Total Quality Management in Theorie und Praxis: Zum ganzheitlichen Unternehmensverständnis 9783486592764

Um ein Unternehmen langfristig auf die unterschiedlichen Herausforderungen einer auf Wettbewerb basierenden Weltwirtscha

195 52 41MB

German Pages [538] Year 2009

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Total Quality Management in Theorie und Praxis: Zum ganzheitlichen Unternehmensverständnis
 9783486592764

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i

Managementwissen für Studium und Praxis Herausgegeben von

Professor Dr. Dietmar Dorn und Professor Dr. Rainer Fischbach Bisher erschienene Werke: Knobloch Lange, Vorkurs in Mathematik Barsauskas Schafir, Internationales

Hildebrand Rebstock, Betriebswirtschaftliche Einführung in SAP® R/3®

Behrens Kirspel, Grundlagen der Volkswirtschaftslehre, 2. Auflage Behrens, Makroökonomie Wirtschafts-

Koch, Marktforschung, 3. Auflage Koch, Gesundheitsökonomie: Kosten- und

Arrenberg Kiy Management

politik

-

Bichler Dörr, Personalwirtschaft Einführung mit Beispielen aus SAP® R/3® HR® -

Blum, Grundzüge anwendungsorientierter O rgan isa t ionslehre

Hofinann, Globale Informationswirtschaft Hoppen, Vertriebsmanagement Koch, Marketing

Leistungsrechnung

Krech, Grundriß der strategischen Unternehmensplanung Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band I, 5. Auflage

5. Auflage

Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band III, 5. Auflage Laser, Basiswissen Volkswirtschaftslehre



Ökonomen, 2. Auflage Bradtke, Übungen und Klausuren in

Mathematik für Ökonomen Bradtke, Statistische Grundlagen für

Lebefromm, Controlling Einführung mit Beispielen aus SAP® R/3®, 2. Auflage Lebefromm, Produktionsmanagement,

Bradtke, Grundlagen im Operations

Martens, Betriebswirtschaftslehre mit

-

Ökonomen, 2. Auflage

5. Auflage

Ökonomen Breitschuh, Versandhandelsmarketing Busse, Betriebliche Finanzwirtschaft., 5. A. Camphausen, Strategisches Management Research für

Clausius, Betriebswirtschaftslehre I Clausius, Betriebswirtschaftslehre II Dinauer, Allfinanz Grundzüge des Finanzdienstleistungsmarkts Dom Fischbach, Volkswirtschaftslehre II, -

4.

Auflage

Dorsch, Abenteuer Wirtschaft -75 Fallstudien mit Lösungen Drees-Behrens Kirspel Schmidt Schwanke, Aufgaben und Lösungen Finanzmathematik, Investition und •



Finanzierung

Drees-Behrens Schmidt,

Aufgaben

Excel

Martens, Statistische Datenanalyse mit SPSS für Windows, 2. Auflage Martin Bär, Grundzüge des Risikomanagements nach KonTraG Mensch, Investition Mensch, Finanz-Controlling Mensch, Kosten-Controlling Müller, Internationales Rechnungswesen Olivier, Windows-C Betriebswirtschaftliche Programmierung für Windows Peto, Einführung in das volkswirtschaftliche Rechnungswesen, 5. Auflage Peto, Grundlagen der Makroökonomik, -

zur

12.

und

Fälle zur Kostenrechnung Ellinghaus, Werbewirkung und Markterfolg Fank, Informationsmanagement, 2. Auflage Fank Schildhauer Klotz, Informationsmanagement: Umfeld Fallbeispiele Fiedler, Einführung in das Controlling, 2. Auflage Fischbach Wollenberg, Volkswirtschaftslehre I, 12. Auflage Fischer, Vom Wissenschaftler zum Unter-



nehmer

informatiker Götze Deutschmann Link, Statistik Götze van den Berg, Techniken des

Mapping Gohout, Operations Research Haas, Kosten, Investition, Finanzierung Planung und Kontrolle, 3. Auflage Haas, Marketing mit EXCEL, 2. Auflage

Auflage

Peto, Geldtheorie und Geldpolitik, 2. Aufl. Piontek, Controlling, 2. Auflage Piontek, Beschaffungscontrolling, 2. Aufl. Piontek, Global Sourcing Plümer, Logistik und Produktion Posluschny, Kostenrechnung für die Gastronomie

Posluschny von Schorlemer, Erfolgreiche Existenzgründungen in der Praxis Reiter Matthäus, Marktforschung und Datenanalyse mit EXCEL, 2. Auflage Reiter Matthäus, Marketing-Management mit EXCEL •

Frodl, Dienstleistungslogistik Götze, Techniken des Business-Forecasting Götze, Mathematik fur Wirtschafts-

Business

-

Haas, Access und Excel im Betrieb Hans, Grundlagen der Kostenrechnung Hardt, Kostenmanagement, 2. Auflage Heine Herr, Volkswirtschaftslehre, 3. Aufl.

Reiter,

Übungsbuch:

Marketing-Management mit EXCEL Rothlauf, Total Quality Management in Theorie und Praxis, 2. Auflage

Rudolph, Tourismus-Betriebswirtschaftslehre, 2. Auflage Ruth, Kostenrechnung, Band I Sauerbier, Statistik für Wirtschaftswissenschaftler, 2. Auflage Schaal, Geldtheorie und Geldpolitik, 4. Auflage Scharnbacher Kiefer, Kundenzufriedenheit, 3. Auflage Schuchmann Sanns, Datenmanagement mit MS ACCESS

Leistungsrechnung, 2. Auflage

Schuster, Doppelte Buchführung für Städte, Kreise und Gemeinden Specht Schmitt, Betriebswirtschaft für

Ingenieure und Informatiker, 5. Auflage

Stahl, Internationaler Einsatz von

Führungskräften Steger, Kosten- und Leistungsrechnung, 3. Auflage Stender-Monhemius, Marketing Grundlagen mit Fallstudien -

Kreis, Betriebswirtschaftslehre, Band II,

Bontrup, Volkswirtschaftslehre Bontrup, Lohn und Gewinn Bontrup Pulte, Handbuch Ausbildung Bradtke, Mathematische Grundlagen tur

Schuster, Kommunale Kosten- und

Stock, Informationswirtschaft Strunz Dorsch, Management Strunz Dorsch, Internationale Märkte Weeber, Internationale Wirtschaft Weindl Woyke, Europäische Union, 4. Aufl. Wilhelm, Prozessorganisation Wörner, Handels- und Steuerbilanz nach neuem Recht, 8. Auflage Zwerenz, Statistik, 2. Auflage Zwerenz, Statistik verstehen mit Excel Buch mit CD-ROM

-

Total Quality Management in Theorie und Praxis Zum ganzheitlichen Unternehmensverständnis

Von

Prof. Dr.

rer.

pol. Jürgen Rothlauf

unter Mitarbeit von

Dipl.-Betriebswirtin (FH) Dana Mietzner 2., neubearbeitete und erweiterte Auflage

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Bibliografische Information

Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen

Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

© 2004 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0

www.oldenbourg-verlag.de

Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.

Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, Bad ISBN 3-486-27490-2

Langensalza

5

Vorwort

Vorwort Um ein Unternehmen langfristig auf die unterschiedlichen Herausforderungen einer auf Wettbewerb basierenden Weltwirtschaft vorzubereiten, bedarf es eines ganzheitlichen Managementkonzeptes, innerhalb dessen die Interessen aller relevanten Gruppen beachtet und alle denkbaren Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung ergriffen werden. Ausgerichtet an den Bedürfnissen der Kunden, die letztendlich über den Erfolg eines Unternehmens entscheiden, gilt es dabei, divergierenden internen wie externen Erwartungshaltungen zu

entsprechen.

ganzheitlich ausgerichtete Total Quality Management, das alle an der Wertschöpfungskette Beteiligten explizit in seine Überlegungen mit einbezieht, Das

stellt einen Ansatz dar, diesem Postulat oberste Priorität einzuräumen. Um das Ziel Kundenzufriedenheit zu erreichen, müssen Lieferanten wie Mitarbeiter ein neues, prozessorientiertes Qualitätsverständnis entwickeln, dessen Initiierung vom Management auszugehen hat und mit einem Paradigmenwechsel in der bisherigen Unternehmenspolitik verbunden ist.

Als ein Konzept zur Erreichung eines effektiveren und effizienteren Unternehmens hat Total Quality Management seine Wirksamkeit in Japan und in vielen Unternehmen der westlichen Welt seit vielen Jahren eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Es hat sich aber auch gezeigt, dass es eine Vielzahl an deutschen Unternehmen gibt, die nur unzureichend in der Lage sind, ihre Strukturen, Methoden und Verhaltensweisen den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen und mit einer ganzheitlich abgestimmten

Unternehmenspolitik

zu

reagieren.

Das vorliegende Buch hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, das TQM in all seinen Facetten und Ausprägungen vorzustellen. Ausgehend von den weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden die Kernfaktoren wie Mitarbeiter-, Kunden- und Prozessorientierung in den Mittelpunkt der Überlegungen gestellt. Ein erweiterter Qualitätsbegriff, der Pre- und After-Sales-Aktivitäten ebenso erfasst wie die frühzeitige Einbindung der Lieferanten bei der Erfüllung der Kundenwünsche, lässt erkennen, wie aus Kundenzufriedenheit eine langfristige Bindung mit dem Kunden aufgebaut werden kann. Wer Kosten bei gleichzeitiger Reduktion der dafür aufzubringenden Zeit senken und seine Qualität verbessern will, muß sich einem ständigen Verbesserungsprozess unterwerfen, interne wie externe Leistungsvergleiche zulassen und die Zuliefererleistungen so abstimmen, dass sie einen positiven Beitrag zum Unternehmensergebnis leisten. Unter den Stichworten Kaizen, -

-

Vorwort

6

Benchmarking und Just-in-Time finden derartige Überlegungen Eingang TQM-Philosophie und werden in diesem Buch als Subsysteme vorgestellt.

in die

Ein umfassendes Unternehmensverständnis verlangt darüber hinaus aber auch, sich weitergehenden Entwicklungen und Herausforderungen zu stellen. Der ganzheitliche TQM-Ansatz liefert dazu die Basis. Wer sich an den besten europäischen Unternehmen auf der Basis des European Quality Award messen lassen will, wer auch ökologische Aspekte im Sinne eines Umweltmanagements mit in das Unternehmensgeschehen einbeziehen möchte oder wer aufgrund der internationalen Entwicklung sich Gedanken über die Eiriführung eines zertifizierten Qualitätsmanagementsystems nach DIN EN ISO 9000ff macht, der wird in einem eigenen Kapitel mit derartigen Fragestellungen konfrontiert. Die aufgezeigten Lösungsansätze sollen dabei lediglich zu einer Sensibilisierung der jeweils angesprochenen Thematik führen, ohne hierbei erschöpfende Antworten geben zu wollen.

Erklärungsversuchen folgen immer wieder Beispiele aus der konkreten Tatbeständen die Umsetzung zu demonstrieren. Internationale Global Players wie BWM oder die Deutsche Bank werden dabei ebenso beispielhaft einbezogen wie klein- und mittelständische Unternehmen. Um dem interessierten Leser auch die Möglichkeit zu geben, eine eigene Studie im Rahmen von TQM zu erstellen, werden im Schlußkapitel drei Teilaspekte von wissenschaftlichen Untersuchungen zum Themenbereich TQM vorgestellt. Während die ersten beiden Studien sich mit Fragen zur Kundenzufriedenheit in zwei unterschiedlichen Branchen (MEBAN Metallbau GmbH, Euro Lloyd Reiesbüro GmbH) beschäftigen, wird am Beispiel der Mercedes-Benz AG gezeigt, welche Überlegungen zur Mitarbeiterorientierung angestellt werden können. Theoretischen

Praxis,

um an

Das Buch möchte Studenten wie Praktiker Antworten auf unterschiedliche Fragestellungen

ansprechen, um kompetente heutiger Unternehmenspolitik zu ermöglichen. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis gewährleistet darüber hinaus, dass nach jedem Kapitel eine noch intensivere Auseinandersetzung mit der jeweils angesprochenen Problematik gegeben ist. Fragen zur Kontrolle und Vertiefung schließen jedes Kapitel ab, so dass noch einmal die Aufarbeitung der betreffenden Thematik gegeben ist. Wenn auch der Autor versucht hat, neueste Entwicklungen und Denkansätze im Rahmen des Total Quality Managements in seine Überlegungen mit einzubeziehen, so lassen sich sicherlich noch Ergänzungen und Anregungen zum angesprochenen Themenbereich finden. Von daher ist konstruktive Kritik nicht nur erwünscht, sondern Bestandteil eines nach ständiger Verbesserung

Vorwort

strebenden Ansatzes, der als konstitutiver Bestandteil Management Denken auszeichnet.

7

gerade das Total Quality

Besonders bedanken möchte ich mich bei meiner studentischer Hilfskraft, Frau mir bei der Zusammenstellung des Stichwortverzeichnisses sowie beim Korrekturlesen eine große Hilfe war. Spezieller Dank gilt auch der Diplom-Betriebswirtin, Frau Dana Mietzner, die mir bei allen Phasen der Erstellung des Buches tatkräftig zur Seite stand.

Nastja Schmole, die

Jürgen Rothlauf

Vorwort zur 2.

Auflage

Unternehmen werden gegenwärtig von Mitarbeitern und gesellschaftlichen Gruppen immer häufiger mit Fragen konfrontiert, die sich auf den Sinn des Wirtschaftens ebenso beziehen wie auf die Sozialverträglichkeit konkreter Unternehmensstrategien. Im Kern geht es hierbei um die ethische Qualität des Wirtschaftens. Ethische Grundüberzeugungen, die das tägliche Denken und Handeln beeinflussen, müssen aber in den Leitbildern der Unternehmen verankert sein, was wiederum Fragen nach der Unternehmenskultur impliziert.

Managementkonzept, das wie das Total Quality Management, Anspruch auf Ganzheitlichkeit erhebt, hat sich dieser Herausforderung zu stellen. Die 2. Auflage versucht daher dieser Problematik mit einem neu eingefügten Kapitel „Unteraehmenskultur und Unternehmensethik" gerecht zu werden. Ein

Darüber hinaus wurden in vielen Kapiteln geringfügige Veränderungen vorgenommen. Aktualisierte Tabellen und Übersichten sowie neue Untemehmensbeispiele sollen es dem Leser ermöglichen, sich zeitnah zu informieren.

Jürgen Rothlauf

8

Inhaltsverzeichnis

INHALT

Kapitel I: I.

Total Quality Management im weltweiter Veränderungen

Spannungsfeld

1.1. Vom Verkäufer- zum Käufermarkt 1.2. Internationalisierung des Wettbewerbs 1.3. Fokussierung auf interkulturelle Kompetenz 1.4. Wachsende Bedeutung der Informationstechnologie 1.5. Steigende Kundenerwartungen

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung Literaturhinweise

25

26 27 29 31 33 35 36

Kapitel II: II.

Total

Quality Management als ganzheitlicher Ansatz

38

II. 1. Zur Entwicklung des Total Quality Managements II. 1.1. Qualitätsmanagementansätze als Vorläufer des Total Quality Managements II. 1.1.1. Der Deming Ansatz II. 1.1.1.1. Das 14-Punkte-Programm n. 1.1.1.2. Die Reaktionskette von Deming II. 1.1.2. Der Feigenbaum-Ansatz II. 1.1.3. Der Ishikawa-Ansatz 11.2. Entwicklungsschritte hin zum Total Quality Management 11.3. Zur Begriffsbestimmung von Total Quality Management 11.4. Zur Philosophie des Total Quality Management II.4.1. Kundenorientierung

39

n.4.2. 11.4.3.

Mitarbeiterorientierung Prozessorientierung 11.4.4. Managementverantwortung

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung Literaturhinweise

39 40 40 44 45 46 48 50 53 54 55 58 60

63 64

fnhaltsverzeichnis

Kapitel III: III.

Zum erweiterten Qualitätsbegriff im Total

Quality Management

66

III. 1. Verschiedene Sichtweisen zum Qualitätsverständnis 111.2. Qualität ersten und zweiten Grades m.2.1. Kommunikations- und Kontaktqualität III.2.2. Servicequalität 111.2.2.1. Bestimmung der Dienstleistungsqualität 111.2.2.2. Differenzierte Anforderungen m.2.2.2.1. Anforderungen aus Kundensicht

66 67 69 73 76 77

111.2.2.2.2.

Anforderungen aus Wettbewerbssicht

111.2.2.2.3.

Anforderungen

77

78

aus

Unternehmenssicht

78

m.2.2.2.4. Dimensionen der

Dienstleistungsqualität

III.2.2.3. Kriterien zur Beurteilung der

Dienstleistungsqualität

111.3. Die innerbetriebliche Qualitätskette 111.3.1. Die interne Kunden-Lieferanten-Beziehung 111.3.2. Vermeidung von Verschwendung m.3.3. Null-Fehler-Programm III.3.4. Qualitätsinformationen ffl.4. Über Qualität zur Kostensenkung 111.4.1. Qualitätsbezogene Kosten 111.4.2. Verteilung der Qualitätskosten in der

elektrotechnischen Industrie m.5. Qualitätskosten im Vergleich III.6. Ganzheitliche Orientierung im Spannungsfeld von Qualität, Kosten und Zeit

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung Literaturhinweise

79 80 83 83 85 86 88 89 90 91 93 94

97 98

Kapitel IV: IV.

von

Kundenzufriedenheit und Kundenbindung im Rahmen Total Quality Management

101

IV. 1. Kundenzufriedenheit und Total Quality Management IV. 1.1. Zum Begriff der Kundenzufriedenheit

101 101

Inhaltsverzeichnis

10

IV. 1.2. Kundenzufriedenheit als Voraussetzung 103 für Kundenbindung 104 IV. 1.2.1. Client-Customer-Advocate bzw. Kundenzufriedenheit von IV. 1.2.2. Auswirkungen 108 Kundenunzufriedenheit 111 IV. 1.3. Kundenbindung und Total Quality Management 111 IV. 1.3.1. Zum Begriff der Kundenbindung der Dimensionen IV.1.3.2. Wirkungseffekte und 112 Kundenbindung 115 IV. 1.3.3. Intensitätsstufen der Kundenbeziehung 119 IV.1.3.4. Kundenbindungsstrategien IV. 1.3.4.1. Das Miles & More Programm 121 der Lufthansa IV. 1.3.4.2. Zielkundenmanagement-Proj ekte 123 der Lufthansa Das Premier Customer Care IV. 1.3.4.3. 125 Programm von BMW IV.2. Das Beschwerdemanagement Kern einer kundenorientierten 126 Unternehmensstrategie 126 IV.2.1. Beschwerdebegriff und Beschwerdeformen 127 IV.2.2. Arten von Beschwerdemanagement 127 IV.2.2.1 .Reaktives Beschwerdemanagement 128 IV.2.2.1.1. Negative Folgen 129 IV.2.2.1.2. Barrieren 130 IV.2.2.2. Aktives Beschwerdemanagement 131 IV.2.2.2.1. Organisatorische Aspekte 132 IV.2.2.2.2. Inhaltliche Aspekte 133 IV.2.3. Aufgaben des Beschwerdemanagements 134 IV.2.3.1. Beschwerdestimulierung 137 IV.2.3.2. Beschwerdeannahme 140 IV.2.3.3. Beschwerdebearbeitung und -reaktion 142 IV.2.3.4. Beschwerdeauswertung 143 IV.2.3.5. Beschwerdemanagment-Controlling -

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung Literaturhinweise

145 146

Kapitel V: V.

Mitarbeiterzufriedenheit im Rahmen von Total Quality Management

150

V. 1.

150

Management-Mitarbeiter-Kunde

11

Inhaltsverzeichnis

V.2.

Strategischer Wandel als Herausforderung für das Management

152

V.2.1. Diskontinuitäten bedrohen die Überlebensfähigkeit der Unternehmen V.2.2. Neuausrichtung der Unternehmen als Folge

152

des strategischen Wandels V.2.2.1. Phasen und Richtungen des Wandels V.2.2.1.1. Richtungsgebung von oben nach unten V.2.2.1.2. Horizontale Optimierung von

Geschäftsprozessen V.2.2.1.3. Ergebnisverbesserung von unten nach oben

161 163 163

164 166 168 169

Begriffsbestimmungen

von

V.3.2.2.3 Intrinsische und extrinsische Motivationsfaktoren V.3.2.2.4. Mitarbeitermotivation und Kundenzufriedenheit V.3.3. Information V.3.4. Kommunikation V.3.4.1. Zum Einsatz von Kommunikationsmitteln V.3.4.2. Voraussetzungen für Mitarbeiterkommunikation V.3.5. Zielvereinbarungen V.3.5.1. Bestandteile, Regelungen und Art der Ziel Vereinbarung

V.3.5.2. Zum Stellenwert der Zielvereinbarung in der Praxis

157

161

V.3.2.1. Der Führungsstil V.3.2.1.1. Führungsstile und Führungsverhalten in der Praxis V.3.2.1.2. Emotionale Intelligenz V.3.2.2. Motivation V.3.2.2.1. Unterschiedliche

Herzberg

155

157 158 158 158

V.3. Über Mitarbeiterführung zur Mitarbeiterzufriedenheit V.3.1. Zum neuen Führungsverständnis V.3.1.1. Vom Manager zum Leader V.3.1.2. Anforderungen an eine Führungskraft bei der Nestle AG V.3.1.3. Leitsätze für die Führung am Beispiel der Hilti AG V.3.2. Einflussfaktoren der Mitarbeiterzufriedenheit

V.3.2.2.2. Die Zwei-Faktoren-Theorie

153 154

170 171

175 176 178 179 181 182 183 185

12

Inhaltsverzeichnis

V.3.5.3. Balanced Scorecard ein neues

Zielvereinbarungsinstrument V.3.5.3.1. Der Vier-Perspektiven-Ansatz V.3.5.3.2. Die Entwicklung einer Balanced Scorecard am Beispiel der Continental AG V.3.5.3.3. Balanced Scorecard-Matrix bei einem Softwareunternehmen V.3.5.3.4. Erfolgsfaktoren für den Entwicklungs- und V.3.6.

V.3.7.

Entlohnung

Implementierungsprozess

V.3.6.1. Neues Entgeltsystem bei der BMW AG V.3.6.2. Innovative Entgeltvergütung für Führungskräfte bei der Deutschen Bank

Gruppenbezogene Arbeitsorganisationen V.3.7.1. Zur Begriffsbestimmung von Gruppen V.3.7.2. Zur Abgrenzung Team versus Gruppe V.3.7.3. Zur Gruppenarbeit in deutschen

Unternehmen V.3.7.3.1. Zur Philosophie und Umsetzung der Gruppenarbeit bei der Opel AG V.3.7.3.2. Umstrukturierung durch Gruppenarbeit bei der AUBI Baubeschläge GmbH V.3.7.3.3. Anlass, Zeitplan und Ziele zur Einführung der Gruppenarbeit bei der PolyGram GmbH V.3.7.3.4. Fazit

V.3.8. Fort- und Weiterbildung V.3.8.1. Zum Stellenwert betrieblicher

Schulungsmaßnahmen

V.3.8.2. Unternehmen investieren in Weiterbildungsmaßnahmen

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung Literaturhinweise

188 188 190 193

194 195 196 200 202 203 203 204 205 206

207 209 210 211 213

215 217

13

Inhaltsverzeichnis

Kapitel VI: VI.

Unternehmenskultur und Unternehmensethik

220

VI.l.Das7-S-Modell VI.2. Begriff und Bedeutung von Unternehmenskultur VI.3. Der innere Aufbau einer Unternehmenskultur VI.4. Unterschiedliche Unternehmenskulturansätze VI. 5. Wirkungen von starken Unternehmenskulturen VI.5.1. Positive Effekte VI. 5.2. Negative Effekte VI.6. Zur Entwicklung einer Unternehmenskultur VI.6.1. Einflussfaktoren für die Kulturausprägung VI.6.2. Zur Aufstellung von Unternehmensleitsätzen VI.6.3. Die Bertelsmann AG Ein Praxisbeispiel VI.6.3.1. Unternehmenskonzeption und -Verfassung VI.6.3.2. Umsetzung durch Informations- und

220

-

Kommunikationsinstrumente VI.7. Unternehmenskultur und Corporate Governance VI.8. Ethik in der Unternehmenskultur VI.8.1. Unterschiedliche Ethikebenen VI. 8.2. Das Davoser Manifest VI.8.3. Die drei Stufen ethischer Orientierung VI.9. Corporate Citizenship VI.9.1. Zur Begriffsbestimmung

VI.9.2. Unterschiedliche Erwartungshaltungen VI.9.3. Finanzieller/geldwerter Aufwand

für Corporate-Citizenship-Aktivitäten VI.9.4. Formen und Ranking von

VI.9.5.

Corporate-Citizenship-Aktivitäten Corporate-Citizenship-Aktivitäten Unternehmensbeispiele VI.9.5.1. Das Beispiel der

Asbestzementindustrie

VI.9.5.2. Zur Zusammenarbeit von GTZ und AVE VI.9.5.3. Das Beispiel der Wacker-Chemie GmbH VI.9.5.4. Levi Strauss & Co.

223 224 226 226 228 229 230 231 234 237 237 240 242 245 246 249 250 252 254 254 256 260

-

261 261 263 264 265

Inhaltsverzeichnis

14

VI.10. Ethik und Unternehmensperformance Fallstudien

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung Literaturhinweise

267 269 273 275

Kapitel VII: VII.

Lieferantenmanagement und TQM

Outsourcing und der gestiegene Stellenwert der Lieferanten VII.2. Anforderungen an den Lieferanten VII.2.1. Leistungsmerkmale VII.2.2. Aktiver oder passiver Partner VII.3. Kooperationsformen zwischen Herstellern und Zulieferern VII.3.1. Simultaneous Engineering und

278

VII. 1.

VII.3.2.

Blackbox-Engineering Pyramidenförmige Zulieferstrukturen

VII.3.2.1. Kernlieferanten VII.3.2.2.

Komponentenlieferanten

VII.3.2.3. Teilefertiger VII.4. Zur Lieferantenauswahl VII.4.1. Single Sourcing VII.4.2. Multiple Sourcing VII.4.3. Vor- und Nachteile von Single/Multiple Sourcing aus Sicht des Zulieferers VII.4.4. Dual Sourcing VII.4.5. Global Sourcing VII. 5. Elektronische Medien und die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Zulieferern VII.6. Neue Anpassungsstrategien der Zuliefererunternehmen VII.7. Schlüsselentwicklungen im Supply Chain Management und seine Auswirkungen auf künftige Zuliefer-Abnehmer-

Beziehungen

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung Literaturhinweise

278 280 280 281 281 282 283 284 285 286 286 287 288 289 290 291 292 294

295 298 299

15

fnhaltsverzeichnis

Kapitel VIII: VIII.

Prozessmanagement und Total Quality Management VIII. 1. Das prozessorientierte „TQM-Haus" der Daimler-Benz AG

Begriffsbestimmung und Zielsetzung Prinzipien des Prozessmanagements Grundlagen des Prozessmanagements VIII.4.1. Prozessplanung und -gestaltung VIII.4.2. Prozessrealisierung und -controlling VIII.4.3. Prozessverbesserung VIII.5. Prozessmanagement am Beispiel der Ernst Schweizer AG mit Sitz in Hedingen/Schweiz VIII.2. VIII.3. VIII.4.

VIII.5.1. VIII.5.2. VIII.5.3.

Ausgangsüberlegung Erarbeitung des Soll-Zustandes Aktionsplanung und Neufestlegung der Verantwortung VIII.5.4. Prozessmessung VIII. 5.5. Auswertung der Ergebnisse VIII. 5.5.1. Außendienstorganisation VIII.5.5.2. Durchlaufzeiten und Einsatzplanung VIII.5.5.3. Fehlerdefinition und -erfassung VIII.5.5.4. Lagerbestand

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung Literaturverzeichnis

301 302 302 303 304 305 307 309 310 311 311 312 313 313 315 315 316 316

317 318

Kapitel IX: IX.

Subsysteme des Total Quality Management

320

IX. 1.

321

Just-in-Time (JIT) IX. 1.1. Zur Entstehungsgeschichte und

Begriffsbestimmung von JIT IX. 1.2. Die MIT-Studie IX. 1.3. Bausteine einer JIT-Produktion IX. 1.3.1. Integrierte Informationssysteme IX. 1.3.2. Fertigungssegmentierung IX. 1.3.3. Produktionssynchrone Beschaffung IX. 1.3.4. Qualitätssicherungsstrategie IX.1.3.5. Rüstzeitminimierung IX. 1.3.6. Betriebsdatenerfassung

321 322 323

324 324 325 325 326 326

Inhaltsverzeichnis

16

IX. 1.3.7. Flexible Arbeitszeiten und Entlohnung

LX.1.3.8.

Personalqualifikation

326 327

IX. 1.3.9. Prozessorientierte

Arbeitsablaufgestaltung Geringe Produktvariationen,

327

IX.1.3.10.

viele Standardteile

IX.lAJITundKanban LX. 1.5. Vor- und Nachteile von JIT IX. 1.6. Zur Umsetzung des JIT-Ansatzes IX. 1.6.1. Das Opel-Werk in Eisenach IX. 1.6.2. Das Renault Ersatzteillager in Cergy-

Pontoise

IX. 1.6.3. Johnson Controls mit Sitz in Schwalbach

IX. 1.6.4.

Volkswagen Sachsen GmbH in Mosel

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung Literaturhinweise IX.2.

Benchmarking IX.2.1. Zur Begriffsbestimmung IX.2.2. Entwicklungsstufen des Benchmarking IX.2.3. Ziele des Benchmarking IX.2.4. Formen des Benchmarking IX.2.4.1. Internes Benchmarking IX.2.4.1.1. Unternehmensbezogenes Benchmarking IX.2.4.1.2. Konzernbezogenes Benchmarking IX.2.4.2. Externes Benchmarking IX.2.4.2.1. Marktbezogenes Benchmarking IX.2.4.2.2. Branchenbezogenes Benchmarking IX.2.4.2.3. Branchenunabhängiges Benchmarking IX.2.5. Informationsbeschaffung IX.2.5.1. Informations- und Kontaktquellen

IX.2.5.2. Code of Conduct IX.2.6. Zur Durchführung eines Benchmarking-Projektes IX.2.7. Erfolgreiche Umsetzung von

Benchmarking-Projekten IX.2.7.1. BSHG (Bosch Siemens Hausgeräte GmbH)

327 328 329 331 332

333 335 336 338 339

341 342 343 346 347 347 349 349 349 350 350 351 352 352

354 357 360

3 61

17

Inhaltsverzeichnis

IX.2.7.2. Xerox IX.2.7.3. Motorola IX.2.7.4. Southwest Airlines IX.2.7.5. Hydro Aluminium Extrusion Group

364 365

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung Literaturhinweise

IX.3. Kaizen: Chance und Herausforderung für deutsche Unternehmen IX.3.1. Stetige Verbesserung als neuer

Handlungsleitsatz Erkenntnisse der MIT-Studie IX.3.2. Zur Begriffsbestimmung von Kaizen IX.3.3. Die Kaizen-Philosophie als Ausgangspunkt betrieblicher Optimierung IX.3.4. Der,Xaizen-Schirm" -

IX.3.4.1. IX.3.4.2. IX.3.4.3. IX.3.4.4. IX.3.4.5. IX.3.4.6.

362 362 363 363

Kaizen und Kontinuität Kaizen und Kundenorientierung Kaizen und Mitarbeiterorientierung Kaizen und Management Deming's PDSA-Modell und Kaizen Kaizen und Innovation IX.3.4.6.1. Innovationsmanagement IX.3.4.6.2. Erhöhung der Innovations-

anstrengungen

IX.3.5. Kaizen und Vorschlagswesen IX.3.5.1. Mitarbeiterideen helfen Milliarden sparen IX.3.5.2. Verbesserungsvorschläge als Motivationsinstrument IX.3.5.3. Art und Honorierung von Verbesserungsvorschlägen in der

betrieblichen Praxis

IX.3.5.4. Anzahl und Umsetzung der

Verbesserungsvorschläge IX.3.5.5. Konzeptionelle Überlegungen zur Einfuhrung eines Vorschlagswesens IX. 3.5.5.1. Verantwortung des IX. 3.5.5.2. IX.3.5.5.3.

Managements Einbindung aller Mitarbeiter Ausweisung einer neuen

Stelle/Abteilung IX.3.5.5.4. Honorierung der Verbesserungsvorschläge

367 367 368 369 371 371 372 374 377 379 380 383 383 385 385 388

390 392 396

396 397 398 399

18

Inhaltsverzeichnis

IX.3.5.5.5.

Verbesserungsvorschlage als ein Mittel der

Personalpolitik IX.3.5.5.6. Verbesserungsvorschläge

im Sinne eines Management

by Objectives Verbesserungsvorschläge und Corporate Identity IX.3.5.6.Einreichung eines Verbesserungsvorschlages am Beispiel eines Mitarbeiters

401

401

IX.3.5.5.7.

402

403 der Deutschen Telekom AG IX.3.5.6.1. Einleitende Gedanken zu meinem Verbesserungsvorschlag 403 IX.3.5.6.2. Beschreibung des Vorschlages 404 404 IX.3.5.6.3. Empfehlung

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung

405 407

Literaturhinweise

Kapitel X: X.

Zur Implementierung

schritte X. 1.

-

von

TQM: Probleme Umsetzungs-

Kosteneinsparungspotentiale

Hauptursachen für das Scheitern

X. 1.1. Schwachstellen auf Seiten des Managements X. 1.2. Schwachstellen auf Seiten der Mitarbeiter X.2. Zur Umsetzung von TQM X.2.1. Verantwortung der Unternehmensleitung X.2.2. Das 4-Phasen-Modell X.2.2.1. Phase der Sensibilisierung X.2.2.2. Phase der Realisierung X.2.2.3. Phase der Stabilisierung X.2.2.4. Phase der Excellence X.3. TQM-Umsetzung und Kosteneinsparungen X.3.1. Geschätzter Nutzen von TQM X.3.2. Designa Verkehrsleittechnik: Ergebnisse aus dem TQM-Prozess

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung

Literaturhinweise

409 409 410 411 412 412 414 414 416 416 417 417 417 418 422 422

Inhaltsverzeichnis

19

Kapitel XI: XI.

Zur Messung von Kundenzufriedenheit und

Kundenbindung

424

XI. 1. Zur Notwendigkeit der Kundenzufriedenheitsforschung XI.2. Formen der Datenerhebung XI.3. Messverfahren XI.3.1. Objektive Verfahren

424 425 427 428 429 429

XI.3.2.

Subjektive Verfahren Merkmalsgestützte Methoden XI.3.2.1.1. Analyse des Globalurteils und 430 Conjoint Analyse XI.3.2.1.2. SERVQUAL als ein multiattributives

XI.3.2.1.

Messverfahren XI.3.2.2. Ereignisorientierte Messverfahren XI.3.2.2.1. Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme XI.3.2.2.2. Die Critical-Incident-Technique

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung Literaturhinweise

431 436

436 437 439 440

Kapitel XII: Quality Management als Basis für weitergehende Managementüberlegungen

XII. Total

XII. 1.

Über Total Quality Management zur Business Excellence XII. 1.2. European Foundation for Quality Management

Gründung, Aufgabenstellung und deutsche Sektion XII. 1.2.2. Zum Beurteilungsverfahren XII.1.2.3. European Quality Award XII. 1.2.4. Der European Quality Award Winner: Texas Instruments Europe XII. 1.2.4.1. Zur Firma XII. 1.2.4.2. Zum Qualitätsverständnis XII.1.2.4.3. Schritte zur Erfüllung der

442 443 443

XII. 1.2.1.

EFQM-Kriterien XII. 1.2.4.4. Rückmeldungen von Kunden, Mitarbeitern

443 444 445 446 446 447 447

20

Inhaltsverzeichnis

und Lieferanten XII. 1.2.4.5. Fazit XII.2. Qualitätsmanagementsysteme auf der Basis der

XII.3.

ISO DIN EN 9000ff XII.2.1. Der Wettbewerb verlangt nach einem zertifizierten QM-System XII.2.2. Zum Verhältnis von Total Quality Management und Qualitätsmanagementsystemen nach ISO DIN EN 9000ÍT XII.2.3.Qualitätsmanagementsysteme nach DIN EN ISO 9000ff XII.2.3.1. Zur Entstehungsgeschichte XII.2.3.2. Normenreihe DIN EN ISO 9000ff und Ergänzungsnormen XII.2.3.3. Elemente des Qualitätsmanagements nach DIN ISO 9001 XII.2.3.4. Zur Zertifizierung Xn.2.3.5. Hohe Kosten rechtfertigen den Aufwand

Umweltmanagement

XII.3.1. Zum Verhältnis Ökologie und Ökonomie XII.3.2. Produktbezogener Umweltschutz XII.3.3. Qualitätsmanagement und Umweltschutz XII.3.3.1. Ökologische Unternehmensführung XII.3.3.2. Ökologisches Empowerment XII.3.4.Umwelt-Audits als hilfreiche Kontrolle XII .3.5. Umweltmanagement in der Unternehmenspraxis XII.3.5.1. Die Neumarkter Lammsbrauerei XII.3.5.2. Die Heidelberger Druckmaschinen XII.3.5.3. Die Adam Opel AG XII.3.5.4. Die Commerzbank AG

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung Literaturhinweise

448 449 450 450

451

452 452 453 454 456 456 459 459 460 462 463 467 469 471 471 473 474 475 477 479

Kapitel XIII: XIII. Zur Erstellung einer wissenschaftlichen Untersuchung im Rahmen von TQM unter Berücksichtigung von

Praxisbeispielen

XIII. 1.

Kundenzufriedenheitsuntersuchung bei der Euro Lloyd Reisebüro GmbH in Hamburg

482

483

Inhaltsverzeichnis

XIII. 1.1. Unteraehmensbeschreibung XIII. 1.2. Grund für die Untersuchung XIII. 1.3. Anschreiben zur Kundenbefragung XIII. 1.4. Fragebogen

XIII.2.

Kundenzufriedenheitsuntersuchung bei der MEBAN Metallbau GmbH in Neubrandenburg XIII.2.1. Unteraehmensbeschreibung XIII.2.2. Zur Struktur und zum Auswertungsverfahren des Fragebogens XIII.2.3. Fragebogen

Xm.2.4. Das Stärken/Schwächen-Profil XIII.2.5. Empfehlungen XIII.2.5.1. Allgemeine Einschätzung XIII.2.5.2. Problemlösungsfähigkeit und fachliche

Kompetenz

XIII.2.5.3. Zum Kundenkontakt XIII.2.5.4. Zum Außendienst XIII.2.5.5 Zum Reklamationsverhalten XIII.3. Mitarbeiteruntersuchung bei der Daimler-Benz AG in Stuttgart XIII.3.1. Ausgangsüberlegung Xm.3.2. Zur Vorbereitung der Befragung XIII.3.3. Zur Entwicklung des Fragebogens XIII.3.4. Überlegungen zum Aufbau und zur Entwicklung des Fragebogens XIII.3.5. Anschreiben zur Mitarbeiterbefragung XIII.3.6. Fragebogen

Literaturverzeichnis Stichwortverzeichnis

21

483 484 485 486

489 489 491 493 496 496 496 498 499 501 502 503 503 504 505 505 506 508

512 533

Abbildungsverzeichnis

22

Abbildungsverzeichnis Zunehmende Anforderungen an Unternehmen Zum ganzheitlichen Ansatz von TQM Das Deming-Rad Die Reaktionskette von Deming Das Total-Quality-Control-Konzept von Feigenbaum Der Company Wide Quality Control-Ansatz von Ishikawa Die Entwicklungsstufen zu TQM Grundpfeiler des TQM

TQM-Begriffsdefinition Philosophie des TQM

Zur

Die „Erlebniswelt" des Kunden Das Unternehmen ohne Mitarbeiterorientierung Das Unternehmen mit Mitarbeiterorientierung

Differenzierung von Geschäftsprozessen

Zeitaufwand in Abhängigkeit von der Stellung im Unternehmen Der Qualitätskreis Qualität ersten und zweiten Grades Kommunikationsqualität im Vergleich Gründe für den Verlust von Kunden Häufig genannte Serviceattribute bei der Qualitätsbeurteilung industrieller Unternehmen Kriterien für Servicequalität Kriterien für eine umfassende Dienstleistungsqualität Das triade Spannungsfeld: Qualität Zeit Kosten Die Kette der internen Kunden-Lieferanten-Beziehungen -

-

Fragenkatalog zu Qualitätsinformationen Die Verteilung der Qualitätskosten am Beispiel der elektro-technischen Industrie Qualitätskosten im Vergleich Von der Kosten- und Zeit- zur ganzheitlichen Qualitätsorientierung Wachsende Bedeutung der Qualität Das Confirmation/Disconformation Paradigma als Basismodell der Kunden-

zufriedenheit

-

Beeinflussungsfaktoren Konzept der Toleranzzone Kundengrundsätze bei der Avis-Autovermietung Kundenbindung durch Qualität Kundenzufriedenheit und langfristiger Geschäftserfolg Folgen mangelnder Qualität Konzeptualisierung des Konstruktes Kundenbindung Die Kundenbindungskurve Intensitätsstufen der Kundenbeziehung Der Kundenbindungs-Kreislauf Ansatzpunkte der Kundenbindungsstrategie Zielkundenmanagement-Projekte der Lufthansa im Jahre 1998 Beschwerdemanagement, Kundenorientierung, Wettbewerbsvorteile Direkter und indirekter Beschwerdemanagementprozess der Kundenzufriedenheit

Das

Die „Gelbe Karte" der Commerzbank im Internet So wird in Deutschland telefoniert Reaktion auf Beschwerden Ursachen von Kundenreklamationen

Abbildungsverzeichnis Zur Zielsetzung von Rank Xerox

23

The Document Company im TQM-Kreislauf

Management-Mitarbeiter-Kunde Matrix des strategischen Wandels

-

strategischen Wandels mit wichtigen Tätigkeiten Führungsverhalten: Vom Manager zum Leader Schlechte Noten für Manager Leitsätze für die Führung bei der Hilti AG in Liechtenstein Managementstile in der Praxis Die fünf Komponenten der emotionalen Intelligenz Qualitätsorientierte Anreizsysteme in Dienstleistungsunternehmen Matrix des

Über Mitarbeitermotivation zur Kundenzufriedenheit

Mitarbeiterzufriedenheit und Information Interne Kommunikationsmittel und ihr Einsatz im Unternehmen Art der Zielvereinbarungen in bundesdeutschen Großunternehmen Neben den Zielen sind Prämissen und Rahmenbedingungen zu klären Perspektiven einer Personal-Balanced Scorecard Ursache-Wirkung-Modell der Balanced Scorecard am Beispiel der Continental AG Mitarbeiter-Scorecard bei der Continental AG Balanced Scorecard-Matrix am Beispiel eines Softwareunternehmens Entgeltkomponenten bei BMW Entgeltvergütung für Führungskräfte bei der Deutschen Bank Die zehn wichtigsten Weiterbildungsmaßnahmen Das 7-S Modell Kulturebenen und ihr Zusammenhang Erfolg durch Anpassung Auffassungen zur Unternehmenskultur Zur Entwicklung einer Unternehmenskultur Einflussfaktoren bei der Entwicklung einer Unternehmenskultur Informations-, Kommunikations-, und Abstimmungsinstrumente bei der Bertelsmann AG Ethik in der Unternehmenskultur Die unterschiedlichen Ethikebenen Das Davoser Manifest Die drei Stufen ethischer Orientierung Perspektiven des Corporate Citizenship Finanzieller/geldwerter Aufwand der Unternehmen im Jahr 2000 nach Unternehmensgröße und Wirtschaftsbereich Corporate Citizenchip: Ranking der Maßnahmen nach Unterstützungsbereich Der prozentuale Anteil bei Fremdbezug durch Lieferanten Die Rollen des Lieferanten Kooperationsformen zwischen Herstellern und Zulieferern Gründe für die Positionierung eines Zulieferers als Alleinlieferant: Single Sourcing Dienstleistungen für die Volkswagen Sachsen GmbH mit Sitz in Mosel Gründe für die Positionierung eines Zulieferers als Nebenlieferant: -

Multiple Sourcing

Vor- und Nachteile für den Zulieferer bei Single und Das „TQM-Haus" bei der Daimler-Benz AG

Multiple Sourcing

Prinzipien des Prozessmanagements Inhalte des Prozessmanagements Schritte des Service Problem Deployment Das Prozessmanagementmodell Zielerfüllungsgrad bei der Ernst Schweizer AG Subsysteme des TQM Regionaler Vergleich der Zulieferer Ergebnisse der MIT-Studie Vor- und Nachteile des JIT-Ansatzes

-

Abbildungsverzeichnis

24

Abb. 100: Abb. 101 : Abb. 102: Abb. 103 : Abb. 104: Abb. 105: Abb. 106: Abb. 107: Abb. 108: Abb. 109: Abb. 110: Abb. 111 : Abb. 112: Abb. 113: Abb. 114: Abb. 115 : Abb. 116: Abb.l 17: Abb. 118: Abb. 119: Abb. 120: Abb. 121 : Abb. 122: Abb. 123: Abb. 124: Abb. 125: Abb. 126: Abb. 127: Abb. 128: Abb. 129: Abb. 130: Abb. 131 : Abb. 132: Abb. 133 : Abb. 134: Abb. 135 : Abb. 136: Abb. 13 7 : Abb. 138: Abb. 139: Abb. 140: Abb. 141 : Abb. 142:

JIT-Systemen für Abnehmer und Zulieferer Just-in-time-Belieferung bei der Volkswagen Sachsen GmbH Entwicklungsstadien des Benchmarking Zum Prinzip des Benchmarking Formen des Benchmarking Informationsgewinn beim Benchmarking Internetadressen als Informationsquellen Die sieben Schritte des Benchmarking Beispiele für Benchmarking in Deutschland Die Automobilindustrie im Vergleich Zur Begriffsbestimmung von Kaizen Voraussetzungen für eine kontinuierliche Verbesserung

Vorteile

von

„Der KAIZEN-Schirm

"

Die Einbeziehung aller Mitarbeiter im Kaizen-Ansatz Aktive Beteiligung der Mitarbeiter zur Förderung der Qualität

Japanische Auffassung von Aufgabenteilung Westliche Auffassung von Aufgabenteilung Deming's PDSA-Modell und Kaizen

Merkmale von Kaizen und Innovation Kaizen als kontinuierlicher Verbesserungsprozess Einsparungen durch Mitarbeiterideen Verbesserungsvorschläge je 100 Mitarbeiter bezogen nach Branchen Verbesserungsvorschläge im internationalen Vergleich 7 Schritte zur Einführung eines Vorschlagswesens Die zehn TQM-Fallen Grundvoraussetzungen für die Einfuhrung eines TQM-Systems Das 4-Phasen-Modell Geschätzter Nutzen von TQM Das Qplus Konzept der Designa Verkehrsleittechnik Erfüllung von Kundenanforderungen in Vertrieb und Service bei der Designa Verkehrsleittechnik Ergebnisse aus dem TQM-Prozess bei der Designa Verkehrsleittechnik Vor- und Nachteile verschiedener Befragungsformen Beeinflussungsmöglichkeiten der Antwortrate bei schriftlicher Befragung Unterschiedliche Fragetypen Ansätze zur Messung der Kundenzufriedenheit Merkmalsorientierte Verfahren (Auswahl) Begriffliches Modell der Servicequalität SERVQUAL Dimensionen Die Doppelskala im SERVQUAL-Modell Critical Incident Technique und SERVQUAL im Vergleich TQM als Basis weitergehender Managementüberlegungen Das Kriterienmodell des European Quality Award Normenfamilie für das Qualitätsmanagement -

Abb. 143: Elemente des Qualitätsmanagements nach DIN EN ISO 9001 Abb. 144: Die Einbindung der Ökologie in das TQM Abb. 145 : Der Abb.146: Überblick ISO 14000ff Abb. 147: Umweltschutz-Checkliste der Commerzbank Auszüge

Öko-Fitness-Kompass

-

Kapitel

1

25

„Im Umgang mit Menschen sollten wir bedenken, dass wir es nicht mit logischen Wesen zu tun haben. Wir haben es mit emotionellen Wesen zu tun, Wesen, die von Vorurteilen strotzen und von Stolz und Eitelkeit motiviert sind. "

Dale

I.

Carnegie

Total

Quality Management im Spannungsfeld weltweiter Veränderungen

Alle Unternehmen bewegen sich heute in einem Wirtschaftsumfeld, das durch eine Anforderungskomplexität gekennzeichnet ist, wie es sie bis dato noch nicht gegeben hat. Die nachfolgende Abbildung gibt hierbei einen ersten Überblick, welchen unterschiedlichen Erwartungshaltungen in Zukunft ein Unternehmen entsprechen muss, um sich erfolgreich am Markt behaupten zu können. Einfluss

von

Anspruchsgruppen nimmt zu

Internationali-

sierung gewinnt an Bedeutung

Variantenvielfalt nimmt zu

Abb.l: Zunehmende

Innovationszeiten werden kürzer

wird komplexer und vernetzter

Unternehmen

Produktion wird

Informationsmenge nimmt stark zu

Anforderungen an Unternehmen Quelle: Mellis/Herzwurm/Stelzer, 1996, S. 5

Technologie

kapitalintensiver

F&E wird

kapitalintensiver

Kapitel

26

1

An diesen veränderten Rahmenbedingungen hat sich auch ein ganzheitlicher Managementansatz, wie es das Total Quality Management (TQM) auszeichnet, und wie es ihn noch vorzustellen gilt, zu orientieren. Das Rekurrieren auf Inhalte, Methoden und TQM-Werkzeuge sowie das Ableiten von entsprechenden Handlungsstrategien kann allerdings nur dann eine praxisnahe Umsetzung erfahren, wenn die dem Handeln determinierenden Rahmendaten als übergeordnetes Makrosystem bekannt sind. Nicht

Unternehmensgröße als solche hat in einer derart veränderten Welt zukünftig Bestand, sondern nur diejenigen Unternehmen werden ihr Ziel erreichen, denen es gelingt, zeitnahe Lösungen für ihre Kunden anzubieten. Gemäß dem Leitmotto: „Nicht die Großen besiegen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen", hat gerade die Computerindustrie gezeigt, dass den Herausforderungen am besten derjenige begegnen kann, der zum richtigen Zeitpunkt sein Produkt bzw. seine Dienstleistung auf den Markt bringt. Diese

wird auch in einer Untersuchung des amerikanischen Fortune geteilt, das regelmäßig einen Index der weltweit führenden Unternehmen aufstellt. 71% der 500 im Jahre 1955 aufgeführten Unternehmen befanden sich noch ein Jahrzehnt später in der Tabelle. In einem ähnlichen 10-Jahres-Vergleich von 1985 1995 gehörten zum Ende des Zeitraums nur noch weniger als die Hälfte dieser Unternehmen zu den besten 500 (Schrempp, 2000, S. 12). Dieses Beispiel macht deutlich, dass Wettbewerbsbedingungen, Kundenbedürfnisse, Technologien, Märkte sich verändern schneller, tiefgreifender, überraschender als jemals zuvor.

Einschätzung Wirtschaftsmagazins

-

-

Um sich diesen grundlegenden Veränderungen zu stellen, ist ein Paradigmenwechsel notwendig, der zugleich die Abkehr von bisher praktizierten und liebgewonnenen Denk- und Handlungsweisen erfordert. Dies wiederum setzt voraus, dass man den Wandel überhaupt wahrnimmt. Welche Megatrends gegenwärtig zu beobachten sind, soll nachfolgend dargestellt werden.

1.1.

Vom Verkäufer-

zum

Käufermarkt

Vor allem die Wandlung traditioneller Märkte hat die Ausgangssituation entscheidend verändert. In den Jahren nach dem 2. Weltkrieg mussten die Menschen mit Knappheit und Entbehrung zurechtkommen. Kennzeichnend war damals eine das Angebot übersteigende Nachfrage. Den wenigen Anbietern bereitete der Absatz auf dem von ihnen beherrschten Markt kaum Schwierigkeiten. Vorrangiges Kaufargument für die Kunden war unter diesen

Kapitel

27

1

Gegebenheiten die Verfügbarkeit von Waren, befriedigen zu können.

um

zumindest Grundbedürfnisse

Durch den zunehmenden wirtschaftlichen Aufschwung wandelte sich dieser Verkäufermarkt bis etwa Ende der sechziger Jahre in einen von den Nachfragern dominierten Käufermarkt. Die Unternehmen mussten sich nun auf ein verändertes Kaufverhalten und ein gestiegenes Qualitätsbewußtsein ihrer Kunden einrichten. Neben der Qualität wurde der Preis sowie die Verfügbarkeit am Markt zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor (Barsky, 1999, S.5ff).

Welche Veränderungen in diesem Kontext gegenwärtig zu beobachten sind, lässt sich am besten mit den Worten von R.C. Stempel (1995, S.l), dem CEO der General Motors Company, umschreiben:

„Die weltweite Qualitätsrevolution hat permanent die Art und Weise

verändert, wie wir unsere Geschäfte betreiben. War Qualität einst nur auf technische Belange beschränkt, so ist Qualität heute ein dynamischer Verbesserungsprozess, der alle Bereiche unserer Geschäftswelt durchdringt. "

Steigende Komplexität der Produkte erfordert daher u.a. höhere Aufwendungen Produktentwicklung bei gleichzeitig immer kürzer werdenden Produktlebenszyklen. Marktsättigung, Marktstagnation und Marktschrumpfung verschärfen den Wettbewerb und lassen Neuentwicklungen zu einem Wettlauf mit in der

der Zeit werden. Es erweist sich daher als existenziell, bestehende Kundenbeziehungen zu festigen und Neukunden zu gewinnen (Hundt, 2000, S. 252). Da der Käufermarkt das Verhalten der Anbieter nachhaltig bestimmt und nicht die umgekehrte Verhaltensweise das Marktgeschehen determiniert, liegt es an den Unternehmen, durch angepaßte Problemlösungen die Käufer an sich zu binden.

1.2.

Internationalisierung des Wettbewerbs

Wie kaum ein anderes Stichwort und Problemfeld beherrscht der

Begriff „Internationalisierung" mit seinen vielfältigen Aspekten direkt und indirekt die Diskussion in Politik und Wirtschaft. Ähnlich populär erscheint der Begriff „Globalisierung", der als die regional weitreichendste Form von „Internationalisierung" im Sinne weltweiter Unternehmensaktivitäten verstanden werden kann (Krystek/Zur, 1997, S. 3).

Kapitel

28

1

Was die deutsche Wirtschaft betrifft, so sieht sie sich seit Jahren einer immer stärker werdenden Internationalisierung des Wettbewerbs bei gleichzeitig weltweiter Globalisierung der Märkte gegenüber (Rothlauf, 1996, S. 24). Dadurch haben sich die Voraussetzungen für unternehmerisches Handeln grundlegend verändert und unternehmerische Aktivitäten sind neu zu definieren.

Weltweit international tätige Unternehmen stoßen auf Märkte vor, die bisher von nationalen und regionalen Anbietern beherrscht wurden, mit der Folge, dass es überall zu einem Verdrängungswettbewerb gekommen ist, der alle Länder und Märkte erfaßt hat. Hinzu kommt, dass in vielen Bereichen der Markt in Europa weitgehend gesättigt ist, man denke z.B. an den Verkauf von Kühlschränken oder Waschmaschinen, so dass Verlagerungen in andere Länder und Kontinente stattfinden bzw. stattfinden müssen, um das Überleben des eigenen Unternehmens zu sichern. Mit dieser Entwicklung zusammenschlüssen und

auch eine Zunahme von Unternehmenseine immer stärker werdende Herausbildung multinationaler Unternehmen einher. Nahezu täglich berichten die Medien über Zusammenschlüsse bedeutender Unternehmen; allein im Jahre 1998 waren es weltweit mehr als 26.000. Für die Übernahme von Unternehmen wurde im Jahr 1998 ein Gesamtwert von 2400 Milliarden Dollar bezahlt, im Jahre 1995 waren es lediglich 1000 Milliarden Dollar (Schrempp, 2000, S. 13). Aber auch mittelständische Unternehmen nutzen zunehmend die Chancen, die ein größerer Unternehmensverbund bietet. So stieg in Deutschland die Zahl der Unternehmenszusammenschlüsse seit 1995 um jährlich 15% auf zuletzt 2200.

geht

Vieles spricht dafür, dass wir hinsichtlich von Fusionen und Zusammenschlüssen erst am Anfang einer Entwicklung stehen und vor allem grenzüberschreitende Aktivitäten in diesem Kontext weiter zunehmen werden. Unabhängig, ob sich denn auch jeder Zusammenschluss rechnet, bleibt zu konstatieren, dass mit den größer gewordenen Märkten Unternehmen stärker als bisher darüber nachdenken müssen, mit welcher Unternehmensstrategie sie diesen Herausforderungen gerecht werden wollen.

Auf der anderen Seite bedeutet Globalisierung auch den Übergang von einem System offener Volkswirtschaften in die einer integrierten Weltwirtschaft. Nicht mehr das „Made in Germany" wird die bestimmende Verkaufsformel für bundesdeutsche Unternehmen mit internationalen Aktivitäten darstellen. Will man den Ansprüchen eines weltweit operierenden Unternehmens zukünftig entsprechend Rechnung tragen und damit den Vorstellungen einer alle Mitarbeiter erfassenden Corporate Identity entsprechen, wird ein „Made at ..." an die Stelle des „Made in..." treten müssen.

Kapitel 1

29

Wie zukünftig die Zusammenarbeit in einem derart globalisierten Unternehmen aussehen kann, zeigt das nachfolgende Beispiel der Daimler/Chrysler AG (Schrempp, 2000, S. 13):

„Wer sich in jüngster Zeit ein neues Auto gekauft hat, kann feststellen, dass die Airbags seines Wagens durch einen Computerchip gesteuert

werden. Dieses ungefähr 50 Dollar teuere Stück ersetzt mechanische Sensoren, die rund 650 Dollar kosten würden. Die Rohbasis dieses kleinen Steuerteils wird aus Silizium in Finnland und Fernost hergestellt. Dann wird der elektronische Teil des Chips beispielsweise in England und gleichzeitig der mechanische Teil im bayerischen Ottobrunn und in Singapur gefertigt. Anschließend werden beide Komponenten in Belgien zusammenmontiert. Von dort kommt der Kombichip zum Einbau in die Gesamtelektronik der Airbagsteuerung wieder nach Kirchheim bei Stuttgart. Danach wird er im MercedesBenz-Werk in den Vereinigten Staaten in eine M-Klasse installiert, die dann vielleicht nach Brasilien geliefert und in Rio verkauft wird.

Fazit: Arbeitskräfte in Finnland und Asien arbeiten mit Facharbeitern in England und Deutschland zusammen, die ihrerseits mit Fachkräften

Belgien kooperieren, um die Monteure am Band in den USA mit wichtigen Komponenten zu beliefern. Alle arbeiten an einem Teilchen, in

das 50 Dollar kostet. Und sie alle sind verbunden mit einem Absatzmarkt in Brasilien. "

1.3.

Fokussierung auf interkulturelle Kompetenz

Mit der Aufnahme grenzüberschreitender Geschäftsaktivitäten geht im Vergleich zu rein national operierenden Unternehmen eine Heterogenisierung der für die unternehmerischen Entscheidungsträger relevanten Umwelten einher. Die Vielfalt und die Unterschiedlichkeit der bearbeitenden Märkte schlägt sich dabei in einer erhöhten Aufgabenkomplexität nieder, deren integrative Handhabung zu den Grundproblemen internationaler Unternehmenstätigkeit gezählt werden kann (Macharzina/Oesterle, 1997, S. 5). Nicht die singuläre, jeweils selbständige Bearbeitung ausländischer Märkte wird der neuen Situation gerecht. Die koordinativ-abwägende Einbeziehung der sozio-ökonomischen Daten aller vom internationalen Unternehmen bearbeiteten Regionen sowie die erfolgreiche Bewältigung kulturbedingter Managementprobleme wird zum neuen Ansatzpunkt des internationalen Betätigungsfeldes (Rothlauf, 1999, S. 1).

30

Kapitel

1

Mit der zunehmenden Internationalisierung der Märkte verändern sich auch die Geschäftsaktivitäten und -felder der Unternehmen. Die Akteure stammen aus kulturell verschiedenen Ländern, haben unterschiedliche Wertvorstellungen und zeichnen sich durch divergierende Denk- und Handlungsweisen aus. Den damit verbundenen Ansprüchen wird allerdings in der Alltagswirklichkeit nur unzureichend entsprochen. Während Produktionsfaktoren wie Kapital, Know-how und Information durch die moderne Kommunikationstechnik mittlerweile zeitgleich überall auf der Welt verfügbar sind, gibt es noch gewaltige Defizite im interkulturellen Lernen und Verstehen. Da in Zukunft davon auszugehen ist, dass die Anzahl der geschäftlichen Kontakte, bei denen die Akteure aus kulturell verschiedenen Ländern stammen, zunehmen werden, bedarf es einer Neupositionierung der Unternehmen. Wer hier international bestehen will, muss vorausschauend einschätzen können, welche Auswirkungen kulturelle Unterschiede u.a. auf die Managementpraxis, die individuellen Arbeitseinstellungen, die Kommunikation, das Zusammenarbeiten in interkulturellen Teams und die Verhandlungsführung haben. Diese Sichtweise darf allerdings nicht als Einbahnstraße verstanden werden. Die Notwendigkeit, interkulturelle Grundsätze und Verhaltensweisen zu beachten und umzusetzen, gilt nicht nur im Hinblick auf die Geschäftsbeziehungen nach außen, sondern auch für die internen Geschäftsprozesse (Weber, 1999, S. 55). Aus dem Blickwinkel der internationalen Unternehmensführung stellt sich von daher die Aufgabe, Personen, die im Rahmen der Unternehmenstätigkeit mit interkulturellen Überschneidungssituationen konfrontiert sind, so vorzubereiten, dass sie handlungswirksame Merkmale des jeweiligen fremdkulturellen Orientierungssystems identifizieren sowie diese in das eigene Handlungsschema übernehmen, um spezifische Managementaufgaben unter für sie fremden Kulturbedingungen erfüllen zu können (Holzmüller, 1997, S. 790). Um erfolgreich in unterschiedlichen Kulturen wirken zu können, bedarf der „Globalpreneur" von morgen neben der Managementkompetenz auch der multikulturellen Kompetenz (Hilb, 1998, S. 23). Wenn auch bisher nur wenige Firmen dem Stellenwert der interkulturellen Kompetenz die Aufmerksamkeit geschenkt haben, die notwendig ist, um grenzüberschreitende Unternehmensaktivitäten flankierend vorbereiten zu helfen (Rothlauf, 2000, S. 98), so zeigt zumindest das Beispiel der BASF, dass dort die interkulturelle Kompetenz zu einer tragenden Säule der neuen Unternehmenspolitik geworden ist. In den neuen Leitsätzen der Unternehmensgruppe mit dem Titel „Vision 2010" bildet sie einen der sechs Grundwerte (Stephan, 2000, S. 102). Nur auf der Basis eines veränderten Unternehmensverständnis wird es in Zukunft möglich sein, auf internationalen Märkten zu bestehen. Eine mentale Öffnung gegenüber anderen Ländern und

Kapitel 1

Kulturen wird

so

zu

Unternehmenserfolg.

1.4.

einer

31

notwendigen Bedingung

für den

langfristigen

Wachsende Bedeutung der Informationstechnologie

Weite Entfernungen stellen heute kein Hindernis mehr für Unternehmen dar, um Informationen auszutauschen. Im Zeitalter der Telekommunikation gibt es keine räumlichen Grenzen mehr. Jeder kann von jedem Ort der Welt und jederzeit auf das weltweit verfügbare Wissen zugreifen. Das Internet schafft für Verbraucher neue Möglichkeiten. Wer ein Produkt im deutschen Handel nicht erhält, kann es sich über das Internet im Ausland bestellen. Electronic Business oder Electronic Commerce, deren jeweilige Nutzung sich nicht nur auf das Internet beschränken, sondern die gesamte Wertschöpfungskette innerhalb und außerhalb eines Unternehmens umfassen, sind bereits heute zu einer idealen Plattform geworden, um direkt mit dem Kunden in Kontakt zu treten (Ammam/Dickel, 1998, S. 64). Zwar ist Deutschland der größte europäische Markt für E-Commerce, aber die amerikanischen Unternehmen haben die Nase vorn. Welche Entwicklungen sich auf dem amerikanischen Markt bereits jetzt abzeichnen und welche Strukturveränderungen damit verbunden sind, machen die nachfolgenden Beispiele deutlich (Middelhoff, 2000, S. 15): -

-

-

56 Prozent aller amerikanischen Unternehmen werden im Jahre 2000 Produkte und Dienstleistungen im Internet verkaufen und dabei auf einen Käufermarkt von rund 70 Millionen Internetnutzern treffen. 40% der amerikanischen Autokäufer haben 1999 das Internet für Kauf oder Information genutzt; 2003 werden über das Netz Autos im Wert von 12 Milliarden Dollar verkauft werden. 75% der Internetsurfer nutzen Seiten mit Reiseangeboten für Information und Buchung; 2002 wird der Online-Umsatz bei 30 Milliarden Dollar liegen.

-

32% der Konsumenten suchen oder bestellen

Gesundheitsprodukte im

Internet; 2004 wird der Umsatz mit diesen Produkten bei 22 Milliarden Dollar liegen.

„Move first"', so Thomas Middelhoff (2000, S. 11), Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann AG mit Sitz in Gütersloh, „ist ein Gebot der Internetökonomie.

Kapitel

32

1

Sich empören oder abwarten, welche Herausforderungen durch Globalisierung und Digitalisierung auf Unternehmen und Gesellschaft zukommen, ist keine Option für die Gestaltung der Zukunft. "

Wir müssen Selbstverantwortung und Eigeninitiative fordern Herr Kannegiesser, Ihr Unternehmen ist so alt wie die Soziale Marktwirtschaft Jahrgang 1948, Spürt man im Alter den Zwang zur -

Erneuerung? Ach, den gab es in den letzten 50 Jahren schon oft. Und wir haben ihn immer erfolgreich bestanden, sonst wären wir heute nicht mehr am Markt. Aber da sind wir nicht die Einzigen, das geht allen Unternehmen so.

Woher kommt heute der Druck? Da kommen einige Faktoren zusammen: primär der technologische Wandel und die Veränderung der Kundenwünsche. Dazu kommt, dass der internationale Wettbewerb immer härter wird. Beim Innovationswettlauf schlagen wir ein rasantes Tempo an. Und dann erleben wir gerade mit der Digitalisierung von Information und Kommunikation einen Technologieschub ganz neuen Ausmaßes. Das hat auch Folgen für die Arbeitswelt. Wie reagieren Sie im Unternehmen auf diese Herausforderungen? Wir nutzen die Möglichkeit der IT-Technik und bieten so den Kunden ganz neue Leistungen an: Wenn wir z.B. unsere Wasch- und Bügelsysteme in die USA exportieren, können wir sie online von unserem Heimatstandort Vlotho aus überwachen. Der Kunde zahlt bei uns nicht mehr einmalig für den Kauf der Maschine, sondern fortlaufend für Nutzung und Wartung. Da verlangen Sie sicherlich einiges von Ihren Mitarbeitern? Das ist richtig. Zum Beispiel die Bereitschaft zu ständiger Weiterbildung und Qualifizierung, sonst lassen sich die neuen Techniken doch gar nicht beherrschen. Letztlich fordern wir von unseren Mitarbeitern absolute Kundenorientierung und wir binden sie stärker in die unternehmerische Verantwortung ein. Was bieten Sie ihnen dafür? Sichere Arbeitsplätze, gute berufliche Perspektiven mit Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten und nicht zuletzt die Chance, gut zu verdienen, zum Beispiel zukünftig auch durch eine Beteiligung am Unternehmenserfolg.

Auszüge aus einem Interview mit Martin Kannegiesser, Unternehmer und Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, in: Die Zeit, Nr. 43, 19.10.2000, S. 38

Wissen, und nicht mehr die natürlichen Rohstoffe, werden zukünftig

zur

ent-

scheidenden Ressource im Wettstreit der globalen Märkte. Unternehmen und Mitarbeiter rechtzeitig auf diesen Wandel vorzubereiten, ist eine der herausragenden Aufgaben, denen sich die deutschen Unternehmen zu stellen haben. Mit Exporten allein wird man heute nicht mehr erfolgreich sein und Arbeitsplätze sichern können. Nur über einen weltweiten Produktions verbünd und Investitionen vor Ort unter gleichzeitiger Einbeziehung der neuesten Informations-

Kapitel 1

33

technologien lassen sich internationale Märkte bedienen. Nicht Abschottung ist deshalb gefragt sondern die Einbeziehung aller das Unternehmen determinierenden Rahmenbedingungen wird zu einer conditio sine qua non.

1.5.

Steigende Kundenerwartungen

Der Kunde ist der letzte und

wichtigste Adressat im Wertschöpfüngsprozess einer Unternehmung. Seinen vielfältigen und ständig steigenden Erwartungen zu entsprechen, stellt daher die größte unternehmerische Herausforderung dar. Die Erfüllung der Kundenwünsche entscheidet letztendlich über Erfolg oder Mißerfolg einer Unternehmung. Die rasante technologische Entwicklung und die Internationalisierung der Märkte erlauben es dem Kunden heutzutage, zwischen mehreren gleichwertigen Produkten zeitgleich auswählen zu können. Für den Kunden wird es zunehmend unwichtiger, von wem er seine Produkte erhält, da er mittlerweile fast überall die gleiche Produktqualität erwarten kann (Wagner, 1997, S. 9ff). Welcher Einfluß von einem veränderten Kaufverhalten des Kunden ausgehen kann, zeigt z.B. die abnehmende Produktloyalität in der Automobilindustrie. Die Zeiten der traditionellen Bindung an ein und dieselbe Marke oder eine innige Verbundenheit mit dem Autohaus vor Ort, womöglich über mehrere Generationen hinweg, nimmt ständig ab (Rothlauf, 1996, S. 26). Die Markenloyalität in der Automobilbranche liegt derzeit bei etwa 65%, ein Rückgang um zehn Prozentpunkte in den vergangenen 15 Jahren; was die Händlerloyalität angeht, so sieht dieses Bild noch düsterer aus (Zeutschel/Hinzpeter/Patzelt, 1995, S. 66). Hinzu kommt, dass das Produkt bzw. die Dienstleistung vom Kunden nicht mehr nur an seiner Funktionsfähigkeit gemessen wird, sondern darüber hinaus zusätzlichen Anforderungen wie Umweltverträglichkeit, Sicherheit, Zuverlässigkeit und vor allem hohe Servicequalität seinen Vorstellungen entsprechen müssen (Dornach/Meyer, 1995, S. 1385). Zudem ist die Erlebniswelt der Kunden komplexer geworden. Eine entsprechende Wahrnehmung fordert Unternehmen geradezu heraus, sich auf neue gesellschaftliche Trends einzustellen, die zum Teil mit einem Wertewandel verbunden sind. Erlebnis- und Freizeitorientierung, ein ungebrochenes Mobilitätsstreben oder eine zunehmende Individualisierung in den Kaufwünschen stellen neue Herausforderungen dar, die zu raschem und vorausschauendem Handeln zwingen.

Kapitel

34

1

Um Kunden wieder langfristig an das Unternehmen binden zu können, müssen deshalb nicht nur neue Kontakt- und Kommunikationsformen gefunden, sondern Qualitäts- und Serviceleistungen aller vor- und nachgelagerten Unternehmensebenen so aufeinander abgestimmt und in einer Unternehmenspolitik formuliert

werden, dass sie den gestiegenen Kundenerwartungen entsprechen (Binner,

2000, S. 24ff).

Bewährungsprobe in der Praxis Intelligente Waage -

Erstmals in Deutschland wird im Future-Store eine Waage mit Bilderkennung eingesetzt. Das Gerät verfügt über eine Spezialkamera und eine neue Identifizierungs-Software. Diese erkennt selbstständig, ob eine Banane oder eine Möhre auf der Waage liegt, und druckt den richtigen Bon aus. Der Kunde muss sich nicht mehr die zu jeder Sorte gehörenden Ziffern merken oder an der Kasse auf das Abwiegen der Ware warten. Bei sehr ähnlichen Früchten wie etwa Äpfeln der Sorte Boskop und Elstar präsentiert die Waage dem Kunden ein Auswahlmenü mit allen in Fragen kommenden Apfelsorten. In: Focus, 28.04.2003, Nr. 18, S. 186

Hier setzt das Total

Quality Management an, das mit einer ganzheitlichen Unternehmensstrategie versucht, die Voraussetzungen für die erfolgreiche Implementierung von Kundenwünschen zu ermöglichen, um über Kundenzufriedenheit die Loyalität der Kunden zu gewinnen bzw. wieder zurückzugewinnen. Deutschland ist auf dem besten Weg zur Dienstleistungsgesellschaft Der Trend zur Service-Society wird wesentlich von den Bedürfnissen der Wirtschaft getragen. Die meisten Dienstleistungen fragt die Industrie selbst nach oder bietet sie sich selbst an: als Vor- und Folgeleistungen der Produktion. Viele Unternehmen wandeln sich zum Dienstleister Volkswagens Autostadt ist nur ein Beispiel. Großkonzerne wie Siemens machen Umsatz und Ertrag nicht nur mit dem Bau von Kraftwerken, sondern immer mehr mit deren Wartung, dem Verkauf von Energieversorgungskonzepten für ganze Länder. Preussag, ein Montankonzern, verdient sein Geld heute als Touristik- und Logistikunternehmen. Der Schuhhersteller Salamander schwenkt um auf Gebäude-Services und Parkhausbetrieb. -

In: Die

Zeit, 29.05.2002, Nr. 23, S. 18

Kapitel 1

35

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung 1.

Warum ist ein Paradigmenwechsel bei deutschen Unternehmen notwendig, um sich zukünftig am Markt behaupten zu können?

2.

Diskutieren Sie die Aussage, wonach eine teilweise Verlagerung von Investitionen deutscher Unternehmen ins Ausland eine zwingende Notwendigkeit darstellt!

3.

Welchen Stellenwert messen Sie zukünftig der bei und welche Veränderungen erwarten Sie?

4.

für Unternehmen, dass die Kunden über eine veränderte Erwartungshaltung zukünftig noch stärker die Nachfrage bestimmen werden?

5.

Welche

6.

Wie werden Ihrer

nach die Kunden auf elektronische Preisschilder, Touchscreen-Computer für den Einkaufswagen, intelligente Waagen und Selbst-Scanning beim Bezahlen reagieren?

7.

Diskutieren Sie die Vor- und Nachteile von Unternehmenszusammenschlüssen auf nationaler wie internationaler Ebene!

8.

Warum

Was bedeutet

es

wird Ihrer Meinung nach die Kundenloyalität nehmen und wie sollten sich die Unternehmen darauf einstellen?

Entwicklung

muss

ein

Meinung

ganzheitliches Managementkonzept, wie

Quality Management darstellt, Rechnung tragen? 9.

Informationstechnologie

Bei

den veränderten

es

das Total

Rahmenbedingungen

grenzüberschreitenden Unternehmensaktivitäten wird immer mehr gelegt. Worin sehen Sie die Wichtig-

Wert auf interkulturelle Kompetenz keit eines derartigen Ansatzes? 10.

Wie beurteilen Sie die Aussagen von Martin Kannegiesser, dem neuen Präsidenten von Gesamtmetall, der gleichzeitig auch ein Familienunter-

nehmen führt, im Hinblick auf die neuen damit verbundenen Lösungsansätze?

Herausforderungen

und seine

36

Kapitel

1

Literaturhinweise

Ammarn, P., Dickel, J., Erfolgreiches Business-to-Business-Marketing mit Internet/WWW, in: io Management, Nr. 4, 1998 Barsky, J., Finding the Profit in Customer Satisfaction, Contemporary Books, New York, 1998 Binner, H.F., Prozeßorientierte TQM-Umsetzung, München 2000 Dornach, F., Meyer, A., Das Deutsche Kundenbarometer Teil 2, in: Qualität

und Zuverlässigkeit, 40 Jg, 1995 Hilb, M., Der Weg zum Globalpreneur, in : Personalwirtschaft, Nr. 2, 1998 Holzmüller, H.H., Bedeutung und Instrumente zur Handhabung der kulturellen Heterogenität im internationalen Unternehmensverbund, in: Macharzina/ Oesterle (Hrsg.), Internationales Management, Wiesbaden 1997 Hundt, D., Qualität: Realität oder Vision?, in: Qualität und Zuverlässigkeit, Nr. 3/2000 Krystek, U, Zur, E., Internationalisierung als Herausforderung für die Unternehmensführung: Eine Einführung, in: Krystek/Zur (Hrsg.), Internationalisierung. Eine Herausforderung für die Unternehmensführung, Berlin/ Heidelberg, 1997 Macharzina, K, Oesterle, M.J., Das Konzept der Internationalisierung im Spannungsfeld zwischen praktischer Relevanz und theoretischer Unscharfe, in: Macharzina/Oesterle (Hrsg.), Internationales Management, Wiesbaden 1997 Mellis, W., Herzwurm, G, Stelzer, D., TQM der Softwareentwicklung Mit Prozeßverbesserung, Kundenorientierung und Chance Management zu erfolgreicher Software, Braunschweig/Wiesbaden, 1996 Middelhoff, T., Global, schnell, digital. Was Deutschland von den USA lernen kann, in: Internationale Politik, Nr. 3, 2000 Rothlauf, J., Der weite Weg zur Verständigung, in: managerSeminare, Nr. 44, Sept/Okt. 2000 Rothlauf, J., Interkulturelles Management Mit Beispielen aus Vietnam, China, Japan, Rußland und Saudi Arabien, München/Wien, 1999 Rothlauf, J., Kundenzufriedenheit in Theorie und Praxis, in: Der Betriebswirt, Nr. 3, 1996 Schrempp, J.E., Globalisierung als Chance. Zukunftsentwürfe aus der Sicht der Wirtschaft, in: Internationale Politik Nr. 3, 2000 Stempel, R.C., Implementing Total Quality Management, in: Wallmüller, E, Ganzheitliches Qualitätsmanagement in der Informationsverarbeitung, München 1995 Stephan, S., Interkulturelle Kompetenz: ein Grundwert, in: managerSeminare, Nr. 44, Sept./Okt. 2000 Wagner, P., Kundenorientierung der Königsweg zum Unternehmenserfolg, Renningen/Malmsheim, 1997 -

-

-

Kapitel

Weber, P., Sensibilität ist

erste

37

1

Unternehmerpflicht,

in: Handelsblatt, Nr. 84,

03.05.1999

Zeutschel, U, Hintzpeter, R., Patzelt, B., BMW: .Jetzt wird auch der Verkauf super gemacht", in: Harvard Business

*T75rr*^>

_

,

->

-

Manager, Nr. 1, 1995

v

Auf der untersten Sprosse der Erfolgsleiter ist die Unfallgefahr am geringsten. Rupert Schützbach

Kapitel 2

38



Gesicherte Arbeitsplätze in unserem Unternehmen gibt es nur durch Qualität, Produktivität und zufriedengestellte Kunden. "

Leelacocca

II.

Total

Quality Management als ganzheitlicher Ansatz

Die Managementdiskussion der vergangenen Jahre war durch Schlagworte wie Lean Management, Benchmarking, Kaizen, Kanban, Just-in-Time, Business Reengineering, Knowledge Management, Balanced Scorecard, Total Quality Control und viele andere Begriffe gekennzeichnet. Während die einen Ansätze

TQM

Management

Lieferanten

Mitarbeiter

Just-in-Time X

Benchmarking Kaizen

Abb.2: Zum ganzheitlichen Ansatz von TQM

Quelle: eigene Darstellung

Kunden

Kapitel 2

39

sich vorwiegend am Zulieferer, der Ausrichtung an der Produktion oder an einer umfassenden Qualitätskontrolle orientierten, stellten die anderen Konzepte den Mitarbeiter oder das Messen am Klassenbesten in den Mittelpunkt ihrer

Überlegungen.

Ein umfassender Ansatz, der alle an der Wertschöpfungskette beteiligten Zielgruppen erfasst, war damit allerdings nicht verbunden. Das TQM erhebt nun den Anspruch, mit einem ganzheitlichen Ansatz, der prozess-, mitarbeiter- und kundenorientierte Überlegungen explizit mit einbezieht, eine umfassende Antwort auf die Herausforderungen moderner Untemehmensführung zu geben. Dazu gehört auch die Berücksichtigung von Subsystemen, wie sie Just-in-Time, Benchmarking und Kaizen darstellen (s. Abb. 2).

II. 1.

Zur Entwicklung des Total

II. 1.1.

Qualitätsmanagementansätze als Vorläufer des Total Quality Managements

Quality Managements

Überlegungen, wie man die Qualität der Produkte und Prozesse verbessern und

sie zu einem Konzept bündeln kann, haben eine lange Vorgeschichte. Der Amerikaner Deming entwickelte bereits nach dem zweiten Weltkrieg eine Philosophie der ständigen Verbesserung der Prozesse im Unternehmen, wobei im Mittelpunkt seines damaligen Konzeptes eine statistische Qualitätskontrolle stand (Deming, 1982, S. 11). Juran prägte im Jahre 1951 mit seinem Schlagwort „Fitness for use" einen neuen anwendungsbezogenen Qualitätsbegriff, der neben objektiven auch subjektive Gebrauchsnutzen-Überlegungen erstmals berücksichtigte. Feigenbaum wiederum veröffentlichte 1961 einen Total Quality Control-Ansatz, der auf Kundenforderungen fokussiert und deren Erfüllung als Maßstab für die Bestimmung des Qualitätsniveaus angesehen wurde. Der Crosby-Ansatz verband mit Qualität die Vorstellung, dass sie in der Übereinstimmung mit den geforderten Anforderungen zu sehen ist (Binner,

2000, S. 3 Iff).

Aus den Erkenntnissen

von

Deming, Juran, Feigenbaum

und

Crosby, ergänzt

durch eigene Erfahrungen, legte dann der Japaner Ishikawa ein Konzept vor, in dem er für eine verstärkte Einbeziehung der Mitarbeiter und der Gesellschaft auf allen Unternehmensebenen plädierte. Unter der Bezeichnung „Company-WideQuality-Control" fanden auch seine Überlegungen Eingang in die Managementdiskussion (Kamiske, 1995, S. 244).

Kapitel 2

40

Welche weiterreichenden inhaltlichen Aussagen mit den einzelnen Qualitätsüberlegungen verbunden sind, soll nachfolgend kurz dargestellt werden. Dabei wurden aufgrund ihrer besonderen Implikationen für das TQM die Ansätze von Deming, Feigenbaum und Ishikawa ausgewählt.

II. 1.1.1.

Der Deming Ansatz

Der Amerikaner

Deming gehört zu den Pionieren des Qualitätsmanagements. Schon frühzeitig hat er versucht, durch eine ständige Verbesserung der Prozesse Kosten zu senken, um damit die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken (Bühner, 1993, S. 3). Die Japaner, die seine Überlegungen sehr schnell auf ihre Unternehmen übertrugen, bezeichnen Deming als den Vater der Qualitätsbewegung in ihrem Land (Masing, 1999, S.12) und honorierten seinen Einsatz mit einem jährlich von der Union of Japanese Scientists and Engineers gestifteten Deming-Preis, der für herausragende Qualitätsverbesserungen vergeben wird (Kennedy, 1998, S. 60).

II. 1.1.1.1.

Das

Die unterschiedlichen

14-Punkte-Programm

Überlegungen Deming's finden sich in einem 14-Punkte-

Programm zusammengefasst. Wenn auch nicht alle seine Forderungen Eingang in das TQM-Denken gefunden haben, so sind mit seinem Denkansatz doch eine Reihe von Fragen aufgeworfen worden, die zu neuen Einsichten geführt haben. Nachfolgend sollen deshalb kurz die einzelnen Aussagen vorgestellt und mit einigen Kurzerläuterungen versehen werden (www.deutsche-efqm.de, 1999). 1. Unverrückbares Unternehmensziel

Schaffe ein feststehendes Unternehmensziel in Richtung ständiger Verbesserung von Produkten und Dienstleistungen. Man kann trefflich darüber

diskutieren, welcher der 14 Punkte der wichtigste in Deming's Überlegungen ist. Eine Umsetzung seiner Forderungen kann allerdings immer nur dann erfolgen, wenn sie von der Unternehmensleitung ausdrücklich gewollt wird. Von daher ist zunächst die Untemelimensfuhrung gefragt, die die entsprechenden Unternehmensziele festlegt, die sich daraus

41

Kapitel 2

ergebenden Langzeitstrategien definiert und mit einer nierten Unternehmenspolitik reagiert. 2. Der

Um

neue

entsprechend koordi-

Denkansatz

wirtschaftliche Stabilität sicherzustellen, ist ein neuer Denkansatz nötig. Wir sind in einer neuen Wirtschaftsära.

Mit allgemein akzeptierten Fehlerquoten, Verspätungen, fehlerhaftem Material oder fehlerhafter Arbeitsausführung kann man nicht länger erfolgreich sein. Prozessverbesserung erhöht die Ausbringung, reduziert Ausschuss und Nacharbeit und damit Verschwendung an Maschinenzeit, Mannstunden und Material. Ein neuer Denkansatz ist gefragt, der über gute Produkte die Kundenzufriedenheit erhöht.

_3. Keine Sortierprüfungen mehr Beende die Notwendigkeit und Abhängigkeit von erreichen.

Vollkontrollen,

| um

Qualität zu

Qualität kann nicht allein durch Prüfung erfolgen, sondern sie muss zuvor in den Köpfen der Mitarbeiter erzeugt werden. 4. Nicht unbedingt das niedrigste Angebot berücksichtigen

Beende die Praxis,

nur

das niedrigste Angebot zu berücksichtigen.

billige Einkauf erweist sich oft als besonders teuer, wenn in der Fertigung Schwierigkeiten auftreten oder fehlerhafte Teile zum Kunden gelangen. Deming empfiehlt mit einem Anbieter zu arbeiten und eine langfristige Beziehung zu ihm aufzubauen, die auf Loyalität und Vertrauen basiert. Dieses Gebot ist die Basis aller Just-in-Time Programme. Der

5. Verbessere ständig die Systeme Suche ständig nach Fehlerursachen, um alle Systeme für Produktion und Dienstleistungen sowie alle anderen im Unternehmen vorkommenden Tätigkeiten auf Dauer zu verbessern.

Kernaussage betrifft die Verbesserung der Produktivität im Unternehmen. Deming-Rad, das die vier Phasen Planen (Plan), Ausführen (Do), Überprüfen (Study) und Handeln (Action) umfasst, zeigt, wie in einem bestimmten Zyklus ganz bestimmte Fragen aufgeworfen und nach Prüfung Diese

Das sogenannte

Kapitel 2

42

entweder verworfen oder umgesetzt drehen beginnt.

werden, bevor das Rad sich wieder

zu

Abb.3: Das Deming-Rad Quelle: Deming, 1986, S.88 6. Schaffe moderne Anlernmethoden

Schaffe moderne Anlernmethoden und sorge für Wiederholtraining am Arbeitsplatz. Der Mitarbeiter muss nicht nur darin unterwiesen werden, wie

er seine Arbeit zu braucht Verständnis für den Zusammenhang, in dem seine Arbeit steht und für die Abläufe in dem Bereich. Dazu ist Qualifizierung und Schulung

tun hat. Er

unabdingbar.

7.

Sorge für richtiges Führungsverhalten

Schaffe moderne Führungsmethoden, die sich darauf konzentrieren, Menschen zu helfen, seine Arbeit besser zu verrichten.

dem

Ein richtiges Führungsverhalten nimmt eine Schlüsselrolle in einem Unternehmen ein, weil der Vorarbeiter oder Meister in der Interpretation der Anweisungen von oben einen großen Spielraum hat. Deshalb ist der Zeitanteil, den die Unternehmensleitung für Unterweisung aufbringt, wichtig für die Demonstration der Ernsthaftigkeit, die neue Philosophie in die Tat umzusetzen.

Kapitel 2

8.

43

Beseitige die Atmosphäre der Angst

Fördere die gegenseitige Kommunikation und andere Mittel, um die Angst innerhalb des gesamten Unternehmens zu beseitigen.

Angst entsteht immer dann, wenn der einzelne das Gefühl der Ohnmacht gegenüber anderen oder dem System hat. Es gibt zahllose Beispiele, wie auf allen Ebenen der Hierarchie aus Angst falsch gehandelt wird. 9.

Beseitige Barrieren

Beseitige die Grenzen zwischen den Bereichen. Jeder Mitarbeiter muss sich als Glied eines Teams vorauszusehen und zu lösen.

verstehen,

um

Probleme

10. Vermeide Ermahnungen

Beseitige Slogans, Aufrufe und Ermahnungen.

Appelle sind wenig geeignet, in einem Unternehmen Qualitätsarbeit zu fördern. Nur das gute Beispiel der Vorgesetzten im Rahmen einer durchschaubaren Organisation schafft die Voraussetzungen für eine Verbesserung der Qualität. 11. Setze keine festgeschriebenen Standards

Beseitige Leistungsvorgaben, die die zu erreichenden Ziele willkürlich festschreiben. Es stellt eine revolutionäre Forderung von Deming dar, dass die Produktion künftig nicht nach der Stückzahl, sondern nach der Qualität ausgerichtet werden soll. Jede numerische Stückzahlvorgabe ist eine Mauer gegen die Qualität und somit auch gegen die Produktivität. Leistungsvorgaben verursachen im Allgemeinen nur ungenutzte Qualitäts- und Produktivitätsvorgaben. So werden schlechte Teile gefertigt, um vorgegebene Stückzahlen zu erreichen. Die Folge ist Nacharbeit. 12. Gestatte es, auf gute Arbeit stolz

Beseitige alles,

was

zu

sein

das Recht jedes Werkers undjedes Managers in Frage stellt, auf ihre Arbeit stolz zu sein.

Qualitätsarbeit ist Sache jedes einzelnen Mitarbeiters. Nichts kann sich schlimmer auswirken, als die berüchtigte „innere Kündigung".

Kapitel 2

44

13. Fördere die Ausbildung

Schaffe ein durchgreifendes Ausbildungsprogramm und eine Atmosphäre der Selbstverbesserung für jeden einzelnen. Wenn heute auch die

Notwendigkeit ständiger Fortbildung weitgehend

anerkannt ist, so wird doch der dafür erforderliche Aufwand an Geld vielfach unterschätzt. Dies erweist sich in der Praxis als großes Hemmnis bei der Emführung erfolgswirksamer Maßnahmen wie sie Deming vorschlägt. 14.

Mache die ständige

Verpflichtung der Unternehmensleitung

Verbesserung von Qualität und Produktivität zur Aufgabe der Unternehmensleitung.

Das Management muss Qualitätsverbesserung wollen und sich persönlich mit den Maßnahmen dazu identifizieren. Geschieht dies nicht wird z.B. die Förderung der Qualität an eine Stabsstelle delegiert bewegt sich nichts im -

-

Unternehmen.

II. 1.1.1.2.

Die Reaktionskette von Deming

14-Punkte-Programm von Deming war zugleich der Ausgangspunkt für die ihm entwickelte Reaktionskette. Gelingt es einem Unternehmen demnach eine Verbesserung seiner Qualität zu erreichen, dann führt dies im nächsten Schritt zu einer Produktivitätssteigerung. Diese wiederum ermöglicht sinkende Kosten, die wettbewerbsfähigere Preise zur Folge haben. Über gesicherte Marktanteile gelingt es schließlich auch, sichere Arbeitsplätze auszuweisen (s. Abb.4). Das von

Damit die

entsprechenden „Reaktionen" eintreten, wird die Erfüllung folgender Grundhaltungen eingefordert (www.deutsche-efqm.de, 1999): -

-

Jede Aktivität kann als ein Prozess angesehen werden. Problemlösungen allein genügen nicht, fundamentale Änderungen sind erforderlich.

Die Geschäftsleitung übernimmt.

muss

handeln;

es

reicht nicht aus, dass sie Verantwortung

Kapitel 2

45

Abb.4: Die Reaktionskette von Deming Quelle: www.deutsche-efqm.de, 1999

II. 1.1.2. In dem 1961

Der Feigenbaum-Ansatz

Feigenbaum erschienenen Werk „Total Quality Control" wird Qualitätsbegriff erkennbar, der weit über den bis dahin traditionellen produktbezogenen Qualitätsbegriff hinausgeht. Erstmals werden die Kundenforderungen als Maßstab für die Bestimmung des Qualitätsniveaus eingefordert. Dabei bezieht Feigenbaum auch den Preis in seine Überlegungen mit ein. Über die Betrachtung des Preis-/Leistungsverhältnisses wird ein wertmäßiger Qualitätsbegriff formuliert. Qualitätsbemühungen dürfen sich nach seiner Auffassung allerdings nicht mehr nur auf den eigentlichen Fertigungsprozess konzentrieren, sondern auch alle anderen Funktionen, die den Produktlebenszyklus-Ablauf betreffen, müssen Berücksichtigung finden. Dazu ist es notwendig, dass alle Mitarbeiter und nicht nur wenige Spezialisten von Anfang an mit in die Qualitätsverbesserungen einbezogen werden. Dabei ist ein

von

neuer

-

-

Kapitel 2

46

ihnen das zugrundeliegende Konzept so zu vermitteln, dass sie es verstehen und akzeptieren können und somit auch ihr persönliches Interesse geweckt wird.

Total-Quality-Control-Ansatz von Feigenbaum lässt sich durch sieben Punkte charakterisieren, die in der nachfolgenden Abbildung dargestellt sind. Der

Qualität ist keine technische Funktion oder Abteilung, sondern ein

entsprechenden organisatorischen Rahmen, der sowohl die

systematischer

Qualität am einzelnen

Qualität braucht einen

Arbeitsplatz als auch die der Zusammenarbeit zwischen Abteilungen sicherstellt

Prozess, der das gesamte

Unternehmen

durchdringt

Ein TQC

Konzept muss so klar aufgebaut sein, dass die Mitarbeiter es verstehen und ihm vertrauen und daher ein Interesse an der

Umfassende

Qualitätsver-

besserungen sind nur

aller und nicht

Mitwirkung haben

Abb.5: Das

durch die

Anstrengungen nur

einigen wenigen Spezialisten zu von

Die Idee der

Qualitätsverbesserung darf

nicht nur auf die Produktion beschränkt bleiben, sondern muss alle Bereiche einer Organisation erfassen

7 Eine umfassende

Qualitätsverbesserung verlangt die Unterstützung durch neueste

Technologie

Die Bedürfnisse des Kunden sind der Maßstab der Qualität, nicht die Interessen des Marketing und der Produktion

erreichen

Total-Quality-Control-Konzept von Feigenbaum

Quelle: Binner, 2000, S. 33

II. 1.1.3.

Der Ishikawa-Ansatz

Kaoru Ishikawa ist

Japans bedeutendster Qualitätsexperte. Das von ihm entwickelte Konzept der Company Wide Quality Control bezieht erstmals auch explizit die internen Kunden-Lieferanten-Beziehungen in seine Überlegungen mit ein (s. Abb.6). Ausgehend von der These, dass Qualität wichtiger ist als

Kapitel 2

47

kurzfristiges Gewinnstreben, wird der Fokus auf einer künden- statt auf einer herstellerorientierten Qualitätspolitik gelegt. Im Wertschöpfungsprozess einer Unternehmung wird nun jeder Mitarbeiter zum Kunde vorgelagerter Leistungen und gleichzeitig zum Lieferanten an die nächstfolgende Stufe (Bühner, 1993, S. 11). Der Ansatz von Ishikawa basiert dabei auf einem 3-Stufen-Modell. Die erste Stufe sieht die Qualitätssicherung von Produkten und Dienstleistungen mit dem Schwerpunkt im Bereich der Produktentwicklung vor. In der zweiten Stufe werden die nicht direkt an der Wertschöpfung beteiligten Geschäfts- und Betriebsprozesse, wie z.B. Verwaltungsabläufe oder Lieferantenbeziehungen mit einbezogen. In der dritten Stufe setzt dann der bereits von Deming entwickelte Prozessverbesserungsablauf mit den vier Schritten „plan-do-checkact" ein.

Qualität ist

wichtiger als

Kundenorientierte statt herstellerorientierte

Lieferanten-

Gewinnstreben

Qualitätspolitik

Beziehungen und

kurzfristiges

Aufbau von KundenAbbau von

Abteilungsschranken

Qualitätssogenannte

Bewußter Einsatz statistischer Methoden der

„7 Tools of Quality"

Qualitätssicherung

Methoden-

Katalog der

Regelmäßige abteilungsübergreifende

und

Zusammenarbeit in

Qualitätsfragen

Partizipatives

Management unter

Einbeziehung aller Abteilungen und unter Einwirkung

Berück-

sichtigung

humanitärer

Gesichtspunkte

aller Mitarbeiter

Abb.6: Der Company Wide Quality Control-Ansatz von Ishikawa Quelle: Binner, 2000, S. 36 Alle Mitarbeiter sind eingebunden, um eine umfassende Qualität zu erreichen. Jeder von ihnen soll nun im Rahmen seiner Möglichkeiten eigenverantwortlich für die Qualitätsaufgaben zuständig sein. Gleichzeitig muss er dabei gezielt in

Kapitel 2

48

Qualitätszirkeln mit anderen Kollegen auf allen Hierarchieebenen zum Zwecke der kontinuierlichen Qualitätsverbesserung zusammenarbeiten. Als Werkzeuge zur Problemlösung werden dabei die statistischen Methoden („7 Tools of Quality") eingesetzt

536ff):

-

-

-

-

-

-

-

11.2.

Der

folgenden sieben (Pfeifer, 1996, S.

Ursache-Wirkungs-Diagramm Histogramm Korrelationsdiagramm Verlaufsdiagramm Regelkarte Pareto-Analyse Strichliste

Entwicklungsschritte hin zum Total Quality Management Entwicklung

zum TQM gingen unterschiedliche Entwicklungsschritte Fasst man die jeweiligen Überlegungen zusammen, dann war die erste Phase durch ein starkes Fokussieren auf Fragen der Qualitätskontrolle gekennzeichnet. Der Denkansatz war von einem rational-konservativen Engagement mit der Fokussierung auf Spezialisten geprägt. voraus.

In der zweiten

Phase, bei der die interaktive Qualitätssicherung im Mittelpunkt wird der stand, Qualitätsgedanke zwar als separate Funktion aufgelöst, aber nur halbherzig in das Unternehmen integriert. Als Weiterentwicklung der klassischen Qualitätssicherung, die sich auf die Produkte und die Produktion beschränkte und in den ersten beiden Stufen ihren Ausdruck fand, entstand dann Anfang der siebziger Jahre, ursprünglich von den Amerikaner entwickelt und letztlich von den Japanern realisiert, das Total Quality Management (Fank/Kwiecinski, 1996, S. 14, Frehr, 1994, S. 1). Der

visionär-pragmatische Ansatz des TQM greift Qualität als Chefsache auf. Produktqualität wird nun als Ergebnis aller in einem Unternehmen Beschäftigten angesehen und ist allen anderen Funktionen übergeordnet (Kamiske, 1996, S. 2). nachfolgende Abbildung wicklungsprozess. Die

7 verdeutlicht noch einmal diesen iterativen Ent-

Kapitel 2

49

Total

Quality Management

Visionär-pragmatisch

-Qualität ist Chefsache Interaktive

Qualitätssicherung

und Führungsaufgabe Qualität ist allen anderen Funktionen

übergeordnet -Produktqualität als Ergebnis von Unternehmensqual ität

Integral-halbherzig

-Qualität als separate Funktion

Qualitätskontrolle

wird

aufgelöst und in die anderen integriert -Qualität geht jeden an

Rational- konservativ -Qualität eine Funktion von vielen

-Qualität wird an Spezialisten delegiert

-Produktqualität steht im Vordergrund Abb.7: Die Entwicklungsstufen zu TQM Quelle: Kamiske, 1996, S.2 Was die Entwicklung von Qualitätsüberlegungen in Deutschland betrifft, so wurde in den zurückliegenden Jahrzehnten von Qualität nur im Zusammenhang mit dem Produktionsprozess bzw. mit dem Produkt als Output dieses Prozesses gesprochen (Zink/Schildknecht, 1994, S. 102). Auch die Umsetzung der Ergebnisse einer Studie in der Weltautomobilindustrie, die vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) im Jahre 1990 durchgeführt wurde und neue Denkanstöße in Richtung TQM freisetzte (Womack/Jones/Roosl990, S. 3ff), brauchte Jahre, um in deutschen Unternehmen auf entsprechende Resonanz zu stoßen.

neunziger Jahren begann man dann in Deutschland sich mit diesem Qualitätsmanagementansatz stärker auseinanderzusetzen. Autoren wie z.B. Oess (1993), Töpfer/Mehdorn (1995) oder Kamiske (1996) lieferten dazu den theoretisch-konzeptionellen Rahmen. Was die praktische Umsetzung betrifft, so erfolgte erst in den letzten Jahren eine stärkere Fokussierung auf TQM, ohne dabei aber eine flächendeckende Wirkung zu erzielen. Erst in den

Kapitel 2

50

Zur Begriffsbestimmung von Total Quality Management

II.3.

Quality Management zeichnet sich dadurch aus, dass es als ein langfristig integriertes Konzept anzusehen ist, das dazu dient, die Qualität von Produkten und Dienstleistungen einer Unternehmung in allen Bereichen und Funktionen zu optimieren. Durch die Mitwirkung aller Mitarbeiter wird darüber hinaus sichergestellt, dass eine termingerechte Fertigstellung zu günstigen Kosten gewährleistet sowie eine kontinuierliche Verbesserung mit dem Ziel angestrebt wird, eine optimale Bedürfnisbefriedigung der Konsumenten zu ermöglichen (Oess, 1993, S. 89). Das Total

Vor allem der Fokus von TQM auf eine kontinuierliche Verbesserung wird in der nachfolgenden Definition von Kanji/Asher, (1996, S. 1) noch einmal hervor-

gehoben.

"All work is seen as a process and total quality management is a continuous process of improvement for individuals, groups ofpeople and whole organizations. What makes total quality management different from other management processes is the concentrated focus on continuous improvement. Total quality management is not a quick management fix; it is about changing the way things are done within the organization's lifetime. "

Als oberstes Ziel von TQM wird daher der Kunde und seine Zufriedenheit angesehen. Alle Prozesse und Denkweisen in einem Unternehmen müssen auf dieses Ziel ausgerichtet sein. Das neue Qualitätsverständnis verlangt, dass die Qualität nicht nur auf die Produkte beschränkt bleibt, sondern dass das Unternehmen, das Management, die Mitarbeiter und die Prozesse sich ausschließlich an dieser Prämisse orientieren. Betrachtet man die drei begrifflichen Bestandteile von TQM, dann steht „Total" für die Einbeziehung aller an der Wertschöpfungskette beteiligten Personen, „Qualität" wird als eine umfassende zielgerichtete Qualitätsorientierung nach innen wie nach außen verstanden und das „Management" sorgt nicht nur für sinnorientiertes Handeln, sondern wirkt in seiner Vorbildfunktion stilbildend für alle Mitarbeiter. Von welchen Grundpfeilern das TQM getragen wird, zeigt die nachfolgende Abbildung 8. Verbindet man neben der begrifflichen Festlegung der drei Bestandteile von TQM die einzelnen Termini mit weitergehenden Fragestellungen, die eine zusätzliche Fokussierung ermöglichen, dann wird erkennbar, dass die Begriffe nicht isoliert zu betrachten sind, sondern sich gegenseitig ergänzen (s. Abb.9).

Kapitel 2

51

-Kundenorientierung -Mitarbeiterorientierung

-Qualität des

funktionsübergreifend

-Qualität der Prozesse -Qualität der Arbeit

Unternehmens

-Bereichs- und

-Gesellschafts-

-Qualität der Produkte

orientierung

-Führungsaufgabe Qualität (sinnorientiertes Handeln) -Führungsqualität (Vorbildfunktion) -Team- und Lernfähigkeit -Beharrlichkeit

Abb.8:

Grundpfeiler des TQM Quelle: Kamiske/Brauer, 1995, S.245

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Kapitel 2

52

Wofür steht Total?

\v\

Einbeziehung aller am Geschäftsprozess beteiligten Mitarbeiter, Zulieferer, Absatzmittler

A V

und Kunden

Werden tatsächlich alle Bereiche, z.B. auch das Marketing oder die F&E Abteilung und alle Mitarbeiter einbezogen? Haben präventive Maßnahmen das gleiche Gewicht wie kurative? Überschreitet die Einbeziehung Unternehmensgrenzen? Welcher Art ist die Einbeziehung? Welcher

Begriff wird zugrunde gelegt? Ist die Kundenorientierung auf

allen Ebenen und vor allem auch innerbetrieblich realisiert? Werden interne und externe Kundenbedürfhisse berück-

Zielgerichtete Qualitätsorientierung durch alle

Wofür steht

-

internen und externen

Quality?

Beteiligten

-

sichtigt? Welche besteht

Wofür

Steuerung

der

Unter-

nehmensressourcen, Ko-

steht

ordination

der SachVorbildfunktion und qualitative Führung aller Mitarbeiter

funktionen,

Management?

\~y\

A V

Verknüpfung

mit

anderen

Management Konzepten wie Management by Objectives? Ist eine entsprechende Qualitätsphilosophie durch ein gelebtes Führungskonzept (Partizipation und Delegation) und eine Neustrukturierung der Organisation auf Dauer abgesichert? Gibt es ein qualitätsorientiertes Rechnungs- und Berichtswesen? Ist Qualität ein Fundament

der

Unter-

nehmenskultur?

Abb.9: Zur TQM-Begriffsdefinition Quelle: zusammengestellt nach Rothlauf,

3/1996, S.24; Zink, 1994, S. 44

Kapitel 2

II.4.

Zur Philosophie des Total Quality

53

Management

Kapitel hat aufgezeigt, dass TQM nicht nur einen Handlungsansatz darstellt, sondern zugleich für eine Unternehmensphilosophie steht, dessen Führungskonzept das ganze Unternehmen mit einbezieht. TQM steht dabei für Qualitätsbewusstsein und Qualitätssicherung in allen Phasen der Wertschöpfungskette, zielt auf Mitarbeiterund Kundenorientierung ab und richtet sich in seiner Prozessorientierung an alle am Unternehmensgeschehen und seinem Erfolg beteiligten Personen (s. Abb. 10). Das vorangegangene

umfassenden Denk- und

Kundenorientierung

Erfolgs- und Zielorientierung Prozesa

Orientierung Steuerung durch das Management

Abb. 10: Zur Philosophie des TQM

Quelle: angelehnt an Binner, 2000, S. 38

Welche inhaltliche Aussage mit der jeweiligen Grundorientierung verbunden ist und welcher Beitrag damit zum Unternehmenserfolg geleistet wird, soll nachfolgend einer näheren Betrachtung unterzogen werden.

Kapitel 2

54

Kundenorientierung

11.4.1.

eines jeden Unternehmens. Er allein bestimmt, ob die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen seinen Anforderungen genügen und ihn zufriedenstellen. Ausgehend von dieser Prämisse gehört die absolute Kundenorientierung zu den Kernaufgaben von TQM. Alle Prozesse und Abläufe im Unternehmen sind auf den Kunden ausgerichtet. Um dieses Ziel zu erreichen, muss das Unternehmen die Anforderungen und die Erwartungen der Kunden kennen und es muss wissen, inwieweit seine Bemühungen ausreichend sind, um die Kunden damit tatsächlich zu erreichen. Der Kunde ist der Schlüssel

zum

Erfolg

Wal-Mart nimmt die Konkurrenten in die Zange

Die Manager von Wal-Mart impfen den deutschen Mitarbeitern amerikanische Unternehmenskultur und Kundenorientierung ein. So werden sie mit der ,J3rei-Meter-Regel" auf Kundenfreundlichkeit getrimmt. Sie fordert Folgendes: Wenn sich ein Kunde einem Angestellten auf diese Distanz nähert, muss dieser grüßen und seine Hilfe anbieten. Auch schrecken die Amerikaner nicht vor Gemeinschaftserlebnissen zurück: Um den Angestellten ihre Pflichten einzubläuen, wird bei der Morgensitzung gemeinsam der Wal-Mart-Schrei ausgestoßen. In: Die

WELT, 07.01.2000, S.

16

Bei der

Kundenorientierung geht es vor allem darum, der veränderten Wahrnehmungswelt des Kunden zu entsprechen und durch differenzierte Angebote sich vom Wettbewerber zu unterscheiden (s. Abb. 11). Die Unternehmen sind deshalb gezwungen, den Forderungen und Erwartungen ihrer Klientel nach eindeutiger Differenzierung zu entsprechen, indem sie Anreize schaffen, die über den primären Nutzen eines Produktes oder einer Leistung hinausgehen. Kundenorientierung ist verbesserungswürdig Größtenteils auf dem

richtigen Weg, aber in der Kundenorientierung noch nicht konsequent genug sind die Webauftritte von vielen deutschen Banken. Das zeigt eine Studie der Unternehmensberatung Arthur D. Little, die die Websites von 16 Banken unter die Lupe nahm. In:

Wirtschaftskurier, Aug. 2000, S. 6

55

Kapitel 2

Gebrauchsanweisung

Rechnung

Warenbenutzung

Lieferzeit

Servicebesuch

Verpackung

Prospekt

Schriftverkehr Telex

Werbung

Telefongespräch

Anzeige

Verkäuferkontakt

Angebot

Produkt-Präsentation

Preisliste

Abb.l 1 : Die „Erlebniswelt" des Kunden Quelle: Frehr, 1994, S.4

Über weitere Aspekte der Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität, wie sie sich im Kundenbindungs- und Kundenbeziehungsmanagement ausdrücken, wird in Kap. IV noch detaillierter eingegangen.

II.4.2.

Mitarbeiterorientierung

Mitarbeiterorientierung ist ein weiterer zentraler Baustein im TQM-Konzept und kann als eine Grundhaltung betrachtet werden, bei der versucht wird, das Problemlösungs- und Kreativitätspotential eines jeden einzelnen Mitarbeiters zu aktivieren. Dabei sind folgende Fragestellungen als wesentlich zu erachten (www.tqm.odl.org/efqmmodell/mitarbor.html, 1999): •





Wie werden Mitarbeiterressourcen gezielt geplant und verbessert? Wie werden die Kompetenzen und Stärken der einzelnen Mitarbeiter bei Personalplanung, -auswahl, und -entwicklung erhalten und weiterentwickelt? Wie wird die Teilnahme aller Mitarbeiter am Prozess der ständigen

Verbesserung gefördert?



Wie werden Mitarbeiter ermutigt,

kompetent selbst zu handeln?

Kapitel 2

56





Wie können Projektteams und Mitarbeiter Ziele vereinbaren und ständig die Leistung gemeinsam prüfen? Wie wird eine effektive gemeinsame Kommunikation über Hierarchieebenen hinweg erzielt und wie kann diese ständig verbessert werden?

Werden die dabei aufgeworfenen Fragen im Sinne der Mitarbeiter beantwortet, dann lassen sich folgende Ziele für eine erfolgreiche Mitarbeiterorientierung ableiten: •





Steigerung des Interesses der Mitarbeiter an der Arbeit im Unternehmen. Nutzung des Know-hows der Mitarbeiter, um eine ständige Verbesserung aller Prozesse im Hinblick auf Qualität und Produktivität zu erreichen. Erhöhung der Motivation der Mitarbeiter, aktiv an diesem Prozess teilzunehmen.

Die wichtige Rolle einer am Mitarbeiter orientierten Unternehmensphilosophie wird auch in folgenden Überlegungen deutlich (Kamiske, 1995, S. 111):

„Eine auf Vorbeugung basierende Qualitätsstrategie

wie Total

Quality Management benötigt das Engagement aller am Wertschöpfungsprozess beteiligten Mitarbeiter, um Fehler frühzeitig zu erkennen und nachhaltig zu beseitigen, denn niemand kennt die Prozesse so gut wie die sie ausführenden Mitarbeiter. Die Hinwendung zu Qualität und ständiger Verbesserung sämtlicher Beteiligten bildet den Mittelpunkt aller Bemühungen.

Flexibilität und Anpassungsfähigkeit zur Erfüllung von Kundenanforderungen lassen sich im Unternehmen dauerhaft nur mit Hilfe gut ausgebildeter Mitarbeiter erreichen, die in der Lage sind, „unternehmerisch zu denken. "

Ein Unternehmen ist nur dann fähig, sich den ständig steigenden Herausforderungen des Wettbewerbs zu stellen, wenn der Grundsatz des lebenslangen Lernens von allen Mitarbeitern (einschließlich der Führungskräfte) befolgt wird. "

Welche unterschiedlichen Wirkungen mit einer Unternehmenspolitik verbunden sein können, die zum einen eine Mitarbeiterorientierung negiert bzw. sie ausdrücklich begrüßt, wird in den beiden nachfolgenden Abbildungen 12 und 13 erkennbar.

Kapitel 2

57

Das ..billige" Team An-

geringe Bezahlung wenig Schulung wenig Mitarbeiter-

beteiligung

weisung und Kontrolle

wenig Motivation & Engagement ineffiziente Abwicklung + wenig Leistung wenig Servicequalität

Unzufriedene Mitarbeiter & Fluktuation

Vor allem VORKAUF-

Marketing Kundenkauf als

kurzfristige Erfolgsperspektiv

Abb. 18:

Dialogbezogen

Ganzheitlich Prozessorientiert Sach- und

personenbezogen Gestaltungsorientiert Auch NACHKAUF-

Marketing Kundendialog Langfristige Perspektive

Kommunikationsqualität im Vergleich

Quelle: Blawat/Rothlauf, S.86

Alle Kommunikationsformen sind gefragt, wenn es gilt, den Kunden zu umwerben. Was die verbale Kommunikation betrifft, so sind es oft Kleinigkeiten, wie man den Kunden für sich einnehmen kann. Ist der Name bekannt, weil der Kunde schon öfter eingekauft oder z.B. zum Kundendienst unser Unternehmen wieder aufgesucht hat, dann sollte es selbstverständlich sein, dass der Kunde mit seinem Namen angesprochen wird.

71

Kapitel 3

Ebenfalls Bestandteil eines vernünftigen verbalen Kommunikationsverhaltens sollte es sein, statt geschlossener sich offener Fragen zu bedienen. Auf die Frage, ob ich jemanden helfen kann, wird häufig die Antwort „Ja" oder „Nein" folgen.

Deshalb wäre es besser, wenn man mit der Frage: „Wie kann ich Ihnen helfen" die Kommunikationsaufnahme beginnt (Woodbury,1999,

S.36).

Maßgeschneidertes vom Fließband Levi 's Jeans aufden Leib genäht. des Levi's Geschäfts. Wer hier Jeans kaufen will, Symbol globaler Uniformierung, greift einfach in die prall gefüllten Regale. Wie gewöhnlich. San

Francisco, Union Square, Standort

weltgrößten

Dabei kann sich der Kunde im selben Laden über einen „Body-Scanner" verfugen. Laserstrahlen tasten den Körper ab, gleiten über Fettpölsterchen und Stelzenbeine, vermessen Knackpopos und Durchschnittshinterteile. Nach der Prozedur muss der Vermessene nur noch sein Lieblingsmodell wählen, eine von 13 Farben und Stofftyp, Knopfleiste oder Reißverschluss.

Neben der verbalen Kommunikationsform spielt auch das nonverbale Verhalten gerade bei Kaufanbahnungsgesprächen eine große Rolle. Wer hat es noch nicht erlebt, Dann dauert es ein paar Tage, bis er im wenn er ein Kaufhaus betreten hat, Laden oder zu Hause seine maßgeschneidass sich der betreffende Verkäufer derte Levi s Jeans in Empfang nehmen kann. Die Cyber-Jeans sind nur ein Beispiel für vom Kunden wegdreht und ihm durch seine Körperhaltung zu ver- mass customization. Kundenindividuelle stehen gibt, dass man doch eher Massenproduktion, so die deutsche Überdas ist für Abstand von irgendwelchen Fragen setzung, Trend der viele Experten ein Konsumgesellschaft im nehmen möchte. In seiner gesamten wichtiger neuen Jahrhundert. Körperhaltung sollte der Mitarbeiter dem Kunden gegenüber Offenheit In: Die Zeit, 25.01.2002, S.24 signalisieren und durch positiv ausgestrahlte Körpersignale zu einem entspannten Verkaufsklima mit beitragen. Die „Drei-Meter-Regel" von Wal-Mart zeigt beispielhaft auf, wie man dem Kunden freundlich und zuvorkommend begegnen kann. -

-

Auch auf die Tonhöhe und die

Sprechgeschwindigkeit, Ausdrucksformen der para-verbalen Kommunikation, gilt es zu achten, will man den Kunden für sich gewinnen. Selbst dann, wenn der Kunde seine Unzufriedenheit durch lautes Schreien und wildes Gestikulieren von sich gibt, ist eine ruhige Sprechweise zu wählen, um so zu einer sachlichen Auseinandersetzung wieder zurückkehren zu

können.

Unabhängig,

in welcher Form der Kunde mit

uns

in Kontakt

tritt, sei

es nun

telefonisch oder durch seine physische Präsenz, wird er durch das Verhalten der Mitarbeiter einen ersten Eindruck über das Unternehmen vermittelt bekommen. Vielen Mitarbeitern ist dabei immer noch nicht klar, dass durch eine Kontaktaufnahme seitens des Kunden, er ein erstes Interesse an unserem

Kapitel 3

72

Dienstleistung signalisiert hat und es nun am jeweils angesprochenen Mitarbeiter liegt, durch positiv ausgesendete Signale den Kunden für das Unternehmen zu gewinnen. Produkt bzw.

unserer

hat, gilt es Kontakterlebnisse zu vermitteln, die seine Einstellung und den Qualitätseindruck prägen, wodurch jedes Kundenerlebnis zum Qualitätserlebnis wird (Strauss, 1991, S. 96). Bei der Kontaktaufhahme agiert ein Verkäufer in der Rolle des Kontaktbereiters, der das Ziel verfolgt, Sympathie und Vertrauen aufzubauen, um den Gedankenaustausch fortzusetzen und zu vertiefen (Zeutschel/Hintzpeter/Patzelt, 1995, S. 66). Da der Kunde ein Informationsbedürfhis

Kontakterlebnisse lassen sich in personalbezogene und nicht-personalbezogene Merkmale unterteilen. Dabei beziehen sich die personalbezogenen Kontakterlebnisse auf die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, das Einfühlungsvermögen sowie die fachliche Kompetenz der Mitarbeiter des Unternehmens. Nicht-personalbezogene Faktoren sind mehr auf das Corporate Design einer Unternehmung ausgerichtet, wozu die Architektur der Gebäude, die Inneneinrichtung, die Ausstattung und die dabei vermittelte Atmosphäre gehören (Stauss, 1991, S. 349). Geht man den Gründen nach, die dazu geführt haben, dass Kunden sich vom Unternehmen abwenden, dann wird deutlich, welche Folgen mit einer unzureichenden Kontaktfähigkeit verbunden sind. In einer Untersuchung kam Dervey (1998, S. 60ff) zu folgenden Ergebnissen, die in Abbildung 19 zu finden sind.

billigeres Produkt

15%

besseres Produkt

15%

21%

Kontaktmängel schlechte Kontakte

49%

0%

10% 20% 30% 40% 50% 60%

Abb. 19: Gründe für den Verlust von Kunden Quelle: Dervey, 1998, S. 60

Nicht so sehr der Kaufeines besseren Produktes (15%) oder der eines billigeren Produktes (15%) war demnach ausschlaggebend für die Entscheidung der Kunden, das Unternehmen zu wechseln. 70% der befragten Kunden gaben

73

Kapitel 3

schlechte Kontakte (49%) und Kontaktmangel entscheidenden Grund für ihren Wechsel an.

(21%)

der Mitarbeiter als

Werden Kommunikations- und Kontaktqualität richtig eingesetzt, dann ergänzen sie sich, und tragen entscheidend dazu bei, den Kunden für das Unternehmen zu

gewinnen.

ist deshalb erforderlich, um vom Kunden der Nutzen potentielle angebotenen Leistung zu überzeugen, während der Kontakt mit dem Kunden vorwiegend darauf ausgerichtet ist, sich über seine Bedürfhisse zu informieren, um dann eine optimale Bedürfnisbefriedigung sicherzustellen" (Rothlauf, 1997, S. 25).

„Eine gute Kommunikationsfähigkeit

Durch den Anstieg der Wettbewerbsintensität besteht gerade im Bereich der Kontakt- und Kommunikationsqualität die Möglichkeit der Differenzierung im Hinblick auf das angebotene Produkt bzw. die Dienstleistung. Allerdings wird ein kundengerechtes Verhalten nur dann eintreten, wenn Management und Mitarbeiter gemeinsam sich dieser Herausforderung stellen. Letztendlich bestimmt der richtige Einsatz der Human-Ressourcen, inwieweit dem neuen Qualitätsverständnis in diesem Kontext entsprochen wird (Rothlauf, 1998, S. 87).

III.2.2.

Servicequalität

Neben der Kontakt- und Kommunikationsqualität kommt der Servicequalität eine hohe Bedeutung zu, will man einem ganzheitlichen Qualitätsanspruch zum Durchbruch verhelfen. Was man unter Servicequalität versteht, wird in nachfolgender Definition deutlich (Rapp, 1995, S. 64):

„Servicequalität

die Erfüllung aller unfühlbaren Servicebestandteile, die durch Mitarbeiter des Unternehmens und/oder Servicesystemen am Kunden verrichtet werden, und diesem ermöglichen, einen über das erwartete Produkt hinausgehenden Wert der Unternehmensleitung zu realisieren. ist

"

Die Qualitätsansprüche der Kunden verlagern sich, je mehr die Produktqualität als selbstverständlich angesehen und die Servicequalität zur Urteilsfindung her-

Kapitel 3

74

Die Kraft des Lächelns

©

Show mit im Spiel. Minoru Tominaga, Managementkritiker und Unternehmensberater aus Tokio, will das, was er in europäischen Unternehmen vermißt: Kunden begeistern. Ins „Arabella Sheraton Grand Hotel" ließ er sich ein Fax schicken. Dafür berechnete ihm das Hotel 5 Mark Fax-Empfangsgebühr. Für Tominaga unverständlich, bei einem Zimmerpreis von rund 450 Mark. Seine Kritik habe man sich nicht zu Herzen genommen: „Gehen Sie in den Bayerischen Hof nach München, die verlangen 8 Mark" hieß es nur. In Japan sei das anders. Kein Kundenwunsch sei zu viel, um wenigstens darüber nachzudenken. Freundlichkeit und Lächeln sind für ihn ein Muss. „Lächeln kostet nichts." Für jeden, der im Servicebereich arbeite, gelte das ebenso. Um die Stirn zu runzeln, erklärt er, müsse der Mensch 30 Muskeln betätigen, zum Lachen reichten schon 13. Wo

er

In: Die

auftritt, ist

stets

WELT, 03.01.2000, S. 17

(Lehmann, 1995, S. 74). Der Kunde muss den gebotenen Service, im Gegensatz zu den Mitwettbewerbern, positiv zur Kenntnis nehmen, wobei die Bedürfhisse und Anforderungen der Kunden nicht nur erfüllt, sondern übererfüllt werden sollen (Kong, 1996, S. 665). angezogen wird

Servicequalität

ist deshalb durchgängig angelegt und bezieht Pre- und AfterSales-Aktivitäten explizit mit ein. Unter Pre-Sales-Aktivitäten werden dabei Maßnahmen in der Vor-Kauf-Situation verstanden, um den Kunden in die Wertschöpfungs- und Absatzprozesse des Anbieters zu integrieren. Als Beispiele können hier u.a. die Integration der Kunden in Entwicklungsvorhaben und in Programmanpassungsentscheidungen genannt werden (Günter, 1996, S. 58). Will z.B. ein Kunde ein Auto mit einer ganz bestimmten Fahrtechnik kaufen, die nicht serienmäßig angeboten wird, dann lassen sich seine Wünsche bereits vor Aufnahme des Fertigungsprozesses in die entsprechenden Planungen mit einbeziehen. Gleichzeitig wird es möglich sein, dem Kunden bereits in dieser Phase den exakten Termin der Auslieferung seines Autos mitzuteilen. Modernste Elektronik hilft ihm darüber hinaus, per Computer den Herstellungsprozess seines Autos über die gesamte Wertschöpfungskette genau von zu Hause aus zu verfolgen. Aber auch schon das Anbieten einer Tasse Tee oder Kaffee gehört zu den Pre-Sales-Aktivitäten, die für ein kundenfreundliches

Klima sorgen.

75

Kapitel 3 Der Konsument wird zum Prosumenten Es ist der Kunde, der mitgestaltet. Und nach dem Selbstbedienungsprinzip erstreckt sich sein Einfluß auf die Konstruktionsabläufe und alle wesentlichen Maßnahmen zur Produktionsvorbereitung. Der Kunde, nicht mehr in der Rolle des passiven Konsumenten alten Schlages, übernimmt Aufgaben, die früher typischerweise den Produzenten oblagen der Kunde ist nun Prosument. Der Automobilhersteller Ford zum Beispiel ließ 1996 ganz normale Autofahrer per Computer an der Entwicklung des neuen Mustang-Modells mitwirken. Und bei der US-Fluggesellschaft Southwest Airlines sitzen Fluggäste im Auswahlgremium, wenn es um die Einstellung von Servicekräften geht. -

In: Harvard Businessmanager, Nr. 3/1998. S. 93

Mit After-Sales-Aktivitäten, dem sogenannten Nachkaufmarketing, soll das Ziel erreicht werden, eine möglichst hohe Nachkaufzufriedenheit der Kunden zu erlangen. Gleichzeitig wird damit angestrebt, die Markenloyalität der Kunden zu erhöhen, um so die Wahrscheinlichkeit der Folge- und Wiederholungsverkaufe zu verbessern.

Durch regelmäßige Nachkontakte soll er sich

der Zufriedenheit des Kunden überzeugen, um so rechtzeitig Anknüpfungspunkte für ein Folgegeschäft zu erkunden (Zeutschel/Hintzpeter/Patzelt, 1995, S. 66). von

Die Qualitätsbeurteilung durch den Kunden kann sich auf eine Vielzahl von Serviceattributen beziehen. Welche Attribute bei der Qualitätsbeurteilung industrieller Unternehmen als wichtig eingestuft worden sind, finden sich beispielhaft in Abbildung 20 zusammengefasst.

Singapore-Airlines kürzt Manager-Gehälter Geschäftsführung wird von Juni an auf einen Teil ihrer Bezüge verzichten. Top-Manager hätten einer Kürzung von 27,5 Prozent zugestimmt, während sonstige Führungskräfte auf 22,5 Prozent ihrer Gehälter verzichten werden. Von der Entscheidung betroffen sind insgesamt 240 Führungskräfte. Die Die

Die

Einsparungen Singapur-Dollar.

In: FAZ,

beziffert

23.05.2003, S.20

Singapore-Airlines

mit

jährlich

12 Millionen mit

Kapitel 3

76

Lieferung: vernünftige Lieferzeiten, Verlässlichkeit, Verfügbarkeit der Produkte auch in Zeiten der Verknappung Angebotene Garantieleistungen Wartung und Reparatur: Promptheit, Effizienz, Verfügbarkeit von



• •

Teilen Stabilität des Lieferunternehmens: seine finanzielle Solidität Ernsthaftigkeit des Engagements Bereitschaft zu Spezialanfertigungen Technische Unterstützung Standort des Lieferanten: bequem erreichbar und angenehme

• • • • •

Umgebung

Konziliante Behandlung von Beschwerden Unkompliziertes Bestell- und Abrechnungsprozedere Kommunikation: Informationen über den Entwicklungsstand des Auftrages ist leicht verfügbar

• • •

Abb.20:

Quelle:

Häufig genannte Serviceattribute bei der Qualitätsbeurteilung

industrieller Unternehmen Buzzell/Gale, 1995, S. 88

III.2.2.1.

Bestimmung der Dienstleistungsqualität

Eine besondere Rolle spielt die Servicequalität im Dienstleistungsbereich. Der ständig steigende Anteil der Dienstleistungsunteraehmen an der gesamten Wertschöpfimg, gegenwärtig liegt der Anteil in Deutschland bei über 40%, führt nicht nur zu einer Verschärfung des Wettbewerbs, sondern macht deutlich, dass es für ein Dienstleistungsunternehmen notwendiger denn je ist, durch geeignete Wettbewerbsstrategien Kunden zu gewinnen und zu binden, um sich so langfristig am Markt behaupten zu können (Güthoff, 1995, S. 13). Welche

Bedeutung dem Dienstleistungssektor in naher Zukunft zukommen wird, zeigt ein Blick auf die Entwicklung in den USA, Kanada, aber auch in Australien, wo über 70% aller Erwerbstätigen in der Dienstleistungsbranche beschäftigt sind und über 75% des Bruttosozialproduktes allein in den USA im Dienstleistungsbereich erwirtschaftet werden (Güthoff, 1995, S. 1). Mit

folgender begrifflicher Festlegung haben Meffert/Bruhn (1995, S. 1995) versucht, die Dienstleistungsqualität zu definieren:

Kapitel 3

77

„Dienstleistungsqualität ist die Fähigkeit eines Anbieters, die Beschaffenheit einer primär intangiblen und der Kundenbeteiligung bedürfenden Leistung aufgrund von Kundenerwartungen auf einem bestimmten Anforderungsniveau zu erstellen. Sie bestimmt sich aus der Summe der Eigenschaften bzw. Merkmalen von Dienstleistungen, bestimmten Anforderungen gerecht zu werden. "

III.2.2.2.

Differenzierte Anforderungen

Diese sehr allgemein gehaltene Begriffsbestimmung lässt offen, wer oder was die Anforderungen bestimmt. Deshalb ist es erforderlich, die entsprechenden Anforderungen im Einzelnen zu erfassen, um das Niveau der für den Dienstleistungsanbieter relevanten Qualität zu definieren, um so den spezifischen Charakter einer Dienstleistungsqualität deutlich zu machen. Diese Anforderungen können nicht eindimensional und einseitig festgelegt werden, sondern es handelt sich um einen mehrdimensionalen Vorgang, der die Sichtweise der Kunden, der Wettbewerber sowie das eigene Unternehmen einbezieht.

II 1.2.2.2.1.

Anforderungen aus Kundensicht

Anforderungen aus Kundensicht sind definiert durch die spezifischen Erwartungshaltungen der in Frage kommenden aktuellen und potentiellen Kunden. Die Erwartungen an die Dienstleistungsqualität richten sich sowohl auf die Potentialdimension, die die sachlichen, organisatorischen und persönlichen Leistungsvoraussetzungen umfasst, die Prozessdimension, die sich auf alle Maßnahmen bezieht, die während der Leistungserstellung stattfinden, und auf die Ergebnisdimension, die eine Beurteilung der erbrachten Leistungen vornimmt (Homburg/Garbe, 1996, S. 31). Im Einzelnen müssen beispielsweise die Anforderungen an die Qualität Die

• • •

• •

des Erstkontaktes beim Dienstleistungsanbieter, der Zuverlässigkeit der Dienstleistung, der durch die Dienstleistung geschaffenen Nutzenstiftung, der Bereitschaft des Anbieters durch spezifische Problemlösung, die Kommunikationsfähigkeit der Mitarbeiter des Dienstleistungsan-

bieters,

Kapitel 3

78

• • •

des Verhaltens des Dienstleistungsanbieters in kritischen Situationen, der angebotenen Zusatzleistungen, die Ergebnisse der Dienstleistungen u.a.m.

erfasst werden (Bruhn, 1995, S. 30). Dabei werden die Kundenanforderungen an die Dienstleistungsqualität nicht nur von den individuellen Bedürfhissen, sondern vor allem durch die Erfahrungen der Vergangenheit und der Mund-zuMund-Kommunikation mit dem Dienstleistungsanbieter und dem Verhalten anderer Nachfrager geprägt sein.

111.2.2.2.2.

Anforderungen aus Wettbewerbssicht

in diesem Kontext beziehen sich auf die Überlegung, wie sich in seiner Qualitätspolitik gegenüber den Konkurrenten profilieren kann. Die Erfordernisse an die Dienstleistungsqualität lassen sich durch folgende Faktoren bestimmen (Bruhn, 1995, S. 30): Die

Anforderungen

man



• •

Qualitätsniveau des Dienstleistungsprozesses und des -ergebnisses der Konkurrenten, Qualitätsposition der Konkurrenten, Angestrebte mittel- bis langfristige Qualitätsstrategie der Konkurrenten,

• • •

Qualitätsschwächen der Konkurrenten, Angebot qualitätsstarker Zusatzleistungen der Konkurrenten, Fähigkeit und Bereitschaft der Konkurrenten zur Verbesserung der Qualität u.a.m.

III.2.2.2.3.

Anforderungen aus Unternehmenssicht

Schließlich sind auch die Anforderungen aus Sicht des Unternehmens festzulegen, um herauszufinden, welches Niveau mit der angestrebten Dienstleistungsqualität verbunden ist. Auf folgende Faktoren ist dabei zu achten (Bruhn, 1995, S. 31): •



Bedeutung der Qualitätspolitik für die Marketingstrategie Dienstleistungsanbieters, Ausstattung und Gestaltung des Dienstleistungsortes,

des

Kapitel 3 • •





79

Fachliche Qualifikation und Motivation der Mitarbeiter, Kommunikationskompetenz der beim Kundenkontakt

Mitarbeiter, Dienstleistungsmentalität der Mitarbeiter, Stärken-Schwächen-Profil

der

erbrachten

beteiligten

Dienstleistungsqualität

u.a.m.

111.2.2.2.4.

Dimensionen der Dienstleistungsqualität

Bei der Bestimmung der Dienstleistungsqualität werden neben der Erfassung der zuvor angesprochenen Anforderungen auch unterschiedliche Dimensionen erkennbar, die bei einer Gesamtbetrachtung mit einzubeziehen sind.

Parasuraman/Zeithaml/Berry (1992, Qualitätsstudien durch, bei denen Dimensionen unterschieden haben: -

S. 40) führten eine Reihe empirischer sie die Dienstleistungsqualität in fünf

„Tangibles" (Annehmlichkeit des materiellen Umfeldes) Hierzu zählt das äußere Erscheinungsbild des Dienstleistungsortes, einschließlich der Ausstattung der Räume und das Auftreten des Personals.

-

-

„Reliability" (Zuverlässigkeit)

Diese Dimension kennzeichnet die Fähigkeit des Dienstleistungsunternehmens, die versprochene Leistung zuverlässig und akkurat auszuführen.

„Responsiveness" (Reaktionsfähigkeit)

Hierunter ist die Einsatzbereitschaft und

Aufgeschlossenheit des Dienstleistungsanbieters zu verstehen, dem Kunden spezifische Wünsche zu erfüllen. Dabei spielen Schnelligkeit und Zuverlässigkeit eine große

Rolle. -

,Assurance" (Leistungskompetenz)

Bei dieser Dimension geht es vor allem um Fachwissen und zuvorkommendes Verhalten der Angestellten sowie deren Fähigkeit, Vertrauen zu erwecken.

Kapitel 3

80

-

„Empathy" (Einfühlungsvermögen) Unter Einfühlungsvermögen wird die fürsorgliche Aufmerksamkeit Dienstleistungsanbieters für jeden einzelnen Kunden verstanden.

des

Dienstleistungsqualität adäquat umgesetzt werden soll, dann müssen sowohl die Anforderungen als auch die unterschiedlichen Dimensionen Berücksichtigung finden, da sie sich ergänzen und nicht ausschließen. Wenn

III.2.2.3.

Kriterien zur Beurteilung der Dienstleistungsqualität

1. Materielles Umfeld

Das äußere Erscheinungsbild des Unternehmens

2.

Zuverlässigkeit

Die Fähigkeit, die auszuführen

3.

Entgegenkommen

Die Bereitschaft, dem Kunden bedienen

4.

Kompetenz

Das

Dienstleistung zu

verläßlich und

präzise

helfen und ihn sofort

notwendige berufliche Können Ausführung der Dienstleistung

und Fachwissen

zu

zur

5. Zuvorkommenheit

Höflichkeit, Freundlichkeit und Aufmerksamkeit des Kontaktpersonals

6.

Glaubwürdigkeit

Vertrauenswürdigkeit

7. Sicherheit

und Ehrlichkeit des

anbieters

Es dürfen keine

Dienstleistungs-

Zweifel, Risiken oder Gefahren

mit der

Leistung in Verbindung gebracht werden 8. Erreichbarkeit

Problemloser

Zugang

zur

Dienstleistung

und

zu

den

Ansprechpartnern gewährleisten_

9. Kommunikation

Dem Kunden zuhören und ihn verständlich informieren

10. Kundenverständnis

Das Kennenlernen und Verstehen der Kundenwünsche und

bedürfnisse

Abb.21: Kriterien für Servicequalität

Quelle: Zeithaml/Parasuraman/Berry, 1992, S. 34ff

Wenn es um die Kriterien zur Beurteilung von Servicequalität geht, dann lassen sich die Dienstleistungen nur schwer standardisieren, da sie von Dienstleister zu Dienstleister, von Kunde zu Kunde und von Tag zu Tag verschieden sind.

Kapitel 3

81

Hinzu kommt, dass die Kunden die Dienstleistungsqualität/Servicequalität nach unterschiedlichen Kriterien beurteilen, wobei diese auf divergierenden Erwartungen beruhen, wie sie z.B. durch mündliche Empfehlung anderer Kunden, persönliche Bedürfnisse, bisherige Erfahrungen mit dem Dienstleister und durch Kommunikation des Dienstleisters nach außen erfahren werden. Viele Kunden sind durchaus bereit, für besseren Service auch mehr zu bezahlen

Beispielsweise sagte eine Frau im Lauf einer Fokusgruppensitzung mehrmals, es habe nie Probleme mit ihrem Lexus gegeben. Erst

nach wiederholtem Nachhaken räumte sie ein: „Nun gut, ich vermute, man sollte den viermaligen Austausch der Windschutzscheibe doch ein Problem nennen. Aber sie waren so nett bemüht und gaben mir jedesmal einen Ersatzwagen, so dass ich die Sache nie als ein Problem empfand, bevor Sie mich daran erinnerten." In: HARVARD

BUSINESSmanager, Nr. 3/1998, S.38

Zeithaml/Parasuraman/Berry (1992, S. 34ff) haben nach Interviews mit zwölf ausgewählten Kundengruppen zehn Kriterien herausgefunden, die sie als wichtig für die Bestimmung der Servicequalität halten (s. Abb.21). Einen

Beurteilungsrahmen für alle wesentlichen Kriterien, die die Dienstleistungsqualität nachhaltig beeinflussen, hat Binner (1998, S. 235) zusammengestellt. Sowohl künden-, mitarbeiter- als auch prozessbezogene Leistungsmerkmale finden sich darin aufgelistet, die es zu erfüllen gilt, will man dem Anspruch einer optimalen Serviceorientierung gerecht werden (s. Abb. 22). Deutsche Manager haben keine Zeit für den Kunden Im internationalen Vergleich investieren deutsche Führungskräfte wenig Zeit für Kundenkontakte und Kundenbindung. Nur die Hälfte der deutschen Manager sieht hierin eine ihrer Kemaufgaben, wohingegen zwei Drittel ihrer Kollegen im Ausland sich vornehmlich um ihre Kunden kümmern. Zu diesem Befund kommt eine Befragung der Unternehmensberatung Kienbaum.

In: FAZ, 17.02.2003, Nr. 40, S. 21

Kapitel 3

82

Kundenbezogene Leistungsmerkmale Produkt und Dienstleistung Flexibilität z.B. individuelle Problemlösung individuelle Bearbeitung

Führung und Organisation z.B. -

-

-

Innovationsfähigkeit

Service z.B. Verhalten bei Beschwerden -

Sprechzeiten Einfühlungsvermögen Produkt- u. DL-Spektrum Produkt- u. DL-Umfang Bearbeitungsdauer Zuständigkeiten Marktpräsenz

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

Image, Unternehmensziel-Erfüllung, umfassendes Unternehmenskonzept durchgängige Qualitätspolitik

Branchenkenntnisse

Seriosität, Solidität,

Sozialkompetenz

Offenheit Kommunikation

Geheimhaltung von Kundeninformationen Loyalität, Ehrlichkeit Verantwortungsübertragung umfassende QM- Dokumentation

-

/ Prozessablauf z.B. -

Transparenz

Sicherheit Aktualität Geschäftsräume z.B. -

-

-

-

-

Sauberkeit, Größe, Architektur Lage, Parkmöglichkeit

Materielle -

-

Ausstattung Einrichtung Technik

Vernetzung

/Mitarbeiter und Zulieferer

Kompetenz Know-how Fehlerfreiheit Hilfsbereitschaft Höflichkeit Diskretion Fachwissen

Richtigkeit

Verlässlichkeit

Erscheinungsbild Entscheidungsverantwortung

-

Prozessbezogene Leistungsmerkmale

Mitarbeiterbezogene Leistungsmerkmale

Abb.22: Kriterien für eine umfassende Dienstleistungsqualität

Quelle: Binner, 1998, S. 235

Kapitel 3

III.3.

83

Die innerbetriebliche Qualitätskette

ständige Verbesserung der gesamten Unternehmensqualität ist heutzutage zu erreichen, wenn es gelingt, Qualitätssteigerungen bei gleichzeitigen Zeitreduzierungen und Kosteneinsparungen durchzuführen. Damit ist die Forderung an die Unternehmen verbunden, besser, schneller und schlanker zu werden, um dadurch Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Eine

nur

noch dann

Schneller

2Z> Abb.23: Das triade

Gefordert: Quadratur des Kreises

Spannungsfeld: Qualität Quelle: Töpfer/Mehdorn, 1996, S. 5

II 1.3.1.

-

Zeit Kosten -

Die interne Kunden-Lieferanten-Beziehung

Im triaden Spannungsfeld Qualität-Zeit-Kosten müssen auch die Beziehungen zwischen den Mitarbeitern hin zu einem internen Kunden-LieferantenVerhältnis so umstrukturiert werden, dass das Ziel einer Optimierung der einzelnen Schritte erfolgen kann. Auch in dieser Beziehung geht es darum, Qualität zu erhöhen, den Zeitaufwand zu reduzieren und gleichzeitig die Kosten zu senken. Dabei ist das Prinzip von Befehl und Gehorsam durch das Prinzip von Leistung und Gegenleistung zu ersetzen (Wagner, 1997, S. 7). Das interne Kundenverhältnis lässt sich demnach wie folgt umschreiben: „Jeder, der unsere Arbeitsergebnisse als Grundlage für seine Arbeit benötigt, ist unser Kunde (Heß, 1997, S. 87). "

Kapitel 3

84

Diese neue Philosophie wird besonders beim Opel-Werk in Eisenach deutlich, das seine Verfahren und Prozesse völlig auf TQM ausgerichtet hat. Basierend auf Gruppenarbeit, hat das jeweilige Team jedes Fahrzeug an den nächsten Taktabschnitt abzuliefern, als wäre es bereits der zahlende Kunde (Kurth, 1995, S.

132).

Wie die einzelnen Schritte der inneren

zeigt nachfolgende Abbildung 24.

Wertschöpfungskette

dabei aussehen,

Qualitätsarbeit leisten und anderen abfordern!

Leistung

Leistung

Leistung

Leistung

Lieferant

h-A Anforderungen und

Rückmeldungen

h^£\ A^

(Kunde )

Anforderungen

Anforderungen

Anforderungen

Rückmeldungen

Rückmeldungen

Rückmeldungen

und

und

und

Abb.24: Die Kette der internen Kunden-Lieferanten-Beziehungen Quelle: Töpfer, 1992, S. 14 Die interne

Kunden-Lieferanten-Beziehung basiert legungen (Frehr, 1994, S. 86; Bauer, 1996, S. 125):

auf

folgenden Grundüber-

1. Jede Tätigkeit ist ein Prozess, der ein Ergebnis hat, ein,,Produkt". 2. Der „Kunde" ist der Empfanger dieses Produktes. 3. Bei jeder Tätigkeit sind Zulieferungen erforderlich, die von einem

„Lieferanten" kommen.

4. Zwischen internen Kunden und internen Lieferanten besteht ein

Informationsaustausch.

5. Jede

Kunden-Lieferanten-Beziehung verläuft wechselseitig, jeder ist sowohl Kunde als auch Lieferant. 6. Bei Kunden-Lieferanten-Beziehungen gibt es stets nur zwei Gewinner oder zwei Verlierer. 7. Besser zu werden erfordert die Vereinbarung konkreter Maßnahmen und Ziele sowie deren Durchführungsüberwachung.

85

Kapitel 3

Innerbetriebliche Dienstleistungen, die schlecht erbracht werden, wie z.B. die Weitergabe falscher Informationen oder lückenhaft ausgefüllte Lieferscheine, verschlechtern damit nicht nur die Qualität der zu erbringenden Leistung. Sie

gleichzeitig die Kosten für die Beseitigung entsprechendem zeitlichen Mehraufwand.

erhöhen

der Schwachstellen bei

Um dies zu verhindern, sollten in einem Unternehmen befolgt werden (Kleinmann, 1996, S. 77): •

• •

111.3.2.

folgende

Grundsätze

Nimm nichts Falsches an. Tue nichts Falsches. Gib nichts Falsches weiter.

Vermeidung von Verschwendung

Dauerhaftes Produktionswachstum zielt insbesondere auf eine kontinuierliche Senkung der Kosten ab. Voraussetzung hierfür ist eine nachhaltige Rationalisierung der Produktion und der Verwaltung mit dem Ziel, Qualität zu steigern, unnötige Ausführungs- und Überwachungsaufgaben zu eliminieren, Abläufe zu straffen und Zeiten zu reduzieren sowie letztendlich den Lieferservice deutlich zu verbessern. Um dies zu erreichen, muss jede Art von Verschwendung vermieden werden.

Während Verschwendungen im Produkt durch Entfeinerungen und Wertanalyse werden können und die Verschwendungen in Maschinen und Anlagen eine Frage der richtigen Produktionsplanung sind, geht es bei der Verschwendung im Produktionsprozess um die von den Mitarbeitern vorzunehmende Rationalisierung im Fertigungsprozess. Der japanische Autohersteller Toyota hat dazu eine Unterscheidung in sieben Verschwendungsarten vorgenommen (Sekine/Diegruber/Meister, 1995, S.- 23):

gelöst

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Verschwendung durch Überproduktion Verschwendung durch Wartezeit Verschwendung durch Transport Verschwendung durch den Arbeitsprozess Verschwendung durch hohe Bestände Verschwendung durch Bewegung Verschwendung durch Produktionsfehler

Kapitel 3

86

Um dem Kostendruck

standzuhalten, sind die Unternehmen nun aufgefordert, jede Tätigkeit und jeden Arbeitsablauf daraufhin zu überprüfen, wie in den unterschiedlichen Bereichen Verschwendung vermieden werden kann. Wenn auch die

aufgeführten sieben Verschwendungsarten sich auf Produktionsunternehmen beziehen, so gelten ähnliche Überlegungen auch für alle anderen Unternehmen. Wie viele Wege werden heutzutage in Firmen zurückgelegt, die nicht notwendig sind und durch Einsatz von modernen Medien kostengünstiger und in vielen Fällen auch noch effizienter durchgeführt werden könnten. So ist beispielsweise zu fragen, ob denn jedes Telefongespräch noch notwendig ist, oder ob nicht durch den Einsatz des Faxes bzw. einer e-Mail gleiche oder sogar bessere Ergebnisse erzielt werden können bei gleichzeitig wesentlich niedrigeren Kosten.

III.3.3.

Null-Fehler-Programm

Kontinuierliche Reduzierung der Fehler in allen Bereichen des Unternehmens stellt eines der Hauptziele des TQM dar. Mit einem Null-Fehler-Programm wird nun die Forderung erhoben, in Zukunft weder Fehler zu akzeptieren noch zu tolerieren. Dabei ist gerade am Anfang eine gedankliche Barriere bei allen Mitarbeitern zu überwinden, die darin besteht, dass jeder Mensch aus Erfahrung weiß, dass er nicht ständig fehlerfrei arbeiten kann. Gemäß dem Motto: „Der Weg ist das Ziel" ist ein Prozess anzustreben, der schrittweise und nachhaltig versucht, Fehler zu beseitigen. Die Zielsetzung eines Null-Fehler-Programmes kann daher als eine Vorgehensweise beschrieben werden, die durch geeignete Verhaltensweisen und den Einsatz von bestimmten Verfahren eine Reduzierung von Fehlern bewirken will (Frehr, 1994, S. 108). Der Leitgedanke besteht darin, das Streben nach Perfektion auf der Basis der Fehlerlosigkeit zum Ausdruck zu bringen (Oess, 1994, S. 70), was auch der Kaizen-Philosophie entspricht (siehe dazu auch Kap. IX.3.).

wichtige Voraussetzungen sind zu erfüllen, damit ein Null-FehlerProgramm durchgeführt werden kann (Brunner/Wagner, 197, S. 247): Drei

1. Die

2.

konsequente, durchgehende Anwendung des internen KundenLieferanten-Prinzips von Arbeitsgruppe zu Arbeitsgruppe. Es soll sicherstellen, dass jede Gruppe der nachfolgenden die richtige Menge zur richtigen Zeit mit Null-Fehlern übergibt. Ein zuverlässig verfügbarer Maschinen- und Gerätepark.

87

Kapitel 3

konsequent auf allen Ebenen durchgeführtes jährliches Qualitätsverbesserungsprogramm, das u.a. Schulungen und Weiterbildungsprogramme vorsieht.

3. Ein

Für die Realisierung eines derartigen Vorhabens Verhaltensweisen zu ändern (Frehr, 1994, S.l 10): • • •

sind

u.a.

Fehlerursachen aufzeigen, statt vertuschen. Fehlerursachen suchen, statt „Schuldige" zu bestrafen. Fehler nicht als „normal" ansehen, sondern als eine

begreifen.

folgende

Lernquelle

Mangelnde Kenntnis über Verfahrensabläufe und innerbetriebliche Vorgänge sowie ungenügende Aufmerksamkeit seitens der Mitarbeiter sind die entscheidenden Faktoren, die Fehler verursachen. Allerdings zeigt die Praxis auch, dass 80% der Fehler nicht dort ihre Ursache haben, wo sie entdeckt werden (Oess, 1994, S. 70). Deshalb sind Vorgesetzte und Mitarbeiter gefordert, wenn Fehlerquellen nachhaltig beseitigt werden sollen. Auf das Unternehmen übertragen bedeutet dies: Voraussetzungen für ein fehlerfreies Arbeiten schaffen. Verfahren zur Fehlervermeidung einführen. Eingetretene Fehler systematisch abstellen. Besonders gute Arbeitsergebnisse untersuchen. Wie Servicewünsche genau erfasst werden

Werden

Kundenäußerungen auf Video festgehalten, so kann ihre Wirkung noch zwingender sein. Was könnte schon mehr Eindruck auf die Leute in der Firma machen als Stellungnahmen von Kunden in bewegten Bildern. Southwest Airlines zeigt seinen Mitarbeitern mit ständigem Kundenkontakt Videos, auf denen zu sehen (und zu hören)

ist, wie sich Fluggäste über den Service beschweren. Colleen Barrett, Leiter der Kundenbetreuung, stellte fest: „Wenn wir das Band vorfuhren, kann man eine Nadel zu Boden fallen hören. Es ist faszinierend, die Gesichter der Mitarbeiter während der Vorführung zu sehen. Sobald sie begreifen, dass der Kunde über sie spricht, wird es ganz schön eisig. Aber das zeigt viel mehr als Wirkung alles, was ich vortragen könnte." In: Harvard

Businessmanager, Nr. 3/1998,

S. 89

Kapitel 3

88

III.3.4.

Qualitätsinformationen

Unternehmerisch Denken und Handeln kann nur derjenige Mitarbeiter, der über die notwendigen Informationen verfügt. Wenn heutzutage immer mehr Unternehmen dazu übergehen, mit ihren Mitarbeitern bzw. Teams Ziele zu vereinbaren, dann setzt dies voraus, dass die entsprechenden Vorgaben auf Informationen beruhen, die jedermann zur Verfügung stehen bzw. zur Verfügung gestellt werden. In folgenden Bereichen lassen sich Qualitätsinformationen ermitteln: • • • •



kundenbezogene Qualitätsinformationen technische Qualitätsinformationen kostenbezogene Qualitätsinformationen organisations- bzw. ablaufbezogene Qualitätsinformationen arbeitsbezogene Qualitätsinformationen

Mit

derartig zur Verfügung gestellten Informationen wird es auch möglich, eine adäquate Zielbestimmung herbeizuführen. Liegt den Mitarbeitern als kundenbezogene Qualitätsinformation eine Beschwerdequote von z.B. 8 Prozent vor, dann kann auf dieser Basis das Ziel einer Senkung auf 5 Prozent angestrebt werden. Ähnlich quantitative Vorgaben lassen sich auch für alle anderen angesprochenen Bereiche formulieren. Eine Qualitätspolitik, die mit Zielvorgaben arbeitet, ermöglicht darüber hinaus auch den Vergleich zwischen den Abteilungen. Im Sinne eines internen Benchmarking wird damit die Möglichkeit geschaffen, qualitätsorientierte Vorgänge und Prozesse zu vergleichen. Mit Hilfe der dabei gewonnenen Informationen wird das Unternehmen in die Lage versetzt, seine Schwachstellen zu definieren und für deren Abbau zu sorgen. Die

Notwendigkeit, Qualitätsinformationen zur Verfügung zu stellen, wird im nachfolgenden Fragenkatalog erkennbar. Dabei auftretende Fragen wie: wer, welche, Qualitätsinformationen wann und wozu braucht und wie entsprechende Informationen auszusehen haben, müssen so beantwortet werden, dass sie in operative Schritte umgesetzt werden können (s. Abb. 25).

Kapitel 3

Wer

89

braucht Qualitätsinformationen? ...alle, die mit Qualität zu tun haben

Welche Quahtätsinformationen? ...über Qualitätsziele (Anforderungen an Produkte, Prozesse, Verfahren) ...erreichte Werte (Qualitätsmerkmale, Prüfergebnisse) ...Abweichungen (Probleme, Ursachen, Risiken)

Wozu

werden Qualitätsinformationen gebraucht? zur qualitätskonformen Erfüllung der Aufgaben und ...

Tätigkeiten (Qualitätslenkung) ...Bestätigung der forderungskonformen Ausführung ...Durchführung von Korrektur-/Verbesserungsmaßnahmen

Wann

werden Qualitätsinformationen benötigt? ...rechtzeitig, um sofort auf Abweichungen reagieren zu

können

Wie

sollen Qualitätsinformationen sein? ...klar und selbsterklärend, damit ohne Rückfrage richtige Entscheidungen und Maßnahmen eigenverantwortlich getroffen werden können

_—

Abb.25:

Quelle:

III.4.

Fragenkatalog zu Qualitätsinformationen

Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V., 1997/1, S. 8

Über Qualität zur Kostensenkung

Werden Qualitätsstandards nicht erreicht, entstehen zusätzliche Kosten für das Unternehmen. Kosten fallen immer dann an, wenn eine Arbeit zwei oder mehrere Male ausgeführt werden muss. Dazu gehören u.a. Nacharbeit, Nachbauen, Beantwortung von Kundenbeschwerden, die Nachbestellung von Teilen, Preiszugeständnisse. Qualitätsdefizite führen in den meisten Unternehmen der Bundesrepublik zu Fehlleistungskosten, die mit 8 bis 30 Prozent des Jahresumsatzes zu veranschlagen sind (Kraft/Thienel, 1997, S. 174). Will man

Kapitel 3

90

Qualität die Kosten senken, dann muss man zuvor wissen, qualitätsbezogenen Kosten bei welchen Tätigkeiten anfallen.

über

welche

Qualitätsbezogene Kosten

III.4.1.

zu können, ist es notwendig, Mit Hilfe einer derartigen Zuordnung festzulegen. ist es erst möglich, spezifische Aussagen über die Art der Entstehung zu machen. Die nachfolgende Zusammenstellung nimmt eine Unterteilung in vier Kostenarten vor und zeigt, welche Kosten mit welchen Tätigkeiten in Verbindung gebracht werden können (Brunner/Wagner, 1997, S. 233):

Um

qualitätsbezogene

Kosten ermitteln

unterschiedliche Kostenarten

1) Fehlerverhütunsskosten (conformity cost) Fehlerverhütungskosten enthalten alle Aufwendungen, Entstehen

von

Fehlern verhindern

sollen,

wie

Audits,

die das FMEA Teams

usw.

2) Prüfkosten (conformity cost) Unter diesen Begrifffallen diejenigen Kosten, die für routinemäßige Feststellungen, Prüfungen, Beurteilungen und Aufdeckung von Mängeln oder Fehlern anfallen, wie Wareneingangsprüfung, Fertigungs- und Endprüfungen sowie Tests. interne Fehlerkosten (non-conformity cost) Es handelt sich hier um Kosten, die sich aus Fehlern ergeben, die vor der Auslieferung des Produktes an den Verbraucher gefunden werden, wie Kosten für Nacharbeit, Ausschuß, Wertminderungen und

3)

Materialprüfungen. 4)

externe Fehlerkosten

(non-conformity cost)

Mängel oder Fehler, die sich nach der Auslieferung des Produktes an den Kunden zeigen, wie Garantie- und Kulanzkosten, Rückrufaktionen, fehlerhafte Lagerbestände usw. werden als externe Fehlerkosten bezeichnet.

Mit Hilfe dieser

Qualitätskosten

zuordnen.

Klassifizierung

nun

lassen sich die unterschiedlich auftretenden Ort besser dem bzw. der Stelle ihrer jeweiligen Entstehung

Kapitel 3

91

Unabhängig davon, müssen alle Kosten, die in einem Unternehmen auftreten können, aufgelistet werden. Dazu müßte ein Plan angefertigt werden, der alle Kosten penibel aufzeigt, wozu selbst die kleinste Kostenstelle gehört. Gemäß der Maxime: Wo sind in meinem Betrieb Leerläufe und damit Kosten versteckt, gilt es die entsprechenden Schritte zum Kostenabbau einzuleiten.

Wird das

Management in diesem Sinne umfassend über die anfallenden Kosten

informiert, lassen sich Zielgrößen formulieren, die in Absprache mit den

Mitarbeitern zu einer Absenkung der jeweiligen Kosten führen können. Allerdings wird ein derartiges Vorhaben nur dann umzusetzen sein, wenn im Unternehmen die Voraussetzungen für ein derartiges Kostenbewußtsein über alle Ebenen hinweg geschaffen wird. Ein angstfreies Klima, das Fehler akzeptiert und sie gleichzeitig als Lernquelle ansieht ist hier ebenso gefragt wie eine Unternehmenspolitik, die Kosteneinsparungen mit finanziellen Incentives für die Mitarbeiter vorsieht. Im Kapitel XIII. wird ausführlicher auf diese Fragen eingegangen und zugleich aufgezeigt, welche Lösungsmöglichkeiten hier mit Hilfe des TQM zu erzielen sind.

III.4.2.

Verteilung der Qualitätskosten in der elektrotechnischen Industrie

Das Messen von Qualitätskosten ist ein Bestandteil von TQM und zeichnet fortschrittliche Unternehmen aus (Oess, 1996, S. 314). Greift man, was die Aufteilung der Qualitätskosten betrifft, die zuvor dargestellte Klassifikation noch einmal auf, dann gestaltet sich vor allem die Ermittlung von Verhütungskosten als schwierig, da ihre Kontrolle durch Audits oder Teams mit gewissen Manipulationen verbunden sein kann. Hinzu kommt, dass präventive Zielvorgaben schwerer zu formulieren sind, da die Fehlerverhütung und nicht die Fehlerkontrolle im Vordergrund steht. Demgegenüber sind Fehlleistungskosten und Prüfkosten relativ einfach und exakt zu ermitteln, da überprüfbare Vorgänge zu ihrer Beurteilung herangezogen werden können. Ein Blick auf die elektrotechnische Industrie zeigt, mit welchen Anteil die jeweiligen Qualitätskosten an den Gesamtkosten beteiligt sind (s. Abb.26). Versucht man die Qualitätskosten nach der Art ihrer Entstehung zu interpretieren, so ist es vor allem die interne Fehlerkostenquote von 44%, die offenkundig macht, dass es in der elektrotechnischen Industrie noch ein großes Ver-

92

Kapitel 3

Abb.26: Die Verteilung der Qualitätskosten elektrotechnischen Industrie Quelle: Frehr, 1994, S. 15

am

Beispiel der

besserungspotenzial gibt, das bisher noch nicht hinreichend genug Beachtung gefunden hat. Die Absenkung der Kosten für Nacharbeit und Ausschuß lassen sich dabei durch Einbeziehen von Qualitätszirkeln und durch vorbeugende Maßnahmen wesentlich reduzieren. Die nachfolgende Beschreibung zeigt beispielhaft auf, wie man den internen Fehlerkosten in Zukunft präventiv begegnen kann. Ein Mitarbeiter in der Fließbandfertigung beim Opel-Werk in Eisenach stellte fest, dass ein vorgestanztes Loch im Blech nur mit äußerster Mühe einen der Haltebolzen durchlief. Aufgefordert zum präventiven Handeln zog er die rote Leine, die als eine Art Notbremse von der Decke hängt. Gemeinsam wurde nun versucht, eine nicht exakt gelieferte Vorleistung so zu verändern, dass keine weiteren Störgrößen die Fließbandfertigung behinderten. Zwar war durch diese zusätzliche Inspektion die Produktion für fast zwei Minuten blockiert, doch kann jeder sich vorstellen, was passiert wäre, wenn einem Opel-Astra-Kunden nach der Auslieferung des Autos das Armaturenbrett auf den Schoß gefallen wäre (Kurth, 1995, S. 136). Auch die bei der Untersuchung in der elektronischen Industrie angefallenen Prüfkosten in Höhe von 33% unterstreichen, dass immer noch zu viele Fehler in diesem Bereich auftreten. Nicht die routinemäßige Überprüfung durch interne Kontrollinstanzen wird die Lösung der Zukunft darstellen, sondern die Verlagerung dieser Prüfvorgänge in autonom arbeitende Teams, die dafür auch die Verantwortung übernehmen, wird zu einem Rückgang der Prüfkosten führen.

93

Kapitel 3

Qualitätskosten im Vergleich

III.5. Welche

Veränderungen für diejenigen Unternehmen möglich sind, die auf Fehlervermeidung statt Fehlerbeseitigung setzen, zeigt die nachfolgende Gegenüberstellung der Qualitätskosten, bei dem die konventionelle Qualitätssicherung mit einem auf TQM-basierenden Ansatz verglichen wurde (s. Abb.27). Über alle Kostenarten hinweg schneidet eine am TQM-orientierte Kostenpolitik deutlich besser ab. Ausgehend von der Überlegung, dass die Qualitätskosten rund 10% des Gesamtumsatzes ausmachen, wird ein Einsparvolumen durch Kostenreduktion erkennbar, das sich auf über 3% des Gesamtumsatzvolumens beläuft. Anteil der

Konventionelle

QSKosten am

Qualitätssicherung

Umsatz

Quality Management

Total

10% 9%

8%

Externe Fehlerkosten

Einsparung

7% 6% 5% 4%

Externe Fehlerkosten

Interne Fehlerkosten

Interne Fehlerkosten

3%

Prüfkosten

2% 1%

Prüfkosten

Fehler-

verhütungs-

0%

Fehlerverhütungskosten

kosten

Abb. 27:

Qualitätskosten im Vergleich Quelle: Simon, 1996, S. 75 Die

Schlussfolgerung aus diesem Vergleich kann deshalb nur lauten, dass präventive Maßnahmen zur Qualitätssicherung und -Verbesserung, die sich nicht

Kapitel 3

94

auf Produkte, sondern auf die ganze Wertschöpfungskette beziehen, unerlässlich sind, um über Kostensenkung Wettbewerbsvorteile zu erzielen. nur

Schwerpunkt der TQM-Philosophie liegt daher auf der Fehlervermeidung auf der Fehlerbeseitigung. „Jede Mark, die in die Fehlerverhütung investiert wird, spart mehrere Mark für die Fehlerbeseitigung" (Töpfer/Mehdora, 1995, S. 18). Eine alte japanische Weisheit unterstreicht diesen Ansatz mit folgender Aussage: „Qualität und Zuverlässigkeit haben Priorität. Gewinn ist die natürliche Folge eines Qualitätserzeugnisses (Simon, 1996, S. 75). Der

anstatt

"

III.6.

Ganzheitliche Orientierung im Kosten und Zeit

Spannungsfeld von Qualität,

Die vorangegangen Kapitel haben deutlicht gemacht, dass nur ein ganzheitliches Qualitätsverständnis bei verschärften Wettbewerbsbedingungen Vorteile gegenüber den Mitkonkurrenten verschafft. Dazu liefert der Qualitätsansatz im TQM die entsprechenden Voraussetzungen. Welche Effekte damit verbunden sind, beschreibt Müller (1996, S. 241) wie folgt:

Werkzeug zur Renditenverbesserung. Sie sichert Kundenbindung, größere Wiederverkaufsraten, geringere Preisempfindlichkeit, höhere Marktanteile und niedrigere Prozess„Qualität

ist ein

stärkere

kosten.

"

Sollen die beschriebenen Ziele erreicht werden, gilt es vor allem die Erfolgsfaktoren Qualität, Zeit und Kosten optimal zu gestalten. Welche Veränderungen hinsichtlich ihrer Bedeutung diese drei Parameter über einen längeren Zeitraum erfahren haben, zeigt die nachfolgende Abbildung 28. Sie macht deutlich, dass eine auf den TQM-Ansatz basierende Qualitätspolitik entscheidenden Kosten- und Zeitreduzierungen führt. Damit verbunden ist auch ein größerer Kundennutzen, der letztendlich eine bessere Befriedigung der zu

Kundenbedürfhisse ermöglicht. Erst mit der Erfüllung dieser Prämisse werden die Voraussetzungen für eine langfristige Kundenbindung geschaffen, die es den Unternehmen erlaubt, sich erfolgreich im Wettbewerb zu behaupten.

Kapitel 3

95

£

I ! B

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5 73 p S1 c S .2 .3 u

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1

1 rï.

Abb. 28: Von der Kosten- und Zeit- zur ganzheitlichen Qualitätsorientierung Quelle: Malorny/Kassebohm, 1994, S. 73

Kapitel 3

96

herausgehobenen Stellenwert einer qualitätsorientierten Unternehmenspolitik zeigt auch eine Untersuchung von McKinsey (Rühle, 1996, S. 10). Auf die Frage, wie wichtig ihnen Qualität ist, unterstrichen 91 Prozent der befragten Unternehmen die herausragende Bedeutung, die sie mit der Qualität verbinden. Bei den Gründen für die Wichtigkeit einer Fokussierung auf Qualität, nannten 89 Prozent sie als entscheidendes Kaufargument gegenüber dem Endkonsumenten, gefolgt von Kostenreduzierungen (66 Prozent), größerer Flexibilität (58%) und kürzeren Durchlaufzeiten (40 Prozent). Den

Qualität

Wie wichtig?

Warum wichtig? 89%

wichtigstes Kaufargument des Endkonsumenten

Qualität

66%

Kostenreduzierung 58%

größere Flexibilität 40% kürzere Durchlaufzeiten

91%

wichtig

nicht wichtig

Abb.29: Wachsende

Bedeutung der Qualität

Quelle: Rühle, 1996, S. 10

y

Kapitel 3

97

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung i.

In welcher Weise haben die Aussagen von Juran, Crosby und Deming Eingang in den Qualitätsansatz von Töpfer gefunden?

2.

Wodurch zeichnet sich die heutige zu früheren Überlegungen aus?

3.

Welche Veränderungen hat das triade Spannungsfeld Qualität-Zeit-Kosten im Hinblick auf ein neues Qualitäts verständnis erfahren?

4.

spielt in einem Null-Fehler-Programm die interne KundenLieferanten-Beziehung?

5.

Wie lassen sich Qualitätskosten aufteilen und welches Einsparvolumen ist mit einer auf das TQM bezogenen Unternehmenspolitik möglich?

6.

In welchen Bereichen können Qualitätsinformationen gesammelt werden und welche Fragen aus dem Qualitätskatalog sind dabei zu stellen?

7.

Unterschiedliche Anforderungen werden an die Dienstleistungsqualität gestellt. Greifen Sie einen Bereich heraus und dokumentieren Sie, worauf es hierbei ankommt!

8.

Bei der

Kommunikationsqualität im Vergleich

Welche Rolle

Beurteilung der Dienstleistungsqualität wurden 10 Punkte zeigen, wie man ihr gerecht wird. Entwerfen Sie für ein mittelständiges Unternehmen ein 5-Punkte-Programm, von dem Sie glauben, dass sich damit die Dienstleistungsqualität messen lässt! genannt, die

9.

Welche After-Sales-Aktivitäten würden Sie Kunden einen Computer verkauft haben?

10.

Worauf kommt es beim Erstkontakt mit dem Kunden an und wie würden Sie reagieren, wenn Sie jemanden im Flirr begegnen, der Sie fragt, wie er Herrn Müller in der Serviceabteilung erreichen kann?

11.

Können Sie sich vorstellen und lässt es sich den Mitarbeitern gegenüber darstellen, dass im Rahmen eines Null-Fehler-Programmes eine Zielgröße vereinbart wird, die wie folgt lautet: „Nachdem es uns gelungen ist, die Fehlerquote in den zurückliegenden Jahren auf 0,1% zu senken, stellen wir uns dem Ziel, im nächsten Jahr diese Quote auf 0,001 % zu reduzieren"!

ergreifen,

wenn

Sie einem

Kapitel 3

98

Literaturhinweise intern und extern, in: Kundenerwartungen Besser-Schneller-Schlanker: Mehdorn/Töpfer (Hrsg.), TQM-Konzepte in der Neuwied 1996 Unternehmenspraxis, 2. Aufl., Beradt, R., Total Quality Management als Erfolgsstrategie, Berlin/Heidelberg, 1995 Binner, H. F., Den Kunden im Blick. Qualitätsmanagement im Dienstleistungsbereich immer wichtiger, in: Qualität & Zuverlässigkeit, Nr. 3/1998 Blawat, F., Rothlauf, J., Total Quality Management in mittelständischen Unternehmen, in: Universität Gdansk (Hrsg.), Ekonomia, Nr. 37, 1998 Bruhn, M., Qualitätssicherung im Dienstleistungsmarketing eine Einführung in die theoretischen und praktischen Probleme, in: Bruhn/Stauss (Hrsg.), Dienstleistungsqualität, Wiesbaden 1995 Brunner, F.J., Wagner, K., Qualitätsmanagement, München/Wien 1997 Buzzell, R.D., Gale, B.T., Das POMS-Programm: Strategien und Unternehmenserfolg, in: Lehmann, A., Dienstleistungsmanagement: Strategien und

Bauer, E., Analyse

von

-

-

Ansatzpunkte zur Schaffung von Servicequalität, St. Gallen 1995 Crosby, P.B., Quality is free, New York 1979 Deming, W.E., Out of the crisis, MIT Center for Advanced Engineering, Massachuetts, 1986 Totales Dervey, H.R., Systeme und ISO-Normen genügen nicht als Basis für Qualitätsbewußtsein permanente Verbesserungen, in: io 6/1998 Nr. Management, Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V., TQM Verbesserung von Unternehmensprozessen, Frankfurt/M 1997 Donabedian, A., The Definition of Quality and Approaches to its Assessement, Exploration in Quality, Assessment and Monitoring, Vol. I, Ann Arbor, 1980 Etscheit, G, in: Die Zeit, 25.01.2002 Unternehmensweite Frehr, H.U., Total Quality Management 2. Qualitätsverbesserung, Aufl., München/Wien, 1994 Güthoff, J., Qualität komplexer Dienstleistungen: Konzeption und empirische Analyse der Wahrnehmungsdimensionen, Wiesbaden 1995 Heß, M., TQM/Kaizen-Praxisbuch. Qualitätszirkel und verwandte Gruppen im Total Quality Management, Köln 1997 Homurg, C, Garbe, B., Industrielle Dienstleistungen als Managementherausforderung, in: io Management, Nr. 6/1996 Juran, J.M., Juran on leadership for quality, New York 1989 Kleinmann, P., Veränderte Unternehmensphilosophie am Standort Deutschland, in: Mehdorn/Töpfer (Hrsg.), Besser-Schneller-Schlanker: TQM-Konzepte in der Unternehmenspraxis, 2. Aufl., Neuwied, 1996 Kong, C.C., TQM als Differenzierungsstrategie für Servicequalität, in: -

-

-

Kapitel 3

99

Mehdorn/Töpfer (Hrsg.), Besser-Schneller-Schlanker: TQM-Konzepte in der Unternehmenspraxis, 2. Aufl., Neuwied, 1996 Kraft, S., Thienel, A., Fünf Sterne für Servicequalität, in: Qualität und Zuverlässigkeit, Nr. 2/1997 Kurth, J., In der Eisenacher Opel-Fabrik haben Fließband und Roboter ausgedient: Mit Teamarbeit geht es noch schneller und besser, in: Stern Nr. 14, 1995

Lehmann, A., Dienstleistungsmanagement: Strategien und Ansatzpunkte zur Schaffung von Servicequalität, St. Gallen, 1995 Malorny, C, Kassebohm, K., Brennpunkt TQM. Rechtliche Anforderungen, Führung und Organisation, Auditierung und Zertifizierung nach DIN ISO 9000ff, Stuttgart 1994 Masing, W., Handbuch Qualitätsmanagement, 3. Aufl., München/Wien, 1994 Meffert, H, Bruhn, M., Dienstleistungsmarketing. Grundlagen, Konzepte, Methoden, Wiesbaden, 1995 Müller, H., Service Marketing Inhalte, Umsetzung, Erfolgsfaktoren, Heidelberg, 1996 Newport, J.P., American Express: Service that sells, in: Kotler/Armstrong/Saunders/Wong (Hrsg.), Principles of Marketing, London -

1999

Oess, A., Total Quality Management Die ganzheitliche Organisationsstrategie, 3. Aufl., Wiesbaden, 1994 Oess, A., Total Quality Management Die ganzheitliche Organisationsstrategie, 4. Aufl., Wiesbaden, 1996 Rapp, R., Kundenzufriedenheit durch Servicequalität, Wiesbaden, 1995 Rothlauf, J., Blawat, F., Total Quality Management Ein ganzheitlicher Ansatz, in: Ekonomia, Politechnische Universität Danzig (Hrsg.), Nr. 37/1998 Rothlauf, J., Einführung in die Managementlehre, Stralsund 1997 Rothlauf, J., Kundenzufriedenheit in Theorie und Praxis, in: Der Betriebswirt, -

-

-

Nr. 3/1996 Rühle von Lilienstern,

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-

100

Kapitel 3

Unternehmenserfolg, Renningen-Malsheim, 1997 Woodbury, D., Providing personalized customer service. National Retail Federation, National Retail Institute (Hrsg.), Hamilton, 1999 Zeithaml, V.A., Parasuram, A., Berry, L.L., Qualitätsservice, Frankfurt/M, 1992 Zeutschel, U, Hinzpeter, R., Patzelt, B., BMW: „Jetzt wird auch der Verkauf super gemacht", in: Harvard Business Manager, Nr. 1/1995 Wagner, P., Kundenorientierung der Königsweg

zum

Qualität ist, wenn die Kunden zurückkommen und nicht das Produkt.

Kapitel 4



101

Wer nicht weiß, wohin er segeln will, ßr den ist kein Wind der richtige. "

Seneca

IV.

Kundenzufriedenheit und Kundenbindung im Rahmen von

Quality Management

Total

IV. 1.

Kundenzufriedenheit und Total Quality Management

In den

bisherigen Ausführungen zum Total Quality Management wurde immer wieder der Kunde und seine Zufriedenheit angesprochen, ohne allerdings auf die Faktoren einzugehen, die letztendlich Kundenzufriedenheit bestimmen. Worin die zentrale Rolle des Kunden, dem letzten Adressaten im Wertschöpfungsprozess liegt, und wie über Kundenzufriedenheit eine langfristige Kundenbindung aufgebaut werden kann, soll im folgenden näher untersucht werden.

IV.1.1.

Zum Begriff der Kundenzufriedenheit

Kundenzufriedenheit wird aufgrund verschiedener verhaltenswissenschaftlicher Erklärungsansätze nicht einheitlich definiert (Rudolph, 1998, S. 11). In allen Definitionen lässt sich jedoch erkennen, dass Kundenzufriedenheit ein Konstrukt darstellt, mit dem Abgleichungsprozesse verbunden sind. So definieren Homburg/Rudolph (1997, S. 33) Kundenzufriedenheit wie folgt:

„Kundenzufriedenheit ist das Ergebnis eines komplexen physischen Vergleichsprozesses des Kunden zwischen wahrgenommener Erfah-

rungen nach dem Gebrauch eines Produktes oder einer Dienst-

leistung, der sogenannten Ist-Leistung, mit Erwartungen, Ansprüchen, Wünschen, individuellen Normen oder einem anderen Vergleichsstandard vor der Nutzung, der Soll-Leistung. "

Dabei

vergleicht

der Kunde die

Produktes oder bei

Erfahrungen, die er beim Gebrauch eines Inanspruchnahme einer Dienstleistung gemacht hat, mit den

Kapitel 4

102

Wahrgenommenes Leistungsniveau (Ist-Leistung I)

Vergleichsstandard (Soll-Leistung S) =

=

I>S Bestätigung I=S Bestätigung O

führen

delegieren antworten

Veränderung langfristig Warum?

Begeisterung Charisma

simpel

intuitiv Vision leiten autorisieren

fragen

Führungsverhalten: Vom Manager zum Leader Quelle: Kleinmann, 1996, S. 67

Abb.53:

Aus einem

Manager der Gegenwart muss von daher ein Leader werden, der zukunftsbezogen, mit Begeisterung und Charisma führt, von Visionen geleitet, weniger delegiert und antwortet, sondern Mitarbeiter autorisiert und fragt (s. Abb.53). Dabei ist es unwichtig, ob sich die Führungskraft von morgen sprachlich als Leader oder Manager ansieht, wichtig ist, dass es zu einer inhaltlichen Neubestimmung der mit dem strategischen Wandel verbundenen Führungsaufgaben kommt. Bei der Hilti-Gruppe mit Konzernsitz in Schaan, Fürstentum Liechtenstein, wird dieser Anspruch unter dem Leitsatz: „Wir leben Leadership" wie folgt beschrieben (Oertig, 1996, S. 14):

Leadership leben heißt, den permanenten Wandel als Chance sehen. Heißt, gemeinsame Werte und Ziele haben, zu persönlichem Commitment und zur Zusammenarbeit bereit sein. Leadership leben bedingt ein Verhalten, das von Offenheit, Kreativität, Fairness und dem Willen zur ständigen Verbesserung geprägt ist. Es bedeutet das Wissen um die hohe Selbstverantwortung für die Gestaltung der Zukunft. „

"

Kapitel 5

160

Qualitätstest: Schlechte Noten für Manager Kundenorientierung Bezieht Markt und Wettbewerb als

wichtige Einflussgrößen in die Arbci

Begeistert Gesprächspartner, verkauft eigene Ideen gut und überzeugt

2,7

Einwickelt Strategien subslunziell mit und setzt sie mit Nachdruck um

3,4

2,8

Führungsqualität

3,3

Zeigt hohe persönliche Einsatzbereitschaft

1,9

Setzt sich selbst überdurchschnittliche Ziele, will besser sein als andere

2,2

Argumentiert schlüssig und durchdacht

2,4

Interessiert sich für die Situation der Mitarbeiter, geht sensibel mit Bedürfnissen um

3,1

2,3

Genießt Vertrauen bei

3,1

3,3

Greift bereitwillig und konstruktiv Argumente anderer auf, bcharrt nicht auf der eigenen Meinung_

3,4

Maßnahmen

3,4

Stellt sich Konflikten und spricht diese offen an

3,5

Bereitet

Meetings strukturiert vor

3,7

Schafft Mitarbeitern Freiräume für selbstsländiges Handeln

3,6

Projektmeetings zielgerichtet und effektiv

3,9

Kennt die Stärken eigener Mitarbeiter

3,6

Kann über sich selbst lachen, nimmt nicht alles zu ernst

3,6

Nimmt Beschwerden von

Kunden, Mitarbeitern und Kollegen ernst und

reagiert schnell Gewichtet Feedback

von

Kunden, Mitarbeitern und Kollegen hoch,

reagiert angemessen Betrachtet Mitarbeiter als Kunden

4,3

Projektmanagement Hinterfragt regelmäßig die Hält Termine und Bereitet

Steuert

Entwicklung der

Projektkosten

Vereinbarungen ein

Meetings nach und kontrolliert die Verwirklichung vereinbarter

Innovationsfähigkeit und Lernbereitschaft Setzt unternehmerische Interessen Widerstände durch

wenn

notwendig auch gegen

-

Nimmt richtungsweisend Einfluss auf Entscheidungen und treibt deren

Umsetzung voran Fordert Feedback

zur

eigenen Person und setzt dieses im Verhalten um

1st an

eigener Weiterbildung interessiert und nimmt Weiterbitdungsangebotc wahr Geht einfallsreich, konstruktiv mit neuen Herausfordeningen und

Aufgabenstellungen um

Setzt sich gerne unbekannten Situationen. Aufgaben und

Herausforderungen aus Geht auch

neue

und innovative Wege

Strategisches

Leitet aus der Untemehmertsstrategie klare und für die Mitarbeiter

verständliche Ziele ab und kontrolliert deren Einhalten Denkt nicht in Zuständigkeiten, sondern Orientiert das eigene Handeln Unlernehmenszielen

an

berücksichtigt im Handeln den

der Unternehmen sstrategie und den

Entwickelt Visionen ftir neue Märkte oder Produkte

Abb.54: Schlechte Noten für Manager Quelle: Capital 25/2001, S. 135

Ist für eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter präsent und

ansprechbar

Bewertet Fehler von Mitarbeitern als Lcmchanccn und sorgt

3,1

dafür, dass sie daraus lernen

3,7

Versteht sich als Coach der Mitarbeiter, fordert und unterstützt sie

3,7

Zieht bei anhaltenden

3,7

3,8 4

4,1

Misserfolgcn personelle Konsequenzen! 4,4

Konfrontiert Mitarbeiter klar und konsequent mit

4,5

Minderleistungen

3,7

Kümmert sich angemessen

3,9

Controlling

um

die Auswahl guter Mitarbeiter

und

4,6

Steuerung

Interpretiert Controllingkennzitrem zielsicher und arbeitet

Handeln

Verfügt über klare fachliche Kernkompetenzen

gesamten Prozess

2,9

Kollegen und Mitarbeitern

damit

2,8

2.1

Kontrolliert die Arbeitsqualitat der Mitarbeiter regelmäßig

2,9

3,1

Betreibt angemessenes

2,9

3,2

Richtet das Führungsverhaltcn an konkreten Resultaten

3,3

Setzt Mitarbeiter entsprechend ihrer Stärken und Kernkompetenzen ein

3,4

Investiert

Ergebnis- und Kostcnmanagement

genügend Zeit in

Teambuilding-Maßnahmen

aus

3,5 3,7

4,7

Kapitel 5

161

Das Ergebnis ist blamabel für Entscheider: Von 45 grundlegenden Fähigkeiten benoten fünf sehr erfahrene Kienbaum-Berater immerhin die Hälfte mit drei minus und schlechter. Ihrem Urteil liegt eine Datenbankauswertung von mehr als 5000 Management-Audits zu Grunde. Auffällig häufen sich die schlechten Noten bei den geforderten Führungsqualitäten. Erstklassig schneiden die Manager nur bei ihrer Einsatzbereitschaft ab (Capital 25/2001, S. 135).

V.3.1.2.

Anforderungen an eine Führungskraft bei der Nestle AG

Über welche Einstellungen und Qualitäten eine Führungskraft bei der Nestle AG, mit Sitz in Vevey/Schweiz, verfügen soll, beschreibt der Präsident des Verwaltungsrates der Nestle AG, Helmut O. Maucher (1998, S.26), mit folgenden Worten: Der

Erfolg von Anstrengungen zum strategischen Wandel hängt stark von den Eigenschaften unserer Kadermitarbeiter ab. Diese sollten neben professionellen Kenntnissen und Erfahrungen über Mut, Nerven und Gelassenheit, über Lernfähigkeit, Sensibilität für Neues, Vorstellungsvermögen für die Zukunft (d.h. Vision), über Kommunikations- und Motivationsfähigkeit nach innen und außen, über die Fähigkeit zur Schaffung eines innovativen Klimas, die Fähigkeit zum Denken in Zusammenhängen und vor allem über Glaubwürdigkeit verfügen. Zusätzlich sollte die Bereitschaft zu Veränderungen und die Fähigkeit, Veränderungen zu managen vorhanden sein, dazu gewisse charakterliche keine Karriereopportunisten und Hedonisten -, auch Eigenschaften internationale Erfahrung bzw. Verständnis anderer Kulturen sowie allgemeine Interessen und Bildung. „

-

-

-

"

V.3.1.3.

Leitsätze für die

Führung am Beispiel der Hilti AG

Veränderungsprozesse

im Unternehmen führen zu einer Neuausrichtung der gesamten Unternehmenspolitik. Leitsätze vermitteln nach innen wie nach außen, von welchem neuen Grundverständnis das Unternehmen geprägt ist. Dabei spielt das Führungsverhalten eine entscheidende Rolle.

Beispiel der Hilti AG soll gezeigt werden, welche Leitsätze hierbei für die Führung gelten und welche Anforderungen damit verbunden sind (Oertig, 1996, S. 17): Am

162

Kapitel 5

Leitsätze für die Führung bei der Hilti AG: Mitentwickeln der Unternehmenspolitik

„Die Führungskraft ist mitverantwortlich für das Weiterentwickeln der Unternehmenspolitik (Vision, Leitbild, Grundstrategie, Bereichsstrategie) sowie für die Erarbeitung der Drei- und Einjahrespläne im Bereich." Verwirklichen der Unternehmenspolitik „Die Führungskraft ist verantwortlich für die Umsetzung der Unternehmenspolitik sowie für die Erreichung der in den Drei- und Einjahresplänen festgelegten Ziele."

Vorleben der Unternehmenskultur

„Die Führungskraft prägt durch Vorleben der Unternehmenskultur ihr Umfeld im Sinne von Leadership."

Integrieren der Mitarbeiter „Die Führungskraft begeistert und motiviert die Mitarbeiter, um gemeinsam mit ihnen die hochgesteckten Ziele zu erreichen. Sie beteiligt die Mitarbeiter am gesamten Prozess, berücksichtigt ihre Bedürfnisse und bezieht sie aktiv in die Problemlösung ein."

Entwickeln der Mitarbeiter „Die Führungskraft ist verantwortlich für die kontinuierliche Entwicklung der fachlichen und sozialen Kompetenz der Mitarbeiter. Sie fördert und fordert permanent die Mitarbeiter gemäß deren individuellen

Fähigkeiten. Sie geht schwierige Mitarbeitersituationen aktiv an und löst diese." Unterstützen der Kommunikation

„Die Führungskraft ist verantwortlich für die aktive bereichsinteme und organisationsübergreifende

Kommunikation. Sie fördert in ihrem Bereich das kundenorientierte und bereichsübergreifende Denken und Handeln und stellt damit sicher, dass jeder Leistungsauftrag in seinem Gesamtzusammenhang gesehen und gelöst wird."

Fördern der Teamarbeit

„Die Führungskraft fördert durch Vorleben die Teamkultur im Bereich und stellt sicher, dass die Mitarbeiter in überbereichlichen Teams aktiv zum gemeinsamen Erfolg beitragen. Sie führt die Mitarbeiter zu einem erfolgreichen Team zusammen, einem Team, in dem sich die individuellen Stärken optimal ergänzen."

Verantwortung der Ressourcen „Die Führungskraft ist verantwortlich für einen Kosten-/Nutzen-optimalen Einsatz der verfügbaren Mittel (Zeit, Budget, Personal)." Erhöhen der Organisationseffizienz

„Die Führungskraft ist verantwortlich für die langfristige Sicherstellung und permanente Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Bereichs (Mitarbeiter, Qualität/Effizienz der Strukturen und Prozesse). Sie ist verantwortlich für das frühzeitige Auslösen und Umsetzen entsprechender Entscheidungen."

Abb.55: Leitsätze für die Führung bei der Hilti AG in Liechtenstein Quelle: Oertig, 1996, S. 17

Kapitel 5

V.3.2.

163

Einflussfaktoren der Mitarbeiterzufriedenheit

Sind mit einem neuen Führungsverständnis die Voraussetzungen seitens der Führungskraft für eine Mitarbeiterzufriedenheit gegeben, so sind die Führungskräfte nun aufgefordert, in direkter Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern den Faktoren höchste Aufmerksamkeit zu schenken, die das Verhalten und die Zufriedenheit der Mitarbeiter unmittelbar beeinflussen.

V.3.2.1.

Der

Führungsstil

Jeder Vorgesetzte, der eine Führungsrolle im Unternehmen ausübt, setzt bestimmte Führungsmittel ein, um die Mitarbeiter zu einem bestimmten Verhalten oder Handeln zu veranlassen. Die Art der dabei gewählten Führungsmittel kennzeichnet den angewandten Führungsstil (Rothlauf, 1997, S. 72).

Führungsstil versteht man ein langfristig relativ stabiles, situationsUnter

variantes Verhaltensmuster der Führungskraft. Aus Sicht des Geführten wird Führungsverhalten in jedem Fall ganzheitlich erlebt. Ohne näher auf die unterschiedlichen Führungsstil-Typologien, die zwischen eindimensionalen und mehrdimensionalen Ausprägungen unterscheiden, eingehen zu wollen, hat sich in der Praxis mehrheitlich der

kooperative Führungsstil durchgesetzt (Jung/ Kleine, 1993, S.240). Aus diesem Grund sollen die

Annahmen,

die ihm zugrunde liegen, einer näheren Betrachtung unterzogen werden.

Verdienst Die Sorge, dass seine guten Leute von der begehrlichen Konkurrenz abgeworben werden können, treibt Jürgen Schrempp um. Deshalb will er auf der nächsten Hauptversammlung vorschlagen, dass gleich über alle Spitzenkräfte des DaimlerChrysler-Konzerns, vom

Abteilungsleiter

an

gestaffelt aufwärts,

ein Füllhorn von Aktienoptionen ausgeschüttet wird. Vorausgesetzt, sie schaffen es, den Kurs um 20 Prozent zu steigern. Auf die 6500 Unentbehrlichen würden bis zum Jahr 2005 dann schlappe 96 Millionen Aktien entfallen. Schon nach heutigem Kurs wären die gut 12 Milliarden Mark wert. Natürlich müssen sich die Herren und wenigen Damen das erst sauer verdienen. Damit's nicht gar so schwer wird, wurde der Kurstiefstand von gut 62 Euro als Basis gewählt. So muss es das Superteam schaffen, den Kurs nur leicht über das Startniveau des deutschamerikanischen Autoriesen anno 1998 zu hieven. Wenn das dann keine reife Leistung ist. In: Die Zeit, 16.03.2000, S. 32

Kapitel 5

164

V.3.2.1.1.

Führungsstile und Führungsverhalten in der Praxis

kooperativen Führungsstil betrifft, so stellt er einen vieldeutigen Begriff dar, der unterschiedliche Interpretationen zulässt. So untersuchten Master/Media (2000, S. 31) in einer Studie die verschiedenen Managementstile, die in der Praxis zur Anwendung gelangen und kamen dabei zu folgenden Ergebnissen (s. Abb.56). Was den

74

80 70 60

^50 e

«

§40

38

34

32

u

16

20 10 0

traditicndl

kxpaativ

ergebisaiertert

atpi\enrt\\atlich

potaiptcrisch

Abb.56:

Managementstile in der Praxis Quelle: Master/Media, 2000, S.31 Die überwiegende Mehrheit deutscher Unternehmen (74 Prozent) beschreiben den bei ihnen praktizierten Führungsstil als „ergebnisorientiert". Zu etwa gleichen Teilen findet sich der „traditionelle", „kooperative" oder „eigenverantwortliche" Führungsstil während der „partizipatorische" nur von einer Minderheit von 18 Prozent angegeben wird. Da

Mehrfachnennungen möglich

waren, wird

erkennbar, dass der jeweils unterschiedlichen Komponenten besteht und sich angewandte Führungsstil in seiner Gesamtheit als kooperativ-partnerschaftlich zusammenfassen lässt. Die Studie stellt dabei heraus, dass es kaum Mehrfachnennungen bei Unternehmen mit „traditioneller" Ausrichtung gab und Organisationen mit „partizipatorischen" Führungsstil sich zugleich auch als „ergebnisorientiert" beaus

zeichnen.

165

Kapitel 5

Aus dieser Studie kann der Schluss gezogen werden, dass die Mehrheit der in deutschen Unternehmen arbeitenden Führungskräfte sich durch einen Führungsstil auszeichnet, der die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern sucht, sich am Ergebnis orientiert, Eigenverantwortung den Mitarbeitern überträgt und sie darüber hinaus auch am Entscheidungsprozess beteiligt. Damit werden zugleich Führungseigenschaften erkennbar, die für einen kooperativ-partnerschaftlichen Führungsstil stilbildend sind. Durch welche Handlungsstrategien sich ein derartiges Führungsverhalten dokumentieren lässt, wird in den 10 Grundsätzen effektiver Führung ausgedrückt (Wildemann, 1994, S. 106):

1. Ich achte darauf, dass jeder Mitarbeiter einen Sinn in seiner Arbeit sieht. Ich bin mir bewusst, dass es zum großen Teil von mir abhängt, ob die Mitarbeiter ihre Arbeit als sinnvoll ansehen. 2. Ich achte darauf, dass jeder Mitarbeiter etwas Wichtiges tut. Ich sage den Mitarbeitern, dass das, was sie tun, wertvoll ist. 3. Ich trete meinen Mitarbeitern grundsätzlich positiv gegenüber. 4. Ich sage offen und bestimmt, was ich will (viele Mitarbeiter wissen nicht, was der Vorgesetzte eigentlich will). 5. Ich gebe meinen Mitarbeitern Feedback und erarbeite mit ihnen Wege zur

Verbesserung.

6. Ich bin meinen Mitarbeitern

zynisch.

gegenüber nicht abwertend, ironisch

7. Ich halte meine Mitarbeiter nicht für dumm. 8. Ich traue meinen Mitarbeitern ein eigenes Urteil 9. Ich frage meine Mitarbeiter, was sie bedrückt.

oder

zu.

10.Ich behandle die Mitarbeiter mit höflicher Aufmerksamkeit.

Ein

erfolgreich praktizierter Führungsstil

aber auch die Erwartungen der Mitarbeiter mit in sein Führungsverhalten einbeziehen. Nur wenn die Mitarbeiter das Gefühl haben, dass auch ihre Anliegen Berücksichtigung finden, werden sie Zufriedenheit signalisieren. Befragt man die Mitarbeiter, muss

Wunschvorstellungen sie mit dem Führungsverhalten ihrer Vorgesetzten in Verbindung bringen, dann werden 11 Anforderungen formuliert, die sie erfüllt sehen möchten (Ruhleder, 1999, S. 20): welche

Mit Zuhören Mitarbeiter führen Andrea Jung, Kosmetikmanagerin bei Avon ist stolz auf die traditionell hervorragenden Aufstiegschancen der Frauen in ihrem Konzern. Unternehmen können weltweit nicht mehr auf Talente verzichten. Und die fanden sich sowohl unter Frauen als auch unter Männern. Ihren Mitarbeitern zuzuhören, sie zu verstehen und zu begreifen egal auf welcher Hierarchiestufe bedeutet für Jung die einzige Chance, den Herausforderungen in ihrem Geschäft gewachsen zu sein. -

,

-

In: Süddeutsche

Zeitung, 02/03.10.2000, S. 29

Kapitel 5

166

1. Gute Führungskräfte sollten weniger selbst reden, sondern mehr den Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen. 2. Von der korrekten Kleiderordnung bis hin zu den Gesetzen des guten Tons sollten sie auf alle Äußerlichkeiten achten. 3. Ehrlichkeit und Vertrauen sind ganz wichtige Eigenschaften für eine

Führungskraft.

4. Auch eine Führungskraft sollte zeigen, dass sie in erster Linie Mensch ist. 5. Wer Kontakt zu seinen Mitarbeitern sucht und den konsequent aufrechterhält, wird leichter das richtige Einfühlungsvermögen aufbringen und Verständnis für schwierige berufliche oder auch private Situationen haben. 6. Die Führungskraft muss ihr Fachwissen beherrschen. Da aber das Fachwissen nur 49 Prozent der Gesamtbeurteilung einer Führungskraft ausmacht, gilt es vor allem, die zuvor genannten Punkte in sein Führungsverhalten einfließen zu lassen. 7. Ein hervorragender Vorgesetzter zeichnet sich dadurch aus, dass er Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung delegiert und dabei ein 8.

9.

kooperativer Führungsstil zur Anwendung gelangt. Ausdauer, Stehvermögen und Rückgrat zu zeigen, gilt es nicht nur im Umgang mit den Mitarbeitern, sondern insbesondere auch gegenüber den Führungskräften auf der nächsthöheren Ebene. Weder der wutschnaubende Choleriker, noch der schüchterne Vorgesetzte werden als souveräne Führungskraft wahrgenommen. Ein auf die jeweilige Situation abgestimmtes Führungsverhalten wird erwartet.

10. Eine

erfolgreiche Führungskraft steckt sich selbst

dem Mitarbeiter Ziele. 11. Jede Führungskraft sollte ren können.

und natürlich auch -

-

V.3.2.1.2.

Emotionale

Begeisterung ausstrahlen

und auch motivie-

Intelligenz

Die

Untersuchung von Master/Media hat gezeigt, dass es auf die Frage, wie man am besten führt, keine allgemein gültige Antwort gibt. Unterschiedliche Situationen erfordern ein jeweils anderes Vorgehen, und jeder Manager praktiziert darüber hinaus einen Führungsstil, der zugleich auch seine eigene Persönlichkeit widerspiegelt. Dennoch gleichen sich erfolgreiche Führungspersönlichkeiten in einem entscheidenden Punkt: alle besitzen in hohem Maße emotionale Intelligenz. Ihr

Kapitel 5

167

Verhalten ist durch Selbstreflexion, Selbstkontrolle, Fähigkeit zur Motivation, Empathie und soziale Kompetenz geprägt. Nur wer seine Gefühle ebenso wie die anderer Menschen versteht, ist in der Lage, seine Mitarbeiter so zu steuern, dass die Unternehmensziele erreicht werden (Goleman, D.,

Selbstreflexion

Selbstkontrolle

Definition Die Fähigkeit, die eigenen Stimmungen, Gefühle und Antriebe sowie ihre Wirkung auf andere zu erkennen und zu verstehen Die Fähigkeit, plötzliche

1999, S.28).

Kennzeichen

Selbstvertrauen,

realistische

Selbsteinschätzung,

selbstkritischer Sinn für Humor

Vertrauenswürdigkeit und Integrität; mit beherrschen oder in eine andere Mehrdeutigkeiten fertig Richtung zu lenken; der Hang werden; Offenheit vorschnelle Urteile zu gegenüber Veränderungen Impulse und Stimmungen zu

vermeiden handeln

-

erst

denken dann

Motivation

starker Wille zum Erfolg, Hingabe an die Arbeit aus Gründen, die über Geld oder Optimismus selbst bei Status hinausgehen; eine Rückschlägen, Neigung, Ziele mit Energie und betriebliches Engagement Ausdauer zu verfolgen

Empathie

Die Fähigkeit, sich in die Erfahrung im Fördern und Gefühlswelt anderer Menschen Weiterentwickeln von hineinzuversetzen; das Begabungen; Geschick, Leute mit Rücksicht interkulturelle Sensibilität; auf deren Gefühle zu Kundenorientiertheit behandeln Das Können, Beziehungen zu Effektivität im unterhalten und Netzwerke Herbeiführen von aufzubauen; die Fähigkeit, eine Veränderungen, gemeinsame Basis zu schaffen Überzeugungskraft; und enge Beziehungen zu Erfahrung im Aufbauen knüpfen_ und Leiten von Teams

Soziale

Kompetenz

Abb.57: Die fünf Komponenten der emotionalen Intelligenz Quelle: Goleman, 1999, S.29 Welche

Fähigkeiten bzw. begrifflichen Festlegungen mit den jeweiligen Komponenten der emotionalen Intelligenz verbunden sind und durch welches Verhalten sie sich auszeichnen, wird in Abbildung 57 erkennbar.

Kapitel 5

168

„Emotionale Intelligenz kann jeder erwerben"

Personalwirtschaft: Herr Goleman, in Ihrem Buch „Der Erfolgsquotient" vertreten Sie die These, dass Emotionale Intelligenz für wirtschaftlichen Erfolg genau so wichtig, wenn nicht gar noch wichtiger ist als kognitive Fähigkeiten. Wie begründen Sie das? Goleman: Wir haben Führungskräfte von rund 500 Organisationen weltweit untersucht, nicht nur von den weltweit größten Unternehmen, sondern auch von mittelständischen Betrieben, Behörden, Krankenhäusern und Schulen. Dabei haben wir die Beziehung zwischen kognitiven Fähigkeiten und Emotionaler Intelligenz betrachtet und ein immer wieder auftretendes Muster

gefunden: Leistungsstarke Mitarbeiter, sog. High Performer, unterscheiden sich von weniger erfolgreichen Mitarbeitern, den Media oder Low Performern, durch die auf emotionalen Fähigkeiten basierenden Kompetenzen. Dazu zählen Flexibilität, Vertrauenswürdigkeit, der Drang, etwas zu wollen und die Teamfähigkeiten. Diese sind in der Regel doppelt so wichtig wie kognitive oder technische Fähigkeiten und zwar für alle Jobs. Je höher wir in der Hierarchie eines Unternehmens kommen, desto wichtiger sind emotional intelligente Fähigkeiten, die ich als E.I.-Fähigkeiten bezeichne. Für Top-Führungskräfte macht ihr Anteil 85 bis 90 Prozent des Anforderungsprofils aus, in manchen Modellen sind es -

sogar 100 Prozent.

Personalwirtschaft: Wenn Emotionale Intelligenz kann es jeder lernen, gleich welchen Alters?

so

wichtig ist,

Goleman: Ja. Den IQ kann man nicht verändern, er bleibt von Kindheit an gleich. Emotionale Intelligenz dagegen lässt sich in jedem Lebensalter verbessern. Und wenn man noch keine entscheidenden Fähigkeiten erworben hat wie Überzeugungskraft, Teamfähigkeit oder Selbstvertrauen, kann man es zu jedem Zeitpunkt tun.

In: Personalwirtschaft Nr.

V.3.2.2.

8/99, S.28 ff.

Motivation

Wer sich selbst nicht motivieren kann, kann auch seine Mitarbeiter nicht motivieren. Die Motivation im Rahmen der emotionalen Intelligenz hat aufgezeigt, worauf die Führungskraft zu achten hat, wenn die eigene Motivation angesprochen wird. Geht es um das Konstrukt Mitarbeiterzufriedenheit, dann kommt

Kapitel 5

169

der motivierenden Wirkung der Mitarbeiter durch das Vorgesetzten eine Schlüsselrolle zu. Menschliches Verhalten ist auf Motive zurückführbar und auf Ziele hin ausgerichtet. Motivation wird somit zur Voraussetzung für zielorientiertes Handeln und ist deshalb aus der Perspektive des Managements Hauptansatzpunkt für leistungsstei-

gernde Beeinflussungsstrategien.

Um sich mit der Orientierung bzw. der Ausrichtung der Mitarbeiter be-

fassen

zu

können,

muss man

sich

zuvor mit den Beweggründen menschlichen Verhaltens auseinandersetzen. Dabei werden objektiv gleiche Umweltsituationen von verschiedenen Personen unterschiedlich verarbeitet und führen zu divergierenden Verhaltensweisen. Legt man die Vielseitigkeit der menschlichen Psyche und die Individualität eines jeden einzelnen Mitarbeiters zugrunde, dann kann es kein einheitliches „Patentrezept" zur Motivation geben (Haberkorn, 1995, S. 86).

Unterschiedliche

der

A Winning Workplace -1

Several factors make Continental a great place to work. Last month, for instance, we shared 15 percent of our 1998 profits with our co-workers. Profit sharing is one of our pay-for-performance plans; we also give bonuses to employees every month we meet our goals of getting passengers to their destinations safely on schedule. As another performance incentive, every six months we hand over the keys to a brand-new Ford Explorer to at least seven lucky employees who have had six months of perfect attendance. We've given away more than 45 cars since the introduction of our Perfect-Attendance Program. We include employees in everything we do. When Continental takes delivery of new aircraft such as our new Boeing 777s we invite employees to Seattle to sign for the new plane. Every year we hold parties and summer picnics so that co-workers can get together for food and entertainment. And once or twice a year, we treat our coworkers to a pizza lunch to recognize their hard work during peak travel times. -

-

In:

V.3.2.2.1.

Führungsverhalten

Continental, March 1999,

S. 8

Begriffsbestimmungen

Frage nach der Motivation ist die Frage nach dem „Warum" des menschlichen Verhaltens und Erlebens (Rosenstiel, 1993, S. 154). Aus der Vielzahl unterschiedlichster Begriffsbestimmungen sollen hier einige herausgegriffen werden: Die

das weist

„Motivation

auf Bewegung, auf Antrieb hin. Tatsächlich, bewegt uns zum Handeln im Guten wie im Schlechten (Rosenstiel/Comelli, 1995, S. I).

Motivation

-

"

-

Kapitel 5

170

Psychologie eine Sammelbezeichnung für vielerlei Prozesse und Effekte, deren gemeinsamer Kern darin besteht, dass ein Lebewesen sein Verhalten um der erwarteten Folgen willen auswählt und hinsichtlich Richtung und Energieaufwand steuert" (Heckhausen, 1989, S. 10). „Motivation

ist in der

„Motivation

ist der Motor

die

Einstellung, (Stroebe/Stroebe, 1994). innere

für Tätigkeiten, Motivation ist unsere Hinwendung zu einer Tätigkeit auslöst"

Allen drei Aussagen zur Motivation liegt die Annahme eines „inneren Prozesses" zugrunde, der das menschliche Verhalten steuert. Die Motivation, d.h. die „Begründung" oder der Antrieb zu einem gerichteten Verhalten, ist das Ergebnis einer situativen Aktivierung von Motiven. Auf das Unternehmen übertragen lässt sich daraus schlussfolgern, dass Motivation den inneren Zustand von Leistungsbereitschaft beschreibt, der bei jedem Menschen vorhanden ist und der über eine positive Einstellung der Mitarbeiter zu ihrer Arbeit und zum

Unternehmen seinen nachhaltigen Ausdruck findet.

V.3.2.2.2.

Die Zwei-Faktoren-Theorie von

Herzberg

Aus der Vielzahl an Motivationstheorien soll die speziell auf den Arbeitskontext ausgerichtete Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg herausgegriffen und kurz vorgestellt werden. Sie beruht auf empirischen Untersuchungen und kommt zu einer grundsätzlichen Zweiteilung von zufriedenheitsrelevanten Faktoren der Arbeitssituation. Eine Inhaltsanalyse der ca. 4000 Interviews ergab, dass eine ganz bestimmte Klasse arbeitsbezogener Faktoren Zufriedenheit ausdrückt, eine andere Unzufriedenheit hervorruft. Daraus leitet Herzberg den Schluss ab, dass es zweierlei Klassen von Faktoren gibt, nämlich: •



Faktoren,

die Unzufriedenheit verhindern, aber keine Zufriedenheit erzeugen. Er nennt sie „dissatisfier" oder „Hygiene-Faktoren" und zählt zu ihnen: „Personalpolitik und -Verwaltung (Urlaubsplanung, Beschwerdewege, Leistungsbeurteilungsverfahren etc.) Status, Beziehung zu Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern, Arbeitsplatzverhältnisse (Klima, Licht, Schmutz, etc.) u.a. Eine ausreichende Berücksichtigung dieser Faktoren führt zum Fortfall der Unzufriedenheit, nicht aber zur Zufriedenheit.

Zufriedenheit kann nur über Faktoren erreicht werden, die sich auf den Arbeitsinhalt beziehen. Die wichtigsten „satisfier" bzw. „Motivatoren"

Kapitel 5

Leistungs- bzw. Erfolgserlebnis, die Arbeit selbst, Verantwortung, Arbeit, waren:

Persönlichkeitsentfaltung.

171

Anerkennung für geleistete Aufstieg, Möglichkeiten der

Herzberg lautete daher die Schlussfolgerung, dass nur solche Faktoren eine wirkliche Motivationskraft freisetzen können, die sich auf den Arbeitsinhalt und auf die Befriedigung persönlicher Wachstumsmotive beziehen. Ohne diese Faktoren (Motivatoren) kann es keine wirkliche Zufriedenheit geben (Herzberg/Mausner/Snyderman, 1967, S. 20ff). Für

Unterscheidung in „dissatisfier" und „satisfier" führte zu einer Reihe praktischer Implikationen. Um eine hohe Motivation und Arbeitsleistung zu erzielen, müssen Motivatoren und Hygiene-Faktoren gleichermaßen zum Einsatz kommen. Die in den Motivatoren angelegte Entfaltung in der Arbeit als zentrale zufriedenheitsstiftende und damit leistungsstimulierende Kraft kann nur dann zur Wirkung kommen, wenn eine gesicherte „Hygiene" als Basis vorhanden ist. Starke Unzufriedenheit behindert im Resultat die Wirkungskraft der Motivatoren (Steinmann/Schreyögg, 1997, S. 427ff). Die

V .3.2.2.3. Intrinsische und extrinsische Motivationsfaktoren

Spätestens mit Herzbergs Arbeiten ist die Bedeutung der sogenannten intrinsischen Motivation (Befriedigungswert der Arbeit und der Arbeitsergebnisse selbst) in Unterscheidung von der extrinsischen Motivation (Befriedigungswert von äußeren, auf eine Leistung folgenden Belohnungen) stärker in den Blickpunkt der Unternehmen gerückt. Welche Faktoren im Einzelnen die innere und die äußere Motivation beeinflussen, soll nachfolgend dargestellt werden. Die äußeren (extrinsischen) Motivationsfaktoren stehen in ursächlichem Zusammenhang mit der Arbeitsumgebung. Zu ihnen gehören (Hopfenbeck, 1993, S. 245): • • •

• • • •

Gehalt/Lohn

Unternehmenspolitik und -organisation Arbeitsplatzsicherheit Arbeitsbedingungen Führungsstil des Vorgesetzten Beziehung zu den Mitarbeitern und Vorgesetzten Statussymbole wie Stellung in der Hierarchie, Titel/Stellenbeschreibung, etc.

Kapitel 5

172

Bei SGL Carbon sind alle Mitarbeiter auch Aktionäre Nur einer von 2500 inländischen Mitarbeitern des Graphitherstellers SGL Garbon AG, mit Sitz in Wiesbaden, traute der Sache nicht und wollte kein Aktiendepot. Er wollte seinen Jahresbonus in bar ausgezahlt bekommen. Mit der Einführung des neuen Bonussystems ist die Gesamtausschüttung im ersten Jahr um 3,5 Millionen DM oder 245 Prozent gegenüber dem Vorjahr mit dem alten Bonussystem gestiegen. Dieser Betrag hat die Lohn- und Gehaltssumme von 130 Millionen DM aber nicht belastet. Weil sich alle Mitarbeiter für die Auszahlung in Form von Aktien ausgesprochen haben, hat SGL sogar die für diesen Fall vorgesehene Bonussteigerung um 20 Prozent vorgenommen und den Mitarbeitern 107 000 eigene Aktien übertragen. Die hatte das Unternehmen noch aus einer Kapitalerhöhung, musste sie also nicht am Markt zurückkaufen. Wie sich dieser Geldsegen auf die Motivation und die Produktivität auswirkt, lasse sich erst in einem Jahr beziffern, so das Vorstandsmitglied Klaus Warning. Dennoch seien schon heute deutlich positive Effekte sichtbar. Alle Mitarbeiter geben sich klar definierte Ziele. Allein das Wissen, was man erreichen wolle, erhöhe die Motivation und lasse die Leute zielgerichteter arbeiten. Der gesunkene Krankenstand und die Tatsache, dass es bisher weder bei der Zieldefinition noch bei der Beurteilung zu Beschwerden gekommen sei, zeige die Zufriedenheit der Mitarbeiter. In:

FAZ, 18. 08.1999, S. 22

Die inneren (intrinsischen) Motivationsfaktoren stehen in direktem Zusammenhang mit der Einstellung der Mitarbeiter zur Arbeit. Sie können nur indirekt über den Führungsstil, die Unternehmenskultur, das Betriebsklima oder das Verhalten der Vorgesetzten geändert werden, denn die innere Motivation ist das Ergebnis täglicher persönlicher Erlebnisse der Mitarbeiter, die sich über einen längeren Zeitraum entwickelt (Frehr, 1994, S. 191). Zu den inneren Motivationsfaktoren gehören: • •

• • • • •

• •

Anerkennung der eigenen Leistung Verständliche Unternehmensgrundsätze Gemeinsame Vereinbarung von Zielen Einbeziehung der Mitarbeiter in Entscheidungen Aufstiegsmöglichkeiten/Beförderung

Gemeinsame Suche nach Fehlerursachen Aktive Unterstützung bei den Verbesserungsbemühungen

Regelmäßige Mitarbeiterinformation Teamarbeit

Kapitel 5

173

eines Qualitätsmanagementsystems, wie es das TQM darstellt, sind extrinsische Motivationsfaktoren von ganz besonderer Bedeutung, um besondere bzw. anerkennenswerte Leistungen der Mitarbeiter zu belohnen. Allerdings bedarf es immer auch der Einbeziehung der intrinsischen Faktoren, damit sich die Mitarbeiter entsprechend den Qualitätsstandards langfristig kundenorientiert verhalten können (Bruhn, 1996, S. 130).

Bei der

Einführung

Mehr Gehalt ist größter Anreiz für den Jobwechsel Ein höheres Gehalt ist für deutsche Arbeitnehmer ein vorrangiges Motiv fur einen Jobwechsel. Die Nähe des Arbeitsplatzes zum Wohnort, die berufliche Verantwortung oder die Reputation des Arbeitgebers sind nachrangig. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Karriere-Netzwerks Monster. In: www.monster.de

In welcher Form extrinsisch wie intrinsisch

geprägte qualitätsorientierte Leistungsanreize seitens der Unternehmen für die Mitarbeiter geschaffen werden können, wird in der nachfolgenden Abbildung 58 deutlich. Qualitätsorientierte Anreizsysteme in Dienstleistungsunternehmen Extrinsische Anreize Materiell •







Prämien für kundenorientierte

Beratung_ Erfolgsorientierte Gehaltskomponenten (Erfolg aus Kundensicht) Lohnerhöhung bei kundenorientiertem Verhalten Anrecht auf Seminarbesuche Incentive-Reisen

Abb.58:







Nicht materiell Persönliches Lob Individuelle Auszeichnung

Bekanntmachung der Leistung in institutseigenen Medien

Intrinsische Anreize

Verbesserung der Arbeitsbedingungen Gestaltung der Arbeitsinhalte zur inneren Motivation

(Mitarbeiterzeitung,

>

>

Schwarzes Brett)_ Mehr Verantwortung

Übertragung von

Projektleitungsaufgaben •

(z.B. für Qualitätsgruppen) Aufstiegschancen

Qualitätsorientierte Anreizsysteme in Dienstleistungsunternehmen Quelle: Bruhn, 1996, S. 130

Kapitel 5

174

Brose definiert die Arbeitswelt

neu

Der Automobilzulieferer Brose hat Anfang 2001 damit begonnen, die Arbeitswelt seinen Standorten Coburg und Hallstadt bei Bamberg grundlegend zu reformieren.

an

Innovatives Bürokonzept Mit „Desk-Sharing" spart das Unternehmen heute rund 20% der Bürokosten, weil sich 12 Mitarbeiter zehn personenunabhängige Arbeitsplätze teilen. Mehr werden nicht gebraucht, denn stets befindet sich ein Teil der Mitarbeiter auf Dienstreise, Weiterbildung oder im Urlaub. Projektleiter Martin Horn: „Unsere Mitarbeiter haben gezeigt, dass „Desk-Sharing" nicht nur den Investitionsaufwand reduziert, sondern auch eine offene, direkte und schnelle Kommunikation sowie die Zusammenarbeit im Team fördert." Angepasst an wechselnde Arbeitsvolumina und -inhalte sitzen die Mitarbeiter zusammen, die für ein fachübergreifendes Projekt benötigt werden. Persönliche Unterlagen wandern im Rollcontainer mit. Jeder Schreibtisch sieht identisch aus. Nur drei Geschäftsführer haben eigene, durch Glaswände getrennte Büros. Variable Arbeitszeiten Die Flexibilität des neuen Bürokonzeptes überträgt Brose auch auf die Regelung der Arbeitszeiten. An den 16 Standorten in unterschiedlichen Zeitzonen bestimmen internationale Projekte die Aufgaben der Brose-Beschäftigten. Die Angestellten entschieden projektabhängig selbst über Arbeitsbeginn und -ende sowie die Anzahl und die Dauer der Pausen. Auf eine Erfassung der Arbeitszeit zum Zweck der Entlohnung wird verzichtet: nicht die Stechuhr bestimmt die Arbeitszeit, sondern der Arbeitsaufwand und die internationale Aufgabe. Neue Sozialleistungen Mit dem Ziel die Kommunikation und Motivation der Mitarbeiter in ungezwungener Atmosphäre zu fordern, hat Brose zwei attraktive Sozialgebäude in Coburg und Hallstadt

mit Sport- und Gesundheitseinrichtungen sowie ganztägig geöffneten Betriebsrestaurants errichtet. Brose-Mitarbeiter können den Fitnessbereich mit Sauna, Dampfbad und Massagen gemeinsam mit den Angehörigen nutzen. Bei den Gesundheits- und Fitnessangeboten werden sie von Arbeits- und Sportmedizinern betreut. Die hohe Frequentierungsquote spricht für den Erfolg des Konzepts.

Erste Erfolge zeichnen sich ab Der Aufwand hat sich gelohnt: „Die Investitionen in Gebäude, Ausstattung und Informationstechnologie sind um 20% und der Krankenstand um rund ein Drittel gesunken. Ein weiterer Effekt unserer neuen Arbeitswelt ist, dass 36 Planstellen entfallen", erläutert Martin Horn. Als Erfolg des flexiblen Bürokonzeptes, das Mitarbeiter-Umfragen zufolge auf eine gute Resonanz stößt, bezeichnet er die Verringerung der Entwicklungszeiten für neue Produkte und damit eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit: „Alle Aktivitäten unserer interdisziplinär zusammengesetzten Kundenteams konnten durch die neue Arbeitsorganisation noch stärker auf den Kundennutzen ausgerichtet werden." In:

Arbeitgeber, 5/54, 2002, S.49-50

Kapitel 5

175

V.3.2.2.4. Mitarbeitermotivation und Kundenzufriedenheit

Die Leistungsqualität und die Kundenzufriedenheit hängen in erster Linie von der Leistungsfähigkeit und -bereitschaft derjenigen ab, die die Leistungen für den Kunden bereitstellen. Dabei ist der persönliche Kontakt der Mitarbeiter zum Kunden ausschlaggebend, denn nur begeisterte und motivierte Mitarbeiter, die von ihrem Unternehmen und dessen Angebot überzeugt sind, sind auch in der Lage, ihre Kunden zu überzeugen, über ihre Kompetenz und Sympathie Vertrauen aufzubauen und somit eine Beziehung zum Kunden zu begründen und diesen langfristig an das Unternehmen zu binden" (Dornach/Meyer, 1997, S. „

54).

„Die Mischung

Verhaltensänderung (Gruppe statt Einzelner), Motivation, Information, Schulung und Anerkennung kann eine anhaltende Aufbruchstimmung bewirken und zu dem angestrebten Ziel: begeisterte Mitarbeiter begeisterte Kunden führen" (Brunner, 1995, S.1046). aus

-

Mitarbeiter-

Zufriedenheit

Motivation des Mitarbeiters

Umgang mit dem Kunden

Kunden-Zufriedenheit

Abb.59: Über Mitarbeitermotivation zur Kundenzufriedenheit

Quelle: Diemer/Hertel, 1996, S. 377 Welcher Regelkreis über Mitarbeitermotivation zur Kundenzufriedenheit führt, ist in Abbildung 59 dargelegt. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen sowohl die Unternehmensstrategie als auch alle anderen Maßnahmen zur Erhöhung der Kundenorientierung darauf ausgerichtet sein, dass der Mitarbeiter über seine Zufriedenheit die entsprechenden Voraussetzungen schafft. Die Art und Weise, wie es einem Unternehmen gelingt, seine Mitarbeiter zu motivieren, wird damit zu einer entscheidenden Bedingung für den nachhaltigen Unternehmenserfolg. Die Motivation der Mitarbeiter ist ohne Zweifel eines der besten Qualitätssicherungssysteme. Allerdings darf sie jedoch nicht als Einbahnstraße verstanden werden. Motivation hängt von der Fähigkeit jeder Führungskraft im Unternehmen ab Motivation ist aber auch eine Funktion der Bereitschaft jedes -

Kapitel 5

176

Mitarbeiters, in seinem

engeren Umfeld Verantwortung für das Gesamtunternehmen und das Produkt bzw. die Dienstleistung zu übernehmen (Hundt, 2000, S. 253). In guten wie in schlechten Zeiten

Mitarbeiterbeteiligung bringt fast immer nur Vorteile/Produktivitätssteigerung um 20 Prozent von der Bank bekommt, holt es sich eben von seinen Mitarbeitern. Ganz einfach. Gerade in schlechten Zeiten kann eine Beteiligung der Mitarbeiter am Kapital des Unternehmens ein Rettungsanker sein. Davon ist Gerhard Kühlewind vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg überzeugt. Eine Betriebsbefragung des Instituts habe gezeigt, dass die Unternehmenssanierung einer der häufigsten Gründe für die Einführung eines Beteiligungsmodells ist, erklärt Kühlewind. Die Befragung habe außerdem gezeigt, dass Betriebe, an denen die Mitarbeiter beteiligt sind, durchweg eine höhere Wertschöpfung aufweisen, als Betriebe ohne Mitarbeiterbeteiligung unabhängig von der Innovationsfähigkeit und der Branche. Unternehmen mit Mitarbeiterbeteiligung besitzen der IAB-Studie zufolge eine 20 Prozent höhere Produktivität. Dennoch beteiligen nur rund 5 Prozent aller Betriebe ihre Mitarbeiter auch am Kapital. Insgesamt sind weniger als 8 Prozent der abhängigen Arbeitnehmer in Deutschland auch Mitbesitzer ihrer Firma in den USA sind es dagegen 13 Prozent, in Großbritannien 17 Prozent und in den Niederlanden 12 Prozent.

Wer kein Geld mehr

-

-

In: Hannoversche

V.3.3.

Allgemeine, 07.09.2002, Nr. 209, S.III/1

Information

Die Komplexität der Arbeitswelt nimmt zu, die Anforderungen an den Mitarbeiter steigen. Der Zwang des Mitarbeiters, in jeder Situation die richtigen Entscheidungen zu treffen, stellt ihn heute mehr denn je vor ein Informationsproblem (Preissler/Kopp/Neuberger, 1992, S. 99). Um diesem Problem entgegenzuwirken, möchte der Mitarbeiter umfassend und zunehmend auch bereichsübergreifend informiert werden. Ein Unternehmen verkörpert ein „komplexes Wirkungsgefüge" zu dessen Funktionieren ein ständiger Informationsaustausch unabdingbar ist. Dabei stellt die Art und Weise der Informationsübertragung sowie der Informationsinhalt und -gehalt die Unternehmen immer wieder vor Probleme. Mangelhafte Informationen sowie die sich daraus ergebende fehlende Partizipation am Unternehmensgeschehen können zur Verunsicherung und Lähmung der Mitarbeiter führen (Regnet, 1993, S. 186). Daraus lässt sich der Schluss ziehen,

177

Kapitel 5

dass die Mitarbeiter umso zufriedener sind, je mehr sie qualitativ gut informiert werden. Kalmus (1995, S. 7ff) hat in einer Untersuchung diesen Zusammenhang untersucht und ist zu folgendem Ergebnis gekommen (s. Abb.60).

nicht besonders zufrieden

19% 12%

mittel, es geht

18%

39%

141%

voll und ganz zufrieden

68%

O nicht ausreichend Informierte D ausreichend Informierte

0%

20% 40%

60%

80%

Abb.60: Mitarbeiterzufriedenheit und Information

Quelle: Kalmus, 1995, S. 7 Die Auswirkungen einer guten Informationspolitik werden im zweifacher Hinsicht positiv beurteilt (Kalmus, 1995, S. 5):

Allgemeinen

in

1. Als sachliche Folge wird durch das größere Wissen ein besseres Verständnis gebildet. Dies wiederum bildet die Grundlage für überzeugte, engagierte Mitarbeiter, die über Informationen zum Mitdenken angeregt werden. Dieser Prozess fördert die Zusammenarbeit und damit auch die Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Wer informiert ist und mitdenkt, kann auch am Entscheidungsprozess partizipiert werden. Dadurch wächst die Mitverantwortung und das unternehmerische Denken und Handeln wird gefördert. 2. Als psychologische Folge wird durch eine gute Informationspolitik eine aktive Einbindung des Mitarbeiters in «seine Arbeitsumwelt erreicht. Dies wiederum fördert das Selbstverwirklichungsbedürfnis des Mitarbeiters, wodurch seine Motivation weiter entwickelt und gestärkt werden kann.

Die Auswertungen der Ergebnisse von vergleichbaren Motivationsanalysen, die im Rahmen von unternehmensbezogenen Diplomarbeiten entstanden sind, zeigen, dass sich informationspolitische Anstrengungen lohnen. Allerdings ist darauf zu achten, dass nicht die Quantität der Informationen Mitarbeiterzufriedenheit erzeugt, sondern dass es vor allem darauf ankommt, durch die Qualität der Informationen dem Mitarbeiter das Gefühl des Informiertseins zu

Kapitel 5

178

vermitteln. Es erweist sich nicht als zweckvoll, ihn mit allen innerhalb einer Unternehmung auftretenden Informationen zu „überschütten". Deshalb ist eine verantwortungsbewußte Selektion die Grundvoraussetzung für ein funktionierendes

V.3.4.

Informationssystem.

Kommunikation

„Information

Ware, die verkauft werden

Der Mitarbeiter ist Kommunikationskunde ", so beschreibt Siegfried Gutermann, Leiter der Internal Group Communications der Deutschen Bank im ManagementBerater (2000, S. 27), den Zusammenhang, der zwischen Information und Kommunikation besteht. Erst durch den Gedankenaustausch führt die Information zur Kommunikation, kommt ein Impuls zur Verhaltensänderung zustande. ist eine

muss.

Komplexe Organisationsveränderungen, wie sie z.B. mit der Einführung von Total Quality Management verbunden sind, sind ohne den Gestaltungswillen der Mitarbeiter zum Scheitern verurteilt. Mit den gestiegenen Anforderungen im Arbeitsprozess, team- und netzwerkorientierten Strukturen, aber auch mit zunehmender Informationsvielfalt innerhalb und außerhalb des Unternehmens, brauchen die Mitarbeiter langfristige Orientierungshilfen und überzeugende Argumente für Handlungen ihres Unternehmens. Die Identifikation der Belegschaft mit Zielen und Entscheidungen des Managements sowie Akzeptanz für Organisationsveränderungen sind nur durch eine abgestimmte, begründete und objektiv nachvollziehbare Kommunikation zu erreichen (Grasse, 1999, S. 68). A

Winning Workplace

-

II

Communication is among the many qualities that set us apart from other companies. Once a year, President and Chief Operating Officer Greg Brenneman and I hold employee meetings in heavily staffed cities so that we can update our co-workers on how the company is doing and what challenges lie ahead. At the end of every month, we host an open house and all employees are invited to visit and to ask questions that will

personally answered by Greg

or me. At Continental, we're committed to open and honest communication. My co-workers are so well informed that they can tell you how our operation is shaping up for the month or how much money we earned in the past quarter. We make sure everyone knows where we're headed and what we must do to get there.

Gordon Bethune, Chairman and CEO Continental in: Continental, March 1999, S. 8

Airlines,

Kapitel 5

179

Zum Einsatz von Kommunikationsmitteln

V.3.4.1.

Die Kommunikationsagentur Master/Media (2000, S. 26ff) hat vor diesem Hintergrund eine Untersuchung zur Rolle der internen Kommunikation in Change-Prozessen in 60 der größten deutschen Unternehmen durchgeführt. Die wichtigsten Ergebnisse sollen hier auszugsweise genannt werden: 98 Prozent der

befragten Unternehmen schätzen den Stellenwert interner Kommunikation in Change-Prozessen hoch bis außerordentlich hoch ein. 95 Prozent der

befragten Kommunikationsmanager sind von einem Zusammenhang zwischen interner Kommunikation und unternehmerischen Erfolg überzeugt. Interne Kommunikation wird in erster Linie als strategisches (82,5 Prozent) und personal-politisches (70 Prozent) Instrument verstanden. Große Unternehmen setzen auf eine konzertierte Ansprache ihrer Mitarbeiter. Die überwiegende Mehrzahl bündelt ihre internen und externen Kommunikationsaktivitäten in einer Abteilung.

Erfolgreiche Kommunikationsmanager

betonen die

große Bedeu-

tung dialogorientierter Kommunikation in Change-Prozessen. Akzeptanz für Organisationsveränderungen verlange menschliche Absender.

84 Prozent der Unternehmen mit einer eindeutig positiven Akzeptanz ihrer Mitarbeiter für Change-Prozesse verfügen über eine langfristige, klar definierte Kommunikationsstrategie. 70 Prozent der Erfolgreichen orientieren ihre Mitarbeiterkommunikation an gesellschaftlichen Trends und dem Wettbewerbsumfeld.

Unternehmen mit einer strategisch ausgerichteten internen Kommunikation haben nicht nur Strukturveränderungen erfolgreich bewältigt, sondern auch Wettbewerbsvorteile ausgebaut. Was den Einsatz an Kommunikationsmitteln betrifft (s. Abb.61), so wird das klassische Instrument der internen Kommunikation, die Mitarbeiterzeitung, mit 95 Prozent möglicherweise für viele überraschend an erster Stelle genannt. -

-

Kapitel 5

180

Mitarbeiterversammlungen (92 Prozent), persönlichen Gesprächen (88 Prozent) und Aushängen (85 Prozent) wird ebenfalls ein hoher Stellenwert beigemessen. Während in einer ähnlichen Untersuchung von Master/Media vor drei Jahren die neuen Medien noch kaum eine Rolle spielten, verfügen bereits 81 Prozent der untersuchten Unternehmen über ein Intranet.

Im Zeitalter der Elektronik wird das Intranet eines Unternehmens

zu

einer ganz

wichtigen Kommunikationsplattform. Nicht nur der Zugriff auf Informationen für jedermann sind dabei zu erwähnen sondern auch die Möglichkeiten über Email auch dann jemanden zu erreichen, wenn er gerade nicht am Platz ist, stellen entscheidende Verbesserungen gegenüber früher dar. Wenn man Wissensaustausch will, dann ist das Intranet mit Erfahrungsaustausch-Datenbanken oder Chatboxes ein von den Mitarbeitern gerne genutztes Medium, das es ihnen ermöglicht, voneinander zu lernen und auf Wissen und Erfahrungen anderer zurückzugreifen (Grasse, 1999, S. 70).

Mit 20 Prozent ist das Business-TV zwar gegenwärtig noch unter den Schlusslichtern der eingesetzten Kommunikationsmittel zu finden, doch ist davon auszugehen, dass in naher Zukunft, diesem Medium eine größere Rolle zukommen wird. Was den zukünftigen Einsatz der internen Kommunikationsmittel betrifft, so glaubt die Mehrheit der Unternehmen, dass Informationsinstrumente wie Aushänge, Rundschreiben oder Infobriefe keine Zukunft mehr haben werden. Unverzichtbar bleibe jedoch die Mitarbeiterzeitung und sämtliche Formen der persönlichen Kommunikation.

Moderne Führungsstile

Management by Jeans: An den wichtigsten Stellen sitzen die größten Nieten. Management by Darwin: Mitarbeiter gegeneinander aufstacheln. Sieger befördern, Verlierer abschieben.

Management by Ping Pong: Jeden Vorgang so lange zurück- oder weitergeben, bis er sich von selbst erledigt hat.

Management by Helicopters: Über allem schweben, von Zeit zu Zeit auf den Boden kommen, viel Staub aufwirbeln und dann wieder ab nach oben. Management by Robinson: Alle warten auf Freitag.

Kapitel 5

181

Mitarbeiterzeitung

Mitarbeiterversammlungen

persönliche Gespräche Aushänge Intranet Rundschreiben

Informationsveranstaltungen Seminare/Workshops spezielle Events Hotline Fax-Versandkosten andere Business-TV

Videomagazin Fax-on-demand-Angebot 40

50

60

70

80

90

100

Angaben in Prozent

Abb.61: Interne Kommunikationsmittel und ihr Einsatz im Unternehmen Quelle: Master/Media, 2000, S. 27

V.3.4.2.

Voraussetzungen für Mitarbeiterkommunikation

Mitarbeiterkommunikation ist ein wesentlicher betrieblicher Leistungsfaktor, von dem Erfolg, Misserfolg und die zukünftige Entwicklung eines Unternehmens entscheidend abhängt. Mitarbeiterkommunikation kann nur gelingen, wenn

(Klöfer, 2000, S. 43):

Kapitel 5

182

-

Die

Unternehmensleitung die Mitarbeiterkommunikation (MAK) aktiv

trägt. -

-

-

-

-

MAK im Rahmen einer kooperativen Führung geschieht. MAK als Teil der betrieblichen Leistungserstellung betrachtet wird. MAK Antwort auf Bedürfnisse der Mitarbeiter gibt. MAK beratend durch externe Experten unterstützt und von Fachleuten erfüllt wird. MAK betriebliche Veränderungen begleitet, trägt und fördert.

Mitarbeiterkommunikation verstanden als Information, als Gedanken- und Meinungsaustausch, als Überzeugungsarbeit in einem Unternehmen von oben nach unten und von unten nach oben und auf gleicher Hierarchieebene, wird dabei neben den bereits angesprochenen Parametern zu einer wichtigen Voraussetzung für eine erfolgreiche Unternehmensführung. Service-Wüste Deutschland?

Die Hälfte der größten Unternehmen in Deutschland sind für die Anfragen ihrer Kunden taub zumindest wenn sie per e-Mail kommen. Das ist das Ergebnis einer Studie des InternetMarktforschungsunternehmens Markt & Daten modalis in Zusammenarbeit mit der WELT online. -

In:

V.3.5.

http://www.welt.de/webwelt/emailstudie/ 03.02.2000

Zielvereinbarungen

Hintergrund abflachender Hierarchien und der Bildung kleiner organisatorischer Einheiten kommt der Zielvereinbarung als Führungs- und Steuerungsinstrument für die Bestimmung der Mitarbeiterzufriedenheit eine zentrale Rolle zu. Werden mit dem Mitarbeiter im Rahmen der vorgegebenen Unternehmensziele Vorgaben gemeinsam entwickelt und die Zielerfüllung als Maßstab für Vergütung und Leistungsbeurteilung herangezogen, werden Anreize geschaffen, die die Mitarbeiterzufriedenheit nachhaltig beeinflussen. Vor dem

Kapitel 5

V.3.5.1.

183

Bestandteile, Regelungen und Art der Zielvereinbarung

Zielvereinbarung gehören, zeigt die nachfolgende S. 144): 2000, Zusammenfassung (Binner, Welche Bestandteile



• •







• •



zu

einer

Festlegung des Zielinhaltes (Was soll erreicht werden?) Der Erfüllungszeitraum (Wann soll ein Ergebnis vorliegen?) Die Zielverantwortung (Wer ist für die Zielerreichung verantwortlich?) Die Vorgabe der Arbeitsintensität (Welcher Aufwand soll investiert werden?) Die Festlegung der benötigten Ressourcen (Welche Mittel sind verfügbar?) Das Beschreiben der Rahmenbedingungen (Wovon ist das Ergebnis abhängig?) Das Feststellen der Zielerreichung (Wie soll diese gemessen werden?) Die Dokumentation der Zielerreichung (Wie wird das Ergebnis dokumentiert?) Die weitere Fortsetzung nach der Zielerreichung (Wann wird die Vereinbarung an Veränderungen angepaßt?)

Sind die Bestandteile einer Zielvereinbarung festgelegt, müssen entsprechende Regeln entwickelt werden, wie die Ziele gemessen und auch umgesetzt werden können. Der nachfolgende Regelkatalog zeigt, worauf dabei zu achten ist (Mercedes-Benz, 1994, S. 5; Binner, 2000, S. 144ff): 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.

Ziele sollten präzise und eindeutig formuliert sein, um zu vermeiden, dass falsche Aufgabenbearbeitungen entstehen. Ziele müssen messbar sein, weil sie zur Erfolgskontrolle dienen. Ziele sollten wichtig sein, um die Energie der Mitarbeiter darauf zu konzentrieren. Ziele sollten einander sich nicht widersprechen. Ziele sollten repräsentativ für die Gesamtaufgabe des Mitarbeiters sein. Ziele sollten schwierig, aber erreichbar sein, damit sie für den Mitarbeiter einen Anreiz darstellen. Ziele sollten glaubhaft sein und nicht unrealistische Forderungen beinhalten. Ziele sollten akzeptabel sein, damit der Mitarbeiter sich einverstanden erklärt. Ziele sollten nicht zu detailliert sein, um zu vermeiden, dass die Mitarbeiterfreiräume nicht zu stark beschränkt werden.

Kapitel 5

184

10. Ziele sollten mit einem Feedback versehen werden, um bei Zielerreichung positive Signale in Form von Lob und Anerkennung auszu-

senden.

Werden Ziele mit einer Gruppe vereinbart, gelten ähnliche Regelungen. Wichtig hierbei ist, dass die Beteiligung aller Gruppenmitglieder an der Formulierung der Ziele erfolgt und ein Anreizsystem vorhanden ist, das die mit der Erfüllung der Ziele unternommenen Anstrengungen honoriert. Welcher Art die Ziele sein können, lässt sich aufgrund der Vielzahl an Bereichen und Tätigkeiten in einem Unternehmen im Einzelnen nicht genau bestimmen. Mercedes-Benz (1994, S.5) hat einen Leitfaden für die Zielvereinbarung für seine Mitarbeiter erstellt, der ausdrücklich als unvollständiger Zielkatalog verfasst worden ist. Mit ihm ist es allerdings möglich, beispielhaft aufzuzeigen, in welchen Bereichen, welche Ziele angestrebt werden können: Marktorientierte Ziele:

Produktivitätsziele:

Marktanteile

Personaleinsatz Maschinenlaufzeiten Entwicklungs- und

Auftragsvolumen Angestrebter Marktpreis



und Umsatz Reklamationen Kundenzufriedenheit

Mitarbeiterorientierte Ziele: •



Fertigungszeiten Technologieeinsatz Mengenziele

Betriebswirtschaftliche Ziele:

Qualifikationsstruktur

Zielgewinn

Krankenstand

Kosten

Ausbildungsplätze

Rendite



Gezielte Mitarbeiter-

förderung Führungskräftepotential Führung

Cash-flow





Kommunikation

Betriebsergebnis Budget

Produktorientierte Ziele:

Qualitätsstandards

Innovationen Patente

Verbesserungsvorschläge

Kapitel 5

V.3.5.2.

185

Zum Stellenwert der Zielvereinbarung in der Praxis

Zielvereinbarungen sind heutzutage für effektives Arbeiten und Leistungserfolge der einzelnen Mitarbeiter wie der Gruppe unverzichtbar. Die Umsetzung in der täglichen Praxis zeigt, dass zunehmend mehr Unternehmen Zielvereinbarungen als ein wichtiges Mittel ihrer Unternehmenspolitik einsetzen. Eine im Jahr 1997 durchgeführte Untersuchung, die 85 in Deutschland ansässige Großunternehmen in unterschiedlichen Branchen im Hinblick auf den Stellenwert von Zielvereinbarungen befragte, bestätigt die zuvor geäußerte Einschätzung (Watson Wyatt, 1997, S. 34ff).

82 Prozent der untersuchten Unternehmen haben demnach zumindest in Teilbereichen einen formalisierten Prozess der Zielvereinbarung zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern implementiert. Knapp die Hälfte der Unternehmen, die bisher nur für das obere und mittlere Management ein solches Konzept verwirklicht haben, plant nach dieser Studie zukünftig, diesen Prozess auch auf die Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung zu erweitern. 70 Prozent der befragten Firmen wollen die Zielvereinbarung zukünftig inhaltlich mit der Unternehmensplanung verknüpfen. Die speziell für die oberen Führungskräfte eingeführten Systeme erfüllen dieses Kriterium schon heute zu 82 Prozent, gefolgt von Systemen für das mittlere Management (69 Prozent) und den allgemeingültigen Zielen (64 Prozent). Zielvereinbarungssysteme, speziell für Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung, sind bisher in weniger als der Hälfte der Unternehmen an die Unternehmensplanung geknüpft. Die allgemeingültigen oder hierarchisch differenzierten Zielvereinbarungssysteme unterscheiden sich inhaltlich, aber weniger hinsichtlich der Anzahl der Ziele. Die Mehrzahl der formalisierten Zielvereinbarungssysteme umfasst zwischen vier und sechs Ziele (Watson, 1997, S.34ff). Was die Art der Ziele betrifft (s. Abb.62), so fällt Management nicht allein auf wirtschaftliche Ziele (89

auf, dass das TopProzent) verpflichtet wird; die Zielvereinbarungen decken ein breites Spektrum ab, wobei Qualitätsziele (68 Prozent) und persönliche Entwicklungsziele (63 Prozent) am unteren Ende rangieren. Für die Mitarbeiter ohne Führungsverantwortung werden vor allem Qualitätsziele (60 Prozent) formuliert, während Ziele, die ihre persönliche Entwicklung betreffen (10 Prozent) bisher kaum eine Rolle spielen. Die Untersuchungsergebnisse lassen in ihrer Gesamtheit erkennen, dass ein installiertes Zielvereinbarungssystem von den untersuchten Unternehmen als ein wichtiges Führungs- und Steuerungsinstrument angesehen wird. Allerdings wird auch deutlich, dass gerade bei den Mitarbeitern ohne Führungsverantwortung noch viel stärker als bisher mit Zielvereinbarungen gearbeitet werden muss und vor allem die persönlichen Entwicklungsziele in Zukunft wesentlich höher

186

Kapitel 5

anzusiedeln sind, will man über den der Mitarbeiter erreichen.

Zielfindungsprozess auch die Zufriedenheit

Darüber hinaus gilt anzumerken, dass in einer Vielzahl von klein- und mittelständischen Unternehmen mit Zielvereinbarungen noch nicht systematisch gearbeitet wird und eine klare Einbindung in eine ganzheitliche Unternehmenspolitik bei ihnen nur selten zu erkennen ist. Außerdem lässt sich feststellen, dass in vielen Fällen eine Verknüpfung von Oberzielen mit den darunter gelagerten Subzielen nicht stattfindet. 10

20

30

40

50

60

70

80

...für Mitarbeiter ohne

Führungsverantwortung Markt- und kundenbezogene Ziele Wirtschaftliche Ziele

Organisatorische Ziele Persönliche

Entwicklungsziele Qualitätsziele ...für das obere

Management Markt- und kundenbezogene Ziele

Wirtschaftliche Ziele

Organisatorische Ziele Führungsziele Persönliche

Entwicklungsziele

_Qualitätsziele

Abb.62: Art der Zielvereinbarungen in bundesdeutschen Großunternehmen Quelle: Watson Wyatt Consultants, 1997, S. 36

Kapitel 5

187

Eberhard Hübbe, Projektleiter der Kienbaum Personalberatung in Gummersbach, belegen diese Einschätzung. Seiner Meinung nach fehlt in vielen Zielvereinbarungsmodellen:

Überlegungen

von

die klare Einbindung in ein unternehmensweites Zielportfolio, die Definition von top-down und bottom-up Zielkaskaden, die Anbindung an die Funktionalität einzelner Positionen und somit die Kombination zwischen funktionalem und individuell zielorientiertem Ansatz, eine Operationalisierung der qualitativ definierten Ziele, Klarheit in dem Beziehungsgeflecht zwischen individuellen Zielen, top-down und bottom-up-Prozess und zu erreichenden, globalen Unternehmenszielen

(Hübbe, 1998, S. 42).

den Zielvereinbarungsprozess optimieren, so gilt es zum Einen, die genannten Schwachstellen zu eliminieren, zum Anderen darauf zu achten, dass man stärker als bisher die Mitarbeiter von der Notwendigkeit überzeugt, dass mit Hilfe von Zielvereinbarungen ihre Verantwortung gestärkt wird und zusätzliche finanzielle Anreize damit verbunden sein können, wenn sie die vorgegebenen Ziele erreichen (s. dazu auch Kap. V.3.6.). Will

man

Zielvcreinbarung

Kriterium für Zielerreichung wenn: Das Ziel ist...

Ausschussquote bei Produkt A um 5%Punkte senken (von erheblich bisher 20% auf 15%) übertroffen

Senkung größer/gleich 7,5%Punkte

Senkung zwischen übertroffen

5,5

u.

vereinbarte Meilensteine

Prämissen und Rahmen-

Rangfolge

(mind. ?.. Halbjahr) Quartalsweise Darstellung der

bedingungen

der Ziele

Ausschussquote und Analyse der Abweichungsursachen plus Gespräch

7.5%-Punkten

konstante

Lieferqualität Bereitstellung korrekter

Fertigungsunterlagen Wartung der

Senkung um 4,5 bis erreicht

Maschine XYZ bis zum 15.02

5,5%-Punkte

Senkung kleiner 4,5% unterschritten

Erarbeitung eines Konzeptes zur Neuorganisation der

erheblich unterschritten erheblich übertroffen

Arbeitsabläufe in der übertroffen

Abteilung

erreicht

unterschritten

Punkte kleine Senkung

(kleiner/gleich 0%) Neuorganisation bereits umgesetzt Maßnahmen zur

Regelmäßige Fortschrittskontrolle,

Sicherstellung der Unterstützung

mindestens

durch die anderen

Umsetzung eingeleitet vierteljährliche umsetzbares Konzept Berichterstattung und liegt vor Diskussion Konzept unvollständig

Fachvorgesetzten ausreichende

Gelegenheit zur externen

Informations-

gewinnung zum erheblich unterschritten

Abb.63:

keine umsetzbaren

Thema (einschl.

Lösungsvorschläge

Schulung)_

Zielvereinbarung am Beispiel der Jenoptik gwe//e.Schleef,2001,S.62

Kapitel 5

188

\ .3.5.3.

Balanced Scorecard ein

neues

Zielvereinbarungsinstrument

Führungsmethoden müssen immer wieder an neuen Konzepten und Techniken überprüft werden, damit sie nicht zu leerem Formalismus erstarren. Neue Zielvereinbarungsmethoden sind vor allem dann auf ihre Praktikabilität hin zu untersuchen, wenn die Konkurrenz bereits über ein derartiges System verfügt. Zusammenhang stellt die Balanced Scorecard (BSC) einen neuen Zielvereinbarungsansatz dar, der als ausgewogenes Kennzahlensystem übersetzt werden kann und von den beiden Betriebswirtschafts-Professoren aus den USA, Robert Kaplan und David Norton, entwickelt wurde (1999, S. 257). In diesem

Lange Zeit dominierte bei der Unternehmens- und Bereichsführung die Überlegung, den Erfolg ausschließlich anhand finanzieller Ergebnisse zu messen. Die Folge daraus war ein Konflikt zwischen einer einseitig vergangenheitsbezogenen Finanzbetrachtung und einem andererseits erwünschten, zukunftsorientierten Handeln. Nachhaltig betroffen waren davon insbesondere die Ausrichtung an den Kundeninteressen, die Produkt- und Prozessinnovation sowie die Mitarbeiterqualifizierung (Kaplan/Norton, 1996, S. 8).

V.3.5.3.1.

Der Vier-Perspektiven-Ansatz

Die BSC will nun alle für den Unternehmenserfolg wichtigen Faktoren abbilden, messbar machen und kommunizieren die Leistungen der Mitarbeiter ebenso wie die Innovationsstärke, die internen Abläufe und die finanziellen Entwicklungen. Die Scorecards zeigen die Daten in ihren Ursache-WirkungsZusammenhängen und bringen sie mit der Vision und den strategischen Zielen des Unternehmens straff in Einklang. -

Die Strategien, auf die sich ein Unternehmen einigt, werden nach der BSCMethodik vier verschiedenen „Perspektiven" zugeordnet und sollen in ihrer Gesamtheit zugleich einen Beitrag zu den Visionen und Strategien des Unternehmens leisten

(Wickel-Kirsch, 1999, S. 72).

Kapitel 5

189

Finanzperspektive •Produktivität der Personalabteilung •Personalkosten der Mitarbeiter der

Personalabteilung

Kundenperspektive

Prozessperspektive

Wir wollen der Partner zur

•Kundenzufriedenheit

•Rekrutierung •Nachfolgeplanung

Personalentwicklung und Leistungssteigerung

•Fluktuationsquote

•Personalent-

aller Mitarbeiter und Führungskräfte sein.

wicklung •Entlassung

Lern- und

Innovationsperspektive •Qualifikation der Mitarbeiter im Personalbereich

•Qualifikation der Trainer •Commitment

Abb.64:

Perspektiven einer Personal-Balanced Scorecard Quelle: Dahmen/Maier/Kamps, 2000, S. 20

Mit den einzelnen •





Strategien werden dabei folgende Fragen verbunden:

Finanzperspektive: („Wie soll unser Unternehmen aus Sicht der Kapitalgeber dastehen?") Kundenperspektive: („Welche Bedürfnisse müssen wir befriedigen?") Prozessperspektive („Bei welchen Prozessen Leistungen erbringen")

und Produkten müssen

wir besondere •

Mitarbeiterperspektive finden („Wie können wickeln?")

-

-

auch als Lern- und Innovationsperspektive zu wir unsere lernende Organisation weiterent-

Kapitel 5

190

Personal-Balanced Scorecard verbunden

Welche vier sein können,

„Perspektiven" mit einer zeigt Abbildung 64.

V.3.5.3.2.

Die Entwicklung einer Balanced Scorecard Continental AG

am

Beispiel der

Beispiel eines Geschäftsbereichs der Continental AG, mit Sitz in Hannover, aufgezeigt werden, wie sich aus einer Vision Handlungsschritte für das Tagesgeschäft ableiten lassen ( Fischer, 1999, S. 258):

Am

soll

Vision: Wir wollen eine hocheffiziente und innovative Einheit bilden, die 40 Millionen Reifen jährlich produziert und die Bedürfhisse der Kunden in ganz Europa erfüllt. „

"

1. Aus der Vision

strategische Ziele für die vier Perspektiven Finanzen, Kunden, interne Abläufe und Mitarbeiter ableiten. 2. Strategische Ziele in einem Ursache-Wirkung-Modell abbilden. 3. Für jedes strategische Ziel eine Messgröße entwickeln. 4. Operative Ziele festlegen. 5. Initiativen entwickeln.

Wie Continental die Schritte 1 und 2 abbildet (Ursache-Wirkung-Modell) wird in der Abbildung 65 erkennbar. Was die Schritte 3-5 betrifft, so zeigt die Abbildung 66 wie eine Mitarbeiter-Scorecard aussieht.

Kapitel 5

191

Wie Continental die Schritte 1 und 2 abbildet:

e

!

e 01

a s 3

Abb.65:

¡1

-S

-
>

Rechtlicher Imperativ:

Rechtmäßigkeit-

Strategische Unternehmensführung Abb.81: Perspektiven des Corporate Citizenship Quelle: Ringlstetter/Schuster, S. 192

VI.9.3.

Finanzieller/geldwerter

Aktivitäten

Aufwand für

Corporate-Citizenship-

Corporate Citizenship stellt in Deutschland eine relativ junge Form des Unternehmensengagements dar. Zwar haben bereits im 19. Jahrhundert vermögende

Unternehmer, wie z.B. John Rockefeller oder Werner von Siemens, eine aktive Rolle in der Gesellschaft übernommen und u.a. dabei geholfen, Schulen und Universitäten zu errichten bzw. den lokalen Bedürfnissen entsprechend Museen, Sport-, Freizeit- oder Kultureinrichtungen zu finanzieren, doch hat Corporate Citizenship anders als Mäzenatentum und Sponsoring noch keine Tradition. In einer zunehmend nach Orientierung und Sinn suchenden Zeit rückt allerdings das Thema moralischer Werte in der Aufmerksamkeit der Menschen immer weiter nach vorne (Palazzo, 2002, S. 26). Bürgerschaftliches Engagement der Unternehmen wird dabei immer stärker eingefordert. Loyalität, Vertrauen und Reputation müssen erarbeitet werden, denn sie entscheiden mit über den unternehmerischen Erfolg. Kunden, Mitarbeiter, Marktpartner, Investoren und eine kritische Öffentlichkeit legen veränderte Maßstäbe an unternehmerisches Handeln, so dass eine „Investition in das gesellschaftliche Umfeld" zu einer conditio sine qua non wird (Myritz, 2002, S. 38).

Kapitel 6

257

Durchschnittlicher Einsatz

Unternehmensmerkmal

wohltätig engagierter Unternehmen in 2000 Mittelwert des finanziellen Aufwands

Mittelwert des geldwerten Aufwands

Euro

Euro

(in TSD)

%des Um-

(in TSD)

%des Um-

Mittelwert des Aufwands

insgesamt Euro

(in TSD)

satzes

satzes

%des Umsatzes

Unternehmen mit.

Beschäftigten 0-19 20-99 100-499 500 und mehr

1,2

,0,11

1.3

0,12

2,5

0,23

8,1

0.14

7,7

0,11

0,25

23,3

0,06 0,04

5,8 64,9

0,01 0,01

15,2 29,1

206,2

271,1

0,07 0,05

Unternehmen des/der.

produzierendes Gewerbes: Handels-ZGastgewerbes:

Dienstleistungen überwiegend für Unternehmen: sonstige Dienstleistungen: Unternehmen

insgesamt:

37,4

0,03

68,2

0,05

0,02

30,9 10,1

0,02

31,1

0,01

41,2

0,03

45,1

0,07 0,06

6,1

0,01

46,2 26,3

51,2 297,3 108,5

0,07

0,05

0,0.1 0,02

251,1 82,2

Finanzieller/geldwerter Aufwand der Unternehmen im Jahr 2000 Unternehmensgröße und Wirtschaftsbereich Institut für Mittelstandsforschung, 2002, S. 39 Quelle: Abb.82:

0,08

0,07

nach

Eine Studie des Instituts für Mittelstandsforschung hat dabei gezeigt, dass über alle Unternehmensgrößen hinweg und unabhängig von der Branche Corporate Citizenship-Aktivitäten wahrgenommen werden (s. Abb.82). Nimmt man den Prozentsatz, der durchschnittlich für Corporate-CitizenshipAktivitäten von den Unternehmen ausgegeben wird, so entspricht dieser Anteil rund 0,07% des Jahresumsatzes. Besonders kleine und mittlere Unternehmen engagieren sich hier ungleich höher als größere Unternehmen, was sicherlich auch damit zusammenhängt, dass gerade diese Unternehmensgruppe durch Corporate-Citizenship-Aktivitäten die einzige Chance sieht, auf sich aufmerksam zu machen.

Kapitel 6

258

Nachfolgend ein Interview des „Arbeitgeber" mit Dr. Gunter Kayser, dem Geschäftsführer des Instituts für Mittelstandsforschung mit Sitz in Bonn. Arbeitgeber": Hat Sie die große Zahl der Unternehmen überrascht,

die sich bürgerschaftlich engagieren? Kayser: Positiv überrascht, ja. Bisher gab es keine repräsentativen Erkenntnisse darüber, ob und in welchem Umfang kleinere und mittlere Betriebe in Deutschland Corporate Citizenship Aktivitäten betreiben. Basis unserer empirischen Befunde ist eine Umfrage, die wir an 4.000 Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe und dem Dienstleistungssektor richteten. Das erstaunliche Ergebnis war, dass Corporate- Citizenship von der überwiegenden Zahl der Unternehmen praktiziert wird: Bundesweit engagieren sich 82,4 % für wohltätige Zwecke. Mit steigender Unternehmensgröße wächst zwar die Bereitschaft zur Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung, aber selbst unter den Kleinstunternehmen engagieren sich hier noch immer vier Fünftel, genau 80,6 %. -

-

Arbeitgeber": Haben Sie auch etwas über die Motivation der deutschen Mittelständler herausgefunden, sich derart intensiv gesellschaftlich zu engagieren? Kayser: Natürlich. Ein zentrales Anliegen unserer Untersuchung bestand schließlich in der Suche nach einer Antwort auf die Frage, weshalb Unternehmer bereit sind, sich jenseits vom kaufmännischen Kalkül der Lösung gesellschaftlicher Probleme zu widmen. Die empirischen Ergebnisse machen klar, dass die Vorstellung, bürgerschaftliches Engagement erfolge aus reinem Altruismus und wider jede ökonomische Vernunft, völlig unzutreffend ist. Die befragten Unternehmen betrachten die von Ihnen getragenen wohltätigen Aktivitäten als eine Investition in ihr gesellschaftliches Umfeld. Sie versuchen damit auch die Grundlage ihrer eigenen Existenz zu sichern. Arbeitgeber": Rangiert unternehmerischer Eigennutz also ganz vorn ? Kayser: Nein, so kann man das nicht sagen. Corporate Citizenship gibt den Unternehmen die Möglichkeit, sich in der Öffentlichkeit bekannt zu machen und sich gleichzeitig als Organisation im Sinn für die Belange der Gemeinschaft zu profilieren. Damit stiftet bürgerschaftliches Engagement nicht nur gesellschaftlichen Nutzen, sondern trägt gleichzeitig zur Umsetzung unternehmenspolitischer Ziele bei. Corporate Citizenship ist somit weder als bloße Großzügigkeit noch als rein wirtschaftlicher Akt aufzufassen. Arbeitgeber": Gibt es hier einen entscheidenden Unterschied zwischen den Strategien von Großunternehmen und Mittelständlern? Kayser: Wir haben festgestellt, dass deutsche Großunternehmen Corporate Citizenship vorwiegend als Ergänzung anderer kommunikations- und personalpolitischer Instrumente nutzen. Für diese Unternehmen besteht hier eine zusätzliche Gelegenheit, auf sich und die Produkte bzw. Dienstleistungen des eigenen Hauses aufmerksam zu machen. Kleine Unternehmen verfügen nicht über das Budget für aufwendige Präsentationen und sehen deshalb im Corporate Citizenship häufig die einzige Chance, öffentlich auf sich aufmerksam zu

machen.

Arbeügeber": Können Sie das gesellschaftliche Engagement des Mittelstandes beziffern ? Kayser: Im Durchschnitt der Unternehmen nimmt das Budget, das für Corporate-Citizenship -Aktivitäten aufgewendet wird, einen Anteil von 0,07% des Jahresumsatzes ein. Unterscheidet man die Unternehmen nach Beschäftigungsgrößenklassen, so zeigen sich deutliche Unterschiede. Kleinere und mittlere Unternehmen mit einer Mitarbeiterzahl von maximal 99 Beschäftigten engagieren sich ungleich stärker als größere Unternehmen. Dieser

Kapitel 6

259

Teil des Mittelstandes ist bereit, in Relation zur eigenen Leistungsfähigkeit rund dreimal mehr für Corporate Citizenship auszugeben als die größeren Unternehmen.

„Arbeitgeber": Welche Ziele haben denn

nun Vorrang beim bürgerschaftlichen Engagement des Mittelstandes? Kayser: Das am häufigsten genannte Ziel ist die Imagepflege mit 78,9 % aller wohltätig engagierten Unternehmen. An zweiter Stelle steht mit 71,9 % die Intention, gesellschaftliche Verantwortung zu dokumentieren. Für drei Viertel aller Unternehmen spielen diese beiden Ziele die entscheidende Rolle. Darüber hinaus geht es um die Verbesserung des Unternehmerbildes. Personalpolitische, kundenbezogene und persönliche Ziele der Führungspersonen sind mit rund 50 % gleichrangig in ihrer Bedeutung, rangieren aber in Deutschland erst auf den hinteren Plätzen. Einen Unterschied haben wir jedoch ausgemacht: Während personalpolitische Ziele wie die Motivation und Bindung der Mitarbeiter das spezielle Anliegen von Großunternehmen sind, werden absatzbezogene Ziele, darunter Produktwerbung und Verbesserung der Kundenbeziehungen, verstärkt von kleineren und mittleren Betrieben genannt.

Arbeitgeber": Welche Formen nutzen die deutschen Mittelständler überwiegend bei ihren für Corporate Citizenship Aktivitäten? Kayser: Die traditionelle Formen des Corporate Citizenship genießen die höchste Popularität bei den befragten Unternehmen, wobei sämtliche betrieblichen Ressourcen zum Einsatz kommen. Am häufigsten finden die Geld- und Sachspenden Anwendung. Mehr als vier Fünftel der wohltätig aktiven Unternehmen nutzen diese Form. Immer häufiger aber werden auch Teile des Personals und die Führungskräfte selbst zum persönlichen Einsatz ermutigt. Und ganz wichtig: Es ist geradezu typisch für den Mittelstand, das sich der Unternehmer selbst engagiert. Kostenlose Formen in der einen oder anderen Form bieten rund drei Viertel der Unternehmen an, also beispielsweise ein besonderes Lehrstellenangebot, kostenlose Weiterbildung bzw. kostenlose Serviceleistungen. In über 50 % der Unternehmen engagieren -

-

sich Mitarbeiter im Namen der Firma oder eben die Unternehmer selbst und üben ehrenamtliche Tätigkeiten aus. Nutzungsgestattungen, gefolgt von Stiftungsgrundlagen, belegen dann die hinteren Plätze in der Rangfolge der Maßnahmenformen nach ihrer

Einsatzhäufigkeit.

Arbeitgeber": Das Ergebnis Ihrer Studie, kurz zusammengefasst? Kayser: Ethisches, gemeinwohlorientiertes Handeln von Unternehmen ist aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive nur zu begrüßen. Mangelnde Bereitschaft kann gerade dem deutschen Mittelstand angesichts des hohen Anteils bürgerschaftlich Engagierter nicht vorgeworfen werden. Die Unternehmen zeigen sich in der überwiegenden Mehrheit von über 80 % hoch sensibilisiert für die gesellschaftlichen Belange. Obendrein erweisen sie sich bei der Planung und Durchführung ihrer Corporate Citizenship Aktivitäten als überaus kreativ,

in der Vielfalt der Erscheinungsformen und ihrer Wahl der Unterstützungsbereiche zum Ausdruck kommt. Dennoch gibt es Probleme, die auf politischen Handlungsbedarf hinweisen. Zu den wichtigsten Schwierigkeiten, die von den befragten Unternehmen geäußert wurden, zählt massiver Klärungsbedarf, der insbesondere Steuer- und vertragsrechtliche Fragen betrifft. Hier ist jetzt in jedem Fall die Politik am Zuge. was

In:

„Arbeitgeber", Heft 11/54, 2002, S. 38ff.

-

-

Kapitel 6

260

Formen und Ranking von Corporate-Citizenship-Aktivitäten

VI.9.4.

Wenn es um die Ausgestaltung von Corporate-Citizenship-Aktivitäten geht, dann lassen sich eine Vielfalt an Konzepten erkennen, deren zentrales Anliegen es ist, Bürgerschaftliches Engagement in welcher Form auch immer zu zeigen. Folgende Elemente können dabei Bestandteil eines solchen Konzeptes werden (Ringlstetter/Schuster, 2002, S. 175ff) :

Beachtung und Einhaltung selbst auferlegter (und allgemein akzeptierter) sozialer und ethischer Standards bei unternehmerischen



Aktivitäten,

Spenden



Zwecke

und andere finanzielle

Zuwendungen

für

gemeinnützige

(z.B. Umwelt, Gesundheit, Aus- und Weiterbildung),

Sponsoring von Kultur- und Sportveranstaltungen oder Bereitstellung von Stipendien zur Unterstützung wissenschaftlicher und kultureller



Zwecke,

Unterstützung und Förderung wohltätiger Aktivitäten von Mitarbeitern (z.B. durch entsprechende Freistellungen oder sogenannte "employee matched givings")



Anteile der in den jeweiligen Bereichen wohltätig engagierter Unternehmen (in %) und Rangfolge (Ausdruck in Klammern)

Maßnahmen

Geldspenden Schenkungen Kostenlose Dienste Mitarbeiter-

Soziales

Kultur und Bildung

Sport

Wissenschaft

Umwelt

74,0 (1)

53,7(1) 32,8 (1)

56,7 (3) 38,9 (2) 24,1 (2)

57,7 (2) 36,8 (3) 19,5 (3)

30,7 (4) 16,3 (4) 10,9 (4)

19,5 (5) 6,3 (5) 8,0 (5)

44,6(1)

25,4 (2)

14,6 (4)

19,2 (3)

12,3 (5)

46,7 (1)

39,3 (2)

15,6 (4)

31,1 (3)

13,1 (5)

54,8 (1)

32,7 (2)

28,8 (3)

9,6 (5)

13,7 (4)

41,2(1/2)

41,2(1/2)

8,8 (5)

23,5 (3)

14,7 (4)

freistellungen Persönliches

Engagement von Führungspersonen_

Nutzungsgestattung

Gründung einer

Stiftung_ Abb.83:

Corporate Citizenship: Ranking der Maßnahmen nach Unterstützungsbereich Quelle: Institut für Mittelstandsforschung, „Corporate Citizenship", 2002, S. 25ff

Kapitel 6 •



261

sozialer Einrichtungen mit Managementkonzepten und Ressourcen des Unternehmens, Projekt- oder themenbezogene Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen, Nicht-Regierungs-Organisationen und supranationalen Or-

Unterstützung

ganisationen.

In welchen Bereichen sich die Unternehmen in wohltätiger Weise engagieren und zu welchen Maßnahmen sie hierbei greifen, macht Abbildung 83 deutlich.

VI.9.5.

Corporate-Citizenship-Aktivitäten Unternehmensbeispiele -

Aus der Vielzahl

positiven Corporate-Citizenship-Aktivitäten sollen einige Unternehmensbeispiele herausgegriffen werden, die aufzeigen, in welcher Form, mit welcher Zielsetzung und unter Einbeziehung welcher Partner Bürgerschaftliches Engagement national wie international zur Vorbildfunktion geworan

den ist.

Zunächst soll am Beispiel der Asbestzementindustrie gezeigt werden, wie bereits in den 80er Jahren branchenethisches Verhalten praktiziert wurde. Quasi als eine Fortsetzung kann die Selbstverpflichtungserklärung zwischen der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit und der Außenhandelsvereinigung des deutschen Einzelhandels angesehen werden. Beide Institutionen haben sich darauf verständigt, die Normen der International Labour Organisation zur Richtschnur ihres Handelns zu machen. Unternehmensethisches Verhalten wiederum wird am Beispiel der Wacker-Chemie GmbH erkennbar, wo die Verpflichtung zur Corporate Citizenship Eingang in die Unternehmensvision gefunden hat. Konfliktsituationen können aber auch dann entstehen, wenn Unternehmen ihre internationalen Tätigkeiten an ihrem eigenen Sittenkodex messen. Von welchen ethischen Prinzipien sich hierbei das Weltunternehmen Levi Strauss leiten lässt, soll abschließend dargestellt werden.

VI.9.5.1

Das

Wenn Probleme

Beispiel der Asbestzementindustrie

offenkundig werden, gibt es unterschiedliche Erwartungsdie jeweiligen Lösungsalternativen und deren Umsetzung betrifft. So sah sich die Asbestzementindustrie Mitte der 80er Jahre folgender Problemstellung gegenüber (Schmitz-Dräger, 1984, S. 31): haltungen,

was

Kapitel 6

262

Den Unternehmen war bis zu diesem Zeitpunkt bekannt, dass bei der Gewinnung und Verarbeitung von Asbest Feinstaubkonzentrationen entstehen können. Menschen, die längere Zeit solchen Staubbelastungen ausgesetzt sind, können eine Staublunge bekommen oder gar an Krebs erkranken. Lange Zeit unternahm man recht wenig dagegen, vor allem wohl deshalb, weil solche Erkrankungen von den Sozialversicherungen als Berufskrankheiten anerkannt und entschädigt wurden. Wer vor allem gesetzeskonformen Minimalismus als Richtschnur seines Handelns zugrundelegte, konnte mit der Verlagerung der Problemlösung auf Dritte zufrieden sein. Eine

Verhaltensänderung setzte ein, als die Medien in verschiedenen Ländern plötzlich die Umweltproblematik entdeckten und in deren Folge die Umsätze in der asbestverarbeitenden Industrie zu sinken begannen. Erst jetzt waren manche bereit zu agieren statt zu reagieren. Das eigentlich bemerkenswerte geschah allerdings in der Folgezeit. Trotz eines Konjunktureinbruches und hoher finanzieller Aufwendungen wurden freiwillige Investitionen in Schutzvorrichtungen getätigt. Gleichzeitig wurde die Grundlagenforschung verstärkt, und

schließlich aktivierte man den Verband der Asbestzementverarbeiter, um ein Abkommen zu vereinbaren, das vorsah, dass die ganze Branche bis 1986 dreißig bis fünfzig Prozent der Asbestfasern in Zementprodukten durch andere Faserstoffe ersetzen werde. Einem Quantensprung gleich kommt die Zusatzvereinbarung, wonach man bis zum Jahre 1990 im Hochbau generell auf asbesthaltige Produkte verzichten wollte.

letztgenannte Entscheidung macht ganz offenkundig, was gemeint ist, wenn man von praktizierter Corporate Citizenship spricht. Partnerschaftlich und ohne Verbote und Gebote hatte man sich auf Richtlinien verständigt, die die Menschen in den Mittelpunkt stellen, ohne dadurch langfristig auf Gewinn zu verDie

zichten. Was besonders beeindruckte:



Man

war vor

ergreifen. •

dem Gesetzesdruck einmal selbst bereit, die Initiative

zu

Man führte die Sicherheitsvorkehrungen und Produktinnovation nicht nur in denjenigen Ländern ein, wo es Öffentlichkeit und Medien forderten, sondern weltweit, insbesondere auch in Ländern der Dritten Welt. Man hat die



bisherigen Qualitäts- und Sicherheitsmaßstäbe auch für die Produktinnovation verbindlich erklärt.



Man hatte nicht zur

Finanzierung

tionen.

den Mut zu echten Innovationen, sondern verzichtete des Programms auf öffentliche Mittel und auf Subven-

nur

263

Kapitel 6 •

Man hat die entstehenden Konflikte in Verbänden nicht nur in Kauf genommen, sondern zu Chancen gemacht: Eine Branche im Struktur-

wandel. •

Man hat die Gewerkschaften von den eingeleiteten Schritten überzeugen können und damit zugleich auch gezeigt, dass es auch in Deutschland möglich ist, als Sozialpartner auch wirklich partnerschaftliche Lösungen zu finden. -

-

VI.9.5.2. Zur Zusammenarbeit von GTZ und AVE Immer wieder ist

festzustellen, dass bei einer internationalen Unter-

nehmenstätigkeit Probleme entstehen, die z.B. mit den örtlichen (rechtlichen und sozialen) Rahmenbedingungen des Gastlandes, seiner mangelhaften Umweltgesetzgebung, unzureichenden Arbeitssicherheitsvorschriften oder einem fehlenden Arbeitsrecht in Verbindung gebracht werden können, was moralische wie rechtliche Fragen aufwirft (Wieland, 1997, S. 528). Zwar versuchen internationale Produktionsstandards katastrophale Arbeitsbedingungen, Raubbau an der Umwelt oder Kinderarbeit in der Dritten Welt zu verhindern, wie sie zum Beispiel in den sogenannten Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu finden sind, die Frage ist nur, wie

die Hersteller in der Dritten Welt auch dazu bewegen kann, sie einzuhalten bzw. gegebenenfalls sogar auf einen Kostenvorteil zu verzichten. man

In Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) hat jetzt die Außenhandelsvereinigung des deutschen Einzelhandels (AVE) sich dazu verpflichtet, bei ihren Lieferanten aus der Dritten Welt auf die Einhaltung der ILO-Normen zu dringen und die Einhaltung auch zu überprüfen. Es ist die erste Selbstverpflichtungserklärung eines Branchenverbandes in der Welt. Allerdings stecken auch hier die Schwierigkeiten im Detail, denn es gilt 16 000 Hauptlieferanten des AVE sowie deren Zulieferer und Subunternehmer in praktisch allen Entwicklungs- und Schwellenländer regelmäßig zu untersuchen -

(Kocks, 2003, S. 12).

Die Kooperation wird von der GTZ mit deren Fachwissen, mit ihrer Infrastruktur in den Entwicklungsländern, aber auch mit Geld unterstützt. Die finanzielle Hauptlast tragen aber die Unternehmen. Beispielhaft soll das Unternehmen Karstadt-Quelle genannt werden, das zu den Initiatoren einer unternehmerischen Selbstverpflichtung gehörte. Auf die Schwierigkeiten angesprochen wird von Unternehmerseite darauf hingewiesen, dass die Kunden zwar

Kapitel 6

264

den Wunsch äußern, dass Normen bei der Herstellung eingehalten werden, aber nicht immer bereit sind, mehr dafür zu bezahlen (Koppe, 2003, S. 12). Häufig scheitert der Wille der Verbraucher „bewusst" einzukaufen, auch an mangelnder Information. Hier möchte die GTZ ansetzen. So betreut sie in Zusammenarbeit mit der Verbraucher Initiative e.V. ein Internetportal, auf dem sich Verbraucher über Produkte informieren können, die nach bestimmten sozialen und ökologischen Kriterien hergestellt werden (www.oeko-fair.de). Da es aus heutiger Sicht unmöglich erscheint, bestimmten Arbeits-, Sozial- und Umweltnormen weltweit zur Geltung zu verhelfen, liegt es letztendlich aber am Endverbraucher, ob er mit seiner Kaufentscheidung ethisches Verhalten honoriert oder nicht.

VI.9.5.3. Das

Beispiel der Wacker-Chemie GmbH

muss u.a. die Öffentlichkeit, d.h. vor allem die Medien erreichen, wenn man eine Verhaltensänderung beim Verbraucher bewirken möchte. Dazu gehört, dass man darüber nachdenkt, ob die ethische Grundausrichtung eines Unternehmens so vorhanden nicht auch Niederschlag in den Unternehmensgrundsätzen finden sollte, die dann der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Wie eng die unternehmensethische Ausrichtung in der Unternehmenskultur verankert ist, zeigt das Beispiel der Wacker-Chemie GmbH mit Sitz in Burghausen. In der Unternehmensvision wird die unternehmerische Ausrichtung wie folgt beschrieben:

Unternehmensethisches Verhalten

-

-

„CORPORATE CITIZENSHIP BEI WACKER UNSER GESELLSCHAFTLICHES ENGAGAMENT -

Natur, kulturelles Erbe, Bildung, Moral und Toleranz prägen

unsere Gesellschaft. Als global agierendes Chemieunternehmen leisten wir unseren Beitrag zu einer intakten Gesellschaft: Mit unseren Produkten, mit unserem Engagement und unserer Hilfe.

Mit aktiver und finanzieller Unterstützung engagiert sich WACKER partnerschaftlich in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens.

Wissenschaft:

forschungsintensives Unternehmen sichern wir mit einer umfangreichen kontinuierlichen Förderung wissenschaftlichen Einrichtungen, wie zum Beispiel dem Kuratorium Nobelpreisträger, die Innovationen von morgen.

Als

Kapitel 6

265

Bildung:

WACKER mit seinen spezifischen, hochtechnischen Kernarbeitsgebieten hat einen ständigen Bedarf an Spezialisten und gut ausgebildeten Mitarbeitern. Deshalb engagieren wir uns stark im Bereich der schulischen Aus- und Weiterbildung, an Universitäten sowie in der Eliteakademie Bayern. Wir sind Initiatoren des Bildungspaktes Bayern, den wir aktiv unterstützen.

Soziales: An weltweit mehr als 100 Standorten unterstützen wir die Arbeit zahlreicher sozialer und gemeinnütziger Einrichtungen und Vereine. Kunst und Kultur: Die JAZZ-Woche in Burghausen und die Münchner Opernfestspiele gehören zu den kulturellen Einrichtungen, die von uns gefördert werden. Jungen impressionistischen Künstlern bieten wir in unserer Münchner Hauptverwaltung die Möglichkeit, ihre Werke auszustellen.

Umwelt:

Nachhaltiges Wirtschaften und Innovationen für einen verbesserten Umweltschutz gehören zu den Werten von WACKER. Darüber hinaus fördern wir Umweltprojekte an verschiedenen Standorten.

Langfristig behauptet

WACKER seine Position als erfolgreich tätiges Wirtschaftsunternehmen im Wettbewerb, weil Kunden, Mitarbeiter und interessierte Öffentlichkeit das Unternehmen mittragen. Mit globaler Mentalität, vorurteilsfrei, offen und initiativ leistet jeder Mitarbeiter bei WACKER seinen Beitrag zum

Unternehmenserfolg (www.wacker.com/internet/noc vom 03.02.2003).

VI.9.5.4.

Levi Strauss & Co.

Dass

verantwortungsbewusstes Handeln, ausgerichtet an ethischen Normen und Werten, nicht vor nationalen Grenzen Halt macht, zeigt auf Unternehmerseite

das

Beispiel

des Jeans-Herstellers Levi Strauss. Mit seinen universell

ausgerichteten Wertvorstellungen, Politiken und Strategien, die den lokalen Verhältnissen oder Wertvorstellungen fremder Kulturen oder Länder angepasst werden, hat es mit seinem Rückzug aus dem Chinageschäft ein Signal gesetzt. Während viele große Firmen ihre Hoffnung auf eine Ausweitung des ChinaGeschäftes setzen hat Levi Strauss entschieden, sich sukzessive aus der Volksrepublik China zurückzuziehen, weil es zu ihren Grundsätzen gehört, nicht in den Ländern zu produzieren, in denen die Menschenrechte nicht geachtet

Kapitel 6

266

werden. Nach intensiven Studien von Unterlagen der UN-Menschenrechtsbehörde kam die Unternehmensleitung zu der einstimmigen Überzeugung, dass China den selbst gesetzten Ansprüchen nicht genüge. In den allgemeinen Richtlinien für Auslandsinvestitionen heißt es dazu: „In Ländern, in denen Menschenrechtsverletzungen verbreitet sind, sollten wir weder neue Verträge abschließen noch bestehende Vereinbarungen verlängern" (Beaver, 1995, S. 37). Charakteristisch für Levi Strauss ist eine universalistische Strategie; man praktiziert die erwähnten Prinzipien in allen Ländern, in denen man tätig ist (oder in Zukunft tätig sein will). Man sieht dabei allerdings gleichzeitig auch die Notwendigkeit, im Einzelfall herauszufinden, was es unter konkreten historischen Umständen heißt, die betrieblichen Aktivitäten an diesen Prinzipien zu orientieren. So hat man zum Beispiel erst nach langwierigen Untersuchungen der realen Bedingungen in den verschiedensten Ländern 1991 „Globale Einkaufsrichtlinien" verabschiedet. Diese Richtlinien machen deutlich, in welcher Art und Weise sich die ethischen Grundprinzipien im Einkaufsbereich konkret ausformen (Haas, 1995, S. 508): "Because Levi Strauss & Co. operates in many countries and diverse cultures, we take special care in selecting contractors and those countries where our goods are produced. We do this to ensure that our products are being made in a manner consistent with our values and that protects our brand image and corporate reputation. So, in

1991,

we

developed a set of Global Sourcing Guidelines.

Our Guidelines describe the business conduct we require of our contractors. For instance, the guidelines ban the use of child or prison labor. They stipulate certain environmental requirements. They limit working hours and mandate regularly scheduled days off. Workers must have the right offree association and not be exploited. At a minimum wages must comply with the law and match prevailing local practice and working conditions must be safe and healthy. We also expect our business partners to law abiding and to conduct all of their business affairs in an ethical way. In developing our guidelines, we also recognized that there are certain issues beyond the control of our contractors, so we produced a list of,, country selection criteria. For example, we will not source in countries where conditions, such as the human rights climate, would run counter to our values and have an adverse effect on our global brand image or damage our corporate "

reputation.

Das

"

Beispiel von Levi Strauss zeigt, dass die unternehmensethischen Aktivitäten Teil der gelebten Unternehmenskultur sind, die sehr stark die religiösen Traditionen des Unternehmens widerspiegeln. Was die universelle Geltung betrifft, so

Kapitel 6

267

geht die Firma keinerlei Kompromisse ein. Sie versucht entweder, die lokale Situation so zu beeinflussen, dass sie mit den unternehmensethischen Grundprinzipien übereinstimmt; wo das nicht möglich ist, zieht man sich aus den entsprechenden Ländern zurück. So hat die Firma bei kooperationswilligen Lieferanten die Kinderarbeit beseitigt und die Arbeitssicherheitsstandards erhöht (Beaver, 1995, S.38). Die entsprechenden Kosten hat die Firma (in Form höherer Einkaufspreise) freiwillig übernommen.

VI. 10.

Ethik und Unternehmensperformance

In den letzten Jahren hat eine zunehmende Zahl

Unternehmen begonnen, neben ihrem Jahresbericht einen Umweltbericht oder sogar einen „Corporate Citizenship Report" zu publizieren. Auch der Kapitalmarkt beginnt diesem Themenbereich größere Beachtung zu schenken, was sich beispielsweise in der Schaffung des „Dow Jones Sustainability Index" oder in einer Ausrichtung einzelner Wertpapierfonds entlang von Kriterien der Nachhaltigkeit und des „Good Corporate Citizenship" zeigt. So legen namhafte Banken und Fondsgesellschaften wie Activest oder die Credit Suisse sogenannte Nachhaltigkeits-, Umwelt- oder Ethikfonds auf (Diekmann, 2001, S.12). von

Unternehmen, die sich ihrer Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt nicht bewusst sind, haben immer weniger Chancen am Markt zu bestehen. Die

Unternehmensethik hat sich auf globalisierten Märkten zu einem strategischen Wettbewerbsfaktor entwickelt und wird in Zukunft mit darüber entscheiden, welches öffentliche Ansehen ein Unternehmen hat und über welche Reputation es verfügt. Diejenigen Unternehmen, die frühzeitig in den Schutz und die Förderung ihrer Integrität investieren, verschaffen sich von daher einen Wettbewerbsvorteil, der bei zunehmend kritisch werdender Öffentlichkeit die eigene Unternehmensperformance nachhaltig beeinflussen wird (Wieland, 2001, S. 16). Vor allem ein Blick nach Amerika zeigt, welche Rolle dort der ethischen Unternehmensausrichtung zukommt. Mehr als 90 Prozent der nordamerikanischen Unternehmen weisen einen Code of Ethics aus, der entsprechende Leitlinien zur praktischen Umsetzung der jeweiligen Werteorientierung beinhaltet (Wieland, 2001, S. 16).

Untersuchungen in Amerika haben darüber hinaus den Zusammenhang von ethischer Selbstverpflichtung und Unternehmensperformance nachgewiesen, wie die Ergebnisse der nachfolgenden Studie belegen (Verschoor, 1999, S. 407ff):

Kapitel 6

268

Untersuchung wurden 300 Unternehmen ausgewählt und auf ihre ethische Grundorientierung hinterfragt. 87 Unternehmen wiesen einen ethischen Kodex in ihren Jahresberichten aus, was dazu führte, dass sie einen 2,5-fachen höheren Marktwert erzielten als ihre Mitkonkurrenten. 47 Unternehmen, die In der ersten

eine noch höhere ethische Selbstverpflichtung ihren Marktwert sogar um das 3-fache erhöhen.

eingegangen

waren, konnten

Erhebung wurden die 500 größten amerikanischen Unternehmen (basierend auf dem Ranking der „Business Week") im Hinblick auf ihre ethischen Verpflichtungen untersucht. Diejenigen Unternehmen, die sich einem eigenen unternehmensethischen Kodex unterzogen hatten, deren Ranking fiel 13,8% höher aus, als diejenigen, die ohne ethische Verpflichtung ihre Jahresbericht veröffentlicht hatten. Wurden zusätzliche ethische Verpflichtungen übernommen, so führte dieses Engagement dazu, dass das Ranking um 14,8% besser ausfiel. In einer zweiten

Erhebung galt den meistbewunderten amerikanischen Unternehmen (basierend aus dem Ranking von „Fortune") und ihrem ethischen Commitment. Die Reputation derjenigen, die sich einem ethischen Sittenkodex verpflichtet fühlten, wurde um 4,7% höher eingestuft als diejenigen ohne ethische Unternehmensausrichtung. Fielen die ethischen Anstrengungen deutlich höher aus, so wurde die Reputation der Unternehmen sogar um 6,7% höher eingestuft, was für eine deutliche Bevorzugung der Unternehmen mit einer ethischen Verpflichtung angesehen werden kann. Die dritte

Aus diesen Ergebnissen lässt sich der Schluss ziehen, dass das rein erfolgsorientierte Handeln des Managements in Zukunft in Richtung auf ein stärker verständnisorientiertes Handeln zu erweitern ist. Das wiederum setzt voraus, dass das Verhalten der Führungskräfte dialogisch und nicht mehr monologisch

sein hat und die generelle Bereitschaft des Unternehmens beinhalten muss, Verantwortung auch im ethisch verstandenen Sinne zu übernehmen. Die Vorstellung, Manager könnten von sich aus ohne sich mit den Betroffenen auseinander zu setzen wissen, was für die Betroffenen „gut" ist, musste dabei ebenso korrigiert werden wie es gilt, stärker zu einem ethisch verantwortlichen Handeln zu kommen, das nicht immer nur primär nach Gegen-

ausgerichtet

zu

-

-

leistungen fragt.

Kapitel 6

269

Fallstudien:

1. Fallstudie:

Blutplasma und Testverfahren

Herr Dr. Lottermann Jg. 1942, verheiratet, 3 Kinder, promovierter Chemikerist als Product Manager eines großen deutschen Pharma-Unternehmens verantwortlich für die Beschaffung, Lagerung und Vertrieb von Blutplasma. In seinen Verantwortungsbereich fällt auch die Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen und äußerst kostenintensiven HIV-Testverfahren. Da nach Ein-

schätzung einiger Experten durch die gesetzlich vorgeschriebenen Testverfahren nicht alle Sicherheitsbedenken bezüglich der Reinheit des Blutplasmas ausgeschaltet werden können, wurde unter der Anleitung von Dr. Lottermann besondere firmeninterne Richtlinien und Testverfahren entwickelt, um das bestehende Restrisiko verunreinigter Blutproben weitmöglichst auszuschließen.

Aufgrund der immer härter werdenden Rahmenbedingungen im Geschäft mit Blutplasma (Konkurrenzdruck, Kassenleistungen) gerät Dr. Lottermann allerdings immer stärker in die Kritik des Controllers Dr. Scharf, Jg. 1962. Als promovierter Statistiker mit einer Vorliebe für „klare Zahlen und Fakten" wird er im Unternehmen als Senkrechtstarter gehandelt, der sich vor keinen unliebsamen Entscheidungen drückt. Man munkelt schon von einem bevorstehenden Sprung in das Konzern-Controlling, jedenfalls steht er dort offenbar als Potenzialkandidat unter ständiger Beobachtung. Immer nachdrücklicher betont Dr. Scharf in den wöchentlichen Sitzungen gegenüber Dr. Lottermann, dass aufgrund der drastischen Umsatzeinbrüche im Blutplasma-Bereich endlich nach Mitteln und Wegen gesucht werden müsse, um die vergleichsweise hohen Kosten zu reduzieren und damit wettbewerbsfähig zu bleiben. Dr. Scharf weist in letzter Zeit auch immer deutlicher darauf hin, dass Dr. Lottermann als Product Manager erfolgsorientierte Entscheidungen treffen müsse, um nicht seine Position bzw. die Arbeitsplätze im Blutplasma-Bereich

überhaupt zu gefährden.

Dr. Lottermann erkennt durchaus das Problem des Kostendrucks und war auch nicht völlig untätig, was daran zu erkennen ist, dass er in der letzten Zeit schon zahlreiche Rationalisierungsmaßnahmen durchgesetzt hat. Dabei hat er es aber stets verstanden, die hohen Standards des erweiterten Testprogramms aufrecht zu erhalten. Weitere Einsparungsmaßnahmen sieht er jetzt allerdings nur noch in einer großzügigeren Handhabung der HIV-Testverfahren wobei ihm in der Auseinandersetzung mit Dr. Scharf auch allmählich klar geworden ist, dass selbst bei völligem Wegfall aller Tests immer noch eine recht große Chance besteht, dass keine der Blutproben infiziert ist. Trotzdem ist ihm nicht ganz wohl -

Kapitel 6

270

bei der Vorstellung, Abstriche bei den Tests zu machen, anderseits bereitet ihm das Argument mit den Arbeitsplätzen aber schon schlaflose Nächte. Was tun?

Fragen zur Fallstudie 1: 1. Worin genau liegt nach Ihrer Ansicht das Dilemma des Herrn Dr. Lottermann? 2. Was soll Herr Dr. Lottermann tun? (Erweiterte Testverfahren einhalten? Gesetzliche Testverfahren einhalten? Gesetzliche Standards unter-

3.

schreiten?) Begründen Sie Ihre Empfehlungen für Dr. Lottermann! (Was spricht für die Einhaltung der firmeninternen bzw. gesetzlicher Richtlinien bzw. für deren Umgehen?)

2. Fallstudie:

Erlenbacher Schiffswerft: Schiff und Belegschaft zusammen geschweißt

Es gibt Gäste, die man nicht so leicht vergisst. Auch Johann Brunner, der Unternehmer aus dem niederbayerischen Vilshofen, erinnert sich an solche Besucher. In vollem kirchlichen Ornat stand er eines Tages in der Tür, der Missionsleiter aus Tansania und bat wortgewaltig um ganz spezielle Unterstützung. Kurz zuvor, 1997, hatte Brunner, Chef der Domarin Tief-, Wasserbau- und Schifffahrtgesellschaft mbH, die Erlenbacher Schiffswerft aus dem Konkurs gekauft und schickte sich an, die neue Firma wieder flott zu machen. Es war genug zu tun. In nur fünf Jahren hatte sich die Zahl der Mitarbeiter mehr als verdoppelt. Waren es anfangs lediglich 20 Beschäftigte, so finden heute wieder 52 Menschen Lohn und Brot. Trotz kritischer Zeit für den Schiffbau, schaffte es die Werft aus dem Stand, von an schwarze Zahlen zu schreiben noch dazu ohne irgendwelche Subventionen. Es gelang Brunner, sich dank seiner hochmotivierten und hochqualifizierten Mitarbeiter sowie einer produktivitätsfördernden High-TechAusstattung und eiserner Termintreue auch auf dem internationalen Markt zu behaupten. Gleichzeitig knüpfte er an die Erfahrungen seiner neuen Mitarbeiter im Auslandsgeschäft an. Beispielsweise wurde ein Hochseeschlepper für Kamerun gebaut sowie Rettungsboote aus Aluminium für den Iran. Die Erlenbacher Schiffswerft ist eine der ältesten Weiften Deutschlands. Bereits 1652 gegründet, beschäftigte der bayerische Traditionsbetrieb zu seinen besten Zeiten bis zu 350 Mitarbeiter und stellte Binnen- und hochseefähige Schiffe bis zu 135 Meter Länge her.

Anfang

-

Kapitel 6

271

Zu den ältesten und erfahrendsten Mitarbeitern der Werft gehörte Schiffbauer Bruno Machad. Der heutige Rentner war insgesamt 42 Jahre für die damalige Bayerische Schiffsbaugesellschaft tätig und verbrachte Mitte der achtziger Jahre rund 13 Monate in Tansania, wo er zwei Fähren zusammenbaute. Dort lernte er auch deutsche Missionare kennen, u.a. den künftigen Besucher des späteren Werft-Chefs aus Vilshofen. Schon aus der Position des Ruheständlers verfolgte Bruno Machad das Schicksal seines einstigen Betriebes, denn Ruhe geben wollte und konnte er einfach nicht.

langer, verlustreicher Bürgerkrieg lag Ende der 90er Jahre hinter dem ostafrikanischem Land und seinen Menschen. „Zwar wusste ich schon vorher, wie arm hier die Menschen sind und wie hilflos", erzählt Bruno Machad. Der Krieg aber hatte die mehr schlecht als recht existierende Infrastruktur, die es einmal gegeben hatte, vollständig vernichtet. Der Schiffbauer aus Erlenbach wollte nicht nur, nein, er musste einfach helfen: „Man kann so viel bewirken, wenn man nur will." Und wo hätte er sinnvoller helfen können, wenn nicht am Ein

Fluss Ruvuma, der Tansania von Mosambik trennt.

Der Handel in der Grenzregion war dort schon lange zum Erliegen gekommen, und die Breite des Grenzflusses sowie gewaltige Krokodile machten es den Einheimischen schwer, ständig auf Einbäumen überzusetzen, um wenigstens einige Waren tauschen zu können. Die Alternative stellte ein rund 2.000 km langer Umweg auf holprigen Pisten dar. So lag der Gedanke, an dieser Stelle eine Fähre zu bauen, gewissermaßen auf der Hand. Ein Problem allerdings gab es, und es war ebenso groß wie es aussichtslos erschien. Es fehlte das Geld für das Schiff.

Allein und mittellos war an die Lösung einer derartig kostenträchtigen Aufgabe natürlich nicht zu denken, und so nutzten Bruno Machad und der tansanische Missionsleiter die Gunst der Stunde. Von langer Hand also war der denkwürdige Besuch bei Johann Brunner vorbereitet worden. Doch der erwartete Widerstand gegen das Vorhaben fiel eher kläglich aus. Der Unternehmer überlegte nämlich nicht lange. Er erkannte in der Möglichkeit, die Belegschaft seiner neuen Werft auf ein soziales Projekt einzuschwören, eine nicht so schnell wiederkehrende Chance zur Motivation seiner Mitarbeiter. Betriebswirtschaftlich war auch kein Schaden zu erkennen, denn der Firma ging es inzwischen schon wieder gut. Das Auftragsbuch war voll. Und schließlich mangelte es auch nicht an Erfahrungen. Ähnliche Schiffe hatte man in der Vergangenheit bereits hergestellt. Johann Brunner sagte seine Hilfe zu. Zunächst wurde Geld gesammelt. Ein befreundetes Unternehmen spendete beispielsweise 50.000 DM. Altmaterial wurde gesichtet und teilweise aufgearbeitet. Kostenlos jedoch standen den Erbauern der Tansania-Fähre alle technischen Geräte und Konstruktionen der Schiffswerft zur Verfügung.

272

Kapitel 6

Ebenfalls kostenlos stellte das Ingenieurbüro der Werft auch sämtliche Planungen für den Schiffbau bereit.

Rastlos, ohne irgendeine Form des Entgeltes und freiwillig, mit nichts anderem ausgerüstet als seinem Elan und einem umbändigen Willen zur Hilfe, stürzte

sich Bruno Machad in die neue Aufgabe. Nach zwei Jahren und rund 10.000 freiwilligen Arbeitstunden der Erlenbacher Schiffbauer und einiger ehemaliger Kollegen war das Schiff fertig und wurde im Frühjahr vergangenen Jahres fein säuberlich in seine Einzelteile verpackt nach Afrika transportiert. Bruno Machad reiste mit, selbstredend wiederum auf eigene Kosten. Immerhin repräsentierte die Fähre einen Wert von rund 400.000 €. In den kommenden Wochen und Monaten schraubte er das Schiff mit vielen einheimischen Helfern zusammen. Es war eine entbehrungsreiche Zeit, denn nirgendwo hielt ein Hotel ein klimatisiertes Zimmer bereit oder zumindest eine kalte Flasche Bier zur -

-

Belohnung. Immer mal wieder gab es Schwierigkeiten. Mal funktionierte der Motor nicht, dann gab es diplomatisches Gerangel um den erhofften Nutzen der Fähre für die Menschen in der Region. Ersteres konnte dank der raschen Hilfe von Johann Brunner schnell ausgeräumt werden. Als das größere Problem erwies sich schließlich die Versuchung, mit der Fähre flink viel Geld zu verdienen, der vor allem die herrschenden Militärs des Landes nur schwer widerstehen konnten.

Endlich

war der große Tag gekommen. Im November 2001 wurde die Fähre zu Wasser gelassen. Neben Bruno Machad hatten sich auch Johann Brunner und seine Tochter Birgit am Ruvuma eingefunden, umgeben von jubelnden Menschen auf beiden Seiten des Stroms. Birgit Brunner, die ihrem Vater

inzwischen bei den Geschäften zur Hand geht und eines Tages die väterlichen Firmen übernehmen möchte, erinnert sich: „Die Autos standen Schlange. Schließlich fuhren die ersten neuen Fahrzeuge auf die Fähre. Etwa 20 Menschen passten auch noch 'rauf Und los ging's. Niemals werde ich den Jubel der Menschen vergessen, die hier ein Stück ihrer eigenen Zukunft selbst in die Hand nahmen, um eine neue Existenz aufzubauen." Aber auch in Deutschland konnte Johann Brunner Veränderungen beobachten: „Unser Betriebsklima hat sich verbessert, und das gemeinsame freiwillige Tun hat die Belegschaft zusammen geschweißt." Wie er es erhofft hatte, kehrte mit der Lösung der gemeinsamen Aufgabe auch das Gefühl für die Zusammengehörigkeit der Mitarbeiter wieder zurück, nicht eben selbstverständlich, wenn man den Zusammenbruch der Firma erlebt und überlebt hat, während Dutzende Kollegen ihren Arbeitsplatz verloren. Dazu kommt, dass das soziale Engagement des Unternehmers selbst für die meisten Schiffbauer eine Vorbildwirkung bekam. Und die Fähigkeit zur Team-

Kapitel 6

273

arbeit, das weiß Johann Brunner nicht erst seit seinem Corporate-CitizenshipProjekt, ist im heutigen Wettbewerb ein geradezu unschätzbarer Vorteil. Da ist es schon fast selbstverständlich, wenn die Erlenbacher Schiffbauer trotz einer der IG Metall verordneten 3 5-Stunden-Woche 40 Stunden in der Woche arbeiten. Freiwillig natürlich, weil sie an Selbständigkeit und Verantwortungsübernahme gewöhnt sind, und das spätestens seit den Tagen ihres Engagements beim Bau der Tansania-Fähre. von

Quelle: Myritz, R., „Schiff und Belegschaft zusammengeschweißt", in: Der Arbeitgeber, Nr. 11/54, S. 36ff, 2002 Fragen zur Fallstudie 2: 1. In welchem Verhalten sehen Sie die Vorbildfunktion des Unternehmers Johann Brunner begründet und wodurch unterscheidet er sich dadurch von einer Vielzahl anderer Unternehmer und Manager? 2. Welche betriebsinternen als auch mitarbeiterbezogenen Gründe haben dazu geführt, dass der Unternehmer Johann Brunner trotz kritischer Zeit für den Schiffsbau und ohne durch den Staat subventioniert zu werden, von Anfang an Gewinne erzielt hat? 3. Für welche (immer größer werdende) Zielgruppe könnte das Beispiel des ehemaligen Schiffsbauer Bruno Machad Vorbildcharakter erlangen und was könnte zur Triebfeder für ein derartiges Handeln werden? 4. Welche Konsequenzen würden Sie als Entwicklungshilfeminister mit Blick auf das Beispiel der Erlenbacher Schiffswerft ziehen? 5. Welche Unterstützungsmassnahmen lassen sich in diesem Beispiel aufzählen, wenn es darum geht Kosten zu senken? 6. Welche flankierenden Maßnahmen fallen Ihnen hier noch ein? 7. An welchen Beispielen würden Sie den Corporate CitzienshipGedanken festmachen?

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung 1.

Der Vorstand der Rostocker Brauerei beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit dem Themenbereich „Unternehmenskultur".

Begründen Sie zunächst mit Hilfe von drei Argumenten, warum man eigentlich Unternehmensgrundsätze formulieren sollte! b. Anschließend entwerfen Sie für das Unternehmen ein Konzept, aus dem zunächst hervorgeht, von welcher Vision das Unternehmen a.

geprägt sein soll!

Kapitel 6

274

c.

d.

e.

greifen Sie drei Bereiche heraus, für die Sie jeweils einen Unternehmensgrundsatz aufstellen! Welche Aktionen (3 Beispiele) unternehmen Sie, um im Sinne einer Unternehmensidentifikation eine möglichst hohe Zustimmung aller Mitarbeiter zu gewinnen? Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die oberste Führungsebene (Vorstand, Geschäftsführer, Unternehmer) und welche Aktivitäten (2 Beispiele) sollten von ihr wahrgenommen werden? Dann

2.

Welche unterschiedlichen Fragen im Hinblick auf die Unternehmenskultur sind zu diskutieren, wenn aus einem nationalen Unternehmen ein Global Player wird, der in vielen Ländern der Welt operiert?

3.

Versuchen

aus der jüngsten Zeit Unternehmensbeispiele in mit Zusammenhang den drei Stufen ethischer Orientierung zu bringen und nehmen Sie eine Bewertung vor!

4.

Warum glauben Sie, dass die Aussagen des Davoser Manifests auch heute noch von Aktualität geprägt sein könnten?

5.

Welches Unternehmen hat in letzter Zeit Ihre Aufmerksamkeit im Hinblick auf seine Corporate Citizenship-Aktivitäten gefunden und welche Aktion fanden Sie dabei besonders erwähnenswert und warum?

6.

Kann mit der Einbeziehung von Corporate Governance-Überlegungen ein Betrag zur Unternehmenskultur geleistet werden und worin würde er sich Ihrer Meinung nach ausdrücken?

7.

Die ethische Ausrichtung eines Unternehmens wird immer wieder auch mit bestimmten Kosten in Verbindung gebracht. Unabhängig, welche Gründe (ideell, materiell) für ein derartiges Engagement angesprochen werden, rechnet sich ein derartiger Aufwand und lassen sich dafür Bespiele anführen?

8.

Nicht

Sie

Gutes tun, sondern auch darüber reden, sollte für die ethisch ausgerichteter Unternehmen gelten. Was sollte in diesem Kontext getan werden, um vor allem die breite Öffentlichkeit regelmäßig über seine Aktivitäten in Kenntnis zu setzen? nur

Öffentlichkeitsarbeit

9.

Sollten die öffentlichen Auftraggeber bei der Vergabe von Leistungen sich stärker an einem moral-ethischen Kodex orientieren, der ganz bestimmte Unternehmen aufgrund ihres negativ aufgetretenen Verhaltens (z.B. illegale Kinderarbeit) in der Vergangenheit vom Bieterverfahren

Kapitel 6

ausschließt? Stellen Sie Pro- und

begründen Sie Ihre Meinung! 10.

275

Contra-Argumente gegenüber

und

Erstellen Sie eine Übersicht der Übereinkommen, die gegenwärtig bei der ILO im Hinblick auf Vereinigungsfreiheit, Verbot der Diskriminierung bei der Beschäftigung, Lohngleichheit zwischen Männer und Frauen, Verbot der Zwangsarbeit und Verbot der Kinderarbeit vorliegen!

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276

Kapitel 6

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Kapitel 7

278



Es ist nicht genug zu wissen,

man muss es

es

auch anwenden,

ist nicht genug zu

man muss es

Johann

wollen,

auch tun.

"

Wolfgang von Goethe

Lieferantenmanagement und Total Quality Management

VII.

Produkten bzw. Dienstleistungen wirklich zufriedenkönnen, verlangt der ganzheitliche Ansatz des TQM die explizite Einbeziehung des oder der Lieferanten, um so über die gesamte Wertschöpfungskette sicherzustellen, dass die Wünsche der Kunden von Anfang an ihre gebührende Berücksichtigung finden. Die zunehmende Fokussierung der Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen führt zu Zulieferer-AbnehmerBeziehungen, deren Ziel darin besteht, die Leistungspotentiale der Lieferanten in das eigene Unternehmen zu integrieren und gleichzeitig neue Schnittstellen in der Zusammenarbeit zu suchen. Nicht mehr allein die Beschaffung von Gütern und Leistungen zeichnet somit das Lieferantenmanagement von heute aus, sondern die kluge Nutzung der Leistungskraft des Lieferanten wird zu einer der Hauptaufgaben vorausschauender Unternehmensführung. Um den Endabnehmer

stellen

VII. 1.

von

zu

Outsourcing und der gestiegene Stellenwert der Lieferanten

Vergleicht man die Entwicklung, die die Zuliefererindustrie in den letzten 20 Jahren genommen hat, dann wird erkennbar, welche Bedeutung heutzutage dem Lieferantenwesen zukommt. Lag der Anteil an der externen Beschaffung im Jahre 1980 noch bei 30 Prozent, so wird für das Jahr 2000 mit einer Quote von rund 70 Prozent gerechnet (s. Abb.84).

Kapitel 7

Abb.84: Der prozentuale Anteil bei Quelle: Wildemann, 1998, S. 32

279

Fremdbezug durch Lieferanten

Die für das Jahr 2000 prognostizierten Zahlen sind bereits beim Volkswagenwerk in Mosel/Sachsen und bei der BMW-Unternehmensgruppe zur Realität geworden. Gegenwärtig liegt der Anteil der eingekauften Leistungen für beide Unternehmen bei jeweils rund 70 Prozent (Heuß, 1995, S. 8; Koppel,

2000, S. 63).

Die weiter fortschreitende Globalisierung der Märkte sowie die zunehmende Nutzung des Internets sind mit neuen Perspektiven für beide Seiten verbunden. Die Hersteller werden sich mehr und mehr auf die Weiterentwicklung ihrer Produkte, auf eine optimierte und damit kostengünstige Produktion sowie auf die Vermarktung ihres Angebotes konzentrieren. Wie Rohstoffe herbeigeschafft oder die Ware zum Abnehmer transportiert wird, das überlassen sie zunehmend demjenigen, dessen Kernkompetenz die ganzheitliche Abwicklung ist. Dabei spielt der reine Transport nur noch eine, wenn auch wichtige Teilaufgabe.

Die umfassende Auslagerung von Aufgaben, das so genannte Outsourcing, bedeutet für das zukaufende Unternehmen, dass es sich weder um das betreffende Bestell- und Lagermanagement noch um Versandend Retouren kümmern muss, sondern sich ausschließlich auf seine Kernaufgaben konzentrieren kann (Zumwinkel, 2000, S. 17). Damit verbunden, wird ein

Leistungsspektrum für die Zuliefererindustrie erkennbar, das Lieferstruktur und eine geänderte Kooperationsbasis zur Folge hat.

erweitertes neue

eine

Andersen Consulting haben die mit dem Outsourcing verbundenen Überlegungen wie folgt beschrieben (Johnson, 1997, S. 29):

„Organizations that aspire to be world-class in their own markets cannot be world-class at everything. Yet only by gaining access to

Kapitel 7

280

world-class services in all areas that are significant to their future business they can achieve the vital combination of quality and efficiency necessary for success. "

VII.2.

Anforderungen an den Lieferanten

Genauso wie der Kunde vom Unternehmen qualitativ hochwertige Produkte verlangt, stellt auch das Unternehmen als Kunde des Lieferanten gewisse Anforderungen an dessen Leistungserfüllung. Dazu gehören nicht nur Liefertreue, Termineinhaltung und Qualität der in den Wertschöpfungsprozess einfließenden Rohstoffe oder Betriebsmittel, sondern verlangt eine Kooperationsform, die sich zunehmend in einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit ausdrückt.

VII.2.1.

Leistungsmerkmale

Bei der Auswahl des bzw. der richtigen Lieferanten beurteilt das Unternehmen die Leistungsfähigkeit des Zulieferers anhand verschiedener Merkmale, zu denen u.a. die folgenden Punkte gehören (Weinke, 1995, S. 82): -

-

-

-

-

-

-

Strategische Bedeutung (Position am Markt) Qualität, Service (Produktqualität, Null-Fehler, Verpackung, Termine)

Innovation (Erfindungspotential)

Entwicklung (gemeinsame Forschung) Logistikkosten (Fracht, Bestände, Zoll) Konditionen (Finanzierung, Kapitalkosten) Sicherheit (Standort, Bonität)

All diese Leistungen weisen je nach Marktlage unterschiedliche Prioritäten aus. Die Gewichtung hängt von der jeweiligen Unternehmenssituation sowie von der Rolle ab, die dem Lieferanten zugedacht ist. Mangelnde Qualität oder Verzögerung bei Lieferung haben dabei direkte Auswirkungen auf alle nachgelagerten Prozesse, so dass ihnen besonders hohe Bedeutung zukommt

(Koerber, 1996, S. 60).

Kapitel 7

VII.2.2.

281

Aktiver oder passiver Partner

Welche unterschiedlichen Rollen dabei vom Lieferanten wahrgenommen werden können, hängt davon ab, ob er sich als aktiver oder passiver Partner betrachtet. Die nachfolgende Abbildung 85 zeigt, welche Sichtweisen hierbei möglich sind. Der Lieferant als Partner:

aktiv

passiv

oder

Strategischer Partner Hauptlieferant Innovator

Strategische Reserve

^_ *-». -«-

Preisführer Kontraktlieferant

*•*

*

Nebenlieferant

Anpasser Preisanpasser Spotlieferant

Abb.85: Die Rollen des Lieferanten Quelle: Weinke, 1995, S. 83 Nicht immer wird aber das Bestreben des Zulieferers, sich als aktiver Partner zu verstehen, auf ungeteilte Resonanz seitens des Unternehmens stoßen. Viele Unternehmen gehen immer noch davon aus, dass eine langfristige Zusammenarbeit eine zu hohe Bindungswirkung auslöst, die den Wechsel zu billigeren Anbietern verhindert (Crosby, 1994, S. 76). Demgegenüber steht der Aufbau von strategischen Partnerschaften, bei der Know-how ausgelagert wird. Damit nimmt zum einen die Bedeutung des betreffenden Lieferanten zu, zum andern sieht sich das zukaufende Unternehmen einer größeren Abhängigkeit gegenüber dem Zulieferer ausgesetzt (Koppel, 2000, S. 63).

VII.3.

Kooperationsformen zwischen Herstellern und Zulieferern

Unterschiedliche Kooperationsformen prägen die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Zulieferern. Welche Handlungsalternative sich aufgrund einer veränderten Fertigungstiefe ergibt, berührt ebenso die Art der Zusammenarbeit wie eine Lieferstruktur, die differenzierte Formen der Kooperation zulässt.

Kapitel 7

282

VII.3.1.

Simultaneous

Engineering und Blackbox-Engineering

Entwicklungstiefe in den letzen Jahren beibehalten wurde, die Fertigungstiefe sich aber massiv verringert hat, ergeben sich in der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Lieferanten zwei Möglichkeiten, um mit der neuen Situation fertig zu werden:

Da die

1. Ein Unternehmen kann die Entwicklungstiefe beibehalten und die Lieferanten vermehrt in den Entwicklungsprozess einbeziehen. Damit lebt es nach den Regeln des Simultaneous Engineering. 2. Ein Unternehmen kann die Entwicklungstiefe reduzieren und Aufgaben an den Lieferanten auslagern, wie dies z.B. der Blackbox-Engineering-Ansatz

aufzeigt.

Beim Simultaneous Engineering ist darauf zu achten, dass die Lieferanten bereits bei der Erstellung des Konzepts mit in die Überlegungen einbezogen werden. Nur so lassen sich häufige und teuere Änderungen in späteren Entwicklungsphasen vermeiden. Soll die Fertigungstiefe stellen (Koppel, 2000, S. •





verringert werden, sind 64):

zunächst

folgende Fragen

zu

Mit welchen Lieferanten soll zusammengearbeitet werden, welche können einbezogen werden, und welche sollten nicht beteiligt werden? Auch beim Lieferanten fallen Aufwendungen an. Ist dieser bereit, solche als Vorleistung zu erbringen? Müssen diese abgegolten werden? Wenn ja, in welcher Form und in welcher Höhe? Eine kurze Time-to-market-Philosophie ist heute in vielen Bereichen erfolgsentscheidend. Welche Vorkehrungen sind zu treffen, dass beim Lieferanten die richtigen Leute zum richtigen Zeitpunkt verfügbar sind?

Entscheidet

man

sich für das

Blackbox-Engineering,

so

wird das Produkt

so

modularisiert, dass sich klare Schnittstellen ergeben. Die Funktionen können damit gut definiert und spezifiziert werden und der Lieferant kann dann die Entwicklungsarbeit weitgehend selbständig durchführen. Dafür sind aber wiederum zwei Voraussetzungen seitens des Lieferanten zu erfüllen: 1. Der Lieferant muss sowohl über Fabrikations- als auch über ProdukteKnow-how verfügen.

Kapitel 7

283

2. Der Lieferant deckt alle Fähigkeiten ab, welche Herstellen eines ganzen Moduls notwendig sind.

zum

Entwickeln und

Eines der Module von Automobilherstellern, die z.B. von außen bezogen werden, ist die Sitzherstellung. Dieses Modul umfasst u.a. die Arbeitsgattungen Metallbearbeitung (Gestelle), Nähen von Leder und Stoff, Polstern und Herstellen/Einbauen von Verstellelementen. Will ein Lieferant auch die Entwicklungstätigkeit übernehmen, so muss er sich vom Spezialisten für eine Arbeitsgattung zum Spezialisten für ein ganzes System entwickeln.

VII.3.2.

Pyramidenförmige Zulieferstrukturen

Bedingt durch eine vertikale Arbeitsteilung ergeben sich pyramidenförmige Zuliefererstrukturen, wie sie in Abbildung 86 erkennbar werden, die unterschiedliche Kooperationsformen zwischen Herstellern und Zulieferern ermöglichen. Lieferstruktur -

-

-

-

Kooperationsbasis Gemeinsame Verantwortung Entwicklungspartnerschaft Local/ Single Sourcing

Modellebenszyklusvertrag -

Auftragsfertigung

(Qualität, Kosten, Flexibilität)

National/ International

-

-

Sourcing

Preisdominierte Lieferantenauswahl Global/ Multiple

-

Sourcing

Abb.86: Kooperationsformen zwischen Herstellern und Zulieferern Quelle: Wildemann, 1998a, S. 97

Leistungsart und Leistungsspektrum kennzeichnen verschiedene Grundtypen von Zulieferern. Kennzeichnend für solche Strukturen ist, dass die Kernfertigung beim Hersteller stattfindet. Des weiteren gibt es Kernlieferanten sowie,

Kapitel 7

284

weiter abgestuft, Komponentenlieferanten als auch Rohmaterial-, Halbfertigfabrikate- und Normteillieferanten, die die Lieferstruktur vervollständigen.

VII.3.2.1.

Kernlieferanten

Die Kernlieferanten können auch als Wertschöpfungspartner betrachtet werden. Sie bieten System- und Problemlösungskapazität sowohl für Produkte und Prozesse als auch für Prozessinnovationen an. Ihr Ziel ist es, innovative Produkte und Prozesse vergleichsweise schnell, kostengünstig und auf NullFehler-Niveau von der Planung bis zur Einführung zu bringen und dabei möglichst Industriestandards für bestimmte Komponenten oder ganze Systeme zu setzen. Die Beschaffung komplexer Zulieferprodukte, die ihrerseits aus verschiedenen Halbfertigfabrikaten und/oder Standardartikeln und/oder Baugruppen oder Komponenten bzw. einzelnen Systemen bestehen, bezeichnet man auch als Modular Sourcing. Wie in der Praxis diese Art von Zusammenarbeit funktioniert, zeigt das Beispiel BMW. Das Unternehmen kooperiert mit Gema Volstatik, Eisemann, Dürr sowie BASF Farben und Lacke, wobei letztere wiederum über Joint-Ventures mit Nippon Oil & Fats zusammenarbeiten. Durch Übertragung von Systemlösungen wird eine umfassende und intensive Zusammenarbeit mit nur wenigen qualifizierten Lieferanten angestrebt, die vom Autohersteller zuvor sorgfältig ausgewählt wurden. Die Reduktion der Zahl der Zulieferer bei BMW von 900 auf 70 zeigt zum einen die Richtung des Konzentrationsprozesses an, zum anderen wird der zukünftige Stellenwert einer Einquellenbelieferung erkennbar (Wildemann, 1998a, S. 95).

von

Sobald derart enge, direkte

Geschäftsbeziehungen

zu

den Kernlieferanten

bestehen, verringern sich Zahl und Umfang der Transaktionen mit anderen Lieferanten. Es entlastet den Hersteller organisatorisch und befreit ihn von Doppelarbeit, wenn z.B. die Endkontrolle des Lieferanten und die Eingangskontrolle des Abnehmers an einer Stelle konzentriert werden können. Die Stellung als sogenannter Systemlieferant führt allerdings zu wachsenden Anforderungen an die Management- und Koordinationskompetenz der Zuliefererunternehmen. Besonders Erstlieferanten müssen im Netzwerk nun einen Großteil der Verknüpfungskomplexität des Herstellers auf sich nehmen (Wildemann, 1998a, S. 95).

Ein guter Lieferant beobachtet neue Technologien, schätzt ab, welche Möglichkeiten diese seinen Kunden eröffnen, formuliert seine Technologiestrategie und stimmt sie mit dem Schlüsselkunden ab. Immer häufiger ist es der

Kapitel 7

285

Lieferant, der weiß, welchen Merkmalen eine kostengünstige Konstruktion zu genügen hat und er ist es dann auch, der auf eine möglichst späte Variantenbildung im Produktionsprozess Wert legt.

VII.3.2.2.

Komponentenlieferanten

Komponentenlieferanten konzentrieren sich auf vom Abnehmer vorentwickelte, komplexe und qualitätskritische Teile, die in Auftragsfertigung erstellt werden. Zulieferer verfügen hierbei über ein entsprechendes technisches ProduktionsKnow-how, das der Abnehmer nicht beherrscht. Sie agieren folgerichtig in Marktnischen für Produkte mit einem hohen Know-how, das durch eigene Patente und Leistungsvorsprünge gekennzeichnet und gesichert ist. Daraus können sich Entwicklungspartnerschaften ergeben, die sich darauf konzentrieren, die Konstruktionsaktivitäten des Abnehmers mit den eigenen zu bündeln. Durch fertigungsgerechte Konstruktion von Zulieferteilen wird zugleich das Ziel verfolgt, eine kostengünstige Produktion auf hohem Qualitätsniveau innerhalb eines Fertigungsverbundes zu erreichen. Komponentenlieferanten wird es in Zukunft darauf ankommen, zu einer strategischen Partnerschaft mit dem Hersteller zu kommen. Je höher dabei der Grad an Autonomie bei der Produktion des Zulieferers ist, desto größer sind seine Chancen, sich bei zunehmender komparativer Kostendifferenzierung eine zukunftsträchtige Position zu sichern. Bei weiter steigendem Anteil an eingekauften Leistungen und gleichzeitiger Verkleinerung der Fertigungstiefe ergeben sich hierbei Spielräume, die aus einem Komponentenlieferanten ein Kernlieferantenverhältnis begründen helfen kann. Für

Bemühungen des Sitzherstellers Lear, dessen Hauptsitz in Southfield/ Michigan liegt, und der sich mit einem eigenen Werk in unmittelbarer Nähe nur 700 Meter vom Opelwerk gelegen niedergelassen hat, zeigen, welche Anstrengungen von Zuliefererseite unternommen worden sind, um zu einem Systemlieferanten zu werden. Nachdem Lear über Jahre hinweg Sitzgarnituren für die Modelle Corsa und Astra gefertigt hatte, wurde der Wunsch artikuliert, zukünftig in die gemeinsame Forschung- und Entwicklungsarbeit aber auch bereits bei der Designplanung bei Opel von Anfang an mit einbezogen zu werden. Nicht mehr alleine die Sitzherstellung war damit als Ziel formuliert, sondern als zukünftiger Anbieter von Systemlösungen sollte aus einem Komponentenlieferanten ein Kernlieferant werden. Die gegenwärtige Entwicklungspartnerschaft zwischen Opel und Lear zeigt, dass eine gemeinsame Schnittstelle gefunden werden konnte (o.V. 2000, S. 5; www.opel.de, 1997). Auf der Basis eines Local/Single Sourcing, der eine Philosophie des „Working together Die

-

-

Kapitel 7

286

to win"

zugrunde liegt, sollen in Zukunft durch eine noch intensivere Synergieeffekte für beide Unternehmen erzielt werden.

Zusammenarbeit weitere

VII.3.2.3.

Teilefertiger

Teilefertiger produzieren vom Abnehmer entwickelte Halbfertigfabrikate und Standardfertigteile. Mit ihrem Leistungsspektrum dienen sie aber eher als verlängerte Werkbank, denn als innovativer Partner. Blaupausen- und Zeichnungsteilempfänger bringen keine maßgebliche eigene Entwicklungsleistung ein. Die Möglichkeit, sich über diesen Weg vom Wettbewerber zu differenzieren, entfallt weitgehend, da derartige Zulieferer in nationaler wie internationaler Konkurrenz zu

alternativen Zulieferern stehen.

Anspruchslose Massenprodukte werden in ihrer überwiegenden Mehrzahl in Billiglohnländern hergestellt, da die Erfüllung technischer Anforderungen keine fertigungsbedingten Probleme mehr aufwirft (Kramer, 1996, S. 110). Dabei gilt das Prinzip, dass globale Spitzenqualität zu lokalen Bedingungen erwartet wird (Urbat, 1997, S. B7). Hier erfolgt eine preisdominierte Lieferantenauswahl im Sinne eines Global/Multiple Sourcing. Zulieferer können sich in dieser Phase nur durch besonderes Fertigungs-Knowhow gegenüber dem Wettbewerb beim Abnehmer profilieren. Gelingt dies nicht, muss er sich über Preisnachlässe oder andere Sonderleistungen für den Auftrag empfehlen, oder er kann nur noch bei Kapazitätsengpässen anderer Zulieferer, bzw. des Abnehmers selbst, darauf hoffen Aufträge zu erhalten.

VII.4.

Zur Lieferantenauswahl

Ob ein Unternehmen es vorzieht, nur mit einem Lieferanten (Single Sourcing) bzw. mit zwei Lieferanten (Dual Sourcing) zusammenzuarbeiten oder ob es eine

Mehrquellenbelieferung (Multiple Sourcing) präferiert, hängt ebenso von unternehmensspezifischen Gründen ab, wie die Entscheidung, ob ein Unternehmen mit lokalen (Local Sourcing) oder mit internationalen Zulieferern (Global Sourcing) eine Zusammenarbeit sucht.

Kapitel 7

VII.4.1.

287

Single Sourcing

Die nachfolgende Checkliste gibt einen Überblick über die vielfältigen Gründe bzw. Ursachen, die für den Einsatz eines Single Sourcing sprechen.

Zulieferprodukte verlangen hohe Investitionen in Produktionsanlagen, Qualitätssicherung, Logistik etc. und bedeuten hohe Fixkostenblöcke. Zulieferprodukte verfugen über eine hohe Spezifität. Wechsel oder Neuaufnahme von Zulieferern sind mit hohen Umstellungskosten verbunden. Die vom Abnehmer gewünschten Qualitätsmerkmale des Zulieferprodukts verlangen einen Spezialisten in der Entwicklung und Konstruktion. Abnehmer können den Erfahrungskurveneffekt beim Zulieferer voll ausnutzen.

Sicherung der Qualität. Konzentration auf einen/wenige Zulieferer

verringert Kontroll- und Qualitätsaudits/Inspektionen

Anpassungskosten (Qualitätssicherung, durch Abnehmer). Zulieferprodukte, die nur unregelmäßig bezogen

werden sind für den Abnehmer mit Aufwand für erneute Lieferantensuche und -selektion verbunden. Endabnehmer verlangen spezielle Zulieferprodukte (z.B. „Intel inside", „Made by Bosch") als Bestandteile im Endmarktprodukt. Abnehmer wollen das Know-how von starken Zulieferern ausschließlich für eigene Zwecke nutzen und einen Know-how Abfluß an Wettbewerber vermeiden. Abnehmer sind bemüht, den Beziehungsaufwand zu ihren Zulieferanten auf ein Minimum zu beschränken. Die Beschaffung der Unternehmung ist lokal/national ausgelegt und es ist ihr nicht möglich, alternative Lieferquellen zu erschließen. Abb.87: Gründe für die Positionierung eines Zulieferers als Alleinlieferant:

Single Sourcing Quelle: Kramer, 1996, S. Je höher dabei der

135

Verantwortungsgrad ist, den der jeweilige Lieferant zu übernehmen hat, desto häufiger ist eine Entscheidung zugunsten von Single Sourcing festzustellen (Heuß, 1995, S. 8; Koppel, 2000, S. 63). Welche Umsetzung das Single Sourcing in der Praxis gefunden hat, zeigt das Beispiel der Volkswagen Sachsen GmbH. Neun Hauptzulieferern, auf die im Kapitel IX. 1.6.4. noch näher eingegangen wird, stehen 160 weitere Firmen gegenüber,

Kapitel 7

288

die mit bestimmten Arbeiten beauftragt worden der nachfolgenden Abbildung 88 finden.

sind,

von

denen sich

einige

in

Dienstleistungen für das Werk Mosel Instandhaltung, Fuhrpark, Stapler, Fördergeräte, Krananlagen, Aufzüge, Hebezeuge Instandhaltung,

Fertigungsanlagen, Gebäude-, Fenster, Gebäudereinigung Winterdienst

Materialleistung Flugdienst

Sanitärtechnik

Tanklager

Entsorgung von Schrott, Papier und Pappen, Folien,

Meßtechnik

Holz

Werkschutz, Feuerwehr,

Rettungsdienst

Betreibung Batterieladestation

"V

Lackschlammverwertung Emulsionen und

Pflege der

Ölaufbereitung

Grün-

anlagen

Recycling PKW-Plastteile Bildungsmaßnahmen Laboranalysen

Recycling

Verkauf von WA-Fahrzeugen Tanken der

Fahrzeuge

Schwachstromanlage (incl. Telefon, Uhrenanlage)

Fahrzeugverladung 40 Firmen auf der Baustelle Mosel -II

Tischler- und

Blitzschutz-

Zimmereinrichtungen

anlagen

Instandhaltung, Türen, Tore Fenster

Dienstleistungen für die Volkswagen Sachsen GmbH mit Sitz in Mosel Quelle: Heuß, 1995, S. 9 Abb.88:

VII.4.2.

Multiple Sourcing

Single Sourcing bleibt das Multiple Sourcing eine weitere Handlungsoption für die Unternehmen. Welche Argumente mit dem Einsatz von Multiple Sourcing in Verbindung gebracht werden können, ist der nachfolgenden Checkliste zu entnehmen.

Neben dem

Kapitel 7

289

eigene Versorgungssicherheit hat Vorrang in der Beschaffung; gleichwertige Produkte können problemlos bei anderen Quellen beschafft

-Die

werden. -Die heutigen und künftigen Qualitätsanforderungen an das Zulieferprodukt sind von allen Zulieferern leicht zu erfüllen. -Abnehmer wollen die eigene Nachfragerposition stärken und Preisspielräume ausnutzen.

Abnehmer zielen bewusst mehrere Lieferanten in die F+E und Fertigung ein, um die Innovationsfähigkeit ihrer Zulieferanten im Wettbewerb untereinander zu fördern und für sich zu nutzen. -Die Kunden des Abnehmers verlangen aus absatzpolitischen Gründen -

Mehrquellenbelieferung.

Abb. 89: Gründe für die

Positionierung eines Zulieferers als Nebenlieferant: Multiple Sourcing

Quelle: Kramer, 1996, S. 135

VII.4.3.

Vor- und Nachteile von Single/Multiple Sourcing aus Sicht des Zulieferers

Betrachtet man Single Sourcing und Multiple Sourcing allein aus der Sicht des Zulieferers, dann wird in der nachfolgenden Gegenüberstellung deutlich, welche Vor- und Nachteile damit für ihn verbunden sind (s. Abb. 90). Was die gegenwärtige Entwicklung der beiden Zulieferarten betrifft, so ist ein zunehmender Trend der Unternehmen zum Single Sourcing zu beobachten. Dabei erlangen vor allem diejenigen Zulieferer Vorteile, die sich auch geographisch in der Nähe des Kunden ansiedeln (Local Sourcing) und Just-in-Time zuliefern können (Kramer, 1996, S. 3).

Kapitel 7

290

Single Sourcing Position Multiple Sourcing Position Vorteile für den

Zulieferer

-Relative Sicherheit des Know-how-Schutzes

-Wettbewerb hält „fit"

-Möglichkeit zu einer

-Abhängigkeit von

Partner)

umsatzstarken Abnehmern wird vermieden und das eigene Risiko gestreut

intensiven Partnerschaft (Gleichwertigkeit der

-Hohe Umsätze und

Nachteile für den Zulieferer

Standortsicherung -Möglichkeit langfristig auch größere Projekte anzugehen -Steigende Abhängigkeit vom

Abnehmer und

mangelnde Risikostreuung

-Nachlassen der eigenen Anstrengungen durch

-Destruktiver Preiswettbewerb mit den Wettbewerbern und Gefährdung der Standortsicherheit

-Langfristige Plansicherheit

mangelnden

Wettbewerbsdruck Abb.90: Vor- und Nachteile für den Zulieferer bei Single und Multiple Quelle: Kramer, 1996, S. 136

VII.4.4.

Dual

Sourcing

Sourcing

Eine dritte Variante neben dem reinen Single Sourcing und dem Multiple Sourcing stellt das Dual Sourcing dar. Der Abnehmer bezieht seine Produkte von zwei ungefähr gleichbeteiligten Zulieferern. Durch konsequentes Dual Sourcing fördern die Abnehmer den konstruktiven Wettbewerb unter den beiden Stammlieferanten und sichern so die eigene Versorgungssicherheit. Dabei ist allerdings zu beachten, dass gerade bei Kernlieferanten, die hohe Aufwendungen für die Erstellung der entsprechenden Systeme bzw. Module erbracht haben, diese Variante kaum greift.

Kapitel 7

Produkten sich aus Tausenden zusammensetzt, nutzen viele Unternehmen auch die Zulieferervarianten zum Einsatz zu bringen. Da eine Vielzahl

VII.4.5.

an

Global

291

Einzelkomponenten Option, unterschiedliche von

Sourcing

Eine lokale Beschaffung erleichtert die Sicherheit der Zulieferung und scheint auch ökologisch vertretbarer als der weltweite Transport von Gütern (Kramer, 1996, S. 132). Doch Kostenfragen drängen diese Argumente oft in den Hintergrund. Vor allem der Einkauf problemloser Standardgüter erfolgt zunehmend international in Ländern mit relativen Kosten vorteilen. Die dabei erzielten Einsparungen übersteigen die Kosten für eventuell schlechtere Qualität und den Transport, wobei zu entscheiden bleibt, ob auch der Kunde bereit ist, schlechtere Qualität zu honorieren. Die Gründe und Ursachen für eine international orientierte Zuliefer-AbnehmerBeziehung sind nachfolgend zusammengestellt: •

• • •



• •

Standardisierte Produkte lassen sich leicht auch auf dem internationalen Markt anbieten und beschaffen. Allgemeine Internationalisierung des Wettbewerbs. Zunehmende internationale Arbeitsteilung und Spezialisierung. Komparative Kostenvorteile (Standort, Lohngefälle, Steuerer-

leichterungen). Nutzung von günstigen Arbeitskräften mit gleicher Qualifikation. Ausgleich von Lieferengpässen und Erhöhen der Liefersicherheit. Aufweichen und/oder Brechen von Lieferantenmacht bzw.

Nachfragemacht. •



Größere Handelsvolumina durch Bildung regionaler, nationaler Einkaufsverbände mit anderen Herstellern. Dies gilt natürlich andererseits auch auf Seiten der Zulieferer, die sich zu Verkaufskooperationen zusammenschließen. Auffinden neuer Absatzmärkte und -Chancen sowie

Risikodiversifizierung. •

Ausweichen des Wettbewerbs auf heimischen Märkten.

Kapitel 7

292

VI 1.5.

Elektronische Medien und ihr Einfluß auf die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Zulieferern

Schneller, effizienter und direkter werde das Internet die Zusammenarbeit mit den Zulieferern machen, kündigte der Daimler/Chrysler-Chef Jürgen Schrempp bei der Vorlage der Konzernbilanz in Stuttgart an (Lamparter, 2000, S. 28). Internet und Business to Business, wie die Geschäfte der Industrie untereinander genannt werden, sollen die Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Zulieferern nicht nur in der Automobilindustrie revolutionieren, sondern ihnen ist gemein, dass sie ihren Kunden Das Ziel ist die Kundennähe umfassende Lösungspakete anbieten, die alle Aspekte der elektronischen man früher eine Versicherung Vernetzung eines Unternehmens ab- Wollte abschließen, war der Weg klar. Man griff

decken.

Unbestreitbar ist, dass mit dem Internet

neue Geschäftsmethoden in die Geschäftswelt gefunden haben. Die Web-Firma Netdocuments, die im E-Business den Transport und die Verwaltung von Dokumenten organisieren will, setzt ganz gezielt auf die Chance, die der Cyberspace eröffnet. Die elektronischen Gehirne einzelner Unternehmen, die bisher intern Daten transportierten und steuerten, können jetzt über das Netz mit den Gehirnen von potenziell unzähligen anderen Unternehmen verbunden werden. Schon ein einfacher Web-Browser reicht. Das Einholen von Angeboten per Telefon, der Austausch von Lieferscheinen und Verträgen, Preisverhandlungen und der direkte Kontakt mit dem Geschäftspartner all das können die

Eingang

-

ohne große Friktionen und in Sekundenschnelle (Tenbrock, 2000, S. 33). vernetzten

Hörer. Heute suchen immer mehr Kundinnen und Kunden Angebote im Internet. Die Winterthur war die erste Versicherungsgesellschaft in der Schweiz, bei der Privatkunden Versicherungspolicen übers Internet abschließen konnten. Inzwischen erhalten Kunden über das zum

Computer erledigen,

www.webinsurance.com auch in verschiedenen anderen Ländern, beispielsweise Spanien, Portugal, Frankreich und Italien, innerhalb von Sekunden Offerten für Lebens-, Hausrat- oder Motorfahrzeugversicherungen. Wer die Prämie mit seiner Kreditkarte bezahlt, ist sofort versichert, unabhängig von der Tages- oder Nachtzeit. Bei Motorfahrzeugversicherungen kann dabei auch gleich die Deckungsbestätigung am PC ausgedruckt werden.

Internetportal

Durch das Internet werden die Kunden erreicht, wo und wann sie es brauchen. Dank der Zusammenarbeit der Winterthur mit Internet-Autoverkäufern kann so ein potenzieller Autokäufer übers Internet gleichzeitig mit der Offerte für ein neues Auto auch eine Offerte für die KfzVersicherung einholen.

Wirtschaftskurier, 42 Jg. August 2000, S. 2

In:

Einige Manager, wie z.B. der FordChef Jacques Nasser oder Mark Hogan, der bei General Motors für das EBusiness zuständig ist, träumen bereits von Fabriken, in denen Kraftfahrzeuge in

Kapitel 7

293

kürzester Zeit nach den genauen Wünschen jedes einzelnen Kunden zusammengebaut werden und Lieferanten völlige Kontrolle über Lagerbestände haben. Vorbilder für solche Verhältnisse sind Firmen wie das HardwareUnternehmen Cisco-Systems: 80 Prozent seines Umsatzes wickelt Cisco über seine Web-Seite ab, wo Kunden aus elektronischen Katalogen auswählen können. Die Bestellungen gehen direkt an Vertragsfabriken des Unternehmens, auch die Bezahlung ist automatisiert. Über die Hälfte aller Aufträge werden bei Cisco elektronisch abgewickelt also ohne jede menschliche Einflussnahme. 500 Millionen Dollar jährliche Einsparungen sind damit für Cisco verbunden. Cisco befindet sich auf dem Weg der völligen elektronischen Integration der gesamten Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Computersysteme und das Internet helfen dabei nicht nur bei der effizienten Zusammenarbeit mit den Lieferanten, sondern auch bei der optimalen Steuerung aller firmeninternen Prozesse, einschließlich der möglicherweise über den Globus verstreuten Produktionsstandorte (Tenbrock, 2000, S. 33). -

Ähnliche Überlegungen haben die „Big Three" der US-Automobilindustrie General Motors, Ford und Daimler/Chrysler angestellt, um das E-Business für

ihre Zwecke

nutzen, wobei ihr Ansatz auch auf Interesse weiterer von der Überlegung, dass die Hälfte aller Kosten eines 20 000 Dollar teueren Autos mit dem Zukauf der entsprechenden Teile verbunden ist, glauben sie, mit einem neuen elektronischen Einkaufssystem die Kosten pro Auto um 1000 Dollar senken zu können (Bradsher, 2000, S. 1). zu

Automobilkonzerne wie Nissan und Renault gestoßen ist. Ausgehend

Wie dies funktionieren soll, hatte Ford mit seinem elektronischen Einkaufsnetz namens auto-xchange zuvor schon demonstriert. In einer der ersten InternetAuktionen mussten sich fünf Reifenhersteller um drei Kontrakte für ein zukünftiges Truck-Modell gegenseitig unterbieten. Das Prinzip dabei: Eine intelligente Software signalisiert den Bietern, wo sie mit ihrem Angebot liegen. Grün steht für das günstigste Angebot, gelb für eine schwierige Position und rot für das schlechteste Angebot. Das Bieterverfahren lässt Nachbesserungen zu, wobei z.B. Michelin während des Verfahrens nicht weiß, ob Bridgestone oder Conti gerade billiger anbieten, was auch im umgekehrten Falle für die anderen Anbieter gilt. Erst wenn keiner der Anbieter mehr mit dem Preis nach unten geht, erfahrt auch der Auftraggeber von wem er die jeweilige Reifencharge bekommt (Lamparter, 2000, S. 28). Wenn dieses System flächendeckend zum Einsatz kommen sollte, dann würde sich eine Revolution in der Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Zulieferern anbahnen. Nicht mehr partnerschaftliche Beziehungen würden gefragt sein. Nur noch der Preis würde über die Vergabe von Aufträgen entscheiden. Noch sind allerdings viele Geschäftsbeziehungen, die über das Internet organisiert werden sollen, immens komplex. In der Automobilindustrie

294

Kapitel 7

kämpfen rund 30 000 Lieferanten um Aufträge. Ein einziges Auto, wie z.B. der Golf, besteht aus bis zu 35 000 Komponenten und kann potentiell in einer Million Varianten vom Band laufen (Heuß, 1995, S. 8; Lamparter, 2000, S. 28). Wenn auch momentan noch die Bedenken überwiegen, die Auswahl der Lieferanten ausschließlich per elektronischer Medien vorzunehmen, so wird das Internet zukünftig eine wesentlich stärke Rolle spielen und die Geschäftsaktivitäten zwischen Hersteller und Zulieferer nachhaltig beeinflussen.

VII.6.

Neue Anpassungsstrategien der Zulieferunternehmen

Weniger die

Kernlieferanten sind es, die befürchten müssen, durch den Einsatz elektronischer Medien ihre Aufträge zu verlieren. Große Zulieferer liefern ganze „Systeme" oder „Module" ab, womit die Hersteller in eine gewisse Abhängigkeit zu ihnen geraten sind. Zudem sei man, wie Jürgen Schrempp ausführt, mit den Hauptlieferanten schon jetzt zu 100 Prozent elektronisch vernetzt. Zulieferunternehmen wie es die Firma Bosch für die MercedesUnternehmensgruppe darstellt, haben allerdings bereits schon jetzt signalisiert, dass sie bereit sind, sich dieser neuen elektronischen Herausforderung zu stellen. Zumindest einem Teil des Vorhabens können die Hauptzulieferer einen positiven Aspekt abgewinnen. Einigen sich ihre großen Kunden auf einen Standard, sparen sie die aufwendige Installation von Spezial-Software für jeden Hersteller (Lamparter, 2000, S. 28). Der Druck wird vor allem Komponenten- und Normteilelieferanten erreichen, deren Effizienz gegenwärtig in Frage gestellt wird. Da der neue InternetMarktplatz alle Glieder der langen Lieferkette erfassen soll, könne man am unteren Ende 25 bis 35 Prozent der Kosten sparen, so J. P. Holden, ranghöchster Amerikaner im Daimler/Chrysler-Vorstand (Lamparter, 2000, S. 28).

Gerade die Zulieferunternehmen auf den unteren Ebenen der Lieferstruktur sind demnach am meisten gefährdet. Sie sollten allerdings diese Herausforderung als Chance sehen und durch intelligente Lösungen unter Einbeziehung von EBusiness und Internet adäquate Lösungen rechtzeitig vorbereiten, um so die Existenz des Unternehmens sichern zu helfen (Rumpelt, 1997, S. B3). Von daher ist Wilhelm Becker, dem Leiter Materialwirtschaft von BMW, zuzustimmen, der gefordert hat, dass auch Zulieferer intelligente und synergieorientierte Liefernetze aufbauen müssen, die zunehmend in einem weltweiten Verbund anzusiedeln sein werden (Lewandowski, 1997, S. B2). Für den Erhalt und Ausbau der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von Zulieferern sind aufgrund des sich immer schneller wandelnden Unternehmens-

Kapitel 7

295

weltweite Zuliefererstrategien erforderlich, die Differenzierungsin möglichkeiten den Dimensionen Zeit, Qualität und Kosten enthalten. Dabei haben Zulieferer unterschiedliche Optionen, die Schnittstelle zwischen dem eigenen Unternehmen und den Abnehmern auszugestalten. Die Entwicklung zum Produktionsspezialisten, Entwicklungspartner oder zum Wertschöpfungspartner führt dabei zu einer besseren strategischen Absicherung, weil das vorhandene Know-how das Risiko der Austauschbarkeit für den Lieferanten mindert. Umfeldes

neue

Den

Produktionsspezialisten zeichnet seine Fähigkeit zu Bauteile-spezifischen Prozessinnovationen aus. Entwicklungspartner finden sich häufig in den Abteilungen Forschung und Entwicklung während Wertschöpfungspartner wiederum ihren Fokus auf System- und Problemlösungskapazität für Produkte und Bauteile sowie auch auf Prozessinnovationen legen. Eine Intensivierung der Zusammenarbeit auf allen Ebenen der Lieferstruktur ist von daher gefragt. Nur dadurch wird es gelingen, das eigene Handlungsfeld zu erweitern bei gleichzeitiger Reduzierung der Unsicherheitsrisiken (Large, 1999, S. 253).

VII.7.

Schlüsselentwicklungen im Supply Chain Management und seine Auswirkungen auf künftige Zuliefer-Abnehmer-

Beziehungen

Unter

Supply

Chain Management (SCM) versteht man die integrierte Planung, Simulation, Optimierung und Steuerung der Waren-, Informations- und Geldflüsse entlang der Wertschöpfungskette vom Kunden bis zum Rohstofflieferanten mit fünf Kernzielen (Hillek/Stahuber, 1999, S. 75): •



• •



Verbesserung der Kundenzufriedenheit durch differenzierte Servicegrade, Synchronisation der Bedarfe mit der Versorgung zur Reduzierung von Durchlaufzeiten, Abbau der Bestände entlang der kompletten Versorgungskette, Flexibilisierung der Ablaufprozesse und bedarfsgerechte Anpassung der Fertigung, Spielregeln werden neu definiert.

Das Grundprinzip dabei ist immer die nahtlose Integration aller beteiligten Partner in ein integriertes Netzwerk, wozu Rohstofflieferanten, Spediteure und Zulieferer ebenso wie eigene Produktions- und Distributionsstätten, Logistikdienstleister, der Handel und die Kunden gehören. Die Aufgabenstellung des SCM besteht darin, in einer immer globaler werdenden Umgebung sämtliche

Kapitel 7

296

Ressourcen aus den Bereichen Forschung und Entwicklung, Operation, Vertrieb und Marketing so in ein Netzwerk einzusetzen, dass sich daraus für das Unternehmen und seine Partner gegenseitiger und größtmöglicher Nutzen ergibt. Der Wettbewerb findet dabei nicht mehr ausschließlich zwischen den Unternehmen einer Branche statt, sondern verlagert sich zunehmend auf ganze Unternehmensnetzwerke (Hillek/Stahuber, 1999, S. 75). Die Automobilindustrie gilt als Musterbeispiel für den Aufbau und das Betreiben komplexer Netzwerke, die sich über den gesamten Globus erstrecken. So kooperieren Automobilzulieferer und Hersteller eng verzahnt über Unternehmens- und Geographiegrenzen (Lamparter, 2000, S. 28). Partnerschaften zur Entwicklung komplexer Automobil-Systeme sind längst die Regel, weil dadurch die sich ergänzenden Kernkompetenzen der beteiligten Netzwerkpartner in idealer Weise zu reduzierten Kosten eingebracht werden können.

Berger-Studie rät zu mehr Kooperationen in der Entwicklung bei den Automobilzulieferern Autozulieferer müssen sich stärker mit Partnern verbünden und ein flexibles Netzwerk

bilden, wollen sie dem Wettbewerb und dem zunehmenden Druck der Autohersteller standhalten. Durch Kooperationen können die Lieferanten bei der Entwicklung ihrer

die Komplexität besser beherrschen und die teueren Ressourcen für und Forschung Entwicklung effektiv einsetzen. Dies ist ein Ergebnis einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger über die Anforderungen in den nächsten zehn Jahren. Die Analyse basiert auf 140 Interviews von Führungskräften in 83 international aufgestellten Firmen der gesamten Autobranche. Produkte

so

Kooperationen helfen Alle Angaben in Prozent

BruttoRendite

Zinsaufwand 2

Rendite auf das investierte

Kapital_ Zulieferer mit Partnern in der

2001

5,1

0,7

11.9

Forschung und Entwicklung

20021

4,8

0,6

12,3

Zulieferer mit

2001

0,8

1,9

9,9

eigener Forschung und Entwicklung

20021

2,7

1,5

9,9

'

Durchschnittswerte 1. und 2. Quartal 2002, außer ROIC

1

bezogen auf Umsatz_

In: FAZ. 09.12.2002. Nr. 286. S. 21

Kapitel 7

297

Welche Auswirkungen mit dem Einbeziehen der Überlegungen des Supply Chain Managements auf künftige Zuliefer-Abnehmer-Beziehungen verbunden sind, wird in den folgenden neun Punkten dargestellt, die zugleich auch eine Orientierungshilfe für erfolgreiches Lieferantenverhalten beinhalten (Belz/-

Kramer/Schlögel, 1994, S. 16ff):

straffen ihre 1. Abnehmer Beschaffungssortimente und Variantenvielfalt und konzentrieren sich besonders auf strategisch wichtige Leistungen. Zulieferer erhalten neue Aufgaben im Bereich des Variantenmanagements für ihre Kunden. 2. Abnehmer sehen zunehmend die Kosten der gesamten Wertschöpfung und nicht nur die der reinen Beschaffung. Qualitätsmängel oder nicht zeitpunktgerecht gelieferte Güter bedeuten für sie erhöhten Inspektionsaufwand, Ausschuss, Nacharbeit und Verzögerungen in der Produktion sowie erhöhten Garantie-, Service- und Wartungsaufwand oder sogar Annahmeverweigerungen, Schadensersatzforderungen, Rückrufaktionen und Klagen aus Produkthaftung. Sie ziehen ihre Zulieferer in diese Betrachtungsweise mit ein. Der Zulieferer ist so gezwungen, noch mehr interne Informationen und „Vertrautes" herauszugeben und noch enger mit seinen Abnehmern zusammenzuarbeiten. 3. Abnehmer reduzieren die Anzahl der direkten Lieferanten. Nur Zulieferer die „system- bzw. modulfähig" sind, bleiben Direktlieferanten und übernehmen die Organisation der Sublieferanten. 4. Abnehmer schließen mit System- bzw. Modullieferanten langfristige Grundverträge ab und arbeiten mit diesen partnerschaftlich zusammen. Zulieferer müssen sich ihrerseits auf wenige (Groß-)Kunden konzentrieren, wollen sie im Geschäft bleiben. 5. Abnehmer wählen geeignete Lieferanten bereits zu Beginn der Produktentwicklung aus und beziehen sie aktiv in die Entwicklung neuer Produkte ein. Für Zulieferer ist es von ausschlaggebender Bedeutung, die eigene Unternehmung intern so auszurichten, dass alle an der Entwicklung beteiligten Unternehmensbereiche jederzeit aktiv mit dem Abnehmer zusammenarbeiten können. 6. Abnehmer suchen verstärkt mit direkten Zulieferanten gemeinsam und kontinuierlich nach Kostensenkungspotentialen und Verbesserungen in der Zusammenarbeit und teilen sich die erzielten Erfolge. Zulieferer müssen ihre Autonomie teilweise zugunsten einer verbesserten Zuliefer-Abnehmer-Beziehung aufgeben und akzeptieren, dass zumindest wichtige Kunden auch in unternehmensinterne Prozesse eingreifen.

Kapitel 7

298

7. Abnehmer

wenn möglich und sinnvoll JIT-Anauf zeit- und kostenintensive Eingangskontrollen und somit auf unnötige Lager und Sicherheitsbestände. Zulieferer sehen sich dadurch mit völlig neuen Problemen in der Fertigung, Qualitätssicherung (Ausgangskontrolle) und der Logistik konfrontiert. 8. Abnehmer erstreben verstärkt eine informationstechnische, interaktive Vernetzung mit ihren Zulieferern. Sie ermöglicht eine wesentlich schnellere und flexiblere Reaktion auf Marktveränderungen. Zulieferer müssen sich anpassen. 9. Abnehmer verzahnen ihr Qualitätsmanagement zunehmend mit dem ihrer Lieferanten. Stichworte sind hier Zertifizierungen nach ISO 9000ff, Audits und Zuliefer-Bewertungssysteme.

verlangen lieferungen, verzichten

-

-

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung 1.

Durch zunehmendes Outsourcing verändert sich das Leistungsspektrum auf Seiten des Herstellers. Welche Bedeutung ist damit für die Lieferanten verbunden?

2.

Teilen Sie die Meinung, wonach eine langfristige Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Lieferanten, den Wechsel zu anderen Anbietern erschwert oder glauben Sie, dass damit ein Vertrauensverlust verbunden ist, der sich negativ auf das Verhältnis auswirken könnte?

3.

Wenn Sie in Ihrer

Entscheidung frei wären, würden Sie eher für den Simultaneous-Engineering- oder für den Blackbox-Engineering-Ansatz plädieren? Begründen Sie Ihre Entscheidung!

4.

Welche Art von Zulieferern wird bei einer struktur kaum Überlebenschancen haben ?

5.

Was zeichnet einen Kernlieferanten aus?

6.

Welche strategische Ausrichtung würden Sie einem Komponentenlieferanten empfehlen, um die Existenz seines Unternehmens langfristig sichern zu helfen?

7.

Vor die

pyramidenförmigen

Liefer-

Entscheidung gestellt, mit einem oder zwei Lieferanten zusammenzuarbeiten, die für die Herstellung der gleichen Baugruppe in Frage kommen, für welche Variante würden Sie sich entscheiden und warum?

299

Kapitel 7

8.

Schließen sich Single Sourcing und Multiple Sourcing aus?

9.

Welche Zulieferer werden die Verlierer sein, Global Sourcing übergehen?

10.

In welcher Weise werden die elektronischen Medien die Zusammenarbeit

wenn

die Hersteller

zu

zwischen Zulieferer und Hersteller beeinflussen. Versuchen Sie eine Antwort, in dem Sie auf ein praktisches Beispiel verweisen! 11.

Glauben Sie, dass sich die elektronische Auswahl, die Ford bei einem Teil seiner Zulieferer ergriffen hat, weltweit durchsetzen wird?

12.

Welche zwei

empfehlen?

Anpassungsstrategien

würden Sie für eine Zulieferfirma

Supply Chain Management

13.

Welche Verbindung sehen sie zwischen dem und dem Total Quality Management?

14.

Formulieren Sie in fünf Punkten, welche Entwicklung die ZulieferAbnehmer-Verbindung zukünftig nehmen wird!

Literaturhinweise

Beiz, C, Kramer, M., Schlögel, M., Supply Management: Probleme, Strategien, Lösungsansätze, in: Thexis, Nr. 1/1994 Bradsher, K, Carmakers To Buy Parts On Internet, in: The New York Times, Nr. 51,310,26.02.2000 Crosby, P., Qualität 2000, München/Wien, 1994 Heuß, G., Volkswagen Sachsen, Mosel, 1995 Hillek, T., Stahuber, A., Programme für Logistik-Netzwerke. Von der Supply Chain zum kollaborativen Management von Wertschöpfungsketten, in: materialfluß, Juli 1999 Johnson, M., Outsourcing in brief, Butterworth-Heineman, Oxford, 1997 Koerber, von, E., Ansätze zur Überwindung der Strukturkrise in der Wirtschaft: Das Erfolgsbeispiel ABB, in: Mehdorn/Töpfer (Hrsg.), Besser-SchnellerSchlanker, 2. Aufl., Berlin 1996 Koppel, R., Strategische Lieferanten verändern den Innovationsprozeß, in: iomanagement, Nr. 5/2000 Kramer, M., Produkterfolg durch customer focus. Berlin, 1996 Lamparter, D.H., Lautes Marktgeschrei. Das Internet soll die Zusammenarbeit zwischen Autoherstellern und Zulieferern revolutionieren, in: Die Zeit, Nr. 11/2000

Large, R., Partnerschaftliche Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen und Reduktion von Unsicherheit, in: Logistikmanagement, l.Jg., Nr. 4/1999 Lewandowski, R., Automobiltrends. Grundlage für Prognosequalität, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 208/08.09.1997 o.V., 700 Autos rollen in Eisenach pro Tag vom Band. Zulieferer schaffen neue Arbeitsplätze, in: Ostsee-Zeitung, 10.01.2000 Rumpelt, T., Kein Parkett für Solisten, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 208/08.09.1997

Tenbrock, C, Langsam, aber gewaltig. Der digitale Handel zwischen den Unternehmen führt zu gigantischen Spareffekten, in: Die Zeit, Nr. 17/200 Urbat, K, Entwicklungspartner. Zulieferer zeigen neues Selbstbewußtsein, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 208/08.09.1997 Weinke, K, Lieferantenmanagement, in: Simon/Homburg (Hrsg.), Kundenzufriedenheit: Konzepte, Methoden, Erfahrungen, Wiesbaden, 1995 Wildemann, H., Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebsnetzwerke und Service, TU München, 1998 Wildemann, H., Zulieferer: Im Netzwerk erfolgreich, in: Harvard Businessmanager, Nr. 4/1998a www.opel.de, 09.10.1997 Zumwinkel, K, Deutsche Post. Als Logistikdienstleister aufs Parkett, in: Reinischer Merkur, Nr. 36/2000

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Kapitel 8

301

„Die meiste Zeit verliert man dadurch, dass man die Dinge nicht zu Ende denkt.

Alfred Herrhausen

VIII.

Prozessmanagement und Total Quality Management

Die

praktische Umsetzung der bereits beschriebenen Prozessorientierung (s. Kap.II.4.3.) erfolgt durch das Prozessmanagement. Im ganzheitlichen Ansatz des TQM kann nur dann Kundenzufriedenheit erreicht werden, wenn Produktund Leistungserstellung auf den Bedarf der firmenexternen wie firmeninternen TQM Grund-

haltungen

i.B. Null-Fehler-Ziel, Fehlerprävention^

Verbesserung, Teamdenken, Eigenverantwortung für Zeit, Kosten, Qualität, offene Kontinuierliche

Kommunikation, internes und externes KundenLieferanten-Verhältni s

PROZESSE

Alle Mitarbeiter sind Führungskräfte und werden mit einbezogen

Jede Arbeit ist ein Prozess und kann optimiert werden

Schulung und Anwendung von Methoden und Systemen z.B. Projektmanagement, Benchmarking, Systemaudit, Führungskräftecoaching, Prozessanalysen, Moderationstechniken, Teamentwicklung, Techniken, Problemlösungstechniken, Simultaneous-Engineering-Techniken, DV-Einsatz,

Gruppenarbeit, etc..

Abb.91: Das „TQM-Haus" bei der Daimler-Benz AG

Quelle: Büchner, 1995, S. 21

Kapitel 8

302

Kunden ausgerichtet ist. Da jede Arbeit als ein Prozess hängt deren Verbesserung vom Einsatz eines effektiven (Deming, 1997, S. 87).

VIII. 1.

Das

aufgefasst werden kann, Prozessmanagements ab

prozessorientierte „TQM-Haus" der Daimler-Benz AG

In welcher Weise das Prozessmanagement in den TQM-Ansatz integriert ist, lässt sich am Beispiel des „TQM-Hauses" der Daimler-Benz AG erkennen (s. Abb.91). Oben „im Dach" finden sich Grundhaltungen und Grundverständnis (die definierte Unternehmenskultur und das Leitbild). Das Fundament des Hauses kennzeichnet eine starke Basis von Methoden und Systemen, die die Erreichung der Ziele unterstützen. Zwischen dem „Fundament" und dem „Dach" lassen sich die „Säulen" des Hauses erkennen alles, was TQM in der Umsetzung ausmacht: die Menschen (die ihre Fehlerquote gegen Null führen) und die Prozesse (die schlank und effektiv werden). In der Verzahnung von Menschen und Prozessen zur kontinuierlichen Verbesserung setzt das TQMProgramm der Umsetzung ein (Büchner, 1995, S. 27). -

VI11.2.

Begriffsbestimmung und Zielsetzung

Ein Prozess stellt grundsätzlich eine Folge von wiederholt ablaufenden Aktivitäten mit meßbarer Eingabe, meßbarer Wertschöpfung und messbarer Ausgabe dar. Durch seinen repetitiven Charakter unterscheidet sich ein Prozess von einem einmal durchzuführenden Projekt. Das betriebliche Handeln wird dabei als eine Kombination von Prozessen bzw. Prozessketten betrachtet, durch deren ständige Verbesserung eine Steigerung von Qualität und Produktivität im Unternehmen erreicht werden soll (Kamiske/Brauer, 1995, S. 120). Während die Philosophie der Prozessorientierung davon ausgeht, dass das unternehmerische Handeln auf Prozesse sowie deren Optimierung ausgerichtet

ist, zielt die Prozessorganisation darauf ab, dass sich der strukturelle Aufbau

einer Unternehmung an den betrieblichen Prozessen orientiert und eine Ausrichtung der Aufbauorganisation an den Bedingungen des Ablaufs

vorgenommen wird.

Das

Prozessmanagement bezieht

nun

alle planerischen, organisatorischen und

kontrollierenden Maßnahmen mit ein und zielt auf die Ablösung funktionaler durch prozessorientierter Strukturen ab

(Brunner/Wagner, 1997,

S.

27). Damit

Kapitel 8

303

wird das Ziel verfolgt, die Wiederholbarkeit und die Standardisierbarkeit der Abläufe zu erreichen, um über Effektivitätssteigerungen mit kontinuierlichen Prozessverbesserungen dem Kunden einen höheren Nutzen zu bieten. Durch die Betonung der Schlüsselprozesse zielt das Prozessmanagement auf langfristige Wettbewerbsvorteile und unterscheidet sich dadurch vom Business Reengineering, das durch das Beseitigen von Schwachstellen den kurzfristigen Erfolg zu optimieren sucht (www.uni-sb.de/verwalt/aris/bpr.htm, 1998).

Prinzipien des Prozessmanagement

VIII.3.

kontinuierliche Verbesserung der Geschäftstätigkeiten zu gewährleisten, müssen die Prozesse zuvor identifiziert und geprüft werden, bevor sie einer Verbesserung unterzogen werden können. Folgende Fragestellungen sind hierbei zunächst als wesentlich anzusehen (www.tqm.odl.org. Um

eine

/fqmmodell/prozess.html, 1999): •

Wie werden die

identifiziert? • •







wichtigsten

Prozesse für den

Unternehmenserfolg

Wie systematisch führt das Unternehmen seine Prozesse? Wie werden Prozesse überprüft und Verbesserungsziele gesetzt und erreicht? Wie regt das Unternehmen Innovation und Kreativität bei der Prozessverbesserung an? Wie führt das Unternehmen Prozessverbesserungen ein? Wie wird der Nutzen von Prozessverbesserungen bewertet?

Eindeutige Prozessverantwortung -für alle Prozesse wird ein Prozessverantwortlicher ernannt Visualisierung des Prozessverlaufs -für wichtige Prozesse sind Flussdiagramme vorhanden Prozessbewertung durch Kennzahlen

-Kennzahlen werden zur Regelung der Prozesse verwendet Internes Kunden-Lieferantenverhältnis

-jeder Prozess ist Lieferant der nächsten Wertschöpfungsstufe

Prinzipien des Prozessmanagements Quelle: Führmann, 1996, S. 212 Abb.92:

304

Kapitel 8

Prozessmanagement geht es nun darum, sämtliche Prozesse im Unternehmen, was nicht nur technische Prozesse impliziert, zu analysieren, zu verbessern und entsprechende Messgrößen dafür aufzustellen. Dabei ist mit abteilungsübergreifenden Prozessen zu beginnen und bis hin zum arbeitsplatzbezogenen Einzelprozess weiter vorzugehen. Auf welchen generellen Prinzipien zu achten ist, wird aus Abbildung 92 deutlich.

Beim

VII 1.4.

Grundlagen des Prozessmanagements

angesprochenen Grundprinzipien in umfassender Weise gerecht zu werden, sollen nun die Inhalte eines Prozessmanagements dargestellt werden, die zugleich die Grundlage für das Prozessmanagement abgeben. Die nachfolgende Abbildung 93 gibt einen Überblick, in welchen Phasen, welche Aktivitäten einzuleiten sind und gewährleistet damit eine ganzheitliche Betrachtung aller wichtigen Abläufe im Prozessmanagement. Um den

Abb.93: Inhalte des Prozessmanagements Quelle: Binner, 2000, S. 172

Kapitel 8 VI11.4.1.

305

Prozessplanung und -gestaltung

In der Phase der Prozessplanung und -gestaltung werden zunächst die Prozessanforderungen ermittelt. Mit Hilfe des Quality Function Deployment (QFD) lassen sich Produktanforderungen sowohl materieller als auch immaterieller Spezifikationen aufgrund von erfassten Kundenwünschen abbilden (Töpfer/Mehdorn, 1994, S.70). Das QFD beginnt mit einer Bewertung der Kunden, für die dann die jeweiligen Kundenanforderungen erfasst werden. Hierbei sind unterschiedliche Methoden anwendbar, so z.B. schriftliche Befragungen, Interviews, Gruppengespräche etc. QFD lässt sich als ein Ansatz zur Gestaltung der Produktqualität kennzeichnen, der darauf abzielt, die Stimme des Kunden in die Sprache des Ingenieurs zu übersetzen (Herrmann/Huber, 2000, S. 28).

Das QFD-Modell, das eigentlich als Planungsinstrument zur Entwicklung von Produkten konzipiert worden ist, lässt sich aber auch auf Dienstleistungen übertragen. Das sogenannte Service Problem Deployment dient dabei dem Aufbau eines Planungs- und Kommunikationssystems, das über die Erfassung von Kundenproblemen zur Verhütung von Problemen und zu langfristigen Problemlösungen führt (Bezold, 1996, S. 228). Die Integration des Kunden bereits bei der Planung von Dienstleistungsprozessen sowie die Berücksichtigung seiner Wünsche vor Beginn einer Leistungserstellung, werden so zu einem entscheidenden Parameter für seine Zufriedenheit. In der nachfolgenden Abbildung 94 sind die Arbeitsschritte für ein Service Problem Deployment zusammengetragen. Nr. II III IV

V

VI

Beschreibung

Identifikation und Sammlung von Kundenproblemen Auswertung und Hierarchisierung der Kundenprobleme

Entwicklung von allgemeinen Problemlösungsstrategien Auswahl der besten Problemlösungsstrategien und Ableitung von konkreten Leistungsspezifikationen sowie Definition von Zielwerten, die mit den aktuellen Leistungswerten verglichen werden können

Identifikation der Prozessaktivitäten, bei welchen die Leistungspezifikationen und die tatsächlichen Leistungswerte

verglichen werden können_ Festlegung der Abteilungen oder Personen, die für die Einführung, Realisierung und Kontrolle der Prozessaktivitäten zuständig sind

Abb.94: Schritte des Service Problem Deployment

Quelle: Bezold, 1996, S. 228

Kapitel 8

306

Sind die Kundenwünsche formuliert, werden in der anschließenden Phase die Prozessziele festgelegt und die Durchführungsmaßnahmen zur Prozessgestaltung bestimmt. Vor der Prozesseinführung ist zu überprüfen, ob die Neugestaltung der Prozesse das Erreichen der Zielgrößen ermöglicht und welche Messverfahren zur Anwendung gelangen sollen. Die Prozessgestaltung selbst lässt sich dabei in vier Phasen zusammenfassen, die analog zu Demings Management Denkmodell (PDCA) folgende Schritte umfasst: -

-

-

-

Prozess-Istanalyse (Plan) Schwachstellenanalyse (Do) Prozess-Sollkonzept (Check) Prozessrealisierung (Act).

Bei der Prozess-Ist-Analyse werden eine ganze Anzahl von Informationen ermittelt. Dabei sind u.a. folgende Fragen zu stellen (Binner, 2000, S. 176): Was wird getan? Wo wird es getan? Wie wird es getan? Wann wird es getan? Womit wird es getan? Wie lange dauert es? Was kostet es? Wer tut es? Wer ist verantwortlich? Wie häufig passiert es?

Prozessfunktion Funktionsbereich Arbeitsschritte

-

Wonach wird es

-

Was ist der Auslöser?

Input

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

-

getan?

Zeitpunkt

Ressourcen

Zeitvorgaben Kostenvorgaben Mitarbeiter

Mitarbeiter/Vorgesetzter Menge/Frequenzen Dokument

Wie sieht das Ergebnis aus? Output Welche Fehler traten auf? Schwachstelle

-

Was die einzelnen

Schwachstellenanalyse betrifft, so müssen prozessbezogen die Schwachstellen exakt zugeordnet und beschrieben werden. Maßnahmepläne dienen dann zur Beseitigung der festgestellten Defizite mit gleichzeitiger Vorgabe von Terminen und Maßnahmeverantwortlichkeiten. Nach der

Schwachstellenanalyse beginnt die Sollprozessmodellierung, die die Ergebnisse vorheriger Erfahrungen mit als neue Eingangsdaten berücksichtigt. Auf dieser Basis kann dann mit der Neustrukturierung der Prozesse begonnen werden.

307

Kapitel 8

Die Phase der Prozessplanung und -gestaltung wird mit der Prozessdokumentation abgeschlossen, in der über eine Prozessdatenerfassung und -auswertung die Einhaltung der Ziele und der Schnittstellenvereinbarungen eine schriftliche Dokumentation erfolgt. Als Dokumentationshilfen können u.a. ein Qualitätsmanagement-Handbuch, Verfahrensanweisungen, Funktionsbeschreibungen/Anforderungsprofile, Nutzungspläne oder Datenbanken zum Einsatz

gelangen.

VIII.4.2.

Prozessrealisierung und -controlling

Nachdem die Phase der Prozessplanung und -gestaltung abgeschlossen ist, erfolgt die eigentliche Prozessaufgabenerledigung. Ausgelöst werden diese Aktivitäten durch die Prozessführung. Sie ist definiert als das systematische Führen von Geschäftsprozessen. Die dabei zu erfüllenden Voraussetzungen sind u.a.: -

-

-

-

Benennung der Prozesseigentümer Benennung der Prozessmanager Festlegung der Prozessverantwortlichen Organisation des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses Synchronisierung von Einzelfunktionen in der Prozesskette

c OB C

c T3

T3

C

c

T3

c

I C

3

Prozessverantwortlicher für

Teilprozess Abb.95: Das Prozessmanagementmodell Quelle: Frei/Hartmann, 1999, S. 74 Während bei der

Prozessplanung und -gestaltung die Kundenanforderungen zu berücksichtigen sind, geht es bei Prozessrealisierung nun darum, auch die

308

Kapitel 8

Mitarbeiter in den Prozess mit einzubeziehen. Dabei kann jede Art von Produktion, Dienstleistung oder Vertrieb in eine interne Kunden-Kunden- bzw. Lieferanten-Kunden-Beziehung in parallel oder hintereinander ablaufende Teilprozesse zerlegt werden (s. Abb. 95).

So wird z.B. die Einzelfunktion Produktion

zum Kunden der vorgelagerten und Abteilung Entwicklung fungiert gleichzeitig als Lieferant der nachIn der Prozessabfolge werden Einzelfunktionen Vertrieb. gelagerten Abteilung nun so miteinander verbunden bzw. gesteuert, dass alle Tätigkeiten darauf ausgerichtet sind, ihren Beitrag zur internen Kundenzufriedenheit zu leisten. Hierzu ist es erforderlich, dass jede Abteilung eines Unternehmens eine in der Wertschöpfungskette nachgelagerte organisatorische Einheit so zufriedenstellt, dass eine einwandfreie Leistung zum vereinbarten Zeitpunkt zur Verfügung steht (Herrmann/Huber, 2000, S. 28). Qualitätsverantwortung kann deshalb nur derjenige übernehmen, der weiß, für wen er arbeitet. Dies erfordert letztlich besondere Sorgfalt bei der Definition der internen Kundenanforderungen (Pfeifer, 1996, S. 300).

gilt es den an diesen Prozessen beteiligten Beschäftigten eine neue Rolle übertragen: Sie müssen zu Prozesseignern gemacht werden, die von sich aus Möglichkeiten zu Verbesserungen feststellen und die selbst Vorteile erkennen, die mit Veränderungen verbunden sind. Dazu bedarf es einer Veränderungsbereitschaft und -fahigkeit auf Seiten der Mitarbeiter, die durch das Unternehmen gezielt gefördert werden muss. Ein Hebel stellt hierzu das Empowerment dar, das die Übertragung von Entscheidungskompetenzen vorsieht (Lullies/ Pastowsky/Grandke, 1998, S. 65). Darüber hinaus existiert eine eindeutige Prozessverantwortlichkeit mit klaren Zielvereinbarungen und Messgrößen, was sowohl für die Prozesseigner als auch für die Prozessmanager gilt. Dabei zu

Nach der Prozesssteuerung folgt das Prozessmonitoring. Es umfasst die laufende Prozessbeobachtung mit einer Leistungsmessung und einem entsprechenden Feedback zur vorgelagerten Prozesssteuerung und zum nachfolgenden Prozesscontrolling. Prozessmonitoring und -controlling können auch unter dem Begriff Prozessmessung zusammengefasst werden. Damit ein Prozess auch durchgeführt und verbessert werden kann, muss er messbar sein. Bei Hewlett-Packard werden Messungen sowohl zur Qualität als auch zur Quantität durchgeführt, um zu beweisen, dass das System der unternehmensweiten Verpflichtung zur Qualität funktioniert. Dabei umfassen die Qualitätsmessungen auch den Ruf der Firma, die Verhaltensweise von Mitarbeitern und Management, das Vorhandensein und die personelle Besetzung von Testlabors, Schulungsprogramme, Veröffentlichungen zum Thema Qualität und andere Mittel, die Vertrauen in die Qualität der Firma wecken. Zu den Quantitätsmessungen gehören numerische Daten bei Umfragen über

Kapitel 8

309

Quantitätsmessungen gehören numerische Daten bei Umfragen über Prozessabläufe, Ergebnisse von Umgebungssimulations- und Lebenserwartungstests, Anzahl der beim Kunden aufgetretenen Fehler und Kostenanalysen (Young/Doyle/Walter, 1997, S. 15). Prozesscontrolling zeigt den Grad der Zielerreichung durch einen regelmäßigen Soll/Ist-Vergleich. Die Messung kann sich dabei auf den Prozess-Input beziehen, d.h. es ist zu fragen, ob der gesamte geplante Input, der für die Erfüllung der Prozessanforderungen nötig war, auch eingegeben wurde, zum anderen auf den Prozess-Output, der überprüft, ob die Prozessergebnisse der internen oder externen Kundenforderungen erfüllt worden sind. Darüber hinaus bezieht das Prozesscontrolling auch Messungen mit ein, die sich auf den Prozess als solches beziehen, um damit herausfinden, ob kritische Aufgaben auch zufriedenstellend gelöst wurden. Das

VHI.4.3.

Prozessverbesserung

Geänderte Kundenbedürfnisse, veränderte Marktsituationen oder sich entwickelnde interne Abläufe und Organisationsstrukturen erfordern eine fortwährende Prüfung und Verbesserung von Prozessen. Eine Verbesserung der Prozesse bedeutet, sie wirksamer und leistungsfähiger zu machen. Verbesserungen können beispielsweise ausgelöst werden durch (Wallmüller, 1995, S. 162): -

-

-

-

-

-

Die

geänderte Unternehmensziele geänderte Kundenanforderungen Kostenreduktionsprogramme neue Technologien geänderte Standards Ergebnissen von Fehleranalysen

Mitarbeiterqualifizierung

steht dabei im

Mittelpunkt

der

Prozessschulung.

Niemand kennt die Prozesse und internen Abläufe besser als die Mitarbeiter, die

mit diesen Prozessen selbst arbeiten. Sie aktiv in die Weiterentwicklung der Prozesse einzubinden, verlangt zum einen die Einbeziehung ihrer Erfahrungen und ihres Wissens, zum anderen kann nur dann von einer systematischen Produktverbesserung gesprochen werden, wenn die ständige Qualifizierung der Mitarbeiter durch Schulungsmaßnahmen gewährleistet ist. Was die

optimale Gestaltung der Prozesse betrifft, so ist eine einmalige Fokussierung auf deren Ausgestaltung nicht ausreichend. Vielmehr müssen

Kapitel 8

310

diese Prozesse im Sinne von Kaizen kontinuierlich weiterentwickelt werden, um eine dauerhafte Steigerung der Leistungsfähigkeit zu erreichen. Die Anstöße für diese kontinuierlichen Prozessverbesserungen ergeben sich aus einer ganzen von Ansatzpunkten, wozu u.a. Qualitätszirkel, Qualitätsprüfung, Beschwerdemanagement, Vorschlagswesen und Selbstbewertung gehören.

Anzahl

Zu einem funktionierenden Prozessmanagement gehört auch die Erfassung der Prozesskosten. Der Grundgedanke der Prozesskostenrechnung besteht darin, die Tätigkeiten in den Gemeinkostenbereichen in Teilprozesse (Aktivitäten) zu zerlegen und einen verursachungsgerechten Kostensatz je Prozess zu bilden. Sachlich zusammenhängende Prozesse werden zu Hauptprozessen zusammen-

gefasst und Kostenstellen zugeordnet; gleichzeitig werden die jeweils zugrunde liegenden Kostentreiber erfasst und analysiert (Konakovsky, 1995, S. 153).

Vertriebsprozess bedeutet das beispielsweise, dass dies die Kosten je Angebot, je Auftrag oder je Reklamation sind. Beim Beschaffimgsprozess sind die Kostentreiber beispielsweise die Kosten je Bestellung, Kosten je Einlagerung, Kosten je Disposition oder beim Versandprozess die Anzahl der Fahraufträge oder die Anzahl an Serviceeinsätzen oder auch die Anzahl je Sendung (Binner, 2000, S. 188). Für den

Bemühungen, die im Rahmen des Prozessmanagements stattgefunden haben, gehen schließlich in die Prozessergebnisse ein. Die Qualitätsverbesserung der Prozesse lässt sich dabei objektiv an den ermittelten Messwerten aufzeigen (Stania, 1995, S. 265). An ihnen kann man erkennen, in welcher Form Veränderungen stattgefunden haben und ob die Prozessziele erreicht worden sind. Gleichzeitig liefern diese Ergebnisse wiederum die Ausgangsbasis, um alle inhaltlichen Komponenten des Prozessmanagements einer erneuten Überprüfung Alle

zu

unterziehen.

VIII.5.

Die beiden

Prozessmanagement am Beispiel Sitz in Hedingen/Schweiz

der Ernst Schweizer AG mit

Managementberater Urs Frei und Jürgen Hartmann von der Brandenberger+Ruosch AG, Hauptsitz Dietlikon (Zürich), wurden beauftragt, die Ernst Schweizer AG im Sinne eines optimierten Prozessmanagements zu untersuchen. Ihre Ergebnisse sollen nachfolgend dargestellt werden (Frei/Hartmann, 1999, S. 74ff):

Kapitel 8

VIII.5.1.

311

Ausgangsüberlegung

Die Ernst Schweizer AG, mit Sitz in Hedingen/Schweiz, ist im Metallbau tätig und produziert vor allem Fenster, Türen und Zivilschutzanlagen. Mit ca. 450 Mitarbeitern erzielte das Unternehmen im Jahr 1999 einen Umsatz von 95 Mio. Schweizer Franken. Auslöser für die Einführung eines umfassenden Prozessmanagements waren abnehmende Auftragseingänge, zu hohe Herstellkosten und zu lange Lieferfristen. Im Rahmen der finanziellen Kennzahlen des Unternehmens sowie des integrierten, prozessorientierten Managementsystems (QM-/UM-System) wurden Schwachstellen lokalisiert, von denen vermutet wurde, dass sie die Ertragslage negativ beeinflußten: -

Im Außendienst kam

es

vor, dass zwei Außendienstmitarbeiter den

gleichen Kunden besuchten. Dabei vertrat jeder nur „sein" Produkt. Die Folge waren lange Fahrzeiten sowie Informationsdefizite über die -

-

-

-

Bedürfnisse des Kunden in anderen Produktbereichen. Die Durchlaufzeit von Aufträgen, vom ersten Kundenkontakt bis zur Auslieferung, war zu lang. Kunden wanderten zur Konkurrenz ab. Es gab keine flexible, an der Auftragslast ausgerichtete Einsatzplanung von Mitarbeitern. Weil Kalkulationsgrundlagen (der Produkte) fehlten, konnten die Mitarbeiterressourcen nicht optimal genutzt werden. Während der gesamten Auftragsabwicklung (Verkauf, Technik, Produktion und Montage) entstanden immer wieder Fehler, die hohe Kosten verursachten und Kundenreklamationen auslösten. Die Kapazität des teueren Maschinenparks wurde für die Nachbearbeitung oder Neufertigung fehlerhafter Produkte blockiert. Der Lagerbestand bzw. der Lagerumschlag waren im Vergleich zu anderen, ähnlich gelagerten Betrieben relativ hoch bzw. niedrig, was auf ungenügende Abstimmung der Produktionsplanung und -Steuerung hinwies.

Da im Unternehmen bereits ein prozessorientiertes Managementsystem angewendet wurde, bildeten die darin dokumentierte Prozessstruktur sowie die Prozessbeschreibungen eine solide Basis für eine Optimierung des Prozess-

managements.

VI 11.5.2.

Erarbeitung des Soll-Zustandes

Als erstes wurde die konkrete Vorgabe des Soll-Zustandes (Vision) mit Zielsetzungen und den dazugehörenden Maßnahmen erarbeitet, die sich klar

312

Kapitel 8

Ist-Zustand abhob. Den Mitarbeitern sollte bewusst werden, dass es im Vergleich mit konkurrierenden Betrieben nichts Unveränderliches gibt, sondern Prozesse in Frage gestellt werden müssen, um zu besseren Ergebnissen zu vom

gelangen.

Auf Grund der dokumentierten Vision wurden die Kernkompetenzen und kritischen Erfolgsfaktoren grob festgelegt. Im Rahmen eines „Brainstorming" mit allen Mitgliedern des Prozessteams wurden Fragen zum Verbesserungspotential gestellt wie: „Wo sind wir gut?" oder „Welche Produkte im Unternehmen sollen weiterentwickelt werden?". Nachdem alle diesbezüglichen Aspekte aufgenommen und gebündelt waren, wurden die wesentlichen Prozesse analysiert und in Prozessketten zusammengefasst. Das Hauptaugenmerk lag besonders auf den Schnittstellen zwischen den Teilprozessen, da wahrscheinlich nicht die wertmehrenden Prozessschritte als solche zu lange dauerten, sondern die Zeiten dazwischen. Hier lag die Begründung für die Zeit- und Informationsverluste, Fehlerquellen und hohen Lagerbestände.

Die Prozesse wurden schließlich in einer

Beziehungsmatrix

den Kernkom-

petenzen/kritischen Erfolgsfaktoren gegenübergestellt und auf den Grad der Erfüllung hin untersucht. Somit wurde deutlich, in welchen Prozessen Verbesserungsbedarf bestand.

VIII.5.3.

Aktionsplanung und Neufestlegung der Verantwortung

Projektteams erhielten die Vorgabe, so zu tun, als müßte der Betrieb völlig gestaltet werden. Dabei wurde die Frage nach der Neuverteilung von Aufgaben und Entscheidungskompetenzen nicht ausgespart. Die

neu

Verbesserung der Prozesse wurden meßbare Ziele festgelegt, deren Erfüllungsgrad durch die Teams monatlich verfolgt wurde (Lieferantenbewertungen, Durchlaufzeiten, Auslastungen der einzelnen Abteilungen, Fehlerkosten, Lagerbestände, Kundenanforderungen usw.). Als Vorbereitung für die Umsetzung der Ziele wurden diejenigen Prozesse identifiziert, welche die kritischen Erfolgsfaktoren (und die Zielerreichung) unmittelbar beeinflussen. Für die

Mit der

Umstrukturierung der Prozesse wurden die Verantwortlichkeiten neu festgelegt und Hierarchien verflacht. Da im Rahmen des Prozessmanagements für jeden Prozess ein Verantwortlicher bestimmt wird, kann dieser im Rahmen klar definierter Kriterien (bestimmte Produkte- und Kundengruppen) die Entscheidungen treffen. Auch den Mitarbeitern des Prozessteams wurden neue Entscheidungsbefugnisse erteilt. Wer für die Bearbeitung bestimmter

Kapitel 8

Arbeitsschritte zuständig ist, kann im Rahmen selbst Entscheidungen treffen.

VIII.5.4.

313

vorgegebener Kriterien auch

Prozessmessung

Um die Ergebnisse der Prozessneugestaltung prüfen zu können, wurden in den Prozess beschriebene Messpunkte eingerichtet, an denen mit Kriterien und Indikatoren der Input und insbesondere der Output des Prozesses gemessen wird. Dabei wurde festgestellt, dass es zwar interessant sein kann, möglichst viele Daten zu erfassen und zu analysieren, dass aber der Aufwand oft in einem schlechten Verhältnis zum Nutzen steht. Deshalb orientierte man sich an

folgenden Merksätzen: Merksatz 1 : Ein Prozess ist erst dann beherrschbar, wenn er messbar ist. Nur was messbar ist, ist steuerbar. Und nur was steuerbar ist, kann verbessert werden.

Merksatz 2: Nur Dinge messen, die für den

Erfolg des Unternehmens von Bedeutung sind. Merksatz 3:

Messungen sind von uns an uns. Laufend werden die Ergebnisse der Messungen (s. Abb.96) von den Mitarbeitern in Tabellen eingetragen. Aufbereitet und ausgewertet werden die Resultate vom jeweiligen „Prozesseigner", wodurch jederzeit eine Einschätzung über erzielte Verbesserungen bzw. Verschlechterungen möglich ist.

VIII.5.5. Für die

Auswertung der Ergebnisse

Umstellung auf eine umfassende Prozessorganisation wurden erhebliche personelle und finanzielle Investitionen benötigt. Die Mitarbeiter haben sich zusätzlich zur täglichen Arbeit regelmäßig getroffen. Die definierten Vorgaben

Kapitel 8

315

Insgesamt ist die Bilanz aber positiv und brachte den angestrebten hohen Nutzen: Die erwähnten Schwachstellen konnten weitgehend eliminiert werden. Durch die einfachere Gestaltung der Prozesse und die klare Definition von Schnittstellen wurden die Prozessschritte ohne Wertschöpfung massiv reduziert. Bereits nach einem Jahr wurden die für die Umstrukturierung aufzubringenden Kosten amortisiert. Mitarbeiterumfragen zeigten darüber hinaus, dass die Einbindung von Mitarbeitern in Prozessteams zu mehr Motivation und engagierter Mitarbeit bei der Optimierung der Prozesse führte. Der größte Nutzen ist allerdings dadurch entstanden, dass die organisatorische Basis gefestigt und damit das Vertrauen interner und externer Kunden in die Qualität und Zuverlässigkeit gesteigert wurde. Bezogen auf die eingangs erwähnten vier Problemfelder ergaben sich folgende Lösungen:

VIII.5.5.1.

Außendienstorganisation

Gehörten früher die Außendienstmitarbeiter einer Organisationseinheit „Außendienst" an und vertraten unabhängig von den Produktverantwortlichen nur ein Produkt, so unterstehen die Außendienstmitarbeiter nach der Umstrukturierung auch den Produktverantwortlichen. Ganz entscheidend wirkte sich die Reorganisation darin aus, dass ein Außendienstmitarbeiter heute alle Produkte in nur einem Gebiet vertritt. Damit ist eine ganzheitliche Betreuung der Kunden möglich geworden. Der Kunde wird nicht mehr von vier bis fünf, sondern nur noch von einem Außendienstmitarbeiter betreut, so dass er jederzeit über die Wünsche eines bestimmten Kunden unterrichtet ist und die angebotene Produktpalette auf die Projekte des Kunden abstimmen kann. Damit konnten Kosten, Zeit und Energie eingespart werden, da durch die Betreuung der Kunden mit allen Produkten in einem kleineren Verkaufsgebiet Leerfahrten verringert wurden. Die Tourenplanung wurde wesentlich verdichtet und das Verhältnis von gefahrenen Kilometern und Zeiteinsatz zum akquirierten Umsatz

gesteigert.

VIII.5.5.2. Durchlaufzeiten und Einsatzplanung Durch die

optimale Auslastungsplanung der Technik, Kalkulation (inkl. Schaffung von einfacheren und verständlicheren Kalkulationsgrundlagen) sowie

der Produktion wurden vorhandene Ressourcen besser genutzt und Durchlaufzeiten um etwa 30% verkürzt. Dadurch verringerten sich die Herstellsowie die Fehlerkosten. Gleichzeitig werden heute Kleinaufträge einheitlich und

Kapitel 8

316

innerhalb von maximal fünf Arbeitstagen abgewickelt. Zusätzlich können nun Mitarbeiter für neue Aufgaben und je nach Auftragslast (flexibel) auch in anderen Abteilungen eingesetzt werden, was sich nachweislich positiv auf die Motivation auswirkt.

VIII.5.5.3. Fehlerdefinition und

-erfassung

Als erstes wurde definiert, was ein Fehler ist. Auf der Basis einer AccessDatenbank wurde ein Fehlermanagementprogramm eingeführt, mit dem Abweichungen erfasst, durch die Produktverantwortlichen analysiert und Verbesserungsmaßnahmen festgelegt und umgesetzt werden. Die erfassten Kosten für Zusatzaufwendungen konnten dadurch um etwa 20% auf unter 2% des Umsatzes reduziert werden. Durch die Reduktion von Nachbearbeitungen oder Neuanfertigungen konnte die Kapazität des Maschinenparks sowie der betroffenen Mitarbeiter für wertschöpfende Tätigkeiten besser genutzt werden. SonicAir, Inc. Scottsdale, Arizona

Operating independently as a UPS Logistics Group Company, SonicAir complete global solution for service parts logistics providing competitive advantage for its customers through dedicated people, unsurpassed quality, leading edge technology, and the strength of the world's largest transportation company. SonicAir has a proven track record of increasing customer productivity and profitability. The company's solution portfolio includes service parts logistics planning, transportation, central and forward parts distribution, returns management, reverse logistics. The ConicAir resultant team helps is the

determine the most efficient combination of customer-driven services to maximize competitive advantage. In:

VIII.5.5.4.

Fortune, Mar. 6, 2000, Special Advertising Section, S.6

Lagerbestand

Die Zusammenarbeit mit Lieferanten wurde neu definiert. Heute werden wichtige Lieferanten bereits während der Entwicklungsphase als Partner einbezogen. So können Entwicklungsprojekte zielgerichteter und effizienter abgewickelt werden. Jetzt wissen die Lieferanten genau, welche Produkte in

Kapitel 8

317

welcher Menge an welchem Ort geliefert oder vorhanden sein müssen. In einzelnen Fällen wird der Mindestbestand der Lagerartikel vom Lieferanten selbst überprüft und bei Bedarf ergänzt. Dadurch konnten die Kosten für zu hohe Lagerbestände und Beschaffungsaktivitäten um über 15% gesenkt werden.

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung 1.

Jede Arbeit ist ein Prozess und jeder Prozess kann verbessert werden, lautet eine der Forderungen beim Prozessmanagement. Welche Lösung würden Sie für folgenden Fall vorschlagen: Sie werden in einer dringenden Angelegenheit nach Indien geschickt. Alle verfügbaren Unterlagen packen Sie zusammen. Sie checken am Lufthansa-Schalter ein. Man weist Sie daraufhin, dass Ihr Gepäck das zulässige Höchstgewicht um 30 kg überschreitet. Daraufhin werden Sie gebeten, an einem ca. 500 m entfernten Schalter den fälligen Betrag zu entrichten, um sich anschließend wieder in die Schlange einzureihen. Beziehen Sie in Ihre Antwort auch Fragen mit ein, die bei der Prozess-Ist-Analyse aufgeworfen worden sind!

2.

Wie lassen sich Kundenforderungen bei einem Autokauf bereits in der

Planungsphase berücksichtigen? 3.

Warum wird eine erfolgreiche interne Kunden-Lieferanten-Beziehung als Voraussetzung für externe Kundenzufriedenheit gesehen?

4.

Was versteht

man

5.

Welche Rolle

spielt der Kaizen-Ansatz beim Prozessmanagement?

6.

Beantworten Sie folgende Schweizer AG beziehen:

unter einem

„Prozesseigner"

und welche Verantwortungsbereiche würden Sie einem Textileinkäufer übertragen, der bisher nur Einkäufe in Europa bis zu einer Höhe von 5000 Euro selbständig ausführen durfte?

Was löste die

Fragen, die

sich auf das

Fallbeispiel der

Entscheidung aus, sich eines neuen Prozessmanagements-Ansatzes zu bedienen? b) Wodurch wurde die Umsetzung erleichtert? c) Worin lagen im Wesentlichen die Schwachstellen bei der Schweizer a)

AG?

Kapitel 8

318

d)

Greifen Sie aus den Prozessen drei Beispiele heraus und zeigen Sie, mit welchen Kernkompetenzen/kritischen Erfolgsfaktoren sie in Verbindung gebracht wurden!

e) Lohnt es sich, alle möglichen Daten zu messen und auszuwerten? f) Welche drei Merkmale kennzeichnen die Prozessmessung? g) Welche finanziellen und personellen Voraussetzungen waren zu erbringen, um eine Neustrukturierung zu ermöglichen? h) Zeigen Sie an drei Beispielen, inwiefern eine erfolgreiche Umsetzung stattgefunden hat!

Literaturhinweise

Binner, H.F., Prozessorientierte TQM-Umsetzung, München/Wien, 2000 Bezold, T., Zur Messung der Dienstleistungsqualität, Frankfurt/M, 1996 Büchner, U, Total Quality Management im Daimler-Benz-Konzern, in: Daimler-Benz AG (Hrsg.), Konzernforum: Total Quality Management, Stuttgart, 1995 Deming, W.E., Out of the Crisis, Massachusetts Institute of Technology, Cambrigde, 1997 Frei, U, Hartmann, J., Wettbewerbsfähiger mit effektivem Prozessmanagement, in: iomanagment, Nr. 10/1999 Führmann, T., Prozessmanagement und Reengineering zur Kostensenkung, in: Kamiske, G.F. (Hrsg.), Rentabel durch TQM, Return on Quality -ROQ, Berlin, 1996

Herrmann, A., Huber, F., Determinanten des Erfolgs

von quality function deployment-Projekten, in: ZfB, 70 Jg, Heft 1/2000 Kamiske, G.F., Brauer, J.P., Qualitätsmanagement von A-Z: Erläuterungen moderner Begriffe des Qualitätsmanagements, 2. Aufl., München 1995 Konakovsky, R., Target Quality und Target Value Management: Ein Weg zum und nach dem Total Quality Management, in: Berndt, R. (Hrsg.), Total Quality Management als Erfolgsstrategie, Berlin, 1995 Lullier, V., Pastowsky, M., Grandke, S., Geschäftsprozesse optimieren ohne Diktat der Technik, in: Harvard Businessmanager, Nr. 2/1998 Pfeifer, T., Qualitätsmanagement. Strategien Methoden Techniken, 2. Aufl., München/Wien, 1996 Stania, M., Prozessoptimierung im Rahmen des Operations-Management, in: Berndt R. (Hrsg.), Total Quality Management als Erfolgsstrategie, Berlin, 1995 Töpfer, A., Mehdorn, H., Total Quality Management. Anforderungen und -

-

-

Umsetzung im Unternehmen, 3. Aufl., Neuwied, 1994 Wallmüller, E., Ganzheitliches Qualitätsmanagement in der Informationsverarbeitung, München/Wien, 1995

Kapitel 8

319

www.tqm.odl.org./efqmmodell/prozess.html, 1999 www.uni-sb.de/verwalt/aris/bpr.htm, 1998 Young, J., Doyle, J., Walter, C, Hewlett-Packard: Qualitätshandbuch, Böblingen,

1997

BeginuLcn. wir duoin ciw-fttuln ndt Atvu Mtrtjw.akiioii.tifl., daw,w. -faLLew, nwi die ZXtU. tacstiwimt bald wieder eût!

Kapitel 9

320

„Nicht die Taten bewegen die Menschen, sondern die Worte über die Taten.

"

Aristoteles

IX.

Subsysteme des Total Quality Management

Der umfassende Ansatz des TQM, der alle Phasen des Wertschöpfungsprozesses mit einbezieht, muss neben der bereits angesprochenen Kunden-, Mitarbeiterund Lieferantenorientierung auch weitergehende Überlegungen anstellen. Dazu gehören Konzepte, wie Just-in-Time, Benchmarking und das Kaizen. Sie sollen nachfolgend vorgestellt werden.

TQM

Lieferanten

Management

I

Mitarbeiter

Just-in-Time

Benchmarking Kaizen Abb.97:

Subsysteme des TQM Quelle: eigene Darstellung

Kunden

Kapitel 9

EU.

321

Just-in-Time (JIT)

Durch die grenzüberschreitenden, weltweiten Lieferströme von Rohstoffen, Zuliefererteilen und Baugruppen findet das JIT-Prinzip, das in den achtziger Jahren bereits auf sich aufmerksam machte, ohne dabei allerdings zu einer nachhaltigen Umsetzung in den bundesdeutschen Unternehmen geführt zu haben, eine neue Bestätigung (Irrgang, 1997, S. 5). Da JIT in unmittelbarem Bezug zum Lieferanten steht, wird in diesem Kapitel die Grundphilosophie von JIT vorgestellt, während im Kapitel VII. bereits ausführlich auf das Beziehungsgeflecht zwischen Unternehmen und Lieferanten eingegangen wurde.

IX.1.1.

Zur Entstehungsgeschichte und Begriffsbestimmung von JIT

Das

JIT-Konzept wurde von Taiichi Ono, einem leitenden Angestellten der Toyota Motor Company, im Jahre 1954 entdeckt. Als er einen amerikanischen Supermarkt besichtigte, bemerkte er, wie die Käufer ihre Einkaufswagen an den Regalen entlang vorbeischoben und nur die Waren in denjenigen Mengen auswählten, die sie zum gegebenen Zeitpunkt benötigten. Diese Art des Einkaufens, bei der der Endverbraucher (der Käufer) in der Lage ist, genau die gewünschte Menge einer Ware aus einer Vielzahl an gelagerten Gütern zu entnehmen, war in jenen Tagen für den Normalverbraucher in Japan noch ein

Traum.

Ono fiel auf, dass ein System, in dem der Käufer (der nachgelagerte Prozess) frei die Dinge, die er vom vorgelagerten Prozess (grob gesagt: der Montage) benötigt, auswählen und erwerben kann, in natürlicher Weise Fertigungsprobleme löst. Solche Probleme sind beispielsweise Stillstand wegen fehlender Teile, Überproduktion, Einkauf zu großer Mengen und Verschwendung durch Lagerhaltung. Damit war das erste Prinzip der JIT-Produktion entstanden, nämlich, dass nachgelagerte Prozesse Produkte aus vorgelagerten Prozessen „beziehen" (Sekine, 1995, S. 25). JIT stellt demnach ein Organisationsprinzip der dezentralen Planung und Steuerung dar, bei dem die für die Produktion nötige Zulieferung bedarfsgenau, zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Menge und Qualität am richtigen Ort dann zur Verfügung steht, wenn sie benötigt wird (Töper/John, 1996, S. 350; Hindle/Sadler, 1994, S.159). Der JIT-Ansatz geht von der sukzessiven Elimination ineffizienter Vorgänge im Produktionsprozess aus. JIT kann damit als eine Produktions-Philosophie verstanden werden, die auf der operativen Ebene implizit einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess mit einer Null-

Kapitel 9

322

Fehler-Zielvorgabe vorschreibt, wozu der TQM-Ansatz die entsprechenden Rahmenbedingungen liefert (Stania, 1995, S. 260). Im JIT-Ansatz

synchronisieren Zulieferer und Kunde so ihre Herstellung, dass Pufferbestände in der Produktion unnötig werden und die Qualität gesichert ist. Die größten Kosteneinsparungen sind durch das JIT-Verfahren dann gegeben, wenn der Kunde von seinem Zulieferer perfekt erstellte Leistungen erhält, ohne eine weitere Qualitätsprüfung vornehmen zu müssen. Dazu müssen Zulieferer ihrerseits strenge Qualitätskontrollen durchführen, bevor sie die Ware ausliefern. Bei häufiger Leistung kann ein kundennaher Standort für den Lieferanten von großem Vorteil sein, da sich eine Reihe von Synergieeffekten ergeben, die sich u.a. in einer höheren Effektivität bei kleinen Mengen und mehr Zuverlässigkeit, z.B. bei schlechten Wetterverhältnissen, ausdrückt (Kotler/Bliemel, 1999, S. 371).

IX.1.2.

Die MIT-Studie

Durchschnitt je

Region

Japaner in Japaner in Amerika Japan

Amerikaner in Amerika

Ganz

Europa

Leistungsverhalten der Zulieferer Lagerbestand (Tage)

1,5

Anzahl der täglichen JIT

7,9

Lieferungen

1,6

5,1

16,3

1,6

0,7

Beziehung Zulieferer/Hersteller Lagerbestand (Tage, für 8 Teile)

0,2

1,6

2,9

Anzahl der Zulieferer je

170

238

509

442

45

35,4

14,8

7,9

Montagewerk

Anteil der Teile mit

JIT-Lieferung (%) Abb.98:

Regionaler Vergleich der Zulieferer Ergebnisse der MIT-Studie

Quelle: Womack/Jones/Roos, 1991, S. 165

-

323

Kapitel 9

Ausgangspunkt für eine Revitalisierung des JIT-Konzepts waren die Ergebnisse der MIT-Studie, die im Jahre 1990 durchgeführt wurde, und in der auch ein regionaler Vergleich der Zulieferer in der Automobilindustrie einer genaueren Betrachtung unterzogen wurde (s. Abb.98). Da der Lagerbestand in direkter Abhängigkeit von der Anzahl der täglichen JITLieferungen zu sehen ist, findet sich eine hohe Korrelation in den entsprechenden Ergebnissen. Während die Zuliefererbetriebe in Japan lediglich einen Lagerbestand von 1,5 Tagen aufweisen, bei gleichzeitig 7,9 JIT-Zulieferungen pro Tag, liegen die entsprechenden Vergleichswerte bei den europäischen Automobilunternehmen bei 16,3 Tagen bzw. bei lediglich 0,7 JIT Zulieferungen pro Tag.

Ähnlich fallen die Ergebnisse der MIT-Studie

wenn man die Der hohe Anteil

Beziehung (45%) an überprüft. Zulieferleistungen spiegelt gleichzeitig den niedrigen Lagerbestand (0,2 Tage) bei den japanischen Unternehmen wider. Die europäische Konkurrenz wiederum zeichnet sich durch einen zehnfach höheren Lagerbestand (2,0 Tage) und einem sehr niedrigen Anteil (7,9%) an JIT-Lieferungen aus. zwischen Hersteller und Zulieferer

aus,

Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist der wesentlich geringere Anteil an japanischen Zulieferfirmen (170) im Vergleich zu europäischen (442) oder amerikanischen (509) Unternehmen. Ein direkter Vergleich von Toyota und General-Motors verdeutlicht signifikant die Unterschiede in der Zusammenarbeit mit den jeweiligen Zulieferern. Obwohl Toyota einen mehr als doppelt so hohen Zukaufanteil (70%) wie General Motors (27%) aufweist, greifen sie lediglich auf ein Drittel der Anzahl von Zulieferern zurück (Womack/ Jones/Roos, 1990, S. 155).

IX.1.3.

Bausteine einer JIT-Produktion

Voraussetzung

für das

JIT-Konzept ist die Anwendung

des

Flussprinzips.

Dies

bedeutet, dass im Fertigungsprozess die Arbeitsstationen, die jeweils einzelne Bearbeitungsoperationen beinhalten, linear nacheinander „geschaltet" sind (Günter/Tempelmeier, 1994, S. 15). Dazu werden unterschiedliche Bausteine wie z.B.

-

-

-

-

integrierte Informationssysteme, Fertigungssegmentierung, produktionssynchrone Beschaffung,

Qualitätssicherungsstrategie,

Kapitel 9

324

Rüstzeitminimierung, Betriebsdatenerfassung,

-

-

flexible Arbeitszeiten und Entlohnung,

-

Personalqualifikation, prozessorientierte Arbeitsablaufgestaltung, geringe Produktvariationen, viele Standardteile

-

-

-

benötigt (Wildemann, 1992, S. 32ff), die im folgenden kurz vorgestellt werden sollen.

IX. 1.3.1.

Integrierte Informationssysteme

Um einen

optimalen Informationsfluss entlang der Wertschöpfungskette zu erreichen, benötigen Unternehmen entsprechende Informationssysteme. Der rechnergestützte Arbeitsplatz muss zum Selbstverständnis werden. So ist es notwendig, mittels Computer einen engen Kontakt zum Lieferanten oder im umgekehrten Falle zum Hersteller zu halten, um zum Beispiel kurzfristige Bestellungen zu tätigen bzw. bei veränderten Aufträgen flexibel und schnell zu reagieren. Informationssysteme sind darüber hinaus wichtig zur Datenerfassung bzw. Datenauswertung und regeln den Informationsfluss quer durch die Unternehmung. Sie ermöglichen eine offene und schnelle Kommunikation und beeinflussen die Transparenz der Produktion (Corsten, 1994, S. 323). Daten, die mittels moderner Datenübertragungstechnik zwischen Abnehmer und Zulieferer ausgetauscht werden können, sind: Auftragsdaten, Planungsdaten, Konstruktionsdaten, Zahlungs- und Rechnungsbelege, Qualitätsdaten, Versandpapiere, Einkaufsdaten (Wildemann, 1993, S. 39).

IX.1.3.2. Unter

Fertigungssegmentierung

Fertigungssegmentierung

versteht

man

die

Ausrichtung

auf relativ

einfache, aber im Verbund arbeitende Produktionseinheiten (Groth/ Karnmel, 1994, S. 106). Die Fertigungssegmente integrieren entweder mehrere Etappen

der

Kette oder die Gesamtheit aller Wertschöpfungsstufen im d.h. sie besitzen quasi durchgängige Produktverantwortung. entstehen teilautonome Bereiche sogenannte Produkt-Markt-

logistischen

Unternehmen, Dabei

Produktions-Kombinationen (Groth/Kammel, 1994, S. 106). Die Fertigungs-

segmentierung vereinigt die Vorteile der Fließfertigung (geringe Kosten, kurze Durchlaufzeiten) und der Werkstattfertigung (hohe Flexiblität), indem

Kapitel 9

eigenständige Produktionseinheiten mit direkter Ausrichtung Marktsegmente gebildet werden (Kramer, 1996, S. 138).

IX.1.3.3.

325

auf bestimmte

Produktionssynchrone Beschaffung

JIT-Beschaffung von Fertigungselementen vollzieht sich produktionssynchron. Dazu müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, wie z.B.:

Die

-

-

-

-

-

-

wenige Zulieferer je Teil ein Rahmenvertrag mit dem Zulieferer genaue Lieferzeiten- und Empfangsvorgaben direkte Informationen Zuverlässigkeit in Bezug auf Lieferqualität und -quantität Benennung der Lieferzeitpunkte durch den Abnehmer

produktionssynchrone Beschaffung dient in erster Linie als Werkzeug zur Lenkung der Kosten und setzt den Aufbau und die Pflege eines partnerDie

schaftlichen Verhältnisses zwischen Abnehmer und Zulieferant voraus (Kramer, 1996, S. 138).

IX.1.3.4.

Qualitätssicherungsstrategie

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für den reibungslosen Ablauf einer an der JIT-Idee ausgerichteten Produktion ist die Garantie für durchgängige Qualität im Produktionsprozess. Da die JIT-Philosophie von der Anwendung des Fließprinzips ausgeht und dabei jegliche Art der Verschwendung zu vermeiden versucht, wird die Forderung nach einer Null-Fehler-Zielvorgabe zu einem wichtigen Baustein bei der Umsetzung einer Qualitätssicherungsstrategie. Produktionsstop oder eine Ablaufverzögerung, verursacht durch Qualitätsfehler, würde dieses Ziel gefährden und die Lieferpünktlichkeit nicht mehr gewährleistet sein.

Kapitel 9

326

Rüstzeitminimierung

IX.1.3.5.

Maschinen und Anlagen nimmt viel Zeit in Anspruch, was mit entsprechenden Kosten für das Unternehmen verbunden ist. Die logische Forderung im Zusammenhang mit dem Einsatz von JIT ist daher eine Reduzierung dieser Rüstzeiten. Gelingt es dies umzusetzen, kann gleichzeitig der Forderung des Kunden nach Termintreue besser entsprochen werden. Eine Rüstzeitminimierung setzt folgende Maßnahmen voraus (Günter/Tempelmeier, 1994, S. 282): Das Rüsten

-

-

-

-

IX.1.3.6.

von

Training der Mitarbeiter, die am Rüstvorgang beteiligt sind Standardisierung der Einbaumaße von Werkzeugen sowie Vorrichtungen Technische Unterstützung über alle Unternehmensebenen Festlegung der zeitlichen Abfolge von Bestellungen, so dass Rüstvorgang optimiert werden kann

von

der

Betriebsdatenerfassung

Die Betriebsdatenerfassung als integraler Bestandteil des Rückmeldewesens ist verantwortlich für die Erfassung, Verarbeitung und Weitergabe von Rückmeldungen, wie beispielsweise die Angabe von Qualitätsdaten, Nacharbeit oder Totalausschuss (Corsten, 1994, S. 569). Die Betriebsdatenerfassung ist immens wichtig, da gerade diese Art der Information frühzeitig Fehler bzw. Störungen im Produktionsprozess oder allgemein im Arbeitsprozess aufzeigen hilft. Liegen die entsprechenden Daten vor, kann das Ablaufgeschehen besser gesteuert werden. Gleichzeitig wird der gesamte Ablaufprozess transparenter und damit leichter nachvollziehbarer für alle Mitarbeiter gemacht und die Effizienz des Arbeitsprozesses und die Qualität erhöht (Uepping/Matthes, 1995, S. 858).

IX.1.3.7.

Flexible Arbeitszeiten und

Entlohnung

Um im JIT-Verfahren effektiv und effizient produzieren zu können, müssen im Unternehmen die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden, damit nachfrageorientiert auf das Marktgeschehen reagiert werden kann. Dafür sind flexible Arbeitszeiten eine unabdingbare Voraussetzung. Je nach Auftragslage können so die Betriebszeiten geplant werden, die es ermöglichen, fristgerecht

Kapitel 9

327

auf die Wünsche der Kunden einzugehen. Durch den häufig damit verbundenen Wegfall von Über- oder Leerstunden muss ein flexibles/variables Entgeltsystem etabliert werden, um den Arbeitnehmern als Ausgleich für entfallene Zulagen einen finanziellen Leistungsanreiz zu geben und um seine Motivation zu steigern (s. auch Kap. V.3.2.2.)

IX.1.3.8.

Personalqualifikation

Weiterbildung und Qualifikation der Arbeitnehmer sind eine notwendige Voraussetzung für den Erfolg einer Unternehmung. Die Umsetzung eines Subsystems, wie es JIT im Rahmen des ganzheitlichen TQM darstellt, kann nur dann gelingen, wenn die Mitarbeiter für die neuen Aufgaben qualifiziert werden. Schulungs- und Trainingsmaßnahmen bilden hierfür die Grundlagen (s. auch Kap.V.3.8.).

IX.1.3.9.

Prozessorientierte Arbeitsablaufgestaltung

Für eine JIT-Produktion ist eine Prozessorientierung unerlässlich. Sie schafft Transparenz und verringert Schnittstellenprobleme durch die Dezentralisierung von Verantwortung und das Aufheben von Abteilungsdenken (s. auch

Kap.VIIL).

IX.1.3.10. Geringe Produktvariationen, viele Standardteile Eine

JIT-Produktion fordert ein Variantenmanagement, bei dem die Reduzierung von Produktvariationen im Mittelpunkt steht. Dadurch lassen sich

Durchlaufzeiten und Bestände abbauen und in ihrer Folge Kosten einsparen. es sinnvoll, den Bestimmungspunkt für die Varianten so weit wie möglich an das Ende des Produktionsprozesses zu verlagern (Kestel/Simioni, Dabei ist

1995, S. 35).

Kapitel 9

328

IX.1.4.

JIT und Kanban

Das kostensparende JIT-Prinzip lässt sich auch auf den Materialfluss übertragen. Mit Hilfe spezieller Abrufkarten oder per Lichtsignal steuern die Mitarbeiter den Materialnachschub selbst bedarfsgerecht und termingenau. Der Begriff Kanban ist dem japanischen Wortschatz entnommen und kann mit „Karte" bzw. „Anzeigekarte" übersetzt werden (Kreitner, 1995, S. 578). Ein auf Kanban basierendes System dient einerseits als Informationssystem zur Materialflusskontrolle, andererseits als Methode zur Senkung der Durchlaufzeiten und Bestände sowie zur Verbesserung der Produktivität. Kanban wie JIT tragen zur Optimierung des Materialflusses bei, wobei eine Harmonisierung des Produktionsprogrammes als Voraussetzung dient (Schulte, 1995, S. 257; Günter/Tempelmeier, 1995, S. 285). -

Mit dem Kanban-System, das von Toyota entwickelt wurde, sind eine Reihe Vorteilen verbunden (Enderle, 1996, S. 10): -

-

-

von

Der Materialfluss ist gleichmäßig, zuverlässig und flexibel. Die Menge des umlaufenden Materials bleibt gering und überschaubar. Das Material kann in kleine, überschaubare Behälter verpackt werden, die sich in Regalen ergonomisch günstig neben den Arbeitsstationen aufstellen lassen. Dadurch verringern sich auch die Wegezeiten der

Mitarbeiter. Auf den behälter

Produktionsprozess übertragen bedeutet dies, dass an jedem Materialspezielle Bestellkarten befestigt sind, auf der die jeweilige Teilenummer, die Teilebezeichnung, die Menge, der Lagerort sowie der Bestimmungsort des Materials vermerkt sind. Sobald ein Mitarbeiter zum ersten

Mal Material aus einem Behälter entnimmt, steckt er die dazugehörige KanbanKarte in einen speziellen Briefkasten, der kontinuierlich geleert wird. Der Rücklauf einer Karte ins Lager ist das Signal für die Nachschublieferung der jeweiligen Teile an die Fertigungslinie: Mitarbeiter der Abteilung Werklogistik, die regelmäßig mit speziellen Transportfahrzeugen in den Fertigungsbereichen unterwegs sind, bringen das gewünschte Material bei ihrer nächsten Rundfahrt an die jeweilige Arbeitsstation (Sekine, 1995, S. 35ff). Für Automobilteile, die aufgrund ihrer Größe oder ihres Gewichts in speziellen Behältern transportiert werden müssen, hat z.B. das Opel-Werk in Eisenach das Abrufsystem nach dem sog. Andon-Prinzip (Andon=Lichtsignal) eingeführt: In den Fertigungsbereichen sind Schalter installiert, mit deren Hilfe Produktionsmaterialien bedarfsgerecht mit Knopfdruck angefordert werden können. Nach dem Druck auf den Schalter leuchtet an einer Anzeigetafel eine bestimmte Kontrollampe auf. Sie ist das Signal für die Werklogistik, die entsprechenden

Kapitel 9

329

Teile an die jeweilige Arbeitsstation zu liefern. Dazu entnehmen sie die KanbanKarte, die neben der Kontrollampe angeordnet ist, und bringen sie ins Lager. Anschließend wird der entsprechende Materialbehälter per Gabelstapler ausgeliefert und die Karte an die Anzeigetafel zurückgebracht (Enderle, 1996, S. 10). Obwohl die manuelle Nutzung von Kanban-Karten im Zeitalter des Computers Fragen nach deren Zweckmäßigkeit aufwerfen könnte, weisen Unternehmen wie Toyota und andere das „Kanban-System" nutzende Firmen auf einen signifikanten Anstieg ihrer Produktivität hin, den sie in ursächlichem Zusammenhang mit einer Optimierung des Materialflusses sehen (Taylor, 1990, S.66ff; Enderle, 1996, S. 10). Während die Fokussierung auf Kanban dabei als ein geeignetes Mittel für die täglich anfallenden Arbeitsabläufe vor Ort betrachtet wird, ist der Einsatz einer entsprechenden Software eher für langfristig ausgerichtete Organisationsplanungen vorgesehen, so dass in diesem Kontext von einer Tandemlösung gesprochen wird (Kreitner, 1995, S. 579).

IX.1.5.

Vor- und Nachteile von JIT

Mit dem JIT-Verfahren sind eine Reihe von Implikationen verbunden, die kontrovers diskutiert werden. Während die eine Seite argumentiert, dass die Lagerhaltung nicht auf die Straße gehört (Aberle, 1995, S. 4), fordert die andere Seite im Zeitalter der Globalisierung den verstärkten Einsatz von JIT (Irrgang, 1997, S. 5). Unbestreitbar ist, dass endlose Lastwagenkolonnen die tägliche Transportpraxis bestimmen, so dass von den Kritikern aus dem „Just-in-Time" ein „Just im Stau" gemacht worden ist. Noch immer wird den umweltfreundlichen Transportwegen wie Schiene und Wasser zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Hinzu kommt, dass durch die osteuropäische Billigkonkurrenz neue Anbieter auf den Markt gekommen sind, die selbst vor Leerfahrten nicht scheuen, um Marktanteile einzufahren. Darüber hinaus erhöht der Aufbau neuer kostengünstigerer Produktionsstätten im Ausland das Transportaufkommen (Gottschalk, 1997, S. Bl). Bei einer Reihe von bundesdeutschen Automobilkonzernen ist allerdings ein schrittweises Umdenken zu beobachten, wonach ein zunehmender Anteil von Zulieferungen über die Schiene erfolgt, wie z.B. beim Opel werk in Eisenach (Enderle, 1996, S. 9). Das Ansiedeln von Zulieferfirmen in unmittelbarer Nähe des Produktionsstandortes kann als ein weiteres Signal gewertet werden, mit der Umwelt schonender umzugehen (o.V. 2000, S. 9). Andere Beispiele zeigen, wie durch eine Verbundlösung die einzelnen miteinander verzahnt Verkehrsträger werden können. So setzt z.B. die Bahntrans den Verkehrsträger Schiene zu 51 Prozent ein, während die German Parcel Paket-Logistik GmbH die Straße zu 70

330

Kapitel 9

Prozent, Schiene, Wasser und Luft (Milzarek/Back, 1997, S. 27).

zu

je

zehn Prozent

berücksichtigt

Die

aufgeführten Einzelbeispiele ergeben allerdings noch kein in sich geschlossenes Verkehrskonzept. Die unbestreitbaren Vorteile, die mit dem JITAnsatz verbunden sind, werden aber nur dann auf allgemeine Akzeptanz stoßen, wenn ein Gesamtkonzept vorliegt, das den unterschiedlichen Positionen Rechnung trägt. Die Politik ist von daher aufgerufen, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit bei einem weiter zunehmenden Transportaufkommen sowohl ökologische als auch ökonomische Gesichtspunkte Berücksichtigung finden. Die Diskussion um eine ökologische Steuerreform

könnte dazu eine Basis liefern. Dies setzt aber voraus, dass die dafür frei werdenden Gelder zweckorientiert eingesetzt und nicht zur Finanzierung anderer Aufgaben herangezogen werden. Die nachfolgende Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen des JIT-Ansatzes macht noch einmal deutlich, wo die Stärken und Schwächen von JIT liegen. Vorteile:

Nachteile:

Reduzierung der Lagerkosten durch Eventuell kurzfristige Engpässe Abbau der Bestände aufgrund minimaler Lagerbestände

Geringer Raumbedarf

Eine höhere Anzahl an Bestellvorgängen verursacht Zusatzkosten

Niedrige Kapitalbindung

Abhängigkeit von Zulieferern Behinderung durch Verkehrsstaus

Flexibilität hinsichtlich der

Kundenforderungen Verringerung der Fertigungstiefe Reduzierung der Durchlauf- und Wartezeiten

Erhöhte Luftverschmutzung

Steigende Transporttarife

Abb.99: Vor- und Nachteile des JIT-Ansatzes Quelle: Groth/Krammel, 1994, S. 162

Spezifiziert man diese Betrachtungsweise und fragt nur nach den Vorteilen, die sich für Abnehmer und Zulieferer ergeben, ohne die zuvor angesprochenen gesamtgesellschaftlichen Belastungen mit einzubeziehen, dann spiegelt die nachfolgende Abbildung 100 die wichtigsten Voraussetzungen für eine reibungslose JIT-Zusammenarbeit in Form eines Anforderungskataloges wider.

Kapitel 9

Abnehmer

Wareneingangslager fallen weg und verringern die Kapitalbindung

331

Zulieferer Zusammenarbeit mit Abnehmern inten siviert sich und die Austauschbarkeit der

JIT-zugelieferten Leistung verringert sich. Abnehmer sind bereit, sich längerfristig an den Zulieferer zu

binden, damit dieser die mit der JIT

Lieferung verbundenen logistischen Anforderungen erfüllen kann. (Jedoch binden sich Abnehmer nicht gerne vertraglich. Hier bleibt ein gewisses Restrisiko für den Zulieferer)

Die Flexibilität in der Beschaffung Zulieferer können durch die Lang steigt und erhöht die eigene hohe fristigkeit von JIT-Verträgen die eigene Flexibilität in der Fertigung/Montage Fertigung (Kapazitäten und Prozesse) und vereinfacht das Variantenmana besser planen

gement

Arbeitsplätze

werden übersichtlicher Eigene Puffer und Lager entfallen, und sauberer, da es keine Zwischen Rückmeldungen über Qualitätsprobleme beim Abnehmer gelangen direkt in die lager am Arbeitsplatz mehr gibt Fertigung des Zulieferers Abb. 100: Vorteile von JIT-Systemen für Abnehmer und Zulieferer Quelle: Kramer, 1996, S. 139

IX. 1.6.

Zur Umsetzung des JIT-Ansatzes

Die MIT-Studie hat die Schwächen der europäischen Automobilindustrie im JIT-Bereich offenkundig gemacht. In der Folgezeit haben eine Reihe von Unternehmen diese Herausforderungen angenommen und durch Auslagerung und optimierten Materialfluss JIT-Überlegungen mit in ihr Unternehmens-

konzept aufgenommen. Die nachfolgenden Beispiele zeigen, schiedliche Umsetzung die JIT-Idee in der Praxis gefunden hat.

welche

unter-

332

IX.1.6.1.

Kapitel 9

Das Opel-Werk in Eisenach

Grundvoraussetzungen für eine Automobilproduktion ist die genaue Vorplanung der Fertigungsabfolge. Der Produktionsplan der Opel Eisenach GmbH legt Anzahl, Typ, Farbe, Ausstattung und andere wichtige Merkmale der einzelnen Modelle lange Zeit im voraus fest. Dabei wird auf eine regelmäßige Reihenfolge der verschiedenen Modellvarianten geachtet. Statt bestimmte Fahrzeugtypen in großen Stückzahlen und unregelmäßiger Sequenz zu produzieren, kann der ausgewogene Modell-Mix stets der tatsächlichen Kundennachfrage folgen. Dank dieser Flexibilität bleibt der Fertigungsfluss auch dann gleichmäßig, wenn sich die Produktionsmenge einzelner Modellvarianten kurzfristig ändert. Eine der

Durch die gleichmäßige Produktionsweise verringert sich nicht nur das Risiko der Überproduktion bestimmter Modelle, auch die vorgeschalteten Fertigungsprozesse und der Materialfluss lassen sich bedarfsorientiert und damit kostengünstiger steuern. Statt bestimmte Automobilteile losweise in großen Mengen herzustellen und zwischenzulagern, können Lieferanten ihre Produktion mit dem Eisenacher Opel-Werk synchronisieren und die Fahrzeugteile in der tatsächlich

benötigten Anzahl produzieren. Der

gleichmäßige und plangenaue Produktionsablauf in allen Bereichen ermöglicht auch die Verwirklichung einer besonders effizienten und kostensparenden Materiallogistik: Mit Hilfe des Eisenacher Material-Informationssystems (Esa-Mais) erhalten die Lieferanten stundengenaue Informationen über den benötigten Materialnachschub. Speditionen, die im Auftrag des OpelWerkes arbeiten, haben spezielle Streckenpläne entwickelt und steuern pro

Route verschiedene Lieferanten nacheinander an. Die Fahrten sind so genau abgestimmt, dass die Automobilteile ,just-in-time" im Opel-Werk eintreffen. Dadurch verringert sich der werksinterne Lagerbestand auf einen Vorrat von rund sechs Stunden.

Stoßfänger gelangen ohne Zwischenlagerung an die Eisenacher Fertigungslinie. Zwischen dem Produktionsinformationssystem des Opel-Werks und den Lieferanten erfolgt ein kontinuierlicher Datenaustausch. Erst zwei Stunden bevor eine Karosserie in den Bereich der Endmontage rollt, ordert der SILS-Computer (Supply in line sequence) die für diese Modellvariante erforderlichen Sitze und Stoßfänger. Die Zulieferteile erreichen das Werk per Spezialtrailer, werden sofort automatisch entladen und gelangen ohne weitere Zwischenlagerung sequenzgenau an die jeweilige Einbaustation in der Montagehalle. Sitze und

Kapitel 9

333

stundengenaue Materiallogistik haben die Fertigungsplaner auch für jene spanische Opel-Lieferanten herstellen: Innerhalb Spaniens holen Speditionen das Material bei den Zulieferern ab und bringen es

Eine

Zulieferteile entwickelt, die

einem Güterbahnhof an der Mittelmeerküste. Von dort rollen die Automobilteile dann auf der Schiene nach Eisenach.

zu

Damit gehört das Opel-Werk in Eisenach zu den ersten Automobilunternehmen, die das JIT-Prinzip auch für Eisenbahntransporte verwirklicht haben. Zwischen den europäischen Montage- und Komponentenwerken von General Motors verkehren täglich bis zu 35 Logistikzüge und befördern rund 95 Prozent aller Frachten innerhalb des Produktionsverbundes Automobilteile mit einem Gesamtgewicht von einer Million Tonnen pro Jahr. Das Werk in Eisenach ist in diesen Fertigungsverbund integriert. In Thüringen treffen regelmäßig Logistikzüge aus Saragossa (Spanien) ein. Auch sie bringen die für die Corsa-Produktion notwendigen Automobilkomponenten just in time nach Thüringen: Fahrpläne und Produktionsablauf sind so aufeinander abgestimmt, dass viele Teile ohne Zwischenlagerung vom werkseigenen Bahnhof sofort an die Fertigungslinie gelangen (Enderle, 1996, S. 8ff). -

IX.1.6.2.

Das Renault Ersatzteillager in Cergy-Pontoise

Zwei

Aspekte spielen bei der Entwicklung von Lagertechnik eine entscheidende Rolle: der Lagerraum und die Zugriffsgeschwindigkeit. Mit sich verändernden Kundenwünschen verlagern sich die Prioritäten immer wieder und der Warenverwaltung kommt eine Schlüsselrolle zu. Neun Horizontal-Karusells stellen im Ersatzteillager von Renault die Versorgung der französischen Niederlassungen und Händler sicher. Die Karusellanlage in Zone 20 des Lagers mit einer Höhe von 5,4 Metern und 30 Metern Länge ist aufgrund dieser Dimension nicht zu übersehen. In ihr bewegen sich mehr als 9 000 blaue Boxen, gefüllt mit den Ersatzteilen für die entsprechenden Abnehmer. Konzipiert und installiert von der Constructor Lagertechnik ist es nun nicht mehr der Lagerist, der das benötigte Teil holt. Vielmehr wird es ihm durch das Zusammenspiel von Informationstechnologie und

gebracht.

Automatisierung

Der erste Schritt dazu ist das Gruppieren von Bestellungen unterschiedlichster Händler zu so genannten „Kampagnen". Dies übernimmt der Rechner. Dabei legt er als Kriterium zu Grunde, welche Anfragen die gleichen Teile enthalten oder Teile, die in unmittelbarer Nähe zueinander lagern. In Abhängigkeit von der Menge und dem Volumen bestimmt der Computer anschließend, welcher

334

Kapitel 9

Karton vorzubereiten und welcher Bestellung er zuzuordnen ist. Bediener stellen die Box dann auf einer der drei Bühnen, gegenüber dem Karussell, bereit. Dieses besteht aus neun Modulen, die jeweils einer unendlich langen Kette von Boxen entsprechen. In einer Führungsschiene, unabhängig voneinander aufgehängt, können sie sich einzeln horizontal bewegen. Zum Kommissionieren führt der Rechner den Lageristen die Boxen vor, aus denen die ersten Teile entnommen werden müssen. Sind Behälter geleert, fährt sie das System weiter. Dadurch entsteht Platz für eine neue Serie voller Kästen. Da die Stapelhöhe der neun Behälterebenen mehrere Meter beträgt, bewegt sich die Arbeitsbühne wie ein Lastenaufzug über drei unterschiedliche Höhen. Auch diese Bewegung wird von der EDV gesteuert. Daher ist es nicht möglich, mit der Bühne beliebig auf- und abwärts zu fahren; sie hebt sich stets in dem Maß, wie dies die Bearbeitung der Anfragen erfordert. Vom System wird auch das Auffüllen leerer Behälter geregelt. Senkrecht zum Karussell ist ein Automat installiert, der sich mit Höchstgeschwindigkeit in einem 60 Meter langen Gang mit 12 Fach-Etagen bewegt. Nachts entfernt das Gerät die leeren Boxen aus dem Karussell, um sie durch gefüllte auszutauschen. Für das Ersatzteillagerwerk von Renault ergeben sich daraus eine Reihe von Vorteilen: So wird beispielsweise das Bedienungspersonal in seinen Handlungen durch eine Leuchtanzeige geleitet. Sie gibt vor, aus welcher Box ein Teil zu entnehmen ist und wo es abgelegt werden muss. Sind diese Vorgaben nicht per Tastendruck bestätigt, kann nicht weitergearbeitet werden. Somit ist das Risiko, einen Arbeitsgang zu vergessen, gleich Null. Ein weiteres Plus: Der Zeitgewinn. Dank des neuen Systems wird die Zone 20 durch neue Referenzen, die bisher nicht bewirtschaftet werden konnten, umfangreicher. Darüber hinaus werden Produktivitätssteigerungen möglich unter anderem, weil sich einst kreuzende Bewegungen zwischen Bediener und Gabelstapler vermeiden lassen. -

Auch für die Mitarbeiter sind eine Reihe von Vorteilen verbunden. Legten sie früher ungezählte Kilometer zurück, um Teile aus dem Lager zu entnehmen bzw. wieder zurückzubringen, werden ihnen heute die Teile zugeführt. Hinzu kommt, dass sie sich durch automatische Steuerung der Boxen nicht mehr zu bücken brauchen, um die Teile aus den Regalen zu nehmen. Zudem ist ihre Tätigkeit vielseitiger geworden. Jeder der 24 Bediener, die in zwei Schichten arbeiten, wechselt wöchentlich seinen Einsatzbereich: Reserve, Lagerung, Vorbereitung der Sendungen, Bühne und Verschließen der Pakete wechseln sich ab, so dass im Sinne von job enrichment ihre Arbeit interessanter und abwechslungsreicher geworden ist (Bauer, 1999, S. 32ff).

Kapitel 9

IX.1.6.3.

335

Johnson Controls mit Sitz in Schwalbach

Johnson Controls wurde 1885 in Milwaukee, Wisconsin, USA, gegründet und beschäftigt in den vier Geschäftsbereichen Controls, Automotive, Plastics und Battery weltweit über 50 000 Mitarbeiter. Das seit Januar 1995 in Produktion gegangene Werk in Schwalbach, Saarland, steht als Just-in-Time-Werk in direkter Nähe zum Kunden, dem Werk von Ford in Saarlouis, wo der Escort hergestellt wird. Da die Ford AG ihre Autositze nicht mehr selbst zusammenbaut, sondern sie im Outsourcing-Verfahren von Johnson Controls fertigen lässt, sind gegenwärtig rund 300 Mitarbeiter in zwei Schichten damit beschäftigt, täglich 1 500 Sitze zu fertigen, wobei alle 45 Sekunden ein Sitz am Fließband von Ford bereitstehen muss. Die benötigten Montageteile, Metallrahmen, Schaumstoffteile und Bezüge, werden hauptsächlich aus den drei Johnson Controls Werken bei Gießen, Osnabrück und in Slowenien bezogen. Um den

Anforderungen einer JIT-Produktion nach zeitgenauer und permanenter Lieferfähigkeit gerecht zu werden, setzt Johnson Controls auf die Kombination zweier Softwaresysteme. Für die Produktion im Minutentakt kommt das eigene Just-in-Time Delivery-System (JTDS) zum Einsatz. Es bildet mit seinem Knowhow einen wichtigen Teil der unternehmerischen Kernkompetenzen und konnte bisher durch keine Standard-Software abgedeckt werden. Für die Planungen im Tagesrythmus wird MFG/PRO, Version 7.3., eingesetzt, eine Software, die von der Firma QAD, mit Sitz in Neu-Isenburg, zugekauft wurde. Die zentrale Aufgabe dieser Software besteht in der Materialbedarfsplanung, die aus dem Liefer- und Feinabruf des Kunden die Vorschau und Bestätigung für die Lieferanten erstellt sowie den Bestand überwacht.

Im zeitlichen Ablauf der Autoproduktion versorgt der Kunde, hier das FordWerk, zunächst per monatlichen und wöchentlichen Abruf das System mit den Basis-Informationen, die wiederum zu einer Vorschau beim Lieferanten führen. In einem täglichen Feinabruf sorgt der Kunde für die nächste zeitliche Verfeinerung der Planung im JIT-Werk, aus der dann die Bestätigung der Aufträge für den Lieferanten entsteht.

Nachdem die relativ langfristigen Planungen im Vorfeld der Produktion ablaufen, erfolgt die minutengenaue Feinplanung erst, wenn sich das Auto bereits auf dem Band befindet und eine Stelle passiert hat, nach der kein Fahrzeug mehr aussortiert wird. Dies ist meist nach der Lackiererei der Fall: Die Informationen über die für das Auto benötigten Sitze gehen per Standleitung an das JIT-Werk, das in wenigen Stunden den Sitz wunschgerecht produziert und ausliefert. Der zeitliche Rahmen wird durch Faktoren wie die Komplexität des Sitzaufbaus oder die Transportdauer des Sitzes auf kundeneigenem Gelände

beeinflusst.

336

Kapitel 9

Oberstes Gebot im saarländischen Werk der Johnson Controls ist die Produktionssicherheit, da ein stillstehendes Band den Ford-Werken Millionen kostet. Daher sind alle EDV-Anlagen doppelt ausgelegt, egal ob Werksrechner eine HP 9000 oder DFÜ-Leitungen, die für die direkte Verbindung beider Partner eingerichtet worden sind. Für die DV-Betreuung stehen drei Mitarbeiter zur Verfügung, die das gesamte System für Produktion, Finanzen und Materialwirtschaft sowie der Hardware mit den PCs betreuen. Beginnend beim täglichen Daten-Up-date, über das Testen von Weiterentwicklungen und die Überprüfung der Bedarfe enden die Aufgaben bei der Erstellung von Reports (Schenk, 1997, S. 43ff). -

-

IX.1.6.4.

Volkswagen Sachsen GmbH in Mosel

Just-in-Time Belieferung Fa. Jaue Zwickau Sitze

Fa. Benteler Zwickau Hilfsrahmen, Motorräder

Fa.GKN Mosel Gelenkwelle

Externes

Versorgungszentrum

Fa. Sachsentrans Glauchau

Fa. Hella Meerane Frontend

-Bodenbelag -Fertighimmel -Abdeckung hinten

Fa.VDO Glauchau Instrumententafel

-Türfensterscheibe -Mittelkonsole

-Säulenverkleidung -Dämpferfilter

Fa. Leistritz

Stollberg Abgasanlage Abb. 101:

Fa. Radsystem GmbH Zickau Scheibenrad, Reifen

Fa. Alibert Meerane Tür- und

Seitenverkleidung

Just-in-Time-Belieferung bei der Volkswagen Sachsen GmbH

Quelle: Heuß, 1995, S. 8

Kapitel 9

337

Zielsetzungen des Logistik-Konzeptes beim Volkswagenwerk in Mosel/Sachsen beruht auf der JIT-Philosophie. Durch eine Reduzierung der Fertigungstiefe auf ca. 30 Prozent, wird mit dem Fremdbezug hochwertiger Eine der

Systemzusammenbauten eine JIT-Strategie erkennbar, die die Beschaffung dieser Module von Systemlieferanten in Werksnähe Mosel mit sequenzgerechter Fertigung und Anlieferung vorsieht. Wie aus Abbildung 101 erkennbar wird, hat das Volkswagenwerk in Mosel eine JIT-Belieferung mit seinen neun Hauptzulieferern vereinbart.

Welche unterschiedlichen Leistungen die Hauptzulieferer für das Volkswagenwerk in Mosel erbringen, soll nachfolgend kurz dargestellt werden (Heuß, 1995, S. 5ff): Die Leistritz-Abgastechnik Stollberg GmbH montiert im sächsischen Pfaffenhain Abgasanlagen für Volkswagen Sachsen aus angelieferten Komponenten. Geliefert wird in Just-in-Time auf die Minute genau. Johnson Controls Zwickau liefert im 4-Stunden-Takt die Komplettsitze für den Golf A3 nach Mosel. Voraussetzung für die Bestückung der derzeit täglich 390 Fahrzeuge ist eine Eigenbevorratung für drei Tage. Wegen der liniensynchronen Montage der Sitze in drei Schichten werden auch die Bezüge der Sitze konfektioniert. Der Zulieferer erhält von VW eine 17Tage-Vorschau über das Produktionsprogramm und konkret 264 Minuten vor dem Einbau den Abruf über die spezielle Sitzgarnitur.

Die

Die Radsystem GmbH Zwickau liefert für die Fahrzeugfertigung die Räder in neun Varianten komplett montiert. Das bedeutet, pro Tag werden etwa 2000 Reifen auf die Stahlscheiben aufgezogen und ausgewuchtet. Das Werk der Benteler Umformtechnik in Zwickau montiert den ZSB Hilfsrahmen mit Lenkgetriebe, den ZSB Motorträger und die Kühlwasserrohrsysteme. Insgesamt werden 70 Einzelteile zu Systemzusammenbauten zusammengefasst. Mittels Datenfernübertragung werden die Module in Sequenz

abgerufen.

VDO in Glauchau liefert die Instrumententafeln in 5.000 verschiedenen Varianten für den Golf nach Mosel. 150 Minuten verbleiben VDO zur Montage und Lieferung, nachdem Volkswagen die konkrete Instrumententafel abruft. Mit ca. 100 Bauteilen, so auch dem Kunststoffgrundkörper, den Instrumenten, den Lautsprechern und sämtlichen elektrischen Verbindungen, ist die Tafel selbst ein komplexes Modul. Das GKN-Gelenkwellenwerk in Mosel liefert Glenkwellen für die Typen Golf A2 und A3. Im Unterschied zu anderen JIT-Lieferanten fertigen und

Kapitel 9

338

montieren die Gelenkwellenbauer in ein

(zur Zeit

5) vorrätig

Lager,

das alle

Varianten

benötigten

hält.

Im sächsischen Meerane montiert die Hella

Fahrzeugsystem

GmbH das

komplette Golf-„Gesicht", das FRONTEND. Es besteht aus Stoßfänger, Grill, Kühler, Lüfter, Scheinwerfer und weiteren insgesamt 50 Bauteilen. Hella hat

sich damit vom Komponentenlieferanten zum Systemlieferanten entwickelt. Alle 1 lA Stunden werden 24 Frontends von Meerane nach Mosel geliefert. Das neue Hella-Werk hat sich im neuen Meeraner Gewerbegebiet niedergelassen, was zu einer Verkürzung des Transportweges zum VW-Werk Mosel von 14 km auf 7 km geführt hat. Bei der Allibert-Industrie-GmbH in Meerane werden die Türinnen- und Seitenverkleidungen für das VW-Werk in Mosel komplettiert und termingenau

zugeliefert.

Im Logistikzentrum Glauchau wird die Sequenz für sieben JIT-Positionen hergestellt. Dies sind: ZSB Dämpferfilter, ZSB Formhimmel mit Sonnenblende, ZSB A-B-C Säulenverkleidungen, ZSB Mittelkonsole, ZSB Türfensterscheibe, ZSB Bodenbelag und ZSB Abdeckung hinten. Zusätzlich wird die Bereitstellung und der Umschlag von 1 300 Kleinladungsträgern pro Tag im Logistikzentrum organisiert und durchgeführt.

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung 1.

Geben Sie eine ausführliche JIT-System geprägt ist!

2.

Wenn Sie die Ergebnisse der MIT-Studie mit den Resultaten des OpelWerkes in Eisenach vergleichen, zu welchen Schlussfolgerungen gelangen Sie?

3.

Worin sehen Sie aus Sicht eines Produktionsunternehmens den Vorteil einer Minimierung der Anzahl an Lieferanten?

Beschreibung,

von

welcher

Philosophie das

-

-

4.

Welche Rolle spielen die integrierten Johnson Controls in Schwalbach?

5.

Welche Möglichkeiten sehen Sie, die mit dem Nachteile schrittweise zu reduzieren?

Informationssysteme JIT-System

bei der

verbundenen

Kapitel 9

6.

339

Argumentieren Sie mit Blick auf das Ersatzteilwerk von Renault in Cergy-Pontoise, welche Vorteile für die Mitarbeiter mit der Einführung von

JIT verbunden waren!

7.

Welche Vorteile ergeben sich aus der Nutzung des Kanban-Systems und was versteht man in diesem Kontext unter einer „Tandemlösung"?

8.

Welche Strategie lässt sich für die Johnsons Controls erkennen, wenn darum geht, Sitze für deutsche Automobilunternehmen zu fertigen?

9.

Welche

10.

Versuchen Sie an einem Beispiel aus der Gastronomie darzulegen, wie aus einem Komponentenlieferant ein Systemlieferant werden kann!

es

Schlussfolgerung lässt sich aus dem Beispiel des Volkswagenwerkes in Mosel für Hauptzulieferer ziehen, wenn das Thema „Zulieferernähe" angesprochen wird?

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Fortune, Nr. 19/1990

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Wildemann, H, Die deutsche Zulieferindustrie, München, 1993 Wildemann, H., JIT-Konzept, München, 1992 Womack, J.P., Jones, D.T., Roos, D., Die zweite Revolution in der Automobilindustrie, Frankfurt/M., New York, 1991 Womack, J.P., Jones, D.T., Roos, D., The Machine that changed the World, New York, 1990

Kapitel 9

341

Oft beklagen sich Leute über ihre Umgebung: Sie sei langweilig, farblos oder gar feindselig; und es kommt ihnen nie in den Sinn, sie lebendiger oder richtiger zu „

machen,

statt sie

Eine Lampe beklagt sich

Antonin G.

IX.2.

einfach zu ertragen.

nicht, weil sie nachts leuchten muss.

"

Sertillanges

Benchmarking

Spitzenunternehmen haben erkannt, dass es nicht mehr genügt, genauso gut oder nur geringfügig besser zu sein als der Branchendurchschnitt. Wer morgen den Markt aktiv mitgestalten möchte, muss heute schon sein Unternehmen fit für Spitzenleistungen machen. Unternehmerisches Ziel kann es von daher nicht mehr sein, lediglich am Wettbewerb teilzunehmen. Zukünftig geht es darum, sich ausschließlich am Besten unter den Besten zu messen, um überlebensfähig zu bleiben. Unter dem Begriff „Benchmarking" hat dieser Denkansatz Eingang in die Managementdiskussion gefunden. Dabei stellt Benchmarking ein wertvolles Instrument für die fünf wesentlichen Bereiche von TQM dar, nämlich Kundenorientierung, Prozessverbesserung, Verantwortungsübertragung, ständige Ergebnismessung und aktive Führung durch das Top-Management (Kreuz, 1994, S. 99). Rangliste renommierter

Unternehmen: Bertelsmann als deutsches

Vorbild

angesehensten Unternehmen in Deutschland heißen Bertelsmann, Mannesmann, Lufthansa, Bayer und DaimerChrysler. So das Ergebnis einer von der Hay Group erstellten Rangliste der renommiertesten Unternehmen der Welt. International gelten die Unternehmen General Electric, Microsoft und Coca-Cola als attraktivste Arbeitgeber. Befragt wurden Führungskräfte und Analysten über ihre Einschätzung der Fortune-500-Unternehmen zu Shareholder Value, Innovationsfähigkeit oder Managementkompetenz. Das Ergebnis: Die Top-Unternehmen Die

kümmern sich weit mehr um Identifikation und Auswahl von Führungskräften, individuelle Karriereplanung und Coaching sowie eine mitarbeiterfreundliche Kultur. Zudem fordern sie besonders die Entwicklung von Führungskompetenzen wie Selbstvertrauen, Selbstmanagement, Zielorientierung und Teamwork. 91 Prozent der angesehensten Unternehmen der Welt sind mit der Qualität ihrer Führungskräfte zufrieden, während es in der Gruppe der durchschnittlichen Mitbewerber nur 72 Prozent sind. In:

Personalwirtschaft, Nr. 4/2000, S.

8

Kapitel 9

342

IX.2.1.

Zur Begriffsbestimmung

Der

Vergleich von Unternehmen anhand von Kennzahlen ist kein grundsätzlich Management-Instrument. Informationen, beispielsweise aus dem eigenen Unternehmen oder von Verbänden, wurden auch in der Vergangenheit dazu neues

genutzt, sich mit den Wettbewerbern

zu messen. Aber fast immer orientierte sich dieser Vergleich eher am Branchendurchschnitt oder an der Leistung von befreundeten Unternehmen, mit denen man zum Informationsaustausch bereit war. Nur in wenigen Ausnahmen bildeten jedoch die Weltbesten, die Spitzenunternehmen von heute oder gar von morgen, die Messlatte.

Benchmarking dagegen erhebt „das Messen an den Besten" zum Grundprinzip. Der Begriff Benchmarking (von engl. Benchmark: Höhenmarke, Nivellierungszeichen) stammt dabei ursprünglich aus der Topographie und bedeutet soviel wie Festpunkt oder Fixpunkt. Allgemein kann ein „Benchmark" als eine Orientierungsgröße verstanden werden, anhand der etwas gemessen wird (Küting/Lorsen, 1995, S. 73). Erstmals wurde der Begriff von Rank Xerox im Jahre 1979 eingeführt. Unter der Bezeichnung „Competitive Benchmarking" wurden die eigenen Herstellkosten mit denen der japanischen Tochtergesellschaft Fuji-Xerox verglichen

(Kreuz/Herter, 1995, S.36). ehemalige Chairman Begriff Benchmarking als Der

der Xerox

Corporation,

David. T. Kearns, hat den

das kontinuierliche Messen seiner Produkte mit seinen härtesten Mitbewerbern oder den Firmen, die als Marktführer gelten „

"

definiert (Kreuz, 1994, Vor allem

S.85).

auf den

Lernaspekt zielt Zeiri (www.avkfhg.de/bmc/ was/idee.htm, August 2000) ab, wenn er schreibt:

„Benchmarking ist eine herausragende Gelegenheit für eine Organivon den Erfahrungen anderer zu lernen.

sation

"

Camp (1994, S. 13) wiederum betrachtet Benchmarking als einen zielgerichteten, kontinuierlichen Prozess, bei dem die Vergleichsobjekte branchenübergreifend verglichen werden. Dabei werden Unterschiede sowie deren Ursachen und Möglichkeiten auf der Basis klassifizierender Merkmale ermittelt, um Verbesserungen einleiten zu können. Weiter führt er aus:

Kapitel 9

343

Lösungen, die auf den besten Methoden und Verfahren der Industrie, den best practices, basieren und ein Unternehmen zu Spitzenleistungen führen" (Camp, in: www.avk.fhg.de/bmc/was/idee.htm, August 2000).

Benchmarking



ist die Suche nach

aufgezeigten Definitionen haben klar gemacht, dass man bei einer Benchmarking-Betrachtung alle Aspekte eines Produktes, einer Leistung oder einer Organisation stets an dem zu messen hat, was die Besten im eigenen Die

Unternehmen oder außerhalb Dazu

zu

bieten haben.

gehören u.a.:



Systematischer Leistungsvergleich auf

der Basis

kriterien. •





objektiver Leistungs-

Beurteilung der Stärken und Schwächen eines Unternehmens gemessen an einem Benchmark, der sich als Referenzwert aus dem Leistungsvergleich ergibt. Identifikation der Best Practice, die Ursache für die Leistungsunterschiede sind.

Formulierung und Realisierung von Zielen nachhaltigen Leistungssteigerung führen.

und

Maßnahmen, die

zur

Zusammenfassend kann man festhalten, dass Benchmarking ein systematisches Vergleichen und Lernen von anderen Unternehmen mit dem Ziel ist, durch die Adaption sogenannter Best Practices zu einer nachhaltigen Verbesserung der eigenen Position zu gelangen (www.avk.fhg.de/bmc/was/idee.htm, August

2000).

IX.2.2.

Entwicklungsstufen des Benchmarking

Was den jeweiligen Entwicklungsgrad des Benchmarking betrifft, so lassen sich fünf Stufen unterscheiden, die mit unterschiedlichen Ausrichtungen verbunden sind. Der Fokus in der ersten Generation liegt auf dem Reverse Engineering, das vor allem auf den internen Abgleich von Leistungen und Produkten zielt. In der zweiten Stufe folgt dann die Orientierung an den Kennzahlen der jeweiligen Wettbewerber. In der dritten Generation ist der Fokus der Unternehmen darauf konzentriert, die Prozesse in den Mittelpunkt der Optimierung zu stellen. Mit dem strategischen Benchmarking beginnt dann eine Orientierung, die u.a. auf

Kapitel 9

344

Merger & Acquisitions abzielt. Mit dem globalen Benchmarking wird schließlich eine Stufe erreicht, die der zunehmenden Internationalisierung versucht gerecht zu werden, indem man weltweite Entwicklungen zum Anlass nimmt, sich am Besten zu orientieren (s. Abb. 102). Fünfte Generation Globales Benchmarking Vierte Generation

Strategisches Benchmarking Dritte Generation Prozessorientiertes Benchmarking Zweite Generation

Wettbewerbsorientiertes Benchmarking Erste Generation Reverse Engineering

Abb. 102:

Entwicklungsstadien des Benchmarking Quelle: Füser, 1997, S.87

Während die unterschiedlichen Entwicklungsstufen aufzeigen, welche Entwicklungsstadien das Benchmarking kennzeichnen, zeigt die nachfolgende Abbildung 103, von welchen Prinzipien das Benchmarking geleitet wird. Ausgangspunkt für alle weiterführenden Betrachtungen ist dabei der gegenwärtige Leistungsstandard. Mit Hilfe von Benchmarking wird in dieser Phase • •

• •

Bestleistung definiert, eigene Leistung analysiert, Leistungsdefizite identifiziert und Schwachstellen beseitigt (Leibfried/McNair, 1993, S. 45). die die

Ein verbesserter Leistungslevel stellt sich dann ein, wenn die entsprechenden Benchmarks erfüllt sind. Ausgehend von dieser Basis kann nun das nächste Ziel, nämlich Marktführer zu werden, anvisiert werden. Bei weltweiter Konkurrenz reicht es aber nicht mehr aus, sich mit einer Marktführerschaft zufrieden zu geben. Deshalb gilt es im nächsten Schritt, zum Weltklasse-Unternehmen aufzusteigen. Die abschließende Stufe versucht auszudrücken, dass der Leistungslevel von heute einer ständigen Überprüfung zu unterziehen ist, um auch morgen noch zu den weitbesten Unternehmen zu gehören. Eine ständige

Kapitel 9

345

Verbesserung im Sinne von Kaizen wird so zur Unternehmensphilosophie erho-

ben.

Heutiges

Verbesserter

Leistungs-

Derzeitiges Leistungs-

level

Führendes Unternehmen

Weltklasse Unternehmen

Weltklasse Unternehmen

level

Benchmarks Abb. 103: Zum Prinzip des Benchmarking Quelle: Kreuz/Herter, 1995, S.36

Fragt man nach der Rolle, die Benchmarking in deutschen Unternehmen spielt, dann hat es trotz vieler erfolgreicher Einzelbeispiele (s. Kap.IX.2.7.) noch nicht den Stellenwert gefunden, wie er in Amerika und Japan vorzufinden ist. In vielen Unternehmen wird die Erfüllung von hausinternen Zielen, wie Budgeteinhaltung oder z.B. eine zehnprozentige Senkung der Gemeinkosten in allen Bereichen immer noch als ausreichend angesehen (Kreuz, 1995, S. 36). Der Vergleich am Branchenbesten entfällt, denn man glaubt, mit der Erfüllung seiner Ziele gut zu liegen. Was nützt es, wenn man zwar die eigenen Ziele erfüllt hat, der Kostenführer aber die Gemeinkosten bereits um 30 Prozent gesenkt hat. -

-

Um

anderen Unternehmen zu lernen, ist es daher notwendig, sich an ihrer Performance zu messen. Nur so wird es gelingen, rechtzeitig Schwachstellen zu beseitigen, um in Verbindung mit der Erfüllung anderer Ziele, das Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig zu machen. Von der Konkurrenz lernen, um sie anschließend zu überholen, muss zur Handlungsmaxime werden. von

Kapitel 9

346

IX.2.3.

Ziele des

Benchmarking

Aktivitäten in Unternehmen basieren im Endeffekt immer auf einer konsequenten Ausrichtung der Verbesserung wirtschaftlicher Kennzahlen (Umsatz, Kosten und Ertrag). Damit sind Zielgrößen verbunden, die in der Zielhierarchie ganz oben angesiedelt sind. Hebel zur Verbesserung der vorstehend genannten Parameter sind Kategorien wie Kundenzufriedenheit, Marktanteil oder

Wettbewerbsfähigkeit (Pieske, 1997, S.28).

Die Ermittlung von Bestlösungen und Bestleistungen ist nicht Selbstzweck, sondern Mittel zur Veränderung. Benchmarking hat stets die Verbesserung von Leistungen zum Ziel. Dabei kann es sich um zwei Klassen von Veränderungen handeln (Sabisch, 1997, S. 17ff): •



Evolutionäre Verbesserungen, das sind ständige, kleine Verbesserungen einzelner Parameter unter Beibehaltung des gleichen Grundprinzips (z.B. Weiterentwicklung von Produkten und Verfahren) Revolutionäre

Verbesserungen (Quantensprünge), das bedeutet eine völlig neuartige Problemlösung, den Übergang zu einem Lösungsprinzip (z.B. Neuentwicklung von Produkten und Verfahren)

Um die entsprechenden Ziele zu erreichen, bedarf es einer Neuausrichtung des Unternehmens. In Verbindung mit dem TQM sind dazu folgende Handlungsweisen notwendig (Sabisch, 1997, S. 18): •

Konsequente Orientierung des Unternehmens insbesondere

an

an

den Kundenbedürfnissen und

den an

Markterfordernissen,

den Wettbewerbsbe-

dingungen •

Aufzeigen von Einflussfaktoren auf die Effizienz und Effektivität



Aufdecken



Erhöhung der Transparenz von Prozessabläufen



Erhöhung



Identifizierung von Verbesserungsmöglichkeiten im Unternehmen



Initiieren, Vorbereiten und Unterstützen von Innovationsprozessen

von

Schwachstellen und Rationalisierungsschwerpunkten

der Flexibilität des Unternehmens bezüglich seiner Anpassung veränderte Markterfordernisse und technologische Entwicklungen

an

347

Kapitel 9 •

Vorbereitung von Revitalisierungs- bzw. Reengineeringprozessen



Unterstützung von Qualitätsmanagementsystemen



Verbesserung der Frühaufklärung über relevante externe Entwicklungen



Unterstützung des permanenten Lernens bildung „lernender Organisationen"

im Unternehmen und der Heraus-

Die Ziele werden sich aber nur dann erreichen lassen, wenn das Unternehmen zum Ort ständiger Lernprozesse wird. Ein systematischer und kontinuierlicher Prozess bezieht den Vergleich mit anderen führenden Konkurrenten, aber auch mit den bezüglich bestimmter Funktionen führenden Unternehmen anderer Branchen ein. Lernen durch Identifikation und Analyse von Bestlösungen wird gefordert, so dass einem erfolgreichen Benchmarking ein Benchlearning vorgeschaltet ist (Karlöf/Östblom, 1994, S.193ff). Benchmarking bedeutet dabei aber nicht einfaches Kopieren, sondern verbindet die Orientierung an Bestlösungen mit dem Gewinnen neuer Erkenntnisse und dem Finden neuer Problemlösungen.

IX.2.4.

Formen des Benchmarking

Benchmarking kann verschiedene interne Funktionen oder Verfahren, Konkurrenten, die Leistungen in der Branche und den Branchenbesten aber auch

branchenunabhängige Bestleistungen ins Visier nehmen. Daraus ergeben sich unterschiedliche Formen, die in Abbildung 104 zusammengestellt sind und in ihren einzelnen Ausprägungen nun vorgestellt werden sollen.

IX.2.4.1.

Internes Benchmarking

Internes Benchmarking stellt einen Vergleich ähnlicher Tätigkeiten oder Funktionen innerhalb eines Unternehmens oder mit assoziierten Organisationen zur Ermittlung des Leistungsniveaus dar. Dabei zielt das interne Benchmarking auf folgende Punkte ab (Leibried/McNair, 1993, S. 81): -

-

Vorhandene Verfahren und Aktivitätsnetze zu verdeutlichen. Leistungslücken in ähnlichen internen Verfahren zu erkennen.

Kapitel 9

348

Benchmarking-Formen

Internes Benchmarking

Externes Benchmarking

Unternehmensbezogenes Benchmarking

Marktbezogenes Benchmarking

Konzernbezogenes Benchmarking

Branchenbezogenes Benchmarking Branchenunabhängiges Benchmarking

Abb. 104: Formen des Benchmarking

Quelle: Mertins/Siebert, 1997, S.79 -

Alle internen Verfahren auf das höchste

angesichts der möglich ist.

-

-

-

-

-

-

Leistungsniveau zu heben, das gegebenen Beschränkungen und Voraussetzungen

Die erste Runde der Verbesserungsbemühungen einzuleiten. Praktiken und Vorgehensweisen zu vereinheitlichen. Kommunikationskanäle innerhalb der Organisation zu öffnen. In der Organisation Engagement für das Benchmarking zu entwickeln. Prioritäten unter Benchmarking-Möglichkeiten zu setzen. Die wichtigsten treibenden Kräfte zu identifizieren.

Als Vorteile des internen Benchmarking sind die relativ einfache Datenerfassung und die Vergleichbarkeit der erzielten Ergebnisse zu nennen. Demgegenüber steht ein begrenzter auf das eigene Unternehmen bezogener Blickwinkel sowie der zeitaufwendige Abbau von Vorurteilen, die mit der Einführung verbunden sind (Bauer, 1994, S. 20).

Kapitel 9

IX.2.4.1.1. Unternehmensbezogenes

349

Benchmarking

Das unternehmensbezogene Benchmarking zielt vor allem darauf ab, Prozesse und Leistungen innerhalb einer Unternehmenseinheit einer Überprüfung zu unterziehen. Verglichen und analysiert werden ähnliche Abläufe in unterschiedlichen Bereichen des Unternehmens, wie z.B. Filialen, Profit- und Cost Centern, Abteilungen oder Arbeitsgruppen.

IX.2.4.1.2.

Konzernbezogenes Benchmarking

darum, mehrere Werke oder Unternehmensteile innerhalb eines Konvergleichen, findet das konzernbezogene Benchmarking statt. Dadurch kann die beste Praxis innerhalb der Organisation festgestellt werden und ist mit Geht

es

zerns zu

einer klaren Identifikation von Schwachstellen verbunden. Die Vergleichsmöglichkeiten sind im Gegensatz zum unternehmensbezogenen Benchmarking höher, da ein größeres Potential zur Verfügung steht. Ein Vergleich zwischen verschiedenen Standorten eines Unternehmens oder Konzerngesellschaften wird häufig als Auslöser für eine umfassende interne Benchmarking-Studie gewählt. Das eingangs genannte Beispiel von Rank Xerox steht dabei stellvertretend für ein unternehmensinternes Konzern-Benchmarking.

IX.2.4.2.

Externes

Benchmarking

Mit Hilfe des externen Benchmarking ist der Blick nach außen verbunden, wobei die Praktiken des eigenen Unternehmens mit unternehmensexternen Leistungen von Konkurrenzunternehmen verglichen werden. Ein derartiger Vergleich bedeutet allerdings, dass eine Ähnlichkeit der Abläufe und Prozesse gegeben sein muss, um zu relevanten Ergebnissen zu kommen. Als Vorteile des externen

Benchmarking werden geschäftsrelevante InformaProdukten/Prozessen, eine relativ hohe Akzeptanz sowie eine eindeutige Positionierung im Wettbewerb genannt. Dem steht eine schwierige Datenerfassung und die Gefahr branchenorientierter Kopien gegenüber (Bauer, 1994, S. 20). tionen, Vergleichbarkeit

von

350

IX.2.4.2.1.

Kapitel 9

Marktbezogenes Benchmarking

Die Konkurrenzanalyse kann als ein Instrument angesehen werden, mit dem Informationen über die derzeitigen und zukünftigen Marktaktivitäten der Konkurrenz, deren Stärken und Schwächen sowie deren mögliche Reaktionen auf Marktveränderungen gesammelt werden können. Sie lässt einen Vergleich mit Unternehmen zu, die die jeweiligen Unternehmensaktivitäten in hervorragender Weise beherrschen, blickt jedoch nicht über das Umfeld der direkten Konkurrenz hinaus (Rau, 1996, S. 45). Mit dem Hinweis über die NichtVerfügbarkeit von relevanten Marktdaten werden allerdings häufig externe Vergleiche im Vorfeld blockiert. Dabei wird verkannt, dass mehr Quellen vorhanden und zugänglich sind, als man gemeinhin glaubt. Über 85 Prozent aller Informationen, die man braucht, um wichtige Entscheidungen zu treffen und um den Markt und das Verhalten der Konkurrenten zu verstehen, sind bereits veröffentlicht oder können aus öffentlich zugänglichen Informationen gewonnen werden (Kleinfeld, 1996, S. 37). Beim externen Benchmarking geht es von daher vor allem um die systematische und sorgfältige Auswertung vorhandener Daten und Informationen, um sich an den Wettbewerbern messen zu können.

Mit dem marktbezogenen Benchmarking ist es möglich, von der Konkurrenz zu lernen, Verbesserungen einzuleiten und die Marktsituation objektiv im Auge zu behalten. Externe Vergleiche verhindern darüber hinaus die Neigung zur Selbstzufriedenheit und Bürokratisierung, die in allen Organisationen zu beobachten sind.

IX.2.4.2.2.

Branchenbezogenes Benchmarking

Branchenbezogenes Benchmarking geht über den bloßen Vergleich zweier Firmen hinaus und hat seinen Schwerpunkt in der Suche nach Trends. Es untersucht also die Leistungsfähigkeit einer bestimmten Funktion in branchenweiter Ausprägung. Dazu ist es notwendig, eine weit größere Gruppe von Unternehmen zu untersuchen, als dies beim konkurrenzbezogenen Benchmarking der Fall ist. Branchenbezogenes Benchmarking sucht nach neuen Trends und Entwicklungen statt nach Wettbewerbspositionen und dient zur

Leistungsanalyse von Subsystemen. Die Grenzen zum konkurrenzbezogenen Benchmarking sind jedoch fließend, so dass es kein klares Differenzierungsmerkmal gibt. Der wesentliche Vorteil gegenüber dem marktbezogenen Benchmarking ist darin zu sehen, dass es keine unmittelbare Weit-

Kapitel 9

351

bewerbssituation gibt, da auf anderen Märkten agiert wird. Somit gestaltet sich der Informationstransfer meist offener. Da die Unternehmen aber aus der gleichen Branche kommen, gibt es jedoch beim Vergleich von Prozessen viele ähnliche Merkmale, die Rückschlüsse für ein erfolgreich praktiziertes Bench-

marking ermöglichen.

IX.2.4.2.3.

Branchenunabhängiges Benchmarking

Der Schlüssel

zu langfristigen Erfolgen im Wettbewerb besteht nicht in der bestimmten Merkmalen und Ausprägungen anderer Konkurrenten, Adaption sondern in der Überlegenheit des eigenen Unternehmens. Um sich an den allerbesten Unternehmen ausrichten zu können, muss über die Branche hinweg, nach neuen, innovativen Praktiken, unabhängig von ihrer Quelle, gesucht werden. Branchenunabhängiges Benchmarking bietet hierbei eine Möglichkeit, zu „ganz anderen Lösungen" zu kommen, die untypisch für die eigene Branche sind und innovativen Charakter haben (Pieske, 1997, S. 46). Diese auch als generisches Benchmarking bezeichnete Form geht davon aus, dass Geschäftsbereiche und Prozesse, die unabhängig von der Verschiedenheit der Branchen sich als erfolgreich bewährt haben, mit geringem Anpassungsaufwand auch auf das eigene Unternehmen übertragen werden können (Lesch/Steinert, 1996, S. von

24).

branchenübergreifende Vergleich bietet den Vorteil, sich mit den erfolgreichen Lösungen von Unternehmen auseinandersetzen zu können, während ein Branchenvergleich immer nur die Chance bietet, zu den Besten in der Branche aufzuschließen, ohne diese allerdings überholen zu können (Füser, 1997, S. 86). Als Beispiel für eine erfolgreiche Adaption neuer Ideen auf das eigene Unternehmen gilt Rank Xerox. Man unterzog die Ausgangslogistik des Versandhändlers L.L. Bean einer näheren Betrachtung und übertrug dessen Ansatz auf das eigene Unternehmen. Verbesserungen beim Lagerzugriff und beim Versand von Einzelteilen zeigten, dass eine erfolgreiche Umsetzung im Sinne eines branchenunabhängigen Benchmarking möglich war (Tucker/Zivian/Camp, 1997, S. 16). Der

Das relativ hohe Potential

zum Finden innovativer Lösungen sowie eine Vergrößerung des Ideenspektrums werden beim branchenunabhängigen Benchmarking als vorteilhaft gesehen, während der oftmals schwierige Transfer sowie eine zeitaufwendige Analyse sich nachteilig auswirken können (Bauer, 1994, S. 20).

Kapitel 9

352

IX.2.5.

Informationsbeschaffung

Informationsbeschaffung und -Verarbeitung stellt eine außerordentlich umfangreiche und anspruchsvolle Aufgabe dar. Niveau und Erfolg der Benchmarking-Aktivitäten werden von daher durch das Auffinden und Auswerten der entsprechenden Informations- und Kontaktquellen bestimmt (Sabisch, 1997, S.28). Die

Auf welche Informationen man zurückgreifen kann, hängt von der gewählten Benchmarking-Form ab. Dabei ist der Informationsgehalt umso größer, je mehr man über den eigenen Tellerrand hinausblickt (s. Abb. 105).

INFORMATIONSGEHALT

T Eieenes Unternehmen

-Wettbewerber

-Eigene Branche

Eieener Konzern

-Fremde Branche -Weltbestes Unternehmen

Informationsgewinn beim Benchmarking Quelle: Kreuz/Herter, 1995, S.46 Abb. 105:

IX.2.5.1.

Informations- und

Kontaktquellen

Was die Beschaffung der entsprechenden Informationsquellen betrifft, so sollten zunächst die unternehmensinternen Quellen, wie z.B. Betriebsstatistiken, Statistiken und Publikationen von Kammern, Verbänden und Wirtschaftsinstituten herangezogen werden. Daneben gilt es, sämtliche Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen zu beschaffen. Diese Informationen existieren in vielen Ausprägungen, z.B. Zeitungen, Zeitschriften und Jahresberichten.

Kapitel 9

353

Daneben besteht auch die

Möglichkeit, auf kommerzielle Datenbankbetreiber (z.B. Hoppenstedt, GENIOS) zurückzugreifen. Während öffentliche Informationsanbieter oft ihre Leistungen unentgeltlich oder zumindest mit geringen Preisforderungen anbieten, sind die meist spezifischeren Informationen der professionellen Provider mit entsprechenden finanziellen Aufwendungen verbunden. Darüber hinaus ist grundsätzlich zu beachten, dass die Sekundärinformationen im allgemeinen nicht sehr präzise den spezifischen Informationsbedarf des Unternehmens abdecken. Sie sind in der Regel bezogen auf den Untersuchungsgegenstand unvollständig, wenig detailliert und veraltet (Töpfer/Mann, 1997, S.50 ff). -

-

Zugriff auf relevante Informationen, gerade für klein- und mittelständische Unternehmen sehr zeit- und kostenintensiv ist, ist der Einsatz von Benchmarking zum Teil mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Das Informationszentrum Benchmarking (IZB) rät dazu, einen externen Berater gezielt zur Informationsgewinnung und -aufbereitung einzusetzen. Es hat sich gezeigt, dass die Arbeit von „Profis" effektiver und am Ende auch kostengünstiger ist. Das IBZ bietet seine Dienste besonders klein- und mittelständischen Unternehmen an, die nicht zuletzt durch die Nutzung einer umfangreichen Benchmarking-Datenbank von den Erfahrungen partizipieren können (www.izb.de). Da der

Kontaktmöglichkeit American Quality and Productivity Center and International Benchmarking Clearinghouse American Society for Quality Control The Benchmarking Exchange Deming Network from Clemson

University_

ISO Ondine The Quality Wave Deutsches Benchmarking Zentrum

Internetadresse

http://www.apqc.org/ http://www.aspc.org http://www.benchnet.com http ://deming. eng. clemson. com/

http://www.iso.ch/welcome.html http ://www.xnet. com/~creacib/Q4Q/ (DBZ) http ://www. benchmarkingforum. de

Berliner Informationszentrum

Benchmarking IZB des Frauenhofer

http://www.izb.ipk.fhg.de/

Instituts Abb. 106: Internetadressen als Informationsquellen Welche interessanten Kontaktmöglichkeiten dabei das Internet auszugsweise der Abbildung 106 zu entnehmen.

bietet, ist

Kapitel 9

354

Will man bisher nicht zugängliche externe Daten wissenschaftlich erheben, sind erhebliche Kosten mit einer derartigen Forschung verbunden. Deshalb sollte man überlegen, ob es nicht Sinn macht, in Kontakt mit Firmen zu treten, die im Sinne eines externen Benchmarking bereit sind, gegenseitig Daten auszutauschen. Ein derartiger Schritt bedarf allerdings einer äußerst sorgfältigen Vorbereitung, um zum Erfolg zu kommen (www.manager-magazin.de,

04.2000).

gegenseitige Austausch von Informationen wird nur dann möglich sein, die Voraussetzungen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gegeben sind. Dabei sollte man von einem bestimmten Verhaltenskodex ausgehen, der für beide Seiten bindend ist. Die nachfolgende Beschreibung eines Code of Conduct zeigt, von welchen Prämissen eine derartige Kooperation geprägt sein Der

wenn

sollte.

IX.2.5.2.

Code of Conduct

Die Benchmarking-Partner erklären sich sowohl im eigenen Namen als auch im Namen ihres Unternehmens einverstanden, sich an folgenden BenchmarkingPrinzipien zu halten (Watson, 1993, S.215ff): 1.

Prinzip der Rechtmäßigkeit



Enthalten Sie sich einer Aktivität, ihrer Rechtmäßigkeit bestehen.



Vermeiden Sie Gespräche oder Aktionen, die Interesse an einer Beschränkung des Wettbewerbs, des Marktes und/oder, an Preis-, Handels- oder Anbieterabsprachen und Bestechung zur Folge haben oder andeuten können. Reden Sie mit einem Konkurrenten nicht über Kosten, wenn diese ein Element der Preisbildung sind.



Verzichten Sie

wenn

auch

nur

die mindesten Zweifel

darauf, sich auf eine Weise in den Besitz

an

von Geschäftswerden die als könnte. Das geheimnissen bringen, unangemessen gedeutet schließt einen Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht oder die Herbeiführung eines solchen Verstoßes ein. Enthüllen oder nutzen Sie keine vertraulichen Informationen, die auf unangemessene Weise in den Besitz Ihres Unternehmens gelangt sind oder von einer anderen Person weitergegeben wurden, die damit gegen die Geheimhaltungspflicht oder das Prinzip der begrenzten Nutzung verstoßen hat.

zu

Kapitel 9 •

2. •



355

Unterlassen Sie als Berater oder Kunde, die Ergebnisse einer BenchmarkingStudie auf ein anderes Unternehmen zu übertragen, ohne vorher die Erlaubnis der Parteien einzuholen, die an der ersten Studie beteiligt waren.

Austauschprinzip Seien Sie bereit, Ihrem Benchmarking-Partner Informationen der gleichen Art und Vertraulichkeitsebene zukommen zu lassen, um die Sie ihn bitten.

Beginn der Beziehung um eine umfassende Kommunikation, um Erwartungen abzuklären, Mißverständnisse vorzubeugen und das beiderseitige Interesse am Austausch von Eckdaten zu Bemühen Sie sich schon

zu

bekunden.

ehrlich, und halten Sie keine Informationen zurück.



Seien Sie

3.

Vertrauensprinzip



Behandeln Sie das Benchmarking als vertraulichen Austausch zwischen den beteiligten Personen und Unternehmen. Die Informationen sollten nicht ohne vorherige Zustimmung des Benchmarking-Partners an Außenstehende weitergegeben werden.



Die

4.

Nutzungsprinzip



Nutzen Sie Informationen, die Sie im Verlauf des Benchmarking-Prozesses erworben haben, ausschließlich zur Verbesserung oder für die Formulierung von Verbesserungen firmeninterner Konzepte oder Verfahrensweisen.



Beteiligung eines Unternehmens an einer Studie Verlautbarungen gegenüber Außenstehenden sollten nicht Zustimmung des Partners erfolgen.

ist vertraulich; ohne vorherige

Der Name des Benchmarking-Partners darf in Zusammenhang mit den erhaltenen Daten oder beobachteten Geschäftspraktiken nur mit seiner vorherigen Erlaubnis genutzt oder genannt werden.

5.

Prinzip des unmittelbaren Kontaktes



Knüpfen Sie Benchmarking-Kontakte, Partnerfirma.

soweit

möglich,

mit Hilfe der

Kapitel 9

356





Sie die Unternehmenskultur von Partnerfirmen, und arbeiten Sie im Rahmen beidseitig akzeptierter Verfahrensvereinbarungen.

Respektieren

Verständigen Sie sich mit dem genannten Benchmarking-Kontakt auf alle Kommunikationsprozesse und Pflichten gegenüber anderen Parteien, die ausgeklammert werden sollen.

6.

Prinzip des Kontaktes zu Dritten



Bitten Sie die betreffende Person um Erlaubnis, bevor Sie ihren/seinen Namen im Zuge einer Kontaktanfrage preisgeben.



Vermeiden Sie es, den Namen einer Kontaktperson ohne ihre vorherige Erlaubnis in einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung zu nennen.

7.

Vorbereitungskonzept



Bekunden Sie Ihr Engagement für die Effizienz und Effektivität des Benchmarking, indem Sie Ihre „Hausaufgaben" vor dem Erstkontakt und nach Abschluss des Benchmarking-Prozesses machen.



Nutzen Sie die Zeit mit Ihrem Benchmarking-Partner nach besten Kräften, indem Sie sich auf jeden Gedanken- und Informationsaustausch umfassend

vorbereiten. •

Helfen Sie Ihrem Benchmarking-Partner bei der Vorbereitung, indem Sie ihm vor einem Besuch eine Gesprächsübersicht oder einen Fragebogen und eine Agenda zukommen lassen.

8.

Vollständigkeitsprinzip



Halten Sie sich Partner



alle

Vereinbarungen, die Sie mit Ihrem im getroffen haben, zeitlich festgelegten Rahmen. an

Vervollständigen

Sie

Benchmarking-

jede Benchmarking-Studie zur Zufriedenheit aller beidseitigen Vereinbarungen.

Parteien und gemäß den

9. •

Handlungs- und Verständnisprinzip Machen Sie sich werden möchte.

bewusst, wie jeder Ihrer Benchmarking-Partner behandelt

Kapitel 9 •

357

Machen Sie sich klar, wie jeder Benchmarking-Partner die bereitgestellten Informationen gehandhabt und genutzt wissen entsprechen Sie den Wünschen.

Zur Durchführung eines

IX.2.6.

ihm/ihr möchte, und von

Benchmarking-Projektes

erfolgreiche Durchführung eines Benchmarking-Projektes ist ein erfahrenes, von allen akzeptiertes Benchmarking-Team unabdingbar, das für das Konzept und seine Umsetzung verantwortlich zeichnet. Dieses Team hat die Aufgabe, unvoreingenommen, kreativ und mit kritischer Distanz fernab von Bereichsegoismen das eigene Unternehmen im Vergleich zu den „Besten der Besten" zu beurteilen. Wichtig dabei ist nicht so sehr die Zahl, sondern die Qualität und Durchsetzungsstärke der Teammitglieder. Idealerweise setzt sich daher das Benchmarking-Team aus „an sich unabkömmlichen" Mitarbeitern zusammen, die weitgehend von ihren Tagesaufgaben freigestellt und gegebenenfalls durch erfahrene Benchmarking-Berater unterstützt werden, die sowohl zusätzliche Benchmarking-Erfahrung wie auch einen erweiterten Datenpool einbringen (Kreuz, 1995, S. 50). Für die

-

-

Bei VW in

Wolfsburg

setzt sich z.B. ein Benchmarking-Team aus einem und zwei bis acht Teammitglieder zusammen, wobei die Projektleiter Teammitglieder Experten aus unterschiedlichen Fachrichtungen sein sollten. Das Team wiederum wird durch ein Mitglied des oberen Führungskreises unterstützt. Welche Projekte bei VW entweder schon initiiert worden sind bzw. sich noch in der Vorbereitungsphase befinden, zeigt die nachfolgende Übersicht (Mollet/Egger, 1995, S. 18): -

-

-

-

-

Senkung des Krankenstandes Optimierung des Einsatzes von Mitarbeitern im Ausland Optimierung von Management-Planung Verbesserung der Kommunikation zwischen Vertrieb organisation Prozessoptimierung im Maschinen- und Werkzeugbau

und Händler-

Auf jeder Ebene der Unternehmung sowie in jedem funktionellen Bereich lassen sich entsprechende Benchmarks ermitteln, was bestehende Strukturen und Arbeitsplätze mit einschließt. Neben den Endprodukten gilt es gleichermaßen alle Komponenten zu prüfen, die einen Beitrag zum Output leisten. Parallel dazu müssen die entsprechenden Produktionsprozesse und die dafür aufgewendeten Aktivitäten in die Überprüfung mit einbezogen werden (o.V., 1994, S. 19).

Kapitel 9

358

Benchmarking-Prozess selbst durchläuft dann insgesamt sieben Schritte (s. 107). Diese systematische Vorgehensweise ist geprägt durch Ergebnisorientierung und Realisierung des auf das jeweilige Unternehmen zugeschnittenen Maßnahmenpaketes. Der

Abb.

Im ersten Schritt müssen die Benchmarking-Kriterien für das geplante Projekt eindeutig festgelegt werden. Für die Auswahl der geeigneten Kennziffern ist die genaue Kenntnis der kosten-, zeit und qualitätstreibenden Faktoren die entscheidende Voraussetzung, um sicherzustellen, dass letztendlich aussagefähige Benchmarks für die Maßnahmenplanung ermittelt werden. Es ist häufig einer der schwierigsten Schritte des Benchmarking, genau zu identifizieren, welche Prozesse, oder ganz allgemein, was der Gegenstand der Benchmarking-

Untersuchung sein soll.

O © Kriterien und

Umfang

Interne Daten für den

für Bench-

Vergleich

marking

ten

festlegen

aufberei-

O Ver-

gleichsunter-

nehmen und Art des Bench-

marking fest-

O O O o Externe Daten aus allen

Daten

analy-

verfügbaren

sieren und inter-

Quellen

pretie-

zu-

ren

Ziele ableiten

Maßnahmen zur

Zieler-

reichung ent-

wickeln

sammen

tragen

legen

Abb. 107: Die sieben Schritte des Benchmarking Quelle: Kreuz/Herter, 1995, S. 50 zunächst der Untersuchungsbereich eingegrenzt werden. Eine Grundvoraussetzung für jede erfolgreiche Durchführung ist das Wissen über die eigenen Abläufe. Nur wer seine eigenen Prozesse kennt und beherrscht, ist in der Lage, sich mit anderen zu messen. Dabei bringt die Konzentration auf Bereiche mit einem hohen Potential oder bekannten Schwachstellen bzw. regelmäßig auftretenden Problemen den höchsten Nutzen. Darüber hinaus muss der „Kundenfokus" im Rahmen der Messgrößen hinreichend berücksichtigt werden, denn alle Maßnahmen sollen letztendlich einen Beitrag zur erhöhten Dazu

muss

Kapitel 9

359

Kundenzufriedenheit leisten (Bauer, 1996, S. 89). Darüber hinaus ist in dieser Phase zu entscheiden, ob das Benchmarking lediglich intern oder mit externen

Benchmarking-Partnern durchgeführt werden soll. Im zweiten Schritt

analysiert das Benchmarking-Team die zu erfassenden und Funktionen sowie die relevanten Verhaltenskennzahlen und die strategische Position des eigenen Unternehmens. Die detaillierte Kenntnis der eigenen Kennwerte ist nämlich entscheidend für die Aussagefähigkeit der Benchmarking-Ergebnisse und führt in Einzelfällen sogar dazu, die Kriterien neu zu definieren. Gelingt es nicht, die eigenen Daten mit einer hinreichenden Genauigkeit in der gewünschten Form zusammenzutragen, kann man kaum erwarten, Vergleichsdaten der Konkurrenten und der Spitzenunternehmen ermitteln zu können.

Geschäftsprozesse

Im nächsten Schritt müssen

die geeigneten internen und/oder externen Benchmarking-Partner ausgewählt werden. Ausgangspunkt für die Suche von Partnern ist eine Checkliste und ein Fragebogen. Damit können die besten Partner gefunden werden. Partnersuche heißt dabei auch „Filtern" der möglichen Partner. Das VW-Team z.B. trägt in einer ersten Suche über hundert mögliche Partner zusammen (Mollet/Egger, 1995, S. 18). Anschließend beginnt die Auswahl, wobei zu unterscheiden ist, ob ein „offenes" oder ein „verdecktes" Benchmarking geeigneter erscheint, die gewünschten Ergebnisse zu liefern. nun

Beim „offenen" Benchmarking wissen alle teilnehmenden Unternehmen genau, in die Benchmarking-Studie einbezogen werden soll. Alle erhalten denselben Fragebogen und bei Abschluss des Projektes eine anonymisierte Auswertung sämtlicher Informationen. wer

Beim

„verdeckten" Benchmarking wissen die einzelnen Firmen nicht, dass sie Voraussetzung für diese Art des Benchmarking ist allerdings, dass entsprechende Daten und Informationen über das oder die zu vergleichenden Unternehmen vorliegen. miteinander verglichen werden.

Hat man sich intensiv mit den internen Prozessen und Daten auseinandergesetzt, dann sollte im Schritt 4 daran gedacht werden, die Wettbewerber- und „Best Practice"-Informationen zusammenzustellen.

Eine systematische Aufbereitung und Analyse der gewonnenen Daten kennzeichnet Schritt 5. Je besser die Datenbasis und je zielführender die formulierten Hypothesen sind, um so treffsicherer wird die Interpretation ausfallen. Dazu gehört auch, dass anspruchsvolle Ziele formuliert werden. Verbesserungen bei wichtigen Indikatoren von mindestens 20 Prozent sollten dabei angestrebt werden (Fritsche, 1994, S. 114).

Kapitel 9

360

Schritt 6 kann das Benchmarking-Team abschätzen, ob die Datenbasis ausreicht, um die notwendigen Ziele für das eigene Unternehmen zu formulieren. Offenbaren sich Lücken ist eine auch mehrfache Wiederholung der Schritte 4 und 5 unumgänglich. Erst wenn aussagefähige Ergebnisse vorliegen, kann das Team die Position des eigenen Unternehmens im Vergleich zu den Wettbewerbern und zu den Spitzenunternehmen sowie den Abstand zu den Besten bestimmen. Zu

Beginn

von

-

-

Im letzten und wichtigsten Schritt sind die Benchmarking-Ergebnisse in konkrete Maßnahmen für das eigene Unternehmen umzusetzen. Für vorhandene Defizite und Ineffizienzen in den Strategien, Prozessen, Funktionen und im Verhalten sind kreative Lösungen zu finden, mit denen das Unternehmen den Abstand zu den führenden Firmen verkürzen kann und letztendlich selbst zu einem Spitzenunternehmen wird.

IX.2.7.

Erfolgreiche Umsetzung von Benchmarking-Projekten

man die Ergebnisse, die mit der Umsetzung von Benchmarkingverbunden sind, dann lassen sich zunächst folgende allgemeine Projekten ziehen Schlussfolgerungen (www.avk.fhg.de/bmc/was/quele.htm):

Betrachtet









Verbesserungen von über 50% in Kosten, Qualität und Durchlaufzeit Funktionale Anwendungsbreite durch Anwendung in Entwicklung, Fertigung, Logistik, Administration, Finanzwesen u.a.

Unbeschränkter Einsatz in allen Organisationen, z.B. in Produktions-, Dienstleistungsunternehmen und in der öffentlichen Verwaltung Wandel

von

hierarchischen Strukturen zu prozessgesteuerter Teamarbeit

Bezieht man in diese Überlegungen nun auch konkrete Unternehmensbeispiele mit ein und hinterfragt, welche Projekte jeweils einer Benchmarking-Betrachtung unterzogen und welche Erfolge damit erzielt wurden, dann wird in der nachfolgenden Übersicht erkennbar, dass, unabhängig von der Branche und der Größe eines Unternehmens, eine Vielzahl an Benchmarking-Projekten

erfolgreich in Angriff genommen worden sind.

361

Kapitel 9

branche Automobil

Unternehmen Mercedes Benz AG Sindelfingen

Erfolg Projekt und Schließung der Lücken Entwicklung Fertigung: Polstern von 40% gegenüber und Montieren

von

Klassenbesten

Fahrzeugsitzen GM, Rüsselsheim Marketing:

Preisfindung für Zubehör Entwicklung und

Computer

Profitsprung durch gezielte Preis- und Verkaufsmengenstrategie Kostenreduzierung über 50%, Qualitätssteigerung

Digital Equipment Inter., Fertigung: Kaufbeuren Computerspeicher über 400% und Neuprodukt Metallwerkzeuge A. Stihl, Logistik und Sprungverbesserung Waiblingen Bestandscontrolling Produkt- und Prozessanalyse im externen Vergleich mit eigener Implementierung

[Technische

BSHG München Globale

LogistikSpedition

Federal Express,

Konsumgüter

Abb. 108:

Überproportionale

Logistikstruktur und Verbesserungen bei den prozesse Logistikkosten, Reklamationen, Beschädigun-

Hamburg_

gen_

pistributionsprozesse Potential zu

Sprungverbesserung

Beispiele für Benchmarking in Deutschland

Quelle: Burckhardt, 1995, S.517ff

Überblick über erfolgreich abgeschlossene Benchmarking-Projekte zu ermöglichen, sollen die nachfolgenden Praxisbeispiele aufzeigen, wie aus einer jeweiligen Unternehmens-Schwachstellen-Analyse ein erfolgreicher Benchmarking-Prozess in Gang gesetzt werden konnte. Um noch einen besseren

IX.2.7.1.

Branche:

BSHG (Bosch Siemens

Hausgeräte GmbH)

Haushaltsgeräte

Beschädigungen von Haushaltsgeräten im Logistikbereich führten zu einer nicht unerheblichen Kostensteigerung mit der Folge, dass der Kunde nicht rechtzeitig beliefert wurde. Dies war Ausgangspunkt der internen Benchmarking-Studie

Kapitel 9

362

Thema Lagerschäden, die in allen Werkslagern der BSHG in Deutschland durchgeführt wurde. Die Analyse brachte hervor, dass die Anzahl der Lagerschäden auf die Komplexität der logistischen Aufgabenstellungen, schlechte Lagerbedingungen und Handlingprobleme zurückzuführen waren. Die Einführung eines auf der Benchmarking-Studie entwickelten Qualitätskonzeptes hatte die Reduktion der Lagerkosten um bis zu 40% zur Folge; im Ausgangslager konnten die Kosten sogar bis zu 50% gesenkt werden. Auch die Kundenzufriedenheit stieg, weil weniger beschädigte Auslieferungen erfolgten (Wild, 1995, S.83ff). zum

IX.2.7.2.

Xerox

Branche: Elektronik Um die Produktivität der Logistik und Vertriebsabteilung zu erhöhen, suchten Xerox-Mitarbeiter einen geeigneten Benchmarking-Partner für den Bereich Lagerhaltung und Materialflusssteuerung. Bei der Suche nach einem geeigneten Nicht-Konkurrenten stießen sie aufgrund eines Zeitungsartikels auf den Textilversender L.L. Bean. Zu den betrachteten Prozessen gehörten die Einlagerung der Waren nach Umschlagshäufigkeit und die Methode der chaotischen Lagerplatzvergabe der angelieferten Waren. Ziele waren die Streckenminimierung für Gabelstapler und Flurfahrzeuge sowie die Minimierung der Auslagerungswege durch laufende Sortierung und Freigabe von Bestellungen. Auf der Personalseite diente die Berechnung von Lohnzulagen auf Basis der um die Fehlerquote bereinigten Arbeitsproduktivität als Vorbild (Tucker/Zivian/Camp, 1997, S.16ff).

IX.2.7.3.

Motorola

Branche: Elektronik Um die

Rechnungsstellung zu verbessern, wurde die Durchführung eines Benchmarking-Projektes beschlossen. Als geeignete Partner zur Verbesserung der Unternehmensprozesse wurden American Express und die National Westminster Bank in Großbritannien ausgemacht. Diese Unternehmen, die täglich Tausende von Buchungen fehlerfrei ausführten, gaben Impulse zu Verbesserungen. Im Benchmarking-Prozess wurden die Daten der Konkurrenten als Zielgröße definiert und die Abweichungen dokumentiert. Durch die

Kapitel 9

363

Verbesserung der Qualität der eigenen Rechnungsabteilung stieg die Produktivität der Mitarbeiter um 24%. Die Dauer der Außenstände ließ sich um 25% reduzieren; das Volumen der Außenstände konnte um 60% verringert werden (Bär,

IX.7.2.4.

Branche:

1993, S.52).

Southwest Airlines

Fluglinie

Southwest Airlines, ursprünglich eine kleine Regionalfluglinie im Südwesten von Amerika beheimatet, gehört heute zu den profitabelsten Fluggesellschaften der USA. Durch die konsequente Anwendung von Benchmarking gelang es, die Zeit zum Auftanken, Reinigen, für Sicherheitschecks sowie zum Be- und Entladen um ca. 50% zu reduzieren. Als Benchmarking-Partner dienten Boxencrews von Autorennen. Die Prozesse waren insofern vergleichbar, als die technischen Servicearbeiten an den Rennwagen unter strengem Zeitdruck und

strengen Sicherheitsvorkehrungen vorgenommen wurden (Tucher, 1998, S.B 8).

IX.7.2.5. Branche:

Hydro Aluminium Extrusion Group

Aluminiumverarbeitung

Auf internes Benchmarking setzte die Schweizer Holding als sie aus den Daten der 18 über ganz Europa verteilten Presswerke Kennzahlen generierte. Mit Hilfe dieser Kennzahlen wurden die besten Verfahren erkannt und auf die anderen Werke übertragen. Gerade im europäischen Vergleich wurden Defizite erkennbar, die z.T. sogar kulturell bedingt waren. So war lange Zeit die Werkzeugauslegung im Werk Bremen von „konservativen Sicherheitsdenken" geprägt. Durch die Ausweitung des Benchmarking auf die Produktionsanlagen stellte sich heraus, dass im österreichischen Werk eine knappere Werkzeugauslegung bei der formgebenden Matrize die Produktion nicht gefährdete, die Kosten jedoch drastisch senkte (Krogh, 1992, S.208ff).

Kapitel 9

364

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung 1.

Was versteht

Benchmarking und wie Benchmarking-Konzept im Rahmen von TQM einordnen?

2.

Wann sollte ein Unternehmen verstärkt über nachdenken?

3.

Welche jeweiligen Benchmarks würden Sie über einen längeren Zeitraum für ein Maschinenbauunternehmen setzen, wenn Sie mit der Analyse des

man

unter

lässt sich das

globales Benchmarking

gegenwärtigen Leistungslevel beginnen? 4.

Greifen Sie aus dem Katalog möglicher und begründen Sie Ihre Entscheidung!

5.

Welche Gründe könnten dafür zu

beginnen?

Benchmarking-Ziele

fünf heraus

sprechen, mit einem internen Benchmarking

6.

Welche Schwierigkeiten ergeben sich beim externen Benchmarking und welche Rolle spielt in diesem Kontext der Code of Conduct?

7.

Welche Möglichkeiten (5 Beispiele) bestehen für ein Unternehmen, unternehmensexterne Daten sich zu beschaffen?

8.

Was versteht man unter einem

9.

Wählen Sie ein ganz bestimmtes Projekt aus und schreiben Sie dazu die sieben Schritte auf, die für eine Umsetzung notwendig sind!

10.

Argumentieren Sie mit Blick auf die Praxisbeispiele, welche Erfolge (3 Beispiele) mit der erfolgreichen Umsetzung von Benchmarking-Projekten

generischen Benchmarking?

erzielt wurden!

11. Im Bereich des Merchandising gehört der Fußballklub Bayern München zu den erfolgreichsten Unternehmen in Deutschland. Das Logo findet sich auf T-Shirts, Handtüchern oder Bettdecken. Unterstellt, Sie sind MarketingManager einer großen Hotelkette. Welche Transfermöglichkeiten sehen Sie mit Bezug auf den angesprochenen Fußballverein?

Kapitel 9

365

Literaturhinweise

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-

1996

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Kapitel 9

366

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1994

367

Kapitel 9

„Selbst wenn man sich auf dem richtigen Weg befindet, wird man überholt, wenn man einfach nur dort sitzt. "

W. Roger

IX.3.

Kaizen: Chance und Herausforderung für deutsche Unternehmen

IX.3.1.

Stetige Verbesserung als neuer Handlungsleitsatz

-

Erkenntnisse der MIT-Studie

Auf Märkten mit zunehmend substituierbaren Produkten kann eine Differenzierung zu den Wettbewerbern nur noch dann stattfinden, wenn die Erwartungen der Kunden nicht nur erfüllt, sondern übererfüllt werden. Ohne die Einbeziehung aller Mitarbeiter von Anfang an in diese Überlegungen wird es dabei allerdings nicht möglich sein, diesem Postulat zu entsprechen. Dies wiederum setzt voraus, dass auf allen Seiten das notwendige Problembewusstsein sowie eine entsprechende Problemlösungsfähigkeit vorhanden sind und Probleme gleichzeitig als Potentiale für Verbesserungen angesehen werden. Ein Blick auf die japanische Managementphilosophie macht deutlich, warum die dortigen Unternehmen in den zurückliegenden Jahren in vielen Fällen erfolgreicher operiert haben als die westliche Konkurrenz. Besonders sichtbar wird dies in den Ergebnissen, die das Massachusetts Institute of Technology (MIT) in seiner Studie über die Weltautomobilindustrie herausgefunden hat (Womack/Jones/Roos, 1990, S. 89). Wenn es auch nicht immer einfach ist, Mitarbeitermotivation zu messen, so lässt sich doch aus der Zahl der eingereichten Verbesserungsvorschläge pro Mitarbeiter herauslesen, inwieweit die Mitarbeiter bereit sind, sich aktiv in das Unternehmen einzubringen. Selbst den japanischen Produzenten in Amerika ist es gelungen, die Mitarbeiter für ihr Unternehmen zu begeistern. Vergleicht man die 61 eingereichten Verbesserungsvorschläge mit der entsprechenden Zahl von jeweils 0,4 Vorschlägen, wie sie sich bei amerikanischen und europäischen Unternehmen finden, dann wird ein fundamentaler Unterschied in der Mitarbeitermotivation erkennbar, der ganz klar die Defizite bei den westlichen Mitkonkurrenten aufzeigt (s. Abb. 109). Das

ständige Suchen nach Verbesserungen ist Teil einer auf Kaizen beruhenden Philosophie. Es wird als das wichtigste japanische Managementkonzept ange-

Kapitel 9

368

sehen, mit dessen erfolgreicher Umsetzung entscheidende Wettbewerbsvorteile erzielt werden können (Imai, 1992, S. 15). Japanische

Produzenten in den

Amerikanische Produzenten

Europäer

USA

Organisation der

70%

17%

Häufig

Sehr selten

Selten

380 Stunden

46 Stunden

173 Stunden

61

0,4

0,4

Umsetzungsrate

72%

24%

Absentismus Anlauf: Zeit bis Erreichen der normalen Produktivität

5%

11,7%

12,1 %

4 Monate

5 Monate

12 Monate

1,4 Monate

11 Monate

12 Monate

Arbeiter in Teams

Job Rotation

Einarbeitungszeit neuer

Mitarbeiter

Verbesserungsvorschläge pro

Mit-

arbeiter

(Industrie-Durchschnitt)

Zeit bis Erreichen des normalen Qualitätslevels nach Modellwechsel

Abb. 109: Die Automobilindustrie im Vergleich Quelle: zusammengestellt nach: Womack, 1990, S. 89, S. 92, S. 118, S. 157 Suzaki, 1985, S. 10-19

IX.3.2.

Zur Begriffsbestimmung von Kaizen

Bevor der Kaizen-Ansatz und seine Implikationen näher untersucht werden sollen, ist die Frage zu beantworten, was der Begriff Kaizen eigentlich bedeutet. Sprachethymologisch betrachtet, setzt sich Kaizen aus den beiden Wörtern Kai und Zen zusammen (s. Abb. 110). Während mit Kai die Veränderung bzw. der Wandel gemeint ist, steht Zen für das Gute (Simon, 1996, S. 29). Im übertragenen Sinne lässt sich Kaizen von daher als die Veränderung zum Guten oder

Kapitel 9

als

das

Bemühen (Kanji/Asher, 1996, S.

um

369

eine kontinuierliche

51).

Verbesserung übersetzen

Kaizen zeichnet damit eine Haltung aus, die ein Bestreben offenkundig werden lässt, wonach ein ständiges Verbessern um der Verbesserung willen zum Ausgangspunkt betrieblichen Handelns wird (Heß, 1997, S. 25). Der japanische Denkansatz ist von der Leitidee geprägt, dass nur eine ständige Verbesserung aller Prozesse und Vorgehensweisen handlungsleitend für alle im Unternehmen Beschäftigten sein kann. Dieses Bemühen, eine stetige Verbesserung in allen Bereichen zu erzielen, steht im Mittelpunkt der Kaizen-Philosophie.

ZEN =

Veränderung,

Wandel

KAIZEN

=

=

zum

Besseren,

im positiven Sinn

kontinuierliche

Verbesserung

Abb. 110: Zur Begriffsbestimmung von Kaizen Quelle: Sebestyen, 1994, S. 13

IX.3.3.

Die Kaizen-Philosophie als Ausgangspunkt betrieblicher

Optimierung

Die Grundidee des Kaizen-Ansatzes besteht darin, dass nicht allein die Produktverbesserung im Mittelpunkt unternehmerischen Handelns steht, sondern die Verbesserung sämtlicher Vorgänge das Denken bestimmt. Von der Idee über die Fertigstellung bis hin zur Vermarktung und Kundenpflege einschließlich der steten Weiterentwicklung der Mitarbeiter wird zugleich ein ganzheitlicher Anspruch erkennbar, der den Kaizen-Ansatz auszeichnet. Von daher genügt es nicht, einzelne Elemente von Kaizen zu realisieren, da die Effektivität und Effizienz eines auf Kaizen beruhenden Ansatzes die Berücksichtigung aller im Wertschöpfungsprozess anfallenden Aspekte zur Folge hat (s. Abb. 111).

Kapitel 9

370

Unabhängig,

ob es sich um Prozess-, Kunden- oder Mitarbeiterorientierung einschließlich Zielvereinbarung und Zielorientierung, Gruppen- und Teamarbeit oder eine entsprechende Datenaufbereitung handelt, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Implementierung werden nur dann geschaffen, wenn neben ihrer Berücksichtigung eine Veränderung im Denken und Handeln stattfindet, deren Ausgangsbasis wiederum die ständige Bereitschaft darstellt, sich neuen Herausforderung zu stellen (Pfeifer, München, S.53Iff).

Veränderung im

Veränderung im

Denken

Zielvereinbarung Zielorientierung

Handeln

Prozess-

Qualitäts-

Gruppen-/

orientierung

bewusstsein „Fehler nicht

Teamarbeit

akzeptieren,

nicht machen, nicht weitergeben.' Kunden-

orientierung

T—^o.k.

Abb.l 11 : Voraussetzungen für eine kontinuierliche Quelle: Pfeifer, 1996, S. 553 Was die

folgende -

-

-

-

-

das Ergebnis."

in Daten

Problembewusstsein

P

„Der Prozess liefert

sprechen

u¿ Verbesserung

Kernaussagen der Kaizen-Philosophie betrifft,

so

Kaizen als kontinuierliche Verbesserung aller Arbeitsprozesse und Verhaltensweisen Kaizen ist auf Kundenorientierung ausgerichtet Kaizen zielt auf Mitarbeiterorientierung Kaizen muss vom Management getragen werden Kaizen setzt bereichsübergreifende Kommunikation und Information voraus

-

-

lassen sie sich durch

Grundsätze charakterisieren:

Kaizen heißt Denken in Prozessen Kaizen bedeutet Standardisierung der Ergebnisse

Kapitel 9

IX.3.4.

371

Der „Kaizen-Schirm"

Welche grundsätzlichen Überlegungen mit Kaizen in Verbindung gebracht werden können, welche Ziele anvisiert und welche Methoden und Techniken zum Einsatz gelangen, ist dem nachfolgenden „Kaizen-Schirm" zu entnehmen (s. Abb. 112). Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln immer wieder auf das Einbeziehen von Kaizen-Überlegungen hingewiesen wurde, sollen nun die grundlegenden Kaizen-Elemente vorgestellt werden, die als wesentlich für das Verständnis dieser Managementkonzeption gelten.

KAIZEN

















Kundenorientierung TQC (umfassende Qualitätskontrolle) Mechanisierung QC (Qualitäts-Zirkel) Vorschlagswesen Automatisierung Arbeitsdisziplin TPM (umfassende Produktivitätskontrolle)

Kanban

Qualitätssteigerung Just-in-Time Fehlerfreiheit

Kleingruppenarbeit Kooperation der Managementebenen

Produktivitätssteigerung Entwicklung neuer Produkte

Abb.112: „Der KAIZEN-Schirm" Quelle: Imai, M., 1992, S. 25

IX.3.4.1.

Kaizen und Kontinuität

Der Kaizen-Ansatz geht davon aus, dass nichts im Unternehmen perfekt ist und alles verbessert werden kann. Der Kaizen-Philosophie liegt die Annahme zugrunde, dass jedes System ab dem Zeitpunkt seiner Einrichtung dem Zerfall

preisgegeben ist,

wenn es

nicht

ständig

erneuert bzw.

verbessert wird. Deshalb

Kapitel 9

372

lautet die Kaizen-Botschaft, gehen soll.

dass kein

Tag ohne irgendeine Verbesserung

ver-

Basierend auf der Vorstellung, dass sich durch kleine permanente Verbesserungen im Betriebsalltag langfristige Erfolge einstellen, wird die Philosophie der ewigen Veränderung und der Flexibilität als eine grundlegende Handlungs-

maxime verstanden, um auf die Herausforderungen der Umwelt adäquat reagieren zu können (Frey, www.fhbb.ch,1999). Der Veränderungswille, gemäß dem Motto, dass das Gute der Feind des Besseren ist, wird dabei als ein Kontinuum verstanden. Oder um es mit Heß (1997, S. 25) auszudrücken:

„Da die Dinge ohnehin nicht so bleiben, wie sie sind, bringe ich sie in eine gute Richtung. "

Die japanische Einstellung zur Qualität beruht auf Vollkommenheit, d.h. jedes Produkt bzw. jede Dienstleistung ist mit der Zielsetzung verbunden, eine NullFehler-Qualität abzuliefern. Dies wiederum kann nur durch kontinuierliche Verbesserung erreicht werden, was bei allen Beteiligten ein entsprechendes Problembewusstsein und die Fähigkeit Probleme zu erkennen, voraussetzt. Kaizen beginnt mit einem Problem, genauer gesagt, mit dem Erkennen eines Problems und ist mit der Schlussfolgerung verbunden, dass dort, wo keine Probleme auftreten, es auch kein Potenzial für Verbesserungen gibt. Um mit einer Verbesserung überhaupt beginnen zu können, muss das Erkennen ihrer Notwendigkeit vorausgehen. Das Verleugnen oder Nichtanerkennen von Problemen, aus welchen Gründen auch immer, entspricht nicht dem KaizenDenkansatz.

IX.3.4.2.

Kaizen und

Kundenorientierung

Verbesserungen werden als ein Beitrag zur erhöhten Kundenzufriedenheit angesehen. Um die Kunden zufriedenstellen zu können, müssen aber zuerst Alle

deren Bedürfnisse erkannt werden. Sind die Bedürfnisse der externen Kunden bekannt, muss sich das Unternehmen bemühen, diese zu erfüllen. Ein derartiges Vorgehen verlangt den Einsatz der sog. „market-in"-Strategie. Die absolute Priorität der tatsächlichen und latent vorhandenen Bedürfnisse der Kunden bei der Produkt- bzw. Dienstleistungserstellung ist Inhalt der „market-in"-Strategie. Von daher werden dem Kunden Produkte/Dienstleistungen angeboten, die er tatsächlich nachfragt oder aus denen er einen Nutzen ziehen kann. Dazu gehört auch, dass Unternehmen spontan zu individueller Angebotsveränderung und anpassung in der Lage sind, denn die Fokussierung auf die Bedürfnisse der Kunden ist der erste Schritt auf dem Weg zur Kundenzufriedenheit. -

Kapitel 9

Weiße Orchideen auf den

373

Seychellen? Kein Problem

So fragen Sie nie, warum ein Gast bestimmte Wünsche hat, selbst bei den ausgefallensten nicht: Die Wunschliste eines amerikanischen Geschäftsmannes beispielsweise umfasst über 20 konkrete Kriterien. So möchte er stets in einem Kingsize-Bett mit zwei Laken und fünf Decken schlafen, er trinkt weder Alkohol, noch isst er Fleisch, dafür die Cornflakes mit Bananenscheiben.

Pünktlich

um

20 Uhr sollte der Room Service einen Liter frisch gepressten Auf dem Schreibtisch und den

Orangensaft mit sechs Gläsern servieren.

Nachttischen müssen bitte vier Blöcke und vier Bleistifte benötigt er sechs Mülleimer im Zimmer.

liegen, außerdem

spielt keine Rolle, wenn alles klappt: Weise Orchideen auf der Seychellen-Insel? Eingeflogen aus den Niederlanden, kostet ein Strauß nur 300 Dollar. Eine Flasche Laurent Perrier pro Tag? Kein Problem. Eingeflogen aus Geld

Frankreich macht das für zehn Flaschen 1300 Dollar. Manchmal aber hilft alles Geld der Welt nichts mehr, sondern nur noch Improvisation. So fragte ein russischer Gast nach einem Kondom. Im Hotelshop gab es aber keine daran hatte noch niemand gedacht. Da half ein Mitarbeiter aus. -

In: Die Zeit. Nr. 42/2000. S. 91

Demgegenüber finden sich in vielen Unternehmen immer noch die „productout"-Strategien, nach deren Philosophie Produkte/Dienstleistungen hergestellt werden, wenn dafür z.B. gerade finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, ohne sich dabei letztlich an den Bedürfnissen der Kunden (www. fbma/kaizen. de).

zu

orientieren

Während der herkömmliche Kundenbegriff sich auf den externen Kunden beschränkt, bezieht Kaizen auch den internen Kunden mit ein. Dies bedeutet, dass jeder im Unternehmen, der etwas abnimmt, zum Kunden wird. Der im nachgelagerten Prozess arbeitende Mitarbeiter wird somit zum internen Kunden, der ebenso wichtig ist wie der externe Kunde (Imai, 1997, S, 7). Auf jeder Stufe des Prozesses ist es unerlässlich nach vorne, zu seinem nächsten internen Kunden, und zurück, zu seinem internen Lieferanten zu schauen, um die Erfüllung der internen Anforderungen zu überprüfen, ohne dabei die ursprünglichen externen Anforderungen des Kunden außer acht zu lassen. Vor allem kommt es darauf an, keine Fehler an interne Kunden (Kollegen) weiterzugeben. Da Fehler sich in der Regel erst in den nachfolgenden Prozessen auswirken, besteht die Gefahr, dass sie sich bis zum Kunden fortsetzen und sich teilweise sogar kumulieren. Durch die gemeinsame Problemlösung mit Kollegen aller Funktionsbereiche erlangt der Mitarbeiter eine größere Kenntnis über die Prozessabläufe sowie über die Abteilungsschnittstellen. Damit entwickelt er mehr Verständnis für die Anforderungen und Bedürfnisse seines internen Kunden, was wiederum zu einer

Kapitel 9

374

Qualitätsverbesserung

führt. Gelingt es die nachfolgende/n Abteilung/en oder Ebene/n auf diese Art und Weise zufriedenzustellen, dann schafft die interne Kundenzufriedenheit die Voraussetzung für eine langfristig angelegte externe

Kundenbindung.

IX.3.4.3.

Kaizen und Mitarbeiterorientierung

Der Mitarbeiter steht im

Mittelpunkt

einer auf Kaizen

ausgerichteten

Unternehmensphilosophie. Er sorgt dafür, dass ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess in Gang kommt und umgesetzt wird. Dieser Ansatz ist jedoch nicht als Methode zu betrachten, sondern vielmehr als prozessorientierte Denkweise im Sinne einer Geisteshaltung zu begreifen, die gleichzeitig Ziel und grundlegende Verhaltensweise im täglichen (Arbeits-)Leben darstellt (Kamiske/ Brauer, 1995, S. 63).

Durch Kaizen soll es jedem Beschäftigten darüber hinaus möglich sein, seine Probleme zu erkennen und ohne Angst vor negativen Auswirkungen auf Ansehen oder berufliches Fortkommen einen positiven Beitrag zum Unternehmensergebnis zu leisten. Fehler werden daher mehr im Sinne eines Lernprozesses verstanden, deren Abbau zur eigenen Weiterentwicklung beitragen kann und nicht per se als negativ angesehen wird. Die Wichtigkeit einer auf den Mitarbeiter abgestellten Unternehmenspolitik zeigt sich in der Aussage „In Kaizen investieren, heißt, in Mitarbeiter investieren" (Mählck/Panskus, 1993, S. 91).

Dabei ist striktes hierarchisches Denken mit den Zielen von Kaizen nicht vereinbar. Zwar bestehen auch hier Hierarchiestufen, doch im Unterschied zu „westlichen" Unternehmen, bei denen meist nur die obersten Führungsebenen an Veränderungen oder sonstigen Entscheidungen beteiligt sind, werden in einem Kaizen-Unternehmen, wie die Abbildung 113 zeigt, alle Mitarbeiter, vom Topmanager bis hin zum Arbeiter, von Anfang an in die Entscheidungsprozesse mit einbezogen. Gerade die aktive Beteiligung aller Mitarbeiter sorgt dafür, dass sich das Unternehmen ein Kreativitätspotential erschließt, das ohne Kaizen nicht erreichbar ist. Da jeder Mitarbeiter durch seine tägliche Arbeit einen reichhaltigen Fundus an Erfahrungen und Fachwissen auch über sein eigentliches Aufgabengebiet hinaus besitzt, stellt es eine vorrangige Aufgabe von Kaizen dar, sich dieser Wissens- und Erfahrungsquelle zu bedienen. Dieses Postulat bringen Higgins/Wiese (1996, S. 1) mit folgender Aussage auf den Punkt: -

-

375

Kapitel 9 „

Die Unternehmen müssen

lernen, ihr Kreativitätspotential schneller

und gewinnbringender in marktgerechte Innovationen umzuwandeln.

Top Management

Mittleres Management und Stab Entwicklung und Durchsetzung der vom

"

Arbeiter

Meister

Einführung von KaiFunktionstüchtige zen als grundlegende Anwendung von Strategie Top Management ent- Kaizen wickelten Zielsetzungen durch verbreitende Maßnahmen und interfunktionales Mana-

Teilnahme an Kaizen durch Anregungen und Kleingruppenaktivität

gement

Förderung von Kaizen durch geeignete Hilfsmittel

Nutzung von Kaizen in Planentwicklung zur Disziplin innerhalb funktionalen Systemen Realisierung von der Arbeitsgruppen Kaizen und För-

derung von Führungseigenschaften

Etablierung von Kai- Festigung, Erhaltung zen und interfunktiound Steigerung der nalen Zielen

Standards

Unterstützung von

Kleingruppenaktivitäten sowie

von

Weiterentwicklung der

bewußten Auseinandersetzung mit dem Arbeitsprozess zur bes-

individueller Auseinandersetzung mit seren Lösung von dem Arbeitsprozess Problemen

Realisierung der Ziele Förderung des Kaizen- Einführung von Erhöhung der FachKaizens durch verBewußtseins der Arbei- Disziplin innerhalb kenntnis und Arbeitsbreitende Maßnahmen ter durch intensive der Arbeitsgruppen erfahrung durch und Vorträge weiterführende SeTrainings-Programme minare

Aufbau von Systemen, Arbeitstechniken und Strukturen entsprechend dem

Kaizen-Prinzip

Hilfestellung für die

Förderung neuer

Arbeiter bei der EntKaizen-Ideen wicklung von Problem-

lösungen

Abb. 113: Die Einbeziehung aller Mitarbeiter im Kaizen-Ansatz

Quelle: www.tbma.de/Kaizen/grundlag.,09.02.00

Kapitel 9

376

Um eine echte Beteiligung der Mitarbeiter zu erreichen, wird eine Delegation von mehr Verantwortung an nachgeordnete Mitarbeiter sowie die aktive Beteiligung an Entscheidungsprozessen zu einer unabdingbaren Voraussetzung für alle nachgelagerten Aktivitäten.

Top Secret Eine neue Qualität der Zusammenarbeit ist gefragt, in der Menschen mit unterschiedlicher Ausbildung, Herkunft, Funktion und Fähigkeit zu einem offenen und ehrlichen Austausch zusammenfinden. Die Kommunikation muss in Gang gesetzt, Tabus müssen durchbrochen werden. Dabei spielt die persönliche Wahrnehmung jedes Mitarbeiters eine wesentliche Rolle. „Wer über die Vielfalt von Meinungen zu einer neuen Qualität kommen will, muss bereit sein, andere Sichtweisen kennenzulernen und die subjektive Welt und Realität anderer Mitarbeiter zu verstehen. Anpassungsprozesse erfordern die Akzeptanz von allen". Robert A. Sedlák, Vorsitzender der integra Who's Who, Europa Magazin, Nr. 2/2000

development BDU,

in:

Welche Defizite hier bei deutschen Unternehmen zu beobachten sind, zeigen die einer internationalen Untersuchung (Wallmüller, 1995, S. 32ff), in der u.a. der Frage nachgegangen worden ist, in welcher Weise die Mitarbeiter aktiv in EntScheidungsprozesse eingebunden werden (s. Abb. 114). Während bei japanischen Unternehmen 39% der Mitarbeiter an regelmäßigen Besprechungen zum Themenbereich Qualität teilnehmen, liegt der Prozentsatz in Kanada bei 15%, in den USA bei 10% und in Deutschland nur bei 5%.

Ergebnisse

0%

10%

20%

30%

40%

50%

Abb. 114: Aktive Beteiligung der Mitarbeiter zur Förderung der Qualität Quelle: Wallmüller, 1995, S. 32

Ähnlich unterschiedliche Ergebnisse werden in den nachfolgenden Abbildungen 115 und 116

offenkundig. Geht es um die Frage, inwieweit die Mitarbeiter in die

377

Kapitel 9

Aufgabenverteilung mit eingebunden sind, dann werden die unterschiedlichen Auffassungen deutlich. In japanisch geprägten Kaizen-Unternehmen werden alle Ebenen in den Verbesserungsprozess mit einbezogen. In westlichen Unternehmen dagegen werden diese Aufgaben ausschließlich vom Top und vom Mittleren Management wahrgenommen.

Verbesserung

Top Management Mittleres Management Meister

Erhaltung

Arbeiter

Japanische Auffassung von Aufgabenteilung Quelle: Imai, M., 1994, S.28

Abb.115:

Verbesserung

Top Management Mittleres Management Meister

Erhaltung

Arbeiter Abb. 116: Westliche

Quelle:

IX.3.4.4.

Auffassung von Aufgabenteilung

Imai, M., 1994, S.28

Kaizen und

Management

Wenn die adäquate Umsetzung der Kaizen-Philosophie eine generell veränderte Einstellung gegenüber bisherigen Verhaltensweisen und Denkprozessen dem gesamten Unternehmen abverlangt, dann ist für einen derartigen Paradigmenwechsel in aller erster Linie das Management verantwortlich. Ganzheitliches Denken und ein Wandel der Unternehmenskultur, die von der Zweck- hin zur Sinngemeinschaft führt, verlangt eine unternehmensinterne Neubestimmung, die vom Management zu initiieren ist und alle darunterliegenden Ebenen in die Neuausrichtung mit einzubeziehen hat. Ohne den entschlossenen Willen, die

378

Kapitel 9

Voraussetzungen für eine neue Unternehmensphilosophie und deren Implementierung zu schaffen, wird jeder noch so gutgemeinte Ansatz scheitern. Die

Schaffung eines derartigen Unternehmensklima allerdings ist wiederum Aufgabe des Management, d.h. die Unternehmensleitung muss eine umfassende Verpflichtung zu Kaizen ablegen und die Mitarbeiter nach allen Kräften in ihren Kaizenbemühungen unterstützen. Die Unternehmensleitung ist somit der Motor für Kaizen und die entscheidende Stelle für eine Neupositionierung des Unternehmens.

Da der

Erfolg von Kaizen stark von der Qualifikation und der Eignung der Mitarbeiter abhängt, müssen die Beschäftigten lernen, „kaizen-orientiert" zu denken und zu handeln. Ein neues Qualitätsbewusstsein der Mitarbeiter ist gefordert. Durch Trainingsmaßnahmen und Schulungen, deren Initiierung durch das Management erfolgt, gilt es, die Fähigkeiten der Mitarbeiter so zu verbessern, dass sie Probleme rechtzeitig erkennen und einer Lösung zuführen können, die anschließend eine Standardisierung erfahrt. Wie Informationen in einem Unternehmen weitergegeben werden und wie man untereinander kommuniziert, lässt z.B. erkennen, inwieweit man bereits KaizenÜberlegungen praktiziert oder nicht. Hierarchieorientiertes Denken mit dem Monopol der Informationsbündelung an der Spitze eines Unternehmens hat mit Kaizen nichts zu tun. Wer von Mitarbeitern unternehmerisches Denken verlangt, muss sie auch mit den dafür notwendigen Informationen ausstatten. Werden nur die obersten Führungsebenen dabei involviert und bleiben die Mitarbeiter vom Informationsfluss ausgespart, kann Kaizen nicht erfolgreich implementiert werden. Gleiches gilt für das richtige Kommunikationsverhalten. Wer nicht regelmäßig den Kontakt mit seinen Mitarbeitern sucht, wird nicht in der Lage sein, Probleme rechtzeitig aufzugreifen und sie einer Lösung zuzuführen. Management by walking oder travelling around, die Etablierung von Qualitätszirkeln oder jour fixe Besprechungen sowie die adäquate Nutzung der neuen elektronischen Medien zeigen beispielhaft auf, wie ein unmittelbarer Kontakt zu den Mitarbeitern gesucht werden kann (Bethune, 1999, S. 8). Da Kommunikation sich immer auf den Austausch von Informationen bezieht, lassen sich im Hinblick auf die Informationsweiterleitung zwei Richtungen feststellen. Während das Top-Down- und Bottom-Up-Prinzip als vertikaler Austausch von Informationen angesehen werden kann, entspricht die bereichsübergreifende Kommunikation dem horizontalen Informationsaustausch (Fank, 1996, S. 44). Zwar sind damit unterschiedliche Zielsetzungen verbunden, die aber gebündelt als effektives Medium die Informationspolitik eines Unternehmens nachhaltig bestimmen (Majaro, 1993, S. 3Iff).

Kapitel 9

379

Welche Defizite hierbei von den deutschen Unternehmen noch aufzuarbeiten sind, wird mit Blick auf japanische Firmen offenkundig. Auf diesen Unterschied weist der japanische Managementguru Minoru Tominaga (1995, S. 24) hin, wenn er schreibt:

„Zur Verschwendung gehört für mich ganz wesentlich,

wenn

wir die

Talente, Fähigkeiten und Kenntnisse unserer Mitarbeiter nicht nutzen. In Deutschland sieht man in einem Arbeiter oft nur eine Hand, die In Japan sieht man immer den ganzen Menschen mit seinem Kopf. In Deutschland sagt man immer noch: Du sollst nicht denken, etwas tut.

du sollst arbeiten. Wenn man das eine ohne das andere tut, dann ist es Verschwendung. Weil man arbeiten soll, ohne zu denken, glaubt man in Deutschland auch nur zu oft, dass ein Roboter einen Menschen ersetzen könne. Aber der hat weder neue Ideen, noch macht er einen

Verbesserungsvorschlag.

IX.3.4.5.

Deming

s

"

PDSA-Modell und Kaizen

Ausgehend von der Philosophie der ständigen Verbesserung von Prozessen und Zuständen lässt sich analog zu Deming's Modell ein PDCA-Zyklus entwickeln, der basierend auf den vier Phasen die Kaizen-Arbeitsweise verdeutlichen hilft (s. Abb. 117). -

-

Was die einzelne Schrittabfolge betrifft, so wird zunächst der Ist-Zustand analysiert und Informationen über Probleme und Verbesserungsmöglichkeiten gesammelt. Es werden spezifische Verbesserungsmaßnahmen untersucht und anschließend ausgewählt (Plan). Diese geplanten Verbesserungen und Ziele werden im zweiten Schritt durch bestimmte Maßnahmen umgesetzt (Do). Die sich daraus ergebenden Ergebnisse werden ausgewertet und insbesondere geprüft, inwieweit die gesetzten Verbesserungsziele erreicht wurden (Study). Ist das Ergebnis positiv, werden die Arbeitsmethoden standardisiert, war die Änderung nicht erfolgreich, so wird sie verworfen oder der Zyklus mit geänderten Rahmenbedingungen durchlaufen (Action). Damit wird sichergestellt, dass der neue Zustand als Standard festgeschrieben und fortan mit den neuen Methoden gearbeitet wird. Da sich ein Zyklus ständig wiederholt, gilt der neue Standard wiederum als Ausgangsbasis für die nächsten Verbesserungsschritte.

Kapitel 9

380

ACTION

PLAN

Maßnahmen umsetzen Ziele festlegen, Abläufe neu gestalten

Verbesserungen planen

Ideen generieren Vorschläge sammeln

STUDY

DO

Messen

Einführen Standardisieren

Maßnahmen überprüfen

Ergebnisse bestätigen

Vorbeugen

Abb. 117: Deming's PDSA-Modell und Kaizen Quelle: www.fbma.de/Kaizen/grundlag.htm, 09.02.2000

IX.3.4.6.

Kaizen und Innovation

Während in japanischen Unternehmen im Sinne von Kaizen der Weg der kleinen Schritte bevorzugt wird, fokussieren sich die westlichen Unternehmensstrategien mehr auf die großen Veränderungen, die sich als Innovationen umschreiben lassen. Da beide Denkansätze zum Fortschritt und Erfolg eines Unternehmens entscheidend beitragen, sich allerdings in ihren Merkmalen unterscheiden (s. Abb. 118), sollen im Folgenden die Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen herausgearbeitet und gleichzeitig ihre gegenseitige Verflechtung beschrieben werden. Unter Innovation versteht

einschneidende Veränderungen, wie sie z.B. neue Produktionsverfahren darstellen, die oder technologische Neuerungen meist mit hohen Kosten verbunden sind. Innovationen verlaufen „dramatisch" und werden von den Konkurrenten bemerkt. Der durch die Innovation erreichte Vorsprung wird durch die Reaktionen der Konkurrenten meist schnell aufgeholt, wie die Beispiele in der Computerbranche oder in der Automobilindustrie man

zeigen. Im

Gegensatz dazu verläuft Kaizen weniger spektakulär. Basierend auf Weg der kleinen Veränderungen erfolgen marktnahe Verbesserungen, die

dem dem Unternehmen auf Dauer einen Wettbewerbsvorsprung sichern können. Die auf diese Weise erzielten Ergebnisse sind zwar meistens auf den ersten Blick kaum

Kapitel 9

381

sichtbar, wenig dramatisch und oft klein, ja winzig, jedoch stellen sich am Ende, kumuliert betrachtet, ganz beträchtliche und spektakuläre Ergebnisse ein (Oess, 1994, S. 208). KAIZEN

langfristig und ausdauernd,

1. Effekt

2.

aber undramatisch kleine Schritte

Tempo

3. zeitlicher Rahmen

kontinuierlich und

INNOVATION

kurzfristig, aber dramatisch große Schritte

steigend

unterbrochen und befristet

4.

Erfolgschancen

gleichbleibend hoch

abrupt und unbeständig

5.

Protagonisten

jeder Firmenangestellte

wenige „Auserwählte"

6.

Vorgehensweisen

Kollektivgeist, Gruppenarbeit, „Ellenbogenverfahren", individuelle Ideen und Systematik Anregungen

7. Devise 8.

Erfolgsrezept

9. Praktische Voraus-

setzungen

Erhaltung und Verbesserung

Abbruch und Neuaufbau

konventionelles Know-how Technik

technologische Errungenschaften, neue Erfindungen, neue Theorien

kleines Investment, großer Einsatz zur Erhaltung

Einsatz zur Erhaltung

und der jeweilige Stand der

großes Investment, geringer

10.

Erfolgsorientierung

Menschen

Technik

11.

Bewertungskriterien

Leistung und Verfahren für bessere Ergebnisse

Profitresultate

hervorragend geeignet für eine langsam ansteigende

hauptsächlich geeignet für eine rasch ansteigende Wirt-

12. Vorteil

Wirtschaft

schaft

Abb. 118: Merkmale von Kaizen und Innovation

Quelle:

www.fbma.de/Kaizen/grundla.htm

Innovationen zeichnen sich meist durch einen hohen finanziellen Aufwand aus. Derartige Aufwendungen lassen sich aber am ehesten in rasch expandierenden Märkten amortisieren. Demgegenüber lässt sich das an Kaizen orientierte Denken auf gesättigten und schrumpfenden Märkten, auf denen die Konsumenten immer höhere Ansprüche an die Qualität stellen und zudem die Notwendigkeit besteht, Kosten weiter zu senken, vorteilhaft einsetzen.

Kapitel 9

382

jedoch nicht übersehen dass Kaizen und Innovation sich gegenseitig nicht ausschließen, sondern im Sinne der Unternehmensoptimierung als komplementäre Größen zu betrachten sind. Der begrenzte Handlungsrahmen von Kaizen ist hierbei durch Innovationen zu erweitem, da nur dadurch nachhaltige Veränderungen bewerkstelligt werden können (s. Abb. 119). gerade werden,

Trotz oder

wegen der genannten Unterschiede darf

© schrittweise und

beständige Optimierung

Verbesserung schneller umsetzbar

O begrenzter Handlungsrahmen nur

nur

kleine

Korrekturen leichter möglich

Veränderungen

Verbesserungen vom Wettbewerber nicht so

WettbewerbsInnovationen nicht ausgleichbar

schnell wahrnehmbar

erreichte Ergebnisse vom Wettbewerber nicht schnell nachvollziehbar

D

Kaizen ist wichtig, kann aber nachhaltige Veränderungen durch Innovationen nicht ersetzen.

Abb. 119: Kaizen als kontinuierlicher Verbesserungsprozess Quelle: Töpfer, 1999, S. 431

Die

Schlussfolgerung

kann deshalb nur lauten, dass dann, wenn sich durch Kaizen-Überlegungen an den vorhandenen Standards keine weiteren Verbesserungen mehr erzielen lassen, der Zeitpunkt für Innovationen gekommen ist. Auf die Zeitschiene übertragen bedeutet das allerdings kein Nacheinander, sondern der Einsatz von Kaizen setzt parallel auch immer voraus, dass das Unternehmen kontinuierlich an Innovationen arbeitet. Wird eine Innovation durch Kaizen ergänzt, so kann das theoretische Erwartungsniveau der Innovation nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen werden (Imai, 1992, S. 49ff). Damit kann gleichzeitig der Gefahr vorgebeugt werden, dass die Übernahme der Innovation durch andere Konkurrenten zu einem Wettbewerbsnachteil wird. Da das Ziel von Kaizen in diesem Kontext das kontinuierliche Bemühen zur Verbesserung einer Innovation darstellt, werden Innovationen so weiterentwickelt, dass das dem Kunden angebotene Produkt bzw. die ihm offerierte Dienstleistung immer eine höhere Nutzenerwartung beinhaltet als die entsprechende Gegenleistung der Konkurrenz.

Kapitel 9

IX.3.4.6.1. Wenn

383

Innovationsmanagement

bedenkt, dass zwischen 50 bis 60 Ideen notwendig sind, um eine erfolgreich in eine Innovation umzusetzen, dann wird erkennbar, welcher Anstrengungen es bedarf, um der Unternehmensressource Kreativität zum man

davon

Durchbruch zu verhelfen. Wissen ist für viele Unternehmen schon heute ein entscheidender Produktionsfaktor, der bislang aber wenig effizient genutzt wird

(Bullinger, 1998, S.22).

Immer noch fehlt

in einer Vielzahl an deutschen Unternehmen an einem Innovationsmanagement, das die entsprechenden Überlegungen systematisch bündelt. Da die Kreativität der Mitarbeiter nur durch eine verstärkte Einbeziehung ihres Wissenspotentials gesteigert werden kann, muss dafür gesorgt werden, dass diese Ideen auch effektiv umgesetzt werden. Ohne die Entwicklung einer „Doppelkraft von Kreativität und Innovation' '(Majaro, 1993, S. 5) wird es den Unternehmen nicht gelingen, die entsprechende Motivation bei den Mitarbeitern freizusetzen. In diesem Zusammenhang ist ein zielorientiertes Human Resource Management gefordert, das einen kontinuierlichen Innovationstransfer unterstützt und auch in der Unternehmensorganisation seinen Niederschlag findet.

IX.3.4.6.2.

es

Erhöhung der Innovationsanstrengungen

Herausforderungen es in diesem Kontext geht und welche Schritte umgehend einzuleiten sind, hat Rolf Berth (1994, S. 397ff) in einem 7-Punkte Katalog zusammengefasst, der in verkürzter Form hier dargestellt werden soll: Um welche

1.

Verdreifachung der Innovationsanstrengungen: Verstärkte Innovationen bringen wahrscheinlich ein Vierfaches der Ertragschancen durch Rationalisierungsmaßnahmen.

2. Suche und Förderung der Kreativen: Über innovationsbezogenes Wissen, ohne das der Erneuerungswille kaum umzusetzen ist, verfügen nur 15 Prozent der Manager. Dadurch wird das Erreichen von Wettbewerbsvorteilen gegenüber Konkurrenten verhindert und kostet der deutschen Gesellschaft Milliarden. 3. Teameffizienz: Die Teameffizienz ist in Deutschland nicht hoch genug,

überflüssige

nur

was

Personalkosten in Milliardenhöhe verursacht. Diese lässt sich durch eine neue Technik im gegenseitigen Umgang und ausreichende

Kapitel 9

384

Kenntnisse über Kreativitätstechniken Überlegenheit beweist. 4.

erhöhen, wie

die

japanische

Zeitmanagement und simultanes Vorgehen: Innovationsprojekte dauern in Deutschland doppelt so lange wie geplant, während die Japaner diese sehr

schnell realisieren und sich somit milliardenschwere Konkurrenzvorteile schaffen. Daher müssen systematische Arbeitstechniken eingeführt werden, weil diese in 83 Prozent der Unternehmen ungenügend oder gar nicht eingesetzt werden. 5.

Durchbruchsprojekte: Die meisten Unternehmen schrecken Durchbruchsinnovationen aufgrund falscher Vorstellungen über deren

Stärkung vor

der

Risiken zurück. Das ist falsch, da sich nur mit diesen eine dominante Position erreichen lässt.

Ideenpflege

6.

Eine Topmanagementaufgabe: Die deutschen Manager unterschätzen den Ideenvorrat in den Firmen, wodurch Innovationspläne scheitern müssen. In 70 Prozent der Unternehmen fällt die Ideenpflege so gering aus, dass eine Verdreifachung der Anstrengungen notwendig erscheint.

7.

Sofortprogramme noch heute: Viele Manager denken, dass eine Verbesserung des innovativen Potentials des Unternehmens nur auf lange Sicht möglich ist. Das ist falsch, denn schon mit einjährigen Sofort-

-

-

programmen lässt sich viel erreichen.

Ohne die adäquate Nutzung des Kreativitätspotenzials der Mitarbeiter wird es nicht möglich sein, die Voraussetzungen für die Implementierung von Kaizenund Innovationsbemühungen zu gewährleisten. Wenn die Unternehmen das Know-how ihrer Beschäftigten besser nutzen wollen, müssen sie Maßnahmen einleiten, die den Mitarbeiter zum Mitdenker werden lassen. Letztendlich liegt es am Management, die richtige Weichenstellung einzuleiten. Von da aus ist dem Siemens-Chef, Heinrich von Pierer, voll zuzustimmen, ein neues Führungsverhalten fordert:

wenn

er

„Früher sah mancher Wissen als

ein Machtinstrument an, das es halten kommt es darauf an, Wissen für Heute Verschluss galt. alle Mitarbeiter frei verfügbar zu machen, um so deren Kreativität und Engagement zu entfesseln" (Sobull, 1997, S.l). unter

zu

Kapitel 9

387

Um welches Potential an Einsparungen es im einzelnen geht, belegen eindrucksvoll die folgenden Zahlen: Die BASF AG sparte z.B. in 1997 45 Millionen DM ein, wovon 5,2 Millionen DM als Prämie an die Mitarbeiter gingen (OZ, 06.01.1998, S. 5). Der Lufthansa gelang es bereits im Jahre 1996, im Rahmen des neu aufgelegten „Denk-Mit-Programms", Einsparungen in Höhe von 13,4 Millionen DM zu realisieren. Die kreativen Lufthansa-Mitarbeiter konnten sich dabei über eine Prämie von über vier Millionen DM freuen (Knöfel, 1997, S. 25). Das frühere Vorstandsmitglied des VolkswagenKonzerns, Ignazio Lopez, sparte VW in den ersten 100 Tagen durch Verbesserungsmaßnahmen mehr als 2 Milliarden DM (Bock, 1996, S. 1).

Einen guten Überblick über das Einsparungs- und Prämienvolumen, die durchschnittliche Erfolgsprämie, die Gesamtzahl an Verbesserungsvorschlägen und ihre Realisierungsquote sowie die dabei ausgezahlten Höchstprämien verschafft die nachfolgende Abbildung 120. GesamtHöchstEinDurchschnittl. zahl der VorRealisations-/ prämie in sparungen Prämien- Erfolgsprämie in Mill. DM volumen DM in DM schlag^ Erfolgsquote

BAYER Bosch IBM

9,9 10,4 17,3

2,55 2,7 4,9

800 900 2800

7698 8600 7220

41% 37% 23%

Benz

37,1

Opel

76,7 3,6

11,8 11,4 0,84 15,6 20,6

1430 1293 883 400 1321

26635 29554 2231 84000 61170

31% 33% 36% 48% 25%

Mercedes

SEL Siemens VW

71

80,4

keine Obergrenze 200.000 250.000 keine Obergrenze 100.000 100.000 200.000 100.000

Jahr der Ein-

fiihrung 1909 1928 1937

1952 1950 1954 1910 1949

Abb. 120:

Einsparungen durch Mitarbeiterideen Quelle: Krause, 1996, S. 21

Addiert man dabei nur die Einsparungen der acht in dieser Abbildung genannten Unternehmen auf, so ergibt sich eine eingesparte Summe von mehr als 300 Millionen DM. Die zuvor genannten Einzelbeispiele unterstreichen darüber hinaus die finanzielle Größenordnung, um die es in diesem Kontext geht. Würden alle deutschen Unternehmen, unabhängig, ob es sich um Klein-, Mitteloder Großbetriebe handelt, sich ganz konsequent dem Vorschlagswesen verschreiben, dann wären Kosteneinsparungen in Milliardenhöhe Jahr für Jahr zu

erwarten.

Kapitel 9

388

Allerdings zeichnet die Wirklichkeit ein anderes Bild. Eigene Untersuchungen haben ergeben, dass nur eine Minderheit aller deutschen Betriebe über ein strukturiertes Verbesserungswesen verfügt. Zwar geben viele Unternehmen an, dass sie Verbesserungsvorschläge seitens der Belegschaft begrüßen, doch wie eine konkrete Umsetzung aussieht, bleibt bei vielen Firmen unklar. Weder gibt es bei der Mehrheit der Betriebe eine Stelle/Abteilung, die alle eingereichten Vorschläge registriert und zur Bearbeitung an die entsprechenden Fachabteilungen weiterleitet noch finden sich klare Regelungen, wie man Verbesserungsvorschläge, unabhängig, ob umgesetzt oder nicht, honoriert. Eine Demotivation der Mitarbeiter ist die Folge mit der Konsequenz, dass das ungenutzte Ideenpotential millionenfache Kosteneinsparungen verhindert. Die Müllmänner von Gütersloh Drei Müllmänner aus Gütersloh haben Geschichte geschrieben. Sie kamen auf die Idee, Altholz getrennt vom übrigen Sperrmüll abzuholen und es zu verkaufen, statt auf die Deponie zu bringen. Rasch wurde errechnet, dass dies jedes Jahr 25 500 Euro an zusätzlichen Einnahmen bringt. Die ebenso findigen wie fleißigen Entsorgungsexperten dürfen fortan gemeinsam mit sechs „Springern" 40 Prozent dieser Summe als „Top-Zuschlag" einstreichen. Weitere 35 Prozent fließen in die klamme Kommunalkasse, das restliche Viertel in einen „Ausgleichsfond". Daraus sollen städtische Mitarbeiter honoriert werden, die ebenfalls besonders engagiert sind, aber keinen finanziellen Profit

erzielen.

In: Rheinischer Merkur,

IX.3.5.2.

17.04.2003, Nr. 16, S.

11

Verbesserungsvorschläge als Motivationsinstrument

Wie relativ einfach

ist, das Wissen der Mitarbeiter abzurufen und durch eine entsprechende Honorierung ihrer Verbesserungsvorschläge sie auch zu motivieren, soll in diesem Kapitel gezeigt werden. Dabei

es

geht es zunächst nicht um „den" Einzelvorschlag, der zu einer entscheidenden großen Veränderung im Unternehmen führt und mit einer hohen Geldprämie verbunden ist. Viel wichtiger ist es aufzuzeigen, dass es gerade die kleinen Verbesserungen sind, die in ihrer Summe Unternehmen helfen können, Kosten zu senken und so zu einer Qualitätsverbesserung der Produkte/ Dienstleistungen einen Beitrag zu leisten. Dem Mitarbeiter das Gefühl zu vermitteln, dass seine Vorschläge erwünscht sind und ihm gleichzeitig Wege

Kapitel 9

390

Wochenende im Unternehmen. Warum, beginnt er sich zu fragen, Heizkörper weiterhin mit einer Temperatur von 22 Grad laufen, wenn sich so gut wie keiner mehr im Unternehmen aufhält. Ist es nicht ausreichend, wenn das Thermostat in dieser Zeit auf 12 Grad heruntergefahren wird und erst am Montag gegen 6.00 Uhr wieder auf vollen Touren zu laufen beginnt. Des Weiteren schlussfolgert er, dass ein ähnliches Herunterfahren an den Feiertagen dem Unternehmen Kostenersparnisse bringen würde. Seinen Beobachtungen nimmt er nun zum Anlass, einen Verbesserungsvorschlag einzureichen. mehr

am

müssen die

zeigt dieses Beispiel? Zunächst macht es deutlich, dass jeder betriebliche Vorgang bzw. jede Verfahrensweise verbessert werden kann. Allerdings bedarf es dazu Mitarbeiter, die bereit sind, sich über das Alltagsgeschäft hinaus mit dem Unternehmen und seinen Zielen positiv auseinanderzusetzen. Ihre Motivation ist gefragt. Dies wiederum setzt voraus, dass das betreffende Unternehmen ein Arbeitsklima schafft, das ein derartiges Denken und Handeln ermöglicht. Das Beispiel hat darüber hinaus aber auch klar gemacht, dass neben den Verbesserungen am eigenen Arbeitsplatz Veränderungen auch an anderen Stellen möglich sind, die nicht in direktem Bezug zur gegenwärtigen Aufgabenstellung stehen. Was

Damit

Kreativitätsblockaden kommt, sind neben extrinsischen in Motivationsanreizen Form von Geld- und/oder Sachprämien auch Führungseigenschaften gefragt, die Lob und Anerkennung als Stimulation einsetzen. Die Erkenntnisse der Herzberg-Studie (Herzberg/Mausner/Snyderman, 1967, S. es

nicht

zu

112),

die intrinsische Motivatoren als wesentlich für den Unternehmenserfolg ansehen, sind dabei Teil eines in sich geschlossenen Verbesserungswesen.

IX.3.5.3.

Art und Honorierung von der betrieblichen Praxis

Verbesserungsvorschlägen in

Anhand einer Reihe

von Praxisbeispielen soll nun aufgezeigt werden, wie Verbesserungsvorschläge aussehen können, die von Mitarbeitern eingereicht wurden und welche Honorierung sie von Seiten des jeweiligen Unternehmens

erfahren haben: In der

Abgas-Service Abteilung bei der Audi AG war einem Elektromeister aufgefallen, dass alle elektrisch beheizten Gasrohre, insgesamt gut 700 Meter lang, im Pausenbetrieb zuviel Strom verbrauchten. Seine Idee, die Betriebstemperatur zum Arbeitsende von 130 Grad auf die vom Hersteller zulässige Temperatur von 100 Grad abzusenken, verringerte -

Kapitel 9

391

den Energieverbrauch um etwa 130.000 KWh pro Jahr. Über die Höhe der Prämie wurde allerdings keine Aussage gemacht (Sobull, 1997, S. 1). 30.000 DM erhielten Ernst Mayer und Johann Schachtel von der Firma Siemens, weil sie die Idee hatten, die Kanten eines kleinen Zahnrads abzuschleifen. Mehrere Hunderttausend von diesen Zahnrädern stecken in den Produktionsanlagen des Elektronikherstellers. Die scharfen Kanten -

beschädigten einen Übertragungsriemen und ließen regelmäßig die Produktionsanlagen stehen. Dank des Vorschlags der beiden Mechaniker spart Siemens nun 200.000 DM jährlich. Übrigens: Die Idee kam den beiden auf einer Fortbildungsveranstaltung beim Hersteller der Maschinen (Johannsmann, 2000, S. 14). 349.000 DM bekam ein Mitarbeiter von der Mercedes-Benz AG im Jahre 1994 als sein Vorschlag, die Abdichtung für die Motorhaube eines Modells aus einem anderen Werkstoff und mit einer anderen Verfahrenstechnik herzustellen, umgesetzt wurde und er so seinem Arbeitgeber zu einer jährlichen Kostenersparnis von 2,3 Millionen DM verhalf (FAZ, 23.03.1995, S. 6). Ohne allerdings den genauen Verbesserungsvorschlag zu beschreiben, gelang es im Jahr 1999 einem Mitarbeiter bei Daimler/Chrysler eine Prämie von 562.860 DM zu erhalten (Johannsmann/Meyer, 2000, S. 1). -

120.000 DM zahlte die Siemens AG im Jahre 1997 an einen Mitarbeiter dem Bereich Energieerzeugung, der wartungsaufwendige Hilfskessel bei Dampfkraftwerken überflüssig machte (Knöfel, 1997, S. 25). -

aus

Die Deutsche Bank kann darauf verweisen, dass sie an einen Mitarbeiter im Jahre 1999 240.000 DM Prämie überwiesen hat, der eine Neuberechnung ihrer Geldautomatenbeschickung vorgenommen hatte (Fiedler-Winter, 1999, S. 19). -

Tag für Tag packte ein Arbeiter bei der Opel AG in Eisenach zwei Schrauben zur Befestigung der Nummernschilder in die vom Band laufenden Opel Corsa. Monat für Monat werden rund 2500 dieser Wagen nach Frankreich geliefert und die Schrauben dort weggeworfen. Denn in Frankreich werden Nummernschilder nicht geschraubt, sondern genietet. Grund genug für die clevere Opel-Mitarbeiterin Carola Göschel, einen Verbesserungsvorschlag einzureichen. Der Vorschlag wurde sofort umgesetzt und monatlich sparte Opel 5000 Schrauben. -

-

-

Der jungen Eisenacherin war auch aufgefallen, dass die Schutzfolien an den Corsa-Einstiegsleisten nach der Wachsung entfernt werden. Später kamen dann Reklamationen, wenn bei der Auslieferung oder beim

Kapitel 9

392

Händler erste kleine Lackschäden an eben dieser Einstiegsleiste auftauchten. Also schlug Carola Göschel vor, entfernen wir doch die Schutzfolie erst nach dem Verkauf. Selbstverständlich entlohnte Opel seine tüchtige Mitarbeiterin, indem das Unternehmen ihr 25 Prozent der darauf entfallenen Einsparungen aushändigte (Wickel, 1997, S. 15). Dass es nicht immer nur um die großen Beträge geht, die durch eingereichte und umgesetzte Verbesserungsvorschläge zu erzielen sind, zeigen die beiden nachfolgenden Beispiele der Dresdner Arzneimittel GmbH (Krebs, 1994, S. 3): W 930052 -

Veränderung am Vetter-Leck-Dichtkissen

Einreicher: Helmut Klein, Klaus Tannenberger

Gesamtprämie: 608,.-DM

W 930047 -

Veränderung des Türgriffes Speisesaal

Einreicherin: Monika Richter Prämie: 466,- DM

IX.3.5.4.

Anzahl und

Umsetzung der Verbesserungsvorschläge

Was die Anzahl und Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen in bundesdeutschen Unternehmen betrifft, so wird gerade mit Blick auf Japan deutlich, dass dieses Instrumentarium nur unzureichend genutzt wird. Die MIT-Studie hat bereits im Jahre 1990 auf die entsprechenden Schwachstellen hingewiesen (s. Abb. 109). Während damals die japanischen Unternehmen in den USA mit 61 Verbesserungsvorschlägen aufwarteten, lag der vergleichbare Wert in Deutschland bei 0,4. Knapp 10 Jahre später ist zu konstatieren, dass nach einer Untersuchung des Deutschen Institutes für Betriebswirtschaft der Durchschnitt aller

untersuchten Unternehmen immer noch unter einem (s. Abb. 121).

pro Mitarbeiter liegt

Verbesserungsvorschlag

Kapitel 9

393

Beteiligung (Vorschläge je 100 Mitarbeiter)

Branche

1997

1998

1999

2000

2001

2002

Gummiindustrie

114

133

256

283

146

294

Automobil/ Zulieferer

83

99

78

63

84

96

Automobil

83

79

75

79

79

74

Elektroindustrie

70

66

53

72

97

178

Chemie

49

41

39

44

50

47

Banken

15

14

14

15

13

12

Versicherungen

26

16

12

15

14

18

Behörden

0,3

Industrie gesamt

59

57

67

78

90

Ingesamt alle Branchen

36

40

46

52

54

Verbesserungsvorschlage je 100 Mitarbeiter bezogen nach Branchen Quelle: zusammengestellt nach Informationen des Deutschen Instituts für Betriebswirtschaft ( www.dib.de/download/dib-report2002.pdf)

Abb. 121:

Selbst die Spitzenreiter in Deutschland, die sich in den Branchen Gummi- und Automobilindustrie finden, kommen im Jahr 2002 nur auf einen Durchschnitt von 2,94 bzw. 1,78 Verbesserungsvorschlägen pro Mitarbeiter. Noch viel dramatischer fällt die Bewertung aus, wenn man einen Blick auf die Dienstleistungsunternehmen wirft. Deutsche Banken und Versicherungen, die ansonsten zur Weltspitze zählen, spielen im Hinblick auf die Nutzung des Kreativitätspotenzials ihrer Mitarbeiter nicht nur im weltweiten Vergleich, sondern auch in der Binnenbetrachtung eine völlig untergeordnete Größe. Immerhin

gibt

es aber auch eine Reihe deutscher Unternehmen, die sich sehr dieser Problematik angenommen haben. Die nachfolgenden erfolgreich sollen im Sinne eines externen Benchmarking zeigen, welche Beispiele hier auftun. Möglichkeiten sich -

-

Beim Automobilzulieferer Mosel

Betriebswirtschaft

GmbH, den das Deutsche Institut für

innovationsfreudigsten

Unternehmen des Jahres 1999 30 Vorschläge Mitarbeiter durchschnittlich jedem eingereicht (Johannsmann, 2000, S. 15). zum

gekürt hat, werden

von

Aber auch das Opelwerk in Eisenach gehört seit Jahren zu den Spitzenreitern, wenn es darum geht, mit Verbesserungsvorschlägen zu fuhren. Bemerkenswert

Kapitel 9

394

ist hierbei die Entwicklung über die letzten Jahre hinweg. Im Sinne von Kaizen begann man im Jahre 1993 mit 6 Verbesserungsvorschlägen pro Mitarbeiter und steigerte Jahr für Jahr die betreffende Anzahl. Gemäß der Führungsphilosophie, wonach Ziele herausfordernd aber erreichbar sein müssen, lag die Zahl der durchschnittlich eingereichten Vorschläge im Jahr 1996 bereits bei 18 (Wickel, 1997, S. 15) und für das Jahr 2000 ist davon auszugehen, dass die Zahl von 27 Verbesserungsvorschläge pro Mitarbeiter angepeilt wird.

Bemerkenswert ist noch eine andere Entwicklung bei der deutschen Opel AG. Während die Opelwerke in Bochum/Rüsselsheim und Kaiserslautern im Jahr 1996 mit jeweils einem Verbesserungsvorschlag pro Mitarbeiter registriert worden sind, liegt der vergleichbare Durchschnitt beim Opelwerk in Eisenach mit 18 Vorschlägen signifikant über diesem Durchschnitt (Wickel, 1997, S. 15).

diejenigen Unternehmen an, die die größte Umsetzungsrate an Verbesserungsvorschlägen in Deutschland ausweisen, dann nimmt das Dieselmotorenwerk in Rostock ebenso einen Spitzenplatz ein wie die Verbundnetz Gas AG in Leipzig, die zugleich die Rangliste der Unternehmen mit den höchsten Einsparungen aus Verbesserungsvorschlägen pro Mitarbeiter anführt (Wirtschaftswoche 1995, S. 24). Daraus kann zumindest der Schluss gezogen werden, dass die Mitarbeiter, die aus den neuen Bundesländern kommen, durch das Schaut

man

sich

„Neuererwesen" für den Ideenwettbewerb sehr gut vorbereitet sind. Es deshalb vor allem an den Unternehmen, auf dieses „schlummernde" liegt Potential zurückzugreifen und es für das Verbesserungswesen zu nutzen. frühere

Die Anzahl und Umsetzung eingereichter Verbesserungsvorschläge ist allerdings nur ein Parameter, wenn es die Frage zu beantworten gilt, ob das Verbesserungswesen in seiner Gesamtheit erfolgreich verläuft. Verbesserungsvorschläge stellen selbst dann, wenn sie aus welchen Gründen auch immer nicht umgesetzt werden können, ein wichtiges Indiz dar, inwieweit die Bereitschaft bei den Mitarbeitern gegeben ist, sich Gedanken um die Fortentwicklung des Unternehmens zu machen. Darüber hinaus ist aber vor allem die Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen ein entscheidender Indikator, der anzeigt, inwieweit es einem Unternehmen gelungen ist, Anstöße seitens seiner Mitarbeiter auch zu realisieren. -

-

Ähnliche Ergebnisse wie die MIT-Studie zeigt auch eine internationale Studie, die

Verbesserungsvorschläge

prozentualen Anteil

im Hinblick auf die Anzahl der

Vorschläge,

den

umgesetzten Vorschlägen und die durchschnittliche Prämienzahlung in den drei Ländern Japan, Amerika und Deutschland untersuchte

(s. Abb. 122).

an

395

Kapitel 9

Japan

USA

Deutschland

2500

16

16

umgesetzter

87%

38%

39%

Durchschnittliche Prämie

5,60 DM

741DM

932 DM

Anzahl der

Vorschläge

bez.auf 100 MA/Jahr Anteil

Vorschläge

Verbesserungsvorschläge im internationalen Vergleich Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft (Hrsg.): Ideenmanagement für mittelständische Unternehmen, Bonn 1995, S. 4 Abb. 122:

Dabei unterstreicht zunächst die Anzahl an eingereichten Verbesserungsvorschlägen, dass die auf Kaizen basierende Managementphilosophie bei japanischen Mitarbeitern ein Kreativitätspotential abruft, das im Vergleich zu den beiden anderen starken Wirtschaftsnationen, Deutschland und Amerika, ohne Beispiel ist. Wirft man zudem einen Blick auf die eher bescheiden ausgefallenen durchschnittlichen Prämien, die man in japanischen Unternehmen den Mitarbeitern bezahlt, wird darüber hinaus erkennbar, dass es vor allem der Weg der kleinen Schritte ist, der diesen Denkansatz kennzeichnet und der die Basis für eine erfolgreiche Umsetzung liefert. Wenn 87% aller eingereichten Vorschläge in den japanischen Betrieben realisiert werden, dann macht dieses Ergebnis noch einmal deutlich, wie eng die Mitarbeiter sich mit dem Unternehmen verbunden fühlen und zeigt zugleich, wie praxisnah ihre Verbesserungsvorschläge ausgefallen sind. Demgegenüber fallen Deutschland und Amerika mit ihren Umsetzungsquoten von 39% respektive 38% deutlich ab. Allein der Vergleich mit Amerika mag für bundesdeutsche Unternehmen tröstlich sein. Die Schlussfolgerung aus dieser Studie kann deshalb nur lauten, dass es gewaltiger Anstrengungen bedarf, um die offenkundig gewordenen Defizite abzubauen. Dies wird den bundesdeutschen Unternehmen nur dann gelingen, wenn sie sich zu einer KaizenOffensive entschließen, die auf Langfristigkeit abzielt und wie bei allen vom zu initiieren ist und im zweiten strategischen Veränderungen Management Schritt alle Mitarbeiter erfasst. -

-

Kapitel 9

396

IX.3.5.5.

Konzeptionelle Überlegungen zur Einführung eines Vorschlagswesens

Nachdem es eine Vielzahl an Unternehmen in Deutschland gibt, die über kein in sich strukturiertes Vorschlagswesen verfügen, sollen an dieser Stelle einige konzeptionelle Überlegungen angestellt werden, die zeigen, welche grundlegenden Maßnahmen einzuleiten sind. In einem 7-Punkte-Programm werden dazu Thesen formuliert (s. Abb. 123) und anschließend gezeigt, wie eine operative Umsetzung aussehen könnte.

IX.3.5.5.1.

Verantwortung des Management

Die entscheidende Aufgabe des oberen Managements liegt darin, die richtige Weichenstellung für das langfristige Überleben des Unternehmens zu veranlassen. Das setzt eine Analyse der gegenwärtigen Situation voraus, bevor die entsprechenden Umsetzungsschritte eingeleitet werden können. Damit aber eine derartige Implementierung überhaupt stattfinden kann, muss die oberste Führungsebene in die Lage versetzt werden, den Stellenwert eines strukturierten Vorschlagswesens richtig einschätzen zu lernen. Dazu bedarf es eines internen wie externen Brainstormings. Konkret heißt dies, dass Vorschläge, die möglicherweise aus den Reihen der Mitarbeiter im Hinblick auf die Einführung eines Verbesserungswesens gemacht werden, ebenso ernst genommen werden müssen, wie der Rat, der entweder von außen an das Unternehmen herangetragen wird manchmal hilft hierbei die Vergabe einer Diplomarbeit oder der Rat, den man sich von Beratern selbst erbeten hat. -

-

Zu den

Aufgaben eines Topmanagers gehört es, dass man sehr gut über grundlegende Tendenzen und Entwicklungen sowie das Wettbewerberverhalten informiert ist. Die so aus unterschiedlichen Quellen gewonnenen Erkenntnisse müssen dann in eine Entscheidung einfließen, die erkennen lässt, ob ein solches Programm als wünschenswert angesehen wird oder nicht. Da die Vorteile, die mit der Einführung eines Vorschlagswesens verbunden sind, unbestreitbar sind, dürfte eine positive Entscheidung von daher nicht allzu schwer zu treffen sein. sich für die Einführung eines Vorschlagswesen entschieden, dann es sich, einen Beauftragten zu benennen, der sowohl als Ansprechfür alle weiter zu veranlassenden Maßnahmen fungiert als auch als partner derjenige angesehen wird, der das Management über das nachfolgende Procederé ständig informiert. Ist ein Betriebsrat vorhanden, so gilt es ihn so früh wie möglich in die vorbereitenden Gespräche mit einzubeziehen.

Hat

man

empfiehlt

Kapitel 9

1. Die Initiative

Einführung Management auszugehen.

2.

zur

397

eines

Vorschlagswesens

Über Workshops werden alle Mitarbeiter

an

der

Vorbereitung beteiligt.

3.

vom

konzeptionellen

Schaffung einer neuen Stelle/Abteilung bei gleichzeitiger Festlegung der entsprechenden Kompetenz- und Verantwortungsbereiche.

4. Alle

eingereichten Verbesserungsvorschläge, unabhängig, ob

setzt oder nicht, sind zu honorieren.

5.

hat

umge-

Verbesserungsvorschlage finden Eingang in die Personalakte und werden neben weiteren Kriterien als Mittel der Mitarbeiterbeförderung angesehen.

Management legt in Absprache mit den Mitarbeitern die sprechende Anzahl an Verbesserungsvorschlägen pro Jahr fest.

6. Das

ent-

7. Das Vorschlagswesen sollte mit einem Slogan versehen werden, der die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Programm erleichtert und die Außendarstellung positiv beeinflußt. Abb. 123: 7 Schritte zur Einführung eines Vorschlagswesens

Quelle:

Eigene Darstellung

IX.3.5.5.2.

Einbindung aller Mitarbeiter

In der nächsten Phase

wendigkeit

geht

dieser Maßnahme

tragte Mitarbeiter hat dafür

darum, alle Mitarbeiter von der Notüberzeugen. Der mit der Durchführung beaufsorgen, dass über Workshops alle nachrangigen

es nun zu

zu

Ebenen ausführlich über das Vorhaben informiert werden und ausreichend Zeit zur Diskussion gegeben ist. Zum einen werden mit einem derartigen Verfahren die Ängste der Beschäftigten abgebaut („Schon wieder ein neues System"), zum anderen kann frühzeitig der Sachverstand der Mitarbeiter in die grundlegende Ausgestaltung des neuen Programms mit einfließen. Vor allem ist es in dieser Phase wichtig, die Mitarbeiter von den Vorzügen eines Vorschlagswesens zu

Kapitel 9

398

Sehr hilfreich hat es sich in dieser Phase erwiesen, mit Hilfe eines erstellten Fragebogens die Mitarbeiter nach ihrer Meinung zu befragen.

überzeugen. zuvor

IX.3.5.5.3.

Ausweisung einer neuen Stelle/Abteilung

Ist der Diskussionsprozess abgeschlossen, geht es im nächsten Schritt darum, die organisatorischen Voraussetzungen für eine Umsetzung zu schaffen. Möglicherweise ist mit der Benennung eines Beauftragten bereits eine Vorentscheidung darüber gefallen, wer bzw. welche Stelle zukünftig verantwortlich zeichnet. Dies muss aber nicht zwangsläufig so sein. Abhängig von der Größe eines Unternehmens ist die Frage zu stellen, ob die Erweiterung eines Stellenprofils, die Schaffung einer neuen Stelle oder sogar die Etablierung einer neuen Abteilung zweckmäßig erscheint. Entscheidend bleibt, dass sich zukünftig im Unternehmen jemand verantwortlich für das Vorschlagswesen zeichnet. Welche Befugnisse mit dieser Stelle verbunden sind kann nur allgemein beantwortet werden, weil unterschiedliche Verfahren möglich sind. Zunächst ist sicherzustellen, dass zukünftig alle Vorschläge an die betreffende Stelle zur Registrierung einzureichen sind. Damit ist sichergestellt, dass „geistiger Diebstahl" unterbleibt. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es immer wieder vorgekommen ist, dass an Vorgesetzte weitergereichte Vorschläge dort verbleiben und nach einiger Zeit, nur in Nuancen verändert, als eigene Vorschläge an die nächsthöhere Stelle weitergeleitet wurden. Darüber hinaus sind aber auch immer wieder Fälle aufgetreten, in denen überhaupt nichts unternommen worden ist, was sicherlich nicht zur Motivation der Mitarbeiter beigetragen hat. Ist der

Verbesserungsvorschlag nun aktenkundig geworden, wird er zur fachlichen Prüfung an die dafür zuständige(n) Abteilung(en) weitergeleitet bzw. wenn der betreffende Sachverstand nicht oder nur unzureichend vorhanden ist, ein externen Berater hinzugezogen. Nach erfolgter fachlicher Prüfung wird das Ergebnis der betreffenden Kaizen-Abteilung mitgeteilt. Die wiederum informiert den Mitarbeiter über das Votum. Welche Formulare zur Einreichung verwendet werden, ist dem jeweiligen Unternehmen überlassen. Im Zeitalter des Computers empfiehlt es sich aber, ein Musterformular zu erstellen, das jeder Mitarbeiter über seinen Computer abrufen kann und das von ihm einfach auszufüllen und weiterzuleiten ist. Wer dazu nicht in der Lage ist, dem wird ein einfach auszufüllendes Formblatt an geeigneter Stelle im Unternehmen zugänglich gemacht, das er nach dem Ausfüllen in eine Black Box geben kann, die täglich geleert wird.

Kapitel 9

399

Die mit der Durchführung beauftragte Stelle sollte darüber hinaus aufgefordert werden, in regelmäßigen Abständen, alle vier Wochen oder vierteljährlich, das Management über die Art, Anzahl und die Umsetzung der eingereichten Verbesserungsvorschläge zu informieren.

IX.3.5.5.4.

Honorierung der Verbesserungsvorschläge

Über die Wichtigkeit der Honorierung

von Verbesserungsvorschlägen wurde schon an anderer Stelle berichtet. Entscheidend für die Motivation der Mitarbeiter bleibt, dass sie nachvollziehen können, welche betriebliche Anerkennung mit ihrem Verbesserungsvorschlag verbunden ist. Dabei gilt es zwischen zwei Arten von Vorschlägen zu unterscheiden. Können Verbesserungsvorschläge umgesetzt und die damit verbundene finanzielle Einsparung berechnet werden, dann sollte dies von Seiten des Unternehmens zum Anlass genommen werden, einen Teil der eingesparten Summe an den Mitarbeiter zurückzugeben. Da es hierbei unterschiedlichste Regelungen gibt, sollen beispielhaft einige genannt werden, um so eine begründete Auswahl zu

ermöglichen.

Einsparungen durch Verbesserungsvorschläge bezogen auf ein Jahr stellen hierbei die Basis für eine Vergütung dar. Während nun die BASF 11,5% davon ihren Mitarbeitern zurückgibt, sind es bei Mercedes 15% und bei der Lufthansa 30%. Siemens hat sich für ein abgestuftes Verfahren zwischen 15% bis 25% entschieden, das aufgrund seiner bürokratischen Berechnungsweise allerdings nicht empfohlen wird. Da es sich bei den bisher genannten Betrieben um Großunternehmen handelt, dürfte die Empfehlung des Instituts für Betriebswirtschaft, 25% an die Mitarbeiter auszuzahlen, als ein guter Kompromiß angesehen werden (Fiedler-Winter, 1999, S. Bl). Neben der Entscheidung, wie man mit umgesetzten Verbesserungsvorschlägen verfährt, ist aber auch zu klären, was mit den Vorschlägen passiert, die, aus welchen Gründen auch immer, nicht umgesetzt werden können bzw. es sich um Vorschläge handelt, die zwar einen höheren Kundennutzen generieren aber mit einem erhöhten Kostenaufwand verbunden sind. Ein mitarbeiterbezogenes Vorschlagswesen verlangt, dass auch hier über eine Anerkennung nachgedacht wird. Ein persönlich ausgesprochenes Lob oder ein Schreiben, in dem man sich für die Bemühungen des Mitarbeiters bedankt, sollte auf alle Fälle dazugehören. Darüber hinaus nutzen viele Unternehmen ihren finanziellen Entscheidungsspielraum, in dem sie für derartige Vorschläge eine Tombola vorsehen, aus der am Jahresende ganz bestimmte Preise gezogen werden. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass man dem jeweiligen Abteilungsleiter eine bestimmte Summe

Kapitel 9

400

die er für derartige Zwecke einsetzen kann. Welcher sich nicht freuen, wenn er für seine Bemühungen mit einem Mitarbeiter würde für die Oper oder einer kleinen Wochenendreise Eintrittskarten Essensgutschein, belohnt würde. zur

Verfügung stellt,

Die dafür

notwendigen Mittel sind in jedem Falle vorhanden, wie die nachfolgende Kalkulation zeigt. Unterstellt, es handelt sich um ein mittelständisches Unternehmen mit 400 Beschäftigten und jeder Mitarbeiter reicht 5 Verbesserungsvorschläge ein, dann ergeben sich in der Summe 2000 Vorschläge, wobei eine Umsetzungsquote von 50% unterstellt werden soll. Nehmen wir als Mittel eine eingesparte Summe von 1000 DM pro umgesetzten Verbesserungsvorschlag, dann sind damit Kosteneinsparungen in Höhe von 1 Million DM für das Unternehmen verbunden, denen folgende Aufwendungen gegenüberstehen : Kosteneinsparung durch VV

1 000 000 DM

= 250 000 DM 25% für die Mitarbeiter die 2 20% für Schaffung von neuen Stellen = 200 000 DM 10% für zusätzliche Incentives_= 100 000 DM 45% verbleiben dem Unternehmen_= 450 000 DM

Danach verbleiben rund 450.000 DM an eingesparten Kosten für das Unternehmen. Zwar sollte diese Kalkulation vorwiegend als Denkmodell dienen, doch die an anderer Stelle aufgeführten Beispiele haben erkennen lassen, dass ein erfolgreich praktiziertes Verbesserungswesen sich auf alle Fälle für das Unternehmen rechnet (siehe dazu auch die Hinweise im Kasten „Ideenmanagement in Zahlen"). Bleibt an dieser Stelle nur noch hinzuzufügen, dass das Unternehmen im ersten Jahr in eine gewisse Vorfinanzierung zu gehen hat, da die Rückflüsse durch umgesetzte Verbesserungsvorschläge erst im Laufe des Jahres eintreten werden. Hinzu kommt noch eine Reihe von Kosten, die u.a. mit der Ausstattung der Arbeitsräume, für Büromaterial sowie mit der Einarbeitung der neuen Mitarbeiter verbunden sind. Die Palette an Möglichkeiten, Mitarbeiter zu honorieren ist damit allerdings noch nicht abgeschlossen. Das Erwähnen in der Betriebszeitung, das Überreichen von Ehrenplaketten oder eine Medaille als Preis für herausragende Kooperation, wie sie z.B. bei Rank Xerox der Fall sind, oder die Honorierung der Leistung des Mitarbeiters als Monatsbesten, zum Teil mit Aushang im Foyer, wie es bei vielen Hotelketten anzutreffen ist, zeigen unterschiedlichste Wege auf, wie die Unternehmen ihren Mitarbeitern Anerkennung zollen können.

Kapitel 9

IX.3.5.5.5.

401

Verbesserungsvorschläge als ein Mittel der Personalpolitik

Diejenigen Mitarbeiter, die mit der Einreichung von Verbesserungsvorschlägen gezeigt haben, dass sie bereit sind, unternehmerisch zu denken und zu handeln, verfügen über Kreativitätsreserven, die sich das Unternehmen auch an anderer Stelle zunutze machen sollte. Engagement und Initiative sind ein wichtiger Faktor für die Besetzung von höherrangigen Positionen. Aus diesem Grunde sollten die Verbesserungsvorschläge auch Eingang in die Personalakte finden, um bei der Besetzung von neuen Stellen darauf zurückgreifen zu können. Da bei derartigen personalpolitischen Entscheidungen die Mitwirkung des Betriebsrates zwingend vorgeschrieben ist, sollte man ihn von Anfang an aktiv in den Diskussionsprozess mit einbinden. Allerdings muss hier hinzugefügt werden, dass Art und Umfang der Verbesserungsvorschläge nur eines von mehreren Kriterien darstellt, die in die Gesamtbeurteilung eines Mitarbeiters eingehen und letztendlich das gesamte Leistungs- und Persönlichkeitsprofil den Ausschlag gibt, ob eine Höhergruppierung oder Beförderung erfolgt oder nicht. Allerdings sollte an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass viele Unternehmen bisher überhaupt noch nicht darüber nachgedacht haben, wie sie das Verbesserungswesen als ein Mittel ihrer Personalpolitik einsetzen können.

IX.3.5.5.6.

Verbesserungsvorschläge im Sinne eines Management by Objectives

Was die Anzahl an Verbesserungsvorschlägen betrifft, so wird gerade am Anfang der Einführung eines neuen Vorschlagswesens immer wieder die Frage gestellt, mit welcher Zahl man denn am besten beginnen solle. Eine eindeutige Antwort darauf lässt sich nicht geben. Hat man bereits mit einem unstrukturierten Verfahren gearbeitet, dann dürfte die Anzahl von fünf Verbesserungsvorschlägen einen guten Mittelweg darstellen. Bestehen relativ große Ängste bei den Mitarbeitern, um eine derartige Zahl zu erreichen, dann liegt man mit drei Verbesserungsvorschlägen nicht verkehrt. Dies gilt insbesondere dann, wenn es bis dato überhaupt noch kein System gegeben hat, wie man mit Verbesserungsvorschlägen umgehen soll. Wichtig bei allen Entscheidungen ist, dass es in diesem Kontext zu einer Abstimmung zwischen den Zielen des Managements und denen der Mitarbeiter kommt. Was die Quantität der vorgegebenen Ziele über einen längeren Zeitraum betrifft, so sollte die Anzahl an Verbesserungsvorschlägen herausfordernd und zugleich erreichbar sein. Manchmal hilft auch ein Blick auf andere Unternehmen, um das richtige Maß zu finden. Wer mit drei Vorschlägen beginnen möchte, müßte im

Kapitel 9

402

Sinne der

erhobenen Forderung im darauffolgenden Jahr mehr Verbesserungsvorschläge (VV) einfordern als die im Jahr zuvor vereinbarte Basis. Lediglich als Denkmodell könnte daher folgender Verlauf die nächsten vier Jahre bestimmen: 3VV 6VV 9VV 14VV. Entscheidend bei der Beurteilung über die weitere Anzahl an VV ist, dass es den Mitarbeitern nach der Einführung in den darauffolgenden beiden Jahren gelungen ist, das pro Jahr um jeweils drei VV erhöhte Ziel zu erreichen. Im Sinne einer zusätzlichen Herausforderung für das vierte Jahr sollte daher eine höhere Steigerung auf der Basis einer gemeinsamen Absprache vereinbart werden. zuvor

-

-

-

Das Beispiel der Opelwerke in Eisenach zeigt im übrigen, dass dies möglich ist. Dort hat man im Jahre 1993 mit 6 VV begonnen und für das Jahr 2000 eine Zielgröße von 27 VV vereinbart. Wer dennoch hier Vermittlungsprobleme hat,

der sollte auf die Zahlen in japanischen Unternehmen verweisen.

IX.3.5.5.7. Verbesserungsvorschläge und Corporate Identity

Mitarbeiter fühlen sich vor allem dann wohl, wenn sie auf ein Unternehmensklima treffen, welches ihnen ermöglicht, Spaß und Befriedigung an ihrer Arbeit zu finden. Auch das Vorschlagswesen kann dazu einen positiven Beitrag leisten. Um sich in diesem Kontext stärker mit ihrem Unternehmen identifizieren zu können, sollte man sich gemeinsam Gedanken machen, unter welches Motto man denn ein derartiges Programm stellen könnte. Da die

Abkürzung KVP zu einem Schlüsselwort im Rahmen der Kaizengeworden ist, mit dem ein (K)ontinuierlicher (V)erbesserungs(P)rozess auch sprachlich zum Ausdruck gebracht wird, sollte man zur Differenzierung gegenüber anderen Unternehmen nach einem Programmnamen Ausschau halten, der eine Identifikation mit dem eigenen Vorschlagswesen besser ermöglicht. Diskussion

Die

nachfolgenden Beispiele geben einen Überblick, mit welchen Slogans bundesdeutsche Unternehmen versucht haben, ihre Mitarbeiter zu motivieren.

Vorsprung durch Ideen lautet die Devise bei der 3M Deutschland GmbH in Neuss (Sobull, 1997, S. 1). Die Lufthansa versucht mit ihrem „Denk-MitProgramm", abgekürzt (DMP), ihre Mitarbeiter anzuspornen, während bei Siemens das Vorschlagswesen seit dem Jahre 1997 unter dem Kürzel „3i" (Ideen, Initiativen und Impulse) abläuft (Knöfel, 1997, S. 25). "



Die aufgezeigten Slogans, die man auch als ein Motto formulieren könnte, stellen nur eine Hilfe dar, wenn es darum geht, dem Programm auch einen

Kapitel 9

403

zu geben. Derartige Überlegungen sind deshalb aber nicht unwichtig, weil ein Konzept zur Einführung von Verbesserungsvorschlägen um so besser bei den Mitarbeitern ankommt, je größer damit die Chance verbunden ist, sich mit dem Unternehmen und seinen Zielen zu identifizieren.

Namen

Empfehlenswert erscheint in diesem Zusammenhang der Hinweis, als ersten Schritt zur Einführung eines KVP einen Ideenwettbewerb auszuschreiben, in dem Mitarbeiter aufgefordert werden, ihre Vorschläge im Hinblick auf den Slogan einzureichen. Der beste Vorschlag sollte dann von der Geschäftsleitung, in welcher Form auch immer, honoriert werden.

IX.3.5.6.

Einreichung eines Verbesserungsvorschlages am Beispiel eines Mitarbeiters der Deutschen Telekom AG

Immer wieder schrecken Mitarbeiter zurück, einen ersten Versuch zu machen, einen Verbesserungsvorschlag einzureichen. Ähnlich erging es dem Pressesprecher Hans Wilkens, der bei der Deutschen Telekom in Oldenburg beschäftigt ist. Zwar war er von der Notwendigkeit überzeugt, dass sich ein Global Player, wie sich die Deutsche Telekom sieht, auch interkulturell den neuen Herausforderungen stellen muss, aber erst meine Ermutigung, seiner Absicht auch konkrete Schritte folgen zu lassen, hat zu folgendem Verbesserungsantrag geführt, der am 10.09.1999 bei der Geschäftsstelle in Bonn eingereicht wurde.

IX.3.5.6.1. Einleitende Gedanken zu meinem

Verbesserungsvorschlag

Mit der zunehmenden Internationalisierung der Märkte steigen auch die weltweiten Geschäftsaktivitäten der Deutschen Telekom. Beim Aufbau der internationalen Beziehungen treffen unsere Beauftragten auf Menschen aus kulturell verschiedenen Ländern. Diese haben unterschiedliche Wertevorstellungen und zeichnen sich durch divergierende Denk- und Handlungsweisen aus. Den damit verbundenen Ansprüchen wird allerdings in der Alltagswirklichkeit nur unzureichend entsprochen. Während Produktionsverfahren wie Kapital, Know-how und Information global verfügbar sind, gibt es aber noch gewaltige Defizite im interkulturellen Lernen und Verstehen. Für den effizienten Aufbau internationaler Beziehungen (Allianzen) ist unser Management gefordert, sich intensiv mit der Thematik „Interkulturelles Mana-

Kapitel 9

404

gement" auseinanderzusetzen, um handlungswirksame Merkmale des jeweiligen fremdkulturellen Orientierungssystems zu erkennen und in das eigene Handlungsschema übernehmen zu können. Erlangung der internationalen Handlungskompetenz sollte auf eine wissenschaftliche Unterstützung zurückgegriffen werden.

Zur

IX.3.5.6.2.

1.

Beschreibung des Vorschlages

Was soll verbessert werden?

Interkulturelles Verhalten im 2. Es

3.

Auslandsgeschäft.

Wie ist der Ist-Zustand derzeit?

gibt derzeit keine konkreten Aus- und Weiterbildungsangebote. Was ist der

Mangel, was ist Ihr Lösungsvorschlag?

Unzureichende Kenntnisse der im internationalen Verkehr notwendigen Verhaltensmuster. Durchführung von interkulturellen Seminaren. 4.

Was ist die

Verbesserung gegenüber dem Ist-Zustand?

Besseres Verständnis internationaler Kommunikations- und Führungsverhaltensstrukturen. Schnellere Zielerreichung beim Aufbau internationaler Beziehungen._

IX.3.5.6.3. Ich

Empfehlung

empfehle hierbei u.a. die Kontaktaufnahme mit der Fachhochschule Stralsund, Fachbereich Wirtschaft, wo eine Reihe von erfahrenen Dozenten über weitreichende interkulturelle Managementerfahrungen verfügen. Mit einem speziellen Seminarangebot, das hierbei der Telekom unterbreitet werden könnte, würde sich das internationale Beziehungsmanagement optimieren lassen. Damit verbunden könnten die zuständigen Mitarbeiter der Deutschen Telekom qualifizierter und schneller zu den gewünschten Erfolgen im internationalen

Kapitel 9

405

Telekommunikationsmarkt gelangen. Neben der Teilnahme für interkulturelles Management sollte auch an die Vergabe

Projektarbeiten gedacht werden, analog wo

unter Punkt

zum

4, der Vorstandsvorsitzende

Einbeziehung der Hochschulen gefordert hat.

an

den Seminaren Diplom- bzw.

von

5-Punkte-Programm von Siemens, Heinrich von Pierer, eine stärkere

Deutsche Telekom Niederlassung Oldenburg Dipl. mg. Hans Wilkens, Pressesprecher -

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung 1.

Der Geschäftsführer bittet Sie um ein Gespräch. Er hätte in einer Fachzeitschrift etwas über Kaizen gelesen und möchte nun, da er doch davon ausgehen darf, dass Sie im Rahmen Ihrer Vorlesung einige grundlegende Informationen über Kaizen erhalten hätten, nachfolgende Fragen beantwortet wissen:

a)

Was versteht man unter dem Begriff Kaizen?

b) Wodurch unterscheidet

sich der Kaizen-Ansatz

vom

westlichen

Denken?

c) Spielt bei Rolle?

2.

Kaizen Mitarbeiter- und

Kundenorientierung

eine

wichtige

d)

Lässt sich durch Zahlen belegen, dass japanische Unternehmen in diesem Kontext bessere Ergebnisse erzielen als das bei deutschen Unternehmen der Fall ist?

e)

Wer ist letztendlich verantwortlich für die beruhenden Denkens und warum?

Einführung eines auf Kaizen

Mit Ihren

bisherigen Ausführungen zeigt er sich sehr zufrieden. ist ihm der Unterschied zwischen Kaizen und Innovation nicht klar. Er bittet Sie daher, anhand dreier Beispiele herauszuarbeiten, worin Sie die wichtigsten Unterschiede sehen. Gleichzeitig werden Sie aufgefordert ihm zu erklären, warum Kaizen und Innovation sich gegenseitig Allerdings

bedingen!

3.

Heute ist der oberste Führungskreis in Ihrem Unternehmen zusammengetreten, um über die Einführung eines Vorschlagswesens zu beraten. Sie wurden zuvor aufgefordert, ein Rohkonzept zu erstellen. In der

406

Kapitel 9

nächsten halben Stunde haben Sie nun die Gelegenheit, ein in sich strukturiertes Vorschlagswesen vorzustellen. Ihr Entwurf sollte dabei alle wichtigen Aspekte des 7-Punkte-Programmes enthalten! 4.

Die

Geschäftsführung war mit Ihrer Präsentation zufrieden. Sie werden allerdings gebeten, noch ein detailliertes Finanzierungskonzept zu erarbeiten, aus dem hervorgeht, wie die zu erwartenden finanziellen Rückflüsse zu verteilen sind. Folgende Zahlen werden Ihnen mitgeteilt: Zahl der Mitarbeiter: 500 Anzahl der eingereichten Wpro Mitarbeiter: 6 Umsetzungsquote: 60% Einsparung pro umgesetzten Wfür das Unternehmen: 400 Euro

Folgende Fragen sind jetzt

Ihnen zu beantworten, die Sie dann als Kostenbestandteile in Ihre Kalkulation mit einzubeziehen haben: von

a) Wie viele Mitarbeiter werden für die Abwicklung benötigt und welche Lohnkosten sind hier zu veranschlagen? b) Welcher Prozentsatz soll für realisierte VV angesetzt werden? c) Was soll mit VV passieren, die man nicht umsetzen kann? d) Was soll mit VV passieren, die einen höheren Kundennutzen geschaffen haben aber mit Kostenerhöhungen verbunden waren? Nachdem Sie die entsprechenden Berechnungen durchgeführt haben, werden Sie gebeten, in einem Kreisdiagramm (in Euro und in Prozent) ihren Verteilungsschlüssel graphisch darzustellen! Die

5.

Geschäftsleitung hat Sie gebeten, an einer Tagung über die Innovationsfähigkeit bundesdeutscher Unternehmen teilzunehmen. Nachdem mehrere Vorredner sich sehr positiv über die Nutzung ihres Mitarbeiterpotentials geäußert und als ein Argument dabei die gestiegene Anzahl an Verbesserungsvorschlägen erwähnt haben, geben Sie ein Statement ab, das aufzeigt, dass bundesdeutsche Unternehmen noch große Anstrengungen unternehmen müssen, um im Bereich von Kaizen international wettbewerbsfähig zu werden.

6.

Immer noch fehlt es in einer Vielzahl an deutschen Unternehmen an einem Innovationsmanagement. Welche drei Innovationsanstrengungen würden Sie vorschlagen, wenn Sie mit einer sofortigen Umsetzung beauftragt werden sollten?

Kapitel 9

407

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New

Kapitel „

10

409

Wir neigen dazu,

Erfolg eher nach der Höhe unserer Gehälter oder nach der Größe unserer Autos zu bestimmen als nach dem Grad der Hilfsbereitschaft und dem Maß unserer Menschlichkeit. "

Martin Luther King

X.

Zur Implementierung von TQM: Probleme-

Umsetzungsschritte-Kosteneinsparpotentiale Will man das Total Quality Management-Konzept in die betriebliche Praxis umsetzen, dann müssen dazu eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt werden. Dazu ist es nicht nur notwendig, die entsprechenden personellen und zeitlichen Ressourcen bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen, sondern auch die Kenntnis der Hauptursachen, die viele TQM-Projekte in der Vergangenheit zu Fall gebracht haben, müssen einer genauen Überprüfung unterzogen werden. Ihre Beachtung ermöglicht es, aus den Fehlern anderer Unternehmen die richtigen Entscheidungen für die eigene Implementierung abzuleiten und liefert so die Basis, die mit der Einführung von TQM verbundenen Kosteneinsparpotentiale auch zu realisieren.

X.l.

Hauptursachen für das Scheitern

Es ist nicht einfach, die vielschichtigen und umfassenden Inhalte des TQMKonzeptes auf Anhieb zu erfassen. Häufig fehlt es an Ausdauer, den Prozess über Jahre hinweg voranzutreiben, bevor sich die ersten Erfolge einstellen. Getragen von der Vorstellung: Wir wollten schnelle Erfolge im Kleinen, in der Hoffnung, dass der Funke dann von selbst auf das Gesamtunternehmen überspringen würde ", war der erste Anlauf der Deutschen Babcock Energieund Umwelttechnik AG zur Einführung von TQM gescheitert (Holtmeyer, 1994, S. 460). „

Die

Gründe, die sich für solche Misserfolge verantwortlich zeichnen, sind vielfältig. Einige der Hauptursachen für das Scheitern hat Oess (1993, S. 120ff) zusammengetragen : -

-

geringes Engagement des Management

unklare TQM-Ziele

Kapitel

410

-

-

-

-

-

10

Unklarheiten über die Reichweite von TQM Mangel eines klaren Konzeptes falsches Selbstverständnis des Steuerungs-Teams Irreale Zeitvorstellungen

„Noch ein Programm"

folgenden zehn TQM-Fallen stellen Hinderungsgründe auf dem Weg Einführung von TQM dar und sollten einer eingehenden Betrachtung unterzogen werden, wenn man erfolgreich TQM implementieren möchte (s. Abb. 124). Damit können im Sinne einer prophylaktischen Sichtweise die Aktivitäten bei der Einführung rechtzeitig so abgestimmt werden, dass Fehlelprävention statt Fehlerabbau das Handeln bestimmt. Auch die zur

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Mehr Wettbewerbs-, statt Kundenorientierung der Qualität Zu viel Mechanismus statt strategischer Prioritätensetzung Zu wenig internes Kunden-Lieferanten-Verständnis Zu wenig

Schnittstellen-Optimierung

Qualitätsbrüche Blindleistungen Geringer Grad der Dezentralisierung und Selbständigkeit Keine Integration in der Personalentwicklung Keine stufenweise Realisierung mit vorzeigbaren Erfolgen Zwischen Anpassungsfähigkeit und Vorläufigkeit

Abb. 124: Die zehn TQM-Fallen

Quelle: Töpfer/Mehdorn, 1995, S.

X.1.1.

119

Schwachstellen auf Seiten des

Managements

Das Selbstverständnis der Führungskräfte ist durch Erziehung, betriebliche Vorbilder und gesellschaftliche Erwartungen geprägt. Sie sehen sich in vielen Fällen als diejenigen an, die für jedes Problem eine Lösung und einen Schuldigen haben, selbst aber frei von Fehlern sind (Frehr, 1994, S. 142). Als

wichtige Stolpersteine auf Seiten des Managements, die bei der Einführung TQM aufgetreten sind, haben sich folgende Punkte erwiesen (Frehr, 1994, 143):

von

S.

-

Widerstand gegen Änderungen

Kapitel 10 -

-

-

Die fehlende Überzeugung, dass eine Änderung des verhaltens bessere Ergebnisse bringt Die Angst vor Autoritätsverlust oder Verlust der Position Die Unfähigkeit zur Teamarbeit

411

Führungs-

Vor allem die mentale Einstellung: „Warum TQM einführen, wenn wir uns doch gegenwärtig im Wettbewerb gut behaupten?" wird immer wieder vorgebracht. Darüber hinaus wird dem Informations- und Kommunikationsaustausch innerhalb der Unternehmung immer noch zu wenig Beachtung geschenkt.

Nach einer Studie des Kieler Instituts für Weltwirtschaft steht insbesondere das mittlere Management der Implementierung von TQM skeptisch gegenüber (Malorny, 1996, S. 365). Die Führungskräfte auf dieser Ebene zeigen sich häufig nicht bereit, flexibel zu reagieren und die notwendigen Aufgaben auch nach unten zu delegieren. Für die Umsetzung von TQM spielen sie aber eine wichtige Rolle, da es an ihnen liegt, ein wirksames Kommunikationsnetz aufzubauen und über einen Informationsaustausch von unten nach oben und umgekehrt die Mitarbeiter von Anfang an in die EntScheidungsprozesse mit einzubeziehen.

Schließlich ist immer wieder zu beobachten, dass keine ausreichende Fokussierung auf die Interessen der Mitarbeiter stattfindet. Der Grundsatz, dass eine „Investition in die Köpfe der Mitarbeiter" zu den Grundvoraussetzungen erfolgreicher Unternehmensführung gehört, wird weitgehend ignoriert und darüber hinaus häufig als Fehlinvestition angesehen.

X.1.2.

Schwachstellen auf Seiten der Mitarbeiter

Was die Mitarbeiterseite

betrifft, so wird die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes vorrangiges Argument genannt, das gewisse Denk- und Handlungsblockaden der Mitarbeiter im Hinblick auf die Einführung von TQM auslöst (Kamiske, 1966, S. 180). Je frühzeitiger die Mitarbeiter in die neue TQM-Philosophie mit einbezogen werden, desto schneller werden sie erkennen, dass sie mit ihrem Engagement zum Kostenabbau und zur Produktivitätssteigerung einen erheblichen Beitrag leisten und gleichzeitig die Wettbewerbsposition ihres Unternehmens verbessern können. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass trotz allem der Verlust des Arbeitsplatzes verbunden sein kann, vor allem dann, wenn durch TQM Schwachstellen offenkundig werden, die auf personelle Überkapazitäten zurückzuführen sind und für die kein Ausgleich geschaffen werden kann (Kamiske, 1996, S. 180). als

Kapitel 10

412

Ein weiteres Argument, das Unbehagen bei den Mitarbeitern auslöst, ist der mögliche Verlust von Statussymbolen in Folge der Reduzierung von Hierarchieebenen. Nach der Einführung eines neuen Gruppenkonzeptes bei der Firma Ymos in Idar-Oberstein, sind zwei Hierarchiestufen gestrichen worden, nämlich die des Vorarbeiters und die des Meisters. Im Konzept sich selbst verwaltender Gruppen verloren beide ihre Funktionsbereiche und waren nur noch pares inter pares. Eine andere Möglichkeit bestand darin, mit einer Abfindung das Unternehmen zu verlassen (Eglau, 1995, S. 27).

Probleme, die bei der Einführung von TQM immer wieder auf Seiten der Mitarbeiter zu beobachten sind, liegen in einem mangelnden Verständnis für die totale Ausrichtung an den Wünschen der Kunden. Die Philosophie, wonach der „Kunde König ist" und dieser Grundsatz bei allen Kontakten stets zu beachten ist, hat sich noch nicht in allen Köpfen festgesetzt.

Zur Umsetzung

X.2.

von

TQM

Wie kann ein Unternehmen sein ganzes Haus auf den Kopf stellen, drei Hierarchien abbauen, Arbeitszuständigkeit und Verantwortung an die Basis delegieren, Titulaturen abschaffen, Einstellungsstopp verkünden, ein ganzes Werk schließen, Kosten senken, nebenbei einen Umsatz- und Gewinneinbruch verkraften und dabei alle an Bord einschließlich Betriebsrat bei guter Laune halten?", so fragte Holger Schaar (1994, S. 14), als er mit der Umsetzung des TQM-Konzeptes bei Mercedes-Benz beauftragt wurde. „

-

-

-

„Es gab die „totale" Information,

herrschte

völlige Offenheit. Großveranstaltungen alle sechs bis neun Monate 80 Meetings der Geschäftsleitung mit der Basis in Zwanziger- und Fünfziger-Gruppen Litfasssäulen in jedem Stockwerk eine Betriebszeitschrift und vieles es

-

-

mehr. Es wurden alle Register gezogen, um zwei Dinge zu erreichen erstens: keinem Mitarbeiter die Chance zu geben, dass er sagen könnte, er wüsste nicht um was es hier geht, und zweitens: jedem Mitarbeiter klarzumachen, dass es nur mit ihm geht" (Schaar, 1994, S. 14). -

-

-

X.2.1.

Das

Verantwortung der Unternehmensleitung

Einführungsbeispiel hat gezeigt, dass die Einführung von TQM ein umfangreiches und weitreichendes Unterfangen darstellt und immer im „Kopf,

Kapitel

10

413

Überzeugung

der Geschäftsleitung beginnt, dass eine solche die Zukunft des Unternehmens langfristig zu sichern Strategie geeignet ist, Die S. (Frehr, 1994, 167). Verantwortung des Management liegt darin, dass TQM ein aktiv zu betreibender Prozess ist, der von der Unternehmensleitung initiiert und gesteuert werden muss. Dabei muss darauf geachtet werden, dass alle Mitarbeiter von Anfang an mit eingebunden werden (Oess, 1996, S. 118). also mit der

Holger Schaar (1994, S. 9) schreibt dazu: Was bestimmt die Flugbahn eines Golfballs? Die berühmte VNull" Die Anfangsgeschwindigkeit. Und genauso ist das mit dem TQM-Prozess: Wenn es aus dem Startloch nicht gelingt, alle Mitarbeiter zu aktivieren, stürzt das Thema ab. Es bedarf einer gewissen Startdynamik, um das Trägheitsmoment zu überwinden. „



-

"

Ist die

Entscheidung gefallen, TQM als Unternehmensstrategie einzuführen, sorgfältige Planung der notwendigen Einführungsschritte erfolgen. Die nachfolgende Abbildung 125 zeigt, welche Grundvoraussetzungen für die Einführung eines TQM-Systems erfüllt sein müssen. muss

eine

Grundvoraussetzungen für die Einführung eines TQM-Systems

Information und Motivation aller Mitarbeiter

Informieren Unternehmensziel „Qualität" Bedeutung des TQM-Systems für das Unternehmen Schulen

Teamarbeit Methoden Entdecken

Bedeutung des TQM-Systems rar

den einzelnen Mitarbeiter

TQM als Unternehmensziel

Überzeugen

TQM als Unternehmenspotential Weg zum untemehmensspezifischen TQM-System

Abb. 125: Grundvoraussetzungen für die Einführung eines TQM-Systems Quelle: in Anlehnung an Pfeifer, 1996, S. 416 Um die

nachrangigen Unternehmensebenen von der Richtigkeit des TQMKonzeptes zu überzeugen, muss besonderer Wert auf die folgenden vier Schritte gelegt werden: Informieren-Schulen-Entdecken-Überzeugen. Nur auf dieser Basis wird es möglich sein, Widerständen rechtzeitig zu begegnen und alle

Kapitel

414

10

Mitarbeiter für dieses neue Konzept zu gewinnen. Eine der wichtigsten Führungsaufgaben im Strukturwandel besteht darin, die Ängste der Mitarbeiter vor Veränderung abzubauen. Der Mensch ist zu zehn Prozent rational und zu 90 Prozent emotional orientiert bzw. gesteuert (Schlack/Watzl, 1994, S. 17). Zehn Prozent entfallen demnach auf die Fachkompetenz, die wir per Logik steuern (Umsatz, Deckungsbeitrag, Cash-flow u.a.). Und 90 Prozent betreffen die Gefühlsdimension mit der Sozialkompetenz (Sorge, Angst, Begeisterung, Freude, innere Frustration, totales Engagement, u.a.).

X.2.2.

Das 4-Phasen-Modell

Einführung von TQM ist nicht an Normen und gesetzlichen Regelungen gebunden und unterscheidet sich damit grundsätzlich von Qualitätsmanagementsystemen nach DIN EN ISO 9000ff Da kein allgemeingültiges Konzept zur Einführung von TQM vorliegt, wurde der stufenförmige Pfad für eine kontinuierliche TQM-Umsetzung entwickelt (Malorny, 1997, S. 72, Reinecke/ Sipötz/Wiemann, 1998, S. 269). Das 4-Phasen-Modell zeigt auf, welche Schritte wann einzuleiten sind und ermöglicht so eine realistische Einschätzung des Umsetzungsprozesses (s. Abb. 126). Die

Wird die Einführung von TQM unter operativen Gesichtspunkten gesehen, ist sie eine Restrukturierung des Unternehmens in kleinen Schritten. Die stufenweise Einführung von TQM mit einer umfassenden Konzeption hat den Vorteil, dass kleine Schritte schneller und leichter zu korrigieren sind, wenn Fehler auftreten. Die stufenweise Einführung lässt es ebenfalls zu, dass Unternehmen nach relativ kurzer Zeit positive Veränderungen und vorzeigbare Erfolge aufweisen können (Topfer/Mehdorn, 1995, S. 178).

X.2.2.1.

Phase der Sensibilisierung

Nachdem die Geschäftsleitung entschieden hat, TQM einzuführen, ist zunächst ein Qualitätsmanagementbeauftragter zu benennen, der federführend die weiteren Schritte begleitet und überwacht und als ständiger Ansprechpartner sowohl der Unternehmensleitung als auch den Mitarbeitern zur Verfügung steht. Aufgrund der Wichtigkeit dieser Position, sollte er organisatorisch in einer Stabsfunktion direkt an die Geschäftsleitung angebunden sein. Da davon auszugehen ist, dass mit der Einführung von TQM unternehmerisches

Kapitel 10

415

„Neuland" beschriften wird, ist das Hinzuziehen externer Berater in dieser Phase zu

prüfen.

TQM-Philosophie ist entscheidend für den Erfolg aller Maßnahmen. Nachdem das Management sich vorab mit allen nachfolgenden von wichtigen Aspekten TQM auseinandergesetzt hat, müssen nun alle Mitarbeiter in Workshops geschult werden, um den Bewusstseinswandel, der mit Das Verstehen der

Verfeinerung des

Zunehmende Kompetenz für TQM

Vernetzung der

Führungs- und

Einzelmaß-

w

^7

Strukturwandel Bewusstseinswandel

nahmen

Sensibilisierungsphase

Realisierungsphase

Stabilisierungsphase

-Unternehmen auf TQM vorbereiten -Inhalte des TQM kommunizieren

-unter-

-vollständige Etablierung von

nehmensweite

Einführung von

horizontal durch alle Ebenen und vertikal durch alle Bereiche, in allen Prozessen, bezogen auf alle Produkte und Dienstlei-

-Veränderungs-

prozess in

TQM,

Gang

setzen

-Pilotprojekte durchfuhren

stungen

Überprü-

fungszyklen -erfolgreiche

Ansätze

kommunizieren und standardisieren -Elemente des TQM harmonisieren

-punktuelle

Einzelmaßnahmen vernetzen

-innovationsfreundliches Klima forcieren

TQM-Prozesses

w

Phase der Excellence

-ständige

Wetterentwicklung in die

tägliche Arbeit integrieren -Divergenzen korrigieren, Verschwen-

dungen aufspüren u.

vermeiden

-Mitarbeiter und Prozesse auf Ideen-

gewinnung u.umsetzung fokussieren -Ansätze reifen

lassen, -Kursänderungen

ver-

meiden ca.

6 Monate

ca.

1 Jahr

Abb.126: Das 4-Phasen-Modell Quelle: Malorny, 1996, S. 244

ca.

1 Jahr

kontinuierlich

416

Kapitel

10

diesem

neuen Ansatz verbunden ist, auch nachvollziehen zu können. Um Unsicherheiten für das weitere Procederé zu vermeiden, sollte nun eine Abteilung ausgewählt werden, die bereits in der Vergangenheit durch ihre Kreativität und eine hohe Gruppenkohäsion positiv aufgefallen ist. Als Pilotprojekt wird diese Abteilung beauftragt, mit der Einführung von TQM zu

beginnen.

Der zeitliche

Rahmen, der dafür anzusetzen ist, kann nur grob mit ca. sechs Monaten geschätzt werden, da die Einführung parallel zur betrieblichen Leistungserstellung zu erfolgen hat. Handelt es sich um ein stark bürokratisches Unternehmen, wird gerade zum Beginn der Einführung mehr Zeit für den Diskussions- und Konsensprozess zu veranschlagen sein als in einem Unternehmen, das für Veränderungen mehr aufgeschlossen ist (Malorny, 1996, S. 439).

X.2.2.2.

Phase der Realisierung

Nachdem das Pilotprojekt ausgewertet worden ist und die dabei aufgetretenen Schwachstellen schrittweise behoben worden sind, kann nun mit der unternehmensweiten Einführung von TQM begonnen werden. Sowohl horizontal über alle Ebenen als auch vertikal durch alle Bereiche und Prozesse und bezogen auf alle Produkte und Dienstleistungen gelangt der TQM-Ansatz nun zur vollen Anwendung. Was den zeitlichen Rahmen betrifft, so lässt sich auch hier nur ein Grobraster von ungefähr 12-15 Monaten angeben.

X.2.2.3.

Phase der Stabilisierung

Addiert man die Zeitanteile der ersten beiden Phasen zusammen, dann kann nach ungefähr 18 Monaten mit der Vernetzung der Einzelmaßnahmen begonnen werden. In dieser so genannten Stabilisierungsphase erfolgt eine vollständige Etablierung von Überprüfungszyklen. Erfolgreiche Ansätze werden über alle Unternehmensebenen hinweg kommuniziert und anschließend standardisiert. Bisher unterschiedlich gehandhabte Elemente, wie z.B. das Einreichen von Verbesserungsvorschlägen oder die Entgegennahme von Beschwerden, werden in einem einheitlichen Konzept umgesetzt. Weiterhin wird vor allem durch die Unternehmensleitung ein innovationsfreundliches Klima forciert, was u.a. mit der Delegation von mehr Verantwortung und einer offenen Kommunikation erreicht werden kann. Nach ca. einem Jahr sollte dann die gesamte Einführung von TQM abgeschlossen sein.

Kapitel

X.2.2.4.

10

417

Phase der Excellence

Verbesserung ist entscheidend, dass allen im Unternehmen bewusst ist, dass diese Phase ein Kontinuum darstellt, das niemals endet. Die Bereitschaft offen zu sein für neue Überlegungen und Denkanstöße von innen wie von außen gilt es jetzt zu nutzen, um das Unternehmen weiter voranzubringen. Auszeichnungen, die mit herausragenden TQM-Leistungen verbunden sind, wie z.B. der Ludwig-Erhard-Preis oder der European Quality Award, die zugleich die Außendarstellung nachhaltig positiv beeinflussen, müssen ebenso in die Überlegungen mit einbezogen werden wie die Einführung eines Qualitätsmanagementsystems nach DIN EN ISO 9000ff oder die Einbeziehung der ökologischen Dimension in einen erweiterten TQM-Ansatz Im Sinne einer kontinuierlichen

-

-

(Radtke, 1998, S. 82).

TQM-Umsetzung und Kosteneinsparungen

X.3.

Wenn Veränderungen bevorstehen, wird immer wieder die Frage gestellt, welche Kosten damit verbunden sind und ob die damit verbundenen Aufwendungen in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag stehen. Kaum jemand stellt sich die Frage, was es einem Unternehmen kostet, wenn man kein neues Konzept, wie z.B. TQM einführt. Die nachfolgende Aufstellung soll zunächst aufzeigen, welcher Nutzen sich durch die Einführung von TQM ergibt, bevor anhand eines Praxisbeispiels gezeigt werden soll, welche tatsächlichen Kostenveränderungen sich nach der Implementierung von TQM ergeben haben.

X.3.1.

Geschätzter Nutzen von TQM

auch im Einzelfall schwer sein dürfte, die Kosteneinsparungen durch TQM genau zu quantifizieren, so lässt sich der Nutzen, der mit der Einführung von TQM verbunden ist, zumindest schätzen. Schaar (1994, S.13) hat dazu eine Übersicht erstellt, die zeigt, welches Einsparpotential in welchen Bereichen möglich ist. Um welche finanzielle Größenordnung es sich letztendlich handelt, zeigt seine Einschätzung, wonach bis zu 10 Prozent vom Umsatz durch TQM an Kosten eingespart werden können (s. Abb. 127). Wenn

es

Kapitel 10

418

10-30%

Produktivität indirektes Personal

10%

Produktivität direktes Personal

25-50%

Reduzierung von Beständen

20-90%

Reduzierung von Durchlaufzeiten

30%

Beschleunigung von Entwicklungszeiten

50-90%

Reduzierung der Qualitätsfehler

80%

Reduzierung manueller Arbeitsfelder

90%

Termintreue in allen Funktionen

C

s

GESAMTNUTZENPOTENTIAL 10% VOM UMSATZ Abb. 127: Geschätzter Nutzen von Quelle: Schaar, 1994, S. 13

X.3.2.

TQM

Designa Verkehrsleittechnik: Ergebnisse aus dem TQM-Prozess

Die Designa Verkehrsleittechnik, mit Sitz in Lübeck, ist ein mittelständisches Unternehmen mit rund 150 Mitarbeitern. Mitte der neunziger Jahre hatte man sich entschlossen, den TQM-Ansatz auf das Unternehmen zu übertragen. Dazu wurde ein TQM-Konzept entworfen, das unter der Bezeichnung „Qualität Plus" (Qplus) ins Leben gerufen wurde und in 10 Thesen seinen inhaltlichen Niederschlag gefunden hat (s. Abb. 128).

Kapitel

419

10

1.

Kundenorientierung

Der Kunde steht im Mittelpunkt, jeder ist Kunde

2.

Verpflichtung

Qualität hat erste Priorität und geht alle im

3.

Verantwortung

4. Prozess

Unternehmen an

Schaffung

von

Unternehmertum auf allen

Ebenen

Arbeit in Teams mit ständiger Verbesserung der Methoden und

Ergebnisse 5.

Vorbeugung

Fehler vermeiden statt beseitigen

6. Flexibilität

Kurze Entscheidungswege durch flache Hierarchien

7. Motivation

Kooperative Führung durch Zielvereinbarung

8.

Transparenz

Verständnis der Organisation und Abläufe

9.

Vertrauensbildung

Identifikation aller Mitarbeiter mit dem Unternehmen und seinen Produkten

10. Innovation

Unternehmenssicherung durch Suche nach alternativen Vorgehensweisen

Abb. 128: Das

Qplus Konzept der Designa Verkehrsleittechnik Quelle: Designa, 1996, S. 5 Nach einem Jahr wurde mit Hilfe einer Kundenbefragung eine erste Auswertung vorgenommen. Was die Erfüllung der Kundenanforderungen in Vertrieb und Service betrifft, so zeigen die Ergebnisse, dass zwar Schwachstellen beseitigt werden konnten, aber es noch einer Reihe von Anstrengungen bedarf, um die mit der Einführung von TQM verbundenen Erwartungen in diesem Bereich auch zu erfüllen (s. Abb. 129).

Kapitel

420

10

Vertrieb:

Kompetenz

Projektabwicklung Persönlicher Kontakt

Beratung Service: Service-Zentrum

Vorbeugende Wartung Service-Techniker

Schulung und Dokumentation Wartung

——-.-.

_:_I_ 0123456789

10

Durchschnittlicher

Beurteilungsgrad:

_I I

Abb. 129:

Quelle:

schlecht

sehr gut

Kundenanforderung

1

Erfüllung

Erfüllung von Kundenanforderungen in Vertrieb und Service bei der Designa Verkehrsleittechnik Designa, 1996, S. 8

Besonders interessiert war man an den Ergebnissen, die sich aus dem TQMProzess direkt für das Unternehmen ableiten ließen. Ein Jahr nach der Einführung lagen dazu beeindruckende Zahlen vor, die in Abbildung 130 wiedergegeben sind. So konnte u.a. die Fehlerrate beim Einkauf um 66 Prozent gesenkt und die Nacharbeiten in der Produktion und in der Installation um 61 Prozent bzw. um 52 Prozent reduziert werden.

Kapitel 10

421

TQM-Ergebnissen der Designa Verkehrsleittechnik kein Beweis für die generelle Erfolgsträchtigkeit von TQM führen lässt, so kann doch konstatiert werden, dass mit der Einführung von TQM Handlungsabläufe und Prozesse verbessert sowie Kosten gesenkt werden konnten, was sicherlich auch als ein Beitrag zur erhöhten Kundenzufriedenheit gewertet Wenn sich auch zunächst

aus

den

werden kann.

| Nacharbeit Installation

52 [ -61 1 -66 \

''. -4 0 -43

~1

Nacharbeit Produktion

[

Fehlerrate Einkaufteile

llnstallationszeiten Service

r_

iDurchlaufzeiten

I -12

I

|M itarbeiterzahl (gesamt)

^1 3

Kosten variabel Kosten fix

geschätzter

Umsatz -80

-60

-40

n

M arktanteil

Anlagenaufträge

-20

Produktion

j

~] 3 |

-127

|

--;*] 23

0

20

Ergebnisse aus dem TQM-Prozess bei der Designa Verkehrsleittechnik Quelle: Designa, 1996, S. 12

Abb. 130:

Dass die Ergebnisse Resultate einer Reihe

Designa

aber kein Zufallsprodukt sind, zeigen die von wissenschaftlichen Untersuchungen, die im Rahmen von Diplomarbeiten zum Themenbereich Kundenzufriedenheit bei Firmen wie eps Bertelsmann in Gütersloh, Siemens in Riga/Lettland, Otis in London/ von

England, aber auch bei einer Vielzahl mittelständischer Unternehmen wie z.B. der Firma Postler in Nürnberg oder bei der Rostocker Brauerei, durchgeführt wurden.

Wird TQM als ganzheitlicher Ansatz verstanden und über alle Unternehmensebenen hinweg auch gelebt, dann ist bei allen untersuchten Unternehmen deutlich geworden, dass Schwachstellen abgebaut und Kosten reduziert werden konnten. Die absolute Kundenfokussierung hat darüber hinaus

40

Kapitel

422

10

eine höhere Kundenzufriedenheit bewirkt und damit zugleich die Basis geliefert, die es dem jeweiligen Unternehmen ermöglicht, eine langfristige Kundenbindung aufzubauen.

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung 1.

liegen die Hauptursachen, Engagement geht?

2.

Greifen Sie fünf TQM-Fallen heraus und Umsetzung scheitern kann!

3.

Welche Bedeutung kommt dem Management bei der Implementierung zu? Zeigen Sie an drei Beispielen auf, worauf es hierbei ankommt!

4.

Welche Bedenken werden von Seiten des Managements bzw. der Mitarbeiter vorgebracht, wenn es um die Einführung von TQM geht?

5.

Welche vier Schritte sind vom Management zu initiieren, Zustimmung seitens der Mitarbeiter stoßen soll?

6.

Beschreiben Sie das 4-Phasen-Modell, indem Sie für ein mittelständisches Unternehmen ein Implementierungsmodell entwickeln!

7.

Welcher Nutzen lässt sich durch die nehmen erzielen?

8.

Greifen Sie aus dem Praxisbeispiel von Designa zwei Punkte zeigen, wie erfolgreich das Unternehmen TQM eingeführt hat!

Worin

wenn es um

ein

gescheitertes TQM-

zeigen Sie,

Einführung

woran

von

eine

wenn

TQM-

TQM auf

TQM für

Unter-

heraus, die

Literaturhinweise

Designa Verkehrsleittechnik (Hrsg.), TQM-Modell „Q-plus", Lübeck, 1996 Eglau, H.O., Total verinselt. Arbeitswelt: Mit der radikalen Hinwendung zur Gruppenarbeit steuert der Autozulieferer Ymos in die Gewinnzone, in: Die Zeit,

Nr. 42/1995

Frehr, H.U., Die Qualität des Unternehmens eine neue Dimension der Qualität, in: Zink, K.J., (Hrsg.), Qualität als Managementaufgabe, 3.Aufl., Landsberg/ -

Kapitel

423

10

Lech, 1994 Holtmeyer, G., Umsetzung von TQM Einführungsschritte und -problème, Mehdorn/Töpfer (Hrsg.), Besser-Schlanker-Schneller, Neuwied, 1994 Kamiske, G.F., Rentabel durch Total Quality Management, Heidelberg, 1996 Malorny, C, Der Weg zur Business Excellence, in: Absatzwirtschaft, Nr. 1/1997 Malorny, C, TQM umsetzen. Der Weg zur Business Excellence, Stuttgart, 1996 Oess, A., Total Quality Management Die ganzheitliche Qualitätsstrategie, 3. Aufl., Wiesbaden, 1993 Oess, A., Total Quality Management Die ganzheitliche Qualitätsstrategie, 4. Aufl., Wiesbaden, 1996 Pfeifer, T., Qualitätsmanagement, Strategien, Methoden, Techniken, München, -

-

-

1996

Radtke, P.,

Das Berliner

TQM-Umsetzungsmodell,

in: io Management, Nr. 1-

2/1998

Reinecke, S., Sipötz, W., Wiemann, E.M., Total Customer Care. Kundenorientierung auf dem Prüfstand, St. Gallen, 1998 Schaar, H., Die ganzheitliche Unternehmensentwicklung unter den Aspekten des Total Quality Management, Daimler/Benz (Hrsg.), Konzernforum: Total Quality Management, Stuttgart, 1994 Schlack, P., Watzl, P., Total Quality Management, Daimler/Benz (Hrsg.), Konzernforum, Stuttgart, 1994 Töpfer, A., Mehdorn, H., Total Quality Management Anforderungen und Umsetzung im Unternehmen, 4.Aufl., Neuwied, 1995 -

Kapitel 11

424

„Es gibt Leute, die nur aus dem Grunde in jeder Suppe ein Haar finden, weil sie, wenn sie davor sitzen, so lange den Kopf schütteln, bis eins

hineinfällt.

"

Friedrich Hebbel

XI.

Zur

XI. 1.

Zur Notwendigkeit der

Messung von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung

Kundenzufriedenheitsforschung

Erfolgreiche

Unternehmen haben das strategische Erfolgspotential loyaler Kunden erkannt. Um eine zielgerichtete Gestaltung und Kontrolle von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung zu ermöglichen, müssen beide Begriffe einer Operationalisierung unterzogen werden, um eindeutige Aussagen über die geplante und realisierte Gesamtqualität und das Niveau ihrer Merkmale zu erhalten (Stauss/Hentschel, 1992, S. 121).

Derartig durchgeführte Untersuchungen sind betriebliche oder betriebswirtschaftliche Marktforschungen auch Konsumentenforschung genannt und bezeichnen den systematischen Prozess der Definition des Untersuchungsgegenstandes, der Gestaltung des Untersuchungsdesigns, der Datengewinnung, der Datenanalyse und der Dokumentation, um daraus unternehmerische Entscheidungen ableiten zu können (Hüttner, 1989, S. 29). Nur eine detaillierte Messung von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung lässt ein effektives Management dieser beiden Zielgrößen zu (Homburg/Werner, 1999, S.913). Der Nutzen, der mit Kundenbefragungen in Verbindung gebracht wird, kann in folgenden Punkten zusammengefaßt werden: -

-

1. Kundenorientierte

Unternehmenssteuerung ständige Rückkopplung des Unternehmensangebotes mit den Kundenerwartungen und -Wahrnehmungen wird eine marktorientierte Unternehmensführung erst möglich. Durch

2.

Wettbewerbsvergleiche Kunden halten die Geschäftsbeziehung

mit einem Unternehmen nur dann dieses mindestens dieselbe Zufriedenheit bietet wie ein aufrecht, potentieller Wettbewerber. Daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, kann zu einem wichtigen Instrument der Wettbewerbsanalyse werden und mit der Optimierung des Angebotes verbunden sein. wenn

Kapitel

3.

425

11

Vergleiche über die Zeit Bei systematisch wiederkehrender Erhebung können Leistungsvergleiche (Verbesserung/Verschlechterung) über den Zeitverlauf erkannt und optimiert werden. Ebenso lassen sich Aussagen über die langfristige Leistungsfähigkeit des Unternehmens gewinnen. von spezifischen Erkenntnissen Gerade bei Innovationen und strategischen Änderungen ist es wichtig, eine Rückkopplung zu erhalten. Kundenzufriedenheitsänderungen, z.B. bei Preiserhöhungen, können schnell erfasst und damit für zukünftige Anpassungen besser prognostiziert werden. Ebenso ließe sich beispielsweise für ein bestimmtes Segment bei einem Markttest eine Zufriedenheitsmessung durchführen und die Maßnahmen auf der Basis dieser Ergebnisse optimieren, bevor das Produkt auf dem gesamten Markt eingeführt wird (Rapp, 1995,

4. Gewinn

S.86).

XI.2.

Formen der Datenerhebung

Für die

Datenerhebung sind mehrere Verfahren möglich, wie z.B. das Interview, die telefonische Befragung und die schriftliche Befragung. Welche Methode nun gewählt wird, ist von der jeweiligen Situation abhängig. In Abbildung 131 finTelefonische

Schriftliche

Befragung

Befragung

Antwortrate

Hoch (+)

Tendenziell

Kosten

Hoch (-)

Mittel bis

Kontrolle der

Gut

niedriger (-)

Erhebungs-

(+)

gering (++) Gering (-)

Persönliches Interview Hoch (+)

Sehr hoch (--) Sehr gut (++)

Situation

Objektivität der Problematisch, InterviewerErgebnisse einfluss (-)

Hoch (++)

Notwendigkeit

Notwendig-

externer

Unterstützung bei der

Notwendigkeit gegeben (-)

keit nicht

gegeben (++)

Sehr

problematisch (Interviewereinfluss) (--) Notwendigkeit gegeben (--)

Durchführung Abb. 131. Vor- und Nachteile verschiedener Befragungsformen Quelle: Homburg/Rudolph/Werner, 1997, S.331

Kapitel

426

11

den sich die wichtigsten Vor- und Nachteile der verschiedenen Befragungsformen zusammengestellt. Das Kernproblem bei schriftlichen Befragungen ist die Rücklaufquote. Um zu signifikanten Aussagen zu kommen, sollte daher die Antwortquote bei anonymen Befragungen mindestens zwischen 15 bis 20 Prozent liegen. Damit die Rücklaufquote möglichst hoch ausfällt, sind Überlegungen anzustellen, wie durch zusätzliche Anreize diese Quote erhöht werden kann. So hatte das Euro Lloyd Reisebüro in Hamburg mit der Zusendung der Befragungsunterlagen gleichzeitig zugesagt, aus allen zurückgeschickten Fragebögen zwei Flugpreise auszulosen (Flunker, 1997, S. 48). Ähnlich verfuhr man bei der Zeitschrift „Personalwirtschaft", als man im Anschreiben einer Kundenbefragung mitteilte, dass die ersten 100 Einsender jeweils ein Buch erhalten würden. Durch eine Reihe weiterer Maßnahmen lässt sich bei schriftlichen die Antwortrate beeinflussen, wozu u.a. gehört (s. Abb. 132):

Befragungen

Commitment signalisieren für den Kunden muss ersichtlich sein, dass das Unternehmen gewillt ist, sich ernsthaft mit den Aussagen auseinanderzusetzen und Verbesserungen einzuleiten -

Einfachheit ein knapper Fragebogen (max. Fragen -

Beharrlichkeit zeigen

nachfassen (schriftlich oder nalisiert werden kann -

10 Minuten Zeit

telefonisch),

Individualität praktizieren -

personifizierter Begleitbrief

Herren" ist inakzeptabel Abb. 132:

Quelle:

zum

zum

Ausfüllen), mit einfachen

wodurch auch commitment

Anschreiben, „Sehr geehrte

sig-

Damen und

Beeinflussungsmöglichkeiten der Antwortrate bei schriftlicher Befragung Homburg/Rudolph/Werner, 1997, S.332

Hat man die entsprechende Befragungsform festgelegt, ist die Frage zu klären, ob man sich offener oder geschlossener Fragen bedienen möchte. Während bei

geschlossenen Fragen die Antwortkategorien klar vorgegeben werden, ist der Befragte bei offenen Fragen aufgefordert, selbst Antworten zu formulieren. Der

Kapitel

nachfolgende Fragebogen

stammt

aus

Bertelsmann GmbH im Rahmen einer

1998, S. 63). Offene

Fragetyp Frage

Geschlossene

427

11

Untersuchung, der bei der eps Diplomarbeit eingesetzt wurde (Quade, einer

Beispiele Wie beurteilen Sie die eps Bertelsmann GmbH aufgrund Ihrer Erfahrungen im Vergleich zu anderen branchenähnlichen Unternehmen?

Fragen

Alternativfrage

Nutzen Sie unsere Informationen aus dem Internet?

D D Frage mit der Möglichkeit von Mehrfachnennungen

ja nein

Welche der nachfolgenden Punkte hat Sie mit uns in Geschäftsbeziehung zu treten?

veranlasst,

Messen

Anzeigen in Fachzeitschriften Empfehlungen durch andere Direct-Mailing Serviceleistungen Frage mit ordinaler

Ratingskala

Wie zufrieden sind Sie mit unseren

Zahlungsmodalitäten? 1

2

3

4

k. A.

D D D D D Abb. 133: Unterschiedliche Fragetypen Quelle: Quade, 1998, S. 63

XI.3.

Messverfahren

Unterschiedlichste Messverfahren und -techniken werden

zur

Erfassung

der

Kundenzufriedenheit eingesetzt. In den nachfolgenden Kapiteln sollen eine

Reihe von Verfahren vorgestellt und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile miteinander verglichen werden, ohne dabei einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu wollen. Die ausgewählten Ansätze zur Messung der Kundenzufriedenheit sollen dabei zumindest ansatzweise erkennbar lassen, für welchen Anlass sich welches Messverfahren am besten eignet.

11

Kapitel

428

Objektive Verfahren

XI.3.1.

Bei der Messung von Kundenzufriedenheit unterscheidet man grundsätzlich zwischen objektiven und subjektiven Verfahren (s. Abb. 134). Objektive Verfahren gehen von der Überlegung aus, dass Zufriedenheit durch Indikatoren messbar ist, welche in einem engen Zusammenhang mit der Zufriedenheit stehen und nicht durch eine persönlich-subjektive Wahrnehmung verzerrt sind. In den objektiven Verfahren wird die Kundenzufriedenheit anhand von Umsatz,

Marktanteil, Gewinn, Abwanderungsrate, Wiederverkaufsrate und Zurückgewinnungsrate oder durch bestimmte Indizien (z.B. Dauer telefonischer Wartezeiten/-schleifen, Häufigkeit von Reklamationen) ermittelt. Ansätze zur Messung der Kundenzufriedenheit

Objektive

Subjektive

Verfahren *

* * * *

Verfahren

Umsatz Marktanteil

Abwanderungsrate

Merkmals-

Wiederkaufrate

Zurückgewinnungsrate

Ereignis-

orientierte Verfahren

gestütze

Verfahren

*

Explizite

Implizite

Methoden *

*

'

Methoden

* Analyse des BeschwerdeVerhaltens Ermittlung der wahrgenommenen

Leistungsdefizite Befragung von Verkäufern und Absatzmittlem

Technique Frequenz-RelevanzAnatyse für Probleme

Messung des Erfüllungsgrades von Erwartungen ex ante / ex post Messung ex post-Messung -

-

Analyse des Globalurteils Conjoint Analyse * Multiattributive Messung (SERVQUAL)

*

*

Abb. 134:

Ansätze

Quelle:

Simon/Homburg, 1997, S. 45

zur

*

Critical Incident

Messung der Kundenzufriedenheit

Kapitel

11

429

Derartig objektive Kennzahlen und Standards werden trotz ihrer Korrelation mit der Zufriedenheit durch eine Anzahl von Faktoren beeinflusst, wie z.B. das Konkurrenzverhalten, wirtschaftspolitische Veränderungen, technologische Neuerungen und Investitionstätigkeit. Deshalb werden diese Verfahren in der Praxis meist nur zur Beurteilung und nicht für die direkte Erfassung von Kundenzufriedenheit verwendet, so dass ihr Aussagewert begrenzt bleibt (Hansen/Niestrath/Thieme, 1998, S. 39).

XI.3.2.

Subjektive Verfahren

Bei den subjektiven Verfahren werden keine direkt beobachteten Größen, sondern die vom Kunden subjektiv wahrgenommenen Zufriedenheitswerte ermittelt. Die dabei eingesetzten Verfahren zielen auf die Erfassung individuell unterschiedlich ausgeprägter psychischer Sachverhalte und den damit verbundenen Verhaltensweisen ab. Subjektive Verfahren lassen sich dabei in merkmalsgestützte und ereignisorientierte Verfahren unterteilen.

XI.3.2.1.

Merkmalsgestützte Methoden

Bei den merkmalsorientierten Verfahren wird zwischen impliziten und expliziten Methoden unterschieden. Implizite Methoden beschäftigen sich mit der Auswertung und Analyse von Beschwerden, der Ermittlung von wahrgenommenen Leistungsdefiziten und nutzen die Befragung von Verkäufern und Absatzmittlern, um über sie die Kundenzufriedenheit zu messen.

expliziten Methoden wird die Zufriedenheit durch die Messung des Erfüllungsgrades der Erwartungen oder durch die direkte Erfragung der wirklich empfundenen Zufriedenheit ermittelt. Bei der Messung des Erfüllungsgrades der Erwartungen kann eine ex ante/ex post oder eine ex post-Messung durchgeführt werden. Dabei werden im ersten Fall die Erwartungen vor dem Kauf und die Erfahrungen nach der Nutzung des Produktes erfragt, und aus der Differenz der Zufriedenheitsgrad bestimmt. Bei der ex post-Messung wird der Kunde nach der Produktnutzung gefragt, ob die Leistungserfahrungen mit den ursprünglichen Erwartungen übereinstimmen. Die wahrgenommene Differenz wird zum Anlass genommen, vom Erfüllungsgrad der Erwartungen direkt auf die Zufriedenheit der Kunden zu schließen (Homburg/Rudolph, 1997, S. 44). Bei den

Kapitel

430

11

XI.3.2.1.1. Analyse des Globalurteils und Conjoint Analyse Die Zufriedenheit kann als globale Einschätzung anhand von eindimensionalen Zufriedenheitsskalen oder anhand von mehrdimensionalen Skalen gemessen werden, welche sich auf die relevanten Einzelaspekte der angebotenen Leistung beziehen. Für die Messung der generellen Zufriedenheit werden meist einfache, eindimensionale Skalen verwendet, wozu die Analyse des Globalurteils gehört. Diese Methode ist einfach in der Anwendung, allerdings werden keine Informationen über einzelne Komponenten der Kundenzufriedenheit erhoben, womit differenzierte Auswertungen nur eingeschränkt möglich sind. Bei der Conjoint Analyse werden die Beurteilungsobjekte von den Kunden nach ihrer Qualität in eine Rangordnung gebracht, um dann die Qualitätsbeiträge einzelner Merkmalsausprägungen berechnen zu können. Da die Kombinationsmöglichkeiten beliebig sind, erlaubt diese Methode keine konkrete Aussage über das Qualitätsurteil des Kunden. Verfahren

Vorgehen

Kritik

Analyse des Globalurteils

Befragung der Kunden

Conjoint Analyse

Beurteilungsobj ekte Kombinationsmöglichwerden von den Kunden keiten der einzelnen nach ihrer Qualität in eine Merkmale und MerkmalsRangordnung gebracht, ausprägungen sind um dann die Qualitätsbeliebig; Aufstellung und beiträge einzelner Merk- Rangordnung erlaubt keine male und Merkmalskonkreten Aussagen über ausprägungen berechnen das Qualitätsurteil des zu können Kunden

Multiattributverfah ren

Mit Hilfe einer Liste werden Bedeutungs- und Eindruckswerte aus Kundensicht ermittelt, analysiert und zu Globalurteilen verdichtet

Man erhält nur undifferenhinsichtlich ihrer genezierte Anhaltspunkte, daher rellen (Produkt-) Zuist die Aussagekraft befriedenheit anhand vorge- schränkt gebener Strukturen

Abb. 135: Merkmalsorientierte Verfahren (Auswahl) Quelle: Meister/Meister, 1996, S.68

Es wird unterstellt, dass sich die wahrgenommene

Servicequalität aus der

Summe der bewerteten Einzelmerkmale ergibt

Kapitel

431

11

Soll eine genaue Bestimmung derjenigen Leistungsbestandteile erfolgen, die bei den Kunden Zufriedenheit hervorrufen, dann kommt das Multiattributverfahren zur Anwendung, das wohl das bekannteste und vielseitigste aller Mess Werkzeuge darstellt. Multiattributverfahren gehen von der Annahme aus, dass Qualitätsbeurteilungen das Ergebnis einer individuellen Einschätzung der verschiedenen Qualitätsmerkmale sind. Der Konsument bewertet bei diesem Verfahren eine Vielzahl (Multi) von Eigenschaften bzw. Qualitätsmerkmalen (Attribut) eines Unternehmens. Abbildung 135 gibt einen Überblick über merkmalsorientierte Verfahren, das ihnen zugrundeliegende Procederé sowie Schwächen, die mit der jeweiligen Anwendung verbunden sind.

XI.3.2.1.2.

SERVQUAL als ein multiattributives Messverfahren

Eine Möglichkeit der multiattributiven Messung stellt die SERVQUALMethode dar, die zu den Verfahren der Einstellungs- und Zufriedenheitsmessung gezählt wird und mit dem Anspruch verbunden ist, in allen Dienstleistungsbereichen eingesetzt werden zu können (Bruhn/Murmann, 1998, S. 17, Quartapelle, 1996, S. 153). Sie wurde in den achtziger Jahren von ZeithanüVParasuraman/Berry entwickelt und lässt sich sprachlich aus den Begriffen „Service" und „Quality" ableiten. Basierend auf einer empirischen Untersuchung von Dienstleistungsunternehmen haben die drei Autoren ein Dienstleistungsmodell entwickelt, welches die wahrgenommene Qualität als Ergebnis des Vergleichs zwischen erwarteter und tatsächlich erhaltener Leistung darstellt

(Güthoff, 1995, S.69).

Das in Abbildung 136 dargestellte Modell zeigt Lücken oder auch Fehler, die im Prozess der Dienstleistungserbringung entstehen können. Welche Lücken im Einzelnen auftreten und welche Verhaltensweisen dafür verantwortlich gemacht werden können, soll nachfolgend beschrieben werden: 1. Die

Lücke zwischen

Managements

Kundenerwartungen

und

Vorstellungen

des

Das Unternehmen interpretiert die Kundenerwartungen falsch, orientiert sich unzureichend an ihnen oder kommuniziert zu wenig mit den Kunden.

Kapitel

432

11

KUNDE

Mündliche

Persönliche Bedürfhisse

Empfehlungen

Bisherige

Erfahrungen

Erwarteter Service Lücke 5

Erlebter Service DIENSTLEISTER

Geleisteter Service

Lücke 4

Lücke 3

Normen fur

Lücke 1

Servicequalität

DienstleisterKommunikation nach außen

(versprochener Service)

Lücke 2

Vorstellungen des

Managements von Kundenerwartungen

Begriffliches Modell der Servicequalität Quelle: Zeithaml/Parasureman/Berry, 1992, S.62

Abb.136:

2. Die Lücke zwischen den

für Servicequalität

Vorstellungen

des Managements und den Normen

Richtig verstandene Kundenerwartungen müssen in Normen für Servicequalität umgesetzt werden, an die sich die Mitarbeiter des Unternehmens zu halten haben. Wird dieses Ziel verfehlt entsteht die Lücke 2 weil die Normen für Servicequalität fehlen oder falsch sind" (Zeithaml/ Parasureman/Berry, 1992, S.86). „

...,

3. Die Lücke zwischen den erbrachten Leistung

Servicequalitätsnormen

und der tatsächlich

Leistungsausführung selbst wird von vielen Faktoren beeinflusst. Möglicherweise ist das leistungsabgebende Personal schlecht ausgebildet oder überfordert. Gegebenenfalls ist auch die Arbeitsmoral schlecht, oder es gibt Pannen an Geräten und Maschinen. Die Ausführenden sollen in der Regel Die

effizient arbeiten, was in manchen Fällen dem Bemühen um zufriedene Kunden widerspricht (Kotler/Bliemel, 1995, S.722). Lücke 3 resultiert daraus, dass die Effizienz der Leistung höherrangig angesehen wird als die für den

Kapitel

11

433

Kunden notwendige Vertrauens- und kundenzufriedenheitsbildende Kommunikation. 4. Die Lücke zwischen

Versprechungen und erbrachter Leistung

Die an den Kunden gerichtete externe Kommunikation beeinflusst nicht nur die Erwartungen des Kunden, sondern auch seine Wahrnehmung der Leistung (Güthoff, 1995, S.71). Kann die Leistung vorher getroffene Versprechen nicht halten, ist der Kunde enttäuscht und fällt ein negatives Qualitätsurteil. Dieselbe Leistung wäre möglicherweise positiver bewertet worden, wenn zuvor keine unhaltbaren Versprechungen gemacht worden wären. 5. Die Lücke zwischen erwartetem und erlebtem Service

Die fünfte Lücke entsteht immer dann, wenn eine oder mehrere der oben beschriebenen Defizite vorhanden sind. Die dabei zu beobachtende Schwachstelle ist oft mit einem unzureichenden Leistungsangebot verbunden bzw. fehlt es an einer am Kunden ausgerichteten Strategie. Charakteristisch für den SERVQUAL-Ansatz sind seine fünf Qualitätsdimensionen, die in der nachfolgenden Abbildung 137 zu finden sind. Neben der Bezeichnung der jeweiligen Dimension haben Zeithaml/Parasureman/Berry (1992, S.34ff) eine inhaltliche Präzisierung der Begriffe vorgenommen und ihre Bedeutung aus der Sicht der Kunden aufgezeigt. Die einzelnen Dimensionen sind in Abhängigkeit von der Branche und dem Dienstleistungsangebot von unterschiedlicher Wichtigkeit, wobei allerdings insgesamt und unabhängig von der Branche der Dimension Verlässlichkeit („Reliability") die größte Bedeutung zukommt (Bezold, 1996, S. 47). Mit 32 Prozent steht die Fähigkeit, den versprochenen Service verlässlich und präzise auszuführen, auf der Ratingskala der Kunden ganz oben. -

-

Kapitel

434

Dimension

11

Bezeichnung

Definition und Inhalt

Zuverlässigkeit "Reliability"

Fähigkeit, den versprochenen Service verlässlich und präzise

Bedeutung aus der Sicht des Kunden 32%

auszuführen

Entgegenkommen Bereitschaft, Kunden zu "Responsiveness helfen und prompt zu "

22%

bedienen

Souveränität "Assurance"

Fachwissen, zuvor-

kommendes Verhalten der Angestellten sowie Fähigkeit, Vertrauen zu

19%

erwecken, (beinhaltet

die Dimensionen Kompetenz, Zuvorkommen-

heit, Vertrauenswürdigkeit, Sicherheit)

Einfühlungsver-

Fürsorgliche Aufmerksamkeit der Firma für

mögen

"Empathy"

16%

jeden Kunden (beinhal-

tet die Dimensionen Er-

reichbarkeit, Kommunikation, Kundenverständnis) Materielles Umfeld Äußeres Erscheinungsbild des Unternehmens "Tangibles "

11%

Abb.137: SERVQUAL Dimensionen -

Quelle: Zeithaml/Parasuraman/Berry, 1992, S.

34ff

Insgesamt wurden den fünf Dimensionen 22 Fragen zugeordnet, wobei jede Frage sich aus einer „Doppelskala" zusammensetzt. Die erste Fragereihe erfasst dabei die allgemeinen Erwartungen der Befragten an eine Dienstleistung mit

Hilfe einer 7-Punkte Skala, während die zweite Reihe das Urteil der Kunden über den Dienstleister misst (Quartapelle/Larsen, 1996, S. 152f). Die nachfolgende Abbildung 138 zeigt an einem Beispiel aus der Hôtellerie, wie eine Doppelskala im SERVQUAL-Modell aussieht.

Kapitelll

435

Diese(r) Meinung

_stimme ich völlig zu_lehne ich entschieden ab Die Angestellten im Hotel sollten höflich sein (Erwartung)

7

6

5

4

3

2

1

Die Angestellten im Hotel sind höflich (erlebte

7

6

5

4

3

2

1

Leistung)_

Abb. 138: Die Doppelskala im

SERVQUAL-Modell Quelle: Meffert/Bruhn, 1995, S. 209

Aus der entstehenden Differenz zwischen Erwartungen und Wahrnehmungen lassen sich Rückschlüsse auf die Dienstleistungsqualität ziehen. Die Differenz zwischen den beiden Aussagen kann Werte zwischen -6 und +6 aufweisen. Je höher dieser Wert ist, umso höher ist die wahrgenommene Dienstleistung in Bezug auf dieses Item (Haller, 1995, S.94). Da dieses Verfahren als sehr übersichtlich

eingestuft werden kann und leicht in anwendbar der stellt Fragebögen ist, SERVQUAL-Ansatz ein besonders Hilfsmittel bei der geeignetes Ermittlung der Kundenzufriedenheit dar. Vor allem dann, wenn die Messung per Post durchgeführt werden soll, empfiehlt sich dieser Ansatz (Quarterpelle/Larsen, 1996, S.153). Wenn auch kein ausgesprochen qualifiziertes Fachpersonal notwendig ist, so sollten doch die mit der Evaluierung Beauftragten statistische Grundfertigkeiten mitbringen, um das Statistik-Programm SPSS richtig einsetzen zu können. Was die spezielle Einschätzung der multiattributiven Messungen angeht, so werden sie als sehr gute Verfahren zur Erforschung der Zufriedenheit angesehen (Homburg/Rudolph, 1997, S.46ff). Wenn auch ihre Wichtigkeit unbestritten bleibt, so werden diese Messungen doch als ergänzungsbedürftig angesehen. Vor allem die begrenzte Anzahl vorgegebener, recht abstrakt formulierter Qualitätsmerkmale, die das reale Qualitätserleben der Kunden nicht vollständig und angemessen abbilden, wird als kritischer Einwand vorgebracht (Meffert/Bruhn, 1995, S. 213). Eine Gefahr wird in der Anspruchsinflation durch die Verwendung der „so-sollte-es-sein"-Kategorie gesehen. Die Versuchpersonen können realitätsfremde Werte angeben, die auch bei verschiedenen Befragungen variieren können (Hentschel, 1998, S. 105). Um Informationslücken

zu schließen wird deshalb auf ereignisorientierte Qualitätsmessverfahren verwiesen, die komplementär mit in die Kundenzufriedenheitsforschung einbezogen werden sollten.

Kapitel

436

11

Ereignisorientierte Messverfahren

XI.3.2.2.

basieren auf der Überlegung, dass Kunden aus einer Vielzahl von Situationen während eines Leistungsprozesses bestimmte Standard- oder Schlüsselerlebnisse als besonders qualitätsrelevant wahrnehmen. Bei diesen Verfahren steht die Messung des Kontaktes zwischen den Kunden und dem Kontaktpersonal im Vordergrund. Aus der Vielzahl an Verfahren sollen die Critical Incident-Technique und die Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme herausgegriffen werden, um an ihnen zu zeigen, durch welche Vorgehensweise sich ereignisorientierte Messverfahren auszeichnen.

Ereignismessungen

XI.3.2.2.1.

Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme

Frequenz-Relevanz-Analyse für Probleme (FRAP) kann festgestellt werden, wie häufig und mit welcher Relevanz ein Problem auftritt und mit welcher Aufmerksamkeit es von der Unternehmensleitung beachtet Mit Hilfe der werden muss.

Da Kunden unterschiedlich auf Probleme bei Prozessen reagieren, ist es wichtig zu erfahren, in welchem Maße sich auftretende Fehler auf die Wahrscheinlichkeit einer Dienstleistung, den Wechsel des Dienstleistungsunternehmens oder die Beschwerdeführung auswirken. Diesen verschiedenen Kundenreaktionen werden anschließend Skalenwerte zugeordnet, die dann durch

Multiplikation mit den Produktwerten für das Ausmaß der Verärgerung zu einem sog. „Relevanzwert" verdichtet und gegen den Wert der Problemfrequenz in einer zweidimensionalen Matrix aufgetragen werden (Meffert/Bruhn, 1995, S. 218). Homburg/Werner (1996, aufgedeckt: -

-

S.

96) haben

im Rahmen der FRAP vier Fehlerarten

„Tödliche Fehler" sind Fehlhaltungen, deren Frequenz und Relevanz hoch sind, und die daher die Wiederkaufentscheidung der Kunden nachhaltig negativ beeinflussen können. Daher muss die Behebung ihrer Ursachen sofort angegangen werden. Fehler mit hoher Frequenz, aber geringer Relevanz haben meist einen systematischen Hintergrund. Trotz ihrer geringen Relevanz können negative Auswirkungen auf die Zufriedenheit der Kunden nicht ausgeschlossen werden. Deshalb müssen die Ursachen dieser Fehler mittelfristig behoben werden.

Kapitel 11 -

437

„Ausrutscher" sind Fehler, die nur relativ selten auftreten, dann aber mit hohen Konsequenzen im Hinblick auf die Wiederkaufentscheidung der Kunden verbunden sind. Hier ist zu untersuchen, ob diesen Fehlern nicht eventuell systematische Ursachen zugrunde liegen, die zu beheben wären.

-

„Vernachlässigbare Fehler" sind Fehler mit geringer Frequenz und ebenso geringer Relevanz. Eine systematische Suche nach den Ursachen ist im Vergleich mit den damit verbundenen Kosten häufig nicht zu rechtfertigen.

XI.3.2.2.2. Die

Critical-Incident-Technique

J.C. Flanagan in den fünfziger Jahren entwickelte Critical-IncidentTechnique wird auch als Analyse kritischer Ereignisse zwischen einem Kunden und einem Dienstleistungsanbieter bezeichnet. Bei dieser Methode werden die Kunden in direkten, offenen Interviews gebeten, kritische Ereignisse, die sie als besonders positiv oder negativ empfunden haben, zu schildern. Dabei besitzt diese Methode einen entscheidenden Vorteil. Die Kunden werden nicht aufgefordert, eine vorgegebene Anzahl von abstrakt formulierten Qualitätsmerkmalen (z.B. Leistungskompetenz, Freundlichkeit) zu beurteilen, sondern sie haben hier die Möglichkeit, die Erlebnisse mit ihren eigenen Worten zu schildern (Meffert/Bruhn, 1995, S. 217). Die

von

Damit die Kundenzufriedenheit mit Hilfe der Critical-Incident-Technique gemessen werden kann, sollte die Befragungsmethodik nach folgendem System aufgebaut sein: 1. Denken Sie an ein Erlebnis im Zusammenhang mit Service, das Sie als besonders positiv/negativ empfanden. 2. Beschreiben Sie diesen Vorfall bitte in Einzelheiten! Wer tat was? Wer sagte was? ...

Dabei sollten die berichteten

entsprechen:

Ereignisse folgenden Mindestanforderungen

1. sich auf erlebtes Verhalten beziehen, 2. vom Befragten selbst erlebt sein, 3. alle wesentlichen Faktoren zur Beschreibung des Vorfalls enthalten, 4. eine definitive Bewertung zur Beschreibung des Vorfalls enthalten, oder anders ausgedrückt: Der Befragte muss sich klar darüber äußern, aus

Kapitel 11

438

welchem Grund dieses

1995, S.116).

Ereignis

als kritisch betrachtet wird

(Haller,

Als „incident" wird dabei jeder Vorgang bezeichnet, der mit der Erstellung einer Dienstleistung in Verbindung steht, und als „critical" wird ein Ereignis beschrieben, wenn die Zufriedenheit des Kunden durch eine Dienstleistung/ Service dadurch „deutlich positiv oder negativ beeinflusst wird" (Quartapelle, 1996 S.135). Durch die Methode der kritischen Ereignisse lassen sich detaillierte Informationen über Problemstellen und Kundenansprüche gewinnen. Demgegenüber steht der hohe zeitliche Aufwand, der mit einer Erfassung verbunden ist. Nicht nur der Befrager muss pro Befragten viel Zeit einkalkulieren, sondern auch vom Kunden wird große Geduld verlangt. Nur ein gut geschulter Interviewer wird in der Lage sein, den Kunden richtig zur Erinnerung zu stimulieren sowie die Kundenaussagen unverfälscht und von der eigenen Meinung unbeeinflusst zu erfassen.

Eigenschaften

Schwierigkeit der Untersuchungsvorbereitung Problematik der Ergebnisinterpretation Bedarf an spezialisierten Interviewern Notwendigkeit, die Kunden im voraus

CRITICAL INCEDENT

SERVQUAL

TECHNIQUE Niedrig

Niedrig

Nein

Hoch Nein Nein

Nein

Ja

Durchführbarkeit per Post

Nein

Ja

Erforderliche Zahl an Testkunden Langfristige Vergleichbarkeit der

Mittel

Niedrig

Hoch Hoch

Niedrig

Hoch

kennen Statistische und rechnerische

Hoch Ja

zu

Fähigkeiten

Ergebnisse Möglichkeiten der Konkurrenzanalyse

Abb. 139: Critical Incident Technique und SERVQUAL im Quelle: Quartapelle/Larsen, 1996, S. 134

Vergleich

Die aufgezeigten Messverfahren haben gezeigt, dass jede Methode ihre Stärken und Schwächen hat. In Abbildung 139 wird in einer Gegenüberstellung zwischen der Critical-Incident-Technique und der SERVQUAL-Methode noch

Kapitel

11

439

einmal deutlich, welche unterschiedlichen Ausprägungen mit den jeweils aufgeführten Eigenschaften verbunden sind. Welches Messverfahren auch immer bei einer Kundenzufriedenheitsforschung zur Anwendung gelangt, es müssen die Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden, um letztendlich entscheiden zu können, welche Methode am besten dem

Untersuchungszweck entspricht.

Fragen zur Kontrolle und Vertiefung 1. Begründen Sie,

warum

Kundenbefragungen

ein

stellen, die eigene Geschäftspolitik zu hinterfragen!

wichtiges

Medium dar-

2. Welche Form der Datenerhebung würden Sie empfehlen, wenn Sie für einen Radiosender eine Befragung durchführen sollten? Begründen Sie Ihre

Entscheidung!

3. Welche Anreize würden Sie für eine Befragung von Hotelgästen einsetzen, wenn eine möglichst hohe Rücklaufquote gewährleistet werden soll? 4. Sie arbeiten in einer Autoreparaturwerkstatt. Entwerfen Sie drei Fragen mit einer ordinalen Ratingskala! 5. Welche Schwächen kennzeichnen die 6. Was zeichnet die Conjoint Analyse

objektiven Messverfahren?

aus

und welcher Kritik ist sie ausgesetzt?

7. Welche fünf Dimensionen kennzeichnen den SERVQUAL-Ansatz von Zeithaml/Parasuraman/Berry und welche Dimension wird dabei von ihnen als die wichtigste angesehen?

8. Im SERVQUAL-Modell kommen Doppelskalen zum Einsatz. Zeigen Sie an zwei Beispielen, wie ein derartiger Fragebogen aussehen müßte, wobei von einer Befragung von Fluggästen auszugehen ist! 9. Wodurch zeichnet sich die Critical-Incident-Technique Mindestanforderungen sind hierbei zu erfüllen?

aus

und welche

10. Sie werden beauftragt, für ein Touristikunternehmen eine Kundenbefragung durchzuführen. Wenn Sie SERVQUAL-Technik mit der Critical-IncidentTechnique vergleichen, welches Messverfahren würden Sie vorziehen? Begründen Sie Ihre Meinung!

440

Kapitel

11

Literaturhinweise

Bezold, T., Messung der Dienstleistungsqualität, Frankfurt/Berlin, 1996 Bruhn, M., Murmann, B., Nationale Kundenbarometer, Wiesbaden, 1998 Flunker, A., Kundenzufriedenheit im Rahmen von TQM untersucht bei der Euro Lloyd Reisebüro GmbH Hamburg, Diplomarbeit, Stralsund, 1997 Güthoff, J., Qualität komplexer Dienstleistungen, Wiesbaden, 1995 Haller, S., Beurteilung von Dienstleistungsqualität, Wiesbaden, 1995 Hansen, U, Niestrat, U, Thieme, U, Beschwerdeaufkommen und Beschwerdepolitik am Beispiel des Möbeleinzelhandels, in: Stauss/Seidel -

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Homburg, C, Werner, H., Kundenzufriedenheit und Kundenbindung, in: Herrmann, A., Homburg, C. (Hrsg.), Marktforschung, Methoden, Anwendungen, Praxisbeispiele, Wiesbaden, 1999 Hüttner, M., Grundzüge der Marktforschung, 4. Aufl., Berlin, 1989 Kotler,P., Bliemel, F., Marketing-Management: Analyse, Planung, Umsetzung und Steuerung, 8. Aufl., Stuttgart, 1995 Laberenz, H, Die prognostische Relevanz multiattributer Einstellungsmodelle für das

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Quade, A., Kundenzufriedenheit im Rahmen von TQM Bertelsmann GmbH, Diplomarbeit, Stralsund, 1998

-

untersucht bei der eps

Kapitel 11

Quartapelle, A.Q., Larsen, G., Kundenzufriedenheit, Berlin, 1996 Rapp, R., Kundenzufriedenheit durch Servicequalität, Wiesbaden, 1995 Rudolph, B., Kundenzufriedenheit im Industriegüterbereich, Wiesbaden, 1998 Simon, H., Homburg, C, (Hrsg.), Kundenzufriedenheit, Konzepte-MethodenErfahrungen, Wiesbaden, 1995

441

Stauss, B., Hentschel, B., Messung von Kundenzufriedenheit: Merkmals- und ereignisorientierte Beurteilung von Dienstleistungsqualität, in: Marktforschung & Management, Bd. 36/1992, Heft 3 Zeithaml, V.A., Parasuram, A., Berry, L.L., Qualitätsservice. Frankfurt/M, 1992

Kapitel 12

442

„Die einzigen Dinge, die sich in einer Organisation von selbst entwickeln, sind

Unordnung, Reibung und Leistungsmängel.

"

Peter F. Drucker

XII.

Total

Quality Management als Basis für weitergehende Managementüberlegungen

TQM Management Lieferanten

Mitarbeiter

Kunden

Just-in-Time Kaizen

Benchmarking

European Quality Award

Qualitätssicherungssysteme DIN EN 9000 ff.

Umweltmanagement Abb. 140:

Quelle:

TQM als Basis weitergehender Managementüberlegungen eigene Darstellung

Kapitel 12

443

Über Total Quality Management zur Business Excellence

XII.1.

Das 4-Phasen-Modell zur Einführung und Fortentwicklung von TQM hat gezeigt, dass mit der Umsetzung von TQM der Prozess der ständigen Verbesserung und Neuausrichtung noch nicht abgeschlossen ist. Die als letzte Stufe genannte Phase der Business Excellence zeigte bereits den Weg auf, wie sich die Unternehmen im weltweiten Wettbewerb noch besser positionieren können, wenn sie bereit sind, ihre unternehmerischen Aktivitäten, Prozesse, Ressourcen und Ergebnisse einer neutralen Bewertung zu unterziehen und im Sinne von Benchmarking dabei den Vergleich mit anderen Unternehmen nicht scheuen. Die höchste Auszeichnung für herausragende unternehmerische Performance, die hierfür in Europa vergeben wird, ist der European Quality Award. -

-

XII. 1.2.

European Foundation for Quality Management

XII. 1.2.1.

Gründung, Aufgabenstellung und deutsche Sektion

Im Jahre 1987 wurde in Amerika erstmals der Malcom Baldrige National Quality Award verliehen, der das Qualitätsbewusstsein fördern und die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Unternehmen verbessern helfen sollte (Bounds/Yorks/Adams/Ranney, 1994, S. 23). Ein Brett fürs Bett Wer Service zur professionellen Leistung erklärt, darf Lorbeeren ernten. Im April überreichte US-Präsident Clinton in Washington der RitzCarlton Company den renommierten staatlichen Malcolm Baldrige National Quality Award, eine Auszeichnung für Wirtschaftsunternehmen mit Qualitätsmanagement und -Sicherung. Ritz-Charlton hatte die Trophäe 1992 als erste Hotelgruppe der Welt überhaupt erhalten und nun zum

zweiten Mal.

Maria Pütz-Willems, in: Die Zeit, Nr. 42/2000, S. 91

Im Jahre 1988 haben in Anbetracht der möglichen Vorteile, die mit der Anwendung eines „Umfassenden Qualitätsmanagements" verbunden sind, 14 westeuropäische Unternehmen die Initiative zur Gründung der European Foundation for Quality Management (EFQM) ergriffen (Stauss, 1994, S. 279). Die EFQM erfüllt dabei eine wichtige Aufgabe, wenn es um die Verbesserung

Kapitel

444

12

der Weltmarktposition der westeuropäischen Unternehmen zweierlei Weise erreicht werden: -

-

geht.

Dies soll auf

die Akzeptanz der Qualität als Strategie zur Erzielung Wettbewerbsvorteile fordert und globaler indem man die Vorbereitung von Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung fördert und unterstützt (EFQM, 1999, S. 32). indem

man

Ende 1996 waren bereits 480 Vollmitglieder in der EFQM registriert, wovon 50 aus Deutschland stammen. Das zunehmende Interesse deutscher Unternehmen führte dazu, dass man 1996 eine eigene Deutsche EFQM gründete. Zwei wichtige Ziele hat sich dabei die deutsche Sektion der EFQM gesetzt. Erstens will sie helfen, die Idee der umfassenden Unternehmensqualität (TQM) in Deutschland zu verbreiten und umzusetzen, wodurch gleichzeitig die Stärkung Deutschlands im weltweiten Wettbewerb beabsichtigt ist, zum Anderen will man selbst ein Kompetenzzentrum für fortschrittliches Unternehmensmanagement sein und seinen Mitgliedern für einen aktiven Erfahrungs- und Meinungsaustausch als Plattform dienen (Kirstein, 1996, S. 977).

Hervorragende unternehmerische Leistungen auszuzeichnen, ist ein Teil der EFQM und sie hat daher im Jahr 1991 mit Unterstützung der European Organization for Quality und der Europäischen Kommission die Initiative zur Schaffung des Europäischen Qualitätspreises ergriffen.

Politik der

XII.1.2.2.

Zum

Beurteilungsverfahren

Europäische Unternehmen, lassen wollen, müssen sich

die ihr Qualitätsmanagementsystem überprüfen einem Beurteilungsverfahren unterziehen. Dieses läuft in zwei Schritten ab. Zuerst reichen die Bewerber ihre detailliert ausgearbeiteten Unterlagen schriftlich beim Prüfungskomitee ein. Darin müssen sie sich in allen für die Auszeichnung relevanten Bereichen einer Selbstprüfung unterziehen. Im zweiten Schritt besucht ein Auditorenteam diejenigen Unternehmen, deren Unterlagen das Prüfungskomitee am meisten überzeugen konnten. Laut EFQM dienen die Audits dazu, die Angaben im Antwortbogen zu verifizieren und die praktische Umsetzung vor Ort zu inspizieren (Berndt, 1995, S.

10).

Die Beurteilung eines Unternehmens stützt sich auf ein umfassendes Kriterienmodell, das zwischen Instrumenten und Ergebnissen unterscheidet (s. Abb. 141). Die auf der linken Seite genannten Kriterien, die als „Befähiger" beschrieben werden, geben Auskunft, welche Maßnahmen innerhalb eines

Kapitel 12

445

die auf der rechten Seite genannten „Ergebnisse" zu erzielen. Während bei den „Befähiger"-Kriterien fünf ausgewählte Parameter herangezogen werden, bilden auf der „Ergebnis"-Seite,

Unternehmens

zu

ergreifen sind,

um

Beurteilung der Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit, die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung und die Geschäftsergebnisse die Grundlage für die Beurteilung (Kotler/Bliemel, 1995, S. 68, Wittig, 1993, S. 108).

die

europäische TQM-Modell zeigt auf, wie durch Führung, Unternehmenspolitik und -Strategie, Mitarbeiterorientierung, Ressourceneinsatz und Prozessorientierung Maßnahmen eingeleitet werden können, die zu den beschriebenen Ergebnissen ihren Beitrag liefern können (Schimmelpfennig, 1996, S. 34). Dieses

Die relative Gewichtung der aufgeführten Kriterien, die zur Beurteilung der Leistung der Award-Bewerber dienen, ist an den angeführten Prozentpunkten erkennbar. Diese Kriterien werden mit internen Zielen, den Zielen der Wettbewerber und den „Best-in-Class"-Unternehmen verglichen. Haben die Prüfer ihre Beurteilung abgeschlossen, werden die Gewinner festgelegt

(Kirstein, 1996, S. 977).

Mitarbeiter-

Mitarbeiterzufriedenheit

orientierung (9 %)

(9%)

Politik und

-Strategie

Führung

Pro-

(8%)

(14%)

(20 %)

ergebnisse (15%)

Ressourcen

Gesellschaftliche

(9%)

Verantwortung und Image(6 %)

Befähiger Abb. 141 : Das Kriterienmodell des European Quelle: Kotler/Bliemel, 1995, S. 68

Um den

Geschäfts-

zesse

(10%)

XII. 1.2.3.

Kundenzufriedenheit

Ergebnisse

Quality Award

European Quality Award

Europäischen Qualitätspreis zu erhalten, haben die kandidierenden zu erbringen, dass ihr Vorgehen zur Verwirk-

Unternehmen den Nachweis

Kapitel

446

12

TQM über Jahre hinweg einen hohen Beitrag zur Erfüllung der Kunden- und Mitarbeiter-Erwartungen geleistet hat. Basierend auf dieser Prämisse vergibt die Stiftung jährlich mehrere Qualitätspreise.

lichung

von

Der im Jahre 1992 umfasst: -

-

zum

ersten Mal

verliehene

Europäische Qualitätspreis

Europäische Qualitätsmedaillen, die an diejenigen Unternehmen verliehen werden, die sich durch hervorragendes Qualitätsmanagement als ihren grundlegenden Prozess für die kontinuierliche Verbesserung ausgezeichnet haben, und den Europäischen Qualitätspreis, der dem erfolgreichsten Exponenten des „Umfassenden Qualitätsmanagement" in Westeuropa verliehen wird.

European Quality Award ging an die Firma Rank Xerox European (Stauss, 1994, S. 288). 1995 wurde diese Auszeichnung der Texas Instruments Europe verliehen.

Der erste

Division

XII.1.2.4.

Der European Quality Award Winner: Texas Instruments Europe

Beispiel der Texas Instruments Europe soll gezeigt werden, welche Schritte notwendig und welche konkreten Maßnahmen zu ergreifen waren, um nicht nur die Erfüllung der neun Punkte des EFQM-Modells zu gewährleisten, sondern als herausragendes Unternehmen im Jahre 1995 mit dem European Quality Award ausgezeichnet zu werden (Schimmelpfennig, 1996, S. 34ff). Am

XII. 1.2.4.1. Zur Firma

Texas Instruments Europe ist einer der führenden Halbleiterhersteller mit europaweit wirkenden Geschäftszentren in Freising/Deutschland, Nizza/Frankreich und Avezzano/Italien sowie High-Tech Chipfabriken in Freising und Avezzano. Weitere Geschäftsbereiche, wie z.B. Notebook Computer, Rechner, Drucker, Sensoren, Verteidigungselektronik und Software tragen zu einem Gesamtergebnis von 1,6 Milliarden Dollar Umsatz (1994) mit über 5000 Mitarbeitern bei.

Kapitel 12

XII. 1.2.4.2. Zum

447

Qualitätsverständnis

Total Quality ist bei Texas Instruments schon seit über 30 Jahren ein bestimmendes Programm, das mit der Zeit alle Organisationen weltweit durchdrungen hat. Fast alle Mitarbeiter sind mit dem Programm durch Schulungen vertraut gemacht worden. Einen entscheidenden Schritt auf der Qualitätsreise machte das Unternehmen 1993 durch die Einführung des EFQMModells als Bewertungsmaßstab für sämtliche Geschäftsbereiche in allen

europäischen Ländern.

XII. 1.2.4.3. Schritte zur Erfüllung der EFQM-Kriterien Das

EFQM-Modell macht deutlich, dass für kontinuierliche Verbesserung jeder zuständig ist Mitarbeiter aller Ebenen arbeiten gemeinsam am Ziel einer Verbesserung der Kundenzufriedenheit und sind für Gewinn und Verlust verantwortlich. Die Messung der eigenen Leistung durch regelmäßige und systematische Selbstbewertung anhand der neun Modell-Kriterien hebt die Stärken der Organisation hervor und identifiziert mögliche Verbesserungs-

bereiche.

Anwendung des EFQM-Modells hat die Managementstruktur bei Texas gleichzeitig geholfen, bessere Ergebnisse auf allen Europa-Management-Team hatte 1993 beschlossen, die EFQM-Kriterien zur Selbstbewertung anzuwenden, identifizierte Lücken zu schließen und sich 1994 erstmalig um den Award zu bewerben. Das bedeutete drei bis fünf Tage Arbeitsaufwand für jede Führungskraft, um den Prozess der Selbstbewertung in allen Organisationen in Gang zu bringen. Außerdem wurden Lenkungsgremien, sogenannte Quality Steering Teams gebildet, die nach den EFQM-Kriterien strukturiert sind. Die

Instruments verändert und Gebieten zu erzielen. Das

Das Europe Strategie Leadership Team legte das zentrale Schulungsprogramm für die Total Quality Culture fest, einschließlich der Kurse, die für das Management und alle Mitarbeiter verbindlich sind. Jeder Mitarbeiter hatte sich 1994 an mindestens vier, 1995 sogar an mindestens fünf Tagen weiterzubilden. Der Selbstbewertungsprozess ermöglichte die eindeutige Ermittlung von Stärken und Verbesserungsbereichen und führte zur Planung gezielter Verbesserungsmaßnahmen. Dieser Prozess wurde durch jährliche Mitarbeiterbefragungen noch unterstützt.

Kapitel

448

XII. 1.2.4.4.

12

Rückmeldungen von Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten

Um von den globalen langfristigen Zielen, wie sie beispielsweise in einem Vision-Statement und einer Quality Policy definiert sind, zu praktischen Aktionen zu kommen, setzte das Unternehmen Policy Deployment ein. Rückmeldungen von Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten werden hierbei erfasst. Es handelt sich um einen formalisierten Prozess, um beschlossene Prioritäten in spezifische, detaillierte Aktionsprogramme mit konkreten Zielen in Richtung Spitzenleistungen umzusetzen. Die Ziele werden mit den Programmverantwortlichen vereinbart und deren Erfüllungsgrad fließt in die jährliche Mitarbeiterbewertung mit ein.

Auf der

Grundlage von Teamwork, kontinuierlichem Lernen und der Ausschöpfung aller Fähigkeiten jedes Einzelnen gestalten die Mitarbeiter eine Qualitätskultur im ganzen Unternehmen. Development und Performance Management sowie Teambildung und Kommunikation sind heute die Eckpfeiler der Personalführung bei Texas Instruments. Folgende Schritte wurden von Oktober 1994 bis Januar 1995 mit speziellen Development- and Performance-Formular beschritten: -

-

-

-

-

Hilfe eines

der Mitarbeiter bewertet sich selbst der Vorgesetzte bewertet den Mitarbeiter und gibt Empfehlungen Besprechung des Mitarbeiters mit seinem Vorgesetzten Festlegung eines Trainingsplans

Gehaltsfestsetzung

in einzelnen europäischen Ländern Kundenzufriedenheitsbefragungen durchgeführt, so fanden solche Befragungen 1992, 1994 und 1995 europaweit statt. Eine unabhängige Institution stellte rund 50 Fragen zu:

Wurden früher

-

-

-

-

-

-

nur

Gesamtleistung

Produktinformation Technische Unterstützung

Vertriebsunterstützung Auftragsplanung und Lieferung Qualität und Zuverlässigkeit

Die Resultate dieser Kundenbefragungen bilden die Basis für das europaweit tätige Team zur ständigen Verbesserung der Kundenzufriedenheit.

Kapitel

12

447 I3S6öWitmar Tel; {0384t) 70304«

F»K$384I)70304*

Sehr verehrte Damen und sehr geehrte Herren, Wir gestatte« uns, ihnen eine neue Information Ober unser Unternehmen zu übersenden.

Wir arbeiten als erstes Unternehmen unserer Branche in Medtienburg-Vorppmniem nach einem zertifizierten

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Wrfth« Vorteile btetea wjr ihnen damit? An erster Stelle Steht Sir uns die ¿£u&ifiáe_eMl unseres Kunden mit unserer Dienstleistung Wir betretten Sie noch komplexer bei der Umsetzung Ihrer mit Fremdsprachen verbundenen Vorhaben. Unsere Arbeit mifder Grundlage des QualitätsmaiMgemeatsysiems garantiert Ihnen eine höher* Qualität unserer Übersetzung*- und Dolmetscherieistungen. Dieser bonete Qualititsstandard bedeutet für Sie anderseits keine Erhöhung der Kosten, Mit

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technischen Voraussetzungen können wir hohen Ansprüchen genügen.

Wir würden uns Reue«, Ihnen w>s««Dienstt«istunse«tuth I99S zur Verfügung stellen zu können. Mit freund liehen Grüßen

die Gescbaitsfthning des WORLD TEXT SPRACHENSBRV1CE

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DÎdinila PojíHsív

/#i& Kerstin Voigt

P.S. Weitere Informaittmen über unser Unternehmen finde» Sie auf unser» Homepage, im Interne! unter der AUres.se: bttp;/Am