Ueber den Lebensprozess im Blute, polemisch-didactische Erläuterungen [Reprint 2021 ed.] 9783112513026, 9783112513019


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German Pages 80 [84] Year 1825

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Ueber den Lebensprozess im Blute, polemisch-didactische Erläuterungen [Reprint 2021 ed.]
 9783112513026, 9783112513019

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Ueber

den

Lebensprozeis im Blute, polemisch -didactische Erläuterungen von

Dr. Carl Heinrich Schultz.

Mit einer illum.

Kupfertafel.

B e r l i n , 1824. Gedruckt und verlegt bei G. Reimer.

iliS ist sehr schwer, bei der ursprünglichen Darstellung einer Sache sogleich auf alle mögliche Zweifel und Widersprüche, welche in der Folge gegen dieselbe erhoben werden können, Rücksicht zu nehmen, und rein unmöglich sich gänzlich dagegen sicher zu stellen. Die Wahrheit in der Wissenschaft wird erst durch den Streit geboren, welcher eben die Dialektik ist, wodurch sich der Geist zur Beruhigung entschliefst. Darum war es mir längst angenehm, dafs sich gegen meine Darstellung des Lebensprozesses im Blute Stimmen erhoben, denen ich meine Gründe entgegenstellen konnte, die Sache zu erläutern nnd Mifsdeutungen vorzubeugen. Gleichwohl konnte ich, da das Meiste und der Aufmerksamkeit Würdige darüber nur mündliche Verhandlungen waren, zeither keine A 2

Gelegenheit finden, mich öffentlich weiter auszusprechen, da ich mich nicht für berechtigt h i e l t , Privatmittheilungen öffentlich zu beurtheilen. Um so erwünschter ist es m i r , dafs jetzt (Isis von Oken 2. l i e f t i 8 2 4 ) meine Schrift über den Lebensprozefs im Blute einen ungenannten Gegner gefunden h a t , dessen Kritik als eine Zusammenstellung der Einwendungen a n i u sehen i s t , welche mir hier in Berlin be_ reits durch Ueberlieferung bekannt geworden sind. Ich erlaube mir also bei der Gelegenheit meine Erwiederungen ebenfalls öffentlich auszusprechen, und werde meine Bemerkungen an die Recension des Ungenannten knüpfen. W a s Ree. im Allgemeinen an meiner Schrift tadelt und l o b t , lasse ich dahingestellt s e y n , weil es individuelle Aussprüche und Meinungen s i n d , ohne die hinzugefügten Gründe. Ich bemerke nur, dafs ich in der A r t zu philosophiren mit dem Ree. nicht übereinkomme; dafs ich z. E. Form oder Begriff' des Lebens nicht für einerlei halten k a n n ; dafs es ferner nach meiner

Donkungsart weder dynamische noch e n e r . gisehe Begriffe, sondern allein vernünitige g i e b t , und ich auch in solchen Ausdrücken in meiner Schrift nirgends geredet habe. Ilec, w i r f t m i r v o r , ich habe die Form oder den Begriff des Lebens im Blute r i c h t i g , den Inhalt aber falsch dargestellt. Dies ist in einer vernünftigen und z u s a m m e n h ä n . genden Darstellung eine Unmöglichkeit u n d ich kann keinen richtigen Begriff von ein e r falschen Beobachtung, keine richtige Form von einem falschen Inhalte haben. Der Begriff entspricht entweder seinem Objecte (hier der Beobachtung des Lebensprosesses des Blutes) oder nicht. Im ersten Fall ist beides eins und r i c h t i g , im zweiten xnufs, insofern der w a h r e Begriff erst aus der vernünftigen Zergliederung des N a t u r gegenstandes entstehen k a n n , durchaus beides falsch sein. Man k ö n n t e zwar nach ein e r vorgefafsten Meinung oder Vorstellung eine durchaus falsche Darstellung g e b e n ; aber eine leere Vorstellung ist kein Begriff u n d w ä r e diefs der Fall, so müfste doch der Begriff eben so falsch als der Gegen-

stand desselben sein. Ree. kann also u n möglich zusammenreimen, dafs ich von ein e r falschen Beobachtung des Lebensprozesses im Blute richtige Begriffe hätte. Entw e d e r beides ist w a h r , oder beides ist falsch; aus dem einfachen G r u n d e , weil die Sache u n d i h r Begriff identisch sind, und bei einem richtigen Begriff von einer falschen Beobachtung ist durchaus kein i n n e r e r u n d n o t w e n d i g e r Zusammenhang aufzuzeigen. Ree. findet in meiner Schrift ein persönliches und eigenwilliges Element d a r i n , dafs ich gesagt habe, man hätte zeither den i n n e r n Verlauf der organischen Thätigkeiten im B l u t e , den Zusammenhang zwischen der K r a f t und ihrer A e u f s e r u n g , nicht aufzeigen können 5 indem er auf Schelling, W a l t h e r , O k e n , Esenbeck und Hegel hinweist, in deren Schriften von dem Begriff des Lebens u n d seiner Aeufserung an den Organismus bereits die Rede gewesen sei. Allein Ree. v e r g i f s t , dafs ich ja nicht von von dem Leben im Allgemeinen, sondern ganz im Besondern von dem Blutleben u n d von der Art gefchrieben h a b e , w i e dieses

durch den innern Verlauf seiner Thätiff9 kciten seine Kräfte äufsere, und hievon i s t , meines Wissens in den Schriften jener Gelehrten nichts enthalten, was ich erst wiederholt hätte, ohne sie zu nennen. Dort ist nach Ideen g e s a g t , dafs sich das Leben überhaupt dem Organismus zur Erscheinung treibe, und ich habe von dem Prozefs in seinem innern Verlaufe gehandelt, wodurch das Blutleben ganz im Besondern sich äufsert und zwar nach Beobachtungen. Der Ree. glaubt z w a r , dafs ich dadurch der deutschen Physiologie eine Injurie zugefügt hätte, von der er sie zu retten übernommen habe. Ree. versichert auch im Besitz des recht lebendigen Begriffes von dem L e ben und so auch von dem Leben des Blutes zu s e i n , ohne jedoch diesen Begriff vor unsern Augen zu zergliedern. So lange diefs nicht geschieht, wird aber mein Vorwurf höchst gerecht, also durchaus keine Injurie (Unrecht) genannt werden können. Ich bemerke hierneben, dafs ich keineswegs jene naturphilosophische Schriftsteller, wie R e e g l a u b t , aus Selbstgenügsamkeit in meiner

Schrift nicht aufgeführt habe, sondern weil der Gegenstand, den sie behandeln bei aller Allgemeinheit doch von dem meinigen, als eir nem ganz besondern, zu entfernt liegt, als dafs ich ihn in einer unmittelbaren Verbindung mit meinen Beobachtungen hätte bringen k ö n n e n , und dann ist es ja auch nicht meine Absicht gewesen, eine Geschichte der Physiologie, sondern eine eigene, ganz specielle Abhandlung über das Blut zu schreiben, mit der jene allgemeine Ideen vom Leben ü b e r h a u p t , gar nichts zu thun haben. W i e sehr ich übrigens die Arbeiteiten der Vorgänger achte, und wie tief ich es f ü h l e , dafs wir alle an den mühsamen Vorarbeiten der Vergangenheit und Gegenwart in der Wissenschaft eine hülf-r reiche Leiter h a b e n , die H ö h e , wonach wir streben, bis zu einem gewissen Puncte zu erklimmen, von wo unsere eigne Thä^ tigkeit weiter fortgehen soll, das kann man an dem sehen, was ich pag. XII. der V o r r rede zu meinem Buche gesagt habe. W a s nützt es aber d a , wo man selbst thätig sein w i l l , üher Andere reden? W a s der

Ree. gegen meine historische Darstellung der f r ü h e m mikroskopischen Beobachtungen sagt, pafst auch nicht auf mich. Ich habe ja ausdrücklich gesagt, dafs ich gar keine solche historische Darstellung, die man in h u n d e r t a n d e r n Büchern finden k a n n , habe geben w o l l e n , sondern blofs eine allgemeine Beurtlieilung f r ü h e r e r Ansichten, u n d hier konnte ich füglich ü b e r g e h e n , dafs Döllinger unbestimmte Zweifel gegen das S e r u m a u f g e w o r f e n , ohne seine weitere Bedeutung zu \ e r f o l g e n , und dafs Gruitliuisen von den Verhältnissen des Serums zum lebendenden Blute beiläufig, aber eben so u n b e s t i m m t , gesprochen. Bei der weitern Beurtheilung dessen, was ich über das Verhältnifs der Physiologie z u r Chemie gesagt h a b e , was Piec. f ü r das Beste u n d Gründlichste meiner Untersuchung h ä l t , wünscht derselbe zu wissen, ob ich f ü r Aerzte im Allgemeinen oder f ü r Physiologen geschrieben habe? Ich antw o r t e : weder f ü r den einen noch f ü r den a n d e r n , sondern allein f ü r die W i s s e n schaft u n d ihre V e r e h r e r , W e n n also nach

des Ree. Meinung, was ich darüber gesagt, den

deutschen

Physiologen

zur

Unzeit

kömmt, so wird es im nothwendigen Zusammenhange mit den übrigen Theilen der Schrift, auf den aber Ree. gar keine Rücksicht genommen, vielleicht

von

Anderen

ganz zur rechten Zeit und am rechten Orte gefunden werden.

Ich füge die Bemerkung

hinzu, dafs ich die Meinung des Ree., nach welcher besonders die Aerzte am Krankenbette Belehrungen bedürfen, die den Physiologen

überflüssig

sind,

nicht

theilen

kann.

Am Arzt ist

Theil,

ohne welchen keine Gründlichkeit

der Physiologe

ein

möglich ist, und in vielen Fällen möchte es manchen Physiologen, der nichts weiter sein w i l l ,

eben so erspriefslich sein,

über seine theoretischen Verirrungen den mahnenden Arzt zu hören. Obgleich weiter Ree. im Allgemeinen meine

Ansichten,

dafs

der

Organismus

nicht chemisch analysirt werden kann, billigt, so bleibt er doch dabei, dafs die Chemie ein wesentliches Requisit der Physiologie,

am allermeisten d i e C h e m i e

der

organischen Theile in Bezug auf ihre nächsten o r g a n i s c h e n B e s t a n d t e i l e sei! Ihr Nutzen sei beschränkend, limitirend, determinirend oder negativ. W e n n diese Vorstellung heifsen soll, die chemische Thätigkeit beschränke oder zernichte die organische t w i e ich es auch für ganß richtig h a l t e , so müfste es eigentlich heifsen, d e r S c h a d e n des Chemismus für den Organismus bestehe in dieser Beschränkung seiner Thätigkeit, und daraus würde dann immer w i e d e r folgen, das auch die Chemie, oder vielmehr die chemische E r k l ä r u n g , der Physiologie, welche den lebendigen Organismus analysiren w i l l , schädlich s e y , in 60fern durch chemische Zergliederung des Organischen sein immanenter Begriff gefunden werden soll. In dem Ausspruch des R e e . , dafs zwar kein chemisch vitaler Proz e f s , aber eine chemisch vitale Procedur des Physiologen e x i s l i r e , ist ein W i d e r spruch. Die Procedur des Physiologen hat ja keinen andern Zweck als den Verlauf der organischen Thätigkeiten aufzuzeigen j wenn also keine chemisch-lebendige Thä-

tigkeit da ist, kann der Physiologe ja auch keine finden, er mag procediren wie er will. Im Uebrigen bin ich ganz mit dem Ree. übereinstimmend, wenn er sagt nicht i n , sondern v o r der Verdauung wirken chemische Thätigkeiten, und ich setze hinz u ; ebenso nach der Ausscheidung (Secretion) der fremden Stoffe, und also kann man n u r sagen, dafs der Organismus v o r seinem Anfange und nach seinem Ende wo er noch n i c h t , oder nicht mehr im Kreise seiner selbst i s t , Gegenstand der Chemie sein kann. Ree, hat mit Erstaunen von mir v e r n o m m e n , dafs die söge, nannte Säure im Magen eine wirkliche chemische Säure sei! W i e so? Soll es eine mechanische oder dynamische Säure sein? W a s sauer schmeckt und riecht und Lackmuspapier rötliet und Alkalien neutralisirt, ist sauer und eben d a r u m chemisch. Jetzt folgen n u n in der Recension die wichtig gemachten E i n w ü r f e , oder eigentlich blos V o r w ü r f e gegen die Wirklichkeit der innern Blutbewegung, welche der eigentliche Gegenstand meiner Schrift ist.

Hier soll Alles auf der einfachsten und bekanntesten Illusion ruhen, und das Licht wird als die Ouelle des Scheins und der Feind der Wahrheit schrecklieh geschildert! Davor soll man fliehen. Doch halt! W i r wollen sehen , ob nicht dennoch am Ende die Wahrheit im Lichte und im Schatten Schattenbilder gefunden w e r d e n , wenn wir die Einwürfe, wie unsern Gegenstand, dreist im Lichte besehen, so dafs an d e m , der dem Schatten nachjagt, Ovid's W o r t e auch hier wahr werden.- corpus