121 59 28MB
German Pages 284 Year 1996
DEUTSCHES
INSTITUT
FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG
BEITRÄGE ZUR STRUKTURFORSCHUNG
HEFT 163 · 1996
Udo Ludwig, Reiner Stäglln, Carsten Stahmer unter Mitarbeit von Kari-Helnz Siehndel
Verflechtungsanalysen für die Volkswirtschaft der DDR am Vorabend der deutschen Vereinigung
DUNCKER & HUMBLOT · BERLIN
Die Deutsche Bibliothek -
CIP-Einheitsaufnahme
Ludwlg, Udo: Verflechtungsanalysen für die Volkswirtschaft der DDR am Vorabend der deutschen Vereinigung I Udo Ludwig; Reiner Stäglin; Carsten Stahmer. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung. Unter Mitarb. von Kari-Heinz Siehndel. - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Beiträge zur Strukturforschung ; H. 163) ISBN 3-428-08879-4 NE: Stäglin, Reiner; Stahmer, Carsten; GT
Verzeichnis der Mitarbeiter Wissenschaftliche Bearbeitung
Udo Ludwig (Institut für Wirtschaftsforschung Halle - IWH) Reiner Stäglin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung - DIW) Carsten Stahmer (Statistisches Bundesamt - StBA) Kari-Heinz Siehndel (StBA) Wissenschaftlich-technische Mitarbeiter
Christina Czerwensky, lnge Herrchen, Edelgard Hesse, Claudia Junker, Ulf-Karsten Keil (StBA) lngrid Ludwig, Joachim Schintke (DIW) Heinz-Jürgen Tschinkel (!WH) Textverarbeitung
Andrea Jonat (DIW)
Herausgeber: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Königin-Luise-Str. 5, D-14195 Berlin Telefon (0 30) 8 97 89-0 - Telefax (0 30) 8 97 89 200 Schriftleitung: Dr. Kurt Hornschild Alle Rechte vorbehalten
© 1996 Duncker & Humblot GmbH, Cari-Heinrich-Becker-Weg 9, D-12165 Berlin Druck: ZIPPEL-Druck, Oranienburger Str. 170, D-13437 Berlin Printed in Germany ISSN 0171-1407 ISBN 3-428-08879-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 (§
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorbemerkung 1
12
Input-Output-Tabellen für die DDR in Mark der DDR nach bundesdeutschem Konzept
15
1.1
Umstellung der Verflechtungsbilanz des gesellschaftlichen Gesamtprodukts 1987 für die DDR auf das ESVG-Konzept
15
1.2
Erstellung einer Importmatrix 1987 für die DDR
20
1.3
Umgestellte und neuberechnete Input-Output-Tabellen 1987 für die DDR in Mark der DDR
22
2
Input-Output-Tabellen 1987 für die DDR in D-Mark nach bundesdeutschem Konzept
24
2.1
Methodenwahl für die Umbewertung der Tabellen von Mark der DDR in D-Mark
24
2.2
Datenbasis und Umrechnungsprozedur
28
2.2.1
Ermittlung der Preisumstellungskoeffizienten für den Inlandsabsatz
28
2.2.2
Berechnung der Außenhandelsumsätze in D-Mark
34
2.2.3
Schrittfolge bei der Umbewertung
39
2.3
Vergleich ausgewählter Input-Output-Daten 1987 für die DDR in Mark und in D-Mark
44
2.3.1
Bruttoinlandsprodukt, Inlandsnachfrage und Ausland
44
2.3.2
Produktionswerte, Vorleistungen und Bruttowertschöpfung
48
3
Verflechtungsanalysen für die Volkswirtschaft der DDR im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 1987
56
3.1
Input-Output-Tabellen 1987 für die Bundesrepublik Deutschland
56
3.2
Unterschiede in der sektoralen Input- und Output-Verflechtung für die DDR und für die Bundesrepublik Deutschland
58
3.3
Sektoraler Arbeitskräfteeinsatz, Arbeitsproduktivität und Berufsstruktur der Erwerbstätigen
62
3.4
Direkte und indirekte Produktionseffekte
67 3
Seite
3.5
Sektorale Produktionsabhängigkeiten von den Kategorien der letzten Verwendung
71
3.6
Zurechnung von Primärinputs zu den Kategorien der letzten Verwendung
76
3.7
Abhängigkeit der DDR von der Ausfuhr in das sozialistische und das nichtsozialistische Wirtschaftsgebiet
77
3.8
Produktions- und Beschäftigungseffekte des innerdeutschen Handels
85
4
Dokumentation der Berechnung der Input-Output-Tabellen 1987 für die DDR in Mark der DDR nach dem ESVG-Konzept
95
4.1
Umstellung der Verflechtungsbilanz
97
4.1.1
Konzeptionelle und methodische Input-Output-Aspekte
97
4.1.1 .1
Erstellung der Umschlüsselungsnomenklatur
97
4.1.1 .2
Nachweis der Subventionen
98
4.1 .1.2.1 Umstellung der Subventionen der letzten Verwendung
101
4.1.1.2.2 Umstellung der Subventionen des Vorleistungsverbrauchs
102
4.1.1 .3
Erfassung der Nachauftragnehmerleistungen des Anlagenbaus
105
4.1.2
Berechnung der Eckdaten
106
4.1.3
Berechnung der Vorleistungen
107
4.1.3.1
Datenbasis
108
4.1 .3.2
Generalreparaturen
109
4.1.3.3
Gesellschaftliche Konsumtion
111
4.1.3.3.1
Umsetzung der Gesellschaftlichen Konsumtion
111
4.1.3.3.2 Gebietskörperschaften
113
4.1.3.3.3 Sonderbereich
114
4.1.3.3.4 Sozialversicherung
115
4.1.3.4
Betriebliche Betreuungseinrichtungen
117
4.1.3.5
Dienstleistungen
118
4
Seite 4.1.3.5.1
Wohnungsvermietung und Vermietung von gewerblichen Räumen
120
4.1.3.5.2
Leistungen der Kreditinstitute
121
4.1.3.5.3 Dienstleistungen der Außenhandelsbetriebe
122
4.1.4
Berechnung der letzten Verwendung
124
4.1.4.1
Privater Verbrauch
125
4.1.4.2
Staatsverbrauch
127
4.1.4.3
Investitionen
127
4.1.4.4
Vorratsveränderungen
128
4.1.4.5
Ausfuhr
129
4.1.5
Güteraufkommen und Bruttowertschöpfung
130
4.1.5.1
Gesamtwirtschaftliches Güteraufkommen
130
4.1.5.2
Einfuhr
132
4.1.5.3
Bruttowertschöpfung
132
4.1.5.3.1
Einkommen aus unselbständiger Arbeit
132
4.1.5.3.2 Abschreibungen
133
4.1.5.3.3 Saldoposition
135
4.2
Berechnung der Einfuhrtabelle
135
4.2.1
Datenbasis
136
4.2.2
Vorgehen bei der Tabellenerstellung
138
5
Schlußbetrachtung
143
Summary
145
Pe3IOMe
147
Literaturverzeichnis
149
5
Verzeichnis der Tabellen im Text
Die Ziffern vor dem Schrägstrich beziehen sich auf Kapitel und Abschnitte Seite 1.1/1
Unterschiede zwischen der GVB 1987 für die DDR nach MPSKonzept und der lOT 1987 nach ESVG-Konzept (Differenztabelle), Mill. Mark
21
Index der Erzeugerpreise ausgewählter gewerblicher Produkte (lnlandsabsatz) in den neuen Bundesländern nach der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion 1990
31
Preisumstellungskoeffizienten von Mark zu D-Mark für die Land- und Forstwirtschaft und das warenproduzierende Gewerbe nach Verwendungszwecken im Jahre 1987
38
2.2/3
Preisumstellungskoeffizienten von Mark zu D-Mark für Dienstleistungen nach Verwendungszwecken im Jahre 1987
42
2.3/1
Die Zusammensetzung des Bruttoinlandsprodukts der DDR 1987 vor und nach der Umbewertung in D-Mark
45
2.3/2
Strukturen der Inlandsnachfrage und der Endnachfrage insgesamt für die DDR 1987 vor und nach der Umbewertung in D-Mark
47
2.3/3
Direkter Beitrag der heimischen Produktion und der Einfuhren zur Deckung der Endnachfrage für die DDR 1987 vor und nach der Umbewertung in D-Mark
48
2.3/4
Produktionswerte und Vorleistungen für die DDR 1987 vor und nach der Umbewertung in D-Mark
49
2.3/5
Bruttowertschöpfung für die DDR 1987 vor und nach der Umbewertung in D-Mark
51
3.2/1
Sektorale Input- und Output-Werte im DDR-BRD-Vergleich für 1987, Mill. DM
59
3.2/2
Sektorale Input- und Output-Anteile im DDR-BRD-Vergleich für 1987, in vH der Bruttoproduktionswerte
61
3.3/1
Erwerbstätigkeit 1987 in der DDR und in der Bundesrepublik Deutschland nach aggregierten Produktionsbereichen
63
3.3/2
Arbeitskoeffizienten 1987 für die DDR und für die Bundesrepublik Deutschland gemäß lOT nach aggregierten Produktionsbereichen
64
3.3/3
Verteilung der Erwerbstätigen 1987 in der DDR auf Berufsgruppen und aggregierte Produktionsbereiche
66
3.4/1
Zur Belieferung der Endnachfrage im Wert von einer Million DM direkt und indirekt benötigte Produktion in der DDR 1987
69
2.2/1
2.2/2
6
Seite 3.4/2
Zur Belieferung der Endnachfrage im Wert von einer Million DM direkt und indirekt benötigte Produktion in der Bundesrepublik Deutschland 1987
70
3.5/1
Kategorien der letzten Verwendung 1987 in der DDR
72
3.5/2
Kategorien der letzten Verwendung 1987 in der Bundesrepublik Deutschland
73
Gesamte (direkte und indirekte) Abhängigkeit der Produktionsbereiche von den Kategorien der letzten Verwendung in der DDR und in der BRD im Jahr 1987, in vH der Bruttoproduktionswerte
75
Direkter und indirekter Einsatz von Primärinputs 1987 in der DDR bezogen auf die Kategorien der letzten Verwendung in der DDR
78
Direkter und indirekter Einsatz von Primärinputs 1987 in der Bundesrepublik Deutschland bezogen auf die Kategorien der letzten Verwendung in der Bundesrepublik Deutschland
79
3.7/1
Ausfuhr der DDR 1987 nach Abnehmergebieten
81
3.7/2
Ausfuhrinduzierte Produktion und ausfuhrinduzierte Erwerbstätige in der DDR 1987
82
3.7/3
Direkte, indirekte und gesamte Abhängigkeit der Produktionsbereiche in der DDR 1987 von der SW- und NSW-Ausfuhr, in vH der sektoralen Bruttoproduktion
84
3.8/1
Arbeitskoeffizienten 1987 für die DDR und für die Bundesrepublik nach Produktionsbereichen
87
3.8/2
Direkter und indirekter Einsatz von Erwerbstätigen 1987 in der DDR bezogen auf die Kategorien der letzten Verwendung in der DDR
88
3.8/3
Direkter und indirekter Einsatz von Erwerbstätigen 1987 in der Bundesrepublik Deutschland bezogen auf die Kategorien der letzten Verwendung in der Bundesrepublik Deutschland
89
Direkter und indirekter Einsatz von Erwerbstätigen 1987 in der DDR bezogen auf die Kategorien der letzten Verwendung in der Bundesrepublik Deutschland
91
Direkter und indirekter Einsatz von Erwerbstätigen 1987 in der Bundesrepublik Deutschland bezogen auf die Kategorien der letzten Verwendung in der DDR
92
Produktions- und Beschäftigungseffekte des innerdeutschen Handels 1987
94
3.5/3
3.6/1 3.6/2
3.8/4
3.8/5
3.8/6
7
Verzeichnis der Schaubilder im Text Die Ziffern vor dem Schrägstrich beziehen sich auf Kapitel und Abschnitte Seite Außenhandels- und Inlandspreise der DDR nach Ländergruppen (Prinzipschema ohne Außenhandelsbetriebe)
36
2.2/2
Hauptschritte der Umbewertungsprozedur der 10-Tabelle für die DDR in DM nach institutionellen Sektoren und Komponenten
40
2.3/1
Produktionsbereiche mit höheren Wertüberschüssen nach der Umbewertung der Transaktionen in DM
54
2.3/2
Die Hauptstufen der Nahrungsmittelproduktion vor und nach der Umbewertung der Transaktionen in DM
55
2.3/3
Produktionsbereiche mit Wertüberschüssen vor und Wertdefiziten nach der Umbewertung der Transaktionen in DM
55
3.3/1
Berufsstruktur der Erwerbstätigen in der DDR und der BRD 1987
67
2.2/1
Verzeichnis der Übersichten im Text 1.1/1
Nomenklatur für die Input-Output-Tabellen des Statistischen Bundesamtes
18
4.1/1
Umstellung der Konsumsubventionen 1987 für die DDR auf das bundesdeutsche Konzept
101
4.1/2
Umstellung der Produktionsmittelsubventionen 1987 für die DDR auf das bundesdeutsche Konzept
103
4.1/3
Umstellung der Subventionen zur Ermittlung der Erzeugerabgabepreise 1987 für die DDR auf das bundesdeutsche Konzept
105
4.1/4
Berechnung der Generalreparaturen 1987 für die DDR nach ESVGKonzept
111
4.1/5
Umsetzungen der Gesellschaftlichen Konsumtion 1987 für die DDR nach bundesdeutschem Konzept
116
4.1/6
Struktur der Vorleistungen der betrieblichen Betreuungseinrichtungen 1987 für die DDR
119
4.1/7
Produktionswert, Zusammensetzung und Verteilung der Leistungen der betrieblichen Betreuungseinrichtungen 1987 für die DDR
119
8
Seite
4.1/8
4.1/9 4.1/10
4.1/11 4.1/12
Input- und Outputstruktur der Dienstleistungen der Außenhandelsbetriebe 1987 für die DDR
124
Von der Individuellen Konsumtion zum Privaten Verbrauch 1987 für die DDR nach bundesdeutschem Konzept
126
Vom Investitionsvolumen zu den Anlageinvestitionen 1987 für die DDR nach bundesdeutschem Konzept
128
Von der Gesamten Verwendung von Gütern in der GVB zur Gesamten Verwendung von Gütern in der lOT 1987 für die DDR
131
Von den Abschreibungen in der GVB zu den Abschreibungen in der lOT 1987 für die DDR
135
Verzeichnis der Tabellen im Anhang
A 1/1
Input-Output-Tabelle 1987 für die DDR -Inländische Produktion und Einfuhr, Mill. Mark der DDR
157
A 1/2
Input-Output-Tabelle 1987 für die DDR- Inländische Produktion, Mi II. Mark der DDR
169
A 1/3
Einfuhr von Waren und Dienstleistungen 1987 für die DDR, Mill. Mark der DDR
181
A 2/1
Input-Output-Tabelle 1987 zu Ab-Werk-Preisen für die DDR Inländische Produktion und Einfuhr, Mill. DM
193
Input-Output-Tabelle 1987 zu Ab-Werk-Preisen für die DDR Inländische Produktion, Mill. DM
205
Einfuhr von Waren und Dienstleistungen 1987 zu Ab-Zoll-Preisen für die DDR, Mill. DM
217
Input-Output-Tabelle 1987 zu Ab-Werk-Preisen für die Bundesrepublik Deutschland - Inländische Produktion und Einfuhr, Mill. DM
229
Input-Output-Tabelle 1987 zu Ab-Werk-Preisen für die Bundesrepublik Deutschland- Inländische Produktion, Mill. DM
241
Einfuhr von Waren und Dienstleistungen 1987 zu Ab-Zoll-Preisen für die Bundesrepublik Deutschland, Mill. DM
253
Den Endnachfrage-Komponenten zugerechnete Bruttoproduktion unterteilt nach Produktionssektoren 1987, DDR - Inländische Produktion, Mill. DM
264
A 2/2 A 2/3 A 3/1 A 3/2 A 3/3 A 3/4
9
Seite A 3/5
A 4/1
A4/2
Den Endnachfrage-Komponenten zugerechnete Bruttoproduktion unterteilt nach Produktionssektoren 1987, Bundesrepublik Deutschland - Inländische Produktion, Mill. DM
266
Verflechtungsbilanz des gesellschaftlichen Gesamtprodukts 1987 für die DDR - Inländische Produktion und Einfuhr (aggregierte Version), MPS-Konzept, Mill. Mark der DDR
268
Input-Output-Tabelle 1987 für die DDR - Inländische Produktion und Einfuhr (aggregierte Version); ESVG-Konzept, Mill. Mark der DDR
270
Verzeichnis der Übersichten im Anhang A 4/1
Gegenüberstellung von Begriffen nach östlichem und westlichem Konzept
274
A4/2
Gegenüberstellung von 131 Erzeugnis- und Leistungsgruppen aus der Verflechtungsbilanz des gesellschaftlichen Gesamtprodukts (GVB) mit den 58 Veröffentlichungsbereichen der Input-OutputTabelle
276
Gliederung der aggregierten Produktionsbereiche bzw. GütP.rgruppen in den Input-Output-Tabellen
282
A4/3
Verzeichnis der Abkürzungen
AWG
Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft
DL
Dienstleistungen
DDR
Deutsche Demokratische Republik
EAP
Erzeugerabgabepreis
EG
Erzeugnisgruppe
ESVG
Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen
EUROSTAT
Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften
FDGB
Freier Deutscher Gewerkschaftsbund
GG
Gütergruppe
GVB
Verflechtungsbilanz des gesellschaftlichen Gesamtprodukts
IOR
Input-Output-Rechnungen
lOT
Input-Output-Tabelle
KWV
Kommunale Wohnungsverwaltung
MAK
Material-, Ausrüstungs- und Konsumgüterbilanz
MPS
Material Product System
PB
Produktionsbereich
RGW
Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe
SNA
System of National Accounts
VGR
Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen
wo
Wirtschaftsleitendes Organ
Mrd.
Milliarde
Mill.
Million
Vorbemerkung
Der vorliegende Bericht präsentiert die Ergebnisse eines Forschungsvorhabens über "Vergleichende Verflechtungsanalysen für die Volkswirtschaften der DDR und der Bundesrepublik Deutschland", das von Mitte 1990 bis Ende 1993 von der VolkswagenStiftung gefördert wurde.
Ziel des Forschungsvorhabens, das zum Zeitpunkt seiner Bewilligung noch von einem Fortbestand der Zweistaatlichkelt in Deutschland ausging, war es, auf der Grundlage der Input-Output-Rechnung als einheitlicher Untersuchungsmethode die Kenntnisse über die innere sektorale Struktur der Volkswirtschaften der DDR und der Bundesrepublik zu vertiefen. Dabei sollten Ähnlichkeiten, Unterschiede und wechselseitige Abhängigkeiten untersucht sowie Ansatzpunkte für eine effiziente Intersektorale Arbeitsteilung zwischen den beiden Volkswirtschaften aufgezeigt werden.
Die Herstellung der deutschen Einheit im Oktober 1990 hatte Konsequenzen für Inhalt und Ablauf des Forschungsvorhabens. So führten zweimalige organisatorische Veränderungen bei den am Vorhaben beteiligten wissenschaftlichen Mitarbeitern in Ostberlin und die ursprünglich nicht vorgesehene Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt bei der Umstellung der DDR-Tabelle 1987 auf das bundesdeutsche Konzept zu einer zeitlichen Verschiebung der Projektarbeiten. Trotzdem konnten die vergleichbaren InputOutput-Basisinformationen erarbeitet und die angestrebten Verflechtungsanalysen durchgeführt werden . Sie wurden auf einem Symposium zum Abschluß des Forschungsvorhabens im November 1993 in Berlin vorgestellt und werden hier erstmalig publiziert.
Besonders hinzuweisen ist auf den Tatbestand, daß durch die Zusammenarbeit mit den Experten des Arbeitsbereichs "Deutsche Einheit, Osteuropa" in der Zweigstelle Berlin des Statistischen Bundesamtes sichergestellt werden konnte, daß es nur eine Input-OutputTabelle für die DDR 1987 in Mark der DDR gibt. Diese gemeinsam umgestellte Tabelle sowie die damit kompatible Importmatrix werden in diesem Bericht zum ersten Mal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
12
Die Präsentation der wichtigsten Forschungsergebnisse erfolgt in vier Kapiteln. ln den Kapiteln 1 und 4 steht die zeitaufwendige Umstellung der Verflechtungsbilanz der DDR für das Jahr 1987 gemäß den konzeptionellen und methodischen Grundsätzen des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung in der bundesrepublikanischen Fassung sowie die ursprünglich nicht vorgesehene Erstellung einer damit kompatiblen Importmatrix in Mark der DDR im Mittelpunkt. Für die Dokumentation dieser gemeinsamen Arbeiten, die im Rahmen des Forschungsvorhabens eine eigenständige Bedeutung erlangt haben, an die nie gedacht worden war, zeichnet schwerpunktmäßig Kari-Heinz Siehndel (Statistisches Bundesamt, Zweigstelle Berlin) verantwortlich.
Im Kapitel 2 wird die Umbewertung des Input-Output-Datensatzes für die DDR 1987 von Mark in D-Mark behandelt. Dabei werden mögliche Methoden zur Umrechnung von InputOutput-Tabellen vorgestellt und dann das hier angewendete Verfahren ausführlich beschrieben. Breiten Raum nimmt das unterschiedliche Vorgehen bei der Umbewertung der inländischen Transaktionen und der Außenhandelsströme (Einfuhr und Ausfuhr) ein. Auch Ergebnisse eines Vergleichs ausgewählter Input-Output-Daten für die DDR 1987 in Mark und in D-Mark werden präsentiert und dokumentiert. Diese Arbeiten fallen allein in die Zuständigkeit von Udo Ludwig (Institut für Wirtschaftsforschung Halle) und Reiner Stäglin (DIW). Das Kapitel 3 enthält Verflechtungsanalysen für die Volkswirtschaft der DDR im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 1987. Den Untersuchungsergebnissen kommt zugute, daß das Statistische Bundesamt in Wiesbaden seine Input-Output-Tabelle 1987 für die Bundesrepublik überarbeitet und durch Carsten Stahmer in das Forschungsvorhaben eingebracht hat. Dadurch werden - auch zum ersten Mal - formal und konzeptionell vergleichbare Input-Output-Tabellen für die DDR und für die Bundesrepublik des Jahres 1987 in D-Mark vorgelegt. Die deskriptiven und modellmäßigen Auswertungen der beiden Tabellen sind von Udo Ludwig und Reiner Stäglin mit Unterstützung von Joachim Schintke (DIW) durchgeführt worden, die Zurechnung der Primärinputs zu den Kategorien der letzten Verwendung sowie die Analyse der Produktions- und Beschäftigungseffekte des innerdeutschen Handels hat Carsten Stahmer beigesteuert.
Ein unter historischem und statistischem Aspekt sicherlich beachtenswertes Forschungsvorhaben wie das hier vorgestellte setzt die Mitarbeit von zahlreichen Kolleginnen und Kollegen voraus. Die Autoren dieses Berichtes danken deshalb auch allen im Verzeichnis 13
der Mitarbeiter namentlich nicht genannten Personen aus den drei beteiligten Institutionen (DIW, IWH, Statistisches Bundesamt) für die sachkundige Unterstützung. Insbesondere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Zweigstelle Berlin des Statistischen Bundesamtes haben durch ihr Fachwissen über die staatliche Statistik der ehemaligen DDR zur erfolgreichen Umstellung der DDR-Verflechtungsbilanz 1987 auf das bundesdeutsche Konzept beigetragen. Gedankt werden soll ebenso der Volkswagen-Stiftung, ohne deren finanzielle Unterstützung es nicht möglich gewesen wäre, das bedeutsame Input-OutputDatenmaterial für die DDR aufzubereiten und es für weitergehende Forschungen zur Verfügung zu stellen.
14
1
Input-Output-Tabellen für die DDR in Mark der DDR nach bundesdeutschem Konzept
Die Durchführung von Verflechtungsanalysen für die Volkswirtschaft der DDR am Vorabend der deutschen Vereinigung setzt die Umstellung der letztmalig für das Jahr 1987 vorliegenden Verflechtungsbilanz des gesellschaftlichen Gesamtprodukts (GVB) für die DDR in Mark der DDR auf das bundesdeutsche Konzept sowie ihre Umbewertung in D-Mark voraus.
Die Ergebnisse der sehr zeitaufwendigen Forschungsarbeiten werden in diesem Bericht zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei wird auf die Umstellung der GVB und die Erstellung der zugehörigen Importmatrix im Kapitel 1 nur überblicksartig eingegangen, weil die gemeinsam mit dem Statistischen Bundesamt vorgenommenen Umstellungsarbeiten vom MPS-Konzept auf das ESVG-Konzept ausführlich im Kapitel 4 dokumentiert werden. Mehr Platz wird im Kapitel2 der Umbewertung der Input-Output-Tabelle 1987 für die DDR von Mark der DDR in D-Mark eingeräumt, weil die Aussagekraft der vom DIW und vom IWH umgerechneten Input-Output-Werte nicht unumstritten ist1•
1.1
Umstellung der Verflechtungsbilanz des gesellschaftlichen Gesamtprodukts 1987 für die DDR auf das ESVG-Konzept
Die Darstellung der Wirtschaftsabläufe in der DDR gemäß den konzeptionellen und methodischen Grundsätzen des ESVG in der bundesdeutschen Version traf auf Schwierigkeiten. Diese hatten ihre Ursache in der Zugehörigkeit der DDR zu einem andersartigen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, dessen spezifischem und institutionellem Aufbau sowie in der Art und Weise des Wirtschaftslebens und dem darauf abgestimmten systemeigenen statistischen Rechnungswesen. Selbst dort, wo gleichnamige Begriffe verwendet wurden, wie z.B. Produktion und Preise, war der Inhalt der abgebildeten Sachverhalte nicht gleich. Die Suche nach äquivalenten Ausdrucksformen konnte sich nicht in jedem Fall auf die formale Übernahme und Anwendung von gegebenen Definitionen des ESVG beschränken, sondern verlangte oft die Rückkehr zu den ursprünglichen Bestimmungsgründen der konzeptionellen Festlegungen im
1Siehe
hierzu z.B. die Ausführungen von LOtzel (1993) Ober "Sinn und Unsinn einer Umbewertung" sowie von HOsges (1993) Ober die Modellhaftigkeit von Sozialproduktsberechnungen für die DDR in DMark. 15
bundesrepublikanischen Gesamtrechnungssystem. Von der Umstellung blieb folglich keine Angabe in der alten GVB 1987 für die DDR verschont.
Bei der Umstellung der Verflechtungsbilanz des gesellschaftlichen Gesamtprodukts vom östlichen MPS-Konzept auf das westliche ESVG-Konzept wurde von folgenden Grundsätzen ausgegangen:
-
Die Wirtschaftsabläufe und die Preisverhältnisse in der DDR des Jahres 1987 sollten trotz der Umstellung auf das ESVG in der Auslegung des Statistischen Bundesamtes soweit wie möglich beibehalten werden. Das gilt auch für die überragende Bedeutung des Staates in der Planwirtschaft der DDR und seine Vorrangstellung gegenüber den Wirtschaftseinheiten.
-
Die GVB 1987 für das Gebiet der DDR sollte um diejenigen Bestandteile der Dienstleistungen ergänzt werden, die laut MPS nicht zum produzierenden Bereich gehören bzw. nicht an der Schaffung von Nationaleinkommen beteiligt sind.
-
Diejenigen Bestandteile in der GVB, bei denen konzeptionelle bzw. methodische Abweichungen zwischen ESVG und MPS bestehen, sollten soweit wie möglich auf das ESVG umgestellt werden. Wegen unzureichender Datenbasis (z.B. bei den Subventionen) oder aufgrundvon Besonderheiten in der DDR (z.B. das Fehlen der Mehrwertsteuer) war das nicht immer realisierbar.
Bei der Umstellung der GVB auf eine Input-Output-Tabelle nach dem ESVG-Konzept mußten generell zwei Problemkreise unterschieden werden. Der erste betrifft die Berücksichtigung der speziellen konzeptionellen und methodischen Unterschiede, der zweite die Probleme der Datengewinnung und der Datensicherheit Seide Aspekte werden im Rahmen der Dokumentation im Kapitel 4 ausführlich behandelt. Insbesondere bei der Berechnung der Vorleistungen galt es, die im MPS zwar erfaßten, aber anders als im ESVG verbuchten Sachverhalte umzusetzen. Wichtige Bereiche waren die Subventionen, die Generalreparaturen, die Gesellschaftliche Konsumtion sowie die Leistungen der betrieblichen Betreuungseinrichtungen. Hinzu kamen neu zu berechnende Sachverhalte, die im MPS keine Berücksichtigung finden, im ESVG aber zu erfassen sind; hierzu zählen u.a. die Wohnungsvermietung und die Bankdienstleistungen als Bereiche der markt-
16
bestimmten Dienstleistungen, die Gebietskörperschaften und die Sozialversicherung sowie die Leistungen der Außenhandelsbetriebe.
Die GVB für die DDR, die die inländische Produktion und die Einfuhr einschließt, beschränkte sich gemäß dem MPS auf die Erzeugnisgruppen der materiellen Güter und produktiven Leistungen. Das entspricht in etwa den Gütergruppen (GG) 1 bis 48 der InputOutput-Nomenklatur für das Bundesgebiet (vgl. Übersicht 1.1/1 ). Für diese GG existierte eine ausreichende Datenbasis, weil praktisch das gesamte staatliche Berichterstattungssystem der Statistik zur Verfügung stand (Produktions-, Arbeitskräfte-, Grundfonds-, Investitions-, Einzelhandelsumsatz-, Finanz- und Kostenberichterstattung). Außerdem konnten Angaben der Jahresabschlußberichte der Landwirtschaftsbetriebe herangezogen werden. Schwach repräsentiert waren in den Basisstatistiken der DDR das Handwerk, die sonstigen produzierenden Betriebe, der sog. Sonderbereich (X-Bereich) und die Luft- und Raumfahrt. ln der GVB fehlten die Positionen für einzelne marktbestimmte und nichtmarktbestimmte Dienstleistungen. Das trifft für die GG 49 bis 55 der Nomenklatur für das Bundesgebiet zu sowie für die Gebietskörperschaften, die Sozialversicherung und die privaten Organisationen ohne Erwerbszweck (GG 56 bis 58). Sowohl bei den Umsetzungen als auch bei den Neuberechnungen mußten die Werte in der GVB um die Dienstleistungsgütergruppen ergänzt werden, wobei die dafür vorhandene Datenlage unterschiedlich war. Für die Vervollständigung der Inputstrukturen der Gebietskörperschaften, der Sozialversicherung und der betrieblichen Betreuungseinrichtungen konnten fehlende Angaben über den Verbrauch von Dienstleistungen teilweise den Abrechnungsunterlagen des Staatshaushaltes des ehemaligen Ministeriums der Finanzen und der Sozialversicherung sowie der staatlichen Finanzberichterstattung entnommen werden. Darüber hinaus noch fehlende Daten mußten mit Hilfe von Expertenschätzungen und Plausibilitätsannahmen ergänzt werden. Für Einrichtungen des Geld- und Kreditwesens konnten Anhaltspunkte über den Verbrauch von Dienstleistungen den Unterlagen der Finanzberichterstattung entnommen werden, wobei die sektorale Zuordnung wegen der Geringfügigkeit des aufzuteilenden Volumens teilweise geschätzt wurde.
17
Übersicht 1.1/1 Nomenklatur für die Input-Output-Tabellen des Statistischen Bundesamtes Produktionsbereiche
1 Landwirtschaft 2 Forstwirtschaft, Fischerei usw. 3 Elektrizitäts- und Fernwärmeversorgung 4 Gasversorgung 5 Wasserversorgung 6 Kohlenbergbau 7 Restl. Bergbau (ohne Gew. von Erdöi,Erdgas) 8 Erdöl, Erdgas 9 Chemische Industrie, Herst v. Spalt- u. Brutst 10 Mineralölverarbeitung 11 Herst von Kunststoffwaren 12 Gummiverarbeitung 13 Gew. und Verarb. von Steinen und Erden 14 Feinkeramik 15 Herstellung und Verarbeitung von Glas 16 Eisenschaffende Industrie 17 NE-Metallerzeugung, NE-Metallhalbzeugwerke 18 Gießerei 19 Ziehereien, Kaltwalzwerke, Stahlverformung 20 Stahl- und Leichtmetall-, Schienenfahrzeugbau 21 Maschinenbau 22 Herst von Büromaschinen, ADV-Geräten 23 Straßenfahrzeugbau, Reparatur von Kfz. usw. 24 Schiffbau 25 Luft- und Raumfahrzeugbau 26 Elektrotechnik, Rep. v. Haushaltsgeräten 27 Feinmechanik, Optik, Herst von Uhren 28 Herstellung von Eisen-, Blech-, Metallwaren 29 Herst. v. Musikinstr., Spielwaren, Füllhaltern 30 Holzbearbeitung 31 Holzverarbeitung 32 Zellstoff-, Holzschliff-, Papier-, Pappeerz. 33 Papier- und Pappeverarbeitung 34 Druckerei, Vervielfältigung 35 Ledergewerbe 36 Textilgewerbe 37 Bekleidungsgewerbe 38 Ernährungsgewerbe (ohne Getränkeherstellung) 39 Getränkeherstellung 40 Tabakverarbeitung 41 Bauhauptgewerbe 42 Ausbaugewerbe 43 Großhandel, Handelsvermittlung 44 Einzelhandel 45 Eisenbahnen 46 Schiffahrt, Wasserstraßen, Häfen 47 Deutsche Bundespost 48 übriger Verkehr 49 Kreditinstitute 50 Versicherungsunternehmen 51 Wohnungsvermietung 52 Gastgewerbe, Heime 53 Bildung, Wissenschaft, Kultur; Verlagsgewerbe 54 Gesundheits- und Veterinärwesen 55 übrige Dienstleistungen 56 Gebietskörperschaften 57 Sozialversicherung 58 Priv. Haushalte, Priv. Organisationen o. Erw.
18
Gütergruppen
1 Produkte der Landwirtschaft 2 Produkte der Forstwirtschaft, Fischerei usw. 3 Elektrizität, Dampf, Warmwasser 4 Gas 5 Wasser 6 Kohle, Erzeugnisse des Kohlenbergbaus 7 Bergbauerzeugn. (ohne Kohle, Erdöl, Erdgas) 8 Erdöl, Erdgas 9 Chemische Erzeugnisse, Spalt- und Brutstoffe 10 Mineralölerzeugnisse 11 Kunststofferzeugnisse 12 Gummierzeugnisse 13 Steine und Erden, Baustoffe usw. 14 Feinkeramische Erzeugnisse 15 Glas und Glaswaren 16 Eisen und Stahl 17 NE-Metalle, NE-Metallhalbzeug 18 Gießereierzeugnisse 19 Erz. der Ziehereien, Kaltwalzwerke usw. 20 Stahl- und Leichtmetallbauerz., Schienenfahrz. 21 Maschinenbauerzeugnisse 22 Büromaschinen, ADV-Geräte u.-Einricht 23 Straßenfahrzeuge 24 Wasserfahrzeuge 25 Luft- und Raumfahrzeuge 26 Elektrotechnische Erzeugnisse 27 Feinmechanische und optische Erz., Uhren 28 Eisen-, Blech- und Metallwaren 29 Musikinstr., Spielwaren, Sportgeräte usw. 30 Holz 31 Holzwaren 32 Zellstoff, Holzschliff, Papier, Pappe 33 Papier- und Pappewaren 34 Erz. der Druckerei und Vervielfältigung 35 Leder, Lederwaren, Schuhe 36 Textilien 37 Bekleidung 38 Nahrungsmittel (ohne Getränke) 39 Getränke 40 Tabakwaren 41 Hoch- u. Tiefbauleistungen u.ä. 42 Ausbauleistungen 43 Dienst!. des Großhandels u.ä., Rückgewinnung 44 Dienstl. des Einzelhandels 45 Dienst!. der Eisenbahnen 46 Dienst!. der Schiffahrt, Wasserstr., Häfen 47 Dienst!. des Postdienstes und Fernmeldewesens 48 Dienst!. des sonstigen Verkehrs 49 Dienstl. der Kreditinstitute 50 Dienst!. der Versicherungen (ohne SV) 51 Dienstl. der Gebäude- und Wohnungsvermietung 52 Marktbest DL des Gastgewerbes und der Heime 53 Dienst!. der Wiss. und Kultur und der Verlage 54 Marktbest DL des Gesundheits- und Vet-Wesens 55 Sonstige marktbestimmte Dienstleistungen 56 Dienst!. der Gebietskörperschaften 57 Dienst!. der Sozialversicherung 58 DL der priv. Oro. o. Erw. häusliche Dienste
Besondere Probleme bereitete die Ermittlung der Verwendungsstruktur für Dienstleistungen der GG 49 bis 58 in den Produktionsbereichen im ersten Quadranten der InputOutput-Tabelle. Obwohl sich aus einer Aufbereitung der Finanzberichterstattung der DDR für 1987 durch das Konto Verbrauch unproduktiver Dienstleistungen Ansatzpunkte für eine Verbrauchsschätzung ergaben, gilt die Aufteilung der Dienstleistungen als Schwachstelle der gesamten GVB-Umstellung. Wegen der geringen quantitativen Bedeutung des Verbrauchs von Dienstleistungen im Bereich des warenproduzierenden Gewerbes der ehemaligen DDR wird das Ergebnis der Umstellung insgesamt dadurch jedoch nicht wesentlich beeinträchtigt.
Die für die Vorleistungen vorgenommenen Umstellungen und Neuberechnungen tangierten ebenso die Komponenten der Verwendungsseite und der Entstehungsseite. Auf sie wird im Abschnitt 4.1.3 des dokumentarischen Kapitels ebenfalls ausführlich eingegangen. ln der GVB für die DDR bestand die letzte Verwendung aus den Komponenten Individuelle Konsumtion, Gesellschaftliche Konsumtion, Investitionen, Vorratsveränderungen und Ausfuhr. Obwohl begrifflich eine gewisse Verwandtschaft und formal sogar eine begrenzte Übereinstimmung zwischen den Verwendungskomponenten nach MPS und ESVG festzustellen ist, sind die Inhalte doch sehr verschieden. Dies hat entsprechende Auswirkungen auf die umgerechneten Input- und Output-Größen.
Um eine Vorstellung über die Größenordnung der umgestellten und neuberechneten Input- und Output-Werte für die DDR des Jahres 1987 zu vermitteln, sind die Verflechtungsbilanznach MPS und die Input-Output-Tabelle nach ESVG in der Aggregation nach sechs Gütergruppen bzw. Produktionsbereichen in der Tabelle 1.1/1 gegenübergestellt2. Diese Vergleichstabelle beschreibt die Unterschiede zwischen den im Anhang zum Kapitel 4 wiedergegebenen zusammengefaßten Verflechtungstabellen vor und nach Umstellung (vgl. Tabellen A 4/1 und A 4/2)3 . Ihr ist u.a. zu entnehmen, daß die Umrechnung vom MPS- auf das ESVG-Konzept zu einer Erhöhung von Aufkommen und Verwendung um 117 Mrd. Mark im Jahr 1987 geführt hat. Dazu haben die Vorleistungen mit 85 Mrd. Mark und die letzte Verwendung mit 32 Mrd. Mark beigetragen. ln diesen Veränderungen spiegeln sich unterschiedliche Einflußfaktoren wider: Zum einen die
2
Zur Aggregation der Gütergruppen und Produktionsbereiche siehe Übersicht A 4/3.
3Die ausführliche Fassung der Verflechtungstabellen 1987 für die DDR wird nur für die auf das ESVG umgestellte Version angegeben, die im Gegensatz zur ursprünglichen GVB auch die Dienstleistungen berücksichtigt (siehe Tabelle A 1/1).
19
Einbeziehung des tertiären Sektors, also der übrigen marktbesL1mmten Dienstleistungen und der nichtmarktbestimmten Dienstleistungen, in den Vorleistungsteil der Input-OutputTabelle, zum anderen die damit zusammenhängende neue Definition und Abgrenzung des Staatsverbrauchs. Der Nachweis der Dienstleistungsbereiche in den Spalten 5 Jnd 6 der Tabelle 1.1/1 wirkt sich entsprechend auf die Einkommen aus unselbständiger Arbeit und damit auf die Bruttowertschöpfung aus. Große Auswirkungen hat die im Abschnitt 4.1.1.2 ausführlich beschriebene Herausnahme der Konsum- und Produktionsmittelsubventionen (vgl. Zeile 2 und Spalten 2 und 8 in Tabelle 1.1/1) sowie die Berücksichtigung der Nachauftragnehmerleistungen des Anlagenbaus (vgl. Feld 3/3). Aber auch die Umsetzung der betrieblichen Betreuungseinrichtungen zu den marktbestimmten Dienstleistungen und die andere Verbuchung der Generalreparaturen wirken sich auf die Input- und Output-Werte des Produzierenden Gewerbes aus (vgl. Anmerkungen zur Tabelle 1.1/1 ).
1.2
Erstellung einer Importmatrix 1987 für die DDR
Die auf das ESVG-Konzept umgestellte Input-Output-Tabelle 1987 für die DDR (vgl. Tabelle A 1/1) stellt die Waren- und Dienstleistungsströme ohne eine Unterteilung der Güter nach deren Herkunft aus dem Inland oder Ausland dar. Für viele Analysen und Vergleiche sind jedoch Tabellen erforderlich, in denen die Verflechtungsbeziehungen separat für Güter aus inländischer Produktion und für solche aus Einfuhren nachgewiesen werden. Diesem Zweck dient die Aufstellung der Verflechtungstabelle für die Einfuhr (lmportmatrix). Eine Importmatrix erfaßt das Aufkommen und die Verwendurig der Warenund
Dienstleistungsimporte
nach
ausländischen
Herkunftsbereichen
und
nach
inländischen Verbrauchern im Bereich der Produktion bzw. der Endnachfrage.
Die Einfuhrtabelle 1987 für die DDR wurde erstmalig unter Nutzung der verbraucherseitigen Informationen aus den Material-, Ausrüstungs- und Konsumgüterbilanzen (MAKBilanzen) aufgestellt. Dabei konnte für Vergleichszwecke auf eine experimentelle Importtabelle des Statistischen Amtes der DDR sowie auf Erfahrungen des DIW bei der Erstellung einer hypothetischen Input-Output-Tabelle für die DDR 1980 zurückgegriffen werden 4 .
4
20
Vgl. Cornelsen, Lambrecht, Melzer und Schwartau (1983).
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Unterschiede zwischen der GVB 1987 für die DDR nach MPS-Konzept und der lOT 1987 nach ESVG-Konzept (Differenztabelle) Mill. Mark
Tabelle 1.1/1
Bei der Erstellung der Importmatrix 1987 für die DDR, die mit einem hohen rechentechnischen Aufwand verbunden war, wurde ein schrittweises Vorgehen gewählt. Die Inhalte der verschiedenen Rechenschritte, die im Kapitel 4 ausführlich beschrieben werden (vgl. Abschnitt 4.2), bestanden aus der - Gruppierung der in den MAK-Bilanzen erfaßten Verwender der Wareneinfuhren nach Zwischen- und Endverbrauchern - Verteilung aller erfaßten Wareneinfuhren der Zwischennachfrage auf die verbrauchenden Produktionsbereiche in Input-Output-Gliederung - Hochrechnung der Verteilung dererfaßten Wareneinfuhren auf alle Warenimporte - AufschlüsseJung der Wareneinfuhr auf die Komponenten der letzten Verwendung - Aufbereitung der Dienstleistungseinfuhr nach Herkunftsbereichen und ihrer Verteilung auf die verbrauchenden Produktionsbereiche und die Komponenten der letzten Verwendung - Zusammenfügung der Waren- und Dienstleistungseinfuhr zu einer Importmatrix der DDR für das Jahr 1987 - Abstimmung der Importmatrix mit der umgestellten Input-Output-Tabelle der DDR für das Jahr 1987. 1.3
Umgestellte und neuberechnete Input-Output-Tabellen 1987 für die DDR in Mark der DDR
Durch Subtraktion der eigenständigen Importmatrix von der umgestellten Input-OutputTabelle 1987 für die DDR, die -wie bereits erwähnt - die inländische Produktion und die Einfuhr berücksichtigt, ergab sich eine nur die inländische Produktion umfassende InputOutput-Tabelle als Differenzmatrix. Sie wurde felderweise überprüft, um negative Differenzen und ökonomisch nicht sinnvolle Werte festzustellen. Diese traten vereinzelt auf und wurden beseitigt, wobei sich auch kleine Korrekturen in der ursprünglichen Tabelle mit inländischer Produktion und Einfuhr nicht vermeiden ließen. Nach diesem iterativen Abstimmungsprozeß lagen drei Input-Output-Matrizen 1987 für die DDR in Mark der DDR in ihrer endgültigen und untereinander abgestimmten bundesdeutschen Fassung vor:
22
- Die umgestellte Input-Output-Tabelle -Inländische Produktion und Einfuhr, wiedergegeben in Anhangtabelle A 1/1 -
Die abgeleitete Input-Output-Tabelle - Inländische Produktion, wiedergegeben in Tabelle A 1/2
-
Die neuberechnete lmportmatrix, wiedergegeben in Tabelle A 1/3.
Die drei Input-Output-Tabellen für die DDR in Mark der DDR stimmen in ihrem Aufbau und in der Formatierung - mit Ausnahme der Unterschiede bei den Angaben für die Komponenten der Bruttowertschöpfung - vollständig mit den entsprechenden DDRTabellen in D-Mark (vgl. Anhangtabellen A 2/1 bis A 2/3) sowie mit den vergleichbaren Input-Output-Tabellen 1987 für die Bundesrepublik Deutschland überein (vgl. Anhangtaballen A 3/1 bis A 3/3).
23
2
Input-Output-Tabellen 1987 für die DDR in D-Mark nach bundesdeutschem Konzept
Nach der Umstellung des Input-Output-Datensatzes für die DDR 1987 auf das bundesdeutsche Konzept geht es in diesem Kapitel um die Umbewertung der Transaktionen von Mark der DDR in D-Mark. Dabei werden zunächst die in der internationalen Wirtschaftsstatistik gebräuchlichen Verfahren erwähnt, bevor die hier angewendete Methode, die der doppelten Deflationierung entspricht, ausführlich dargestellt wird. Im Rahmen der Beschreibung von Datenbasis und Umrechnungsprozedur wird dabei auf die unterschiedlichen Ansätze bei der Umbewertung von inländischen Transaktionen und von Außenhandelsgrößen in D-Mark eingegangen. Durch die Skizzierung der einzelnen Rechenschritte-auch in graphischer Form- ist es dem interessierten Leser möglich, die Umrechnung anhand der wiedergegebenen Preisumstellungskoeffizienten nachzuvollziehen.
Zur Beurteilung der Auswirkungen der Umbewertung der Input-Output-Tabelle 1987 für die DDR werden ausgewählte Daten in Mark und in 0-Mark verglichen. Dabei geht es sowohl um Aggregate wie das Bruttoinlandsprodukt, die Komponenten der Inlandsnachfrage und die Ausfuhr als auch um Produktionswerte, Vorleistungen und die Bruttowertschöpfung in der Unterteilung nach 58 Produktionsbereichen.
2.1
Methodenwahl für die Umbewertung der Tabellen von Mark der DDR in D-Mark
Die auf das bundesdeutsche Konzept umgestellte Input-Output-Tabelle für die DDR 1987 entspricht weitgehend den vom Statistischen Bundesamt festgelegten Definitionen und Berechnungsvorschriften. Sie bildet jedoch die wirtschaftlichen Transaktionen in der Landeswährung ab und ist deshalb nur in begrenztem Maße für Vergleiche mit der Bundesrepublik und anderen Ländern geeignet. Insbesondere erlaubt sie in dieser Fassung keine Rückschlüsse auf die Unterschiede im Leistungs- und Lebensniveau zwischen beiden Teilen Deutschlands. Dazu ist ein gemeinsamer Maßstab zu finden, in dem die Leistungsgrößen ausgedrückt werden sollen, und das heißt, die Transaktionen müssen in eine einheitliche Währung umgerechnet werden. Was liegt angesichts der Vereinigung der beiden deutschen Staaten im Jahre 1990 näher als der Versuch, die wirtschaftlichen Vorgänge in der DDR in D-Mark umzurechnen? 24
Die internationale Wirtschaftsstatistik kennt mehrere Verfahren, um die wirtschaftliche Leistungskraft und den Lebensstandard des einen Landes in der Währung eines anderen auszudrücken. Eines dieser Verfahren besteht in der Anwendung von Wechselkursen zwischen den Währungen auf das Bruttoinlandsprodukt Der Wechselkurs ist schließlich der Preis, den man für eine Einheit ausländischer Währung in inländischen Geldeinheiten zu zahlen hat, also beispielsweise 1,50 DM für 1 US-Dollar. Der Vorzug dieses Verfahrens liegt in seiner Einfachheit, die eine rasche und wenig aufwendige Vergleichbarkeit ermöglicht. Allerdings würde die Einfachheit mit einem beträchtlichen Informationsverlust erkauft werden, weil alle Werte der Input-Output-Tabelle, das heißt alle Entstehungs- und Verwendungskomponenten des Bruttoinlandsprodukts, dieselbe proportionale Veränderung bei der Umrechnung entsprechend dem Wechselkurs der Währungen erfahren würden. Die Verwendung des Wechselkurses als Umrechnungsfaktor ist aber auch generell aus ökonomischen Gründen äußerst problematisch. Der Wechselkurs wird durch das Angebot von und die Nachfrage nach der ausländischen Währung auf dem Devisenmarkt bestimmt. Da Angebot und Nachfrage an Devisen von den Handelsbeziehungen zwischen den betreffenden Ländern abhängen, diese jedoch nur auf eine relativ geringe Zahl von Gütern beschränkt sind, wird ein großer Teil der Transaktionen, die mit der Input-Output-Tabelle erfaßt werden, hier nicht berücksichtigt. Der Wechselkurs kann daher nicht als ein die relative Kaufkraft sämtlicher Güter des Auslandes umfassender Indikator angesehen werden. Hinzu kommt, daß die mit Wechselkursen gewonnenen Umrechnungsergebnisse angesichts der gravierenden Systemunterschiede zwischen Planund Marktwirtschaft kaum zu tolerieren wären. Unabhängig von dieser Argumentation scheidet das Verfahren jedoch bereits aus praktischen Gründen aus, denn die Mark der DDR war nicht konvertibel und wurde am Devisenmarkt nicht gehandelt. Es gab zwar Schwarzmarktkurse. Aber ihnen geht von vornherein die erforderliche Repräsentativität für den Wert aller produzierten und verwendeten Güter ab, da sie allein von der Verfügbarkeit der Zahlungsmittel zum jeweiligen Zeitpunkt bestimmt wurden. Die Vergleichbarkeit ist besser gewährleistet, wenn die Werte in der Input-Output-Tabelle mit Hilfe von Paritäten umgerechnet werden, die im umfassenderen Sinn Auskunft über die Unterschiede in der Kaufkraft der Währungen geben. Die Kaufkraftparität gibt an, wieviel ausländische Geldeinheiten erforderlich sind, um die gleiche Gütermenge im Ausland zu erwerben, die man im Inland für eine inländische Geldeinheit erhält. Basis für 25
die Berechnung der Kaufkraftparität sind die Preise, die für den Erwerb der in den Kaufkraftvergleich einbezogenen Güter in den einzelnen Ländern bezahlt werden müssen. Das Ergebnis hängt in erheblichem Maße davon ab, für welche Güter (Warenkorb) der Kaufkraftvergleich angestellt wird.
Internationale Kaufkraftparitäten sind seit den 50er Jahren für verschiedene Ländergruppen im Auftrage internationaler Organisationen berechnet worden 5 . Über alle Systemunterschiede hinweg hat es in den 80er Jahren eine Reihe bilateraler und internationaler Projekte gegeben, durch die das Bruttoinlandsprodukt plan- und marktwirtschaftlich organisierter Staaten und seine Verwendungskomponenten unter der Federführung der Statistischen Ämter ermittelt wurden. Nach Umrechnung in einheitliche Währungen wurden darauf aufbauend Kaufkraft- und Niveauvergleiche durchgeführt6 . Die DDR hat zwar am sogenannten Wertkennziffernvergleich zwischen den Mitgliedsländern des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) teilgenommen, aber an internationalen Vergleichsprojekten unter Einbezug marktwirtschaftlich geprägter Länder war sie nicht beteiligf. Ein Rückgriff auf Informationen aus solchen Kaufkraftvergleichen für die Umrechnung der Input-Output-Tabelle für die DDR in D-Mark scheidet deshalb ebenfalls bereits aus praktischen Gründen aus. Außerdem erstreckten sich die bekannten Vergleiche auf das Bruttoinlandsprodukt und seine Verwendungskomponenten, seine Entstehung blieb ausgeklammert.
Die Input-Output-Tabelle gibt in spezifischer Form die Entstehung und Verwendung des Bruttoinlandsprodukts wieder. Für ihre Umrechnung in eine andere Währung bietet sich als weitere Methode die Ermittlung von Preisparitäten für alle Waren und Dienstleistungen an, aus denen sich das Bruttoinlandsprodukt zusammensetzt. Da ein Preisvergleich für sämtliche nach Millionen zählende Güter praktisch ausgeschlossen ist, erfolgt er für Repräsentanten. Ein solcher Weg wurde hier beschritten und wird im folgenden
5Vgl.
Angermann und Stahmer (1984).
6Vgl.
z.B. United Nations (1985) und OECD (1987).
7Erst kurz vor lnkrafttreten der deutsch-deutschen Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion hat es den einzigen offiziellen Verbraucherpreis- und Kaufkraftvergleich zwischen der DDR und der Bundesrepublik gegeben. Anhand von Preiserhebungen für 575 Güter in Berlin-West und Berlin-Ost haben Preisstatistiker des Statistischen Bundesamtes, des Statistischen Amtes der DDR und des Statistischen Landesamtes Berlin eine um 14 vH höhere Kaufkraft der DM im Vergleich zur Mark der DDR mit einem Warenkorb der Bundesrepublik Deutschland, jedoch eine um 24 vH niedrigere Kaufkraft mit einem Warenkorb der DDR für Mitte Mai 1990 berechnet. Vgl. Statistisches Bundesamt (1990b).
26
ausführlich beschrieben. Im Kern entspricht dieses Vorgehen der Methode der doppelten Deflationierung, die ansonsten bei der Inlandsproduktsberechnung in konstanten Preisen zum Einsatz gelangt. Hier werden der Produktionswert und die Vorleistungen zu D-Mark-Preisen bewertet und die Wertschöpfung als Residualgröße ermittelt. Preisumstellungskoeffizienten für 58 Gütergruppen nehmen den Platz ein, der bei der üblichen Berechnung des Inlandsprodukts zu konstanten Preisen den Preisindizes vorbehalten bleibt.
Was kann mit einer solchen Umrechnung erreicht werden?8 Die Verwendung von Preisen in D-Mark könnte bedeuten, nachträglich marktwirtschaftliche Verhältnisse auch in der DDR zu simulieren. Vor einer solchen Fehlinterpretation muß jedoch ausdrücklich gewarnt werden. Marktpreise und marktwirtschaftliche Verhältnisse hätten aller Wahrscheinlichkeit nach auch zu anderen Ausprägungen der wirtschaftlichen Leistungsparameter in der DDR geführt, als sie unter Planpreisen und planwirtschaftliehen Verhältnissen in Mark zustande gekommen sind. Sie abzuschätzen kann und soll nicht Sinn dieser Umrechnung sein. Die wirtschaftlichen Transaktionen werden hier lediglich mit den Instrumentarien der Statistik gütergruppenspezifisch in einem
anderen
Bewertungsmaßstab dargestellt.
Die
Umrechnung in D-Mark zeigt dann, was die Gütergesamtheit, die das Bruttoinlandsprodukt der DDR konstituiert hat, wert wäre, wenn D-Mark-Preise gegolten hätten. Anpassungen der Mengen an die anderen Preisrelationen werden dabei nicht vorgenommen. Da dieser Maßstab im konkreten Fall aus einer Währungsordnung kommt, die mit dem 1. Juli 1990 auch auf das Gebiet der DDR ausgedehnt wurde, hat dieser Ansatz nicht bloß hypothetische Bedeutung. Diese Methode liefert zugleich Anhaltspunkte für die Erklärung der dramatischen Entwicklungen, die sich in der Produktion und auf dem Arbeitsmarkt in den neuen Bundesländern nach der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion abgespielt haben9 .
8 Diese Frage wurde ausführlich auf einer Expertentagung am 25. und 26. Mai 1992 in Berlin diskutiert. Vgl. hierzu die Fußnote 1. 9Vgl.
hierzu insbesondere LOtzel (1993}, S. 81.
27
2.2
Datenbasis und Umrechnungsprozedur
2.2.1
Ermittlung der Preisumstellungskoeffizienten für den Inlandsabsatz
Sollen die wirtschaftlichen Transaktionen in der DDR des Jahres 1987 in Anlehnung an die Methode der doppelten Deflationierung in D-Mark ausgedrückt werden, benötigt man Preisangaben aus eben jenem Währungsraum für dasselbe Jahr. Ihre Findung und Zusammenstellung für das frühere Bundesgebiet wäre nicht nur sehr aufwendig, sie würde vor allem aus konzeptioneller Sicht nicht zum möglichen Grad der Adäquatheit in der Darstellung der Wirtschaftsabläufe in der DDR führen. Zum einen wären Güter ausfindig zu machen, die hinsichtlich ihrer technischen Beschaffenheit und der Marktkonditionen, unter denen sie gehandelt werden, vergleichbar sind. Genauso wie aber in der DDR Märkte im strengen Sinne des Wortes nur am Rande des vom Plan bestimmten Wirtschaftsgeschehens existierten, gab es im früheren Bundesgebiet nur wenige Gütersegmente, in denen die Preise ähnlich wie in der Planwirtschaft gebildet wurden. Vergleichbare Marktkonditionen für die Erkundung der Preise in D-Mark bilden deshalb eher die Ausnahme als die Regel. Die Erfolgsquote dieses Suchprozesses würde aber wohl allein schon angesichts des Rückstandes vieler Erzeugnisse aus DDR-Produktion in puncto Ausstattung und Qualität nicht ausreichen , um eine hinreichende Zahl identischer Repräsentanten für die Feststellung der Preisunterschiede zu gewinnen. Zwar wurde eine ganze Reihe von Gütern aus der DDR zu Preisen in harten Währungen, darunter vor allem in D-Mark, gehandelt. Diese Preise liegen jedoch nur für denjenigen Teil aus der gesamten Güterproduktion vor, der in den Außen- oder innerdeutschen Handel einbezogen war. Außerdem waren sie in den 80er Jahren vor allem von der Aufrechterhaltung der internationalen Zahlungsfähigkeit der DDR diktiert. Die formale Übertragung dieser Preise auf die gesamte in der DDR angebotene Güterpalette würde deshalb zu einer systematischen Unterschätzung der tatsächlichen Größen führen 10.
10Auch bei der Schätzung des Bruttosozialprodukts für die DDR im Vorfeld der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion wurden deshalb im Interesse der Abbildung "normaler" Verhältnisse die Umsätze in harten Währungen um Preisaufschläge korrigiert. Vgl. hierzu Filip-Köhn und Ludwig (1990), S. 7.
28
Zum anderen spiegeln Preise auch das im jeweiligen Land bestehende Steuer- und Subventionssystem wider. Die Bewertung der Transaktionen in einem Land mit den Preisen eines anderen bezieht damit indirekt immer auch die Verteilungs- und Umverteilungssysteme des Referenzraumes ein. Diese unterschieden sich jedoch wesentlich zwischen der ehemaligen DDR und der früheren Bundesrepublik. ln der DDR gab es keine Mehrwertsteuer, und die relativen Preise zwischen einer ganzen Reihe von Gütergruppen waren durch Subventionen für Waren und Dienstleistungen des sogenannten Grundbedarfs und durch hohe Abgaben auf hochwertige Industriegüter verzerrt. Die formale Verknüpfung der Transaktionen in der DDR mit Preisen des früheren Bundesgebietes würde damit einen nicht vertretbaren Verlust an Adäquatheil bei der Abbildung des realen Geschehens nach sich ziehen. Von einigen Modellrechnungen abgesehen, lassen sich die konzeptionellen Schwierigkeiten bei der Umrechnung der Transaktionen von Preisen aus der einen in eine andere Währung grundsätzlich nicht gänzlich aus dem Weg räumen. Das gilt auch für die im folgenden beschriebene und praktizierte Prozedur bei der Umbewertung der Input-Output-Tabelle für die DDR 1987 in D-Mark, die sich als ein gangbarer Kompromiß erwiesen hat. Bei ihm ist zwar mit der Anwendung von Preisen in D-Mark die Authentizität der tatsächlichen Verhältnisse in der DDR nicht mehr gewahrt - das gelingt ohnehin nur bei der Widerspiegelung der Transaktionen in der geltenden Währung zu den jeweiligen Preisen -, er vermeidet jedoch die totale Übertragung der Preis- und damit auch der Umverteilungsverhältnisse aus dem früheren Bundesgebiet. Dadurch bleibt ein größeres Maß an Adäquatheit bei der Widerspiegelung der Realität erhalten als bei der Anwendung anderer Verfahren. Die Grundidee des hier angewendeten Verfahrens zur Findung adäquater Preise in D-Mark für Güter aus DDR-Produktion besteht darin, das unmittelbar nach der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion statistisch erfaßte Preisgeschehen für die Umbewertung der Transaktionen im Jahre 1987 heranzuziehen. Nach lnkrafttreten der Union waren noch weite Teile der Güterpalette aus DDR-Produktion im Angebot und hatten sich dem Markttest zu stellen 11 • Die beim Verkauf erzielten Preise in D-Mark 11 1m
gemeinsamen Protokoll Ober Leitsatze zur Ergänzung des Vertrags Ober die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion heißt es dazu: "Die Preisbildung ist frei, sofern nicht aus zwingenden gesamtwirtschaftlichen Granden Preise staatlich festgesetzt werden." Zitiert nach Presseund Informationsamt der Bundesregierung (1990), S. 526. Die staatlich festgesetzten Preise tor Energie und Wasser, Verkehrs-, Post- und Fernmeldeleistungen, kommunale Dienstleistungen sowie die
29
entsprachen den nach der Öffnung der Märkte offenbarten Knappheitsverhältnissen. Diese Preise kamen zwar eher in einer Ausnahmesituation zustande, da sich in jener Phase Angebots- und Nachfrageschocks gegenüber einheimischen
Produkten
gegenseitig verstärkten. Sie bilden jedoch eine einzigartige Informationsquelle zur Ermittlung der Preise für eine breite Palette von Gütern, die aus der Planwirtschaft stammen, aber gemäß dem Kräfteverhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Markt verkauft werden müssen. Diese Preise kommen nicht aus dem Laboratorium internationaler Vergleichsprojekte von Statistikern, sondern entstammen der wirtschaftlichen Realität. Der Rückgriff auf Preise nach der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion bedeutet auch einen nicht zu unterschätzenden praktischen Vorteil. Das Statistische Bundesamt hat für diesen Zeitraum Erzeugerpreisindizes im Bereich des warenproduzierenden Gewerbes für den Inlandsabsatz ermittelt. Basisjahr der Indizes ist 1989, ein Jahr, in dem die Preise in Mark der DDR erfaßt wurden 12. Wie die Tabelle 2.2/1 zeigt, schwankten die Erzeugerpreise in den ersten Monaten nach der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion noch beachtlich. Sie stabilisierten sich jedoch bald, so daß es sich empfahl, auf die Durchschnittspreise für das zweite Halbjahr 1990 in D-Mark bei der Umbewertung der Transaktionen zurückzugreifen und nicht auf die Werte für einen bestimmten Monat. Die Nutzung der Preisrelationen aus dem Jahre 1991 schien dagegen dem Anliegen der Umrechnung weniger angemessen zu sein, da in Reaktion auf die unzureichende Nachfrage das Angebot an Gütern aus typischer DDR-Produktion besonders im industriellen Sektor immer weniger repräsentativ für die früheren Produktionsverhältnisse wurde und im Bereich der administrierten Preise erste Anpassungen an die Ver-
Wohnungsvermietung im Altbestand werden seit 1991 im Einklang mit der Einkommensentwicklung Schritt für Schritt an die Verhältnisse in den alten Bundesländern herangeführt 12 0ie
Aussagekraft dieser Indizes als Preisumstellungskoeffizienten wird vom Statistischen Bundesamt wegen der .,prinzipielle(n) Unterschiede in der Preisbildung" 1989 und ab 1. Juli 1990 als eingeschränkt beurteilt. Vgl. Statistisches Bundesamt (1991), S.99. ln der Tat ist bisher generell ungeklärt, inwieweit die für 1989 zugrunde gelegten Industrieabgabepreise der Erzeugnisse Komponenten einer Art Mehrwertsteuer enthalten, die bei der Indexberechnung auszuschließen wären, und wenn ja, als wie hoch ihr quantitativer Einfluß auf die Berechnungsergebnisse veranschlagt werden muß. Weniger bedeutsam dürfte indes die Verzerrung sein, die von der Anwendung des Wägungsschemas nach der Laspeyres-Formel herrührt. Zwar haben sich die als Wägungszahl verwendeten Anteile der zum Absatz bestimmten Warenproduktion zwischen den Gruppen der oberen Aggregationsstufen von 1989 bis zum zweiten Halbjahr 1990 deutlich verschoben; innerhalb der hier interessierenden 40 Gruppen gewerblicher Erzeugnisse dürften sich die Änderungen jedoch in Grenzen gehalten haben.
30
Tabelle 2.2/1 Index der Erzeugerpreise ausgewählter gewerblicher Produkte (lnlandsabsatz) in den neuen Bundesländern nach der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion 1990 1989 Gütergruppe, -zweig Gewerbliche Erzeugnisse insgesamt
Juli 64,2
=100 I
Aug. 63,1
I
1990 Sept. 62,8
I
Okt. 62,9
I Nov.
I Dez.
62,5
62,1
94,5 100,8
95,4 101,8
95,4 101,8
95,4 101,8
95,4 101,8
95,4 101,8
Bergbauliche Erzeugnisse Bergbauliche Erzeugnisse (ohne Erdgas)
88,3 97,1
86,8 95,3
86,7 95,2
88,1 96,8
88,6 97,4
88,6 97,4
Erzeugnisse des Verarbeitenden Gewerbes
61,4
60,3
60,0
60,0
59,6
59,2
Grundstoff- u. Produktionsgütergewerbe Mineralölerzeugnisse Steine u.Erden, Asbestwaren, Schleifmittel Eisen und Stahl NE-Metalle und -Metallhalbzeug Gießereierzeugnisse Erz. d. Ziehereien und Kaltwalzwerke Chemische Erzeugnisse Flachglas und Glasfaser Schnittholz, Sperrholz u.sonst.bearb. Holz Holzschliff, Zellstoff, Papier u. Pappe Gummiwaren
52,6 26,4 90,2 43,0 36,9 81,8 52,3 54,3 51,9 63,6 65,6 46,3
52,1 30,1 89,4 45,4 37,3 78,8 51,4 51,5 50,8 61,5 65,0 45,4
52,4 33,5 87,4 45,6 36,4 79,6 52,8 51,7 54,8 62,5 64,6 45,2
53,1 40,0 87,7 46,2 36,0 80,5 53,0 51,6 54,3 62,2 63,6 44,9
52,7 39,7 86,8 45,7 35,0 80,7 53,1 51,3 55,6 61,6 63,2 44,7
52,0 37,6 86,0 44,1 34,1 80,5 53,4 51,3 55,0 60,8 62,2 44,8
69,5 65,9 77,5 79,9 67,2 109,8 62,0 68,8 81,9 21,8
68,4 65,6 74,2 78,7 66,2 82,5 61,1 69,1 78,6 24,6
67,8 64,3 74,0 78,2 65,2 83,9 60,5 68,0 78,5 25,4
67,2 63,6 72,9 77,2 64,9 83,9 59,9 69,4 77,9 24,8
66,8 63,4 72,7 76,9 64,6 84,0 59,5 69,0 76,8 23,4
66,4 64,0 72,5 76,4 63,8 83,9 59,1 69,0 76,5 23,5
53,9
53,0
52,5
52,6
52,3
52,0
69,1 72,6 49,6 57,0 63,6 104,0 59,4 46,3 64,2 39,7 60,9
71,6 67,0 49,5 57,1 64,0 102,9 59,4 46,0 63,8 38,8 57,4
72,6 64,7 47,8 55,7 64,8 102,0 59,4 46,3 63,9 37,9 58,1
74,3 64,7 47,4 55,8 65,1 102,7 59,4 46,8 63,1 38,0 57,7
74,0 60,2 47,3 56,1 65,2 103,2 60,7 44,3 61,8 37,7 57,3
71,6 60,2 47,6 55.7 65,5 103,3 59,2 43,1 61,5 37,6 57,4
Elektrizität, Erdgas, Fernwärme, Wasser1 Elektrizität, Fernwärme, Wasser1
Investitionsgüter produzierendes Gewerbe Erzeugnisse der Stahlverformung Stahlbauerzeugnisse u.Schienenfahrzeuge Maschinenbauerzeugnisse Straßenfahrzeuge (ohne Ackerschlepper) Boote und Jachten Elektrotechnische Erzeugnisse Feinmech. und optische Erzeugnisse; Uhren Eisen-, Blech- und Metallwaren Büromaschinen; ADV-Geräte und -Einricht. Verbrauchsgüter produzierendes Gewerbe Musikinstrum., Spielwaren, Sportgeräte, Schmuck, belichtete Filme, Füllhalter u.ä. Feinkeramische Erzeugnisse Hohlglas und veredeltes Flachglas Holzwaren Papier- und Pappewaren Druckereierzeugnisse Kunststofferzeugnisse Leder Lederwaren und Schuhe Textilien Bekleidung
69,1 68,3 67,9 67,6 67,3 Nahrungs- und Genußmittelgewerbe 71,7 67,7 66,4 70,5 66,9 65,9 65,6 Erzeugnisse des Ernährungsgewerbes Tabakwaren 92 2 92 2 92 2 93 2 96 4 96 4 'ln den Preisindizes für Elektrizität. Erdgas und Wasser sind die Verkäufe der Weiterverteiler mit berücksichtigt. Quelle: Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1991 S. 596.
31
hältnisse im früheren Bundesgebiet vollzogen wurden. Die Adäquatheitsbedingung für die Darstellung der Wirtschaftsabläufe in diesem Bereich war somit gegenüber früheren Jahren weniger gewährleistet. Der Rückgriff auf die Preise nach der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion stellt auf die Verhältnisse im zweiten Halbjahr 1990 ab. Gesucht werden aber Preise in D-Mark für das Geschehen im Jahre 1987. Um den für einen räumlichen Vergleich erforderlichen gleichen Zeitbezug der Angaben zu gewährleisten, wurden sie um die Preisentwicklung zwischen 1987 und 1990 in beiden Währungsräumen statistisch bereinigt. Für die Angaben in Mark der DDR liegen die Gründe dafür auf der Hand. Schließlich sollen die Transaktionen aus dem Jahre 1987 und nicht jene von 1989 in D-Mark umgerechnet werden. Aber auch die Preise in D-Mark, die in der zweiten Hälfte des Jahres 1990 auf dem Gebiet der neuen Bundesländer entstanden, dürften sich von jenen unterscheiden, die sich in einer vergleichbaren Situation 1987 herausgebildet hätten. Da die Preise im früheren Bundesgebiet der entscheidende Bestimmungsfaktor für die Preistindung auf jenen Gütermärkten im Gebiet der ehemaligen DDR nach der Währungs-, Wirtschaftsund Sozialunion gewesen sind, die der Preisliberalisierung unterstanden, kann die Information über das wahrscheinliche Preisniveau in D-Mark für 1987 aus den Preisentwicklungen im früheren Bundesgebiet gewonnen werden. Die rückwärtige Projektion der Preiskoeffizienten aus der Umstellungsphase der DDR-Währung auf die Verhältnisse im Jahre 1987 erfolgt durch beidseitige Indexverkettung für jede Gütergruppe. Vereinfacht läßt sich das methodische Vorgehen wie folgt darstellen:
189/87 M 190/87
DM
Hierin bedeuten P die Preise aus den Jahren 1987, 1989 bzw. 1990 in Mark oder D-Mark für Güter aus DDR-Produktion und I die Preisindizes für den Zeitraum 1987 bis 1989 bzw. 1990 im jeweiligen Währungsraum, während die Preisquotienten den originären bzw. den berechneten Umstellungskoeffizienten entsprechen.
32
Bei dieser Art der Bestimmung der Preisumstellungskoeffizienten wird unterstellt, daß der Vollzug der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion bereits im Jahre 1987 unter sonst gleichen Bedingungen in den relevanten Marktsegmenten zu ähnlichen Anpassungsmustern für die Güterpreise aus DDR-Produktion wie 1990 geführt hätte, abgestimmt jedoch mit dem seinerzeit herrschenden Preisniveau im früheren Bundesgebiet. Dem hier angewendeten Verfahren kamen die Standardprogramme der Statistischen Ämter der DDR und der Bundesrepublik Deutschland im Bereich der Erzeugerpreisstatistik zugute, mit denen die jährlichen Preisentwicklungen erfaßt und aufbereitet worden sind 13 .
Die Input-Output-Tabelle unterscheidet bei Lieferungen zwischen Gruppen von Gütern und bei Bezügen zwischen Verwendungszwecken. Unterschiedliche Verbraucher, wie z. B. Unternehmen und private Haushalte, beziehen aber nicht notwendigerweise dasselbe Güterbündel aus einer Gruppe und bezahlen auch nicht unbedingt denselben Preis für das gleiche Produkt. Insbesondere trifft das auf die Käufe der privaten Haushalte zu, zu mal die Sozialdoktrin der DDR die Aufrechterhaltung stabiler Verbraucherpreise vorsah. Im Ergebnis indessen klafften Erzeuger- und Verbraucherpreise in diesem Segment immer weiter auseinander, so daß es auch aus dieser Sicht sinnvoll schien, spezifische Preisumstellungskoeffizienten für die Käufe der privaten Haushalte zu ermitteln. Dabei wurde auf die Erzeugerpreisindizes für jene Güterrepräsentanten zurückgegriffen, die das Statistische Bundesamt zur Ermittlung der Lebenshaltungskosten herangezogen hat.
Schwieriger gestaltete sich die Ermittlung von Preisen in D-Mark für Dienstleistungen, da amtliche Angaben für die Bereiche Handel und Verkehr sowie für das breite Spektrum der sonstigen marktbestimmten Dienstleistungen fehlten. Hier mußten - soweit zugänglich Arbeitsunterlagen des Statistischen Amtes der DDR sowie von Fachministerien, z.B. dem Ministerium für Post- und Fernmeldewesen, aber auch die Urteile von Branchenexperten und eigene Schätzungen genutzt werden. Die Mieten wurden, wie unmittelbar nach der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion für den Altbestand an Wohnungen vorgeschrieben, generell im Verhältnis 1 zu 1 von Mark in D-Mark umbewertet.
13Entgegen
anderslautenden Vorstellungen in der Öffentlichkeit hat die Staatliche Zentralverwaltung fOr Statistik der DDR regelmaßig die zum Teil betrachtliehen Preisanderungen auf der Erzeugerstufe erfaßt und aufbereitet. Sie wurden jedoch vermutlich deshalb nicht veröffentlicht, um Zweifel an den amtlichen Meldungen vom kraftigen Wachstum des Nationaleinkommens sowie am Nimbus stabiler Verbraucherpreise gar nicht erst aufkommen zu lassen. Vgl. Statistisches Amt der DDR (1990).
33
2.2.2
Berechnung der Außenhandelsumsätze in D-M.: .. ?..1.~.r1.e... ~ r~e.r.?. ~.~.v.' ~.~ .~ ...................... ........................................... .......... ... ... ........ .. .
Insgesamt
Relation DM zu DM
I 5,27
7,13
I ,88
.... ............... ..................
2,14
Diese Ergebnisse hängen in nicht geringem Maße vom Umbewertungsfaktor der Produktionswerte von Mark der DDR in DM ab (vgl. hierzu Abschnitt 2.1 ). Lag beispielsweise die Arbeitsproduktivität in der land- und forstwirtschaftliehen Produktion der DDR, gemessen in Mark und zu DDR-Preisen, noch über dem westdeutschen Niveau, so wurde sie nach der Umbewertung der Produktion in DM auf die Hälfte davon reduziert. Bei der Bauproduktion und den übrigen marktbestimmten Dienstleistungen trat im Vergleich zum 64
I
westdeutschen Niveau der umgekehrte Effekt ein. Was in Mark der DDR als weniger produktiv galt, stellte sich nach der Umbewertung in DM als produktiver heraus.
Die um den Faktor Arbeit erweiterten Input-Output-Tabellen enthalten in der Regel die sektorale Erwerbstätigkeit als Personenzahl ohne Unterscheidung nach Alter, Geschlecht, Ausbildungs- und Qualifikationsniveau. Im Forschungsvorhaben wurde die dabei unterstellte, in der Realität aber nicht vorhandene Homogenität des Produktionsfaktors Arbeit durch die Aufstellung einer Berufe-Produktionsbereiche-Matrix mit der Berücksichtigung von Ausbildungs- und Tätigkeitsunterschieden bei den Erwerbstätigen aufgelöst.
Angaben zur Berufsstruktur der Erwerbstätigen in der DDR lagen im Datenspeicher "Gesellschaftliches Arbeitsvermögen (GAV)" in der Berufs- und Wirtschaftszweigsystematik der DDR vor. Nachdem die einzelnen Berufe bereits in der ersten Phase des Forschungsvorhabens auf 122 Gruppen einer bundesdeutschen Systematik umgeschlüsselt worden waren, konnten sie in der letzten Bearbeitungsphase auch auf die Produktionsbereiche der Input-Output-Tabelle verteilt werden. Dieser Rechenschritt erfolgte größtenteils unter Rückgriff auf einen Umstellungsschlüssel zwischen Volkswirtschaftssystematik der DDR und Wirtschaftszweigsystematik der Bundesrepublik, der vom Statistischen Bundesamt durch die Neugruppierung der betrieblichen Primärdaten speziell für die Erwerbstätigkeit erstellt worden war.
Zusammengefaßte Ergebnisse dieser Berechnungen enthält die Tabelle 3.3/3. Sie zeigt, daß bei der Verteilung der Berufe auf die Produktionsbereiche zumeist die bereichsspezifischen Berufsgruppen das Bild bestimmen. ln den aggregierten Produktionsbereichen Land- und Forstwirtschaft, Fischerei sowie Produzierendes Gewerbe (ohne Baugewerbe) und Staat stellen sie über die Hälfte der ErwerbstätigenzahL Dagegen liegt ihr Anteil beim Baugewerbe, im Handel und im Verkehr sowie bei den Dienstleistungen nur zwischen 34 und 38 vH. Im Baugewerbe sind die Bauberufe nur um knapp 20 vH stärker vertreten als die lndustrieberufe, im Verkehr liegt der Anteil der Industrieberufe sogar über dem der Verkehrsberufe. Auf den ersten Blick überraschend hoch ist mit 21 vH auch der Anteil der Industrieberufe an den Erwerbstätigen im Staatsbereich. Dies wird jedoch verständlich, wenn man den hohen Grad der Integration von artfremden Tätigkeiten im Staatsapparat der DDR und den spezifischen Werdegang der Staatsfunktionäre bedenkt. Weniger überraschend erscheint dagegen das mit 20 vH große Gewicht der Ordnungs- und
65
Sicherheitsberufe im Staatsbereich, das sich hinter dem sehr hohen Anteil der Dienstleistungsberufe verbirgt (vgl. Tabelle 3.3/3).
Tabelle 3.3/3 Verteilung der Erwerbstätigen 1987 in der DDR auf Berufsgruppen und aggregierte Produktionsbereiche
Produl;tionsbercicb
.-'.p"al•
IDdustrie·
beruf