Versuch einer Charakteristik des Awarischen: Mit Exkursen zur Sprachtheorie [Reprint 2021 ed.] 9783112564882, 9783112564875


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German Pages 30 [34] Year 1954

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Versuch einer Charakteristik des Awarischen: Mit Exkursen zur Sprachtheorie [Reprint 2021 ed.]
 9783112564882, 9783112564875

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SITZUNGSBERICHTE DER D E U T S C H E N AKADEMIE D E R W I S S E N S C H A F T E N ZU B E R L I N Klasse

für

Sprachen,

Literatur

Jahrgang

1952 Nr. 3

ERNST

VERSUCH EINER

und

Kunst

LEWY

CHARAKTERISTIK

DES AWARISCHEN MIT E X K U R S E N ZUR

SPRACHTHEORIE

1953

AKADEMIE-VERLAG

BERLIN

Vorgelegt in der Gesamtsitzung v o m 4. S e p t e m b e r 1952 Z u m D r u c k genehmigt a m gleichen Tage, ausgegeben a m 18. Mai 1953

Erschienen im Akademie-Verlag G m b H . , Berlin N W 7, S c h i f f b a u e r d a m m 19 Veröffentlicht u n t e r der Lizenz-Nummer 1218 des A m t e s f ü r L i t e r a t u r und Verlagswesen der Deutschen Demokratischen Republik Satz u n d Druck der Buchdruckerei F . Mitzlaff, R u d o l s t a d t / T h ü r . V/14/7 (999) Bestell- u n d Verlagsnummer 2 0 1 0 / 5 2 / I V / 3 Preis: DM 3,40 P r i n t e d in Germany

1. Die Nomina des Awarischen sind in drei Klassen geordnet: Masculina, Feminina, Neutra. Sollte man als vierte Klasse den Pluralis zufügen, der für alle drei Genera gleich ist? Das ihn bezeichnende Element r, mit l wechselnd, bildet auch Nomina, die wir etwa Abstrakta neniien möchten: r-op Liebe zu -o$i lieben, gefallen; es dürfte mit ihm im Grunde identisch sein; wobei die Frage, was Identität hier bedeutet, wohl vernachlässigt werden darf. Die Genuszeichen: v ~ u, j ~ i, b treten nur bei' sehr wenigen Worten, die Bedeutung schaffend, unmittelbar am Nomen auf: v-as Bursche, j-as Mädchen, v-a$$ Bruder, j-a$$ Schwester. Vater und Mutter sind ernen und ebel. Aber viele auf die klassifizierten Nomina sich im Satze beziehenden Worte: Pronomina, Adjectiva, eine bestimmte Reihe der Lokalkasus und einige Ortsadverbia, das Hilfsverbum, Partir zipia, eine sehr häufige Verbaiform vieler Verben, zeigen die Genuszeichen. Es heißt also: do-u1 beceda-u2 cijasul3 (Stammform ci) dieses 1 reichen 2 Mannes 3 ; (Patimat) lief nach Hause tuturO- j-igo2 ruqu-j-ez (etwa: Patimat: gelaufen, laufend 1 sie-ist 2 nach-sie-Hause 3 ); Bacir sah dieses schöne Mädchen auch bacirida1 do-i2 ber$ina-i3 j-asl-gi5 j-ix-un6 j-igo'1 (etwa: auf, an-Batschir 1 dieses 2 schöne 3 Mädchen 4 auch 5 sie-gesehen 6 (-ix- sehen) sie-ist 7 ; flura-b1 co-da2 auf das gegebene 1 Pferd 2 (steigend),; sibnigi1a-u2v-asasdaskan¡iib-ixule-b5b-ukun6hego'! irgendwelches 1 auf diesen 2 Jungen 3 Licht 4 gesehenes 3 gewesen 6 nicht-ist 7 , d.h. dieser Junge h a t t e nicht irgendwelches Licht gesehen. E i n Verbum enthält die Genuszeichen i n sich: dosije1. . . ha-v-uñ2 v-ugo3 $oi v-as5 ihm 1 gemacht, geboren 2 ist 3 ein 4 Sohn 5 ; dur1 zulal2 hakita?

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Ek,nst Lewy

hanal4 tahi5 ha-b-un6 gute1 von deinem1 hölzernen, Holz2 Wagen3 ein Fohlen5 aus Fleisch4 (und Blut) geboren6 wird-nicht7. Es ist ha-v, j, b-ize (-ize ist Infinitivendung) machen, gebären. 2. Das Kasuszeichen tritt, wie das zuerst angeführte Beispiel do-u beceda-u cijasul (j-ikun1 j-igo2 $o3 j-asi dieses reichen Mannes gewesen1 ist2 eine3 Tochter4, dieser reiche Mann hatte eine Tochter) bei einem aus Pronomen, Adjektivum und Nomen bestehenden Satzstück nur einmal auf; was auf eine andere als die uns gewohnte Kongruenz deutet. Aber Kongruenz, oder eine Eigenschaft der Sprache, die wir sehr geneigt sein würden, Kongruenz zu nennen, ist durchaus üblich: der Satz, noch mehr die Periode werden durch sie geschaffen oder mitgeschaffen: do-u1 ci2 dol3 v-itana4 ruqo-v-e5 dieser1 Mann2 mit, von-ihr3 ergeschickt-wurde4 er-nach Hause5; heb1 sahat2 xanas3 v-uxara-u4 ezer-gi5 v-iccan6 tun1 v-ugo8 zu dieser1 Zeit2 von-dem-König3 der gebundene4 Ezer-auch5 er-befreit6 gelassen7 er-ist8, d. h. jetzt ließ der König den gebundenen Ezer auch frei; dou1 vas2-gi3 dol4 v-axxcize5 ha-b-un6 b-ugo7 dieser1 Bursche2 auch3 von-ihr4 er-zu verstecken5 es-gemacht6 es-ist7, d. h. das diesen Burschen zu verstecken wurde gemacht, sie versteckte diesen Burschen; dun11) j-igo2 hatfau3 nuzo$ofi gvaze5 fioboda6 v-uxun7 v-ugo8 ciasul9 QQUZU10 ich1 sie-ist2 jener3 von-euch4 zum-töten5 an-den-Pfeiler6 er-gebunden7 er-ist8 Mann-es9 Frau10, d. h. ich bin die Frau jenes von euch an den Pfeiler gebundenen Mannes, der getötet werden soll2). Die Änderung des Genuszeichens schafft, wie diese Beispiele zum Teil zeigen, die Periode: hobol1 Ezer v-agindal2, kina-b3-goi xalq5 tad6 b-axun7, Hurmai? ha-b-un9, hodo10 ppez11 1) Daß hier dun ich, Genetiv dir, mun du, Genetiv dur heißt; daß bei den zahlreichen Demonstrativen s- und t- keine Rolle spielen, wohl aber d-; daß Inklusiv und Exklusiv existieren; sind wichtige Züge der Sprache, die aber vielleicht doch noch nicht charakteristisch für sie sind. 2) Solch ein Beispiel ist bezeichnend für die relativen Sätze. Man ist leicht geneigt zu vergessen, daß auch Relativzeichen im Subjektkasus fehlen (Abbot, Shakespearian Grammar, § 244).

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Versuch einer Charakteristik des Awarischen

als-Gast 1 Ezer gekommen2, alles3-auch4 Volk5 auf es-gestanden7, Ehre8 es-machend, bezeigend9, nieder10 zusetzen11 er-gemacht12 er-ist13, d. h. als Ezer als Gast kam, stand alles Volk auf und erwies ihm Ehre, und ließ ihn sich niedersetzen (avun steht für havun im Sinne eines Kausativums). Die untergeordneten Satzstücke — ich übersetze mit diesem ungeschickten Ausdruck jenen glücklichen englischen Terminus: subordinate clause, Gardiner, The theory of speech and lang uage 183 — werden durch andere Genuszeichen markiert. Die finiten und infiniten Verbalformen sind also oft mit den Genuselementen versehen, die sich g e l e g e n t l i c h auf die sprechende, angesprochene, besprochene Person beziehen. Auch die persönlichen Pronomina enthalten keine Genusandeutung. Zur Zeit3, als ich1 klein2 war, ging4 ich . . . sagt ein Mann dun1 hitinau2 mexa\3 ana4 ; du1 mußt 2 mit-uns3 schlafen4 mun1 niagun3 j-egize4 2 kkela sagen Männer zu einem Mädchen. Das Zeichen des Neutrums fügt ganze Satzstücke dem Satze ein, wie oben dou vas-gi a-v-un12

v-ugo13

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do\ vaxxcize

habun

bugo

: a-u1

v-as2

due3

ine4

zaq5

b-o@un6

b-ugo1

dieser Bursche dorthin zu-gehen sehr es-lieb es-ist ; Patimatifa rahun1 b-ugo2 halbadiriia? $u$uazdei abule-b5 an-Patimat gehört1 es-ist2 das von-den-Gefährten3 zu-einander4 gesprochene5, sie hört, was die Gefährten zueinander sagen (s. weiterhin § 8, § 10, Ende). 1

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3. Neben den verschiedenen Genuszeichen schafft den Satz hier, wie schon manche der angeführten Sätze gezeigt haben werden, auch die Art der Verknüpfung des Vorganges mit einem Subjekt. Das Kasussystem 1 ) im ganzen ist folgendermaßen aufgebaut — ich folge hier meist ZIRKOV — : neben der Stammform 2 ) besteht ein Instrumental 2 ); von diesem werden der Genetiv durch -ul und der Dativ durch -(ij)e abgeleitet und 1) Zwei reichhaltige Arbeiten über awarische K a s u s sind die von BOUDA, Caucasica 9 . 4 2 , und HJELMSLEV, L a catégorie des cas I I , 2 . 2) Siehe E x k u r s 1.

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ERNST LEWY

eine große Reihe von Lokalen, die — mit Z I R K O V — in V Klassen zu ordnen sind mit je einem Lokativ, Allativ, Elativ. Um uns dies eigenartige System näher zu bringen, scheint ein Blick auf die Lokale des Finnischen instruktiv: Inessiv auf -ssa, Illativ auf -sen, h-n, Elativ auf -sta; Adessiv auf -IIa, Allativ auf -lle, Ablativ auf -lta, Setälä, Suomen kielioppi 46—50. Jene enthalten deutlich ein gemeinsames Element -s-, das etwa das Innere, diese ein Element -1-, das etwa die Nähe bezeichnet (so daß die Erklärung jenes -s- als einer Kürzung von sisä Inneres, jenes -1- als einer von liki oder luo Nähe bedeutungsmäßig sinnvoll war; K E L L G R E N , Die Grundzüge der finnischen Sprache. . ., 1847, 51). Hier haben wir nun die Gruppen der Oberfläche I, der Nähe I I , des Inneren I I I , des Unteren IV, der Richtung V. Die V. Gruppe nimmt die Genuszeichen zu sich 1 ) (wie erwähnt § 1). — Zur Verknüpfung von Aktion und Aktor werden die Kasus so verwandt: die Stammform dient zur Bezeichnung des Subjekts des intransitiven Verbums und des Objekts des transitiven; der Instrumental zur Bezeichnung des Subjekts des transitiven Verbums; der Lokativ I zur Bezeichnung der beteiligten Person bei Empfindungsverben (sehen, hören, auch können); der Dativ zur Bezeichnung der beteiligten Person bei Gefühlen (lieben). Für transitive und intransitive Handlungen und Vorgänge sind schon manche Beispiele gegeben (naturgemäß ist fast jeder Satz ein Beispiel); weitere sind: xan-as ahun v-ugo kija-u-go v-as der König rief die zwei Söhne; von, mit dem König gerufen sind die beiden Söhne (nach dem Zahlwort steht die Stammform); Omari$a Bacir qvarid1 ha-v-ize2 rekunz v-ugo von Omar Bacir eng 1 zu-machen, gemacht-zuwerden 2 angefangen 3 ist-er, der Omar fing an, den Bacir zu ärgern; Usmaniia flun1 b-ugo2 Bacirije cuz-gi jara^-gi von Osman gegeben 1 ist 2 Bacir Pferd 3 und Waffen 4 ; diia1 b-osila2 . . . 1) und hat keinen Plural. Man erinnere sich DELBRÜCKS Darlegung, daß der idg. Ablativ Hur Singular-, der Lokativ nur Pluralkasus ist.

Versuch einer Charakteristik des Awarischen

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ich1 nehme2 Geld3; kvanan1 r-ugo2 xartaia? hijalgo* ge2 3 gessen werden von-der-Chart beide4. Intransitiv: dur1 kaßat2 suana3 dixei dein1 Brief 2 gelangte3 zu-mir4; nii1 nax2 r-usinzin3 wir1 zurück2 wollen-kehren3. Empfindungen: dida1 rahun2 b-ukana auf-mir1 gehört2 war3, ich habe gehört; duda1 aslco2 v-aginze3 dida4 kolaro5 zu2 dir1 zu kommen (sagt ein Mann)3 auf-mir4 5 ist-unmöglich , ich kann nicht. . .; Bacir j-asaldat-gi2 v-ixun3 1 2 3 4 4 v-ugo Bacir auf-dem-Mädchen -auch er-gesehen er-ist , das Mädchen sah Bacir. Dieser Lokativ I. Klasse steht dem Dativ der Bedeutung nach nicht zu fern: das Verbum -at- finden wird mit beiden Kasus verbunden 1 ): he-b1 maharda2 (Lokativ I.) hezije3 (Dativ) b-atunl b-ugo5 goe xala1 auf diesem1 Berge2 ihnen3 es-gefunden4 es-ist5 ein6 Schloß7, sie finden ein Schloß, und dosta1 (Lokativ I.) du-r-a2 r-atun3 r-ugoi . . . xanasul5 j-as^-gi1 §aravass-gi7 auf-ihm7 dort-sie2 sie-gefunden3 sie-werden4 desKönigs5 Tochter6 sowohl7 als7 Sklavin8. Nur den Dativ gebraucht das Gefühlsverb v-as1 xanas-e2 zaq3 v-oqule-u4 1 2 3 4 5 6 v-uhun v-ugo der-Sohn dem-König sehr geliebt gewesen5 ist 6 ; Asijat-ije (Dativ) Bacir . . . v-otfun1 v-ugo2 der Asijat Bacir ge1 2 liebt ist , sie liebt Bacir; mun1 gure-u2 v-oplaro3 außer2 dir1 liebe-ich-nicht3, sagt das Mädchen zum Mann. liaraf3

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4. Die häufigen Beispiele des Instrumentals haben gezeigt, daß er nicht auf e i n e Weise gebildet wird: häkita von dem Wagen: hoko, do\ von ihr, zu do-i, xan-as von dem König zu xan, so daß also drei verschiedene Elemente -(