Tyrann und Märtyrer: Bild und Ideengeschichte des Rechts um 1600 [1 ed.] 311036350X, 9783110363500

Ende des 16. Jahrhunderts ist in ganz Europa eine gewaltige Bildproduktion des christlichen Martyriums zu verzeichnen. I

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German Pages 432 [444] Year 2015

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Prolog: The criminal god
I. Recht vor Augen
1. Quid est pictura? Veritas falsa: Zu Alciatos Emblematik
2. Zeichenlehre und Spiegeltheorie der Conimbricenses
3. Manifestationen des Rechts: Suárez’ actus–Theorie
4. Soma und Semantik: Paleottis Fundament der Zeichen
II. Didaxe
1. Collegium, domus probationis und das „agere contra“
2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie
3. Quaestiones: Bildsprache der Entscheidung
4. Schiffbruch, Massaker, Mission
III. Martyrium
1. Circignanis Embleme: imitatio und aemulatio
2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae
3. Evidenz des Zeigens im Bild
4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio
IV. Widerstand
1. Corpus Delicti: Carraccis fallender Sebastian
2. Complexio oppositorum: Bildstrafe und Opfer
3. Antigones Widerspruch: icones operum misericordiae
4. Epikie oder die actio des Schweigens
V. Tyrannenmord
1. Zur Frage des Tyrannizids um 1600
2. Bozios „signi ecclesiae“
3. Sterbende Tyrannen in der Cappella Paolina
4. Haman, der Gekreuzigte
Epilog: Janus bifrons
Dank
Bibliographie
Personenregister
Bildnachweis 429
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Tyrann und Märtyrer: Bild und Ideengeschichte des Rechts um 1600 [1 ed.]
 311036350X, 9783110363500

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Tyrann und Märtyrer

Bild und Ideengeschichte des Rechts um 1600

Band XIV

Actus e t I ma g o Berliner Schriften für Bildaktforschung und Verkörperungsphilosophie Herausgegeben von Horst Bredekamp und Jürgen Trabant Schriftleitung: Marion Lauschke

Carolin Behrmann

Tyrann und Märtyrer Bild und Ideengeschichte des Rechts um 1600

Publiziert mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Exzellenzclusters "Bild Wissen Gestaltung. Ein Interdisziplinäres Labor" der Humboldt-Universität zu Berlin. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften. Einbandgestaltung unter Verwendung von Francesco Colonna: „Hypnerotomachia Poliphili“, 1499 (Vorderseite) Niccolò Circignani, Matteo da Siena: „Martyrium des Marius“, Santo Stefano Rotondo, 1582 (Rückseite).

ISBN 978-3-11-036350-0 eISBN (PDF) 978-3-11-036364-7 eISBN (EPUB) 978-3-11-039156-5 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugs­weiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungs­pflichtig. Zuwiderhand­ lungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. © 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/München/Boston Reihengestaltung: Petra Florath, Berlin Druck und Bindung: DZA Druckerei zu Altenburg GmbH, Altenburg Printed in Germany Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. www.degruyter.com

Inhaltsverzeichnis

Prolog: The criminal god

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I. Recht vor Augen

1. 2. 3. 4.

Quid est pictura? Veritas falsa: Zu Alciatos Emblematik Zeichenlehre und Spiegeltheorie der Conimbricenses Manifestationen des Rechts: Suárez’ actus–Theorie Soma und Semantik: Paleottis Fundament der Zeichen

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II. Dida xe

1. Collegium, domus probationis und das „agere contra“ 2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie 3. Quaestiones: Bildsprache der Entscheidung 4. Schiffbruch, Massaker, Mission

93 112 142 152

III. Mar t yr ium

1. Circignanis Embleme: imitatio und aemulatio 2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae 3. Evidenz des Zeigens im Bild 4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio

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IV. Widerstand

1. Corpus Delicti: Carraccis fallender Sebastian 2. Complexio oppositorum: Bildstrafe und Opfer 3. Antigones Widerspruch: icones operum misericordiae 4. Epikie oder die actio des Schweigens

277 293 300 310

V. Tyrannenmord

1. Zur Frage des Tyrannizids um 1600 2. Bozios „signi ecclesiae“ 3. Sterbende Tyrannen in der Cappella Paolina 4. Haman, der Gekreuzigte

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Epilog: Janus bifrons

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Dank

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Bibliographie

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Personenregister

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Bildnachweis

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für Godehard

Prolog: T he cr im inal god

Michelangelos Bestrafung des Haman im linken Pendentif oberhalb des Jüngs­ ten Gerichtes in der Sixtinischen Kapelle zeigt eine paradoxe Figuration, da die Kreuzigung des persischen Regierungsbeamten an den christlichen Opfertod erinnert (Bild 1).1 Die Erzählung aus dem Buch Esther entfaltet sich in drei voneinander zu unterscheidenden Bildabschnitten, deren Mitte von dem in qualvoller Drehung gezeigten Körper des Haman ausgefüllt wird. Dieser ist leicht aus der Mittelachse des Pendentifs versetzt an ein Holzkreuz gebunden, das eigentlich für Mordechai bestimmt war, da dieser ihm die Ehrerbietung verweigert hatte. Haman tarnte seine Rache als geltendes Recht, doch seine tyrannisch anmutende Selbstüberschätzung wurde von Königin Esther verhindert, die Ahasveros dazu brachte das Todesurteil gegen ihn auszusprechen. Mit dem Perserkönig und Esther auf der linken Seite noch beim Gastmahl sitzend, ist die tiefe Bestürzung Hamans zu erkennen, da die Königin gerade seine grausamen Pläne einer schonungslosen Vernichtung des jüdischen Volkes aufgedeckt hatte. Kontrapunktisch spielt sich auf der rechten Seite die Verurteilung ab: umgeben von seinen lesenden Beratern lagert Ahasveros hier auf seiner Bettstatt und weist mit richtender Geste durch eine Türöffnung auf den in Ungnade Gefallenen. Hamans entblößter und in Agonie gezeigter Körper steht der um das Kreuz gewundenen ehernen Schlange im anderen Pendentif der Sixtina gegenüber, dem Symbol für die heilende und richtende Wirkung der Bilder. Wie Edgar Wind betont hat, stellen in dieser „erschreckend gewaltsamen Peripetie“ sowohl

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Buch Esther 3,1–6 und 7,1–8,1. Mordechai hatte sich geweigert, sich vor Haman zu verneigen, da er von dessen Plan, das jüdische Volk umbringen zu lassen, erfahren hatte, Esther 7,4. Königin Esther kann dies bei einem als Gastmahl inszenierten Königsprozess verhindern und Haman wird an dem Galgen, den er bereits für Mor­ dechai hatte errichten lassen, aufgeknüpft, Esther 7,10. Vgl. Wahl, 2000, S. 105–112.

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Prolog: The criminal god

Bild 1  Michelangelo: Bestrafung des Haman, 1511, Fresko, 585 × 985 cm, Città del Vaticano, Musei Vaticani, Cappella Sistina (Farbbild 1).

die Kreuzigung des „Judenverfolgers Haman“ als auch die Erhöhung der ehernen Schlange an einem Kreuz Präfigurationen des christlichen Opfertodes dar.2 In der ersten Ausgabe des Journal of the Warburg Institute im Jahre 1938 bringt Wind Michelangelos Haman mit einer sich im Hinrichtungsritual konstituierenden Entsprechung von Souveränität und Verbrechen in Verbindung.3 Das Selbstopfer des Souveräns für die Gemeinschaft werde in einem ökonomischen Akt durch das menschliche Opfer eines Kriminellen ersetzt. Wie einst der König „among primitive men“, werde der Verbrecher vor seiner Exekution zunächst verehrt und erst dann hingerichtet. Er besetze auf diese Weise die 2

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Wind und Sears, 2000, S. 11. Michelangelo folgt in der Darstellung der Kreuzigung des Haman wahrscheinlich Dantes Beschreibung: „ein Mann am Kreuz, der Hochmut und Verachtung im Antlitz trug.“ Dante Alighieri, Divina Commedia, Purgatorio XVII, 25. Vgl. u. a. Wind und Sears, 2000, S. 37 oder Barolsky, S. 80–82. Wind, 1938a/b, S. 243–248. Auch in anderen Beiträgen hat sich Wind mit dem Verhältnis von „hero worship to criminal worship“ auseinandergesetzt. In seinem Artikel „The Revolution of History Painting“ betont er die Bedeutung des Bildes für justiziale Akte: „Executions of state criminals and ordinary convicts have always aroused in the spectators the classical emotions of Pity and Terror and created a demand for pictorial commemoration, in addition and often in preference to the more normal acts of state.“ Wind, 1938, S. 116–127. Er verweist auf Edmund Burkes „On the Sublime and Beautiful“, wonach jede aufgeführte Tragödie niemals die Wirkung einer öffentlichen Exekution auf den Betrachter erreichen kann.

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Prolog: The criminal god

ursprünglich dem König zugewiesene Position.4 Dieses Paradox erklärt Wind durch den für beide Figurationen spezifischen, von der juridischen Norm unabhängigen Status: Ihm zufolge agieren der Recht setzende Souverän ebenso wie der von der Gemeinschaft ausgeschlossene Gesetzesbrecher außerhalb des Rechtsrahmens. Eine Entsprechung finde sich im sakralen Charakter der justizialen Strafe nur, wenn die übergeordnete Autorität einer Einteilung in Gut oder Böse enthoben ist. Die sich auf anthropologische und rechtsarchäologische Forschungen stützende, knapp gehaltene Überlegung bezieht Wind auf das Bild des gekreuzigten Haman, den er als sich gegen seine Strafe aufbäumenden „Dieb“ beschreibt: „Like the evil thief who died at the side of Christ, he rebels against his torture, and his violent expression of physical pain is like a gesture of wrath.“5 Michelangelo habe die alte Gleichsetzung von Christus und Haman von ihrer parodistischen Bedeutung gelöst. Vielmehr näherte er sich in dieser Darstellung jener profunden theologischen Doktrin, die das Gesetz so eng mit der Gnade assoziiert, dass das an dem kriminellen Körper grausam exekutierte Recht als eine Vorankündigung des mystischen Gnadenerweises gelten könne. Die Gleichstellung der zwei Figuren sei, laut Wind, bei Michelangelo als Geheimnis der Offenbarung zu deuten, und die christlich–theologische Doktrin von Gesetz und Gnade, führe die ursprüngliche Äquivalenz von Verbrechen und Souveränität fort.6 Hamans Todesstrafe werde somit an zentraler Stelle im Vatikan als Hinrichtung und Opfertod zugleich gezeigt und in Analogie zur glaubenswirksamen Macht der Bilder gesetzt.7 Die „Miscellaneous Notes“ dieser Ausgabe des Warburg Journals enthielten neben den zwei kurzen Beiträgen Winds, „The Criminal-God“ und „The Crucifixion of Haman“, auch den Aufsatz „The CriminalKing in a 19th Century Novel“ von Anthony Blunt, der ebenfalls dem kritischen Verhältnis von Herrschergewalt und Gesetz am Beispiel von Balzacs „Père Goriot“ und dessen „suspension of (moral C.B.) judgment“ nachgeht.8 Die in allen drei Artikeln diskutierte Ambiguität von souveränem Opfer und justizialer Strafe findet sich auch in Michel Foucaults Studie Überwachen und Strafen (1975) wieder, wo er den Schauplatz der öffentlichen Exekution als

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Wind, 1938a, S. 243–245. Jüngst übersetzt und kommentiert von John Michael Krois, Wind und Krois, 2009, S. 347–355. Wind beruft sich auf die Forschungen von James George Frazer zum „scapegoat“ im The Golden Bough (1913) und des Rechtshistorikers Karl von Amira, aus dessen rechtshistorischer Bild-Sammlung er eine Auswahl von „Schandmasken“ abbildet. Siehe ebenso Wind und Sears, 2000, S. 36–43. Wind, 1938a, S. 245. Hierzu Krois, 1998, S. 181–206. Wind, 1938, S. 248. Blunt, 1938, S. 248f.

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Prolog: The criminal god

„Straftheater“ beschreibt und mit der Liturgie vergleicht.9 Hier würde sich die „Kraft“ der Justiz und des Souveräns selbst in den Körper des Verurteilten als Zeichen eingraben, „die nicht verlöschen dürfen“. Im Leiden des Exekutierten spiegelten sich sowohl die Wahrheit des Verbrechens als auch die Fehlbarkeit der Juristen, das Gute wie das Böse des Kriminellen, kurz: die Divergenz wie Koinzidenz von menschlichem und göttlichem Urteil. Eine ähnliche antithetische Figuration beschreibt Giorgio Agamben in der strukturellen Analogie von Souverän und homo sacer, der römischen Rechtsfigur des gleichzeitig angeklagten und heiligen Verbrechers. An den „beiden äußersten Grenzen der Ordnung“ würden sie eine symmetrische Figur des Handelns bilden und sich korrelativ zueinander verhalten: „Souverän ist derjenige, dem gegenüber alle Menschen potentiell homines sacri sind, und homo sacer ist derjenige, dem gegenüber alle Menschen als Souveräne handeln.“10 Agamben zufolge sei in dieser Symmetrie von sacratio und Souveränität, die Kategorie des Heiligen und dessen Nähe zur Souveränität neu zu denken.11 Diesen Gedanken aufnehmend, versucht die vorliegende Arbeit anhand der zwei Ausnahmefiguren Tyrann und Märtyrer die juridische Bedeutung und visuelle Konfiguration der Bilder des christlichen Opfertodes um 1600 präziser zu bestimmen. Die Lehre von Gesetz und Gnade hat die Bildgeschichte im 16. Jahrhundert tief geprägt.12 Während der Religionskriege und ebenso in den frühen außereuropäischen Missionen wurde die Nähe von Opfer, Verbrechen und politischer Macht in öffentlicher Folter und Hinrichtungsschauspielen inszeniert, den spezifisch liturgisch-sakralen Ablauf in allen Details minutiös festhaltend, wie das penible Protokoll einer antiken Opferung, und als Inversion der sakralen Verherrlichung beschrieben wurde.13   9

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„Die öffentliche Hinrichtung […] fügt sich in die Reihe der großen Rituale der verdunkelten und erneuerten Macht ein (Krönung, Einzug des Königs in die eroberte Stadt, Unterwerfung aufständischer Subjekte). Als Sieg über das den Souverän verletzende Verbrechen entfaltet sie vor den Augen aller eine unüberwindliche Kraft. Sie soll weniger ein Gleichgewicht wiederherstellen als vielmehr die Asymmetrie zwischen dem Subjekt, welches das Gesetz zu verletzen gewagt hat, und dem allmächtigen Souverän, der das Gesetz zur Geltung bringt, bis zum Äußersten ausspielen. […] In dieser Liturgie der Strafe muss die emphatische Bejahung der Macht und ihrer inneren Überlegenheit vollzogen werden. Und diese Überlegenheit ist nicht einfach die des Rechts, sondern die der physischen Kraft des Souveräns.“ Vgl. Foucault, 1976, S. 133–171. Agamben, 2002, S. 94. Eine eingehendere Diskussion dieser These siehe im letzten Kapitel dieser Arbeit. Siehe hierzu z. B. jüngst Fleck, 2009. So Dillon, 2002, S. 72. Lestringant beschreibt diese Ähnlichkeit zwischen den Hinrichtungen von Kriminellen und dem sakralen Opfer in Bezug auf die Hinrichtungsschauspiele der Religionskriege: „C’est un rite de purification et d’exorcisme pour les autorités ecclésiastique et judiciaires […] c’est un rite inverse d’exaltation du condamné et de sublimation, dans tous le sens du terme, qui anticipe la Parousie.“

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Prolog: The criminal god

Bild 2  Anonym: Martyrium der Karthäusermönche, 1555, Kupferstich, 42,7 × 52,4 cm, London, Metropolitan Archives.

Vor allem im Medium des Flugblattes gerieten die historischen Bilderzählungen christlicher Martyrien zum Mittel konfessioneller Auseinandersetzungen.14 Seit 1555 zirkulierte ein in Rom gefertigter großformatiger Stich, der die Folter und Hinrichtung einer Gruppe von Karthäusermönchen in England während der Regentschaft Heinrichs VIII. (1491–1547) zeigt (Bild 2). Während in der Kombination von Bild und Text insbesondere Flugschriften als plausible Vorlage zu nennen sind, werden – wie Dillon jüngst überzeugend dargelegt hat – in einzelnen Motiven der Hinrichtung auch zwei Werke Michelangelos rezipiert: die Kreuzigung des Petrus und die Bekehrung des Paulus aus der Cap-

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Lestringant, 2004, S. 94f. Wind verweist auf Karl von Amiras Text „Sakraler Charakter der öffentlichen Todesstrafen“, in: Amira, 1922, S. 198–235. Siehe grund­le­ gend die Studie von Peter Burschel zum reformatorischen Kontext, Burschel, 2004. Groebner hat die Problematik der Passionsspiele, in der Öffentlichkeit abgehaltenen Schauspiele der Folter, Exekution und Demütigung diskutiert („Christus als Delinquent“), siehe Groebner, 1999, S. 209–238. Maßgeblich ist immer noch die Studie von Kunzle, 1973. Zum Medium des Flugblattes liegt eine umfangreiche Literatur vor, die hier nicht im Ansatz wiedergegeben werden kann, siehe zum illustrierten Flugblatt in der Frühen Neuzeit den Sammelband von Harm und Schilling, 2008.

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Prolog: The criminal god

Bild 3  Giovanni Battista de’ Cavalieri: Kreuzigung des Petrus nach Michelangelo, 1577–1600, Kupferstich, 43,3 × 57,3 cm, London, British Museum.

Bild 4  Nicolas Beatrizet: Bekehrung des Paulus nach Michelangelo, 1545–1558, Kupferstich, 42,5 × 53,3 cm, London, British Museum.

pella Paolina (1549) (Bild 3 und 4).15 Wie die Figuren des Haman und der ehernen Schlange in der Sistina stellen auch der Sturz des Saulus und das Martyrium Petri zwei sich ergänzende konträre Momente des christlichen Opfertodes 15

Dillon, 2012, S. 137–148.

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Prolog: The criminal god

Bild 5  Anonym: Der protestantische Märtyrer John Lambert auf dem Scheiterhaufen, 1563, Holzschnitt, 12,5 × 17,4 cm, in: John Foxe, Acts and Monuments, S. 569, London, British Museum.

dar. Der hochmütige Saulus wird kurz nach seinem Sturz und vor seiner Bekehrung als geblendet und hilflos am Boden liegend gezeigt. Über ihm schwebt Christus, dessen strafende Geste durch einen sich vertikal auf ihn richtenden Lichtstrahl verstärkt wird. Der Kirchengründer Petrus hingegen wird kopfüber gekreuzigt und bäumt sich aus dieser Lage hoch, um dem Betrachter selbstbestimmt den Kopf zuzuwenden. Das xylou, oder auch Schandkreuz, an dem er gekreuzigt wird, und die Inversion des Kreuzestodes werden zu bestimmenden Momenten für das christliche Martyrium. Dass sich die Bilder des zeitgenössischen christlichen Opfers an den Vorlagen der päpstlichen Auftragswerke Michel­ angelos orientieren, ist von grundlegender Bedeutung. Die Bilderzählung des Karthäusertodes regte die Produktion weiterer Mär­­tyrerdarstellungen der konfessionellen Bildpropaganda an. In drastischen Holzschnitten zeigt wenige Jahre später John Foxe in seinem Book of martyrs (1563) die Martyrien englischer Protestanten während der Regentschaft Marias I., wie das Martyrium John Lamberts, der 1538 wegen Ketzerei in London auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde (Bild 5).16 Die hier vor Augen gestellte Grausamkeit der barbarischen Exekutionen, wird wiederum auch den Bildern

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Die erste lateinische Ausgabe erschien 1559 und wurde kaum bekannt, im Gegensatz zu den folgenden englischen 1563, 1570, 1576 und 1583. Siehe die ungekürzten kommentierten Editionen mit umfangreicher Bibliographie hier: The Unabridged Acts and Monuments Online or TAMO; HRI Online Publications, Sheffield, 2011, http//www.johnfoxe.org (Zugang: 28. 09. 2013). Highley und King, 2002.

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Prolog: The criminal god

Bild 6  Giovanni Battista de’ Cavalieri: Ecclesiae militantis triumphi, 1583, Titelkupfer, 30 × 18 cm, GRI, Special Collections.

der katholischen Märtyrer zum druckgraphischen Vorbild.17 Bekannte Werke waren die von Giovanni Battista de‘ Cavalieri (1525–1601) gestochenen Eccle­ siae militantis triumphi (1583) nach den Wandfresken der Kollegiatskirche des Collegio Germanico (Bild 6) und die Ecclesiae anglicanae trophaea (1584) nach den Fresken des Englischen Kollegs in Rom, in denen die Bluttaten an den Katholiken in England wiedergegeben wurden (Bild 7).18 Auch Richard Verstegans 17

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Zu Foxe siehe besonders die Arbeiten von Haller, 1963; Aston und Ingram, 1997; Highley und King, 2002; Fernandes, 2006 und King, 2006, der die Schrift in den weiteren Kontext der zeitgenössischen Druckgraphik stellt. Zur Transkonfessio­ nalität des Martyriums jüngst Weidner, 2011, S. 267–297. Einen Überblick gibt Noreen, 1998, S. 689–715. Ausführliche Bibliographie zu Santo Stefano Rotondo im Kapitel III.1. Über die Fresken im Englischen Kolleg

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Prolog: The criminal god

Bild 7  Giovanni Battista de’ Cavalieri: Ecclesiae anglicanae trophæa, 1584, Titelkupfer, 30 × 18 cm, GRI, Special Collections.

Théatre des cruautez hérétiques (1588), das die Misshandlungen der Katholiken durch die Protestanten in England, Frankreich und Holland in drastischen Bildern darstellte, ist zu dieser besonderen Form der Druckgraphik zu zählen.19 Der

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siehe auch Richardson, 2005, S. 223–263. Den historischen Kontext der Reproduktionen des Collegio Inglese legt ausführlich die Studie von Dillon, 2012 dar. Verstegan hatte zuerst die Descriptiones quaedam illius inhumanae et multiplicis persecutionis (1583) publiziert, die sich auf die Darstellung der Grausamkeiten in England konzentrierte. Sodann folgte das bekanntere Werk Theatrum Crudelita­ tum haereticorum nostri temporis (1587), das die Gräueltaten in Holland und Frankreich miteinschloss. Da er aus England fliehen musste, befand sich Verstegan 1584–1585 in Rom und wurde von Papst Gregor XIII. mit einer Pension gefördert. Sein Theatrum Crudelitatum wurde mehrfach aufgelegt und übersetzt, so die

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Prolog: The criminal god

Bild 8  Richard Verstegan: Die Verbrechen der Hugenotten in Frankreich, 1588, Kupferstich, 10,2 × 13,6 cm, in: ders., Théâtre des cruautez, S. 41, London, British Museum.

hier gezeigte Kupferstich teilt sich auf in eine Innen- und eine Außenraumszene, in der Menschen hilflos an den Füßen aufgehängt sind, oder ihnen die Kehlen durchgeschnitten werden (Bild 8). Sodann folgten die Illustrationen Théodore de Brys, Protestant aus Liège, der die Schrift von Bartolomé de las Casas Narra­ tio regionum indicarum (1598) bebilderte und hierbei die Bluttaten der spani­ schen Krone gegen die Indianer in der Neuen Welt in Szene setzte. Die Folter szene eines auf einem Grillrost festgebundenen Körpers, dessen Feuer zwei Knechte gerade anfachen, erinnert an bekannte Darstellungen der LaurentiusMarter (Bild 9).20 Zwischen all diesen Werken bestehen motivische Überschneidungen, die bislang in keiner Studie systematisch untersucht worden sind, was sich nur dadurch erklären lässt, dass sie unterschiedlichen konfessionellen Kontexten zugeordnet wurden, ohne deren transkonfessionelle Bedeutung zu erfassen.21 Auch innerhalb der Kirchenräume bildete man das christliche Martyrium

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Ausgaben 1587, 1588, 1592, 1604 und 1607. Zu Verstegan siehe besonders die Arbeit von Arblaster, 2004. Bartholomé de las Casas Werk erschien zuerst 1552 in Sevilla. Die Ausgabe aus dem Jahre 1598, erschienen bei Johannes Sauer in Frankfurt, enthielt insgesamt 17 Abbildungen von De Bry. Über die Verlegerfamilie De Bry und die Reiseillus­ trationen siehe den Sammelbd. hg. von Burckhartz 2004 und zuletzt ausführlicher die Studie von Groesen, 2012. Zur Bedeutung von Trans- und Interkonfessionalität in der Frühen Neuzeit vgl. die Beiträge in Greyerz, 2003.

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Prolog: The criminal god

Bild 9  Théodore de Bry: Folter der Indianer durch die spanische Conquista, Verbrennung auf dem Grill, Amputation der Hände, 1598, Kupferstich, 14,5 × 18 cm, in: Bartolomé de las Casas, Narratio regionum indicarum, S. 12, Paris, BNF.

nun betont mit ungeschönter Grausamkeit ab und setzte diese zum Teil brutalen Darstellungen an die Stelle der alten Altarbilder, die während der ikonoklastischen Angriffe zerstört oder entfernt worden waren.22 So ist in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts eine signifikante Zunahme von Darstellungen des gerichteten christlichen Blutzeugen zu verzeichnen.23 Alle erdenklichen Medien, von pädagogischen Druckschriften über Tafelbilder bis hin zu monumentalen Wandmalereien nutzten Orden, Päpste, Souveräne und andere hohe Würdenträ­ ger, um das Thema mit auffallend drastischer Grausamkeit abzubilden.24 Diese Konjunktur der Märtyrerbilder wurde bisher vor allem unter theologischen und

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Vgl. hier den Artikel von Freedberg, 1976, S. 128–138, übersetzt und aktualisiert in Behrmann und Priedl, 2013, S. 181–211. In seiner Studie „The world of catholic renewal“ unterscheidet Ronnie P. Hsia die post-tridentinische Kirche als „militant“, „triumphant“ und „martyred“, siehe Hsia, 1998, S. 82–95. Grundlegend die kulturhistorische Studie zum Martyrium in der Frühen Neuzeit von Burschel, 2004, sowie die Arbeiten von Simon Ditchfield, 1993, 1995, 2007, 2009. Allgemein zum Heiligenbild in Italien nach dem Triden­ tiner Konzil vgl. Sallmann, 1989, S. 419–432. Zur Sammlung und Autorschaft von Heiligenviten in der Renaissance siehe grundlegend Frazier, 2005. Einen Überblick zu Geschichte und Kultur des christlichen Martyriums in der Frühen Neuzeit geben die Arbeiten von El Kenz, 1997; Freeman und Mayer, 2007; Gregory, 1999. Zur Transkonfessionalität der Märtyrer siehe Weidner, 2011, S. 267–297.

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Prolog: The criminal god

konfessionellen Gesichtspunkten untersucht und gedeutet.25 Die einfache Tatsache jedoch, dass diese Bilder unterschiedliche Gesetzmäßigkeiten thematisieren, und somit Recht und Unrecht, Tyrannei und Willkür, göttliches und irdisches Recht zu bestimmen suchen, wurde kaum genauer in den Blick genommen.26 Es sind Szenen der Todesstrafe, der Folter, des Urteils und der Evidenz, die sowohl in Kirchenräumen, als auch in Ausbildungsstätten oder öffentlichen Gebäuden gezeigt wurden. Zeitgleich erlebte die christliche Hagiographie einen neuen Höhepunkt mit der Acta Sanctorum von dem Ignatius von Loyola nahestehenden Aloisio Lippomano, die als Sanctorum priscorum patrum vitae zwischen 1551 und 1560 publiziert wurde.27 Sie stellte ein Resultat der Zusammenarbeit zahlreicher Gelehrter dar, unter denen sich neben anderen der Humanist Gentien Hervet und Kardinal Guglielmo Sirleto befanden.28 Die Sammlung der Heiligenviten des Karthäusers Laurentius Surius (Laurent Sauer), betitelt mit De probatis vitis Sanctorum (1570–1576),29 stellte einen ähnlichen Versuch der Vervollständigung der Heiligenleben dar, nachdem die Humanisten des 15. Jahrhunderts die unterschiedlichen Viten nur sehr disparat gesammelt hatten.30 Surius wird als „moderner“ Hagiograph bezeichnet, da er im Gegensatz zu Lippomano – der sich noch auf die Form der Legenda Aurea, jene mittelalterlichen

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Siehe z. B. Röttgen, 1975, S. 89–122; Monssen, 1982/1983; Herz, 1988, S. 53–70; Noreen, 1998, S. 689–715; Salviucci Insolera, 2000, S. 129–137; Burschel, 2004. Merback berücksichtigt den Kontext der Strafjustiz in Bezug auf Bilder des Mittelalters und der Renaissance, siehe Merback, 1999. Siehe auch jüngst den Beitrag von Behrmann in Behrmann und Priedl, 2013, S. 89–108. Lippomanus, 1551–1560. Bde. I–V, Venedig: Al segno della speranza, 1551–1556; Bd. VI, Rom: Ex officina Salviana, 1558; Bde. VII–VIII, Rom: A. Blado, 1558 und 1560, der achte Bd. ist posthum erschienen. Das Werk enthielt auch die erste lat. Ausg. von Simone Metafraste, des Martyrologiums von Adone di Vienne und das Pratum spirituale von Giovanni Mosco. Zu Lippomano siehe Koller, 2005, S. 243– 246. Diese Schriften stellten die Grundlage für die späteren Heiligenviten des Laurentius Surius und der Bollandisten dar. Siehe hierzu grundlegend Boesch Gajano, 1990, zu Surius hier: S. 131–142. Hervet ist als Übersetzer der Tridentinischen Beschlüsse ins Französische und als anti-protestantischer Pamphletist bekannt geworden. Seine Schrift „Le saint, sacré, universel et général concile de Trente, légitimement signifié et assemblé sous nos saints pères les papes“ ist mehrfach aufgelegt worden: Reims, 1564; Rouen, 1583; Paris, 1584. Kardinal Sirleto, einflussreicher Kustode der Biblioteca Aposto­ lica Vaticana, war in der Schlussphase maßgeblich an den Tridentiner Reformen beteiligt und regte ebenso die Überarbeitungen des Römischen Martyriologiums, des Breviario und des Corpus Iuris Canonici an. Sauer bezieht sich weitestgehend auf Lippomano, Surius, 1570–1575. 2. Ausg. 1576– 1581. Zu Sauer siehe den Artikel von Martinelli Spanò, 1990, S. 131–141. Siehe ausführlich hierzu die kommentierte Liste der Autoren und Heiligenviten im Anhang von Frazier, 2005, S. 327–494.

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Prolog: The criminal god

Heiligenlegenden des Jacopo de Voragine bezieht – erstmals Betonung auf eine historische Authentizität des Erzählten legt.31 Ähnlich wie im Jahre 1578 die archäologischen Ausgrabungen in Rom eine Vielzahl von christlichen Heiligengräbern zu Tage brachte, die den Heiligenkult befördeten, ist diese hagiographische Entwicklung zentral, um die Konjunktur der Märtyrerbilder zu erklären. Den Prototyp eines kommentierten historischen Martyrologiums bildete das von Johannes Molanus seit 1568 pu­ blizierte Usuardus-Martyrologium.32 Hier wurde erstmals eine Separierung von historischem Bericht und editorischen Anmerkungen (annotatio/ notationes) vorgenommen, welche dem von Baronio herausgegebenen Martyrologium Ro­ ma­­­­num als Vorlage dienen sollte. Die notationes umfassten die Verweise auf andere Werke der Theologie, Geschichte und Hagiographie, in denen die Bezüge auf Heiligenviten zu finden waren, über die historische Evidenz beglaubigt wurde.33 Seit 1580 war Kardinal Cesare Baronio im Auftrag Gregors XIII. mit der Neuauflage des Martyrologium Romanum (Bild 10) beschäftigt, das erstmals 1584 herausgebracht wurde.34 Die hagiographische Revision der post-tridentinischen Kirchenheiligen wurde maßgeblich von Baronio und seinen oratorianischen Mitbrüdern vorangetrieben, die aus den vatikanischen Archiven die Quellen und den umfangreichen historischen Apparat zusammenstellten, welche die Grundlage des römischen Martyrologiums bildete.35 Im Oratorianer Kontext entstanden auch die ersten wandfüllenden Märtyrerbildausstattungen, die mit denen von Niccolò Circignani in Santo Rotondo vergleichbar waren.36 Einer der bekanntesten Hagiographen dieser Zeit ist der Spanier Alonso de Villegas (1534–1615), der im Vorwort des zweiten Teils seiner Heiligenanthologie Flos Sanctorum (1583) festhielt, dass Heilige nichts anderes als „Me­ dien“ seien, über die jeder Gläubige sich Gott nähern könne. Um ihn von der Sünde zur Heiligkeit zu führen, müsse die Hagiographie eines grundlegend 31 32 33 34

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Leone, 2010, S. 20f. Molanus, 1568. Siehe zu Molanus Hecht, 2012, S. 32–35 und weiterhin Freedberg, 1971, S. 229–245. Baronio, 1584, weitere kommentierte Auflagen 1586, 1589, 1598. Ein Vergleich dieser Ausgaben zeigt, dass die Arbeit des Kardinals ein ständiges „work-in-progress“ war, da zahlreiche Änderungen vorgenommen wurden bzw. Namen und historische Ereignisse hinzugefügt wurden. Siehe grundlegend Mâle, 1932, S. 109–122; Cignitti, 1963, S. 299–306 und bes. Guazzelli, 2012 und ders. in Ditchfield u. a. 2012, S. 52–71. Zu den Ausstattungen der Titelkirche SS. Nereo ed Achilleo siehe Herz, 1988, S. 590–620. Kardinal Guglielmo Sirleto hatte Baronio mit der detaillierten Ausführung der historischen Evidenzen und Quellen beauftragt. Die 1586 Edition enthält erstmals alle Revisionen, sowie Baronios einführenden Text Tractatio de martyrologio romano, Guazzelli, 2012, S. 55. Siehe als Überblick Monssens Liste der Märtyrerbildprogramme von 1550–1605 in römischen Kircheninnenräumen, Monssen, 1983, S. 101–104.

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Bild 10  Martyrologium Romanum, 1586, Titelkupfer, hg. von Christopher Plantin, Antwerpen.

leisten: Sie solle imstande sein, auch das Böse zu repräsentieren, etwa über die Verkörperung moralisch verwerflicher Personen. Villegas macht dies an einem Beispiel deutlich: So sei in einem Gemälde, das Christus, die Apostel oder Maria zeige, auch ein Dämon hinzuzufügen, der von einem Heiligen besiegt wird. So wie der Maler die Schönheit der Engel mit der Hässlichkeit des Satans paart, müsse der hagiographische Autor neben den vorbildlichen Heiligen auch sündhafte Individuen beschreiben.37 Villegas benutzt verschiedene visuelle Meta37

„A lo qual responso que bien es verdad que el libro se intitula de Sanctos, porque principalmente desto trata, mas ningun inconviente es que haga mencion enel de personas visciosas, diziendo que los on, y coutando lo malo que hizieron, porque esto redunda en horra de los sanctos. Bien se permite que en un retablo donde estan ymaginos de Christo, de su sagrada madre, de sus Apostolos y de otros sancots, se ponga a los pies de S. Miguel un demonio, y al lado de S. Bartholome otro, con ca­­

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phern, um die besondere Stellung der Heiligen als mediale Vermittler zu schildern: Diese seien wie „Augengläser“, die der Gläubige nicht anschaut, sondern durch die er hindurch blickt und imstande ist klarer zu sehen.38 Heilige seien als „lebende Porträts“ zu verstehen, die dem Gläubigen zum Vorbild werden. Und er skizziert drei zentrale und neue Bestimmungen der Hagiographie: Sie solle wahrheitsgetreu klingen, so dass die Leser den Eindruck erhalten, dass das was sie lesen/sehen wirklich passiert sei. Sie sollten im Volksmund geschrieben sein und immer auch das Böse beschreiben. Villegas Heiligenviten dienten auch dem Jesuiten Pedro de Ribadeneira für seine Schrift Flos Sanctorum (1599) als Vorlage, die die Bedeutung des Martyriums für die Heiligenverehrung unterstrich.39 In seiner Einleitung „De los tormentos de los martyres“ appelliert der Autor an das visuelle Gedächtnis seiner Leser, um die bereits bekannten und gesehenen Bilder des christlichen Martyriums wachzurufen. Diejenigen, die sich nicht auf ein solches visuelles Gedächtnis stützen können, verweist er auf das Trattato degli instrumenti di martirio (1591) des Oratorianers Antonio Gallonio.40 Dieses Traktat gehört zu einer Reihe von Bild-Martyriologien, in denen unzählige unterschiedliche Arten der Folter katalogisiert und auf eine vergleichsweise gefühlskalte Darstellung reduziert werden, um dem neuen hagiographischen Vorbild folgend, Gewicht auf die „Authentizität“ des Gezeigten zu legen.41 Nach einer Beschreibung von Ditchfield können diese disparaten und fast „klinischen“ Darstellungsmodi der Heiligen, die nach dem Tridentiner Konzil entstanden waren, auch als „Laboratorien“ bezeichnet werden.42 Anstatt die um 1600 entstandenen Märtyrerbilder allein in den Kontext der theologischen Heiligenverehrung und Konfessionalisierung zu rücken, sollen die Relevanz der zur gleichen Zeit sich vollziehenden Reform des Rechts-

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denas. O, que es retablo? Y demonio no es bien que este enel. Aßi’es verdad que en retablo no ha de estar demonio a solas, y si se pone en semejante lugar, es as los pies de S. Miguel, para que se vea que le derribo a cielo, y la differencia que ay de uno a otro, estando el Angel tan hermoso y el demonio tan feo, y la hermosura resplandezza ca mas juntada con la fealdad.“ Villegas, (1583) 1589, S. 9. Hierzu siehe grundlegend Martínez Arancón, 1978, und jüngst Vincent-Cassy, 2011, S. 57–63. Leone, 2010, S. 3–5. Ribadeneira, 1599. Ribadeneira, 1599, hier zit. nach dem Wiederabdruck hg. von Aguirre und Azpeitia, 2000, S. 17. „Il faut considérer ces ouvrages non pas seulement comme des moyens de diffusion de l’événement, visant au ‚maximum d’efficacité’, mais comme ce qui ‚authentifie’ le martyre en l’actualisant, c’est-à-dire en designant le bourreau.“ Vincent-Cassy, 2011, S. 56. „[…] in order to understand the age of the Catholic Counter-Reformation we need to appreciate how the depiction of saints became a kind of laboratory in which artists and their (institutional) patrons sought to give visual expression to a new understanding of saints and sanctity born of post-Reformation confessional polemic.“ Ditchfield, 2009, S. 562–564.

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gedankens und juristischen Verfahrens, aber auch die allgemeine Entwicklung wissenschaftlicher Evidenzstrategien herausgearbeitet werden. Die Grausamkeit der Bilder ist oftmals als gegenreformatorisches „Propagandamittel“ und politisches Instrument der missionierenden Orden schematisch definiert und beschrie­ ­ben worden, ohne dem Stil dieser Bilder näher gekommen zu sein.43 Die gemalten Märtyrertode zielten darauf ab, so vermutet man, die Novizen zu einem festen Willen zu erziehen, der vor allem darin resultiere, sich auf den heldenhaften Opfertod für die römisch-katholischen Missionen vorzubereiten.44 Der Widersinn einer solchen Vermutung liegt auf der Hand: Der Orden brauchte keine waghalsigen Opfer, sondern lebende Mitglieder, die das Netzwerk in allen Weltteilen stärkten. Bilder von Martyrien hatten so zwar militanten Vorbildcharakter für die innere Disziplinierung, doch wird die hier gezeigte explizite Form der Gewalt nur in ihrem didaktischen Rahmen verständlich. Das von den Jesuiten so beharrlich geförderte Ausbildungswesen zielte darauf ab, eine vorbildhafte und hervorragend ausgebildete Elite hervorzubringen, die nicht durch konfessionellen Kampf sondern durch Reformen die katholische Kirche in den jeweiligen Ländern unterstützen sollte.45 Im ausgehenden 16. Jahrhundert, als Theologen verschiedener Konfessionen ihre Doktrin auf die Ideen des Widerstandsrechts und des Tyrannenmordes stützten, wurden Märtyrer und Tyrann zu intensiv diskutierten politischen Figuren.46 Im Druckwerk Giovanni Battista de’ Cavalieris spiegelt sich das wachsende Interesse an diesen Figuren und der damit einhergehenden Frage der Rechtmäßigkeit politischer Herrschaft. 1584 publizierte dieser sowohl eine Serie von Imperatorenporträts, angefangen mit Julius Caesar und endend mit Rudolf II. (Bild 11), als auch eine Serie frühchristlicher Martyrien in zwei unabhängigen Werken (Bild 6).47 Die Serie der Porträts von 156 Imperatoren hatte 43 44

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Siehe bes. die Studie von Levy, 2004. Dieser Deutung nach reflektierten die Märtyrerbilder in Santo Stefano, welche in der „ersten Phase der Jesuiten“ entstanden waren, jenen ignatianischen Geist, der „mit den allerkonkretesten Mitteln und einfacher Wirksamkeit“ den christlichen Glauben zu verbreiten suchte. Insolera, 2000, S. 129–137. Cesareo stellt die Vorstellung des Collegio Germanico als reines „Propagandainstrument der Gegenreformation“ in Frage und rückt den edukativen Aspekt der Institution in den Fokus, der nicht zur „extirpation of heresy and restoration of orthodoxy“ sondern zu einer Reform der Staaten, besonders der deutschen Länder führen sollte, Cesareo, 1993, S. 835f. Turchetti, 2001, S. 418–532. Rudolf II. ist namentlich aufgenommen, hat jedoch als Nr.157 der Imperatorenreihe kein Porträt. Giovanni Battista de‘ Cavalieri, Romanorum Imperatorum Effigies, Rom 1584, BAV, Cicognara III. 2009. Ders.: Crudelitas in Catholicis Mactandis, Rom 1584, BAV, Cicognara VI. 2008.int.3 und Ecclesiae militantis triumphi, Rom 1585, BAV, Cicognara VI. 2008.int.2. Siehe Witcombe, 2004, S. 162–166. Zu Cavalieri DBI, 22, 1979, S. 673, Liénardy, 1985–1986, S. 85–95 und Pizzamano, 2001.

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Bild 11  Giovanni Battista de’ Cavalieri: Nero Claudius Caesar. In: Romanorum Imperatorum Effigies, 1590, Kupferstich, Titelkupfer, S. 6, Rom, BAV.

Bild 12  Giovanni Battista de‘ Cavalieri: Mostri de tutte le parti del mondo, 1585, Kupferstich, 21,3 × 15 cm, London, British Museum.

Cavalieri ein zehnjähriges päpstliches privilegio eingebracht, worunter auch die Stichproduktion der Märtyrerdarstellungen fiel.48 Zu seinem Werk gehören auch Kopien jener Monster und Mischwesen aus unterschiedlichen Teilen der Welt nach Holzschnitten von Hans Burgkmaier, die später Giovanni Boteros politisches Traktat Delle relationi universali (Ausg. 1617) illustrieren sollen, das, 1591–1597 in vier Bänden in Rom publiziert, eine Universalgeschichte mit der Beschreibung aller bekannten Weltgegenden und ihrer kulturellen und ­politischen Eigenheiten darstellte.49 Cavalieri kommentiert die Erscheinung der monströsen Figuren ausführlich in der Bildunterschrift und bewertet hier auch ihre moralische Haltung. So sei die kopflose Gestalt aus Asien mit übergro­48 49

Witcombe, 2004, S. 164. Giovanni Botero (1544–1617) ist als Verfasser staatstheoretischer Schriften, wie seiner Della ragion di Stato (1589) bekannt, die mit den Schriften der Schule von Salamanca verbunden werden. Ausgebildet am Jesuitenkolleg in Palermo lehrte er in Jesuitenkollegien in Frankreich und Italien, arbeitete für Carlo und Federico Borromeo und schliesslich ab 1585 in Paris für Karl Emanuel I. von Savoyen. In seinen antimachiavellistischen Werken vertritt er ein Staatskozept, das ein christliches Fundament besitzt und auch eine Kritik an den Positionen Jean Bodins enthält. Neben wirtschaftspolitischen Analysen, untersucht er in seinen Relationi auch die demographischen und klimatischen Charakteristika einzelner Länder.

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ßem Hut und Gesicht im Oberleib „de bona conscientia secondo la sua legge“ (Bild 12).50 Botero entwarf in seinen, mit diesen mit den „mostri“ illustrierten Relationi eine politische Geographie der bekannten Weltteile, die die Herrschaftsformen weit entfernter Länder kommentierte und eine ideale Staatsräson visionierte, die auf christlichen Fundamenten beruhte.51 Hiervon ist seine Be­ schreibung der Osmanischen Tyrannei bekannt, dessen Staatsform er als „komplett despotisch“ beschreibt. Die Untertanen würden von ihrem Herrscher, der sie wie Sklaven gänzlich enteignet habe, nicht wie Subjekte mit eigenen Rechten behandelt werden.52 In seinem Zeichenbuch scheint sich auch der Künstler Niccolò Circignani von der Idee tyrannischer Alleinherrschaft zu distanzieren und das Tyrannenporträt negativ zu konnotieren. Unter den verschiedenen Imperatorenbüsten ist eine Kopie der berühmten Büste des Florentinischen Großherzogs Cosimo I. (1549) von Giovanni Cellini auszumachen, dessen ausgeglichene Gesichtszüge und das daraus zu schließende Temperament eindeutig ins Negative gekehrt werden und hierüber die Kritik an der mediceischen Staatsräson akzentuieren (Bild 13).53 Diese Kritik an politischer Tyrannei wird in der Gegenüberstellung von Tyrannenporträt und Märtyrertod im Jahre 1690, ein Jahrhundert später, in einem der großformatigen Stiche von Jan und Caspar Luyken unmissverständlich als politisch-juridisches Unrecht visualisiert (Bild 14). Den oberen Bildrand bekrönt eine Medallionreihe vierzehn römischer Kaiser, die mit dem Profil Neros beginnt und mit dem des Maxentius endet. Unter ihr breitet die apokalyptische Schlange (Offb. 12:15,3) ihre Drachenflügel über eine weite Landschaft aus in der hunderte Martyrien in allen erdenklichen Folter- und Hinrichtungsarten zu erkennen sind.54 Die chronologische Reihung der Imperatorenporträts, die sich über die Leiden der Märtyrer in einer weitläufigen Landschaft erhebt, verdichtet Raum und Zeit zu einem einzelnen unbeschreiblichen Massaker. Die Marterszenen sind mit Ziffern versehen, wodurch individuelle Märtyrer identifizierbar werden. Diese Gegenüberstellung von politischer Gewaltherrschaft und christli50 51 52

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Giovanni Battista de’ Cavalieri, Opera nela quale vie molti mostri de tutte le parti del mondo, 1585. Hierin insgesamt 18 Kupferstiche. Zu Botero grundlegend Cioda, 1894. „Il governo de gli Ottomani è affatto despotico; perche il Gran Turco è in tal modo padrone d’ogni cosa compresa entro il confini del suo dominio, che gli habitanti sono suoi schiavi, non che sudditi; e niune è padrone di se stesso […]“ Zit. bei Valensi, 1993, S. 95f. So Lepri und Palesati, 1997, S. 9. Sie setzen dies parallel mit Circignanis Fresken in Castiglione del Lago für Ascanio della Corgna (1574–75), denen vermutlich eine latente Kritik an der politischen Herrschaft der Medici zugrunde liegt. Die anderen Tyrannen-Büsten sind womöglich auch nach dem Vorbild der Bildausstattung Gior­ gio Vasaris im Palazzo della Cancelleria entstanden. Siehe van Eeghen, 1905, S. 192, No. 1126.

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Bild 13  Niccolò Circignani: Imperatorenbüste, ca. 1549, Aquarell, Pomarance, Amministrazione Comunale.

chem Opfertod setzt die beiden Extreme von Willkür und Selbstaufgabe, Recht und Unrecht als politischen Ausnahmezustand simultan ins Bild. Zahlreiche Schriften setzten sich um 1600 mit der Frage der Legitimität des Tyrannenmordes auseinander und folgten den Diskussionen, die vorher im republikanischen Florenz geführt worden waren.55 Das in hugenottischen Kreisen entstandene Werk Vindicae contra tyrannos (1579) kann für das ausgehende 16. Jahrhundert als die wohl bekannteste Streitschrift angeführt werden.56 Auf katholischer Seite waren es besonders jesuitische Gelehrte, wie Francisco Suárez, Francisco de Vitoria oder Juan de Mariana, die die legitime Absetzung von weltlichen Herrschern diskutierten und sich radikal dafür aussprachen, was nach den zum Teil geglückten Mordversuchen an weltlichen Souveränen für den Orden zu einem existenzgefährdenden Problem werden sollte. Die darauffolgende Polemik über die „tyrannomanie“ der Jesuiten, und ihrer Befürwortung des Königsmordes, war stark juristisch geprägt und zog dementsprechende

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Siehe hierzu das Kapitel „Die Gegner der Tyrannis“ bei Burckhardt, 2013, S. 39–43 oder die Schriften von Riklin, 1996 und Piccolomini, 1991. Vindiciae contra tyrannos: sive, de principis in populum, populique in principem, legitima potestate, Stephano lunio Bruto Celta, auctor, Basel 1579. Die Autorschaft ist weitgehend umstritten.

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Konsequenzen nach sich.57 1594, nach dem ersten Attentatsversuch des ehemaligen Jesuitenschülers Jean Châtel auf Heinrich IV., wurde der Jesuitenorden als Anstifter zum Königsmord vom Pariser Parlament verurteilt und aus Frankreich ausgewiesen.58 Die Auseinandersetzung über einerseits das politisch Recht- oder Unrechtmäßige der „Tyrannei“ bzw. der „Macht ohne Wahrheit“, und andererseits dem „wahrhaftigen“ Martyrium spielte für die sich auf politischer Bühne bewegenden Jesuiten demnach eine Scharnierfunktion, die zur Legitimationsfrage der Societas geworden ist.59 Weit bis in das 14. Jahrhundert kann die Bedeutung des Bildes für das Recht rekonstruiert werden, in die Zeit des Überganges vom mittelalterlichen ungesatzten Gewohnheitsrecht zu dem Recht, das auf geschriebenen Rechtsquellen beruht. Juristen wie Bartolus von Sassoferrato, Leon Battista Alberti, Andrea Alciato, Gabriele Paleotti oder auch Francisco Suárez bezogen in ihren Theorien Zeichen und Bilder als Medien des Juridischen mit ein, durch die der politischen Gemeinschaft abstrakte Prinzipien vor Augen gestellt werden sollten. Die frühen Positionen, welche die Natur als Ausgangspunkt der juridischen Ordnung und die artifiziell konstruierten Räume und Bilder als Verwirklichung bzw. konsequente Fortführung des Rechtsgedankens sehen, setzten sich in den Schriften jener Rechtsdenker des ausgehenden 16. Jahrhunderts fort, die sich intensiver mit der Verbindung zwischen den Zeichen und den juridischen Handlungen beschäftigten. Hier sind vor allem die Arbeiten der Jesuiten, insbesondere der Conimbricenses herauszustellen, einer Gruppe jesuitischer Gelehrter der Universität von Coimbra, die einen Schwerpunkt auf die Diskussion über die Handlungsrelevanz des Juridischen legen. Das Recht wird von ihnen in zu Handlungen anregenden Zeichen verortet, denen eine wesentliche Vermittlerrolle

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Turchetti, 2001, S. 535–552. Kläger war die Universität Paris, namentlich der Jurist Antoine Arnauld d.Ä. (1560–1619), siehe Antoine Arnauld, Plaidoyé de M. Antoine Arnauld […] pour l’Université de Paris […] Contre les Iesuites defendeurs, Lyon: Thibaud Ancelin, 1594. Zwei weitere Attentate hatten die Diskussionen über den gerechten/ungerechten Tyrannizid angeheizt: 1589 erstach der junge Dominikanermönch Jacques Clément den französischen König Heinrich III. und im zweiten Attentatsversuch wurde Heinrich der IV. 1610 auf offener Straße von François Ravaillac erdolcht. Zur „Tyrannizid-Frage“ bei den Jesuiten siehe Höpfl, 2004, S. 314–338 und das letzte Kapitel der vorliegenden Arbeit. Besonders in den Theaterwerken, die für den Jesuitenorden entstanden, wird das Thema von Tyrann und Märtyrer intensiv verhandelt. Walter Benjamin hat sich in seiner 1928 publizierten Studien zum barocken Trauerspiel hiermit auseinandergesetzt (vgl. hierzu das letzte Kapitel der vorliegenden Arbeit). Einen Überblick über die deutschsprachige Gattung gibt Beise in Meumann und Niefanger, 1997, S. 105–125.

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Bild 14  Jan und Caspar Luyken: Het Martelen der Bloed-getuigen, die onder de Vervolging der Roomse Keisers, voor de Waarheid des Evangeliums, de overblyfselen van Christi lyden hebben vervuld, 1690, Kupferstich, 28,9 × 50,2 cm.

zukommt. Mit dieser Schwerpunktsetzung wurde auf Grundlage des Naturrechts eine globale Ordnung mit den Mitteln des Rechts stabilisiert.60 Denker in diesem Umfeld haben nach den Tridentiner Reformen nicht nur für eine Restriktion von Bildmotiven und religiösen Bildtraditionen gesorgt, sondern im Gegenteil auf Grundlage eines fundamental anderen Bildverständnisses, Visualität mit Zeichenbegriffen verbunden, die, mehr noch als die herkömmliche ikonographische Tradition, Wissen schaffen und verbreiten konnten. Bislang steht eine Verbindung dieses intellektuellen Umfeldes des Jesuitenordens mit seinen Aufwendungen in der Kunstpatronage und Bildproduktion noch aus. Der radikale Wandel des Bildverständnisses wurde vielmehr als „Je­ suitenstil“ gefasst und diskutiert, ohne hierbei die besondere politisch-rechtliche Stellung des Ordens in Betracht zu ziehen, deren Bedingungen eine neue Bild-Zeichen-Theorie mit sich brachte, um Bilder gemäß ihrer pädagogisch-propagandistischen Funktionalität gestalten zu können.61 60

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Über die Bedeutung der Werke von Suárez, Bellarmino aber auch protestantischer Denker wie Hugo Grotius, die als Gründungsfiguren einer internationalen Rechtstheorie gelten, siehe immer noch das Überblickswerk von Scott Brown, 1934 (Neuaufl. 2007). Zum Zeichenbegriff vgl. jüngst die Studie von Bergés, der dem Zusammenhang von Naturrechtslehre und Zeichentheorie bei Thomas Hobbes ein Kapitel widmet, Bergés, 2012, S. 29–47. So besonders der Sammelband von O’Malley und Bailey, 1999, sowie die Arbeit von Gauvin Alexander Bailey, 2003. Den Zusammenhang von Propaganda und Kunst der Jesuiten im 17. Jahrhundert untersucht Evonne Levy, siehe hier besonders das Kapitel über „The ‚Jesuit Style’“, Levy, 2004, S. 15–41. Monssen widmet sich

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Die Bilder der jesuitischen Pädagogik sind in Bezug auf ihre Verbindung zur Emblematik zu untersuchen, die sowohl innerbildlich als auch in der TextBild-Kombination die charakteristische Gegenüberstellung von christlichem Martyrium und weltlicher Tyrannei allererst hervorbringt. Wie jüngst Valérie Hayaert gezeigt hat, werden Bilder im humanistisch-juristischen Kontext Mitte des 16. Jahrhunderts nicht nur pädagogisch-instrumentell verstanden, sondern ihnen wird vielmehr Evidenz zugesprochen.62 Auch die hier zu untersuchende besondere Form der Märtyrerbilder ist, wie genauer zu zeigen sein wird, von diesem neuen Bildverständnis beeinflusst. Die Verschränkung des Zeigens der grausamen Torturen und des Benennens des tyrannischen Souveräns unter dem die christlichen Opfertode sich jeweils ereigneten, wird hier zu einer dialektischen Bedingung, die auf eine juristische Bildevidenz zurückzuführen ist. Im Ordenskontext der Jesuiten und Oratorianer entstanden einige Märtyrerzyklen zeitgleich mit der von Gregor XIII. Boncompagni (1572–1585) voran­ ­­ Überarbeitung und systematischen Erfassung des kanonischen getriebenen Rechts im Corpus iuris canonici.63 Das Corpus fand ab 1582 weite Verbreitung und gilt als Rettungsversuch, durch eine Reform die juridischen Grundlagen der Kirche zu stärken.64 Boncompagnis Amtsnachfolger Sixtus V. Peretti (1585– 1590) erklärte das Recht zum politischen und ikonographischen Programm und versuchte damit den sich zentralisierenden Kirchenstaat symbolisch zu festigen.65 Auch in den Pontifikaten von Clemens VIII. Aldobrandini (1592–1605), Paul V. Borghese (1605–1621) und Urban VIII. Barberini (1623–1644) ist die Aufwer-

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jedoch in seinem jüngsten Artikel der besonderen didaktischen Bildform, die im Kontext des Jesuitenordens entwickelt worden ist, siehe Monssen, 2009, S. 305–366. Hayaert, 2008, hier besonders Kapitel VI: „Les emblemata, un otium de juriste?“, S. 185–232, hier: S. 187. Dieses bereits von Pius IV. im Jahre 1556 begonnene Editionsprojekt eines vereinheitlichten Corpus Iuris Canonici wurde nach der Stabilisierung der Katholischen Kirche im Zuge der tridentinischen Reformen zur zentralen Quelle des kanonischen Rechts. Es war von den Gerichten als authentisch und unveränderlich zu behandeln, doch stellte es im Gegensatz zu modernen Kodifikationen kein einheitliches Gesetzbuch dar. Siehe Sommar, 2009, S. X–XI. Der Begriff des „Juridischen“ leitet sich aus dem Gegensatz zum „Juristischen“ ab, das die Anwendung der Gesetze bezeichnet. Mit „juridisch“ hingegen ist – nach Immanuel Kants Metaphysik der Sitten – die moralisch-sittliche Herleitung des Rechts gemeint; so ist die Gesetzgebung „in Ansehung ihrer Triebfeder unterschieden […]. Diejenige, welche die Handlung zur Pflicht und diese Pflicht zugleich zur Triebfeder macht, ist ethisch. Diejenige aber, welche das letztere nicht im Gesetze mit einschließt, […] ist juridisch“, siehe Friedrich, 2004, S. 33. Der Gegensatz zwischen Naturrecht und positivem Recht ist demzufolge ein juridischer Gegensatz. Zur Rechtsgeschichte des 16. Jahrhunderts sei an dieser Stelle nur verwiesen auf Mortari, 1980; sowie Scattola, 1999. Zum Niedergang des kanonischen Rechts siehe Prodi, 2003, S. 203–207. Grundlegend Prodi, 1987. Eingehend zu Sixtus V. vgl. Fosi, 1993, S. 75–95.

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tung des Juridischen als Herrschaftsform zu erkennen, die sich in gezielten Reformen und Symbolpolitiken manifestierte.66 Dieser Wandel ging einher mit neuen Bildformen, die zwischen Gesetz und menschlicher Handlung eine Scharnierfunktion einnehmen sollten. In diesem juridischen Kontext muss die heikle Parität zwischen christlicher Passion und weltlicher Gerechtigkeitsinszenierung als wechselseitig sinnstiftend begriffen werden. Ein anschauliches Beispiel hierfür sind die Martyrologien der Bruderschaften, die eine zentrale Rolle bei der Sterbebegleitung von Kriminellen vor und nach ihrer Exekution eingenommen haben und deren Literaturproduktion für die zum Tode Verurteilten im 16. Jahrhundert beachtlich angestiegen war.67 Der Jesuitenorden bestimmte als eine seiner zentralen Aufgaben die Betreuung der Verurteilten, wie dies Adriano Prosperi jüngst ausführlich dargelegt hat.68 Harold Berman hat in seiner für die Rechtswissenschaft einflussreichen Studie Law and Revolution. The Formation of the Western Legal Tradition (1983) den Kirchenstaat als ersten protomodernen Rechtsstaat beschrieben und das ius canonici als ältestes existierendes Rechtssystem mit universalem Anspruch.69 Er geht dabei von einer Kontinuität der westlichen Rechtsentwicklung aus, seitdem die „päpstliche Revolution“ das Recht im 12. und 13. Jahrhundert zu einer Herrschaftsform machte.70 Mit der Entwicklung der Staaten entstand ein übergreifendes System mit unterschiedlichen Institutionen und Akteuren. Die sich damit entwickelnde Rechtskultur systematisierte das Juridische zu einem veritablen „Corpus“, dessen Solitärstellung das Recht als „analytisch“ unterscheidbar von Religion, Moral und Politik erscheinen ließ.71 Im Laufe dieser Prozesse der Positivierung, so Berman, wurde ein unauflösbarer, innerer Zusammenhang zwischen dem Erlösungssinn des christlichen Glaubens und dem Geist innerweltlicher Solidarität geschaffen.72 Er konstatiert eine „Verrechtlichung des Sakralen“, die das Recht zu einem in päpstlicher Entscheidungsgewalt liegenden „Medium der Veränderung“ werden ließ, und gleicher-

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Einen komprimierten Überblick gibt der Artikel von Fosi, 2005, S. 216–222. Grundlegend zu den „compagnie di giustizia“ vgl. Prosperi, 1982, S. 959–999. Prosperi, 2013, S. 382–396. Siehe das Kapitel V. bei Berman, 1983, S. 199–224. Ich beziehe mich im Folgenden auf die deutsche Ausgabe Berman, 1991, hier S. 144f. Zu Bedeutung, Rezeption und Kritik an dem Werk des 2007 verstorbenen Berman siehe die Beiträge im Forum der Zeitschrift Rechtsgeschichte, 21 (2013), hg. von Thomas Duve. „Im Falle der päpstlichen Revolution waren zwei ihrer Hauptziele die Herrschaft durch das Recht und die Herrschaft des Rechts – daß die Herrscher versuchen müssen, ihre Absichten systematisch durch Rechtsinstitutionen durchzusetzen, und daß sie selbst durch die Rechtsinstitutionen gebunden sein sollen vermittels derer sie regieren.“ Berman, 1991, S. 805. Berman, 1991, S. 145. Brunkhorst, 1997, S. 175–189, hier S. 186–188.

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maßen das religiöse Erlösungsversprechen zu einem politischen und juristischen Programm erhob.73 Diese Verwissenschaftlichung „im Zeitalter der Ju­­­risten“ hat dazu beigetragen, dass die Theologie ihren Einfluss auf den Bereich der Rechtsfindung verloren hat.74 Wo das Sakrament, die Beichte und die Vorstellung postmortaler Gerichte der Verzeitlichung des Ewigen dienten, wurde zwischen dem Erlösungsglauben und den weltlichen Handlungen eine Verbindung geschaffen.75 Diese Verzeitlichung erhält ihre konkrete Erscheinung in Artefakt und Architektur und Berman sieht den Grundgedanken der sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden „Revolution“ im Bau der gothischen Kathedralen verwirklicht.76 Die „päpstliche Revolution“ hatte weitreichende historische Folgen, von denen hier lediglich ein Ausschnitt in den Blick genommen werden soll. Eine besondere Verschärfung der Entwicklung des kirchlichen Rechtsgedankens stellte die von Paul III. Farnese im Jahr 1542, inmitten der Glaubenskämpfe ge­ schaffene Rechtsinstitution der Sacra Congregatio Romanae et Universalis Inquisitionis dar. Das im 12. Jahrhundert eingeführte und hier institutionalisierte Verfahren der Inquisition bedeutete für die Rechtsgeschichte einen revolutionären Wandel, da es das Gottesurteil und das Verfahren der Probe durch die Untersuchung und Ermittlung des gerichtlichen Tatbestandes ersetzte. Das christliche Selbstopfer sollte auf dieser Grundlage eine herausragende Position einnehmen. Die in der Acta martyrum, der „Märtyrerakte“ tradierten Blutopfer des frühen Christentums sind in ihrer Anlage mit dem Typus der Inquisitionsschrift vergleichbar. Beide dokumentierten in Form von schlicht gehaltenen Protokollen das Verhör, die Tortur und den Tod der angeklagten Gläubigen.77 Gleiches gilt für Bilder des christlichen Martyriums, die auf diese Form der 73 74

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Berman, 1991, S. 806. „Was sich im Zeitalter der Juristen änderte, war nicht die Gerechtigkeit selbst, sondern die Stimmung ihrer neuen Interpreten, die über das Recht nicht wegen des theologischen oder geistlichen Nutzens schrieben, sondern zu Berufszwecken und in wissenschaftlicher Weise. Das Entscheidende war, dass eine wissenschaftliche, professionelle Jurisprudenz entstanden war, womit das Recht das spezielle wissenschaftliche Objekt gelehrter Interpreten wurde. Diese untersuchten das Wesen von jus und justitia mit demselben Berufseifer und inneren Drang, mit dem die Theologen berufsmäßig die Natur des dreieinigen Gottes oder das Wirken der göttlichen Vorsehung interpretierten.“ Kantorowicz, 1992, S. 153. Berman, 1991, S. 118f. „Perhaps the most dramatic illustration of the new sense of time, and of the future, was provided by the new gothic architecture. The great cathedrals expressed, in their soaring spires and flying buttresses and elongated vaulted arches, a dynamic spirit of movement upward, a sense of achieving, of incarnation of ultimate values. It is also noteworthy that they were often planned to be built over generations and centuries.“ Ibid., S. 118. Seit der Öffnung des vatikanischen Inquisitionsarchives im Jahre 1998 konnten die Inquisitionsschriften systematisch ausgewertet werden, siehe Schwedt, Lagatz und

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Prolog: The criminal god

Befragung und somit auf das herrschende Rechtssystem rekurrieren. Wie zu zeigen sein wird, finden sich die Ermittlungsprinzipien der Inquisition in den Dar­­stellungen aufgenommen und legen eine Auseinandersetzung mit den juris­ tischen Verfahren nahe. Was sich hier abzeichnet ist die Auflösung der Trennung von religiöser und profanrechtlicher Sphäre. Deswegen müssten die Termini „Recht“ und „Religion“ streng genommen vermieden werden, da ihre ter­­mino­lo­ ­gische Grenze die Verbindung dieser beiden Bereiche blockiert. In Anknüpfung an die Idee eines „Vor-Rechts“, dem „pré-droit“, einer Ursprungsphase, in der Recht und Religion noch ununterscheidbar waren, hat Giorgio Agamben jüngst vorgeschlagen einen dritten Terminus zu finden, der eine Art das Urteil aussetzende epoché bildet, die „provisorisch gegen die Zuerkennung jener Merkmale verteidigt, die wir gewöhnlich mit Religion und Recht in Verbindung bringen“.78 Jene Bilder, die das Gesetz, die Entscheidung, den Willen und die Handlung des tyrannischen Regimes als körperliche Misshandlung der Märtyrer visualisieren, stellen die Unmittelbarkeit einer Bedrohung der moralischen Ordnung heraus. Selten wird hierbei ein spezifisches politisches System angeklagt, oder eine Konfession, sondern es werden Rechtssysteme und deren Me­ thoden thematisiert. Am Beispiel der ersten römischen Ausbildungsstätten des international agierenden Jesuiten-Ordens, der seit Paul III. Farnese unter päpstlicher Obhut stand, soll konkretisiert werden, wie die sich ändernden Rechtsvorstellungen Ende des 16. Jahrhunderts die Bildproduktion beeinflusst haben. Die frappierend grausamen und gleichzeitig auf Belehrung angelegten Märtyrerzyklen, die sich den Mustern der Flugschrift und der pädagogischen Lehrbilder bedienen, können demnach als Exerzitien des Juridischen analysiert werden. Ordensgründer Ignatius von Loyola war mit dem zu seiner Zeit immer mächtiger werdenden spanischen Staatsgedanken und den ihn legitimierenden politischen Theorien gut vertraut.79 Seine Grundidee des Ordens stützte sich auf drei Säulen: „le lettere, lo spirito, ed il governo“, wobei die Betonung eindeutig

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Wolf, 2005. Allg. zu Form und Funktion der Märtyrerakten siehe Ameling, 2002 sowie Burschel, 2004, S. 39–45. Agamben verweist auf die Definition von Gernet 1948-49, 1951, S. 21–119, wiederaufgenommen in ders. 1976, S. 175–260. Gegen die Studie von Pierre Noailles: Du droit sacré au droit civil (1941–42), Paris 1949 argumentierend, zeigt Gernet, dass keine Trennlinie zwischen dem religiös geprägten „Vor-Recht“ (wie z. B. dem Schwur) und dem formalisierten Recht gezogen werden darf, da es die vorangehende Phase von Ritus und Form weiterhin in sich trägt. Das Recht, das von jeder religiösen Konnotation abgekoppelt ist, gründet sich auf dem Anspruch im Ritus eine laizistische Wirksamkeit aufrecht zu erhalten. Foucault hat sich in einer seiner berühmten Vorlesungen mit dem „pré-droit“ auseinandergesetzt, siehe Foucault, 1971 (2011), S. 93. Hierauf bezieht sich auch Agamben, 2009, S. 112f. Bereits Futrell verknüpft den Ordensgedanken Loyolas mit den politischen Theorien seiner Zeit, siehe Futrell, 1970, S. 490–501; sowie Martin, 1973, S. 177–186 zum Verhältnis von Orden und Politik unter Heinrich III.

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auf dem „Regieren“ lag.80 Diese Form der „gouvernementalité“, wird deutlich in dem engen Zusammenspiel von pädagogischer Ausbildung und politischer Einflussnahme, die der Orden in unterschiedlichen europäischen und später auch nicht-europäischen Ländern betrieb.81 Dass diese politische Ausrichtung auch nach dem Tod des Gründers weiter zentrales Anliegen des Ordens blieb zeigt sich besonders in den Grundsätzen und Entscheidungen des fünften Generalsuperiors der Societas Jesu. In seinen 1571 verfassten „Geistlichen Übungen“82 expliziert der 1581 unter Gregor XIII. berufene Claudio Acquaviva (1543–1615) die fünf wichtigsten jesuitischen Glaubensprinzipien. Der Jesuit solle ein ständiger Begleiter Christi sein und seinem Gott als ein „Soldat“ dienen, immer wachsam und „vorbereitet auf die Schlacht“. An dritter Stelle müsse jedem Jesuiten die Konfrontation mit dem „Feind“ zum grundlegenden Fundament seines Glaubens werden: „Denke daran, dass Du mit dem Schritt in die Religion offen den Dämon und mit ihm die gesamte Hölle provozierst, und dass ihre Kräfte sich nun ganz gegen Dich richten, mit einer besonderen Feindschaft.“83 Um die Dimensionen der feindlichen Bedrohung deutlich zu machen, erwähnt er die Schmach des anfangs genannten Haman, aus dem Buch Esther: Der Satan würde eine derartige Schande und Provokation, wie Haman sie erlitten habe, der sich gegen den unehrerbietigen Mordechai nicht wehren konnte, von Seiten der jesuitischen Zöglinge nicht ertragen. Umso mehr müsse die Bedrohung und Auseinandersetzung mit dem „Feind“ zum tragenden Fundament werden. Die schematische Unterteilung in „das Gute“ und „das Böse“ liegt dem Grün­dungsparadigma des autonomen Rechtssystems zugrunde. Seit der von Berman beschriebenen „Revolution“ fußt es auf der künstlichen Konstruktion eines binären Rechtscodes: Recht und Unrecht, sowie die Entscheidungsparado80

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So ein bekannt gewordener Satz von Joseph Cortesone (1570), siehe zur Verknüpfung der Gouvernementalität im Sinne Foucaults und jesuitischem Ordensgedanken Anselmi, 1981 und zusammenfassend auch Friedrich, 2009, S. 1–42. Siehe Anselmi, 1981, S. 11–42. Esercitij spirituali del R.P. Claudio Aquaviva, in Roma, 1571. Das Manuskript befand sich im ehemaligen Collegio Massimo in Palermo und ist heute in der Biblioteca Nazionale aufbewahrt, Ms. in-12 de ff.47, Signatur: XI-A-26. Übertragen ins Französische und gedruckt von Filiti, 1916. „Pense qu’en venant dans la religion, tu as ouvertement provoqué le démon et tout l’enfer, et que leurs forces seront dirigées contre toi avec une animosité particulière. Si l’orgueil d’Aman ne pouvait souffrir que Mardochée ne se découvrit pas devant lui pour lui faire honneur, comment le prince de tout orgueil pourrait-il supporter que tu lui fasses pareille injure? Considère en particulier comment il grincera des dents et séchera d’envie, dentibus suis fremet et tabescet (Ps. 111, 10) contre ceux qui, conformément à notre Institut, s’emploieront à lui arracher sa proie des mains. Tu jugeras par là combien il est nécessaire de veiller.“ Ibid., S. 14.

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xie des juristischen Denkens bilden das Movens der juristischen Verfahren. Niklas Luhmann hat dies als „Schema einer vollständigen Weltbeschreibung“ definiert, da für das juristische Urteil immer nur eine der beiden Möglichkeiten infrage komme, um „operative Geschlossenheit“ zu demonstrieren und handeln zu können.84 Ihm zufolge ist die binäre Codierung und Handlungsbezogenheit des Rechts, die einen positiven Wert (Recht) und einen negativen Wert (Unrecht) vorsieht, ist Luhmann zufolge ein „artifizielles Arrangement“.85 Wie diese Binarität durch Bildmedien an Form gewinnt, gilt es im Folgenden zu analysieren. Darüber hinaus ist, wie zu zeigen sein wird, diese juridisch konnotierte Bildform in zahlreichen Märtyrerdarstellungen in und außerhalb Roms zu finden.86 Im Kontext der katholischen Mission und der Ideen einer internationalen Theorie des Rechts, werden exemplarisch Bilder des „Guten“ und des „Bösen“, des moralisch Verwerflichen und des Vorbildhaften, der Tyrannei und des Martyriums analysiert. Die Diskussionen über die Legitimität oder Illegitimität von Herrschaft stellen im ausgehenden 16. Jahrhundert nicht nur im europäischen Kontext, sondern auch im Kontext der Missionen eine zentrale Frage dar, die ihren bildhaften Ausdruck sucht. Das Bildthema des Martyriums verweist unmissverständlich auf den politischen Ehrgeiz der Orden und den Kampf um ihre rechtliche Anerkennung. Die in verschiedenen Königreichen und nicht zuletzt im Kirchenstaat selbst an vorderster politischer Front agierenden Jesuiten merkten bald, dass eine Auseinandersetzung mit den weltlichen Mächten nicht ohne Anpassung ihres Auftrages an staatsrechtliche und politische Fragestellungen geschehen konnte, da sie zwangsläufig in säkulare Angelegenheiten involviert wurden.87 Jesuit zu sein wurde nicht selten von Seiten der „häretischen“ Systeme zu einem kriminellen Vorwurf und auf ihren Missionen musste sich die Societas mit ungerechtfertigten Zwängen zu Treueeiden und der Verweigerung des Schweigerechts und Beichtgeheimnisses auseinandersetzen. So erlaubten die Antijesuitengesetze aus dem Jahre 1585 den Gebrauch der Folter, die als „Wahrheitsmarter“ eine geregelte Praxis mit präzisen Ermittlungsmethoden war, um das Bekenntnis des Angeklagten zu erzwingen. Die Folter geriet zum archimedischen Punkt 84

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Diese „operative Geschlossenheit“ sei einzigartig für das Rechtssystem und diene dazu, Sicherheit zu erzeugen, die auf der semantischen Geschlossenheit der Rechtssprache basiert: Das Recht ist „zur Herstellung eigener Operationen auf das Netzwerk eigener Operationen angewiesen und (reproduziert) in diesem Sinne sich selber“, siehe Luhmann, 1993, S. 44. Luhmann, 1993, S. 60. Für eine einführende und eher rudimentäre Reflexion dieser moralischen Binarität in Bildmedien vgl. den Versuch „The Dichotomy of Good and Evil in the visual arts“ von Bialostocki, 1990, S. 23–35. Sowie die Studie „Good and Evil in Art and Law“ des Rechtshistorikers Markessinis, 2007. Hierzu besonders Höpfl, 2004, S. 314–338.

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Prolog: The criminal god

der Auseinandersetzungen, da die gesamte Gesetzesmaschine von der Pflicht der Subjekte abhing, die Wahrheit zu erzählen.88 Aufgrund ihrer Nähe zur Herrschaftselite waren die Jesuiten ebenso einflussreich wie angreifbar.89 Umso dringlicher wurde die Legitimität des eigenen Auftrages und ebenso der Einflussnahme des Ordens auf die politischen Handlungen. Wie Roberto Bellarmino es formulierte, sind Heiligenverehrung und Märtyrerkult mit dem Idolatrievorwurf der Reformierten an die katholische Kirche in Verbindung zu bringen.90 Mit der Gesetzes-Bedrohung vor Augen verstand der Orden, dass die Zeugenschaft den Kern des Rechtsgedankens darstellt und pflegte deswegen eine besondere Kultur des Martyriums, die neben dem Text des Martyriologium verstärkt in Bildmedien ihren Ausdruck fand. Über das Bild der Blutzeugenschaft der Gefolterten konnte das Unrecht tyrannischer Systeme direkt angeklagt und die wahre Gerechtigkeit des Glaubensfundaments bekräftigt werden. Das Thema verdichtet sich im Motiv des sterbenden Tyrannen, das im Kontext der lebhaft diskutierten Theorien des Tyrannenmordes einer wörtlich ins Bild übertragenen, operativen Binarität widersteht und Luhmanns autopoietische Vorstellung des Rechts in Frage stellt. Wie zu zeigen sein wird, findet die „gewaltsame Peripetie“ und das ikonische Paradox, das Wind in der Figur des „Criminal God“ entdeckt hat, in der Figuration von Tyrann und Märtyrer im ausgehenden 16. Jahrhundert ihre Entsprechung.

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Foucault, 2004, S. 54f. Nelson, 2005. Roberto Bellarmino, De controversiis christianae fidei, Ingolstadt 1601, 826. Siehe Ditchfield, 1995, S. 273–285.

I. Recht vor Augen

1. Quid est pict ura? Ver itas falsa: Zu A lciatos Emblematik Bis hin zu John Rawls Metapher des „veil of ignorance“, jenem Schleier des Nichtwissens, hinter dem die Prinzipien des Rechts entschieden werden, stehen das Nichtsehen und die Verhüllung als Metaphern für das vormoderne und moderne Rechtsverständnis.1 Als dementsprechend bilderfeindlich gilt die Jurisprudenz bis heute, obgleich der Vorstellung einer reinen Schriftbezogenheit des Rechts in einer Reihe von Studien entgegnet und auf eine beeindruckende Bildtradition der Rechtsvisualisierung verwiesen worden ist.2 Ausgewählte Bildformulare konnten mit den zeitgenössischen Rechtstexten korreliert werden, 1

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Prosperi, 2008, S. XVIII. Rawls „Schleier des Nichtwissens“ meint den blinden Moment in dem über Rechtsprinzipien entschieden wird und die eigene Position in Anbetracht der weitreichenden Konsequenzen dieser Generalisierung „verschleiert“ bleiben muss, damit die Entscheidung nur durch generelle Überlegungen zustande kommt: „The principles of justice are chosen behind a veil of ignorance.“ Rawls, 1999, S. 118–123. Zu trennen ist hier zwischen der Geschichte und der Theorie des Rechts, denn die Historische Rechtsarchäologie hat umfassende Forschungen zum Bild im Recht vorgelegt, so die Arbeiten über bebilderte Rechtsschriften wie die zum Sachsenspiegel von Amira, 1905. Zur germanischen Rechtssymbolik siehe Herwegen, 1913. Zu den mittelalterlichen bebilderten Rechtsschriften L‘Engle, Gibbs und Fitzwilliam, 2001. Oder zu den Bildausstattungen des Decretum Gratiani siehe Melnikas, 1975. Einen Überblick gibt hierzu Röhl, 2005. Vgl. auch die Beiträge in der Zeitschrift Signa Juris, 2009. Zu den Fragen der visuellen Rechtskommunikation siehe die Studien von Brunschwig, 2001; Röhl und Ulbrich, 2007. Cornelia Vismann hat sich in ihren Arbeiten mit der Mediengeschichte der heutigen Rechtsverfahren auseinandergesetzt, zuletzt Vismann, 2012. Dazu vgl. auch den Band „Recht vermitteln“ des mehrbändigen Werkes zur „Sprache des Rechts“ hrsg. von Lerch, 2005. Zur „visual literacy“ im Recht siehe Sherwin, 2008 und jüngst auch die Beiträge des Sammelbandes hg. von Wagner und Sherwin, 2014.

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I. Recht vor Augen

was besonders im Bereich der Emblematik weitreichende Erkenntnisse gefördert hat, wie Peter Goodrich in seiner letzten Studie anschaulich dargelegt hat.3 Der historisch-kulturanthropologischen Perspektive Ernst Cassirers zufolge war das Recht als symbolische Form ursprünglich mit dem Mythos verbunden, bevor es sich Schritt für Schritt hiervon gelöst habe.4 Es tendiere zugunsten seiner universellen Gültigkeit zur Abstraktion und Rationalisierung.5 Somit habe die Sprache die Universalisierungstendenz des Rechts am meisten beeinflusst, da sie entgegen der Gültigkeit der „ungeschriebenen Gesetze“ in Sitte und Brauch, die auf mythisch-religiösen Bindungen basieren, dem neu zu befolgenden Recht des Staates eine „Gestalt“ verliehen habe.6 Die Sprache transponiere bestimmte Sachverhalte auch in andere zeitliche Dimensionen und werde zu einer der Quellen, aus der das „Rechtsbewusstsein fließt“.7 Jüngere medien- und kulturtheoretische Arbeiten bezeichneten wiederum das Recht als „symbolische Form“, für die der Text eine untergeordnete Bedeutung spiele. Gegen dessen Sequenzialität, wurde dem Symbol insofern eine rechtsetzende Wirkung zugeschrieben, als es direkter verständlich sei.8 Obgleich die Verbindung von Kulturtheorie und Rechtslehre grundsätzlich

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So z.B. Joachim Jacoby, der das Decretum Gratiani und andere Rechtstexte erstmals mit dem Bild-Programm der Stanzen Raffaels in Verbindung bringt, Jacoby, 2007. Valérie Hayaert hat ein desiderates Themenfeld umfassend bearbeitet und das Verhältnis von Emblematik und humanistisch-juristischem Denken am Beispiel von Pierre Cousteaus Pegma cum narrationibus philosophicis (1555) analysiert, Hayaert, 2008. Zuletzt grundlegend zur Bedeutung der Emblematik für das Recht vgl. die Arbeit von Goodrich, 2013 und 2014, S. 3–24. Cassirers Beschäftigung mit dem „Recht als symbolische Form“ hat seinen Ursprung in seiner Auseinandersetzung mit dem schwedischen Philosophen Axel Hägerström, Cassirer und Rosenkranz, 2005 (1939), S. 1–116, hier S. 91. Das Kapitel „Recht und Mythos“ diskutiert erstmals die Beziehungen zwischen symbolischer Form, dem Begriff des Rechts und der ordnenden Gewalt. Waßner, 1999, S. 43–45. „Denn es bedarf der Sprache, um sich in seiner Eigenart zu konstituieren, um sich von Sitte und Brauch allmählich los zu ringen. Sitte und Brauch bestehen, ohne dass dieser Bestand einer expliziten Formulierung bedarf. In ihnen walten die „ungeschriebenen Gesetze“, denen man folgt, weil sie von jeher gegolten haben […] Aber in dem Moment, wo der Staat mit neuen selbständigen Forderungen auftritt, wo er die mythisch-religiösen Bindungen zu lockern beginnt, muss das Recht eine andere Gestalt annehmen. Es gilt nur, sofern es vom Staat festgestellt und verkündet wird.“ Cassirer und Rosenkranz, 2005, S. 99. Siehe die Arbeit von Coskun, der Cassirers Konzept des Rechts als symbolischer Form umfassend diskutiert, Coskun, 2007. Ebenso Saurer, 2009, 490–509. Zuletzt Moxter, 2012, S. 623–648. So wird auf die Arbeiten Ernst Gombrichs verwiesen, z.B.: Symbolic Images: Studies in the Art of the Renaissance II, S. 123–191 (1985), zit. bei Curtis und Resnik 1987. Das SFB Projekt 496 „Symbole im Gerichtsverfahren 15.–18. Jahrhundert“ hat sich mit der symbolischen Dimension des Rechts befasst, siehe Schulze, 2004.

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1. Quid est pictura? Veritas falsa: Zu Alciatos Emblematik

umstritten bleibt, hat sich die Rechtstheorie weit ausdifferenziert.9 In Anlehnung an die „legal realists“ des 20. Jahrhunderts, wie Benjamin Cardozo, Rosco Pound oder Karl Llewellyn, wurden Ansätze für eine visuelle und symbolische Fundierung des Rechts von der Rechts- und der Kulturtheorie gleichermaßen vorgelegt. Jacques Derridas Auseinandersetzung mit dem Juridischen fragt nach dem Ursprung des Rechts im Archiv.10 Diesem Ansatz folgten einige Studien zu den Medien und Verfahren des alltäglichen Rechtsbetriebes, um die hierdurch produzierten Axiome materiell zu bestimmen, allen voran die ethnologische Studie Bruno Latours über den französischen Conseil d’État.11 Die Juristin und Medienwissenschaftlerin Cornelia Vismann spricht sogar von „Bildregimen“ oder „Bildregeln, denen das Recht unterliegt“.12 Damit seien nicht Rechtsregeln gemeint, die das Bild normieren, sondern vielmehr die Tatsache, dass Bilder und Medien nachweisbar Einfluss auf Normen und Rechtsgrundsätze nehmen, einige Beiträge sprechen sogar von einer „Ästhetik des Rechts“.13 Nicht wenige Rechtswissenschaftler betonen, dass die Form und Gestalt des Rechts in beträchtlicher Weise dazu beigetragen habe, ein mentales Bild des Juridischen zu schaffen, in welchem die Idee der Transzendenz (Gott, Christus, Gerechtigkeit, Wille) vermittelt werde und für das Recht legitimatorische Funktion erhalte.14 Auch die Frage der Fiktionalität des Rechts wurde diskutiert und Kunst und Recht nicht als Antagonismen, sondern als Verbündete interpretiert. Ernst H. Kantorowicz hatte bereits darauf verwiesen, dass im 13. und 14. Jahrhundert die Rechtsausbildung für Humanisten und Künstler gleichermaßen Wissensgrundlage bildete und die Kunsttheorie mit den Theorien des Rechts in der Renaissance auffällige Analogien aufwies.15 Ian Maclean hat in seiner bemerkenswerten Studie Interpretation and meaning in the Renaissance: the

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Siehe beispielsweise den Beitrag von Austin Sarat in: Sarat und Simons, 2003, S. 1–34. Vgl. die Beiträge des Sammelbandes hg. von Goodrich et.al., 2008. Latour, 2002. Latour folgt in seiner Studie dem dekonstruktivistischen Ansatz Derridas und dessen archäologischer Grundfrage nach dem Ursprung des Rechts im Archiv. Ähnlich Cornelia Vismann, die sich in ihrer Studie mit den „Akten als Medientechnik des Rechts“ auseinandersetzt und den medienwissenschaftlichen Ansatz mit einer rechtswissenschaftlichen Analyse verbindet, siehe Vismann, 2000. Vismann, Weitin und Joly, 2007, S. 15. Siehe auch jüngst den Sammelband hg. von Leif Dahlberg, 2012. Vgl. Vismann, 2012 und den Sammelband von Douzinas und Nead, 1999, S. 1–15. „Visual images of law have contributed in a very important way to the creation of a mental image of law that supports the belief in an obligation to obey the law“, Nettel 2005, S. 136–149. Haltern spricht von dem „Glaubenssystem des Rechts“ das er kulturtheoretisch als „Erscheinung“ des Politischen begreift, vgl. Haltern, 2007, S. 23. Kantorowicz, 1961, S. 267–279.

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I. Recht vor Augen

case of law (1992) die Verschränkung der Rechtsausbildung zwischen 1460– 1530 mit dem universitären Curriculum und den „propädeutischen Disziplinen des Rechts“, wie der Grammatik, Logik, Dialektik, Theologie und Medizin, aufzeigen können.16 Sieht man von wenigen Ausnahmen ab, ist der Niederschlag der juristischen Ausbildung in Bezug auf die Theorien des Bildes bislang nicht systematisch untersucht worden, obgleich dies einige Anregungen für die ikonologische Forschung bieten würde.17 Aufgrund des weitreichenden Spektrums kann für das 16. Jahrhundert nur ein skizzenhafter Ausschnitt gegeben werden, der die theoretische Grundlage für die Untersuchung der Verschränkung von Bild und Recht im Motiv von Tyrann und Märtyrer schafft. Seit Beginn der Idee eines übergeordneten Rechtssystems, welches regulierend in das Zusammenleben einer Gemeinschaft eingreift, haben sich Juristen intensiv mit dem Aspekt der Form und der Visualisierung von gesellschaftlichen Normen gewidmet.18 Fundamente einer Bildabhängigkeit des Juridischen werden besonders von der humanistischen Jurisprudenz gelegt.19 Der europaweit angesehene Jurist Bartolus von Sassoferrato (1314–1375) ist als einer der frühen humanistischen Rechtstheoretiker zu nennen, der sich in seinen Schriften mit Fragen der Bildlichkeit des Rechts auseinandergesetzt hat und dessen Tractatus de insigniis et armis (1358) sich wie keine andere juristische Abhandlung mit der sichtbaren Welt der heraldischen Insignien und Zeichen auseinandergesetzt hatte. Bilder sollten als ordnungsstiftende Einheit juristischen Ambivalenzen entgegentreten.20 Bartolus zentrales Anliegen war es, die Rechtslehre als Wissenschaft (scientia) und Weisheit (sapientia) gegenüber der Theologie zu stärken.21 Dies wird besonders in seinem letzten Werk, dem Tractatus testimo­ niorum (um 1357) deutlich, in dem er die juristische Zeugenaussage kommen16 17

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Maclean, 1992. So über das Werk Leon Battista Albertis (1404–1472), der Grundprinzipien der künstlerischen Gestaltung mit den Methoden der Jurisprudenz verbunden hat. Zur Verbindung Jurisprudenz und Kunsttheorie bei Alberti siehe Choay, 1980, Choay und Paoli, 2006a, und bes. Mühlmann, 1981. Saura bringt die Verbindung zwischen Recht und Raum bei Alberti auf den Punkt: „Alberti finds in the vernacular laws, customs, traditions of both language and other behavioral forms, usage and use of space“, Saura, 1988, S. 8. Das Forschungsprojekt „Nomos der Bilder. Manifestation und Ikonologie des Rechts“ am Kunsthistorischen Institut in Florenz, Max-Planck-Institut, widmet sich dieser visuellen Kultur des Rechts und ihren theoretischen Grundlagen. Siehe grundlegend Hayaert, 2008 und jüngst Goodrich, 2013. Dass Bilder hierbei produktiv gewendet werden müssten, wird besonders in seinem Traktat Tyberiades deutlich. Bartolus bediente sich der Zeichnung und Geometrie, um komplexe juristische Probleme zu lösen. Er hatte bei den Franziskanern in Assisi eine Ausbildung in den artes liberales erhalten, bevor er im Alter von 14 Jahren eine Rechtsausbildung in Perugia begann, vgl. Walther, 1992, 889. Zur Biographie siehe Calasso, 1964, S. 640–669. Lepsius, 2004, S. 287–304.

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1. Quid est pictura? Veritas falsa: Zu Alciatos Emblematik

Bild 15  Antoine de Lafréry: Bartolus von Sassoferrato, in: Illustrium iureconsultorum imagines, 1566, Kupferstich, 21,4 × 15,7 cm.

tiert.22 Das Wissen über einen Tatbestand entstehe entweder durch die eigene Sinneswahrnehmung, also die Augen- und Ohrenzeugenschaft, oder durch die wissenschaftliche Argumentation und Überzeugungskraft. Entgegen dieser Be­ tonung auf die Sinne und Sichtbarkeit, zeigt das Porträt von Antoine Lafréry den Gelehrten mit niedergeschlagenem Blick und bringt auf diese Weise die dem Richter eigene Skepsis vor der sichtbaren Welt zum Ausdruck (Bild 15). Natur und Realität seien nicht einfach über die Erscheinungen zu erkennen, die per se unperfekt seien. In der Geste der halb geschlossenen Augen des Sassoferrato liegt eine Aufforderung an die Rechtsgelehrten und Richter, das „Sehen zu lernen“, was er selbst in seinen umfassenden Ordnungsversuchen von Farben und Formen anschaulich dargelegt hat.23 Auch der Jurist Andrea Alciato hatte in seinem Emblematus Libellus (1531) (Bild 16) den Versuch unternommen, komplexe juridische Fragestellungen in der Kombination von Bild und Text zu veranschaulichen, und prägte hierdurch

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Zuletzt ausf. zum Zeugenbeweis bei Bartolus vgl. die Studie von Lepsius, 2003. So sollte auch das richterliche Urteil mit niedergeschlagenen Augen verkündet werden. Vgl. die Beschreibung und Interpretation des Porträts bei Goodrich, 2014, S. 38–42.

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I. Recht vor Augen

Bild 16  Andrea Alciato: Emblematum liber, 1531, Titelkupfer, 8,4 × 14,3 cm, Augsburg.

nicht nur ein neues Rechtsverständnis, sondern erweiterte auch die Definition des Bildes. Die Distanz zu den äußeren Erscheinungen drückt sich bei Alciato in der Vorstellung des Bildes als „veritas falsa“ aus.24 Besonders Virginia Woods Cal­lahan hat in verschiedenen Einzelstudien gezeigt, wie juristische Konzepte von Alciato in eine Bild-Text-Kombination übertragen wurden.25 Seine Embleme 24 25

Alciato, 1552, S. 190. So z.B. Callahan, 1989 und dies., 1991, S. 255–270. Die erste Ausgabe von Alciatos Traktat war noch bilderlos. Siehe Prinz, 2009, S. 49f. Die Verschränkung von Emblem und Recht im humanistischen Umkreis des 16. Jh. untersucht Denis Drys­ dall und weist nach, dass Alciato bereits sehr früh in seiner juristischen Laufbahn über die Bedeutung des Bildes nachgedacht hat, Drysdall, 2003. Siehe zuletzt aus-

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1. Quid est pictura? Veritas falsa: Zu Alciatos Emblematik

sollten über Generationen die Idee einer universalen Umformung abstrakter Konzepte in eine Bildsprache oder ein Sprachbild prägen. Die hierfür gewählte Form eines dreigeteilten Bildaufbaus in ein über das Bild gesetztes Lemma (ins­ criptio), das sich darunter befindliche Ikon (pictura) und das Epigramm (sub­ scriptio) wurde ubiquitär rezipiert. Peter Goodrich hat herausgestellt, dass es Alciato als Erstem gelang, durch das Vor-Augen-Stellen juridischer Prinzipien in der unlöslichen Verbindung von Text und Bild, eine neue Wahrnehmung ethischer Überlegungen und Prinzipien zu schaffen, welche die Grundlage des europäischen Rechtsverständnisses bilden sollten.26 Diese Verbildlichung des Säkularrechts bewirkte eine verstärkte Rezeption des hierbei festgelegten Normenkanons. So bezeichnet Pierre Legendre das Emblem in seiner Essenz als den Übergang vom göttlichen zum menschlichen Recht, gar als den „Moment der Geburt einer juridisch-politischen Struktur“.27 Valérie Hayaert hat dies bekräftigt und zu zeigen vermocht, welche besondere und grundlegende Bedeutung die Emblematik für die Visualisierung der juridischen Norm gespielt hat.28 Vor dem Hintergrund einer wachsenden Ausdifferenzierung der Rechtsfälle und vermehrt gedruckter Dekrete und publizierter Schriften im Bereich des Rechts, die jede juristische Entscheidung vor den Vergleich mit unzähligen anderen Fällen stellten, hat bereits Leon Battista Alberti die Bibliothek des Juristen mit ganzen „Gebäuden und Kriegsmaschinen“ verglichen.29 Die emblematische Bild-Text-Logik erlangte Legendre zufolge eine normative Funktion, indem sie die Vermittlung zum Rechtstext übernahm, um über diese visuelle Transformation und „stille Beredsamkeit“ zum Habitus, den Institutionen des Sozialen, kurz: der Gemeinschaft vorzudringen30: „La question des emblèmes est si fondamentale, si directement liée à la dogmaticité, que la censure dont elle est l’objet dans les études […] constitue un silence fort éloquent.“31 Wohl kaum ein anderer Gelehrter als Alciato hat das neuzeitlich-humanistische Rechtsdenken so umfassend geprägt. Zusammen mit Guillaume Budé in Bour-

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führlich zum frz. Kontext Hayaert, 2008, die auf die emblematische Ausstattung des Corpus Iuris Civilis in der Ausgabe Senneton 1548–1550 verweist. Goodrich, 1990, S. 260. Goodrich hat in seinem jüngsten Buch „Legal emblems and the art of law“ die umfassende Bedeutung der Emblematik für die Herausbildung des modernen Rechtsdenkens analysiert, Goodrich, 2013. Legendre, 1994, S. 160–164 und Legendre, 2005, S. 221–246. Zur Rechtstheorie Legendres siehe Vismann, Lüdemann und Schneider, 2001. Hayaert, 2008. Leon Battista Alberti in De commodis litterarum atque incommodis (1428), zit. bei Hayaert, 2008, S. 186. Vgl. Campe, 1999, S. 18–20. Legendre, 2005, S. 86.

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I. Recht vor Augen

ges lehrend, ist er um 1530 für eine radikale Reform des Rechtswesens verantwortlich.32 Ihre „neue Schule“ kombinierte das Römische Recht mit dem philologischen Wissen und der Exegese klassisch-literarischer und historischer Quellen, und setzte sich mit den Prinzipien des Juridischen in ihrem allgemeinen und lebensweltlichen Kontext auseinander.33 Alciatos begriffliche Präzisierungen nahmen in Abgleich mit der klassischen Literatur etymologische und stilistische Korrekturen im Wortschatz der Jurisprudenz vor. Bilder dienten ihm dabei zur Ergänzung neuer wissenschaftlicher Methoden des Rechts. Aufbauend auf der ägyptischen Hieroglyphik und der Epigraphik sollte das Emblem für die humanistische Bildung und besonders die „moderne“ Idee des Rechtsgedankens von grundlegender Bedeutung werden.34 Charakteristisch für die in die Traktate juristischen Inhalts der Renaissance eingefügten Bilder war das Porträt, die Baumstruktur (arbores, figura) und die historische Szene, welche unterschiedliche Schauplätze der Justiz oder des Verbrechens zeigte und als emblemata klassifiziert wurden.35 Wo die Baumstruktur sich auf die ars memo­ rativa und das Erlernen juristischen Wissens bezog, hatten die oft als hieroglyphischer Rebus oder auch Wortspiel gezeigten emblemata eine hermeneutische Funktion. Alciato hatte mit der Emblematik eine Bildform entwickelt, die im Kern eine Auseinandersetzung mit und Vermittlung von juridischen Argumentationen darstellte. Sein erstes Emblembuch erschien in kurzer Zeit in über 200 Editionen.36 Der Titel „libellus“, der spielerisch „kleines Buch“ meint, kann in juristischer Terminologie auch mit „Anklage“ übersetzt werden.37 Diese doppelte, zwischen Spiel und Ernst changierende Bedeutung ist für Alciato charakteristisch. Die sich hier abzeichnende Form des mise en abyme findet ihre Entsprechung in dem Begriff des „Emblems“ nach einem juristischen Traktat Budés, den Adnotationes ad pandectas (1507), der hiermit das Mosaik oder auch die Intarsie, das eingesetzte verzierende Element bezeichnete.38

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Siehe grundlegend Kelley, 1970, S. 87–112. Zu Estoile, Budé und Alciato siehe Monheit, 1997. Kisch, 1969, S. 48f. Goodrich, 1996. Grundlegend zu den staatsrechtlichen Dimensionen im Werke Alciatos siehe den Artikel von Luig, 1999, S. 727–744. Zuletzt umfassender das Kapitel in Hayaert, 2008, S. 149–166. Ibid., S. 187. Die Erstauflage 1531 wird in Augsburg gedruckt, die Stadt, in der der von Karl V. einberufene Reichstag 1530 stattfindet und die Carolina beschlossen werden. Den Zusammenhang diskutiert Köhler, 2000. So Goodrich, 2006, S. 14f. Schöne, 1964, S. 57. Budé überarbeitete in diesem Werk erstmals die Lehr- und Lernmethoden des Römischen Rechts, Fumaroli, 1980, 446. Zum Emblem als Fragment siehe Kritzman und Plottel, 1981.

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1. Quid est pictura? Veritas falsa: Zu Alciatos Emblematik

Alciatos emblematische Bildform prägte die textuelle und visuelle Kommunikation der folgenden Jahrzehnte nachhaltig im gesamten europäischen Raum.39 Emblembücher, die sich ausschließlich mit rechtlichen Themen befassen, sucht man jedoch vergeblich.40 Vielmehr werden die juridischen Inhalte in unterschiedlichen Themenbereichen abgehandelt.41 Seine Embleme setzen sich weniger mit konkreten Rechtsfällen, als mit den wesentlichen moralischen Werten des Vertragsrechts auseinander und beziehen sich somit auf die Grundlagen des Staatswesens.42 Die Gemeinplätze von Alciatos Emblemata und Epigrammen rekurrierten auf allgemeine Rechtsgrundsätze, die mit Gesetzeskraft und Urteil verbunden werden, jene Probleme denen sich der Jurist intensiv gewidmet hatte.43 Im Gegensatz zu den bereits vorhandenen Illustrationen in Rechtstraktaten, die sich mit der göttlichen Gerechtigkeit auseinandersetzten, emblematisierte Alciato das säkularisierte Gesetz. Hierdurch wurde die Vermittlung von säkularen Rechtsgrundsätzen gestärkt und gleichzeitig auch der Tonfall der Doktrin geändert, die vorher in theologischen Traktaten eine dienstbare Form erhalten hatte.44 Da das Bild für die Vermittlung des wortgetreuen Rechtsgrundsatzes allein nicht auszureichen schien, wurde es durch einen Text begleitet, der die Darstellung ergänzt, aber nicht vervollständigt oder gar erklärt. Aus der Vielzahl der von Alciato verhandelten Einzelthemen seien nur einige in unserem Zusammenhang wesentliche Kategorien benannt. Bereits in der ersten Ausgabe von 1531 finden sich Embleme zum Thema der Figur der Gerechtigkeit im Allgemeinen (justitia), der Souveränität (princeps), der Eintracht (concordia), der guten Regierung (res publica), der Freundschaft (amici­ tia), der Feindschaft (hostilitas), der Weisheit (prudentia) und dem Studium des Rechts (studium).45 Hieraus ließen sich wieder zahlreiche konkrete Themen filtern, die einen Bezug zu den geläufigen Rechtstexten der Zeit aufwiesen: so das Emblem Nr. 32 „Bonis a divitibus nihil timendum“, das auf das Grundstücks-

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Zur Rezeptionsgeschichte Alciatos siehe Manning, 1985 und Goodrich, 2013. Zur juristischen Bedeutung der Emblemhandbücher siehe allgemein Röhl, 2007. Prinz hat eine hilfreiche Übersicht explizit juristischer Embleme zusammengestellt, Prinz, 2006, S. 121f. Eine der wenigen Ausnahmen ist die Ausgabe der Gebrüder Senneton des Corpus Iuris Civilis (1548–50), siehe Hayaert, 2008. Embleme mit Rechtsbezug müssen daher in Emblembüchern zu anderen Themenbereichen gefunden werden. Zum Bildgebrauch in Rechtsbüchern siehe besonders die Arbeit von Prinz, 2006. Vgl. Luig, 1999, S. 727–744. „They form one face of law, they offer an interior sense of the juridical tradition, they provide an intimate and above all an accessible account of what law is for.“ Goodrich, 2006, S. 14. Ibid., S. 18. Ibid., S. 14.

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I. Recht vor Augen

recht im Corpus Iuris Civilis Bezug nimmt (Bild 17).46 In der ersten Ausgabe des Emblematus Libellum zeigt dessen pictura auf der linken Seite das Mischwesen einer Harpyie mit drohend ausgebreiteten Flügeln, entblößter Brust und beharrten Tierbeinen. Ihr menschlicher Frauenkopf trägt langes windbewegtes Haar, ihr Unterkörper ist wie ein Fischleib geformt. Zwei davoneilende Flügelwesen im gegenüberliegenden Teil des Bildes, die sich im Lauf einander zuwenden, kämpfen gegen den starken Wind, den die Harpyie als Verkörperung des Sturmes hervorgerufen hat, doch erscheinen sie trotz allem relativ unbeschwert.47 Das Lemma, „Die Guten haben von den Reichen nichts zu fürchten“, mag diese Furchtlosigkeit der beiden Jungen begründen – die Anwesenheit des menschlichen Tierwesens jedoch bedarf einer Erklärung. Diese findet sich wiederum im Epigramm, das von Marius und Subbardus spricht, zwei wohlhabenden und „vor Gericht bereits bekannten“ Personen, die mit dem Autor des in Ich-Form verfassten Textes durch gemeinsame Grundstücksmauern verbunden sind.48 Durch den Bau von hohen Gebäuden nähmen sie ihm das Licht und er werde hierdurch, so beklagt sich der Autor, wie Phineus von den Harpyien vertrieben. Schutz gewähre ihm allein seine Ehrlichkeit und Redlichkeit, die ihn „wie Zetes und Calais“ schnell wie der Sturm machten.49 Die beiden gezeigten Söhne des Argonauten Boreas, die der Sage nach den blinden Phineus befreit hatten, werden somit nicht auf der Flucht, sondern im Aufbruch gezeigt.50 Die lauernde Harpyie wird zum Zeichen des Unrechts, das die Redlichen bezwungen haben. Hierbei erhält die Kopfhaltung der beiden ebenso eine Bedeutung wie ihr Lauf, da der eine von ihnen nach vorn, der andere zurück blickt. Auf diese Weise janusköpfig, deutet das Bild so die Überzeitlichkeit und Durchsetzungskraft des Guten an, das sich im sensus communis der Vermittlung zwischen äußeren Sinnen und dem gleichzeitig in die Zukunft und Vergangenheit blickenden Verstand offenbart. Das Epigramm schildert die Handlungen der beiden korrupten Reichen und fokussiert damit die Frage des Grundstücksrechts. Der Autor wird in der Rechtsstreitigkeit zum quaesitor, zum Untersuchungsrichter, der die zwischen Bild und Text verhandelte „Untersuchung“ leitet. Das Bild illustriert 46

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So in den Digesten, D.7.1.13. Ad Sabinum §7, ich beziehe mich hier auf die Interpretation von Callahan, 1991, S. 255–270. Eine systematische Untersuchung dieses Bezugs der Embleme auf die Rechtstexte steht noch aus. Die Harpyien werden in der Odyssee, XX, 61–82 als „Sturmwinde“ beschrieben. „Iunctus contiguo Marius, mihi pariete, nec non,/ Subbardus nostri nomina nota fori./ Aedificant bene nummati, sattaguntque vel ultro,/ Obstruere heu nostris undique luminibus./ Me miserum geminae, quem tamquam phinea restant/ Harpyae, ut propriis sedibus eiiciant./ Integritas vestra, atque animus quesitor honesti,/ His nisi sunt Zetes, his nisi sint Calais.“ Henkel und Schöne, 1996, Sp. 1635. Nach Ovid, Metamorphosen, 6.711–7.4. Zu Phineus Befreigung von den Harpyien durch die Argonauten vgl. Henkel und Schöne, 1996, Sp. 1634f. Der Sage nach richten sie „immer nach Osten ihren Lauf“.

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1. Quid est pictura? Veritas falsa: Zu Alciatos Emblematik

Bild 17  Andrea Alciato: Emblematum liber, Nr. 32: Bonis a divitibus nihil timendum, 1531, Kupferstich, 8,4 × 14,3 cm, Augsburg.

somit nicht, sondern wird „befragt“, indem der Text seinen Ausgang von dem in der pictura Abgebildeten nimmt und auf dessen verborgene, das Dargestellte übersteigende, juridische Bedeutung verweist. Der humanistische Sinn des Emblems Nr. 32 offenbart sich somit erst in der komplementären Gesamtheit der einzelnen Teile. Das geordnete Staatswesen, so wird suggeriert, schützt das Individuum vor der Ungerechtigkeit. Der Staat wird zum Garanten eines Rechtsfriedens, der seine Bürger, ob reich oder arm, gleichwertig behandelt.51 Dieser abstrakte Schutz des Bürgers wird in späteren Ausgaben des Libellus von der reinen „Garantie“ in eine Form der Wehrhaftigkeit umgemünzt. Spätere Ver51

Luig, 1999, S. 730. Hayaert, 2008, S. 149–156.

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I. Recht vor Augen

sionen dieses Emblems (hier 1536) vereinfachen die Bildaussage bzw. das con­ cetto dahingehend, dass die beiden, Zetes und Calais, mit Schwertern in den Händen kämpfend gezeigt werden, während sie die Harpyien – dem Mythos gemäß – durch die Landschaft jagen (Bild 18). Albrecht Schöne sieht den Grundgedanken der pictura darin, daß sie „res pictura“ und zugleich auch „res significans“ ist. So folgt bei der Betrachtung einer emblematischen Darstellung die subscriptio dem in der pictura Abgebildeten. Diese „ideelle Priorität des Bildes“ verlangt, dass das in der pictu­ ra Dargestellte als etwas wirklich Existierendes, als ein möglicher Teil der Wirklichkeit aufgefasst wird. Eine hierüber erzeugte „potenzielle Faktizität“ des Bildes werde in der subscriptio überwunden und dabei das „Sinnbild eines allgemeinen Lebensgeschehens“ entdeckt.52 Bei Alciato ist jedoch von einer concettistischen Emblemauffassung auszugehen: Für ihn ist der Begriff des Emblems mit dem Bild in Verbindung zu bringen, das ein „concetto“ illustriert.53 Den Text bezeichnet er wiederum als Epigramm, das den Gegenstand illustriert.54 Somit erhält das Bild keine das „Rätsel“ auflösende Funktion, sondern Text und Bild erhellen sich wechselseitig (illustratio).55 Die emblematische Kombination, die sich auf die Vermittlung des juridischen Sinnes über eine paradoxe Verschränkung des jocoserium, des ernsthaften Spiels, konzentriert, entwickelte Alciato in seinen Parerga weiter, in denen er seine juristische Methode mit der eines Malers vergleicht: „Ich habe hier die antiken Maler imitiert, die sich, wenn sie einen Helden malen […] nicht mit dem isolierten Motiv zufriedengeben, und als Ornamente einen Wald, Vögel, eine Landschaft und andere ähnliche Figuren hinzufügen, die sie selbst parerga nennen.“56 Seine Sammlung terminologischer Problemstellungen, in der er das Corpus Iuris Civilis philologisch-kritisch analysiert, folgt somit dem Prinzip, das Beiwerk als 52 53

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Schöne, 1964, S. 57. Dies hat Mario Praz im Kontext des Manierismus erklärt und hierbei dessen antididaktisch-moralische Wirkungsabsicht, und die Bedeutung des Witzes betont. Siehe die Studie von Praz, 1964. „The emblem […] is exactly the reverse of the epigram. […] Emblems are therefore things (representations of objects) which illustrate a conceit; epigrams are words (a conceit) which illustrate objects (such as a work of art, avotive offering, a tomb). The two are therefore complementary […].“ Praz, 1964, S. 18. Sowohl René Hocke (Manierismus in der Literatur, 1959), als auch Heckscher und Wirth erklären das Emblem ebenfalls als eine Form des Rätsels, in dem die Spannung zwischen Inscriptio und Pictura durch die Erläuterung in der Subscriptio aufgelöst wird, Heckscher und Wirth, 1959, Sp. 85–228. Andrea Alciato: Parergon juris libri duodecim, 1538, siehe hierzu Drysdall, 2003, S. 695–722. Übersetzung von André Tournon (ins Dt. übertragen CB), vgl. Hayaert, 2008, S. 156–158.

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1. Quid est pictura? Veritas falsa: Zu Alciatos Emblematik

Bild 18  Andrea Alciato: Livret des Emblemes, Nr. 32: Bonis a divitibus nihil timendum, 1536, Kupferstich, 6,48 × 11,56 cm, Paris.

zentrales Motiv und vice versa zu behandeln, um hinter die tradierte Bedeutung und Wahrheitsvorstellung zu gelangen. Emblem und Parergon sind in dieser Hinsicht vergleichbar.57 Die emblematische Struktur nimmt eine der Ordnung und Monophonie des Rechtstextes entgegengesetzte Position ein. Die doppelte Struktur eines Bildes, die sich aus der Zusammensetzung von zwei eigentlich inkompatiblen Formen ergibt, spiegelt die Opposition zwischen schriftlich fixierten Rechtsfällen und deren lebensweltlich und kontextuell sich ergebenden Abweichungen von der Rechtsrealität.58 In dieser Form des serio ludere oder auch 57 58

Ibid., S. 157. Ibid., S. 158.

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der „Diskontinuität einer Montage“, die nicht gemäß der gewohnten juristischen Darlegung oder des Diskurses funktioniert, sondern zwei Gegensätze miteinander kombiniert, gelingt Alciato eine kritische Hinterfragung der Norm, die auf dem Inventionsprinzip des Bildes basiert. Es ist die „Doppelnatur“ der Groteske, die zwei Formen miteinander vereint, die eigentlich unvereinbar sind, die mit den Eigenschaften eines Emblems am ehesten vergleichbar ist.59 Das Zusammentreffen der juristischen Grundsätze mit der Welt außerhalb dieses Rechtsrahmens, bilden in ihrer Polyvalenz die Grundlagen einer neuen Rechtsauffassung. Es ist die Doppelgesichtigkeit des Emblems, die über die Kombination der studia humanitatis und des Rechtswissens die juridische Struktur widerspiegelt und im „libellus“ selbst als Figur auftaucht. Der Janus bifrons (Bild 19), der hier hoch über der Landschaft schwebt und am Halsansatz vom Körper gelöst ist, zeigt einen auf die Welt rundumblickenden, körperlosen, doppelgesichtigen Kopf des Gottes Janus. Der Text spricht über die Weisheit (prudentia), deren „Bildnis die Menschen darüber belehrt, dass sie ein wachsames Auge ganz um sie herum behalten sollen“.60 Die Darstellung des Januskopfes vermittelt zwischen Text und Subjekt, zwischen Erfahrung und Symbol. Erwin Panofsky verwies auf Alciatos Umdeutung des Januskopfes in einen Prudentiatypus, der nicht den antiken Quellen entnommen sei, sondern der scholastischen Moraltheologie.61 Präziser gefasst verweist Alciatos Januskopf jedoch auf die scholastische Jurisprudenz selbst. So bezeichnet „prudentia“ in der Rechtswissenschaft die „einzelfallbezogene Sorgfalt“.62 Bereits Bartolus von Sassoferrato hatte nach den Verbindungen zwischen juristischem Wissen und den menschlichen Handlungen gesucht und die Jurisprudenz als rationale Wissenschaft begriffen, welche die sozialen Aspekte mit zu berücksichtigen habe. In seinem Zeugentraktat Tractatus testimoniorum (um 1357) wird „prudentia“ als die Sorgfalt bestimmt, die sich durch das Erinnerungsvermögen (memoria) und das Erkenntnisvermögen der Gegenwart (intelligentia) auszeichnet. Die für die Handlungen bedeutsame intelligentia, welche die Belehrung durch andere (docilitas) und die eigene Erfahrung (experientia) mit einschließt, ergebe sich allein durch die hieraus

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Hayaert bringt dies in Zushg. mit der Renaissance-Groteske, die für eine Negation der Repräsentation steht, die einer Bildordnung, die den herkömlichen Perspektivund Kompositionsgesetzen entgegengesetzt ist, und ebenso für die Inversion von Accessoire und Hauptmotiv, von storia und Ornament steht. Hayaert, 2008, S. 158. Andrea Alciato, Emblemata, 1550, S. 24. Motto: Prudentes. Problema, Epigramm: „Iane bifrons, qui iam transacta, futuraque calles,/ Quique retro sannas (sicut et ante) vides,/ Tot te cur oculis, tot fingunt vultibus? an quod/ Circumspectum hominem forma fuisse docet ?“, vgl. Henkel und Schöne, 1996, Sp. 1818. Panofsky, 1930, S. 1. Lepsius, 2003, S. 231f.

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1. Quid est pictura? Veritas falsa: Zu Alciatos Emblematik

Bild 19  Andrea Alciato: Emblemata, Nr. 24: Janus Emblem, 1550, Kupferstich, 9,98 × 15,49 cm, Lyon.

schlussfolgernde Erfindungskraft, die „inventio“.63 Sorgfalt wird bei Bartolus auch als zukunftsgerichtetes Erkenntnisvermögen definiert, eine der wesentlichen Tugenden politischen Handelns im späten Mittelalter, die durch zunehmende Verschriftlichung der justizialen Verwaltung Priorität erlangte.64 Die Umsicht (circumspectio) und Vorsicht (cautio) sind hier erforderlich, um Hindernisse zu vermeiden. Alciatos Emblem stellt somit die Sorgfalt in ihrer juristischen Problematik dar. Der Blick des rechten Kopfteils wird gleichsam gebremst

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Diese Idee der sich aus der Gegenüberstellung von docilitas und experientia ergebende, inventive Schlussfolgerung findet sich bereits bei Thomas von Aquin, Sum­ ma theologica, S. 234. Vgl. auch Yates, S. 1966, 71. Vgl. den Artikel von Behrmann, 1992, S. 26–53.

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durch einen jäh ansteigenden baumbewachsenen Felsen; der Blick des linken Gesichtes geht weit über eine hügelige Landschaft hinaus, über der bewegte Wolkenfelder und eine Vogelformation ziehen, die auf Zeit und Vergänglichkeit anspielen. Die im Epigramm erwähnte circumspectio zeigt die Rundumsicht des Kopfes, die wie hier im verstellten Blick zwar eingeschränkt werden kann, doch durch das Gegenstück der zukunftsgerichteten Vorsicht erhalten bleibt. Wo das Epigramm die Schlüsselworte der Idee benennt, zeigt sich die inventive Schlussfolgerung, die die intelligentia und folglich die Handlung hervorbringt, sowohl in der Verbindung der beiden Köpfe als auch in der Montage des Kopfes in die Landschaft, kurz: im Bild.

2. Zeichenlehre und Spiegeltheorie der Conimbr icenses Die von Alciato angestoßene humanistische Prüfung des Rechts durch das Bildprinzip hatte weitreichende Folgen. Mitte des 16. Jahrhunderts, parallel zu den Staatsbildungsprozessen, begann auch die post-tridentinische Kirche sich mit der Positivierung von Normen auseinanderzusetzen. Da die rechtliche Kodifizierung des sozialen Zusammenlebens den weltlichen Regierungen vorbehalten war, konzentrierte sie sich auf die ethische Seite dieser Normierung. Sie übertrug die Rechtsprechung auf das „innere Forum“ und verstärkte die Bedeutung der Beichte und des damit einhergehenden juridischen Profils. Hieraus entwickelte sie eine Alternative sowohl zum staatlichen als auch zum kanonischen Recht.65 Wie Paolo Prodi herausgestellt hat, war das Tridentinische Konzil ausschlaggebend für einen grundlegenden Wandel der Tradierung des kanonischen Rechts, da die Konzilsdekrete unabhängig vom Corpus iuris canonici entstanden waren: Glaubensnorm und Verhaltensvorschrift wurden in neuen Standardwerken miteinander verzahnt.66 Hierdurch veränderten sich die wissenschaftlichen Grundlagen der kanonischen Gesetzgebung in fundamentaler Weise: Die Beschlüsse der Konzilskongregation gelangten nicht mehr wie andere canones an die gelehrte universitäre Öffentlichkeit und so wurde eine kritische Wissenschaft in Glossen und Kommentaren unmöglich. Ein Beispiel für diese Entwick65 66

Prodi, 2003, S. 200f. Solcherart waren der Catechismus Romanus, das Breviarium Romanum oder auch das Rituale Romanum, das die kultischen und liturgischen Belange vereinheitlichte. Prodi, 2003, S. 202. Zum Konzil und dem Bilderdekret, grundlegend Jedin, 1963. Die Literatur über die Auswirkungen des Konzils auf die Kunstproduktion ist immens, sodass sie hier nicht im Ansatz anzuführen ist, siehe exemplarisch Prodi, 1984. Sowie die weiterhin einen fundierten Überblick gebende Studie von Hecht, 1994 (letzte Auflage 2012).

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2. Zeichenlehre und Spiegeltheorie der Conimbricenses

lung ist das viel diskutierte tridentinische Bilderdekret, das, obgleich sehr deutlich in der Bestimmung, was ein Bild im liturgischen Kontext zu sein habe, keinen Sturm auf die Bilder ausgelöst hat, um diese nach den Vorgaben zu verändern. Schritt für Schritt wurde dem kanonischen Recht insgesamt die Grundlage entzogen und eine Modernisierung des Rechtssystems dadurch gebremst. Die Kirche sollte sich auf die Lebenswelt ihrer Glaubensanhänger und auf ihre Rolle als Bußforum konzentrieren, welches das Verhalten und die Disziplinierung kontrolliert. Parallel zum profanen Rechtssystem agierte nun eine Kultur des Juridischen, die den Beichtvater zum Richter bestimmte, und die Absolution zum actus iudicalis erhob, einem „Urteil, das im Namen Gottes gesprochen wird“.67 Auf dieser Grundlage, die die diskursive Debatte über juristische Prinzipien ausschloss, vollzog sich eine auf Bild und Zeichen orientierte Auseinandersetzung über die Prinzipien des Rechts. Die Geschichte des Bildes ist seit jeher mit der des Zeichens verknüpft. Dabei gehen die Meinungen über die Art dieser Verbindung konträr auseinander: Auf der einen Seite werden die Zeichenhaftigkeit und die sinnliche Wahrnehmung als zwei Grundkonstanten des Bildes definiert68 und auf der anderen werden Bilder und Zeichen in Opposition zueinander gesetzt.69 Gerade durch die Auseinandersetzung mit dem Bild „als“ Zeichen wäre dieses in seinem Funktionszusammenhang und dem Prozess seiner Entstehung zu betrachten, fernab von bloßer formalistischer und autonomer Idealisierung, wie Mieke Bal es formuliert hat.70 Hans Belting geht davon aus, dass Bilder grundsätzlich „mehr“ als Zeichen seien, da sie nicht konvertierbar sind und sich auf das beziehen, was sie abbilden, während Zeichen sich auf etwas anderes beziehen. Der Bilderstreit sei durchzogen von der Opposition von Bild und Zeichen, da Ikonoklasten die Zeichen bevorzugen würden, mit denen sie vor den Bildern „sicher sind“. Zeichen, nach Belting, seien keine Bilder, „oder es sind purifizierte und abstrahierte Bilder, die skelettiert und entkörperlicht werden, um in der verbalen Kontrolle zu bleiben“.71 Die Debatte um Bild oder Zeichen reicht weit bis in die heutigen Aus-

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Dies führt zu einer „Denaturierung des kanonischen Rechts als Wissenschaft“, vgl. Prodi, 2003, S. 204. Zu den Auswirkung des Konzils siehe bes. die Beiträge des Tagungsbandes Prodi und Reinhard, 2001. Sinn und Bedeutung der Bilder stellen sich nur kraft ihrer Eigenschaften als Zeichen her, die wiederum in einem prozessualen Zusammenhang gesehen werden müssen. Abel, 2005, S. 17. Zitat Ernst H. Gombrich: „Das Zeichen engagiert unseren Verstand, das Bild unsere Phantasie.“ Gombrich, 1994, S. 48f. Bal, 1998, S. 74. Belting sieht in der Geschichte des Bilderstreits den Versuch, Bild und Zeichen gegeneinander zu setzen. Auch er sieht die „Ambivalenz“ des Bildes als Grund für

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I. Recht vor Augen

einandersetzungen um die Frage, was ein Bild sei.72 Einige Positionen haben darauf verwiesen, dass die einflussreichsten kunsthistorischen Schriften des letzten Jahrhunderts, wie die von Alois Riegl (1858–1905) und Erwin Panofsky (1892–1968), mit den Zeichentheorien von Charles Sanders Peirce (1839–1914) und Ferdinand de Saussure (1857–1913) in Verbindung zu bringen seien.73 Auch Meyer Schapiro hatte 1969 in seiner Kritik an der Ikonographie die Auseinandersetzung mit der Zeichenlehre Saussures zum Anlass genommen, sich den nicht-mimetischen Aspekten des Bild-Zeichens zuzuwenden.74 Er stellte die „formalen“ Aspekte des Bildes heraus, die im Gegensatz zur ikonographischen Analyse nicht zu einer direkten Interpretation führen, um das Bedeutungsfeld von Bildern fernab der mimetischen Figuration zu erweitern. Besonders Ernst H. Gombrich, der Bezug nahm auf die Theorien seines Lehrers, des Sprachtheoretikers Karl Bühler, und dessen Überlegungen zum triadischen Sprachmodell (Sender, Empfänger, Gegenstand), basierte seine Überlegung zum Wesen des Bildes auf die Unterscheidung von Zeichen und Symbol: „[…] all images are signs, and the discipline that must investigate them is not the psychology of perception – as I had believed – but semiotics, the science of signs.“75 Die triadische Struktur des Zeichens nach Peirce hat die Kunstgeschichte in ihrer Funktionsanalyse der Kunst tief beeinflusst, da der hierin als dynamisch beschriebene Prozess die Produktion und Rezeption des Zeichens gleichermaßen beachtet.76 Dies betrifft in besonderem Maße die Ikonologie nach Aby M. Warburg und seines Hamburger Umkreises. Wie John Krois dargelegt hat, entwickelten Ernst Cassirer und Peirce unabhängig voneinander ein semiotisch-philosophi-

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die Unvereinbarkeit mit der Semiotik. Siehe den Artikel von Belting, in Majetschak, 2007, S. 31–48. Vgl. die Beiträge des Sammelbandes hg. von Majetschak, 2007. Zur Kritik an einem eng semiotisch bestimmten Repräsentationsbegriff der Theorie Saussures folgend, siehe Bredekamp, 1995. Zu Peirces Beschäftigung mit Bildern siehe jüngst den Sammelband von Engel, Queisner, Viola, 2012. Vgl. die Positionen von Hasenmueller, 1978; Iversen, 1979, S. 66f; Holly, 1984, S. 42–45 und besonders Bal und Bryson, 1991, S. 174–208, sowie Bal, 1998, S. 74–93. Viola bekräftigt die Nähe zwischen Panofsky und den Schriften von Peirce, vgl. Viola, 2012, S. 6–31. Schapiro, 1969, S. 232–242 und Schapiro, 1973. Gombrich, 1959 (2000), XXV. Siehe Woodfield, 2011, S. 1. „Peirce‘s theory is characterized by a trichotomistic structure that accounts for the ways signs function. Peirce‘s view is primarily dynamic; it describes the process of signification, which is called ‚semiosis‘.“ This process involves the production and the interpretation of signs, both equally fundamental. Hence, this theory provides a logical basis for a reader, or reception-oriented theory of art.“ Bal und Bryson, 1991, S. 174–208.

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sches Programm, das sich nicht allein auf die Ideen stützt, sondern auf Zeichen und Symbolen basiert.77 Die triadischen Theorien der Zeichen und Symbole bei Cassirer und bei Peirce sind hierbei als sehr ähnlich zu beschreiben. Ohne an dieser Stelle, Krois’ Ergebnissen folgend, weiter ins Detail gehen zu können, soll auf die ihnen gemeinsame, frühneuzeitliche Konstante dieser Zeichendefinition verwiesen werden: Wie John Deely und Mauricio Beuchot herausgestellt haben, bezieht sich Peirce auf eine Zeichentheorie des 16. Jahrhunderts,78 die sich erstmals aller äußeren sprachlichen wie visuellen Zeichen gleichermaßen angenommen hatte und über Peirce auch für die moderne Jurisprudenz bedeutsam werden sollte.79 Diese umfassende Theorie des Zeichens war von zwölf jesuitischen Ge­ lehrten des Colegio Real von Coimbra in Portugal in einem Kapitel ihrer Schrift In universam Dialecticam Aristotelis Stagiritae zwischen 1591 und 1606 entwickelt worden.80 Bereits Loyola bestimmte die aristotelischen Schriften als Studiengrundlagen der Ordensausbildung.81 Unter der Leitung von Pedro da Fonseca (1528–1599), der selbst verschiedene Theorien über das Zeichen entworfen hatte, arbeitete die Gruppe seit Anfang der 1560er Jahre daran, ein umfangreiches Lehrgerüst für die jesuitischen Ausbildungsstätten zu entwerfen, um die Lehre zu vereinheitlichen.82 Aus diesem Netzwerk von Gelehrten verschiedener Disziplinen sollte auch die Ratio Studiorum hervorgehen, jener

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Krois, 2004, S. 14–33. Wiederabdruck in Krois, 2011, S. 92–113, hier: S. 95. Zwischen 1867 und 1871 hat Peirce wiederholt auf den Curso Conimbricenses zurückgegriffen und auf das Kapitel „De Signis“ als Weiterentwicklung der Logik Thomas von Aquins. Siehe Beuchot und Deely, 1995, S. 539–566, hier 552. Siehe auch Deely, 2011, S. 140, Anm. 29. Zu Peirces Zeichentheorie und der Naturrechtsdebatte, siehe Krois, 1981, S. 16–30, der jedoch nicht frühere Zeichentheorien als die des 19. Jh. miteinbezieht. „Peirce should be regarded as a foundational figure in a history of legal realism and modern jurisprudence“, siehe Sykes, 2008, S. 103–116. Commentarii Collegii Conimbricensis e Societate Jesu. In universam Dialecti­ cam Aristotelis Stagiritae, 1607. Mitglieder dieser Gruppe waren Sebastian de Couto, Cosmas de Magelhaes, Balthasar Alvarez und Emmanuel de Goes. Die Zeichentheorie der Conimbricenses war ein Werk über die Aristotelische Logik. Das hierin enthaltene Traktat über die Zeichen formte auch Grundlagen calvinistischer Ideen und war bedeutsam für Leibniz und Locke, Doyle, 1984, S. 567–576; MeierOeser, 1997, S. 173ff. Der Aristotelismus des Jesuitenordens ist in der Philosophiegeschichte umstritten. Einerseits schienen sie die Schriften des Aristoteles nicht zu interpretieren, sondern vielmehr für ihre Doktrin zu „benutzen“ oder zu „missbrauchen“ (so z. B. Kessler in „The Cambridge History of Renaissance Philosophy“). Andere Stimmen verteidigen jedoch die Kommentarwerke und arbeiten die konstruktive und argumentative Seite heraus. Hieran waren Gelehrte wie Cypriano Soáres (Rhetorik) oder Jerónimo Nadal (Theologie) beteiligt, vgl. Martins, 2006, S. 101–117.

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universitäre Lehrplan der Jesuiten, der 1581 von General Acquaviva in Auftrag gegeben wurde und für den Orden bis in das 18. Jahrhundert verbindlich blieb.83 In den Jahren dieses Generalats, 1581 bis 1615, wurde der Orden in Bezug auf eine transnationale Vernetzung und die Kanonisierung des gemeinsamen Wissensbestandes maßgeblich strukturiert, wobei die neue Theorie des Zeichens eine fundamentale Bedeutung erhalten sollte.84 Der Zeitraum kann mit Recht als die Epoche einer „ersten Globalisierung“ bezeichnet werden.85 Jesuiten, Franziskaner und Dominikaner stärkten ihre Präsenzen in den „neuen“ Kontinenten, von den Ländern Amerikas bis hin nach Asien. Innerhalb einiger Orden wurden während dieser Jahre grundlegende Reformen vorgenommen, die sich an den Methoden und Modellen der Missionierung der Jesuiten ausrichteten.86 Noch vor der Institutionalisierung eines steuernden Organs der weltweiten Mission, von 1580 bis zur Gründung der Propaganda Fide Kongregation im Jahre 1622, multiplizierte sich die Anzahl der Verbände, welche die Missionen organisierten und ausführten.87 Ab den 1580er Jahren entwickelte sich der Jesuitenorden von seiner römischen Zentrale aus zu einer administrativ bedeutungsvollen, strategisch und weltweit agierenden Institution.88 Dieses Verdienst ist weitgehend der straffen Organisation und verstärkten internen Gesetzgebung Acquavivas anzurechnen, dem es gelang, über eine gezielte Verwaltung des Ordens ein internationales Informations- und Kommunikationsnetzwerk aufzubauen. Für den missionierenden Jesuitenorden wird die „Delegation des Augenscheins“ über Schrift- und Bildmedien in diesen Jahren seines Generalats als strukturelles Prinzip der Informationsvermittlung und Herrschaftssicherung von grundlegender Bedeutung.89 Da der an der Spitze der inneren Hierarchie stehende Ordensgeneral persönlich niemals zu den vielen, in 83

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Bereits in den Constitutiones des Ordensgründers Ignatius von Loyola ist das Erziehungsideal der Ausbildung angepeilt, 1551 skizziert und bis zu seinem Tod 1556 mehrmals überarbeitet. 1581 gibt Acquaviva die Erarbeitung dieses Studienplanes in Auftrag und eine erste Version ist bereits 1586 zur Hand. Offiziell wurde die Ratio Studiorum nach einigen Überarbeitungen 1599 freigegeben. Siehe Fitzpatrick, 1933, Giard, 1993, S. 131–148 und Giard, 1995. Siehe grundlegend Duguet, 1927. Zur Person Acquavivas siehe Rosa, 1960, 168–78 und Fois, 2001, 199–213. Zu seiner von Francesco Sacchini verfassten Vita vgl. die kommentierte Ausgabe von Guerra, 2001. Zuletzt umfassend zum Generalat Claudio Acquavivas die Beiträge des Tagungsbandes hg. von Broggio, Cantù, Fabre u. a., 2007. Gunn diskutiert die Zeit von 1550 bis 1620 als die Phase einer „ersten Globalisierung“, Gunn, 2003. Vgl. Prosperi, 1992, S. 189–220. Metzler, 1971, S. 38–78. Burke, 2002, S. 253–270. Zum Vernetzungsgedanken und der Bedeutung für die von den Jesuiten geprägte Wissenschaftsgeschichte siehe Harris, 1996, 287–318. Friedrich hat jüngst umfangreiche Studien zu den Netzwerkstrategien und dem weitgespannten Administrati-

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aller Welt verteilten Jesuitenkollegien reisen konnte, sollte eine streng eingeforderte, systematische Korrespondenz und Berichterstattung an die römische Zentrale seine Präsenz ersetzen.90 Der Ersatz für eine Präsenz des obersten Würdenträgers durch die kommunikative Tätigkeit der Agenten, die den General regelmäßig in Form von Briefen über die personellen, finanziellen oder materiellen Fakten ihres Kollegs informierten, änderte das gouvernementale Verständnis fundamental. Die körperlich präsente Führungsperson, die in Visitationen begutachtete und befahl, wandelte sich zu einem „papiernen Oberen“,91 der in Form von ihm überbrachten Auflistungen quantitativer Fakten über die Institution (catalogo/lista) und den auf das individuelle Ordensmitglied bezogenen Charakterisierungen bezüglich Leistung oder Fähigkeit (informatio) einen Überblick erhielt. Diese Art der Intensivierung einer neuen Kategorisierung und Informationsvermittlung ist charakteristisches und erfolgreiches Mittel der jesuitischen Netzwerkstrategie, die man auch im Sinne Bruno Latours als Aufbau eines „long-distance networks“ beschreiben kann.92 In einer Rede über das Leitbild des Ordens verglich Acquaviva diesen mit einem „Uhrwerk“ und griff hiermit einer Maschinenmetaphorik voraus, die erst die Politiklehre des folgenden Jahrhunderts auf das Gemeinwesen anwenden sollte.93 Die päpstliche Zentralgewalt wurde mithilfe der unter Acquaviva weiterentwickelten Missionierungsstrategien der Jesuiten gestärkt, sodass man von einem „neuen Universalismus“ sprechen kann, der das päpstliche Primat auf der ganzen Welt forcierte.94 Die Beziehung zwischen Papsttum und den Orden intensivierte sich, da durch die neu geschaffenen römischen Kongregationen und Nuntiaturen sich eine stärkere päpstliche Verfügungsgewalt auftat. Die apostolischen Nuntien dienten als Überwachungsorgane der Missionare im eigenen Land aber auch für diejenigen Gläubigen, die sich aus diesen Ländern in andere Regionen aufmachten, um zu bekehren.95 Wie Pizzorusso herausgestellt hat, machten unterschiedliche rechtliche Entwicklungen an der römischen Kurie, die Einfluss nahmen auf die diversen Handlungsräume der Missionare, eine übergeordnete Struktur ad hoc und die Zentralisierung der Gesetzgebung der Missionsarbeit notwendig.96 Unter Gregor XIII. wurde dieser Austausch

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ons- und Informationssystem der Jesuiten vorgelegt, siehe Friedrich, 2008, S. 109– 136 und Friedrich, 2011. Friedrich, 2008, S. 121. Zu der jesuitischen Netzwerkstrategie siehe auch allgemeiner Burke, 2002, S. 253–270 Friedrich, 2008, S. 111. Ibid., S. 117. Siehe Harris, 1993, S. 289. Friedrich, 2011, S. 41 und S. 77. Vgl. den Beitrag von Pizzorusso, 2007, S. 55–85. Pizzorusso, 2007, S. 56. Diese Form der Zentralisierung hatte bereits Acquavivas Amtsvorgänger Francesco Borgia unter Papst Pius V. in Angriff genommen.

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zwischen Papstamt und Jesuitenorden auf dem Feld der Missionierung im geographischen wie auch institutionellen Sinne ausgebaut. Unter dem Boncompagni-Papst wurden in Rom schließlich verschiedene Nationalkollegien gegründet, wie das Papstporträt Alfonso Chacóns anschaulich zeigt. Im Rahmen sind in zahlreichen kleinen Abbildungen die wichtigsten Handlungen und Stiftungen Gregors XIII. zu sehen (Bild 20): so werden die Gebäude des Collegio Greco, des Collegio Germanico et Ungarico, oder des Collegio Inglese angeführt, in denen junge Novizen in Rom auf die Missionierung in diesen Ländern vorbereitet werden sollten, was zu einem wichtigen Fundament für die Propaganda Fide Kongregation wurde.97 Auch andere Kongregationen, die unter Gregor neu gegründet wurden, wie die Ende 1573 eingerichtete Congregatio Germanica, die zur Aufgabe hatte, die Bearbeitung der Anträge und Gesuche aus den reformierten Ländern zu übernehmen, dienten der Zentralisierung des päpstlichen Einflusses auf diese Länder.98 Nicht unerheblich ist auch Gregors Förderung der Produktion von Drucken für diese Missionsarbeit, in die er nicht weniger als 100.000 Dukaten investierte. Hierzu zählen bekannte Editionsprojekte, wie die 1584 gegründete „Tipografia Medicea Orientale“ des Kardinal Ferdinando de Medici, die sich der Übersetzung religiöser und wissenschaftlicher Texte ins Arabische widmete.99 Auf fast allen Ebenen von Wissenschaft, Pädagogik, Politik und Kunst gewährte die Societas Iesu eine außergewöhnliche Autarkie, welche lokal wie global Wissensnetzwerke förderte und Lehrgebäude institutionalisierte.100 Zu­ sammen mit der Verbreitung der Constitutiones stellten der Aufbau und die einheitliche Organisation des Schulwesens seit Anbeginn oberste Ziele des Ordens dar.101 In Missionsanstalten, die nach dem Vorbild des Collegio Romano angelegt waren, arbeiteten die Ordenslehrer zusammen mit der dort ansässigen Inquisition und bestimmten die Lehrinhalte neu. Das Kolleg in Coimbra, an das der Theologe und enge Vertraute Ignatius von Loyolas Jéronimo Nadal (1507– 1580) geschickt wurde, um sich des Lehrplanes und der Organisation dieser Aus­­bildungsstätte anzunehmen, wurde bald zu einer Vorzeigeinstitution des

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Zur weiteren Entwicklung und „Akkulturation“ des Jesuitenordens, siehe Reinhard, 1976, S. 535–575. Hierzu Krasenbrinck, 1972. Siehe jüngst den Ausstellungskatalog „Le Vie delle Lettere“ der Biblioteca Laurenziana in Florenz, Farina und Fani, 2012. Siehe den Artikel von Harris, 1996, S. 287–318. Zum Verständnis des jesuitischen Einflusses sind weiterhin fundamental die Beiträge des Tagungsbandes über den Einfluss des Jesuitenordens in den Bereichen Kultur, Kunst und Wissenschaft von O’Malley et.al., 1999. Zu den Grundlagen der jesuitischen Pädagogik siehe Codina-Mir, 1968. Vgl. auch jüngeren Datums Loach 2006, S. 66–85.

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Bild 20  Alfonso Chacón: Gregor XIII., ca. 1590, Holzschnitt, 24 × 28,5 cm.

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Ordens.102 Hier wurde das Gewicht auf die edukative Förderung der Jüngsten des Ordens gelegt. Die Schule war mit dem Waisenhaus verbunden, aus dem die besten Schüler ausgewählt wurden, um nach ihrer Ausbildung auf Missionsreisen in die Welt geschickt zu werden. Dieses Anwerben der Jüngsten und die den strengen Ordensmaßstäben folgende Erziehung, um deren Verbreitung sich Nadal in Spanien und Portugal gekümmert hatte, sollten bald zu einem mächtigen Vorteil des Ordens werden, worüber sie mit den anderen Bildungsstätten in Konkurrenz traten.103 Claudio Acquaviva setzte zum einen auf die schulische und universitäre Ausbildung der neu gegründeten Kollegien in verschiedenen Ländern außerhalb Italiens und etablierte zudem während der Zeit seines Generalats vor Ort in Rom ein dicht gesponnenes Netzwerk für die Konstituierung von Mission und Lehre, das weltweite Bedeutung erhalten sollte. Er lud systematisch die bedeutendsten Gelehrten aus unterschiedlichen europäischen Ländern an das Collegio Romano, die dort lehren und forschen sollten.104 Ignatius von Loyola hatte seine Novizen lediglich auf informelle Weise angewiesen und nur verstreute und allgemein gehaltene Instruktionen hinterlassen, die für die stetig wachsende und mittlerweile in vielen Ländern der Welt ansässige Gesellschaft Jesu bald nicht mehr ausreichend waren.105 Deswegen war schon seit Längerem der Wunsch nach einer „allgemeinen Anweisung“ laut geworden. Erst unter Acquaviva sollte 1599 die von den Conimbricenser Gelehrten erarbeitete Ratio studiorum, jene Magna Charta der jesuitischen Erziehung, nach jahrzehntelanger Arbeit zu Druck gebracht werden.106 Diese reformierte und vereinheitlichte das philosophische Curriculum. Bis dato hatten nur die Fächer Physik, Dialektik und Rhetorik daran Anteil, die nun durch umfassende Aristoteles-Kommentare ergänzt wurden.107 102

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Zur Chronik des Kollegs siehe Teles, 1645, Bd. 1, Kap. 19–20. Sowie Aldira, 1996, S. 30–36. Nadal verfasste unter anderem den massgeblichen Studienplan für das Jesuitenkolleg in Messina, der als De ratione studiorum Collegii Messanensis zum Modell für das Collegio Romano wurde. Zu Nadal und der ersten Generation des Ordens siehe Bangert und McCoog, 1992. Zupanov, 2005. Broggio, 2001, S. 81–120. Siehe die Beiträge des Sammelbandes über das Generalat Acquavivas in Broggio et.al., 2004. Insolera, 2004, S. 191–209. Ratio atque institutio studiorum, MHSI, 1586. Nadal hatte eine Studienordnung zu Lebzeiten des Ignatius für das erste Jesuitenkolleg in Messina erstellt (De stu­ diis Societatis Jesu, 1548), die die Grundlage für das Collegio Romano bildete, die ignatianische Stiftung, die von Gregor XIII. 1564 zur päpstlichen Universität erklärt wurde. Siehe ausführlich Farrell, 1938 und Romano 2002, S. 47–83, sowie die Beiträge des Sammelbds. Hinz, Righi und Zardin, 2004. So z.B. Petrus de Fonseca, Institutiones Dialecticae, 1592 oder Francisco Suárez, Disputationes Metaphysicae, 1597. Vgl. Kremer, 2008, S. 31.

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Auch renommierte Denker wie Francisco Suárez beteiligten sich an den Überarbeitungen (1586 und 1591) der ersten Studienordnung. Die Ausgestaltung der Noviziate und deren Kirchenräume fallen in diese Zeit der Reform des Studienwesens. Gleichzeitig wurde eine Bildproduktion angeregt, die sich der Pädagogik verschrieben hatte, mit dem Ziel, Wissen direkt zu vermitteln, wobei sie hierbei insbesondere auf eine Text-Bild-Kombination setzte, die der Emblematik entlehnt war.108 Posthum war Nadals, für diesen Zusammenhang viel zitierte, Schrift Evangelicae historiae imagines im Verlag von Martin Nutius 1593 erschienen, eines der bedeutendsten Druckprojekte des ausgehenden 16. Jahrhunderts, das die Bildproduktion in verschiedenen Ländern geprägt hat (Bild 21).109 Der Pädagoge Nadal gilt als der Erfinder eines neuen Bildmediums, das die Praxis der Gedächtniskunst mit der ignatianischen Meditationstechnik verband. So urteilte Matteo Ricci über den Wert dieses neuen Mediums: „Dieses Buch ist in dem Sinn von größerem Nutzen als die Bibel, dass wir, wenn wir gerade dabei sind (denen, die bekehrt werden sollen) zu predigen, ihnen auch die Dinge direkt vor Augen führen können, die mit Worten nicht allein verständlich gemacht werden können.“110 Die hier versammelten Abbildungen können zwar nicht als „Embleme“ bezeichnet werden, doch sie orientierten sich an dem dreigeteilten emblematischen Bildaufbau von imago, subscriptio und motto. Zusätzlich verraten die im Bild eingefügten didascalia, jene verweisenden Buchstaben, die die Darstellung mit den erklärenden Textfeldern verbanden, eine pädagogische Funktion des Bildes. Diese oftmals als „jesuitisch“ und „propagandistisch“ gekennzeichnete neue Idee des Bildes, findet ihre Entsprechung in der Idee der Ikonizität von Erscheinungen, die ein Resultat der Auseinandersetzung mit der Idee des Zeichens darstellt.

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Einführend und übersichtlich fächert Bailey die frühe jesuitischen Bildproduktion in Rom auf, siehe Bailey, 2003. Zur Bedeutung der jesuitischen Emblematik allg. siehe den Sammelband hg. Manning und van Vaeck, 1999. Zuletzt hat Leif Holm Monssen über den Einsatz von Emblemen in den frühen jesuitischen Seminaren geschrieben, siehe Monssen, 2009, S. 305–366. Jerónimo Nadal, Evangelicae historiae imagines, 1593. Siehe Buser, 1976, S. 424– 433, oder die Studien von Waddell, 1985 sowie Fabre, 1992. Siehe zuletzt die kommentierte dreibändige Übersetzung von Melion, 2003–2007. Nadals Werk hatte besonderen Einfluss auf die italienische und iberische Kunst, aber auch in den jesuitischen Missionen wurde diese Art der „Illustration“ zum Vorbild genommen, siehe Elia, 1939 und Guillen-Nunez, 2009, S. 5f. und S. 95–101 und zu den chinesischen Adaptionen Mateo, 2010, S. 16–33. Zum Traktat ausführlich Buser, 1976, S. 424–433, Melion, 2003, I, S. 1–96, und Münch, 2009, S. 161–198 mit umfangreicher Bibliographie. Zit. nach Edgerton, 2009, S. 246.

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Bild 21  Hieronymus Wierix: Kreuzigung, in: Jerónimo Nadal, Evangelicae historiae imagines, Antwerpen 1593, Kupferstich, 14,5 × 23,2 cm, Rom, BAV.

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2. Zeichenlehre und Spiegeltheorie der Conimbricenses

Im Rahmen dieses größeren edukativen Auftrags des Ordens publizierten die Conimbricenses zwischen 1592 und 1606 auch ein systematisches Curriculum, den sogenannten Curso conimbricense in acht Kommentarwerken zu verschiedenen aristotelischen Schriften, der für das philosophische Studium vorgesehen war.111 Dieses Werk stellt einen Teil des anspruchsvollen Versuchs des Jesuitenordens dar, ein in aller Welt verbreitetes maßgebendes Lehrbuch vorzulegen, das gleichzeitig Auslegung und Kommentar der aristotelischen Philosophie darstellte und den Originaltext mit einer modernen philologisch innovativen lateinischen Übersetzung verband.112 In Auseinandersetzung mit dem ersten Kapitel von Aristoteles’ De Interpretatione werden prinzipielle Fragen über die Beschaffenheit des Zeichens gestellt.113 Diese Zeichenlehre hat nach Meinung John Doyles, der grundlegend zur conimbricensischen Theorie des Zeichens gearbeitet hat, für die allgemeine Entwicklung semiotischer Begriffe und die Geschichte der Philosophie zweifache Bedeutung, da sie die Grundlage sowohl für spätere Zeichentheorien des 17. Jahrhunderts, als auch für die postmoderne Semiotik bildet: „In the development of the doctrine of signs the Conimbricenses work is doubly significant: First, […] it is a missing link to the work of Poinsot and other later Latins […]. Second, this treatise is also a missing link in understanding the postmodern development of semiotics after C. S. Peirce who took from the later Latins in general and from the Conimbricenses specifically his celebrated central doctrine of sign consisting in an irreducibly triadic relation.“114 111

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Commentarii Collegii Conimbricensis Societatis Jesu in octo libros Physicorum Aristotelis Stagiritae, Coimbra: A. Mariz, 1592; Lyon, 1594; repr. Hildesheim: Olms, 1984; Commentarii Collegii Conimbricensis Societatis Iesu in quattuor libros De Coelo Aristotelis Stagiritae, Lissabon: S. Lopes, 1593; Commentarii Col­ legii Conimbricensis S. I. in libros Metereororum Aristotelis Stagiritae, Lissabon: S. Lopes, 1593; Commentarii Collegii Conimbricensis S.I. in libros Aristotelis qui Parva Naturalia appellantur, Lissabon: S. Lopes, 1593; In libros Ethicorum Aristo­ telis ad Nicomachum aliquot Conimbricensis Cursus disputationes, in quibus praecipua quaedam Ethicae disciplinae capita continentur, Lissabon: S. Lopes, 1593; Commentarii Collegii Conimbricensis S. I. in duos libros de generatione et corruptione Aristotelis Stagiritae, Coimbra: A. Mariz, 1597; Commentarii Colle­ gii Conimbricensis S. I. in tres libros De anima Aristotelis Stagiritae, Coimbra: A. Mariz, 1598; Commentarii Collegii Conimbricensis S. I. in universam Dialecti­ cam Aristotelis, Coimbra: D. G. Loureiro, 1606; repr. Hildesheim: Olms, 1976, 1984. Siehe zum Werk des Conimbricenses einführend Martins, 2006, S. 101–117; sowie Carvalho, 2006, S. 507–532. Zum Aristotelismus jesuitischer Prägung und zur Erziehungslehre vgl. Lohr, 1976, S. 203–220. Sowie Simmons, 1999, S. 522–537. Meier–Oeser, 1997, S. 184f. Doyle, 2001, S. 12.

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I. Recht vor Augen

Die Bedeutung der conimbricensischen Zeichentheorie ermisst sich erst an ihrer weltumfassenden Übertragung in zahlreiche Sprachen, die für diese Zeit außergewöhnlich ist. Mit einer Auflage von nicht weniger als 112 europäischen Übersetzungen und einer teilweisen Übersetzung ins Chinesische wurde das Werk der Conimbricenser in unterschiedlichen Weltteilen rezipiert.115 Auf ihren Missionen nach China, Brasilien, Angola, Mosambik, Indien oder Japan führten die Jesuiten die Schrift in ihrem Gepäck. Auch wenn deren weitreichende Rezeption noch nicht systematisch untersucht worden ist, kann festgehalten werden, dass der Einfluss der Theorie der Conimbricenses auch fern konfessioneller Grenzen manifest geworden ist. Die von den Jesuiten herausgegebenen Textbücher wurden an protestantischen Universitäten, sowohl Calvinistischen als auch Lutherischen in Nordeuropa verwendet.116 So übernahm Christoph Scheibler (1589–1653), Lutheraner und Philosophieprofessor in Gießen, deren Spiegelbild-Theorie.117 Auch René Descartes (1596–1650) und Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716), der ihren Kommentar zur Aristotelischen Logik zitiert, setzten sich intensiv mit der Lehre der Conimbricenses auseinander.118 Nicht zuletzt hat ihre Zeichentheorie das Tractatus de Signis (1630) des bereits von Doyle erwähnten João Poinsot (1589–1646) maßgeblich beeinflusst.119 Die Bedeutung des Zeichens für die Natur und für die Ideen wird von den Gelehrten aus Coimbra in kritischer Auseinandersetzung mit Aristoteles unter dem Titel De Signo diskutiert: Auf insgesamt 60 Seiten legen sie hiermit den ersten bedeutenden scholastischen Traktat über das Zeichen vor.120 Vier Themenbereiche stehen zur Diskussion: 1. Über die Natur und den Zustand der Zeichen, 2. Über die Einteilung der Zeichen, 3. Über die Bedeutung der gesprochenen Worte und der Schrift, 4. Über die Wahrheit und Falschheit einiger Konzepte des Geistes. Es finden sich hierunter ebenso Fragen zur Essenz, wie auch zur möglichen Selbstreferentialität eines Zeichens. Obgleich der Kommentar über die Zeichen dem Bereich der Logik zuzuordnen ist, streichen die

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Doyle, 2001, S. 19. Allg. zu den Übersetzungsstrategien der Jesuiten Burke, 1999, S. 24–32. Speziell zu China, und der Übersetzung als „kultureller Reform“ vgl. den Beitrag von Zhang, 1999, hier S. 369–371. Leijenhorst, 1996, S. 355–380, hier S. 357. Christoph Scheibler, Opus metaphysicum, Duobus libri, 1617, hier: Buch I, Kap. 24, 4, Art. 4.2. Vgl. Doyle, 2001, S. 20. Doyle, 1998-99, S. 17–32. Vgl. de Carvalho, 1983, S. 347–384. Zu Descartes’ Verhältnis zu den Conimbricenses siehe Wells, 2003, S. 27–56 und Hattab, 1998, S. 105–120. Krois, 1981, S. 16–30. Doyle, 1994, S. 337–362. Beuchot und Deely, 1995, S. 539– 566. Commentarii Collegii Conimbricensis et Societatis Jesu. In Universam dialecti­ cam Stagiritae. Secunda Pars, Lyon Sumptibus Horatii Cardon, 1607, S. 4–67. Siehe Doyle, 1984, S. 567–576, sowie Doyle, 1998, S. 17–31.

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2. Zeichenlehre und Spiegeltheorie der Conimbricenses

Conimbricenses die Verbindungen zu anderen epistemologischen, psychologischen, metaphysischen, oder auch theologischen Fragen heraus. So wird die Bedeutung des Zeichens und einer Zeichenlehre im Allgemeinen schillernder als bisher aufgefächert. Im Unterschied zu anderen Lehren betonen sie die Repräsentations- und Erkenntnisfunktion des Zeichens: Zeichen repräsentieren Objekte, gleichzeitig stellen sie aber auch ein kognitives Erkenntnismittel dar. Diese später von Peirce weitergedachte doppelte Funktion des Zeichens für das Signifikat einerseits und das Erkenntnisvermögen andererseits war für ihre umfassende Sicht auf die Zeichen bedeutsam.121 Die Conim­ bricenses gehen davon aus, dass aufgrund der Tatsache, dass ein Zeichen erkennbar ist, bereits impliziert sei, dass es eine Beziehung zum Erkenntnisvermögen allgemein besitzt.122 Unter anderem werden die Sprache behandelt, das syntaktische Sprechen, das Lachen123, das im Schlaf Sprechen oder das Lügen124. Man interessiert sich für die Zeichen, die beim Lesen entstehen oder gebraucht werden, oder die Natur der Sprachfähigkeit, die in Anlehnung an Herodots Bericht von König Psamittachus untersucht wird, der zum Studium des vermeintlich „natürlichen“ Spracherwerbs Kinder mit Tieren aufwachsen ließ.125 Sogar die Bedeutung von negativen Wörtern, synkategorematischen Ausdrücken, d.h. un­­­ selbständigen Ausdrücken, die keine eigene lexikalische Bedeutung besitzen, oder auch sinnlose Wörter wie „Blictri“ werden reflektiert.126 Besonders aufschlussreich ist die Beschäftigung mit Ausdrücken wie „chimaera“, denen keine „wahren“ Objekte zugeordnet werden können, da sie nur im Geist vorhanden sind.127 Diese Namen der „unmöglichen Objekte“ waren den Spät-Aristotelikern Beweis dafür, dass Worte nicht Dinge, sondern Konzepte bedeuten. Die conimbricensische Zeichentheorie konzentrierte sich auf das Sprachvermögen, die Verwendung von Zeichen allgemein und die transkulturelle Übersetzung. In Verbindung mit Berichten von verschiedenen Missionen, behandeln sie den Unterschied zwischen Sprachen, welche sich Piktogrammen bedienen, so wie ägyptische Hieroglyphen oder japanische und chinesische Schriftzeichen, und anderen alphabetischen Schriftsprachen. Sie diskutieren auch die „Sprache“ der Vögel, vor dem Hintergrund von Aristoteles’ Studien zu Vogelgesängen, oder auch die Wortlautformung von Papageien. An mehreren, 121

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Sie wenden sich hierbei gegen Positionen wie die von Duns Scotus und Bonaventura, die lediglich die Beziehung zwischen Zeichen und bezeichneter Sache in Betracht ziehen. Meier-Oeser, 1997, S. 185. Ibid., S. 186. Doyle, 2001, S. 109 und S. 135. Ibid., S. 93, 97, 173. Ibid., S. 133. Doyle, 1984, S. 567f. Zu der „chimaera“-Debatte allg. siehe Doyle, 1995, S. 771–808. Doyle und Salas, 2012, S. 153.

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I. Recht vor Augen

für die Argumentation zentralen Stellen wird die spezifische Bedeutung des Bildes als Zeichen diskutiert.128 So ergibt sich in Abgrenzung von instrumentellen Zeichen eine Bestimmung von formalen (äußerlichen) Zeichen als: „Bilder und Ähnlichkeiten (similitudines) der Dinge, welche […] zu dem Wissen der Dinge führen. Instrumentelle Zeichen bringen bekanntlich das Wissen von etwas anderem als sie selbst hervor.“129 Das Bild als Zeichen übernimmt somit die Vermittlung zwischen Erkenntnisvermögen und bezeichneter Sache. In Artikel 3 folgen weitere Erklärungen der Aufteilung des Zeichens in formal und instrumentell, die aufschlussreich für eine bildtheoretische Fragestellung sind. Zeichen sind dann als „formal“ zu benennen, wenn sie einen Rezipienten informieren und so zu einem Objekt des Rezipienten werden.130 Zeichen besitzen in der Lesart der Conimbricenses nicht selten sowohl formale als auch instrumentelle Eigenschaften, wodurch sich definitorische Schwierigkeiten ergeben. Deutlich wird dieses Problem am Beispiel des astronomischen Konzeptes der Sonne: Für den Astronomen sei diese ein Bild oder formales Zeichen, das Wissen über die Sonne vermittele. Für einen Engel hingegen, der die Sonne kenne, gelte es als instrumentell, da es Wissen über die Sonne allererst hervorbringe.131 Als gleichermaßen komplex erweist sich die Kategorisierung der Spiegelbilder, welche zunächst als formale Zeichen bestimmt werden und somit auf den Bildbegriff der Conimbricenses schließen lassen.132 Das Spiegelbild eines Objektes sei als „formal“ zu bezeichnen „da es von derselben Art ist, als das welches auch im Auge ist“.133 Jedoch sei es auch instrumentell, insofern es dem Sehen entgegengeworfen („obiecti“) werde. So wahrgenommen, führt seine Rezeption zu dem Wissen über ein Objekt.134 Theorien des Spiegelbildes haben seit Alhazen, über Albert Magnus, der das Auge in Bezug auf Aristoteles‘ De anima als „speculum animatum convexum“ – einen lebenden Konvexspiegel –

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Zur Frage des Bildes im Zeichentraktat in: Quaestio 1, Art. 2, S. 49; Quaestio 2, Art. 1, S. 59; Quaestio 2, Art. 3, S. 69, 75, 77; Quaestio 4, Art. 1, S. 123–125, Seitenangaben resp. ibid. Quaestio 2, Art. 1, S. 59: „Formalia porro signa sunt, imagines, et similtudines rerum, quae potentiis consignatae ducunt in rerum notitiam. Instrumentalia, quae cognita efficunt alterius rei cognitionem“, ibid., S. 58. Quaestio 2, Art. 3, ibid., S. 69. Ibid. Zur Semiotik der Conimbricenser Spiegel-Theorie siehe Doyle, 1998, S. 17–31. „[…] imago obiecti existens in speculo est signum formale“, Quaestio 2, Art. 3, Doyle, 2001, S. 69. Hier folgt der Verweis auf Thomas, Summa Theologica, 1, Quaestio 56, Art. 3 und Quaestio 58, Art. 3 und De veritate Quaestio 20, Art. 4. Ibid., S. 69.

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2. Zeichenlehre und Spiegeltheorie der Conimbricenses

bezeichnete, die Theorie des Sehens, der Optik und des Bildes tief geprägt.135 Vor allem bei der Entwicklung des zentralperspektivischen Paradigmas durch Brunelleschi, erlangte die Idee einer Äquivalenz von Auge, Spiegel und Bild eine die künstlerischen Darstellungsmittel geradezu revolutionierende Bedeutung. Dieser hatte in seinem optischen Experiment der Spiegelung des Baptisteriums in Florenz auf die Illusion des zentralperspektivischen Bildes verwiesen und damit unterstrichen, dass das natürliche Sehen der Wirklichkeit und das Sehen des gespiegelten Bildes in eins fallen und als Seheindruck identisch sind.136 Das Spiegelbild birgt durch die Direktheit seiner Imitationsfähigkeit, der Reflexion, eine höheren Wahrheitsgehalt als andere Zeichen. Ähnlich, so Michalski, verhält es sich auch mit dem Schatten, der eine bestimmte Untrennbarkeit von Archetyp und Reflexion impliziert. Das Spiegelbild kann einerseits als die Essenz eines bestimmten Zeichentypus umschrieben werden, ist andererseits auch mit dem Sakrament verbunden. So verglichen protestantische und hussitische Theologen die Existenz Gottes in der Hostie mit einer Reflexion in einem Spiegel: Das Gesicht wird in dem ganzen Spiegel genauso reflektiert, wie in einem Fragment von ihm. Dieselbe Form (figura) kann gleichzeitig in mehreren Spiegeln reflektiert werden. In der Eucharistiedebatte spielte dieses Konzept des Spiegels eine zentrale Rolle, um die Funktionen des religiösen Bildes und der Hostie zu erklären. Es trennt das Zeichen von seiner materiellen Basis und verleiht ihm in Form einer Illusion semantische Unmittelbarkeit als Analogie der Form. Die von den Conimbricenses skizzierte Struktur des Zeichens als Wiedergabe und Produktion von Erkenntnis und Wissen sollte auch Einfluss auf die zeitgenössische Rechtstheorie nehmen, wie am Beispiel eines ihrer wichtigsten Vertreter gezeigt werden kann.

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Die Metapher des Auges als Spiegel ist als eine affirmative Rezeption des bislang umstrittenen aristotelischen Gedankens zu werten. Avicenna schreibt, dass das Auge als ein Spiegel zu betrachtet ist, wenn ein Spiegel eine Seele besitzen würde, sähe es selbst das Bild, das auf ihm abgebildet ist. Siehe zur Bedeutung der Spiegeltheorie besonders Summers, 2007, S. 60f. und S. 68. Vgl. Vescovini, 1980, S. 333–348. Leon Battista Alberti bediente sich der FensterMetapher und weicht in einem zentralen Punkt von Brunelleschis Spiegeltheorie ab, die beide gleichzeitig entwickelten: Das Auge reflektiere nicht die Welt als „lebender Spiegel“, sondern fungiere aktiv als ein Vermittler der virtù visiva als „Fenster zur Welt“, durch das die Seele die Welt beobachte. Siehe Summers, 2007, S. 61.

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3. Manifestationen des Rechts: Suárez‘ act us-Theorie Der Jurist und Theologe Francisco Suárez (1548–1617) (Bild 22) kann heute als einer der einflussreichsten Denker des 17. Jahrhunderts bezeichnet werden.137 Heidegger bezeichnet ihn in seinen „Grundproblemen der Phänomenologie“ als den „Denker, der am stärksten die neuzeitliche Philosophie beeinflusst hat“, da er die aristotelische Metaphysik systematisiert und zugänglich gemacht und auf die Ausbildung der protestantischen Scholastik im 16. und 17. Jahrhundert Einfluss genommen habe.138 Neben seinem theologischen und philosophischen Werk hat der spanische Denker bedeutende Grundsteine für eine Säkularisierung des Rechts gelegt und gilt bis heute als bedeutendster Vordenker der Theorie des Völkerrechts und des modernen Rechtsverständnisses.139 Mit systematischer Stringenz entwickelte er in seinem Tractatus de legibus ac Deo legislatore (1612) eine der bedeutsamsten Programmschriften und Handbücher des Naturrechtsgedankens, eine politische Theologie in zehn Büchern, die für die Neuzeit fundamentale Bedeutung erhalten sollte.140 Gleichzeitig zählt er zu den Theo137

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Die Bedeutung seines Werkes für die Philosophiegeschichte wurde erst jüngst wieder rekonstruiert, da Suárez’ Schriften lange Zeit weder der Renaissancephilosophie (1450–1600) noch der Philosophie der Neuzeit (1600–1800) eindeutig zugeordnet werden konnten. Siehe die Einführung von Hill und Lagerlund, 2012. Descartes sei aus diesem Grunde „direkt von ihm abhängig“ und gebrauche fast durchgängig seine Terminologie, vgl. Heidegger, 1989, S. 112. Heinrich Rommen, der sich in seiner Schrift „Die ewige Widerkehr des Naturrechts“ in den 30er Jahren kritisch gegen die Ideen des Naturrechts wendete, insofern sie als Grundlage der Rechtslehre der Nationalsozialisten gelten müssen, hat 1926 eine bemerkenswerte Studie zu Suárez christlicher Staatslehre vorgelegt, die die Bedeutung seiner Werke herausarbeitet, Rommen, 1926. Zu Rommen siehe Scheuren-Brandes, 2006, S. 43–49. Die Forschungen zum Gesamtwerkes Francisco Suárez’ und seiner Rezeptionsgeschichte sind in den letzten Jahren zahlreicher geworden, siehe den Überblick bei Doyle, 1995, S. 1–15. Norbert Brieskorn SJ hat mit einer Teilübersetzung und in vielen Einzelbeiträgen die Bedeutung des Werkes von Suárez im Kontext der spanischen Spätscholastik wieder in Erinnerung gerufen, siehe Brieskorn 2001, S. 49–73 und Suárez, 2002. Brieskorn, 2008, S. 105–123. Teilaspekte seiner Theologie und Rechtslehre, die transkonfessionell Rechtsdenker wie z.B. Hugo Grotius beeinflusst haben, werden jüngst diskutiert bei Recknagel, 2010; sowie Sgarbi, 2010. Die Beiträge in Hill und Lagerlund 2012 befassen sich mit seinem philosophischen Werk. Der Tagungsband hg. von Bach, Brieskorn, Stiening, 2013 widmet sich seinem Tractatus de Legibus, siehe bes. die Einleitung XIII–XX. Übergreifender zur Rechtsbegründung von Vitoria bis Suárez sind die Beiträge in Bunge, Schweighöfer, Spindler, Wagner, 2013. De Legibus wurde nach der ersten Publikation in Coimbra 1613, gleichzeitig in Ambères, in Lyon, 1618 nochmals in Lyon und 1619 und 1621 in zwei Ausgaben in Magonza publiziert. Im 17. Jahrhundert beeinflussten Suárez’ Schriften Denker wie Hugo Grotius, René Descartes, Spinoza und Leibniz, siehe den Artikel von Ariew in Hill und Lagerlund, 2012, S. 38–56. Suárez metaphysische Schriften

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3. Manifestationen des Rechts: Suárez‘ actus-Theorie

Bild 22  Cornelis Galle: Francisco Suárez, 1617, Kupferstich, 29 × 18,8 cm, München, Staatliche Graphische Sammlung.

logen, die sich mit der Bilderfrage auseinandergesetzt haben, was in der Bildwissenschaft bislang kaum rezipiert wurde, obgleich die Bedeutung seiner Position in theologischen Kreisen durchaus präsent ist. In der von Benedikt XIV. (1740–1758) noch als Kardinal Lambertini verfassten Schrift De Servorum Dei Beatificazione et Beatorum Canonizatione (1749) werden all jene Theologen aufgelistet, die sich mit der Frage des Bildes beschäftigt haben. Neben den bekannteren Bildtheologen wie Roberto Bellarmino, Johannes Molanus oder Konrad Braun wird auch Francisco Suárez erwähnt und an zahlreichen Stellen zitiert.141 Suárez ist einer der prominentesten Vertreter der Spanischen Spätscholastiker, auch unter dem Namen der „Schule von Salamanca“ bekannt, in deren

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(Disputationes Metaphysicae) fanden besonders schnelle und weite Verbreitung in protestantischen Universitäten (Reich und Holland), wo seine thomistischen Auslegungen anstelle von Melanchton unterrichtet wurden. Eschweiler, 1928, S. 251–325. Siehe Benedetto XIV., 1749, Bd. 4, S. 762–774. Er führt folgende Liste von Namen hierbei an: Robert Bellarmino SJ, Konrad Braun, Ambrosius Catharinus, Johannes Gerson, Jacob Gretser SJ, Juan Interian de Ayala, Johannes Molanus, Petavius SJ, Nicolaus Sanders, Francisco Suarez SJ, Gregor von Valentia SJ, Gabriel Vázquez SJ. Siehe Hecht, 2012, S. 31. Hecht bezieht sich in seiner Untersuchung lediglich auf seine Anm. zum Bild in der Theologiae Summa Seu Compendium, Suárez, 1732.

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I. Recht vor Augen

Schriften – beeinflusst durch die koloniale Expansion der spanischen Krone – erstmals eine globale soziale Ordnung konstruiert wurde, die sich der veränderten politischen und ökonomischen Situation anpasste.142 Prägend war hierbei ein legitimationsorientierter Rechtsdiskurs, der auf die frühneuzeitliche Neuordnung des politischen Denkens im Zuge der imperialen Expansion reagierte. An die Stelle des offenkundig unsystematischen und widersprüchlichen Römischen Rechts sollte das Naturrecht treten, womit jene Rechts- und Moralgrundsätze gemeint waren, die mittels der Vernunft aus der Natur des Menschen abgeleitet werden können und allgemein verbindlich sind.143 Suárez übertrug die Körpermetapher des Staates auf die Konzeption einer globalen Ordnung. In seiner Schrift De legibus bezeichnet er die kirchliche Gemeinschaft als eine Weltstaatengesellschaft, die durch die Vielzahl der Staaten als „Glieder eines Ganzen“, gebildet ist, die durchwaltet wird vom „Geiste Gottes“.144 So stelle jeder Staat zwar eine in sich perfekte Gemeinschaft dar, doch sei er lediglich Teil des „universalen Körpers“, des Corpus Christi mysticum universale.145 Francisco Suárez nahm erstmals eine Trennung zwischen Zivilrecht (politischer Gemeinschaft), kanonischem Recht (Kirche) und moralischer Norm (natürlich-göttlichem Recht) vor. Die zivile Jurisprudenz sei im Grunde die Moralphilosophie, welche die Sitten des Gemeinwesens bestimme, und das ihr übergeordnete Naturrecht gehöre in den Bereich der Moral und der Theologie.146 Das ewige Gesetz hingegen stelle ein Gesetz per essentiam dar und jedes andere davon abgeleitete wäre ein Gesetz per participationem. Hieraus, folgert er, könne sich die gött-

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Specht, 2001, S. 3–18. Dem lag die aristotelische organische Staatslehre zugrunde. Rommen, 1926, 21f. Siehe auch die problemorientierte Übersichtsdarstellung bei Todescan, 1983, S. 1–9. Oakley, 2005, S. 65f. Für den besten Einblick in die historische Entwicklung des Völkerrechts immer noch Grewe, 1984. Zu Suárez und dem „spanischen Zeitalter“ ibid., S. 222–234. Jüngst haben Brieskorn und Stiening sich am Beispiel von Francisco de Vitoria einem Gründungstext des Völkerrecht gewidmet, siehe Brieskorn/ Stiening, 2013. So heißt es in dem für den Völkerrechtsbegriff der Frühen Neuzeit maßgeblichen 19. Kapitel: „Das Menschengeschlecht wie sehr es auch in verschiedene Völker und Reiche geteilt ist, bildet doch immer eine gewisse Einheit […] politisch und moralisch. […] Wie sehr nun auch eine unabhängige Stadt, ein Staat oder ein Reich für sich eine vollkommene Gemeinschaft darstellen mag, so ist doch jede dieser Gemeinschaften in gewisser Weise ein Glied des großen Ganzen, der Menschheit.“ Zit. nach Grewe 1984, S. 176. Strenski, 2004, S. 631–652. Davies, 1958, S. 282. Suárez folgt der Körpermetapher des Paulus, nach dem die universale Kirche ein Leib mit verschiedenen Gliedern sei, dessen einziger Kopf Christus ist. Korinther 1, Kap.12, S. 12–14: „Denn gleichwie ein Leib ist, und hat doch viele Glieder, alle Glieder aber des Leibes, wiewohl ihrer viel sind, doch ein Leib sind: also auch Christus.“ Prodi, 2003, S. 254.

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3. Manifestationen des Rechts: Suárez‘ actus-Theorie

Bild 23  Juan de Salas: Tractatus de legibus, Lyon 1611, Titelkupfer, Rom, BAV.

liche Vernunft ausschließlich durch die partizipierende Handlung oder das Zeichen offenbaren.147 In ihren Rechtstheorien setzen sich die spanischen Scholastiker mit der Bedeutung des visuellen oder sprachlichen „äußeren Zeichens“ auseinander.148 Juan de Salas hatte in seinem Tractatus de legibus (1611) auf Gabriel Biels Auslegung des Rechts als „signum verum creaturae rationali“ verwiesen.149 Demnach sei das Recht weder eine Ausführung des Intellekts noch der Wille des Gesetzgebers, sondern müsste vielmehr als ein „geschriebenes oder anderes Zeichen“ 147 148 149

Rommen, 1926, S. 64. Höpfl, 2004, S. 264f. Zur Formfrage in der Rechtstheorie von Suárez siehe besonders Pauline Westermann, 2007, S. 227–237. Juan de Salas, Tractatus de Legibus in primam secundae S. Thomae, 1611, Disp. I, Sekt. V, Abschnitt 20.

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definiert werden, durch das der Gesetzgeber Gerechtigkeit ausdrücke und seine Untertanen verpflichte.150 Und er fügt hinzu, dass das Zeichen wie das Recht dreigeteilt sei, in das mentale, gesprochene und geschriebene Zeichen, also das lex mentalis, lex vocalis und lex litteralis, und sich wie das Recht auch in die Eingebung, die Evidenz und die Doktrin aufteilen liesse.151 Das Titelkupfer der Ausgabe aus dem Jahre 1611 liest sich wie eine Verbildlichung dieser Überlegung über das Verhältnis von Recht und Zeichen (Bild 23).152 Hier ist ein Triumphtor zu sehen, in dessen Giebelzone ein Medaillon einen Januskopf rahmt.153 Die Devise „Recondita Pando“ (Ich enthülle alles), die den Kopf umrundet, wird in der Gebälkzone durch das Wort „Aeternitati“ vervollständigt. Durch das Tor hindurch bricht ein Soldat, der unter beiden Armen Holzplatten trägt auf denen „Libertatem meam mecum porto“ (Meine Freiheit trage ich mit mir) zu lesen ist. Gezeigt ist Samson, der die zerbrochenen Reste des Tempels von Gaza trägt, den Ort philistinischer Rechtsprechung, den er mit eigenen Händen zerstört hatte. Diese Kombination eines Januskopfes, der für die ideale alles umfassende Weisheit des Richters steht, mit einer Darstellung von Samson, der ein Richter in Israel war und mit dem Akt der Zerstörung des Tempels das Unrecht der Philister bestraft, sollte jedem Rechtsgelehrten zur Mahnung dienen.154 Diese auch auf anderen Titelkupfern juristischer Traktate zu findende Allegorie verweist auf den Kern der Idee des Rechts, wie sie die spanischen Scholastiker formuliert hatten, wobei die Handlung und der Prozess eine zentrale Bedeutung erhalten. Wie Harro Höpfl in seiner Studie über das politische Denken des Jesuitenordens herausgearbeitet hat, liegt dem jesuitischen Konzept des Rechts insgesamt die Annahme zugrunde, dass dieses als eine Handlung und ein Zeichen definiert werden muss.155 Die von Francisco Suárez während seines Aufenthaltes am Collegio Romano in den Jahren 1580 bis 1585156 verfasste Abhandlung De Legibus enthält eine Definition des Zeichens, die den Kunsttheorien der Zeit 150 151

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Höpfl, 2004, S. 279. „Est autem signum rationis notificativum triplex, scilicet mentale, vocale, & scriptum, sic & lex triplex, scilicet lex indicta, sive per inspirationem, sive per naturalis dictaminis evidentiam, sive per doctrinam: lex prolata: lex scripta, sive quod idem est, lex vocalis & litteralis.“ Salas, 1611, Disp. I, Sekt. V, Abschnitt 20, hier S. 9. Es handelt sich um die Devise des Lyoneser Druckhauses von Huguet de la Porte (1500–1572), das von seinem Erben Jean de Gabiano weitergeführt worden ist. Eingesehene Ausgabe: BAV, Palatina I 15. Samson ist in spätmittelalterlichen Ikonographien öffentlicher Rechtsräume zu sehen, wie z.B. in Lucigano, siehe Joost-Gaugier, 1990, S. 34–35, aber auch auf den Titelkupfern von Rechtstraktaten. In Gabriel Rollenhagens „Nucleus Emblematum“, Bd. II, 4 (1613) taucht der Januskopf mit diesem Motto als Prudentia-Allegorie auf. Höpfl, 2004, S. 277. Der Traktat war Ergebnis seiner Vorlesungen zu den Grundbegriffen des Rechts in den Jahren 1601–1602, die laut Vorlesungsplan als Hörerschaft sowohl Legisten,

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3. Manifestationen des Rechts: Suárez‘ actus-Theorie

entspricht. Die Welt wird als Zeichen verstanden, das nicht nur auf Gott als Schöpfer und Bezeichnetem verweisen, sondern eine besondere Eigenständigkeit zeigt: Zeichen vermitteln nicht nur, sondern bestimmen die Idee mit. Bezogen auf die Idee des Gesetzes, erhalten sie so eine neue Selbstständigkeit.157 Das göttliche Gesetz existiere demnach nur über die Erkenntnis (cognitio) oder „in irgendeinem Zeichen, durch welches es in zureichendem Maß eröffnet wird“.158 Mit diesen Überlegungen in De Legibus gehen grundsätzliche Bemerkungen über die Natur des Gesetzes einher.159 Den unterschiedlichen Gesetzesarten (lex aeterna, lex naturalis, lex divina, lex humana) wird zunächst ein allgemeiner Gesetzesbegriff zugrunde gelegt, der sich am Begriff des positiven Gesetzes orientiert, das innerhalb einer politischen Gemeinschaft gilt und von Gott erlassen wird.160 Das Gesetz sei handlungsbezogen, unterstreicht er in dem ersten Absatz seiner Schrift und zitiert hierbei Thomas von Aquin: „Das Gesetz ist eine gewisse Regel und ein gewisser Maßstab, gemäß welchem einer zum Handeln geführt oder vom Handeln abgehalten wird.“161 Suárez distanziert sich dann von dieser sehr allgemein gehaltenen Definition und vergleicht die Gesetze sittlichen Handelns mit denen der Kunstfertigkeiten, denn auch diese, „mögen sie nun erlaubt oder unerlaubt sein, besitzen ihre Regeln und Maßstäbe, gemäß derer man sich entweder zum Handeln oder zum Unterlassen eines Tuns anleiten lässt“.162 Er bezieht sich auf Platons Minos-Dialog bzw. dessen Schrift De lege, in dem dieser unter dem Gesetz ein Zweifaches versteht: zum einen die Kunstfertigkeit (ars) und zum anderen die Sitten (mores). In seinen Schriften Gorgias und Timaios finden sich zusätzlich eine dritte und vierte Art: das der Natur hingeordnete (ordo seu propensio naturae) und das „natürliche Gesetz“.163 Er ver-

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Theologen als auch Kanonisten hatten, also die Studenten des weltlichen und kirchlichen Rechts zusammen. So Brieskorn in seinem Kommentar, Suárez, 2002, S. 642–644, der auf die zeitgenössische Literatur und Architekturtheorie verweist. Suárez, 2002, IV, 7, S. 399. Liber primus, De lege in communi, eiusque natura, causis, et effectibus, Suárez, 2002, I, 7. Böckenförde, 2002, S. 380–382; Oakley, 2005, S. 65–70. Suárez, 2002, I, Kap. 1, §§ 1–2, S. 26–28. Ibid., S. 140. Diese letzteren sind metaphorisch als „natürlich“ zu verstehen, denn Tiere entbehren der Vernunft und seien nicht des Gehorsams fähig. Ibid., S. 32.

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I. Recht vor Augen

gleicht diese Metapher mit einer Passage aus der Heiligen Schrift, die eine ästhetisch-konstruktive Seite des Naturgesetzes offenbart: „Als er (Gott) nach Gesetz und Maß des Kreises gegen die Abgründe Schanzen unterwarf, […] und er ein Gesetz den Wassern auferlegte, damit sie ihre Grenzen nicht überschritten.“164 Im gleichen Zug verweist er auf das Buch Hiob, in dem der Begriff des „Gesetzes“ mit dem des „Maßes“ gleichgesetzt wird. Hier heißt es: „Wer hat ein Maß der Erde gesetzt? […] Wer hat das Meer mit Toren um­­schlossen, und hat gesagt nur bis hierher darfst du vordringen?“165 Natürliche Neigungen werden von Suárez ebenfalls als „Gesetze“ bezeichnet, da sie „Leitlinien für das Tätigwerden“ sind oder, und hier bezieht er sich auf die Quelle dieser Neigung, weil „sie dem Gesetz des Gründers der Natur entstammt“.166 Und dann folgt eine den gängigen Gesetzesbegriff durchaus erweiternde Feststellung anhand der Gegenüberstellung von künstlerischem Prozess und fertigem Kunstwerk: „Es ist nämlich üblich, als Gesetz sowohl die Regel selbst als auch deren Wirkung und das dem Gesetz entsprechende Ergebnis zu bezeichnen. So bezeichnet man ja zuweilen das Kunstwerk (arti-ficium) selbst sogar als ‚Kunst‘.“167 Suárez erklärt diese Ausweitung des Gesetzesbegriffes auf die Handlung mit einer Stelle aus dem Römerbrief: „Nicht werden jene, die sich das Gesetz bloß anhören, gerechtfertigt werden, sondern jene, die es, das heißt das, was das Gesetz vorschreibt, verwirklichen (factores legis).“ Eine vergleichbare Forderung finde sich auch im Johannes-Evangelium: „Moses gab Euch das Gesetz, und niemand von Euch verwirklicht (facit) es.“ Dieses „Tätigkeitswort“ sei nicht lediglich in seiner Bedeutung als „verwirklichen“ zu lesen, sondern auch als „Beobachtung“ (observare) zu verstehen.168 Somit sei das Gesetz eine „Kunst als Regel und Maßstab des Handelns“.169 164 165 166 167 168 169

Sprüche, 8, 27b und 29. Hiob, 38, 8–11. Übers. CB, Suárez, 1944, I, 2, S. 21. Ibid. Ibid. Böckenförde, 2002, S. 381.

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3. Manifestationen des Rechts: Suárez‘ actus-Theorie

Da sie sich in ihrem Aufbau an Schultraktaten orientiert, wird Suárez didaktische Methode und seine Erkenntnislehre des Rechts in De Legibus als „empiristisch“ bezeichnet, insofern sie vom Detail aus argumentierend die universellen Fragen über das, was göttliches und menschliches Recht ist, berührt. Seine neue Konzeption des Gesetzes half methodisch die „incertitudo iuris“, die durch Widersprüchlichkeiten der juristischen Auslegung produziert wurde, zu überwinden.170 Ihm zufolge ist eine authentische Definition des Rechts bloß über aufmerksame Analysen der unterschiedlichen Rechtsfälle möglich. Geradezu revolutionär ist seine Annahme, dass das Untersuchungsobjekt des über das Gesetz nachdenkenden Intellekts das Materielle und Physische sei und nicht die universale, göttliche „Essenz“. So muss zunächst das Detail erkannt werden, um das Ganze zu verstehen.171 Wie in der Zeichenlehre der Conimbricenser übernehmen bei Suárez die Zeichen die Vermittlung zwischen den Tatbeständen und dem Erkenntnisvermögen. Er erläutert die ideelle, logische und zeitliche Abfolge des Akts der Rechtsprechung, der aus einer komplexen Serie von Einzelhandlungen oder Phasen besteht. Beginnend mit dem handelnden Subjekt, interpretiert er die Bedeutung von Absicht, Überlegung oder Ratio, Entscheidung und schließlich der Ausführung des Urteils und Befehls.172 Die letzte Phase vermittelt zwischen den internen Phasen und der externen Handlung.173 Die „lex aeterna“ existiert somit vom juristischen Standpunkt aus betrachtet lediglich durch die Vermittlung des Befehls (imperium, ordinatio), der durch den Willensakt des Souveräns und Gesetzgebers erlassen wird. Nur durch diese Handlung werde das Gesetz verpflichtend. Es bestünde „der Form nach in einem äußeren Akt“.174 Das Gesetz ist folglich nach Suárez nicht bloßer Hinweis, sondern selbst eine Tätigkeit (actio) oder ein Handeln (actus) „das im Zeichen seine Dauer findet“.175 Was als Zeichen oder Ausdrucksform gilt, beruhe auf Konventionen. Auch der bereits erwähnte Juan de Salas interpretiert das Recht weder als eine Handlung des Intellekts noch als eine Handlung des Willens des Gesetzgebers, sondern eher als geschriebenes oder anders verfasstes Zeichen, mit dem ein Gesetzgeber seinen gerechten Verstand und Willen demonstriert, um seine Untergebenen zu verpflichten.176 170

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Zur theologischen Matrix des Naturrechtsgedankens und seinem doppelten Aspekt grundlegend die Arbeiten Jean-Robert Armogathes: Armogathe, 2008, S. 265–280; Armogathe, 2007. Die mathematischen Ansätze in der Rechtswissenschaft, die mit geometrischen und arithmetischen Methoden die Rechtssicherheit gewährleisten sollten, siehe Mohnhaupt, 2008. Cedroni, 1996, S. 40. Höpfl, 2004, S. 277f. Hier Suárez, 2002, I, Bd. IV, S. 2, und Bd. VI, S. 33. Höpfl, 2004, S. 279. Siehe auch Westermann, 2007, S. 227–237. Suárez, 2002, I, Bd. IV, S. 2, und VI, S. 33. Salas, 1611, zit. bei Höpfl, 2004, S. 279 und Anm. 70.

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I. Recht vor Augen

Recht wird somit nicht nur gesprochen (jurisdictio), sondern auch gezeigt.177 Das signum wird somit nicht nur zu der expliziten Form über die das Recht ausgedrückt wird, sondern darüber hinaus schafft es Kontinuität und sichert das Recht auch unabhängig von dem Willen des Gesetzgebers.178 Diese Überlegungen zum Zeichen und dem hiermit neu entworfenen Rechtsverständnis, das auf dem Naturrecht fußt, finden ihre Fortsetzung in den zeitgleich intensiv geführten Diskussionen um den Status der Bilder. Suárez Trennung von „eikon“ und „imago“ auf der einen, sowie „eidolon“ und „idolum“ auf der anderen Seite fügt sich in die terminologischen Begriffsklärungen der katholischen Theologie, wenn es um die Frage des Bildes ging, die zu einem der Scharnierargumente der Abgrenzung zum Protestantismus geriet. Die Formulierung von Suárez bringt die allgemein gültige grundsätzliche Unterscheidung zwischen dem christlichen Bild und dem heidnischen Idol auf den Punkt: „[…] eine imago bezieht sich auf einen wahren Gegenstand; ein idolum auf einen falschen. Das heißt, dieses stellt etwas dar, was nicht existiert oder was nicht in der dargestellten Weise existiert; also als heilig, was nicht heilig ist.“179 Diese positive Definition des Bildes (imago) wird von jesuitischen Theologen aufgegriffen und weiter differenziert. In seiner Theorie des Bildes, in La peintu­ re spirituelle (1611) erläutert Louis Richeôme SJ (1544–1618), dass der Akt des Sehens und des Wahrnehmens direkt vom göttlichen Willen abgeleitet sei.180 Alles Sichtbare diene der Erkenntnis von Tugend und Laster. Alles sei Zeichen des göttlichen Willens und als „Bild“ beschreibbar, von dem kleinsten Detail der Natur bis in die menschlichen Ereignisse und Handlungen. Hierbei spielt die Sichtbarkeit und „Bildhaftigkeit“ eine besondere Bedeutung, wie in dem Abschnitt über die Unterschiede zwischen Diskurs, den „Bildern der Ohren“, und Malerei ersichtlich wird: „Die farblichen Bilder sind beständig, die Bilder der Ohren schwinden unaufhaltsam dahin. Denn bei einem Vorleser oder Prediger bleibt nur die bloße Imagination der Stimme oder des Diskurses in der Seele. Ihr seht auch, dass bei den Bildern der Ohren, die hier an diesem Ort gezeigt

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Diese frühneuzeitliche Erweiterung des Rechtsverständnisses fehlt bei den Überlegungen von Douzinas, 2006, S. 35–56. Suárez, 2002, I, Bd. IV, S. 4. Diese Interpretation stützt Westermann, 2007, S. 230f. Suárez, 1732, Bd. 2, S. 300. Übers. bei Hecht, 2012, S. 89. Ausführlich zu Richeôme siehe das Kapitel II.2 mit weiterführenden bibliographischen Angaben.

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3. Manifestationen des Rechts: Suárez‘ actus-Theorie

werden, ihr immer jetzt nur eines wiedergeben könnt, wenn nicht durch die Erneuerung derer, die schon vergangen sind.“181 Die Malerei sei leicht zu verstehen und bewege die einfachen und klugen Leute stark. Der Diskurs, die Schrift und das gesprochene Wort hingegen ließen sich nicht mit dieser Leichtigkeit aufnehmen. Man benötige nicht nur gute Ohren und Verstand sondern auch Aufmerksamkeit und Urteilsvermögen. Habe man beides nicht, so bliebe das Wort nutzlos und ohne Resultat. Diese von Richeôme einschränkenden Definitionen der Schrift bzw. des Diskurses und die Bedeutung der Memoria spielen auch bei Suárez eine entscheidende Rolle für die Frage, was das Wesen des Rechts sei. Entgegen anderer Lehrmeinungen ist für ihn eine schriftliche Fassung des Gesetzes nicht zwingend wirksam: Von einem „toten Buch“ (liber mortuus) könne man nicht mehr sagen, dass es sich selbst „Gesetz sei, weil es sich ja nicht mehr eigenmächtig durch das Gesetz, das auf seine Blätter geschrieben ist, zu lenken vermag. Das Herz des Menschen aber ist ein lebendiges Buch (liber vivus), in welches das Naturgesetz eingraviert ist“.182 So können das „Ewige Gesetz“ Gottes und das Naturgesetz lediglich metaphorisch ein schriftliches Gesetz genannt werden, denn die „stoffliche und äußerlich wahrnehmbare Niederlegung in Schriftform [gehöre] nicht zum Wesen des Gesetzes“. Die Vorschrift müsse durch den Gesetzesverkünder genügend Veröffentlichung erfahren, um „sodann auch im Gedächtnis der Menschen haften bleiben (zu) können“. Das göttliche Gesetz, so definiert er an anderer Stelle, existiere „als echtes Gesetz nach außen in den Untertanen oder den Dienern Gottes […], sei es in einer Erkenntnis (cognitio) oder in irgendeinem Zeichen, durch welches es ihnen in zureichendem Maße eröffnet wird“.183 Suárez’ Definition des Rechts basiert auf der Annahme, dass es ein ordnendes Prinzip sei,184 das sich auf die Ausführung einer Handlung in einem moralischen Sinne richtet und lediglich von einem Verstand-gelenkten Wesen umgesetzt werden kann.185 Die zweite zentrale Annahme liegt darin, dass das Recht keine Gemütsart (habitus) ist, sondern eine Handlung (actio). Recht wird genau das 181

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So Richeôme in der Beschreibung des 9. Bildes, Abschnitt I, des Rekfektoriums von San Andrea al Quirinale, „Différences du discours et de la peinture“, Richeôme, 1611, S. 130–133. Suárez, 2002, S. 184. Ibid., S. 399. Ibid., S. 106. Fernández-Santamaría, 2005, S. 91.

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genannt, was eine sofortige Kraft oder Wirkung auf das Subjekt hat, es zu bewegen oder zu verpflichten. „Imperare“, „ordinare et similia“ sind Handlungen, welche mit den Mitteln des Rechts ausgeführt werden.186 Das Gesetz sei durch „menschliche Kunst“ entstanden, Ergebnis eines bestimmten Handelns und bestimmter, dem Willen vorgegebener Umstände.187 Den spanischen Gelehrten interessiert weniger die Kodifizierung des Rechts, sondern vielmehr der Prozess, durch den schweigende Normen explizit gemacht werden.188 Die Frage nach dem obligatorischen Charakter der Zeichen beantwortet er jedoch unterschiedlich: So würden Zeichen nicht verpflichten, sondern lediglich repräsentieren.189 An einer anderen Stelle wiederum betont er, dass das Gesetz eine Handlung des Willens des Souveräns sei, das aus sich heraus und durch seine eigene Kraft obligatorisch sei und so das Individuum verpflichte. Es könnte auch davon gesprochen werden, dass das Gesetz (lex) nicht auf eine Handlung, sondern auf ein Zeichen verweise.190 Auch hier erweist sich der spanische Denker als radikal, wenn er daraus schlussfolgert, dass in erster Linie dem Gesetz und nicht dem Gesetzgeber gegenüber eine Obligation besteht. Die sich hierbei nun aufdrängende Frage, wie das Zeichen eine vom Ge­ setzgeber unabhängige obligatorische Kraft entwickelt, beantwortet Suárez damit, dass das Zeichen, also die äußere Manifestation des Rechts, ebenfalls einen Willen besitzen würde.191 Ob und inwieweit in dieses Denken auch die Bilder mit einbezogen werden, wird nicht expliziert, doch ein Blick in das Umfeld des seit 1580 am Collegio Romano unterrichtenden Suárez, der zu jener Zeit zusammen mit Gelehrten wie Roberto Bellarmino oder Christoph Claudius eine wissenschaftliche Koryphäe war, kann Aufschluss darüber geben.192

4. Soma und Semantik: Paleottis Fundament der Zeichen Kaum wurde bislang analysiert, dass der als Berater des Tridentiner Konzils fungierende Kardinal Gabriele Paleotti (1522–1597) in seinem Discorso intorno alle immagini sacre e profane (1582) auch das Verhältnis von Bild und Recht

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Suárez, 2002, Bd. I, IV, S. 3. Suárez, 2002, S. 140. Westermann, 2007, S. 227–237, hier S. 232. Suárez, 2002, hier Bd. I, V, S. 6. Ibid., Bd. I, V, S. 23. Ibid., Bd. I, V, S. 13f. Vgl. hier auch die Interpretation von Westermann, 2007, S. 227–237 hier S. 234. Suárez galt als einer der bekanntesten Theologen am römischen Kolleg, siehe GarciaVilloslada, 1954, S. 73–76 und S. 214–222.

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4. Soma und Semantik: Paleottis Fundament der Zeichen

rezipiert hat.193 Die Schriften des Reformers sind in der Kunstgeschichte primär auf unterschiedliche Facetten seiner Bildtheologie hin beleuchtet worden. In Publikationen zur Theorie der post-tridentinischen Bildreform wurde er als Verfasser des Discorso intensiv konsultiert und als Erklärungsvorlage für die Entwicklung der sakralen Malerei hinzugezogen. Von manchen als „spröde, theorielastige und an Beispielen arme“ Abhandlung bezeichnet, wurde der Discorso auf seine theologischen Implikationen geprüft und hierbei seine Anweisungen über den Umgang mit den Bildern und die Unterscheidung zwischen sakralen und profanen Bildern in den Fokus genommen.194 Hecht bewertet sein Bildertraktat als „dilettantisch“ und von weniger systematischem Zugriff als die Werke von Melchior Cano, Francisco Suárez oder Johannes Molanus.195 Die Vielseitigkeit des Kurienkardinals und Rota-Auditors Paleotti hat bislang lediglich Paolo Prodi angemessen porträtieren können.196 Dieser charakterisiert ihn als Theologen, Juristen, Staatsmann und Kunstförderer, und weniger als frommen theologischen Glaubensmann, der sich mit seiner Bildtheorie ausschließlich dem Kampf der katholischen Gegenreformation verschrieben hat. Inwieweit sich Paleotti mit Kernfragen der Rechtsvermittlung und dem Wahrheitsbegriff auseinandergesetzt hat, der in dieser Zeit von Rechtsreform und Verstaatlichung eine nicht geringe Rolle spielte, ist bislang nicht diskutiert worden.197 Dass hinter seiner „spröden“ Theorie eine überaus lebendige und intensive Auseinandersetzung zwischen Intellektuellen und Künstlern zu unterschiedlichen Gestaltungs- und Klassifikationsfragen steht, wird in seinen künstlerischen Aufträgen für die Kathedrale San Pietro in Bologna einsichtig, deren Krypta er 1583 ausgestalten ließ.198

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Die Literatur über Paleottis Discorso kann an dieser Stelle nicht auch nur annähernd wiedergegeben werden. Es sei deshalb lediglich verwiesen auf die Studien von Hecht, 1997 (Neuaufl. 2012) und den Sammelband hg. von Blaauw, 1998. Zuletzt hat Steinemann eine umfangreiche Analyse des Textes mit umfassender Bibliographie vorgelegt, siehe Steinemann, 2006. Ilaria Bianchis Arbeit über Paleotti rekonstruiert die Aktivitäten des Kurienkardinals als Theoretiker und Kunstpatron in der Ausstattung seiner Kapelle im Bologneser Dom, vgl. Bianchi, 2008. Vgl. Steinemann 2006, S. 9. Hecht, 2012, S. 306. Prodis Studie stellt bis heute immer noch das umfassendste geistesgeschichtliche Porträt von Leben und Werk des Kardinals dar, siehe Prodi, 1959 und 1967. Zur Bildtheorie der katholischen Reform Prodi, 1984. Siehe jüngst seine Einleitung in der englischen Ausgabe des Discorso, Paleotti, 2012, S. 1–44. Steinemann verweist in seiner Studie zum Discorso auf Übereinstimmungen mit der zeitgenössischen Theorie des Rechts. Siehe Göttler, 1996, S. 97–116. Jüngst ausführlich die Studie von Bianchi, 2008. Paleottis vorbereitende Notizen für die Ikonographie und Gestaltung der Wandmalerei in der Krypta liegen im Archivio Isolani, Bologna, F2/19–20.

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I. Recht vor Augen

Für die kuriale Laufbahn hatte Paleotti standardgemäß ein juristisches Curriculum absolviert, sodann an der Universität in Bologna Jurisprudenz gelehrt, wurde Rota-Auditor, Berater der päpstlichen Legaten in der beschließenden Phase des Tridentiner Konzils und war an der Revision des Decretum Gratiani beteiligt.199 Einige seiner engsten Berater und die ersten Leser des Dis­ corso waren bekannte Juristen-Theologen, die sich im Zuge der Tridentinischen Reform mit der neuen Gestaltung und Ausstattung öffentlicher Räume auseinandersetzten und hierbei auch Einrichtungsgegenstände entwarfen, die Einfluss auf das Körperverhalten im liturgischen Kontext nehmen sollten. So florierten Mitte des 16. Jahrhunderts unterschiedliche Formen der als instructiones angelegten Traktate, die die künstlerische Form als eine Folie der Normierung menschlicher Handlungen ansah, wie besonders die Traktate von Carlo Borromeo oder Johannes Molanus.200 Borromeo hatte 1577 die Instructiones fabricae et supellectilis ecclesiasticae veröffentlicht, in denen er sich der Einrichtung und Ausstattung eines Kirchenhauses widmete.201 Angelehnt an bekannte Architekturtraktate, werden hier die einzelnen Elemente der Architektur und des Mobiliars in eine übersichtliche und beschreibbare Ordnung gebracht, um das katholische Gemeinwesen als eine der protestantischen Logik überlegene Gestaltungsform zu präsentieren.202 Borromeo erdachte auch den Beichtstuhl, der bis heute zentrales Zeichen der kirchlichen Rechtsprechung geblieben ist und den Beichtenden in eine bestimmte Position des Geständnisses und der Anhörung zwingt. Wie ein Gerichtssitz gestaltet, repräsentiert er die Idee des Bußforums wie den neuen Disziplinargedanken.203 Die hierin vollzogene Separierung von Körper und Blick verstärkte den Charakter der „Ohrenbeichte“, die zwar öffentlich, und somit verbindlich, jedoch in einem den Blicken entzogenen

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Paleotti wurde 1565 Kardinal und 1566 Bischof von Bologna. Seine Biographie ausführlich bei Prodi, 1959. Paleotti gehörte zusammen mit Ugo Boncompagni, dem späteren Papst Gregor XIII., zu den Correctores Romani, die das Decretum Gratia­ ni einer grundlegenden Revision unterzogen, siehe jüngst Sommar, 2009. Zur Juristenausbildung und kurialen Laufbahn vgl. Ago, 1990. Siehe auch den jüngsten Beitrag von Mondini, 2008, S. 243–253. Johannes Molanus, De picturis et imaginibus sacris, 1570. Zu Molanus Traktat siehe Freedberg, 1971, S. 229–245; Freedberg, 1982, S. 133–153 und Hecht, 2012, S. 32–34 Zu Borromeo, Paleotti und Bellarmino vgl. Baumgarten, 2000, S. 515– 534. Einen verlässlichen Überblick zum Thema Bildkonflikt in dieser Zeit bieten Boespflug und Christin, 2007, S. 241–261. Carlo Borromeo, Instructionum fabricae et suppellectilis ecclesiasticae, 1577. Zuletzt die Ausgabe kommentiert von Marinelli, 2000. Ich beziehe mich auf die Ausg. Borromeo, 1982. Siehe Gatti Perer, 1982, S. 121–147, sowie Voelker, 1988, S. 172–187. Hecht, 1997, S. 20 und Crippa, 1997, S. 425–438. Zu dem Traktat und seiner Rezeption siehe Frascarelli, 2001. Boer, 2000, S. 90–100.

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4. Soma und Semantik: Paleottis Fundament der Zeichen

Raum abgelegt werden sollte. Die praktischen Anleitungen zur Aufstellung und Gestaltung eines Beichtstuhles betonten die Sicht- und Unsichtbarkeit des Juridischen: zum einen sollte die Sichtbarkeit des Mobiliars im Kirchenraum gewährleistet sein, um den Gang der Poenitenten der Gemeinde vorbildhaft zu präsentieren, zum anderen jedoch musste die Anonymität zwischen Beichtvater und Beichtendem durch eine Sichtblende gesichert werden, um das Urteil des Priesters nicht von seiner göttlicher Eingebung abzulenken.204 Auch Paleotti, der mit der Arbeit an seinem Discorso kurz nach Erscheinen von Borromeos Instructiones begann, analysierte die normative Gestaltungskraft von Räumen und Bildern.205 Die lange Entstehungszeit dieses Werkes erklärt sich durch Paleottis intensive Auseinandersetzung mit Philosophen, Juristen206 und vor allem Künstlern, die ihn in ausgewählten Fragen berieten.207 Die hier formulierte Bildtheorie ist ein Fragment geblieben, da nur zwei von den geplanten fünf Büchern vollendet wurden und gerade die letzten drei sich konkret mit Architektur und Fragen der Ikonographie auseinandersetzen sollten.208 Das erste Buch erklärt den Ursprung, die Formen und Erzeugnisse der Bilder im Allgemeinen, wogegen sich der Inhalt des zweiten Buches auf den richtigen und falschen Bildgebrauch konzentriert. Die geplanten weiteren Bücher sollten sich den „gefährlichsten“ Bildern widmen, den lasziven und unmoralischen, wobei die angeführten Beispiele und Gründe vor einem Missbrauch derselben warnen wollten. Das vierte Buch, so fasst es Paleotti zusammen, war als eine „minutiöse“ Beschreibung der am häufigsten wiederholten Bilder in der Stadt, Diözese und allgemein der christlichen Welt angelegt, um die vorweg angeführten abstrakten Konzepte vor Augen zu führen. Der Litanei folgend, wollte er hier die Bilder Gottes, Christi und des Heiligen Geistes und der dazugehörigen Mysterien bis hin zu den Aposteln analysieren, um somit so genau wie möglich eine visuelle Übertragung der Dekrete des Konzils zu erwirken. Dieses Vorgehen vergleicht Paleotti mit dem des Arztes, der seine allgemeinen Studien auf die unterschiedlichen Krankheiten einzelner Individuen appliziert.209 Das letzte Buch 204 205 206

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Borromeo, 1982, S. 212. Ein erster Entwurf war im Jahre 1578 fertiggestellt, in Zusammenarbeit mit dem Jesuiten Francesco Palmio. Wie z.B.der Jurist Giovanni Angelo Papio, der auch mit Achille Bocchi befreundet war, und 1560–1582 den Lehrstuhl für Zivilrecht an der Universität Bologna innehatte. Prodi, 2012, S. 15–19. In der Ausgabe von 1582 ist dem Traktat eine Auflistung der Themen der fehlenden drei Bücher hinzugefügt. Paleotti und Della Torre, 2002, S. 9f. „Perciò si è cominciato con l’analizzare il modo con cui vengono raffigurati Dio Padre, il Figlio di Dio, lo Spirito Santo e tutti i misteri ad essi relativi, la gloriosa Vergine, gli angeli, i patriarchi, gli apostoli e tutti gli altri, seguendo l’ordine comune delle Litanie della Chiesa, fornendo per ciascun soggetto delle indicazioni,

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I. Recht vor Augen

wäre demnach eine der „Anamnese“ folgende Anweisung des richtigen Umgangs mit Gestaltungsfragen im Raum von Diözese und Stadt. Sowohl die Verwendung von Wappen im öffentlichen Raum als auch die Bedeutung der Emblematik und der damit verbundenen Idee des Symbols sind zwei zentrale Achsen der Theorie im ersten und zweiten Buch, über welche die Bilder in ihren juridischnormierenden Eigenschaften erläutert werden. Da er sich an der Emblematik interessiert gezeigt hatte, wurde Paleotti von seinen juristischen Weggefährten „Alciatus junior“ genannt, obgleich er nie bei Alciato studiert hatte.210 Die Auseinandersetzung mit der Bedeutung des „signum“ und des „simbolon“, die das Bild als Zeichenkonstellation definieren lassen, werden für Paleotti zu einem zentralen Baustein seiner Theorie. Seine Bezugnahme auf verschiedene Konzeptionen des „signum“ stellt im Vergleich zu anderen Bildtheorien der Zeit eine Ausnahme dar und muss im Kontext der allgemeinen Zeichentheorie der Spätscholastik des ausgehenden 16. Jahrhunderts erklärt werden.211 Paleotti setzte sich intensiv mit dem emblematischen Werk von Achille Bocchi auseinander, zu dem er einen engen Kontakt pflegte.212 Bocchis Sym­ bolicae Quaestiones (1555) war zu seiner Zeit ein weitverbreitetes Handbuch, deren Embleme sich aus Titel, Widmung, Epigram, Gedicht und jeweils einem Kupferstich von Giulio Bonasone zusammensetzen (Bild 24).213 Mit dem Satz „Omnia mens speculatur, agit prudentia et arte“ ist das Bild des Janus-Tempels als Sinnbild menschlicher Klugheit (prudentia) zu deuten. Wie der Gott Janus, dessen Kopf in der Giebelzone des Tempels dargestellt ist, besitze der mensch-

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applicando il più possibile nello specifico i decreti del sacro Concilio, proprio come i medici applicano le loro teorie e studi generali alle diverse malattie dei singoli malati.“ Ibid., S. 10. Obgleich Paleotti hier definitiv von einer möglichst spezifischen Applikation spricht, nimmt Hecht nicht an, dass es sich bei dem Discorso um eine juristische oder administrative Auslegung der Dekrete handelt, Hecht, 1997, S. 40. Prodi, 1959, Bd. I, S. 75f. Bianchi, 2008, S. 36–38. Bianchi verweist auf die Erwähnung in der Biographie von Agostino Bruni, Vita Gabrielis Paleotti S.R .E Cardi­ nalis et Bononiensis Archiepiscopi primi auctore augustino Brun, Rom, 1607. Steinemann hat die semiotische Dimension der Bildtheorie Paleottis hervorgehoben und detailliert erläutert. Vgl. Steinemann, 2006, S. 65–104. Allgemein zu der zeichentheoretischen Wende der katholischen Spätscholastik siehe Meier-Oeser, 1997, S. xviii. Steinemann, 2006, S. 254. Zur Biographie Bocchis siehe DBI, Bd. 11, S. 67–70. Zu Bocchi sind einige Studien erschienen, die sich mit seinem Verhältnis zu anderen Humanisten auseinandersetzen, z.B. Watson, 1993; Pinkus, 1996; Angelini, 2003. Ausführlich widmet sich seinem Werk die vierbändige Dissertation von MaeyensRolet, 1998. Achille Bocchi, Symbolicarum quaestionum de universo genere quas serio lude­ bat, 1555. Die erste Ausg. mit 151 Stichen von Giulio Bonasone. Agostino Carracci lieferte die Stiche für die 1574er Ausgabe. Praz, 1975, S. 39.

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4. Soma und Semantik: Paleottis Fundament der Zeichen

Bild 24  Agostino Carracci: Symbol CLI: Omnia mens speculatur, agit prudentia et arte, in: Achille Bocchi, Symbolicae quaestiones, Bologna 1574, Kupferstich, Rom, Bibliotheca Hertziana.

liche Geist zwei Gesichter: Das eine verkörpere den Verstand, der sich den einfachen Dingen zuwende (ratio) und das andere habe das Göttliche im Blick. Im Sinne des in der Gebälkzone geschriebenen Mottos „adhuc patet“, das mit dem Rundumblick und „mehr Sehen“ in Verbindung zu bringen ist, sei es auf diese Weise dem Menschen möglich klug handeln zu können. Diese Idee des janus bifrons spiegelt auch Bocchis Idee der Vermittlungsfähigkeit des Symbols zwischen den Ideen und den Körpern, den Zeichen und dem Bezeichneten.214 Wie Alciato entdeckte Bocchi das Bild als „Medium“, das humanistisch-universales Wissen in emblematischer Verschränkung von Text und Bild vermitteln sollte. Mit der Kategorie des „symbolischen Bildes“ hatte Bocchi eine Konkretisierung des Emblems vor Augen und bezeichnet hiermit eine Figuration, die es ermöglicht, abstrakten und undefinierten Konzepten eine anschauliche Dimension zu verleihen.215 Das symbolon (von gr. „symballein“, zusammenbringen), das er auch 214 215

Angelini, 2003, S. 110f. Bianchi, 2008, S. 43f.

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I. Recht vor Augen

als signum bezeichnet, war hier seinem legalen und monetären Bedeutungskontext entlehnt, wonach Objekte des Vertragsschlusses, wie eine Tafel, ein Knochenstück, oder ein Seil gemeint waren, die in zwei komplementäre Teile getrennt wurden, deren jeweilige Hälften die Vertragspartner auswiesen.216 Auch Paleotti greift diese Idee des symbolon auf und stützt seine Konzeption des Bildes auf eine Theorie des Zeichens. Die aus unterschiedlichen Kommentarwerken zu den Schriften des Aristoteles gezogenen Konzeptionen des signum, die in der Rhetorik verwendet wurden, waren im Bereich der Kunsttheorie neu.217 Paleotti differenziert in seiner allgemeinen Bestimmung des Ursprungs der Bilder die menschlichen Ausdrucksmöglichkeiten, die Stimme, die Gesten und die Zeichen („la voce, i gesti, i segni“). Für die „segni“ führt er die augustinische Trennung zwischen artifiziellen und natürlichen Zeichen an und verweist auf den doppelten Bezug des Zeichens auf zum einen das Signifikat und zum anderen das Erkenntnisvermögen.218 Er verweist zwar auf Differenzierungen, welche bisherige Begriffsbestimmungen des Symbols mit sich gebracht hätten, doch im Sinne der „biblia pauperum“ interessieren ihn lediglich jene „simboli“, die weitgehend allgemeinverständlich und von einem weiteren Kreis von Rezipienten zu begreifen waren.219 Mehr noch als die Sprache verfüge das Bild über die Fähigkeit, sich den Gebildeten wie den Ungebildeten zu erklären und einzuprägen und könne als „libro aperto“ Menschen unterschiedlicher Sprachen erreichen.220 Ziel und Zweck der Komplexitätsreduktion des Symbols sei in erster Linie die Konzentration auf das „Wahre und Gute“, und das kompliziertere 216 217

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Mit „symbola“ waren auch jene Geldbeiträge gemeint, welche für die Finanzierung von Banketten verwendet wurden, Watson, 1993, S. 98. Im 16. Jahrhundert wurden Zeichentheorien besonders in der Rhetorik diskutiert, in erster Linie in medizinischen und juristischen Traktaten. Steinemann, 2006, S. 65–68. Paleotti und Della Torre, 2002, S. 20, Kap. IV. „Origine delle immagini in generale“: Nach Augustinus sind die künstlichen Zeichen „signa data“ (De doctrina chri­ stiana II, 3): „i caratteri delle lettere, le note, le linee, le cifre“, deren Bedeutung erlernt werden müsse, um verstanden zu werden. Auch die Bilder antworten auf das Ausdrucksbedürfnis der Menschen („necessità commune di significare a ciascuna persona i concetti d’un altra“), über künstliche Zeichen zu kommunizieren. Ihre grundlegende Eigenschaft läge jedoch darin, sich direkter noch als der Buchstabe oder die Zahl dem Betrachter zu vermitteln. Bianchi, 2008, S. 41. So Paleotti in Kap. XLV: „Non dovranno essere oscuri e difficili da comprendere, ma neppure volgari e rozzi o tali da non suscitare alcuna meraviglia, curiosità e stimolo all’intelligenza, la quale viene spinta alla comprensione delle cose quanto più esse vengono apprezzate per la loro dignità.“ Paleotti und Della Torre, 2002, S. 241. Besonders in seiner weltumspannenden Gültigkeit besitze es ein Potential, an das die Schrift und die Sprache kaum heranreichen würden: „dove che le pitture servono come libro aperto alla capacità di ognuno, per essere composte di linguaggio comune a tutte le sorti di persone.“ Paleotti und Della Torre, 2002, S. 74f.

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4. Soma und Semantik: Paleottis Fundament der Zeichen

ästhetische Urteil sei nur wenigen Kennern vorbehalten.221 Für Paleotti verbindet diese so definierte „Emblematik“ auf beispielhafte Weise den didaktischen Nutzen und die Unterhaltung. Genau diese Mischung soll auch das „simbolo“ auszeichnen, das sich im Gegensatz hierzu nicht allein über die formale Einteilung in pictura und scriptura bestimmen lässt.222 Paleotti erklärt die normierende Kraft des Symbols über die in ihm repräsentierte Handlung. Die aus mehreren Bildern bestehende Figuration („corpo di figure“) werde durch die dargestellte wahre, wahrscheinliche oder fiktive Handlung (atto) zu einem „precetto universale“, also einem universalen Gebot.223 Verschiedene mythologische oder historische Themen können Gegenstand der pictura werden, wenn sie eine Handlung darstellen.224 Somit strebt Paleotti einen Wirklichkeitsbezug des Bildes an, der nach den Konstruktionsprinzipien der historia funktioniert und die Handlung als „natürliches Ereignis plausibel machen soll“. Diese narrative Grundform und „potenzielle Faktizität“ heben nicht die Komplexität des Emblems auf, vielmehr bleibt die Verrätselung, das Verbergen und Enthüllen als spannungsvoller Kern.225 Nicht immer kann das Bild alleiniger Aussageträger sein und bedarf der Hinzufügung einer textuellen Erläuterung, die einen szenischen Erzählrahmen schafft. Dabei wird oftmals eine Polarität hergestellt, wobei die subscriptio erläutert, was im Bild nicht zu sehen ist, wie dies in zahlreichen Emblemen von Alciati nachzuvollziehen ist. Der Sinn des im Bild Dargestellten enthüllt sich erst über die Entgegensetzung des Textes. Dieses Spannungsverhältnis zwischen pictura und scriptura, dem Nicht-Zeigen des im Text Gesagten einerseits und dem Unausgesprochenen des Bildes andererseits, ist für Paleotti in erster Linie Mittel der Erziehung und Disziplinierung des Rezipienten, da sich dieses so verstandene Symbol auf einen bestimmten Sinn ausrichtet.226 221 222 223

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Bianchi, 2008, S. 44. Steinemann, 2006, S. 254. „Ma noi non importa di fermarci in questo, e bastici solo di sapere che, secondo il parere degli eruditi, questo ch’oggi chiamiamo simbolo consiste ordinariamente di più e varie imagini unite insieme, che fanno un certo corpo di figure, siano d’uomini o d’animali, di piante o d’altre cosedette di sopra, le quali rappresentano alcun atto vero, o verisimile che sia stata, o altro che sia finto, dal quale ne risulta interiormente un altro senso buono e morale. Talmente che il simbolo propriamente cava da cose particolari un precetto universale, che serve al vivere morale e mostra la via d’abbracciare la virtù e fuggire il vizio,“ Paleotti und Della Torre, 2002, Kap. XLI, S. 239f. Steinemann, 2006, S. 257. Ibid., S. 259. „Ma quello che principalmente si avrà da avertire è che il simbolo porti seco instruz­ zione et utilità al ben vivere; onde, per assicurarsi da questi scogli e camminare senza intoppo, lodiamo noi grandemente quiei che sogliono valersi delle parabole evangeliche riferite dal Salvatore nostro […].“ Paleotti, 1582 (1961), S. 465.

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I. Recht vor Augen

Dieser spezifische Handlungsaspekt des Bildes und sein normativer Nutzen werden in Kapitel 35 des zweiten Buches deutlich, das sich den „grausamen und erschreckenden Bildern“ widmet. Die Gleichzeitigkeit von Unterhaltung und Belehrung wird in den Darstellungen extremer Brutalität und Verbrechen zu einem moralischen Problem. Ähnlich wie die Mediziner sich der Anatomiestudien am lebenden Menschen aufgrund der Torturen dieser Praxis verweigerten, wäre im Falle der Künstler zu folgern, sich jener Motive zu enthalten, die sich dem Recht widersetzende Abscheulichkeiten und Grausamkeiten darstellen.227 Er nennt jedoch zwei Ausnahmen: zum einen jene Bilder, in denen die gezeigte Gewalt bei dem Betrachter als Reaktion die Einsicht in die Tugendhaftigkeit fördert, und zum anderen jene, die die Abgründe und den Hass des Lasters oder der Sünde darstellen. Mit der ersten Ausnahme ist der christliche Opfertod, sind die Martyrien gemeint, deren gesteigerte, brutale Darstellungen der Folter und die aushaltende Geduld der Gefolterten dem Betrachter zum Vorbild dienen sollen. Die andere Ausnahme sei jegliche überzeugende Darstellung des Bösen, welche die Betrachter aufgrund ihrer Scheußlichkeit noch stärker dazu bewegt, gegen die Ungerechtigkeit vorzugehen. Jedes Thema, das die von den Gesetzen abweichenden Bösartigkeiten verurteilt, oder den göttlichen Zorn in Anbetracht dieser menschlichen Schandtaten hervorrufe, solle möglichst angsteinflößend und abstoßend sein.228 Und er vergleicht die künstlerische Darstellung des Bösen mit der Rede des Anklägers gegen vor Gericht stehenden Königen, die sich eines Verbrechens schuldig gemacht hätten. Um das Verbrechen begreiflich zu machen und ein gerechtes Urteil zu finden, bedienten sich die Kläger der Rhetorik und der kunstvollen Übertreibung. Ähnlich dürften die Bilder gestaltet werden, sodass bei deren Anblick auch bei hart gesottenen Seelen Abscheu erregt werden würde.229 227

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„E se anche gli scrittori di medicina hanno giudicato poco conveniente esercitare sui corpi dei vivi l’anatomia (Corn. Cels. Prohem.), neppure nel caso di rei confessi che subirebbero così una sorta di ultimo supplizio, per quanto essa sia neccessaria alla cura della salute degli uomini, perchè mai un pittore abbia criterio non dovrebbe astenersi dal ritrarre quelle cose che la legge e la sensibilità umana aborriscono?“, Paleotti und Della Torre, 2002, S. 208. „Ogni soggetto che abbia a che fare con l’esaltazione della giustizia esercitata dai giudici, con il biasimo delle iniquità aborrite dalle sante leggi, e con l’ira divina nei confronti delle scelleratezze umane, potrà ultimente essere raffigurato con orrore e spavento, purché sia proporzionato e commisurato all’argomento del dipinto e al luogo in cui esso si trova.“ Paleotti und Della Torre, 2002, S. 209. „Chi volesse dipingere alcun vizio, come l’impietà, l’eresia, la perfidia, il sacrilegio e l’ipocrisia, avendo per fine di mostrarela brutezza loro per metterlo in odio alle persone, potrà, con l’essempio degli oratori che fanno le invettive gagliarde contra i rei colpevoli, calcolandoli la mano a dosso con essagerazione, anch’esso usare qualche artificio giudiziosamente, acciò dall’aspetto di quella imagine così deforme si ecciti negli animi più forte abominazione di quel delitto.“ Ibid. S. 209.

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4. Soma und Semantik: Paleottis Fundament der Zeichen

Der epistemologische Anspruch, der Paleottis Systematisierung der Bildformen zugrunde lag, lässt sich auf die Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Ordnung des Theaters oder des „Mikrokosmos“ der Natur im Werk seines engen Freundes und Beraters Ulisse Aldrovandi zurückführen.230 Er leitet seine Überlegungen auch aus medizinischen Schriften her, wie denen Galens oder Hippokrates’ in Bezug auf die Wirkmacht der Bilder. Diese Erkenntnisse stützen seine Theorie der Normativität der Bilder. So gingen Philosophen und Mediziner davon aus, dass „den unterschiedlichen Konzepten gemäß, welche von unserer Phantasie durch die Form der Dinge aufgenommen würden, […] solche starken Eindrücke der Phantasie eingebrannt“ werden, dass sie somatische Reak­ tionen beim Betrachter hervorrufen würden.231 Berühmt ist hier die Passage im Discorso die den Anblick des Martyriums oder der Passion mit dem „Schlag in die Eingeweide“ gleichsetzt.232 Die Verbindung von körperlicher Wahrnehmung und Rezeption eines Bildes oder Textes hatte Borromeo besonders drastisch formuliert. Somit sei mit dem Lesen der Passion Christi nicht das Zeichen, sondern der Körper gemeint, das Lesen in „diesem verquollenen und verunstalteten Leib Christi, diesen heiligen Wunden, diesem zerfetzten Fleisch!“: „Wisst ihr denn, wie ihr lesen müsst? Das Lesen muss uns so tief ergreifen, dass wir all die Folterqualen, die der Herr in seinem Fleisch erduldet hat, in unserem eigenen Fleische verspüren, dass diese Nägel unsere Hände und unsere Füße durchbohren, dass diese Wunden und Versehrungen in unserm Innern neu entstehen, dass wir ebenfalls mit Geißeln geschlagen und mit Spucke verunziert werden. […] Spürt es meine Kinder, sage ich, spürt es nicht mit einem oder zwei, sondern mit allen Sinnen schaut hin und betrachtet sorgfältig dieses grün und blau geprügelte Fleisch und diese Wunden, öffnet Eure Ohren diesem Schimpf und Spott […] riecht diesen Leichengestank.“233 Das Zitat in seiner gesamten Länge macht die bohrende Forderung deutlich, über die am eigenen Körper zu verspürende Wahrnehmung das, was gelesen oder gesehen wird, in Handlungen zu überführen. Diese spezielle Form der Ekphrasis, die zwischen Sehen, Beschreibung und somatischer Reaktion eine Verbindung zu schaffen sucht, wird als Lehrmittel der Jesuiten zu einer bedeut230 231 232

233

Prodi und Olmi, 1986, S. 213–235. Paleotti, Discorso, c. 76v, zit. bei Prodi, 1984, S. 37. „Il sentire narrare il martirio di un santo, il zelo, et costanza d’una vergine; la passione dello stesso Christo, sono cose che toccano dentro di vero: ma l’esserci con vivi colori qua posto sotto gli occhi il santo martirizzato, colà la vergine combattuta, et nell’altro lato Christo inchiodato, egli è pur vero che tanto accresce la divotione, et compugne le viscere, che chi non lo conosce è di legno o di marmo.“ Ibid. Zit. nach Most, 2005, S. 152f.

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I. Recht vor Augen

samen pädagogischen Technik, wobei die Ästhetik des Bildes und das juridische Urteilen ineinander verschränkt werden. Dies kann an einem Beispiel des von Paleotti in Auftrag gegebenen Ka­ pellenprogrammes anschaulich gemacht werden. Die Ausgestaltung der Krypta von San Petronio sollte dem Kardinal zur besonderen Aufgabe werden, um die Regulative und Prinzipien seiner Theorie des Bildes zu veranschaulichen.234 Dabei gerieten die Darstellungen der Martyrien zu einer Herausforderung, da er davon ausging, dass der Betrachter durch die Bilder extremer Gewalt körperlich affiziert werden könne und die erregte Abscheu eine moralische Wirkung habe. Hier erweist sich der Theoretiker Paleotti gleichzeitig als Kommittent, der in seinen Kunstaufträgen die eigene Bildtheorie in die Praxis umzusetzen sucht. Die von ihm gewählten Martyrien waren angeregt durch den in Santo Stefano sul Monte Celio in Rom 1582 fertiggestellten Freskenzyklus Niccolò Circignanis. Die hier gezeigten geschundenen christlichen Märtyrer hatten ihn angeregt, eine ähnliche Ikonographie zu übernehmen.235 Eine Vorzeichnung des be­ auftragten Künstlers Bartolomeo Cesi zeigt eine fast klinische Szene (Bild 25): Auf einer einfachen Tischplatte liegt ein Mann, der bis auf einen Lendenschutz entblößt ist. Hinter dem Tisch steht ein Henker, der mit erhobenem Beil im Begriff ist, den ihm ausgesetzten Körper zu zerlegen. Dabei schlägt er hoch konzentriert nur auf die Gelenke, sodass sein Vorgehen einer mustergültigen Schlachterarbeit gleichkommt. Fast prüfend steht ein Dritter am rechten Bildrand, den Fuß vor sich auf einen Stein gestellt. Mit seinem geschulterten Beil wird auch er als Henker gekennzeichnet. Der Hintergrund ist mit einigen Wolkenfeldern und Baumstämmen nur leicht angedeutet und das Geschehen konzentriert sich auf die grausame Handlung: die Zerstückelung eines lebenden menschlichen Körpers. Im Vergleich zu Niccolò Circignanis Fresko aus Santo Stefano in Rom (Bild 26), wo der auf dem Tisch liegende geschundene Körper blutüberströmt und von willkürlich gesetzten Hiebwunden übersät ist, und im Hintergrund weitere Massaker an Christen zu sehen sind, zeigt Cesi, der den Anweisungen Paleottis weitgehend folgt,236 das Quälen des Körpers in Nahsicht. Zwischen Tod und Leben bäumt sich der Rumpf, dessen Glieder bis auf das rechte Bein bereits abgetrennt sind, auf, der Kopf knickt nach hinten ab und wie in der Statue des Laokoon ist das bärtige Gesicht mit halb geöffnetem Mund schmerzvoll verzerrt. Aus der regungslosen Kaltblütigkeit der Schergen und der gesteigerten Gewalt am lebenden Körper gelingt es dem Künstler, in dieser Darstellung die Polarität von Recht und Unrecht heraus zu destillieren.

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Bianchi, 2013, S. 127–144. Ausführlich zum Programm der Krypta vgl. Bianchi, 2008, S. 96–169. Bianchi, 2008, S. 119.

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4. Soma und Semantik: Paleottis Fundament der Zeichen

Bild 25  Bartolomeo Cesi: San Giacomo interciso, 1584–85, Zeichnung, 47,8 × 37,1 cm, Florenz, GDSU.

Paleotti versucht in seiner Bildtheorie, das Bild als eigenständiges Medium der Wissensvermittlung zu bestimmen. Er stellt dessen besondere Leistung heraus, bestimmte Inhalte vorzubringen, den Betrachter emotional zu bewegen und einen bleibenden Eindruck im Gedächtnis zu hinterlassen.237 Mit „docere“ ist nicht nur die „Belehrung“ gemeint, sondern im Sinne von „offen legen“ oder „zeigen“ lässt sich auch die anschauliche Beweisführung mit bezeichnen. Didaktisches Mittel sind hiernach die im Bilde vor Augen gestellten und veranschaulichten Sachverhalte, die so zum maßgeblichen epistemologischen Primat werden.238 Bilder appellieren laut Paleotti an die Vernunft des Betrachters, indem sie sich an ausgefeilte technische Verfahren der Nachahmung, wie der Perspektiv-, 237 238

Steinemann, 2006, S. 320. Ibid., S. 324.

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I. Recht vor Augen

Bild 26  Niccolò Circignani, Matteo da Siena: Martyrium des Maximino und Licinio, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo (Farbbild 2).

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4. Soma und Semantik: Paleottis Fundament der Zeichen

Proportions-, oder Physiognomielehre halten und eine adäquate Wiedergabe des Abgebildeten ermöglichen. Mit „Übereinstimmung“ mit dem Repräsentierten (aequalitas) ist die Wahrheit (veritas) des Bildes gemeint, die als Entsprechung des Zeichens mit der bezeichneten Sache definiert wird.239 Die Wahrheit ist eine wichtige Bezugsgröße für die Maler, deren Aufgabe es sei, „das Wahre nachzuahmen“, weswegen das Bild statt „imago“ auch „imitago“ genannt werden könne.240 Dieser als „verità“ und „similtudine“ begriffene Wahrheitsgehalt der Bilder korreliert mit der zeitgenössischen juristischen Wahrheitssuche über die Tatsachen und den Indizienbeweis, was in dieser Zeit zum rechtshistorischen Kanon gehörte.241

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„Il verisimile non si può conoscere se non per notizia del vero. Il vero si piglia in più modi, come / scrivono gli autori, ma noi, lasciando l’altre parti, pigliamo qui il vero prout est aequalitas signi ad rem / significatam, cioè quella pittura che si conforma intieramente con quello che si vuol rappresentare; perché ogni cosa, naturale o artificiale o morale, o di qualunque altra sorte, si presuppone fatta da certa persona et accaduta in certo tempo, certo luogo, con certa causa e certo modo, però ogni narrazione che vorrà spiegare una azzione o altra cosa vera e compita non doverà pretermettere alcuna di queste circonstanze.“ Paleotti und Della Torre, 2002, S. 121. „Diciamo ‘per assomigliarla’, imperoché questo è lo scopo et il fine della imagine, di rappresentare la similitudine d’un’altra spezie; il che è tanto proprio della imagine, che spesso piglia il nome dal suo esemplare, […]. Onde hanno voluto alcuni, che per certa somiglianza di voce sia stata chiamata imago, quasi imitago.“ Paleotti, Kap. II., vgl. Summers, 2007, S. 146–150. Steinemann, 2006, S. 122. 

II. Didaxe

1. Colleg ium, domus probat ionis und das „agere contra“ Die Reform des Ausbildungssystems der jesuitischen Kollegien hatte als eine der ersten Konsequenzen die Ausgestaltung und den Neubau von Räumen nach sich gezogen, die das Leben und den schulischen Unterricht der Novizen mitgestalten sollten.1 Wo vorher allein das Kolleg den edukativen Rahmen eines Ordens bildete, sollten nun auch die Noviziate, in denen die Jüngsten während einer zweijährigen Ausbildungszeit erzogen wurden, miteinbezogen werden.2 Diese grundlegenden Maßnahmen im Schulwesen hatten einen beachtlichen Effekt auf die Einwerbung von neuen Ordensmitgliedern: In den 33 Jahren des Generalats von Claudio Acquaviva (Bild 27) wuchs die Mitgliederzahl von ca. 5.000 im Jahre 1581 auf über 13.000 im Jahre 1615 an.3 Um 1600 zählte der Orden bereits rund 8.000 Angehörige und unterhielt 236 Kollegien in ganz Europa. Seit seiner Gründung hatte er Schritt für Schritt bis in das Jahr 1700 über 700 Ausbildungsinstitutionen mit aufgebaut und es war ihm gelungen, die bedeutendsten Lehrstühle an den katholischen Universitäten mit einem Ordensbruder zu be­ setzen.4 Nicht nur wurden Schulen in den Provinzen gegründet, sondern auch 1 2

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Eine vergleichende Untersuchung der Kollegien fehlt bis heute. Lediglich Pierre Delattre hat die jesuitischen Kollegien in Frankreich untersucht, Delattre, 1949. Zur Entwicklung des Seminario Romano zwischen 1565 und 1608 siehe besonders Testa, 2002. Noviziat und Novizenausbildung werden ausführlicher im folgenden Kapitel erläutert. Zur Person Acquavivas siehe die Biographie von Rosa, 1960, S. 168–178 und die von Guerra hg. Biographie von Francesco Sacchini mit Kommentar, Guerra, 2001; sowie Guibert, 1964, S. 230–280 und Fois, 2001, S. 199–213. Über das lange und prä­­gende Generalat von Acquaviva vgl. besonders die zwei Sammelbände hg. von Broggio, 2004, sowie Broggio und Cantù, 2007. Scaglione, 1986, S. 51–74 und Grendler, 1989, S. 371.

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II. Didaxe

Bild 27  Hieronymus Wierix: Claudio Acqua­ viva, 1615–19, Kupferstich, 12,1 × 7,4 cm, London, British Museum.

sogenannte „Ausländerseminare“, die in Rom die jungen Männer auf die Missionen in den Ländern vorbereiten sollten, die von der Reformation und den darauffolgenden konfessionellen Auseinandersetzungen betroffen waren.5 Unter Gregor XIII. entstanden das Collegio dei Neofiti (1577), das Collegio Greco (1577), das Collegio Inglese (1578), das Collegio Ungarico, das 1580 mit dem Germanico zusammengelegt wurde und das Collegio Maronita (1584). Weitere Kollegien folgten etwas später nach, wie im Jahre 1600 das Collegio Scozzese, dann unter Urban VIII. Barberini das Collegio Urbano de Propaganda Fide (1627) und zuletzt das Collegio Irlandese (1628).6 Das Collegium Germanicum war, wie die anderen Nationalkollegien zu dieser Zeit auch, ein Teil des Collegi­ um Romanum, das die zentrale Bildungsstätte für alle Jesuiten darstellte, und dessen Leitung dem Heiligen Stuhl selbst vorbehalten war.7

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Danach folgten keine Gründungen mehr. Siehe Schmidt, 1984, S. 2f. Bailey, 2003 untersucht die Ausgestaltung der römisch-jesuitischen Kollegienund Kirchenräume in übersichtlichem Vergleich. Siehe ausführlich Galassi, 2007.

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1. Collegium, domus probationis und das „agere contra“

Bild 28  W. P. Kilian: Lehrstunde vor Märtyrerbildern, 1694, Kupferstich, in: Mathias Tanner, Societas Jesu apostolorum imitatrix sive Gesta praeclara, Prag, S. 211.

In Anbetracht der Vielzahl an visualisierten Grausamkeiten, in Bildern von Hinrichtung und Folter der christlichen Märtyrer, die in den Kollegs- und Noviziatsräumen zu sehen waren, lauteten bislang die Erklärungsversuche, dass diese der Identifikation und inneren Stärkung oder Vorbereitung der Novizen auf die Mission dienen würden. Jenes durch seine Bilder aber auch seine Musik und sein liturgisches Programm international bekannt gewordene Collegio Germanico-Ungarico würde demnach mithilfe der gemalten Märtyrertode in seiner Kollegiatskirche seine Novizen zu einem festen Willen erziehen wollen, um sie auf den möglichen Opfertod für die römisch katholische Kirche während ihren Missionsreisen in die deutschen Länder des Heiligen Römischen Reiches („Germania“) und Ungarn vorzubereiten.8 Wie auf diesem Stich im Werk von Mathias Tanner knapp ein Jahrhundert später zu sehen, diente die raumgreifende Inszenierung der Märtyrerbilder dem Unterricht und der Belehrung über die 8

Bailey zieht diese monokausale Schlussfolgerung in Zweifel, Bailey, 2003, S. 107.

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II. Didaxe

Bedeutung des jesuitischen Martyriums (Bild 28).9 Die um einen Lehrer sitzende Gruppe folgt aufmerksam, aber mit erschrecktem Gesichtsausdruck seinem auf die Wandbilder weisenden Gestus. In der oberen Lünette der rechten Wandverkleidung ist ein Streckbett (equuleus) zu erkennen, auf dem ein unbekleideter Mann gefoltert wird. Darunter sind verschiedene Hinrichtungen durch den Strick und das Kreuz abgebildet, sowie ein Henker, der einem menschlichen Körper mit einer Axt die Gliedmaßen abtrennt. Diese illustrative „Unterrichtsszene“ mag auf die Funktion und Verwendung der Wandgestaltung hindeuten, doch bleibt der ins Grausame gesteigerte Inhalt der Vermittlung unklar. Um das in den Ordensräumen inszenierte System der Märtyrerbilder und deren somatische und affektive Dimension zu erklären, müssen zunächst die Rezipienten beschrieben werden, an die sich die Bildprogramme richteten. Eines der zentralen Anliegen der katholischen Erneuerung im 16. Jahrhundert war die schulische und universitäre Ausbildung der jüngeren Generation.10 Gerade in der frühen Phase des Jesuitenordens war das Angebot an guter Ausbildung ein besonders wirksames Instrument, um Mitglieder zu werben. Die Einrichtung öffentlicher Schulen und Erziehungsanstalten versprach neben dem finanziell-lukrativen Aspekt, die Zukunft der krisengeschüttelten katholischen Kirche mitgestalten zu können.11 Ordensgründer Ignatius von Loyola (1491–1556) erkannte den instrumentellen Wert von Schulen, die nicht nur die Jungen erzogen, sondern ebenfalls die Eltern beeinflussten, was in der Bulle Julius’ III. aus dem Jahre 1550 bestärkt wurde.12 Die zwischen 1540 und 1600 vom Orden gegründeten Ausbildungsstätten waren in erster Linie Kollegien, die den Jesuiten vorbehalten waren und deren Schüler an den lokalen Universitäten unterrichtet wurden, wie dies beispielsweise in Paris, Louvain, Köln, Padua, Coimbra,

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Tanner, 1664, S. 211. Siehe Dillon 2012, S. 307. Hsia, 1984, S. 67f. Allgemein zum Schulwesen in Italien zur Zeit der Renaissance siehe Grendler, 1989. Zur Ausbildung im Orden siehe O’Malley, 1993, S. 200–242. Zum Kollegsystem der Jesuiten in Italien siehe Scaglione, 1986, S. 75–110 und Zocchi, 1990, S. 15–18. Mehrere Arbeiten stellen die Bedeutung des jesuitischen Erziehungsgedankens in dessen europäisch-wissenschaftshistorischem Kontext heraus, z. B. Giard, 1993, S. 131–148 und Giard, 1995. Zur Bedeutung der Erziehung für die Anfänge des Ordens vgl. O‘Malley, 1993. Den französischen Kontext vom 16.– 18. Jh. untersucht genauer Dainville, 1978 sowie Loach, 2001, S. 149–170. Grundlegend hierzu Lundberg, 1966 und jüngeren Datums Carlsberg, 2002, S. 215–246, der auch die Anfangsschwierigkeiten des Ordens, sich über die Schulen zu etablieren, herausstellte, ibid., S. 226f. Ignatius von Loyola hatte 1546–1547 die ersten Schüler nach Messina geschickt, um eine Schule zu gründen. Zu diesen ersten Gründungen und ihren Schwierigkeiten siehe Farrell, 1938, S. 98–106 und O’Malley, 1993, S. 202–208. Die Bulle „Exposcit debitum“ betonte den Wert des Jesuitenordens für die Aufgabe der Verteidigung und der Propagierung des katholischen Glaubens durch öffentliche Predigten, Vorlesungen und geistliche Übungen, Carlsmith, 2002, S. 221.

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1. Collegium, domus probationis und das „agere contra“

Alcala und Valencia geschah.13 Methodisch orientierten sich die Jesuiten hierbei am modus Parisiensis, der an der Pariser Universität, an der Ignatius studiert hatte, entwickelt worden war und den Wechsel vom scholastischen System zum humanistischen herbeiführte.14 Er zeichnete sich durch eine Systematisierung des Studienplanes aus, die in Anbetracht der wachsenden und immer komplizierter werdenden Wissensgebäude, den schrittweisen Fortschritt des Studenten zum Ziel hatte und demgemäß die pädagogischen Techniken kodifizierte.15 Die Lehrmethoden wurden so erfolgreich, dass die Nachfrage nach den Kollegien stieg aber bald nicht mehr zufriedenstellend erfüllt werden konnte.16 Acquaviva war der erste Ordensgeneral, der nicht nur die Ausbildungs- und Erziehungsmethoden des Ordens grundlegend systematisierte, sondern hierbei auch gezielt die Ausgestaltung der Kollegien und Kollegiatskirchen miteinbezog.17 Diese unter Acquaviva vorgenommenen grundsätzlichen Änderungen des Bildungssystems sollten während der 34 Jahre seines Generalats dem Jesuitenorden zu einem bedeutenden Fundament werden. Bereits Ignatius hatte in seinen Constitutiones höchsten Wert auf die Ausbildung der Jüngsten gelegt und skizziert die Bedeutung der Kollegien als regelrechte Verhaltensschulen, die den Novizen auf die weltliche Erfahrung vorbereiten: „Hier sollen die zukünftigen Arbeiter lernen, welches Verhalten sie in den verschiedenen Gegenden der Welt zu befolgen haben, im Verkehr mit so verschiedenen Arten von Menschen, in welcher Weise sie allen etwa möglichen Unzuträglichkeiten vorbeugen und alle Vorteile, die sich für den Dienst Gottes bieten, erhaschen mögen, immer in der möglichst rationellen Art.“18 13

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Weitere Formen der Ausbildungsstätten sind die gemischten Kollegien, die von einem lokalen Patron finanziert wurden und dessen Mitglieder – Professoren wie Studenten - zwar hauptsächlich Jesuitenbrüder waren, jedoch auch externe Schüler zum Unterricht zugelassen wurden. Siehe Carlsmith, 2002, S. 221f. O’Malley, 1993, S. 217. Farrell, 1938, S. 49–52. In den 1550er und 1560er Jahren wurden zahlreiche neu gegründete Schulen aufgrund von mangelnder Lehrerschaft, oder aber auch wegen des Misstrauens der Stadtbevölkerung wieder geschlossen, siehe Carlsmith, 2002, S. 234f. Einen umfassenden Überblick über die von Acquaviva geförderten Künstler gibt Bailey, 2003. Er zitiert u. a. den Brief Acquavivas aus dem Jahre 1586 an den Herzog von Parma, in welchem er nur die besten Künstler für die Umsetzung der Bildproduktion des Ordens bestimmt. Ibid., S. 12. Zitiert bei Gothein, 1895, S. 422f. In der Jesuiten-Forschung weitgehend vernachlässigt sind Eberhard Gotheins (1853–1923) Arbeiten über Ignatius von Loyola (Gothein, 1885 und 1895) oder auch dem Staatsexperiment der Jesuiten in Paraguay, Gothein, 1883. Gothein interessiert sich für die religiösen Grundlagen des Staatsbildungsprozesses und sieht bei den Jesuiten den Versuch „Staat und Gesell-

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II. Didaxe

Trotz der Verschiedenheit der Länder und Kulturen, in denen die Novizen zu­ künftig die ignatianische Lehre verbreiten sollten, legte Ignatius besonderen Wert auf die Gleichförmigkeit der Ausbildung, denn „Ausnahmen brechen die Gesetze“.19 In allen Kollegien und Noviziaten wurde ein radikales Egalitätsdenken durch einen strikt regulierten Tagesablauf angestrebt, um durch die hierdurch geschaffene Ordnung ökonomisch wie auch ethisch die Konstruktion einer religiösen Gemeinschaft zu befördern.20 Das Loyola vorschwebende Ausbildungsideal und die damit verbundene Vorstellung einer überall gleichen Ordensidentität sollte in allen Ländern nicht nur gleich sein, sondern den Einzelnen gleichzeitig befähigen, sich den spezifischen kulturellen Gegebenheiten anzupassen.21 Die geforderte „rationelle“ Art des Lernens scheint zunächst im Widerspruch zu den in den Ausbildungsräumen und Kirchen gezeigten Märtyrerdarstellungen zu stehen, da die Bilder von massenhaften christlichen Opfern auf Empathie und Emotionalisierung des Betrachters angelegt sind. Da sie auf diese Weise sich polarisierend gegen die „häretischen“ Unrechtsregime richten, würden sie auch der postulierten Anpassungsstrategie entgegenwirken. Doch die auf Affekterzeugung angelegten Bilder waren dicht mit dem neuen pädagogischen Geist des Ordens verwoben. Diese hier sichtbar werdende Auflösung der Grenze zwischen Religion und Politik, zwischen den Geboten der staatlichen und der religiösen Gemeinschaft, sollte auch das Rechtsverständnis des Ordens prägen, das die Buße und die Beichte zu seinen maßgeblichen Instrumenten machte.22 An den Kollegien, die mit ihren repräsentativen öffentlichen Disputationen für die Ausbildung durch den Orden warben, sollte eine Elite herangezogen werden, die nicht nur den Orden im engeren Sinne betraf.23 Das Collegio Roma­ no bildete seit 1551 den zentralen und von Anfang an international ausgerichteten Bildungsort der Jesuiten und erhielt 1581 durch Gregor XIII. als universitäre

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schaft als Kunstwerk zu gestalten, als Mechanismus zu konstruieren“. Nicht im Sinne einer Biographie, sondern vielmehr als „Kulturgeschichte der Gegenreformation“ ist hier die Geschichte des Ordens mit den politisch-kulturellen Kontexten Italiens, Spaniens und Frankreichs verknüpft. Über Gothein siehe die Studie von Maurer, 2007. Gothein, 1895, S. 423. Boncori, 2003, S. 99–123. Gothein, 1895, S. 423. Konsequenz dieser Auflösung der Grenzen zwischen Religion und Staat, um ein Gemeinwesen zu schaffen, das ganz auf religiösem Fundament beruhe, sei die Tilgung des „Bewußtseins der Rechtspersönlichkeit“ der ihnen unterstellten Gemeinde, so folgert Gothein in seinen Überlegungen zum Jesuiten-Staat in Paraguay. Gesetze und Strafrecht wurden durch die Beichte und Buße ersetzt. Siehe Maurer, 2007, S. 81. Vgl. García-Villoslada, 1954, S. 107–109 und zu den druckgraphischen Blättern, die diese Disputationen begleiteten, siehe Rice, 1999, S. 148–169.

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1. Collegium, domus probationis und das „agere contra“

Bild 29  Anonym: Gregor XIII. vor der Fassade des Collegio Romano, ca. 1584, Öl auf Leinwand, 180 × 106 cm, Città del Vaticano, Pontificia Università Gregoriana.

Institution ein stabiles Fundament (Bild 29). Der in diesem Porträt als „parens optimus fundator“, als Vater und Gründer des Kollegs benannte Papst, stiftete der Vorzeigeinstitution nicht nur einigen territorialen Besitz und sicherte so den finanziellen Rahmen, auch bestimmte er über die architektonische Erweiterung des Gebäudes im Zentrum Roms, das sich durch seine imposante wie un­ gewöhnliche Fassade und die Vielzahl an Unterrichtsräumen auf ungewöhnlich großem Grundriss auszeichnete.24 Das Collegio Romano wurde zu der zentralen und richtungsweisenden Lehr- und Ausbildungsstätte für die katholische 24

Die komplexe Baugeschichte des Collegio Romano hat verschiedene Architekten zu verzeichnen: zuerst Bartolomeo Ammanati, dann Giuseppe Valeriano SJ und

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II. Didaxe

Welt, und konzentrierte sich auf die Ausbildung in den artes liberales, alten Sprachen, der aristotelischen Logik, Naturphilosophie, Metaphysik, Mathematik und natürlich der Theologie.25 Als größte und bedeutendste Universität hatte das römische Jesuitenkolleg im Vergleich zu anderen italienischen Universitäten jedoch ein unvollständiges Lehrangebot. In der Studienordnung fehlten die Fakultäten für Medizin und Recht, da Papst Paul IV. den Jesuiten 1556 zwar das Promotionsrecht gewährte, diese beiden Disziplinen jedoch davon ausgenommen hatte.26 Weder in Loyolas Constitutiones (1540–1556) noch in der von Acquaviva herausgegebenen Ratio Studiorum (1599) waren die beiden Wissensfelder vorgesehen, stattdessen konzentrierte sich der Studienplan lediglich auf die artes und die Theologie.27 Das kanonische Recht wurde unter der Moraltheologie behandelt oder durch Philosophen gelehrt. Diese Auslassung im cur­ riculum der jesuitischen Erziehung ist in Bezug auf die von den Jesuiten entwickelten moraltheologischen Positionen, die die modernen Rechtstheorien und das Völkerrecht maßgeblich beeinflussen sollte, wesentlich. So wurden an den Jesuitenkollegien nicht die konfessionellen Kontroversen gelehrt,28 sondern ein besonderer Schwerpunkt auf die Ausbildung und Professionalisierung der rhetorischen Überzeugungskunst der Redner gelegt.29 Die wöchentliche Debatte und Disputatio wurde eingeführt, um die rhetorischen Fähigkeiten der Studenten kontinuierlich zu erproben, sich gegenseitig im Wettstreit und vor großem Publikum öffentlich zu messen aber auch, um die eigenen Grenzen auszutesten.30 Zusätzlich wurde gezielt die Konkurrenz unter den Studenten angeregt, um ihren Leistungsehrgeiz zu erhöhen. Genauso bedeutend wie die Rhetorik für den öffentlichen Auftritt war, spielte sie auch für das Beichtwesen eine zentrale Rolle. Die katholische Moraltheologie war durch die spanischen Scholastiker im Laufe des 16. Jahrhunderts neu geprägt worden. Beide Disziplinen Theologie und Recht liefen besonders im Bußwesen zusammen, wobei die Kasuistik, die sich auf theologische und juristische Schriften gleichermaßen bezog, für die

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zuletzt Giacomo della Porta, dem die Gestaltung der Fassade zugeschrieben wird. Siehe zuletzt Bösel, 2010, S. 147–198. Seifert, 1984, S. 43–75. Über die Geschichte des Collegio Romano grundlegend Rinaldi, 1914; García-Villoslada, 1954 und Ippoliti, 2006. Constitutiones Societas Iesu, in: MHSI, Mon. Ign., Ser. IV, c. 12 und 13. Vgl. MHSI, Mon. Ign., Ser. III, 63, 1934, S. 470. Ignatius hatte in seinen Constitu­ tiones (1558) diese beiden Disziplinen aus dem Lehrplan des Jesuitenordens verbannt: „Medicinae et Legum studium ut a nostro Instituto magis remotum, in Universitatibus Societatis vel non tractabitur, vel saltem ipsa Societatis per se id oneris non suscipiet“, Constitutiones, IV, 12, §4. Höpfl, 2004, S. 10f. Mack, 2011, S. 176–178. Carlsmith, 2002, S. 225.

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1. Collegium, domus probationis und das „agere contra“

Moraltheologie praxistauglichen Wert hatte.31 In der Beichte wurde der Priester dem Richter gleich, da beide in ähnlicher Weise nach dem Gewissen ihr Urteil zu fällen hatten.32 Wo juristische Verfahren Einfluss auf die theologische Praxis nahmen, beeinflusste die von den spanischen Denkern geprägte jesuitische Mo­ r­ altheologie die Entwicklung der zivilrechtlichen Dogmatik.33 Somit waren die Handbücher für jesuitische Beichtväter, die mittlerweile die politisch Mächtigen an den europäischen Höfen berieten, zur Wende des 16. Jahrhunderts immer zahlreicher geworden und bestimmten die Ausbildungsstrategien maßgeblich mit.34 Wie bereits angedeutet, war die Verteidigung der Einheit des Ordens als corpus mysticum gegen vorherrschende nationale Tendenzen ein zentrales politisches Ziel von Claudio Acquaviva, zu dessen Regierungszeit der Orden sich nicht nur in Zentraleuropa sondern in fast allen Weltteilen etablieren sollte. Im Pontifikat Gregors XIII. wurde die Organisation und inhaltliche Zielsetzung des Collegium Germanicum 1573 grundlegend überarbeitet. Zwar griff der zuständige Kardinal Possevino auf die Statuten des Ignatius zurück, doch sind einige bedeutende Änderungen zu verzeichnen. Nach Abschluss der Studien sollten die Germaniker nun in die Provinzen zurückgeschickt werden, aus denen sie gekommen waren. Doch spricht sich die neue Konstitution nicht über die Verwendung der im Kolleg ausgebildeten Novizen aus.35

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Loyola maß dem Bußsakrament für die Lehre des Ordens einige Bedeutung zu. 1553 wurde bereits ein Lehrstuhl für die Ausbildung von Beichtvätern und Seelsorgern an der Gregoriana eingerichtet und für die Praxis der Beichte wurden Regularien erstellt, an denen sich die Priester, welche die einzelnen Beichten abnahmen, orientieren konnten. Siehe Kremer, 2008, S. 34. Prosperi beschreibt den fundamentalen Wandel der Beichte und des inquisitorischen Verfahrens im Vergleich zum öffentlichen Gerichtsprozess, der sich im 13. Jahrhundert nach dem IV. Laterankonzil vollzieht: „la confessione divenne per la Chiesa un sacramento rigorosamente riservato alla comunicazione segreta tra il cristiano e il suo sacerdote. […] Scompariva una forma di processo basato sulla prova a cui doveva sottoporsi l’accusato o il suo rappresentante davanti alla comunità. Al suo posto si collocava il processo come percorso di ricerca della verità da parte di un giudice che cercava indizi e prove e sottoponeva l’imputato a tortura per far emergere dal luogo segreto del cuore la confessione delle colpe.“ Prosperi, 2013, S. 36. Das inquisitorische Verfahren hat bekanntlich in Folge auch die Prozessverfahren der weltlichen Gerichte geprägt. Siehe z. B. Feenstra, 1974, S. 338–363. Höpfl, 2004, S. 17f. Diese Beichtanleitungen reichen von Juan de Polanco: Breve directorium ad confessarii ac confitentis munus rite obeundum, Louvain: Johannes Withagius 1554 bis hin zu Claudio Acquavivas: Pro confessariis principum, in: Ordinationes praepositorum generalium. Acquaviva, 1606, S. 147–151. Schmidt, 1984, S. 43; Testa, 2002, S. 160–170. Das Tagebuch befindet sich im Archi­ vio del Collegio Germanico Ungarico (ACGU), Michele Lauretano, Diario, MS, Hist. 103 und deckt den Zeitraum 1582–83 und 1585–86 ab.

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II. Didaxe

Der Rektor Michele Lauretano (1540–1587) stand insgesamt 13 Jahre, von 1573 bis 1587, dem Collegium Germanicum et Ungaricum vor. Er setzte die Vorstellungen des Generals Acquaviva auf mustergültige Weise um und ist für die spezifische Ausgestaltung der Kollegskirche Santo Stefano Rotondo verantwortlich.36 In der von Matthäus Schrick verfassten Vita wird hierauf wiederholt verwiesen.37 Es war Lauretano im Besonderen, der in seinem Tagebuch eine von „Herkunft, Motivation und Utilität abstrahierende Idee“ in der Ausbildung des Klerus forderte.38 Damit folgte er dem ursprünglichen ignatianischen Ideal, welches als Hauptziel nicht ein konkretes Tätigkeitsfeld, ein besonderes historisches und politisches Umfeld oder gar die spezifische Herkunft der Novizen in Betracht nimmt, sondern sich allein auf die Ausbildung von „Weltpriestern“ (intrepidi fidei Athlete) konzentriert, die die Grundsätze und Botschaften des Ordens vertreten. Lauretano war nicht bereit, hier Kompromisse einzugehen, sondern hielt an dieser reichlich abstrakten „Priesterbildung“ fest. Nimmt man dieses Erziehungsziel in letzter Konsequenz ernst, so muss eine rein konfessionell argumentierende Interpretation des jesuitischen Erziehungsgedankens in Frage gestellt werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Transkonfessionalität, also der Bezug auf gemeinchristliche Wurzeln und überkonfessionelle Kohärenzen, zum maßgeblichen Programm der jesuitischen Ausbildung gehörte.39 36

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Zu Lauretano siehe Steinhuber, 1906, S. 102 und besonders Nimmo, 2000, S. 97–109, die auch eine Monographie über Lauretano angekündigt hat. Da Lauretano besonders die Polyphonie und musikalische Ausbildung angeregt hat, ist er in zahlreichen musikhistorischen Studien erwähnt, siehe bes. Culley, 1970, S. 76–87. Die Vita Lauretanos ist bislang nicht gedruckt und findet sich im ARSI, Rom. 188, I, ff. 124–135, hier f. 127f. beschreibt er die von ihm in Angriff genommenen Bauund Austattungsmaßnahmen der Kirche und des Kollegs: „Plurimo ad ludebat diligentiae, ut sacer templi ornatus esset mundus, copiosus, splendibus, quantum facultates concederent. Ispum prominentum non semel ipse scopis enerit?, et prono in terra corpore cera et funalibus decidua derasit, calida eluit, […]. Desiderabat, in suis quemque Sanctorum ecclesiis qua solemmissione celebrari, et il Iustia Martyrum trophaea expressa coloribus exponi ad conspectum hominum, ut ilorum excitati facionibus induerent animos ad imita menta instutis. Ipse ut condofaceret alios ad aptima aemulatione, Collegii templum Divi Appolinari Patroni praeclare factis circum depisti ornavit , et in Caelio Monte S Stephani rotunda aede gestis Martyrum iusta temporum et historiae seriem espressi illustravit. Nec operae suae pretio, nel spe suae frustranes est, ma post paulo ex Angoloni templum, et San Laurentii in Damaso, et aedes S. Ceciliae pari us studiis et picturis condecoratae sunt; et ex illo tempore religio quaedam incessit animos mortalium templa sanctorum omni apparatio honestandi, usi hodieq conspicere in Urbe est. Caelium reliquas eximie venerabantur; et qua poterat elegantissimis tese includebat […].“ Ibid., f. 46. In Auseinandersetzung mit der Konfessionalisierungsthese von Wolfgang Reinhard und Heinz Schilling wurde die darüber hinausgehende Vielschichtigkeit der frühneuzeitlichen Religionskultur – insbesondere in gelehrten und politischen Kreisen betont – siehe die Beiträge in Greyerz, 2003.

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1. Collegium, domus probationis und das „agere contra“

Das Collegium Germanicum war dem Ordensgründer noch zu Lebzeiten zu einem speziellen Anliegen geworden.40 Julius III. hatte die Idee eines Kollegs für die deutschen Länder gefördert, da um 1551 die katholische Christenheit dort bedroht war: Karl V. musste vor Moritz von Sachsen flüchten, das Konzil von Trient wurde suspendiert und König Ferdinand von Ungarn unterlag 1552 bei der Eroberung von Temesvar den Türken. Mit der Bulle Dum solicita begründete Julius das Kolleg und stellte hierin heraus, dass die Einrichtung unter jesuitischer Führung dem Kampf gegen den Protestantismus dienen solle.41 Da der prekäre Status der katholischen Priesterschaft in den deutschen Ländern Grund für eine enorme Schwächung der katholischen Kirche darstellte, regte 1552 Kardinal Giovanni Morone (1509–1580), ehemals päpstlicher Legat seit 1549 mit Santo Stefano Rotondo als Titelkirche und dann Kardinalprotektor des Germanikums, die Idee eines Kollegs an. Seinen Vorstellungen gemäß sollte hier eine Gruppe junger Männer gebildet werden, die dann in zentralen Führungspositionen als Bischöfe, Professoren oder Verwalter in ihrem Heimatland eingesetzt würden.42 In mehreren Dokumenten sind die Pläne für dieses zentrale Kolleg von Ignatius selbst erhalten, der dieses zu einem Muster für andere noch zu gründende Anstalten machen wollte und hierbei eindeutig auf die Förderung einer gebildeten Oberschicht zielte.43 Doch nach den ersten zwanzig Jahren, in denen das Kollegium den von Loyola gesetzten Konstitutionen weitgehend gefolgt war, änderten Kardinal Morone und Kardinal Como die Statuten.44 Hierfür wurden auch externe Gutachten einbezogen, wie das des Provinzials der Oberdeutschen Provinzen des Jesuitenordens Peter Canisius (1521–1597), welches Acquaviva für unabdingbar für eine Erneuerung der Konstitutionen hielt, da Canisius sich durch seine Aktivitäten in den jesuitischen Ausbildungsstätten und die Publikation von Lehr- und Gebetbüchern für die Schulbildung einen Namen gemacht hatte.45 Zu den Förderern des Kollegiums zählten auch die Erzbischöfe von Bologna und Mailand, Gabriele Paleotti und Carlo Borromeo, die dem Kolleg in besonderer Weise verbunden waren. Mit anfangs lediglich 30 Auszubildenden wurde das Germanikum im Jahr seiner „Neugründung“ 1573 zunächst im Palazzo della Valle beherbergt. Bereits 1574 wurde mit dem Palazzo Apollinare in Nähe der Piazza Navona eine 40 41 42 43 44 45

Zur Geschichte des Kollegiums siehe Steinhuber, 1906, hier S. 7–9; Schmidt, 1984; Cesareo, 1993, S. 829–841. MHSI, Mon. Coll. Germ., 1896, S. 41–49. Schmidt, 1984, S. 13. Cesareo, 1993, S. 830. Die entsprechenden Dokumente befinden sich im ARSI, Rom. Hist. Coll. Germ. I, 201. Steinhuber, 1906, S. 155–157. Canisius legte Wert auf die effektive Priesterausbildung im Collegium und die Notwendigkeit einer Rückkehr der in Rom ausgebildeten in ihre Heimat. Steinhuber, 1906, S. 157.

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II. Didaxe

größere Unterkunft gefunden.46 Im selben Jahr wurden dem Kollegium durch seinen Förderer Papst Gregor XIII. einige rechtliche Freiheiten gewährt.47 Die Anzahl der Auszubildenden stieg rasant an.48 Lauretano regte Marianische Kongregationen an, die innerhalb des Or­ dens den Arbeitseifer der Jünglinge steigern sollten. Im Kolleg waren die Jungen in Gruppen von zehn Personen eingeteilt, die sogenannten „Kammern“, die jeweils nach einem Heiligen benannt wurden.49 Diese bildeten eine eigene Ge­ meinschaft für sich und spiegelten die sozialen Hierarchien der Societas im Kleinen wider: Für jede „Kammer“ wurde unter den Novizen ein Präfekt be­ stimmt, sie hatte ihren eigenen Studier- und Schlafsaal und den eigenen Tisch im Refektorium. Sogar die Gremienform einer „Kongregation“ wurde von Lauretano in diese Einheiten eingeführt, deren Aufgabe es war, sich von Semester zu Semester ihren eigenen Präfekten und dessen Assistenten zu wählen. Der Präfekt hatte vielfältige Aufgaben: So sollte er jeden Sonntag die anderen Mitglieder der Kammer zur Versammlung rufen, um dann eine Person auszuwählen, die der Gruppe mit schlichten Worten ein Tugendbeispiel aus dem Leben eines Heiligen erzählt. Lauretano legte besonderen Wert auf die Ordnung und die Statuten des Hauses, und strenge Regeln bestimmten das Leben der Zöglinge auch untereinander. Eine andere Form dieser auf die institutionelle Realität vorbereitenden Einrichtungen waren die sogenannten „iudicia“, fingierte Ge­richts­ sitzungen, die einmal pro Jahr am Kolleg inszeniert wurden. Die rhetorische Ausbildung bildete in den Kollegien ein Kernziel der edukativen Didaxe. Disputation und Diskussion war in der Ratio Studiorum zum Ausbildungsziel erhoben worden. Die ramistische Dialektik diente als Anleitung, da sie einfache Ordnungsschemata bereitstellte, die auf unterschiedliche Bereiche anwendbar waren und praxisbezogen besonders die politischen und rechtlichen Streitfälle bestimmten. Gregor XIII. hatte 1584 mit der Bulle Ex Collegio Germanico die Ordensregeln und Statuten neu aufgesetzt, was auch als „Grundgesetz“ des Kollegs bezeichnet wird.50 Die Aufnahmegrundsätze waren sehr allgemein gehalten und 46 47

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Steinhuber 1906, S. 108. Breve vom 15. Juli 1574 gewährt dem Collegium einen befreiten Gerichtsstand, Kardinalprotektoren erhielten die Vollmacht in allen rechtlichen Streitfällen zu entscheiden, ibid. Außerdem erhielt das Collegium zudem Zoll- und Steuerfreiheiten. Hierbei wurden Zöglinge aus Trier, Augsburg, Köln, Konstanz, Mainz, Würzburg, Eichstätt, Osnabrück, Regensburg, Wien, Freising, Worms, Münster, Salzburg, Trient geschickt, ibid., S. 109. Ibid., S. 126. Bulla Gregorii XIII. Constitutionem Collegij Germanici, et Hungarici Urbis (1584). Eingeteilt ist die Bulle in 74 Paragraphen, davon 17 bezüglich der Aufnahme und des Eintritts der Alumnen, 36 bezüglich der Disziplin, des Studiums, der

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1. Collegium, domus probationis und das „agere contra“

bestimmten, dass Studierende aus Oberdeutschland (Germania superior), Westfalen, Sachsen, Preußen, dem Rheinland, und dem Königreich Ungarn aufge­ nommen werden sollen. Das Mindestalter wurde auf 20 Jahre gesetzt, Lateinkenntnisse vorausgesetzt und eine sehr genaue Qualitätsauswahl angemahnt. Bei Eintritt in das Kolleg mussten die gerade neu angekommenen Alumni einen Eid ablegen. Mit diesem Eid verpflichteten sie sich, dass sie nach dem Aufenthalt im Kolleg und den empfangenen Weihen im geistlichen Stand bleiben würden. Direkt nach Abschluss durften sie weder das Studium des Zivilrechts noch der Medizin aufnehmen, um so dem Priester- und Beichtvaterberuf treu zu bleiben.51 Die Novizen besuchten die Vorlesungen am Collegium Romanum, wobei der Studienplan vier Jahre für die scholastische Theologie und drei Jahre für das Studium der Philosophie vorsah. Als casus conscientiae wurde der kürzere Kursus der Theologie verstanden, der die Moraltheologie umfasste. Nach Ende ihrer Studien sollten die Zöglinge nicht nur das Kolleg, sondern auch Rom wieder verlassen und in ihre Heimat zurückkehren.52 Das Kollegium stellte seinen Studenten einige Hilfsmittel bereit, wie der eigenen Bibliothek, eines Studienpräfekten, und zu den Vorlesungen am Colle­ gium Romanum wurden Repetitoren eingestellt, die ihnen die nötige Nachhilfe gaben.53 Es fanden tägliche Repetitionen und wöchentliche Disputationen am Sonntag statt. Diese sehr repräsentativen Vorträge wurden vor allen versammelten Patres des Kollegs und in Gegenwart von Kardinälen gehalten.54 1576 war in der Congregatio Germanica der Beschluss gefallen, im Col­ legium Germanicum lediglich adlige Zöglinge auszubilden, mit Ausnahme der Begabtesten aus Patrizier- oder Bürgerlichen Familien. Rektor Lauretano hatte sich gegen diese soziale Separierung ausgesprochen, was ganz pragmatisch päda­ gogische Gründe hatte.55 Diese Frage wurde zu einem Politikum, da die meisten Diözesen in den deutschen Provinzen dem Adel vorbehalten waren. Diese droh-

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Frömmigkeitsübungen und des Austritts, 7 bezüglich des Direktoriums, 11 über die Verwaltung der Güter, 3 zu den Vollmachten der Kardinalprotektoren. Steinhuber 1906, S. 157–164. Siehe auch Monssen, 1983, no. 3, S. 14. Steinhuber, 1906, S. 161. In Anm. 2 verweist Steinhuber auf eine Abhandlung des Kanonisten P. Egidio Giuli (gest. 1748), der im 18. Jahrhundert ein Lehrer des kanonischen Rechts im Germanikum unter Benedikt XIV. war und sich in dieser Schrift intensiv mit der Eidesformel und ihren Auswirkungen auseinandersetzt. Diese befindet sich in der BAV, Cod. Vat. 8323, f. 20ff. Steinhuber, 1906, S. 163. Ibid., S. 177. Das Kolleg besaß zwar Promotionsrecht machte davon jedoch in den ersten 50 Jahren seines Bestehens keinen Gebrauch. Der akademische Grad wurde von den Novizen meist auf der Rückreise nach Deutschland in Bologna oder Siena erworben. So seien die Nichtadligen weitaus fleißiger und brächten einen höheren Grad an Bildung mit, siehe Steinhuber, 1906, S. 166f.

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II. Didaxe

ten jedoch aufgrund mangelnder Loyalität und Ausbildung der katholischen Kirchen abhanden zu gehen. Entgegen Lauretanos Warnung wurden ab 1577 mehr adlige Schüler im Germanikum aufgenommen und bildeten bald die Hälfte der Schülerzahl, was die Lehranstalt in ihrem Charakter durchaus veränderte.56 Dieser Beschluss weist auf die Stellung des Kollegiums hin, das eine elitäre Schicht ausbilden sollte, die den Grundsätzen des Ordens treu blieb um später im Heimatland die politische Elite zu repräsentieren. Eine Gemeinschaft, wie die Societas Jesu, war notwendigerweise auf Ge­ setze angewiesen. Der wie ein Monarch regierende General und Ordensgründer Loyola hatte die Regeln und Vorschriften zu Lebzeiten weitgehend allein bestimmt. Die Constitutiones und die Ratio Studiorum bildeten erst nach seinem Tod den verbindlichen Rahmen der schulischen Ausbildung. In seinen Lehren konzentrierte sich Loyola auf Techniken der Lenkung des menschlichen Bewusstseins und Willens, die er in den Exercitia Spiritualia (1541) festgehalten hatte. Das Durchlaufen der Exerzitien sollte die Grundausbildung im Noviziat bestimmen, die insgesamt zwei Jahre dauerte. Das agendo contra wurde zu einem zentralen topos der Ausbildung. Da er in seinen Exerzitien das Maß zu einem strukturalen Wert bestimmt hatte, wurde das Maßhalten für die geistliche Übung zur höchsten Aufgabe.57 Seine Technik des „contra agere“ versucht hierbei durch eine der sündigen Versuchung diametral entgegengesetzte Handlung, das innere Gleichgewicht wieder auszubalancieren, um metaphorisch gesprochen das Zünglein an der Waagenmitte zu halten.58 Hierbei lautet die simple Regel, jeden Reiz und jede Verlockung durch ein Gegenmaß auszutarieren, um diese zu unterdrücken.59 Pure Askese, die den Körper lediglich schwächt, sei schädlich, stattdessen müsse über die Technik des Maßhaltens der Gehorsam eingeübt und die Unterwerfung des eigenen Urteils angestrebt werden. Das agendo contra richtet sich jedoch nicht gegen die Versuchung an sich, sondern gegen den Versucher, den „Feind“, dessen Bedrohung nicht nur abzuwehren sei, sondern der an sich „geschlagen“ werden müsse. Aufzählung, Vermessung, Gliederung – Metronom, Uhrwerk, Maß und Rhythmus sind die Mittel, welche der pädagogischen Anleitung zur Hand gegeben werden und mit denen auch die im pädagogischen Umfeld zirkulierenden Bildmedien in Verbindung zu setzen sind.60 Hinter den so strukturierten Exerzitien sind zunächst die mystischen Verlockungen als Movens der Jesuiten hervor56

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Steinhuber, 1906, S. 168f. Lauretano sprach sich dann durchaus positiv über die adligen Schüler aus, die weniger an Bildung, jedoch ein gleiches Maß an Anpassungsfähigkeit an die Statuten und Regeln des Kollegiums mitbrachten. Barthes, 2002, S. 86. „debet facer per diametrum contra illa tentatione“, Loyola, Exercitia, 351r. Loyola, Exercitia, 127r. Quondam, 2004, S. 379–507.

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1. Collegium, domus probationis und das „agere contra“

gehoben worden, um die in den Schriften und der Kunst übertriebene Verzückung und Ekstase zu erklären. Das, was den Orden zu einer weltweit funktionierenden Institution erhoben hatte, war jedoch eine strenge Dialektik, die sich in den praktischen Anweisungen der Rhetorik, der Text-Bildlogik der visuellen Programme und den mnemotechnischen Strategien des Ordens wiederfinden lässt.61 Die frühen Jesuiten legten den Schwerpunkt ihrer Werke auf praktische Verzeichnisse und besonders unter Acquaviva nahmen Bücher dieser Art zu. Es waren Bücher für das alltägliche christliche Leben, Guiden für das „innere Leben“ oder Allegorien hierfür, asketische Kommentare auf geschriebene Texte oder Episoden.62 Spätestens seit Mitte des 16. Jahrhunderts ist eine konsequente Normierung dieser Ordnung durch die Constitutiones (1558), später die Lehrschriften wie die Ratio Studiorum (1599) und mediale Techniken zu verzeichnen.63 Die praktische Verzeichnisse folgten einem schematisierten Aufbau: Am Anfang steht ein symbolisches Bild, dann kommen meist in Form eines Dialogs, Instruktionen und Ratschläge die an das Bild gebunden sind – es folgen Gebete. All diese Beschreibungen besitzen keine besondere innere Ordnung und behandeln Themen wie das Ende der Menschheit, Sünde, Meditation, Erwählung, Kontemplation. In den Bildern des Märtyrerzyklus von Santo Stefano Rotondo, der Kollegiatskirche des Collegium Germanicum et Ungaricum lassen sich drei Prinzipien der Vermittlung und des Lernens von Grundsätzen ausmachen, die alle mit den im ersten Teil der Arbeit diskutierten Eigenschaften des Bildes und des visuellen Zeichens verbunden sind: die Emblematik, die Mnemotechnik und die Rhetorik. Alle drei Prinzipien der Verknüpfung von abstraktem Sinn und visueller Evidenz sind Teil des Theaters der Grausamkeiten, das unzählige christliche Opfertode als tyrannische Folter und Misshandlung zeigt. Für die römischen Jesuiten waren die Rhetorik und Mnemotechnik zentraler Teil der Ausbildung, was sich sowohl in der Innenausstattung des ersten Noviziats von San Andrea al Quirinale und ebenso im Aufbau und der Funktion der Fresken von Santo Stefano zeigt.64 Die Mnemotechnik entwickelte sich zwischen 1450 und 1700 zu einem pädagogischen Mittel, das Effizienz und höhere Bildung versprach. Das beweist nicht zuletzt die hohe Anzahl solcher Traktate, da in diesem Zeitraum ca. 900 Schriften zur Gedächtniskunst entstan61 62 63 64

Gothein, 1895, S. 422. Guibert, 1964, S. 230–280. Höpfl, 2004, S. 263. Zur Pädagogik des Jesuitenordens existiert umfangreiche Literatur. Es sei lediglich hingewiesen auf das Gesamtwerk der Monumenta paedagogica Societas Iesu: 1540–1616, das die Schriften zur Ratio Studiorum in sieben Bänden zusammenstellt, Lukács, 1965–1992. Sowie die sich auf die Medien der Erziehung konzentrierende Sekundärliteratur wie Farrell, 1938; Loach, 2006, S. 66–85; Monssen, 2009, S. 305–366. Eine umfangreiche Untersuchung zur Erziehungslehre des Ordens von seinen Anfängen bis 1650 lieferte Lundberg, 1966.

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II. Didaxe

den.65 Der Wert erklärt sich über die stark auf die überzeugende Rede ge­richtete orale Wissenschaftskultur. Die Jesuiten verstanden sich in erster Linie als Prediger, die sich der Rhetorik als einem Werkzeug der Konversion bedienten. Bilder sollten hierbei die Inhalte der Lehre dem Prinzip der enárgeia gemäß „vor Augen stellen“, um sich beim Betrachter einzuprägen und damit das rhetorische Gedächtnis zu schulen.66 Für die auf Überzeugung angelegten Strategien der missionierenden Orden kam dem Bild nicht eine vereinfachende Funktion zu, wie es zunächst erscheint. Ein bekanntes Beispiel sind die komplizierten Bilderfindungen von Diego Valadés in seiner Rhetorica Christiana (1579), mithilfe derer er auf seiner Mission in Neu-Spanien die Indianer durch Rhetorik und, den Techniken des Ramon Lull gemäß, die ars memorativa zu konvertieren suchte.67 Die Stiche der Rhetorica christiana sollen sowohl einen Bericht von der Missionierungstätigkeit der Franziskaner geben, als auch als Hilfsmittel verwendet werden können, um den indianischen Ureinwohnern ihre Ordenslehren zu vermitteln. Diese doppelte Funktion der Bilder verdeutlicht der Stich auf Seite 10: Hier ist Valadés‘ Lehrer Pedro de Gante zu sehen, der in einem hallenartigen Raum von einer Kanzel herab zu einer großen Menschenmenge spricht und anhand eines Bilderfrieses, auf den er während der Rede mit einem Zeigestock entlangfährt, von der Passion Christi erzählt (Bild 30). An einer Stelle erklärt Valadés die Be­ deutung der Bilder im Papstpalast in Rom in der Zeit der Ausbildung zur Mission als eine Art „räumliches Gedächtnis“, worüber die Fähigkeit ausgebildet werde Orte und Bilder zu memorieren worüber verschiedene Wissenssysteme verständlich werden: „[…] in der Art, dass wir die wunderbaren Geheimnisse sowohl aus sich selbst heraus, wie in ihren Erscheinungsformen fühlen und verstehen können, teils mit Hilfe des Glaubens, sowie in dem Maße oder der Weise wie das Gedächtnis uns das Bild der Wahrheit vor Augen stellt und in der Weise wie wir es besser im Gedächtnis erhalten können. Hier sind in der

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Vgl auch Bauer, 2005, S. 64f. Eruditio, confirmatio, commemoratio, admonitio und imitatio sanctorum: Dies entsprach den rhetorischen Prinzipien einer didaktischen Lehrunterweisung und moralischen Handlungsanweisung (docere et delectare) des Redners. Siehe u. a. Appuhn-Radtke, 2000; Bühren, 1998. Siehe das Faksimile hg. von Palomera Valadés, 2003. Vgl. Abbott, 1996, S. 41–59 und vor allem die Dissertation von Bàez Rubí, 2004, die den Einfluss der Lehre Ramón Lulls auf die Rhetorik des Valadés herausarbeitet. Die 27 Stiche unterscheiden das Traktat von anderen zeitgenössischen Rhetorikbüchern. Valadés hat sehr wahrscheinlich diese selbst angefertigt und während seiner Assistenzzeit bei Pedro de Gante in Zeichenkunst unterrichtet.

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1. Collegium, domus probationis und das „agere contra“

Bild 30  Diego Valadés: Lehrstunde vor Passionsbildern, 1579, Kupferstich, in: ders., Rhetorica christiana, Perugia, S. 10.

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II. Didaxe

Tat mit einem wunderbaren Kunstgriff, die Theologie, die Wissenschaft des einen und des anderen Rechts, die Logik, die Philosophie, die Rhetorik, die Religion, der Frieden, der Krieg, und letztlich wohl alle Arten von Kenntnissen in einer Weise präsentiert, dass man zu Recht sagen kann, die Dinge seien dem Ort von ihren Proportionen angepasst und der Ort sei proportional zu den Dingen gewählt, die dort platziert sind.“68 Grundlage der ars memorativa war die topoi-Lehre der Schriften des Aristoteles, Quintilian und Cicero.69 Demgemäß bestand das natürliche Gedächtnis aus Bildern, Erinnerungen, Wahrnehmungen und innerlich erzeugten Visionen. Das für die rhetorische Invention auszubildende künstliche Gedächtnis hingegen ergänzt und vervollständigt das natürliche Gedächtnis. Um die der inventiven Rede als Basis dienenden inneren Bilder sichtbar und verständlich zu machen, besteht eine der mnemotechnischen Übungen darin, diese mit Gemeinplätzen, bestimmten Themen (topoi) und Orten (loci) zu verbinden, die dem Publikum bereits gut bekannt sind und ein Verstehen garantieren – wie Valadés es mit den Bildern im vatikanischen Palast beispielhaft andeutet. Dies folgte einer strengen Dialektik, die nach Aristoteles aufgrund ihres Überzeugungspotentials analog zur Rhetorik verstanden werden muss. Sie erlaubt es Hy­po­thesen zu formulieren und diese zu verifizieren.70 So wurde zwischen den verschiedenen Arten der Rede unterschieden, die aufeinander aufbauen: die demonstrative Rede, in der in Bezug auf die Vergangenheit gelobt oder verurteilt wird, die richtende Rede, in der in der Gegenwart angeklagt oder verteidigt wird, und die in die Zukunft gerichtete, beschließende Rede, in der man von etwas überzeugt oder abrät.71 68

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„[…] une sorte de mémoire locale, de sorte que nous pouvons sentir et comprendre les merveilleuses vérités aussi bien en elles mêmes que dans leurs accidents, en partie avec l’aide de la foi; ainsi dans la mesure où l’art de la memoire nous met sous les yeux l’image de toute vérité et de telle façon que nous la conservons plus solidement dans la mémoire. La en effet par un artifice merveilleux, la théologie, la science de l’un et l’autre droit, la logique, la philosophie, la rhétorique, la religion, la paix, la guerre, en somme toutes les connaissances sont présentée de telle sorte que l’on peut dire à juste titre que les choses sont proportionnées au lieu et que le lieu est proportionné à ce qui y est placé.“ Bolzoni, 1999, S. 151–176, hier S. 167. Fumaroli, 1980, S. 162–202. Besonders an den Lehren Ciceros orientierten sich die Jesuiten seit ihrer Gründung. Siehe hier die hervorragende Studie zur Grundlage des moralischen Probabilismus von Maryks, 2008. Immer noch grundlegend hierzu die Studie von Frances Yates, 1966. „Dicono i Rhetori, che tutti i generi si riducono à tre: Dimostrativo, ove si loda, ò si vitupera: Giuditiale, ove si accusa, ò si difende: e Deliberativo, ove si persuade, ò si dissuade. Dei quali il Dimostrativo risguarda il passato, & honorato; il Giuditiale il presente, e giusto ; il deliberativo il futuro, & utile.“ Panigarola, 1603, S. 7. Panigarola war Bischof von Asti und Ordensmitglied von San Francesco de’ Minori Osservanti. Am Ende seines Traktates beschäftigt er sich mit der memoria locale: „La

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1. Collegium, domus probationis und das „agere contra“

Bild 31  Cosimo Rosselli: Thesavrvs artificiosae memoriae, Venedig 1579, Holzschnitt, S. 66, GRI, Special Collections.

Systematische Ansätze, das Gedächtnis zu verbessern, Kompilationen von Enzyklopädien, geordneten Klassifikationen und „Theatern“ stellten jene einschlägig bekannten Versuche dar, die menschlichen Gedanken auf ein primordiales Alphabet der einfachen Ideen zu reduzieren.72 Ein Beispiel von vielen ist die Schrift des Dominikaners Cosimo Rosselli Thesavrvs artificiosae memo­ riae (1579) (Bild 31), die seine Leser explizit als „philosophis, medicis, juristis“ an­­sprach.73 Den einzelnen Teilen des menschlichen Körpers werden hier mit Let-

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memoria locale è un’arte con la quale aiutamo noi medesimi a ricordarci facilmente, & ordinatamente molte cose delle quali sole forze naturali non sarebbe possibile che noi havessimo ò cosi pronta, ò cosi distinta memoria.“ Panigarola, 1603, S. 47. Zu visuellen Ordnungsstrategien einer enzyklopädisch gefassten Universalwissenschaft der Humanisten und Polyhistoren des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts vgl. die Arbeit von Siegel, 2008. Rosselli, 1579.

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II. Didaxe

tern bestimmte Bedeutungen zugeordnet, die als Gedächtnisorte eine komplexe Struktur ergeben, die memoriale und argumentative Funktionen übernimmt. Die Gedächtniskunst wurde als Methode in fast allen Wissensbereichen als erfolgreich angesehen. Das gezielte Einprägen von langen komplizierten Sachverhalten und Lehrstoffen, war mit den in den „Geistlichen Übungen“ empfohlenen Meditationen eng verknüpft. Zu einer Schlüsseltechnik wurde das bildliche Veranschaulichen, da die Einbildungskraft das Gedächtnis bildhaft anregen und füllen sollte. Loyola unterstrich die visuelle Natur dieser Methode, wonach sich die Mnemonik an dem architekturalen Aufbau von Palästen oder Kirchen orientiert und der sich zu merkende Stoff sequentiell innerhalb dieser, oft als möbliert imaginierten, Räume angeordnet wird, um bei Bedarf von seinen „Wächtern“ abgerufen werden zu können. Diese imaginative Konstruktion von Wissensräumen bestimmte auch die Anlage und Ausgestaltung der frühen jesuitischen Kollegien und Noviziate bis ins Detail, so dass die Räume als sichtbare Vorlage für das Gedächtnistraining dienen konnten, wie besonders im Handbuch Louis Richeômes (1544–1625) anschaulich wird, das die Innenräume des Noviziats San Andrea al Quirinale mnemotechnisch regelrecht durchdekliniert.

2. Ek phrasis und Eikonolog ie: Richeômes Bildtheorie Während die Lehre am Collegium einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, blieben die jesuitischen Noviziate der zweijährigen Grundausbildung vorbehalten, die sich den Idealen und Konstitutionen des Jesuitenordens verpflichtete.74 Hier absolvierten die als „indifferentes“ bezeichneten sechzehnjährigen Novizen zunächst die vier Wochen dauernden ignatianischen Exerzitien sowie eine Pilgerreise, und leisteten freiwillige und karitative Arbeit in Gefängnissen oder Hospitälern.75 Die Art der Ausbildung im Noviziat hatte zum Ziel, die jungen Männer mit den Lehren und Techniken vertraut zu machen, die ihnen vor allem außerhalb des Ordenskontextes behilflich werden sollten. Erst nachdem diese Lebensweise von ihnen angenommen war, wechselten sie zur Fortführung ihrer Studien an die Kollegien.76 Die Vorbereitung auf seelsorgerische Tätigkeiten war mit einem Kernanliegen des Ordens verbunden, denn die Präsenz der jesuitischen Beichtbrüder war an den Orten, an denen Gefangene, 74 75

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Grundlegend zu den jesuitischen Noviziaten siehe Ruiz Jurado, 1980. O’Malley, 1995, S. 415. Siehe auch Terhalle, 2011, S. 39f. Die Bezeichnung indiffe­ rentes referiert auf das stoische und theologische Konzept der „adiaphora“, das die Dinge bezeichnet, die ethisch neutral sind. Das Konzept war Gegenstand konfessioneller Kontroversen im 16. Jahrhundert. O’Malley, 1995, S. 239.

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

Bild 32  W.P. Kilian: P. Leo Enriquez‘ Beichtabnahme im Gefängnis, in: Mathias Tanner, Societas Jesu apostolorum imitatrix sive gesta praeclara, 1694, Kupferstich, Prag, S. 219.

Kranke oder von den Gerichten und der Inquisition zu Befragende sich aufhielten, aufgrund ihrer erfolgreichen vermittelnden Tätigkeit zwischen Gerichtsbarkeit und Kirche, besonders gefragt, wie diese spätere Darstellung einer Beichtabnahme im Gefängnis durch den Pater Leo Enriquez in Mathias Tanners Bericht über den Orden zu veranschaulichen sucht (Bild 32).77 Im Gegensatz zu anderen Orden wurde den jesuitischen Novizen von Anbeginn über ihre Tätigkeit in der liturgischen Zeremonie hinaus eine missionarische und auf weltliche 77

Prosperi, 2013, S. 474–482. Jesuitische Missionare, wie z. B. Francesco Saverio in Goa in den 1550er Jahren, die den zu Tode Verurteilten Trost spendeten, diese begleiteten und somit den zum Teil noch im römisch-antiken Recht verwurzelten grausamen Hinrichtungspraktiken der Kolonialherren eine christlich-barmherzige Tat entgegensetzten, wurden aufgrund ihrer daran anschließenden Erfolge der Missionierung der Ungläubigen zum Vorbild auch für andere Orden.

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II. Didaxe

Aktivitäten ausgerichtete Ausbildung erteilt.78 Die Bezeichnung indifferentes verwies auf die durch Disziplinar- und Wahrnehmungstechniken gestützten Übungen, die sie von ihrem individuellen Willen und Verlangen lösen sollten, um der strengen Hierarchie des Ordens gemäß, der ihnen übergeordneten Autorität zu dienen.79 Da dieser Ausbildungszeit einige Bedeutung zufiel, um die Jungen sowohl an die Struktur des Ordens zu binden als auch auf die Studien am Collegium vorzubereiten, wurde auf Wunsch von General Acquaviva an der zu­sam­men­ hängenden Gestaltung der Wohn- und Kirchenräume der Noviziate gearbeitet. So erhielten nicht nur funktionale Aspekte der Architektur und Raumaufteilung und die Bestimmung der dort gezeigten Gemälde und Fresken eine Bedeutung, sondern an beinahe allen Details der dekorativen Ausstattung und der alltäglichsten Gegenstände sollte die Aufmerksamkeit der Novizen geschult werden. Die vielfach beschriebene, dem Jesuitenorden eigene allumsichtige Erfassung der Welt, wurde mit Aufmerksamkeitspraktiken eingeübt, gestützt von einer Ökonomie der sensorischen Wahrnehmung. Gleichzeitig legte dies ein Fundament für die Vermittlung der philosophischen Grundlagen der scholastischaristotelischen Lehren.80 Während seiner Zeit als „assistant de France“ arbeitete der bereits erwähnte französische Rhetoriker Louis Richeôme eng mit Claudio Acquaviva zusammen in Rom.81 Als er zwischen 1608 und 1618 als Lehrer im Noviziat von Sant’Andrea al Quirinale beschäftigt wurde, erhielt er von Acquaviva einen besonderen Auftrag. Gemäß seiner rhetorischen Profession sollte er eine den Regeln der Ekphrasis folgende, an der speziellen Topographie orientierte Beschreibung des gesamten römischen Noviziatsgeländes auf dem Quirinal verfassen.82 78 79 80

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In einem memorandum an Carlo Borromeo verweist Nadal 1572 auf diesen grundlegenden Unterschied des Ausbildungszieles, siehe O’Malley, 1993, S. 80. Zupanov, 2005, S. 45f. Diese Idee einer zusammenhängenden Einheit bzw. Totalität der einzelnen Kunstwerke erhält für die jesuitische Ausbildung seitdem eine grundlegende Bedeutung und überträgt sich auf die Gestaltung anderer case professe und auch die der Missionen. Wie ausgeprägt diese Idee der dekorativen Durchgestaltung war, zeigt der Beitrag von Vassallo e Silva, 1999, S. 182–201 über die dekorativen Ausstattungsprogramme jesuitischer Kirchen und Institutionen in Portugal. ARSI, Galliae 71, fols. 27–36. Acquaviva beruft ihn im Frühjahr 1608 und handelt ganz im Sinne Henris IV. der in ihm einen fähigen Vertreter der frz. Sache sah und über ihn seine Position in Rom gegenüber der spanischen Krone stärken wollte. Siehe auch Nelson, 2005, S. 121. Zur Geschichte und Anlage des Noviziats vgl. Bailey, 2003, S. 38–106, sowie mit einem Schwerpunkt auf dessen architektonischer Anlage Terhalle, 2011. Das Noviziat wurde 1566 von Giovanna d’Aragona Colonna gegründet, die mit dem jungen Orden sympathisierte, siehe Terhalle, 2011, S. 15–21. Die Quellen zur Noviziatsgründung finden sich im ARSI, Provincia Romana 162 I, fols. 6–12v und Provincia Romana 167, fols. 2–8. Siehe auch Behrmann, 2011, S. 15–34.

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

Bild 33  Matthäus Greuter: Titelkupfer, in: Louis Richeôme, La peinture spiritu­elle, 1611, Kupferstich, Lyon, GRI, Special Collections.

Das aus diesem Auftrag resultierende Werk La Peinture Spirituelle ou l’art d’amirer et louer Dieu en toutes ses oeuvres (1611) wurde ein Buch mit einer über den Kreis des Jesuitenordens hinausreichenden Wirkungsgeschichte (Bild 33).83 Die Beschreibung der Räume des Noviziats sollte über mehrere Generationen hinweg der Ausbildung jesuitischer Neulinge zu künftigen Predigern dienen, die später in den höchsten gesellschaftlichen und politisch einflussreichsten Kreisen verkehren würden. Allein über diese Beschreibung ist die ursprüngliche 83

Eingesehenes Exemplar in BAV, Barberini V.IV. 25–28, Paris 1628, Bd. II, S. 363– 534. Bremond, 1924, S. 29. Zum Traktat ausf. Loach, 2012, S. 337–400. Es liegt noch keine umfassende und quellenkritische Publikation zu dieser Form der ersten Noviziate vor, worin der Zusammenhang zwischen Ausbildung und Raumgestaltung erläutert wird. Bailey beschreibt ausf. die künstlerische Ausgestaltung bleibt in der Verknüpfung von consuetudinis und regulae des Noviziatslebens jedoch etwas knapp, siehe Bailey, 2003.

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II. Didaxe

Bildausstattung der Gebäude, wie auch der Kirche und des Gartens am Quirinalshügel rekonstruierbar. Die Architektur, die Gärten und Bilder der Ge­ samtanlage auf dem Quirinal und der anliegenden Kirche San Vitale stellen in der Anleitung autonome Gedächtnisorte dar, die dem Memorieren und der Vermittlung von zentralen Prinzipien der Ordensgemeinschaft dienen. Wie andere jesuitische Lehrbücher schloss auch Richeômes Traktat in den Haupttext eine Vielzahl von kontroversen Meinungen und Zitaten anderer philosophischer und theologischer Werke mit ein und verknüpfte es mit dem später zu vertiefenden scholastischen Wissen. Bereits 1565 dem Orden beigetreten, war Richeôme zielstrebig innerhalb der jesuitischen Institutionen aufgestiegen.84 Sein Lehrer, der spanische Theologe Juan de Maldonado (1533–1583), hatte während der konfessionellen Kämpfe unter den französischen Königen Karl IX. und Heinrich III. eine prominente Rolle als Prediger gespielt. Auf diese einflussreiche Position sollte ihm Richeôme nachfolgen.85 In den 1590er Jahren machte sich der talentierte Polemiker als französischer Kronverteidiger des Je­suitenordens einen Namen, der sich in dieser Zeit gegen die scharfen Angriffe des französischen Par­laments wappnen musste.86 Seine Schriften umfassen die 1601 bei Laurent Sonnius gedruckten Tableaux sacrez des figures mystiques, die Marie de Médicis gewidmet waren und aufgrund ihres Erfolges mehrfach wiederaufgelegt wurden.87 Dem Werk ist die wechselseitige Bezugnahme von Bild und Text 84

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Er hatte zunächst in Bordeaux in den 1570er Jahren Griechisch unterrichtet, wurde dann Rektor des Kollegs in Dijon (1581–86) und Provinzial von Gaul (1586–92), Aquitaine (1592–98) und Lyon (1605–08), um dann nach Rom berufen zu werden. Eine ausführliche wissenschaftliche Biographie Louis Richeômes (1544–1625) existiert bislang nicht. Grundlegend Sommervogel, 1960, Bd. 6, col. 1815–1831. Bremond widmet ihm ein längeres Kapitel, siehe Bremond, 1924, S. 18–67. Ein längerer biographischer Eintrag findet sich bei Bottereau, 1937–1995, Bd. 13, S. 659–663. Siehe auch Sutto, 1987, S. 175–184 und Guidoni Bruslé, 2001, S. 227–252. PierreAntoine Fabre bereitet seit längerem eine umfassendere Studie über Richeôme vor. Angekündigt, aber bei Drucklegung noch nicht erschienen, ist die von Ralph Dekoninck und Pierre-Antoine Fabre eingeleitete Neuauflage von Louis Richeôme, Discours sur les images de Louis Richeôme, 1610. Grenoble: Jérôme Millon, Reihe: Atopia, in Vorber. Siehe zu Richeômes Konzept des Bildes auch Chipps Smith, 2002, S. 50–52 sowie im größeren Zshg. spiritueller Bildtheorien der Jesuiten die fundamentale Studie von Ralph Dekoninck, 2005, hier S. 65–75, 78–81 und 119– 121. Der Einfluss Maldonats ist bei Richeômes Engführung von Theologie, Politik und Dämonenlehre wiederzufinden, siehe Pearl, 1999, S. 71–73. 1597 erscheint bei Millanges in Bordeaux sein Werk Trois discours pour la Religion Catholique: des miracles, des saincts et des images, das einen grundlegenden Beitrag zur katholischen Kontroverstheologie nach dem Konzil von Trient bildet. Siehe Sutto, 1987, S. 175–184 und Nelson, 2005. Richeôme, 1601, diese erste Ausgabe enthielt doppelt so viele Abbildungen wie die nachfolgenden Wiederabdrucke 1602, 1604, 1609, 1611 und 1613, siehe Salliot, 2009, S. 257–273.

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

zugrunde gelegt.88 In drei Kapiteln arbeitet Richeôme systematisch die Bedeutung von Sakrament und Opfer der Eucharistie heraus. Diese behandeln Fragen des Naturgesetzes, des mosaischen Gesetzes und des „Gnadenregimes“ der katholischen Kirche im Vergleich.89 Richeôme folgert, dass die Eucharistie eine Vollendung und Perfektionierung all dessen sei, was in dem einen und dem anderen der beschriebenen Gesetzesformen enthalten ist.90 In der mit 14 Kupferstichen von Léonard Gaultier illustrierten Ausgabe ergänzen sich folglich auch Bild und Text, um als tableaux sacrez die Signifikanz der Eucharistie zu verdeutlichen (Bild 34).91 Das Bild erhält hierbei eine dem Text ebenbürtige Funktion gemäß dem Horaz’schen ut pictura poesis Prinzip, wonach die Malerei stumme Poesie (poesis tacens) und die Poesie sprechende Malerei (pictura loquens) sei. Die Wiederaufnahme dieser antiken Doktrin diente besonders den Emblematikern als Richtlinie: Die Rede sollte „sehen“ helfen und die Feder zum Malpinsel werden.92 Richeôme unterteilt die Bildformen in drei Kategorien: Das stumme Bild berührt die Sinne, mit den sprechenden Bildern sind all jene Repräsentationen gemeint, die mit Worten beschrieben werden, und unter einer „allégorie“ wird „une chose ou une action instituée pour representer un mystère“ verstanden. Auch hier spiegelt sich die aristotelische Einteilung in äußere und innere Sinne. Mit der „allegorischen“ Bildform sind die von Richeôme in aller Ausführlichkeit beschriebenen „tableaux sacrez“ angesprochen, die über eine Kombination von Text und Bild eine den Sinnen und dem Verstand übergeordnete spirituelle Dimension erreichen: die des göttlichen Mysteriums.93 Dieses totalisierende Verfahren der Bild-Text Lektüre, die über die detaillierte Beschreibung der Bilder sowohl die Wahrnehmung als auch den Intellekt ansprach und sich an den

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Die Bedeutung dieses Werkes wird in der Adaption seiner Text-Bild-Struktur in zahlreichen Buchprojekten, aber auch nachfolgenden Bildschöpfungen ersichtlich. Das Naturgesetz wird am Beispiel der Erzählung vom irdischen Paradies, der Geschichte Abels, Melchisedeks und Abrahams dargestellt, das mosaische Gesetz wird am Beispiel des christlichen Osterlamms, dem Mannaopfer, dem Erstlingsopfer und der Geschichte Elijas erläutert. „de tout ce qui avoit esté jadis fondé & figuré en l’une & l’autre loy“, siehe Salliot, 2009, S. 259. Neben Gaultier wurden die Stecher Thomas de Leu und Charles de Mallery für die 14 Illustrationen der Tableaux Sacrez beauftragt. Léonard Gaultier (1561–1635), als Leonhard Gaulter in Mainz geboren, ist für seine Porträts der Mitglieder des königlichen frz. Hofes sowie die Gestaltung zahlreicher Frontispize und Buchillustrationen bekannt geworden, vgl. Brugerolles und Guillet, 2000, S. 1–24. Jeder Stich ist einem Kapitel vorangestellt, zehn davon widmen sich den Themen des Alten und vier des Neuen Testaments, vgl. Siguret, 1999, S. 195–208 und Dekoninck, 2005, S. 71–80. Diese Gleichsetzung von Bild und Wort wird in zahlreichen Einleitungen emblematischer Traktate hervorgehoben, siehe Dekoninck, 2005, S. 64. Salliot, 2009, S. 260.

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Bild 34  Théodore Gaultier: Paradies und Lebensbaum, in: Louis Richeôme, Tableaux sacrez, Rom, 1601, Kupferstich, Abb. 1.

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

ignatianischen Techniken der bildlichen Kontemplation ausrichtete, sollte für den Bildbegriff des Jesuitenordens richtungsweisend werden.94 Richeôme bezieht sich in der Peinture spirituelle auf die von Aristoteles in seiner Abhandlung De anima formulierte Idee der Wahrnehmung als ais­ thêsis.95 Damit verknüpft er seine Ekphrasis bewusst mit einer Schrift, die im dritten Jahr des universitären Lehrplanes als ein philosophisches Standardwerk genutzt werden sollte und die neben ihrer psychologischen Lehre (scientia de anima) auch als eine Ästhetik der Medien und der Wahrnehmung bezeichnet worden ist.96 Es existieren zahlreiche De anima Kommentarwerke, die um 1600 von jesuitischen Gelehrten verfasst wurden, darunter das 1595 erschienene dreibändige Werk der Conimbricenses.97 Mit aisthêsis ist im aristotelischen Sinne das Vorstellungsbild gemeint, das ein „Wahrnehmungsbild nur ohne Materie“ ist.98 Die Perzeption nehme von den materiellen Gegenständen nur deren „wahrnehmbare Formen ohne Materie“ auf (De anima, II.12).99 Die enárgeia stellt die tätige Kraft des Wahrnehmungsvermögens selbst dar (De anima, II.5), die als Performanz und Interaktion zwischen dem wahrzunehmenden Gegenstand und den wahrnehmenden Sinnen zu beschreiben ist und als imagines agentes den Dingen Präsenz verleihen.100 Aristoteles unterscheidet in seiner Theorie zwischen drei kognitiven Kategorien: 1) den äußeren Sinnen, wie dem Sehen, Tasten, Schmecken, Hören, Riechen und 2) den inneren Sinnen, wie dem Gemeinsinn, der Imagination, oder dem Gedächtnis und zuletzt 3) dem Intellekt. Dem­­nach nehmen unsere äußeren Sinne beim Blick auf ein Objekt nur dessen nicht-mate  94

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Die Metapher des Bildes als Spiegel, der die Totalität des Universums wiedergibt, wurde um 1600 abgelöst von der Metapher der „Malerei“, des Theaters, da es hier weder Zeichen noch Text, sondern vielmehr die Affekte berührt, siehe Dekoninck, 2005, S. 63f. Mahr stellt Aristoteles’ De anima als eine verkannte Ästhetik der Medien und der Wahrnehmung dar, da sie in erster Linie als Theorie der erkenntnisbezogenen Vermögen begriffen werde, siehe Mahr, 2003, S. 25–58. In den Constitutiones des Ignatius von Loyola sind die aristotelischen Lehren im Lehrplan vorgeschrieben und umfassen die Werke zur Logik, Naturphilosophie, Moralphilosophie und Metaphysik. Collegium Conimbricenses, 1595. Einige der Conimbricenser Gelehrten wie Francisco Suárez, Emmanuel de Goes, Francesco de Toledo und der in Mexiko lehrende Antonio de Rubio hatten die für den Unterricht bestimmten Lehrbücher zur De anima Schrift verfasst. Hierzu Simmons, 1999, S. 522–537. Aristoteles, De anima, II.12, 424a 18–19. Unter „Formen“ versteht er das, was nach Abzug aller Stofflichkeit der sinnlichen Dinge den Sinnen „sichtbar“ bleibt, so wie der bleibende Abdruck des Siegelringes im Wachs, der zwar die Form des Siegels aufnimmt, aber nicht in seiner eisernen Materialität, Aristoteles, De anima, II.12, 424a 18–19. Hierzu Nussbaum, 1978, S. 258. Otto, 2009, S. 162.

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rielle Nachbildung war. Aisthêsis wird zu einem „Vor-Augen-Stellen“ des wahr­­ genommenen Gegenstandes und hängt zusammen mit dem Vorstellungsvermögen, der phantasia, die zwischen der sinnlichen Wahrnehmung und der Kognition vermittelt.101 Über die Sinne werden die Objekte zwar präsent, doch nur mittels der phantasia können sie als etwas wahrnehmbar werden, das direkt zu einer Haltung und einer Handlung bewegt.102 Martha Nussbaum hat herausgestellt, dass dem Visuellen hierbei eine wesentliche Bedeutung eingeräumt wird, wobei sie den Unterschied zwischen „images-as-pictorial-representations“ und dem Verständnis von phantasia als weiter gefasste „faculty of appearances“ hervorhebt.103 Das Licht, das Sehen, das Zuschauen, die Bilder oder die Abbilder stellen in De anima maßgebliche Referenzen dar, um die Eigenschaft der phan­ tasia zu beschreiben, die sich auf all das bezieht, was visuell, taktil und auditiv wahrzunehmen ist.104 Die im Vorstellungsvermögen präsentierten Formen werden als angenehm oder schmerzvoll bezeichnet und rufen Affekte hervor. In Buch III.3 wird die phantasia mit dem Blick des Betrachters auf etwas Grässliches oder Erbauendes in einem Bild verglichen und mit der Idee der enárgeia in Verbindung gebracht, wie sie Quintilian in seiner Darstellung der declamatio in forensischer Rhetorik entwickelt hatte.105 Hiermit sind genau jene Erfahrungen gemeint, die im Griechischen phantasiai und im Römischen visiones genannt werden, über die im Gerichtsraum nicht anwesende Dinge der Imagination mit einer derartigen Lebendigkeit präsentiert werden, dass es so erscheint, als ob sie tatsächlich vor Augen stehen würden.106 Auch in den umfangreichen De anima Kommentarwerken jesuitischer Gelehrter wird die Bedeutung der phantasia diskutiert. Francisco Toletus (1532– 1596) betont die Bedeutung des handelnden Intellekts (im Gegensatz zum passiven), da sich die phantasia auf die materiellen Dinge bezieht, die sich selbst nicht vermitteln können.107 In seinem wohl einflussreichsten Werk, den 1597 101 102 103 104

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Schon Plato spricht von der phantasia als einem „bildhaften Geistesvermögen“, Otto, 2009, S. 162. Siehe auch grundlegend Moss, 2012, hier S. 22–47. Phantasia „somehow presents the object of desire to the animal in such a way that it can be moved to action.“ Nussbaum, 1978, S. 240. Siehe das Kapitel „The Role of Phantasia in Aristotle’s Explanation of Action“, in Nussbaum, 1978, S. 221–269. Der Wortstamm der phantasia beruhe auf phaos, dem Licht, denn ohne dieses sei es nicht möglich, zu sehen. Aristoteles, De anima, III.3, 428b 20. Siehe O’Gorman, 2005, S. 18–20. Vgl. die Abschnitte über die Vorübungen, welche die künftigen Redner im Gericht vornahmen: „forensium actionum meditatio“, Quintilian, Institutio Oratoria, IV.2.29; sowie über die Praxis der declamatio: „ante declamationem illa velut imago litis exponitur“, ibid. IV.1.4. Quintilian, Institutio Oratoria, IV.2.29 und 32. O’Gorman, 2005, S. 17. „Material and divisible things cannot act on indivisible and immaterial things by their own power; but the phantasm is something material and divisible, the intel-

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

erschienen Disputationes metaphysicae, setzt sich auch Francisco Suárez mit Aristoteles’ Schrift über die Seele auseinander.108 Motiviert ist sein in den 1590er Jahren an der Universität von Salamanca verfasstes opus magnum, das auf seinen Vorlesungsmanuskripten aus den 70er Jahren an der Universität von Segovia basiert, von der Einsicht in die Notwendigkeit einer Veränderung des philosophischen Lehrplanes, dessen Inhalte zum Teil zu den in der Ratio Studiorum formulierten Prinzipien im Gegensatz standen.109 Anstatt eine Kommentarüberfülle zu den Originaltexten eines Thomas von Aquin oder Aristoteles verarbeiten zu müssen, sollten Suárez zufolge die Novizen vielmehr die konzeptuelle Ordnung des Materials selbst verstehen.110 Suárez’ De anima-Rezeption knüpft an die bei Aristoteles angelegte Idee der Verkörperung, die für das Verständnis der Ekphrasis der Peinture spirituelle bedeutsam ist. Für den Conimbricenser Denker ist die Seele mit dem Körper verbunden, nicht weil sie abhängig von ihm ist, sondern weil sie ihn wie ein Werkzeug verwendet.111 Die Sinne und der Verstand stünden in einem dialektischen Verhältnis, da sie zwei „Funktionen der einen menschlichen Seele seien, die sich gegenseitig notwendig fordern.“112 Sie seien nur insofern aufeinander bezogen, als die Sinneswahrnehmung „die notwendige äußere Gelegenheit ist, damit der Verstand in Aktion treten kann.“113 Suárez gemäß, muss der Verstand nicht an ein Körperorgan gebunden sein, doch ohne den Körper kann er nicht operieren. Die Seele bringt zwar alle menschlichen Handlungen, wie Atmen, Essen, Fühlen oder Verstehen hervor, doch einige der seelischen Operationen werden über den Körper erst perfektioniert, wie das Wachstum, die Ernährung oder die äußeren Sinne.114 Als Beispiel führt er an, dass das Sehen an das Auge gebunden sei, würde

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lect something immaterial and indivisible; therefore the phantasm cannot act (in the intellect) by istsown power; it therefore requires some other immaterial cause, (that) can act and produce indivisible species; such a cause is the agent intellect.“ Toledo, 1574, III.13.141vb. Zit. bei Simmons, 1999, S. 532. Suárez, 1856–1861, Bd. 25 (I-XXVII) und 26 (XXVIII-LIV). Siehe die Einleitung in Hill und Lagerlund, 2012, S. 17. Sein systematisches Vorgehen ist als „modern“ bezeichnet worden, da er seinen Kommentar nicht nach der Reihenfolge des De anima Textes anordnet, sondern eine thematische Ordnung vorzieht, die ausgewählte philosophische Themen mit Hilfe der disputationes, quaestiones und anderen Texten analysiert. Siehe Aho, 2007, S. 182. Suárez, Disputationes Metaphysicae, disp. 15, §1, no. 6, 1, S. 499. Vgl. Rozemond, 2012, S. 2: „For Suárez the soul was both a spiritual substance and a substantial form: it could exist without the body, but it was at the same time the form of the body.“ Eschweiler, 1928, III, § 10. „omnis cognitio incipit a sensibus“. Wie Eschweiler betont, ist dieses Suárez’sche Axiom für die Natur-Geist-Dialektik des neuzeitlichen Denkens maßgebend geworden. Eschweiler, 1928, III, § 10. South, 2012, S. 129.

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II. Didaxe

dieses verletzt, könne es nicht operieren. Wenn die Seele wiederum nicht aufmerksam sei „Si anima non attendat“, wie im Falle der Ekstase, sei das Sehen nicht möglich.115 In der 9. Disputatio erklärt der spanische Theologe die Einheit von phantasia und Verstand: „Es muss klar sein, dass die menschliche Imagination (phantasia) und der Verstand beide in der gleichen Seele verwurzelt sind und deswegen in ihren Operationen einen Auftrag (ordo) und Einigkeit (consensio) besitzen.“116 Wie Thomas von Aquin trennt auch Suárez die Sinne und den Verstand. Da hiermit unlösbare philosophische Probleme entstehen, wird der phantasia eine vermittelnde Rolle zugeschrieben. Dieser sogenannte „innere Sinn“ ist der Ort der Bilder (imagines) und der Ähnlichkeiten (similitudines) eines speziellen sinnlichen Objektes. Somit folgert Suárez, seien die phantasmata für jede Art der verstandesmäßigen Kognition zentral.117 Richeômes wenig später verfasste Peinture spirituelle wandelt jene im jesuitischen Curriculum rezipierte aristotelische Lehre im christlich-eucharistischen Sinne ab. In Anknüpfung an Loyolas „Geistliche Übungen“ sollte sein Traktat einen unverzichtbaren Baustein disziplinarischer Maßnahmen der jesuitischen Pädagogik bilden. Hierbei verfolgt er den bei Suárez formulierten Wahrnehmungszusammenhang von Bild, Körper und phantasia im Sinne einer Theorie der Verkörperung weiter.118 Seine detaillierte Ekphrasis der Innen- und Außenräume des Noviziats als „Welt als Bild“ bezieht sich auf alle fünf Sinne, um die Wahrnehmung des Körpers zu schulen, wobei die verschärfte Aufmerksamkeit auf die Details (circumstantiae) dem aristotelischen enárgeia Prinzip folgt. Seit den 1560er Jahren war im Noviziat von San Andrea in Etappen an einem lehrhaften Bildausstattungsprogramm gearbeitet worden.119 Diverse Künstler, die zum Teil im Noviziat selbst ausgebildet worden waren, erhielten 115 116 117 118

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Suárez, Disputationes Metaphysicae, disp. 18, §5, no. 2, 1, 628, siehe South, 2012, S. 161. Suárez, Disputationes Metaphysicae, disp. 9, § 2, no. 12, 3, 96. Zit. bei South, 2012, S. 133. South, 2001, S. 119–158. John Krois definiert „embodiment“ als die Verkörperung des „thought in signs, of beliefs in habits of action, and the ‚mind’ in the body“, siehe Krois, 2011, S. 94. Auch die Idee der „embodied cognition“, die davon ausgeht, dass kognitive Prozesse in der Interaktion des Körpers mit der Welt verwurzelt sind, kommt dem Konzept der sinnlich zu erfassenden „Welt als Bild“ nahe. Die Gestaltung des Noviziats San Andrea al Quirinale wurde in mehreren Etappen ausgeführt: Beginn in den 1560ern, weitere Arbeiten in den 1580er Jahren und eine größere Kampagne zwischen 1597 und 1610. Bailey, 2003, S. 40–44.

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

den Auftrag, Bildwerke für die Räume zu schaffen, welche die Belehrung, Meditation und Vermittlung der hier stattfindenden Ausbildung unterstützen sollten.120 Da Fresken und Tafelbilder heute verloren gegangen sind, gibt allein das Handbuch Aufschluss über den ursprünglich vorgesehenen pädagogischen Einsatz der Bilder. In seinem Vorwort, das sich an den Rektor des Noviziats Ottavio Navarola richtet,121 unterscheidet Richeôme grundsätzlich zwischen drei zentralen Bildformen innerhalb des Areals des jesuitischen Noviziats: „1. De grace, 2. De nature, 3. Des martyrs“.122 Gemeint sind hiermit zuerst Gnadenbilder, die die Mysterien des christlichen Glaubens darstellen, dann die Bilder der Natur, oder auch des Gartens, welche die Schöpfungskraft Gottes offenbaren, und schließlich die Märtyrerdarstellungen der sich auf dem Gelände befindlichen Kirche San Vitale, die den vorbildlichen „tapferen unbewaffneten Siegern des göttlichen Regiments“ gewidmet sind.123 Diese drei Bildformen sollen zu universell anwendbaren und orientierenden Richtlinien des Novizen werden, die seine Handlungen zunächst im engen Kontext der Ausbildung und dann kategorisch im weltlichen Alltag außerhalb des Noviziats bestimmen. Zwölf Stiche aus der Hand von Matthäus Greuter begleiten den Text.124 Greuter selbst ist für seine herausragende Kunstfertigkeit im Kupferstich bekannt, die nicht nur Stiche in naturwissenschaftlichen Traktaten umfasste, wie Federico Cesis naturgetreue Bienendarstellung der Melissographia (1625) oder die 1613 von Galileo gezeichneten Sonnenflecken, sondern auch Architektur, Landschaft, Allegorie oder 120

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Auf diese Spezifizität macht Bailey aufmerksam: So waren es hier ausschließlich Jesuiten, die die künstlerischen Aufträge übernahmen, unter ihnen Battista Fiammeri (1576), Democrito Bitti (1568–73), Jan Redellux und Giovanni di Benedetti (1579), Giuseppe Roncalli (1584–) oder auch der Sohn Federico Zuccaros Orazio Zuccaro (1604). Nur Durante Alberti (Altarbild in San Andrea al Quirinale) und Gaspare Celio waren Künstler, die sich bereits einen Namen gemacht hatten, siehe Bailey, 2003, S. 46. Dieser hatte 1609 selbst eine Beschreibung des Noviziats verfasst: Ottavio Navarola, Memorie della Casa di San Andrea a Monte Cavallo della Compagnia di Gesù (ca. 1609), ARSI, Rom. 164 und FG 1033. Diese Beschreibung ist jedoch eher mit einer allgemeinen Bestandsaufnahme der Gegenstände und Räumlichkeiten zu vergleichen. Richeôme, 1611, Epistre an Ottavio Navarola, ohne Seitenangabe. Ibid. Zu den Stichen siehe Höltgen, 2004, S. 447–458. Greuter, der sich seit 1603 in Rom aufhielt und in dem Feld der dort ansässigen Kupferstecher innerhalb kürzester Zeit eine herausragende Stellung einnahm, dominierte besonders das Druckwesen der für die Ausbildung an den Kollegien vorgesehenen Schriften. Eine umfassende Monographie über das Werk von Matthäus Greuter liegt bedauerlicherweise bislang nicht vor. Siehe Guerrieri Borsoi in DBI, 59, 2003 und jüngst Diefenbacher, 2013, S. 113–126. Über Greuters Anteil am Druckwesen der Kollegien und Universitäten Rice, 2012, S. 221–238 im Sammelband von Leuschner, 2012. Rice, 2012, S. 223.

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II. Didaxe

Bild 35  Matthäus Greuter: Martyrium des Andreas, in: Louis Richeôme, La peinture spirituelle, 1611, Kupferstich, Lyon, S. 2.

Bild 36  Matthäus Greuter: Refektorium des Noviziats, in: Louis Richeôme, La peinture spirituelle, 1611, Kupferstich, Lyon, S. 64.

Andachtsmotive.125 Besonders die Produktion der für die Lehre und das Studium wichtigen Druckwerke wurde durch Greuter bestimmt.126 In der Peinture spirituelle gibt er die im Text als Bilder beschriebenen Orte des Wohngebäudes, einiger Szenen aus dem Leben des Ignatius, die sich im Noviziat befindlichen Andachtsbilder oder auch Ereignisse aus der relativ jungen jesuitischen Ordensgeschichte wieder. Allgemein wird die supplementäre Funktion des Werkes für die „Geistlichen Übungen“ des Ignatius betont, die auf das klassische System des künstlichen Gedächtnisses mit Hilfe von Orten (loci) und Bildern (imagines agentes) zurückgriffen.127 Die Einbindung des Werkes in die edukativen Anweisungen und Lehrpläne des Ordens ist hierbei jedoch kaum angesprochen worden. Jedes der sieben Bücher des Traktats wird durch einen der Stiche von Greuter eröffnet, die eine Verbindung zur Ordensgeschichte herstellen und ein

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Siehe die bislang vollständigste Liste seiner Werke von Zijlma in Hollstein, XII, 1983, S. 107–174. Rice, 2012, S. 223. So z. B. Crescenzo, 1999, S. 227–239 oder Höltgen, 2004, S. 447–458.

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

Bild 37  Matthäus Greuter: San Vitale in Rom, in: Louis Richeôme, La peinture spirituelle, 1611, Kupferstich, Lyon, S. 682.

Bild 38  Matthäus Greuter: Vision des Ignatius von Loyola in La Storta, in: Louis Richeôme, La peinture spirituelle, 1611, Kupferstich, Lyon, S. 152.

erstaunlich divergierendes Repertoire an Bildformen abdecken.128 Im ersten ist das Altarbild von Durante Alberti (Bild 35) aus San Andrea al Quirinale wiedergegeben, das als Beispiel eines Gnadenmysteriums die detaillierte Beschreibung des Bildprogramms der Kirche eröffnet. Es zeigt das Martyrium des gekreuzigten Apostels Andreas im Beisein einer Menschenmenge, unter die sich auch Novizen in Ordenskleidung gemischt haben.129 Das zweite Buch, in dem sich Richeôme den „merveilles de la vue et de l’ouye, et les considerations spirituelles du repas corporel“ widmet, wird von einer Innenansicht des mit wandfüllenden Bildern ausgekleideten Refektoriums begleitet, in dem die dort speisenden und einander vorlesenden Novizen zu sehen sind (Bild 36).130 Eine ähnliche Szenerie aus dem Noviziatsalltag bietet der Blick in das Gesamtinnere 128

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In der häufiger aufgelegten Gesamtausgabe der Schriften Richeômes fehlen die Illustrationen. Ich danke Elisabeth Oy-Marra für die Bereitstellung einer Kopie der illustrierten Ausgabe von 1611, Edition Pierre Rigaud zu Beginn meiner Recherchen. Richeôme, 1611, S. 2. Über das Altarbild siehe bes. Gijsbers, 1998, S. 29–40. Richeôme, 1611, S. 64.

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II. Didaxe

Bild 39  Matthäus Greuter: Schiffbruch der brasilianischen Märtyrer, in: Louis Richeôme, La peinture spirituelle, 1611, Kupferstich, Lyon, S. 190.

Bild 40  Matthäus Greuter: Gnadenbild Maria, in: Louis Richeôme, La peinture spirituelle, 1611, Kupferstich, Lyon, S. 242.

des Kirchenschiffes von San Vitale im Kapitel „Maistre autel de l’eglise San Vital“ (Bild 37). Die ekphrastische Aufgabe illustrierend, sind hier im Raum des Kirchenschiffes stehende Redner zu erkennen, die einer Gruppe von Personen die Altar- und Wandbilder der Kirche beschreiben, auf denen vornehmlich Märtyrerszenen zu sehen sind.131 Daneben finden sich unter den Stichen auch Schlüsselszenen aus der Ordensgeschichte, wie am Anfang des dritten Buches die Christusvision des Ignatius in der Kapelle La Storta vor den Toren Roms (Bild 38).132 Nach der Schilderung des ehrenvollen Empfanges der Jesuitenbrü131

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Ibid., S. 682. Die Kirche San Vitale war 1599 bis 1603 unter Aufsicht des Künstlers Giovanni Battista Fiammeri restauriert worden und mit Fresken von Andrea Commodi, Agostino Ciampelli und Tarquinio Ligustri ausgestattet, nachdem die Aufträge mit Acquaviva abgestimmt worden waren. Siehe zusf. Witte, 2008, S. 102. Richeôme, 1611, S. 152. Es meint die Gründungs- und Namensfindungsvision des Ignatius, die er 1539 auf seinem Weg nach Rom erlebte, wo er um Erlaubnis bitten wollte, um ins Heilige Land zu pilgern. In die kleine Kapelle vor der römischen Stadtmauer kehrte er zum Gebet ein und ihm erschienen dort Gottvater und Chri-

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

Bild 41  Matthäus Greuter: Infirmerie, die Krankheiten, in: Louis Richeôme, La peinture spirituelle, 1611, Kupferstich, Lyon, S. 282.

Bild 42  Matthäus Greuter: Schlaf und Tod, in: Louis Richeôme, La peinture spirituelle, 1611, Kupferstich, Lyon, S. 462.

der am japanischen Hof, findet sich als fünftes Bild eine ereignishafte Darstellung des Schiffbruchs der sogenannten 39 „brasilianischen Märtyrer“, die auf ihrem Weg nach Brasilien von Piraten überfallen und massakriert worden waren (Bild 39).133 Auch ein Gnadenbild Marias als Königin der Engel, den „premiers citoyens du ciel“, ist im vierten Buch zu finden, das sich den Wohnräumen und ihren Bildausstattungen widmet (Bild 40).134 Dieses Spektrum unterschiedlicher Bildformen wird im fünften Buch durch eine ornamentierte Bildtafel zum Thema der Krankheiten und derer vielfältiger Ursachen erweitert (Bild 41): Ein aus mehreren Szenen zusammengesetztes Bildfeld in einer aufwändig gestalteten Kartusche, zeigt im Mittelfeld

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stus, der sein Kreuz auf den Schultern trug und Ignatius verkündete: „Ego vobis Romae propitious ero“. Ignatius interpretierte diese Vision als Aufforderung zur Gründung des Ordens in Rom und benannte ihn in Bezug hierauf nach Jesus selbst. Siehe hierzu Levy, 2004, S. 171. Richeôme, 1611, S. 190. Ibid., S. 242.

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II. Didaxe

Bild 43  Matthäus Greuter: Garten des Noviziats, in: Louis Richeôme, La peinture spirituelle, 1611, Kupferstich, Lyon, S. 472.

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

Bild 44  Matthäus Greuter: Marterinstrumente, in: Louis Richeôme, La peinture spirituelle, 1611, Kupferstich, Lyon, S. 672.

einen Jungbrunnen, um welchen die biblischen Szenen und Sinnbilder gruppiert sind, die die Ursachen von Krankheit illustrieren, welche bis zum Sündenfall zurückreichen.135 Der siebte Stich des Traktats ist dem Thema Tod und Schlaf gewidmet, und beschließt die Darstellungen des Noviziats-Lazaretts (Bild 42). Hier ist im Bild die himmlische Vision mit einer Landschaftsdarstellung und dem Blick in eine offene Loggia kombiniert unter der zwei auf Kissen gebettete Kinder gezeigt werden, die dem Tod und dem Schlaf zugeordnet sind.136 Auf Überblick und Nähe zur gestalteten Anlage bedacht werden die Gärten des Noviziats in Vogelperspektive gezeigt, wobei die unterschiedlichen Abschnitte des Gartens mit Versalien markiert worden sind, die auf die wörtliche Erklärung des Gezeigten verweisen (Bild 43). Eine ähnliche Art der innerbildlichen Verweis­ systematik auf weiterführende Erklärungen im Text ist in den Stichen der Marterinstrumente (Bild 44), und dem als gerichtliche Folterszene gezeigten Martyrium des Heiligen Vitalis zu sehen (Bild 45).137 Diese Abbildungen offenbaren 135 136 137

Ibid., S. 282. Ibid., S. 462. Ibid., S. 690.

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II. Didaxe

den didaktischen Charakter der Illustrationen, verbinden das Gesprochene mit dem Gesehenen, stellen eine Hierarchie der Abfolge her und strukturieren die Ekphrasis des Bildes. Die Diversität der Illustrationen mag zunächst wie eine willkürliche Auswahl an Motiven wirken. Doch ähnlich wie in seiner Zusammenarbeit mit Gaultier hatte Richeôme auch in seinen Anweisungen an Greuter sehr genaue Vorstellungen von den die Ekphrasis ergänzenden Bildern weitergegeben.138 Ihre heterogene Gestaltung zielt darauf ab, weniger das Gesagte zu illustrieren, als vielmehr die Argumentation des Textes um grundlegende Aspekte zu erweitern. Indem Richeômes Theorie des Bildes den eikones des griechischen Sophisten Philostrates folgte, stellte die Malerei die paradigmatische Form der Repräsentation dar.139 Die Beschreibungen der Werke hatten einen zweifachen belehrenden Sinn: Zum einen wiesen sie den richtigen Weg, um die Bilder zu verstehen und zu sehen, zum anderen standen sie vorbildhaft für die verschiedenen Arten und Weisen, über die Bilder für sophistische declamationes eingesetzt werden könnten. Die eikones waren jüngst von Blaise de Vigenère kommentiert und übersetzt worden und 1578 unter dem Titel Images ou tableaux de la platte pein­ ture erschienen.140 Die Kunst der Bildinterpretation ergibt sich hierbei durch einen Dreischritt: Zunächst wird das Thema des Dargestellten identifiziert, dann das Gesehene in Worten ausgedrückt und schließlich werden jene sensuellen Dimensionen durchdrungen, die visuell nicht repräsentierbar sind, wie die des Geruches oder des Klanges. Richeôme hatte sich bereits in anderen Traktaten mit dem Wesen und Gebrauch der Bilder auseinandergesetzt.141 Seine besondere Art der Bildmeditation ging von der Beschreibung des Ortes, des Bildes und des Ereignisses aus, 138

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Bremond, 1924, S. 34f. Eine genaue Analyse dieser Stiche und von Richeômes Zusammenarbeit mit den Künstlern steht bislang noch aus. Höltgen stellt die Illustrationen in den weiteren Kontext jesuitischer Ikonographien, Höltgen, 2004, S. 447–458. Siehe Bowie und Elsner, 2009, hier bes. den Beitrag von Newby über das Verhältnis von Wort und Bild, bzw. die spezielle Präsentation der Kunstwerke durch die Ekphrasis von Philostrates, S. 322–342. Hiermit ist sein Werk Eikones gemeint, wo im ersten Kapitel die Malerei über die anderen Künste erhoben wird: „Malerei (ist) eine Erfindung der Götter, sowohl wegen der Farbenpracht auf Erden […] wie wegen der Erscheinungen am Himmel“, Philostrates, 1968, S. 85. In einer zweiten erweiterten Auflage erschien Vigenères Übersetzung posthum hrsg. von Abel L‘Angelier im Jahre 1597, vgl. Crescenzo, 1999, S. 83–87. Über den Zshg. zwischen Richeômes Traktat, Philostrates und den spirituellen Übungen Loyolas, siehe van Assche, 1999, S. 3–10. Zum Einfluss von Philostrates auf die frz. rhetorische Traktatistik im 17. Jh. siehe Fumaroli, 1980, S. 241–260; allg. zu den „peintures d’instructions“ die Studie von Crescenzo, 1999. Die Bibliographie seiner Schriften bei Sommervogel, 1960, Sp. 1815–1831. Besonders bekannt geworden ist die Schrift Trois discours pour la religion catholique, les miracles, les saints, les images, Bordeaux 1597.

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

Bild 45  Matthäus Greuter: Folter des Vitalis, in: Louis Richeôme, La peinture spirituelle, 1611, Kupferstich, Lyon, S. 690.

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um dann bestimmte Aspekte zu vertiefen. Wo Gabriele Paleotti und andere post-tridentinische Bildtheoretiker den Schöpfungsakt als Erschaffung des Menschen in der imitatio Gottes interpretierten,142 folgt der französische Rhetoriker jener Bibelpassage, nach der Gott der erste Maler gewesen sein soll.143 Diese Idee des deus pictor findet sich in zeitgenössischen kunsttheoretischen Traktaten von Gian Paolo Lomazzo (1590) oder Federico Zuccaro, und umfasst sowohl eine meta­physische als auch ästhetische Dimension.144 Die Realität sei selbst als ein Bild zu beschreiben und am Ursprung des Universums stünde der „malende Gott“, der sich dem Menschen über ikonische und mimetische Zeichen mitteilt. An anderer Stelle seiner Schriften erläutert Richeôme die Bedeutung der Malerei im Allgemeinen und hält in dem Kapitel „Le monde est une peinture“ fest, dass die Malerei eine „Imitation der göttlichen Hand“ sei, wobei die malende Hand Gottes gemeint ist.145 Das gesamte Universum stelle ein einziges lebendes Bild dar, das Gott als Künstler gemalt habe.146 Gottes Wort vergleicht er mit einem Pinselstrich, und das Auge, für das diese Welt in erster Linie geschaffen wurde, bezeichnet er als den „edelsten Sinn“. Ähnlich wie die Natur, folgert er dann, lege auch das Kunstbild Zeugnis von der göttlichen Schöpfung ab, indem es sowohl das Leben als oftmals auch Dinge repräsentiere, die real nicht existieren und reine Fiktionen darstellen.147 Mit dieser Idee des Kunstbildes als Evidenz göttlicher Schöpfung propagiert Richeôme somit eine totalisierende Sicht auf die Welt, in der Realität und Fiktion miteinander verschränkt sind und jedem winzigsten Detail eine tiefere Bedeutung zugeschrieben wird. Demgemäß stellt das Buch der Peinture spirituelle, das die „Welt als Bild“ beschreibt, gleichermaßen einen realen wie fiktiven Parcours durch die Noviziatsgebäude und die dazugehörigen Gärten dar.148 Unterstützt von der rhetorischen enárgeia, richtet sich der Autor lebhaft an die Zöglinge selbst, die es wie eine 142 143 144 145

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Hecht, 2012, S. 246. Mühlen, 1997, S. 161–170, hier S. 162. Lomazzo, 1590, S. 12. „La peinture est noble & utile, & merite d’être mise au nombre des art liberaux, car elle est une imitation de la main du Createur, & faict service au plus noble des cinq sens qui est l’œil […]“, in: „La peinture de l’univers“, Richeôme, 1628, Bd. II, S. 525. „Ce grand Dieu a esté le premier peinctre, & tout cest univers n’est qu’une vive & seule peincture, chef-d’œuvre de ses doigts, tracée par le pinceau de sa toute-puissante parole.“ Richeôme, 1628, Bd. II, S. 525. „Et tout ainsi que l’image artistement faicte temoigne l’industrie de son aucteur, & represente souvent une chose vive, & toujours ce qu’elle n’est pas; de mesme la belle peincture de ce monde est un tesmoignage de la sagesse de son facteur, et nous represente les biens eternels […].“ Richeôme, 1628, Bd. II, S. 525. Gijsbers, 1998, S. 29–40, S. 32f.; Van Assche, 1999, S. 3–10. Hierbei beschreibt er sowohl vorhandene Bilder als auch Bilder, die so detailliert beschrieben werden, als ob sie sich tatsächlich in den Räumen befinden würden, siehe Dekoninck, 2005, S. 69.

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

Anleitung studieren sollen. Diese allumfassende Wahrnehmungstechnik, welche das Tun der Auszubildenden in gewisser Weise zu prädestinieren und zu lenken versucht, um damit einheitliche und regulierbare Handlungen der Ge­ meinschaft zu formen, kann aus unterschiedlichen Textstellen des Buches herausgearbeitet werden. Richeômes Anweisungen konzentrieren sich auf die Gesamtheit der körperlichen Sinneswahrnehmung.149 Einleitend unterteilt er die Bilder in drei unterschiedliche Typen, um die Ganzheitlichkeit seiner Bildtheorie zu unterstreichen: die stummen Bilder, die sprechenden Bilder und die mystischen Bilder.150 Wie Ralph Dekoninck gezeigt hat, knüpft seine Klassifikation an eine mittelalterliche Symbolik an, mit dem bezeichnenden Unterschied, dass jener Symbolismus der Natur hier ersetzt wird durch die Kunst.151 Da die Handlungen innerhalb des Refektoriums alle Sinne ansprechen würden, unterscheidet Richeôme anhand der hier erlebten Eindrücke weitere Bildtypen: Mit den „Bildern des Mundes“ (tableau de bouche) seien jene Bilder gemeint, die durch den Geschmack des Essens vor dem inneren Auge entstehen. Mit den „Bildern der Augen oder Sehkraft“ (tableau de vue) sind die Wandmalereien angesprochen und die „Bilder der Ohren“ (tableau d’oreille) bezeichnen jene imaginierten Bilder, die durch den Text hervorgerufen würden, der während des Essens verlesen wird. Wie auf dem Stich am Anfang des Kapitels zu sehen (Bild 36), stellte das Refektorium von San Andrea al Quirinale einen Saal mit hohen Decken dar, der auf beiden Längsseiten und in den durchfensterten Obergaden mit Fresken ausgeschmückt gewesen sein muss. An der Stirnseite des Raumes befand sich das Letzte Abendmahl Christi, in einem volutengeschmückten Rahmen über dem hohen Tisch am Ende der Halle.152 Über den Köpfen der Tafelnden ist ein eucharistisches Bankett zu sehen, in dem sich die himmlische über die weltliche Ordnung staffelt: Engel und Apostel („Princes du Royaume de Dieu“) über den weltlichen Herrschern, mit denen Richeôme „Unsterbliche vom Rang eines Alexander, Cäsar, Nebukadnezar“ bezeichnet.153 Den Unterschied zwischen Diskurs und Bild erklärt der Autor über die analoge Differenz zwischen den „Bildern der Ohren“ und den „Bildern des Auges“.154 Demgemäß bildeten die überall sichtbaren farbigen Bilder des Auges, die himmlische Hierarchie und weltliche Gesetzlichkeit ab, um die Gesamtheit der Dinge zu erfassen. Die auditiv vermittelten Bilder blieben dahingegen ephemer und gingen unaufhörlich und unwieder149 150 151 152 153 154

Über den Bezug von der Bildtheorie Richeômes zu den meditativen Lehren des Ignatius siehe z. B. Bailey, 2003, S. 38–40. Richeôme, 1611, S. 65. Dekoninck, 2005, S. 30f. Richeôme, 1611, S. 65. Ibid., S. 79–82. Ibid., S. 131.

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bringlich verloren, weswegen die bloße Imagination der Stimme oder des verlesenen Textes allein in der Seele verbleibt. Er vergleicht dies mit dem Verdauungsprozess: „Nun seht Ihr auch, dass die Bilder der Ohren nur einzeln wahrgenommen werden können. Die Malerei ist leichter zu verstehen und berührt sowohl den einfachen wie auch den klugen Betrachter sehr tief. Ihr könnt [diese Bilder] sofort und direkt als ein Gesamtes wahrnehmen. Die Bilder der Ohren kommunizieren im Gegensatz dazu nur Stück für Stück, so wie das Vorlesen der Predigt nur Wort für Wort verstanden werden kann, genau wie ein Stück Fleisch nur in kleinen Stücken in den Magen ge­­­ langt, womit auch der eucharistische Gedanke zu verbinden ist. Deswegen ist die Malerei vergleichbar mit der Kontemplation, da während dieser Ihr immer Alles vor Euren Augen seht.“155 Die enge Verbindung von Hören und Sehen, wie sie auch aus anderen römischen Bildprogrammen bekannt ist, welche einen engen Bezug zur eucharistischen Liturgie aufweisen, wird hier durch die Ebene der Kontemplation, den Einsatz aller Sinne und die Metapher des Einverleibens noch einmal zusätzlich intensiviert.156 Es wird deutlich, dass für Richeôme die Beschreibung des Refektoriums Teil einer universellen Lesart der Welt als Bild bedeutet. Nicht zuletzt deswegen besitzt es eine so zentrale Bedeutung für den Lehrgang der Novizen, da hier die sensuellen Unterschiede der Bilder erklärt und die Vorteile des „tableau de vue“, der visuellen Wahrnehmung, erlernt werden, die sich auch in Aristoteles’ De anima als zentral erwiesen hatten. In der Beschreibung des Gartens wird die Idee des Noviziatsgeländes als einer „Welt als Bild“ expliziert.157 Die Gärten von San Andrea al Quirinale folgten in ihrem Aufbau den traditionellen Konzepten des persischen Gartens, an denen sich die Gärten der Renaissance orientiert hatten, wonach ein heiliger Ort mit einem viereckigen Grundriss die vier Weltteile repräsentiert.158 Diese im 155 156

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Ibid., S. 131f. Über den Zusammenhang von Architektur und der „Kunst des Hörens“ in römischen Kapellenprogramm, siehe Valone, 2000, S. 753–777. Die Bedeutung der Rede und der Predigt für die Wahrnehmung von Kunstwerken kann für den römischen Kontext in dieser Zeit nicht überschätzt werden. Siehe bes. Macginness, 1995, S. 66f. Richeôme, 1611, S. 472–671. Zur Bedeutung des Gartens in Richeômes Werk siehe bes. Lestringant, 1994, S. 81–102; Fabre, 1995, S. 135–148; van Assche, 1999, S. 3–10 und Witte, 2008, S. 102–107. Bailey, 1999, S. 74–106. Über die spezifische Konzeption des jesuitischen Gartens, der die europäische Gartenkunst tiefgehend verändern sollte, wobei außereuropäische Gartenkonzepte, wie die des chinesischen Gartens, integriert wurden, siehe den Beitrag von Davidson in O’Malley, 2006, S. 86–108.

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

Kleinen demonstrierte Ordnung der Natur durch die Richeôme seine Leser lenkt, wird mit zahlreichen Assoziationen menschlichen Handelns verknüpft. Auf dem Stich von Greuter (Bild 43) erkennt man am oberen Bildrand das vierstöckige Noviziatsgebäude, mit dem auf der Fassade angebrachten Emblem des Jesuitenordens und zwei Sonnenuhren, die nicht nur lokale Zeit, sondern auch die Zeit anderer Orte auf der Welt angegeben.159 Eine zweite Architektur schließt den unteren Bildrahmen ab: das Dach und die Fassade der Kirche San Vitale. Die dazwischenliegende Gartenanlage ist in drei horizontal übereinanderliegende Abschnitte unterteilt, die durch Treppen verbunden und durch Mauern abgetrennt werden, in denen Brunnennischen eingelassen sind. Der oberste, direkt am Noviziat angrenzende Terrassenbereich folgt einer geometrischen Anlage, in der die Beete lediglich mit Bodengewächsen bepflanzt wurden. Ein großer dreistöckiger Brunnen steht hier auf dem breiter gestalteten Mittelweg. Der mittlere Abschnitt des am Hang gepflanzten Gartens ist als dicht bewachsener „bosco“ zu beschreiben, durch den eine breitere Treppe zum untersten Bereich des Gartens hinunterführt, der wiederum mit seinen Beeten und den acht Bienen­ stöcken als ein Nutzgarten zu erkennen ist. Eine Besonderheit hier stellt ein pyramidaler Obelisk mit figuralen Motiven und einem auf einer Kugel thronenden Kreuz dar. Die von Richeôme bis ins Detail beschriebene Bepflanzung des Gartens spiegelt die Welt als eine Art von Mikrokosmos wider. Über die unscheinbarsten Dinge der „tableaux de nature“ werden Bilder der übergeordneten göttlichen Schöpfung evoziert. Diese tragen in sich noch tiefere Bedeutungen, die der lernende Jesuit über die Kontemplation der Natur mit allen Sinnen erfahren und begreifen soll. In der überwältigenden Vielfältigkeit der Formen sei die Macht Gottes wieder zu finden, die es zu deuten und nach der es zu handeln gilt.160 Die Naturbetrachtungen Richeômes schließen über diese Art der besonderen, mehrstufigen „Eikonologie“ auch Reflexionen über die politischen Ge­ meinschaftsbildungen mit ein. Er geht über die ignatianische Meditationsübung hinaus indem er in den beobachteten Naturgesetzen unterschiedliche politische Systeme gespiegelt sieht und diese über seine „tableaux“ herleitet.161 Seine ausführliche Auseinandersetzung mit den sogenannten „imperfekten“ Lebewesen wie der Biene, der Fliege, der Ameise, der Spinne, der Zikade, bis hin zum gemeinen Erdwurm führt den Autor zu der Unterscheidung politisch-juridischer Organisationsformen. Hierbei orientiert er sich an einer aristotelisch geprägten organischen Staatslehre, die den Staat in Analogie zur Natur setzt.162 Für Aristoteles gründet sich der Staat auf das Naturgesetz und nicht auf individuelle Willkür 159 160 161 162

Davidsohn, 2006, S. 93. Richeôme, 1611, S. 87f., 479. Ibid., S. 629f. Dies diente ihm nicht nur als heuristisches Mittel aufgrund äußerlicher Ähnlichkeiten. Da Staat und Natur auf dem gleichen metaphysischen Fundament ruhten,

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und Konvention. Wie die Biene sei der Mensch als zôon politikon von Natur aus ein staatenbildendes Lebewesen.163 Auch römische Denker bezogen Bienenstaat und menschliches Staatswesen aufeinander. So erkannte Vergil im vierten Buch der Georgica im Bienenvolk ein Musterbeispiel für den „Menschenstaat“.164 Im Vergleich zu anderen Tieren schien die Biene „logos“ zu besitzen. Der bei den Bienen beobachtete Gerechtigkeitssinn, ihre rationale Arbeitsteilung und der Einsatz für das Allgemeinwohl spiegelten die Handlungsdirektiven eines Staatswesens. Seneca wies in seiner Schrift De Clementia darauf hin, dass der Bienenkönig stachellos sei, da er frei von Rache und Zorn eine natürliche Anlage zur Mildtätigkeit besitze.165 Das schonende Verzeihen und Maßhalten bei der Urteilsverkündung, gehört zu den Haupttugenden des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Herrscherideals. In dem Kapitel „Abeilles et leur oeconomie“ setzt Richeôme die Ordnung des Bienenstaates mit der weltlichen Monarchie und dem Ameisenstaat als Modell griechisch-republikanischer Ordnung gleich.166 Naturmetaphorik als Mittel der Visualisierung von Herrschaftsverhältnissen ist charakteristisch für die jesuitische Emblematik, wobei das Bienenexempel häufig zitiert wird.167 Die Bedeutung des Bienenstachels, die altruistische Aktivität der Bienenarbeiter, die Natur und Struktur des Bienenstocks und der Bienenstaat generell als politisches Modell sind häufig verhandelte Themen.168 Richeôme zufolge verweist die

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konnten über die empirische Betrachtung der Natur Erkenntnisse über das Staatsleben allgemein gewonnen werden. „Daraus ergibt sich, dass der Staat zu den naturgemäßen Gebilden gehört und dass der Mensch von Natur ein staatenbildendes Lebewesen ist. […] Dass ferner der Mensch in höherem Grade ein staatenbildendes Lebewesen ist als jede Biene oder irgendein Herdentier, ist klar […].“ Aristoteles: Der Staat als natürliche Voraussetzung glücklichen Lebens, in: Aristoteles, Politik, 1252b28–1253a40. Die Georgica (Gedichte vom Landbau) ist ein Lehrgedicht in vier Büchern. Wohl zwischen 39 und 29 v.Chr. entstanden, behandelt es die Feldbestellung (Buch I), die Zucht der Obstbäume und Reben (II), die Viehzucht (III) und die Bienenzucht (IV). Es wendet sich an die gebildeten Schichten Roms, um bei diesen die Achtung vor der mühevollen, aber friedlichen und naturverbundenen Arbeit des Bauern zu erwecken. Siehe die Darstellung bei Misch, 1974, S. 11–18. „Die Natur selbst hat das Königtum erdacht, was man an […] den Bienen erkennen kann. Der Bienenkönig hat die geräumigste Lagerstätte, in der Mitte und an der sichersten Stelle gelegen. […] Überdies ist der König ausgezeichnet durch seine Gestalt und unähnlich den anderen an Größe und Glanz. Das größte Unterscheidungsmerkmal liegt jedoch darin: Bienen sind höchst jähzornig und – gemessen an der Fähigkeit ihres Körpers – streitbar und lassen ihre Stacheln in der Wunde zurück. Der König selbst hat keinen Stachel. Die Natur wollte nicht, dass er grimmig sei und nach Rache trachte, die sich als so kostspielig herausstellt.“ Seneca, De clementia, zit. nach Misch, 1974, S. 19. Kap. 14. Bild des Gartens: „Des insects, & animaux imparfaicts“. Ibid., S. 492–499. Vgl. Peil, 1983, S. 166–301. Dimler, 1992, S. 229–244. Ibid., S. 232.

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

arbeitssame Konstruktion des um die Königin herum gebauten Wabenstocks auf die den Bienen eigene Fähigkeit zur geometrischen Ordnung und Proportion.169 Diese besondere Eigenschaft findet sich auch auf Herrscherimpresen des französischen ancien régime oder auch der italienischen Fürsten wieder, die hierüber die Zentralität und Ordnungsmacht ihres Souveräns zu visualisieren versuchen. Die Bienen wurden in Frankreich zwar nicht als offizielle heraldische Königszeichen geführt, standen jedoch für die Ursprünge der französischen Monarchie und galten als deren älteste Symbole.170 Das Bild eines gütigen Herrschers, der ohne „terreur“ regiert und ein ideales Staatswesen kennzeichnet, findet sich in der Imprese „maiestate tantum“ (Durch Majestät allein) wieder, die von verschiedenen Souveränen als Herrschaftszeichen verwendet wurde.171 Erstmals 1588 in einem Goldpiaster geprägt, befindet sich die Bienenimprese auch am Sockel des Reiterstandbildes des Florentiner Großherzogs Ferdinando I. de Medici auf der Piazza della SS. Annunziata in Florenz (Bild 46).172 Zum geometrischen Sinnbild abstrahiert ordnet sich der Schwarm gleichförmig wie ein Strahlenkranz um den König herum, der sich nicht durch seine Größe, sondern seine zentrale Position im Mittelpunkt des Schwarmes auszeichnet.173 Die Kontinuität der Dynastie war um des gesamten Staatskörpers willen wichtiger als der heldenhaft in die Schlacht ziehende König, denn „wenn aber der König verloren ist, ist alles verloren.“174 Die politische Devise „durch Majestät allein“ zu regieren, wurde von der jesuitischen Emblematik

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Richeôme, 1611, S. 633. Im Grabschatz des merowingischen Königs Childerich I. (gest. 482) wurden 1633/1651 300 goldene Bienen gefunden. Die Regierungszeit Henris IV. von Frankreich ist von dem Bemühen gekennzeichnet, die Auswirkungen des Bürgerkrieges mit den Mitteln einer neu begründeten Staatsautorität zu überwinden. Wie Henshall betont, bedeutete die Wiederherstellung der königlichen Zentralgewalt eine entscheidende Weichenstellung zum „absolutistischen“ Staat. Vgl. Henshall, 1992, S. 18–23. Sie wurde König Henri IV. von Frankreich oder auch Carlo Emmanuele di Savoia zugeschrieben. Siehe Peil, 1983, S. 166–300. Das Reiterstandbild von Giambologna und Pietro Tacca wurde 1608 enthüllt. Zwar wurden Stifterinschrift und Bienenimprese am Sockel erst 1640 angebracht, doch standen beide schon zu Beginn der Planungen fest. Siehe grundlegend Erben, 1997, S. 287–361, hier S. 335. Impresenkünstler Scipione Bargagli bezieht sich explizit auf die Beschreibung des stachellosen Bienenkönigs bei Aristoteles, Naturgeschichte der Tiere, V.21 und Plinius, Naturgeschichte, XI.17: „che‘l Re dell‘Api non ha l‘ago, o spina, onde armate sono tutte quante l‘Api; e s‘egli pur l‘ha, che non l‘usa né adopera giamai nel suo governo. […] sculpita il nomato Re delle Api in mezo alle sue squadre, col Motto: MAIESTATE TANTUM; mostrando che la sola Real maiestà e magnanima natura di S.A.“ Bargagli, 1591, S. 11, zit. bei Erben, 1996, S. 338. Kantorowicz, 1992, S. 270, bezieht sich hier auf den breit rezipierten philosophischen Roman „Sidrach“ aus dem 13. Jh.

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Bild 46  Giambologna und Pietro Tacca: Imprese Maiestate tantum, 1608, Bronzeguss, Sockel Rei­terstandbild Ferdi­ nando I. de Medici, Florenz, Piazza della SS. Annunziata.

in den Bereich der sakralen Herrschaft projiziert.175 Der dem Indienrat zugehörige Zensor Andrés Mendo (1608–1684) sollte später in seinem Principe perfecto y ministros avistados (1642) die Devise „Pungat et ungat“ (Er sticht und salbt) (Bild 47) auf die politische Herrschaft beziehen. Demnach sei das Staatsoberhaupt nicht nur ein schonungsloser Verfechter der Gerechtigkeit, sondern sollte sich ebenso in Barmherzigkeit üben.176 Auf der pictura ist ein Schwarm zu sehen, der von nur einer Biene angeführt wird und zwischen zwei Bienenstöcken aufsteigt. Deutlich ist bei jeder einzelnen Biene der Stachel zu erkennen.177 Nur ein Ausgleich zwischen der richtenden Strenge des Königs und der Barmherzigkeit mache ihn zu einem gerechten Herrscher, so Mendo.178 Der Souverän sei verpflichtet, jegliche Art des Blutvergießens zu vermeiden, da er der Kopf des

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Dazu bes. Dimler, 1992, S. 235. Zu Caritas und Iustitia als Herrscherimprese vgl. den Artikel von Lavin, 2009, S. 955–1017. Mendo, 1642 (1662). Vgl. Dimler, 1992, S. 232f. Genauso wie Mendo beziehen sich eine Reihe anderer jesuitischer Emblematiker auf Senecas De clementia, z. B. Silvestro Pietrasanta (1590–1647) in seinem Werk De Symbolis heroicis, Antwerpen 1634. Siehe Dimler, 1992, S. 236.

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

Körpers sei, für den er Sorge zu tragen habe.179 Diese in der Bienenmetapher vermittelte Idee von gewaltloser Herrschaft diente auch den pädagogischen Idealen des Jesuitenordens als Vorbild kompetitiver Arbeitssamkeit.180 Aldo Scaglione hat das jesuitisch reformierte Ausbildungssystem auch als „pädagogischen Totalitarismus“ bezeichnet, da es darauf abzielte, die komplette Kontrolle über

Bild 47  Anonym: Pungat et ungat, in: Andrés Mendo, Principe perfecto, 1661, Kupferstich, Lyon, S. 160.

die ergebenen Individuen zu erhalten, was durch ein höchst normiertes und abgestecktes Ausbildungsprogramm auch gelang.181 Über Richeômes intensive Schilderung der Details von Fauna und Flora im Garten des Noviziats wird dieser zu einem lieu de mémoire, an dem sich das kollektive Gedächtnis des Ordens verdichtet und eine identitätsstiftende Funktion erhält.182 Fabre hat den intendierten Orientierungsverlust im Garten als Strategie der Wahrnehmung einer Totalität identifiziert.183 Damit einhergehend 179 180

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Mendo, 1662, S. 39f. Siehe die Studie von Haskell, 2003 über den Gebrauch der Bienenmetapher in den emblematischen Werken des Jesuitenordens unter Louis XIV., hier bes. das Traktat De Apes des agronomischen Dichters Jacques Vanière SJ (1664–1739). Scaglione, 1986, S. 84. Auch hier sind die von Roland Barthes als „totalitäre Ökonomie“ der Geistlichen Übungen des Loyola bezeichneten Techniken bestimmend, nach denen „alles, vom Zufälligen bis zum Oberflächlichen“ aufgenommen wird und der Exerzitant verpflichtet ist, bei der Meditation über ein Sujet alle physiologischen Sinne zu beschäftigen. Barthes, 2002, S. 62 und 70. Der französische Historiker Pierre Nora hat die Idee des „Erinnerungsortes“ geprägt, der die Identitätsbildung einer Gemeinschaft mit symbolisch aufgeladenen „Orten“ verbindet. Fabre, 1995, S. 135–148, hier S. 147.

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ist die Beschreibung der „Natur als Bild“ als eine Technik auszumachen, die über die Anleitung der Distanznahme zur Realität kollektive Identität stiftet. Richeôme gibt hierfür ein Beispiel: „Manchmal ziehen wir es vor, lieber einer Elster zu lauschen, die den Gesang der Nachtigall imitiert, als dem Lied der Nachtigall selbst. Es gibt auch andere Dinge, die wir lieber in einem Bild sehen als in der Wirklichkeit – wie zum Beispiel Schlangen, Kröten oder Skorpione. Wir sind angeekelt und erschrocken, wenn wir sie in der Wirklichkeit erblicken, doch freuen wir uns, wenn wir sie als gemaltes Bild sehen. Sogar der Teu­ fel, eine mächtige und gewaltige Person, wird in allen gemalten Details, wie den Hörnern, der Fratze, den langen Nägeln, als etwas dargestellt, das dem Auge gefällt. Ein Tyrann würde Missfallen erregen, doch ein Schauspieler der einen Tyrannen au vif in einem Theater spielt, erfreut uns.“184 Diese Distanzierung zwischen dem Betrachter und der Realität schafft einen Denkraum, der als gleichnishaftes mimetisches Bild der Welt konstruiert wird. Dem ist die Rezeption von Aristoteles Idee der phantasia zugrunde gelegt, demzufolge die aisthesisbezogene Vorstellung mit dem künstlichen Bild verglichen wird. Über die Gegenüberstellung von Vorstellungs- und Wahrnehmungsbildern, des Affekts und der Darstellung des Affekts im Bild, wird deutlich, dass künstlerische Darstellung und ihre Wahrnehmung nicht voneinander zu trennen sind. Während auf dem Bild das Schreckliche und Furchtbare betrachtet wird, bleiben die erzeugten Affekte in die verschiedenen Stufen der aisthesis eingebettet und werden auf Distanz gehalten. Es wurde diskutiert, ob Aristoteles nicht grundsätzlich mit „phantasia“ die künstlerische Darstellung gemeint habe, und diese These am Beispiel des im Bild Gezeigten und Schrecklichen veranschaulicht.185 Demnach sind die bildlichen Darstellungen Nachahmungen von Affekten, die von dem realen Geschehen distanzieren. Das in der Tragödie zu findende Nebeneinander der Emotionen Furcht und Mitleid, die durch Mimesis auch Lust erzeugen, bestimmt die Distanz und die Nähe des Betrachters zum Geschehen.186 Die mimetische Qualität der „Bilder“ und die Abhängigkeit der Entstehung von Furcht und Mitleid, konstituiert für Aristoteles die Struktur 184 185

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Richeôme, 1628, Bd. II, S. 531. Übers. CB. Aisthemata und Affekte liegen eng beieinander: „Wenn wir etwas Schreckliches oder Furchtbares meinen (vermuten), werden wir sofort innerlich ergriffen, ebenso beim Verwegenen. Bei der Vorstellung aber verhalten wir uns so, wie wenn wir auf einem Bild das Schreckliche oder Verwegene beschauen“, Aristoteles, De anima, III.3, 427b 21–24. Siehe Mahr in Bezug auf Frère, 1998, hier S. 342, Mahr, 2003, S. 32f. Seidensticker, 2006, S. 95.

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2. Ekphrasis und Eikonologie: Richeômes Bildtheorie

der Tragödie und das Tragische wird zu einem ästhetischen Grundphänomen.187 Wie Hans Georg Gadamer betont hat, ist im aristotelischen Sinne mit Furcht (phobos) und Mitleid (eleos) nicht nur ein innerer Gemütszustand verbunden, vielmehr wird hiermit eine „Überwältigung“ ausgedrückt und wie diese sich in Körperreaktionen manifestiert, wie zum Beispiel der „Kälteschauer“ die Angst manifestiert.188 Gleichzeitig wird der ganz in das theatrale Geschehen involvierte Betrachter von der Tragödie durch Selbsterkenntnis distanziert. Der Abstand des Zuschauerseins bestimmt „die Seinsart des Ästhetischen“.189 Dieser Topos findet sich in der post-tridentinischen Bildtheorie wieder, wie beispielsweise an der Stelle von Gabriele Paleottis Discorso, an der er über die „pitture fiere ed orrende“ spricht. Auch ihm zufolge zeitigten „Dinge, die von ihrer Natur aus den Augen Verdruss und Schrecken zu bereiten pflegen, wie etwa das Erblicken eines Ungeheuers, oder eines Leichnams […], die entgegengesetzte Wirkung […], wenn sie gut nachgeahmt sind und auf wundersame Weise erfreuen.“190 Der Parcours, den Richeôme als tägliche Übung lehrt, wird zu einem ganzheitlichen artifiziellen Kosmos, der jedes Detail akribisch dem Intellekt präsentiert. Auf diese Weise bezwingt das Vorstellungsbild die echte Schlange, die im Wahrnehmungsbild Angst erzeugt und ruft eine entgegengesetzte Reaktion hervor. Die Vorstellungs- und Wahrnehmungstechnik der „Welt als Bild“, die Richeôme in Bezug auf Philostrates als „Eikonologie“ entwickelt, bewahrt somit die Novizen vor der gefahrvollen Realität. Die ästhetische Distanz ist einem schützenden Panzer vergleichbar, der über die meditative Handlung und das Bilddenken innere Stärke erzeugen soll. Die über die Betrachtung der „Welt als Bild“ geschulte Aufmerksamkeitsökonomie, der kein Detail entgeht, und die somit scheinbar alles perzipieren läßt, ist mit späteren absolutistischen Ordnungsvorstellungen in Verbindung zu bringen.191 Ähnlich wie Acquavivas Bemühungen, die in der Welt verteilten Kollegien durch ein dichtes Korrespondenznetz und Informationspflichten im Überblick zu behalten, könnte man diese Art der Ekphrasis als Schulung des Auges und Schärfung des politischen Bewusstseins deuten. Ein Blick in die spä-

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So entwickelt er im zweiten Buch der Rhetorik die Idee des „phobos“ (II.5) und des „eleos“ (II.8). Die Furcht bringt die Distanzierung des Betrachters hervor, das Mitleid fordert Anteilnahme und lässt ihn wieder herantreten. Seidensticker, 2006, S. 97. Gadamer, 1990, S. 135. Ibid., S. 136. Paleotti (1582), 1961, S. 219. Hierzu Steinemann, 2002, S. 435–453. Louis XIV. politischer Grundsatz „être informé de tout“ stellte die Bedingung seiner politischen Rationalität dar, siehe Brendecke, 2009, S. 39f.

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tere jesuitische Fürstenspiegelliteratur zeigt, dass die Idee des Souveräns als die Welt überragende „Instanz der Wahrnehmung und der Urteilskraft“ zentrale Bedeutung erhält.192 In seinem Principe perfecto verbindet Mendo die Beschreibung des souveränen Hauptes mit den Sinnen, wobei er die Zentralität des Blickes betont: „Die vornehmste Sinnesleistung des Kopfes ist der Blick. Der Fürst muss ganz Auge sein, schlaflos über dem Vorteil des Untertanen. Nichts darf seinem Blick entfliehen, wie dem Königsadler, der von größter Höhe aus die Fische in der Tiefe des Wassers erblickt.“193 Die prudentia des Fürsten, die das Gute und Böse zu unterscheiden vermag, wird mit den Augen gleichgesetzt und der Herrscher mit Argos verglichen, vor dem sich nichts verbirgt, so wie die Sonne als „oculus mundi“, die mit ihren Strahlen alles registriert.194 Mendos Akzentuierung der Bedeutung sinnlicher Wahrnehmung für die politische Handlung ist von Wahrnehmungs- und Aufmerksamkeitsstrategien des von der scholastischen Aristoteles-Rezeption beeinflussten Louis Richeôme geprägt, die zwischen empirischer und spiritueller Dimension eine spezifische Logik des Urteilens ableitet. Eng verbunden ist hiermit eine neue rechtlich-politische Kultur der Beobachtung und Übermittlung an die übergeordnete Instanz, die an die Praxis der Inquisition gebunden ist.195

3. Quaest iones: Bildsprache der Entscheidung Folgt man Roland Barthes’ Interpretation der Exercitia Spiritualia des Ignatius von Loyola, müssen die vierwöchigen Exerzitien, die der Novize vor Aufnahme in den Orden durchläuft, in zwei Momente aufgeteilt werden. In der durch die Übungen eingetakteten Zeit sei ein Vorher und ein Nachher auszumachen, auf dessen Hälfte angekommen „der freie Akt“ stehe, „durch den der Exerzitant entsprechend dem göttlichen Willen diese oder eine andere Verhaltensweise wählt“. Ignatius habe dies „eine Wahl treffen“ genannt.196 Die Übungen zielten demnach systematisch auf das Erlernen von Entscheidungen ab, wobei die zum 192

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Mendo 1657, die erste Auflage erschien 1642 allerdings ohne Abb. Siehe Daly und Dimler, 2005, S. 71–75. Mendo nimmt als Vorlage das emblematische Traktat des Juristen Juan de Solórzano Pereira Emblemata centum, regio-politica, der Ratsherr des Indienrates war. Siehe Praz, 1975; Brendecke, 2009, S. 39. Zit. bei Brendecke, 2009, S. 39, Anm. 43. „Die Klugheit besteht aus Augen und ohne sie kann der Fürst keinen Schritt tun, wenn er nicht blind gehen will. Wer herrsche, der sei ein Argos, damit sich ihm nichts verbirgt.“ Übers. bei Brendecke, 2009, S. 39, Anm. 45. Brendecke, 2009, S. 46. Diese Wahl sei kein dialektisches Moment sondern stelle eine „abrupte Berührung von Freiheit und Willen“ dar. Barthes, 2002, S. 57.

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3. Quaestiones: Bildsprache der Entscheidung

Einsatz kommende Sprache von Unterscheidungen (distinguo) geprägt ist, die trennen, auseinanderhalten und begrenzen.197 Über das Netz des distinguo lerne der Übende, die „Totalität des geistigen Bereichs“ einzunehmen. Das vielfältige Geflecht der Unterscheidungen transportiert nur Bilder.198 Barthes bezeichnet sie als gerahmte „Imitationseinheiten“, in denen Ausschnitte eines Ereignisses, wie beispielsweise des christlichen Martyriums, wiedergegeben werden, die den Exerzitanten komplett einnehmen würden.199 Das gerahmte und „zugleich in einem Abstand und in einer Nachbarschaft (narrativer Art)“ sich befindliche Bild bezeichnet Ignatius als „Ansicht“, die im Gegensatz zur „Vision“ eine narrative Sequenz darstellt. Barthes verweist auf die Spezifik der ignatianischen Sprache, die von der aristotelischen prohairesis, der Dualität einer in Frage und Antwort gegliederten Rede geprägt sei.200 Durch die „Sprache der Befragung“ ergebe sich ein Code, den Ignatius erfunden habe, um den göttlichen Willen zu entziffern.201 Hier kommt die Sprache der Exerzitien, die an die scholastische Tradition der rhetorischen Topologie anschließt, auch der juridischen Sprache nahe. Auch die Gerichtsrede zeichnet sich durch die Zentralität der Entscheidung und eine in Frage und Antwort gegliederte Sprache aus.202 Desgleichen sind es diskursive Operationen, die zu einem Urteil führen und die Rechtsprechung in den Urteilsspruch, und den Urteilsspruch in die Rechtsprechung, transformieren. Diese prohairesis, die Barthes bei Loyola beschreibt, bildet das Herz einer rhetorischen Praxis, die das Recht hervorbringt.203 Um die juristische Entscheidung in einen Rechtsspruch zu verwandeln, wurden im kanonischen wie auch im Römischen Recht besondere Techniken entwickelt. Die quaestiones sind ein spezielles Genre, das all jene Fälle umfasst, die wahr oder fiktiv sein können und von unterschiedlichen Lehrmeinungen

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Ibid., S. 63. Ibid., S. 65. Ibid. Barthes verweist auf die aristotelische Vorstellung der „Praxis“ als Wissenschaft, die darin bestünde in „das Vorhaben einer Verfahrensweise Gabelungspunkte einzuführen, ihre zwei Perspektiven zu untersuchen, die eine und nicht die andere zu wählen.“ Barthes, 2002, S. 58. Ibid., S. 59. Die Rhetorik unterscheidet die Form der Fragen (quaestiones) nach stofflichen (materia und res dubia) und figürlichen (figura, ornatus) Aspekten. Die Gerichtsrede ist hierbei auf den Gegenstand der Rede bezogen (quaestio finita/infinita), was im gr. als thesis/hypothesis bez. wird. Fragen in figürlicher Verwendung werden zur Erweiterung der Rede eingesetzt und sollen in erster Linie das Publikum in sachlogischer bzw. pathetischer Hinsicht lenken. Das quaesitum bezeichnet die komplexe Frage, die eine ausführliche Antwort verlangt. Siehe Historisches Wörterbuch der Rhetorik, 2005, Bd. 7, Sp. 501–503. Vgl. Hurri in Huppes-Cluysenaer und Coelho, 2013, S. 151.

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II. Didaxe

kommentiert werden.204 Sie spiegeln die Diskussionen zwischen den Lehrern und Schülern in den Ausbildungsräumen des Rechts wieder, und zählen zu den wohl lehrhaftesten Werken des juristischen Bildungskanons.205 Die quaestiones sind im Allgemeinen nach einem Dreischritt gegliedert: Zunächst wird der Fall geschildert, dann die Argumente für und wider angegeben und schließlich über eine Lösung entschieden.206 In dem Bildprogramm der jesuitischen Ausbildungsräume sind es insbesondere die Märtyrerdarstellungen, die dem Pro-und-Contra Schema der quaestiones folgen. Anhand siebten Buches der Peinture spirituel­ le, das sich der Bildausstattung der an das Noviziatsgelände angrenzenden Kirche San Vitale widmet, kann die Nähe zwischen dem Verfahren der quaestiones und der für den Ausbildungskontext gewählten Bildsprache erläutert werden. Die inquisitorische Maschinerie der Befragung hing von einem bestimmten Instrumentarium ab, das sich auf das schrittweise Quälen der Körper der Angeklagten konzentrierte, um aus ihnen das für den Prozesshergang so zentrale Geständnis zu nötigen. Diese Foltergeräte sind als dekorierendes Motiv auf einigen Außenfassaden römischer Kirchen des ausgehenden 16. Jahrhunderts zu finden,207 so auch in der Eingangslünette von San Vitale, wo sie Richeôme zufolge als „brutale Assemblage des Todes“208 zusammengestellt wurden. Der französische Rhetoriker schreibt ihnen eine doppelte Bedeutung zu, da sie gleichzeitig ein Arsenal der Unbarmherzigkeit tyrannischer, vom „Satan beeinflusster“ Regime, aber auch „Trophäen“ der Unbeugsamkeit aller christlichen Märtyrer darstellen würden. Die verschiedenen Gerätschaften füllen den gesamten

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Die quaestiones wurden als pädagogisches Instrument der frühen Rechtsschulen von Mailand und Bologna entwickelt. Gemäß Berman wurde diese neue Art der Kommunikatin im Gericht, nach der sich die Prozessvorschriften und Begriffe fundamental in eine komplexe Fragestruktur umwandelten, zwischen 1280 und 1535 gebraucht. Somit wurde dem Rechtsverfahren nicht mehr eine rein dialogische, sondern vielmehr eine kompetitive zugrundegelegt, Berman, 1983, S. 148f. Zum Verständnis der quaestiones im kanonischen und im Römischen Recht allgemein siehe Fransen, 1985, S. 223–277, der auch eine Systematisierung der unterschiedlichen Fälle in einem Corpus quaestionum versucht hat, oder Pennington und Müller, 2008, S. 164–170. Siehe den Eintrag im Encyclopedic Dictionary of Roman Law, 1991, S. 663. Diese Systematisierung ist für unterschiedliche Formen der quaestio auszumachen. Über das verlorene Fresko über dem Eingang von San Vitale in Rom, siehe Bailey, 2003, S. 172f. Auch Cesare Baronio hatte an der Fassade der von ihm gestalteten Kirche SS. Nereo e Achilleo die Folterinstrumente der christlichen Märtyrer freskieren lassen, siehe Herz, 1988, S. 607. Die Darstellung der „tropaia“ des christlichen Martyriums folgt der von Antonio Gallonio angeregten Visualisierung in seinem 1591 erschienenen Trattato degli instrumenti del martirio, siehe hierzu Kapitel III.4. Richeôme, 1611, S. 674.

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3. Quaestiones: Bildsprache der Entscheidung

Bildrahmen des Stiches: darunter ein Kreuz, Räder, Fackeln, Zangen, Peitschen, Töpfe mit siedenden Flüssigkeiten, bis hin zu einem bronzenen Ochsen, der über einem Feuer erhitzt wird und in dessen ausgehöhltem Leib christliche Märtyrer ihren Tod gefunden haben sollen.209 Die Aufzählung der im Stich mit jeweils einem Buchstaben markierten Folterinstrumente folgen dem anfangs gestellten „Voyez vous ces outils de mort representez en ce tableau?“, um dann in eine sich über zwei Seiten erstreckende Reihe von Fragen überzugehen: Voyez vous… „Ces scorpions piquant à mordre la peau? Ces roues qui tourne sur des poinctes, & chauffe-trapes de fer? […] Ces roues armees de rasoirs, à tailler la chair? […] Ces ongles, & tenailles, à déchirer & esteindre? […]“.210 Die über die Frage geleitete Aufforderung, die Foltergegenstände im Bild genau anzuschauen, wird auf diese Weise mit einer Beschreibung der quälenden Wirkung des Instruments verbunden, um ein grausames Repertoire an körperlichen Qualen aufzufächern, die durch die hier gezeigten Objekte hervorgerufen werden können.211 Die realen und erfundenen Instrumentarien der Folter werden in Richeômes Wiedergabe zu Zeichen des willkürlichen Einsatzes eines weltlichen Rechtsapparats, den die Tugendhaftigkeit des Martyriums am Ende siegreich überdauert. Die Darstellung einer „quaestio per tormenta“, der peinlichen Befragung vor dem Gericht, wird dem Besucher von San Vitale im Chorraum in Großformat vor Augen gestellt. Richeôme beschreibt im Text die Fresken der beiden Seiten des Chorraumes von San Vitale, die Folter und Martyrium des Heiligen wiedergeben. Greuter bringt diese drei unterschiedlichen Zeitpunkte des Martyriums in ein Bild (Bild 45): die Folter auf dem Streckbett (equuleus), das 209

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Der Hl. Eustachius ist ein prominentes Beispiel für den Tod im bronzenen Ochsen: sein Martyrium hat Francesco Fernandi (gen. Imperiali) in Sant’Eustachio (1720– 1724) prominent in Szene gesetzt. „Devant que venir à l’inspection & consideration des Tableaux de sainct Vital, ie vous invite en cette entrée, & parvis de l’Eglise où sont peincts les instruments de la cruauté des Tyrans, & les trofees de la vaillance des Martyrs, de considerer attentivement trois choses en l’histoire des martyres, & passions, qui vous sont icy representees, où ailleurs. La premier est la felonnie de Satan exorbitante, & vrayement satanique en la persequution des saincts, ayant faict mettre en prattique tout ce qu’un esprit hautain, malin, & cruel à outrance, peut imaginer, pour affliger, & perdre les hommes, de corps, & d’esprit, à toute sorte, & force de tormens, iusques à convertir en geines, & supplices de mort, toutes les pieces de l’art humain, avec les creatures de l’univers, donnees pour entretement de la vie: Il a faict servir les astres pour crever les yeux aux Iustes, les opposant sans paupieres aux rayons du Soleil; & exposant sous les mesmes rayons leurs corps oincts de miel aux mouches. (…) Il ne s’est pas contenté de la nature: Il a apporté les aides, & inventions des hommes, ayant enseigné à ses supposts d’employer leur esprit, & malice, à controuver des facons extraordinaires, pour arracher la vie aux humains par engins, & artifices, ioincts à la violence des agens naturels. Voyez vous ces outils de mort presentez en ce petit tableau?“ Richeôme, 1611, S. 673f. Ibid., S. 675f.

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II. Didaxe

Begräbnis bei lebendigem Leibe inmitten einer bewaldeten Landschaft und der Sturz des Hohepriesters von einem Bergabhang.212 Die Szene der peinlichen Befragung spielt sich in einer zu zwei Seiten geöffneten Architektur ab, die Ausblicke in die dahinterliegende Landschaft ermöglicht. Richeôme beschreibt diesen Innenraum als das Gefängnis der Stadt Ravenna, die zugleich Geburtsort und Martyriumsstätte des Heiligen war.213 Er macht zunächst auf den im Hintergrund am Tisch sitzenden Richter aufmerksam, dessen Gestus auf die laufende juristische Verhandlung schließen lässt, da seine rechte Hand eine Gegenbewegung zu seiner linken bildet, ganz so als versuche er hiermit die Argumente des für und wider abzuwägen. Vor ihm auf dem Tisch liegen ein Federkiel und ein längliches gefaltetes Papier. Während er sich dem Gefolterten zuwendet, blicken die beiden anderen Gerichtsmitglieder am Tisch stoisch an der Folterszene vorbei. In seiner Ekphrasis dramatisiert Richeôme die Szene mit ausschmückenden Worten, die nun nichts mehr mit der zurückgenommenen Ernsthaftigkeit der gerichtlichen Vertreter, die er als die „officiers & exequuteurs de iustice“ bezeichnet, im Bild zu tun haben. Während seiner Schilderung wendet sich der Autor wiederholt mit einem „comme vous voyez“ an seine jungen Leser, die das Gesagte mit dem Bild vergleichen sollen. Vitalis war dem zum Tode verurteilten Arzt Ursicinus beigestanden und hatte den Zorn des obersten Richters der Stadt Ravenna, dem „grand persequuteur des Chrestiens“, auf sich gezogen. Als der Heilige diesen öffentlich der Idolatrie anklagt, befiehlt der Richter ihn zu foltern, auf „unmenschliche“ Weise, wie Richeôme betont.214 Innerhalb der von Greuter gezeigten Gerichtsszene gibt es ein zweites Zeitmoment, das die Verlesung des Urteilsspruches durch den Gerichtsschreiber in langer Robe darstellt, der zu Füßen des Gefolterten steht. Und wieder ruft Richeôme dazu auf, sich die am Streckbett arbeitenden Peiniger genau anzuschauen, die mit aller Gewalt die Gliedmaßen des „armen Körpers“ so unbarmherzig auseinanderziehen würden, bis diese sich fast vom Körper abtrennten. Dabei bliebe der „Chevalier de Iesu Christ“ vollkommen ausgeglichen und lache nur über die vergeblichen Bemühungen des Tyrannen. Dieser sei „irritiert“ und handle ganz aus dem Affekt heraus. Wiederholt lenkt er die Aufmerksamkeit auf die im Raum anwesenden Zuschauer und beschreibt deren Reaktionen auf das von ihnen bezeugte Geschehen: „Schaut sie Euch genau an, die erstaunten Beobachter, die tief bewegt sind von der bewundernswürdigen Tugend des Heiligen.“ Da der Tyrann nach einer Weile einsieht, dass er den Willen des Heiligen auf diese Weise nicht brechen kann, und nur Verwirrung und Mitleid unter seinen Untergebenen hervorruft,

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Richeôme, 1611, S. 690f. Hier folgt er der Darstellung im Martyrologium Romanum, 1587, 28. April. „torture inhumaine, illec le faict tormenter par cruelles tirades, & extensions de tous les membres“, Richeôme, 1611, S. 693.

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3. Quaestiones: Bildsprache der Entscheidung

befiehlt er, ihn bei lebendigem Leibe in einem tiefen Brunnen zu begraben. Dies ist im linken Bildfeld des Stiches zu sehen, der mit der Versalie „B“ gekennzeichnet ist.215 Auch dieser Szene widmet Richeôme eine detaillierte Beschreibung. Es sind Folterknechte zu sehen, die den Heiligen mit gnadenloser Härte steinigen, während eine Reihe von Soldaten im Schatten einiger Bäume dies beobachtet. Einer der Schergen stemmt mit beiden Händen einen Felsbrocken hoch, um diesen in nächster Sekunde mit aller Wucht auf den Kopf des bis zur Hüfte im Boden eingegrabenen hilflos ausgelieferten Vitalis zu schleudern.216 Die gekrümmte Körperspannung des Schergen findet Entsprechung im dritten Abschnitt (D), im oberen rechten Eck des Kupferstiches. Richeômes Erzählung erreicht hier ihren Höhepunkt, als sich der am Gerichtsprozess beteiligte idolatrische Hohepriester, „le ministre d’Apollon“, von einem hohen Felsen hinab in einen Fluss stürzt.217 Weit nach vorne gestreckt und über dem leeren Raum des Abgrundes sich im freien Fall befindlich, stellt sein Sturz den dramatischen Klimax des mehrteiligen Bildes dar. Nach diesem fulminanten Ende, das im Tod des Hohepriesters den Sieg über das Böse verkündet, schließt der Erzähler protokollarisch mit den genauen Zeitangaben, wie sie im Martyrologium Roman­ um angegeben sind, das den Todeszeitpunkt zusammen mit den Regierungszeiten des den Heiligen verurteilenden Herrschers Antonius Pius, sowie dem dritten Pontifikatsjahr des Hyginus angibt: „C’est le combat, & la victoire du valeureux champion S. Vital, accomplie le 28. Avril de l’année 157. & la 18. de l’Empire d’Antonin Pie, & le III. de Hygin Pape.“218 Der Stich weicht in einigen grundsätzlichen Punkten von der Komposition der Originalfresken von Agostino Ciampelli ab, die sich in der Kirche San Vitale befinden (Bild 48, 49). Auf den beiden Chorseitenwänden hatte Ciampelli zwischen ca. 1598 und 1603 die beiden Martyriumsszenen freskiert, die Greuter in der Peinture spirituelle in einem Bild kombinieren sollte.219 Auf der linken Chorseitenwand wird Vitalis auf der Folterbank gezeigt, in Anwesenheit der Angehörigen des Gerichts und auch einer großen Zuschauermenge, die vor dem Haupteingang des Gerichtssaales stehen und auf das Gesims der Fensterbrüstungen

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Richeôme, 1611, S. 695. „Voyez vous celuy la qui tient une piece de roc, la balanceant de deux bras portez sur la teste pour luy escarbouiller le cerveau ! les autres ietter pleines pales de terre, & cailloux pour combler le patiant, & la fosse;“ Ibid. Da bei Greuter die idolatrische Anbetung nicht gezeigt wird, hat er auch den Hohepriester nicht mitabgebildet. Dieser nimmt jedoch im Fresko einen prominenten Platz ein und bildet einen Teil der gerichtlichen Folterszene. Richeôme, 1611, S. 696. Bailey, 2003, S. 175f. Siehe auch Kapustka in Behrmann und Priedl, 2013, S. 111.

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II. Didaxe

steigen, um eine bessere Sicht auf die Folterung zu erhalten. Dennoch ist der Raum des Gerichts auch hier deutlich von der Öffentlichkeit getrennt. Sowohl der anwesende Hohepriester als auch der Richter wenden sich dem Gefolterten zu. Der Priester weist hinter sich auf ein goldenes Idol, dessen Anbetung Vitalis verweigert und deswegen gefoltert wird. Redend und mit ausgebreiteten Armen gestikulierend, steht der Richter hinter der Folterbank, während die anderen Mitglieder des Gerichts hinter einem Tisch sitzen, auf dem direkt vor ihnen eine Sanduhr platziert ist. Die zeitliche Vermessung der Folter, und das genaue Protokoll der Gerichtsschreiber sowie das Verlesen des Urteils verweisen nicht nur auf eine Kenntnis der geltenden Prozessregularien, sondern deuten auch auf eine Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen juristischen Diskussionen über die Recht- und Unrechtmäßigkeit der Folter hin. Während Ciampelli die Verweigerung der Idolatrie in Szene setzt, ist es bei Greuter die gerichtliche Befragung, der Vitalis Widerstand leistet und somit eine grundsätzliche Kritik am juristischen Wahrheitsfindungsprozess enthält, der sich ganz auf die Erzwingung eines Geständnisses konzentriert. Die zwischen Bild und Erzählung pendelnde Ekphrasis sucht in Anlehnung an das Gerichtsprotokoll und die teilnehmende Beobachtung, zwischen fiktiver und faktischer Beschreibung, eine Haltung in Bezug auf Legalität und Egalität des Geschehens einzunehmen. Hierbei bildet das inquisitorische Verfahren der quaestio nicht nur das juristische Thema des zentralen Bildmotives bei Greuter, sondern lässt sich gleichzeitig auch im Schema der Bildbefragung und Belehrung über das Bild wiederfinden. Unrecht und Willkür des tyrannischen Richters werden der Unschuld und inneren Stärke des verurteilten Märtyrers gegenübergestellt, der hier gleichzeitig als Angeklagter und (Blut-) Zeuge auftritt. Richeômes unmissverständliche Verurteilung und seine Zweifel an der Folterpraxis, die als forensisches Instrument der Wahrheitsfindung im weltlichen Gerichtsprozess dient, lassen sich in den Diskussionen um die Effektivität und die Grenzen der Folter wiederfinden.220 Ende des 16. Jahrhunderts existierten bereits eine Reihe von Traktaten, die sich aus der justizialen Praxis heraus, aber auch von den seit dem Mittelalter diskutierten Doktrinen her mit den Verfahren des Wahrheitsfindungsprozesses auseinandergesetzt hatten, wo­ runter die Folter eine zentrale Stellung einnahm. Die inquisitorischen Verfahren wurden in den Schriften von André Tiraqueau De poenis temperandis (1559), oder im Tractatus criminalis (1590) von Tiberio Deciani intensiv diskutiert.221 Sie stellen Versuche dar, die um Anerkennung einer „objektiven Ordnung“

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Grundlegend Fiorelli, 1953–1954 und Langbein, 1977. Siehe auch Van Dülmen, 1985, S. 13–37. Zu Tiraqueau (Tiraquelli), der Magistrat im Pariser Parlament war, siehe besonders die Schrift von Rossi, 2007, hier besonders: S. 231–284.

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3. Quaestiones: Bildsprache der Entscheidung

Bild 48  Agostino Ciampelli: Folter des Vitalis, 1598–1603, Fresko, Rom, San Vitale (Farbbild 3).

Bild 49  Agostino Ciampelli: Steinigung des Vitalis, 1598–1603, Fresko, Rom, San Vitale (Farbbild 4).

willen, den Prozessweg des inquisitorischen Ritus zu reformieren versuchten, um die Kontrolle über das Urteil allein in die Hände des Richters zu geben.222 In seiner Practica iudiciaria (1584) umgeht Salustio Tiberi noch das delikate Thema der Folter und peinlichen Befragung, die für ein Verfahren extra 222

Rossi, 2008, S. 167.

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II. Didaxe

ordinem typisch war.223 Diese sollten jedoch schon bald in den folgenden Jahren im Zentrum der Diskussionen der Reformkongregationen stehen.224 In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts hatte sich das inquisitorische Modell gerichtlicher Prozesse, in dem die Folter eine besonders zentrale Bedeutung einnahm, weitgehend etabliert.225 In seinem achtbändigen enzyklopädischen Werk der Practicae conclusiones iuris (1605–1608) widmete Domenico Toschi (1535–1620) auch zehn seiner conclusiones der Frage der peinlichen Befragung.226 Toschi, der weit über die Grenzen des Kirchenstaates hinaus auch den weltlichen Souveränen als Jurist bekannt war, versuchte die Vorannahmen und Grenzen der Folterpraxis zu bestimmen, um diese als ein aus dem römischen Recht abgeleitetes normatives Instrument zu instaurieren.227 Der gesamte ordo iudiciarius basiert zu dieser Zeit auf dem vollständigen Geständnis des Angeklagten.228 Im Idealfall sollte er vor dem Richter das Verbrechen wahrheitsgemäß zugeben, ohne dabei etwas für sich zu behalten, um auf diese Weise konstruktiv der Justizmaschine zu dienen.229 Deswegen wurde die Befragung als systematisches Instrument des Gerichts dargestellt. Toschi nimmt Bezug auf bekannte Juristen wie Bartolo di Sassoferrato, Giovanni d’Andrea oder auch Cino da Pistoia. Letzterer war für seine Scuola di Com­ mento im 13. Jahrhundert bekannt, in der er die Lesart der juristischen Kodizes systematisiert hatte. Toschi folgt Cino darin, dass die Kodizes nach einem streng hierarchisch funktionierenden Schema aufgebaut sein müssten: Am Anfang stünde die Lektüre (lectio), daraufhin folge die Textexegese (expositio) und es werde ein Beispiel (casus) angeführt, um dann die relevanten Punkte (notabilia) 223

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Tiberi, 1586. Das Werk wurde zuerst während des Pontifikats Gregors XIII. publiziert, 1584. 1593 erhielt Tiberi von Papst Clemens VIII. das Privileg, sein Handbuch ein zweites Mal aufzulegen. Cicerchia, 2010, S. 58. Unter den zahlreichen Titeln zu diesem Thema sei besonders auf die zwei Bände von Piero Fiorelli, 1953–1954 verwiesen, hier bes. Bd. I, S. 114–179. Toschi war einer der im Kirchenstaat bekanntesten Juristen seiner Zeit und, den Worten Paolo Prodis zu folgen, „il più grande rappresentante dell’anima ‚temporale’ del papato della Controriforma“. Er hatte in Reggio Jurisprudenz studiert und in Pavia sein Studium sowohl im kanonischen als auch zivilen Recht abgeschlossen. Bald schon gehörte er zum Kreis einflussreicher Kardinäle, wie Kardinal Aldobrandini oder Kardinal Cesi. Sein Ruf erreichte auch andere Fürstenhöfe Europas, deren Souveräne bald schon Rat bei ihm suchten. 1599 wurde er von Clemens VIII. zum Titelkardinal von San Pietro in Montorio ernannt und um drei Stimmen nur verpasste er den Aufstieg auf den Papstthron im Konklave von 1605. Siehe zuletzt ausführlich die Biographie von Govoni, 2009, hier die Einleitung von Prodi, S. 9. Toschi, 1608, S. 325–335. Später thematisiert auch Prospero Farinacci in seiner Praxis et theorica criminalis (1634) das Thema der Folter unter dem Titel „De indiciis, et tortura“, das 17 quaestiones hierzu enthält. Grundlegend Marchetti, 1994, S. 20–151. Cicerchia, 2010, S. 51–66.

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3. Quaestiones: Bildsprache der Entscheidung

herauszustellen. Schließlich müssten mögliche Divergenzen (oppositiones) diskutiert und Fragen gestellt (quaestiones) werden.230 Diesem Schema zufolge öffnet sich der rhetorische Systembereich am letzten Punkt der quaestiones zugunsten einer Diskussion zwischen der normativen Praxis und dem Gesetz. Das Fragen dient im Allgemeinen der Erweiterung der Rede und soll die Zuhörer in sachlogischer aber auch gefühlsmäßiger Hinsicht lenken.231 Die Befragung des Bildes, die Richeôme in seiner Peinture spirituelle ausgehend von den ignatianischen Übungen entwickelt, worüber die Wahrnehmung des zuhörenden Betrachters gelenkt werden soll, ähnelt in auffälliger Weise dieser Lesart des Normativen und der systematischen Befragung justizialer Sachverhalte. Eine doppelte Struktur von Glaubensgrundsätzen und einem Normensystem, das sich weltlichen Fragen öffnet, ist charakteristisch für den Jesuitenorden, stellt aber gleichzeitig einen angreifbaren Punkt dar, was ihm den Vorwurf des Hermaphroditismus einbrachte. So vergleicht beispielsweise Étienne Pasquier ihn in seinem Catéchisme des jésuites (1593) mit „dem Monster, das weder weltlich noch regulär ist, sondern beides zur gleichen Zeit und in die Kirche einen Hermaphroditen-Orden einführt“.232 In seiner Verteidigungsschrift La Plainte apologétique (1603) antwortet Richeôme mit einem einfachen Syllogismus auf diesen Vorwurf, weder weltlich noch regulär zu sein.233 Dies sei unhaltbar, da hier eine irreführende Dialektik bestünde: „so als ob jemand sagen würde: der Mensch ist weder Hirsch noch Hirschkuh, deswegen ist er Hirsch und Hirschkuh zugleich, denn ein Hermaphrodit besitzt beide Geschlechter.“ Dieses absurde Argumentieren sei mit der Aussage des königstreuen Advokaten Arnauld vergleichbar, der behauptet habe: „wenn die Jesuiten weder weltlich noch regulär sind; was sind sie dann? Sie sind spanisch.“234 Damit hätte er ebenso gut folgern können, „also sind sie Schweizer oder Peruaner.“235 In seiner Antwort auf den Hermaphroditismus-Vorwurf hebt Richeôme die Internationalität des Ordens hervor, der in so unterschiedlichen Ländern Ordensbrüder gefunden hatte. So lautete auch eine der frühen Parolen der jesuitischen Ordensbrüder: „Notre lieu est le monde“, womit er zum Ausdruck bringt, daß kein anderer

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Govoni, 2009, S. 82. Vgl. den Eintrag „Quaesitum“ im Historischen Wörterbuch der Philosophie, Bd. 7, 1989, Sp. 501–502. Lacoutre, 1995, S. 348. Richeôme, 1603, S. 315f. Die Verteidigungsschrift richtet sich an den französischen König Henri IV. und antwortet auf den „Franc et véritable discours d’Arnauld“. Sie stellt einen Versuch dar, den Jesuitenorden in Frankreich zu rehabilitieren. Siehe Fumaroli, 1980, S. 241f. Der Pariser Advokat Arnauld hatte verschiedene Werke zur Verteidigung der königlichen Souveränität publiziert, ibid. 236f. Siehe auch Waele 1993, S. 33–61. Bremond, 1924, S. 24 und Richeôme, 1603, S. 315f.

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II. Didaxe

Orden ähnlich global agierte und politischen Einfluß ausübte.236 Die Suche nach normativen Regularien, die das Grundgerüst des über Grenzen hinweg agierenden Ordens bilden sollten, hatte Ignatius von Beginn an forciert. Richeômes Verbindung von geistlicher Bildbefragung und juridischer Wahrheitsfindung spiegelt diesen Ansatz wieder.

4. Schiff bruch, Massaker, Mission Richeômes Beschreibung des Noviziats auf dem Quirinal folgt der täglichen Routine der jungen Novizen. Nach dem Abendessen im Refektorium sollten sie im Erholungsraum Ruhe finden, wo sie mit Bildern der jesuitischen Missionen konfrontiert wurden, um Ausmaß und mögliche Risiken dieser Unternehmungen anzudeuten und ihnen den für die Missionsarbeit so wichtigen esprit de corps exemplarisch vorzuführen.237 Die Wandbilder zeigten ungefähr hundert Porträts einzelner Missionare, die in Brasilien, Ceylon, Afrika, Japan, Indien, Goa oder anderen entfernten Ländern zu Tode gekommen waren.238 Vom Ordensmitbegründer und Missionspionier Franz Xaver (1506–1552), der am Hof des Herrschers Otomo Yoshishige im japanischen Bungo empfangen worden war, bis hin zu Rodolfo Acquaviva (1550–1583), dem Neffen des Generals, der in den Missionen in Goa tätig war und dort zu Tode kam, war hier ein Fries von weitgereisten „Helden“ zu bestaunen, deren Leben den Novizen zum Vorbild werden sollten.239 Lediglich zwei narrativ angelegte Darstellungen, von der eine im Folgenden näher betrachtet werden soll, führten den märtyrerhaften Tod der Brüder selbst vor Augen.

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Vgl. zuletzt den sehr aufschlussreichen Sammelband mit ausführlicher Bibliographie von Fabre und Vincent, 2007, sowie jüngst Clossey, 2008. Bailey datiert die Fresken zwischen 1583 und 1611. Bailey 2006, S. 61–68. Richeôme, 1611, Bd. III, 153–242. Herz nimmt an, dass diese Art des „Märtyrerfrieses“ einer der ersten seiner Art in Rom gewesen ist. In der Apsis von SS. Nereo e Achilleo (1596–1597) ist eine vergleichbare Aufreihung zu beobachten. Herz, 1988, S. 607. Rodolfo Acquaviva war bereits früh dem Orden beigetreten und wurde Novize im Noviziat von San Andrea al Quirinale. 1578 ließ er sich in Lissabon zusammen mit Matteo Ricci und weiteren elf Missionaren nach Indien einschiffen. Seine Missionen nach Goa und seine Präsenz am indischen Hofe von Mogul Akbar dem Großen (1556–1605) gelten als diplomatisch erfolgreich. Sein Tod zusammen mit vier Jesuitenbrüdern in Salcette bei Goa im Jahre 1583 ist in Zusammenhang mit den Zerstörungen zahlreicher Hindu-Tempel durch die Portugiesen zu bringen, die die Wut der Bevölkerung auf sich gezogen hatten. Zu Rodolfo Acquaviva siehe den Eintrag im DBI von Pirri, 1960, Bd. 1, 183. Bartoli, einer der ersten Historiographen des Ordens, beschrieb Acquavivas Mission 1663 in einem eigenen Bericht, siehe Daniello Bartoli, Missione al Gran Mogor del P. Ridolfo Aqvaviva, 1677.

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4. Schiffbruch, Massaker, Mission

Das öffentliche Auftreten eines Jesuiten in fremden Ländern sollte signifikant für den Orden werden, so stellt es auch Acquaviva in seinen Missions­ instruktionen heraus.240 Richeômes Erzählung erreicht eine als ethnographisch zu beschreibende Präzision, als er den Empfang der Jesuitendelegation am japanischen Hof schildert. Der Eindruck, den Xaver mit seinen Brüdern auf die versammelte Hofgesellschaft gemacht habe, wird zum entscheidenden Moment in welchem der Mission Akzeptanz oder Ablehnung entgegengebracht wird.241 Ein paar Passagen zuvor hatte Richeôme seine „petits frères“ vor weltlichem Luxus und Vanitas gewarnt und den Leser über Irrtümer und Fehltritte belehrt. In seiner Beschreibung des prächtigen Habits des Franz Xaver, der wertvollen Textilien und feinen Verarbeitung betont er wiederum die Bedeutsamkeit einer angemessenen Kleidung der Missionare, wenn diese vor die politischen Führer und Könige eines fremden Landes treten, um ihre eigene Kirche angemessen zu repräsentieren und die Mission und Ordensbotschaft überzeugend zu vermitteln.242 Auch seine perfekte Anpassung an die Gewohnheiten und höfischen Rituale werden betont, wie auch die Bescheidenheit und Zurückhaltung gegenüber den dort herrschenden Klassen. Die historische Erzählung enthält somit eine normative Instruktion, die an die Beobachtungen und Erfahrungen der Missionare aufbaut und spiegelt die ignatianische Ansicht wider, dass die Untergebenen eines Hofes auf natürliche Weise folgen würden, sobald ihre Prinzen und Souveräne von den Glaubensdoktrinen überzeugt waren.243 All dies waren An­ weisungen für zukünftige Missionare, die besonders auf den Umgang mit den politischen Eliten fremder Länder vorbereitet werden sollten. Nach dem Ceri­ moniale des Alessandro Valignano (1539–1606), der seit 1574 auch in Goa missionierte und 1581 den Regelkanon für Missionen nach Japan erarbeitet hatte, sollte es das erste Ziel eines Missionars sein, sich Autorität zu verschaffen, indem man sich an jene sozialen Verhaltensweisen anpasste und diese perfektionierte, welche in einer Kultur höchste Geltung besaßen.244 Die Beschreibung eines anderen Bildes im Erholungsraum demonstriert jedoch die Gegenseite eines friedlichen und prunkvollen Empfanges eines Missionars in einem fremden Land und verweist hierbei einmal mehr auf die Dia240 241 242 243 244

Acquaviva, 2006, S. 193–198. Richeôme, 1611, S. 178–188, hier S. 180f. Über die identifikatorische Bedeutung des Auftretens und der Kleidung im Jesuitenorden siehe auch den Beitrag von Levy, 2011, S. 127–152. Bailey, 2003, S. 64. Siehe Prosperi, 1996, S. 172–182. Vaglianos genaue Beschreibung der sozialen Klassentrennung in Japan und der damit einhergehenden Distinktionsmerkmale, anhand der Bauwerke, der Bekleidung, der Reinigungsrituale oder der Ernährung, diente dem Aufbau der Missionen, die sich ganz den Gebräuchen und Gewohnheiten des Landes anpassten. Der Text wurde von Josef F. Schütte wiederentdeckt und als Il cerimoniale per i missionari del Giappone, Rom 1946 wiederaufgelegt.

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II. Didaxe

lektik und dramatische Inszenierung des Verhältnisses von Untertänigkeit und Herrschaft. Die Richeôme zufolge dem Dramenschema der „Katastase und Katastrophe“ folgende Erzählung stellt eine Belehrung über das Erdulden und Erkämpfen der richtigen Glaubensgrundsätze dar.245 Auf lebhafte Weise schildert der französische Rhetoriker, dass im Jahre 1570 39 Jesuiten auf ihrem Weg nach Brasilien von Piraten, die er als „Hugenotten“ bezeichnet, überfallen worden sind.246 Der Stich von Greuter (Bild 39) zeigt drei Schiffe auf bewegtem Meer und ein brutales Massaker auf dem Deck des Schiffes im Vordergrund. Man erkennt die schwer bewaffneten „Hugenotten“, die mit Schwertern und Säbeln auf die unbewaffneten Jesuiten einschlagen. Da diese sich nicht zur Wehr setzen wird ein verheerendes Blutbad angerichtet. Um das Schiff herum treiben bereits zahlreiche Leichen im Seewasser und die Wehrlosen werden über die Schiffswände ins Wasser gestoßen. Richeômes Beschreibung dieses Ereignisses folgt genau dem Dramenschema: Er erläutert die Umstände der Reise, schildert den Enthusiasmus der Novizen, sich auf diese Mission zu begeben und widmet sich jedem Einzelschicksal. Die dramatische Peripetie bildet die Standhaftigkeit der Ordensbrüder im Angesicht des ihnen widerfahrenden blutigen Unrechts.247 So entmutigend diese Situation und das unbarmherzige Massakrieren der Jesuiten zunächst erscheint, wird die Tragödie in einen Sieg gewendet, denn die Novizen sollten in diesem Fall nicht beim Bild der Getöteten und gerade blutig niedergemetzelten Jesuiten zu sehr verweilen. Unter dem Hauptmast des Schif245

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„Vous voulez entendre les particularités de ces images, mes petits frères, affin d’apprendre la leçon d’endurer, & combattre pour nôtre Seigneur à l’exemple de vos frères. Je le vous vay dire, vous faisant un bref narré de route cette histoire tragique, par ces principes catastases, & catastrophe.“ Richeôme, 1611, S. 193. Richeôme, 1611, S. 191–211. „Im Jahre 1570, am 5. Juni sind es vierzig Tage an denen eine Flotte von sieben Booten, unter dem Kommando von Louis de Vasconsel, adliger und unverzagter portugiesischer Kavalier, ernannt zum Gouverneur und Vize-König des Landes unterwegs war: auf drei seiner Schiffe waren 69 von unserer Compagnie, soweit wir wissen siebenundzwanzig Novizen wie ihr es seid, oder ganz frisch aus dem Noviziat, alle unter der Führung von Pater Ignaz Azebedo, der sonst schon für den Glauben gearbeitet hatte, und die Seelen in Brasilien empfangen hatte, und der gerade wieder zurückkehrte als Provinzial. 44 waren auch mitgekommen, unter denen der Pater Didacus Andrada, Beichtvater dieser Novizen, alles großartige Persönlichkeiten was die Pietät und die Prudentia betrifft. Ihr Kapitän (navire) nannte sich „Saint Jaques“ und ein anderes, das sich „La Capitanesse“ nannte, das den Gouverneur an Bord hatte, weitere zwanzig unter denen sich auch Pater Pierre Dias befand.“ Richeôme, 1611, S. 194. „[…] nous voicy en un moment portez à l’Occident, pour voir en contrepoincte un Archipirate, Huguenot, portant le nom Chrestiens, qui donne sur le theatre de l’Ocean une Tragedie lamentable, de trente neuf Religieux, qu’il massacre, & faict rougir de leur sang les flots […].“ Richeôme, 1611, S. 191. Es handelte sich hierbei um den Franzosen Jacques Soria aus La Rochelle, Calvinist, der Père Ignazio de Azevedo zusammen mit seinen Jesuitenbrüdern vor der kanarischen Insel Palma ermordet hat.

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4. Schiffbruch, Massaker, Mission

Bild 50  Anonym: Martyrium der 39 Jesuiten auf ihrem Weg nach Brasilien, in: Richard Verstegan, Theatrum crudelitatum haereticorum, 1587, Kupferstich, 10,2 × 13,6 cm, Antwerpen, S. 55.

fes ist eine aufrecht stehende, von dem Geschehen schier unberührte Figur zu erkennen, welche ein Kreuz in den Händen hochhält und den Blick über das brutale Geschehen hinaus richtet, obgleich sie gerade bedrohlich attackiert wird. Daneben ist ein Jesuitenpater zu sehen, der in den Händen ein Bild vor dem Zugriff der Hugenotten, die ihn mit einem erhobenen Schwert bedrohen, zu schützen sucht. Den jesuitischen Märtyrerlegenden zufolge ist darin Padre Ignazio de Azevedo wiederzuerkennen, der für seinen Versuch ein Marienbildnis vor den Angreifern zu retten, mit dem Leben bezahlte. Dies wird in dem Stich von Verstegans Theatrum crudelitatum (1587) gezeigt, in dem Azevedo leblos im Bildvordergrund mit einer Marienstatue im Wasser treibt (Bild 50).248 In dieser triumphalen und dramatischen Auflösung, wo die Beherrschung von Angst und Affekten als Widerstand der Jesuiten gegen menschliches Unrecht erkennbar wird, erhält das Massaker auf hoher See politische Konnotierung. Die Schiffe werden als Kriegsschiffe gezeigt, die auf ihren Breitseiten mit Kanonen bestückt sind und keine Ruder haben, da sie mit der jüngst der durch Rahsegel optimierten Segeltechnik auskommen. Die Takelage an den Masten ist gehisst und zeigt die Schiffe in Kampfstellung. Kein Reise- oder Transportmittel ist die Flotte, sondern ein für die Auseinandersetzung über die Hoheit im Rechtsraum 248

Vgl. Dekoninck, 2010, S. 48.

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II. Didaxe

der See gerüstetes Kriegsschiff.249 Das Martyrium der jesuitischen Gemeinschaft stellt das kriminelle Verhalten der ungläubigen „Calvinisten“ in der äußersten Brutalität zur Schau und markiert diese als gesetzlose „Piraterie“.250 Das gekaperte Schlachtschiff wird zu einem Gedächtnisort des jesuitischen Martyriums und darüberhinaus zu einer Manifestation der communitas des Ordens. Der zu dieser Zeit auf internationaler Ebene geführte Kampf um die Rechtsordnung der Meere wird auf diese Weise zum Thema der Bildbetrachtung in der „salle de récreation“ des Noviziats.251 Die französischen Hugenotten forderten von der Seeherrschaftspolitik das Mare sit commune, den freien Gemeingebrauch des Meeres, was die den Seefahrtsraum dominierende spanisch-portugiesische Macht jedoch ablehnte.252 Die Darstellung der hugenottischen Piraterie mahnt vor dieser politischen Wendung, da die herkömmliche Ordnung hierdurch zerstört werden würde, und Chaos ausbräche. So belehren die Bilder im Erholungs- und Kontemplationsraum des Noviziats die jungen Novizen in Text und Bild über den Rechtsraum des Meeres, um gleichzeitig die Sicht der spanisch-portugiesischen Herrschaftsansprüche zu vermitteln. Diese Parteinahme erklärt sich auch durch Gregors XIII. Verteidigung der durch Philipp II. dominierten Liga in den Hugenottenkriegen.253 Am Ende des Kapitels fordert Richeôme wieder zu einer genauen Betrachtung aller gezeigten Details auf und setzt dabei das Martyrium mit einem Kampf gleich: „Ihr tut gut daran, Euch den Einzelheiten des Bildes zuzuwenden, meine kleinen Brüder, so dass ihr die Lehre des Erduldens und des Kampfes für unseren Herrn erlernt, so wie es unsere Brüder vorbildhaft getan haben.“254 Die hier gezeigte Katastrophe auf hoher See orientiert sich an dem Pendant des Schiffbruchs Christi auf dem See Genezareth, wie in Collaerts Stich in Jerónimo Nadals beliebten Evangelicae historiae imagines (1593) zu erkennen, dem ebenso zwei Schiffe in Seenot im Hintergrund hinzugefügt wurden und die Bildelemente über die auf die Narration verweisenden Versalien markiert wurden (Bild 51). Sie besaß gleichzeitig in Rom ein ebenso prominentes Pendant in dem von Gregor XIII. ausgestalteten „Turm der Winde“ im Vatikanischen Palast und scheint sich sowohl in seiner propagandistischen Aussage dem post-triden249 250 251 252 253

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Die Hugenotten waren mit ihrer Seemachtstellung über die Festung La Rochelle für die spanische Flotte eine besondere Bedrohung. Die Kapitelüberschrift lautet: „Pourquoy les Justes sont affligez, et les meschans prosperent en ce monde“, Richeôme, 1611, S. 206f. Grewe, 1984, S. 300–322. Ibid., S. 304. Zu den spanisch-portugiesischen Allianzen des Kirchenstaates unter Gregor XIII. in den Jahren 1572–1577, mit der die von Osten drohende osmanische Vorherrschaft abgewehrt werden sollte, siehe bes. Gattoni, 2007. Richeôme, 1611, S. 61.

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4. Schiffbruch, Massaker, Mission

Bild 51  Adrian Collaert: Christus im Sturm auf dem See Genezareth, in: Jerónimo Nadal, Evangelicae historiae imagines, 1593, Kupferstich, Antwerpen, S. 29.

tinischen Programm zu verpflichten, als auch in der motivischen Gestaltung daran auszurichten. Im Auftrag Gregors XIII. hatte Niccolò Circignani im Saal des Meridian den Schiffbruch des Paulus vor Malta dargestellt, die dem Greuter-Stich in einigen Details nahe kommt (Bild 52).255 Das Gesamtprogramm des Raumes ist der Gregorianischen Kalenderreform gewidmet und sowohl in der 255

1579 hatte Circignani zusammen mit Mathijs Brill die Sala della Meridiana im ersten Geschoss des Turmes ausgestaltet. Der Raum übernimmt die Funktion einer Sonnenuhr, da auf die quer durch den Raum gezogene Marmorlinie des Nord-SüdMeridians bei Mittagssonne Licht durch ein im Fresko des Sturmes auf dem See Tiberias eingelassenes Loch fällt, das zugleich den geöffneten Mund der Figur des

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II. Didaxe

Bild 52  Niccolò Circignani: Schiffbruch des Paulus, 1579, Fresko, Città del Vaticano, Palazzo Apostolico, Torre dei Venti, Sala Meridiana (Farbbild 5).

Darstellung des Schiffbruches auf der Südwand als auch in der Beruhigung des Sturmes durch Christus auf dem See Genezareth auf der Westwand des Raumes, sind Anspielungen auf die Bedrohung der Häresien aus dem Norden und dem Osten zu erkennen. Sie treten hier als zerstörerische Winde auf, die von Paulus und Christus bezwungen werden.256 Der für das Programm des Vatikanischen Anemoskops verantwortliche Egnazio Danti bringt die Szene auf dem See Genezareth mit der lutherischen und calvinistischen Bedrohung des Nordens und den Schiffbruch Pauls mit den Glaubenskämpfen im Orient zusammen: „[…] den Schiffbruch des Heiligen Paulus, stellte ich demnach so dar, wie es auch in den östlichen Gebieten passiert worden war, um zu zeigen, dass das Böse nicht ausschließlich aus dem Norden käme, sondern ebenso aus den häretischen Ländern des Ostens.“257 Auch in Anbetracht dieser bedrohlichen „Stürme“, die das „Böse“ repräsentieren, würde das Schiff der Kirche weiter standhalten, so die Botschaft der beiden Fresken. In einzelnen Details, wie den im Wasser hilflos ausgelieferten Körpern

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Windes bildet. Vgl. zum Turm der Winde die Studie von Courtright, 2003, hier bes. S. 69–103. Courtright, 2003, S. 73. Courtright, 2003, S. 240 (Übers. CB). Siehe zu Danti auch Nova, 2007, S. 177–183.

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4. Schiffbruch, Massaker, Mission

im Fresko des Schiffbruches, oder im Sturz des Jonah aus dem Boot in einem kleineren, oktogonalen, an der östlichen Wand des Meridian-Saales sich befindlichen Freskos, lassen sich die Parallelen zu Greuters Stich erkennen. Auch hier wird einer der Jesuitenbrüder über Bord geworfen und im aufgewühlten Wasser treiben zahlreiche Leichen.258 Als Bild des Zeitenendes und der Präfiguration der christlichen Auferstehung, die sich mit den zeitgenössischen Ereignissen und der Angst vor der osmanischen Vorherrschaft verbindet, erhält diese Szene eine politisch-theologische Bedeutung. Bailey hat den im Noviziat auf diese Weise mit Bildwerken bestückten Erholungsraum als visuelles Erziehungslager („visual boot camp“) charakterisiert und tatsächlich scheint die hier gezeigte Dialektik von tragischem und triumphalem Ereignis zu einer lehrhaften Überzeugungskraft führen zu wollen.259 Auch die Konstruktion der Ordensgeschichte ist zentral für das Verständnis des Raumes als Ort der Umerziehung und der Gruppendynamik. Für eine kollektive Identität ist in erster Linie die Sicherung von Kontinuität und Wiedererkennbarkeit ausschlaggebend. Im Gegensatz zur individuellen Identität beinhaltet die kollektive die „generations- und manchmal epochenübergreifende geschichtliche Existenz einer Gesellschaft“, und kann sich so gegen ihre natürliche und soziale Umgebung abgrenzen.260 Der Märtyrerfries mit den Porträts der Ordensbrüder vor schlichtem Hintergrund stellt diese Form der historischen Kontinuität visuell her und konstruiert eine Normengemeinschaft, deren Zukunft sich aus den Recht und Unrecht statuierenden Exempeln der politischen Ereignisse legitimiert. Die Bestimmung der Martyrien als Vorbilder, die in der Ge­ schichte des Ordens Autorität erhalten, um das Verhalten der zukünftigen Missionare zu formen, offenbart somit auch die normative Seite der Bilder. Diese hier gezeigten historischen Personen, Erzählungen und Quellen des eigentlichen „Ursprungs“ dieser Gemeinschaft, die in der Galerie statuarische Bedeutung erhalten, folgen weniger einem politischen, ahistorischen und zukunftsorientierten Denken, sondern sind vielmehr mit einer sich selbst replizierenden Normativität des Rechts in Verbindung zu bringen.261

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Courtright verweist auf die Möglichkeit der Bildvorlage aus den Katakomben, in denen die Szene häufig zu finden ist, vgl. Courtright, 2003, S. 80f. Bailey, 2003, S. 67. Habermas, 1976, S. 9–48, hier S. 15. Ulrich Haltern unterscheidet das Politische von dem Recht in Bezug auf deren Zeitbezogenheit. Das Recht würde bei Quellen ansetzen, die in der Geschichte der relevanten Normengemeinschaft Autorität besitzen und diese mit der Zukunft verbinden. Das Recht konstruiere die Zukunft durch eine Verlängerung vergangener Bedeutungen: „Das Recht blickt auf die Vergangenheit, denn in der Situierung autoritativer Befehle in der ‚historischen Erzählung’ einer Gemeinschaft liegt gerade die Normativität des Rechts.“ Siehe Haltern, 2007, S. 18f.

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II. Didaxe

Das eingegrenzte Areal des Noviziats, wie es Richeôme schildert, in dem Raum und Zeit rekonstruktiv und fiktiv verdichtet sind, bildet einen Mikrokosmos ab, der den konkreten Anspruch vertritt, sowohl die geistliche als auch die weltliche Ordnung zu repräsentieren. Die unterschiedlichen symbolischen Bedeutungen der Märtyrer-Galerie und des Gartens bedingen und ergänzen einander. Erziehung der Novizen bedeutet eine Verbindung zwischen den aktivierten Sinnen und dem verstehenden Spaziergang im Garten herzustellen. Die schrittweise vor sich gehende Annäherung und Erfassung der Welt, der sich hier langsam entwickelnden Zeit erzeugen eine Handlungsvorlage, in der eine bestimmte Weltordnung konstruiert und hierdurch erfahrbar und einprägsam gemacht wird. Zeit ist aufgeteilt in verschiedene Phasen unterschiedlicher Prüfungen, die die Novizen bestehen müssen. Ereignisse aus der Ordensgeschichte, wie das Massaker auf hoher See, unterstützen den normierenden Charakter des Ordens. Die Ausbildungsstätte des römischen Noviziats könnte als eine Art „Gegenraum“ beschrieben werden. Nach Michel Foucault sind dies effektive, wirksame Utopien, in denen die wirklichen Orte zur gleichen Zeit repräsentiert, umstritten und invertiert sind.262 Solche Orte befinden sich außerhalb einer bestimmten Topographie, auch wenn es möglich ist, sie in der Wirklichkeit zu lokalisieren. Foucault nennt diese Orte hétérotopies,263 die einen Raum kreieren, der eine andere Realität schaffen soll. Dieser Raumtyp wäre als kompensatorisch und nicht als illusorisch zu bezeichnen. In den Kolonien errichteten die Jesuiten Noviziate, in denen das Leben der Ordensbrüder, ähnlich wie in San Andrea in Raum und Zeit bis in das unscheinbarste Detail geregelt war.264 Einem strengen Plan folgend, wurden die Häuser eines Dorfes um einen rechteckigen Platz zu Füßen der Kirche angelegt. Für eine solche Planstadt waren Muster der generellen Organisation des urbanen und gemeinschaftlichen Raumes wie der im Handbuch beschriebenen Noviziatsordnung von Bedeutung. Die Bildtheorie Richeômes half hierbei diese Heterotopien visuell zu systematisieren, indem die eigene Welt von der Außenwelt distanziert und kompensiert wurde. Noch vor 262

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Foucault, 2004, S. 34–46. Das Konzept der hétérotopie taucht zuerst in einer Vorlesung aus dem Jahre 1967 auf, die mit „Des espaces autres“ betitelt ist. Beispiele findet er hierfür in dem Friedhof, in psychiatrischen Kliniken, den Gefängnissen, aber auch dem persischen Garten, Museen und Bibliotheken. „Es gibt gleichfalls – und das wohl in jeder Kultur, in jeder Zivilisation – wirkliche Orte, wirksame Orte, die in die Einrichtung der Gesellschaft hineingezeichnet sind, sozusagen Gegenplatzierungen oder Widerlager, tatsächlich realisierte Utopien, in denen die wirklichen Plätze innerhalb der Kultur gleichzeitig repräsentiert, bestritten und gewendet sind, gewissermaßen Orte außerhalb aller Orte, wiewohl sie tatsächlich geortet werden können. Weil diese Orte ganz andere sind als alle Plätze, die sie reflektieren oder von denen sie sprechen, nenne ich sie im Gegensatz zu den Utopien die Heterotopien.“ Ibid., S. 35. Zur jesuitischen Psychologie von Zeit, Raum und Wahrheit Clossey, 2008, S. 114–135.

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4. Schiffbruch, Massaker, Mission

der juridischen Konsolidierung der Propaganda Fide Kongregation, der globalen Erweiterung der Missionen und des Handlungsraumes der Orden, wurde somit ein visuelles und mnemotechnisches Bezugssystem geschaffen, das in unterschiedlichen Kontexten funktionierte und nicht zuletzt die globale politische Topographie tief geprägt hat. Konkret lässt sich die spezielle Gestaltung von Innenräumen als „Gegenräumen“ im Erziehungskontext der Jesuiten heute noch am besterhaltenen Märtyrerzyklus auf dem Monte Celio beobachten.

III. M artyrium

1. Circignanis Embleme: imitat io und ae mulat io Über die Jahrhunderte hinweg haben die Fresken von Niccolò Circignani (ca. 1520 – ca. 1598), Antonio Tempesta (1555–1630) und Matteo da Siena (1533– 1588) in der römischen Kirche Santo Stefano Rotondo auf dem Monte Celio an provokativer Vehemenz nichts verloren (Bild 53).1 Als „Panorama“, dessen Be­ trachtung dem Verzehr eines rohen Schweins gleichkäme, beschrieb Charles Dickens 1846 seine Eindrücke von den Märtyrer-Fresken, die den gesamten Innenraum des Rundkirchenbaus ausschmücken.2 Der Zyklus wurde als „Paradies der Gewalt“ und „archäologisches Theater“3 bezeichnet, oder auch als „Albtraum“,

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Die umfangreichste Studie zu den Fresken in Santo Stefano Rotondo stellt bislang immer noch die von Monssen dar: Monssen, 1982, S. 175–318 und Monssen, 1983, S. 11–106. Zuletzt ders. über den Zusammenhang zwischen Ausbildung und Dekoration Monssen, 2009, S. 305–366. Baileys Darstellung basiert auf den Ergebnissen Monssens, wobei er das Werk noch stärker in den Kontext anderer jesuitischer Auftragswerke stellt, siehe Bailey, 2003, S. 133–152. So bereits vorher auch Mâle, 1932, S. 109–149; Herz, 1988, S. 53–70. Der Historiker Burschel verortet das Werk in einem noch größeren europäischen Kontext, Burschel, 2004. Außerdem grundlegend der Artikel von Röttgen, 1975, S. 89–122, Vannugli 1983, S. 101–116, Nimmo, 1986 und Insolera, 2000, S. 129–137. Zuletzt im Kontext der Ausgestaltung der Cappella Paleotti siehe Bianchi, 2008, S. 110–128. „Santo Stefano […] will always struggle uppermost in my mind […] such a pano­ rama of horror and butchery no man could imagine in his sleep though he were to eat a whole pig raw, for supper“. Dickens verbindet diese Erfahrung des in den Bildern vergossenen Blutes mit der bleichen Verwunderung von Lady Macbeth nach dem Königsmord bei Shakespeare (1603–1607): „So insisted on, and laboured at, besides, that every sufferer gives you the same occasion for wonder as poor old Duncan awoke, in Lady Macbeth, when she marvelled at his having so much blood on him.“ Dickens, 1846, S. 195. Burschel, 2004, S. 1–5.

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III. Martyrium

der die Betrachter traumatisiert zurücklasse.4 Aufgrund der gezeigten Gräuel beschrieb man die Bilder als „pornographisch“ und „sadistisch“,5 doch selbst dem Marquis de Sade gingen die hier gezeigten Grausamkeiten zu weit. Er notierte 1775 in seinem italienischen Tagebuch, dass die hier dargestellten unzähligen Martyrien die wohl schrecklichste Sammlung an Abscheulichkeiten darbiete, die je zusammengekommen sei. Noch dazu seien die Bilder weder lehrreich noch am richtigen Ort.6 Ekel und Faszination in Anbetracht der Fresken in der Kollegiatskirche des Germanikums haben die Analysen der hier dargestellten Gewalt oft geschwächt durch eine Sprache, die das subjektive Grauen nicht verhehlen kann. Die stilistische Einordnung bleibt somit meist auch vage, changierend zwischen der Zuschreibung „manieristisch“ und dem ideologisch konnotierten „gegenreformatorisch“, meist mit der Betonung, dass es sich um eine ikonographische und stilistische „Ausnahme“ handeln würde.7 In seiner monumentalen Storia dell’arte italiana (1934) schließt Adolfo Venturi kurzerhand, dass die Fresken „cartelloni di orrendo gusto“ seien.8 Zudem wird Circignani Emotionslosigkeit, zynische Indifferenz und Mechanik der Ausführung unterstellt, die sich aus dem „praktischen“ Aspekt dieser Art von Malerei („pittura di pratica“) ableiten ließe. Ein fähiger Techniker sei er, doch ohne den Anflug einer höheren Ausbildung, so urteilte auch Hermann Voss in seinem grundlegenden

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Siehe z. B. Ciardi, 1992, S. 121: „[…] un senso di traumatica partecipazione per lo spizzamento che si verifica tra raffigurazione – ridondanti e quindi semanticamente debole – e assenza di partecipazione affettiva nei volti, moti e gesti […].“ „The spectacle of cruelty spilled out as pornography onto the walls of the Jesuit college churches in Rome; the scenes, copied and imitated in printed works, became European bestsellers […] Pomarancio explicitly and even obscenely brought to life the sadoerotic complicity between the voyeurism of the Roman emperors, the deadly precision of the torturers, the calm submission of the enraptured victims, and the menacing sight of the instruments of torture.“ Zupanov, 2005, S. 169f. „Tout le long des murs de l’église règnent des fresques du Tempesta, qui représentent une infinité de martyrs dans le supplice. C’est une des plus effrayantes collections d’horreurs qu’il soit possible de rassembler. On y voit entre autres, une jeune sainte à laquelle des bourreaux arrachent le sein. Je n’ai pas trouvé que ces sujets fussent ni bien édifiants, ni bien placés.“ Sade, 1995, S. 126. Dies spiegelt die Widersprüchlichkeit des Stilbegriffes an sich. Um diese weit auseinanderliegenden stilistischen Zuschreibungen als kunsthistorisches Phänomen zu verstehen, ist auf Horst Bredekamps Definition des „Manierismus“ als erfundene Kategorie verwiesen, siehe Bredekamp, 2000, S. 109–129. Roettgen, 1975 beschreibt die Fresken als Teil einer gegenreformatorischen „Moralität“, siehe auch Zeri, 1957, S. 56–58. „Scene di martirio sulle pareti di Santo Stefano Rotondo, cartelloni di orrendo gusto. Qualche figura, qua e là, sana e meglio curata dal pittore, lascia scorgere una traccia di fioco e delicato colorismo, ma le composizioni fredde, meccaniche, e la cinica indifferenza dell’illustratore fanno della decorazione di Santo Stefano Rotondo l’insegna della più pedestre ‘pittura di pratica’.“ Venturi, 1934, S. 782–786.

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1. Circignanis Embleme: imitatio und aemulatio

Bild 53  Santo Stefano Rotondo, Ambulatoriumswand mit Märtyrerzyklus, Rom.

Werk Die Malerei der Spätrenaissance in Rom und Florenz (1920).9 Sydney Freedberg nannte die Fresken „anti-art“ und auch er ordnete sie einer „maniera praticante“ zu, die bewusst einfach gehalten und mit einem „comic strip“ zu vergleichen sei.10 Den Topos der künstlerischen Ausnahmeerscheinung greift Federico Zeri in seinem Werk Pittura e Controriforma (1957) auf, wo er die Bildausstattung von Santo Stefano als „singolare ed indefinibile clima, inusitato e terrificante“ beschreibt.11 Jüngst wurden die Fresken sogar als ein die tridentinische Kunsttheorie „dekonstruierendes pastiche“ bezeichnet, dem auch „humoristische Qualitäten“ zugesprochen werden könnten.12 Circignanis Kunst stelle, der vorangehenden Stilkritik diametral entgegengesetzt, ein Beispiel einer formal und ideologisch dem gegenreformatorischen Programm widersprechenden Ästhetik dar, wie sie beispielsweise in der zeitgenössischen restaurativen Dramatik eines Della Valle, dem „realistischen Reformbarock“ der Carracci oder der „Maniera“ Federico Zuccaris zu finden sei.13 Dass sich die Rigorosität der gemalten Gewaltexzesse und die Unmittelbarkeit dieser Bilder dem ästhetischen   9 10 11 12

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Voss, 1920, S. 121. Freedberg, 1986, S. 650. Zeri, 1957, S. 66–68. „Beispiele didaktisch-pragmatischer Ordenskunst […] die durch manieristische Ästhetik die normative tridentinische Kunsttheorie implizit dekonstruieren“. Nelting, 2001, S. 76. Ibid., S. 81. Auch Freedberg spricht von Circignani als „opposite pole to the moderation of Maniera that Taddeo Zuccaro had introduced,“ Freedberg, 1986, S. 649.

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III. Martyrium

Verständnis des ausgehenden 16. Jahrhunderts entziehen, muss bezweifelt werden, da die überlieferten zeitgenössischen Reaktionen, ganz dem Gegenteil entsprechen.14 Leif Holm Monssen hat in seinen detaillierten und bis heute an Ausführlichkeit unübertroffenen Studien zu Santo Stefano Rotondo, die stilistische Wertung ausgespart und die Fresken in den pädagogischen Kontext des Jesuitenorden gestellt, um gleichzeitig die Bezüge zum Pontifikat Gregors XIII. herauszuarbeiten. Die visuellen Strategien der Emblematik und Mnemotechnik erklären Circignanis „maniera praticante“, machen eine pädagogische Lesart der Fresken plausibel und ihren Stil durchaus nicht ungewöhnlich.15 Niccolò Circignani hatte in Rom vor diesem Auftrag zur Ausstattung von Santo Stefano Rotondo einige bedeutende Auftragsarbeiten für Gregor XIII. ausgeführt, wobei die Sala della Meridiana des „Torre dei Venti“ im vatikanischen Palast hier als eine der wichtigsten genannt werden muss.16 Nach seiner Ausbildung bei Santi di Tito in Florenz erhielt er zunächst mehrere Auftragsarbeiten im Dom zu Orvieto und später in Rom zusammen mit seinem Meister in der Sala Grande des vatikanischen Belvedere.17 Danach führte es ihn zurück in mehrere Städte Umbriens, in denen die Werke der „Immacolata concezione“ (Bild 54), das „Martirio di Santo Stefano“ (Bild 55) und die „Annunciazione“ entstanden, die heute teilweise in der Pinacoteca Communale von Città di Castello konserviert werden.18 In Rom finden sich seine Werke unter anderem im Oratorio del Crocefisso (1582) oder prominenter noch in Il Gesù, wo er in der Kapelle des Francesco Borgia die Martyrien des Petrus (Bild 56) und des Paulus freskiert hatte (Bild 57). Nach ihm wurde der Stilbegriff „cercignanesco“ geprägt, was zum Etikett für all jene im Ordenskontexts entstandenen Werke wurde, denen kein Künstler direkt zugeordnet werden konnte.19 Diese Anonymisierung

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Siehe z. B. Horsch, 2005, S. 65–92 über den in Anbetracht der Fresken vor Rührung weinenden Sixtus V. und der Ausstattung als „fromme Attraktion“ ibid., S. 78. Dem folgen die Analysen von Monssen, 1981, 1982, 1983 und 2009. Siehe die Erwähnung bei Baglione, 2008, S. 42. Zu seinen frühesten Werken in Rom zählen auch die Fresken der Geschichte des Nebukadnezar im Vatikanischen Belvedere (Museo Etrusco, Sala III) ca. 1562–1563. Zu Circignani liegt bislang immer noch keine umfassende Monographie vor, was bereits die Biographie von Cordaro, 1981 im DBI anmerkt. Stattdessen muss auf zahlreiche Einzelbeiträge verwiesen werden, wie die von Canuti, 1952, S. 184–224, Nimmo, 1984, S. 194– 214, Ciardi, 1992, Prato, 1996, S. 179–184, Degl’Innocenti, 1997. Zuletzt Korrick, 1999, S. 170–189, Courtright, 2003, S. 69f. oder die Monographie von Galassi, 2007. Vgl. Turˇci´c, 1983, S. 271–273. Zuletzt zum Gesamtwerk Circignanis ausführlicher die Monographie von Galassi, 2007 und Galassi, 2008, S. 157–173. So z. B. für die Fresken in SS. Nereo ed Achilleo, obgleich der stilistische Vergleich mit S. Stefano Rotondo eindeutig gegen seine Autorschaft spricht, vgl. Prato, 1996, S. 179.

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1. Circignanis Embleme: imitatio und aemulatio

Bild 54  Niccolò Circignani: Immacolata Concezione, 1577, Öl auf Leinwand, 390 × 260 cm, Città di Castello, Pinacoteca Comunale.

Bild 55  Niccolò Circignani: Martyrium des Stephanus, 1570, Öl auf Leinwand, 310 × 190 cm, Città di Castello, Pinacoteca Comunale.

erklärt sich unter anderem über die Spezifizität der Auftragsarbeiten für den in diesen Jahren an Attraktivität und Zulauf gewinnenden Jesuitenorden, die innerhalb eines beschränkten Zeitrahmens besonders schnell ausgeführt werden sollten, worunter die Qualität der Arbeiten litt. Nach den Worten Giulio Mancinis war Circignani ein Künstler, der in zwei unterschiedlichen Weisen gemalt habe, was je von dem Auftrag und der Funktion abhing: „hebbe due pennelli: uno da maestro ordinario, l’altro da buon e pratico maestro, col primo operò negl’Inglesi, S. Apollinare, S. Stefano Rotondo e altrove, con l’altro nella Minerva, nel Giesù e S. Lorenzo in Damaso.“20 Auch Giovanni Baglione schrieb Circignani die Qualitäten eines „prattico pittore“ zu und bezieht sich hierbei aber lediglich auf seine Schnelligkeit bei der Ausführung von größeren Auftragswerken, wobei der Künstler aus Pomarance

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Mancini, 1956, I, S. 206. Verf. zwischen 1614 und 1621, siehe Korrick, 1999, S. 170– 189 und Galassi, 2007, S. 13.

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III. Martyrium

Bild 56  Niccolò Circignani: Martyrium des Petrus, 1584–87, Fresko, Rom, Chiesa del Gesù, Cappella di San Francesco Borgia.

Bild 57  Niccolò Circignani: Martyrium des Paulus, 1584–87, Fresko, Rom, Chiesa del Gesù, Cappella di San Francesco Borgia.

hierbei nicht immer auf seine Kosten gekommen zu sein scheint.21 Bleiben wir aber bei Mancinis Trennung zwischen „ordinario“ und „prattico maestro“, die er auf die Auftragsarbeit in Santo Stefano Rotondo bezieht: Circignani bediente sich diverser Stilmodi und griff dabei auf unterschiedliche Vorlagen zurück, was 21

Baglione, 2008, S. 42: „fu egli prattico Pittore, e gran lavori intraprenendo con molta prestezza, e con poca moneta li terminava si, che da molte fatiche riportò poco guardagno.“

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1. Circignanis Embleme: imitatio und aemulatio

Mancini mit seiner Fähigkeit der „grande invenzione“ und „prestezza“ in Verbindung bringt. Die Schnelligkeit und Zuverlässigkeit der Ausführung seiner Aufträge werden besonders hervorgehoben. So habe er in Santo Stefano Rotondo schneller als Vasari in der Sala della Cancelleria gearbeitet. Vasari habe die dortigen Fresken zwar in drei Monaten ausgeführt, konnte sich aber auf die Hilfe zahlreicher Assistenten verlassen und hätte nur die Vorzeichnungen vorgegeben. Circignani hingegen habe alles allein innerhalb kürzester Zeit erledigt: „faceva ogni cosa da se e così presto.“22 Über die von ihm verwendeten Vorlagen spricht Mancini zwar nicht, doch ist sein Werk in engem Austausch mit dem explodierenden Markt der römischen Druckgraphik in Verbindung zu bringen, der dem Künstler jene Vorlagen lieferte, die den besonderen Ideenreichtum seiner Arbeiten und den hierbei zu erkennenden Eklektizismus seine Bildkompositionen erklären könnten. Circignanis Fresken in der Tribuna von Sant’Apollinare (1581–1582), dem Ambulatorium von Santo Stefano Rotondo (1582), beide dem Collegio Germanico zugehörig, und an den Seitenwänden der englischen Kollegiatskirche San Tommaso di Canterbury (1581–1584), die er Mancini zufolge als „maestro ordinario“ ausgeführt hatte, müssen mit den nur kurz nach ihrer Fertigstellung angefertigten Reproduktionen in Zusammenhang gebracht werden, die eng zusammengehören.23 Das kompetitive Klima des Druckwesens im 16. Jahrhundert liefert für diese enge Verbindung einen Schlüssel.24 Circignanis Fresken bildeten die Vorlagen für die Druckwerke Giovanni Battista de‘ Cavalieris, insbesondere der Ecclesiae militantis triumphi (1583) (Bild 6), die er im Auftrag von Gabriele Paleotti in den Jahren 1583 bis 1586, kurz nach der Fertigstellung der Arbeiten in Santo Stefano und San Tommaso produziert hatte und die weit über die Grenzen des Kirchenstaates hinaus verbreitet werden sollten.25 Die Drucke 22

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„Fu huomo di grande invenzione e prestezza com si vede in S. Stefano Rotondo, che dicono che tutte quelle pitture fece in un estate facendone un quadro di giorno.“ Mancini, 1956, I, S. 206. Vgl. Galassi, 2008, S. 157–173. Es sei nur auf die wichtigsten hingewiesen: die bebilderten Schriften von Giulio Roscios Emblemata Sacra (1589), und die von ihm verfassten und durch Giovanni Battista Cavalieri illustrierten Ecclesiae Militantis Triumphi (1583) die sich auf die Fresken in Santo Stefano Rotondo bezogen, hierzu Liénardy, 1985-1986, S. 85–95. Sowie die von Cavalieri verfassten Ecclesiae Anglicanae Trophaea sive martyrum (1584), mit den Nachstichen der heute verlorenen Fresken von San Tommaso di Canterbury, und schließlich ders. Beati Apollinaris Martyris Primi Ravennatum Epi Res Gesta (1585), mit den Reproduktionen der Fresken von Sant’Apollinare. Für seine Schrift La peinture spirituelle hat sich Richeôme an dem emblematischen Aufbau der Fresken der Noviziatskirche San Vitale orientiert, siehe Loach, 2009, S. 51–70. Vgl. Witcombe, 2004 und 2008. Witcombe, 2004, S. 164–166. Zu Cavalieri siehe den Katalog und Artikel von Pizzamano, 2001, S. 13–39.

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III. Martyrium

lieferten wieder die Vorlage für weitere Drucke, was die Seitenverkehrtheit dieser Stiche nahelegt. So scheint sich der Monogrammist „MP“, dessen Drucke aus der Sammlung von José Madrazo y Agudo (1781–1859) heute im British Museum aufbewahrt werden und die gesamte Freskenserie wiedergeben, an den Stichen Cavalieris orientiert zu haben (Bild 58). Nicht nur die Tatsache, dass die Seitenverkehrtheit aufgehoben ist, sondern auch einige Details, die nicht in den Fresken, sondern nur in den Stichen Cavalieris zu sehen waren, werden in diesem Werk von „MP“ reproduziert.26 Dies führt zu der Vermutung, dass von Be­ ginn an die Fresken auch als Vorlagen für das graphische Reproduktionsmedium bestimmt waren, was ihren katechetischen Stil und die ausgeglichene Kombination von Bild und Text erklären könnte, die für großformatige Fresken eher ungewöhnlich sind. Sich an den Evidenzstrategien von Buchdruck und Flugschrift orientierend, die in diesen Jahren das Thema des Martyriums als visuelle Waffen im Glaubenskampf einsetzten, sollten die Fresken Circignanis mit reproduzierbaren Bildmedien in Verbindung gebracht werden. Das im Fresko nur undeutlich zu erkennende Grauen wird im Kupferstich explizit gemacht, der die im dunklen Innenraum der Kirche kaum zu erkennenden Szenen des massenhaften christlichen Martyriums konturscharf und drastisch in das handliche Format des Buchdrucks bringt.27 Der für diese Aufgabe ausgewählte Künstler, Giovanni Battista de’ Cavalieri, war einer der erfolgreichsten Stecher und Verleger seit dem Pontifikat Gregors XIII., der sich in einem Kreis politisch einflussreicher Persönlichkeiten bewegte und eng zusammen mit Künstlern wie den Zuccari Brüdern oder Livio Agresti arbeitete.28 Circignani kombinierte monumentale Themen mit nicht-kanonischen Werken, was ebenso mit der antiquarischen und archäologischen Tradition des

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British Museum, Prints & Drawings, Italian Masters Portfolio, Nr. 1869, 0410.15611587. Die Serie ist von Nr. 3 bis Nr. 33 durchnummeriert; die Stiche 1,2,8,12,24 und 17 fehlen jedoch. José de Madrazo war der Direktor des Prado, Madrid und seine Sammlung wurde nach seinem Tod von dem Marquis von Salamanca aufgekauft, von wo aus sie ins British Museum gelangte. Unter den ersten bekannten Werken Cavalieris findet sich auch ein viel gerühmter Bethlehemitischer Kindermord, siehe Witcombe, 2008, S. 247. Über gute Beziehungen zur Aristokratie seiner Heimat im Trentino, wie Ludovico Madruzzo, war Cavalieri 1577 nach Rom gekommen und arbeitete dort im päpstlichen Auftrag und zusammen mit Girolamo Muziano, Livio Agresti, den Zuccari Brüdern und Niccolò Circignani. Zugleich als Stecher und als Verleger tätig, pflegte er Kontakte mit bekannten Autoren wie Antonio Ciccarelli, Thomas Treter, oder Giulio Roscio. Häufig widmet er seine Schriften Cosimo de Medici, der König von Polen, Maximilian II, die Kardinäle Alessandro Farnese, Andreas von Österreich, Otto Truchsess von Walburg und Ludovico Madruzzo. Ausführlich Pizzamano, 2001, S. 23–25.

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1. Circignanis Embleme: imitatio und aemulatio

Bild 58  Monogrammist MP: Rex Gloriose Martyrum, Kupferstich, 27,4 × 17,4 cm, Kopie von Cavalieris Ecclesiae militantis triumphi, London, British Museum.

16. Jahrhunderts in Verbindung gebracht werden kann.29 Als Vorlagen dienten ihm hierbei frühchristliche Darstellungen, spätmittelalterliche Zyklen und vor allem der zeitgenössische Buchdruck.30 Seine Arbeitsweise erscheint eher eklektisch, ohne dabei das Ziel zu verfolgen, sich der ähnlich verfahrenden „protestantischen“ Bildkultur anzupassen oder den von den Tridentiner Bildtheoretikern vorgegebenen „devotionalen Imperativ“ auf besonders offensichtliche Weise zu erfüllen. Die von ihm gewählten Quellen sollten als Kompositionsvorlagen die Hochkunst nicht ersetzen, sondern vielmehr ergänzen und die Erfindungsgabe des Künstlers unter Beweis stellen.31 Wo keine Drucke zu finden waren, 29

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Die umfangreiche Forschungslage kann hier nicht einmal im Ansatz wiedergegeben werden, siehe stellvertretend zur archäologisch-antiquarischen Methode die Studie von Schnapp, 1993. Vgl. Courtright, 2003, S. 93–95. Courtright, 2003, S. 93. In ihrem Aufsatz über das Zeichenbuch Circignanis sprechen Lepri und Palesati gar von einer plagiatorischen Malweise: „Nei migliori dei

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III. Martyrium

bediente er sich Zeichnungen oder anderer kleinformatiger druckgraphischer Vorlagen. Sein in Pomarance aufbewahrtes Zeichenbuch gibt einen anschaulichen Einblick in seine Arbeitsweise. Hier sind Skizzen von Architekturfragmenten, Büsten, aber auch Details von Rüstungen und Grotesken zu finden.32 Courtright beobachtet hier eine visuelle Inversion: Weit verbreitete Quellen, die nicht nur einem exklusiven Kreis, sondern auch den illiterati zugänglich waren, wurden als Bildvorlagen der Ausstattungen von Innenräumen bedeutender ­Kirchen und Institutionen verwendet.33 Für die Ausmalung von Santo Stefano Rotondo hatte der Auftraggeber Michele Lauretano diese eklektische Arbeitsweise bewusst gefördert. Nicht eine admiratio und ästhetische Bewunderung des Bildes sollten für die Ausmalung des Ambulatoriums von Santo Stefano maßgebend sein, sondern der Kontext des Trainings in der wetteifernden aemulatio, die für den pädagogischen Kontext als bestimmende Haltung zu beschreiben ist. Als rhetorisches Prinzip ist die aemulatio in zweierlei Hinsicht auf die Fresken zu beziehen: in Anspielung auf die Vorlagen des Buchdrucks und der Flugschrift stellen die Fresken den Versuch dar, sich deren Wirkmacht zu bedienen und gleichzeitig zu übertreffen, in dem die dargestellten Ereignisse der frühchristlichen Martyrien kumulativ und in grausamer Übertreibung zugespitzt wurden. In Bezug auf das Ziel der Pädagogik war die imitatio des christlichen Martyriums als disziplinarisches Vorbild, das im Verhalten des Jesuitennovizen überboten werden sollte.34 Mit den hier versammelten exempla wurde allererst eine didaktische Katechetik verfolgt, zu deren Bedingung nicht zuletzt ihre druckgraphische Reproduzierbarkeit wurde.35 Um das edukative Ziel zu erreichen, sei vor allem die Wahl des Motives von Bedeutung, das den Betrachter „bewegen“ und „anrühren“ müsse“.36 Dementsprechend wurden die ca. 275 × ­210 cm großen

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quali, mentre affiora quelle cura premurosa e consapevole dei particolari che segua ad uno studio preciso e puntuale, si impone con maggiore evidenza, fino al limite della riproduzione plagiaria, […]“, Lepri und Palesati, 1997, S. 4. Lepri und Palesati, 1997, S. 3–18. Courtright nennt dies „devotional inversion as a counter-reformation principle“, siehe Courtright, 2003, S. 144–146. Zum Begriff der aemulatio siehe ausführlich den Artikel von Barbara Bauer in: Historisches Wörterbuch der Rhetorik, 1992, 1, S. 141–187. Siehe auch die Vorrede in Müller und Pfisterer, 2011, S. 1–32. Die Beschreibung der Fresken als „didatticha catechetica“ stammt von Insolera, 2000, S. 129–137. So berichtet Lauretano über die frühen Auftragsarbeiten des Ordens: „Di queste 3 Chiese il Collegio ne ha fatto depingere quest’anno due. In una vi è la vita di S. Apollinare al quale è dedicata, nella altra che è di S. Stefano protomartire, et è molto maggiore, et più bella, et di forma rotonda, et due circoli di colonne di marmo quali tra grande, et piccole sono cinquanta sei, vi sono dipinte le persecutioni della Chiesa, che furono sotto diversi Imperatori, nelli primi 400. anni […] distribuite in 31 quadri, et è cosa che move molto a divotione vedere infinite sorti di

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1. Circignanis Embleme: imitatio und aemulatio

Fresken in Santo Stefano im Sommer 1582 ausgeführt: In einem außergewöhnlich schnellen Takt, wurde ein Wandfeld pro Tag gefüllt, wie die fehlenden „giornate“ erkennen lassen.37 Die Fresken der dem Collegio Germanico et Hungarico zugehörigen Kollegiatskirche Santo Stefano orientieren sich, so hat zuletzt Leif Holm Monssen detailliert gezeigt, an den edukativen Praxen des Ordens.38 Die hier freskierten Martyrien, so die vorherrschende Interpretation, dienten der Identifikation und inneren Stärkung oder Vorbereitung der Novizen auf die Mission. Der Vorbildcharakter der Bilder des Ambulatoriums, die in prozessualer, abschreitender Erfassung eine Meta-Narration der ecclesia militans ergäben, spiele für die „Verortung des Subjekts“ eine Rolle, welches die Erzählung dieser Bilder über den visuellen Vergleich konstruiere und memorisiere.39 Versuche, die Spezifik des Rundkirchenbaus und seiner Ausstattung auf die Aufgaben und die Realität der Mission zu beziehen, beschränken sich jedoch auf den Verweis, das Programm werde von der kämpferischen Propagandapolitik des Jesuitenordens bestimmt, die die emotionale Motivierung der Betrachter zum Ziel habe.40 Die spezifische Bildform der Freskenserie wurde als „Bilderbogentheater“41, „painted catalogue of torture“42, oder „picture story“43 etikettiert, die „truly unaesthetic“44 sei. Doch weder die Bezeichnung „Katalog“ noch der Vergleich mit einem narrativ zusammenhängenden Karikatur-Streifen oder mit einer „Bildgeschichte“

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tormenti, et tanto gran numero de Martiri, et esser la pittura mediocramente bella, ma molto divota, molti non la possono vedere senza lagrime, et moti spirituali.“ Zit. bei Monssen, 1983, S. 11–106, Anm. 22. Mancini, 1956, I, S. 206. Vgl. Monssen, 1982, S. 175–318, hier S. 176f. Vgl. hierzu auch Vannugli, 1983, S. 101–116. Da die Bildprogramme zum größten Teil verloren sind, gibt es vergleichsweise wenige Studien zu den Märtyrerzyklen in den Nationalkollegien. Siehe die Studien von Buser, 1976, Herz, 1988, S. 53–70, Noreen, 1998, S. 689–715, Schofield, 2002, Dillon, 2002, S. 171–239, Bailey, 2003, Richardson, 2005, S. 223–263, Osswald, 2009, S. 1301–1313 und zuletzt Müller, 2011, S. 153–175. Baumgarten, 2007, S. 463–490. So Zeri: „luogho di preghiera e di meditatione per quiei novizi dell’Ordine destinati a riconquistare le regioni dell’Europa che l’eresia protestante aveva strappato al corpo della Chiesa Cattolica“, […] „affreschi che mostrassero ai novizi quali sofferenze toccarono ai primi Martiri della Chiesa: sì che quella infinita varità di supplizi da un lato li informasse sui tormenti cui, con molte probabilità, sarebbero andati incontro nella loro opera di riconquista missionaria, dall’altro li infiamasse di inestinguibile ardore verso il martirio […]“, Zeri, 1957, S. 66–68. Baumgarten vergleicht diese Strategie in einer Fußnote mit nationalsozialistischer Propaganda, Baumgarten, 2007, S. 463–490. Er folgt hierin Levy, 2004. Eine Ausnahme ist jüngst Monssen, 2009, S. 305–366. Röttgen, 1975, S. 89–122. Damm, 2006, S. 223–249. Monssen, 1983, S. 11–106, hier S. 26. Spivey, 2001, S. 135.

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III. Martyrium

erscheinen adäquat. In Verbindung mit der Programmatik einer ecclesia mili­ tans wurden Vergleiche zu militärischen Mobilisierungsformen und -strategien gezogen, ohne diese allerdings im Detail zu präzisieren.45 Anstatt die Fresken als Teil eines post-tridentinischen „Trainingscamps“ auf eine mögliche militante Funktion für den Glaubenskampf zu reduzieren,46 muss vielmehr die Realität des Ausbildungskontextes und des rhetorischen Wettstreits, der an den Kollegien praktiziert wurde, berücksichtigt werden. Der Rundkirchenbau von Santo Stefano Rotondo hat zahlreiche Spekulationen über seine antike Bedeutung angeregt.47 Zwei konzentrische Kreise bilden den Grundriss und in ihrer Mitte befindet sich eine Rotunde mit Tambour, der auf einer Architravkolonnade mit 22 ionischen Säulen ruht, wie dies ein Kupferstich des Architekten Giovanni Battista Piranesi aus dem 18. Jahrhundert zeigt (Bild 59). Um diese herum ist ein Umgang mit einer zweiten Säulenkolonnade gelegt. Die Zwischenräume dieses Säulenkranzes wurden mit Wandflächen geschlossen, auf denen, Wandbehängen gleich, die flächenfüllenden Fresken zu sehen sind (Bild 60). An diesen zentralen Zirkel schließen heute allein zwei Kapellen, eine Sakristei und ein Repositorium als weitere Gebäudeteile an. Die Gesamtanlage ist durch die Grundform des griechischen Kreuzes bestimmt, das von vier Altären markiert wird, die sich im Zentrum des Baus, in der östlichen Kapelle, in der westlichen Apsis und in den nördlichen und südlichen Teilen an den Außenwänden befinden. Das fehlende Hauptportal ist das Spezifikum dieses Rundkirchenbaus, das den in der Mitte stehenden Altar zu einem zentralen Punkt erhebt, der von Circignanis freskierten Ambulatoriumswänden umschlossen wird.

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Bailey, 2003, S. 133–146. Spivey beschreibt die Wirkung der Fresken auf den Betrachter, dass diese „nicht den Geist betäuben, sondern Eisen in die Seele einflößen“ und „einen Adrenalin erhöhenden Effekt von Seelenverwandtschaft und Triumph“ hätten, Spivey, 2001, S. 135. Eine Ausnahme ist jüngst Touber, 2014, der die Märtyrerbilder Antonio Gallonios mit dem Interesse einer bestimmten römischen Bildungsschicht für das Militär in Zusammenhang bringt. Burschel beschreibt jene alten und neuen post-tridentinischen Märtyrer als „aggressive Glaubenskriegerinnen und -krieger […], die im Prozess beschleunigten konfessionellen Wettrüstens besonders wirkungsvoll und nachhaltig eingesetzt werden konnten“. Burschel, 2004, S. 221. Diese Thesen sind zuletzt ausführlich von Hugo Brandenburg dargelegt worden und sollen hier nicht weiter vertieft werden. Grundlegend zur Architekturgeschichte und Anlage Santo Stefano Rotondos siehe Krautheimer, 1937, S. 199–242, sowie dessen letzte Vorlesung über Santo Stefano Rotondo, die posthum veröffentlicht worden ist und in der er die Zentralbauthese festigt, Krautheimer, 1994, S. 1–18. Zusammenfassend zuletzt die Studien von Ceschi, 1982 und vor allem Brandenburg, 1998, 2000 und 2010. Einzelanalysen zum Renaissanceumbau der Kirche siehe Frommel, 2006, Kapitel II. oder Szakács, 2012, S. 216–256.

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1. Circignanis Embleme: imitatio und aemulatio

Bild 59  Giovanni Battista Piranesi: Blick ins Innere von Santo Stefano Rotondo, 1756, Kupferstich, 13,6 × 20,5 cm, in: ders., Le Antichità Romanae, Pl. XXV, Fig. II, Vol. I.

Bild 60  Märtyrerzyklus in Santo Stefano Rotondo sul Monte Celio, Rom.

Die Nähe zum Buchdruck und der Flugschrift wird beim ersten Anblick der Fresken deutlich: Wie nebeneinander aufgeschlagene Buchseiten, die Bild und Text kombinieren, kleiden dreißig Fresken die Flächen zwischen den in der Wand stehenden Säulen des Rundkirchenbaus aus. Am Beispiel des ersten Freskos, dem „Rex Gloriose Martyrum“, das den gekreuzigten Christus zeigt, kann das Prinzip des Bildaufbaus der Fresken verdeutlicht werden (Bild 61): eine Bildüberschrift (inscriptio), die einen Satz aus den Psalmen, dem Buch der Weisheit oder des Römerbriefes zitiert, das freskierte Bild (imago) mit einer Hauptszene in der unteren Hälfte des Bildes direkt auf Augenhöhe des Betrachters. Daneben sind weitere Ereignisse im Bild erkennbar, die sich in einer weit angelegten Landschaft, einem umrahmten Hinrichtungsort, wie dem Kolosseum oder dem

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III. Martyrium

Bild 61  Niccolò Circignani, Matteo da Siena: Rex Gloriose Martyrum, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo.

Circus, aber auch innerhalb einer Stadt abspielen.48 Das Bild umgibt ein goldgelber Rahmen unter dem sich ein gleichtoniges Paneel befindet, in das zwei viereckige Schrifttafeln (subscriptio) eingefügt sind, die links den lateinischen und rechts den italienischen Text tragen (Bild 62).49 Innerbildlich teilen sich die Darstellungen jeweils in eine untere Figurenzone, für die Circignani verant-

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Hierbei überwiegen jedoch jene Martyrien, die sich auf offenem Feld vor einer Landschaft abspielen. Zur jüngsten Restaurierung der Fresken siehe den Beitrag von Tiberia, 2012, S. 155–186.

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1. Circignanis Embleme: imitatio und aemulatio

Bild 62  Niccolò Circignani, Matteo da Siena: Inschrift, Martyrium des Vitalis, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo.

wortlich zu nennen ist, und eine obere Landschaftsdarstellung, die Matteo da Siena ausgeführt haben soll.50 Der emblematische Aufbau der Märtyrer-Fresken verweist in seiner doppelten Struktur, nämlich der didaktischen Verwendung des Prinzips der enárgeia, des bildlich „vor Augen Stellens“ und der hermeneutischen Kontrolle über das Bild durch den erklärenden Text, auf das Ziel der Ausbildung.51 Auch die Quellen der ausgewählten Mottos deuten auf den pädagogischen Kontext, da hier solcherart Psalmen und Sprüche zur Übung gelesen und auswendig gelernt wurden.52 Dies folgte dem Prinzip der dicta probantia, einer Beweismethode, in der Bibelstellen wie Lehrsätze als Beleg herangezogen wurden wie die quaestio­ nes dazu dienten, in Lehrfragen die eigene Position zu festigen und auch verteidigen zu können. Innerhalb der Bildfelder der Fresken wird ein einfaches alphabetisches Verweissystem verwendet, das die Einzelszenen mit leuchtend roten Versalien markiert (Bild 63). Deren Korrespondenten finden sich in der gerahmten Bilderklärung wieder und erläutern das Gesehene mit kurzen Hinweisen. Meist werden lediglich die Namen des tyrannischen Gesetzgebers und 50 51

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Zu Matteo da Siena und seinen freskierten „all’antica“ Landschaften siehe Monssen, 1989, S. 209–313. Monssen hat das Emblem als pädagogisches Mittel und die Fresken in Santo Stefano Rotondo in Verbindung gebracht und ausführlich diskutiert, Monssen, 2009, S. 305–366. Dies ist mit dem reformatorischen Kontext vergleichbar, indem die dicta probantia als Methode entwickelt wurde.

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III. Martyrium

Bild 63  Niccolò Circignani, Matteo da Siena: Martyrium des Marius, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo (Farbbild 6).

Märtyrers genannt und die Folter- oder Todesart beschrieben. Dieses Verweis­ system im monumentalen Fresko ist ungewöhnlich und es wurde Jéronimo Nadals bereits erwähntes Meditationsbuch der Evangelicae historiae imagines (Bild 51) als mögliche Vorlage und Vergleichsmedium für den außergewöhnlichen Aufbau der Monumentalfresken herangezogen. Wie in der gezeigten Szene des Sturms auf dem See Genezareth sind auch in den Fresken an ausgewählten Stellen Verweisbuchstaben zu finden, die im unteren Textfeld erklärt werden und so die visuelle Narration lenken.53 Da Nadals Werk jedoch erst 1593 in Druck gegeben wurde, kommen zusätzlich andere zeitnähere Vergleichsmate-

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Aus dem Vorwort: „E non ha dubbio nessuno, che le figure, le quali rappresentato ciascun misterio sono molto utili al meditare, si perche vivamente imprimono il fatto nella nostra imaginatione, si perche la tengono a segno, e per dir cosi l’affrenano, acciò al tempo dell’orare vada il meno che si puo vagabonda. Alle figure hà aggiunto il Padre i discorsi, per aiutare non solo l’imaginatione, ma anco l’intelletto, & affetto in questa grande opera dell’oratione.“ Zur These, dass Nadal die Vorlage für die Fresken bildet siehe bes. Korrick, 1999, S. 170–189, hier S. 207. Zu Nadal siehe auch Smith, 2002; Wadell, 1985.

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1. Circignanis Embleme: imitatio und aemulatio

rialien in Betracht.54 In der emblematischen Struktur und Anlage des Freskenzyklus spiegeln sich der Bildgebrauch didaktischer Traktate aus der Botanik, der Anatomie oder den Militärwissenschaften.55 Diese Beobachtung ist insofern entscheidend, als dass sie die Fresken in die Nähe von Bildmedien rückt, die der wissenschaftlichen Wahrheitsfindung dienten und darüber hinaus in ihrer didaskalischen Struktur auf die edukative Praxis bezogen waren. So wurde die aus den Wissenschaften entlehnte Form der Suggestion einer naturgesetzlichen Wahrheit in den Bereich der theologischen Bildmedien übertragen. Das Prinzip des emblematischen Bildes, das Andrea Alciato in seiner humanistischen Revision des Zivilrechts entworfen hatte, findet sich auch in der jesuitischen Emblematik wieder, auf die sich Circignani in dem Entwurf für die Fresken in Santo Stefano Rotondo bezieht.56 Neben der Ausbildung der Novizen durch die Kombination von Bild und Prosa bildete der Gebrauch von Emblemen und Rätselbildern eine der edukativen Maßnahmen des Ordens.57 In einem der ersten jesuitischen Emblemtraktate, vergleicht der Autor Jacobus Pontamus (1542–1626) das Emblem mit einem „Körper“ und die Dichtung mit der „Seele“. Es sei so angelegt, dass es nur Befriedigung hervorrufen würde: Die Ohren würden erfreut durch die „süße Harmonie“ der Verse, die Seele würde „ernährt“ und die Augen „erfrischt“ durch das Bild.58 Die Kombinationen von Vers und Bild unterstützten den Unterricht, indem sie das räumliche Denken förderten und als Mittel der Demonstration dienten, die die gute Ausbildung und das Wissen der jesuitischen Zöglinge in den Kollegien unter Beweis stellen sollten.59 Diese Amalgamierung von körperlicher Empfindung und Lernwirkung, die der Verbindung von enárgeia und hermeneutischer Kontrolle folgt, lässt sich beispielsweise im fünfzehnten Fresko des Zyklus nachvollziehen, das das Martyrium der Heiligen Agathe und der Päpste Fabianus, Cornelius und des 54

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So sind die wahrnehmungs- und erkenntnistheoretischen Auseinandersetzungen von Antonio Possevino, Giandomenico Ottonelli, Louis Richeôme und Gabriele Paleotti mitanzuführen, vgl. Burschel, 2004, S. 256. Monssen, 2009, S. 305–666, hier S. 347. Grundlegend die Beiträge in Dimler und Daly, 1997-2007, sowie Loach, 1999, S. 161–186. MHSI, Mon. Paed., Ratio studiorum, §15: Regulae professoris rhetoricae: „Eruditionis causa die vacationis pro historico et poeta liceat interdum alia magis recondita proferre, ut hieroglyphica, ut emblemata, ut queastiones ad artificium poeticum spectantes, de epigrammate, epitaphio, ode, elegia, epopeia, tragoedia.“ Jacobus Pontanus: Poeticarum institutionum libri tres (1594): „pictura quidem, tamquam corpus, poesis tamquam animus est: fitque ut emblema non possit non esse gratum, in quo et aures dulci carminum numero delectantur, animi pascuntur, et oculi pictura recreantur.“ Zit. bei Griffin, 2009, S. 23. So wurde in den Tagen, an denen sich die Kollegien einem breiteren Publikum öffneten, oder bei hohem Besuch, am Beispiel eines Bildrätsels das Können eines begabten Schülers vorgeführt. Siehe die Darstellung bei Griffin, 2009, S. 26f.

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III. Martyrium

Bild 64  Niccolò Circig­ nani, Matteo da Siena: Martyrium der Agathe, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo (Farbbild 7).

Bischofs Cyprianus zeigt (Bild 64, 65). Während die zwei rot-blutenden Wundmale auf ihrer Brust unfassbare körperliche Qualen andeuten, schlägt die an einer freistehenden Säule angebundene Heilige lediglich die Augen zum Himmel und erscheint sonst innerlich gefasst die Folter zu ertragen. Vor ihr bückt sich der Scharfrichter zu Boden und hält eine der abgetrennten Brüste mit einer Zange dem Betrachter vor Augen, während er gleichzeitig mit der anderen Hand die Blutung der Wunden mit einem Tuch zu stillen versucht. Nur im Augenaufschlag und in keiner anderen körperlichen Regung ist der Heiligen die Agonie und körperliche Qual abzulesen. Neben dieser grausamen Folter ist die Figur des verurteilenden Tyrannen prominent in den Vordergrund gerückt. Dieser steht direkt neben Agathe und wird mit einer weiteren Figur in Konversation gezeigt. Der weisende richterliche Gestus, der sein Urteil mit ausgestrecktem Zeigefinger vermittelt, lässt ihn als Kaiser Quintus Decius Valerianus (249–251) erkennen, der in der Bild-Legende für das Martyrium als verantwortlich ge­ nannt wird.60 In einer die gesamte Breite überspannenden Bildüberschrift wird 60

Vgl. die Beschreibung in den Vitae Sanctorum des Surius, 1572–76, S. 50f., Ab­­ schnitt VII–VIII.

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1. Circignanis Embleme: imitatio und aemulatio

Bild 65  Monogrammist MP: Martyrium der Agathe, Kupferstich, 27,2 × 17,2 cm, London, British Museum.

der Darstellung das Motto aus dem Brief des Paulus an die Römer vorangestellt: „Non sunt condigne passiones huius temporis, Rom. VIII“. An der entsprechenden Stelle im Römerbrief 8,18 äußert Paulus seine Überzeugung, dass alles, was heute erlitten wird „nichts ist, gegenüber der Herrlichkeit, die wir einmal erfahren werden“.61 In der subscriptio des Bildes werden jene im Bildhintergrund gezeigten Martyrien aufgelistet, die mit Versalien gekennzeichnet sind: Unter dem Buchstaben B sind die römischen Päpste Fabianus und Cornelius sowie der geköpften Bischof Cyprianus aus Karthago genannt. Der kopfüber an einem Baum aufgeknüpfte Tryphon wird mit brennenden Fackeln verbrannt (C) und die Heiligen Abdon und Sennen werden den Löwen und Bären zum Fraß vorgeworfen.62 Die Kombination der in die Landschaft wie in einen Setzkasten 61 62

Römerbrief 8, 18. Auf der linken Seite des subscriptio-Feldes die lateinische Version: „A. Agathae Virginis clarissimae posti diros cruciatus, mamiliae / abscinduntur; B. Fabianus et Cornelius Rom. Pont., et Cyprianus Episcopus / Carthaginensis, capitis damnantur; C. Tryphon facibus aduritur; D. Abdon et Sennen leonibus et ursis obijciuntur.“ Auf der rechten Seite die italienische Übersetzung: „A. Agata Vergine nobilissima dopo aver patito crudelissimi tormenti e esserle tagliata le mammelle è

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III. Martyrium

Bild 66  Giulio Roscio: Emblemata sacra S. Stephani caelii montis intercoluniis affixa, 1589, Titelkupfer, 11,3 × 7 cm, Rom.

eingefügten Martyrienszenen, deren historisch-chronologischer Zusammenhang aufgelöst wird und deren räumliche Position willkürlich gewählt erscheint, erinnert an die Vorstellung des emblematischen Bildes als Mosaik und mise en abyme, das im jocoserium erst seine Bedeutung erhält. Zur genaueren Erklärung des Gezeigten ist den Fresken in Santo Stefano Rotondo ein Emblembüchlein aus der Feder des Giulio Roscio da Orte (?–1591)63 beigegeben, das mit Bildern von Antonio Tempesta versehen ist und den Titel Emblemata Sacra (1589) trägt (Bild 66).64 Der kleine handliche Band beschränkt sich auf insgesamt 20 Bilder, die jedoch nicht Circignanis Martyrien wiedergeben, wie dies bei Cavalieris Schrift Triumphus Martyrum (1587 und 1589) der

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fatta morire; B. Ai SS. Fabiano e Cornelio Papi e a S. Cipriano vescovo di Cartagine è talgiata la testa; C. S. Trifone con fecelle ardenti è abbruciato; D. S. Abdon e Sennen sono dati a divorare agli orsi e leoni.“ Vgl. Monssen, 1982, S. 236–241. Über Giulio Roscio siehe Witcombe, 2004, S. 145f. Giulio Roscio, Emblemata sacra S. Stephani caeli montis intercoluniis affixa, 1589.

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1. Circignanis Embleme: imitatio und aemulatio

Fall ist,65 sondern aus unterschiedlichen Emblemen zusammengesetzt sind, deren Motive auf den ersten Blick im visuellen Vergleich wenig mit den Fresken gemein haben. Im Vorwort Roscios findet sich eine für die Deutung der Fresken aufschlussreiche bildtheoretische Verortung des Gezeigten, die eine spezielle Auslegung des „Emblematischen“ entwirft. Er vergleicht seine Arbeit, die Bild und Text miteinander kombiniert, mit einem Mosaik, das aus vielen unterschiedlich gefärbten Steinen zusammengesetzt sei und hierdurch ein Bild ergebe.66 Ähnlich wie das Aneinanderfügen der einzelnen Steine, wird den symbolischen Bildern jeweils ein Gedicht beigefügt. So enstehe eine neue Bildform, die in mehrere Kategorien zu unterteilen ist: In erster Kategorie „erfreuen“ die Bilder das Auge, indem sie einen allgemeinen Überblick über die Geschichte in bildhafter Form wiedergeben. Sie wollen überdies den Geist tief beeindrucken und liefern im Text eine Erklärung des Gezeigten („tum vero re ipsa“). Die zweite Kategorie des Bildes bezieht sich auf dessen vorbildhafte Funktion, wobei ein historisches Beispiel genannt wird, indem der christliche Glaube auf besondere Weise verteidigt wurde. Die dritte Kategorie beinhaltet ein philosophisches Argument, das wiederum zwei Bedeutungen umschließt. Über die Vermittlung der „edlen und bekannten Bilder“ „fließen“ diese regelrecht in das menschliche Auge, um auf diese Weise die Seele zu „ernähren“, was sich aus der Natur des Bildes selbst erkläre. Im Gegensatz zu dieser eher passiven Vorstellung erweise sich in zweiter Hinsicht das Bild als aktiv, da es die Kraft besitze, instruktiv die Gewohnheiten der Menschen zu verbessern. Dieser Kategorisierung, deren direkte Verbindung von Natur, Bild und Seele durchaus zeitgenössischen Bildtheorien entspricht, folgt ein aufschlussreicher Vergleich. Für Roscius ist die emblematische Methode mit der des stoischen Philosophen Chrysippus (ca. 280–207) in Verbindung zu bringen, der sie in Bezug auf die Repräsentation des Rechts angewendet hatte.67 Dieser wollte den Respekt und die Liebe für die Gerechtigkeit fördern, indem die Tugend sichtbar gemacht werde. Sehr wahrscheinlich sei, dass Chrysippus ein Emblem mit diesen zwei Kategorien gemeint habe. Um ihm eine deutliche Gestalt zu verleihen, sollten ägyptische Hieroglyphen oder pythagoräische Symbole verwendet und 65

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Giovanni Battista de’ Cavalieri, Triumphus martyrum in templo D. Stephani Caelii montis expressus, 1587. Gewidmet dem Kardinal Giacomo Savelli, Vikar von Rom. Die Ausgabe von 1589 ist Prosper de Baume gewidmet; der Druck stammt von Cavalieri und der Text ist verfasst von Roscio. Ich beziehe mich, abzüglich nur weniger Abweichungen, auf die Übersetzung von Monssen, 2009, S. 359–363. Vgl. im Folgenden Roscio, 1589, Einleitung ohne Seitenangabe: „Huiusmodi quadam ratione usus, Iustitiam finxisse dicitur Chrysippus, ut si virtus, ut ipsa est, mortalium oculis cerneretur, admirabiles sui amores excitaret. Atque his plane generibus emblema usurpatum videtur. Non quaeueis figurarum umbris, sed plane singularia adhibeantur.“

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III. Martyrium

außerdem die „Eigenschaften von Steinen, die Kraft der Pflanzen und die tierischen Triebe“ berücksichtigt werden. Nur über dieserart „Zeichen“ und versteckte Sinnestriebe könnten die Geister wirklich bewegt werden. Und er fügt ergänzend hinzu, dass es die von Michele Lauretano für Santo Stefano Rotondo in Auftrag gegebenen Märtyrer-Fresken seien, die dem zeichenhaft-somatischen Bildbegriff folgen würden. Roscios dritte Kategorie des emblematischen Bildes beinhaltet die zeitgenössische scholastische Vorstellung des Naturrechts, das einerseits aus der Natur kommt, andererseits aktiv auf die menschlichen Handlungen einwirkt, also die allgemeingültigen Normen des Soziallebens mitumfasst.68 Am Beispiel des Emblems No. 4, das einen Löwen zeigt, aus dessen Maul ein Schwarm Bienen entweicht, kann dieser Bezug des emblematischen Bildes deutlich gemacht werden, der sowohl zeichenhaft als auch auf die körperlichen Reaktionen des Betrachters zielt (Bild 67): Das Gedicht erinnert an die Folterqualen, welche die Jungen „mit einem glücklichen Ausdruck auf dem Gesicht“ in Rom ertragen werden. Sie würden sogar dafür beten, dass sie der Löwe mit wildem, tollwütigem Maul bei lebendigem Leibe zerreiße. Der christliche Tod sei „süß“ und das Sterben für Christus stelle eine dem Genuss von Honig ähnliche Erfahrung dar. Roscius vergleicht dies mit einem der ars memorativa folgenden „starken“ Bild einer süßen, honigspendenden Wabe im Maul eines toten Löwen.69 Hinter der Figur des Löwen verbirgt sich der Tyrann und politische Feind, vor dem die jesuitischen Zöglinge ihre Standhaftigkeit, auch angesichts entsetzlicher körperlicher Gewalt, auf die Probe stellen sollen. Nur auf diese Weise würde sich der Schmerz in einen Genuss verwandeln.70 Wie auch das Noviziat auf dem Quirinal fällt die Ausstattung von Santo Stefano Rotondo weit vor die Einrichtung der Propaganda Fide Kongregation.71 Im Jahre 1599 wurde zunächst unter Clemens VIII. Aldobrandini eine vorläufige Missionszentrale eingerichtet, mit Kardinal Santori als Vorsitzendem sowie

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Scattola, 1999, S. 82. „Daher stellt sich das Recht objektiv als die durch ‚natürliche’ und positive Gesetze gesetzte Ordnung unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit, subjektiv als die auf derselben Ebene der zielmäßigen Hinordnung auf eine bestimmte Person liegenden Güter und Leistungen dar.“ Vgl. Rommen, 1926, S. 87. „IV. Miraris teneros iuvenes florentibus annis/ Horribiles hilari fronte subire cruces:/ Invitum quoties, testis sit Roma, leonem/ Orarunt rabido ferret ut ore necem./ Ah moriens Christus mira dulcedine mortem/ Condijt, hinc Christi nominee dulce mori est./ Scilicet istud erat prostrati ex ore leonis/ Dulcia nectareos mella dedisse favos.“ Vgl. Roscio, 1589, S. 4. „Hic veterum Patrum exemplo ad patientiam in rebus adversis ita confirmantur, ut melle degustato ex leonis ore quasi ex alveolis redundante spretis tyrannorum minis aut tormentis dulce sit ipsius Crucis stipitem toto animo complecti.“ Vgl. Roscio, 1589, Einleitung (ohne Seitenang.). Grundlegend Levy, 2004, S. 56–64.

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1. Circignanis Embleme: imitatio und aemulatio

Bild 67  Giulio Roscio: Emblem Nr. 4, in: Emble­ mata sacra S. Stephani caeli montis intercoluniis affixa, 1589, Kupferstich, 11,3 × 7 cm, Rom.

den Kardinälen Baronio, Bellarmino, Medici, Borromeo, Visconti, Antoniani und Pietro und Cinzio Aldobrandini als weiteren Mitgliedern.72 Ihnen waren die Ausländerseminare unterstellt, welche die Aufgabe hatten „Weltpriester“ auszubilden.73 Der ideale Alumne sollte nicht nur auf einen bestimmten Ort vorbereitet werden, sondern als ein „ambulanter Spezialist“ in unterschiedlichen Kulturkreisen einsetzbar sein und zudem eine zu starkte Bindung an seine Heimat abgelegt haben.74 In Bezug auf den Bildzyklus auf dem Monte Celio hat auch Monssen auf die hier gezeigte propagandistische Betonung der Kirche als ecclesia militans verwiesen, deren religiöses und missionarisches Zentrum der Welt Rom sei. Ein solcher zentralistischer Gedanke müsste in Bezug auf die Idee der Mission und globalen Erweiterung des Ordens revidiert werden. Vielmehr 72 73

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Pastor, 1959, S. 503. In der Gründungsbulle des Collegium hatte Ignatius entschieden, dass die Novizen hier Erziehung und Ausbildung erfahren sollten: die Abwerbung der Alumnen, finanzielle Sorge um den Erhalt der Institution und die Entscheidung des Einsatzbereiches der Priester sollten den Kardinalprotektoren überlassen werden. Schmidt, 1984, S. 38–41. Reinhard, 1983, S. 121.

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III. Martyrium

ist durch die weit auseinanderliegenden Missionen und nationalen Eigenheiten der Ordensvertretungen seit Anbeginn des Bestehens eine Dezentralisierung zu beobachten, die mit einer konsequenten Durchführung einheitlicher Ordnungsbestrebungen einhergeht.75 Roscios Theorie des emblematischen Bildes, das in zweifacher Hinsicht sowohl über den Text als auch über das die Affekte anregende Bild auf die Handlungen einwirkt, lässt erkennen, dass neben der herkömmlichen propagandistischen Deutung, die auf die nach aussen gerichtete Rezeption der Bilder konzentriert, auch die normative Ebene der Bilder, die in die Ordensstruktur hinein wirkt, berücksichtigt werden muss. Die hier in ein Großformat gebrachte dominierende Bilddidaktik suchte die meditativen Techniken des Ignatius weiterzuentwickeln und richtete die Bildaussage auf die Handlungen. In seinen Exercitia Spiritualia hatte Ignatius die „sinnenhafte Anschaulichkeit“ als eine Anleitung zur Meditation erläutert, die in drei unterschiedlichen Schritten ablief und katechetisch auch als Eindruck, Verstehen und Handeln beschrieben werden kann.76 Nicht zuletzt Nadal und weitere an der Pädagogik des Ordens arbeitende Mitglieder übertrugen diesen Gedanken auf die Bildgestaltung. Das gemalte, gedruckte oder anders geformte Bild wurde somit in den Rang einer Regel und eines Maßstabs erhoben, an dem sich die konkreten Handlungen der Novizen ausrichten und messen sollten. Dieser Handlungsaspekt findet sich auch in den spätscholastischen Beschreibungen des Rechts, wie beispielsweise bei Francisco Suárez, der das Bild mit dem Gesetz verglichen hatte „gemäß welchem einer zum Handeln geführt oder vom Handeln abgehalten wird.“77 Die der Emblematik eigene belehrende Kombination von Bild und Text, die eine Verbindung zwischen Bild und Handlung herstellen sollte und mit den rhetorisch-theatralischen Techniken der actio in Verbindung zu bringen ist, beeinflusste das Genre des dem Jesuitenorden charakteristischen Erziehungsbildes und Ausbildungsprogrammes.

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Dies hatte z.T. ganz einfache kommunikationstechnische Gründe, da die missionarischen Handlungen durch die oft langwierigen Rückversicherungen der Ländervertreter zum Generalat in Rom gebremst wurden, aber auch nationale und kulturelle Distanzen zu Rom waren seit Gründung des Ordens ein Problem, siehe Clossey, 2008, S. 45–67. Zunächst die Vergegenwärtigung, dann die Erläuterung und schließlich die An­­ wendung applicatio sensuum, compositio loci, memoria-intellectus-voluntas. Suárez, 2002, I, Kap. 1, §§ 1–2, S. 26–28.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

2. Das ABC der Zeugen: ste phanos, x ylon, best iae Erziehungsbilder, die von mnemotechnischen Lehrbüchern angeregt wurden, sind für die Pädagogik bedeutsame Modelle geworden. In Giovanni Battista Della Portas Traktat L’arte del ricordare (1566), das an Aristoteles klassischscholastische Analyse der antiken Gedächtniskunst anknüpft, wird der Zusammenhang von Körper und Gedächtnis über die Gedankenverknüpfung von Wort und Bild hergestellt. Aus ihrem Zusammenhang gelöst, werden Textbausteine wie Wörter oder Buchstaben derart isoliert, dass ihre ikonischen Qualitäten zutage treten.78

Bild 68  Giovanni Battista Della Porta: Alfabeto figurato, in ders.: L’arte del ricordare, 1566, Kupferstich, Bologna.

Della Portas „alfabeto figurato“ (Bild 68) bildet sich aus entkleideten Körpern in zum Teil extremen Verrenkungen, wobei ihre Körpersilhouetten den jeweiligen „sprechenden Buchstaben“ formen. Sie nehmen hierbei bekannte Posen der Märtyrerikonographie auf, wie die des an einer Säule stehenden Heiligen Sebastian (B) oder auch des Heiligen Andreas am Kreuz (X). Die für 78

Della Porta verwendet für seine Gedächtnisübungen Textfragmente klassischer Autoren und kombiniert oder verdichtet sie, um eine zugespitzte, erinnerungsfähige Version zu erhalten. Siehe ausführlich Bolzoni, 2001, S. 93–98.

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III. Martyrium

das Theater bestimmte Lehre Della Portas legte der rhetorischen Lehre der actio gemäß dar, wie an körperlichen Merkmalen die inneren Qualitäten einer Person zu entziffern waren.79 Della Porta hebt die antithetische Funktionsweise des Gedächtnisses hervor, wonach affektive Extremsituationen in einer besonders ausgeprägten memorialen Bindung zum Gegenstand stehen: „Das Erinnern von Gegensätzen erweist sich für uns als nicht unwesentlich, da jeder durch ein Extrem an das andere Extrem erinnert wird. Die Farbe Schwarz lässt mich an das Weiss erinnern, im Krankheitszustand erinnere ich mich an die Gesundheit.“80 Della Porta legte Wert auf eine nahe und beinahe physische Beziehung zu den Bildern und verband diese Vorstellung mit den Theorien der effektiven und emotional anregenden imagines agentes, deren klassisches Repertoire an Bildformen er um komische, groteske, erotische und obszöne Motive erweiterte.81 Sind die Bilder erst einmal auf ihren angestammten Plätzen verteilt, sei es notwendig, sie für eine Weile mit den „occhi della mente“ zu betrachten, so, als ob sie lebendig seien. Erst die Nähe und eingehende Inspektion des Bildes, was ein haptisches Begreifen beinhaltet, bringe die Bilder dem Gedächtnis näher.82 Diese von Della Porta skizzierte intensive Versenkung in die in Bildern gezeigten, anregenden Extreme wie Schrecken oder Lust, liegt auch dem „ABC der Zeugen“ in Santo Stefano zugrunde. Circignani konzentriert sich auf das Zeigen von Grausamkeiten, die bislang der Imagination vorbehalten und höchstens im öffentlich aufgeführten juristischen „Theater“ mit eigenen Augen zu sehen waren.83 Teil der belehrenden Aufgabe besteht darin, über das körperliche Extrem, wie den Folterqualen des christlichen Martyriums, das rechtliche Extrem, die Tyrannei, zu imaginieren. Im Unterschied zu den mnemonischen Bildern werden in den figurativen Alphabeten die gezeigten martyrisierten Körper nicht einfach auf eine Nomenklatur reduziert. Einer Fibel vergleichbar, sind hier Bilder und Texte gezeigt, die in erster Instanz allgemein das Lernbegehren fördern sollen, wobei 79 80

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Bolzoni, 2001, S. 212. „Il ricordar dal contrario ci porge non piccola utilità, perciò che ciascuno per uno estremo si ricorda dell’altro estremo. Il color nero mi farà ricordar del bianco, nella infirmità mi ricorderò della sanità […].“ Porta, Sirri und Falcone Da Gioia, 1996, S. 95. Bolzoni, 2001, S. 247–249. „hor locate che le haveremo nel luogo, bisogna con gli occhi della mente contemplarle alquanto, come se vive fossero, e passeggiare loro molte vicino, e toccarle con mano, e chiamarle per diritto e per rovescio.“ Porta, Sirri und Falcone Da Gioia, 1996, C2v. Vgl. Bolzoni, 2001, S. 162. Im Unterschied zum Spektakel der Hinrichtung blieb das peinliche Verhör den Blicken einer breiteren Öffentlichkeit verborgen. Vgl. z. B. die Studie von van Dülmen, 1985, S. 24.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Bild 69  Anonym: Examen Conscientiae, in: Exercitia spiritualia S. Ignatij Loyolae, Rom 1663, Kupferstich, GRI, Special Collections.

die zugrunde gelegte Botschaft in zweiter Instanz folgt. Die gelehrten Andeutungen der Psalmen und Sprüche, die gezeigten Gräueltaten, die kein narratives Vorher und Nachher beinhalten, die blanke Darstellung des Unrechts der unmenschlichen Folter, die Mehrsprachigkeit der Bildunterschriften: All das sollte den Schüler herausfordern, sein allgemeines Wissen zu vertiefen und die Haltungen und Grundsätze des Ordens zu memorisieren. Über den Prozeß des Sehens und der Wiederholung, der das Lernen vertieft, ist es möglich Normativität zu konstituieren.84 Die spezifische Bild-Text-Kombination, die modellhaft für Erziehungsbilder werden sollte, kann als charakteristisch für die Übungsfunktion der Meditationsbilder des Jesuitenordens beschrieben werden, die sich auf die körperliche Handlungen beziehen. Die mit Zahlenverweisen versehene Darstellung einer Handinnenfläche aus einer späteren bebilderten Version der Exercitia Spiritualia

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Zur Konstitution von Normativität aus symbolischen Interaktionen sei auf die Thesen von Berger und Luckmann, 1966 verwiesen.

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III. Martyrium

(1663) (Bild 69) folgt dem dreigeteilten Bildschema.85 Am Beispiel der Hand wird erläutert und demonstriert, wie die Übung einer umfassenden Prüfung des Gewissens, des Examen Conscientiae generale, in fünf Schritten vollzogen werden kann.86 Ignatius gibt einen Index und eine Analyse unterschiedlicher Sündenarten vor, nach denen der Einzelne alle seine im Leben je begangenen Sünden bestimmen kann. Diese Gesamtschau der Sünden soll Ignatius zufolge einen „größeren Schmerz“ hervorrufen, als die tägliche Bewusstmachung einzelner Sünden. Auf der Hand sind unterschiedliche meditative Handlungen zu erkennen, über denen auf den Mittelgelenken der Finger Erscheinungen Gottes und des Heiligen Geistes auszumachen sind. Auf den Grundgelenken der Finger befinden sich die Zahlen eins bis fünf in der Handinnenfläche, denen jeweils das Bild einer meditierenden Einzelperson in Rückenansicht zugeordnet wird. Auch hier dient ein Psalm zur weiteren Reflexion: „Anima mea in manibus meis semper. Ps. 11:8“ und in der Bildunterschrift sind die Schlagworte zu den jeweiligen Meditationen angegeben und der erklärende Text erläutert diese im Detail. Das Bild der Hand wird auf diese Weise zu einer Handlungsanweisung, die den Betrachter dazu auffordert, die leicht nachzuvollziehende Übung am eigenen Körper zu erproben und die innere Reflexion über seine Taten an den Index der Sündengattungen anzupassen. Erziehungsbilder werden allgemeinhin mit dem ein Jahrhundert später wirkenden Pädagogen Johann Amos Comenius (1592–1670) und seiner international rezipierten Lernfibel Orbis sensualium pictus (1658) verbunden (Bild 70).87 Bis in das 19. Jahrhundert sollte sein Bild-Text-Lehrbuch Generationen von Kindern das Lesen beibringen und trug wie kein anderes vor ihm zur Pluralisierung des Wissens bei.88 Comenius’ Fibel war als ein Vorgeschmack auf den in der Schule zu erwartenden Wissenserwerb konzipiert, um den Kindern spielerisch und belehrend zugleich die Unterrichtsthemen zu vermitteln.89 Der Blick auf eine 85 86

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Exercitia Spiritualia S. Ignatii Loyolae Societatis IESU Fundatoris, 1663. Die Stiche sind von anonymer Hand. Das Examen generale dient der Vorbereitung auf die Generalbeichte und unterscheidet sich von dem alltäglichen Examen, das die Geschehnisse eines einzelnen Tages Revuepassieren lässt. Comenius, 1658. Die „Sichtbare Welt in Bildern“ folgt den pansophischen Vorstellungen einer Erkennbarkeit Gottes in allen Dingen. In 150 Lektionen wird eine enzyklopädische Sicht auf die Welt entwickelt, die auch moralische und metaphysische Begriffe in der charakteristischen Bild-Text Kombination darstellt. In der grundlegenden Studie „Ars memorativa“ bezeichnete Volkmann das Werk von Comenius als einen Versuch, die Verflachung der emblematischen Erfindungskunst durch eine „Wiedererweckung der Anschauung“ aufzuhalten, siehe Volkmann, 1929, S. 180. Siehe auch Didi-Huberman, der einen historischen Bogen zwischen Mnemotechnik, jesuitischer Pädagogik bis hin zur „Kriegsfibel“ Bertolt Brechts schlägt, DidiHuberman, 2009, S. 186–212.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Bild 70  Paul Creutzberger: Das Feuer, in: Johann Comenius, Orbis sensualium pictus, 1658, Kupferstich, Nürnberg, S. 12.

der ersten Buchseiten dieser Fibel zeigt, dass sich das dreiteilige Bildschema hier bewährt: Die Bilder geben Einblick in unterschiedliche Erfahrungsräume des Kindes. So werden die vier Elemente und ihre verschiedenen Erscheinungsformen erklärt, zum Beispiel wird das „Feuer“ im bewachten Herd in Form einer Kerze aber auch als drohender Hausbrand gezeigt. Auch hier ist jedem zu erklärenden Bildelement eine Ziffer zugeordnet, die auf eine zweisprachige Bildlegende verweist, in der die Szene knapp beschrieben wird. Dieser in der Fibel zu tragende reformpädagogische Ansatz des Comenius, der unter dem Motto „Alleslernen“ auch denjenigen sozialen Schichten Wissen vermitteln wollte, die nicht auf die Lateinschulen und zur Medizin- und Rechtsausbildung geschickt werden konnten, hatte auch zum Ziel, dem Kind in jungen Jahren bereits politisches und ethisches Wissen zu vermitteln.90 Das „Alleslernen“ fußt auf der Vor-

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Detjen, 2007, S. 22.

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III. Martyrium

stellung des „Allessehens“ oder auch der „Welt als Bild“, wie sie die Jesuiten als Grundidee der Gestaltung und Rezeption ihrer römischen Ausbildungsräume bereits konzipiert hatten. Wie im Noviziat von San Andrea al Quirinale ist auch das Ambulatorium von Santo Stefano Rotondo als ein prozessual zu erfassendes didaktisches Anschauungsbild zu verstehen, das in unterschiedlicher Weise auf die normativen Grundlagen des Ordens anspielt. Anhand von drei Bild-Elementen des Zyklus soll exemplarisch gezeigt werden, wie abstrakte Ideen mit normativ-gemeinschaftsstiftendem Sinn, in Bild und Text übertragen werden: Über die Figur des Märtyrers wird die Idee des Gehorsams vermittelt, über die Marterinstrumente die Idee des Widerstands, und im Kampf mit der Bestie verbirgt sich die Idee des Naturrechts.

Stephanos: Stadtmauer und nomos Im zweiten Fresko des Zyklus ist der erste Märtyrer und Namenspatron der Kirche, der Heilige Stephanus zu sehen (Bild 71).91 Er kniet im Vordergrund, hat beide Arme empfangsbereit geöffnet und ist umringt von drei kräftigen Männern in römischen Brustharnischen, die schwere Steine auf ihn werfen. Der Boden um ihn herum ist bereits mit handgroßen Steinen übersäht und Nachschub wird den Soldaten aus einem gefüllten Korb gereicht. Die inscriptio der Darstellung zitiert den ersten Teil von Psalm 79,3: „Effuderunt sanguinem sanctor sour / in circuiti Hierusalem. Sie haben ihr Blut wie Wasser um Jerusalem her vergossen.“92 Der intensive rote Farbton des Talars spielt auf die Alumnen des Collegium Germanicum an, die eine rot gefärbte Kleidung trugen und deswegen im römischen Volksmund auch „gamberi cotti“ oder „cardinaletti“ genannt wurden.93 Circignani konnte in der Komposition des Freskos auf seine wenig früher entstandene Darstellung des Martyrium des Heiligen Stephanus (1570) zurück-

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Es folgt dem ersten Fresko des Zyklus, das die Kreuzigung Christi und die Versammlung der Märtyrer unterhalb des Kreuzes zeigt, siehe zum Fresko ausführlich Monssen, 1982, S. 182–185. „und es war niemand, der begrub“ endet der Satz. An einigen Stellen wird Psalm 79 mit Psalm 78 verwechselt, in der Lutherübersetzung steht er unter 79,3. In der Vulgata ist der Vers Psalm 78,3 abgewandelt: „Effuderunt sanguinem eorum tamquam aquam in circuitu Jerusalem […]“. Ich danke Felix Jäger für diese Präzisierung. Eine der ersten Fragen des Ignatius nach Einrichtung des Kollegs, die er mit den Protektoren besprach, betraf die Farbe der Kleidung der Novizen. Man entschied sich für Rot, was eine ungewöhnliche Farbe für angehende Kleriker war, da sie in erster Linie den Kardinälen vorbehalten war. Siehe Steinhuber, 1895, Bd. I, S. 24.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Bild 71  Niccolò Circignani, Matteo da Siena: Martyrium des Stephanus, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo (Farbbild 8).

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III. Martyrium

greifen (Bild 55).94 Jedoch reduzierte er die Anzahl der Steinewerfer und wählte aus den Figuren, die in der ersten Version zum Teil mit orientalischen Turbanen gezeigt werden, allein die beiden im Vordergrund stehenden aus. Bereits diese Pointierung lässt seine Arbeitsökonomie erkennen, die nur die für die Dramatik der Szene zentralen Henkerfiguren aufgreift, um deren Brutalität mit einer zusätzlichen Gestalt in der Bildvertikalen, die mit ihrem erhobenen Gestein geradewegs auf das Haupt des wehrlosen Opfers zielt, noch zuzuspitzen. Wo in der früheren Darstellung des Martyriums durch die intensive Verdichtung von Blicken, Gesten und Körperhaltungen die varietas dominiert, wird das Geschehen hier auf ein recht simples Schema reduziert, das sich auf das Wesentliche und auf einen Blick Erfassbare konzentriert. Galt der prominente Ort rechts neben dem Haupt des Stephanus in der Gemäldefassung von 1570 noch dem eindringlichen, die Szene bezeugenden Blick eines Henkers, findet sich im Mittelpunkt des großformatigen Freskos in Santo Stefano Rotondo an diesem zentralen Ort nüchtern und markant der Verweisbuchstabe (A) platziert. Der auf die zentralen Ereignisse reduzierten Hauptszene des Ölgemäldes fügt Circignanis Fresko im Hintergrund weitere Szenen hinzu, wodurch sich der Bildraum deutlich in die Tiefe erweitert. Die Steinigung spielt sich der Schrift nach vor einem der Stadttore Jerusalems ab, die in Circignanis Gemäldefassung als Motiv nicht auftaucht.95 Der Stich von Cornelis Cort (Bild 72), nach einem Entwurf des für seine Kopien nach Michelangelo bekannten Marcello Venusti, lässt erkennen, dass Circignani auch hier ein Bildzitat verwendet, das er im Original wie über die Druckgraphik gekannt haben könnte.96 Das offene Stadttor, das einen Einblick in die Stadt frei gibt, ist auch in Venustis Entwurf markant in der oberen rechten Ecke verortet und genauso erscheinen Christus und Gottvater in einem aufgebrochenen Wolkenfeld in der gegenüberliegenden Bildhälfte. In diesem bedeutsamen Detail der himmlischen Gotteserscheinung unterscheidet sich das erste Fresko von den Märtyrerfiguren der im Zyklus nachfolgenden Fresken, in denen keine göttlichen Zeichen zum Lohn des Martyriums auftauchen.97 Circignanis Darstellung versucht verschiedene Narrationen in ein Bild zu bringen. Der erste christliche Märtyrer Stephanus wurde im Jahre 36 wäh-

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Heute in Città di Castello, Pinacoteca Comunale, siehe Galassi, 2007. Nach der Apostelgeschichte handelt es sich um das Damaskustor in Jerusalem (Apg. 7,54–7,60). Die Architektur des wirklichen Damaskustores ist hier jedoch nicht wiedergegeben, vgl. Monssen, 1982, S. 175–318. Venustis Originalgemälde (Öl auf Holz, 94 × 72 cm) wurde für Sant’Agostino ausgeführt, siehe Baldinucci, 1820, VI, 188–291 und befindet sich heute in der Staatlichen Hermitage, Sankt Petersburg. Zum Druck von Cornelis Cort vgl. Witcombe, 2004, S. 136 und Witcombe, 2008, S. 281. Apg. 7,55–7,56.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Bild 72  Cornelis Cort: Martyrium des Stephanus nach Marcello Venusti, 1576, Kupferstich, 59,2 × 24,8 cm.

rend seiner Mission in der jüdischen Diaspora als Gesetzesbrecher und Gotteslästerer angeklagt (Apg. 6,80–7,60). Seine Verurteilung erfolgte, als er sich öffentlich zum christlichen Glauben bekannt hatte. Nach dem Urteilsspruch erklärte Stephanus in einer langen und erbosten Rede die Ankläger zu den eigentlichen Gesetzesbrechern.98 Paulus, zu dieser Zeit noch Saulus, soll als Zeuge bei der nachfolgenden Steinigung vor Ort gewesen sein und die Kleidung der 98

Verteidigungsrede des Stephanus: „Ihr Halsstarrigen und Unbeschnittenen an Herz und Ohren! Ihr widerstrebt allezeit dem Heiligen Geist; wie eure Väter, so auch ihr. Welchen der Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Und sie haben die getötet, welche die Ankunft des Gerechten zuvor verkündigten, dessen Verräter und Mörder ihr jetzt geworden seid, die ihr das Gesetz durch Anordnung von Engeln empfangen und nicht befolgt habt“, Apg. 7,51–7,53.

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III. Martyrium

Urteilsvollstrecker bewacht haben. Dieser ist hier im Bild zu sehen und könnte der Vorlage Venustis folgen, in der sich am unteren rechten Bildrand eine sitzende und bezeugende Figur befindet, die auf das Geschehen weist. Die im Gesamtfresko verbundenen Einzelszenen erhalten durch den Wechsel von Innen- und Außenraumdarstellungen, zwischen dem Urbanen und dem Ruralen, dem Himmlischen und Erdgebundenen eine zwischen Raum und Zeit vermittelnde Kohärenz. Die durch die Buchstaben erzeugte Schematisierung des Dargestellten unterstreicht die Vielzahl der einzelnen exempla des christlichen Märtyrertodes. Der Buchstabe (B) im Torbogen verweist auf Geißelungen anderer Apostel innerhalb der Stadtmauern („Caeduntur Apostoli“), die hier in einer Todesjagd durch die Straßen zum Ort ihrer Hinrichtung getrieben werden. Eine dritte Szene ist außerhalb der Stadtmauern loziert: Was die Apostelgeschichte mit dem einfachen Satz: „er [Herodes] aber tötete Jakobus, den Bruder des Johannes, mit dem Schwert“99 beschreibt, wird hier als eine Gruppe von fünf Personen gezeigt: neben dem Henker, der in diesem Moment sein Schwert über dem auf die Knie gefallenen Jakobus erhebt, sind vier Zuschauer zu sehen.100 Wenngleich Stephanus auch als Namenspatron der Kirche und erster Märtyrer hervorgehoben erscheint, wird über die gleichzeitige Darstellung der Leiden anderer Christen und der Masse freiwilliger Opfer vielmehr die Kontinuität des christlichen Gedankens zum Ausdruck gebracht.101 Niccolò Circignani und Matteo da Siena verdeutlichen einmal mehr, dass es sich bei den christlichen Martyrien von Anfang an um die ungerechte Verfolgung einer Gemeinschaft und nicht nur einzelner heldenhafter Individuen gehandelt hat. Die Idee der communitas findet sich in einem weiteren Bildgegenstand symbolisiert: Zentral durch das obere Bildfeld verläuft die Befestigungsmauer mit dem als Triumpharchitektur markierten Stadttor. Diese Befestigungsmauer mit ihren schweren Türmen ist aus breiten Tuffquadern gefertigt und verweist damit auf die Aurelianische Stadtmauer, in der Nähe des Monte Celio. Somit wird das Martyrium des Patronatsheiligen nach Rom verlegt und erlangt eine auf den römischen Ausbildungskontext spezifisch bezogene Aussage. Der Name des ersten Märtyrers, besitzt eine topographische Bedeutung: „Stephanos“ bezeichnet im Griechischen die um die Stadt verlaufende begrenzende Mauer,

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„Jacobus Frater Ioannis occiditur gladio“, Apg. 12,1–12,2: „Um jene Zeit aber legte Herodes, der König, Hand an einige von der Gemeinde, sie zu misshandeln; er tötete aber Jakobus, den Bruder des Johannes, mit dem Schwert.“ Jakob d. Ältere war der erste Apostel der als Märtyrer unter Herodes Agrippa I. (41–44 n.Chr.) gestorben ist. Eusebius ist hier die dem Gezeigten am ähnlichsten Quelle, denn er bringt in seiner „Historia Ecclesiastica“ die Märtyrertode des Stephanus und Jakobus zusammen und erwähnt die sich daran anschließenden brutalen Christenverfolgungen, Eusebius und Lake, 1926, III, IV. 11–V.3.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

wie auch den Siegerkranz des Helden und später die bischöfliche Krone der Ostkirchen.102 Die Mauer im Fresko Circignanis scheint der tyrannisch regierten Stadt keinen Schutz mehr zu bieten, ihre Tore sind weit geöffnet und die Justiz kennt keine Gnade mehr. Die damit hergestellte Konkordanz des Namens des Heiligen und der Stadtumgrenzung wird somit als Auftakt einer visuellen Herleitung des durch das Recht, oder den nomos, gesicherten, friedlichen Zusammenhaltes einer Gemeinschaft repräsentiert.103 Der Vergleich von Stadtmauer und nomos, der auch als Brauch und allgemeingültiges Gesetz übersetzt werden könnte, stammt ursprünglich von Heraklit. Dieser setzt ihn mit der militärischen Verteidigungsbereitschaft des Gemeinwesens gleich: „Es ist notwendig, dass das Volk für seinen nomos genauso wie für seine Stadtmauer kämpft.“104 Der nomos ist das politische Gesetz, das die staatliche Ordnung und das gesellschaftliche Leben bestimmt.105 Er geht aus dem Streit hervor, doch stiftet Einheit in der Polis. Diese Bedeutung der Wehranlage aufgreifend, bezeichnen Virtruv und Leon Battista Alberti die Stadtmauer als erstes sakrales architektonisches Bauwerk, in dessen Umfriedung das Recht erst ausgeübt werden könne.106 Im Akt der städtischen Gründung und der damit einhergehenden mythischen Weihe an eine Göttlichkeit, komme der göttliche Ursprung des Naturrechts zum Ausdruck. Die gebaute Stadtbegrenzung werde dadurch zu einer das Recht maßgeblich befördernden, um nicht zu sagen stiftenden Basis.107 Diese schützende und wehrhafte Funktion der Mauer wird von Alberti mit der Metapher eines im Meer ausgesetzten Schiffes gleichgesetzt, das wie die Stadt ebenfalls auf eine begrenzte Topographie zu reduzieren ist.108 Auch Claudio Acquaviva setzte die von ihm geleitete Gemeinschaft des Jesuitenordens mit einem Schiff gleich, das seine Mitglieder sicher in den „Hafen der Ewigen Seligkeit“ bringe.109 Betonung legte er hierbei auf die strenge Hierarchie dieser inneren Ordnung und die Notwendigkeit eines absoluten Gehorsams, die das Indivi102

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Auch Jakobus trug den Beinamen „Obliam“, was als „Mauer des Volkes“ galt und wurde nach seinem Märtyrertod als der „Gerechte“ bezeichnet, siehe Ewald, 1886, S. 225. Ähnlich im Fresko Ambrogio Lorenzettis, der die Gerechtigkeit als misshandelte Figur zu Füßen der Tyrannei zeigt und somit die Gegenfigur zur thronenden Gerechtigkeit der Nove und des friedlichen Zusammenhaltes des Stadtstaates bildet, so in der Interpretation von Hofmann, 1997. Zit. bei Böckenförde, 2002, S. 42. Siehe Historisches Wörterbuch der Philosophie, VI, 1984, Sp. 893f. Alberti und Theuer, 1991, S. 289–291. Alberti geht hier kaum über Virtruv hinaus. In der Vorrede wird die zentrale Aufgabe des Architekten in dem Entwurf von Wehranlagen beschrieben, um die Sicherheit der Stadtbewohner zu garantieren, ibid., S. 11. Mühlmann, 1981, S. 97–99. Leon Battista Alberti, De re aedificatoria, f. 110r. Vgl. Alberti und Theuer, 1991. Guerra und Sacchini, 2001, S. 152–153.

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III. Martyrium

Bild 73  Niccolò Circignani, Matteo da Siena: Martyrium der Cecilia, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo (Farbbild 9).

Bild 74  Monogrammist MP: Martyrium der Cecilia, Kupferstich, 26,8 × 17,1 cm, London, British Museum.

duum dem Steuermann gegenüber leisten solle. Gehorchte es nicht, würde es den Hafen niemals erreichen. Hierin bestehe der Unterschied zwischen der Gesellschaft Jesu und dem Schiff, das jeden unterschiedslos in Sicherheit brächte.110 Wie die Stadtmauer in dem zentralen, ersten Fresko taucht das Schiffsmotiv gar in mehreren Fresken auf. Nicht nur als sichere Barke, die innerhalb des XIV. Freskos über der Heiligen Cecilia erscheint (Bild 73, 74), sondern vielmehr als Falle und Todesort für die Märtyrer ist es im Fresko des Martyriums der Heiligen Johannes, Paulus und Bibiana zu sehen (Bild 75). Die Schonungslosigkeit des Martyriums erreicht hier einen Höhepunkt in der Darstellung des Heiligen Artemius (B), dessen Körper zwischen zwei schweren Steinen derart zerdrückt wird, dass seine Augäpfel aus den Augenhöhlen und seine Gedärme 110

„La Compagnia è una nave la quale conduce al porto dell‘eterna beatitudine quelli che vi vanno dentro e che Dio nostro Signore habbia preso uno di quei naviganti senza arte, senza esperienza […]. Ma in quelli che vanno dentro questa nave bisogna che vi sia obbedienza e diligenza in fare quello che il nocchiero ordina […] e cosí conviene che ciascuno faccia diligentemente quanto li è comandato a l’offitio suo.“ In Essortatione del padre generale Claudio Acquaviva che fece in Collegio Roma­ no […], zit. bei Guerra und Sacchini, 2001, S. 152, Anm. 6.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Bild 75  Niccolò Circignani, Matteo da Siena: Martyrium des Johannes, Paulus und Bibiana, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo (Farbbild 10).

aus dem Bauch gepresst werden.111 Ein Leichenberg von unbeschreiblicher Größe ist über ihm zu erkennen, in dem unzählige nackte Körper aufgehäuft sind, deren Todesursachen lapidar als „durch verschiedene Torturen umgebracht“ (D) beschrieben werden.112 Am Horizont über dieser bizarren und grauenvollen

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Im unteren Teil des Bildes werden die enthaupteten Körper der Heiligen Johannes, Paulus und Bibiana gezeigt (A). Das Motto lautet: „Cum mortale hoc induerit immortalitatem tunc ubi mors victoria tua, Joel 15“; „Wenn das sterbliche mit dem gekleidet wird, was unsterblich ist,

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III. Martyrium

Szene befindet sich ein brennendes Schiff (E), dessen Flammen weit sichtbar dem Himmel entgegenschlagen: „Unter dem häretischen Valentius sind achtzig Christen ‚dell’ordine ecclesiastico’ auf einem brennenden Schiff umgekommen“, erklärt die Bildlegende. Wie bereits in der Darstellung des Piratenangriffes im Noviziat von San Andrea al Quirinale wird auch hier das Schiff zum drohenden Zeichen, das die disziplinarische und beschützende Notwendigkeit einer normensetzenden Gemeinschaft unterstreicht. Das Martyrium wird mit dem Orden und insbesondere mit dem seinem General verpflichteten Gehorsam gleichgesetzt, denn nur dadurch werde die multitudo, die Gemeinschaft, als Einheit geschaffen.113 In seinem „Brief über den Gehorsam“ hatte Ignatius festgehalten, dass ein Leben in Gehorsam eine Art des Martyriums sei, das kontinuierlich das eigene Urteil und den eigenen Willen beschneide und durch den Willen Christi ersetze, dessen Vertreter der dem Orden als Kopf vorstehende General sei. Ein „blinder Gehorsam“ sei erforderlich, mit dem der Novize sich fraglos und mit allen Fasern seines Lebens der Hierarchie und dem Befehl des Ordens hingeben sollte.114

Xylon: Schand k reu z und area sac ra Das dritte Fresko des Märtyrerzyklus von Santo Stefano Rotondo öffnet sich im oberen Teil in einen weit geöffneten Stadtraum (Bild 76). Es ist die erste von drei Darstellungen, die sich den Martyrien unter der Tyrannenherrschaft Neros widmet.115 Das programmatische Motto aus dem Breviarium Romanum bringt die Gründung der Institution mit der Zeugenschaft des Blutes in einen Zusammenhang: „Plantaverunt ecclesiam sanguine suo. Sie pflanzten die Kirche in ihrem eigenen Blut.“116

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wo, oh Tod, ist dein Sieg?“, Korinther, 1, 15,54–55, vgl. Monssen, 1982, S. 175–318, hier S. 294. MHSI, Mon. Ign., Epistolae Ignatianae, 1959, I, Brief 182: „Keine Gemeinschaft kann sich als ein ganzer Körper erhalten, wenn sie nicht vereint ist; und auch kann sie nicht vereint werden ohne eine Ordnung; und sie kann keine Ordnung besitzen, wenn es keinen Kopf gibt, dem sich die anderen als Mitglieder mit Hilfe des Gehorsams unterordnen.“ (Übers. CB). Zur Ideologie des Gehorsams im jesuitischen Erziehungsgedanken vgl. grundlegend O’Gorman, 1971 und Höpfl, 2004, S. 26–30. Vgl. Monssen, 1982, S. 185–189. Die Bildunterschrift nennt den ersten bei Tertullian und Eusebius erwähnten Christenverfolger: „Nerone imperatore perseguita la S. Chiesa“. Dieser Vers aus dem Breviarium Romanum eröffnet die Liturgie des Hochfestes der Apostel Petrus und Paulus. Vgl. Monssen, 1982, S. 188 und Zwierlein, 2013, S. 106.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Bild 76  Niccolò Circignani, Matteo da Siena: Martyrium des Petrus und Paulus, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo (Farbbild 11).

Der vollständige Satz im Breviarium lautet: „Das sind die Männer, die während ihres Lebens im Fleische die Kirche gepflanzt haben durch ihr Blut.“117 Das Martyrium Petri (A) im Vordergrund zeigt den Apostel kopfüber an ein invertiertes Kreuz genagelt, das gerade von drei Männern in den Boden gerammt wird, während ein Soldat mit Federhelm und eng anliegendem Harnisch die Szene als Repoussoirmotiv rahmt. Gemäß der Überlieferung in den Apokryphen wird Petrus „wie ein Baum“ in die Erde gepflanzt. Circignani zeigt ihn ohne Zeichen 117

„Isti sunt qui, viventes in carne, plantaverunt Ecclesiam sanguine suo.“ Vgl. die Übersetzung bei Zwierlein, 2013, S. 107.

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III. Martyrium

des Widerstandes und, im Unterschied zu Michelangelos Darstellung in der Cappella Paolina, stoisch seinem Schicksal ergeben.118 In einem späteren Fresko für eine Kapelle in Il Gesù hat Circignani diese Figur des passiv erduldenden Petrus wiederholt und lenkt hier über ein sichtbares Erdloch im Zentrum des Bildes ebenfalls die Aufmerksamkeit auf die „Verpflanzung“ des Kreuzes im Boden (Bild 56).119 Als Symbol und Marterwerkzeug spielt das wie ein Baum „gepflanzte“ Kreuz Petri sowohl auf die römisch-antike Rechtsrealität als auch das christliche Martyrium an. Bereits in seiner Rede vor dem ihn richtenden Nero verwendet Petrus die Bezeichnung „kremasantes epi xylou“ für das Kreuz (Acta, 5,29–30 und 10,39), womit der Baum der Verdammung oder Schande gemeint ist, an dem Christus hingerichtet worden war, um zugleich Schändung als auch Strafrecht zu symbolisieren. Das Kreuz, an dem Gesetzesbrecher verurteilt wurden und das für Christi Missachtung der herrschenden Gesetze steht (Markus 2,24 und Johannes 19,7), verweist somit auf den Kontrast zwischen dem Urteil Gottes und dem menschlichen Urteil.120 Der Gekreuzigte wird außerdem zu einem Symbol des „ersten Mannes“, der kopfüber geboren wird und so eine Zeitenwende ankündigt.121 Die Inversion der Körperhaltung des princeps apos­ tolorum steht so für eine Abkehr von der Welt in Anbetracht der göttlichen Gerechtigkeit. Das Gute wird mit dem Bösen, das Schöne mit dem Hässlichen vertauscht. Aus dieser Position sei eine Befreiung nur über den Glauben an Christus möglich und Petrus erkennt über den gedrehten Blickwinkel seines Martyriums die Welt erstmals in wahrer Anordnung und Ausrichtung.122 Die Enthauptung des Paulus ist im Bildhintergrund im oberen Teil des Freskos (B) zu sehen, der Matteo da Siena zugeschrieben wird. Die Details sind in den Stichen des unbekannten Monogrammisten MP (Bild 77) deutlicher als im Fresko selbst zu erkennen. Der Körper des Apostels kniet noch in Orantenstellung vor dem Henker, während sein abgeschlagener Kopf bereits meterweit davongesprungen ist, und dabei drei Spuren auf der Erde hinterlassen hat. Dies

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So zeigt der sich am Kreuz aufbäumende Paulus im Fresko Michelangelos in der Cappella Paolina, oder in der Kreuzigung Petri von Caravaggio in Santa Maria del Popolo deutlichen Widerstand gegen seine Exekution. Die Ausmalungen in der Cappella di Francesco Borgia entstanden ca. 1585–1587. Vgl. Bailey, 2003, S. 142. Bolyki, 1998, S. 111–122. Im Deuteronomium 21,22–23 LXX werden diejenigen, die das mosaische Gesetz brechen, an einem „xylon“ erhängt: „Wenn jemand ein Verbrechen begangen hat, auf das die Todesstrafe steht, wenn er hingerichtet wird und du den Toten an einen Pfahl hängst, dann soll die Leiche nicht über Nacht am Pfahl hängen bleiben, sondern du sollst ihn noch am gleichen Tag begraben; denn ein Gehenkter ist ein von Gott Verfluchter. Du sollst das Land nicht unrein werden lassen, das der Herr, dein Gott, dir als Erbbesitz gibt.“ Bolyki, S. 120. Ibid., 1998, S. 121.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Bild 77  Monogrammist MP: Martyrium des Petrus und Paulus, Kupferstich, 27,3 × 17,3 cm, London, British Museum.

spielt auf die drei Zeichen an, die Paulus bekehrt haben sollen: Erst wurde er zu Boden geworfen, dann wurde er blind und musste schließlich fasten. Der Legen­ da Aurea zufolge bedeuten diese drei Zeichen den Widerstand gegen Gott, die göttliche Bestrafung durch Blendung und die Enthaltsamkeit: „drei Dinge die auch Adam in sich hatte: der hub sich gegen Gott in Hoffart auf, darum schlug Gott Paulus in das Erdreich nieder; wie Adam seine Augen auftat, also ward Paulus geblendet; Adam aß den verbotenen Apfel, Paulus enthielt sich auch erlaubter Speise“.123 Die Spuren, die das abgeschlagene Haupt auf dem Boden hinterlassen haben soll, sind im Fresko nicht in blutroter Farbe markiert, sondern sie sind vielmehr weiß und verweisen auf das „Milchwunder“, nach dem aus dem Körper des Paulus nicht Blut, sondern Milch geflossen sein soll. 124 Die

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Benz, 2007, S.  120–122. Die Bildunterschrift des Freskos lautet: „A. Princeps Apostolorum Petrus affigitur Cruci, B. Paulus Apostolus Securi percutitur.“, vgl. Monssen, 1982, S. 189. Zum Motiv der Enthauptung und dem Milchwunder siehe Tajra, 1994, S. 193.

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III. Martyrium

Symbolik des nährenden und fruchtbringenden Märtyrerblutes wird über eine Mutter-Kindgruppe verstärkt, die sich unter den Zuschauern der Exekution befindet. Diese als göttliche Zeichen erkennbaren Wunder unterstreichen die Bedeutung des Martyriums als Widerstand gegen die willkürliche tyrannische Handlung, was außerdem durch die gezeigte Topographie Roms untermauert wird. Die im oberen Bildteil zu erkennenden Architekturen bestehen aus der Ruine des Kolosseums, der rekonstruierten Fassade des Saturntempels und den drei freistehenden Säulenfragmenten des Vespasian-Tempels auf dem Forum Romanum. Der Tempel des Saturn hatte im republikanischen Rom eine sakrale und juridische Funktion, da er einerseits Saturn geweiht wurde, andererseits aber auch im hier gezeigten Vorbau des Aerarium populi Romani der Staatsschatz aufbewahrt war, der das Zentralarchiv all jener staatsrelevanten und administrativen Dokumente, Statuten oder Verträge darstellte. Die beiden Martyrien werden in das antike Rom versetzt, unweit des Ortes, an dem sich Santo Stefano Rotondo selbst befindet. Im Zuge der antiquarischen Tradition hatte man den antiken Rechtsraum wiederentdeckt und sich mit der juristischen Bedeutung von Epigrammen oder der Rekonstruktion der Rechtsarchitekturen des Forums auseinandergesetzt. Die topologische Verortung des Martyriums innerhalb der römischen Rechtstopographie zeigt die Bestrafung eines Gesetzesbruches, der eine sakrale Bedeutung erhält. Dies wird durch den konkreten Ort der Hinrichtungen verstärkt, die auf offenem Feld, mitten innerhalb der angedeuteten Ruinenlandschaft des Forum Romanum stattfinden. Diese Freifläche deutet auch auf eine juridische Bedeutung hin. Alciato zufolge wird als area des Rechts ein von Gebäuden frei gehaltener Ort bezeichnet, der in seiner Unberührbarkeit einem Altar vergleichbar ist.125 Das Martyrium wird inmitten der Architekturen von Forum und Kolosseum erlitten, an einer Stelle, an der ein Monument errichtet werden könnte, und wird im Sinne des antiken Bild- und Sakralrechts zu einer aream monu­ mento cedere, in der locus purus und locus sacer eine Verbindung eingehen.126 Bedeutsam ist, dass das Kolosseum, in dem zahlreiche Märtyrer, darunter nicht zuletzt Petrus, ihren Tod gefunden haben sollen, als Ruine gezeigt wird, so wie es zu Circignanis Zeiten ausgesehen haben muss. In einigen der anderen Fresken spielen sich die Märtyrertode in angedeuteten fiktiven, aber intakten 125

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Alciato, De verborum significatione, 1530, S. 424: „Area, locus sine edificio est, ab ariditate dictus, quod in ea fructus arescat: alij quod solo sed nimio soles ardore arido: quidam quod sicut ara in templis pura est, ita haec ab aedificijs pura, nec obtecta sit: sunt et q ab aere dictam credant.“ Vgl. die Rekonstruktion des Kapitolsplanes nach Michelangelo im Kontext zeitgenössischer Rechtstraktate und das Bedeutungsspektrum sakralrechtlicher Orte wie „Area“ und „Asyl“ von Liebenwein, 1984, S. 1–32. Vgl. Liebenwein, 1984, S. 18 und Anm. 90.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Bild 78  Marten van Heemskerck: Ansicht des Forum Romanum, 1535, Tuschezeichnung, 21,6 × 55,5 cm, Berlin, SMPK.

Bild 79  Hieronymus Cock nach Maarten van Heemskerck: Ansicht des Kolosseums, 1551, Kupferstich, 22,5 × 30 cm, Berlin, SMPK.

Architekturen eines Circus oder einer Arena ab, wie beispielsweise das des Heiligen Ignatius von Antiochien, der Heiligen Perpetua und Felicitas oder des Heiligen Polikarp. Vergleicht man die Architekturveduten mit den Zeichnungen des Saturntempels (Bild 78) Marten van Heemskercks und des nach diesen gestochenen Abbildung des Kolosseums von Hieronymus Cock (Bild 79), wird

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III. Martyrium

Bild 80  Niccolò Circignani, Matteo da Siena: Martyrium des Gervasius, Protasius, Processus und Martinian, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo (Farbbild 12).

deren fiktiver Charakter ersichtlich. Heemskercks Zeichnungen werden ein hoher Authentizitätsgrad zugesprochen wobei sie gleichzeitig auch als Artikulationen eines „Bewegungsraums“ beschreibbar sind, die sich nicht „objektiv“ an der Wiedergabe des Gesehenen orientieren. Diese Doppeldeutigkeit lässt den Schluß zu, dass die dortige Zusammensetzung der Architekturen und Ruinen einer historisch-antiquarischen Fiktion folgt, die das ruinenhafte Kolosseum als Erinnerungsort mit der Säulenfront des Saturntempels als historischer Rekonstruktion in Verbindung bringt.

Best iae und holocausto Der Verweis auf den „ersten Menschen“ findet sich auch in Schriften zur jesuitischen Didaktik, in denen die besondere Herausforderung der Lehrer unterstrichen wird, die Novizen auf das Leben und die Arbeit für den Orden vorzube-

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Bild 81  Monogrammist MP: Martyrium des Gervasius, Protasius, Processus und Martinian, Kupferstich, 27,2 × 17,2 cm, London, British Museum.

reiten.127 Francesco Sacchini, der Biograph von Claudio Acquaviva, hatte in einem wegweisenden Traktat über die Erziehung der jungen Jesuiten, die Fragilität der Zöglinge beschrieben, die sich aus ihrer bipolaren Zugehörigkeit ergebe: Gleichermaßen seien sie Teil der universalen Gemeinschaft der Menschheit als auch der Gemeinschaft der Kirche.128 So lebe jeder junge Mensch zwischen höchster Glückseligkeit und extremer Schwäche, vergleichbar mit der Gnade des primo uomo, der zwar noch nicht vom Bösen korrumpiert sei, doch auch die Versuchung Adams in sich trage. Wenngleich jeder Novize auch dem Guten entgegen strebe, bleibe er anfällig für alle Erscheinungen und schlechten Neigungen von denen

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Siehe insbes. die Arbeit von Stefano Zen über die Pädagogik nach Trient, in Bezug auf Bellarmino, Baronio und einer einleitenden Unterscheidung zwischen „veritas umanistica“ und der „veritas confessionale“, Zen, 2002. Sacchini, 1616, S. 82. Zit. bei Guerra und Sacchini, 2001, S. 24–26.

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III. Martyrium

er umgeben sei.129 Der Lehrer, so folgert Sacchini, erhält somit die Position eines Erlösers: Seine Aufgabe sei es, die Bestien zu Menschen zu formen („facit è bestialis homines“), indem er jeden Zweifel in ihnen bekämpfe, ihnen beibringe die Leidenschaften zu zügeln, sie lehre, klug und demütig in ihren Verpflichtungen zu sein, um sie der Familie, der Religion und dem Staat ergeben zu machen.130 So metaphorisch es in den Lehranweisungen klingen mag: Die Bestie ist im lehrhaften Bilderzyklus von Santo Stefano Rotondo ein wiederholt und variantenreich dargestelltes Sujet aus dem sich die Naturrechtsdebatten der Zeit ableiten lassen, die Suárez oder Mariana in Bezug auf die Tyrannenlehre formuliert hatten. So steht dem V. Fresko (Bild 80, 81) die folgende Bildüberschrift voran: „Carnes sanctorum tuor bestiis terrae. Ps. 78 Das Fleisch der Gläubigen an die Bestien der Erde.“131 Es zeigt eine Handvoll anonymer Christen, die in einem Amphitheater von wilden Hunden zerfleischt werden. Auf den Befehl Neros (A) wurden sie mit Tierfellen bekleidet und kamen im „Circo Vaticano“ auf diese grausame Weise ums Leben, wie Cavalieri ergänzt.132 Drei Bildfelder weiter wird der Tod des Heiligen Ignatius von Antiochien gezeigt, auf den sich zwei Löwen stürzen (Bild 82), wobei das Motto lautet:133 „Dentibus bestiar mular ut panis mundus inveniar. Lass mich von den Zähnen der Bestien zerfleischen, so dass ich als Brot der Welt gefunden werde.“134

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Guerra und Sacchini, 2001, S. 25. „Ergò magistri pia sedulitas eos pueris donat annos: excutit soporem: nugas discutit: facit è bestialis homines.“ Sacchini, 1616, S. 87. Monssen, 1982, S. 192–195, hier S. 195. Cavalieri bezieht sich auf Tacitus, Annalen, Lib. XV, 44 als Quelle: „De christianis qui sub Nerone in Circo Vaticano ut Tacitus refert, ferarum pellibus induti canibus obijciebantur.“ Cavalieri, Bib. Vall., f. 10–11. Bildlegende: „Nero Imp. / A. Christiano ferarum Pellibus indutos / B. Gervasium verberibus necat / C. Protasium, Processuet Martinianum obtruncat, Allij alia passi. L’istesso Nerone fa vestire i SS. Di Pelli die fiere e li fa lacerar da cani. B. Nell’istesso tempo i Santi Gervasio C. Protasio, Processo e Martiniano / sono martirizzati, e molti altri per la sua santa fede morirono.“ Die in der subscriptio zusätzlich benannten Heiligen Gervasius (B), Protasius, Processus und Martinian (C) sind als Figurengruppen in der Landschaft kaum auszumachen. Ihre Martyrien können nur mithilfe des erklärenden Textes spezifiziert werden. „Bestiarum dentibus molor & sub igot, ut panis mundus efficiar Christo.“ So im Breviarium Romanum, nach dem Ignatius am 1. Februar gedacht wird. Breviarium Romanum, 1542, S. 430. Vgl. Monssen, 1982, S. 210. Monssen, 1982, S. 208–211.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

In der Bildlegende verweist Cavalieri explizit auf den Imperator Trajan, der Ignatius zu diesem qualvollen Tod verurteilte.135 Er vergleicht seinen Tod mit dem in der Eucharistie fortlebenden Opfer und Leid Christi. So nenne er sich „Weizen Gottes“, der von den Zähnen der Bestien gemahlen werden müsse, um in der imitatio Christi zu „reinem eucharistischen Brot“ zu werden. Auch hier wird auf den Weg der christlichen Erziehung verwiesen. Nach dem Brief des Ignatius an die Römer wird der Christ erst dann ein Mensch, wenn der Weg des Martyriums im Kampf mit den Bestien beschritten worden ist.136 Drei Fresken weiter, werden die Märtyrer und auszubildenden Novizen direkt mit dem Tier verglichen (Bild 83): „Aestimati sumus sicut oves occisionis. Ps. 43 Wir werden als Schafe betrachtet, die geschlachtet werden.“137 Hauptfigur des Bildes ist die Heilige Blandina (B), die durch ein über sie geworfenes Netz gefesselt im Sand eines Circus kniet und von einem Stier attackiert wird.138 Auffällig ist ein aktueller Verweis, da in der Bildunterschrift explizit Frankreich (Galiis) erwähnt wird, in dem die Christen „extreme Leiden“ erdulden würden. Dies wird im oberen Teil des Freskos als eine Massenverbrennung gezeigt, die der Legende nach die Verbrennung der Leichen andeutet, denen eine Bestattung verwehrt worden war (A). Die im Hintergrund kaum zu erkennenden weiteren Martyrien werden im Text erklärt: Attalus verbrennt auf einem glühenden Sitz (C), der fünfzehnjährige Ponticus wird an einen Pfahl gebunden und brutaler Folter unterworfen (D) und summarisch ergänzt wird, dass „andere […] mit ihm in anderer Weise das Martyrium“ teilen.139 Auch das XII. Fresko zeigt Szenen animalischer Gewalt (Bild 84): Unter den Tyrannen Septimius Severus und Caracalla werden die Heiligen Perpetua und Felicitas im Circus Maximus von wilden Tieren angegriffen (A), die sich auf

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„De D. Ignatio qui Traiano imperante damnatus ad bestias leonum dentibus praefocatis est“, Cavalieri, Bib. Vall., f. 26–27. Ignatius Brief an die Römer, 4.1f.: „[…] laßt mich ein Fraß für die Bestien sein, durch die es möglich ist, zu Gott zu gelangen. Weizen Gottes bin ich und durch die Zähne der Bestien werde ich gemahlen, damit ich als reines Brot Christi erfunden werde.“ Milchner, 2004, S. 38. Psalm 43, 22. Monssen, 1982, S. 218–223, hier S. 221. Bildlegende: „Antonio Vero Imper. A. In Galiis Cristiani estrema omnia patiuntur, B. Blandina invicti animi mulier igni saepe imbusta, feris obiecta, tauri cornibus iactatur, C. Attalus in cadenti sede comburitur, D. Ponticus XV adolescentulus diris cruciatibus necatur Alij alia passi.“ Monssen, 1982, S. 221. Benz, 2007, S. 121.

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III. Martyrium

Bild 82  Niccolò Circignani, Matteo da Siena: Martyrium des Ignatius, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo.

Bild 84  Niccolò Circignani, Matteo da Siena: Martyrium der Heiligen Perpetua und Felicitas, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo, Detail.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Bild 83  Monogrammist MP: Martyrium der Blandina, Kupferstich, 27,1 × 17,3 cm, London, British Museum.

Bild 85  Monogrammist MP: Martyrium der Heiligen Perpetua und Felicitas, Kupferstich, 27 × 17,1 cm, London, British Museum.

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III. Martyrium

ihre Körper stürzen und im Begriff sind, ihre Köpfe und Gliedmaßen zu zerreißen.140 Mahnend steht Psalm 23,14 über dieser Szene (Bild 85): „Firmamentum est Dominus timentibus eum. Ps. 23 Der Himmel Gottes ist mit denen, die den Herrn fürchten.“ Angst und Gehorsam halten die hierarchische Ordnung der Gemeinschaft aufrecht, in der der junge Schüler zukünftig seinen Platz finden soll. Stärke und Schwäche des Novizen, seine korrumpierbare weltliche und unverletzlich geistige Seite, lassen sich in den Darstellungen der todbringenden Bestien als Deklinationen des Themas wiederfinden. Sie werden als Instrumente der tyrannischen Willkür gezeigt, die sich betont nicht gegen Einzelne, sondern in jedem Bild kumulativ gegen eine größere Gruppe von Menschen richtet. Diese visuelle Argumentation sollte rund sechzehn Jahre später ihre theoretische Entsprechung finden und politische Unruhe stiften. In dem pädagogischen Traktat De Rege et regis institutione (1599), der als Fürstenspiegel für den jungen Philipp III. in Auftrag gegeben wurde, beschrieb Juan de Mariana den Tyrannen als Bestie: „Tyrannum bestiae instar esse ferocis et immanis“, und im Gegensatz dazu die vorbildliche Geduld und Ergebenheit der frühen Christen gegenüber tyrannischer Willkür.141 Die Exzesse und Ungerechtigkeiten gegenüber wehrlosen Christen verwendet Mariana als Folie, um ein Prinzip deutlich zu machen: Die Autorität des Souveräns basiert auf der Autorität des Gemeinwesens. Widersetzt sich ein Tyrann dieser Autorität, dann muss überlegt werden, ob nicht zugunsten der Wahrung des Friedens dieser durch Individuen abgesetzt oder auch getötet werden darf.142 Francisco Suárez, der die Notwehr-Verpflichtung eines Gemeinwesens oder Staates als sittlicher Gesamtperson gegen einen Tyrannen diskutiert, bezeichnet dies als ein „Naturrecht“.143 Wenn das bonum commune bedroht sei durch einen Souverän, der nur auf eigenen Vorteil bedacht ist, wäre ein passiver Widerstand gegen jene Gesetze, welche sich gegen das Gemeinwohl richten, Pflicht. Diese Pflicht ergäbe sich aus einer Diskrepanz zwischen positivem und göttlichem Recht, da sich das staatliche

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Text der Bildlegende: „Septimio Severo Caracalla Imp. A. Perpetua et Felicitas et alij bestijs obiecti dilaniatur, B. Victor et Zepherinus Rom. Pont. Occiduntur, C. Leonides et Basilides necantur, D. Virgo Alexandrina ardore liquatae extinguitur.“ Monssen, 1982, S. 175–318. Die obere Zone zeigt die Märtyrertode der beiden Päpste und Heiligen Vettore und Zeferino (B), die Heiligen Leonides und Basilides liegen erschlagen auf dem Boden (C), und die Heilige Jungfrau aus Alexandrien wird mit heißem Pech übergossen (D). Vgl. auch Monssen, 1982, S. 225. Mariana, 1605, S. 55 und 58. Siehe Höpfl, 2004, S. 318–321. Zuletzt ausf. Braun, 2007. Darauf Bezug nehmend Reinhardt, 2007, S. 273–294. Mariana, 1605, S. 59f. Rommen, 1926, S. 212.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Gesetz niemals gegen das göttliche verpflichten könne.144 Der aktive Widerstand gegen einen Tyrannen – das Widerstandsrecht – ermögliche die Absetzung des Herrschers: „Wenn der König tyrannisch regiert, und dem Staate kein anderes Mittel zur Verteidigung übrigbleibt, […] dann kann der Staat auf gemeinsamen Beschluss der Städte und Stände den König absetzen. Einmal aufgrund des Naturrechts, wonach Gewalt mit Gewalt zurückgewiesen werden kann, dann auch, weil dieser Fall zur Erhaltung des Staates selbst notwendig immer in dem ersten Vertrage, durch den der Staat seine Gewalt dem König überträgt, ausgenommen ist.“145 Noch bevor Mariana und später Suárez das Für und Wider des Tyrannenmordes in ihren moralischen und rechtlichen Konsequenzen ausführlich diskutieren, haben die Fresken von Niccolò Circignani und Matteo da Siena die beiden Extreme von entgrenzter Tyrannei und passivem Widerstand visualisiert. Die Bilder im Ausbildungskontext, welche die Lehrmeinungen der jesuitischen Pädagogik zum Ausdruck bringen, zeigen Übereinstimmungen mit den politischen Dogmen. Gemeinschaft, Widerstand und Gehorsam werden in einer Gesamtschau unterschiedlicher Szenarien vor Augen geführt, um die innere Haltung der Or­ densmitglieder zu beeinflussen. Die hierbei zu beobachtende Prävalenz des zu erlernenden und verinnerlichenden Gehorsams, auf dem der Zusammenhalt und das Funktionieren der Gemeinschaft fundiert, wird besonders im XXIII. Fresko (Bild 86) ersichtlich, das unter den letzten Fresken des Zyklus, in denen die Gewalt im Bild zunehmend potenziert wird, eine besondere Stellung einnimmt.146 Vor einem altarähnlichen Sockel, auf dem ein Feuer brennt, stehen zwei blondgelockte Jünglinge.147 Beide strecken eine Hand in die auf der mensa glühenden Kohlen und die andere zum Herzen und gen Himmel. Im Unterschied zu den anderen Martyrien werden die beiden Jungen nicht zu ihrem Leid gezwungen, sondern betonen ihre Freiwilligkeit zur physischen Qual, was die um sie herum stehenden älteren Männer, an deren Stelle sonst die Folterknechte platziert sind, mit Gesten des Erschreckens, der Bewunderung und der Überraschung quittieren. Die Bildüberschrift deutet auf eine Eidesszene hin, deren Text Exodus 32:29 entnommen ist (Bild 87): 144 145 146 147

Ibid., S. 228. Suárez, 1614 III, Kap. 3, §5. Hier zit. nach Rommen, 1926, S. 229. Monssen, 1982, S. 265–269. Die Inschrift auf dem Sockel lautet (stark zerstört): „Duo iuvenes cristiani cu ad/ Ni ria sacrificia cogerentur manibus accenso ioco hectis / manus inquivunt abiince Dio/ subtraxerimus sacriticasse nos putatote quo dicto con/ states imotiq. tamdiu du ma / nus ureretur persiterunt.“ Vgl. Monssen, 1982, S. 268.

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III. Martyrium

„Consecratis manus vestras domino ut detur vobis benedictio. Exod. 32 Ihr weiht Eure Hände dem Herrn, damit ihr gesegnet werdet.“148 Der Fingerzeig in die obere Bildhälfte lässt unzweifelhaft erkennen, welche Vorbilder die beiden Jünglinge sich für ihre Tat genommen haben und wie die hier vorgeführte Unverletzlichkeit zu erklären ist. Mehrere Exekutionen sind dort nebeneinander dargestellt: reißende Bestien, brennende Scheiterhaufen, siedende Wassertöpfe.149 Darüber öffnet sich die Landschaft in eine Bucht, an der eine befestigte Stadt liegt, über der wiederum noch höher liegende Bergketten zu erkennen sind. Länger als andere Legenden listet diese insgesamt die Martyrien von B bis G auf.150 Das Fresko bildet so eine Ausnahme, da hier die Passivität des Leidens und das Fehlen jeglichen Widerstandes gegen die willkürliche Verurteilung in eine aktive Geste gewandelt werden. Der Fingerzeig

Bild 86  Niccolò Circignani, Matteo da Siena: Martyrium des Primus und Felicianus, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo, Detail.

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Vollständig: „Und Moses sprach, heute seid ihr geweiht dem Ewigen, indem ein Jeglicher ist wider seinen Sohn und Bruder, dass heute über euch ein Segen komme.“ Exodus 32:29. Vgl. auch Monssen, 1982, S. 268. Monssen, 1982, S. 265. Es scheint mehrmals wieder überarbeitet und weitere Buchstaben (bis S, V) hinzugefügt worden zu sein.

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wird zur Triumphgeste und deutet an, was der Lernende über die in den Fresken zelebrierte Selbstdisziplinierung erreichen soll. In bildhafter Überwindung sind alle physischen Qualen zurückgedrängt und der Körper ist gegen die tyrannisch auferlegten Gesetze resistent geworden: die weisende Hand, vom Körper distanziert, lenkt auf die christlich-asketische Überwindung des Leibes hin, die hier von den Prinzipien der Verstellung (simulatio) und Selbstüberwindung (dissimulatio) bewirkt wird.151

Bild 87  Monogrammist MP: Martyrium des Primus und Felicianus, Kupferstich, 27,1 × 17,2 cm, London, British Museum.

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Beispiele für diese Form der Selbstdisziplin und vorbildhaften patientia sind in den Fürstenspiegeln des 16. Jhs. zahlreich. Francesco Salviati hat z. B. in einem Entwurf für die Mediceische Arazzeria das Thema des stoischen Erduldens körperlichen Schmerzes zum Vorbild genommen. Ein im Museo Nazionale di Capodi­ monte in Neapel aufbewahrter Teppich (ca. 1545) zeigt eine Opferzeremonie Alexanders des Großen, bei der ein junger Weihrauchträger trotz einer durch die glühenden Kohlen des Weihrauchgefäßes erzeugten schweren Verbrennung seiner Haut, die alle Umstehenden sich die Nase zuhalten lässt, keine Anzeichen des Schmerzes oder Affekts äußert, um die Zeremonie nicht zu stören.

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III. Martyrium

Bild 88  Giovanni Battista de‘ Cavalieri: Martyrium des Maximio und Licinio, in: Ecclesiae Militantis Triumphi, 1585, Kupferstich, Rom, BAV.

„Der Gehorsam ist ein Holocaust“, schreibt Ignatius in einem Brief nach Portugal, „in dem sich der Mensch, ohne irgendeinen Teil von sich abzuspalten, dem Feuer der Liebe zu seinem Schöpfer und Herrn darbietet […]“. Für diese Liebe entledigt er sich allem anderen, „um ganz von der göttlichen Vorsehung besessen und regiert zu werden.“152 Dieses innere, vollständige Verbrennen des Eigenen, Individuellen zugunsten einer übergeordneten Einheit wird in den Fresken als apokalyptische Landschaft, als unvorstellbar blutrünstige Massaker und äußerste physische Qualen visualisiert und in der Vielzahl der Bildfelder aufs immer Neue wiederholt: Eine überschaubare Anzahl namentlich benenn152

„[…] un holocausto nel quale l’huomo tutto intiero senza dividere di sé parte alcuna, s’offerisce nel fuoco della carità al suo Creatore e Signore per mano d’suoi ministri, epoi ch’ella è una rassegnatione intiera di sé medesmo, per la quale si spoglia tutto di sé per esser posseduto e governato dalla Divina providenza per mezo del superiore.“ Brief vom 26. März 1553 an die Patres in Portugal, siehe Acquaviva, 1606, S. 3–17, hier S. 7.

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Bild 89  Anonym: Martyrium des Giacomo l’interciso, in: Martirologio dei Battuti Neri, 15. Jh., Venedig, Fondazione Cini.

barer Märtyrer im Vordergrund werden dazu mit weiteren, nur summarisch angedeuteten Opferszenen im Bildhintergrund ergänzt, die sich weit in der Tiefe der Landschaft oder dem urbanen Raum befinden und mit dem bloßen Auge bisweilen kaum mehr auszumachen sind. Einige Darstellungen der Gewalt werden dadurch gesteigert, dass auch die Opfer im Vordergrund anonymisiert und statt wiedererkennbarer Formen der Strafe und Folter lediglich willkürliche Brutalität der Exekutionen gezeigt wird. So im XXVII. Fresko (Bild 25, 88), dessen Motto die Trennung zwischen weltlich-gebundenen und gequälten Körpern und der geretteten, triumphierend lachenden Seele chiffriert: „Ridebit in die novissimo. Prov. 31 Sie wird lachen am Jüngsten Tag.“153

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Monssen, 1982, S. 284–289.

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III. Martyrium

Im Vordergrund des Bildes liegt ein männlicher Körper auf einer Schlachtbank, der auf besonders grausame Weise getötet wird. Diese Darstellung diente als Vorbild für die bereits diskutierte Nachbildung in Paleottis Bologneser Kapelle (Bild 24). Die Szene ist mit Visualisierungen des Jakobus-Martyriums in Verbindung zu bringen, dessen Körper von den Zehen bis zum Kopf auf brutale Weise in 28 Teile zerstückelt wird. Dies müsste dem Künstler aus bebilderten Martyrologien bekannt gewesen sein, die den zum Tode Verurteilten in den letzten Lebensstunden Trost spenden sollte, wie dem der Confraternita dei Bat­ tuti Neri aus Ferrara (Bild 89).154 In dieser Darstellung dominiert jedoch die Person des befehlenden Tyrannen die Szene, der über dem auf einer Platte liegenden Jakobus thront, dessen Glieder von zwei Schergen mithilfe von Messern, Hämmern und Beilen abgetrennt werden. Als Mittlerfigur steht hinter der Platte ein sich in Kleidung und Haltung von den Schlächtern unterscheidender Befehlsempfänger, der aufmerksam den Gesten des Königs folgt und die Folter zu überwachen scheint. Der Legenda Aurea gemäß kommentiert der unbeeindruckte und sich bei vollem Bewusstsein befindliche Jakobus jeden Schlag dieser rituellen Verstümmelung, bis ihm schließlich der Kopf abgetrennt wird.155 In Circignanis Fresko fehlt diese Instanz einer rechtsprechenden Autorität, die das Martyrium und das Maß der Folter anordnet. Nur mit einem Lendenschurz bekleidet wird die Figur von einem Schlächter beinahe wahllos in viele Teile gehackt, so dass das Blut des Körpers den Tisch herab auf den Boden und fast über die Ränder des Freskos hinauszuströmen scheint. Doch nicht als „San Giacomo interciso“ sondern als ein Beispiel für das Schicksal vieler anderer Christen, denen auf grausame Weise die Gliedmaßen abgetrennt wurden, wird dieser Darstellung eine generische Bedeutung zugeschrieben (A).156 Über der Schlachtbank türmt sich ein unbeschreiblich großer Leichenberg auf und bildet einen Kulminationspunkt der grenzenlosen Grausamkeit des gesamten Freskenzyklus (E). Hier wird laut Bildunterschrift auch der Bischof Simon zusammen mit 16.000 Christen „zerstückelt“.157 In einem umzäunten Bereich erkennt man die Tötung anderer Christen durch wilde Bestien (B), doch die einzig benannte Figurengruppe besteht aus zwei Männern, die vor einem mit der Axt ausholenden Henker knien und als Bischof Pietro aus Alexandrien „und andere“

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Über das Martirologio vgl. Toesca, 1968, S. 44–52 und Prosperi, 1982, S. 959–999. Ich danke Marion Heisterberg für diesen Hinweis auf das Ferrareser Martirologio, das in der Fondazione Cini aufbewahrt ist, Inv. 2501, hier fol. 32. Zu Jakobus grundsätzlich die Legenda Aurea, vgl. Benz, 2007, S. 713–716; LCI, 7:42–44. „A. Christiani in modi crudeli sono lacerate le membre e molti sono in vari modi tormentati.“ Monssen, 1982, S. 289. „E. Simeone Vescovo e sedici mila Cristiani per la S. fede sono fatti a pezzi.“ Ibid., 1982, S. 289.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

bezeichnet werden (C). Ebenfalls nur als anonyme Masse wird noch tiefer im Bildhintergrund eine Menge von vierzig Soldaten in einem Flussbett gezeigt, deren Beine gebrochen wurden und die so dem sicheren Tod durch Ertrinken ausgeliefert sind (D).158 Die Märtyrerbilder des Zyklus von Santo Stefano Rotondo haben weder eine singuläre visuelle Vorlage, noch verweisen sie auf eine einzige Textquelle. Sie kombinieren vielmehr eine Vielzahl von unterschiedlichen Text- und Bildquellen, wobei die Bilder durch die nahezu fehlenden ikonographischen Bezüge eine deutliche Autonomie erhalten.159 Etwas anders verhält es sich mit den Textquellen: Augenscheinlich sind die meisten der Martyrien dem römischen Kontext entnommen, was auf ein zusammenfassendes Quellenkorpus schließen ließe. Ein solcher für die Märtyrerlegenden zentraler, spätantiker Text war z. B. das Peristephanon (Märtyrerkronen), das als Vorlage gedient haben könnte. Der Verfasser Prudentius (348–nach 405) war ein praktizierender Jurist im römischen Imperium unter Theodosius.160 Er versammelte hagiographische Texte zum Leben und Tod der Märtyrer und beschrieb gleichzeitig die Zeremonien, die städtischen Institutionen, die unterschiedlichen Liturgieformen und die Architekturen der Stadt Rom.161 Prudentius’ Texte wurden besonders im Mittelalter rezipiert, erfuhren jedoch im 16. und 17. Jahrhundert eine neue Auflage.162 In seinen Legenden beschreibt er die Märtyrer als „Advokaten“, die zwischen der 158

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Es könnten zahlreiche andere Massaker angeführt werden, die ähnlich sinnlosgrausame Szenarien darstellen. So im Fresko XXIX. mit dem Psalm: „Laetati sumus pro diebus quibus nos humiliasti annis quibus vidimus mala. Ps. 90.“ Die Bildlegenden verweisen auf Afrika als Ort, wo viele tausend Katholiken ins Exil geschickt worden waren und die Schwächsten von ihnen vor Erschöpfung umkamen (A). Im Hintergrund ist eine dichtgedrängte Menge angedeutet. Am linken Bildrand zieht ein Reiter aus einem Stadttor. Vor ihm liegen Menschen am Boden: Es sind Bischöfe, die von Pferden zu Tode getreten worden sind (B) Andere seien zu Tode geprügelt worden wie ein auf eine Gruppe von Personen Einschlagender andeutet (C), daneben befinden sich drei aufgehängte Körper mit Steinen an den Füßen beschwert (D). Erst dann werden die Figuren im Vordergrund bezeichnet: Einem Jüngling wird seine Hand auf einem Sockel abgeschlagen, einem anderen die Zunge herausgetrennt (E). Monssen, 1982, S. 295–297. Monssen zählt die ihm nach Guibert bekannten Hagiographien auf, die den jesuitischen Novizen zugänglich gewesen sein sollen: Eusebius Historia ecclesiastica, Bedas Historia ecclesiastica gentis Anglorum, Lippomanos und Surius Vitae Sanctorum und Callistus Historia Ecclesiastia. Außerdem besaß Michele Lauretano das Manuskript einer speziellen Martyrologie und den ersten Druck des 1582 erscheinenden Martirologio Romano. Monssen, 1982, S. 175, Anm. 1. Neben seinem Werk über die frühchristlichen Märtyrer verfasste Prudentius die Psychomachia, die den Kampf der Tugenden gegen die Laster beschreibt. Die immer noch grundlegende Studie zu seiner Biographie, vgl. Lana, 1962. Roberts, 1993, S. 5. Sein Werk Psychomachia wurde in einem kurzen Zeitraum 13 mal neuaufgelegt, siehe Herz, 1989, S. 150–157.

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III. Martyrium

irdischen und der himmlischen Sphäre vermittelten. Von ihnen werde erwartet, dass sie sowohl eine irdische praesentia besitzen als auch vor dem göttlichen Thron die Anfragen und Bitten der Betenden und Beichtenden vor Christus den Richter bringen und sich für die Verteidigung des Strafmaßes eines menschlichen „Verbrechens“ einsetzen (nostri reatus efficax / orator ad thronum patris).163 Dies entsprach auf anderer Ebene auch der Beziehung zwischen Patron und Klient, einem konstituierenden Element der Sozialstruktur der römischen Gesellschaft. Die Funktion des Patrons als advocatus und defensor verhält sich analog zu Augustins Beschreibung der Märtyrer als orantes et inpetrantes.164 Der Märtyrer ist ein orator im christlichen wie im römisch-traditionellen Sinn, nachdem die Patrone ihre Klienten vor den Gerichtshöfen repräsentierten. Im Gegensatz zu den irdischen Institutionen sprächen die Märtyrer jedoch gleichzeitig vor dem aeternus rex und sempiternus iudex.165 Göttliches Gericht (rea­ tus) und Herrscherthron (thronum) fallen in eins. Die Märtyrer werden von Prudentius als „Verteidiger“ einer größeren Gemeinschaft beschrieben, die eine schützende und nährende Funktion übernähmen, welche mit Familienbindungen vergleichbar seien.166 Die Parallelen zum römisch republikanischen sozialen und institutionellen System finden sich auch in der Bezeichnung des Märtyrers als „Freund“ Christi. Die Verwendung des Begriffes amicus bei Petronius, der damit weniger eine horizontale Bindung aristokratisch-römischer Netzwerke sieht, sondern vielmehr eine vertikale Beziehung der Unterordnung und sozialen Hierarchie. So wird amicus hier zu einem höflichen Euphemismus des cliens, des Klienten.167 Roberts vergleicht die Nähe der Märtyrer zu Christus oder Gott auch mit der römischen Form des amici principis, mit denen die nahen Vertrauten des Herrschers gemeint waren, die einen besonderen Zugang zu ihm hatten und im Patronagesystem eine ausgezeichnete Stellung besaßen. Für das jesuitische Verständnis des christlichen Martyriums ist bedeutsam, dass die Märtyrer als universelle Heilige zu verstehen waren, die nicht an nur einen Ort gebunden waren. Zwar befindet sich das Grab des Märtyrers an einem konkreten Platz, doch kommen Pilger aus aller Welt, um dieses zu sehen. 163 164 165 166

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So bezeichnet Prudentius die Funktion des Heiligen Vincent, Peristephanon 5.547– 48, vgl. Roberts, 1993, S. 22. Ibid. Mit Thron ist demnach sowohl der Richterstuhl als auch der Herrscherthron gemeint, ibid. Prudentius spricht in einem Abschnitt über die Wärme und nährende mütterliche Umarmung des Märtyrers: „ceu praesto semper adsies / tuosque alumnos urbicos / lactante conplexus sinu / paterno amore nutrias“, Übers.: „So, als ob Du immer präsent wärest, und Deine Stadt Pflegekinder in fester Umarmung an Deiner milchgebenden Brust halten und sie mit Deiner väterlichen Liebe nähren würdest.“, vgl. Roberts, 1993, S. 23. Ibid., S. 24.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Die Gebeine der Märtyrer, die Prudentius als patroni mundi (1.12) beschreibt, seien von Christus für eine bestimmte Stadt geweiht. Von diesen Märtyrergräbern strahle eine Kraft in immer größer werdenden Kreisen aus, die bald die gesamte Welt umschließen würde.168 Diese Spannung zwischen Distanz und Nähe, zwischen dem einzelnen Märtyrergrab und der christlichen Gemeinschaft als zusammenhängende Gesamtheit, ist das Thema des letzten Kapitels des Peris­ tephanon. Die Bedeutung der einzelnen Märtyrer für eine bestimmte Stadt oder Gemeinschaft ist zentral, doch nicht exklusiv. In einem Gedicht, das er aus Spanien schickt, nennt Prudentius einzig Laurentius als den bedeutendsten römischen Märtyrer und Märtyrerpatron. Er betont, dass die Stadt Rom für die gesamte römische Welt stehe. Die enge Beziehung zwischen Märtyrergrab und Stadtgemeinschaft sei als eine Abhängigkeit der Stadt von dem Grab zu verstehen. Weltliche Institutionen spielen so eine zweitrangige Rolle im Vergleich mit dem authentischen Blut des Zeugens Christi. Die Grabstätte (locus) wird bei Prudentius von einem einfach zu bestimmenden Ort zu einer Zentrale der städtischen Macht. Peter Brown bezeichnet den locus als „saubere Quelle“ der Macht, der von den bisweilen brutalen Assoziationen weltlicher Macht rein gewaschen wird.169 Das Grab bildet einen Zugang zu dieser Gemeinschaft, da es über den Glauben an einen einzigen Gott viele Gemeinschaften zu einer christlichen Gemeinschaft verbindet.170 Die Ruinenlandschaften der Fresken sind mit der eschatologischen Vision des Prudentius vergleichbar, die sowohl die klassisch-antike Welt als auch deren Zerstörung mit einbezieht. Darin heißt es: „Ein Haus mit glorreichen Heiligen gefüllt, das in dieser Umarmung Christus soviele Geschenke darbietet, hat keine Angst vor der Zerstörung dieser vergänglichen Welt.“171 Die Städte bringt er mit den Märtyrern in Verbindung und im Angesicht des drohenden Jüngsten Gerichtes werden sie zu rettenden „Geschenken“. „Wenn Gott kommt, seine rechte strahlende Hand erhebt und sie auf eine rotgefärbte Wolke legt, um für die Menschen der Welt die wohlausbalancierten Waagschalen zu richten, wird jede Stadt dieser Welt versuchen Christus zu begegnen […] in ihren Körben reiche Geschenke tragend.“172

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Roberts, 1993, S. 25. Brown, 1981, S. 101–105. Roberts, 1993, S. 28. „Plena magnorum domus angelorum / non timet mundi fragili ruinam / tot sinu gestans simul offerenda / munera Christo.“ Roberts, 1993, S. 31. „Cum deus dextram quatiens coruscam / nube subnixus veniet rubente / gentibus iustam positurus aequo / pondere libram / orbe de magno caput excitata / obviam Christo properanter ibit / civitas quaeque pretiosa portans / dona canistris.“ Ibid.

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III. Martyrium

Bild 90  Niccolò Circignani, Matteo da Siena: Parusie, 1582, Fresko, 275 × 210 cm, Rom, Santo Stefano Rotondo.

Auch Horaz beschreibt ein Untergangsszenario, das dem des Prudentius sehr ähnlich ist, mit dem Unterschied, dass es bei letzterem die Märtyrer und bei Horaz die „gerechten Menschen“ sind, welche der Katastrophe furchtlos und standhaft entgegensehen können: „Weder der Zorn der Bürger mit ihren korrupten Befehlen noch das Gesicht des angsteinflößenden Tyrannen wird den Geist jenes Menschen in seiner Standhaftigkeit erschüttern, der gerecht ist und fest in seiner Bestimmung […] lass die Welt nur auseinanderbrechen und stürzen, er wird keine Angst haben, wenn der Bau über ihm zusammenstürzt.“173 Das Zeitenende ist nahezu in jedem Wandfeld des Zyklus präsent. Die Darstellungen folgen einer apokalyptischen Logik von Unordnung und Kompositum, welche sich der harmonischen Bild-Komposition von Architekturdarstellung, 173

Roberts, 1993, S. 31.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Bild 91  Monogrammist MP: Parusie, Kupferstich, 27,1 × 17,2 cm, London, British Museum.

Stadtansicht und Landschaft widersetzt.174 Die Vorstellung und Visualisierung des Endes nimmt im letzten Fresko die konkrete Form der parousía an: Hier ziehen die Lebenden und Toten zusammen vor die Tore der Städte, deren Silhouetten am Horizont erscheinen (Bild 90, 91). Wie in Weltgerichtsdarstellungen, in denen sich die verdammten und die geretteten Seelen in Erwartung ihres Urteils in Registerzeilen aufreihen, sind in diesem Fresko fünf Ebenen eingezogen. Die unterste im Bildvordergrund füllt eine Versammlung mit Bischöfen, Päpsten, Königen und Fürsten, die von zwei gekrönten Männern gerahmt wird: Der eine hält in seiner Linken ein Schwert und trägt einen Brustharnisch. Der andere Gekrönte führt seine rechte Hand zur Brust, während er in der anderen einen Palmzweig hält und in seiner linken Schulter ein Dolch steckt. Direkt über den Köpfen der heiligen und gekrönten Märtyrer sind Massaker auf einem 174

James Elkins hat dies für die Bilder des Endes beschrieben, welche Sintflut und das Jüngste Gericht herbeirufen, Elkins, 1998, S. 237.

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III. Martyrium

offenen, unkonturierten Feld zu erkennen. Der Boden ist von Leichen übersäht, dazwischen flehende Überlebende, die vor ihren Peinigern auf die Knie gefallen sind und Hinrichtungsszenen mit Henkern, die mit dem Schwert die von ihnen Festgehaltenen hinrichten. Rechts am Bildrand unter einem Baldachin ist ein richtender Herrscher auf einem Thron zu erkennen, der seinen Arm zum Befehl erhebt. Tiefer im Bildhintergrund sind Menschenmassen in vier großen Blöcken auf dem Feld aufmarschiert. Wie eine Krone erheben sich darüber ein mit Schiffen besetzter Meeresstreifen und eine gewaltige Stadtsilhouette, deren unzählige Türme und Fahnenmäste wie übereinander geblendet erscheinen. „Laudabit te populos fortis civitas gentium robustarum Is. 25 Darum ehrt dich ein mächtiges Volk: die Städte gewaltiger Heiden fürchten dich. Jesajah 25:3“175 Die im Bild des Stephanus-Martyriums zu Beginn eingeführte Stadtmauer, die die Gemeinschaft schützt und zusammenhält, wird am Ende des Zyklus den Mauern anderer Gemeinschaften gegenübergestellt und hebt den wehrhaften Charakter des Martyriums hervor. Der Bildzyklus von Santo Stefano Rotondo folgte einem Wochenrhythmus: Jede Woche stellte einen separaten Zyklus innerhalb des größeren liturgischen Zusammenhanges des Kirchenkalenders dar. In der Abfolge der Bilder wurde die ganze Woche zu einer Art Allerheiligenfest, das dem corpus mysticum gewidmet war. Der Bilderzyklus übersetzt die schriftbasierte Erzählung der Martyrologien in Bilder, die in ihrer einprägsamen Drastik die Einbildungskraft anregen sollen. Die kurzen erklärenden Sätze in den Bildunterschriften sind der visuellen Darstellung untergeordnet und erweitern diese nur um die Angabe der historischen Zeit, die im Namen des Tyrannen angegeben wird. Die bis ins grausame Detail visualisierten Märtyrertode folgen keiner Narration, sondern dienen der Imagination einer sich über die Weltteile verbindenden Gemeinschaft, die sich direkt vom göttlichen Naturrecht her legitimiert. Tyrann und Märtyrer sind nicht in eine Dialektik und figurative Gegenüberstellung von Richter und Angeklagtem gebracht, sie ver-

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Im ergänzenden Text bei Cavalieri wird auf die unterschiedlichen Länder verwiesen: „Postquam Beatissimi Martires, quos aurea illa Christianos tulit aetas, debellatis inferorum monstris, et sublato daemonum cultu, Ecclesiae Dei pacem sua morte pepererunt alij deinceps, non numero sed virtute pares, omnibus pene seculis, pro religionis sanctitate decertarunt. In Germania quidem Ursula cum maximo Virginum comitatu; Bonifacius et Adalbertus Archiescopi, itemque Chilianus Epus in Ungaria; Gerarchis in Bosna sev Russia; Bonifacius in Svetia, Enricus Episcopus et Enricus Rex: in Anglia thomas Archipus et Edmundus Rex: in Bohemia Venceslaus Dux et alijs provincijs ex omnibus Christianos ordinibus, sanguine vitaque profusa. Catholicae Ecclesia nomen illustrarunt.“, BAV, Ciocognara 6, 2008, int. 4, f.31.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

schmelzen vielmehr in einer Figuration (geminatio).176 Über diese Art der Verschmelzung erklärt sich der Bezug auf die spätantike christliche Patronatstheologie. Mittelalterliche Heilige stellen die Kontinuität verbürgenden eigentlichen Herrscher dar, während die sterblichen Könige ihre Stellvertreter sind. So werden an Märtyrergräbern deshalb die Staatsinsignien entgegengenommen.177 Das Juridische schreibt sich in die Körper der Leidenden und die Handlungen der Schergen ein, in die umgebenden antikisierenden Architekturen, die dräuenden Landschaften der Zerstörung und des Untergangs, in die Leichenberge, das unschuldig vergossene Blut. Direkt benannt wird das Unrechtsregime lediglich über den Namen des Tyrannen in der Bildunterschrift der Fresken. Dieser Name wird zum Index des Repräsentierten, der auf die Katastrophe, die Gräuel und die Unordnung, kurz: auf einen rechtlichen Ausnahmezustand verweist. Es wird eine legislative Autorität gezeigt, die von den antiken Quellen her bekannt ist und hier nicht als eine handelnde Person, sondern über die oben genannten Motive als Bedrohung visualisiert wird. Das nicht visualisierbare Unrecht tyrannischer Willkür, das sich dem Diskursiven entzieht, wird über das Bild sichtbar gemacht und verweist damit ex negativo auf das „wahre Recht“. Die Gestaltung der Kollegiatskirche antwortet auf die gestiegene Nachfrage des neuen Markts der Ausbildung und dient hierbei in erster Linie dem Medium der Druckgraphik als Vorlage. Die Fresken werden zu spektakulären Werbeflächen des Ordens, der sich hier als Ausbildungsstätte für die höhere Bildung präsentiert, was weit über den Kirchenstaat hinaus bekannt werden sollte. Eine bislang wenig beachtete Schenkung von 24 Gemäldekopien an den dominikanischen Konvent San Pablo in Valladolid im Jahre 1612 schlägt nicht nur einen Bogen von Rom nach Spanien, sondern zeigt auch exemplarisch, dass die Fresken auch in anderen Ordenskontexten rezipiert wurden.178 Die Seitenverkehrtheit der einzigen bis heute erhaltenen großformatigen Ölbilder der Serie aus dem Konvent San Pablo zeigt, dass sich der Künstler an den druck176

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Kantorowicz hat umfassend Quellen zum Begriff der geminatio gesammelt. Die „Gemination“ reicht als Idee über die frühe christliche Theologie zurück in römische Staatskonzeptionen. Theologen der frühen Konzilien orientierten sich an dem Geminationsdenken um das irdische Erscheinen des Göttlichen zu deuten. Im römischen Recht spiegelte es sich in der Bestimmung des Verhältnisses zwischen Imperator und Staat. Siehe z. B. Kantorowicz, 1957, S. 55f. Ich danke Felix Jäger für diesen Hinweis. Juan Ladrón de Guevara und Hernando Espejo überbrachten im Auftrag des Herzog von Lerma, dem Patron des Konvents am 5. November 1612 die insgesamt 24 Bilder. Seit 1836 gilt die Serie als in größten Teilen verschollen. Nur acht der Bilder haben sich in der Kathedrale von Valladolid erhalten und sind heute im Museo Nacional de Escultura in Valladolid aufbewahrt, vgl. López de Atalaya Albadalejo, 1993, S. 521–525 und Urrea, 2007, S. 24–27. Banners Studie über die Kunstpatronage des Herzogs erwähnt die Märtyrerserie nicht, Banner, 2009. Ich danke Alessia Frassani für den Hinweis auf die Serie.

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III. Martyrium

graphischen Vorlagen und nicht den römischen Originalen orientiert hat.179 In dem Martyrium der Heiligen Agathe (Bild 92) und des Heiligen Polykarp (Bild 93) ist sowohl in der Farbwahl und scharfen hell-dunkel Kontrastierung, als auch der Physiognomie und Anatomie der Körper leicht zu erkennen, dass hier die originalen Fresken in Santo Stefano nicht als Vorlage verwendet wurden, da sie

Bild 92  Anonym: Martyrium der Agathe, ca. 1610, Öl auf Leinwand, Valladolid, Diözesanmuseum (Farbbild 13).

Bild 93  Anonym: Martyrium des Polykarp, ca. 1610, Öl auf Leinwand, Valladolid, Diözesanmuseum (Farbbild 14).

diese in ihrer malerischen Qualität weit übertreffen.180 Die Grundstruktur des Bildaufbaus, wie sie im Stich MPs zu erkennen ist (Bild 94), wird zwar bewahrt, doch die plastische und farbliche Darstellung unabhängig davon gestaltet. Kein anderer als der Enkel des dritten Jesuitengenerals Francisco de Borja (1510–1572), Francisco Gómez de Sandoval y Roja, Herzog von Lerma (1553– 1625) und Günstlings-Minister Philipps III., hatte den Dominikanerkonvent großzügig gefördert und unter anderem auch diese Schenkung angeordnet.181 Dass hiermit ein jesuitisches Bildprogramm an einen Dominikanerkonvent weitergegeben wird, besitzt vor dem Hintergrund des berühmten „Gnadenstreits“ 179 180 181

Dokumentation im Archivio Histórico Provincial de Valladolid, Prot. no. 683, fol. 1870v, 5-XI-1612. Die Bilder wurden zuletzt in einer Ausstellung des Museo Diocesano in Valladolid 2007 ausgestellt, siehe Urrea, 2007. Lermas religiöse Patronage läuft unweigerlich mit seinen politischen Ambitionen zusammen. Vgl. das Kapitel bei Banner, 2009, S. 47–107.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

Bild 94  Monogrammist MP: Martyrium des Polykarp, Kupferstich, 27,1 × 17,2 cm, London, British Museum.

zwischen den beiden konkurrierenden Orden eine besondere Bedeutung. Diese seit den 1590er Jahren geführte Auseinandersetzung hatte sich in der moraltheologischen Frage des Verhältnisses zwischen Gnade und Freiheit zugespitzt. Die Dominikaner waren der Ansicht, dass allein die göttliche Gnade den menschlichen Willen bewegen könne. Die Jesuiten, prominent vertreten durch Luis de Molina, verneinten den unmittelbaren Einfluss Gottes auf den Willen des Menschen.182 Molina griff die These des Dominikus Bañez an, der annahm, dass Gott als Ursache allen Seins, auch für den Willen des Menschen und damit eingeschlossen die Sünde, verantwortlich sei. In der von Molina vertretenen These der göttlichen scientia media wurde konkret diskutiert, ob Gott allein über wahr und falsch entscheidet. Die menschliche Willensfreiheit hängt Molina zufolge nicht direkt vom göttlichen Willen ab.183 Papst Clemens VIII. Aldobrandini hatte versucht, zwischen den beiden Parteien zu schlichten, doch 1598 kam 182 183

Zum jesuitisch-dominikanischen „Gnadenstreit“, vgl. Maihold, 2005, S. 248. Suárez unterstützt Molinas These in seinem Werk De scientia Dei futurorum con­ tingentium (1600), vgl. Knebel, 1991, S. 262–294.

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III. Martyrium

es zu einem Prozess in Rom, bei dem Molina verurteilt und seine Thesen verboten wurden. Paul V. Borghese bestimmte schließlich 1611, dass Meinungen und Publikationen über die Frage der Glaubenslehre nur noch mit Zustimmung der römischen Inquisition erfolgen dürften. Die Schenkung der nach Circignani gestalteten Ölgemälde an den spanischen Dominikanerkonvent ein Jahr nach diesem Verbot, in denen der ungebrochene Wille der christlichen Märtyrer vor Augen gestellt wird, die ihr Schicksal freiwillig in Kauf nehmen, erhält vor diesem Hintergrund eine brisante Konnotation. Die ordnenden Direktiven der emblematisch gegliederten Bilder dienten der Memorierung eines komplizierten Inhalts.184 Diese solcherart gestalteten Gedächtnisanweisungen folgen einem bestimmten Schema, das alphabetisch strukturiert und in einer bestimmten Reihenfolge vom christlichen Opfertod erzählt, um einen vielschichtigen Bedeutungszusammenhang begreiflich zu machen. Das Erlernen dieser Bilder und ihrer Verbindungen untereinander in Santo Stefano Rotondo besteht eben nicht in einer bloßen Aufzählung und Illustration der grausamsten Martyrien. Vielmehr geht die Perpetuierung und Steigerung der Grausamkeiten dieser Tode auf ein Prinzip zurück, das rhetorischen Modellen verpflichtet ist und wie eine Lehrtafel verstanden werden muss. Das emblematische Format der Fresken wird in den Reproduktionsgraphiken und –bildern erneut aufgenommen, und trägt zu einer schnellen Verbreitung der Bildinhalte bei. Das bereits erwähnte Büchlein von Giulio Roscio, die Emble­ mata sacra S. Stephani caeli montis intercoluniis affixa (1589) mit den zwanzig Emblemen von Antonio Tempesta, das jeder Märtyrerszene eine Art begleitendes geistliches Argument mit beigibt, bildet Teil der Techniken der ars memo­ rativa.185 Auch Giovanni Battista de’ Cavalieris Triumphus martyrum in templo D. Stephani Caelii montis expressus (1587), das die Fresken von Santo Stefano wiedergab, fügt einen ergänzenden und die emblematische Aussage erklärenden Text hinzu.186 Der Zuhörer und Zuschauer soll nicht mit dem Schock über die gezeigten Brutalitäten allein gelassen werden, sondern hierüber sich im argumentativen rhetorischen Beweis schulen, um die eigene Überzeugung erfolgreich vertreten zu können. Die Visualisierungen von Unrecht und Widerspruch, Folgsamkeit und Hingabe dienten der Übung rhetorischer acutezza und die prakti184

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Monssen nimmt eine memoriale Funktion der Fresken an, die die Märtyrer der alten „universalen“ Kirche aus allen Teilen der Welt zeigen sollen, Monssen, 1983, S. 11–106, hier S. 31. Monssen, 1981, S. 134. Ausführlich hierzu vgl. Monssen, 2009, S. 305–366. Gewidmet Kardinal Giacomo Savelli, Vikar von Rom. Roscios unpaginierte Widmung des Triumphus marty­ rum von 1587 an Kardinal Savelli: „Erecto enim, auctoque à se nobili Collegio Germanorum hunc locum attribuit, ut ijdem ad fidem in patria defendendam eius exemplo incitarentur, qui primus sanguine ipsam testatus fuerat.“ Die Ausgabe von 1589 ist Prosper de Baume gewidmet.

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2. Das ABC der Zeugen: stephanos, xylon, bestiae

sche Bezugnahme auf das, was angemessen ist, in Konfrontation mit anderen Rechts- und Gesellschaftsordnungen.187 Kaum eine andere Figur hat Theologie und Politik des europäischen Raumes so tief geprägt, wie die des Opfers für eine Gemeinschaft.188 Die Darstellungen von Martyrien und die Inszenierung öffentlicher Hinrichtungen stellen gemeinsam einen Teil eines visuellen Dispositivs dar, das sich der Narration des Opfers im Namen Gottes und des Rechts zu gleicher Zeit bedient. Es ist bekannt, dass die Darstellungen der unterschiedlichen Konfessionen sich hierbei sehr nahe kamen: So waren die illustrierten Propagandaschriften, welche die Gewalt und Perversität der Strafe der jeweils feindlichen anderen Seite zeigten, fast austauschbar und miteinander zu vergleichen.189 Die Verkörperung der Idee des Martyriums erklärt sich durch die Bereitschaft der Aufgabe des eigenen Körpers. Mit der „Lektüre des gezeichneten Körpers und damit mit dem Opfer“ beginne das Recht, so Haltern.190 Der Körper werde zum „Transformationspunkt von der Grammatik der politischen Handlung […] zur Grammatik des Rechts“. Erst durch den „Investitionsakt, durch das Opfer, werde aus dem Körper ein Text, gewissermassen ein Datenträger authentischen Zeugnisses“.191 Mit einem innerbildlichen Verweissystem und emblematischen Bildaufbau, gepaart mit einer über die dargestellte Gewalt gesteigerten Rezipientenerfahrung, werden die Fresken in Santo Stefano Rotondo der Idee der Zeugenschaft und dem Evidenz-Anspruch der Zeit gleichermaßen gerecht. Die Leerstelle im jesuitischen Curriculum, die das Recht und die Medizin den „säkularen“ Institutionen überlässt, scheint in diesem systematischen Bildaufbau und -einsatz geradezu bewusst kompensiert zu werden, um der Theologie die Deutungshoheit zu erhalten.

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Vgl. Fumaroli in O’Malley, 1999, S. 95f. Hier sei an erster Stelle auf Giorgio Agambens „Homo Sacer“ Projekt, 1995–2008 verwiesen, das auch im letzten Kapitel dieser Arbeit in Bezug auf den Zusammenhang von Bild und Ideengeschichte des Rechts diskutiert wird. Vgl. außerdem zur Bedeutung des sakralen Opfers für das Recht Assmann, 2000; Weigel, 2007; Wolf, 2004. Für die Kulturgeschichte besonders prägend war die Schrift „Das Heilige und die Gewalt“ von René Girard, 1987. Auch in der Politikwissenschaft erfuhr die Kategorie des Opfers eine Renaissance, vgl. den Überblick zum Begriff des Opfers in Münkler und Fischer, 2000, S. 343–362. Nur an einige dieser Schriften bereits im ersten Teil der Arbeit erwähnten Schriften sei hier erinnert: Robert Parson, De persecutione anglicana libello, 1582, Richard Verstegan, Théâtrum crudelitatum haereticorum, 1587. Auf protestantischer Seite John Fox, The book of Martyrs, 1563, und ein Jahrhundert später Thieleman van Braght, The Bloody theatre or martyrs mirror, 1660. Für einen Überblick vgl. die Studie von Burschel, 2004. Haltern, 2005, S. 95. Ibid, S. 96.

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III. Martyrium

3. Ev idenz des Zeigens im Bild Der mit der gestiegenen Nachfrage einhergehende ökonomische Wert der Lehrbilder von Santo Stefano Rotondo und ihre vielseitige Rezeption erklären sich durch eine katechetische Verbindung von Text und Bild, über die das Lernen effektiv gefördert werden soll. Die Anschaulichkeit der Lehrbilder lässt sich in zeitgenössischen epistemischen Bildern wiederfinden, die mit Strategien der Evidenz operieren und die mit juristischen Vorstellungen der Evidenz im Rechtsverfahren und der medizinischen Autopsie in Verbindung gebracht werden können, in denen das Sehen mit den eigenen Augen zu einem fundamentalen Kriterium des Bildes wird.192 Unter Bildevidenz wird zunächst die lebhafte Darstellung einer Handlung verstanden, die auf rhetorische Techniken der evidentia (gr. enárgeia) zurückzuführen ist. Der Begriff spielt im Rechtskontext auf die fides im Zeugenstand an und meint die Glaubhaftigkeit des Zeugenberichtes im Prozess der Urteilsfindung.193 Diese Entsprechung ist für den juridischen Status des frühneuzeitlichen Bildes von Bedeutung. In der Antike wurde der Begriff enárgeia als philosophische Erklärung für den Zusammenhang zwischen Realität und lebhafter Sinneswahrnehmung verwendet, welche die „unmittelbare Gewissheit des anschaulich Eingesehenen“ zum Ausdruck bringt.194 In der Rhetorik sowie der Kunsttheorie der Renaissance, wie den Schriften Ludovico Dolces, Gian Paolo Lomazzos u. a., galt die evidentia als bildliche Strategie der Überzeu192 193

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Baxandall, 1971, S. 80f.;.Haskell, 1993, S. 90–92;.Burke, 2003, S. 276. Zum rhetorischen Bedeutungsspektrum der „Evidentia, Evidenz“, siehe den Artikel von Kemmann, 1996, Sp. 33–47. Zuletzt zur Verwendung des „evidentia“ Motivs und dem sich daraus ergebenden „Evidenz-Prinzip“ in der Frühen Neuzeit, der Sammelband hrsg. von Wimböck, Leonhard und Friedrich u. a., 2007, hier S. 11–40. Siehe Jens u. a., 1996, Bd. 3, Sp. 33–38. Der Begriff und die damit zusammenhängenden Bedeutungskontexte der Evidenz wurden intensiv diskutiert. Vgl. allg. den hervorragenden Sammelband von Chandler, Davidson und Harootunian, 1994. Zu Fragen der Evidenz in Literatur und Recht vgl. die Arbeiten von Rüdiger Campe, besonders Campe, 1997, S. 208–225; Campe, 1999, S. 1–25, hier S. 16; Campe, 2004, S. 141f. oder auch Haldar, 1991, S. 171–189. Zum Verhältnis von juridischer Evidenz und Bildfindungen in der Frühen Neuzeit siehe die Arbeiten von Blümle, 2008, S. 409–430 und ausführlicher dies., 2011. Lateinische Autoren verweisen auf die illustratio, demonstratio, descriptio und vielfach die sub oculos subiecto. Heath, 2009, S. 3–38. In seiner Institutio Oratoria (IV.2.64) bezieht Quintilian auf Grundlage dessen den Begriff enárgeia auf die repraesentatio oder auch die perspicuitas: „Daraus ergibt sich die ‚enárgeia’ (Verdeutlichung), die Cicero ‚illustratio’ (ins Licht rücken) und ‚evidentia’ (Anschaulichkeit) nennt, die nicht mehr in erster Linie zu reden, sondern vielmehr das Geschehen anschaulich vorzuführen scheint, und ihr folgend die Gefühlswirkungen so, als wären wir bei den Vorgängen selbst zugegen.“, Quintilianus und Rahn, 1972, S. 460.

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3. Evidenz des Zeigens im Bild

gung.195 Indem die Bilder dem Betrachter das Dargestellte unmittelbar „vor Augen stellen“, überzeugen sie ihn von dessen Gegenwart und Wahrheit (veri­ tà).196 In der Kunst, Rhetorik und Dichtung bezog sich der Begriff auf die Techniken der lebhaften Darstellung von in der Realität nicht existierenden Phänomenen, so als ob sie tatsächlich „vor Augen“ stünden. Man kann hier zwischen zwei bedeutsamen Momenten unterscheiden, die mit dem Begriff enárgeia verbunden wurden: dem ontologischen Moment, bei dem das Publikum überzeugt werden soll, dass das, was eigentlich abwesend ist, tatsächlich existiert, und dem affektiven Moment, der die Spannung zwischen der scheinbaren Präsenz und der wirklichen Absenz des Gezeigten deutlich macht.197 Enárgeia ist in diesem doppelten Sinn als bildimmanentes Prinzip zu reflektieren, welches die glaubhafte Lebendigkeit von Bildern meint, die, losgelöst von der Sprache, eine eigene Wirkung entfalten.198 Dementsprechend hat Rüdiger Campe dem juridischen Gebrauch des Evidenzbegriffs in der Frühen Neuzeit eine emblematische Struktur zugeschrieben, die in den Meditationen der humanistischen devotio moder­ na bei Erasmus von Rotterdam und den Jesuiten wiederzufinden sei.199 Das Emblem funktioniere als evidentia über die Verbindung der sprachlich gefassten Bildunterschrift (subscriptio) und der intertextuellen Beziehung zur Bildinterpretation, die die Glaubwürdigkeit (fides) hervorbringt.200 Diese scharfsichtige Darlegung greift durch die Betonung auf dem „Intertextuellen“ jedoch an der genuin im Medium des Emblems hergestellten Glaubwürdigkeit vorbei, dem als Bild an sich bereits Evidenzcharakter zugeschrieben wird.201 In dem wohl populärsten rhetorischen Lehrbuch des 16. Jahrhunderts, dem De Arte Rhetorica (1557), das zunächst in den europäischen Ausbildungsanstalten der Jesuiten und dann weltweit in den Missionsgebieten Verbreitung

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Lomazzo macht dies in seinem Trattato dell’arte della pittura deutlich am Beispiel der Malerei und der Lebendigkeit, siehe Hazard, 1975, S. 407–418. Vgl. auch Cole, 2007, S. 133–161. Michels, 1988, bes. S. 60–62; Von Rosen, 2000, S. 171–208. Heath, 2009, S. 5. Bredekamp, 2010, S. 20–23. Campe, 1999, S. 1–25, hier S. 16. Campe verweist auf Ciceros Topica, der diese von der Institution des Gerichts aus entwickelt, und den Leitbegriff des „fidem facere“ betont, der die Glaubwürdigkeit durch Argumente (loci) meint, die etwaigen Zweifeln durch vertrauenssichernde Maßnahmen entgegentreten sollen. Hiermit wird die Idee der Zeugenschaft verbunden. Campe, 2002, S. 138–141. Campe, 1999, S. 1–25, hier S. 18. Er bezieht sich auf den Begriff des Emblems nach Pierre Legendre in seiner Studie „Le désir politique de Dieu“, Legendre, 1988, S. 221–246. Legendre meint zunächst das Bild, das uns durch das Wort präsentiert wird, was zum einen eine verbale Beschreibung meint, zum anderen ein echtes Bild, das mit Worten ausgelegt wird. Goodrich hat dies in seiner jüngsten Studie zu der Bedeutung von Emblemen im Rechtskontext thematisiert, vgl. Goodrich, 2013, S. 13.

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III. Martyrium

gefunden hatte,202 versammelt der aus dem Kreis der Conimbricenses stammende Cypriano Soárez SJ (1524–1593) jene Textstellen aus den Werken Ciceros, Aristoteles und Quintilians, die sich mit den Techniken der Rhetorik und dem Prinzip der enárgeia auseinandersetzen.203 Soárez Anspruch und Auftrag liegen darin, ein Kompendium der wertvollsten rhetorischen Regeln aus klassischen Textbüchern zu destillieren, um gleichzeitig deren Argumente zu schärfen. Ciceros Topica beispielsweise seien aus dem umfangreichen antiken Rechtswissen geschöpft, dessen Quellen aber unzugänglich, schwer verständlich und somit kaum rezipierbar wären.204 Im ersten Kapitel setzt sich der Autor daher zunächst mit den Techniken der invenzione auseinander, mit denen die Rezipienten innerlich „bewegt“ werden sollen. Im Initialbild auf der ersten Seite des Traktats wird das Zusammenspiel von Folter und juridischem Sprechen veranschaulicht (Bild 95).205 An eine Säule gekettet, steht der Angeklagte gesenkten Hauptes in zerschlissenen Lumpen vor einer Gruppe gut gekleideter Bürger. Eine körperlose Hand, die über dem Haupt des vermeintlichen Verbrechers schwebt, deutet die physische Misshandlung an, die in der Tradition der arma christi Demütigung und körperliche Qual der geschundenen Person durch Dritte zeigt. Im oberen Teil des Buchstabens erscheint der Kläger deutlich distanziert von dem zu verhandelnden „Fall“. Ohne jeglichen Anflug von Mitleid, demonstriert seine Körperhaltung rhetorische Überzeugungskraft: Anklagend oder verteidigend deutet er mit seiner linken Hand auf ihn, richtet das Wort jedoch an die hinter ihm stehende Menge. „Rhetorica est vel ars, vel doctrina dicendi“, so lautet der erste Satz des Traktats, der Quintilians Ausspruch wiedergibt, dass die Rhetorik sowohl die Kunst als auch die Lehre von der Rede sei. Das Initial legt nahe, dass diese sich an dem „Vor-Augen-Stellen“, der unmittelbaren Evidenz des spezifischen Falles orientiert. Die Bereiche des Sprechens und des augenscheinlichen Beweises sind jedoch klar separiert: Der Redner geht durch die Rahmung des Initials deutlich gegenüber dem Angeklagten auf Distanz und spricht, ohne ihn anzublicken zum Publikum, um es von der Wahrheit seines Urteils zu überzeugen. 202 203

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Für die Rhetoriklehre in den spanischen Kolonien in Amerika vgl. z. B. Abbott, 1996, S. 102–119. Hier bezogen auf die in Coimbra erschienene Erstausgabe: Cypriano Soario, De arte rhetorica libri tres, 1562. Soárez‘ Rhetoriklehrbuch war 1599 durch die Ratio Studiorum in mind. 245 Jesuitenkollegien zur Pflichtlektüre erhoben worden, doch lange vorher bereits als Lehrbuch in Gebrauch (ca. 207 Ausgaben in mind. 45 Ländern). Übers. und Kommentar bei Flynn, 1955. Jüngst auch in einer Edition mitTraktaten von A. Riccobono und L. Carbone von Moss und Wallace, 2003. Siehe auch Mack, 2011, S. 177–182. Flynn, 1955, S. 12. Die Ausgabe von 1562 gibt keinen Künstler an, der für die Textgestaltung verantwortlich ist.

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3. Evidenz des Zeigens im Bild

Bild 95  Cypriano Soárez: De Arte Rhetorica, 1557, Kupferstich, Coimbra, S. 1.

Eine derartige Trennung der Bildevidenz des Leidens und der verinnerlichten Konzentration und Distanz zum weltlichen Geschehen erinnert an das Schema des Andachtsbildes. In seinem Fresko der Verspottung Christi im Dominikanerkloster von San Marco in Florenz (um 1440) hat Fra Angelico eine ähnliche Trennung vorgenommen (Bild 96): Der Heilige Domenikus kauert in sich gekehrt im Vordergrund des Bildes und dreht seinen Rücken zu dem auf einem Thron sitzenden Christus, der von schlagenden Händen, prügelnden Stöcken und spuckenden Köpfen gedemütigt wird. Dieses Szenario scheint dem schreibenden Mönch imaginativ vor Augen zu treten. Die Figur des Lesenden verweist damit auf den zentralen Moment der Inkorporation Christi: Nur das occhio spirituale kann den wahren Körper „sehen“ und hierdurch einverleiben.206 Zum anderen entzieht sich dieses beharrliche Nicht-Sehen des Mönches, der über den Text und nicht über das Auge die Passion „erblickt“, dem Augenblick der Anklage und Verspottung Christi, der hier als thronender dornenbekrönter König mit Richterstab und verbundenen Augen gezeigt wird.207 Um 206 207

Didi-Huberman, 1995, S. 100. Zum Motiv der verbundenen Augen als Zeichen der strafenden Justiz siehe auch Jacob, 1994.

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III. Martyrium

Bild 96  Fra Angelico: Verspottung Christi mit Jungfrau und Domenikus, 1440–41, Fresko, 188 × 164 cm, Florenz, Convento di San Marco.

wahre Gerechtigkeit zu erkennen, verweigert er sich der visuellen Evidenz, dem Grundprinzip von Strafprozess und Strafvollzug, über welche die Straftat in der öffentlichen Form der Bestrafung ausgestellt wird, um den Zuschauern eine Mahnung zu sein.208 Das Motiv des erkennenden „Nicht-Sehens“ findet seine Entsprechung in den Allegorien der Justitia, wie beispielsweise die Darstellung der thronenden Janusköpfigen Justitia in Joos de Damhouders Praxis rerum criminalium (1554) (Bild 97).209 Das eine Augenpaar ist verbunden und das andere blickt über die sich unter ihr im Gerichtsraum abspielende Verhandlungsszene 208 209

Hier stellvertretend Edgerton, 1985; Merback, 1999. Joos de Damhouder, Praxis rerum criminalium iconibus materiæ subiectæ conve­ nientibus […]. Antwerpen, 1562, hier Kapitel CMLIII „De Iustitia“, 433. Die Bildunterschrift lautet: „Mundanae Iustitiae Effigies“, und es wird verwiesen auf einen Satz aus dem 1. Buch der Weisheit: „Diligite Iustitiam, qui iudicatis terram“. Siehe zu Damhouder Feenstra, 2001, S. 152f. und zur mundana iustitia Damhouders vgl. Curtis und Resnik, 2011, S. 72–74.

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3. Evidenz des Zeigens im Bild

Bild 97  Joos de Damhouder: Mundanae iustitiae effigies, in: Praxis rerum criminalium, 1562, Kupferstich, Antwerpen.

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III. Martyrium

Bild 98  Cypriano Soárez: De Arte Rhetorica, 1557, Kupferstich, Coimbra, S. 38, GRI, Special Collections.

hinaus, sodass es weder die streitenden Parteien im Vordergrund, noch die Erscheinung der Trinität im Wolkenfeld über ihr erblickt. Damhouder zeigt eine urteilende und richtende Gerechtigkeit, die des Sehens nicht bedarf, um Recht sprechen zu können. Blind konzentriert sie sich auf die Hinführung zu den dem Urteil nachfolgenden rechtsgültigen Handlungen, wie der Verbannung des Angeklagten aus dem Stadttor, die im Hintergrund zu erkennen ist.210 Peter Goodrich bringt die janusköpfige irdische Justitia mit der Dualität des Juridischen als sowohl weltlich als auch geistlich, profan als auch kirchlich, zivilrechtlich wie auch kanonisch in Verbindung.211 Über die Doppelgesichtigkeit des Januskopfes werde die Ambiguität der Justitia zum Ausdruck gebracht, da 210 211

Zu Darstellungen der blinden Justitia siehe das Kapitel bei Curtis und Resnik, 2011, S. 91–105 und Stolleis, 2004. Goodrich, 2013, S. 72–74.

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3. Evidenz des Zeigens im Bild

sie sowohl dem Gesetz, als auch allgemeinen moralischen Maßstäben folgt und gleichzeitig auf den Einzelfall wie auch auf universelle Werte bezogen ist. Für Goodrich repräsentieren die offenen und verbundenen Augen der Justitia ein ikonisches Paradox: einerseits zeige das Bild, andererseits zensiere es aber auch. Das Porträt, das zu einem Teil verhüllt sei, zeige ein Gesicht, ohne es jedoch im Wortsinn zu enthüllen. Die Anschaulichkeit des Bildes sei somit gepaart mit einer Rätselhaftigkeit, die Goodrich auch als den Kern juridischer Embleme beschreibt.212 Die Betonung auf der Evidenz des Falles und die über das Nicht-Sehen evozierte Distanzierung des Redners und Richters vom Geschehen, finden sich in einem weiteren Initial im zweiten Buch des pädagogischen Traktats von Soárez wieder (Bild 98). Hier wird der Blick in einen Gerichtsraum freigegeben, der rechts von einem stehenden Mann in leicht gekrümmter Haltung gerahmt wird. Seine nach vorne fallenden Schultern und die über den Oberschenkeln zusammengehaltenen Hände vermitteln den Eindruck von Demut und Hoffnungslosigkeit. Der Oberkörper des Gerichtsredners wird wieder in Distanz zu dem Angeklagten und über der S-Linie des Buchstabens situiert. Auch er weist mit der Hand auf den fast riesenhaft wirkenden Angeklagten und dreht sich von ihm abwendend zu einer sitzenden männlichen Person, die durch eine Schranke von dem Raum, in dem der Angeklagte steht, getrennt ist. De dispositione – „Über die Anordnung“, lautet das Kapitel, das die notwendigen systematischen Grundlagen für den Redner zum Thema hat. Soárez setzt den Redner mit einem militärischen Führer in einer Kriegssituation gleich, der durch seine genauen Anweisungen Konfusion und Chaos der Schlachtordnung zu vermeiden weiß.213 Das Initialbild, stellt die Gegenüberstellung von casus und rhetorischer Praxis vor, und thematisiert ebenso die juridisch instituierte Beziehung zwischen dem richterlichen Zweifel und den Techniken der Bekräftigung und Überzeugung. Die in der Komposition des Initials angedeutete Trennung der Rede vor dem Gericht von dem vor aller Augen stehenden (und leidenden) Angeklagten (reus) verweist auf die von Soárez als notwendig erachtete Distanz. Allein über die Anschaulichkeit seiner Rede und die sprachlichen Mittel der evidentia, soll dem Publikum die gelebte Erfahrungswelt in ein glaubwürdiges Sprach-Bild übersetzt werden. Diese Miniaturen der Lehrschrift machen die Prinzipien der evi­ dentia anschaulich und formulieren gleichzeitig ein Primat der deixis: Das Sehen steht hinter der Macht des Zeigens und Erklärens zurück – nur die durch

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„It is this sense of the obvious and at the same time obviously enigmatic that lies at the root of the depiction of the blindfold“, Goodrich, 2013, S. 140. „Excellentis ducis virtus non magis in delingendo fortissimo et strenuissimo quoqu´ milite ad bellum, quam in instruenda ad pugna acie cernitur“. Soárez, 1562, II, Kap. 1, S. 38.

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III. Martyrium

das Sprechen gelenkte Wahrnehmung macht es möglich, sich einer dem Visus präsentierten und im Bild manifestierten Wahrheit anzunähern.214 Einen Kern der Ausbildung im pädagogischen Kontext der Missionsvorbereitung bildet die unauflöslich dargestellte Verbindung zwischen Folter und Evidenz. Das Bild erhält einen didaktischen Wert, was in einem Stich der Rhe­ torica Christiana des Franziskaners Diego Valadés thematisiert wird, der den christlichen Redner in der Einsamkeit seines Studiolos zeigt (Bild 99).215 Auch hier sind eingefügte Versalien auszumachen, die das Bild in separierte Elemente unterteilen, welche im Text aufgeschlüsselt werden. Am Schreibtisch sitzend, stellt der hier gezeigte Gelehrte seine Füße auf einen Globus: Die dazu geordnete Letter (C) wird im Text als „Mundus est loco tuo, sub pedibus“ (Die Welt ist Dein Ort zu Füßen) erläutert. Die vier Instrumente der Folter und Buße, die Leiter, die Peitsche, der Rost und das Schwert, verweisen auf die Topoi der armae et litterae, aber auch der armae et picturae, der Bewaffnung des Redners durch das Bild. Das Vor-Augen-Stellen des Bedrohungsszenarios soll den Widerstand gegenüber den Instrumenten ungerechter Tyrannei trainieren: „Das Gebell und die Bisse, die Angriffe und die Drohungen, die Ketten, die Peitschen und die anderen Formen der Folter, weiß der Redner mit Verachtung anzublicken, er nimmt sie an und verachtet sie alle, und je mehr er eine große Anzahl von ihnen erfährt, desto widerständiger und glücklicher scheint er zu sein, vergleichbar mit der Luft, die nach einem großen Sturm klarer zu sein scheint. In der Tat ist er, der nicht vor grausamen Dingen verzagt, weitaus glücklicher zu schätzen als derjenige, der inmitten von Prosperität sich bewegen lässt, da ein perfekter Mann sich nicht von den harten Proben des Schicksals in die Knie zwingen lässt. Im Gegenteil verhält es sich so, dass je ernsthafter und schwieriger die Dinge sind, welche ihm geschehen, er desto stärker wird und desto resistenter.“216 Valadés spricht von den körperlichen Erfahrungen der Folter, bezieht sich jedoch allgemein auf das Ertragen des Anblicks der Grausamkeiten und der Reaktion des Redners durch ein unerschüttertes Zurückblicken. Die hier angeordneten Marterinstrumente verweisen als mnemonische Chiffren auf die Bildmedien 214

215 216

Hier ist auch eine zeitliche Dimension herauszustellen, die Carlo Ginzburg in seinem Vergleich von Historiker und Richter herausgestellt hat: „The term ‚historia’ stems from the juridical analysis of the factual (Tatsachenforschung) and means etymologically first of all the report of the eyewitness (greek = history, the one who has seen), and then the report of the one who is interrogating the eyewitness. All the reports who can be traced back to the empirical, the experience or are assured through the observation of others.“ Ginzburg, 1991, S. 79–92. Zu Valadés siehe besonders die Arbeiten von Bàez Rubí, 2004; Bolzoni, 1999, S. 151–176; Chaparro–Gomez, 2005, S. 173–202; Leaper, 2005. Valadés und Petrucci, 1579, S. 121 (Übersetzung CB).

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3. Evidenz des Zeigens im Bild

Bild 99  Diego Valadés: Rhetorica Christiana, 1579, Kupferstich, Perugia, S. 10, GRI, Special Collections.

selbst, die hier zu Instrumenten und „Waffen“ werden, über die eine Form der Verteidigung eingeübt wird.217 Über diese Bilderschulung soll der Priester innerlich gestärkt werden, um einen klaren Geist zu behalten und Wahrheit und Gerechtigkeit zu erkennen. Ein bis heute für das Beweisverfahren immer noch gültiger Rechtsspruch lautet: „Nulla est maior probatio quam evidentia rei“ – es gibt keinen besseren Beweis als den Augenschein.218 Die sinnliche Wahrnehmung nimmt für die juristische Wahrheitsfindung eine wichtige Funktion ein, da die Gesamtheit der vor Augen liegenden Umstände den Augenschein zu einem Synonym der Evidenz werden lässt. Diese Überzeugung findet sich in den ältesten griechischen gerichtsrhetorischen Werken, wie bei Antiphon von Rhamnus (ca. 480– 411): Als unmittelbare sinnliche Wahrnehmung vertritt der Augenschein einen hohen, wenn nicht sogar den höchsten Grad der Gewissheit, den die menschliche 217 218

Über die Bedeutung der Mnemotechnik, im Vgl. zu Ramon Llulls Werken siehe besonders die Studie von Bàez Rubí, 2004. Vgl. Schmidt-Wiegand und Schowe, 2002, S. 41. Die politisch-ethische Figur des Zeugen und die philosophische Dimension der Zeugenschaft untersuchen jüngst die Beiträge des interdisziplinären Tagungsbandes Krämer, Schmidt und Voges, 2010.

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III. Martyrium

Erkenntnis je erreichen kann.219 Als visuelle Praxis wurde der Augenschein bereits in der mittelalterlichen Strafjustiz geltend gemacht und rückte den Zeugen in den Mittelpunkt der juridischen Wahrheitsfindung.220 Auch der richterliche Augenschein oder die inspectio oculi ist in der Frühen Neuzeit für das Strafverfahren nicht hoch genug einzuschätzen.221 In seinem Standardwerk über das Zivilrecht differenziert Giacomo Menochio 1580 zwischen dem geringsten Verdacht (suspicio), der eher wahrscheinlichen Vermutung (praesumptio), dem Beweis (probatio artificialis), bis hin zu der weitaus sichereren probatio directa.222 Menochio folgt hierin der aristotelischen und pseudo-ciceronischen Tradition (Ad Herennium) und bezieht in seine Evidenzverfahren nicht nur die direkte Zeugenschaft (testimonia) mit ein, sondern auch indirekte Indizien, Zeichen oder vestigia, also Spuren.223 Auch Alciato hatte wie Menochio diese Differenzierungen des Beweises nicht mehr unter dem allgemeinen Beweisrecht, sondern als eigenes Thema behandelt.224 Er unterscheidet zwischen Fiktionen und Vermutungen und definiert als praesumptiones iuris die Verbindung zwischen Zeichen und Vermutung, und der plausiblen Konstruktionen auf der Basis empirischer Evidenzen: „Probabilis coniectura ex certo signo proveniens, quae alio non adducti pro veritate habetur.“225 Die praesumptio sei als eine „künstliche“ Beweismethode zu verstehen, die auf den empirischen Fakten basiere.226 In dieser Neubestimmung des Zeichens im juristischen Beweisverfahren näherten sich Bild- und Rechtstheorien einander an, da auch dem Bild als indirektem Zeichen, Zeugnischarakter zugeschrieben wurde. Der Charakter des Beweises (probatio) wird mit der Wahrhaftigkeit oder Gewissheit des Augenscheines gleichermaßen aufgewogen. So folgt der Gebrauch des Begriffes „Evidenz“ im Rechtswesen dem philosophischen Bedeutungsspektrum der „Offenkundigkeit“, wonach alles „Faktische“, wie die Bedeutung von Rechtsgrundsätzen, ein-

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Zinsmaier, 1998, S. 398–422. Rudolph, 2007, S. 161–183, hier S. 163. Im Folgenden Krugmann, 1996 und Rudolph, 2007, S. 161–183. Vgl. Giacomo Menochio, De praesumptionibus, coniecturis, signis et indiciis, Lyon, 1588, zit. bei Burke, 2003, S. 273–296, hier S. 276. Auch später in der Ästhetik Alexander Baumgartens werden die unterschiedlichen Beweisdefinitionen diskutiert: Probatio directa wird als ein geradezu geführter Beweis definiert, Acr. Log. § 280. Burke, 2003, S. 276. Vgl. die Dissertation von Cora Steinringer, Regensburg, 2003 http://epub.uniregensburg.de/10141/1/Dissertation_Cora_Steinringer.pdf, hier besonders S. 46–47 (letzter Zugriff: 27.5.2014). Alciato, De Praesumptionibus, Lyon, 1551. Zur Bedeutung von coniectura oder praesumptio siehe auch Maclean, 1992, S. 101–103. Maclean, 1992, S. 102.

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3. Evidenz des Zeigens im Bild

deutig und unzweifelhaft erscheint.227 Nicht abstrakt und allgemein, sondern nur am konkreten Fall lässt sich entscheiden, ob ein Sachverhalt oder eine Rechtsnorm evident sind.228 Entsprechend wird „Evidenz“ nicht als ein Allge­ meinbegriff verwendet, sondern findet sich in besonderen Wortverbindungen, wie z. B. der aequitas evidens (offenbare Gleichheit). Die Evidenz stellt lediglich ein Mittel dar, um zur Einsicht zu gelangen. Diese Bedeutung hat sich im europäischen Recht nicht durchgesetzt, sondern es herrscht ein Sprachgebrauch vor, der Evidenz synonym mit „fraglos, eindeutig, gewiss“ oder auch „keines Beweises bedürftig“ verwendet.229 Diese auf den individuellen Fall bezogene Idee der Evidenz als unzweifelhaftem Beweis und sogenannter probatio directa, wird in den Lehrbüchern der missionierenden Orden als kodifizierte Form der christlichen Blutzeugenschaft rezipiert.230 Neben der Zentralität des martyrologischen testimonium in theologischen Traktaten nach dem Konzil von Trient vermittelt sich die Bedeutung der Augenzeugenschaft und des Postulats der Faktizität allgemein in epistemischen Modellen. Die Praxis des wissenschaftlichen Argumentierens spiegelt sich in der von der Rechtsprechung abgeleiteten Metapher des Bezeugens: „Glaubwürdige, aufrichtige und unabhängige Zeugen, am Ort des Geschehens versammelt, können die Existenz eines Faktums, ‚the matter of fact’, bezeugen, selbst wenn sie die wahre Natur nicht erkennen.“231 Mit dieser Faktizität des Gesehenen sind Bilder in Zusammenhang zu bringen, die ein spezifisches Wissen übermitteln sollen. In der antiquarischen Verbindung von Historiographie und testimonium werden die Bilder zu „wahrhaften“ Vermittlern der zeitlich zurückliegenden Martyrien. Im kunsttheoretischen Sinne wurde die Autopsie zuerst mit dem archäologischen Sehen in Verbindung gebracht.232 Der reisende byzantinische Gelehrte und Diplomat Manuel Chrysoloras hatte den Begriff der „αύτοψία“ Anfang des 15. Jahrhunderts geprägt, als er sich nach einem Besuch der antiken Stätten Roms dazu entschied, die Autorität des Textes durch die historische Wahrheit des Gesehenen zu ersetzen, die in den Artefakten der Vergangenheit zur Sichtbarkeit gelangte.233 Nur hier könne man ihm zufolge „all das sehen, 227 228 229

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Siehe auch den Artikel von Daston, 1991, S. 93–124, die den Unterschied zwischen „Fakt“ und „Evidenz“ in der Frühen Neuzeit hervorhebt. Vgl. Hörmann, 1976, Sp. 358–362. Anstelle des Wortes „evident“ werden die Termini „offenbar“, „offensichtlich“, „offenkundig“ verwendet. Eine Theorie der „Offenkundigkeit“ fehlt jedoch in der Rechtswissenschaft bis heute. Wann ein Sachverhalt „evident“ ist, richtet sich immer nach dem Einzelfall, hierzu Schmoeckel, 2008, S. 143–162. Herz, 1988, S. 53–70. So Bruno Latour über den Zeugenbegriff bei Robert Boyle, Latour, 2008, S. 27f. Vgl. im Folgenden Behrmann, 2013, S. 89–103. Manuel Chrysoloras, Synkrisis tes palaias kai neas Rhomes, Brief an Johannes VIII. Palaeologus, 1411, vgl. Maltese und Cortassa, 2000. Griechischer Standardtext in

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III. Martyrium

was in jenen Tagen bei den unterschiedlichen Völkern existent“ gewesen sei. Er beschreibt das antike Rom in Anbetracht der eindrucksvollen Ruinenlandschaft und liest hierin die Geschichte von Kampf und Sieg, Triumph und Niederlage des Römischen Reiches heraus. Bezugnehmend auf seine genauen Kenntnisse der römischen Geschichte, erwähnt er die Imperatoren Caesar, Titus, oder Vespasian und die Christenverfolger Nero, Maximian und Diokletian, und zieht die Inschriften der Monumente als Zeugnisse der Verknüpfung von historiographischem Wahrheitsgehalt und dem mit eigenen Augen Gesehenen mit heran.234 Die auf dem Bild basierende „Geschichte“ galt ihm aufgrund der Nähe des Kunstwerkes zur Natur, oder genauer gesagt: zum historischen Ereignis, als vollständig und exakt, ganz so, wie die Bildsäulen und Statuen, die Reliefs der Triumphbögen ihm zu einer „lebendigen Gegenwart“ wurden.235 Kunst sollte, Chryso­loras zufolge, jedoch höher als das reale Vorbild zu werten sein. Sie repräsentierte für ihn nicht die „Geschichte“ im herkömmlichen Sinne, sondern ermöglichte über eine direkte und persönliche Beobachtung die autopsía, die sich zu einer lebendigen Präsenz (parousía) all jener Dinge wandelte, die sich damals ereignet hatten – was ihren Wahrheitsgehalt und ihre Glaubwürdigkeit umso mehr stärkte.236 Dies folgt im Ansatz der Geschichtsauffassung des Aulus Gellius, der das mittelalterliche Verständnis historischer Glaubwürdigkeit geprägt hatte. Gellius hatte in seinen im Jahre 165 verfassten Noctes Atticae den Historiker nicht als einen mit vergangenen Ereignissen und Sachverhalten beschäftigten Gelehrten, sondern als einen „Augenzeugen“ des unmittelbaren Geschehens bezeichnet.237 Chrysoloras’ Geschichtsverständnis wurde mit einem „Einbruch in die Gegenwart“ und als eine Form von Anachronismus verglichen, der sich in Artefakten und Monumenten als eine nicht-lineare und verdichtete Zeitrechnung zeige.238 Über die Kunst wäre hiernach nicht allein eine historische Rekonstruktion möglich, sondern das Postulat der autopsía würde zum eigenen Sehen der entfernten Vergangenheit in der Gegenwart aufrufen. Die Direktheit der persönlichen Beobachtung verneine auf diese Weise die Idee einer historischen Dis-

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der Patrologia Graeca, 156, Sp. 23–60. Siehe zu Chrysoloras Cammelli, 1941. Chrysoloras Begriff der „Autopsie“ ist vielfach diskutiert worden, so von Michael Baxandall, 1965, S. 183–204; Ders., 1972, S. 80f. Auf Baxandall beziehen sich Carlo Ginzburg, 1988, S. 3–19, hier S. 18; oder Francis Haskell, 1993, S. 90–92, sowie Peter Burke, 2003, S. 267. Siehe zusammenfassend Peter N. Miller, 2005, S. 357f. Vgl. Homeyer, 1980, S. 525–534. Patrologia Graeca, 156, Sp. 28. Vgl. Homeyer 1980, S. 532. Vgl. zu Antiquarianismus, Hagiographie und Geschichtsauffassung des 17. Jahrhunderts im Werk der Bollandisten Sawilla, 2009, 262–264. Zum mittelalterlichen Verständnis siehe Schmolinsky, 2011, S. 301–310. Siehe Nagel und Wood, 2005, S. 403–415.

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3. Evidenz des Zeigens im Bild

tanz.239 Dieser historiographische Ansatz, der die in ferner Vergangenheit liegenden Ereignisse über eine „Autopsie“ der aus dieser Zeit stammenden Artefakte zu rekonstruieren versucht, hat die Methoden der Archäologie tief geprägt, die sich in der genauen Beschreibung des „vor Augen“ Liegenden ganz der Augenzeugenschaft verpflichtet, um historische Zusammenhänge zu erschließen und gleichzeitig die Kunst als Vermittler einer „Objektivität“ ernst zu nehmen.240 In seinem Brief beschreibt der byzantinische Historiker das antike und christliche Rom und stellt es dem „neuen Rom“ Konstantinopel gegenüber. Seine Ekphrasis der Ruine des Konstantinsbogens, die er mit eigenen Augen gesehen habe, ruft die historischen Ereignisse über das Kunstwerk wieder ab: „Es ist noch möglich“, so schreibt er, „die heiligen Opfer, die Altäre, die Votivgeschenke, die Seeschlachten, die Kriegsmaschine und die unterworfenen Souveräne, […], die unterworfenen Völker zu sehen.“241 Das von ihm in den Bauresten und Ruinen Erblickte skizziert er und hält es dabei so fest, als ob es sich um eine „lebendige Realität“ handeln würde. Die Verständlichkeit und historische Präzision des Dargestellten seien im Detail verborgen, würden aber durch Inschriften kenntlich und eindeutig gemacht. Sein Schüler Guarino da Verona beschreibt dies später als Rivalität von Kunst und Natur, welche die Grundlage jeder Ekphrasis bilden würde.242 In dieser Vorstellung von Zeugenschaft spiegelt sich ein juridisch-rhetorischer Diskurs. Jede ekphrastische Rede, wie seit Quintillian bekannt, ist von dem Geschick und der Überzeugungskraft des Redners abhängig. In seiner Rhetoriklehre erhält für Cicero das Zeigen von „blutigen“ Beweisobjekten der Ankläger vor Gericht eine Evidenz erzeugende Kraft. Über die den Tathergang dokumentierenden Objekte wird es möglich, die Handlung wieder in die Realität zurückzuholen und gerade in dieser Parusie, wird ein „Selber-Sehen“ der Tat evoziert. Die Zuschauer im Gerichtsraum werden in die Position eines Zeugen der eigentlichen, historisch zurückliegenden Tat versetzt. Cicero beschreibt Momente, in denen: „die Ankläger ein blutiges Schwert, Knochensplitter, die aus den Wunden stammen, und mit Blut überströmte Kleidungsstücke vorzeigen, und dass man Wunden enthüllt oder durch Schläge misshandelte Leiber entblößt. All das macht meistens einen gewaltigen Eindruck, denn es führt ja

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Nagel und Wood, 2005, S. 408f. Zu nennen wären hier Guarino Veronese oder Poggio Bracciolini, der als Chrysoloras Schüler die Ruinen Roms dokumentierte und in literarischer Form als „De fortunae varietate urbis Romae“ 1446 veröffentlichte. In seinen Notizbüchern hatte er die Inschriften innerhalb und außerhalb der Mauern Roms minutiös kopiert. Nach diesem Beispiel folgen die sog. „Syllogae“. Siehe Baxandall, 1965, S. 80f. Ibid. Ibid., S. 198f.

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III. Martyrium

den Menschen die Tat gleichsam leibhaftig vor Augen.“243 Als schlagenden Beweis für die Evidenzkraft des präsentierten Objekts ruft er die blutige Toga Caesars ins Gedächtnis, die vor seinem Leichenzug hergetragen wurde und „das Volk zum rasen gebracht“ habe. Es war nicht der Leichnam des Ermordeten Imperators, sondern das blutbefleckte Tuch, das direkt auf die Tat verwies und zur Sühne dieser frevelhaften Tat aufforderte. Diese antiquarische Suche nach der Zeugniskraft des Objektes im 16. Jahrhundert lässt sich in zahlreichen anderen wissenschaftlichen Werken wiederfinden. So unternimmt Pirro Ligorio in seinem mehrbändigen Werk Delle anti­ chità di Roma (1553) den umfassenden Versuch, die Zeugnisse des antiken Roms festzuhalten und zu systematisieren, wobei auch er Gewicht auf die eigene Beobachtung und visuelle Wiedergabe des Beschriebenen legt.244 Auf einer der in Turin aufbewahrten alphabetisch geordneten Manuskriptseiten wird, hier unter (E) angelangt, die Bedeutung und Verwendung eines equuleus oder auch cavalletto erklärt (Bild 100).245 Auf dem bereits mehrfach diskutierten Folterinstrument, das auch in Form eines langen, mit dem Rücken eines Pferdes vergleichbaren Holzbalkens bekannt ist, konnten unterschiedliche Foltermethoden durchgeführt werden. Die von Ligorio beigefügte Zeichnung zeigt jedoch eine andere Version. Hier steht ein gefesseltes, nur mit einem Lendenschutz bekleidetes männliches Opfer auf einem sich drehenden Rundbalken und wird mit einer brennenden Lampe sowie langen Harken (pettinis) und Zangen (ungula) gequält. Diese Folterinstrumente sind von Ligorios Hand gezeichnet, um dem im Text beschriebenen Gebrauch des Gerätes nähere Anschauung zu geben. Ligorio verweist auf die mit diesen Folterobjekten verbundenen Martyrien, aber auch auf die Topographien, wo man die visuellen Zeugnisse des antiken Rechtsinstrumentariums noch finden würde, nach denen er sie dem Augenschein folgend abgezeichnet habe. Die Darstellung der Folterinstrumente interessiert wenig später den Oratorianer Antonio Gallonio, der ihnen das Trattato degli istrumenti di martirio (1591) widmet,246 und tauchen dann bei Antonio Bosio in seinem Werk über das antike Rom, der Roma sotteranea (1632), wieder auf.247 243 244 245

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Quintilian, 1995, Bd. I, VI 1.30–31, S. 687. Vgl. Occhipinti, 2007 und ders., 2009, S. 229–239. Pirro Ligorio, Delle antichità, 1566–1583, Torino, Archivio di Stato, Ja. III. 9, fol. 139 v. Siehe Ligorios “libro dei disegni“ hg. von Calvesi und Volpi, 1994, S. 192. Zum equuleus als Folterinstrument christlicher Martyrien und die Auseinandersetzung in verschiedenen Traktaten des ausgehenden 16. Jahrhunderts vgl. Touber, 2013, S. 69–88. Antonio Gallonio, Trattato degli istrumenti di martirio, 1591, hier S. 66f. Antonio Bosio, Roma Sotterranea, 1632, die „ungula“ wird hier auf Seite 26 dargestellt. Bosio schöpfte sein Wissen über diese Instrumente von dem spanischen Dominikaner Alfonso Chacón (Ciacconius), dessen Zeichnungen er übernommen hatte. Sein unveröffentlichtes Zeichenheft befindet sich in BAV, Vat. Lat. 5490.

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3. Evidenz des Zeigens im Bild

Bild 100  Pirro Ligorio: Equuleus, in ders., Delle antichità di Roma, 1553, Kupferstich, Turin, Archivio di Stato.

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III. Martyrium

Die Traktate haben einen scheinbar dokumentarischen Charakter, erweisen sich jedoch bei genauerer Untersuchung als Fiktionen und Übertreibungen der Grausamkeit der historischen Rechtsrealität der Spätantike. Dem equuleus hatte Girolamo Maggi ein eigenes Traktat gewidmet, das später Gallonios De sanctorum martyrum cruciatibus (1660) als Anhang hinzugefügt wurde.248 Lange wurde angenommen, dass dieses Folterinstrument aus der Spätantike, für die Marter der verfolgten Christen eingesetzt wurde. Tatsächlich war es jedoch in der römischen Rechtspraxis in der Frühen Neuzeit weitgehend in Vergessenheit geraten. Maggi hatte 1571 in Famagusta auf Zypern gegen die Türken gekämpft und durchstand in seiner Gefangenschaft in Konstantinopel selbst Demütigungen und Folter. Es ist anzunehmen, dass er die entsetzliche Häutung seines Befehlshabers Bragadin auf dem Schafott mit eigenen Augen gesehen hatte.249 Während seiner osmanischen Versklavung soll er an diesem posthum erschienenen Traktat geschrieben haben. Hierin zitiert er verschiedene Textstellen aus dem Gedächtnis heraus, um den Gebrauch des equuleus zu diskutieren, wie er dies aus den Werken antiker Autoren erinnerte.250 Der equuleus wird in seiner Schrift zu einem Oberbegriff für einige Folterinstrumente ähnlicher Form, die den angebundenen und gestreckten Körper des Verurteilten auf diverse Weise foltern. Auch hier wird die historische Tat über die Beschreibung des Objektes dem Betrachter vor Augen gestellt. In der Erstausgabe seines Traktates aus dem Jahre 1609 findet sich am Ende eine Abbildung, die sich auf die wesentlichen Elemente und auf die Dokumentation der Funktion des Instrumentes beschränkt (Bild 101). Zwei Männer sind auf und unter dem Balken des „Folter-Pferdes“ an Füßen und Händen gefesselt. Ihre Körper werden von Folterknechten, die mit beiden Händen kräftig an den Winden drehen, aufs Äußerste gestreckt. Auf Brusthöhe sind den Gefolterten Buchstaben beigegeben, die in erklärenden Bildunterschriften auf das Augenscheinliche verweisen: „A: Martyr in equuleo, B: Martyr pendens ab equuelo.“

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Girolamo Maggi, De equuleo. Liber postumus, 1609. Vorwort und Ergänzungen stammen von Gothofredus Iungermanus. Das Buch wurde vielfach wieder aufgelegt, so in Paris 1654, 1659 und Amsterdam 1689. Vgl. auch Touber, 2013, S. 208f. Die Schlacht von Famagusta endete für die Venezianer unter dem Oberkommando Marco Antonio Bragadins verheerend. Nach dreizehnmonatiger Belagerung musste die Stadt aufgegeben und dem türkischen Sultan überlassen werden, Bragadin wurde bei lebendigem Leibe im September 1571 die Haut abgezogen, wie Agnelo Gatto, Morte di M. Antonio Bragadin ed altri, Museo Correr Venezia, Cod. Ciocogna 2993/IV berichtet. Titians „Häutung des Marsyas“ soll von dem Bericht seines Todes inspiriert worden sein, vgl. Bohde, 2003, S. 10–47. Zu Maggi siehe grundlegend den DBI-Eintrag von Carpané, 2006, S. 347–350. Über Gallonio vgl. vor allem die Dissertation von Jetze Touber, Rijksuniversiteit Groningen, http://dissertations.ub.rug.nl/faculties/arts/2009/j.j.touber/ (Abfrage: 30.01.2013), hier S. 203–205 und jüngst deren englische Übersetzung ders., 2014.

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3. Evidenz des Zeigens im Bild

Bild 101  Girolamo Maggi: De equuleo, 1609, Kupferstich, Hannover.

Weitere Instrumente der Folter befinden sich unter der Folterbank auf dem Podest: ein Faszienbündel, eine entzündete Fackel und ein Dornenzweig. Im Hintergrund deutet eine Säule mit korinthischem Kapitell antike Architekturen an. Maggi verweist im Kapitel VII. „Qualem pictor Brixiae equuelum pictura expresserit“ auf ein Gemälde, das die Quelle seiner Dokumentation zu Be­ deutung und Gebrauch des equuleo gewesen ist.251 Er bezieht sich auf die Augenzeugenschaft des Bernardinus Felicianus, der das sich in Brescia befindliche Marterbild mit equuleo beschrieben habe.252 Quelle seiner Erkenntnis ist 251 252

Magius, 1609, S. 33f. Er verweist hier auf ein antikes Marmorrelief mit der Darstellung der Folter auf dem equuleo sowie auf den Dichter Francesco Spinola, der von der venezianischen Inquisition wegen Ketzerei über lange Jahre unter Folter befragt und 1567 hingerichtet worden war, siehe Leathers Kuntz, 1994, S. 79–126.

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III. Martyrium

somit nicht das antike Objekt, sondern die Vermittlung über das gemalte Bild eines Künstlers. Der Zeugenschaft von Bild und Objekt, über die eine historische Rechtsrealität zu rekonstruieren versucht wird, wurde spätestens seit dem Pontifikat Pauls III. Farnese einiger Wert zugemessen. Ligorio war einer derjenigen, der explizit auf die Existenz von römischen Folterinstrumenten in der Vatikanischen Sakristei verwiesen hatte.253 Legitimatorische Beweise für die Existenz der frühchristlichen Martyrien wurden erbracht, um aus den hiermit in einem Zusammenhang stehenden Objekten neue Reliquien zu gewinnen.254 In den aktuellen Debatten um den Status des Bildes haben die juridischen Ideen der Zeugenschaft und Evidenz eine Konjunktur erlebt.255 Oft wurde Ernst Gombrich zitiert, der auf das griechisch-antike „Prinzip der Augenzeugenschaft“ als künstlerische Strategie verwiesen hat. Im Bild sollten nur die Dinge gezeigt werden, die ein Augenzeuge von einem bestimmten Ort aus und von einem Zeitpunkt an hätte sehen können. Demzufolge wurde ein Geschehen möglichst wahrscheinlich wiedergegeben, um zu suggerieren, dass der Betrachter selbst Augenzeuge sei.256 Somit zeige das Bild einen historischen Moment und demonstriere gleichzeitig, was mit dem Betrachter in emotionaler und physischer Hinsicht selbst geschehen sei.257 Diese so gedachte Verschränkung von Bild und Betrachter greift auch der Historiker Peter Burke in seiner Studie über die „Augenzeugenschaft“ wieder auf, in der er diese zu einem Paradigma des Bildes als historischer Quelle erhebt und eine Quellenkritik des Bildes fordert.258 Bilder hielten die „Aussagen von Augenzeugen fest“, so Burke: Sie seien regelrechte „stumme Zeugen“ und würden damit auch als historische Quellen relevant.259 Bilder und ihre Betrachter würden in der Folge selbst Augenzeugen eines Ereig253

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„Nella sacristia di San Pietro sono un paio di tenaglioni, trovati in una sepultura ch’era in San Pietro d qualche martire, sono nel vero crudelissime, con le quali erano martirizzati i nostri santissimi cristiani […] le quali dunque sono di ferro, con denti lunghi a guisa di zanne canine, e demostrano che col fuoco l’adoperasseno, perché erano poste in cima a due asti di legno per securtà del carnefice.“ Zit. in Occhipinti, 2007, S. 365. Sie wurden in der Sakristei des Vatikans konserviert. Siehe hierzu den Artikel von Ghilardi, 2009, S. 153–198. Siehe besonders das Vorwort mit dem allgemeinen Forschungsüberblick bei Wimböck, Leonhard, Friedrich u. a., 2007, S. 11–40. Rüdiger Campe hat grundlegende Arbeiten zum Thema vorgelegt, s. bes. seinen Aufsatz „Evidenz als Verfahren“, Campe, 2004, S. 105–133. Allg. zum Thema Bild und Evidenz die Beiträge in Boehm, Mersmann und Spies, 2008. Boehm versucht die „ikonische Evidenz“ zu definieren und stützt sich hierbei auf Campe, ibid. S. 15–33. Siehe auch die Beiträge in Drews und Schlie, 2010. Zum „eye-witness principle“ vgl. Gombrich, 1982, S. 252–256. Ibid., S. 254. Burke, 2001, S. 18. Ibid.

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3. Evidenz des Zeigens im Bild

nisses und das „Sehen mit den eigenen Augen“ zu einem entscheidenden Kriterium der Evidenz. Dieser vermeintliche Evidenz- und Quellencharakter verkennt nicht nur die Labilität der Augenzeugenschaft, die an die Fähigkeit der genauen Wiedergabe, die Gedächtnisleitung und präzise Erinnerung an ein Geschehen gebunden ist, sondern auch die Potentialität der visuellen Argumentation und Fiktionalisierung des Bildes, die allererst die konstruktive Basis für eine der Evidenz vergleichbare Aussagekraft des Bildes legt.260 Die Begriffe der Zeugenschaft, des Dokuments, des Fakts oder Beweises führen ein Doppelleben im Bereich der Theologie und des Rechts. Die jüdischchristliche Tradition des Martyriums bezieht sich auf den Begriff des Zeugens in der griechischen Rechtssprache, wonach ein objektives „Zeugnis“ oder ein Beweis des Glaubens erbracht würde. Die in der Bildtradition der Passion und des Martyriums mitgetragene visuelle Evidenz, die den Zuschauer durch Anteilnahme und Anwesenheit zum Augenzeugen macht, ersetzt so die als Beweise verstandenen schriftlich oder mündlich vermittelten Berichte des Leidens.261 Allgemein wird der Terminus des Zeugen meist auf den des Sehenden und Beobachter des eigentlichen Geschehens reduziert, selten wird er als unmittelbar Erfahrender in seiner martyriologischen Tradition verortet, welche die Zeugenschaft zu einem Kriterium der Heiligkeit und Verehrung erhob. Der christliche Märtyrer ist der Definition nach ein „Blutzeuge“, der im Opfer des eigenen Lebens den Tod Christi imitiert und mit seinem Körper bezeugt, wodurch er den Beweis für den Kreuzestod erbringt.262 Das Bezeugen der Wahrheit durch denjenigen, der standhaft erträgt, was das Schicksal ihm auferlegt hat, ist älter noch als der christliche Opfertod und steht zudem in der platonischen Tradition einer Heroisierung der philosophischen Blutzeugen.263 Für die juridische Bestimmung des Martyriums werden Ende des 16. Jahrhun260 261

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Ginzburg, 1992, S. 2–23. Caroline Walker Bynum hat in Bezug auf die Körper- und Bildgeschichte des Mittelalters argumentiert, dass der Zusammenhang zwischen Pietät und Körperlichkeit nur zu verstehen sei, wenn man die Kontrolle, die Tortur und Disziplinierung des Fleisches nicht als Angriff auf das Physische, sondern als Mittel zur Verbindung mit dem Göttlichen versteht: „Control, discipline, even torture of the flesh is, in medieval devotion, not so much the rejection of physicality as the elevation of it – a horrible yet delicious elevation – into a means of access to the divine.“ Bynum, 1991, S. 182. Die Etymologie des Begriffes verweist auf martire, martyr, martyrion als den „Zeugen“, der mit dem Worte bezeugt. In der christlichen Verwendung kommt die Blutzeugenschaft hinzu: „Martyr […], proprie testem notat, sed a Christianis sic peculiariter qui non ore tantum, sed et sanguine veritatem coelestem testatam facit.“, Forcellini, 1831, Bd. III, 188. Vgl. auch Burschel, 2004 mit umfangreicher Bibliographie, hier S. 5, Anm. 8. TRE, Bd. 22, 197. Ausführlich zum Vgl. Christus/Sokrates siehe Fascher, 1959. Weigel, 2007, S. 11–40. Dazu auch Münch, 2008, S. 116–142.

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III. Martyrium

derts besondere Kriterien notwendig, die bereits die antike Bedeutungstradition in sich trägt: das Wahrheitszeugnis, das Sendungsbewusstsein, die Standhaftigkeit, die Bereitschaft für die Überzeugung zu Sterben – und besonders die Reaktion der Gegner, die von der Rechtmäßigkeit der Verurteilung des Märtyrers überzeugt sind, lassen sich zu diesem Zuschreibungsfeld zählen.264 Die ungerechte Behandlung durch das tyrannische System, die der christliche Widerstandskämpfer herausfordert, und die Betonung auf den hier diametral entgegengesetzten Vorstellungen von wahrem und falschem „Recht“ sind bedeutsam für die Bestimmung des Martyriums. Dies spiegelt sich auch in den für die Kanonisierung eines Märtyrers entscheidenden Voraussetzungen. Die juristische Verankerung dieser Bedingungen erfolgte zwar erst unter Benedikt XIV. Lambertini (1740–1758), doch hatten Sixtus V. Peretti (1585–1590) und Urban VIII. Barberini (1623–1644) die Grundsteine für Richtlinien der Selig- und Heiligsprechungen bereits früher festgelegt.265 Nach der Neuordnung der Kurie durch Sixtus V. in fünfzehn unterschiedliche Kongregationen erfolgte auch eine Änderung des Zuständigkeitsbereiches für Kanonisierungen. Mit seiner Konstitution Immensa Aeterni Dei (1588) wurde die Ritenkongregation hierfür verantwortlich und löste die bis dato zuständigen Rota Auditoren ab, die dem päpstlichen Gerichtshof angehörten. In dieser Kongregation nahm die juridische Bestimmung des Martyriums erstmals eine auf juristischen Grundlagen basierende Form an. Urban VIII. führte diese Entwicklung weiter und publizierte auf 63 Seiten alle bislang vorliegenden Dekrete zu Fragen der Kanonisierung, die über die Inquisitions-Kongregation veröffentlicht worden waren.266 Eine der wichtigen charakterisierenden Eigenschaften der Figur des Märtyrers wird hier in der Akzeptanz des eigenen Martyriums gesehen. Ein weiteres konstituierendes Element bestand darin, dass der Tyrann in das Martyrium eingreifen muss und die Todesstrafe verhängt, aus Hass gegen den Glauben oder andere christliche Tugenden. Die Präsenz des Tyrannen ist für die Be­ stimmung des „wahren Martyriums“ zwingend notwendig. Der Verfolger kann eine persona fisica oder auch morale sein. Er kann direkt oder auch indirekt handeln; er kann direkter Verfolger oder auch Auftraggeber, kann pagan, häretisch oder auch katholisch sein. Als imitatio, der Leidens- und Kreuzesnachfolge Christi, lässt sich das christliche Martyrium begrifflich der antiken Vorstellung von Bild und Abbild,

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Vgl. im Folgenden Piacentini, 1979, S. 17–44. Benedictus XIV. Pont. O.M., De servorum Dei beatificatione et Beatorum Cano­ nizatione, 1703. Vgl. Indelicato, 1952, S. 243f. Urbani VIII. Pont. O.M., Decreta serranda in canonizatione et beatificatione Sanctorum, 1642. Vgl. Piacentini, 1979, S. 121–128.

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3. Evidenz des Zeigens im Bild

Ähnlichkeit, Teilhabe und Verwandtschaft zuordnen.267 Zeugenschaft und Überzeugung liegen wie das Bild und der Beweis eng beieinander. Die Erfahrung des Augenzeugen wird in den Bildern von Martyrien auch zu einer künstlerischen Strategie der evidentia/enárgeia, die den Betrachter an die Stelle des Augenzeugen versetzt. Diese Technik des „Vor-Augen-Stellens“ ist, wie bereits am Beispiel von Gabriele Paleottis Bildtheorie gezeigt, für die Interpretation der Bilder des Martyriums im ausgehenden 16. Jahrhundert bedeutsam. Die Detailgenauigkeit, Augenblickshaftigkeit und Agonie der Darstellung spitzen sich in einem Moment zu, dessen Lebendigkeit sinnlich „erfahren“ werden kann. Bilder, die der Logik der evidentia folgen, machen den Betrachter glauben, dass das, was er sieht, Beweischarakter besitzt. Für die post-tridentinische Bildpolitik stellten Evidenz und Testimonium zentrale Charakteristika des Bildes dar, da dessen magische Komponenten instrumentalisiert werden konnten, um die Bilderverehrung theologisch-dogmatisch zu klassifizieren.268 Das Verfahren der Autopsie (gr. mit eigenen Augen sehen) war seit dem 14. Jahrhundert sowohl integraler Bestandteil der Rechtspraxis als auch der medizinischen Ausbildung in Nord- und Mittelitalien. Im 16. Jahrhundert wurde das Studium des Körpers, wie bereits Leonardo da Vinci praktiziert hatte, nach Maßgabe der Anatomie auch für die Künstlerausbildung zentral.269 Ulisse Aldrovandi, der mit Kardinal Gabriele Paleotti in engem Kontakt stand, bringt die Verbindung zwischen Anatomie, Ausbildung und Martyrium auf einen Punkt: Während seiner Ausbildung solle der Künstler sich mit den besten Anatomen auseinandersetzen und sich mit Sorgfalt der inneren und äußeren Sezierung eines Körpers widmen. Am Ende dieses Lernprozesses hätte er ein umfassendes Wissen über den Körper parat und würde das Aussehen von Leber, Milz, Darm, Magen, Hals, Gehirn und Muskeln sehr gut kennen, kurz: alles was man wissen müsse, um ein Martyrium zu malen, „wie das des Heiligen Erasmus“.270 267

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Paulus bezeichnete in seinen Briefen die Nachfolge Christi als „Nachahmung“ Christi, womit stärker noch auf die Konformität des Verhaltens und der Lebensweise des Christen an sich verwiesen wird, I Kor 11,1; I Thess 1,6; siehe TRE, Bd. 23, S. 685. Federico Borromeo forderte, der Künstler solle in den Darstellungen des Purgatoriums „Schmerz und Annehmlichkeit der Seelen so treffend wie möglich ausdrücken, die dort zwar gemartert werden, jedoch auch wissen, dass sie befreit werden.“ Federico Borromeo, De pictura sacra, 1624, zit. bei Göttler, 1996, S. 256. Leonardos anatomische Zeichnungen gelangten zu seinen Lebzeiten nicht an die Öffentlichkeit. In Anbetracht der umfangreichen Forschungsliteratur zum Verhältnis von Anatomie und Künstlerausbildung sei lediglich auf die Studien von Kemp und Wallace, 2000 sowie den Ausstellungskatalog hg. von Cazort, Kornell und Roberts, 1996 verwiesen. „Et acciò il pittore si faccia in ciò eccellentissimo et instruttissimo, bisogna che abbia conversazione con gli anatomici eccellentissimi e vegga con diligenza tutta la sezione del corpo umano, così esteriore come interiore, a fine che possa conoscere di

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III. Martyrium

4. Inventare der Folter: A natomie und const it ut io Um den Zusammenhang von Bild und Rechtsnorm nach dem Konzil von Trient zu erklären, reiche es nicht aus, lediglich die theologischen Theorien des Bildes zu untersuchen, so Pierre Legendre in seiner Studie Le désir politique de dieu. Étude sur les montages de l’État et du Droit (1988). Eine angemessene Darstellung der Bedeutung des Bildes für das Recht erfordere die Berücksichtigung der gesamten Bandbreite jener Schriften, die sich mit dem Körper auseinandersetzen.271 Rund zwei Jahrzehnte später lässt sich dies weiterhin als ein Desiderat formulieren. Neben theologischen Traktaten über die Bestimmung der Heiligkeit wurde der Körper im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts vermehrt in medizinischen und juristischen Traktaten diskutiert und visualisiert.272 Ein exemplarischer Vergleich der Illustrationen von Märtyrerschriften und Traktaten des Strafrechts und der Anatomie, zeigt Ähnlichkeiten in der Verbindung von Empirie und Zeugenschaft.273 Die Inventarisierung unterschiedlicher Formen und Techniken der Folterung eines menschlichen Körpers erhält in Gallonios Trattato degli instru­ menti di martirio (1591)274 seinen nachdrücklichsten Ausdruck.275 Antonio

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qual figura sia il cuore, il fegato, la milza, gl’intestini, lo stomaco, la gola, il cervello, i muscoli, acciochè, occorrendo a dipingere qualche martirologio, come di San Erasmo e simili altri, quali sono piu noti mille volte a V.s.R., ma che a me, lo sappia dipingere.“ Barocchi, 1971–1977, I, S. 929. Zum engen Verhältnis von Aldrovandi und Paleotti vgl. Prodi, 2012, S. 17. Legendre, 2005, S. 41. Unter den zahlreichen Studien zur Bildtheologie seien an dieser Stelle Hecht, 1997 (2012) und zuletzt umfassend das Handbuch von Hoeps, 2007 hervorgehoben. Über den Zusammenhang der Wissensfelder von Recht und Medizin besonders Maclean, 2000, S. 227–253. Stellvertretend für eine umfangreich Forschungsliteratur vgl. die Arbeit von Carlino, 1999, sowie die Beiträge des Sammelbandes Egmond und Zwijnenberg, 2003. Mit dem Konzept des kranken Körpers waren Vorstellungen der Häresie verbunden, siehe hierzu auch Danneberg, 2003. Zum Zshg. von Medizin und der Bestimmung von Heiligkeit in der zweiten Hälfte des 16. Jh. vgl. Siraisi, 2001 und Santing, 2005, S. 201–213. Antonio Gallonio, De SS. Martyrum cruciatibus, 1594. Ditchfield und Touber beschreiben ausführlich den oratorianischen Kontext und hier besonders die Tätigkeiten Cesare Baronios und Antonio Bosios, sowie deren Interesse an frühchristlich-archäologischen Ausgrabungen. Touber hat jüngst das hagiographische Werk und die Person Gallonios in seinem oratorianischen Umfeld ausführlich analysiert. Die Heiligenverehrung und Fortschreibung der Hagiographie war hierbei das zentrale Anliegen Gallonios, auf das er sich spezialisierte. Um die in den Schriften zahlreichen säkularen Bezüge zu erklären, parallelisiert Touber diese Spezialisierung im Kontext der Wissenschaftsgeschichte des ausgehenden 16. Jh. mit den Techniken des Rechts und der Ingenieurskunst. Vgl. neben dieser umfangreichen Arbeit, auch Bailey, 2003,

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4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio

Tempestas Bebilderung nach den Entwürfen von Giovanni Guerra, findet ikonographisch allein im Ordens- und Missionskontext der Zeit eine Entsprechung.276 Auf merkwürdig emotionslose Weise werden verschiedene Foltermethoden gezeigt, die zeit- und ortlos erscheinen, und deren Körper Handlungsanweisungen folgenden Gliederpuppen ähnlich sind, die regungslos die grausamen Torturen über sich ergehen lassen. Tafel Nr. 23 kombiniert zwei an einem Baum unterschiedlich aufge­knüpfte Figuren (Bild 102). Mit der Versalie (A) markiert, hängt eines der Opfer in Agonie kopfüber über einem rauchenden Feuer, was einen qualvollen Erstickungstod herbeiführt, während der leblosen Figur (B) daneben bereits das Genick gebrochen wurde. Die körperliche Verrenkung der mit ihnen gekreuzigten Fi­ guren (C) und (D) erinnert an die Pose des von Michelangelo dargestellten Haman, da beide in schräger Seitenansicht aus dem Bildraum hinauszuragen scheinen. Gleich acht Martyrien in einem Bildfeld (Bild 103) werden in Abbildung Nr. 253 versammelt. Da sie sich optisch überlagern, ist nur über die eingesetzten Versalien eine gewisse Ordnung auszumachen. Obgleich die Foltermethoden in ihrer erdrückenden Quantität wahllos ausgesucht scheinen, lassen sich einige ikonographische Verweise bestimmen.277 So gleicht die am rechten Bildrand gezeigte Figur (A) der Darstellung einer Häutung des Marsyas oder der Marter des Heiligen Bartholomäus. Wie die antike Skulptur an einen Pfahl gebunden, wird der Figur die Haut des rechten Oberschenkels abgezogen, ohne dass sich – im Gegensatz zur antiken Vorlage – der unerträgliche Schmerz auch nur ansatzweise in ihrem Gesichtsausdruck widerspiegeln würde. Keines der gezeigten Opfer wird namentlich identifiziert; stattdessen werden alle generisch als „martire“ bezeichnet. In teils ruinenhafte Landschaften versetzt, in denen Architekturelemente wie mächtige Säulen und Tempelfassaden oder auch Götterstatuen den antik-heidnischen Kontext andeuten, sind ihnen statt weiter spezifizierender Attribute Folterknechte und Foltermaschi-

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S. 136f. Zur Biographie Gallonios ausführlich der DBI Beitrag von Ditchfield, 1998, S. 729–731, vgl. hierzu auch Nelting, 2001, S. 70–81 und Mansour, 2005, S. 167– 183. Gallonios Werk ist vielfach wiederaufgelegt worden und hat bis heute aufgrund seiner bizarren Darstellungen an Attraktivität nicht verloren, wie z. B. die Ausgabe Gallonio, 2004 demonstriert, die den Originaldarstellungen von Tempesta weitere „historic and contemporary illustrations, and a forensic investigation into the Crucifixion that inspired Mel Gibson’s The Passion of Christ“ hinzufügt. Hierunter findet sich auch eine Sammlung von Gewaltphantasien, die von Schwerverbrechern in Haft gezeichnet oder gemalt wurden. Vgl. Leuschner, 2005, S. 330–332. Zu den Verweisen in Märtyrerdarstellungen in dieser Zeit sei wiederholt auf die Studie von Anne Dillon, 2012 verwiesen, die die über Flugblätter verbreiteten englischen Martyrien mit den ikonographischen Vorlagen Michelangelos in Verbindung bringt.

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III. Martyrium

Bild 102  Antonio Tempesta: Martyrien, in: Antonio Gallonio, De SS. Martyrum cruciatibus, 1604, Kupferstich, Rom, S. 23, GRI, Special Collections.

nen zugeordnet, wobei jede Bildfläche einem horror vacui gleichkommt. Zahlreiche visuelle Entsprechungen lassen sich zu den Fresken von Santo Stefano Rotondo finden, wie beispielsweise der grausame Tod durch wilde Bestien in einer dem Circus Maximus ähnlichen Architektur. Sachlich-nüchtern ordnen die alphabetischen Verweise den gezeigten Torturen eine Erklärung in der Bildlegende zu. Die historische Zeit ist bis auf den Antikenverweis der Architekturfragmente weitgehend ausgeblendet; die Körper werden entindividualisiert und somit gleichgeschaltet und das Maß der Qualen ist nicht quantifizierbar. Gleich mehrere Foltertode sind nebeneinander dargestellt, die nach technischen wie

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4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio

Bild 103  Antonio Tempesta: Martyrien, in: Antonio Gallonio, De SS. Martyrum cruciatibus, 1604, Kupferstich, Rom, S. 253, GRI, Special Collections.

formalen Kriterien geordnet sind und nicht wie in Santo Stefano einem zeitlichen Schema folgen, demzufolge die Martyrien den Regierungszeiten unterschiedlicher tyrannischer Kaiser zugeordnet werden. Stattdessen gruppieren sich die Martyrien nach den Folter- bzw. Todesarten. So werden vier Märtyrer gleichzeitig bei lebendigem Leibe vergraben oder zwischen zwei Steinquadern zerdrückt (Bild 104) oder in siedend heißen Töpfen gekocht (Bild 105). Gallonio hatte im Oratorianerumfeld Cesare Baronios mit an dem Projekt einer vollständigen Erfassung der christlichen Märtyrer im Martyrologi­ um Romanum gearbeitet. Er konzentriert sich auf die Darstellung von Folter-

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III. Martyrium

Bild 104  Antonio Tempesta: Martyrien, in: Antonio Gallonio, De SS. Martyrum cruciatibus, 1604, Kupferstich, Rom, S. 127, GRI, Special Collections.

instrumenten, deren Wert als Kultobjekte über die intensive archäologische Suche nach christlichen Reliquien gestiegen war.278 Wie Touber jüngst herausgearbeitet hat, lassen sich die merkwürdigen Inventarisierungen der christlichen Folter nicht nur über seine intensive Auseinandersetzung mit der Rechtstraktatistik der Zeit, sondern auch über das kompetitive Klima römischer Ausbil-

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Vgl. Ghilardi, 2009, S. 153–198.

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4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio

Bild 105  Antonio Tempesta: Martyrien, in: Antonio Gallonio, De SS. Martyrum cruciatibus, 1604, Kupferstich, Rom, S. 165, GRI, Special Collections.

dungsinstitutionen erklären.279 Die Verweise auf die technischen Illustrationen zeitgenössischer Ingenieur- und Militärtraktate sollten das Interesse der Zöglinge höherer sozialer Schichten wecken und für den Orden mobilisieren. Auch waren die Oratorianer mit der Begleitung der Gefangenen der Inquisition, der Abnahme der Beichte und ihrer Vorbereitung auf das sie zu erwartende Strafmaß

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Vgl. Touber, 2014.

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III. Martyrium

beauftragt.280 Als visuelle Stütze für die recht mühsame Lektüre der protokollarisch verfassten Märtyrerakten waren die Illustrationen schematisch und komplexitätsreduzierend gestaltet.281 Der Oratorianer bezieht sich in seinen Werken auf zeitgenössische Rechtstraktate aus der Tradition des mos gallicus, wie die von Guillaume Budé, Marcantoine Muret, aber auch Andrea Alciato.282 Gallonios Traktat stellt somit eine Auseinandersetzung mit Fragen des Strafrechtes und unterschiedlichen Hinrichtungs- bzw. Folterarten dar und zeigt Touber zufolge die grausame Verfolgung der Christen als eine „heilige Alternative“ zur weltlichen Strafjustiz.283 Als Antwort auf Rechtskonflikte der Katholiken in protestantisch regierten Ländern, wie zum Beispiel dem Elisabethanischen England, in dem Katholiken als Kriminelle behandelt wurden, wenn sie nicht der protestantischen Liturgie folgten, erhalten die Darstellungen der frühchristlichen Märtyrer eine brisante zeitgenössische Bedeutung.284 Gallonios Traktat hat viele Fragen aufgeworfen, die hier nicht im Einzelnen diskutiert werden können. Es sei lediglich auf einen ähnlichen Bildgebrauch von Folterdarstellungen in Strafgesetzbüchern verwiesen, worüber die Verbindung zu Ordnungsversuchen des 16. Jahrhunderts im rechtshistorischen Kontext deutlich wird.285 Der Buchdruck juristischer Traktate erlebte in den Jahren von 1527 bis 1600 einen enormen Aufschwung, was zur Verbreitung von unterschiedlichen Regelwerken und Konstitutionen maßgeblich beitrug.286 Im deutschsprachigen Raum war es die von Karl V. in den Reichstagen zu Augsburg 1530 und Regensburg 1532 verabschiedete Constitutio Criminalis Carolina, die als erste Strafgesetzordnung eine einheitliche Codierung der Rechtsgrundlagen des Reiches vorgenommen hatte und weite Verbreitung fand.287 Sie bezog sich maßgeblich auf die Grundsätze und Prozessordnungen der Inquisition des italienischen 280 281 282 283 284 285

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287

So war Gallonio selbst an dieser Aufgabe beteiligt und begleitete die Brüder der Compagnia della Misericordia zu den Gefängnissen, vgl. Touber, 2014, S. 149. „[…] per ridursi in chiaro molti difficoltà che si rappresentano nel leggere gli atti degli […] martiri“, Pietro Aringhi zitiert bei Ditchfield, 1995, S. 46, Anm. 105. Touber, 2014, S. 147–151. Ibid., S. 151. Ibid., S. 144. Touber hat Gallonios Traktat in den zeitgenössischen Kontext der öffentlichen Hinrichtungspraxis verortet und den Gerichtsprozess der Märtyrer als eine Inversion der Verurteilung und Hinrichtung eines Kriminellen beschrieben, siehe Touber, 2009, S. 59–90, hier S. 69. Vgl. Prinz, 2006. Es lassen sich zwischen 1502 und 1526 erst ca. 121 und in den folgenden 73 Jahren bereits 2.250 juristische Titel ausmachen, wie in der bibliographischen Slg. des Max-Planck-Instituts für Rechtsgeschichte in Frankfurt dokumentiert ist. Vgl. Osler, 2000. Siehe jüngst die Bibliographia Iuridica mit einem Schwerpunkt auf den barocken Rechtstraktaten (1601–1700), Osler, 2009. Constitutio Carolina, 1533. Die Constitutio zählt von 1533–1599 insgesamt 32 Ausgaben und war in zahlreichen Ländern des gesamten Heiligen Römischen Reichs verbreitet, siehe den Überblick bei von Stintzing, 1876. Die Illustrationen

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4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio

Rechts im Mittelalter, wobei ein Schwerpunkt auf den Bemühungen um eine Eingrenzung der richterlichen Willkür lag.288 Mit einer nie zuvor dagewesenen Klarheit wurden hier erstmals Beweisrecht und Strafverfahren insgesamt kodifiziert und rationalisiert. Anstatt Verbrechen und darauffolgende Bestrafung lediglich zu benennen, lieferte die Constitutio eingehende Beschreibungen der kriminellen Tatbestände.289 Radikale Reformen verbinden sich mit dieser Strafgesetzordnung, da sie unter anderem die formalen Beweismittel des Gottesurteils und des Reinigungseides aufhob.290 Die Folter wurde hier als das zentrale Instrument zur Geständniserwirkung klassifiziert und das richterliche Urteil einigen Einschränkungen unterworfen, wobei die Constitutio stärker noch als andere Strafgerichtsordnungen zuvor eine Ausrichtung des Prozesses entlang der vorhandenen Indizien forderte.291 Ein Zeugenbeweis sollte nur dann wirksam werden, wenn die Folter kein Geständnis erwirkt hatte. In die Beurteilung der Glaubhaftigkeit des Zeugen mussten nun sein Verhalten und seine sichtbaren emotionalen Reaktionen mit einbezogen werden. Diese Ordnungsbestrebungen des aus den römisch-rechtlichen Quellen schöpfenden Strafrechts sollten durch die Vereinheitlichung eine höhere Rechtssicherheit im gesamten Reich garantieren.292 Aus der Constitutio Carolina erwuchs europaweit das begrifflich-dogmatische Strafrecht und trieb entscheidend die Säkularisation des Rechts durch wissenschaftliche Methoden voran.293 Die Bücher des Strafprozesses sind auch deswegen von Bedeutung, da sie vorbildlich sowohl für die Gesetzgebung als auch Rechtspraxis wurden – was Rechtshistoriker zu der Frage veranlasst hat, wie „reine Theorie als mögliches Vorbild

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und Titelblätter der einzelnen Ausgaben sind jeweils verschieden, vgl. Prinz, 2006, S. 155–160. Sellert und Rüping, 1989, S. 199f. Die Constitutio Carolina übernahm weitgehend die Texte aus der Bambergischen Halsgerichtsordnung von 1507. Ihre Bestimmungen des Strafverfahrens sollten bis in das 18. Jh. gelten. Prinz, 2006, S. 155. Otte, 2002, S. 34–36. Über den Zusammenhang von dem im 15. Jh. etablierten Inquisitionsverfahren und der Constitutio Carolina vgl. ibid., S. 35. Die Dominanz der italienischen Strafrechtsvorlagen war nicht zuletzt Folge der juristischen Ausbildung, welche an italienischen Universitäten im gesamten europäischen Raum den besten Ruf hatte. Sellert und Rüping, 1989, S. 241. Michel Foucault hat bislang den umfassendsten Versuch unternommen, die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den säkularen juristischen Diskursen und deren weitreichende Auswirkungen auf die Vorstellungen von Staat und Politik zu untersuchen. Seine Thesen werden in seinen in Rio de Janeiro gehaltenen Vorlesungen über die „Wahrheit und die juristischen Formen“ zusammengefasst, in denen er einen Bogen von seinen historischen Analysen des Zusammenhanges von Psychiatrie und Gefängnis bis zur Archäologie der Gegenwart schlägt, siehe Foucault, 2004 und hier besonders das Nachwort von Martin Saar.

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III. Martyrium

Bild 106  Constitutio Carolina. Peinlich GerichtsOrdnung auff den Reichsztägen zu Augspurgk vnd Regenspurgk, Frontispiz, 1533, Holzschnitt, Mainz.

in die Praxis einwirken“ kann.294 Die Visualisierung der Strafpraxis spielt bei dieser Vermittlung zwischen Theorie und Praxis eine zentrale Rolle. Das Frontispiz der Constitutio (Bild 106) besteht aus zwei Bildfeldern, wovon das linke unterschiedliche Folterinstrumente zeigt, während rechts der Verurteilte vor einer ihn begleitenden vielköpfigen Menschenmenge zu dem auf einem Berg errichteten Galgen geführt wird.295 Wie zur Bekräftigung des allgemeinen Wertes der peinlichen Befragung für die Wahrheits- und Urteilsfindung, wird das zur Verfügung stehende Instrumentarium gezeigt, das vom Pranger über die Daumenschraube bis hin zum Galgen reicht. Diese Darstellung ist 294 295

Schmoeckel, 2000, S. 16. Zum Bildgebrauch in der Constitutio Carolina allgemein vgl. die Studie von Prinz, 2006, S. 154–158.

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4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio

Bild 107  Constitutio Criminalis Bambergensis, Frontispiz, 1508, Holzschnitt, Mainz.

dem Frontispiz der Constitutio Criminalis Bambergensis (1508) entlehnt, auf dem sich das Folter- und Hinrichtungsgerät in ähnlicher Anordnung finden lässt (Bild 107).296 Die so präsentierten Folterwerkzeuge erinnern an die Marterinstrumente aus dem Eingangsbereich von San Vitale, denen Richeôme ein eigenes Kapitel widmet und die er als „Werke des Satans“ und „Instrumente der Tyrannen“, aber ebenso als „Trophäen“ des Martyriums beschreibt.297 Wo diese für Richeôme Passionszeichen einer tyrannischen Rechtsrealität wurden, ist ihre säkulare Verwendung auf dem Titelblatt der Constitutio Carolina positiv gewendet, da die Folter als legitimes Verfahren dargestellt wird.

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Vgl. den Artikel von Deutsch, 2011. Richeôme, 1611, S. 673–676.

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III. Martyrium

Bild 108  De quaestione, sive tortura, in: Joos de Damhouder, Praxis rerum criminalium, 1562, Holzschnitt, Antwerpen, S. 81.

Auch in Handbüchern des Strafrechts dieser Zeit lassen sich sowohl bildliche Entsprechungen als auch Inversionen der Aussagen post-tridentinischer Märtyrerdarstellungen finden. Einen Einblick in die strafrechtlichen Techniken der Folter geben die Holzschnitte der bereits erwähnten Praxis rerum crimina­ lium (1554) von Joos de Damhouder, der in der ordnungsgemäß ausgeübten Strafjustiz humanistische Ziele verwirklicht sah.298 Sein Traktat ist mit dem Denken der Spanischen Spätscholastik in Verbindung zu bringen, obgleich in 298

Ich danke David Freedberg für den Verweis auf Damhouder, dessen Traktat er erstmals mit Brueghels zwischen 1556 und 1560 gezeichneten Zyklus der Tugenden und Laster, hg. von Hieronymus Cock, in Verbindung bringt. Das Original erschien 1555 in Leuven bei Steven Wouters unter dem Titel Praktyck ende han­ debouck in criminele zaeken. Damhouders Traktat ist bis in das 18. Jahrhundert für die Strafrechtspflege in verschiedenen europäischen Ländern bedeutsam geblieben.

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4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio

Bild 109  De repetitione quaestionis, sive torturae, in: Joos de Damhouder, Praxis rerum criminalium, 1562, Holzschnitt, Antwerpen, S. 91.

strafrechtstheoretischer Hinsicht kein geschlossener Theoriezusammenhang auszumachen ist.299 Strafe ist für Damhouder ein Mittel, um noch größeres Übel zu verhindern und er vergleicht das Gericht, das Urteil und das Recht mit „Arzneien“, die gegen das Unrecht ihre Wirkung entfalten.300 Die hier ausgewählten Abbildungen stehen den Kapiteln 27 und 28 voran, und zeigen Techniken der peinlichen Befragung. Die eine zeigt die Wasserfolter, die auch in der Constitu­ tio Carolina als eine bevorzugte Folterart im Strafverfahren ausgewiesen

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Vgl. Strubbe, 1970, S. 1–65. Siehe zum Bildgebrauch bei Damhouder die Arbeit von Prinz, 2006, S. 132–134 und ausführlich Bauer, 2000, S. 269–318. Vgl. Grunert, 2001, S. 313–332, hier S. 315. Zitiert ibid., 2001, S. 320.

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III. Martyrium

wird.301 Dem unbekleideten und mit Seilen rücklings auf die Folterbank gebundenen Angeklagten wird von einem Scharfrichter in seinen gewaltsam aufgerissenen Mund eine Flüssigkeit zugeführt und dabei die Nase zugehalten, um den Eindruck des Ertrinkens hervorzurufen (Bild 108). Hinter der Szene stehen eine Richterfigur mit einem mannshohen Stab in der Hand sowie zwei Zeugen, die mit ihren Redegesten die gerichtliche Befragung und den laufenden Prozess der Urteilsfindung andeuten. Ein Protokollant blickt auf den Gefolterten und hält sich bereit, den Folterhergang zu dokumentieren und das Geständnis niederzuschreiben. Den Charakter einer bildlichen Handlungsanordnung unterstreichend, befinden sich im Bildvordergrund die für diese Foltermethode unverzichtbaren Gegenstände: ein Seil zum Fesseln des Körpers, ein Krug zur gezielten Einflößung des Wassers und ein Eimer angefüllt mit Flüssigkeiten, deren Maßverhältnis auf die Dauer der Befragung verweist. Eine ähnliche Figuration ist im folgenden Holzschnitt (Bild 109) zu erkennen. Hier sind drei Männer in Richterroben, ein Protokollant und der Gefolterte dargestellt, dessen entblößter Körper schutzlos quer über den unteren Teil des Bildes gezogen und ohne weitere Stütze in der Luft gehalten wird. Die im Gerichtsraum gezeigten Handlungen und Reaktionen auf die Folter, wirken schematisch und wie eine Versuchsanordnung, um die Akteure und Rollen des Verfahrens voneinander zu trennen. So wird die richterliche Beobachtung der Reaktion des Gefolterten zur Konzentration des Protokollierenden visuell deutlich in einen Kontrast gesetzt. Den Darstellungen des Oratorianers Gallonio und denen der Strafrechtstraktate ist gemeinsam, dass sowohl die Instrumente als auch die gezeigte Folter als Embleme der Wahrheitsfindung und Zeugenschaft verstanden werden. Damhouder stellt sie als notwendige normative Instrumente dar, die präventiv kriminelle Taten verhindern sollen. Es kommt hier die Bedeutung des reglementierenden juridischen Maßes zum Tragen, das Teil dieser spezifischen Ordnung ist. Gleichzeitig wird bei Gallonio vor der Gefahr des säkularen tyrannischen Machtmissbrauchs dieses Instrumentariums gewarnt, dem sich der Märtyrer widersetzt und seinen Tod in Kauf nimmt, um sich nicht der juridischen Prozesslogik und des richterlich-autoritativen Urteils zu ergeben. Sowohl die Theorien der Zeugenschaft im Recht als auch die experimentellen Entdeckungen der Anatomie gelten als Vorreiter der modernen Wissenschaften und Naturphilosophie.302 Der grundlegende Wandel des Rechtsverständnisses lässt sich vor allem darin beschreiben, dass sich die Bestimmung von Recht und Gerechtigkeit zunehmend in Fragen der Sicht- und Berechenbar301

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Kimmel, 1997, S. 124, Fiorelli, 1953-54 und Langbein, 1977 beziehen sich in ihren grundlegenden Studien zur Bedeutung der Folter im Strafverfahren sowohl auf die Constitutio Carolina als auch Damhouder. Maclean, 2000, S. 227–257. Ausführlich hierzu die Beiträge des Sammelbandes hg. von Daston und Stolleis, 2008.

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4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio

keit wandelten. Die methodisch-wissenschaftliche Beobachtung ermöglichte Einblick in die Naturgesetze und machte die unsichtbare göttliche Gerechtigkeit allgemein berechenbar. Nach der Theologie waren es die Medizin und das Recht, die den zweiten Platz in der Fakultätshierarchie an italienischen Universitäten einnahmen.303 Beide Wissensbereiche bemühten sich um eine Verbindung von theoretischer Wissenschaft und Praxis.304 In den zeitgenössischen Polemiken wird die Konkurrenz um die Rangfolge hinter der Theologie deutlich. So lauteten Argumente gegen die Medizin, dass sich Ärzte nur mit einzelnen Körpern auseinandersetzen würden, die Juristen hingegen sich dem politischen Körper in seiner Gesamtheit (civitas) widmeten.305 Schlimmer noch als ein Richter würde der Arzt den menschlichen Körper foltern, indem er die Krankheit nicht heilen, sondern zugunsten des finanziellen Gewinns seines Gewerbes künstlich verlängern würde. Die Kunst der Medizin, so wurde im Gegenzug argumentiert, sei im Gegensatz zum Recht aufgrund ihres praktischen Bezugs „gottgegebener“ und folge dem heilenden Vorbild Christi.306 Sie genieße auch deswegen gewisse legale Immunitäten und Privilegien, da es ihrer Deutungshoheit überlassen sei, Interpretationen für besondere äußere Körperzeichen zu finden, die für die Aufklärung von Rechtsfällen und somit die Wahrheitsfindung allgemein von Bedeutung seien. Darunter falle einerseits das Wissen über Jungfräulichkeit, aber auch Vergewaltigung, Kindsmord, Unfruchtbarkeit, Krankheit, oder Vergiftung, wie andererseits die Deutung übernatürlicher Gewalten, die Pest, Hexerei, oder Ansteckung verursachen.307 Im ausgehenden 16. Jahrhundert profitierten Medizin und Recht von einem anwachsenden humanistischen Wissen, wobei sich beide Disziplinen über das Studium antiker Texte einen kritischen Apparat an wissenschaftlicher Literatur sicherten. Die Medizin wurde durch „proto-experimentelle“ Studien der Anatomie, Physiologie oder auch der Zoologie bereichert.308 In der Rechtslehre wurden verschiedene Textinterpretationsweisen entwickelt, um eine kritisch-historische Methode zu garantieren, die auch nichtrömische Quellen miteinbezog.309 Es zeigte sich ein ver-

303

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Das Rechtsstudium wurde getrennt von den anderen Fakultäten unterrichtet. Über die universitären Disziplinen zu dieser Zeit vgl. den Artikel von Richard Kagan in Julia, Revel und Chartier, 1986, S. 153–186. Komprimiert zusammengefasst bei Maclean, 1992, S. 19–29. Maclean, 2002, S. 85. Danneberg, 2003, S. 113–141. Ibid., S. 121. Ibid., S. 86. Zum Christus-medicus vgl. Danneberg, 2003. Maclean, 2002, S. 121. Maclean, 2000, S. 227. Francisco de Suárez gilt hierbei als einer der systematischsten unter diesen Denkern, vgl. Lefebvre, 1938, S. 61–66.

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III. Martyrium

stärktes Interesse an der Evidenz, dem Beweis und der Zeugenschaft.310 Sowohl die Medizin als auch das Recht wurden als den Naturwissenschaften ähnliche Wissenschaften begriffen, die einem leitenden Regelkanon folgten von dem abweichende Ausnahmen bestimmt wurden. Wo die artes liberales sich auf Autoritätsbeweise konzentrierten und die gelehrte Meinung und das endoxische, überzeugende Wissen stützten, lag der Schwerpunkt der Naturwissenschaften auf der Erprobung einzelner voneinander abgegrenzter Fälle. Beide Bereiche jedoch bezogen sich auf Prinzipien der Natur und benutzten operative Konzepte von Regeln (genus) und Ausnahme. Das Wissensfeld der Medizin, das die menschliche Natur umfasst, lässt sich hierbei über die selbstaufgestellten Regeln hinaus erweitern.311 Dagegen wird die Regel im Recht als unverletzlich und nur dann als gültig angesehen, wenn sie in einer rechtsfähigen Form explizit gemacht wird. Im Recht bezieht sich der prinzipielle Gebrauch der Konzepte von Regel und Ausnahme nicht auf die Beschreibung von untypischen oder seltenen Handlungen oder Zuständen, sondern auf den prozessualen Verlauf der Gesetzgebung und des Gerichtsverfahrens. Sowohl die Regel als auch die Ausnahme sind technische Termini, die sich auf die stipulative, festlegende Macht des Rechts beziehen, welche bestimmte Zuschreibungen zum ersten Mal vornimmt und sich dabei eine besondere Freiheit vorbehält, dem neuen Zeichen/ Ausdruck eine Bedeutung zu geben. Mit einer regula wird eine nachgeordnete, generalisierte Version einer Reihe von leges bezeichnet.312 Regel und Ausnahme werden über die Evidenz, die empirische Wahrnehmung und das Argument hervorgebracht. Im zivilrechtlichen Standardtext des Corpus Juris Civilis wurden konkrete Fragen des Beweises und der Annahme, der dokumentarischen Evidenz und des Zeugen gestellt (22.3–5, auch Codex 4.19–21), welche mit der forensischen Rhetorik eng verbunden waren.313 Faktische Angelegenheiten (cau­ sae coniecturales) wurden von den legalen (causae legales) und juridischen (causae juridicales) Fällen, welche die Richtigkeit bzw. Falschheit einer Handlung bestimmten, unterschieden. Jene faktischen Fälle wurden wiederum in „künstliche“ und „nicht-künstliche“ Beweise unterteilt.314 Die nicht-künstlichen signa nuda bezeichneten sogenannte „rohe“ Zeichen, welche Evidenzen des 310

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Beide Wissenschaften tragen bis heute diese Früchte: Die experimentellen Erkundungen der Medizin in Anatomie, Physiologie oder auch Botanik gelten als Vorläufer der neuen Wissenschaften, und die rechtlichen Theorien der Zeugenschaft haben in Bezug auf die Verfahren der Wahrheitsfindung der Naturphilosophie des ausgehenden 17. Jahrhunderts nachweisbaren Einfluss gehabt. Maclean, 2000, S. 228. Ibid., S. 230. Digesten, 50.17.1 Quellen hierfür stellen die Schriften Ciceros und Quintilians dar, vgl. Maclean, 2000, S. 227–257, hier S. 242. Diese Unterscheidung reicht bis Aristoteles zurück, der das Problem von allg. Regeln anspricht, welches das richtige Maß und den richtigen Zeitpunkt mitein-

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4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio

näheren Tatumfeldes, Gerüchte, Zeugenaussagen, den Wortlaut von belastenden Dokumenten oder die Resultate von Folter und Befragung miteinschlossen. Diese Formen der Evidenz beruhten demnach auf Konstruktion und Intuition: Als praesumptio wurde eine Annahme bezeichnet, deren Fakten plausibel, deren Tatbestand jedoch nicht mehr vorhanden war.315 Somit erkannte man sie als eine Beweismethode, die so insinuiert wurde, dass sie bei den Anwesenden die Überzeugung hervorrief, dass sich die Tat auf genau diese beschriebene Weise vollzogen habe. Wie bereits angedeutet, bezeichnet die coniectura eine ähnliche Methode, meint jedoch den spezifischen Tatbestand im Gericht, d.h. die Deutung von Fakten, welche vor Augen stehen, wie das Zittern oder Erröten des Angeklagten unter der Befragung. Somit sind die facta nuda immer in ihrem Interpretationszusammenhang zu sehen – Faktizität und Konstruktion gehen Hand in Hand. Der „künstliche Beweis“ war allein abhängig von der rhetorischen Kunst des Verteidigers, der aus den signa nuda zugunsten seines Klienten das Beste argumentativ herauszuholen wusste. In kaum einem anderen Feld liegen Verbrechen, Heiligkeit und die medizinische Frage des Körpers näher beisammen als in den experimentellen Versuchen der Anatomie in der Frühen Neuzeit.316 Sawday hat auf die Ähnlichkeit von Gerichtsverhandlungen und der öffentlichen Inszenierungen der Anatomie verwiesen, da in beiden Fällen der kriminelle Körper exponiert werde. Die Tätigkeiten der Anatomen und des Richters nahmen somit ähnliche Formen an. Dies zeigt sich in den Darstellungen der Autoritäten des anatomischen Verfahrens, die wie Richter meist thronend der anatomischen Sezierung vorsitzen und die wissenschaftliche Bestimmung der Körperteile sowohl durch die empirische Beobachtung als auch den Abgleich mit dem Regelkanon vornehmen.317 Auch in den anatomischen Lehrbüchern bleiben die Verweise auf die für die Obduktion verwendeten kriminellen Körper nicht aus: So wird auf der ersten Tafel des zweiten Bandes von Juan Valverdes L’anatomia del corpo humano (1560) der zu studierende Körper am Hals in einer Schlinge hängend gezeigt (Bild 110).318 Er erinnert so an einen hingerichteten Verbrecher, dessen Körper am Ort der Hinrichtung als Mahnung öffentlich der Verwesung ausgesetzt wird.

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schließt. Hierbei wird zwischen dem Herstellungswissen (ars) und dem Handlungswissen (prudentia) unterschieden. Vgl. Danneberg, 2003, S. 101. So Maclean, 2000, S. 227–257. Carlino, 1999, S. 97–105. Merback untersucht diesen Zusammenhang im Ansatz und verweist auf die Theatralisierung der Rechtsrituale im Vgl. zur Anatomie, aber bedauerlicherweise ist dies nicht systematisch durchgeführt, siehe Merback, 1999. Juan Valverde Di Hamusco, Anatomia del corpo humano, 1559 mit Stichen von Gasparo Beccara.

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III. Martyrium

Bild 110  Gasparo Beccara: Anatomische Figur, in: Juan Valverde Di Hamusco, Anatomia del corpo humano, 1559, Kupferstich, Rom, S. 71.

Mit der anatomischen Praxis war auch die Untersuchung und Verifizierung des Heiligenkörpers gemeint, was die Entnahme von Organen und Einbalsamierung des Körpers umfasste, die göttliche Zeichen in sich trugen.319 Nur durch das Öffnen des Körpers und die Prüfung der Organe glaubte man die Heiligkeit einer Person beweisen zu können.320 Autopsien waren für die medizinische Anatomie von grundlegender Bedeutung. Um die Natur und Funktion individueller anatomischer und physiologischer Unterschiede zu verstehen, mussten die Ärzte den Körper normativ begreifen lernen.321 Das Verfahren der Untersuchung war nicht unproblematisch, da aufgrund des radikalen Eingriffs in das Bestattungsritual die Würde des Toten verletzt wurde. An Universitäten verwendete man daher fast ausschließlich die Leichname von Kriminellen.322 319 320 321 322

Vgl. die Studie von Siraisi, 2001 über die Ausbildung an den medizinischen Fakultäten italienischer Universitäten. Park, 1994, S. 1–33. Ibid., S. 23. Die jedoch mit der Auflage eines topographischen Sicherheitsabstandes nicht aus der Gegend kommen durften, da sonst die Familienangehörigen Schaden aus der

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4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio

Die stundenlange Exponierung des toten Körpers vor einem Publikum wurde mit einer zweiten Hinrichtung gleichgesetzt.323 Park hat darauf hingewiesen, dass bis 1490 die anatomischen Lehrstunden weniger neuen Beobachtungen dienten, sondern vielmehr der Körper in der Autopsie als Lehr- und Gedächtnisinstrument diente, um bereits gewonnenes Wissen zu bestätigen. Dies änderte sich im 16. Jahrhundert als sich Künstler zunehmend für die Autopsie interessierten und die Anatomie zum Motiv der Darstellung des menschlichen Körpers wurde. Der Erfahrung des Lernenden und der anatomische Korrektheit wurde größere Bedeutung zugemessen.324 Seit Andreas Vesalius wurde der Autopsie Zeugnischarakter und Wahrheitsgehalt zugesprochen. Er warf dem bislang als Autorität anerkannten Mediziner Galen einen zu hohen Abstraktionsgrad seiner Untersuchungen vor und stellte im Vorwort seiner Schrift De humanis corporis fabrica (1543) heraus, dass das Sehen, also die Autopsie, vor die erklärende Autorität des Textes gestellt werden müsse.325 Er betonte, dass hiermit nicht allein die passive Form des Sehens, sondern vielmehr die aktive Arbeit am Körper gemeint sei, die das Sehen mit der Handlung verbindet. Diese neue Interpretation der Autopsie veränderte ihre Stellung als Lehrmethode, da von nun an ein Schwerpunkt auf den Gewinn neuer Erkenntnisse über die genaue Beobachtung gelegt wurde.326 Das Sehen wird von Vesalius mithin als eine regelrechte Kunst betrachtet, welche die Basis wissenschaftlicher Erkenntnis sei. Die Autopsie wurde zu einem zentralen Begriff der Wissenschaft des 16. Jahrhunderts, der den Juristen mit dem Mediziner verbindet und dessen Bedeutung sich in den ihnen zugehörigen visuellen Medien widerspiegelt. In Bildern der Abweichung, des Ungewöhnlichen oder Monströsen lässt sich diese gemeinsame Grundlage finden.327 Hier übernimmt das visuelle Medium die Rolle der Zeugenschaft, um das Einmalige festzuhalten, zu präsentieren und durch diverse erklärende Beigaben, wie Maß oder Text, die Exaktheit der Wiedergabe zu bestätigen. Mit der wachsenden Bedeutung der Anatomie ging eine enge Verbindung von Medizin, Kunst und Antikenstudium einher. Um die spezifisch scho-

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öffentlichen zur Zurschaustellung ihres Angehörigen getragen hätten. Park, 1994, S. 12. Edgerton, 1985, S. 65. Vor Andreas Vesalius war es Leonardo da Vinci, der sich der Anatomie intensiv widmete und diese ins Bild setzte, oder auch der Anatom Charles Estiennes (1504– 1564) in seinem Werk De Dissectione Partium Corporis Humani, 1545, das Vesalius wahrscheinlich beeinflusst hat. Diese Aussage des Vesalius wird häufig zitiert, stellvertretend vgl. Danneberg, 2003, S. 117f. Grundlegend Shapin, 1994. So beispielsweise bei Ambroise Paré, Ulisse Aldrovandi oder Fortunio Liceti, siehe zum Monströsen maßgeblich die Studie von Daston und Park, 1998.

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III. Martyrium

Bild 111  Jacopo Berengario da Carpi: Anatomia Carpi, 1535, Holzschnitt, Bologna.

Bild 112  Andrea Mantegna: Heiliger Sebastian, 1470, Öl auf Leinwand, 255 × 140 cm, Paris, Louvre.

nungslose Grausamkeit der geschundenen Körper in den Märtyrerdarstellungen des ausgehenden 16. Jahrhunderts zu erklären, sind nicht selten Darstellungen aus der Anatomie herangezogen worden.328 So ließ sich der Topos der Schmerz­ erduldung und des hoc est corpus meum in die Bilder von „Versuchskörpern“ in anatomischen Traktate einbringen. Als Verbindung von Wunder und Anatomie wird in der Anatomia Carpi (1535) (Bild 111) die aktive Beteiligung des Obduzierten gezeigt, der die oberen Hautlappen seines Körpers wie einen Bühnenvorhang nach oben aufzieht, um den Betrachter sein Inneres studieren zu lassen.329 Diese verlebendigten Leichname aus der Autopsie, die sich trotz ihrer

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Die Literatur über die anatomische Illustration ist im letzten Jahrzehnt beeindruckend angewachsen. Stellvertretend Sawday, 1995. Jüngst z. B. die Artikel von Leibacher-Ouvrard, 2010, S. 31–47; Pacifici, 2010, S. 19–30. Jacopo Berengario da Carpi, Anatomia Carpi, 1535.

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4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio

Bild 113  Charles Estienne: De dissectione partium corporis humani libri tres, 1545, Kupferstich, Paris. Bild 114  Giovanni Baglione: Sebastian wird von einem Engel geheilt, ca. 1603, Öl auf Leinwand, 95,9 × 75,5 cm, Palmer, Palmer Museum of Art.

geöffneten, geschälten oder skelettierten Körper in allen möglichen Posen zeigen, bildeten den Kern einer Faszination für die anatomische Illustration. Auch bestand ein Grundprinzip in der ikonographischen Umcodierung religiöser Bedeutungen in eine systematisierende und pädagogische Bildform. In diesem Sinne lässt sich die Darstellung eines Heiligen Sebastian zum Beispiel von Mantegna (Bild 112) den Illustrationen aus Charles Estiennes De dissectione par­ tium corporis humani (1545) gegenüberstellen (Bild 113). Die Ähnlichkeiten zur Körperpose der vor einem Baum und antiken Architekturfragmenten positionierten zentralen Figur sind leicht auszumachen.330 Die bei Mantegna als Pfeile erkenntlichen Zeichen der Marter werden bei Estienne zu Verweisen, 330

Estienne verwendete zahlreiche unterschiedliche Vorlagen für die anatomischen Illustrationen, indem er lediglich den Teil, der einen Einblick in den Körper gewährte, auswechselte.

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III. Martyrium

welche statt der Befiederung Lettern tragen, die wiederum auf eine Erklärung im Text relegieren. Bagliones auf 1603 datierte Bild der Heilung des Sebastian durch einen Engel (Bild 114), der behutsam eine Pfeilspitze aus der leicht blutenden Wunde des Heiligen zieht, lässt sich vice versa ebenso mit Darstellungen aus dem medizinischen Kontext verbinden.331

Bild 115  Francesco Salviati: Illustration in: Guido Guidi, Chirurgia e graeco in latinum conversa, 1544, Zeichnung, Paris, BNF, Inv. ms Grec. 2247, fol. 90.

Das anatomische Handbuch des Arztes und Übersetzers Guido Guidi (1500–1569), der auch unter dem Namen „Vidus Vidius“ bekannt war, zählt zu einem der bekanntesten illustrierten Traktate, die sich mit den Schriften des Hippokrates, Galens und Oreibasios auseinandersetzten. Im Auftrag Kardinal Ridolfis wurde es dem französischen König Franz I. zum Geschenk gemacht.332 Zusammen mit einem Schüler hatte Francesco Salviati die dazu gehörenden Illustrationen angefertigt, die sich heute in den beiden Kodizes Parisinus lati­ nus 6866 und dem Parisinus graecus 2247 in der Bibliothèque Nationale in Paris befinden (Bild 115).333 Die Chirurgia é graeco in latinum conversa, von 331 332

333

Über das Bild Giovanni Bagliones vgl. den Katalog von Jones und Harris, 2007. Guido Guidi, Chirurgia é graeco in latinum conversa, Vido Vidio Florentino interprete, cum nonullis eiusdem Vidij commentarijs, 1544. Zum Traktat vgl. Hirst, 1969, S. 6, 19–28 und Brockmann, 2009, S. 146–159 mit weiteren Verweisen. Vgl. Brockmann, 2009, hier S. 150, Anm. 11. Siehe auch Nova, 2001, S. 168f.

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4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio

Bild 116  Guido Guidi: Chirurgia e graeco in latinum conversa, 1544, Holzschnitt, 33,5 × 23,7 cm, Paris, S. 224.

Bild 117  Guido Guidi: Chirurgia e graeco in latinum conversa, 1544, Holzschnitt, 33,5 × 23,7 cm, Paris, S. 171.

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III. Martyrium

Bild 118  Guido Guidi: Chirurgia e graeco in latinum conversa, 1544, Holzschnitt, 33,5 × 23,7 cm, Paris, S. 279.

der 1544 eine prächtige Druckfassung angefertigt wurde, beschränkt sich auf die äußere Chirurgie und weist einige Ähnlichkeiten mit zeitgenössischen Märtyrerdarstellungen auf. Auch hier sind „dramatische Handlungsgruppen“ mit hilflosen und entblößten Körpern zu sehen, die von Begleitfiguren in verschiedenen Posen „behandelt“ werden.334 Salviatis Zeichnungen genügen nicht nur den hohen künstlerischen Anforderungen der Zeit, sondern weisen auch eine besondere Genauigkeit in der anatomischen und medizinischen Darstellung des Körpers auf. In der gedruckten Ausgabe der Chirurgia kann anhand der eingesetzten Versalien der empfohlene Behandlungsablauf nachvollzogen werden, nach dem ausgerenkte oder gebrochene Gliedmaßen wieder begradigt oder eingerenkt werden sollten. Hier sind vier Helfer gezeigt, die mit aller Kraft von

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Die Beschreibung der „dramatischen Handlungsgruppe“ stammt von Brockmann, 2009, S. 153.

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4. Inventare der Folter: Anatomie und constitutio

Bild 119  Guido Guidi: Chirurgia e graeco in latinum conversa, 1544, Holzschnitt, 33,5 × 23,7 cm, Paris, S. 289.

verschiedenen Seiten an der verletzten Figur ziehen oder den Körper festzuhalten versuchen, um den physischen Affektreaktionen, die der Schmerz verursacht, entgegenzuwirken (Bild 116). Analog zu den Märtyrerdarstellungen sind hier Figurationen zu sehen, die den Streck- und Folterbänken (Bild 117) oder dem qualvollen Tod durch umgekehrtes Aufhängen (Bild 118), oder auch dem grausamen Zerdrücken eines Körpers (Bild 119) sehr ähnlich sind. Auch hier sind es Ruinenfragmente und komplizierte Maschinen, die die behutsame und in Etappen sich vollziehende medizinische Behandlung des Körpers rahmen. Ebenso wird die Inversion der Aussage des Vorbilds ersichtlich, da sich Anspielungen auf künstlerische Pathosfiguren, wie die Laokoongruppe oder den Herkules Farnese, finden lassen.335 Hierin wird die doppelte Struktur der Anatomie und

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Brockmann, 2009, S. 157.

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III. Martyrium

ihrer ästhetischen Referenz ersichtlich.336 Diese didaktischen Lehrbilder aus der Medizin und dem Recht, die die Inventare, Theater und Zyklen der christlichen und ordensgeschichtlich relevanten Martyrien beeinflusst haben, prägten auch bekanntere Auftragswerke der römischen Kunst. Die in den Lehrbüchern und Inventaren so systematisch vollzogenen binären Konstruktionen von Recht und Unrecht, Opfer und Verbrechen, Folter und Wahrheit sind hier als komplexe Figurationen wiederzufinden, die sich den juridischen Kodifizierungen zu widersetzen scheinen und ihre Aussagen umzukehren scheinen.

336

Diese wechselseitigen Bezüge, die fließenden Übergänge zwischen künstlerischem Geschick und der Anatomie, sind am Beispiel des Heiligen Bartholomäus konkretisiert worden, der als écorché-Figur beliebtes Motiv und Studienmodel für Künstler und Mediziner war. Vgl. Egmond und Zwijnenberg, 2003.

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IV. W iderstand

1. Cor pus Delict i: Carraccis fallender Sebastian Martyrium und Schändung überblenden sich in einem Gemälde Lodovico Carraccis (1555–1619), das Soldaten zeigt, die einen aschfahlen, unbekleideten Körper in einen Abgrund werfen (Bild 120).1 Mit aller Kraft ziehen die vier Männer an den Enden des Leichentuches, um ihn daraus zu lösen und stoßen oder drücken den Leib in den Bildvordergrund. Ihre kraftvollen Armbewegungen stehen hierbei als variantenreiches Muskelspiel im Fokus der Komposition, wobei ihre Gesichter weitgehend verdeckt bleiben und an die illustrierten Handlungsanweisungen von Guidis chirurgischem Traktat erinnern. Zu Füßen des Leichnams zieht ein Jüngling mit einem roten Umhang an dem Leichentuch, um den eingewickelten Körper daraus zu lösen. Seine Arme sind gespannt und sein Oberkörper stark gestreckt, da seine Arme und der Kopf eine extreme Gegenbewegung vollziehen. Auch sein Gesicht ist nicht zu erkennen, da er den Kopf abwendet um nicht von dem Fuß des Toten gestreift zu werden. Im Gegensatz zu diesen vielfältigen Artikulationen muskulärer Spannung und Körperkraft scheint der Leib des Toten zu schweben und sich aus dem Tuch selbst befreit zu haben. Er wirkt leicht, fast gewichtslos und die aschfahle Helligkeit seines Inkarnats bildet einen starken Kontrast zu den gedeckten Kleiderfarben der Soldaten und dem tiefdunklen Hintergrund. Während Beine und Lenden noch horizontal über dem festen Boden gehalten werden, schwebt sein Oberkörper über dem Abgrund. Einer Totenstarre unähnlich, sind der rechte Arm und das linke Bein angewinkelt und verstärken den Eindruck einer autarken Gegenbewegung, die

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Lodovico Carracci, 1612, Öl auf Leinwand, 167 × 233 cm. Das Gemälde befindet sich heute im J. Paul Getty Museum in Los Angeles, Inv. 72.PA.14. Siehe grundlegend den Ausstellungskat. hg. von O’Neill und Shultz, 1985, Nr. 30, S. 122, sowie Feigenbaum und Emiliani, 1993, S. 152–154.

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IV. Widerstand

Bild 120  Lodovico Carracci: Der Körper des Sebastian wird in die Cloaca Maxima geworfen, 1612, Öl auf Leinwand, 167 × 233 cm, Los Angeles, Getty Museum (Farbbild 15).

sich den Anstrengungen der Soldaten zu widersetzen scheint.2 Diese gipfelt in der Darstellung des Kopfes, der sich leicht nach oben dreht und dem Betrachter frontal zugewendet ist, wobei sich der Mund entgegen den Gesetzen der Schwerkraft zu öffnen scheint. Nicht das Gewicht des Körpers bringt die Soldaten bis ans Äußerste ihrer Kräfte sondern seine Widerständigkeit. Vier weitere Figuren, die den Augenblick bezeugen, führen mit ihren ungleichen Gesten das vielschichtige Spektrum möglicher Reaktionen vor Augen. So beugt sich die jugendliche Knabengestalt am linken Bildrand mit einem neugierigen, ja geradezu belustigt wirkenden Gesichtsausdruck weit zu dem toten Körper hinunter, als dürfe ihr kein einziges Detail der Szene entgehen. In direkter Gegenbewegung dazu hält der ältere Soldat dahinter im Moment des Herbeistürmens erschrocken inne und reißt seine Arme und gespreizten Hände entsetzt in die Höhe (Bild 121). Weitgehend unbeteiligt erscheint dahingegen die Soldatenfigur, die im rechten Hintergrund Stellung bezogen hat. Deutlich ist deren stoische Haltung zu den kraftvoll agierenden anderen Körpern des 2

Die Pentimenti verweisen darauf, dass Carracci an der Haltung des Armes mehrfach gearbeitet hat.

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1. Corpus Delicti: Carraccis fallender Sebastian

Bild 121  Lodovico Carracci: Der Körper des Sebastian wird in die Cloaca Maxima geworfen, 1612, Öl auf Leinwand, 167 × 233 cm, Los Angeles, Getty Museum, Detail: Affektfiguren.

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IV. Widerstand

Bild 122  Lodovico Carracci: Der Körper des Sebastian wird in die Cloaca Maxima geworfen, 1612, Öl auf Leinwand, 167 × 233 cm, Los Angeles, Getty Museum, Detail: Bogenträger.

Bild 123  Lodovico Carracci: Der Körper des Sebastian wird in die Cloaca Maxima geworfen, 1612, Öl auf Leinwand, 167 × 233 cm, Los Angeles, Getty Museum, Detail: Lucina.

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1. Corpus Delicti: Carraccis fallender Sebastian

Bildes in Kontrast gesetzt (Bild 122). Von den vertikal aufgestellten Lanzen und dem wehrhaften Turm der Stadtmauer gerahmt, ist der Behelmte von dem Geschehen distanziert und sein Blick richtet sich nahezu teilnahmslos in die Ferne. Allein die Pfeile in seiner rechten Hand und die apotropäische Fratze auf seinem Brustharnisch, die ihr weitaufgerissenes Maul dem Betrachter entgegen bleckt, betonen seine kriegerische Entschlossenheit. Auf andere Weise zur gleichen Zeit distanziert und kompositionell eingebunden ist eine weitere Figur, deren Kopf rechts unvermittelt zwischen den muskulösen Körpern der Soldaten im Zentrum des Bildes auftaucht (Bild 123): Mit ihrem langen, glattgekämmten und in der Mitte gescheitelten Haar handelt es sich um die einzige Frauengestalt des Bildes. Sie dreht sich zu dem sich rechts von ihr befindlichen Soldaten herum und es scheint, dass sie das Wort an ihn richtet. Der Leichnam, dessen sich die Soldaten hier entledigen, ist der des Heiligen Sebastian, der auf Befehl Kaiser Diokletians, der ihm ein Begräbnis nach christlichem Ritus verweigert hatte, in den Euripus Agrippae, den Abflusskanal der Agrippinischen Thermen geworfen wurde.3 Die Szene zeigt einen Ort vor den Toren der Stadt, der in weiße Nebel gehüllt und topographisch nicht genau zu bestimmen ist. Es werden gleichzeitig mehrere Momente der Heiligenlegende abgebildet oder zumindest auf sie verwiesen. Der stoische Bogenträger gehört zu dem vorher erlittenen Martyrium und markiert die Vorgeschichte des Geschehens, in der Sebastian durch Pfeilschützen hingerichtet werden sollte.4 Der von Carracci festgehaltene Augenblick des Falls, in dem die Soldaten sich des toten Körpers auf ehrlose und unbarmherzige Weise entledigen, stellt das punctum der Gegenwart dar, einen Moment, der in der Legenda Aurea kaum mehr als in nur einem Satz beschrieben wird.5 Die zentrale Frauenfigur ist als 3

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MLCT, Martyrologium Romanum, 20. Januar: „In Roma pure nelle Catacombe S. Sebastiano Martire, il quale sotto Diocleziano, capo della prima cohorte, per essere Cristiano, fu fatto ligar ad un palo in mezzo il campo, e da soldati saettare, e finalmente con flagelli battere, fin tanto che rese lo spirito.“ Der Legenda Aurea gemäß sollte Sebastian auf Befehls Diokletians auf ein freies Feld gebracht und an einen Pfahl gefesselt werden. Mehrere „Kriegsknechte“ schossen mit Pfeilen auf ihn „daß er stund gleich einem Igel“. Sebastian überlebte dieses Martyrium, wurde von Irene gesund gepflegt und trat ohne Zeichen seines Martyriums wieder vor den Kaiser und drohte im an, dass seine Taten bestraft werden würden. Daraufhin ließ Diokletian ihn zu Tode prügeln und seinen Leichnam in die Cloaca Maxima werfen. Vgl. Benz, 2007, S. 98–102. Feigenbaum erkennt in der Figur auch den Moment der Bekehrung des Zeugen. Dieses Motiv taucht nicht in der Legende des Heiligen Sebastian, jedoch in anderen Heiligenviten auf. So werden ursprüngliche Henker oder an der Tat Beteiligte, nach der Zeugenschaft eines Martyriums zu aufopfernden Christen. Vgl. Feigenbaum und Emiliani, 1994, S. 152–154. Das punctus oder die compunctio (lat. durchbohren, stechen) ist in der mittelalterlichen Mnemotechnik ein Mittel wodurch über das Verletzen, bzw. Punktieren eines Textes die Emotions- und Merkfähigkeit gesteigert werden soll, vgl. Carruthers,

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IV. Widerstand

Heilige Lucina auszumachen, die später den Körper des Heiligen aus der Kloake birgt und in den Katakomben nach christlichem Ritus neben den Aposteln Petrus und Paulus bestattet.6 Durch ihre Gegenwart im Bild wird dem gezeigten punctum eine prospektive Dimension hinzugefügt. Lucina war der Legende nach keine Augenzeugin, sondern wird erst im Traum von dem Ort des Geschehens informiert. Dementsprechend ist ihr Blick von dem stürzenden Körper abgewendet, während sie Einspruch bei der Soldatenfigur im Zentrum zu erheben scheint. Diese Verschränkung von Gegenwart und Zukunft erzeugt einen Reflexionsmoment über die Unrechtmäßigkeit der ehrlosen Entsorgung des Leichnams. Über der Stelle, an welcher der Legende nach Lucina Sebastians Körper gefunden haben soll, befand sich erst die kleine Kirche San Bastianello, die mit dem Bau der Theatiner Kirche San Andrea della Valle zerstört wurde.7 Der Kult des Heiligen sollte jedoch auch nach dem Umbau bestehen bleiben. Direkt über dem vermeintlichen Fundort wurde in der neuen Kirche die Familienkapelle der Barberini gebaut, die als homines novi in Rom ihre Repräsentanz auszubauen und zu sichern suchten.8 Kardinal Maffeo Barberini, der spätere Papst Urban VIII. gab 1612 bei Ludovico Carracci ein Gemälde für diesen speziellen Ort der Verehrung in Auftrag. Als die künstlerische Ausgestaltung der Familienkapelle beschlossen wurde, war Maffeo bereits seit vier Jahren Kardinal. Seine Ausbildung war dem ehrgeizigen Nachwuchs einer vermögenden Familie angemessen und durchaus vorbildhaft abgelaufen. Die humanistische Erziehung hatte er an dem für seine erfolgsversprechenden Lehrmethoden bekannten Jesuitenkolleg von Florenz erhalten und war 1584 von seinem Onkel Francesco, einem apostolischen Protonotar an der Kurie, zu seinen weiterführenden Studien an das Collegio Romano nach Rom geholt worden. Somit war Maffeo einer der Studenten, die von der durch Acquaviva so umfassend durchgeführten Reform der Lehre und wissenschaftlichen Vernetzung profitiert hatten. Nicht auszuschließen ist, dass Francisco Suárez einer seiner Lehrer war, da dieser in genau der Zeit von Maffeos Aufenthalt am Collegio Romano seine später zu einer moder-

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1998, S. 101–103. Die bekanntere Verwendung des Begriffs in der Fotografietheorie von Roland Barthes bezieht sich auf diese Handlung, und meint aber auch das Unsagbare, Atopische eines Bildes, das entgegen der interpretierbaren Gesten, Figuren und Handlungen den Betrachter direkt „verwundet, trifft“, Barthes, 1989. Der Legenda Aurea zufolge war Sebastian Lucina im Traum erschienen und hatte ihr von dem unbekannten Ort in der Cloaca berichtet und sie gebeten, ihn „zu der Apostel Füßen“ zu bestatten, siehe Benz, 2007, S. 102. 1590 erlaubte Papst Sixtus V. die Entfernung der kleinen Kirche. Zur Vorgeschichte von San Andrea della Valle siehe Hibbard, 1961, S. 289–318. Zur Kapelle vgl. D‘Onofrio, 1967, S. 65–74. Sowie Thomas, 1995, S. 138–183. Zuletzt zusammenfassend Schütze, 2007, S. 61.

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1. Corpus Delicti: Carraccis fallender Sebastian

Bild 124  Domenico Cresti gen. Passignano: Begräbnis des Sebastian, 1602, Tuschzeichnung, 20,8 × 19,2 cm, Melbourne, National Gallery Victoria.

nen und umfassenden Rechtslehre ausgearbeiteten Vorlesungen hielt.9 Maffeo Barberinis juristische Karriere, die ihn bis auf den Papstthron verhelfen sollte, hatte seitdem eine handfeste Orientierung erhalten. Er wurde 1610 Präfekt der Segnatura di Giustizia, dem päpstlichen Gerichtshof, und trug von 1611 bis 1614 zusätzlich den prestigeträchtigen Titel eines Legaten im päpstlichen Auftrag in Bologna.10 Um seinen Aufstieg angemessen zu repräsentieren, investierte der junge Kardinal bereits früh in Kunstaufträge. Maffeos erster Plan für die Familienkapelle war der Bau eines unterirdischen, kappellenartigen Raumes, der zu dem Fundort des heiligen Märtyrerkörpers eine noch größere Nähe aufbauen sollte. Das Gemälde sollte die Leerstelle des Erinnerungsortes wieder   9 10

In den Jahren 1580–85 las Suárez dort seinen Kommentar über die Summa I/II u. III. Vgl. die biographischen Angaben bei Lutz, 2000, S. 298–321.

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IV. Widerstand

besetzten, die durch die Entfernung des heiligen Leichnams entstanden war. Diese Ortsbezogenheit erklärt die ungewöhnliche Ikonographie des Bildes, da der fallende Körper sich aus dem Rahmen zu lösen scheint und das legendenhafte Geschehen an diesem Ort nachstellt.11 Der Ort, die Handlung und das Bild sollten hier miteinander wirkungsvoll fusionieren.12 Aus der Korrespondenz mit Maffeos Bruder Carlo geht hervor, dass dieser ein anderes Motiv aus der Legende des Heiligen bevorzugt hatte, nämlich die Bergung des schwerverletzten Körpers durch die Römerin Lucina. Ein solches Bild hatte er bereits parallel bei Passignano in Auftrag gegeben (Bild 124).13 Als sich herausstellte, dass es bautechnisch unmöglich war, eine unterirdische Kapelle anzulegen, verlor die in Carraccis Bild konstruierte Verbindung zur Spezifizität des Ortes ihren Bezug. Maffeo ließ sich somit leichter von seinem Bruder überzeugen, dass das Motiv der Bergung angemessener sei.14 Das Bild Carraccis, so begründete er es, sei eine Repräsentation von Kraft („è ben rappresentazione di forza“) und für die Andacht ungeeignet („non di tanta devotione“). Passignano war mit seinem eher konventionellen Motivvorschlag nun erfolgreicher als Carracci und das auf den Ort bezogene Bild wanderte in die Privatsammlung der Barberini.15 Die Bemerkung, das Bild Carraccis würde nicht zur „devozione“ gereichen, gerät zum Ausschlusskriterium in der Auftragskonkurrenz der beiden Barberini Brüder. Maffeos Wunsch nach höherer Andachtsfähigkeit des Bildes mag man als rein religiös interpretieren und auf den Zweck einer „privaten“ Andacht beziehen. Jedoch, so ist hinlänglich bekannt, stellten Familienkapellen das Gegenteil von privatem Rückzugsort dar, sondern waren zentrale Repräsentationsräume einflussreicher römischer Familien.16 Wie der Vergleich mit einer Vorstudie zum Gemälde zeigt, war mit der abwertenden „forza“ nicht allein die Körperkraft der Männer gemeint: Die den Leichnam bergende männliche Figur in Passignanos Bild ist ähnlich kraftvoll gezeigt wie die Männer in Carraccis Bild. Hier sitzt der leblose Märtyrer halb aufrecht und wird, ähnlich wie in Raffaels Grablegung (1507), von einer sich nach hinten stemmenden Figur hoch gezogen und gehal11 12 13 14

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Vgl. Feigenbaum, 1984, S. 429–433. Feigenbaum und Emiliani, 1994, S. 152. Der Briefwechsel ist zu finden bei D‘Onofrio, 1967, S. 417–419. Vgl. die Arbeit von Thomas, 1995, S. 188f. „[…] ho qui fatto un quadro da un Caraccio del detto s. Bastiano gettato nella cloaca ma mi servirà per tener in casa perche li lumi forse non sarebbero à proposito […]. E mi piace più che s. Bastiano da quella memoria sia levato dalla cloaca perche il gettarvelo de soldati è ben rappresentazione di forza, ma non di tanta devotione.“, vgl. D‘Onofrio, 1967, S. 419. Das Bild befand sich ungewöhnlich lange im Besitz der Familie und ist erst 1972 verkauft worden, vgl. Lavin, 1975, S. 67, 207, 266 und 403, sowie Feigenbaum und Emiliani, 1994, S. 154, Anm. 2. Vgl. die Studien von Weber, 1988 und Karsten, 2003.

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1. Corpus Delicti: Carraccis fallender Sebastian

ten. Devotion konnte durch die Wirklichkeitsnähe der Darstellung gesteigert werden, so wurde es in bildtheologischen Traktaten hervorgehoben. Cesare Baronio zufolge seien die „Natürlichkeit“ und das Nacherleben des Ge­zeigten sogar wechselseitig aufeinander bezogen. Hiermit stimmte auch Gabriele Paleotti überein, der dies in seinem Discorso intorno alle immagini mit einer Theorie des Kultbildes in der Tradition der vera effigies verband.17 Diese „natürliche“ Art der Darstellung, die Paleotti einforderte, war im Falle Sebastians gegeben: Carracci hatte viel Sorgfalt darauf verwendet, das Inkarnat des Leichnams (Bild 125) als blutleer und leblos darzustellen, und über die blaugefärbten Lippen des Heiligen die Naturnähe des gezeigten Körpers hervorzuheben. So scheinen die Wirkung und Vehemenz des pietätlosen Moments, der bodenlose Fall des heiligen Körpers, gemeint gewesen zu sein, der diesen verehrungsunwürdig erscheinen ließ.18 Dass eben dieser Moment Carracci künstlerisch herausgefordert hatte, zeigt der Entwurfsprozess des Bildes. Die im Louvre aufbewahrte Vorzeichnung lenkt die Aufmerksamkeit des Betrachters auf den Kontrast zwischen der Schwerelosigkeit des heiligen Körpers und der Kraft der Soldaten und spart die begleitenden Beobachter, die Einspruch erhebende Lucina und auch den Attributträger aus (Bild 126).19 Sebastians Leichnam, der nicht berührt wird und somit keiner direkten Gewaltanwendung ausgesetzt ist, gerät hierdurch für die manieristische Formensprache typischen figura sforzata, die nach der Kritik Giovanni Andrea Gilios capricci seien, welche „senza regola, e senza legge alcuna“ vom Anspruch der varietà gelenkt werden und sinnhaft die Anwendung von Kraft (forza) implizieren können.20 Die von Maffeo vorgenommene Unterscheidung von „devozione“ und „forza“ wird so in vielerlei Hinsicht bezeichnend. Frömmigkeit oder Andacht wurden von ihm als Effekt des Gemäldes ausgeschlossen. Ob­­­ gleich das auf den gnadenwirksamen Ort bezogene Bild, das den Körper des Märtyrers so greifbar nahe erscheinen lässt, mit einer dramatischen Lichtführung 17

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Dies trifft auf den spezifischen Fall von Stefano Madernos Skulptur der Heiligen Cäcilie zu, die im Auftrag Kardinal Sfondratos 1600 für S. Cecilia in Trastevere angefertigt worden war und den wiederaufgefundenen unversehrten Körper der Märtyrerin darstellt, vgl. Kämpf, 2004, S. 98–141 und 109f. Siehe hierzu umfassend die Dissertation von Tobias Kämpf, 2014 (im Erscheinen). Die bisherige Forschung geht davon aus, dass das Thema des Bildes in der Pietätlosigkeit der Tat besteht und verweist auf den Mythos des Palinuro, dem Steuermann des Aeneas, der auf seiner Reise nach Italien in Schlaf fällt, über Bord geht und, nachdem er das Land erreicht hat, brutal ermordet wird, so bei Vergil, Aeneis, V. und VI. Carracci habe diesen Mythos zum Vorbild genommen, da auch hier die Pietät der Bestattung zentrales Thema sei. Vgl. Feigenbaum und Emiliani, 1994, S. 152. Loisel, 2004. Gilios Kritik richtete sich im Wesentlichen gegen den Stil Michelangelos in der Cappella Sistina und hier im Besonderen auf die Engel, die die arma Christi tragen, vgl. Cole, 2001, S. 520–551, hier S. 526f.

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IV. Widerstand

Bild 125  Lodovico Carracci: Der Körper des Sebastian wird in die Cloaca Maxima geworfen, 1612, Öl auf Leinwand, 167 × 233 cm, Los Angeles, Getty Museum, Detail: Sebastian (Farbbild 16).

und zugespitzten Inszenierung der Momenthaftigkeit des Geschehens die „Realpräsenz“ des Heiligen an diesem Ort unterstützt und somit im Sinne der posttridentinischen Frömmigkeitslehre agieren sollte, war dieses hier gezeigte, gleichsam die Zeit dehnende Bild des in einen Abgrund stürzenden, heiligen Körpers unangebracht. Negativ konnotierte Motive wie der Sturz des Ikarus, Phaetons und der Giganten nach Ovids Erzählungen trugen nicht selten moralisch-didaktische Konnotationen,21 so beispielweise in Giulio Romanos Deckenfresko in der 21

Zur moraldidaktischen Funktion des „Ikarussturzes“ im Privathaus vgl. Alberti, De re aedificatoria IX, 4. Zur Ikonologie des Falls siehe besonders Janzing, 2005, S. 73–102.

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1. Corpus Delicti: Carraccis fallender Sebastian

Sala dei Giganti im Palazzo del Tè in Man­tua, wo Karl V. als Jupiter gezeigt wird, der seine politischen Gegner be­straft und der Sturz des dort gezeigten Ikarus von Giovanni Battista Armenini als Anspielung auf die schlechte Regierung eines Souveräns gedeutet wurde. In seiner bewegenden Darstellung von Angst und Mitgefühl, mahne das Bild vor der Unvorsichtigkeit (imprudenza), dem Gegenteil einer Herrschertugend.22 Der Fall als politisches Scheitern und Zeichen der Häresie wurde ein zentrales Motiv der post-tridentinischen Bildproduktion.23 So wird der Sturz des

Bild 126  Lodovico Carracci: Sebastian wird in die Cloaca Maxima geworfen, Tinte und Kreidezeichnung, 13,7 × 18,7 cm, Paris, Louvre.

Magiers Simon, als göttliche Bestrafung seiner vorgetäuschten Wundertaten an prominenten Orten, wie auf einem der Altarbilder in San Pietro in Vaticano von Francesco Vanni gezeigt. Sein Sturz vor den Augen des Tyrannen Nero wurde als Beweis der Überlegenheit Petri, des göttlichen Vertreters auf Erden, gewertet, 22

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Armenini, 1587, S. 246. „[…] onde si vede così bene espresso il cadere e la paura del giovane, con la passione che ha il padre ed il dolore di tal rovina, che comuove qualunque vi mira; e pur di lui segue ancora il giudicio, perch’egli con la favola tuttavia allude a quelli che ne‘ loro domini con imprudenza vien governando e prezzano il buon consiglio de gli amici e de’savii“, vgl. auch Thimann, 2002, S. 35f. und 75. Ferreiro, 2005. Kessler, 1987, S. 265–275. Zum Fenstersturz im Bild als politisches Fanal siehe Janzing, 2005, S. 73-102

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IV. Widerstand

Bild 127  Lodovico Carracci: Sturz des Simon Magus, ca. 1603–04, Öl auf Leinwand, 348 × 256 cm, Neapel, Museo Capodimonte.

mit dem sich der Magier messen wollte.24 Simon war nicht von Gott legitimiert, Wunder zu vollbringen, und sein Fall wurde als göttliches Zeichen gedeutet. Carracci selbst hatte um 1604 diesen Fall des Simon Magus gemalt (Bild 127).25 Die 24

25

Die Darstellung des knienden Petrus und des anwesenden Paulus, der Präsenz Kaiser Neros und der Menschenmenge folgt der Erzählung in der Passio Sanctorum Apostolorum Petri et Pauli, doch nimmt Carracci wohl auch die der Legenda Aurea als Vorlage, die die Acta Petri und die Passio kombiniert, vgl. Ferreiro, 2005, 297. Früheste Bildbeispiele sind die Mosaiken der Kapelle Johannes’ VII. in San Pietro in Vaticano. Zur Rechtsbedeutung der Figur des Simon Magus siehe auch den Eintrag in der HRG, 1964-1997, hier S. 1990, Sp. 664–668. Vgl. Feigenbaum und Emiliani, 2004, S. 152.

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1. Corpus Delicti: Carraccis fallender Sebastian

Szene spielt hier vor den Toren Roms und wägt die säkulare gegen die göttliche Gerechtigkeit auf. Der die weltliche Rechtsprechung vertretende Tyrann sitzt in der Pose einer Iustitia-Allegorie mit übergeschlagenem Bein am Bildrand, vergleichbar mit einer Darstellung von Tibaldi (Bild 128). Die beiden Apostel Petrus und Paulus wenden sich ebenfalls mit ihren Blicken zu Simon, der, sich die Hände vor sein Gesicht haltend, kopfüber aus den mit Dämonen besetzten Wolken fällt. Der im Gebet kniende Petrus bewirkt, so wird nahegelegt, durch seine Anbetung des wahren Gottes den Fall des Magiers. Auch hier betonen die Zeu-

Bild 128  Pellegrino Tibaldi (Werkstatt): Allegorie der Justitia, Tuschzeichnung, 31 × 25 cm, Paris, Louvre.

gen des Geschehens diesen Moment: So hält ein Neugieriger die hinter dem Kaiser freistehende Säule umklammert und ist bemüht, möglichst viel zu sehen. Dieser Drang nach einem bezeugenden Sehen ist im Gemälde des fallenden Sebastian gleichzusetzen mit der Figur des rotgekleideten Jünglings, der sich an dem Ring in der Wand festzuhalten sucht und weit über den Abgrund der Kloake beugt. In seiner Darstellung des stürzenden Teufels in San Giacomo Maggiore in Bologna (1551–1553) verstärkt Pellegrino Tibaldi die binäre Opposition von weltlicher und göttlicher Gerechtigkeit durch Gesten des Zeigens (Bild 129). Der massige Körper des Satans wird hier von dem heiligen Michael am Kopf in Richtung Boden niedergedrückt und seinen nach unten ausgestreckten Armen richten sich die weisenden Hände der Zeugen entgegen, gleichsam magisch das Geschehen beeinflussend, dem die Figur des predigenden Johannes ruhig entgegenblickt. Die Gesten der Zeugen verstärken den Moment der Blutzeugen-

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IV. Widerstand

Bild 129  Pellegrino Tibaldi: Predigt Johannes des Täufers, 1551–53, Fresko, Bologna, San Giacomo Maggiore.

schaft Christi und durch ihre Mitwirkung entwickelt der Fall des Bösen, das als spiegelbildlicher Anti-Typus des Märtyrers auftritt, eine innerbildliche Dynamik. Der fallende Leichnam des Heiligen Sebastians erscheint im Vergleich zu den hier gezeigten innerbildlichen Oppositionen autonom. Wie die Michel-

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1. Corpus Delicti: Carraccis fallender Sebastian

Bild 130  Federico Barocci: Martyrium des Vitalis, 1580–83, Öl auf Leinwand, 392 × 296 cm, Mailand, Pinacoteca di Brera (Farbbild 17).

angelos David gegenübergestellte unsichtbare Stärke des Goliath, betont die Unberührtheit des fahlen Leichnams eine forza, die nicht gezeigt wird. Allein an seinen körperlichen Merkmalen ist der Widerstand gegen den Fall und das Naturgesetz zum Ausdruck gebracht. Diese ungewöhnliche Auslassung lässt sich auch in einem anderen Gemälde finden, das für den „authentischen“ Ort eines

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IV. Widerstand

Martyriums bestimmt war.26 Im Auftrag der Mönche von Cassino aus Ravenna, und nach der Idee des Erzbischofs und späteren Kardinals Giulio della Rovere, sollte Federico Baroccis Martyrium des Heiligen Vitalis (1583) die Verurteilung und Hinrichtung des Märtyrers durch Begraben bei lebendigem Leibe zeigen (Bild 130).27 Ähnlich wie in der Cappella Barberini in San Andrea sollte das Gemälde über einem Altar direkt neben jenen Brunnen aufgehängt werden, in dem der Heilige angeblich zu Tode gekommen war. Barocci fasst in seinem Gemälde nicht nur mehrere Momente in diesem Bild zusammen und fügt verschiedene Staffagefiguren und Gegenstände am unteren Bildrand hinzu, sondern er verweist auch auf den spezifischen Ort: Der Körper des Vitalis scheint durch die Bildfläche des Gemäldes zu verschwinden, um in den Raum zu fallen, in dem der reale Körper des Märtyrers aufgefunden wurde. Im Unterschied zu Carraccis Darstellung sind hier jene Begleitfiguren prominent ins Zentrum gerückt, die das Martyrium bestätigen. Der Befehl, die Exekution, die Zeugenschaft und das göttliche Zeichen vereint Barocci in einem Bild. Mit einer richtenden Geste befiehlt der hoch über dem Geschehen thronende Tyrann die Hinrichtung des Vitalis. Diese Geste findet ihre Durchführung in den Handlungen der Henker. Der seiner befehlenden Hand am nächsten Stehende hat den rücklings fallenden Vitalis gerade mit Wucht in den Brunnen gestoßen und verlängert hiermit die Achse zwischen Befehlsgestus und Exekution. Verstärkt wird diese gewaltvolle Achse durch eine Rückenfigur am Brunnenrand, die einen Stein in die Richtung des Falles schwingt, um Vitalis darunter zu begraben. Eine große Menschenmenge wird Augenzeuge des Geschehens und macht die Komposition schier unübersichtlich. Auffällig ist die passive Haltung der anwesenden Soldaten, die nicht eingreifen, sondern, auf ihre aufgestellten Hellebarden gelehnt, das Vorgehen lediglich beobachten. Teilweise verschattet und den äußeren linken Rahmen bildend, ist außerdem eine sehr heterogene Gruppe von Zeugen und Affektfiguren versammelt, deren Körperhaltungen alternierende Gegensatzpaare bilden. Der gefasst-distanzierten Haltung von zwei miteinander ins Gespräch vertieften Personen, die mit der Hand wie erklärend auf den Sturz zeigen, wird die Fassungslosigkeit einer älteren Frau gegenübergestellt, die mit einem erschreckten Blick auf den Stürzenden ihre Hände zum Gebet faltet. Auch in der Figur der im Vordergrund sitzenden Caritas, wird der Gegensatz von Distanz und Affekt evident. Neben dem ruhig an ihrer Brust liegenden Säugling und ist hier ein voller Angst zurückweichendes Mädchen gezeigt, das die Mutter jedoch besänftigend zurückhält und sich dabei vom Geschehen

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Dabei hat sich Ludovico sehr wahrscheinlich an der Darstellung Baroccis orientiert, siehe Emiliani, 1985, S. 169–187. Zur Auftraggeberschaft und dem Ort ausführlicher Muratori, 1912, S. 244–259. Zum Werk allg. zuletzt Lingo, 2008, S. 169f. Emiliani, 2008, S. 378–405.

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2. Complexio oppositorum: Bildstrafe und Opfer

abwendet. Dem Urteil des tyrannischen Gesetzgebers entgegengesetzt, schwebt aus den aufbrechenden Wolken das eindeutige göttliche Zeichen der Gerechtigkeit in Form von Lorbeerkranz und Palmenzweig aus der Hand eines Putto herab, um so die Glorie des Martyriums visuell zu verkünden. Diese unterschiedlichen Affekte der Zeugen im Bild Baroccis ergänzen einander und setzen die Zeugenschaft mit der Praxis der Anbetung in ein Verhältnis. Carracci hingegen lässt in seinem Bild des Heiligen Sebastian die Glorie und auch das Moment der Anbetung aus. Außer dem leicht angedeuteten Nimbus über dem Kopf des Sebastian und den im Hintergrund gezeigten Pfeilen wird auf eine Gegenüberstellung von säkularer Jurisdiktion und göttlicher Gerechtigkeit in Form einer Allegorie oder eines Zeichens verzichtet.

2. Complexio oppositor um: Bildstrafe und Opfer Die von Maffeo kritisierte „forza“ besteht in einer über die Auslassung angedeuteten Gegenüberstellung von göttlichem und menschlichem Gesetz. Die juridische Dimension dieser Opposition lässt sich über den Vergleich mit einer Bildgattung verdeutlichen, die das Gegenteil von Andacht und Verehrung bildete: die strafende Infamierung einer Person im Bild. Hängende, gequälte Körper der justiziellen Realität gehörten zum Bildrepertoire der pittura infamante, in der die Delinquenten über das sie in unwürdiger Weise darstellende Bild in effi­ gies bestraft wurden.28 Indem sie den Verbrecher als bereits Hingerichteten der politischen Gemeinschaft vor Augen stellten, wurde er mit diesem Akt auf der Rechtsebene gleichzeitig von ihr ausgeschlossen. Andrea del Sartos dem Kontext der pittura infamante zugeschriebenen Zeichnungen (Bild 131) zeigen kopfüber hängende Körper in unkontrollierten Haltungen, die vermeintlich einer höheren Macht ausgeliefert sind und auf der Fläche hilflos taumeln, baumeln oder hängen, ohne dass die Hinrichtungsmaschinerie mit im Bild dargestellt ist.29 Die in diesen skizzenhaften Momentaufnahmen zum Ausdruck gebrachte Augenzeugenschaft und die Wirkung der öffentlich inszenierten Infamierung liegen nahe beieinander. Seit dem frühen Mittelalter sind kirchliche und staatliche Infamie schwer voneinander zu trennen, wobei in der kanonistischen Literatur unterschieden wird zwischen der infamia iuris, der juristischen Bekräftigung von Infamie, die zum Ehrverlust einer Person führte und der infamia facti 28

29

Vgl. die einschlägigen Beiträge von Brückner, 1966; Ortalli, 1979; Edgerton, 1985 und Freedberg, 1989. Ortalli stellt sich die Frage, inwiefern die ästhetische Gestaltung und der juridische Akt, die Vollstreckung des Urteils durch das Bild miteinander zu tun haben. Ähnlichkeit der Person (Authentifikation) und Wirkmacht der Darstellung (movere) waren Grundlagen des juridischen Bildes. Siehe jüngst auch die Beiträge des Sammelbandes hg. von Behrmann, 2015. Edgerton, 1985, S. 112–123.

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IV. Widerstand

Bild 131  Andrea del Sarto: Pittura infamante, 1530, Rotstift, 24,7 × 11,5 cm, Chatsworth, Duke of Devonshire Collection.

als einer Verunehrung, die auf dem bloßen Ruf beruhte. 30 Kanonische Infamie setzt die Unterscheidung von Verbrechen und Sünde voraus, wobei sie bei schweren Verbrechen Anwendung fand, wozu beispielsweise die Sodomie zählte.31 Die aktivste gemeinsame Ebene der Bilder von Heiligen und Verbrechern ist die mit dem Begriff der „Bildmagie“ umschriebene Wirkmacht, wonach das Bild nicht re­­präsentiert, sondern verkörpert und selbst zu einer Handlung wird.32 Diese Verbindung von Bild und Verkörperung in infamen Bildern erkannte auch der im Jahre 1377 verurteilte Ridolfo da Camerino, als er die Nachricht von seinem Florentiner Strafbild erhielt, das ihn kopfüber hängend zeigte und an der Fassa30 31

32

Vgl. den Artikel von Merzbacher zum Begriff der „Infamie“ in HRG, 2, 1978, S. 358–360. Die in den Supplikenregistern der Apostolischen Poenitentiarie (1451–1586) zu findenden, an den Papst gerichteten Bitten um Vergebung spiegeln diese Grenzscheide zwischen Sünde und Verbrechen. Vgl. Tamburini, 1995. Ortalli, 1979, S. 93–128. Zur Bildmagie siehe auch Bredekamp, 1995, S. 33–37. Zur Diskussion des Begriffs der „Bildmagie“ vgl. den Lexikoneintrag von Wolf, 2003, S. 48–56. Zur Verbindung von Bildstrafe und dem Handlungsaspekt dieser Bilder als „juristische(r) Form des substitutiven Bildaktes“ siehe zuletzt Bredekamp, 2010, S. 197–212.

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2. Complexio oppositorum: Bildstrafe und Opfer

de der Mercanzia angebracht worden war. Seine sarkastische Erwiderung verkehrt die mit dem Schandbild bezweckte Strafe und Aussage: Wenn die Heiligen gemalt würden, dann folglich müsse auch er im Bild auf diese Weise zu einem Heiligen gemacht worden sein.33 Diese Nähe von Heiligkeit und Kriminalität, Ehrerweisung und Bestrafung durch das Bild ist Thema der justiziellen Traktate des 16. Jahrhunderts.34 Der Jurist Pierre Ayrault äußerte sich ausführlich zum Thema der executio in effigie und in diesem Zusammenhang auch kritisch über die noch weit verbreitete Praxis der Bestrafung des Leichnams.35 Der Umgang mit dem Bild sei bei der durch das Gericht als Urteil verkündeten Exekution in effigies mit der Opfergabe aus dem Römischen Recht zu vergleichen, worin auch die historischen Wurzeln der Verurteilung durch das Bild lägen.36 Die streng nach formal-juristischen Regeln ausgeführte executio in effigie stellte eine symbolische Bekräftigung der Justiz und ihrer ausführenden Organe dar.37 Als praktizierender Jurist sah sich Ayrault jedoch vor ein Problem gestellt, da Tote nicht als Rechtspersonen galten. Um zu erläutern, dass auch ihnen ein Prozess gemacht werden könne und auf welche Weise dies zu geschehen habe, ordnete er sie einer Kategorie zu, unter die auch alle anderen nichtmenschlichen Verurteilten eines Gerichtsprozesses fielen, denen eher eine symbolische Bedeutung zukam, wie der executio in effigie und den Tierprozessen. Grundsätzlich sei jedoch von der Bestrafung des toten Körpers abzusehen und nur bei besonders schwerwiegenden Verbrechen, wie der Sodomie oder dem

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„E si dipingo i santi: sonci fatto santo“, zit. bei Brückner, 1966, S. 208. Brückner, 1966, S. 236. Siehe auch Freedberg, 1989, S. 259. So verweist Pierre Ayrault (1536–1601), Jurist und Parlamentsadvokat in Paris in seinem prozessgeschichtlichen Werk De l’Ordre, Formalité et Instruction Iudiciaire, 1576 auf die Nähe von Verehrung und Verurteilung durch das Bild, hier: Ayrault, 1615, S. 643. Seine Schriften wurden für die politische Philosophie insgesamt bedeutsam. In seinem breit angelegten Ordnungsversuch des Rechts argumentiert er auf Grundlage des Naturrechts, siehe hierzu die Studie von Quarta, 2004 und Schmale, 1997, S. 290. Ayrault, 1615, S. 170 und S. 643. „Quand à l’execution, nous avons trouvée ceste forme, de les executer par effigie, que nous avon peut-etre, tiree des sacrifices, & triumphes anciens: scavoir est, que comme en lieu de sacrifier l’homme, on sacrifioit quelquefois l’effigie, dict Servius, fus Virgile: dit Plutarque, en la XXXII. & IXXXVI. Demande des choses Romaines, & comme les Romains menoient en triumphe les portraicts & images des choses qu’ils ne pouvoient transporter, comme les fleuves, des montagnes, Villes, Chasteaux, Roys, & Capitaines tuez en guerre, (cum simulachro captarum Syracusarum, omnia instrumenta belli lata, dict Tite Live, parlant du triumphe de Marcelluy) aussi au’es executions de iustice, our un plus grand exemple, nous avons introduict ceste facon de punir par figure & effigie. Car cela est ordinaire, que la representation affecte plus, & ce qui n’est proposé qu’à l’esprit, & à l’entendement, comme histoire & chose morte.“ Ayrault, 1615, S. 644. Vgl. Freedberg, 1989, S. 260.

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IV. Widerstand

Vatermord, darauf zurückgreifen, um das Andenken an den Verbrecher zu schänden und die Bestrafung des Leichnams zu einer Lektion für die Lebenden werden zu lassen. Ayrault beschäftigte hier besonders die ethische Vorstellung des Körpers, der Gegenstand des Prozesses wurde, und plädierte für eine Schändung des Andenkens in Form der Hinrichtung in effigies.38 Das Bild eines Leichnams, der zu seiner Schändung in die Cloaca Maxi­ ma geworfen wird, kommt demnach der Verurteilung eines Schwerverbrechers gleich. Personen, die aufgrund eines Verbrechens schuldig gesprochen worden waren, wurde je nach Strafmaß vor und nach ihrem Tod eine ehrwürdige Behandlung versagt.39 Das Prinzip der Diffamierung durch Inversion ist hier zu erkennen, was den Verurteilten seiner sozialen und menschlichen Identität entheben sollte und in allen Rechtsritualen zu beobachten war, worunter die Exponierung des entblössten verurteilten Körpers vor den bekleideten Zuschauern und Vertretern des Gesetzes oder seine Vertierung fielen.40 Rückt man Maffeos Bemerkung über die unangemessene Kraft des Bildes nun in diesen Kontext, wird die Grenzscheide, auf der sich die Darstellung befindet deutlich: Gezeigt wird das ehrlose Traktieren eines Leichnams, was, juridisch gesehen, nur Verbrechern widerfährt, und nicht die Gnade, die einem Heiligen erwiesen wird. Dennoch wird deutlich, dass eine absolute Trennung zwischen Heiligkeit und Kriminalität schwierig ist. Die Gemeinsamkeit der Körper von Heiligen, Souveränen und Kriminellen lag in ihrer Zugehörigkeit zur Sphäre des Übernatürlichen, die sich auch über das juristische Ritual konstituierte, wie Wind im Motiv des „criminal god“ diskutiert. Die Idee, dass substituierende Körper, wie die im königlichen Begräbniszeremoniell eingesetzte effigies oder die pitture infamante, symbolisch als lebende Entitäten funktionieren können, beruhte auf einer vergleichbaren Aufhebung der Grenzen, die den Körpern der Kriminellen zwischen Leben und Tod eine zerstörerische und den Körpern der Souveräne eine heilige Bedeutung zuschrieb.41 Der für seine Naturrechtslehre und erste umfassende Theorie des internationalen Rechts bekannt gewordene Hugo Grotius hatte in seiner 1617 erschienenen Schrift Defensio fidei de satisfactione Christi im Rahmen seines Versuches, die Satisfaktionslehre in rechtlichen Begriffen zu fassen, die Nähe von 38 39

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Cohen, 1992, S. 144. Zum Paradox der Toten, die juristisch nicht existent sind und dennoch weiterleben, und in Mittelalter und Früher Neuzeit im Sinne der römischen Tradition als Kontinuität sichernde Phänomene gelten, vgl. Cohen, 1992, S. 134–145. Vgl. Cohen, 1992, S. 162–201. Cohen, 1992, S. 141. Dies hat in Auseinandersetzung mit den Arbeiten von Ernst H. Kantorowicz besonders Ralph E. Giesey in seinen Arbeiten zur Souveränität als juristische Parallele zur Form der monarchischen Herrschaft in Frankreich herausgestellt, vgl. besonders seine Studie zum königlichen Funeralzeremoniell, Giesey, 1960.

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2. Complexio oppositorum: Bildstrafe und Opfer

Heiligkeit und Verbrechen in einen ähnlichen Zusammenhang gebracht.42 So bewirke das Opfer Christi, der wie ein Verbrecher hingerichtet wird, in juristischen Termini gesprochen vielmehr einen „Straferlass“ für die Sünde der Menschheit und diene als „Bürgschaft“ für die Verbrechen, die von ihnen verübt worden seien. 43 Gott müsse als ein Souverän verstanden werden, dessen beständige Sorge für Gemeinwohl und Ordnung ihn davon überzeugt hatte, seine Strafe juristisch konsequent an einem ausgewählten Opfer – nämlich Christus – auszuführen. Der Gottessohn sei hiernach im faktischen, die Schuld tilgenden Verständnis als vicarius poenae zu sehen.44 Diese rechtliche Erklärung des christlichen Opfergedankens wird am Ende des Traktats ergänzt durch die ausführliche Beschreibung antiker paganer Opferrituale (lustrale sacrum) in unterschiedlichen Ländern, welche Erlösung nur durch das blutige Menschenopfer versprachen.45 Der auf christlichen Prinzipien beruhende Rechtsgedanke wird über das Gegenbild paganer Opferrituale legitimiert. Für Grotius ist das exemplum Christi dann vorbildlich, wenn es nicht als „Straftod“ gelte, sondern als eine Verhaltensweise begriffen werde, die den Menschen demonstriere, wie man mit den durch Unrecht hervorgerufenen Leiden (passiones) umgehen könne.46 Die von Grotius am Beispiel Christi beschriebene besondere Vorstellung der doppelseitigen Vertretung vor Gott und vor den Menschen trägt in sich eine von der Repräsentation abweichende Idee der Vertretung, die mit dem Begriff der subrogatio in Verbindung gebracht wird, welche die Wahl einer Person an Stelle einer anderen bezeichnet. Hiermit ist der souveräne göttliche Akt gemeint, mit dem Christus an die Stelle der Sünder gesetzt wurde, um ihre Verpflichtung zur Strafe zu erfüllen.47 Dieses hier skizzierte Verhältnis von Verbrechen und christlichem Opfer, die Affinität zwischen Stellvertretungsund Strafmotiv, die sich von einer naturrechtlich orientierten Anschauung ableiten lässt, hat maßgeblich die Idee eines modernen politischen Gemeinwesens geprägt.48 Grotius’ Überlegung zu Sakralität und Opferritual findet sich auch vermehrt in den Missionsschriften und Berichten über neu entdeckte Kulturen,

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Grotius, 1990, S. 121. Grotius hatte zudem seit 1607 an der Tragödie Christus patiens gearbeitet, die sich dem Thema des Kreuzestodes Christi widmete, vgl. Grotius, 1608. Zum Begriff der Stellvertretung und dem Strafexempelmotiv im Zusammenhang mit der Soteriologie bei Grotius vgl. besonders die Studie von Schaede, 2004, S. 410–456. Schaede, 2004, S. 449. Grotius, 1990, S. 143, 193, sowie S. 253, 259. Schaede, 2004, S. 447. Ibid., S. 449f. Zur Bedeutung des souveränen Opfers in der Frühen Neuzeit siehe umfassend die Arbeit von Burkhardt Wolf, 2004.

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IV. Widerstand

Bräuche und Rituale, die im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts erschienen.49 Wie Manow dargestellt hat, macht beispielsweise Thomas Hobbes’ Titelkupfer Anleihen bei den bereits erwähnten Illustrationen Theodore de Brys, welche die Opferrituale der indianischen Ureinwohner Amerikas darstellen, um den gewalttätigen Naturzustand zu illustrieren, der in einen Kontrast zu den zivilisatorischen Effekten weltlicher Herrschaft gesetzt wird.50 Carraccis Bild des fallenden Sebastian und die unbarmherzig zu Tode gefolterten Märtyrer in den apokalyptischen Landschaften und ruinenhaften antiken Architekturen der Fresken in Santo Stefano Rotondo tragen den doppelten Aspekt der Verschränkung von sakralem Opfer und Verbrechen in sich, da der strengen Text-Bild Dia­lektik keine Zeichen der göttlichen Erlösung hinzugefügt werden.51 Die Ausnahme, die die römischen Märtyrerzyklen in dieser Hinsicht darstellen, wird über den Vergleich mit einem anderen Bildzyklus in Florenz deutlich: Die zwischen 1585 und 1590 maßgeblich von Bernardino Poccetti ausgeführten Märtyrerfresken im Kreuzgang des Oratorio di San Pierino, das Teil der Compagnia della Santissima Annunziata war, folgen dem Typus der kurz zuvor entstandenen Märtyrerfresken in Santo Stefano in einigen Details, verzichten aber nicht auf himmlische Engelserscheinungen und Attribute des Martyriums, wie die dem Gefolterten gereichten Palmzweige oder Blumenkränze (Bild 132).52 Die sich auf den Moment der Kreuzerrichtung konzentrierende Darstellung des Martyriums Petri, aus dessen festgenagelten Füßen die Blutströme direkt auf sein Gesicht fallen, kommt in dem Grad der gezeigten Gewalt den römischen Fresken nahe.53 Grundsätzlich unterscheiden sich die Florentiner Malereien jedoch von den römischen in der innerbildlichen Aufteilung zwischen einer unteren Zone, die das Martyrium drastisch vor Augen stellt und die Zeugenschaft der anwesenden Zuschauer betont, die mit zahlreichen Gesten die Aufmerksamkeit des Betrachters auf die Hinrichtung lenken, und einem obe-

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Sheehan führt hier den Vgl. des spanischen Autoren José de Acosta an, der das mexikanische Opferritual mit satanischen Ritualen vergleicht, die ein Gegenbild zu dem der Kirche darstellen würde, vgl. Sheehan, 2006, S. 649–74, hier S. 654. Manow, 2011, S. 55–79. Vgl. Bertani, 1989, S. 25–29 und jüngst die Arbeit von Dow, 2014, hier S. 103–159. Der für die Märtyrerszenen verantwortliche Bernardino Poccetti (1548–1612) erhielt den Auftrag von der Bruderschaft der SS. Annunziata und wurde auch als „Bernardino delle Grottesche“ bekannt, da er sich auf Grotesken wie auch die Gestaltung von Sopraporte spezialisierte. Er hielt sich in den Jahren 1579 bis 1580 in Rom auf und es ist wahrscheinlich, dass er mit den Künstlerkreisen, die auch für den Jesuitenorden gearbeitet haben in Verbindung stand. Vgl. Dow, 2014, S. 105– 107. Dow entdeckt als Vorbild die Fresken Federico Zuccaris aus dem Oratorio di Gon­ falone, das 1573 fertiggestellt worden war und auch die Druckgraphik Albrecht Dürers, wie z. B. das Martyrium des Evangelisten Johannes, 1498.

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2. Complexio oppositorum: Bildstrafe und Opfer

Bild 132  Bernardino Poccetti: Martyrium des Heiligen Petrus, 1586, Fresko, Florenz, Oratorio SS. Annunziata.

ren, das Bogenrund ausfüllenden Bereich, der von Wolken hinterlegt ist und in dem sich die Himmelserscheinungen geradezu zusammendrängen. Diese Gegenüberstellung verweist deutlich auf die mit dem Martyrium verbundene Idee der göttlichen Gnade und Erlösung, die in Santo Stefano Rotondo nicht zu finden ist.54

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Hierin spiegelt sich auch die bereits bei Tertullian getroffene Präzisierung des Martyriums, das nicht ein göttliches „Ereignis“ sei, sondern vielmehr ein willentlich gelenkter Kampf eines Individuums, das hierfür keinen göttlichen Befehl benötigt (wie bei Cyprian, der das Martyrium an die Gnade Gottes bindet). Vgl. Bähnk, 2001, hier S. 162–163.

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IV. Widerstand

3. A ntigones Widerspruch: icones oper um miser icordiae Anstatt die Opposition von weltlichem und göttlichem Zeichen ins Zentrum zu stellen, zeigt Carraccis Bild des fallenden Leichnams eine dem gnadenlosen Akt widersprechende Figur. Über Lucina, die in der Bildmitte auftaucht und die janusköpfig sowohl auf die Zukunft verweist und gleichzeitig den historischen Verlauf des Geschehens verkörpert, öffnet sich die Repräsentation des Martyriums metaphorisch dem menschlichen Urteil. Diese Zuspitzung lässt sich mit der herrschenden Doktrin von Gnade und Recht und der juridischen Bedeutung des Martyriums erklären. Religiöse Bildverehrung und auch die Verurteilung durch das Bild in der Strafjustiz, verfolgten beide ein gemeinsames Ziel: die moralische und juridische Lenkung der inneren Haltung und der Handlungen des Betrachters.55 Im Kontext einer zunehmend institutionalisierten Kontrolle des individuellen Gewissens wurden die Inquisition, die Beichte und die Justiz zu Waagschalen der Legitimierung von Religion und Politik.56 Wie Paolo Prodi gezeigt hat, verliefen die theologischen und juridischen Argumentationen nach dem Tridentiner Konzil parallel und „katholische Moralisten wurden zu spezialisierten Juristen im internen Forum“.57 Die katholische Rechtsprechung berief sich auf das „Gewissensrecht“, womit die moralische Norm ge­­meint war, die vom göttlich legitimierten Naturgesetz abgeleitet war, wie anhand der Theorien der Schule von Salamanca und den Schriften der Conimbricenses bereits erläutert. Dies ging mit dem Versuch einher, die Kirche als Gemeinschaft der Heiligen auch nach Verschwinden der mittelalterlich-universalistischen Ordnung zu legitimieren.58 Da sowohl das Recht als auch die Religion auf Glaubensstrukturen beruhen, die zwischen der Rechtsquelle und deren Erscheinungen differenzieren, sind die zwei Bereiche im Zeitalter der Glaubenskriege nicht voneinander zu trennen. Beide gingen davon aus, dass ihre Autoritäten (Gott/Recht) mit Hilfe des Glaubens in den Erscheinungen erkenntlich werden.59 Die auf dem Glauben basierende Interpretation im Recht zeichnet aus, dass sie sich direkt in 55 56 57 58 59

Vgl. hierzu maßgeblich die Studien von Prosperi, 1982 und 2013; Edgerton, 1985; Terpstra, 1991, S. 679–694. Zu dieser Modernisierungstendenz nach dem Konzil von Trient vgl. Prodi und Reinhard, 2001. Prodi, 2003, S. 255. Ibid., S. 55. Haltern hat diesen Vgl. mit einem Verweis auf Kirkegaard anschaulich gemacht: „so wie die Religion den Glauben an Gott als Quelle ihres Textes nicht aufgeben kann, kann auch das Recht den Glauben an den Souverän als Quelle des Rechts nicht aufgeben. Wie in der Religion ist auch im Recht der Glaube an den Souverän die Bedingung der Interpretation. Der Souverän wird für den Bürger nur durch den Glauben autoritativ. Glaube drückt die Beziehung zwischen dem einzelnen

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3. Antigones Widerspruch: icones operum misericordiae

die Körper einschreibt. Mit dem Lesen des Rechtstextes, über das der Lesende Teil des politischen Körpers wird, vollzieht sich somit die Praxis politischer Identitätsbildung.60 Mitleid und Barmherzigkeit werden sowohl in den moraltheologischen als auch den politischen Schriften diskutiert. Vor dem Hintergrund der Legitimierung der post-tridentinischen Kirche verweisen die Darstellungen unbarmherziger und tyrannischer Handlungen in den um 1600 entstandenen Märtyrerbildern dezidiert auf eine politisch-juridische Ebene.61 Die Lehre von Gnade und Recht wurde für die Theologie und Politik regulierender Motor.62 So zählten die Werke der Barmherzigkeit zu den Themen, denen sich das Trienter Rechtfertigungsdekret 1547 ausführlich gewidmet hatte, da sie das „Herzstück der konziliaren Antwort auf die Reformation“ darstellten.63 Diese Entwicklung aufgreifend, multiplizierten sich die künstlerischen Darstellungen der Werke der Barmherzigkeit.64 Nach dem Konzil von Trient bestimmten die Jesuiten die Moraltheologie und diskutierten den Aspekt der Willensfreiheit grundlegend neu. Intensiv wurde darüber gestritten, wie die Gnade Gottes mit der menschlichen Willensfreiheit zu vereinbaren sei. Die Mitglieder der Schule von Salamanca räumten dem menschlichen Willen eine weitaus aktivere Rolle ein als andere es vor ihnen getan hatten.65 In seiner Schrift De Gratia (1609–1611) hatte Suárez die Gnadenfrage im Kontext des Naturzustandes diskutiert und die Gnade der Natur übergeordnet, mit der Begründung, dass sie diese erst vervollständige.66 Hierauf stützte sich auch die Unterscheidung zwischen naturrechtlichem und positivem Gebot. Suárez erläuterte in seinem Werk De Legibus (1612), dass als Ursache des unveränderlichen Na­turgesetzes die Gnade Gottes anzunehmen sei, die „keinerlei Ausnahme von sich, oder Begrenzung“ kenne.67 In

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Bürger und dem Souverän als Quelle der Erscheinung des Rechts aus.“ Haltern, 2007, S. 43. Vgl. auch Legendre, 2005, S. 19f.; Wenger, 2006, S. 111–128 hier S. 113. „Legal interpretation takes place in a field of pain and death“, Robert Cover zit. bei Haltern, 2007, Anm. 66. Arendt, 1963, S. 74–82. Didi-Huberman, 2007, S. 29–35. Dazu ausführlich Fleck, 2010. Der Bildtypus Gesetz und Gnade ist als reformatorisches Merk- und Lehrbild bekannt, vgl. Schuster in Hofmann, 1983, Kat. 84–89. Bühren, 1998, S. 86. Pacelli, 1993. Vgl. auch Caraffa, 2007, S. 119–131 und Fleck, 2010, S. 121. Hiervon legen bedeutende Auftragsarbeiten, wie Caravaggios Altarbild der Sieben Werke der Barmherzigkeit (1607, Pio Monte della Misericordia, Neapel) Zeugnis ab. Streit herrschte über diese Frage zwischen protestanschen und katholischen Lehrmeinungen, aber auch innerhalb der katholischen Kirche war Uneinigkeit. So auch die bereits angedeutete Auseinandersetzung zwischen den Jesuiten (Luis de Molina) und Dominikanern (Domingo Bañez), über die Frage der Prävalenz göttlicher Gnade über den menschlichen Willen. Suárez nimmt hier eine vermittelnde Position ein. Die moderne Diskussion über die menschliche Willensfreiheit findet in dieser Diskussion eine Parallele. Grundlegend Stegmüller, 1960, Sp. 1002–1007. Höpfl, 2004, S. 257–261. Suárez, 2002, S. 606.

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seinem Verständnis der absoluten Gewalt (potentia dei absoluta), die sich in Absetzung zu der verliehenen Gewalt (potentia dei ordinata) ergibt, beschrieb er die asymmetrische Äquivalenz des Schlechten und des Guten.68 Somit unterschied er zwischen der verliehenen Macht, nach der Gott de jure nach den Gesetzen handeln würde, die er selbst erlassen habe und der absoluten Macht, bei der er durch Intervention eines Wunders de facto außerhalb oder gegen das universelle Gesetz handeln könnte.69 Damit sei ge­währleistet, dass Gottes Allmacht nicht auf Kosten der moralischen Gesetzlichkeit und davon abgeleitet der Naturgesetzlichkeit eingeschränkt wird. Die Gnade wird im Vergleich zum Gesetz aktiv bestimmt. In einer Passage zur Frage der Wirkung des Gesetzes bezieht er sich auf Paulus (Römer 7,2) und das Gesetz der Gnade, das stärker noch als alle schriftlich festgehaltenen Gesetze sei, da es sich „zeigt“: „Auf das Naturgesetz bezieht sich wohl am allermeisten jenes Wort: Wer wird uns das Gute zeigen? Über uns ist das Licht Deines Antlitzes aufgegangen, Herr.“ Und weiter: „Das Gebot des Herrn ist durchsichtig und schenkt den Augen Licht.“70 So zitiert Suárez die paulinische Unterscheidung von Gesetz und Gnade: „denn das Gesetz verleihe als Gesetz trotz der Hinweise auf das, was zu tun ist, nicht die Kraft, es auszuführen“.71 Die Gnade habe diese Vermittlungskraft, die sich für Paulus als ein Widerstreit zwischen positivem und göttlichem Gesetz darstellt: „Ich sehe ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das dem Gesetz meiner Vernunft widerstreitet“. Nur die durch Christus vermittelte Gnade könne diesen Gegensatz auflösen.72 Die Lehre von der Rechtfertigung durch gute Werke, die sogenannte „Heilsökonomie“, stellte eine Kernfrage der Theologie des 16.  Jahrhunderts dar. Tridentinische Vorstellungen der Barmherzigkeit finden sich in den Dekreten über die Rechtfertigung (1547) und das Bußsakrament (1551), in der die Lehre über die guten Werke zusammengefasst ist.73 Die Verdienste der Werke der Barmherzigkeit lassen sich als Gerechtigkeit interpretieren, die wiederum auf die göttliche Gerechtigkeit zurückzuführen sei. Im Bild des Heiligen Sebastian werden die Vermittlungsaufgaben von Caritas und Barmherzigkeit, welche das sacrum commercium, das Heilswerk 68

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Zur Asymmetrie des Schlechten und des Guten bei Suárez vgl. Darge, 2004, S. 377–382. Über Suárez im Rahmen seiner fundamentalen Studien zu den theologischen Ursprüngen des Naturrechts siehe Oakley, 1998, S. 437–461. Diese Unterscheidung diskutiert Suárez in seinem Tractatus de Legibus und seinen Disputationes Metaphysicae, der ersten systematischen Darst. der Metaphysik, und ist über die scholastischen Kreise hinaus bis in die lutherische und calvinistische Theologie wiederzufinden. Oakley, 1998, S. 437–461, hier S. 447 und 54. Suárez, 2002, I, 13, § 4, S. 259f. Ibid., S. 260. „Wer wird mich von meinem Körper, der meinen Tod in sich trägt, befreien? – Die Gnade Gottes durch Jesus Christus“, Röm. 7, 23–25. Bühren, 1998, S. 85–91.

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der Erlösung, anregen sollten, in der Widerspruch leistenden Figur der Lucina verkörpert.74 Carraccis Bild muss im Kontext der Diskussionen über die Barmherzigkeit gelesen werden, da es die Negation des siebten Werks der Misericordia, das als die angemessene Bestattung der Toten definiert wurde vor Augen stellt. Im Tridentiner Bilderdekret De invocatione, veneratione et reliquiis sanctorum, et sacris imaginibus (1563) werden die Caritas Christi und das vorbildhafte Verhalten der Heiligen hervorgehoben. 75 Der bereits erwähnte Giulio Roscio, einer der bekanntesten Rhetoren und Dichter des Jesuitenordens in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, der über die Reproduktionen der Bilder von Santo Stefano Rotondo bekannt wurde, hatte sein Traktat über die barmherzigen Werke, die Icones operum misericordiae (1586), General Acquaviva gewidmet (Bild 133).76 In vierzehn Kapitel gegliedert, setzen sich seine Icones mit der leiblichen und geistlichen Caritas auseinander, genauso wie sie von der Kanonik vorgegeben worden war. Das Frontispiz des ersten Teiles hatte Cristofano Car­ tari geschaffen; für das Frontispiz und die Illustrationen des zweiten Teiles war Mario Cartaro verantwortlich, der die Darstellung der Sieben Werke der Barmherzigkeit nach Vorbild von Philippe Galles Septem opera misericordia spiri­ tualia (1577) angefertigt hatte.77 Das von Roscio geschriebene und von Galle gestochene Werk über die Barmherzigkeit hat, wie Christine Göttler zu rekonstruieren vermochte, beachtliche Verbreitung gefunden.78 Die Stiche sind weniger als Serie denn als Einzelstichwerke zu verstehen und den sechs Werken der Barmherzigkeit, wie sie in der Prophezeiung des Weltgerichts (Matthäus 25, 34ff.)

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Die Vorstellung des Verdienstgedankens und „Heilswerkes der Erlösung“, der dem heiligen Tauschhandel von irdischen mit himmlischen Gütern, oder weltlichen mit geistlichen Gütern anspricht, findet ihren Ursprung im römischen Privatrecht, worin der Tausch und die Spende zu sakralen Handlungen werden, vgl. Herz, 1958, S. 121. Sitzung XXV, 3. Dezember 1563, vollständig abgedruckt bei Denzinger und Hünermann, 1999, S. 578–581. Iulius Roscius Hortinus, Icones operum misericordiae, 1586. Siehe die Widmungsschrift auf Seiten 2 und 3 (ohne Seitenzahlen). Nach der Widmungsschrift und einer Einleitung folgt eine schematische Darstellung der Werke der Barmherzigkeit, die bislang kaum beachtet wurde. Über Roscio vgl. Zuccari, 1984, S. 118f.; Pacelli, 1984, S. 46f.; Lavin, 2005, Anm. 188. Witcombe, 2004, S. 142. Ausf. Göttler, die jedoch nicht die Vorlage nennt, vgl. Göttler, 1996, S. 23–36. Zu Galles Beratern gehörte unter anderen der Theologe Benito Arias Montano, der auf dem Tridentiner Konzil vertreten war, siehe Leuschner, 2005, S. 101–105. Die Legitimation der politischen Führung über die Werke der Barmherzigkeit war nach diesem Modell auch Thema zahlreicher Fürstenspiegel, so z. B. in Benito Arias Montano, David, hoc est virtutis exercitatissimae probatum Deo spactacu­ lum, Antwerpen, 1575, ein emblematisches Werk über das Leben Davids für Philipp von Spanien, mit Stichen von Philippe Galle.

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IV. Widerstand

Bild 133  Mario Cartaro: Frontispiz, in: Giulio Roscio, Icones operum misericordiae, 1586, Kupferstich, Rom.

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3. Antigones Widerspruch: icones operum misericordiae

genannt werden, ist ein siebtes hinzugefügt: die Sorge um die Bestattung der Toten (Bild 134).79 Wie nahe die Barmherzigkeit und Gerechtigkeit geführt werden, macht der erste Stich des De extremo judicio enarratio deutlich (Bild 135). Das Blatt vereint die Idee der Sieben Werke mit dem Jüngsten Gericht, das in der Mitte im zentralen Rahmen dargestellt ist. Es zeigt den richtenden Christus, der auf einem Globus steht und neben dem zu seiner Linken eine Marienfigur und zu seiner Rechten Johannes zu sehen sind. Unter dem von Lichtstrahlen durchdrungenen Wolkenfeld befindet sich der Erzengel, der die geretteten von den verdammten Seelen trennt, die vor ihm aus ihren Grabvierecken steigen. Mehrköpfige schlangenartige Bestien sind von Feuerzungen umfangen. Im Vordergrund blicken ein junger und ein älterer Mann ehrfürchtig zum richtenden Christus empor. Das Jüngste Gericht wird als Altarbild gezeigt, dessen Vorderseite mit einer volutengeschmückten Kartusche mit der Inschrift „sepeli mortuos“ (Begrabe die Toten) versehen ist. Direkt unter der Schrift befindet sich ein menschlicher Schädel und rechts und links davon sind zwei Fackeln aufgestellt, vor denen sich Grabschaufeln, Besen, Keile und eine Urne befinden. Diese so geschaffene Vertikale von Weltgericht und Grab, dem göttlichen Urteil und dem Werk der Barmherzigkeit, den Toten eine ehrenvolle Bestattung zu gewähren, wird durch das strahlende „IHS“ Zeichen des Ordens bekrönt. In den Kolonnen rechts und links werden die sechs Werke der Barmherzigkeit gleichsam schematisch gezeigt: Wie an zwei Standarten aufgehängt, werden jeder Tafel mit der Bezeichnung des spezifischen Werkes der Barmherzigkeit bestimmte Attribute zugeordnet: So finden sich beim Werk der „Befreiung der Gefangenen“ (Redime Capitos) Ketten, Waffen und ein Schloss und beim Werk der „Bekleidung der Unbekleideten“ (Cooperi Nudos) ein Bündel von Kleidern, Schuhen und Hüten. Carraccis drastische Darstellung des Umgangs mit einem heiligen Leichnam steht zu diesem so geschaffenen Zusammenhang von göttlicher Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, wie er auf dem Frontispiz der Icones konstruiert wird, in krassem Gegensatz. Die Soldaten zeigen keine Gnade, der Körper des Märtyrers ist wehrlos ausgeliefert, wird wie ein Verurteilter gezeigt, der aller zivilen Attribute entledigt wurde. Kein christliches Gebot der Barmherzigkeit scheint hier zu gelten. Lediglich der Kopf der Widerspruch einlegenden Lucina verweist direkt darauf, dass hier ein Recht verletzt wird. Der Akt der Barmherzigkeit findet im menschlichen Widerspruch visuelle Entsprechung und verweist auf die Diskussionen über das Verhältnis von Naturrecht und positivem Recht. 79

Das siebte Werk der Barmherzigkeit wird wahrscheinlich erst im Werk des französischen Theologen Johannes Beleth († 1202) Rationale divinorum officiorum, 1165 hinzugefügt. Als Bildmotiv lässt sich die Bestattung der Toten erst Mitte des 13. Jh. nachweisen, vgl. den Eintrag von Schmitt zu „Barmherzigkeit, Werke der Barmherzigkeit“, RDK, Bd. 1, Sp. 1457–68.

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IV. Widerstand

Bild 134  Mario Cartaro: Die Bestattung der Toten, in: Giulio Roscio, Icones operum misericordiae, 1586, Kupferstich, Rom.

In keinem anderen Drama ist diese Gegenüberstellung am Beispiel der ehrlosen Bestattung eines Toten so nachdrücklich verhandelt worden wie in Sophokles Tragödie Antigone. Die Tochter des Oedipus hatte ihren Bruder Polyneikes im Kampf um Theben verloren, den er gegen den Herrscher Eteokles geführt hatte. Nachdem beide in diesem Krieg gefallen waren, übernahm der Tyrann Kreon die Herrschaft über Theben. Er erlaubte Eteokles eine würdevolle Bestattung, doch Polyneikes, der gegen das Gesetz des Staates verstoßen hatte,

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3. Antigones Widerspruch: icones operum misericordiae

Bild 135  Mario Cartaro: Das Jüngste Gericht, in: Giulio Roscio, Icones operum misericordiae, 1586, Kupferstich, Rom.

wurde diese verwehrt. Auf Kreons Befehl sollte sein Leichnam vor den Toren Thebens den Tieren zum Fraß vorgeworfen werden, um ihm somit den Einzug in das Totenreich zu verwehren. Antigone, die die sittliche Norm verkörpert, widersetzt sich jedoch dem positiv-rechtlichen Befehl Kreons. Sie bestattet ihren Bruder und wird zum Tode verurteilt. Martha Nussbaum hat die Figuren der Antigone und Kreons als zwei Pole beschrieben, die sich in Sophokles’ Trauerspiel gegenüberstehen: Antigone

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sei keine fromme Person, die gegen das Gesetz des Kreon handele, um ihren Bruder zu bestatten, da dies der dem Brauchtum entsprungenen Pflicht der Familienmitglieder entspreche. Sie improvisiere vielmehr ihre Frömmigkeit (pietas) und treffe ihre eigenen Entscheidungen über das, was in Ehren zu halten sei. Sie sei demnach jemand, „der seine eigenen Gesetze macht“ (autonomos), und ihre Missachtung der herrschenden Gesetze stelle eine „selbst-erfundene Leidenschaft“ (autogn¯otos erga) dar. Antigones Pflichtergebenheit sei zwar eine radikale Kritik am Inhalt des Rechts dar, doch ist sie zugleich eine Verneinung des Lebens an sich. Nussbaum deutet so Antigones pflichttreue Unterwerfung als das Bestreben ein Toter (nekros) zu werden.80 Dieses Prinzip des sowohl-alsauch, das sich in dieser Verweigerung zeigt, betont die Vieldeutigkeit des Rechtszeichens, das neben dem Gesetz auch den Brauch umfasst (nomos).81 Da Antigone ihr eigenes Gesetz erfüllt, ignoriert sie zwangsläufig das andere. Doch sie schließt sich auch von gesellschaftlichen und zivilen Normen aus, um den Verräter, der ihr Bruder ist, pietätvoll zu bestatten. Auf der anderen Seite steht Kreon, der mit seiner Verurteilung Antigones das gegengesetzte Extrem einnimmt. Antigone, so Nussbaum, scheint die Logik und die Werte einer Gemeinschaft besser zu verstehen, wenn sie argumentiert, dass die Bestattung der Toten ein ungeschriebenes Gesetz darstelle, das durch keinen Herrscher einfach außer Kraft gesetzt werden könne. Die Komplexität der Figur Antigones rührt hiernach daher, dass ihre Tugend darin besteht, ein genuines Opfer für die Ge­ meinschaft in Form einer unnachgiebigen Verteidigung der Pietät zu erbringen.82 Ihr Widerstand ist unzerbrechlich, doch gleichzeitig ist sie von einem Konflikt innerlich zerrissen. Ihre verletzliche Tugendhaftigkeit macht sie menschlich verständlich und anstatt passiv ihre Verurteilung zu erdulden, verkörpert sie die Verweigerung gegen das geschriebene Gesetz. Hierin ist auch die Nähe zur Idee des christlichen Martyriums zu sehen, wie es seit dem späten 16. Jahrhundert maßgeblich wurde und besonders in der jesuitischen Selbstaufopferung für den Orden wiederzufinden ist. Das Antigone-Paradigma wird in juridischen Kontexten im Zusammenhang mit dem Naturrecht als eine der frühen Überlegungen zum potentiellen Konflikt zwischen einer höheren Quelle der Pflicht und dem Gesetz des Staates erwähnt. Antigone ist somit die erste Heldin zivilen Widerstandes und als Quelle der Inspiration einer Widerstandsbewegung gegen die Tyrannei denkbar.83 Es wird eine strenge Dichotomie zwischen den göttlichen Zeichen des Rechts der chtonischen Götter und dem nomos der Polis betont. Das göttliche Recht ist

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Nussbaum, 2001, S. 65f. Zum Begriff des nomos vgl. den Artikel von Cover, 1983, S. 4–68. Nussbaum, 2001, S. 67. Weinreb, 1987, S. 21.

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ungeschrieben, sicher und ewig, es lebt vor allem in den Handlungen der Menschen, weniger in den öffentlichen Proklamationen und Gesetzestexten.84 Die Rezeption rechtshistorischer Texte sieht in Antigones Fall und der sich hier zeigenden Dichotomie zwischen Staat und göttlichem Gesetz den Konflikt zwischen Naturrecht und positivem Recht. Sie berührt damit einen wunden Punkt der Normativität und spaltet die ethische Substanz in eine göttliche und eine säkulare Ordnung, das ungeschriebene und geschriebene, ewige und temporäre Gesetz. Diese beiden Pole sind der Grund für eine andauernde Ökonomie des Konflikts und von sich verschiebenden Hierarchien, die die Rechtsgeschichte und die Idee der Jurisprudenz an sich geprägt haben.85 Antigones Widerspruch findet sich in dem gewaltvollen Bild der unehrenhaften Bestattung des Heiligen Sebastian wieder. Doch es ist nicht nur die Zeugin Lucina, die das Geschehen beobachtet und retrospektiv Einspruch erheben würde, es ist auch der Leichnam des Märtyrers, der diesen Widerspruch verkörpert. Sein Körper, der hier unbeschadet und unantastbar fast schwebend gezeigt wird, widersetzt sich dem Gesetzesspruch, nach welchem er in die Kloake geworfen werden soll, um ihn nicht nach christlichem Ritus zu bestatten. Würde man der römischen Rechtsauslegung folgen, so wäre er durch diesen Akt ein homo sacer, „der getötet aber nicht geopfert werden darf“.86 Die Bildwerdung der Figur des Heiligen Sebastian, der hier nicht, wie in zahlreichen anderen Beispielen, als leidender oder umsorgter Heiliger dargestellt wird, verweist demnach auf eine Auseinandersetzung mit dem herrschenden Rechtsgedanken. In diesem Zusammenhang muss auch die Topographie der von Carracci dargestellten Szene in den Blick genommen werden. Der Bologneser Maler zeigt das gnadenlose Geschehen vor den Toren der Stadt. Im rechten oberen Eck befindet sich über dem Bogenschützen ein wehrhafter Turm, an dessen Außenseite ein kleiner Erker hervorspringt, bei dem es sich um einen Abort handeln könnte, dessen Abgang die von der Stadt abgewandte Mauer markiert. In der Tat lag der Ort, an dem Sebastian in die Kloake geworfen wurde, vor den Stadtmauern Roms. Wo die Bestattung eines Angehörigen extra muros in der Antike den zeitgemäßen Umgang mit den Körpern der Toten darstellte, hatte sich dies in der Frühen Neuzeit fundamental geändert, und man suchte nun für die Angehörigen die Nähe zum Altar und zu den Gebeinen der Heiligen. Indem Carracci auf die Bedeutung des Bestattungsortes verweist und visuell untermauert, unterstreicht er die Tatsache, dass diese Tat nicht nur unbarmherzig und pietätlos ist, sondern sich auch gegen die zu dieser Zeit herrschenden Bestattungsrituale und Gesetze richtet. 84 85 86

Douzinas und Warrington, 1994, S. 25–92, hier S. 31. Ibid., S. 35. Agamben, 2002, S. 18.

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IV. Widerstand

In dem Bestreben Antigones, ein nekros zu werden, um dem göttlichen Gesetz und der Gnade näher zu kommen und in der nach diesen Gesetzen handelnden Gemeinschaft Gleichgesinnter aufzugehen, liegt eine entscheidende Idee des jesuitischen Missions- und Erziehungsgedankens, der den Novizen von der Welt distanziert, um ihn andererseits darauf vorzubereiten. Dieses Paradox der Ausbildung, das mit dem Opfergedanken verknüpft ist, hat Lestringant als den „tropisme du martyre“ bezeichnet, der sich nicht als hagiographische Rekonstruktion a posteriori, sondern vielmehr als Anregung zu missionarischen Erfahrungen und Handlungen versteht.87 Die für die Ausbildung der Novizen besonders ausgestalteten römischen Kircheninnenräume und Wohnhäuser trugen die Idee des menschlichen Opfers für die Gemeinschaft in drastischer Weise vor. Die Historien der frühchristlichen, aber auch der zeitgenössischen Martyrien sollten die Novizen in ihrer Selbstaufgabe für die Absichten des Ordens bestärken. Dieses um 1600 herrschende Primat des Todesmutes, das die Disziplinierung von Emotionen und Gefühlsregungen zum Ziel hatte, wurde im 18. Jahrhundert von Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) am Genre der barocken Märtyrertragödie kritisiert, worin sich ein grundlegender Wandel des Verständnisses von compassio und Mitleid andeutet: Die todesmutigen, das Leben verachtenden christlichen Helden, so Lessing, seien nicht mehr fähig, Mitleid zu erregen, oder gar die Mitleidsfähigkeit der Zuschauer auszubilden.88

4. Epik ie oder d ie act io des Schweigens In ihrer 1963 erschienenen Studie On revolution greift Hannah Arendt den Unterschied zwischen der schweigenden compassio Christi und der eloquenten pietà des Inquisitoren auf, die Fjodor Dostojevskij in seiner Erzählung der Begegnung Christi mit dem „Großinquisitor“ skizziert hat.89 Arendt interessiert sich für den Aspekt des Mitleids, wodurch es sich von einem individuellen und direkten Verhältnis in ein generalisiertes Mitleiden wandelt. Hierin zeigten sich die Potentialität der ideologischen Interpretation des Mitleids und die Beziehung zwischen der Vorstellung des „Guten“ und der compassio. Das Schweigen Christi bringe somit eine durch das Leiden eines anderen hervorgerufene compassio zum Ausdruck, die auf das Individuum wie eine direkte körperliche Ansteckung wirkt. Mit pietà sei hingegen das Mitleid gemeint, welches mit Distanz zum Leiden entwickelt ist und somit im Gegensatz hierzu politisch eingesetzt werden kann. Die compassio könne nicht institutionalisiert werden, da sie nur mit 87

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Vgl. Lestringant, 2010, S. 259–270, hier S. 260–262. Die mittelalterliche Trennung von Noviziatsleben und Welt hatte auch im 16. Jh. Geltung und Auswirkungen auf den legalen Status der Ordensmitglieder, siehe Cohen, 1992, S. 134f. Zitiert bei Meyer-Kalkus, 2004, S. 301–328, hier S. 302. Arendt, 1963, S. 82.

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4. Epikie oder die actio des Schweigens

dem individuellen Leiden in Verbindung zu bringen sei und nicht eine generalisierte Form des Leidens, wie Armut, Hunger, oder Unterdrückung einer Gemeinschaft meint. Die Geschichte erreiche dann ihren Höhepunkt, wenn man in dieser Gegenüberstellung die Unwahrheit der idealistischen Sätze des Großinquisitors in Anbetracht der compassio Christi erkennt. Das Schweigen, die Verweigerung des Wortes, werde hier zum Zeichen des Guten und stehe im Kontrast zur Eloquenz der Pietät. Die Sprache der com­ passio wäre somit die der Zeichen und Gesten und basiere nicht auf der des Wortes. Arendt folgert, dass die compassio den politisch-juridischen Argumentationen des Kompromisses, der Verhandlung und der rhetorischen Überzeugung, in ihrer Expressivität immer überlegen sei, da sie zu direkten Handlungen auffordern würde: „that is, for action with the means of violence.“90 Diese Tatsache zeige sich auch in einer der wichtigsten Maximen ziviler Rechtssysteme, nach welcher der Beweis immer durch den Ankläger erbracht werden müsse. Im Gegensatz zur Schuld, könne die Unschuld des Angeklagten nicht bewiesen werden, sondern beruhe auf dem Glauben, der sich jedoch nicht auf Worte stützt, da diese lügenhaft sein könnten.91 Nur das Schweigen liefere einen Beweis für das, was als rechtlich und moralisch „gut“ gelte. Diese aktive Seite der compassio, die sich im Schweigen konstituiert, wurde um 1600 in Bezug auf die juristische Untersuchung in einem Rekurs auf die antiken Vorstellungen des Rechts diskutiert, und auch hier wurde das Schweigen als eine Handlung begriffen. So füllt das Nicht-Sprechen die diskursive Leerstelle aus, die es geschaffen hat und kann als Geständnis oder Unschuldsbeweis gelten. In seinem Werk Harpocrates sive de recta Silendi ratione (1603) erörtert der Jurist Hippolyt von Colli die Frage, wann das Stillschweigen vor Gericht den Charakter einer Handlung annimmt.92 Colli beruft sich auf Beispiele aus der römischen Geschichte und zeigt welche unterschiedlichen „Sprechhandlungen“ durch Schweigen vollzogen werden können. Er führt Plinius, Valerius Maximus und Tacitus an nach denen das Schweigen bestimmte Affekte substituiert, wie den Widerstand, den Stolz, die Aufmerksamkeit, die Scham oder Wut.93 Es könne somit genauso gut als ein Zeichen von Seelengröße interpretiert werden, denn entgegen einer entgleisenden Überwältigung durch Gefühle

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„As a rule, it is not compassion which sets out to change worldly conditions in order to ease human suffering, but if it does, it will shun the drawn-out wearisome processes of persuasion, negotiation, and compromise, which are the processes of law and politics, and lend its voice to the suffering itself, which must claim for swift and direct action, that is, for action with the means of violence.“ Ibid., S. 86f. Arendt, 1963, S. 82. Hippolyt von Colli, Harpocrates sive de recta silendi ratione, 1603. Siehe hierzu Klecker, 2004, S. 103–116. Vgl. Benthien, 2006, S. 247.

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IV. Widerstand

wie Trauer, Zorn oder Scham, beweise das Schweigen die stoische Selbstbeherrschung des Angeklagten. Den Grund hierfür zu finden, wird für Colli zur Kernfrage des juridischen Verstehens. Das Schweigen vor Gericht könne als Aussage und „Anfang eines Geständnisses“ bedeutsam werden. Er verweist auf die Prozesse, in denen die Suche nach der Wahrheit gerade darauf abziele, den Schweigenden zu verstehen.94 Im mittelalterlichen Rechtsverständnis war einerseits das Schweigen als passive Anteilnahme der Untertanen an der formellen Herrschaftsausübung bedeutsam, andererseits das Schweigen der Gesetzesvertreter signifikanter Bestandteil der Kommunikation.95 In Florenz im 15. Jahrhundert unterstrich das Schweigen der Mitglieder der Signoria anlässlich der Bürgerversammlung die öffentliche Unansprechbarkeit und Distanz der Herrschenden zum einfachen Bürger. Während der Text grundlegender Statuten- und Verfassungsänderungen von einem Notar vorgetragen wurde und das Volk per Akklamation seinen Willen bekundete, betonte das Nicht-Sprechen der Mächtigen ihre Macht, und so fanden vorgetragener Text und schweigende Re­prä­sen­ tation gegenseitige Entsprechung.96 Diese Potentialität des Schweigens steht mit dem Topos des „schweigenden Bildes“ in Verbindung, das sich um die Fragen der nichtsprachlichen Präsenz und des beredten Zeichens dreht und als Wechselverhältnis im Sinne von ut pictura poesis verhandelt wurde.97 Die Rhetorik und die Performanz des Schweigens waren im 16. Jahrhundert bedeutsame Topoi, wie Marc Fumaroli in seiner Studie École du silence dargelegt hat.98 Die rhetorische actio, das Schweigen des Redners und die Bedeutsamkeit seiner Gesten, wurde mit der Kraft des Bildes gleichgesetzt, dem nach dem Konzil von Trient ein neuer Wahrheitsgehalt zugeschrieben worden war.99 Mit dem Schweigen war nicht die Wortlosigkeit gemeint, sondern vielmehr die bewusste Zurücknahme des Wortes zugunsten der Geste.100 In dem bekannten Selbstporträt von Salvatore Rosa (um 94 95 96 97

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Benthien, 2006, S. 248. Kern, 1953. Meier, 2004, S. 229–271, hier S. 254f. Lee, 1967. Nach Simonides von Keos ist die Malerei „stumme Poesie“. Zum Topos des „schweigenden Bildes“ siehe Wohlfahrt, 1994, S. 163–183. Siehe im Folgenden auch Behrmann, 2012, S. 51–70. Fumaroli, 1980, besonders hier S. 189–231. Siehe auch die Beiträge in Rosen, Krüger und Preimesberger, 2003. Nach dem Bibliothekar des Papstneffens Kardinal Francesco Barberini Leone Allacci, der zusammen mit Nicolas Poussin und Cassiano del Pozzo zu dessen engstem Umfeld zu rechnen ist, war es der actio-Lehre folgend, die Haltung, der schweigende Gestus des Helden, der das Wort dem Visus offenbart, Fumaroli, 1980, S. 196–198. Die menschliche loquacitas und das glaubende Schweigen werden oft gegeneinandergesetzt, so von Erasmus von Rotterdam, der vor der calumnia (falschen Anklage) als einer „Krankheit“ des Gebrauchs der Sprache warnt. Gott hingegen spreche

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4. Epikie oder die actio des Schweigens

1640–1649) wird der Künstler als melancholischer Philosoph gezeigt, der hartnäckig die Lippen aufeinander presst und eine beschriftete Tafel in seiner rechten Hand hält: „Aut tace, aut loquere meliora silentio“ – Entweder Du schweigst, oder Du hast etwas Besseres als das Schweigen zu sagen.101 Ähnlich wie der mündlich vorgetragene Text der Signoria vor der florentinischen Gesellschaft, akzentuiert hier der geschriebene Text im Bild die Präsenz der Figur und bringt die Opposition zwischen Reden und Schweigen hervor, indem gleichzeitig über den Text gesprochen und über das Bild gezeigt wird. Das Schweigen wird im Text zur Sprache und unterstreicht somit eine der Grundbedingungen des Bildes: das sprachlose Zeigen. Das Thema des aushaltenden Schweigens im Zusammenhang mit dem Martyrium ist so alt wie das christliche Martyrium selbst. Das im Neuen Testament berichtete Schweigen Christi vor den Vertretern des Gesetzes, dem Hohen Rat und Pontius Pilatus, diente unzähligen Künstlern als Herausforderung.102 In den Quellentexten und Martyriologien wie der Legenda Aurea wird der Widerstand, der sich im Martyrium manifestiert, als Verweigerung der Sprache akzentuiert. Schweigen und Beherrschung, aber auch die Akzeptanz der subrogatio, der göttlichen Auswahl und Bestimmung zur Nachfolge und Stellvertretung Christi, sind notwendige Bedingungen für ein Martyrium.103 Im Text wie in der bildlichen Darstellung ist das hohe Maß an Gewalt bedeutsam, der die Märtyrer mit standhafter Selbstdisziplin und eisernem Willen widerstehen. Je grausamer die gezeigte Gewalt, die dem Körper zugefügt wird, umso stärker erscheint der Leidende. Die Drastik folgt dem Prinzip des „stoischen Kontraposts“, der von Seneca beschriebenen Entgegensetzung von körperlicher Qual bei äußerster Härte der Strafe (atrocitas) und Standhaftigkeit (constan­ tia).104 Das beispielhafte, widerständige Schweigen, das sich nur über das „lebende Vorbild“ erlernen lässt, ist in den Fresken der Lehr- und Wohnstätte von San Andrea al Quirinale in mehreren Räumen wieder zu finden. Als erstes Bild in Richeômes Ekphrasis des Noviziats wird das Martyrium des Heiligen Andreas verhandelt (Bild 136). Es sei ein „alter, bärtiger Mann“ zu sehen, der an Händen und Füßen an ein Kreuz gefesselt ist, und um ihn sei eine Menge von „mehr als

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zwar selten, dann aber auch immer wahr, vgl. Danneberg, 2003. Jüngst umfassend eine Studie zu den „Zungensünden“, vgl. Lindorfer, 2009. Siehe ausführlich Benthien, 2006, S. 62f. Benthien, 2006, S. 371f.; Schnyder, 2003. Zur Begriffsbestimmung der subrogatio im Kontext der Erörterungen zum Thema der Stellvertretung und deren pragmatischem Aspekt der Übertragbarkeit auf die kirchliche Regelung der Nachfolge im Amt siehe ausführlich Schaede, 2004, S. 116–135. Siehe unter anderem die Artikel von Meyer-Kalkus, 1986, S. 177f.; Meyer-Kalkus, 2004, S. 301–328, hier S. 303, sowie Uppenkamp, 2004, S. 134.

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IV. Widerstand

Bild 136  Matthäus Greuter: Martyrium des Andreas, Kupferstich, 1611, in: Louis Richeôme, La peinture spirituelle, Lyon, S. 2.

20.000 Menschen versammelt […], die die Folterszene beobachten und mitfühlend bewundern“.105 Sodann wird der im Bild nicht gezeigte „Tyrann Aegeas“ erwähnt, der den Befehl zur Kreuzigung gegeben hatte, wobei er die Fesseln gewählt habe, da diese „ihn länger und schwerer zu Tode kommen lassen sollten“.106 Ausführlich erläutert er den Protest und den Widerspruch des Heiligen, um möglichst genau die einzelnen Argumente gegen die Despotie und Idolatrie des Statthalters aufzufächern. Die Erzählung des dem Martyrium vorausgehenden Disputs, fehlt in kaum einer von Richeômes Beschreibungen der Bilder des Noviziats von San Andrea al Quirinale. Andreas lehnt die Anerkennung von Aegeas’ Urteil und seine Autorität als Richter vehement ab. Er klärt diesen über die Falschheit seiner Götzenbilder auf, die eitel und unnütz seien. Sein Gott hingegen mache die Menschen zu weisen Richtenden, und Aegeas solle als Richter besser den wahren Gott anbeten und in ihm den eigentlichen himmlischen

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Richeôme, 1611, S. 10. Siehe auch Behrmann, 2012, S. 51–70. Ibid., S. 11.

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Rechtsprechenden erkennen. Der Tyrann gerät daraufhin in Rage und es folgt die Gefangennahme und Kreuzigung des Heiligen.107 Text- und Bilderzählung verschmelzen an jenem Punkt, an dem die Unerschütterlichkeit des Andreas geschildert wird, der unter Todesqualen keinen Laut von sich gibt und ohne zu klagen den Schmerz erduldet. Da nur das Bild diese Grenzsituation in all ihren Konsequenzen darzustellen vermag, weist Richeôme den Leser an, sich vollständig auf eine Betrachtung desselben zu konzentrieren („ie desire, que vous contempliez un peu le corps du tableau“).108 Das Schweigen des Andreas setzt Richeôme mit dem Schweigen des Bildes gleich. Zwar gebe der Pinsel nicht die folgenschwere Rede („ses graves discours“) des Heiligen wieder, doch sei der Anblick des Bildes damit gleichzusetzen: „Oh, meine kleinen Brüder, wenn ihr doch die feurige Sprache dieses Alten noch hören und fühlen könntet, und seine tiefgründige Rede! Der Pinsel hat diese nicht wiedergegeben, obwohl er sie zum Teil mit ausgedrückt hat, wie ihr sehen könnt: Betrachtet den überzeugten Ausdruck seines Antlitzes, mit den zum Himmel erhobenen Augen, seht seinen leuchtend roten Mund und die Ausgeglichenheit seiner Stirn.“109 Das Schweigen wird hier im Bild und im Text Richeômes einmal mehr zu einer Handlung und das Bild auch ohne die Sprache zu einer Anklage gegen das tyrannische System. Das Schweigen selbst wird, wie in den Texten und Beschreibungen der Bilder des Noviziats wiederholt erwähnt und performativ eingesetzt. Schweigen als Macht und Selbstbeherrschung unter der Folter und das damit passive Nicht-Handeln wird gleichbedeutend mit einer Handlung. Dem unter der Folter erpressten Redegebot wird ein Nicht-Sagen entgegengesetzt, welches Informationen vorenthält und strategisches Handeln ermöglicht, was für die höfische Kommunikation essentiell ist und dort auch als prekäres Thema verhandelt wurde. Schweigen als Ausdruck von Widerstand unter Drohungen des Vollzugs von Gewalt bedeutet Verneinung von Kommunikation, provokativer Entzug von Wissen, und wird zu einer autarken Handlung. Nicolas Poussin hat 1628–29 in seinem Gemälde des Erasmus-Martyriums, das unter Urban VIII. von der Fabbrica di San Pietro für den Altar des rechten Querschiffes von Sankt Peter in Auftrag gegeben worden war, diesen

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Ibid., S. 12–13. Ibid., S. 14. „ô mes petits frêres, si vous pouviez encor ouir,  & sentir la langue de feu de ce vieillard, & ses graves discours  ! le pinceau ne les a pas mis, encore qu’il en ait exprimé d’un partie, comme vous pouvez voir  : regardez son visage asseuré, les yeux levez au ciel, sa bouche vermeille, & la serenité de son front“, ibid., S. 16–17.

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IV. Widerstand

Bild 137  Nicolas Poussin: Martyrium des Erasmus, 1628–29, Öl auf Leinwand, 320 × 186 cm, Città del Vaticano, Musei Vaticani, Pinacoteca (Farbbild 18).

Kontrast inszeniert (Bild 137).110 Dieses Bildkonzept mit deutlichen Antikenbezügen findet sich in einigen der anderen Altargemälde der römischen Hauptkirche, wie beispielsweise in der Darstellung der Martyrien der Heiligen Processus und Martinian von Valentin de Boulogne (1629), die sich unter einer 110

Nicolas Poussin, Martyrium des Heiligen Erasmus, Öl auf Leinwand, 320 × 186 cm, Pinacoteca, Musei Vaticani, Inv. 815. Im rechten Querschiff wurden die Reliquien des Heiligen verwahrt. Zum Gemälde siehe Briganti, 1960, S. 16–20; Costello, 1975; Oberhuber, 1988, S. 195–198 und Rice, 1997, S. 228f., Kat. Nr. 10. Gianlorenzo Berninis Begeisterung spiegelt eine positive Rezeption des Poussinschen Bildes. Dem Bericht Chantelous zufolge, äusserte er sich über Poussins’ Erasmus auf seiner Reise nach Frankreich: „J’ai toujours estimé le seigneur Poussin et je me souviens que le Guide me voulait mal de la façon dont je parlai de son tableau du «Martyre de saint Èrasme» qui est dans Saint Pierre, en ayant à son gré trop exagéré la beauté à Urbain VIII, à qui je dis: Se io fossi pittore, quel quadro mi daria gran mortificazione. Cèst un grand génie et avec cela il a fait sa principale étude sur l’antique.“ Vgl. Chantelou, 2001, S. 89.

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4. Epikie oder die actio des Schweigens

Bild 138  Valentin de Boulogne: Martyrium des Processus und Martinian, 1629, Öl auf Leinwand, 302 × 192 cm, Città del Vaticano, Musei Vaticani, Pinacoteca.

mächtigen Säulenbase abspielen und denen als göttliches Zeichen von Engeln Palmenzweige gereicht werden (Bild 138).111 Poussins Komposition teilt sich in einen oberen und einen unteren Figurenraum, wobei der gefolterte Erasmus das gesamte untere Drittel des Bildraumes einnimmt. Der Bischof von Formia ist auf einer Folterbank gefesselt und wird qualvoll in die Länge gestreckt, während seine bischöflichen Gewänder vor ihm auf dem Boden abgelegt wurden. Über ihn beugt sich ein Henker, der konzentriert die dünne Darmschnur aus seinem geöffneten Unterleib zieht, die von einem anderen Folterknecht an einer Winde hinter ihm auf einen Balken aufgedreht wird, welche an die Foltermaschinen Gallonios erinnert. Zu dieser Todesfolter am lebendigen Leibe bildet der musku-

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Valentin de Boulogne, Martyrium der Heiligen Processus und Martinian, Öl auf Leinwand, 302 × 192 cm, Pinacoteca, Musei Vaticani, Inv. 187. Das Gemälde war im Auftrag des päpstlichen Nepoten Francesco Barberini entstanden und sollte das gegenüberliegende Pendant zum Erasmus-Martyrium bilden.

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IV. Widerstand

löse Körper des Märtyrers einen Kontrast, da seine gebogene Haltung zwar extrem gespannt, jedoch beherrscht und schmerzlos erscheint. Der hier gezeigte, stoische Kontrapost wird durch die anderen Figurationen im Bild betont. Ein in weiß gekleideter Priester versucht dem Gefolterten direkt ins Gesicht zu blicken, während er hinter sich auf das vergoldete Standbild eines mächtigen Herkules zeigt, der in der rechten oberen Ecke über dem Geschehen thront und dessen idolatrische Anbetung der Bischof verweigert hatte.112 Der Blick des Erasmus folgt seiner Geste jedoch nicht. Seine Augen sind auf zwei schwarze Punkte reduziert, die starr an dem Priester vorbei schauen. Ein auf einem Pferd sitzender Soldat, der mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die Szene des Martyriums herunterweist und dabei den an der Winde beschäftigten Folterknecht anblickt, macht ebenso auf die Diskrepanz zwischen Schmerz, Foltertechnik und dem Aushalten des Märtyrers aufmerksam. Zwei andere Affektfiguren blicken voller Entsetzen auf die brutale Marter. Die stoische Passivität des Geschundenen wird so der paganen, beinahe komödiantenhaft erregten Gruppe der Henker, Zuschauer und falschen Priester gegenüber gestellt.113 Eine weitere Ebene ist hier beachtenswert, die sowohl reflexiv auf das Bildmedium selbst bezogen ist als auch eine juridische Bedeutung offenbart: Märtyrer und Idol bilden eine figürliche Opposition, der mit dem rhetorischen Prinzip der actio in Verbindung zu bringen ist. Durch sein schweigendes Ertragen richtet Erasmus die Wahrheit gegen seine Peiniger selbst. Er gleicht in seiner „scheinbaren Ruhe und inneren Bewegung“ den Figuren Michelangelos, die sich auf der Grenzscheide zwischen dem weltlichen und dem göttlichen Gesetz bewegen, wie die für das Grabmal Julius’ II. vorgesehene Mosesskulptur, deren zorniger Blick und angespannte Körperhaltung zwischen einem aktiven Aufspringen und ruhendem Sitzen eine innere Kraft zum Ausdruck bringt.114 Das aushaltende Schweigen korrespondiert dem neo-platonischen Ideal politischer Führungsqualitäten, wie sie auch in den Fürstenspiegeln der Zeit zu finden sind.115 Die Absenz des geschriebenen 112 113 114

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Benz, 2007, S. 212. Vgl. auch Fumaroli, 1980, S. 205–207. Dies folgt Thodes Beschreibung der „Ruhe und inneren Bewegung“ der Skulptur, die auch Sigmund Freud aufgegriffen hat: „Er schafft das Bild eines leidenschaftlichen Führers der Menschheit, der, seiner göttlichen gesetzgebenden Aufgabe bewusst, dem unverständigen Widerstand des Menschen begegnet. Einen solchen Menschen der Tat zu kennzeichnen, gab es kein anderes Mittel, als die Energie des Willens zu verdeutlichen, und dies war möglich durch die Veranschaulichung einer die scheinbare Ruhe durchdringenden Bewegung […].“ zit. bei Freud, 1991, S. 206f. Siehe Behrmann, 2012, S. 51–70. Panofsky verbindet dies mit dem Neoplatonismus: „Die Florentiner Neoplatoniker nannten Moses und Paulus stets zusammen als die bedeutendsten Beispiele derer, die durch eine vollkommene Verschmelzung von Tat und Vision geistige Unsterblichkeit schon während ihres Lebens auf Erden erlangten. Denn obwohl Moses im Gedächtnis der Menschheit eher als Gesetzgeber und Anführer lebt und nicht so

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oder gesprochenen Wortes verweist auf einen spezifischen Moment im Prozess der Gesetzgebung. Sie erinnert an die Macht des Nicht-Ausgesprochenen in der biblischen Schrift selbst, wie dies Erich Auerbach in seiner Auslegung der Genesis 22 vorgeführt hat, in der Gott Abraham befiehlt, seinen Sohn Isaak zu opfern. Der hier angewendete parataktische Stil der biblischen Erzählung, der jegliche Ligaturen oder syntaktische Mittel vermeidet, betont den unbeugsamen Imperativ des göttlichen Gesetzes. Die Information über das Geschehen wird auf das Nötigste reduziert und es wird nur erwähnt, was für das Ziel der diegesis, der erzählenden Vermittlung, notwendig ist. Gedanken und Gefühle der Protagonisten bleiben unausgedrückt und nur das Schweigen darüber und die fragmentarische Rede, deuten dieses an, was eine mystische Anspannung erzeugt.116 Die ausbleibende Erklärung des göttlichen Befehls, warum Isaak seinen eigenen Sohn zu opfern habe, erzeugt eine unauflösliche Spannung.117 Indirekt wird somit auf die unvermeidliche Ordnung und Entscheidungsgewalt des höchsten Gesetzgebers verwiesen sowie auf den absoluten Gehorsam, der seinen Untergebenen abverlangt wird. Diese im Schweigen ausgedrückte Absenz, die die Unstrittigkeit des Normativen zum Ausdruck bringt, findet sich auch in Märtyrerdarstellungen wie Poussins Erasmusmartyrium, in dem auf die Un­recht­mä­ ßigkeit weltlicher Gesetzgebung verwiesen wird. Das Martyrium erweist sich hier als extremste Form menschlichen Widerstandes gegen das Recht, und die Bilder der Folter und des ungerechten Todes der christlichen Gläubigen deuten die Normativität des Körpers an, wodurch sich das Recht konstitutiert.118 Augustinus hatte auf den Unterschied zwischen ewiger und zeitlicher Weisheit und das hiermit verbundene Wissen über die Wirklichkeit verwiesen. Analog zu

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sehr als Seher, sah doch auch er ‚mit dem innerem Auge‘,[…] Michelangelos Moses sieht nichts anderes, als was die Neoplatoniker die „Herrlichkeit des göttlichen Lichts“ nannten. Wie die Sibyllen und Propheten an der Decke der Sixtina […] offenbart er durch seine plötzliche innehaltende Bewegung und seinen ehrfurchtsgebietenden Ausdruck nicht zornige Überraschung, sondern jene übernatürliche Erregung, die, um Ficino zu zitieren „den Leib versteint und beinahe tötet, während sie die Seele entführt.“ Panofsky, 1980, S. 299. Auerbach, 1946, S. 13f. „Gott gibt seinen Befehl in direkter Rede, doch er verschweigt sein Motiv und seine Absicht; Abraham, als er den Befehl empfängt, verstummt, und handelt wie ihm befohlen ist. Das Gespräch zwischen Abraham und Isaak auf dem Weg zur Opferstätte ist nur eine Unterbrechung des langen Schweigens, wodurch dieses noch lastender wird.“ Auerbach, 1946, S. 13. Robert Cover kommentiert die Konstitutierung der Rechtswelt über die Extremerfahrung der Folter, die die organisierte Form der Gewalt durch Institutionen zum Ausdruck bringe: „A legal world is built only to the extent that there are commitments that place bodies on the line. The torture of the martyr is an extreme and repulsive form of the organized violence of institutions. It reminds us that the interpretive commitments of officials are realized, indeed, in the flesh.“ Cover, 1986, S. 1605.

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dieser Differenzierung würden auch zwei unterschiedliche Arten von verba existieren, womit zum einen die menschliche Sprache bezeichnet ist, zum anderen die stillen und verinnerlichten Worte, über die Christus seine Wahrheit vermittelt. Die „wahre Rhetorik“ kulminiere laut Augustinus deswegen im Schweigen, über das der Geist erst einen direkten Kontakt mit der Realität aufbaue.119 Diese augustinische Vorstellung folgt rhetorischen Konzepten des Schweigens aus der griechischen und römischen Philosophie, wonach die actio Gesten, Gesichtsausdrücke und allgemein die Sprache und Bewegung des Körpers umfasst.120 Cicero hatte in seiner Schrift De oratore die actio als den fundamentalsten Teil der Sprache bezeichnet, der mit dem ethos des Redners in Zusammenhang zu bringen ist.121 Im Gegensatz zum Schauspieler, der die Realität lediglich imitiere, würde der Redner die Wahrheit repräsentieren. Diesen Gedanken Ciceros aufgreifend, entwickelt Quintilian eine systematische Abhandlung über die Bedeutung der actio.122 Er bringt sie mit der Wirkung des „schweigenden Bildes“ in Verbindung: Bilder, die schweigend und unbewegt seien, berührten die Emotionen mit einer solchen Macht, dass sie zeitweise eloquenter als die Sprache selbst anzusehen seien.123 Quintilians rhetorischem Re­ gelwerk zufolge, das sich an Redner und Advokaten richtete, die sich in der Kunst der Überzeugung üben sollten, mussten die Gefühle des Richters angeregt werden, um ihn von der Unschuld ihres Mandanten zu überzeugen.124 Auf die Rechtspraxis bezogen forderte er, dass die Advokaten sowohl mit Vernunft als auch mit Leidenschaft vorgehen und dementsprechend passioniert argumentieren sollten.125 Er unterscheidet zwischen dem ethos als einem milden Gefühl und dem pathos, das in einer gewaltsamen und kraftvollen Weise wahrgenommen und ausgeübt werde. Der Redner solle besonders lebhaft sprechen, um die Zuhörer innerlich aufzuwühlen. Das Schweigen sollte nicht nur das Interesse des Zuschauers wecken, sondern wird als Höhepunkt einer Rede beschrieben, in der die Gefühlsregungen des Sprechers zutage treten. In der Figur der aposio­

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Mazzeo, 1962, S. 175–196, hier S. 187. Der Begriff actio entspricht der hypókrisis (gr.) den Handlungen eines Redners. Quintilian teilte die Bedeutung der actio auf in die Sprache (vox), die Arm- und Handbewegungen (gestus), die Köperbewegung (motus), sowie das Aussehen und die Kleidung (habitus). Quintilian, Institutiones, XI, 3, 84–124. Vgl. Curtius, 1978, S. 71–88 und Rehm, 2002, S. 33–39. Marcus Tullius Cicero, De oratore, XI, 3.6, die erste Erwähnung der actio im Kapitel 1.18. Die Bedeutung der actio wird auch in seiner Schrift über Brutus zentral, wo Cicero den Auftritt des Antonius beschreibt: „gestus erat non verba exprimens, sed cum sententiis congruens.“, Cicero, Brutus, 141. Quintilian, Institutiones, XI, 3, S. 84–124. Ibid., S. 67. Katula, 2003, S. 145–156, hier S. 150. Quintilian, Institutiones, VI, 2, S. 5.

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Bild 139  Prudens ac fortis ratio, in: Achille Bocchi, Symbolicae Quaestiones, 1574, Kupferstich, Nr. 141, S. 326.

pesis (lat. reticentia) macht Quintilian auf die betonte Unterbrechung eines Satzes deutlich. Das Schweigen der Stimme wird zu einem Ausdruck der Gefühle, der Leidenschaften und des Ärgers.126 Eine aposiopesis erhöht den Eindruck einer Rede, da etwas Unausgesprochenes größer erscheint und mehr Raum für Annahmen lässt. Erst das Aussetzen der Rede kann das zum Ausdruck bringen, was nicht ausgesprochen werden kann.127 Die Techniken der actio galten unter den Rhetorikern als über die Theorie schwer erlernbar und so findet das Thema in den Rhetorikbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts deswegen kaum Erwähnung. Cypriano Soárez zufolge seien diese Techniken nur durch praktische Übung und über das lebende Vorbild zu erlernen.128 Interpretiert man die Körperhaltung des Märtyrers, die dem statuarischen Anblick des goldenen Idols gegenübergestellt ist, weniger als Devo126 127 128

Aposiopesis wird eingesetzt um Zorn oder Leidenschaft auszudrücken, vgl. Quintilian, Institutiones, IX, 2, 54. Vgl. Montiglio, 2010, S. 132–136. Siehe den Artikel von Steinbrink, 1992, S. 43–74. Mit der actio wird in der rhetorischen Kunstlehre die rednerische Praxis bezeichnet, eingeschlossen hier in die Lehre von der Art und Weise des Vortrags, Beobachtungen zur Stimme und die Haltung bzw. Bewegung des Körpers, nach Cicero: „den charakteristischen Ausdruck in Miene, Tonfall und Gebärde“. Glaubwürdig ist jener Redner, dessen Gemütsregungen in der äußeren Erscheinungsweise überzeugend zum Ausdruck kommen.

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IV. Widerstand

Bild 140  Agnolo Bronzino: Martyrium des Laurentius, 1565–69, Fresko, Florenz, San Lorenzo.

tionsanregung sondern als vorbildhafte Figur der actio, so ist die Selbstbeherrschung als ein disziplinarisches Motiv zu deuten, das im Kontext der jesuitischen Pädagogik, in der Bilder eine belehrende Funktion übernehmen, zentral wird. In einem Emblem für Papst Paul III. Farnese aus den Symbolicae Quaes­ tiones des Juristen Achille Bocchi zeichnet sich die intendierte Aufforderung zur Disziplin deutlich ab (Bild 139).129 Vor einer weiten Landschaft, in der zwei 129

Die Symbolicae quaestiones waren 1555 erschienen; 1574 folgte eine stark erweiterte Version. Bocchi verband eine lange Freundschaft mit dem Papstneffen Kardinal Alessandro Farnese. Dieser gehörte während seines Studiums in Bologna zu

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Bild 141  Pellegrino Tibaldi: Martyrium des Laurentius, 1590, Öl auf Leinwand, 419 × 315 cm, Madrid, El Escorial, Schloßkapelle.

Faustkämpfer im Kampf zu sehen sind, knien vor einer Herkulesstatue junge Knaben, die von ihren Lehrern auf grausamste Weise mit Ruten und Peitschen gezüchtigt werden. Die ersten fallen bewusstlos zu Boden, doch alle ergeben sich ohne Anzeichen von Widerspruch der Strafe. Sie werden in ihrer parataktischen Reihung zu disziplinierten automata, denen der Schmerz nichts anzuhaben scheint. Die Gegenüberstellung von antikisierendem Idol und der am der von ihm gegründeten Accademia Bocchiana, in deren Kontext die Symbolicae quaestiones entstanden. Zu Bocchi Pinkus, 1996, hier S. 2–5; Watson, 1993. Zur Herkules-Symbolik der Farnese bei Bocchi siehe Remmert, 2003, S. 187f.

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IV. Widerstand

Körper durchgeführten Disziplinierung wird im Text mit der Formbarkeit und Subjektentwicklung der Schüler in Verbindung gebracht.130 Das statueske Bildwerden des Opfers in Konfrontation mit dem versteinerten Idol findet sich in zahlreichen Werken der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Beispielsweise in Darstellungen des Laurentius-Martyriums werden die vergoldeten und aufgesockelten Götzenbilder in einen ähnlichen Kontrast zur Selbstdisziplin des verurteilten christlichen Opfers gesetzt. In Bronzinos monumentalem Laurentius-Fresko von San Lorenzo in Florenz (1565–69) ist, ähnlich wie später bei Poussin, hinter dem befehlenden Kaiser, der auf den über einem glühenden Rost gegrillten Märtyrer hinunterweist, eine marmorne Herkulesstatue errichtet (Bild 140).131 Auch Pellegrino Tibaldis von dem spanischen König Philipp II. in Auftrag gegebene Laurentius-Martyrium (1590), das das Herzstück des Hochaltares der Kapelle des Escorial darstellt, kommt ohne die Gegenüberstellung von häretischem Idol und der Selbstdisziplin des Märtyrers nicht aus (Bild 141).132 Der nach einem michelangelesken Körperideal gestaltete Laurentius, der mit dem Rücken zu dem befehlenden Kaiser und dem häretischen Idol auf dem glühenden Rost liegt, wendet seinen Kopf zurück, um den die weisende Geste des Tyrannen nachahmenden, vom Himmel herabsteigenden Putto mit Palmenzweig anzublicken. Ebenso prominent ist in Palma il Giovanes Venezianer Komposition von 1590 die Opposition von geschundenem Körper, der sich von dem weltlichen Gesetz abwendet, und der in der Bildachse über ihm errichteten antiken Götterstatue (Bild 142).133 Die Agonie im Angesicht des versteinerten Idols und falschen Götzenbildes ist wiederkehrendes Thema der jesuitischen Pädagogik und bildet hierin Teil einer Antwort auf den Vorwurf der Idolatrie von Seiten der Reformierten wobei die Gegenüberstellung von herkulisch gezeigtem Märtyrer und dem Idol, die miteinander zu konkurrieren scheinen, ambivalent bleibt.134 Die körperliche Beherrschung, bei der besonderer Wert auf die Disziplinierung des Visus gelegt wird, der sich dem falschen Götzendienst verweigern soll, wird für die Missionsausbildung zu einer zentralen Aufgabe, da die missionierenden Orden in unterschiedlichen Kulturen mit idolatrischer Götterverehrung konfrontiert wurden.

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Bocchi, 1555, Liber V, Symbol 141. Bronzino, Martyrium des Heiligen Laurentius, Fresko, San Lorenzo, Florenz, 1568. Zum Fresko vgl. zuletzt Campbell, 2004, S. 98–119. Pellegrino Tibaldi, Martyrium des Heiligen Laurentius, Öl auf Leinwand, 419 ×  315 cm, Basilika des El Escorial, 1591. Palma il Giovane, Martyrium des Heiligen Laurentius, Öl auf Leinwand, 283 ×  490 cm, San Giacomo dell’Orio, Venedig, 1581–1582. Richeômes Schriften waren hierbei federführend, wie z. B. L’idolatrie Huguenot, 1607 die von Jean Basilions L’idolatrie papistique,1608 beantwortet wurde, siehe ausf. Deckoninck, 2005.

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4. Epikie oder die actio des Schweigens

Bild 142  Palma il Giovane: Martyrium des Laurentius, 1581–82, Öl auf Leinwand, 283 × 490 cm, Venedig, San Giacomo dell’Orio.

Die Form des Widerspruchs und Widerstandes ist sowohl auf der visuellen als auch diskursiven Ebene genauer zu bestimmen: Die Interpretation des Martyriums in Bild und begleitendem Text als „Widerstand“ gegen das Gesetz und den Befehl des Tyrannen mit Berufung auf das göttliche Gesetz führt wieder zu einem zentralen Punkt der Rechtstheorie von Francisco de Suárez: der Bestimmung der Epikie. Das Verhalten eines Menschen, der erkennt, dass die Forderung eines Gesetzes den Gegebenheiten der Situation nicht entspricht, und ein Gesetz nicht befolgt, sondern sich entscheidet, das Situationsrichtige zu tun, wurde bei Platon und Aristoteles bereits unter dem Begriff Epikie (gr. Billigkeit) verhandelt.135 Folgt man Aristoteles, so ist mit Epikie eine Verbesserung des Gesetzes gemeint, insofern dieses infolge seiner allgemein gehaltenen Fassung mangelhaft bleibt.136 Es wird eine Naturhaftigkeit der Gerechtigkeit angenommen, die sich gegen das fehlerhafte Gesetz richtet. Wie bei Sophokles‘ Antigone geht in der mittelalterlichen Scholastik auch Thomas von Aquin davon aus, dass die Epikie dann anzuwenden sei, wenn man dem Gesetzgeber (dem Herrscher) nicht mehr folgen könne und dem Gemeinwohl (der Gemeinschaft) ein folgenschwerer Schaden drohe. Thomas leitet aus der aristotelischen Epikie-Lehre auch seine Position zum Tyrannenmord ab: ist der Herrscher nur auf sein Eigenwohl bedacht und stellt das der Allgemeinheit dahinter zurück, sei der Wider135 136

Hörmann, 1976, Sp. 358–62, Sp. 358–362. Aristoteles, Nikomachische Ethik, V, 14, 1137b.

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IV. Widerstand

stand gerechtfertigt. Suárez, der diese Positionen abwägend nebeneinander stellt, versteht die Epikie in erster Linie als Interpretation des Naturrechtes: Ein Gesetz, das sich in einem bestimmten Fall als mangelhaft herausstelle, würde ihm zufolge den Menschen nicht verpflichten. Der Betroffene sei berechtigt, die Absicht des Gesetzgebers zu erfragen. Der spanische Theologe analysiert die Epikie als kluges Urteil und als Willen, gegen die geschriebenen Gesetze zu handeln.137 Dies falle somit in den Bereich verschiedener Tugenden, nicht nur der Gerechtigkeit.138 Im Gegensatz zu Thomas solle die Epikie nicht nur im Dienste des Gemeinwohls, sondern auch zum Wohl der einzelnen Person angewendet werden. Epikie würde dann eingesetzt, wenn ihr etwas sittlich Schlechtes oder etwas über ihre Kräfte Gehendes zugemutet wird139, oder wenn sie annehmen kann, der Gesetzgeber, der sie verpflichten könnte, wolle sie wegen besonderer Umstände nicht verpflichten.140 Der Buchstabe des Gesetzes kann vernachlässigt werden, um die Absicht des (göttlichen) Gesetzgebers zu erfüllen. Die Epikie erlangt damit eher den Charakter einer Entschuldigung vor dem Gesetz als den einer besseren Erfüllung der Gerechtigkeit. Lange Zeit nach Suárez noch bleibt die Epikie Interpretationsprinzip für das positive Gesetz, wobei die Akzente verschieden gesetzt werden: Über die Absicht des Gesetzgebers hinaus sei nach dem höheren Recht zu fragen, nach dem sich Gesetzgeber und Untergebener richten müssten. So könnte man behaupten, dass dieser Widerstand eines Individuums, der sich in der Figur des Märtyrers manifestiert, den Beginn einer modernen Rechtsprechung ankündigt, welche in den Bildprogrammen des Jesuitenordens als zentrale Bildmetapher begreiflich wird. Es ist jedoch nicht nur das Motiv, sondern auch der Status und die besonderen Eigenschaften des Bildes, welche die Konstitution der Epikie im Medium des Märtyrerbildes trägt: Das Schweigen des Bildes ist Bedingung für die Wirkmacht des gezeigten Martyriums und kommt hier der Blindheit des Blutzeugen nahe, der nicht über die Wahrnehmung des Auges oder des Ohres Zeugnis ablegt, sondern einzig und allein durch das Blutzeugnis und tödliche Opfer. Hierin unterscheidet sich streng genommen die Epikie von der aufopfernden Zeugenschaft, die im Namen einer höheren Gerechtigkeit gegen das Gesetz handelt. Das im Märtyrerbild dargestellte performative Schweigen setzt der topisch aufgerufenen Zunge als „Waffe“ etwas entgegen. Dem erzwungenen Zum-Schweigen-Bringen durch die Machtinstanz wird ein aktives, willentliches Schweigen entgegengesetzt, das in seiner über das Bild hergestellten Präsenz als die Verkörperung der Epikie bezeichnet werden kann, die sich auf das höhere Recht bezieht.

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Suárez, 2002, VI, 6,5. Ibid., 6,6. Ibid., 7,8–10. Ibid., 7,11.

V. T yrannenmord

1. Zur Frage des Tyrannizids um 1600 In den Bildern der Märtyrer kommt die Idee des passiven Widerstands gegen einen höchstens als Chiffre im erklärenden Textfeld erwähnten weltlichen Despoten zum Ausdruck. Dieser Widerstand verkörpert sich meist in dem von einem exzessiven Gewaltapparat gequälten Opfer, das die nicht selten übertrieben grausamen Maschinerien der Folter standhaft aushält. Diese Verdichtung des Themas erscheint vor dem Hintergrund der politischen Publizistik des späten 16. Jahrhunderts auffällig, da die Legitimität des Tyrannenmordes und des Widerstandsrechtes, besonders seit dem durch die französische Krone angeordneten Massaker an den Hugenotten in der Bartholomäusnacht 1572, von den so­­genannten „Monarchomachen“ kontrovers diskutiert wurden.1 Als bekannteste Streitschrift gilt das in hugenottischen Kreisen entstandene Traktat Vindi­ ciae contra tyrannos (1579), das sich in vier Kapiteln der Frage widmete, wann ein Volk sich seinem Souverän widersetzen dürfe.2 Auf katholischer Seite waren es besonders jesuitische Gelehrte, wie Francisco Suárez, Francisco de Vitoria oder Juan de Mariana, die die legitime Absetzung von weltlichen Herrschern diskutierten und sich radikal dafür aussprachen, was nach den zum Teil geglückten Mordversuchen an weltlichen Souveränen für den Orden zu einem exis1

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Einen allgemeinen Überblick geben Jászi und Lewis, 1957. Vgl. auch die Darstellung der Tyrannizidtheorien des 16. und 17. Jhs. bei Turchetti, 2001, S. 335–553. Zu den calvinistischen Monarchomachen, die in einer Reihe von Schriften die Alleinherrschaftsansprüche der französischen Könige in Frage stellten, gehörten Théo­ dore de Béze und Francois Hotman. Siehe jüngst zur Frage des Tyrannizids in Euro­pa vom 16. bis ins 18. Jh. die umfassende Darstellung bei Cottret, 2009. Vindiciae contra tyrannos: sive, de principis in populum, populique in principem, legitima potestate, Stephano Iunio Bruto Celta, auctor, Basel 1579. Die Autorschaft des Werkes ist weitgehend umstritten, wobei Philippe de Mornay oder Hubert Languet als mögliche Verfasser in Fragen kommen.

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V. Tyrannenmord

tenzgefährdenden Problem werden sollte. Die sich daran anschließende Polemik über die „tyrannomanie“ der Jesuiten und ihre Befürwortung des Königsmordes war stark juristisch geprägt und zog dementsprechende Konsequenzen nach sich.3 Hierbei bezogen sich die Diskussionen in erster Linie auf die Schriften des Bartolus von Sassoferrato, der eine Systematisierung der Tyrannisformen vorgenommen hatte. Besonders seine Abhandlungen Tractatus de Guelphis et Ghibellinis und De tyranno (1355) sollten die jesuitischen Diskurse über die Legitimität des Tyrannizids beeinflussen.4 Er unterschied hier zwischen der legitimen Herrschaft ohne Herrschaftsanspruch und der Herrschaft, die tyrannisch genannt werden muss, aufgrund der Art wie sie ausgeübt wird.5 Nach der Lehre vom Ursprung der Staatsgewalt aus dem Volk, wie sie von Francisco Suárez und anderen vertreten wurde, leitet sich das Recht auf Tötung eines tyrannischen Herrschers davon ab, dass dieser seinen Vertrag mit dem Volk gebrochen hatten. Während die beiden Tyrannentöter Harmodios und Aristogeiton in einer von Kritios und Nesiotes 477/76 v. Chr. geschaffenen Bronzegruppe als Wahrzeichen und Gründungsfiguren der attischen Demokratie verehrt wurden,6 verhandelte man die staatsrechtlichen Diskurse zum Tyrannenmord im 16. Jahrhundert vor allem an den biblischen und römischen Figurationen wie Judith und Holofernes, Herkules und Cacus oder David und Goliath.7 Als Wider-

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Braun, 2007, S. 83. La tyrannomanie jésuitique lautete eine 1648 erschienene Schrift von A. du Voyer, die bereits die fortgeschrittene Kritik an den Ideen des Tyrannizids und die Durchsetzung der Vorstellungen von einer absoluten Monarchie andeutet, vgl. Cottret, 2009, S. 163 und 366. Die für die calvinistische Lehre zentrale Streitschrift Discours contre Machiavel, 1576 über die Staatsräson von Innocent Gentillet (1532–1588) richtete sich (noch vor Justus Lipsius) explizit gegen Machiavellis Theorie der Tyrannei, die sich maßgeblich auf Bartolus bezog, siehe die Beiträge des Sammelbandes hg. von Barthas, 2007. Die spanische Spätscholastik knüpft hier an. Zu Juan de Marianas SJ Rezeption der Schriften Sassoferratos, vgl. Höpfl, 2004, S. 314–338 und Völkel, 2013, S. 226–234. Turchetti, 2001, 294–298. Bartolus‘ Unterscheidung der zwei Tyrannis-Arten (ty­­ rannis ex defectu tituli und tyrannis ex parte execitium), De tyranno, 5–9 findet sich in den meisten Traktaten dieser Zeit wieder. So z. B. in Junius Brutus, Vindicae contra Tyrannos, 1599; Francois Boucher, De iusta Henrici III. Abdicatione, 1591; Juan de Mariana, De rege et regis institutione, 1605; Johannes Althusius, Politica metodice digesta, 1603. Sie ist auch bei den Verteidigern des monarchischen Absolutismus und der katholischen Naturrechtslehre zu finden, so bei William Barclay, De regno et regali potestate adversus […] Monarchomachos, 1600; Jean Bodin, De Republica, 1594; Hernán Vasquez, Controversiar Illustrium aliorumque usu fre­ quentium, 1592; Luis de Molina, De iusticia et de iure, 1659 und Francisco Suárez, De legibus ac Deo legislatore, 1613. Im Folgenden Höpfl, 2004, S. 314–338. Siehe besonders Fehr, 1984. Vgl. Bush, 1980, S. 163–206; Mcham, 2001, S. 32–47 und Uppenkamp, 2004, S. 105– 110, sowie Cottret, 2009.

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1. Zur Frage des Tyrannizids um 1600

Bild 143  Antonio Tempesta: Cäsar, 1596, Kupferstich, 50,9 × 36,4 cm, Rom, Accademia dei Lincei.

Bild 144  Antonio Tempesta: Nero, 1596, Kupferstich, 50,9 × 36,4 cm, Rom, Accademia dei Lincei.

standsbilder der Florentiner Republik oder auch als Freiheitssymbole fungierten die Mythen und Bilder der tötenden Helden als Repräsentationen eines gerechten politischen Systems. Sogar die Figur des Brutus, von Dante zusammen mit Judas ins Inferno verdammt, wurde im Gegensatz zur spätmittelalterlichen Deutung, die ihn zum negativen Gegenpol Cäsars machte, wieder rehabilitiert.8 Wo die Figur des Tyrannentöters positiv aufgewertet wurde, kamen ge­ genüber der Repräsentation und möglichen positiven Rezeption von tyranni­ schen Herrschern allmählich Zweifel auf. Vor allem Paleotti hatte sich in seinem Discorso vehement gegen jede Art der Darstellung von paganen Herrschern im Kirchenraum gewandt und bezog sich hierbei auf die beliebte Bildtradition der „Zwölf Imperatoren“.9 Diese klassischen Motive der Imperialikonographie, die vornehmlich an Außenfassaden der Palazzi oder in den „Imperatorengalerien“ zu finden waren, standen in den Innen- und Außenräumen der italienischen Kommunen für die humanistische Idee des buon governo. Diese Galerien der römischen Kaiserbildnisse, wie z. B. die von Antonio Tempesta zeigten die gute und die schlechte Seite der Herrschaft, indem sie die tyrannischen mit den vor  8   9

Bredekamp, 1995, S. 54–64 und Riklin, 1996. Paleotti und Della Torre, 2002, S. 132–138.

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V. Tyrannenmord

bildlichen Cäsaren konfrontierten (Bild 143, 144).10 Deren Gegensätzlichkeit verbarg sich dabei in den Details der Physiognomie: Neros wulstige, zwischen den Augenbrauen zornig zusammengezogene Stirn, wird Cäsars eher bedächtigem Gesichtsausdruck gegenübergestellt, dessen Stirnfalten sorgenvoll erhoben sind. Paleotti verurteilte diese Darstellungen jedoch, da sie die „Feinde“ des Rechts der katholischen Kirche in goldgeschmückter Umrahmung glorifizierten, jene „Diener des Teufels“, die sich mit Zorn gegen den „wahren Gott“ ge­wendet hatten.11 Solche Repräsentationen hätten die Eigenschaft, so der Kardinal, in den Räumen, wo sie aufgestellt oder -gehangen werden, pestartig alles Gute um sich herum zu verderben. Die Bilder stellen für ihn lebendige Verkörperungen dar, die die Sinne der Anwesenden aktiv angreifen und „vergiften“ würden.12 Doch vielleicht war es weniger ein etwaiges „Gift“, das Paleotti an diesen Darstellungen störte, als vielmehr die Zweideutigkeit, die in der Gegenüberstellung von guter und schlechter Regierung lag. Die Porträts eines Nebukadnezar oder Herodes blieben ambivalent, da die Kaiser nicht selten als thronende, rechtsprechende Richter in prunkvollen Gewändern gezeigt wurden. Paleotti zufolge sollten Bilder auf eine direkte Vermittlungsfähigkeit angelegt sein und eine derartige Uneindeutigkeit unterschiedlicher juridischer Zuschreibungen stand im Widerspruch zu jeder belehrenden Aussage, die nur durch die Hinzufügung einer Erklärung gesichert werden konnte, die den Tyrannen als moralisch verwerflich kennzeichnete. Da die Bilder eine größere Wirkung auf den Betrachter ausübten als der wertende Text, schlug er vor, alle existierenden Tyrannenbildnisse aus dem privaten und öffentlichen Raum zu entfernen, um sie stattdessen durch Bilder der christlichen Märtyrer zu ersetzen. Dass Paleottis Forderung nach „eindeutigen“ Aussagen mit dem Austausch dieser beiden Bildformulare nicht einlösbar war, zeigt ein Blick auf die 10

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Suetons Kaiserviten waren für diese doppelte Darstellung des guten und schlechten Regimes die zentrale Quelle. Hier werden fünf der Kaiser als Vorbilder angeführt (Augustus, Cäsar, Claudius, Titus, Vespasian) und sieben als Vertreter einer tyrannischen Herrschaft (Caligula, Domitian, Galba, Nero, Otho, Tiberius und Vitellus), vgl. Schröter, 1987/88 (1988), S. 71–121. Sowie zu der Tradition der Kaiserporträt-Galerien den Artikel von Stupperich, 1995, S. 39–58 mit weiterer Bibliographie. Der Verweis auf die „turci e musulmani, che sono in pieni di rabbia e di sdegno contro Cristo e la sua legge sacra“, der sich gegen die Bedrohung des Islams richtet, darf hier nicht fehlen, Paleotti und Della Torre, 2002, S. 133. „[…] in questo modo, finiscono per macchiare e disonorare tutto quanto di buona possa esserci in quelle case […] immagini […] essendo di persone che amavano il vizio, non possono che instillare , per così dire, il loro veleno nei nostri sensi.“ Paleotti und Della Torre, 2002, S. 133. Und er führt einen fast ethnographischen Grund für die Gefahr an, die außerdem davon ausgehe: Besucher aus fernen Ländern, welche die christliche Religion erstmals kennenlernten, würden beim Anblick der Repräsentation des Unrechts zutiefst verunsichert werden.

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1. Zur Frage des Tyrannizids um 1600

Bild 145  Giovanni Baglione: Tyrannendarstellungen, 1611, Fresko, Rom, Santa Maria Maggiore, Cappella Paolina, Eingangsbogen.

Ikonographie der Tyrannentode der Cappella Paolina von Santa Maria Maggiore, in der Giovanni Baglione 1611 im Eingangsbogen der Kapelle drei sterbende Tyrannen ausführte (Bild 145), deren mysteriöser Tod märtyrerhafte Züge annimmt und im Kontext der Diskussionen um die Absetzung und Tötung usurpatorisch regierender, weltlicher Souveräne zu verstehen ist. Während der Glaubenskriege wurde dem Jesuitenorden seine extreme Haltung in Bezug auf die Legitimität des Tyrannenmordes vorgeworfen, weswegen er auch für die tödlichen Anschläge auf den französischen König und die Monarchie verantwortlich gemacht wurde.13 Entgegen aller Polemik war der Tyrannenmord jedoch keine jesuitische Erfindung, sondern lange vorher in theologischen und juristischen Traktaten verhandelt und befürwortet worden. Francisco Suárez zählt neunzehn unterschiedliche scholastische Quellen auf, darunter theologische, kanonische oder politische Texte, die sich intensiv dem Thema gewidmet hatten.14 Die jesuitische Traktatistik rezipierte in erster Linie Thomas von Aquins Position, der den Tyrannenmord besonders in denjenigen Fällen als richtig empfindet, in denen das positive Gesetz des Tyrannen gegen

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Zur sog. „Tyrannomanie“ der Jesuiten siehe Turchetti, 2001, S. 535–552. Vgl. hierzu Höpfl, 2004, S. 314–338, hier S. 314.

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V. Tyrannenmord

das Naturrecht aufgewogen wird.15 Denn wie die Märtyrer, so folgert Aquin, die lieber den Tod und die Folter in Kauf nahmen als den pietätlosen Befehlen des Tyrannen zu folgen, die keinen Rückhalt von anderen rechtsprechenden Souveränen erhielten, sei jeder zu belohnen und zu verehren, der einen Tyrannen ermordet und seinem Land die Freiheit wiedergebe.16 Wie bereits angedeutet, spricht sich Thomas stark für einen passiven Widerstand gegen die Tyrannei aus und betont hierbei das Recht der Gesamtheit des Volkes gegenüber dem Willen eines Einzelnen. Die souveränitätsbedingte Gesetzeskraft sei nicht automatisch verpflichtend und das tyrannische Recht stelle eine gewaltsame Handlung dar, gegen die Widerstand gefordert sei. Für die Jesuiten und Oratorianer war die Frage des Tyrannenmordes eine komplexe Doktrin, da die Ermordung eines Souveräns durch eine privat handelnde Einzelperson nicht zu rechtfertigen war. Deswegen wurde unterschieden zwischen einem Regierungsoberhaupt, das legitim zur Macht gekommen war (und sich tyrannisch verhielt), und einem Usurpator.17 Es war erlaubt, Letzteren zu töten, so wie sich jemand in Notwehr einem Ageressor widersetzt, um seine Freiheit wiederzuerlangen oder von einer Qual befreit zu werden. Weitaus schwieriger war die Frage zu beantworten, wie man sich gegen einen legitim eingesetzten Tyrannen wehren könne. Alle jesuitischen Autoren stimmten dahingehend überein, dass der Mord eines Souveräns mit rechtmäßig verliehenem Titel durch eine unautorisierte Person niemals zu rechtfertigen war. In Staaten, die christlich regiert wurden, konnten die Souveräne nur mit dem Einverständnis des Papstes abgesetzt werden.18 Gegen Ende des 16. Jahrhunderts geriet das Thema für die Jesuiten zunehmend zu einer heiklen Angelegenheit: 1589 war es der Dominikaner Jacques Clément, der Heinrich III. erstochen hatte und in der Literatur mit dem biblischen Vorbild Ehuds verglichen wurde (Richter 3:21), der den idolatrischen König Eglon ebenfalls durch einen Messerstich in den Unterleib exekutiert hatte.19 1594 hatte mit Jean Châtel ein Jesuit versucht, den französischen König Heinrich IV. zu töten, was zur Ausweisung des Ordens aus Frankreich führte. Als Heinrich IV. 1610 dann dem Anschlag eines mit den Jesuiten sympathisierenden Einzeltäters, namentlich François Ravaillac, zum Opfer fiel, wurde die Verantwortung für die Attentate in den Schriften der dem 15 16 17

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Er diskutiert dies an mindestens drei Stellen in seinem De regimine principium, Bd. I, Kap. 2, S. 6–10. Brincat, 2008, S.  212–240, hier S. 220–222. So z. B. Lessius, De iustitia e iure, Bd. II, Kap. IX, S. 7 & 10: „tyrannus ratione tituli“ und „tyrannus ratione duntaxat administratione“, zit. bei Höpfl, 2004, S. 315, Anm. 6. „Sit autem sermo fit Christianorum regibus, non videtur populus id iuris et potestatis habere absolute et simpliciter, inconsulto vel inscio Pontefice Romano.“, so Azor, Institutiones morales, 1230, zit. bei ibid., S. 317, Anm. 16. Vgl. Crouzet, 1990, S. 485–492.

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1. Zur Frage des Tyrannizids um 1600

Orden zugehörigen Denker gesucht, besonders denen von Juan de Mariana.20 Dieser hatte sich in seinem dem Sohn Philipps II. gewidmeten Prinzenspiegel De Rege et Regis institutionae (1599) für das Recht des Einzelnen ausgesprochen, einen tyrannischen Herrscher zu töten.21 Auch er bezeichnete als Tyrann denjenigen, der seine Herrschergewalt unrechtmäßig usurpiert, bei der Ausübung der Macht die Regeln der christlichen Moral missachtet und sich in absolutistischer Weise als Herr sieht, statt als Oberhaupt freier Männer.22 Der Tyrannenmord werde dann zwingend, wenn der Souverän die Fähigkeit seiner Untertanen, sich politisch zu behaupten, anhaltend unterdrückt.23 Im Kapitel „Ob es erlaubt sei, den Tyrannen zu töten“ verdichtet sich die Diskussion um die Legitimität des Tyrannizids im Bericht über das Attentat auf Heinrich III. in Saint-Cloud, der in der Wertung dieses Ereignisses Zweideutigkeiten aufweist. Als den Tyrannenmord rechtfertigende Beispiele werden die Geschichte Sauls und Davids oder die Ermordung Neros, in der Erzählung des Tacitus angeführt, sowie die das Thema betreffenden Auseinandersetzungen der XV. Sitzung des Konzils von Konstanz (1415).24 Im Kapitel V. „Über den Unterschied zwischen König und Tyrann“ führt er zwei positive und zwei negative historische Beispiele an. So verkörpern Nero und Tarquinius Superbus, der letzte König von Rom, die negativen Beispiele usurpatorischer Herrschaft. Nero ließ gegen seine eigenen Untertanen gezielt Söldner einsetzen, die Gewalt und Tod verbreiten sollten. Tarquinius stellte den römischen Senat kalt und bestimmte sich als Alleinentscheider über die Todesstrafe. Diese als politische Strategien verstandenen Handlungen seien spezifisch für ein tyrannisches Verhalten. Wie sein Ordensbruder Suárez folgte auch Mariana in gewisser Weise der thomistischen Position, mit dem Unterschied, dass er nicht davon ausging, dass die Autorität des Souveräns ausschließlich durch das Naturrecht legitimiert werde. Die Macht des Souveräns, Recht zu sprechen, könne ihm nur von der Gemeinschaft erteilt werden und nicht durch das Naturrecht.25 Ordensgeneral Acquaviva ließ bereits 1600 und später wiederholt be­ stimmte Passagen des Buches wie auch dessen Verteidigung durch Jesuitenbrüder verbieten, da die politische Lage der Jesuiten in Frankreich äußerst prekär 20 21

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Zur Frage dieses regicide siehe ausf. Nelson, 2005, S. 147–207. Wahrscheinlich entstand die Schrift als Auftragsarbeit des García de Loaysa y Giron, dem Erzbischof von Toledo und Erzieher des späteren Philipp III., Braun, 2007, S. 64 und 118f. und Völkel, 2013, S. 226–234. Englmann, 2006, S. 85. Völkel, 2013, S. 229. Auf dem Konzil von Konstanz wurde zum Tyrannenmord Stellung bezogen. Das Dekret „Quilibet tyrannus“ verurteilt die Lehre eines legitimen Tyrannzids, führt jedoch auch Beispiele an unter denen ein Tyrannizid zu einer legalen Handlung (Notwehr) wird. Skinner, 1978, hier besonders Kapitel 5.

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V. Tyrannenmord

wurde und Schriften, wie die Marianas, den Anlass zu Angriffen gegen den Orden boten.26 Höpfl und Braun haben gezeigt, dass die Besonderheit von Marianas De Rege weniger in einer radikalen Aufforderung zum Mord eines ungerechten Herrschers liegt. Sein Prinzenspiegel, der eine rhetorische und erzieherische Übung darstellt, überträgt juristische Texte in politische Lehranweisungen.27 So ist er auch nur auf den ersten Blick strukturell mit den juristischen Argumentationen vergleichbar. Wie in anderen jesuitisch-pädagogischen Lehrbüchern erkennt man auch bei Mariana, dass die Semantik und Methode der geläufigen scholastischen Topik verändert werden. Er zitiert keine klassischen Autoren (auctoritates) oder vergleicht und diskutiert ihre Positionen, wie es allgemein in Rechtstraktaten zu dieser Zeit üblich war. Allein das historische Wissen über die vorbildliche politische Führung prüft und bewertet für ihn die Praktikabilität der juristischen Doktrin.28 Kapitel acht und neun des Traktats analysieren jene Feststellung (monitum), derzufolge das Volk als Quelle der Macht des Prinzen anzusehen ist. Ein Prinz sollte immer im Auge behalten, dass er nicht frei vom Gesetz handeln könne, da es außergesetzliche oder konstitutive Mittel gebe, derer sich ein Volk bedienen könne, wenn es unterdrückt werde. An dieser Stelle kommt die Frage des Tyrannenmordes ins Spiel, wobei juristische Begründung und politische Vernunft hier fusionieren. Mariana unterstreicht somit die effektive Stärke des Volkes, von der die Macht des Fürsten abhängig sei. Diese Macht, so warnt er, sei nicht in der Lage, den Geist und den Willen der Untertanen auf die gleiche Weise wie ihre Körper zu unterdrücken. Statt physische Stärke im Strafrechtsapparat zu demonstrieren, solle ein Souverän eher seine Untertanen zu überzeugen versuchen und nach Anerkennung streben, anstatt sie gewaltsam und usurpatorisch zu bezwingen. Angst und Hoffnung, Bestrafung und Belohnung werden deswegen zu den zentralen Prinzipien erhoben, nach denen ein Fürst zu regieren habe. Braun weist darauf hin, dass Mariana nicht die originalen Formulierungen des kanonischen Rechts zitiert, sondern diese vielmehr in loci communi verwandelt. Hiermit gelingt ihm eine überzeugende Überleitung vom Recht zur Staatsräson, was mit einer Rhetorisierung des scholastischen Idioms einhergeht. Nach der Ermordung Heinrichs IV. im Jahre 1610 wurde Marianas De Rege öffentlich in Paris verbrannt; vier Jahre 26

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Es handelte sich um die Passagen, welche den Mord an dem frz. König Heinrich III. rechtfertigten, siehe Höpfl, 2004, S. 319. Die beiden Edikte Acquavivas sind publiziert bei Lewy, 1960, hier Appendix I. Braun verweist auf die Benennung der Kapitel oder auch Themen, welche juristischen Formeln zitieren oder auch als „dicta“ in Form von Weisheiten auftauchen. Diese wiederum sind unterteilt in „monitae“, axiomatische Feststellungen und „sententiae“, moralische Erläuterungen. Braun, 2007, S. 66. Auch Höpfl schwächt die vermeintliche Radikalität der Position Marianas erheblich ab, Höpfl, 2004, S. 319. Braun, 2007, S. 81–91.

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1. Zur Frage des Tyrannizids um 1600

später wurden auch Suárez’ Defensio fidei und Richeômes Examen Cathegori­ que verboten. Ebenso reihte sich Bellarmins Tractatus de potestate Summi pontificis (1610) in die Reihe der verbotenen Schriften ein, die General Acquaviva und Papst Paul V. vorsorglich zensiert hatten.29 Doch das Thema schien unaufhaltsam weiter zu brennen und trotz des expliziten Verbots erschienen auch nach 1611 Schriften, die den Tyrannenmord befürworteten und von Jesuiten verfasst worden waren.30 Um die Konjunktur der Martyrienbilder in diesem politischen Kontext zu erklären ist entscheidend, dass Mariana, der thomistischen Meinung folgend, als Argument gegen den Tyrannenmord die beispielhafte Geduld der frühen Christen anführt, mit der diese ihren Tod erlitten hätten, der aus dem ungerechten Urteil eines Tyrannen resultierte.31 Das Volk solle den Tyrannen so lange ertragen wie ihm irgend möglich sei, und erst wenn die Politik so sehr durch dessen Handlungen grundsätzlich gestört und verfälscht werde, solle man den Mord an einem Souverän in Betracht ziehen. Diese Geduld sei deswegen vonnöten, da die Rebellion des Volkes oft erneut Usurpatoren hervorgebracht und das Töten von Tyrannen zum Teil noch schlimmere Nachfolger beschert habe. Im Martyrium zeichnet sich so ein Maßstab ab, an dem sich die Legitimation des Tyrannenmordes bemessen lässt. Genauso selten wie offizielle Verlautbarungen von päpstlicher Seite in Bezug auf das kontrovers diskutierte Thema des Tyrannenmordes sind, ist es in den monumentalen Ausstattungsprogrammen römischer Kirchenräume wiederzufinden.32 Lewey verweist auf ein päpstliches Dekret Pauls V., das sich auf Drängen der englischen und französischen Krone mit der Legitimitätsfrage befasst. Der Borghesepapst befürwortete die 1613 publizierte Schrift Defensio Fidei, in welcher sich Suárez zur Legitimität des Tyrannenmords geäußert hatte. Derzufolge war ein häretischer Souverän nicht nur durch päpstlichen Beschluss absetzbar, sondern konnte nach der Urteilsverkündung als unrechtmäßiger und usurpatorischer König von jedem getötet werden.33 Suárez bezog sich auf die Auseinandersetzung mit der englischen Krone, da König Jakob I. (1566–1625) die Jurisdiktionsgewalt des Papstes über alle weltlichen Herrscher abgelehnt und 29

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Diese Zensur wurde abgedruckt in Summa Actorum Facultatis Theologiae Pari­ siensis Contra Librum Inscriptum: Controversia Anglicana, 1513, vgl. Höpfl, 2004, S. 321. So publizierte der deutsche Jesuit Jacob Keller (1568–1631) eine Schrift, die sich explizit dem Thema widmete und den Tyrannizid wie Suárez und Mariana befürwortete. Keller, 1611. Siehe Lewy, 1960, S. 146f. und Turchetti, 2001, S. 540. Mariana, 1605, S. 55. Lewy, 1957, S. 319–324. Lewy, 1960, App. II, S. 168f. Hiermit wird die indirekte bzw. direkte Macht des Papstes (potestas indirecta/ directa) verbunden. Defensio Fidei, Buch III, Kap. 23, Suárez und Williams, 1964, hier S. 685–702.

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sich als absoluter Herrscher in staatlichen Angelegenheiten bezeichnet hatte.34 Ausgangspunkt war somit der konkrete Streit zwischen Krone und Papst über den von Jakob I. den englischen Katholiken auferlegten Treueeid (oath of allegi­ ance), wonach sie gezwungen wurden, das geistliche Primat des Königs anzuerkennen. Suárez’ Antwort war hierauf eindeutig: Eine solche Handlung wäre ein Kriegsgrund und erlaube es anderen Fürsten, die gewaltsam Gezwungenen mit aller zur Verfügung stehenden militärischen Macht zu verteidigen: „Wenn ein Volk den wahren Gott verehren will […] und wenn es dann von seinem Fürsten gewaltsam daran gehindert wird, dann ergibt sich für einen anderen Fürsten ein gerechter Kriegsgrund […] denn es handelt sich hier um die gerechte Verteidigung Unschuldiger.“35 Nach der öffentlichen Verbrennung des Buches in London und in Paris drohte Papst Paul V. die Beziehungen zum französischen Hof abzubrechen. Er versuchte sogar Maria de Medici dazu zu zwingen, das Pariser Parlament aufzulösen, doch da der Protest dagegen zu stark war, wurde eine Kompromisslösung gesucht. So verfasste der Papst Anfang 1615 eine Erklärung, in der er das Dekret des Konzils von Konstanz gegen den Tyrannenmord bestätigte. Diese Verlautbarung wurde jedoch nicht zu dieser Zeit, sondern erst hundert Jahre später publiziert.36 Veröffentlicht werden sollte sie dem Wortlaut gemäß lediglich an zwei ausgewählten Plätzen in Rom: an den Türen Sankt Peters und auf dem Campo dei Fiori.37 Dass dieses Dokument nicht weiter verbreitet wurde und auch dass Paul V. hierin den Namen Suárez nicht explizit erwähnt, so wie die französische Krone es zunächst gefordert hatte, und auch seine Unbestimmtheit in Bezug auf eine Konkretisierung des Konstanzer Dekrets, weisen darauf hin, dass die Frage des Tyrannenmords, wie sie Suárez und andere Autoren diskutierten, einerseits nicht weiter publik gemacht werden sollten, um die ohnehin prekäre politische Lage nicht weiter zu gefährden, und andererseits die Ansichten der katholischen Rechtsdenker weiterhin Gültigkeit behalten sollten.38

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North, 2002, S. 215–232. Suárez, Defensio Fidei, Buch VI, zit. bei Kremer, 2008, S. 284. Lewy, 1957, S. 319–324, hier S. 321. Sie wurde verfasst und besiegelt in Santa Maria Maggiore „mit dem Ring des Fischers“ (Pescatorio) am 24. Januar 1615. Weder Ranke noch Pastor erwähnen dieses Dokument in ihren Papstgeschichten. Wie auch Blet schätzen sie das Ergebnis dieser Konflikte als einen Triumph des Papstes ein; Lewy widerspricht ihnen. Blet, 1955, S. 81–106. Lewy, 1957, S. 319–24, hier S. 323.

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2. Bozios „signi ecclesiae“

2. Bozios „signi ecclesiae“ In diesen Jahren entstand im Auftrag Pauls V. das Freskenprogramm in der Cappella Paolina, das mit den Diskussionen über die Recht- bzw. Unrechtmäßigkeit des Tyrannenmordes oder der Absetzung eines weltlichen Souveräns durch den Papst in Verbindung gebracht werden kann. Die inhaltliche Schwerpunktsetzung der Ikonographie ist auf die Schriften des Oratorianers Tommaso Bozio (1548–1610) zurückzuführen, über die es in den Kontext der Ausbildung rückt.39 Als ein frühes Mitglied der Kongregation hatte Bozio mehrere Pamphlete gegen Machiavelli verfasst (Adversus Machiavellum) und vehement die päpstliche Autorität gegenüber der weltlichen Souveränität verteidigt.40 In seiner Schrift De iure status, sive de iure divino et naturali ecclesiasticae libertatis et potes­ tatis (1600) stellte er die politische und geistliche Autorität des Papstes über alle „natürlichen Dinge“ und bestimmte ihn als „Quelle, Spitze, Kopf und Sonne der gesamten monarchischen und priesterlichen Herrschaft“.41 Als er 1590 zum Rektor der Oratorianer-Kongregation ernannt wurde, übernahm er auch die Aufgabe der Vorbereitung der jungen Novizen auf das Apostolat. Er gründet eine private juristische Akademie, die sich auf die Rechtsausbildung der Novizen konzentrierte.42 Zusammen mit Cesare Baronio kann Bozio als eine der einflussreichsten Personen der Anhängerschaft des Filippo Neri bezeichnet werden. Seit 1582 hatte er Baronio beim Verfassen seines zwölfbändigen Geschichtswerks, den Annales ecclesiastici, unterstützt, das zunächst als Vorlage für die Szenen in der Cappella Paolina galt. Wie ein genauerer Vergleich der Quellen jedoch bestätigt hat, kommt sein 1591 publiziertes monumentales Traktat über die Zeichen De signis ecclesiae Dei contra omnes haereses dem Bildprogramm am nächsten, da es thematisch vorgeht und nicht chronologisch wie Baronios Annales.43 Auf mehr als fünfhundert Seiten schlüsselte der Oratorianer hier die Superiorität der Römisch-Katholischen Kirche über jede andere Staatsordnung in Form von Zeichen (signi) auf. Jedes „signum“, von denen er über hundert aufzählt, stelle einen Baustein des göttlichen Plans dar.44 Bozio suchte über die 39

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Zusammen mit seinem Bruder Francesco wurde Tommaso Bozio von Paul V. mit dem Programm beauftragt, vgl. Ostrow, 1996, S. 143f. und 186–190. Jüngst auch Touber, 2013, S. 223f. Zu Bozio siehe den Artikel von Poni, 2001, S. 395–426. Umfassendes Literaturverzeichnis bei Pietro Craveri, DBI, 1960, S. 568–571. Sein bekanntestes Werk zur Kirchenpolitik fasst einige seiner früheren Argumentationen zusammen: Bozio, 1600. Siehe auch die Studie von Mastellone, 1970, S. 186–194. Bozio, 1600, S. 144. Craveri, 1960, S. 569. Bozio, 1591. Es werde die Universalität der Katholischen Kirche dadurch bekräftigt, dass sie weltweit die abendländische Tradition durchgesetzt habe. Prodi, 2003, S. 232f.

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zeichenhafte Charakterisierung der staatlichen und rechtlichen Ordnung neue Ansätze zu finden, die sich von den altbekannten Legitimationsstrategien der Kirche weitgehend lösten.45 Somit bezog er in seine Argumentationen beispielsweise ethnographische Schriften mit ein, wie Giovanni Pietro Maffeis Historia­ rum Indicarum (1589) oder Antonio Possevinos Moscovia (1587) und entwarf eine Theorie über den Ursprung und Zustand der „tirannia“ des Orients, eine Form politischer Herrschaft, die in vielen Ländern durchaus üblich und Teil der dortigen Traditionen sei. Den Gegensatz zu diesen tyrannischen Systemen bilden Bozio zufolge die Republik Venedig und der Kirchenstaat. Seiner Meinung nach waren hier das monarchisch-aristokratische Prinzip und die Möglichkeiten des sozialen Aufstiegs am idealsten miteinander vereint.46 Die Macht der Kirche bestehe darin, dass durch sie eine Verbindung zur natürlich-göttlichen Ordnung geschaffen werden könne.47 Dieser juridische Vorteil legitimiere die Unabhängigkeit der kirchlichen Rechtsprechung von der säkularen Politik, da allein die Kirche in der Lage sei, das Unrecht zu erkennen und zu bekämpfen. Nicht die juristische Ordnung, sondern die Fähigkeit zur „Interpretation eines moralisch überlegenen Gesetzes“ begründe ihre universale Souveränität und stehe dem positiven Recht konträr gegenüber.48 Moraltheologie und Beichtjurisprudenz waren die Grundlagen auf denen Bozio argumentierte. Um die Vorzüge der Vertragsgerechtigkeit der Kirche zu verdeutlichen, die auch die formlosen und moralisch verpflichtenden Verträge als für juristisch klagbar hielt, führt er im Kapitel „Signum trigesimum quartum. Iustitia“ die Beharrlichkeit im Glauben an, „weil ungezählte der Unsrigen in verschiedenen Zeitaltern für die Bestätigung unseres Kultes ihr Leben einsetzten, was wir mit dem Hinweis auf die ununterbrochene Abfolge der Märtyrer offengelegt haben.“49 Das Martyrium und Opfer des Lebens für die Kirchengemeinschaft wird zur argumentativen Basis der juridischen Überlegenheit gegenüber dem säkularen Recht. Im Kapitel „Infelix exitus haereticorum Regum“ werden unter dem signum mit der Nummer 97 die unehrenhaften Tode unterschiedlicher weltlicher Herrscher aufgezählt.50 Das Kapitel ähnelt einem historischen Nachschlagewerk der tyrannischen und häretischen Herrscher, da ihre Regierungszeiten präzise angegeben werden. Hier bespricht Bozio auch jene drei Ereignisse, die Giovanni Baglione 45

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Poni interpretiert das Werk als einen Versuch, die dogmatische Apologetik eines Bellarmino und die historiographische Apologetik eines Baronio miteinander zu verbinden. Poni, 2001, S. 395–426, hier S. 405. Poni, 2001, S. 407. Prodi, 2003, S. 233. Ibid., S. 234. Bozio, 1591, Signum XXIV, S. 644–649. Zit. bei Prodi, 2003, S. 435. Ibid., Signum XCVII, S. 515–24. Ostrow verweist auf das neunte Buch im ersten Band von Bozios Werk Cultus Deiparae sanctorumque amplificatus. Siehe Ostrow, 1996, S. 246.

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im Eingangsvestibül der Kapelle freskieren sollte, und bezieht sich auf die Quellen der byzantinischen Historiker Georgios Kenedros und Johannes Zonaras.51 Bedeutungsvoll ist das Auftauchen dieser Tyrannen im Bild hinsichtlich ihrer explizit als Zeichen definierten Funktion, über welche die Souveränität der katholischen Kirche gegenüber den weltlichen Staaten „bewiesen“ werden soll. Vergleicht man Bozios Erzählung der „unehrenhaften Tode“ dieser Tyrannen mit den Fresken, wird deutlich, dass sich die visuellen Darstellungen von der historiographischen Schilderung entfernt haben. Ihre postulierte Zeichenhaftigkeit erhält im Bild ungewöhnliche Brisanz. Wo sich für Bozio im Tod der häretischen und exkommunizierten Königen die höchste göttliche Gerechtigkeit manifestiert, kommt ihr Todeskampf der Agonie von christlichen Märtyrern nahe und lässt die verkörperte Paradoxalität erkennen, die Edgar Wind im Motiv des „criminal god“ entdeckte.52

3. Sterbende Tyrannen in der Cappella Paolina Mit der Freskierung der Cappella Paolina wurden die renommiertesten Künstler des Pontifikats Pauls V. beauftragt.53 In den Jahren 1610 bis 1612 arbeiteten unter anderem Giovanni Baglione (sott’arco im Eingang), Lodovico Cigoli und Galileo Galilei (Laterne und Kuppel), Guido Reni (Querarme) und Giuseppe Cesari (gen. Cavaliere d’Arpino, Altarseite und Pendentifs) gemeinsam an der Fertigstellung.54 Das komplexe Gesamtprogramm der Grabkapelle des Papstes, in der eine bedeutende Lukas-Ikone aufbewahrt wird, ist über wenige Quellen detailliert entschlüsselbar. Da die Ikonographie der gezeigten Szenen auch für Zeitgenossen einige Rätsel aufgibt, sodass vorsorglich in Kartuschen gesetzte Bildunterschriften hinzugefügt wurden, erschließt sie sich erst vollständig über

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Bozio, 1591, Bd. I, S. 516. Beide Historiker des 11. Jhs. nutzten ältere Quellen; Zonaras folgt Kenedros Darstellung. Siehe Szurawitzki, 2005, S. 155. „Nam deus ipse ad extremum Reges haereticos & impios perseqitur, exterminat delet, & Ecclesia quiescit, loco se quodammodo haud movet. Hinc quicumque Imperatores, Regesue haeretici, aut excommunicati Ecclesiam impugnarunt, exitu inglotio & infelici vitam concluserunt. In his autem maxime eluxit iustitia, & ultio, quod exempla illorum maxime illustria forent, & ad imitandum propter auctoritatem cunctis proposita.“, siehe Bozio, 1591, Bd. 1, S. 516. Zur Paolina Mâle, 1932 (1951), S. 22–36. Gerhard Wolf hat sich der komplexen Ikonographie des Freskenprogramms intensiv gewidmet Wolf, 1991/92, S. 283–336. Zuletzt zur Paolina die ausführliche Monographie von Ostrow, 1996. Die historischen Forschungen über das Pontifikat Pauls V. sind maßgeblich von den Studien Wolfgang Reinhards geprägt worden, vgl. zuletzt umfassend Reinhard, 2009. Ostrow, 1996, S. 202–210. Zu Cigolis und Galileos Zusammenarbeit in der Cappella Paolina zuletzt Bredekamp, 2007, S. 94–100.

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drei Kapellen-Beschreibungen des frühen 17. Jahrhunderts.55 Hierüber wird die Verbindung zu den politisch-missionarischen Ideen der östlichen Erweiterung und den Einheitsbestrebungen Pauls V. mit den Patriarchen erst deutlich.56 Die drei Tyrannendarstellungen des Julian Apostata, Leo Armenius und Konstantin Kopronymus im Eingangsbogen (Bild 145) waren der Beitrag Giovanni Bagliones (1566–1643), der bereits vorher verschiedene Aufträge für die Oratorianer und den Jesuitenorden übernommen hatte, insbesondere für General Acquaviva.57 Das mittlere Tondo im Bogenscheitel des Kapelleneingangs zeigt Julian den Abtrünnigen, der von Merkur und Artemis aus den Wolken heraus bedroht wird (Bild 146).58 Der Tyrann sitzt auf einer thronartigen Säulenbase und die jungen Gottheiten schleudern ihre Speere auf ihn. Einer davon wird zum tödlichen Geschoss und durchbohrt seine linke Seite. Die Soldaten des unter ihnen mit Lanzen, Fahnen und Faszienbündeln ausgerüsteten Heeres reagieren mit erschrockenen Gesten auf den Tod ihres Heerführers. Der in Untersicht zu sehende Kaiser sitzt dicht am Rande des Sockels und droht durch die Wucht des Speerwurfes in den sich unter ihn öffnenden Kappellenraum zu fallen. Wie in höchster Not oder um einen weiteren Angriff abzuwehren, hebt er seinen Arm dem aus den Wolken gleißenden Sonnenlicht entgegen. Merkur weist hingegen gebieterisch in die entgegengesetzte Richtung, in den Raum der Cappella Paolina hinein auf den zentralen Altar. Der hier gezeigte Julian Apostata (331–363) ist als der letzte spätrömische Kaiser bekannt, der versucht hatte, den heidnischen 55

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Vittorelli, 1616; De Angelis, 1621; Severano, 1630, Beschreibung der Cappella della Madonna, S. 701–712. Aufgrund Giovanni Severanos Nähe zu Paul V. und dessen Neffen Scipione Borghese sowie seiner Mitgliedschaft im Oratorianerorden ist seine Schrift Memorie sacre delle sette chiese di Roma (1630) dabei aufschlussreich in Bezug auf die hier zu diskutierende Thematik. Er widmet diese Schrift Kardinal Francesco Barberini, in welcher er eine eingehende Beschreibung aber auch thematische Bestimmung der Bilder vornimmt. Als Quellen seiner Erläuterungen bedient er sich verschiedener Historiographien des Mittelalters; eine Beschreibung der Bilder oder ikonographische Analyse bleibt jedoch aus. Siehe Ostrow, 1996, S. 185. Mâle, 1932 (1951) nennt Baronios Annales als Vorlage für das Freskenprogramm. Ostrow verweist auf ein in der Vallicelliana aufbewahrtes Manuskript Bozios, das auf wenigen Seiten die Themen der Fresken benennt und andeutungsweise be­­ schreibt, Ostrow, 1996, S. 186 und Appendix III. Wolf, 1991/92, S. 283–336, hier S. 300–302. Zum Motiv des Tyrannizids in der Cappella vgl. Mâle, 1932 (1951), S. 22–36. O‘Neil, 2002, S. 213. Wolf, 1991/92, S. 283–336, hier S. 290f. Unter Bagliones Auftragswerken für Claudio Acquaviva befand sich ein monumentales Altarbild für die rechte Querschiffkapelle in Il Gesù, das eine Auferstehung zeigt und 1603 enthüllt wurde. Vgl. den Eintrag in den Vite unter Giovanni Baglione, ders., 1733, S. 285. Zu Baglione siehe die Monographie von Maryvelma Smith O’Neil, 2002 oder Sickel, 2012, S. 455–485. O‘Neil, 2002, S. 112.

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Bild 146  Giovanni Baglione: Julian Apostata, 1611, Fresko, Rom, Santa Maria Maggiore, Cappella Paolina.

Mysterienkult aufrecht zu erhalten und das Christentum zurückzudrängen.59 Als Neffe Konstantins des Großen schwor er dem christlichen Glauben ab und gab sich als neuer Heilsbringer aus, der ähnliche Wunder wie Christus vollbringen würde und seine militärischen Taten mit Alexander dem Großen vergleichen ließ.60 In den dramatischen Bearbeitungen des historischen Stoffes, wie in Jeremias Drexels (1581–1638) fünfaktigem Drama Julian Apostatus (1608), wird der Herrscher als eine komplexe und beinahe tragische Figur dargestellt.61 Auch Montaigne hatte den Kaiser als einen „très grand homme, et rare“ gepriesen und sah in ihm den Prototypen des aufgeklärten Fürsten, der sich gegen die 59 60 61

Grundlegend zu Julian Apostata siehe die Arbeit von Bowersock, 1978. Fatouros, 1996, S. 114–122. Jeremias Drexel, Summa der Tragödien von Keyser Juliano, 1608. Drexel war Prediger am Hof Maximilians I. von Bayern. Auch spätere Rezeptionen des historischen Stoffes greifen diese Komplexität auf, wie z. B. Henrik Ibsen in seinem Trauerspiel Kaiser und Galiläer, 1873.

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Tyrannei des Klerus zur Wehr setzte. Sein Machtwille sei als frühes Zeichen der Emanzipation des zivilen Rechtswesens von der Kirche zu verstehen.62 Im Gegensatz hierzu verurteilten protestantische Pamphlete Julian als eine verachtenswerte Figur und verglichen seine Religionspolitik mit dem Irrweg des katholischen „Papismus“.63 Hier deutet sich an, dass die historische Figur des einerseits tragischen, andererseits usurpatorischen Julian keine eindeutig konnotierte Figur des einen Rechts- oder Unrechtsverständnisses gewesen ist.64 Baglione scheint dieser Kippfigur im Bild eine Entsprechung zu geben und bedient sich der antiken Pathosformel eines sterbenden Priesters. Als Vorlage des Kaisers im Todeskampf wird die Gestik der 1506 wiederentdeckten antiken Statue des Laokoon zitiert, der zusammen mit seinen Söhnen als von den Göttern Verurteilter im für sie tödlich endenden Kampf gegen riesenhafte Schlangen gezeigt wird (Bild 147). Baglione gibt die Figur spiegelverkehrt in seitlicher Rückenansicht wieder und fügt den an der antiken Statue zuerst rekonstruierten, ausgestreckten Arm mit geöffneter Hand hinzu. Der in „höchstem Schmerz“ gezeigte abtrünnige Kaiser wird von einem wehenden purpurnen Tuch hinterfangen, das der Szene, ähnlich wie die sich um Laokoon windenden Schlangen, Dynamik verleiht. Diese Verwendung der Pathos-Vorlage des Laokoon verwundert, wurde diese doch in post-tridentinischen Bildtheorien, wie bei Gilio da Fabriano, als exemplum doloris und somit angemessene Vorlage für Martyrien erachtet.65 Der bildliche Bezug zu einer der bekanntesten Antiken wird auch im zweiten Tyrannenmord zum Leitmotiv und hierdurch die Evokation eines souveränen Opfers in beiden anderen Tyrannendarstellungen noch gesteigert.

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Michel de Montaigne, Essais, Bd. II, Kap. 19, De la liberté de la conscience: „Ils ont aussi eu cecy, de prester aisément des louanges fauces, à tous les Empereurs, qui faisoyent pour nous, et condamner universellement toutes les actions de ceux, qui nous estoyent adversaires, comme il est aisé à voir en l‘Empereur Julian, surnommé l‘Apostat. C‘estoit à la verité un tres-grand homme et rare ; comme celuy, qui avoit son ame vivement tainte des discours de la philosophie, ausquels il faisoit profession de regler toutes ses actions : et de vray il n‘est aucune sorte de vertu, dequoy il n‘ait laissé de tres-notables exemples.“, vgl. Wind, 1939, hier S. 132. Vgl. die bei Wind angeführte Pamphletliteratur des späten 17. Jh., Wind, 1939, S. 130f. Zur historiographischen Diskussion der Biographie des Julian Apostata siehe Leppin, 1996, S. 72–85. Gilio da Fabriano, Dialogo nel quale si ragiona degli errori dei pittori circa l’histo­ rie, 1564. Vgl. Ettlinger, 1961, S. 121–126.

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Bild 147  Jacques de Gheyn III: Laokoon, 1619, Kupferstich, 40 × 28,5 cm, London, British Museum.

Konstantin V. Kopronymos (718–775 n. Chr.) ist der zweite Tyrann, der im sott‘arco als Sterbender gezeigt wird (Bild 148).66 Der Sohn Leos III. war als ein Ikonoklast gefürchtet, da er die Anbetung heiliger Bilder gewaltsam verbieten ließ. Bozio zufolge erlitt er einen qualvollen Tod durch ein tödliches, plötzlich über ihn einbrechendes Fieber.67 Auch diese Figur des auf seinem Bett liegen66 67

Baronio, 1589, Bd. XIII, anno 775, Kap. II. Auf Konzil von Hiereia hatte er die Bilder und Ikonen verboten und ließ in der Folge alle Mönche verfolgen, die jenen Schwur gegen die Bilder verweigerten: „De Constantino Copronymo inimico imaginum sacrarum sic auctor historiae Miscellae: Copronymus, ait, divinitus in cruribus est plaga percussus, quae Graece άγθραξ, appellatur, & hinc febri validissima detentus Adrianopolim rediit à subiectis ­hu­­meris in lectodelatus, & veniens Sylimbriam navim ingressus est; cumque ad

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Bild 148  Giovanni Baglione: Konstantin Kopronymos, 1611, Fresko, Rom, Santa Maria Maggiore, Cappella Paolina (Farbbild 19).

den ungerechten Herrschers ist in ihrer Körperhaltung dem sterbenden Laokoon ähnlich.68 Der sitzende Kopronymos bäumt seinen Oberkörper vor Schmerzen auf, hebt sein bärtiges Gesicht gen Himmel und stützt seinen Kopf mit einer Hand ab. Keiner der Anwesenden schickt sich an dem Leidenden zu helfen; stattdessen wird er seinem Schicksal ausgeliefert. Entsetzen und Ehrfurcht ist den im Kreis um ihn herumstehenden Männern und Frauen ins Gesicht geschrieben. Ihre Blicke richten sich auf das über ihren Köpfen erwartete göttliche Zeichen, das hier jedoch nicht, wie in der Inschrift erwähnt, in Form einer Marienfigur erscheint,69 sondern hinter einem schweren, faltenreichen Vorhang

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­ o­­tundum pervenisset castellum, miserabiliter in chelandio moritur clamans, ac R dicens; Vivens adhuc cum igni extinguibili traditus. Ita Constantinus; cuius cùm filius Leo flagitiorum Imperijque successor coronam gemmis auroque fulgentem, quam Mauritius Deo dicerat, capiti imposuisset, protinus carbunculo enato illud intumuit, ipseque ardentissima febri correptus expiravit. Nicephorus eorumdemscelerum consorsà Bulgarisimproviso noctis incurso est interfectus.“ Bozio, 1591, S. 516. Mâle, 1932 (1951), S. 25. Die Bildunterschrift lautet: „CONSTANTINUS COPRONYMUS/IMPERATOR FLAMIS ARDENS/ET EIULANS/VIRGINEM PLACARI EXPOSCIT.“ Vgl. Ostrow, 1996, S. 186–190.

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Bild 149  Giovanni Baglione: Konstantin Kopronymos, Kreidezeichnung, 19,4 × 20,6 cm, New York, Metropolitan Museum of Art.

ver­­borgen bleibt. Dieser Dramatik und angespannten Erwartung entgegengesetzt ist am vorderen Bildrand eine männliche Rückenfigur, die ihren Kopf mit der Hand abstützt und sich vom Geschehen abwendet. Die Konzentration auf diesen Moment der Erscheinung hatte Baglione im Entwurfsprozess der Arbeit stückweise gesteigert. So weicht seine Vorzeichnung in zwei zentralen Punkten von der Endversion dieser Szene ab (Bild 149).70 Die Figur des unbeklei­ deten Tyrannen liegt hier halb aufgerichtet am Boden, wird von einer knienden Frau gepflegt und ist weit entfernt von der Sitzhaltung des Laokoon. Im Fresko wird der Tyrann mit seinem körperlichen Schmerz allein gelassen. Wo hier lediglich in den Gesichtern und Gesten der Menge sich ein kommendes göttliches Zeichen ankündigt, ist in der Vorzeichnung eine Marienfigur zu sehen, die mit erhobenem Finger zu den Staunenden zu sprechen scheint. Diese wenigen Änderungen verschieben die Aussage des Freskos beträchtlich: Der Tyrann Kopronymos wird in extremer Agonie gezeigt, und gleicht mit seinen Assistenz­ figuren einer christlichen Kreuzabnahme. Auch hier wird der leidende Körper zum göttlichen Zeichen, das keiner Vermittlungsfigur bedarf. 70

O‘Neil, 2002, S. 256.

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Das sich linkerhand vom Tondo mit dem Tod des Julian Apostata befindliche Fresko zeigt den sterbenden Leo Armenius (Bild 150). Auch hier ist der Moment der tödlichen Verwundung des Tyrannen zu sehen, die durch den Schwerthieb eines sich über ihn beugenden Mannes gerade vollzogen wurde. Die verstärkte Unteransicht des Bildes, die den Raum illusionistisch vertieft, der auf rechter Seite von schweren ionischen Säulen gerahmt wird, intensiviert den Eindruck eines Sakralraumes. Noch im Fall begriffen, wird der gestürzte Tyrann im Todeskampf gezeigt und auch er erhebt seinen Arm mit abwehrender Geste. Der sich über ihn Beugende hat sein Schwert nur unwesentlich zurückgezogen und zeigt mit aufgerissenen Augen und ausgestrecktem Finger warnend, fast beschwörend auf ihn herunter. Sichernd steht ein weiterer Soldat neben ihm, der sein Schwert aus der Scheide zieht, um den noch ausstehenden Todesstoß zu versetzen. Am rechten Bildrand bildet eine Zuschauergruppe den Gegensatz zur mörderischen Szene und erscheint in Schock erstarrt. Eine zentrale weibliche Figur richtet ihren Blick hilfesuchend über sich zu dem über dem Altargiebel von einer Wolke herab Licht verstrahlenden Engel. Leo V. Armenius (813–820) wurde im 17. Jahrhundert zu einer bei den Künstlern beliebten Figur des „Tyrannen“, die vor allem in zahlreichen Trauerspielen zu Berühmtheit gelangen sollte. Der Usurpator von Byzanz war durch einen Putsch auf seinen Thron gelangt und wurde innenpolitisch als ein brutaler und tyrannischer Ikonoklast bekannt, der nicht nur Bildwerke zerstören, sondern auch Massaker an den Ikonodulen verüben ließ.71 Dem Historiographen Zonaras folgend, wurde Leo von einer Gruppe von Verschwörern unter der Leitung eines Michael Balbus im Jahre 820 am Weihnachtsabend ermordet.72 Die Inschrift unter dem Fresko verweist auf die zentrale Rolle der Mutter des Tyrannen: Ihr hatte Maria persönlich in einem Traum das nahe Ende ihres Sohnes in einem mit Blut bedeckten Tempel vorausgesagt. Sie beklagte die Gewalt Leos gegen die sie Anbetenden und den blasphemischen Umgang mit den ihr geweihten Bildern.73 Wirkungslos flehte die Mutter ihren Sohn an, seinem zerstörerischen Ikonoklasmus ein Ende zu setzen, doch da dieser nicht einlenkte, geschah

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Leo lehnte die Ergebnisse des Zweiten Konzils von Nicäa ab und erkannte diejenigen des ikonoklastischen Konzils Konstantins V. im Jahre 754 an. Bilder waren hiernach zur Anbetung ungeeignet. Ostrow, 1996, S. 231. Severano verweist in seiner Beschreibung der Kapelle auf Zonaras, der in den 1560er Jahren wiederaufgelegt worden war und die Geschichte des Leo Armenius genau schildert. Zonaras, Emilio und Avanzi, 1560, Bd. III („in Leo. & Michele Balbo“). Siehe Severano, 1630, S. 706. Bildunterschrift: „DEIPARA MATRI LEONIS/ARMENI IMPERATORIS/OSTEN­­ DIT SANGUINE TEMPLUM/REPLETUM ET LEONIS NECEM.“ Vgl. Ostrow, 1996, S. 186–190.

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Bild 150  Giovanni Baglione: Leo Armenius, 1611, Fresko, Rom, Santa Maria Maggiore, Cappella Paolina.

ihm so, wie seiner Mutter im Traum vorhergesagt.74 Die Darstellung des hilflos auf dem Boden liegenden Leo Armenius, der mit dem Tod ringt, und der Gruppe um ihn herum, die andächtig und ehrfürchtig den Erscheinungen des Himmels folgt, ist keiner bekannten Tyrannenikonographie zuzuordnen. Auch die Gruppe der Soldaten erinnert vielmehr an Bilder des Martyriums als an die legitime Ermordung eines Usurpators. Somit weisen der sich über den Sterbenden beugende Schwertträger und die darunter liegende, über die Altarstufe herabfallende Figur des Leo eine Ähnlichkeit mit Caravaggios Matthäus-Martyrium der Cappella Contarelli in San Luigi dei Francesi (1599–1600) auf (Bild 151). Auch hier wird das sich vor einem Altar ereignende Attentat auf Matthäus als dyna74

Auch bei Baronio findet sich eine Beschreibung dieser Szene, vgl. Baronio, 1589, Bd. XIV, anno 820, Kap. XII und XVI.

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V. Tyrannenmord

mische Komposition gezeigt, in der der getroffene Körper des Opfers im Fallen begriffen ist und der Scherge mit gezogenem Schwert über ihm steht. Ähnliche Affektfiguren rahmen das Bild, wie die Figur des jugendlichen Priesters im Vordergrund von Bagliones Fresko, die dem entsetzten Knaben im Bild Caravaggios ähnelt, der entgegen seiner Laufrichtung über die Schulter zurück auf das brutale Geschehen blickt.75 Sogar der hier von einem Engel heruntergereichte Palmenzweig findet eine Entsprechung in den herabfallenden Lichtstrahlen die von dem über dem Altar gezeigten Engel ausgehen. Doch nicht nur bildmotivisch lässt sich hier eine Parallele konstatieren. Der Erzählung der Legenda Aurea folgend, birgt das Martyrium des Matthäus bereits die Frage des Tyrannenmordes in sich. Nach dem brutalen Mord im Tempel ist das Volk so aufgebracht, dass es den Palast des Königs Hirtacus stürmen wollte, der Matthäus hatte hinrichten lassen.76 Die Priester vermögen die Menge abzuhalten, doch der König wird von einem unheilbaren Aussatz befallen und nimmt sich daraufhin das Leben. Passiver Widerstand und göttliches Zeichen der Gerechtigkeit, das sich im Tod des ihn verurteilenden ungerechten Herrschers manifestiert, charakterisieren demnach das Martyrium des Matthäus. Diese gezielte Korrespondenz von Tyrann- und Märtyrertod lässt eine tiefergehende politische Aussage vermuten, die in Richtung Frankreich verweist. Caravaggio hatte seinen MatthäusZyklus nach den Vorgaben des französischen Kardinals Mathieu Cointrel (Matteo Contarelli) ausgeführt.77 Ein Memorandum des vor der Fertigstellung der Fresken verstorbenen Auftraggebers beweist dessen sehr präzise Vorstellung, wie die Szene zu gestalten war.78 Demnach bestimmte er, dass das Martyrium des Apostels, der sich auf Missionsreise in Äthiopien befunden hatte, in einem tempelartigen Raum gezeigt werden sollte. Im oberen Teil des Bildes hatte sich ein Altar zu befinden, von dem vier oder fünf Stufen hinab führten auf denen das Martyrium des Matthäus sich vollziehen sollte. Es stelle „höchste künstlerische Begabung unter Beweis“, so das Memorandum, wenn genau der Moment gezeigt würde, in dem der Heilige gerade erstochen wird. Man solle sehen können, dass er verletzt und im Fallen begriffen, aber noch nicht tot sei. Im Tempel sollte sich dem Memorandum zufolge eine Vielzahl von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Eigenschaften (qualità) versammelt haben, die von dem Geschehen erschrocken, angeekelt oder auch mitleidig berührt seien. Cointrels Auftrag der Darstellung des Matthäusmartyriums war 1562 erfolgt, drei Jahre nach dem Tod Heinrichs II., der den Beginn der heftigen Kämpfe zwischen den 75 76 77 78

Die Figur ist aus früheren Märtyrerszenen wie Titians „Peter Martyr“ bereits bekannt. Vgl. Gilbert, 1995, S. 168. Matthäus hatte Hirtacus, der Iphigenie begehrte, erklärt, dass eine Ehe mit dieser unmöglich sei, da sie Christus versprochen war. Zuletzt Gozzano und Tosini, 2005; Röttgen, 2009, S. 187–212 und S. 499–508. Gilbert und Caravaggio, 1995, S. 163.

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3. Sterbende Tyrannen in der Cappella Paolina

Bild 151  Caravaggio: Martyrium des Matthäus, Öl auf Leinwand, 323 × 343 cm, Rom, San Luigi dei Francesi, Cappella Contarelli.

Reformierten und der katholischen Kirche in Frankreich markiert hatte. Der Auftrag wurde von Caravaggio im Jahre 1600 den Anweisungen des Memorandum folgend ausgeführt. Unterstützt wurde er von pro-französischen Kardinälen, die die Legitimität der Konversion Heinrichs IV. von Navarra in diesem Programm bekräftigen wollten, da diese in Rom allgemein sehr zweifelnd aufgenommen worden war.79 So kann es kein Zufall sein, dass Baglione in einer seiner Tyrannendarstellungen, die kurz nach dem Mord an Heinrich IV. in Auftrag gegeben worden waren, auf die protofranzösische Darstellung Caravaggios

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Olson, 2002, S. 107–142, hier S. 125.

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V. Tyrannenmord

Bild 152  Giovanni Baglione: Tod des Leo Armenius, Vorstudie, Zeichnung, Sammlungen der Princeton University.

verweist.80 Die Übertragung des Martyriums in einen Tyrannentod, der zudem eine das Unglück voraussehende Vision miteinschließt, birgt daher im übertragenen Sinne auch eine Stellungnahme zur Frage des Tyrannenmordes. Auch der Entwurfsprozess von Bagliones Fresko deutet auf eine Annäherung des gezeigten Tyrannenmordes an das Matthäusmartyrium hin. Es sind zwei Vorstudien für das Fresko der Cappella Paolina bekannt. Die Zeichnung von 1610–1612 (Bild 152) vereint auf einem Blatt vier unterschiedliche Studien: links oben die der Gruppe des Tyrannentöters, der das Schwert zurückzieht. Unter ihm ist der kopfüber fallende Armenius zu sehen, der seine Arme über den Kopf streckt.81 In einer weiteren Skizze stehen zwei Männer über einen auf dem Boden liegenden Körper gebeugt. Es sind zwar keine Waffen zu sehen, doch scheinen 80

81

Hierbei ist die rivalisierende Situation zwischen den beiden Künstlern ebenso mitzuberücksichtigen: 1603 wurde Caravaggio von Baglione vor Gericht gebracht, da er ihn der Verleumdung und üblen Nachrede bezichtigte, die seinen eigenen künstlerischen Ruhm schmälern würden. O‘Neil, 2002, Kat. Nr. 66, S. 257.

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3. Sterbende Tyrannen in der Cappella Paolina

Bild 153  Giovanni Baglione: Tod des Leo Armenius, Vorstudie, Grisaille, 27,2 × 29,3 cm, London, British Museum.

beide auf den Körper einzustechen. Die andere Vorstudie weist im Vergleich zu diesen Bewegungsstudien eine größere Nähe zum ausgeführten Werk auf (Bild 153).82 Wenige, aber aussagekräftige Unterschiede sind jedoch zu beobachten. Der Körper des Tyrannen ist unbekleidet und wirkt leblos. Sein linker leicht angewinkelter Arm, der in dem Fresko abwehrend nach oben gestreckt ist, hängt schlaff über die Stufe herunter. Mit den Leichnamen aus Philippe Galles Stich des angemessenen Totenbegräbnisses vergleichbar, wird der Tyrann als tot gezeigt. Auch das im Engel repräsentierte göttliche Zeichen fehlt: Der Blick der Mutter folgt dem natürlichen Lichteinfall aus den Obergadenfenstern der Kirche. Im Fresko endet die durch das Bild geführte Diagonale des lichtverströmenden Engels bei dem am Boden liegenden Leo. Dieser kämpft gegen seinen Tod, bäumt sich auf und versucht den Angriff abzuwehren. Wie von Contarelli für Matthäus gefordert, wird auch er im Sterben gezeigt.

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Ibid., Kat. Nr. 67, S. 257.

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V. Tyrannenmord

Emile Mâle zufolge antwortet die Darstellung des sterbenden Tyrannen auch auf die konfessionelle Auseinandersetzung über die Frage der Bilder. Die Hinrichtung des Bilderstürmers und tyrannischen Herrschers Leo richte sich gegen die reformatorische Bildkritik.83 Diese Interpretation greift jedoch insofern zu kurz, als dass sie den rechtshistorischen Aspekt nicht miteinbezieht. In seiner Schrift Defensio Fidei (1613) erwähnt Francisco Suárez den synodischen Bann durch Gregor II., der Leo Armenius und alle anderen, die ihm in seinem Ikonoklasmus folgten, bestrafte.84 Dieser gleiche Bann, so berichtet Suárez, sei auch von anderen Päpsten weltlichen Herrschern auferlegt worden.85 Die Bilder des Tyrannenmordes, die der Vorstellung Bozios nach göttliche Zeichen (signi ecclesiae) darstellen, bekräftigen somit einen Bann, der die Legitimation der weltlichen Souveränität zu schwächen sucht. Dies wird auch in der Gewichtung des Motivs des Tyrannentöters ersichtlich: Bozio weist dem Michael Balbus keine Heldenrolle zu, sondern listet ihn unter jenen häretischen Herrschern auf, die selbst ermordet wurden.86 Kedrenos geht ebenso weit und beschreibt Leo und Balbus als ungerechte Herrscher derselben Art, die miteinander vergleichbar seien.87 Diese Ähnlichkeit liege in ihrer Hybris, da auch Balbus machiavellistisches Machtstreben an den Tag lege, das davon ausgehe, dass die Macht vom Schwert und nicht von Gott ausgehe. Im Sterben des Tyrannen werde ersichtlich, dass der Prinz selbst nur ein Mensch sei und dass Herrschaft de facto von denen abhängig sei, die ihn unterstützen.88 Auch Baglione sieht davon ab, Michael Balbus eine gesonderte Stellung im Fresko als siegreichem Helden einzuräumen und folgt hierin wieder dem Vorbild Caravaggios. In den späteren barocken Dramen zu Leben und Tod des Leo V. Armenius wird, wie Walter Benjamin in seiner Studie Ursprung des deutschen Trauer­ spiels (1928) gezeigt hat, in den Adaptionen des historischen Stoffes die antithetische Natur der Souveränität evident. Zwischen der erhabenen Stellung des

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Mâle, 1951, S. 25f. Suárez zitiert Baronius, Annales Ecclesiastici a Christo Nato ad Annum 1198, Anno 726, no. 24, siehe Suárez und Williams, 1964, Bd. II, S. 689. So unter anderem durch Innozenz I., der Arcadius und Eudoxia aufgrund der Verbrechen gegen den Heiligen Chrysostomus exkommunizierte, oder Gregor VII., der Heinrich IV. verurteilte. Bellarmin verteidigte ihn in seinem Contra Barclai­ um, Kap. IX und Gregor VII. war es, der dem Staat Polen ein Interdikt auferlegte, da dessen König (Boleslaus) den Heiligen Stanislas ermorden ließ, ibid., S. 690. Stanislaus hatte Boleslaus zuvor exkommuniziert. Auch hier zitiert Suárez wieder Baronius, Annales, Anno 1079, no. 40. Severano beschreibt die Szene des Todes von Leo Armenius ausführlich, doch im Unterschied zu anderen zeitgenössischen Rezeptionen wird die Rolle des Michael Balbus hier nicht erwähnt. Kedrenos, 1982, Sp. 943–952. Szurawitzki, 2005, S. 167.

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3. Sterbende Tyrannen in der Cappella Paolina

tyrannischen Herrschers und dessen Ohnmächtigkeit zu Handeln löst sich die Grenze zwischen Tyrannen- und Märtyrerdrama auf. Benjamin beschreibt Andreas Gryphius‘ Leo Armenius oder Fürsten-Mord (1646) als ein Tyrannendrama, das einer Märtyrertragödie ähnlich ist, in dem weniger die Taten des Kaisers sondern eher das Dulden und die körperliche Pein beschrieben werden. Er schlussfolgert, dass „in jedem Tyrannendrama ein Element der Märtyrertragödie verborgen liegt“.89 In Gryphius’ Leo Armenius kommt der Geste des sterbenden Herrschers, der im Fallen doch noch das Kreuz ergriffen und geküsst haben soll, eine entscheidende Rolle zu.90 In der letzten Erniedrigung des Tyrannen, der als „Einbruch der Zeitlosigkeit in die Zeit“ beschrieben wird, ist in der imitatio und Anspielung auf das Kreuz Christi seine Apotheose erkennbar.91 Göttliche Gnade und die Rechtfertigung des Sünders sola fide würden auf einen lutherischen Charakter verweisen. Im Fresko der Cappella Paolina wird die göttliche Gnade indirekt vermittelt. Hier ist es die Figur der Mutter, der im Moment des Todes ihres Sohnes ein Engel erscheint, der auf die Realität der Gnade verweist. Wie bei Gryphius wird somit auch im Bild dieses sterbenden Herrschers eine grundlegende Ähnlichkeit zwischen Tyrann und Märtyrer erkennbar. Die Darstellung des Herrschers als Tyrann, der im Fall auf seine Körperlichkeit reduziert ist, wird dem erniedrigten Märtyrer ähnlich.92 Die analoge Haltung des Sterbenden eignet der Ikonographie des Märtyrers wie der des Souveräns. Wo das Lebensdrama des Leo Armenius endet, da beginnt das Drama der Märtyrer.93 Im Märtyrerschicksal wird jene Aporie aufgehoben, vor der die Überlebenden im Leo Armenius stehen.94 So zeigt sich das Martyrium auch im Bild als hermeneutisches Problem in einer Welt, in der eigentlich die Zeit der Zeichen und Wunder vorüber ist.

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Benjamin, 1993, S. 54–55. Gryphius’ Trauerspiel kann als eine Antwort auf dasjenige des englischen Jesuiten Joseph Simon, Leo Armenius (1645) verstanden werden, in dem der Titelheld als ein Häretiker dargestellt wird, an dem die gerechte Strafe des Himmels vollzogen wird, siehe Meumann und Niefanger, 1997, 115. Kaiser, 1967, S. 333–359. Sowohl die Ermordung in der Weihnachtsnacht als auch das sibyllinische Orakel, das einen mit dem signum X markierten Löwen voraussagt, deuten auf die imitatio Christi, wie bereits bei Kedrenos beschrieben, vgl. Kedrenos, 1982, Sp. 946f. Menke, 2010, S. 94–102. Kaminski, 1999, S. 613–300, hier S. 615. Steinhagen, 1977, S. 299.

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V. Tyrannenmord

4. Haman, der Gekreuzigte Die Reversibilität von Martyrium und Tyrannei führt zurück zu einem der wohl eindrucksvollsten Bilder der Hinrichtung eines „sündenhaften Körpers“ und ungerechten Machthabers, der zu einer Präfiguration des christlichen Opfertodes wird: Michelangelos Bild des gekreuzigten Haman über dem Jüngsten Gericht in der Sixtinischen Kapelle (Bild 154). In den Pendentifs auf dem anderen Ende des sixtinischen Decken- und Wandgemäldes werden zwei Tyrannentöter gezeigt: Judith und Holofernes, sowie David und Goliath, weitere Wunder der Rettung des israelitischen Volkes, die ebenso für eine Auseinandersetzung mit der Recht- bzw. Unrechtmässigkeit politischer Herrschaft stehen.95 In diagonaler Achse unter der Darstellung des Haman wird im Bild des Jüngsten Ge­ richts das Kreuz Christi in die Lüfte getragen, was die Präfiguration des angrenzenden Pendentifs unterstreicht. Wie die sterbenden Tyrannen in der Cappella Paolina weist auch Michelangelos Haman Entsprechungen mit der 1506 aufgefundenen Laokoonstatue auf, was ihn zu einer tragisch-qualvoll sterbenden antithetischen Figur macht.96 Das Kreuz, an das er genagelt ist, wird in Seitenansicht gezeigt, so dass sich der schwere kräftige Körper in den Raum hinein zu schrauben scheint. In Agonie ist sein Kopf nach oben geworfen und blickt seitlich hinter sich, wo im angrenzenden, durch eine Tür geöffneten Raum der ihn verurteilende Ahasveros zu sehen ist, der wie ein Richter während des Urteilsspruches mit ausgestrecktem Zeigefinger auf ihn weist.97 Die Gliedmaßen des Gekreuzigten sind nach allen Seiten gestreckt, wobei sein linkes Bein wie zum Sprung gespannt angewinkelt bleibt. Da er nicht stoisch seinen Tod erduldet, sondern sich in Qualen windet, hat – wie eingangs diskutiert – Edgar Wind die Ikonographie des Haman mit der eines Kriminellen verglichen.98 Wie der an seiner Seite auf Golgatha gekreuzigte Dieb, repräsentiere er das genaue Gegenteil Christi, da er gegen sein Schicksal rebelliert.99 Er werde hierdurch zum nega-

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Tolnay interpretiert die „Eherne Schlange“ und den gekreuzigten Haman als zusammenhängendes Bilderpaar, das die superbia illustriert und als Gegenbilder zur christlichen Erlösung auf Bestrafung und den Tod verweisen. Tolnay, 1945, S. 94. Über die Darstellungen der Vorfahren Christi herrscht Uneinigkeit, ob sie als Präfigurationen oder Gegenbilder Christi zu verstehen sind. Siehe hierzu jüngst die Studie von Careri, 2013. Wind, 1938b, S. 245–448, hier S. 247. Eisenman, 2007, S. 60f. Wind, 1938a, S. 245. Meyer Schapiro verweist darauf, dass die jüdische Legende des Haman sein Kreuz mit dem Kreuz Christi vergleiche, woraufhin der Rechtscodex des Theodosius (408) das Purim-Fest verbat, da hier die Kreuzigung und Verbrennung der HamanEffigie als Verspottung des christlichen Glaubens gewertet wurde. Schapiro, 1983, S. 57, Anm. 63.

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4. Haman, der Gekreuzigte

Bild 154  Michelangelo Buonarotti: Bestrafung des Haman, 1511, Fresko, 585 × 985 cm, Città del Vaticano, Musei Vaticani, Cappella Sistina, Detail (Farbbild 20).

tiven Spiegelbild des Erlösers.100 Die von einer unsichtbaren Gewalt bewegten figura sforzata des Haman, deren Arme weit voneinander gestreckt sind und die mit den Händen an ein Kreuz genagelt ist, wirkt in ihrer Stärke und Leibhaf-

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Wind, 1938b, S. 245–448, hier S. 245. Wind, 1938a, S. 243ff.

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V. Tyrannenmord

tigkeit aber auch wie ein Büssender.101 Wenn die Seelenrettung wie bei Christus durch die Agonie des Fleisches erfolgt, sei in der Figur des Haman das juristische Prinzip der Vergeltung (ius talionis) zu erkennen, das zwischen Tat und Sühne eine Verhältnismäßigkeit darstellt, dabei präventiv und büßend funktioniert und seine Parallele in der Gnade des Todes Christi findet.102 Die theoretische Devise Paleottis „Märtyrer statt Tyrannen“ in die öffentlichen Räume zu bringen erweist sich gegenüber der Doppelgesichtigkeit der souveränen Figuration demnach als blind. Baglione hatte keinen der gezeigten Tyrannen als einen wie in den Lehren des Tyrannizids definierten eindeutig zu verurteilenden Usurpatoren zu zeigen vermocht.103 Im Auge des Künstlers bedeutete die binäre Codierung vielmehr die größte Herausforderung, um das Verhältnis von Verbrechen und Heiligkeit, und die Gleichzeitigkeit des Guten und Bösen im souveränen Körper zu visualisieren und nicht zu einer binärstrukturierten juridischen Aussage des Entweder-Oders zu zwingen. Wie Michelangelos Figur des Haman in der Cappella Sistina, war auch die Figur des Tyrannen umkehrbar, als einerseits Verurteilter und andererseits gekreuzigtes Opfer. Winds Deutung der Reversibilität von Verbrechen und Souveränität basiert auf der Beobachtung, dass die Figur des sterbenden Haman märtyrerhafte Züge trägt. Diese von Michelangelo geschaffene „Zone der Ununterscheidbarkeit“, in der der nackte Körper des Haman als Verkörperung des Opfers erscheint, repräsentiert das Leben und gleichzeitig einen souveränen Bann.104 Die Reversibilität der Figur zeigt sich auch in ihren formalen Ursprüngen. Um 1506 hatte Michelangelo an einem Martyrium der 10.000 gearbeitet, von dem eine Zeichnung im British Museum erhalten ist (Bild 155).105 Hier sind zwei Männer zu sehen, die 101 102 103

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Zur figura sforzata und den ästhetischen Strukturprinzipien des contrapposto siehe den Aufsatz von Cole, 2001, S. 520–551. Wind und Sears, 2000, S. 40. Beispiele einer solchen „Eindeutigkeit“ finden sich z. B. in der Darstellung der „tirannia“ im Sieneser Fresko des „Schlechten Regiments“ im Palazzo Pubblico, der einen bartlosen, gehörnten teufelsähnlichen Mann zeigt, zu dessen Füssen die gefesselte Gerechtigkeit und die zu Boden geworfen Tugenden liegen. Agamben beschreibt mit der „Zone der Ununterscheidbarkeit“ die Auflösung von Dichotomien und Gleichzeitigkeit widersprüchlicher Setzungen. Er bezieht dies auf die topologische Struktur des Ausnahmezustands, „wo das, was als Außen vorausgesetzt worden ist (der Naturzustand), nun im Inneren (als Ausnahmezustand) wiedererscheint. […] Der Ausnahmezustand ist […] eine komplexe topologische Figur, in der nicht nur Ausnahme und Regel, sondern auch Naturzustand und Recht, das Draußen und das Drinnen ineinander übergehen.“ Agamben, 2002, S. 48. British Museum, Prints and Drawings, Italian, Inv. W. 12/C.162. Die Zeichnung wurde von 1953 Johannes Wilde zunächst als eine Vorstudie zur Figur des Haman gedeutet, wohingegen De Tolnay 1975 sie in Zusammenhang mit Vorstudien für die Sklavenfiguren für das Juliusgrabmal in Verbindung bringt. Joannides datiert sie auf die Jahre 1505/6 und deutet sie als Studie für ein „Martyrium der 10.000“. vgl. Joannides, 1994, S. 3–14.

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4. Haman, der Gekreuzigte

Bild 155  Michelangelo Buonarotti: Zwei Studien eines Gekreuzigten, 1508–12, Zeichnung, 24,8 × 15,8 cm, London, British Museum.

zusammen an einem Baum gekreuzigt wurden. Sie stellen keine Varianten einer einzigen Figur dar, sondern sind als zwei Figuren zu verstehen, von der die eine bereits leblos und die andere gegen den Tod ankämpft wobei sie der Körperhaltung des Haman ähnlich ist. Joannides zufolge stellen die beiden Figuren nicht eine Aneinanderreihung von Märtyreragonien dar, sondern vielmehr demonstrierten sie unterschiedliche Formen der Beherrschung und Überwindung des körperlichen Schmerzes.106 Diese figura sforzata, die Qual und Überwindung gleichzeitig zum Ausdruck bringt, hat Einfluss auf die Ikonographie des christlichen Märtyrers genommen.107 Auch in einem der Wandfresken der römischen Märtyrerkirche Santi Nereo ed Achilleo ist die Figur des Bartholomäus in einer mit dem sixtinischen Haman vergleichbaren Pose dargestellt

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Joannides, 1996, S. 132. Siehe auch Perrig, 1991, S. 51, Popham und Wilde, 1949, no. 450. Joannides verweist auf Titians San Pietro Martire und Figuren von El Greco.

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V. Tyrannenmord

Bild 156  Niccolò Circignani (zugeschr.): Marty­rium des Bartholomäus, 1597–99, Fresko, Rom, SS. Nereo ed Achilleo, Rom.

(Bild 156).108 Die Seitenschiffwände der Titelkirche Cesare Baronios kleiden die Martyrien der zwölf Apostel aus, die Niccolò Circignani (oder seinem Umkreis) zugeschrieben werden, der im Zuge der Restaurierungsarbeiten 1596–97 im Auftrage Baronios an der Kirche gearbeitet haben soll.109 An einen Baum gebunden, der die Mittelachse des Freskos bildet, sind die Gliedmaßen des Bartholomäus ähnlich wie die des Haman in vier Richtungen gestreckt: die rechte Hand des bärtigen Heiligen ist hinter ihn an einen höhergelegenen Ast gebunden, während sein rechtes Bein nach vorne durchgestreckt und sein linkes Bein angewinkelt am Baum abgestützt ist. Nur im Detail der linken Hand, die einer der beiden Henker zu sich nach unten gezogen hat, weicht die Positur von seinem Vorbild ab. Im Gegensatz zum unversehrten Körper des Haman wird Bartholomäus von einem muskulösen Schlächter, der sein Schneidwerkzeug martialisch zwischen den Zähnen hält, mit aller Kraft die Haut seiner rechten Körperhälfte abge108

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Zu Baronios Restaurierungen siehe Krautheimer, 1967; Zuccari, 1981, S. 173–185; Herz, 1988a, S. 53–70 und 1988b, S. 590–620, hier S. 606f.; Richter, 2009, S. 138– 140; zuletzt die unpublizierte Dissertation von Conor Kissane, UCL, London (2012) die sich der Repräsentation von Gewalt in den Märtyrerfresken von SS. Nereo ed Achilleo widmet. Es liegt noch keine umfangreiche Monographie zu dem Zyklus vor. So Titi, 1763, S. 73, während Nibby, 1838, S. 556, sie Cristofero Roncalli zuschreibt.

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4. Haman, der Gekreuzigte

zogen so daß, einem ecorché ähnlich, die blutigen Sehnen und Muskelbahnen freigelegt werden. Die Turbane und Spitzhüte der umstehenden Zuschauer, aber auch der hüttenähnliche Bau vor dem sich die Folterszene abspielt, verweisen auf die vielfältigen „Bedrohungen“ des Christentums, wie dem Islam, dem Judentum und den heidnischen „Wilden“ der neuentdeckten Weltteile.110 Die hier gezeigten Martyrien der Apostel werden gerahmt von Grisaillen in denen dieselben unversehrt, mit ihren Marterinstrumenten in den Händen, als fingierte Skulpturen vor den die Szenen flankierenden korinthischen Pilastern gezeigt werden. Auch die Bilder der hingerichteten Märtyrer entbehren nicht einer Reversibilität, die einen Dualismus erkennen lässt. In den öffentlichen Vollstrek­ kungen der Todesstrafe wurde zu dieser Zeit die Äquivalenz von christlichem Kreuzestod, justizialer Strafe und dem Gnadenerweis inszeniert, wie dies in einer Beschreibung des reisenden Michel de Montaigne aus dem Jahre 1581 deutlich wird. Das Maß der am Körper vollzogenen Strafe wurde dem Verbrechen angeglichen: Je schwerer die Tat, desto grausamer die Exekution. Montaigne berichtet von der Hinrichtung des Schwerverbrechers Catena, vor dem auf dem Weg zur Richtstätte ein großes schwarzverhangenes Kreuz hergetragen wurde. Catena selbst wurde eine Holztafel mit dem Bild des gekreuzigten Christus vor das Gesicht gehalten. Doch nicht der Lebende wird zu Tode gequält, sondern sein Leichnam geschändet, im Falle Catenas wird dessen Körper gevierteilt. Diese Schändung errege das Publikum mehr als die Demütigungen des Lebenden Verbrechers. Die bei der Hinrichtung anwesenden Jesuitenbrüder, so erzählt er weiter, predigten in diesen Momenten zu der aufgeregten Menge „damit sie sich das miterlebte Beispiel ja recht zu Gemüt führe.“111 Deutlich wird hier, dass das an dem kriminellen Körper grausam exekutierte Recht als eine Vorankündigung des mystischen Gnadenerweises galt, die für die jesuitische Doktrin als ein zentrales Moment der Konversion erachtet wurde. Die Hinrichtungen wurden zu „heiligen Martyrien“, die nach der irdischen Verurteilung, die sich gegen den Körper richtete, zur Erlösung durch das himmlische Gericht führen sollte. Der zum Tode verurteilte Kriminelle sollte vor seiner Hinrichtung zur Reue bewogen werden, damit ihm seine Sünden vergeben werden konnten. So wurden die Todesstrafe und die Vergebung miteinander eng verknüpft, wie dies auch Zenobio Medici in seinem „trattato di conforto“ betont: Axt und Galgen seien Instrumente des Martyriums, über deren Torturen der 110

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In fast allen Fresken der Seitenschiffwände sind diese vestimentären Anspielungen auf die „globalen Feinde“ der Kirche zu finden. Baronios Freskenprogramm stellt keine bloße historische Rekonstruktion dar, sondern bemüht sich um Validitierung und Legitimierung der „Echtheit“ der Martyrien, die er in den Annales und den Notationes zusammengestellt hatte, vgl. Van Liere und Ditchfield, 2013, S. 62. Montaigne, 2002, S. 152–153.

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V. Tyrannenmord

Weg zu Gott geebnet werden konnte.“ 112 Die den im jesuitischen Kontext entstandenen Märtyrerbildern als exempla zugrundeliegende christlich-theologische Doktrin von Gesetz und Gnade bezieht sich auf diese Äquivalenz von Verbrechen und Souveränität.

Bild 157  John Selden: Jani Anglorum Facies Altera, 1610, Frontispiz, Kupferstich.

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So Zenobio Medici in seinem Trattato utilissimo di conforto de condannati a mor­ te per via di giustizia, Ancona, 1572, vgl. Carlino, 2011, S. 139f.

Epilog: Janus bifrons

In der Rechtsgeschichte lässt sich ein Dualismus und eine Spannung ausmachen zwischen dem Recht als Materie und dem Recht als Form, zwischen der Empirie und der Norm. Liegt das Recht im Bereich der Erfahrung und Materie (mores), so ist es unsichtbar, liegt es in der Form (leges), welche die Setzung und den Befehl markiert, wird es sichtbar.1 Um diesem Dualismus Ausdruck zu verleihen, ist häufig das Bild des Januskopfes herangezogen worden, wie im Titelkupfer des rechtshistorischen Traktats Jani Anglorum Facies Altera (1610) von John Selden (Bild 157). Das Recht blickt nach innen und nach außen, sieht das Göttliche und das Menschliche und blickt sowohl auf die Moral als auch auf die Norm, auf Gesetz und Recht.2 Seldens kontroverse Rechtsgeschichte des common law, die das Recht als autonom von der königlichen Souveränität zu definieren sucht, findet die Ursprünge des nomos sowohl in rechtsrelevanten Traktaten als auch in der Kunst, insbesondere der Griechischen Dichtung, wobei er diverse Quellen der Mythologie, Literatur oder Etymologie heranzog. Der Kopf mit den zwei Gesichtern bringt die Ambivalenz, Vielschichtigkeit und Interpretationsoffenheit des Rechts zum Ausdruck, und deutet sein Regime an, das sich aufteilt in das

1

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Dem Rechtshistoriker Zagrebelsky zufolge ist dies als ein Dualismus der Form und Materie des Rechts zu beschreiben: „Il diritto non è una linea, ma uno spessore; è un Giano bifronte. […] il giudizio giuridico incorpora sempre valutazioni di giustizia materiale e dunque non si esaurisce nell‘applicazione di formule legislative.“ Zagrebelsky, 2008, S. 15. Der englische Universalgelehrte Selden (1584–1654) war ein Rechtshistoriker, der als Spezialist der Orientalistik, Arabistik und Judaistik Berühmtheit erlangte. Seine Arbeiten widmen sich der Hermeneutik des common law, indem sie kritischphilologisch Rechtstexte und -institutionen analysieren und ihnen eine kulturelle Bedeutung zuschreiben. Goodrich hat auf die Janusköpfigkeit des Rechts und die Bedeutung für die Hermeneutik mehrfach hingewiesen, zuletzt vgl. Goodrich, 2013, S. xix.

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Epilog: Janus bifrons

positive, äußere und das innere, unsichtbare, rätselhafte Regime, das in christlicher Terminologie nur als Schatten oder Bild existiert.3 Der Januskopf des Juridischen, so hat die vorliegende Arbeit zu zeigen versucht, findet seinen Ausdruck in den Märtyrerbildern um 1600, welche einerseits in ihrer verstörend unmittelbaren Darstellungsweise die Grenzen von illegitimer und legitimer Souveränität aufzuzeigen suchten, und damit auf ihre Weise an der Herleitung von Recht- oder Unrechtmäßigkeit politischer Macht beteiligt waren. Als Wegbereiter der modernen Bildidee von Recht und Unrecht des heutigen staatlichen Gewaltmonopols wurde andererseits ein Bildformular in seiner historischen Dimension analysiert, das sich der Visualisierung einer gleichzeitig unlösbaren juridischen Anomie und seiner souveränen Bedingung stellt. Diese Reflexion über die im Bild sich verdichtenden Strukturprinzipien des Rechts findet sich auch in Walter Benjamins Schrift zum Ursprung des deut­ schen Trauerspiels (1928). Als dieser sich im politisch hochgradig aufgeladenen Klima der Zwischenkriegsjahre dem barocken Souveränitätsgedanken im Medium des Trauerspieles widmete, gelang ihm die Charakterisierung des „juristischen Aspekts“ dieses Souveränitätsverständnisses nicht anders als in einem komplementären Bildgefüge – dem Motiv des doppelgesichtigen Kopfes: „Tyrann und Märtyrer sind im Barock die Janushäupter des Gekrönten. Sie sind die notwendig extremen Ausprägungen des fürstlichen Wesens. Das ist, was den Tyrannen angeht, leicht ersichtlich. Die Theorie der Souveränität, für die der Sonderfall mit der Entfaltung diktatorischer Instanzen exemplarisch wird, drängt geradezu darauf, das Bild des Souveräns im Sinne des Tyrannen zu vollenden.“4 Im Zusammenhang mit der Feststellung des Rechtslehrers Gratian, dass Könige niemals nach einem Mittelmaße gemessen werden, da sie entweder gut oder böse seien, erklärt er: „Den ‚gar bösen‘ gilt das Tyrannendrama und die Furcht, den ‚gar guten‘ das Märtyrerdrama und das Mitleid. Diese Formen wahren ihr kurioses Nebeneinander nur so lange, als die Betrachtung den juristischen Aspekt des barocken Fürstentums übergeht. Folgt sie den Hinweisen der Ideologie, erscheinen sie als strenges Komplement.“5 Der Märtyrer wurde bislang in der Rezeption dieser so definierten Janusköpfigkeit der barocken Souveränität als eine „tödliche Gegensouveränität“ oder „nega3 4 5

Goodrich, 2014, S. 3–24, hier S. 15. Benjamin, 1993, S. 51. Ibid.

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Epilog: Janus bifrons

tive Gegenfigur“ bezeichnet.6 Die Figur des Märtyrers folge dem Versuch, „Schwäche in Stärke“ und „Ohnmacht in Macht“ zu konvertieren. Sie sei die „souveränitätsaffine Spiegelgestalt des Tyrannen“7, sein „Antipode“ oder eine „Störung“, und beide zusammen würden die „Zwillingsnatur“ der Souveränität verkörpern.8 Doch die Auffassungen einer reflektierenden (Spiegel) oder genealogischen (Zwilling) Doppelung, aber auch die des Märtyrers als einer „Umkehrfigur der Macht“9 verfehlen Benjamins Beschreibung eines „strengen Komplements“, deren genuin bildhafte Konzeption von der Dreidimensionalität eines Kopfes ausgeht, der nach vorne und nach hinten blickt und solchermaßen einen Rundumblick entwickelt. In sich erhält er zwei Extreme und zieht aus der dadurch hervorgerufenen Spannung seine Bedeutung.10 Die beiden Extreme konfrontieren sich nicht, sondern sind Auslöser und bewahrende Faktoren eines Prozesses, den der Januskopf in all seiner mehrseitigen Präsenz als „Dialektik im Stillstand“ vertritt und somit auf das Bild an sich verweist.11 In der „von Spannungen gesättigten Konstellation“, in der das Denken zum Stillstand komme, erscheine das Bild als eine „Zäsur in der Denkbewegung“ gerade an jener prekären Stelle, „wo die Spannung zwischen den dialektischen Gegensätzen am größten ist“.12 Das Profane und das Heilige treffen sich in den zwei Gesichtern des Januskopfes – „das Geistliche und Weltliche, die Moral und die Norm“.13 Benjamin vergleicht dies mit zeitgenössischen Stilprinzipien in der Malerei: „So wie die Malerei der Manieristen Komposition in ruhiger Belichtung gar nicht kennt, so stehen die theatralischen Figuren der Epoche im grellen Scheine ihrer wechselnden Entschließung.“14   6   7   8   9 10 11

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14

Weigel, 2004, S. 121 und 2007, S. 15. Menke, 2010, S. 94–101. Borgards, 2007, S. 73–86. Wolf, 2004, S. 30. Campe, 2000, S. 257–287. Vgl. mit den “asymmetrischen Gegenbildern” nach Godehard Janzing, zuletzt Janzing, 2013, S. 124–135. Die hier parallel mit dem Januskopf zu lesende Idee einer „Dialektik im Stillstand“ entwickelt Benjamin im Zshg. mit seinen Arbeiten zum Surrealismus, „Bild ist dasjenige, worin das Gewesene mit dem Jetzt blitzhaft zu einer Konstellation zusammentritt. Mit anderen Worten: Bild ist die Dialektik im Stillstand.“ Benjamin, 1991, S. 576f.; Zumbusch, 2004, S. 120f. Benjamin, 1991, S. 595. Diese Begegnung offenbart sich für Benjamin in der Entstehung und Wirkung der Allegorese, jenem Prinzip, das weit über das barocke Bilddenken hinaus Denkprozesse und Wissenschaften beförderte. Es ist die allegorische Theatralik, ein Paradigma des Modernen, die einem Ausnahmezustand entspricht, und deren Auslöser der reformatorische Bildersturm gewesen ist. Luthers „Sturm auf das Werk“ ist der „Sturm, der vom Paradies herweht“ und den Engel der Geschichte rückwärts in die Zukunft treibt. Benjamin, 1993, S. 52f.

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Epilog: Janus bifrons

Wo der Tyrann in „jäher Willkür eines jederzeit umschlagenden Affektsturms“ handelt, beherrsche der Märtyrer „als ein radikaler Stoiker“ seine Affekte im Ausnahmezustand der Seele. Furcht und Mitleid, Gnade und Recht sind Benjamin zufolge die Grundbedingungen der barocken Souveränität, die nur im Gegenspiel ihre konstituierende Macht entfalten könnten. Demnach ist es nicht der tragische Held, der als Märtyrer oder Tyrann auf die Bühne des Trauerspiels tritt, sondern es ist ein janus-gesichtiges Komplement, bestehend aus Tyrann und Märtyrer, welches das Mysterium der Souveränität, des absoluten Willens und des Opfers verkörpert. Tyrann und Märtyrer vertreten die Gegensätzlichkeit, aber auch Angewiesenheit zweier Gesetzesformen, aus der ein geltendes Recht hervorgeht und auf der jedes neue Recht fußt. Zusammen bewegen sie sich somit im gleichen Bereich: Der Märtyrer beherrsche im „Ausnahmezustand der Seele“ seine Affekte und der Tyrann entscheide als „Inhaber diktatorischer Gewalt im Ausnahmezustand“ über die naturrechtliche Ordnung im Staat.15 Beide können somit in der Frühen Neuzeit als metaphorische Vertreter der Auseinandersetzung zwischen dem Recht der Kirche und dem Recht des Staates gesehen werden. Um die Natur der rechtlichen Interpretation zu verstehen, gilt es, diese Figur der janusköpfigen Souveränität in ihrer gesamten bildhaften Komplexität zu betrachten: zum einen für das Verständnis des Juridischen, das die Binarität des Guten und des Bösen in sich trägt, wodurch die Idee des modernen Rechtsverständnisses tief geprägt worden ist. Zum anderen spielt die Figur in den Auseinandersetzungen um die Legitimität des Tyrannenmordes eine fundamentale Rolle. Das Extreme der Haltung des Märtyrers, der, getragen durch den Glauben, Angst, Schmerz und Tod erträgt, legt den Widerstand gegen das tyrannische Recht offen und gleichzeitig dessen Überwindung im Kontinuitätsgedanken des überzeitlichen Rechts. Das tyrannische Recht kann in seiner absoluten Autonomie und Ausschließlichkeit nicht dem Recht erwidern, das der Märtyrer vertritt. Die Unvermeidlichkeit des „Sonderfalls“, der sich laut Benjamin „im Sinne des Tyrannen vollendet“, und die damit aufgeworfene Idee des dialektischen Bildes verweisen auf eine andere Idee Carl Schmitts, der die Einschließung jener beiden Extreme fünf Jahre vorher in seiner Schrift Römischer Katholizis­ mus und Politische Form (1923) umrissen hatte.16 Schmitt spricht hier vom römischen Katholizismus, den er wesentlich im Institutionellen und Juristischen verhaftet sieht, als complexio oppositorum, als einem komplexen Gebilde aus Oppositionen und einer Logik der Gegensätze:

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Ibid., S. 54f. Zu Benjamins Affinität zu und Auseinandersetzung mit Schmitt siehe Weber, 1992/2008; Bredekamp, 1999; Agamben, 2004.

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Epilog: Janus bifrons

„Es scheint keinen Gegensatz zu geben, den sie (die Kirche, CB) nicht umfasst. Seit langem rühmt sie sich, alle Staats- und Regierungsformen in sich zu vereinigen, eine autokratische Monarchie zu sein, deren Haupt von der Aristokratie der Kardinäle gewählt wird.“17 Die Definition einer Souveränität, die über den Ausnahmezustand entscheidet, wird in der Vorstellung einer complexio oppositorum entscheidend modifiziert.18 Jene „complexio“ ist eine außergewöhnliche Zusammenstellung, in welche alles ohne Ausnahme aufgenommen wird. Es gibt hier keine souveräne Entscheidung, die bestimmte Tatbestände als „Ausnahme“ klassifiziert, sondern aus allem wird eine einzigartige politische Form gezogen. Über die Inkorporation aller Antagonismen in dieses „Imperium“ kommt die politische Natur zutage. Das theologische Analogon zu dem juridischen Konzept der Ausnahme, so Schmitt, sei das Wunder, und die complexio oppositorum des römischen Katholizismus wäre nicht gerade arm an diesen. Diese dehnbare Form des so verstandenen Katholizismus, der über diese Ausnahme, das die Naturgesetze durchbrechende Mirakulöse19 sich zu entscheiden vorbehält, umarmt jede Antithese, jedes Andere ohne sie dabei jedoch in einer hegelianischen Dialektik aufzuheben.20 Schmitt sieht den Katholizismus von der politischen Idee her als „complexio oppositorum in einer spezifischen formalen Überlegenheit über die Materie des menschlichen Lebens […]. Diese formale Eigenheit beruht auf der strengen Durchführung des Prinzips der Repräsentation.“21 In Absetzung zur Ökonomie und zum Militär beruhe die Macht des Katholizismus auf der Repräsentation und der „Fähigkeit zur juristischen Form.“22

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21 22

Schmitt, 1984, S. 11. Vgl. hierzu Marder, 2008, S. 29–47. „Schmitt‘s Roman Catholicism and Political Form (1923) features a term, the importance of which political philosophy has yet to fathom. This notion is complexio oppositorum, describing Catholicism as ‘a complex of opposites’ […] There appears to be no antithesis it (Roman Catholicism) does not embrace. The striking depth and breadth of the complex are already evident in this brief passage.“ Schmitt bezeichnet das Wunder als „unmittelbaren Eingriff, eine Ausnahme statuierende Durchbrechung der Naturgesetze“, Schmitt, 2009, S. 49. Bredekamp, 2000; Marder, 2008, S. 29–47. So auch Winds Kritik an Panofskys Deutung des Bildes des „blinden Amors“, der vielmehr über das „Paradigma der Triade“ zu deuten ist, siehe Lailach in: Bredekamp, 1998, S. 112. Schmitt, 1984, S. 14. Im Gegensatz dazu kennt das ökonomische Denken nur eine Art Form: die der technischen Präzision, die weit entfernt von der Idee des Repräsentativen ist: Es verlange eine Realpräsenz der Dinge. Diese Technizität würde sich in Begrifflichkeiten wie „Reflex“, „Ausstrahlung“ oder „Spiegelung“, aber auch „Projektion“ erkenntlich machen. Ibid., S. 34.

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Epilog: Janus bifrons

Diese Verbindung zum Recht bestehe in der Verknüpfung von Amt und Person in der Repräsentation.23 Die Kirche stelle die konkrete personale Repräsentation einer konkreten Person dar.24 In der Figur Christi und in seinen Repräsentanten verkörpere sich ein überlegenes Autoritätsprinzip, da es an diese Personalisierung gebunden ist. Von einem politischen Standpunkt aus gesehen besteht die complexio oppositorum in einer spezifisch formalen Überlegenheit in Bezug auf das menschliche Leben, die keine andere Herrschaftsform bislang gekannt habe.25 Statt einer Vielzahl von sich neutralisierenden Antagonismen, ernähre und akzentuiere der Katholizismus somit Widersprüchlichkeiten und entgegengesetzte Konzepte. Statt daran auseinanderzubrechen, ziehe er hieraus seine größte Kraft. Auch Schmitt verwendet das Bild des Januskopfes, als er das Politische des Römischen Katholizismus herausstellt: „Manches an dieser Vielseitigkeit und Vieldeutigkeit, das Doppelgesicht, der Januskopf, das Hermaphroditische (wie Byron sich über Rom ausgedrückt hat) lässt sich durch politische oder soziologische Parallelen einfach erklären.“26 In dem Versprechen einer Form, welche alle Antithesen unter sich vereint, ohne eine davon auszuschließen, zeichne sich das Versprechen des Politischen an sich ab.27 Diese hier angedeutete Parallele zwischen dem Juristischen, dem Theologischen und dem Politischen verdichtet sich in dem so viel zitierten Satz: „alle bedeutenden Konzepte der modernen Theorie des Staates sind säkularisierte theologische Konzepte.“28 Im Hinblick auf das rechtstheoretische Fundament des Kirchenstaates erweist sich die Vorstellung jedoch als problematisch, da die Analogie von Wunder und Ausnahmezustand in der Idee einer normativen „Leere“, über die sich die souveräne Entscheidung kurzerhand erhebt, nicht aufgeht.29 Benjamin hat jener Definition des „Ausnahmezustandes“, den Carl Schmitt in seiner „Politischen Theologie“ als „Wunder“ und leere Stelle der Souveränität

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„Sie repräsentiert die civitas humana, sie stellt in jedem Augenblick den geschichtlichen Zusammenhang mit der Menschwerdung und dem Kreuzesopfer Christi dar, sie repräsentiert Christus selbst, persönlich, den in geschichtlicher Wirklichkeit Mensch gewordenen Gott. Im Repräsentativen liegt ihre Überlegenheit über ein Zeitalter ökonomischen Denkens.“ Ibid., S. 32. Esposito, 2013, S. 46. Ibid. Ibid., S. 8. Marder, 2008, S. 29–47. Schmitt, 2009, S. 49. Siehe kritisch jüngst von staatsrechtlicher Seite Frankenberg, 2010. Hier die Kap.: „Carl Schmitt – Angst und Apokalypse“, S. 133–145 und „Von Schmitt zu Agamben: Der nackte Ausnahmezustand“, S. 145–148.

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mystifiziert hat, mit dem Januskopf eine beinahe haptische Form verliehen.30 In der durch den einen Schädel verbundenen Doppelgesichtigkeit werden zwei äußerste Extreme miteinander vereint, ohne sich gegenseitig aufzuheben, und vertreten somit das geschichtliche Prinzip einer Gleichzeitigkeit von zeitlicher Kontinuität und Stillstand.31 Keine lineare Kontinuität, die durch den Ausnahmezustand unterbrochen wird, wie Schmitt es annimmt, sondern eine zirkuläre, die sich innerhalb der Dimensionen des Kopfes dreht und in der Form eingeschlossen bleibt, obgleich sie in sich das „Einmalig-Extreme“ ausbildet. Die Einschließung von Memoria und Voraussicht im Janushaupt verweist auf eine juridische Bedingung, ohne dass ein anderer Raum gedacht werden muss, indem der Souverän über oder gar außerhalb des Rechts stehen würde.32 Giorgio Agamben bezieht sich auf die bei Carl Schmitt und Walter Benjamin diskutierte Idee der Souveränität.33 Jene Gewalt, die außerhalb und jenseits des Rechts stehen würde, bezeichnet Agamben als „Gigantomachie“ rund um eine Rechtsleere, welche die Dialektik zwischen rechtsetzender und rechtserhaltender Gewalt durchbrechen könne.34 Bei ihm ist es die römische Rechtsfigur des homo sacer, die sich in einer Sphäre der „Ununterschiedenheit“ befindet, außerhalb von Religion und Recht, in der auch der Souverän uneingeschränkt Entscheidungen fällen kann. Das „souveräne Doppel“ des homo sacer besteht in der Aporie, dass dieser nicht opfer- aber tötbar sei.35 Auch hier taucht die Idee des Januskopfes wieder auf, als Spannung zwischen dem „nackten Leben“ (zoé), das allen Lebewesen eigen sei, und dem bíos der politischen Existenz eines Individuums.36 Die Macht über den Ausnahmezustand zu entscheiden, bestimmt auch über die Rechtswürdigkeit des Individuums. Hierbei bezieht sich Agamben auf Benjamins Aufsatz „Zur Kritik der Gewalt“ (1920) in dem er eine untergründige Verbindung zwischen dem Recht und dem Leben beschrieben hatte, „wie wenn es zwischen der Heiligkeit des Lebens und der Macht des Rechts eine geheime Komplizenschaft gäbe.“37

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34 35 36 37

Siehe Meier, 2009, S. 281f. Zum Konzept des „katechon“ siehe ausf. Hell, 2009, S. 283. Siehe auch jüngst Esposito, 2013, S. 83–89. Bredekamp formuliert den gemeinsamen Aspekt der Zeitlichkeit bei Benjamin und Schmitt: bei Schmitt die „Frist“ oder das „katechon“, bei Benjamin die Spanne zwischen Ausnahme und Normalität. Bredekamp, 1999, S. 252f. Wie Schmitt entwirft Agamben die „Normalität vom Ausnahmezustand her“ und befreit so die „Staatstechnik vom ihren rechtlichen Rücksichten“, siehe Frankenberg, 2010, S. 145–149. Agamben, 2004, S. 64–77. Agamben, 2002, S. 92. Ibid., S. 18. Agamben, 2002, S. 77.

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Epilog: Janus bifrons

Über Benjamins Beschreibung des Januskopfes als Bild ist jener „Sonderfall“ der politisch-theologischen Extreme, wie dem Martyrium und der Tyrannei, und dessen damit einhergehende juridische Bedeutung, als in sich kontradiktorische Form, und nicht als Leere zu verstehen. Dies findet sich auch im Bilddenken Edgar Winds, da dieser das Prinzip der complexio oppositorum als eine spezifische „Kultur der Gegensätze“ beschreibt, die auch als die Etablierung eines Codes verstanden wurde, der sich aus einer unendlichen Serie von Ausnahmen bildet, die eine Zusammenfügung von Extremen darstellt.38 Die Idee des Kopfes, in dessen Kugelform die Gegensätze und Extreme aufgehoben werden, verweist auf Gottesvorstellungen der Renaissance, wie bei Cusanus, Ficino oder Pico, wo Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zusammenfallen. Edgar Wind skizziert in seinen Heidnischen Mysterien (1958) jene frühneuzeitlichen Spekulationen über die Koinzidenz von Gegensätzen. Halifax habe die Gesetze als „die ‚Mitte’ zwischen den Exzessen schrankenloser Macht und Zügellosigkeit“ bezeichnet. Und wahre Tugend sei in der „Mitte“ zwischen den beiden Extremen zu verorten, „dass sogar Gott der Allmächtige in seine beiden großen Eigenschaften, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit, geteilt ist“.39 Für den Neoplatoniker Pico, so Wind weiter, vertrete der Januskopf gemäß der antiken Dichtung die „himmlischen Seelen“, weil sie auch „vorn und hinten Augen haben und daher zugleich die geistigen Dinge sehen und für die materiellen Sorge tragen können.“40 Auch für Ficino ist das monströse Wesen des Aristophanes, das aus zwei rückseitig aneinandergewachsenen Körpern besteht, ein Ausdruck himmlischer Seligkeit, da es sich aufgrund seiner kuriosen Körperform nicht wie die Gefangenen des platonischen Höhlengleichnisses umdrehen müsse, um das Licht zu sehen, sondern die materielle und ideelle Welt gleichzeitig vor Augen habe.41 Cusanus hingegen löste die widersprüchlichen Gegensätze dadurch auf, dass er sie in ihre Extreme brachte. Seine Vorstellung von „Gott als einer unendlichen Kugel“ decke sich mit den Erfahrungen praktischer Politik, wie Wind bemerkt: „außerhalb einer politischen Situation zu stehen, bedeutet, eine privi38

39 40 41

So Manfredo Tafuri: „Thus we can uncover yet another level of meaning in aspects of Renaissance art and architecture that seem most bold, most innovative: the establishment of a code through an infinite series of exceptions. The task that Renaissance architecture (not to mention Renaissance culture) placed before itself resembles a fusion of extremes: the reference to solid foundations and the appeal to subjective choice. This, it has been noted, involved a complexio oppositorum, a culture of contradiction. Edgar Wind has interpreted the phenomenon in this manner in observing that the ‚rebirth of antiquity’ corresponded to a type of polytheism in which each pagan deity was assimilated by the culture in all of its disquieting ambivalence.“ Vgl. Tafuri, 1995, S. 60. Wind, 1987, S. 262. Ibid., S. 230. Ibid., S. 232.

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Epilog: Janus bifrons

legierte Position in ihr einzunehmen.“42 Winds allgemeine Definition des Symbols kommt dieser Vorstellung der Mitte und des Ausgleichs zwischen zwei Extremen sehr nahe. In einem entscheidenden Punkt geht sie auch über die Idee Warburgs hinaus, der das Symbol als zwischen den beiden Polen der Entäußerung und Verinnerlichung verortet hatte. Für Wind hingegen sind es die Entäußerung und die Verkörperung welche die Bedeutung und Wirksamkeit eines Symbols ausmachen, was er von Peirces’ Zeichen- und Verkörperungstheorie ableitet.43 Die Diskrepanz zwischen Gegenstand und Affekt sei für ein kulturelles Symbol konstitutiv, genauso wie es dauerhaft die unumgängliche Spannung zwischen den unterschiedlichen Ordnungen der Kunst, des Rechts, der Politik aushalten müsse: „Nie aber darf die Spannung zwischen diesen beiden Polen in eine radikale Antithese verwandelt werden.“44 Wind legt Gewicht auf die „empirische Validierung“ der Symbole, da sich hier ihre Geltung und Bedeutung erst erweise. In seiner Zeichentheorie hatte sich Peirce mit einer vergleichbar unauflöslichen Polarität auseinandergesetzt. Auf die Klimax einer zwischen zwei Extremen gehaltenen Spannung setzt er das Zeichen, das zwischen dem Objekt und dem Interpreten kommuniziert und eine Scharnierfunktion zwischen den beiden einnimmt: „I define a sign as anything which is so determined by something else, called its Object, and so determines an effect upon a person, which effect I call its interpretant, that the latter is thereby mediately determined by the former.“45 Das Zeichen verhält sich somit passiv gegenüber dem Objekt, in Bezug auf den Rezipienten jedoch verhält es sich aktiv als Form. Peirces Triade sollte nicht in einem linearen euklidischen Sinne als Dreieck verstanden werden, sondern vielmehr als nicht-euklidisch, nicht-linear, und in einer Mehrdimensionalität interpretiert werden, wodurch sie sich in einem kontinuierlichen Prozess des Werdens befindet. Eine triadische semiotische Struktur ist als Idee des infiniten Wachstums, als ein offener und komplexer Prozess zu verstehen.46 Die Zeichentheorie von Charles Sanders Peirce ist ohne die Zeichentheorie des ausgehenden 42 43 44 45 46

Ibid., S. 261. So bezieht er sich u.a auf Charles S. Peirces Aufsatz „How to make things clear“ von 1877, vgl. Viola, 2012, S. 21. Einleitung zur Kulturwissenschaftliche Bibliographie zum Nachleben der Antike, zit. in Bredekamp, 1998, S. 238. Peirce, 1992, Bd. 2, S. 482. Ähnlich argumentiert Jacques Derrida, der darauf bestand, dass die Bedeutung eines jeden Zeichens nicht in einem durch eine synchrone Struktur lokalisierten Bezeichneten bestimmt würde, sondern dass Bedeutung allein durch die Bewegung von einem Zeichen zum anderen entstünde – einem „perpetuum mobile“

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Epilog: Janus bifrons

16. Jahrhunderts nicht zu denken. Er rezipiert die rechtstheoretischen Schriften der Conimbricenses, von denen er die triadische Struktur des Zeichens ableitet.47 Peirce versteht die Ästhetik als eine „Wissenschaft des Wertes“, die einige Parallelen zum Recht aufweist.48 Demnach sei das Recht deswegen fehlbar, da es auf einer durch menschliche Interaktionen und das menschliche Denken verfassten Struktur gründet. Die Ähnlichkeit des Rechts zur Ästhetik beruht auf der Kreativität der Rechtssysteme: beide seien dazu angehalten, unaufhörlich Werte zu schaffen.49 Das Recht ist hiernach nicht bloßer Filtermechanismus und normative Konsolidierung ethischer Vorstellungen, sondern wird als aktiv und handlungsbezogen verstanden. Durch seine prozessuale Form repräsentiert das Recht miteinander zusammenhängende Weisen der Zeichen-Funktion. Diese sind soziale Werte und werden evident als Ikon, Symbol und Index. Anknüpfend an Peirce hat Ferdinand de Saussure zwar die Figur des Januskopfes als Bild der Semiose zitiert, jedoch allein auf das linguistische Zeichen beschränkt, das eine „doppelte Entität“ darstelle und dessen beide Seiten als notwendig miteinander verknüpft zu verstehen seien. Entgegen der weiteren Definition von Peirce, wird die Idee des Kopfes hier durch eine dyadische Struktur der sprachlichen Gegenüberstellung ersetzt und beschränkt, was weitreichende Folgen nicht zuletzt auch für den Bildbegriff haben sollte.50 Peirces Idee einer prozessual sich entwickelnden juridischen Wertschöpfung, die sich auf Zeichentheorien der conimbricensischen Denker des 16. Jahrhunderts bezieht, löst jene Paralyse, die Benjamin und Schmitt und später Agamben als Sphäre des „Ausnahmezustandes“ definiert haben, indem das auf den Körper reduzierte Leben des Märtyrers oder Homo Sacers von der Ordnung des Gesetzes ausgeschlossen wird und die souveräne Gewalt im Sinne eines „Tyrannen“ ungehemmt agieren kann. Die Betonung der Vermittlungsfunktion des Zeichens und Bildes birgt damit die Chance, das Juridische wieder aus der „Unun-

47

48 49 50

gleich, bei dem es keinen „Anfangs-“ oder „Endpunkt“ der Semiose geben würde, in dem die Bedeutung der Zeichen ganz „aufginge“. Vgl. Bal und Bryson, 1991, S. 174–208,.hier S. 177. „In the development of the doctrine of signs the Conimbricenses work is doubly significant: First, […] it is a missing link to the work of Poinsot and other later Latins […] Second, this treatise is also a missing link in understanding the postmodern development of semiotics after C. S. Peirce who took from the later Latins in general and from the Conimbricenses specifically his celebrated central doctrine of sign consisting in a irreducibly triadic relation. […] This work marks a major contribution both in semiotics and in the general history of philosophy.“ Doyle, 2001, S. 12. Kevelson, 1998, S. 96. So folgert Kevelson, 1988, S. 31, 119. Innis, 1985, S. 24.

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Epilog: Janus bifrons

terschiedenheit“ hervorzuholen und die eigentlich binäre Struktur des Rechts, die dem zugrundeliegt, zu konturieren. Wo bei Benjamin der Januskopf zu einem Modell der politischen Theologie des Barocks wird, hat der Bildhistoriker Aby Warburg dessen polarisierende Spannung auf eine der Kultur zugrundeliegende Dynamik bezogen. Über das Bild der „Doppelherme der Antike“, deren Gesichter auf der einen Seite die dionysische Ekstase und den Affekt, auf der anderen die apollinische Sophrosyne, die Besonnenheit, zeigen, erklärt Warburg deren „polare Funktion bei der Prägung von Grenzwerten menschlichen Ausdruckswillens“, welche die kulturellen Normen seit der Antike mitgeprägt hätten.51 Die Logik der kulturellen und kreativen Produktion und die dadurch mögliche Entstehung des Chaos, die hierdurch erschaffene Schönheit und die unterdrückte Angst, die darüber wieder zur Erscheinung kommt, gelten Warburg als jene „unheimliche Doppelheit“, die ihn als „Denkraum“ bis an sein Lebensende beschäftigen sollte.52 In Warburgs Symbolbegriff verdichtet sich diese Theorie der beiden Pole zwischen Magie und Logik, zwischen „magisch-verknüpfender“ und „logisch-sondernder“ Form, welche durch das Symbol eine Gestalt erhalten. Warburg sieht die Gegenstände, das empirisch Wahrnehmbare, als eine „zwischen Rationalität und Irrationalität vermittelnde Konstitutionsleistung“.53 In dem „Zwischenraum zwischen Antrieb und Handlung“ erhält das Bild eine Vermittlerrolle zwischen den Extremen und wird zum „Ausgleichsprodukt“.54 Wie gezeigt worden ist, muss auch die Kultur des Rechts in diesem Sinne befragt werden, da neben den Texten ebenso Zeichen und Bilder geschaffen werden, die zwischen Empirie und Gesetz vermitteln. Das Recht ist keine Leere oder „Zone der Ununterscheidbarkeit“, sondern besteht aus Zeichen und Bildern, die beschrieben und gedeutet werden müssen. Hier erweist sich eine kritische Bildwissenschaft als eine notwendige Konsequenz und Herausforderung.

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Einleitung Mnemosyne-Atlas, Warburg, 2008, S. 3. Zur Frage der dialektischen Aufhebung bei Warburg siehe Didi-Huberman, 2010. Didi-Huberman, 2001, S. 621–645. Warburg entwickelt seinen Symbolbegriff nach dem des Ästhetikers Friedrich Theodor Vischer. Warburg, 2008, S. 3.

Dank

Konrad Hoffmann (†) hat mich in seinem Tübinger Seminar auf Walter Benjamins Darstellung des Janusgesichtes der Souveränität „Tyrann und Märtyrer“ aufmerksam gemacht und in seinen Vorlesungen die entscheidenden Funken für die intensivere Auseinandersetzung mit der Ikonologie der Frühen Neuzeit ge­ schlagen. Horst Bredekamps unermüdlicher Reflexion und insbesondere seiner wegweisenden Analyse „visueller Denkformen“ in der modernen Staatstheorie, Naturwissenschaft und Philosophie am Beispiel von Hobbes, Galileo und Leibniz ist diese Arbeit in besonderer Weise verpflichtet. Ihm danke ich sehr für seine loyale und großzügige Förderung. David Freedberg hat sich mit kritischem Augenmerk den zentralen Thesen der Arbeit gewidmet. Die durch sein Engagement sich entfaltenden fachübergreifenden Kooperationen im Feld von Bild- und Rechtswissenschaft gaben der Arbeit stabilen Rückhalt, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Ebenso sei Achatz von Müller gedankt, der Teile des Weges der Arbeit freundschaftlich betreut hat. Alessandro Nova bin ich für seine vertrauensvolle Förderung dankbar, wodurch mir die Zeit gegeben wurde, das vorliegende Buch am Kunsthistorischen Institut in Florenz, Max-Planck-Institut in Druck zu bringen, und ein intensiver intellektueller Austausch über die Inhalte dieser Arbeit möglich wurde. Unter den vielen Kollegen, mit denen ich im Laufe der Zeit meine Interessen für Rechts- und Bildgeschichte und die Darstellungen des Martyriums in der Frühen Neuzeit teilen konnte, möchte ich besonders danken Andreas Beyer, Claudia Blümle, Livia Cárdenas, Hana Gründler, Tobias Kämpf, Charlotte Klonk, Elisabeth Oy-Marra, Elisabeth Priedl, Volker Remmert, Brigitte Sölch, Jetze Touber, und Philipp Zitzlsperger. Während meiner Zeit am Getty Research Institute in Los Angeles, waren es Esra Akcan, David Brafman, Jorge Coronado, Thierry de Duve, Gail Feigenbaum, Hannah Feldman, Alessia Frassani, Barbara und Thomas Gaehtgens, François Lissarrague, Herman Parret, Galina Tirnanic

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Dank

und Mary Roberts, die in vielen Diskussionen das Nachdenken über Wissensnetzwerke gefördert haben. Der Kolleg-Forschergruppe „Bildakt und Verkörperung“ und hier besonders John Krois (†) und Philip Ruch, sei für einen intensiven Austausch über das Thema Bild und Recht und das gemeinsame Engagement für die internationale Konferenz „Imago – Actio – Iustitia“ 2011 am Institute for Cultural Inquiry in Berlin gedankt, die sich den Bildern, Körpern und Handlungen des Rechts von der Frühen Neuzeit in die Gegenwart widmete. Ohne die Hilfe zahlreicher Mitarbeiter der Archive und Bibliotheken wie dem Archivum Romanum Societatis Iesu, der Biblioteca Apostolica Vaticana und der Bibliotheca Hertziana in Rom, der Bibliothèque Nationale de France, dem Institut National de l’Histoire de l’Art und dem Deutschen Forum für Kunst­ geschichte in Paris, dem Institut für Kunst- und Bildgeschichte der HumboldtUniversität, der Staatsbibliothek und der Kunstbibliothek in Berlin, und dem Kunsthistorischen Institut in Florenz, Max-Planck-Institut wäre diese Arbeit nicht realisierbar gewesen. Für eine großzügige Förderung der Drucklegung ist der Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften und dem Exzellenzcluster Bild – Wissen – Gestaltung. Ein interdisziplinäres Labor der Humboldt-Universität zu Berlin zu danken. Für eine umsichtige redaktionelle Betreuung danke ich Marion Lauschke, Johanna Schiffler und besonders Felix Jäger, dessen Lektorat zu wichtigen Präzisierungen geführt hat. Dem Akademie Verlag und seinen Mitarbeitern Heiko Hartmann, Elisabeth Roosens und Martin Steinbrück, und dann besonders Katja Richter und Verena Bestle vom DeGruyter Verlag sei für ihr Engagement für die Drucklegung der Schrift gedankt. Für den akkuraten Satz und ihre Geduld bei der Herstellung danke ich Petra Florath sehr herzlich. Meinem Vater Axel Behrmann, der die Arbeit in ihrer ersten Fassung gelesen und korrigiert hat, danke ich für sein stärkendes Vertrauen. Mit aufmerksamer und liebevoller Anteilnahme war meine Mutter stets an meiner Seite, wofür ich ihr von Herzen dankbar bin. Und immer konnte ich auf die Hilfe meiner Schwester Nicola, die das Manuskript vor Abgabe gelesen hat, und meinem Bruder Johannes zählen. Der größte Dank gilt Godehard Janzing. Ohne seine beständige Gesprächsbereitschaft, sein genaues Lektorat und seine kluge nachdrückliche Kritik, ohne seine Aufmerksamkeit, seine Geduld, Sorge und Energie wäre diese Arbeit nie entstanden. Paris, den 1. 12. 2014

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Personenregister

Acquaviva, Claudio 34, 56f., 60f., 93f., 97, 100–103, 107, 114, 126, 141, 197, 207, 282, 303, 333f., 335, 340 Acquaviva, Rodolfo 152f. Agamben, Giorgio 12, 33, 229, 309, 356, 364, 367f., 370 Agresti, Livio 170 Ahasveros (Xerxes, pers. König) 9, 354f. Alberti, Durante 123, 125 Alberti, Leon Battista 28, 40, 43, 67, 197, 286 Albertus Magnus 66 Alciato, Andrea 28, 41–52, 82f., 179, 204, 240, 258 Aldobrandini, Cinzio 185 Aldobrandini, Pietro 185 Aldrovandi, Ulisse 87, 251f., 269 Alexander der Große 133, 215, 341 Alhazen 66 Andrea, Giovanni d’ 150 Aquin, Thomas von 51, 55, 73, 121f., 325f., 331f. Apostata, Julian 340–342, 346 Arendt, Hannah 301f., 310f. Aristoteles 55, 60, 63f., 65–67, 84, 110, 119–121, 134–137, 140, 142, 187, 232, 266, 325 Arnauld, Antoine 28, 151 Auerbach, Erich 319f. Augustinus 84, 319f. Ayrault, Pierre 295f.

Balbus, Michael 346, 352 Balzac, Honoré de 11 Bañez, Domingo 227, 301 Barberini, Carlo 284 Barocci, Federico 291–293 Baronio, Cesare 21f., 144, 185, 207, 252, 255, 285, 337f., 343, 352, 358f. Barthes, Roland 106, 139, 142f., 282 Belting, Hans 53f. Bellarmino, Roberto 29, 36, 69, 79, 81, 185, 207, 335, 338, 352 Benedikt XIV. Lambertini 69, 105, 250 Benjamin, Walter 28, 352f., 362–371 Berman, Harold 31f., 34, 144 Biel, Gabriel 71 Blunt, Anthony 11 Bocchi, Achille 73, 81–83, 321–324 Borja, Francisco de 226 Borromeo, Carlo 80f., 87, 103, 114, 185 Borromeo, Federico 251 Bosio, Antonio 244, 252 Botero, Giovanni 25f. Boulogne, Valentin de 316f. Bozio, Tommaso 337–339, 340, 343, 352 Braun, Konrad 69 Bronzino, Agnolo 322, 324 Brutus 320, 329 Bry, Théodore de 18f., 298 Budé, Guillaume 43f., 258 Burgkmaier, Hans 25 Burke, Peter 56f., 230, 240, 242, 248

Baglione, Giovanni 166–168, 271f., 331–353, 340, 356 Bal, Mieke 53

Cäsar, Julius 24, 133, 242, 244, 329f. Camerino, Ridolfo da 294 Canisius, Peter 103

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Personenregister

Cano, Melchior 80 Caravaggio, Michelangelo da 301, 347–352 Cardozo, Benjamin 39 Carracci, Agostino 73, 83, 165 Carracci, Ludovico 165, 277–293, 298, 300–305, 309 Cartari, Cristofano 303 Cartaro, Mario 303–307 Casas, Bartolomé de las 18f. Cassirer, Ernst 38, 54f. Cavalieri, Giovanni Battista 14, 16f., 24–26, 169–183, 208f., 216, 224, 228 Cellini, Giovanni 26 Cesari, Giuseppe 339 Cesi, Bartolomeo 88f. Cesi, Federico 123 Chacôn, Alfonso 58f., 244 Charles IX. (frz. König) 116 Châtel, Jean 28, 332 Chrysippus 183 Chrysoloras, Manuel 241–243 Ciampelli, Agostino 126, 147–149 Cicero 110, 230, 232, 243, 266, 320f. Cigoli, Ludovico 339f. Circignani, Niccolò 21, 26f., 88, 90, 157–159, 163–186, 188, 192–229, 358 Clemens VIII. Aldobrandini 30, 150, 184, 227 Clément, Jacques 28, 332 Cock, Hieronymus 205, 262 Cointrel (Contarelli), Mathieu 348, 351 Collaert, Adriaen 156f. Colli, Hippolyt von 311f. Comenius, Johann Amos 190f. Conimbricenses 28, 52–67, 76, 119, 232, 300, 370f. Cort, Cornelis 194f.

Fra Angelico 233f.

Damhouder, Joos de 234–237, 262–264 Derrida, Jacques 39, 369 Dickens, Charles 163 Dolce, Ludovico 230 Dostojevskij, Fjodor 310 Doyle, John 55, 63f. Drexel, Jeremias 341

Jakob I. (engl. König) 335f. Julius II. della Rovere 318 Julius III. del Monte 96, 103

Estiennes, Charles 269, 271 Fabriano, Gilio da 342 Fonseca, Pedro de 55, 60 Foucault, Michel 11f., 33–36, 160f., 259

Gadamer, Hans Georg 141 Galilei, Galileo 123, 339 Galles, Philippe 303, 351 Gallonio, Antonio 23, 144, 174, 244, 246, 252–258, 264, 317 Gante, Pedro de 108 Gellius, Aulus 242 Gilio, Giovanni Andrea 285 Giovane, Palma il 324f. Goodrich, Peter 38f., 42–45, 361f. Gombrich, Ernst H. 38, 53f., 248 Goméz Sandoval y Roja, Francisco 226 Gratian 362 Gregor XIII. Boncompagni 17, 30, 34, 57f., 59f., 80, 94, 98f., 101, 104, 156, 166, 170 Greuter, Matthäus 112–142, 145–148, 154f., 157, 159, 314 Grotius, Hugo 29, 68, 70, 296f. Gryphius, Andreas 352f. Guidi, Guido 272–276, 277 Heemskerck, Marten van 205f. Heidegger, Martin 68 Heinrich II. (frz. König) 348 Heinrich III. (frz. König) 28, 33, 116, 332f. Heinrich IV. (frz. König) 28, 114, 137, 332f., 349 Heinrich VIII. (engl. König) 13 Heraklit 197 Herodes 196, 330 Herodot 65 Hippokrates 87, 272 Horaz 117, 222 Höpfl, Harro 72f., 200, 212, 301, 328, 334f.

Kantorowicz, Ernst H. 32, 39, 229, 296 Karl V. 44, 103, 258f., 287 Kedrenos, Georgios 339f., 352 Konstantin der Große 341 Konstantin V. Kopronymos 343–346 Krois, John 54f., 64, 122 Lambert, John 15 Latour, Bruno 39, 57, 241

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Personenregister

Lauretano, Michele 102f., 104–107, 172, 184, 219 Legendre, Pierre 43, 231, 252 Leibniz, Gottfried Wilhelm 64, 68 Leo III. (röm. Kaiser) 343 Leo V. Armenius 346–351, 352f. Lessing, Gotthold Ephraim 310 Ligorio, Pirro 244f. Lippomano, Aloisio 20 Llewellyn, Karl 39 Lomazzo, Gian Paolo 132, 230 Loyola, Ignatius von 20, 33, 55, 58, 60f., 96f., 100f., 103, 106, 112, 119, 122, 130, 139, 142f., 189 Luhmann, Niklas 35–38 Luyken, Jan und Caspar 26, 29 Machiavelli, Niccolò 337 Maclean, Ian 39, 240, 252, 264–267 Maffei, Giovanni Pietro 338 Maggi, Girolamo 246f. Maldonado, Juan de 116 Mâle, Emile 339f., 344, 352 Mancini, Giulio 167–169 Mariana, Juan de 27, 208–213, 237, 328, 333–335 Maxentius 26 Medici, Cosimo I. de 26, 170 Medici, Ferdinando de 58, 137f. Medici, Maria de 116, 336 Mendo, Andrés 138f., 142 Menochio, Giacomo 240 Michelangelo (Buonarotti) 9–11, 13–15, 194, 202, 204, 253, 285, 318, 354–360 Molanus, Johannes 21, 69, 80f., Molina, Luis de 227f., 301, 328 Montaigne, Michel de 341, 360 Morone, Giovanni 103 Muret, Marcantoine 258 Nadal, Jéronimo 58–62, 114, 156f., 178, 186 Navarola, Ottavio 123 Nebukadnezar 330 Neri, Filippo 337 Nero 26, 287, 329f., 333 Nussbaum, Martha 120, 307f. Paleotti, Gabriele 28, 78–91, 103, 132, 141, 169, 218, 251, 285, 329f., 356 Panofsky, Erwin 50, 54, 318, 365 Pasquier, Étienne 151

Passignano, Domenico 283f. Paul III. Farnese 32f., 322 Paul V. Borghese 30, 228, 335f., 337 Peirce, Charles S. 54, 369–370 Philostrates 130, 141 Philipp II. (span. König) 156, 324, 333 Philipp III. (span. König) 212, 226, 333 Piranesi, Giovanni Battista 174f. Pistoia, Cino da 150 Platon 73–76, 325 Poccetti, Bernardino 298f. Poinsot, João 63f., 370 Pontamus, Jacobus 179 Porta, Giovanni Battista della 187f. Pound, Rosco 39 Poussin, Nicolas 315–319, 324 Prodi, Paolo 52f., 70, 80–82 Prudentius 219–221 Quintilian 110, 120, 230, 232, 244, 266, 320f. Ravaillac, François 28, 332 Rawls, John 37 Reni, Guido 339 Rhamnus, Antiphon von 239 Ricci, Matteo 61, 152 Richeôme, Louis 77, 112–142, 144–154, 313–315 Riegl, Alois 54 Romano, Giulio 286 Rosa, Salvatore 312 Roscius, Giulio 182–186, 228, 303 Rosselli, Cosimo 111 Rovere, Giulio della 292 Rudolf II. 24 Sacchini, Francesco 56, 197f., 207f. Sade, Marquis de 164 Salas, Juan de 65, 71f., 75 Salviati, Francesco 215, 272–274 Sassoferrato, Bartolus von 28, 40f., 50, 150, 328 Saussure, Ferdinand de 54, 370 Schapiro, Meyer 54, 354 Scheibler, Christoph 64 Schmitt, Carl 364–367 Schöne, Albrecht 44, 46, 48, 50 Selden, John 359f. Siena, Matteo da 163–184, 192–229 Sirleto, Guglielmo 20f. Sixtus V. Peretti 30, 250, 282

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Personenregister

Soárez, Cypriano 232f., 237f., 321 Suárez, Francisco 27–29, 61, 68–79, 80, 119, 121f., 186, 208, 282, 212f., 227, 301f., 325f., 327f., 331–336, 352 Surius, Laurentius 20, 180, 219 Tanner, Mathias 95f., 113, Tempesta, Antonio 163, 182, 228, 253–257, 329 Tibaldi, Pellegrino 289f., 323f. Tiberi, Salustio 149f. Tiraqueau, André 148 Tito, Santi di 166 Toletus, Francisco 120 Toschi, Domenico 150 Urban VIII. Barberini 30, 94, 250, 282–284, 293

Valadés, Diego 108–110, 238f. Valignano, Alessandro 153 Valverde, Juan 267f. Venturi, Adolfo 164 Venusti, Marcello 194–196 Verstegan, Richard 18, 155, 229 Vesalius, Andreas 269f. Villegas, Alonso de 21–23 Virtruv 197 Vismann, Cornelia 37–39 Vitoria, Francisco de 27, 68, 327 Voragine, Jacopo de 21 Voss, Hermann 164f. Warburg, Aby M. 54, 369–371 Wind, Edgar 9–13, 36, 296, 339, 342, 354–356, 365, 368f. Xaver, Franz 152f. Yoshishige, Otomo 152 Zeri, Federico 165, 173 Zonaras, Johannes 339, 346 Zuccari, Federico 132, 165, 170, 298

Bildnachweise Bild 1, 129, 137, 138, 154: Pietrangeli, 1996, Abb. 292, 293, 294, 295. Bild 2, 3, 27: Dillon, 2012, Abb. 1.1, 11.3, 19.5. Bild 4, 5, 8, 12, 26, 49, 57, 58, 64, 73, 77, 81–83, 85, 87, 91, 94, 147, 152, 155: London, British Museum. Bild 6, 7, 10, 30, 50, 68: GRI, Special Collections, Carolin Behrmann. Bild 9: Paris, BNF, Gallica. Bild 11: Pizzamano, 2001, S. 147–149. Bild 13: Lepri und Palesati, 1997, XII, Abb. 32. Bild 14, 158: Goodrich, 2014, Abb. 2.5. Bild 15, 16: Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek. Bild 17, 18: Glasgow, University Library. Bild 19, 51: Courtright, 2003, Abb. 4, 50. Bild 20, 22: Città del Vaticano, BAV. Bild 21, 65, 66, 106–109: München, BSB. Bild 23: Watson, 1993, Abb. 48. Bild 24: Bianchi, 2008, S. 118. Bild 25, 33, 45, 47, 48, 52, 59–63, 70, 72, 74–76, 80, 84, 86, 88, 90, 95, 98, 101–105, 120–123, 125, 133–136: Archiv der Autorin. Bild 28: Frings, 2005, Abb. 98. Bild 29, 99: Bolzoni, 1999, Abb. 10, 9. Bild 31: Regensburg, Staatliche Bibliothek, BSB. Bild 32, 34–44: Washington, Folger Shakespeare Library. Bild 46: Lavin, 2009, S. 985, Abb. 28. Bild 53, 54: Galassi, 2007, Abb. 20, 16. Bild 55, 56: Bologna, Fondazione Zeri. Bild 67: Bolzoni, 1995, S. 164. Bild 71: Witcombe, 2004, Abb. 17. Bild 78, 79, 112: Berlin, SMPK. Bild 89: Venedig, Fondazione Giorgio Cini. Bild 92, 93: López de Atalaya Albadalejo, 1993, S. 521, 525. Bild 96: Beissel, 2012, S. 107. Bild 97: Kissel, 1984, S. 120. Bild 100: Turin, Archivio di Stato. Bild 110, 111, 113: Bethesda, National Library of Medicine. Bild 114: Jones, 2007, Abb. 121. Bild 115: Nova, 2001, Abb. 113, S. 168. Bild 116–119: Paris, Bibliothèque interuniversitaire de santé. Bild 124: Melbourne, National Gallery Victoria. Bild 126, 128: Paris, Louvre, RMN. Bild 127: Neapel, Museo Capodimonte. Bild 130: Lingo, 2008, Abb. 143. Bild 131: Edgerton, 1985, S. 111. Bild 132: Dow, 2014, S. 105. Bild 139, 156: Rom, Bibliotheca Hertziana. Bild 140: Campbell, 2004, Abb. 1. Bild 143–144: Rom, Accademia dei Lincei. Bild 145, 146, 148, 150, 153: Ostrow, 1996. Bild 149: New York, Metropolitan Museum of Art.

Actus e t I ma g o Berliner Schriften für Bildaktforschung und Verkörperungsphilosophie Herausgegeben von Horst Bredekamp und Jürgen Trabant Bilder sind keine Abbilder, sondern erzeugen im Bildakt, was sie darstellen. Sie verfügen über eine handlungsstiftende Kraft und wirken selbst lebendig. Bildkompetenz lässt sich keineswegs ausschließlich aus der traditionell überbewerteten Visualität des Menschen ableiten: Menschen reagieren auch deshalb auf Bilder, weil ihr unbewusstes neurologisches Körperschema, das aus der Integration taktiler, propriozeptiver, vestibulärer, visueller und akustischer Informa­ tio­nen entsteht, durch Bildschemata affiziert wird. Diese neuere Erkenntnis der Kognitionswissenschaften entspricht älteren Vorgaben der Verkörperungsphilosophie, die eine genuine Tradition im europäischen Sprachraum hat. In den Studien der Reihe „Actus et Imago“ wird eine Bild- und Verkörpe­ rungstheorie entwickelt, die in der Lage ist, Bildproduktion, Bildverstehen und Bildakte zu erklären. Im Ausgang vom belebten Leib leisten sie einen Beitrag zum Verständnis des menschlichen Reflexionsvermögens, das sich in ikoni­schen wie sprachlichen Formen und Interaktionen verkörpert.

In der Reihe sind bereits erschienen: Ban d 1

Sehen und Handeln hrsg. von Horst Bredekamp und John M. Krois ISBN 978-3-05-005090-4

Ban d II

John Michael Krois. Bildkörper und Körperschema hrsg. von Horst Bredekamp und Marion Lauschke ISBN 978-3-05-005208-3

Ban d III

Thomas Gilbhard Vicos Denkbild. Studien zur „Dipintura“ der „Scienza Nuova“ und der Lehre vom Ingenium ISBN 978-3-05-005209-0

Ban d IV

Stefan Trinks Antike und Avantgarde. Skulptur am Jakobsweg im 11. Jahrhundert: Jaca – León – Santiago ISBN 978-3-05-005695-1

Ban d V

Das bildnerische Denken: Charles S. Peirce hrsg. von Franz Engel, Moritz Queisner und Tullio Viola ISBN 978-3-05-005696-8

Ban d VI

Verkörperungen hrsg. von André L. Blum, John M. Krois und Hans-Jörg Rheinberger ISBN 978-3-05-005699-9

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Epilog: Janus bifrons

B a n d V I I Das haptische Bild. Körperhafte Bilderfahrung in der Neuzeit hrsg. von Markus Rath, Jörg Trempler und Iris Wenderholm ISBN 978-3-05-005765-1

B a n d V I I I John Bender und Michael Marrinan Kultur des Diagramms übers. von Veit Friemert 978-3-05-005765-1 B a n d I X Bodies in Action and Symbolic Forms. Zwei Seiten der Verkörperungstheorie hrsg. von Horst Bredekamp, Marion Lauschke und Alex Arteaga ISBN 978-3-05-006140-5

B a n d X Ulrike Feist Sonne, Mond und Venus. Visualisierungen astronomischen Wissens im frühneuzeitlichen Rom

ISBN 978-3-05-006365-2

B a n d X I Paragone als Mitstreit hrsg. von Joris van Gastel, Yannis Hadjinicolaou und Markus Rath ISBN 978-3-05-006425-3

B a n d X I I Bildakt at the Warburg Institute hrsg. von Sabine Marienberg und Jürgen Trabant ISBN 978-3-11-036463-7

B a n d X I I I Robert Felfe Naturform und bildnerische Prozesse. Elemente einer Wissensgeschichte in der Kunst des 16. und 17. Jahrhunderts ISBN 978-3-11-036455-2