Unfallpraxis [3. Aufl., Reprint 2020] 9783112313510, 9783112302248


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German Pages 217 [224] Year 1953

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Inhalt
Geleitwort
Vorwort zur 1. Auflage
Vorwort zur 3. Auflage
Einleitung
A. Allgemeiner Teil
I. Der rechtliche Hintergrund der Behandlung Unfallverletzter
II. Erste Hilfe
III. Lebensbedrohliche Folgen schwerer Unfälle
IV. Zufallswunden und ihre Folgen
V. Verbrennungen, Verätzungen
VI. Erfrierung
VII. Elektrische Unfälle
VIII. Prellungen, Zerrungen, Bänderrisse, Blutergüsse
IX. Knochenbrüche und ihre Folgen
X. Verrenkungen
XI. Das Röntgenverfahren
XII. Betäubung
XIII. Ruhigstellung
XIV. Verbände
XV. Nachbehandlung
B. Besonderer Teil
I. Schädel
II. Schädelinhalt, zentrale und periphere Nerven
III. Ohr, Obere Luft- und Speisewege
IV. Verletzungen des Auges
V. Wirbelsäule
VI. Brustkorb
VII. Stumpfe Bauchverletzungen
VIII. Becken
IX. Pfählungen
X. Arm
XI. Bein
C. Die Begutachtung
Untersuchung und Einschätzung
Sachverzeichnis
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Unfallpraxis [3. Aufl., Reprint 2020]
 9783112313510, 9783112302248

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W. E H A L T UNFALLPRAXIS

UN F A L L P R A X I S VON

PROFESSOR DR.WALTHER EHALT Ärztlicber Leiter des Unfaìlkrankenhauses Graz

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Lorenz Böhler, Leiter des Unfallkrankenhau9es Wien und einem Beitrage von Dr. Ernst Partscher, Wien und

Dr. E. H. Majer, Wien

3. verbesserte und erweiterte Auflage

Mit 252 Abbildungen im Text

19 5 3

WALTER

DE

GRUYTER

& CO.

vormals 6 . J . Göschen* sehe Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlags« buchhandlung • Georg Reimer • Karl J . Trübner • Veit & Comp.

BERLIN

W 35

Alle Rechle, auch die des auszugsweisen Nachdruckes, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen u n d der Ubersetzung, vorbehalten. Copyright 1953 by Walter de Gruyter & Co. vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung — J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. T r ü b n e r — Veit & C o m p . — Berlin W 3 5 Archiv-Nr. 5138 53 Printed in Germany Satz und Drude: T h o r m a n n & Goetsch, Berlin SW 61

Meiner Frau gewidmet

Inhalt Geleitwort Vorwort zur 1. Auflage Vorwort zur 3. Auflage Einleitung A. Allgemeiner Teil I. Der rechtliche Hintergrund der Behandlung Unfallverletzter Die Aufgaben der Unfallversicherungsträger sind: 1. in Österreich 2. in der Deutschen Bundesrepublik 3. in der Deutschen Demokratischen Republik 4. SUVA — Schweiz II. Erste Hilfe a) b) c) d) e) f) g) h) i) k) 1) m) n)

Bewußtlosigkeit Störung der Atmung Wunden Blutungen Verbrennung Erfrierung Blitzschlag und elektrische Verletzungen Verätzung Vergiftungen Knochenbrüche Prellungen, Zerrungen, Bluterguß Verrenkungen Augenverletzungen

3 8 8 10 11 12 16 16 17 18 19 20 20 20 20 20 21 24 24 24

III. Lebensbedrohliche Folgen schwerer Unfälle

24

IV. Zufallswunden und ihre Folgen Allgemeine Regeln a) Erste Hilfe b) Jodieren c) Hautabschürfungen d) Bagatelleverletzungen e) Fremdkörper f) Zufallswunden aa) Frische 1. Konservative Behandlung 2. Operative Wundversorgung

25 25 26 26 26 27 28 29 29 29 30

VIII

Inhaltsverzeichnis

bb) Veraltete Wunden cc) Alte Wunden dd) Infizierte Wunden 1. Örtlich beschränkt 2. Fortschreitende Entzündung 3. Wundinfektion mit schwerer Störung des Allgemeinbefindens, Sepsis g) Rotlauf h) Gasbrand, Gasphlegmone, malignes Ödem i) Wundstarrkrampf V. Verbrennungen, Verätzungen VI. Erfrierung VII. Elektrische Unfälle VIII. Prellungen, Zerrungen, Bänderrisse, Blutergüsse IX. Knochenbrüche und ihre Folgen a) Klinische Zeichen b) Bruchfoimen 0) Typische Verschiebungen d) Komplikationen e) Zeitpunkt des Einrichtens f) Anyklosen g) Versteifungen h) Häufig übersehene Brüche 1) Behandlung der Knochenbrüche k) Durchschnittliche Zeit bis zum Festwerden 1) Folgen von Knochenbrüchen m) Ermüdungsbrüche n) Pathologische Frakturen, Spontanbrüche X. Verrenkungen XI. Das Röntgenverfahren XII. Betäubung XIII. Ruhigstellung a) Fingerschiene b) Gipsverband Technik des ungepolsterten Gipsverbandes 1. Dorsale Gipsschiene 2. Oberarmgipsverband 3. U-Schiene 4. Unterschenkelgips 5. Verlängerung des Unterschenkelgipses 6. Gehbügel 7. Gipshülse 8. Beckengips 9. Gipsmieder 10. Kopf-Rumpf-Gips 11. Strecksehnenriß 12. Halskrawatte (Schanz-)

36 36 37 37 38 39 39 40 41 42 43 43 44 45 46 47 47 48 49 49 50 50 51 53 53 55 56 57 58 62 64 66 67 69 70 71 73 74 76 76 77 78 79 80 81 81

Inhaltsverzeichnis c) d) e) f) g) h) i)

Zinkleimverband Einlagen Quengelverbände Doppelrechtwinkelschiene Schlüsselbeinschiene Streckverband Braun'sche Schiene

IX 82 83 84 85 86 86 87

XIV. Verbände

87

XV. Nachbehandlung

88

B. Besonderer Teil I. Schädel

92

II. Schädelinhalt, zentrale und periphere Nerven a) Schädelinhalt 1. Kopfprellung 2. Gehirnerschütterung 3. Schädelgrundbruch 4. Gehirnprellung 5. Epidurale Blutung b) Hirnnerven c) Periphere Nerven 1. Offen 2. Stumpfe Verletzung 3. Typische Lähmungen

93 93 94 94 94 94 94 95 95 95 95 97

III. Ohr, Obere Luft- und Speisewege (vom Prim. Dr. E. H. Majer, Wien) Ohl Nase Rachen Kehlkopf Ösophagus

'.;..>

IV. Auge (von Dr. E. Purtscher, Wien) Instrumente und Medikamente a) Lider b) Bindehaut c) Hornhaut d) Lederhaut e) Verletzungen des Auges im Ganzen f) Verätzungen des Auges V. Wirbelsäule VI. Brustkorb VII. Stumpfe Bauchverletzungen VIII. Becken IX. Pfählungen

99 103 105 105 106 107 107 108 109 110 110 111 111 112 116 118 118 120

X

Inhaltsverzeichnis X . Arm

120

Untersuchungsgang a) Schultergürtel 1. Wunden und Infektionen 2. Stumpfe Verletzungen aa) Schulterprellung bb) Schulterzerrung cc) Schulterverrenkung dd) Gewohnheitsmäßige Schulterverrenkung ee) Verrenkung im Schulterblatt-Schlüsselbeingelenk ff) Verrenkung im Brustbein-Schlüsselbeingelenk gg) Schlüsselbeinbruch hh) Schulterblattbruch ii) Oberarmbruch unter dem Kopf kk) Riß der langen Bicepssehne 11) Schulterversteifung

120 121 121 121 121 121 122 126 126 127 128 131 131 133 133

b) Oberarmschaftbruch

134

c) Ellbogen 1. Wunden und Infektionen 2. Stumpfe Verletzungen aa) Prellungen und Zerrungen bb) Ellbogenverrenkung cc) Knochenbrüche Supracondylärer Oberarmbruch Bruch des Olecranon ohne Diastase Bruch des Speichenköpfchens ohne Verschiebung

135 135 135 135 136 138 138 142 142

d) Vorderarm 1. Wunden 2. Sehnenscheidenentzündung 3. Knochenbrüche aa) Bruch beider Vorderarmknochen bb) Isolierter Bruch des Speichenschaftes cc) Isolierter Bruch des Ellenschaftes dd) Grünholzbruch

142 142 142 142 142 143 143 144

e) Handgelenk aa) Wunden und Infektionen bb) Prellungen und Zerrungen cc) Perilunäre Verrenkung dd) Bruch der Speiche an typischer Stelle ee) Epiphysenlösung am unteren Speichenende ff) Kahnbeinbruch gg) Brüche der übrigen Handwurzelknochen hh) Mondbeintod

144 145 145 145 146 150 150 152 153

f) Hand 1. Bagatelleverletzungen 2. Zufallswunden 3. Wundinfektionen 4. Furunkel 5. Lymphgefäß-, Lymphdrüsenentzündung

153 154 154 154 154 154

Inhaltsverzeichnis 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14.

Nagelbetteiterung Panaritium cutaneum Panaritium subcutaneum Panaritium osseum Sehnenscheidenentzündung Gelenksempyem Hohlhandprozesse Secundäre Absetzung von Fingern Knochenbrüche aa) Mittelhand, bb) Fingergrund- und Mittelglieder cc) Fingerendglieder dd) Verrenkungsbrüche ee) Strecksehnenriß 15. Zerrungen und Bänderrisse an den Fingergelenken 16. Verrenkungen der Fingerglieder 17. Handrückenödem und Bewegungseinschränkung der Finger ..

XI. Bein Untersuchung a) Hüfte 1. Wunden, Zerrungen 2. Prellungen 3. Blutergüsse 4. Hüftgelenksverrenkung 5. Pfannenbodenbrüche

XI 154 155 156 156 157 158 158 158 159 159 161 162 162 163 163 163 163 164 164 165 165 165 165 165 167

b) Oberschenkel 1. Wunden und Infektionen 2. Prellungen, Blutergüsse 3. Einteilung der Knochenbrüche

167 167 167 168

c) Knie Untersuchung 1. Wunden 2. Infektionen 3. Kniegelenkserguß 4. Bandverletzungen aa) Zerrung des inneren Seitenbandes bb) Riß des inneren Seitenbandes cc) Riß der Kreuzbänder dd) Riß des äußeren Seitenbandes ce) Innerer Meniscus ff) äußerer Meniscus 5. Kniegelenksverrenkung 6. Bruch der Kniescheibe 7. Verrenkung der Kniescheibe 8. Ausriß der Eminentia intercondyloidea 9. Gelenksmaus 10. Riß der Rectussehne und des lig. patellae propr 11. Meniscuscyste d) Unterschenkel 1. Wunden und Infektionen 2. Prellungen, Blutergüsse, Quetschungen

170 171 173 173 173 175 175 175 176 177 177 177 177 179 180 180 180 181 181 181 181 181

XII

Inhaltsverzeichnis 3. Riß der Achillessehne 4. Knochenbrüche aa) Schienbeinkopf bb) Schienbeinschaft cc) Bruch beider Unterschenkelknochen dd) Isolierter Bruch des Wadenbeinschaftes e) Sprunggelenk 1. Wunden 2. Zerrungen 3. Bandzerreißungen aa) Seitenlockerung bb) Supinationslockerung 4. Prellungen 5. Brüche

181 181 181 182 183 183 184 184 184 184 184 184 186 187

f) F u ß 189 1. Wunden und Infektionen 189 2. Zerrungen, Prellungen 189 3. Knochenbrüche und Verrenkungen 189 aa) Fersenbeinbruch 189 bb) Brüche, Verrenkungen, Verrenkungsbrüche der Fußwurzel 190 cc) Mittelfußknochenbruch 190 dd) Zehenbruch 191 ee) Verrenkungen der Zehen 191

C. Begutachtung Untersuchung und Einschätzung

192

Zusammenhangsfragen a) b) c) d) e) f) s) h) i) k)

Tuberkulose Osteomyelitis Lumbago Zwischenwirbelscheibenprolaps Men : scus Riß der langen Bicepssehn? Riß der Achillessehne Leistenbruch ' Knochennekrosen Endokrine Störungen

197 197 198 198 198 199 199 199 200 200

Geleitwort Die steigende Industrialisierung, die zunehmende Motorisierung des Verkehrs und die allgemeine Verbreitung des Sportes haben eine ungeheuere Zunahme der Unfälle zur Folge gehabt und ihre Zahl wird trotz aller Verhütungsmaßnahmen noch unaufhaltsam weiter .steigen. Die Behandlung der durch Unfall entstandenen äußeren und inneren Verletzungen hat immer schon, seit es Menschen gibt, zu den vornehmsten Aufgaben der Heilkunde gehört. Die Wunden, die Knochenbrüche und die Verrenkungen stehen dabei im Vordergrund, während die Verletzungen der inneren Organe weniger als 1% ausmachen. Die Folgen von Verletzungen sind nicht immer unabwendbare Unfallfolgen, sondern viel häufiger vermeidbare Behandlungsfolgen, wie z. B. Entzündungen nach offenen Wunden oder Verkürzungen, Verlegungen, Verdrehungen, Muskelschwund und Versteifungen nach offenen und geschlossenen Knochenbrüchen und anderen Verletzungen. Daß man diese Folgen durch eine zweckmäßige Behandlung in der Regel vermeiden kann, hat E h a l t schon in seinem 1938 erschienenen Buche: „Die offenen Brüche der langen Röhrenknochen und ihre Behandlungsergebnisse" mit noch nie dagewesener Genauigkeit bewiesen. Um die Verletzten möglichst rasch und möglichst vollkommen wieder herzustellen, ist Schulung und Organisation notwendig. Die erste Hilfe muß gelehrt werden, der Transport muß rasch vor sich gehen und es müssen entsprechende Behandlungsstätten vorhanden sein. In diesen müssen Männer wirken, die sich ganz und gar der Unfallheilkunde verschrieben haben. Sie sind nicht nur berufen, die vermeidbaren Behandlungsfolgen auf ein Mindestmaß herabzusetzen, sondern auch aus ihren reichen Erfahrungen den Studenten das zu geben, was sie für ihre spätere Praxis brauchen. Ich begrüße es deshalb besonders, daß mein langjähriger Mitarbeiter E h a l t , der den Lehrauftrag für Unfallchirurgie in Graz hat, es unternommen hat, dieses handliche Buch zu schreiben. Es faßt in knapper Form zusammen, was der Student für die Prüfung über die Unfallver-

Sicherung und über die Erkennung, Behandlung und Begutachtung von Verletzten wissen muß und was er später in die Tat umsetzen kann. Mit großem Geschick sind die Erkennungszeichen aller Unfälle beschrieben und, was noch wichtiger ist, mit guten Abbildungen erläutert. Die Behandlung hingegen ist nur von jenen angegeben, bei welchen sie der praktische Arzt selbst durchführen kann. Bei den schweren Unfällen, die ins Krankenhaus gehören, ist sie nur gestreift. Zum Schluß ist auch das Wichtigste über die Begutachtung angeführt, so daß die Lernenden einen entsprechenden Überblick über das ganze Gebiet bekommen können. Wien, im Mai 1943

Lorenz Böhler

Vorwort zur 1. Auflage Wenn ich mich trotz der Ungunst der Verhältnisse und der knapp bemessenen Zeit zur Herausgabe eines neuen Buches entschloß, so geschah dies deshalb, weil ich glaube, damit eine Lücke auffüllen und etwas dazu beitragen zu können, daß die Ergebnisse in der Unfallchirurgie besser werden. Denn wir sehen noch immer, daß Wunden und Infektionen verzettelt, Knochenbrüche übersehen oder mangelhaft behandelt werden, vielfach fehlt es auch an der entsprechenden Organisation, so daß schließlich und endlich der Durchschnitt der Behandlungsergebnisse weit unter dem liegt, was erreicht werden könnte. Die Behandlung dauert dann oft sehr lange, es entstehen schwere Dauerschäden, die vermeidbar gewesen wären und die Sozialversicherungsträger werden stark mit Renten belastet. Letzten Endes bedeutet das Ganze aber Verlust an wertvoller Arbeitskraft und Volksvermögen. Am ärgsten liegen die Verhältnisse hier in der Landwirtschaft. So wendet sich dieses Buch hauptsächlich an den Praktiker und ich hoffe, daß es ihm manchen Fingerzeig und Ratschlag geben wird. Ich habe mich bemüht, alle typischen und wesentlichen Unfälle und ihre Folgen aufzuzeigen, habe jedoch bewußt nur die herausgearbeitet und ausführlich beschrieben, welche in der Sprechstunde in Stadt und Land behandelt werden können. An den Schluß setzte ich einen kurzen Abschnitt über Begutachtung, weil ich der Ansicht bin, daß jeder Arzt das grobe Rüstzeug derselben kennen soll, schon damit die Auffassung unter den Ärzten z. B. über Zusammenhangsfragen und die wesentlichen Einschätzungen einheitlich ist, damit nicht der Verletzte im Streite der Meinungen Schaden leidet, und damit nicht die ärztliche Autorität an Ansehen verliert. Ich habe das Bedürfnis, einer Reihe von Personen für das Zustandekommen dieses Buches zu danken, vor allem meinem ehemaligen Chef und Lehrer, Herrn Prof. Dr. Lorenz B ö h l e r , dessen Behandlungsmethoden im wesentlichen in diesem Buche niedergelegt sind, wie ich sie in meiner 12jährigen Tätigkeit im Wiener Unfallkrankenhaus lernen konnte. Auch ein Teil der Abbildungen stammt aus der Sammlung B ö h l e r s . Schließlich danke ich noch den Lichtbildnern des Unfallkrankenhauses Wien, Herrn E s t e r , und des Unfallkrankenhauses Graz, Herrn S e i d l , für die mühevolle Arbeit bei der Herstellung der Licht- und Röntgenbilder. G r a z , im Juli 1943

Walther

Ehalt

Vorwort zur 3. Auflage Die dritte Auflage hat gegenüber der zweiten ein neues Gewand bekommen und ich hoffe, daß die völlig neu gemachten Abbildungen auf dem guten Papier besser aussehen werden, als dies bei der zweiten Auflage der Fall war. An dem Inhalt hat sich in der grundsätzlichen Auffassung und Einteilung nichts Wesentliches geändert. Verwertet wurden die Erfahrungen mit den Sulfonamiden und Antibioticis (Penicillin und Streptomyzin), die wir in der Zwischenzeit an vielen Zehntausenden von frischen Zufalls wunden und Infektionen gewonnen haben; damit soll über die Zukunft dieser Mittel noch nichts gesagt werden. Bezüglich der Marknagelung wurde entsprechend den in der Zwischenzeit reichlich gesammelten Erfahrungen der Hinweis auf die Marknagelung bei verschiedenen Knochenbrüchen weggelassen; bei frischen, geschlossenen Knochenbrüchen verwenden wir sie in der Regel nur mehr bei Oberschenkelschaf tbrüchen. Neu ist der Hinweis darauf, daß wir pertrochantere Brüche derzeit ebenfalls operieren, sowie auf die Beschäftigungsund Arbeitstherapie in der Nachbehandlung von Verletzungen. So wie in der ersten Auflage habe ich wieder einen eigenen Abschnitt über den „rechtlichen Hintergrund der Behandlung Unfallverletzter" aufgenommen. In der zweiten Auflage wurde dieser weggelassen, da damals die Verhältnisse noch zu verworren waren. Ich glaube, daß dieser Teil nötig ist, damit der angehende Arzt darüber gleich Bescheid weiß und auch der bereits tätige mehr darüber erfährt, als er jetzt im allgemeinen weiß; dies macht sich dem Patienten gegenüber, im Umgang mit den Sozialversicherungsträgern und im Ausstellen von Bestätigungen oft nicht sehr günstig bemerkbar. Für die Durchsicht dieses Abschnittes vom versicherungstechnischen Standpunkte aus bin ich folgenden Herren zu Dank verpflichtet: Herrn Prof. Dr. L a n g , Luzern, von der SUVA (Schweiz), Herrn Oberregierungsrat Dr. L a u t e r b a c h , Bonn, für den Reichsverband der Berufsgenossenschaften der Deutschen Bundesrepublik, Herrn Hauptabteilungsleiter Dr. M a r c u s s o n vom Ministerium für Gesundheitswesen der Deutschen Demokratischen Republik und den beiden Generaldirektoren der „Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt" in Österreich, Herrn Hofrat Dr. K a r p l u s und Herrn Dr. S e l i g o . Neu ist ein eigener Abschnitt über Verletzungen des Ohres, der Nase und der Luftwege, dessen Bearbeitung Herr Dr. E. H. M a j e r , Wien, übernommen hat. Auch Herr Dozent Dr. P u r t s c h e r hat seinen Beitrag über die Verletzungen des Auges überarbeitet. Diesen meinen beiden Mitarbeitern danke ich für ihre Mitwirkung an der dritten Auflage. G r a z , S e p t e m b e r 1953

Walther

Ehalt

Einleitung Die fortschreitende Industrialisierung der Wirtschaft durch Verwendung von Maschinen, auch bereits in der Landwirtschaft, die stets zunehmende Motorisierung des Verkehrs und die Verbreitung des Sportes, insbesonders des Kampfsportes, haben die Zahl der Unfälle allerorts ganz erheblich gesteigert. So kamen nach einer amerikanischen Statistik für das Jahr 1947 mehr als 100 000 Personen durch Unfälle um das Leben und 10 500 000 Personen wurden durch Unfälle verletzt. Die Kosten für diese Unfälle betrugen insgesamt 6 700 000 000 Dollar. Die Statistik der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt in Österreich, bei der alle Arbeiter und Angestellten mit Ausnahme der Landwirtschaft, der Bundesbahnen sowie der Staatsangestellten versichert sind, ergab im Jahre 1950 bei insgesamt 1 456 461 Versicherten 113 134 gemeldete Unfälle und 551 tödlich Verunglückte. Die Land- und forstwirtschaftliche Sozialversicherungsanstalt für Österreich hatte im gleichen Jahre bei 1 431 000 in der Landwirtschaft Beschäftigten 25 705 gemeldete Unfälle und 329 Tote. Die Bedeutung der Unfälle ist durch ihre große Zahl über das Schicksal des einzelnen hinaus zu einer volkswirtschaftlichen Frage geworden. Für den Unfallverletzten selbst bedeutet der Unfall eine Gesundheitsstörung mit mehr oder weniger Schmerzen, sowie in der Regel einen Einnahmeausfall und unter Umständen eine dauernde Behinderung, die beide durch soziale und private Versicherungseinrichtungen zumeist nur zu einem Teil entschädigt werden. Für die Allgemeinheit bedeuten die Unfälle einen vorübergehenden oder dauernden Ausfall von Arbeitskräften und dadurch einen Produktionsausfall. In zunehmendem Maße beschäftigt sich daher auch der Staat, d. h. die von ihm beauftragten Einrichtungen mit entsprechenden Maßnahmen gegen diese Unfälle. Entsprechend dieser großen persönlichen und allgemeinen Bedeutung und der großen Zahl der Unfälle haben sich ¡auch die Ärzte in zunehmendem Maße mit den Unfällen zu befassen. Unser ärztliches Streben muß dahin gehen, die Verletzungen entsprechend zu erkennen und so zu behandeln, daß eine möglichst vollständige Wiederherstellung und damit eine größtmöglichste Arbeitsfähigkeit des Verletzten eintritt und beides in möglichst kurzer Zeit. 1

Ehalt,

Unfallpraxis.

2

Einleitung

Gerade die Unfallbehandlung bedarf neben der fachlichen Seite der sorgfältigen Bedachtnahme des Arztes auf die Psyche des Verletzten, um bei und nach der Heilung die so wichtige Mitarbeit des Unfallverletzten sicherzustellen. Die Behandlung soll und darf keine Schmerzen verursachen, die Verletzten sollen kein Krankheitsgefühl und schon gar keinen Krankheitswillen bekommen, sondern der Überzeugung sein, daß sie gesunde Menschen sind, die nur auf eine mehr oder weniger beschränkte Zeit ihre normale Arbeit unterbrechen müssen, um dann wieder als vollwertige Mitarbeiter in den Wirtschafts- und Arbeitsprozeß eingegliedert zu werden. Bei der Behandlung von Verletzungen der unteren Gliedmaßen, insbesondere bei Arbeitsunfällen sollen aus diesen Erwägungen heraus z. B. grundsätzlich keine Krücken verwendet werden, weil eben die Krücke das Abzeichen des Krüppels ist! Bei Arbeitsunfällen wird sich bei Beachtung dieser Grundsätze regelmäßig von vornherein einer Rentensucht vorbeugen lassen. Mit B ö h 1 e r ist zu unterscheiden zwischen unabwendbaren und vermeidbaren Unfallfolgen. Eine unabwendbare Unfallfolge liegt z. B. vor, wenn die Absetzung eines Gliedabschnittes nach Zerquetschung infolge fehlender Ernährung unerläßlich geworden ist. Vermeidbare Unfallfolgen, z. B. die Versteifung von Fingern und der Schulter nach einem Speichenbruch an typischer Stelle infolge unzweckmäßigen Gipsverbandes und Tragen einer Armschlinge; oder starke Verkürzung und Verbiegung bei Brüchen der langen Röhrenknochen; oder schwere fortschreitende Entzündungen nach Zufallswunden infolge mangelnder primärer Wundversorgung usw. sind in der Regel von den Umweltbedingungen des Unfallverletzten und des Behandelnden (Ausbildung!) abhängig. B ö h 1 e r hat die Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich der vermeidbaren Unfallfolgen in dem Anhang zu seinem Buche *) ausgearbeitet, auf die verschiedenen Ursachen hingewiesen und ebenso die Möglichkeiten angedeutet, sie zu beseitigen. Jedenfalls ist es unsere ärztliche Pflicht, die Folgen der Unfälle auf das Unabwendbare zu begrenzen zu trachten und stets nach Mitteln und Wegen zu suchen, diese Grenzen hinauszuschieben. Ein Beitrag dazu soll auch dieses Buch sein, welches sich im wesentlichen an den Praktiker und Studenten wendet. Es sollen zunächst die sozialrechtlichen Grundlagen des Unfallheilverfahrens besprochen werden, weil ohne diese heute ein Arzt nicht mehr auskommt. Dann soll ein Überblick über das große Gebiet der Unfallchirurgie gegeben werden, die alle stumpfen und offenen Verletzungen des ganzen Körpers einschließlich ihrer Folgen umfaßt. Ein Hinweis auf die Begutachtung soll das Büchlein beschließen. Knochenbrüche und Unfallchirurgie in ihren Beziehungen zur Umwelt aus „Technik der Knochenbruchbehandlung im Frieden und im Kriege", Verlag Maudridl-Wien, 9.-11. Aufl. 1943.

A. Allgemeiner Teil I. Der rechtliche Hintergrund der Behandlung Unfallverletzter Mannigfache Einrichtungen sorgen von Gesetzes wegen für die Unfallverletzten. Sie alle sind auf die tätige Mithilfe des Arztes angewiesen, der in erster Linie als Behandler und oftmals auch als Berater oder Begutachter in Beziehungen zu diesen Einrichtungen tritt. Es ist daher auch für den Arzt notwendig, hierüber einiges zu wissen. Zur Hauptsache sind es die soziale sowie die private Unfallversicherung, die mit der spezifischen Fürsorge für Unfallverletzte betraut sind und in dieser Eigenschaft mit dem Arzt in Verbindung treten. Während früher die Opfer von Unfällen der privaten Mildtätigkeit, der öffentlichen Fürsorge oder bei Arbeitsunfällen der genossenschaftlichen Hilfe, bzw. der Hilfe des arbeitgebenden Meisters auf freiwilliger Basis überantwortet blieben, zwangen die zunehmende Maschinenarbeit und die in ihrem Gefolge auftretenden Unfälle zu allgemeinen gesetzlichen Vorsorgen, die, auf Bismarcksche Gedankengänge zurückgehend, erstmalig in der deutschen Sozialversicherung verwirklicht wurden. So wurde die gesetzliche Versorgung der Arbeitsunfälle in dem Unfallversicherungsgesetz des Deutschen Reiches vom Jahre 1884 niedergelegt. Andere Länder folgten bald, Österreich 1887, die Schweiz 1911 (siehe auch S. 4). Die Körperschaften des öffentlichen Rechtes, die den Versicherungsschutz gewähren, die also die soziale Unfallversicherung durchführen, werden im Gesetz als T r ä g e r d e r U n f a l l v e r s i c h e r u n g bezeichnet. Sie haben in den verschiedenen deutschsprechenden Ländern verschiedene Bezeichnungen und sind verschieden aufgebaut: In Ö s t e r r e i c h ist für Arbeitsunfälle sowie für die Berufserkrankungen aller Arbeiter und Angestellten in Gewerbe, Industrie und Handel die „Allgemeine Unfallversicherungsanstalt" verantwortlich. Die Hauptverwaltung hat ihren Sitz in Wien, sie hat Landesstellen in Graz, Linz und Salzburg. Für die Landwirtschaft (selbständige Bauern und Landarbeiter) ist die „Land- und forstwirtschaftliche Sozialversicherungsanstalt" mit dem Hauptsitz in Wien verantwortlich. Sie hat in jedem l'

4

Allgemeiner Teil

Bundesland eine Landesstelle. Für die österreichischen Bundesbahnen und die Straßenbahnen in den einzelnen Städten (mit Ausnahme von Wien) ist die „Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen" zuständig. Es gibt somit in Österreich drei große Unfallversicherungsanstalten, die öffentlich-rechtliche Körperschaften sind und die dem Sozialministerium als Aufsichtsbehörde unterstehen. Daneben gibt es noch die „Gemeinde Wien als Träger der Eigen-Unfallversicherung" für die bei ihr Beschäftigten und die „Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates" für die Notare und Notariatskandidaten. In W e s t d e u t s c h l a n d sind nach wie vor die „Berufsgenossenschaften" die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie gliedern sich in die Landwirtschaftlichen und in die Gewerblichen Berufsgenossenschaften, wobei letztere nach Wirtschaftszweigen gegliedert sind, z. B. Tiefbau, Fleischerei, Bergbau usw. (derzeit 35). Dazu kommen die „Träger der Eigen-Unfallversicherung" (Bund, Land, Gemeinden usw.) und die „Gemeinde-Unfallversicherungsverbände" für Großstädte über 500 000 Einwohner. In der D e u t s c h e n D e m o k r a t i s c h e n R e p u b l i k . Durch die Bildung einer einheitlichen Sozialversicherung im Jahre 1947 wurden in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands die Grundlagen für eine einheitliche Behandlung aller Kranken und Unfallverletzten geschaffen. Im Jahre 1951 wurde in der Deutschen Demokratischen Republik die Sozialversicherung in den Staatshaushalt überführt und die verantwortliche Leitung dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund übertragen und die Selbstverwaltung der Sozialversicherung durch die Werktätigen verwirklicht. Es ist also in der Deutschen Demokratischen Republik nicht mehr Aufgabe von Rechtskörperschaften, Träger einer Unfallversicherung zu sein, sondern es ist Aufgabe des Staates, die Behandlung und Versorgung Unfallverletzter sicher zu stellen. In der S c h w e i z ist auf Grund des Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes vom 13. Juni 1911 die S c h w e i z e r i s c h e U n f a l l v e r s i c h e r u n g s a n s t a l t in Luzern (SUVA) Träger der sozialen Unfallversicherung. Die Krankenversicherung trat am 1. 1. 1914, die Unfallversicherung am 1. 4. 1918 in Kraft. Letztere löste das 1881 eingeführte Schweizerische Bundesgesetz betr. die Haftpflicht aus Fabrikbetrieb ab. Die SUVA versichert die Arbeitnehmer der ihr unterstellten Betriebe gegen B e t r i e b s - u n d N i c h t b e t r i e b s u n f ä l l e sowie gegen B e r u f s k r a n k h e i t e n . — In der Nichtbetriebsunfallversicherung erfolgt durch Ausschluß außergewöhnlicher Gefahren und Wagnisse eine geringgradige Einschränkung. — Die Entschädigung der Berufskrankheiten geschieht nach dem Giftlistensystem. Eine große Zahl von be-

Der rechtliche Hintergrund der Behandlung Unfallverletzter

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ruflichen Schädigungen, die durch dieses System nicht zu erfassen sind, wird freiwillig übernommen. — Ist nicht nur ein Unfall, bzw. eine berufliche Noxe allein verantwortlich für das Zustandekommen einer Gesundheitsstörung, so kommt der wichtige Artikel 91 des Unfallgesetzes zur Anwendung: die Geldleistungen der Anstalt werden entsprechend gekürzt, wenn die Krankheit, die Invalidität oder der Tod nur teilweise die Folge eines versicherten Unfalles sind. U n t e r s t e l l t sind im wesentlichen die Betriebe der Industrie und des Gewerbes, die Transportanstalten, Elektrizitätswerke, Regiebetriebe öffentlicher Verwaltungen usw.; ausgeschlossen ist die Landwirtschaft. Die L e i s t u n g e n der Versicherung bestehen in der Übernahme der Krankenpflegekosten (Arzt, Arznei, Spital usw.), in der Gewährung von Krankengeld, Invalidenrente, Bestattungsentschädigung und Hinterlassenenrente, Ubergangsentschädigungen bei verlangtem Berufswechsel im Sektor der Berufskrankheiten. Für alle Leistungen ist nur die SUVA zuständig, vollkommene Trennung gegenüber den Krankenkassen. Die P r ä m i e n werden für die Betriebsunfallversicherung von den Arbeitgebern, für die Nichtbetriebsunfallversicherung vom Versicherten (mit einer geringen Bundessubvention) aufgebracht. Die Entscheide der SUVA können vom Versicherten bei den kantonalen V e r s i c h e r u n g s g e r i c h t e n (1. Instanz) angefochten werden. Berufungsinstanz ist das E i d g . V e r s i c h e r u n g s g e r i c h t . Nach Art. 713 des Unfallgesetzes trifft d i e A n s t a l t j e d e r z e i t die n ö t i g e n A n o r d n u n g e n zur z w e c k m ä ß i g e n Beh a n d l u n g d e r V e r s i c h e r t e n . Sie übergibt diese Kompetenzen der frei praktizierenden Ärzteschaft und mischt sich nur dann in das Heilverfahren ein, wenn das im Interesse des Versicherten oder der Allgemeinheit notwendig ist. Dazu besteht bei der Anstalt ein ä r z t l i c h e r D i e n s t mit vorwiegend beratender, überwachender und begutachtender Funktion bei den dezentralisierten Kreisagenturen und an der Zentrale in Luzern. Grundsätzlich besteht für den Versicherten f r e i e A r z t w a h l mit einigen geringfügigen Einschränkungen. Bei der Spitalwahl liegt der Entscheid in der Regel bei der SUVA. Diese besitzt keine eigenen Unfallkrankenhäuser. Der Versicherte wird in den vielen öffentlichen und privaten Spitälern des Landes behandelt. In einer e i g e n e n B ä d e r h e i l s t ä t t e , der eine A m p u t i e r t e n s c h u l e angegliedert ist, werden Spätschäden nach Unfallverletzungen behandelt. Bei Bauten in abgelegenen gebirgigen Gegenden (z. B. Kraftwerkbauten) errichtet die SUVA ab und zu eigene Werkspitäler, die von eigenen Werkärzten betreut werden. Unfall- und Berufskrankheitenverhütung gehört in den Aufgabenkreis der SUVA.

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Die Versicherungsträger sind verpflichtet, Entscheidungen über die Ansprüche der Unfallverletzten in Form von B e s c h e i d e n zu kleiden. Diese Bescheide können seitens des Unfallverletzten mit dem Rechtsmittel der Berufung beim zuständigen S c h i e d s g e r i c h t e der Sozialversicherung (in Österreich) beim zuständigen O b e r v e r s i c h e r u n g s a m t (in Westdeutschland) angefochten werden, Deutsche Demokratische Republik s. S. 5, in der Schweiz s. S. 12. Die geldlichen Mittel der Unfallversicherungsträger werden durch Beiträge der Arbeitgeber aufgebracht. Die Kosten für die Behandlung von Unfällen trägt somit 1. entweder der V e r l e t z t e s e l b s t dann, wenn er nicht sozialversichert ist, d. h. keiner Krankenkasse oder Unfallversicherung angehört, der Nichtunfallversicherte kann jedoch eine Privat-Unfallversicherung abgeschlossen haben, welche ihm entsprechend den Versicherungsbedingungen entweder Tagegeld zahlt oder eine Entschädigung im Falle einer bleibenden Invalidität (s. auch S. 195) oder beides zusammen. 2. Ist der Verletzte sozialversichert, so zahlt seine K r a n k e n k a s s e dem Arzt genau so, als wenn er erkrankt wäre. 3. Findet der Unfall während der Arbeit, auf dem Dienstwege von oder zur Arbeit statt, so handelt es sich um unter Versicherungsschutz stehende A r b e i t s u n f ä l l e , für welche im Falle einer vorübergehenden oder dauernden Verminderung der Arbeitsfähigkeit der zuständige gesetzliche Träger der Unfallversicherung eine Rente zahlt. Die Kosten der Behandlung zahlt in der Regel die Krankenkasse, sie können jedoch auch vom zuständigen Versicherungsträger gleich von Anfang an oder im Laufe der Behandlung übernommen werden (sogenanntes berufsgenossenschaftliches Heilverfahren s. später). A r b e i t s u n f ä l l e sind körperlich schädigende, zeitlich begrenzte Ereignisse, die mit der versicherten Tätigkeit in einem ursächlichen Zusammenhang stehen. Die überwiegende Mehrzahl der Unfälle entsteht durch eine einmalige plötzliche Gewalteinwirkung, z. B. offener Knochenbruch durch Darauffallen eines Gegenstandes. Darüber hinaus anerkennt jedoch das Gesetz auch schädliche Einwirkungen auf den Körper (z. B. Hitze, Kälte, wiederholte Schädigungen), sofern sie innerhalb von höchstens einer Arbeitsschicht entstanden sind, als Arbeitsunfälle. Man spricht derzeit von „versicherten Arbeitsunfällen", womit alle jene Fälle umfaßt werden, die entschädigungspflichtig sind, also die Unfälle im Betrieb, also bei der Arbeit selbst und auch die Wegunfälle. Der frühere Begriff „Betriebsunfall" wurde aufgegeben, weil er vielfach zu Unklarheiten Anlaß gab, da ja auch die Wegunfälle, versicherungs-

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technisch gesehen, den Unfällen im Betrieb gleichgestellt sind. Dazu kommt, daß auch manche Personenkreise unfallversichert sind, bei denen man von keiner Arbeit in einem „Betrieb" sprechen kann, z. B. bei Hausgehilfinnen. K e i n Z u s a m m e n h a n g im Sinne der Unfallversicherung liegt vor: a) bei Schädigungen durch allgemein wirkende Gefahren (z. B. Epidemien, Erdbeben, Überschwemmungen), denen der Verletzte in gleichem Umfange ausgesetzt sein würde, wenn er zur fraglichen Zeit nicht arbeiten würde; b) wenn die Gefahr, deren Verwirklichung den Verletzten getroffen hat, in seinen persönlichen Verhältnissen begründet war oder wenn sie durch eigenwirtschaftliche Maßnahmen hervorgerufen worden ist; c) wenn sich der Versicherte vom Betriebe gelöst oder den Zusammenhang mit dem Betriebe unterbrochen hat (durch Spielerei auf der Betriebsstätte, durch Trunkenheit, Wirtshausaufenthalt und dergleichen mehr). Entschädigungspflichtig und den Arbeitsunfällen gleichzuhalten sind auch Unfälle, die sich auf dem mit der Beschäftigung zusammenhängenden Weg nach und von der Arbeitsstätte ereignen, sofern der Weg im inneren Zusammenhang mit der versicherten Beschäftigung steht; das ist nicht der Fall, wenn mit dem Weg eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt werden oder wenn der Weg auf längere Zeit unterbrochen wird. Kleine Umwege unterbrechen den Zusammenhang des Weges mit dem Betrieb nicht. Auch der Weg von der Familienwohnung zur Arbeitsstätte und umgekehrt ist in den Versicherungsschutz einbezogen. Neben diesen W e g u n f ä l l e n gelten auch Unfälle, die sich im Zusammenhang mit der Verwahrung, Beförderung, Instandhaltung und Erneuerung des Arbeitsgerätes ereignen, als Arbeitsunfälle. Wie man also sieht, gibt es verschiedene Arten von Unfällen: Wie aus dem Obigen ersichtlich, haben die Arbeits-(Betriebs-)Unfälle und die Wegunfälle versicherungsrechtliche Bedeutung. Daneben spricht man noch von verschiedenen Arten von Unfällen, die nach der Art oder nach dem Orte des Unfalles bezeichnet werden: Sportunfälle oder -Verletzungen, Kriegsverletzungen, alpine, Straßen-, Auto-, Fahrrad-, Motorradunfälle usw. Eine Reihe dieser Unfälle haben t y p i s c h e Verletzungen zur Folge, so z. B. beim Boxen die Daumen- bzw. Nasenund Unterkieferbrüche, beim Skilaufen die Zerrungen und Zerreißungen des inneren Seitenbandes (s.S. 175), beimReiten Schlüsselbeinbrüche usw. Aber nicht nur bei Arbeitsunfällen, sondern auch bei bestimmten B e r u f s k r a n k h e i t e n tritt der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung ein. Als entschädigungspflichtige Berufskrankheiten gelten jedoch nur jene, die durch Verordnung ausdrücklich als Berufskrankheit

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im Sinne der Unfallversicherung bestimmt sind (in Österreich derzeit 31). In Westdeutschland ist derzeit die 4. Verordnung über Ausdehnung der Unfallversicherung auf Berufskrankheiten vom 29. 1. 1943 in Geltung. In Österreich wurden im Sozialversicherungs-Uberleitungsgesetz vom Jahre 1947 die gleichen Bestimmungen wie in Deutschland übernommen, die gegenüber den vor 1938 in Österreich bestandenen etwas erweitert wurden. In der Schweiz gelten ungefähr die gleichen Bestimmungen (s. S. 4). Ein Entschädigungsanspruch ist nur dann begründet, wenn a) die Erkrankung in der Berufskrankheitenverordnung angeführt ist; b) ein doppelter ursächlicher Zusammenhang zwischen der Beschäftigung und der schädigenden Einwirkung, sowie zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung besteht. Als Berufskrankheiten sind z. B. angeführt: Erkrankungen durch Blei, Phosphor, Quecksilber, Arsen, Mangan, Benzol, Kohlenoxyd, durch Röntgenstrahlen, schwere Staublungenerkrankungen (Silikose), grauer Star (in bestimmten Betrieben zur Herstellung, Verarbeitung und Bearbeitung von Glas), Erkrankung von Muskeln, Knochen und Gelenken durch Arbeiten mit Preßluftwerkzeugen usw. Besteht für einen Versicherten bei Weiterbeschäftigung die Gefahr, daß eine Berufskrankheit entsteht, so soll ihn der Versicherungsträger zur Unterlassung der Beschäftigung anhalten und ihm zum Ausgleich einer Verdienstminderung eine Übergangsrente oder auch ein Übergangsgeld gewähren. Aufgetretene Berufskrankheiten sind vom Unternehmer dem Unfallversicherungsträger anzuzeigen. Der Versicherungsträger hat die Anzeige binnen 2 Tagen nach Eingang dem zuständigen staatlichen Gewerbearzt zuzusenden. Im übrigen ist j e d e r A r z t , der bei einem Versicherten eine Berufskrankheit oder Krankheitserscheinungen feststellt, die den begründeten Verdacht einer Berufskrankheit rechtfertigen, v e r p f l i c h tet, seine F e s t s t e l l u n g e n dem V e r s i c h e r u n g s t r ä g e r oder dem Gewerbearzt unverzüglich anzuzeigen. Für die Anzeige ist ein bestimmtes Muster vorgesehen; der Arzt hat für die Anzeige Anspruch auf eine Gebühr gegen den Versicherungsträger. Im F a l l e d e r U n t e r l a s s u n g d e r A n z e i g e kann eine B e s t r a f u n g d e s A r z t e s bei der zuständigen Ärztekammer beantragt werden. 1. In Österreich: Die Aufgaben der Unfallversicherungsträger sind: a) U n f a l l v e r h ü t u n g durch Maßnahmen, die geeignet sind, Unfälle zu verhüten, insbesondere auf dem Gebiete der Propaganda, der Betriebsbesichtigung, Abhaltung von Kursen über Erste Hilfe für Betriebssanitäter; und die Mitarbeit an den Vorschriften zur Ausgestaltung der unfallsicheren Arbeit.

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b) U n f a l l k r a n k e n b e h a n d l u n g durch Gewährung von Krankenpflege in Krankenhäusern oder durch hierzu beauftragte Ärzte. Die Unfallversicherungsträger sind regelmäßig zur Übernahme der Krankenbehandlung verpflichtet, bei Krankenversicherten jedoch nur dann, wenn sie eine wirksamere Krankenbehandlung als die Krankenkasse gewähren können und diese angezeigt ist (etwa fachärztliche Behandlung oder Behandlung in besonders qualifizierten Unfallkrankenhäusern). Bei Krankenversicherten ist die Krankenkasse vorleistungspflichtig, d. h. die Krankenkasse hat die ihr obliegenden Leistungen insolange zu erbringen, als sie vom Unfallversicherungsträger nicht übernommen werden; c) B e r u f s f ü r s o r g e durch Vermittlung einer Arbeitsstelle oder Gewährung einer Umschulung, die den Verletzten zur Wiederaufnahme seines früheren oder zur Aufnahme eines neuen Berufs befähigt; d) Gewährung von G e l d e n t s c h ä d i g u n g e n ; insbesondere dann, wenn eine vorübergehende, jedoch über die 13. Woche nach dem Unfall währende oder dauernde Erwerbsminderung durch Unfallfolgen verursacht ist (Verletztenrenten, Renten an die Hinterbliebenen nach tödlichen Unfällen, Sterbegeld, Witwenbeihilfen, Abfindungen und dergleichen mehr). Zum Zwecke der Gewährung der Krankenbehandlung durch den Unfallversicherungsträger wurden durch die Praxis eine Reihe von Verfahren ausgebildet, die sicherstellen sollen, daß der Unfallversicherungsträger rechtzeitig in die Lage versetzt wird, die Heilbehandlung zu übernehmen und in wirksamer Form zu gewähren. Die Krankenkassen als solche sind verpflichtet, die Träger der Unfallversicherung zu unterstützen und an diesen Verfahren mitzuwirken. Ursprünglich war wohl die Rentengewährung die vordringlichste Aufgabe der Unfallversicherungsträger. Bald wurde jedoch klar, daß eine zweckmäßige Behandlung von Unfällen viele Dauerfolgen vermeiden oder verringern kann, wodurch nicht nur das Heilverfahren bedeutend abgekürzt, sondern die Rentenlast als solche nicht unbeträchtlich vermindert werden kann. Das Wesentliche dabei ist aber, daß durch diese zweckmäßigere Heil-, behandlung das Behandlungsergebnis wesentlich besser und der Verletzte weniger behindert und besser arbeitsfähig wird. Es soll das bestmögliche Behandlungsergebnis erzielt werden. Die Art und Weise, wie die einzelnen Träger der Unfallversicherung das Unfallheilverfahren durchführen, bzw. wie weit sie in dasselbe eingreifen, ist in den verschiedenen deutschsprechenden Ländern verschieden. (Abschnitt 1.) Am besten organisiert ist dies in Österreich, wo die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in eigenen Unfallkrankenhäusern und Unfallstationen die Heilbehandlung der Arbeitsunfälle von

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ihren Ärzten durchführen läßt. Bereits 1914 gründete die damalige Arbeiter-Unfallversicherungsanstalt für Steiermark und Kärnten über Vorschlag von Prof. W i 11 e k das „Orthopädische Spital" in Graz, welches zwar im wesentlichen der Nachbehandlung von Unfallverletzten und der Behandlung orthopädischer Krankheiten diente, jedoch schon primär der Versorgung von Frischverletzten gewidmet war. Es wurde später in „Unfallkrankenhaus" umgetauft. 1925 wurde das „Unfallkrankenhaus" in Wien nach den Plänen Prof. B ö h 1 e r s gegründet, welches sich bald zum Mekka der Unfallchirurgen der ganzen Welt entwickelte. Nach 1945 setzte dank der Tatkraft der leitenden Herren der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt, Obmann V i t z t h u m und Generaldirektor K a r p 1 u s ein großzügiges Bauprogramm ein, so daß derzeit in ganz Österreich insgesamt 7 Unfallkrankenhäuser und 6 Unfallstationen sich hauptsächlich mit der Behandlung von Arbeitsunfällen befassen. Die Unternehmer der versicherten Betriebe, sowie die Unfallversicherten selbst, sowie die Rettungsstellen und die Krankenkassen sind darüber unterrichtet, daß alle Arbeitsunfälle direkt in das betreffende Unfallkrankenhaus oder an die zuständige Unfallstation zu senden sind. Dies ist unstreitbar das zweckmäßigste Verfahren, damit ein Arbeitsunfall unter Vermeidung aller Vorschriften und Bürokratie raschest in sachgemäße Behandlung kommt. Darüber hinaus haben alle chirurgischen Kliniken und verschiedene andere Krankenhäuser Österreichs Unfallstationen für die Behandlung der Nichtarbeitsunfälle. 2. In der Deutschen Bundesrepublik: In jenen Fällen, in denen der Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaft) das Heilverfahren durchführt, wird von einem b e r u f s g e n o s s e n s c h a f t l i c h e n H e i l v e r f a h r e n gesprochen. Das bedeutet, daß in diesen Fällen nicht die Krankenkasse, sondern der Unfallversicherungsträger die Behandlungskosten zu tragen hat. Nur Krankengeld im Falle der Arbeitsunfähigkeit sowie Hausgeld im Falle der Anstaltspflege zahlt die Krankenkasse vorschußweise auch im berufsgenossenschaftlichen Heilverfahren weiter, sofern der Unfallversicherungsträger nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt. Das Krankenhaus wie auch der Arzt, die berufsgenossenschaftliche Krankenbehandlung gewähren, haben jedoch nicht mehr mit der Krankenkasse, sondern mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger abzurechnen. Hierbei ist wichtig, daß die einmal begonnene berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung für dieselbe Verletzung nicht mehr aufgehoben und wieder in eine Krankenkassenbehandlung umgewandelt werden kann. Hauptzweck ist immer die Erfassung jener Fälle, in denen die Berufsgenossenschaft ein im Sinne rascherer und vollständigerer Wieder-

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herstellung der Erwerbsfähigkeit wirksameres Heilverfahren zu gewähren imstande ist. Diesen Zwecken dient: a) das D u r c h g a n g s a r z t v e r f a h r e n (D'Arztverfahren). Durch dieses sollen alle Unfallverletzten (auch die scheinbar geringfügig Verletzten) direkt vom Betriebe oder vom Kassenarzt oder von der Krankenkasse sofort nach der Krankmeldung einem bestimmten Facharzt (dem D'Arzt) zugewiesen werden, der zu beurteilen hat, ob die Behandlung durch den Kassenarzt ausreicht oder ob besondere Heilmaßnahmen angezeigt sind. Im letzteren Falle veranlaßt er die erforderlichen Maßnahmen. Der Durchgangsarzt kann den Fall selbst in fachärztlicher Behandlung behalten (das soll bei nicht mehr als 25 bis 30 Prozent der zum Durchgangsarzt gewiesenen Verletzten der Fall sein). b) das V e r l e t z u n g s a r t e n v e r f a h r e n . Durch dieses werden die Krankenkassen beauftragt, bei Vorliegen bestimmter Verletzungen den Unfallverletzten in bestimmte Heilanstalten zu bringen, in denen die geschlossene Krankenbehandlung für Rechnung des Unfallversicherungsträgers durchgeführt wird. Es sind hier 23 schwere Verletzungen oder solche, deren Behandlung schwieriger ist, festgehalten, doch soll die Überstellung an die dazu bestimmten Krankenhäuser auch dann erfolgen, wenn ein begründeter Verdacht auf eine der angeführten Verletzungen vorliegt. Zu diesen Verletzungen zählen u. a. alle Oberschenkelbrüche, alle Fersenbeinbrüche, die Wirbel- und Beckenbrüche, Brüche beider Knöchel, alle offenen Knochenbrüche und schwere Weichteilverletzungen mit Beteiligung von Gelenken, Sehnen oder Nerven usw. Der in diesen Fällen zunächst in Anspruch genommene Arzt muß dafür sorgen, daß die Verletzten den dazu bestimmten Heilanstalten unverzüglich zugewiesen werden; c) das B e r a t u n g s f a c h a r z t v e r f a h r e n . Dieses sieht vor, daß entweder bestimmte Verletzungen oder solche, die darauf verdächtig sind, oder alle Verletzungen, die über eine bestimmte Zeit hinaus noch nicht geheilt sind, einem Facharzt vorgestellt werden. Auf diese Weise kann manchmal ein Dauerschaden vermieden werden, z. B. übersehene Brüche erkannt, schlecht stehende Brüche korrigiert, Versteifungen vermieden werden usw. Als Sondereinrichtungen für das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren wurden von manchen Berufsgenossenschaften Unfallstationen bzw. Unfallambulatorien in manchen größeren Städten Deutschlands eingerichtet. Uber Sonderstationen s. S. 12, 13. 3. In der Deutschen Demokratischen Republik: Die Kosten für die Heilbehandlung Unfallverletzter werden vom ersten Tage von der Sozialversicherung übernommen. Ganz gleich, ob

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der Unfallverletzte ambulant, stationär in einem Allgemeinkrankenhaus oder in einer speziellen Unfallkinik behandelt wird. Durch die Schaffung eines ausgedehnten Netzes von Betriebs-Polikliniken und Betriebssanitätsstellen wird von den vollberuflich tätigen Ärzten die vorbeugende Gesundheitsfürsorge und die Behandlung von Betriebsangehörigen durchgeführt, so wird eine schnelle ärztliche Versorgung Unfallverletzter sichergestellt. Die Betriebs-Polikliniken sind mit Fachärzten besetzt, so daß die Erstversorgung Unfallverletzter durch einen Chirurgen sofort kunstgerecht erfolgen kann. Hierzu stehen gut eingerichtete Operationsräume zur Verfügung. Ist eine stationäre Behandlung notwendig, so erfolgt die sofortige Einweisung durch den Betriebsarzt. Unfallverletzte aus Kleinbetrieben ohne Betriebsarzt und aus landwirtschaftlichen Betrieben müssen sich einem Arzt mit besonderen Kenntnissen auf dem Gebiet der Unfallbehandlung (Durchgangsarzt) vorstellen, der darüber bestimmt, ob die Behandlung durch den Allgemeinpraktiker ausreicht oder eine fachärztliche Behandlung erforderlich ist. Der Durchgangsarzt kann den Unfallverletzten selbst in Behandlung nehmen. Der Unfallverletzte erhält von der Sozialversicherung vom ersten Tag 50 Prozent seines innerhalb der letzten 13 Wochen durchschnittlich verdienten Nettolohnes und darüber hinaus vom Betrieb 40 Prozent, so daß er insgesamt 90 Prozent seines Nettolohnes erhält. Das Krankengeld einschließlich des Lohnausgleichs wird für Unfallverletzte bis zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, bzw. bis zur Festsetzung der Rente gezahlt, wodurch er praktisch keine materielle Einbuße erleidet. Zur Nachbehandlung stehen dem Unfallverletzten alle Heilbäder und Sanatorien zur Verfügung, die in der Selbstverwaltung der Sozialversicherung stehen. 4. Die SUVA = Schweiz s. S. 4. Als besondere Heilmaßnahme für Schwerunfallverletzte, worunter Amputierte, Gelähmte, Schwerhandverletzte usw. zu verstehen sind, wurden in verschiedenen Ländern Sonderstationen für Heil- und Berufsfürsorge Schwerunfallverletzter ins Leben gerufen. In diesen soll neben der Berufsfürsorge durch Übung, Sport und Angewöhnung an Arbeiten in Werkstätten, eventuell in Feld- und Waldarbeit das Selbstbewußtsein dieser Schwerunfallverletzten gehoben und sie wieder in das Arbeitsleben zurückgeführt werden. In England und in den Vereinigten Staaten von Nordamerika wurden während und nach dem Kriege für Zivil- und Militärverletzte die R e h a b i l i t a t i o n s z e n t r e n gegründet, die im wesentlichen den gleichen Zwecken dienen wie die Sonderstationen.

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Auch in Österreich wurde vor kurzem eine neue große Sonderstation in dem Thermalbad T o b e l b a d bei Graz von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt eröffnet, eine zweite in S t o l l h o f bei Wien wird von der gleichen Anstalt seit 1943 betrieben, die dem Unfallkrankenhaus Wien angegliedert ist. Die für die K r i e g s v e r l e t z t e n (Kriegsversehrten) zuständigen Versorgungsträger sind die Landesinvalidenämter, die außer der Gewährung der Rente auch für die nötigen Heilbehelfe (vor allem Kunstglieder) eventuell Behandlung der Kriegsversehrten zu sorgen haben. Für letzteres bedienen sie sich in speziellen Fällen vielfach der Unfallkrankenhäuser und Unfallstationen. Alle bisher erwähnten, von den Versicherungsträgern getroffenen Maßnahmen dienen somit folgenden besonderen Zwecken: a) der richtigen Diagnosestellung, b) der Gewährung der zweckmäßigsten Behandlung möglichst bald nach dem Unfall, c) der möglichst raschen Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, d) der ehesten Klärung von Zusammenhangsfragen. Neben der gesetzlichen Unfallversicherung ist auch die private Unfallversicherung dazu berufen, nach Unfällen eine Entschädigung zu leisten. Das Maßgebliche in der privaten Unfallversicherung ist der Versicherungsvertrag, der meistens auf allgemeine Versicherungsbedingungen zurückgeht, nach denen die Voraussetzungen und der Umfang der Entschädigung nach Unfällen geregelt wird. Die Begrenzung des Unfalles im Sinne der Versicherungsbedingungen ist enger; ein Unfall wird nur dann anerkannt, wenn der Versicherte durch ein plötzliches, von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Bestimmte Gesundheitsschädigungen werden in der privaten Unfallversicherung regelmäßig als Unfälle ausgeschieden (so z. B. Vergiftungen, Infektionskrankheiten, Gewerbekrankheiten usw.). Die Versicherungsbedingungen enthalten auch die Maßstäbe für die Bewertung des Grades der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten. Im Falle dauernder Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit ist für die Bemessung des Invaliditätsgrades eine in den Versicherungsbedingungen aufgestellte „Gliedertaxe" maßgebend. Diese Gliedertaxe weicht von den üblichen Entschädigungen in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht unwesentlich ab. Für U n f ä l l e i n d e r S c h u l e kommt die S c h ü l e r u n f a l l v e r s i c h e r u n g auf, die ebenfalls zu den privaten Unfallversicherungen zählt. Von den privaten Unfallversicherungen wird auch die Haftpflichtversicherung für Personenschäden durchgeführt, z. B. bei allen moto-

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risierten Fahrzeugen. Sie leistet die Entschädigung für die bei ihnen Versicherten gegenüber den Beschädigten (also wenn z. B. ein Privatauto einen Fußgänger niederstößt und dieser dadurch einen Unfall erleidet) auf Grund von Gutachten, die von der Versicherung bestimmte Ärzte ausführen. In diesem Falle wird außer der Entschädigung für vorübergehende und bleibende Behinderung der Erwerbsfähigkeit, bzw. Beeinträchtigung gegenüber dem normalen Zustand auch S c h m e r z e n s g e l d gewährt; dieses wird gewöhnlich gegliedert in starke, mittelstarke und abklingende Schmerzen. Da die Entschädigung nur auf Grund von ärztlichen Befunden erfolgen kann, kommt es immer wieder vor, daß einer der oben angeführten Sozialversicherungsträger, das Gericht bei fremdem Verschulden, bzw. die Privatversicherung solche Befunde verlangen. D e r A r z t i s t a u c h v e r p f l i c h t e t , diese Auskunft zu geben. In diesen Fällen ist er der ä r z t l i c h e n S c h w e i g e p f l i c h t entbunden, mit Ausnahme einer Privatversicherung gegenüber; hier muß die Zustimmung des Verletzten schriftlich gegeben werden. Für den Arzt und zwar sowohl für den praktischen als auch für den Facharzt, nicht nur im Krankenhaus, sondern auch in der Sprechstunde, ergibt sich daher die Notwendigkeit, genaue Aufzeichnungen über die von ihm untersuchten und behandelten Verletzten zu führen, wobei d e r e r s t e U n t e r s u c h u n g s b e f u n d besonders wichtig ist. Es soll auch ja nicht unterlassen werden, wenn nötig e i n R ö n t g e n b i l d anzufertigen. Auch muß immer d i e S e i t e d e r V e r l e t z u n g genau geführt werden. Erhöhte Witwenrente ist zu gewähren, wenn die betreffende Frau durch Krankheit oder Gebrechen mindestens 50 Prozent in ihrer Erwerbsfähigkeit behindert ist oder ein ¡bestimmtes Alter überschritten hat. Hilflosenrente bzw. Pflegegeld kann dann gewährt werden, wenn der betreffende Arbeitsunfall oder Kriegsinvalide zu den notwendigen Tätigkeiten des täglichen Lebens fremder Hilfe bedarf, so z. B. zum Essen, Anziehen, Benutzung des Closetts usw. Im wesentlichen wird sie für Ohnhänder, Schwer-Gelähmte u. a. in Frage kommen. Zur Duldung von Operationen und einer Narkose ohne weiteren Eingriff (Operationsduldungspflicht) ist ein Unfallverletzter aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben auf Grund verschiedener Entscheidungen des Deutschen Reichsversicherungsamtes, dessen Bestimmungen im wesentlichen auch heute noch für Österreich gelten, dann verpflichtet, wenn der Eingriff nicht mit nennenswerten Schmerzen verbunden, ungefährlich und erfolgversprechend ist und wenn dadurch der Zustand und die Arbeitsfähigkeit erheblich gebessert werden. Im Verweigerungsfalle kann ihm die Rente entzogen werden. Bei uns in Österreich wird die Operationsduldungspflicht sehr wenig in Anwendung gebracht,

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schon aus dem Grunde, weil es bei entsprechender seelischer Behandlung des Verletzten kaum je vorkommt, daß er in eine vorgeschlagene Operation nicht einwilligt. Eine Operationseinwilligung braucht man auch in der Unfallchirurgie zu Eingriffen an Minderjährigen von der zuständigen Aufsichtsperson (Eltern, Vormund). Lebensnotwendige Eingriffe, also Versorgung von Knochenbrüchen und Wunden, auch Absetzung von Gliedmaßen oder Teilen derselben, wird man natürlich auch ohne die Einwilligung vielfach ausführen müssen; wenn irgend möglich, wird man auch in diesen Fällen zumindest versuchen, vorher die Aufsichtsperson zu erreichen. In nicht dringenden Fällen wird man die Einwilligung abwarten. Zu erwähnen wäre noch, daß man auch bei E r w a c h s e n e n lebensgefährliche Eingriffe nur mit E i n w i l l i g u n g d e s V e r l e t z t e n machen darf. Audi mit der Absetzung von Körperteilen muß der Verletzte einverstanden sein. Man darf z. B. wenn man bei der Spaltung eines Panaritiums in Narkose sieht, daß der Finger wertlos ist, nicht einfach den Finger absetzen, wenn man nicht vorher den Patienten darauf aufmerksam gemacht hat. Schlägt man einem Verletzten einen Eingriff vor, den er ablehnt, so soll man sich dies von ihm in einem Revers unterschreiben lassen, z. B. Ablehnung einer stationären Aufnahme, einer prophylaktischen Injektion von Wundstarrkrampfserum, operativer Wundversorgung, Absetzung von Fingerteilen, die nicht mehr zu erhalten sind, usw. Da in letzter Zeit sich die Klagen gegen Ärzte wegen sogenannter „ K u n s t f e h l e r " mehren, muß jeder, auch der praktische Arzt, nach jeder Richtung hin vorsichtig sein: Immer den Verletzten aufklären, was er mit ihm vor hat, in entsprechend gelagerten Fällen auf das Röntgenbild nicht vergessen, unter Umständen einen Facharzt oder älteren Kollegen zu Rate ziehen usw. Wir persönlich lehnen den Ausdruck „Kunstfehler" überhaupt ab, da ja jeder Arzt im wesentlichen das macht, was er gelernt hat, also dann nicht er, sondern sein Lehrer zu belangen wäre. Alkoholbestimmung im Blute. In manchen Fällen wird von der Polizei aus bei Verkehrsunfällen öfter die Alkoholbestimmung im Blute (nach W i d m a r k) gefordert; die Kanülen zur Blutentnahme werden beigestellt. Ein gesetzlicher Zwang, daß ein Verletzter sich dieser Probe unterziehen muß, besteht nicht. Blutalkoholwert und Grad der Berauschung stehen wegen der sehr verschieden persönlichen Alkoholempfindlichkeit in keinem festen Verhältnis. Ein Blutalkoholgehalt von 0,7 °/oo kann sich bereits verkehrsgefährdend auswirken (Verminderung der Aufmerksamkeit, Herabsetzung der Reaktionsgeschwindigkeit und der Kritikfähigkeit, Enthemmung); 1,0 %>°: Verkehrsgefährdung ist in

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der Mehrzahl der Fälle anzunehmen; 1,5 bis 2 °/oo: Verkehrsgefährdung ist mit seltenen Ausnahmen anzunehmen, Trunkenheitserscheinungen werden auch äußerlich erkennbar. Ab 2 °/oo: Berauschung meist auch für den Laien deutlich; 2,5 °/oo: Berauschung mittleren Grades, 3 bis 4°/oo: Berauschung schweren Grades. Wichtig: — Reinigen der Haut nur mit Sublimat oder Oxyzyanat.

II. Erste Hilfe Das Wichtigste bei der ersten Hilfe ist, sich den entsprechenden Überblick über die Gesamtlage zu verschaffen, zunächst über das Gesamtbefinden des Verletzten, dann hat man Sorge zu tragen für Kreislauf, eventuelle Schmerzstillung, für Beruhigung des Verletzten und seiner Umgebung, für Stuhl- und Harnentleerung (besonders wichtig vor Antritt längerer Transporte), ob und wohin ein Abtransport notwendig ist (andere Verhältnisse im Sommer und Winter! Kälteeinwirkung!) dann erst wendet man sich der Verletzung selbst zu. Die Hilfsmittel, die man zur ersten Hilfe braucht, sind sehr wenige. Kurz das Wesentliche: Schnellverbandpäckchen, keimfreie Gaze, einige Binden (5—15 cm breit), Dreiecktücher, sterile Vaseline, Heftpflaster, einige Sicherheitsnadeln, eventuell Cramerschienen, Thermometer, Baldriantropfen, schmerzstillende Pulver. In der Sprechstunde, in Verbandstuben, in Schutzhütten und in der Arzttasche wird noch mehr zur Verfügung stehen: Instrumente, Injektionsspritze, Nadeln und Ampullen mit verschiedenen Medikamenten, Material zur Schienung: verschieden lange und breite Cramerschienen, Blechstiefel, eventuell Bretterschienen usw. Sonst müssen diese Dinge behelfsmäßig verschafft werden. Ich erwähne: Stöcke, Pappendeckel, zusammengerollte Zeitungen, Decken und ähnliches. a) Bewußtlosigkeit: Regeln: Der Bewußtlose ist zunächst den Augen der Umgebung zu entziehen und an einen nicht zu heißen oder zu kalten Ort zu bringen, alle beengenden Kleidungsstücke sind zu lösen, für Kreislauf und Atmung zu sorgen, nichts einflößen! Ist das Gesicht blaß: Kopf tief lagern; ist es rot, dann Kopf hochlagern. Für Abtransport in ein Krankenhaus sorgen! L a g o p h t h a l m u s s . S. 109. Es gibt viele Krankheitsbilder, die zur Bewußtlosigkeit führen: 1. H e r z s c h l a g (gewöhnlich innerhalb kurzer Zeit tödlicher Verlauf): Starke Zyanose, Puls und Atmung werden immer schlechter, schließlich setzt die Atmung aus. E r s t e H i l f e : Verabreichung von Herzmitteln, eventuell künstliche Atmung. 2. H i r n s c h l a g : Gesicht hochrot, häufig gleichzeitige Lähmungen und Sprachstörung. E r s t e H i l f e : Kopf hochlagern, eventuell Umschläge.

Erste Hilfe

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3. K o m a : Diabetes, Urämie usw. Abgabe in ein Krankenhaus. 4. Alle Arten von V e r g i f t u n g e n (narkotische Mittel, Lebensmittel, pflanzliche, tierische Gifte, s. S. 20). 5. A l k o h o l : Erkenntlich am Geruch, häufig sind Spuren von Erbrochenem an den Kleidern oder in der Umgebung zu finden. 6. O h n m a c h t durch Hitze, schlechte Luft, bei Versammlungen, bei Unfällen u. ä.: Der Bewußtlose ist blaß, von kaltem Schweiß bedeckt, der Puls ist schlecht, die Atmung oberflächlich. E r s t e H i l f e : Lagerung in frischer Luft, Umschläge auf Kopf und Herz. 7. H i t z s c h l a g (Sonnenstich): Gesicht hochrot, fliegende Atmung. E r s t e H i l f e : In den Schatten tragen, kalte Umschläge. 8. K r a m p f h a f t e O h n m ä c h t e n : Hysterie, Epilepsie: Das Gesicht blaurot, Schaum vor dem Mund, Krämpfe. Bei Epilepsie häufig Zungenbiß. E r s t e H i l f e : Entsprechende Lagerung; bei Epilepsie ist dafür zu sorgen, daß durch das Herumschlagen keine Verletzungen entstehen! 9. G e h i r n e r s c h ü t t e r u n g und S c h ä d e l g r u n d b r u c h : Bei Blutung aus dem Ohr wird ein trockener Tupfer oder ein reines Tuch daraufgelegt, keinesfalls darf jodiert, der Gehörgang ausgetupft oder in das Ohr hineingeschaut werden (s. S. 101). Flachlagerang. 10. E r t r i n k e n : s. weiter unten. 11. E 1 e k t r i s c h e V e r 1 e t z u n g: s. S. 43. b) Störung der Atmung. Ursachen: Fremdkörper in den Atem wegen, Ertrinken, Erhängen, Verschüttung, Einwirkung von elektrischem Strom, Blitzschlag, krankhafte Verengung der Luftwege, Giftgase (am häufigsten Kohlenoxyd, Leuchtgas, Grubengas), narkotische Mittel. Z e i c h e n : Gesicht blaurot, vergebliche Atemanstrengung, später Aussetzen der Atmung. E r s t e H i l f e : Atemwege besichtigen und mit dem Finger säubern. Bei Ertrunkenen und Verschütteten wird der Kopf und Oberkörper tiefgelagert, der Oberkörper ausgeschüttelt, wobei die Zunge vorgezogen wird. Bei Giftgasen: In frische Luft bringen; künstliche Atmung ist verboten bei Reizgiftgasen (Chlor, Phosphor, Nitrosegase). Eventuell Luftröhrenschnitt. Künstliche Atmung: Die ersten Minuten nach dem Aussetzen der Atmung sind die wichtigsten, das heißt sofort Einsetzen mit der künstlichen Atmung. 10—15 mal in der Minute. 1. N a c h S y l v e s t e r : Der Helfer befindet sich zu Häupten des VerItetzten, hebt beide Arme über den Kopf (Einatmen) und drückt sie an den Brustkorb (Ausatmen). 2. Nach H o v a r d : Die Arme des Verletzten liegen hinter seinem Kopf (Einatmungsstellung), der Helfer kniet über dem Becken des Verletzten und drückt rhythmisch den unteren Rippenbogen zusammen (Ausatmen) und läßt dann wieder los (Einatmen). Die künstliche Atmung ist fortzusetzen, bis Selbstatmung 2

Ehalt,

Unfallpraxis.

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auftritt oder bis zum einwandfreien Eintritt des Todes (eventuell 2 bis 5 Stunden). Erwähnt sei die Injektion von L o b e 1 i n , welches direkt auf das Atemzentrum wirkt. c) Wunden. Allgemein: Keine Watteverbände auf die Wunden, auch nicht sogenannte blutstillende! Auch die kleinsten Wunden sind zu verbinden, ohne Verband darf nicht weitergearbeitet werden (Blutvergiftungsgefahr). J o d soll nach Tunlichkeit vermieden werden, da

Abb. 1. Joddermatitis nach Anstrich mit zu konzentrierter Jodtinktur bei Rißquetschwunde des 4. Fingers, genäht. (Auswärts behandelt.) Abb. 2. Schwere Entzündung des ganzen Gesichtes und beginnende Meningitis nach kleiner Rißquetschwunde am rechten Unterlid, welche mit A l k o h o l vor 3 Tagen a u s g e w a s c h e n wurde (auswärtiger Fall).

es mit der Zeit zu konzentriert wird und eine Joddermatitis (Abb. 1) erzeugen kann. Besser verwendet man S e p s o t i n k t u r oder E o s i nA 1 k o h o I, s. S. 26. Bei schweren Wunden muß man r u h i g s t e l l e n wie bei einem Knochenbruch. Bei Wunden am Arm gibt man anfangs eine Armschlinge (nur zur ersten Hilfe, sonst s. S. 69—73), bei allen Wunden am Arm muß man sofort Ringe abnehmen. Wunden nicht berühren! Wunden nicht auswaschen! Keine Antiséptica (Sublimat, Karbolwasser, Alkohol s. Abb. 2) auf die Wunden. Hautabschürfungen läßt man am besten abtrocknen. Auf Wunden gibt man nur einen keimfreien Verband

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und fixiert mit Heftpflaster oder Binde (Schnellverband). Alle Wunden innerhalb 6 Stunden zum Arzt bringen (s. S. 30). Bei stärkerer B l u t u n g hebt man zuerst den verletzten Arm oder das verletzte Bein steil in die Höhe, steht die Blutung nicht, dann macht man einen Druckverband mit mehreren Verbandpäckchen oder gibt auf die Wunde keimfreie Gaze, dann Zellstoff oder sonst gerade vorhandenes weiches Material. Hilft dies nichts, dann gibt man neuerlich einen Druckverband darüber. Erst wenn es trotzdem stark blutet, legt man die E s m a r c h s c h e B i n d e = Blutsperre an (Gummischlauch, Hosenträger usw.). Diese wird immer knapp oberhalb (herzwärts) der Blutungsstelle angelegt. Die Blutleere muß sehr fest angelegt werden, sonst werden nur die Venen zusammengedrückt und die Blutung wird stärker. Eine Blutsperre darf nie länger als eine halbe Stunde liegen bleiben, sonst besteht die Gefahr von dauernden oder länger bestehenden Nervenlähmungen, insbesonders am Arm. Nach einer halben Stunde lockert man die Blutsperre; falls die Blutung nicht steht, zieht man die Blutsperre neuerlich für eine halbe Stunde an. Falls eine Abbindung nicht möglich ist (Hals, Achselhöhle, in der Leistenbeuge = typische Fleischhauerverletzung), drückt man mit dem Daumen auf die blutende Stelle, eventuell legt man den 2. Daumen darüber und drückt abwechselnd. Liegt ein spritzendes Gefäß in der Wunde, so kann auch eine Klemme angelegt werden, die dann bis zur endgültigen Versorgung in der Wunde bleibt. Beim Verbinden hat man darauf zu achten, daß die Klemme nicht auf die Haut gedrückt wird. Bei längerem Transport muß ein Wundverband eventuell nach einiger Zeit gespalten werden (vollständig bis auf die Haut!), d a durch die zunehmende Schwellung der Verband zu eng werden kann. d) Blutungen: l . Ä u ß e r e : Wunden s. S. 25. Bei geplatzten Krampfaderknoten (hauptsächlich am Unterschenkel bei varikösem Symptomenkomplex) Kompressionsverband. Bei Nasenbluten (Epistaxis) legt man den Betreffenden flach nieder und läßt die Nasenflügel mit Daumen und Zeigefinger zusammenpressen, eventuell muß man die Nasenlöcher tamponieren (nicht länger als 24 Stunden). Bei Blutung aus Mund und Ohr bei Schädelgrundbruch (s. S. 94) ist das Wichtigste absolute Ruhe, bei Bluthusten (Tuberkulose) und Bluterbrechen (blutendes Magengeschwür oder Ösophagusvaricen) kann man außerdem noch blutstillende Mittel (Kalzium, Clauden) injizieren. Traumatische Blutungen aus der Scheide werden tamponiert, bei spontaner Blutung besteht Verdacht auf Abortus. Blutungen aus dem Mastdarm stammen in der Regel von Hämorrhoiden: ruhig lagern, eventuell Tamponade. 2. I n n e r e : Nichts essen und trinken! Zu traumatischen Bluttingen in die' Brusthöhle kommt es bei Lungenanspießung durch Rippenbrüche — 2°

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ruhig lagern, Schmerzstillung (s. auch S. 117). Blutung in der Bauchhöhle entsteht traumatisch durch Riß von Leber, Milz, Darm, Gekröse — Symptome s. S. 118. Alle diese Fälle müssen dringend ins Krankenhaus abgegeben werden. Ruhiger Transport, keine Alkaloide! um das Bild nicht zu verwischen. Spontane Blutungen in der Bauchhöhle entstehen bei Eileiterschwangerschaft — Gefühl der Müdigkeit, zunehmende Blässe und Bauchdeckenspannung; sofort ins Krankenhaus abgeben. e) Verbrennung: Bei schweren Verbrennungen ist das Wichtigste Stützung des Herzens, Schmerzlinderung, Flüssigkeitszufuhr. Örtlich gibt man Salbenverbände oder fertige Brandbinden für alle 3 Grade, in neuerer Zeit wird der sterile Verband wie bei Wunden propagiert (s. S. 29). Lebensgefährlich sind Verbrennungen von mehr als ein Drittel •der Körperoberfläche. f) Erfrierung: Man darf den Betreffenden nicht gleich in die Wärme bringen. Abreiben mit Schnee. Langsame Steigerung der Wärmezufuhr, s. S. 43. g) Blitzschlag und elektrische Verletzungen: Sofort den Strom unterbrechen, falls dies nicht geht, muß man den Verletzten aus dem Stromkreis bringen, indem man ihn an den Gliedern faßt oder mit nicht leitenden Gegenständen losreißt (Stöcke, Pfosten usw.). Der Helfer muß sich auf trockenes Holz oder mehrfach übereinander gelegtes Glas stellen (Glasscheiben einschlagen) und seine Hände mit trockenen Tüchern umwickeln. Besteht nur eine S t r o m m a r k e , so legt man einen trockenen Schutzverband an, bei ausgedehnten elektrischen Verbrennungen verhält man sich wie bei Verbrennungen. Bei Bewußtlosigkeit (s. S. 16) ist die künstliche Atmung stundenlang fortzusetzen, eventuell ein Aderlaß oder Lumbalpunktion zu machen. h) Verätzung (äußerlich und innerlich): Spülen mit reichlich Wasser zur Verdünnung. Bei Laugenverätzung gibt man Säure (Essig, Zitronen), bei Verätzung mit Säuren dagegen eine Lauge (Soda, Seife) s. auch S. 42, 106. i) Vergiftungen: Manche Vergiftungen, insbesondere mit narkotischen Giften führen zur Bewußtlosigkeit. Kommt es zum Atemstillstand, dann muß man künstliche Atmung machen (s. S. 17). Am häufigsten sind Vergiftungen mit tierischen und pflanzlichen Giften (Tollkirschen, Schwämme, Fisch, Fleischvergiftung). Erscheinungen: allgemeine Schwäche, Benommenheit, Erbrechen, Durchfall. E r s t e H i l f e und Behandlung: Magenaushebung, Herzstützung. Bei S c h l a n g e n g i f t e n soll man das Glied abbinden, eventuell die Bißstelle ausbrennen. Ä t z g i f t e (Laugen, Säuren): Die Art des getrunkenen Giftes ist am Aussehen der Schorfe an den Lippen zu erkennen: Säure macht trockene Schorfe (schwarz — Schwefelsäure, gelb — Sal-

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petersäure, weiß — Salzsäure). Als Gegenmittel gibt man Laugen (Seifenlösung, Speisesodalösung, alkalische Mineralwässer). Bei Laugenverätzung findet man schmierige Lippenschorfe. Als G e g e n g a b e wirken Säuren (Zitrone, Essiglösung). Bei allen Vergiftungen soll man dem Betreffenden Milch und Öl zu trinken geben, außer bei Phosphor. Stützung des Herzens! k) Knochenbrüche: Achtung, daß ein geschlossener Bruch nicht die Haut durchspießt! S e h r s t a r k e V e r b i e g u n g e n soll man mit einem Ruck beseitigen. Dies ist besonders wichtig bei D r u c k eines Knochenstückes a u f d i e H a u t (Abb. 3—5) oder auf Nerven, z. B.

Abb. 3—5. Bruch des inneren Knöchels und Zerreißung des unteren Schienbein-Wadenbein-Bandes mit Venrenkung des Sprungbeines um volle Breite nach außen bei 54jährigem durch Sturz. Die Haut über dem inneren unteren Schienbeinende scharf gespannt. Unbedingt sofort einzurichten, sonst Hautnekrose und Infektion des Sprunggelenkes.

beim Speichenbruch an typischer Stelle mit Medianusstörung. Ein gebrochenes Glied wird unter Zug und Gegenzug mit beiden Händen angefaßt. Die S c h i e n u n g erfolgt mit gepolsterten Cramerschienen, einem gepolsterten Gipsverband, fertigen Schienen (Petitscher Stiefel, Transportschienen nach F r a n z , W a c h s m u t h , Thomas, N i e ß e n usw.) oder behelfsmäßig. Jede Schiene muß sehr gut gepolstert werden! (Abb. 6—7). Bei Kälte sind die geschienten Gliedmaßen immer sehr warm zu überwickeln! Jede Schiene soll in der Regel beide benachbarten Gelenke mit feststellen mit Ausnahme ganz gelenknaher Brüche (s. S. 22). Bei längerem Transport im Liegen soll man trachten, daß die gleiche Tragbahre vom Unfallort bis zum Krankenhaus bleibt.

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Schienung der Knochenbrüche im einzelnen: W i r b e l - und B e c k e n b r ü c h e werden flach gelagert, und zwar womöglich auf einer harten Unterlage, da das Durchsinken Schmerzen verursacht. Die oft erwähnte Gefahr, daß bei Umlagerung eines Wirbelbruches ohne Lähmung es plötzlich zur Lähmung kommt, besteht kaum. Man soll das Umlagern jedoch vermeiden, um dem Verletzten Schmerzen zu erspa-

Abb. 6 u. 7. Schlechter Verband für erste Hilfe bei Speichenbruch bei Jugendlichem. Infolge mangelnder Polsterung und zu engen Verbandes Schwellung der Hand, das Holzstück drückt sich tief in die Weichteile. 2 Stunden nach dem Unfall! (Von auswärts.)

ren. Bei B e c k e n b r ü c h e n soll man immer urinieren lassen, gelingt dies nicht (Möglichkeit einer gleichzeitigen Verletzung der Blase oder Harnröhre), dann ist der Abtransport besonders dringend! R i p p e n b r ü c h e werden mit einem zirkulären Heftpflaster oder mit einem Tuch fest zusammengebunden (Abb. 102). Bei Brüchen des S c h l ü s s e l b e i n e s , S c h u l t e r b l a t t e s , im Bereich der S c h u l t e r und am oberen O b e r a r m e n d e genügt in der Regel Lagern des Armes in ein Dreiecktuch. Bei Schlüsselbeinbrüchen darf der Arm nicht an den Körper angebunden werden (Abb. 8). Bei Oberarmschaftbrüchen gibt man ein Dreiecktuch und bindet eine gepolsterte Schiene an die Außenseite des Oberarmes. Brüche am unteren Oberarmende und im Bereich des E l l b o g e n s werden ebenfalls mit Dreickecktuch versorgt, bei schweren Fällen oder starken Schmerzen wird der Arm zuerst auf eine gepolsterte rechtwinkelige

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Schiene (am besten nach Cramer) gelagert, dann ©ine Schlinde gegeben. Dieselbe Versorgung ist für V o r derarmbrüche anzuwenden. Bei S p e i c h e n b r ü c h e n an typischer Stelle (Abb. 160 u. 161) und allen Verletzungen im Bereich der Handwurzel und Mittelhand wird eines der üblichen Armbretter oder eine gepolsterte Cramerschiene verwendet. Das Einbeziehen des Ellbogengelenkes ist nicht notwendig, dagegen eine Armschlinge. Fingerverletzungen werden mit einem gepolsterten Spatel oder einer entsprechend gebogenen Fingerschiene provisorisch versorgt, vielfach genügt eine Armschlinge. Brüche im Bereich des oberen Abb. 8. Schlechter Notverband für O b e r s c h e n k e l anteiles werden Schlüsselbeinbruch. Die Binde um liegend abtransportiert, eine Schie- Arm und Brustkorb verstärkt die . ..ii-i .i. . i. Verkürzung und schiebt das innere nung ist gewöhnlich nicht notwendig, B r u c h s t ü c k h o c h ; w e I c h e s d i e H a u t dagegen ist ein Sandsack oder sonst durchspießt. Richtiger Notverband eine Stütze an der Außenseite des = Dreiecktuch, welches den Arm Fußes des Verletzten zweckmäßig, hebt. (Sammlung B ö h l e r . ) um Schmerzen durch Wackeln des Beines zu vermeiden. Insbesondere gilt dies für Schenkelhalsbrüche, bei denen Bein und Fuß nicht vollständig nach außen gedreht sind, sondern in einer mittleren Drehung liegen. Brüche im Oberschenkelschaft werden an der Außenseite geschient, eventuell an das gesunde Bein angebunden, wobei man nicht vergessen soll, eine Polsterung zwischen die Kniee zu geben, Unterstützung des Fußes von außen. Im Winter ist das Anbinden eines Skis an der Außenseite des Beines zweckmäßig, der mit dem hinteren Ende bis in die Achselhöhle reicht. Bei schweren K n i e Verletzungen muß man unter Umständen wie bei einem Oberschenkelbruch schienen, in den meisten Fällen ist es notwendig, etwas unter das gebeugte Knie zu legen. Bei U n t e r s c h e n k e l brüchen ist das Bein von außen und innen zu schienen, Fuß und Knie inbegriffen. Dasselbe gilt für schwere K n ö c h e l brüche, wobei jedoch das Knie frei bleiben kann. Leichte Verletzungen im Bereich des Sprunggelenkes und Brüche im Bereich des F u ß e s bedürfen in der Regel keiner Schienung.

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Bei Kälte muß wegen Erfrierungsgefahr oft der Schuh entfernt oder zumindest die Schnürung gelockert werden. Bei offenen Knochenbrüchen (Abb. 16 und 17) ist die Wunde das Gefährlichere. Sie wird keimfrei verbunden und der Bruch vorsichtig geschient, auf jeden Fall so, daß vorstehende Knochenstücke nicht unter die Haut gebracht werden! (Gefahr der Verschleppung von Schmutz in die Tiefe). 1) Prellungen, Zerrungen, Bluterguß: In leichten Fällen gibt man eine elastische Binde, am Arm eine Schlinge, bei schweren Fällen muß man oft wie bei Knochenbrüchen schienen. Angenehm werden feuchte Umschläge empfunden, am besten mit Wasser; oder entsprechend verdünnter essigsaurer Tonerde; starke Konzentration derselben kann eine Dermatitis erzeugen. m) Verrenkungen (Abb. 104—106, 114, 130, 202, 222, 223): Charakteristisch ist die federnde Fixation. Manche Verrenkungen lassen sich manchmal unmittelbar nach dem Unfall ohne Betäubung leicht einrichten (Finger, Schulter, Ellbogen), Knie und Hüfte sehr selten. Eine Schienung der Verrenkungen ist gewöhnlich nicht gut möglich, jedoch entsprechende Lagerung oder Unterstützung, z. B. bei der Hüftverrenkung durch Unterlegen unter das gebeugte Knie, bei der Schulterverrenkung durch Auffüllen des Raumes zwischen dem abstehenden Arm und Körper mit Polstern, Cramerschiene usw., was in der Regel schwierig ist. n) Augenverletzungen: s. S. 107.

III. Lebensbedrohliche Folgen schwerer Unfälle Über Gefahren und Folgen von Wunden s. S. 37—41. 1. B l u t v e r l u s t — Der Verletzte ist blaß, apathisch, Puls nicht zu tasten, Blutdruck gesunken. B e h a n d l u n g : Auffüllung des Kreislaufes am besten mittels Bluttransfusion. 2. S c h o c k , K o l l a p s , a k u t e H e r z s c h w ä c h e : Obwohl theoretisch getrennte Zustandsbilder, sind sie im akuten Zustand kaum voneinander zu unterscheiden und behandlungsmäßig gleich. Der Verletzte ist unruhig, blaß, schweißbedeckt, der Puls klein, fliegend, Blutdruck gesunken. B e h a n d l u n g : Schmerzausschaltung, Wärme, Ruhe, Stützung des Herzens, warme Getränke, Bluttransfusion. 3. F e t t e m b o l i e — Die Erscheinungen sind ähnlich wie bei 1. Dazu kommt noch Benommenheit, Atemnot. Eine Behandlung ist in schwereren Formen praktisch erfolglos. Bei der Obduktion findet sich Fetteinschwemmung, insbesondere in die Lunge und in das Gehirn. 4. L u n g e n e n t z ü n d u n g — hypostatisch oder konfluierende Bronchopneumonie, insbesondere bei älteren Leuten, Trinkern. V o r b e u g u n g : häufig aufsetzen, Schmerzausschaltung, Expectorantia.

Zufallswunden und ihre Folgen

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5. D e l i r i u m t r e m e n s — bei chronischen Alkoholikern. Zeichen: Bewußtseinsstörung, Beschäftigungsdelirien, Zittern, Herzschwäche. B e h a n d l u n g : Alkoholgabe, Herzmittel. 6. P o s t t r a u m a t i s c h e r K o r s a k o f f — bietet ein ähnliches Bild wie das Delirium tremens, ist jedoch nicht durch Alkohol zu beeinflussen. 7. D e k u b i t u s — tritt auf an Stellen, auf denen der Verletzte liegt, insbesonders, wo Knochen unmittelbar unter der Haut sind. B e h a n d l u n g : Entsprechende Lagerung, glatte Unterlage, Luftpolster, Pflege der Haut.

IV. Zufallswunden und ihre Folgen Allgemeine Regeln : 1. Den Verletzten immer zur Untersuchung und zum Verbinden niedersetzen lassen! 2. Bagatelleverletzungen nicht mißachten! 3. Wunden nie auswaschen! Nicht mit antiseptischen Lösungen oder Alkohol spülen! 4. Keine Watte auf die Wunden! 5. Die peripheren Gliedabschnitte sind immer auf Motilität und Sensibilität zu untersuchen (Übersehen von Sehnen- und insbesondere Nervenverletzungen!) 6. Frische Wunden dürfen nicht gebadet werden! 7. Eine Wunde darf erst nach gründlichstem Ausschneiden genäht werden (innerhalb der ersten 6 Stunden). 8. Die Naht kommt für Schußwunden überhaupt nicht in Betracht! 9. Bei Verwendung örtlicher Betäubung darf man niemals von der Wunde her, sondern nur in die normale Haut einstechen (s. S. 62). 10. Die Wunden sind entsprechend ruhigzustellen! 11. Auch Wundstarrkrampfserum nicht vergessen! 12. Mit allen Mitteln ist zu trachten, die Zufallswunden innerhalb von 6 Stunden an einen Platz zu bringen, an dem entsprechende operative Wundversorgung gemacht werden kann; es kann dies für Leben und Glied des Verletzten entscheidend sein! Besonders gilt dies für offene Brüche. 13. Über Penicillin und Sulfonamide s. S. 32. 14. Die Versorgung ausgedehnter oder tiefergehender Zufallswunden soll man besser in der Sprechstunde nicht durchführen! Einteilung der Berufsgruppen nach ihrer Gefährdung für eine durch den Beruf begünstigte Infektion der Zufallswunden nach K r ö m e r . 1. Saubere Berufe, Beamte, Angestellte und dergleichen.

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2. Sauberes Neueisen verarbeitende Berufe und Metallbearbeitungsmas chinenarbeiter. 3. Unsauberes, gelagertes oder Alteisen verarbeitende Berufe und Montagearbeiter. 4. Kleider und Möbelstoffe verarbeitende Berufe, Hutmacher, Modistinnen. 5. 6. 7. 8. 9. Tag),

Holz verarbeitende Berufe. Leder verarbeitende Berufe. Papier verarbeitende Berufe, ferner Buchdrucker, Buchbinder. Teigwaren herstellende Berufe, Brauereiarbeiter. Sehr schmutzige Berufe, Metallschleifer, Kohlenarbeiter (ober Rauchfangkehrer, Gießereiarbeiter,

10. Transportarbeiter, Chauffeure, Mitfahrer, Bahnarbeiter, Magazinarbeiter, Diener. 11. Bau-, Brücken- und Straßenarbeiter. 12. Allgemeine Straßenunfälle der verschiedensten Berufe. 13. Kutscher, Gartenarbeiter, Siedler, landwirtschaftliche Arbeiter. 14. Fleisch verarbeitende Berufe, Küchenarbeiter, Hausgehilfinnen, Transportarbeiter der Eisfabriken. 15. Tierabfall verarbeitende Berufe. Gruppe 1 und 2 sind wenig Gruppe 13—15 stark gefährdet.

gefährdet,

Gruppe 3—12 mehr

und

a) E r s t e H i l f e s. S. 16, b) Das J o d i e r e n frischer Wunden ist schmerzhaft, außerdem besteht die Gefahr, daß länger stehendes Jod durch Verdunstung des Alkohols zu stark konzentriert wird. Normalerweise verwendet man eine 5 % i g e alkoholische Lösung. Es gibt auch Leute mit Jodüberempfindlichkeit. Bei diesen und bei zu starker Konzentration kann eine J o d d e r m a t i t i s (Abb. 1) entstehen, die dann länger dauert als die Wunde. Daher verwendet man besser S e p s o t i n k t u r oder E o s i n A l k o h o l (Eosinpulv. 1 5 , 0 , Formaldehyd sol. 1 0 , 0 , Alkohol ad 1 0 0 0 , 0 ) . Wir haben die Verwendung von J o d v o l l k o m m e n aufgegeben! c) Hautabschürfungen an unbedeckten Körperstellen (Knie, Händen, Gesicht) läßt man am besten offen. Es bildet sich in 12—24 Stunden ein trockener Schorf, dessen Abfallen man abwartet. Sammelt sich darunter Eiter an, dann hebt man die Kruste ab und legt einen Salbenverband darauf. Auf Hautabschürfungen an normalerweise bedeckten Körperstellen gibt man am besten einen dünn gestrichenen Salbenverband. Dasselbe gilt für S c h u h d r u c k . (Blase anstechen aber nicht abtragen.)

Zufallswunden und ihre Folgen

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d) Bagatelleverletzungen = kleine Verletzungen des täglichen Lebens. Diesen Verletzungen ist viel mehr Augenmerk zuzuwenden, als dies gewöhnlich geschieht. Es sind die kleinen Stichwunden, Hautabschürfungen, Kratzer, Quetschungen, Nagelabrisse und Rißquetschwunden des täglichen Lebens. Häufig werden sie auch vom Träger nicht beachtet, sie können jedoch gerade deswegen oft zu schweren Folgen führen. Nicht selten schließt sich an eine kleine Stichwunde eine Zellgewebsentzündung, eine Sehnenscheidenphlegmone an, die durch weite-

Abb. 9 u. 10. Finger- und Handgelenksversteifung bei 61jährigem Hilfsarbeiter nach Bagatelleverletzung (Holzspan in die Beugeseite des Kleinfingers eingezogen) und anschließender auf den Vorderarm fortschreitender Sehnenscheidenentzündung. Völlige Gebrauchsunfähigkeit der Hand. (Auswärts behandelt.)

res Fortschreiten auf den Vorderarm zu schweren Zellgewebsentzündungen, zu Sepsis, Amputation und Tod führen kann, selbst in gut ausgehenden Fällen bleibt oft eine weitgehende Fingerversteifung (Abb. 9—10). Bei kleinen Holzsplitterverletzungen oder Wunden an den Zehen und Fingern bricht oft Wundstarrkrampf aus. Gerade Stichverletzungen sind gefährlich, weil bei ihnen Fremdkörperteile und Schmutz in die Tiefe gebracht werden, die Eintrittsöffnung sehr klein ist und sich rasch schließt, während sich die Infektionskeime in der Tiefe ausbreiten können. Besonders gefährlich ist dies, wenn der Fremdkörper in eine Sehnenscheide oder in ein kleines Gelenk eingedrungen ist. Schlecht ist bei allen diesen Fällen ebenfalls das Auswaschen. Man soll ein Stück keimfreie Gaze oder Schnellverband auf die verletzte Stelle legen und insbesondere bei Stichwunden oder solchen, bei denen Verdacht besteht, daß der verletzende Gegenstand tiefer eindrang, für einige Tage ruhigstellen, z. B. an den Fingern mit einer Fingerschiene. In einigen

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Tagen ist die Angelegenheit gewöhnlich restlos erledigt. Kann man aus äußeren Gründen nicht sofort ruhigstellen, so muß der Verletzte aufmerksam gemacht werden, daß er bei irgendwelchen Zeichen einer beginnenden Entzündung sich sofort an den Arzt wenden muß. Dann muß unbedingt sofort ruhiggestellt werden. Im übrigen verhält man sich wio bei beginnenden oder ausgebildeten Entzündungen (s. S. 37). Bei den im Sommer nicht seltenen S t i c h w u n d e n a n d e r F u ß s o h l e d u r c h r o s t i g e N ä g e l , eventuell auch durch den Schuh hindurch, kappt man am besten mit einem Messer die harte Haut der Umgebung ab, so daß ein Trichter von V2 cm Durchmesser und 2—3 mm Tiefe entsteht, gibt Wundstarrkrampfserum und läßt einige Tage Bettruhe halten. Ich habe bei vielen hunderten derartiger Verletzungen ein einziges Mal ein Empyem des Großzehengrundgelenkes gesehen, es hatte die Stichwunde (rostiger Nagel) das Gelenk primär eröffnet. Der Fall heilte mit Versteifung des betreffenden Gelenkes. Häufig findet man, wenn der Verletzte erst einige Tage nach der Verletzung kommt, eine Rötung und Schwellung am Fußrücken proximal der Zehen. Durch Abkappen wie oben beschrieben, Ruhigstellen mit gefenstertem Gipsverband und Hochlagern des Beines geht auch in diesen Fällen die Entzündung in der Regel wieder zurück. Ein einziges Mal konnte ich die Bildung eines Abszesses beobachten, der von der Fußsohle und vom Fußrücken her gespalten werden mußte. e) Das Verhalten gegenüber den in den Körper eingedrungenen Fremdkörpern ist folgendes: Holzsplitter und Glassplitter muß man unbedingt entfernen und zwar sofort, wenn der Betreffende unmittelbar nach dem Unfall kommt. Die Wunde soll man offen lassen! Es sei denn, man schneidet das ganze Wundbett sofort sorgfältig im Sinne F r i e d r i c h s aus (s. S.30). Tintenstiftverletzungen sind im nicht verfärbten Gewebe a u s z u s c h n e i d e n und offen zu lassen! Nicht entfernt führen sie zu Nekrosen und oft schweren Entzündungen. Nähnadeln soll man in der Regel entfernen, jedoch gehört dazu gewöhnlich eine Röntgenaufnahme, eventuell ein Durchleuchtungsgerät. Auf keinen Fall soll sich der praktische Arzt in der Sprechstunde auf Nadelsuchen einlassen! Es besteht sonst die Gefahr, daß der Fremdkörper nicht sofort gefunden wird, die Operation zieht sich in die Länge und durch das Suchen werden viele Weichteile beschädigt. Ich habe schon öfter ausgedehnte Abszesse, Phlegmonen und dauernde Verkrüppelungen nach derartigen Eingriffen gesehen. Kleine metallische Fremdkörper soll man vorerst ruhig belassen, insbesondere die bei Schmieden und Schlossern häufigen „Hammerschläge" = kleine wegspringende Metallstücke; sie sind praktisch steril und heilen gewöhnlich reaktionslos ein. Machen sie ja Störungen, so soll man sie sekundär entfernen; kommt es zur Infektion, so liegt das Metallstück in einer Abszeßhöhle und kann nach

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Eröffnung des Abszesses leicht entfernt werden. Im Gegensatz dazu müssen Leichtmetallsplitter (z. B. Dural) immer primär entfernt werden, da sie in der Regel zur Entzündung führen. f) Zufallswunden: Die übrigen Wunden kann man entweder der Entstehung nach einteilen in Stich-, Schnitt-, Biß-, Schußwunden oder der Ausdehnung nach in: oberflächliche, bis in die Subkutis reichende und tiefer gehende mit Verletzung oder Durchtrennung von Sehnen, Muskeln, Gefäßen, Nerven, Eröffnung von kleinen oder großen Gelenken und Körperhöhlen. Uber die Mitbeteiligung von tiefer gelegenen Geweben, insbesonders Gelenkseröffnungen, kann man sehr häufig beim bloßen Anblick der Wunde nichts sagen. Am häufigsten sind die Rißquetschwunden, zustandekommend durch eine mehr oder minder stumpfe Gewalteinwirkung, z.B. Darauffallen von Gegenständen oder durch Sturz. Ferner zählen hierher in der Regel die Wunden bei offenen Brüchen. Bei den Rißquetschwunden sind die Wundränder unregelmäßig gezackt, sie selbst und auch die umgebende Haut und die umgebenden Weichteile sind gequetscht. Häufig, insbesondere bei tangentialer Gewalteinwirkung, ist die Abb. 11. Wundausscheidung Umgebung der Wunde abgeschürft. nach F r i e d r i c h (sackförmig), gleichzeitig die 3 Zonen

Die drei Zonen einer Wunde (Ab- einer Zufallswunde — 1 Gebildung 11): 1. Gewebslücke, 2. zer- webslücke, 2 Zone d. Gewebszertrümmerung mit Fremdtrümmertes Gewebe mit Fremdkörpern körpern und Krankheitskeimen, und Krankheitskeimen, 3. Gewebe durch 3 Zone des gequetschten und erschütterten Gewebes. Quetschung und Erschütterung geschädigt und in seiner Lebensfähigkeit herabgesetzt. Die 2. und 3. Zone sind bei stumpfer Gewalteinwirkung sehr breit. Ferner muß man die Wunden einteilen in frische und veraltete — die Grenze liegt bei 6—8 Stunden ( F r i e d r i c h ) — und infizierte. aa) Frische Zufallswunden. Das Verhalten ist entweder konservativ oder operativ. 1. Konservative Wundbehandlung. Es wird entweder an der Wunde überhaupt nichts getan und der betreffende Körperabschnitt genauestens ruhiggestellt oder es werden grob weghängende Gewebsteile weggeschnitten und dann ebenfalls ruhiggestellt. In die Wunde selbst gibt

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man eventuell einige Tropfen Perubalsam und bedeckt sie mit einem sterilen Tupfer oder man gibt einen dünn gestrichenen Salbenverband darüber, dies, damit der Tupfer nicht anklebt und beim Verbandwechsel Schmerzen verursacht. Zweckmäßig ist auch ein Unguentolanverband, der dick gestrichen werden muß (Lebertranbehandlung nach L o h r ) . Auf keinen Fall darf bei dieser Form der Wundbehandlung genäht werden! Die Ruhigstellung muß genau, absolut und ununterbrochen •sein (s. S. 64). Über Penicillin- bzw. Sulfonamid-Verwendung s. S. 32. Im weiteren Verlauf ist genauestens auf Temperatur, Puls und Schmerzen zu achten. Bleibt diesbezüglich alles normal und treten auch keine Erscheinungen von Seiten der Lymphbahn oder der Lymphdrüsen auf, so beläßt man den Verband einige Tage. Man muß sich immer vor Augen halten, daß jeder Verbandwechsel, abgesehen von eventuellen Schmerzen die Wunde reizt. Von den regionalen L y m p h d r ü s e n kommen im wesentlichen die Leistendrüsen am Bein, die Achseldrüsen und eine Drüse am Ellbogen oberhalb des Epicondylus medialis am Arm in Betracht. Diese Drüsen können bei Auftreten einer Entzündung in der Wunde anschwellen und druckschmerzhaft werden; jedoch kann es auch zu Entzündungen, auch schwerster Natur kommen, ohne daß das Lymphsystem dabei beteiligt ist. L y m p h s t r e i f e n sind am Bein äußerst selten, im Bereich des Armes treten sie rund um den Vorderarm und an der Beugeseite des Oberarmes entlang des Gefäß-Nervenbündels auf. Es sind charakteristische, längsgestellte rote Streifen, die manchmal auch druckempfindlich sind. Bei allen entzündlichen Erscheinungen und bei Schmerzen ist der Verband sofort zu öffnen und nachzusehen. Über das Verhalten bei eingetretener Infektion s. S. 38. Bei glattem Wundverlauf gibt man auf die Wunde wieder einen Salbenverband. Die Ruhigstellung ist zu belassen, bis die Wunde abgeheilt ist. Wichtig ist, auf die Erhaltung der Beweglichkeit der nicht ruhiggestellten Gelenke zu achten, s. S. 64. 2. Operative Wundversorgung. Grundsatz der operativen Wundversorgung ist, durch einwandfreie, gründlichste Ausschneidung aller Wundwände mit Entfernung aller gequetschten und verschmutzten Teile praktisch dieselben Verhältnisse zu schaffen wie bei einer operativ gesetzten Wunde. Dann darf die Wunde genäht werden! Wundnaht ohne diese Vorbedingung ist äußerst gefährlich! Die operative Wundversorgung darf nur in den ersten 6—8 Stunden erfolgen ( F r i e d r i c h sehe Zeit). Wichtig ist die anschließende absolute, ununterbrochene Ruhigstellung! Die Grundlage für die operative Wundversorgung ist die Wundausschneidung nach Friedrich (1898), der nachwies, daß durch die sackförmige Exstirpation (Abb. 11) einer frischen mit Infektionskeimen beschickten Zufallswunde diese ebenso p. p. heilt, wie eine operativ

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gesetzte Wunde. Diese „sackförmige Wundausschneidung nach F r i e d r i c h " kommt praktisch nur für kleine, bis in die Subkutis reichende Zufallswunden in Betracht. Sie wird in örtlicher Betäubung durchgeführt, anschließend wird die Haut genäht und an Gliedmaßen ruhiggestellt. An größeren und großen Wunden ist die operative Wundversorgung durchzuführen. Durchführung der operativen Wundversorgung. Sie wird in örtlicher (V2—2 °/o Novokain mit Adrenalinzusatz) oder in Leitungsbetäubung durchgeführt; allgemeine Betäubung ist in der Regel nicht zweckmäßig, da die Verletzten nicht nüchtern sind. Dasselbe gilt für Evipan, das auch oft nicht lange genug wirkt. Unter Umständen, besonders bei Kindern, wird sich trotzdem manchmal eine allgemeine Betäubung nicht vermeiden lassen. Bei Fingern macht man die Leitungsbetäubung nach O b e r s t (s. S. 62), sonst die Umspritzung des Wundgebietes mit 2%iger Lösung, bei ausgedehnten Wunden 1/2°/oig. Man kann ohne Besorgnis bis 150 ccm einer 1/2°/oigen und bis 50—60 ccm einer 2°/oigen Novokainlösung einspritzen. Am Arm kann man unter Umständen die Plexus-, am Bein die Rückenmarksbetäubung verwenden, wenn man die Technik beherrscht (s. S. 63). In Krankenhäusern wird man auch die Allgemeinbetäubung, eventuell mit den modernen Gasgeräten gebrauchen. Keine Blutleere, da man dann nicht sieht, ob das Gewebe noch gut durchblutet ist. Bei größeren Wunden braucht man eine Assistenz, welche mit Haken die Wunde spreizt, damit alle Taschen zu übersehen sind. Zuerst wird ein 2—3 mm breiter Hautrand mit Schere oder Messer weggeschnitten, dann die Wunde gespreizt, die Instrumente gewechselt und die Wundwand weggeschnitten, wobei man zweckmäßigerweise an einer Stelle beginnt und der Fläche nach gegen die andere Seite zu fortschreitet, so daß gleichsam „hinter der Front" alles ausgeschnitten und rein ist. Wichtig ist, daß die Instrumente (Messer, Pinzette usw.), welche einmal im unreinen Gebiet waren, nicht mehr mit dem reinen in Berührung kommen. Man hebt mit Pinzette, Wäscheklemme oder Wundhaken das „unterschnittene" (Abb. 11) Gewebe hoch, so daß man mit dem Messer immer im Reinen bleibt. Spritzende Gefäße werden abgeklemmt, aber nicht unterbunden. Die Klemmen bleiben bis zur Beendigung der Operation liegen und werden dann entfernt. Falls die Gefäße dann noch spritzen, werden sie unterbunden, in der Regel ist jedoch in der Zwischenzeit eine Verstopfung eingetreten. Grundsatz ist, keine oder möglichst wenig Ligaturen anzulegen. In dieser Weise werden Fettgewebe, Faszie, Muskeln, Periost mit dem Messer gereinigt. Schlecht ist es, einmal da und einmal dort in der Wunde herumzuschneiden. Verschmutzte Knochen werden mit der Knochenzwickzange (Luer) oberflächlich abgezwidct und somit gereinigt. Völlig freie Knochensplitter werden entfernt, am Periost hängende

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nur gereinigt (Achtung vor Entsplitterung wegen Gefahr einer Defektpseudarthrose). Bei frei durch die Wundhöhle ziehenden Nerven und größeren Gefäßen wird das umgebende Gewebe (z. B. Perineurium) weggeschnitten, Nerven und Gefäße selbst geschont. Die Ausschneidung einer größeren Wunde benötigt viel Erfahrung. Sie dauert oft längere Zeit, —2 Stunden! Alle Wundtaschen werden ebenfalls mit dem Messer gereinigt, eventuell muß man die Hautwunde durch einen Schnitt nach beiden Seiten zu verlängern, um einen guten Überblick zu bekommen. Die operative Wundversorgung hat auch diagnostischen Wert, da dabei durchtrennte Sehnen oder Nerven und eröffnete Gelenke erkannt werden; dies ist prognostisch und therapeutisch sehr wichtig! Die Reinigung der Wunde wird also mit dem Messer durchgeführt und ist eine mechanische und keine chemische, bakterielle oder serologische Angelegenheit! Chemische Wundbehandlung, Sulfonamide, Penicillin, Streptomyzin usw. In letzter Zeit ist die chemische Wundbehandlung mit Chemotherapeuticis und Antibioticis stark in den Vordergrund getreten. Wir können diese Mittel in der Wundbehandlung bei frischen Wunden prophylaktisch oder bei eingetretener Infektion verwenden. Wichtig ist, daß sie neben der c h i r u r g i s c h e n B e h a n d l u n g zu stehen hat und daß damit diese ihren Wert nicht verloren hat. So ist z. B. der alte Grundsatz ubi pus, ibi evacua nicht außer Kraft getreten und auch die operative Wundversorgung darf d e s w e g e n n i c h t u n t e r l a s s e n w e r d e n ! Außerdem wissen wir bereits, daß es penicillin- und auch streptomycin-resistente Keime gibt und daß diese langsam gegenüber den empfindlichen zu überwiegen beginnen. Es bleibt also die Frage noch offen, wie lange diese Mittel noch wirksam sein werden. Die S u l f o n a m i d e geben wir als Stoß: 4 X 4 , 4X3, 4 X 2 Tabletten und an 3 hintereinander folgenden Tagen, dann Pause. Werden diese Tabletten nicht vertragen, so kann man sie mit Clysma oder als Injektionen geben. Das P e n i c i l l i n (200 000 E in 24 Stunden) und S t r e p t o m y z i n (V2—1 g pro Tag) geben wir dreistündlich intramuskulär bei Tag und Nacht oder als Depot früh und abends. Über die Verwendung bei Infektionen s. S. 38. örtlich kann das Penicillin als Salbe oder Lösung oder als Puder angewandt werden. Nach Beendigung der Wundausscheidung wird nur die Haut genäht, keine Faszien-, keine Muskelnaht. Durchtrennte Nerven werden primär genäht, Sehnennähte darf man nur bei glatten Schnitten machen, nicht bei Rißquetschwunden, z. B. Kreissägeverletzungen (Gefahr der Infektion!). Auf die Wunde selbst kommt ein trockener steriler Tupfer (kein

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Salbenverband). Dann wird sofort die Ruhigstellung angelegt (s. Abschnitt XII). Wird dazu ein Gipsverband verwendet, so muß dieser sofort der ganzen Länge nach gespalten werden (s. S. 69). In manchen Fällen, insbesondere bei größeren oder stärker gequetschten Wunden ist die v e r b a n d l o s e W u n d b e h a n d l u n g zweckmäßig. Bestehen Wundtaschen oder stärkere Zerreißung der Muskulatur, so werden ein bis mehrere Gummidrains für 24—48 Stunden eingelegt, und zwar werden sie von der Wundhöhle oder -tasche aus durch die normale Haut, nicht durch die Wundwinkel hinausgeleitet. Auf die Öffnung nach Entfernen des Drains wird ein Salbenverband gelegt. H a u t v e r l u s t e werden am besten gleich primär nach operativer Wundversorgung mit Hautläppchen nach R e v e r d i n (Abb. 12), evtl. nach T h i e r s c h gedeckt. Die Deckung größerer Hautverluste ebenfalls nach T h i e r s c h oder mit dem Dermatomlappen — zu dem ein eigener Apparat verwendet wird — kommen für die Praxis nicht in Betracht. Über die E r l e r p l a s t i k bei queren Fingerabtrennungen s. S. 154, Abb. 188—191. Bei A m p u t a t i o n e n hält man sich an die Schemen von z u r V e r t h und K r ö m e r (Abb. 13—15). Alle an den Beinen Verletzte sollen Abb. 12. Traumatischer Hautbis zum Abheilen der Wunde B e t t - verlust am Unterschenkel, frisch r u h e h a l t e n . Man lagert sie zweck- mit Reverdinläppdien gedeckt. mäßigerweise hoch, z. B. auf eine Braunsche Schiene (s. S. 87). Alle schweren Verletzungen des Armes sollen ebenfalls h o c h g e l a g e r t werden (bessere Durchblutung und Vermeidung von Stauungen). Wir haben nahezu 100 000 Zufallswunden operativ behandelt, darunter auch schwerste offene Brüche (Abb. 16—17, so wie 186—188) und haben ein durchschnittliches Ergebnis von 96—98 °/o Wundheilungen p. p. erzielt. Dies war schon vor der Aera der Antibiotica und Chemotherapeutica. Seitdem wir die Sulfonamide, Penicillin- Streptomyzin usw. verwenden, hat sich praktisch nichts geändert (s. S. 32). Wir sind daher in letzter Zeit bei frischen Zufallswunden von diesen Mitteln stark abgerückt und verwenden sie nur mehr in Ausnahmefällen. 3

Ehalt, Unfallpraxis.

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Abb. 13 u. 14. Amputationsschema für Arme und Beine nach z u r V e r t h .

arbeiter nach Krömer.

Anschließend an die operative Wundversorgung hat man Temperatur, Puls und Schmerzen genau zu beobachten. Bei glattem Wundverlauf bleiben die Nähte 2—3 Wochen. Die Ruhigstellung bleibt ebenso lange, in der Zwischenzeit ist darauf zu sehen, daß alle nicht ruhiggestellten Gelenke vom Tage nach dem Unfall an täglich mehrere Male

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in vollem Umfang selbsttätig bewegt werden! Die Wundschmerzen sollen in einigen Tagen abgeklungen sein. Ist dies nicht der Fall, treten stärkere Schmerzen, eventuell Rötung an der Wunde auf, dann müssen s o f o r t m e h r e r e N ä h t e e n t f e r n t werden. Häufig beruhigt sich dann noch die Wunde, wenn etwas Sekret abgeflossen ist (Stauung). Im anderen Falle müssen sofort alle Nähte entfernt werden, damit es nicht zu Spannung, Infektion und Weiterschreiten derselben in die Um-

Abb. 16 u. 17. Offener Unterschenkelbruch bei 15jährigem Mädchen, von Auto überfahren. l / 2 Jahr später, Heilung mit voller Gebrauchsfähigkeit, keine Verkürzung, freie Gelenksbeweglichkeit, gerade Achse.

gebung kommt. Die R u h i g s t e l l u n g d a r f j e d o c h k e i n e s f a l l s e n t f e r n t o d e r u n t e r b r o c h e n werden. Die Temperatur ist auch bei glattem Wundverlauf häufig einige Tage erhöht, soll jedoch nach spätestens 8 Tagen normal sein. Diese Ausschneidung größerer Wunden dürfte sich kaum einwandfrei in der Sprechstunde durchführen lassen, daher ist es zweckmäßig, größere Wunden an ein Krankenhaus oder an einen Facharzt abzugeben. Dies muß jedoch sofort geschehen, damit der Verletzte auf jeden Fall noch, innerhalb der ersten 6—8 Stunden versorgt werden kann. Dies muß auch bei Nacht so gehandhabt werden! Zweckmäßigerweise wird sich der praktische Arzt so verhalten, daß er größere Wunden oder solche, bei denen der Verdacht besteht, daß sie tiefer gehen, bei denen eventuell Sehnen oder Nerven mit verletzt oder Gelenke eröffnet sind, in ein Krankenhaus abgibt. Besonders gefährlich sind in dieser Hinsicht Hackverletzungen im Bereich, des Knies (s. S. 173, Abb. 218), bei denen oft bei einer kleineren Wunde das Gelenk eröffnet ist. Viele Holzhacker, bei denen die Schwere der Ver3'

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letzung nicht gleich erkannt wurde, laufen mit einem steifen Kniegelenk oder ohne Bein herum. Manche haben auch das Leben dabei gelassen (Sepsis). Sehr verdächtig sind auch alle Bißwunden, insbesondere von Pferden, bei denen bei starker Schwellung nur eine kleine Hautwunde besteht, insbesonders im Bereich des Ellbogens. Häufig sind unter der Haut die Muskeln weitgehend zerrissen und abgequetscht. In diesen Fällen muß die Hautwunde entsprechend erweitert und alle gequetschten und zerrissenen Sehnen und Muskeln weggeschnitten werden, sonst besteht große Gefahr für den Ausbruch eines Gasbrandes oder die Entstehung einer schweren Entzündung. Bei Bißwunden von T o l l w u t - verdächtigen Tieren ist eine Anzeige an die Polizei, eventuell in der nächsten zuständigen Klinik eine Tollwutimpfung zu machen. In allen übrigen Fällen macht der praktische Arzt, wenn er entsprechende Erfahrung und Zeit hat, die operative Wundversorgung und Ruhigstellung, sonst behandelt er die Wunde konservativ, d. h. er macht nur entsprechende Ruhigstellung und Wundbehandlung. Es muß noch einmal wiederholt werden, daß die Hautnaht ohne vorangegangene entsprechende sorgfältige operative Wundversorgung nicht erlaubt ist und daß Sehnen nur bei glatten Schnitten primär genäht werden dürfen. Gegen diese Grundsätze wird noch immer vielfach verstoßen und die Folgen sind schwere Zellgewebsentzündungen und irreparable Schäden. : S e h n e n n ä h t e an den Fingern s. S. 154, 163. bb) Veraltete Wunden: Bei veralteten, d. h. über 6—8 Stunden alten Zufallswunden kommt nur die konservative Behandlung in Betradit (s. S. 29): Absolute ununterbrochene Ruhigstellung, genaue Beobachtung von Temperatur, Puls, Schmerzen, Schlaf und Appetit. Zur Behandlung der Wunde eignen sich am besten Salbenverbände, die möglichst selten gewechselt werden. In manchen Fällen kommt auch die verbandlose Wundbehandlung in Betracht (Abb. 33). Bei veralteten offenen Knochenbrüchen wird ebenfalls ruhiggestellt, bei Ober- und Unterschenkelbrüchen wird ohne an der Wunde zu rühren, ein Dauerzug am Schienbein für Oberschenkel- bzw. am Fersenbein für Unter.schenkelbrüche angelegt. cc) Bei alten Wunden ohne entzündliche Erscheinungen sind durch Ruhigstellung und Hochlagerung günstige Heilungsbedingungen zu schaffen. So sieht man z. B., daß Wunden über Fingerknöcheln, die -schon wochenlang bestehen, durch Ruhigstellung mit Fingerschiene in kurzer Zeit abheilen. Bei guter Heilungstendenz gibt man am besten nur einen trockenen oder Borsalbenverband. Geht die Epithelisierung langsam vor sich, so müssen hypertrophische Granulationen mit Lapissalbe oder besser noch durch Wegschneiden mit der Schere weggebracht -werden. Im übrigen wechseln mit Ausnahme der Borsalbe die Salben,

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die zur Wundbehandlung verwendet werden, so häufig, daß dieser Text in 1—2 Jahren unmodern wäre, wenn ich die derzeit üblichen Salben aufzähle. Wichtig ist, daß sie nicht reizen und daß bei langsamer Epithelisierung gewechselt wird. Zur Abwechslung kommen auch in Betracht: Umschläge mit Kamillen, l°/oiger Borlösung, 10°/oiger Kochsalzlösung usw. In letzter Zeit wurden wieder die Harnstoffpräparate, ferner Sulfonamid und Penicillin in Salben oder Pulverform gelobt. Das Geheimnis einer erfolgreichen Behandlung oberflächlicher, granulierender Wunden liegt oft darin, Salben mit Umschlägen und Trockenbehandlung zu wechseln, um das Gewebe immer wieder neu anzuregen ohne zu reizen. Bei größeren Epithelverlusten ist bei entsprechender Beschaffenheit der Granulationen (rot, nicht glasig) am zweckmäßigsten eine sekundäre Deckung, am besten mit R e v e r d i n l ä p p c h e n (Abbildung 12). Diese Läppchen sind ungefähr 14 Tage mit Kochsalz- oder Kamillenumschlägen feucht zu halten. Die so entstandene Narbe ist wesentlich fester und widerstandsfähiger als das dünne zarte Epithel, welches vom Rande her den Hautverlust schließlich überdecken würde. Größere plastische Hautverschiebungen kommen für die Sprechstunde nicht in Betracht. Bei s t a r k e m G e r u c h streut man Borsäure auf die Wunde oder zwischen die Tupfer. Borsäure ist auch spezifisch gegen den Bacillus pyocyaneus (zu erkennen an der blaugrünen Verfärbung des Verbandes). dd) Infizierte Wunden: Bei infizierten Wunden muß zunächst festgestellt werden, ob die Infektion rein lokal oder fortschreitend ist und ob sie von Allgemeinerscheinungen begleitet ist. Festgestellt wird dies so, daß man Temperatur und Puls mißt, die Zunge ansieht (trocken oder feucht), nachsieht, ob der Verletzte nicht subikterisch ist (beginnende Sepsis). Dann drückt man vorsichtig auf die Umgebung der Wunde, um festzustellen, ob Taschen vorhanden sind oder nicht. Selbstverständlich kommt auch die Beurteilung des Aussehens der Wunde dazu. 1. Ist die Infektion auf den Ort der Wunde beschränkt — Wunde schmierig belegt, mehr oder minder stark sezernierend, Umgebung gerötet, keine Taschen, Temperatur normal oder erhöht, Puls parallel der Temperatur, Zunge feucht, — so wird die Wunde einwandfrei ruhiggestellt, am besten mit einem Gipsverband, der gespalten und in dem ein Fenster über die Wunde geschnitten wird. Handelt es sich um einen Finger, so wird er mit Fingerschiene fixiert, bei mehreren oder Entzündungen an der Hohlhand oder am Handrücken werden alle Finger mit einer „ulnaren" Fingerschiene (Abb. 66) ruhiggestellt; unter Umständen wird auch noch am Daumen eine Fingerschiene angelegt, z. B. bei Gefahr einer V-phlegmone der Hand. Dann wird das Glied hochgelagert, der Arm auf Doppelrechtwinkelschiene, das Bein auf

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B r a u n sehe Schiene oder behelfsmäßig. Auf die Wunde selbst gibt man einen keimfreien Verband oder besser einen Salbenverband. N i c h t e m p f e h l e n s w e r t s i n d in d i e s e m Stadium f e u c h t e V e r b ä n d e oder der V e r s u c h mit Chemik a l i e n ( A n t i s e p t i k a ) . Dann genaueste Beobachtung. In der Regel beruhigt sich bei dieser Behandlung die Infektion, das Fieber geht zurück. Über S u l f o n a m i d - und P e n i c i l l i n behandlung s. S. 32. Kommt es trotzdem zum Fortschreiten, so muß entsprechend gespalten werden. 2. Handelt es sich um eine fortschreitende Entzündung — Wundaussehen und Allgemeinbefinden wie oben, die Entzündung und Rötung erstreckt sich auf einen größeren Gliedabschnitt, bei Druck auf die Umgebung der Wunde fließt aus dieser Eiter = Zeichen für Taschen, so wird in Narkose und Blutleere die Wunde revidiert. Die Wundränder werden mit Haken auseinandergehalten, die Wunde selbst wird, wenn nötig, erweitert; in bestehende Taschen fährt man mit dem Finger oder mit einer Kornzange, macht am Ende dieser Tasche eine Gegenspaltung und legt dorthin ein Gummidrain (besser als Streifchen) ein. Daraufhin ebenfalls absolute Ruhigstellung mit gespaltenem und gefenstertem Gipsverband, Salbenverband auf die Wunde, Hochlagern des Gliedes. Genaue Beobachtung von Temperatur, Puls, Zunge, Schmerzen. Auch hier tritt in der Regel Beruhigung ein, das Fieber sinkt entweder sofort ab, kann auch noch einige Tage bestehen und dann lytisch absinken; der Behandelnde darf dann nicht nervös werden und darf nicht in Polypragmasie verfallen, was nur schädlich sein kann! Man muß einige Tage abwarten und darf nicht am nächsten oder übernächsten Tag nach der Spaltung die Wunde wieder aufmachen und damit irritieren, falls nicht alarmierende Umstände gegeben sind. Tritt jedoch im Verlauf einiger Tage neue Taschenbildung auf, so müssen diese neuerlich gespalten und eröffnet werden. Am unangenehmsten sind hier die durch den hämolysierenden Streptokokkus hervorgerufenen Entzündungen, die flächenhaft epioder sübfaszial fortschreiten. Beim Spalten findet man keinen Eiter, sondern das ganze Gewebe ist sulzig, ödematös durchtränkt. Man muß hier bis weit ins Gesunde hinein spalten, und lange, parallel zueinander in Abständen von 2—3 Querfingern verlaufende Schnitte anlegen. Gerade hier wirken sich jedoch die Sulfonamide und insbesondere das P e n i c i l l i n oft günstig aus. Man macht dann einen Sulfonamidstoß oder man setzt sofort mit einer Penicillinbehandlung ein. Zweckmäßig ist es jedoch, sofort eine Wundkultur zu machen, um festzustellen, ob es sich auch um penicillinempfindliche Stämme als Ursache der Entzündung handelt. Die Penicillinkur ist, falls das Fieber nicht

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früher absinkt und die Wunde sich beruhigt, bis zum Eintreffen des Ergebnisses dieser Kultur fortzusetzen. Oft sehen wir, daß völlige Beruhigung eingetreten ist und die Wunde oberflächlich eitert und sich langsam schließt und trotzdem noch penicillinempfindliche Stämme vorhanden sind. Dann hat die interne Verabreichung von Penicillin keinen Zweck mehr, da es ja durch die bereits gebildete Granulationsschicht nicht mehr zu den oberflächlichen Erregern kommt. Im übrigen gilt noch das auf S. 32 Gesagte. =

3. Wundinfektion mit schwerer Störung des Allgemeinbefindens beginnende oder ausgebildete Sepsis.

Die Wunde sieht aus wie unter 1. oder 2. beschrieben, dazu kommt schwere Störung des Allgemeinbefindens: Zunge häufig trocken, Haut und Skleren subikterisch, septische Temperaturzacken, d. h. hohes Fieber abends, früh unter 37 Grad. Der Puls geht anfangs parallel mit dem Fieber, bald jedoch bleibt der Puls hoch, auch wenn das Fieber früh sinkt, ein übles Zeichen! Appetit und Schlaf sind gestört. Kommt es zum Auftreten von M e t a s t a s e n = Eiterherden an anderen Körperstellen (Gelenke, Subkutis, Innenorgane, insbesondere Lunge und Niere), so spricht man von P y ä m i e bzw. von S e p t i k o p y ä m i e . Bei all diesen Formen sind metastatisch-pyämische Herde in den Lungen anzunehmen. Die örtliche Behandlung ist hier die gleiche wie unter 1. und 2., auf die allgemeine Behandlung ist jedoch noch größerer Wert zu legen: reichlich Flüssigkeit, entsprechende Diät, Stützung des Herzens und des Gefäßsystems (Cardiaca, Strychnin usw.). Bluttransfusionen in kleinen Mengen von ca. 200 ccm wirken gut zur Stärkung der allgemeinen Abwehrkräfte. Penicillin, eventuell Streptomyzin, eventuell Sulfonamidstoß (besser rectal oder als Injektionen) sind unter genauer kultureller Kontrolle der Erreger mit heranzuziehen. Die A l l g e m e i n b e h a n d l u n g Fälle besteht in reichlich Flüssigkeit.

aller unter 1—3 angeführten

g) Erysipel = Rotlauf. Dieses wird durch Streptokokken hervorgerufen und ist eine oberflächliche Entzündung der Kutis ohne Eiterung. Charakteristisch ist die hochrote Färbung, der scharf begrenzte Rand, der fortschreitet. Dazu kommt hohes Fieber bis 40 Grad, der Puls geht parallel, die Zunge kann trocken werden, kein Subikterus, manchmal beobachtet man Verwirrungszustände. Das Allgemeinbefinden ist schwer gestört. Wenn die Begrenzung unscharf und lappig zu werden und die Rötung am Rande abzublassen beginnt, ist die Entzündung in der Regel bald vorüber. B e h a n d l u n g : Umschläge, Hochlagern des betreffenden Gliedes ohne Fixation (kein Gips!), Sorge für das Allgemeinbefinden wie oben

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beschrieben. Penicillin und Sulfonamide haben sich bei der Behandlung gut bewährt. Bluttransfusionen sind gewöhnlich nicht nötig. Meiner Erfahrung nach besteht keine Notwendigkeit, Erysipele zu isolieren, wenn sie und die Umgebung mit der nötigen Reinlichkeit behandelt werden. h) Gasbrand, Casphlegmone, malignes ödem. Der Gasbrand, verursacht durch den W e l c h - F r ä n k e l sehen und verwandte Erreger, tritt entweder ganz akut wenige Stunden nach der Verletzung als richtiger Gasbrand auf oder es kommt zur Gasphlegmone in 2 bis 3 Tagen nach dem Unfall. Die Prognose des Gasbrandes ist äußerst schlecht und unter rapider Verschlechterung des Allgemeinbefindens: Verfallenes Aussehen, Zunge trocken, hohe Temperaturen, Kollapspuls, kommt es lokal unter starken Schmerzen zu sehr starker Schwellung und rotbrauner ( = braune Form) oder schwarzblauer ( = blaue Form des Gasbrandes) Verfärbung der Haut. Beim Betasten der Haut spürt man Gasknistern unter der Haut. Unter schnellem Fortschreiten der Erscheinungen kommt es bald zum Tod, auch die Absetzung hilft in der Regel nichts, ebensowenig Gasbrandserum. Bei der Gasphlegmone verlaufen die Erscheinungen weniger stürmisch, die Hautverfärbung ist gewöhnlich geblich bis gelb-rötlich, das Gasknistern unter der Haut ist gleich, es kommt auch zur Eiterbildung. Immerhin ist die Prognose auch hier sehr ernst. Durch breite, tiefe, bis in das Gesunde reichende Spaltungen und Durchziehen von Drains kann man die Entzündung häufig beherrschen; auch hier hilft meiner Erfahrung nach das Gasbrandserum nichts. Während es zum Gasbrand und zur Gasphlegmone in der Regel auf dem Boden von zerstörtem und aus der Ernährung ausgeschaltetem Gewebe kommt, z. B. bei offenen Brüchen, wenn gequetschte und verschmutzte Muskelmassen liegen bleiben, so entwickelt sich das maligne Ödem, welches viel seltener ist, auch aus ganz kleinen Verletzungen, z. B. Hautabschürfungen. Die Prognose ist äußerst schlecht. Bei allen 3 Formen sehen die Muskeln lehmig, trodeen, wie gekocht aus. B e h a n d l u n g wie S. 39 bei der Sepsis beschrieben. Die p r o p h y l a k t i s c h e I n j e k t i o n von Gasbrandserum ist meiner Erfahrung nach w i r k u n g s l o s . Ich habe jedenfalls bei nahezu 100 000 selbstbehandelten Wunden und offenen Brüchen ein einziges Mal eine Gasphlegmone nach einem offenen Unterschenkelbruch gesehen, der primär hätte amputiert werden sollen (Zerreißung der Gefäße). Der Fall heilte nach Amputation im Oberschenkel. Wir haben in unseren Fällen niemals eine prophylaktische Injektion gegen Gasbrand gegeben. 2 Fälle kamen von auswärts nach offenen Unterschenkelbrüchen mit einer ausgebildeten Gasphlegmone zu uns. Nunmehr haben wir schon jahrelang Gasbrand und Gasplegmone nicht mehr

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gesehen. Es hat sich doch unter Friedensverhältnissen die bessere neuzeitliche Wundbehandlung „mit dem Messer" (s. S. 30) bereits überall durchgesetzt. Nach unserer Auffassung sind derartige schwere Entzündungen bei sofortiger entsprechender Wundbehandlung vermeidbare Unfallfolgen! i) Wundstarrkrampf. Der Wundstarrkrampf entsteht unter anaeroben Bedingungen und kann daher nach kleinsten und größeren Verletzungen auftreten, auch nach Erfrierungen, Verbrennungen, ja sogar nach Maniküren. Die örtlichen Erscheinungen sind uncharakteristisch. Die Wunde kann vollkommen bland aussehen oder es besteht geringe oder stärkere Eiterung. Die Allgemeinerscheinungen sind: Ziehende Gliederschmerzen, Schluckbeschwerden, Kieferklemme, Nackensteifigkeit, später der charakteristische Risus sardonicus. Dann kommt es zu tonischen Krämpfen mit klonischen Zuckungen in den Gliedmaßen, zu Opisthotonus und unter dem Bild der Herz- und Atemlähmung tritt der Tod ein. Die Temperatur ist stark erhöht, der Puls geht zuerst parallel der Temperatur, dann kommt es zur Diskrepanz; das Sensorium ist nicht getrübt. Das Wichtigste ist die Prophylaxe, in erster Linie chirurgisch: Primäre Exstirpation des Herdes, d. h. genaue operative Wundversorgung bzw. Entfernung von Holzsplittern usw. Bei entsprechender chirurgischer Versorgung dürfte die Injektion von prophylaktischem Serum nicht notwendig sein, wie wir nachweisen konnten. Es ist jedoch zweckmäßig, sie zusätzlich zu geben. In chirurgisch nicht einwandfrei versorgten Fällen ist jedenfalls die prophylaktische Injektion zu geben. Ihre W i r k u n g i s t n i c h t a b s o l u t , e s sind schon viele Fälle von Ausbruch und auch von Todesfällen an Wundstarrkrampf trotz prophylaktischer Injektion beschrieben worden. Die Prognose hängt im wesentlichen vom Zeitpunkt des Ausbruches ab, unter 8 Tagen ist sie äußerst schlecht, darüber hinaus wird sie mit jedem Tage besser. Die B e h a n d l u n g : Dunkler Raum, Abhalten von jedem Lärm und äußerem Reiz, wiederholte intralumbale und intravenöse Injektionen von hohen Antitoxingaben (bis 45 000 A. E. pro Tag), Chloralhydrat, Magnes. sulfuricum, am besten jedoch AvertinDämmerschlaf 0,1 g pro kg-Körpergewicht pro Tag, also bei 70 kg Körpergewicht 7 g Avertin. Ernährung durch Nährklysma. Morphium und Skopolamin greifen in der Regel nicht an. Erwähnt sei noch, daß in manchen Ländern bereits S c h u t z i m p f u n g e in m i t A n a t o x i n gegeben werden, die bereits sehr gute Erfolge zeitigen. Wie lange die W i r k s a m k e i t d e r Serum-Tetanusp r o p h y l a x e anhält, ist nicht genau festzustellen. Sie erlischt sehr

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bald. Daher machen wir derzeit bei jeder neuen Verletzung wieder die prophylaktische Wundstarrkrampfinjektion, auch wenn die frühere Injektion erst einige Wochen zurückliegt. Wir geben sie dann jedoch in dosi refracta — Vi der Menge einspritzen, eine halbe Stunde abwarten und dann den Rest injizieren. Im Gegensatz zu dem unmittelbar nach der Injektion auftretenden, lebensgefährlichen a n a p h y l a k t i s c h e n S c h o c k , der äußerst selten ist, sahen wir unmittelbar nach Ende des zweiten Weltkrieges häufig die S e r u m - K r a n k h e i t . Es kam in ca. 10 % der Fälle zur Reaktion, wovon je V3 leichte, mittelschwere und schwere sind. Die Erscheinungen steigern sich vom leichten lokalen Ausschlag an der Injektionsstelle über allgemeines, sehr lästiges Jucken und urticariellen Ausschlag am ganzen Körper, Anschwellen der Schleimhäute bis zu Erstickungsanfällen und Polyneuritis mit schweren Störungen des Allgemeinbefindens. Auftreten 1—2—10 Tage nach der Injektion. B e h a n d l u n g : Symptomatisch, Injektion von Calcium, eventuell kombiniert mit Traubenzucker, eventuell mehrmals wiederholt. Derzeit benützen wir ein fermentativ gereinigtes Serum, mit dem wir praktisch keine Serumkrankheiten mehr sehen.

V. Verbrennungen, Verätzungen Zustandekommen in der Regel durch heiße Flüssigkeit, Flamme. Man unterscheidet 4 Grade: E r s t e r G r a d — Rötung; in der Regel nicht gefährlich, Behandlung mit kühlenden Verbänden (Brandsalbe, Perkainsalbe). Z w e i t e r G r a d — Blasenbildung. Nach Ausprobieren verschiedener Behandlungsmethoden hat sich uns folgende am besten bewährt: Zuerst Perkainsalbe für 1—2 Tage gegen den brennenden Schmerz, dann Abtragen der Blasen und eintrocknende Salben (Zinkpaste oder Granugensalbe). Werden die nicht überhäuteten Stellen schmierig belegt, dann Umschläge mit Kamillentee oder Kochsalzlösung (10 °/o) oder Salben. Mit dieser Methode erzielten wir die schnellste und schmerzfreieste Heilung. Sonst kommt noch in Betracht: Lebertransalbe nach L o h r oder Unguentolan oder die bekannten Brandbinden (mit Wismut). Die T a n n i n b e h a n d l u n g nach D a v i s o n haben wir wieder aufgegeben, weil sie nach unserer Erfahrung umständlich ist, die Heilung länger dauert und es unter dem Schorf öfter zur Infektion kommt. Ausgedehnte Verbrennungen an Gliedmaßen soll man (am besten mit Gipsverband) ruhigstellen. Die moderne Behandlung der Verbrennungen nach C o o l e b r o c k mit primärer Ausschneidung, sofortiger Hautdedcung nach T h i e r s c h und Ruhigstellung mit Gipsverband sei nur erwähnt.

Verbrennungen, Verätzungen, Erfrierung, Elektrische Unfälle

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D r i t t e r G r a d = Nekrose der Haut. V i e r t e r G r a d = Nekrose der Haut und der tiefer gelegenen Teile (Muskeln, Sehnen, Knochen usw.). In diesen beiden Fällen muß man die Demarkation der Nekrose abwarten, was oft sehr lange dauert, und in der Zwischenzeit durch Ruhigstellung und Hochlagerung verhindern, daß es zur Infektion (feuchte Gangrän) kommt. Dann Abtragen der nekrotischen Teile. Bei allen Graden der Verbrennung ist das Allgemeinbefinden je nach der Ausdehnung der Verbrennung sehr stark gestört, bedingt durch großen Wärmeverlust, Schock, Blutzerstörung und Resorption der toxisch wirkenden Zerfallsprodukte. Dies führt zu einer starken Belastung von Herz, Leber und Niere. Daher steht bei ausgedehnten Verbrennungen im Anfang die A l l g e m e i n b e h a n d l u n g im Vordergrund. Schwere Fälle gibt man am besten in das Wasserbett. Auf jeden Fall ist Stützung des Herzens, reichlich Flüssigkeitszufuhr, am besten als Tröpfcheneinlauf, subkutane oder intravenöse Dauertropfinfusion eventuell Bluttransfusion nach Aderlaß zu machen. Schmerzbekämpfung am besten durch Belladonna. Verbrennungen von mehr als V3 der Körperfläche werden lebensgefährlich. V e r ä t z u n g e n (Lauge, Säuren) zeigen im wesentlichen dieselben Erscheinungen und haben dieselbe Behandlung wie die Verbrennungen. Das Abstoßen nekrotischer Schorfe und die Uberhäutung der Hautverluste dauert oft sehr lange. Erste Hilfe s. S. 20 und I I I .

VI. Erfrierung Man unterscheidet 3 Grade — Rötung, Blasenbildung, Erstarrung. Wichtig ist, daß der Verletzte langsam in die Wärme kommt. Abreiben der erfrorenen Körperstellen mit Schnee! Wichtig ist Sorge für das Allgemeinbefinden durch Stützung des Herzens (Verabreichung von schwarzem Kaffee). Örtlich behandelt man wie bei der Verbrennung. Achtung bei erstarrten Gliedern, sie brechen leicht.

VII. Elektrische Unfälle Erste Hilfe s. S. 17. Gefährlich sind Spannungen zwischen 150 und 400 Volt, abhängig von: Feuchtigkeitsgehalt der Haut, Hauttemperatur, Zeitdauer der Einwirkung, sowie persönlicher Widerstandsfähigkeit und „Strombereitschaft" ( J e l l i n e k ) , das ist die Aufmerksamkeit bzw. Erwartung eines elektrischen Unfalles. An der Eintrittsstelle findet man die charakteristische S t r o m m a r k e als braunschwarze Verfärbung der Haut oder als Schorf. Auch bei kaum sichtbarer Strommarke kann der elektrische Unfall tödlich sein. In schweren Fällen kommt es zu ausge-

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dehnten Hautverbrennungen 2. und 3. Grades. Wichtig für die Behandlung sind die Nekrosen von Haut, Muskulatur, Sehnen und Knochen, die oft ausgedehnt sind und sehr lange bis zur Demarkation dauern. Die Behandlung ist rein konservativ, anfangs ist wichtig, das Herz zu stützen, reichliche Flüssigkeitszufuhr, Schmerzstillung. Infolge Nekrose an der Durchgangsstelle des Stromes kann es wochenlang nach dem Unfall zu Knochenbrüchen kommen. Bei der Demarkation kommt es öfter zu unter Umständen bedrohliohen Blutungen infolge Arrosion von Gefäßen. Auf Hautverluste nach Abstoßen der Nekrosen macht man sekundäre Plastiken mit R e v e r d i n l ä p p c h e n .

VIII. Prellungen, Zerrungen, Bänderrisse, Blutergüsse 1. Die Prellung = Contusio kommt zustande durch direkte Gewalteinwirkung (Darauffallen eines Gegenstandes, Anschlagen an einer bestimmten Stelle usw.). Die Haut bleibt in der Regel unversehrt oder kann auch abgeschürft werden. Die betreffende Stelle schmerzt spontan und auf Drude, manchmal findet sich über ihr eine Schwellung. Ist ein Gelenk betroffen, so ist es oft in seiner Beweglichkeit eingeschränkt, manchmal auch ein Gelenk in der Umgebung der geprellten Stelle. Es gibt alle Übergänge von einer leichten Prellung, die in einem oder mehreren Tagen wieder restlos verschwunden ist, bis zu den Formen, die von Brüchen klinisch nicht zu unterscheiden sind, die z. B. am F u ß zu starker Schwellung, Gehunvermögen und Bewegungsbeschränkung des Sprunggelenkes und der Zehen führen. Charakteristisch ist, daß die Prellung ohne nachweisbare Folgen abheilt, falls nicht durch Massage oder ähnliche grobe Eingriffe eine bleibende Gewebsverdickung herbeigeführt wird. Die B e h a n d l u n g besteht in leichten Fällen in Umschlägen, Anlegen einer elastischen Binde, am Bein Elastoplast oder Zinkleimverband, in schwereren Fällen ist Ruhigstellung mit Gipsverband wie bei einem Knochenbruch das Zweckmäßigste. 2. Zur Zerrung = Distorsio kommt es bei indirekter Gewalteinwirkung. Sie sitzt gewöhnlich im Bereich des Gelenkes. Daneben gibt es noch Muskel- und Sehnenzerrungen. Das anatomische Substrat einer Gelenkzerrung ist eine v o r ü b e r g e h e n d e Dehnung der Bänder und des gesamten Gelenkapparates, eventuell mit Bluterguß in demselben oder in das Gelenk. Klinisch bestehen Spontan- und Druckschmerz (gewöhnlich diffus im Gegensatz zum umschriebenen bei der Prellung), und Schwellung und Bewegungsbeschränkung des Gelenkes. Häufig ist auch Fernschmerz am Gelenk nachzuweisen, wenn der die Verletzung hervorrufende Mechanismus wiederholt wird. Sehr wichtig ist, daß die Gelenkfestigkeit nicht gelitten hat! Ist dies der Fall, dann kann man nicht mehr von einer Zerrung sprechen, son-

Prellungen, Zerrungen, Bänderrisse, Blutergüsse

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dem es handelt sich um einen Bänderriß. Dieser weist klinisch die gleichen Symptome auf, darüber hinaus ist jedoch das Gelenk locker, was man röntgenologisch im „ g e h a l t e n e n B i l d " darstellen kann (s. S. 176, Abb. 220). B e h a n d l u n g : Bänderrisse müssen für längere Zeit im Gipsverband ruhiggestellt werden. Für Zerrungen gilt im wesentlichen dieselbe Behandlung wie für die Prellung — in leichten Fällen Umschläge, Idealbinde, Elastoplast oder Zinkleimverband am Bein, in schwereren Fällen Ruhigstellung im Gipsverband. 3. Zum Bluterguß kann es an jeder Stelle des Körpers kommen, wenn auf eine direkte oder indirekte Gewalteinwirkung hin Blut in das Gewebe austritt. Die Menge des austretenden Blutes hängt von der Schwere der Verletzung ab und kann unter Umständen lebensbedrohlich werden, nicht nur bei Blutungen in die Körperhöhlen und nach außen, sondern z. B. auch bei Blutungen in das Subkutangewebe. Alle diese Fälle gehören jedoch in Krankenhausbehandlung und hier soll nur kurz das Wesentlichste über die kleineren Blutergüsse besprochen werden. Erfolgt die Blutung in ein Gelenk — am häufigsten betroffen ist das Kniegelenk —, so spricht man von einem Hämarthros. Klinisch besteht beim Bluterguß Schwellung, Druck- und häufig Spontanschmerz, Bewegungsbeschränkung eines oder beider benachbarter Gelenke. Nach einigen Tagen erscheint ein blauer Fleck, der sich über Grün und Gelb umwandelt und dann verschwindet. Diese Farbenveränderung fehlt beim Gelenkerguß, der dafür eine Beteiligung des Gelenkes im Sinne der Bewegungsbeschränkung zeigt. Das Röntgenbild ist negativ, nur bei sehr starken Gelenkergüssen ist der Gelenkspalt verbreitert. B e h a n d l u n g : Druckverband, elastisch oder mit Hilfe von Schwämmen, eventuell Punktion (frühestens 2 Tage nach dem Unfall, wegen der Möglichkeit einer Nachblutung), Umschläge, nach einigen Tagen zwecks schnellerer Aufsaugimg Wärmeanwendung. Schlecht ist die Massage von Blutergüssen, weil diese sich dann verhärten, eventuell sogar verknöchern können.

IX. Knochenbriiche und ihre Folgen Das Ausmaß der Knochenbrüche, die man in der Sprechstunde behandeln kann, hängt im Wesentlichen ab von der zur Verfügung stehenden Zeit, dem Raum, einer Hilfskraft, dem persönlichen Interesse und der Ausbildung in der Unfallchirurgie, ferner ob ein Röntgenapparat zur Verfügung steht usw. Die Grundlage jeder Behandlung ist die Diagnose. Bei vielen Knochenbrüchen ist dies einfach, weil die Formveränderung in die

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Augen springt. Bei anderen gibt aber nur die klinische Untersuchung gemeinsam mit dem Röntgenbild Aufschluß. Insbesondere gilt dies für Gelenksbrüche und Brüche kleiner Knochen. Die Untersuchung erfolgt konzentrisch, vom unverletzten Gebiete gegen die vermutliche Stelle des Knochenbruches zu. Gang der Untersuchung siehe im speziellen Teil. a) Die klinischen Zeichen eines Knochenbrudies: 1. F o r m v e r ä n d e r u n g (Abb. 160, 161). 2. S c h w e l l u n g vom Bluterguß, der nach mehreren Tagen zuerst blau, dann grün, dann gelb wird — Zeichen eines ä l t e r e n B r u c h e s . 3. S c h m e r z e n , spontan und bei Bewegungsversuch, bei Drude auf die Bruchstelle, bei Zug und Stauchung (nicht sicher). 4. Störung oder A u f h e b u n g d e r G e b r a u c h s f ä h i g k e i t . 5. A b n o r m e B e w e g l i c h k e i t . Die Untersuchung, besonders die Prüfung auf abnorme Beweglichkeit muß vorsichtig, möglichst unter

Abb. 18—22. Typische Bruchformen, Beispiel am Unterschenkel. 18 Querbruch (offen). 19 Biegungsbruch mit hinterem Biegungskeil am Schienbein, Gewalteinwirkung von rückwärts. Wadenbein höher gebrochen. 20 Drehbruch des Schienbeines, Grenze mittleres unteres Drittel, hoher Drehbruch des Wadenbeines unter dem Köpfchen. 21 Stückbruch des Schienbeines und Wadenbeines (offen) — Eisentraverse auf das Bein gefallen. 22 Trümmerbruch beider Unterschenkelknochen (offen) — Baumstamm auf das Bein gefallen.

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Vermeidung von Schmerzen vorgenommen werden! Fehlt die Schmerzhaftigkeit, so ist an Tabes oder Syringomyelle zu denken. 6. K n o c h e n r e i b e n (Krepitation) ist nicht immer vorhanden, es soll auch nicht grundsätzlich daraufhin untersucht werden, da dies schmerzhaft und zur Diagnosestellung nicht unbedingt notwendig ist. Einzelheiten des Bruches ergibt das R ö n t g e n b i l d , das heute bei jedem Bruch zu Diagnose und Behandlung herangezogen werden muß (s. S. 58). b) Die wesentlichen Bruchformen sind (Abb. 18—22, 127—128): Der Q u e r b r u c h (durch Abscherung Abb. 18), Biegungsb r u c h mit mehr oder minder vollständigem Ausbruch eines Keiles (Abb. 19), D r e h b r u c h (Abb. 20), S t ü c k b r u c h — Herausschlagen eines Knochenstückes durch direkte Gewalteinwirkung (Abb. 21), Stauchungsbruch (Abb. 127—128) und der T r ü m m e r b r u c h (Abb. 22. Gewalteinwirkung in der Längsachse, z. B. bei senkrechtem Sturz) in der Regel an den Gelenksenden der Knochen. Dazu kommen die K n o c h e n a b r i s s e (Bänder- und Sehnenansätze), z. B. Bruch des Olecranon, der Kniescheibe (Abb. 227). Nach dem Zustandekommen unterscheiden wir d i r e k t e Brüche (am Orte der Gewalteinwirkung), z. B. den Querbruch, den Biegungsbruch, und i n d i r e k t e , entstanden durch Fernwirkung, z. B. Drehbrüche. c) Die typischen Verschiebungen eines Knochenbruches klinisch und im Röntgenbilde sind (Abbildung 23—24): 1. V e r b i e g u n g — Achsenknickung (dislocatio ad axim). 2. V e r d r e h u n g (im Röntgenbild nur dann zu sehen, wenn beide benachbarten Gelenke auf dem Bilde sichtbar sind — dislocatio ad peripheriam). 3. Seitenverschiebung (dislocatio ad latus). 4. V e r k ü r z u n g oder D i a s t a s e — dislocatio ad longitudinem cull contractione oder distractione. T-.. i.i .j • Abb. 23 u. 24. Schematische Darstellung Die Verschiebung wird pri, . . , ,, . •• i i i. i . . der typischen Verschiebungen bei einem mar durch die Gewalteinwir- B m c h e d e r ] a n g e n R ö h r e n k n o d l e n . Pakung, sekundär durch Muskel- rallelverschiebung, Verkürzung, Adisenzug bewirkt. knickung, Verdrehung.

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E i n g e k e i l t e Brüche sind mäßig verkürzt, die Einkeilung schließt jedoch nicht aus, daß sie unter Umständen verbogen und verdreht sind. Beispiele: Eingekeilter Schenkelhalsbruch s. S. 169, Abb. 207, 211, eingekeilte infratuberkuläre Oberarmbrüche der älteren Leute s. S. 131, Abb. 127, 128. Von diesen Verschiebungen müssen zur E r z i e l u n g e i n e s g u t e n Ergebnisses Verkürzung, Verdrehung und Verbiegung ausgeglichen werden, die P a r a l l e l v e r s c h i e b u n g n u r so w e i t , daß sich die K n o c h e n berühren. Die schnellste Knochenheilung erzielt man, wenn bei Parallelverschiebung um Rindenbreite die Bruchstücke um einige mm ineinander gekeilt sind (Abb. 25 bis 26). Verkürzung von einigen mm bis 1 cm am Unterschenkel, bis IV2 cm am Oberschenkel sind praktisch belanglos. Es ist also eine geringe Verkürzung in den oben geschilderten Ausmaßen Abb. 25 u. 26 Biegungsbruch des Schienbeines in der Mitte bei 35jährigem, 14 Wochen nach dem Unfall mit Verkürzung von 3 mm, geringe Parallelverschiebung und gute Achse. Infolge praktisch belangloser Verkürzung schnelle knöcherne Heilung. Die Parallelverschiebung belanglos. Kalkschwund im Bereiche des Sprunggelenkes ganz gering. Behandlung: 3 Wochen Zug mit 3 kg an Fersenbeinnagel, 7 Wochen Gehgipsverband.

anzustreben, um knöcherne Heilung zu erzielen. Auf alle Fälle ist vor einer Distraktion zu warnen, da sie in der Regel zur Pseudarthrose führt! d) Komplikationen:

1. O f f e n e K n o c h e n b r ü c h e (Abb. 116, 117) mit Verletzung dei Haut über der Bruchstelle. Erfolgt die Hautverletzung von außen nach innen, so spricht man von d i r e k t e n offenen Knochenbrüchen, wird die Haut durch den Knochen von innen her durchspießt, so ist dies ein i n d i r e k t entstandener offener Knochenbruch. Das Ausmaß der Verschmutzung ist unabhängig davon, ob die Entstehung direkt oder indirekt erfolgt. Die Gefahr des offenen Knochenbruches besteht in der Infektionsmöglichkeit. Erwähnt sei, daß noch vor 50 Jahren 60 % der offenen Brüche infolge von Infektionen tödlich waren. Heute kann dies fast immer vermieden werden.

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Alle S c h u ß b r ü c h e sind offene Brüche. 2. D r u c k a u f G e f ä ß e , in seltenen Fällen auch Zerreißung von Gefäßen, inshesonders bei gelenksnahen Brüchen, z. B. beim supracondylären Oberarmbruch der Jugendlichen (Abb. 141—148). Der körperferne Gliedabschnitt ist kühl, weiß oder blau, es bestehen starke Schmerzen (ischämisch). Wichtig ist, bei jedem Knochenbruch sofort den Puls zu prüfen! 3. D r u c k a u f N e r v e n , z. B. Radialislähmung beim Oberarmbruch, Medianuslähmung beim supracondylären Oberarmbruch der Jugendlichen (Abb. 134—148). Die Berührungsempfindung fehlt, es bestehen motorische Ausfälle (s. S. 97). Bei jedem Knochenbruch ist sofort die Motilität und Sensibilität von Fingern oder Zehen zu prüfen! 4. Bei G e l e n k s b r ü c h e n reichen die Bruchflächen in ein Gelenk mit oder ohne Verwerfung der Gelenkflächen (Abb. 231—234). 5. V e r l e t z u n g v o n I n n e n o r g a n e n , z. B. Lungenanspießung bei Rippenbrüchen, Riß der Harnröhre oder Harnblase bei Beckenverletzungen usw. Zieht eine feine Bruchfläche durch einen Knochen, so spricht man von einem K n o c h e n s p r u n g = F i s s u r . Bei Jugendlichen kommt es infolge der Beschaffenheit des Knochens zum G r ü n h o l z = W u l s t b r u c h (Abb. 152—155), die Bruchstücke sind ineinander gestaucht und wulstartig vorgetrieben. Bei Jugendlichen kommt es an den Enden der langen Knochen statt zum Knochenbruche zur E p i p h y s e n l ö s u n g mit oder ohne Verschiebung, eventuell mit Ausbruch eines Biegungskeiles (Abb. 172 bis 175). Die Lösung erfolgt in der Epiphysenfuge. Es kann jedoch a u c h die E p i p h y s e s e l b s t b r e c h e n . e) Zeitpunkt des Einrichtens eines Knochenbrudies: 1. Sofort muß eingerichtet werden bei allen offenen Brüchen, bei Druck auf die Haut (Abb. 3—5), auf Gefäße und Nerven. Alle übrigen Knochenbrüche kann man sofort einrichten und gipsen, muß jedoch dann den Gipsverband grundsätzlich wegen Gefährdung des Blutumlaufes spalten und später umgipsen. 2. Man wartet 24 Stunden ab, dann besteht keine Gefahr für den Blutumlauf, der Gips muß jedoch nach Abklingen der Schwellung gewechselt werden. 3. Man wartet einige Tage ab, bis die Schwellung abgeklungen ist, und gipst dann. Es besteht jetzt keine Gefahr mehr für den Blutumlauf, auch umgegipst braucht nicht mehr zu werden. f) Von A n k y l o s e n spricht man, wenn ein Gelenk verschwunden ist und wenn die benachbarten Knochen völlig miteinander verwachsen sind. 4

Ehalt,

Unfallpraiis.

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Für manche Ankylosen, z. B. am Ellbogen kommen G e l e n k p l a s t i k e n in Betracht, für Knie und Hüfte sind sie beim arbeitenden Menschen in der Regel nicht geeignet, da dieser mit einer Ankylose besser daran ist (schmerzfrei, besser belastbar). In letzter Zeit sind die Hüftgelenkplastiken mit Fremdkörpermaterial (Vitallium, Plexiglas) wieder aktueller geworden, die Dauerergebnisse bleiben jedoch noch abzuwarten. Andererseits sehen wir uns immer häufiger gezwungen, A r t h r o d e s e n zu machen, das ist die operative Versteifung von Gelenken dann, wenn sie in ihrer Beweglichkeit stark behindert und schmerzhaft sind, z. B. nach Trümmerbrüchen am unteren Schienbeinende, nach schweren Fersenbeinbrüchen usw. Auch für viele Arthrosen (posttraumatische und genuine) hauptsächtlich am Bein, kommen sie in Frage. g) V e r s t e i f u n g e n = K o n t r a k t u r e n im Bereiche von Gelenken sind nicht knöchern bedingt, sondern durch Narben der Haut — dermatogen oder im Bereiche des Bandapparates — desmogen oder muskulär (Schrumpfung). h) Häufig übersehene Brüche. Auf diese möchte ich besonders den Praktiker hinweisen, der sie in der Regel zuerst sieht und der es in der Hand hat, sie nach entsprechender Diagnose selbst zu behandeln oder weiter zu leiten. Es sind dies im wesentlichen: Der Wirbelbruch, der Bruch des Fersenbeines, des Kahnbeines der Hand, der Schenkelhalsbruch, sowie die Verrenkung der Hand um das Mondbein. 1. D e r W i r b e l b r u c h (Abb. 96—99) entsteht in der Regel durch Sturz auf das Gesäß oder durch Zusammenrollen des Körpers. Symptome und Behandlung s. S.112. Bei schweren Brüchen besteht eine Budcellbildung (Abb. 96—97), bei leichteren Brüchen sind die Erscheinungen oft auffallend gering. 2. Zum Bruch des F e r s e n b e i n e s (Abb. 247—250) kommt es durch Sturz, in der Regel bei Leuten über 40 Jahre aus 1 bis 2 m Höhe. Die Diagnose ist einfach, wenn man an den Bruch denkt. C h a r a k t e r i s t i s c h ist der Druckschmerz beim Zusammendrücken der Ferse mit 2 Fingern unter den Knöcheln (Abb. 247—248). Knöchel und Fersengegend sind in der Regel stark geschwollen. Näheres siehe S. 189. 3. Bruch des K a h n b e i n e s der Hand (Abb. 182, 183): Entstehung, Erscheinungen und Behandlung s. S. 150. Zur Darstellung im Röntgenbild muß die Hand richtig eingestellt werden (s.S. 151,Abb. 176 bis 183). Die Behandlung kann jeder praktische Arzt in der Sprechstunde durchführen. Frühzeitige Erkennung und richtige Behandlung ist für den Verletzten äußerst wichtig. Heilt der Bruch knöchern, so ist der Betreffende später völlig beschwerdefrei, die Hand normal ge-

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brauchsfähig; wird der Bruch übersehen, so kommt es zur Pseudarthrose (Abb. 184, 185) und ihren Folgen: Schmerzen, Bewegungsbehinderung, verminderte Kraft, sekundäre Arthrose. 4. S c h e n k e l h a l s b r u c h •— durch Sturz. Es besteht Gehunfähigkeit, Verkürzung von 1 bis 3 cm, das Bein ist um 45 Grade nach außen gedreht (s. S. 168, Abb. 207—214). 5. Klinisch ähnliche Erscheinungen wie der Bruch des Kahnbeines macht die sogenannte M o n d b e i n v e r r e n k u n g = V e r r e n k u n g d e r H a n d w u r z e l k n o c h e n um d a s M o n d b e i n (Abb. 156—159). Wichtig zur Darstellung im Röntgenbild ist eine rein seitliche Aufnahme des Handgelenkes (s. S. 145, Abb. 156, 158). i) Behandlung der Knochenbrüche. Hauptregeln: 1. Immer zuerst klinische Diagnose stellen, dann erst ein Röntgenbild machen! 2. Immer sofort Prüfung von Gefäßen (A. radialis, A. dorsalis pedis) und. Nerven! (motorisch, sensibel s. S. 97), damit eine primäre Lähmung nicht übersehen wird. Diese könnte dann als Folge der Behandlung (Einrichtung) gedeutet werden. 3. Offene Knochenbrüche müssen innerhalb von 6—8 Stunden in fachärztliche Behandlung gebracht werden. 4. Grundsätze der Knochenbruchbehandlung nach Böhler: aa) Bei jedem Knochenbruch müssen die verschobenen Bruchstücke genau eingerichtet werden. bb) Die eingerichteten Bruchstücke müssen so lange ununterbrochen in guter Stellung festgehalten werden, bis sie knöchern miteinander verheilt sind. cc) Während der notwendigen Dauer der Ruhigstellung der gut eingerichteten Bruchstücke müssen möglichst viele oder alle Gelenke des verletzten Gliedes und der ganze Körper unter Vermeidung von Schmerzen s e l b s t t ä t i g in vollem Umfange bewegt werden, um Störungen des Blutumlaufes, Schwund der Muskeln und Knochen und Versteifungen der Gelenke zu vermeiden (funktionelle Bewegungsbehandlung). 5. Zum Einrichten ist Betäubung nötig, am besten ö r t l i c h durch Einspritzen von 20 ccm einer 2°/oigen Novocainlösung in den Bluterguß s. S. 62). Die örtliche Betäubung ist zweckmäßiger als Evipan oder Narkose, weil keine Hilfskraft notwendig ist, weil der Verletzte eventuell zur Röntgenaufnahme gehen kann, weil man in den 2 Stunden, so lange die Betäubung wirkt, falls notwendig, mehrmals einrichtenkann. Wichtig dabei ist absolute Sterilität, Nadel und Spritze nur mit Pinzetten, nicht mit den Fingern anfassen! (Abb. 34). 4*

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6. Das Einrichten folgt unter Zug und Gegenzug nach dem alten Grundsatze, daß „der körperferne Bruchabschnitt dorthin gebracht wird, wohin der körpernahe weist". Durch Zug und Gegenzug werden Verdrehung, Verkürzung und der größte Teil der Achsenknickung ausgeglichen, die restliche Parallelverschiebung durch Zurechtdrücken (Abb. 27—28). Bei manchen Knochenbrüchen ist ein einmaliger Zug, bei anderen ein Dauerzug notwendig.

Abb. 27. Einrichtung eines Querbrudies mit einer langen Bruchzacke. Der Ausgleich der Seitenverschiebung gelingt nur, wenn man so stark zieht, daß die lange Bruchzacke am zentralen Bruchstück vorbeigleiten kann. Dadurch werden Muskeln, Nerven und Gefäße überdehnt. (Nach B ö h 1 e r.) Abb. 28. Bei dem Bruch in Abb. 30 gelingt die Einrichtung viel leichter, wenn man das periphere Bruchstück stark abknickt und dann gegen die Peripherie verschiebt, bis sich die entsprechenden Bruchecken berühren. Durch Ausgleich der Knickung gelingt dann die Einrichtung leicht. (Nach B ö h 1 e r.)

7. Eine Röntgenkontrolle ist unbedingt zu machen nach dem Einrichten und Anlegen des Gipsverbandes, bei manchen Brüchen auch später im Gipsverbande. 8. Zur Ruhigstellung kommen neben operativen Maßnahmen und neben dem Dauerzug praktisch nur der Gipsverband und die Fingerschiene in Betracht. Einzelheiten siehe S. 67 und im besonderen Teil. Blaubindenverbände und sonstige Schienenverbände sind ungeeignet. 9. Die Nachbehandlung beginnt unmittelbar nach dem Einrichten, s. S. 88. Sie muß schonend sein und darf keine Schmerzen verursachen. Schädlich sind Massage und passive Bewegungen.

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10. Wird ein Gipsverband angelegt, so darf kein Morphium oder sonstige Alkaloide gegeben werden (s. S. 69). 11. Der Verletzte muß innerhalb der ersten 24 Stunden in der Nähe des Arztes bleiben, Kontrolle des Blutumlaufes s. S. 69. 12. Weglassen aller sogenannten kallusbildenden Mittel. Sie wirken höchstens durch Störung des Appetites schädlich! k) Durchschnittliche Zeit bis zum Festwerden: (Zeit der ununterbrochenen Ruhigstellung) Schlüsselbein 4 Wochen Oberarm — infratuberculär 4—5 Wochen Oberarm — Schaft 6—8 Wochen Oberarm — supracondylär 4—6 Wochen Olecranon 3—4 Wochen Speichenköpfchen 3—4 Wochen Vorderarmschaft 10—12 Wochen Speiche oder Elle allein 6 Wochen 3—4 Wochen Speichenbruch an typischer Stelle Kahnbein 6—12—16 Wochen Mittelhandknochen 4 Wochen Finger 3—4 Wochen Wirbel 12—16 Wochen Becken 4—10 Wochen Schenkelhals 3—6 Monate Oberschenkelschaft 10—16 Wochen Kniescheibe 4 Wochen Unterschenkel mit Verschiebung 3—4 Monate Schienbein allein 8—14 Wochen Wadenbein allein 4—6 Wochen Knöchel 6—12 Wochen Mittelfuß 4—6 Wochen Zehenglieder 2—3 Wochen Manche Brüche müssen operativ behandelt werden: Schenkelhalsbruch (Nagelung), Olecranonbruch (Drahtnaht), Bruch der Kniescheibe (Seidennaht). Bewährt hat sich die Marknagelung der Oberschenkelschaftbrüche nach K ü n t s c h e r . Sie gehört in die Hände von Erfahrenen, ebenso wie die in letzter Zeit etwas vermehrte Verwendung von N ä g e l n , P l a t t e n und S c h r a u b e n bei verschiedenen Knochenbrüchen. 1) Folgen von Knodienbrüchen: 1. Störungen der Knochenbruchheilung: Mit A c h s e n k n i c k u n g über 10 Grad g e h e i l t e B r ü c h e sollen korrigiert werden, sonst

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kommt es infolge Fehlbelastung der Gelenke zu Spätfolgen an denselben (Arthrosen) und Schmerzen (Abb. 29—30). In den ersten Monaten nach dem Festwerden kann dies noch durch Zurechtbiegen über einen Keil oder mit Knochenbrecher (Phelps-Gocht) gemacht werden, auch in der Sprechstunde. Später muß operiert werden. 2. Zur Pseudarthrose (Abb. 31—32, 185) kommt es, wenn die Ruhigstellung unzureichend und nicht absolut ist (technisch schlechte Ruhigstellung, häufiger Gipswechsel), oder wenn nicht lange genug ruhig gestellt wird oder wenn sich die Bruchstücke nicht berühren — Überziehen bei am Knochen angreifendem Zug (häufigste Ursache). Alle anderen Ursachen (Weichteilinterposition, Allgemeinbedingungen) spielen praktisch keine Rolle. Auch bei Kröpfen, die vielfach als Ursache schlechter oder ausbleibender Knochenbildung beschuldigt werden, heilen die Knochenbrüche in normaler Zeit, wie ich seit meiner Tätigkeit in der Steiermark feststellen konnte.

Abb. 29 u. 30. Mit Achsenknickung (nach rückwärts offener Winkel von 30 Grad und nach innen offener von 10 Grad) geheilter Oberschenkelbrudi bei 31jähriger Frau, 8 Jahre nach dem Unfälle. Seit 2 Jahren Schmerzen im Knie, insbesonders bei stärkerer Anstrengung. Arthrose als Folge der Fehlbelastung bereits röntgenologisch nachweisbar. Abb. 31 u. 32. Oberarmpseudarthrose bei 49jahrigem Kaminfegermeister 2 Jahre nach dem Unfall. Klinisch starkes Wackeln und Muskelschwund von 3 cm. Behandlung: Abwechselnd Zug, dann Gipsverbände, dazwischen ohne Ruhigstellung, 8mal umgegipst; dafür aber kallusbildende Mittel verabreicht! Charakteristische becherförmige Abstützung am körperfernen Bruchstück und sklerotische Abdeckelung der Markräume gegen die Pseudarthrose zu.

Prellungen, Zerrungen, Bänderrisse, Blutergüsse

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Behandlung ausgebildeter Pseudarthrosen: Schräge Osteotomie des sperrenden Knochens (Wadenbein) und Gipsverband, Bohrung nach B e c k bei Kontaktpseudarthrosen, Aufsplitterung nach K i r s c h n e r , Anfrischung und Drahtnaht, Spanverpflanzungen, in neuester Zeit Eröffnung der Markhöhle und Marknagelung nach K ü n t s c h e r . Die zur Vermeidung oder Behandlung von Pseudarthrosen empfohlenen sogenannten kallusbildenden Mittel nützen nicht nur nicht, sondern wirken durch Störung des Appetites schädlich! 3. Die umschriebene Myositis ossificans, z. B. am Ellbogen nach supracondylären Brüchen ist eine Folge unzweckmäßiger Behandlung und kann nach den Untersuchungen von Böhler restlos vermieden werden, wenn man sofort und schonend einrichtet, entsprechend lange ruhigstellt und in der Nachbehandlung Massage und passive Bewegungen vollkommen unterläßt. Ausgebildete, Verknöcherungen können operativ entfernt werden. Nicht zu früh! 4. Der Kallus luxurians, die überschüssige Kallusbildung, ist gewöhnlich die Folge von ungenügender oder zu kurzer Ruhigstellung. Sie kann zu Druck auf Nerven oder Gefäße führen und muß dann operativ behoben werden. 5. Der Briickenkallus ist am Unterschenkel praktisch belanglos, am Vorderarm führt er zur Aufhebung der Drehung. Vermeidung durch gute Einrichtung und entsprechende Ruhigstellung. 6. Bei starkem Kalkschwund nach Knochenbrüchen (S u d e k sehe Knochenatrophie) im Bereiche der Knöchelgegend und Fußwurzel ist das zweckmäßigste das Anlegen eines Gehgipsverbandes. Durch die Ruhigstellung verschwinden die Schmerzen, infolge des Gehens wird die Durchblutung besser und der Kalkgehalt wieder normal. Im Bereiche des Handgelenkes stellt man mit dorsaler Gipsschiene ruhig und macht Bewegungsübungen und Gymnastik aller nicht ruhig gestellten Gelenke. 7. Die ischämisdie Muskelkontraktur (Volkmann) klassisch beim supracondylären Oberarmbruch der Kinder (Abb. 33), ist die Folge von Gefäßstörungen und dadurch bedingter Störung der Ernährung der Muskulatur. Sie wird bedingt durch Druck des oberen Bruchstückes auf die Hauptschlagader (s. S. 139, Abb. 141—144), durch Spannung infolge Haematoms oder durch schnürende Gipsverbände. Wichtig ist sofortige Einrichtung des Bruches und Spalten des Gipsverbandes! Erfreulich ist, daß als Folge der modernen Knochenbruchbehandlung diese für die Zukunft des Kindes furchtbare Unfallsfolge praktisch fast verschwunden ist. Alte ischämische Kontrakturen können durch Quengelverbände in der Regel noch weitgehend gebessert werden. m) Ermüdungsbrüche. Ermüdungsbrüche kommen nicht durch ein einmaliges Unfallsereignis zustande, sondern auf die Weise, daß durch

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Allgemeiner Teil

langdauernde Beanspruchung an einer bestimmten Stelle des Knochens eine Resorption der Knochensubstanz stattfindet, ähnlich den Ermüdungserscheinungen der „toten" Substanz in der Physik. Klassische Beispiele: S c h i p p e r k r a n k h e i t (Abb. 100); sie wurde zuerst bekannt beim Bau der Reichsautobahnen — Durchgehen des Dornfortsatzes des 6. Hals- bis 2. Brustwirbels; Bruch von Mittelfußknochen — M a r s c h f r a k t u r (s. S. 191). Ferner sind in letzter Zeit bekannt geworden: Bruch des Wadenbeines und des Schenkelhalses beim Exerzieren, Bruch des Oberarmes beim Werfen u. a. Vielleicht zählen manche

Abb. 33. V o l k m a n n sehe (ischämische) Muskelkontraktur bei 7jährigem Knaben, 5 Monate nach supracondylärem Oberarmbruch. Ohne vorherige Einrichtung zirkulärer Gipsverband, der trotz starker Schwellung und heftiger Schmerzen erst nach 2 Tagen entfernt wurde. Ellbogen in Beugestellung, Narben nach Druckstelle in der Ellenbeuge, Vorderarm proniert, Handgelenk volar flektiert, Finger in Krallenstellung. (Nach B ö h 1 e r.)

Formen der Spondylolyse und Spondylolisthese (von L 4, L 5, S 1) hierher. Die B e h a n d l u n g erfolgt wie beim normalen Knochenbruch. Bei der Schipperkrankheit wendet man nur die sogenannten unterstützenden Maßnahmen an (s. S. 115), die operative Entfernung des abgetrennten Stückes ist aus psychologischen Gründen zu vermeiden. n) Pathologische Frakturen. Spontanbriidie. An pathologische Knochenbrüche ist immer dann zu denken, wenn bei geringem oder ohne besonderen Anlaß ein Knochen bricht! Sie kommen zustande bei Lues, Tabes, Syringomyelie (Knochen haben normales Aussehen), bei Tumoren und Knochenmetastasen (Knochen sind vom Tumor erweicht, Röntgenbild!) und zwar bei sehr geringen Anlässen, manchmal bei einem schnelleren Schritt, Umdrehen im Bett usw. (Pathologische Brüche). Kommt der Bruch ohne Trauma zustande, so spricht man von Spontanbruch. Die Behandlung ist wie beim normalen Knochenbruch, bei Tabes und Lues findet man häufig sehr schnelle und hypertrophische,

Verrenkungen

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manchmal auch Ausbleiben der Kallusbildung, bei Metastasen bleibt sie häufig aus. Gelenkbrüche bei Tabes, Lues und Syringomyelie führen häufig zu A r t h r o p a t h i e n . Wichtig ist das Aufsuchen und Behandeln des Primärtumors, eventuell Röntgenbestrahlung der Metastase.

X. Verrenkungen Von einer Verrenkung spricht man, wenn die das Gelenk bildenden Knochen, bzw. die überknorpelten Flächen derselben jede Berührung miteinander verloren haben (Abb. 5, 107, 115, 132, 133, 204, 205, 224, 225); ist dies nur teilweise der Fall, so spricht man von einer T e i l v e r r e n k u n g = S u b l u x a t i o n (Abb. 244). Hier soll nur von t r a u m a t i s c h e n Verrenkungen gesprochen werden, daneben gibt es noch angeborene, pathologische, habituelle und recidivierende (nach traumatischen Verrenkungen). Bestehen gleichzeitig an den Gelenkenden der Knochen Brüche, dann spricht man von V e r r e n k u n g s b r ü c h e n = L u x a t i o n s f r a k t u r e n . Verrenkungen entstehen durch mehr oder minder langsam einwirkende Gewalten, während schnelle Gewalteinwirkungen zu Knochenbrüchen führen. D i a g n o s e : Bei den klassischen Verrenkungen ist sie meist einfach infolge der Formveränderung (s. Abb. 202, 203, 222, 223). Charakteristisch ist die f e d e r n d e F i x a t i o n — beim Versuch, die Stellung des Gelenkes zu ändern, federt dieses wieder in seine Lage zurück (besser zu unterlassen, da schmerzhaft!). Die übrigen klassischen Symptome — l e e r e P f a n n e (Abb. 106), K o p f a n a b n o r m e r S t e l l e t a s t b a r , sind nur bei manchen Verrenkungen und dann meist nur in frischem Zustande zu finden. Einrichtung: In der Regel durch Zug am körperfernen Knochen und zwar in der Richtung, in welche er weist. Keine Gewaltanwendung! Komplikationen: Zerreißung von Haut = offene Verrenkung, Druck auf Gefäße und Nerven (primär immer daraufhin prüfen, sofort einrichten!). G e l e n k z e r r e i ß u n g e n (alle Bänder zerrissen, Verschiebung oft atypisch) kommen durch direkte starke Gewalten zustande, z. B. Transmission. Hauptregeln: 1. Zuerst Diagnose, klinisch und mit Röntgenbild. 2. Immer sofort Prüfung von Gefäßen (A. radialis, A. dorsalis pedis) und Nerven! (motorisch und sensibel). Bei Gefäß- und Nervenstörungen sofort einrichten!

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Allgemeiner Teil

3. Die Einrichtung muß schonend sein, um möglichst wenige Muskeln noch zusätzlich zu schädigen, sie geschieht u n t e r Z u g u n d Gegenzug. 4. Dazu ist in der Regel Betäubung notwendig (örtlich, allgemein, Evipan). 5. Die eingerenkten Knochen müssen solange ununterbrochen ruhiggestellt werden, bis die Bänderrisse und anderen Weichteilzerreißungen geheilt sind (B ö h 1 e r). 6. Sofort nach der Einrichtung und Anlegung des ruhigstellenden Verbandes ist eine Röntgenkontrolle zu machen (sehr wichtig als B e w e i s m i t t e 1!). 7. Während der notwendigen Zeitdauer der Ruhigstellung des gut eingerichteten Gelenkes müssen möglichst viele oder alle nicht ruhig gestellten Gelenke des verletzten Gliedes und der ganze Körper unter Vermeidung von Schmerzen selbsttätig bewegt werden, um Störungen des Blutumlaufes, Schwund der Muskeln und Knochen und Versteifung der Gelenke zu vermeiden (B ö h 1 e r). 8. Die Nachbehandlung muß schonend sein, unter Vermeidung von Schmerzen (s. S. 88). SchädlichMassage und passive Bewegungen. Zeit der Ruhigstellung für Verrenkungen: Schulterblatt — Schlüsselbeingelenk Schulter Ellbogen Perilunäre Verrenkung Hüfte Knie Lux, pedis sub talo

6 Wochen 1—2 Tage (s. S. 122) 3 Wochen 3 Wochen 2 Wochen (Bettruhe) 12 Wochen 6 Wochen

XI. Das Röntgenverfahren Ohne Röntgen s o l l man heutzutage keine Knochenbrüche und Verrenkungen behandeln. Dies ist außer aus behandlungstechnischen aus forensischen Gründen wichtig. Viele Ärzte wurden schon wegen Unterlassung von Röntgenaufnahmen verklagt! Es muß vor und nach dem Einrichten sowohl eines Bruches als auch einer Verrenkung ein Röntgenbild gemacht werden! Keine Durchleuchtung! Die Aufnahme vorher ist wichtig zur Diagnose, nachher als Beleg für den Erfolg der Einrichtung und gegen später eventuell auftauchende Schwierigkeiten, ich nenne Klage wegen Kunstfehler. Die Röntgenbilder soll der Arzt i m m e r a l s B e l e g b e h a l t e n und womöglich nur Kopien abgeben. Röntgenfilme sind Urkunden!

Das Röntgenverfahren

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Röntgenbilder sollen auch in Fällen gemacht werden, in denen V e r d a c h t a u f e i n e K n o c h e n v e r l e t z u n g vorliegt, auch dann, wenn zwar mit Sicherheit anzunehmen ist, daß kein Knochenbruch vorliegt, wenn aber Knochen- oder Gelenksveränderungen von früher anzunehmen sind (z. B. früherer Knochenbruch und frische Prellung, Arthrose des Kniegelenkes und frische Zerrung). Dies ist wichtig, um den Zustand und das Ausmaß der bisherigen Veränderungen im Zeitpunkt der Verletzung festzustellen, ist wichtig für die Prognose und um eventuell später daraus Schlüsse ziehen zu können, ob durch den neuen Unfall eine Verschlechterung eingetreten ist oder nicht. Viele Zusammenhangsfragen werden dadurch mit einem Schlag geklärt, Schreibereien und Unstimmigkeiten von Seiten der Verletzten vermieden. Auch findet man manchmal Uberraschungsbefunde, welche die Prognose eines Falles bezüglich der Heilungsdauer bedeutend verändern können. Ich nenne nur Arthrosen, Lunatummalacie bei Zerrung des Handgelenkes, Osteochondritis dissecans usw. Wenn ein Verletzter die Vornahme eines Röntgenbildes verlangt, so soll man auf jeden Fall eines machen, auch wenn man überzeugt ist, daß am Knochen nichts los ist; auch soll man dem Verletzten auf Befragen Auskunft über sein Bild geben, ihm dies auch auf Verlangen zeigen, sonst glaubt er bestimmt, daß man ihm etwas verheimlicht und das Zutrauen ist geschädigt. Auch soll man bei positivem Befund dies nicht verheimlichen, in der Regel erfährt der Verletzte doch einmal, daß irgend etwas los ist und nimmt dann an, daß der erstbehandelnde Arzt dies übersehen und ihn falsch behandelt hat. Von manchen Seiten wird geraten, gewisse Brüche z. B. Querfortsatzbrüche von Lendenwirbeln oder Abriß der Dornfortsätze bei der Schipperkrankheit den Verletzten nicht mitzuteilen. Dies, weil man annimmt, der Verletzte könne praktisch belanglose Abrisse von einem schweren Wirbelbruch nicht unterscheiden und die Verletzung erheblich überschätzt werden. Ich halte es für zweckmäßiger, man sagt dem Verletzten, es sei „ein kleines Stück" abgerissen, dies sei belanglos und werde keine wesentlichen Folgen hinterlassen. Dasselbe gilt für metallische Fremdkörper. Auch hier ist es besser, zu sagen, es sei ein kleines Metallstückchen drinnen, dieses werde voraussichtlich glatt einheilen und das Entfernen desselben sei wesentlich umständlicher. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß man das Röntgenbild dem Verletzten nicht in die Hand geben soll, insbesondere nicht solche Röntgenbilder, auf denen mit Pfeilen irgendwelche Brüche usw. bezeichnet sind. Wir sehen immer wieder, daß Verletzte noch nach vielen Jahren, wenn die Brüche schon längst verheilt sind, mit den Bildern kommen und angeben, Schmerzen an bestimmten Stellen zu haben und zwar an denjenigen, auf welche die Pfeile hinweisen.

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Röntgenbilder müssen immer in 2 aufeinander senkrechten Ebenen gemacht werden, von vorne nach rückwärts und seitlich. Nur eine Aufnahme, von vorne nach rückwärts genügt beim Schlüsselbein, bei den Rippen und beim Becken, mit Ausnahme der Hüfte. Regeln: 1. Immer Aufnahme machen, keine Durchleuchtung. 2. Röntgenbilder immer entsprechend groß machen. 3. Immer gleiche Größe verwenden (typische Aufnahmen). 4. Verdächtige Stelle in Bildmitte einstellen. 5. In Zweifelsfällen mache man V e r g l e i c h s a u f n a h m e n der anderen Seite, insbesondere bei Jugendlichen mit noch offenen Epiphysenfugen, die sonst oft mit Brüchen verwechselt werden (Abb. 150, 151). 6. Immer vorderes und seitliches Bild. 7. Metallbuchstaben R (rechts) oder L (links) auflegen. 8. Ohne gutes Bild und genaue Einstellung niemals ein Urteil abgeben! 9. Zu häufiges Durchleuchten führt zu Röntgenschädigungen der Finger! 10. Röntgenbilder beschriften (s. später) und gut aufheben. Auf Einzelheiten der Technik der Aufnahme und Beurteilung der Röntgenbilder kann hier nicht eingegangen werden. Nur darauf sei auch in diesem kurzen Rahmen hingewiesen, daß bei langen Röhrenknochen Parallelverschiebung der Bruchstücke bei guter Achse völlig belanglos ist und ein einwandfreies funktionelles Resultat ergibt (Abb. 25, 26, 123) und falls der Knochen nicht unmittelbar unter der Haut liegt, wie das Schienbein, auch kosmetisch nicht stört. Die Betrachtung und B e s c h r e i b u n g e i n e s R ö n t g e n b i l d e s soll im wesentlichen nach folgendem Schema erfolgen (s. z. B. Abb. 122, 164, 165): 1. Frisch oder alt. 2. Bruchform (Biegungsbruch, Drehbruch, Querbruch, Trümmerbruch). 3. Seite (rechts, links). 4. Knochen (Oberschenkel, beide Unterschenkelknochen, des Schienbeines usw.). 5. Ort (in der Mitte, an der Grenze mittleres körperfemes Drittel usw.). 6. Eventuell Biegungskeil oder Drehkeil (z. B. mit Ausbruch eines 2 cm langen inneren Biegungskeiles) oder sonstige Knochensplitter.

Das Röntgenverfahren

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7. Seitenverschiebung des körperfernen Bruchstückes (Parallelverschiebung des körperfernen Schienbeinbruchstückes um halbe Schaftbreite, Rindenbreite usw.). 8. Richtung der Seitenverschiebung (nach innen, außen, vorne, rückwärts). 9. Verkürzung. 10. Achsenknickung mit Angabe des Winkels (gemessen wird immer der komplementäre Winkel, d. h. der Winkel, um den das körperferne Bruchstück aus seiner Richtung abweicht, z. B. Valgus von 10 Grad, Rekurvation 15 Grad). 11. Kalkgehalt. 12. Eventuell Kallusbildung. 13. Sonst bemerkenswert (in ein Gelenk reichende Bruchflächen, besondere Splitterung, Subluxation usw.). Zu 8 und 10: Seitenverschiebung und Achsenknickung werden immer gleichzeitig von der Aufnahme von vorne nach rückwärts und von der Seitenaufnahme angegeben (z. B. mit Verschiebung um Schaftbreite nach innen und Rindenbreite nach rückwärts, Varus von 10 ° und Antecurvation von 20 B e i s p i e l : Frischer Biegungsbruch beider Unterschenkelknochen rechts an der Grenze mittleres-körperfernes Drittel mit Ausbruch eines 2 cm langen Biegungskeiles an der Innen-Vorderseite des Schienbeines. Das körperferne Bruchstück des Schienbeines ist um halbe Schaftbreite nach innen und um ganze Schaftbreite nach rückwärts verschoben. Verkürzung 1V2 cm, Valgus von 15 Graden, Rekurvation von 10 Graden. Das Wadenbein ist 2 Querfinger höher gebrochen und zeigt dieselben Verschiebungen wie das Schienbein, Verkürzung 1 cm. Röntgenkontrolle: Bei der Behandlung von Knochenbrüchen ist wichtig, daß bei Fällen mit primärer Verschiebung nicht nur nach dem Einrichten und Anlegen des Gipsverbandes, sondern auch späterhin systematisch Röntgenkontrollen gemacht werden, um eine sekundäre Verschiebung, zu der es auch im ungepolsterten Gipsverband nach einwandfreiem Einrichten kommen kann, rechtzeitig zu erkennen und wieder richten zu können. So soll man z. B. bei einem Speichenbruch an typischer Stelle 8 und 14 Tage nach dem Einrichten und bei Knöchelbrüchen mit primärer Verschiebung alle 14 Tage eine Röntgenkontrolle machen. Näheres bei den einzelnen Brüchen. B e s c h r i f t u n g der R ö n t g e n f i l m e : Protokollnummer, Name und Alter des Patienten, Zeitpunkt der Aufnahme, Körperseite (R L,) fortlaufende Numerierung.

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Allgemeiner Teil

XII. Betäubung 1. örtliche Betäubung. A n w e n d u n g : Zur operativen Versorgung aller Arten von Wunden (x/2—2°/oig mit Adrenalin), zum Einrichten von Knochenbrüchen 2 °/o mit Ausnahme der Wirbelbrüche (Vi %>). Wichtig ist, daß man die Nadel nicht mit den Fingern, sondern nur mit einer sterilen Pinzette faßt (Abb. 34). Für eine örtliche Betäubung soll Folgendes hergerichtet werden (Abb. 35): Schälchen für Lösung, 10 ccm Spritze, mehrere Nadeln,

Abb. 34. Örtliche Betäubung bei Speichenbruch an typischer Stelle. Durch die vorher jodierte Haut wird bis auf den Knochen eingestochen, die Nadel darf nur mit steriler Pinzette angefaßt werden.

2 Pinzetten, mehrere Tupfer, Sepso oder Eosin-Alkohol (s.S. 26), Wattestäbchen. Auf die Einstichstelle legt man einen trockenen Tupfer, diese Stelle darf nicht mit den Fingern berührt werden. Beim K n o c h e n b r u c h werden am Punkte der größten Druckschmerzhaftigkeit ungefähr 5 ccm der Lösung eingespritzt, dann die Spritze abgesetzt. Fließt die Lösung rötlich gefärbt zurück, dann ist man im Bluterguß und spritzt die restlichen 15 ccm ein, sonst muß ein anderer Punkt gesucht werden. Die Wirkung tritt sofort ein. Bei örtlicher Betäubung der W u n d e n wird von der unverletzten Haut aus eingestochen und die ganze Wunde um- und unterspritzt. Von der Wundfläche aus darf niemals eingestochen werden (Verschleppung von Verunreinigungen in die Tiefe). Die Infiltration erfolgt so, daß beim Vorschieben der Nadel die Lösung eingespritzt wird, also die Nadel in immer bereits injiziertes Gebiet eindringt. Zur Leitungsbetäubung eines Fingers (nach O b e r s t )

Betäubung

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spritzt man zu beiden Seiten des körpernahen Fingerendes je 5 ccm 2°/oige Lösung ein. 2. Plexusbetäubung. Sie dient zur Betäubung des ganzen Armes bei schweren Verletzungen oder bei operativen Eingriffen, bei Spaltungen usw. Am sitzenden oder liegenden Verletzten sucht man den Puls der A. subclavia oberhalb des Schlüsselbeines und macht einen Querfinger außerhalb dieser Stelle mit dem Fingernagel eine Marke. Man sagt dem Verletzten, wenn er einen elektrischen Schlag oder ein Brennen z. B. in den Fingern oder im Ellbogen spüre, solle er nicht zucken, sondern angeben, wo er die Gefühlsäußerung spüre. Dann zieht man

Abb. 35. Tischchen für örtliche Betäubung, steril: 1 Spritze zu 10 ccm, Injektionsnadeln, 2 anatomische Pinzetten, Tupfer, Wattestäbchen, Flasche für Sepso oder Eosinalkohol und die Ampullen mit Novocainlösung.

in eine 10 ccm-Spritze die Lösung (2 % Novocain mit Adrenalin) auf, setzt die Nadel auf und sticht nach Jodieren an der markierten Stelle schräg von außen oben vorne nach innen unten rückwärts in der Richtung auf die 1. Rippe. Wichtig ist, daß man immer auf der 1. Rippe bleibt, man spürt den Anstoß auf dem Knochen. Dadurch vermeidet man Komplikationen von Seiten der Lunge. Man tastet nun solange auf der 1. Rippe nach vorne und rückwärts, bis der Verletzte angibt, Zucken oder Kribbeln in den Fingern, Hand oder Ellbogen zu spüren. Dann spritzt man insgesamt 25 ccm ein. Die Wirkung tritt in einigen bis 20 Minuten auf. Sticht man die Vene oder A. subclavia an, dann fließt sofort Blut in die Spritze, die man dann herauszieht; irgendwelche Folgen hat es nicht, da die Gefäßwand sich sofort schließt. Manchmal wird der N. phrenicus mitbetäubt, dann kann der Verletzte durch 2 Stunden (Dauer der Wirkung der Betäubung) nicht mit dem betref-

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fenden Zwerchfell atmen. Er empfindet es unangenehm, Störungen verursacht es jedoch nicht. Bei Plexusbetäubung darf keine abschnürende Binde am Arm verwendet werden (Gefahr einer Lähmung). 3. Rückenmarkbetäubung. Die Rückenmarkbetäubung ist zweckmäßig bei Verletzungen oder Eingriffen an den Beinen, eventuell auch bei Laparatomien. Wir lassen 8 ccm Liquor ab und spritzen dafür 8 ccm einer l°/oigen Novooainlösung ohne Adrenalin ein oder man injiziert 2 ccm Tropocain mit 1 Ampulle Coffein. Dauer der Wirkung 2 Stunden, während und nach der Operation soll der Verletzte flach liegen, um Kopfschmerzen zu vermeiden. 4. Evipan verwendet man für kurze Eingriffe, z. B. Spaltung von Zellgewebsentzündungen, Einrichtung von Verrenkungen, bei denen örtliche Betäubung nicht immer wirkt, z. B. Schulterverrenkung u. a. Der Verletzte muß immer gefragt werden, ob er kein falsches Gebiß oder sonst etwas im Munde habe, Beschreibung der Technik liegt der Packung bei. 5. Narkose. Zuerst muß der Patient urinieren, dann wird er festgebunden. Immer fragen, ob er kein falsches Gebiß oder sonst etwas im Munde habe! Herz abhorchen! Wir machen die Einleitung immer mit 2 Fläschcben Chloraethyl, das auf 8-fach auf das Gesicht aufgelegte Gaze im Kreise getropft wird. Augen immer abdecken. Hört der Patient auf zu zählen, so wird noch 1—2 Minuten weitergetropft, dann mit Äther fortgesetzt. Narkoseapparate kommen für die Sprechstunde kaum in Betracht.

XIII. Ruhigstellung B ö h 1 e r hat sich seit vielen Jahren in Wort und Schrift dafür eingesetzt, daß den Verletzungen die zur Heilung nötige Ruhe gelassen werde. Gegen diesen Grundsatz wird immer noch verstoßen und durch Polypragmasie vielfach Schaden angerichtet. Diese Ruhe gilt für alle Arten der Verletzungen, für Wunden und Infektionen sowohl wie auch für Knochenbrüche, Verrenkungen, Prellungen, Blutergüsse usw. Die Form der Ruhigstellung ist für alle Verletzungen im wesentlichen gleich. Ein wichtiger Grundsatz der Ruhigstellung ist, daß sie absolut und ununterbrochen ist. Darnach hat sich die Technik der Ruhigstellung zu richten. Ferner ist darauf zu achten, daß, während der verletzte Gliedabschnitt ruhiggestellt wird, alle nicht ruhiggestellten Gelenke und der ganze Körper in vollem Umfange bewegt werden sollen ( B ö h l er) s. S. 88. So wird z. B. bei dem Speichenbruch an typischer Stelle nach dem Einrichten eine dorsale Gipsschiene angelegt, welche Finger und Ellbogen frei läßt; in den nächsten Tagen beginnt

Die

Ruhigstellung

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man mit Bewegungsübungen der Finger, des Ellbogens und der Schulter und zwar im vollen Umfange. Dadurch bleiben die Gelenke frei beweglich, infolge der Bewegung und der besseren Durchblutung heilt der Knochenbruch schneller, es kommt nicht oder nur in geringem Ausmaße zum Knochen- und Muskelschwund und dadurch wird auch eine zeitraubende Nachbehandlung erspart. Die sogenannte Nachbehandlung setzt also unmittelbar mit der Behandlung ein, s. S. 88. Entsprechend diesen Auffassungen können auch Verletzte schon w ä h rend der Behandlungmit ruhigstellenden Verbänd e n i h r e r T ä t i g k e i t n a c h g e h e n . Z . B . braucht ein Aufseher, Beamter usw. mit einem Gehgips oder einem Vorder- oder Oberarmgipsverband seine Beschäftigung überhaupt nicht oder nur für kurze Zeit unterbrechen. Wichtig ist, d a ß d e r b e h a n d e l n d e A r z t d e m V e r l e t z t e n d i e s m i t t e i l t , da der Verletzte selbst häufig glaubt, daß er jetzt feiern müsse. Auch vom finanziellen Standpunkt für den Verletzten und vom Standpunkte der Produktion und der gesamten Volkswirtschaft ist dies wichtig. In diesen Zusammenhang gehört auch, daß die Armschlinge (Mitella) zwar so lange getragen werden soll, als ein verletzter Arm schmerzhaft ist, daß aber schon während dieser Zeit bei Verletzungen außerhalb der Schulter diese mehrmals täglich in vollem Umfange bewegt wird (voll heben, den Arm hinter den Kopf und auf das Kreuz legen). Auch nach Abnehmen der Schlinge müssen diese Übungen fortgesetzt werden. Auf diesen Punkt kann nicht scharf genug hingewiesen werden. Achtung auf die Schulterbeweglichkeit! Jährlich wird viel Geld von den Sozialversicherungsträgern und auch Privatversicherungen für vorübergehende und leider auch dauernde Versteifungen der Schulter ausgegeben nach Verletzungen, die die Schulter überhaupt nicht betrafen, z. B. Speichenbrüche, Fingerverletzungen usw. Die Schulterversteifung nach Verletzungen außerhalb der Schulter ist in der Regel vermeidbar, wenn man von vornherein bei Leuten über 45 Jahren daran denkt, und die Schulter von vornherein fleißig wnd im vollen Umfange bewegen läßt! Das gefährliche Alter ist das über 45 Jahren, bei Jugendlichen versteift eine Schulter nicht, es sei denn durch eine schwere Verletzung der Schulter selbst. Mittel zur Ruhigstellung: Die F i n g e r s c h i e n e , der G i p s verband, zum Hochlagern des Beines die Braunsche S c h i e n e , des Armes die D o p p e l r e c h t w i n k e l s c h i e n e (Abspreizschiene). Dazu kommt bei Brüchen am Bein der Z u g v e r b a n d Mit diesen V e r b ä n d e n kommt man für alle V e r l e t z u n g e n r e s t l o s a u s ! Der Z i n k l e i m v e r b a n d (s. S. 82) ist zur exakten Ruhigstellung ungenügend, der B l a u b i n d e n v e r b a n d soll besser nicht verwendet werden, da er ebenfalls nicht 5

Ehalt, Unfallpraxis.

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Allgemeiner Teil

Abb. 36. Brettlhand nach Fingerverletzung. Die Hand wurde durch mehrere Wochen auf ein Brett gebunden. Alle Finger in Streckstellung versteift, der Daumen liegt dem Zeigefinger an statt den Fingern gegenüber zu stehen. Schwerste dauernde Behinderung. 21jähriger Textilarbeiter. (Auswärts behandelt.) genügend ruhigstellt und die Gefahr einer Schnürung besteht. Alle Verbände sollen immer in typischer Form angelegt werden (Einheitsverband), schon damit man mehr Augenmerk z. B. dem Einrichten zuwenden kann. Sehr schädlich ist die Fixation von Hand- und Fingerverletzungen auf dem Handbrett, weil die Folge die Versteifung auch nicht verletzter Finger und in schweren Fällen die „ B r e t t l h a n d " (Abb. 36) ist — eine flache Hand, bei welcher der Daumen infolge der Lagerung auf das Brett neben dem Zeigefinger steht, statt ihm gegenüber und bei der die Finger in Streckstellung versteift sind. a) Fingerschiene (Abb. 37). Das Material ist ein 3 mm dicker geglühter Eisendraht, den man sich selbst entsprechend zurechtbiegt. Die Fingerschiene muß gut mit Zellstoff gepolstert werden. Man kann auch Schienen für mehrere Finger machen oder die 4 dreigliedrigen Finger eventuell samt Daumen auf einer „ulnaren Fingerschiene" in

Abb. 37. Fingerschiene gepolstert und ungepolstert für einen und mehrere Finger. (Nach B ö h 1 e r.)

Die Ruhigstellung

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Mittelstellung ruhigstellen (Abb. 38). Die Fingerschiene wird in der Regel an der Beugeseite und immer in Mittelstellung des Fingers angelegt! Für den Daumen legt man das quere Stück an der Ellenseite des Vorderarmes an. Das körperferne Ende der Fingerschiene kann auch umgebogen werden, um den Finger vor Anstoßen zu schützen. Die Fixation von Fingerverletzungen auf einem Spatel ist unzweckmäßig, weil die übrigen nicht ruhiggestellten Finger nicht gebeugt werden

Abb. 38. Ulnare Fingerschiene (d. h. an der Ulnarseite der Hand angelegt und nach radial herübergebogen), hier auch mit Einschluß des Daumens. Alle Finger in Mittelstellung. Abb. 39. Fingerbeweglichkeit bei Fingerschiene und Spatelverband. Bei Fingerschiene (in Mittelstellung) Streckung und Beugung der Finger voll möglich, beim Spatel (in Streckstellung) können die übrigen Finger nicht zur Faust geschlossen werden, Folge häufig Fingerversteifung!

können und versteifen (Abb. 39). Auch ist für den verletzten Finger selbst die Ruhigstellung in Mittelstellung wesentlich zweckmäßiger. b) Der Gipsverband: Wir verwenden einheitliche Gipsbinden, die wir selbst machen; alle sind 5 m lang und 15 oder 20 cm breit! Die 20 cm breiten werden für Becken- und Wirbelgips verwendet, für alle anderen Gipsverbände die 15 cm breiten. Die Binden sollen 17 bis 20 fädig sein. Das Gewicht einer 15 cm breiten Binde soll 400 g, der 20 cm breiten 500 g betragen. Für den Praktiker, der keinen so großen Verbrauch an Gipsbinden hat, werden in der Regel gekaufte Gips-

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binden zweckmäßiger sein; es gibt darin heute schon sehr gute, nur sind sie teurer als die selbstgemachten. Der Gips soll nicht zu rasch und nicht zu langsam binden, damit man nach Fertigmachen des Gipsverbandes zwar noch den Gips anmodellieren kann, daß das Hartwerden aber nicht zu lange dauert, sonst ermüdet man. Wir legen die Gipsbinden i n l a u w a r m e s W a s s e r o h n e j e d e n Z u s a t z , sie bleiben liegen, solange Luftblasen aufsteigen, dann werden sie ausgedrückt (seitlich fassen). Fertige Gipsbinden müssen in Blechbehältern aufgehoben werden. Für kleinere Gipsverbände ist die C e I l o n a -

Abb. 40.

Zurechtlegen einer Gipsschiene; kann auch allein ohne Helfer gemacht werden. (Nach B ö h 1 e r.)

b i n d e sehr zweckmäßig. Sie wird entweder als Longette zurechtgelegt und dann in kaltes Wasser getaucht oder zuerst in Wasser getaucht und dann gewickelt. Sie wird rascher fest und ist leichter als die gewöhnliche Gipsbinde. Wir verwenden für alle Arten von Verletzungen den ungepolsterten Gipsverband. Die beschriebene Technik bezieht sich auf den ungepolsterten Gipsverband. Beim gepolsterten Gipsverband kommen unter die Gipsbinden noch entsprechende Lagen von geleimter Watte. Zum Halten von Knochenbrüchen und für Gehverbände e i g n e t s i c h n u r d e r u n g e p o l s t e r t e G i p s v e r b a n d , da sich im gepolsterten die Brüche viel häufiger verbiegen und außerdem der Gipsverband oft infolge Lockerwerdens scheuert. Regeln für den Gipsverband: 1. T r a n s p o r t g i p s i m m e r p o l s t e r n , sonst immer ungepolstert! 2. Gipsschienen müssen immer gut feucht sein, so daß sie dem Körperabschnitt g u t a n m o d e l l i e r t werden können. 3. N i e r e i n z i r k u l ä r e G i p s v e r b ä n d e anlegen, außer bei Wirbelbrüchen, sondern immer zuerst eine Gipsschiene (Abb.

Die Ruhigstellung

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40), die meist an der Streckseite angelegt wird, dann zirkuläre Binden zur Befestigung. 4. Die zirkulären B i n d e n d ü r f e n n u r g e r o l l t , n i e g e z o g e n werden. 5. Bei Anlegen eines ungepolsterten Gipsverbandes immer mit der Handfläche anmodellieren, n i e m a l s u m s c h r i e b e n e n D r u c k ausüben (Gefahr eines Hautdruckes!). 6. Bei Ruhigstellung von W u n d e n u n d E n t z ü n d u n g e n Gips i m m e r s o f o r t der L ä n g e n a c h s p a l t e n ! 7. Bei allen frischen offenen Knochenbrüchen und Wunden grundsätzlich den Gipsverband vollkommen der ganzen Länge nach spalten 8. Beim Spalten eines Gipsverbandes muß dieser unbedingt vollkommen, bis auf die Haut gespalten werden, auch das Stehenbleiben eines einzigen Fadens kann zur Gangrän des Gliedes führen! 9. Bei Gipsverbänden nach dem Einrichten frischer Knochenbrüche ist in den ersten 24 Stunden der Blutumlauf genauestens zu überwachen (Farbe, Schwellung, Beweglichkeit, Gefühl von Fingern oder Zehen), der Verletzte muß innerhalb dieser Zeit i n e r r e i c h b a r e r N ä h e des A r z t e s b l e i b e n . 10. T r i t t S t ö r u n g d e s B l u t u m l a u f e s auf (Blauwerden von Fingern oder Zehen, Gefühl des Ameisenlaufens in denselben, starke Schmerzen), so muß der Gipsverband sofort bis auf die Haut gespalten werden, d e r R a n d i s t a u f z u b i e g e n . Dies genügt in der Regel und ist zweckmäßiger als die Entfernung des Gipsverbandes. 11. Bei nicht gespaltenen Gipsverbänden dürfen in den ersten 24 Stunden auf keinen Fall Alkaloide (Mo, Bantopon) gegeben werden. 12. Werden an umschriebener Stelle Schmerzen angegeben, so muß an dieser Stelle ein F e n s t e r i n d e n G i p s v e r b a n d geschnitten werden. 13. Gipsverband i m m e r b e s c h r e i b e n (mit Tintenstift). Dies erleichtert die Behandlung wesentlich. Aufgeschrieben wird: Tag des Unfalles, der Einrichtung, Anlegen des Gipsverbandes, der Gipsabnahme, eventuell Röntgenkontrolle, Name des Behandelnden, bei Knochenbrüchen Zeichnung und zwar Bruchstellung vor dem Einrichten (Abb. 41—44, 48, 54, 61, 65—68 usw.). Technik des ungepolsterten Gipsverbandes. Sie kann hier nur im Groben beschrieben werden, Einzelheiten müssen in B ö h 1 e r „Technik der Knochenbruchbehandlung" *) oder in S c h n e k „Ungepolsterter Gipsverband" *) nachgelesen werden. Die G i p s s c h i e n e = Longette wird immer nach Abmessen der Länge am Verletzten (am besten mittels Handspanne) aus der entsprechenden Anzahl der Gipsbinden auf einer Glasplatte zusammengelegt (Abb. 40). Dann wird die Ober*) Verlag Maudridi-Wien.

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fläche der Schiene glattgestrichen, diese Seite k o m m t d i r e k t a u f d i e H a u t ! Die Haut wird n i c h t r a s i e r t , n i c h t e i n f e t t e n ! Dann wird diese Schiene mit der Hand ohne Druck flach gestrichen, wobei insbesondere über vorspringenden Knochen (Ellengriffel und Knöchel) jeder Druck zu vermeiden ist. Diese Gipsschiene wird mit einer feuchten Mullbinde festgewickelt, d i e n i e a n g e z o g e n ,

Abb. 41—44. Dorsale ungepolsterte Gipsschiene beim Speichenbruch an typischer Stelle nach dem Einrichten. Die Binde durch die Hohlhand ist so schmal, daß sie nicht über die Hohlhandfalte hinausreicht. Nur dadurch ist es möglich, daß die Finger voll zur Faust geschlossen werden können. Der Daumenballen ist voll ausgeschnitten, Beweglichkeit des Daumens durch den Verband nicht behindert. Handgelenk leicht ulnar flektiert, die Mittelhand wird von der Ellen- und Speichenseite her gehalten. Der Ellbogen ist frei, Beschriftung. (Sammlung B ö h 1 e r.)

s o n d e r n nur g e r o l l t w e r d e n darf. U m s c h l ä g e der B i n d e sind über dem Gips und nicht über der b l o ß e n H a u t zu m a c h e n . 1. Dorsale Gipsschiene (Abb. 41—44). Sie wird aus einer Gipsbinde (15 cm mal 5 m) gemacht und dient zur Ruhigstellung für alle Verletzungen im Bereiche der Mittelhand, Handwurzel, unteres Vorderarmende. Die Schiene reicht von der Zwischenfingerfalte bis zum Ellbogengelenk und wird mit einer feuchten Mullbinde angewickelt, die in Form von Achtern durch die Hohlhand geht. Zwischen Daumen und Zeigefinger wird ein Tupfer eingelegt, damit die Binde hier nicht drückt.

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Wichtig: aa) Die B i n d e d a r f i n d e r H o h l h a n d n i c h t ü b e r d i e B e u g e f a l t e h i n a u s g e h e n (Abb. 43—44), sonst können die Grundgelenke der Finger nicht voll gebeugt werden (Abb. 45—47). bb) D e r G i p s m u ß a n d e r S t r e c k s e i t e b i s z u d e n Z w i s c h e n f i n g e r f a l t e n g e h e n . Ist er zu kurz, so entsteht Handrückenschwellung peripher davon, der Gipsverband drückt.

Abb. 45—47. Schlechter Verband bei Speichenbruch an typischer Stelle bei 51jährigem. Alle Fingergrund- und teilweise die Mittelgelenke sind mit eingegipst, ebenso der Ellbogen. Die Finger können im Gipsverband nicht bewegt, der Arm nicht gebraucht werden. Folge langdauernde oder bleibende Fingerversteifung, insbesonders bei dem Alter des Verletzten. Keine Beschriftung. (Auswärts behandelt.)

cc) Das E l l b o g e n g e l e n k m u ß s e l b s t t ä t i g f r e i b e w e g l i c h sein. dd) Das H a n d g e l e n k i s t g e s t r e c k t , weicht nur beim Bruch der Speiche an typischer Stelle nach der Ellenseite zu ab. Modifikation dieser Schiene bei Brüchen des 1. Mittelhandknochens und Bennetschen Brüche s. S. 161, Abb. 195, 196. Um die Schiene wickelt man zweckmäßigerweise eine halbe Gips- oder Cellonabinde, darauf kommt die Beschriftung. Schlechte Gipsverbände s. Abb. 45—47, 170. 2. Oberarmgipsverband (Abb. 48—49). 3 Gipsbinden (15 cm mal 5 m), für alle Verletzungen des Unterarmes, Ellbogens und unteren bis

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Abb. 48 u. 49. Oberarmgipsverband bei Bruch beider Vorderarmknodien. Ellbogen rechtwinklig, mittlere Drehung, Schulter und Finger unbehindert beweglich. (Sammlung B ö h 1 e r.)

mittleren Oberarmdrittels. Der Ellbogen ist i m m e r r e c h t w i n k e l i g g e b e u g t , bei Brüchen am oberen Vorderarmende ist der Vorderarm s u p i n i e r t , bei Brüchen am unteren Oberarmende p r o n i e r t , s o n s t i m m e r i n m i t t l e r e r D r e h u n g , d. h. Daumen zeigt gegen den Mund! Technik des Anlegens (Abb. 168 und 50). Der Verletzte liegt, oberhalb des Ellbogengelenkes läuft ein unterpolsteter Gurt, welcher an einem Wandhaken oder einer Türschnalle befestigt ist. Eine Assistenz hält die Finger. Eine dorsale Gipsschiene (aus zwei Gipsbinden) wird angelegt, die von den Zwischenfingerfalten bis 3 Querfinger oberhalb

Abb. 50. Oberarmgipsverband bei Bruch des Vorderarms. Lagerung und Anordnung wie Abb. 170. Ein Querholz hält den Gurt gespreizt. Die dorsale Gipsschiene für Vorderarm und Oberarm angelegt. (Sammlung B ö h 1 e r.)

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des Deltoideusansatzes reicht und die Streckseite des Vorderarmes, Ellbogens und Hinterseite des Oberarmes bedeckt. Sie wird zu beiden Seiten des Ellbogengelenkes eingeschnitten, die Enden übereinander gelegt, darüber kommt beiderseits schräg ein Gipsstreifen von 3 cm Breite und 4 cm Länge als Gelenksverstärkung. Die Gipsschiene wird mit einer feuchten Mullbinde angewickelt, wobei man den Gurt freiläßt. Dieser wird dann herausgezogen, d a s P o l s t e r b l e i b t und es wird der Rest der 3. Binde darüber gewickelt. Wichtig: Die Binde durch die Hohlhand darf nicht über die Zwischenfingerfalte hinausgehen (Abb. 44), der Gipsverband darf am oberen Ende nicht zu kurz sein (Druck auf den N. radialis). 3. U-Schiene (Abb. 51—52). Nach Polsterung beider Achselhöhlen, der Schulter und des Ellbogens der verletzten Stelle (Abb. 51) wird aus 2 Gipsbinden (15 cm X 5 m) eine 1 m lange Longette angefertigt, die bei gestauchtem Oberarm um den Ellbogen gelegt wird, die freien Enden werden über der Schulter übereinander gelegt. Befestigen um den Oberarm mit einer nassen Mullbinde, die auch unter der Achsel

Abb. 51.

U-Schiene für Oberarm: Polster beiderseits unter der Achsel, der Schulter und des Ellbogens der verletzten Seite. Abb. 52. Fertige U-Schiene. (Oberarmschaftbruch bei 72j ährigem Landwirt, bei dem auch der rechte Vorderarm amputiert werden mußte; Verletzung durch Treibriemen einer Futterschneidmaschine.)

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der gesunden Seite durchführt. Darüber kommt eine zirkuläre Gipsbinde (Abb. 52). Beschriftung. Armschlinge, die am Handgelenk und am Nacken unterpolstert wird. 4. Unterschenkelgips = Gehgipsverband (Abb. 53—56). 4 Gipsbinden (15 cm X 5 m), für alle Verletzungen von den Zehen bis zur Unterschenkelmitte und Unterschenkelbrüche im körperfernen Drittel. T e c h n i k : Der Verletzte sitzt oder bei Narkose hängt das Bein über das Tischende hinunter. Der Gipsende sitzt und stellt die Außenseite des Vorderfußes des Verletzten auf sein entgegengesetztes Knie (Abb. 53); dadurch wird die Unterschenkelmuskulatur entspannt, Sprunggelenk und Vorfuß werden richtig eingestellt. Das Sprunggelenk ist im r e c h t e n W i n kel o d e r in P l a n t a r f l e x i o n von e i n i g e n Graden eingestellt. S c h l e c h t ist F i x a t i o n in S p i t z f u ß s t e l l u n g und H a k e n fu ß s t e 1 1 u n g ! Der Vorfuß steht in Adduktion und Pronation; Abb. 53. Typische Anordnung zum Anlegen Fixation in Plattfußtellung eines Gehgipsverbandes. Der Verletzte (— Aduktion und Supination) stützt sein verletztes Bein auf das entmuß vermieden werden. Am gegengesetzte Knie des Gipsenden. Durch Vor- oder Zurückstellen dieses Beines oberen Ende des Unterschenregelt der Gipsende die Winkelstellung des kels, knapp unterhalb des Sprunggelenkes, sowie daß der OberschenKnies wird ein Flanell- oder kel des Verletzten am Tisch aufliegt. Die hintere Gipsschiene ist angelegt und wird Wattestreifen von 3 cm Breite mit einer zirkulären Gipsbinde festge- herum gewicket, dann wird wickelt. (Sammlung B ö h 1 e r.) eine plantare-hintere Schiene von der S p i t z e der Z e h e n bis zur H ö h e des W a d e n b e i n k ö p f c h e n s angelegt zu beiden Seiten der Ferse wird eingeschnitten, die Ränder werden übereinander gelegt, die Schiene mit einer feuchten Mullbinde angewickelt, dann nacheinander drei zirkuläre Gipsbinden so angewickelt, daß zwischen den einzelnen Lagen eine Entfernung von zwei Querfingern ist. Dann ist der Gipsverband überall gleich stark. Mit dem Anwackeln der zirkulären Binde beginnt man am oberen Ende. Die Zehen bleiben frei, der Gipsverband wird um die Schiene unter

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Abb. 54—56. Ungepolsterter Gipsverband nach dem Einrichten bei Bruch des äußeren Knöchels mit Teilverschiebung des Sprungbeines nach außen. Der F u ß absichtlich in Plantarflexion von 10 bis 15 Grad zwecks besseren Schlusses der Sprunggelenksgabel. Der Gipsverband reicht bis an die Basis der Zehen und bis zum Wadenbeinköpfchen; er ist entsprechend beschriftet.

Abb. 57 und 58. Charakteristisches Fußrückenoedem bei zu kurzem Gipsverband. Vom Verletzten wurde selbst der Gips am Fußrücken immer weiter nach oben weggenommen.

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den Zehen herum gewickelt, um diese zu verstärken und zu halten (Abb. 54—56). Wichtig: proniert.

aa) K e i n S p i t z f u ß , k e i n H a k e n f u ß , Vorfuß

bb) Oberes Ende des Gipses k n a p p o b e r h a l b d e s W a d e n b e i n k ö p f c h e n s (wenn der Gips zu kurz ist, drückt er auf den N. peroneus und kann zur Lähmung desselben führen). cc) Das untere Ende des Gipses reicht fußrückenseits g e n a u b i s z u r B a s i s d e r Z e h e n , ist er zu lang, dann können die Zehen nicht bewegt werden, ist er zu kurz, kommt es zum Ödem des Fußrückens, Abb. 57—58. dd) Wird in den Unterschenkelgips ein F e n s t e r geschnitten, so muß dieses, wenn der Verletzte damit geht, m i t g e n a u e i n g e p a ß t e m Z e l l s t o f f a u s g e f ü l l t w e r d e n , sonst k o m m t e s z u m F e n s t e r ö d e m. 5. Verlängerung des Unterschenkelgipses bis Mitte Oberschenkel. 4 Binden (15 cm X 5 m); für Unterschenkelbrüche bis unterhalb des Knies. Knie gestredet! Es wird eine hintere Gipsschiene aus einer Binde angelegt, die vom oberen Unterschenkeldrittel bis zur Oberschenkelmitte reicht und am körpernahen Ende etwas breiter ist. Sie wird mit einer feuchten Mullbinde angewickelt, darüber kommt eine zirkuläre Gipsbinde, mit der man vom Unterschenkel über das Knie bis auf den Oberschenkel wickelt. Aus einer Gipsbinde wird eine Gipsschiene von 1 m Länge gemacht und in 3 gleiche Teile geschnitten, davon kommt eine vorne, eine außen und eine innen als Verstärkung über das Knie. Das Ganze wird mit einer zirkulären Binde festgewickelt. Beschriftung!

Abb. 59. Gehwiege aus Vollgummi mit draufgeschraubter Blechplatte. Die vorderen Blechlaschen werden über den Rist, die Drähte über die Knöchel gelegt und mit einer Gipsbinde fixiert.

6. Gehbügel (Abb. 59). Früher verwendeten wir den Gehbügel aus Bandeisen (50 : 2 : 0,3 cm) mit einem Querstück an beiden Enden. Es hatte den Nachteil, daß er zur seitlichen Böntgenkontrolle abgenommen werden mußte. Daher verwenden wir heute einen fertigen Gehbügel (Abb. 59), der aus einer Gummirolle von 10 cm Länge, 7% cm Breite und 5/4 cm Höhe, einer draufgeschraubten Blechplatte und zwei Draht-

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Abb. 60. Gehwippe aus Holz. Durch die Einkerbung in der Mitte wird die Gipsbinde einige Male nach vorne und rückwärts durchgelegt. (Modifiziert nach T h o m s e n.)

Stangen, die über den Knöcheln befestigt werden, besteht.*) Befestigung mit einer Gipsbinde (15 cm X 5 m): Aus einem kurzen Stück derselben wird eine Gipslongette von ca. 7 cm Länge und 7 mm Dicke gemacht, diese auf die Sohle des Gehgipses gelegt, dann der Gehbügel draufgelegt, an dem vorher die 4 Seitendrähte dem Gipsverband entsprechend gebogen wurden. Mit dem Rest der Gipsbinde werden die Gehbügelseiten zirkulär am Gehgips befestigt. Die Gehwiege kann eine halbe Stunde nach Fertigwerden des Unterschenkelgipses angelegt werden. Eine Stunde später kann der Verletzte auftreten! Bis zum Trocknen des Gipses dauert es gewöhnlich 24 Stunden. Statt des Gehbügels kann man auch die auf Abb. 60 gezeigte Holzwippe verwenden, die im wesentlichen der von T h o m s e n angegebenen entspricht; sie wird ebenfalls mit einer Gipsbinde fixiert. 7. Gipshülse (Abb. 61—62). 6 Gipsbinden 15 cm mal 5 m, für alle Verletzungen im Bereiche des Knies, unterhalb und oberhalb desselben. Bei schweren Infektionen des Kniegelenkes genügt die Hülse nicht, es muß ein Beckengipsverband angelegt werden. Bei Seitenband- und Kreuzbandrissen erfolgt die Ruhigstel*) Hersteller Firma Hostra-Graz.

Abb. 61 u. 62. Zinkleim-Gipshülse. (Für Bruch der Kniescheibe, 1 Woche nach Operation angelegt.) Unter dem unteren Rande des Gipsendes Flanellstreifen (schwarz gezeichnet). (Sammlung B ö h 1 e r.)

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lung des Kniegelenkes in einer Stellung von 165—170 G r a d , s o n s t i m m e r in S t r e c k s t e l l u n g . Überstreckung des Knies ist auf jeden Fall zu vermeiden! Wird die Gipshülse zum Gehen verwendet, was gewöhnlich der Fall ist, dann legt man vorher einen Zinkleimverband an, der von den Zehen bis Grenze mittleres unteres Unterschenkeldrittel reicht (Technik siehe Seite 82). Ferner gibt man einen Hosenträger, der über die Schulter der anderen Seite geht und durch Verteilung des Gewichtes vermeidet, daß der Gipsverband durch Sinken am Knie oder an den Knöcheln drückt. L a g e r u n g zum Anlegen der Gipshülse: Der Patient liegt mit dem Becken auf einem Tischende, der Fuß auf einem Tischchen o. ä. Ii Am oberen (knapp unter Leistengegend) und unteren (2 Querfinger oberhalb des Sprunggelenkes) Ende wird eine zirkuläre Flanell- oder Wattebinde angelegt. Dann kommt eine Gipsschiene (1 Binde) an die Hinterseite des Beines, welche am oberen Ende breiter gelegt wird. Sie wird mit einer feuchten Mullbinde angewickelt darüber werden 2 Gipsbinden gewickelt, beginnend am körperfernen Ende. Eine Gipsschiene aus einer Binde) von 1 m Länge wird in 3 gleiche Teile geschnitten, die zur Verstärkung des Kniegelenkes vorne und zu beiden Seiten angelegt Abb. 63 u. 64. Beckengipsverband bei werden. Über das Ganze werden Oberschenkelbruch (vorher 2 Monate zwei zirkuläre Gipsbinden vom Zugverband), gut anmodelliert oberKnöchel bis zur Hüfte gewickelt. halb des Darmbeinkammes und zwischen Darmbeinkamm und großem Beschriftung! Rollhöcker. Gips geht bis knapp neben die Analfalte.

8. Beckengips (Abb. 63—64). 18 Gipsbinden (9 je 20 cm X 5 m und 9 je 15 cm mal 5 m) für Verletzungen im Bereiche von Hüfte und Oberschenkel, schwere Kniegelenksinfektionen, Coxitis usw. Die Lagerung erfolgt entweder auf einem Zugtisch oder so, daß das Becken auf einer Stütze und jeder Fuß auf einem Tischchen hegt. Hüfte und Knie sind gestreckt, das Sprunggelenk rechtwinkelig und das Bein in mitderer Drehung eingestellt — Fuß senkrecht nach oben. Der Grad der Abduktion der Hüfte richtet sich nach dem Zwecke des Gipsverbandes.

Die Ruhigstellung

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P o l s t e r u n g : Kreuzpolster (20 X 15 X 1 cm durchgenäht), Polster (12 X 10 X V2 cm) auf den vorderen oberen Darmbeinstachel jeder Seite, eine mit Zellstoff gefüllte Rolle in der Leistengegend und über den Sitzbeinhöcker, fixiert auf die Schulter (diese Fixierung wird später weggeschnitten). aa) B e c k e n t e i l : Aus 9 Gipsbinden (20 cm X 5m): 3 Gipsbinden werden in Form einer Spica angewickelt, dann kommen 3 Verstärkungen: eine Gipsschiene (1 m lang) vom Darmbeinstachel der gesunden Seite über den Bauch zur Hüfte der verletzten Seite und zirkulär um diese. Eine Gipsschiene (1 m lang) vom Darmbeinstachel der gesunden Seite über den Rücken zur Hüfte der verletzten Seite und zirkulär um diese, eine Gipsschiene (1 m lang) wird in 3 gleiche Teile geschnitten und zur Verstärkung der Hüfte vorne, außen und schräg rückwärts aufgelegt. Dann kommen wieder 3 Gipsbinden in Form einer Spica um die Hüfte. Dieser Teil wird gut am Darmbeinkamm und zwischen Darmbeinkamm und großem Rollhöcker anmodelliert. bb) B e i n t e i 1 : Entspricht einer Gipshülse (aus 6 Binden, 15 cm mal 5 m) und reicht bis knapp oberhalb des Sprunggelenkes. cc) F u ß t e i 1 : 3 Binden (15 cm X 5 m): eine hintere Gipsschiene (V2 m lang) beginnt am Unterschenkel Grenze mittleres unteres Drittel, reicht bis zu den Zehenspitzen, wird zu beiden Seiten der Fersen eingeschnitten, mit feuchter Mullbinde festgewickelt, darüber kommen 2 Binden zirkulär wie beim Gehgips. 9. Gipsmieder (Abb. 65—68). 12 bis 15 Gipsbinden (20 cm X 5 m). Es wird angelegt bei Wirbelbrüchen n a c h d e m E i n r i c h t e n im ventralen oder dorsalen Durchhang, ferner als Gipsbett bei Skoliosen und tuberkulösen Gibbus. Über die Dornfortsätze der stärksten Lendenlordose kommt ein 8-fach zusammengelegtes Stück Gaze 10 cm lang, 4 cm breit, über die vorderen oberen Darmbeinstachel je ein Polster von 12 X 10 X V2 cm. Dann wird ein Trikot von den Leisten bis zur Schulter angelegt, darüber kommt der Gipsverband. Die H a l t e p u n k t e f ü r d a s M i e d e r sind: Symphyse, oberes Ende des Brustbeines und rückwärts an der Stelle des aufgerichteten Gibbus (Abb. 68). T e c h n i k d e s G i p s e n s : 4 Gipsbinden werden zirkulär angewickelt, wobei wichtig ist, daß die Binden gut bis an das Ende von Sternum und Symphyse reichen. Je eine Gipsschiene von 1 m Länge kommt zirkulär am oberen und unteren Ende des Gipses als Verstärkung. Eine Gipsschiene aus einer Binde 1 m lang wird halbiert, je eine Hälfte kommt als seitliche Stütze. Die restlichen Binden werden wieder zirkulär herumgewickelt. A u s s c h n e i d e n : Bogenförmig durch die Achselhöhlen und Hüftbeugen, ein Loch zwischen Nabel und

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Schwertfortsatz, ein F e n s t e r 10 cm lang, 3 cm breit über den Dornfortsätzen an der Stelle der stärksten Lendenlordose; Beschriftung.

Abb. 65—68. Gipsmieder nach Aufrichtung eines Kompressionsbruches des 1. Lendenwirbels. Die 3 Haltepunkte sind: 1. Oberes Ende des Brustbeines, Symphyse, über der stärksten Lordose in der Lendengegend. Fenster zwischen Nabel und Schwertfortsatz sowie an der Brust-Lendengrenze über den Dornfortsätzen im Ausmaße von 3:10 cm. Achselhöhle und Hüftbeugen müssen soweit ausgeschnitten werden, daß Arm und Bein unbehindert beweglich sind. (Nach B ö h 1 e r.) 10. K o p f - R u m p f - G i p s : 7 bis 9 Binden je 15 c m mal 5 m, für Brüche und Verrenkungen im Bereiche der Hals- und obersten Brustwirbelsäule. L a g e r u n g : D e r Verletzte liegt mit d e m Rücken auf einer

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Latte, welche bis zum Hinterhaupthöcker reicht, so daß Oberkörper und Latte über den Tischrand hinausragen. Der Kopf wird von einem Assistenten mit den Händen gehalten. Polsterung: Filzstreifen schräg beiderseits über Achsel und Schlüsselbein bis zum Brustbein und unter das Kinn. V o r h e r K o p f h a a r e s c h n e i d e n ! Der Gips faßt Kopf und Stirne mit und endet am Rippenbogen. G i p s e n : 3 Gipsbinden kommen in Achterform vom Rücken über den Hals zirkulär um die Stirne. Eine Gipsschiene je V2 m lang aus einer Binde wird von der Brust schräg über den Nacken auf das Hinterhaupt der anderen Seite gelegt und zwar beiderseits. Eine Gipsschiene 60 cm lang aus einer Binde kommt als Verstärkung vom Scheitel- bis zum unteren Gipsende in der Mitte rückwärts. A u s g e s c h n i t t e n wird ein Fenster über dem Kehlkopf sowie die Schulterhöhen so weit, d a ß b e i d e Arme vollständig gehoben w e r d e n k ö n n e n ! (Häufig wird hier z u w e n i g a u s g e s c h n i t t e n , die Folge sind Schulterkontrakturen!) Beide Ohren werden frei gemacht. Beschriftung. 11. Strecksehnenriß (Abb. 69). Eine entsprechend zurechtgeschnittene Cellonaschiene wird um den verletzten Finger gelegt, dieser wird bei Überstreckung des Endgelenkes unter einem Winkel von 60 Graden auf eine Tischplatte aufgestützt, bis der Gips hart wird. Das leicht gebeugte Mittelgelenk ist noch mitgegipst. Abb. 69. Gipshülse aus Cellona bei Strecksehnenriß. Das Auf das Endgelenk darf nicht von der Fingerendgelenk überstreckt, Streckseite her gedrückt werden, sonst das Mittelgelenk in Mittelstellung. kommt es zum Decubitus! Die für diese Verletzung beschriebenen o r t h o p ä d i s c h e n A p p a r a t e s i n d n i c h t z w e c k m ä ß i g , weil sie abgenommen werden (keine ununterbrochene Ruhigstellung!) (s. auch Seite 163). 12. Hals-(Schanz-)Krawatte. Sie wird verwendet bei Zerrungen der Halswirbelsäule, Abriß von Dornfortsätzen im Bereiche der Halswirbelsäule, Schipperkrankheit (s. S. 115). Zellstoff oder genähte Wattepolster werden um den Hals gewickelt und mit Binden befestigt, darüber kommt eine Gipsbinde. Wichtig ist, daß die Krawatte an den Schultern, Kinn und Warzenfortsätzen des Schädels gut abstützt. Beschriftung! Zum Abnehmen des Gipsverbandes verwendet man am besten die G i p s s c h e r e nach S t i l l e (doppelt übersetzt), zum Aufbiegen des Randes den G i p s ö f f n e r (Löwenmaul). t

Ehalt, Unfallpraxis.

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c) Zinkleimverband (für den Unterschenkel). V e r w e n d u n g : Prellung und Zerrung des Sprunggelenkes, immer nach Gipsabnahme am Unterschenkel zur Verhütung von Schwellungen, für Unterschenkelgeschwüre, Krampfadern, Thrombose, Thrombophlebitis, statische Beinbeschwerden, Arthrosen des Kniegelenkes, ebenso beim sogenannten „Knieschmerz der älteren Frau" u. a. m. Verwendet wird entweder fertiger Zinkleim oder er wird selbst gemacht: Zinkoxyd (rein, weiß) 100 Teile, Gelatine 200 Teile, Wasser 300 Teile, reines Glyzerin 400 Teile. H e r s t e l l u n g : Zinkoxyd 100 Teile und Wasser 100 Teile werden vermischt, dann Glyzerin 400 Teile dazugegeben, 200 Teile Gelatine und 200 Teile Wasser werden zum Quellen gebracht, dann im Wasserbad verflüssigt. Dann wird alles zusammengeschüttet, umgerührt und ausgekühlt. Die Masse wird in Teile zerschnitten und aufgehoben. Im Bedarfsfalle werden die Zinkleimwürfel im Wasserbad verflüssigt. Der gestrichene Zinkleimverband ist bis jetzt dem f e r t i g e n Z i n k l e i m v e r b a n d überlegen. Der Zinkleimverband reicht von der Basis der Zehen bis zum Schienbeinknorren. Anlegen des Zinkleimverbandes: Der Fuß wird während des Anstreichens in Dorsalflexion gehalten, um Faltenbildung über dem Sprunggelenk zu vermeiden. Mit einem breiten Pinsel wird zuerst die Ferse angestrichen, darüber kommt doppelt gelegte Gaze 10 : 6 cm als Verstärkung, Anstreichen des Fußes, Bindenführung (10 cm, weitmaschig) folgendermaßen: Außenrand des Fußes — Fußrücken — Fußsohle (2 mal) = Pronation des Fußes, dann unter dem äußeren Knöchel über die Achillessehne auf den inneren Knöchel — Vorderseite des Sprunggelenkes über die Ferse von außen nach innen = im Sinne der Supination — Vorderseite des Sprunggelenkes — zirkulär oberhalb des Sprunggelenkes herum. Zinkleimanstrich, dann noch einmal Fersenverstärkung, darüber noch einmal die Bindenführung wie oben, darüber wieder Zinkleimanstrich. So kommt der F u ß i n P r o n a t i o n u n d d i e F e r s e i n S u p i n a t i o n = Verstärkung der normalen Fußwölbung, W i r k u n g g e g e n d e n P l a t t f u ß . Dann wird der Unterschenkel bis zum Knie mit Zinkleim angestrichen und mit einer 15 cm breiten Binde umwickelt, dann noch einmal Anstrich, noch einmal Bindenführung und noch einmal Anstrich. Nach Fertigmachen Bestreichen mit 4 °/o Formalinspiritus, darüber einpudern, trocknen, eventuell mit Föhn. Wichtig ist, d a ß d i e B i n d e n n i c h t u m g e schlagen werden, sondern immer abgesahnitten w e r d e n m ü s s e n . Der Zinkleimverband hält 2—4 Wochen; gegen Schwitzen Einpudern und Anstreichen mit 4 °/o Formalinspiritus. Wichtig: aa) Anlegen auf möglichst abgeschwollenem Bein (vorher eine halbe bis eine Stunde hochlagern oder in der Frühe).

Die Ruhigstellung

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bb) Es dürfen k e i n e U m s c h l ä g e mit der Binde gemacht werden, sollte dies notwendig sein, dann Binde abschneiden und neu ansetzen. cc) S p r u n g g e l e n k m ö g l i c h s t d o r s a l f l e k t i e r e n , dd) Die Binde d a r f n u r g e w i c k e l t , n i c h t a n g e z o g e n werden. ee) Der Zinkleim beginnt a n d e r B a s i s d e r Z e h e n ; ist der Verband hier zu kurz, dann entsteht Fußrückenödem, der Zinkleimrand schneidet ein. ff) Das o b e r e E n d e ist in der Kniekehle, in der Höhe der Spitze des Wadenbeinköpfchens; ist der Verband zu kurz, dann drückt er auf den N. peroneus. d) Einlagen. Verwendung s. S. 190, 191. Die fertigen käuflichen Einlagen sind nur für leichte Senkfüße geeignet, für stärkere Senkfüße und für Nachbehandlung von Knochenbrüchen sollen Modelleinlagen

Abb. 70 u. 71. Kombinationsquengel für Fingerversteifungen. Abb. 70. Streckvorrichtung. Abb. 71. Beugevorrichtung: 1. Dorsale Gipsschiene. 2. Loch in der Gipsschiene zum Durchführen der Binde. 3. Polster über den Fingergrundgelenken. 4. Gebogene Cramerschiene, an deren freiem Ende (6) die Schlaufen zum Fingerstrecken (5) befestigt werden. 7. Volare Gipssdiiene. 8. Kalikotbinde für die Fingerbeugung. 9. Befestigungsstelle derselben an der Cramerschiene. 10. Ring zum Durchgleiten der Beugeschiene. 11. Zugrichtung der Schlinge zum Beugen der Finger.

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Allgemeiner Teil

Verwendung finden, beim Fersenbeinbruch oder sehr starken Plattfüßen Schachteleinlagen, welche die ganze Ferse umfassen und in Adduktion halten. Macht man selbst das Modell, so ist zu achten, daß die Ferse in Supination, der Vorfuß in Pronation und Adduktion kommt. Am dauerhaftesten sind die Metalleinlagen; für Leute, die sie nicht vertragen, verwendet man Einlagen aus Leder oder nach der Holz-LederTechnik.

Abb. 72—74. Kombinationsquengel. Abb. 72. Gesamtanordnung, dei Ellbogen gestreckt, dadurch Finger gebeugt. Abb. 73. Finger gebeugt, die Schlaufen zum Fingerstrecken hängen locker. Abb. 74. Streckquengel eingehängt.

e) Quengelverbände (Abb. 70—74). Für die Finger: 1. S t r e c k q u e n g e l (Abb. 70, 74): Auf den Handrücken kommt ein Filzpolster, das bis zu den Mittelgelenken der Finger geht, darüber eine dorsale Gipsschiene vom Mittelgelenk der Finger bis zum Ellbogen in Streckstellung der Fingergrundgelenke. Eine aufgebogene Crameroder Metallschiene wird auf die Gipsschiene mit einer zirkulären Gipsbinde fixiert. Um den Finger kommt eine Schlinge, welche mit einem Gummizug mit der Metallschiene befestigt ist. Die Zugrichtung der Schlinge soll immer senkrecht zum Finger laufen. 2. B e u g e q u e n g e l (Abb. 71, 73): Unter die dorsale Gipsschiene kommt eine breite Kalikotbinde, welche durch eine Drahtschlinge an -der Beugeseite des Handgelenkes durchläuft und über Ellbogen und

Die Ruhigstellung

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Rücken zur Schulter der gesunden Seite geht. M e c h a n i s m u s : Wird der Ellbogen gestreckt, dann werden die Finger passiv gebeugt. Man kann Streck- und Beugequengel kombinieren = K o m b i n a t i o n s q u e n g e l (Abb. 70—74), der auch fertig käuflich ist (nach K r ö m e r). Wird für den Daumen ein Quengel angelegt, so ist darauf zu sehen, daß der Daumen in Oppositionsstellung zur Hand kommt. Für Ellbogen und Knie: Gipshülse für Oberarm bzw. Oberschenkel und Vorderarm bzw. Unterschenkel. Beide Gipshülsen werden mit einem Scharniergelenk verbunden, zum Beugen wird ein Drahtring in jede der beiden Hülsen eingegipst und beide mit einer Schnur verbunden, die dann zugequengelt wird. Zum Strecken wird ein Eisenstab schräg auf die Streckseite der körpernahen Hülse aufgegipst, von dieser zieht eine Schnur zum körperfernen Gips, die Schnur wird langsam zugequengelt. A n z e i g e n : Versteifungen (Kontrakturen s. S. 180). W i c h t i g : Quengeln langsam, so daß weder Schmerzen noch Gelenkschwellung auftritt. f) Doppelrechtwinkelschiene (Abb. 75—78): A n w e n d u n g : Für manche Formen von Oberarmbrüchen, zur Lagerung bei Bewegungsbeschränkung der Schulter (frisch und alt), nach Schulterverrenkungen usw. Es gibt fertige Modelle, sonst kann die Schiene selbst angefertigt werden (nach P a c h e r , Abb. 75—76). Man benötigt dazu 2 Cramerschienen 10 cm breit und 1 m, bzw. 35—40 cm lang (für den Vorderarm), ferner 2 Bandeisen von 20 : 1 mm und 60 cm lang. A n l e g e n : Die Schiene muß 30 Grad vor der Frontalehene sitzen und gut in die

Abb. 75 u. 76. Doppelrechtwinkelschiene nach P a c h e r . Aus 2 Cramerschienen 10cm breit und I m bzw. 4 0 c m lang und 2 Bandeisen 2 0 : 1 m m , 60 cm lang. Im Bereiche der Achselhöhle ist die Schiene nach vorne geknickt, so daß der Arm 30 Grad vor der Frontalen sitzt (Mittelstellung). Abb. 76. Gepolsterte Schiene.

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Allgemeiner Teil

Achselhöhle reichen, P o l s t e r u n g u n d A n l e g e n (Abb. 77—78): Ein genähtes Polster 1 m lang, 20 cm breit kommt über die gesunde Schulter, um den Brustkorb geleimte Watte; von 2 je 2 m langen Gipsschienen (aus je 2 Gipsbinden von 15 cm mal 5 m) wird eine achterförmig um den Seitenteil der Doppelrechtwinkelschiene und um den Brustkorb geschlungen, die zweite faßt achterförmig den unteren Teil der Doppelrechtwinkelschiene und überdeckt sich über der gesunden

Abb. 77. u. 78. Lagerung des Armes auf Doppelrechtwinkelschiene nadi P a e h e r (5 Tage nadi Schulterverrenkung bei 50iähriger). Der Arm bleibt Tags über zu Bewegungsübungen frei, nachts wird er angebunden. Polster zwischen Darmbeinstachel und Schiene.

Schulter, dann werden nodi 2 Gipsbinden (5 m mal 15 cm) zirkulär um Schiene und gesunde Schulter gewickelt. Das Schulterpolster muß mit dem Rande des Gipsverbandes vernäht werden, damit es nicht rutscht. D i e r i c h t i g e A n l e g u n g d e r D o p p e l w i n k e l schiene ist t e c h n i s c h s c h w i e r i g , e r f o r d e r t Zeit und soll von N i c h t g e ü b t e n b e s s e r n i c h t v e r w e n det werden! g) Schlüsselbeinschiene (nach B ö h 1 e r Abb. 79—80) : ist ein fertiges Modell, welches nach dem Einrichten des Bruches angelegt wird. W i c h t i g : Gute Polsterung, unter die Querteile und Riemen müssen genähte Wattepolster kommen, welche dann angenäht werden. Ein leicht schräg verlaufender Gurt hält das innere Bruchstück nieder. Die Hand stützt sich auf ein an der Schiene angebrachtes Querholz (kann später weggenommen werden). h) Für die Sprechstunde nicht in Betracht kommen die Streckverbände mit Nagel- oder Drahtzug bei Unterschenkelbrüchen (durch

Verbände

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das Fersenbein) und bei Oberschenkelbrüchen durch den Schienbeinknorren oder supracondylär, durch das Olecranon bei Oberarmbrüchen (relativ selten notwendig). Heftpflasterstreckverbände verwenden wir nur am Oberarm, Beinbrüche lassen sich damit nicht halten, auch bei Kindern sind sie wegen Gefahr der Hautschädigung nicht zu empfehlen. i) Zur Hochlagerung des Beines nach Verletzungen oder bei Entzündungen eignet sich am besten die Braunsche Schiene, welche ent-

Abb. 79 u. 80. Schlüsselbeinbruch eingerichtet und ruhiggestellt mit der Schlüsselbeinschiene nach B ö h 1 e r. Ein unterpolsterter Gurt hält das innere Bruchstück nieder. Der Arm der verletzten Seite ruht auf einem Querholz. Die Polster sind an die Gurte angenäht.

sprechend gewickelt werden muß, damit die Wade gut liegt. Wichtig ist, daß unter die Bettmatratze Bretter kommen, sonst wackelt die Schiene.

XIV. Verbände Bezüglich der Verbände sei hier nur auf einige praktisch wichtige Einzelheiten hingewiesen. Erwähnt seien die S c h n e l l v e r b ä n d e und, daß der s i c h e r s t e V e r b a n d folgendermaßen anzulegen ist: Bestreichung der Umgebung der Wunde mit Mastisol, Verband, Befestigung mit Heftpflaster, darüber Festwickeln mit Mullbinde. K o p f v e r b ä n d e sollen die Ohren entweder ganz freilassen oder vollkommen bedecken, da bei teilweisem Bedecken der Bindenrand das Ohr schneidet und schmerzt. Rückwärts muß der Verband gut unter die Hinterhauptschuppe fassen und vorne bis zum Augenbrauenbogen gehen, sonst rutscht er.

Allgemeiner Teil

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Abb. 81. Desaultscher Verband. Zur Bindenführung Merkwort Asche — Achsel, Schulter, Ellbogen, zum Schluß eine Schlinge von der Hand zum Nacken. Vorher Polsterung mit Zellstoff oder Watte. Zum Schlüsse zirkulärer Gipsverband.

Zum D e s a u l t s c h e n V e r b a n d (Abb. 81), z. B. zur Ruhigstellung bei einem infratubereulären Oberarmbruch der alten Leute, verwenden wir 3 Kilicotbinden, 20 cm breit, während wir sonst zum Verbinden immer Mullbinden nehmen. In die Achselhöhle muß ein gut gepudertes Zellstoffpolster kommen, ebenso muß über den Oberarm, Ellbogen und Vorderarm Zellstoff gelegt werden (auf Abb. 77 der besseren Darstellung halber weggelassen!), sonst kommt es zu Druckstellen. Das Kennwort für das An wickeln der Binde ist — Asche — Achsel, Schulter, Ellbogen. Über den fertigen Verband geben wir, damit er nicht rutscht, eine Gipsbinde. Beschriftung. Beim Verbinden von H a n d und F i n g e r n soll die Binde bis zur Zwischenfingerfalte gehen und nicht weiter proximal enden, sonst kommt es zur Handrückenschwellung. Fingerschiene s. S. 66, Abb. 37, 38.

XV. Nachbehandlung G r u n d s a t z : Die Nachbehandlung Schmerzen verursachen!

darf nicht schaden und keine

Die neuzeitliche Nachbehandlung setzt bei den meisten Verletzungen gleichzeitig mit der Behandlung ein und ist in erster Linie prophylaktisch (Vermeidung von Versteifungen, Muskel- und Kalkschwund) = Funktionelle Bewegungsbehandlung nach B ö hl e r s. S. 64. B e i s p i e l : Bei einem Speichenbruch an typischer Stelle wird sofort nach dem Einrichten und Anlegen des ruhigstellenden Gipsverbandes mit Bewegungsübungen und möglichst normalem Gebrauche aller nicht ruhig gestellten Gelenke begonnen. So braucht z. B. ein entsprechend Beschäftigter mit einem Knöchelbruch oder Speichenbruch seine Arbeit überhaupt nicht zu unterbrechen. In vielen Fällen wird durch richtige gleich einsetzende Nachbehandlung eine weitere Behandlung nach Abnahme des Gipsverbandes überflüssig. Nach derselben Wirkung zielt die nach dem zweiten Weltkriege neuerlich propagierte B e s c h ä f t i g u n g s - und A r b e i t s t h e r a -

Nachbehandlung

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p i e. Von ersterer sprechen wir dann, wenn ein Verletzter irgendeine, mit seinem verletzten Körperteil nicht in Zusammenhang stehende Arbeit macht, z. B. ein Oberschenkelbruch während der Bettruhe Uhrreparaturen, Nähen usw. Unter Arbeitstherapie dagegen verstehen wir das Arbeiten mit dem verletzten Körperteil zwecks Übung, Stärkung, Beweglichmachung von Gelenken usw., wenn z. B. eine Frau mit Speichenbruch an typischer Stelle näht oder ein Mann mit der gleichen Verletzung an einer Handpresse arbeitet u. ä. Wir unterscheiden schädliche und unterstützende Nachbehandlungsmittel. Schädlich sind: Zandern und Pendelapparate, gewaltsame Bewegungsübungen, Mobilisierungsversuche, Massage bei frischen und vielfach bei alten Verletzungen. Schädlich ist alles, was Schmerzen verurÜben am

selbstgemachten

Rollenzug v^iy So sieht eine einfache Rolle aus !

Aus einem alten Gepickträger macht man den Handgriff !

Abb. 82. Üben am Rollenzug. (Sammlung B ö h 1 e r.)

sacht! Besonders empfindlich sind in dieser Hinsicht Ellbogen und Kniegelenk. Nach Ellbogenverrenkungen und -Verletzungen kommt es z. B. zur gefürchteten Myositis ossificans nur nach Massage und passiven Bewegungsübungen; sie bleibt restlos aus, wenn man ruhigstellt und nachher nur selbsttätige Bewegungsübungen machen läßt (B ö h 1 e r). Ebenso saugt sich jeder Bluterguß von selbst auf, wenn man ihn nicht anrührt! Zu den unterstfitzenden Maßnahmen gehören: Selbsttätige Bewegungsübungen, Widerstandsübungen, Gymnastik, Umschläge, Bäder, Packungen und die ganzen Bestrahlungsmittel: Heißluft, Diathermie, Kurzwellen, Blau- und Rotlicht, Höhensonne, Röntgen usw. Über den U l t r a s c h a l l sind die Akten noch nicht geschlossen. Als zeitfüllende Mittel bezeichnet B ö h 1 e r diese unterstützenden Maßnahmen dann, wenn man sie in der Zeit der Rekonvaleszenz an-

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Allgemeiner Teil

wendet nach Verletzungen, die auch ohne jedwede Nachbehandlung dasselbe Endergebnis zeigen. Das wichtigste Hilfsmittel der Nachbehandlung sind die s e l b s t t ä t i g e n B e w e g u n g s ü b u n g e n . Dabei sollen alle nicht ruhiggestellten Gelenke in vollem Umfange bewegt werden. Am zweckmäßigsten ist es natürlich, wenn der Verletzte seinem bisherigen Berufe schon mit dem Verband nachgehen kann. Dazu kommt G y m n a s t i k , allgemein oder örtlich angewendet, mit oder ohne Hilfsmittel (Medizinball, Sprossenwand usw.). Fremdtätige Bewegungsübungen, z. B. bei Fingerversteifungen sind vorsichtig auszuführen und nur so weit sie keine Schmerzen verursachen! Wiederstandsübungen tragen sehr zur Kräftigung der Muskulatur bei, sie sollen womöglich mehrmals täglich ausgeführt werden. Folgende A p p a r a t e werden zu selbst- und fremdtätigen Bewegungsübungen verwendet: Federhantel für Fingerverletzungen, Kniebeugegestell, Bergsteigerapparat nach A n s i n n . W i c h t i g i s t d e r R o l l e n z u g , den sich jeder selbst herstellen kann (Abb. 82). Horizontal eingerichtet dient er für den Ellbogen, vertikal für die Schulter. Der Arm soll dabei nach vorne, seitlich und nach rückwärts und nach der anderen Seite gehoben werden. Das Gewicht ist langsam zu steigern, es ist besser, mehrmals täglich einige Male zu ziehen als einmal sehr oft. U m s c h l ä g e (eventuell Dunstumschläge, nur Wasser, keine essigsaure Tonerde — Gefahr einer Dermatitis) werden bei frischen stumpfen Verletzungen und auch bei Reizzuständen sehr wohltuend empfunden. Die beste Behandlung des Blutergusses an jeder Körperstelle besteht in Dunstumschlägen, darüber Thermophor. B ä d e r (in manchen Gegenden sehr beliebt und zweckmäßig mit Zusatz von Steinsalz, Heublumen) dienen zur Auflockerung und besseren Durchblutung; zu vermeiden sind sie bei Wunden! Auf die H e i l b ä d e r soll nur kurz verwiesen werden. E i n r e i b u n g e n werden vielfach bei chronischen Schmerzen angenehm empfunden. Es sind verschiedene Salben (hauptsächlich mit Kampfer, Bienen- und Schlangengift usw.) und fabrikmäßig hergestellten Präparaten üblich. B e i f r i s c h e n V e r l e t z u n g e n s i n d Einreibungen nichtzu empfehlen. P a c k u n g e n (Schlamm, Paraffin, Turbotherm) sind angezeigt bei chronischen Beschwerden z. B. Arthrosen usw. Sehr wichtig in der Nachbehandlung der Beinverletzungen ist der Zinkleimverband (Technik s. S. 82). Abgesehen von frischen Zerrungen und Prellungen des Sprunggelenkes und Fußes soll man den Zinkleimverband i m m e r u n m i t t e l b a r n a c h A b n a h m e d e s

Nachbehandlung

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G i p s v e r b a n d e s a m B e i n a n l e g e n , um die posttraumatische Schwellung zu vermeiden. Er kann 3—4 Wochen belassen werden. Wird er schmutzig oder locker, so ist er zu erneuern. Sind nur mehr leichte Schwellungen um das Sprunggelenk vorhanden, so werden mit Erfolg auch F e s s e l s c h o n e r a u s G u m m i und e l a s t i s c h e B i n d e n verwendet. Nach jedem Bruch am Bein (angefangen vom Bruch der Mittelfußknochen) soll man nach Gipsabnahme für mindestens ein halbes Jahr eine E i n l a g e geben. Manchmal ist es zweckmäßig, während der Gipsbehandlung am nicht verletzten Beine eine Einlage zu geben (Uberbelastung). H e i ß l u f t , B l a u - und R o t l i c h t wird man geben, wenn eine oberflächliche bessere Durchblutung erzielt werden soll, ferner wirken sie schmerzlindernd, man kann sie auch über einen Gipsverband oder Zinkleimverband geben. Dauer 15—20 Minuten. D i a t h e r m i e geben wir dann, wenn es auf Tiefendurchwärmung ankommt, auch bei Arthrosen von Schulter und Knie haben wir gute Erfolge gesehen. In ähnlicher Anzeige verwenden wir K u r z w e l l e n . Wichtig sind die Q u e n g e l v e r b ä n d e für Finger (Abb. 70—74), Ellbogen, Knie und Sprunggelenk. Nachbehandlung

v o n L ä h m u n g e n s. S. 98.

B e i N a c h b e h a n d l u n g v o n A m p u t a t i o n e n ist darauf zu sehen, daß keine Gelenkskontrakturen entstehen (z. B. wichtig volle Streckung des Kniegelenkes, volle Streckung der Hüfte, usw.). Daher beginnt man mit selbsttätigen Bewegungsübungen sobald die Wundverhältnisse es erlauben. Tragfähige Stümpfe gibt es nicht. Das endgültige Kunstglied kann man in der Regel erst nach 6 Monaten geben. Am Bein geben wir jedoch schon wesentlich früher und zwar sobald die Wunde glatt geheilt und die Narbe fest ist (z. B. 4—6 Wochen nach Unterschenkelamputation bei glattem Verlauf) ein Z w i s c h e n k u n s t b e i n = Immediatprothese, mit welcher der Verletzte bereits gehen kann. Krücken sind bei uns grundsätzlich verboten. Auch die K r ü c k s t ö c k e werden mehr verwendet als es nötig oder zweckmäßig ist!

B. Besonderer Teil I. Schädel 1. W u n d e n — kommen im Bereiche des Gesichtsschädels am häufigsten oberhalb oder im Bereiche des Augenbrauenbogens durch Sturz zustande, durch direkte Gewalteinwirkung auch an allen anderen Stellen des Schädels, auch am Schädeldach. Achtung auf gleichzeitige Knochenverletzungen = o f f e n e B r ü c h e , insbesondere im Bereiche des Schädeldaches bei Darauffallen schwerer Gegenstände. B e h a n d l u n g s. S. 29, 30 — operative Wundversorgung; Heben von Splittern, Achtung vor Entsplitterung, nur Hautnaht, keine Duranaht oder -plastik, außer eventuell im frontobasalen Anteil. Diese Fälle gehören aber ohnehin in Spitalsbehandlug. 2. I n f e k t i o n e n — bei schwerer Infektion sind außer umschriebener Schwellung und Rötung Ödem des ganzen Gesichtes, Benommenheit, eventuell meningitische Erscheinungen (Kopfschmerzen, Benommenheit, Schwindel, Erbrechen, hohes Fieber) vorhanden. Behandlung s. S. 38. Bei schweren Infektionen sofort Abgabe in ein Krankenhaus! 3. K n o c h e n b r ü c h e entstehen im Bereich des Schädeldaches durch Sturz oder durch Darauffallen schwerer Gegenstände. Außer eventueller Schwellung ist in der Regel nichts zu sehen, manchmal ist Knochenkrachen zu spüren; je nach den begleitenden Hirnverletzungen besteht klares Bewußtsein bis tiefe Bewußtlosigkeit. Röntgen! B e h a n d l u n g : Absolute Bettruhe, operatives Vorgehen nur bei neurologischen Erscheinungen (Lähmungen usw.). Brüche im Bereiche des Gesichtsschädels; Nasenbeinstisdie Einteilung.

ist von außen zu sehen. In örtlicher Betäubung oder ohne dieselbe

Schädel

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wird das verschobene Nasenbein zurechtgebogen, bei einseitiger Verbiegung durch Spreizung mit einer Kornzange von der Nasenhöhle aus aufgerichtet. Die übrigen Brüche im Bereiche des Gesichtsschädels (Ober- und Unterkiefer, Jochbein) gehören in fachärztliche Behandlung. Impressionen des J o c h b e i n e s (Abb. 83) werden mit einem Einzinker gehoben, bei Kieferbrüchen muß der normale Zahn-

Abb. 84 u. 85. Einrichtung einer Kieferverrenkung: Daumen drückt auf die Mahlzähne, während Zeige- und Mittelfinger den aufsteigenden Unterkieferast nach unten und später nach vorne sdiieben.

Schluß wieder hergestellt werden; nach der Einrichtung werden sie mit Schiene oder Drahtschlingen um die Zähne ruhiggestellt. V e r r e n k u n g e n i m K i e f e r g e l e n k sind in der Regel doppelseitig. Sie entstehen beim Gähnen, Schreien usw. Die Einrichtung ist in der Regel ohne Betäubung möglich (Abb. 84—85): Der Verletzte sitzt, der Arzt faßt zwischen beiden Daumen, die auf den Backenzähnen liegen und den dreigliedrigen Fingern beide Unterkieferäste, drückt diese nach hinten unten und dann nach vorne, während er mit Zeige- und Mittelfinger die aufsteigenden Unterkieferäste von rückwärts hält und damit die Einrichtung unterstützt. Es wird also zuerst der Mund noch weiter geöffnet und dann das verrenkte Unterkieferköpfchen über das Tuberculum wieder an seinen Platz gebracht.

II. Schädelinhalt, zentrale und periphere Nerven a) Schädelinhalt. Uber Verletzungen des Gehirnes bei offenen Brüchen s. S. 94. S t u m p f e V e r l e t z u n g e n : Grundsätzlich ist bei allen stumpfen Schädelverletzungen mit Bewußtlosigkeit immer zu prüfen: Tonus der Muskel und Gelenke (Spasmen, schlaffe Lähmungen),

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Besonderer Teil

alle Reflexe, Verhalten der Pupillen. Durch Stechen mit einer Nadel im Bereiche des ganzen Körpers prüft man gleichzeitig Abwehrreaktionen und aktive Beweglichkeit. Nicht vergessen: sofort katheterisieren, nachsehen, ob keine gleichzeitigen Verletzungen (Bauch, Becken, Wirbelsäule usw.) bestehen. 1. Kopfprellung — contusio capitis, durch Schlag oder Sturz. Es besteht Kopfschmerz, keine Bewußtlosigkeit, manchmal Erbrechen durch Schodc, keinerlei nervöse Erscheinungen. Behandlung: einige Tage Bettruhe, Kopfumschlag. Die Kopfschmerzen sind in der Regel in einigen Tagen verschwunden; bei fremdem Verschulden können sie oft sehr lange dauern (s. S. 13, 14). 2. Gehirnerschütterung — commotio cerebri. Durch Sturz oder Schlag auf den Kopf. Klassische Zeichen: Bewußtlosigkeit, Erbrechen, Erinnerungslücke, manchmal Pulsveränderung (Beschleunigung oder Verlangsamung), keine Herderscheinungen. Nicht alle Zeichen sind immer vorhanden. Diagnose: Gehirnerschütterung wird zu häufig gestellt! Behandlung: Bettruhe, gegen Kopfschmerzen s. unten. 3. Schädelgrundbruch: Klassische Zeichen: Blutung aus Nase, Mund und Ohren, eventuell Austritt von Hirnflüssigkeit, Brillenhaematom, Bewußtlosigkeit. Prognose: wenn die ersten 24 Stunden überlebt werden, günstig. Behandlung: Bettruhe, Katheter. Verboten: Untersuchung oder Ausspülen des äußeren Gehörganges! (Gefahr der meningitis). über L a g o p h t h a l m u s s. S. 109. 4. Gehirnprellung — contusio cerebri. Tiefe Bewußtlosigkeit, Herderscheinungen in der Regel, doch können auch schwere Hirnprellungen ohne Herderscheinungen zum Tode führen. Behandlung: Absolute Bettruhe, sonst wie unter 2. 5. Zerreißung der A. meningea media = e p i d u r a l e B l u t u n g : Das klassische Bild ist: kurze Bewußtlosigkeit, eventuell Erbrechen, Wiederkehr des Bewußtseins = lucides Intervall, neuerliche Bewußtlosigkeit und unter zunehmenden Hirndruckerscheinungen, Pupillendifferenz, eventuell einseitigen Lähmungen oder Reizerscheinungen Eintritt des Todes. B e h a n d l u n g : Operative Aufklappung eines Weichteilknochenlappens und Unterbindung der zerrissenen Arterie. Die Kenntnis der epiduralen Blutung ist wichtig für den praktischen Arzt, da die Diagnose häufig nicht gestellt wird. Ohne Operation ist die Verletzung tödlich. Leider ist das Bild nicht immer so klassisch wie oben beschrieben, dann ist die Diagnose wesentlich schwerer. Die Verletzungen 3—5 gehören auf jeden Fall, die Gehirnerschütterung in der Regel in ein Krankenhaus. Sehr wichtig: Kopfschmerzen bei Schädelverletzungen dürfen nicht kultiviert werden, sondern man soll sie eher dem Verletzten ausreden;

Schädelinhalt, zentrale und periphere Nerven

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besonders wichtig ist dies bei entschädigungspflichtigen Arbeitsunfällen und noch mehr bei fremdem Verschulden, wenn ein Zivilprozeß schwebt. K l a g e n über Kopfschmerzen und Schwindel nach SchädelVerletzungen werden sehr häufig übertrieben. Die Kopfschmerzen nach einer Gehirnerschütterung sind bei normalen Patienten in der Regel im Verlaufe von V2—3U Jahr verschwunden. B e h a n d l u n g d e r K o p f s c h m e r z e n : In erster Linie Bettruhe, medikamentös (Luminaletten, Brom, Pyramidon usw.), Injektion von hypertonischen Lösungen (Zucker, Kochsalz 10 % ) , Lumbalpunktion. Manchmal wirkt ein Eisbeutel gut. b) Him- und zentrale Nerven. H i r n n e r v e n l ä h m u n g e n findet man bei der Hirnprellung, am häufigsten im Bereiche des N. facialis, in der Regel 1 oder 2 Äste. Lähmung aller 3 Äste ist charakteristisch für eine periphere Lähmung, z. B. gleichzeitig bei Schädelgrundbruch. Die Prognose ist in der Regel gut. Charakteristische zentrale Nervenlähmungen sind ferner die Q u e r s c h n i t t l ä h m u n g e n bei Wirbelbrüchen und -Verrenkungen, und zwar beider Beine, von Blase und Mastdarm bei Verletzungen im Bereiche der Brust- und Lendenwirbel, aller vier Gliedmaßen bei Verletzungen im Bereiche der Halswirbelsäule. Alle diese Verletzungen gehören in Krankenhausbehandlung. c) Periphere Nerven. Man unterscheidet folgende Verletzungen: /teilweiser Ausfall 1 je nach Grad der Durchtrennung ° e n \vollständiger Ausfall j des Nervens . /Paresen 1 je nach der Schwere der Quetschung des Nerven. s ump \ v o ]i s tändige Lähmung J 1. Offen. Bei jeder Verletzung ist der körperferne Gliedabschnitt auf Bewegungsmöglichkeit und Berührungsempfindung zu prüfen. Bei der operativen Wundversorgung ist auf Nervenverletzüngen genau zu achten, das Zweckmäßigste ist die primäre Naht (nicht in der Sprechstunde wegen der Infektionsgefahr, bei Infektionen ist auch die Aussicht der sekundären Naht wesentlich ungünstiger). Ist die primäre Naht nicht möglich, dann näht man sekundär nach Abheilen der Wunde. Die Aussicht der Naht ist primär besser als sekundär, bei rein motorischen und rein sensiblen Nerven besser als bei gemischten. Die einzelnen Funktionen der gemischten Nerven (Beweglichkeit, Berührungs-, Temperatur-, Schmerz-, Tiefenempfindung) können ganz unabhängig voneinander in verschiedenem Ausmaß wiederkehren, die Trophik kommt nach der Naht immer zurüdc. 2. Stumpfe Nervenverletzungen entstehen durch Drude oder Quetschung von außen her oder bei Knochenbrüchen. Klinisch besteht völliger Ausfall des Versorgungsgebietes des betreffenden Nerven, bei

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Besonderer Teil

Abb. 86.

Abb. 87.

Abb. 88.

Abb. 89. Abb. 86—89. Motorische Ausfälle bei Nervenlähmungen der Hand. 86. Radialislähmung — Fallhand. 87. Medianuslähmung — Schwurhand, dazu kommt später Schwund des Daumenballens. 88. Ulnarislähmung — Krallenstellung des 3. und 4. Fingers sowie Schwund der Zwischenknochenmuskulatur. 89. Medianus- und Ulnarislähmung.

Schädelinhalt, zentrale und periphere Nerven

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Paresen sind die Bewegungen oder Empfindungen vorhanden, aber geschwächt. 3. Die typisdien Lähmungen: aa) A m A r m : a) P l e x u s l ä h m u n g vollständig oder teilweise nach Sturz vom Motorrad, Schulterverrenkungen usw. B e h a n d l u n g konservativ, auch operativ keine besseren Erfolge. b) N. a x i l l a r i s (bei Schulterverrenkung), der M. deltoideus spannt sich nicht an, der Arm kann aktiv nicht gehoben werden.

Abb. 90—93. Sensible Nervenversorgung im Bereiche der Hand: weiß — N. radialis, schwarz — N. ulnaris, dazwischen ungefärbt — N. medianus.

c) N. r a d i a 1 i s (z. B. bei Oberarmbrüchen) charakteristische Fallhandstellung (Abb. 86) und Ausfall der Berührungsempfindung, s. Abb. 90—93. d) N. m e d i a n u s z. B. bei supracondylärem Oberarmbruch oder nach Schnitt. Fehlende Opposition des Daumens, der Zeigefinger kann nicht gebeugt werden, der Mittelfinger nur teilweise ( = Schwurhand), Ausfall der Berührungsempfindung s. Abb. 87, 90—93, später kommt •es zur Atrophie des Daumenballens (Abb. 87). e) N. u l n a r i s — die Finger können nicht gespreizt werden, Ausfall der Berührungsempfindung s. Abb. 90—93, später kommt es zur Atrophie des Kleinfingerballens und der Zwischenfingermuskeln und Krallenstellung (Abb. 88—89). bb) A m B e i n : a) N. i s c h i a d i c u s z. B. nach Durchschuß-Lähmung des ganzen Beines motorisch, mit Ausnahme der Oberschenkelstredcer und Abduktoren, und sensibel am Fuß und Unterschenkel mit Ausnahme der Vorderseite derselben. 1

Ehalt,

Unfallpraxis.

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b) N. t i b i a l i s z. B. nach Knieverrenkung — motorischer Ausfall der Unterschenkelbeuger, Fußsenker und Zehenbeuger sowie Ausfall der Berührungsempfindung an der Innenseite des Unterschenkels. c ) N . p e r o n e u s (am häufigsten verletzt, z. B. bei Knieverrenkung, Bruch des Wadenbeinköpfchens), Zehen und Sprunggelenk können nicht dorsalflektiert werden (Spitzfuß), fehlende Berührungsempfindung an der Außenseite des Fußes und am Fuß rücken. B e h a n d l u n g : Immer zuerst Versuch auf konservativem Wege, bei der ü b e r w i e g e n d e n M e h r z a h l der stumpfen Nervenlähmungen kommt die Tätigkeit wieder zurück. Bei Nervenlähmungen nach Knochenbrüchen soll man nie primär eingreifen, frühestens, wenn der Knochenbruch fest ist, in der Regel aber nicht vor einem halben Jahr. Primär operieren muß man, wenn die Lähmung erst nach dem Einrichten auftritt und vorher nicht vorhanden war. Bei Plexuslähmungen dauert es bis zu 2 Jahren, bis ein endgültiger Zustand erreicht ist. Das Wichtigste ist die Nachbehandlung. Sie setzt unmittelbar nach der Lähmung, bzw. nach der Primäroder Sekundärnaht ein. (Ist auch zwischen Lähmung und Zeitpunkt der Sekundämaht durchzuführen.) 1. Alle betroffenen Gelenke müssen fremdtätig in vollem Umfange beweglich erhalten werden! Das heißt mehrmals täglich fremdtätige Bewegungsübungen — vollkommenes Strecken, vollkommenes Beugen. 2. Die Muskeln müssen vor Überdehnung bzw. Schrumpfung bewahrt bleiben — durch Anlegen von entsprechenden Apparaten: Bei Plexus- und Axillarislähmung — Doppelrechtwinkelschiene, bei der Radialislähmung — Handgelenk in maximaler Dorsalflexion, Finger in Mittelstellung (Gipsverband oder Lederhülse), bei Peroneuslähmung — Sprunggelenk in Rechtwinkelstellung (Peroneusschuh, Nachtschiene). Diese Übungen müssen bis zur Wiederkehr, bzw. bis zur Aussichtslosigkeit durchgeführt werden, das heißt, bei den gewöhnlichen N e r v e n l ä h m u n g e n 1 Jahr, bei P l e x u s l ä h m u n g 2 Jahre. Daneben kann man noch elektrisieren, eventuell Reizkörpertherapie betreiben; derzeit sind z. B. B-Vitamine und Fiebertherapie modern. Das Wichtigste sind jedoch die oben angeführten Maßnahmen.

III. Ohr, Obere Luft- und Speisewege (Von Prim. Dr. E. H. M a j e r , Poliklinik, Wien) Eine richtige Versorgung der Verletzungen in diesem Gebiet ist meist nur durch den Facharzt oder nach Rücksprache mit diesem möglich. Besonders gilt dies natürlich für die schweren Schädelbasisverletzungen mit gleichzeitiger Mitbeteiligung des Ohres bzw. der Nasen-Nebenhöhlen. Wie bei allen Verletzungen ist die V o r g e -

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s c h i c h t e genau aufzunehmen, auf bereits früher bestandene HalsNasen-Ohrenkrankheiten zu achten, der Unfallvorgang und der erste Untersuchungsbefund mit den d e r z e i t i g e n Bes c h w e r d e n ausführlich zu vermerken. Für die Untersuchung werden von uns folgende Instrumente verwendet: ein Stirnreflektor, eine Ohrlupe, mehrere verschieden weite Ohrtrichter, eine Kniepinzette, eine kleine Sonde, eine Lärmtrommel nach B a r a n y (Hörprüfung zur Ausschaltung des anderen Ohres, Maskierung), Stimmgabeln zur Feststellung des Tongehöres für tiefe Töne (C = 64 Schwingungen) und hohe Töne C4 = 2048, C5 = 4096 Schwingungen) und zur Unterscheidung zwischen Schalleitungs (Mittelohr)- und Schallempfindungs (Innenohr)- Störung, ein Nasenspekulum, eine Sonde, kleine Spiegel mit Handgriff für die Kontrolle des Nasenrachenraumes und Kehlkopfes, ein Mundspatel. Ohr: Ohrmuschel : V e r l e t z u n g e n : Auch bei Wunden der Ohrmuschel ist eine operative Wundrevision s. S. 30 mit exakter Naht zur Wiederherstellung der Ohrmuschel unbedingt notwendig. Dadurch wird die Gefahr der späteren Verunstaltung der Ohrmuschel verhindert. Der Wundverlauf ist nach entsprechender Versorgung in der Regel günstig. Eine besondere Gefahr bildet die Möglichkeit einer Perichondritis des Ohrmuschelknorpels. Bei richtiger Versorgung können auch fast vollständig abgetrennte Ohrmuscheln wieder anheilen. Bei größeren Defekten kommen später plastische Operationen in Frage. V e r b r e n n u n g e n : Behandlung mit Salbenverbänden bzw. Branlinement, TeBeGe. Besondere Sorgfalt ist bei drittgradigen Schädigungen auf das Offenhalten des Gehörganges zur Vermeidung späterer Stenosenbildung zu legen. S. auch S. 101. E r f r i e r u n g e n : Relativ häufig. Die Prognose ist je nach dem Grad der Schädigung mit Vorsicht zu stellen. Anfangs keinesfalls Wärme, besser Einreiben mit Schnee. Auch hier ist später Salbenverband angezeigt. Gegen Durchblutungsstörung bei chronischen Erfrierungen Wärmebehandlung. O t h a e m a t o m : Bei Ringern, Boxern, ebenso wie bei Sackträgern als Berufskrankheit. Kugelige, nicht schmerzhafte, prall elastische Geschwulst im oberen Anteil der Ohrmuschel, von verschiedener Größe, mit glatter Oberfläche, anfangs häufig mit deutlicher Fluktuation, meist bedingt durch einen serös haemorrhagischen Erguß zwischen Knorpel und Perichondrium (Abb. 94). Gefahr der Schrumpf u n g und dadurch Verunstaltung der Ohrmuschel, vor allem bei häufig. 7'

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rezidivierenden Othaematomen. Bei Infektion kann es auch zur Perichondritis kommen. Di© B e h a n d l u n g besteht bei kleinen Othaematomen in Kompressionsverbänden, bei größeren sterile Punktion und Absaugen des Haematoms, anschließend Kompressionsverband. Bei Therapieresistenz ausgedehnte Inzision mit Entfernung von evtl. Granulationen. Bei Rezidiven evtl. ClaudenInjektion in das Haematon, stets anschließend Drudeverband. Gehörgang: Fremdkörper: Die meisten Fremdkörper (ca. 90%) lassen sich durch Ausspülen des Ohres mit lauwarmem Wasser mit einer Alexanderspritze (Metallspritze mit Ansatz und Bajonettverschluß — b e i j e d e r S p r i t z e A n s ä t z e k o n t r o l l i e r e n , sonst dadurch Verletzungsgefahr!) entfernen. Wichtig ist ein vorheriges Befragen des Patienten, ob das Ohr einmal geflossen ist, wegen der Gefahr der Otitis durch Eindringen von Wasser ins Mittelohr bei einer trockenen Trommelfellperforation. V o r s i c h t beim Abb. 94. Othämatom. Aus Versuch, glatte Fremdkörper (z. B. Perlen Nager - Barraud: Lehrbuch bei Kindern) instrumentell zu entfernen, der Hals-, Nasen-, Ohrenda diese nur schwer gefaßt werden können, und Mundkrankheiten.) oft tiefer in den Gehörgang geschoben werden (Trommelfellverletzung!); auch hier Ohrspülung. Bei quellenden Fremdkörpern (Hülsenfrüchte) Gefahr des vollkommenen Verschlusses des Gehörganges durch Spülung mit Wasser, Versuch der Entquellung mit Glyzerin- oder Alkoholeinträufelung. Diese Fremdkörper müssen manchmal stückweise vom Facharzt entfernt werden. Sehr unangenehm sind Insekten im Ohr, die ebenfalls meist durch Spülen entfernt werden können, evtl. nach öleinträufelung oder Betäubung durch Äthertampon. Am häufigsten ist das Ohr durch -einen Cerumenpfropf verlegt mit der typischen Anamnese: Nach Schwimmen, Baden usf. plötzlich ein- oder beidseitig taub. Auch hier, wenn f r ü h e r k e i n e O t i t i s bestanden hat, S p ü l u n g : bei harten Cerumpfropfen zuerst Aufweichen durch Einträufeln von Paraffinöl oder einer Lösung von Natrium carbón. 0,5, Glyzerin 5,0, Aqu. dest. 5,0. Nur selten ist eine operative Entfernung durch Spaltung des Gehörganges bei verkeiltem Fremdkörper nötig. V e r l e t z u n g e n : Leichte Verletzungen im Gehörgang führen zu geringer Blutung, später häufig durch Infektion zu sehr schmerzhaften Gehörsentzündungen (Otitis externa) mit typischer Schmerz-

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haftigkeit bei Druck auf den Tragus, Zug der Ohrmuschel nach hinten oben, Druck auf die infraauriculäre Lymphdrüse. Differentialdiagnose gegen Mastoiditis bei akuter Otitis: äußere Teile des Ohres (eben angeführte Druckpunkte) frei, dagegen Druckempfindlichkeit hinter der Ohrmuschel im Bereiche des Mastoides (Antrumgegend). Die Behandlung der Gehörgangsentzündung besteht in Pinselung mit 10 % Arg. nitr.-Lösung, Wärmebehandlung, Einlegen von Streifen mit Cehasol pur. Durch Sturz auf den Unterkiefer oder beim Boxen kann es zur F r a k t u r der knöchernen Gehörgangswand kommen. Ausgedehnte Verletzungen des Gehörgangs finden sich meist bei gleichzeitigen Schädelbasisfrakturen, durch Verlauf der Bruchlinie bis in den knöchernen Gehörgang (Stufenbildung oft sichtbar). Schmerzempfindung beim Kauen durch Bewegung des Unterkiefers. Sorfältige Versorgung und

Parsflaccida membr. tympani Plica malleolaris ant. Manubrium mallei Umbo membranae tympani

Abb. 94 a. Trommelfellruptur. 1. Mittelohrschleimhaut. 2. gezackter blutiger Rand der Perforation (Aus Nager-Barraud: Lehrbuch der Hals-, Nasen-, Ohren- und Mundkrankheiten.) Abb. 94b. Rechtes Trommelfell mit Quadranteneinteilung. (Aus Wessely: Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten.)

Behandlung der ausgedehnteren Gehörgangsverletzungen wegen der Gefahr von späteren Gehörgangsstenosen. U n b e d i n g t fachärztliche Behandlung! T r o m m e l f e l l v e r l e t z u n g : Häufig durch Schlag auf das Ohr, bei schweren Kopfverletzungen mit Schädelbasisfraktur oder durch Druckwelleneinwirkung bei Explosionen, durch Sprung ins Wasser, bei Caissonarbeitern, Fliegern usf. — S y m p t o m e : Heftiger Schmerz im Ohr, geringe Schwerhörigkeit, Ohrensausen, evtl. Schwindel; beim

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Schneuzen dringt Luft aus dem Ohr, selten Blutung aus dem Ohr. Bei jeder Schädelverletzung mit Blutung aus dem Ohr und Trommelfellverletzung besteht der Verdacht auf Schädelbasisfraktur. K e i n e M a n i p u l a t i o n e n i m G e h ö r g a n g , o h r e n ä r z 11 i c h e K o n t r o l l e ! Blutkrusten nicht aus dem Gehörgang entfernen. Wegen einer späteren Begutachtung zur Berentung ist die genaue Feststellung der Trommelfellverletzung bald nach dem Unfall durch den Facharzt äußerst wichtig. Nur wenn der Gehörgang selbst frei ist, kein Anhaltspunkt für Blut- oder Liquorabfluß aus dem Ohr besteht, so wird diese Untersuchung durchgeführt werden können; sonst ist dies wegen der Infektionsgefahr für das Mittelohr bzw. bei Liquorabfluß für die Meningen erst in einem späteren Zeitpunkt möglich. Zum Unterschied von älteren Trommelfellperforationen, die nach Entzündungen aufgetreten sind, weisen die frischen Trommelfellverletzungen einen unregelmäßigen gezackten Rand mit Blutkrusten bei meist blasser, reaktionsloser Mittelohrschleimhaut auf (s. Abb. 94 a). F ü r d i e E i n s c h ä t z u n g d e r V e r l e t z u n g s f o l g e n ist außerdem die Feststellung des Grades der Schwerhörigkeit wichtig, die bei reinen Trommelfellverletzungen meist nicht erheblich sein wird. Die StimmgabeJpriifung ergibt gewöhnlich eine reine Mittelohrschwerhörigkeit (Schalleitungsstörung). Für eine spätere Begutachtung wird es sich empfehlen, den Sitz der Trommelfellperforation in einer Skizze festzuhalten, wobei zur leichteren Orientierung das Trommelfell durch ein durch den Hammergriff gelegtes Kreuz in 4 Quadranten eingeteilt wird (s. Abb. 94 b), um so auch nach Jahren nach Vernarbung eine genaue Lokalisation zu ermöglichen (z. B. Perforation vorne unten oder hinten oben usf.). Bei starker Gewalteinwirkung kann es auch zu Schwindelanfällen und Gleichgewichtsstörungen kommen, weshalb auf das evtl. Vorhandensein eines Spontannystagmus, dessen Richtung nach der s c h n e l l e n Schlagrichtung (Komponente) bezeichnet wird, geachtet werden soll. T h e r a p i e : Bei Trommelfellverletzungen Vermeidung von Infektionsmöglichkeiten, daher keine unnötigen Manipulationen im Gehörgang, k e i n e O h r s p ü l u n g . Vorsicht beim Schneuzen (nicht zu stark). Verschluß des Gehörganges mit steriler Watte oder Schutzverband. Falls keine Infektion eintritt, ist die Prognose günstig, ein Spontanverschluß einer kleinen Trommelfellperforation durch Verklebung der Wundränder dann möglich. Kommt es nach der Trommelfellverletzung zu einer Mittelohrinfektion, zum Auftreten einer akuten Mittelohreiterung, so ist diese ebenso wie jede andere Mittelohreiterung zuerst konservativ, unterstützt durch Sulfonamide und Penicillin, zu behandeln. Bei Vorliegen von Komplikationszeichen (Mastoiditis, Sepsis, Meningitis Uberweisung an den Facharzt).

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Schläfenbeinfraktur: Jede Schädelbasisfraktur ist als s c h w e r e V e r l e t z u n g aufzufassen, die manchmal infolge des gleichzeitigen schweren Hirntraumas bereits sofort oder kurze Zeit nach dem Unfall zum Tode führen kann (s. auch S. 94). T y p i s c h e Symptome: Mittelohrveränderungen, Trommelfellverl e t z u n g , Bruch des äußeren Gehörganges mit Blutung, Schwerhörigkeit bei meist fehlenden Labyrinthsymptomen (kein Schwindel, kein Spontannystagmus). Querbrüche durch die Schnecke oder durch das Vestibulum, manchmal durch den inneren Gehörgang, dadurch bedingt T a u b h e i t , Spontannystagmus, Gleichgewichtsstörungen, Fazialislähmung. Bei Blutungen aus dem Gehörgang und Schläfenbeinfraktur ohne Infektions- und Komplikationszeichen wird es sich empfehlen, das Ohr mit einem sterilen Schutzverband zu verschließen — ja k e i n e S p ü l u n g e n d u r c h f ü h r e n ! und sich rein beobachtend verhalten. Dasselbe gilt bei Liquorabfluß aus dem Ohr, der häufig nach einigen Tagen durch Verklebungen der Durarisstelle ohne Infektion, eventuell unter entsprechendem Sulfonamid-Penicillinschutz versiegt. Bei allen evtl. auftretenden Komplikationen ist immer ein Facharzt zu Rate zu ziehen. Nase: F r e m d k ö r p e r : in der Nase, vor allem bei Kindern oder nach Verletzungen führen zu Reizerscheinungen, stärkerem Schnupfen, Nasenbluten. B e h a n d l u n g : Entfernung aus der Nase instrumenteil in Lokalanästhesie, bei Kindern in Narkose (Facharzt), wobei in Narkose darauf zu achten ist, daß der Fremdkörper nicht in den NasenRachenraum gleitet (Aspirationsgefahr!), daher unter Umständen Operation am hängenden Kopf. V e r b r e n n u n g e n und E r f r i e r u n g e n an anderen Körperstellen zu behandeln.

sind ebenso wie

V e r l e t z u n g e n der äußeren Nase: Am häufigsten finden sich die N a s e n b e i n b r ü c h e durch direkte Gewalteinwirkung, Schlag usf., s. S. 92. B l u t u n g e n treten schon bei leichten Verletzungen der äußeren Nase auf. Bei leichten Blutungen genügt es häufig, den Nasenflügel mit dem Finger fest gegen das Septum zu drücken; gleichzeitig kalte Umschläge auf den Nacken. N a s e n t a m p o n a d e : Man unterscheidet eine vordere und hintere Tamponade. Bei der v o r d e r e n Nasentamponade wird die

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Nase mit einem sterilen Gazestreifen, Jodoform-, Vasenol-, Anitinstreifen schichtweise vom Nasenboden her ausgelegt, dann von oben nach unten tamponiert, ein Streifen auf den anderen gelegt, dieser wird nach unten gedrückt, bis der vordere Anteil der Nase vollkommen austamponiert ist (s. Abb. 94 c). Diese Tamponade bleibt mindestens zwei Tage liegen. Vermeidung von blutdrucksteigernden Getränken, Alkohol, schwarzen Kaffee, Sorge für geregelte Verdauung. Steht die Blutung trotz vorderer Nasentamponade nicht, kommt es zur weiteren Blutung, besonders in den Nasen-Rachenraum, dann muß die sog. h i n t e r e N a s e n t a m p o n a d e nach B e 11 o c durch geführt werden. Sie gehört in die Hand des Facharztes. Tamponaden mit blutstillender Watte, Stryphnonstreifen usw. führen mit der Zeit zu einer Schleimhautschädigung und sollen daher nicht länger als 24 Stunden liegen bleiben. Haematon der Nasens c h e i d e w a n d : Bei Verletzung der äußeren Nase kann es manch- Abb. 94c. Vordere Nasentamponade. mal, vor allem bei Kindern durch (Aus Wessely: Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten.) Septumfraktur zu einer Blutung zwischen Septumknorpel und Peridiondrium kommen und dadurch zu einer ballonartigen Vorwölbung der Schleimhaut mit vollständiger Verlegung der Nase. Die Behandlung gehört in die Hand des Facharztes. Verletzungen der Nebenhöhlen: Bei zahlreichen schweren Verletzungen des Gesichtsschädels kommt es zur Mitbeteiligung der Nebenhöhlen, deren Wände häufig bei stärkerer Gewalteinwirkung frakturieren. Besonders gefährlich sind hier die Schädelbasisverletzungen mit Verletzung der Stirnhöhlenhinterwand und des Siebbeindaches. Schon bei Sturz aus geringer Höhe, Einwirkung stumpfer Gewalt gegen den Gesichtsschädel, Aufschlagen auf das Armaturenbrett, entstehen häufig Impressionsfrakturen im Bereiche der Stirne. Äußerlich findet sich vielfach nur eine kleine Rißquetschwunde im Stirnbereich. Der Röntgenbefund ergibt eine Verletzung der Stirnhöhlenvorderwand. Eine Verletzung der Stirnhöhlenhinterwand ist röntgenologisch in der Regel nicht festzustellen. Vielfach klagen die Verletzten über Kopfschmerzen, Blutungen aus der Nase; Liquorabfluß wird kaum beobachtet. Wegen Mitbeteiligung der Nebenhöhlen ist ein Laryngologe zu Rate zu ziehen.

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Radien: F r e m d k ö r p e r : Die häufigsten Fremdkörper im Rachen, am Zungengrund, in der Tonsillengegend, sind wohl kleine Knochensplitter, Fischgräten, Borsten usf. B e s c h w e r d e n : Stärkere Schluckschmerzen, manchmal ins Ohr ausstrahlend, Fremdkörpergefühl, Speichelfluß, Hustenreiz. Bei länger liegendem Fremdkörper durch Infektion Komplikationsgefahr — absteigende Phlegmonen. B e h a n d l u n g : Nach entsprechender Anästhesie mit 2 % Pantocainlösung Entfernung durch den Facharzt meist ohne Schwierigkeiten. V e r l e t z u n g e n der M u n d h ö h l e und des R a c h e n s sind bei Unfällen verhältnismäßig selten! Verletzungen mit spitzen Gegenständen können zu Hautemphysem mit absteigender Mediastinitis und schweren septischen Zuständen führen. Bei diesen schweren Verletzungen empfiehlt sich eine s o f o r t i g e V e r l e g u n g an eine Fachabteilung. Kehlkopf: V e r l e t z u n g e n : Durch Schlag auf den Kehlkopf, Einwirkung stumpfer Gewalt (Commotio laryngis) kann durch reflektorische Vaguswirkung Bewußtlosigkeit, aber auch Herzstillstand eintreten. B e h a n d l u n g : Cardiaca, künstliche Atmung. Durch Quetschung, stärkeren Drude gegen den Kehlkopf (Contusio laryngis) kann es aber auch zu Blutaustritten unter die Schleimhaut, in das subcutane Gewebe kommen. Auf Behandlung durch Ruhigstellung, Eiskrawatte, Calcium-Injektionen meist Rüdegang der Beschwerden. Bei zunehmender Atemnot durch ödematöse Schwellung der Schleimhäute evtl. Tracheotomie nötig. L u x at i o n der Kehlkopfknorpel sind selten und lassen sich digital reponieren. Bei schweren Verletzungen kann es zu einer F r a k t u r i e r u n g des Kehlkopfgerüstes kommen. Die Patienten klagen über starke Schmerzen in der Kehlkopfgegend, Dypnoe, heftigen Hustenreiz, blutigen Auswurf. Bei der Untersuchung ist vielfach eine deutliche Krepitation der Bruchstücke nachweisbar, manchmal ein Hautemphysem. Bei all diesen Verletzungen Abb. 94d. Nottracheotomiesofortige Zuweisung an die Fachabteilung, Koniotomie. (Aus Nagerda bei zunehmendem Schleimhautödem Er- Barraud: Lehrbuch der stickungsgefahr besteht. B e i h ö h e r - Hals-, Nasen-, Ohren- und Mundkrankheiten.)

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g r a d i g e n S c h n i t t v e r l e t z u n g e n des K e h l k o p f e s , z. B. bei Selbstmordversuchen (typischer Schnitt durch die Membrana hyothyreoida, manchmal bis an die Wirbelsäule, s o f o r t i g e Überw e i s u n g a n d i e F a c h a b t e i l u n g nach provisorischer Blutstillung, Tamponade, wenn nötig Tracheotomie. Die Koniotomie (Nottracheotomie) wird in höchster Gefahr mit irgendeinem Messer (Taschenmesser) ohne Anästhesie durch quere Durchtrennung des Ligamentum conicum zwischen Schildknorpel und Ringknorpel, evtl. nach mediansagittalem Hautschnitt über dieser Stelle ausgeführt und eine Kanüle, Gummirohr oder ähnliches eingeführt und fixiert (s. Abb. 94 d). Sobald als möglich soll dann eine typische Tracheotomie angeschlossen werden. V e r b r ü h u n g e n u n d V e r ä t z u n g e n : Die laryngologische Untersuchung ergibt oft eine ödematöse Schwellung der Epiglottis, des Larynxeinganges. Wegen der Ödemgefahr Behandlung mit Calcium-Injektionen, kühle flüssige Nahrung, ständige Beobachtung, Spitaleinweisung. Bei Verätzungen Antidota in Form von Natr. bicarbon., Magnesia usta, Essigwasser, Milch. F r e m d k ö r p e r im K e h l k o p f , T r a c h e a u n d B r o n chien: Beschwerden: Atemnot, heftiger Hustenreiz, Heiserkeit, Schmerz. Bei Verdacht auf Fremdkörper Untersuchung durch den Facharzt. Oesophagus: V e r l e t z u n g e n : Stich Verletzungen im Halsteile von außen. B e s c h w e r d e n : Schluckschmerzen, Temperaturanstieg, Hautemphysem. Die häufigsten inneren Verletzungen entstehen durch Fremdkörper oder durch Bougies, z. B. bei alten Stenosen, beim Versuch einer Fremdkörperentfernung usf. Fremdkörperverletzungen der Speiseröhre finden sich besonders häufig in den drei Engstellen der Speiseröhre, vor allem in der sog. ersten Enge (Ringknorpelenge), 2. Aortenenge und 3. an der Cardia. N i e m i t B o u g i e o d e r S o n d e v e r s u c h e n , einen F r e m d k ö r p e r der Speiseröhre hinunterzustoßen, da sonst größte Perforationsgefahr besteht. Immer Überweisung an F a c h a r z t . V e r ä t z u n g e n : Nach Trinken von Säuren, Laugen usf. Nach Verabreichung von Antidota möglichst frühzeitige Überweisung an eine Fachabteilung.

Verletzungen des Auges

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IV. Verletzungen des Auges (Von Dr. E r n s t P u r t s c h e r , Wien) Die meisten Augenverletzungen sind als schwere Verletzungen anzusehen und gehören möglichst rasch in die Hand des Facharztes. Das heißt aber keineswegs, daß der praktische Arzt jede Augenverletzung nur mit einem Schutzverband versehen und sogleich weiterschicken soll. Der Arzt, zu dem der Verletzte zuerst gebracht wird, trägt eine große Verantwortung. Gerade bei Augenverletzungen ist es besonders wichtig, daß die richtige erste Hilfe geleistet und der Kranke so versorgt wird, daß er den oft weiten Weg bis zum nächsten Facharzt ohne Schaden übersteht. Zweckmäßig ist es, den Augenarzt oder die Klinik fernmündlich von dem Eintreffen eines Verletzten in Kenntnis zu setzen. Jedenfalls sollte dem Kranken stets ein kurzes Schreiben mitgegeben werden, in welchem die bereits getroffenen Maßnahmen Erwähnung finden. Da die Angaben des Verletzten oft unmittelbar nach dem Unfall verläßlicher sind als später, soll in einem Schreiben im Interesse einer späteren Begutachtung auch vermerkt werden: Art des Unfalles, subjektive Beschwerden des Kranken und das Ergebnis einer kurzen Sehprobe. Bei der folgenden kurzen Anleitung zur ersten Versorgung der häufigsten Augenverletzungen werden nur die Befunde erwähnt, die für die erste Beurteilung der Verletzung von Wichtigkeit sind. Fachärztliche Untersuchungsmethoden werden dabei nicht berücksichtigt. Instrumente zur ersten Hilfe bei Augenverletzungen: Taschenlampe (zur seitlichen Beleuchtung, am besten in einem dunklen Raum). Kugellupe (6 X bis 10 X ) oder Binokularlupe (zur Untersuchung des vorderen Augenabschnittes und zur Entfernung von Hornhautfremdkörpern). 2. Desmarressche Lidhalter (zum schonenden öffnen der Lidspalte). Fremdkörpernadel (das eine Ende als Meißel, das andere als Lanzette verwendbar). Undine (zur Spülung bei Verätzungen), Zelluloidschalen (zum Anlegen eines „Uhrglasverbandes"). Medikamente zur ersten Hilfe bei Augen Verletzungen: Es empfiehlt sich, immer nur kleine Mengen (von Augentropfen 10 ccm, von Augensalben 5 g) vorrätig zu halten, um sie öfter erneuern zu können. Cocainlösung 5 % oder Pantocainlösung 2 % , Atropinlösung 1 % (Atropinum sulfuricum), Adrenalinlösung (1 : 1000), Pilocarpinlösung 1 °/o (Pilocarpinum hydrochloricum), Fluoreszinlösung 2 %>, Borsalbe 3 o/o (nur mit Vasel. alb. puriss.!), Irgamidsalbe, Biocillinsalbe. Die gut desinfizierenden Salben mit kolloidalem Silber (Kollargol, Protargol

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usw.) soll man bei der ersten Hilfeleistung nicht verwenden, da sie durch ihre dunkle Färbung eine spätere Beurteilung der Verletzung erschweren können. Allgemeines zur Untersuchung eines Augenverletzten: Nicht vergessen: genaue Anamnese des Verletzungsvorganges! Untersuchung am besten liegend. Reinigung der Umgebung der Lidspalte mit ausgedrücktem Benzintupfer. Bei Lidkrampf Eintropfen von Cocain, öffnen der

Abb. 95. Uhrglasverband bei Facialisparese.

Lidspalte stets vorsichtig, ohne auf den Augapfel zu drücken, wenn nötig mit Lidhaltern. a) Lider. 1. B l u t e r g u ß (sugillatio palpebrarum): a) als direkte Contusionswirkung, b) fortgeleitet bei Orbitalblutung, Verletzung der knöchernen Orbitalwand, oft als Zeichen eines Schädelgrundbruches (dann beidseitig, meist als „Brillenhämatom") s. S. 94. 2. E m p h y s e m (emphysema palpebrarum): Zeichen: deutliches Knistern bei Betastung. Deutet auf Bruch umgebender pneumatisierter Knochen, meist des Siebbeines. B e h a n d l u n g : Bettruhe, Verbot von Schneuzen.

Verletzungen des Auges

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3. L a g o p h t h a l m u s : besonders bei Schädelgrundbruch und Bewußtlosigkeit! Wichtig: vor Transport des Verletzten Versorgung des Lagophthalmus, sonst Gefahr schwerer Hornhautschädigung (keratitise lagophthalmo)! B e h a n d l u n g : Am besten wasserdichter „Uhrglasverband" (mittels Zelluloidschale, welche durch kurze, seitlich eingeschnittene Pflasterstreifen befestigt wird; s. Abb. 95). Oder reichlich Einstreichen von Borvaseline (Salbenplombe) und wenn nötig Verband, wobei peinlich darauf zu achten ist, daß das Auge unter dem Verband tatsächlich geschlossen bleibt. Trockener Verband gefährlich! 4. S c h a r f e V e r l e t z u n g e n , E i n r i s s e : Vorsicht beim Anfrischen von Wundrändern und beim Ausscheiden gequetschter Teile, da durch Verkürzung der Lider später schwere Funktionsstörungen verursacht werden können! Senkrecht auf den Lidrand verlaufende Wunden klaffen sehr stark und müssen zur Vermeidung von Lidrandkerben (Koloboma traumaticum palpebrae) sorgfältig vereinigt werden. Schlechte erste Versorgung zwingt später oft zu ausgedehnten Plastiken. Deswegen schwere Zerreißungen womöglich mit Salbenverband zum Facharzt; besonders die Fälle von Abriß des Unterlides mit Durchreißung des Tränenröhrchens, da stets plastische Vereinigung des Tränenröhrchens versucht werden soll. — Lidwunden heilen im allgemeinen sehr gut. Nur zartes Nahtmaterial verwenden und die dünne Lidhaut nicht zu tief auffassen! b) Bindehaut. U n t e r s u c h u n g : Darstellung des unteren Fornix durch Abziehen des Unterlides, der Bindehaut des Oberlides durch Umstülpen, des oberen Fornix durch doppeltes Umstülpen mit Lidlöffel oder auf folgende Weise: bei umgestülptem Oberlid (Patient sieht nach unten) wird das Auge mit dem Unterlid etwas zurückgedrängt; dadurch wulstet sich die Bindehaut des oberen Fornix vor. Achtung: bei Verdacht auf durchbohrende Verletzung des Augapfels ist das Umdrehen des Oberlides zu unterlassen! 1. F r e m d k ö r p e r u n t e r d e m O b e r l i d (corpus alienum subtarsale): meist durch Wind, auf der Eisenbahn. B e h a n d l u n g : Bei Reizzustand Eintropfen von Cocain, Umstülpen des Oberlides, Wegwischen des Fremdkörpers mit feuchter Watte. 2. F r e m d k ö r p e r i m o b e r e n F o r n i x : z. B. Kalkbrödcel, verspießte Getreidegrannen. B e h a n d l u n g : Cocain, doppeltes Umstülpen des Oberlides, Entfernung des Fremdköipers mit feuchtem Wattestäbchen oder anatomischer Pinzette. Achtung: Fremdkörper im oberen Fornix verursachen oft Abschürfungen der Hornhaut (erosio corneae), s. d. 3. W u n d e n : Wunden der Lid- und Fornixbindehaut brauchen meist nicht versorgt zu werden. Klaffende Wunden der Bulbusbinde-

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haut sind zu schließen, aber wegen des erforderlichen feinsten Nahtmaterials (am besten japanisches Frauenhaar) meist Sache des Facharztes. 4. B l e n d u n g s k o n j u n k t i v i t i s (Ophthalmia electrica): Meist mit Schädigung auch des Hornhautepithels. Durch Höhensonne, Gletscherbrand, Flammenbogen beim elektrischen Schweißen. Z e i c h e n : Tränenfluß, Schwellung der Bindehaut und Lider, starke Schmerzen (erst mehrere Stunden nach der Einwirkung). B e h a n d l u n g : Eintropfen von Cocain und Adrenalin, warme Umschläge. c) Hornhaut. U n t e r s u c h u n g : Spiegelnlassen der Oberfläche, seitliche Beleuchtung, Betrachtung mit einer Lupe. 1. A b s c h ü r f u n g d e s H o r n h a u t e p i t h e l s (erosio corneae) : Z e i c h e n : Beim Spiegelnlassen deutlich sichtbarer, scharf begrenzter Epitheldefekt, der sich mit Fluoreszin grün färbt. Es bestehen starke Schmerzen, Lidkrampf, Tränenfluß. B e h a n d l u n g : Einstreichen einer Salbe und Verband des Auges für 24 Stunden. Meist glatte Heilung. Bleiben Schmerzen bestehen, weiter tägliche Kontrolle, um das Auftreten einer Infiltration (ulcus corneae traumaticum) nicht zu übersehen. Achtung auf chronische Tränensackeiterung (Druck auf die Tränensackgegend!) wegen Gefahr eines Ulcus serpens corneae! 2. F r e m d k ö r p e r d e r H o r n h a u t : Meist eingebrannte Metallstückchen (beim Schleifen, Schmirgeln). Oft mit Rostring. B e h a n d l u n g : Mehrmaliges Eintropfen von Cocain und Adrenalin. Bei seitlicher Beleuchtung und unter Verwendung einer Lupe wird der Fremdkörper mit der Fremdkörpernadel ausgekratzt. Auch Rost muß entfernt werden. Nadel nicht senkrecht, sondern tangential aufsetzen! Dann Salbenverband usw. wie unter 1. 3. D u r c h b o h r e n d e W u n d e d e r H o r n h a u t (vulnus perforans corneae): Z e i c h e n : Oft nur geringe Schmerzen. Kleine Wunden manchmal nur schwer als feine graue Linie sichtbar, Vorderkammer meist vorhanden, Iris manchmal verletzt. Bei größeren Wunden Auge weich, Vorderkammer aufgehoben, oft Irisvorfall, Linsentrübung. B e h a n d l u n g : Beim geringsten V e r d a c h t a u f P e r f o r a t i o n s o f o r t z u m F a c h a r z t (intraokularer Fremdkörper?), da die endgültige Versorgung innerhalb von 12 Stunden erfolgen soll. Zuvor: Bei Perforation im Zentrum der Hornhaut wird Atropin, bei Perforation in der Peripherie Pilocarpin eingetropft, bei Linsenverletzung immer Atropin. Einstreichen einer Sulfonamid-Penicillinsalbe in den Bindehautsack, Verband. Kurzer Bericht an den Facharzt, s. oben! d) Lederhaut. 1. D u r c h b o h r e n d e V e r l e t z u n g d e r Lederhaut (vulnus perfornas sclerae): — Z e i c h e n : Grund der Wunde dunkel

Verletzungen des Auges

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infolge Durchscheinens von uvealem Pigment, oft aber durch Bindehautblutung verdeckt. Augapfel weich, Vorderkammer oft tief, manchmal Glaskörpervorfall. B e h a n d l u n g : Wie Hornhautperforation. 2. B e r s t u n g d e r L e d e r h a u t (ruptura sclerae): Bei schwerer Prellung, meist nahe dem Hornhautrand (s. unten). Zeichen und Behandlung wie 1. e) Verletzungen des Auges im ganzen. 1. P r e l l u n g s v e r l e t z u n g d e s A u g e s (contusio bulbi): z. B. durch Schlag, Steinwurf, Ball. Z e i c h e n : Blutung in die Vorderkammer (hyphaema), unregelmäßige Erweiterung und Starre der Pupille (iridoplegia traumatica), in schwereren Fällen Einrisse des Pupillarrandes (Sphinkterrisse), Abriß der Iriswurzel (Iridodialyse), Verschiebung der Linse (luxatio lentis), Glaskörperblutung (Hämophthalmus), Berstung der Lederhaut (ruptura sclerae). B e h a n d l u n g : Schwere Fälle womöglich liegend an den Facharzt. Auch in leichten Fällen einige Tage strenge Bettruhe wegen Gefahr der Nachblutung (Durchblutung der Hornhaut!), kalte Umschläge, Vitamin C; kein Atropin! 2. A u s g e d e h n t e Z e r r e i ß u n g e n d e s A u g e s mit Verlust von Linse und Glaskörper geben Anzeige zur „primären Ausschälung" des Auges (enucleatio bulbi). Dabei ist besonders darauf zu achten, daß die Bindehaut des Bulbus sorgfältig geschont und zurückgelassen wird, da sonst später keine Prothese getragen werden kann. f) Verätzungen des Auges. 1. A l k a l i v e r ä t z u n g e n (besonders Ammoniak und Kalk), die an der Haut meist nur wenig schaden, sind für das Auge am gefährlichsten. Hier ist sofortige erste Hilfeleistung besonders wichtig! — Z e i c h e n : In leichten Fällen Rötung und Schwellung der Bindehaut. Über die Beteiligung der Hornhaut kann man sich rasch durch Eintropfen von Fluoreszin (Grünfärbung) unterrichten. In schwereren Fällen Ödem der Lider, wulstige blasse Schwellung der Bindehaut des Bulbus (chemosis), die Hornhaut ist matt, milchig getrübt, unempfindlich. In den schwersten Fällen erscheint die Bindehaut grauweiß bis Schieferfarben, die Hornhaut porzellanweiß. Das Auge sieht aus wie gekocht. — B e h a n d l u n g : Sehr wichtig: Zuerst sorgfältige mechanische Entfernung aller Fremdkörper (z. B. Kalkbröckel, Mörtel) aus dem Bindehautsack! Besonders ist auf den oberen Fornix zu achten (doppeltes Umstülpen, Auswischen mit feuchtem Wattestäbchen). Sind keine Konkremente mehr aufzufinden, dann Spülung des Bindehautsackes (bei umgestülptem Oberlid), am besten mit dem Strahl einer Undine oder eines Irrigators. Man verwendet eine reichliche Menge (V2 bis 1 Liter) körperwarmer neutraler Flüssigkeit (1 °/o Tannin-

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lösung, physiologische Kochsalzlösung, Wasser). Der Zweck der Spülung ist hauptsächlich die Entfernung feiner Fremdkörper; zur Neutralisierung der in das Gewebe eingedrungenen Ätzflüssigkeit kommt sie zu spät. Nun erst Einstreichen von Borsalbe, Verband, Überweisung an den Facharzt. Vorsicht bei der Prognose! Sie ist erst nach etwa einer Woche mit gewisser Sicherheit zu stellen (Spätgeschwüre der Hornhaut!). 2. S ä u r e v e r ä t z u n g e n geben meist eine günstigere Vorhersage, da sie oberflächliche Schorfe verursachen. Ähnlich zu beurteilen sind auch V e r b r e n n u n g e n . — Behandlung: wie 1. 3. Bei V e r l e t z u n g e n m i t T i n t e n s t i f t (Methylviolett) ist die etwa abgebrochene und zurückgebliebene Spitze des Tintenstiftes sorgfältig zu entfernen, allenfalls durch Ausschneiden aus der Bindehaut. Die übrige blaue Verfärbung der Bindehaut bildet sich dann rasch zurück. Behandlung sonst wie 1.

V. Wirbelsäule a) Wunden und Infektionen bieten nichts Wesentliches. b) Z e r r u n g e n — kommen zustande durch indirekte Gewalteinwirkung, beim Heben, beim Bücken usw. Es besteht manchmal Schiefhaltung zur Entlastung der schmerzenden Stelle, Druckschmerz, Dehnungsschmerz bei Neigen oder Drehen des Körpers. B e h a n d l u n g : Umschläge, Heißluft, Ruhe. Zerrungen sind gewöhnlich in einigen Tagen bis Wochen abgeheilt. Unterscheidung, auch in rechtlicher Hinsicht gegenüber der Lumbago = Hexenschuß und dem Zwischenwirbelscheibenprolaps (s. S. 115). c) P r e l l u n g e n — entstehen durch Sturz oder direkte Gewalteinwirkung, es besteht Schwellung, eventuell Bluterguß, Druck- und Bewegungsschmerz. Schwerere Fälle sind von Knochenbrüchen nur durch das Röntgenbild zu unterscheiden. B e h a n d l u n g : In schwereren Fällen einige Tage Bettruhe, sonst Umschläge, „unterstützende Maßnahmen" s. S. 44. Heilung ohne Folgen. d) K n o c h e n b r ü c h e . Sturz auf die Füße (häufig gleichzeitig Fersenbeinbruch!) oder auf das Gesäß, gewaltsames Zusammenrollen des Körpers (z. B. Überfahren) usw. führen zu den Wirbelbrüchen; am häufigsten sind die oberen Lenden- und die unteren Brustwirbel betroffen. K l i n i s c h e E r s c h e i n u n g e n : In leichten Fällen kann der Verletzte noch gehen, in schwereren nicht mehr, er stützt sich mit beiden Händen auf die Oberschenkel auf (ähnlich wie bei Asthma), von außen sieht man den Buckel (Abb. 96, 97), es besteht Druckschmerz, Stauchungsschmerz von Kopf und Schultern her (nicht immer!). Der

Wirbelsäule

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Abb. 96—97. Buckel (Gibbus) nach altem Bruch des 12. Brustwirbels bei 50jährigem Elektriker durch Sturz von einer Leiter 2 Jahre nach dem Unfall. Bruch nicht erkannt, starke Beschwerden.

Abb. 98—99. Kompressionsbruch des 2. Lendenwirbels bei 20jährigem Hillsarbeiter; Traverse auf den Rücken gefallen. Keilform des Wirbelkörpers, Brudi und Diastase der Interarticularportion, Gibbus 25 Grad. Behandlung nach B ö h 1 e r: Aufrichten, Gipsmieder für 4 Monate und Übungsbehandlung. Y2 Jahr nach dem Unfall: gebrochener Wirbelkörper hat normale Form, die Wirbelsäule normalen Schwung, voll arbeitsfähig. 8

Ehalt,

Unfallpraxis.

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Besonderer Teil

Wirbelbrudi wird häufig übersehen! s. S. 50, Abb. 98—99. Röntgen! Das Wichtigste bei der klinischen und röntgenologischen Beurteilung ist auch hier die Achsenknickung = Gibbus. Erste Hilfe s. S. 21. Behandlung: (Abb. 65—68): Sie kann, wenn ein entsprechend starker Röntgenapparat zur Verfügung steht, auch in der Sprechstunde durchgeführt werden. Sonst sofortige Abgabe in ein entsprechendes Krankenhaus. In örtlicher Betäubung (Injektion von 5 ccm 0,5 o/o Novocainlösung zwischen die Dornfortsätze, nicht zu tief), nachdem vorher 0,02 ccm Morphium verabreicht wurden, erfolgt die Einrichtung im ventralen oder dorsalen Durchhang (d. h. in Bauch- oder Rückenlage). Das Einrichten erfolgt durch das Körpergewicht. Nachdem die Röntgenkontrolle im Durchhange zeigt, daß der oder die gebrochenen Wirbelkörper gut aufgerichtet sind und der Gibbus (Achsenknickung) behoben ist, wird ein Gipsverband angelegt. Dabei ist wichtig, daß dieser gut an der Symphyse, am oberen Ende des Brustbeines und über der stärksten Lordose im Bereiche der Lendenwirbelsäule anliegt, s. S. 79, Abb. 65—68. Sofortige Röntgenkontrolle im Gipsverbande, in den nächsten Tagen läßt man den Verletzten aufstehen und beginnt bald mit Gymnastik und Sandsacktragen (Gewicht steigern!). Röntgenkontrolle 4 und 8 Wochen nach dem Unfall, Ruhigstellung mindestens 3—5 Monate, je nach der Schwere der Verletzung und Stärke des Gibbus (Abb. 98—99). Nicht einzurichten sind Brüche bei alten Leuten und solche, die über 3—4 Wochen alt sind. Brüche mit Knickung i m B e r e i c h e d e r H a l s w i r b e l s ä u l e werden durch Überstreckung des Halses eingerichtet und mit einem Gipsverband ruhig gestellt, der den Kopf umfaßt und bis zum unteren Rippenbogen reicht, s. S. 80. Übungsbehandlung wie oben. Bei g l e i c h z e i t i g e r L ä h m u n g sofortige Abgabe in ein Krankenhaus. Schlecht ist die Verordnung von Stützmiedern bei Wirbelbrüchen aus psychischen und physischen Gründen! e) V e r r e n k u n g e n — kommen im wesentlichen im Bereiche der Halswirbelsäule zustande, insbesonders als typische Verletzung beim Kopfsprung in seichtes Wasser (Überstreckung!). Die Verrenkung kann reitend sein (Gelenksflächen der beiden Wirbel berühren sich noch) oder verhakt (die Gelenksfortsätze des oberen stehen vor denen des unteren Wirbels). Es gibt auch einseitige Verrenkungen. Das Einrichten erfolgt durch Zug und Uberstreckung, Anlegen eines Kopf-RumpfGipsverbandes. Häufig besteht durch Quetschung des Rückenmarkes gleichzeitige Lähmung beider Arme und Beine — T e t r a p l e g i e . Die Prognose ist sehr schlecht, insbesonders wenn Priapismus besteht. Der Tod erfolgt gewöhnlich innerhalb von 8—10 Tagen durch Atemund Herzlähmung. Die Einrichtung ist bei diesen Fällen zwecklos.

Wirbelsäule

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Einzelheiten, auch über Verrenkungsbrüche im Bereiche der Wirbelsäule müssen im Lehrbuch B ö h 1 e r s nachgelesen werden. f) A b r i s s e u n d A b b r ü c h e d e r D o r n f o r t s ä t z e u n d Q u e r f o r t s ä t z e . Öer Abriß eines Dornfortsatzes im Bereich der Halswirbelsäule erfolgt am häufigsten zwischen C 6 und D 1 durch Muskelzug. Die S c h i p p e r k r a n k h e i t (besonders aktuell gewesen beim Bau der Reichsautobahnen in Deutschland) ist ein Ermüdungsbruch eines Dornfortsatzes im Bereiche der unteren Hals- und oberen Brustwirbelsäule s. S. 56, Abb. 100. Erscheinungen: Der Betreffende spürt einen Riß, evtl. ein Krachen im Bereiche des Nackens und zwar beim Drehen des Kopfes oder bei Arbeiten mit den Armen, z. B. Schaufeln. Nachher besteht Schmerz bei Bewegungen des Kopfes und Druckschmerz über dem betreffenden Dornfortsatz. Röntgen! B e h a n d l u n g : Umschläge, „unterstützende Maßnahmen", s. S. 89, evtl. für kurze Zeit Schanzkra- Abb. 100. Abriß des Dornfortsatzes des vatte (s. S. 81). Die opera- 7. Halswirbels (Schipperkrankheit) bei 25jähtive Entfernung des abge- rigem Hilfsarbeiter. Beim Schieben eines trennten Stückes ist nicht zu Wagens stechenden Schmerz im Nacken verspürt. Das abgerissene Stück des Domfortempfehlen. Zu Verletzungen satzes um volle Breite nach unten verschoben. der Q u e r f o r t s ä t z e der Lendenwirbelsäule kommt es durch Muskelzug oder bei direkter Gewalteinwirkung, dann bestehen oft gleichzeitig Rippenbrüche oder Wirbelbrüche. B e h a n d l u n g der Querfortsatzbrüche: Eventuell einige Tage Bettruhe, Umschläge „unterstützende Maßnahmen"; kein Gipsverband! Keine operative Entfernung. Am 1. Lendenwirbel wird oft eine L e n d e n r i p p e mit einem Querfortsatz verwechselt (Abb. 101). In letzter Zeit ist im deutschen Sprachgebiet der Z w i s c h e n w i r b e l s c h e i b e n p r o l a p s sehr aktuell geworden: Auf Grund von Aufbrauchsvorgängen springt der nucleus der Zwischenwirbelscheibe durch das lig. flavum nach rückwärts oder seitlich gegenüber den Wirbelkanal vor und kann unter Umständen durch Druck auf die austretende Nervenwurzel eine Ischalgie verursachen. Von mancher

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Besonderer Teil

Seite wird angenommen, daß überhaupt jeder H e x e n s c h u ß durch Veränderungen der Zwischenwirbelscheibe verursacht ist. Diese „Hexenschußkette" mit oder ohne neurologische Erscheinungen kann jahrelang andauern. In der Regel ist während dieser Zeit das Röntgenbild negativ; erst wenn der ganze nucleus ausgetreten ist, wird die Zwischenwirbelscheibe niederer, eventuell kommt es zur Bildung von spondylotischen Zacken. Unabhängig davon gibt es die Spondylose der Wirbelsäule in

Abb. 101. Beiderseitige angeborene Lendenrippe an L 1.

ihren einzelnen Abschnitten, hauptsächlich der Lendenwirbelsäule, die als Nichtunfallfolge hier nicht näher besprochen werden soll. Diagnose und Behandlung des Zwischenwirbelscheibenprolapses gehören in die Hand des Facharztes! Über Zusammenhangsfragen s. S. 198. Klinisch die gleichen Erscheinungen wie die Querfortsatzbrüche der Lendenwirbel macht die N i e r e n q u e t s c h u n g (— Nierenruptur), nur daß der Harn blutig ist. Behandlung: Bettruhe, Umschläge, gewöhnlich wird in den nächsten Tagen der Harn wieder klar. Die operative Entfernung der Niere ist äußerst selten notwendig.

VI. Brustkorb W u n d e n s. S. 29. Insbesondere bei Stichen besteht die Gefahr der Mitverletzung der Pleura (Pneumothorax), sehr selten kommt es zum Spannungspneumothorax mit Gefahr der Verdrängung von Herz und gesunder Lunge — die Punktion ist oft lebensrettend! Bei breit offenem Pneumothorax, bei dem lebensbedrohliches Mediastinalflattem

Brustkorb

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eintritt, kann man mit dem „M ü 11 e r sehen Handgriff" dem Verletzten eventuell noch das Leben retten: Man faßt mit der Hand oder mit einer Zange die zurückgesunkene Lunge, zwingt sie an die Brustwand vor und fixiert sie hier ( S a u e r b r u c h ) . Ferner kann bei Stichen und Wunden die Lunge mitverletzt werden. H e r z s t i c h e gehören sofort in das Krankenhaus. Gleichzeitig mit dem Abtransport ist der Verletzte fernmündlich anzumelden, damit im Krankenhaus die entsprechenden Vorbereitungen zu einer eventuellen Herznaht getroffen werden können. Bei geschlossenem Herzbeutel kommt es zur Herzbeuteltamponade mit Gefäßkompression, bei gleichzeitiger Pleuraverletzung und offenem Herzbeutel verblutet sich der Verletzte rasch. Durch Sturz oder Schlag oder Stoß entstehen Brustkorbprellungen und Rippenbrüche. Beide zeigen Schmerzen beim Tiefatmen, beim Zusammenpressen des Brustkorbes von beiden Seiten oder von vorne nach rückwärts; die Bippenbrüche zeigen außerdem noch manchmal eine Stufe und Knochenkrachen bei direktem Druck, die Prellungen dagegen nur diffusen Druckschmerz. Rippenbrüche sind gewöhnlich röntgenologisch nachzuweisen, wobei zu beachten Abb. 102. Heftpflasterverband (Cingulum) bei Rippenbrüchen und Brustist, daß man im Röntgenbild in der korbprellungen, immer zirkulär um Regel weniger sieht als tatsächlich den unteren Rippenbogen. gebrochen ist. K o m p l i k a t i o n bei Rippenbrüchen: Anspießen der Lunge, charakteristisch ist das H a u t e m p h y s e n = Knistern beim Bestasten, in schwereren Fällen kommt es auch zur Blutung in den Pleuraraum — H a e m a t h o r a x oder zur Ansammlung von Blut und Luft — H a e m a t o p n e u m o t h o r a x. Diese Fälle gehören ins Krankenhaus, sie sind unter Umständen lebensbedrohlich. B e h a n d l u n g der Brustkorbprellung und Rippenbrüche: Zur Ruhigstellung wird ein Cingulum angelegt entweder aus Heftpflaster oder, da dieses oft die Haut reizt, mit einem 13—15 cm breiten Leinenoder Flanellstreifen. Dieses Cingulum soll bei voller Ausatmung immer zirkulär um den unteren Rippenrand angelegt werden, auch bei Brüchen der oberen Rippen und auf einer Seite (beste Ruhigstellung, Abb. 102).

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Ferner verordnet man für einige Tage Bettruhe, öfters Aufsetzen, läßt von vornherein inhalieren und setzt mit antibronchitischer Behandlung ein. Gegen die Schmerzen und damit der Verletzte besser durchatmet, ist in manchen Fällen in den ersten Tagen Pantoponinjektion oder Mo-Tropfen nötig. Brüche des B r u s t b e i n e s sind als isolierte Verletzung selten, häufiger als Begleitverletzung bei Wirbelbrüchen.

VII. Stumpfe Bauchverletzungen Sie entstehen durch Stoß, Schlag, Anfahren usw. Die P r e l l u n g verursacht sofort starke lokale Schmerzen, Übelkeit, Schockerscheinungen, die sich innerhalb kurzer Zeit auf Bettruhe und kalte Umschläge beruhigen. Nehmen die Beschwerden dagegen zu, verbreitern sich die Schmerzen über den ganzen Bauch, tritt Bauchdeckenspannung zuerst lokalisiert, später diffus auf und steigt der Puls an, dann muß eine i n n e r e V e r l e t z u n g angenommen werden. Im wesentlichen kommt in Betracht: Riß von Leber, Milz, im Bereiche des Gekröses mit Blutung in den Bauch, Darmriß. Bei Blutungen ist oft eine Flankendämpfung nachzuweisen, die zunimmt und sich bei Lagewechsel verschiebt. Im weiteren Verlaufe nimmt die Bauchdeckenspannung zu, der Puls wird schneller und leicht unterdrückbar, die Zunge wird trocken. Bei Rektaluntersuchung ist der Douglas oft druckempfindlich (kein sicheres Zeichen!). Schon beim Beginn der Erscheinungen oder Verdacht auf innere Bauchverletzung sofortige Abgabe in ein Krankenhaus. Kein Mo oder sonstige Alkaloide geben, um das Bild nicht zu verschleiern! Ähnliche Erscheinungen wie bei Blutungen im Bauch machen auch starke r e t r o p e r i t o n e a l e H a e m a t o m e bei schweren Wirbelund Beckenbrüchen. Auch bei schweren Rippenbrüchen, insbesondere rechts sind oft gleichzeitig Bauchsymptome vorhanden. Auch N i e r e n q u e t s c h u n g e n und R i s s e zeigen oft die gleichen Erscheinungen, dazu kommt blutiger Harn.

VIII. Becken Bei Beckenverletzungen sofort urinieren lassen, gelingt dies nicht, dann katheterisieren (Gefahr einer gleichzeitigen Verletzung von Harnröhre oder Harnblase). Zustandekommen durch Sturz, Quetschung, Überfahren, Verschüttung usw. Bei P r e l l u n g e n ist die Gehfähigkeit behindert oder unmöglich, es besteht spontaner und Druckschmerz an den getroffenen Stellen.

Becken

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Einteilung der Beckenbrüche (Abb. 103): 1. B e c k e n r a n d b r ü c h e — Brüche der Darmbeinschaufel, des unteren Schambeinastes und des Sitzbeines. Klinisch besteht Druckschmerz, eventuell Schwellung, selten Knochenkrachen; später tritt manchmal Blaufärbung vom Bluterguß auf. 2. B e c k e n r i n g b r ü c h e — sitzen entweder an einer Stelle, so daß die Festigkeit des Ringes nicht leidet, z. B. Bruch eines oder

Abb. 103. Bruchformen im Bereiche des Beckens: 1. Beckenrandbrüche, 2a. Beckenringbrüche ohne Sprengung des Ringes (oberer und unterer Schambeinast), 2b. Malgaignesche Fraktur = Beckenringsprengung, eventuell mit Verschiebung einer Beckenhälfte, 3. Symphysiolyse.

beider Schambeinäste auf einer Seite, oder der Ring ist gesprengt, z. B. Bruch beider Schambeinäste auf beiden Seiten oder Bruch vorne und rückwärts neben der Kreuzbein-Darmbeinfuge oder Zerreißung derselben. Ist der Ring vorne und rückwärts gesprengt, eventuell mit Verschiebung einer Seite, so spricht man von M a l g a i g n e s c h e n Brüchen. 3. Dazu kommt noch die Sprengung der Symphyse = S y m p h y s i o l y s e , eventuell mit Diastase, wenn gleichzeitig rückwärts ein Bruch sitzt oder die Kreuzbein-Darmbeinfuge einer Seite gesprengt ist. Z e i c h e n schwerer Beckenbrüche: Gehunfähigkeit, eventuell Hoch-

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stand einer Beckenseite (scheinbare Verkürzung des Beines), Schmerzen beim Zusammenpressen des Beckens, dabei eventuell Knochenkrachen zu spüren. B e h a n d l u n g : Bettruhe, Umschläge, unterstützende Maßnahmen s. S. 89. Fälle mit schweren Brüchen oder mit Verschiebung gehören in Krankenhausbehandlung, ebenso Verletzungen der Harnblase oder -röhre (sofort abgeben!). Bei schweren Beckenbrüchen kann sich der Verletzte ins Becken verbluten. Komplikationen: 1. R i ß d e r H a r n r ö h r e : Diese kann auch ohne Beckenbruch bei R i t t l i n g s v e r l e t z u n g e n Zustandekommen. Das Spontanurinieren ist unmöglich, beim Katheterisieren kommt kein Harn, beim Herausziehen sieht man Blut am Ende des Katheters. Es besteht Druckschmerz, häufig Schwellung der Dammgegend, später sieht man das S c h m e t t e r l i n g s h a e m a t o m an dieser Stelle. 2. R i ß d e r H a r n b l a s e (durch ein Bruchstück oder durch Quetschung oder Zerrung der Blase): Das Ergebnis des Katheterisierens ist gleich wie beim Riß der Harnröhre, nur geht der Katheter tiefer hinein; dazu kommen zunehmende abdominelle Symptome.

IX. Pfählungen entstehen mit allen möglichen Gegenständen von der Mastdarm- und Dammgegend her. Es besteht Gefahr der Mitverletzung von Darm, Blase usw. Sofortige Abgabe in ein Krankenhaus.

X. Arm Untersuchungsgang für alle Verletzungen des Armes: Oberkörper völlig entkleiden! Die Prüfung des g a n z e n Armes soll immer, auch bei Verletzungen z. B. der Hand oder eines Fingers gemacht werden, um festzustellen, ob nicht schon von früher irgendwelche Veränderungen, z. B. eine Bewegungsbeschränkung der Schulter, eine Nervenstörung usw. bestehen. a) B e t r a c h t u n g : Formveränderung, Schwellung, Hautverfärbung (Entzündung, Bluterguß usw.), Wunden, Narben. b) B e w e g l i c h k e i t : Immer beide Arme vergleichen! Finger öffnen und schließen, Ellbogen strecken und beugen, bei gebeugtem Ellbogen das Handgelenk nach der Streck- und Beuge-, Speichen- und Ellenseite zu bewegen. Bei gebeugtem Ellbogen Vorderarm nach innen und außen drehen (Pro- und Supination), beide Arme heben, hinter den Kopf (Außendrehung) und auf das Kreuz legen (Innendrehung). Die Streckfähigkeit des Vorderarmes ist zu prüfen bei seitlich rechtwinklig gehobenen Oberarm und herabhängendem Vorderarm.

Arm

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c) Puls der Speichenschlagader prüfen und zwar auf beiden Seiten, falls dort nicht zu tasten, am Oberarm. d) N e r v e n p r ü f u n g motorisch: Speichennerv = Streckmöglichkeit der Fingergrundgelenke und des Handgelenkes, Mittelnerv = volle Beugung des Zeigefingers und Oppositionsmöglichkeit des Daumens, Ellennerv = Fingerspreizung, Beugung in den Fingergrundgelenken bei Streckung der Mittel- und Endgelenke (Lähmungen s. S. 97, Abb. 89, 90—93). e) B e r ü h r u n g s e m p f i n d u n g : Jeder Finger einzeln, auf der Beuge- und Streckseite, Hohlhand und Handrücken, die einzelnen Seiten des Vorder- und Oberarmes, ferner W ä r m e - und K ä l t e prüfung. f) B e t a s t e n d e r v e r l e t z t e n S t e l l e (gilt nicht für Wunden!) Am besten konzentrisch beginnend im unverletzten, noch nicht geschwollenen Gebiete, auf die Stelle der stärksten Druckempfindlichkeit vorgehen. Untersuchung bei Knochenbrüchen s. S. 46 ff. a) Schultergürtel 1. W u n d e n u n d I n f e k t i o n e n s. allgemeiner Teil. Bei schwereren Wunden und Infektionen, insbesonders bei Leuten über 40 Jahre, muß der Arm auf Doppelrechtwinkelschiene hochgelagert und die Schulter täglich mehrmals in vollem Umfange bewegt werden, um eine Versteifung der Schulter zu vermeiden. Arm nicht in der Schlinge tragen lassen! 2. Stumpfe Verletzungen: aa) Die Schulterprellung. Sie kommt zustande durch Sturz auf die Schulter oder durch Darauffallen eines Gegenstandes. Man findet manchmal Hautabschürfungen, manchmal eine Schwellung, äußerst selten einen Bluterguß; dieser spricht in der Regel für einen Knochenbruch; manchmal ist überhaupt nichts zu sehen. Das selbsttätige Bewegen ist entweder frei oder verlangsamt oder eingeschränkt. Fremdtätig ist in frischen Fällen die Beweglichkeit frei, häufig aber schmerzhaft. Die Stelle der Prellung ist druckschmerzhaft. bb) Die Schulterzerrung. Sie kommt zustande durch Sturz auf die Hand, bei Drehung des Armes, durch „Verreißen" der Schulter z. B. beim Hängenbleiben usw. Äußerlich ist nichts zu sehen, die selbsttätige Beweglichkeit ist entweder frei, meist aber behindert, wobei Folgendes charakteristisch ist: Der Verletzte hebt den Arm selbsttätig bis knapp unter die Horizontale, weiter geht es selbsttätig nicht, hilft man über diese Stelle hinweg, dann kann der Arm frei gehoben werden. Druckpunkte: Entlang der langen Bizepssehne im Sulcus intertubercularis

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(zwischen dem großen und kleinen Oberarmhöcker), knapp unter dem Rabenschnabelfortsatz und am Ansatz des Deltamuskel am Oberarm. Behandlung der Schulterprellung und -zerrung: Das wichtigste ist die Erhaltung bzw. Erzielung der freien Beweglichkeit: Übungen am Rollenzug (Abb. 82), also selbsttätige Bewegungsübungen, fremdtätige Bewegungsübungen unter Vermeidung von Schmerzen, Umschläge, Heißluft, Diathermie, Schlammpackungen als unterstützende Mittel. Bei Druckschmerz im Sulcus intertubercularis kann diese Stelle auch massiert werden, sonst ist Massage nicht zweckmäßig. Gelingt die freie Beweglichkeit i n n e r h a l b e i n i g e r T a g e n i c h t , dann muß man den Arm auf eine fixe D o p p e l r e c h t w i n k e l s c h i e n e (Abb. 75—76) h o c h l a g e r n und zwar ununterbrochen (Tag und Nacht) und von der Schiene aus üben lassen, eventuell Abgabe in ein Krankenhaus, sonst ist die Schulterversteifung die unweigerliche Folge! cc) Die Schulterverrenkung (Abb. 104—113). Zur Schulterverrenkung kommt es durch Sturz auf Hand oder Ellbogen bei abgespreiztem Arm oder beim Hängenbleiben des Armes. Sie ist die häufigste Verrenkung überhaupt. D a s k l a s s i s c h e B i l d (Abb. 104—106). 1. Der Oberarm steht vom Oberkörper weg. 2. Der Verletzte hält mit der gesunden Hand den Vorderarm der verletzten Seite oder stützt diesen auf den Oberschenkel auf. 3. Die normale Schulterwölbung fehlt. 4. Die Schulterpfanne ist leer, man spürt unter dem Acromion eine Höhle. 5. Die Oberarmachse zieht unter die Schulter, statt auf dieselbe.

Abb. 104—106. Schulterverrenkung rechts, typisdie Haltung, an Stelle des Oberarmkopfes ist eine Höhle unter der Schulterhöhe.

Abb. 107 u. 108. Präglenoidale Schulterverrenkung vor und nach dem Einrichten. Der verrenkte Oberarmkopf steht vor der Pfanne und unter dem Rabenschnabelfortsatz. 6. Bei Bewegungsversuchen ist der Oberarm „federnd fixiert", d. h. wenn m a n ihn bewegt, was Schmerzen verursacht, so geht er immer wieder in die ursprüngliche Lage zurück. 7. Der Oberarmkopf ist häufig unter dem Rabenschnabelfortsatz zu tasten. K o m p l i k a t i o n e n : 1. Druck auf Gefäße ( P u l s p r ü f e n ) . 2. Druck auf Nerven, wichtig ist die P r ü f u n g d e r B e w e g l i c h k e i t von Fingern, Handgelenk, sowie der Berührungsempfindung. Am häufigsten ist der N. axillaris gelähmt (kann erst nach dem Einrichten geprüft werden). Manchmal besteht vollständige Plexuslähmung. Die Lähmungen erholen sich in einigen Wochen bis Monaten, in der Regel vollständig, s. S. 98. 3. Gleichzeitige Knochenabrisse (tubercul. maj., Abb. 109 oder äußerst selten das tubercul. minus), Bruch unter dem Oberarmkopf = Luxationsfraktur; diese gehört in fachärztliche Behandlung. Das Röntgenbild zeigt die charakteristischen Formen der Verrenkung: 109 Axilläre Schulterverrent^. , .. r» . . . j . T I kung mit Abbruch des großen Rollhäufigste ist die L u x . s u b Verschiebung deshöckers und coracoidea praeglenoidaselben nach außen und unten.

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Besonderer Teil

I i s (Abb. 107—108). Der Oberarmkopf steht vor der Pfanne unter dem Rabenschnabelfortsatz. Dann folgt die a x i l l ä r e Verrenkung, häufig bei älteren Leuten, dabei ist in der Regel das Tub. maj. abgerissen (Abb. 109). Sehr selten ist die L u x a t i o e r e c t a , der Arm steht senkrecht, und die L u x . p o s t e r i o r , in der Regel durch Schlag von vorne. B e h a n d l u n g : Vor jeder Einrichtung Prüfung des Radialispulses und der Fingerbeweglichkeit. Auf Lähmungen ist der Verletzte oder seine Angehörigen aufmerksam zu machen!

Abb. 110. Einrichtung der Schulterverrenkung nach Hippokrates. Die unbeschuhte Ferse wird in die Achselhöhle gesetzt und unter Adduktion und Drehung des Armes die Verrenkung eingerichtet; die Ferse wirkt als Hypomochlion. Knie und Ellbogen des Einrichtenden müssen gestreckt sein. (Nach B ö h 1 e r.)

Das Einrichten. 1. Die schonendste Methode ist die nach H i p p o k r a t e s (Abb. 110). Nach Betäubung (am besten allgemein) wird der Verletzte auf den Boden oder auf einen Tisch gelegt, der Einrichtende setzt sich auf die verletzte Seite, faßt mit beiden Händen die Hand des verletzten Armes, die unbeschuhte Ferse wird in die Achselhöhle gesetzt und der ganze Arm langsam unter Längszug nach außen und innen gedreht, wobei durch die Ferse als Hypomochlion der Oberarmkopf in seine normale Lage gebracht wird. Wichtig ist, langsam und stetig zu ziehen. 2. Nach K o c h e r (Abb. 111—113): Mit der gleichseitigen Hand faßt man die Hand des Verletzten, mit der anderen den rechtwinklig gebeugten Ellbogen, dann wird der Arm möglichst an den Körper angelegt (adduziert), nach außen gedreht, nach vorne gehoben (eleviert) und dann nach innen gedreht.

Arm

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3. Man läßt am Arm ziehen und drehen und bringt mit den Fingern oder der Faust den Oberarmkopf wieder in seine Lage. Gegenzug mit einem um den Oberkörper geschlungenen Leintuch. Wichtig ist, nach jeder Einrichtung den Arm heben zu lassen, um zu prüfen, ob der N. axillaris funktioniert. Nach dem Einrichten immer Röntgenbild! nicht durchleuchten s. S 58. Nachbehandlung: In jedem Alter und bei jeder Form der Verrenkung gibt man zunächst für zwei Tage eine Armschlinge und Umschläge über die Schulter. Während dieser Zeit läßt man jedoch bereits

Abb. 111—113. Einrichtung einer Schulterverrenkung nach K o c h e r . legen, Außendrehung, Heben, zum Schluß noch Innendrehung.

An-

Finger, Handgelenk und Ellbogen selbsttätig bewegen. Nach 2 Tagen probiert man, wie weit der Verletzte die Schulter heben kann. Gelingt dies in den nächsten Tagen vollständig und selbsttätig, so ist eine weitere Behandlung nicht notwendig. Kann der Arm nicht vollständig gehoben werden, dann muß er auf Doppelrechtwinkelschiene gelagert werden (Abb. 75—78), die Tag und Nacht bleibt. Ferner beginnt man sofort mit selbst- und fremdtätigen Bewegungsübungen mit Hilfe des gesunden Armes, eines Stockes und am Rollenzug (Abb. 82). Dies ist sehr wichtig, um eine Schulterversteifung zu vermeiden. Die Schiene bleibt, bis der Arm selbsttätig vor der Schiene gesenkt und dann bis 120 ° selbsttätig gehoben werden kann. Die Übungen sind aber auch dann weiter fortzusetzen. Günstig sind die z u s ä t z l i c h e n H e i l m i t t e l (s. S. 89). Alle Verrenkungen mit B r u c h d e s g r o ß e n R o l l h ö c k e r s werden einen Tag nach dem Einrichten auf die Doppelrechtwinkelschiene gelagert, der Oberarm bleibt 3 Wochen fixiert, während dieser Zeit läßt man jedoch fleißig selbsttätige Bewegungsübungen von Fingern, Handgelenk und Ellbogen machen. Nach Abnahme des Gips-

Besonderer Teil

126

Verbandes beginnt man mit selbst- und fremdtätigen Bewegungsübungen der Schulter und Üben am Rollenzug. Die Doppelrechtwinkelschiene bleibt auch hier, bis der Arm selbsttätig 30 Grad von der Schiene abgehoben werden kann. dd) Die gewohnheitsmäßige (habituelle) Schulterverrenkung. Die erste Verrenkung kommt meist durch eine starke Gewalteinwirkung zustande. Die späteren Verrenkungen kommen immer häufiger und bei geringen, belanglosen Bewegungen zustande: Heben des Armes, Umdrehen im Bett usw. Das Einrichten gelingt häufig sehr leicht ohne Betäubung, manche Verletzte können die Verrenkung auch selbst einrichten. Die zur Verhinderung der Verrenkung angegebenen Apparate sind nicht zweckmäßig, weil sie den Arm an den Oberkörper halten und dadurch seine Beweglichkeit behindern, oder wenn sie locker sind, die Verrenkung doch nicht verhindern können. Das Zweckmäßigste ist die Operation, die in der weitaus überwiegender Mehrzahl der Fälle zu einem einwandfreien Ergebnis führt. Ursache für die gewohnheitsmäßige Schulterverrenkung sind wahrscheinlich konstitutionelle Momente, vielleicht auch gelegentlich eine Absprengung vom Pfannenrand. Die Ansicht, daß man durch Fixation nach der Verrenkimg die gewohnheitsmäßige Schulterverrenkung vermeiden kann, ist irrig. ee) Die Verrenkung im Schulterblatt-Schlüsselbeingelenk. ( L u x . a c r o m i o c l a v i c u l a r i s ) (Abb. 114). Sie entsteht durch Sturz oder Auffallen von Gegenständen auf die Schulter. Klinisch besteht mäßige Schwellung und eine mehr oder minder deutliche Stufe über dem Gelenk (Abb. 114). Die Beweglichkeit der Schulter ist meist eingeschränkt. K o m p l i k a t i o n e n gibt es praktisch keine. Im R ö n t g e n b i l d (Abb. 115—116) springt das Schlüsselbein nach oben vor, manchmal besteht eine Diastase im Gelenk, seltener eine m Verkürzung in dem Sinne, daß das Schlüsselbein über dem Acromion liegt. Selten ist die Verrenkung des Schlüsselbeines nach rückwärts.

W m Abb. 114. Stufe bei alter, nicht behandelter Verrenkung im Schulterblatt - Schlüsselbeingelenk.

B e h a n d l u n g : Am zweckmäßigsten konservativ mit einem Triangel (Abb. 117—118 aus Cramerschiene, mit einem vorderen Stück, auf dem Vorderarm und Hand aufruhen. Direkt über das Gelenk (die Stufe) zieht ein 3 cm breiter Gurt, welcher an dem Querteil des Triangels vorne und rückwärts befestigt ist und mit

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Abb. 115—116. Verrenkung im Schulterblatt-Schlüsselbeingelenk mit Stufe und Diastase. Nach dem Einrichten und Anlegen des Triangels Verrenkung völlig behoben. einer Schnalle angezogen werden kann. Auf der Schulterhöhe liegt unter dem Gurt eine Filzpolster. Zeit der Ruhigstellung 6 Wochen. Die operativen Verfahren (Drahtumschlingung, Plastiken) für die frische Verrenkung sind nicht angezeigt, auch f ü r alte Verrenkungen genügen sie nicht in allen Fällen. Nicht erkannte oder nicht behandelte Verrenkungen ziehen häufig Arthrose in dem betreffenden Gelenk mit Schmerzen u n d herabgesetzter Kraft nach sich. Die Beweglichkeit ist kaum je eingeschränkt. ff) Die Verrenkungen im Brustbein-Schlüsselbeingelenk (L u x. s t e r n o c l a v i c u l a r i s ) . Entstehung durch Sturz oder Schlag auf die Schulter; diese Verletzung ist selten; am häufigsten kommt es zur Verschiebung des Schlüsselbeines nach vorne u n d oben, seltener nach

Abb. 117—118. Verrenkung im Schulterblatt-Schlüsselbeingelenk, eingerichtet und ruhiggestellt mit Triangel. Der unterpolsterte Gurt zieht über die Schulterhöhe und hält das äußere Ende des Schlüsselbeines nieder. Oberarm fixiert, Ellbogen zur Bewegung frei gelassen.

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Besonderer Teil

unten und rückwärts. Das Einrichten der Verrenkung ist nicht schwierig — Zug an der Schulter und Drude auf das Schlüsselbein — das Halten jedoch sehr. Falls keine Druckerscheinungen auf die Umgebung (insbesondere die Luftröhre) bestehen, versucht man einzurichten, gibt dann eine Annschlinge und läßt die Schulter schonen. Es bleibt gewöhnlich eine buckelige Verdickung an der Grenze Brustbein-Schlüsselbein. Falls sie kosmetisch stört, kann man sie abmeißeln. gg) Der Schlüsselbeinbruch (Abb. 119—126). Entstehung durch Sturz (häufig bei Kindern als Knickbruch) oder Schlag auf die Schulter. Es gibt Biegungs-, Quer- und Drehbrüche. Der häufigste Sitz ist in der

Abb. 119—121. Charakteristische Verschiebungen bei Schlüsselbeinbruch rechts ohne ärztliche Behandlung, 6 Wochen nach dem Unfall. 35jähriger Hilfsarbeiter. Deutliche Stufe, die Schulter verkürzt und nach unten und nach vorne abgesunken.

Mitte oder an der Grenze mittleres-äußeres Drittel. K l i n i s c h : Es besteht Schwellung und Druckschmerz über dem Schlüsselbein bis zur Schulter, die Formen sind verschwommen, manchmal ist eine Stufe oder ein Knick an der Bruchstelle zu sehen und zu tasten. Nach einigen Tagen tritt manchmal Blauverfärbung der Haut infolge Blutergusses auf. Die Beweglichkeit der Schulter ist eingeschränkt bis aufgehoben. Die V e r s c h i e b u n g e n kommen zustande durch die einwirkende Gewalt, durch das Gewicht des Armes, durch den Zug des M. sternocleidomastoideus auf das innere Bruchstück (dieses ragt manchmal unter der Haut vor) und durch die Schultergürtelmuskulatur, insbesondere den M. pectoralis: die Schulter sinkt nach unten, nach vorne und nach innen (Verkürzung). Abb. 119—121. Bei mehreren Tausenden von Schlüsselbeinbrüchen aller Altersstufen habe ich niemals K o m p l i k a t i o n e n gesehen; beschrieben

Arm

129

Abb. 122—123. Drehbruch des Schlüsselbeines mit Ausbruch von 2 quer über die Bruchstelle liegenden Splittern. Das äußere Bruchstück um mehr als halbe Breite nach unten verschoben und um 15 Grad nach unten geknickt. Verkürzung 1,5 cm. Nach dem Einrichten Verkürzung ausgeglichen, Parallelverschiebung geringer, gute Achse. Die Verschiebung ist belanglos und ergibt auch klinisch keine Deformität, wenn die Achse gut ist. wurden Drude auf Plexus brachialis und auf die Gefäße. Uber schlechte E r s t e H i l f e s. S. 23, Abb. 8. E i n r i c h t u n g : Nach örtlicher Betäubung (nicht tief stechen, mit der Nadelspitze auf Knochenberührung bleiben) der Bruchstelle wird die Faust in die Achselhöhle gelegt (Abb. 124). Dadurch und durch Zug nach außen wird die Verkürzung ausgeglichen, dann wird die Schulter gehoben und nach rückwärts gezogen, wenn nötig, werden durch Druck mit den Fingern die Bruchstücke aufeinandergestellt. Das F e s t h a l t e n ist wesentlich schwieriger. E s sind ungefähr 100 Verbände dazu angegeben worden. Schlecht sind der D e s a u 11 sehe Verband und ähnliche Verbände, welche das Schultergelenk ruhigstellen und bei älteren Leuten in der Regel zur Schulterversteifung führen. Abb. 124. Einrichten eines Schlüsselbeinbruches oder einer Verrenkung Bei Kindern kommt es mit diesem Verband in der Regel zum Ab- im Schlüsselbein - Schulterblattgelenk (mit Verkürzung). Die Faust wird in sinken des äußeren Bruchstückes. die Achselhöhle gelegt, der Vorderarm Bei K i n d e r n hat sich uns am adduziert (Ausgleich der Verkürzung), die Schulter gehoben. Anschließend zweckmäßigsten der TorniAnlegen der Schlüsselbeinschiene nach s t e r v e r b a n d bewährt (Abb. B ö h 1 e r oder eines gepolsterten 1 2 5 — 1 2 6 ) : Um jede Schulter wird Triangels. 9

Ehalt,

Unfallpraxis.

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Besonderer Teil

schlingenförmig eine Zellstoffrolle gelegt und beide rückwärts zusammengezogen. Vorne werden beide Rollen locker zusammengebunden, um ein Abgleiten derselben über die Schulter zu vermeiden. Ruhigstellung für 3 Wochen, Schultergelenk und übrige Gelenke vom ersten Tag an bewegen lassen. Bei E r w a c h s e n e n ist am zweckmäßigsten die S c h l ü s s e l b e i n s c h i e n e n a c h B ö h l e r (Abb. 79—80), jedoch nur dann, wenn der Verband täglich oder jeden zweiten Tag geprüft werden kann. Wichtig ist, daß nach guter Einrichtung die

Abb. 125 u. 126. Tornisterverband für Schlüsselbeinbrüche bei Kindern (nach dem Einrichten). Unter die Knoten am Rücken kann ein Polster gelegt werden. Schiene exakt angelegt wird: Ein genähtes Wattepolster kommt auf die gesunde Schulter uner den schrägen Riemen, 2 Polster um den Brustkorb unter die queren Riemen. Das innere Bruchstück wird mit einem mit Filz unterlegten 3 cm breiten Gurt niedergehalten. Der Gurt ist am queren Teil der Schiene vorne und rückwärts befestigt. Wichtig ist, das alle Polster sofort angenäht werden, damit sie nicht herausfallen und das Ganze locker wird. Zeit der Ruhigstellung 4—5 Wochen, sofortiger Beginn mit Bewegungsübungen aller Gelenke, auch der Schulter! Ein befriedigendes Ergebnis wird man erzielen, wenn die Schulter frei beweglich ist und wenn keine Stufe an der Bruchstelle bestehen bleibt. Wichtig ist zu wissen, daß auch beim Schlüsselbeinbruch im Röntgenbild Parallelverschiebung bei guter Achse belanglos ist (Abb. 122—123).

Arm

131

hh) Brüche des Schulterblattes entstehen durch direkte Gewalteinwirkung. K l i n i s c h : Schwellung, Bewegungsbehinderung der Schulter, Schmerz, eventuell Knochenkrachen. B e h a n d l u n g : Frühzeitig Bewegungsübungen der Schulter, eventuell Lagern des Armes auf eine Doppelrechtwinkelschiene. Achtung vor Schulterversteifung! Brüche des Schulterblatthalses mit Verschiebung behandelt man auf der Doppelrechtwinkelschiene unter Zug. ii) Der Oberarmbruch unter dem Kopf (Abb. 127—128).

(infratuberculär)

1. Ohne wesentliche Verschiebung: Er ist häufig bei a l t e n L e u t e n und kann in der Sprechstunde leicht behandelt werden. Entstehung durch Sturz. K l i n i s c h : Schwellung und diffuser Druckschmerz über der Schulter, insbesondere über dem Oberarmkopf. Nach einigen Tagen treten blaue Flecke auf, gewöhnlich an der Außen- und Vorderseite der Schulter (Bluterguß). Die Schulter kann nur einige Grade oder überhaupt nicht gehoben werden, die Bewegung des Ell-

Abb. 127—128. Infratuberkulärer Oberarmbruch (Stauchungsbruch) bei 56jährigem. In der Aufnahme von vorne nach rückwärts und axillär ohne Knickung eingestaucht. X Rabenschnabelfortsatz.

bogens ist gewöhnlich in den Endlagen schmerzgehemmt, wenn jedoch der Oberarm festgehalten wird, ist sie frei. K o m p l i k a t i o n e n , praktisch nie. Das Röntgenbild von vorne zeigt eine Bruchfläche unter dem Kopf = Collum chirurgicum, gewöhnlich keine oder nur geringgradige Parallelverschiebung, in der Regel keine Achsenknickung. Der Bruch ist gewöhnlich e i n g e s t a u c h t (Abb. 127—128). Die Seitenaufnahme macht man am besten tangential rückwärts von der anderen Seite her, die Kassette liegt der verletzten Schulter außen auf. Es besteht auch in dieser Richtung entweder keine Verschiebung oder eine Antekurvation = nach rückwärts offener Winkel. B e h a n d l u n g : Falls eine Achsenknickung besteht, so wird diese in örtlicher Betäubung oder im Evipanrausch durch Beugen des Ober-

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Besonderer Teil

armes nach der entsprechenden Seite ausgeglichen; gewöhnlich besteht Antecurvation, daher wird mit einer Hand die Schulter von vorne festgehalten und mit der anderen der ganze Arm nach vorne geknickt, wobei man oberhalb des Ellbogens rückwärts faßt. Von der Schulter und vom Ellbogen her staucht man den Bruch ein, dann wird, auch in den Fällen ohne Knickung nach Einlegen eines gepuderten Polsters in die Achselhöhle und Polsterung von Schulter, Oberarm und Ellbogen und Vorderarm mit Zellstoff oder Watte ein D e s a u 11 scher Verband (s. S. 88, Abb. 81) für 10 Tage angelegt. Handelt es sich um alte Leute, die pulmonal und cardial nicht gut beisammen sind, so läßt man auch den Desault weg und gibt n u r e i n e A r m s c h l i n g e . Gleich am nächsten Tag Beginn mit selbsttätigen Bewegungsübungen von Fingern und Handgelenk. Nach Abnahme des Verbandes läßt man selbsttätige Übungen des Ellbogens und der Schulter, ferner fremdtätige Bewegungsübungen der Schulter machen und am Rollenzug üben (Abb. 82), wobei der Arm nach vorn, seitlich und rückwärts gehoben werden muß; Hochheben des verletzten Armes mit der gesunden Hand und mit einem Stock, an dem beide Hände anfassen. Zweckmäßig sind die unterstützenden Maßnahmen (s. S. 89). Vor Massage ist zu warnen! Die fremdtätigen Bewegungsübungen dürfen nur soweit gemacht werden, daß sie keine Schmerzen verursachen! Die Behandlung dieser Brüche mit der Doppelrechtwinkelschiene ist auf alle Fälle zu unterlassen, weil ältere Leute durch dieselbe häufig an Herz und Lunge dekompensiert werden. Eventuell kann man nach Abnahme des Desaultschen Verbandes tagsüber für einige Stunden den Arm auf eine Doppelrechtwinkelschiene legen und von dieser Stellung aus üben. Die Schulter wird bei diesen Brüchen meistens frei beweglich, manchmal bleibt eine Bewegungsbeschränkung. Die übrigen Gelenke sollen frei beweglich bleiben. 2. Der infratuberkuläre Oberarmbruch mit Verschiebung (in der Regel bei j ü n g e r e n L e u t e n ) . Man unterscheidet den A b d u k t i o n s b r u c h — das körperferne Bruchstück ( = Schaft) ist nach außen und rückwärts geknickt und nach innen gedreht, außerdem häufig parallel verschoben — und den A d d u k t i o n s b r u c h — der Schaft ist nach innen und rückwärts geknickt und nach innen verdreht, häufig besteht auch Parallelverschiebung. Die R ö n t g e n a u f n a h m e wird von vorne und bei rechtwinklig erhobenem Arm (wenn nötig nach örtlicher Betäubung) von der Achselhöhle her gemacht. B e h a n d l u n g : In örtlicher Betäubung wird unter Zug am Arm und durch entsprechende Knickung eingerichtet, der Arm unter Zug (am besten mit Heftpflaster) auf die Doppelrechtwinkelschiene gelagert und ein Gipsverband vom Ellbogen über die verletzte Schulter zur Schulter der gesunden Seite angelegt. Sofortiger

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Beginn mit Bewegungsübungen des Ellbogens am horizontalen Rollenzug). Ruhigstellung für ginnt man mit Bewegungsübungen der Schulter wie S. 90 beschrieben). Die Behandlung dieser stunde ist in der Regel zu umständlich.

133 (selbsttätig, mit Stock, 5 Wochen. Dann be(selbst- und fremdtätig Brüche in der Sprech-

Der B r u c h d e s t u b e r c u l u m m a j u s kommt isoliert selten vor, häufiger bei der axillären Schulterverrenkung (Abb. 109). B e h a n d l u n g : Ruhigstellung des Armes auf Doppelrechtwinkelschiene für 3 Wochen, dann Bewegungsübungen von der Schiene aus (s. S. 85). kk) Riß der langen Bizepssehne (Abb. 129). Gewöhnlich beim Heben einer schweren Last, manchmal aber auch ohne äußeren Anlaß spürt der Betreffende einen Riß in der Schulter. Man sieht dann den

Abb. 129. Riß der langen Bizepssehne rechts bei 66jährigem. Charakteristische Veränderung des Bizepswulstes.

typischen Wulst des Bizepsmuskels tiefer sitzen, er ist nicht mehr länglich, sondern mehr kugelig (Abb. 129). Der Riß kommt durch langsames Durchscheuern der Sehne im Sulcus intertubercularis, häufig auf Grund rheumatischer oder arthrotischer Veränderungen zustande. In der Regel ist daher dieser Zustand k e i n e U n f a l l s f o l g e , s. S. 199. B e h a n d l u n g : Da die Beweglichkeit frei bleibt und die Kraft nicht wesentlich herabgesetzt ist, ist in der Regel eine Behandlung nicht notwendig. Bei jüngeren Leuten und herabgesetzter Kraft kann man die Operation durchführen: Der Rest der langen Bizepssehne wird an die kurze angenäht. 11) Die Schulterversteifung = Schulterkontraktur. Sieht man von krankhaften Vorgängen — Rheumatismus, Polyarthritis, nach Entzündungen, metastatischen Infektionen usw. ab, so ist die Schulterverstei-

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Besonderer Teil

fung Folge einer Verletzung der Schulter oder von Ruhigstellung der Schulter in Adduktion (Armschlinge!). K l i n i s c h : Der Arm kann nicht voll gehoben werden, manchmal nicht einmal bis zum rechten Winkel. Außen- und Innendrehung sind eingeschränkt, es besteht Schwund der Schultergürtelmuskulatur, die Schulter schmerzt bei Bewegungen, auch in der Ruhe, der Schlaf ist gestört. Der Betreffende ist nicht arbeitsfähig. Nach schweren Schulterverletzungen — Verrenkungsbrüchen, schweren Muskelwunden, Verbrennungen usw. ist die Schulterversteifung kaum zu vermeiden. Häufig sieht man sie jedoch nach Verletzungen außerhalb der Schulter: Bei Speichen- und Fingerbrüchen, nach Panaritien und Handverletzungen. Die Ursache ist, daß der Arm in einer Schlinge getragen wird und der Verletzte seine Schulter nicht bewegt! In diesen Fällen ist die Schulterversteifung bei entsprechender Sorgfalt praktisch immer vermeidbar! Das Wichtigste ist die Vorbeugung: Bei Verletzungen des ganzen Armes darf man keine Armschlinge geben (höchstens vorübergehend!), der Verletzte hat mehrmals am Tage den Arm vollkommen zu heben, hinter den Kopf und auf das Kreuz zu legen! B e h a n d l u n g d e r S c h u l t e r v e r s t e i f u n g : Lagerung des Armes auf Doppelrechtwinkelschiene, die Tag und Nacht bleibt (Abb. 77—78), Bewegungsübungen von dieser aus (selbst- und fremdtätig, mit Rollenzug, s. S. 90), dazu die unterstützenden Maßnahmen, s. S. 90. Eventuell kommt eine Mobilisation in Narkose mit entsprechender Nachbehandlung in Betracht. Die Schulterversteifungen belasten den Verletzten infolge Verdienstentgang und die Sozialversicherungsträger durch Renten jährlich in hohem Ausmaße, dabei in vielen Fällen überflüssigerweise! Daher Achtung auf vermeidbare Schulterversteifungen! b) Der Oberarmschaftbruch Es kommen alle Bruchformen, offen und geschlossen, vor. Entstehung durch Sturz oder direkte Gewalteinwirkung. K o m p l i k a t i o n : Radialislähmung s. S. 97. Wichtig ist, primär den Puls der A. radialis und die Nervenfunktion zu prüfen s. S. 95. K l i n i s c h findet man alle Zeichen des frischen Knochenbruches, s. S. 46. B e h a n d l u n g (zweckmäßigerweise nicht in der Sprechstunde): E i n r i c h t e n in örtlicher Betäubung — diese ist am besten schon vor der Röntgenaufnahme zu geben — durch Zug und Zurechtdrücken der Bruchstücke, Lagerung unter Dauerzug auf die Doppelrechtwinkelschiene, Gipsverband bei Brüchen im körpernahen Drittel mit Freilassen des Ellbogens über die Schulter der verletzten Seite bis zur gesunden Seite, bei Brüchen in Schaftmitte und im körperfemen Drittel muß auch der Ellbogen miteinbezogen werden. Finger- und Hand-

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gelenk werden von vornherein möglichst gebraucht. In manchen Fällen, besonders bei alten Leuten und bei gleichzeitigen Verletzungen an anderen Körperstellen, insbesondere wenn der Verletzte im Bett liegen muß, ist die U - S c h i e n e (s. S. 73, Abb. 51, 52) vielfach zweckmäßiger als der oben geschilderte Verband. Bei nicht ruhiggestelltem Ellbogen beginnt man sofort mit Bewegungsübungen desselben, selbsttätig, mit Stock, am horizontalen Rollenzug. Ist der Ellbogen miteingegipst, so kommen diese Übungen erst nach Abnahme des Gipsverbandes in Betracht. Dann beginnt man auch mit selbsttätigen Bewegungsübungen der Schulter sowie mit den unterstützenden Maßnahmen. Wichtig ist, daß die Doppelrechtwinkelschiene erst dann abgenommen werden darf, bis der Arm selbsttätig 30 Grad von der Schiene gehoben werden kann. Der Bruch braucht in der Regel 6 bis 8 Wochen zum Festwerden. Nach B a u m a n n kann man auch diese Brüche so wie die infratuberculären mit Drahtzug durch das Olecranon im Bett behandeln. Bei Drahtzug Achtung auf den N. ulnaris. c) Ellbogen Untersuchungsgang: s. S. 120. Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Betrachtung und Betastung ist wie folgt: bei normalen Verhältnissen liegen bei gestrecktem Ellbogen die beiden Eplicondylen und die Olecranonspitze in einer Ebene, bei rechtwinkeliger Beugung bilden sie ein gleichseitiges Dreieck = H u n t e r s c h e s D r e i e c k . 1. W u n d e n u n d I n f e k t i o n e n : Siehe allgemeiner Teil. Achtung auf Nervenverletzungen sowie Eröffnung des Ellbogengelenkes. Bei offenen Olecranonbrüchen versorgt man am zweckmäßigsten zuerst die Wunde und erst nach Abheilen derselben den Bruch (Drahtnaht). Bei schweren Verletzungen und Infektionen ist der Arm auf Doppelrechtwinkelschiene zu lagern, Achtung auf Beweglichkeit der Schulter, um eine Versteifung derselben zu vermeiden (s. S. 133). 2. S t u m p f e V e r l e t z u n g e n : aa) Prellungen und Zerrungen. Durch Sturz, Schlag, Verreißen. Es bestehen meist Schwellung, Bewegungsbeschränkung, Schmerzen, diffuse oder umschriebene Druckempfindlichkeit. Das Röntgenbild ist negativ. B e h a n d l u n g : Umschläge, später Wärme und andere unterstützende Maßnahmen (s. S. 89). Schwere Prellungen stellt man am besten mit einem Gipsverband für 10 bis 14 Tage ruhig. Bei starker Schwellung und Druckschmerz an der Innenseite des Gelenkes ist an Zerreißung des ulnaren Seitenbandes zu denken. (Das in Abduktion gehaltene Röntgenbild zeigt Klaffen des Gelenkes). B e h a n d l u n g : Gipsverband. Bei Verletzungen der Ellbogengegend ist vor Massage und passiven Bewegungen dringend zu warnen, sonst kommt es zur Versteifung und zur Muskelverknöcherung s. S. 55.

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Besonderer Teil

Abb. 130—131. Ellbogenverrenkung nach der Streck- und Speichenseite zu. Hervorspringen des Olecranon und des Condylus medialis humeri.

bb) Die Ellbogenverrenkung (Abb. 130—133). Kommt zustande durch Sturz. Vor Auftreten der Schwellung sieht man die charakteristische Formänderung (Abb. 130—131): Das Olecranon springt nach rückwärts vor, das Speichenköpfchen nach der Speichenseite zu. Die entsprechenden Gruben sind deutlich zu sehen. Die Olecranonspitze steht über der Verbindungslinie der Epicondylen. Dieses ist die häufigste Form der Verrenkung nach r ü c k w ä r t s u n d s p e i c h e n w ä r t s (Abb. 130—133). Es gibt ferner noch die r e i n r a d i a l e und r e i n h i n t e r e Verrenkung, äußerst selten ist die Verrenkung nach der Ellenseite zu. K l i n i s c h findet man außer der charakteristischen Formveränderung bei den frischen Verrenkungen: Federnde Fixation in der Regel bei ungefähr 130 Grad, weiteres Beugen oder Strecken fremdtätig äußerst schmerzhaft und meist schwer möglich. Die selbsttätige Beweglichkeit ist aufgehoben. Später tritt starke Schwellung, nach einigen Tagen Blauverfärbung der Haut (Bluterguß) auf. Vor Massage der Schwellung ist zu warnen!

Abb. 132—133. Röntgenbild zu Abb. 130—131. Die Gelenkfläche des Oberarmes steht hinter dem unteren Oberarmende, beide Vorderarmknochei* speichenwärts verschoben.

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Komplikationen: 1. Gleichzeitige Knochenabrisse. a) Abscherung des Proc. coronoideus ulnae. b) Abscherung eines beugeseitigen Stückes des Speichenköpfchens, a und b kommen häufig gemeinsam vor. c) Abriß des Epicondylus medialis des Oberarmes, der in der Regel handgelenkwärts verschoben ist. Auf keinen Fall sollen die abgerissenen oder abgescherten Knochenstücke operativ entfernt oder fixiert werden. Der abgerissene Epicondylus medialis kann sich in das Gelenk zwischen Oberarmrolle und Elle einschlagen (wird in der Regel übersehen!), dann muß er durch Radialabduktion oder operativ herausgeholt werden, soll aber weder entfernt noch angenäht werden. 2. Druck auf die A. cubitalis (Zerreißung äußerst selten): Finger blau, Paraesthesien, kein Puls in der Speichenschlagader tastbar, sehr starke Schmerzen (Ischaemie). 3. Druck auf Nerven, am häufigsten auf den N. medianus. Bei 2 und 3 ist die sofortige Einrichtung unbedingt nötig. Wichtig ist ein Röntgenbild vor der Einrichtung, verletzungen zu erkennen (Abb. 132—133).

um Knochenmit-

B e h a n d l u n g : E i n r i c h t u n g — in der Regel genügt örtliche Betäubung — durch Zug am Vorderarm (Angreifen an den Fingern) in der Stellung, in der sich der Vorderarm befindet, also keine Einrichtung durch Hebelung! Der Oberarm wird mit einem unterpolsterten Gurt an einer Türschnalle oder ähnlich als Gegenhalt befestigt (s. Abb. 168). In der Regel springt sofort oder nach einigen Minuten Zug die Verrenkung ein, bei radialer Verrenkung ist häufig noch ein Druck auf den Vorderarm von der Speichenseite her nötig. Sofort wieder Röntgenbild, um die Einrichtung festzustellen und etwaige Knochenabsprengungen, bzw. die Lage derselben nach der Einrichtung zu erkennen. Dann Oberanngipsverband für 3 Wochen. Beschriftung. Nach Anlegen des Gipsverbandes soll man noch ein Röntgenbild machen, da es vorkommen kann, daß bei Anlegen des Gipsverbandes die Verrenkung neuerlich zustande kommt. Sofort Beginn mit Bewegungsübungen von Fingern und Schulter, eventuell Bestrahlung mit Heißluft. Nach Gipsabnahme Einsetzen der unterstützenden Maßnahmen (s. S. 89) ohne Gymnastik oder fremdtätige Bewegungsübungen. Massage und passive Bewegungsübungen sind äußerst schädlich und erzeugen Myositis ossificans s. S. 55.

Besonderer Teil

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cc) Knochenbrüche im Bereiche des Ellbogens. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Der supracondyläre Oberarmbruch. Diacondyläre Brüche. Isolierter Bruch des condyl. med. und lateralis. Bruch der Oberarmrolle. Abriß des Epicondylus medialis. Olecranonbruch. Bruch des Speichenköpfchens. Verrenkungsbrüche.

Für die Sprechstunde wichtig sind nur 1, 5, 6, 7, die übrigen Brüche nur dann, wenn sie keine Verschiebung oder Diastase haben. Man stellt mit einem Oberarmgipsverband für 3 bis 4 Wochen ruhig. Nachbehandlung s. S. 88. Alle übrigen Brüche gehören in die Hand des Facharztes. Bei Kindern und Jugendlichen, bei denen gerade Brüche im Bereiche des Ellbogens häufig sind und bei denen infolge der verschiedenen Knochenkerne auch für den Erfahrenen die Diagnose oft nicht einfach ist, hilft eine Vergleichsaufnahme des nicht verletzten Ellbogens gewöhnlich weiter. Der supracondyläre Oberarmbrudi (Abb. 134—148). a) Überstreckungsbruch (Abb. 134—144). D e r häufigste Bruch bei Kindern überhaupt (Sturz). Klinisch: Starke Schwellung des Ellbogens, manchmal treten nach einigen Tagen

Abb. 134—136. Offener supracondylärer Oberarmbruch bei Jugendlichen durch Sturz vom Kirschbaum, Medianuslähmung. 2 Jahre später volle Funktion! (Sammlung B ö h 1 e r.)

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Abb. 137—140. Supracondylärer Oberarmbruch bei 10 jährigem Mädchen mit Medianuslähmung. Verschiebung des körperfernen Bruchstückes um nahezu volle Breite nach der Speichen- und um doppelte Breite nach der Streckseite zu, starke Verkürzung, nach der Ellen- und Streckseite zu offener Winkel. Infolge der Verkürzung und Verschiebung drückt die vordere Kante des oberen Bruchstückes a u f die Gefäße und den N. medianus. 8 Wochen später knöcherne Heilung ohne Verkürzung mit mäßiger Parallelverschiebung, die völlig belanglos ist. Mäßiger Kalkschwund.

wärts offener Winkel zwischen den Bruchstücken. Infolge Parallelverschiebung, Verkürzung und Achsenknickung reiten die Gefäße und der N. medianus auf dem oberen Bruchstück und werden außerdem zwischen diesem und dem Vorderarm eingequetscht. Beim Einrichten wird zuerst die Verdrehung ausgeglichen, dann durch Zug die Verkürzung und durch Druck auf das untere Bruchstück von rückwärts mit mäßiger Parallelverschiebung, die Achsenknickung und Parallelverschiebung. (Nach B ö h le r.)

Abb. 145—148. Beugungsbruch am unteren Oberarmende beim Erwachsenen. Das körperferne Bruchstück nach vorne verschoben, nach vorne offener Winkel zwischen den Bruchstücken. Gefäße und Nerven werden hier nicht gedrückt. Beim Einrichten wird zuerst die Verdrehung, dann durch Zug die Verkürzung und durch Druck auf das obere Bruchstück und Zurückstauchen des Vorderarmes die Parallelverschiebung und Achsenknickung ausgeglichen. (Nach B ö h l er.)

140

Besonderer Teil

Spannungsblasen auf, Bewegungsbeschränkung und Schmerzen. Im Röntgenbild (Abb. 137—138) ist das körperferne Bruchstück nach der Streckseite und gewöhnlich Ellenseite zu verschoben, es besteht in der Regel Varusstellung (nach innen offener Winkel) und Verkürzung. K o m p l i k a t i o n e n : 1. Die Haut ist verletzt = offener Bruch (Abb. 134—135). 2. Drückt die vordere Kante des körpernahen Bruchstückes (Abb. 137—138, 141—144): a) auf die A. cubitalis (Blauverfärbung der Finger, Paraesthesien, kein Puls in der Speichenschlagader

Abb. 149. Anordnung zum Einrichten eines supracondylären Vorderarm senkrecht zur Körperlängsachse, unter Zug an voller Pronation, Gegenzug mit unterpolstertem Gurt unter befestigt an einer Türschnalle und mit einem Leintuch um

Oberarmbruches: den Fingern bei dem Ellenbogen, den Oberkörper.

zu tasten) b) Auf Nerven, insbesonders auf den N. medianus (fehlender Faustschluß am Zeigefinger, fehlende Berührungsempfindung am Zeigefinger). Arterie und Nerven können durch die Bruchstücke auch eingeklemmt werden. B e h a n d l u n g : Auf jeden Fall sofortige Einrichtung, sonst besteht die Gefahr der ischaemischen Störung (s. S. 55. Abb. 33). Man richtet in örtlicher Betäubung oder in Narkose folgendermaßen ein: Längszug in der Oberarmrichtung am Vorderarm knapp unterhalb des Ellbogens, Gegenzug am Oberkörper (Abb. 149), der Vorderann steht i n v o l l e r P r o n a t i o n (Ausschaltung des M. pronator teres, welcher die Varusstellung bedingt) und senkrecht nach vorne zur Körperlängsachse (Korrektur der Innendrehung). Dann werden noch die Bruchstücke mit den Fingern zurechtgedrückt. Es ist zweckmäßig,

Arm

141

vor Anlegen des Gipsverbandes mit dem Kryptoskop nach der Stellung zu sehen, falls nötig, noch etwas an derselben zu korrigieren. Dann wird ein Oberarmgipsverband bei voller Pronation des Vorderarmes angelegt. Röntgenkontrolle. Der Gipsverband muß sofort der ganzen Länge nach bis auf die Haut gespalten werden. Genaue Beobachtung des Blutumlaufes (s. S. 69). In vielen Fällen ist ein Dauerzug entweder auf einer Doppelrechtwinkelschiene oder im Bette notwendig, um eine sekundäre Knickung oder Verschiebung zu vermeiden. Die Versorgung in der Sprechstunde soll nur in dringenden Fällen oder bei ent-

Abb. 150—151. Abriß des Epicondylus medialis vom Oberarm mit Verschiebung. Vergleichsbild zeigt normale Verhältnisse.

sprechender Erfahrung durchgeführt werden, handlung. Wichtig sofortige Abgabe!

sonst fachärztliche Be-

b) Der Biegungsbruch der Erwachsenen (Abb. 145—148). Er entsteht in der Regel durch Sturz. Das körperferne Bruchstück ist nach vorne verschoben, klinisch findet man die gleichen Erscheinungen wie unter a. Häufig sind diese Brüche offen, reichen in das Gelenk (Y, V, T-Brüche), sie gehören in fachärztliche Behandlung. Druck auf die Gefäße und die Gefahr der ischaemischen Störung kommt beim Biegungsbruch der Erwachsenen nicht vor. Behandlung im wesentlichen wie bei a. In der S p r e c h s t u n d e b e h a n d e l t werden kann n o c h : Abriß des Epicondylus medialis vom Oberarm. Er kommt zustande durch Sturz und Biegung des Armes nach der Speichenseite zu. Das abgerissene Stück (Abb. 150—151) ist um einige mm von seiner Abrißstelle gegen das Handgelenk zu verschoben. Klinisch besteht Bewegungsbeschränkung des Ellbogens, Schwellung und Druckschmerz an der Innenseite des Ellbogens.

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Besonderer Teil

B e h a n d l u n g : Ruhigstellung mit Oberamigipsverband bei mittlerer Drehung des Vorderarmes für 3 Wochen. In der Nachbehandlung ist vor Massage und passiven Bewegungsübungen zu warnen, dagegen sind Bäder und die unterstützenden Maßnahmen (s. S. 89) zweckmäßig. Das Entfernen oder operative Annageln des abgerissenen Stückes ist ungünstig, s. auch S. 137. Bruch des Olecranon ohne Diastase. K l i n i s c h besteht Schwellung des ganzen Ellbogens oder nur über dem Olecranon, Druckschmerz vor der Spitze des Olecranon, Bewegungsbeschränkung. Wichtig ist das Röntgenbild. B e h a n d l u n g : Oberarmgipsverband (s. S. 71, Abb. 48—49) bei rechtwinkelig gebeugtem Ellbogen und mittlerer Drehung des Vorderarmes für 3 Wochen. Sofortige Bewegungsübungen von Fingern und Schulter, Nachbehandlung wie oben. B r ü c h e m i t D i a s t a s e zeigen klinisch dieselben Erscheinungen, nur fühlt man einen Spalt zwischen den Bruchstücken. Behandlung: Drahtnaht. Bruch des Speidienköpfchens ohne wesentliche Verschiebung. K l i n i s c h findet man Schwellung des ganzen Ellbogens oder über der Speichenseite, Druckschmerz über dem Speichenköpfchen von der Speichen- und Beugeseite her, Bewegungseinschränkung. Röntgenbild! B e h a n d l u n g : Oberarmgipsverband für 3 Wochen bei rechtwinklig gebeugtem Ellbogen und mittlerer Drehung, sofortiger Beginn mit Bewegungsübungen von Fingern und Schulter, Nachbehandlung wie oben. Bei B r ü c h e n m i t s t a r k e r V e r s c h i e b u n g ist das Zweckmäßigste die Entfernung der Bruchstücke. d) Vorderarm 1. Unter kleinen W u n d e n im oberen Vorderarmdrittel bergen sich oft weitgehende Muskelzerreißungen, insbesondere bei Biß- oder Quetschwunden. Sonst gilt für die Weichteilverletzungen das im allgemeinen Teil Gesagte. 2. Zur Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis crepitans) am Vorderarm und zwar im Bereiche des Abductor pollic. long, und des Extensor pollic. brev. kommt es bei Überanstrengung der Hand, insbesondere des Daumens (z. B. Wäsche auswinden u. ä.) Man spürt das Reiben bei Bewegungen des Daumens und der Hand über dem Wulst der beiden Muskeln an der Speichenstreckseite des Vorderarmes. B e h a n d l u n g : Ruhigstellung mit dorsaler Gipsschiene und Fingerschiene für den Daumen für 3 bis 4 Wochen. Die üblichen Bestrahlungen und das Anstreichen mit Cehasol helfen in der Regel nichts. 3. Knochenbrüche. aa) Bruch beider Vorderarmknochen. Er kommt zustande durch Schlag, Sturz. In Betracht kommen alle Bruchformen, offen und geschlossen.

Arm

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K l i n i s c h findet man die Zeichen des frischen Knochenbruches s. S. 46. K o m p l i k a t i o n e n (relativ selten) Druck auf Gefäße und Nerven. B e h a n d l u n g : Da das Einrichten, insbesondere aber das Halten sehr schwierig ist und auch nach sehr guter Einrichtung immer wieder Verschiebungen und Knickungen auftreten, ist fachärztliche Behandlung angezeigt. Behandlungsgrundsätze: Einrichtung in örtlicher Betäubung unter Zug und Gegenzug, Oberarmgipsverband. Regelmäßige Röntgenkontrollen alle 14 Tage im Gipsverband, sofort Beginn mit

Abb. 152—155. Grünholz = Wulstbruch der Speiche bei 10 jährigem mit dorsalem Knick von 10 Graden, Abriß der Spitze des Ellengriffels. Nach dem Einrichten ideale Stellung.

Bewegungsübungen von Fingern und Schulter, eventuell unterstützende Maßnahmen s. S. 89. Zeit bis zum Festwerden 8 bis 12 Wochen. bb) Isolierter Bruch des Speidienschaftes. Er entsteht durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung. Die klinischen Zeichen sind die gleichen wie beim Bruch beider Vorderarmknochen, nur die Verbiegung fehlt. Wichtig ist, daß auch ein Bruch ohne primäre Verschiebung sich sekundär verschieben oder verbiegen kann. Besonders die Brüche an der Grenze mittleres unteres Drittel mit Verschiebung sind oft sehr schwierig zu halten. B e h a n d l u n g ; Einrichten in örtlicher Betäubung, Oberarmgipsverband, nötigenfalls Doppeldrahtgipsverband nach B ö h 1 e r oder Osteosynthese; sofort Beginn mit Bewegungsübungen von Fingern und Schulter, Röntgenkontrollen auch im Gipsverband! cc) Isolierter Bruch des Ellenschaftes. Er entsteht durch direkte Gewalteinwirkung insbesondere bei Sturz und Abwehr = Parierfraktur. In der Regel ist keine Verschiebung vorhanden, auch besteht keine Gefahr, daß es sekundär dazu kommt. B e h a n d l u n g : Oberarmgipsverband für 6 Wochen. Häufig heilen diese Brüche mit straffer Pseudarthrose, was praktisch belanglos ist (keine Operation!) Bei Brüchen im oberen Drittel der Elle mit Verschiebung kommt es manchmal gleichzeitig zur Verrenkimg des Speichenköpfchens nach der

144

Besonderer Teil

Beugeseite = Verrenkungsbruch nach M o n t e g g i a . fachärztliche Behandlung.

Er gehört in

dd) Grünholzbrüche beider Vorderarmknochen oder eines der beiden (Abb. 152—155). Grünholzbrüche finden sich nur bei Jugendlichen nach Sturz oder durch direkte Gewalteinwirkung. Infolge des straffen Periostschlauches kommt es nur zur Knickung der Knochen ohne Parallelverschiebung. B e h a n d l u n g : Einrichten in örtlicher oder Allgemeinbetäubung. Für den Bruch beider Knochen Oberarmgipsverband für 6 bis 8 Wochen, Röntgenkontrolle im Gipsverband nach Einrichten und alle 14 Tage. Wichtig zu wissen ist, daß diese Brüche oft schon deutlich Kallusbildung zeigen, z. B. nach 4 Wochen, aber sich doch noch leicht verbiegen. Für den isolierten Grünholzbruch der Speiche (Abb. 152—153) genügt nach dem Einrichten eine dorsale Gipsschiene für 3 Wochen. e) Handgelenk Untersuchungsgang: Wie S. 120 beschrieben. R ö n t g e n : Bei klinisch einwandfreiem Bruch der Speiche an typischer Stelle macht man die Aufnahme rein streck-beugeseits bei gestreckten Fingern und rein seitlich. Bei Verdacht auf Kahnbeinbruch wird die Aufnahme streckseits-beugeseits bei leichter Dorsalflexion des Handgelenkes gemacht,

Abb. 156.

Abb. 157.

Abb. 158.

Abb. 159.

Abb. 156—159. Verrenkung der Hand um das Mondbein (perilunäre Verrenkung). Charakteristisch das Seitenbild, die körperferne Gelenkfläche des Mondbeines ist leer, der Kopf des Kopfbeines steht dahinter. Vergleiche dazu Abb. 158, in welcher der Kopf des Kopfbeines in der Gelenksfläche des Mondbeines steht. Charakteristische Dreieckform des nach der Beugeseite zu gekippten Mondbeines in der Aufnahme streckseitsbeugeseits. Gegenüber dem normalen Bilde 159.

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Finger zur Faust geballt (Abb. 176—181), die zweite Aufnahme bei mittlerer Pronation. Ist die Diagnose fraglich, dann macht man alle 3 Aufnahmen (streck-beugeseits, rein seitlich und in mittlerer Pronation). Dann wird man im Röntgenbilde keinen Bruch übersehen. aa) Bei W u n d e n u n d I n f e k t i o n e n gilt das im allgemeinen Teil Gesagte, in beiden Fällen Ruhigstellung des Handgelenkes, nötigenfalls auch der Finger in Mittelstellung. bb) P r e l l u n g e n u n d Z e r r u n g e n : K l i n i s c h findet sich Schwellung, Bewegungseinschränkung, diffuser oder umschriebener Druckschmerz am Handgelenk. Das Röntgenbild ist negativ. Die Beweglichkeit der Finger ist häufig schmerzgehemmt. In leichteren Fällen verordnet man Umschläge, Heißluft. In schwereren stellt man am zweckmäßigsten mit einer dorsalen Gipsschiene (s. S. 70, Abb. 41—44) für 8 bis 10 Tage ruhig und beginnt sofort mit Bewegungsübungen der nicht ruhiggestellten Gelenke. cc) Die perilunäre Verrenkung der Hand (Abb. 156—159). Eine häufig übersehene Verletzung! Klinisch ist der Befund wie bei einer schweren Zerrung, die Verrenkung ist weder äußerlich zu sehen noch zu tasten. Charakteristisch ist das rein seitliche Röntgenbild (Abb. 156, 158): der Kopf des Kopfbeines steht hinter dem Mondbein, die Gelenksfläche desselben ist leer, das Mondbein selbst ist manchmal hohlhandwärts gekippt. K o m p l i k a t i o n e n (selten): Druck auf den Mittelnerv, manchmal bestehen gleichzeitig Knochenabrisse (Speichen-, Ellengriffel) oder

Abb. 160 u. 161. Bruch der linken Speiche an typischer Stelle mit charakteristischer Gabelstellung-Knickung der Hand nach der Speichen- und Streckseite zu. Ehalt, Unfallpraxis.

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Besonderer Teil

ein Bruch des Kahnbeines = V e r r e n k u n g s b r u c h n a c h d e Q u e r v a i n ; das körpernahe Bruchstück des Kahnbeines bleibt mit dem Mondbein in Verbindung, das körperferne wird mit den anderen Handwurzelknochen verrenkt. B e h a n d l u n g : Einrichtung unter Zug und Gegenzug, dorsale Gipsschiene für 3 Wochen, beim Verrenkungsbruch für 10 Wochen; sofortiger Beginn mit Bewegungsübungen der nicht ruhiggestellten Gelenke. dd) Der Bruch der Speiche an typischer Stelle (Abb. 160—171). Der Bruch der Speiche an typischer Stelle ist der häufigste Knochen-

Abb. 162 u. 163. In einem normalen Handgelenk steht die Gelenksfläche der Speiche in der Aufnahme streckseits-beugeseits in einem Winkel von 30 Grad und in der Seitenaufnahme von 10 Grad zur Senkrechten auf die Vorderarmlängsachse. (Sammlung B ö h 1 e r.) bruch überhaupt; er entsteht durch Sturz, Kurbelrückschlag usw. Bei starker Verschiebung besteht eine charakteristische Formveränderung der Hand = G a b e l s t e l l u n g (Abb. 160—161). Außerdem ist die Hand in der Regel auch nach der Speichenseite zu geknickt = m a n u s r a d i o f l e x a (Abb. 160). Ferner besteht Schwellung, Bewegungsbeschränkung des Handgelenkes, häufig auch der Finger, Druckschmerz an der Speiche 1 bis 2 Querfinger oberhalb des Speichengriffels, manchmal über dem Ellengriffel. Dieser ist in ca. 50 °/o der Fälle mit abgerissen. Das R ö n t g e n b i l d zeigt die verschiedensten Bruchformen mit oder ohne Verschiebung. K o m p l i k a t i o n e n : Druck auf den Mittelnerv (selten), Druck auf die Speichenschlagader habe ich bei vielen Tausenden von Speichenbrüchen nie gesehen. B e h a n d l u n g : 1. Bei B r ü c h e n o h n e V e r s c h i e b u n g legt man eine dorsale Gipsschiene für 3 Wochen an, Weiterbehandlung wie bei 2. 2. B r ü c h e m i t V e r s c h i e b u n g — die weitaus häufigste Verschiebung ist der Knick des körperfernen Bruchstückes nach der

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Abb. 164—167. Bruch der Speiche an typischer Stelle mit Ausbruch eines 2 cm langen Keiles an der Streckseite.Das körperfeme Bruchstück ist um 20 Grad nach der Speichen-, um 40 Grad nach der Streckseite zu geknickt und im Speichen-Ellen-Gelenk nach zentral um 3 mm zurückgerutscht = Sublux. radioulnaris. Abriß des Ellengriffels und Verschiebung um 2 mm nach der Speichenseite zu. Nach dem Einrichten ideale Stellung von beiden Seiten, die Sublux. radioulnaris ausgeglichen.

Speichen- und Streckseite zu (Abb. 164—167); zum Einrichten braucht man nach B ö h l e r (Abb. 168): 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

Örtliche Betäubung. Vorderes und seitliches Röntgenbild. Lagerungstisch. Treppe. Brett von 100 bis 150 zu 10 : 2 cm. Haken an der Wand oder Türklinke. Gurte von 10 cm Breite. Genähtes Polster von 18 : 8 : 1 cm. Mastisol. Mullbinde von 10 cm Breite. Gipsbinde 5 m : 15 cm. Einen 8-fach gelegten Tupfer von 4 : 6 cm.

Besonderer Teil

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Abb. 168. Lagerung zur Einrichtung eines Speichenbruches an typischer Stelle, sowie für Bruch des Vorderarmes usw. Der Ellbogen ist rechtwinkelig gebeugt, der Gurt unterpolstert und an einer Türklinke befestigt (Punkt 1—12 im Text).

Der Verletzte wird auf den Tisch (3) gelagert, der gegen das Rutschen mit einem Brett (5) gegen die Wand abgestützt ist, hat der Tisch Gummifüße, so benötigt man dies Brett nicht. Der Punkt der größten Druckempfindlichkeit an der Speiche wird aufgesucht und dort 20 ccm 2 % Novocainlösung (1) eingespritzt (s. S. 62, Abb. 34). Ist der Ellengriffel drudeempfindlich, so spritzt man auch dort 8 bis 10 ccm der Lösung ein. Der Ellbogen wird rechtwinkelig gebeugt, der Oberarm mittels der knapp oberhalb des Ellbogens angelegten unterpolsterteu (8) Gurte (7) an einem Wandhaken oder Türschnalle (6) befestigt = fixer Gegenzug. Die Assistenz zieht an den mit Mastisol (9) bestrichenen und mit einer Mullbinde (10) gegen das Rutschen umwickelten Fingern Abb. 169. Einrichtung eines Spei- U nd zwar mit einer Hand am Dau-

dienbruches an typischer Stelle mit dorsalem Knick durch Beugung liohlhandwärts über das Knie (s.

auch Abb. 170).

m e n armes

in

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Vorderdes . ° a n d e r n a m 2. bis

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der

4. Finger (Kleinfinger bleibt frei).

Arm

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Nach einigen Minuten Zug faßt man mit der der verletzten Seite entgegengesetzten Hand den Vorderarm, stützt diesen auf das auf die Treppe (4) gesetzte Knie, mit der gleichseitigen Hand wird die Hand des Verletzten gefaßt und diese mit einem kräftigen Ruck nach der Ellen- und Beugeseite zu gebogen = Ausgleich der typischen Verschiebung nach der Speichen- und Streckseite (Abb. 169). Dann wird weitergezogen und eine dorsale Gipsschiene (11) (s. S. 70, Abb. 41—45) angelegt und mit einer feuchten Mullbinde locker angewickelt. Zwischen Daumen und Zeigefinger kommt der 8-fach gelegte Tupfer (12). Röntgenkontrolle. Ist die Stellung gut, dann wird die Mullbinde an der Beugseite des Vorderarmes und Hand der Länge nach bis auf die Haut gespalten und eine trockene Mullbinde darübergewickelt. Bei schlechter Stellung wird sofort nochmals eingerichtet. Vorsichtsmaßnahmen für Blutumlauf s. S. 69. Wichtig bei dem Verband ist, daß die Binde in der Hohlhand nicht über die Beugefalte hinausgeht (Abb. 45); der Gipsverband reicht an der Streckseite bis zu den Zwischenfingerfalten und läßt den Ellbogen frei (s. S. 70). Am Tage nach dem Einrichten wird eine Cellona- oder Gipsbinde zirkulär um Mangelhafter den Vorderarm gewickelt und die Abb. 170—171. Gipsverband bei Speichenbruch an typischen Angaben daraufgeschrieben typischer Stelle. Mit dem Verband (s. S. 69), sowie die Stellung der und noch besser ohne diesen sieht Bruchstücke vor dem Einrichten man das radioulnare Absinken der Hand, der Ellengriffel springt daraufgezeichnet. Dann beginnt man stark vor. Handrücken- und Finsofort mit selbsttätigen Bewegungsgerschwellung (auswärts behandelt). übungen aller nicht ruhiggestellten Gelenke, insbesonders von Fingern und Schulter. Keine Armschlinge! Bei Schwellung der Finger lagert man den Arm hoch. DerVerletzte wird unterrichtet, daß er mit dem verletzten Arm möglichst viel machen und ihn bewegen kann und soll, z. B. essen, kämmen, im Haushalte arbeiten usw. Wir lassen unsere Verletzten in den nächsten Tagen mit Übungen am horizontalen und vertikalen Rollenzug beginnen, ferner allgemeine und Armgymnastik betreiben; dazu kommt Bestrahlung mit Heißluft. 8 und 14 Tage nach dem Einrichten machen wir eine Röntgenkontrolle; ist es zur neuerlichen Knickung gekommen, so wird diese korrigiert, was gewöhnlich ohne

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Besonderer Teil

örtliche Betäubung durch Zurechtbiegen gelingt. Wird der Gipsverband nach Abklingen der Schwellung zu locker, so wird ein neuer in der gleichen Weise angelegt. Der Verband bleibt 4 Wochen, bei alten Leuten und starker primärer Verschiebung eventuell 5 Wochen. Nach Gipsabnahme bleibt der möglichst vielseitige Gebrauch der verletzten Hand und die gymnastische Behandlung gleich, dazu kommen Handbäder eventuell Bestrahlungen. Über Arbeitstherapie s. S. 88.

Abb. 172—175. Epiphysenlösung am unteren Speichenende bei 12 jährigem Mädchen durch Sturz von einem Baum. Die Epiphyse mit einem stredcseitigen Keil von der Diaphyse um mehr als die halbe Breite nach der Streckseite zu abgerutscht und um 30 Grad nach der Streckseite zu geknickt. Nach dem Einrichten ideale Stellung.

ee) Die Epiphysenlösung am unteren Speichenende bei Jugendlichen (Abb. 172—175) zeigt klinisch dasselbe Bild wie der Bruch an typischer Stelle beim Erwachsenen. Die Behandlung ist gleich, Ruhigstellung für 3 Wochen. ff) Der Bruch des Kahnbeines (Abb. 176—185). Der Kahnbeinbruch wird häufig übersehen! Entstehung wie beim Speichenbruch an typischer Stelle. K l i n i s c h besteht Schwellung und Druckschmerz

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Abb. 176—179 Stellung eines Kahneinbruches bei gestreckten und zur Faust geballten Fingern; bei Faustschluß geht der Zentralstrahl senkrecht durch die Bruchfläche (Bruch deutlich sichtbar), bei Streckstellung überdecken sich die Bruchstücke (Bruch nicht sichtbar). (Sammlung B ö h 1 e r.) ü b e r d e r speichenseitigen H ä l f t e des H a n d g e l e n k e s . W i c h t i g ist d i e Einstellung z u r R ö n t g e n a u f n a h m e (Abb. 176—181). E s w i r d e i n e A u f n a h m e streckseits-beugseits gemacht, wobei die F i n g e r z u r F a u s t geschlossen w e r d e n u n d eine zweite in h a l b e r Pronation, sonst k o m m t d e r Bruch röntgenologisch nicht zur D a r s t e l l u n g . B e h a n d l u n g : Dorsale

Abb. 180 u. 181. Typische Einstellung zur Röntgenaufnahme des Kahnbeines, streck-beugeseits, Finger zur Faust geballt, dadurch Handgelenk leicht dorsal flektiert, 2. Aufnahme in halber Pronation. (Sammlung B ö h 1 e r.)

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Besonderer Teil

Abb. 182 u. 183. Bruch des Kahnbeines bei 22 jährigem Studenten, Sturz beim Fußballspielen, die Aufnahme bei Dorsalflexion der Finger (Abb. 182) zeigt deutlich den Bruchspalt, während bei gestreckten Fingern (Abb. 183 vom Bruch überhaupt nichts zu sehen ist.

Gipsschiene für 6 Wochen, nach dieser Zeit sind ungefähr 80 bis 90 %> der Brüche fest — die Entscheidung gibt nur das Röntgenbild — der Rest muß noch weitere 6 bis 12 Wochen ruhiggestellt werden. Unzweckmäßig ist die operative Entfernung eines oder beider Bruchstücke. Wird der Bruch übersehen, so kommt es zur Pseudarthrose und ihren Folgen (Abb. 184—185): Schmerzen, verminderte Kraft, sekundäre Arthrose. Wenn noch keine Arthrose vorhanden ist, kann man auch noch Pseudarthrosen mit Erfolg behandeln. gg) Brüche der übrigen Handwurzelknochen. Die nächst häufigste Verletzung im Bereiche der Handwurzel ist der Abriß des streckseitigen Bandansatzes am Dreieckbein, ferner kann jeder einzelne Handwurzelknochen brechen, in der Regel gibt es keine besonderen Verschiebungen. Wichtig zur Diagnose ist ein gutes Röntgenbild. B e h a n d l u n g :

Abb. 184. 3 Monate alter Bruch des Kahnbeines bei 25 jährigem durch Sturz. Bruch nicht erkannt, behandelt mit Umschlägen und Heißluft. Beginnende Pseudarthrose. Breiter Bruchspalt mit Höhlenbildungen in der Mitte. Das körpernahe Bruchstück ist kalkdichter als Zeichen der gestörten Ernährung. Abb. 185. Pseudathrose des Kahnbeines, breiter Spalt, beide Bruchstücke kalkdichter.

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Ruhigstellung mit dorsaler Gipsschiene für 3 bis 4 Wochen. Brüche mit Verschiebung gehören in fachärztliche Behandlung. hh) Der Mondbeintod (Lunatummalacie) (Abb. 186—187). Der Mondbeintod ist k e i n e V e r l e t z u n g s f o l g e , sondern eine Erkrankung (Ernährungsstörung) s. auch S. 200. K l i n i s c h : In leichteren Fällen bestehen oft keinerlei Erscheinungen, die Veränderungen werden manchmal im Röntgenbild als Zufallsbefund entdeckt. In schwereren Fällen bestehen Verdickung, Schmerzen und Bewegungsbeschränkung des Handgelenkes. Oft ist eine geringe Verletzung des

Abb. 186 u. 187. Mondbeintod (Lunatummalacie). Das Mondbein ist schollig zerfallen, erscheint in der Aufnahme streck-beugeseits verschmälert und in der Seitenaufnahme verbreitert. Arthrotische Veränderungen im Bereiche der umgebenden Knochen.

Handgelenkes (Zerrung, Prellung) das die Beschwerden auslösende Moment. Im Röntgenbild findet man die charakteristische Veränderung: Strukturverdichtung, Formveränderung, Verbreiterung und Zusammensinken (Abb. 186—187). B e h a n d l u n g : Bei frischen Zerrungen oder Prellungen verschwinden oft die Beschwerden durch Ruhigstellung mit einer dorsalen Gipsschiene. Bei dauernden Beschwerden kann durch eine Ledermanschette um das Handgelenk Besserung bis Beschwerdefreiheit erzielt werden. In manchen Fällen, insbesondere bei Schwerarbeitern, bleiben jedoch dauernde, zeitweise sich steigernde Beschwerden. Durch die operative Entfernung des Mondbeines werden sie auch nicht gebessert. f) Hand U n t e r s u c h u n g s g a n g : s. S. 120. Immer Vergleich mit der anderen Seite! Bei der Betrachtung ist zu achten auf: Beschwielung» Farbe und Beschaffenheit der Haut (Glanzhaut, Schwitzen usw.), Schwellung, Rötung, eventuell Lymphstreifen (diese können rund um den Vorderarm längs verlaufen, am Oberarm in der Regel innen über dem Gefäßnervenbündel). Die regionären Drüsen sitzen in der Achselhöhle und oberhalb des Ellbogens an der Ellenseite.

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Besonderer Teil

1. Bagatellverletzungen (s. S. 12) an der Hand sind besonders gefährlich und entsprechend zu beachten, da sie sonst zu schweren Infektionen bis zur Sepsis führen können. Besonders gefährlich sind die Stiche mit schmutzigem Werkzeug an der Beugeseite der Finger, die oft Schmutz in die Tiefe bringen, eventuell Gelenke oder die Beugesehnenscheide eröffnen und zu Gelenksempyemen und zur Sehnensdieidenphlegmone Anlaß geben können. 2. Zufalls wunden: Neben dem im allgemeinen Teil Gesagten sei hier darauf hingewiesen, daß auch k l e i n e S c h n i t t e u n d R i ß quetschwunden öfter die Beugesehnenscheide o d e r e i n k l e i n e s F i n g e r g e l e n k e r ö f f n e n . Besonders zu beachten sind in dieser Hinsicht die Wunden über den Fingerknöcheln. Durch die genaue operative Versorgung (s. S. 30) ist auch festzustellen, ob Sehnenscheiden oder Gelenke eröffnet, Knochen, Sehnen oder Nerven m i t v e r l e t z t s i n d . Sehnennähte gehören in fachärztliche Behandlung. Zu unterscheiden ist zwischen Sehnendurchtrennung und Sehnenverletzung = teilweise Durchtrennung bei erhaltener Funktion. Wir nähen Sehnen bei Verschmutzung oder starker Quetschung überhaupt nicht primär. Die Prognose der Strecksehnennaht (primär und sekundär) ist günstig. Seitdem wir bei Beugesehnendurchtrennungen die Nahttechnik nach S t e r l i n g B u n n e l l mit Stahldraht verwenden, sind die Erfolge sowohl bei frischen Durchtrennungen als auch bei Beugesehnenplastiken sehr gut geworden. Erwähnt sei die Kuppenplastik nach E r 1 e r , die sich uns bei queren Fingerabtrennungen sehr bewährt hat und eine weitere Kürzung des Fingers erspart (Abb. 188—191). 3. Wundinfektionen s. S. 37. 4. Furunkel entstehen von selbst oder sind die Folge kleiner Stiche. B e h a n d l u n g : Zugsalbe, Ruhigstellung, Abstoßen des Pfropfens abwarten. 5. Lymphgefäß-Lymphdrüsenentzündung (Lymphangitis, Lymphadenitis = die streifenförmige Rötung und Entzündung der Lymphbahn und die schmerzhafte Schwellung der Lymphdrüsen (Ellbogen, Achselhöhle). Beide sind n u r S y m p t o m e . Es ist immer der p r i m ä r e e n t z ü n d l i c h e H e r d zu suchen und dieser entsprechend zu behandeln. Auf die Streifen selbst und auf die vergrößerten Drüsen gibt man Umschläge und lagert den Arm hoch. 6. Nagelbetteiterung (Paronychie). Entstehung durch Verunreinigung infolge kleiner Einrisse, Stichverletzungen usw. K l i n i s c h besteht Schwellung, Rötung und klopfender Schmerz in der Nagelwurzel, später wird eine Stelle gelb-eitrig = Einschmelzung. B e h a n d l u n g : Oft gelingt es, im Beginn durch Ruhigstellung mit Fingerschiene, heiße

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Bäder und Auflegen von Zugsalben die Entzündung zum Rückgang zu bringen, so daß der Nagel erhalten bleibt. Sehr gut bewährt hat sich uns die P e n i c i l l i n - U m s p r i t z u n g : In Leitungsbetäubung (s. S. 62), 9000 E. Penicillin in 3 ccm steriler Kochsalzlösung werden um das Nagelbett eingespritzt (aus den mit 20 ccm Kochsalzlösung aufgelösten 200 000 E. Penicillin im Originalfläschchen werden in einer 10-ccmSpritze 3 Teile Penicillin-Lösung aufgezogen und bis 3 ccm Kochsalzlösung weiter aufgezogen). Besteht bereits eine gelbdurchschimmernde

Abb. 188—191. E r 1 e r plastik bei querer Fingerabtrennung. Auf Abb. 189 und 191 ist der Finger seitlich, auf Abb. 188 und 190 von der Beugeseite her gesehen, a) Nach distal verschobener Hautlappen, b) Defekt nach Verschiebung des volaren Hautlappens. Dieser Defekt wird durch lockere Hautnähte verkleinert, der Rest granuliert aus.

Stelle am Nagelrand oder unter demselben, so eröffnet man gleichzeitig mit einem Tenotom diesen kleinen Eiterherd. Das Fingerendglied wird mit einem Tupfer mit Zugsalbe bedeckt und mit Fingerschiene ruhiggestellt. In der Regel kann man auf diese Weise die Entzündung in wenigen Tagen zum Verschwinden bringen und den Nagel erhalten. Ist der Prozeß schon sehr weit fortgeschritten oder hat man keine Möglichkeit der Penicillinumspritzung, so muß unter Umständen der Nagel der Länge nach gespalten und entfernt werden. Nachbehandlung mit Salbenverbänden und Bäder mit Kamille oder Käsepappeln. 7. Panaritium cutaneum = Eiterblase. Dieses entsteht meist aus einer Wasserblase. Mit oder ohne Betäubung wird die Blase abgetragen.

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Besonderer Teil

Salbenverband. Führt nach Abtragen der Blase ein kleines Loch in einen subkutanen Abszeß, so spricht man von einem Knopfloch-Panaritium, Kombination von Panaritium cutaneum und subcutaneum. Dieses muß gespalten werden. S. unten. 8. Panaritiuni subcutaneum: Es ist in der Regel die Folge von kleinen Verletzungen, Blasen, Stichen, Schwielen (Schwielenabszeß) usw. K l i n i s c h besteht klopfender Schmerz (Spannung), schmerzhafte Bewegungsbeschränkung des Fingers, umschriebene Rötung und Schwellung, eventuell schimmert die Mitte gelb durch. An der Beugeseite und im Bereiche der Hohlhand sind infolge der schwieligen Haut Rötung und Schwellung oft gering und treten manchmal z u e r s t a n d e r S t r e c k s e i t e auf. B e h a n d l u n g : Bei Beginn stellt man mit einer Fingerschiene ruhig und läßt darüber heiße Umschläge machen. Charakteristisch für die Einschmelzung ist die Angabe des Verletzten, daß er bei Nacht wegen Schmerzen nicht oder schlecht schlafen könne. Zu frühe Spaltung ist schlecht. Ist es zur Einschmelzung gekommen, dann macht man die Spaltung in Leitungsbetäubung an der Basis der Finger oder in Evipanoder Allgemeinbetäubung. Aufspritzen von Chloraethyl ist nicht zweckmäßig! Die Spaltung ist zu machen in Blutleere und mit einer Assistenz, welche mit Haken die Wunde auseinander hält. An der Beugeseite schneidet man einen elliptischen Hautstreifen von 1 bis 2 mm Breite aus, an der Streckseite kommt nur der Hautschnitt. Die Assistenz spreizt mit Haken die Wunde, der Schnitt geht bis zum Ende der infizierten Stelle. Die Nekrose wird mit einer Pinzette, eventuell Schere entfernt. Achtung auf Gefäße und Nerven! Bestehen Taschen, dann soll man mit einer Kornzange eingehen, macht am Ende der Tasche eine Gegeninzision und legt ein in die Hälfte gespaltenes Gummidrain ein. Darüber kommt ein Salbenverband, dann wird mit einer Fingerschiene ruhiggestellt, eventuell der Arm hochgelagert. Dringend abzuraten ist vor feuchten Verbänden nach der Spaltung, weil dadurch das Gewebe quillt und die Öffnungen verschlossen werden. Im weiteren Verlaufe beobachtet man Temperatur, Schmerzen, Lymphstreifen und Drüsen. Falls keine Erscheinungen auftreten und der Patient schmerzfrei ist, wird der Verband nur alle 4 bis 8 Tage gewechselt (s. S. 38). Hält nach der Spaltung der Schmerz mehr als 1 bis 2 Tage an, besteht Fieber, kommt es zur Drüsenschwellung oder Lymphgefäßentzündung, so muß man nachsehen und eventuell bestehende Taschen spalten. Bei richtiger Spaltung und Behandlung kann man N a c h s p a l t u n g e n praktisch restlos vermeiden. B a d e n der Wunde ist erst erlaubt, wenn sie ganz oberflächlich und klein geworden ist. 9. Panaritium osseum. Das Panaritium osseum tritt im wesentlichen im Bereiche der Endglieder der Finger auf, meist als Folge von

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tiefen Stichverletzungen. K l i n i s c h besteht Schwellung und Rötung des Endgliedes des Fingers, starker Schmerz, Bewegungsbeschränkung. Bei der Spaltung (Längsschnitt, Froschmaulschnitt vermeiden!) sitzt ein nekrotischer Pfropf unmittelbar am Knochen auf, es kommt häufig zur Sequestration eines Teiles oder des ganzen Endgliedes. Der Sequester soll erst entfernt werden, bis sich neuer Knochen = Totenlade gebildet hat. Dann kann sich oft das ganze Glied wiederherstellen. Während der ganzen Zeit Ruhigstellung des Fingers, um Fortschreiten der Entzündung zu verhüten. 10. Sehnenscheidenentzündung. Sie entsteht entweder nach Wunden mit Eröffnung der Beugesehnenscheide, nach einer tief gehenden Stichverletzung oder aus einem verschleppten oder fehlerhaft behandelten Panaritium subcutaneum oder ohne erkennbare äußere Verletzung. K l i n i s c h : Der betreffende Finger steht in Mittelstellung, ist verdickt, eventuell gerötet, die Beweglichkeit schmerzhaft eingeschränkt, es besteht Druckschmerz entlang der ganzen Beugesehne oder über einem Teil derselben und meist hohes Fieber. Die Sehnenscheidenentzündung ist als schwere, gefährliche Erkrankung (Verletzung) zu werten! B e h a n d l u n g : Spaltung von Haut und Sehnenscheide an der Ellen- oder Speichen-Beugeseite und zwar an der Stelle, bis zu der der Druckschmerz reicht, das ist in der Regel im Bereich der Hohlhand am proximalen Ende des Sehnensackes. Es quillt, insbesonders auf Druck von der Hohlhand her, trübes Sekret oder Eiter aus der Sehnenscheide. Ist beim Spalten die Sehne noch normal, die Oberfläche weiß und glänzend, so ist gewöhnlich die Sehne noch zu retten, wir spülen dann die Sehnenscheide von der Spaltungsstelle distal und einer zweiten Spaltungsstelle im Bereiche der gleichen Hand mit Penicillinlösung (ca. 1000 E. Penicillin pro ccm Kochsalzlösung) durch, geben einen Salbenverband, stellen mit dorsaler Gipsschiene und Fingerschiene für den Daumen und mit ulnarer Fingerschiene (s. S. 66) ruhig (also Ruhigstellung aller Finger!). Dann geben wir Penicillin als Injektion in der S. 32 beschriebenen Weise. Ist die Sehne grau-grün verfärbt, so ist sie jedenfalls verloren. Man spaltet dann entlang der ganzen Beugesehne, trennt beide Beugesehnen am distalen Ansatz ab und schlägt sie aus der Wunde nach proximal heraus. Ruhigstellung mit dorsaler Gipsschiene und Fingerschiene für alle Finger und Penicillinkur wie oben beschrieben. Die E n t f e r n u n g d e r S e h n e i s t n i c h t a n z u r a t e n w e g e n G e f a h r d e s Z u r ü c k r u t s c h e n s des Sehnenstumpfes oberhalb des Handgelenks und Fortschreiten des Prozesses auf den Vorderarm. Hochlagerung des Armes, genaue Beobachtung. Bei Sehnenscheidenentzündungen des Kleinfingers und Daumens besteht die Gefahr einer V-Phlegmone mit Fortschreiten auf den Vorderarm (die Sehnenscheiden beider Finger sind in Verbindung untereinander

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Besonderer Teil

und mit den tiefen Beugesehnen des Vorderarmes). Daher ist bei Sehnenscheidenentzündungen des Daumens der Kleinfinger ebenfalls ruhigzustellen und umgekehrt. Wenn die Sehne noch nicht ergriffen ist, bleibt nach einer Sehnenscheidenentzündung die Gebrauchsfähigkeit der Beugesehne in der Regel erhalten, sonst wird die Beugesehne nekrotisch und stößt sich ab = Fingerwurm. Der Finger kann dann nur mehr im Grundgelenk gebeugt werden. 11. Gelenksempyem = P an a r i t i u m a r t i c u l a r e . Das Gelenksempyem ist gewöhnlich die Folge eines infizierten Stiches oder einer Zufallswunde mit Gelenkseröffnung. Das betreffende Gelenk ist zirkulär geschwollen, steht in Mittelstellung, jede Bewegung verursacht starken Schmerz, gewöhnlich besteht hohes Fieber. B e h a n d l u n g : Absolute und ununterbrochene Ruhigstellung (Fingerschiene), wenn nötig Eröffnen des Gelenks und Drainage. Durchspülen des Gelenkes mit Penicillinlösung (ca. 1000 E. Penicillin pro ccm Kochsalzlösung) und Penicillinkur wie S. 32 beschrieben. Häufig kommt es zur Versteifung des Gelenkes. Mit der Eröffnung darf man nicht zu lange warten, sonst bricht der Prozeß in die Beugesehnenscheide durch. 12. Hohlhandprozesse. Am häufigsten ist der S c h w i e l e n a b s z e ß an der Basis der Finger mit Spannungsschmerz, Störung der Nachtruhe, Schwellung und Rötung am Handrücken, Druckschmerz, Bewegungsbeschränkung der Finger. Bei der Spaltung findet man oft eine Tasche nach der Streckseite zu, dort macht man eine Gegeninzision und zieht ein gespaltenes Gummidrain durch beide Öffnungen. Das Durchschneiden der Zwischenfingerspalte ist zu vermeiden. Oft zieht auch eine Tasche in den nächsten Zwischenknochenraum, dann macht man am Ende derselben ebenfalls eine Gegenspaltung und legt ein Drain ein. Die Weiterbehandlung ist wie beim Panaritium subcutaneum. Die o b e r f l ä c h l i c h e und die t i e f e Hohlhandp h l e g m o n e sind gekennzeichnet durch pralle Spannung der ganzen Hohlhand, Handrückenschwellung. Rötung, die Finger stehen unbeweglich in Mittelstellung, es besteht starker Bewegungsschmerz, hohes Fieber. Sie s i n d s c h w i e r i g z u b e h a n d e l n d e P r o z e s s e und gehören in Krankenhausbehandlung. 13. Die sekundäre Absetzung von versteiften Fingern wird erst gemacht, wenn die Entzündungserscheinungen voll abgeklungen sind. Besteht noch irgendeine offene Stelle, so muß die Absetzungsstelle vollkommen offen bleiben, nur späte Absetzungen bei glatter Haut dürfen genäht werden. Die Behandlung der schweren Entzündungen der Hand, insbesonders der Phlegmonen ist eine sehr schwierige und verantwortungsvolle

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Angelegenheit. Schwierig wegen der anatomischen Verhältnisse, der Gefahr des Weiterschreitens, der Blutvergiftung, Absterben von Sehnen und Versteifung von Fingern. Verantwortungsvoll, weil die Existenz vieler Menschen von der Gebrauchsfähigkeit der Hand abhängt! Daher ist die Abgabe in fachärztliche Behandlung zweckmäßig. Wichtig ist, daß bei Ruhigstellung eines oder mehrerer Finger die übrigen Finger und Gelenke des Armes selbsttätig vom Anfang an bewegt werden, um Versteifungen zu vermeiden, insbesonders ist auf die Schulter zu sehen! H ä u f i g k o m m t es bei ä l t e r e n L e u t e n zur S c h u l t e r kontraktur infolge Nichtbeachtens! Behandlungsfehler bei Panaritien und Sehnenscheidenphlegmonen: a) Zu frühes oder zu spätes Spalten. b) Schlechte oder ungenügende Betäubung (Aufspritzen von Chloräthyl). c) Keine Blutleere und keine Assistenz. d) Ungenügende Eröffnung des Eiterherdes. e) Ungenügende Drainage. f) Unterlassung der ununterbrochenen Ruhigstellung nach der Spaltung. g) Zu häufiges Verbinden. h) Versteifung nicht betroffener Finger und der Schulter infolge mangelnder Bewegung (Nicht immer restlos zu vermeiden!). 14. Knochenbrüche. aa) Mittelhand: Entstehung durch Sturz, Schlag, Quetschung, am Daumen als typische Boxverletzung; manchmal sind die Brüche offen mit gleichzeitiger Verletzung von Sehnen, Nerven, Gefäßen. Klin i s c h besteht starke Schwellung, eine Formveränderung ist meist nicht zu sehen, bei alten Brüchen wölbt sich die Bruchstelle am Handrücken vor. Die Bewegungen der Finger sind schmerzgehemmt, die Bruchstelle schmerzt bei Druck, sowie bei Zug oder Stauchung am betroffenen Finger (nicht immer!). Bei Faustschluß sieht man die Verkürzung am ZuAbb. 192—194. Typische Knikrückspringen des betreffenden Fin- kung der Brüche von Mittelhandgerknöchels. R ö n t g e n b i l d ! Es knochen (nach der Beugeseite) und gibt alle Bruchformen, am häufigsten (Abb. 194) der Grundgelenke der Drehbrüche. Neben Parallelverschie- Finger (nach der Streckseite) durdi die Wirkung der lumbricales und bung und Verkürzung zeigen sie in interossei. (Sammlung B ö h I e r.)

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Besonderer Teil

der Regel einen nach volar offenen Winkel, bedingt durch das überwiegen der Beugesehne, sowie durch die Wirkung der Zwischenfingermuskeln (lumbricales und interossei, Abb. 194). B e h a n d l u n g : In örtlicher Betäubung Einrichten bei Gegenzug oberhalb des Ellbogens (s. S. 148, Abb. 168), sowie Zug an dem betreffenden Finger, wobei dieser im Grundgelenk gestredet (nicht überstreckt!) und in den übrigen Gelenken in Mittelstellung gehalten wird. Druck auf die Streckseite des Bruches (Einrichten des nach volar offenen Winkels). Bei Brüchen an der Basis genügt eine dorsale Gipsschiene,

Abb. 195 u. 196. Verrenkungsbruch an der Basis des 1. Mittelhandknochens (Bennet). Ein kleines Stück der Basis ist abgebrochen, der Schaft nach außen und zentral subluxiert. 4 Wochen später unmittelbar nach Gipsabnahme ideale Stellung, von der Verletzung ist nichts mehr zu sehen. Abb. 197. Gipsverband nach Einrichtung eines Bennetschen Bruches, der Daumen leicht abduziert, sein Endgelenk frei. Delle über der Basis des 1. Mittelhandknochens, die übrigen Finger können voll gestreckt und gebeugt werden (s. auch Abb. 48—51).

bei Brüchen im Schaft und unter dem Köpfchen wird auch eine volare Fingerschiene in der oben beschriebenen Stellung des Fingers angelegt, wobei die Gipsbinde auch durch die Hohlhand gezogen wird, damit die Fingerschiene einen Gegenhalt für den Bruch abgibt. An der Gipsschiene wird über der Bruchstelle am Handrücken ohne Druck eine flache Delle einmodelliert. Der Finger wird auf der Fingerschiene mit Heftpflaster fixiert (Abb. 198—199). R u h i g s t e l l u n g : Bei Brüchen

Arm

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ohne Verschiebung 3, mit Verschiebung 4 Wochen, bei diesen nach 8 und 14 Tagen Röntgenkontrollen. Beschriftung! Vom Drahtzug durch die Fingerbeere ist man im wesentlichen wieder abgekommen. Sofort Beginn mit Bewegungsübungen aller nicht ruhiggestellten Gelenke! N a c h b e h a n d l u n g : Unterstützende Maßnahmen s. S. 89 vor Massage und gewaltsamen Bewegungsversuchen ist zu warnen! Neben den Brüchen des Schaftes und knapp oberhalb der Basis gibt es am ersten Mittelhandknochen einen typischen Bruch = Bennetsche Fraktur (Abb. 195—197) = Abbruch eines kleines ellenseitigen Stückes der Basis und Verschiebung des ganzen Mittelhandknochens nach radial und häufig nach zentral. Der Bruch wird unter Zug am Daumen bei leicht gebeugtem Grund- und Endgelenk, sowie gleichzeitigem Druck mit dem Daumen auf die Basis (Einrichtung der Verschiebimg) eingerichtet. Ruhigstellung mit dorsaler Gipsschiene, welche zwischen Daumen und Zeigefinger gespalten und um den Daumen herumgeschlagen wird. Über der Basis des ersten Mittelhandknochens wird ohne wesentlichen Druck eine flache Delle anmodelliert (Abb 197). Örtliche Betäubung ist in der Regel nicht notwendig. Ruhigstellung für 4 Wochen. Röntgenkontrolle 8 und 14 Tage nach dem Einrichten. Mit demselben Gipsverband werden Brüche des 1. Mittelhandknochens versorgt. bb) Fingergrund- und Mittelglieder. Entstehung durch Sturz, Quetschung, Schlag usw. Diese Brüche sind häufig offen, häufig sind mehrere Finger gleichzeitig verletzt. K l i n i s c h besteht: Schwellung, schmerzhafte Bewegungsbeschränkung, Verbiegung (gewöhnlich streckseitig offener Winkel bedingt durch die Wirkung der lumbricales und interossei-Sehnen, Abb. 194), häufig auch Verdrehung, eventuell Knöchenkrachen, direkter Druckschmerz, Zug- und Stauchungsschmerz (nicht immer!). Röntgen! Es gibt alle Bruchformen mit oder ohne Verschiebung. B e h a n d l u n g : In örtlicher Betäubung Einrichten durch Zug am verletzten Finger, Gegenzug mit einem Gurt oberhalb des Ellbogens (Abb. 168), Anlegen einer dorsalen Gipsschiene am Vorderarm (s. S. 70) und einer volaren Fingerschiene, welche an der Gipsschiene mit einer Gipsbinde befestigt wird. Dann wird die Fingerschiene knapp proximal vom Bruch nach volar gebeugt und dadurch der dorsale Knick des Bruches ausgeglichen. Das Fingerendglied wird mit Heftpflaster an die Schiene befestigt (Abb. 198—199). Vom Drahtzug durch die Fingerkuppe ist man wieder abgekommen. Röntgenkontrolle unmittelbar nach dem Einrichten, sowie 8 und 14 Tage später. Ruhigstellung durch 4 Wochen. Sofort Beginn mit Bewegungsübungen aller nicht ruhiggestellten Gelenke. Keine Armschlinge! Die Behandlung dieser Brüche ist nicht einfach und zeitraubend. 11

Ehalt, Unfallpraxis.

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Besonderer Teil

N a c h b e h a n d l u n g : Unterstützend© Maßnahmen, eventuell Quengelverband (s. S. 84, Abb. 72—-74), Warnung vor gewaltsamen passiven Bewegungen. cc) Fingerendglieder: Entstehung und klinische Erscheinungen sind wie bei den anderen Gliedern mit Ausnahme der Knickung. Röntgen! Bei den häufigen Brüchen der Nagelplatte stellt man für einige Tage den Finger ruhig, macht Umschläge und legt dann Heftpflasterstreifen

Abb. 198 u. 199. Bruch eines Fingergrundgliedes eingerichtet und mit dorsaler Gipsschiene und Fingerschiene ruhiggestellt. Die Fingergelenke stehen in Mittelstellung, der Knick der Fingerschiene muß proximal der Bruchstelle liegen, dadurch wird das körperferne Bruchstück nach der Beugeseite zu gebogen und der streckseits offene Winkel ausgeglichen.

zirkulär um das Fingerendglied. Wichtig ist zu wissen, daß diese Brüche häufig mit straffen Pseudarthrosen heilen, was praktisch belanglos ist. dd) Die Verrenkungsbriiche an der Basis eines Fingergliedes hinterlassen in der Regel eine bleibende Bewegungsbeschränkung des Gelenkes. Ihre Einrichtung ist schwierig, Ruhigstellung mit Cellonahülse. Bei Q u e t s c h u n g e n der Endglieder mit Nagelabhebung oder Einrissen an demselben trägt man in örtlicher Betäubung den Nagel ab, gibt Salbenverband und stellt mit Fingerschiene einige Tage ruhig. Beim s u b u n g u a l e n H ä m a t o m muß man häufig wegen zu starker Spannungsschmerzen den Bluterguß ablassen oder auch den ganzen Nagel entfernen.

Arm

ee) Der Strecksehnenriß. Entstehung: Beim Hängenbleiben der Fingerspitze z. B. beim Zuknöpfen, Bettenmachen usw. K l i n i s c h hängt die Fingerspitze herab, steht in Mittelstellung und kann nicht selbsttätig gestreckt, wohl aber gebeugt werden. Es gibt einen Strecksehnenriß und den Ausriß des Strecksehnenansatzes am Endglied (Unterscheidung im Röntgenbild). B e h a n d l u n g : Cellonahülse (s. S. 81, Abb. 69) in Überstreckung des Endgelenkes, beim Strecksehnenriß für 6 Wochen, beim Knochenausriß für 4 Wochen. Beim Anlegen dieser Hülse ist darauf zu achten, daß kein Druck auf die Haut gemacht wird. Die Versorgung der Strecksehnenabrisse mit orthopädischen Apparaten erscheint uns nicht zweckmäßig, da die Ruhigstellung keine absolute und ununterbrochene ist. Der Erfolg ist auch meist ein negativer. In letzter Zeit sind wir mehrfach dazu übergegangen, auch diese Verletzung primär zu nähen. Dies gehört jedoch in ein Spezialkrankenhaus. 15. Zerrungen und Bänderrisse an den Fingergelenken. Sie entstehen indirekt, meist durch Sturz; das betreffende Gelenk ist geschwollen und in seiner Beweglichkeit eingeschränkt. Das Röntgenbild ist negativ mit Ausnahme der Fälle, in denen ein Seitenband völlig zerrissen ist. Dann zeigt das „gehaltene Bild" (Aufklappen nach der gesunden Seite) den Gelenkspalt auf der betreffenden Seite bis auf ein Mehrfaches der gesunden Seite verbreitert. In diesen Fällen stellt man mit einer Cellonahülse für 4 Wochen ruhig, bei schwereren Zerrungen gibt man eine Fingerschiene für einige Tage, darüber Umschläge, später zirkulär Heftpflaster um das Gelenk. Schädlich sind Massage und passive Bewegungen! Wichtig zu wissen ist, daß diese Zerrungen häufig lange Zeit Schmerzen und Bewegungsbeschränkungen verursachen und dadurch die Gebrauchsfähigkeit des Fingers und damit der ganzen Hand herabsetzen. Fingerschiene immer in Mittelstellung anlegen! (s. S. 66, Abb. 39). 16. Verrenkungen der Fingerglieder. Am häufigsten ist die Verrenkung im Daumengrundgelenk. Charakteristisches Bild, in frischen Fällen Stufe! Röntgen! Die E i n r i c h t u n g erfolgt durch Zug und Beugung oder Uberstrecken, wenn nötig in örtlicher Betäubung. Für einige Tage gibt man eine Fingerschiene in Mittelstellung und Umschläge, später zirkuläres Heftpflaster um das Gelenk. In der Regel bleibt durch mehrere Wochen bis Monate eine Bewegungsbeschränkung und Verdickung des Gelenkes, was sich dann zurückbildet. B e h a n d l u n g : Unterstützende Maßnahmen s. S. 89. Schlecht sind Massage und passive Bewegungen, weil dann die Verdickung und die Bewegungsbeschränkung bleiben. 17. Handrückenödem und Bewegungsbeschränkung der Finger nach Verletzungen. Das f r i s c h e t r a u m a t i s c h e Handr ü c k e n ö d e m im Gefolge von Verletzungen geht immer von selbst n*

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Besonderer Teil

u n d durch Ruhigstellung zurück, außer wenn man es massiert. Das • c h r o n i s c h e sich über Monate und Jahre erstreckende Handrücken-ödem nach kleineren Verletzungen ist ein Zeichen einer neurotischen Veranlagung oder Artefakt! Die chronische Handrückenschwellung als Zeichen gestörten Blutumlaufes (z. B. bei starkem Kalkschwund und Bewegungsbeschränkung der Finger nach einem schlecht eingerichteten Speichenbruch) behandelt man am besten mit einer dorsalen Gipsschiene, Hochlagerung des Armes und Bewegungsübungen der Finger, eventuell Quengelverbände (s. S. 84, Abb. 72—74). Ebenso besteht die zweckmäßigste Behandlung von Fingerversteifungen in Anlegen •einer dorsalen Gipsschiene bei Dorsalflexion des Handgelenkes und Quengelverband. Dazu kommt Hochlagerung, Ziehen am Rollenzug (s. S. 89, 90, Abb. 82), fleißig selbsttätige und vorsichtig fremdtätige Be•wegungsübungen.

XI. Bein Untersuchung: I m S t e h e n bei völliger Entkleidung. B e t r a c h t u n g ob Formänderung, Muskelschwund usw. Vergleich, ob einseitiger Trochanterhochstand. Prüfung auf Einbeinstand und T r e n d e l e n b u r g • s c h e s S y m p t o m (Abb. 200—201): Der Verletzte steht auf dem gesunden Bein und hebt das kranke und steht auf dem kranken Bein und hebt das gesunde. Bleiben beim Stehen auf dem kranken Bein beide Hüften in gleicher Höhe = I |M l JBj negativer Trendegj^ä 1 e n b u r g , so ist dies normal. Sinkt jedoch die gesunde Seite ab, so spricht man von p o s i t i v e m Trendelenburg. Dieser findet sich bei Schenkelhalspseudarthrose, angeborenen Hüftgelenksverrenkungen, Teillähmung und ist ein Bej o j j weis daß entweder der knöcherne Halt im Bereiche

«S-. JrS Abb. 200 u. 201. Positives Trendelenburgsches Symptom bei angeborener Hüftverrenkung links. Bei Belastung des erkrankten Beines sinkt das Becken ab, während es bei Belastung des gesunden rechten Beines hoch bleibt.

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der kranken Seite fehlt oder daß die Hüftmuskulatur zu lang oder insuffizient ist. Prüfung der B e w e g l i c h k e i t der Hüfte bei Betrachtung vor» rückwärts: maximales Grätschen, Kreuzen der Beine vorne und rückwärts, beide Beine nach innen und außen drehen. Untersuchung im L i e g e n : Längenmessung s. S. 193 (Abb. 252). Prüfung aller Gelenke von den Zehen angefangen, beide Beine abspreizen, beide Beine innen und außen drehen, Beugung jeder einzelnen Hüfte bei Streckung der anderen. In Seitenlage Prüfung der Überstreckbarkeit. Achtung auf vermehrte Lordose der Lendenwirbelsäule (z. B. bei Hüftbeugekontraktur, vergleichende Muskelmessungen am Oberund Unterschenkel. Untersuchung des Kniegelenkes s. S. 171. a) Hüfte 1. W u n d e n , Z e r r u n g e n : bieten nichts Besonderes 2. P r e l l u n g e n der Hüfte sind häufig primär nur durch das Röntgenbild von einem eingekeilten Schenkelhalsbruch zu unterscheiden. B e h a n d l u n g : Einige Tage Bettruhe, dann Aufstehen und unterstützende Maßnahmen s. S. 89. Bei jedem Verdacht auf einen Knochenbruch soll ein Röntgenbild gemacht werden, da Schenkelhalsbrüche oft übersehen werden! 3. B l u t e r g ü s s e an der Außenseite der Hüfte bleiben oft sehr lange, werden dann serös. Öftere Punktion, Schwammkompression, unterstützende Maßnahmen. 4. Hüftgelenksverrenkung (Abb. 202—206). Zustandekommen durch langsam drehende Gewalteinwirkung (Verschüttung, beim Schiläufen usw.). Erste Hilfe s. S. 24. Charakteristisch ist die typische Stellung des Beines bei den verschiedenen Formen der Verrenkung. aa) L u x. i 1 i a c a = hintere obere, (häufigste, Abb. 202, 204). Der Oberschenkelkopf steht hinter und oberhalb der Pfanne, das Bein ist verkürzt, adduziert, nach innen gedreht, das gebeugte Knie der verletzten Seite liegt über dem gesunden Knie, federnde Fixation, Strecken und Beugung der Hüfte sind unmöglich. bb) L u x . p u b i c a = vordere obere. Der Kopf sitzt vor dem oberen Schambeinast und ist hier (in der Leistengegend) zu tasten. Das Bein ist nicht wesentlich verkürzt, annähernd in Streckstellung, nach außen gedreht. cc) Bei der L u x . i s c h i a d i c a = untere äußere steht der Oberschenkelkopf auf dem Sitzbein. Das klinische Bild ist ähnlich wie bei der Lux. iliac., jedoch besteht keine Verkürzung. dd) L u x . o b d u r a t o r i a = untere innere (Abb. 203, 205). Der Kopf steht am Foramen obduratorium, das Bein ist gebeugt, abduziert

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und nach außen gedreht, das Knie wird gebeugt gehalten, aa, bb und cc werden auch als h i n t e r e V e r r e n k u n g e n bezeichnet. Einrichtung (Abb. 206) in Narkose: Der Verletzte wird auf ein Brett auf den Boden gelegt und daran mit Gurten oder Leintüchern festgebunden. Ist kein Brett vorhanden, dann kann man ihn auf einem Tisch festbinden oder das Becken durch einen Gehilfen niederhalten lassen. Der Einrichtende kniet über dem Verletzten, bindet ein Leintuch um den Oberschenkel des verletzten Beines oberhalb des Kniegelenkes und knüpft sich dieses um seinen eigenen Nacken. Auf diese

Abb. 204 Abb. 205 Abb. 202. Hintere obere Hüftgelenksverrenkung (Lux. iliaca) — Bein verkürzt, adduziert, nach innen gedreht. Sammlung B ö h 1 e r.) Abb. 204. Röntgenbild dazu. Abb. 203. Untere innere Hüftgelenksverrenkung (Lux. obduratoria) — Hüfte gebeugt, Bein abduziert und nach außen gedreht. (Sammlung B ö h 1 e r.) Abb. 205. Röntgenbild dazu.

Bein

167

W e i s e wird ein kräftiger Längszug ausgeübt. Mit einer Hand wird der Oberschenkel, mit der anderen der Unterschenkel gehalten und geführt. Wichtig ist kräftiger Zug, eventuell vorsichtige Drehung des Beines. Dann springt meist mit einem deutlich hörbaren Ruck der Oberschenkelkopf wieder ein. Bei der Lux. pubica muß in der Längsachse des Körpers gezogen werden. N a c h b e h a n d l u n g : 14 T a g e Bettruhe, dann kann man den Verletzten gehen und arbeiten lassen. Schlecht sind Massage und passive Bewegungsversuche, die zu schweren Muskelverknöcherungen der ganzen Umgebung der Hüfte führen können.

Abb. 206. Einrenkung einer Hüftverrenkung. Hände zusammengebunden, Becken mit Gurte auf einem Brett festgemacht. Leintuch oberhalb des Knies um den Oberschenkel und um den Nacken des Einrichtenden gebunden. (Nach B ö h 1 e r.) K o m p l i k a t i o n e n : selten, Druck auf Nerven. 5. Pfannenbodenbrüche und zentrale Hüftgelenksverrenkungen entstehen durch Sturz aus größerer Höhe, sind im Röntgenbild genauer zu diagnostizieren und gehören in Krankenhausbehandlung. b) Oberschenkel 1. W u n d e n u n d I n f e k t i o n e n siehe allgemeiner Teil. Unbedingte Bettruhe! 2. P r e l l u n g e n u n d B l u t e r g ü s s e : Bettruhe, Umschläge, eventuell Punktion und Schwammkompression, nach einigen Tagen Heißluft, später die unterstützenden Maßnahmen s. S. 89. Dringend, zu warnen ist vor Massage! (Gefahr der Verhärtung, eventuell Verknöcherung!).

168

Besonderer Teil

3. Einteilung

der

Knochenbrüche.

Tab. 1. Einteilung der S c h e n k e l h a l s b r ü c h e

aa) Abduktionstyp Abb. 207, 211 bb) Adduktionstyp Abb. 208, 212 cc) Lateral Abb. 209, 213 dd) Pertrochanter Abb. 210, 214

(Abb. 207—214).

Verkürzung

Achse

eingekeilt

nein

Valgus

ja

keine

keine

ja

Varus

nein

45°

Nagelung

ja oder nein

Varus oder ohne Knick.

nein

45—90 °

Dauerzug oder Nagelung

ja

Varus

nein

90°

AußenBehandlung drehung

Dauerzug oder Operation

aa) Subcapitaler medialer Schenkelhalsbruch-Abduktionstypus, eingekeilt, Valgusstellung (Abb. 207, 211). bb) Subcapitaler-medialer Schenkelhalsbruch — Adduktionstypus, nicht eingekeilt, Varusstellung (Abb. 208, 212). cc) Lateraler Schenkelhalsbruch mit oder ohne Verschiebung (Abb. 209, 213). dd) Pertrochanter (Abb. 210, 214). ee) Subtrochanter. ff) Schaftbrüche. gg) Supracondylär (eventuell in das Gelenk reichend Y-T-V). hh) Isolierter Bruch des äußeren oder inneren Oberschenkelcondyls (reicht in das Kniegelenk). K l i n i s c h : Mit Ausnahme des eingekeilten Abduktionsbruches des Schenkelhalses (aa) kann das Bein nicht belastet werden. Häufig besteht Außendrehung des ganzen Beines (bb—ff). Charakteristisch: Der subcapitale Schenkelhalsbruch (bb) ist im frischen Zustand um 45 °

Bein

169

170

Besonderer Teil

nach außen gedreht, der pertrochantere (dd) dagegen um 90 ° = Außenseite des Fußes liegt der Unterlage auf. Bei Schaftbrüchen sieht man häufig eine Verbiegung und Verkürzung und die typischen Zeichen des Knochenbruches (s. S. 46 ff.), die bei Brüchen am oberen Oberschenkelende nicht so charakteristisch zu finden sind. Wichtig: 1. Es muß sofort die Beweglichkeit der Zehen (Funktion des N. peroneus) und der Puls der Fußrückenschlagader geprüft werden. 2. Vor der Röntgenaufnahme soll durch Einspritzen von 20 ccm Novocain in das Bruchhaematom (am Punkt des größten Druckschmerzes) Schmerzfreiheit erzielt werden (s. S. 62). In der Sprechstunde bzw. im Haus behandelt werden kann der eingekeilte A b d u k t i o n s b r u c h des Schenkelhalses (aa, Abb. 207, 211). Er entsteht bei alten Leuten durch Sturz, das Bein kann häufig noch belastet werden. B e h a n d l u n g : Bettruhe für 2—4 Wochen, sofort Beginn mit Bewegungsübungen von Zehen, Sprunggelenk und Knie, eventuell Umschläge, Heißluft. Der A d d u k t i o n s b r u c h (bb) mit Verschiebung und Verkürzung (Abb. 208, 212) = typischer Bruch bei alten Leuten, früher wegen seiner Komplikationen (Aufliegen, Lungenentzündung, Cystitis) sehr gefürchtet, hat viel von seinem Schrecken verloren. Das Zweckmäßigste ist heutzutage die S c h e n k e l h a l s n a g e l u n g mit über 90 °/o knöchernen Heilungen bei guter Technik; der früher übliche große Gipsverband nach W h i t m a n , der auch nur jüngeren Leuten zugemutet werden konnte, hat heute nur mehr historisches Interesse. Die Behandlung im Dauerzug ergibt schlechte Erfolge. Die p e r - u n d s u b t r o c h a n t e r e n Brüche sind gewöhnlich Drehbrüche mit Verkürzung und Achsenknickung. Im Bereiche des S c h a f t e s kommen alle Bruchformen vor. Alle diese Brüche gehören in Krankenhausbehandlung. Die E p i p h y s e n l ö s u n g ( = E p i p h y s e n e r k r a n k u n g ) a m o b e r e n O b e r s c h e n k e l e n d e ist auf Störungen der inneren Sekretion zurückzuführen und keine Unfallfolge. Zu warnen ist vor der Behandlung kindlicher Oberschenkelbrüche zu Hause und ohne Röntgenkontrolle mit der vertikalen Suspension nach S c h e d e , da es auf diese Weise sehr häufig zu Heilung mit Verkürzung und Verbiegung kommt. Auch soll man nicht mehr mit Heftpflaster, sondern mit einem Fersenbein- oder Schienbeinkopf-Nagel oder Draht extendieren. c) Knie Infolge seines Baues und seiner starken Beanspruchung ist das Knie Schädigungen sehr stark ausgesetzt. Die Diagnostik ist vielfach schwierig, insbesonders bei Binnenverletzungen und unklaren Beschwerden.

Bein

171

Untersuchung des Kniegelenkes Zuerst soll immer eine genaue Vorgeschichte e r h o b e n w e r d e n , ob ein Unfall vorliegt oder ob die Beschwerden ohne äußeren Anlaß auftraten. Handelt es sich um einen Unfall, so ist nach dem genauen Unfallshergang, nach dem Auftreten der Beschwerden, Abhängigkeit von Belastung, eventuell „Herausspringen", Gefühl der Unsicherheit usw. zu fragen. G a n g d e r U n t e r s u c h u n g : Beide Beine freimachen von den Zehen bis zur Leistenbeuge. Immer Vergleich mit der anderen Seite! aa) I m S t e h e n u n d G e h e n . 1. Den Verletzten normal und auf den Zehenballen gehen lassen. 2. Besichtigung von vorne, rückwärts, auf Achsenknickungen, Zustand der Muskulatur, Senkfüße, Krampfadern usw.

Abb. 215. Prüfung auf Abduktion im Kniegelenk. Der Unterschenkel wird nach außen gezogen, der Oberschenkel nach innen gedrückt.

3. Besichtigung von beiden Seiten, ob beide Knie voll durchgestreckt werden können. 4. Kniebeuge machen lassen. 5. Einbeinstand beiderseits prüfen. bb) I m L i e g e n . 1. Besichtigung, ob Kniekontur verändert, ob sich Kniescheibe gut herausmodelliert usw. 2. Oberschenkelmuskulatur beiderseits maximal anspannen lassen. 3. Prüfung der Beweglichkeit von Zehen, oberem und unterem Sprunggelenk sowie der Hüfte. 4. Bein gestreckt heben lassen (Funktion des Streckapparates von Lig. patell.-propr. über Kniescheibe bis Oberschenkelstrecker). 5. Knie abbiegen lassen, Vergleich mit der gesunden Seite. 6. Prüfen, ob fremdtätige (passive) Beugung weiter möglich ist. Angabe der Beweglichkeit in Winkelgraden, normal 180—40 7. Prüfen auf Tanzen der Kniescheibe (Ballottement). 8. Prüfen der Beweglichkeit der Kniescheibe nach allen Richtungen. 9. Prüfen von Ab- und Anspreizen (X- und O-Stellung) (Abb. 215): Eine Hand hält oberhalb des Kniegelenkes außen oder innen, die andere

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Besonderer Teil

zieht den Unterschenkel nach innen, bzw. außen; z. B. Halt oberhalb des Kniegelenkes außen und Abspreizen des Unterschenkels. Dabei kann Schmerz innen oder außen auftreten, dementsprechend spricht man von Abduktionsschmerz innen oder außen; dann Halt oberhalb des Kniegelenkes innen und Anspreizen des Unterschenkels (O-Stellung), dementsprechend gibt es Adduktionsschmerz innen oder außen. Außerdem kann beim Ab- oder Anspreizen das Knie auf einer Seite „ a u f k l a p p b a r " sein, z. B. beim Riß des inneren Seitenbandes

Abb. 216 u. 217. Schublädenphänomen bei altem Kreuzbandriß. Der Unterschenkel läßt sich gegenüber dem Oberschenkel nach vorne und rückwärts verschieben. (Sammlung B ö h 1 e r.) beim Abspreizen innen (Abb. 220—221). Normalerweise ist das Knie in Streckstellung fest, in leichter Beugestellung etwas seitenlocker, bei normalen Verhältnissen ist dieses beiderseits gleich. 10. Prüfung auf S c h u b l a d e (Abb. 216—217): Das Knie steht in einer Winkelstellung von ungefähr 120 Graden bei aufgestelltem Fuße, man faßt mit beiden Händen den Unterschenkel und schiebt ihn gegenüber dem Oberschenkel nach vome und rückwärts. 11. Druckschmerz: Betasten des Kniegelenkspaltes innen, außen, rückwärts, des oberen und unteren Schienbein- und Oberschenkelendes. Prüfung am besten bei leicht gebeugtem Knie. 12. Prüfung — ebenfalls bei leicht gebeugtem Knie — auf Fernschmerz bei Außen- und Innendrehung des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel, eventuell Kombinieren mit Druckschmerzprüfung. 13. Kniegeräusche bei Bewegungen — Knirschen, Reiben und Krachen bei Arthrose. Wegen der Schwierigkeit der Diagnose am Knie soll man immer erst alle diagnostischen Hilfsmittel verwenden, dann erst die Diagnose

Bein

173

stellen, nicht eines herausgreifen und wenn das gerade stimmt, sich damit begnügen! 1. W u n d e n . (Siehe allgemeiner Teil.) Typisch ist die K n i e h a c k v e r l e t z u n g (Abb. 218): Es besteht in der Regel nur eine kleine Wunde, die häufig das Gelenk eröffnet! Die Gelenkseröffnung wird häufig übersehen und unzweckmäßig behandelt! Die Folge ist in der Regel eine lebensgefährliche Kniegelenksinfektion. Alle Wunden in der Umgebung des Kniegelenkes sind verdächtig, die Diagnose ist oft erst bei der operativen Wundversorgung zu stellen: Luft im Kniegelenk im Röntgenbilde ist typisch für eine Gelenkeröffnung, jedoch ist das

Abb. 218. Hackverletzung an der Innenseite des Kniegelenkes mit Gelenkseröffnung. Daß das Gelenk offen ist, ist häufig erst bei der operativen Wundversorgung zu sehen.

Röntgenbild nicht verläßlich, da auch bei negativem Röntgenbefunde das Gelenk eröffnet sein kann. Schlecht ist die Naht ohne gründliche operative Wundversorgung sowie Unterlassen der Ruhigstellung. R i c h t i g e B e h a n d l u n g : Operative Wundversorgung, Hautnaht, absolute Ruhigstellung, absolute Bettruhe. In veralteten Fällen: Ruhigstellung, Spülung des Kniegelenkes mit Penicillinlösung ein- bis mehrmals täglich, allgemeine Penicillinbehandlung s. S. 32. 2. I n f e k t i o n e n . Außer den subkutanen und tiefer gelegenen Zellgewebsentzündungen und Abszessen gibt es den P y a r t h r o s = infiziertes Kniegelenk entweder nach Wunden mit Kniegelenkseröffnung oder metastatisch. Sofortige Krankenhausabgabe. Gefahr von Sepsis und Pyämie! 3. Der Kniegelenkserguß. K l i n i s c h : Das Knie ist verdickt, es besteht mäßige Beuge- und Streckbehinderung, Tanzen der Kniescheibe,

Besonderer Teil

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eventuell diffuser Druckschmerz rund um das Knie. Ist der Erguß einige Tage alt, so besteht bereits Muskelschwund des Quadrizeps, für chronischen Erguß ist außer dem Muskelschwund das Vorwölben der Reoessus suprapatellaris zu beiden Seiten der Quadrizepssehne charakteristisch. Der Inhalt ist blutig, schleimig oder serös oder blutigschleimig-serös. Diagnose

der

Tabelle 2. Kniegelenksverletzungen:

Abduktionsschmerz innen Zerrung des inneren Seitenbandes Riß des inneren Seitenbandes Abduktionsschmerz außen Beschädigung des äußeren Meniskus Adduktionsschmerz innen Schädigung des inneren Meniskus Adduktionsschmerz außen Zerrung des äußeren Seitenbandes Riß des äußeren Seitenbandes (sehr selten)

aufklappbar

Streckbehindg.

Druckschmerz

nein

gewöhnlich

am Skipunkt

innen

gewöhnlich nicht

diffus Innenseite

nein

manchmal (Korbhenkel)

Gelenkspalt außen

nein

manchmal (Korbhenkel)

Gelenkspalt innen

nein

nein

diffus außen

außen

nein

diffus außen

E n t s t e h u n g : a) Traumatisch (Inhalt blutig) bei intraartikulären Knochenbrüchen, dann schwimmen bei der Punktion i m m e r F e t t T r o p f e n auf dem Blute, oder durch Einriß der Kapsel oder Bänder (Inhalt Blut ohne Fett). b) Durch Reiz: Inhalt serös, z. B. bei chronischen Ergüssen. c) Durch spezifische Infektionen: rheumatisch, Inhalt gelb-grünserös, schleimig. Beginnender Fungus: Inhalt gelb-grün, schleimig, trüb, flockig. Traumatische Ergüsse werden insbesondere bei mangelnder Ruhe oft später schleimig, serös, braun von altem Blut.

Bein

175

B e h a n d l u n g : Bei starkem Erguß Punktion (bei Trauma erst am 3. oder 4. Tag wegen Gefahr einer Nachblutung), Schwammkompression (ein Schwamm kommt in die Kniekehle, je einer seitlich der Kniescheibe, darüber elastische Binde), Bettruhe (das Wichtigste) für 4—8 Tage, dann Aufstehen mit Schwammkompression, später Idealbinde. Kommt der Erguß wieder, dann neuerliche Bettruhe. Dunstumschläge sind günstig. Heißluft ist häufig schädlich. Zur Behebung des Muskelschwundes macht man nach Abklingen des Ergusses aktive Bewegungsübungen, Widerstandsübungen, vorsichtige Gymnastik. Bei F u n g u s Ruhigstellung mit Gipshülse, höhenklimatische Behandlung, eventuell Gelenksresektion. Bei Rheumatismus antirheumatische Behandlung. K n i e p u n k t i o n : Wichtig ist die p e i n l i c h s t e S t e r i l i t ä t . Nach Injektion von einigen ccm örtlicher Betäubung wird eine kurze, dicke Nadel am Kreuzungspunkt des oberen und seitlichen Kniescheibenrandes eingestochen, der Erguß abgelassen oder mit einer Spritze abgesaugt. Bei Bluterguß Achtung auf Fett-Tropfen (intraartikulärer Knochenbruch!). Steriler Verband! 4. Die Bandverletzungen. aa) Zerrung des inneren Seitenbandes. Entstehung durch Gewalteinwirkung auf das Knie von außen oder durch Außendrehung des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel (häufigste Skiverletzung). K l i n i s c h : Kein oder geringer Erguß, Streckbehinderung, Durchstreck-, Abduktions- und Druckschmerz am oberen Ansatz des inneren Seitenbandes = Skipunkt. B e h a n d l u n g : Zinkleimverband, Idealbinde, Dunstumschläge, Heißluft. Es dauert gewöhnlich 6 Wochen, bis das Knie wieder durchgestreckt werden kann. Zu warnen ist vor gewaltsamen Streckversuchen des Kniegelenkes, passiven Bewegungsübungen, Massage! Sonst kommt es zur Entwicklung des S t i e d a s c h e n S c h a t t e n s (Abb. 219), welcher bei Unterlassen dieser gewaltsamen Maßnahme immer ausbleibt. bb) Riß des inneren Seitenbandes: Entstehung wie bei aa), jedoch bei stärkerer Gewalteinwirkung. K l i n i s c h : Häufig Erguß, beim Stehen gibt das Knie nach innen nach, gestörte Standfestigkeit, Abduktionsschmerz innen, Abduktionsschlottern, diffuser Druckschmerz entlang dem inneren

Abb. 219. S t i e d a scher Schatten bei 40 jährigem Landwirt; vor 3 Monaten ^ von^Last^to, gearbeitet.

176

Besonderer Teil

Seitenbande. Röntgen: Auf dem in Abduktion gehaltenen Bild ist der Gelenkspalt innen aufklappbar (Abb. 220). B e h a n d l u n g : Ruhigstellung mit Zinkleim-Gipshülse (s. S. 77, Abb. 61—62) für mindestens 12 bis 14 Wochen bei einer Stellung von 160°. Der Verletzte soll mit der Gipshülse fleißig gehen, eventuell Heilgymnastik betreiben. Der größte Teil der Seitenbandrisse wird mit der konservatven Behandlung wieder fest, ein Teil bleibt teilweise locker. Nach unseren Erfahrungen gibt die Naht des gerissenen Seitenbandes auch keine besseren Ergebnisse. Nach Gipsabnahme Zinkleimverband bis zum Knie, Idealbinde, Heiß-

Abb. 220. Riß des inneren Seitenbandes und Kreuzbandes bei 47 jährigem Polizisten, Autounfall. Der Kniegelenkspalt innen auf 23 mm zu erweitern, Abriß des unteren Ansatzes des vorderen Kreuzbandes. Kniegelenk in Abduktion gehalten. Abb. 221. Abriß der Spitze des Wadenbeinköpfchens mit dem äußeren Seitenband bei 56jähr. Ingenieur. Auf Motorrad von Auto niedergestoßen. Kniegelenk außen aufklappbar, Diastase der Bruchstücke. Bild in Adduktion gehalten.

luft, selbsttätige Bewegungsübungen, Widerstandsübungen. Zu warnen ist vor gewaltsamen Bewegungsübungen! cc) Riß der Kreuzbänder: Das vordere Kreuzband ist häufig gemeinsam mit dem inneren Seitenband zerrissen (Abb. 220), z. B. bei Skistürzen. Der isolierte Riß eines Kreuzbandes ist sehr selten, er kommt zustande bei gewaltsamer Drehung des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel und bei scherender Gewalt von vorne nach rückwärts. K l i n i s c h : Mäßiger Erguß, Schwellung, Gefühl der Unsicherheit im Knie. Charakteristisch ist die Schublade (s. S. 172, Abb. 216, 217). B e h a n d l u n g : Ruhigstellung mit Gipshülse wie beim Riß des inneren Seitenbandes für 8 Wochen, Nachbehandlung wie beim

Bein

177

Seitenbandriß. Von der Naht der frischen Kreuzbänder haben wir keine guten Erfolge gesehen, über den Erfolg der Kreuzbandplastiken gehen die Meinungen auseinander. dd) Riß des äußeren Seitenbandes (äußerst selten, meistens reißt der Ansatz mit einem Stück des Wadenbeinköpfchens ab). K l i n i s c h : Schwellung, Erguß, Bewegungsbeschränkung, Adduktionsschmerz außen, Adduktionsschlottern, diffuser Druckschmerz über dem Kniegelenk außen. Der Riß ist darstellbar im Röntgenbilde, wenn das Knie in Adduktion gehalten wird (Abb. 221). B e h a n d l u n g : Naht des Bandes bzw. Knochens. Ruhigstellung mit Gipsverband für 4 bis 6 Wochen, Nachbehandlung wie bei bb). ee) Verletzung des inneren Meniscus: Entstehung und Begutachtung s. S. 198. Die akute Einklemmung ist leicht zu diagnostizieren: Stich im Knie, starker Schmerz, Streckbehinderung, kein Erguß, keine Schwellung, Durchstreckschmerz, eventuell Adduktionsschmerz innen, Druckschmerz im Kniegelenksspalt innen vor dem inneren Seitenband, eventuell auch Drehschmerz an der gleichen Stelle. Wichtig ist die Anamnese mit der Einklemmung! Typisch ist, daß die Beschwerden nach dem Einklemmen in immer kürzerer Zeit verschwinden. Eventuell findet sich ein geringerer Reizerguß nach der Einklemmung. Nach einigen Tagen ist der Betreffende meist wieder beschwerdefrei. Risse am Meniscus ohne Einklemmungserscheinungen sind schwerer zu diagnostizieren, sie bedürfen manchmal längerer Beobachtung, evtl. einer Provokation. ff) Verletzung des äußeren Meniscus: Entstehung und Vorgeschichte ist gleich wie beim inneren Meniscus. Die Symptome sind jedoch im Gelenksspalt außen, es besteht bei der Einklemmung Streckbehinderung, Durchstreckschmerz und Druckschmerz im Gelenksspalt außen, ohne Einklemmung Druckschmerz und Abduktionsschmerz außen. Behandlung der Meniscusrisse: Operative Entfernung des abgetrennten Stückes, die Entfernung des ganzen Meniscus halten wir nicht für zweckmäßig. Eine Ruhigstellung hat beim gerissenen Meniscus keinen Zweck, da das abgerissene Stück nicht mehr anheilt und im Laufe der Zeit zur Arthrose führt. Nachbehandlung nach der Operation: Zinkleim bis zum Knie, Idealbinde. Vorsicht mit Heißluft. Vorsichtige Gymnastik, eventuell Diathermie. Zu warnen ist vor passiven Übungen und Massage! 5. Kniegelenks Verrenkungen: Zustandekommen durch langsame gewaltsame Verdrehung des Beines. Die Verrenkung ist nach 4 Richtungen möglich, am häufigsten kommt es jedoch zur Verrenkung nach außen vorne (Abb. 222—225) — der Unterschenkel steht in Valgusstellung und Außendrehung — oder nach außen hinten — der Unter12

Ehalt,

Uniallpraxis.

178

Besonderer Teil

Schenkel steht in Varusstellung und Innendrehung. K o m p l i k a t i o n e n : Offene Verrenkung, bei sehr starker Verschiebung Drude auf die A. poplitea oder Zerreißung derselben oder Schädigung der Nerven (am häufigsten Peroneuslähmung). Wichtig ist, vor der Einrichtung den Puls der A. dorsalis pedis und die Zehenbeweglichkeit sowie die Berührungsempfindung des Beines zu prüfen. D i e E i n r i c h t u n g erfolgt in allgemeiner Betäubung durch Zug am Unterschenkel in der Längsrichtung bei Gegenhalt am Oberschenkel,

Abb. 222—225. Kniegelenksverrenkung links nach außen und vorne mit Verdrehung des Unterschenkels nach außen. (Nach B ö h 1 e r.)

Bein

179

während gleichzeitig vorsichtig die Verdrehung und Abweichung aus der Achsenrichtung ausgeglichen wird, z. B. bei der Verrenkung nach außen vorne durch Längszug und gleichzeitigem Druck am Unterschenkel unterhalb des Knie nach innen rückwärts. Anschließend wird mit Zinkleim-Gipshülse (s. S. 77. Abb. 61—62) für 12 Wochen bei einer Winkelstellung von 160 Graden ruhiggestellt. Baldiger Beginn mit Gehen, später Gymnastik. Nach Abnahme des Gipsverbandes Zinkleim, Idealbinde und unterstützende Maßnahmen s. S. 89. Warnung vor Massage und passiven Bewegungen. 6. Bruch der Kniescheibe (Abb. 226—228). Entstehung meist durch Sturz auf das Knie (manchmal offener Bruch). Klinisch besteht starke

Abb. 226. Frischer Bruch der Kniescheibe mit Diastase vor Auftreten der Schwellung. (Sammlung B ö h 1 e r.) Abb. 227 u. 228. Querbruch der Kniescheibe bei 41 jährigem durch Sturz. Die Bruchstücke gegeneinander verschoben und geknickt, Diastase von 2 cm vorne. Naht. y2 Jahr später Heilung in idealer Stellung, Beweglichkeit praktisch frei, beschwerdefrei.

Schwellung und Erguß, Unfähigkeit, das Bein gestreckt zu heben, in frischen Fällen sieht oder tastet man eine Diastase der Bruchstücke beim Querbruch (Abb. 226). Röntgen! Es gibt Quer-, Stück- und Sternbrüche. B e h a n d l u n g : Für Brüche ohne Diastase wird mit Zinkleim-Gipshülse (s. S. 77, Abb. 61—62) bei gestrecktem Knie für 3 Wochen ruhiggestellt, bei Diastase (Abb. 227—228) muß operiert werden — wichtig dabei ist, daß außer der Kniescheibe auch der zerrissene seitliche Streckapparat genäht wird. Nach Entfernen der Hautnähte wird ebenfalls Zinkleim-Gipshülse angelegt, womit der Verletzte gehen kann und soll. Der in manchen Büchern angeführte Versuch, durch Heftpflaster die Bruchstücke aneinander zu bringen, ist zwecklos und verlängert die Zeit der Gebrauchsunfähigkeit, da später doch operiert werden muß. N a c h b e h a n d l u n g : Zinkleim bis zum Knie, Idealbinde, Gym-

Besonderer Teil

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nastik, Widerstandsübungen, selbst- und fremdtätige Bewegungsübungen. Zu warnen ist vor gewaltsamen Beugungsversuchen. Wichtig: Die angeborene p a t e l l a b i p a r t i t a (Abb. 229—230) wird häufig mit einem alten Kniescheibenbruch verwechselt! Für die Unterscheidung ist wichtig, daß die patella bipartita häufig beiderseitig ist, in der Regel am äußeren oberen Rande sitzt, die Ränder glatt und sklerosiert sind. 7. Verrenkung der Kniescheibe. Zur Kniescheibenverrenkung kommt es am häufigsten bei Mädchen mit lockeren Bändern und X-Beinen. Bei mittlerer Beugung rutscht die Kniescheibe nach außen mmmmmm

• H H H f t

Abb. 229 u. 230. Angeborene Patella bipartita und normale Kniescheibe.

(äußere Verrenkung) oder sie dreht sich um die Längsachse, stellt sich am inneren Rand so auf, daß die Gelenkfläche nach außen sieht (vertikale Verrenkung), das Knie steht in leichter Beugung und kann weder gestredet, noch gebeugt werden. Die Einrichtung ist manchmal ohne Narkose durch Strecken des Kniegelenkes und Hinüberdrücken der Kniescheibe möglich. Eine Ruhigstellung ist nicht notwendig, in der Regel genügt das Tragen einer Idealbinde für eine Zeitlang. Die habituelle Kniescheibenverrenkung kann mit Erfolg operiert werden. 8. Ausriß der emintia intercondyloidea. K l i n i s c h : Schwellung (Bluterguß), Standunsicherheit bis Standunfähigkeit, Bewegungsbehinderung des Kniegelenkes, insbesonders der Streckung. Falls das ausgerissene Stück aus dem Bett gehoben ist, wird es in Narkose durch Überstreckung des Kniegelenkes eingerichtet und mit Zinkleim-Gipshülse für 4 Wochen ruhiggestellt. Falls keine Verschiebung besteht, wird nur Zinkleim-Gipshülse angelegt. 9. Freie Körper (Gelenksmäuse) sind selten Folge von Absprengungen der harten und weichen Kniegelenksanteile, häufiger krank-

Bein

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hafter Natur, z. B. bei O s t e o c h o n d r i t i s d i s s e c a n s . Zur Diagnose ist oft die Luftfüllung des Gelenkes ( P n e u m o r a d i o g r a p h i e) notwendig. Die freien Körper sollen operativ entfernt werden, sonst führen sie zu sekundärer Arthrose. 10. Riß der Rectussehne oberhalb der Kniescheibe und des lig. patell. propr. Diese Verletzungen seien nur kurz erwähnt, bei beiden besteht Unfähigkeit, das Bein gestreckt zu heben und man spürt den Hoch- bzw. Tiefstand der Kniescheibe und bei frischen Fällen eine entsprechende Grube oberhalb oder unterhalb derselben. B e h a n d l u n g : Operation. 11. Keine Unfallfolge ist die Meniscuscyste, eine druckschmerzhafte Vorwölbung im Kniegelenksspalt außen. Geklagt wird über ziehende Schmerzen im Knie. B e h a n d l u n g : operative Entfernung der Cyste. Häufig finden sich bei der Operation Risse im äußeren Meniscus. d) Unterschenkel 1. W u n d e n u n d I n f e k t i o n e n siehe allgemeiner Teil. U n b e d i n g t e B e t t r u h e bis zum v o l l k o m m e n e n Abheil e n d e r W u n d e n . Aufstehen und Gehen begünstigt die Entstehung einer Infektion! Gegen eine später auftretende Schwellung sollen Zinkleimverbände angelegt werden. 2. P r e l l u n g e n , B l u t e r g ü s s e , M u s k e l q u e t s c h u n g e n . Behandlung: Umschläge, eventuell Bettruhe. Für viele Fälle ist das Zweckmäßigste, sofort einen Zinkleim- oder Elastoplastverband anzulegen, dadurch werden die Verletzten mit geringen oder ohne Schmerzen sofort gehfähig. In schweren Fällen gibt man einen Gipsverband für 2—3 Wochen, um den Betreffenden sofort gehfähig zu machen. Nach Gipsabnahme oder auch sonst gibt man die unterstützenden Maßnahmen s. S. 89. 3. D e r R i ß d e r A c h i l l e s s e h n e (s. S. 199) ist eine häufige Sportverletzung, insbesondere im mittleren Alter und kommt zustande bei scharfem Laufen in unterkühltem Zustand, durch plötzliche örtliche Abkühlung, beim Endspurt. K l i n i s c h : Sturz, Unfähigkeit, auf den Zehenspitzen zu gehen, deutliche Stufe oberhalb der Ferse. B e h a n d l u n g : Bei unvollständigem Riß Gehgips in Spitzfußstellung f ü r 6 Wochen, bei vollständigem Riß Naht. 4. Einteilung der Knochenbrüche: aa) Schienbeinkopf. Die Schienbeinkopfbrüche entstehen am häufigsten durch Sturz aus größerer Höhe auf das gestredete Bein. Es besteht Unfähigkeit, das Bein zu belasten und gestreckt zu heben, eventuell Verbiegung, das Knie ist geschwollen, in seiner Beweglichkeit

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stark beschränkt. Es gibt Y-V-T-B r ü c h e mit oder ohne Verschiebung, die Bruchflächen reichen ins Kniegelenk, welches Blut mit Fett enthält. Falls keine Verschiebung besteht, legt man Zinkleim-Gipshülse (s. S. 77, Abb. 61—62) für 6 Wochen an und läßt den Verletzten nach einigen Tagen aufstehen. Röntgenkontrolle zur Vermeidung einer sekundären Knickung ist nötig. Brüche mit Verschiebungen gehören in das Krankenhaus. Isolierte Brüche des i n n e r e n oder äußeren S c h i e n b e i n k n o r r e n s . Falls sie nicht verschoben sind, legt man Zinkleim-Gipshülse für 4 Wochen an; falls nur Achsenknickung besteht,

Abb. 231 u. 232. Aufrichtung eines Bruches des äußeren Schienbeinknorrens mit Knickung, vermehrter Valgusstellung und Verwerfung der Gelenksflächen durch Adduktion. (Sammlung B ö h 1 e r.) Abb. 233—234. Bruch des äußeren Schienbeinknorrens bei 60 jähriger Frau durch Sturz von der Leiter. Äußerer Schienbeinknorren steht tiefer und in Valgusstellung, Gelenkfläche verworfen, starke X-Stellung des Beines. Kontrolle im Gipsverband nach dem Aufrichten durch Adduktion in örtlicher Betäubung zeigt ideale Stellung.

dann richtet man Adduktion beim Bruch des äußeren Schienbeinkopfes (Abb. 231—234), durch Abduktion beim Bruch des inneren Condyls auf und legt ebenfalls Zinkleim-Gipshülse für 6 Wochen an. Alle anderen Brüche, Impressionsbrüche, Brüche mit Absinken eines Condyls usw. gehören in das Krankenhaus. Das Wadenbeinköpfchen ist manchmal mitgebrochen, die Stellung desselben ist für die endgültige Heilung gleichgültig, maßgebend ist nur das Schienbein. bb) Schienbeinschaft (isoliert). Falls er quer gebrochen und nicht geknickt ist, gibt man einen Gehgipsverband für 6 Wochen. Drehbrüche, die wir am häufigsten bei Kindern und Jugendlichen finden, sind häufig unangenehm, da das nicht gebrochene Wadenbein als

Bein

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Sperrknochen wirkt, es kommt in der Regel zur Knickung im Sinne von Varus und Rekurvation. In vielen Fällen ist das Einbrechen des Wadenbeines oder die Osteotomie desselben das Zweckmäßigste, in der Regel ist Dauerzug notwendig. cc) Meist ist das Wadenbein mitgebrochen = Bruch beider Unterschenkelknochen, mit oder ohne Verschiebung. Es gibt Quer-, Biegungs-, Dreh-, Stüde- und Trümmerbrüche (Abb. 18—22). K l i n i s c h : Alle Unterschenkelbrüche mit Ausnahme der isolierten Brüche des Wadenbeines zeigen: aufgehobene Gebrauchsfähigkeit, Unmöglichkeit der Belastung, Schwellung, Bewegungsbeschränkung von Knie und Sprunggelenk (schmerzgehemmt), manchmal Verbiegung (s. S. 47). Röntgen! Entstehung: Drehbrüche durch Sturz, alle anderen durch direkte Gewalteinwirkung. Unterschenkelbrüche sind häufig o f f e n (s. S. 48 ff., Abb. 16, 17). Bei der Untersuchung ist außer dem oben Gesagten sehr wichtig: Prüfung der Z e h e n b e w e g l i c h k e i t (N. peroneus), P u l s der A. dorsalis pedis (immer Vergleich mit der anderen Seite). Diese Prüfungen sollen primär nie unterlassen werden! B e h a n d l u n g : Alle Brüche mit Verkürzung oder Gefahr einer solchen (Dreh- und Biegungsbrüche) gehören zunächst in Streckbehandlung. Bei Drehbrüchen erfolgt die Einrichtung in Dauerzug, bei Quer-, Stück- und Biegungsbrüchen mit Verschiebung und Verkürzung im S c h r a u b e n z u g a p p a r a t n a c h B ö h l e r , anschließend Dauerzug. Beim Querbruch ohne Verschiebung kann man sofort gipsen, muß aber sofort und vollkommen bis auf die Haut spalten und legt nach Abklingen der Schwellung einen Gehgipsverband an. Röntgenkontrolle ist notwendig nach Anlegen des Gehgipses und später regelmäßig alle 14 Tage (Gefahr der sekundären Verbiegung). Bis zum Festwerden eines Unterschenkelbruches ohne Verschiebung dauert es gewöhnlich mindestens 6—8 Wochen, bei Verschiebung mindestens 12 Wochen. Bei Brüchen im körperfernen Unterschenkeldrittel genügt ein kurzer Gehgipsverband (s. S. 74, Abb. 54—56), bei allen anderen Brüchen muß er bis zur Oberschenkelmitte verlängert werden (s. S. 76). Nachbehandlung: Im Gehgips läßt man den Verletzten fleißig herumgehen, zuerst mit zwei, dann mit einem und dann ohne Stock. Gymnastik! Nach Festwerden des Bruches wird zur Vermeidung von Schwellung ein Zinkleimverband angelegt, ferner eine Idealbinde für das Knie, Einlagen für mindestens Vz Jahr, selbsttätige Bewegungsübungen, unterstützende Maßnahmen (s. S. 89). dd) Isolierter Bruch des Wadenbeinschaftes. Er entsteht durch direkte Gewalteinwirkung. Klinisch besteht Schwellung, Druckschmerz, manchmal wegen Schmerzen Unmöglichkeit des Auftretens. Röntgen! B e h a n d l u n g : Zinkleimverband, falls der Verletzte damit nicht

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gehfähig ist, wird ein Gehgips für 2—3 Wochen angelegt, nach Abnahme desselben Zinkleim und unterstützende Maßnahmen s. S. 89. N a c h A b n a h m e a l l e r G i p s v e r b ä n d e vom B e i n m u ß i m m e r s o f o r t e i n Z i n k l e i m v e r b a n d angelegt werden (s. S. 82), um die posttraumatische Schwellung, die mit Thrombophlebitis nichts zu tun hat, zu verhüten. Eventuell sind mehrere Zinkleimverbände nötig. Einlagen s. S. 83. e) Sprunggelenk 1. B e i W u n d e n ist während der operativen Versorgung darauf zu achten, ob nicht das Gelenk eröffnet ist. Bei allen Wunden und Infektionen ist mit Gipsverband ruhig zu stellen, dieser ist der Länge nach vollständig zu spalten, über der verletzten Stelle wird ein Fenster ausgeschnitten, Hochlagerung, Bettruhe. 2. B e i Z e r r u n g e n , entstanden durch gewaltsames Verdrehen des Fußes gegenüber dem Unterschenkel oder umgekehrt, besteht Schwellung, schmerzhafte Bewegungsbeschränkung, häufig Schwierigkeit oder Unmöglichkeit aufzutreten, meist Druckschmerz, verschieden stark, entweder diffus oder umschrieben, z. B. bei der klassischen Distorsio pedis im sinus tarsi, das ist vor dem äußeren Knöchel. Sehr wichtig ist, immer primär nachzusehen, ob eine Bandlockerung besteht oder nicht! 3. Es gibt zwei charakteristische Formen der Bandlockerung oder Zerreißung: aa) D i e S e i t e n l o c k e r u n g = Lateralsubluxation, entstanden durch Pronation des Fußes oder Verdrehung. Charakteristisch ist der „ A n s c h l a g " . Prüfung (Abb. 235): Eine Hand hält den Unterschenkel, die andere die Ferse und schiebt nun ohne Verbiegung und Verdrehung den Fuß rein seitlich hin und her. Man spürt bei entsprechender Verletzung deutlich, daß das Sprungbein bei Innenverschiebung an den inneren Knöchel „anschlägt" (Prüfung nicht einfach!). Zugrunde liegt dieser Verletzung eine Zerreißung des vorderen, manchmal auch des hinteren tibiofibularen Bandes und häufig auch eine Dehnung oder Zerreißung des Bandes unter dem inneren Knöchel. Diese Subluxation ist bei gehaltenem Sprunggelenk röntgenologisch darstellbar. B e h a n d l u n g : Gehgipsverband bei geschlossener Knöchelgabel (Röntgenkontrolle nach Anlegen des Gipsverbandes) für 6—8 Wochen je nach Schwere. bb) D i e S u p i n a t i o n s l o c k e r u n g = Dehnung oder Zerreißung des Bandes zwischen äußerem Knöchel und Fersenbein. Es besteht starke Schwellung und Druckschmerz unter dem äußeren Knöchel. Das Röntgenbild des in Supination gehaltenen Fußes (immer

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Vergleichsbild m i t d e r a n d e r e n Seite, A b b . 236) zeigt K l a f f e n d e s S p r u n g g e l e n k s s p a l t e s a u ß e n (Abb. 237—238). Behandlung: G e h g i p s v e r b a n d f ü r 6—8 W o c h e n , je nach Schwere, anschließend Zinkleim u n d u n t e r s t ü t z e n d e M a ß n a h m e n . W i r d nicht ruhiggestellt, so b e s t e h t die G e f a h r d e r d a u e r n d e n B a n d l o c k e r u n g (häufiges U m k i p p e n ) .

Abb. 237

Abb. 238

Abb. 235. Prüfung auf „Anschlag" und Haltung zur Röntgenaufnahme bei Außenverschiebung (Lateralsubluxation) des Sprungbeines mit oder ohne Bruch des äußeren Knöchels. Wichtig, daß der F u ß parallel verschoben und nicht geknickt ist. Abb. 236. Prüfung und Haltung zur Röntgenaufnahme bei Supinationslockerung. Abb. 237 u. 238. Supinationslockerung. Das in Supination (Abb. 237) gehaltene Röntgenbild zeigt den Sprunggelenkspalt links außen doppelt so weit als innen, im gehaltenen Vergleichsbild keine Erweiterung.

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Besonderer Teil

4. P r e l l u n g e n des Sprunggelenkes und Fußes. Entstehung durch direkte Gewalteinwirkung. Die klinischen Symptome sind die gleichen wie bei den Zerrungen, die Gefahr einer Bandschädigung ist sehr gering. B e h a n d l u n g d e r P r e l l u n g e n u n d Z e r r u n g e n des Sprunggelenkes und Fußes: Um den Verletzten möglichst bald gehfähig zu machen und Schwund von Muskeln und Knochen zu vermeiden, ist das Zweckmäßigste das

Abb. 239—243. Bruchformen im Bereiche des Sprunggelenkes. Abb. 239. Drehbruch des äußeren Knöchels mit Verschiebung des Sprungbeines nach außen. Abb. 240. Pronationsbruch beider Knöchel mit Verschiebung des Sprungbeines nach außen. Abb. 241. Supinationsbruch beider Knöchel mit Verschiebung des Sprungbeines nach innen, Varusstellung. Abb. 242. (Bruch eines oder beider Knöchel) und Abbruch eines hinteren (Volkmannschen) Dreieckes und Verschiebung nach oben. Das Sprungbein nach rückwärts und zentral verrenkt. Abb. 243. (Bruch eines oder beider Knöchel) und Abbruch eines vorderen Dreieckes und Verschiebung nach oben. Das Sprungbein nach vorne und zentral verrenkt.

Anlegen eines Zinkleim- oder Elastoplastverbandes oder, falls der Betroffene nicht auftreten kann, das Anlegen eines Gehgipsverbandes für •8—14 Tage. Nach Abnahme Zinkleimverband, unterstützende Maßnahmen s. S. 89.

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5. Briidie im Bereiche des Sprunggelenkes (Abb. 239—243). aa) Drehbruch des äußeren Knöchels mit oder ohne Verschiebung des Sprungbeines nach außen. Dazu eventuell Abriß des inneren Knöchels (Abb. 239). bb) Pronationsbruch des äußeren oder beider Knöchel mit oder ohne Verschiebung des Sprungbeines nach außen (Abb. 240). cc) Supinationsbruch beider Knöchel mit oder ohne Verschiebung des Sprungbeines nach innen (Abb. 241). dd) Bruch eines oder beider Knöchel mit Abbruch eines verschieden großen Keiles vom hinteren unteren Schienbeinende ( V o l k m a n n sches Dreieck) mit Verrenkung des Sprungbeines nach rückwärts (Abb. 242). ee) Bruch eines oder beider Knöchel mit Abbruch eines verschieden großen Keiles vom vorderen unteren Schienbeinende mit Teil Verrenkung des Sprungbeines nach vorne (Abb. 243). ff) Trümmerbruch am unteren Schienbeinende mit zentraler Einstauchung des Sprungbeines. gg) Zerreißung des unteren tibiofibularen Bandes mit Verschiebung des Sprungbeines nach außen, Abbruch einer kleinen Knochenschale vom hinteren unteren Schienbeinende, in der Regel ohne Verschiebung und hoher Bruch des Wadenbeines. Gemeinsam ist allen diesen Brüchen: Gangbehinderung bis Gehunmöglichkeit, sehr starke Schwellung, eventuell Verbiegung, Beschränkung bis Aufhebung der Bewegung im Sprunggelenk, Druckschmerz. Schwere Knochenbrüche, insbesondere solche mit starker Verschiebung, sowie die Brüche mit Verrenkung des Sprungbeines nach vorne und rückwärts (dd—ff) gehören in Spitalbehandlung und scheiden hier aus. Bei allen Sprunggelenksverletzungen ist das Wichtigste die Stellung des Sprungbeines gegenüber dem unteren Schienbeinende (verschoben oder nicht!) Klinisch wichtig ist die Prüfung auf A n s c h l a g (s. S. 184, Abb. 235) eventuell ein „ g e h a l t e n e s " R ö n t g e n b i l d , d. h. die Darstellung des größten Ausmaßes der Verschiebung des Sprungbeines im Röntgenbild, eventuell nach örtlicher Betäubung, z. B. beim Drehbruch des äußeren Knöchels mit Verschiebung des Sprungbeines nach außen (Abb. 244—245). Das Ausmaß der Verschiebung des Sprungbeines ist wichtig für die Zeit der Ruhigstellung! Heilung mit Verschiebung des Sprungbeines nach außen (Lateralsubluxation) auch nur um 2—3 mm bedingt Dauerschaden, Schmerzen und sekundäre Arthrose (Abb. 246). B e h a n d l u n g : Einrichten, Ruhigstellung mit Gipsverband. Zeitpunkt der Einrichtung (s. S. 49): Sofort eingerichtet werden müssen

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Abb. 244 u. 245. Drehbruch des äußeren Knöchels mit Verschiebung des Sprungbeines um 3 mm nach außen (Lateralsubluxation, gehaltenes Bild). Nach Einrichten und Anlegen des Gipsverbandes Sprungbein an normalem Platze, die Außenverschiebung behoben. Abb. 246. Alter Bruch des inneren und äußeren Knöchels, 10 Jahre nach dem Unfall bei 52 jährigem. Das Sprungbein ist nach außen verschoben und steht in Valgusstellung. Straffe Pseudarthrose des inneren Knöchels (belanglos) und sehr starke Arthrose. Heftige Beschwerden. Behandelt mit gepolstertem Gipsverband für 4 Wochen.

Brüche mit Druck auf die Haut (Abb. 3—5) und alle offenen Brüche. Bei den anderen ist es das Zweckmäßigste, sofort einzurichten und zu gipsen, dann den Gipsverband zu spalten und nach Abklingen der Schwellung (6—10 Tage) einen Gehgipsverband anzulegen. Die Zeitdauer der Ruhigstellung beträgt 6—12 Wochen je nach der Stärke der Verschiebung des Sprungbeines. Der Verletzte soll möglichst viel herumgehen. Eine Röntgenkontrolle ist nötig unmittelbar nach dem Einrichten und alle 14 Tage, um eine etwaige neuerliche Verschiebung des Sprungbeines rechtzeitig zu erkennen und ausgleichen zu können. Nach Abnahme des Gipsverbandes wird ein Zinkleimverband angelegt. Dazu kommen Einlagen, Gymnastik und unterstützende Maßnahmen s. S. 89. Beim E i n r i c h t e n ist die Hauptsache, daß das Sprungbein wieder an seinen normalen Platz gegenüber dem unteren Schienbeinende kommt. Bei der häufigsten Verschiebung, der Subluxation des Sprungbeines nach außen, hält die eine Hand oberhalb des inneren Knöchels, mit der anderen Hand wird der äußere Knöchel samt dem Sprungbein und Fuß nach innen geschoben und dadurch die Knöchelgabel geschlossen. Dabei soll der Fuß nicht supiniert werden. Der Fuß soll im Gips rechtwinklig oder in einigen Graden Plantarflexion stehen (Abb. 54—56), auf jeden Fall schlecht ist Dorsalflexion.

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Abb. 247 u. 248. Typischer Griff bei Fersenbeinbruch, Druck mit Daumen und Zeigefinger unter den Knöcheln. f) F u ß 1. W u n d e n , I n f e k t i o n e n s. S. 25. Immer Bettruhe! Bei Stichwunden der Fußsohle, eventuell durch den Schuh wird die Einstichstelle kegelförmig mit dem Tenotom ausgeschnitten. Ruhe, W u n d starrkrampfserum. 2. D i e Z e r r u n g e n u n d P r e l l u n g e n des F u ß e s haben ähnliche Erscheinungen wie die im Bereiche des Sprunggelenkes (s. S. 184), nur ist der Sitz am F u ß . Behandlung wie beim Sprunggelenk. 3. Die wichtigsten Knochenbrüche und Verrenkungen: aa) Der Bruch des Fersenbeins (Wird häufig übersehen!). E n t stehung: Sturz gewöhnlich aus 1—2 m Höhe bei Leuten über 4 0 J a h r e (Unfallhergang für die Diagnose wichtig). K l i n i s c h : Unmöglichkeit der Belastung, Ferse und Knöchelgegend geschwollen,

Abb. 249 u. 250. Fersenbeinbruch (Gruppe V nach B ö h 1 e r) bei 52 jährigem durch Sprung von einem Tisch. Der Fersenbeinhöcker ist gebrochen und hochgeschoben, der Tubergelenkswinkel 0 Grad gegenüber 30 Grad auf dem Vergleichsbild. Das Fußgewölbe abgeflacht (posttraumatischer Plattfuß).

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Knöchel stehen tiefer, Ferse verkürzt, verbreitert. Charakter i s t i s c h : Druckschmerz beim Zusammendrücken des Fersenbeines (unter den Knöcheln) mit Daumen und Zeigefinger (Abb. 247—248). Nach einigen Tagen erscheint ein Hämatom in der Fußsohlenmitte. Es gibt 8 Gruppen von Fersenbeinbrüchen nach B ö h 1 e r (Abb. 249—250). Vom Praktiker behandelt werden kann: der Abbruch des Fersenbeinhöckers, sowie der Bruch des sustentaculum tali. Gehgips für 4 Wochen. Das Zweckmäßigste ist, jeden Fersenbeinbruch in ein Spezialkrankenhaus zu geben. Nachbehandlung: Zinkleim, Einlagen, Gymnastik, unterstützende Maßnahmen. bb) Bräche, Verrenkungsbrüche und Verrenkungen im Bereiche der Fußwurzelknochen gehören in ein Krankenhaus. Entstehung durch Sturz oder Zusammenpressen. Es gibt die V e r r e n k u n g d e s F u ßes u n t e r dem S p r u n g b e i n — Luxatio pedis sub talo, die gewöhnlich nach außen und rückwärts erfolgt und ein charakteristisches Bild bietet. Die Haut spannt sich über dem inneren Knöchel. Das Einrichten erfolgt bei gebeugtem Knie, so, daß der Fuß wieder unter den Unterschenkel zurückgeschoben wird (wie beim Ausziehen eines Stiefels). Ein charakteristisches Bild bietet auch die V e r r e n k u n g i m C h o p a r t (gewöhnlich nach außen) und i m L i s f r a n c (gewöhnlich nach plantar) im frischen Zustand; es springen die entsprechenden Knochenkanten scharf vor, die Haut spannt sich darüber. Später schwillt der ganze F u ß an. K o m p l i k a t i o n e n : Haut gleichzeitig zerrissen = offene Verrenkung, Knochenabrisse und Brüche = Verrenkungsbrüche. Druck oder Zerreißung der Hauptgefäße, so daß die Zehen blaß oder blau werden. Wichtig ist sofortige Einrichtung, damit sich die Gefäße eventuell wieder erholen. cc) Brüche der Mittelfußknochen. Entstehung durch Darauffallen von Gegenständen, seltener durch Sturz. K l i n i s c h : Schwellung, später Blaufärbung, manchmal Unfähigkeit aufzutreten, Druckschmerz,

Abb. 251. Schmerzhafter Kugelkallus nach Bruch des 2. und 3. Mittelfußknochens 10 Wochen nach der Verletzung bei 22jährigem. Behandelt von Anfang an mit Massage und fremdtätigen Bewegungsübungen, Bädern, Heißluft, Diathermie und Höhensonne and ohne Ruhigstellung. S Wochen lang mit Krücken, 4 Wochen lang mit 2 Stöcken gegangen. Nach 10 Wochen noch starke Schwellung des Fußes. (Nach B ö h 1 e r.)

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Zug- und Staudhungssdimerz an der betreffenden Zehe (nicht immer). Röntgen! B e h a n d l u n g : Einrichten, Gehgips. Auch bei Brüchen ohne Verschiebung und bei Fissuren m u ß i m m e r e i n G e h g i p s f ü r m i n d e s t e n s 4 W o c h e n gegeben werden, sonst entwickelt sich der sogenannte K u g e l k a l l u s (Abb. 251). Durch Uberbeanspruchung beim Marschieren entsteht als Ermüdungsbruch (s. auch S. 55) die sogenannte M a r s c h f r a k t u r , in der Regel am zweiten Mittelfußknochen. Sieht man keine Fissur, sondern nur periostale Auflagerung, so spricht man von „Marschschaden". B e h a n d l u n g : Gehgips. N a c h b e h a n d l u n g : Zinkleim, Einlagen, Gymnastik, unterstützende Maßnahmen s. S. 89. dd) Brüche der Zehen. K l i n i s c h : Schwellung, Blauverfärbung, Hinken, Druckschmerz. Röntgen! D e r B r u c h d e s G r u n d g l i e d e s d e r g r o ß e n Z e h e m i t V e r s c h i e b u n g muß eingerichtet und gegipst werden (Belastung beim Abrollen). Am zweckmäßigsten ist es, zuerst den Bruch einzurichten, dann eine Cellonaschiene um die Zehe anzulegen. Röntgenkontrolle; ist die Stellung gut, dann vervollständigt man das Ganze zu einem Gehgips mit Gehbügel. Ruhigstellung für 4 Wochen, dann Zinkleim und unterstützende Maßnahmen. Bei B r ü c h e n a l l e r ü b r i g e n Z e h e n und beim Bruch des Endgliedes der Großzehe fixiert man die betreffende Zehe mit Heftpflaster an die Nachbarzehe. Bei Fußrückenschwellung wird ein Zinkleimverband angelegt. Kann der Verletzte nicht oder schlecht auftreten, dann Anlegen eines Gehgipses für 8—14 Tage. ee) V e r r e n k u n g e n der Zehenglieder bieten in frischem Zustand ein charakteristisches Aussehen, das später durch Schwellung verschwindet. Sie werden ohne oder mit örtlicher Betäubung eingerichtet, dann für einige Tage mit zirkulären Heftpflasterstreifen ruhig gestellt, später Bäder.

C. Die Begutachtung Niemals sollen Bestätigungen über Arbeitsunfähigkeit oder eine bestimmte Arbeit, die verrichtet werden soll oder kann, ausgestellt oder einem Patienten genaue Befunde mitgegeben werden! Ich habe viele Verletzte gesehen, die mit derlei Bestätigungen jahrelang herumgelaufen sind und allen Arbeitsämtern, späteren Begutachtern usw. die Arbeit loesentlich erschwerten! Unfallfolgen bei Abschluß der Behandlung sind in der Regel nicht bleibend, sondern bessern sich gewöhnlich durch Zeit, Arbeiten, Anpassung und Gewöhnung noch weitgehend. Der Endzustand ist meist 2 bis 3 Jahre nach dem Unfall eingetreten. Andererseits ist an Spätfolgen zu denken, z. B. Narbengeschwüre, Arthrosen nach Gelenksbrüchen und spät (oft 5 bis 10 Jahre nach dem Unfall) auftretende Gelenkschädigungen nach mit Fehlstellung geheilten Brüchen der langen Röhrenknochen oder nach nicht aufgerichteten Wirbelbrüchen. Aus diesem Grund ist bei der Behandlung auf die Wiederherstellung der Achse unbedingter Wert zu legen. Sowohl der praktische Arzt als auch insbesondere der Facharzt müssen das grobe Rüstzeug der Begutachtung, der Einschätzung und der Zusammenhangsfragen kennen. Das Gutachten kann als sogenanntes Formulargutachten oder als freies Gutachten erstattet werden. Bei den Formulargutachten gibt es wieder verschiedene Formen (Großes und Kleines erstes Rentengutachten, Großes und Kleines zweites Rentengutachten). In ein Gutachten gehört auf jeden Fall: Name, Beruf, Alter, Unfalltag, Unfallhergang, genaue Diagnose, kurze Angabe und Dauer der Behandlung, Klagen und Beschwerden des Verletzten. Die Untersuchung: Zuerst a l l g e m e i n : Körpergröße und Körpergewicht (in Zentimeter und Kilogramm), Prüfung der Reflexe (Pupillen, Kniesehnenreflexe usw.), Zustand von Herz und Lunge! Zur Untersuchung eines Gliedes soll immer das ganze Glied entblößt werden und immer auch die andere Seite. Auch wenn es sich z. B. nur um die Untersuchung einer Hand handelt, soll das Hemd ausgezogen werden. Beschreibung der Reihe nach:

Die Begutachtung

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1. Grobe sichtbare V e r b i e g u n g e n , V e r d r e h u n g e n (z. ß. O-Stellung, Fuß gegenüber dem Knie nach innen verdreht). 2. A u s s e h e n : Formveränderungen, Schwellung, Blauverfärbung, Narbe (Länge, Breite, Farbe, Verschieblichkeit, Druckempfindlichkeit derselben), Arbeitsschwielen an den Händen, Gehschwielen. 3. V e r k ü r z u n g : Beim Messen immer beide Gliedmaßen in gleiche Haltung bringen. Man mißt die Länge der Beine (Abb. 252) vom vorderen oberen Darmbeinstachel bis zur Spitze des inneren Knöchels, die Länge der Arme von der Schulterhöhe (Acromion) bis zur Spitze des Olecranon, bzw. Spitze des gestredeten Mittelfingers. 4. B e w e g l i c h k e i t ( s e l b s t t ä t i g e , dann f r e m d t ä t i g e ) : immer Vergleich mit der anderen Seite. Man beginnt am zweckmäßigsten mit den körperfernsten Gelenken (Finger, Zehen) und geht dann herzwärts, z. B. Zehen, oberes, unteres Sprunggelenk, Knie, Hüfte, dann wird niemals ein Gelenk vergessen. Wichtig ist auch das Anführen der negativen Befunde, z. B. „das Kniegelenk zeigt keinen Erguß, ist bandfest". Bei der Beweglichkeit der Gelenke wird angegeben, wie weit diese aktiv ( = selbsttätig) oder passiv (—fremdtätig) möglich ist, der Bewegungsumfang wird in Winkelgraden gemessen, z. B. „Selbsttätige Beweglichkeit des linken Kniegelenkes Abb. 252. Messung der von 170 bis 90 Grad gegenüber 180 bis 45 Beinlänge sowie der Grad rechts". Bei Knie und Ellbogen ist die Umfangsmaße an tyvolle Streckung 180 Grad. Bei den Fingern pischer Stelle (größter Obergibt man die Beweglichkeit der einzelnen Ge- Wadenumfang, schenkel 10 cm oberhalb lenke an, bei der Beugung ist es am zweck- des oberen Randes der mäßigsten, den Fingerkuppenhohlhandabstand Kniescheibe). in cm anzugeben. Bei der Schulter wird das Ausmaß des selbst- und fremdtätigen Hebens angegeben, wobei der anliegende Arm 0 Grad, der maximal erhobene 180 Grad bedeutet. Messung der Außen- und Innendrehung der Schulter z. B. Vz oder J /s frei. Beim Sprunggelenk spricht man von einer Bewegung fußrückenwärts und sohlenwärts und mißt sie in Winkelgraden gegenüber der anderen Seite oder man sagt die Bewegung fußrückenwärts frei, fußsohlenwärts Vs eingeschränkt gegenüber der gesunden Seite. Ähnlich beurteilt man die Bewegungen des Handgelenkes (handrücken- und hohlhandwärts, selbst- und fremdtätig). Die Fußdrehung 13

Ehalt,

Unfallpraxis.

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Die Begutachtung

(Pro- und Supination) wird eingeschätzt gegenüber der anderen Seite (z. B. Innendrehung des Fußes selbst- und fremdtätig V2, Außendrehung selbsttätig V2, fremdtätig frei). Bei der Hüfte ist die volle Streckung 180, beim rechtwinkelig erhobenen Bein spricht man von 90 Grad Beugung in der Hüfte. Das Abspreizen wird in Winkelgraden angegeben, die Drehung vergleichsweise mit der anderen Seite geschätzt (z. B. Außen- und Innendrehung V3 eingeschränkt). Trendelenburgsches Symptom (s. S. 164, Abb. 200—201). Normale Gelenksbeweglicbkeit: Schulter — Heben (nach vorne und seitwärts) 0—180 Drehung 120 Ellbogen — 180—45 Vorderarmdrehung 160 Handgelenk — hohlhandwärts 60—80°, handrückenwärts 50—60°, speichenwärts 30 ellenwärts 50 Finger — Grund- und Mittelgelenk 180—90 Endgelenk 180—110 ° (Grund- und Endgelenk häufig überstreckbar). Daumen — beide Gelenke 180—100 Hüfte — 180—50°, dazu Überstreckung 10—20°, Abspreizen 7 0 ° , Anspreizen 30 Drehung 90 Knie — 180—45 Drehung 10—20 Oberes Sprunggelenk — Heben 2 0 ° , Senken 70—80° (70—160°). Unteres Sprunggelenk — Drehung nach innen und außen je 20 5. P r ü f u n g a u f a b n o r m e B e w e g l i c h k e i t (z. B. Pseudarthrose), Prüfung auf a b n o r m e L o c k e r u n g der Gelenke, Ergüsse usw., z. B. Kniegelenk (s. S. 175). 6. U m f a n g s m a ß e : Fixe Maßstellen sind die Gelenke, z. B. Sprunggelenk, Ellbogen, Fuß über dem Rist usw., ferner wird gemessen der größte Umfang am Unterschenkel, Oberschenkel, Vorderarm, Oberarm, zur Beurteilung von Schwellungen und von Muskelstärke oder Muskelschwund. Dabei kann ein Gliedumfang größer sein als auf der anderen Seite und trotzdem ein Muskelschwund bestehen, wenn der größere Umfang durch Schwellung bedingt ist, insbesondere am Bein. Dies muß dann angegeben werden. Am Oberschenkel mißt man am besten 10 cm oberhalb des oberen Randes der Kniescheibe. Zu diesen fixen Punkten kommen noch in einzelnen Fällen bestimmte Umfangsmaße an Stellen von Muskelverlust, Vorwölbungen usw. Wichtig ist, daß immer der Ort der Messung angegeben wird, damit der nächste Begutachter an derselben Stelle messen kann, um einen Vergleich zur Besserung oder Verschlechterung zu haben. 7. R ö n t g e n b e f u n d e

s. S. 58 ff.

8. Bei K o n t r o l l g u t a c h t e n genügt in der Regel die Angabe der Veränderung, z. B. der Gelenksbeweglichkeit, der Umfangsmaße usw. Zum Schluß soll i m m e r e i n e k u r z e Zusammen-

Die Begutachtung

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f a s s u n g der wesentlichen Unfallfolgen gegeben werden, diese Zusammenfassung wird mit dem Rentenbescheid dem Verletzten mitgeteilt. Diese Zusammenfassung soll nur kurz und allgemein gehalten sein, jedoch keine genauen Angaben über Beschwerden, Umfangsmaß, Beweglichkeit usw. enthalten, um dem Verletzten bei späteren Klagen keine Anhaltspunkte zu geben. Beispiel: Als wesentliche Unfallfolgen bestehen: Bewegungsbeschränkung von Fingern und Schulter, Muskelschwund. 9. Vom Unfall u n a b h ä n g i g e E r k r a n k u n g e n und f r ü h e r e V e r l e t z u n g e n . Bei Beinverletzungen Krampfadern und Plattfüße nicht vergessen! 10. Eventuell kommen z u s ä t z l i c h e f a c h ä r z t l i c h e a c h t e n in Betracht (Nerven, Augen, Ohren usw.).

Gut-

Bezüglich der Einschätzung der Erwerbsverminderung durch Unfallfolgen verweise ich auf die diesbezüglichen Bücher, von denen für die Sprechstunde das zweckmäßigste L i n i g e r - M o l i n e u s „Der Rentenmann" Verlag J. A. Barth, Leipzig ist, in dem alle fixen Sätze für Gliedverluste und Beschränkungen angegeben sind. Als S c h o n u n g s r e n t e bezeichnet man kurzdauernde Renten ohne Dauerfolgen. Eine Rente soll nicht kürzer als 3 bis 4 Monate gegeben werden. Aus psychischen Gründen ist das sogenannte „Abhacken" der Renten nicht zu empfehlen. Beim 2. Rentengutachten muß immer angegeben werden, worin die Besserung oder Verschlechterung besteht oder ob Gewöhnung an die Unfallsfolgen infolge Übung, Anpassung oder Abhärtung eingetreten ist. Eine Verminderung oder Erhöhung der Rente ist nur um mindestens 10 % möglich. Diese Renten sollen mindestens auf V2 bis 3 /4 Jahre gegeben werden. Wichtig ist die Bestimmung, daß für die Festsetzung der D a u e r r e n t e (frühestens 2 Jahre nach dem Unfall) ein Vergleich mit dem früheren Befund nicht notwendig ist, die Höhe der Rente also unabhängig und objektiv festzusetzen ist. Die Dauerrente muß mindestens für 1 Jahr gegeben werden. Die Arbeitsfähigkeit eines Verletzten vor dem Unfall wird auf jeden Fall voll, das heißt mit 100 °/o eingeschätzt, auch wenn er durch ein Gebrechen, z. B. poliomyelitische Lähmung des Armes behindert ist. Derzeit werden in Österreich Renten nur für eine Erwerbsverminderung von mindestens 20 °/o bezahlt. Für Gutachten an P r i v a t v e r s i c h e r u n g s g e s e l l s c h a f t e n ist die Begutachtung im wesentlichen die gleiche, nur die Einschätzung geschieht nicht wie für die Sozialversicherungsträger nach „dem allgemeinen Arbeitsmarkte", sondern nach den „Allgemeinen 13'

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Versicherungsbedingungen", die von den Versicherungsgesellschaften in der Regel den Ersuchen um Gutachten beigelegt werden. So bedeutet z. B. nach den „Allgemeinen Versicherungsbedingungen" der Verlust des Armes oder der Hand 60 °/o, während nach L i n i g e r M o 1 i n e u s für Arbeitsunfälle der Verlust der Hand und des Vorderarmes links 50 % , rechts 60 % , des Oberarmes links 60 °/o, rechts 70 °/o, der Verlust des ganzen Armes sogar links 662/3 °/o, rechts 75 %> bedeutet. Die Beschränkung der Gebrauchsfähigkeit z. B. des Armes wird in o/o des normalen Armes angegeben, z. B. „Der rechte Arm ist gegenüber einem normalen um 30 °/o eingeschränkt". Von Privatversicherungsgesellschaften werden Renten auch von einigen Prozenten ausbezahlt. Wichtig ist, daß in der Privatversicherung Gutachten ohne Zustimmung des Verletzten nicht ausgestellt werden dürfen (Verletzung des Berufsgeheimnisses), was auf Grund gesetzlicher Regelung bei Arbeitsunfällen nicht zutrifft. Bei Abfassung der Gutachten sind medizinische oder technische Fremdworte möglichst zu verdeutschen. Zusammenhangsfragen Wichtig: Genaue Schilderung des Unfallherganges (einwandfreies Trauma?), Stärke und genauer Ort der Gewalteinwirkung, genauer Zeitpunkt der Verletzung, Verhalten unmittelbar nachher. Zeitpunkt der Arbeitseinstellung, der ersten ärztlichen Untersuchung usw., genauer Erstbefund, eventuell sofort Röntgenaufnahme. Während man früher mangels einer anderen Erklärung einen Unfall als Ursache für viele Erkrankungen, z. B. Tuberkulose, Osteomyelitis usw. annahm, ist man durch genauere Beobachtung und Erfahrung zu der Erkenntnis gekommen, daß dies in den seltensten Fällen tatsächlich stimmt. Es hat sich nämlich gezeigt, daß primär genau beobachtete Prellungen, Zerrungen oder auch schwerere Verletzungen praktisch niemals eine dieser Erkrankungen zur Folge hatten, daß aber umgekehrt fast jeder Kranke z. B. mit einer Knochen- oder Gelenktuberkulose angibt, er habe sich einmal angestoßen, gezerrt usw. Häufig ist es so, daß jemand, der an einer beginnenden Tuberkulose z. B. des Sprunggelenkes leidet, auf diese zum erstenmal bei einer kleinen Zerrung oder Prellung aufmerksam wird, die bei einem normalen Gelenk ohne Erscheinungen vorübergehen würde. Ich habe auch eine Reihe von Fällen mit offener Lungentuberkulose gesehen, bei denen gleichzeitig kleinere oder größere Verletzungen ohne jedwede Störung verliefen, ohne daß es je zu einer Tuberkulose an der verletzten Stelle (sogenannter locus minoris resistentiae) gekommen wäre.

Die Begutachtung

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Es werden daher für die Anerkennung aller Erkrankungen als Unfallfolgen bestimmte Forderungen gestellt, im wesentlichen: 1. Einwandfreier N a c h w e i s d e s U n f a l l e s (durch Zeugen, Unfallsanzeige des Betriebes), 2. E r h e b l i c h k e i t d e s U n f a l l e s , das arbeitsübliche Maß der Anstrengung muß überschritten werden. 3. D i r e k t e E i n w i r k u n g des Unfalles auf die später erkrankte Stelle. 4. S o f o r t i g e U n t e r b r e c h u n g der Arbeit oder entsprechende B r ü c k e n s y m p t o m e . Wichtig sind diese Zusammenhangsfragen auch für jeden praktischen Arzt, z. B. in der Sprechstunde; es soll von vornherein nicht, wie dies leider noch allzu häufig geschieht, den Betroffenen von ärztlicher Seite der Zusammenhang bestätigt werden. Hält diese Bestätigung dann später einer wissenschaftlichen Kritik oder der Beurteilung dessen, der die Zusammenhangsfrage zu klären hat, nicht stand, dann fühlt sich der Betroffene immer benachteiligt. Außerdem schädigen verschiedenartige Erklärungen von seiten der Ärzte auf jeden Fall unser ärztliches Ansehen! Darum sei jeder Arzt, der nicht absolut mit diesen Dingen bewandert ist, äußerst vorsichtig mit diesbezüglichen Äußerungen. a) Tuberkulose (Knochen, Gelenke). Eine Knochen- oder Gelenkstuberkulose (sogenannte chirurgische Tbc) wird als Unfallfolge nur anerkannt, wenn die oben angeführten 4 Punkte erfüllt sind. Die ersten Erscheinungen der Tuberkulose müssen in entsprechender Zeit nach dem Unfall auftreten (nach der üblichen Auslegung zwischen 6 Wochen und 6 Monaten). Wichtig sind auch entsprechende Brückensymptome. Knochen- und Gelenks-Tbc w i r d k a u m j e Unfallsfolge sein. b) Osteomyelitis. Für die Anerkennung des Zusammenhanges gelten dieselben Forderungen wie bei der Tuberkulose. Wichtig ist zu unterscheiden zwischen der a k u t e n O s t e o m y e l i t i s der Jugendlichen, die gewöhnlich bei Kindern auftritt und eine akute Infektion darstellt, und der c h r o n i s c h e n O s t e o m y e l i t i s am Ende des Wachstums, die zu Fistelbildung führt und häufig lebenslänglich bestehen bleibt, immer wieder aufbricht und dem Betroffenen als Leiden sein ganzes Leben anhaftet. Nicht zu verwechseln mit diesen Erkrankungen ist die an offene Knochenbrüche, wenn es zur Infektion kommt, sich anschließende O s t i t i s , die sich in der Knochenrinde abspielt und mit dem Mark nichts zu tun hat. Sie ist absolute Unfallsfolge; zur Bildung von Spätsequestern und Aufflackern von Eiterungen, wie dies bei chronischer Osteomyelitis die Regel ist, kommt es bei der Ostitis fast nie.

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Die Begutachtung

Die akute und chronische Osteomyelitis w i r d k a u m j e f a l l f o l g e sein.

Un-

c) Lumbago = Hexenschuß. Die gewöhnliche Lumbago, charakterisiert durch einen Riß bei Bücken oder Aufheben eines Gegenstandes, ist in der Regel auf Rheuma, Spondylose oder Arthrose der Lendenwirbelsäule zurückzuführen. Die als wirkliches Unfalleiden anzusehende Zerrung des langen Rückenmuskels heilt gewöhnlich innerhalb von 4 Wochen ab, während die Lumbago ein oft längerdauerndes und häufig rezidivierendes Leiden ist. d) Der Zwischenwirbelscheibenprolaps (s. auch S. 115) ist ein Vorwölben des Nucleus pulposus nach rückwärts gegen den Wirbelkanal oder das Wirbelloch zu und kann auf eine austretende Nervenwurzel drücken und dadurch ischias-artige Erscheinungen hervorrufen. Das Röntgenbild ist in diesem Stadium meist negativ (s. S. 116). Die ersten Erscheinungen treten manchmal nach Husten, Nießen, Heben einer Last, brüske Bewegungen auf, also durch Leistungen, die das übliche Ausmaß eines Arbeitsganges kaum erreichen oder nicht überschreiten. Es handelt sich bei diesen Erkrankungen um Degenerations-(Aufbrauchs-)erscheinungen der Zwischenwirbelscheiben und daher ist der Zivischenwirbelscheibenprolaps als Unfallfolge abzulehnen. e) Der Meniscus. Der früher so heiße Kampf über die Frage der Entstehung und Begutachtung der Meniscusverletzung bzw. -Veränderungen hat sich wesentlich beruhigt. Dabei soll hier von gleichzeitigen Meniskusverletzungen bei schweren Kniegelenksbrüchen abgesehen werden, a) Es gibt sicher einwandfreie frische, traumatische, isolierte Verletzungen des Meniskus bei Arbeit und Sport, b) Manche Meniskusrisse entstehen durch eine Reihe aufeinanderfolgender Traumen; der Einriß erfolgt bei ihnen schubweise oder chronisch-traumatisch. In der Vorgeschichte wird ein Trauma angegeben, z. B. beim Sport (Fußballspielen) oder ein sog. „körpereigenes", z. B. beim scharfen Drehen, Aufstehen aus gebückter Stellung unter Belastung. Später, bei ähnlichen Gelegenheiten wiederholen sich die Attacken, es tritt evtl. ein kleiner Gelenkserguß auf, unter Umständen kommt es zur Einklemmung. c) Ferner glaube ich, daß ein Teil als Ermüdungserscheinung ähnlich wie bei den Ermüdungsbrüchen (s. S. 55) zu erklären ist. Die Resorption der Meniskussubstanz an der Stelle der Dauerbeanspruchung erfolgt langsam, so daß sich schließlich ein Riß herausbildet. In den beiden letztgenannten Fällen (schubweise traumatisch und als Ermüdungserscheinung) kann der Schlußpunkt der Entwicklung und z. B. beim Korbhenkelmeniskus die Verrenkung in das Gelenk (Einklemmung) bei Bewegungen des täglichen Lebens erfolgen oder solchen, die wenig darüber hinausgehen, z. B. Stiegensteigen, Aufrichten aus gebückter

Die Begutachtung

199

Stellung, oder sogar — oft zitiert, aber äußerst selten — im Schlaf = „Schlafmeniskus". Es ist auch nicht in Abrede zu stellen, daß es in manchen Fällen auf Grund degenerativer Veränderungen am Meniskus durch ein geringfügiges Trauma zu einem Einriß im veränderten Gewebe kommt. Gegen die allgemeine Entstehung auf degenerativer Grundlage spricht u. a. die Tatsache, daß die Degeneration des ganzen Meniskus mit dem Alter zunimmt, während die Zahl der Meniskusrisse mit dem Alter abnimmt und nach dem 45. bis 50. Lebensjahr kaum mehr vorkommt. Erwähnen möchte ich noch die Tatsache, daß die Menisci bei Bergarbeitern, z. B. im Ruhrgebiet ein völlig anderes Aussehen haben als wir sie bei unserem Verletztengut in Österreich sehen. Die ersteren sind zerschlissen und zerfranst, ein Bild, welches wir in unseren Gebieten überhaupt nie sehen. Für die B e g u t a c h t u n g ist wichtig: Vorgeschichte, klinischer und Operationsbefund, Aussehen des Meniskus bzw. der Rißränder bei der Operation; die feingewebliche Untersuchung, auf die von manchen Seiten ein großer Wert gelegt wird, ist nicht absolut verwertbar. Denn findet man degenerative Veränderungen, so kann tatsächlich der Riß auf Grund derselben erfolgt sein, es kann aber auch ebenso gut bei einem degenerativen Meniskus ein einwandfreies Trauma zum Risse führen oder es können sich auch bei einem einwandfreien traumatischen, eingerissenen Meniskus im Laufe der Zeit degenerative Veränderungen, insbesonderes am Rißrand einstellen. f) Riß der langen Bicepssehne. Er ist in der Regel die Folge von langsamen Durchscheuern infolge Verengung des Kanals, in dem die Bicepssehne verläuft (sulcus intertubercularis) oder Folge von arthrotischen Veränderungen im Bereiche des Schultergelenkes und ist daher in der R e g e l k e i n e U n f a l l s f o l g e . g) Zum Riß der Achillessehne kommt es, wenn eine schon alternde Sehne jugendlich beansprucht wird. Am häufigsten kommt es dazu bei plötzlicher starker Beanspruchung (Endspurt) oder bei plötzlicher Unterkühlung (Luftzug). In der Regel wird der Riß als Unfallsfolge anerkannt s. auch S. 181. h) Der Leistenbruch. Beim Leistenbruch handelt es sich um ein angeborenes Offenbleiben des Leistenkanals, in den dann Bauchinhalt langsam eintritt. Erfolgt das Eintreten des Bauchinhaltes bei einem Arbeitsvorgang (z. B. Heben einer Last) plötzlich, dann ist dieses Eintreten mit allen seinen Folgen als Betriebsunfall aufzufassen, nicht jedoch der Leistenbruch selbst. Mit dem Zurücktreten oder Zurückschieben des Bauchinhaltes sind die Unfallsfolgen erledigt. Durch ein direktes Trauma auf die Bauchwand entstandene e c h t e t r a u m a t i s c h e Hernien sind äußerst selten.

200

Die Begutachtung

i) Knochennekrosen. Um Erkrankungen (Gefäßstörungen), also N i c h t u n f a l l f o l g e n handelt es sich bei dem M o n d b e i n 1: o d = Lunatumalacie (s. S. 153), beim P e r t h e s (Nekrose des Schenkelkopfes bei Jugendlichen), beim S c h l a t t e r (Nekrose des vorderen zungenförmigen Fortsatzes der oberen Schienbeinepiphyse, tuberositas tibiae), sowie beim K ö h l e r 1 (Nekrose des Kahnbeines des Fußes) und beim K ö h 1 e r 2 (Nekrose des Köpfchens des 2. Mittelfußknochens). k) Auf endokrine Störungen zurückzuführen ist die E p i p h y s e n l ö s u n g a m O b e r s c h e n k e l k o p f in der Zeit der Pubertät (eunuchoider oder hypophysärer Typus) s. auch S. 170. Dies sind die wesentlichen Zusammenhangsfragen, bezüglich der übrigen sei auf die betreffenden Bücher verwiesen: P. R o s t o c k : Entscheidungen des Reichsversicherungsamtes über den Zusammenhang zwischen Unfall und Erkrankungen. Ferd. EnkeVerlag, Stuttgart 1931. H. L i n i g e r und G. M o 1 i n e u s : Der Unfallmann. Verlag J. A. Barth, Leipzig 1934. A. W . F i s c h e r und G. M o l i n e u s : Das ärztliche Gutachten im Versicherungswesen. Verlag J. A. Barth, Leipzig 1939.

Sachverzeichnis Achillessehne, Riß der — 181, 199 Alkoholbestimmung im Blute 15 Amputationsschema 34 Ankylosen 49 Arbeitsunfälle 6 Arm 120 Untersuchung bei Verletzung 120 Arthrodese 50 Atmung, Künstliche — 17 Störung der — 17 Auge 107 Erste Hilfe 107 Fremdkörper 109 Untersuchung bei Verletzung 108 Verätzung des — 111 Verletzung des Ganzen 111 Augenlid 108 Bagatellverletzung 27 Ballottement 171 Bauchverletzung, stumpfe 118 Beckenbrüche, Einteilung 119 Komplikationen 120 Bein 164 Untersuchung 164 Begutachtung 192 Bennet'sdie Fraktur 161 Beratungsfacharztverfahren 11 Berufsfürsorge 9 Berufskrankheiten 7 Betäubung 51, 62 Evipan 64 Narkose 64 örtliche 62 Plexus- 63 Rückenmarks- 64 Bewußtlosigkeit 16 Bindehaut 109 Bicepssehne, Riß der langen — 133, 199 Blitzschlag 20 Bluterguß 45 Blutung, s. auch Haematom 19 epidurale — 94

Brettlhand 66 Brückensymptome 197 Brustbein, Brüdie 118 Brustkorb 116 Prellung 117 Cellona-Binde 68 Cingulum 117 Dauerrente 195 Dekubitus 25 Delirium tremens 25 Desault'scher Verband 88 Diathermie 91 Doppelrechtwinkelschiene 85 Durchgangsarztverfahren 11, 12 Einlagen 83 Elektrische Unfälle 20, 43 Ellbogen 135 Knochenbrüche im Bereiche des — 138 Prellung, Zerrung 135 Verrenkung 136 Eminentia intercondyloidea (Abriß-) 180 Endocrine Störungen 200 Epilepsie 17 Epiphysenlösung 49 am oberen Oberschenkelende 170, 200 am unteren Speichenende 150 Erfrierung 20, 43 Erler-Plastik 33, 154 Erste Hilfe 16 Erwerbsverminderung, Einschätzung 195 Erysipel 39 Esmarch'sche Binde 19 Evipan 64 Fettembolie 24 Finger, Brüche 161, 162 Eiterung s. Panaritium Verrenkung 163

202

S ach Verzeichnis

Fingerschiene 66 Fingerwurm 158 Fissur 49 Fremdkörper 28 im Auge 109 F u ß 189 Gasbrand 40 Gasphlegmone 40 Gehbügel 76 Gehirnerschütterung 94 Gehirnprellung 94 Gehörgang 100 Geldentschädigung nach Unfällen 9 Gelenksplastik 50 Gelenksbeweglichkeit, normale 194 Gelenksempyem 158 Gelenksmaus 180 Gipsverband 67 Beckengips 78 Gipshülse 77 Gipsschiene, dorsale 70 Halskrawatte 81 Kopf-Rumpf-Gips 80 Oberarm 71 Oberschenkel 76 bei Strecksehnenriß 81 Technik des — 69 Unterschenkel 74 U-Schiene 73 Gliedertaxe 13 Grünholzbruch 49, 114 Gutachten 192 Hackverletzung (Knie) 35, 173 Haematom, epidurales 94 retroperitoneal 128 subunguales 162 Haftpflichtversicherung 13 Halskrawatte 81 Hämarthros 45 Hämatothorax 117 Hämatopneumothorax 117 H a n d 153 Brüche der Fingerglieder 161, 162 Brüche der Mittelhand 159 Strecksehnenriß der Finger 163 Verrenkung der Fingerglieder 163 Handgelenk 144 Brüche der Handwurzelknochen 152 Kahnbeinbruch 150 perilunäre Verrenkung 145 Speichenbruch an typischer Stelle 146

Handrückenödem 163 Harnblasenriß 120 Harnröhrenriß 120 Hautabschürfungen 26 H a u t e m p h y s e m 117 Heilverfahren, berufsgenossenschaftlich — 10 H e i ß l u f t 91 Herzschlag 16 Hexenschuß 116, 198 Hilflosenrente 14 Hirnschlag 16 Hitzschlag 16 Hohlhandprozesse (Phlegmone) 158 Hornhaut 110 Fremdkörper 110 H ü f t e 165 Pfannenbodenbruch 167 Verrenkung 165 Hunter'sches Dreieck 135 Infektion, fortschreitend 38 lokalisiert 37 mit Störung des Allgemeinbefindens 39 Kahnbeinbruch 150 Kalkschwund 55 Kallus, Brücken- 55 Kugel- 191 überschüssig 55 Kallusbildende Mittel 53 Kehlkopf, Fremdkörper 106 Verbrühung und Verätzung 106 Verletzungen 105 Kniegelenk 170, 171 Ausriß der eminentia intercondvloidea 180 Bandverletzung 175 E r g u ß 173 Gelenksmaus 180 Hackverletzung 173 Meniskusverletzung 177, 198 Punktion 175 Riß der Rectussehne 181 Verletzung des —, Diagnose 174 Verrenkung 177 Knochenbrüche 21, 45 Becken 119 Behandlung der — 51 Bennet'scher Bruch 161 Bruchformen 47 Brustbein 118 Ellbogen 138, 142 Ellenschaft 143

Sachverzeichnis Ermüdungsbrüche 55 Fersenbein 50, 189 Finger 161, 162 Folgen 53 Fußwurzel 190 Grünholzbruch 144 Häufig übersehene 50 Handwurzel 152 Jochbein 93 Kahnbein 50, 150 klinische Zeichen 46 Kniescheibe 179 Knöchel 187 Komplikationen 48 Mittelfuß 190 Mittelhand 159 Nasenbein 92 Oberarm 131, 134, 138 Oberschenkel 170 offene 48 Olecranon 142 pathologische 56 Pfannenboden 167 Rippen 117 Schädel 92 Schenkelhalsbruch 51, 168 Schienbeinknorren 182 Schienbeinkopf 181 Schienbeinschaft 182 Schlüsselbein 128 Schulterblatt 131 Schußbrüche 49 Speichenköpfchen 142 Speichenschaft 143 Unterschenkel 183 Vorderarm 142, 144 Wadenbein 183 Wirbelbruch 50, 112 Zehen 191 Zeit bis zum Festwerden 53 Zeitpunkt des Einrichtens 49 Knochennekrosen 200 Köhler'sche Erkrankung 20 Kombinationsquengel 83 Kontrakturen 50 Kopfprellung 94 Korsakoff, posttraumatisch 25 Krepitation 47 Kunstfehler 15 Kurzwellen 91 Lähmungen, typi:che periphere 97, 98 Lagophtalmus 109 Landesinvalidenämter 13 Lederhaut (Auge) 110

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Leistenbruch 199 Lendenrippe 115 Lues 56, 57 Lumbago 198 Lunatummalacie 153, 200 Lungenentzündung 24 Lymphgefäß-(drüsen-)entzündung 30, 154 Malgaigne'sche Brüche 119 manus radioflexa 146 Marknagelung 54 Marschfraktur 56, 191 Marschschaden 191 Massage 45, 52 Meniscus 177, 198 Meniscuscyste 181 Mitella 65 Mondbeintod 153, 200 Monteggia, Verrenkungsbrüche nach — 144 Mundhöhle 105 Muskelkontraktur, ischämische 55, 140 Myositis ossificans 55 Nachbehandlung 52, 58, 65, 88 nach Lähmungen 98 Zeitfüllende Mittel 89 Nagelbetteiterung 154 Narkose, s. Betäubung Nase 103 Nasennebenhöhlen, Verletzung 104 Nasenscheidewand, Haematom 104 Nerven, periphere 95 Verletzung 95 zentrale 95 Nierenquetschung 116 Oberarmbruch, infratuberculär 131 Schaftbruch 134 supracondylär 138 Oberschenkel 167 Epiphysenlösung am oberen Ende 170, 200 per- und subtrochantere Brüche 170 Schenkelhalsbruch 168 Oedem, malignes 40 Oesophagus 106 Ohnmacht 16 Ohr 99 Ohrmuschel 99 Operationsduldungspflicht 14 Operationseinwilligung 15

204

Sachverzeichnis

Osteochondritis dissecans 181 Osteomyelitis 197 Othaematom 99 Panaritium articulare 158 cutaneum 155 osseum 156 subcutaneum 156 tendinosum 157 Parierfraktur 143 Paronychie 154 Patella bipartita 180 Penicillin 32 Perthes'sche Erkrankung 200 Pfählungen 120 Phlegmone 37, 158 Plattfuß 82 Pneumoradiographie 181 Pneumothorax 117 Prellung 44 Priapismus 114 Pseudarthrose 54 Behandlung 55 Kahnbein- 152 Pyaemie (Septico-) 39 Pyarthros 193 Quengelverband, für die Finger 84 für Knie und Ellbogen 85 Rachen 105 Rehabilitationszentren 12 Reverdin-Plas tik 37, 44 Revers 15 Rippenbrüche 117 Riß der Achillessehne 181, 199 der langen Bicepssehne 133, 199 des lig. patellae propr. 181 der Rectussehne 181 der Strecksehnen 81, 163 Rißquetschwunden 29 Risus sardonicus 41 Röntgenbild, Beschreibung 60 gehaltenes 187 Röntgenverfahren 58 Rollenzug 89, 90 Rotlauf 39 Ruhigstellung 64 Mittel zur'— 65 Schädelgrundbruch 94 Schanz-Krawatte 81 Schiene, Braun'sche —• 87 Schienung der Knochenbrüche 22 Schipperkrankheit 56, 115

Schläfenbeinfraktur 103 Schlatter'sche Erkrankung 20 Schlüsselbeinbruch 128 Schlüsselbeinschiene 86, 130 Schmerzensgeld 14 Schock 24 Schonungsrente 195 Schraubenzugapparat 183 Schubladenzeichen 172 Schülerunfallversicherung 13 Schuhdruck 26 Schulter 121 Prellung, Zerrung 121 Verrenkung 122 — Einrichtung 124 —• gewohnheitsmäßige (habituelle) 126 Versteifung 133 Schulterblattbruch 131 Schweigepflicht, ärztliche 14 Schwieienabszeß 158 Sehnenscheidenentzündung 157 Seitenlockerung 184 Septicopyämie (Sepsis) 39 Sonderstationen 12 Spaltung 38, 156 Spannungspneumothorax 116 Speichenbruch, typische Stelle 146 Speichenköpfchenbruch 142 Spondylolisthese 56 Spondylose 56 Sprunggelenk 184 Stichwunde (Fußsohle) 28 Stieda'scher Schatten 175 Strecksehnenriß 81 Strombereitschaft 43 Strommarke 20, 43 Stützmieder 114 Subluxation 57 Sulfonamide 32 Supinationslodcerung 184 Symphysiolyse 119 Syringomyelie 47, 56 Tabes 47, 56 Tanninbehandlung 42 Tetanus 41 Tetraplegie 114 Tintenstiftverletzung 28 Auge 112 Tornisterverband 129 Trendelenburg'sches Zeichen 164 Trommelfellverletzung 101 Tuberkulose 197 Tuberculum maius, Bruch 133

Sachverzeichnis TJhrglasverband 109 Unfallstation, -ambulatorium 11 Unfallverhütung 8 Unfallversicherung, private 13 Träger der —• 3 Unterschenkel 181 Bruch 183 Verätzung 20, 42 Auge 111 Verbände 87 Verbrennung 20, 42 Vergiftungen 20 Verletzungsartenverfahren 11 Verrenkung 24, 57 Brustbein-Schlüsselbeingelenk 127 Chopart'sches Gelenk 190 Einrichtung 57 Erste Hilfe 24 Ellbogen 136 Fingerglieder 163 Hüftgelenk 165 -zentrale 167 Kiefergelenk 93 Kniegelenk 177 Kniescheibe 180 Lisfranc'sches Gelenk 190 perilunäre 51, 145 Schulter 122 Schulterblatt-Schlüsselbeingelenk 126 Teil- 57 -bruch 57 Wirbel 114 Zehen 191 Zeit der Ruhigstellung 56

205

Verrenkungsbruch n. Monteggia 144 nach de Quervain 146 Volkmann'sches Dreieck 187 Vorderarm 142 Bruch der Elle 143 Bruch der Speiche 143 Bruch beider Vorderarmknochen 142 Grünholzbruch 144 Sehnenscheidenentzündung 142 Wegunfälle 7 Wirbelsäule 112 Brüche 112 Brüche der Forlsätze 115 Verrenkungen 114 Witwenrente 14 Wundaussdineidung 30 Wundbehandlung 29 chemische 32 konservative 29 verbandlose 33 Wunden 18, 25 alte 36 Berufsgefährdung 25 erste Hilfe 18 infizierte 37 veraltete 36 Wundstarrkrampf 41 Zeitfüllende Mittel 89 Zerrungen 44 Zinkleimverband 82 Zu falls wunden, s. Wunden Zusammenhangsfragen 196 Zwischen wirbelscheibenprolaps 115, 198

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