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German Pages 19 [40] Year 1833
Ueber
Verbesserung der Viehzucht im
Großherzogthnme Hessen von
Dr.
Vix,
Großherzogl. Hess. Medizinalkollegsasseffor/ Kreisthierarzt und Lehrer der Thierarzneiwissenschaft an der Landesuniversität zu Gießen.
Verlag der dritten Buchhandlung in Giessen,
unter Leitung von I. Ricker. Ausgegeben im Mai 1832.
Den Mitgliedern bti
landwirthschaftlichen Vereine und
allen Freunden der Landwirthschaft gewidmet-
Ohne Viehzucht ist kein Ackerbau möglich!
xJtc Richtigkeit dieses Satzes bedarf keiner großen Beweise mittel, denn ohne Nahrung ist keine Ernährung, und ohne Dünger keine Nahrung für die Ackergewächse vorhanden. Das Vieh liefert jedoch nicht allein dem Ackerbau die Nahrung (den Dünger), sondern es bearbeitet auch den Boden, und ver
schafft dem Landwirthe außerdem, auf direktem und indirektem Wege, alle und jede nothwendigen Bedürfnisse, als Nahrung, Kleidung, Vergnügen, und die Seele von Allem, Geld. Wie die Geschichte lehrt, so ist die Viehzucht überall der Entstehung des Ackerbaues vorausgegangen, und unsere älteren Vorfahren sind erst herumziehende Hirten gewesen, ehe sie bleibende Ackersleute geworden sind. Es ist eine unbezweifclte Thatsache, daß die Viehzucht
die Hauptgrundlage der Landwirthschaft ist; denn man denke
sich nur einmal den Zustand des Ackerbaues und der mensch lichen Gesellschaft ohne die Hausthiere! Wie viele Quellen der Nahrung, Kleidung, Bequemlichkeit, des Vergnügens, und der Wohlfahrt überhaupt würde» ohne diese dem Men schengeschlechte nicht ermangeln? Sollte man es aber glau ben, daß diese segensreiche Quelle der allgemeinen Wohl
fahrt hin und wieder noch so sehr vernachlässiget und gering geachtet werden könnte? Man sehe sich um in denjenigen Ländern und Staaten, wo man den hohen Werth der Vieh zucht erkannt hat, und derselben auch durch alle möglichen
Mittel Vorschub leistet.
Wie spricht sich daselbst nicht der
Wohlstand durch die behagliche Zufriedenheit des wohlge-
6 nährten, gntgekleideten Landmanns, durch die in üppiger Fülle stehenden Felder und Wiesen, und durch die große Anzahl der schönsten und wüthigsten Hausthiere aus?
Aber
man sehe sich auch in denjenigen Staaten und Gegenden
um, wo man das für die Wohlfahrt der Menschen zunächst Liegende, die Viehzucht, und mit und in ihr den Ackerbau, vernachlässiget und gering achtet. Man sehe daselbst die mageren Felder, die elenden Gerippe von Thieren, und sehe,
wie sehr hier das Bild von den Einwohnern jener erstgedachten Länder und Gegenden absticht.
Hier sieht man den
schmutzigen, zerlumpten, und durch sein großes Elend, so wie
auch durch den häufigen Brandweingenuß oft bis zur tiefsten Stupidität herabgesunkenen Landmann mit mißmuthigen und
mißtrauischen Blicken cinherschleichen.
In solchen Gegenden
hört man keinen Laut der Fröhlichkeit, cs müßte dann der Hunger und der Kummer für einige Zeit in einem Brandwein-
rausche untergetaucht seyn, und man sieht daselbst Niemanden
emsiger beschäftiget, als die Erequirer und Auspfänder, und endlich sieht man in solchen Gegenden Niemanden sich be haglicher Herumtreiben, als die Brut der Wucherjuden, die
hier wimmeln und sich mästen, wie die Maden im Aase.
Man beschuldige mich nicht,
daß ich ein zu grelles
Bild von dem Elende aufstelle, das in Gegenden herrscht, wo die Viehzucht und der Ackerban so gänzlich vernachläßiget sind, und daß ich den Werth der Viehzucht und des Acker baues zu hoch stelle.
Man braucht nicht tief zu forschen,
man braucht selbst in dem sonst so gesegneten Deutschlands nicht weit zu gehen, um das Gesagte bestätigt zu finden.
Auch selbst in unserm Grvßherzogthume, wo schon so Man ches gethan wurde, um die Viehzucht und den Ackerbau zu
heben, entspricht noch mancher Ort, ja noch manche Ge gend diesem Bilde des höchsten Elends, und auch bei uns ist noch Viele« zu thun übrig, mit die Viehzucht und mit ihr den Ackerbau auf die Stufe der Vollkommenheit zu bringen.
7 wo sie den Umständen und den Bedürfnissen nach stehen könnten und sollten.
Zu läugnen ist es nicht, daß sich auch manche Orte
und Gegenden unsres Landes durch einen schönen Viehstand und eine blühende Ackercultur vor andern rühmlichst aus,
zeichnen,
und daß
auch die hohe Staatsregierung schon
manche Unterstützung gewährt und schon manches Hinderniß
aus dem Wege geräumt hat.
Dieser Orte und Gegenden
sind es aber im Ganzen noch sehr wenige ,
auch sind selbst
Diese noch nicht so weit, daß nicht noch zu verbessern wäre, und es bleibt von Seiten der Staatsregierung auch noch
Vieles zu gewähren, und noch manches Hinderniß wegzu
räumen übrig, das wir gewiß auch von Höchstderen festem Willen, den Zustand des Landes zu verbessern, mit vollem Rechte erwarten können, da durch die Einführung der land-
wirthschaftlichen Vereine hierzu neuerdings schon wieder ein Grundstein mehr gelegt worden ist.
Es ist aber auch die
Pflicht eines jeden Staatsbürgers, diese für daS allgemeine Wohl so sehr ersprießliche Einrichtung und die guten Absich ten der höchsten Staatshörde nach besten Kräften unterstützen
zu helfen,
damit unser Vaterland immer blühender und
für unsere Nachbarstaaten ein Vorbild werden " öge.
Und
somit will auch ich, ein Ausschußmitglied des vberhessischen Landwirthschaftsvereins, und weil ich mich meiner Stellung
gemäß überhaupt dazu aufgefordert fühle, mit Vorliegendem mein Schärflein zum allgemeinen Streben für Verbesserung der Landwirthschaft geben. I. Will ich hier ein Bild von dem gegenwärtigen Zustande
der Viehzucht im Großherzogthume überhaupt darzustel«
len versuchen. II.
Will ich
darzuthun
versuchen,
welche Hindernisse
dem Flor der Viehzucht im Großherzogthume entgegen stehen.
8 III. Will ich versuchen, die Mittel und Wege, durch welche
die gesummte Viehzucht im Großherzogthume verbessert werden könnte, anzudeuten.
I. A. Don dem gegenwärtigen Zustande der Pferdezücht im Großherzogthume Hessen.
Betrachten wir zuerst hier die Pferde, als die vorzüg
lichsten, ich will nicht auch sagen, die wichtigsten landwirthschaftlichen Hausthiere, und den Zustand der Pferdezucht im Großherzogthume, so werden wir finden, daß deren Zahl
und Wichtigkeit durchaus nicht geringfügig ist.
Blicken wir
zurück auf den frühern Zustand der Pferdezucht, so werden wir sehen, daß durch das seit einigen und zwanzig Jahren
bestehende Landgestüt für die Erweckung der Pferdezucht sehr Vieles
geschehen ist.
Die höchste Staatsbehörde hat der
Pferdezucht, für die Anschaffung und Haltung der Landbe
schäler, schon sehr große Summen, Hundert Tausende, ge opfert,
und es hat
demnach an dem besten Willezi. der
Staatsregierung, die Pferdezucht bei uns zu einem bedeu
tenden Flor« zu bringen, durchaus nicht ermangelt.
Fragt
man aber, wie es komme, daß trotz dieser großen Auf opferungen, dennoch so sehr geklagt wird, daß die Pferdezucht
bei weitem das nicht ist, was sie bei uns doch seyn könnte, so werden wir bei einer genauen Untersuchung die Beant
wortung dieser Frage in gar manchen Umständen finden,
die zum Theil auch nur sehr schwer zu beseitigen seyn dürf ten. Betrachten und untersuchen wir zu dem Ende zuerst den Zustand der Pferdezucht im Großherzogthume vor der
Einführung des Landgestüts, und verfolgen die Fortschritte derselben bis zur gegenwärtigen Zeit.
Es wurden vor der Einführung des Landgestüts zwar lange nicht eine so große Anzahl, wie jetzt, aber im Ganzen
8 III. Will ich versuchen, die Mittel und Wege, durch welche
die gesummte Viehzucht im Großherzogthume verbessert werden könnte, anzudeuten.
I. A. Don dem gegenwärtigen Zustande der Pferdezücht im Großherzogthume Hessen.
Betrachten wir zuerst hier die Pferde, als die vorzüg
lichsten, ich will nicht auch sagen, die wichtigsten landwirthschaftlichen Hausthiere, und den Zustand der Pferdezucht im Großherzogthume, so werden wir finden, daß deren Zahl
und Wichtigkeit durchaus nicht geringfügig ist.
Blicken wir
zurück auf den frühern Zustand der Pferdezucht, so werden wir sehen, daß durch das seit einigen und zwanzig Jahren
bestehende Landgestüt für die Erweckung der Pferdezucht sehr Vieles
geschehen ist.
Die höchste Staatsbehörde hat der
Pferdezucht, für die Anschaffung und Haltung der Landbe
schäler, schon sehr große Summen, Hundert Tausende, ge opfert,
und es hat
demnach an dem besten Willezi. der
Staatsregierung, die Pferdezucht bei uns zu einem bedeu
tenden Flor« zu bringen, durchaus nicht ermangelt.
Fragt
man aber, wie es komme, daß trotz dieser großen Auf opferungen, dennoch so sehr geklagt wird, daß die Pferdezucht
bei weitem das nicht ist, was sie bei uns doch seyn könnte, so werden wir bei einer genauen Untersuchung die Beant
wortung dieser Frage in gar manchen Umständen finden,
die zum Theil auch nur sehr schwer zu beseitigen seyn dürf ten. Betrachten und untersuchen wir zu dem Ende zuerst den Zustand der Pferdezucht im Großherzogthume vor der
Einführung des Landgestüts, und verfolgen die Fortschritte derselben bis zur gegenwärtigen Zeit.
Es wurden vor der Einführung des Landgestüts zwar lange nicht eine so große Anzahl, wie jetzt, aber im Ganzen
s ein größerer, jedoch minder edler, oder vielmehr ein gemei ner Schlag von Pferden im Lande gezogen, und die Hengste
von sogenannten Hengsthaltern
oder Gaureutern
(die dem Staate durchaus Nichts kosteten).
gehalten
Obgleich nun
damals recht brauchbare Pferde gezogen wurden, wie man solches jetzt noch in denjenigen Gegenden des Landes, wo
die Landbeschäler erst später hingekommen sind,
z. B.
in
der Wetterau, der Herrschaft Itter, dem sogenannten Hin
terlande ic., auf den ersten Blick sehen,
Schlag an dem gedrungenen,
und den alten
größeren Körperbau erkennen
kann, so war doch keine Gegend des Landes, die sich durch eine bessere Zucht vor andern ausgezeichnet hätte. Durch die Einführung der edlen Hengste des Landgestüts,
welche, so viel mir bekannt ist, tut Jahr 1806 oder 1807
erfolgte, hat sich die Pferdezucht im Großherzogthume tut Allgemeinen sehr gehoben, und es ist dadurch die Lust zu
derselben bei dem Landmann damals außerordentlich gestei
gert worden. Bei
der Einführung des Landgestüts ging
man von
dem Grundsatz aus, die Pferdezucht im Lande möglichst zu
vervielfältigen,
und dem im Lande vorhandenen Schlage
von Pferden durch die
edleren Hengste,
unbeschadet der
Körpergröße jedoch, nach und nach mehr Blut,
Adel cinzupflanzen.
Ra?e oder
Ob und wie weit diese Absicht aber
erreicht worden ist, werde ich tut Verlaufe Dieses zu zeigen suchen. Die Zahl der anfangs bei der Errichtung des Landge
stüts gebrauchten Hengste war sehr gering, und wurde erst in der Folge nach und nach vermehrt, so daß der Marstall in den Jahren 1816 bis 20 über hundert Landbeschälhengste
hielt.
Daß unter einer so großen Anzahl von verschiedenen
Hengsten, wie diese, mancher gute Landbcschäler war, ist begreiflich;
daß sich aber auch manches schlechte Subjekt
darunter befinden mußte,
war nicht
sehr leicht zu vcr-
iO meiden, zumal die größte Zahl derselben aus dem AuSlande und von Pferdehändlern gekauft werden mußte, deren Eigen schaften man mithin nicht genau kennen konnte. Die übrigen
Landbeschäler, die damals benutzt wurden, waren entweder
auf dem Haupt- und Hofgestüte zu Neu-Ulrichstein gezüch tet, oder auch im Lande aufgekauft worden.
Unter den aus dem Auslande erkauften Hengsten be
fanden sich nun Pferde aus allen Weltgegenden, und fast von allen Nationen, und das Großherzogliche Landgestüt
war damals als eine Sammlung von fast allen verschiedenen Pferderaxen der Welt anzusehen. Daß man bei einem sol chen Gemische von so verschiedenen Qualitäten von Hengsten zu keinem günstigen Resultate gelangen konnte, hat die Ge schichte der Viehzucht im Allgemeinen und hat auch die
Pferdezucht im Großherzogthume Hessen
noch insbesondere
gezeigt, welche letztere überhaupt für den Forscher noch alS eine wichtige Erfahrung im Gebiete der Viehzucht zu betrach
ten ist.
Denn wie schwierig müßte es nicht seyn, so vom
Ansehen zu bestimmen, ob dieser oder jener Hengst das ge wünschte Resultat liefern, und wie er sich überhaupt verer
ben würde, da man in den meisten Fällen weder ihn, noch
seine Vorfahren kannte. Die im Jnlande aufgekauften Hengste konnten, einzelne wenige ausgenommen, im Allgemeinen ebenfalls kein, gün stiges Resultat bringen, indem sie als Blendlinge von den
ersteren, mithin von den verschiedensten Pferderaxen, keines wegs im Stande waren, die ihnen etwa anklcbenden, bes sern Eigenschaften auf die Dauer fortzuvererben.
Nur Abkömmlinge einer reinen Raxe oder einer solchen, die schon eine Reihe von Generationen
hindurch veredelt
oder verbessert worden ist, sind im Stande, sich gleichmäßig
sortzuvererben, und Blendlinge schlagen immer wieder, frü her oder später, zurück, und werden dann in der Regel viel
schlechter, als die einheimische Ra^c ursprünglich gewesen ist.
11 Was nun endlich diejenigen Hengste betrifft, die auf dem Haupt - oder Hofgestüte von Neu - Ulrichstein gezüchtet, und als Landbeschäler verwendet wurden, so waren mehrere
darunter, die sich sehr Vortheilhaft ausgezeichnet haben.
Es
stammten dieselben von edlen arabischen Abkömmlingen, dem Harald und Türkmamatti, die aus dem königlich preußischen Gestüte zu Neustadt an der Doffe waren.
Es besaßen diese
Ulrichsteiner eine feste, dauerhafte Natur, vielen Geist und
Feuer und einen schönen edlen Körperbau; auch erbten sie diese guten Eigenschaften auf ihre Nachkommen fort, wie
n
solches an dem größeren Theile unserer Landespferde täglich
wahrnehmen kann.
Es waren diese edlen Nachkömmlinge
des Ulrichsteiner Gestüts aber im Ganzen etwas klein und fein, man schrieb ihnen einen etwas boshaften widersetzlichen Charakter zu, sie hatten häufig sehr feine Schenkel, bogen
nicht selten mit den Vorderfüßen nach vornen über,
und
standen mit den Zehen der Hüfe nach Auswärts, und end
lich litten sehr viele davon an der sogenannten Mond- oder Monatblindheit, das ist einer innerlichen erblichen Augenent
zündung, die in der Regel so oft wiederkehrt, bis Blindheit
daraus entstanden ist.
Sowie man nun die vorhin gedachten guten Eigenschaf
ten der zu Ulrichstein gezüchteten, und als Landbeschälcr verwendeten Hengste sich auf die Landespferde forterben sah, ebenso erbten aber auch leider die minder guten Eigenschaf
ten auf diese fort.
Häufig hört man daher den Landmann
klage», daß der große alte Schlag von Pferden durch die
Landbeschäler verdrängt worden, daß die Nachkommen dieser zwar edlen und oft sehr schönen Hengste zu klein seyen, daß
sie wohl zu leichten Reitpferden, nicht aber zu Acker - und Fahrpferden tauglich würden, daß er oft zwei derselben un ter dem Preise verkaufen müsse, um sich tut brauchbares
Pferd anzuschaffcn, und endlich klagen die Pferdezüchter vor
allen Dingen noch
darüber,
daß so
viele dieser jungen
12 Daß diese Klagen nicht ganz unge-
Pferde blind würden.
gründet sind, davon kann man sich überzeugen, sobald man
die Landpferde näher untersucht; daß aber das zu frühe
Einspannen und Reiten, und die unzweckmäßige, oft sehr schädliche Behandlung,
ja selbst Mißhandlung der jungen
Pferde von Seiten der Pferdezüchter selbst, auch das Ihrige, und sehr Vieles zu dem ungünstigen Resultate der Pferde
zucht im Großherzogthume beiträgt, ist leider auch nur zu
sehr gegründet.
f Der gegenwärtige Zustand der Pferdezucht ist demnach im Großherzogthume keineswegs als so blühend zu betrach ten, daß er keiner fernern Verbesserung und Sorgfalt mehr bedürfte.
gangen,
Der alte, große Schlag ist meistens verloren ge statt
dessen findet man
durchgehends nur einen
leichten Wagen- und Reitschlag, der durch das frühe ange strengte Arbeiten und schlechte Verhalten ohnehin nicht zur
Ausbildung kommen kann,
und wovon der größere Theil
noch überdieß an schwachen und fehlerhaften Augen leidet. Es ist übrigens nicht zu läugncn, daß auch mitunter ein
recht schönes Reitpferd im Lande gezogen, und dafür, wenn es in der frühen Jugend gehörig gepflegt und geschont wurde, öfters auch schon ein bedeutender Kaufpreis bezahlt
worden ist.
Es gehört dieses jedoch immer schon zu einer
Art von Ausnahme,
und noch mehr ist es der Fall, wenn
ein solches besseres Pferd die Größe des Kutschenschlags erreicht hat.
Die Landbeschäler haben sich im Ganzen seit 1820 kei neswegs verbessert, ja man könnte im Allgemeinen das Ge
gentheil behaupten, indem die früher gutgewesenen Hengste, theils bei der Reduktion derselben, theils aber durch das Alter rc. abgc^'rngen sind, und bei den jetzigen geringen
Mitteln nicht wieder ganz ersetzt, viel weniger vervollkomm net werden konnten.
13 Was die jetzigen Beschäler ans dem Großhcrzoglichen
Hofgestüte
zu Neu - Ulrichstein betrifft, so muß ein jeder
Sachkenner offen bekennen, daß eine Auswahl von Zucht hengsten , die so viel Adel und Vorzüge, wie diese vereini
gen, nicht leicht so zusammen gesunden werden dürfte, und
daß von diesen edlen Beschälern, wenn sie mit gleich vor züglichen Stuten gepaart, und die davon fallenden Fohlen richtig auferzogen werden, unfehlbar etwas Vorzügliches ge züchtet werden muß. Aber so vorzüglich und edel diese Hengste auch sind, das
heißt für ein Gestüte, in welchem man nur Reitpferde züch ten will, so leisten sie als Landbeschäler im Ganzen doch
immer nur einen geringeren Nutzen, indem der Landmann diese edlen Nachkömmlinge in der Regel nicht zu behandlen
versteht, und sie, je edler, empfindlicher und leichter sie
gebaut sind, um so früher und gewisser, und noch ehe sie ihre volle Ausbildung erreicht haben, zu Grunde richtet. Das
edle, leichte Pferdchen, das sich erst viel später entwickelt und ausbildet,
verlangt eine viel sorgfältigere Wartung
und bessere Nahrung, als das gemeine, schon von je her
akklimatisirte Pferd.
Das gemeine, schwere Pscrd ist im
dritten Jahre schon so. weit herangewachsen, daß seine ins Geschirr fallende Körperlast beim Ziehen allein schon einen bedeutenden Ausschlag zur Fortbewegung der Last abgibt,
während das schmächtige, kleine, leichte Pferdchen die Wir kung dieser Masse durch seine Kraftanstrengung ersetzen, und
diese seine noch geringen Kräfte sowohl, als auch den zarten, feinen,
und
unausgebildeten Körper
frühzeitig aufreiben
und zu Grunde richten muß. Daß durch diese Ursachen diese
Folgen in der That statt haben, davon kann man aller Orte
des Großherzogthums, wo Pferde gezogen und zu frühe zur Arbeit verwendet werden, sich augenscheinlich überzeugen. Ich will übrigens nicht sagen, daß die Landbeschäler sich insgesammt durch einen schweren, plumpen, grobknochi-
14 gen, gemeinen Körperbau auszeichnen müssen, und man die edlen Beschäler sämmtlich aus dem Landgestüte entfernt Hal«
ten solle, gehen.
denn Dieses würde in's entgegengesetzte Ertrem
Nein es müßten die Hengste für das Landgestüt
nach den verschiedenen Bedürfnissen der Landwirthschaft und des Staates überhaupt gewählt, und es müste dem Land manne und Pferdezüchter durchaus freie Wahl gelassen wer den,
ob er edle leichte Reitpferde, oder ob er schwerere
Kutschen-, Acker - und Karrengäule ziehen will.
Es muß
bei einem wohl eingerichteten Landgestüte dem Pferdezüchter
möglich gemacht seyn,
sich die Pferde nach seinem eignen
Willen, nach seinen besondern Bedürfnissen und Vortheilen
ziehen zu können.
Es darf das edle Reitpferd nur in solchen
Gegenden des Landes und nur von solchen Leuten gezogen
werden, die es besser füttern,
und die es in der Jugend
durchaus vor schweren Arbeiten schonen können. Man werfe hierbei einen Blick auf Hannover, Mecklenburg rc., beson ders aber auf England, das uns in jeder Rücksicht bei der
Viehzucht und dem Ackerbaue als Muster dienen kann, und man wird finden, daß dort der sogenannte gemeine Karren
oder Ackergaul in seiner Art eben so geschätzt und berücksich tiget wird, wie das edle Renn - oder Jagdpferd.
Man
fragt dorten im Allgemeinen nicht so sehr nach der edlen
Abstammung, als vielmehr nach dem Nutzen und nach den mehr oder weniger wichtigen Dienstesleistungen des Pferdes. Daß in England die Viehzucht in dem Grade vollkommen ist,
hängt hauptsächlich von der vollkommenen Freiheit und dem
daraus entspringenden Eifer für die Verbesserung der Vieh zucht ab.
Es sind dort keine Landgestüte, an welche der
Pferdezüchter gebannt ist, und die er benutzen muß, gleichviel, ob es seiner Ansicht oder seinen Bedürfnissen entspricht oder nicht; eS hält dort die Regierung gegenwärtig, und schon
seit langer Zeit, gar keine Hengste mehr, sie unterstützt, aber die Pferdezüchter aufs kräftigste, die Hengste selbst zu
15 halte», dadurch, daß sie Privilegien,
Prämien rc. giebt.
Und warum sollte es bei uns nicht auch nach und nach dahin zu bringen seyn? B. Von dem gegenwärtigen Zustande der Rind
viehzucht im Großherzogthume Hessen. Diese Gattung von Hausthieren ist für unsere Land,
Wirthe die wichtigste, sie giebt ihnen durch ihre Milch und ihr Fleisch Nahrung, sie hilft ihnen in den meisten Gegen
den des Großherzogthums das Feld bebauen, und liefert den meisten und besten Dünger. Es ist die Nindviehzucht im Großherzogthume im Gan
zen weiter als die Pferdezucht gediehen, denn man findet auf die Zucht des Rindviehs im Allgemeinen mehr Sorgfalt,
wie auf die Zucht der Pferde verwendet, und man findet an vielen Orten des Landes das Bestreben, die Rindvieh
zucht zu verbessern, auch bis auf den geringeren Bauern ausgedehnt.
Man findet aber auch wieder viele Orte, und
ganze Gegenden, wo die Rindviehzucht, von dem geringeren Manne wenigstens, noch gänzlich vernachlässiget, und wo
ein Bemühen diese zu verbessern, durchaus noch nicht sicht bar geworden ist. Als einheimische Rindviehrayen zeichnen sich im Groß
herzogthume eigentlich nur die Dounersberger, in der Rhein provinz, die Odenwälder, in der Provinz Starkenburg, und
die, gewiß vorzüglichste, Vogelsberger in der Provinz Ober
hessen , aus. riges, zartes,
Das Vogelsberger Rindvieh hat ein feinfase
wohlschmeckendes Fleisch, wird leicht fett,
gibt selbst bei weniger gutem Futter viele und gute Milch,
und besitzt die Fähigkeit,
diese guten Eigenschaften fortzu
vererben, und selbst bei einer zweckgemäßen Behandlung noch
in hohem Grade zu vermehren uud zu verbessern. Das übrige, nicht zu diesen Rayen zu zählende, und
im Großherzogthume vorhandene Rindvieh, ist theils reines
IG Schweizervieh,
oder
es ist Bastardzucht von diesem mit
den einheimischen Raxen. Da nun das allgemeine Streben, die Rindviehzucht zu verbessern, nicht zu verkennen ist, so bedarf es gewiß nur
geringer Aufmunterung und Anleitung, um dieselbe bald auf
den Standpunkt zu bringen, der derselben bei uns zu geben vor der Hand möglich ist.
Vorzüglich
haben bisher die
Großherzogliche Meyerei zu Darmstadt unter der Leitung
des Herrn Oberfinanzrathes Schenk, und mehrere größere Gutsbesitzer und wohlhabendere Ökonomen dadurch auf die Verbesserung der Viehzucht gewirkt, daß sie die Stierkälber
von reinem Schweizervieh aufgezogen, und an die Gemein den , oft selbst mit Schaden, oder doch unter dem Werthe,
abgegeben haben.
Woher es dann hauptsächlich kommt, daß
das Vieh in manchen Gemeinden in der Nähe von Darmstadt, oder auch in solchen Gegenden, wo ein Ökonom, der
Schweizervieh hält, wohnt, sich so Vortheilhaft vor dem Vieh anderer Gemeinden auszeichnct. Da diese patriotisch denkenden Ökonomen, und die sich
in der Viehzucht auszeichncndcn Gemeinden nicht alle hier namentlich aufgeführt werden können, so habe ich diese hier
nur im Allgemeinen rühmlichst bezeichnen wollen, überzeugt,
daß ein Jeder derselben im Bewußtseyn der guten Sache und im Gedeihen derselben selbst seinen schönsten Ruhm und
Lohn finden wird. C. Von dem gegenwärtigen Zustande der Schaafzncht im Großherzogthume Hessen. Von der Schaafzucht im Großherzogthume läßt sich im
Allgemeinen Viel und auch nur Wenig sagen.
Viel läßt sich
davon sagen, wenn es sich davon handelt, sie zu verbessern,. Wenig aber, wenn man ihre Vorzüglichkeit ins Auge faßt.
Der gegenwärtige Zustand der Schaafzucht ist im Allge meinen noch auf der niedrigsten Stufe, an wenigen Orten
17 nur schenkt man ihr einige nöthige Aufmerksamkeit,
fast
überall hat man noch gar keine Idee davon, daß der Ertrag der Schaafe bei uns erhöht werden könnte.
Größtentheils
wird noch Schmiervieh gehalten; ja man mag cs sogar von
vielen Seiten nicht, daß das Schmiervieh abgeschafft und reines Vieh gehalten werden soll, und endlich fehlt es sogar
nicht an Beispielen,
daß man dem Schmiervieh noch Lob
reden hält. Manche der Gründe für das Halten des SchmierviehS
sind freilich auch nicht zu übersehen, namentlich würde es
kaum ausführbar seyn, sämmtliches Schmiervieh auf einmal
ab - und reines Vieh anzuschaffen,
denn es würde dieses
außerordentliche Kosten verursachen, und diese Aufopferun gen würden dennoch so lange vergeblich seyn,
als Nicht
auch in den angrenzenden Staaten gleiche Maasregeln er
griffen würden.
Es würde nämlich, wenn dieß nicht ge
schähe, aller Wollvieh-Handel mit diesen Nachbarstaaten
aufhören müssen, oder es wäre dadurch immerwährend die Gelegenheit gegeben, das reine Vieh mit der Räude anzu stecken.
Es sind 'zwar auch in unsrem Lande schon manche
Orte und Gegenden, in denen die Schaafzucht über den alten Schlendrian erhoben worden ist, wo man daö Schmier vieh , trotz der Gefahren und Verluste, abgeschafft hat, rei
nes Vieh hält, und die Zucht überhaupt zu verbessern sucht. Es Isind hier namentlich mehrere Orte der Provinz Ober hessen anzuführen,
Preußen,
in
die,
an der Grenze von Nassau und
welchen Staaten nur reines Vieh gehalten
werden darf, ebenfalls nur reines Vieh halten, und sich
dabei recht wohl befinden.
ES sind Diese aber nur Licht
punkte in der allgemeinen Finsterniß, und noch mehr sind es Lichtpunkte, wenn sogar mit Merino veredelt wird, oder
gar reine Merinoheerden bei uns gehalten werden. Es ist eine unglaubliche Verblendung unter den Schaafzüchtern herschend, daß Viele derselben nämlich glauben, Vix, über Verbesserung d. Viehzucht. 2
18 da- Schmiervieh sey dem reinen Vieh vorzuziehen, indem die Wolle zarter sey, auch wohl häufiger wachse. Sie be rechnen aber nicht,
wieviel der Wolle durch das Kratzen
der Schaafe und das Ausrupfen beim Schmieren verloren und daß der Grindausschlag an dem Körper des
geht,
Schaafs zehrt,
wodurch dieses aber mehr Futter bedarf
und weniger leicht fett wird re. Es würde hier zu weit führen,
wenn ich alle Nach
theile der jetzigen Vernachläßigung und die Vortheile einer Verbesserung der Schaafzucht angeben und auseinander setzen
wollte;
ich behalte es mir jedoch noch insbesondere für die
Folge vor.
D. Von dem gegenwärtigen Zustande der Schwei nezucht im
Großherzogthume Hessen.
Wenn man das Schwein im Einzelnen betrachtet, so hat es im Allgemeinen nur wenigen Werth; berücksichtiget man es aber in der Masse, so ist die Schweinezucht doch
von außerordentlich großer Wichtigkeit.
Die Schweine wer
den zwar bei uns nicht zur Bearbeitung des Bodens benutzt,
auch ist der Schweinedünger nicht viel werth; dafür gibt
das Schwein aber durch sein Fleich und Fett, die vorzüg
lichsten Nahrungsmittel für die Landhaushaltungen.
Eine
gute Schweinezucht wirft auch außerdem dem Landwirthe in vielen Fällen durch die Nachzucht ein schönes Stück Geld ab, indem sich die Schweine sehr stark vermehren und im merwährend gesucht werden. Obgleich nun die Schweine bei uns in so großer Menge gezogen und verbraucht werden, so ist dennoch die Zucht der
selben im Großherzogthume auch noch außerordentlich zurück. Hin und wieder findet man zwar auch einzelne Ökono nomen,
die auf Verbesserung dieser Thiergattung denken
und sie durch Kreuzungen mit Indern Raxen auch wirklich
schon verbessert haben; es sind Dieß ebenfalls aber immer
1.9 noch Einzelheiten,
und im Allgemeinen liegt es damit noch
sehr im Argen.
II. Don den Hindernissen, die bisher dem Flor
der Viehzucht im Großherzogthume entgegen gestanden haben.
Ich komme nun zur Erörterung des zweiten mir vorge zeichneten Punktes, und theile die Hindernisse der Viehzucht
bei uns in allgemeine und besondere Hindernisse ab.
Zu
den allgemeinen Hindernissen zähle ich 1) Die allenthalben überhand nehmende Verarmung des
Landmanns. 2) Die aus der Verarmung entstehende Gleichgültigkeit
und Trägheit, ich möchte sagen Stumpfheit, die dann durch
den häufigen Brandweingenuß auch noch allenthalben ver
mehrt wird. 3) Rechne ich, was die Pferdezucht betrifft hier mitt noch insbesondere die Werthlofigkeit der gezüchteten Pferde
hinzu. ad 1) Die Verarmung gestattet dem Landmanne nicht,
bessere Zuchtthiere anzuschaffen, und die Thiere überhaupt
besser zu halten.
Es denkt der arme Landmann, besser ein
schlechtes Thier gezogen, als gar keins, und theilt, was die
Pferdezucht betrifft, die bei uns allgemein herschende An sicht, daß eine alte, abgemergelte, abgehetzte, und zu son
stigen Diensten unbrauchbar gewordene Stute immer noch
gut genug zur Zucht sey. Die Armuth gestattet nicht, daß das junge Thier bis zu seiner völlig erreichten Ausbildung gepflegt und geschont werde, es wird deshalb das Füllen im zweiten und dritten Jahre schon zu harten Arbeiten verwendet, so daß es im
fünften, sechsten Jahre, wo es erst seinen vollen Werth er
halten sollte, schon zu Grunde gerichtet und werthloS ge2*
1.9 noch Einzelheiten,
und im Allgemeinen liegt es damit noch
sehr im Argen.
II. Don den Hindernissen, die bisher dem Flor
der Viehzucht im Großherzogthume entgegen gestanden haben.
Ich komme nun zur Erörterung des zweiten mir vorge zeichneten Punktes, und theile die Hindernisse der Viehzucht
bei uns in allgemeine und besondere Hindernisse ab.
Zu
den allgemeinen Hindernissen zähle ich 1) Die allenthalben überhand nehmende Verarmung des
Landmanns. 2) Die aus der Verarmung entstehende Gleichgültigkeit
und Trägheit, ich möchte sagen Stumpfheit, die dann durch
den häufigen Brandweingenuß auch noch allenthalben ver
mehrt wird. 3) Rechne ich, was die Pferdezucht betrifft hier mitt noch insbesondere die Werthlofigkeit der gezüchteten Pferde
hinzu. ad 1) Die Verarmung gestattet dem Landmanne nicht,
bessere Zuchtthiere anzuschaffen, und die Thiere überhaupt
besser zu halten.
Es denkt der arme Landmann, besser ein
schlechtes Thier gezogen, als gar keins, und theilt, was die
Pferdezucht betrifft, die bei uns allgemein herschende An sicht, daß eine alte, abgemergelte, abgehetzte, und zu son
stigen Diensten unbrauchbar gewordene Stute immer noch
gut genug zur Zucht sey. Die Armuth gestattet nicht, daß das junge Thier bis zu seiner völlig erreichten Ausbildung gepflegt und geschont werde, es wird deshalb das Füllen im zweiten und dritten Jahre schon zu harten Arbeiten verwendet, so daß es im
fünften, sechsten Jahre, wo es erst seinen vollen Werth er
halten sollte, schon zu Grunde gerichtet und werthloS ge2*
20 worden ist.
Es wird
auch das Stntfüllen, das weibliche
Rind, Schaaf und Schwein, um ein Jahr früher ein Jun
ges und Nutzen davon zu haben, zu früh zur Begattung zu gelassen, und es muß diese, selbst noch in der Kindheit be griffene, nnausgebildete Mutter zu frühe schon ein Junges ernähren. Es bleibt dadurch aber diese sowohl, wie auch
das Junge in seiner naturgemäßen Ausbildung zurück, und
beide werden dadurch dann häufig zu Krüppeln.
Hierdurch
muß nothwendig die Viehzucht im Allgemeinen leiden, und was diese Prozedur nicht verdirbt, das wird dann häufig
noch durch die schlechten männlichen Zuchtthiere vollständig
verdorben. Seit Einführung
des Landgestüts
wurden
zwar
die
Hengste der Privatpersonen einer strengen Controle unter worfen, die sogenannten herrschaftlichen oder Landbeschälcr
aber controlirte bisher Niemand, sondern die Auswahl der
selben war blos und allein dem Vorsteher des Landgestüts anheim gegeben. Da nun zwei Augen auch bei dem besten Willen niemals so viel sehen, als vier und mehrere, so mußten aus diesem Grunde allein schon manche fehlerhaften
Hengste mit einschleichen; das Schlimmste aber war, daß man bei der Auswahl der Hengste für das Landgestüt häufig
mehr auf Nebenumstände, Ansichten, vorgefaßte Meinun gen ic. ic. als auf das Bedürfniß des Landes Rücksicht ge
nommen zu haben scheint.
So zum Beispiel habe ich Leute,
die bei dem Gestütewesen von Einfluß waren, äußern hören:
ein blindes Pferd der Ulrichsteiner oder Haraldsraxe sey ihnen lieber und mehr werth, als ein sehendes Pferd irgend einer andern Ra?e. Wer sollte hier nicht über die Beschränktheit
dieser Leute wehmüthig die Achseln zucken, und den armen Landmann nicht bedauern, der, wenn er auch mit vieler Aufopferung sich ein Füllen gezogen, und, wenn er die Früchte seiner Mühe und die Interessen des aufgewendeten Kapitals ärndten will, diese seine Hoffnung dadurch zu Wasser
21 werden sieht, daß das Thier entweder erblindet, oder z» keiner Arbeit zu gebrauchen ist; den» nicht alle diejenigen,
welche Pferde brauchen, haben die Haraldsraxe so schätzen gelernt, wie gewisse vorhin gedachte Leute. ad 2. Es ist immer im Gefolge der Armuth, daß mit der Zeit eine völlige Gleichgültigkeit und eine gewisse Stumpfheit der Sinne einzutreten pflegt; diese Gleichgül tigkeit erzeugt aber eine dumpfe Trägheit, die dann endlich
noch durch den häufigen Genuß des Brandweins in Lüderlichkeit und in die Laster, welche die Lüderlichkeit im Gefolge hat, ausartet.
Wer diese Behauptung übertrieben findet,
der gehe einmal in eine ganz verarmte Gemeinde, an denen
es bei uns leider nicht fehlt, er beobachte daselbst das Leben und Treiben der Einwohner, und er wird die Bestättigung nur zu sicher finden. In einem solchen Orte ist an eine Verbesserung der Viehzucht
und
des Ackerbaues nicht zu
denken, wenn man nicht zuerst durch die kräftigste Hülfe
den Verarmten wiederaufhilft, und ihnen durch den Genuß des Lebens auch wieder Lcbensmuth geben kann. ad 3.
Was
nun die Werthlosigkeit der im Lande ge
züchteten Pferde als Hinderniß einer
besseren Pferdezucht
betrifft, so rührt diese aus den bereits oben gedachten Ur
sachen her.
Es ist zwar in neuerer Zeit durch den Einkauf
der Remoute im Lande schon ein großer Schritt zur Auf munterung geschehen, und wenn in der Zukunft noch Be
dacht genommen wird, daß schwerere und Hengste für jeden Gebrauch ins Landgestüt ausgenommen werden, so daß der Landmann auch Kutschen- und Ackerpferde ziehen kann, so werden die Pferde dadurch gewiß im Werthe immer mehr
steigen,
und die Pferdezucht selbst wird dadurch unfehlbar
in einen bessern Flor kommen. Zu den besondern Hindernissen sind zu zählen: 1) Der an vielen Orten noch so sehr vernachlässigte Zustand der Wiesen und Weiden.
22 Es sind an
vielen Orten des Großherzogthums
die
Wiesen noch in einem so schlechten Zustande, daß sie kaum
die Hälfte des Ertrags liefern, den sie haben könnten, wenn
sie durch zweckmäßige Ent- und Bewässerung, durch gute
Und was die Wei
Besämung ic. besser cultivirt würden.
den betrifft, so sind diese entweder schon seit Jahrhunderten so sehr vernachlässiget, daß daselbst fast Nichts mehr wächst,
oder blos solche Kräuter, die das Vieh nur durch den stärk
sten Hunger getrieben frißt, schlecht
bekommen müssen.
und welche ihm daher auch Sodann fehlt es auch diesen
unfruchtbaren Sand, oder Sumpfwüstencien gewöhnlich an
Schatten und frischem gesundem Wasser.
Die häufig dar
auf stehenden Sümpfe verpesten im Sommer den Dunst
kreis, und ein zahlloses Heer von Insekten aller Arten quä len und beunruhigen die armen Thiere aufs Blut.
wird auch oft noch das arme Vieh,
Witterung,
den
Dann ohne Rücksicht auf die
frühen Morgen und hungrig
Hunger - und Kuinmerorte getrieben,
auf diese
um am Abende noch
hungriger und vom Ungeziefer und den Hirtenhunden auf'S Äußerste abgemattet und abgesagt wieder in die oft so schlechten und ungesunden Ställe zurückzukehren.
ein Wunder,
Ist es denn
wenn bei einer solchen Behandlung jährlich
eine Menge VieheS von Krankheiten aller Arten befallen,
und dahin gerafft wird,
oder wenn die Nachzucht dieser
elenden Geschöpfe noch elender ausfällt? Zum Glücke, daß es nicht aller Orten so ist, sondern daß es auch manche Orte und Gegenden gibt, wo man die
Weiden verbessert oder ganz abgeschafft und den Thieren
eine bessere Nahrung in gesund angelegten Stallungen ge geben hat. Man braucht dem Forscher dergleichen Orte nicht zu nennen, er wird sie sogleich an dem schönen muntern,
wohlgenährten Diehe, an den großen Miststätten, den fet ten Äckern und an der Wohlhabenheit der Einwohner erkennen.
23 2) Wird die Auswahl und die Haltung der männliches Zuchtthiere im Allgemeinen noch zu sehr vernachlässiget und unzweckmäßig ausgeführt. Was die Hengste betrifft, so habe ich diesen Gegenstand schon mehrfach berührt,,und sage hier nochmals, daß die jetzige Anzahl der Landbeschäler zu ge ring ist, und daß dem Pserdezüchter, theils aus diesem
Grunde, theils aber weil die Landbeschäler im Durchschnitte zu klein, sein und leicht find, die Auswahl für seinen Be
darf oder seine besondern Absichten durchaus gebricht» Auswahl
der
männlichen Zuchtthiere bei
der
Die
Rindvieh-
und Schweinezucht, ist häufig den Hirten überlassen, oder diese führen doch das erste Wort dabei. Da man aber bei uns im Durchschnitte die schlechtesten Subjekte eines Ortes
zum Hirtendienste immer noch für gut genug hält, so läßt sich leicht denken,
was ein solcher Mensch rathen kann.
Außer vom Hirten hängt die Auswahl des Stiers oder Ebers noch von dem Ortsvorstande ab, oder es wird dem Halter derselben auch die Auswahl nach seinem Gutdünken über lassen. Wie nun in allen diesen Fällen die Wahl in der
Regel ausfällt, zeigt der Erfolg.
Sodann wird der Stier
oder Eber, der nun entweder aus der Gemeindekaffe bezahlt, oder ans Kosten des Halters angeschafft worden ist, im er
sten Falle an den Wenigstfordernden in Futter gegeben, oder es wird der Halter im letzteren Falle ans den Gemeinde mitteln entschädigt.
Das Anschaffen und Halten des StierS
oder Ebers geht auch nicht selten auf der Reihe herum.
Kauft die Gemeinde das
männliche Zuchtthier,
und
gibt es in Kost, so ist es der Gefahr ausgesetzt, schlecht ge
füttert zu werde». Ist und bleibt das männliche Thier aber Eigenthum des Halters, so kauft derselbe immer der Wohlfeilheit nach, und verkauft es wieder, sobald er etwas daran profitiren kann.
Und
geht das Halten mit jedem
Jahre auf einen anbe.it in der Reihefolge über, so kömmt
jedeö Jahr eilt anderes männliches Znchtthicr in die Gc