Versuch einer militarischen Beschreibung des osmanischen Reichs [Reprint 2021 ed.] 9783112436943, 9783112436936


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Versuch einer militarischen Beschreibung des osmanischen Reichs [Reprint 2021 ed.]
 9783112436943, 9783112436936

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Versuch einer

niilttairischm Beschreibung des

osmannischen Reichs, in besonderer Darstellung seines Kriegswesens, und der topographisch - militairischen Beschaffenheit seiner europäischen Provinzen,

v. C i r i a e y,

F.

Königs» Preuss. Major.

Mit

einer

Berlin,

Karte.

1824.

Gedruckt und verlegt bei G. Reimer.

V o r b e r i ch t. äJie neuesten Ereignisse in der europäischen Türkei haben bereits zu verschiedenen Schriften über den Zu« stand derselben und ihrer Bewohner Veranlassung ge« geben. Die meisten enthalten indeß nur allgemeine geographisch, politisch «statistische Nachrichten. Mit diesen sollten sie überhaupt nur dem Interesse des Augenblicks genügen, in welchem die Aufmerksamkeit von ganz Europa durch den Aufstand der Griechen, so wie durch die Mißhelligkeiten zwischen Rußland und der Pforte, auf die Türkei gerichtet war. Dies Interesse hat sich vermindert, seitdem die Beilegung jener Mißhelligkeiten die Erwartung von noch wichtigern Begebenheiten, friedlich vorüber ge­ hen ließ. Auf der andern Seite hat der griechische Insurrektions« Krieg für sich selbst in militairischer Hin­ sicht dadurch wieder an Interesse gewonnen, daß er, bei dem so großen Mißverhältniß der Kriegökräfte durch seine nunmehr dreijährige Dauer einen gleich­ sam stehenden Karakter, und eine gewisse Konsistenz angenommen zu haben scheint. Dies deutet aber auf ein verschiedenes Verhältniß der moralisch-kriegeri ­ schen Tüchtigkeit der kriegführenden Partheien hin, und beurkundet auf eine unzweideutige Weise die anarchische Schwäche des osmannischen Reichs, und dessen verfallenes Kriegswesen. So lange die tief liegenden Grundursachen dieser Schwäche nach allen welthistorischen Erfahrungen in

IV stet- verderblicher Wechselwirkung als fortdauernd be­ trachtet werden können, ist auch die Art deö Aus­ gangs dieses Kriegs nicht mit Zuverlässigkeit abzu­ sehen. Es ist auch nicht zu berechnen, welchen Ein­ stuß derselbe einst auf die.politischen Verhältnisse der europäischen'Staaten haben könne, und welche Um­ stände und Begebenheiten einen Krieg derselben mit der Pforte, als dem gesellschaftlichen Zustand Euro­ pas zuträglich, veranlassen möchten. In jedem Falle stellen sich aber die innerrz und äußern Verhältnisse des osmannischen Reichs von der Art und Beschaffenheit dar, daß sie stets die Auf­ merksamkeit und das Interesse von Europa zu fesseln geeignet sind, und es zum Bedürfniß machen, feine genaue Kenntniß, insbesondere die der europäischen Türkei, in den Kreis derselben militärischen Intelli­ genz zu ziehen, wie solche in Bezug auf die europäi­ schen Staaten unter einander vorwaltet. Dies ist der Zweck deö vorliegenden Werks.. Es soll wo, möglich Alles in sich begreifen was in militairischer Hinsicht von dem Kriegswesen der Türken > und ih­ rem Lande in Europa ,als Kriegsschauplatz betrachtet, zu wissen wünschenswerth ist. Dasselbe besteht daher aus folgenden drei be­ sonderen Abschnitten: i. Geographisch - statistisch - politische Uebersicht der europäischen Türkei. ß. Darstellung des türkischen Kriegswesens. 5. Beschreibung deö Kriegsschauplatzes der euro­ päischen Türkei. Der erste Abschnitt bezweckt eine allgemeine Orientirung HinsichtS des natürlichen und politischen Zu­ standes des osmannischen Reichs in Europa. Ueber das türkische Kriegswesen hat man viel­ fache Nachrichten in verschiedenen Schriften. Die ausführlichsten derselben reichen jedoch nicht bis an die gegenwärtige Zeit, und neuere wie neuste Schrif-

V ftn behandeln den Gegenstand nur theilweise. Eine denselben möglichst erschöpfende und umfassende Dar« stellunq liegt daher dem zweiten Abschnitt zum Grunde. Die Hülfsmittel zu einer militairischen Beschrei« bung der türkischen Provinzen in Europa selbst sind viel mangelhafter und fragmentarischer, als in Hin­ sicht des Kriegswesens. Die meisten Nachrichten vom Lande exifriren von Reisenden, geben aber in militairischer Hinsicht wenig Ausbeute. Die Kriegs­ geschichte liefert noch das Meiste, aber auch dann nur Bruchstücke von einzelnen Gegenden. Eine um« fassende militairifche Beschreibung des Ganzen ist noch gar nicht vorhanden. Der dritte .Abschnitt dieses Werks ist nun ein Versuch dazu. Der Bearbeitung desselben haben alle diejenigen Hülfsmittel gedient, deren der Verfasser nur habhaft werden konnte. Darunter gehören unter andern die Karte des Generals Vaudancourt von der europäischen Türkei; die Geographie des oömannischen Reichs in Europa von Kanabich und Guthemuths; ferner, was den russischen Kriegsschauplatz betrifft: der Türkenkrieg des Generals v. Valentini; endlich über Griechenland die Nachrichten von Pouqueville, Vaudancourt, Raffenel und mehreren englischen Rei« senden, und außerdem die Geschichte der Kriege mit den Türken nebst verschiedene Zeitschriften wie die österreichisch«militairifche, einzelne Aufsätze u. s. w. Der Verfasser gesteht indeß gern ein, daß ge« rade dieser Abschnitt keineswegs auf Vollständigkeit Anspruch machen kann. Vielleicht dürfte er aber den Nutzen stiften, als erster Versuch die Bahn zu vollkommnern Leistungen zu brechen. Die vornehm« sten Mittel hierzu möchten die mancherlei Denkschrif­ ten, Berichte, Relationen und Pläne seyn, welche sich in den topographischen Büreaus verschiedener eu­ ropäischer Staaten befinden. Die Sammlung und öffentliche Bekanntmachung dieser Hülfsmittel kqrih

VI nur Vortheil bringend seyn, und unterliegt keiner der Bedenklichkeiten, welche sonst wohl in dieser Hinsicht hier und da vorherrschen. Denn man darf nicht be­ fürchten, mit dergleichen Nachrichten auch die Tür­ ken zu belehren, als welche, nach der schon von dem Verf. der Lehre vom Krieg gemachten Bemerkung, eben keine Leser sind. Es erscheint demnach sogar als eine Pflicht, eine Kenntniß möglichst zu verbrei­ ten, welche einst, nach Maaßgabe ihres möglichen Einflusses, europäischen Kriegern dienlich seyn könnte. Aus diesem Gesichtspunkt betrachtet, hat daher der Verfasser geglaubt, keinen Anstand nehmen zu dürfen, sich über alle die militairischen Beziehungen zu verbreiten, welche ihm aus der Kenntniß der all­ gemeinen Lagenverhältnisse, besonderen Lokalbeschaf­ fenheiten, und einzelnen militairisch - merkwürdigen Punkte abzuleiten nöthig geschienen. Indem er dar­ auf alle nur mögliche Sorgfalt zu verwenden bemüht gewesen ist, hofft er zugleich Hinsicht- der Vollstän­ digkeit der angeführten Nachrichten auf die billige Anerkenntniß des, überhaupt wegen der bekannten und eigenthümlichen Hindernisse in der Türkei, statt findenden Mangels durchgängiger und genügender topographischer Details von derselben. Indeß dürfte dieser Versuch schon als eine topographisch-militairische Orientirung dem Zweck einer nähern Bekanntschaft Mit dem dortigen Kriegsschauplatz entsprechen, und auch daö Ganze des Werks besonders denjenigen der geneigten Leser willkommen seyn, denen die verschie­ denen Quellen zu den hier gegebenen Nachrichten nicht zugänglich sind. Was die bei der Beschreibung des griechischen Kriegsschauplatzes angeführten Ereignisse des gegen­ wärtigen griechisch-türkischen Krieges betrifft, so ist noch zu bemerken, daß dies Werk bereits gegen Ende des vorigen Jahrs beendigt, und dem Druck überge­ hen ward. Es haben daher die kriegerischen Ereig-

VII Nisse des JahrS 1823 auf diesem Schauplatz nicht vollständig mit ausgenommen werden können, beson­ ders, weil auch die Nachrichten darüber stets so un­ zuverlässig und widersprechend waren. Endlich ist noch, dem Wunsch des Herrn Ver­ legers gemäß, zum bessern Verständniß der topogra­ phisch- militairischen Beschreibung dem Werke eine Karte von der europäischen Türkei beigefügt worden. Sie ist nach der des Generals Vaudancourt, und mit Benutzung vieler zu dem Zweck gesammelter No­ tizen entworfen, und enthält vorzüglich die Gebirge, Flüsse, Straßenzüge und militairisch - wichtigen, haupt­ sächlich befestigten Punkte. Hiernach steht zu hof­ fen, daß diese Karte ein bisher noch unerledigtes Be­ dürfniß einigermaßen zu befriedigen im Stande seyn möchte. Geschrieben im Jahr »824.

Der Verfasser.

Inhaltöverzeichniß Erster Abfchnktt. Geographisch - statistisch-politische Uebersicht der europäischen Türkei, ©rite i. Flächeninhalt und Bevölkerung. Grenzen. Physische Beschaffenheit. Klima. Boden. Produkte. Industrie. Handel. Bewohner. Verfassung und Verwaltung. Staatseinkünfte und Ausgaben. Politische Eintheilung.

Zweiter Abschnitt. Darstellung des türkischen Kriegs» wesens. ©. 29. Allgemeine Betrachtungen. Verpflichtung rum Kriegsdienst. Er­ gänzungs-System des Kriegsheers. Eintheilung der osmanmschen Kriegsmacht in die Land- und Seemacht. A. Landmacht. S. 31. I, Die regelmäßigen besoldeten Truppen des Staats. S 32. 1. Die Garden und Leibwachen des Sultans. 2. Die eigentlichen Feldtruppen, und zwar a. Infanterie. b. Kavallerie. e. Artillerie. d. Minengräber. e. Waffenschmiede oder Büchsenmacher. f. Generalität und Generalstab. g. Offizianten - Personale. IL Die Truppen der Pascha's in den Provinzen. S. 871. Fußvolk. 2. Pioniere. z. Besatzungs- und Grenz-Kavallerie. 4. Freiwillige Freikorps zu Fuß und zu Pferde. 5. Die Kavallerie der zinsbaren Provinzen. 6. Die Bagage-Truppen. 7. Die Haustruppen und Leibwachen der Paschas. HI. Die Lehntruppen. S. 92. lVt Kriegs- und Friedensstärke des türkischen Heers. S. 96.

IX V. Ausrüstung und Bedürfnisse eines türkischen Heers im Kriege. S, 104. VI. Allgemeine Bemerkungen über'" die KriegführungS- und Fechrart der Türken. S. 108. VII. Ueber das Befestigungßwesen der Türken, und ihre Ver­ theidigung der verschanzten Läger und Festungen. S. 129. B. Seemacht. S. 140.

Dritter Abschnitt. Beschreibung beS Kriegsschau­ platzes in der europäischen Türkei. S. 149. Eintheilung der europäischen Türkei in drei Hauptkriegötheater. I. Westliches oder österreichisches Kriegötheater. S. 152. A» Westliches Kriegötheater nördlich den dinarischen Alpen und des HämuS. S. 152. 1. Türkisch Kroatien und Bosnien» a. Gebiet der Unna. b. Gebiet der Verbas. c. Gebiet der Bosna. d. Gebiet der Drina. e. Gebiet der Kolubara. 2. Servien und ein Theil von Bulgarien, a. Feste Punkte an der Donau. b. Feste Punkte im Innern von Servien und des hieher gehörigen Theils von Bulgarien, und zwar 1) Auf der großen Straße von Belgrad nach Sophia. 2) Auf der Straße von Bosna Seraj nach Nissa. 3) Auf der Straße von Bosna Seraj nach Wrana. B. Westliches Kriegstheater südlich den dinarischen Alpen und des Hämus. S. 185. 1. Der südliche Theil des österreichischen K.riegstheaterS westlich des Bernos, oder Herzogewina und nördliches Albanien. a. Gebiet der Narenta. b. Gebiet der Moraka und Bojana. c. Gebiet des Drino. 2. Der südliche Theil deS österreichischen Kriegstheaters öst­ lich des Bernos, oder Mazedonien und Thrazien. a. Gebiet des Vardar. b. Gebiet deS Ponto. ' c. Gebiet des Strymon. d. Gebiet des Nesto. e. Gebiet der Maritza. II. OestlicheS oder russisches Kriegstheater. S.202. A. Oöstliches Kriegstheater nördlich des Balkan. S. 204. A. Feste Punkte an der Donau, von Westen nach Osten. b. Feste Punkte im Innern. B. Oestliches Kriegstheater südlich des Balkan, mit Angabe der Gemeinschaften und festen Punkte in demselben. S. 215. III. Südliches odergriechischesKriegstheater.S. 224. A. Das nördliche Griechenland, Thessalien, und die südlichen Theile von Albanien und Mazedonien- S. 225,

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Die Landschaften Attika, Megara und Böotien. Gebiet des Gavrios (CeplüssuS). Gebiet des Specchius (Elladcl). Das Küstenland am Golf von Korinth mit den Gebie­ ten der Flüsse Fidaris (Euvenus) und Aspropotamus (Achelouö). 5. Gebiet des Artas (Potamoßtis ArtaS oder Arachtus). 6. Gebiet des Salambria (Peneus). 7. Gebiet des Kalamas (Thyamis) oder das Thal von Janina. 8. Gebiet der Vojutza (AouS) und des Drino (Chelydnus). 9* Gebiet des Lom oder Kavroni (Apsus). 10. Gebiet der Biklista oder des Jnr'chori (AlstreuS) und des Venetiko (Haliakmon) 11. Halbinsel von Salonichi (chalkydische Halbinsel). B. Die Halbinsel Mvrea. S. 263. 1. Küstenland nördlich des argolischen und des Chelmus Gebirges. 2. Küstenland um den Dusen von Napoli dr Romana, vom argolischen Gebirge und dem östlichen Aage des TaygetuS begrenzt. 3. Die hohe Thalebene von Tripolitza, und das Gebiet des EurotaS. 4. Gebiet der Pirnatza (Pamisus). 5. Das Küstenland von Arkadien. 6. Gebiet des Ruphia (Alpheus). C. Einige der vornehmsten Inseln deS griechischen Archipelagus. S. 282. 1. Egribos oder Negroponte (Euböa). 2. Hydria, Spezzia, Jpsara und Paros. 3. Milo (Melos). 4. Aea. 5. Andros. 6. Tine. 7. Mykone. 8. Thermia. 9. Siphno (Siphanto). 10. Egina. 11. Koluri ^Salamis). 12. NaxoS oder Nakscha. 13. Santorin. 14. Stalimene (LemnoS). 15. Taschus (Thaso). 16. Tenedos. 17. Mytylene. 18. Skio (ChioS). 19. Samos nebst der asiatischen Küstenstadt Smyrna. 20. Rhodus. 21. Cypern. 22. Kandia. 1. 2. 3. 4.

Erster Abschnitt.

Geographisch - statistische Uebersicht der europäischen Türkei. Flächeninhalt und Bevölkerung.

Dle europäische

Türkei macht sowohl nach Flächeninhalt als Einwohner, zahl nicht ganz den vierten Theil deS oSmannischen Reichs auS. Sie enthält nach den wahrscheinlichsten Angaben circa gegen 9000 Ouadratmeilrn und 10 Millionen Men, scheu. Grenzen. Ihre Grenzen sind in NW. Oesterreich, in NO. Rußland, in O. das schwarze Meer, der Bos, phorus, daS Marmormeer, di« Dardanellenstraße, und das ägäische Meer, in S. daS mittelländische Meer, in SW. das jonische Merr, in W. das adriatische Meer und Oesterreich. Die Grenzen gegen Rußland werben durch die Do­ na« und den Pruth gebildet, dle Moldau und Wallache! durch die Karpathen von der Bukowina, Siebenbürgen und Ungarn getrennt. Die fernere Grenze mit Oester­ reich machen die Donau gegen Ungar», die Save, Unna und Glina gegen Slavonien und Kroatien, und die dlna, rischen Alpen gegen Dalmatien. , Physische Beschaffenheit. Die europäische Tür­ kei ist eine große Halbinsel, deren Inneres von großen Ge­ birgsketten durchzogen wird, die ein fast ganz zusammen, hängendes System bilden, jedoch nirgends die Höhe der Alpen, und selbst nicht einmal der benachbarten Kar, i

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parthen erreichen. Keiner brr Berge trägt ewigen Schnee. Demnach gehören mehrere dieser Gebirgsketten nach den vorgenannten Gebirgen zu den höchsten in Europa. Die Hauptkette machen in der Richtung von Westen nach Osten, und in einem südlich geschweiften Bogen die dinarischen Alpen und der Balkan. Erstere erreichen die Höhe von 7000, letzterer erhebt sich bis zu 9000 Fuß Höhe. Beide Ketten streichen unter mehreren besonderen Namen, deren bei der topographischen Beschreibung selbst Erwähnung geschehen wird. Südlich und nördlich gehen von ihnen verschiedene andere Gebirgsketten ab, und zwar vom Balkan südlich das Strandschea Gebirge, der Despoto (Rhodope), |bie mazedonischen und die hellenischen Gebirge. Die nördlich abgehenden Zweige durchstreichen Bulgarien und Servien. Die Nebenzweige der dinarischen Alpen in derselben Rich­ tung ziehen sich durch Bosnien. Südlich begleitet die Kette in geringer Entfernung die Küste des adriatischen Meers. Die meisten einzelnen Gebirge Haufen sich, in Bosna Morea und in Servien. Auch sehr viele der In­ seln sind mehr ober weniger gebirgig, wie Kandia Egrkbos rc. re. und zum Theil vulkanischen Ursprungs. Der höchste Punkt auf Kandia, der Ida, hat über 7000 Fuß Höhe. Die Gebirgsketten schließen nun theils weite theils engere Thäler ein, die von vielen großen und kleinen Strömen bewässert werben. Nur auf der Nordseite der Donau dehnt sich das Land in einer großen Flache bis zu den Karpathen und dem Pruth hin aus. Geringere Ebe­ nen findet man indeß auch zu beiden Seiten des Balkan, und der hellenischen Gebirge. Oie hauptsächlichsten Ströme sind die Donau, der Sereth, die Aluta, die Save und der Pruth als Granzfiüsse, der Drin und die Morawa nördlich der Haupt­ kette, und südlich derselben die Maritza, die Stromz» (Strymon), der Vardar (Axius), der Salambria (Peneus), der Aspre (Achelous) und der schwarze und weiße Drin. Binnenseen giebt es in. Menge, keiner ist jedoch von beträchtlichem Umfange. Die namhaftesten sind-der Doro, hoe in, der Moldau, der Ramsin nahe an der Mün­ dung der Donau bei Babatag, der Orphan, Jaidöhiler und Beschik in Mazedonien, der Toplias in Livadien, ferner die Seen bei Jankua, Ochrida Skutarl u. a.

3 Dke Abdachung des ganzen Landes zwischen den Kar» pathen und dem Balkan fallt mit der Donau nach dem schwarzen Meer, südwärts der dinarischen Alpen und des Balkans nach dem adriatifchrn, jonischen und ägäischen Meer. Klima. Das Klima ist im Ganzen überaus mild. Nur die Provinzen nördlich der Hauptgebirgskette haben einen kurzen und mäßigen Winker von höchstens 8 bis io Grad Kälte. Der Schnee liegt hier blos einige Tage, auf den Bergen aber de» ganzen Winter hindurch. . Im Süden des Balkan ist der Winter kaum mit den kühlen Maitagen des nördlichen Klimas von Europa zu verglei­ chen. Dafür ist aber die Hitze im Sommer drückend. Sie erstickt alle Vegetation und der brennende Sirokko stürzt die ganze organische Natur in momentane Apathie. Im Ganzen ist jedoch das Klima gesund. Nur Pest und Erdbeben sind die Hauptplagen deS Landes. Boden. Der Boden ist von mannichfacher Beschaf­ fenheit; in den Gebirgen steinig, in den Thälern theils Lehm, Thon und Mergel, theils Kalk, im Allgemeinen aber einer der fruchtbarsten der Erde. Zwar soll er nicht mehr so ergiebig seyn, wie im Alterthum; diese Entar­ tung ist aber blos die Folge der vernachläßigten Kultur, die mit den Naturschätzen im umgekehrten Verhältniß steht. Die Faulheit und Unwissenheit der Bewohner hal­ ten den Ackerbau in einem kläglichen Zustand darnieder. Ihn drückt ferner dke wenige Sicherheit, welche den Men­ schen für ihre Person und für den Ertrag ihres Schwei­ ßes gewährt ist. Der Osmane hält sich zu edel zur Be­ treibung des Ackerbaus. Auch dke Griechen widmen sich lieber den Industrie und dem Handel. Dke fleißigsten Akkerbauer sind die slavischen Völker. Der Sicherheit der Perfon^und des Eigenthums wegen drängt sich der größte Theil der Volksmenge in den Städten zusammen. Daher wird nur die Umgegend derselben bebaut. Das übrige Land laßt man in Wüsten verfallen. Ausnahmen davon machen die Gebirgsthäler, deren Lage Sicherheit gewahrt, und einige besonders begünstigte Gegenden. Produkte. Dennoch erzeugt der Boden eine Fülle und eine Mannichfaltigkekt von Produkten, wie wenig Län­ der sie darbieten. So schlecht der Ackerbau betrieben wird, so reicht sein Ertrag wenigstens für den Bedarf zu. Man­ che Provinzen führen sogar aus. In der Moldau und Walachei trägt der Roggen zo-, der Waizen 24-, die

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Gerste 40#, unb bke Hirse zoofältkg. Die Thäler btt Maritza drS ffgrifu, und dke Ebenen von Salonichi sind vor andern gut angebaut. Die Statthalterschaft Salonichi baut gegen 2 Mil­ lionen Piaster Getralde, und fährt £ davon aus. Walze, Gerste und Hirse werben mehr wie Roggen gebaut. Reis findet man am meisten in Thrazien. Alle Obstarten und Gartenfrächte, Melonen, Wein, Rosinen, Korinthen, Tabak und Oliven, welche fast sämmtlich bedeutende Aus­ fuhrartikel geben, gedeihen in reicher Fülle. Die Wal­ dungen enthalten alle europäische Baumarten, besonders Eichen. Sie machen ein herrliches Kapital für die Schiff­ fahrt aus. Die vorzüglichsten Wälder find in Bosna, auf dem Balkan, in der Moldau und Walachei, und an den Küstey des abriatischen Meers, also in Albanien und EpiruS. Die Dobrudscha ist ganz holzlos. Die Viehzucht wird am allgemeinsten mit Vorliebe getrieben, namentlich von den Griechen, Walachen, Sla­ ven, Albanesen und Tartaren, welche eine vorherrschende Neigung zum Hirtenleben haben. Besonders find Pferde in großer Anzahl und Güte vorhanden, ferner Rindvieh, Schweine, Maulesel Kamrele, Ziegen und Schaafe, so daß daraus beträchtliche Ausfuhrartikel erwachsen. Auch durch die Denenzucht und den Seidenbau wird viel Ho­ nig und Seide zur Ausfuhr erzeugt. Die Gebirge enthalten einen Reichthum von minera­ lischen Produkten, aber der Bergbau liegt gänzlich in Ver­ fall. Nur Blei, Kupfer und Eisen werden mit einigem Fleiß gewonnen. Die bedeutendsten Silber-und Bleiberg­ werke sind bei Sikrekafl im Sandschakat Salonichi, fer­ ner bei Kastendil, Karatova, Ochrida und Janowa, und die Dlekwerke bei Zwornick. Die Silberwerke in Bosnien werden aus Eifersucht gegen Oesterreich vernachläßlgt. Reichhaltige Elsengruben sind bei Sophia, Kosteudil, Qlasfina, Bosna Seraj, Vakup, Siari, Maidan, Foknicza, Euttiska und Kressowo. Eine reichhaltige Quecksilber­ grube in Bosnien bei Zwornick wird vernachläßlgt. Salz, sowohl Quell- als Steinsalz ist in ungeheurer Menge, letztere-vorzüglich in der Moldau, vorhanden. Die Quel­ len von Rimnick und Okna geben jährlich Millionen Zentner Salz. Industrie. Dke Industrie und Verarbeitung roher Stoffe ist im Ganzen wenig bedeutend, und findet noch nm Meisten in Griechenland Statt. Am ausgezeichnetsten

find bk« Seibenzeuche« Teppich- Leber- und Türklschgar«, Fabrlken, die Färbereien und Webereien/sowohl die Me­ tallarbeiten, besonders in Gold, Silber, und Stahl. Ku­ pfer wird in Karatowa in Mazedonien verarbeitet. Ole besten Stahlfabrtken sind in Samakow in Thrazien, in Konstantinopel und in Bosnien, besonders in Bosna Se, raj, Sepcie, Banjaluka und Mostar. Ja diesen Orte« befinden sich Gewehr- und Klingenfabrikea. In Mostar werben gute Oamaszenerklkngen verfertigt. Auch sind in DoSnien viele Eisenhammer, ferner eine Kugelgleßerei in Kamengrad, eine Salpetersiederei in Jalcza, und Pul­ vermählen in Bthacz, Ostrowacs und Banjaluka. Handel. Der Handel hat ungeachtet der Indolenz der Muselmänner bei der großen Menge von Naturerzeug« niffen die Bilanz für sich. So wird blos die Ausfuhr anS Griechenland auf jährlich gegen 9, die Ausfuhr nur auf 5 Millionen berechnet. Salonichl allein hatte z. B. 1776 eine Bilanz von 2 Millionen Piaster für sich. Mit Oester­ reich ist die Handelsbilanz für 8 Millionen Gulden Aus­ fuhr und 4 Millionen Einfuhr. Indeß geht alles Geld wieder in dem Handel mit Aegypten, Persien und In­ dien aus Europa.

Der Vortheil der christlichen Staaten kn dem Han­ del mit der Türkei besteht hauptsächlich in der Einfüh­ rung der verarbeiteten, und vorher ausgeführte« rohe« Stoffe, woraus ihnen eln Gewinn von 75 pro C. zu, fließt. Die Konsuln, welche dle Europäer zur Brschäz, zung ihres Handels in der Türkei halten, genießen viele Vorrechte. Auch geben die krlstlicheu Kaufleute nur de» geringen Zoll von 3 pro C., während die Türken selbst und die Juden 8 pro C. zahlen mässen. Den innern Handel überlassen dle Türke» hauptsäch­ lich den Griechen, Armeniern und Juden. Ueberhaupt treiben sie den Handel mehr passiv als activ, d. h. er wird hauptsächlich von fremden Nationen geführt. Sie selbst sind handelscheu. Den Ausfuhrhandel zur See betreibe« besonders die Hybrioten. Dtese haben die vormalige fran, zösische Rhederei an den Küsten an sich gerissen, und so, gar den Ragusaner» den Rang abgelaufen. Von all«« Schiffen, welche aus dem schwarzen Meer und der Le­ vante nach Marseille kommen, gehörten ?£ den Griechen. Die Hybrioten allein hatte» 120 Seeschiffe von 150 bis 170 Tonnen, und dle übrigen Griechen 600 Schiffe.

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Ohne dle Handelspassivität der Türken müßte Kon­ stantinopel, seiner herrlichen Lage nach, neben London der erste Handelsplatz in Europa seyn. Jährlich liefen in sei­ nem Hafen 2000 Schiffe aus und ein. Außer Konstanti­ nopel sind die Haupthandrlsplätze Salonichi und Enos. Ihnen folgen Galkpoli, Varna und Ealaez. Bewohner. Die verschiedenen Nationen in der eu­ ropäischen Türkei sind: i) die Osmanen. Sie machen als herrschendes Volk dennoch nur der ganzen Bevölkerung aus, sind von septischer Abstammung und Sprößlinge der tartarischen Stämme, welche jetzt noch in den Steppen Hochasiens und am kaspischen See wohnen. Von dort aus wurden sie feit dem i;. Jahrhundert Eroberer der schönsten Län, verstriche des westlichen Asiens, und späterhin des östli­ chen Europa. Die Türken sind von einem großen meist schönen und starken Körperbau. Ihre Physiognomie ist edel und aus­ drucksvoll, ihre Stirn erhaben, die Nase schön gebildet, das Auge schwarz, die Gesichtsfarbe frisch, ihr Gang ruhig und abgemessen, die Kleidung weit und geschmack­ voll. Das Haupt ziert ein Turban, auf der Brust hängt ein-Dolch, und an der Hüfte der Säbel. Ihr ganzes Wesen ist feierlich. Sie sprechen wenig, starktönend und ausdrucksvoll; nur selten sieht man sie lachen. Sie ha­ ben wenig Bedürfnisse, sind mäßig tm Essen und Trinken, und daher von wenig Krankheiten behaftet. Wenn dafür die Pest um so größere Verwüstungen unter ihnen anrich­ tet, so liegt dieß nur in ihrem Glauben an den Fatalis­ mus, wonach sie Vorsichtsmaaßregeln und Arzneien für überflüßkg halten. Jener Glaube hat überhaupt einen großen Einfluß auf ihre geistige Ausbildung, wie auf th, ren Karakter. Von der Natur sind sie mit einem schnell fassenden Verstände, einer, innerhalb des Kreises ihrer Begriffe liegenden, richtigen Urtheilskraft, einem vortreff­ lichen Gedächtniß, so wie mit praktischem Geschick und sicherem Takt, alle Dinge beim rechten Ende anzufangen, begabt. Dagegen sind sie äußerst träge, abergläubig und unwissend, dabei stolz und tapfer, übermüthig und prah­ lend im Glück, kriechend, niederträchtig und sclavifch im Unglück, großmüthig, herrschsüchtig und despotisch; grau­ sam gegen Wehrlose, ehrend jedoch fremden Muth. Keine ihrer Anlagen ist ausgebildet; sie halten das Mittel zwi­ schen wilden und gebildeten Völkern, und entsprechen ganz

7 dem Begriff eine# halbwilden, sinnlichen rohen und bru­ talen Volks, welches mit unempfindlicher Hartnäckigkeit der Aufnahme europäischer Kultur entgegenstrebt, und besser In Asiens Steppen als im gesellschaftlichen Staatenverelu von Europa paßt. 2. Die Tartaren bewohnen die Dobrudscha, so wie die Thäler des Balkans, dort unter dem Namen der Tschaitaks bekannt, endlich auch Konstantinopel und Gegend. Die türkische Regierung bedient sich der letzte­ reren zu Kurieren und Staatsboten. Sie find friedlie­ bend, gastfrei, muthig und freiheitsliebend, weniger un­ duldsam wie die Osmanen, und hängt» auch nicht so wie diese am Fatalismus. Z. Die Abadioten, ein arabischer Stamm, auf der Insel Kandla, grausam und bösartig. Sie bestehen auS 4000 Köpfen. 4. Die Armenier leben zerstreut im ganzen türkischen Reich, widmen sich vorzüglich dem Handel, und sind Kri­ sten von einer besonderen morgenländischen Sekte. 5. Die Juden wohnen ebenfalls In großer Anzahl zer­ streut In der Türkei, und nähren sich vom Handel. Ihre Kleidung ist oömannisch. 6. Die Zigeuner, gleichfalls ein zerstreutes, In Verach­ tung , Verworfenheit und Schmuz lebendes Volk vonnicht vollständig ermittelter, vielleicht ägyptischer Abstammung. In der Moldau und Walachei sind sie am dichtesten an» zutreffen. Ihre Zahl beträgt dort 150,000 Köpfe. 7. Die Griechen. Sie machen tz der Volksmenge, und im Ganzen die Mehrzahl der Bevölkerung im alten Griechenland, auf Morea und den Inseln aus. Die kör­ perlichen, geistigen und moralischen Eigenschaften Ihrer Doraltern sind in ihnen noch immer erkennbar. Man fin­ det noch jetzt bei ihnen die idealen Formen, von denen einst die Phydias begeistert waren, und wenn noch immer so leichtsinnig, wankelmüthig, unruhig, ruhmredig und eitel wie in den Tageu ihres Glanzes, so sind sie auch nicht weniger muthig, tapfer und freiheitsliebend. Der Druck, unter welchen sie seit Jahrhunderten seufzen, kann ihren Tugenden Schattlrungen beigemischk, ihre Laster durch eine tiefgewurzelte Rachsucht geschärft haben. Den­ noch ist die Bewahrung der ersteren und die wieder auf­ gelebte Begeisterung für jene Zeiten ihres Ruhms, eine merkwürdige Erscheinung in der Geschichte der Volker, und eines bessern Schicksals würdig.

s 8» Die Slaven der Zahl «ach ebenfalls § der ganzen Bevölkerung, überall unter derselben verbreitet, Haupt, sächlich aber in den westlichen Provinzen seßhaft. Sie machen mehrere besondere Stämme aus, als: s. die Bos, niaken in Bosnien, ächte Slaven, mehrentheils griechisch. Und römisch-katholische Kristen, theils auch Muhameda«er. Sie sind von untersetztem Bau, kühn, tapfer, rühm, und blutgierig in der Schlacht, aber ruhig, still und bedürfnißloS in der Heimath. Sie tragen enge und kurze Kleider, Wolfs - und Katzenfelle um die Schultern, Wolfsmützen ic. auf den Köpfen. Ihre Pferde find flüchtig. Ihre Hauptnahrung besteht in Feldbau, .Viehzucht, Ka, rawanenhanbel und Handarbeiten.

b. Die Serben oder Nalzen kn Servien, ebenfalls ächte Slaven, deren Dialekt unter aller fclavtschen einer der feinsten und reinsten ist, daher auch die meisten Bü, chen slavischer Sprache darin geschrieben sind. Sie Ha­ den eine viel höhere Kultur als die Bosniaken, viele kaufmännische und ArbeitS # Industrie, find geschickte Taumwollenweber, nähren sich aber hauptsächlich vom Ackerbau und mehr noch von der Viehzucht. Die Män, «er zeichnen sich durch einen festen Körperbau, durch feu­ rige Augen, freundliche Minen und männliche Haltung aus. Sie tragen einen rundgefchornen Kopf, freien Hais, und gewöhnlich eine vsmannische Kleidung. Sie sind mit Elfer der griechischen Kirche zugethau, und tapfere Der, thridigee derselben und ihrer Vorrechte.

e. Die Bulgaren. Ihr Dialekt ist mit vielen tarta, rlfchen Wörtern vermischt, weshalb sie auch von Einigen für Abkömmdnge der Tartaren gehalten werden. Sie wohnen zwischen der Donau und dem Balkan, in der Pro, vinz Bulgarien, und theilen-sich wiederan mehrere Stäm­ me. Die in den Gebirgen lebenden sind unruhig, räube­ risch, sonst aber gastfrei, die Thalbewohner arbeitsame und ruhige Menschen, die Ackerbau und Viehzucht treiben. d. Die Croaten im westlichen Bosnien an der Unna, rauh und ungebildet, aber arbeitsam und harmlos, von ungemeiner körperlicher Stärke. Sie reden einen eigen­ thümlichen Dialekt. Kristen. e. Die Marlachen ober Morulassen km südlichen Bos­ nien, wahrscheinlich von slavischer, nach ander« von bul, garischer Abstammung, und ganz ihren Brüdern kn Oester­ reich ähnlich. Kristen.

s y. Die Schypetars längs den Kästen bei abriatkscheü und zrnischen Meers, in Mazedonien, mit zahlreiche» Niederlassungen in Numelien, Morea, im atheniensischen Gebiet und auf mehreren Inseln deS Archipelagus, na­ mentlich auf Hydra. Nach wahrscheinlichen Vermuthun­ gen sind sie ein tartarischer Volks stamm aus Asien, wel­ cher nach. der Expedition deS Jason nach Griechenland zog, und daS alte Colchynium gründete. Aeltere Schrift­ steller nennen sie Kinder des Kaukasus. Sie selbst nen­ nen sich Schypetars. Von den Europäern werden sie Al­ banesen, von den Griechen Arwaniten, von den Türken Arnauten genannt. Daher auch die Namen der von ih­ nen bewohnten Landschaft Albanien, Arwania und Arnaut. Sie scheinen bei ihrer stets zunehmenden Vermehrung be­ stimmt zu seyn, Griechenland mit einer neuen Menschen­ rare zu bedecken, die von den Griechen in Sprache, Sit­ ten und äußerer Gestalt durchaus verschieden ist. Früher zählte man von ihnen 300 der Sprache nach verschiedene Stämme, denen Plinius und ältere Schriftsteller den Na­ men Scythen oder Celto # Scythen gaben. Gegenwärtig unterscheidet man 4 Hauptstämme und Dialekte, nämlich: 1) Guegen und Mirditen, 2) Toxiden, 3) Japiden und 4) Chamiden. Hiernach sind sie auch in die vier Zungen Guegaria, Toxaria, Iapuria und Chamuria «ingetheilt. Die Guegaria liegt zwischen den Grenzen von Cataro, Herzegowina und dem Flusse Driu um den Montenero herum, in Antivari, Dulcignv, Skutari, Drivasto, Kroja, Elbassan und Gegend bis zum schwarzen Drin, und dem Tomerit Gebirge. Dazu gehören u. a. die Mon­ tenegriner und Klementinrr. Südlich von der Guegaria zwischen dem TonnritGebirge und den akrokeraunischen Bergen liegt die Toxa­ ria mit dem Hauptort Berat oder Arnaut Belgrad. Die­ ser Landstrich begreift daS Musache oder Neu-EpiruS. Die Iapuria enthält die akrokeraunischen Gebirge und deren Abfall biS zum adriatischen Meer, in den Sand­ schaks von Berat und Delvino. Zu diesem Stamm ge­ hören die Chimarioten und die Cardikiotten. Die Chamerin enthält die Landschaft Janina und die kassiopeischen Gebirge mit deren Abfällen nach Parga und Luro hin. ES gehören dazu die Massarlker, Aidoniten, Suiioten und Pargnioten. Die Guegen sind von athletischem Wüchse, und gel­ ten für den rohsten und kriegerischsten Stamm.der Alba-

10 tiefen» Sle gleichen den schön geformten Zirkassern. Ihre Kavallerie gewahrt durch ihre rothe Kleidung, schimmernde Waffen und starken Schnurbarte einen imposanten Anblick. Die Mirditen bekennen sich zur römisch katholischen Religion. Sie haben weniger hervorstechende Züge, sind aber ebenfalls stark und nervig gebaut, und dazu viel eb# ler und aufgeklärter als die Guegen. Sie machen die Nachkommen der tapfern Schaaren von Skanderberg aus, und stehen unter türkischer Bothmaßigkeit ohne jedoch un# rerjocht zu seyn. Dir Toxiden sind weniger kriegerisch und frei, aber wohlhabender, groß und schlank gebaut, blondhaarig, und die schönsten unter allen Albanesen. Ihre Kleidung erin­ nert an das heroische Zeitalter der Griechen. Sie glei­ chen gerüstet den Kriegern des Achilles und Pyrrhus. Die Japiden sind roh und wild, und die verworfen­ sten der Schypetaren. Sie leben nur von Diebstahl und Raub, sind dazu höchst listig und verschlagen, und wer­ den deßhalb als Parthelganger sehr gesucht. Die Chamiden sind die edelsten und gesittesten Schy­ petaren, durch die Kriege mit Ali Pascha aber fast ganz aufgerleben. Dennoch spielen sie in dem gegenwärtigen Jnsurrektionskriege abermals eine bedeutende Rolle. Der kriegerische Geist der Schypetaren erstreckt sich selbst auf das weibliche Geschlecht. Die Weiber reisen stets bewaffnet von mächtigen Doggen begleitet, und neh­ men auch an den Kämpfen der Manner Theil. Die Mirditen sind die einzigen Albaneser, welche der römisch-katholischen Religion zugethan sind, und ihr treu blieben, alS die Türken in Albanien eindrangen. Der Ab­ fall zum Mohamedismus würde noch größer gewesen seyn, wenn nicht Skanderberg den Fortschritten der Türke» Grenzen gesetzt hätte. Die übrigen Albanesen, wie die Montenegriner, Klementiner, Chamiden rc. sind theils grie­ chisch katholische Kristen, theils Muhamedaner. Die Albanesen sind äußerst tapfer, und die besten Schützen, die es geben kann, dabei aber auch stolz, räu­ berisch und großsprecherisch. Die muhamedanischen Alba­ nesen sind am rohsten und wildesten. Diese glauben und fürchten weder Himmel noch Hölle, und sind ganz ohne Gewissen. Im Gailey lebt dies Volk mäßig, meistens jedoch nur wegen Mangel und Armuth, die wleder aus der Faulheit in Betreibung des Ackerbaus entsteht. Wenn sle es haben, sind sie starke Esser. Jhp Hauptgewerbe

11 besteht in Viehzucht, Jagd, Krieg und Räubereien zu Lande und zu Wasser, namentlich bei den Chimariotten. Von den Krankheiten der zivilistrten Völker wissen sie nichts. Dagegen sind sie von der Ophthalmie, Epilepsie und haupt­ sächlich von der Pest geplagt. Ihre mühselige Lebensart und schlechte Kost macht sie früh alt. Männer und IWeiber bekommen schon im 25. Jahre Runzeln, und erstere im 35. Jahre einen weißen Bart. Gegen daS 50. Jahr tritt das Greisenalter ein und selten erreicht ein Schypetar das 6c». Jahr. In frühern Zeiten verdienten sich die Albaneser wie die Schweizer zu auswärtigen Kriegen, besonders iu Nea­ pel. Auch kommen noch in neuern Zelten albanesische Re­ gimenter in neapolitanischen, und selbst in englischen und russischen Diensten vor. Unter dem Namen Arnauten sind sie als die besten Krieger des türkischen Heers bekannt. Unter sich leben die Albanesen in keiner eigentlich po­ litischen Verbindung, unter allgemein gültigen Gesetzen, und unter einem gemeinsamen Oberhaupt, sondern viel­ mehr in einer Art Anarchie. Die einzelnen Kantons be­ stehen aus unabhängigen Dörfern oder Weilern, und diese wieder aus einzelnen auf Flintenschußwelte von einander entfernten, umschanzten und verpalllsadlrten Wohnungen. Sowohl ganze Dörfer als auch die Glieder derselben le­ ben häufig im Kriegszustände. Man greift sich an, und belagert einander, und es geht bei^diesen kleinen Kriegen wie einst bei Troja her. Die Weiber vermitteln den Frie­ den, welchen als Parlementairs und ohne Waffen zu un­ terhandeln die Manner unter ihrer Würde halten. 10. Die Wlachrn. Sie machen t1^ der Volksmenge aus, und wohnen vorzüglich in der Moldau und Wala­ chei. Man unterscheidet dem Dialekt der Sprache nach 2 Zweige, nämlich a) eigentliche Wlachen, die sich auch wohl Rumini nennen, und für Abkömmlinge der Römer ausgeben. Ihr Körperbau ist stark und untersetzt, ihr Geist träge, ihr Karakter wild und rachgierig, wollüstig und unempfindlich; ihre Sitten sind eckrlhaft. Doch be­ sitzen sie auch mehrere gesellige Tugenden, viel Frohsinn rc. Die Weiber besorgen das Hauswesen und den ganzen Feldbau, b) Die Moldoweni sind mehr als die Wlachen ein schönes, aber auch sehr roheS Volk mit gänzlich un­ entwickelten Anlagen. Ihre Hauptnahrung ist die Vieh­ zucht. Beide Stämme haben sich nie zu einer selbststän­ digen Nation erhoben. Es giedt unter ihnen keinen Mit-

telstanb, sondern nur Edelleute und Dauern. Dle Tracht Ist so ziemlich orientalisch, die Religion griechisch # katholisch. Außer diesen io Hauptvölkern halten sich noch in der europäischen Türkei viele Europäer auS allen Staaten, des Handels wegen auf, und werden unter dem allgemei­ nen Namen der Franken begriffen. Verfassung und Verwaltung. Das osmanNische Reich hat in Hinficht seiner Entstehung mit dm abendländischen Staaten von Europa den Hauptzug ge­ mein, daß es auS Eroberung hervorgrgangen ist. Allein seine Konsolibirung machte sich ganz anders. Während in letzteren durch eine Jahrhunderte hindurch dauernde Revolution der Unterschied zwischen Siegern und Besieg­ ten allmahllg vertilgt ward, bis endlich beide zu einem Volk verschmolzen, ist im türkischen Reiche jener Unter­ schied in voller Kraft geblieben. Der Grund davon liegt in den Grundsätzen deS Muhamebismus. Demnach bilden die Bewohner der Türkei noch zwei Hälften, die Sieger als herrschendes nur allein dle Freiheiten und Rechte von Staatsbürgern genießendes Volk, und die Besiegten durch die Gewalten der Waffen bezwungen, den Druck der Uebermacht beständig leidend, und bloß geduldet so weit es den Siegern beliebt. Der Zustand der Gewalt, des Krie­ ges, hat also niemals aufgehört, und wird fortwährend durch das Schwert als bindendes Prinzip deS politischen Zustandes der Gesellschaft aufrecht erhalten. Diese beständige Trennung äußert eine überall nachtheillge Wirkung auf alle öffentliche Einrichtungen und macht die Schwäche des Reichs aus. Aus ihr geht fer­ ner der Geist und Karakter des Regierungssystems, und mit diesem rin fernerer Unterschied milden abendländischen Reichen hervor. Dort erhielten das Zivil, und MllitalrRegiment eine ihrem Wesen angemessene, und einem hö­ her» Verwaltungsprinzip unterworfene Stellung und Begränzung. In der Türkei besteht keine Trennung der Ge­ walten, sondern vielmehr deren Vereinigung in einer Per­ son. DaS Militairregiment herrscht in allgemeinster, alle Derwaltungszweige durchdringenden Form vor. Noch be­ trachten sich die Sultane wie vormals als in der Mitte ihres Lagers herrschend. Sie datiren ihre öffentlichen Befehle (Hattischerifs) von ihrem kaiserlichen Steigbügel. Der Karakter der ganzen Verwaltung bezeichnet sich in allen Abstufungen durch einen überall durchgreifenden MiilkairdespytlSmus.

13 Ari btt Spkhe desselben steht der Großsultan, Padifchah, als höchstes weltliches und geistliches Oberhaupt und Nachfolger des Propheten. Seine Gewalt ist ununu schränkt; er erkennt kein anderes Gesetz als seinen Willen, mit Ausnahme weniger von den Sultanen Soleymann, Selim II. und Achmet I. hinterlassenen Staatsgrundgesetze. Als Stellvertreter seiner weltlichen Macht fährt der Großvejker das Heft der Regierung mit fast unbeschränk­ ter Gewalt. Oer oberste Mufti ist der Stellvertreter der geistlichen Macht deS Sultans. Dem Großvezier find alle übrigen Verwaltungsbehörden untergeordnet. Der Muftk ist das Oberhaupt der Ulema's, oder Diener deS Gesetzes und der Religion. Aus ihnen werden die Richter, die Rechtsgelehrten und die Geistlichen genommen. Die dem Großvezier untergeordneten obersten Staats­ behörden find die vier Minister: deS Innern (Kiaja Beg), des Aeußern (Reis Effendi), der obersten Gerichtsbarkeit und Polizei (Tschausch Baschi) oder Hof» und Reichs­ marschall, und zugleich Oberster der Generaladjutanten, und der Finanzen (Defterdar). Erstere drei führen zu­ sammen den Namen die hohe Pforte, und refidiren im Pallast des Eroßveziers. Wenn dieser inS Feld rückt, so ernennt er einen Stellvertreter (Kaimakan) welcher In Konstantinopel znräckbleibt/ und dort die gleiche Macht des Eroßveziers ausübt. Denselben begleiten ferner alle höheren Zivil» und Militairämter. Diese find daher immer doppelt besetzt. Die mit dem Großvezier ziehenden beißen Aemter des kaiserlichen LagerS, die zurückbleibenden Aemter des kaiserlichen Steigbügels. Für die innere Verwaltung der Provinzen find Statt­ halter, Pascha's, angeseyt, welche den Ministern Im Range folgen. ES giebt mehrere Klaffen von Statthaltern, welche unter sich, nach der Zahl der Roßschweife die sie führen, rangiren. Ist diese gleich, so entscheidet die Zeit, in wel­ cher ihre Provinz dem Reiche rinverleibt worden ist, über den Vorrang. Die verschiedenen Klassen find nun: 1. Die Veglher Beghs, Vizekönige, oder vornehmste Fürsten, von Degh Fürst. Ihre Statthalterschaften hei­ ßen Deglher Beghlik oder Ejalrts. Das osmannlsche Reich zerfiel sonst in 32 solcher EjaletS. Gegenwärtig giebt rS deren nur 2;. Auch find nicht alle mit wirklichen Beglher Beghs besetzt. 2. Jedes Ejalet ist wieder in Sandschaks ober Fah­ nen abgethrilt, denen ein Sandschak-Begh vorsteht. Die»

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ses sollen ekgenklkch nur Pascha'- von einem Roßschwekfe seyn. Diele führen aber auch zwei und selbst drei Roß­ schweife, indem die Pforte verschiedene Sandschak- wie z. B. von Silistria, Morea rc. zum Range von Beglher Beghliks erhoben hak» Die Sandschak Beghs sind übrigens ganz unabhän­ gig von den Beglerbeghs, und diesen nur im Fall deKriegs untergeordnet. Im Statthalter sind alle Gewal­ ten, das Zivil- und Militalrregiment in einer Person vereinigt. Jeder »hat auch seinen eigenen Mufti, Reis Effendi, Großschatzmeister rc. 3. Die Sandschaks werben wieder in Agallks und Woiwodaliks abgetheilt, denen ein Aga ober Woiwode versteht. Diese sind fast eben so unabhängig in ihren Di­ strikten wie die Paschas. Alle diese Posten sind nur ans unbestimmte Zeit er­ theilt. Gunst und Bestechungen führen Lazu. Nur in ei­ nigen Gegenden sind die Sanbschaken erblich. Sie heißen dann Hukurut Beghs, wie z. B. bei den Kurden und Lürkmannen. Die Juruk Beghs sind Cbefs von umher­ ziehenden Horden, die Wkrnack Beghs Chefs von Frei­ korps; ferner giebt es noch Mosselem Beghe, Asab Beghe, Jaja Beghe und Mutesselem Beghe rc. Jeder Sandschak enthalt endlich eine gewisse Anzahl kehngäter, Sabel, deren Besitzer verpflichtet sind, im Fall eines Kriegs eine bestimmte Zahl Reiter vollständig ausgerüstet zu stellen. Man unterscheidet davon hauptsächlich zwei, nämlich die Siamets und Timars. Mehr darüber in dem zweiten Abschnitt vom Kriegswesen. Behufs der Justizverwaltung ist das vsmannische Reich in eine gewisse Anzahl von Gerichtsbezirken elngerheilt, welche von einem Richter (Kadi) versehen werden. Diese entscheiden nach Aussage von persönlichen oder schriftlichen Zeugnissen. Die Partheien kragen ihre Sache selbst vor. Anwälde giebt es nicht. Die Prozeßkosten betragen 10 Procenk vom Werth der streitigen Sache. Alles wird in einem Tage abgemacht. Aber das scheuß­ lichste Bestechungssystem liegt diesem Verfahren zum Grunde» Zeugen sind für Geld zu haben. Ein musel­ männischer Zeuge wiegt 10 jüdische auf» Appellation fin­ det nicht statt, außer.von den. Franken, wenn die Sache mehr als 4000 ASper betrifft. Die großen Städte haben noch ihre besonderen Oberrichter, Mollas, deren es große und kleine giebt» Die ersteren sind in den r; Städten

15 ersten, dle kleinen Mollas in den io Städten zweiten Ranges. Jedem dieser Mollas sind Substituten oder Vi­ kare (Naids) beigeordnet. Der vornehmste große Molla ist der Kadeleskier von Numili. Kleine Mollas sind für dle europäischen Provinzen in Bosna, Sera), Sophia, Belgrad und Philippopolis. In Konstantinopel halten sich deren an 60 biö 70 auf. Endlich sind noch die Musetlisch zu bemerken, welchen die Untersuchung über alle Ge­ genstände frommer Stiftungen obliegt; und zwar für Europa: drei in Konstantinopel und einer in Adrianopel. Diejenigen der Ulrma's welche zwischen den eigentli­ chen Richtern und den Geistlichen stehen, heißen Mufti, und machen dle Rechtsgelrhrtrn aus- Ihre Zahl betragt im ganzen Reiche 210. Alle großen Städte haben ihren besonderen Mufti, Adrlanopel und Brussa ausgenommen, welche unter der Gerichtsbarkeit von Konstantinopel ste­ hen. ..Die Mufti's haben nichts zu thun, als die ihnen vorgelegten Fragen mit Ja oder Nein zu beantworten. Das vornehmste und einzige Zivil, und Krimin-l, Gesetz­ buch sind die kanonischen Bücher, welche außer dem Ko­ ran noch in Sammlungen von Entscheidungen der Jünger des Propheten, und b?r Jmans der ersten Jahrhunderte bestehen. Wie an der Spitze der Gesetzgebung so auch des os­ manischen Kirchenstaats steht der oberste Mufti. Er übt aber nur zunächst der Person des Sultans priesterliche Verrichtungen aps. Von der Geistlichkeit unterscheidet man die Chatiben, welche das öffentliche Gebet an den Feiertagen für den Sultan verrichten, dleJmane, dle das gewöhnliche fünf­ malige Gebet in den Moscheen verrichten. Die Mniflne, Grbetausrufer, die Kaimas, Küster, und endlich die Emire. Letztere gehören eigentlich, mit Ausnahme ihres Ober­ haupts, nicht zum Korps der Ulemas. Sie nennen sich Blutsverwandte des Propheten, von dessen weiblicher Li­ nie sie abzustammen behaupten. Ihre Zahl macht den dreißigsten Theil der Nation aus. Sie genießen einige unbedeutende Vorzüge, und unterscheiden sich von den übrigen Osmanen durch das Tragen eines grünen Tur­ bans. — Die Muderris sind Professoren, und bilden' die Pflanzfchule der Ulema's. Endlich die Derwische, Mönche, in einigen 30 Orden «ertheilt. Ueberblickt man bas Gebäude der osmannifchenStaats­ verwaltung, so ist darin sogleich der Geist aller orienta-

16 lischea Regierungen erkennbar. Sie hak sich fast ohne Modifikationen seit Jahrhunderten aufrecht erhalten. Ihr Ideal ist offenbar organische Einheit jur übereinstimmen­ den Wirksamkeit aller Theile nach einem Ziele hin gewesen. Aber zur Verwirklichung dieses Ideals gehörte nicht nur die Begründung von Institutionen und Gesetzen zur Be­ schränkung der Willkähr, sondern auch eine immer rege und beherrschende Kraft an der Spitze drS Ganzen zur sieten Gewältigung der einzelnen Elemente desselben. AuS dem Mangel der ersteren erwuchs eine der furchtbarsten Despotie«» in der Geschichte, die Verweichlichung der Herrscher stürzte das Reich in Anarchie und Schwäche. Die Statthalter in den Provinzen sind kleine Sul­ tane mit derselben despotischen Macht ihres Herrn in Konstantinopel. Sie treiben von den ihnen untergebenen Völkern Tribut ein, und unterstützen den Großvezker im Fall eines Krieges mit den aus ihrer Statthalterschaft zusammengebrachten Truppen. Sonst sind sie freie Herrn. Ihr Verfahren wird weder durch besondere Instructionen Lestlmmt noch beschränkt. Ungeachtet der oben genannten Departements für die Staatsangelegenheiten, findet doch keineswegs eine Leitung derselben in durchgreifender Kraft statt, um Einheit in die Verwaltung zu bringen, und noch weniger um die Rechte der Einwohner gegen Be, drückungen zu schützen. Die Polizei im Reich ist lediglich Len Statthaltern überlassen, welche sie durch ihre Beam­ ten aüsüben lassen.' Nur in der Hauptstadt steht sie un­ ter dem Kiaja Bey. Eine Staats, und SicherheitsPolizei ist in der Türkei eine ganz unbekannte Sache. Die Negierung kennt nicht einmal den Staat dem sie vor­ steht. Es giebt keine Anstalten zur Vermehrung und Er­ haltung der Volksmenge, keine zur Sicherung des Eigen­ thums, keine Landesvermessung. Die Einführung einer Medizinalpolizei wird schon durch den von allen Osmannen angenommenen Fatalismus verhindert. Daher man­ geln die nöthigsten Vorkehrungen gegen die jede- Jahr wieberkehrende Pest, außer daß in einigen großen Städten Pestlazarrthe eingerichtet sind. Man findet keine Quarantainen, keine Vorkehrungen gegen Viehseuchen, keine Dranbassekuranzen. Als Vorsorge zur Verproviantirung der Hauptstadt gilt die Einrichtung, daß aus allen Pro­ vinzen Kornquankitäten dahin geliefert werben müssen, um das Brot zu niedrigen Preisen «zu erhalten, und einer Hungrrsnotb vorzubeugen. — Um Straßen-, Drückenund

17 und Wegebau vekst Verbesserung kümmert sich btt Staat »ar nicht. Für arme Kranke und Bettler sorgt die Mild­ thätigkeit von Privaten, und an allen beträchtlichen Or­ ten findet man ArmenkÜchen, Hospitäler, Krankenhäuser und Wirthshäuser (Haus) für Reisende. — Eine fah­ rende Post fehlt ganz, und die reitenden Posten befinde« sich in dem elendesten Zustande. Die beinahe unumschränkte Gewalt der Pascha's fin­ det nur allein in den Ayam's einiges Gegengewicht. Die­ ses sind von dem Volke erwählte Personen, deren Pflicht eS ist, für das Vermögen der Privatpersonen zu wachen, sich dem ungerechten Verfahren des Pascha's, und de« Ausschweifungen der Soldaten zu widersetzen, und die Ab­ gaben gehörig zu »ertheilen. Es werden dazu die red­ lichsten Männer gewählt. In den größeren Städten sind mehrere Agam's von denen alsdann einer die Gerichts­ barkeit versieht. Die Ayam's berufen die Rechtögelrhrte« und andere angesehene Einwohner in ihren Divan, um wichtige Angelegenheiten zu verhandeln, und dem Pascha Vorstellungen zu übergeben. Auch trägt zur Sicherheit der Einwohner noch bei, baß sie sämmtlich vom Kauf­ mann bis zum Handwerker zu einer Gilbe oder Innung gehören, deren Vorsteher sich ihrer bei offenbaren Bedräkkungrn annehmen. Allein wie häufig die Wirkungen dieser wohlthätige« Einrichtungen dennoch dem Despotismus der Pascha'S unterliegen, ist bekannt genug. Diese wissen zudem ihre Grausamkeiten, ihre Willkührllchkeiten und ihre Blutausfaugereien durch Geschenke an die hohe Pforte zu über­ tünchen, welche ihnen dafür durch die Finger sieht, und am Ende die nichtSwürdlg zusammengescharcten Reichthü­ mer, gegen Uebersendung einer seidenen Schnur, oder nach einer mit List oder Gewalt bewirkten Hinrichtung oder Absetzung selber in Empfang nimmt. In jedem Falle ist übrigens der Sultan Erbe eines abgegangenen Beamten. Bei der Einsetzung der Pascha'S folgte man augen­ scheinlich dem alten im Orient vorzüglich geltenden Ge­ meinspruch : „ ein Schwert hält das andere in der Schel­ de." Oie Janitschare» hatten deshalb auch die Bestim­ mung de» Sultanen zu einer unmittelbar verfügbare« Macht zu bienen, um damit die Beamten in Gehorsam zu erhalten. Da indessen dies Korps .schon seit zwei hun­ dert Jahren gänzlich in Verfall gerathen, und den Sul­ tanen selbst gefährlich geworden ist, so fehlt eS diesen aa a

18 Mitteln, ihre Paschas gehörig im Zaum zu halten» Im­ merwährende Widersetzlichkeit, Neigung zum Abfall find schon seit langer Zelt so zur Regel geworden, daß die Pforte beständig mit einem ober dem anderen Pascha im Kriege liegt. Der hieran- hervorgehende anarchische Zustand beS Reichs begründet schon an und für fich eine Beschränkung einer willkührllchen, und alle Kräfte des Staats umfas­ senden Machtgewalt. Noch zwei andere Elemente setze» derselben verfassungsmäßig ebenfalls einige Grenzen. DieS sind die Ulema'S und der Divan. Zu Anfang eines Krieges muß der Mufti vorher den heiligen Beschluß (Fethwa) abfassen, baß die Unterneh­ mung mit den Grundsätzen beS KoranS übereinstimme, wodurch sie dann die religiöse Sanktion erhält. Die grobe Unwissenheit und Trägheit dieses Priester- überhaupt macht es zweifelhaft, welches Uebel größer ist, das auihrem Einfluß hervorgehende, oder die willkährliche Herr­ schaft der Sultane. Was ihnen an Wissenschaft abgehk, ersetzen sie durch Ränke. Ihr Widerstand gegen den Des­ potismus des Sultan- entspringt weniger aus Patriotis­ mus, al- aus persönlichen Interessen. Eifersüchtig auf ihren Einfluß widersetzen sie sich stet- der Abreise des Sul­ tans zum Heer, weil sie fürchten, baß dieser solches auf seine Seite bringen, und sich bann unabhängig machen könnte. Auf der andern Seite wagen die Sultane nicht sich von der Hauptstadt zu entfernen, aus Furcht, daß die Ulema'S in ihrer Abwesenheit einen Aufruhr erregen möchten. Da- Gesetz gewährt letzteren übrigens zwei große Vorrechte. Nach dem ersten vererbt ihr Vermögen auf die Nachkommen. Doch kann der Sultan den Ulema’S Aemter ertheilen, wodurch diese Sklaven (Kols) werden, und in diesem Falle den Großherrn zum Erben haben. Das andere Vorrecht ist, daß das Blut keines Ulema'S vergossen werden darf. Amurat IV. umglng dirs Recht, indem er einen Mufti in einem ungeheuer großen Mörser zu Tobe stampfen ließ» Der Divan besteht aus den Häuptern des Herrs, aus den Ulema'S und aus den vornehmsten Ministern deS Reichs. Die Regierung unternimmt ohne vorherige Be­ rathung im Divan nichts Wichtiges. Dies bestätigte sich bet den neuesten Ereignissen in der Türkei offenbar genug, und widerlegt die Anführung neuerer Schriftsteller, al-

19 hätte der Divan an seinem Ansehn verloren, und wäre er nur noch wegen der StaatSparade bei Audienzen,c. da. Die Sitzungen des Divans sind ordentliche und au­ sserordentliche. Erstere werden zweimal in der Woche ab­ gehalten, und vom Großvezirr, letztere vom Sultan selbst präsibirt. Der Mufti erscheint nur, wenn er gerufen wird, um sein Gutachten abzugrbrn. Ole Beschlüsse deDivans werden entweder von der Parthei des Sultan­ oder der Ulema's geleitet. Uebrigens herrscht unter allen Divanmikglieder« mehr oder weniger die gröbste Unwissenheit, da überhaupt Gunst und Ränke die Mittel zur Erlangung der höchsten Stellen find, und mit diesen Bedingungen Leuten aus den nie­ drigsten Ständen der Weg dazu offen ist. Der Großvezier welcher gegen Peter den Großen focht, war Holzhak, ker, und Jussuf Pascha, welcher das Herr gegen den Kaiser Joseph II. befehligte, war Seifenkrämer gewesen. Die Unrerrichtsanstaltrn find in der Türkei überhaupt er­ bärmlich schlecht. Es giebt zwar Schulen in Pera und Galata wo junge Leute zu Staatsdiensten gebildet werben sollen. Allein fle sind wenig besucht, und der Unterricht ist höchst mangelhaft. Nur die Söhne von Personen des Hofes besuchen denselben noch. Staatseinkünfte undAusgaben. Der eigent­ liche Betrag der ordentlichen Staatseinnahme des osmannlschen Reichs wird sehr verschieden angegeben. Nach Businello betrugen sie in der Mitte deS vorigen Jahr­ hunderts 2; Millionen Rubel. Eton berichtet von 40, Thornton von 30 Millionen Gulden. Der letztern Angabe treten alle neuern Statistiker alS der wahrscheinlichsten bei. Nach v. Hammer betragen die sämmtlichen Ein­ künfte von Anatoli und Rumlll 10 Millionen Gulden. Da in letzterem die stärkst» Masse nicht mahomrdanischer Völker vorhanden, mithin auch das Kopfgeld dort am be­ deutendsten ist, so kann man von jenen io Millionen viel­ leicht 7 für Rumili allein rechnen. Aus Bosnien kommen nach Konstantinopel 2 Millionen, aus der Moldau und Wallache! zusammen 3 Millionen. Folglich würden die Staatseinkünfte aus den europäischen Provinzen 12 Mil­ lionen betragen. Diese Summe erschöpft aber noch nicht den Abgabenbetrag den die Provinzen überhaupt zu leisten haben, und den die Statthalter verbrauchen. So betra­ gen die Einkünfte von Bosnien, außer den nach Konstan­ tinopel fiießenden Summen, 4 Millionen, von brr Mvl» o*

20 Lau und Wallachei zusammen 6 Millionen. Der Pascha von Janina dem fast ganz Albanien, Epirus und Grie­ chenland unterworfen waren, hatte 15 Millionen Franken Einkünfte^ wovon er nur einige Millionen jährlich nach Konstantinopel schickte. Und doch find diese letzteren Pro, vinzen, nur etwa der fünfte Theil von Rumlli. Die Ser, vier zahlen ihrer eigenen Regierung ebenfalls besondere Abgaben. Der Gesammtbetrag derselben muß sich also für Rumili beträchtlich höher als 7 Millionen stellen, und es ist gewiß nicht zu viel wenn man fie für das osmannische Eu, ropa überhaupt zu 40 bis 50 Millionen Gulden annlmmt. Die Quellen der Einkünfte sind überhaupt das Kopf­ geld, die Grund,, Gewerbe, und Vermögenssteuer, die Manchen, Zölle, kaiserliche Monopolen und Regalien. Das Kopfgeld trägt am meisten aus. Die Türken zahlen 2, die griechischen Kristen ii Piaster, noch mehr die Ka­ tholiken, und noch vielmehr die Juden. Also nicht Ver­ mögen und Einkommen, sondern die Religionen Laflren das Regulativ dieser Abgabe. Nur die unter dem Schutz der fremden Gesandten stehenden Franken, und diejenigen, welche freiwillig Kriegsdienste nehmen, sind davon befreit. Die Mißbräuche bei der Erhebung aller Abgaben, na­ mentlich der Kopfsteuer, machen sie vorzüglich drückend. Dazu kommt, baß die schon vor langer Zeit bestimmten Sätze Immer noch beibehalten werden, ungeachtet die Be­ völkerung so sehr abgrnommen hat, und die meisten Ort­ schaften kaum noch den dritten Theil ihrer früheren Ein­ wohnerzahl enthalten. Die Steuer selbst ist von gewissen Städten und Distrikten verpachtet. Sie wird mit der größten Härte eingetrieben, und man gestattet weder Er­ mäßigung noch Nachsicht. Die Pächter führen dabei uy, ter allerlei Bestechungen und Ränken einen förmlichen Han­ del, und vereinigen unter allen möglichen Formen ihre Raubsucht mit den Erpressungen der Pascha's und deren Agenten, um die Einwohner an den Bettelstab zu bringen. Ganz besonders gewaltthätig, und mit den abscheulichsten Grausamkeiten verknüpft, war die Erhebung des Tributs von den Griechen, durch die Flotte des Kapudan Pascha, Alle die vorgedachten Einkünfte fließen nun in die Staatskasse ober Reichsschatzkammer (Myri); der Sul, tan hat aber noch eine besondere Privat- oder Kabinetsft'sse (Irisch Hazneh, auch Chasneh oder Khazneh). Diese Kasse ist bloß zum Vergnügen oder Prtvatgebrauch des Sultans, so wie zur öffentlichen Verwendung für den

21 äußersten Nothfall bestimmt. Ihre Quelle» sind i. die vielen kaiserlichen Domaiaen, Tribute und zahllosen Ge­ schenke von den Staatsdienern und Statthaltern, nament­ lich deS von Aegypten. 2. Die elngezogenen Beiträge verstorbener, abgesetzter ober Hingerichteter Beamten. 3- Der Erlös aus den verkauften Aemtern, welche ge­ wöhnlich auf ein Jahr dem Meistbietenden überlassen wer­ ben. Man sieht leicht ein, wie hinwiederum dasErprrssungssystem der Staatsbkener aus der Verkäuflichkeit der Stellen nothwendig hervorgehen muß. Ein Pascha von Aegypten zahlte sonst für diese Stelle bls i Million Pia­ ster. Der Posten' eines Kadi kostet 580 Piaster rc. Der Betrag des Einkommens dieser Kasse ist so we­ nig genau auzugeben, als ihr wirklicher Bestand. Indeß schätzt man ersteres wenn nicht höher, doch wenigstens eben so hoch alS wie die Einnahme deS Myri. WaS den Bestand betrifft, so berichtet Marsigli, daß der Sultan Ibrahim nach dem Lode seines Vorgängers AmurarhS lV. tm Jahr 1639, 4000 Goldsäcke jeden zu 15000 Dukaten vorfand, waS nach damaligem Gelde 330 Millionen Gul­ den betrug. Nun macht ein Religionsgesetz den Sultanen die Vermehrung deS Prlvatschatzes zur Pflicht. Demnach müßte derselbe gegenwärtig außerordentlich bedeutend seyn. Auch ist es demgemäß begreiflich, daß der Myri im Jahr 1803 nach Meusel 36, uach andern Schriftstellern, sogar 106 Millionen Schulden habe» konnte, und daß ferner zur Deckung der Kriegskosten 1812 gezwungene Anlehen und Vorschüsse von Beamten erpreßt werden mußten. Der Myri hat keinen Kredit. Die Staatsobligatlonen ge­ ben i2 Prozent Zinsen, also mehr als in den noch so ver­ schuldeten europäischen Staaten. Die Moscheen enthalten ebenfalls große Schätze, wovon aber in Religionskriegen Gebrauch gemacht werde» darf. Die Staatsausgaben sind verhältnißmäßkg geringer, als in den europäischen Staaten, weil 1. viele Bedürf­ nisse der Regierung in Natura geliefert werden müssen, als Lebensmittel, und Materialien aller Art für das Ar­ senal ,c. 2. die Pascha's und andere höhere Staatsbe­ amten sich meistens aus gezwungenen Anlehen und Er­ pressungen bezahlt machen, und endlich 3. der Kriegs­ stand wenig, und zwar ungefähr nur die Hälfte der Ein­ nahme des Myri also 15 Millionen Piaster kostet. Daß unter diesen Umständen dennoch kein Geldvor­ rath statt findet, vielmehr der Myri Schulden har, und

2L sich zu großen Ausgaben in beständiger Verlegenheit 6t# findet, entsteht lediglich aus der großen Unordnung im Finanzwesen, aus der unzweckmäßigen Verwendung der Gelder, so wie aus der Untreue und Brutalität der Be­ amten. Die Statthalter scharren große Reichthümer zu# fammen. Mehrere erpressen jährlich bis 4 Millionen Pia# fier. Des Pascha's von Janina ist in dieser Hinsicht schon gedacht worden. Die Einkünfte deS Vizekönigs von Ae# gypten, der Wichtigkeit dieser Provinz angemessen, ver­ bleiben demselben, nach Abzug deS jährlichen Tributs, zu selbstständiger Verwendung. Wenn nun auch die zusam­ mengehäuften Reichthümer einzelner Personen zuletzt an den Sultan fallen, so fließen sie doch nur in den Privat­ schatz desselben. Danach ist der Mangel.an Geld in den öffentlichen Kassen begreiflich, so wie auch, baß bei dem erbärmlichen Zustande deS Handels und der Industrie der Mationalreichthum sich im Ganzen vermindern, .und das Dolk verarmen muß. Diese Verarmung und der schlechte Zustand des WohlsiandeS der türkischen Provinzen ergiebt sich nur zu deut­ lich auS der Vergleichung mit den ältern Zeiten, so wie aus der auffallenden Verminderung der Bevölkerung, und der geringen Zahl großer und volkreicher Städte im Ver­ hältniß zur Größe deS Reichs. Griechenland, einst die Pflanzstätte so vieler berühmten Republiken, ist jetzt eine Einöde. Von vielen -roßen Städten im ganzen Umfang deS Reichs sind jetzt not noch Trümmern übrig, und die noch vorhandenen find mit denen aus der Vorzeit gar nicht zu vergleichen. In Europa sind neben Konstantino­ pel mit 500000 und Adrianopel nebst PhilippopoliS mit 100000 Einwohnern, nur noch Salonkchi, Bosna Seray und Bukarest mit 65000, Sereth, Rustschuck, Belgrad und Sophia mit 30000, und Widdkn mit 25000 Einwoh­ nern die bedeutendsten Städte. Dazu ist die Bevölkerung in beständiger, in neuern Zeiten auffallend beschleunigter Abnahme, besonders in Asien. In Europa bekommt man auf dem Wege von Belgrad über Sophia und Philippo# poliS fast keinen Menschen zu Gesicht. Die Mlturfachen dieser schrecklichen Verödung sind Kriegsverheerungen, Hungersnoth, Erdbeben und die sich gewöhnlich dazu gesellende Pest, wrlche alle 10 bis 12 Jahre bIS | der Bevölkerung hinrafft. Politische Eintheilung. Von den 25 Ejalets in welche das osmannische Reich getheilt ist, gehören drei

23 ju Europa, nämlich Rumilk, DoSna und die Insel Kan, dia, wenn schon die letztere von den OSmannen zu Afrika gerechnet wird. Die folgenden topographisch-mllltairischen Nachrichten erstrecken sich aber noch auf die beiden Statthalterschaften des Kapudan Pascha. Die erste ist die Statthalterschaft Dschesair, und begreift die europäi­ schen und astatischen Küsten an der Dardanellenstraße, und am .BosphoruS, so wie die Inseln des ägäischen Meeres. Die andere enthält die Insel Cypern nebst meh­ reren anderen zu Asten gehörigen Inseln. Die Lehnfürstenthümer Walachei und Moldau sind keinem Ejalet einverletbt, sondern bestehen für sich als zinsbare Provinzen, unter einer eigenen Regierung.

i. Das Ejalet Rumilk. Es begreift die Provinzen Thrazien,'(Rumelien) Bul­ garien oder flnterr Mösien, einen Theil von Servien oder Ober-Mästen, Mazedonien, daS mazedonische Illyrien, Thessalien, Epyrus, Albanien, Akarnanien, Aetolien, das .eigentliche Griechenland, und den Peloponnes (Morea). Der Fiächenraum beträgt 5000 Quadratmeilen und enthält über 6 Millionen Einwohner, so daß davon noch mehr denn 2000 auf eine Quadratmeile kommen. Ore Einwohner bestehen aus einem Gemisch von Osmannen, Tartaren, Griechen, Slaven, Albanesen und Juden. Der Begler Begh hat feinen Sitz in Sophia. Das Ezaler besteht aus 24 Sandfchaken, außer dem von Gallipoli, welches zum Ejalet des Kapudan Pascha gerechnet wird. Diese Sandschaken find 1. Sophia^ 2. Tirhala, 3. Uskub, 4. Janina, 5. Ochrida, 6. Avlona, 7. Wlsa, 8. Skutari, 9. Siiistria, 10. Nicopolk, ii.Tschermen Gebirges. 5) Der Zug deS Gromos« und Trebe, nitza», 6) der Zug deS Tomerit, und Ojirad, Gebirges. b) Oestlich des Hauptzugs: t) der Okta. 2) die Kette mit dem Namen Othrys--, Ossa- und Pelion-Gebirge. 3) Die Kette mit den Na« men Metzowo, Kralkchiowa, Miluna, Vermion undOlym, pos. 4) Der südlichste Theil der Kette des Dernos. Von diesen Nebenzügrn haben der Olymp und Ma, kronoro die Höhe von 6000, der Pelion und Ossa von 3500, und der Oeta von 3000 Fuß. Die Hauptverbindungen dieses Kriegstheaters in der Richtung von Süden nach Norden, gehen östlich des HauxtgebirgSzuges von Athen und von Megara, oder vom Isthmus auS, über Theben, Libadla, durch die Thermopy, Itn, ferner über Zeitun, karissa, durch den Paß Tempe auf Salonlchi. Don der westlichen Seite führt eben da­ hin die Straße von Lepanto über Salona auf Livadia, oder gerade, und zwar die Thermopylen rechts lassend, auf Zeitun. Die anderen Hauptverbindungen auf dieser Seite gehen von Lepanto über Arta oder Prevesa aufIoa, ninä, und von dort auf Berat. Don Arta, Joankna und Berat (Arnaut Belgrad) gehen Hauptverbkndungen nach der östlichen Seite, und somit auch nach Salonichi ab, von denen die vorzüglichste über Metzowo und den Pin« dns führt. Die spezielleren Angaben der verschiedenen Gemeinschaften sollen der Beschreibung der festen Punkte in Beziehung auf diese einverlribt werden. - Vorher nur noch einige allgemeine Bemerkungen über die Beschaffen, heit dieses Landes als Kriegslheater. Dasselbe ist, wenige Ebenen an den Flüssen und Kü­ sten ausgenommen, durchgehends gebirgig. Die vorhin erwähnten Neben, Gebirgszüge sind fast als eben fo viele

227 Strebemauern zü betrachten, welch« sich einem von Sü­ den ober Norden her vordringenben Feinde entgegen stel­ len. Mit dem Hauptzug bilden sie ferner viele kleinere für sich abgesonderte Kriegstheater, und Kampfplätze für einzelne Truppen »Korps. Oie Gebirge sind meist bewal­ det, felstgt und mit tiefen Thäler« durchschnitten, die Zugänge und Gemeinschaften in der Regel steile und be­ schwerliche Engpässe, von denen wenige, und auch diese nicht zu allen Jahrözeiten fahrbar sind. Diese Beschaf­ fenheit macht eS dem Vertheidiger vm so leichter dem An­ greifer auf jedem Schritt Hindernisse in den Weg zu le­ gen, als bl« meisten Passe durch Forts oder Felsenschlös­ ser vertheidigt werden, und außerdem eine Menge dersel­ ben vorhanden, so wie auch die meisten großen und klei­ nen Ortschaften befestigt sind, und in der Regel am Fuß einer auf hohen Bergen und steilen Felsen erbauten Akro­ polis (Zitadelle) liegen. Dirs ist die Folge der ehema­ ligen Kriege in diesem Lande, und beS gesetzlosen und feindlichen Zustandes der Bewohner unter sich, si> wie des gewaltsamen Verhältnisses zu ihren türkischen Beherr­ schern, welches durch baS Schwert erzeugt, fortwährend nur durch dasselbe erhalten werden konnte. Unter diesen Umständen., ist der Bewegungskrieg hier durchaus nicht anwendbar. Die Operationen müssen den Karakter be­ stehenden Posten« und Festungskriegs mit allen Schikanen des kleinen Kriegs verwebt, annrhmen. Bringt man hier­ bei in Anschlag wie die Bewohner unter sich und mit ih­ ren Herrschern den Beys, Paschas k. fast in einem ewi­ gen Kriegszustand leben, und letztere sich selbst beständig befeinden, so wird z. B. in dem gegenwärtigen Kriege nicht nur der gleichzeitige oft aus ganz verschiedenen In­ teressen entstehende Kampf in den.mehreren abgesonderten Gebieten, sondern auch sein wechfelvoller durch den Bei­ tritt zu einer oder der andern Parthei bedingter Erfolg erklärlich. Einem solchen Krieg läßt sich daher tm Allge­ meinen ein rein militairifchrr Maaßstab am allerwenigsten anlegr», auf die besondern einzelnen Kämpfe aber hat die Be­ schaffenheit ihrer Schauplätze Einfluß genug, um die Kennt­ niß derselben dennoch für die Beurtheilung dortiger Kriegs­ operationen als nützlich gelten zu- lassen. Dieser Einfluß behauptet im Einzelnen fast noch dieselbe Herrschaft wie im Alterthum. Die Thermopylen haben ihre Wichtigkeit noch nicht ganz verloren, und die kornreichen Ebenen Thessalienmit den Schlachtfeldern von Kynoöcephalä, Pharsalus rc. 15*

228 auf welchen im Alterthum die Herrschaft über Griechen, land und über Rom entschieden ward, bieten sich auch gegenwärtig am günstigsten zu EntscheidungSkäwpfen mit zahlreichen Truppenmassen bar. Nach diesen Bemerkungen über die allgemeine Be­ schaffenheit des Ganzen wöge nun bi« nähere Beschrei­ bung der einzelnen, durch ihre Lage und Gebirgsumgrenzung für sich abgesonderten Gebiete, nach ihren mklitairischen Beziehungen, und mit Angabe ihrer festen Punkte selbst, und zwar in der Ordnung von Süden nach Nor­ den, folgen.

i. Die Halbinseln Attika und Megara, mit Böotien. Diese Landstriche begreifen den südlichsten Theil von Nord # Griechenland. Sie «erden durch einen vom Helikon in nordöstlicher Richtung abgehenden, und bis zum Meer, busen von Negroponte streichenden, niedrigen Geblrgsrükken vom übrigen Griechenland getrennt. Durch den Isth­ mus hängen sie mit Morea zusammen. Der einzige nam­ hafte Fluß ist der Asopus (attische CephissuS). Er ent­ springt am Helikon, und fällt in den Meerbusen von Ne­ groponte. Links wird er durch den vorerwähnten Berg­ rücken und rechts durch den Cithäron und Pentelikus be­ gleitet, so lange biS dieser in südlicher Richtung sich nach der südlichen Spitze von Attika wendet. Westlich und südlich der eben genannten Gebirge, und südöstlich deS Makriplai ist nur schmales durch den Meerbusen von Egina in einem «inwärts gehenden Bogen gedrängtes Kü­ stenland mit kleinen Gewässern. Das Ganze ist zwar ber­ gig aber fruchtbar und angebaut, und enthält mehrere Ebenen, wie die bekannten Schlachtfelder von Leuktra, Platäa und Marathon. Der vornehmste Punkt auf die­ ser Seite ist Athinia sonst Athen, jetzt ein unbedeutender Ort von 1300 Häusern, welcher vor Anfang deS jetzigen Kriegs 10000 Einwohner (3000 Türken, 3000 Grieche« und 4000 Albanesen) hatte. Die Stabt liegt am westli­ chen Fuß des Berges Hymettos, und ist um die Akropo, lis herum gebaut, welche sich auf einer steilen HöhL 240 Fuß über die Stabt erhebt. Diese Zitadelle ist sehr fest und von zwei vor einander liegenden starken und hohen Mauern umgeben. Dennoch hat sie keine umfassende militairische Wichtigkeit für den Gang eines Kriegs, da Lichen nicht auf der großen Straßenverbinbung von Nord,

229

griechenland mit dem Peloponnes liegt. Sein Besitz ent­ scheidet bloß über die Behauptung des Distrikts von At­ tika und Megara, durch kleinere Truppen - Korps. Man weiß, daß bei dem Einfall des Xrrxes die Athener die Stadt verließen, und sich theil- nach dem JsthmuS, theils nach ihren Schiffen begaben, um die Entscheidung auf dem Meer zu erkämpfen. Eben so ist Athen wieder io den neuern Kriegen mehrmals in die Hande des Feinde­ gefallen. Bei dem Aufstand des Bezirks von Attika und brr Stadtbewohner 1821 wurden die Türken genöthigt sich in die Zitadelle zurückzuziehett. Ein von Thessalien her einrückendeS türkisches Korps vertrieb nun zwar die griechischen Einschließungstruppra und ganz Attika und Megara kamen wieder in die Gewalt der Türken. Allein die Siege der Griechen nöthigten letztere aufS neue Athen seinem Schicksal zu überlassen. Die Acropolis ward hin­ länglich verproviantirt. Die Griechen unternahmen nun im Monat Dezember 1821 die Belagerung derselben, je­ doch auS Mangel an Mitteln mit geringem Erfolg. Ihre Kanonen waren nicht im Stande das eiferne Eingangs­ thor der starken Außenmaurr einzufchießen. Da verfielen sie auf ein Ungewöhnliches Mittel zur Uebersteigung der­ selben. Sie zündeten unter jenem Thor ein großes Feuer an, und machten es glühend, wodurch die Steine an de­ nen eS befestigt war kalzinirt wurden, so daß sie wichen,, und bas Thor von selbst elustürzte. Die Griechen dran­ gen hierauf bis an den Fuß der innern und Hauptmauer, vor. Diese setzte indeß ihren fernern Fortschritten unübersteigliche Hindernisse entgegen. Die Zitadelle hat hier einen so jähen Abhang, daß es bei der mindesten Ver­ theidigung unmöglich ist, ihn zu ersteigen. Dagegen sind die Belagerten vor dem Feuer des Feindes gesichert, der nirgend- Batterien errichten kann, die ihnen schaden kön­ nen. Die Griechen mußten daher den Angriff von dieser Seite aufgrben, und die Belagerung in «ine Einschließung verwandeln. In Folge derselben fiel die Zitadelle erst den zten Februar 1822 in ihre Hände. Ungeachtet dieser Stärke der Festung wurde sie doch in demselben Jahre noch zweimal, und zwar ohne Vertheidigung verlassen. Das erstemal als die Türken die bekannte Diversion nach Morea unternahmen. Die Griechen befanden sich nicht in der Lage «inen Theil ihrer ohnehin beschrankten Streit­ kräfte einem ungewissen Schicksal Preis zu geben. Athen wurde daher verlassen, und von den Türken besetzt. Nach

230 ihren Niederlage» in Mores mußte es aber auch von dtefen wieder geräumt werben, da sie blS dahin keine Mittel gehabt hatten es mir dem Nöthigen zu versehen. Der Hafen Piräus blieb indeß die ganze Zett über stetS in den Händen der Griechen. Don Athen führen folgende Hauptverbindungen ab: i) nach dem Isthmus und Korinth über Lessina (Eleusts) und Megara. Dort theilt sie sich in zwei Arme., Der' eine führt längS der Küste an dem rauhen" und beschwer­ lichen scironischen Felsen hin (jetzt Kali Skali), und ist zum Theil in denselben künstlich eingehauen, da sich der Felsen unmittelbar vom Meer ab senkrecht erhebt. Die­ ser Weg wird durch einen türkischen Derwent gesperrt. Der andere gewöhnlicher gebrauchte, doch auch be­ schwerliche Weg nach dem Isthmus führt über Konduraund den Grranikus durch einen engen Paß des Berges Palao Duni, welcher von einem türkische« Derwent be­ wacht wird, sodann über das Dorf Minicz ehemals Isth­ mus nach Korinth. Mehr von dlese« Pässen und der westlichern Mauer queer durch den Isthmus bei der Be­ schreibung beS Peloponnes. 2) Nach Theben: a) über Lessina auf Kondura. Dort trifft auch die Straß« von Megara, so daß die Hauptverbindung Morea's mit Griechenland über diesen Ork und Kondura geht. Von hier führt di« Straße weiter über Petrichdri Md übet den Clthäroa, dann in das Thal beS AsvpüS, und über eine Brücke desselben bis Theben. b) mehr östlich auf Kocha, dann über den Cithäron durch einen schmalen Felsen und sich krümmenden Paß, wo sich dir Uebrrreste einer alten Festung in einer vorrrefflichea Lage befinden. 3) Nach der Insel und Stabt Egrlbos (Negroponte Euböa) auf Kephisia, dann über den Gebirgsrücken zwi, schcn dem Berg PaknrS und Pentelikus nach Tanagra, und von hier die Küste entlang bis zur Brücke, die über den Euripus «ach Egrlbos führt. Athen liegt 9 Stunden von Megara, 19 von Korinth, 18$ von Egribos, 12 von Theben, 86| von Salontchk und 194$ von Konstantindprl.

2. Da« Gebiet de« Gavrio« (Cephissut). Es liegt auf der nordöstlichen Sekte deS Parnaß, und auf der südwestlichen Seite deS Oeta südlich durch das

231 attisch- Erbiet begrenzt. Der CephkssuS entspringt an dem Punkt des Parnaß, wo der Oeta von demselben ab, geht. Lieser Fluß bUdet ein langes nur etwa 4 Stun, den breites inneres Parallelthal zwischen den beiden oben genannten Gebirgszügen, und verliert sich zuletzt am Ende derselben in dem See Topalias (Copais), zwischen dem Helikon und der Käste des Golfs von Talanda. Oberhalb ist das Thal des Cephissus gebirgig, und von vielen kleinen Nebenthälern, Hauptsächlich auf der Seite des Parnaß, durchschnitten. Mehr abwärts und um den See TopaliaS herum enthält das Land mehrere durch niedrige Bergrücken von einander gesonderte Ebe, nrn, wie die von Livadia, Caprena (Choronea) und The, brn. Der See Topalkas ist 4 Stunden lang und 2 Stun, den breit. Er steht mit dem Meer in unterirdischer Verbindung, ist zum Theil Sumpf, und gewährt im Sommer den Anblick einer grünen Wiese. Die vornehmsten Punkte in diesem Gebiet sind: Thivat (Theben), am Fuß des Helikon und Cithäron in einer schönen nach dem See Topalias und der Meeresküste sich erstreckenden Ebene. Die heutige Stadt ist auf dem Berge erbaut, auf dem ehemals die alte Aero­ potts stand, und von starken Mauern, hohen Wällen, und einem tiefen Graben umgeben. Um die Stadt herum am Fuß des Berges, an welchem sich das alte Theben weit hin ausdehnte, sind fetzt nur kleine elende Vorstädte vor­ handen. Die Stadt hat 600 Häuser und 6000 Einwoh­ ner. Sie liegt 20 Stunden von Korinth, jedoch nicht an der Hauptvrrbindung Griechenlands mit Morea, diese führt von dem früher erwähnten Petrkchork auf Erimo Kastro am Fuß des Helikon, unweit der Ruinen von Platäa, und fällt erst bei Karamknetes in die Straße von The­ ben nach Livadia., Theben ist kein Platz von Bedeutung. Im Jahr t82i ergab es sich an die Griechen, indem die türkische Besatzung freien Abzug mit allen Kriegsehren erhielt. Die Türken eroberten es im folgenden Jahre wieder, verließen es aber nochmals als ihre Expedition in Morea gescheitert war. Lebadea (Livadia) Stadt am Fuß des Helikon, und am rechten Ufer des Flusses Hercyna der sich hier zwischen ungeheuren Felsen kaSkadenartig mit großem Getose hlnabstürtt, und bald darauf in den See Topalias ergießt. Die Stadt hat 1500 Häuser, 10000 Einwohner, einen Hafen Apospitka am Golf von Korinth und treibt bedeu.

tenden Handel. Der Weg «ach dem Hafen fährt Mer den stch hier gesenkten Rücken des Helikon, und beträgt etwa 4 Stunden, kivadia ist von einem Felsenschloß be« herrscht, dessen Festigkeit tu seiner Lage besteht. Die Werke selbst waren 618 in den neuesten Zelten verfallen, und die Kanonen ohne Lasteten. Diesen Umständen muß man es zuschreiben, daß diese Festung, ungeachtet sie die Hauptstraße sperrt in dem gegenwärtigen Kriege, stets als Folge gewonnener Gefechte dem siegreichen Theil ohneVertheidigung in die Hände fiel. Hiernach hatt« sie da­ deiche Schicksal von Athen und Theben. 3- Da« Gebiet bt< Sperchiu« (gllaba).

Cs ist nördlich vom OthryS und Pelko«, westlich von» Lakura, südlich vom Oeta eiagrschlossen, und gehört zum südlichen Thessalien. Der Sperchius entspringt am Lakura, stießt parallel, mit dem Othrys und Oeta, nimmt zu beiden Seiten meh­ rere Nebengewäffer auf, und ergießt sich in den Golf von Zeltun. Am untern Theil des Flusses ist das Land eben. Mehr südlich aber tritt der Oeta so nahe an den Golf, daß er den bekannten Paß von Thermopylä bildet. Die­ ser hat seinen Namen von einigen warmen Quelle«, Thrrmä genannt, welche an dem steilen Abhang deS Oeta ent­ springen, und in den Golf fallen. Von Süden her aus dem Gebiet des Cephissus ge­ langt man zu dem Paß mittelst einer Straße, welche von der Brücke bei EgriboS den Golf von Talanda entlang «ach Mola woselbst der Paß seinen Anfang nimmt, führt. Die Hauptstraße ist aber die von LIvadla über Choronea, Turkochork, dann über den Oeta auf Dodonitza. Maa pasflrt auf diesem Wege den Fluß Alimana welcher la südöstlicher Richtung von zwei Rücken des Oeta begleitet wirb, und stch unterhalb Bodonitza bet Mola tu den Golf vou Mali« ergießt. Bodonitza ist ein« kleine Festung unweit der Käste be» engen Paß sperrend, welcher auf dieser Seite dea Oeta hinabfährt. Dieser Hinabweg ist gepflastert und gehört zu der schon im Alterthum von den Griechen an­ gelegten Militairflraße. Der letzte Abhang der Straße nach der Käste ist steil, und an mehreren Stellen von Waldströmen durchbrochen. Die Beschaffenheit des Pas­ ses selbst hat ihren Grund in der sumpfigen Ebene, die stch am Fuße eines stelle» Theils de- Berges Ort» zwl-

233 scheu der Grundlage des DergeS und dem Meere befindet Dieser Sumpf, der nie abgeleitet worden, ist größtentheilS rin einziger vollkommnrr Sumpf, durch welchen ein schma­ ler gepflasterter Weg fährt. ES ist keine Möglichkeit, einen andern Weg zu Lande an dem Strande hin zu. finden. Der mißlichste und engste Theil deS Passes ist eine Brücke bei de« warmen Quellen. Hier können nur zwei Reiter neben einander reiten, indem der Morast zwi­ schen der Straße und dem Meere so gefährlich ist, daß man sogleich darin stecken bleibt. DieS ist die Stelle welche Leonidas besetzt, hielt. Es stand hier schon im Al­ terthum beständig Fine Wache, und auch btS in den neue­ sten Zeiten war fie durch einen türkischen Derwent ge­ sperrt. Weiterhin tritt der Abhang des DergeS zwar zu­ rück, aber der Sumpf wird breiter. Die Straße geht längs desselben fort, und wird von mehreren mit dem untern Sperchius parallel, fließenden Gewässern durch­ schnitten; zwischen denen das Lager des Xerxes stand» Auch trifft hier eine andere vom Parnaß herab auS dem Gebiet des Cephiffus über den Oeta führende Straße. Es ist die gerade Verbindung von Salon« nach Zeitun, welche schon in alten Zeiten im Gebrauch «ar. Von die­ sem Wege geht der Nebenpfad ab, der nach dem Paß von Thermopylä den warmen Quellen vorbei fährt, und auf welchem Terxes den Spartanern ein Korps in den Räkken schickte. Leonidas hatte die Pnhöhen über welche die­ ser Pfad fährt zwar besetzen lassen, allein diese Truppen wichen nach einem schwachen Widerstände zurück. Wie ein Schriftsteller (Procopius) bemerkt, ist dies aber nicht wehe der einzige Weg über die Berge in das Gebiet deS Cephissus, und nach Attika, indem deren jetzt mehrere vor­ handen, und -sogar für Wagen brauchbar find. Bei einem Mittelgebirge von nur 3000 Fuß Höhe läßt fich dies auch weiter nicht bezweifeln. Hieraus geht hervor, daß, so fest der Paß von Thermopylä auch an und für fich ist, Xerxes schon wohlfeilern Kaufs hatte über den Oeta kom­ men können, und dies jetzt noch mehr möglich seyn würde, wenn fich der Gegner bloß auf die Besetzung des untern Passes an der Käste beschrankte. DieS bestätigt fich auch durch die Ereignisse des gegenwärtigen Kriegs. Die Türken gelangten zweimal, 1821 und 1822 ohne Schwie­ rigkeit von Thessalien nach Attika, ungeachtet der Paß in den Händen der Griechen war. Eben so drangen diese ihrer Seils ungehindert durch denselben nach Thessalien

2Z4 vor. Ztvlschen Ihm und dem Sperchius giebt aber die Gegend Gelegenheit sich dem Vorbringen von Süden her «Ntgegenzuseyen. Hier war es auch wo iSu das mörderische Treffen zwischen den Türken unter Achmet Bey und Mahmud Pascha und-den Griechen unter -ihrem An» führer Namens Perrheos geliefert wurde. Dreimal brachte derselbe seine Truppen, die schon im Begriff-waren .sich zu zerstreuen, anst neue zusammen, bis endlich die Nächt dem Kampfe rin Ende wachte, ohne daß der Sieg ent­ schieden war. Beide Heere hatten gleich vorthetlhaste Stellungen eingenommen, so daß seins ohne einen langen blutigen Kampf aus der seinigen vertrieben werden konnte. Die Türken zogen sich indeß bis an den Sperchius zurück, alS sie die Nachricht von der Anüäherung eines andern griechischen Korps unter Odysseus erhielten. Abermals angegriffen, passirten sie mit Verlust den genannten Fluß. Die Straße nach Zeitun führt über denselben mittelst ei­ ner steinernen Brücke, welche stets durch einen türkischen Dervent bewacht war. Vielleicht bürste eine Aufstellung hinter dem SperchluS am vorthrilhaftesten zur Vertheidi­ gung von Thessalien gegen Livadien. seyn. Das Terrain ist hierzu sehr günstig. Es erhebt sich gleich vom linken Ufer des Flusses an, zu dem Bergrücken des Othrys. Zeitun ist rin offener handeltreibender Ort von 1000 Hausern und 6000 Einwohnern,' etwa zwei Stunden vom linken Ufer beö Sperchius entfernt. Es gehen von hier drei Straßen ab. Die eine westlich über den Lakura, zwei andere den Othrys hinauf nach Larissa, und endlich nordöstlich nach Dolo. Von den beiden Straßen nach Larissa geht die östliche über Ellas, die westlichere längere über Thaumako oder Thaumostos, so genannt wegen dec ungemein wetten Aussicht über das ganze nördliche Thes­ salien. Beide Wege führen durch Engpässe des südlichen Abhangs beS Othrys bis -auf-den Rücke» desselben, wo sie sich bei dem Dorfe Proerna vereinigen. Der Weg über Thaumako hieß nach Livius der Paß Cela, dessen Ausgang von diesem Ort beherrscht wird. Auf der Tour' von Zeitun nach Thaumako befinden sich übrigens 2 Set# wends, welche an Stellen angelegt sind, wo man den Weg nicht umgehen kann. Die östliche Straße ist gepflastert, und so auch ihre Fortsetzung biS Larissa. Volo, Handelstadt am Golf gleiches NamenS, mit einem guten Hafen, 700 Häusern, 3000 Einwohnern, und einem schlecht befestigten Schlosse. Von hier führen jwrk

235 Wege über den Rücken des Pelion, welche sich am sensektigrn Abhang« desselben bei Delesttn vereinigen, und nach Larissa führen. Der Besitz von Dolo ist für den nach Thessalien vordringenden Theil, wenn derselbe besonders die Operation jur See unterstützen kann, wichtig. Es werden dann alle Stellungen unnütz welche der Gegner in der Umgegend von Zeitun zur Vertheidigung der Pro­ vinz nehmen möchte, weil man nun von Dolo aus solchen in den Rücken kommen) oder auf dem kürzesten Wege nach Larissa Vordringen kann. Die sehr enge Einfahrt in den Busen von Dolo ist Übrigens durch kein festes Werk ver­ theidigt. 4. Dak Küstenland am Golf v«u Korinth, ferner die Gebiete der Flüsse Fidari (EuvenuS) und AepropotamuS, der weiße Fluß (AcheloUs).

Dieser Landstrich liegt auf der südwestlichen Seite der Hauptgrbirgskette vom Agrapha an bis zum Cithäron. Außerdem ist er westlich durch den Mavronoro, und südöstlich durch den Makrlplai begrenzt. Dieser und der Dedrintza begrenzen außer dem Parnaß" und Helikon das Küstenland am Golf von Korinth,- oder die ehemalige Landschaft Lokris und'ein Theil von Akarnanien. ES ist bei dem Makriplak am schmälsten, und beim Dedrintza etwa 8 Stunden breit. Kurze vom Hauptgebirge kom­ mende Und von Bergrücken begleitete Gewässer durchschnei­ den es. Ueber den Parnaß führen drei Hauptverbinbun, gen in das Thal des Cephyssus, nämlich ») blt südöst­ lichste und schon erwähnte vom Hafen Aprospitl nach kivablen; b) von Salon« über Arakova, - entweder nach Daulla und Kaprena (Choronea), «der «ach Livadla. Bet Arakova war es, wo ioooö Sulioten «in türkisches KorpS erreichten, welches Curfchid Pascha von den Belagerungs­ truppen von Janina abgefchtckt hatte, um die Festungen in Morea zu entsetzen. Es entstand rin sehr lebhaftes Gefecht in welchem die Türken gänzlich geschlagen, und auf dem Rückzüge in den Engpässen noch vollends aufgertrbett wurden. Salon» ist der Hauptort dieser Land­ schaft, und so wie die Hafenstadt Galaxtdi, welches die Türken 1821 verbrannt haben, offen. Die Gebiete des Fidari und Aspropotamus werden von dem Theil der HauptgeblrgSkette begrenzt, welche die besonderen Namen Lakura und Agrapha führen.- Sie be­ greifen die alten Landschaften Aetoliea, Akarnanien und

236 daS Land der Athamanen, und werben südlich von den» Meerbusen von Lepanto und südwestlich vom jonischen Meer begrenzt. Der Fidari entspringt am Vedrintza, fließt erst in westlicher, dann in südlicher Richtung, und ergießt sich bei Mefalongi kn den Meerbusen gleiche-Namens. Sein Lauf beträgt etwa nur 8 bis io Stunden. Wichtiger ist der AspropotamuS, als Hauptfluß dieses Landstrichs. Er entspringt am Agrapha, und fließt parallel mit dem Mayronoro und dem Lakura, nach einem südlichen Lauf von einigen 20 Stunden, bei Trigardon, westlich von Mrsalongi in das jonische Meer. Seine Farbe ist weißlich schäumend als ob Kalk hineingeworfen wäre, daher sein Name. In regnigter Jahrszeit schwillt er ju einer Breite von 2 bis 3öpo Schritten an. An den untern Theilen dieser beiden Flüsse nach der Küste zu ist bas Land eben und angebaut, oberhalb aber gebirgig. Der AspropotamuS besonders fließt hier tn ei­ nem engen und wilden Gebirgsthal, in dem die hohen Rücken deS Mavronoro und Lakura nur 3 biS 4 Stunden aus einander liegen. Dieses, enge Thal wird von dem kriegerischen Bergvolk den Athamanea bewohnt. Die festen Punkte von Bedeutung in diesem Gebiet sind: Lepanto, Festung mit 2000 Einwohnern am Meer­ busen gleiches Namens, und am Abhang eines HügelS -uf dem sich eine Zitadelle befindet. Die Werke der Stadt waren bis in dry neuesten Zelten verfallen, und be­ stehen meistens yur ln einer Mauer. Das Schloß liegt am Ende des Kap Antirrhium und besteht aus einem längllchte» bastionirten Viereck, mit trocknen Gräben auf der Landseite. Auf den Wällen befanden sich 30 Geschütze ohne Lasteten. Nach der Meerseite hat das Schloß zwei Enceinten, wovon hie äußern, nebst einem andern auf der gegenüberliegenden Küste von Morea befindlichen Kastell beim Dorfe Rhium, zur Vertheidigung deö Eingang- kn den Golf von Lepanto bestimmt sind« Beide Kastelle füh­ ren den Namen der Dardanellen von Lepanto, und wur­ den im Jahre 1495 von den Türken erbaut« nachdem Bajazet diese Festung bas Jahr vorher belagert und erobert hatte. Der Hafen von Lepanto ist seicht und nur für kleine Schisse brauchbar. Die größeren mässen entweder -ußerhalb auf der Rhede, oder bei Patras vor Anker gehen. Lepanto ist in dem gegenwärtigen Kriege stets von den Türken gehalten worden. Nur die dortigen. Darbq-

netten werden jetzt von den Griechen bloklrt. Zu Lande haben diese eS noch nicht belagern können. Dem Angriff zur See bahnt dec Besitz von PatraS den Weg. Mit diesem steht und fallt Lepanto zugleich, wenn nicht eine Flotte den Entsatz bewirken kann. Der Besitz von Lepanto macht zum Herrn des Golfs von Korinth, und gewährt dem Besitz von Morea erst vollkommnere Sicherheit. Zn Bezug des Kriegs auf der nördlichen Halbinsel entscheidet er nicht nur über dl« Be­ hauptung dieses ganzen Gebiets, sondern basirt sowohl eine kombiniere Bewegung gegen Thessalien, alS auch über­ haupt das Vordringen gegen Epirus. Die Hauptstraße nach Thessalien fährt zuerst läng- der Käste, sodann über den Vedrintza nach Salona und von hier über Arrakova und den Parnaß nach Zeitun. Die andere nördlichere Verbindung mit Thessalien fährt über den Fidari nach Angelo Kastro, von dort das Thal des Aspropotamus bald auf dem einen bald auf dem andern Ufer dieses FluffeS dicht an demselben aufwärts bis Ptrra am Fuß des Agrapha, hierauf denselben übersteigend nach Phanari, und von dort nach Tricala am Peneus (41 Stunden). DlS Phanari ist dieser Weg nicht fahrbar, sondern selbst für Fußgänger äußerst beschwerlich. Er führt über eine Meng« steiler Abgründe. Ueber einen derselben zwischew PIrra und Phanari führt ein« Hangende Brücke, die von zwei eisernen Ketten getragen wird, welche von einer Seite des Abgrunds biS zur andern reichen, und an die Felsen befestigt sind. Reisende welche nicht allein über die Brücke zu gehen wagen, lassen sich durch die Landeseinwohner hinäberbringen. Frauenzimmer verrichten dies Geschäft. Belm Dorfe Argiro Kastro 35 Stunden von Lepanto wird dieser Weg von der Straße durchkreuzt, welche aus dem Gebiet deS SperchluS von Zeitun über den Lakura durch den Paß Karpeniß, kn das Gebiet deS As­ propotamus, bann über den Makronoro nach Arta fährt. Bei dem letztgenannten Paß fiel im Jahr 1823 daS blu­ tige Treffen (die sogenannte Schlacht von Agrapha) vor, in welchem die Türken mit Verlust von mehreren lausend Mann geschlagen wurden. Theuer erkauften indeß die­ sen Sieg die Griechen durch den Tod des Bozzaris, eines ihrer besten Anführer. Die anderen Verbindungen dieses Gebiets mit Epi­ rus und Albanien führen von Lepanto über Angelo oder Enkiii Kastro, und dem südlichsten Theil des Makronuro

238 nach Arta, (30 Stunden) sodann mehr westlich und längs der Küste über Arta nach Vonltza und Prrvrsa. Mesalongi, kleiner Ort, etwa 4 Stunden westlich von Lepanto am Ausfluß des Fldari la den dortigen Meer­ busen, auf einer Landzunge. Diese Stadt war bis in den neuesten Zeiten, wie das einige Stunden westlicher liegende Anatoliko (mit 5000 Einwohnern) nur ein offe­ ner Handelsort. In dem gegenwärtigen Kriege hat es aber eine militairische Bedeutung erhalten, seitdem die Griechen, den dortigen guten Hafen benutzend hier gelan­ det, den Ort befestigt, und ihn zum Stützpunkt ihrer Un­ ternehmungen gegen Lepanto und Arta gemacht. haben. Daher ist diese Gegend der wichtigste Theil des Kriegs­ schauplatzes geworden. Ohne den Besitz derselben ist die Behauptung der östlich vom Parnaß liegenden Gebiete und die Oprrationslinle durch dieselben nach Thessalien immer gefährdet, wie der bisherige Gang des Krieges auswrist. Oie Griechen wie die Türken haben ihre Hauptkräfte in der Gegend von Mesalongi versammelt, und öftere wie heftige Kämpfe bezeichnen die Anstrengungen der Türken.ihre Gegner aus diesem Gebiet zu vertreiben. Die Türken hatten ihre Hauptstellungen 5 Stunden von Lepanto und Mesalongi auf de» Bergrücken zwischen dem Ftdart und AspropotamuS mit dem linken Flügel anGölhtssar und Vrachori, beides feste Schlösser an einem See. Nach öffentlichen Nachrichten ward ein von ihnen unternomme­ ner Angriff auf Mesalongi mit solchem Erfolg zurückgeschlagen, daß sie sogar aus ftnen Stellungen mit Verlust ihres Lagers vertrieben wurden. Ihre Haupkverblndung mit Arta geht über Angelo Kastro am Aspropotamus, in# dem der andere Weg diesen Fluß aufwärts nicht für alle Waffen brauchbar ist. Da Arta nun selbst von den Grie­ chen bedroht wird, so steht es dahin, ob sich die Türken bei Angelo Kastro zu behaupten vermögen *). Müssen sie das Gebiet räumen, und Lepanto auch zu Lande seinem Schicksal überlassen, wie dies schon vyn der Seeseite der Fall ist, so sinh die Griechen Herrn des Passes von Pha*) Zn Folge späterer Nachrichten hatten die Türken damals denASpropotamos bei Angelo Kastro wegenAnschwellung des Flusses nicht passiren können, jedoch aber Mittel gefunden den Uebergang mehr oberhalb, wahrscheinlich dei dem Dorfe Argiro Kastro zu bewirken. Eben so ist ein neuerlicher zweiter Angriff auf Mesalonghi gänzlich verunglückt. Die Türken haben sich völlig zurückziehen, und ihr Belagerungsgeschütz in Stich lassen müssen.

239 nari über den Agrapha nach dem nördlichen, und des an­ dern von Karpeniß über denLakura auch von dieser Seite nach dem südlichern Thessalien und Zeitun. Westlich deS Passes, von Phanari und an den obersten Quellen deS ASpropotamuS liegt das Kastell Kortza.

5. Da- Gebiet des Ärtas »der PotamoStkr ArtaS (Arachtus). Es wird umschlossen im Norden von einem Theil des bet Metzoivo vom Pindus westlich abgehenden TomarGebirge, im Westen und Norden vom Kassopo und dessen westlicher Wendung rum OlichiniS, im Osten vomPindusund Makronoro-Gebirge. Der.ArtaS ist der Hauptfluß dieses Gebiets, und durchfließt dasselbe in seiner ganzen Länge von Norde» nach Süden. Er entspringt bei Metzowo an dem dorti­ gen Gebirgsknoten, wird in seinem obern Lauf vom Kas­ sopo und Pindus, nach der westlichen Wendung des er­ steren östlich vom Makronoro begleitet, und ergießt sich unterhalb Arta in den dortige» Meerbusen. So lange er vom PIndus und Kassopo begleitet wird, ist das Ge­ biet nur etwa vier Stunden breit. Nach der westlichen Wendung beS Kassopo - zum OlichiniS wird eS aber an­ sehnlich breiter. Letzterer, so wie der Makronoro treten dis an die Küste des jonischen Meers. Die beiden End­ punkte, dieser beiden Gebirge liegen einige >20 Stunden aus einander. - Vom Makronoro bleibt der Artas nur in einer Entfernung von 4 Stunden. Die größte untere Breite des Gebiets ist also westlich dieses Flusses. Hier wird es von zwei anderen mit demselben und unter sich parallel fließenden kleinern Flüssen durchströmt, welche von nicht bedeutenden Bergrücken begleitet sind. Der er­ stere ist der Luro, der andere der Suli. Beide entsprin­ gen am Kassopo. Jener fallt gleichfalls und zwar unter­ halb Luro in den Meerbusen von Artas, letzterer in da­ jonische Meer bei Phanari. Der nördliche Theil dieses ganzen Gebiets, die obern Thaler des Luro und Suli mit einbegriffen, ist durchaus gebirgig, waldig, und von tiefen Thalern durchschnitten, der südliche Theil nach der Küste fruchtbar, eben, und angebaut. Die oberen Thaler der letztgenannten Flüsse sind von besonders rauher Beschaffenheit, welche nur den AnwachS von Oelbäumen zuläßt. .Sie machen den Kanton Suli aus. Derselbe enthält is, Dörfer, iz im Suli-und 5

240 im kurv-Thal, und ist von wilden unzugänglichen Bergen umgeben, und von steilen und engen Pässen durchschnitten. Die festen Punkte diese. Gebiets find. Donitza am Meerbusen von Arka, und auf der Halbinsel, welche durch Liesen Und dem jonischen Meer ge­ bildet wird, mit 2500 Einwohnern. Die Stadt ist am Fuß eines Berges gebaut,' auf dem eine von den Venezianern angelegte Zitadelle liegt, welche den Hafen beherrscht. Prevesa, nordwestlich von Donitza an der Spitze einer Halbinsel, welche mit der der Halbinsel von Donitza einen Kanal, den Eingang zum Meerbusen von Art« bil­ det. Diese Stadt ist im Angesicht des alten Actlum er­ baut, und mit starken und gemauerten Gräben umgeben. In der Mitte hat fie überdies ein festes Schloß. Au­ ßerhalb derselben, am äußersten Ende der Halbinsel, die Grorgsspitze genannt, liegt noch ein festes Kastell, wel­ ches den Eingang zum Meerbusen beherrscht. Prevesa ist deshalb nicht nur als der Schlüssel desselben zu betrachten, sondern sein Besitz stchrrt auch den vollständigen Angriff auf Arta, dessen Fall in dieser Beziehung durch den Set# lüft von Prevesa vorbereitet ist. Letzteres ist übrigens wegen der Stärke feiner Werke mit- Lepanto der einzige Ort, welcher in dem gegenwärtigen Kriege auf diesem Schauplatz noch nicht in den Händen der Griechen war, 4000 Einwohner. Arta, befestigte Stadt am Fuß eines nackten Ber­ ges, so wie am linken Ufer beS Artas der hier schiffbar wird und von dessen Krümmungen fie umflossen wird« Eine Brücke mit einem 80 Fuß hohen Bogen führt über den Fluß. Seine Ausmündung in eine Bucht des Meer­ busens bildet den Hafen der Stadt. Diese hat 1000 Häu­ ser und 6000 Einwohner, da deren Zahl durch die Pest im Jahre 1816 sehr vermindert worden ist. Die Stadt selbst ist nicht besonders fest, jedoch durch eine große und starke Zitadelle vertheidigt, welche auf dem vorerwähnte» Berge liegt. Sie ist durch eia tiefes Thal von zwei be­ herrschenden Höhen getrennt, wovon die eine den Namen des heiligen Theodors führt, die andere der Windmühlen­ berg heißt. Die vereinigten Sulioten unter Bozzaris und Rhan# ghos, und die Livadier unter Hiskos, zusammen 10000 Mann/ gingen den 4ten Dezember 1821 auf Arta los, und griffen ein türkisches KorpS an, welches bei der Stadt «in» Stellung genommen hatte. Das Treffen war hart­ näckig

241 näcklg und mörd risch. Die zahlreiche türkische Reiter«! machte den Sieg lange streitig, und schlug sogar den lin­ ke« Flügel der Grieche« in die Flucht, alS Htskos mit dem inzwischen fiegretchrn rechten Flügel der Griechen herbeieilte und die Türken wieder zurückwarf. Auf allen Punkten geschlagen zogen sich dies« nach Art» zurück. Die Sieger folgten auf den Fuß, fetzten da- Treffen mit dem Sturm auf die Stadt fort, und drangen la dieselbe ein. Die Türken «ehrten sich aber aus allen Häuser», und die Griechen mußten sich für diesen Tag mit den er­ haltenen Vortheilen begnügen. Allein am folgenden Mor­ gen des ;ten nahmen sie den Angriff wieder auf. DozzariS bemächtigte sich in einem Augenblick zweier Stra­ ßen; man focht wie gewöhnlich mit höchster Erbitterung, und das Blutvergießen «ar schrecklich. Der Uebergang von 4000 Albanesen zu den Griechen neigte endlich dm Steg auf die Seite derselben. Ein großer Theil der Türken fand tapfer fechtend den Tod, der Rest zog sich in die Zita­ delle, und steckte während des Rückzugs die Stadt in Brand. Der beiderseitige Verlust war groß; indeß verstärkten sich die Griechen wieder bis zu 10000 Mann, und begannen den lasen Dezember den Sturm auf die Zitadelle. Diese war mit einer Menge von schwerem Geschütz besetzt. Die Besatzung war fast eben so zahlreich als die Grieche», welche nur 6 bis 8 Stück leichte und überdies schlecht bediente Geschütze hatten. Dagegen konnte ihnen das Fe­ stungsgeschütz wegen der hohen Lage der Werke, deren Fuß sie bereits erreicht hatten, wenig anhaben. Eine Fahne in der Hand drang Rhanghos an der Spitze der Seinigen zum Sturm vor. Kugeln und Schutt regneten auf ihn herab, und zerschmetterten eine Menge der Stür­ menden. Dennoch wurden die Wälle hier und auf de» entgegengesetzten Punkten von HiSko- erstiegen; der kommandtrenbe Pascha verlor den Kopf, und die Türken wi­ chen entmuthigt hinter die inneren Encelnten beS Fort­ zurück. Jedoch, überall gedrängt, erlagen fle endlich tat fortgesetzten Kampf, und mußten sich ergeben. Die Wichtigkeit von Art« besteht vorzüglich nur in seiner Lage und weniger in der Festigkeit seiner Werke. Seine Verstärkung wäre indeß sehr vorthrilhaft für die Be­ hauptung dieses ganzen Gebiets. Um so mehr dürfte «daher befremden, daß die Griechen sich im folgenden Jahre den Platz wieder entreißen ließen, ohne die nöthigen Ar­ beiten und Anstrengungen zu feiner Behauptung daran zu 16

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setze». Vielleicht fehlte es ihnen hauptsächlich an Mit­ teln jur Verprovlantlrung und an Munition. Auch scheint eS ihrer Lage angemessener, ihre Streitkräfte nicht durch die Besetzung so vieler Plätze zu zersplittern, sondern zur Abwehrung der türkischen Diversion auf Morea zu ver, wenden. ' Arta mußte daher als ein isolirter an und für sich durch feine Merke nicht starker Punkt einstweilen wieder aufgegrben «erden *). Hätten die Griechen z. B. Prevesa Im Besitz gehabt, so wäre ihnen die Instandset­ zung zur Vertheidigung so wie die Behauptung von Arta durch llflterstützung von der.See her leichter möglich ge­ wesen. .Es scheint daher, als wenn ihre Festsetzung in diesem Gebiet hauptsächlich durch den Besitz von Prevesa bedingt sey. Dann erst gewährt Arta die aus seiner Lage hervorgehendea Vortheile als Hauptstraßenver, *) Ueberhaupt ist nach der Natur und Beschaffenheit dieses Kriege der Nutzen der Landfestungen für die Griechen mehr relativ als positiv, in sofern nämlich, als ihnen die darin befindlichen Streit­ kräfte des Feindes, im Rücken gelassen, nachteilig wären. Es ist also die Entwaffnung dieser und nicht der Besitz der Festun­ gen selbst warum sie solche angreifen. Haben sie aber eine solche im Besitz, und müssen sie das Gebiet worin sie liegt, der allge­ meinen Verhältnisse wegen verlassen, so geben sie die Festungen auf, wie man Stellungen verläßt die umgangen sind, und wor­ aus man die Truppey wegnimmt, um sie nicht ohne Noth auf­ zuopfern, und sie zu andern Zwecken zu gebrauchen, vorzüglich wenn man, wie die Griechen, so viele Ursache hat, seine Streit­ kräfte zusammen zu halten. Bei den Türken findet dagegen das umgekehrte Verhältniß statt. Ihnen sind dre Festungen wichtiger, als ihre darin befind­ lichen Besatzungen. Sie behalten durch jene immer einen gewis­ sen festen Fuß im Lande, wenn sie dasselbe auch momentan zu verlassen genöthigt sind, und beschäftigen dadurch einen Theil der Streitkräfte ihrer Gegner. Sie besitzen die Hülfsmittel, um mit frischen Truppenmassen den Kampf im offenen Felde wieder aufzunehmen, und angriffsweise zu verfahren, und hierzu find ihnen dann die behaupteten festen Punkte sehr günstig. Fer­ ner wissen die Besatzungen, daß sie entsetzt werden sollen und können. Dies macht es also erklärlich, daß in diesem Kriege die Türken die Festungen so lange und hartnäckig vertheidigen, wäh­ rend die Griechen die nämlichen Punkte unter gewissen Umstän­ den ohne Vertheidigung aufgeben^ Jenen sind als Fremdlingen die Festungen Alles und die Besatzungen Nichts. Diese müssen mit den Menschen haushälterisch zu Werke gehen, das ganze Land ist der Preis um den sie streiten, und wenn sie einzelne Theile desselben aufgeben müssen, können ihnen, auch einzelne Punkte darin nur von untergeordnetem Werth seyn. Ausnah­ men finden hierbei allerdings auch statt, und mit den Seefestun­ gen stellt sich das Verhältniß durchaus anders.

245 bindungspunkt dieses Gebiets nach Thessalien und Janina. Welche Straßen aus dem Geblet des Aspropotamus dahin führen, ist bereits erwähnt worden. Die Verbin­ dung nach Thessalien geht nordöstlich über den Makro, noro zu den Quellen des letztgenannten FlusseS bkSPirra, und von da weiter, in der schon erwähnten Richtung über den Agrapha und über Phanari auf Trlkala. Die Verbindung nach Janina geht über den Berg­ rücken zwischen dem Artas und Luro, sodann das Thal desselben aufwärts über den Kassopo. Der Weg über den vorgedachten Bergrücken fährt durch einen engen Paß 6 Stunden von Arta, den Paß der Fänfbrunnen (PentePhrearia)genannt. Erwarb von Ali Pascha durch ein hier angelegtes Fort befestigt. Die Griechen bemächtigten sich desselben nach der Erob«, rang von Arta, gaben ihn aber mit letzterem zugleich wieder auf. Da der Paß die Straße nach Janina sperrt, so ist er besonders wichtig für die Türken, welche jetzt in der Umgegend von Arta den Griechen gegenüber stehen die von der einen Seite Prevesa belagern, und Luro besetzt haben, welches ein befestigter Flecken mit ei­ nem Kastell ist und an dem Fluß gleiches NamenS liegt. Auf der andern Seite werden die Griechen nach dem Rück­ zug der Türken von Mesalongi nun wohl auch von dieser Seite gegen Arta anräcken, so daß hier entscheidende Er­ eignisse zu erwarten sind. Fallen diese für die Griechen günstig aus, so sind Prevesa und Arta ihrem Schicksal überlassen, und dem Fall beider Plätze ist entgegen zu je# hen, wenn sie nicht aufs neue durch verstärkte Streit­ kräfte der Türken entsetzt werden. Mit ihrem Besitz ge, winnen die Griechen allein erst festen Fuß in dem südli­ chen Theil der griechischen Halbinsel bis zu den Gebirgs­ ketten des Pelion Othrys Kassopo und Olkchinls, welche denselben in fast gleicher Höhe nördlich begrenzen. Zu­ gleich erhalten sie erst dadurch eine zuverlässiger« Basis als bisher zum Vordringen in die nördlichern Gebiete, vnd zwar zunächst in die von Janina und Thessalien. Im vollständigen Besitz des. Gebiets des Arta, können sie sich zugleich der Verbindungen bemächtigen, welche queer durch das schmale Thal des obern ArtaS, theils von Janina über KalaviteS nach Trikala in Thessalien, theils von Ja­ nina über Metzowo und den dortigen GebirgSknotrn nach Mazedonien führen. Die Punkte, welche diese Straßen 16 *

244 sperren, sind die Hans (Wirthshäuser) von Belbona, Kira und Rosos. Der Besitz derselben schneidet die Verbin­ dung zwischen Janina und Thessalien und zwischen Ja« «ina und Mazedonien also nach Salonichi ab. Noch wichtiger ist der Punkt von Metz o wo, Stadt am Kreuzpunkt und umgeben von vier GebirgSzügen, nämlich deSPlnbus nördlich und säd, llch von Metzowo, ferner des Kralichiovä und beS Tomar. In brr Nähe von der Stadt führt dies Gebirge den Na­ men von derselben. Sie liegt an den östlichsten Quellen deS Artas. Die Straßen von Janina über Rosos, ferner von Trlkala nach Grevna und von dort aufSalonichi oder Ochrida gehen hier über das Metzowo, Gebirge und sen, ken sich dann in dasLbal des nördlich an demselben ent­ springenden Denetiko. Südwestlich des Gebirgknotens entspringt die Vojutza und südöstlich desselben in Thessa« lien der Salambrla. Metzowo ist mithin der Schlüssel dieser Verbindungen. ES hat 1500 Hauser, 7000 Ein­ wohner und wird von einer Kolonie Bulgaren bewohnt. Von Prevesa gehen zwei Straßen nach Janina. Die eine über Luro nach den Fänfbrunnen, wo sie in die Straße von Arta nach Janina trifft. Die andere geht von Luro nördlich ab durch den Kanton Süll bis Paramithia am Fug deS Olichinis, von wo sie dies Gebirge übersteigt, und sich nach Janina htnabsenkt. Diese letztere Straße gewahrt von Janina auS den einzig möglichen Zugang in das Thal des Süll aufwärts. Sie wird hauptsächlich durch den beschwerlichen Engpaß von Skuitas südlich von Paramithia, und noch weiter durch den starken Posten von Kliffura im Thal des Suli, dem Schlüssel desselben, gesperrt. Nordöstlich, das Thal aufwärts, führt der Zugang zu den Hauptsitzen der Sulioten (Samonitza, Suli, Laka, Kiapha und Pa­ raskevi) bei dem Posten TIchos vorbei, der sich auf ei, nem leicht zu vertheidigenden Felsen befindet, den man aber einnehmen muß, wenn man gegen die letztgenannten sämmtlich befestigten Orte Vordringen will. Die höchsten Posten des Thals sind, Laka und Paraskevi, auf steilen Felsen am Fuß des Kassopo. Sie beherrschen alle übri­ gen Stellungen. Ihre Entfernung von Prevesa beträgt iS, von Janina 10 und von Arta 12 Stunden. Die Spitze des Berges um welchen herum diese Posten liegen, und auf welchem ParaSkevi selbst befindlich ist, nennen die Sulioten Tripa. Der Posten von Kiapha vertheidigt den

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Zugang ju demselben von der Seite von Prevesa Über Luro her. Ali Pascha bekriegte die Sulkoten/eit dem Jahr 1786. Nach dem geendigten russischen Feldzuge im Jahre 179a griff er sie, die ihm nur 6000 Mann rntgegenstellen konn­ ten, mit 25000 Mann an. Dennoch war er nicht im Stande sie zu bezwingen. Der Feldzug von 1792 endigte mit einem für ihn schimpflichen Frieden. Ali Pascha brach denselben bald darauf, erlitt aber noch zweimal große Niederlagen, und sah öfter- aus den Fenstern seines Pallastes zu Janina ihre Verheerungen. Eine junge Suliolin machte sich ihm unter allen Häuptlingen am furcht­ barsten und schädlichsten. Oft rückte sie unter Feuer und Schwert bis unter die Mauern seiner Hauptstadt vor. Im Jahr 1806 bis 1812 befehligte sie in Rußland ein Bataillon Sulioten als Major, kehrte aber nach dem Frie­ den wieder zurück und helrathete. In diesem langen Kampfe hatte Ali im Jahr 1796 erst die untern Dörfer des Thals einnehmen können, und zwar außerhalb der durch den Posten von Tichos verschlos­ senen fast unzugänglichen Schlucht. Um die Sulioten auch hier zu vertreiben, ergriff er ganz außerordentliche Maaß­ regeln. Im Jahr igoo seine ganze Macht gegen sie ver­ einigend ließ er alle Zugänge und engen Pässe durch 64 Thürme versperren, die alle in einer Nacht aus großen Steinen erbaut wurden; 16 kleine Forts oder Reduten, jedes für 4 bis 500 Mann, deckten diese Thürme, und dienten den Truppen zur Unterstützung welche Ali zu die­ sem beschwerlichen Feldzug gebrauchte. Dieser nahm im Ganzen den Karakter einer regelmäßigen Belagerung an. Den Sulioten wurde dadurch alle Gelegenheit zu Ausfäl­ len, und aller Proviant abgeschnitten. Seiner Seits griff er nun jeden ihrer Posten nach der Reihe mit einem Korps Truppen an, welches allein stärker war als die bewaffnete Macht der Sulioten. Von Posten zu Posten vertrieben sahen sich diese endlich in Laka und Paraskevi eingeschlos­ sen, wo es ihnen zuletzt an Lebensmitteln und jeder Art von Unterstützung gebrach. Dennoch würde Ali seinen Zweck nicht erreicht haben, wenn es ihm nicht gelungen wäre, mehrere der Häuptlinge im Dezember igo; zu einem freien Abzüge nach Parga zu bewegen. An 2000 Män­ ner, Weiber und Kinder begaben sich auf den Weg dahin. Allein Ali, welcher beabsichtigte die Sulioten ganz auszu­ rotten, ließ die abziehende Kolonne derselben angrelfen.

246 Diese bildete aber eia Viereck mit den Familien in der Mitte, und eröffnete sich durch die Linie der Angreifer, denen diese Treulosigkeit 1000 Mann kostete, den Weg. Während dessen hatte der Mönch Samuel, als damaliges Oberhaupt der Republik, mit's bis 600 Mann die Ver­ theidigung von Paraskevi mit einem über alles Lob erha­ benen Heldenmuth fortgesetzt. Aller Lebensmittel beraubt, sah indeß auch dieses tapfere Häuflein'sich jur Kapitula­ tion gezwungen. So furchtbar erschienen die Sulioten aber dem Pascha, der schon bei Nennung ihres Namens blaß ward, daß er ihnen auch einen freien Abzug nach Parga bewilligte. Nur Samuel blieb mit vier braven Gefährten in der Feste zurück, um die Vorräkhe und die Munition zu überliefern, die sich in den unterirdischen Gewölben der Festung befanden. Nachdem er dies einige Stunden verschoben ging er endlich mit jenen Getreuen und drei Häuptlingen, nebst einigen 100 Albanesen die All zur Uebernahme der Vorräkhe abgeschickt hatte, in die Gewölbe. Hier sprengte sich dec Held welcher, der schö­ nern Tage Griechenlands würdig, beschlossen hatte, den Untergang seines Vaterlandes nicht zu überleben, durch Anzündung eines Pulvermagazins, mit allen die um ihn waren, in die Luft. Aufgebracht darüber ließ Ali die eben abgezogene Besatzung mit 5000 Mann jedoch mit ebenfalls fruchtlosem Erfolg angreifen. Ueber bl« Hälfte der Sulioten war in der 18 Monate gedauerten Belagerung umgekommen. Aber auch sqooo Albanesen von den Trup­ pen des Ali hatten dabei das Leben eingebüßt. Die ein­ gestürzten Thürme wurden nun wieder aufgebaut, die Zi­ sternen von Neuem auSgegraben und Pallisaden angelegt, kurz Ali befestigte den Felsen auf alle Welse, legte eine Besatzung hinein, und betrachtete ihn alS eins der Haupt­ bollwerke seiner Herrschaft. Die Werk« bestehen haupt­ sächlich in bastionlrten mit Schießscharten versehenen star­ ken Mauern. Der Rest der Sulioten bildete zum Theil mit andern Einwohnern der Gegend vereinigt den Stamm zu der in russischen und französischen Diensten gewesenen albanrsischen Legionen. Der nach Parga gezogene Theil .blieb nur bis zum Zahr 1819 daselbst, bis dieser Ort von den Engländern dem Ali Pascha überliefert ward. Die Einwohner wanderte« nun aus, kehrten aber bei dem Aus­ bruch deS Aufstandes der Griechen ign mit den übrigen außer Land gelebten Sulioten wieder nach dem Kanton Süll zurück, vereinigten sich mit den bork zurückgeblicbe,

247 nett Einwohnern und denen der Umgegend, und bildete« nun einen beträchtlichen Theil der griechischen Streitkräfte. Aus dem wieder eingenommenen Hauptsttze, Süll wur­ den sie indeß im Jahr 1.822 abermals vertrieben, und der Ort selbst ward von den Türken zerstört. Indeß be­ haupten sie sich immer noch vereint mit den Griechen auf dem Küstenlanbe von Parga bis Arta hin, und beschäfti­ gen dort einen Theil der türkischen Streitkräfte. Parga, befestigte Stadt mit einem Hafen. Sie liegt auf einem Felsen, worauf sich außerdem noch ein feste- Kastell befindet, das nebst mehreren Batterien de« durch eine kleine Insel gebildeten Hafen vertheidigt. Nach der Auswanderung der Sulioten stand die Stadt leer. Ali Pascha vermehrte ihre Werke, und gab ihr eine tür­ kische Besatzung zu Bewohnern. Margarita, befestigte Stabt nördlich von Parga, am Fuß de- Olichlnls, mit einem festen Schlosse. Die Bewohner bestehen aus 400 türkischen Familie«. Paramithla, befestigte Stabt mit 4900 Elnwoh, uern theils krlstlichen, theils muhamebanischen, tat Allge­ meinen sogenannten paramithischen Albanesen. Sie besit­ zen ein Gebiet von 12 Stunden im Umfang, und können 30000 Mann inS Feld stellen» Ihr Land ist bergig und so unzugänglich, daß sie niemals von de» Türken besiegt worden sind. Im Feldzüge Alis gegen die Sulioten wa­ ren sie in feinem Heer, späterhin aber treue Bundesge­ nossen der Letzteren. Die Stadt Paramithla wird in die Akropolis und Unterstadt getheilt. Jene erhebt sich um eine Felsengruppe, und beherrscht die Unterstadt m einer beträchtlichen Höhe. Der Weg von hier über den DIU chlnis nach Janina ist gut.

6. Das @ebiet des Salambria (Peneus). ES liegt östlich des obern Thals des Artas, begreift de» größten Theil von Thessalien, und ist südlich durch die Ketten desAgrapha, Othrys und Pelkon, östlich durch de» Pindus, nördlich durch die Züge des Krallchiovo, Miluna, Vermkon und Olymp, und östlich durch de» Golf von Salonichi begrenzt. Der Peneus entspringt, wie schon erwähnt, südöstlich von Metzowo am Pindus, und ergießt sich in den Golf von Salonichi. Er ist von Larissa an schiffbar, wird aber wenig befahren. Kurz vor der AuSmändung liegt er in der Durchspülung zwischen dem Ossa und Olymp. Nach

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Anleitung der Beschaffenheit des kanbeS, und der Sagen aus dem Alterthum war Thessalien vermuthlich ein ringe» schlossrner See, welcher sich hier mit gewaltsamem Durch­ bruch einen Ausgang öffnete. Das ganze Land gleicht einem Kessel, welcher östlich eigentlich durch den Olymp auf der linken, und durch den Ossa auf der rechten Seite des PeneuS geschlossen wird. Beide Gebirgszüge streichen also einander entgegen, und endigen mit steilen Felsen­ wänden an diesem Fluß. Sein Thal führt hier den Na­ men Tempe, und wird weiterhin jum engen Paß, welcher eine Stunde lang ist, und sich erst nach der Küste hin öff­ net. Das Land östlich den beiden letztgenannten Gebirgen ist schmales Küstenland. DaS deS Olympus ist eben und begreift den Kanton Katrin, das deS Ossa ist bergiger und fährt den Namen Magnesia. Der. Peneus theilt daS Gebiet in zwei ziemlich gleiche Hälften. Er nimmt zu beiden Seiten zahlreiche, von Bergrücken begleitete Flüsse auf. Sein oberes Thal, und der ganze linke Theil des­ selben ist gebirgig, der rechte Theil aber von Trikala bis zum Ossa enthält viele Ebenen, von denen mehrere im Alterthum der Schauplatz großer Entscheidungsschlachten waren. Die Schlacht bei KynoScephalL in welcher der vorletzte König von Mazedonien Philipp besiegt ward, gab Griechenland unter die Herrschaft Roms, und die von Pharsalus bas römische Reich in Zäsars Hände. Beide Schlachtfelder liegen unweit von einander an der Straße von Zeitun nach Larissa. Die vornehmsten Punkte des Gebiets find Trikala, eine Stunde vom linken Ufer des Peneus, am westlichen Fuß des PIndus und nördlichen des Agrapha. Die schon erwähnte» über diese Gebirge aus den Thäler» des Aspropotamus und Artas führenden Pässe komme» hier zusammen. Sie führen 'den Namen der Pässe von Trikala, ober des Zigos. Eine Sritenverbinduog findet mit der Straße von Zeitun nach Larissa durch «inen von Pharsa (Pharsalus) abgehenden Weg statt. Eben so fährt eine Gemeinschaft östlich nach Larissa, welche bei Zarko den Peneus pasflrt. Endlich geht nördlich ei» Weg ab über den Kralkchiovo nach Grrvna. Trikala ward 1387 von den Osmanne» erobert. ES ist kein sonderlich haltbarer Ork, wird von einem schlechten Kastell beherrscht und hat flooo Häuser mit 10000 Einwohnern. Die 9 Klöster Meteora nordwestlich von Trikala lie­ ge» auf senkrechte» Felsen zu denen man nicht anders alS

249 auf Strickleiter», ober in Körben kommen kann, die von Len Mönchen an Winden emporgezogen werden. Ein Korb faßt 4 Personen. Die kanbleute bedienen sich der Strickleitern. In dem nahe dabei befindlichen Städtchen soll eine griechische Familie wohnen, die mit einem Pfade über die Felsenspltzen bekannt ist, und von dem ihre Mit­ glieder bei geheimen Sendungen der Mönche Gebrauch machen. Diese Klöster dienen den griechischen bei der Pforte ltt Ungnade gefallenen Bischöfen zu Verweisungs­ orten. Da- ansehnlichste derselben führt den Namen Me, teora, und wurde 1371 von Johann PaläologuS gestiftet. Späterhin kamen die andern hinzu. So wie die Lage dieser Klöster in militakrlscher Hin­ sicht nicht unwichtig ist, bietet überhaupt die Umgegend nach dem Gebirge mehrere feste Punkte dar, um sich darin zu behaupten. Die Ruinen einiger Festungen nach den Gebirgspässen zeugen von dem Werth, den man im Al­ terthum darauf legte. Noch jetzt wird die Gegend von kriegerischen Stämmen bewohnt, welche jederzeit eine Art von Unabhängigkeit zu behaupten wußten, und mit den Türken in beständigen Fehden lebten. Wenn ihre thellweise Bändigung in den neuern Zeiten dem Alt Paschn ebenfalls gelungen war, so sind sie doch nicht minder bis auf unsere Tage als den Türken feindliche und gefährliche Krieger zu betrachten. Larissa (türk. Jenltschehkr) Stadt mit 7000 Häu­ sern und 20000 Einwohnern, größtentheils Türken, am rechten Ufer des Peneus, über den hier eine gut gebaute steinerne Drücke von 16 Logen führt, und in einer frucht­ baren Ebene. Während des gegenwärtigen Krieges ist die Stadt von den Türken befestigt worden. Im Jahr 1821 waren die Griechen unter Odysseus bis hieher vor­ gedrungen und hatten den Ort lange eingeschlossen gehal­ ten, ohne sich indeß desselben bemächtigen zu können, ob­ schon sie das ganze rechte Ufer des Peneus bis Trikala hi», in ihrer Gewalt hatten. Die Ereignisse in Morea 1822 riefen sie von diesem Schauplatz, zu dessen Behaup­ tung sie noch nicht hinreichend bafirt waren, wieder ab. Auch nach den spätern Siegen der Griechen kn den Jah­ ren 1822 und 1823 haben diese, von den Türken bei Mlsalonght beschäftigt, den Angriff auf Larissa immer noch nicht ausführen können. Larissa welches auch «ine Vorstadt auf dem linken Ufer bts Penens hat, liegt von der Mü»i>uog des Peneus 12,

250 von Dolo 32, von Athen 54, von Janina 37, von Salontchi 32 und von Konstantinopel 114 Stunden entfernt. Don Larissa geht ein Weg über den Ossa nach dem öst­ lich desselben liegenden Kästenlande (Magnesia). Hier liegen die festen Kastelle Fenarkebir, und (nördlich desselben) Ka^stro-Sicuro. Nach Salonlchi führen von Larissa zwei Straßen. Die eine westlich vom Olymp auf Alasson am Fuß des Miluna, dann über dies Pebirge nach Servia amJndgekarasu, und von hier entweder nach Karaveria in die Straße von Grevna, oder das linke Ufer jenes FlusseS abwärts über die beiden Arme deS Vardar, wo sie sich ebenfalls mit der vorigen vereinigt. Die andere Straße führt bas rechte Ufer des Peneus abwärts durch baS Thal und den Paß Tempe, im Mit­ telalter Likostomion (Wolfsrachen) von den Neuern Dervink, oder auch Bogaz genannt. Er beginnt 6 Stunden von Larissa bet dem Dorfe Baba, wo eine steinerne, aus 24 gewölb­ ten Dogen bestehende Bräcke-Äber einen durch bas Aus­ treten deS Peneus entstehenden Morast führt. Dor die­ ser gut unterhaltenen Brücke hatten die Römer einen Brückenkopf erbaut, von welchem noch dir Ruinen vor­ handen sind. Der Paß ist etwa eine Stunde lang, und auf beiden Seiten von fast senkrechten Felsen, den letzten Abfällen der Vorberge des Ossa und Olympus gebildet. Die der rechten Seite lassen nur zu einem schmalen ein­ gehauenen Pfade Raum, welcher jedoch für Wagen brauch­ bar und stellenweise gepflastert ist. Eine große Strecke geht derselbe 20 bis 40 Fuß hoch, und am östlichen Ende noch höher über den Peneus hin. Dieser hat hier eine Breite von 50 Parbs, und ist so reißend und mächtig, daß er große Bäume mit fortnimmt. Im Alterthum war der Paß durch vier Schlösser gesperrt, von denen sich drei auf den Gipfeln der Felsen befanden, das vierte aber Na­ mens Oron Castro» auf dem Wege selbst in der Mitte und zwar engsten Stelle des Thals lag, so daß hier nach Livius 10 Mann den Paß gegen ein ganzes Heer verthei­ digen konnten. Die Ruinen dieser Befestigungen sind noch vorhanden. Nach dem nordöstlichen Ausgang des Passes, wo auf bessem rechten Höhenrande der industrkerekche griechische Ort Ambelakia liegt, tritt der Weg in die pierische Ebene, ernt unangenehme morastige Fläche zwischen dem Olymp mrd der Küste. De» Peneus passirt man Stunden

251 oberhalb der Mündung auf ekner steinernen auf 12 Do» gen ruhenden Brücke. Etwas nördlich davon liegt Platamona, ein starkes Kastell an der Küste, und auf einer Stelle wo sich der Olympus derselben wieder nähert, und abermals einen engen Paß bildet, welcher eben durch dies Kastell gesperrt wird. Von hier geht der Weg ferner die Küste entlang über Katrin, und sodann auf einer Brücke über den Jndge Karasu in die vorer­ wähnten Straßen nach Salonichi. Philipp von Mazedonien zog sich durch die Pässe Tempe und Platamona in guter Ordnung zurück, als ec gegen den römischen Konsul FlaminiuS die Schlacht bei Kynoscephalä verloren hatte. Dieses ist aber auch fast das einzigemal wo diese Pässe der einen kriegführenden Parthei von wesentlichem Nutzen geworben waren, ungeach­ tet sie von jeher alS eine der Haupkstellungrn Griechen­ lands betrachtet wurden, und ihre Vertheidigung nur we­ niger Mannschaft bedurfte. Beim Einfall des Xerxes sandten die Griechen zuerst 10000 Spartaner nach Tempe; da indeß die dortigen Völkerschaften sich bereits den Per­ sern unterworfen hatten, so kehrten sie unverrichteter Sache wieder zurück. Auch zur Zeit des Kaisers Alexis Comnenus kam dieser Paß in keine besondere Beziehung. Die Straßen über den Kealkchlovo und Vermion geben einem von Süden her vordringenden Feinde freilich Gelegenheit ihn zu umgehen oder wenigstens über solche nach dem südlichen Mazedonien zu detaschiren, wie dies in dem ge­ genwärtigen Kriege Seitens der Griechen wirklich gesche­ hen ist. Dennoch ist der Besitz dieser Straße zur Konsolidirung einer Operation von Larissa nach Salonichi im­ mer wichtig.

7. Das Gebiet des Kalamar(Thyamir) oder bas Thal von J,a»ina, Es liegt westlich und nördlich vom Thal des ArtaS, und ist südlich und östlich von den Gebirgszügen Kassopo und Olychinis, nördlich vom Tomar, Mutzkelt und Chimara, welche letztere zusammen den Namen des Akrokerauni, Gebirges führen, und westlich vom jonischen Meer umgeben. Oer KalomaS ist der Hauptfluß deS Gebiets. Er entspringt ott dem Punkt wo der Mutzkeli vom Tomar, und Tzumerka-Zug abgeht. Sein Lauf ist erst südlich, und bann westlich, und sein Ausfluß in bas jonische Meer

252 hart am Fuß des letzte« Abhangs beS Olychlnls südlich von Ducinrro. Der südliche Lauf wird auf der linke« Seite von einem Bergrücken begleitet, welcher in gerader südlicher Richtung vom Tomar bis zum Kassopo streicht. Dadurch entsteht östlich dieses Rückenü ein eingeschlosse«es Kessellaad, welches von diesem, dem Tomar und dem Kassopo eingeschlossen ist, und das Becken von Janina bildet. Dieses Becken, aller Wahrscheinlichkeit nach die Wirkung unterirdischen Feuers,, ist eine hohe, fruchtbare Thalebene, in deren Mitte, doch hart am Fuß des Kassopo der See bei Janina (Acherusia) von etwa 6 Stun­ den im Umfange liegt, welcher mehrere von den umrinLlMden Gebirgsrücken herabkommende Flüsse aufnlmmk. Seinen Hauptzufluß erhält der See von dem Kocytus, der vor dem Einfluß einen merkwürdigen Katarakt macht. Ec kommt unter dem Namen des Acheron wieder zum Vorschein, 'verliert sich eine Stunde südwestlich vom Ge­ birge Suli in den Schlund Averno, kommt etwa 6 Stun­ den davon bei Dellester wieder zum Vorschein, und er­ gießt sich, nachdem er vorher einen Morast gebildet, in den Dusen von Arta. Das Gebiet des Kalamas selbst ist durchgängig ge­ birgig, das Akrokeraunen-Gebirge steil, wild und durch­ schnitten. Es streicht vom Mutzkeli an in nordwestlicher Richtung parallel mit der Meeresküste, in einer Entfer­ nung von 4 bis 6 Stunden von derselben, und endigt bei Avlona, den daselbst befindlichen Meerbusen mit zwei Ar­ men umschließend. Dir merkwürdigste« Punkte dieses GebietS und des Beckens von Janina sind Janina (Joannina), feste Stabt und ehemalige Residenz des Ali Pascha, am westlichen Rande des schon erwähnten Sees, erbaut im isttn Jahrhundert von Johann Kantakuzeno, der hier seine'Unabhängigkeit von den griechischen Kaisern behauptete. Im Jahr 1431 ward es vom Sul­ tan Amurath erobert. Im Anfang bestand es bloß auS einer Zitadelle, die jetzt den Theil der Stadt ausmacht, welcher Kastron heißt, und der von der übrigen, neuen Stadt durch Fesiungswälle getrennt ist. Eine zweite Zi­ tadelle ist der Pallast Litharltza auf einem felsigen Berge mitten in der neuen Stadt, und eine dritte, welche Alk neu erbauen ließ, Namens Basche Seraj, auf einer in den See gehenden Halbinsel, deren Länge 300 Toisen, und die Breite 150 Torfe« beträgt. Dies See, Kastell ist die

253 größte und stärkste der drei Festungen. All Pascha hielt darin eine Belagerung von einem Jahre aus, und ward (1822) nur durch verrätherische List jur freiwilligen Aus­ lieferung seiner Person verleitet, worauf ft bekanntlich ermordet, und die zurückgelassene Besatzung zur Uebergabe des Kastells veranlaßt ward. Die ganze Stadt dehnt sich in der Länge von einer Stunde am See hin,, und hat eine mittlere Breite von einer Viertelstunde. Sie enthält 4000 Häuser und mit der Besatzung 40000 Einwohner. Darunter befanden sich gegen 20000 Kristen. Der Rest bestand aus Mo-> hamebanern, Juden und Albanesen; Letztere machten den Hauptthekl der Besatzung aus. Die Befestigung bu Stadt besteht in Mauern und abgesonderten Werken. Un­ streitig ist Janina einer der wichtigsten Punkte des gan­ zen Kriegsschauplatzes mit der trefflichsten Lage für den Hauptsiy einer Herrschaft, wie sich solche unter Ali Pascha gebildet hatte. Es ist der Hauptstraßenverbindungspunkt für die ganze Halbinsel, und liegt von Prevesa 22, von Parga 17, von Krracha an der Meerenge von Korfu ig, von Avlona 46, von Berat 38, von Grevna 27, von Ditolia 54, von Kastoria 44I und von Salonlcht 59 Stun­ den. Der Verbindungen mit den südlichen und westlichen Gebieten ist bereits Erwähnung geschehen. Die Verbindung nach Berat geht nördlich entweder über das Tomargebirge auf Ravenia, und von dort daS Thal der hier entspringenden Vojutza abwärts, oder über Jarovina am Fuß des Mutzkeli, sodann denselben über­ steigend nach Delvlnaki, und von hier zum Thal des Drino hinab. Jarovina, ein großes Dorf am Ursprung besKalamas, 6 Stunden von Janina. Alt Pascha hat hier ei­ nen mir Festungswerken mithin zu einem Kastell dienenden Pallast erbauen lassen, welcher mit einigen Geschützen be­ setzt ist, und den Paß über den Mutzkeli sperrt. Die gerade Verbindung mit der Küste der Meerenge geht aus dem Becken von Janina in das Thal des KalamaS, nach Raino wo eine Brücke über diesen Fluß fährt, dann über die denselben begleitenden Vorberge des Mutzkeli über Philatk bis Krracha, mit welchem Janina so wie mit Parga hauptsächlich im Seeverkehr steht. Buclntry, befestigte Stadt mit einem Kastell ei­ nige Stunden nördlich von Keracha an der Käste. Es hat einen Hafen, welcher den Namen des See- von Pe-

254 sadrS führt, und 1500 Eknwohner. Die Verbindung mit Janina geht über Delvino, dann über die akrokeraunischen Berge inS obere Thal des Drino, hierauf über Del« vinakiund wieder Über den Mutzrkeli aufJarowina, wo sie in die dortige Stkaße von Janina trifft. Delvino oder Delonia, gut befestigte Stadt mit1 einem festen Schlosse auf einer Anhöhe mit 600 Häusern und 8000 Einwohnern. Sie liegt am Fuß der akrokeraNischen Berge und vier Stunden von der Küste zwischen' den kleinen Flüssen Pavia (Xanthus) und Pistrini (Dodon oder Simois). Sultan Solymann eroberte diesen Platz im Jahre 1533. Von Bucitttro und Delvino geht die Verbindung j« dem schmalen und bergigen Küstenland längs den akrokeraunischrn Bergen, welche hier den besonderen Name» des Gebirges von Chimara führen. Es ist das Land der Chimarioten, die bis zu den neuern Zeiten gegen einen Tribut unabhängig lebten, und ebenfalls einen langwieri­ gen Kampf mit Ali Pascha bestanden. Es sind'Abkömm, linge der alten Chaonier,, Siegsgefährten des Pirrhus. Der von ihnen bewohnte Bezirk ist von tiefen, wilden und engen Pässen durchschnitten, von Felsen bedeckt, und bei­ nahe unangebaut. Die Verbindungen gegen Süden und Norden waren der Sicherheit des Landes wegen zerstört, und an deren Stelle nur enge von befestigten Posten be­ wachte Pfade lgelassen worden. Ihre Wohnorte waren verschanzt. Die vornehmsten derselben sind Chimara, Vonno und Driwates unweit der Küste, und auf ho­ hen und rauhen Felsen gelegen. Der Zugang zum Be­ zirk war nur allein noch durch einen Paß über das Ge­ birge Chimara aus dem Thal des Drino von Tepelin über Nivitzatiopst möglich. Ali Pascha konnte ihnen lange Zeit nichts anhaben, weil sie unter dem Schutze des Paschas von Berat lebten, dem sie den Tribut bezahlten, und wel, cher Alis Feind war. Eben so hatten sie an dem König­ reich Neapel und der jonischen Republik einige Stütze, in deren Diensten sie Truppen hatten, tvelcher sie sich im Nothfall als Beistand bedienten. Diese Truppen sind un­ ter dem Namen der Camisciotti bekannt. Von der See­ seite konnte sie Alt ebenfalls nicht angrrifen, theils weil er dazu einer stärker» Seemacht bedurfte, als ihm die Klugheit zu halten gebot, theils war die an sich stelle nur drei bi5" vier kandungspunkte gewährende Küste gut be­ wacht, und daher gegen einen Ueberfall vollkommen gest-

255 cherN El» Angriff welchen er Im Jahr 1807 von Tepelln her . mit 6qoo Mann gegen sie unternahm mißlang völlig, ungeachtet die Chimarkoten nicht unter den Waffen waren. Und nur 300 Mann $uY Bewachung des Passebeisammen hatten. Dennoch schlug diese Handvoll tapfe­ rer Leute ihre Angreifer mit einem Verlust von 1500 Mann zurück, welche größtentheils unter den Bäumen und Felsen erschlagen wurden, die man zur Vertheidigungs dieses neuen. Thermopylä eingerichtet hatte. Späterhin wurden die Chimarioten aber doch noch von Ali bezwungen» Mehr nordwestlich die Küste hinauf liegen DukatiS und Avlona beide nicht eigentlich fest. Ersteres wird von einem wilden In einem ganz gesetzlosen Zustande lebenden albanischen Volksstamm von kristlicher und mohamedanischer Religion bewohnt. Letzteres zählt 5000 Einwohner und liegt am Busen gleiches Namens, der zwischen Avlona und Dukatis zum Hafen dient, (Porto Raguseo) und von den Türken Simon Padischa- Kaiserhafen, genannt wird» Er hat überall 15, nie über 2; Faden Tiefe, ist gegen alle Winde geschützt, und gewährt die größte und bequemste Station der dortigen Küsten.. Er ist- ferner der einzige KriegShafen, den man an derselben Im adriatischen Meer von Kattaro abwärts findet. Auch find hier vorzügliche Süßwasserquellen vorhanden die eine Flotte mit Wasser ver­ sehen können. Unter günstigern Umständen könnte er da­ her ein Haupthafen von Epirus nach -er Seite von Ita­ lien hin werden. Sollte eS den Griechen gelingen sich iiti Gebiet von Janina festzusetzen, so würden sie ihn wahr­ scheinlich zu benutzen wissen. Ueberhaupt aber ist zu be­ merken, daß diese Festsetzung allein erst ihren Kriegsschau­ platz auf der großen Halbinsel zu konsolidiern vermag. Bucintro, Janina, Trikala und Larissa liegen in gleicher Linie, die mit einem Flügel an den Golf von Salonichi, und mit dem andern an die Meerenge von Korfu reicht. Sonach giebt sie eine natürliche Operations-Basis ab, welche sich gegenwärtig noch in den Händen der Türken befindet,, und denselben die größten Vortheile, auS dersel­ ben offensive zu verfahren gewährt. Dazu gehören Indeß ansehnlichere Streitkräfte, alS sie bis jetzt dahin gebracht haben, und wonach sie sich im Ganzen auf der Defensive befinden. Bei dem Verbleiben In derselben, auS Mangel überlegener. Streitkräfte, dürfte es ihnen schwer werden, sich zu behaupten, da ihnen die Bewohner dieser Gebiete feindlich entgegen, und sie also verhindert sind, von den

256 aus Ler Beschaffenheit des LaubeS hervorgehenbea Der, IheidigungSmitteln vollständigen Nutzen zu liehen. Ge­ länge rS unter -lesen Umständen den Griechen sich -er vorgenannten Linie jn bemächtigen, so würde sie ihnen nicht minder, sowohl j» einer Vortheilhaften Offensiv, als Defensiv-Basis dienen. In letzterer Beziehung ist solche vorzüglich durch die Gebirgszüge geschützt, welche östlich und westlich von Metzowo vom Pindus abgehen, und gleich einer Mauer den südlichen Theil -er Halbinsel von dem nördlichen trennen.

8. Dar Gebiet der Vojutza (ZtouS) «ad -et Drkao (Che ly baue). Es ist nördlich vom Gromos und Trebenktza, östlich vom Pindus, südlich vom Tomar und den akrokeeaunischen Gebirgen, und nordwestlich vom adriatischen Meer um­ geben. Die Vojutza entspringt am Tomar, und fließt in nördlicher und nordwestlicher Richtung rechts vom PinduS und Gromos, links von dem in nordwestlicher Richtung vom Tomar abgehenden LacmuS oder Tzumerka und Mert» zika begleitet. Dieser streicht bis Klissura nahe an einer südlichen Biegung des Trebenktza, wodurch eine von der Vojutza geöffnete Thalenge gebildet wird. Der Fluß nimmt hier «ine westliche Wendung, und setzt bann seinen Lauf weiterhin wieder in nordöstlicher Richtung, und hart am Fuß deS Trebenitza bis zu seinem Ausflußins Meer bei Dragot fort. Bald nach seinem Austritt aus jener Thalenge nimmt die Vojutza bet Tepelin den nördlich flie­ ßenden Drino auf. Dieser entspringt am Mutzkelt, und wird auf seiner rechten Seite vom Tzumerka begleitet. Die Gebiete beider Flüsse sind äußerst gebirgig und voller Waldungen. Das Thal der Vojutza ist vorzüglich schmal und eingeschnitten, besonders in der Gegend zwischen Premiti und Klissura, sonst aber gut angebaut. Das Thal des Drino ist voll von Dörfern, und auf bei­ den Seiten erstreckt sich der Anbau sehr hoch an den Ab, hängen der Berge hinauf. Die Verbindungen des Gebiets der obern Vojutza kommen von Süden her über -en Tomar aus dem Thal deS Artas so wie von Janina. Beide sind bereits bei den Gebieten von Arta und Janina erwähnt worden. Die er­ stere Gemeinschaft spaltet sich in zwei Zweigen über den Tomar. Die östliche trifft aufZagori und weitherhin auf. Ko,

257 Könitz a, welche Städte Hauptort» besonderer Distrikte find. Die Einwohner drö ersteren find meistens Kristen, die deletzteren zur Hälfte Mohamedaner. Konitza hat 600 Häu­ ser. Es geht von hier eine Verbindung über den Pinduuach dem südlichen Mazedonien aufGrevna und Kastoria. Der westliche Zwelg der auS dem Gebiet des Arts­ kommenden Gemeinschaft geht sogleich wieder in nordöst­ licher Richtung über den PinbuS auf Grevna. Dio von Janina kommende Straße senkt flch sogleich in bas Thal der Vojutza. Bevor fie aber diesen Flug erreicht geht fie bei Ostalnltza durch einen engen Paß, welcher durch ein altes noch auS dem Alterthum herrührendrs Kastell gesperrt wird. Alsdann führt fie auf einer steinernen Drücke über di« Vojutza, und hart am rechten Ufer derselben entlang bis zum Han von Ferri; hierauf wieder auf einer zweiten Brücke bis Premtti. Diese Stadt wird von 700 Familien wovon zwei Drittheile Türke» find, bewohnt. Die Straße führt dann zum drittenmal über die Vojutza, und mit dieser durch die Thalenge oder den Paß von Klissura, auch der Paß von Gruka, von de» Alten Fauces oder Strna Pelagoniä genannt. Er ist schon aus der alten Kriegsgeschichte berühmt, namentlich aus dem Feldzüge des Konsuls Flaminius gegen Philipp von Mazedonien. Dieser hatte fich hier zur Vertheidi­ gung deS Passes ausgestellt, ward aber von Flaminiudurch «ine List daraus vertrieben. Bis Trprliu, 24 Stun­ den von Janina ist der Weg gut und fahrbar. Dor dem Eintritt in den Paß gehr eine, obwohl beschwerliche Ge­ meinschaft mit Berat in fortgesetzter nordwestlicher Rich­ tung weiter über den Trebenitza. Die Hauptverbindnngen des Gebiet- de- Drino und der untern Vojutza mit dem Gebiet des Kalamas komme» von Janina über Jarovlna und Delvinaki, so wie von Bucintro über Delvino und dem Dorfe Nivitza. Beide vereinigen fich auf dem rechten Thalrand des Drino. Der Weg geht dann denselben entlang, über die Dörfer EpiSkopi und Valera bis zwei Stunden vor Teprlin, als­ dann über eine Brücke nach diesem Ork. Auch dieser Wegeist gut und fahrbar. Ein Seitenweg führt von Eplskopi links ab über den Drino nach Argiro Kastro, befestigter Ort am linken Ufer die, ses Flusse-, und auf einem der niedrigsten jedoch selfigten Abhange der akrokeraunkschen Berg«, mit 4000 Häusern und rhrmdem 20000 größtentheils mohamrdanischrn (Ein* 17

258 wohnern, von denen aber im Jahr 1814 Iwei Drittheile an der Pest starben. Die Stadt wird von einem festen Schloß beherrscht, und von tiefen Felsenschluchten durch­ schnitten, über welche Brücken zur Verbindung der ein­ zelnen Stadttheile führen. Die Häuser sind nach Maaß­ gabe des Reichthums ihrer Besitzer mit Mauern umgeben, dir man mit Schießscharten und Thürmen versehen hat. Vor der Pest konnte die Stadt mit dem dazu gehörigen Distrikt 12000 Mann unter Waffen stellen. Libovo, befestigte Stadt nordöstlich von Argiro Kastro und zwar recht- der Straße, hat eine noch vor, theilhaftere Lage als dieses, am Fuß des Mertschlka. Eie enthält 6000 mohamebanische Albanesen zu Einwohnern. Ali Pascha hatte hier einen großen befestigten Pallast an­ legen lassen, in welchem seine Schwester refldirte. Zm Jahr 1814 wurde sie durch die Pest ebenfalls ganz ent­ völkert. Tepelini Festung am linke« Ufer der Vojutza, un­ terhalb des Einflusses des Drino in dieselbe, und in einer tiefen, ringsum von nackten und hohen Felsen gebildeten Schlucht. ES ist der Geburtsort Ali Pascha's, der hier einen nach einem sehr großen Plan angelegten befestigten Pallast hatte, in welchem er einen Theil seiner Schätze verwahrte. Oie Stadt enthält 400 schlechte Häuser und mit den dazu gehörigen 18 Dörfern 7000 mohamebanische Einwohner. Im Jahr 1486 wurde sie von den Osman, ne« erobert. Von Trpelin führt eine Straße am linken Ufer der Vojutza bis Selenitza, und von dort über die akrokerau, uischen Berge nach Avlona; von hier führt «in Küstenweg in nördlicher Richtung nach Durazzo. Tepelin hat eine militairisch wichtige Lage, da es die Hauptverbindungen per Gebiete des Drino und der Vojutza sperrt. Durch den Besitz desselben und des 4 Stunden oberhalb befind­ liche« Engpasses von Klissura ist man Herr dieser beiden Gebiete.

9. Da- Gebiet de- Lom oder Kavroni (2spfu6.).

Außer de« Gebirgen die es von den vorigen Geble, te« trennen, wird es östlich von der nördlichsten und zwar bei Ochriba vom Bernas abgehenden Pinduskette, und nördlich vom Opar, Tomerit und Ojirad- Gebirge ringe, schlossen.

259 Der kom entspringt an berPknbuskette zwischen NoS, kopolis und Desnitza, und fließt in westlicher Richtung dem adriattschen Meer zu. Die nördlichen wie die südlichen -en Fluß begleitenden Gebirge treten bei seinem Ausfluß dicht an denselben und an die Käste, so daß das Thal des Lom nur einen schmalen Eingang in das Innere des GrbietS zuläßt, und die dazu gehörige Küste nur etwa zwei Stunden lang ist. Von den mehreren kleinen Ge­ birgsbächen welche der Fluß aufaimmt, ist der'am Trebenitza entspringende Mavronrr» der bedeutendste. Da­ obere Thal deS Lom ist schmal, und die Rücken der densel­ ben begleitenden Gebirge liegen etwa 6 Stunden ausein­ ander. Dieser Theil des Gebiets ist sehr wild und rauh, und nur mehr unterhalb enthalten die Ufer de-Lom Ebe­ nen von einigem Umfange. DaS Gebiet wird hauptsäch­ lich von den Toskiden der zweiten Abtheilung der Alba­ nesen nach Jungen bewohnt. Es führt den Namen der Toskaria, oder der Musasche, und begreift Neu Epirus. Der Hauptort ist Berat (türkisch: Arnaut Belgrad), Festung auf den rechten Uferhöhen des kom, mit is$o größtenthells von albanefischen Kristen bewohnten Häusern und 11500 Ein­ wohnern. Auf einer fle beherrschenden Höhe ist noch eia starkes mit Schießscharten und vier Thürmen versehenes Fort angelegt worben, welches die Türken besetzt halten. Es giebt aber weder hier noch kn der Festung selbst Quel­ len oder Zisternen, daher fich eine Besatzung aus Mangel an Trlnkwasser nicht lange halten kann. Unterhalb der Festung welche eigentlich die Neustadt ausmacht, liegt noch tief im Thal zu beiden Seiten des FlusseS die Un­ terstadt, in welcher 6000 Menschen leben, und wovon höchstens ein Drlttheil Mohamedaner sind. Von Berat geht eine Straße nach Durazzo über -en Ojirad, ferner nach Elbaffan über den Tomerit, und end­ lich stets am linken Ufer des kom aufwärts bis Noskopoli am Fuß der Hauptkette. Don dort führt sie, den Berg Kolonias derselben übersteigend, nach Gortza im Ge­ biet der Biklista. Ein anderer Paß über den Kolonias, der aber beschwerlicher ist, führt gerade auf Biklista. 10. Das Gebiet der Biklista «derZnichori (AlstreoS) und des Benetiko (Haliakyivn).

Es begreift den südwestlichsten Theil von Mazedonien, ist östlich von der PtnduSkette von Ochriba bk- Metzowo, 17*

260 südlich vom Krailchiovo, westlich vom Miluna und Vermion, und nördlich vom südlichsten Doras ober Dernos umschlossen. Die Blkllsta entspringt am nördlichste» Punkt der Pinduskette bei Gortza, der Venetlko aber bei Metzowo. Beide vereinigen sich bei Servka, und nehmen dort den Namen Jndge Karasu an, welcher hart am Vermlon zwischen diesem «nd dem nahen äußersten Ende des BetnaS, in nordöstlicher, und dann um jenen herum in östlicher Richtung dem Golf von Salonichi zuflirßt. Die obern Thäler dieser Flüsse sind gebirgig, mehr abwärts aber umschließen die Bergrücken fruchtbare Ebenen. Eigentliche Festungen befinden sich in diesen Gebieten nicht. Die nahmhaftesten Orte sind Grevna, Hauptstadt eines Bejirks und einer der größten Stapelplätze des innern Handels von Mazedonien. Sie liegt eine gute Stunde vom linsen Ufer des Denetiko, und an der Vereinigung der Straßen von Ochrida und Berat über Gortza und Diklisia, von Bitoglia über Flo, rina und entweder über Kastoria oder Siatista, von Sa, lonichi, Janina und Larissa. Alle Operationen über die Gebirge von Larissa, Janina, Berat und Ochrida haben Grevna zum nächsten Objekt, welches errungen zugleich wieder zum Hauptstützpunkt der fernern Operationen von hier aus auf Salonichi dient. Die Straße dahin trifft mit der von Platamona über Katrin am Vardar zusam­ men. Aber die Uebergänge über die Biklista sowohl, als über den Jndge Karasu von Katrin her, und endlich über die beiden Ausflüsse des Vardar können vom Vertheidiger sehr erschwert werben, und dürften nach Maaßgabe deS Widerstandes nur unter großen Anstrengungen möglich seyn. Kastoria, nördlich von Grevna an einem etwa fünf Stunden im Umfang habenden See, und am Fuß des DernaS. Die Stadt ist der einzige feste Platz in diesem Gebiet, liegt nördlich des Sees auf einer in denselben einbrlngenden Halbinsel, unb ist also auf drei Seiten vom Wasser umgeben. Die Landseite ist durch Mauern und einem Wassergraben befestigt. Auch hat die Stadt ein Kastell, welches aber nicht im besten Zustande ist. Die Straße von Gortza über Biklista nach Grevna geht eine Stunde von der Stadt vorbei, und auf eine Stunde am westlichen Rand des Sees entlang. Kastoria ist von Grevna etwa 10 Stunden entfernt.

261 Servitza, eine ziemlich bedeutende Stadt, Ist einer der größten Vrrbinbungspunkte des Handels zwischen La­ rissa und Salonichi. Sie liegt etwa auf halbem Wege zwischen letzterem und Grevna. Karaveria ist der letzte Ort von dieser Sekte auf der Straße nach Salonichi. Er wurde 1364 von den Osmannen durch Kapitulation genommen, und entwaffnet.

11. Die Halbinsel von Salonichi schalkidische Halb­ insel). Sie hat etwa 12 Stunden Breite von Westen nach Osten, und eben so viel Tiefe von Norden nach Süden. Alsdann theilt fie sich in drei, ungefähr sechs Stunden lange und einige Stunden breite kleinere Halbinseln. Die westlichste davon führt den Namen Kassandra, die mittlere Sikia, die östliche Athos. Das Gebirge Kerkine zwischen dem Vardar und Ponto tritt östlich von Salonichi in die Halbinsel, und verzweigt sich ebenfalls nach deren vorgedachten kleinern Theilen. Der östlichste Zug bleibt am bedeutendsten, und endigt mit dem Berge Athos dessen Höhe verschieden zu 4260, und 5900 Fuß angegeben wird. Be­ kanntlich,ließ Xerxes die Erdzunge, worauf sich der AthoS erhebt, mittelst eines Kanals durchstechen, der zwar langst verschüttet ist, von dem aber noch Spuren vorhanden sind. Den Namen AthoS führt der ganze Gebirgszug überhaupt, der Berg selbst helßt auch der heilige Berg (Monte Santo) wegen der Menge darauf befindlicher Klöster, worin die Hetlkgthümer der griechischen Kirche verwahrt liegen. Die Zahl dieser Klöster betragt 221. Außerdem bedecken den Berg noch 500 Einsiedeleien und Kapellen mit unzähligen Grotten und Zellen. In allem leben darauf 6002 Mönche. Die Klöster sind von hohen Mauern umgeben, und mit Geschütz besetzt, sowohl zum Schutz gegen Seeräuber, als auch gegen die WIllkühr der Türken. Bei dem Kloster Alav ara an der östlichen Küste des Athos ist der Hafen des GebkrgS. Dies Kloster ist allein von 500 Mönchen bewohnt, und ganz wie eine Festung eingerichtet. Die ganze Halbinsel wird meistens von mazedonischen Griechen bewohnt, welche sich ebenfalls im Jahr 1821 gegen die Türken km Aufstand befanden, welcher sehr be­ drohlich für Salonichi ward, und noch gefährlicher für letztere hätte werden können, wenn derselbe mehr alS ge­ schehen konnte, unterstützt worden wäre. Die Türken wur­ den gleich im Anfänge des Aufstandes genöthigt sich nach

262 Salonlchi zurückzuzlehe», und die Insurgenten rückten 6(6 auf eine Stunde von den Mauern dieses Platzes vor. Die Folgen wären außerordentlich gewesen, wenn sie sich desselben hatten bemächtigen können/ was nicht unmög­ lich war, da sich ioooo Griechen darin befanden. Allein sie hatten keine Artillerie, dagegen war in Salonlchi eia großer Train derselben Behufs des Kriegs gegen Zaaina versammelt. Der Pascha von Salonlchi rückte nun seiner Eriks mit allen disponiblen Streitkräften den Griechen entgegen, und lieferte denselben in zwei aufeinander fol­ genden Tagen twel Treffen, in welchen die Griechen auS den befestigten Stellungen und Orten Galajitta, Wasillko und Polykros vertrieben und gejwungen wur­ den, sich nach dem Berg Athos, so wie nach der Halbinsel Kassandra zurückzuzlehen. Hier beschlossen sie sich zu be­ haupten. Der Zugang zu letzterer ist ein schmaler nur eine Stunde breiter Isthmus. Dieser ward verschanzt. Vergeblich suchten die Türken hier einzudringcn; viele ihrer Angriffe mißlangen nach sehr mörderischen Kämpfen. So behaupteten sich die Griechen daS ganze Jahr hin­ durch bis endlich Abdulubud, neuernannter Pascha von Salonichk, mit verstärkten Kräften gegen sie anrückte. Nach zwei hartnäckigen Treffen wurden der Isthmus und die dahinter liegenden Stellungen bei Neu-Kassandra, Stadt mit einem guten Hafen am Golf von Salonlchi, lm Monat November erstürmt. Der Rest der Griechen nahm die dargebotene Amnestie an, ward aber in die Sklaverei geschleppt. Die Priester auf Monte Santo, ge, gen einen gewaltsamen Angriff durch die Festigkeit ihrer Klöster geschützt, kamen mit der Zahlung einer ansehn­ lichen Kontribution davon. So enbkgte sich die kurze Rolle welche die Grieche» dieser Halbinsel im Beginn beS gegenwärtigen Kriegs ge­ gen die Türken spielten. Die Anstrengungen mit welche» Letztere den dortigen Aufstand zu unterdrücken bemüht wa, ren, zeugen von der Wichtigkeit und dem Einfluß des Be­ sitzes der Halbinsel für. das Schicksal von Salonlchi. Hätte» die Griechen dieselbe gleich im Anfang mehr un­ terstützen können, was ihnen vermuthlich, zu sehr mit sich selbst beschäftigt, nicht möglich war, so konnte dle alsdann wahrscheinliche Eroberung von Salonlchi dem Krieg eine ganz andere Wendung geben. Und noch jetzt, wo sie durch ihre Flotte Herrn der dortigen Meere find, scheint eine

263 komblnkrte Unternehmung gegen diesen Platz |tt Wasser und zu Lande ihre nächste Aufgabe yW ’

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