessen und Liegenschaften geboten. Hierbei alleine auf den Staat als scheinbare Verkörperung eines Allgemeininteresses zu hoffen, bedürfte kurzfristig zumindest entsprechender parlamentarischer Kräfteverhältnisse. Wie aber mit dieser Arbeit gezeigt, wäre es blauäugig zu glauben, dass dies auch unmittelbare und ausreichende Effekte nach sich ziehen würde. Am Beispiel der Neuordnung städtischer Verwaltungen und des damit verbundenen Umgangs mit öffentlichem Liegenschaftsvermögen nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben hat sich gezeigt, dass es sich um einen komplexen und über mehrere Jahre andauernden Artikulationsprozess handelt. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass parallel in einer multilokalen, fragmentierten und an den Nutzungsbedürfnissen der Menschen orientierte zivilgesellschaftlich getragene Dekommodifizierung von Boden und Immobilien vorangetrieben wird. Die Frage nach der Wahrnehmung von und dem Umgang mit öffentlichen Liegenschaftsvermögen ist und bleibt eine politische Frage, die nicht auf Basis betriebswirtschaftlicher Rationalitäten und in Form marktförmiger Steuerung beantwortet werden kann.
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Visuelle Geographien Zur Produktion, Aneignung und Vermittlung von RaumBildern 2015, 300 S., kart., zahlr. z.T. farb. Abb. 29,99 E (DE), 978-3-8376-2720-6 E-Book PDF: 26,99 E (DE), ISBN 978-3-8394-2720-0
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Geographie Christine Scherzinger
Berlin — Visionen einer zukünftigen Urbanität Über Kunst, Kreativität und alternative Stadtgestaltung März 2017, 350 S., kart. 34,99 E (DE), 978-3-8376-3717-5 E-Book PDF: 34,99 E (DE), ISBN 978-3-8394-3717-9
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Kulturelle Geographien der Vielfalt Von der Macht der Differenzen zu einer Logik der Diversität 2016, 296 S., kart. 34,99 E (DE), 978-3-8376-3146-3 E-Book PDF: 34,99 E (DE), ISBN 978-3-8394-3146-7
Raphael Schwegmann
Nacht-Orte Eine kulturelle Geographie der Ökonomie 2016, 180 S., kart. 24,99 E (DE), 978-3-8376-3256-9 E-Book PDF: 21,99 E (DE), ISBN 978-3-8394-3256-3
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