Ueber Befestigungen im Feldkriege [Reprint 2022 ed.]
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Ueber Befestigungen im Feldkriege.

Ueber

Befestigungen im Feldkriege von

A .

I i r i a l m o n t ,

Oberst im belg.

Generalstabe.

Uebersetzt von

B. Ton Pressentin, Premier-Lieutenant im Brandenburgischen Feld-Artillerie-Regiment Nr. 3 (Generalfeldzeugmeister).

Mit

0

Tafeln.

Leipzig, V e r l a g von V e i t & Comp.

1870.

Vorwort. Das vorliegende Heft bietet unter Vielem, was lins nicht neu, und dem wir nicht zustimmen können, manches 'Gute. Dieser Umstand und die Thatsache, dass die „fortification improvisée" in Belgien und in Frankreich einen auffallend grossen Leserkreis gefunden hat, veranlasste mich zur Uebersetzung der Broschüre. J ü t e r b o g , im Juni 1870.

Der Uebersetzer.

Ueber Befestigungen im Feldkriege. Die Grundsätze ü b e r Feldbefestigung bedürfen durchgreifender Verbesserungen. Napoleon,

I.

Allgemeine Betrachtungen. Die Befestigungskunst ist eine sehr alte; sie ist fast ebenso alt wie der Krieg selbst. Zu jeder Zeit wurden Befestigungen angelegt, um schwache Theile der Truppenaufstellungen — sei es im Lager oder in der Schlacht — zu verstärken. Schon die römischen Legionen kannten und übten die Kunst des Befestigens. Angesichts des Feindes arbeiteten sie mit einer bewundernswerthen Geschicklichkeit und Schnelligkeit. „Sie haben die Welt erobert, indem sie die Erde umwühlten," sagt ein Geschichtsschreiber. Feldbefestigungen haben einen hohen moralischen Werth. Sie ermuthigen den Vertheidiger, während der Angreifer, der sich ihnen plötzlich im Gefecht gegenüber befindet, stutzt, da er die sich ihm entgegenstellenden Hindernisse vergrössert und seine Verluste vermehrt sieht.



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Es wird dem Angreifer schwer, einerseits die Bedeutung der vorliegenden Werke schnell richtig zu beurtheilen, andererseits schleunig seine Dispositionen zum Vermeiden und Umgehen der Werke zu fassen. Gerade in dieser Beziehung werden solche leichte Werke, die ohne Vorwissen des Gegners erbaut sind, vielmehr und öfter nutzen, als Schanzen und Forts, welche mit Muse und Sorgfalt erbaut sind. In neuerer Zeit hat zuerst Kaiser Karl V. der Feldbefestigung eine grosse Wichtigkeit beigelegt. Als er 1547 der verbündeten Armee gegenüberstand, die 2mal stärker als die seinige war, und die Verbündeten den Fehler begangen hatten, ihn nicht sofort anzugreifen, benutzte er die erste Nacht, um seine Stellung zu verschanzen; am folgenden Morgen war die Stellung vertheidigungsfähig. Die Arbeit wurde 12 Tage lang fortgesetzt. Am 13. erhielt der Kaiser Verstärkungen durch holländische Truppen und ging in Folge dessen zur Offensive über. Drei Monate nachher war der Donaufeldzug für den Kaiser siegreich beendet. Karl V. verdankte dieses günstige Resultat der von ihm getroffenen Einrichtung, dass er jedem Regiment Landsknechte eine PionnierCompagnie von 400 Köpfen beigab. Diese Compagnie stand unter dem Befehl eines besondern Officiers, und führte einen kleinen WerkzeugP a r k mit sich. Eine ganz ähnliche Einrichtung hatte der Prinz von Parma. In seiner Armee befanden



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sich 3000 Pioniere, und wurden diese nach Bedürfniss noch durch Infanteristen vermehrt. So auch nur konnte er seine grossartigen Arbeiten an der Scheide und bei der Belagerung von Antwerpen 1584 ausführen. Seit dieser Zeit verlieren die Pionniere, die speciell diese Feldbefestigungen herstellten, an Wichtigkeit. Man führte die Arbeiten durch requirirte Bauern oder durch gemiethete Leute aus, so in den Kriegen der Fürsten von Nassau, Gustav Adolph's, Louis XIII. und Louis XIV. Die Truppen nahmen nur selten an den Arbeiten Theil, und dann auch nur in geringer Anzahl. *) Die Geschichtsschreiber erzählen, dass den Soldaten diese Erdarbeiten sehr zuwider waren, obgleich von den Officieren und selbst den Fürsten alles Mögliche gethan wurde, um dies Vorurtheil zu zerstören. So verweilte Louis XIV. einen Monat in Dünkirchen, um durch seine Gegenwart, sein Lob und seine Belehrungen die 30,000 Soldaten zu ermuntern, welche unter Vauban an den Werken dieses Platzes baueten. (Siehe Allent: Histoire du corps du genie).**)

*) Siehe: „les Mémoires militaires relatifs à la guerre de la succession d'Espagne," par le général de Vault. **) Das erwähnte Vorurtheil hat lange in den europäischen Armeen geherrscht und herrscht noch in einigen. ,,Unter den französischen T r u p p e n , " sagt General Rogniat (1817), „herrscht, ich weiss nicht was f ü r ein Vorurtheil gegen die Hacke und den Spaten, ein Vorurtheil, welches nur der Trägheit zu Gute kommt."



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Der Marschall Turenne verwarf alle zu ausgedehnten und alle nur zu defensiven Zwecken hergestellte Anlagen, welche letztere durch den Krieg in den Niederlanden Mode geworden waren. Er wollte nur solche Befestigungen haben, die sich äusserst leicht herstellen Hessen und in keiner m Weise die Offensiv - Bewegiui; ~ 1 hinderten. Die von Turenne erforderten nur wenige Stunden Arbeit; gewöhnlich befestigte er seine Positionen durch Verschanzungen und Verhaue. Die Anlage glich einer Art von Laufgraben und hatte den Zweck die Infanterie der ersten Schlachtlinie zu schützen.. Sämmtliche Geräthschaften, als Schaufeln, Hacken, Beile u. s. w. wurden von den Dragonern hinten auf den Pferden fortgeschafft. Peter der Grosse konnte in der Schlacht bei Pultawa die kräftigen Angriffe der Schweden nur deshalb zurückweisen, weil er vorsichtig genug gewesen war, in der Nacht vor der Schlacht 7 Schanzen vor der Front seiner Infanterie bauen und besetzen zu lassen. Friedrich der Grosse nahm sofort, sowie das Kriegsgeschick ihn zwang in der Defensive zu bleiben, seine Zuflucht zu Verschanzungen, z. B. vor Schweidnitz, als seine 60,000 Mann starke Armee von 130,000 Küssen und Oesterreichern angegriffen werden sollte. Es war einer von Friedrichs militärischen Aussprüchen, dass jeder Führer müsse Verschanzungen bauen können. „An den Officier," sagt er, „müssen Ansprüche der verschiedensten Art gestellt werden; der



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Hauptsächlichste aber, ist der, dass er die Vorschriften der Fortification inne hat." Im siebenjährigen Kriege stellten die Russen und Oesterreicher bei mehreren Gelegenheiten mit sehr gutem Erfolge Befestigungen her. Im Jahre 1757 standen die Oesterreicher unter dem Grafen v. Königseck bei Reichenberg hinter einer Linie von Batterien und Schanzen. Sie wiesen einen Angriff des Herzogs v. Bevern a b , „weil die linke Flanke der Preussen dem Geschütz- und Infanteriefeuer der Schanzen ausgesetzt war." Die preussische Armee war zu einer Umgehung der österreichischen Stellung gezwungen. Viel merkwürdiger waren die Verschanzungen, welche die Russen und Oesterreicher (unter Laudon und Soltikof) im Jahre 1759 bei Kunnersdorf gebaut hatten. Die auf dem linken Flügel der alliirten Armee, auf dem Mühlberge und dem Spitzberge, gelegenen Vertheidigungsarbeiten verursachten dem angreifenden Heere solche Verluste, dass der General Jomini sagte, „man könne sich von dem schrecklichen Kampfe gar keine Vorstellungen machen." Die Russen vertheidigten diese Punkte mit einer solchen Hartnäckigkeit, dass Friedrich unter Verlust von 165 Kanonen, 20,000 Todten und Verwundeten — der Hälfte seines Heeres — den Rückzug antreten musste. Gegen Ende des 18. Jahrhundert bauten die Oesterreicher unter dem Herzog Albert bei Jemmapes 14 Schanzen vor der Front ihrer Aufstellung und placirten in ihnen 36 Geschütze



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schweren Calibers. In Folge dieser Anordnungen konnten sich 20,000 Kaiserliche ruhmwürdig gegen 50,000 Republikaner vertheidigen, und nachher ihren Rückzug in vollständiger Ordnung mit einem Verlust von nur 2000 Todten und Verwundeten antreten. Der Erzherzog Karl erkannte ebenso wie Friedrich II. den Nutzen der Feldbefestigung an.*) Indessen hatte die österreichische Armee seit langer Zeit die einsichtsvollen Einrichtungen Karl des V. nicht mehr befolgt. Dieser Umstand erklärt auch die geringe Nutzanwendung, welche der Erzherzog aus der Feldbefestigung wider seine bessere Ueberzeugung zog. Seine Feldzüge bieten nur ein einziges Beispiel von Anwendung der Befestigungskunst, nämlich bei Caldiero. Hier war seine Armee von Schanzen, verschanzten Gebäuden und Verhauen so glücklich gedeckt, dass sie 3 Tage lang Massena's Truppen aufhalten konnte, welche sich einen Weg nach der Donau eröffnen sollten. Ein österreichischer Militär-Schriftsteller wirft *) Die Verschaiizungen — sagt der Erzherzog — haben einen doppelten W e r t h , einen moralischen und physischen. Sie setzen der Kühnheit des Feindes eine Grenze und schützen die Vertheidiger vor dem feindlichen Feuer. Ferner fesseln sie die unerfahrenen Officiere an die wichtigsten S t e l l e n , und erlauben keinen Zweifel über Verwendung von Truppen und Geschütz. A b e r sie verfehlen ihren Zweck, wie jedes andere W e r k zeug , wenn man sie ohne Zweck und Einsicht bauet und ohne B r a v o u r vertheidigt. (Aus einem österreichischen Militär-Journal.)



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dem Erzherzog es vor, dass er nicht öfter solche Anlagen gemacht habe. „Nach der Schlacht bei Aspern," sagte er, „oder während des ßwöchentlichen Waffenstillstandes musste man Stützpunkte für die Armee schaffen, indem man Aspern, Esslingen, Neusiedel, Wagram u. s. w. befestigte. Wäre das geschehen, so würde der Feldzug einen ganz andern Ausgang gehabt haben." *) Zur Zeit der französischen Republik 1794 befestigte General Jourdan mit Erfolg seine Stellung bei Fleurus. Durch Lünetten, Fleschen und Trancheen, welche die Dörfer Lambusart und Heppignies und zwar in der Art deckten, dass eine grosse Schanze mit 18 Geschützen die Ebene rechts des letzt genannten Dorfes bestrich. Der Kaiser Napoleon war ein grosser Verehrer der Feldbefestigung und machte sehr oft mit Erfolg von ihr Gebrauch. Eine einzige Schanze auf dem Wege von Montenotte, welche durch Oberst Rampon vertheidigt wurde, schlug 3 Angriffe der Oesterreicher ab. „Sie hatte den grössten Antheil am Erfolge des Tages, vielleicht des Feldzuges," — sagt Thiers. Bei Aspern retteten einige Erdaufwürfe und *) Seit einiger Zeit hat man in der österreichischen Armee wieder andere Ansichten von der Sache. Ein Militär-Schriftsteller behauptet, was heute jedermann zngiebt, 1) d» ss 200 Mann in einer Schanze ebensoviel Widerstandsfähigkeit h a b e n , wie ein ganzes Bataillon im offenen F e l d e ; "2) dass eine gemischte Division, falls sie in einer Verschanzung s t e h t , so zu betrachten ist, als wäre sie durch eine Brigade verstärkt.



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zwei schlecht befestigte Dörfer seine Armee vor völliger Niederlage. In der Schlacht bei Dresden, am 26. August 1813, trugen die aufgeworfenen Redouten sehr viel zu dem Siege der Franzosen über die Alliirten bei. Während der Schlacht bei Wachau, IG. October, hielt eine einfache aus alter Zeit stammende Schanze, die „Schwedenschanze", eine der Divisionen des linken französischen Flügels vollständig in Schach. Napoleon musste sie a tout prix nehmen, um die Offensiv-Bewegung Macdonald's gegen den rechten Flügel der Alliirten zu ermöglichen. Im Anfange desselben Feldzuges von 1813 hatte Napoleon wichtige Verschanzungen in Sachsen zwischen Pirna, Gieshübel und Dohna aufwerten l a s s e n . * ) Unabhängig von diesen Schanzen, welche den äussern Abhang der Plateaus bei Pirna und Gieshübel vertheidigten, lag am äussersten Ende des ersteren das befestigte Schloss Sonnenstein und am Ende des anderen der befestigte Kohlberg, beide eine zweite Verteidigungslinie bildend. Man kann also wohl behaupten, dass Napoleon ein treuer Anhänger des Systems der Feldbefestigungen war. Selbst auf Helena noch bedauerte e r , in seinen Feldzügen nicht öfter davon Gebrauch gemacht zu haben. * ) Sieben Divisionen vertheidigten diese Positionen, durch welche die Alliirten debouchiren mussten. Letztere begannen aber ihre Offensiv-Bewegungen zum U n g l ü c k der F r a n z o s e n , ehe j e n e Arbeiten vollendet waren.



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, , D i e j e n i g e n — äusserte er, „die im Felde die Unterstützungen, welche die Befestigungskunst bietet, verschmähen, berauben sich ohne Grund eines Hülfsmittels, welches nie schädlich, immer nützlich und oft unersetzlich ist." „Es sind leere Redensarten, wenn man sagt, zum Siegen müsse man mar.schiren, vorwärts gehen und manövriren, aber nicht mit dem Spaten und der Placke arbeiten." Der Herzog von Wellington hatte die verschanzten Linien bei Talavera, Fuentes Onoro • und Waterloo aufgeworfen, und doch kann man ihm in dieser Hinsicht denselben Vorwurf machen, wie Prinz Karl und Napoleon, es nicht oft genug gethan zu haben. Als der Marschall Soult sich von der englischen Armee in Spanien zurückzog, liess er mehrere verschanzte Linien, welche aus Schanzen, Batterien und Verhauen bestanden, zur Vertheidigung der Uebergänge über die Bidassoa und die Nivelle anlegen, und zwar von Urugne bis nach Espelette in einer Ausdehnung von 4x/2 franz. Meilen. Bei Toulouse deckte derselbe General seine Armee durch 7 Schanzen, in deren Intervallen sich verschanzte Häuser und Verhaue befanden. In dieser Anlage lag der Grund zu den enormen Verlusten der Engländer, während der Herzog von Dalmatien seinen Rückzug in vollkommener Ordnung antreten konnte. Die Feldbefestigung bietet solche Vortheile, dars wohl kein General seit 1815, der sie in Anwendung gebracht, es bereuet hat.



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Den Sieg der Oesterreicher vor Verona verdankte man zum grossen Theil den Werken, welche R a d e t z k y um das Dorf Santa-Lucia hatte aufführen lassen. Ebenso leistete das schnell befestigte Valleggio 1848 den Kaiserlichen in der Schlacht bei Custoza die besten Dienste. An dieses Dorf lehnte sich der rechte österreichische Flügel. Nachdem der General B a v a es zweimal ohne Erfolg angegriffen hatte, rcusste er seinen Rückzug antreten. Es ist bemerkenswerth, dass in ihrem unglücklichen Feldzuge gegen die Franzosen die Oesterreicher g a r keine W e r k e aufgeworfen hatten. Die Franzosen indessen hatten zur Unterstützung ihrer Offensiv-Bewegung Vercelli verschanzt und Palestro befestigt; ebenso hatten sie den Brückenkopf bei Turbigo gebaut zur Sicherung eines etwaigen Rückzuges. Es ist über jeden Zweifel erhaben, dass sie von diesen W e r k e n den grössten Nutzen hatten. Noch nie ist indessen die Feldbefestigung mit mehr Erfolg und so allgemein angewendet worden, als wie im letzten Amerikanischen Kriege. Man könnte es fast Instinkt nennen, wie die Soldaten der Union sich sofort bei jedem Halt in die Erde eingruben. Sie erwarteten dazu weder Befehl, noch eine Deckung durch Schützenschwärme, noch ein Abstecken der Linien. Es arbeitete nicht eine Division oder eine Brigade, nein, alle Divisionen und alle Brigaden arbeiteten, jede für sich. Die Arbeit fing ohne jeglichen Befehl dazu an. Hatte eine Truppe einen be-



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schwerlichen Marsch oder ein Gefecht hinter sich, und sollte lagern, so verschanzte sie sich vor allen Dingen mit einer unglaublichen Geschwindigkeit. Nachher erst wurde Feuer angemacht, Lebensmittel vertheilt, abgekocht und die sonstigen Lagergeschäfte vorgenommen. L a g die Truppe in einem Holz, an einem Hügel, in einem Thale oder in einem Getreidefeld, so wurde zuerst gegraben und dann hinter dem schützenden Erdwall Kaffee getrunken, abgekocht und geruhet. Bei Tagesanbruch waren diese Retranchements verlassen, und die Armee auf dem Marsche. Der General Sherman hebt in seinem Bericht über die Schlacht bei Atlanta wiederholt die Wichtigkeit dieser Werke hervor und die unglaubliche Leichtigkeit, mit der seine Truppen sie hergestellt hätten. „Bis New Hope Church," sagt Sherman, „war der Feind zurückgedrängt-, hier hatte er in der Eile einige Aufwürfe ausgehoben und hielt so seine Position. Am andern Morgen fanden wir ihn so stark verschanzt, dass unser Angriff scheiterte." Bei Dallas griff der Feind ungestüm an; unsere Leute hatten sich aber gut verschanzt und konnten die Angreifer blutig zurückweisen. In einem Kapport desselben Generals über die grosse Schlacht am 28. Juli liest man: „Die Armee stand gegen 10 Uhr in Position; unsere Leute stellten mit Hülfe von Eisenbahnschienen und Balken wirkliche Verschanzungen her. Ihre Geschicklichkeit war erstaunenswerth. Es war dies eine wirkliche Neuerung in der Kriegskunst; 9

— 18 — in Ermangelung von Spaten gebrauchte man Bajonette, Messer, Blechkannen, hölzerne Näpfe, kurz Alles, „was bei der Hand war."*) Oft gruben die einzelnen Leute sich in die Erde hinein und vereinigten diese Löcher zu einer Verschanzung. Fast auf dieselbe Art stellten die Russen während der denkwürdigen Belagerung von Sebastopol ihre Schützengruben (embuscades) her. „Diese Embuscaden, welche in der Belagerung eine so grosse Rolle spielten," erzählt Marschall Niel, „bestanden gewöhnlich aus einem höchstens 1 Meter tiefen Loch. Die gewonnene Erde bildete nach der Angriffsseite eine Art von Wall, und auf diesen stellte man Sandsäcke, die eine Scharte freiliessen. Ein Schütze, der hier niederhockte, war gegen feindliches Gewehrfeuer gedeckt, während die Deckung selbst dem feindlichen Geschütz keine Fläche darbot. Hinter den am weitesten vorgeschobenen Schützengruben lag eine zweite Linie, näher der Festung. Wurde die erste Linie angegriffen, so zogen sich die Schützen in die Embuscaden der 2. Linie zurück. Gingen dann die Belagerer in grössern Trupps oder in Masse vor, so eilten die Schützen auf ein verabredetes Zeichen in den Graben, um die Angreifer dem Geschützfeuer der Festung blos zu stellen. Die russischen Ingenieure machten, begünstigt durch die Unebenheiten des Terrains und die Ueberlegenheit ihres Artilleriefeuers, mit grossem *) Avmy and Navy journal, 1868.



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Geschick oft Gebrauch von diesen Schützengruben. Letztere hatten aber doch einen Nachtheil; war ein Soldat des Morgens in ihnen verwundet worden, so blieb er unter den Augen seiner Oameraden den Tag über hülflos liegen. Diesem Uebelstande wäre wohl abzuhelfen gewesen, wie es nachher auch geschah, indem man diese Gruben durch Gräben oder Aufwürfe mit einander und nach rückwärts hin verband." Nach dem Secessionskriege gingen die Generale Schofield und Beauregard nach Paris und genossen mehrere Male die Ehre einer Unterhaltung mit dem Kaiser. Letzterer wurde in seiner Ansicht, die er über die Feldbefestigung hatte, so sehr bestärkt, dass Mac-Mahon (186'5) im Lager von Chalons Versuche in dieser Beziehung anstellen inusste. In weniger als 4 Stunden hatten hier 2000 Mann, die alle zwei Stunden abgelöst wurden, eine Tranchee von 3000 Meter Länge mit einem Graben davor ausgehoben. (Plan 1, Figur 1.) Geschütze feuerten über B a n k , die Bedienungsmannschaften schützte man durch kleine Gräben, in welche die Kanoniere hineintraten. Bald nachher, beim grossen Manöver bei Vincennes, musste sich eine ganze InfanterieDivision angesichts des Feindes verschanzen. Die Arbeit wurde durch einen Schleier von Tirailleurs gedeckt. Jeder dritte Arbeiter empfing ein Stück Schanzzeug. In weniger als einer halben Stunde stand die Division gedeckt in ganz guten Trancheen. Das war also ein sehr in die Augen fallender Erfolg. 2*



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In den allgemeinen Gefechts-Instructionen, im Jahre 1867 durch den französischen Kriegsminister veröffentlicht, heisst es: „Die deployirten Bataillone der ersten Linie müssen sich durch Terrainfalten, Verhaue und Erdaufwürfe zu decken suchen, so dass sie den Feind bis auf wirksamste Gewehrschussweite ruhig herankommen lassen können. Besonders wirksam wird dies Feuer dann sein, wenn der Feind seine Angriffscolonnen formirt oder wenn er gegen die Position vorrückt. — Indessen müssen die Bataillone sich jeden Augenblick wieder in Colonne setzen können, so bald ein feindlicher Cavallerie-Angriff sie bedroht, oder so wie diese Formation nöthig erscheint, um dem geworfenen Feind nachzudrängen und so die Offensive zu ergreifen. Eine Defensive, welche nicht mit einer kräftigen Offensiv-Bewegung verbunden wird, ist nup eine mangelhafte, und nur in dem Falle statthaft, wo die Kräfte zu einem energischen Offensiv-Stoss nicht ausreichen. „Eine noch nicht erschütterte Infanterie, welche durch Terrainhindernisse oder künstliche Deckungen geschützt ist, hat bei einem etwaigen feindlichen Angriffe alle Chancen für sich, und das ganz besonders jetzt bei der so vervollkommneten Bewaffnung. „Der Angreifer muss unter dem vernichtenden Feuer seines Gegners eine Strecke von 3—400 Meter passiren, und wird entweder vernichtet, ehe er an den Feind kommt, oder doch so geschwächt sein, dass er auf keinen Erfolg mehr

— k l einem Gegner gegenüber rechnen kann, der vollständig hereit ist ihn zu empfangen und seinerseits die Offensive zu ergreifen."

Tl.

Feld-Laufgräben oder Feld-Trancheen. Der Feldzug von 1866 weiset aufs Neue auf die Feld-Befestigung hin. Die grosse Tragweite und Trefffähigkeit des Infanteriegewehres, sowie die Percussionskraft des Geschosses und das schnelle Schiessen, raachen eine Deckung der Truppen sehr wünschenswerth. Man muss also jetzt noch mehr wie früher den Ausspruch des Marschall Bugeaud beherzigen: „Bis zum Moment des Schlagens halte man seine Truppen ausserhalb des Feuers oder verberge sie." E s ist heute aber aus verschiedenen Gründen schwer, seine Truppen ausserhalb des Feuerbereiches aufzustellen, daher muss man sie zu decken suchen. Wo das Terrain aber keine natürlichen Deckungen (als Terrainfalten, Gehölz, Mauern, Hohlwege u. s. w.) bietet, da muss man künstliche Deckungen herstellen. Ist das Terrain b e r g i g , mit Holz bewachsen u. s. w., so kann man seine Truppen leicht der Einsicht und dem F e u e r des Feindes entziehen; schwer und unmöglich wird dies aber bei ebenem und offenem Terrain sein. Hieraus folgt die Nothwendig-

— k l einem Gegner gegenüber rechnen kann, der vollständig hereit ist ihn zu empfangen und seinerseits die Offensive zu ergreifen."

Tl.

Feld-Laufgräben oder Feld-Trancheen. Der Feldzug von 1866 weiset aufs Neue auf die Feld-Befestigung hin. Die grosse Tragweite und Trefffähigkeit des Infanteriegewehres, sowie die Percussionskraft des Geschosses und das schnelle Schiessen, raachen eine Deckung der Truppen sehr wünschenswerth. Man muss also jetzt noch mehr wie früher den Ausspruch des Marschall Bugeaud beherzigen: „Bis zum Moment des Schlagens halte man seine Truppen ausserhalb des Feuers oder verberge sie." E s ist heute aber aus verschiedenen Gründen schwer, seine Truppen ausserhalb des Feuerbereiches aufzustellen, daher muss man sie zu decken suchen. Wo das Terrain aber keine natürlichen Deckungen (als Terrainfalten, Gehölz, Mauern, Hohlwege u. s. w.) bietet, da muss man künstliche Deckungen herstellen. Ist das Terrain b e r g i g , mit Holz bewachsen u. s. w., so kann man seine Truppen leicht der Einsicht und dem F e u e r des Feindes entziehen; schwer und unmöglich wird dies aber bei ebenem und offenem Terrain sein. Hieraus folgt die Nothwendig-



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keit, dass man bei den Armeen, welche in Ländern mit weiten und offenen Ebenen operiren wollen, der Infanterie Spaten und Hacke gebe. Bei den Armeen der Schweiz, Italien und Spanien werden daher andere Gesichtspunkte gelten, wie bei den deutschen, holländischen, dänischen und belgischen Heeren. „Die Feld - Laufgräben," sagt der Genie-Capitain Richard *) „haben den Hauptzweck Truppen gegen feindliches Feuer zu sichern, ohne der feindlichen Artillerie gute Zielpunkte zu bieten," und können beiläufig folgende Vortheilegewähren: 1) „Sie machen das feindliche Feuer unsicher, da der Feind dessen Wirkung nicht beobachten kann." 2) „Der Aufwurf kann zum Auflegen der Gewehre der sich relativ sicher befindenden Soldaten benutzt werden. Dadurch wird das Feuer ein ruhigeres und ein besser gezieltes. Es wird so eine Wirkung erzielt und dem Uebelstande des Verschiessens auf eine Weise vorgebeugt, wie es sonst im offenen Terrain wohl schwer zu erreichen wäre." In Anerkennung dieser Vorzüge schlug man vor, den Tornister als Deckung für den hinter ihm liegenden Schützen zu gebrauchen, aber wir glauben nicht, dass dieser Vorschlag angenommen werden wird. Der Tornister wird, selbst wenn er, was im *) Des abris à improviser avant, le combat, par M. Joachim Richard. — Diese Sclirift ist in der französischen Militär-Revue, février 1869 abgedruckt.



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Felde wohl nur selten der Fall sein wird, vollständig gepackt ist, von dem Geschoss eines gezogenen Gewehres durchschlagen. Der Capitain Cliarin hat durch seine Versuche bei Gent 1869 bewiesen, dass ein Tornister, um nicht von einer Kugel durchbohrt zu werden, hinten mit Werg ausgepolstert und durch ein 750 Gramme schweres eisernes Drathgitter verstärkt sein müsse. Das genannte Gewicht aber repräsentirt das Gewicht einer stählernen Schaufel mit kurzem Stiel, wie sie die dänische Armee hat, und würde eine solche Schaufel doch entschieden bessere Dienste leisten als so ein kugelfester Tornister. Vermittelst dieser Schaufel hebt der Soldat in weniger als einer Minute so viel Erde aus, dass sie ihn besser gegen die feindlichen Kugeln schützt, als sein schief auf den Boden .gesetzter Tornister, der erst noch mit dem Bajonnett gestützt werden muss. Dazu kommt noch, dass der Soldat nur höchst ungern seine Kleidung, Schuhe, Wäsche, ReservePatronen und die andern kleinen Effecten, welche er in seinem Tornister hat, der gewissen Vernichtung Preis giebt. Um den durch feindliche Kugeln entstehenden Ausfall von Effecten zu ergänzen, müssten den Regimentern zahllose Wagen mit Effecten folgen, welche die Märsche verzögern und die Operationen im höchsten Grade hemmen würden. Endlich würde es sehr häufig nicht gerathen sein, die Truppe vor dem Feinde die Tornister ablegen zu lassen z. B., wenn dieselbe in jedem Moment einen feindlichen Angriff erwartet, oder



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wenn sie vorgehen will. Die Soldaten könnten in dem einen und dem andern Falle leicht ihre Effecten auf Nimmerwiedersehen verlassen müssen. Napoleon s a g t : „Man muss den Soldaten nie von fünf Sachen trennen: von seinem Gewehr, seinen Patronen, s e i n e m T o r n i s t e r , seinen Lebensmitteln auf 4 T a g e und von Hacke und Spaten." Ueberdies würde der kugelfeste, schwere Tornister den Ucbelstand mit sich bringen, dass er den Schützen und Tirailleur weniger beweglich macht. Aus Allem diesen geht hervor, dass das einzige praktische Verfahren, die Infanterie zu decken, darin besteht, mit Hacke und Spaten E r d e aufzuwerfen. Die „rifle-pits" (Schützengräben) der Amerikaner sehen wie unvollendete Laufgräben aus. In ihnen waren nicht allein Schützen gedeckt aufgestellt, sondern auch oft ganze Bataillone mit Artillerie. Denselben Zweck erreicht man richtiger bei Eintheilung der Arbeit, mit mehr Ordnung und in weniger Zeit durch die in Frankreich üblichen Feld-Laufgräben. Bei Anlage derselben müssen die Abmessungen des Profils so genommen werden, dass,die deckende Brustwehr den eigenen Truppen bei einer OffensivBewegung kein Hinderniss ist. Dies ist der Hauptgrundsatz und beachtet man ihn nicht, so verlieren die Truppen an Beweglichkeit und sind an's Terrain gefesselt. D a s sind Nachtheile, welche sich schwer bestrafen würden; dann lieber g a r keine Erdarbeiten. Beweglichkeit



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ist die Seele der heutigen Taktik. — Nun tritt aber die Frage auf, in welcher Weise man diesem offensiven Element Rechnung tragen muss. Die Laufgräben, wie sie vor Festungen angelegt werden, eignen sich hier nicht. Ebenso ist es mit der Feldbefestigung, wie sie für die Ingenieure in Frankreich seit einigen Jahren vorgeschrieben ist. Sie besteht aus einem Wall, einem Graben davor und einem dahinter. Der Wall ist circa 1 Meter hoch und unten 3 Meter stark. (Plan I, Fig. 1.) Die Ingenieure bauen eine solche Verschanzung in 35—46 Minuten, aber für Infanterie ist sie zu schwer zu erbauen und erfordert der Bau zu viel Zeit. Zweckmässiger . erscheint eine durch eine französische Instruction vom 19. April 1868 empfohlene Anlage (Plan I, Figur 2.) Die Ausgrabung ist breit genug, um zwei Reihen Füsiliere aufzunehmen, und der Wall ist stark genüg, um dem Gewehrfeuer zu widerstehen. Kugeln aus gezogenem Gewehre dringen in frisch aufgeschüttete Erde auf 200 Meter — 29 Centimeter - 100 — 42 25 — 50 ein. Zwei Reihen können ganz bequem über die Brustwehr hinweg schiessen, da die Totalhöhe derselben l m 10 beträgt. Die Sohle des Grabens dient als Banquet. Es genügt sogar, wenn dio Feueriinie sich 0 m 60 über die Sohle erhebt; der hinter ihr knieende Soldat ist vor dem Infanteriefeuer geschützt.



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Wenn der Graben fertig ist, so sind die knieenden Schützen, sowie die auf der Berme oder auf dem dem Walle zugekehrten Grabenrande sitzenden Soldaten vor den Gewehrkugeln gedeckt. Stehen die Schützen aufrecht, so gehen 2/3 der Geschosse in den Erdaufwurf; frei dastehende Schützen könnten von diesen Kugeln aber getroffen werden. Die Berme ist eine Stufe in der Deckung; ohne sie würde die aufgeschüttete Erde in den Graben gleiten. Die Berme erlaubt die innere Brustwehrböschung D beinahe senkrecht abzuschneiden, was deshalb von Wichtigkeit ist, weil dann der Schütze sich ganz nahe der Feuerlinie (A) aufstellen, bequemer und sicherer schiessen kann. In der Schlacht bauet man ebenso viele solche Aufwürfe, wie Bataillone in der ersten Linie stehen. Die einzelnen Aufwürfe sind von einander durch 30 Schritt breita Durchgänge getrennt, welche allen Waffengattungen eine Vorwärtsbewegung ermöglichen. Der Capitain Richard erklärt in folgenden Zeilen die Art des Baues und die Mittel zum Bau der französischen Feld-Trancheen : „Zwei Compagnien eines Bataillons empfangen Werkzeuge, und zwar auf 2 Schaufeln oder Spaten 1 Hacke. Darauf formiren die Arbeiter ein Glied drei Schritte hinter der Trace D*), *) Tracirt wird wie folgt: Ein Officier, dem ein Unterofficier beigegeben ist, stellt da, wo die äussere Brustwehrböschung enden soll, einige Leute als Jalons auf (circa



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drei Schritte hinter dieser Trace legen sie ihre Gewehre und Tornister ab. Die mit Spaten versehenen Leute setzen diese längs der Trace an. Die Officiere und Unterofficiere theilen die Leute in Arbeiter- Brigaden k 2 Mann mit Schaufel und 1 Mann mit Hacke. Solche Brigade wird in C ' D ' C ' D " aufgestellt und fängt ohne Weiteres an zu arbeiten. Bei einer Kronenbreite von 50 Centimeters muss jede Brigade einen Graben ausheben, der so lang ist, wie 2 aneinandergelegte Spaten, und überall so breit wie ein Spaten lang ist; das giebt einen Graben von 2 m 60 Länge und l m 3 0 Breite. „Die Officiere und Unterofficiere der beiden Compagnien weisen die Leute an, wie sie graben, die Brustwehr herstellen und die Berme freilassen müssen. Zuerst muss die Erde so geworfen werden, dass der Aufwurf überall möglichst gleich stark und hoch wird, damit man, wenn die Arbeit durch einen Angriff unterbrochen wird, selbst durch das noch unvollendete Werk geschützt und gedeckt wird. ,,Bei mittlerem Boden und bei der natürlichen Böschung von 45 Grad muss jeder Arbeiter (x/io zuviel gerechnet)

40 Meters von einander), und allignirt sie auf einander. Dann zieht er diese Linie mit der Hacke nach, so dass sich eine Rinne bildet. Eine zweite Rinne •—• Trace — wird auf dieselbe W e i s e hergestellt, 1 30 von der ersteren entfernt. Sie stellt den Fuss der innern Brustwehrböschung dar.



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2m 60 m

m

0 50 X l 2 0 X

=

0 m 520 gewachsenen

Boden ausheben, und in einem Schwünge 0m 50 + ~ (0m 520) =

0 m 572 loose Erde werfen.

„Die Arbeit erfordert ungefähr 20 Minuten, wenn man zugiebt, dass ein Mann, der nur kurze Zeit arbeitet, in einer Stunde 1 1 / 2 Cubikmeter Erde ausgräbt und wirft. Obgleich die Infanteristen diese Erdarbeiten nicht gewohnt sind, so werden sie doch den Bau schnell vollenden, wenn sie mit Ablösung arbeiten, und erst einsehen gelernt haben, dass ihr eigener Vortheil in einer schnellen Arbeit beruhet.*) „Ein solcher von 2 Compagnien hergestellter Wall hat die Ausdehnung eines Bataillons von 6 Compagnien in Linie. Zwei Arbeiter-Brigaden, d. h. 6 Soldaten, werfen nämlich einen Wall auf, der Raum für fast 9 Rotten d. h. 18 Mann, bietet (5 m 20). Jede Rotte nimmt 58 Centimeter des Walles in Anspruch. „In dieser Art gewinnt also ein Bataillon durch die Arbeit von nur zweien seiner Compagnien eine hinreichende Deckung und dies in Zeit von 20 Minuten. , Drückt man diesen Satz allgemeiner aus, so heisst er: der dritte Theil des Effectiv-Bestandes einer Truppe kann letztere *) Wir weiden später sehen, dass der Infanterist unter gewöhnlichen Verhältnissen in einer Stunde nur \/2 Cub-.Meter Erde bewegt.



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in Zeit von 20 Minuten durch einen Feld-Laufgraben decken. „Die Vorzüge des Infanterie-Gewehrs, Modell 1866 — das leichte Laden und die grosse Trefffähigkeit — werden hinter solchen Deckungen besonders in die Augen springen, mag der Schütze aufrecht stehen, knieen oder sich auf den Boden legen. „Die 2. F i g u r des Planes I zeigt das Profil eines Aufwurfes für einen stehenden Schützen, während die 3. F i g u r ein noch unvollendetes Werk zeigt, welches noch nicht die Höhe von circa 65 Centmietern hat. Aber auch dieses bietet den zwei Reihen knieender Soldaten Deckung. In] dieser Art wird das Aussehen eines solchen Werkes sein, dessen B a u durch einen heftigen Angriff des Feindes unterbrochen wurde. „Sollten schliesslich Zeit oder Werkzeuge zu dem eben beschriebenen Bau mangeln, und man doch die vorgeschobenen Schützen einer Schlachtlinie oder einer Stellung decken wollen, so hebt man Schützengruben aus, wie sie das Profil F i g u r 4 , Plan I zeigt. Diese Anlagen sind für einzelne liegende Schützen bestimmt. Der Soldat wird sich so in wenig Minuten dem feindlichen Feuer fast ganz entzogen haben, kann aber selbst genau zielen, indem er sich auf beide Ellbogen oder auf den linken allein stützt. „Vorwärts dieser Aufwürfe stecke man Zweige in die Erde, um sie dem feindlichen Auge zu entziehen.



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„ E s gewähren diese Schützengruben ferner den Vorzug, dass man sie leicht in die eben beschriebenen Feld-Laufgräben verwandeln kann, wie es in der F i g u r die punktirten Linien zeigen. „Die Feld-Laufgräben werden in den französischen Uebungslagern in gewöhnlicher E r d e in 25 Minuten ausgehoben, in sehr schwerem und mit Luzerne besäeten Boden in 35 Minuten (Lager bei Saint-Maur 1868). Die italiensche Armee bauete im L a g e r bei Fojano mit gänzlich ungeübten Leuten im Juli 1868 solche Gräben, und erhielt folgende Resultate : *) 150 Mann des 26. Linienregiments empfingen 100 Spaten und 50 Hacken und hoben in 25 Minuten einen Graben von 93 Metern L ä n g e in Lehmboden aus. Die Vertlieilung der Werkzeuge hatte 10 Minuten gedauert. Der Laufgraben hatte folgende Abmessungen: Länge Tiefe

. .

. . 93mOO ) . . 0m32 circa 24 Cub.l m 5 0 + 1 ' » 30 Meter. Mittlere Breite _ E s heben also 3 Mann durchschnittlich a u s : 42 50

=

0 m 8 4 0 C u b , Meter.

Der Wall war unten l m 8 5 stark und 0 m 6 0 hoch. * ) Revista militare, A u g u s t 1869.



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Dieses Resultat steht um über die Hälfte hinter dem bei Chalons erhaltenen zurück, und hat dieser Unterschied wohl in der Verschiedenheit des Erdbodens seinen Grund.*) Das 25. Linien-Regiment stellte ebenfalls Versuche an. Es rüstete 80 Mann mit Schaufeln und 48 Mann mit Spitzhacken aus. Diese Leute stellten in 30 Minuten in bebauetem und mit Lehmsand gemischtem Boden eine Deckung von 100 Metern Länge her. Der Laufgraben hatte folgende Abmessungen: Länge . . . 100 m 00| Tiefe . . . 0™65{ Mittlere Breite l m 50+l m 20|' 2 J

c irca

88 Cub.Meter

Der deckende Wall hatte an seiner Grundfläche eine Stärke von 2 m 80 und war 0 m 76 hoch. In beiden Fällen hatte man eine Berme stehen lassen. Das Profil der Figur 5, Plan I zeigt einen Schützengraben für 2 Reihen Schützen, wie ihn die Oesterreicher bei Chlum-Nedelist im Juli 1866 ausgehoben hatten. Der Oberst Baron von Pidoll empfiehlt für Schnellarbeiten das Profil Figur 6, Plan I, und für Tirailleurs das Profil, Figur 7, Plan I. *) Bei Chalons bewegte 1 Mann in 1 Stunde l m 5 0 C.-M., bei Fojano nur 0«>672 C.-M. Erde.



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Stellt m a n die A r b e i t e r in z w e i G l i e d e r n u n d m i t 1 M e t e r A b s t a n d a n , so k a n n m a n b e i m P r o f i l F i g u r 5 h ö c h s t e n s 4 M a n n anstellen, u n d b e i m Profil, F i g u r 6 u n d 7, zwei M a n n . F ü r den W a l l d e s P r o f i l e s F i g u r 5 m ü s s e n vier Cubik-Meter E r d e bewegt werden, für den der F i g u r 6 drei, u n d f ü r den der F i g u r 7 endlich 1,85 C u b . - M e t e r . I n O e s t e r r e i c h will m a n den S o l d a t e n 1 2 Stunden hintereinander ohne A b l ö s u n g arbeiten und 6 C u b i k f u s s oder 0 m 1 8 6 gewöhnlicher E r d e in d e r S t u n d e b e w e g e n l a s s e n . * ) W i r d mit A b l ö s u n g e n g e a r b e i t e t , so hebt der A r b e i t e r in einer S t u n d e 9 C u b i k f u s s o d e r 0 m 2 7 9 E r d e a u s .

*) Unter denselben Verhältnissen bewegt ein Ingenieur in der Stunde 10 Cubikfuss Erde. Ein österreichisches Militär - Journal (Oester. Mil. Zeit., Sept. 1868) regelt die Arbeit iu der Art, dass sie vom Ingenieur pro Stunde bei anhaltender Arbeit 20 Cubikfuss Erde fordert, bei kurzer Dauer der Arbeit aber 30 Cubikfuss. Der Infanterist leistet nach demselben Journal nur halb so viel und wirft die Erde nur halb so weit. Diese Angaben nähern sich mehr den Zahlen des Obersten von Pidoll als denen des Capitain Richard. Wir geben den letzteren den Vorzug, besonders wenn das Werk Gräben von 0 m 50 Tiefe hat. Nach den französischen Angaben und bei der Vertheilung einer Arbeiter-Brigade (3 Mann) auf 2 m 60 des Aufwurfes erforderte das Profil, Figur 5 = 1 St. 9', das Profil, Figur 6 = 1 St. 42', das Profil, Figur 7 = 1 St. 4', das Profil, Figur 12 = 5 St. 5'. Die Arbeiten werden entschieden übereilt und sind daher zu anstrengend für die Arbeiter, wenn letztere nicht sehr häufig abgelöst werden.

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Nichts desto weniger haben die Arbeiten unter dem Oberst v. Pidoll, welcher 6000 Erdarbeiter unter sich hatte, den Beweis geliefert, dass ein Mann, der den ganzen Tag arbeitet, in einer Stunde 14 Cubikfuss oder 0 m 434 Erde bewegt. *) Nach dieser Zahl würde das Profil No. 5 - 4 St. 48', No. 6 - 6 St. 54', No. 7—4 St. 15' erfordern. Man kann diese Zeit um 1[3 abkürzen, wenn mit Ablösungen gearbeitet wird, und um die Hälfte, wenn in Momenten der höchsten Notli alle Kräfte bis auf das Aeusserste angespannt werden. Die österreichischen Anlagen sind nicht so zweckmässig, wie die französischen, da sie mehr Zeit zum Baue erfordern, auch einer Offensiv Bewegung nicht so günstig sind. — Das Profil der Figur 5 des Planes I ersetzt vortheilhaft die Anlage, wie sie bei der Feldbefestigung früher gebräuchlich war. Letztere erfordert allerdings für den laufenden Meter 10,33 Cub.Meter Erde, aber dennoch wird man das erwähnte Profil mit Erfolg Schanzen und andern zu nachhaltigerem Widerstand bestimmten Werken anpassen können. Vielleicht könnte man die Dauer der Arbeit bedeutend abkürzen, *) Der Oberst von Pidoll gab den Leuten die Arbeit gewissermassen in Accord; sie mussten 14mal so viel Cubikfuss Erde bewegen, als Arbeitsstunden angesetzt waren. Die Leute arbeiteten jetzt mit viel mehr Lust, da sie täglich 2—3 Stunden gewannen.

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wenn man am Fusse des Banketts noch einen Graben aushöbe, und so mehr Arbeiter anstellte. Man erhielte zu gleicher Zeit noch einen gesicherten Aufenthalt für einen Theil der Leute*), aber auf der andern Seite würde der Hauptgraben zu eng und zu flach. Die Feld-Laufgräben sind nicht allein für Truppen der ersten Schlachtlinie zweckmässig, sondern auch für die am meisten exponirten Truppen der zweiten Linie, zuweilen sogar für die ganze zweite Linie. In letzterem Falle dienen sie als Stützpunkte für die erste Linie und sind z. B. anwendbar, wenn die vordere Linie sehr auf ihrer Hut sein und befürchten muss, geworfen zu werden. Ferner wird man diese Anlagen für die Bedeckungstruppen von Batterien anwenden können, wenn das Terrain in der Nähe der Batterien keine gedeckte Aufstellung ermöglicht. Avancirt die erste Schlachtlinie, so rückt die zweite in die verlassenen Werke, wo sie als Reserve für die etwa zurückgeschlagene erste Linie stehen bleibt. Damit ist letzterer auch ein guter Sammelpunkt gegeben, denn das Feuer der zweiten Linien aus den Verschanzungen wird meistens den Feind aufhalten, und sogar in Unordnung bringen, so dass wieder die Offensive ergriffen werden kann. *) Es würde einfach genügen, einen Theil der Ausgrabungen mit Baumstämmen zu überdecken und in die Böschung, auf der die Leute sitzen oder liegen sollen, Stufen zu schneiden, welche mit irgend einem Material bekleidet werden.

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Gegen Ende des amerikanischen Krieges warfen die Truppen in einem Gefecht angesichts des Feindes mehrere Wälle hinter einander auf, sowie sie avancirten oder die Front veränderten. Kehrt man das Werk, Figur 2, Plan I, um, so kann man Artillerie hinter ihm aufstellen, nur müsste der Aufwurf 80 - 90 Centimeter hoch sein. Die Bedienungsmannschaften könnten dann durch kleine Gräben, welche zwischen den Geschützen ausgehoben würden, geschützt werden. Ganz ähnlich können auch die Wagen, welche im Gefecht bei den Batterien und den andern Truppen bleiben müssen, gedeckt werden. Capitain Richard sagt: „Es genügt wohl, wenn man für jeden Munitionswagen ein sich sanft verlaufendes Geleise ausgräbt, welches so tief werden muss, dass die Räder bis zur Nabe versenkt sind. Die gewonnene Erde wird zur Bildung eines kleinen Aufwurfes nach der feindlichen Seite hin verwandt. „Da jetzt eine Batterie mit ihren gezogenen Geschützen im Gefecht viel länger in ein und derselben Position bleiben wird, wie früher, so wird sie jetzt auch viel mehr das Bedürfniss fühlen, sich gegen feindliches Gewehrfeuer zu sichern und feindliches Geschützfeuer zu schwächen. Dies geschieht, wenn sie sich in den Boden einschneidet." Solche Aufwürfe hatten die Oesterreicher im Feldzuge 1866 besonders bei Sadowa gebauet. Die Krone und die äussere Böschung war mit Zweigen besteckt, damit sich die Anlage nicht zu sehr vom Terrain hervorhob. Die Geschütze 3*



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schössen durch Scharten und waren gegen Flanken- und defilirendes Feuer gedeckt. Die Brustwehr sicherte zugleich kleine Pulver-Magazine, welche mit der Batterie durch Gräben verbunden waren. In letztere zogen sich die Bedienungsmannschaften zurück, sobald sie die Geschütze geladen hatten. In nicht mehr als vier Stunden hatten die Genie-Truppen diese Batterien errichtet. Ueber die in Frankreich üblichen Feld-Laufgräben spricht sich der General Faidherbe wie folgt a u s : * ) „Die in zwei Gliedern in den Gräben aufgestellten Truppen stehen nicht bequem genug, da der Graben in der Sohle nur 1, m l0 Breite misst. F ü r die Schliessenden ist gar kein Platz. „Das ist ein grosser Nachtheil. W a s den Wall anbetrifft, so schützt er genügend gegen Gewehrfeuer, und erfordert seine Herstellung nicht zu viel Zeit. Unglücklicher Weise wird das zum Bau nöthige Schanzzeug nicht von den Mannschaften getragen, sondern jeder Division nachgefahren. Das ist ein Umstand, an dem das Ganze mir zu scheitern scheint. „Nehmen wir ein praktisches Beispiel: Ein Bataillon will sich angesichts des Feindes eingraben, da muss erst zum Divisions-Commandeur geschickt, und derselbe gebeten werden, dem 1. Ingenieur-Officier den nöthigen Befehl *) Revue militaire française, August 1869.



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zur Verabfolgung des Schanzzeuges zu geben, u. s. w." Wenn jeder Mann einen Spaten erhält, und in dessen Handhabung ebenso wie in der Handhabung seines Gewehres ausgebildet wird, will der General Faidherbe folgende Einrichtungen angenommen wissen: „Der Graben soll nur 0 m 25 tief, aber 4 m 00 breit sein, damit er auch Platz für Officiere, Schliessende, Hornisten, Tambours u. s. w. bietet. „Jeder Mann trägt ein Stück Schanzzeug; Spaten sind doppelt so viele da, wie Hacken. — Hat nun das Bataillon seinen ihm für das Gefecht angewiesenen Platz eingenommen und will sich eingraben, so lässt man es Kehrt machen, 8 Schritte vorwärts gehen, die Waffen ablegen, Front machen und wieder 8 Schritte vortreten. Darauf wird commandirt: „Zweites Glied, 4 Schritte rückwärts rieht Euch, Marsch! Nummern abzählen in beiden Gliedern! Die geraden Nummern zwei Schritte zurück. „Die Mannschaften bilden dann ein verschobenes Viereck, in dem jeder 2 Schritte von seinem Nebenmann entfernt ist, und Keiner dem Andern bei der Arbeit hinderlich ist. „Jetzt wird commandirt: „Schanzzeug zur Hand! Arbeiten! „Alle diese Bewegungen nehmen 1 Minute in Anspruch; in 15 weiteren Minuten ist der Graben ausgehoben, und die Brustwehr 1 Meter hoch." So machte man es in Afrika. Ich bemerke

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hierzu, dass der Vorschlag des General Faidherbe Spaten mit langen Stielen verlangt, während eine Anlage, welche nach der Instruction von 17. April 1868 gebaut wird, mit kurzstieligen Spaten hergerichtet werden kann. Dieser Eine Grund genügt, um den Vorschlag des General Faidherbe zu verwerfen. Der Spaten mit langem Stiel wiegt 4—5 Pfd. und ist dem Infanteristen oft hinderlich, z. B. im Holz, beim Einsteigen in die Eisenbahnwagen u. s. w. Man müsste also das Schanzzeug in besonders dazu bestimmten oder in requirirten Wagen der Truppe nachfahren. Wie wenig das aber zulässig ist, sagt General Faidherbe selbst. W a s nun den Einwurf in Betreff der Placirung der Schliessenden, Tambours u. s. w. anbetrifft, so bin ich der Meinung, dass es keinerlei Nachtheile in sich schliesst, wenn diese Leute in die Glieder treten, oder sich an der Grabenböschung niederlegen. Die vom Oberst Pidoll vorgeschlagene Baumethode, welche 2 Mann für 3 laufende Fuss verlangt, hat den Uebelstand, dass die 3 Leute einander mehr oder weniger hinderlich sind, denn der Mann aus dem 2. Gliede muss hinter dem des 1. Gliedes bleiben. Am Besten hebt sich wohl der Graben aus, wenn man die Leute in ein Glied formirt und sie mit 1 Meter Abstand aufstellt, wie es auch in Frankreich gemacht wird. Dagegen hat diese Methode den Uebelstand,

— 39 — dass man zu wenig Leute anstellen kann, und die Arbeit nicht so schnell beendet wird, wie es wohl zu wünschen wäre. Von einem Bataillon arbeiten nur 2 Compagnien i 1 ^). In Oesterreich arbeiten 2/s des Bataillons, aber auch das ist nicht vortheilhaft, weil die Arbeiter dann zu enge stehen, und nur immer 1/3 von ihnen abgelöst werden kann. Um möglichst schnell und bequem zu bauen, möchte ich Folgendes vorschlagen: Das Bataillon steht in 2 Gliedern. Die erste volle Rotte empfängt Schaufeln, die zweite blinde Rotte hat eine Hacke, die dritte volle wieder Schaufeln, die vierte blinde wieder eine Hacke u. s. f. Vier Schritt vor der Stelle, wo gegraben werden soll, hält man, öffnet die Glieder und legt Waffen und Tornister ab. — Hierauf marschirt die Hälfte der Mannschaften vorwärts und fängt an zu graben. Immer 3 Mann haben eine Grabenfläche von l m 8 0 Länge auszuheben (genau so viel, wie sie im Gliede Raum einnehmen). Zwei von diesen drei Mann haben Spaten und einer eine Hacke. Letzterer stellt sich zwischen beiden, aber hinter ihnen auf. Er hackt die Erde auf, wirft grosse losgeschlagene Stücken auf den Wall und bemühet sich, seinen Cameraden die Arbeit zu erleichtern. Nach 10 Minuten werden diese Arbeiter durch die andere Hälfte des Bataillons, das bis dahin bei den Gewehren ruhete, abgelöst. Am besten ist es wohl, diese Ablösung gliederweise geschehen zu lassen. Die Unterofficiere überwachen die Arbeiter;



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die Corporate schneiden mit Beil und Säge von etwa in der Nähe stehenden Bäumen Zweige ab, um letztere auf den Aufwurf zu stecken. So werden die Erdarbeiten auf der ganzen Front unter Mitwirkung aller Soldaten in Angriff genommen. Eine Hälfte der Truppe wacht über die andere, und im Momente der Gefahr ist in weniger als einer Minute das ganze Bataillon unterm Gewehr. Diese Baumethode wäre noch mehr zu empfehlen, wenn auch nur jede Rotte, wie in Dänem a r k , ein Werkzeug trüge. Die abgelöste Mannschaft lässt dann das Schanzzeug stehen, und die neuen Arbeiter ergreifen es.

Iii. Das Schanzzeug. Eine wichtige F r a g e ist die Ausrüstung der Truppen mit Schanzzeug. Muss jeder Soldat einen Spaten oder eine Hacke tragen, wie es Napoleon und die Generale des Secessionskrieges wollen, oder soll nnr ein Theil der Truppe damit ausgerüstet sein, wie es in Frankreich und Preussen ist, oder soll das Schanzzeug den Regimentern in besondern Wagen nachgeführt werden, wie es bisher die meisten Armeen thaten, oder sollen endlich nur die Pionniere die Schanzarbeiten ausführen wie unter Karl V.? Die erste Art und Weise wird in Russland



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die Corporate schneiden mit Beil und Säge von etwa in der Nähe stehenden Bäumen Zweige ab, um letztere auf den Aufwurf zu stecken. So werden die Erdarbeiten auf der ganzen Front unter Mitwirkung aller Soldaten in Angriff genommen. Eine Hälfte der Truppe wacht über die andere, und im Momente der Gefahr ist in weniger als einer Minute das ganze Bataillon unterm Gewehr. Diese Baumethode wäre noch mehr zu empfehlen, wenn auch nur jede Rotte, wie in Dänem a r k , ein Werkzeug trüge. Die abgelöste Mannschaft lässt dann das Schanzzeug stehen, und die neuen Arbeiter ergreifen es.

Iii. Das Schanzzeug. Eine wichtige F r a g e ist die Ausrüstung der Truppen mit Schanzzeug. Muss jeder Soldat einen Spaten oder eine Hacke tragen, wie es Napoleon und die Generale des Secessionskrieges wollen, oder soll nnr ein Theil der Truppe damit ausgerüstet sein, wie es in Frankreich und Preussen ist, oder soll das Schanzzeug den Regimentern in besondern Wagen nachgeführt werden, wie es bisher die meisten Armeen thaten, oder sollen endlich nur die Pionniere die Schanzarbeiten ausführen wie unter Karl V.? Die erste Art und Weise wird in Russland

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versucht, während die zweite in Dänemark, wo jede Rotte 1 Stück Schanzzeug trägt, eingeführt ist. Die beiden Leute tragen es abwechselnd und lösen sich beim Arbeiten gegenseitig ab. In Preussen tragen die Jäger - Bataillone Schanzzeug. In den Vereinigten Staaten tragen immer zwei Compagnien, welche abwechseln, das Schanzzeug des ganzen Bataillons. Diese Methode ist an vielen Orten angenommen, theilweise auch in Russland. Indessen scheint die erstgenannte Art des Transportes des Schanzzeuges die zweckmässigste, da sie die impedimenta der Truppe verringert und die Arbeit beschleunigt. Der Soldat, der für sich d. h. zu seiner eigenen Deckung arbeitet, wird fleissiger und sorgsamer arbeiten, als wenn er für Andere sich abmüht. E r hat erwiesener Maasen auch mehr Zutrauen zu der selber gebaueten Verschanzung, und vertheidigt die eigene Arbeit hartnäckiger. Den einzigen Einwurf, den ich gelten lasse, ist der, dass der Soldat etwas überladen wird, da er schon ein Gewicht von 29 bis 30 Kilogrammen trägt. *) Diesem Uebelstande kann man aber abhelfen, indem man kurzstielige Spaten aus Stahlblech anfertigt, welche nur 850 *) Während des italienischen Feldzuges trug der französische Soldat nahezu an 31 Kilogramm; nämlich: Bewaffnung und vorschriftsmässige Effecten 2 0 k 0 0 0 60 Patronen 2 400 Zelt, Decke, Kochgeschirr, Lagerutensilien 5 00O für 4 T a g e Lebensmittel (ohne Fleisch) . 3 400 in Suirvmä 30>^800



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Gramme wiegen, oder indem man das Gewicht der Bewaffnung und Ausrüstung um circa 850 Gramme verringert. Dies Schanzzeug mit kurzem Stiel zwingt den Soldaten in gebückter Stellung zu arbeiten-, das ist eine kleine Unbequemlichkeit, die aber auch ihre gute Seite hat, indem der Arbeiter in dieser Stellung dem Infanterie- und KartätschFeuer weniger Fläche bietet. In Frankreich wird den Regimentern Schanzzeug mit langem Stiele — a 1 Kil. 800 Gramme wiegend — nachgeführt. Die officiellen Vorschriften in Frankreich bestimmen hierüber Folgendes: „Im Felde ist jeder Infanterie-Division eine Sapeur-Compagnie beigegeben, deren Leute beständig ihr Schanzzeug bei sich tragen (36 Spaten, 36 Hacken). Ausserdem führt diese Compagnie zwei Wagen (die Schanzzeug-Section) mit sich, welche mit 94 runden oder viereckigen Schaufeln und 38 Hacken beladen sind. Auf solche Art kann eine Infanterie - Division über 130 Spaten und 74 Hacken verfügen. „Ausser diesem Schanzzeug hat jedes ArmeeCorps noch einen speciellen Schanzzeug - Park mit 1150 Spaten und 542 Hacken. „Die Totalsumme des dem Armee-Corps zur Verfügung stehenden Schanzzeuges beträgt demnach 1540 Spaten und 764 Hacken.*) Mit * ) Der grosse Armee-Park, über den nur der HöchstCommandirende verfügen kann, erhält 4,700 Schaufeln und 2,200 Hacken.



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diesem Schanzzeug kann man mit einem Male Laufgraben für 4560 Mann ausheben. Hat ein commandirender General nur 2 Stunden Zeit, so kann er einer ganzen Division in dieser kurzen Zeit Deckung verschaffen."*) Der Ingenieur Hauptmann Richard macht den Vorschlag, das Schanzzeug eines Bataillons durch 2 Compagnien tragen zu lassen. Die Compagnien würden im Tragen abzuwechseln haben. Ganz ähnlich ist Rogniat's Vorschlag, welcher den beiden Elite-Compagnien das Schanzzeug geben will (als Auszeichnung).**) Ich meine, man solle womöglich allen Soldaten Schanzzeug (im Gewicht von 860—900 Grammen) geben, oder wenigstens dem ersten Gliede. Auf jeden Fall müssten dann doppelt soviel Schaufeln wie Hacken vorhanden sein. Den Corporalen könnte man Sägen und Beile geben, die dann ebenso wie das Schanzzeug, in ledernen Ueberzügen getragen würden. Die Werke der leichten Feldbefestigung, mit Ausnahme der Feld - Laufgräben, müssten von den Ingenieuren ausgeführt werden. Der Bau der Batterien fällt der Artillerie zu, welche jedoch hierzu auch andere Truppen re*) Conference sur le rôle de la fortification passagère dans les combats, par le major du génie Prévost. **) Um eine Ueberbürdung der Leute dieser Compagnien zu vermeiden, könnte man jedem Bataillon einen leichten W a g e n mit 2 Pferden beigeben, ähnlich den Sectionswagen der Ingenieure. In Gebirgsgegenden müssten Lastthiere das Schanzzeug tragen.



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quiriren kann. Indessen giebt es Fälle, wo die Ingenieure eintreten müssen, so zum Bau der Magazine, der Bekleidungen, überhaupt zu solchen Arbeiten, die geübte Hände erfordern. Ebenso werden Ingenieure mit Nutzen verwandt, um die von der Infanterie im Groben hergestellten Verschanzungen zu vollenden. Erwägt man, wie wichtig überhaupt die von den Ingenieuren ausgeführten Arbeiten im Allgemeinen sind, so findet man, dass diese Truppe in den meisten Armeen einen zu niedrigen E t a t hat. Der Herzog von Wellington meinte, dass man nie zu viel Ingenieure haben könne. „Wären sie nicht mit Arbeiten, die nur sie ausführen können, beschäftigt, so könnte man sie noch als Infanterie verwenden." *) Es wäre wohl eine ganz gute Organisation, wenn man jeder Infanterie-Division ein IngenieurBataillon zu 4 Oompagnien zutheilte ; das würde eine Compagnie auf ein Infanterie - Regiment machen. Ich glaube sogar, dass man Nutzen davon hätte, wenn man jeder Cavallerie-Division eine Compagnie reitender Ingenieure beigäbe. Diese hätte dann die Aufgabe, Communicationen zu zerstören oder herzustellen, Hinterhalte anzulegen, einzelne Punkte zu verschanzen u. s. w., — *) In diesem Sinne wurden bei Waterloo und Inkerinan die Ingenieure mit vielem Erfolg verwandt. In den Kriegen der Republik und des Kaiserreichs haben sie oft statt der Infanterie gewisse Punkte, Brückenköpfe u. s. w. vertheidigt, und an der Seite der Infanterie in A v a n t - u n d Arrieie-Garden-G-efeehten gekämpft.



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Operationen, die oft den Avant- und ArriereGarden zufallen, auch nöthig werden, wenn ein Cavallerie - Corps in der Flanke des Feindes operirt. Der Vorschlag, jeden Soldaten mit Schanzzeug auszurüsten, ist von einer sehr grossen Wichtigkeit, und braucht man nach dem, was Napoleon in seinen auf St. Helena geschriebenen Memoiren über diese Sache gesagt hat, hierüber kein Wort mehr zu verlieren. Ich will nur 3 Thatsachen zu Gunsten meiner Behauptung anführen: Napoleon hätte im Jahre 1809 die Dörfer Aspern und Esslingen, welche die Stützpunkte seiner Stellung jenseits der Donau waren, verschanzen müssen. Diese von einigen Hügeln umgebenen Dörfer boten allerdings eine gute Verteidigungsstellung und retteten die französische Armee, aber wie viel Menschenleben wären erhalten worden, wenn die Zugänge durch mächtige Schanzen vertheidigt worden wären! Dieselbe Betrachtung drängt sich auf beim Studium der Schlacht bei Leipzig, hinsichtlich der Vertheidigung von Wachau und Probstheida. Diese beiden Dörfer wurden mehrere Male von den Alliirten gestürmt, 5mal eroberten die Franzosen sie wieder und behaupteten sie bis ^zuletzt; aber es kostete ihnen ihre besten Truppen. Hätte Napoleon den 15. October und die Nacht zum 16. October benutzt, um beide Dörfer gehörig zu befestigen, so würde er dasselbe Resultat ohne so empfindliche Verluste erreicht haben. Bei laRothiere stand die französische Armee

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die Nacht vom 30. auf den 31. Januar 1814, den 31. und den 1. Februar bis Mittags 2 Uhr. Hätte der Kaiser diese Zeit benutzt und Dienville auf seinem rechten Flügel, la Rothiere im Centrum, Chaumesnil auf seinem linken Flügel und den Weiler Gibrie vor diesem Flügel befestigt, so hätte er vielleicht trotz der grossen Uebermacht der Alliirten diese Stellung gehalten. Auf jeden Fall aber wären die Verluste der Franzosen geringer gewesen, weil Verschanzungen nicht nur die Vertheidiger schützen, sondern auch es möglich machen, sich mit wenigen Truppen der bewohnten Orte zu versichern.

IT. Die verschanzten Schlachtfelder. Die Feld - Laufgräben, die Schützengräben und die Batterien sind Nichts weiter, als ein Theil der Feld-Befestigung. Letztere umfasst noch weiter: 1) Die Befestigung von einzelnen Localitäten (Dörfer, Holz, Defileen, einzeln stehende Gebäude). 2) Den Bau von Werken, die in der Kehle offen oder geschlossen sind, und dazu dienen, wichtige Punkte des Schlachtfeldes zu verstärken. 3) Die Herstellung von Colonnen-Wegen. 4) Die Herstellung oder Zerstörung von Brücken zur Unterstützung der Offensive resp. Defensive.

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die Nacht vom 30. auf den 31. Januar 1814, den 31. und den 1. Februar bis Mittags 2 Uhr. Hätte der Kaiser diese Zeit benutzt und Dienville auf seinem rechten Flügel, la Rothiere im Centrum, Chaumesnil auf seinem linken Flügel und den Weiler Gibrie vor diesem Flügel befestigt, so hätte er vielleicht trotz der grossen Uebermacht der Alliirten diese Stellung gehalten. Auf jeden Fall aber wären die Verluste der Franzosen geringer gewesen, weil Verschanzungen nicht nur die Vertheidiger schützen, sondern auch es möglich machen, sich mit wenigen Truppen der bewohnten Orte zu versichern.

IT. Die verschanzten Schlachtfelder. Die Feld - Laufgräben, die Schützengräben und die Batterien sind Nichts weiter, als ein Theil der Feld-Befestigung. Letztere umfasst noch weiter: 1) Die Befestigung von einzelnen Localitäten (Dörfer, Holz, Defileen, einzeln stehende Gebäude). 2) Den Bau von Werken, die in der Kehle offen oder geschlossen sind, und dazu dienen, wichtige Punkte des Schlachtfeldes zu verstärken. 3) Die Herstellung von Colonnen-Wegen. 4) Die Herstellung oder Zerstörung von Brücken zur Unterstützung der Offensive resp. Defensive.



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5) Das Einebnen des Terrains vor der eigenen Stellung, sei es durch Abtragen von Erhöhungen oder Ausfüllen von Vertiefungen. Im Allgemeinen fallen diese Arbeiten in die Zeit von Beendigung eines Marsches bis zum Beginn eines Gefechtes oder einer am folgenden Tage stattfindenden Schlacht. Der General Rogniat*) hat zuerst und wohl sehr richtig die Hauptgrundsätze, nach welchen diese Befestigungen im Feldkriege angelegt werden müssen, festgestellt. „Es leidet keinen Zweifel," sagt der General, „dass die noch immer übliche Verschanzungsart zu viel Zeit erfordert. Die Arbeiten sind nie fertig, wenn man sie braucht. „So sind solche Werke durchaus verwerflich, die nicht einmal fertig sind, nachdem die ganze Nacht vor dem Feinde an ihnen gearbeitet worden ist. Am andern Morgen wird die Armee vom Feinde angegriffen, und vielleicht sogar durch dessen Bewegungen zu einer Aenderung der Aufstellung gezwungen. Daher muss man so bauen, dass man in einer Nacht die Stellung befestigt hat. Schutz gegen Artillerie-Geschosse soll die Befestigung nicht gewähren, sondern den Mann nur gegen Kartätschen, Infanteriefeuer, den Säbel und das Bajonnett decken. Das Geschütz ist eine viel weniger wirksame Waffe als das Gewehrfeuer, der Säbel und das Bajonnett, und daher schütze man sich gegen letztere. Die alten Römer versäumten keinen *) Considerations sur l'art de la guerre, 1817.



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Abend ihr Lager mit einem Wall zu umgeben, trotzdem, dass er gegen die Catapulten keinen Schutz gewährte. „Ein anderer Grundsatz ist der, dass man sich nicht von einer fortlaufenden Verschanzungslinie einschliessen lässt. Thut man das, so schwächt man den Stoss der eigenen Truppen ab, welche nach einem misslungenen Angriff des Feindes die Offensive ergreifen. Diese Truppen müssten dann unter dem feindlichen Gescnützfeuer enge Durchgänge passiren. Also richte man die Anlage so ein, dass sie die Truppen in keiner ihrer Bewegungen irgendwie hindert. Turenne unterliess niemals sein Lager zu befestigen; aber nie bestand diese Befestigung aus einer fortlaufenden Linie, sondern aus Verschanzungen mit vorgeschobenen Verhauen. Diese Werke waren eigentlich nur Gräben, in denen die Infanterie der ersten Linie gedeckt stand; hergestellt wurden sie in wenig Stunden vermittelst des Schanzzeuges, welches die Dragoner hinter sich auf den Pferden hatten. „Ich schlage die in Figur 11, Plan II gezeichnete Verschanzung zur Deckung der Front und Flanken eines Lagers oder einer Position vor; es würde die Arbeit einer Nacht sein, diese Werke herzustellen. „Diese ganze Ausdehnung der Front muss mit Werken im bastionär-trace garnirt sein, und zwar letztere 120 Toisen von einander entfernt. Um ein Armeecorps, dessen Front 1000 Toisen beträgt, zu verschanzen, genügen 8—9 Redouten. Man giebt diesen Werken Facen von 25 Toisen



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und Flanken von 18 Toisen Länge. Letztere müssen senkrecht zur Vertheidigungslinie stehen. So erhält man detachirte Bastionen mit einer 86 Toisen langen Feuerlinie. Diese Bastionen können einander durch wirksames Gewehrfeuer llankiren. Die Intervallen würden 60 Toisen betragen. Um den Vertheidiger gehörig zu decken, muss die Feuerlinie auf + 6 Fuss liegen, während das 4—5 Fuss breite Banquett auf -j- 2 Fuss liegt. Der Wall muss oben 4—5 Fuss stark sein, seine Krone einen Fall von 1 Fuss haben, und der Graben circa 6 Fuss tief ausgehoben werden. — „Ich verwerfe alle Scharten oder Geschützbänke der Artillerie, da sie in den Werken schwierig herzustellen sind. Die vorgeschlagenen Schanzen sind ausschliesslich für Infanterie bestimmt. Die Artillerie placirt sich ausserhalb der. Werke und schneidet ihre Geschütze so ein, dass die Brustwehr zu den Werken eine Art von Courtine bildet. Hier wird die Artillerie durchaus genügend durch das Infanteriefeuer der Collateral-Werke vertheidigt, und ist diese Aufstellung in jeder Beziehung vortheilhafter, als eine Placirung der Geschütze im Innern der Werke. Erstens steht die Artillerie sicherer, denn der Feind muss- sich erst der Collateral-Werke bemächtigt haben, ehe er die Batterie nehmen kann; wollte er letztere direct angreifen, so würde er unter das Kreuzfeuer der Flanken der Werke gerathen und zwar auf eine Entfernung von 30 Toisen. Zweitens kann die Artillerie so die Redouten viel besser 4



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vertheidigen, denn sie flankirt letztere auf gute Kartätschschussweite und kann den Angreifer bis fast zum letzten Moment beschiessen. Dahingegen können die Geschütze, welche auf den Facen der Werke stehen, den Angreifer schon nicht mehr sehen, wenn er am Grabenrande und gar im Graben sich befindet. Drittens werden die Batterien das feindliche Geschützfeuer von den Werken ab und auf sich lenken, und so werden selbst bei geringen Abmessungen die Werke sowohl wie deren Besatzung intact bleiben. Viertens, und das ist oft die Hauptsache, im Kriege erfordern diese Arbeiten für die Artillerie äusserst wenig Zeit. Die Geschütze stehen auf dem gewachsenen Boden, und die Brustwehr braucht nur 2 1 / 2 Fuss hoch und 8—9 Fuss stark zu sein. Um indessen einer wichtigen Sache, der Deckung der Bedienungsmannschaften zu genügen, hebt man zu Seiten jedes Geschützes, senkrecht zur Brustwehr kleine 21/2 Fuss tiefe Gräben aus. In diesen sind die Leute gedeckt. Die Russen und Preussen wenden diese Methode im Felde an. — Zur Verstärkung der Stellung legt man zwischen den Redouten noch Aufwürfe mit Banketten an. Diese A.ufwürfe gehen von den Enden der Flanken bis zu den Dürchschnittspunkten der verlängerten Facen der anstossenden Werke und haben die Form einer gebrochenen Courtine. Das Feuer der ' Flanken maskiren sie nicht. Zwischen den Batterien und den Flanken der Werke müssen für die Artillerie und Ca-



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vallerie 5 Toisen breite Durchgänge frei gelassen werden. Die Infanterie kann über die Wälle steigen, wenn sie avanciren will, und kann man zu dem Ende an der innern Brustwehrböschung Stufen aus Faschinen anbringen. „Wie wir gesehen haben, so gehören 8—9 Redouten dazu, um ein Lager von 30,000 Mann zu decken. Fernere 2 Redouten auf den Flanken der 2. Linie werden diese schwachen Punkte der Position verstärken. „Die Dispositionen zur Vertheidigung dieser Anlagen sind nun folgende: 15 Geschütze werden in die Intervalle der beiden rechten Flügelschanzen und ebenso viel Geschütze zwischen den beiden linken Flügelschanzen aufgestellt. Diese beide Intervallen nehmen also die starken Batterien auf, welche die Flanken des Lagers decken sollen; die andern 30 Geschütze des Armeecorps bleiben entweder in Reserve oder werden in den andern Intervallen der Werke aufgestellt." Der General Rogniat stellte in jede der 9 Schanzen 1 Bataillon, und hinter jeden der 6, nicht von Artillerie besetzten Aufwürfe, ebenfalls 1 Bataillon. So standen die 15 Bataillone der ersten Linie gedeckt, während die der 2. Linie in Colonnen formirt, so weit auseinander standen, dass sie jeden Moment deployiren konnten. Die Voltigeurcompagnien der in den Schanzen postirten Bataillone wurden in Tirailleurs aufgelöst, die sich bei einem feindlichen Angriff in die Gräben znrückziehen niussten. Diese Gräben dienten gleichsam als gedeckte Wege, und ein 4*



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kleines in die Contreescarpe geschnittenes Bankett ermöglichte den Mannschaften das Schiessen aus den Gräben. Die beiden Compagnien des Centrums besetzten mit 2 Gliedern die Wälle, während die beiden Grenadier-Compagnien eine Art von Reserve im W e r k e bildeten. Die Bestimmung dieser Reserve war auf einen etwa in das Werk eindringenden Feind sich zu werfen. Die zwischen den Werken, hinter den Aufwürfen aufgestellten, Bataillone konnten ein sehr lebhaftes und mörderisches Feuer eröffnen, da sie keinerlei Angriff zu fürchten hatten, und selbst gedeckt stehend, auf einen vom Scheitel bis zur Zehe freistehenden Gegner feueren. Trotz aller dieser Vorsichtsmassregeln konnte ein Theil des Lagers genommen werden; in diesem Moment sollten die Truppen der zweiten Linie und der Reserve eingreifen. Zu dem Zwecke mussten sie avanciren und den durch die Kehle der offenen Werke eingedrungenen Gegner angreifen, welcher meistens leicht wieder vertrieben werden k a n n , da er- durch seinen lebhaften Angriff in einige Unordung gerathen sein wird. War der Feind zurückgedrängt, so sollten sich die Voltigeurs aus den Gräben auf den weichenden Gegner werfen, die Bataillone aus den Laufgräben ebenfalls anvanciren, und sich zur Unterstützung der Voltigeurs in Schlachtlinie aufstellen. Diesen sich möglichst schnell anzuschliessen, war die Aufgabe der BesatzungsBataillone. Im Laufschritt sollten sie ihre Werke verlassen, indem sie über dieselben hinweg-



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kletterten. Die Cavallerie und die Artillerie sollten durch die in der Nähe der Flanken gelassenen Durchgänge avanciren. So war es möglich, dass sämmtliche Truppen ohne Aufenthalt aus dem Lager debouchirten. Der General Rogniat berechnet auf folgende Art Zeit und Zahl der Arbeiter, die nöthig sind, um die Verschanzungen für ein Armeecorps von 30,000 Mann herzustellen. „Die Erfahrung" — sagt er — „lehrt die Ingenieur-Officiere, dass ein Mann in 6 - 8 Arbeitsstunden eine Cubiktoise (3.344 m. Cub.) Erde bewegen kann. Es werden also zwei Arbeiter in 6 — 8 Stunden auf die laufende Toise des Werkes 2 Cubiktoise Erde aufwerfen; das giebt einen Wall, der für unsere Verschanzungen mit den gewöhnlichen Abmessungen mehr als genügend ist. Werden nun noch 2 Arbeiter angestellt, welche den Erdboden, den die vorgenannten 2 Mann bewegen sollen, erst aufhacken, und dann noch fernere 2 Arbeiter, welche den Wall formen und feststampfen, so wird jede laufende Toise der Verschanzung in weniger als 8 Stunden fertig sein. Um nun die Zahl der Arbeiter zu finden, welche in 6—8 Stunden eine solche Schanze bauen können, muss man die 86 Toisen Umfang des Werkes mit 6 multipliciren; das giebt 516 Arbeiter. Die Gräben und Aufwürfe zwischen den Werken verlangen nur 2 Mann auf die laufende Toise, um in derselben Zeit beendet zu sein. „Das Lager besteht also aus circa 900 Toisen Verschanzung und 500 Toisen Laufgräben oder



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Batterien ; hieraus folgt, dass 6000 Arbeiter oder 1 IS des Corps leicht das Lager in einer Nacht verschanzen können. Ein Fünftel der Armee geht für die Lagerwache und Detachirungen ab, und es bleiben also 4/5 zur Arbeit. Jedes dieser vier Fünftel arbeitet mit l 1 ^—2stündiger Ablösung und schafft 1 / 4 der ganzen Arbeit, die nach 6—8 Stunden vollendet sein wird. — „Bleibt man mehrere Tage in demselben Lager, so kann man die Schanzen durch eine PallisadenReihe oder durch in der Grabensohle angebrachte Cäsarpfählchen — wie sie Casar vor Alesia anwandte — verstärken." Sehr wenig unterschieden sich von Rogniat's Verschanzungen die bastionirten Linien mit detachirten Batterien, welche in dem Aide-mémoire von Laisné beschrieben sind. Diese Linien bestehen aus einer Folge von Bastionen, welche Infanterie aufnehmen sollen. Die Bastionen werden, ebenso wie bei Rogniat, ' durch Gräben mit Aufwürfen in Art von Courtinen verbunden. Diese Aufwürfe gestatten eine ungehinderte Vorwärtsbewegung der Besatzung. In der Mitte der Courtine befindet sich ein letztere überragender Redan, der von der Artillerie besetzt wird und die Facen der anliegenden Bastion vertheidigt. An den Endpunkten der Courtine befinden sich Passagen von 10 Meter Breite für die Cavallerie. 436 Arbeiter, die von 2 zu 2 oder doch von 4 zu 4 Stunden abgelöst werden, können 240 Meter dieser Linien in einer Nacht herstellen



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u n d so einem Bataillon von 400 Rotten D e c k u n g verschaffen. D a s Profil A B der Bastion erfordert für den laufenden Meter das Bewegen von 4,990 Cub.Meter, das Profil C D der Courtine das Bewegen von 2,400 Cub.-Meter und das Profil a b der Batterie das Bewegen von 2560 Cub.-Meter E r d e . D e r U m f a n g zweier Halb-Bastionen ist 172 Meter, und sind also 344 Mann zu deren B a u nöthig. Von diesen 344 Mann hacken 172 die E r d e auf und ebnen sie. Die Courtine mit 92 Meter L ä n g e erfordert zum B a u nur 92 Mann, und werden letztere alle im Graben angestellt. Die Flügel-Courtinen sind mit 15 Geschützen besetzt und nehmen keine Infanterie a u f ; die übrigen Courtinen erhalten höchstens 3 Geschütze. I n dem Durchschnitt a b der Batterie bezeichnet die Linie e d t kleine Gräben von l l n 3 0 B r e i t e , welche zwischen den Geschützen ausgehoben sind und dazu dienen sollen, die Bedienungsmannschaften nach dem L a d e n zu schützen. D e r Wall vor diesen kleinen Gräben bleibt derselbe, n u r der Graben verringert seine Maase wie F i g u r 6, P l a n V I zeigt. „Diese L i n i e n / ' sagt Laisne, „vereinigen in sich die Vortheile der fortlaufenden und der unterbrochenen Linien." Ich meipe, diese Anlagen können nur dazu dienen, ein L a g e r zu befestigen, in welchem eine Armee zu bleiben gezwungen ist, wenn sie f ü r das offene F e l d nicht stark genug ist. In solcher L a g e befand sich Friedrich II., als er 4 oder 5 T a g e lang däs L a g e r vor Buntzelwitz



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befestigte, welches auf Kanonenschussweite von der Festung Schweidnitz lag. — Zur Verschanzung ganzer Schlachtfelder scheinen die Vorschläge des Oberst von Pidoll in der Oesterreichischen Militär - Zeitschrift von 1868 die glücklichsten. Sie nähern sich denen des Generals Rogniat, In der Schlacht bei KöDiggrätz waren sie theilweise in das Leben getreten. (Siehe Figur 9, Plan II.) Man kann die Ideen des Oberst v. Pidoll zusammenfassen wie folgt: Das Terrain und die voraussichtliche Verwendung der Truppen bestimmt die Aufstellungspunkte der Artillerie. Vorwärts dieser Aufstellungen und nicht in den Schusslinien der in ihnen placirten Geschütze muss die Infanterie hinter Aufwürfen stehen. Diesen Grundsätzen wird durch eine bastionirte Front Rechnung getragen, wenn die Courtine durch Artillerie und die Bastionen durch Infanterie besetzt werden. Die Facen der Bastionen sind 50—60 Schritt lang, und die Flanken 25—30 Schritt, so dass jede Bastion eine Compagnie von 150—180 Mann (auf 1 Glied und mit 1 Schritt Zwischenraum aufgestellt) fassen kann. Rückwärts einer jeden Bastion befindet sich ein Aufwurf mit denselben Maassen und von 70 Schritt Länge. In dem Graben hinter diesem Aufwurf stellt man eine Compagnie auf, die folgende Zwecke hat: 1) Ablösung der Schützen der ersten Linie. 2) An den vom Bastion nicht gehörig be-

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strichenen Terrainstellen durch Schützengruppen das Feuer zu verstärken. 3) Auf den äussersten Flanken eine Schützenlinie herzustellen. 4) Als Soutiens zu dienen oder kleine Colonnen auf die Flügel der Batterie zu detachiren. 5) Bei momentanem Verlust der ersten Linie die zweite durch Salvenfeuer zu vertheidigen, besonders wenn Unte'rstützung in der Nähe ist. Diese ganzen Arbeiten können ebenso wie die des General Rogniat in einer Nacht vollendet werden. Die Vortheile, welche sie bieten, sind folgende: Sie hindern die Bewegungen der Truppen gar nicht; dann kann man die Werke leicht allmählich verstärken; ferner kann der Feind, wenn er sie erstürmt h a t , sie nicht mit besondern Vortheil gegen den bisherigen Vertheidiger anwenden, und endlich halten die in den Bastionen postirten Schützen feindliches Tirailleurfeuer von der Artillerie fern, und sind selbst gegen feindliches Geschützfeuer gedeckt. Nach meiner Ansicht leidet jedoch diese wie Rogniat's ganze Anlage an den Fehlern, welche batsionirten Fronten überhaupt vorgeworfen werden. — Der Zweck der Anlagen würde besser erreicht, wenn man die beiden Facen in eine, sei diese gerade oder gerundet, verschmölze. (Figur 10, Plan II.) Die so entstandene Feuerlinie würde mehr Gewehre in die Richtung bringen, in welcher der stürmende Feind sich bewegen würde. Die erste Anlage bringt mehr Feuer in das Terrain vor der Batterie, aber

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dort wird der Feind nicht angreifen. Nach den Principien der Taktik greift man Batterien in Flanke und Rücken an, während man sie durch gut gedeckte oder versteckte Tirailleurs in der Front beschäftigt. Um aber hier die Flankenund Rücken-Angriffe ausführen zu können, müsste man erst die Bastionen genommen haben. Man muss also das Terrain vor den Bastionen möglichst unter Feuer zu bringen suchen.

Wenden wir das eben Ausgesprochene auf die Vertheidigung einer Stellung an, welche ein Armeecorps besetzt hat. Dieses Corps (30,000 Mann) besteht aus 6 Brigaden a 6 Bataillone, Cavallerie - Regimentern a 4 Escadrons, 12 Fuss- und 3 reitenden Batterien ä 6 Geschütze.*) Nehmen wir an, dass dieses Armeecorps den rechten Flügel einer Armee bildete und sich an einen kleinen Fluss mit morastigen Ufern lehnte. — (Plan III.) Die Terrainbildung ist der Art, dass Truppen, welche den vom Holze bis zum Flusse sich erstreckenden Hügel besetzt halten, die ganze vorliegende Ebene, in deren Mitte das Dorf Y liegt, einsehen und beherrschen können. Die aus dem Dorfe führenden Wege gehen *) Die ganze Ausdehnung der Stellung würde 2 7 5 0 00 b e t r a g t n , wenn man Im00 f ü r 1 2 M a n n rechnet.



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durch den linken Flügel der Aufstellung hindurch. Der wichtigste ist gepflastert und führt gerade auf unsere Rückzugslinie. Es ist also wahrscheinlich, dass der Feind von dieser Seite angreifen wird, und zwar um so mehr, als er bei einem Angriff auf unsern rechten Flügel in den Fluss geworfen werden kann. Von diesem Gesichtspunkte aus wird man den linken Flügel stark und sorgfältig befestigen. Auf dem rechten Flügel wird man sich darauf beschränken das am Flusse liegende Wäldchen vertheidigungsfähig zu machen und eine grosse Batterie anzulegen, welche den aus dem Dörfchen Z tretenden Weg bestreicht. Die Dörfer Z und Y liegen von dieser Position zu weit ab, als dass sie in die Vertheidigungslinie hinein gezogen werden könnten. Man wird sie nur von Detachements leichter Truppen besetzen lassen, welche den Feind beobachten, und von seinen Maassnahmen Meldungen zu machen haben. Würden diese Orte wichtige Wege oder Defileen, ans denen der Feind nothwendig debouchiren müsste, beherrschen, so würde man sie höchst sorgfältig verschanzen, und sie zu „Vorgeschobenen Posten" oder „Detachirten Posten" machen, sie auch womöglich durch die Artillerie der Armee flankiren lassen. Das Holz X, die südöstlich desselben am Wege A G gelegene Meierei und das Holz auf dem äussersten rechten Flügel, sind in die Aufstellung mit hineingezogen. Der Schlüssel zu der ganzen Stellung ist das

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Plateau, auf dessen Abhang das Holz X liegt. Sobald feindliche Massen dieses Plateau erstiegen haben, ist der ganze linke Flügel geworfen und abgeschnitten, wenn er nicht bei Zeiten eine Frontveränderung nach rückwärts ausführt. Aus diesen Gründen muss das Holz X stark befestigt und die Reserven in dessen Nähe aufgestellt werden. Drei Bataillone der vierten Brigade besetzen die Lisiere des Holzes X mit Tirailleurs — hinter diesen die nöthigen Soutiens. Die andern drei Bataillone bilden die Reserven und besetzen das Holz, halten sich aber in der Nähe der das Holz durchschneidenden Wege. Sehr wichtig' erscheint die Bestreichung der Wege A B und CD durch Geschützfeuer. Daher wird eine Fussbatterie entweder vorwärts des Holzes hinter einem Aufwurf oder einige Schritt weit in das Holz hinein aufgestellt. Letzteres so, dass die Batterie den Feind sehen kann, ohne selbst gesehen werden zu können. In diesem Falle muss der Batterie durch Fällen von Bäumen ein Weg nach rückwärts gebahnt und so ihr Rückzug gesichert werden. Dann kann die Batterie ihr Feuer bis zum letzten Moment fortsetzen. Das erste Regiment der fünften Brigade steht in Bataillonscollonnen hinter dem Holze und hat die Aufgabe, feindliche Truppen, welche das Holz passiren oder umgehen, zurückzuwerfen. Das zweite Regiment besetzt mit einem Bataillon das Schloss mit P a r k , welches den Weg A B sperrt; das zweite Bataillon steht hinter dem



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Schlosse, und das dritte besetzt die Aufwürfe der Batterie Nr. 3. Zwei Seiten des Holzes werden von den Batterien 3 und 4 flankirt. Um aber auch die nördliche, ganz offene, nach der Ebene sich erstreckende Seite unter Feuer zu haben, muss das kleine Gehölz vor der Batterie 3 (am Durchschnittspunkt der Wege H I und I K gelegen) rasirt oder verbrannt werden. — Die Batterie 4 und 3 müssen durch Aufwürfe gedeckt werden, welche nach Figur 10, Plan II erbauet werden. Zwei Bataillone besetzen die Verschan zungen. Das Terrain vor der Front der dritten Brigade liegt unter dem Feuer der Batterie 3 und 2. Ausserdem geben die Verschanzungen beider Batterien Stützpunkte für die Brigade. Ein Bataillon besetzt die Aufwürfe der Batterie No. 2. Die zweite Brigade steht zwischen, aber rückwärts der Batterien 2 und 1. Die erste Brigade steht auf dem äussersten rechten Flügel. Eines seiner Regimenter besetzt das am Flusse liegende Gehölz, und das andere steht westlich desselben. Das erste Bataillon des zweiten Regiments dient besonders zur Bedeckung der Batterie 1. Die Positionen für die Batterien 1, 2, 3 und 4 sind besonders mit Rücksicht darauf zu wählen, dass das Terrain vorwärts und die vorliegenden Wege möglichst bestrichen werden. Die deployirten Bataillone 'der ersten Linie stehen rückwärts der höchsten Höhe der Hügel, um sich der Einsicht und auch theilweise dem



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Feuer des Feindes zu entziehen. Ist der Moment des Kampfes d a , so besetzen sie die zwischen den Batterien ausgehobenen F e l d - L a u f g r ä b e n

a, b, c, d, e, f .

Die Truppen der zweiten Schlachtlinie stehen 4—500 Schritt hinter der ersten L i n i e , am Fusse des dem Feinde abgekehrten • Abhanges oder auf letzterem. Hier werden sie hinlänglich gedeckt sein. Truppen hinter den Batterien aufzustellen, wäre fehlerhaft, da sie dann als Kugelfang für alle auf die Batterie geschleuderten Geschosse dienen würden. Die Reserve besteht aus der sechsten Brigade, zwei Cavallerie-Regimentern, und vier Batterien incl. zwei reitenden Batterien. Sie steht am W e g e A B auf circa 1500 Schritt vom Holz. Durch den Hohlweg F Gr werden Durchgänge, x, x, x, x hergestellt, da sonst die Verbindung zwischen beiden Flügeln unterbrochen würde. Die Artillerie stellt sich wie folgt auf: Eine Fussbatterie an der Lisiere des Holzes, sechs Batterien in den Aufwürfen der ersten Linie, drei in zweiter Linie hinter der ersten, zweiten und dritten Brigade und zwei in Reserve. Von den 3 reitenden Batterien steht eine hinter der zweiten Brigade, und die beiden andern sind der Reserve zugetheilt. Ein Regiment Cavallerie steht hinter der ersten, eines hinter der zweiten B r i g a d e , eines hinter dem Garten der Meierei, eines hinterm Holze, und zwei gehören zur Reserve. Die Vertheidigungsarbeiten, welche ich eben beschrieben habe, sind Anwendungen des Systems



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Rogniat, nur noch durch die H e m c h t u n g der Feld-Laufgräben vervollständigt. Ich glaube übrigens, dass man noch Vieles hierin ändern und verbessern kann. Eine Reihe von W e r k e n , die in der Kehle offen, und welche bei einem etwaigen Durchbrechen der ersten Schlachtlinie sofort verlassen werden sollen, genügen meiner Ansicht nach nicht vollständig. Man wird nachher sehen, welche Einrichtungen ich an ihre Stelle setzen möchte. Es fragt sich nun, welche Einrichtungen die zweckmässigsten sind, wenn es gilt ein ganzes Schlachtfeld zu befestigen und zu vertheidigen. Ehe ich versuche diese Frage zu lösen, will ich einige Grundsätze, welche hierbei zu beachten sind, aufstellen. Von vorne herein steht fest, dass die Vertheidigungsarbeiten einer Stellung mit dem Schlachtplane in Einklang stehen müssen. Daher hat auch nur der Commandirende die Befugniss, solche Arbeiten zu befehlen, resp. zu verbieten. Jede Position hat zugleich einen defensiven und einen offensiven Charakter; jede Armee, welche eine Schlacht annehmen will, hat in ihrer Aufstellung Punkte, die der Defensive günstiger und Punkte, welche der Offensive günstiger sind. Ohne Zweifel giebt es Stellungen, die sich überall gleich gut zur Offensive, wie zur Defensive. eignen; aber das sind Ausnahmen, welche die Regel nicht schwächen, und es würde gefahrlich sein, dieselben zum Muster zu nehmen. Ein geschickter General wird stets so seine



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Aufstellungen wählen, dass er die Vortheile, welche das Terrain bietet, für sich hat. Mit andern Worten: er wird einen dazu geeigneten Theil seiner Stellung verschanzen, um diesen mit wenig Truppen halten zu können, und um zugleich auf einem andern die Offensive begünstigenden Punkt möglichst viel Streitkräfte zur Verfügung zu haben. Der Sieg kann nur die Folge eines gelungenen Angriffes sein; daher ist es wichtig, dass man am Ort und im Momente der Entscheidung ein Maximum von Kräften zur Stelle habe. Nach der Meinung einiger Militärs soll die so lange angewendete Taktik des Stosses ganz und gar der Feuertaktik weichen. Aber das Eine ist ohne das Andere nicht möglich. D a s Feuer soll den Stoss vorbereiten, würde aber ohne diesen nachfolgenden Stoss nie zum Siege führen. Zur rechten -Zeit anzugreifen, das wird stets das grosse Geheimniss des Taktikers sein. Eine für den K a m p f im offenen Felde zu schwache Armee wird nur in einer verschanzten Position einen Angriff abweisen können. E s versteht sich von selbst, dass eine solche Stellung ganz anders verschanzt werden muss, wie eine Position, aus der man jeden Augenblick zur Offensive übergehen will. Der Ingenieur, der eine Stellung letzterer Art vertheidigungsfahig machen soll, muss für die Begünstigung der Offensive Sorge tragen. Dies wird er dadurch erreichen, dass er den defensiven Theil der Stellung mög-



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liehst stark befestigt. Dieser Abschnitt erfordert dann eine verhältnissmässig geringe Besatzung, und dadurch werden mehr Truppen disponibel, welche, in dem offensiven Theile der Stellung aufgestellt, stark genug sind, um energische Vorstösse zu machen. Bietet eine Stellung defensive und offensive Vortheile, so gehört sie zu den besten. Zur Defensive eignet sich der Theil des Schlachtfeldes am besten, zu dem die Annäherung schwierig ist, sei es durch Terrainhindernisse oder durch das mörderische Feuer gut placirter Artillerie. Dagegen erfordert die Offensive ein Vorterrain , welches schnelle und energische Bewegungen grosser Truppenkörper erlaubt. Der Zweck der Befestigung bei einem defensiven Charakter des Schlachtfeldes ist der, den Feind möglichst lange und mit möglichst geringem Aufwand von Truppen aufzuhalten. Der Zweck der Verschanzung eines zur Offensive bestimmten Abschnittes der Stellung ist: 1) Die Truppen bis zum Moment des Angriffes zu decken. 2) Truppen nach einem misslungenen Angriff aufzunehmen, deren Verfolgung aufzuhalten, und den Feind zu verhindern, sich in dem eben gewonnenen Terrain festzusetzen. Die defensiven W e r k e müssen also in der Art angelegt werden, dass sie den Feind über unsere Absicht und die Stärke unserer Stellung im Unklaren lassen. „Um diesen Zweck zu erreichen," sagt ein 5



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österreichischer Ofiicier *•) „müssen wir dem defensiven Flügel ein offensives Aussehen geben oder noch besser, wir legen ihn näher an unsere Rückzugslinie, und bewegen dadurch den Feind zu dem Versuche, uns von unserer B a s i s abzuschneiden. In diesem Falle wird das defensive Feld der Schlüssel der Stellung werden." Diesen Ausspruch darf man jedoch nicht so wörtlich nehmen. Neunmal unter zehn Fällen wird der Feind auf einen Blick unsere defensiven Arbeiten erkennen, wird unsere Absichten errathen und wissen, auf welchem Flügel wir angreifen wollen oder auf welchem wir glauben, angegriffen zu werden. E s würde sogar ein Fehler sein, wenn wilden defensiven Abschnitt der Stellung zu nahe an unsere Rückzugslinie legen wollten, sei es auch um den Feind zu einem Angriff auf unseren stark befestigten Flügel zu verleiten. Man würde auf solche A r t , dem Feinde die Möglichkeit eröffnen, durch ein einziges Gefecht, mit einem entscheidenden Schlage die ganze Armee zu vernichten. *) „ D i e B e f e s t i g u n g des Schlachtfeldes" von Millinkovie, lngenieur-Officier; siehe Oesterreichisch-Ungarische Wehrzeitung, 1868.'

Auf dem offensiven Schlachtfelde wird man nur Feld - Laufgräben und Schulterwehren für einen Theil der Bataillone und Batterien der ersten Linie herrichten. Breite Intervallen gestatten den Truppen und Geschützen ohne Verzug und in Gefechtsordnung gegen den Feind zu marschiren. Ausserdem muss das Vorterrain gesäubert werden, Vertiefungen ausgefüllt, Hecken abgeschnitten, Wege durch Gehölz u. s. w. gehauen werden, um die Vorwärts-Bewegungen zu erleichtern. Die Verschanzungen sind auch nach einem misslungenen Offensivstosse von Werth. Sie bezeichnen die Grenze der Kückwärts-Bewegung, und sind natürliche Stütz- und Sammelpunkte für die Truppen, denen die Ehre gebietet, sie zu vertheidigen. Die Ordnung wird wieder hergestellt, das Vertrauen kehrt wieder, die taktische Verbindung zwischen den Colonnen wird wieder geregelt, das Feuer wieder eröffnet, die Verfolgung hört auf, und wenn Alles gut geht, so kann man nach einiger Zeit auf's Neue die Offensive ergreifen. Zur Abschwächung einer Verfolgung scheint es rathsam auf der Front des defensiven Abschnittes Batterien zu errichten, welche die feindlichen Colonnen im Kücken oder in der Flanke fassen, sobald sie sich dem offensiven Abschnitt nähern. Zu demselben Zweck ist es wohl vortheilhaft, Localitäten vor der offensiven Stellung als Meiereien, Umfriedigungen, Häusergruppen u. s. w. zu besetzen. Diese Posten werden bei einem Rückzüge grosse Dienste leisten, wenn 5*



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sie auch nur von schwachen Detachements vertheidigt werden. Sie trennen die feindlichen Colonnen und zwingen den Feind, im Marsch so lange inne zu halten, bis er diese Punkte genommen hat. Ebenso wird man in der zweiten Linie Werke errichten, wenn das Terrain es begünstigt. Dazu gehört, dass das Terrain sich nach rückwärts hebt und die dort angelegten Arbeiten die der ersten Linie beherrschen würden. Auch würde diese Anlage zu empfehlen sein, wenn man von hier einen der Flügel der ersten Linie unterstützen, oder wenn man von hier wichtige Zugänge zum Schlachtfelde unter Feuer halten kann. Bestehen die Stützpunkte einer Armee aus Werken, welche in der Kehle offen sind, so wird der Feind weniger Schwierigkeiten zu überwältigen haben. E r braucht dann nur die aus der Offensiv-Stellung debouchirten Truppen zurückzuwerfen, und die Spitzen seiner Colonnen seitwärts der W e r k e vorzutreiben, um den Vertheidiger zum Verlassen der Verschanzungen zu zwingen. Die Erfahrung lehrt, dass man nur wenig auf die Unterstützung von Truppen, welche zurückgehen müssen, rechnen kann. Im Momente der Gefahr denkt Jeder nur an sich. Meiner Meinung nach rührt von diesem Umstände der Grundsatz her, dass die Werke, welche Haupt-Stützpunkte sind, stets geschlossen und nur von Elite-Truppen besetzt sein müssen, dass eine innere und eine äussere Reserve vorhanden sein muss. (Diese letztere muss, in grösster



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Nähe verborgen, bereit sein, dem Angreifer in Flanke oder Rücken zu fallen.) Der General Rogniat, der Oberst von Pidoll und andere Ingenieure widersprechen diesem Grundsatze, und machen folgende Einwürfe: 1) Man kann die Geschütze aus geschlossenen Werken nicht zu rechter Zeit heraus ziehen, und ihre Bespannung kann dort nicht gedeckt aufgestellt werden. 2) Der innere Raum ist zu klein für die Protzen und Munitionswagen; es wird daher der Bau von Pulvermagazinen nöthig. 3) Sie erfordern ein stärkeres Profil und grössere Höhe (2m 50 — 3m 0 0 ) , und dessenungeachtet sind Kehlen, Flanken und Hof nicht geschützt. 4) Es ist sehr schwer sie wieder zu erobern bei einem aufs Neue versuchten Offensiv - Stoss. 5) Die in den Werken placirten Batterien verlieren ihre Beweglichkeit, weil sie auf einer erhöhten Geschützbank stehen. Diese Einwände haben alle keinen grossen Werth, wie ich leicht beweisen werde. In offenen Werken ist die Artillerie vielmehr der Gefahr ausgesetzt, genommen, zerstört oder vernagelt*) zu werden. Dazu gehört nur ein momentaner Erfolg. In dieser Beziehung ist in geschlossenen Werken die Gefahr viel weniger gross. Man stelle einige wenige Geschütze schweren Calibers *) Es ist vom französischen Vorderlader die Rede. Anmerkung des Uebersetzers.



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in den Werken auf, und bedenke nicht schon vorher, welche Verluste man haben wird, wenn der Kampf ein unglücklicher ist. Man muss oft ganze Batterien opfern, wenn man ein grosses Ziel erreichen will. Die österreichische Artillerie verlor bei Sadowa mehr als 100 Kanonen, weil sie bis zum letzten Moment den Rückzug zu decken suchte. Und mit Recht wurde die Artillerie gelobt. Derselbe Uebelstand, dass die Protzen, Wagen und Pferde nicht gedeckt stehen, herrscht auch bei den offenen Werken, sobald nicht zufallig Terrainfalten oder sontige natürliche Deckungen in nächster Nähe der Werke sich finden. Ein geschlossenes Werk braucht nicht mehr Höhe als ein offenes. Dasselbe gilt von dem Profil. Wenn man eine Schanze bauen will, so nimmt man zuerst die geringsten Abmessungen, welche statthaft sind; erlaubt es die Zeit, so verstärkt man nachher das Werk, und zulezt construirt man Geschützbänke. Letztere haben allerdings den Nachtheil, dass sie die Geschütze unbeweglich machen, aber auf der anderen Seite erleichtern sie das Schiessen und geben dem Geschütz mehr Einsicht in das Vorterrain. Ein offenes Werk ist entschieden leichter wieder zu erobern, aber auch leichter vom Feinde zu erobern. Fast immer genügt es, Colonnen bis in die Höhe seiner Flanken vorzustossen, um die Vertheidiger zum Räumen zu zwingen. Von den Gefechten, die für die geschlossenen Werke zeugen, will ich nur die Schlachten bei



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Pultawa, Jemmapes, Caldiero, Borodino und Toulouse anführen. Offene Werke haben eigentlich nur mit Glück bestanden, wenn man ihre zugänglichen Stellen durch Verhaue oder andere künstliche Hindernissmittel deckte.

Die Befestigung des defensiven Theiles der Schlachtlinie erfordert eine grössere Anzahl Werke und wichtiger Arbeiten. Der Zweck, welcher erreicht werden soll, ist folgender: dem Feuer möglichst grosse Wirkung und einer geringen Zahl von Truppen möglichst grosse Widerstandsfähigkeit zu verleihen. Man muss die Werke demnach so anlegen, dass der Feind gezwungen wird, seine Colonnen zu theilen, und langsam vorzugehen, letzteres sogar in den Schusslinien der Artillerie. Ebenso wie bei den zu Offensiv-Zwecken bestimmten Anlagen, so wird auch hier eine Combination von Feld - Laufgräben, Batterien und geschlossenen Werken angelegt. Dabei muss aber im Auge behalten werden, dass es sich hier nicht vorwiegend um Offensiv-Bewegungen handelt. Aus diesem Grunde wird man die Hindernissmittel näher aneinander rücken, und der Befestigung von Localitäten als Dörfer, Meiereien, Gehölz u. s. w. eine grössere Sorgfalt angedeihen lassen. Der Hauptübelstand der geschlossenen Werke (dass sie nämlich den eingedrungenen Feind

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Deckung bieten) würde verschwinden, wenn sich rückwärts Höhen befänden, von wo die Werke eingesehen und durch Artillerie beschossen werden könnten. Das neue Infanterie - Gewehr verleihet den Verschanzungen eine noch grössere Bedeutung, und erlaubt eine Verringerung der aussen stehenden Reserven, so dass man sich sogar mit Einer Reserve für mehrere Werke begnügen kann. In letzterem Falle muss diese Reserve aber aus berittenen Truppen bestehen, da deren Eingreifen ein schnelleres und also entscheidenderes sein wird, als das von Fusstruppen. Nur die Umstände bestimmen die Abmessungen 'der Werke und die Grösse der sie trennenden Intervallen. Die Hauptsache ist, das Terrain gut unter Feuer zu bringen, und wichtige Punkte stark zu besetzen. Eine gute Disposition würde ungefähr wie folgt lauten : Kleine vorgeschobene Werke (Fleschen oder Lünetten) bewachen die Hauptannäherungswege; auf Gewehrschussweite hinter ihnen liegt die Hauptvertheidigungslinie, bestehend aus Feld-Laufgräben, Schützengruben, und geschlossenen Werken; oft legt man in zweiter Linie noch Batterien und Schanzen zum Schutze eines Rückzuges oder einer Front-Veränderung an. Alle diese Anlagen müssen schnell und wenn möglich ohne Vorwissen des Feindes hergerichtet werden. Ein Gehölz mit stark besetzter, und durch einen Verhau verstärkter Lisière kann sehr grosse



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Dienste leisten. E s entzieht einen Theil unserer Aufstellung und Bewegung der feindlichen E i n sicht. Ferner wird der Gegner über die Stärke der gegenüberstehenden Truppen im Ungewissen gelassen, und schliesslich muss er sich entwickeln, um sich des Gehölzes zu bemächtigen. Bei einem grossen Gehölz gehen diese Vortheile verloren, da dasselbe zu schwer zu sichern und zu vertheidigen ist, und die Soutiens und Reserven zu leicht die Verbindung verlieren. Um eine Flankirung der Hauptlisièren zu erreichen, stellt man in den vorspringenden Winkeln leichte Geschütze auf, und deckt dieselben durch Aufwürfe. Bietet das Holz keine vorspringenden E c k e n , so sucht man die Flankirung mittelst Redouten oder Fleschen zu erreichen. F ü r den offensiven Abschnitt der Aufstellung wird ein vorliegendes Gehölz im Allgemeinen nicht von Vortheil sein. E s ist schwer, starke Colonnen aus demselben debouchiren, und sogar gefährlich, zurückgeschlagene Colonnen dasselbe passiren zu lassen. In letzerem F a l l e verlieren die an der Lisière angelangten Truppen jede Ordnung, und der Rückzug wird zur Flucht. Dahingegen sind einzelne Baumgruppen von grossem Werthe. In und hinter ihnen kann sich ein Theil der Soutiens verbergen und so den Feind zu einer unrichtigen Annahme in Bezug auf unsere Stärke verleiten. Dieselbe Bemerkung gilt von befestigten Dörfern. Sie hindern die Vorwärts-Bewegung aus der



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Offensiv-Stellung und trennen die Colonnen, was oft gefährlich ist. Die Dörfer erfordern zu ihrer Besetzung viele Truppen, und oft werden sie von dem Terrain, welches der Feind inne hat, dominirt.

Um die Anwendung dieser allgemeinen Regeln zu zeigen, werde ich einen bestimmten Fall nehmen. Es soll das Schlachtfeld einer 100,000 Mann starken Armee befestigt werden. 16 Brigaden a 6 Bataillone, 18 Cavallerie - Regimenter ä, 4 Schwadronen, 8 reitende und 24 Fuss-Batterien bilden diese Armee. (Siehe Plan IV.) Die für dieses Corps gewählte Stellung ist ein langgedehnter Hügel, dessen Rücken mit der Rückzugslinie A B einen Winkel von circa 45 Grad bildet. Der linke Flügel ist an einen Morast, der rechte an ein kleines Gehölz gelehnt. Hinter dem rechten Flügel liegt ein Wald, der hier von Nachtheil ist, da er eine Umgehung dieses Flügels begünstigt. Greift der Feind den rechten Flügel an, so wirkt er gegen unsere Rückzugslinie und kann so einen entscheidenden Erfolg haben. Auf diesem Flügel müssen wir also unsere Hauptmacht concentriren, und alle Hülfsmittel der Vertheidigungskunst in Anwendung bringen. Das sicherste Mittel, diesen vorspringenden Flügel, den der Feind umgehen kann, zu vertheidigen, wird darin bestehen, dass man einerseits Massregeln trifft, welche den Rücken dieses



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Flügels sichern und andererseits, dass man der: Feind hier jeden Fuss Terrain streitig macht. Man wird diesen Zweck erreichen: 1) Durch eine Verschanzung des im Centrum der Schlachtlinie liegenden Dorfes D, und durch Errichtung einer Batterie X vorwärts des Gehölzes auf dem rechten Flügel. 2) Indem man rechts und links desselben kleinen Holzes die Schanzen 1 und 2 errichtet, und zwischen dieselben eine Batterie f stellt, welche die Aufgabe, hat, das Vorterrain zu säubern und den Weg I K zu bestreichen. 3) Durch Herstellung einer zweiten V e r t e i digungslinie vermittelst des Baues der Schanzen 10, 11 und 12. Einen vom Walde herkommenden Rückenangriff wird man durch folgende Maassnahmen begegnen: E s wird zur Flankirung der jenseitigen Waldlisiere die Batterie y erbauet, ferner unter dem Schutze der Schanzen 1 und 10 ein langer Verhau hergerichtet, der durch die zwischen den Schanzen 1 und 10 erbaute Batterie Z vertheidigt wird. Diese Batterie, sowie die Schanze 10 müssen den Hauptausgängen des Holzes gegenüber stehen. Zwischen dem Verhau und der innern Waldlisiere muss ein mindestens 300 Meter breiter, offener Raum bleiben, damit das Gewehr- und Kartätschfeuer vom Verhau her wirken kann. Der Theil der Aufstellung, welcher zwischen dem äussersten rechten Flügel und dem Dorfe D liegt, ist der defensive, und der andere Theil der offensive Abschnitt der Position. Greifen



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wir den Feind aus unserer Offensiv-Stellung an, so kann letzterer von seiner Rückzugslinie A 0 abgedrängt und auf die Wege H G und I K geworfen werden; diese Wege aber entfernen den Gegner von seiner Operations-Basis. Der defensive Theil der Aufstellung springt vor dem offensiven vor, und unterstützt letzteren dadurch auf das Wirksamste. Ein Angriff auf den linken Flügel würde, so lange als das Dorf D und die Schanzen 10, 11 und 12 in unserm Besitze sind, gar keine Aussicht auf Erfolg haben. Jetzt müssen wir noch die Art und Lage der Arbeiten für jeden Theil der Schlachtlinie besprechen. Der äusserste rechte Flügel wird durch die Batterie f und die Schanzen 1 und 2 vertheidigt. An der Lisiere des kleinen Gehölzes ist unter dem Schutze der Schanze 1 ein Verhau anzulegen. Das Terrain zwischen den Wegen I K und E G wird durch die Batterien a und b unter Feuer gehalten. Zwischen beiden Batterien sind Feld-Laufgräben für 6 Bataillone anzulegen. Die Schanzen 3 und 6 sind unerlässlich zur Bestreichung der Flanken und des südlichen Ausganges des Dorfes; sie werden durch FeldLaufgräben für 3 Bataillone mit einander verbunden. Wir werden später noch die Befestigung von Localitäten speciell betrachten. F ü r jetzt mag es genügen, dass der nördliche Theil des Dorfes durch eine Batterie g vertheidigt wird, die den Weg E G bestreichen muss, und dass die Seiten



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desselben durch bastionirte oder tenaillirte Aufwürfe flankirt werden. Die Anlage der Schanzen 10, 11 und 12 ist gerechtfertigt durch die Möglichkeit, dass der rechte Flügel durchbrochen oder umgangen wird. Sie sollen die am meisten bedrohete Flanke der Aufstellung sichern und Stützpunkte für den etwa zurückweichenden rechten Flügel bilden. In dem Falle, dass der Feind unser Centrum oder den linken Flügel (oder Centrum und linken Flügel zugleich) angriffe, wären diese Schanzen ebenfalls von Nutzen. Die Armee könnte bei einem Gelingen dieses feindlichen Angriffes ihren linken Flügel zurücknehmen und hinter den Schanzen 10, 11 und 12 aufstellen. Dann würde die rechte Flanke der Position sich an das Dorf und die linke an das grosse Gehölz lehnen. Die Befestigung des offensiven Theiles der Linie besteht aus F e l d - L a u f g r ä b e n , Batterien und Schanzen. Die auf dem höchsten Punkte des Hügels placirte Batterie c bestreicht den W e g A B und M i t das Vorterrain westlich der Meierei unter Feuer. Die Batterien d und e besetzen einen kleinen Hügel zwischen den Wegen K P und -Q S. Sie werden von Wichtigkeit sein, wenn unser linker Flügel zurückgedrängt und verfolgt wird. Die Redoute 7 hält den W e g A B unter Feuer. •Um diesen wichtigen W e g A B dem Feinde möglichst zu verlegen, muss die Meierei C verschanzt werden. Dieses Gehöft ist ein ausgezeichneter



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vorgeschobener Posten; von hier kann man den das Centrum angreifenden Feind im Rücken fassen. Die Schanze 8 hält den Weg N P unter Feuer, und die Schanze 9 im Durchschnittspunkte der Wege QR und OR sichert den äussersten linken Flügel. Zur Flankirung der Batterien d und e, und um dem Feinde den Weg R S zu verlegen, wird eine Häusergruppe hinter der Schanze 9 besetzt. Die ganzen eben beschriebenen Anlagen bieten jede wünschenswerthe Sicherheit, und zwar in höherem Grade als die im Plane III beschriebene Disposition für die Vertheidigung eines Armeecorps. Die Schanzen können selbst, wenn sie umgangen und im Rücken angegriffen werden, noch von der Besatzung vertheidigt werden und bieten bessere Chancen zur Aufnahme der Offensive und einer äusserst hartnäckigen Vertheidigung als die Rogniat'schen Anlagen. Die Meierei C, welche 1000 Meter vor dem linken Centrum-, und das Dorf D, welches 300 Meter vor dem rechten Centrum liegt, sind vorgeschobene Posten der Stellung. Die Häusergruppe hinter der Schanze 9 und das kleine Gehölz, an welches sich der äusserste rechte Flügel lehnt, sind Punkte der Stellung selbst. Ueber die Verwendung der Truppen selbst werde ich nur Weniges sagen, da dieser Theil der Taktik eigentlich hier nicht hergehört. Das grosse Gehölz hinter dem rechten Flügel wird von der ersten Infanterie-Brigade bewacht. Das kleine Gehölz auf dem rechten Flügel,



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u n d die E r d a u f w ü r f e zwischen der Schanze 1 und der Batterie a werden durch die zweite Brigade vertheidigt. Hinter dem kleinen Holz sind 2 Regimenter Cavallerie und 1 reitende Batterie aufgestellt. Die dritte Brigade und 1 Cavallerie-Regiment besetzen den Raum zwischen den Batterien a und b. Die vierte Brigade schickt ein Regiment z u r Yertheidigung in das Dorf D, während das andere in Reserve bleibt. I n zweiter Linie dahinter stehen 2 Cavallerie - Regimenter und 1 reitende Batterie. Der fünften, sechsten und siebenten Brigade, 2 Cavallerie-Regimenter, 1 reitenden und 3 FussBatterien wird die Linie zwischen den Schanzen 6 und 7 angewiesen. Endlich bilden die achte, neunte und zehnte Brigade mit 3 Cavallerie - Regimentern und 1 reitenden Batterie den linken Flügel der Armee. Hinter dem linken F l ü g e l , geschützt durch das Gehölz, steht eine specielle Reserve, welche aus der elften und zwölften Brigade, 2 Cavallerie-Regimentern, 2 F u s s - und 1 reitenden Batterie besteht. Die Hauptreserve wird von der dreizehnten, vierzehnten, f ü n f z e h n t e n , sechzehnten Brigade, 6 Cavallerie-Regimentern, 8 Fussbatterien und 3 reitenden Batterien gebildet. Sie steht hinter dem rechten Centrum der Schlachtlinie k cheval unserer Rückzugslinie.



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y. Beispiele von befestigten Schlachtfeldern. Als Beispiele von befestigten Schlachtfeldern werde ich die Schlachten bei Allersheim 1645, Fontenoy 1745, Caldiero 1805 und Borodino 1812 anführen. 1. A l l e r s h e i m . In dem Winkel, den die Wörnitz und der Eger-Bach bilden, liegen zwei Hügel, welche circa 3000 Meter von einander entfernt sind. (Siehe Plan VIT.) Der eine Hügel heisst der Winneberg, auf dem andern steht das Schloss Allersheim. In dem Thale zwischen beiden Hügeln liegt das Städtchen Allersheim, nicht weit von Nördlingen. In dieser Stellung beschloss Mercy den Angriff der Franzosen zu erwarten. Seine Armee war 16,000 Mann, die des grossen Conde 17,000 Mann stark. Den rechten Flügel der Alliirten wurde von den Baiern gebildet; er krönte den Winneberg und lehnte sich an die Wörnitz (oder Wernitz). Das Centrum stand 200 Meter rückwärts des Dorfes, und der rechte Flügel unter Johann von Werth hatte den Schlossberg besetzt. Auf beiden Hügeln, um das Dorf und vor dem Centrum der Schlachtlinie hatte man in



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wenig Stunden Verschanzungen ausgehoben und so die an und für sich schon gute Stellung verstärkt. Militär-Geschichtsschreiber haben es bis zur Bestimmtheit erwiesen, dass Mercy in Folge dieser Anordnungen den Sieg errungen haben würde, wenn Johann von Werth nicht eine falsche Bewegung ausgeführt hätte. 2. F o n t e n o y (Plan VIII). Diese Schlacht lieferten 50,000 Engländer, Hannoveraner und Oesterreicher unter dem Herzog von Cumberland 56,000 Franzosen unter Moritz von Sachsen. Der Marschall von Sachsen hatte nur eine Nacht, um seine Anordnungen für die Verstärkung seiner Stellung ausführen zu lassen. Das Dorf Fontenoy lag in dem Winkel der Schlachtlinie, und da man hier den feindlichen Angriff fürchtete, befestigte Moritz es mit besonderer Sorgfalt. Die beiden Flügel wurden ebenfalls verstärkt; der rechte durch Befestigung des Dorfes Antoing, und der linke durch Herstellung von Verhauen im Holze von Barry, welche durch die Schanzen a und a vertheidigt wurden. Das Dorf Antoing, welches auf dem rechten Scheideufer lag, wurde vom jenseitigen Ufer aus durch 16 Geschütze flankirt. Zur Sicherung eines etwaigen Rückzuges hatte man rückwärts der Stellung einen Brückenkopf angelegt. Das Terrain bot zu beiden Seiten von Fontenoy 6



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Schluchten und Hohlwege, welche der Marschall auch zur Sicherung seiner Aufstellung benutzte. Wo dies zu Seiten Fontenoy's nicht geschehen konnte, errichtete Moritz Schanzen. „Man kann sich nichts Besseres denken", sagt Noizet de Saint Paul, „als diese Disposition; sie verräth einen grossen militärischen Scharfblick. Ungeachtet der Kürze der Zeit wurde Nichts vergessen, was zur Vertheidigung nothwendig war. E s wurden aber durch Nachlässigkeit oder Sorglosigkeit der mit den Arbeiten beauftragten Beamten nur die Schanzen i bei dem Dorfe ausgeführt. Der linke Flügel war nicht befestigt, und dieser Fehler führte zum Verluste der Schlacht. Die Engländer drangen zwischen dem Holze von Barry und der Schlucht links von Fontenoy vor." 3.

Caldiero.

Um Massena aufzuhalten, besetzte der Erzherzog Carl zwei Meilen von Verona eine Hügelseite mit einigen höheren Punkten und ziemlich flachen Thälern. Auf allen dazu geeigneten Punkten wurden Schanzen und Batterien errichtet, welche sich gegenseitig flankirten, und ausserdem die Sohle der Thäler bestrichen. „Alle diese Arbeiten", sagt Mathieu Dumas, „waren mit einander verbunden und erstreckten sich bis zur Etsch. Dieser Fluss schloss den linken Flügel ab und verstärkte ihn. Man sah keinen vorspringenden Winkel, keinen Hügel, welcher nicht mit Artillerie gespickt war; es



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gab keinen ersteigbaren Punkt, zu dem der Weg nicht durch verpallisadirte oder mit spanischen Reitern versehene Aufwürfe oder durch Verhaue versperrt war; da war kein Zwischenraum, der nicht von Truppen besetzt war und von Bajonetten strotzte." Massenas Memoiren geben über diese Position folgende Einzelheiten: Der Berg Nafari bildete den äussersten und höchsten Punkt des rechten Flügels. Auf demselben waren zwei Redouten und zwei Fleschen errichtet. Die eine Redoute war mit vier Kanonen und einer Haubitze, die andere mit zwei Kanonen und einer Haubitze armirt. Die Fleschen wurden durch Gräben mit einander verbunden. Von diesem Punkte erstreckte sich eine Linie von Redouten und Fleschen, welche mit 2—5 Geschützen armirt waren, bis zur Etsch. *) Die Position hatte eine Ausdehnung von 7000 Metern. Vor dem Centrum und rechts des Weges von Verona nach Vicenza lag das Dorf Caldiero. Der Erzherzog hatte eine Armee von 50,000 Mann, während Massena um ein Geringes schwächer war. Die Oesterreicher lagerten vorwärts ihrer Vertheidigungslinie; sie waren entschlossen sich auf das Aeusserste zu vertheidigen. Am 29. October drängte Massena die Oester*) Der Plan des Schlachtatlas von Mathieu Dumas zeigt 12 Schanzen auf der ganzen Linie, eine befestigte Kirche und mehrere zur Vertheidigung eingerichtete Häuser.

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reicher von Verona bis an den Fuss dieser Hügelkette zurück. Nach heissem Kampfe blieb Caldiero im Besitz der Franzosen, welche es jedoch bei einbrechender Nacht wieder aufgaben. Am 30. October fasste Massena den Entschluss, das österreichische Centrum mit seiner Hauptmacht zu durchbrechen, während Verdier die Etsch passiren, und dem feindlichen linken Flügel in die Flanke fallen sollte. Der erste Angriff gelang, der zweite scheiterte aber. Im Centrum wurden die Oesterreicher bis hinter- ihre Verschanzungen zurückgeworfen. Molitor hatte den Auftrag eine Demonstration gegen den rechten Flügel zu machen. Seine Truppen litten dabei enorm von dem Geschützfeuer aus den Schanzen. Nichts desto weniger gelang es ihm, einige Redouten zu erstürmen, indem seine Soldaten durch die Scharten stiegen, sobald die Geschütze abgefeuert waren. Dort aber wurde er zugleich in der Front von der Besatzung der W e r k e , und in der Flanke von hervorbrechenden Colonnen angegriffen, so dass er unter beträchtlichen Verlusten seinen Rückzug antreten musste. Der Angriff auf das Centrum war durch die hinter Caldiero ausgehobenen Werke zum Stillstand gekommen, und der Tag ging ohne ein entscheidendes Resultat zu Ende. „Die Oesterreicher manövrirten und kämpften vor und zwischen den Schanzen. Letztere blieben aber intact, trotzdem dass die Franzosen die feindlichen Colonnen zurückgeworfen, geschlagen, auseinander-



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gesprengt und gezwungen hatten, sich in Unordnung hinter die' Verschanzungen zurückzuziehen." Als Verdier am folgenden Tage glücklich die Etsch überschritten hatte, marschirte er auf Caldiero. Die Oesterreicher traten ihm aber so glücklich entgegen, dass sie die Vereinigung dieser Division mit der Division Duhesme den ganzen Tag über verhinderten. Die Division Duhesme hatte beim Angriff am 30. den rechten französischen Flügel gebildet. Der Erzherzog suchte das Gefecht auf seinem linken Flügel und Centrum hinzuziehen, und traf unter dessen Schutz, ohne dass Mass&ia eine Ahnung davon hatte, die ersten Anordnungen zum Rückzüge. (Letzterer wurde durch die unglücklichen Gefechte der Armee in Deutschland und durch die Notwendigkeit, Ungarn zn decken, geboten.) Die Verschanzungen bei Caldiero machten es also dein Erzherzoge möglich, wohlbehalten seinen Rückzug anzutreten, nachdem er den Gegner drei Tage lang aufgehalten hatte. Eine grosse Aehnlichkeit haben diese Verschanzungen mit denen, welche der Marschall Soult 1814 auf dem Berge Rave bei Toulouse anlegte, und welche ihm ebenfalls grosse Dienste leisteten. 4.

Borodino.

In dieser Schlacht kämpften 127,000 Franzosen unter Napoleon gegen 121,000 Russen unter Kutusow.



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Die russische Armee stand seit 2 Tagen in ihrer Stellung. Im Centrufti der ersten Linie hatte sie eine grosse bastionirte Batterie aufgeworfen; dieselbe war in der Kehle offen, und mit 21 Geschützen schweren Calibers armirt. Vor dem abgebrannten Dorfe Semenofsko'i auf dem linken Flügel der Batterie waren 3 Fleschen erbaut. Auf einem Hügel, ungefähr 2000 Meter von den Fleschen entfernt, erhob sich eine Redoute mit 12 Kanonen. Der äusserste linke Flügel der Aufstellung lehnte sich an bewaldete Höhen. Auf dem rechten Flügel der Batterie waren einige Aufwürfe zur Vertheidigung der zum Dorfe Gorki führenden Wege hergestellt. Ungefähr 1500 Meter vor der Front, zwischen diesem Dorfe und der grossen Batterie, lag das Dorf Borodino, welches mit 3 Bataillonen russischer Garde besetzt war. Der äusserste rechte Flügel war durch drei Fleschen und einen Verhau gesichert, welcher um den Stützpunkt dieses Flügels, eine bewaldete Höhe, herumging. Die vorgeschobene Schanze Schwardino, welche vor dem linken Centrum l a g , wurde am Vorabend der Schlacht durch die Division Compans angegriffen, und nach hartnäckigem Kampfe genommen. Zweimal musste diese tapfere Division wieder weichen, und erst beim dritten Angriff gelang es ihr, im Besitz der Schanze zu bleiben. Am folgenden Tage, dem 7. September, wurde um die drei Fleschen des linken Centrums heiss



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gekämpft. Der Marschall Ney, durch Murat unterstützt, konnte sie nur mit enormen Opfern nehmen. Noch merkwürdiger war das Geschick der grossen Centrums-Batterie. Sie diente dem linken russischen Flügel als Pivot und Stützpunkt, und machte es dem Herzog von Elchingen unmöglich, hier durchzubrechen. Napoleon sah ein, dass er, wenn er Kutusow schlagen wolle, um jeden Preis dieser Batterie sich bemächtigen müsse. Prinz Eugen musste sie in der Front angreifen, während das zweite Cavallerie-Corps sie rechts und links überflügelte. Die Batterie wurde von hinten durch die Cavallerie genommen, und die heldenmüthigen Vertheidiger niedergehauen. In demselben Moment erstieg das neunte Linien - Regiment die Batterie von vorne. Dieses Gefecht entschied die Schlacht. Hätte man die Kehle der Batterie geschlossen, so wäre der Angriff wahrscheinlich gescheitert.

Tl. Schanzen und Batterien. Der Bau von Schanzen und Batterien hat einige Schwierigkeiten, auf welche ich die Aufmerksamkeit der Leser lenken möchte. Muss der Bau von Schanzen rasch geschehen,



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gekämpft. Der Marschall Ney, durch Murat unterstützt, konnte sie nur mit enormen Opfern nehmen. Noch merkwürdiger war das Geschick der grossen Centrums-Batterie. Sie diente dem linken russischen Flügel als Pivot und Stützpunkt, und machte es dem Herzog von Elchingen unmöglich, hier durchzubrechen. Napoleon sah ein, dass er, wenn er Kutusow schlagen wolle, um jeden Preis dieser Batterie sich bemächtigen müsse. Prinz Eugen musste sie in der Front angreifen, während das zweite Cavallerie-Corps sie rechts und links überflügelte. Die Batterie wurde von hinten durch die Cavallerie genommen, und die heldenmüthigen Vertheidiger niedergehauen. In demselben Moment erstieg das neunte Linien - Regiment die Batterie von vorne. Dieses Gefecht entschied die Schlacht. Hätte man die Kehle der Batterie geschlossen, so wäre der Angriff wahrscheinlich gescheitert.

Tl. Schanzen und Batterien. Der Bau von Schanzen und Batterien hat einige Schwierigkeiten, auf welche ich die Aufmerksamkeit der Leser lenken möchte. Muss der Bau von Schanzen rasch geschehen,



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so wird man nur eine geringe Höhe des Walles und eine geringe Wirkung auf das Vorterrain erreichen. Daher empfiehlt es sich, die Anlage so einzurichten, dass man die Werke allmählich verstärken kann bis zum Moment des Gefechtes. Um die Werke widerstandsfähiger zu machen, muss der Graben mehr tief wie breit sein. Indessen darf man die Tiefe von 2m 80 nicht überschreiten, weil sonst die Arbeiter die Erde nicht in einem Schwünge aus dem Graben herauswerfen können. Man würde dann gezwungen sein, auf der Böschung eine Stufe herzustellen, bis wohin die Erde zuerst geworfen wird, und von wo sie die Arbeiter auf den Wall werfen. Dieses Verfahren ist aber zeitraubend und erfordert mehr Arbeiter. — U m Beschädigungen der Böschung zu verhüten, lässt man am Fusse der Brustwehr eine Berme stehen, auf die sich die Arbeiter stellen, welche die Erde weiter bewegen und die Böschung des Walles vollenden. — Die Berme darf nur gegen 30 Centimeter breit sein; wäre sie breiter, so würde sie den Angreifer einen Ruhepunkt zum Sammeln geben. Nach Vollendung des Baues kann man die Berme mit einigen Spatenstichen abstechen, so dass Graben- und Brustw*ehrböschung eine Fläche bilden. Sollen die Schanzen mit 'Geschützen armirt werden, und letztere einfach auf dem gewachsenen Boden stehen, so kann man für die Höhe nicht mehr wie 90 Centimeter rechnen. Diese Rücksicht und die Unmöglichkeit, in geschlossenen Werken eine grosse Anzahl von



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Geschützen aufzustellen, haben Rogniat und andere Ingenieure veranlasst, die Artillerie hinter Schulterwehren zwischen den Schanzen zu placiren. Ich habe oben die Gründe auseinandergesetzt, welche ein Abweichen von dieser Regel fordern z. B. wenn geschlossene Werke die Lisiere eines Dorfes flankiren oder wichtige Zugänge, wie Wege, Dämme, Defileen, aus denen der Feind debouchiren muss, bestreichen. Es giebt Fälle, in denen es vortheilhaft ist, das Feuer der Geschütze möglichst früh und nach solcher Anordnung beginnen zu lassen, dass die Arbeiter, welche die Werke verstärken sollen, daran nicht gehindert werden. Dann stelle man die Geschütze vor dem Walle in einer Batterie auf, lasse an dem Walle ruhig fortarbeiten, und trage nur Sorge für eine Passage durch den Wall. Die Artillerie setzt ihr Feuer fort, bis alle Anlagen in der Schanze fertig sind. Dann werden die Batterien desarmirt, die Infanterie besetzt sie, und man erhält so flankirende Schiessgruben. Der rechte Abschnitt des Planes V zeigt eine solche Schanze; die erste Figur stellt das anfängliche Aussehen, die zweite die fertige Schanze dar. Diese letztere Anlage scheint mir vortheilhafter als die der Figur 3, welche man gewöhnlich anwendet. Indessen hat das Profil der Figur 3 den Vortheil, dass es überall gleich stark ist, während das Profil der Figur 2, da, wo die Batterien stehen, schwächer ist. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, wird man vor



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den Batterien Verpfandungen, E g g e n , Wolfsgruben und andere Hindernissmittel anbringen, welche das F e u e r der Artillerie nicht maskiren. F e r n e r muss noch erwähnt werden, dass die oben genannte A n l a g e bei Schanzen, deren Seiten k ü r z e r wie 4 0 Meter sind, nicht wohl anwendbar erscheint. U m aber den Theil des W a l l e s , der hinter der vorgeschobenen Batterie liegt, herstellen zu k ö n n e n , hebt m a n am F u s s e des Banquetts kleine G r ä b e n aus / , g, f , g, ungefähr so wie ihn der Durchschnitt C D des Planes V zeigt. K a n n m a n sich Bäume verschaffen, so wird m a n dieselben vortheilhaft auf der Berme und im G r a b e n anwenden, wie es F i g u r 2 des Planes V I zeigt. J e nach der Beschaffenheit des erlangten Holzes k a n n m a n auf der Berme auch eine F r a i s i r u n g d. h. eine um 1 / ] 2 Grad gegen die Grabensohle geneigte Palüsadirung schaffen. (Durchschnitt A B . ) D a s Profil F i g u r 3 giebt noch eine andere Verwendung der Bäume an. Hier, wie bei dem vorher erwähnten Falle, ist das Holz durch ein Glacis gedeckt, weil es frei dastehend, zu leicht zerschossen würde. Die F i g u r 4 , Plan VI, zeigt den richtigen G e b r a u c h der Wolfsgruben und Pfähle. Als Besatzung rechnet man 2 M a n n für den laufenden Meter der Feuerlinie. Die innere Bes a t z u n g , welche hier mit eingerechnet ist, steht hinter einem A u f w u r f , der die Abmessung des Durchschnitts C D haben müsste. Dieses Profil liefert 3 Banquetts, auf welches die Mannschaften,



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gedeckt gegen feindliches Feuer, sich setzen können. Die Munitionsdepots der Schanzen befinden sich unter den Geschützbänken ( i i in Figur 3, Plan V) oder in dem für die innere Reserve bestimmten Aufwurf. Sie sind gewöhnlich 2 m 60 lang, l m 6 0 breit und 2 m 00 hoch, und können die Munition für 3 Geschütze aufnehmen. Sie werden mit Baumstämmen oder eichenen Bohlen eingedeckt, und müssen der Fallkraft und Explosion von Ggranaten widerstehen können. Bei hinreichender Zeit errichtet man eine Pallisadirung im Graben. Um dieselbe gegen Artilleriefeuer zu schützen, stellt man sie dicht an die Contreescarpe und deckt sie durch ein Glacis (Plan V, Durchschnitt AB.) Einige Pallisadenreihen quer durch den Graben zu führen, erscheint ganz zweckmässig, um den Feinde, der einmal im Graben angelangt ist, die Verbindung in sich zu erschweren. Auch ist der Feind dadurch gezwungen, sich in einem engen Raum in mehreren Gruppen zusammenzudrängen; was das Feuer der Geschütze des Werke wirksamer machen würde. Der Eingang zur Schanze muss an der am wenigsten gefährdeten Seite liegen. Er hat 2 oder 4 Meter Breite, jenachdem ob er nur von Infanterie oder auch von Artillerie benutzt werden soll. Um solchen Eingang herzustellen, wird im Graben ein Damm aufgeworfen oder eine hölzerne Brücke gebaut. Bei letzterer liegen die Stämme

— 92 — auf den Grabenrändern auf, und in der Mitte werden sie durch einen gerüstartigen Bock unterstützt. Die Baumstämme werden mit eichenen Bohlen oder Faschinen belegt. Ein dem direkten Schuss ausgesetzter Eingang muss durch eine Erdtraverse geschützt werden, die andern schliesst man durch" Pallisaden, hinter denen ein Banquett aufgeschüttet ist. Der Eingang zwischen Traverse und Wall ist mit spanischen Reitern, Barrieren oder Hausthüren geschlossen. Schanzen, welche Artillerie aufnehmeu sollen, müssen Eingänge haben, die so breit sind, dass ein Geschütz in ihnen wenden kann. Da dies eine grosse Länge der Traverse (siehe die Linie n o, Plan V) erfordern würde, so lässt man für die Geschütze eine Oeffnung in M. Diese wird durch Sandsäcke oder auf irgend eine Art geschlossen. Die Kehlen offener Werke nehmen ebenso die Aufmerksamkeit in Anspruch. Ich empfehle es, sie durch Wolfsgruben, Verhaue oder Pallisaden zu schliessen, um die Werke keinem Angriff von hinten auszusetzen, und den Vertheidigern während der Nacht und während eines Nebels einige Sicherheit zu gewähren. Die grosse Batterie bei Borodino wäre nicht von den Kürassieren genommen worden, wenn ihre Kehle in der angegebenen Art gesichert gewesen wäre.



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Die Aufwürfe für die Artillerie haben zu manchen Widersprüchen Veranlassung gegeben. Man behauptet, dass die so placirten Geschütze zu sehr an das Terrain gebunden sind, und dass ihre Verluste zu gross sein werden, sobald der Feind sich gehörig eingeschossen hat. Dieser Einwurf ist nicht begründet. Eine ganz frei dastehende Batterie muss, sobald der Feind die Entfernung gefunden hat, entschieden grössere Verluste haben als eine Batterie, welche durch eine 0 m 90 hohe Brustwehr gedeckt ist. E s ist richtig, dass man auf ebenem Boden die Geschütze vor oder zurück nimmt, sobald die feindlichen Geschütze mit Sicherheit zu treffen anfangen. Aber was hindert die Artillerie an einem gleichen Verfahren, wenn sie hinter einem Walle steht? Uebrigens wird meistens das Terrain bestimmte Positionen bieten, welche die Geschütze einnehmen müssen, und dann ist doch eine Schulterwehr von unbestrittenem Nutzen. Weiset das Terrain der Artillerie nicht solche bestimmte Stellungen an, so wird eine Brustwehr doch immer grosse Dienste bis zu dem Momente leisten, wo der Feind sich vollkommen eingeschossen hat. Dazu kommt noch, dass das Auf- und Abprotzen ein günstiges Terrain erfordert und viel Zeitverlust verursacht. J e weniger oft Ersteres also geschieht, um so besser. E s genügt auch nicht, die Geschütze einfach aufzufahren, sondern es müssen auch Terrain - Unebenheiten aufgesucht -werden, um Protzen und Munitionswagen zu decken.



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Die gezogenen Geschütze haben den grossen Vortheil, dass sie keinem so häufigen Stellungswechsel ausgesetzt sind. Ein Einwurf ernsterer Art ist folgender: Die Geschosse crepiren sobald sie die Crete berühren und werfen dann gefährliche Sprengstücke zwischen 2 Geschütze, würden aber bei einer freistehenden Batterie neben den Geschützen vorbeigehen und erst explodiren, wo sie den Boden berühren; die Gefahr also geringer sein. Doch wird dieser Uebelstand reichlich aufgewogen durch die gute Deckung, welche der Aufwurf den Geschützen beim Beginn des Kampfes, also bis zu dem Moment des volltständigen Eingeschossenseins des Feindes verleihet. Ein in Wien ausgeführter Versuch gegen Batterien, wie sie bei Sadowa gebauet waren, ergab, dass 49 °/0 der Geschosse in der Brustwehr sassen. Bei ebenem und offenem Terrain muss man die Protzen durch Verhaue schützen und sie auf gute Entfernung hinter letzteren aufstellen. Kleine Cavallerie-Abtheilungen dienen dann als Particularbedeckung. Früher gab man den Batterien das Profil wie in Figur 12, Plan II (der punktirte Theil). Die Bedienungsmannschaft stand dort gedeckt, wenn sie nach dem Laden hinter die Geschütze sich begab. Das Profil o p Figur 9 , Plan II, verleihet mit viel weniger Arbeit der Bedienung denselben

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Schutz, wenn sie sieh seitwärts der Geschütze in den eigends dazu ausgehobenen Gräben aufhält. Feuert die Batterie aus Scharten, so haben die Kanoniere dicht beim Geschütze eine Deckung von l m 5 0 und in den Gräben eine Deckung von 2 m 40 Höhe vor sich. Ein weiterer Vortheil der Gräben und der Kasten (zwischen 2 Scharten) ist der, dass man in der Brustwehr kleine Verbrauchs-Pulvermagazine anlegen kann. Dadurch wird die Gefahr, dass beim Transport von den Protzen zur Batterie Geschosse crepiren, verringert. Zugleich kann man dann ohne Nachtheil die Protzen weiter von der Batterie entfernt aufstellen, und gewinnt so einen grösseren Raum, in dem man Terraindeckungen aufsuchen kann. Einige Artilleristen verwerfen die Scharten, weil sie das Gesichtsfeld der Geschütze beengen und gegenüberstehender Artillerie sich markirende Zielpunkte liefern. Diesem Uebelstande kann man dadurch abhelfen, dass man die Geschütze weiter auseinanderstellt und die Scharten durch eingesteckte Baumzweige dem feindlichen Auge mehr entzieht. Bei Königgrätz unterschied sich eine Batterie des zehnten Corps, welche auf die Brustwehr Baumzweige gesteckt hatte, gar nicht vom Boden. ,,Eine andere Batterie," erzählt Oberst von Pidoll, „hatte Raps-Stauden auf ihrer Brustwehr eingepflanzt, und war dadurch so gut maskirt, dass ich, obgleich ich ihre Stellung genau kannte, mich ihr auf 20—30 Schritt näherte, ohne sie zu bemerken." Uebrigens kann man die Scharten, wenn sie

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nachtheilig werden, in Zeit von wenig Minuten zuwerfen. Man muss suchen, sich nicht allein gegen Feuer in der Front, sondern auch gegen Seitenfeuer zu decken. Zu diesem Zwecke scheinen die Aufwürfe mit Scharten am zweckmässigsten zu sein. Jedes Geschütz steht da einzeln, und die Brustwehr umfasst einen Theil der Flanken. So haben die Kanoniere in der Flanke ebenfalls eine Deckung von l m 5 0 Höhe. Diese Einrichtung wird sich besonders bewähren, wenn Artillerie vorne und Schützen in der Flanke die Batterie angreifen. Die kleinen Gräben müssen sich nach den Enden zu senken, und hier muss ein Fass oder ein Schanzkorb eingegraben werden, um das abfliessende Regenwasser aufzunehmen. Die Batterien, wie sie bei Sadowa waren, (Plan I, Figur 8) können, wie Oberst von Pidoll sagt, in günstigem Terrain in 3 oder 4 Stunden durch 160 Infanteristen unter Anleitung einiger Ingenieure oder Artilleristen gebauet werden; jeder Mann bewegt in einer Stunde 13—17 Cubikfuss Erde. Die sieben Batterien bei Salney wurden von einem Bataillon des ersten Genie-Regiments gebauet. Die eine Hälfte des Bataillons traf am 29. Juni Mittags, die andere Hälfte erst um 4 Uhr an Ort und Stelle ein. Am Morgen des 30. waren alle Batterien fertig und konnten ihr Feuer beginnen. Dasselbe Bataillon stellte bei Sadowa am Morgen des zweiten Juli vier Batterien her.



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Zwei waren ungeachtet der vielen Baumwurzeln in drei Stunden fertig. Bei den Ingenieur-Uebungen bei Wien 1867 hob man in 2 1 | 2 und sogar in 2 Stunden ähnliche Batterien aus, wobei jeder Mann 26 CubikFuss Erde in der Stunde bewegen musste. *) Der Oberst von Pidoll theilt uns mit, dass unter 10 Batteriechefs, welche (bei Salney und bei Sadowa) solche Batterien gebauet hatten, zwei die Anlagen als vorzüglich, und sechs sie als gut bezeichneten, -während nur zwei sich gegen die Anwendung der Batterien aussprachen. Vier von diesen Batterien hatten nach mehrstündigem Kampfe gar keine, die andern nur unbedeutende Verluste.

X. Befestigte Dörfer. Eine Armee muss zu verschiedenen Zwecken einen Flecken, ein Dorf oder ein einzeln stehendes Gebäude befestigen: 1) Z u m S c h u t z e e i n e s d e t a c h i r t e n Postens. Unter diesem letzteren Ausdruck versteht *) Mittheilungen über Gegenstände der Ingenieuvund Kriegs-Wissenschaften 1869. In 2V 2 Stunde hoben 178 Mann eine Batterie für 8 Geschütze aus, während 210,Mann dazu nur 2 Stunden brauchten.

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Zwei waren ungeachtet der vielen Baumwurzeln in drei Stunden fertig. Bei den Ingenieur-Uebungen bei Wien 1867 hob man in 2 1 | 2 und sogar in 2 Stunden ähnliche Batterien aus, wobei jeder Mann 26 CubikFuss Erde in der Stunde bewegen musste. *) Der Oberst von Pidoll theilt uns mit, dass unter 10 Batteriechefs, welche (bei Salney und bei Sadowa) solche Batterien gebauet hatten, zwei die Anlagen als vorzüglich, und sechs sie als gut bezeichneten, -während nur zwei sich gegen die Anwendung der Batterien aussprachen. Vier von diesen Batterien hatten nach mehrstündigem Kampfe gar keine, die andern nur unbedeutende Verluste.

X. Befestigte Dörfer. Eine Armee muss zu verschiedenen Zwecken einen Flecken, ein Dorf oder ein einzeln stehendes Gebäude befestigen: 1) Z u m S c h u t z e e i n e s d e t a c h i r t e n Postens. Unter diesem letzteren Ausdruck versteht *) Mittheilungen über Gegenstände der Ingenieuvund Kriegs-Wissenschaften 1869. In 2V 2 Stunde hoben 178 Mann eine Batterie für 8 Geschütze aus, während 210,Mann dazu nur 2 Stunden brauchten.

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man eine kleine Stellung, welche vor der Front oder F l a n k e der Armee liegt, und von liier aus nicht mehr mit Geschützfeuer unterstützt werden kann. Ein detachirter Posten kann die Aufgabe haben, nach der feindlichen Seite hin zu horchen, von der Annäherung des Feindes bei Zeiten Kunde zu verschaffen, den Feind selbst einige Zeit aufzuhalten, oder eine wichtige Communication zu vertheidigen. E s gehören in diese Categorie der Posten z. B . die Windmühle bei Boussu, eine Meile von der Stellung Jemmappes; das D o r f Arcole hinter der rechten F l a n k e der Stellung desselben Namens ; das D o r f Vago vor der Position Caldiero, das D o r f Wischau vorwärts der französischn Position zwischen Brünn und Austerlitz und die Schanze Schwardino, welche die Russen vor dem linken Centrum ihrer Stellung an der Moscwa gebauet hatten, um ihrer Avantgarde einen Stützpunkt zu geben. 2) Z u m S c h u t z e e i n e s v o r g e s c h o b e nen Postens. E i n solcher Posten liegt einige hundert Meter von der F r o n t oder F l a n k e einer Aufstellung entfernt und wird von hier aus wirksam unterstützt. E r dient dazu, Recognoscirungen des Feindes zu verhindern, seine ersten Angriffe zu verzögern, und bedrohet die über ihn hinausgehenden Colonnen mit einem Rückenangriff. Beispiele hierzu sind: Das Dorf Neerwinden vor dem rechten Flügel der Oesterreicher 1793, das DorfBorodino vor dem rechten russischen Flügel in der Position an der Moscwa, das D o r f Ailles

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und die Meierei Heurtebize vor der Stellung Craonne, ferner die Meiereien Goumont und la Haie-Sainte vor dem rechten Flügel und dem Centrum Wellington's bei Waterloo. in 3) S i e d i e n e n a l s S t ü t z p u n k t e der F r o n t o d e r in den F l a n k e n e i n e r Schlachtlinie. In der Geschichte finden wir eine Menge solcher „Stützpunkte". Von den bemerkenswerthesten will ich nur anfuhren: das Dorf Oberwinden innerhalb des linken österreichischen Flügels in der Schlacht von Neerwinden, die Dörfer Telnitz und Sokolnitz dicht vor dem rechten Flügel der Franzosen bei Austerlitz, die Dörfer Esslingen und Aspern in der Schlacht von Esslingen, das Dorf laRothräre im Centrum der französischen Armee in der Schlacht desselben Namens, die Dörfer Ligny und Saint-Amand in der Schlacht bei Ligny. 4) Endlich befestigt man Flecken, Dörfer und einzeln stehende Gebäude unter denselben Umständen, in denen man in ihrer Ermangelung geschlossene Werke bauen würde, also um eine Operationslinie zu sichern, um Depots von Lebensmitteln, Waffen und Munition zu sichern, wenn sie nach der Flanke zu liegen, ferner um cantonnirende Truppen vor einem Üeberfall zu schützen, endlich um eine Brücke zu sichern, damit man den Fluss unter möglichst wenig Verlusten passiren und nachher debouchiren kann. Ich werde mich besonders mit Dörfern beschäftigen, welche vorgeschobene Posten bilden oder in der Schlachtlinie selbst liegen. 7*



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Solche Dörfer haben in den Kriegen des 17. und 18. Jahrhunderts eine so wichtige Rolle gespielt, dass eine Stellung nur dann für gut galt, wenn sie durch befestigte Dörfer in der Front und in den Flanken verstärkt waren. Friedrich der II. war einer der Ersten, welcher sich der Dörfer in dieser Art bediente : „Man ist," sagt einer seiner Generale, „von der Annahme, dass es gefährlich sei, wenn sich Dörfer vor oder in der ersten Schlachtlinie befänden, zurückgekommen. Man stopfte sie voll Infanterie oder befestigte sie in der Eile, und hielt sich so lange wie möglich ; denn mit dem Dorfe war auch die Schlacht verloren. Neerwinden ist ein Beispiel dafür, ferner auch die Schlacht bei Ramillies, welche verloren ging, als die Infanterie aus dem Dorfe herausgeworfen war, und die Cavallerie eingreifen konnte. Ebenso war es bei Kesselsdorf. Im letzten Niederländischen Kriege gewann Moritz von Sachsen seine Schlachten durch die Einnahme einiger Dörfer." In den „Principes généraux de la guerre" von Friedrich dem Grossen steht: „Unser Grundsatz war anzugreifen, und uns nicht auf die Vertheidigung zu beschränken. In dieser Absicht muss man nur derartige Punkte (Meierhöfe und Kirchhöfe) besetzen, wenn sie in der Front oder vor den Flügeln gelegen sind ; sie unterstützen den eigenen Angriff, und sind dem Feinde im Gefecht sehr hinderlich." Diese bestimmte Beschränkung erklärt sich aus der Thatsache, dass die Dörfer der an Preussen angrenzenden Lande „aus Holz und



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sehr schlecht" gebaut waren, so dass, wie Friedrich selbst sagt, einige Granaten genügten sie in Brand zu stecken und die Besatzung zum Abzüge zu zwingen. Unter den Kämpfen dieser Zeit, welche den Werth befestigter Dörfer zeigen, will ich nur die Schlacht bei Breslau anführen, welche 80,000 Oesterreicher unter Carl von Lothringen gegen 30,000 Preussen unter dem Herzoge von Bevern gewannen. Die Preussen vertheidigten sich vom frühen Morgen bis zur sinkenden Nacht äusserst hartnäckig. Diesen Erfolg verdankten sie nur dem Umstände, dass sie die vor ihrer Schlachtlinie gelegenen Dörfer Pilsnitz, Schmidfeld und Hoefchen befestigt hatten. Die Besatzung von Pilsüitz schlug drei Angriffe des österreichischen linken Flügels ab. Bei einbrechender Dunkelheit wurde dann das Dorf geräumt, da ein Halten desselben nicht mehr nöthig war. Die Schlacht war für die Preussen verloren, aber der Sieg so wenig entscheidend, dass beide Armeen am andern Tag sich gegenüber stehen blieben. Seit dem 7jährigen Kriege giebt uns die Kriegsgeschichte unzählige Beweise, welche enormen Dienste Dörfer, wenn sie gut gewählt und besetzt sind, ohne alle Befestigung leisten können z. B. Neerwinden, Austerlitz, Raab, Aspern, W a g r a m , Gross-Görschen, Leipzig, Arcis-surAube, la Rothiere, Ligny und Waterloo. Uebrigens hat Friedrich II., wie oben erwähnt, es durchaus nicht verschmähet, die Wider-



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standsfahigkeit von Positionen durch Anwendung der Befestigungskunst zu erhöhen. Die Lager bei Neudorf (1741), bei Qzaslau (1742) und bei Schweidnitz (1745) beweisen es. „Der Feind, welcher den Kampf vermeiden will (sagt Friedrich in seinen : Pensées et règles générales pour la guerre), nutzt das Terrain zu seinem Vortheil, sichert sich durch Batterien, spanische Reiter, Schanzen und Aufwürfe." Friedrich der Grosse hat nur vor Missbrauch der Befestigungskunst gewarnt und mit Recht. Dieser Missbrauch, der aus einem zu geringen Vertrauen auf die offensive Stärke der Truppen hervorgeht, ist in der That wenigstens ebenso gefährlich als der entgegengesetzte, aus zu grosser Verwegenheit entstehende Fehler. Eine Armee, welche heutzutage die Hacke und die Schaufel verschmähet, wird enorme Verluste erleiden, und ein Heer, welches unbeweglich hinter Verschanzungen steht, „wird, wie M. Vial sagt, zusehen müssen, wie der Feind ausserhalb Schussweite sich anschickt, in Flanke und Rücken anzugreifen." Die befestigten Dörfer werden meistens als vorgeschobene Posten betrachtet. Auf dem offensiven Abschnitt des Schlachtfeldes sind sie weniger vortheilhaft, manchmal sogar nachtheilig. Sie hindern die Bewegung der eigenen Truppen. Bemächtigt sich der Feind ihrer, so hat er ausgezeichnete Stützpunkte, in denen er seine erschütterten Colonnen aufs Neue ordnen kann. Den Feind von hier wieder zu vertreiben, dürfte schwierig sein.

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Will man einen schwachen Punkt der Aufstellung oder eine Terrainfalte unter Feuer halten, so dürfte ein einzelnes Gebäude (Schloss oder Meierei) sich besser dazu eignen, als ein ganzes Dorf. Ein solches Gebäude ist in kurzer Zeit und mit wenig Truppen in vertheidigungsfähigen Zustand gebracht. Der Feind muss sich des Hauses, ebenso als wenn es ein Dorf wäre, erst bemächtigen, ehe er die eigentliche Schlachtlinie angreift. So war die Meierei Kismegyer, welche vor dem Centrum der österreichischen Armee gelegen war, in der Schlacht bei Raab von grossem Nutzen. Diese Meierei bestand aus einem grossen viereckigen Gebäude mit Hof. Die Besatzung, welche 1200 Mann stark war, hatte Schiessscharten in die Mauern gebrochen. Der nur mit Infanterie angreifende General Seras wurde blutig zurückgewiesen, und konnte die Meierei erst nehmen, nachdem er Verstärkungen erhalten und 7—800 Soldaten und 60 Officiere auf dem Platze gelassen hatte. Ebenso hartnäckig war der Kampf in der Schlacht bei Wachau (Leipzig) um die Schäferei Auenhayn, welche vor dem linken Centrum der Alliirten lag. In der Schlacht bei Waterloo hatten die Engländer unendlichen Nutzen von der Meierei la Haie-Sainte, obgleich sie nur mit einem Bataillon von 430 Mann besetzt war. Ungeachtet dieser Thatsachen glaube ich, dass eine mit Geschützen armirte Schanze grössere Dienste leistet, als eine befestigte Meierei oder Schloss.

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Die Feldherren werden nicht immer so glücklich sein, wie der Herzog von Wellington, dass sie Generalen gegenüberstehen, welche nicht durch Artillerie die Gebäude zusammenschiessen lassen. Letzterer Fehler ist schon zu oft gerügt, als dass man nochmals wie Seras vor der Meierei Kismegyer und Guilleminot, Jeröme, Reille und Guiot vor Goumont und la Haie-Sainte, in denselben verfallen könnte. Hindert künftig eine Meierei oder ein Schloss den Angreifer in seinem Marsche oder beim Angriff selbst, so wird die Localität sehr schnell durch ein concentrirtes Feuer mehrerer gezogenen Batterien zusammengeschossen. Man darf aber deshalb diese vorgeschobenen Posten nicht ganz verwerfen, sondern man muss ihnen weniger Wichtigkeit beilegen und an ihren Besitz nicht den Ausgang der Schlacht knüpfen. Verschanzte isolirte Gebäude werden stets von Nutzen sein, entweder als ßeduits in Dörfern oder als Stützpunkte in Positionen. Dies wird ganz besonders der Fall sein, wenn die Gebäude vor feindlichem Artilleriefeuer gedeckt sind, wie es wohl oft in Gebirgsgegenden vorkommt. Sobald vor der Front liegende Holzungen, Meiereien und Dörfer nicht von uns besetzt werden und dem Feinde den geringsten Vortheil bieten können, so müssen sie in Brand gesteckt oder dem Erdboden gleich gemacht werden.

— 105 — Die Art und Wichtigkeit der zur Befestigung von Dörfern vorzunehmenden Arbeiten hängt von den Umständen und dem Terrain ab. Man kann die Dörfer zu diesem Zweck in drei Klassen theilen. Die erste Klasse umfasst Dörfer, in denen detachirte Posten stehen, welche nur auf sich angewiesen sind, und sich möglichst lange oder doch bis zum Eintreffen von Unterstützungen halten sollen. Hierher gehören Dörfer mit Depots von Lebensmitteln oder Munition, ferner Dörfer in der äussersten Linie eines Cantonnements oder Winterquartieres, und endlich Dörfer in Front und in den Flanken, in denen Beobachtungsposten stöhen. Zur zweiten Klasse gehören die Dörfer, welche vor oder in der Schlachtlinie selbst liegen. Die dritte Klasse begreift die Dörfer, an welche sich die Flügel einer Armee lehnen. 1. F a l l . — I s o l i r t g e l e g e n e D ö r f e r . Bei vielen Dörfern findet ein Missverhältniss zwischen dem Umfang des Dorfes und der Stärke der Truppen statt. Man beschränkt sich dann darauf, eine gut gelegene Häusergruppe, stark zu besetzen, oder ein Schloss, eine Kirche, eine Fabrik oder eine grosse Meierei, von wo man die Haupteingänge vertheidigen kann. So viel wie möglich vermeidet man tiefliegende Dörfer zu besetzen oder Dörfer mit Häusern aus Holz oder mit Strohdächern. Die Arbeiten, welche vorgenommen werden



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müssen, um einzeln liegende Dörfer in Verteidigungszustand zu versetzen, sind folgende: Häuser, welche der V e r t e i d i g u n g der ausgewählten Häusergruppen oder Gebäude Nachtheil bringen können, werden verbrannt oder niedergerissen. Alle Ausgänge, welche nicht bei einem etwaigen Einziehen von äusseren Posten und zur Passage von Unterstützungstruppen gebraucht werden*), müssen verbarrikadirt werden. Während diese Arbeiten ausgeführt werden, sucht man den bereits besetzten Theil des Dorfes in Verteidigungszustand zu bringen, gemäss den Anweisungen, die weiter unten folgen werden. Ist die detachirte Abtheilung ansehnlich genug, um das ganze Dorf verteidigen zu können, so wird man sich so einrichten, als wenn dasselbe vor einer Schlachtlinie läge; nur mit dein Unterschiede , dass die Vertheidigungsanstalten es ganz umfassen müssen, weil der Angriff von jeder Seite erfolgen kann. 2. F a l l . — D ö r f e r , w e l c h e a u f d e r F r o n t seite einer Schlachtlinie liegen. Gewöhnlich hat man wenig Zeit, um solche Dörfer zu befestigen. Um gegen Ueberraschung geschützt zu sein, sichert man zuerst die dem Feinde zugekehrte Seite des Dorfes, indem man die Brücken abbricht, die Furten zerstört, die Eingänge durch *) In der Kegel sind dies dieselben W e g e , auf welchen die Besatzung sich zurückziehen soll, wenn das Dorf aufgegeben wird.

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umgestürzte Wagen, durch Eggen, Balken, Tonnen, Steinhaufen und ähnliche Dinge sperrt. Folgt der Feind uns nicht gleich auf der Ferse nach, so wird man die Vertheidigungsanstalten verbessern, Verhaue anlegen, Aufwürfe herrichten, an Punkten, von denen aus die Artillerie sich eine gute Wirkung verspricht, und die Wege durch Gräben und Dämme unbrauchbar machen. Diese Dämme müssen in cremaillirter Form hergestellt werden, und so angelegt sein, dass sie unsere Verbindung mit dem Felde nicht stören. In benachbarten Häusern aufgestellte Schützen flankiren die Anlage. Unter Umständen wird es praktisch sein, mehrere Barrikaden hintereinander zu bauen, um eine möglichst hartnäckige Verteidigung zu erzielen, und um das Ricochettiren der feindlichen Geschosse zu verhindern. Die Flanken des Dorfes werden in derselben Art vertheidigt wie seine Front. Die hintere Seite des Dorfes bleibt offen, und es muss Alles entfernt werden, was den Truppen, welche das etwa verloren gegangene Dorf wiedernehmen sollen, nachtheilig sein könnte. Die nach der eigenen Stellung führenden Ausgänge müssen von den Verschanzungen und Batterien der ersten Linie bestrichen werden können, wenn das Dorf vor der Fronte liegt, und ebenso von den Batterien der zweiten Linie, wenn es in der Schlachtlinie liegt. Die Reserven stehen im Allgemeinen da, wo sie die feindlichen Colonnen am Besten aufhalten, die den Ort vertheidigenden Truppen am



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schnellsten unterstützen und am besten aufnehmen können, also anf Märkten, Kreuzwegen, Strassenecken etc. Oft muss man auch Communikationen nach bedroheten Punkten herstellen, um nötigenfalls die Reserven schnell dahin werfen zu können. Die an dem äussern Umfange des Dorfes aufgestellten Schützen und Soutiens müssen sich so zurückziehen, dass sie das Feuer der Reserven nicht masquiren. Zu diesem Zweck schneidet man Durchgänge in Zäune, Hecken und Mauern, und man erreicht dadurch, dass die zurückgehenden Trupps einen W e g nehmen können, den der Feind nicht kennt, während die gewöhnlichen Wege und Strassen, die zu den Reserven führen, verbarrikadirt worden sind. In den meisten Fällen wird der Reserve ein befestigtes Reduit angewiesen, von wo sie die Hauptstrassen beschiessen kann. Dieses Reduit ist bald eine Kirche, ein Schloss, eine Fabrik oder ein einzelnes massives Haus. Wenn es irgend möglich ist, stellt man innerhalb der Umfriedigung oder zu Seiten des Reduits einige leichte Geschütze auf, um die Hauptstrasse zu bestreichen. Bleibt dem Vertheidiger noch Zeit zu seiner Verfügung, so kann er an der Umgrenzung des Dorfes eine Reihe von Hindernissmitteln anlegen, oder wenn hierzu der Umfang des Dorfes zu gross ist, in Zwischenräumen Werke bauen, die sich gegenseitig flankiren. Die Aufgabe dieser Werke wäre die Hauptannäherungswege der Stellung zu versperren.

— 109 — Liegt auf Gewehrschussweite vom Dorfe, parallel mit diesem, ein Hohlweg, so muss sein diesseitiger Rand so weit abgestochen werden, dass man den Hohlweg vollständig einsehen kann. Wege mit steilen Rändern, welche die Stellung durchschneiden, müssen ausgefüllt oder die Ränder abgestochen werden. Hecken qder Bretterzäune können zur Bekleidung der äusseren Brustwehrböschung von Wällen verwandt werden. Um Mauern vertheidigungsfahig zu machen, ist es am besten, hinter ihnen ein Erdbanquett oder Auftritte von Brettern anzubringen. Das Einbrechen von Schiessscharten verlangt geübte Arbeiter und besondere Werkzeuge. Auf alle Fälle vermeidet man es, Artillerie hinter Mauern aufzustellen, sobald uns- ebenfalls Artillerie gegenübersteht. Ein Theil der Truppen führt diese Arbeiten aus, während ein anderer Theil für die innere Vertheidigung sorgt, und die vorzüglichsten Häuser des Ortes, sowie diejenigen Häuser vertheidigungsfähig einrichtet, neben denen Strassenbarrikaden gebaut werden sollen. Ein dritter Theil der Truppen verstärkt das Reduit und stellt Wege zwischen diesem und den bedroheten Punkten her. Liegt ein Dorf im offensiven Theile der Stellung, so muss man seine breiten Strassen schonen oder selbst breite Communikationswege anlegen, um das Debouchiren der eigenen Truppen zu erleichtern. Oft bildet eine Schanze mit grossem Nutzen •das Reduit, sei sie ohne oder mit Blockhaus.



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Das wird immer der Fall sein, wenn der Feind das zum Reduit passende Gebäude mit Geschützen zusammenschiessen kann. Selbstverständlich braucht dann nicht die ganze Reserve in dem Reduit aufgestellt zu sein; ein Theil derselben wird in der Nähe möglichst gedeckt placirt. Bisweilen hebt man rückwärts oder seitwärts des Dorfes Aufwürfe für CavallerieDetachements aus, welche angreifenden Colonnen in die Flanke fallen sollen. 3. F a l l . D ö r f e r , w e l c h e a u f d e n F l a n k e n e i n e r S c h l a c h t l i n i e g e l e g e n sind. Das Verfahren hier ist dasselbe, nur muss noch dafür gesorgt werden, dass das Dorf nicht umgangen werden kann. Um dies zu erreichen, bauet man auf der bedroheten Flanke Schanzen, welche mit schwereren Geschützen armirt werden. Ausserdem wird man die Rückseite des Dorfes befestigen, um sich gegen einen Rückenangriff zu sichern. Es liegt nicht in meiner Absicht, die zweckmässigste und schnellste Art zu besprechen, in welcher ein Dorf und Reduit vertheidigungsfähig gemacht werden k a n n , aber dennoch will ich mir über dieses Thema einige Bemerkungen erlauben. Die Ingenieure empfehlen Folgendes: Zerstörung der Brücken, Sperrung aller Ausgänge, durch welche der Feind eindringen kann, durch Barrikaden oder Verhaue und Vertheidigung der an diesen Ausgängen gelegenen Häuser;

— 111 — ferner Herstellung von Schiessscharten in Mauern, vor denen das freie Feld liegt und namentlich da, wo die Mauern durch ihr Hervortreten eine Art von Flankirung bilden, Verbarrikadirung der Thüren und Fenster in den Erdgeschossen, Errichtung von Dämmen in Wasserläufen, welche Ueberschwemmungen veranlassen können, Verstärkung der schwachen Punkte im äussern Umfange des Dorfes durch Verhaue oder Pallisaden, und endlich möglichste Zerstörung Alles dessen, was dem Feinde Deckung gewähren, oder dem Vertheidiger hinderlich sein könnte. Verhaue, Pallisaden, die äusseren Häuser, Hecken, Gräben, Thore bilden die Umfassung des Dorfes. Sie ist von Tirailleurs besetzt, hinter denen Posten zur Unterstützung stehen. Rückwärts der letzteren befinden sich die Reserven an ein oder mehrere Reduits gelehnt. Diese ganze Anlage lässt es zweckmässig erscheinen, wenn jedem Bataillon einige Pionniere mit den nöthigen Werkzeugen beigegeben werden, denn sie erfordert Arbeiten, zu denen geübte Leute und besondere Werkzeuge gehören, z. B. das Durchbrechen der Mauern. Uebrigens hat diese eben besprochene Einrichtung seit Einführung der gezogenen Geschütze ihre ganze Wichtigkeit verloren. Bei den crepirenden Granaten der gezogenen Geschütze würden die Gebäude so leiden, dass schon nach einigen Schüssen die Truppen sich nicht mehr würden in ihnen halten können. Nur in Ausnahmefällen, oder wenn der Angriff ohne Beihülfe von Artillerie geschieht, würde



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es rathsam sein, Häuser in der äussersten Umfassung eines Dorfes vertheidigungsfähig zu machen. F ü r ein Dorf mit nicht allzu grossem Umfang bildet wohl eine fortlaufende Verschanzung, und für ein ausgedehnteres Dorf eine Reihe von ^einzelnen . Werken, die mit einander durch Verhaue oder Gräben mit Aufwürfen verbunden sind, die beste äussere Vertheidigungslinie. Rückwärts dieser Vertheidigungsanstalten besetze man stark einige massive Häuser in den Strassen, welche der eindringende Feind passiren muss. Das wird um so vorteilhafter sein, als sie der Feind nicht aus der Ferne beschiessen kann. Ein Beispiel von einer Vertheidigung dieser Art giebt uns die Schlacht bei Allersheim 1645 (siehe Plan VII). Das Schloss Allersheim war durch 2 Bataillone und 3 Geschütze, und das Dorf Allersheim durch 7 Bataillone und 6 Geschütze besetzt. Das Dorf wurde von 3 Bataillonen unter General Marsin angegriffen. Diese Bataillone drangen über die Verschanzungen bis zur Mitte des Dorfes vor; hier empfing sie aus den Häusern ein so wohlgenährtes Feuer der Baiern, dass sie, überdies noch durch die von Mercy zur Unterstützung herbeigesendeten Truppen lebhaft angegriffen, wieder zurückgehen mussten. Jetzt liess Conde den Rest seiner Infanterie des Centrums vorrücken und angreifen. E r selbst wurde verwundet und verlor alle seine Adjutanten. Fast in demselben Moment fiel Mercy durch eine Gewehrkugel.

— 113 IIii der Nachricht von Mercy's Tode zogen sich die Baiern aus dem Dorfe zurück; nur die in steinernen Gebäuden und in der Kirche aufgestellten Truppen vertheidigten sich mit einer seltenen Energie. Der Kampf blieb hier unentschieden bis Conde's linker Flügel einen erfolgreichen Angriff machte, welcher die bairische Armee zum Weichen brachte. Sofort warfen sich die Weimeraner und Hessen, welche diesen linken Flügel bildeten, auf die rechte Flanke und die Rückseite des Dorfes. Die Vertheidiger mussten sich ergeben. Dieses Beispiel spricht für den vorgeschlagenen Vertheidigungs-Modus, den äusseren Umfang des Dorfes durch Verschanzungen, und das Innere desselben durch Häuser mit Schiessscharten widerstandsfähig zu machen. Können die Gebäude, welche für die Reserven oder zu Reduits bestimmt sind, von feindlicher Artillerie beschossen werden oder eignen sie sich nicht ganz besonders zu besagten Zwecken, so thut man besser daran, sie nicht zu benutzen, und statt ihrer eine oder mehrere Schanzen aufzuwerfen. Zur Begründung dieses Vorschlages, will ich folgende Bemerkungen anführen, welche Napoleon über den Angriff auf Allersheim machte: „Es wäre nicht zum Verwundern, wenn Conde's sämmtliche Angriffe auf das Dorf gescheitert wären, da er keine Haubitzen und nur sehr wenig Artillerie besass, und überdies das Dorf von der Schlachtlinie aus unterstützt wurde, in die Häuser, Kirchen und Kirchhofsmauern Schiess8



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scharten gebrochen waren. Bei alledem war die feindliche Infanterie nicht nur an Zahl, sondern auch an Güte der französischen überlegen, so dass ohne Mercy's Tod der Sieg entschieden den Baiern verblieben wäre." Im Allgemeinen bin ich ein Anhänger von Erdarbeiten bei der Vertheidigung von Dörfern. Als Hülfsmittel empfehle ich die Benutzung von Hecken, hinter denen man Wälle aufwirft, ferner das Absperren durch Pallisaden und Verhaue. Hat ein Dorf lange Gassen, durch welche der Feind nothwendig hindurch muss, so muss man in ihnen Barrikaden bauen, und deren benachbarte Häuser mit Schützen besetzen. Am Besten baut man die Barrikaden an Biegungen der Strasse, weil sie hier dem feindlichen directen Feuer entgegen sind. Hat man noch Zeit dazu, so hebt man vor diesen Hindernissmitteln einen Graben aus, und wirft hinter ihnen ein Banquett auf. Im Nothfalle wird man Flatterminen in den Strassen anlegen, welche die feindlichen Colonnen passiren müssen, oder besser noch, an den Stellen, wo dieselben halten müssen, um Hindernisse (Verhaue, Barrikaden) zu übersteigen oder wegzuräumen. Als Reduit wird man endlich ein oder mehrere massive, günstig gelegene Häuser herrichten, oder diese Rolle Schanzen übertragen. Mir scheint letzteres zweckmässiger, weil einestheils Steinhäuser für den Vertheidiger immer gefährlich sind, und weil man anderenteils diese



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Schanzen da anlegen kann, wo man den Feind am besten aufhalten zu können glaubt, wo man am besten die Truppen der Aussenvertheidigung aufnehmen, und am sichersten einen etwaigen Rückzug decken kann. Als Besatzung rechnet man 1 Mann für den laufenden Meter der äusseren Grenze des Dorfes. Letztere wird dann durch eine Hälfte der Truppen vertheidigt, während die andere die innere Reserve bildet. Grosse Dörfer dürften zweckmässig in einzelne Abschnitte getheilt werden. Unabhängig von diesen Truppen muss noch eine aussen stehende oder mobile Reserve vorhanden sein. Hierzu eignet sich Cavallerie besser wie Infanterie, weil sie beweglicher ist; um derselben diesen Vorzug zu bewahren, darf sie nicht zu stark sein. Hat man nur Infanterie zur Verfügung, so braucht man deren fast ebenso viel, als sich im Dorfe befindet. Die aussen stehende Reserve muss möglichst gedeckt und möglichst nahe dem Punkte stehen, an dem sie verwandt werden soll. Bietet das Dorf dort keine natürlichen Deckungen, so schafft man deren, besonders für Infanterie, weil es für diese am leichtesten geschehen kann. Die Cavallerie muss sich gedeckt hinter der dem Angriff gegenüberliegenden Dorfseite aufstellen. Allzuviel Truppen im Dorfe aufzuhäufen, ist gefährlich. Die Kriegsgeschichte beweist das mehr als ein Mal. Im Jahre 1704 hatte der Marschall Tallard in der Schlacht bei Hoch8*



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städt 27 Bataillone und 12 Escadrons im Dorfe Blendheim aufgestellt. Diese Truppen wurden von Marlborough's Armee umzingelt, und durch ein concentrirtes Feuer der feindlichen Artillerie der Art decimirt, dass sie sich nach einer höchst schwachen Vertheidigung ergeben mussten. Die 1814 und 1815 mit so grossem Erfolg vertheidigten Dörfer laRothiere und Ligny hatten nur eine geringe Besatzung, la Rothiere nur 5000 Mann und Ligny lO 1 ^ Bataillone, von denen 6 in Reserve standen. Bei einer zu grossen Ausdehnung der Dörfer verschanzt man nur einen Theil von ihnen, trägt aber Sorge, dass Anlagen jeglicher Art, welche der Feind mit Vortheil benutzen könnte, zerstört werden. Oft liegen vor der Front einer Aufstellung Dörfer, welche nur aus einer einzigen Strasse bestehen. In diesem Falle befestigt man nur den hinteren Theil deselben, trägt aber Sorge, dass von da ab ein hinlänglicher Raum frei liegt, um dem Musketenfeuer volle Wirkung zu verschaffen. Wollte man die vordere Spitze eines solchen Dorfes befestigen, so könnten die Vertheidiger und die Batterien durch einen Angriff auf die sehr langen und schwachen Flanken leicht abgeschnitten werden. Um die Einrichtungen zur Vertheidigung eines Dorfes speciell zu zeigen, will ich zwei Fälle besprechen: 1) Ein in der Ebene gelegenes Dorf (wie es



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meistens die Dörfer sind, welche die Front einer Armee decken). 2) Ein durch einen Bach in zwei Theile getrenntes Dorf, welches auf feindlicher Seite von gefahrlichen Höhen dominirt wird. (Hierher gehören manchmal die Dörfer, welche Stützpunkte der Flanken einer Armee sind, und die Dörfer, welche die äusserste Linie eines Winterquartiers oder eines Cantonnements bilden.) 1. F a l l .

( F i g u r 1, P l a n IX.)

Das Dorf, welches befestigt werden soll, liegt in einem nahezu ebenen Terrain; es hat eine grosse Ausdehnung in der Richtung' des Weges A, welcher die Schlachtlinie senkrecht durchschneidet. Die zwischen X und Y liegenden wenigen Gebäude werden verbrannt oder demolirt. Man verringert dadurch die Ausdehnung der Front, und erhält vor der Stellung einen freien Raum, auf dem Gewehr- und Kartätsch-Feuer wirken können. Um den Weg A und die Flanken der Häusergruppe Y Z unter Feuer halten zu können, werden die Redouten 1 und 2 gebauet. Zwischen den beiden letzteren legt man Feld "Laufgräben mit dem Proiii der Figur 4, Plan V (der punktirte Theil) an. In der Mitte dieses Aufwurfes steht eine Batterie von 4 Geschützen, g , welche in Verbindung mit der Artillerie der Schanzen die Front des Dorfes vertheidigen soll.



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Die Redoute 1 bestreicht den Weg D, und die Schanze 2 hält den Weg C unter Feuer. Die rechte Flanke des Dorfes wird durch die Feld-Laufgräben 7, 8 und 9 in cremaillirter Form befestigt. Die linke Flanke des Dorfes ist durch ein kleines Gehölz von hochstämmigen Bäumen gedeckt. Dennoch wird man diese Seite noch durch Verhaue verstärken, welche von Schützen in den Schanzen 3 und 4 vertheidigt werden. Zwischen dieser Linie und der innern Lisière des Holzes muss ein wenigstens 100 ra 00 breiter Raum für die Bewegung der einzelnen Truppen und zum Entfalten einer Feuerwirkung bleiben. Der rückwärts gelegene Theil des Dorfes bleibt offen. Nichtsdestoweniger muss man, wenn in der Schlachtlinie selbst keine Schanzen oder Batterien vorhanden sind, welche die Flanken und die Kehle des Dorfes wirksam bestreichen, Schanzen in 5 und 6 bauen und einen Aufwurf für 3 oder 4 Geschütze ( f ) herrichten, welche den W e g A, das Hauptdebouché aus dem Dorfe, bestreichen. Diese Schanzen und die Batterie f werden ausgezeichnete Stützpunkte für die aussenstehende Reserve sein, welche den Feind am Debouchiren aus dem Dorfe verhindern soll. Nimmt man an, dass jeder Soldat 0,434 m 00 Cub. Erde in einer Stunde bewegt, so sind 4 Stunden 8 Minuten nothwendig, um Laufgräben in den Intervallen der Schanzen und auf den Flanken des Dorfes auszuheben.



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Innerhalb desselben geringen Zeitraumes wird man Aufwürfe herstellen können, welche das Profil der Batterien bei Sadowa (Plan I, F i g u r 8) haben. H a t man voraussichtlich einen ganzen T a g zu seiner Verfügung, so k a n n man den Schanzen die Abmessungen geben, wie sie das Profil A B P l a n V, oder Figuren 2, 3 und 4, Plan VI zeigen. Den Laufgräben k a n n man das Profil F i g u r 4, Plan V (Punktirter Theil) oder das Profil, F i g u r 1, Plan V I geben. D a s Ausheben des Grabens efgh im Profil F i g u r 4, Plan V, erfordert 11 Stunden und 31 Minuten, welche Zeit man aber durch häufiges Ablösen der Arbeiter um 1 / 3 abkürzen kann. Beim Profil X, Figur 1, Plan VI, k a n n man auf dem laufenden W e r k e 3 Mann zum Graben anstellen. Zwei Mann stehen in dem 7 m 9Q breiten Graben. Einer derselben hebt 3 m 10 E r d e aus zur Formirung der Brustwehr, der andere 4 m 80 E r d e für das Glacis Y. Der dritte steht in dem Graben für das Strauchwerk, und gräbt die für Z nöthige Erde. Der erste Arbeiter gewinnt 3 m 24 Cub., der zweite 5 m 22 und der dritte 2 m 80 Cub. Erde. Berechnet man die Zeit nach der Arbeit des zweiten Mannes, und nimmt man an, dass jeder Arbeiter stündlich 0 m 434 E r d e aushebt, so kommt auf den Bau des Profiles, F i g u r 1, Plan VI, 12 Stunden, und bei häufiger Ablösung 8 Stunden. Werden die Arbeiter ausserdem noch durch eine



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grosse Gefahr angetrieben, so ist die Anlage in 6 Stunden herzustellen. Um die V e r t e i d i g u n g der Schanzen und Aufwürfe, welche die äussere Enceinte des Dorfes bilden, recht wirksam zu unterstützen, muss man zwischen diesen Werken und den Häusern, Hecken und sonstigen Umfriedigungen des Dorfes einen freien Raum lassen. Ueberdies muss ängstlich dafür gesorgt werden, dass vorstehende Colonnen auf keine Art in ihren Offensiv - Bewegungen gehemmt und aufgehalten werden. Deshalb lasse man die Wege A an der Spitze und D auf der rechten Flanke des Dorfes offen. Den Weg C kann man mit in die äussere Vertheidigung hineinziehen, indem man den Verhau an ihn heranführt. Alle Strassen des Dorfes, ausgenommen A, B und D, werden verbarrikadirt. Um jeden Moment die Schützen, welche die äussere Enceinte besetzt haben, verstärken zu können, stellt man Soutiens, a a a a so hinter Häuser, Mauern der inneren Enceinte auf, dass sie ohne Zeitverlust an die bedroheten Punkte eilen können. Zur Erleichterung des Zurückgehens der Truppen der äussern Vertheidigung bahnt man durch Hecken und Umfriedigungen Wege, welche zu der innern stehenden Reserve führen. In sehr grossen Dörfern theilt man die Reserve, wie in vorliegendem Falle, wo sie den



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Kirchhof um die Kirche b und den Platz c hinter der Kirche besetzt. Die Mauern des Kirchhofes werden durchbrochen, und in seiner linken Ecke zwei Geschütze aufgestellt, welche die Strasse A bestreichen. Die Kirche wird vertheidigungsfähig eingerichtet. Die zum Räumen gezwungene Besatzung zieht sich auf dem Wege B zurück, um das Feuer der Batterie ( / ) auf die Strasse A nicht zu maskiren. Da es vortheilhaft ist den Feind in der Hauptstrasse so lange wie möglich aufzuhalten, so wird man die solidesten Häuser mit Schützen besetzen und zugleich an den benachbarten Häusern Barrikaden errichten. Die aussen stehende Reserve besteht aus 3 Infanterie-Bataillonen und 4 Schwadronen. Sie wird zum Theil hinter dem Dorfe, zum Theil hinter dem kleinen Gehölz stehen (siehe Figur 1, Plan I X ) . Können die in den angelegten Werken postirten Truppen sich nicht mehr halten, so ziehen sie sich hinter die Dorfumfriedigung zurück, und eröffnen in Verein mit den hier aufgestellten Soutiens, ein lebhaftes Feuer. Nachher geht der weitere Rückzug durch die künstlich hergestellten Wege, und schliesslich ist Alles mit der innern Reserve vereinigt, und eine hartnäckige Vertheidigung wird jetzt fortgesetzt oder gar der Feind wieder aus dem Dorfe geworfen. Dies ist der Moment zum Eingreifen der aussen stehenden Reserve; sie soll die Truppen,



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welche das Reduit angreifen wollen, werfen, sie soll feindliche aus dem Dorfe debouchirende Colonnen anfallen, und endlich soll sie den das Dorf umgehenden Feind in der Flanke fassen. 2. F a l l . Nehmen wir an, es sei uns die Aufgabe geworden ein Dorf, durch welches ein Fluss fliesst, und welches zur Sicherung eines Winterquartiers dienen soll, zu befestigen. (Figur 2, Plan IX.) Das jenseitige Ufer steigt bis zu dem Plateau M N , welches die Häussermasse beherrscht. Hieraus folgt, dass dieses Plateau vor allen Dingen besetzt werden muss. Die Kedouten 1 und 2 werden dort gebaut und zwar so, dass sie die Wege A und B, sowie die Abhänge des Plateaus bestreichen. Von den an den Wegen stehenden Bäumen errichtet man einen Verhau, welcher von den Schanzen und von den Aufwürfen zwischen diesen unter Feuer gehalten wird. Die rechte Seite des Dorfes wird durch einen in cremaillirter Form geführten Aufwurf gedeckt (7, 8, 9 und 10). Der Zweig 7—8 wird mit 3 oder 4 Geschützen armirt, welche den Abhang diesseits des Weges B beschiessen sollen. Vom Winkel 7 an führt der Aufwurf durch das Flussthal. Vermittelst einer Schleuse im Punkte h kann man ein Uebertreten des Flusses bis zur Horizon-



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tale 4 , 0 0 bewirken, und so den Weg C ungangbar machen. Der Weg D und der Abhang zwischen diesem und der Schanze M ist so wichtig, dass die Anlage der Schanze 3 geboten ist. Zu beiden Seiten dieses letztern Werkes legt man einen Verhau an, zu dem das Gehölz vor der Front das Material liefert. Flankirt wird dieser Verhau durch die Werke 3 und 4. Die Kehle des Dorfes wird durch die Schanzen 3 und 4, sowie durch die dieselben verbindenden Aufwürfe gesichert. Der Grund zu diesem Decken der Kehle des Dorfes ist folgender. Im Allgemeinen ist zwar der Abschnitt jenseits des Baches der am meisten expenirte, indessen kann der Feind, besonders da unsere Armee nicht in Schlachtordnung hinter uns steht, leicht eine seiner Colonnen den Wasserlauf überschreiten und das Dorf in der Kehle angreifen lassen, während er zugleich seine Hauptmacht gegen die Schanzen 1 und 2 vorgehen lässt. In dieser Anlage besteht aber nicht der einzige Unterschied zwischen der Befestigung dieses Dorfes und dem ersten Fall. Im ersten Falle befindet sich eine jeden Moment zum Handeln bereite Armee hinter uns; es müssen daher die Intervallen der Werke eine den Bewegungen der Truppen angemessene Breite haben, auch die Hauptstrassen frei von jedem Hemmniss bleiben. Diese Rücksichten verschwinden dahingegen bei einem Dorfe, welches gleichsam ein detachirter Posten ist, und nur möglichst lange ge-



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halten werden soll. Hier können die Anlagen eine fortlaufende Linie von Hindernissen bilden,, und es brauchen nur Oefinungen frei zu bleiben,, welche herbeieilenden Unterstützungstruppen den Eintritt gestatten. Die W a h l des Reduit giebt zu einigen Betrachtungen Anlass: 1. Die Kirche b liegt der Angriffsfront zu nahe um ein gutes Reduit abzugeben, und wäre demnach das Rathhaus c geeigneter. Gelingt aber dem Feinde das Rathhaus einzunehmen, so wären die beiden wichtigen Brücken über den Fluss gefährdet. Man wird es also vorziehen, sich an Stellen einzurichten, welche diese Brücken sichern, hier die F a b r i k d und die Häusergruppen i i. Steht uns aber auch, was wohl gewöhnlich der F a l l ist, Artillerie gegenüber, so werden die beiden genannten Reduits keine grosse Widerstandsfähigkeit zeigen. Aus diesen angeführten Gründen bin ich der Ansicht, dass man sich ein widerstandsfähigeres und besser zu vertheidigendes Reduit schafft, wenn man die Schanzen 4 und 5 durch eine Verschanzung u, v, w verbindet, welche gegen das D o r f gerichtet ist. Die Reserve besteht aus 3J/2 Bataillonen und 2 Escadrons, und wird, wie folgt, vertheilt: 1 Bataillon steht auf dem Platze c zur Unterstützung der Soutiens a a a a (welche sich auf Wegen, die eigends dazu durch die Gärten gebahnt sind, zurückziehen müssen); i/2 Bataillon vertheidigt die Brücken, und richtet sich dazu in der F a b r i k d und der Häusergruppe ii ein;



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im geeigneten Moment zerstört das halbe Bataillon die Brücken ; die beiden andern Bataillone besetzen das Reduit. Eine Schwadron stellt sich hinter dem Gehölz auf, und die andere hinter Schanze 4. In dem Falle, dass das zu befestigende Dorf vollständig isolirt läge, dass die Besatzung von keiner Seite her Verstärkungen erwarten könnte, und dass das Dorf auf allen Seiten angegriffen werden könnte, müsste das Reduit stets im Innern des Dorfes liegen. Die beiden eben durchgesprochenen Beispiele umfassen wohl fast alle vorkommenden Fälle, und stellen die Grundsätze fest, nach denen man verfahren muss, um eine hartnäckige und erfolgreiche Vertheidigung eines Dorfes bei der jetzigen Art der Kriegführung zu erzielen.

Ende.

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