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German Pages 527 [528] Year 2022
Andrea Herbst Textualität im italienischen Nonstandard
Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie
Herausgegeben von Éva Buchi, Claudia Polzin-Haumann, Elton Prifti und Wolfgang Schweickard
Band 466
Andrea Herbst
Textualität im italienischen Nonstandard Distanzsprachliche Kompetenz und textkonstituierende Verfahren in autobiographischen Texten aus dem 20. Jahrhundert
Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Fakultät für Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften der Universität Regensburg (vorgelegt am 04.12.2019, verteidigt am 19.10.2020)
ISBN 978-3-11-076576-2 e-ISBN (PDF) 978-3-11-076583-0 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-076587-8 ISSN 0084-5396 Library of Congress Control Number: 2022932077 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2022 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: Integra Software Services Pvt. Ltd. Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com
Meiner Familie
Inhaltsverzeichnis Vorwort/Danksagung Abbildungen Tabellen
XI
XIII XV
1
Gegenstand und Ziel der Arbeit
2 2.1 2.2 2.3
Wissenschaftliche Grundlagen 5 Begriffsklärungen 5 Forschungsüberblick 9 Methodische Vorgehensweise
3
1
31
Textexterne und -interne Einordnung der untersuchten Nonstandard-Autobiographien 35 3.1 Geschichte und Typologie der Autobiographie 35 3.1.1 Entstehung und historische Entwicklung der europäischen Autobiographik 35 3.1.2 Theoretische Bestimmung der Textsorte Autobiographie 40 3.1.3 Die Autobiographie als erzählender Text 52 3.2 Zur Entstehungsgeschichte der Korpustexte 64 3.2.1 Soziokulturelle und bildungspolitische Einflussfaktoren 65 3.2.2 Fontanazza von Vincenzo Rabito (1899‒1981) (= VR) 72 3.2.3 Gnanca na busia von Clelia Marchi (1912‒2006) (= CM) 75 3.2.4 La spartenza von Tommaso Bordonaro (1909‒2000) (= TB) 76 3.2.5 Ai tèmpi pàsatti come èrano dificcili von Valeria Furletti Zanolli (1915‒?) (= VZ) 77 3.2.6 Memoria Dolorossisima und Il Mio Diario von Cecilia Rizzi Pizzini (1891‒1981) (= CP) 78 3.2.7 Memorie della mia vita militare e in guerra von Emilio Fusari (1891‒1966) (= EF) 79 3.2.8 Libretto von Giacinto Giacomolli (1883‒1961) (= GG) 80 3.2.9 Autobiografia di Nane Sighele von Giovanni (Nane) Sighele (1857‒1940) (= NS) 80 3.2.10 Picola storia von Gregorio Scaia (1881‒1971) (= GS) 81 3.2.11 Narrazione von Eugenio Mich (1889‒?) (= EM) 81
VIII
3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5 4 4.1 4.1.1
Inhaltsverzeichnis
Stellung der Korpustexte innerhalb des sprachlichen Diasystems 82 Graphie 84 Phonetik/Phonologie 95 Morphosyntax 99 Lexikon 104 Zusammenfassung 109
Textualität im italienischen Nonstandard 113 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten 124 Die konzeptionelle Sonderstellung des italiano popolare im Spannungsfeld zwischen Nähe- und Distanzpol 125 4.1.2 Vergleich von Merkmalen der Korpustexte mit Charakteristika konzeptionell gesprochener Nähesprache 141 4.1.2.1 Gesprächswörter und -verfahren 142 4.1.2.1.1 Textgliederung 142 4.1.2.1.2 Enkodierungsprobleme 149 4.1.2.1.3 Nuancierung der Rede 151 4.1.2.1.4 Zusammenfassung 154 4.1.2.2 Narrative Makrostrukturen 155 4.1.2.2.1 Vergangenheitsreferenz 156 4.1.2.2.2 Redewiedergabe 158 4.1.2.2.3 Zusammenfassung 161 4.1.2.3 Syntaktische Komplexität 161 4.1.2.3.1 Parataxe 162 4.1.2.3.2 Hypotaxe 165 4.1.2.3.3 Mischformen 167 4.1.2.3.4 Zusammenfassung 169 4.1.2.4 Semantische Besonderheiten 170 4.1.2.4.1 Ungenaue Referenzialisierung 170 4.1.2.4.2 Verfahren zum Ausdruck von Affektivität und Expressivität 175 4.1.2.4.3 Zusammenfassung 179 4.1.3 (Zwischen-)Ergebnisse 179
Inhaltsverzeichnis
4.2 4.2.1 4.2.1.1 4.2.1.1.1 4.2.1.1.2 4.2.1.1.3 4.2.1.1.4 4.2.1.2 4.2.1.2.1 4.2.1.2.2 4.2.1.2.3 4.2.1.3 4.2.1.3.1 4.2.1.3.2 4.2.1.3.3 4.2.1.3.4 4.2.2 4.2.2.1 4.2.2.1.1 4.2.2.1.2 4.2.2.1.3 4.2.2.1.4 4.2.2.2 4.2.2.2.1 4.2.2.2.2 4.2.2.2.3 4.2.2.2.4 4.2.2.3 4.2.2.3.1 4.2.2.3.2 4.2.2.3.3 4.2.2.3.4 4.2.3
Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion 188 Kohärenz: semantisch-kognitive Referenzbeziehungen 193 Lexikalisch-semantische Rekurrenz und Substitution 193 Lexikalisch-strukturelle Identität: Rekurrenz 194 Semantische (Teil-)Identität, Kontiguität oder Similarität: partiell rekurrierende Substitution 200 Semantische Progression und konzeptuelle Assoziation: minimal rekurrierende Substitution 212 Zusammenfassung 221 Logisch-semantische Text-Konnexion 222 Monofunktionale Junktion 224 Polyfunktionale Junktion 245 Zusammenfassung 248 Informationelle Textverknüpfung: Thema-Rhema-Abfolge in Satz und Text 249 Topikalisierung 252 Fokussierung 266 Thematische Progression 281 Zusammenfassung 320 Kohäsion: grammatikalisch-strukturelle Referenzbeziehungen 324 Textverweise durch Ellipsen und Funktionswörter 325 Ellipsen 325 Determinanten 330 Pronominale Proformen 349 Zusammenfassung 378 Morphologische Markierung von Kongruenzbeziehungen 380 Kongruenz im Nominalsyntagma 380 Kongruenz im Satz 385 Tempuskongruenz 397 Zusammenfassung 409 Einfluss von Valenzhierarchien auf Anordnung und funktionale Relationen von Textelementen 411 Stellung der Glieder eines Syntagmas 412 Stellung von Satzgliedern 415 Syntaktische und textuelle (Un-)Vollständigkeit 423 Zusammenfassung 432 (Zwischen-)Ergebnisse 433
IX
X
Inhaltsverzeichnis
5
Zur Textualitätstypologie autobiographischer italienischer Nonstandardtexte 439
6
Schlussgedanken
Literaturverzeichnis Register
505
479
473
Vorwort/Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich bei all denen bedanken, die das Entstehen dieser Arbeit begleitet haben. Vor allen anderen gilt mein Dank meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Gerhard Ernst, für die gründliche und umfangreiche Ausbildung in romanistischer Sprachwissenschaft, die er mit ansteckender Begeisterung lehrte. Bereits während meines Studiums weckte er mein Interesse für nicht «normale» Texte, die schließlich Forschungsgegenstand meiner Dissertation wurden. Diese betreute er mit großer Sorgfalt und kritischer, zugleich aber auch undogmatischer Haltung, denn er war stets zu offenem wissenschaftlichem Dialog bereit. Wertvolle Anregungen und kritische Hinweise zu meiner Arbeit erhielt ich auch von Frau Professor Dr. Maria Selig und Herrn Professor Dr. Gerald Bernhard, denen ich darüber hinaus sehr dankbar bin für die Übernahme von Organisation und Durchführung meiner Disputation unter schwierigen Umständen. Für die Aufnahme meiner Dissertation in die Reihe der Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie möchte ich den HerausgeberInnen Prof. Dr. Éva Buchi, Prof. Dr. Claudia Polzin-Haumann, Prof. Dr. Elton Prifti und Prof. Dr. Wolfgang Schweickard meinen allerherzlichsten Dank aussprechen. Dieser gilt natürlich ebenso allen Mitarbeitern des Verlags De Gruyter, die zur Publikation beigetragen haben, vor allem Frau Dr. Ulrike Krauß und Frau Dr. Christine Henschel. Frau Loretta Veri, Frau Cristina Cangi und Herrn Andrea Franceschetti vom Archivio Diaristico Nazionale in Pieve Santo Stefano sowie Herrn Quinto Antonelli und Herrn Michele Toss vom Archivio della Scrittura Popolare del Museo storico del Trentino danke ich sehr für ihre Kooperationsbereitschaft und beratende Unterstützung meiner Recherchen, auch in Verwaltungsfragen. Erwähnen möchte ich bei dieser Gelegenheit auch die Professoren Luca Serianni und Ugo Vignuzzi, bei denen ich meine sprachwissenschaftlichen Kenntnisse während meines Studienjahres in Rom erweitern durfte. Nicht zuletzt bedanke ich mich ganz herzlich bei meiner langjährigen Kollegin und Freundin, Frau Dr. Simona Fabellini, für die vielen (nicht nur!) fachlichen Gespräche, die wir geführt haben und weiter führen. Ganz besonderer Dank gebührt schließlich meiner Familie: Meine Eltern und Großeltern bestärkten mich in all meinem Tun und ließen mich über meine (Aus-)Bildung stets frei nach meinen Neigungen entscheiden. Großen Anteil an der Realisierung meines Dissertationsvorhabens hatten vor allem die nie nachlassende Unterstützung und Motivation durch meine Mutter und meinen Ehemann sowie ihr Verständnis für meine besondere, nicht immer alltagskompatible Arhttps://doi.org/10.1515/9783110765830-203
XII
Vorwort/Danksagung
beits-Situation. Ihrem unverstellten Blick auf die Thematik verdanke ich zudem so manche Impulse, die mir halfen, meine Arbeit zu überdenken und weiterzuentwickeln. Andrea Herbst im Juni 2022
Abbildungen Abbildung 1 Graphik zur Nähe- vs. Distanzsprachlichkeit der untersuchten Merkmalsbereiche 459 Abbildung 2 Graphische Darstellung der (ungefähren) konzeptionellen und textuellen Position der autobiografie popolari im Raum zwischen Nähe und Distanz sowie zwischen Inkohärenz/Inkohäsion und Kohärenz/Kohäsion 470
https://doi.org/10.1515/9783110765830-204
Tabellen Tabelle 1 Tabelle 2 Tabelle 3 Tabelle 4 Tabelle 5 Tabelle 6 Tabelle 7 Tabelle 8
Tabelle 9
Gegenüberstellung der Charakteristika von öffentlich-literarischen und privaten autobiographischen Schriften 46 Ergebnisse der empirischen Bestimmung der sprachlichen Konzeption der autobiografie popolari 180 Okkurrenz und Frequenz von Topikalisierungsstrategien in den autobiografie popolari 266 Okkurrenz und Frequenz von Fokussierungsstrategien in den autobiografie popolari 280 Vergleichende Übersicht über alle gefundenen Segmentierungserscheinungen 321 Okkurrenz und Frequenz thematischer Progressionsmuster in den autobiografie popolari 322 (Non-/Standardsprachliche Formen von) Relativpronomina in den autobiografie popolari 377 Gesamtübersicht über die Einstufung aller untersuchten Textualitätsmerkmale hinsichtlich ihres jeweiligen Grades an konzeptioneller Distanzsprachlichkeit und textueller Kohärenz/ Kohäsion 440 Gesamtübersicht über die (Tendenz zur) Realisierung der untersuchten Merkmalsbereiche mittels (eher) distanz- oder nähesprachlicher Strategien 464
https://doi.org/10.1515/9783110765830-205
1 Gegenstand und Ziel der Arbeit Heute, ca. hundert Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, besteht wieder ein starkes wissenschaftliches Interesse an Texten von Zeitzeugen, bei denen es sich oftmals um autobiographische (Nonstandard-)Schriften von semicolti handelt. Gleichzeitig erfährt auch die Textlinguistik, gerade in der Romanistik bzw. Italianistik, neue Impulse (vgl. dazu Kapitel 2.2). In diese aktuellen Forschungstendenzen reiht sich die hier angestrebte Analyse der Textualität autobiographischer italienischer Nonstandardtexte, bei der die Textualitätskriterien Kohärenz und Kohäsion im Mittelpunkt stehen, ein. Die Auseinandersetzung der Verfasserin mit textlinguistischen Fragestellungen erfolgte bereits in verschiedenen Seminaren während ihres Studiums. Aus den im Rahmen der Magisterarbeit festgestellten textuellen Auffälligkeiten eines Nonstandardtextes, die nach einer breiter angelegten Abklärung verlangten, ergab sich der hier verfolgte Forschungsansatz: Ziel der Untersuchung ist es, eine Typologie der textkonstituierenden Verfahren der betrachteten Nonstandardtexte vor allem im Hinblick auf den Grad ihrer Distanzsprachlichkeit zu erarbeiten. Eine solch ausführliche, ausschließlich auf Kohärenz und Kohäsion ausgerichtete Studie von Nonstandardtexten wurde bis jetzt noch nicht durchgeführt (vgl. dazu Kapitel 2.2). Gerade die hier vorliegenden privaten Autobiographien wenig gebildeter Schreiber erfordern jedoch aufgrund ihrer Stellung in einem nicht ohne Weiteres einzugrenzenden, komplexen Spannungsfeld zwischen Standard und Nonstandard bzw. zwischen Nähe- und Distanzpol im ohnehin facettenreichen italienischen Varietätenraum eine genauere textlinguistische Betrachtung. Anders als in bisherigen Forschungsarbeiten wird die Textualität von Nonstandardtexten hier nicht als eine (bloße) Abweichung von derjenigen (schrift-) standardsprachlicher Texte aufgefasst, sondern es wird davon ausgegangen, dass sie eine eigene Art der Textualität aufweisen, die nicht nur darin besteht, dass ihr gewisse Merkmale der Standardtextualität fehlen, sondern sich auch durch andere, für sie typische Charakteristika auszeichnet, welche sich im Standard (so) nicht finden. Somit wird hier nicht der Ansatz einer «Negativdefinition» des Nonstandards im Sinne der Absenz gewisser Standardmerkmale verfolgt. Vielmehr werden die für ihn charakteristischen Textualitätsmerkmale herausgearbeitet, unabhängig davon, ob diese auch im Standard vorkommen oder nicht, denn neben eventuell nachweisbaren eigenen Strategien zur Textkonnexion findet sich im Nonstandard möglicherweise eine besondere Auswahl bzw. Mischung (mit Standardelementen) von konnektiven Mitteln. https://doi.org/10.1515/9783110765830-001
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1 Gegenstand und Ziel der Arbeit
Die Untersuchung der hier ausgewählten Nonstandardtexte beschäftigt sich dabei vor allem mit der Frage, inwieweit die für sie typischen, aber vom Standard abweichenden Kennzeichen (nur) auf eine mündliche Nähe-Konzeption dieser Texte zurückzuführen sind, was aufgrund des privaten Schreibanlasses, der geringen (schriftitalienischen) Bildung der Schreiber und deren normalerweise überwiegend mündlichen (Alltags-)Sprachgebrauchs zunächst zu vermuten wäre. Dies erscheint jedoch allein dann schon wenig wahrscheinlich, wenn man die These einer eigenständigen Textualität solcher Texte konsequent weiterverfolgt: Ebensowenig wie man ihre Textualität allein durch das Fehlen gewisser Standardmerkmale erklären kann, kann man sie als bloße Folge und Charakteristik einer mündlichen Konzeption beschreiben. Voraussetzung dafür wäre zudem eine typische Nähesituation. Aufgrund der besonderen, ja sogar widersprüchlichen Kommunikationsbedingungen, unter denen die untersuchten Texte entstanden sind, ist diese hier jedoch nicht gegeben: Es handelt sich bei den Autobiographien zwar um Privattexte, was eher für eine engere Ausrichtung am Nähepol spricht, sie wurden aber von semicolti geschrieben. Für diese wenig gebildeten Menschen, die meist nicht oder nur ansatzweise die Standardsprache beherrschen, häufig kaum alphabetisiert sind und in ihrem alltäglichen Leben überwiegend in medial und konzeptionell mündlicher Nonstandardsprache kommunizieren, stellt das ungewohnte Verfassen eines medial schriftlichen, normalerweise Standarditalienisch erfordernden Textes eine Herausforderung dar und kostet sie sicherlich einige Überwindung, was sich eher in einer sprachlichen Distanzsituation abspielt. Dies spricht trotz der auf den nähesprachlichmündlichen Bereich beschränkten Kommunikationskompetenz der Schreiber für eine zumindest angestrebte Orientierung der Texte am sprachlichen Distanzpol. Daher steht zu erwarten, dass es sich bei der Konzeption der hier analysierten Nonstandardtexte nicht uneingeschränkt um diejenige gesprochener Sprache handelt und sie auch nicht nur Merkmale der Textualität gesprochener Sprache enthalten. Um sich dem Begriff der Textualität von Nonstandardtexten zu nähern, genügt es also offenbar nicht, Textualitätskriterien wie Kohärenz und Kohäsion als (negativ) abweichend vom Standard oder typisch für gesprochene Sprache zu definieren. Mehr Aufschluss lässt sich durch einen Ansatz erwarten, der ein Ineinandergreifen verschiedener Faktoren berücksichtigt. Neben der Frage nach dem Grad der Standardabweichung und der distanzsprachlichen Orientierung spielen gerade bei den hier untersuchten Autobiographien auch die Textsorte bzw. die Diskurstradition sowie damit verbundene Charakteristika eine wichtige Rolle, denn es handelt sich dabei um erzählende Texte mit einer ganz bestimmten äußeren Form und inhaltlichen Struktur. Dies alles hat großen Anteil am Aufbau von Text(ualität). Daher gilt es, bei der Untersuchung der Kohärenz und
1 Gegenstand und Ziel der Arbeit
3
Kohäsion von autobiographischen Nonstandardtexten neben ihrer sprachlichen Stellung im Nähe-Distanz-Kontinuum auch ihre Textsortenzugehörigkeit sowie ihre narrativen Strukturen zu beachten, denn nur unter Berücksichtigung der komplexen Zusammenhänge und der gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen diesen unterschiedlichen Aspekten und ihren Bedingungen für die Textkonstitution kann man Aufschluss über eine eigenständige Textualität dieser Texte gewinnen. Mit der dazu angestrebten Vorgehensweise beschäftigt sich Kapitel 2.3 Zunächst sollen einige für diese Arbeit grundlegende, in dieser Einleitung zum Teil noch unkommentiert verwendete Begriffe geklärt werden.
2 Wissenschaftliche Grundlagen 2.1 Begriffsklärungen Wie dem Titel der vorliegenden Arbeit zu entnehmen ist, erstreckt sie sich über mehrere sprachwissenschaftliche Forschungsfelder: In erster Linie verfolgt sie ein textlinguistisches Ziel, das sich jedoch nicht ohne Berücksichtigung von Faktoren aus den Bereichen Pragmatik und Diskursanalyse sowie Narrativik erreichen lässt.1 Der Untersuchungsgegenstand erfordert zudem eine Auseinandersetzung mit der Forschung zur gesprochenen/geschriebenen Sprache bzw. mit varietätenlinguistischen Gesichtspunkten. All dies wird in den entsprechenden Kapiteln dieser Arbeit ausführlich diskutiert. Hier sollen die für die Untersuchung zentralen Termini jeweils nur kurz zur begrifflichen Orientierung vorgestellt werden. Textualität bedeutet «Texthaftigkeit», also die «Eigenschaft einer Zeichenfolge, ein Text zu sein» (Bußmann 42008, 731). Mit dem Textbegriff setzt sich Kapitel 4 eingehend auseinander. Aufgrund der prototypischen Assoziation mit dem graphischen Medium (z. B. bei Bußmann 42008, 719), in dem auch die hier untersuchten Autobiographien realisiert sind, wurde hier bewusst für die Verwendung von Text entschieden, auch wenn dieser Begriff Überschneidungen mit Diskurs aufweist. Diskurs ist jedoch der umfassendere, dem Text übergeordnete Begriff; daher man kann einen Text als reduzierte Abstraktion des Diskurses betrachten.2 Die Wissenschaft, die den Diskurs untersucht, ist die Diskursanalyse (vgl. Stark 2001, 647‒648; Bußmann 42008, 142), die ihrerseits Überschneidungen mit den Begriffen Textlinguistik und Pragmatik/Pragmalinguistik (Terminus nach Morris 1938) sowie Sprechakttheorie (Austin 1962; Searle 1969), Konversationsanalyse und Rhetorik bzw. Stilistik hat (vgl. dazu jeweils auch Bußmann 42008, 549‒550, 674‒675, 273, 589‒590, 685). Aus der (wiederholten und später schematisierten bzw. z. T. sogar institutionalisierten bzw. normierten) Interaktivität des Diskurses in unterschiedlichen soziokulturellen Kontexten leitet sich der Begriff der Diskurstradition ab. Damit beschäftigt
1 Vgl. zur interdisziplinären Vielschichtigkeit des Begriffs der Textlinguistik auch Bußmann (42008, 719) und Ferrari (2014a, 32‒33). 2 Nach Andorno (2003, 20‒21) meint Text das (meist schriftliche) Produkt einer kommunikativen Äußerung, Diskurs bezieht sich auf den Prozess (vorwiegend des Sprechens). Vgl. zur Abgrenzung der beiden Termini auch Gansel/Jürgens (2002, 15‒16), E.J. Ernst (2003, 13‒44), Dressler (2004), Bußmann (42008, 140‒141). https://doi.org/10.1515/9783110765830-002
6
2 Wissenschaftliche Grundlagen
sich Kapitel 3.1.2 dieser Arbeit genauer. Dort wird der Terminus vom Begriff der Textsorte (vgl. Bußmann 42008, 727) abgegrenzt und die hier vorliegende spezielle Subkategorie der Autobiographie ausführlich diskutiert. Als erzählende Texte werden Autobiographien auch von der Narrativik untersucht, die «heute […] eine Mittlerstellung ein[nimmt] zwischen Textlinguistik und Literaturwissenschaft» (Bußmann 42008, 463; vgl. dazu ausführlicher Kapitel 3.1.3). Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind Nonstandardtexte. Zunächst handelt es sich bei der Einstufung der Sprache der vorliegenden Autobiographien in den Nonstandardbereich um eine vorläufige Arbeitshypothese, deren Richtigkeit in Kapitel 3.3 überprüft wird. Der Terminus Nonstandard meint hier (übereinstimmend mit Ernst 1995, 45) als unmarkiertes Hyperonym alle Varietäten, die vom Standard abweichen,3 und schließt somit auch diejenigen, häufig mit dem Terminus Substandard bezeichneten Varietäten mit ein,4 die sich innerhalb des Kontinuums zwischen Nähe- und Distanzsprache (nach Koch/Oesterreicher 1990) eher am Nähepol befinden.5 Die Analyse der Textualität der vorliegenden Texte erfolgt also unter Berücksichtigung varietäten- bzw. soziolinguistischer Gesichtspunkte. Eine Richtung der Soziolinguistik (Terminus nach Currie 1952) ist die Varietätenlinguistik, die die sprachliche Heterogenität auf verschiedene außersprachliche Variablen zurückführt (Bußmann 42008, 634‒635). Sie betrachtet Sprache als «komplexe
3 Wie bereits einleitend erwähnt, greift man jedoch zu kurz, wenn man Nonstandard nur negativ, d. h. allein im Sinne des Fehlens gewisser Standardmerkmale definiert (vgl. dazu auch D’Achille 1994, 77). 4 Somit kann eine möglicherweise negativ wertende und außersprachlich bedingte Konnotation von Substandard im Sinne einer von unteren, wenig gebildeten, des Standards nicht mächtigen Schichten gesprochenen, normativ fehlerhaften Volkssprache vermieden werden (vgl. dazu auch Schafroth 1993, 9‒11; er verweist u. a. auf Albrecht 1990 und Holtus/ Radtke 1990). 5 Nonstandardtext ist allerdings nicht automatisch gleichzusetzen mit ‘nähesprachlichgesprochener Text’, denn Nonstandard bedeutet lediglich, dass eine sprachliche Äußerung sich nicht (vollständig) an der Sprachnorm der Standardvarietät orientiert, sondern Elemente anderer Varietäten aufweist. Eine solche Variationsmöglichkeit besteht auf konzeptionelldiamesischer Ebene (vgl. dazu auch die Darstellung des einzelsprachlichen Varietätenraums bei Koch/Oesterreicher 1990, 13‒15), in Form einer Annäherung an den mündlichen Pol, was jedoch nicht zwingend bzw. nicht allein einen Nonstandardtext ausmacht. Vermutlich findet sich in den untersuchten Texten eine Mischform zwischen mündlicher und schriftlicher Konzeption, die Elemente bemühter Schriftlichkeit (vgl. dazu Anm. 175) aufweist. Mit der Überprüfung eines solchen möglichen Gehalts der hier vorliegenden Nonstandardtexte an gesprochener Nähesprache wird sich Kapitel 4.1.2 befassen.
2.1 Begriffsklärungen
7
Menge von sprachlichen Varietäten, die einen mehrdimensionalen Varietätenraum abbildet» (Bußmann 42008, 771).6 Bei den hier vorliegenden Nonstandardtexten spielt vor allem die diaphasisch-diastratische Variation eine Rolle: Diaphasische Faktoren betreffen den Grad der Formalität beim Schreiben einer Autobiographie, die als Textsorte prototypischerweise ein formal-literarisches Register erwarten lässt; hier handelt es sich jedoch um Texte mit privatem Schreibanlass, die zunächst nicht für die Veröffentlichung gedacht waren. Diese besondere Produktionssituation gilt bei der Analyse der Texte immer mitzubedenken. Daneben hat auch der soziokulturelle Hintergrund der Schreiber entscheidenden Einfluss auf die Sprache der Texte: Sie gehören zur Gruppe der nur wenig (schrift-)gebildeten semicolti,7 denen die diastratisch niedrig konnotierte Sprachvarietät des italiano popolare zugeordnet wird (vgl. dazu Malagnini 2007, 201‒210, 260‒263 und Fresu 2014, 196). Mit dem Konzept des italiano popolare von semicolti setzt sich Kapitel 4.1.1 eingehend auseinander. Dort wird auch die dem italiano popolare häufig zugeschriebene mündliche Konzeption kritisch diskutiert.8 Nach Koch/Oesterreicher (1990, 5‒15; 22011, 3‒18), deren Konzept auf Söll (1974) und Coseriu (v. a. 1952 und 1980b) aufbaut, unterscheidet man zwischen mündlicher/nähesprachlicher und schriftlicher/distanzsprachlicher Konzeption, die sich unter anderem auf den Kohärenz- und Kohäsionsgrad eines Textes (also auf seine Textualität) auswirkt.9 Die durch das Medium bedingte
6 Grundlegend sind die Werke von de Saussure (1916), Flydal (1951), Weinreich (1954) und Coseriu (1958). Vgl. dazu auch Koch/Oesterreicher (1990, 13‒15), Schafroth (1993, 11‒12), Weidenbusch (2002, 14‒15), Bußmann (42008, 130, 135, 706), Berruto (2011, 1550‒1551). 7 Vgl. zur Definition von semicolti Bruni (1978, 195‒196), Berruto (1983a 87), Koch/Oesterreicher (1990, 173; 2001, 601), D’Achille (1994, 41‒46; 22006, 220‒223; 2011), G. Ernst (2003, 83‒84, zu peu-lettrés), Fresu (2014, 195‒197, 207‒208; 2016a, 330), Testa (2014, 19‒24). Oesterreicher (1994, 158‒159) bevorzugt die Bezeichnung «Schreibnovize»; Bianconi (2013, 13‒15) plädiert für die objektiveren, rein sprachlich bestimmten Bezeichnungen «senza lettere» oder «illitterati». Aufgrund seiner weiten Verbreitung und allgemeinen Akzeptanz (vgl. dazu auch Bianconi 2013, 13) erscheint die Verwendung des Terminus semicolti hier jedoch gerechtfertigt, da es sich bei den hier betrachteten Autobiographien ausnahmslos um Texte von Menschen aus unteren Schichten mit geringem Bildungsgrad handelt, die aber zumindest einigermaßen alphabetisiert waren. Deren mangelnde Normkompetenz unterliegt zudem immer einer gewissen sozialen Wertung (nach Fresu 2014, 195 sogar einer «forte stigmatizzazione sociale»). 8 Diese Ansicht hinsichtlich des italiano popolare bzw. der Sprache von semicolti vertreten z. B. Berretta (1988, 767‒768) und D’Achille (1994, 74). 9 Damit beschäftigt sich Kapitel 4 ausführlicher. Generell gilt bei der Bestimmung von Textualität und Konzeption immer zu beachten, dass ein gewisses Mindestmaß an Kohärenz und Kohäsion für jegliche Art von Text bzw. von Kommunikation grundlegende Voraussetzung ist. Sollten sich also in hier untersuchten Texten auf eine mündliche Konzeption hinweisende
8
2 Wissenschaftliche Grundlagen
Sprachvariation wird oft, v. a. in der italianistischen Sprachwissenschaft, als diamesische Varietät bezeichnet. Die Bezeichnung Diamesie (nach Mioni 1983, 508‒509, 513‒514) bezieht sich allerdings entgegen häufiger undifferenzierter Verwendung nur auf den graphischen oder phonischen Code, nicht auf die damit jeweils verbundenen Kommunikationsbedingungen und Versprachlichungsstrategien,10 auch wenn gewisse Affinitäten zwischen dem phonischen Code (bzw. Medium) und konzeptionell gesprochenem Sprachduktus sowie zwischen dem graphischen Code (bzw. Medium) und konzeptionell geschriebener Sprache bestehen: Koch/Oesterreicher (1990; 22011) sprechen von Nähe- und Distanzsprache bzw. -diskurs11 und fordern eine eigene Varietätendimension «gesprochen/geschrieben». Gesprochene Sprache spielt sich typischerweise im phonischen Code unter Nähebedingungen ab, geschriebene Sprache findet man normalerweise unter Distanzbedingungen graphisch realisiert vor, jedoch herrschen zwischen Distanz- und Nähepol innerhalb eines Kontinuums fließende Übergänge, was auch für die Untersuchung der hier betrachteten Nonstandardtexte relevant ist: Sie liegen zwar im graphischen Medium vor, und Autobiographien sind nach den Kriterien von Koch/Oesterreicher (1990) als Distanzdiskurstyp einzuordnen, doch der Grad der distanzsprachlichen Kompetenz12 ihrer kaum mit Schriftsprache vertrauten Verfasser, die obendrein zu rein privaten Zwecken schrieben, ist fraglich.
Charakteristika finden, so unterscheidet sich diese gesprochene Sprache neben der verwendeten Sprachvarietät nur durch einen anderen Kohärenz- bzw. Kohäsionstyp von geschriebener Sprache, nicht aber durch ein völliges Fehlen von Kohärenz oder Kohäsion (vgl. dazu auch Koch/Oesterreicher 1990, 73). 10 Diese begriffliche Uneinheitlichkeit bestätigen z. B. Hans-Bianchi (2005, 47‒48) und Pistolesi (2016, 442‒443). Dass Diamesie sogar noch in neueren Werken (wie z. B. bei Alfonzetti 2002, 16 oder D’Achille 22006, 31) unscharf verwendet wird, hängt auch damit zusammen, dass gesprochene Sprache vielfach (v. a. außerhalb der deutschsprachigen Romanistik) noch überwiegend über das phonische Medium definiert wird (vgl. dazu Koch 1985, 52), was u. a. auf die evtl. immer noch lückenhafte Rezeption des Werkes von Koch/Oesterreicher (1990; 22011) zurückzuführen sein könnte: So bezieht sich z. B. Leoni (2013, 131) in seinem Schema der diaphasisch motivierten Abstufungen zwischen parlato und scritto nicht auf Koch/Oesterreicher (1990), sondern v. a. auf Nencioni (1976); auch Ferrari (2009b, 777) verwendet die Bezeichnung Konzeption nicht, obwohl sie ähnlich unterscheidet wie Koch/Oesterreicher. Um Zweideutigkeiten auszuschließen, hält sich die hier vorliegende Arbeit bei der Verwendung des Terminus Diamesie nur im Bezug auf das Medium strikt an Mionis Definition, ebenso wie z. B. auch Berruto (1983b, 38; 31997a, 8‒14; 3 1997b, 38), Berretta (1988, 762; 1994, 243), Bozzone Costa (1991, 124), Dardano (1994, 344), Bazzanella (22001, 29‒30), Spunta (2004, 25) und Hans-Bianchi (2005, 47). 11 Vgl. dazu ausführlicher Kapitel 4.1. 12 Aufbauend auf de Saussures 1916 eingeführter Unterscheidung von langue («Sprache […] als abstrakte[s] System von Zeichen und Regeln») und parole («der konkreten Realisierung
2.2 Forschungsüberblick
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2.2 Forschungsüberblick Nachdem in Kapitel 2.1 die für diese Arbeit zentralen Begriffe eingeführt wurden, soll hier zunächst ein kurzer Abriss die (historische) Entwicklung der ihnen jeweils entsprechenden Forschungsrichtungen vorwiegend innerhalb der romanistischen bzw. italianistischen Sprachwissenschaft darstellen, wobei Textlinguistik, Varietätenlinguistik und die Forschung zu gesprochener und geschriebener Sprache im Mittelpunkt stehen:13 Trotz des unbestrittenen Primats der Mündlichkeit dauert es bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, bis man sich von der eher normativ auf geschriebene Standardsprache ausgerichteten Rhetorik und Grammatographie der Erforschung der gesprochenen Sprache bzw. mündlicher Sprachvarietäten zuwendet. Dies geschieht um 1800 neben dem Einfluss von Humboldts Sprachphilosophie vor allem im Zuge der durch Herder verbreiteten romantischen Verklärung «lebendiger» und «unverfälschter» (Volks-)Sprache, weshalb man sich nun (zunächst unter sprachhistorischen Gesichtspunkten) der Beschreibung von «Umgangssprache» widmet; im Bereich der Romanistik betrifft dies vor allem das Vulgärlateinische und romanische Dialekte. Der diachronen Perspektive fügt de Saussure 1916 in seinem Cours de linguistique générale (auch begrifflich) die synchrone Sprachbetrachtung hinzu. Im sich Anfang des 20. Jahrhunderts herausbildenden
von L[angue]») (Bußmann 42008, 385‒386) ergänzt Chomskys generative Transformationsgrammatik 1965 die Begriffe Kompetenz und Performanz: «Die K. ist das im Spracherwerbsprozess erworbene (unbewusste) mentale Wissen über die jeweilige Muttersprache […] Während die Begriffe ‹Performanz› (CHOMSKY) und ‹Parole› (DE SAUSSURE) weitgehend synonym verwendet werden, unterscheiden sich die komplementären Termini ‹Kompetenz› und ‹Langue› in einem wesentlichen Aspekt: Langue ist als ein statisches System von Zeichen konzipiert, während K. als ein dynamisches Konzept verstanden wird, als ein Erzeugungsmechanismus zur unendlichen Produktion von Sprache» (Bußmann 42008, 349‒350). Langue ist also das abstrakte (Sprach-)System, Kompetenz das Wissen darüber und Performanz seine kommunikative Realisierung. Die Kompetenz lässt sich natürlich jeweils nur indirekt von der konkreten Performanz der Schreiber ableiten. – Vgl. zum Begriff und zur Entwicklung der Schreibkompetenz Gansel/Jürgens (2002, 129‒132). Nach Palermo (2013, 235‒236) hat jeder Muttersprachler eine competenza testuale; sie umfasst die Fähigkeit «[di] capire cosa rende un testo diverso da un altro, quali sono le caratteristiche formali […] di incasellare un testo concreto in una categoria più generale», die ihr zugrundeliegenden Regeln müssen ihm jedoch nicht bewusst sein. Die Textkompetenz ist Palermo (2013, 236‒238) zufolge (ein pragmatischer) Teil der kommunikativen Kompetenz und umfasst die Fähigkeiten zur Interpretation, zur Planung und zur Realisierung von (formal angemessenen) Texten innerhalb eines Kontinuums, das sich über graduelle Abstufungen von parlato spontaneo bis hin zu scritto formale erstreckt. 13 Da eine vollständige Aufzählung in diesem Rahmen unmöglich ist, werden hier jeweils nur ausgewählte (Haupt-)Vertreter einer Forschungsrichtung genannt.
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Strukturalismus tritt die varietätenlinguistische Differenzierung bzw. die Berücksichtigung sprachlicher Variabilität bei der Spracherforschung erneut zunehmend in den Hintergrund, die bereits von der Genfer (z. B. Bally 1932) und der Prager Schule – allerdings noch nicht in dieser Terminologie – vorgenommene Trennung von konzeptioneller und medialer Mündlichkeit wird zunehmend verwischt und auf das phonische Medium reduziert. In der seit Chomskys Aspects of the theory of syntax (1965) etablierten generativen Transformationsgrammatik spielen Mündlichkeit und Schriftlichkeit schließlich nur noch eine untergeordnete Rolle, denn sie beschränkt sich auf die Untersuchung der Kompetenz über einen idealisierten, homogenen Sprachstandard und damit letztlich auf (den Prototyp schriftlicher) Distanzsprache (Koch/Oesterreicher 1990, 18‒21; 2001, 588‒590). In der Romanistik wird dieser Forschungsansatz im 20. Jahrhundert jedoch nicht sehr intensiv verfolgt – ganz im Gegensatz zur stark vertretenen Varietätenlinguistik, in deren Rahmen sich viele Veröffentlichungen auch mit dem Bereich des Nonstandards, vor allem mit «Umgangssprache» und italiano popolare, beschäftigen.14 Seit den 70er Jahren steht das (oft kontrastiv reflektierte) Verhältnis von gesprochener und geschriebener Sprache im Mittelpunkt des Forschungsinteresses.15 1974 veröffentlicht Ludwig Söll das in erster Linie auf das Französische bezogene, theoretisch und terminologisch jedoch gesamtromanistisch wegweisende Werk Gesprochenes und geschriebenes Französisch, das in vielen Veröffentlichungen aufgegriffen wird. Auch Einflüsse der amerikanischen Anglistik und der Germanistik aus den Bereichen Textlinguistik, Pragmalinguistik und Gesprächsanalyse werden verarbeitet. Die systematische Auseinandersetzung mit gesprochenem Italienisch erfolgt mit etwas Verzögerung erst in den 80er Jahren, oft in enger Verbindung mit sprachlicher Variation und Varietäten, jedoch auch im Bezug auf überregionale und übereinzelsprachliche bzw. universale Eigenschaften.16 In der gesamten Romanistik findet schließlich vor allem das von
14 So etwa: Italienische Umgangssprache (Spitzer 1922), Per uno studio dell’italiano popolare unitario (De Mauro 1970), Varietätenlinguistik des Italienischen (Holtus/Radtke 1983), La natura linguistica dell’italiano popolare (Berruto 1983), L’italiano popolare (Lepschy 1983), L’italiano popolare (Berruto 1986), Varietà diamesiche, diastratiche, diafasiche (Berruto 1997). 15 Etwa in Tra Thamus e Theuth. Note sulla norma parlata e scritta, formale e informale […] (De Mauro 1970), Il parlato e lo scritto (Lepschy 1970) oder in Parlato-parlato, parlato-scritto, parlato-recitato (Nencioni 1976). 16 So z. B.: Sul parlato (Sornicola 1981), Italiano tendenziale. Osservazioni su alcuni aspetti della standardizzazione (Mioni 1983), L’«italiano dell’uso medio». Una realtà tra le varietà linguistiche italiane (Sabatini 1985), Gesprochenes Italienisch in Geschichte und Gegenwart (ed. von Holtus/Radtke 1985), Per una caratterizzazione del parlato. L’italiano parlato ha un’altra grammatica? (Berruto 1985). – Die gerade im Bereich des Italienischen oft nicht eindeutig durchführ-
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Peter Koch und Wulf Oesterreicher 1990 erstmals in Buchform veröffentlichte Modell der Gesprochenen Sprache bzw. der Nähe- und Distanzsprache starke Beachtung. Die Beschäftigung mit dem gesprochenen Italienisch hält immer noch (jetzt oft unter anderen bzw. spezielleren Aspekten)17 ungebrochen an (vgl. Koch/Oesterreicher 1990, 21‒25; 2001, 584‒585, 588‒589; Gaudino-Fallegger 1992, 58‒68; Schafroth 1993, 31‒33; Berretta 1994, 239‒241; Hunnius 2008, 2424; 2013, 2; Pistolesi 2016, 442‒452). Seit einigen Jahren erfährt die gesprochene Sprache (im Kontrast zur geschriebenen Sprache) durch eine Gruppe von Romanisten um Angela Ferrari (Basel)18 vor allem aus textlinguistischer Perspektive neue Aufmerksamkeit.19 In die Theorien des Forscherteams um Ferrari fließen Erkenntnisse zu Textorganisation, Semantik, Pragmatik und zur Informationsstruktur von Äußerungen ein.20 Ein Text wird insofern als pragmatische Größe betrachtet, als er eine Einheit der sprachlichen Kommunikation darstellt. Als solche besteht er aus einer Sequenz textueller Einheiten, die eine bestimmte (kommunikative!) Bedeutung
bare Trennung von gesprochenem Italienisch und italienischen Varietäten bzw. der hohe Anteil diasystematisch markierter Merkmale am gesprochenen Italienisch, denen eine «relativ überschaubare Anzahl nur als ‹gesprochen› markierter Phänomene» (Koch/Oesterreicher 1990, 178) gegenübersteht, spielt für die hier angestrebte Untersuchung eine große Rolle. Mit der Problematik der Abgrenzung von gesprochener Sprache, Nonstandard und italiano popolare beschäftigt sich besonders Kapitel 4.1. 17 Beispiele sind etwa: Le facce del parlare (Bazzanella 1994; 22001), I pronomi relativi nell’italiano parlato (Bellini 1998), Corpus di italiano parlato (Cresti 2000), Scritto e parlato. Metodi, testi e contesti (Dardano et al. 2001), Tradizione & innovazione. Il parlato. Teoria, corpora, linguistica dei corpora (Burr 2005), Aspetti dell’italiano parlato (Hölker/Maaß 2005). 18 Das Basler Modell ist bereits Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion, so z. B. in Domenico Proiettis (2008) Rezension Un modello di testualità e la scrittura «funzionale»/«comunicativa» nell’italiano contemporaneo. 19 Vgl. dazu etwa Pour une analyse informationnelle de l’écrit (Ferrari 2003), Tipi di testo e tipi di gerarchie testuali, con particolare attenzione alla distinzione tra scritto e parlato (Ferrari 2005b), L’interfaccia lingua-testo. Natura e funzioni dell’articolazione informativa dell’enunciato (Ferrari et al 2008), Note sulle unità di analisi dello scritto e del parlato. Convergenze e divergenze funzionali e strutturali (Ferrari 2009b) und Il parlato nella scrittura italiana odierna. Riflessioni in prospettiva testuale (Ferrari/De Cesare 2010). 20 V. a. von Roulet/Fillietaz/Grobet (2001); daneben auch von Bally (1932), Austin (1962), Searle (1969), Ducrot (1980a; 1980b) sowie von Daneš (1974), der Prager Schule, Cresti (2000) und Lombardi Vallauri (2002). Weitere bibliographische Angaben finden sich bei Ferrari (2008, 44, 67‒69 und passim; vgl. dazu z. B. auch Ferrari 2004a, 9, 39‒41 und passim sowie Ferrari 2009b, 760 und passim). In Bezug auf die (italianistische) Analyse gesprochener Sprache erscheint die Idee einer globalen semantischen Makrostruktur, die bei der Diskurskonstruktion ein hierarchisch geordnetes Informationsnetz regelt, auch schon einmal bei Rosanna Sornicola (1981, 9‒44).
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bzw. Sinn21 haben und einer komplexen, hierarchisch von der (Gesamt-)Bedeutung abgeleiteten (und bei der Dekodierung gegebenenfalls durch Inferenz zu erschließenden) top-down-Organisation folgen.22 Laut dem zugrundeliegenden funktionalen, semantisch-pragmatischen Textualitätsmodell gewinnt ein Text durch logische, thematische und hierarchische Strukturen bzw. Verknüpfungen Kohärenz; die Textsignale, die (explizit) auf diese Relationen hinweisen, sind kohäsive Elemente. Innerhalb der semantisch-pragmatischen Bindungen spielen auf der Hauptebene der Textorganisation die logisch-argumentative Verknüpfung (wie Motivation, Konsekution, Konzession, Opposition oder in Form von Konnektoren) und die thematisch-informationelle Hierarchie (Thema-Rhema, Topic-Comment, thematische Progression) eine zentrale Rolle;23 durch sie wird die Informationsstruktur der dadurch zu einem Text verbundenen Illokutionen bzw. Äußerungen (bezüglich deren Nukleus, Rahmen, Appendix) bestimmt. Aus dieser Perspektive heraus hat die Äußerung (enunciato)24 neben ihrer Eigenschaft als kommunikative Einheit auch textuelle Bedeutung bzw. Funktion, indem sie die (minimalen) Informationseinheiten eines Textes in sich vereint. Daher betrachten Ferrari et al. die Informationsstruktur der Äußerung als Schnittstelle zwischen Sprache und Text, denn sie interagiert dahingehend mit der Textstruktur, dass Informationseinheiten als Texteinheiten den semantisch-pragmatischen Prinzipien der Textkohärenz unterliegen. Im Sinn einer integrierten Textualität (nach der von Ducrot 1980 beschriebenen integrierten Pragmatik) überschneiden sich die autonomen Systeme «Sprache» und «Text» dabei, denn einerseits besteht keine ein-
21 Ferrari et al. (2008, 15‒16) beziehen sich dabei (ebenso wie Koch/Oesterreicher 1990, 7‒8) auf Coserius «Sinn-Linguistik». 22 Zur top-down-Hierarchie vgl. Ferrari/Zampese (2000, 271), Ferrari (2004a, 26; 2009b, 762, 769) sowie Ferrari et al. (2008, 33). Innerhalb der hierarchisch organisierten Textarchitektur stehen die Informationseinheiten (mit einem Rhema als Nukleus) als kleinste Größen am Anfang; sie bilden kommunikative Einheiten (Äußerungen mit illokutiver Funktion). Diese werden v. a. durch logisch-semantisch-argumentative und thematisch-informative Relationen bzw. durch textuelle Bewegung (nach Venier 2002; zur Definition von movimenti testuali als hierarchische Strukturierungsmuster, die bedeutungshaltige Äußerungs-Gruppierungen in einem Text bzw. mit einer globalen Textfunktion bilden, vgl. Ferrari 2009b, 766‒768, 769; 2014a, 94‒95) zu größeren (Sinn-)Abschnitten bzw. zum Text verbunden (Ferrari 2004a, 10‒11, 23; vgl. dazu auch Palermo 2016, 227‒228). Vgl. für hierbei auftretende Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache Ferrari et al. (2008, 33 Anm. 10). 23 Eine dritte, fakultative Dimension besteht auf einer sekundären Nebenebene durch textexterne Inzisen bzw. Einschübe, meist in Form von metasprachlichen oder metadiskursiven Kommentaren. 24 Diese basiert auf einem Syntagma (frase) mit zugrundeliegender semantischer Proposition und ist das Produkt eines Sprechakts mit pragmatisch-illokutiver Funktion (Ferrari/Zampese 2000, 266, 271; Ferrari 2009b, 762, 765‒766).
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deutige und scharfe Abgrenzung zwischen einer textuellen Informationseinheit und einer syntaktischen Spracheinheit, andererseits ist die Informationsstruktur einer Äußerung abhängig von textuellen sowie rein sprachlichen Kriterien, wobei Sprachstruktur und semantisch-pragmatische Struktur sich gegenseitig kontrollieren, um zu kohärenten Ergebnissen zu kommen. Textualität wird so (direkt oder indirekt) in die kodifizierte Bedeutung von Sprache integriert (vgl. Ferrari/Zampese 2000; Ferrari 2003; 2004a; 2009b; 2014a; 2014b; 2015; Ferrari et al. 2008; Palermo 2016, 227‒228; Pistolesi 2016, 445).25 Dieser textlinguistische Ansatz erscheint als konsequente Weiterentwicklung bzw. Überwindung der transphrastischen Textgrammatik vor allem durch seine forschungsgebietsübergreifende (semantisch, pragmatisch und auch kognitiv basierte) Anlage sehr vielversprechend und zeigt, dass die Textlinguistik ein hochaktuelles Forschungsgebiet ist, das immer wieder neue perspektivische Ausrichtungen erfährt. Da für die hier angestrebte Untersuchung ebenfalls eine Überschneidung von Textlinguistik mit Diskursanalyse26 und Pragmatik festgestellt wurde, sind die Erkenntisse Ferraris (et al.) auch hier von Interesse und werden an gegebener Stelle, insoweit sie dort relevant sind, mit einbezogen werden werden. Als integratives Modell ist Ferraris Ansatz zugleich einer der modernsten textlinguistischen Forschungsentwicklungen zuzurechnen.
25 Dies spezifizieren Ferrari et al. (2008, 66) wie folgt: «Ci sono […] due modi fondamentalmente diversi in cui la testualità si integra nel significato codificato della lingua. Il primo, più diretto e specifico, si manifesta attraverso istruzioni esplicitamente testuali: esso caratterizza in particolare i connettivi […] Il secondo, meno diretto, si concretizza attraverso valori comunicativi meno specifici e più astratti che, accanto alla concretizzazione testuale, conoscono altre tipologie di sfruttamento comunicativo. Pensiamo per esempio al valore di Focus comunicativo […] Ora, entrambi i tipi di valore sono […] mediati dalla componente gerarchicoinformativa dell’Enunciato, che costituisce così l’interfaccia tra lingua e testo anche dal punto di vista della costruzione del significato testuale. […] In definitiva, la testualità integrata è dunque, prima di tutto e sopra tutto, un’informatività integrata». Ein Hinweis auf die testualità integrata findet sich auch bei Ferrari (2004a, 27): «…i testualisti che adottano l’ottica della pragmatica integrata privilegiano quelli [aspetti] che riguardano l’architettura del testo: essi cercano cioè di definire se e in che modo forme lessicali, sintattiche, intonative e interpuntive codifichino valori di natura basicamente testuale». 26 Nach Ferrari (2009b, 777) sind die beiden Disziplinen Diskursanalyse und Textlinguistik nicht als Synonyme gleichzusetzen, denn Diskurs sei ein konkreter Begriff der parole, Text jedoch ein vom realen Diskurs abgeleitetes hypothetisches, abstrahierendes Konstrukt der Wissenschaft; daher könne Diskursanalyse sich auf die rein sprachliche, die kontextuelle oder die textuelle Facette des Diskurses beziehen. Vgl. dazu auch Kapitel 2.1; auch wenn keine Übereinstimmung zwischen den beiden Begriffen herrscht, so existiert auf textueller Ebene doch ein Überschneidungsbereich.
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An dieser Stelle bietet sich ein kurzer Überblick über die Forschungsgeschichte der Textlinguistik27 an, zumal die zentrale Fragestellung der hier angestrebten Untersuchung textlinguistisch motiviert ist. Bereits seit der Antike beschäftigten sich häufig als «Vorläufer» der Textlinguistik bezeichnete Wissenschaften, Rhetorik und Stilistik, mit textlinguistischen Problemen. Im Gegensatz zur Textlinguistik stellt sich die Rhetorik allerdings nicht die Frage danach, was einen Text ausmacht (quidditas); sie setzt die Existenz eines Textes als gegebene, nicht zu diskutierende Größe voraus und konzentriert sich als praktische ars bene dicendi lediglich darauf, wie man ihn möglichst gut bzw. überzeugend macht (qualitas). Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts übernahm die Stilistik als Lehre vom (eleganten) sprachlichen Ausdruck zunächst nur die Beschreibung der Textgestaltung mittels rhetorischer Figuren und Regeln von der Rhetorik. Heute beschäftigt sich die Stilistik als eigenständige Wissenschaft (ergänzend zur Textlinguistik) mit der «Untersuchung bzw. Interpretation der Wahl bestimmter Textkonstituenten und ihrer variierenden Einzelelemente» (Sanders 2000, 26) (vgl. de Beaugrande/Dressler 1981, 15‒16; 81996, 14‒17; Kalverkämper 2000, 1‒17; Sanders 2000, 17‒28; Fix/Poethe/Yos 2001, 11, 26‒37; E.J. Ernst 2003, 17; Adamzik 2004, 5‒9; Ferrari 2014a, 27). Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts führte die (durch de Saussure 1916 begründete) strukturalistische Sprachbetrachtung zum eigentlichen Beginn sprachwissenschaftlicher Beschäftigung mit Text(linguistik). Die Tatsache, dass die traditionelle Grammatikographie keine textuellen Phänomene, sondern nur Einheiten unterhalb der Satzgrenze beschreibt, sowie Bloomfields berühmte strukturalistische Definition des Satzes als größte analysierbare sprachliche Einheit (1926) forderten Peter Hartmann (1971, 10) dazu heraus, eine revolutionäre Gegenthese aufzustellen, nach der Texte und nicht Sätze als die «originären sprachlichen Zeichen» zu betrachten sind, da Kommunikation immer in Texten erfolgt.28 Unter dem Einfluss des grammatischen Strukturalismus wurde nun begonnen, Texte als sprachliche Grundeinheiten strukturalistisch zu analysieren. Man stellte sehr schnell fest, dass Texte sich nicht analog zur Generativen Syntax
27 Ein tabellarisch zusammengefasster Überblick findet sich jeweils bei Heinemann/Heinemann (2002, 96‒100) und E.J. Ernst (2003, 42). 28 In Amerika wendete sich bereits 1952 Zellig S. Harris gegen die Ausgrenzung von (semantischen und daher nicht durch grammatikalische Regeln beschreibbare) Phänomenen jenseits der Satzgrenze aus der Sprachwissenschaft und ihre Verschiebung in Nachbardisziplinen wie Rhetorik und Stilistik. Dadurch, dass er als Erster eine satzübergreifende Sprachbetrachtung forderte, gilt er als der eigentliche Begründer der discourse analysis und damit in gewissem Sinn auch der Textlinguistik (de Beaugrande/Dressler 1981, 22‒23; E.J. Ernst 2003, 19‒22; Adamzik 2004, 10‒11).
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der Transformationsgrammatik (nach Zellig S. Harris 1952 und seinem Schüler Noam Chomsky 1957) als durch eine bestimmte Anzahl fester Regeln wohlgeformte, lineare Folge von Sätzen in einer Textgrammatik (etwa bei Isenberg 1971) beschreiben lassen. Die Frage nach der Art der transphrastischen Verknüpfung von Sätzen zu einem Textganzen wurde durch anaphorische (referenzidentische) Wiederaufnahme bzw. Substitution durch Proformen in Pronominalisierungsketten (Harweg 1968), durch Tempusrelationen (Weinrich 1964) oder durch Satzkonnektoren (Gülich 1970; Gülich/Raible 1977) zumindest teilweise, auf die Textkohäsion an der Textoberfläche bezogen, beantwortet.29 Da diese grammatischen Strukturen den Textzusammenhang bzw. die Textkohärenz nicht vollständig erklärten, begann man Anfang der 70er Jahre, auf dem Gebiet der Semantik analog zu arbeiten: Die generative Textsemantik ging davon aus, dass Texte eine für den Textzusammenhang wichtige semantisch repräsentierte Tiefenstruktur haben, die sich regelgesteuert in eine syntaktische Oberflächenstruktur überführen lässt (etwa Benveniste 1966‒1974 oder Petöfi 1975). Sie scheiterte daran, dass sich damit maximal die Bildung einzelner Sätze in einer zudem nicht vorhersagbaren Zahl von Realisierungsvarianten beschreiben lässt. Manche semantischen Textmodelle beziehen daher pragmatische Faktoren mit ein (z. B. Petöfis TeSWeST 1971 das Alltags- bzw. Vorwissen oder Halliday/Hasan 1976 den situativen Kontext). Der lexikalische Isotopie-Ansatz von Algirdas Julien Greimas (1966) arbeitet mit dem strukturalistischen Prinzip der Rekurrenz koreferenter Seme in Isotopieketten. Von wort- ging man zu satzsemantischen Methoden der Beschreibung propositionaler Strukturen der Textverknüpfung über (z. B. das aszendente Makrostruktur-Modell van Dijks von 1980 oder das deszendente Text-Thema-Modell bzw. das Modell der Thematischen Entfaltung von Brinker 1973 und Agricola 1976; 1979). Ein semantischlogisches Vorgehen kennzeichnet das (gleichzeitig bereits prozessural angelegte) Konzept der Thematischen Progression, das František Daneš 1976 als textlinguistische Erweiterung der bereits in den 1930er Jahren von der Prager Schule erarbeiteten Funktionalen Satzperspektive (Thema-Rhema-Abfolge im Satz) vorlegte (vgl. dazu genauer Kapitel 4.2.1.3.3).30
29 Vgl. de Beaugrande/Dressler (1981, 21‒26; 81996, 20‒25), Charolles (1988, 45‒48, 53), Vitacolonna (1988, 422‒424), Vater (21994, 20‒21, 25), Harweg (2000, 28‒36), Fix/Poethe/Yos (2001, 12‒13), Meyer-Hermann (2001, 1008, 1010), Stark (2001, 638‒640), Tophinke (2001, 1034‒1035), Gansel/Jürgens (2002, 33‒37), Heinemann/Heinemann (2002, 61‒68), E.J. Ernst (2003, 18‒24), Adamzik (2004, 10‒12, 17‒28), Palermo (2013, 16‒21), Ferrari (2014a, 27‒28, 31‒33). 30 Vgl. Lundquist (1980, 59‒64), de Beaugrande/Dressler (1981, 27‒30; 81996, 25‒29), Charolles (1988, 48‒50, 53‒54), Vitacolonna (1988, 425‒428, 433‒434), Vater (21994, 21, 24), Eroms (2000, 36‒43), Heinemann (2000a, 54‒60), Fix/Poethe/Yos (2001, 13‒14, 22‒23), Stark (2001,
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Aufgrund der Unzulänglichkeit der bisher beschriebenen, eher text-zentrierten Forschungsansätze und unter dem Eindruck des durch äußere gesellschaftliche Einflüsse bedingten Aufkommens von Soziolinguistik, Psycholinguistik, Pragmalinguistik (u. a. Levinson 1983) mit Gesprächs- und Konversationsanalyse (u. a. Sacks/Schegloff/Jefferson 1974 zum turn taking) und Sprechakttheorie (nach der ordinary language philosophy von Austin 1962, Searle 1969 sowie Grice 1968; 1975) fand auch in der Textlinguistik in den 70er Jahren eine Pragmatische Wende hin zur Beachtung der Kommunikationssituation statt. Man ging davon aus, dass Texte in erster Linie geäußert werden, um in einer konkreten Situation ein bestimmtes (kommunikatives) Ziel zu erreichen, und dass Texte verschiedene (der Sprechakttheorie entlehnte) Funktionen haben können. Es entstanden kommunikations- und handlungsorientierte Textmodelle. Die kommunikationsorientierten top-down-Modelle (u. a. Isenberg 1976; Heinemann/Viehweger 1991) gehen viel weiter als die nach der bottom-up-Strategie funktionierenden handlungsorientierten Ansätze: Sie berücksichtigen auch den nicht unmittelbaren gesellschaftlich-sozialen Kontext, in dem kommunikative Tätigkeit erfolgt, so dass Texte letztendlich als dynamisch organisierte Teilprozesse innerhalb immer komplexerer Handlungsgebilde verstanden werden. Allerdings machte man diesem eher programmatischen Entwurf aufgrund der Überbetonung des Kommunikativen bei damit einhergehender Vernachlässigung sprachlicher bzw. zentraler (text-)linguistischer Probleme häufig den Vorwurf des Kommunikativismus.31 Anfang der 80er Jahre fand eine weitere Wende der Textlinguistik statt, die den Blick auf die kognitiven Aspekte (Produktion und Rezeption) von Kommunikation lenkte. Hierbei spielte auch die Wiederentdeckung des von Bartlett bereits in den 30er Jahren beschriebenen Prozesses der aktiven Informationsverarbeitung über Schemata eine Rolle, z. B. in der Forschung zu Frames und Skripts. Neben van Dijks bereits erwähntem Makropropositions-Modell (1980) ist die Beschreibung der Textproduktion (und -rezeption) bei de Beaugrande/Dressler (1981; vgl. dazu ausführlich Kapitel 4) ebenfalls kognitiv angelegt. Unter Linguisten hat sich die Annahme einer gewissen strukturellen Modularität des Gedächtnisses durchgesetzt; man nimmt an, dass der Prozess der (Sprach-)Informati-
634‒637), Tophinke (2001, 1035‒1036), Gansel/Jürgens (2002, 37‒44), Heinemann/Heinemann (2002, 68‒81), E.J. Ernst (2003, 19‒22, 24‒26), Adamzik (2004, 25‒27), Adam (32011, 24‒30), Schubert (22012, 15‒16), Palermo (2013, 16‒20), Ferrari (2014a, 24‒26, 28‒33). 31 Vgl. Charolles (1988, 49‒50, 54‒55, 57‒61), Vitacolonna (1988, 424‒425, 427), Vater (21994, 21‒22), Feilke (2000, 64‒82), Hartung (2000, 83‒96), Brinker (52001, 15‒17), Fix/Poethe/Yos (2001, 11, 14‒15), Meyer-Hermann (2001, 1010‒1011, 1025‒1026), Tophinke (2001, 1036‒1040), Gansel/Jürgens (2002, 44‒46), Heinemann/Heinemann (2002, 81‒90), E.J. Ernst (2003, 27‒30), Ferrari (2014a, 21‒24).
2.2 Forschungsüberblick
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onsverarbeitung parallel und zugleich interaktiv zwischen mehreren Modulen bzw. Kognitionsebenen nach dem top-down-Prinzip erfolgt.32 All diese Phasen der textlinguistischen Forschung bauen insofern aufeinander auf, als die bereits gewonnenen Erkenntnisse im Sinne einer fortschreitenden Entwicklung jeweils um neue Perspektiven erweitert und gegebenenfalls entsprechend modifiziert werden. Nachdem in den 90er Jahren abgesehen von der sehr produktiven Forschung zur Textsortenklassifikation bzw. zur Texttypologie eine gewisse Konsolidierung bzw. Stagnation der textlinguistischen Forschungstheorie festzustellen war, verbreiten sich – dem bisherigen Entwicklungsverlauf konsequent folgend – heute zunehmend integrative Ansätze, die versuchen, verschiedene textlinguistische Forschungsrichtungen bzw. -konzepte und deren Erkenntnisse miteinander zu verbinden, um das Phänomen Text möglichst umfassend zu beschreiben. Dazu zählen neben dem bereits ausführlich dargestellten Ansatz der Textlinguisten um Angela Ferrari und dem Modell von de Beaugrande/Dressler33 auch zwei weitere romanistische Ansätze, die beide vorwiegend Erkenntnisse aus der Kognitionsforschung einbeziehen, aber auch pragmatische Grundlagen haben: Jean-Michel Adams erstmals 1990 als Éléments de linguistique textuelle veröffentlichtes sequenziellhierarchisches Modell arbeitet mit sechs in drei Analyseebenen eingebundenen Ebenen der textuellen Organisation. Das modulare, offen zur Erweiterung angelegte Modell der Genfer Schule um Eddy Roulet (1985; modifiziert 2001 von Roulet/Fillietaz/Grobet) unterscheidet fünf Dimensionen des Diskurses (die den Modulen des Sprachsystems entsprechen) sowie sieben elementare und fünf komplexe Organisationsformen; die Architektur des Modells bezeichnet Roulet (nach Sabah 1989, 49) als hétérarchique, da all seine Module und Organisationsformen – nach bestimmten, rekursiven Regeln – hierarchisch miteinander kombiniert werden können.34 Auch die hier durchgeführte Untersuchung integriert
32 Vgl. Charolles (1988, 52‒53, 55‒57), Antos (2000, 105‒112), Christmann (2000, 113‒122), Figge (2000, 96‒104), Fix/Poethe/Yos (2001, 15‒22), Meyer-Hermann (2001, 1011‒1021), Stark (2001, 648), Tophinke (2001, 1040‒1045), Heinemann/Heinemann (2002, 90‒95), E.J. Ernst (2003, 35‒40), Adamzik (2004, 27‒28), Schubert (22012, 15‒16), Palermo (2013, 18). 33 Die Mehrfachnennungen einiger Modelle im Abschnitt zur Forschungsgeschichte der Textlinguistik zeigt, dass es vielfach schwer ist, sie eindeutig einer Forschungsrichtung zuzuordnen. Dies spiegelt gleichzeitig die immer komplexer bzw. vielschichtiger werdende Betrachtung des Phänomens Text wider. – Palermo (2013, 21) bezeichnet die neueren, auf die Informationsverteilung in Texten zentrierten Strömungen als «pragmatico-cognitivo-funzionale». 34 Vgl. Pérennec (2000, 146‒148, 151), Brinker (52001, 17‒20), Meyer-Hermann (2001, 1018‒1026), Roulet/Fillietaz/Grobet (2001, v. a. 11‒52), Tophinke (2001, 1046), Gansel/Jürgens (2002, 46‒48), Adamzik (2004, VII, 28‒30), Vater (2005, 168‒173), Adam (32011), Palermo (2013, 18‒21), Ferrari (2014a, 24‒26).
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2 Wissenschaftliche Grundlagen
aus Gründen einer möglichst vollständigen Textualitätsbeschreibung Elemente aus unterschiedlichen Ansätzen (vgl. dazu die Kapitel 2.3, 4 bzw. 4.2), wobei aber, übereinstimmend mit Eva Johanna Ernst (2003, 44), «die Analyse der sprachlichen Struktur – also des Textes – auf jeden Fall am Anfang [bzw. im Mittelpunkt] stehen» muss, gerade bei der Erforschung von Nonstandardtexten mit ungewissem Textualitätsgrad. Dies sehen auch Heinemann/Heinemann (2002, 102) so: «die auf das ‹Sprachliche› i. e. S. bezogenen Textmerkmale […] sind […] n.u.A. [‘nach unserer Ansicht’] unentbehrlich für die Charakterisierung von Texten». In der Romanistik und der Italianistik ist die Textlinguistik als Forschungsrichtung zunächst nicht so stark ausgeprägt wie etwa in der Germanistik oder der Anglistik. Oft werden uneinheitliche Bezeichnungen verwendet (vgl. dazu auch Charolles 1988 und Ferrari 2014a, 24‒25), Textlinguistik und Diskursanalyse werden nicht klar voneinander abgegrenzt oder die Textlinguistik bildet keine eigenständige Disziplin, sondern wird als Teilgebiet anderer Forschungszweige wie der Semiotik, der Stilistik oder der Pragmatik behandelt. Aufgrund fehlender Übersetzungen erfolgt in der Romania zum Teil auch keine Rezeption fremdsprachlicher textlinguistischer Veröffentlichungen. Einen frühen textlinguistisch relevanten Vorstoß mit bereits als sinnsemantisch-pragmatischkognitiv klassifizierbaren Elementen hat Eugenio Coseriu 1955/1956 mit seiner Studie Determinación y entorno. Dos problemas de una lingüística del hablar gemacht. Von ihm (1980b) stammt auch eine Einführung in die Textlinguistik. Mit Maria-Elisabeth Contes Linguistica testuale (1977) und der Übersetzung von de Beaugrande/Dresslers Werk als Introduzione alla linguistica italiana (1984) verbreitete sich die Textlinguistik in den 70er/80er Jahren auch in Italien; nach dieser Hochphase folgte allerdings eine gewisse Flaute bis das Interesse an der Textlinguistik Anfang des neuen Jahrtausends wieder stieg, und – parallel zu den Textmodellen mit Bezug zur französischen Sprache (etwa von Adam oder Roulet et al.) – auch eine umfassende Texttheorie zur italienischen Sprache (von Ferrari et al.) ausgearbeitet wurde. Abgesehen davon hat sich die italianistische Textlinguistik in (durchaus zahlreich veröffentlichten) Studien eher auf textlinguistische Einzelaspekte konzentriert.35 Unter den neueren Veröffentlichungen zur italianistischen Textlinguistik (vgl. dazu auch Ferrari 2013, 613‒619) sind neben dem von Ferrari et al. entworfenen Modell (u. a. in Ferrari/Zampese 2000; Ferrari 2004a; Ferrari et al. 2008; Ferrari/de Cesare 2010; Ferrari 2014a; 2015) aber
35 Vgl. De Beaugrande/Dressler (1981, 23‒24; 81996, 21‒22), Conte (1988a, 132‒141), Feilke (2000, 66, 73), Kalverkämper (2000, 11), Pérennec (2000, 145‒151), Scherner (2000, 192), Gansel/Jürgens (2002, 16‒17), Ferrari (2013, 599‒612; 2015, 95‒96), Palermo (2013, 16; 2016, 224‒225).
2.2 Forschungsüberblick
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auch Kongressberichte (z. B. D’Achille 2004; Ferrari 2009a; Held/Schwarze 2011) oder einführende Darstellungen (z. B. Andorno 2003; Palermo 2013). Um nun auf das eigentliche Forschungsthema dieser Arbeit zurückzukommen, so existiert nach meinen u. a. mithilfe der Romanischen Bibliographie (Mensching 1923‒2017) durchgeführten Recherchen bisher keine wissenschaftliche Arbeit, die sich vollständig und/oder in identischer Weise mit «Textualität im italienischen Nonstandard» beschäftigt.36 Es wurden jedoch einige Werke veröffentlicht, die diesem Thema nahe stehen bzw. einzelne Aspekte davon aufgreifen. Der nachfolgende Überblick über in diesem Zusammenhang besonders relevante Monographien und Aufsätze dient zugleich als forschungstheoretischer Ausgangspunkt für die hier angestrebte Untersuchung. Die Anordnung der jeweils kurz zusammengefassten Arbeiten erfolgt nur so lange in chronologischer Reihenfolge wie nicht inhaltliche bzw. forschungstheoretische Zusammenhänge dagegen sprechen. Petra Scholz-Lopianeckis romanistische Dissertation (1987, Die Kohärenzstrukturen nichtliterarischer und literarischer Texte) untersucht syntaktische und semantische Kohärenzmerkmale und deren Ausprägung in Quantität und Qualität, was auf die Kohärenzdichte der Texte schließen lässt (vgl. z. B. ScholzLopianecki 1987, 95‒98 und passim). Beim Vergleich zwischen literarischen und nichtliterarischen Texten ergeben sich einige Unterschiede. Eine für die hier verfolgte Fragestellung besonders spannende Erkenntnis besteht dabei im Fund von nur implizit vorhandener Kohärenz und (beabsichtigten) Kohärenz-
36 Genau genommen wurde bisher meist nur die Textualität (im engeren Sinn) konzeptionell schriftlicher Standardtexte betrachtet und analysiert (vgl. z. B. de Beaugrande/Dressler 1981; 81996; Conte 1988a; Heinemann 1991; Vater 1992; 32001; Halliday/Hasan 161999; Meyer-Hermann 2001). Dies mag auch darauf zurückzuführen sein, dass sich Textualitätsmerkmale am besten anhand von standardsprachlichen, konzeptionell schriftlichen, kohärenten und kohäsiven Texten erforschen lassen. Dass eine eigenständige und detaillierte, auf breiterer Korpusgrundlage angelegte Untersuchung der Textualität von Nonstandardtexten bis jetzt noch nicht durchgeführt wurde, bestätigen auch die nachfolgenden Ausführungen in diesem Kapitel sowie Berruto (1983a, 100‒101) und folgendes Zitat D’Achilles (1994, 74): «Testualità [della lingua dei semicolti] […] Questo settore costituisce l’aspetto meno studiato, almeno dal punto di vista generale; disponiamo però di valide analisi relative a singoli [eigene Hervorhebung] testi del passato». Ähnliches stellt Ferrari (2010a, 24) für das italiano neo-standard fest: «Vi è poi la difficoltà a cogliere la peculiarità della scrittura neo-standard per quanto riguarda i fenomeni che vanno al ‹di là della frase›. Prima di tutto perché mancano i dati a cui riferirsi: la letteratura sociolinguistica sul neo-standard si è infatti concentrata essenzialmente sul lessico e sulla morfosintassi; in secondo luogo perché, quando usciamo dalla grammatica in senso stretto, i giudizi sulla normalità e sulla devianza rispetto allo standard sono molto più difficili da esprimere: siamo infatti in un campo in cui la codificazione è nettamente meno esplicita, ed è sottoposta a maggiori variazioni individuali».
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störungen in den literarischen Texten (Scholz-Lopianecki 1987, 214‒218), denn diese Phänomene erwartet man (wenn auch überwiegend unbeabsichtigt) normalerweise eher in (nichtliterarischen) Nonstandardtexten. Ihr mögliches Auftreten sogar in literarischer Standardsprache zeigt jedoch, dass es sich dabei nicht um ein (exklusives) Merkmal der Nonstandardsprache handelt. Allgemeiner lässt sich daraus folgern, dass die Zuordnung gewisser Textualitätskriterien zum Standard- oder Nonstandardbereich nicht immer ganz eindeutig ist und gegebenenfalls einen Perspektivenwechsel erforderlich macht. Die Dissertation von Danielle Roth-Johnson (1997, Discourse structure and topic continuity in the oral and written narratives of native speakers of French) ist in mehrfacher Hinsicht für die hier angestrebte Untersuchung relevant, sowohl, was die textlinguistische Fragestellung anbelangt, als auch, was den narrativen Texttyp und die gesprochene Sprachvarietät der untersuchten Texte betrifft. Bei den narrativen Texten, mit denen sich ihre Pilotstudie befasst, handelt es sich um die von vier Befragten (Roth-Johnson 1997, 5‒6, 57‒58, 128, 133‒134) jeweils mündlich und schriftlich nacherzählte Handlung eines Films, den diese zuvor angesehen hatten. Im Rahmen der Betrachtung der Strukturen des narrativen Diskurses werden die inhaltlich-formalen Gliederungen im mündlichen und schriftlichen Bereich verglichen. Ein zweiter Teil beschäftigt sich mit der mündlichen und schriftlichen Art der Themenverknüpfung bzw. -fortführung. Dabei stellt sich heraus, dass sowohl gesprochener als auch geschriebener Diskurs strukturiert und (thematisch) verknüpft ist. Es divergieren lediglich die spezifischen sprachlichen Struktureinheiten und Marker, durch die dies jeweils geschieht (vgl. z. B. Roth-Johnson 1997, 128‒129), was sicher nicht nur auf das Französische zutrifft, sondern auch auf die nachfolgende Analyse italienischer Texte übertragbar ist. Daher kann man davon ausgehen, dass auch diese Autobiographien gewisse, für sie typische textkonstituierende Charakteristika aufweisen, die ihrerseits eventuell Rückschlüsse auf die den Texten zugrundeliegende (mündliche oder schriftliche) Konzeption zulassen. Folgende Forschungsansätze enthalten einige im Hinblick auf ähnliche Strukturen der hier untersuchten Autobiographien besonders aufschlussreiche Gedanken, auch wenn noch zu klären ist, ob diese Texte (allein) dem Bereich gesprochener Sprache zuzuordnen sind: Wie Marceline Laparra (1982, 208‒210, 232‒234) und Monique Lèbre-Peytard (1984, 105‒108) in ihren Artikeln feststellen, können Satzsegmentierungen, die häufig in gesprochener Sprache vorkommen und deren (satz-)strukturaufbrechende Wirkung vielfach als störend oder unter dem Schlagwort «funktionale
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Satzperspektive»37 als rein satzintern und damit zumindest als irrelevant für die Textverknüpfung beschrieben werden, pragmatisch gesehen durchaus zur Kohärenz des jeweiligen Diskurses beitragen. Neben solchen Herausstellungsverfahren können laut Stein (2003, Textgliederung. Einheitenbildung im geschriebenen und gesprochenen Deutsch. Theorie und Empirie, 183‒185) auch andere syntaktisch-strukturelle Besonderheiten gesprochener Sprache wie Abbrüche oder Anakoluthe, die man meist eher mit negativen Auswirkungen auf die Textkohärenz verbindet, textgliedernde und damit kohärenzstiftende Funktion haben. Die Erklärung für diese Beobachtungen liefert Monique Krötsch in einem Aufsatz (1998, 30‒39): Ihr zufolge nimmt man in (spontan) gesprochener Sprache nur dann syntaktische Brüche bzw. einen Bruch im Sinne eines hin zur geschriebenen Sprache klar abgrenzbaren Systems wahr, wenn man von der linearen Organisation geschriebener Sprache ausgeht. Pragmatisch betrachtet sind die Nicht-Linearität, vermeintliche Desorganisation und der elliptische oder Anakoluthcharakter gesprochener Sprache, die gegenüber der geschriebenen Sprache ja die Primatstellung einnimmt, völlig normal und kommunikativ funktional. Es gilt lediglich zu bedenken, dass bei geschriebener Sprache das Resultat, bei gesprochener Sprache jedoch der Prozess sprachlichen Handelns vorliegt, bei dem mehrere Ebenen ineinandergreifen, wobei neben der syntaktischen Linearität auch semantische Zusammenhänge und die thematischfunktionale Organisation eine Rolle spielen. Ähnlich argumentieren Marcato/ Ursini (1983, Per una metodologia della ricerca sulla lingua orale, 82), wenn sie feststellen, dass man die Eigenschaften gesprochener Sprache nicht mit den Mitteln der Analyse geschriebener Sprache untersuchen darf, da sonst leicht übersehen wird, dass Phänomene, die man aus einer solchen Perspektive heraus eventuell voreilig als Diskordanzen, Inkohärenzen, ungenaue Bezüge und logische Unstimmigkeiten einstuft, die Textkohärenz (nicht nur) nicht beeinträchtigen können, sondern gegebenenfalls bedeutungstragende und damit kohärenzerzeugende Funktion haben. Angela Ferrari (2010a, 9‒27) beschäftigt sich in ihrem Artikel Riflettere sul parlato nello scritto. Obiettivi, ipotesi, metodi, problemi mit der Absorption von Phänomenen der gesprochenen Sprache in die geschriebene Standardsprache (italiano dell’uso medio / tendenziale / neo-standard). Dabei stellt sie fest, dass solche Strukturen in gesprochener und geschriebener Sprache häufig unterschiedliche Funktionen haben; so betont z. B. der Spaltsatz in mündlicher Kommunikation (auf semantischer Ebene) die Negation möglicher Alternativen oder (auf pragmatischer Ebene) das Spiel zwischen Vermutung und Behauptung; in geschriebener Sprache
37 Vgl. dazu Kapitel 4.2.1.3.
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2 Wissenschaftliche Grundlagen
kann durch einen Spaltsatz eine gleichzeitige bzw. doppelte Fokussierung sowohl des abgespaltenen Elements als auch des Endelements (end-focus) erreicht werden. Durch diese zugleich anaphorisch (auf den Vor-Text) und kataphorisch (auf den textuellen Informationsfortschritt) ausgerichtete Fokussierung sichert das Verfahren den kohäsiven Textzusammenhalt und erhält damit textuelle Funktion. Ein anderes Beispiel ist die Verb-Subjekt-Stellung der Satzglieder: In gesprochener Sprache wird dadurch überwiegend ein schon erwähnter Textreferent hervorgehoben, in geschriebener Sprache wird dadurch auf die Einführung eines neuen Textreferenten abgezielt, der dann Thema des anschließenden Textabschnitts wird. Für den incapsulatore anaforico «cosa» stellt Letizia Lala (2010, 57‒77) ebenfalls Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache fest. Zunächst einmal ergeben ihre Zählungen, dass cosa als parola generica in dieser Funktion entgegen der Erwartungen in gesprochener Sprache nicht sehr frequent vorkommt, sogar seltener als in geschriebener Sprache, wo es jedoch auch nicht sehr häufig ist. Daneben wird cosa in gesprochener Sprache als prototypischer incapsulatore als Kopf eines Nominalsyntagmas mit bestimmtem Determinant verwendet (z. B. Se ne è andata senza neanche salutare. Tutti hanno trovato la cosa/questa cosa molto sgarbata.), während es in geschriebener Sprache als grammatikalisierte Apposition entweder ganz ohne Determinant oder mit indeterminiertem Artikel und immer mit Postmodifikation durch Adjektiv, Partizip oder Relativsatz auftritt (z. B. Se ne è andata senza neanche salutare. Una cosa/Cosa che tutti hanno trovato molto sgarbata.). All dies zeigt, dass auch gesprochene (Nähe-)Sprache auf ihre bzw. auf andere Weise kohärent ist.38 Die Tatsache, dass das paradoxerweise offenbar zumindest teilweise durch den Einsatz von Verfahren, die die Kohärenz distanzsprachlicher
38 Wie bereits in Anm. 9 kurz angesprochen, attestieren auch Koch/Oesterreicher (1990, 73) gesprochener (Nähe-)Sprache einen «andersartigen Kohärenztyp», der sich ihnen zufolge «nicht allein aus dem (digitalen) sprachlichen Kontext, sondern gerade aus analogen Kontextarten: situativer Kontext, (insbesondere individuelle) Wissenskontexte, nichtsprachliche und parasprachliche kommunikative Kontexte» ableitet. Dies trifft vermutlich vor allem auf den Prototyp nicht nur konzeptionell, sondern auch medial gesprochener Sprache in einer face-toface-Situation zu, da solche Phänomene aufgrund der Besonderheiten des phonischen Mediums (z. B. knappe Enkodierungszeit, Unmöglichkeit einer korrigierenden Löschung des Gesagten) und der zahlreichen analogen Kontextverweismöglichkeiten dort sicher eine höhere Frequenz haben. In Koch/Oesterreichers stärkerer Betonung des nichtsprachlichen Kontexts und ihrer Annahme, dass Nähediskurse nicht wegen, sondern eher trotz der darin enthaltenen «Brüche, Sprünge, Inkonsequenzen, ‹Widersprüche›, Unvollständigkeiten usw.» (1990, 73; sie verweisen auf Sornicola 1981, 241‒272 und Fritz 1982) kohärent sind, unterscheidet sich ihre Ansicht allerdings leicht von den Ausführungen im obigen Text.
2.2 Forschungsüberblick
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Texte stören würden, erreicht werden kann, gilt hinsichtlich möglicher Parallelen bei der hier geplanten Analyse besonders zu beachten, wobei vorher (in Kapitel 4.1.2) noch zu klären ist, welchen Nähe- (bzw. Distanz-)Grad die untersuchten Nonstandardtexte tatsächlich aufweisen. Was den italienischen Nonstandard betrifft, so handelt es sich noch immer um ein aktuelles Forschungsthema, auch wenn die Zahl der Veröffentlichungen zwischenzeitlich zurückgegangen ist.39 Die bisherigen Forschungsarbeiten zu Texten von semicolti bzw. zum italiano popolare sind allerdings meist allgemeine, alle Sprachebenen umfassende Beschreibungen, die sich mit Phonetik, Morphologie, Syntax, Lexikon, Stil und eventuell (und dann nur kurz) mit Text(ualität) befassen.40
39 Vgl. dazu Cerruti (2013, 96‒97) und Fresu (2014, 217). Allerdings verzeichnet Fresu (2016a, 336) jetzt, ca. 100 Jahre nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs, einen neuerlichen Anstieg des wissenschaftlichen Interesses an «scritture (popolari) di guerra». Sie selbst gab 2015 einen Sammelband dazu heraus (s. dazu genauer die folgende Fußnote); außerdem wurden z. B. Leo Spitzers Lettere di prigionieri di guerra (2016, bearbeitet von Lorenzo Renzi) neu veröffentlicht. – Kritisch zum Verschwinden des italiano popolare und diesbezüglicher Studien äußert sich D’Achille (2011), und auch Cerruti (2013, 96‒98) zählt etliche neuere Werke auf. – Zur Analyse der Texte französischer peu-lettrés aus dem Ersten Weltkrieg wurde (2014, u. a. von Agnès Steuckardt) das Projet Corpus 14 mit Internet-Datenbank ins Leben gerufen. Mit Texten von peu-lettrés aus jener Zeit beschäftigen sich auch die kürzlich erschienenen Werke von Martineau/Remysen (2020) und Sowada (2021). 40 Vgl. z. B. De Mauro (1970a), Cortelazzo (1972), Spitzer (1976), Mortara Garavelli (1979‒1980), Berruto (1983a; 1983b; 1983c; 1986), Lepschy (1983), Rovere (1992), D’Achille (1994; 2011), Montanile (2002, 24‒36), Vanelli (2009), Biondi (2010), Corrà (2015), Fresu (2014; 2016a; 2016b). Fresu (2014, 217) gibt an, dass ein Großteil dieser Untersuchungen zudem auf Texten der Vergangenheit basiert. Berruto (2014, 277, 280, 282‒285) zufolge war die Hochphase der Beschäftigung mit dem italiano popolare zwar der (stark von der Soziolinguistik beeinflusste) Zeitraum von Anfang der 1970er bis Mitte der 1990er Jahre, doch führt er u. a. mit Amenta (2004), HansBianchi (2005), Vanelli (2009) und Ruffino (2012) einige auch hier erwähnte neuere Studien auf. Er bemängelt (ibidem, ebenso wie Alfonzetti 2002, 16‒21) lediglich, dass Untersuchungen zum gesprochenen italiano popolare (weitgehend) fehlen. Auch Fresu (2016a, 330‒333) setzt die erste Phase der Beschäftigung mit dem italiano popolare zwischen 1970 und 1995 an; dass man sich darin vor allem immer wieder mit Abweichungen von der Norm beschäftigt hat, führte ihrer Meinung nach zu einer gewissen Stagnation der Ergebnisse und zu einer «Fossilisierung» des semicolto-Konzepts. Neuere Studien konzentrieren sich ihr zufolge in den letzten Jahren eher auf ein durch «varietà intermedie» geprägtes Kontinuum der Schreibkompetenz und des Sprachbewusstseins (vgl. dazu auch Fresu 2014, 199‒202). Sie (2015a, 12‒16) plädiert dafür, mehr auf den Annäherungsgrad an die jeweils zeitaktuellen Norm-Modelle einzugehen: Solche «sfumature ‹intermedie›» sollen in dem 2015 von ihr herausgegebenen Sammelband zu Schriften aus dem Ersten Weltkrieg im Vergleich zwischen «scritture ‹dal basso› e ‹dall’alto›» herausgearbeitet werden, denn auch offizielle Stellen bzw. geübte, standardsichere Schreiber mussten ein mittleres Niveau anstreben, wenn sie die Masse der Bevölkerung erreichen wollten (Amenta 2015, 133 spricht von «varietà di lingua ‹media› che si ponesse in equilibrio tra il ‹polo popolare› e il ‹polo
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Selbst die relativ neue Monographie von Barbara Hans-Bianchi (2005, La competenza scrittoria mediale. Studi sulla scrittura popolare) betrachtet lediglich (ortho-)graphische, durch geringe Schriftnormkenntnisse sowie durch (dialekt-) phonetische Interferenzen bedingte Auffälligkeiten im Bereich von äußerer Form des Textes, Lesbarkeit, Interpunktionszeichen und (para-)graphematischen Zeichen. In einem bereits 2001 veröffentlichten Artikel befasste sich die Autorin schon einmal mit cartoline popolari, jedoch ebenfalls nur in formaler und (ortho-)graphischer Hinsicht. Rita Fresu verfasste 2012 einen Aufsatz über das «esame linguistico e testuale dell’autobiografia religiosa femminile […] di Caterina Paluzzi, terziaria domenicana […] vissuta tra la fine del XVI secolo e la prima metà del XVII secolo» (ibidem, 433). Die Analyse dieser «scrittura di semicolta» einer «analfabeta e autodidatta» beschränkt sich auf das Lexikon und das «andamento sintatticotestuale» des Textes (Fresu 2012, 440‒442). Letzteres ist Fresu (2012, 442) zufolge «più stabile di quanto ci saremmo potuti attendere, sebbene dominato dall’inevitabile pianificazione orale di chi, senza un adeguato addestramento, si trova a dover raccontare la propria esperienza». Um dies zu belegen, behandelt sie (2012, 442‒447) kurz die häufig auftretende (komplexe) konzessive Satzverknüpfung, das ebenfalls frequente Vorkommen von Subordination (mit korrekter Zeitenfolge, aber jeweils eingeleitet durch allgemeines che) sowie die Okkurrenz von (als mündliche Erscheinungen eingestuften Phänomenen wie) Dislokation, freiem Thema und Sinnkongruenzen, womit die textuelle Betrachtung abgeschlossen ist – natürlich gilt dabei der begrenzte Rahmen eines Forschungsartikels zu bedenken; dennoch ist auch dies ein Beispiel dafür, dass man sich mit der Textualität von Nonstandardtexten bisher weder ausschließlich noch umfassend befasst hat, und diese meist mit derjenigen gesprochener Sprache gleichsetzt. Sandro Bianconi (2013, L’italiano lingua popolare. La comunicazione scritta e parlata dei «senza lettere» nella Svizzera italiana dal Cinquecento al Novecento) geht neben (z. T. phonetisch bedingten) (ortho-)graphischen, morphologischen, syntaktischen und lexikalischen Phänomenen der von ihm untersuchten Texte auch auf textuelle, Kohärenz und Kohäsion betreffende Probleme ein. Er arbeitet jedoch nur mit relativ wenigen, manchmal etwas vagen Textualitätskategorien, z. B. concordanze non standard, dislocazioni, anacoluto, incoerenza testuale, flusso del parlato, assenza progettazione, malapropismi (2013, 124), und stuft diese als typisch für wenig geplanten, gesprochenen Diskurs ein, wenn die Schreiber auf-
letterario›»). Allerdings berücksichtigen nur wenige Beiträge in diesem Sammelband das Thema Text(ualität).
2.2 Forschungsüberblick
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grund ihrer mangelnden Schulbildung auf ihre dialektale Sprechkompetenz zurückgreifen, obwohl sie sich der Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener Sprache bewusst sind, aber zu wenig standarditalienische Schreibkompetenz haben, um dieses Wissen auch praktisch umzusetzen (Bianconi 2013, 80‒125). Giovanni Ruffino beschäftigte sich 2012 in einem Artikel sogar mit einem Text, der (in der Originalversion) auch zentraler Bestandteil des Korpus der hier angestrebten Untersuchung ist. Darin vergleicht er Fontanazza von Vincenzo Rabito mit der entsprechenden bearbeiteten und 2007 von Einaudi herausgegebenen Version Terra matta (vgl. dazu Kapitel 3.2.2). Er beschränkt sich jedoch auf Phonetik/Orthographie, Morphologie, Syntax und Lexikon; Text(ualität) wird nicht behandelt. In der Sprache des Textes sieht er (2012, 78) ein typisches Beispiel der von Mündlichkeit geprägten Werke von semicolti.41 – Eine zumindest etwas differenziertere Sichtweise findet sich bei Koch (2005, 48), der immerhin die Möglichkeit des Erreichens eines gewissen Grades an Distanzsprachlichkeit erwähnt: «Sono anche molto importanti le realizzazioni scritte dei semicolti; si osserva che lo sviluppo della distanza comunicativa non deve necessariamente andare di pari passo con la padronanza del sistema grafico e viceversa» (ähnlich in Koch 1999, 150 und Koch/Oesterreicher 2001, 601, 612, 614‒615). Roland Schmidt-Riese (1997, 54) geht noch weiter, indem er darauf hinweist, dass man die Versprachlichungsstrategien wenig geübter Schreiber nicht vorschnell als typisch für die Übertragung konzeptionell mündlicher Muster werten darf, sondern es sich dabei auch oft um unvollkommen beherrschte oder «falsch» verwendete distanzsprachliche Muster handeln kann. Er (1997, 76) konstatiert: «Die Erforschung des Phänomens der nähesprachlich geprägten Schreibkompetenz hat erst begonnen». Auch Koch/Oesterreicher (2001, 615) sehen Defizite in der Erforschung der nähesprachlichen Konzeption, denn sie plädieren (unter Bezug auf Ernst 1985, 13‒17 und Koch 1995) dafür, das konzeptionelle Profil von Texten wenig gebildeter semicolti genauer zu untersuchen, womit sich Kapitel 4.1 dieser Arbeit beschäftigen wird. Enrico Testa versucht in L’italiano nascosto (2014) den Prozess der Italianisierung der gesprochenen Sprache in der Zeit vor der Möglichkeit mündlicher Aufzeichnungen (‘500 bis Anfang des ‘900) anhand von schriftlichen Quellen nachzuvollziehen. Darunter befinden sich auch Texte von semicolti, deren Sprache er (2014, 20) als «una realizzazione linguistica intermedia che […] mette in contatto […] i due mondi dell’oralità e della scrittura» beschreibt. Er
41 Gleiches gilt für Ruffino (2011, Linguistischer Kommentar zu La spartenza) sowie für Amenta (2011, Vergleich von La spartenza und Terra matta).
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2 Wissenschaftliche Grundlagen
analysiert Graphie, Phonetik, Morphologie, Syntax, Lexikon und Textualität. Daraus ergibt sich die Erkenntnis, dass die Kommunikation in diesen Texten eher einem pragmatic mode (nach Givón 1979) als einem syntactic mode folgt, d. h. die Autoren orientieren sich eher am Kommunikationsziel des Sich-VerständlichMachens als an normativen Sprachregeln, zumal sie diese oft nur ungenügend kennen, und deshalb auf Strategien der gesprochenen Sprache zurückgreifen, die ihnen aus ihrer Alltagskommunikation vertraut sind (Testa 2014, 23, 83). Somit entspricht die Textualität dieser Texte zwar nicht derjenigen gebildeter Prosa, sie ist anders als erwartet (stimmt mit derjenigen gesprochener Sprache überein), aber, was viel wichtiger ist, sie ist (für praktische Zwecke) trotzdem funktional bzw. wirksam (Testa 2014, 95‒96, 106‒110). Für Kohärenz/Kohäsion bedeutet dies einen hohen Repetitionsgrad, Verknüpfung durch monoton wiederholte Pronomina (darunter oft das verwaltungssprachliche Relativpronomen il quale), Auftreten von che polivalente oder e als allgemeine Konnektoren, Dislokationen, Topikalisierungen, Präsentative (z. B. ecco, oft mit gliedernder Funktion), allora und così als Konnektoren mit Gliederungsfunktion sowie Anakoluthe, was alles auf eine mündliche Planung des Diskurses schließen lässt (Testa 2014, 40, 44, 49‒50, 64‒65, 71, 76‒77, 81‒82, 88, 95‒97, 103, 106‒107). Auch wenn er die Textualität oft als typisch für gesprochene Sprache klassifiziert, weist Testa jedoch darauf hin, dass die Texte von semicolti keineswegs reine Quellen gesprochener Sprache sind, sondern dass selbst in den Texten untersten Niveaus immer das Streben nach Schriftsprache spürbar ist, und sei es nur in sprachlichen Schemata oder festen Formeln z. B. aus der Verwaltungssprache, selbst wenn es sich dabei oft mehr um ein italiano intenzionale als ein italiano tendenziale handelt (2014, 23‒24, 41, 56, 64, 71, 76‒77, 108‒109).42 Er (2014, 81) plädiert dafür, bei Texten von semicolti nicht immer nur auf die Abweichungen vom italienischen (Schrift-) Standard sondern auch auf die Konvergenzen damit zu achten. So attestiert er (2014, 107) der Textualität der Texte von semicolti sogar einen gemeinsamen Überschneidungsbereich mit Varianten geschriebener Sprache wie Theatertexten, komischen Novellen, verwaltungssprachlichen und literarischen Prosatexten. Abschließend bemerkt er (2014, 106‒107), dass die Analyse der Textualität
42 Auch Eugenio Salvatore (2015) stellt in seinem Artikel zur Textgliederung von durch semicolti verfassten Emigrantenbriefen fest, dass diese die ihnen aus mündlicher Kommunikation bekannten Strategien wie Satzsegmentierungen zur thematischen Lenkung im Bewusstsein um das schriftliche Medium und im Rahmen ihrer Möglichkeiten bzw. Kenntnisse an ein höheres bzw. zumindest nicht zu sehr stigmatisiertes diaphasisches Niveau anpassen, so dass man diese Strategien weniger unter dem Aspekt der Oralität als vielmehr unter dem ihrer Funktionalität betrachten sollte, zumal die semicolti sich zur Gliederung auch oft schrift- bzw. bürokratiesprachlicher Formeln bedienen.
2.2 Forschungsüberblick
27
mindestens ebenso wichtig, wenn nicht noch wichtiger für die Erforschung von semicolti-Texten sei als die bisher vorherrschende Betrachtung der an der Textoberfläche zuerst wahrnehmbaren phonetischen und lexikalischen Aspekte. Auch Cantoni/Perrella (2005, 226) bestätigen, dass die graphisch-phonetischen Aspekte von scritture semicolte bereits ausgiebig erforscht sind, und fordern (ebenso wie D’Achille 1994, 74) für künftige Studien unter anderem eine Untersuchung des weitaus interessanteren und bis jetzt wenig erforschten Gebiets der Textualität dieser Texte. Dieses Anliegen setzt Alessio Ricci in Mercanti scriventi (2005), worin er sich mit Syntax und Textualität einiger florentinischer Familienbücher aus dem ‘300 und ‘400 befasst, die er als «testi realizzati da autori fondamentalmente semicolti (e privi di qualsiasi pretesa letteraria)» einstuft, sehr weitgehend um: Er (2005, 31) stellt zunächst fest, dass die mercanti scriventi nicht einfach einen mündlichen Diskurs in schriftlicher Form produziert haben, sondern bewusst versuchten, sich den von ihnen respektierten Regeln der gewählten Textsorte anzunähern. Nach einem syntaxbezogenen Teil folgt die Analyse der Textualität der libri di famiglia anhand von Kohäsion (Planänderungen und Wiederholungen), Thematisierung und messa in rilievo (durch Segmentierungen oder lexikalische Mittel) sowie hierarchischer und linearer Informationsorganisation (thematische Progression bzw. Relationen: relativer Satzanschluss, lexikalische Wiederaufnahme, incapsulatori anaforici; Ellipsen; Konnektoren; Deixis; direkte Rede), wobei er durchaus immer wieder auf Probleme, Ambiguitäten und Textualitätsstörungen eingeht.43 Im Unterschied zur hier geplanten Untersuchung von Nonstandardtexten behandelt Ricci Textualitätsphänomene und -probleme allerdings nicht ausschließlich und auch nicht vollständig. Zudem bestehen trotz aller Parallelitäten zwischen früherem und späterem italiano popolare (vgl. dazu auch Palermo 1994, 37‒42) sicher auch einige Unterschiede zwischen Texten aus dem 14./15. und dem 20. Jahrhundert. Vor allem aber eignet sich die Textsorte Familienbuch eher wenig für die Erforschung von Textualität, denn, wie Ricci selbst bestätigt (z. B. 2005, 44‒50, 245‒249), handelt es sich dabei um Aufzählungen mit relativ kurzen Einträgen, von denen diejenigen zur wirtschaftlichen Situation obendrein festen (strukturellen und sprachlichen) Schemata nach latinisierenden Kanzlei- und Notariatsmodellen folgen, und auch diejenigen zur privaten Situation trotz größerer Freiheit oft monoton wiederholte Muster enthalten. Von umfangreicheren sowie inhaltlich und formal freieren nar-
43 Er (2005, 31) kündigt einleitend auch an: «L’analisi sintattico-testuale tenterà di descrivere, in particolare, quei casi in cui tali regole [del particolare genere testuale] entrano in crisi col sopraggiungere di specifiche esigenze comunicative e pragmatiche».
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2 Wissenschaftliche Grundlagen
rativen Texten wie den hier ausgewählten Autobiographien lässt sich eine größere Aussagekraft hinsichtlich ihrer textuellen Verknüpfung erwarten. Zusammenfassend lässt sich dazu sagen, dass der Bereich der Textualität bzw. der Kohärenz/Kohäsion von Nonstandardtexten vielfach vernachlässigt wurde. Wenn man sich überhaupt damit beschäftigt hat, so geschah dies eher nicht als zentraler Gegenstand, sondern nur als ein Teil der jeweiligen Untersuchungen und in Form von nicht sehr ausführlichen, oft nur kurz auf wenigen Seiten abgehandelten Beschreibungen einzelner Texte. Die darin festgestellten Besonderheiten (wie z. B. geringe syntaktische Komplexität bzw. parataktische Satzverknüpfung, hohe Frequenz identischer Wiederholungen von Lexemen, nicht normgerechte Verwendung von Präpositionen) und Kohärenzbrüche (wie z. B. in Anakoluthen und unklaren Referenzbezügen durch mangelnde SubjektVerb-Kongruenz, Einschübe und polyvalente Konnektoren) werden häufig als Phänomene gesprochener Sprache44 gewertet und ihre Textualität wird im Vergleich zu derjenigen von Standardtexten überwiegend, zumindest hinsichtlich rein sprachlicher Kohärenzmittel, als defizitär bzw. weniger kohärent und kohäsiv eingestuft, was nicht verwunderlich ist, da oft Maßstäbe angelegt werden, die nur auf standardsprachliche Distanzdiskurse voll zutreffen.45 Derartige Einschätzungen werden im Rahmen der anschließenden Analyse zu überprüfen und zu diskutieren sein. Auch Tanzmeister (2005, 336‒337) schränkt ein:
44 Es liegt nahe, einen Text, der nicht die Kohärenz- und Kohäsionsmerkmale des konzeptionell schriftlichen, standardsprachlichen, kohärenten und kohäsiven Prototyps aufweist, als konzeptionell mündlich oder nicht standardsprachlich einzustufen bzw. in einem Umkehrschluss das Fehlen solcher Elemente als charakteristisch für gesprochene Sprache oder den Nonstandard anzusehen. Im Fall der Nonstandardsprache stimmt dies sicherlich zumindest teilweise, ist jedoch nicht allein typisch für ihre Textualität. Außerdem darf man Nonstandardsprache auch trotz der offensichtlichen Parallele zur gesprochenen Sprache nicht automatisch (immer bzw. völlig) mit dieser gleichsetzen (vgl. dazu Anm. 5): Koch/Oesterreicher (1990, 15) trennen zwischen diasystematisch markierter und nicht markierter Nähesprache. Da gesprochene Sprache sich aber auch im Bereich des Nonstandards abspielen kann, ist es sicher aufschlussreich, die Auswirkungen einer mündlichen Konzeption als mögliche Ursache für eine eigenständige Textualität von Nonstandardtexten zu untersuchen (vgl. dazu Kapitel 4.1). 45 Dies alles gilt z. B. für Berretta (1988), D’Achille (1994, 74‒77), Badini (1995), Banfi (1995), Bianconi (1995), Marcato (1995), Rando (1995), Cantoni/Perrella (2005, hier wird ausnahmsweise die vom Schreiber wohl gut beherrschte Verwaltungssprache als Ursache zumindest für stilistische sowie syntaktisch-textuelle Auffälligkeiten angegeben), Ciampaglia/di Giacomantonio (2010) und Fresu/Vignuzzi (2011). – Kritisch dazu äußern sich z. B. Sornicola (1981, 264‒272) und Koch/Oesterreicher (1990, 23, 73‒76).
2.2 Forschungsüberblick
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«Allerdings können die traditionellen dichotomen Modelle der Unterscheidung zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit (Söll 1985) oder Nähe und Distanz (Koch/Oesterreicher 1990) – die ja schon von der Ethnolinguistik des Geschriebenen (Maingeneau 1992:118) kritisiert wurden – die Sprache der Briefproduktion der Migranten nur unzureichend erklären, zeigen sie doch einerseits deutliche Spuren grafisch realisierter konzeptueller Mündlichkeit, greifen aber andererseits auf schulisch erlernte, aus Handbüchern oder Vorlagen übernommene schriftliche Textmuster oder Wendungen zurück und integrieren sie in die Briefe […] Ritualisierte erlernte Routine-Formeln, spontane Ausdrücke und eigenständige freie Schreibversuche […] wechseln sich ständig ab. Das Zusammenwirken von verschiedenen sprachlichen Varietäten in der schriftsprachlichen Produktion der Migrantenbriefe macht – dank ihres hybriden Charakters, an der Grenze zwischen Oralität und Schrift […] den linguistischen Reiz dieser Briefe aus».
Eine ähnliche Feststellung findet sich bei Marcato (1995, 230): «È evidente come nella stesura dei testi operi un doppio modellamento linguistico; e se non si può negare che, a livello di uso orale, la competenza fosse dialettale, bisogna riconoscere che nella cultura di coloro che stendevano i verbali non mancava il riferimento ad un modello dotto di italiano».
Fasst man (spontan) gesprochene Sprache als einen Teilbereich des Nonstandards auf, ist sie die einzige Nonstandardvarietät, für die detaillierte textlinguistische Untersuchungen von Kohärenz- und Kohäsionsstrukturen vorliegen. Abgesehen von der komplexen Frage der Zuordnung von gesprochener Sprache zum Nonstandard ist jedoch vor allem die bereits erwähnte Tatsache problematisch, dass in den Forschungsarbeiten, die sich mit ihrer Kohärenz und Kohäsion beschäftigen, mit der Bezeichnung gesprochene Sprache meist nur Bezug auf das mündliche Medium genommen, nicht aber auf die Konzeption eingegangen wird. Demzufolge wurde ein weiter Bereich innerhalb des Nonstandards bis jetzt noch nicht in eigens zum Thema «Textualität, Kohärenz und Kohäsion» angestellten Untersuchungen erforscht: Dabei handelt es sich – wie die obigen Ausführungen zeigen, sowohl übereinzelsprachlich gesehen als auch auf das italienische Diasystem bezogen – einerseits um rein konzeptionell (nicht medial) gesprochene Sprache, andererseits um Varietäten, die (nicht nur) in dieser (diasystematisch unmarkierten) Hinsicht vom (Schrift-)Standard abweichen, sondern sich (auch) auf (markierter) diaphasisch-diastratischer Ebene davon unterscheiden. Diese Forschungslücke zu schließen setzt sich die hier angestrebte Analyse am Beispiel autobiographischer, narrativer italienischer Nonstandardtexte zum Ziel. Dazu wird von folgenden, oben beschriebenen Forschungserkenntnissen und daraus ableitbaren Hypothesen ausgegangen:
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2 Wissenschaftliche Grundlagen
Kohärenzstörungen46 und schwer herzustellende Kohärenzbezüge sind nicht allein typisch für Nonstandardsprache, sondern finden sich ebenso in literarischen Texten. Daneben ist zu beachten, dass mündliche narrative Texte im Vergleich zu geschriebener Standardsprache keine «defektive», sondern lediglich eine eigene, spezifisch strukturierte und markierte Textualität haben. Zudem führen selbst Erscheinungen wie Segmentierungen, Abbrüche und Anakoluthe im Bereich des Nonstandards nicht zwangsläufig zu Kohärenzbrüchen, sondern können, wie einige Untersuchungen gesprochener Sprache belegen, auch kohärenzfördernd wirken. Schließlich scheint gesprochene bzw. auch Nonstandardsprache nur dann desorganisiert und inkohärent, wenn man (fälschlicherweise) von geschriebener Sprache als Maßstab ausgeht. Die Untersuchung der Textualität von italienischen Nonstandard-Autobiographien wird daher im Rahmen dieser Studie aus neutraler, nicht schriftstandardbasierter Perspektive erfolgen,47 so dass es möglich wird, die Charakteristika dieses Texttyps zu erfassen, die vermutlich eben nicht (nur) in einem im Vergleich zur Standardsprache geringeren Kohärenzgrad bestehen. Auch wenn die Texte von semicolti grammatikalisch-strukturell gesehen wohl meist nicht so kohäsiv sind wie Standardtexte, so bedeutet das nicht, dass sie keine textverknüpfenden Eigenschaften aufweisen: Die Kohärenzherstellung 46 Diese werden übereinstimmend mit der Definition von disturbed coherence durch Bublitz/ Lenk (1999, 155) als Fälle betrachtet, in denen «the extent to which a text is only partly understood is no longer tolerated by the hearer. This may be the case […] when he assumes that his interpretation of coherence clearly diverges from the speaker’s or when he fails to come up with a plausible interpretation on a global level (if not on a local level)». Die dahinter stehende Auffassung (ibidem, 154‒157), dass Kohärenz durch gemeinsame Anstrengungen von Sender und Empfänger entsteht, die ihre (graduelle) Existenz als default principle voraussetzen, wird hier ebenfalls geteilt. Bublitz/Lenk (1999, 164‒172) beziehen sich dabei weniger auf den Mangel an kohäsiven Mitteln (der hier jedoch v. a. in Kapitel 4.2.2 diskutiert werden wird), sondern betrachten als Ursachen neben der Unangemessenheit des Registers (an Situation, Rahmenbedingungen, Genre) vor allem unklare Referenz, assoziative Thema-Abweichungen und (abrupten) Themawechsel, was hier v. a. in Kapitel 4.2.1 besprochen werden wird. 47 Das bedeutet, dass die Texte in Kapitel 4.2 nicht nur auf die Okkurrenz prototypischer und damit (laut Koch/Oesterreicher 1990, 11‒12, 73) distanzsprachlicher Textualitätskriterien, sondern auch auf textuelle Merkmale gesprochener (Nähe-)Sprache (die sich durchaus auch mit distanzsprachlichen Strukturen decken können) sowie auf mögliche (evtl. konzeptionsunabhängige) individuelle Kohäsionsmittel und Kohärenzherstellungsverfahren hin überprüft werden. Dabei können allerdings, wie einleitend bereits erwähnt, zwangsläufig überwiegend nur sprachliche (nach Koch/Oesterreicher 1990, 11 digitale), klar als Einheiten identifizierbare, jedoch keine analogen, d. h. ganzheitlich-kontinuierlichen Gesichtspunkte berücksichtigt werden, da die Texte als fertige, schriftlich fixierte Produkte vorliegen, die weder nichtsprachliche noch parasprachliche Kontexte aufweisen, und deren Situations- und Wissenskontexte nicht mehr (vollständig) erschließbar sind.
2.3 Methodische Vorgehensweise
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spielt sich hier wahrscheinlich lediglich eher auf anderer (z. B. semantischkognitiver) Ebene ab, und muss auch nicht unbedingt derjenigen von gesprochener Sprache entsprechen. Dies alles gilt es anhand des hier untersuchten Textkorpus genauer herauszufinden.
2.3 Methodische Vorgehensweise Nachdem einleitend kurz Gegenstand und Ziel der hier angestrebten Analyse (1) dargestellt wurden, die dafür grundlegenden Begriffe definiert (2.1) und ein Überblick über die Entwicklungsgeschichte der ihnen jeweils entsprechenden Forschungsrichtungen sowie über für das hier betrachtete Thema relevante Veröffentlichungen gegeben wurde (2.2), schließt dieses Kapitel zur methodischen Vorgehensweise (2.3) die wissenschaftliche Grundlagenarbeit (2) ab. Das darauf folgende Kapitel 3 befasst sich mit der textexternen und -internen (hier allgemein sprachlichen) Beschreibung der Korpustexte: Um eine sinnvolle Beschäftigung mit den für diese Untersuchung ausgewählten italienischen Nonstandardtexten zu ermöglichen, stellen die Kapitel 3.1 und 3.2 sie unter Angabe einzeltextrelevanter Hintergrunddaten in einen größeren, geschichtlichsoziokulturellen Zusammenhang, der sowohl ihre texttypologische Einordnung in die Tradition der Autobiographie (Theorie v. a. nach Lejeune 1994; 21998; historische Entwicklung v. a. nach D’Intino 1998 und Wagner-Egelhaaf 2000; Ego-Dokumente nach Schulze 1996; dokumentarische Autobiographie nach Schwab 1981) und der Erzählung bzw. des narrativen Texts (Erzähltheorie und Erzähltextanalyse v. a. nach Labov/Waletzky 1973; Toolan 22001; Klinkert 22002; Fludernik 2006; Krah 2006; Lahn/Meister 2008; Genette 32010; mündliches (Alltags-)Erzählen v. a. nach Quasthoff 1980 und von Stutterheim 1997; (auto-) biographisches Erzählen v. a. nach Michel 1985 und Salzmann 1988; berichtendes (autobiographisches) Erzählen nach Lehmann 1988) erlaubt, als auch einen Rahmen für ihre sprachlich-diasystematische Klassifizierung bietet. Eine allgemeine sprachinterne Betrachtung der Texte erfolgt in Kapitel 3.3 und soll zunächst durch Textbelege sicherstellen, dass es sich bei den Korpustexten auch tatsächlich um Nonstandardtexte mit der Varietät italiano popolare handelt. Dazu werden die Texte hinsichtlich Graphie, Phonetik/Phonologie, Morphosyntax und Lexikon auf (diasystematisch markierte) Kriterien des italiano popolare (Definitionen v. a. nach De Mauro 1970a; Cortelazzo 1972; Bruni 1978; Überblicksdarstellungen v. a. nach Berruto 1983a; 1986; 2014; Berretta 1988; D’Achille 1994; 2011; Malagnini 2007; Fresu 2014; 2016a) untersucht. Nachdem mit dieser sprachlich-diastratischen Klassifikation die grundlegende Voraussetzung für jegliche weitere Textbetrachtung erfüllt ist, kann Kapitel 4 sich
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2 Wissenschaftliche Grundlagen
mit dem textlinguistischen Hauptanliegen dieser Arbeit, der Textualität im italienischen Nonstandard, auseinandersetzen. Dabei geht es einerseits um die Frage nach dem Grad der Distanzsprachlichkeit (4.1), andererseits um die Art der Textkonstitution (4.2). Zunächst erfolgt in Kapitel 4.1.1 eine Diskussion der Definition(en) des italiano popolare, um die Stellung dieser Varietät im Kontinuum zwischen (konzeptionell, nicht medial) gesprochener Nähesprache und (konzeptionell, nicht medial) geschriebener Distanzsprache theoretisch einzugrenzen. Dieses Ergebnis wird in Kapitel 4.1.2 empirisch überprüft, und zwar anhand eines Vergleichs der Korpustexte mit (universalen, diasystematisch unmarkierten, hier zunächst nicht unter dem Aspekt der Kohärenz/Kohäsion betrachteten bzw. für Kohärenz/ Kohäsion irrelevanten) Merkmalen gesprochener und geschriebener Sprache (Theorie v. a. nach dem Modell von Koch/Oesterreicher 1990; 2001; 22011 bzw. Koch 1985; 1999; daneben auch nach den Ansätzen von Nencioni 1976; Sornicola 1981; Berruto 1985; Cresti 2000; Ferrari/Zampese 2000; Bazzanella 22001; Ferrari 2005b; Ferrari/De Cesare 2010 sowie Überblicksdarstellungen v. a. nach Holtus/ Radtke 1985; Berretta 1994; D’Achille 22006; Parallelen im gesprochenen Französisch nach Rouayrenc 2010b; Parallelen im gesprochenen Deutsch nach Schwitalla 32006); die (Teil-)Ergebnisse werden in Kapitel 4.1.3 zusammengefasst. Die Bestimmung des Grades der Schriftkompetenz der Schreiber bzw. der Distanzsprachlichkeit der Texte ist notwendige Voraussetzung für die weitere Analyse der Textualität, da die Art der Textverknüpfung unter anderem durch die (schriftliche oder mündliche) Konzeption eines Textes beeinflusst wird. Sollte sich herausstellen, dass das italiano popolare der Texte sich nicht (uneingeschränkt) an gesprochener Nähesprache orientiert, erfordert das eine weitergehende Untersuchung ihrer Textualität. Vor dem Hintergrund der bisher gewonnenen Erkenntnisse geschieht dies in Kapitel 4.2, das die Konstitution der Nonstandardtexte anhand der (aufgrund der nicht mehr gänzlich rekonstruierbaren textexternen Produktionssituation eher textintern ausgerichteten) Textualitätskriterien Kohärenz und Kohäsion betrachtet.48 48 Die Sprachmerkmale der Nonstandardtexte werden somit (unter weitgehender Vermeidung von unnötigen Überschneidungen oder Mehrfachnennungen) nacheinander aus drei verschiedenen Blickwinkeln heraus betrachtet: aus einzelsprachlich-varietätenlinguistischer Perspektive (Handelt es sich überhaupt um Nonstandardtexte bzw. Texte des italiano popolare?), aus der Perspektive der universalen Gesprochenen-Sprache-Forschung (Haben die Texte eher eine distanzsprachlich-schriftliche oder eine nähesprachlich-mündliche Konzeption?) und aus textlinguistischer Perspektive (Welche Art bzw. welchen Grad der Textverknüpfung weisen die Texte auf?, Passen diese zur Art der zugrundeliegenden Konzeption?, Welche für die Texte typischen textuellen Muster lassen sich erkennen?). Die Teilbereiche der sprachlichen Analyse werden jedoch nicht alle gleichermaßen ausgearbeitet, denn das Hauptgewicht liegt
2.3 Methodische Vorgehensweise
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Die zugrundeliegenden (vielfach integrativen, d. h. mehr als eine Forschungsrichtung in sich vereinenden) textlinguistischen Modelle bzw. Arbeiten sind vor allem: de Beaugrande/Dressler 1981; 81996 (kognitiv-pragmatisch), Ferrari 2004a; 2009a; 2011a; 2011b; 2014a sowie Ferrari/Zampese 2000 und Ferrari et al. 2008 (alle kognitiv-semantisch-pragmatisch), Heinemann/Viehweger 1991 (kommunikationsorientiert), Vater 1992; 21994; 32001; 2005 (kognitiv), Halliday/Hasan 161999 (semantisch-pragmatisch) und Heinemann/Heinemann 2002 (kognitiv-pragmatisch/kommunikationsorientiert); daneben auch Conte 1988b (strukturell-pragmatisch-kognitiv), Brinker(/Cölfen/Pappert) 52001; 82014 (strukturell-pragmatisch/kommunikationsorientiert), Cuenca 2010 (strukturellpragmatisch), Adam 32011 (kognitiv-pragmatisch) sowie folgende Überblicksdarstellungen: Conte 1988a; Langer 1995; Meyer-Hermann 2001; Stark 2001; Gansel/ Jürgens 2002; Andorno 2003; Adamzik 2004; Prandi 2006 (nur die Kapitel zur Kohärenz und Kohäsion); Heringer 2011; Schubert 22012; Palermo 2013. Mit semantisch-kognitiven Kohärenzbeziehungen beschäftigt sich Kapitel 4.2.1, mit grammatikalisch-strukturellen Kohäsionsbeziehungen Kapitel 4.2.2. Da Nonstandardtexte aufgrund der geringen Vertrautheit und praktischen Übung ihrer Autoren im Umgang mit der Produktion schriftlicher Texte und deren mangelnder standardsprachlicher Kompetenz nicht die Erwartungen an einen prototypischen Text erfüllen, steht dabei die Frage im Mittelpunkt, inwiefern es den Schreibern überhaupt gelingt, ihre Gedanken schriftlich zu fixieren und zu einem Text zu verknüpfen. Es wird jedoch nicht nur der Kohärenz- bzw. Kohäsionsgrad der Texte betrachtet, sondern auch darauf geachtet, ob Faktoren überwiegen, die zur Textverknüpfung beitragen, oder solche, die diesen Prozess stören, und welche dies sind. Auch möglicherweise auftretende individuelle bzw. idiosynkratische Verfahren werden erfasst. So wird die Okkurrenz bestimmter Typen textkonstituierender Mittel und deren Frequenz im Korpus herausgearbeitet und in Kapitel 4.2.3 zusammengefasst. Abschließend wird in Kapitel 5 eine Typologie überindividueller Charakteristika der analysierten Texte erstellt. Dies dient einerseits der zusammenfassenden Darstellung ihres Anteils an Kohärenz- und Kohäsionsmerkmalen der Mündlichkeit oder der Schriftlichkeit und geschieht andererseits vor allem im Hinblick auf die Klärung einer möglichen Eigenständigkeit bzw. Einzigartigkeit der Textualität von (autobiographischen italienischen) Nonstandardtexten. Kapitel 6 bringt zentrale und weiterführende Gedanken zum Thema der Untersuchung noch einmal auf den Punkt.
auf der textlinguistischen Untersuchung. Demzufolge wird dort ausführlicher auf bestimmte Textmerkmale eingegangen als in den beiden anderen Bereichen.
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2 Wissenschaftliche Grundlagen
Durch einen solch integrativen Untersuchungsansatz lässt sich die Textualität von Nonstandardtexten umfassend erforschen: Er vereint texttypologische (Textsorte bzw. Diskurstradition der Autobiographie mit narrativen Strukturen), sozio- und varietätenlinguistische (Nonstandard, italiano popolare, gesprochene Nähekonzeption vs. geschriebene Distanzkonzeption der Texte) sowie textlinguistische, darunter grammatisch-lexikalisch-strukturelle (Rekurrenz, Ellipse, Substitution durch Proformen, Determination, Kongruenz- und Valenzbeziehungen), semantische (Isotopie, Synonymie, Antonymie, Konverse, (Ko-)Hyponymie, Metapher/Metonymie), pragmatisch-funktionale (Junktion, Thema-Rhema-Abfolge) und kognitiv-informationelle (Schemata, Frames, Referenz, Thematische Progression) Aspekte. Daneben verbindet er deduktive (logische Schlussfolgerungen aus den diskutierten Forschungstheorien) und induktive (generalisierende Schlussfolgerungen aus der Vielzahl der gefundenen Phänomene in den einzelnen empirisch untersuchten Nonstandardtexten) Methoden und bezieht beim Vergleich der vorliegenden, individuellen Äußerungen der verschiedenen Autoren mit Merkmalen des Systems «gesprochene Sprache» und des (prototypischen) Systems «(kohärenter und kohäsiver) Text» sowohl die sprachsystematischnormative Ebene als auch die der performativ-individuellen Rede (nach Coseriu 1952) ein.
3 Textexterne und -interne Einordnung der untersuchten Nonstandard-Autobiographien 3.1 Geschichte und Typologie der Autobiographie Die folgenden Kapitel beschäftigen sich mit der Klassifizierung der für diese Untersuchung ausgewählten Nonstandardtexte als autobiographische Schriften. Dazu wird zunächst kurz erläutert, wie der Texttyp der Autobiographie aufkam und sich zu dem entwickelte, was heute damit verbunden wird. Danach erfolgt eine definitorische Abgrenzung der Konzepte Gattung – Textsorte – Diskurstradition einerseits und Memoiren – Autobiographie andererseits. Auf der Grundlage dieser theoretischen terminologischen Differenzierung und des daran anschließenden praktischen Vergleichs der Merkmale der Korpustexte mit den formalen und inhaltlichen Kriterien der öffentlich-literarischen und der privaten Form der Autobiographie lässt sich die Textsortenzugehörigkeit der hier verwendeten Nonstandardtexte eindeutig festlegen. Abschließend wird die Autobiographie als erzählender Text dargestellt: Nach der Bestimmung des Begriffs Erzählung wird dabei diskutiert, inwiefern die hier vorliegenden Texte (typisch autobiographische) narrative Strukturmuster aufweisen. Da das Wissen um solche textsortenspezifischen inhaltlichen, strukturellen sowie auch sprachlich-konzeptionellen Rahmenfaktoren die Herstellung kohäsiver und kohärenter Zusammenhänge während der Textrezeption unterstützt, ist es bei der Textualitätsanalyse in Kapitel 4.2 besonders zu berücksichtigen.
3.1.1 Entstehung und historische Entwicklung der europäischen Autobiographik Bereits um ca. 3000 v. Chr. wurden in Ägypten biographische Grabinschriften (häufig in Ich-Form) angefertigt, in denen die (idealisierte) Lebensgeschichte des Toten für die Nachwelt aufgezeichnet wurde (Wagner-Egelhaaf 2000, 101‒102). Im antiken Griechenland wurden autobiographische Texte (z. T. fiktiven Inhalts über tatsächlich existierende Personen der Geschichte und Gegenwart) zum Zweck der Rechtfertigung und Verteidigung eigenen Verhaltens gegenüber anderen verfasst, wobei die Darstellung ethischer Tugenden und Rhetorik eine große Rolle spielte, so z. B. von Platon (ca. 427‒347 v. Chr.) oder Isokrates (436‒338 v. Chr.) (Wagner-Egelhaaf 2000, 102‒104). Im antiken Rom erlangte der Begriff der Persona (‘Maske eines Theaterschauspielers’) Bedeutung, der die von außen bestimmte Rolle des Menschen als Träger öffentlicher Funktionen beschreibt, wozu https://doi.org/10.1515/9783110765830-003
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3 Textexterne und -interne Einordnung
Cicero (106‒43 v. Chr.) eine Rollentheorie entwickelte (Wagner-Egelhaaf 2000, 104‒106). Es dominierten vor allem Tatenberichte, in denen sich das Verhältnis des Einzelnen zum Staat widerspiegelt, so auch in den Res gestae (divi Augusti) des Kaisers Augustus (63 v. Chr.‒14 n. Chr.). Philosophische Selbstreflexion gewann jedoch zunehmend an Einfluss, z. B. in den Moralischen Briefen von Seneca (4 v. Chr.‒65 n. Chr.) oder den Selbstbetrachtungen von Marc Aurel (121‒180 n. Chr.) (Goodwin 1993, 3; Wagner-Egelhaaf 2000, 106‒107). Bei Aurelius Augustinus (354‒430 n. Chr.) rückte «die kontinuierliche Darstellung eines Lebenszusammenhangs und die Reflexion des Schreibenden auf das eigene Ich» (Wagner-Egelhaaf 2000, 107) (wie später auch bei Rousseau und Goethe) so sehr in den Vordergrund, dass dies Modellcharakter für die weitere Entwicklung der Autobiographie in Richtung eines zunehmenden Individualitätsbewusstseins der Autoren erlangte. In den Confessiones steht Augustinus’ Bekehrung zum Christentum und Auseinandersetzung mit dem Gedächtnis im Mittelpunkt (vgl. Goodwin 1993, 4; D’Intino 1998, 16‒17, 21‒24, 29; WagnerEgelhaaf 2000, 107‒113). Religiöse Themen als Inhalt der Autobiographie setzten sich auch im Frühmittelalter (ca. 500‒1000 n. Chr.) in Reflexionsautobiographien fort, wobei aber nach antikem Vorbild auch noch Handlungsautobiographien, die räumlich als Reise oder zeitlich als Lebensverlauf aufgebaut sind, geschrieben wurden (Wagner-Egelhaaf 2000, 113‒116). Der autobiographische Bericht persönlicher Glaubenserfahrungen erreichte im Spätmittelalter (ca. 1000‒1500) in der Bewegung der Mystik, die nach der Einheit von Gott und menschlicher Seele strebte, einen Höhepunkt (D’Intino 1998, 27‒28; Wagner-Egelhaaf 2000, 119‒123). Deutlich weltlicher geprägt sind dagegen autobiographische Eintragungen in Rechnungsund Handlungsbüchern städtischer Bürgerfamilien (z. B. des Nürnbergers Ulman Stromer, 1329‒1407) gegen Ende des Mittelalters, in denen familiäre Ereignisse und die wirtschaftliche Situation der Familie festgehalten wurden, wobei in solchen chronologisch aufgebauten Familienbüchern bzw. libri di famiglia zunächst noch der finanzielle Aspekt des sozialen Standes der Familie vor familiären Notizen, die sich zumeist auch nur auf die äußeren Umstände der Familienzusammensetzung bezogen, dominierte (Weiand 1993, 318‒319; Wagner-Egelhaaf 2000, 126).49
49 Die Entstehung der libri di famiglia in der städtischen Handelskultur des Mittelalters erklärt sich durch die dort vorherrschende Tradition, über alles genau Buch zu führen, sowie durch die Motivation der schreibenden Familienoberhäupter, neben einigen zeitgeschichtlichen Ereignissen vor allem Genealogie, Besitz und gesellschaftliche Stellung der Familie zur persönlichen Orientierung und für die Nachfahren festzuhalten (Weiand 1993, 318‒319; Weidenbusch 2002, 129‒130). Schulze sieht «ein[en] engen Zusammenhang» zwischen «den spät-
3.1 Geschichte und Typologie der Autobiographie
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Aus solchen Aufzeichnungen entstanden spätestens mit dem Beginn der Neuzeit in den Stadtstaaten Italiens (hier bereits ab dem Humanismus im 14. Jahrhundert) und Deutschlands (hier erst während der Renaissance im 16. Jahrhundert) die ersten autobiographischen Werke in einem eher modernen Sinn: Meist waren es Angehörige einflussreicher Handelsfamilien bzw. Familien des Großbürgertums, die im Bewusstsein um ihre eigene Individualität objektive Tatsachen der Welt, in der sie lebten, aus subjektiver Perspektive beschrieben, wobei sowohl die christliche Beichttradition und Introspektion des Mittelalters als auch das humanistisch orientierte Interesse an historischem Bildungsgut eine Rolle spielten. Petrarcas autobiographische Werke, die Dialogdichtung De secreto conflictu curarum mearum (1342/1343) und der Brief an die Nachwelt Posteritati (1367‒1371), leiteten in Italien den Übergang vom mittelalterlichen Beichtbekenntnis zur neuzeitlichen Autobiographie ein (vgl. Weiand 1993, 170‒187; Wagner-Egelhaaf 2000, 129). Die Autobiographie distanzierte sich zunehmend von religiöser Besinnung und konzentrierte sich auf die Darstellung einer individuellen Bildungsgeschichte. So stehen in den Vitae Cellinis (1500‒1571) und Cardanos (1501‒1576), die die Tradition Petrarcas im 16. Jahrhundert fortsetzten, das durch eigene Leistung Erreichte, Authentizität und (eher psychologische) Selbstanalyse im Mittelpunkt.50 Mit dem durch Verlust an politisch-wirtschaftlicher Macht und kulturellem Einfluss geprägten Niedergang der Stadtstaaten zeichnete sich ein Rückgang der autobiographischen Produktion ab, da das städtische Bürgertum durch den aufkommenden Absolutismus an Bedeutung verlor, und die Funktion der Dokumentation von Genealogie und Familienbesitz der Familienbücher von den nach dem Konzil von Trient aufkommenden Kirchenbüchern und der sich verbreitenden (Wirtschafts-)Presse übernommen wurde (vgl. Neumann 1970, 109‒113; 1996, 33‒38; Goodwin 1993, 5‒7; Weiand 1993, 170‒171, 187, 200, 319‒320, 243; D’Intino 1998, 26‒27, 29‒32; Wagner-Egelhaaf 2000, 126‒140; Weidenbusch 2002, 128‒129). Nach einer Zeit der Stagnation dominierten in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Lebensgeschichten, die sich mit dem inneren Seelenleben bemittelalterlichen Haushalts- und Kaufmannsbüchern» und der «Entstehung moderner Subjektivität und Individualität» (1996, 17), wodurch sie zu Vorläufern der später v. a. im städtischen Bürgertum aufkommenden Autobiographien wurden, zumal dort neben der Verfügbarkeit von Papier und der pragmatischen Schriftnotwendigkeit in Handel und Verwaltung auch Schreibfähigkeit, Bildung, berufliche Differenzierung und private Individualisierung zunahmen (1996, 19‒20). 50 Nach Weiand (1993, 320) vollzog sich (zumindest in Italien) der Prozess der bewussten Selbstwahrnehmung des Autors einer Autobiographie als einzigartiges Subjekt, dessen Leben einer Erinnerung durch die Nachwelt würdig ist, im Laufe von drei Jahrhunderten, vom ‘300 bis zum ‘500.
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schäftigten, was seinen Ursprung im pietistisch inspirierten Kleinbürgertum hatte.51 Bei den Autobiographien des 18. Jahrhunderts handelte es sich meist um öffentlich-literarische Werke bekannter Persönlichkeiten und Schriftsteller (z. B. 1770: Confessions von Rousseau, 1777: Life von Hume, 1777‒1817: mehrere autobiographische Bände der Lebensgeschichte von Jung-Stilling), die darin, abgesehen von Jung-Stillings eher pietistisch geprägtem Werk, nach anthropologisch-naturphilosophisch bestrebter und schließlich darwinistisch ausgerichteter Erkenntnis über die Existenz und Entwicklung sowohl der eigenen Person als auch der gesamten Menschheit suchten (vgl. Neumann 1970, 33‒36, 114‒117, 120‒127; D’Intino 1998, 32‒36; Wagner-Egelhaaf 2000, 140‒161).52 Eine Blütezeit erlebte die zur Veröffentlichung bestimmte Autobiographie in der Zeit um das Ende des 18. und den Anfang des 19. Jahrhunderts. In dieser Zeit bürgerte sich der Terminus autobiography, der in England 1797 zum ersten Mal in einem (evtl. von William Taylor geschriebenen) Rezensionsartikel des Monthly Review erschien und ab 1826 allgemein verwendet wurde, als Bezeichnung für die literarische Gattung ein (D’Intino 1998, 15, 18‒19). Im Sinne des bereits im 18. Jahrhundert entwickelten Konzepts des Autors, der nicht mehr imitiert, sondern als Original aktiv, kreativ und in nur vor sich selbst verantwortlicher Rechenschaft schreibt, entstanden im 19. Jahrhundert viele Ichzentrierte Geschichten, in denen versucht wurde, eine persönliche Bilanz der durch Bildung und Entwicklung erreichten Lebensresultate zu ziehen, wobei der Rückblick auf das eigene Leben im Bezug auf den Verlauf der Geschichte und seinen Wert darin erfolgte.53 Dies zeigt sich unter anderem in Goethes Autobiographie Dichtung und Wahrheit (erschienen 1811‒1833), worin auch das zeitgenössische Bewusstsein um die Subjektivität des Dargestellten, die sich in der individuellen Wahrnehmung und Verarbeitung objektiver Realität zu einer persönlichen Wahrheit des Schreibenden entwickelt, deutlich wird. Goethes autobiographische Darstellung seiner individuellen Identitätsfindung hat bis ins
51 Neben dem Übergang der autobiographischen Produktion von Groß- auf Kleinbürgertum lässt sich auch eine Verschiebung der Entstehungsorte von Städten zu ländlichen Gegenden beobachten (Weidenbusch 2002, 129‒130). 52 Lejeune (21998, 29‒32) zufolge kann man ohnehin erst ab 1750‒1760 vom Beginn der Geschichte der (literarischen) Autobiographie (im modernen Sinne) sprechen, als Werke wie die Mémoires (1755) von Mme de Staël erschienen, in denen sich der Einzelne erstmals wirklich und im Bewusstsein seiner Einzigartigkeit mit seinem Leben auseinandersetzte, und die auch eine Leserschaft hatten, was eine wichtige Bedingung für ihre Klassifikation als Literaturform ist. Eine der ersten solchen italienischen Autobiographien ist Alfieris 1790 begonnene Vita (Lejeune 21998, 43). 53 Auch dieser Wechsel von einer reinen Innenperspektive zu zunehmendem Realitätsbezug vollzog sich, zumindest in Deutschland, schon im 18. Jahrhundert (Vesper 1984, 13).
3.1 Geschichte und Typologie der Autobiographie
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20. Jahrhundert hinein Modellcharakter (vgl. Neumann 1970, 136‒149; D’Intino 1998, 44‒48; Wagner-Egelhaaf 2000, 161‒181). Als Literaturgattung teilt die Autobiographie die Vielfalt literarischer Formen im 20. Jahrhundert. Zu Beginn des Jahrhunderts wurde sie zum Teil von Strömungen der Moderne wie der Infragestellung der Identität des Subjekts und der Krise der Sprache erfasst, wodurch die Sprachlichkeit des menschlichen Subjekts und damit der Prozess des Schreibens in den Vordergrund traten. Daneben finden sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch autobiographische Werke, die in der Tradition des 19. Jahrhunderts stehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Autobiographien häufig zeitgeschichtliche Kriegserlebnisse aufgearbeitet und gesellschaftskritische Positionen vertreten. Dabei spielen dokumentarische Authentizität und ab den 70er Jahren subjektive Betroffenheit von den politisch-sozialen Verhältnissen sowie persönliche Gefühle eine große Rolle (vgl. Wagner-Egelhaaf 2000, 181‒201).54 Als Privatform tritt die Autobiographie generell seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, verstärkt vor allem nach der Französischen Revolution 1789, auf. Anfang des 19. Jahrhunderts breitete sich die (zunächst vor allem bürgerliche) private Autobiographie zunehmend auch unter einfachen Leuten aus sozialen Randgruppen aus. Diese Entwicklung ist von mehreren Faktoren abhängig: Die nach dem Zusammenbruch des Ancien Régime einsetzende Demokratisierung und das durch diesen Machtwechsel veränderte Selbstbewusstsein des Bürgertums führten unter anderem zu einer neuen Menschensicht. Das damit verbundene Interesse an der Beziehung zwischen Individuum und Gesellschaft wird in den zeitgenössischen bürgerlichen Autobiographien deutlich. Industrialisierung und Bevölkerungswachstum vor allem in den großen Städten hatten zur Folge, dass sich der Einzelne (auch niedriger sozialer Herkunft) seiner Individualität innerhalb der ständig differenzierteren Gesellschaft mehr und mehr bewusst wurde, und in der Autobiographie ein Mittel sah, sich selbst zu finden und sich in Abgren-
54 Nach Schwab (1981, 10‒13) nimmt in der Zeit von 1970 bis 1975 in Deutschland im Rahmen der Strömung der «Neuen Sensibilität» das Individuum eine zentrale Stellung ein, wodurch die Gattung der Autobiographie einen Aufschwung erfährt, in dem Authentizität und Subjektivität eine Rolle spielen. Auch nach 1975 hält die Welle autobiographischer Neuerscheinungen an. Zumindest in Deutschland zeichnet sich also in dieser Zeit ein Trend des Autobiographieschreibens ab. Wahrscheinlich beschränkte sich diese literarische Erscheinung nicht nur auf Deutschland, sondern wirkte sich auf ganz Europa, und somit auch auf Italien aus. Es wäre also durchaus möglich, dass neben anderen Beweggründen auch dieser (vermutlich über die Medien verbreitete und wahrgenommene) Trend zumindest einige der Urheber der hier untersuchten Nonstandardtexte dahingehend beeinflusst hat, jeweils auch eine Autobiographie zu schreiben; dies gilt für die Texte aus den Jahren 1969‒1975 (VR), 1984‒1985 (CM), 1987 (VZ) und 1988 (TB).
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zung zur Masse der anderen als autonomes Subjekt zu definieren (vgl. Vesper 1984, 13‒16; Schikorsky 1990, 16‒18; D’Intino 1998, 48‒54).55 Mit solchen, vorwiegend zu privaten Zwecken geschriebenen Autobiographien einfacher Menschen hat man es bei den hier analysierten Nonstandardtexten zu tun. Inwiefern sich diese Werke von literarischen Formen unterscheiden, skizziert das folgende Kapitel.
3.1.2 Theoretische Bestimmung der Textsorte Autobiographie Die bisher unter anderem für die texttheoretische Klassifizierung der Autobiographie benützte Bezeichnung Gattung stellt streng genommen eine rein literaturwissenschaftliche Betrachtungsweise dar.56 Jedoch hat diese Bezeichnung auch in der hier durchgeführten sprachwissenschaftlichen Analyse ihre Berechtigung, und zwar nicht nur, weil man beim literarisch-öffentlichen Typ der Autobiographie von einer Gattung im literaturwissenschaftlichen Sinn sprechen kann, sondern auch, weil zum einen der historisch-literarische Gattungsbegriff auf die (literaturwissenschaftliche) Analyse nichtpoetischer Texte angewendet werden kann, und weil zum anderen die historisch-literarische Gattung auch bei der sprachwissenschaftlichen Beschäftigung mit Texten als pragmatische Vorgabe berücksichtigt wird (Weinrich 1972, 161).57
55 Unter den sozialen Gruppen, die damals Autobiographien für den häuslichen Gebrauch schrieben, waren vor allem Handwerker stark vertreten. Dieser Wechsel von Autoren höheren sozialen Ranges zu Schreibern aus unteren Schichten hängt (zumindest in Deutschland) natürlich auch von der zunehmenden (Schul-)Bildungsverbesserung dieser Menschen ab: Vor dem 19. Jahrhundert schrieben z. B. Handwerker nur aus praktischer Notwendigkeit, während sie später im Zuge eines größeren Kontakts mit dem bürgerlichen Bildungsprogramm und der damit verbundenen Hoffnung auf sozialen Aufstieg das Schreiben zunehmend als Kulturtechnik erwarben und als solche verstanden, woraufhin sich ihre Schreibtätigkeit auch auf nicht unbedingt zweckgebundene Diskurstraditionen ausweitete (Weidenbusch 2002, 130). 56 Der Terminus Gattung bezieht sich in der Literaturwissenschaft nur auf Texte der geschriebenen Sprache, und darunter besonders auf poetische Texte (der schönen Literatur und der Dichtung) (Weinrich 1972, 161; Weidenbusch 2002, 23). 57 Sprachwissenschaftlich gesehen handelt es sich bei der Gattung um einen von historischsoziokulturellen Traditionen, die einem ständigen Wandel unterliegen bzw. veränderbar sind, bestimmten und empirisch feststellbaren Texttyp, den Kommunikationsteilnehmer selbst als Größe wahrnehmen und benennen können, wobei kommunikative Normen die Textproduktion und -rezeption zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt steuern (Weinrich 1972, 161; Weidenbusch 2002, 24‒26). Die Gattung lässt sich unter das Konzept der Diskurstradition (nach Koch 1988) subsumieren (Weidenbusch 2002, 26; vgl. dazu auch die Ausführungen in den folgenden Absätzen).
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Im Gegensatz zum eher literaturwissenschaftlichen, jedenfalls aber historisch-empirisch überprüfbaren Gattungsbegriff handelt es sich beim entsprechenden textlinguistischen Konzept der Textsorte um ein theoretisch-definitorisches Konstrukt, das von Wissenschaftlern für eine ganze Klasse von Texten aufgrund bestimmter, konstitutiver Merkmale, die diese von anderen Texttypen unterscheiden, angenommen wird.58 Bei dieser schematischen Kategorisierung von Texten wird nicht ausdrücklich auf die kognitive Repräsentation diskursdeskriptiven und -generativen Wissens im Bewusstsein der Sprecher Bezug genommen (Weidenbusch 2002, 24‒26).59 Außerdem bezieht sich der Begriff Textsorte auf das Produkt einer sprachlichen Handlung (ergon) und weniger auf schriftsprachliche Texte als der Begriff Gattung (Weidenbusch 2002, 23). Die Beschränkung auf Schriftlichkeit in Medium und Konzeption und auf den Text als Ergebnis einer sprachkommunikativen Handlung wird durch den
58 Der Begriff Textsorte wurde Krause (2000, 12) zufolge 1962 von Bense geprägt und ist seit dem Colloquium zum Thema «Differenzierungskriterien für Textsorten aus der Sicht der Linguistik und einzelner Textwissenschaften», das 1972 in Bielefeld von E. Gülich und W. Raible veranstaltet wurde, in der textlinguistischen Diskussion fest etabliert. – Vgl. zur Abgrenzung von Gattung und Textsorte auch Salzmann (1988, 14‒17). Zu Textsorten und Texttypen vgl. Heinemann/Heinemann (2002, 140‒165). 59 Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Kriterien für eine Textsorte nicht empirisch plausibel oder den Sprechern nicht bewusst sind, wie folgende Definitionen zeigen: Nicht nur existiert in Form eines prätheoretischen Konzepts ein Wissen um die Textsorte als «typologische Ordnung im kommunikationsbezogenen Alltagsbewusstsein» (Krause 2000, 23), sondern auch die wissenschaftliche Größe «als eine theoriebezogene Bezeichnung für eine Erscheinungsform von Texten, die im Rahmen einer Texttypologie beschrieben und definiert ist» (Isenberg 1978, 566) zeichnet sich durch die Merkmale «gesellschaftlich-historische Herausbildung und Tradierung» und «empirische Plausibilität» aus (Krause 2000, 14), so dass Textsorten nach Krause (2000, 30) «linguistische und kommunikationspraktische, auch didaktische Relevanz als empirisch plausible, tradierte und kognitiv gespeicherte Muster sprachlich-kommunikativer Tätigkeit» aufweisen. Die Ansicht, dass der Begriff Textsorte auf einer «linguistischen Theorie als ein Entwurf auf eine mannigfaltige Empirie» basiert, wird auch von Weinrich (1972, 161) geteilt. Heinemann/ Viehweger (1991, 170, Hervorhebung im Original) stellen wie Krause ebenfalls das Sprecherbewusstsein in den Vordergrund ihrer Definition: «T e x t s o r t e n stellen sich daher in einer Typologie als idealtypische/prototypische Phänomene dar, als Verallgemeinerungen, die auf Durchschnittserfahrungen (von Sprechern einer bestimmten Kommunikationsgemeinschaft) basieren; sie können daher als globale sprachliche Muster zur Bewältigung von spezifischen kommunikativen Aufgaben in bestimmten Situationen umschrieben werden». Diese sehr weit gefasste Sicht der Textsorte (vgl. dazu auch ausführlicher Heinemann/Viehweger 1991, 144) deckt sich allerdings eher mit dem im Folgenden beschriebenen Konzept der Diskurstradition. Das, was hier mit dem Begriff Textsorte gemeint ist, bezeichnen Heinemann/Viehweger (1991, 144) als Texttyp («eine theoriebezogene Kategorie zur wissenschaftlichen Klassifikation von Texten»).
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Begriff der Diskurstradition überwunden, der als Hyperonym sowohl ‘Gattung’ als auch ‘Textsorte’ einschließt (Weidenbusch 2002, 23‒24). Nach Koch (1988, 343) handelt es sich bei Diskurstraditionen um «eine einzelsprach-unabhängige Ausprägung sprachlicher Historizität. Sie sind an kulturelle Gruppen gebunden, die sich nach künstlerischen, religiösen, juristischen, sozialen, machtpolitischen, wirtschaftlichen u. a. Kriterien definieren und sich allenfalls zufällig mit Sprachgemeinschaften decken».
Diese historisch gewordenen (und im Verlauf der Geschichte durchaus veränderbaren) Diskurstraditionen beeinflussen als energeia, die als dynamis in Form von Diskursregeln umgesetzt wird, das sprachliche Kommunikationsverhalten von Menschen sowohl im Bereich schriftlicher Texte als auch in der mündlichen Kommunikation (Weidenbusch 2002, 22‒26). Neben sprachlichen Gesichtspunkten spielen bei der Bestimmung von Diskurstraditionen auch materiell-formale Aspekte der Textgestaltung und soziokulturelle Faktoren wie die soziale Herkunft der Textproduzenten und die äußeren Umstände der Textproduktion eine Rolle (Weidenbusch 2002, 21).60 Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden die darin betrachteten Autobiographien aufgrund der soeben angeführten terminologischen Differenzierungen im Rahmen der Diskurstradition «autobiographisches Erzählen bzw. Schreiben» weniger als (literarische) Gattung, sondern als sprachwissenschaftliche Größe Textsorte bezeichnet werden. Zu beachten ist, dass der Terminus Textsorte im Sinne eines unspezifischen Verständnisses auch für «Teilmengen von Texten, die sich durch bestimmte relevante gemeinsame Merkmale beschreiben und von anderen Texten abgrenzen lassen» (Krause 2000, 14) stehen kann. Somit kann Textsorte in zweifacher Hinsicht, weit und eng gefasst, verstanden werden. Um terminologische Mehrdeutigkeiten zu vermeiden, wird hier für die weiter gefasste Bedeutung von Textsorte der «relativ unscharfe, weil mehrfach interpretierbare Begriff» (Krause 2000, 15) Texttyp verwendet. Dieser bezieht sich auf eine «Klasse von Texten» (Weidenbusch 2002, 24) und meint «ganz allgemein Arten von geschriebenen und gesprochenen Texten […], ohne sie als Diskurstradition einzustufen» (Weidenbusch 2002, 24).61 Für die hier vorliegende Textsorte wurde die neutrale Bezeichnung Autobiographie gewählt, weil diese gegenüber dem ähnlichen Konzept Memoiren nicht
60 Vgl. zum Terminus Diskurstradition auch Schlieben-Lange (1983, 138‒148) sowie Kapitel 2.1. 61 Vgl. zu den Begriffen Textsorte, Textmuster und Texttyp auch Heinemann (2000b).
3.1 Geschichte und Typologie der Autobiographie
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konnotativ markiert ist.62 Unter einer Autobiographie (griech. autos ‘seiner/ ihrer selbst’ – bios ‘Leben/Lebenszeit’ – graphein ‘schreiben’; vgl. WagnerEgelhaaf 2000, 8) versteht man nach Aichinger (1970, 427) die «Beschreibung des Lebens eines Menschen durch diesen selbst» bzw. etwas ausführlicher nach Lejeune (1994, 14) die «rückblickende Prosaerzählung einer tatsächlichen Person über ihre eigene Existenz, wenn sie Nachdruck auf ihr persönliches Leben und insbesondere auf die Geschichte ihrer Persönlichkeit legt».63 Ganz allgemein formuliert Wagner-Egelhaaf (2000, 100) ein Autobiographieverständ-
62 Memoiren werden in dieser Arbeit übereinstimmend mit Wagner-Egelhaaf (2000, 6: der dort gegebenen Definition zufolge steht dabei «nicht die individuelle Lebensgeschichte im Mittelpunkt, sondern Gedanken, Erinnerungen, Beobachtungen meist einer Figur des öffentlichen Lebens zu ihrer Zeit, Begegnungen mit anderen Persönlichkeiten, der von ihr mitgestalteten Politik») als ‘Lebenserinnerungen einer berühmten Persönlichkeit’ gesehen, was auf die hier bearbeiteten Texte nicht zutrifft. Ähnlich trennt Neumann (1970, 10‒13, 25, 32‒38) Memoiren (Beschreibungen äußerer Lebensumstände und Ereignisse sowie des öffentlichen Handelns eines Autors, der sozialer Rollenträger und Zeitzeuge ist) von Autobiographien (private Lebensbeschreibungen, die sich vor allem auf das «persönliche und psychische Ergehen des Individuums» (1970, 10) sowie seine Identitätsfindung konzentrieren). Lejeune (21998, 10‒16) unterscheidet ebenfalls zwischen den öffentlich-außenweltzentrierten Memoiren eines Zeitzeugen und der individuell-innenweltbezogenen Autobiographie einer Privatperson. Was die entsprechende italienische Bezeichnung memoria betrifft, so scheint das dort zugrundeliegende Konzept in seinen Bedeutungen etwas anders konnotiert als das deutsche Wort: Weidenbusch (2002, 119‒122, 134) stellt fest, dass memoria in einem sehr allgemeinen Sinn für Texte steht, in denen Erinnerungen an etwas festgehalten sind, wobei nahezu Synonymität mit den Termini vita und autobiografia, die sich auf die ausführliche Schilderung des Lebens einer Person beziehen, besteht. Die Definitionen von autobiografia als ‘narrazione della propria vita / biografia di sé’ und von memoria als ‘opera autobiografica rievocante avvenimenti visti o vissuti’ im Zingarelli (121995) zeigen, dass im Italienischen bei der Klassifizierung von autobiographischen Schriften weniger der soziale Rang des Autors als vielmehr seine Erzählperspektive im Vordergrund steht. Beide Bezeichnungen können somit gleichermaßen für private autobiographische Schriften (auch einfacher Leute) verwendet werden, wie auch in den Titeln sprachwissenschaftlicher Abhandlungen deutlich wird: Scrittura popolare: un quaderno di memorie [eigene Hervorhebung] del XVII secolo (Mortara Garavelli, 1979‒1980) und Un’autobiografia [eigene Hervorhebung] popolare del primo Ottocento (Rovere, 1992). Das Archivio Diaristico Nazionale di Pieve Santo Stefano (http://archiviodiari.org) führt die Texte von Rabito, Marchi und Bordonaro allerdings als autobiografie und nicht in der ebenfalls existierenden Rubrik memorie auf. Auch die Texte von Furletti Zanolli, Fusari, Sighele und Scaia werden (unter http://900trentino.museostorico.it/Risultati-ricerca) als autobiografie geführt, diejenigen von Giacomolli und Mich als memorie autobiografiche und Rizzi Pizzinis Text als diario-memoria. Im Deutschen ist offensichtlich im Bezug auf Autoren aus niedrigeren sozialen Schichten nur Autobiographie möglich. So ist z. B. bei Schikorsky (1990, 17) die Rede von einer «Arbeiterautobiographie». 63 Ähnlich sehen dies auch Salzmann (1988, 12‒14) und Goodwin (1993, 1‒3).
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nis, dessen Grundstruktur «in der Rede einer über sich selbst und das eigene Leben sprechenden Figur gegeben ist». Innerhalb der Textsorte Autobiographie lässt sich der hier vorliegende Typ in die Unterkategorie gebrauchssprachlicher Text einordnen. Dazu zählen Textformen, «die einen normativen Charakter besitzen und sich durch eine mehr oder weniger stark schablonisierte, standardisierte inhaltliche und formelle Textstruktur und einen damit zusammenhängenden musterhaften Gebrauch sprachlicher Mittel und Konstruktionen auszeichnen» (Krause 2000, 14). Auch Gebrauchsformen entstehen in der situativ bestimmten gesellschaftlichen Sprachpraxis.64 Bei der Realisierung von Einzeltexten auf der Grundlage des Modells einer Gebrauchsform steht, im Gegensatz zu literarischen Texten, die Reproduktion im Vordergrund, wobei aber vor allem bei den weniger formelhaften und inhaltlich normierten Formen wie der Autobiographie produktive Elemente (z. B. beim freien Erzählen) durchaus auftreten können (Stempel 1972, 178‒179). Als gebrauchssprachlich lässt sich auch das auf die hier untersuchten Autobiographien besonders zutreffende, ursprünglich aus der Geschichtswissenschaft stammende Konzept der EgoDokumente zur «Geschichte des privaten Lebens» (Schulze 1996, 11) einstufen. Dabei handelt es sich in Anlehnung an Presser (1969) bzw. Dekker (1989) um «Quellen, die Auskunft über die Selbstsicht eines Menschen geben, vorwiegend und zunächst einmal also autobiographische Texte» (Schulze 1996, 14) bzw. «all jene Quellen […], in denen ein Mensch Auskunft über sich selbst gibt, unabhängig davon, ob dies freiwillig […] oder durch andere Umstände bedingt geschieht. […] Unser Interesse gilt […] den ‹normalen› Menschen unterschiedlicher sozialer Schichten, die durch besondere ‹Umstände› zu Aussagen über sich selbst veranlaßt wurden. Solche Umstände können Befragungen oder Willensäußerungen im Rahmen administrativer, jurisdiktioneller oder wirtschaftlicher Vorgänge […] sein». (Schulze 1996, 21)
Schulze (1996, 28) führt weiter aus: «Gemeinsames Kriterium aller Texte, die als Ego-Dokumente bezeichnet werden können, sollte es sein, daß Aussagen oder Aussagepartikel vorliegen, die – wenn auch in rudimentärer und verdeckter Form – über die freiwillige oder erzwungene Selbstwahrnehmung eines Menschen in seiner Familie, seiner Gemeinde, seinem Land oder seiner sozialen Schicht Auskunft geben oder sein Verhältnis zu diesen Systemen und deren Veränderungen reflektieren. Sie sollten individuell-menschliches Verhalten rechtfertigen, Ängste offenbaren,
64 Vgl. dazu auch Sandig (1972, 113), die «gebrauchssprachliche Textsorten» als «sozial genormte komplexe Handlungschemas […], die Sprechern einer Sprache zur Verfügung stehen», definiert. Steger (21998, 289) zufolge dienen sie der «Befriedigung lebenspraktischer kommunikativer Grundbedürfnisse, wie sie durch die Orientierungsaufgaben des Menschen in Raum und Zeit, durch das Streben nach sozialen Kontakten und nach der Sicherung von Nahrung, Kleidung, Wohnung, Fortpflanzung usw.» entstehen.
3.1 Geschichte und Typologie der Autobiographie
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Wissensbestände darlegen, Wertvorstellungen beleuchten, Lebenserfahrungen und -erwartungen widerspiegeln».
Abgesehen von den historiographisch-mentalitätsgeschichtlich geprägten Kriterien ist für die hier untersuchten autobiographischen Texte besonders interessant, dass Ego-Dokumente sich auch und sogar in erster Linie auf Schriften der kleinen Leute (Schulze 1996, 25 bezeichnet sie als «illiterate Schichten») wie «der einfache Handwerker oder Bauer, der vielleicht gerade seine Unterschrift leisten konnte» (Schulze 1996, 26) beziehen, die nur aufgrund «epochaler historischer oder besonders bewegender Ereignisse (wie z. B. Revolutionen, Kriege, Erdbeben, Pestepidemien)» (Schulze 1996, 19) veranlasst werden, ihr Leben (mehr oder weniger frei bzw. individuell, oft aber auch in formelhaften Wendungen und übernommenen festen Schemata, vgl. Schulze 1996, 24‒25) zu schildern, und die sich im Rahmen ihrer «schriftlichen Äußerungsmöglichkeiten» (Schulze 1996, 30) «nicht […] häufig artikulierten» (Schulze 1996, 13) bzw. «sonst kaum schriftliche Zeugnisse zu produzieren gewohnt sind» (Schulze 1996, 19). Das wissenschaftliche Interesse an Ego-Dokumenten «läßt sich durchaus in eine in den letzten Jahren erheblich aufblühende Erforschung autobiographischer Textsorten einordnen» (Schulze 1996, 15). Die hier angestrebte Untersuchung von NonstandardAutobiographien fügt sich also auch aus dieser text(sorten)theoretischen Perspektive in eine Reihe aktueller Studien ein. Die folgende Tabelle 1 stellt die typischen Merkmale einer öffentlichliterarischen Autobiographie den Charakteristika privater autobiographischer Schriften von Menschen aus unteren sozialen Schichten mit wenig Bildung,65 zu denen die Autoren der hier untersuchten Texte zählen, gegenüber, um so Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutlich zu machen, und die Eigenschaften herauszuarbeiten, die sich allein in den Autobiographien ungeübter Schreiber finden.66 Tabelleninhalte, in denen die beiden darin dargestellten Varianten der
65 Vgl. zur hier gewählten Bezeichnung autobiografia popolare auch den Titel Un’autobiografia popolare del primo Ottocento (Rovere 1992). 66 In Anlehnung an Sandigs (1972, 114‒116) Differenzierung von Gebrauchstextsorten durch Merkmalsoppositionen lassen sich diese besonderen autobiographischen Texte demzufolge unter Verwendung einer anderen Terminologie am ehesten als [+ mono], [- phon], [± gesp] klassifizieren, wobei sich [phon] auf das Medium, [gesp] auf die Konzeption (die als Nähesprache den Faktor des noch zu diskutierenden Spontaneitätsgrads mit einschließt) und [±] auf die noch näher zu untersuchende konzeptionelle Zwischen- bzw. Sonderstellung beziehen. Im Fall einer zumindest halbwegs spontanen Textproduktion läge hier statt des durch den russischen Kognitionspsychologen Wygotski als «Vor sich Hinsprechen» bzw. «Innere Sprache» bezeichneten Vorgangs aufgrund der Realisierung im graphischen Code am ehesten ein «Vor sich Hinschreiben» vor. – Dabei gilt jedoch auch zu bedenken, dass es sich bei privaten und
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3 Textexterne und -interne Einordnung
Autobiographie differieren oder die beim jeweils anderen Typ keine Entsprechung haben, sind aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit fett gedruckt.67 Tabelle 1: Gegenüberstellung der Charakteristika von öffentlich-literarischen und privaten autobiographischen Schriften. öffentlich-literarischer Typ Autor
Identität von Autor, Erzähler und Hauptfigurh, l, s, v, w gebildet, aus gehobener Mittelschicht oder Oberschichtsy
mögliche Schreibanlässe und -intentionen
private autobiografia popolare
wenig gebildet (zumindest teil-/ alphabetisiert, aber wenig schreibgeübte, d. h. Schreiben erfolgt nur in Ausnahmesituationenm)l; aus Unteroder unterer Mittelschichtsy
Verstehen von Sinn/Wert/Zweck/Bedeutung des Lebensl, v, w; Identitätsbildung in Auseinandersetzung mit realen Phänomenen wie Krise/Kampf/Widerspruchh, l, w; Therapie (writing cure) zur Überwindung von Krisen und zur Neustrukturierung der Realitätl, r, w; expressives, nicht adressatenbezogenes, bewusstmachendes/reflexives (innere Zustände), operatives/ problemlösendes, selbst-kommunikatives, konservierendes (Fixierung von Erinnerungen), tradierendes (Wissen an andere) oder kommunikatives (intentionale Beeinflussung anderer) Schreibenh, r, sy, v Schaffen eines Kunstwerks aus dem Leben eines Künstlersw
literarischen Texten nach Sabatini (1999‒2011, entnommen aus Palermo 2013, 243‒245) um testi mediamente-poco vincolanti (im Gegensatz zu öffentlichen Sachtexten, die er als molto vincolanti einstuft) handelt, die weniger strengen formal-strukturellen Regeln unterliegen und einen geringeren Explizitätsgrad aufweisen. 67 Für die Angaben in der Tabelle gilt: a = Anglani (1996, VIII‒XI); d = D’Intino (1998, 129‒130, 145‒146); e = Ernst (1995, 45‒47, 49); h = C. Hoffmann (2000, 112‒116, 119‒142, 147‒159); ko = Koch/Oesterreicher (1990, 10‒12); l = Lejeune (21998, 10‒16, 26‒28, 33‒37, 48, 50‒53, 62‒72); m = Mortara Garavelli (1979‒1980, 151‒152); n = Neumann (1970, 10, 25, 32, 60‒63, 80‒85, 89‒98, 106‒108, 166‒167); r = Rovere (1979, 80‒83; 1992, 99‒101, 103, 105, 109, 125); s = Schwab (1981, 16‒17, 22‒23, 28, 35‒37, 40‒49); sa = Sandig (1972, 114‒116); sy = Schikorsky (1990, 16‒17, 20‒21, 30‒31, 33‒36, 39‒40, 83‒89); v = Vesper (1984, 17‒24, 38‒49, 52‒54); w = Wagner-Egelhaaf (2000, 5‒6, 19, 22, 28, 31, 36, 39, 46‒49, 52, 56‒57, 59).
3.1 Geschichte und Typologie der Autobiographie
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Tabelle 1 (fortgesetzt) öffentlich-literarischer Typ Inhalt
Behandlung einer individuellen Lebensgeschichtel, n, s, v, w; konstruierte Wahrheita,w; Verlauf und Bedingungen der Entwicklung des autobiographischen Ich bis zum Zeitpunkt des Schreibensh, n, r, s, w; Mischung aus subjektiver Selbstreflexion bzw. Realitätswahrnehmung und objektivem realhistorischem Faktenberichth, n, r, s Fiktiona, h; Übermaß an Reflexion und bewusst registrierter Selbstentfremdung einer komplizierten Persönlichkeits
Erzählperspektive
Sachlichkeit, Tatkraft, Lebenswille einer wenig differenziert dargestellten Persönlichkeit (d. h. eher oberflächliche Selbstdarstellung und Beschreibung des Lebenslaufs als Selbstreflexion), oft dokumentarischs; Dominanz des Inhalts über die sprachliche Forme
retrospektiv aus zeitlicher Distanzd, h, l, d, v, w Erzählung aus Perspektive der . (bei Identifikation des Autors mit der Figur) oder . Person (zur Distanzierung des Autors v. a. von Zuständen des Ich in der Vergangenheit)d, n, v
Struktur/Aufbau
private autobiografia popolare
Erzählung aus Perspektive der . (weniger der .) Person ⇒ Identifikation des Autors mit der Figur, auch bei relativer Distanzierung von Zuständen des Ich in der Vergangenheitd, n, v; häufiger Perspektivenwechsel (bzgl. Person, Tempus, direkter/ indirekter Rede)s
Ordnung des Stoffes in Episodenh, l, r, v, w; Anfang: Blick auf Vorfahren/Geburt/Kindheitw; Ende: Zustand gewonnener Lebensstabilitätw; Gliederung eher nach subjektiv wichtigen Stationen der psychisch-individuellen Reifung und Entwicklung als nach öffentlich-historischen Ereignissenh, n chronologische oder thematische Ordnung des Stoffes in einzelne, gegenseitig aufeinander bezogene Episodenh, l, r, v, w
häufig eher chronologische als thematische Ordnung des Stoffes in einzelne, gegenseitig nicht unbedingt aufeinander bezogene Episodenh, l, r, s, v, w; oft rascher Episodenwechsels; unvollendeter, offener Schluss durch vorzeitigen Abbruch möglich
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3 Textexterne und -interne Einordnung
Tabelle 1 (fortgesetzt) öffentlich-literarischer Typ Stil
private autobiografia popolare
narrativl, h, v (vgl. dazu auch das nachfolgende Kapitel) formellsy; Verwendung von Techniken der Romangestaltungw; rhetorisch-ästhetische Literarizitäta, h, l, n, v
Mischung aus informellensy (Beeinflussung durch Modelle trivialer Konsumliteratur, mündliche Erzähltraditionen) und formellen (Einfluss religiöser Texte und Verwaltungssprache)m, r Anteilen; gewisse Sprachlosigkeit (mangelnde Ausdrucksfähigkeit, monotone Wiederholungen, Floskeln, Clichés)l, s
Textsortenkompetenz
volle Kompetenz bzw. bewusste Abweichung vom Modell der (literarisch-autobiographischen) Diskurstradition
Sprache
Prosal, w; graphischer Codesa weitgehend homogene Verwendung der Standardvarietätsy
mangelnde oder bruchstückhafte Kompetenz bzw. unbewusste und unbeabsichtigte Abweichung vom Modell der (literarisch-autobiographischen) Diskurstradition (aufgrund unzureichender sprachlich-formaler Performanzleistung oder Unwissen) oder Befolgung einer eigenen Diskurstradition privater Schriftlichkeit «kleiner Leute»sy
heterogene Varietätenmischung bei Überwiegen von Non- bzw. Substandard und mangelnder Normkenntnis bzw. Standardkompetenz (trotz Bewusstseins über die Existenz eines Sprachstandards und dessen Gebrauch in Situationen schriftlichen Ausdrucks)e, m, r, s, sy
68 Im Sinne «einer charakteristischen, zweckbestimmten Auswahl aus bestehenden sprachlichen Möglichkeiten» (Langer 1995, 12), die als «Optionen zur Produktion eines Textes oder einer Menge von Texten» zur Verfügung stehen (de Beaugrande/Dressler 1981, 17); vgl. dazu auch Bußmann (21990, 737).
3.1 Geschichte und Typologie der Autobiographie
49
Tabelle 1 (fortgesetzt) öffentlich-literarischer Typ
private autobiografia popolare
Versprachlichungsstrategien
hoher Planungsgrad, Elaboration ⇒ geschriebene Sprache / Distanzspracheko, sa
Art der sprachlichen Handlung
Bekennen, Erzählen, Berichten und Mischformena,v, w (vgl. dazu auch das nachfolgende Kapitel)
Kommunikationsart
eher dialogischsa (explizite oder implizite Bezugnahme auf den Kommunikationspartner/ Leser)
eher monologisch (nur für sich selbst bzw. für kleinen, privaten Adressatenkreis geschrieben) als dialogischsa
Rezeptionsart
öffentlich (unbekannter Adressatenkreis ⇒ nahezu uneingeschränkte kommunikative Reichweite)l, sy, v; als allgemeingültiger Einzelfallr, s, w
privatsy bis halböffentlich (nur durch den Autor oder durch seine Familienangehörigen bzw. Nachfahrene ⇒ eingeschränkter und bekannter/vertrauter Adressatenkreis ⇒ gemeinsames (Vor-) Wissen ⇒ Tendenz zur Begrenztheit der kommunikativen Reichweitesy); als individueller Einzelfallr, s, w
vermutlich nahezu ebenso hoher Planungsgrad bei relativ geringer Spontaneität (da zwar privater, aber ungewohnter schriftlicher Text), jedoch Scheitern bei der Umsetzung und (falls überhaupt vorhanden) Elaboration ⇒ bemühte Schriftlichkeit mit Elementen gesprochener bzw. Nähesprache (da einzig vertraute Varietät aus alltäglichem Sprachhandeln)ko, sa
69 Terminus nach Schlieben-Lange (1997, 52). 70 Manche Autoren rechnen insgeheim wohl doch mit der Möglichkeit einer Veröffentlichung, wie ihre metasprachlichen Kommentare zur mangelnden Rechtschreibung bzw. Sprachkompetenz zeigen. Einige sprechen ihre Leser sogar direkt an (vgl. dazu auch Anm. 211); diese Anredeformel haben sie sicherlich aus ihnen bekannten autobiographischen Vorbildern übernommen, weil sie ihnen für die Textsorte angemessen schien.
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3 Textexterne und -interne Einordnung
Da die hier untersuchten Autobiographien die Charakteristika der in der rechten Spalte der Tabelle aufgeführten Form der privaten Autobiographie wenig gebildeter Autoren aufweisen, gilt es, diese Faktoren bei der Analyse des Korpus zu berücksichtigen. Insbesondere, was die Häufigkeit eher chronologisch aufgebauter, überwiegend dokumentarischer Tatenberichte anbelangt, so scheinen diese Autobiographien den Textsorten Chronik und Memoiren relativ nahe zu stehen.71 Gemeinsam ist ihnen darüber hinaus offenbar eine gewisse Sprunghaftigkeit in abrupten Perspektiven- und raschen Episodenwechseln, was auf ein eher assoziatives als völlig logisch vernetztes Schreiben schließen lässt.72 Der Eindruck der Uneinheitlichkeit bzw. Heterogenität setzt sich in den Bereichen Sprache und Stil fort, die eine Mischung unterschiedlicher Varietäten (v. a. aus dem Nonstandardbereich) und Sprachmodelle (z. B. aus Trivialliteratur und Verwaltungssprache) aufweisen. Hierin wird gleichzeitig erkennbar, dass diese Autobiographien sich durch einen hohen Grad an Imitation auszeichnen, wodurch sich auch die Erwähnung von häufiger, monotoner Wiederholung bestimmter Elemente wie Clichés und Floskeln in der Forschungsliteratur erklärt. Solch stark imitierende, wenig kreative Autobiographien entsprechen in besonders starkem Maß dem, was Lejeune (1989, 53, 66) als autobiocopie bezeichnet.73 71 Vgl. dazu auch Lejeune (21998, 48). Schwab (1981, 40‒53) bezieht sich mit der (nicht mit den bereits erwähnten Ego-Dokumenten deckungsgleichen) Bezeichnung dokumentarische Autobiographie auf eine Sonderform, bei der ein (ursprünglich mündlich realisierter) autobiographischer Text zuerst mit Tonband aufgenommen und später schriftlich veröffentlicht wurde. Neben dem (zunächst) phonischen Kanal zeichnet sich das dafür gewählte Beispiel jedoch vor allem durch die Tatsache aus, dass es von einer Urheberin aus einer nichtprivilegierten Schicht stammt, die Schwierigkeiten im Umgang mit Sprache hat, was es für die hier angestrebte Untersuchung relevant macht. Gerade durch seinen dokumentarischen Charakter überschneidet sich dieser Autobiographietyp ihrer Meinung nach stark mit der benachbarten Gattung der Memoiren (Schwab 1981, 73‒78). C. Hoffmann (2000, 159) zufolge gibt «das Aufbrechen der linearen Zeitstruktur im Erzählen […] die Einstellung des Erzählenden zu seiner vergangenen Geschichte» wieder. Die offensichtlich intentionale Wahl dieses Verfahrens deutet auf eine gewisse Elaboration hin, die vielen überwiegend (memoirenhaft) chronologisch-linear strukturierten autobiografie popolari fehlt; allerdings trifft dies nicht auf alle gleichermaßen zu, denn die Autobiographien von Fusari, Giacomolli, Scaia und Mich sind durch thematische Kapitel(überschriften) gegliedert (vgl. dazu ausführlicher Kapitel 4.2.1.3.3). 72 Vgl. dazu auch Kapitel 4.2.1.3.3. Neumann (1970, 92‒95) beschreibt die bewusste Entscheidung eines Autobiographen für dieses Vorgehen jedoch als Mittel zur Darstellung seiner Gefühlswelt im Rahmen einer «lyrischen» und damit (extremen) literarischen Autobiographieform. 73 Obwohl es sich dabei immer um das originelle, kreative Werk eines Individuums handelt, ist für Lejeune (1989, 53‒55, 61‒66) doch in gewissem Sinn jede Autobiographie eine autobiocopie: Zum einen verläuft das Leben vieler Menschen schon im Bezug auf biologische und soziale Entwicklung ähnlich; zum anderen führt gerade diese Vergleichbarkeit verschiedener
3.1 Geschichte und Typologie der Autobiographie
51
Dies alles zeigt, dass es sich bei der autobiografia popolare um eine sowohl strukturell als auch sprachlich von anderen Autobiographieformen abgrenzbare, eigenständige Variante handelt, die unter anderem vor allem durch die heterogene Untermischung von anderen Diskursbereichen nachgeahmten bzw. daraus übernommenen Elementen gekennzeichnet ist. Die für sie als typisch erachtete gescheiterte Schriftlichkeit macht ebenfalls deutlich, dass zwischen ihr und der literarischen Form erhebliche Unterschiede bestehen.74 Inwiefern ein Zusammenhang zwischen diesem Scheitern und der besonderen Textualität bzw. Kohäsion und Kohärenz75 solcher autobiographischen Texte besteht, wird
Lebensbeschreibungen zu Nachahmung im Rahmen von Intertextualität. Autobiographische Texte, in denen besonders viel und meist unbewusst kopiert wird, stammen vielfach von ungeübten Schreibern («parfois autodidactes, parfois lettrés mais peu assurés de leur talent», Lejeune 1989, 65), die sich mangels Vertrautheit mit literarischen Autobiographien zudem oft an verwandten Strukturmodellen (z. B. Chroniken) orientieren. Nach Schwab (1981, 39‒40, 52) ist Reproduktion, z. B. von Zitaten gesprochener Sprache, sowohl ein Phänomen des mangelnden eigenen Ausdrucksvermögens solcher Autobiographen als auch ein wichtiges Kennzeichen des in ihren Darstellungen häufig zu findenden Dokumentarismus. 74 Paradoxerweise sind es gerade die Heterogenität und das (sprachlich-konzeptionelle) Misslingen, die diesem Texttyp Eigenständigkeit verleihen, da beides seinen Ursprung in einem für diese Autobiographien grundlegenden Widerspruch hat: Sie sind zwar privater Natur und stammen von Menschen, die überwiegend mündlich kommunizieren, was eigentlich zu einer Ausrichtung der Texte am nähesprachlichen Pol führen müsste. Da die Autoren aber angesichts des schriftlichen Mediums und der dafür erforderlichen, ihnen nur wenig bekannten Schriftsprache gehemmt sind, und zudem auch einen gewissen literarischen Anspruch verfolgen (d. h. literarische Autobiographien als Vorbild haben), orientieren sie sich am distanzbzw. literatursprachlichen Pol. Auch wenn sie dessen Niveau aufgrund ihres ungenügenden Wissens nicht (immer völlig) erreichen, erkennt Fresu (2014, 205) in ihren Texten trotzdem eine gewisse Literarizität: «Ancora alla sfera semiprivata pertiene un altro gruppo di testi […] che potrebbe andare sotto l’etichetta di ‹storia della propria vita›: diari, memorie, autobiografie, stilati spesso in contesti difficili, sotto la spinta di accadimenti sconvolgenti. Si tratta di documenti redatti di solito per conservare il ricordo di sé e della propria famiglia, per lo più privi di intenti pubblici, perciò dominati da una sostanziale spontaneità di forma e di contenuti, ma che condividono con il genere cronistico la consapevolezza della permanenza nel tempo. In tali testi non è raro ravvisare un impiego dello strumento linguistico intenzionalmente espressivo che induce a mettere in discussione l’assenza di dimensione letteraria più volte attributa a simili scritture. Basterà qui ricordare i casi emblematici dei due semianalfabeti siciliani, Vincenzo Rabito […] e Tommaso Bordonaro». 75 Lejeune (21998, 15) äußert sich folgendermaßen zur Kohärenz von Autobiographien: «L’autobiographie ne peut donc pas être simplement un agréable récit de souvenirs contés avec talent : elle doit avant tout essayer de manifester l’unité profonde d’une vie, elle doit manifester un sens, en obéissant aux exigences souvent contraires de la fidélité et de la cohérence. Raconter toute sa vie est impossible. L’autobiographie repose sur des séries de choix […] Sont retenus et organisés tous les éléments qui ont un rapport avec ce que l’auteur pense être la ligne di-
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3 Textexterne und -interne Einordnung
Kapitel 4.2 dieser Arbeit näher untersuchen. Zuvor wird sich das anschließende Kapitel jedoch genauer mit den hier teilweise schon angesprochenen narrativen Strukturen der Diskursform Autobiographie auseinandersetzen.
3.1.3 Die Autobiographie als erzählender Text Da die Diskurstradition der Autobiographie ganz bestimmte, für sie typische narrative Strukturen aufweist, und diese – im Sinne von de Beaugrande/Dresslers (1981, 188‒215; 81996, 182‒208) Textualitätskriterium der Intertextualität – entscheidenden Einfluss auf die Kohärenz autobiographischer Texte haben (vgl. dazu auch Stark 2001, 645), sollen sie hier zumindest theoretisch kurz dargestellt werden.76 Bei der (in Kapitel 4 durchgeführten) Textualitätsanalyse müssen sie immer mit beachtet werden, da sie als strukturelles Hintergrundgerüst trotz vieler möglicher rein sprachlicher Inkohärenzen ein völliges Zusammenbrechen der Gesamtkohärenz der hier untersuchten Texte verhindern: Selbst wenn die Schreiber nur eine vage Erzählkompetenz haben sollten und ihre Texte nicht immer alle strukturellen Kriterien einer Erzählung aufweisen, so schaffen doch das allen gemeinsame und zentrale Thema einer persönlichen Lebensgeschichte und das (Welt-)Wissen des Lesers über deren typischen Verlauf eine gewisse Grundkohärenz. Als «rückblickende Prosaerzählung einer tatsächlichen Person über ihre eigene Existenz» (Lejeune 1994, 14) bzw. «retrospektive narrative Darstellung des eigenen Lebens» (Salzmann 1988, 12) ist die Autobiographie eine
rectrice de sa vie». Somit wird in Autobiographien notfalls auch auf Kohärenz verzichtet, wenn dies dazu dient einen (Lebens-)Sinn darzustellen; falls Inkohärenzen dort nicht durch (ungeplante) Abschweifungen, sondern absichtlich durch bewusste Entscheidungen des jeweiligen Autors herbeigeführt worden sind, gilt dies im Prinzip auch für die autobiografia popolare. 76 Da die hier durchgeführte Untersuchung sprachwissenschaftliche Ziele verfolgt, wird dieser literaturwissenschaftlich sehr ausführlich beschreibbare Bereich über allgemeine Grundlagen hinaus nur hinsichtlich seiner Relevanz für die Textualität der Autobiographien betrachtet. Dabei geht es ausschließlich um Rahmenstrukturen, die hier vorgestellt werden, da sie immer mit an der Kohärenzherstellung von narrativen Texten beteiligt und somit bei der textlinguistischen Analyse von Autobiographien immer mit zu bedenken sind. Narrative (Stil-)Mittel wie semantisch-lexikalische (z. B. bildhafter Ausdruck, bestimmte Wortschatzregister), syntaktische (z. B. Präsentativstrukturen, Segmentierungen) oder makrostrukturell-textuelle Verfahren (z. B. Erzähltempora, Redewiedergabe) werden im Detail nicht hier, sondern gegebenenfalls in Kapitel 4 dieser Arbeit behandelt.
3.1 Geschichte und Typologie der Autobiographie
53
narrative Sonderform.77 Daher soll hier zunächst der Begriff des narrativen Textes bzw. der Erzählung bestimmt werden. Eine relativ umfassende Definition findet sich bei Fludernik (2006, 15): «Eine Erzählung (engl. narrative, frz. récit) ist eine Darstellung in einem sprachlichen und/ oder visuellem Medium, in deren Zentrum eine oder mehrere Erzählfiguren anthropomorpher Prägung stehen, die in zeitlicher und räumlicher Hinsicht existenziell verankert sind und (zumeist) zielgerichtete Handlungen ausführen (Handlungs- oder Plotstruktur). Wenn es sich um eine Erzählung im herkömmlichen Sinn handelt, fungiert ein Erzähler als Vermittler im verbalen Medium der Darstellung. Der Erzähltext gestaltet die erzählte Welt auf der Darstellungs- bzw. (Text-)Ebene kreativ und individualistisch um, was insbesondere durch die (Um-)Ordnung der zeitlichen Abfolge in der Präsentation und durch die Auswahl der Fokalisierung (Perspektive) geschieht. Texte, die von Lesern als Erzählungen gelesen […] werden, sind automatisch narrative Texte; sie dokumentieren dadurch ihre Narrativität (engl. narrativity, frz. narrativité)».78
Nach Genette (32010) lassen sich zunächst drei Ebenen der Erzählung (récit) unterscheiden: Der Erzählakt eines Erzählers (narration), die (meist schriftliche) Äußerung eines erzählenden Textes als Signifikant (discours; nach Todorov 1966; das «Wie» der Erzählung) und die Geschichte (histoire; nach Todorov 1966; das «Was» der Erzählung), die vom Erzähler in seiner Erzählung als Signifikat mit semantischem Inhalt erzählt wird. Erzählakt und Äußerung werden auch als (vermittelnder) Erzählerbericht unter dem Terminus discours zusammengefasst und der erzählten Geschichte (histoire) gegenübergestellt (vgl. dazu auch Toolan 22001, 10‒16; Klinkert 22002, 111‒112; Fludernik 2006, 10‒11, 32, 113; Krah 2006, 285‒292; Lahn/Meister 2008, 14‒15, 31‒32). Die im Fall der Autobiographie aus autodiegetischer Ich-Perspektive erzählte Geschichte/histoire basiert auf Veränderung durch intentionale Handlung und/ oder nicht-intentionales Geschehen (minimale Erzählstruktur: Ausgangssituation – Veränderung/Transformation – Endsituation).79 Handlung entsteht durch 77 Vgl. zur Einstufung von Autobiographie und Tagebuch als narrative Texttypen z. B. auch Mortara Garavelli (1988, 162) oder D’Achille (1994, 55). 78 Ähnlich definieren Mortara Garavelli (1988, 161‒162), Ferrari/Zampese (2000, 409), Toolan (22001, 8), Roggia (2011, 1478‒1479), Schubert (22012, 98) und Ferrari (2014a, 259). 79 Mit der Handlung einer Geschichte (plot) befasste sich als Erster Aristoteles in seiner Ars poetica (ca. 335 v. Chr.) (Lahn/Meister 2008, 21). Aus generativistischer Sicht erstellt Prince (1973, 31) eine Regel für die Zusammensetzung von Ereignissen zur Minimalform einer Erzählung: «A minimal story consists of three conjoined events. The first and the third events are stative, the second is active. Furthermore, the third event is the inverse of the first. Finally, the three events are conjoined by three conjunctive features in such a way that (a) the first event precedes the second in time and the second precedes the third, and (b) the second event causes the third». – Vgl. dazu auch Labovs (1980, 294; zit. in Dittmar 1985, 184) Definition: «Im Sinne dieser Konzeption von einer Erzählung können wir eine Minimal-Erzählung als Abfolge
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3 Textexterne und -interne Einordnung
Figuren bzw. Handlungsträger (Greimas 1966 unterscheidet in seinem semantischen Ansatz sechs abstrakte Handlungsrollen/Aktanten: Subjekt, Objekt, Sender, Empfänger, Adjuvant, Opponent),80 lässt sich strukturell in stereotype Handlungselemente (nach Propp 1928: Funktionen, wie etwa Verbot, Verletzung des Verbots, Schädigung, Vermittlung, Kampf, Sieg, Strafe) zerlegen, und wird durch räumliche und zeitliche Situationsveränderung hervorgerufen, wobei der (nach Lotman 1972) semantisierte, d. h. bedeutungshaltige Raum aus mindestens zwei durch eine Grenze voneinander getrennten Teilräumen bestehen muss. Wenn eine Figur des Textes über eine solche Grenze verschoben wird, nennt man dies ein narratives Ereignis.81 Die Vermittlung des semantischen Gehalts der histoire erfolgt im Rahmen des discours, der sowohl Zeitstruktur als auch Erzählmodus umfasst. Innerhalb der Zeitstruktur lässt sich chronologische von nicht-chronologischer Anordnung der Elemente sowie die singulative, iterative oder repetitive Frequenz des Erzählten unterscheiden.82 Der Erzählmodus betrifft Distanz und Perspektive der Vermittlung: Je nach Distanzgrad erfolgt sie innerhalb der Extrempole maximaler Distanz (récit d’événements, berichtendes Erzählen) und minimaler Distanz (récit de paroles, Wiedergabe der Figurenrede) in Form von narrativierter Rede, indirekter Rede, erlebter Rede, direkter Rede oder innerem Monolog.83 von zwei Teilsätzen definieren, die temporal geordnet sind». Christine Bierbach (1985, 152) fasst eine «minimale narrative Form» als eine Größe zusammen, «die die interaktive Bedingung ‹mehr als eine Äußerung› (Sacks 1971; 1972 und Ryave 1978) und die textsemantische Bedingung der sequenzierten Darstellung einer Ereignisfolge mit mindestens einer temporalen Grenze (Labov/Waletzky 1967; Labov 1972) erfüllt». 80 Innerhalb dieses Handlungsschemas sucht ein Subjekt im Auftrag eines Senders ein Objekt; «dabei kämpft es gegen einen Opponenten und kann die Hilfe eines Adjuvanten in Anspruch nehmen; Ziel ist die Übergabe des Objekts an den Empfänger» (Klinkert 22002, 121‒122). 81 Klinkert (22002, 112‒129); vgl. dazu auch Lundquist (1980, 62‒64), Adam (1994, 15‒83), Renner (2000 43‒53, 48‒49), Tisset (2000, 10‒14, 22‒25, 62‒70), Toolan (22001, 17‒22, 64‒76, 82‒86, 91‒94), Fludernik (2006, 32‒44), Krah (2006, 289‒311, 326‒327), Lahn/Meister (2008, 13‒17, 59‒100, 223‒228, 244‒245). Anders ausgedrückt ist histoire bzw. Geschichte «eine Abfolge (Sukzession) von Ereignissen [in Raum und Zeit]. Diese Ereignisse werden normalerweise von menschlichen oder menschenähnlichen Subjekten erlebt und herbeigeführt. Die Subjekte sind (intentional) Handelnde; was ihnen widerfährt und was sie gestalten, ist Handlung. Die Mitteilung der Handlung [erfolgt] durch eine Vermittlungsinstanz, […] einen Erzähler» (Klinkert 22002, 110). 82 Vgl. zur Bedeutung der temporalen Struktur für den Aufbau von Erzählungen auch Palermo (2013, 240‒241) und Dittmar (1985, 183‒185). Dittmar (1985, 184) betont, wie wichtig sie als «‹roter Faden› von Erzählungen» für die Kohärenz und damit für die Textualität ist. Somit wird sie eine nicht zu vernachlässigende Rolle in den untersuchten autobiografie popolari spielen. 83 Klinkert (22002, 129‒149 nach Genette); vgl. dazu auch Tisset (2000, 46‒47, 73‒79, 87‒95), Toolan (22001, 42‒54, 59‒63, 116‒140), Fludernik (2006, 44‒50), Krah (2006, 350‒359), Lahn/
3.1 Geschichte und Typologie der Autobiographie
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Einige Autobiographie-Typen, so auch die hier untersuchten autobiografie popolari, kennzeichnet jedoch eine teilweise wenig erzählende Darstellung. Damit ist hier nicht so sehr das Fehlen bestimmter häufig (und fälschlicherweise) als exklusiv fiktional bzw. literarisch eingestufter Erzähltechniken wie z. B. Metaphern oder erlebte Rede (vgl. dazu Fludernik 2006, 74) gemeint, sondern vielmehr die Tatsache, dass sie oft wenig bewusstseinsgefilterte, nicht (selbst-)reflexive oder gedanken- und gefühlvolle, sondern hauptsächlich faktische, wenig detailliert beschriebene Inhalte vermitteln.84 Lehmann spricht in solchen Fällen von berichtenden Autobiographien (1988, 81‒86).85 Er unterscheidet sie vom bekennenden Typus (1988, 62‒71: sehr reflexive, bewusstseinszentrierte Beschreibung vergangener und gegenwärtiger Zustände und individueller, innerer, intimer Vorgänge, Betonung pragmatisch-kommunikativer Strukturen, starke Dialogizität zwischen dem sehr präsenten realen Autor und dem angenommenen Rezipienten mit Sprechaktpaaren wie Fragen-Antworten oder Beschuldi-
Meister (2008, 16‒17, 101‒197, 247‒256), Roggia (2011, 1479‒1481). – Vgl. zum häufigen Unvermögen ungeübter Erzähler, verschiedene Perspektiven oder temporale Ebenen miteinander in Beziehung zu setzen Schwab (1981, 40‒46). Dies hat ihrer Meinung nach zur Folge, dass häufig Erzählperspektive oder Erzähltempus gewechselt werden, da solche Erzähler jeden (personalen oder temporalen) Standpunkt jeweils nicht indirekt, in Relation zum eigenen wiedergeben, sondern ihn jeweils direkt (ohne epische Distanz) einnehmen. 84 Es bestehen daher Parallelen zu einem Subtyp der (bereits in Anm. 71 erwähnten) dokumentarischen Autobiographie, in der man auf «Gegenständlichkeit» statt auf «Selbsterforschungen» (Schwab 1981, 39) trifft: Schwab (1981, 40) klassifiziert diese «Lebensgeschichten von erklärten Nicht-Literaten» am Beispiel «früher deutscher Arbeiterautobiographien» (ähnlich den autobiografie popolari) als «eigene Form der dokumentarischen Literatur». Folgen der für diese Autobiographen typischen «Einschichtigkeit», also der Fähigkeit, immer nur eine Perspektive auf einmal wahrzunehmen bzw. der Unfähigkeit zu einer strukturierten Darstellung und Hierarchisierung, sind nach Schwab (1981, 43‒49) neben dem Scheitern an komplexeren – syntaktischen (Anakoluthe) und/oder narrativen (Erzählperspektive und Tempus, vgl. Anm. 83) – Strukturen auch oft rasche Episodenwechsel mit teilweise untereinander nicht direkt zusammenhängenden Einzelepisoden (Aneinanderreihung vieler kleiner Anekdoten und Erlebnisse) sowie die Verwendung von kurzen, parataktisch-additiv verbundenen Sätzen oder Floskeln bzw. sprachlichen Clichés, so dass auch emotionale Themen wie z. B. Liebe oder Ehe nur kurz und karg beschrieben werden. 85 Michel (1985, 28‒31, 163) differenziert nachempfindend-involvierte Sprecherhaltung bei der Erzählung von abschließend-distanzierter Perspektive beim Bericht. Nach Lehmann (1988, 81‒86) zeichnen sich berichtende Autobiographien durch eine knappe, wenig detaillierte Schilderung von Sachverhalten bzw. äußeren Lebensumständen aus, die v. a. chronologisch aufgebaut ist und überwiegend paradigmatisch bzw. asyndetisch durch «pragmatische Konnexion» strukturiert ist. Sie enthalten keine metasprachliche Wertungen über die eigene Person bzw. den eigenen inneren Gefühlszustand und erläutern oder rechtfertigen das Dargestellte nicht.
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3 Textexterne und -interne Einordnung
gen-Rechtfertigen) und vom erzählenden Typus (1988, 71‒81: sehr künstlerische Bearbeitung aus distanzierter Perspektive bei deutlicher Markierung der Schreibsituation, bewusste und intensive Gestaltung der eigenen Vergangenheit, sorgfältige Komposition, Verwendung vielfältiger narrativer Verfremdungstechniken, literarischer Verfahren und chronologischer Abweichungen, Verzicht auf Betonung des Wahrheitsanspruchs des Dargestellten, Verzicht auf bloße Darstellung der eigenen Individualität, Verallgemeinerungsmöglichkeit bestimmter Aussagen im Sinne der Wiedererkennbarkeit für den Leser): «Die berichtende Autobiographie ist vornehmlich eine Handlung der Informationsübermittlung, deren Gegenstand allein der Lebenslauf eines bestimmten Individuums ist. Die Dominanz der zu übermittelnden Fakten verhindert eine starke interpretierende Bearbeitung: die Person des Autobiographen [sowie sein psychischer und physischer Zustand] und die Situation zur Zeit der Textproduktion bleiben im Hintergrund. Folglich lässt die berichtende Autobiographie eine bestimmte enge Perspektivierung nicht erkennen. Die dargestellten Sachverhalte werden weniger durch den Autobiographen als vielmehr durch auch im Text angebotene Verifikationsmöglichkeiten beglaubigt (z. B. durch Briefe, Tagebucheintragungen [mit Datumsangaben] u. a.). Von daher bedarf weder das Dargestellte noch die Art der Darstellung einer eingehenden Erläuterung oder gar Rechtfertigung. Dieser Verzicht auf Rechtfertigung oder Erläuterung dokumentiert zugleich die im Vergleich mit den bekennenden Autobiographien starke Unabhängigkeit der berichtenden Autobiographien von kommunikativen Kontexten. Die vom Autor antizipierten Informationsbedürfnisse potentieller Rezipienten werden [bei ohnehin geringer Dialogizität im Autor-Leser Verhältnis] selten explizit formuliert, sondern zeigen sich vornehmlich in der Weise der Textstrukturierung; die berichtende Autobiographie ist geprägt durch eine starke implizite Präsupponierung [erkennbar z. B. an geringer bzw. fehlender Personencharakterisierung]. Der entschiedenen Orientierung am Ziel einer möglichst objektiven, verifizierbaren [sowie typischerweise knapp zusammenfassenden] sprachlichen Darstellung vergangener Sachverhalte korrespondiert ein weitgehender Verzicht auf Inanspruchnahme künstlerischer Darstellungsverfahren (Vorausdeutung, Motivverknüpfung, Symbolisierung, u. a.)».86 (Lehmann 1988, 86) Auf textueller Ebene «ist der größte Teil der […] Text konstituierenden Aussagen weder durch kausale Konjunktion oder Partikeln noch durch finale oder temporale Adverbien oder andere Sprachmittel explizit miteinander verbunden, die eine ‹pragmatische Konnexion› zwischen ihnen entstehen [lässt]. […] Eine solche Verbindung wird auch nicht mittels metasprachlicher Aussagen, Deutungen oder Wertungen hergestellt». (Lehmann 1988, 83)
86 Eckige Klammern enthalten in dieser Arbeit (innerhalb von Zitaten) Anmerkungen, die von der Verfasserin dieser Untersuchung oder (im Fall von Belegen aus editierten Texten) von den jeweiligen Herausgebern nachträglich ergänzend oder kommentierend in einen Originaltext eingefügt wurden.
3.1 Geschichte und Typologie der Autobiographie
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Als typisches Beispiel einer berichtenden Autobiographie nennt Lehmann (1988, 81) die Avtobiografija (1923) des russischen Lyrikers Sergej Esenin. Die die daraus zitierten Textausschnitte ähneln vielfach den hier untersuchten autobiografie popolari, so z. B. «Geboren 1895, 4. Oktober. Sohn eines Bauern aus dem Rjasaner Gouvernement, Kreis Rjazan’, Dorf Konstantinovo. Die Kindheit verging inmitten von Feldern und Steppen. Wuchs auf unter Aufsicht von Großmutter und Großvater (S. 11)» (Lehmann 1988, 82) oder «(Die Jahre) 19 – 20 – 21 bereiste ich Russland: Murmansk, Solovka, Archangel’sk, Turkestan, die Kirgisischen Steppen, den Kaukasus, Persien, die Ukraine und die Krim. Im Jahre 22 flog ich mit dem Flugzeug nach Königsberg. Bereiste ganz Amerika und Nordamerika. Bin am meisten damit zufrieden, daß ich in das Sowjetische Rußland zurückgekehrt bin. Das Weitere wird man sehen (S. 13/14)» (Lehmann 1988, 82) oder «Mit 19 blieb ich in Petersburg, auf der Durchreise nach Reval, beim Onkel hängen. Schaute bei Blok vorbei, Blok brachte mich mit Gorodeckij zusammen, und Gorodeckij mit Kljuev. Meine Verse machten großen Eindruck (S. 12)». (Lehmann 1988, 83)
Solch berichtende Passagen charakterisieren große Teile der autobiografie popolari, die jedoch auch erzählende Abschnitte mit narrativen Elementen wie Metaphern, historischem Präsens oder direkter Rede aufweisen (vgl. dazu v. a. Kapitel 4.1.2). Was die narrative Struktur oder Erzählstruktur der Autobiographien anbelangt, so wird dieser Terminus manchmal sehr weit gefasst und erstreckt sich dann sowohl auf äußere (formale) als auch innere (Kommunikationssituation und Kommunikationspartner, logisch und motivational strukturierter Plot, Person als Verhältnis zwischen Erzählern und Figuren, zeitliche Gestaltung der Erzählung und Darbietungsweise bzw. Fokalisierung/Perspektive) Ebenen narrativer Texte (vgl. dazu z. B. Fludernik 2006, 32‒50), betrifft also Elemente von histoire und discours gleichermaßen. Krah (2006, 287‒288) differenziert etwas detaillierter, indem er Darstellungsweise und Dargestelltes unterscheidet. Die Darstellungsweise bezieht sich auf den discours (Selektion aus den möglichen Erzähltechniken87 wie Perspektive, Anordnung der Geschehnisse in der Mitteilung, sprachliche Gestaltung usw.) und den Erzählakt (textinterne Kommunikationssituation). Von narrativer Struktur spricht er nur in Bezug auf das Dargestellte, die histoire, also der Handlung der erzählten Geschichte, die ihrerseits eine Ereignisstruktur erfordert, die Krah als narrative Struktur bezeichnet. Sie umfasst88 folgende Aspekte:
87 Diese basieren «auf dem fundamentalen Prinzip des Erzählens, der Sukzession, also der in der Zeit präsentierten Abfolge von Zuständen, Vorgängen, Geschehnissen und modifizieren dieses hinsichtlich verschiedener Aspekte» (Krah 2006, 286). 88 Vgl. dazu auch Adam (1994, 179‒182) und Lahn/Meister (2008, 199‒256, v. a. 210‒231).
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«Was wird erzählt, wie wird erzählt und wer erzählt, wer informiert? […] Narrative Strukturen sind nicht auf Erzähltexte im engeren Sinn beschränkt, sondern in Ansätzen und spezifischen Ausprägungen in sämtlichen Texttypen zu finden; denn hier wird ja von diesen erst genannten Dimensionen zugunsten der semantischen Tiefenstruktur des Textes abstrahiert» (Krah 2006, 287‒288). Dies entspricht der auch eher semantisch bzw. thematisch ausgerichteten Sichtweise des Terminus narrative Strukturen bei Bußmann (42008, 463): «Sie bestehen aus Schilderungen von Handlungen, mit einem ungewöhnlichen, ‹erzählwürdigen› Ereignis als dominantem Thema, und sind […] hierarchisch verknüpft durch die narrativen Grundkategorien ‹Komplikation› (Aufbau der interessanten Handlung), ‹Resolution› (Auflösung der Komplikation) und ‹Evaluation› (Stellungnahme des Erzählers)».
Ähnlich sieht dies Adam. Ihm (1994, 104; ähnlich in 42001, 49‒57) zufolge umfasst eine narrative Sequenz Ausgangssituation (orientation), Komplikation (nœud) durch Auslöser 1, Handlung(en) (actions) oder Bewertung(en) (évaluation), Resolution (dénouement) durch Auslöser 2 und schließlich Endsituation.89 Beide beziehen sich auf das sehr bekannte (statische) Modell narrativer Strukturen von Labov/Waletzky (1973): Sie untergliedern die Normalform der Erzählung90 in orientation (einleitende Orientierung mit abstract und setting
89 Vgl. dazu auch Roggia (2011, 1480). Tisset (2000, 39) schlägt folgendes daraus verkürzend abgeleitetes Schema vor: «Toute diégèse comporte une situation initiale […], une situation de transformation et une situation finale […]. Pour qu’il y ait situation de transformation, il faut que quelque chose vienne perturber […] l’état initial, entraînant des actions et des réactions […] qui aboutiront à une nouvel état…». Adam geht allerdings über eine rein strukturelle Darstellung (z. B. 1994, 31‒39, 192‒193) hinaus und beschreibt semantisch-thematische Relationen zwischen kognitiven Makro- und Mikropropositionen (z. B. 1994, 170 oder 213), aus denen sich narrative Sequenzen zusammensetzen, sowie Einflussfaktoren auf den Erzählprozess und pragmatische Strategien bzw. Funktionen des Erzählens (z. B. 1994, 228‒229; auf den Seiten 263‒269 findet sich eine vieles zusammenfassende Beispielanalyse). Um die Erzählung herum nimmt er (z. B. 1994, 184‒185) wie Labov/Waletzky (1973) einen möglichen Rahmen aus entrée-préface und/oder résumé sowie chute oder morale an. Er (1994, 92‒110; 42001, 46‒59; vgl. dazu auch Pérennec 2000, 148) zählt außerdem sechs Kriterien auf, die eine Erzählung (un récit élémentaire) bzw. eine narrative Sequenz ausmachen: «succession temporelle d’actions, unité thématique (au moins un acteur-sujet), des prédicats transformés, un procès d’action (situation initiale → situation finale), la causalité-consécution narrative, une morale / évaluation finale (explicite ou implicite)». – Vgl. zur sequenziellen Organisation narrativer Prozesse auch Quasthoff (2001, 1296‒1298, 1300‒1304). 90 Vgl. dazu auch Toolan (22001, 15): «For many theorists, the expressions ‹basic story structure› and ‹event structure› seem virtually synonymous».
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von Ort, Zeit, Personen), main action/Komplikation (des Handlungsverlaufs), Evaluation (Markierung der erzählenswerten Qualität des Ereignisses), result/ resolution (Auflösung des Handlungsknotens) und (fakultativ) Coda (Herstellung der Verbindung zur Erzählzeit) (vgl. dazu auch Quasthoff 1980, 30‒39; 2001, 1293‒1294; Bierbach 1985, 161; Michel 1985, 6‒9; Norrick 2000, 29, 33; Toolan 22001, 143‒159; Roggia 2011, 1480; Schubert 22012, 101).91 Ebenfalls grundlegend ist van Dijks (1980) kognitiver Ansatz, nach dem dem Text eine Makrostruktur zugrunde liegt, die auf der Verknüpfung von Makropropositionen bzw. Makrokategorien basiert. Mittels der Makrooperationen Tilgung, Generalisierung und Konstruktion können diese Makropropositionen aus den Propositionen der expliziten Textbasis erschlossen werden, und somit der semantische Inhalt der Erzählung zusammengefasst werden (vgl. dazu auch Quasthoff 1980, 39‒44 und Schubert 22012, 101‒102). Quasthoff (1980, 25) nähert sich der Struktur (medial mündlicher) narrativer Texte ebenfalls von kognitionspsychologisch-makrostruktureller Seite, jedoch auf andere Weise: Im Rahmen der Diskussion des Produktionsprozesses von Erzählungen in Gesprächen beschäftigt sie sich mit Relations- und Informationsstrukturen des Erzählplanes: Quasthoff (1980, 88‒89) geht davon aus, dass die Bedeutung eines Textes durch relationale Strukturen beschrieben werden kann. Bei der Relationsstruktur handelt es sich um den «Teil der ‹plan›haften Organisierung der [Sprech-]Handlung, der in seiner formalen Struktur durch konventionelle Muster des Erzählens weitgehend vorgegeben ist», wobei der Textproduktionsprozess als Vermittlung eines kognitiven Plans gesehen wird, anhand dessen ein (Wissen repräsentierendes) Netzwerk durch semantische Relationen aufgebaut wird. Daneben gibt es aber auch situationelle bzw. funktionelle Relationen, die von der Einschätzung der Situation bzw. den Zielsetzungen abhängig sind. Die Annahme solcher Relationen ermöglicht eine flexiblere, prozesshafte Beschreibung von Erzählungen, wobei jedoch trotzdem von einem gewissen, wiederkehrenden Inventar konstituierender Elemente (nach Labov/ Waletzky 1973 und Rumelhart 1975) wie z. B. der Komplikation ausgegangen wird, von denen jedoch manche, wie z. B. die Orientierung, nicht realisiert werden müssen (vgl. dazu die Schemata in Quasthoff 1980, 92, 98‒99, 107‒108). Auf der Basis einer bestehenden Relationsstruktur wird im Textproduktionsprozess der inhaltliche Detailliertheitsgrad festgelegt, wobei durch zunehmende Abstraktion eine hierarchische Informationsstruktur von abnehmend langen
91 Statt Veränderung/Transformation bzw. Komplikation werden oft auch Klimax (Handlungshöhepunkt) oder Peripetie (Schicksalswende) genannt (Lahn/Meister 2008, 222).
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3 Textexterne und -interne Einordnung
und abnehmend informativen Makro-Text-Basen (von der detaillierten Textbasis bis hin zu etwa einer globalen Textüberschrift, vergleichbar mit van Dijks Konzept) entsteht (Quasthoff 1980, 46‒130, v. a. 88‒92, 98‒99, 107‒108, 111‒112; vgl. dazu auch Michel 1985, 9‒22, 32‒38). Quasthoffs (relationales) Gesprächs-Strukturmodell ist sicherlich auch auf die besonderen Produktionsprozesse der hier vorliegenden (schriftlichen) Nonstandardtexte übertragbar, da dabei diskurstypische narrative Strukturmuster wohl keineswegs immer starr verfolgt wurden, sondern manchmal Flexibilisierungen nach mündlichem Vorbild erfuhren. Auch Christiane von Stutterheim (1997) beschäftigt sich mit dem Aufbau mündlicher Texte. Ähnlich wie van Dijk folgt sie (1997, 15‒19) der Theorie der Quaestio, nach der jeder kohärente Text als Antwort auf eine einleitende Frage zu sehen ist, die einen Sachverhalt als Thema, eine Perspektive und die Linearisierung der Informationseinheiten festlegt. Ein Kapitel ihrer Studien (1997, 102‒106) behandelt die Strukturen von Erzählungen: Die Quaestio gibt dabei nicht nur das Thema der Erzählung (z. B. ein komplexer Sachverhalt) sowie den referenziellen Rahmen und die Erzählperspektive vor, sondern eröffnet auch einige Konzeptdomänen, die (normalerweise) besetzt werden müssen. Dies sind ZEIT (Zeitreferenz, Zeitintervalle, Linearisierung, temporale Struktur), PERSON/ OBJEKT (agierende Personen), MODALITÄT (in einer Erzählung i. d. R. nicht modalisierte, faktische Bezugswelt/en), RAUM (räumliche Einordnung des Gesamtgeschehens, einzelner Ereignisse) und PRÄDIKAT (v. a. Ereignis-, Prozess-, selten auch Zustandsprädikate). Die Hauptstrukturen von Erzählungen betrachtet von Stutterheim als hierarchisch aufgebaute Informationsstrukturen (deren Spezifizierung anhand verschiedener Konzeptdomänen erfolgt), weniger als chronologisch strukturierte Abfolgen.92 Die Hauptstruktur einer Erzählung eröffnet ihrerseits Bedingungen für die mögliche (referenzielle) Integration von Nebenstrukturen (vgl. dazu von Stutterheim 1997, 118).
92 Ausführlicher dazu von Stutterheim (1997, 162‒167). Gansel/Jürgens (2002, 138‒141) stellen im Hinblick auf narrative Vertextungsmuster in Anlehnung an Heinemann/Viehweger (1991, 237) die chronologisch geordnete Abfolge von Handlungen, die sich zu einem komplexen Ereignis verknüpfen, in den Vordergrund. Mehrere solche Ereignisse werden ihnen zufolge dann logisch, kausal und zeitlich zu einer Ereigniskette, dem Plot, verbunden. Der Plot wird durch einen Rahmen kommunikativ eingebettet und erfüllt einen kommunikativen Zweck. In mündlicher Alltagskommunikation kann die Schilderung eines Ereignisses durch den Produzenten auch aus der Erlebnisperspektive heraus mit einem Spannungsbogen versehen werden (vgl. dazu auch Heinemann/Heinemann 2002, 187). – Dies scheint ein Vertextungsmuster zu sein, das auf die untersuchten Autobiographien zutreffen bzw. auf sie angewendet werden könnte.
3.1 Geschichte und Typologie der Autobiographie
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Dieses Konzeptdomänenmodell stellt eine praktikable Darstellungsmöglichkeit narrativer Abschnitte in den untersuchten autobiografie popolari dar, da es nicht wie andere Modelle eine globale Spannungsbogenstruktur von Ausgangssituation über Höhe-/Wendepunkt bis zu einer Endsituation voraussetzt, die charakteristisch für literarische bzw. prototypische (spannende Erlebnis-)Erzählungen ist (vgl. dazu Michel 1985, 8), sich aber eher nicht für die Beschreibung einer Aneinanderreihung von (mehr oder weniger aufeinander bezogenen) Episoden ohne ausgeprägte «Berg-Tal-Struktur» eignen. Zudem weisen die autobiografie ja, wie bereits angesprochen, oft einen teilweise eher berichtenden Charakter auf, dem die narrative Elaboration fehlt. Allerdings finden sich in den autobiografie popolari vermutlich auch kurze Erzählsequenzen nach dem den Autoren vertrauten, da bereits im Spracherwerbsprozess angeeigneten mündlichem Episodenschema,93 das zwar nicht die komplexen Strukturen eines Romans mit weiten Spannungsbögen, vielen Schauplätzen und Handlungssträngen aufweist, aber eigene Charakteristika hat: Da mündliche Alltagserzählungen in einer Interaktion von Gesprächspartnern stattfinden, ist es besonders wichtig, das Interesse und die Aufmerksamkeit des Zuhörers wachzuhalten. Dies geschieht in der normalerweise dreiteiligen Episodenstruktur (mit Episodenauftakt, Episodenhöhepunkt mit Inzidenzschema und Episodenschluss bei kognitiver Einheit von Ortswechsel, Treffen auf ein unerwartetes Ereignis und Reaktion darauf; die Episoden werden aneinandergereiht und am Beginn und Ende besonders markiert bzw. durch Abstract und Coda verstärkt) einerseits durch eine Vorwegnahme der Evaluation bzw. der Inhaltsankündigung (abstract) durch metanarrative Floskeln (z. B. «da gab’s mal ’ne irre Sache, die muss ich Euch erzählen»), wodurch gleichzeitig Spannung erzeugt wird, andererseits wird möglicherweise der Höhepunkt der Erzählung bzw. die zentrale Äußerung des Protagonisten vorweggenommen, und dann werden erst Hintergrundinformationen (delayed orientation) nachgereicht, was die Erzählung lebendiger macht. Zu beachten ist auch, dass es in mündlichen Erzählungen meist nicht (nur) um den Inhalt der Geschichte geht, sondern ihr Erzählwert (tellability bzw. reportability, wie z. B. Komik/Unterhaltsamkeit oder Außergewöhnlichkeit, oft verbunden mit emotiver bzw. expressiver Selbstdarstellung des Erzählers) oder ihre Moral (point) im Vordergrund stehen.94 (Fludernik 2006,
93 Vgl. dazu auch Anm. 84 sowie Michel (1985, 46‒53) und Lahn/Meister (2008, 2‒4). 94 Lahn/Meister (2008, 9) sprechen von pragmatischer Funktion des Alltagserzählens; sie zählen verschiedene Wirkungsfunktionen auf: rhetorische (Beeinflussung, Information, Appell, Manipulation), kognitive (Ermöglichung von Verstehen), reflexive (Selbstvergewisserung des Äußerungssubjekts) und soziale Funktionen (Formen von Weltbild, Normen, Kultur und Geschichtsbewusstsein).
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58‒61 u. 125‒126 nach Gülich 1970 und Labov/Waletzky 1973; vgl. dazu auch Michel 1985, 19‒22, 32‒38). Betrachtet man die autobiografie popolari also als zumindest abschnittsweise erzählende Texte, so fördert das (nach de Beaugrande/Dressler 1981, 188‒215; 8 1996, 182‒208 intertextuelle) Vorwissen des Lesers um deren typische, narrative Diskursschemata, die ihrerseits von den textsortenspezifischen Gegebenheiten der Autobiographie abhängen, die Kohärenzherstellung. Im Fall der Autobiographie hat die Textsortenzugehörigkeit vielleicht sogar mehr Einfluss auf die Art der Erzählstruktur als das bei anderen, freieren narrativen Genres der Fall ist, denn mit der Autobiographie ist immer eine ganz bestimmte Art von (ich-zentrierter Lebens-)Geschichte verbunden: Salzmann (1988) zählt in ihrem kommunikationsorientierten Ansatz zur Struktur der Autobiographie einige Merkmale auf, die diesen Texttyp von anderen Erzähltexten unterscheiden. Unter anderem gilt für Autobiographien eine gewisse thematische Einschränkung bezüglich möglicher Erzählgegenstände und dargestellter Sachverhalte (ibidem, 21‒22). Laut Salzmann (1988, 30‒57, 71‒78, 87‒94) ist die Autobiographie makrostrukturell betrachtet ein subjektives, durch die Prozesse des Fingierens (Selektion, Kombination und Relationierung) geformtes, narratives Konstrukt, nämlich eine mögliche Rekonstruktion eines Lebenslaufes. Dies wird jedoch durch mikrostrukturelle Eigenschaften der Autobiographie etwas relativiert, da sich dort in der Ebene der erzählten Welt sogenannte (verifizierbare) Realitätselemente aus der Lebenswirklichkeit (z. B. Personennamen, Ortsnamen, Daten, kleine Geschehensepisoden und Sachverhalte, evtl. auch Zitate) finden. Zudem besteht zwischen dem realen Autor, dem abstrakten Autor, dem Erzähler und der dargestellten Figur (im Sinne von Lejeunes 1994 pacte autobiographique) das besondere Verhältnis der biographischen Kontinuität bzw. der personalen Identität. Die makrostrukturelle Gliederung der Autobiographie erfolgt durch explizite metanarrative Sätze, implizite Metakommunikation und durch Episodenmerkmale (Zeitbestimmungen, häufig mit Ortsangabe) (Salzmann 1988, 58‒70 nach Gülich 1976). Der autobiographische Pakt betrifft neben der Identitätsbeziehung zwischen Autor, Erzähler und Protagonist auch die Referenz des Erzählten auf Elemente der realen Welt, so
Auch laut Ehlich (1980, 18‒21) ist Erzählen ein aktives Element der Alltagskommunikation, das eigene Erzählanlässe hat; zwar werden seiner Meinung nach oft eher triviale oder banale Inhalte erzählt, d. h. solche mit – gemessen am jeweils vorhandenen relativen Umfang an Weltwissen – wenig Neuigkeitsgehalt, doch steht beim Alltagserzählen vor allem der soziale Kontakt und Erfahrungstransfer im Vordergrund. Die Struktur des Erzählten kann dabei von einfach (Aufzählen einzelner Ereignisse bzw. Erlebnisse) zu komplex (differenzierte Wiedergabe ganzer Geschichten) variieren.
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dass Salzmann (1988, 87‒94) die Autobiographie zusammenfassend als makrostrukturell fiktional und mikrostrukturell referenziell einstuft. Kronsbein (1984, 9‒18) stellt fest, dass der (literarische) Prototyp autobiographischen Erzählens sich vor allem um die Darstellung von (authentischer) Individualität(sentwicklung) und Identitätsfindung, weniger um diejenige historischer Fakten bemüht. Er (1984, 28‒29, 52) klassifiziert die Autobiographie als literarisierende Zweckform, da bei ihr literarisch-fiktionalisierende, narrative Techniken der Faktendarstellung dienen. Ähnlich wie bei Salzmann ergibt sich ihm zufolge die Besonderheit der narrativen Struktur der Autobiographie neben der spezifischen Lesererwartung an diesen Texttyp dadurch, dass ein besonderes Verhältnis (der Identität) zwischen Autor, Erzähler und erzählter Person herrscht: Aus der (subjektiv erinnerten) Retrospektive wird ein (individueller, zugleich allgemeingültiger Lebens-)Inhalt im Spannungsfeld von Fakten (mit Realitätsbezug bzw. Authentizität), Fiktion, Imagination und Abstraktion, äußerem Erleben und innerem Reagieren/Erkennen (Fühlen/Denken), Wahrheit und Bedeutsamkeit sowie (linear-progressiver) Lebenschronologie (bzw. einer in bestimmter Weise geordneten Zeitstruktur) und (logisch-kausaler) Sinnstruktur erzählt (Kronsbein 1984, 53‒103, 148‒187). Dies gilt für alle Autobiographietypen. Insofern als es sich bei den autobiografie popolari um private Formen mit nähesprachlichen Elementen handelt, ergeben sich Überschneidungen mit mündlichen biographischen Erzählungen, die nicht erfunden oder literarisch gestaltet sind, sondern reale, überwiegend selbsterlebte Inhalte nach mündlichen Kommunikationsregeln präsentieren (Michel 1985, 2‒3). Biographische Erzählungen bzw. Erzählabschnitte zeichnen sich dadurch aus, dass darin ein (einzelnes, evtl. wiederholt aufgetretenes oder aber auch typisches) vergangenes Ereignis (bzw. Erlebnis, da der Erzähler es ja meist selbst erlebt hat) in der Haltung der Betroffenheit erzählt wird, weshalb expressive und evaluative Äußerungen verwendet werden (Michel 1985, 26‒27). Der Erzähler einer Lebensgeschichte wird darüber hinaus Erlebnisse auswählen, die für ihn deshalb erzählenswert sind, weil sie einzigartig bzw. außergewöhnlich sind, sich zu (gruppenidentitätsstiftenden) Vergleichen anbieten, Beziehungen zum erzählten Kontext bestehen, oder aufgrund des besonderen (u. U. lebensbestimmenden) Zeitpunkts, an dem sie sich ereigneten, ausgesucht werden (Michel 1985, 32‒38, 163‒164). Michel (1985, 46‒53, 164) macht deutlich, dass es durchaus eine Erzählkompetenz gibt, die einerseits in der mündlichen Alltagserfahrung und -praxis erworben, andererseits aber auch durch Institutionen wie z. B. die Schule in mündlicher und schriftlicher Form nach gesellschaftlichen Literaturkonventionen der (Erlebnis-)Erzählung gezielt gelehrt wird. Das gesellschaftskonventionelle Wissen ist bei den wenig schulgebildeten Schreibern der betrachteten Nonstandard-Autobiographien gewiss nur in geringem Umfang vorhanden, was sicherlich Auswirkungen auf die Textualität
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ihrer biographischen Erzählungen hat. Michel (1985, 85‒101, 165‒166) geht besonders auf Lebenserzählungen von Arbeitern ein, die, ebenso wie die Schreiber der autobiografie popolari, Kriegserlebnisse erzählen, wobei neben rein (faktischhistorisch) informativen oder unterhaltend-belustigenden Zwecken und der Vermittlung eines bestimmten Selbstbildes bzw. persönlicher Einstellungen zu diesen Erlebnissen häufig die Funktion der Rechtfertigung im Vordergrund steht. Michel (1985, 102‒142) beschreibt auch bestimmte Sprachstereotype (Geschichten-Topoi), die sich jeweils bestimmten Geschichtstypen (z. B. Angstgeschichten, Heldengeschichten) zuordnen lassen, sowie Inszenierungen (typische Situationsdarstellungen mittels festgefügter, standardisierter Szenen bzw. typisierender sprachlicher Darstellungselemente), die der Ökonomie des Erzählaufwandes, des empirischen Belegs oder aber auch der Vermittlung einer bestimmten Atmosphäre dienen, was jedoch für die hier verfolgten grobstrukturorientierten Zwecke zu detailliert ist, und daher nicht weiter berücksichtigt wird. Zusammenfassend lässt sich annehmen, dass die hier betrachteten autobiografie popolari neben den narrativen Strukturen, die jede Erzählung kennzeichnen, auch typisch (auto-)biographische Muster, vor allem aus den Bereichen des berichtenden und des mündlichen Erzählens enthalten. Die in diesem Kapitel gewonnenen Erkenntnisse dienen jedoch lediglich dem besseren Verständnis der besonderen (ego-narrativen) Kohärenzsituation der untersuchten Autobiographien; die tatsächlichen Okkurrenzen bestimmter narrativer Strukturen werden im Rahmen dieser textlinguistisch – und nicht erzähltheoretisch – angelegten Arbeit nicht eigens analysiert.
3.2 Zur Entstehungsgeschichte der Korpustexte Nachdem die Frage der texttypologisch-formalen Zugehörigkeit der hier vorliegenden Privatschriften zu einer Diskursform, die man als autobiografia popolare bezeichnen könnte, geklärt ist, beschäftigt sich dieses Kapitel zunächst mit allgemein-zeitgeschichtlichen Ereignissen, die sowohl die davon betroffenen Autoren als auch deren Textproduktion geprägt haben. Im Anschluss daran folgen einzelwerksspezifische Informationen, die für die angestrebte Analyse der zehn ausgewählten Autobiographien relevant sind, deren Ausführlichkeitsgrad jedoch jeweils auch abhängig von ihrer in unterschiedlichem Maß gegebenen Verfügbarkeit ist.
3.2 Zur Entstehungsgeschichte der Korpustexte
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3.2.1 Soziokulturelle und bildungspolitische Einflussfaktoren Aufgrund der gemeinsamen Generations- und Milieuzugehörigkeit der autobiografi semicolti, die Ende des 19. bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts geboren wurden, und der in etwa vergleichbaren Entstehungszeiträume ihrer Texte (mehrheitlich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, oft basierend auf Notizen aus dem Ersten Weltkrieg),95 verbindet diese ein kollektiver Hintergrund, vor allem auf sozial- und bildungsgeschichtlicher Ebene, denn die Verfasser wuchsen in der Ursprungs- und Entwicklungszeit des italienischen Schulsystems auf, in der allmählich auch die unteren gesellschaftlichen Schichten breiteren und längeren Zugang zumindest zu schulischer Grundbildung erlangten. 1859 wurde dieser Prozess durch die legge Casati eingeleitet. Dadurch wurde zunächst im Piemont und der Lombardei, ab 1861 dann in ganz Italien eine Schulpflicht für alle Bevölkerungsschichten eingeführt, wodurch Adel und Klerus ihr alleiniges Bildungsprivileg verloren. Das Schulwesen wurde unter staatliche Aufsicht gestellt, was den Einfluss der Kirche auf das Erziehungswesen einschränkte. Das Ziel, die hohe Analphabetenrate (Mitte des 19. Jahrhunderts in ganz Italien ca. 75%, in Norditalien 67%, in Süditalien 87%) zu reduzieren, wurde durch dieses Gesetz jedoch nicht erreicht, da die Lehrer schlecht ausgebildet waren und nur der Besuch der ersten beiden von insgesamt vier vorgesehenen Grundschuljahren obligatorisch war, was sich hinsichtlich der Bekämpfung des Analphabetismus der überwiegend dialektophonen96 Schüler als unzurei-
95 Vgl. dazu jeweils ausführlicher die nachfolgenden Kapitel. 96 Natürlich besteht kein automatischer Zusammenhang zwischen Dialektophonie und Analphabetismus, jedoch kann Dialektophonie die Alphabetisierung erschweren: Mitte des 19. Jahrhunderts waren nur 2,5‒10% der Menschen in Italien des Italienischen meist eher passiv als aktiv mächtig; die überwiegende Mehrheit, vor allem in Sizilien, beherrschte zu 90% nur ihren jeweiligen Heimatdialekt. Noch Mitte des 20. Jahrhunderts überstieg die Zahl der (rein) Italophonen nicht 18,5%, weitere 18% konnten wohl zwischen dem Gebrauch von Italienisch oder Dialekt wechseln, die restlichen 64% waren aber nur des Dialekts mächtig (De Mauro 2004, 63; 2017, 54‒55; Sgroi 2013, 87). – Die alltäglich gesprochene Nähesprache der Mehrheit der Italiener war also lange Zeit ihr jeweiliger lokaler Dialekt. Bis mindestens zur Einheit Italiens gab es daher kein gesprochenes Italienisch, zumindest keines, das in der spontanen Alltagskommunikation verwendet wurde. Nur in bestimmten Situationen (z. B. bei Begegnungen von Menschen aus unterschiedlichen Regionen) versuchte man sich vermutlich in einer Art italiano turistico bzw. einer hybriden lingua itineraria zu verständigen. Wenn überhaupt, hatte man eher passive (Lese-)Kenntnisse des Italienischen, das (nach Latein) lediglich als geschriebene, unter wenigen Literaten bzw. Gebildeten verbreitete Distanzsprache existierte: Im Dizionario della lingua italiana von Tommaseo/Bellini (1861‒1879) findet sich zum Stichwort italiano folgender Eintrag: «La lingua italiana non è che scritta». Um in der Lage zu sein, Texte zu schreiben, mussten daher gerade wenig gebildete Menschen aus unteren Schichten zusätz-
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chend erwies. Die getroffenen Maßnahmen förderten lediglich das Phänomen des analfabetismo di ritorno, des Rückfalls ins Analphabetendasein, nachdem die kurzzeitig erworbenen schulischen Kenntnisse wieder vergessen waren, zumal über die Merkmale der zu unterrichtenden lingua patria noch keine Einigkeit herrschte, und verschiedene (normativ-präskriptive) Modelle von einem archaischen, literarisch-aulischen, aber überregionalen Standard über ein modernes, aktuell-gesprochenes, aber regional begrenztes Florentinisch bis hin zu einer in der Zukunft noch zu bildenden (Kunst-)Sprache gegeneinander konkurrierten, wobei sich letztlich ein gemäßigtes Florentinisch durchzusetzen begann.97 1863 beschloss man auf einem Kongress in Mailand, die Dialektverwendung aus den Schulen zu verbannen. 1874 wurde auf einem Kongress in Bologna unter anderem darüber diskutiert, nun vermehrt den jeweiligen lokalen Dialekt der Schüler als vergleichende Ausgangsbasis für den Grammatikunterricht zu verwenden. Ascolis Idee einer kontrastiven, den Dialekt wertschätzenden Methode des Italienischunterrichts findet sich jedoch lediglich in einer Ministerialdirektive von 1880 für die Lehrpläne von scuole normali und nautischen Schulen festgehalten, hatte also keine großen Auswirkungen auf die Unterrichtspraxis; in scuole elementari war laut einem Schulprogramm von 1888 gar kein Grammatikunterricht vorgesehen. Das Problem der unzureichenden Schulbildung und damit des Analphabetismus blieb also weiterhin bestehen98 und wurde noch durch die Tatsache
lich zum Erlernen eines Schriftalphabets auch noch den Spagat zwischen zwei relativ verschiedenen Sprachsystemen (Dialekt und aulisches Literaturitalienisch) meistern, ganz zu schweigen von der Berücksichtigung der unterschiedlichen Konzeptionen von Nähe- und Distanzsprache (vgl. dazu auch Trifone 2006a, 24‒32). 97 Da ein allgemein verwendeter Standard (bzw. eine norma sociale) damals noch nicht existierte, kann man eigentlich auch noch nicht von einem (deskriptiven) Non-Standard sprechen; dies ist nur im Bezug auf eine präskriptive (mehr oder weniger verbreitete) Standard-Norm möglich. Nach Catricalà (1995, 217‒223) registrierten die Grammatiker sehr wohl die neuen sprachlichen Entwicklungen nach der Einheit Italiens, v. a. den zunehmenden Einfluss diatopischer Varietäten auf das sich ausbreitende gesprochene Italienisch, jedoch nahmen sie (bis etwa zur Zeit nach dem Ersten Weltkrieg) die Veränderungen nur sehr zögerlich auf, verschwiegen häufig nicht-traditionelle Formen oder empfahlen deren sparsamen Gebrauch, und blieben meistens (manchmal als Gegenreaktion, oft aus Unsicherheit) beim althergebrachten, von der tatsächlichen Kommunikation abgehobenen, literaturlastigen Modell, der norma perduta. 98 Zeitgenossen wie der Wissenschaftler und Politiker (1891‒1892 sogar Unterrichtsminister) Pasquale Villari bemerkten und bedauerten die Tatsache, dass der Italienischunterricht in den Schulen solch geringe Fortschritte machte und kaum positive Auswirkungen auf die Ausdrucksfähigkeit der Schüler hatte. Für die Grundschulen wurden zwar (mit geringem praktischen Erfolg) immerhin viele Theorien des Sprachunterrichts entwickelt, der Unterricht der weiterführenden (humanistischen) Schulen befasste sich allerdings zunächst gar nicht mit dem Italienischen, sondern meist nur mit den klassischen Sprachen (Catricalà 1995, 37, 69).
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verstärkt, dass die Gemeinden, die laut Gesetz dafür zuständig waren, vor allem im Süden finanziell häufig nicht in der Lage waren, Schulen einzurichten, was vom Staat auch nicht überwacht wurde. Das bedeutet, dass Schüler, die aufgrund ihrer Herkunft aus einer ärmeren, nicht alphabetisierten, eventuell sogar noch süditalienischen Familie ohnehin schon benachteiligt waren, nahezu keine Möglichkeit hatten, diesen Zustand zu überwinden (vgl. Charnitzky 1994, 23‒24, 29‒37; Brinkmann 1995, 5‒8, 11‒12; Catricalà 1995, 21‒36, 217‒220; De Mauro 2017, 51‒53, 56‒60, 99‒109). Trotz der Einführung von Geldstrafen für den Verstoß gegen die nunmehr dreijährige Schulpflicht durch die legge Coppino (1877) schickten viele Eltern ihre Kinder weiterhin zur Arbeit, weil sie nicht auf deren Beitrag zum Lebensunterhalt der Familie verzichten konnten, wodurch sich nicht viel an den schlechten Bildungsverhältnissen der unteren sozialen Schichten änderte (Charnitzky 1994, 17; Brinkmann 1995, 8). Zwar betrug die Analphabetenrate um die Jahrhundertwende für ganz Italien nur noch 50%, für Norditalien nur noch 40%, doch war sie mit 70% in Süditalien immer noch sehr hoch (Charnitzky 1994, 17; Brinkmann 1995, 10). Erst 1904 wurde die Schulpflicht aufgrund der fortschreitenden Industrialisierung und des damit verbundenen Bedarfs an ausgebildeten Arbeitnehmern durch die legge Orlando, die auch für die Einrichtung von scuole popolari sorgte, bis zum 12. Lebensjahr verlängert (Charnitzky 1994, 23; Brinkmann 1995, 9‒10; Catricalà 1995, 129). Laut der Untersuchung Corradini bestanden 1907/1908 jedoch noch immer beträchtliche Unterschiede zwischen Nord- und Süditalien, die Schulpflicht wurde nicht überall beachtet und die Zahl der Analphabeten war immer noch groß, zumal zwar Italienisch unterrichtet wurde, aber keine wirkliche Norm, sondern lediglich eine idealisierte Vorstellung einer nicht genau definierten italianità existierte, während die Schüler weiterhin nur Dialekt oder ein regionales Italienisch mit vielen Dialektelementen beherrschten (Brinkmann 1995, 10‒12; Catricalà 1995, 127‒129). Die Lage änderte sich erst 1911 mit der legge Daneo-Credaro, in der das Pflichtschulsystem unter staatliche Verwaltung und Finanzierung gestellt wurde. Durch die zusätzliche Erhöhung der bereitgestellten Mittel konnte die Unterrichtssituation im Bereich des staatlichen Primarschulsystems entscheidend verbessert werden, was zu einer Abnahme der gesamtitalienischen Analphabetenquote von 47‒37% (1911; die Angaben gehen hier auseinander) auf 27% (1921) führte (Charnitzky 1994, 24‒28; Brinkmann 1995, 12‒13). Auf wissenschaftlicher Ebene wurde unter Grammatikern über die praktische Umsetzung des Italienischunterrichts bzw. über die dort zu vermittelnden Kenntnisse diskutiert, wobei im Rahmen einer deskriptiveren Sprachdarstellung nicht mehr nur die (florentinisch zentrierte) Literatursprache, sondern auch die diasystematische, insbesonders die situativ divergierende Beschaffen-
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heit des Italienischen berücksichtigt wurde (Catricalà 1995, 130‒140, 220‒223). Doch weder diese rein theoretische Diskussion noch das staatliche Pflichtschul-Gesetz hatten einschneidenden Einfluss auf die desolate Bildungslage in Süditalien, da die Durchsetzung der Schulgesetzgebung dort durch Faktoren wie «[Erwachsenen-]Analphabetismus […], Emigration, die Rückständigkeit von Landwirtschaft und Industrie, Armut, Epidemien und hohe Kindersterblichkeit» (Brinkmann 1995, 14) sowie klimatische Belastungen, unhygienische Verhältnisse, Mangelernährung, Erdbeben und eine schwerfällig arbeitende Bürokratie besonders beeinträchtigt wurde, so dass 1921/1922 in den südlichen Provinzen nur ein Drittel bis maximal die Hälfte der schulpflichtigen Kinder regelmäßig in die Schule gingen bzw. ca. 47% der Bevölkerung Analphabeten waren (vgl. auch Charnitzky 1994, 20‒23, 28‒29). 1923, zu Beginn der Zeit des Faschismus, wurde die Schulpflicht in Italien durch die riforma Gentile bis zum 14. Lebensjahr verlängert, zugleich aber auch eine radikalere Selektion der Schüler verfolgt, was die Zahl der Sekundarschüler deutlich verringerte (Charnitzky 1994, 73‒81, 90‒103, 110‒124, darin v. a. 79‒81 u. 120‒121; Brinkmann 1995, 14‒16). Unterrichtsminister Bottai strebte in einem Statut von 1939 eine auf der scuola elementare basierende Schule für die Volksmassen und eine (1940 gesetzlich verankerte) Vereinigung der Unterstufe der Gymnasien, der Technischen Institute und der Lehrerbildungsanstalten in einer scuola media inferiore an, wovon aber nur Kinder des Bürgertums profitierten, während die Kinder aus sozial schwächeren Verhältnissen maximal fünf Jahre allgemeinbildenden Unterricht bis zum Abschluss der scuola elementare erhielten (Charnitzky 1994, 368‒379; Brinkmann 1995, 17‒20). Dieser Zustand setzte sich bis Anfang der sechziger Jahre fort, als zwar immerhin 60% der Bürger die fünfjährige Grundschulausbildung abgeschlossen hatten, aber der Anteil von (Semi-) Analphabeten mit 20% immer noch hoch war (Brinkmann 1995, 20). 1948 wurde durch die Verfassung der italienischen Republik eine achtjährige Schulpflicht (fünf Jahre Grundschule und drei Jahre Anschluss- bzw. weiterführende Schule) festgelegt, doch es dauerte bis 1962, bis eine einheitliche dreijährige Gesamtschule in Form der scuola media eingeführt wurde, und bis 1977, bis der Abschluss der scuola media ohne Einschränkungen zum Besuch einer (wiederum fünfjährigen) scuola superiore berechtigte, deren Bestehen Voraussetzung für ein Universitätsstudium war, so dass endlich alle Schüler gleiche Chancen auf eine höhere Bildung hatten (vgl. Brinkmann 1995, 20‒22). Die für diese Untersuchung ausgewählten Autobiographen waren von den um die Jahrhundertwende und davor herrschenden schlechten Bildungsbedingungen betroffen. Da die Schreiber von klein auf meist nur ihren jeweiligen Dialekt beherrschten, war es ihnen so nahezu unmöglich, eine ausreichende und dauerhafte Kompetenz des italienischen Schriftstandards zu erwerben. Hinzu
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kommt, dass ihnen in der Schule auch nicht die praktischen Erfahrungen im Umgang mit verschiedenen Textsorten vermittelt wurden, die ihnen aufgrund ihrer Herkunft aus einfachen Verhältnissen mit geringem Kontakt zur Schriftkultur fehlten. All diese Einflussfaktoren sind bei der Analyse der Textualität solcher privater Autobiographien zu beachten. Da Fontanazza, das Werk des Sizilianers Vincenzo Rabito, zentraler Gegenstand der Untersuchung ist, soll hier kurz die damals in Sizilien herrschende Bildungslage etwas ausführlicher dargestellt werden, zumal sie in vielerlei Hinsicht exemplarisch für diejenige anderer italienischer Regionen steht. Vor allem lässt sich am Beispiel Siziliens zeigen, dass neben der schleppenden Einführung eines effektiven Schulwesens auch die späte Expansion des Italienischen (besonders im alltäglichen Sprachgebrauch) erheblich dazu beigetragen hat, dass die Alphabetisierung der Bevölkerung nur langsam in Gang kam, denn ein unzureichender Unterricht wirkt sich doppelt negativ aus, wenn die davon betroffenen Schüler nicht einfach nur ihre Muttersprache (d. h. ihren jeweiligen Dialekt) schreiben lernen sollen, sondern dies anhand einer Fremdsprache, die das Italienische für sie ja gewissermaßen war, tun müssen. Für Sizilien besteht folgender Zusammenhang zwischen dem Fortschritt der Alphabetisierung, der Erweiterung kommunikativer Kompetenz und dem Verlauf der regionalen Sprachgeschichte des Italienischen: Mit der Einrichtung des Regno delle Due Sicilie 1816, nach dem Wiener Kongress, erlangte die Insel (zusammen mit Neapel) erstmals verwaltungspolitische Autonomie, was gleichzeitig eine sprachliche Distanzierung vom vorher vorherrschenden Spanisch und eine Hinwendung zum Italienischen bedeutete, auch weil sich Sizilien im 19. Jahrhundert kulturell verstärkt an Italien orientierte und enge wirtschaftliche Verbindungen zur Halbinsel unterhielt, sowie das Aufkommen der Presse in Form von politischen und literarischen Zeitschriften entscheidenden Einfluss auf die schriftliche Verbreitung des Standarditalienischen hatte. Von einem wirklichen italiano di Sicilia, d. h. einem natürlich vor Ort und nicht über literarisch-kulturelle Kanäle erworbenen und verwendeten Italienisch kann man jedoch erst sprechen, nachdem Sizilien durch die Vereinigung mit dem Regno d’Italia 1861 Teil der nationalen italienischen Monarchie geworden war. Nach der schriftlichen Vermittlung der florentinischen Literatursprache vor dem Risorgimento erfolgte nun die Italianisierung der gesprochenen Sprache der Insel auf kommunikativem Wege (Fedele 31972, 234‒235; Lo Piparo 1987, 53; Alfieri 1992, 799, 825‒835; Brütting 1995, 744; Finley et al. 21998, 187‒198, 219‒222, 231‒232, 248‒250, 268‒299, 375‒376). Dabei spielte zunächst die Schule eine Rolle: Der Italienischunterricht orientierte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an einer chronologisch undifferenzierten Mischnorm aus manzonianisch-zeitgenössischem und puris-
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tisch-archaischem Florentinisch des ‘500. Dies führte, zusammen mit einem vernachlässigten Aussprache-Training99 und Beginn der Unterweisung direkt mit dem florentinischen Lexikon, das man über Lektüre erschloss, bei den davon betroffenen Schülern zu phonetischen Hyperkorrektismen sowie zu Diskrepanzen zwischen der Wahl eines aulisch-rhetorischen Registers, einer übertriebenen und daher unangemessenen stilistischen Expressivität und der Verwendung eines regionalen Wortschatzes (Alfieri 1992, 835‒836, 842‒843). Trotz der bereits erwähnten Schulgesetze legge Casati (1859) und legge Coppino (1877), die den Besuch der Grundschule für alle Kinder von 6 bis 9 Jahren vorschrieben, nahm der Anteil der Analphabeten (insbesondere in den unteren Schichten) in der Bevölkerung nur langsam ab (Alfieri 1992, 835; Migliorini/Baldelli 201994, 247, 283).100 Weit wirksamer für die Verbreitung des Italienischen als gesprochene Sprache erwiesen sich neben den gestiegenen Zeitungsauflagen die nach 1860 eingeführte Wehrpflicht, die große Emigrationswelle nach Süd- und Nordamerika von 1880 bis 1914 und schließlich der Erste Weltkrieg, an dem Italien von 1914 bis 1918 teilnahm. Durch diese Ereignisse kamen Menschen aus unterschiedlichen Regionen Italiens miteinander in Kontakt und mussten, um sich gegenseitig verständigen zu können, in einer allen gemeinsamen bzw. verständlichen Sprache kommunizieren, wozu sich das Standarditalienische am besten eignete. Die so erzwungene kommunikative Anpassung von Menschen, die nur den Dialekt ihres Ortes sprachen und das Florentinische nicht aktiv beherrschten bzw. überhaupt nicht oder nur aus Literatur und Zeitungen kannten, an die italienische Gemeinsprache führte in dieser Zeit zur Entstehung des diatopisch und diastratisch markierten italiano popolare.101 Auch Menschen, die das Florentinische
99 Beispielsweise wurde auf die Beachtung der unterschiedlichen Öffnungsgrade der Vokale e und o in den in Sizilien verwendeten Schulbüchern frühestens seit Beginn des Faschismus hingewiesen, was jedoch Lehrern und Schülern gleichermaßen Schwierigkeiten bereitete (Alfieri 1992, 838‒839). 100 Nach den (den weiter oben genannten Zahlen in etwa entsprechenden) Angaben von Caracé (1980, 86), Alfieri (1992, 835) und Migliorini/Baldelli (201994, 283) waren 1861 78% aller Italiener Analphabeten, 1910 waren es weniger als 50%. In Sizilien betrug der Anteil der Analphabeten 1901 71%, 1931 etwas weniger als 40% und in den 70er Jahren immer noch ca. 10%. Da Vincenzo Rabitos Schulzeit im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts anzusetzen ist, lässt sich vermuten, dass die Unterrichtsverhältnisse sich damals gegenüber der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht wesentlich verbessert hatten, seine darin erworbenen Italienisch-Kenntnisse also ähnlich rudimentär und voller sizilianischer Interferenzen waren wie soeben im Text beschrieben. 101 Den Ausführungen D’Achilles (1994, 49‒52, 57‒65, v. a. 63) zufolge muss hier präzisierend hinzugefügt werden, dass die Entstehung des italiano popolare (als niedriger Gegenpol zur prestigeträchtigen Literatursprache) bereits mit der Herausbildung eines italienischen Literaturstandards frühestens im ‘300 und spätestens im ‘500 anzusetzen ist. Mit der Einheit Italiens erfolgte lediglich eine einschneidende Veränderung des italiano popolare im Bezug auf eine
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(relativ) gut sprachen, brachten regionale Charakteristika ihrer jeweiligen Heimatvarietäten in das von ihnen verwendete Italienisch ein, was die Herausbildung rein diatopisch differenzierter italiani regionali zur Folge hatte (vgl. Varvaro 1988, 717; Alfieri 1992, 835, 839; De Mauro 2017, 70‒79, 102‒103, 110‒122). Während des Faschismus (1922‒1945) wurde der vor allem öffentliche, aber auch private, schriftliche Gebrauch des sizilianischen italiano regionale (wie das aller anderen Regionen auch) durch Kultur- und Bildungspolitik zensiert. Für diese Zwangsitalianisierung wurde durch die riforma Gentile die Verwendung des jeweiligen Dialekts in den Grundschulen zugelassen, um so einen möglichst schnellen Erwerb des Standarditalienischen ausgehend vom Heimatdialekt der Schüler zu erreichen, und es wurden für ganz Italien einheitliche Sprachlehrbücher eingesetzt, in denen ein stilistisch hohes Italienisch vermittelt wurde. Die Folge waren Texte mit einer gewollt und künstlich wirkenden toskanisierenden Patina. Die vom Regime erhoffte Verbreitung des Italienischen durch den Schulunterricht erfolgte allerdings nicht; stattdessen vergrößerte sich nur der Abstand zwischen ben parlanti (Italienischsprechern) und parlanti male (Dialektsprechern). Auch hatte die Politik der faschistischen Diktatur keinen großen Einfluss auf die gesprochene Sprache: Hier blieben die Dialekte erhalten, zumal das italiano regionale siciliano als neutrales Sprachregister zurückgedrängt wurde, ohne dass Alternativen für eine Kommunikation auf mittlerem Niveau zur Verfügung standen. Durch das Verbot nicht parteipolitisch-faschistischer Versammlungen und das Stoppen der Binnenmigration verhinderte man gleichzeitig eine italienweite Angleichung der Nationalsprache (vgl. Alfieri 1992, 839‒840, 844). Diese entwickelte sich erst im Zweiten Weltkrieg durch den Kontakt zwischen Soldaten aus verschiedenen Regionen Italiens weiter. Nachdem Sizilien 1946 autonome Region der Republik Italien geworden war, führten die wieder gewährte Versammlungsfreiheit, vor allem aber die Medien (Radio, Fernsehen), in denen eine einheitliche Aussprachenorm (z. B. durch die RAI) befolgt wurde, die neuen Kommunikationsmittel (Telefon), die gestiegene Mobilität (z. B. durch den Ausbau des Straßennetzes) und die Migration nach Norditalien zu einer schnellen Mas-
Beschleunigung seiner Entwicklung und eine massenhafte Verbreitung in sozial niedrigeren Bevölkerungsschichten, durch deren zunehmende Alphabetisierung die Produktion des italiano popolare in Texten erheblich anstieg. Seitdem ist diese Varietät auch nicht mehr im Gegensatz zur Literatursprache, sondern zum überall in Italien als Standard akzeptierten und verwendeten italiano comune zu sehen. Ebenso stellt Berruto (1983b, 68‒71; 1988, 225) fest, dass viele der von ihm untersuchten Merkmale des heutigen italiano popolare bereits im Altitalienischen in identischer oder zumindest ähnlicher Weise existierten, und sich das italiano popolare erst nach der Einheit Italiens massenhaft verbreiten konnte.
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senverbreitung des Standarditalienischen in Sizilien, woraufhin auch das sizilianische italiano regionale wieder auflebte (vgl. Fedele 31972, 235; EIT 1979, 16; Varvaro 1988, 717; Alfieri 1992, 846‒847; Migliorini/Baldelli 201994, 316; Brütting 1995, 745; De Mauro 2017, 79‒98, 122‒128). Während für den formalen Sprachgebrauch das Standarditalienische Verwendung findet, wird in informellen Situationen (jedoch nur bei ausreichender Vertrautheit der Kommunikationspartner, andernfalls erfolgt sofort ein code-switching zum Italienischen) vor allem auf dem Land und an den Küsten auch heute noch Dialekt gesprochen, wobei jedoch im heutigen Sizilien Menschen, die nur eine Dialektvarietät beherrschen, selten sind. In der gesprochenen Sprache zeichnet sich in Sizilien der Übergang von einem horizontal (diatopisch) zu einem vertikal (diastratisch-diaphasisch) differenzierten Diasystem ab, wobei sich das italiano regionale siciliano102 zunehmend ausbreitet (vgl. Caracé 1980, 87‒88; Radtke 1987, 60‒67, 71; Varvaro 1988, 717‒718; Ruffino 1991, 75; Alfieri 1992, 846‒848, 850‒853). Bei Vincenzo Rabito und den anderen Autobiographen handelt es sich jedoch vermutlich noch um nahezu reine Dialektsprecher, für die das Standarditalienische ein ungewohntes Kommunikationsmittel war, noch dazu im ihnen unvertrauten schriftlichen Medium. Mit ihrem jeweiligen persönlichen Hintergrund beschäftigen sich die anschließenden Kapitel näher.
3.2.2 Fontanazza von Vincenzo Rabito (1899‒1981) (= VR) Vincenzo Rabito wurde am 31. März 1899 in Chiaramonte Gulfi, einem Ort in der Provinz von Ragusa im Südosten Siziliens, geboren. Da sein Vater bereits mit 40 Jahren an einer Lungenentzündung starb, wuchs er in relativ ärmlichen Verhältnissen zusammen mit sechs Geschwistern bei seiner Mutter auf. Um Geld als Beitrag zum Überleben der Familie zu verdienen, ging er schon als Kind, ab einem Alter von sieben Jahren, arbeiten. Dadurch blieb ihm wenig Zeit für die Schule, die er mit der licenza elementare 102 Dabei handelt es sich noch nicht um ein italiano sovraregionale, dem man überhaupt nicht mehr anmerkt, woher der jeweilige Sprecher stammt, sondern um ein italiano tendenziale, das von Menschen aus allen sozialen Schichten verwendet wird, und gegenüber dem Standarditalienischen strukturell vereinfacht, aber gleichzeitig auch (je nach Region auf unterschiedliche Weise) variantenreicher ist, also eine Variante des Italienischen, die sich dem Standard zwar nähert, ihn aber noch nicht erreicht hat (vgl. dazu auch Mioni 1983, 514). Die von jungen sizilianischen Sprechern verwendete Variante des italiano regionale (häufig ein italiano tangenziale, wie man es überall in Italien in der Peripherie der großen Städte finden kann), unterscheidet sich zunehmend nur noch in einigen phonetischen und intonatorischen Charakteristika von den italiani regionali anderer Gegenden Italiens (Alfieri 1992, 852‒853).
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abschloss. Aufgrund seines daraus resultierenden niedrigen Bildungsstandes, wovon für die Untersuchung seiner Autobiographie besonders seine geringe Kenntnis des Standarditalienischen und der italienischen Orthographie sowie die mangelnde Vertrautheit im Umgang mit schriftlichen Texten von Interesse ist, erweist sich Vincenzo Rabito als typischer Vertreter der Gruppe der semicolti; er selbst bezeichnet sich mehrmals in seinem Text als inafabeto (z. B. gleich zu Beginn, auf der ersten Seite).103 Von 1917 bis 1922 war Vincenzo Rabito Soldat und erlebte als solcher den Ersten Weltkrieg mit. Nach dieser Zeit war er abwechselnd Landwirt und Arbeiter. 1935 ging er als camicia nera nach Nordafrika (Libyen), wo er bis 1939 als Arbeiter blieb. Nach seiner Rückkehr nach Sizilien heiratete er 1940. Aus der Ehe mit seiner Frau Nedda (Emanuela)104 gingen drei Kinder hervor: Salvatore, Gaetano und Giovanni Rabito. Während des Zweiten Weltkriegs war Rabito 1941‒1943 Arbeitersoldat in einem Kohlebergwerk in Deutschland. Von 1945 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1965 übte er schließlich den Beruf eines cantoniere provinciale, also etwa den eines Straßenmeisters aus. In der darauffolgenden Zeit entschloss sich Vincenzo Rabito, sein Leben schriftlich aufzuzeichnen, woraufhin er in sieben Jahren, von 1969 bis 1975, eine Autobiographie verfasste. Sie umfasst den Zeitraum von 1911 bis 1970, deckt also fast das gesamte Leben des Autors, der 1981 verstarb, ab. Der Text wurde dem Archivio Diaristico Nazionale in Pieve Santo Stefano von Rabitos Sohn Giovanni im Original zur Verfügung gestellt. Die in dieser Arbeit durchgeführte textlinguistische Untersuchung basiert auf einer Kopie dieses Originaltextes. Die Gesamtlänge der Autobiographie von 1027 Seiten verteilt sich im Original auf sieben große Hefte, die hier verwendete Kopie wurde vom Archivio Diaristico in drei Bände gebunden, wovon Band 1 (pp. 1‒400) im Hochformat (DIN A 4), die Bände 2 (pp. 401‒756) und 3 (pp. 757‒1027) im Querformat (ebenfalls DIN A 4) vorliegen.105 Alle Seiten des Originalmanuskripts sind mit einer
103 Wichtiger als der Alphabetisierungsgrad, der zumindest in minimaler Form vorhanden sein muss, um überhaupt schreiben zu können, und um den sich Rabito vorrangig Gedanken macht, ist jedoch die mangelnde Textproduktionskompetenz von semicolti, denn Buchstaben zu Wörtern zusammensetzen zu können, bedeutet noch nicht, Wörter zu einem Text verbinden zu können (D’Achille 1994, 43). 104 Im Text wird Rabitos Ehefrau namentlich immer nur mit dieser Koseform genannt (z. B. auf Seite 407). Da auch aus den Angaben zum Text des Archivio Diaristico Nazionale di Pieve Santo Stefano nicht hervorgeht, wie Rabitos Frau hieß, wurde ihr Vorname mithilfe des Vocabolario del dialetto di Vittoria (Consolino 1986), das eine Aufstellung sizilianischer Personennamen und jeweils davon abgeleiteter Koseformen beinhaltet, erschlossen. 105 Bearbeitet von Evelina Santangelo und Luca Ricci wurde der Text inzwischen unter dem Titel Terra Matta veröffentlicht: Es handelt sich dabei um eine (durch die Auswahl nur von
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mechanischen Schreibmaschine von oben bis unten ohne Absatz (in Band 1 auch ohne Rand) vollständig mit Text gefüllt worden. Für Band 1 wurde liniertes Registerpapier mit abgestuften Aussparungen am rechten Seitenrand verwendet, die Bände 2 und 3 sind auf kariertem Papier geschrieben. Inhaltlich ist Vincenzo Rabitos Autobiographie chronologisch aufgebaut und beginnt mit der Kindheit und Jugend des Autors. Neben den immer wieder im Text vorkommenden Themen Freundschaft, Ehe, Familie und Arbeit beschreibt Rabito aus seiner Sicht und persönlichen Erfahrung unter anderem die historischen Ereignisse des Ersten und Zweiten Weltkriegs sowie des Kriegs in Afrika, den Faschismus, seine (zeitlich begrenzte) Emigration nach Deutschland, die Landung der Alliierten in Sizilien, Bräuche, Traditionen und alltägliches Leben der bäuerlichen Gesellschaft Siziliens, Brigantenwesen (brigantaggio/banditismo), Schmuggel und Schwarzmarkthandel, sozialistische Aufstände und politische Ereignisse der Nachkriegszeit sowie Korruptionsskandale um die appalti pubblici in den 50er Jahren. Die Schauplätze der Handlung sind Sizilien, die italienische Halbinsel (d. h. Nord-, Mittel- und Süditalien), Slowenien, Afrika und Deutschland. Im Titel seines Werkes äußert sich einesteils sicherlich die besondere Verbundenheit Vincenzo Rabitos mit Fontanazza, einem Gut der Barone von Montesano in der Nähe von Chiaramonte Gulfi (z. B. auf den Seiten 509, 521, 570, 974 erwähnt), denn dem Baron, für den er lange und gerne gearbeitet hat, hat er viel zu verdanken. Gleichzeitig steht Fontanazza metaphorisch für die Quelle von Rabitos leidvollem Leben. Der Autor verfolgt hauptsächlich zwei Anliegen mit seiner Autobiographie: Einerseits schildert er stolz, wie er es in widrigen Umständen geschafft hat, selbst zu überleben und trotz geringer Bildung immer wieder Arbeit zu finden, um für seine Familie zu sorgen und seinen Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Andererseits versucht er, durch den Prozess des Schreibens negative Erinnerungen und Ereignisse aus seinem Leben zu verarbeiten. Dies gelingt ihm im Hinblick auf die Kriegserlebnisse, zu denen er zum Zeitpunkt des Schreibens bereits inneren Abstand gewonnen hat. Allerdings zeigt Rabito angesichts des bis zum Schluss des Textes häufig und aus wenig distanzierter Perspektive thematisierten problematischen Verhältnisses zu seiner Frau und ihrer Familie (darin vor allem zu seiner Schwiegermutter) eine resignierte Haltung. So bewältigt er seine familiären Probleme zwar nicht, findet sich aber mit dieser Situation ab. Abschließend betont er, dass ihm dies auch nicht so wichtig sei, da er den
bestimmten Abschnitten) gekürzte, zur besseren Lesbarkeit nur geringfügig (v. a. orthographisch) veränderte Version des Originals (vgl. dazu auch die Nota dell’Editore in Rabito 2007, V‒VI sowie Ruffino 2012).
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Sinn seines Lebens darin erfüllt sehe, seine Kinder auf den richtigen Weg gebracht zu haben. Ebenso wie die zum Teil sehr persönlichen Inhalte ist auch der Zweck des Textes rein privater Natur, da Vincenzo Rabito (zumindest geht dies aus den Daten im Katalog des Archivio Diaristico nicht anders hervor) keine Veröffentlichung seiner Autobiographie plante, sondern sie für sich und seine Nachkommen schrieb.106
3.2.3 Gnanca na busia von Clelia Marchi (1912‒2006) (= CM) Clelia Marchi wurde am 19. April 1912 in Poggio Rusco, einem Ort in der lombardischen Poebene in der Provinz von Mantova, geboren. Sie stammt aus einer kinderreichen Familie und kümmerte sich schon früh um ihre jüngeren Geschwister, wenn ihre Mutter im Sommer anderswo arbeiten ging, so dass sie nur im Winter Zeit für den Schulbesuch hatte. Mit vierzehn Jahren, nach insgesamt zweijähriger Schulzeit und der licenza elementare, verließ sie die Schule, um auf dem Gut, in dem ihr Vater als Buchhalter arbeitete, oder auf benachbarten Höfen z. B. bei der Ernte mitzuhelfen, und so zum Lebensunterhalt ihrer Familie beizutragen. Dort lernte sie auch ihren späteren Ehemann, Anteo Benatti, kennen. Mit sechzehn Jahren bekam sie das erste ihrer insgesamt acht Kinder, von denen vier die Kindheit nicht überlebten. Nach langen Jahren eines harten, ärmlichen Lebens, in denen Clelia Marchi, die überwiegend Hausfrau war, als Hilfsarbeiterin Geld dazuverdiente, konnten sie und ihr Mann es sich leisten, eine Wohnung zu kaufen. Kurz darauf starb ihr Mann in einem Autounfall. Um dieses Ereignis zu verarbeiten, begann sie mit 72 Jahren, ihr Leben aufzuschreiben. In den Nächten, in denen sie keinen Schlaf fand, verfasste sie (1984‒1985) ihre Autobiographie handschriftlich mit einem Filzstift auf zwei Bettlaken. Sie beschreibt darin ihr gesamtes bisheriges Leben (1912‒1985) in der Gegend um Mantova, v. a. in Poggio Rusco, wobei besonders ihre Familie, ihre Kinder und die Liebe zu ihrem Mann im Vordergrund stehen. Daneben schildert sie ihr Leben unter Bauern und Hilfsarbeitern in ärmlichen Verhältnissen. Auch familiäre Schwierigkeiten und Trauer sind zentrale Themen. Was den Aufbau betrifft,
106 Diese Informationen beruhen auf den zu Beginn des ersten Bandes des Korpus beigelegten Angaben von Giovanni Rabito über das Leben seines Vaters und dessen Autobiographie, auf der Beschreibung des Textes in der Datenbank des Archivs (https://catalogo.archiviodiari. it), in dem er aufbewahrt wird, und auf Fakten, die der Text selbst enthält. – Vgl. dazu auch die Nota dell’editore in Terra Matta (Rabito 2007, V‒VI).
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so zeichnet sich eine Zweiteilung ab: Der erste Teil ist eher eine lineare, chronologische Faktenaufzählung, der zweite Teil, der mit dem Tod des Ehemanns beginnt, beschäftigt sich in zirkulärer Weise mit dem Schicksal. Sprachlich gesehen stellt der Text eine Mischung aus eher elementarem Italienisch und Dialekt sowie aus Prosa und poetischen Textabschnitten dar. Auf den Vorschlag einer Sprachwissenschaftlerin hin brachte Clelia Marchi ihre Autobiographie in das Archiv von Pieve Santo Stefano, wo sie 1986 prämiert und daraufhin 1992 in Buchform veröffentlicht wurde. Dabei wurde die Nummerierung der Zeilen, die Clelia Marchi zur besseren Lesbarkeit durchgeführt hatte, beibehalten, so dass jeder Absatz der 80seitigen Druckversion einer solchen handschriftlichen, nummerierten Zeile entspricht. Diese auch darüber hinaus originalgetreue107 Ausgabe ist Grundlage der hier angestellten Analyse. Neben dem privaten Zweck der Verlustbewältigung erfüllte sich mit der Veröffentlichung ihres Werkes für Clelia Marchi auch der Traum, zu sehen, wie ihr Leben von anderen als Beispiel gelesen wird.108 Insofern ist Gnanca na busia weniger rein privater Natur als z. B. Fontanazza, was sich auch darin äußert, dass Marchi ihre Leser bereits zu Beginn direkt anspricht.
3.2.4 La spartenza von Tommaso Bordonaro (1909‒2000) (= TB) Tommaso Bordonaro wurde am 4. Juli 1909 in Bolognetta, einem Dorf auf Sizilien, in der Provinz von Palermo, als erstes von acht Kindern geboren. Er war zwar regelmäßig für den Schulbesuch eingeschrieben, erlangte jedoch infolge der Schließung seiner Schule aufgrund des Lehrermangels im Ersten Weltkrieg nur die licenza elementare. Zunächst arbeitete er für seinen Onkel als Hirte, während sein Vater zunächst in Amerika, dann Soldat und schließlich cholerakrank war. Später half er seinem Vater bei der Feldarbeit, als die Familie Land von einem Großgrundbesitzer gepachtet und zum Teil auch gekauft hatte. Nachdem er seinen Militärdienst in Ligurien abgeleistet hatte, weigerte er sich mit 24 Jahren, eine Vernunftehe einzugehen, und heiratete eine junge Frau, die er bald darauf durch eine missglückte Abtreibung verlor. 1947 wanderte er mit einer neuen Ehefrau und fünf Kindern in die USA aus. Dort schlug er sich zunächst als Totengräber und Kohlenträger durch, dann war er als Fabrik- und
107 Diese Einschätzung beruht hier und bei den anderen veröffentlichten Autobiographien auf dem stichprobenartigen Vergleich mit (Auszügen aus) dem jeweiligen Originaltext. 108 Diese Informationen stammen sowohl aus der Datenbank des Archivio Diaristico Nazionale (https://catalogo.archiviodiari.it) als auch aus dem Vorwort sowie dem eigentlichen Autobiographietext der Druckausgabe der Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori von 1992.
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später als Gemeindearbeiter angestellt. 1956 verlor er einen Sohn durch einen Unfall, 1984 starb seine zweite Frau nach langer Krankheit. Die übrigen Kinder sind alle verheiratet. Insgesamt hat Bordonaro vierzehn Enkelkinder. Seit seiner Pensionierung 1974 versammelte er gerne seine Familie um sich, reiste hin und wieder nach Italien und schrieb 1988 in vier Hefte seine im Original 132seitige Autobiographie, die den Zeitraum 1909‒1988 abdeckt. Darin geht es zunächst um Kindheit und Jugend des Autors, wobei die Familie und die bäuerlichen Lebensverhältnisse, in denen er aufwuchs, eine Rolle spielen. Außerdem setzt er sich mit den Themen Liebe, Ehe, Abtreibung, Trauer und Religiosität auseinander. Er schreibt über seine Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg (den er zu Hause verbringt, um seinen alternden Vater in der Landwirtschaft zu unterstützen), seine Emigration (die spartenza), seine Arbeit, seine Kinder und verschiedene Reisen. Schauplätze der Handlung sind Sizilien (Bolognetta, Palermo und Umgegend), Ligurien, die USA (New Jersey) und einige Großstädte auf dem italienischen Festland (Rom, Florenz, Neapel). Im Text finden sich sizilianische und amerikanische Elemente. In unbeholfener, d. h. wenig schriftsprachlich geübter Weise werden die Ereignisse, die er erlebt hat, eher einfach aufgezählt als detailliert beschrieben. Die für die textlinguistische Untersuchung verwendete Textversion basiert auf einer 1991 veröffentlichten Druckausgabe des Originals (Tommaso Bordonaro, La spartenza, Torino: Einaudi).109 Sie gibt den ursprünglichen Text ohne große Änderungen oder Korrekturen (maximal wurden orthographische Verbesserungen vorgenommen) relativ originalgetreu wieder.
3.2.5 Ai tèmpi pàsatti come èrano dificcili von Valeria Furletti Zanolli (1915‒?) (= VZ) Valeria Furletti Zanolli wurde 1915 in Ville del Monte (Tenno) im Trentino geboren. Seit 1952 lebte sie im kanadischen Vancouver. 1987 schrieb sie ihre 158seitige Autobiographie über ca. siebzig Jahre ihres Lebens, die sie 1997 an ihre Verwandtschaft, vor allem an ihre Enkel, im Trentino schickte. Da sie mit vierzehn Jahren die Schule beendet hatte, verfügte sie nur über geringe Schreibkompetenz; zudem mischen sich in ihrem Text dialektale und englische Elemente mit einem eher wenig standardkonformen Italienisch. Durch ihre
109 Auf Vorwort, Nota biografica und Text dieser Ausgabe beruhen, neben der Datenbank des Archivio Diaristico Nazionale (https://catalogo.archiviodiari.it), auch die hier als Hintergrundinformation angegebenen Fakten.
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3 Textexterne und -interne Einordnung
Autobiographie wollte Valeria Furletti einerseits anhand einer gemeinsamen Geschichte eine Verbindung zur in Italien gebliebenen Familie herstellen, andererseits wollte sie vor allem den Kontrast zwischen dem ersten, entbehrungsreichen Teil ihres Lebens vor und im Zweiten Weltkrieg und dem zweiten Abschnitt des Wohlstands in Kanada darstellen. Sie beschreibt ihr Leben rückblickend, jedoch wird der chronologische Erzählverlauf immer wieder unterbrochen. Vor rein privaten Begebenheiten dominiert die eher sozialhistorische Beschreibung des Lebens und Arbeitens in der bäuerlichen Gesellschaft ihres Heimatdorfes, in der es ihrer Familie dank des Geldes, das ihr Vater aus Amerika schickte, relativ gut ging. Selbst ihre Verliebtheit, ihre Verlobung, ihre Hochzeit und die Geburt ihrer beiden Kinder schildert sie eher nüchtern. Das Leben in Kanada nimmt nur einen geringen Raum am Ende der Autobiographie ein, wobei vor allem die Reise und die demütigende Ankunft ohne ausreichende Sprachkenntnisse und in einfachen Kleidern im Vordergrund stehen. Bei der hier zur sprachwissenschaftlichen Analyse verwendeten Version handelt es sich um eine äußerst originalgetreue Druckausgabe.110 Sie enthält exakt den (ursprünglich handschriftlichen) Text Valeria Furletti Zanollis, den ihr Enkel Paolo Marocchi dem Archivio storico della scrittura popolare des Museo storico del Trentino zur Verfügung gestellt hat. Auch die folgenden, ebenfalls als autobiografie popolari einzustufenden Texte werden im Archivio storico della scrittura popolare aufbewahrt und sind zum Teil veröffentlicht worden.
3.2.6 Memoria Dolorossisima und Il Mio Diario von Cecilia Rizzi Pizzini (1891‒1981) (= CP) Cecilia Rizzi Pizzini wurde am 22. August 1891 in Nomesino (Mori) im Trentino als erstes Kind von Cesare Rizzi und Giovanna Martinelli geboren. Sie hatte sechs Geschwister, von denen das zuletzt auf die Welt gekommene 1903 zusammen mit der Mutter sofort nach der Geburt starb. Am 9. April 1910 heiratete sie den Bauern Giovanni Pizzini (1886‒1961), ebenfalls aus Nomesino, wo sie sich auch niederließen. Mit ihm hat sie neun Kinder bekommen. Sie starb am 7. Dezember 1981 in Mori, wurde aber in Nomesino beerdigt.
110 Ai tèmpi pàsatti come èrano dificcili. Memorie autobiografiche di Valeria Furletti Zanolli (in: Antonelli 1998). Darin (v. a. auf den Seiten 5‒10) und über http://900trentino.museosto rico.it/Archivio-della-Scrittura-Popolare finden sich auch die hier angeführten Angaben zum Text und seiner Autorin.
3.2 Zur Entstehungsgeschichte der Korpustexte
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Cecilias Memoria ist im Original auf den ersten (durchnummerierten) 42 Registerseiten eines Haushaltsbuches geschrieben, das Diario auf 118 Seiten eines karierten Notizbuches, dem nachträglich noch neun aus einem karierten Schulheft ausgeschnittene Seiten hinzugefügt wurden. Für beide Schriftstücke wurde hellblaue, gut lesbare Tinte verwendet. Beide hier zugrundeliegenden (sehr verlässlichen) Druckausgaben der Texte beschäftigen sich mit dem Zeitraum des Ersten Weltkrieges, von 1914 bis 1919, wobei in der Memoria nach Ablauf dieser Periode keinen Eintragungen mehr gemacht wurden. Die entsprechenden Stellen des Tagebuchs, das mit Unterbrechungen bis 1975 geführt wurde, stellen gewissermaßen eine Überarbeitung der Memoria dar.111
3.2.7 Memorie della mia vita militare e in guerra von Emilio Fusari (1891‒1966) (= EF) Emilio Fusari wurde am 2. September 1891 in Brentonico im Trentino geboren, wo er am 29. August 1966 auch starb. Mit Teresa Malfatti, die er 1923 heiratete, hatte er zwei Kinder, Lucia (1926) und Domenico (1928). Emilio Fusari stammte zwar aus einer Bauernfamilie, zog aber 1928 nach Mailand, wo er bis 1943 ein Eis- und Milchgeschäft führte. Nachdem er wegen der Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg nach Brentonico zurückgekehrt war, betrieb er dort bis Anfang der 60er Jahre ein Gasthaus. In seinem autobiographischen Text beschreibt Emilio Fusari seine Erlebnisse als Soldat im Zeitraum von 1912 bis 1917. Die ursprüngliche Fassung bestand aus 166 mit der Hand beschriebenen linierten und durchnummerierten Seiten eines ca. 16 mal 20 cm großen Heftes. Die Analyse dieses Textes geschieht anhand einer veröffentlichten, originalgetreuen Druckversion.112
111 Zu diesen Informationen und der hier verwendeten Textausgabe vgl. Archivio della scrittura popolare (1996, 7, 13, 119‒211 – unter Rizzi Pizzini 1996) und http://900trentino.museosto rico.it/Archivio-della-Scrittura-Popolare. 112 Vgl. dazu und zu den biographischen Angaben Archivio della scrittura popolare (1995, 7‒113 – unter Fusari 1995) und http://900trentino.museostorico.it/Archivio-della-ScritturaPopolare. Obwohl Fusari selbst angibt, in seinen memorie die Zeitspanne 1912‒1918 behandelt zu haben, muss er sie nach Recherchen des herausgebenden Archivs wohl schon im Januar 1917 während eines Krankenhausaufenthaltes unter Bezug auf sein Fronttagebuch geschrieben haben. – Hier konnte zwar kein (stichprobenartiger) Vergleich mit dem Originaltext durchgeführt werden, doch wurde Fusaris Text vermutlich ebenso gewissenhaft reproduziert wie dies bei allen anderen Ausgaben des Archivio storico della scrittura popolare der Fall ist. Dafür spricht z. B. auch die Übernahme von orthographischen Normverstößen wie la filosimia
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3 Textexterne und -interne Einordnung
3.2.8 Libretto von Giacinto Giacomolli (1883‒1961) (= GG) Giacinto Giacomolli wurde am 29. September 1883 in Saccone, das zur Gemeinde von Brentonico gehört, geboren. Dort starb er am 9. November 1961. Von Beruf war er Landwirt. Er war zweimal verheiratet: Zunächst (ab 1909) mit Mattea Zeni, mit der er drei Kinder hatte; nach ihrem Tod (1924) heiratete er 1925 Rosina Zeni, mit der er vier weitere Kinder hatte. Das 1916 begonnene, ca. acht mal dreizehn Zentimeter große, linierte Heftchen, in dem Giacomolli 62 nicht nummerierte Seiten mit Bleistift beschrieb, beinhaltet seine Kriegserlebnisse in Galizien und seine Kriegsgefangenschaft in Sibirien von 1914 bis 1916. Auch in diesem Fall basiert die Textuntersuchung auf einer gedruckten Fassung dieses autobiographischen Textes, die sich (sogar im fast völligen Fehlen von Interpunktionszeichen) strikt an das Original hält.113
3.2.9 Autobiografia di Nane Sighele von Giovanni (Nane) Sighele (1857‒1940) (= NS) Giovanni Sighele wurde 1857 in Miola di Pinè im Trentino geboren. In seiner Autobiographie, die er 1937 mit achtzig Jahren schrieb, behandelt er (von 1873 bis zum Ende des Ersten Weltkrieges) vor allem drei Lebensabschnitte: Die Zeit seiner Emigration nach Bayern und Straßburg (1873‒1880), in der er Minenarbeiter war, seine kulturellen und politischen Aktivitäten in der Sektion der Lega Nazionale von Miola (Kindergarten, öffentliche Bibliothek, antideutsche Aktionen) sowie die Verfolgung als Freiheitskämpfer und die Gefangenschaft im Konzentrationslager Katzenau. Nach dem Ersten Weltkrieg trat Sighele dem Partito nazionale fascista bei und war zwischen 1926 und 1928 Bürgermeister. Er starb 1940. Die Analyse seiner Autobiographie erfolgt anhand einer Kopie des etwas über 60seitigen Originals, eines mit der Hand beschriebenen, ca. 20 mal 15 cm großen linierten Heftes, das im Museo storico del Trentino aufbewahrt wird.114
(EF 63, ), Primo Reoplano! (EF 37, ) oder Klostenainburg (EF 94, ). 113 Vgl. dazu und zu den biographischen Angaben Archivio della scrittura popolare (1995, 115‒130 – unter Giacomolli 1995) und http://900trentino.museostorico.it/Archivio-dellaScrittura-Popolare. 114 Die hier gemachten Angaben sind sowohl dem Text selbst als auch der Datenbank des Archivio della scrittura popolare des Museo storico del Trentino (http://900trentino.museosto rico.it/Archivio-della-Scrittura-Popolare) entnommen.
3.2 Zur Entstehungsgeschichte der Korpustexte
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3.2.10 Picola storia von Gregorio Scaia (1881‒1971) (= GS) Gregorio Scaia wurde am 25. Juli 1881 in Prezzo im Trentino geboren, wo er in bäuerlichen Verhältnissen aufwuchs. Seine Autobiographie, die er 1953 schrieb, beginnt mit seiner Kindheit. Danach schildert er seine Zeit in Australien, wo er in Gold- und Kupferminen arbeitete, die zweite, diesmal endgültige Emigration in die USA (Solvay, East Coast, Seattle), Erinnerungen an zwei Reisen durch verschiedene amerikanische Staaten und an eine Reise in seinen Heimatort Prezzo (1937) sowie die Lebensläufe anderer Auswanderer aus seiner Gegend, die er in Australien oder Amerika traf. Am 16. August 1971 starb Scaia in Seattle. Der Textanalyse liegt in diesem Fall ebenfalls eine Kopie des (maschinengeschriebenen, 98seitigen) Originaltextes aus dem Museo storico del Trentino zugrunde.115
3.2.11 Narrazione von Eugenio Mich (1889‒?) (= EM) Eugenio Mich wurde am 17. Oktober 1889 in Tesero im Trentino geboren. Von Beruf war er Maurer. Sein handschriftliches, autobiographisches Werk, das im Museo storico del Trentino aufbewahrt wird, und das hier in Originalkopie für die textlinguistische Untersuchung verwendet wird, umfasst 56 Seiten eines linierten, ca. 19 mal 27 cm großen Heftes. Es wurde in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg verfasst und enthält die Erlebnisse Michs im Ersten Weltkrieg (1914‒1918), an der italienisch-österreichischen Front.116 Neben der ähnlichen sozialen Herkunft und dem in etwa gleichen Bildungsniveau lassen sich die Autoren und Autorinnen der hier betrachteten (originalen sowie zur Herausgabe möglichst wenig bearbeiteten) Werke in etwa einer Altersgruppe bzw. einem Verfassungszeitraum zuordnen.117 Ihre Schriften
115 Vgl. zu diesen Informationen sowohl die Autobiographie Scaias als auch die Datenbank des Archivio della scrittura popolare des Museo storico del Trentino (http://900trentino.mu seostorico.it/Archivio-della-Scrittura-Popolare). 116 Vgl. dazu sowohl den Text Michs als auch die Datenbank des Archivio della scrittura popolare des Museo storico del Trentino (http://900trentino.museostorico.it/Archivio-dellaScrittura-Popolare). 117 Letzteres trifft nicht auf Giovanni Sighele (1857‒1940) zu, wobei der Altersunterschied jedoch das einzige Kriterium ist, in dem er sich von den anderen Schreibern unterscheidet, die alle zwischen 1881 und 1915, also um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert geboren wurden. Das kann man aufgrund der sonst überwiegenden Übereinstimmungen vernachlässigen, zumal sich das Bildungswesen zwischen Sigheles Schulzeit und der der übrigen Autobiogra-
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3 Textexterne und -interne Einordnung
weisen gemeinsame Inhalte wie familiäre Ereignisse, das Leben in einfachen Verhältnissen, Emigration (nicht in allen Texten) und insbesondere Kriegserlebnisse auf, so dass sie auch in dieser Hinsicht gut vergleichbar sind. Die unterschiedliche Herkunft der untersuchten autobiografie popolari sowohl aus Nord- (Lombardei und Trentino) als auch aus Süditalien (Sizilien) lässt eventuell Rückschlüsse auf überregionale Charakteristika solcher Texte zu, sofern diese abgesehen von geringen diatopischen Unterschieden auch gemeinsame (Sprach-)Merkmale aufweisen. Daher wird im nachstehenden Kapitel zunächst die in den Autobiographien jeweils verwendete Sprachvarietät näher bestimmt, zumal deren genaue Kenntnis unabdingbare Voraussetzung für die hier angestrebte Textanalyse ist.
3.3 Stellung der Korpustexte innerhalb des sprachlichen Diasystems Damit erfolgt zugleich die Überprüfung der bisherigen Arbeitshypothese, nach der es sich bei den hier untersuchten Autobiographien um Nonstandardtexte handelt. Um feststellen zu können, an welchem Ort im sprachlich-diasystematischen Kontinuum118 die Sprache der Texte anzusiedeln ist, werden zunächst die unterschiedlichen Bereiche Graphie, Phonetik/Phonologie, Morphosyntax und Lexikon getrennt voneinander betrachtet, und die Teilergebnisse dann miteinander in Beziehung gesetzt. Für die Analyse wurden (hier und in Kapitel 4) jeweils sowohl längere zusammenhängende Abschnitte aus dem Textkorpus verwendet als auch in (möglichst gleichmäßig darüber hinweg verteilten) Stichproben einzelne Seiten daraus auf ausgewählte Kriterien hin untersucht. Durch diese Vorgehensweise lassen sich zuverlässige Schlussfolgerungen ziehen. Da für die diasystematische Einordnung der Korpustexte gerade das, was sie von der Norm abhebt, von Interesse ist, wurden überwiegend Textstellen angeführt, die sie von (schrift-)standardsprachlichen
phen wenig geändert hat und sein Text 1937, also innerhalb des Zeitraums 1916‒1988, in dem die anderen betrachteten Texte entstanden, geschrieben wurde. 118 Ausgehend von Weinreichs (1954) Diasystem-Begriff und Flydals (1951, 250) «architecture de langue» beschrieb Coseriu ein Diasystem als «eine Summe von Sprachsystemen» (1970, 32), innerhalb dessen Varietäten in einem Kontinuum ineinandergreifen (1980a, 114). Ein solches Kontinuum postulieren Koch/Oesterreicher (1990, 8‒15) auch für den Raum zwischen Näheund Distanzsprache; die in einem einzelsprachlichen Varietätenkontinuum herrschenden hierarchisch-inklusorischen Zusammenhänge bezeichnen sie als Varietätenkette.
3.3 Stellung der Korpustexte innerhalb des sprachlichen Diasystems
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(Distanz-)Texten (v. a. hinsichtlich diasystematisch markierter Phänomene) unterscheiden, sofern die Texte in einem Bereich nicht deutlich zum (distanzsprachlichen) Standarditalienischen tendieren. Die Zahl der angegebenen Belege ist jeweils als exemplarisch und niemals als exhaustiv zu verstehen und lässt nicht unmittelbar auf die jeweilige Okkurrenzdichte bzw. die absoluten Frequenzverhältnisse im Korpus schließen, da es hier nicht darum geht, den genauen Grad der Standardabweichung der Texte anhand quantitativer Frequenzuntersuchung zu überprüfen, sondern vor allem die qualitative Ausprägung der faktisch gegebenen Standarddivergenz des Textkorpus beschrieben werden soll. Um ein aussagekräftiges Bild von der Beschaffenheit des gesamten Textkorpus zu vermitteln, wurden pro Kriterium(ssubtyp) und pro Autor/Text (sofern sie dort nachweisbar sind) jeweils meist ein bis zwei (längere, v. a. bei kürzeren auch mehr) Beispiele aufgeführt. Generell gilt folgende Handhabung von Textbelegen: Abgesehen von der nicht zu vermeidenden Anpassung des Zeilenfalls an das Seitenformat dieser Publikation wurden sie jeweils in identischer Weise aus dem Korpus übernommen, also (ortho-)graphisch und hinsichtlich Interpunktion und Leerzeichen genauso reproduziert, wie dies im Korpus der Fall ist, ohne Rechtschreibfehler mit [sic!] zu markieren oder (nachträgliche) Silbentrennungen am Zeilenende vorzunehmen. Auslassungen oder Einfügungen, die nicht den Originaltexten bzw. den verwendeten Ausgaben entsprechen, wurden in eckige Klammern gesetzt. Bei der Abschrift von Textbeispielen aus Originaltexten, in denen die Autoren einen Buchstaben offensichtlich überschrieben haben, wurde die dem Standard nähere Variante übernommen. Dadurch wurde den Autoren zwar die Richtigkeit der Korrektur unterstellt, jedoch erscheint dies aufgrund der Arbeit mit Kopien der Originalhandschriften oder -drucke119 zulässig, da solche Korrekturen zumindest immer zeigen, dass sich der jeweilige Autor im Bewusstsein der Existenz eines Standards Gedanken um die richtige Schreibung gemacht hat. Alle Textbelege sind kursiv gedruckt, und mit Schrägstrichen voneinander getrennt. In (runden) Klammern direkt hinter den einzelnen Belegen finden sich (in dieser Reihenfolge) Sigle120 und Seitenzahl des Textes, aus dem zitiert wurde, sowie eventuelle Erläuterungen oder Übersetzungen.
119 Dort prägen sich weder die mit der mechanischen Schreibmaschine gedruckten Buchstaben auf der Rückseite der Seiten ab, so dass man nicht erkennen kann, welche der zugehörigen Linien durchbrochen und damit die zuerst gedruckte ist, noch lassen Tintenränder oder die Abdrücke von Bleistift- oder Kugelschreiberlinien Rückschlüsse auf Korrekturvorgänge zu. 120 Wenn aus dem jeweiligen Kontext ausreichend klar ist, aus welchem Text zitiert wird, wird auf die Angabe der entsprechenden Sigle verzichtet.
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3.3.1 Graphie Nachstehend werden rein graphische Phänomene untersucht, bei denen die Schreibung nicht der Norm des Standarditalienischen entspricht, ohne dass dies auf eine vom Standard abweichende (dialektale) Aussprache zurückzuführen ist.121 Es handelt sich dabei also um Fälle, die allein durch den oft nur geringen Alphabetisierungsgrad der Schreiber und die damit einhergehende mangelnde Kenntnis der normativen Standardorthographie bedingt sind.122 Wie alle schriftlichen Texte weisen die untersuchten Autobiographien eine (mehr oder weniger ausgeprägte) graphische Strukturierung durch Interpunktion123 und Paragraphierung auf: Dabei fällt zunächst auf, dass Rabitos Text nicht durch Absätze strukturiert ist. Vielmehr beschreibt der Autor die Seiten von oben bis unten fortlaufend. Sogar Trennungszeichen am rechten Seitenrand fehlen, denn er füllt eine Zeile jeweils bis zum rechten Papierrand mit Text,124 und wenn ein Wort nicht mehr ganz in diese Zeile passt, so hört er (oft ohne Rücksicht auf Silbentrennungsregeln) dort zu schreiben auf, wo das Papier endet, um das begonnene Wort in der nächsten Zeile fortzusetzen: z. B. dio#gni mese (63)125 / contr#a (120) / co#ntentezza (203) / i#nabisina (278, ) / facci#a (531) / cip#osso (704, ) / pe#r (773) / perc#he (830) / fa#i (882) / sfort#enato (923). Auch Clelia Marchis Text enthält im Original (d. h. auf dem beschriebenen Bettlaken) keine Absätze (dafür aber nummerierte Zeilen); bei Rizzi Pizzini sind sie selten (z. B. befinden sich auf den Seiten 123‒124 vier Absätze, der nächste nicht mit einem Seitenumbruch zusammenfallende Absatz folgt erst auf Seite 137, dann wieder auf den Seiten 142 u. 160‒161). Mich teilt seinen Text in (Jahres-)Kapitel ohne weitere interne Absatzgliederung ein. Die Absatzkontrolle in den übrigen Autobiographien entspricht dem üblichen Schriftstandard und ist logisch nach-
121 Vgl. zu aussprachebedingten Schreibungen Kapitel 3.3.2. 122 Dies beschreibt z. B. Fresu (2016a, 329, 341; ähnlich 2014, 209‒211) als generelles Merkmal des italiano dei semicolti. Vgl. dazu auch Ernst 2020 (22‒28). 123 Vgl. zur Interpunktion als Mittel zur hierarchischen, logisch-syntaktischen Textstrukturierung Ferrari et al. (2008, 244‒252), Ferrari (2011b, 222‒225; 2014a, 121‒126; 2013, 614; 2015, 105‒106), Bustos Gisbert (2013, 69‒70, 86‒89, 147‒155) und Palermo (2013, 217‒233). 124 Dies trifft auf Band 1 zu. Die Seiten in den Bänden 2 und 3 sind nicht bis zu den Rändern beschrieben, sondern hier endet der Text jeweils in einem gewissen, vermutlich mittels der Schreibmaschine, mit der Rabito den Text verfasste, festgelegten Abstand vom Seitenrand, verhält sich dort aber in Bezug auf die Worttrennung so wie oben beschrieben. – Vgl. zu Kohärenzstörungen durch «falsche» Textstrukturierung Bustos Gisbert (2013, 194‒203). 125 # = Zeilenumbruch.
3.3 Stellung der Korpustexte innerhalb des sprachlichen Diasystems
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vollziehbar; bei Fusari, Giacomolli und Scaia finden sich darüber hinaus sogar jeweils (originale) Kapitelüberschriften.126 In der Verwendung der Satzzeichen entfernt sich Fontanazza erneut am weitesten vom Standard: Vor allem Komma und Strichpunkt kommen häufig vor; relativ frequent sind auch Doppelpunkt, Frage- und Ausrufezeichen; Punkt und Gedankenstrich treten seltener auf und Anführungs- und Schlusszeichen fehlen gänzlich. Neben dieser rein quantitativen Beobachtung weicht der Text aber vor allem in der qualitativen Distribution von Interpunktionselementen vom Standardschema ab: So werden fast immer einzelne Wörter (z. T. auch nur nicht immer silbische Teile von Wörtern) oder Wortgruppen durch Satzzeichen voneinander getrennt. Die Vorgehensweise bei der Verteilung der Satzzeichen entspricht dabei weder funktionalen Gesichtspunkten, d. h. der Trennung von Satzgliedern, noch den Atempausen und Intonationsgruppen127 beim Sprechen, und lässt keine systematische Regelhaftigkeit erkennen (auch nicht in der Einhaltung von Leerzeichen vor oder nach dem Interpunktionssymbol), wie folgendes Beispiel zeigt: tutte; partiemmo; per lastrada: che antiammo:a raqusa; era? luna di notte; e piu,veva; piano; piano; freddo, che faceva; con li carretta; non cipotemmo;antare; perche: faceva freddo; cosi; ale;ore;4? passammo; di;raqusa; e:alle:ore; 8. revammo; amodeca;che abiammo; trovato;tutte; li nostre; colleche; dei: prime; 4.mese; del 99? divittoria;bischere; comiso#santa croce; monterrosso;e cerratana;e;modica: (VR 16)
Bis auf Bordonaros Text, der (aufgrund einer orthographischen Überarbeitung vor der Herausgabe) völlig den Standardregeln der Interpunktion entspricht, weichen alle anderen Texte mehr (CM, GG, NS, GS) oder weniger (VZ, CP, EF, EM) von der Standardinterpunktion ab, was sich am häufigsten in lückenhaft gesetzten oder fehlenden (meist Punkte zur Markierung von Satz- bzw. Äußerungsende sowie Anführungs- und Schlusszeichen bei direkter Rede), überflüssigen (immerhin werden dadurch überwiegend zusammengehörende Funktions- oder Sinneinheiten abgetrennt) oder unkonventionell verwendeten (meist Kommas, Strichpunkte oder Doppelpunkte statt Punkten oder umgekehrt) Interpunktionszeichen äußert, so z. B. in: ò cominciato à scriverle dopo la morte di mio marito: che è morto nel .1972: quindi il mio dolore ò qui sù à questo mà!!!#Al squillare dela svelia: apro gli occhi guardo fuori dalla finestra vedo solo il cielo grigio: vedo una luce, bassa, bassa, che mi
126 Vgl. dazu genauer im Hinblick auf die thematische Progression mittels Hyperthemen Kapitel 4.2.1.3.3. 127 Allerdings werden diese oft ohne Leerschritte zusammengeschrieben. – Laut Vater (32001, 31) sind Intonation und Pausenstruktur Teil der phonologischen Kohäsion.
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3 Textexterne und -interne Einordnung
rappresenta, una giornata come tutte lè altre, facendomi una smorfia; Innizio la mia giornata con il solito tram tran: sempre invecchiando: sono molto triste, non mi sento di fare niente, non avrei mai pensato; mi faccio il caffè di fretta…# Come quando ero giovane (CM 53, mit Kennzeichnung eines Ausrufes) / Io in una vàliggia avevo i vestiari dai bambini e èra leggera, ma una èrra grande e pesante come il fèrro è non aveva rotèlle dovevo tirarla in ogni posto che andavo. Contenteva tante cose pesanti e in più 12 botiglie di gràppa da litro. per portare ai parenti e amici e pure di verse le avevo nei bauli, non dovevo prendermi un peso e un disturbo simile per quelle stupide di botiglie. [Absatz] I bambini èrano stanchi avevano sono il figlio sempre, in braccio èro tanto stanca, mi sono seduta sul bàule aspettando il mio turno, E vedevo tante di quelle botiglie sui tavoli dei doganieri che ce le trovavano nei bauli e ce le portavano via, così pensavo viene anche il mio turno, per le botiglie dà prènderle. (VZ 90) / ritorno dai nostri, appena ebbe cenato il capo ordino il lavoro essi lavora a luce dun grande gasso che arde con acqua e carbone, poi prendo la valigia e ritorno verso casa; voli vedere il cannone: e giunta al luogo dove si trova vidi due soldati con baioneta in cana che stava afarli guardia. [Seitenwechsel] Dei grandi carri e i cannoni ma essi era coperti; io dimando a quei soldati se sipuo passare: e mi risposero sì alor viaggio su lo stradone e arivo alle fratte anche la vi e una cava nella rupe, gerra sabbia ecc insomma non se conosce più! (CP 159) / Stavo oservando il numero dei prigionieri che saltava di tutt’onda quei fili di fero per salvarsi la vita. Quando vidi un’oficiale Austriaco poco lontano da me, col rivolver apuntato su loro e far fuoco sui miseri che inplorava pietà che vidi io ne a aterato più di 8. che li pasavo a lui vicini fino che fu visto da un suo superiore e che li fece fermare quel fuoco, crudele e barbaro sulle vitime pentite, C’innoltramo avanti e faciamo Austriaca quella lungha trincea russa. Ci fermiamo li un poco oservai molti infelici spezzati per mezo, chi via le cambe altri la testa altri con le budele ai piedi tutti fragascati dalle granate. Questi era russi. Rimasi un pò oplenso vedendo una tal carneficina. Ma poi rifletendo o detto! almeno questi an terminato il martirio e quasi invidiai quella sorte. (EF 71‒72) / Questo mi dice vei che nemo anche noi a coparnen diversi. Io le hò risposto che a me non hanno fato nulla. e col di più abbiamo ordine di andare al comando. Lui va dentro e nellimbuccare la trincea le scoppio una granata a mano sul ventre la lo ha fatto in tre pezzi. Mi hò pensa. Ben ti sta. De li a pochi minuti arriva fuori altro mio compagno con un ginocchio forato da palla di fucile un Salis#burghese di 20 anni, piangeva. Ci domanda dove c’è la baracca sanita#èra appena sotto nel bosco perciò lo alzammo su dalla trincea e destino volle, lo piglia una tela testa e ci resta secco che l’avevamo ancora per le gambe (EM 6).
Giacomolli und Sighele verwenden fast keine Interpunktionszeichen, so z. B. in: Il giorno dopo nia messo Alla 11 fel conpania il capitano cia fatto piangere tutti cia deto voi siete venuti ad ocupare il posto dei vostri compagni o frattelli che a sparso il sangue per la patria dunque anche voi guardate di battere con valore e fedelta perla nostra carra patria parole queste che spezzava il Cuore masia dovuto passare cio che a detto [Seitenwechsel] Il nostro Capitano. Verso mezzo giorno vidi avicinarsi ame un soldato che aveva una spana di barba lo fissai e vidi che è mio cugnato Michele lo baciai e poi stetti con esso tutto quel giorno il giorno dopo andai alla visita per la mia ganba che era tutta gonfia il dottore mi destinò all’ospitale di Tucòff andai a sallutare [Seitenwechsel] Mio cugnato e poi partito verso Tucòf (GG 120) / il colonelo del Monferato fu pasato subito generale [Seitenwechsel] Il Salione era un bravo patriota siamo statti parte di tre anni asieme a Strasburgo e anche
3.3 Stellung der Korpustexte innerhalb des sprachlichen Diasystems
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in olanda se gualcheduno diceva e celantuomo lavete provato bisogna provarli per vedere se e galantuomo [Absatz] durante guesti anni a Strasburgo ne o conosciuti molti patrioti durante guel poco di riposo era un continuo dischusione senpre in bene di Italia uno racontava di una cita un altro di un’altra cita uno non miricordo più il nome guando regeva i teteschi anno fato la moneta a nome suo (NS 5)
Bei Scaia erscheinen ausschließlich Kommas als Interpunktionszeichen; zur Markierung deutlicher, satzendeähnlicher Äußerungseinschnitte benützt er (statt eines Punkts) manchmal (aber nicht konsequent) zwei (oder mehr) aufeinanderfolgende Kommas, was folgendes Beispiel zeigt: il Capitano Germanese […] ni aveva deto da che era capitano di mare, non aveva mai sentito a cantare in quatro cosi tuti d’acordo nel suo Bastimento,,anzi mi ricordo che questo capitano ni aveva racontato un picolo caso che li era stato suceso poco tempo prima,, mentre stava per isbarcare una centinaia di pasegieri in un porto Australiano le autorita dela emigrazione non voleva lasiarli sbarcare questi poveri emigranti,,alora il capitano medesimo si era presentato lui in persona da queste autorita di emigrazione a portare e difendere le ragioni di questi poveri pasegieri […] Ancora quela sera siamo partiti viagiando per il canale di Zuez, e la matina dopo era in canpo a buon ora in coperta del Bastimento a guardare intorno sule rive del canale, dove si fiachegiava l’Africa da una parte e la Asisa da quel altra,,,, era in questo insmo di tera che una volta era pasato il nostro signore aconpagnato dai suoi genitori a recarsi in Egito (GS 42‒43)
Diese Abweichungen bereiten meist keine großen Rezeptionsprobleme, da die oft fehlende interpunktorische Strukturierung häufig durch andere graphische (Absätze, Einsatz von Majuskeln am Satz-, Absatz- oder Seitenbeginn) oder lexikalische (Gliederungssignale, Konnektoren, vgl. Kapitel 4.1.2.1.1 und 4.2.1.2) Mittel aufgefangen wird, vor allem in parataktischen, wenig untergliederten Äußerungen (vgl. Kapitel 4.1.2.3.1). Mit zunehmender Äußerungslänge und -komplexität wirkt sich das Fehlen der Interpunktion allerdings negativ aus, da es den Text unübersichlich und somit schwer verständlich macht (vgl. dazu Kapitel 4.2.2.3.3). Was die Akzentsetzung128 betrifft, so fehlen in den untersuchten Texten häufig Akzente, es werden zu viele verwendet und/oder sie werden an der falschen Stelle eingesetzt:
128 Dieser Teilaspekt orthographischer Normabweichung wird in der Beschreibung des italiano popolare bei Mocciaro (1991, 20‒21) als eigener Punkt aufgeführt. Fresu (2014, 212) erwähnt die Akzentsetzung als paragraphematisches Merkmal der Schriften von semicolti. Auch Hans-Bianchi (2001, 271‒272) stellt nicht-normkonforme Akzentsetzungen in den von ihr untersuchten cartoline popolari fest. Allerdings scheint es Ende des 19. Jahrhunderts, und damit auch zur kurz darauf beginnenden Schulzeit der meisten hier betrachteten Schreiber, zwar bereits eine einigermaßen gefestigte Akzentverteilungsnorm gegeben zu haben, die jedoch noch viele Ausnahmen zuließ bzw. trotz deren Vorhandensein noch viele Abweichungen auftraten (Catricalà 1995, 81‒82).
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3 Textexterne und -interne Einordnung
Die Autobiographie Rabitos unterscheidet sich dabei wieder deutlich von der standarditalienischen Akzentverteilung, z. B. bei di,la del piave, é, noi? di; qua? (94) / nello; scenteré lescalé […] non la veva detto;neallé pa drona;é nel meno;alla mia moglie (594) / nivoleva, una mitta? […] mitá, disolde (856). Typisch für Fontanazza ist das völlige Fehlen des Akzents, wie z. B. in cosi (4, 6, 29 und passim) / perche (6, 28 und passim) / il cafe (17, 648, 741) / la vereta (39, 202, 419, 648) / piu (39, 215) / scopio;la querra (375) / cioe (521) / chisa (594, 650) / cesu (650) / pa pa (824, 915) / socita (1014). Bei Clelia Marchi sind mehrsilbige Wörter der Norm entsprechend akzentuiert (z. B. vedrò 51 / pensò 51 / però 51 / papà 43), jedoch versieht sie häufig Einsilber ungeachtet der Standardregeln mit Akzent, z. B.: hà (13) / là nostra vita (13) / lè discqusioni (15) / Chi l’ò trattiene? (43) / lè à aggiustati (63). Die durchgehend standardkonformen Akzente in Bordonaros Autobiographie (z. B. Cosí 38 und passim / umanità 39 / è 65 und passim / perché 93 / Libertà 109 / già 109) sind teilweise für die Veröffentlichung des Textes nachträglich eingefügt worden. Eher zu viele als zu wenige Akzente setzt Valeria Furletti Zanolli, wobei sie nicht immer der Wortbetonung folgt, und ebenfalls häufig Einsilber akzentuiert, z. B. èravamo dàlla provincia (15) / sèmpre là nòstra (15) / peggiò (15) / eravamò (15) / à farmi là legna (25) / càruggine (47). Neben vielen standardkonformen Akzenten finden sich in den Texten Cecilia Rizzi Pizzinis fehlende (z. B. e arivato 132 / cioe 139 / puo 191 / la realta 197) und nicht norm-, aber betonungskonform gesetzte (z. B. ècco 132) Akzente. Bei Emilio Fusari, Giacinto Giacomolli, Giovanni Sighele und Gregorio Scaia fehlen die Akzente häufig: cosi (EF 27; GS 14 und passim), non e per questo (EF 68) / dall’unedi al sabato (GG 122) / in questa citta (GG 125) / giu (NS 5) / ordino (NS 5, pass. rem.) / eta (GS 32) / schiavitu (GS 43). Eugenio Mich beherrscht die Akzentsetzung weitgehend (aber z. B.: Quì si èra a circa 2 km in línea, 16), akzentuiert jedoch konsequent die erste Silbe bei Imperfekt-Formen von essere, z. B. èrano (5) / èra (8, 10, 16) / èravamo (8, 16) / èro (16). Somit ist die Akzentverteilung bei Bordonaro und Mich am standardnächsten, gefolgt von Marchi und Rizzi Pizzini; bei Fusari, Giacomolli, Sighele, Scaia sowie v. a. Furletti Zanolli und Rabito ist sie weiter vom Standard entfernt. Die überwiegende Zahl der Schreiber hat daneben Probleme mit der Großund Kleinschreibung.129
129 Dabei handelt es sich nach Cortelazzo (1972, 122), Rovere (1977, 94‒95), Berruto (1986, 172; 3 1997b, 67‒68), Mocciaro (1991, 24), D’Achille (1994, 66‒67), Hans-Bianchi (2001, 269‒270,
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Großbuchstaben fehlen im Text Rabitos weitgehend, was vor allem wohl dadurch bedingt ist, dass er seine Autobiographie mit einer mechanischen Schreibmaschine130 verfasst hat, die ohne Drücken der Feststelltaste immer Minuskeln produziert (vgl. dazu auch D’Achille 1994, 66‒67), was aber sicherlich auch in Verbindung mit der eher seltenen und dann wohl auch eher zufälligen Verwendung von Punkten zur Markierung von Satzenden zu sehen ist. Im Text finden sich daher keine Wörter, deren Anfangsbuchstaben groß geschrieben werden, weil sie am Beginn eines (vom Leser meist nur zu vermutenden) Satzanfangs stehen. Die wenigen Majuskeln, die im Text einzeln (d. h. nicht in Gruppen) erscheinen oder nur Teile von Wörtern abdecken, sind als Druckfehler zu werten: a 20. 2I? Anno (133) / CIORne (310) / allaltrO (351). Selbst Eigennamen (u. a. Vor- und Nachnamen von Personen, Titel und Toponyme wie Straßen-, Orts-/Städte- und Ländernamen) werden von Rabito bis auf wenige Ausnahmen (z. B. padre Gatto, 758‒759) klein geschrieben, so z. B. rabito vincenzo (1, 482) / chiaramonte; gulfe (1) / siragusa (1) / lafrica (342) / paolo (342) / corso; italia (916) / cavaliere distefino (916). Wenn Rabito Großbuchstaben verwendet, dann meist bei ganzen Wörtern oder Syntagmen: Zum Teil scheint der Autor damit wie in den nachstehenden Beispielen eine hervorhebende Absicht zu verfolgen, indem er so Lautstärke oder Satzakzent (d. h. das Rhema der Aussage) ikonisch darstellt: chi,sta; qui;xxx RABITO. VINCENZO […] il 20. febraio; alle;ore;I0.se, deve, trovare; a, SIRAQUSA (15)131 / nesuno; diceva, di NO? con ilcapitano (117) / viva il nostro; ametissomo; DUCE (279) / e turiddo a persso; piu di 2/MILLIONE.DI SOLDE (927). Dass es sich dabei nicht um einen bloßen Zufall handelt, zeigt sich auch an anderer Stelle, an der der Autor mit der Wiederholung eines Buchstaben ein weiteres Mittel der graphischen Hervorhebung anwendet: io;ciodetto; ooooo ! pro vessore, qui, nonsipostare (175). Es finden sich aber auch Beispiele, bei
279‒280; 2005, 94, 202‒209), Malagnini (2007, 215, 219, 221) und Fresu (2014, 212) um ein Kennzeichen des italiano popolare. 130 Die Tatsache, dass Rabito nicht mit der Hand schrieb, sondern eine Schreibmaschine verwendete, hat wohl weniger damit zu tun, dass er auf diese Weise schneller vorankam (sein Sohn gibt in den Daten zu Autobiographie und Autor an, dass Rabito nicht maschinenschreiben konnte), sondern vermutlich eher damit, dass er bezüglich der schreibschriftlichen Buchstabenproduktion und -verbindung unsicher war, da er – abgesehen von seiner Autobiographie – gewiss nicht oft geschrieben hat. Sicherlich wollte er damit auch erreichen, dass sein Text gut lesbar ist, was auf ein gewisses Streben nach schriftstellerischer Perfektion bzw. auf eine zumindest eingerechnete, wenn nicht geplante Veröffentlichung hindeutet. 131 Hier liegt zwischen den Kommunikationspartnern eine räumliche Distanz, da die Person, die die Frage stellt, sich auf der Straße vor einem Haus befindet und zu einem Fenster in einem oberen Stockwerk hinaufruft, an dem der andere Kommunikationspartner steht.
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denen der Autor vermutlich einfach versehentlich die Feststelltaste für den Großdruck eingerastet hat, und dies erst bemerkt hat, nachdem er ein Wort bereits zu Ende geschrieben hatte. Man kann außerdem nicht von einer beabsichtigten Hervorhebung von Wörtern ausgehen, bei denen den Okkurrenzen der Großschreibung auch solche der Kleinschreibung gegenüberstehen, oder bei denen eine besondere Bedeutung für den Autor aufgrund des Kontexts unwahrscheinlich ist: GURIZIA (35, 142, 155‒157, 161‒163) / o; 8? NOVEMBRE.cianno, farro; la sbeglia, prestissimo (133) / povera, ITALIA. […] povera,italia (170) / IN 7? otto;ciorne (220) / di: NICOSIA (242) / a, ENNA (240, 242, 337, 397) / 2. O. 3? ORE (369).132 Wie in einigen dieser Beispiele finden sich groß gedruckte Wörter häufig in der Nähe von Strichpunkten, Fragezeichen oder Doppelpunkten, so dass hier tatsächlich die versehentlich bereits vor oder noch nach diesen Zeichen gedrückt gehaltene Hochstelltaste der Schreibmaschine eine Rolle zu spielen scheint, auch wenn Rabito dies sonst in seinem Text (in dem Strichpunkte sehr frequent sind) nicht passiert. Mich und Furletti Zanolli haben in diesem Bereich der Orthographie keine Schwierigkeiten, und der Text von Bordonaro wurde hierin einer weitgehenden Normierung unterzogen. Die übrigen Autobiographien zeichnen sich (außer bei konsequent groß geschriebenen Wörtern an Satzanfängen) überwiegend durch vom Standard abweichende Klein- bzw. Großschreibung aus, jedoch enthalten diese Texten im Gegensatz zu Fontanazza keine Wörter, die nur aus Majuskeln bestehen. Es finden sich z. B. folgende nicht normkonforme Belege: africa (CM 33) / bologna (CM 41) / nell’azzuro cielo brillanti Splendon le stelle (CP 160) / miei zii rizzi […] i zii Rizzi (CP 203) / poi Sono stato interogato (EF 15) / monte baldo (EF 19) / Lasiando Molie Genitori e fili (GG 117, 119) / fieme (GG 118‒119, ) / ci dava della Buona zupa (GG 124) / maledeto Italiano (NS 2) / una Fregata da guera (GS 63) / tirate dai Buoi e coi cavali (GS 73)
Die Schreibung der (etymologischen) Formen von avere bereitet den Autobiographen ebenfalls Schwierigkeiten. Diejenigen Formen aus dem Verbparadigma von avere, die ein etymologisches h- im Standarditalienischen bis heute
132 Auch wenn groß geschriebene Ortsnamen von Städten wie Gorizia, Nicosia oder Enna (aber auch curizia 34 / necusia/nicosia 242 / enna 529) zum Teil sogar (zumindest innerhalb einer begrenzten Seitenzahl) relativ frequent vorkommen, lässt sich aus der Erzählung der Ereignisse, die Rabito dort jeweils erlebt hat, keine größere subjektive Bedeutung dieser Orte im Vergleich zu anderen Orten wie z. B. Chiaramonte Gulfi oder Siracusa entnehmen, die klein (s. o.) geschrieben wurden. Rovere (1977, 94) und D’Achille (1994, 67) stehen einer Interpretation der Großschreibung als Ausdruck der subjektiven Bedeutung bzw. Achtung, die ein Autor bezüglich der so bezeichneten Dinge, Gefühle und Personen empfindet, generell skeptisch gegenüber.
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bewahrt haben, werden meist ohne dieses rein graphische Unterscheidungsmittel geschrieben, was nicht verwunderlich ist, da es ja lautlich nicht realisiert wird. Stattdessen wird manchmal ein Akzent gesetzt, wie dies bei semicolti häufig zu beobachten ist,133 manchmal aber auch nicht. In den Texten erscheinen (mit Ausnahme der orthographisch überarbeiteten Ausgabe Bordonaros und dem in diesem Bereich standardkonformen Originaltext Michs) z. B. folgende Fälle der 1., 2., 3. Person Singular und der 3. Person Plural, bei denen h- fehlt: 1. Pers. Sg.: ciodetto (VR 230, 315, 437, 863, 980) / miopreso (VR 824) / o raccontato (CM 13) / ò compiuto (CM 17) / ò fatto (VZ 57) / ovisto (CP 133) / o lavorato (GG 125) / o chiesto (NS 2) 2. Pers. Sg.: che cosa; aifatto (VR 33) / aie, voglia (VR 315) / tu ai un po di coragio (NS 11) 3. Pers. Sg.: miadetto (VR 109, 230, 617, 733, 824, 980 und passim) / siammesso (VR 437, 765, 863, 927, 980) / À scritto (CM 13) / à cominciatto (VZ 65) / non si a sue nuove (CP 131) / il paese a saputo (CP 134) / a potuto (EF 37) / cia fatto fare… (GG 118) / mi a incaricato (NS 1) / a oservato (GS 35) / a gridato (GS 55) 3. Pers. Pl.: anno messo (VR 2) / cianno;detto (VR 2) / anno;tutte,ra gione (VR 733) / mianno telefonato (VR 824) / li anno fatti inginocchiare (CM 32) / le anno taliati (VZ 26) / anno aperto (VZ 64) / ci an trovato (EF 36) / mi an pigliato (EF 101) / non ano detto (NS 8)
Ferner äußern sich die Schwierigkeiten, die die Textschreiber mit der standarditalienischen Rechtschreibung haben, im Vertauschen, Weglassen oder Hinzufügen von Buchstaben(gruppen) entgegen der orthographischen Norm. Wie die folgenden Fälle zeigen, kann dies verschiedene Ursachen haben: Zum einen lassen sich Abweichungen vom Standarditalienischen hinsichtlich der Beachtung normativer Schreibkonventionen bei Di- und Trigrammen134 feststellen:
133 Vgl. dazu Cortelazzo (1972, 123), Rovere (1977, 95), Mocciaro (1991, 21), D’Achille (1994, 67), Berruto (31997b, 67‒68), Hans-Bianchi (2001, 272; 2005, 98), Malagnini (2007, 219) und Fresu (2014, 212). Allerdings sind die akzentuierten Formen ohne h- im Standard möglich, wenn auch selten (Sensini 1990, 275). 134 Die Schreibung normativ willkürlich festgelegter, d. h. nicht lautlich motivierter Di- und Trigramme bereitet semicolti häufig Schwierigkeiten (Berruto 1986, 172; Mocciaro 1991, 22‒23; D’Achille 1994, 67; Hans-Bianchi 2005, 99; Fresu 2014, 212).
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[k]/ als :135 siraqusa (VR 882) / qucina (CM 13) / quoca (CM 20) / qugini (CM 58; VZ 92) / quniglio (VZ 26) / oqupatto (VZ 62) / trasqurata (VZ 92) / qugino (CP 126, 135, 142) / qugnata (CP 144) / al siquro (EF 80) / a malinquore (GG 128) [kw]/ als : pascua (VR 2) / licuore (VR 64, 980) / scuadra (VR 354) / cuesti (CM 66) / alcuanti (CP 177) [k]/ vor Palatalvokal als : a riscio (VR 112; VZ 67, ) / macene (VR 136, ) / faceva scifo (VR 457) / la mascera (EF 93) [k]/ vor Velarvokal als : amicha (VR 273) / marcha (VR 481) / qualchuno (CM 42) / seccha (VZ 79) / pocha (EF 83) / vaccha (EF 107) [t∫]/ vor Palatalvokal als : litraccie (VR 352) / innnociente (VR 711) / la falcie (VR 1006) / là camicietta (VZ 66) / salcicie (VZ 92) / facieva (CP 191) [∫]/ vor Palatalvokal als : reconoscieva (VR 77) / pescie (VR 267, Sg.) / nascie (VR 375, 746, ) / sciecca (VR 561) / angoscie (EF 80) [ɲɲ]/ als : lengna (VR 57, 267) / congnato (VR 397) / singnora (VR 812) / ingnoti (EF 11); als : campagniolo (VR 22) / sognio (VR 50, ) / ogniuno (TB 120, 126) [lj]/
, statt , statt (Hinweis auf Sonorisierung 146 in norditalienischen – z. T. auch süditalienischen – Texten, auf Lenisierung 147 in süditalienischen Texten; oder Hyperkorrektismus), z. B.: la butana (VR 1, 150, 206) / di bputane (VR 381) / tuddu (VR 38) / li pandalune (VR 150, 775) / piedtra (VR 235, 620) / quelle; ebiche (VR 212, 235, 561, ) / credino (VR 302) / suoggiro (VR 379) / la padtria (VR 472) / liamiregane (VR 479) / una vamba (VR 489) / lentrada (VR 762) / trobbo (VR 875) / vaganze (VR 967, 992) / Andonino (TB 85) / sulla banchina (TB 109) / degorazione (TB 113) / altre sindomi (TB 121) / drecce (VZ 26) / fragasso (EF 61) / gente ingonosciuta (EF 69) / cingue (NS 1) / guatro (NS 1, 3) / guando (NS 2, 6 und passim) / guel (NS 2 und passim)148 / duga (NS 6) / vegnudi (EM 14)
statt , statt , statt (Hinweis auf Desonorisierung 149 in süditalienischen Texten oder Hyperkorrektismus – v. a. in norditalienischen
146 Vgl. z. B. Rohlfs (1966‒1969, §§ 197, 201‒203, 207), Sanga (1984, 9, 176; 1997, 254, 257), Lepschy/Lepschy (1986, 58), Lurati (1988, 487), Geckeler/Kattenbusch (21992, 24‒25), Grassi/ Sobrero/Telmon (82007, 113‒114) und und Fresu (2014, 212). 147 Eine Lenisierung stimmloser Okklusiva kann in den sizilianischen Dialekten intervokalisch (ganz Sizilien: Pitrè 1875, 29, 32; De Gregorio 1890, 58, 76, 94‒95; Lepschy/Lepschy 1986, 58; Varvaro 1988, 720; 1995, 233; Mocciaro 1991, 28‒29; D’Agostino 1997, 103‒108, 111) und in postnasaler Stellung (Süditalien und Teile Siziliens (auch im SO): Devoto/Giacomelli 1972, 147; Bigalke 1997, 41‒42; D’Agostino 1997, 98‒103, 110; D’Achille 22006, 197; area catanese-siracusana: Piccitto 1959, 184; it. reg. sic.: Tropea 1976, 20‒21, 24) erfolgen, wobei im Extremfall sogar eine vollständige Sonorisierung erreicht werden kann (Varvaro 1988, 728; D’Agostino 1997, 98, 100, 104‒105). In intervokalischer oder postnasaler Stellung kann Lenisierung nicht nur bei stimmlosen Okklusiva, sondern auch bei der stimmlosen palatalen Affrikate [t∫] (Pitrè 1875, 33; Mocciaro 1991, 28‒29) erfolgen. Lenisierung kann auch im Kontakt mit den Liquiden l und r stattfinden – Varvaro (1988, 720) spricht sogar von einer Sonorisierung von stimmlosen Konsonanten, denen r folgt. Die bei Rabito häufig auftretenden Doppelgraphien wie oder sind als Hinweis auf die wahrscheinliche phonetische Realisierung in seinem Dialekt besonders aufschlussreich, bilden aber auch gleichzeitig seine orthographische Unsicherheit ab. 148 Da Giovanni Sighele im untersuchten Abschnitt seiner Autobiographie ausschließlich statt verwendet, könnte es sich auch um ein rein (ortho-)graphisches Problem bzw. Unkenntnis des Buchstabens q handeln; dagegen spricht allerdings die Tatsache, dass immer auf Vokal(-auslaut des vorangehenden Wortes, einmal auch auf Nasal) folgt. 149 Stimmhafte Plosive (intervokalisch oder postnasal: Consolino 1986, XLII‒XLIII; Mocciaro 1991, 29‒30; Ruffino 2012, 84; Fresu 2014, 212; nur intervok.: De Gregorio 1890, 65, 88, 98; Bigalke 1997, 32; auch nach r: Pitrè 1875, 30, 34‒35; auch vor r: Varvaro 1988, 720‒721; nur postnasal: Leone 1982, 112; in Ragusa: Piccitto 1941, 24; 1959, 184; Tropea 1976, 20‒21) und die Affrikate [dƷ] (postnasal: Pitrè 1875, 34; De Gregorio 1890, 91; Devoto/Giacomelli 1972, Tropea 1976, 20‒21; Consolino 1986, XLV‒XLVI; 147; Varvaro 1988, 721; Mocciaro 1991, 29‒30; Bigalke, 1997 42) sind in vielen sizilianischen Dialekten von Desonorisierung betroffen, wobei es sich der mehrheitlichen Meinung nach nicht um einen reinen Hyperkorrektismus zum gegenläufigen Lenisierungsprozess der stimmlosen Plosive, sondern um ein kohärent auftretendes dialektales Phänomen handelt (vgl. z. B. Varvaro 1988, 720).
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Texten150), z. B.: stimmhafte Plosive: crante (VR 1, 22, 40, 88, 178) / un carzune (VR 5) / quinte (VR 5, 115, 178, 206, ) / lunche (VR 22) / antare (VR 22, 59) / crazie (VR 88) / compinazione (VR 88, 770, 804) / il;monto (VR 150, 967) / borchese (VR 180, 206) / recalo (VR 206) / incalera (VR 269) / perioto (VR 381) / compattere (VR 426) / inchelise (VR 445, ) / abitutene (VR 445) / defentere (VR 644) / vetraie (VR 992) / ficura (VR 1011) / si sono messi alliticare (TB 16) / il catavere (TB 68) / finquanto (TB 109) / il tottore (VZ 85) / due quardie (EF 59) / una camba (GG 117); statt (nur in den siz. Texten): lecie (VR 2, ) / enercia (VR 3) / racione (VR 5, 711) / alraciuncere (VR 22) / recemento (VR 22) / pricionere (VR 59, 88) / refuccio (VR 88) / liacente (VR 150, ) / incegniere (VR 352) / piancere (VR 426) / di una crossizza; cecantsca (VR 466) / lancelo (VR 503) / ciardino (VR 679) / immacine (VR 967) / concelato (TB 15) Doppel- statt Einfachkonsonant (Hinweis auf Geminierung151 in süditalienischen Texten, hyperkorrekt v. a. in norditalienischen Texten), z. B.: -[bb]-: robbe/robba (VR 68, 150, 206, 972) / abbile (VR 302) / 24 metre cubbe (VR 762) / abborto (TB 55); -[ddƷ]-: raggione (VR 5, 269, 1011) / prevaleggio (VR 238, ) / suoggiro (VR 379, nach Leni-/Sonorisierung); -[mm]-: siammo (VR 88, 115, 206) / lofaciammo (VR 5) / 2. cammicie (VR 100) / abbiammo (VR 404) / cammira (VR 453) / insiemme (VR 588); -[rr]-: carreco (VR 150) / cantierre (VR 257) / necisarrio (VR 297) / lavorarre (VR 353); nordit. Texte: frattello (CM 19, 21, 23, 29, 34‒35) / un sorisso (CM 50) / creppare (CM 59) / sollo (VZ 20) / èrro così arabiatta (VZ 26) / il fienno (VZ 26‒27) / fàticca (VZ 27) / sono stàtta (VZ 58) / vestitto (CP 133) / pocco (CP 162) / firmaronno (CP 168) / cibbo (CP 186) / di serra (GG 121) / a potutto (NS 11) Einfach- statt Langkonsonant (Hinweis auf Degeminierung152 in norditalienischen Texten, hyperkorrekt v. a. in süditalienischen Texten153), z. B.: nesuno (VR 1) / nolegio (TB
150 Tomasini (1960, 120) führt die Desonorisierung z. T. auf den Einfluss deutsch-tirolischer Aussprache zurück. 151 Zwischen Vokalen liegen in den sizilianischen Varietäten folgende Konsonanten immer als Geminaten vor: -[bb]- (im italiano regionale siciliano: Tropea 1976, 20; Leone 1982, 112; in ganz Sizilien: De Gregorio 1890, 127; Piccitto 1959, 183; Varvaro 1988, 720; Mocciaro 1991, 27‒28; in Vittoria: Consolino 1986, XLII; in Ragusa: Piccitto 1941, 26), -[ddƷ]- (im it. reg. sic.: Tropea 1976, 20; in ganz Sizilien: De Gregorio 1890, 127; Varvaro 1988, 720‒721; Mocciaro 1991, 27‒28; in Vittoria: Consolino 1986, XLV-XLVI; in Ragusa: Piccitto 1941, 23, 26). Generell kann eine konsonantische Längung intervokalisch innerhalb eines Wortes, vor allem in Proparoxytona, unmittelbar nach dem Haupttonvokal erfolgen (Pitrè 1875, 40; De Gregorio 1890, 107, 127; Rohlfs 1966‒1969, § 227; Varvaro 1988, 719‒720; 1995, 233; Bigalke 1997, 46), und betrifft dann u. a. die Laute -[mm]- (De Gregorio 1890, 107, 127; Varvaro 1988, 719‒720; 1995, 233) und -[rr]- (Varvaro 1988, 719‒720; Mocciaro 1991, 27‒28; D’Achille 22006, 198; in Ragusa: Piccitto 1941, 24, 26). Ruffino (2012, 84) findet dieses Phänomen ebenfalls im Text von Vincenzo Rabito. 152 Vgl. z. B. Tomasini (1960, 120), Rohlfs (1966‒1969, § 229), Formignani (1978, 246), Sanga (1984, 9, 18, 175; 1997, 254), Lepschy/Lepschy (1986, 63), Pernèchele (1989, 31, 37), Geckeler/ Kattenbusch (21992, 25), Cordin (1997, 260), Grassi/Sobrero/Telmon (82007, 107, 115) und Fresu (2014, 211) sowie Kapitel 3.3.1 dieser Arbeit. 153 Vgl. z. B. Ruffino (2012, 84).
3.3 Stellung der Korpustexte innerhalb des sprachlichen Diasystems
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31) / deficoltà (TB 68) / i fazolete (TB 109) / scrite (CM 44) / cafèlate (VZ 26) / mangiasero (VZ 27) / ratopati (VZ 36) / atenzione (VZ 47) / arivato (CP 128‒129, 168) / solievo (CP 140) / batezato (CP 165) / freda (CP 200) / masicio (EF 12) / vechi (EF 24) / si alontana (EF 38) / azuro (EF 54) / feri (EF 99) / orendi (GG 121) / picoli (NS 1) / atenti (NS 5) / belisima (NS 7) / sorela (GS 10‒11) / abiamo viagiato (GS 26) / la guera (GS 35) / dela vale di Ledro (GS 46) / pasegieri (GS 59)
Die Texte norditalienischer Herkunft enthalten zudem mit statt häufig Schreibungen, die den weit verbreiteten dialektalen Lautwandel der Konsonantengruppen -SC- (+ palataler Vokal), -(R)SJ-, -CS- und -TJ- zu [s]154 (statt zu it. [tts] / [(tt)∫(∫)]) widerspiegeln, so z. B. in: creserà (CM 68) / rovesiare (CM 18) / crese (VZ 37) / sintille (VZ 55) / fasiatto (VZ 66) / siagure (CP 196, < EXAUGURATAS) / sugerise (CP 197, 3. Pers. Sg. Präs.) / pasienza (EF 36, 37, 92) / inconosibile (EF 80) / lasiare (GS 6, 19) / in Svisera (GS 15) / fasia (GS 21, 40); folgende Graphien CPs sind genau gegenläufig ( statt ): ascini (124)155 / viscita (131) / tosce canina (195, ) / disci (197, ) / lanscia (197, ) / quasci (204) / rascegnazione (204)
Der sizilianische Dialekt Rabitos weist mit -CS- > [ss]/[∫∫] (vgl. Pitrè 1875, 33; De Gregorio 1890, 81, 104; Bigalke 1997, 43) einen ähnlichen Lautwandel auf, der sich im Text wie folgt äußert: silasavino tocare (40, < LAXARE) / miellio;che;la sasse,la;casa (456) / lo allasato; amme (711).
3.3.3 Morphosyntax Die untersuchten Texte zeigen im Bereich der Verbformen einige Abweichungen vom Standarditalienischen, die ihre Ursachen in der Morphologie der Heimatdia-
154 Vgl. zu dieser Art der Assibilierung Tomasini (1960, 89, 92‒93, 95, 99, 101‒103, 110‒113, 119), Rohlfs (1966‒1969, §§ 265, 266, 287, 290, jeweils neben möglicher Palatalisierung zu [∫] bzw. [Ʒ]), Devoto/Giacomelli (1972, 42‒43), Sanga (1984, 18‒19, 23, 27, 45‒51, 54‒59, 176‒177; 1997, 254), Lepschy/Lepschy (1986, 59‒61), Massariello Merzagora (1988, 77, 81‒82, 84‒85, 97), Pernèchele (1989, 33‒36), Bonfadini (1991, 41, 47‒48, 59), D’Achille (22006, 195) und Grassi/Sobrero/Telmon (82007, 110‒113). 155 Belegt bei Massariello Merzagora (1988, 93); vgl. zu einer eher (apiko-)alveolaren Aussprache von im Trentino Pernechele (1989, 35) und einer eher alveopalatalen Realisierung in Teilen der Lombardei Sanga (1984, 6, 50‒51). Tomasini (1960, 79, 120) berichtet von einer palatalisierten, stimmlosen Aussprache von (wie ) in trentinischen Dialekten mit Ausnahme von Fiemme und Fassa. Die Tendenz einiger norditalienischer Dialekte zur Palatalisierung von intervokalischem -S-, insbesondere nach i, beschreibt auch Rohlfs (1966‒1969, § 211). Trotzdem lässt sich Hyperkorrektismus hier z. T. nicht ganz ausschließen.
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lekte156 der Schreiber oder in ihrer unzureichenden Kenntnis der Standardmorphologie haben, z. B.: il suo latte erava pare al latte umano (TB 12) / il mio cognato […] erava il mio traditore (TB 90) / eravano circa le nove di sera (TB 98) / eravano giardini (TB 104)157 / il primo che si à veduto (VZ 74) / vegna pure (CP 144) / vo vedere (CP 170, ) / li fo ceno (CP 171, ) / non lo più veduto (CP 181) / cosi che per le 5 saressimo stati pronti (EF 27) / bevere (EF 58, ) / andavemo (GG 124) / di giorno si fava polenta fuori (GS 14, + fava 27, 54, 79, 87, 92) / avresimo mangiato (GS 14) / qualunque movimento che si posia inmaginare (GS 54) Bei Rabito erscheinen u. a. folgende dialektale Formen:158 Präsens Indikativ: saccio (202, 762) / sape (202, 828) / puonno (162, 202) / puole (202) / dicino (685) / sogno;fortenato (859); Imperfekt Indikativ:159 erino (11, 82, 166, 248, 317, 392 und passim) / venevino (82) / quadagnavino (248); passato remoto:160 partiemmo (11, 609, 610) / potiemmo (11, 248, 471) / fuommo (317) / teniemmo (610)
Innerhalb des Verbalsyntagmas ist für die sizilianischen Dialekte die generelle Verwendung von aviri als Hilfsverb typisch. Zur Bildung der zusammengesetzten Zeiten tritt aviri dort daher im Gegensatz zum Standarditalienischen auch zusammen mit intransitiven und reflexiven Verben auf (Pitrè 1875, 73; Rohlfs 1966‒1969, §§ 729, 731; Tropea 1976, 15; Leone 1982, 127, 136; 1995, 34‒35; Consolino 1986, LX; 1994, 214; Varvaro 1988, 723; Mocciaro 1991, 56‒57; Ruffino
156 Für lombardische und trentinische Dialekte vgl. Tomasini (1960, 80, 90), Rohlfs (1966‒1969, §§ 544, 546, 551, 554, 562, 622), Lurati (1988, 497‒498), Massariello Merzagora (1988, 100‒103), Pernèchele (1989, 65), Bonfadini (1991, 42), Cordin (1997, 260‒261) und Agarotti (2005, 272‒281); für sizilianische Dialekte vgl. Anm. 158; vgl. zu Interferenz mit dialektaler Morphologie als generelles Kennzeichen des italiano popolare z. B. Fresu (2016a, 329). 157 Diese Formen von essere entsprechen keiner sizilianischen Konjugation (vgl. dazu Pitrè 1875, 61; Leone 1980, 100‒101; Varvaro 1988, 722‒723; 1995, 235; Bigalke 1997, 60‒61). Eventuell handelt es sich um analoge Bildungen zum Imperfekt von avere. 158 Vgl. dazu generell: Pitrè (1875, 61‒72), Sgroi (1979‒1980, 184‒185, 189‒190, 202), Leone (1980; 1982, 126‒127), Leone/Landa (1984), Consolino (1986, LIV‒LXX; 1994, 210‒243), Varvaro (1988, 722‒723; 1995, 235), Mocciaro (1991, 37‒39), Ruffino (1991, 121‒124; 2012, 85) und Bigalke (1997, 55‒69). 159 Die dritte Person Plural wurde von Rabito ausschließlich (d. h. es finden sich keine Gegenbeispiele im Text) mithilfe der (lokal-)dialektalen Endung -vino bzw. (bei essere) mit der dialektalen Form erino gebildet (Pitrè 1875, 64; Leone 1980, 98, 101; Consolino 1986, LVII, LXIII; 1994, 217, 222‒223). 160 Bei fuommo (auch VR 2, 18, 31, 45, 108, 141, 167, 507, 616, 739) wurde der metaphonetische Diphthong analog zur 3. Person Plural pass. rem. fuorru (< FÚ(Ĕ)RUNT x FŎRENT, vgl. auch Rohlfs 1966‒1969, § 583) übernommen (Leone 1980, 38, 115; Consolino 1986, LXIII; 1994, 217). Das passato remoto der Verben auf -iri wird in metaphonetischen Dialekten wie dem Rabitos in der 1. Pers. Pl. mit -iemmu gebildet, wodurch sich die Formen auf -iemmo erklären (Leone 1980, 104‒105, 112‒113; Consolino 1986, LVIII; 1994, 223‒224).
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2012, 85). Bei Rabito und Bordonaro kommt dieses dialektale syntaktische Phänomen sehr häufig vor, z. B. bei: siafenito; il lavoro (VR 3) / siamesso; a piancere (VR 3) / sianno; salutato (VR 4) / abiammo; arrevato (VR 4, 31) / anno;scapato (VR 31) / avemmo;stato (VR 31) / mia parso (VR 68) / ciabiammo; deviso (VR 162) / anno;passato;3? ciorne (VR 273) / siaveva, informato (VR 273) / noi;loabbiammo;antato;a trovare (VR 576) / a quarito (VR 979) / mi ho messo tutto pronto (TB 98) / subito abiamo partito per l’ospedale (TB 125)
Bei Bordonaro finden sich zudem hyperkorrekte Formen mit essere: siamo aspettate fino alle tre di pomeriggio (TB 31) / mi sono accompagnate al porto mia mogli e due dei miei figli (TB 99). Auch die anderen Autoren verwenden bei reflexiven Verben, intransitiven Verben mit indirektem Objektspronomen oder bei unpersönlichen Konstruktionen häufig avere statt essere als Hilfsverb:161 quanto che mi avrebbe piaciuto (CM 54) / mi à sembratto (VZ 26) / il primo che si à veduto (VZ 74) / pochi anni dopo di aversi rinpatriati (GS 32). Beim Gebrauch von Präpositionen weichen die Autobiographien, wie die folgenden Beispiele zeigen, vor allem bei da/di, a und in, aber auch in anderen Fällen immer wieder vom Standard ab:162 di statt da: di chiaramonte, si quardava (VR 4) / una fame; di un lupo (VR 4) / avemmo; una sorella, dimaretare (VR 238) / aveva; lavorato;di quanto aveva, 7/ anni (VR 402) / io;milevo; della miseria (VR 402) / eminesono; antato;di questa,commissione (VR 616) / avevino; stato;ammazate ,dei parteciane (VR 665) / io vineva della voro (VR 883) / si è ristabilita dei pericoli (TB 13) / spezzato di dolore (GG 105) da statt di: nesuno; dai nostre; paisane (VR 31) / maresciallo; da;carabiniere (VR 665) / da parte,dai parteciane (VR 665) / la mamma dai rabite (VR 705) / tu;sempre parlle;male dai miei (VR 883)
Diese Vertauschungen erklären sich in den sizilianischen Texten, in denen sie überwiegend auftreten, dadurch, dass im Sizilianischen nur die Präposition di,
161 Bei Agarotti (2005) und Rognoni (2005) finden sich für lombardische Dialekte keine Hinweise auf eine Generalisierung von avere in diesen Fällen; Rohlfs (1966‒1969, § 731) erwähnt dies nur für einige Gebiete Norditaliens, v. a. im Veneto. 162 Vgl. dazu auch Rohlfs (1966‒1969, §§ 798, 804, 807, 833). Kurze Zusammenfassungen der jeweiligen norditalienischen Präpositionalsysteme finden sich bei Agarotti (2005, 281‒282, für lombardische Dialekte) und Pernèchele (1989, 62‒63, für trentinische Dialekte). Berruto (31997b, 65), Malagnini (2007, 236‒237, 246), Fresu (2014, 213‒214) und Krefeld (2016, 268) erwähnen Übergeneralisierungen, Vertauschungen und Akkumulationen von Präpositionen als generelles Kennzeichen des italiano popolare.
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nicht aber da existiert, so dass di auch die Funktion von da als Präposition für die Angabe von Herkunft, Ausgangspunkt, Wegbewegung, räumlicher und zeitlicher Distanz, Aufenthaltsort (bei Personen) und des Agens in Passivkonstruktionen übernimmt. Die Fälle von da statt di sind daher als hyperkorrekt einzustufen (Tropea 1976, 15‒16; Leone 1982, 129; 1995, 50‒51; Varvaro 1988, 723; Mocciaro 1991, 43‒44; Consolino 1994, 245‒246; Ruffino 2012, 85). Systematisch erscheinen ebenfalls relativ häufig die folgenden Fälle: a statt da/di (Leone 1982, 129; 1995, 51; Mocciaro 1991, 44; Consolino 1994, 245‒246): portarlle alle padtrone (VR 527) / per causa a difentere la padtria (VR 665) / capace a niente (VR 827) / me la sono cavata a non andare io alla guerra (TB 40) / essere schiavo al lavoro e alla miseria (TB 45‒46) / vi vergognate à sgridare (CM 14) / lè dispiaceva à vedermi (CM 42); umgekehrt: penzaie di quella lettra (VR 273) in statt da/su (Richtungs- und Ortsangabe: Tropea 1976, 15, 43; Leone 1982, 129; 1995, 52‒53; Varvaro 1988, 723; Mocciaro 1991, 44): la stapevito; portanto;in uno;salto (VR 202, ) / nello;sciecco; noncivoleva cavalcare, piu (VR 238) / sennevanno; nei carabiniere (VR 238) / siete, antato, nella moglie nel notaio;melfe (VR 481) / antiammo;nellavucato; rizza (VR 763) / antiammo;nelle monice,di santatresa (VR 859) / caricato tutto […] nei muli (TB 13) sonstige Vertauschungen: passare, uno poco,ditempo; della casa: di ciovanne (VR 162, di statt in) / avemmo;penzato; solo;per aballare (VR 238, per statt a) / io sono stàtta sempre pasionata per il ballo (VZ 58, per statt a/di) / sucede anche conme (CP 194, con statt a) / rifletere ali avenimenti passati (EF 47, a statt su)
In einigen Fällen, in denen im Standarditalienischen eine Präposition steht, lassen die Autoren diese in ihren Texten weg, was sich zum Teil eventuell als Flüchtigkeitsfehler oder aber in manchen Beispielen auch als freies Thema (vgl. dazu Kapitel 4.2.1.3.1) erklären lässt: e io ciodetto; signore,si,perche, Ø soldato; sempre; sedeve dire signore si (VR 31) / perche Ø tiempo;di querra,si muore,sicuro (VR 665) / dipendeva Ø in che paese si abbitava (VZ 72) / Ø gli altri nissuno là comprendeva (VZ 85) / asieme Ø tante altre ragaze (GS 11) / asieme Ø sua famiglia (GS 73) / cominciano alle 3 Ø mattina (EM 16)
Beim eine mögliche oder irreale Hypothese ausdrückenden Konditionalsatz finden sich (v. a. bei Rabito)163 neben den Standardverhältnissen folgende, davon abweichende Muster:
163 Fontanazza weicht in diesem Bereich konsequent vom Standard ab, da sich in den untersuchten Ausschnitten aus diesem Text keine Konditionalformen finden, was auch damit zusammenhängt, dass der Modus Konditional in den sizilianischen Dialekten bis auf ein Vorkommen einzelner Formen in wenigen festen Wendungen nicht existiert. Stattdessen werden wie hier von Rabito Konjunktiv Imperfekt oder Indikativ Imperfekt eingesetzt (vgl. Pitrè 1875, 72; Tropea 1976,
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2 x Konjunktiv Imperfekt/Plusquamperfekt (häufigster Typ im Siz. nach Rohlfs 1966‒1969, § 744; Sgroi 1979‒1980, 201; Bonfante 1985, 4‒5; Varvaro 1988, 725; Consolino 1994, 255; Leone 1995, 74; Mocciaro 1991, 61; Bigalke 1997, 70‒71; Fresu 2014, 214): seio; non avesse, a te; potesse; morire (VR 3) / se per davero, lavessero;saputo;siavessero;arrabiato (VR 31) / la mia figlia, turidda; seavesse,auto; a sua padre; cila vesse fatto; la,dota; e mia figlia; fosse, maretata (VR 238) / seavesse stato;a roma,avesse stato; capace di trovareme una stanza (VR 827) 2 x Indikativ Imperfekt (weniger häufig im Siz.: Rohlfs 1966‒1969, § 749; Tropea 1976, 35; Sgroi 1979‒1980, 200; Varvaro 1988, 725; Consolino 1994, 255‒256; Bigalke 1997, 71; generell im italiano popolare: Blasco Ferrer 1990, 227; Berruto 31997b, 61; Krefeld 2016, 268; in schriftlichen Texten des italiano parlato: D’Achille 1990, 296‒297, 301‒302, 310‒311; fast schon als normativ normal akzeptiert: Fresu 2016a, 341): selo sapeva, cistava,a tento (VR 273) / se [io] ci rompeva la testa, io: mi nantava incalra (VR 758, ) / se mi prendeva èro preparatta per dirle una bugia (VZ 39) / Se io non lo vedevo, in pocchi minuti era morto svenatto!! (VZ 66) / se non li fermo il bracio lo dava sul testa (NS 8, fermo: historisches Präsens statt Indikativ Imperfekt) / se si andava ancora al di dentro […] aveva paura che si avese da tormentare ancora qualche altra testa pelata (GS 3, Indikativ Imperfekt nur in Protasis) Konjunktiv Plusquamperfekt + Indikativ Imperfekt (bei Rabito beides jeweils in Hauptund Nebensatz möglich; Konj. in Protasis, Ind. Imperf. in Apodosis = Bsp. VR 324: Sgroi 1979‒1980, 200; Mocciaro 1991, 61; Ind. Imperf. in Protasis, dann aber Apodosis im Konditional: Tropea 1976, 35; Sgroi 1979‒1980, 199‒200): se non ciavesse,stato; questa, crante,personaggio; noie; sicuro; che,ciammazavino;atutte (VR 324) / setifacevino;licessione, noi; la casa vechia la vessimo:potuto;vente;tutta,e avessimo;comperato:quella casa di saro; sciacco;e avessimo; lentrata, nuva e tutto;fosse nuovo (VR 788)
34‒35; Leone 1982, 128; 1995, 40‒41; Consolino 1986, LV; 1994, 210; Varvaro 1988, 725; Mocciaro 1991, 61; Bigalke 1997, 66‒67; Ruffino 2012, 85). Dagegen beschreibt Pernèchele (1989, 68‒69) als Abweichung vom Standardmuster nur den Fall «2 x Konditional» lediglich in ladinischen Gebieten des Trentino. Für die Lombardei erwähnen Agarotti (2005, 272‒281) und Rognoni (2005 14‒16) in diesem Bereich keine Abweichungen vom Standarditalienischen. Auch laut Rohlfs (1966‒1969, §§ 744, 749) treten die oben aufgeführten Konditionalsatzstrukturen in Norditalien räumlich nur sehr begrenzt in Erscheinung.
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3.3.4 Lexikon Untersucht man die Zusammensetzung des Lexikons der vorliegenden Texte,164 so fallen zunächst Lexeme aus standardfernen, diasystematisch stark markierten Varietäten auf. Man stößt zum Beispiel auf (lokal-)dialektalen bis (über-)regionalen, also diatopisch vom Standarditalienischen divergierenden Wortschatz165 wie: caruso (VR 5, 7, 516, 974, C/P: ‘fanciullo, giovanetto’; Devoto/Giacomelli 1972, 150: ‘ragazzo’; Ruffino 1991, 152: ‘bambino, ragazzo’) / li;puma,che, aveva;larbero (VR 38, pumo: C/P; Rohlfs 1981, 36‒37: ‘mela’) / questa camurria (VR 38, camurría: C/P: ‘noia/ fastidio’) / racina (VR 105, C/P; Devoto/Giacomelli 1972, 146; Rohlfs 1981, 16, 19; 1984, 42‒43; Varvaro 1988, 726: ‘uva’) / lo scecco/sciecco (VR 238, B/C/P; Pitrè 1870, 159; Devoto/Giacomelli 1972, 149; Caracé 1980, 293; Rohlfs 1981, 21 u. Abb. 23; 1984, 52; Consolino 1994, 181 und passim; Bigalke 1997, 79: ‘asino, somaro’) / queste, zaurde pupe (VR 262, C: ‘rozzo, grossolano, zotico, villanzone’) / io; viveva, alle spalle,delle donne, come,uno; mangniaccio (VR 273, magnaccia: D/Z: dial. ‘protettore di prostitute, pappone; est.: uomo che si fa mantenere da una donna’; C: ‘magnaccio; triviale epiteto ingiurioso e gravemente offensivo’) / la moconata (VR 511, mmuccunata: C/P: ‘danaro o donativi che si danno per subornare o corrompere partic. impiegati o responsabili di pubblici uffici, bustarella’) / muzecare (VR 618, C/P: ‘morsicare, mordere’, D: it. region.; Z: südit.) / erimo;acrissate (VR 651, acrissarsi: C/P: ‘venire a grave litigio, azzuffarsi, abbaruffarsi’) / razza,di cuzunte/ conzunte (VR 796‒797, cunzuntu: C: ‘tisico’, P: ‘tisico, consumato, rovinato’) / razza,di vidane (VR 828, viddanu: C: ‘colui che lavora la terra, contadino; spreg. contadino come persona rozza, zotica’) / paolo;era crugno (VR 1006, crugnu: P: ‘rozzo, grossolano’) / i malgheri, che erano le piante del frumentone (CM 15, D: region.) /
164 Generell erfolgte die Klassifizierung der hier aufgeführten Lexeme und Syntagmen in die nachstehenden Kategorien mithilfe der Nachschlagewerke Dizionario siciliano-italiano (Biundi 1857 = B), Vocabolario siciliano (Piccitto/Tropea/Trovato 1977‒2002 = P), Vocabolario del dialetto di Vittoria (Consolino 1986 = C), Vocabolario della lingua italiana (Zingarelli 121995 = Z) und Dizionario Italiano Sabatini Coletti (Disc 1997 = D). Neben Wörterbucheinträgen wurden hier auch Hinweise aus Fachliteratur aufgenommen. Die Dialektwörter ohne Quellenangaben stammen aus veröffentlichten Ausgaben, wo sie bereits vom Herausgeber auf der jeweils angegebenen Seite erläutert wurden. Manchmal fügten die Schreiber (wie z. B. bei CM 15) auch jeweils selbst eine Erklärung hinzu. 165 Das Auftreten solcher Wörter im schriftlichen Gebrauch ist nach De Mauro (1970a, 71‒72), Cortelazzo (1972, 25‒36), Rovere (1977, 68), Mortara Garavelli (1979‒1980, 161), Berruto (1983a, 98‒100; 1986, 172; 31997b, 66), Berretta (1988, 767), D’Achille (1994, 72‒73) und Fresu (2014, 216; 2016a, 329) ein Kennzeichen des italiano popolare. Manchmal handelt es sich dabei wohl um Wörter, deren jeweilige Standardentsprechung den Schreibern unbekannt ist, vielfach aber um Wortschatz aus dem persönlichen und alltäglichen Sach- und Erfahrungsumfeld der Autoren, für die einheitliche Standardbezeichnungen fehlen, weshalb auf Dialektwortschatz zurückgegriffen wird (vgl. dazu auch Koch/Oesterreicher 1990, 185‒186).
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guarentati dalla neve (CP 134, dial. guarentar: ‘riparare, proteggere’) / venite qua popii (CP 181, dial. ‘bambini’, auch bei Pernèchele 1989, 104) / aveva il serra fiato (CP 187, dial. ‘asma’, auch bei Pernèchele 1989, 112) / capusci (EF 34, dial. ‘cavoli’, auch bei Pernèchele 1989, 80) / lusori (EF 39, dial. ‘luci’) / canfo (EF 73, dial. ganf: ‘crampo’) / sligerirvi dal martirio (EF 77, dial. slizerir: ‘alleggerire, alleviare’) / ruanti (GG 124, dial. ‘maiali’) / bacani (GG 124, dial. ‘contadini ricchi’, auch bei Pernèchele 1989, 75)
Daneben erscheint Wortschatz, der einem familiären bis vulgären Register zuzuordnen ist, und dessen häufiger und vor allem schriftlicher Gebrauch auf wenig gebildetete Schreiber aus sozial schwächeren Schichten hindeutet, die hauptsächlich über einen eingeschränkten, diaphasisch-diastratisch niedrig oder jedenfalls nicht hoch markierten Bereich verfügen – wenn dieser Wortschatz nicht aufgrund seines semantischen Gehalts zum Ausdruck von Emotionalität bzw. generell von Anschaulichkeit oder Expressivität verwendet wurde, was zu diesen Zwecken auch im Bereich der Literatursprache166 vorkommt: familiär: quello; cornuto;dialedda (VR 12, D/Z: pop.) / noi, rompe,scatolo (VR 131, D: pop., Z: fam.) / li;pupe (VR 262, D: scherzoso: ‘ragazza giovane e bella’, Z: pop.) / culo (VR 307, D/Z: pop.) / fricavino (VR 307, , D/Z: pop.) / cera, sempre casino (VR 359, D/Z: pop. fig.: ‘chiasso, confusione, disordine’) / cera sempre, lo;bordello (VR 442, D: pop.) / questa,maledetta, querra (VR 131, D: fam.: ‘insopportabile, fastidioso, terribile, tremendo; anche con valore genericamente rafforzativo; usato come de-/imprecazione’, Z: pop.) / papà (CM 15, 16, 17, D/Z: fam.) / mamma (CM 13‒16 und passim, CP 193, 205, D/Z: fam.) / babbo (CP 191, 202, 205, Z: fam.) vulgär (nur bei VR):167 butana (1, 150, 172, 206, 456, 458, D/Z: volg.) / era tuddu stronzo (38, ähnl. 172, 359, 402; D/Z: volg.) / cinimportava uncazzo (456, D/Z: volg.) / minefotteva
166 Vgl. zur parallelen, variierenden Okkurrenz von Lexikon aus verschiedenen Registern zwischen stile alto und colloquialità in der italienischen Erzählliteratur des ‘900 Dardano (1999, 216, 218). 167 Darunter befinden sich, wie aus dem vorangehenden Absatz ersichtlich ist, vielfach Wörter aus Rabitos Dialekt, so dass hier fließende Grenzen und Überschneidungen zwischen diatopischer und diaphasisch-diastratischer Standardabweichung bestehen, wobei diatopische Divergenz immer zugleich diaphasisch-diastratisch niedrig konnotiert ist (vgl. dazu auch das Prinzip der Varietätenkette nach Koch/Oesterreicher 1990, 14‒15). Die oben aufgelisteten Dialektwörter zaurdu, magnaccia, cunzuntu und viddanu gehören somit zugleich einem diaphasisch-diastratisch niedrigen Register an. Nach Cortelazzo (1972, 36‒39, 67‒71), Rovere (1977, 71‒72), Berruto (1983a, 91; 1986, 172), D’Achille (1994, 73) und Fresu (2014, 216) ist affektiv-expressiv-drastischer Wortschatz (familiäres bis vulgäres Register) charakteristisch für das italiano popolare. Cortelazzo (1972, 67‒71, 144‒149) zufolge wird die Verwendung vulgären Wortschatzes jedoch nicht als Tabubruch empfunden, sondern ist Teil des Alltagswortschatzes der Sprecher des italiano popolare; sein häufiges Auftreten schwächt die affektiv-expressive Wirkung beträchtlich ab. Aus Koch/Oesterreicher (1990, 190) geht hervor, dass man den oben aufgeführten Wortschatz angesichts sei-
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(570, D/Z: volg.: ‘infischiarsene’) / l;mincia;di rabito;vincenzo (828, C: mincia: ‘membro virile; esclamazione triviale che indica meraviglia o disappunto’; P: minchia/mincia/ mingia: ‘pene, esclamazione di meraviglia, di ira, stupore e generalmente di asseverazione’; D: minchia: volg. ‘membro virile, esclamazione di stupore’; Z: minchia: merid. volg. ‘pene; persona sciocca’) / voffainculo (926, D/Z: volg.)
Im krassen Kontrast dazu und zu den ansonsten vorherrschenden orthographischen Unsicherheiten steht die Tatsache, dass sich die Texte auch an verschiedenen dem Standard nahe bzw. näher stehenden, diasystematisch hoch oder nicht markierten Sprachmodellen orientieren, aus denen Elemente übernommen werden. Darunter sind unter anderem (oft metaphorische) nicht alltagssprachliche Wörter und Ausdrücke aus (melodramatischem) Theater,168 (Kino-)Film oder (Trivial-)Literatur, zum Teil sogar solche aus der hohen Literatur- bzw. Dichtungssprache, darunter auch mit Bezug auf das Standarditalienische antiquierte oder antiquiert wirkende voci dotte. Semicolti reproduzieren diese Elemente oft mit der Absicht, ihren Texten Standardsprachlichkeit, wenn nicht sogar Literarizität bzw. Poetizität zu verleihen, wobei sie die begrenzte Zahl schriftsprachlicher Bereiche als Vorbild wählen, zu denen sie selbst Zugang haben:169 quanto; veneva lei,il cuore, mio; era,festante (VR 150) / io avevo il cuore che mi piangeva (TB 65) / un’ora mestissima (CP 137, Z: vc. dotta) / le persone restò ilése (CP 137, Z: vc. dotta) / nella rupe (CP 150, Z: vc. dotta) / le tepide auree primaverili (CP 155, aura: Z: lett.) / contemplando qual astronomo le volte azzure del firmamento (CP 160, contemplare: Z: vc. dotta; volta: Z: arch.) / e cosi soave il godimento della natura! (CP 160, soave: Z: lett.) / potra egli bearsi sotto il cielo della Russia? (CP 161, beare: Z: vc. dotta) / i bei giorni trascorsi che come il lampo fuggi (CP 178) / qui riposano i fiori della mia gioventù
ner Verwendung innerhalb einer Nonstandardvarietät wie dem italiano popolare ohnehin eher noch als familiär empfinden würde (vgl. dazu auch Söll 21980, 190‒196). 168 Vgl. zur tragisch-überliterarisch-künstlichen Sprache von Opernlibretti für das ‘800 Bonomi (2006, 100‒106). Die unteren sozialen Schichten kamen damit eher außerhalb der Theater und Opernhäuser durch Wandersänger, Marionetten- oder Stalltheater in Kontakt (Bonomi 2006, 100‒101). 169 Einen dieser Bereiche stellen sicherlich (Tages-)Zeitungen dar: Bonomi (1994, 669‒691) zufolge beinhalteten diese Anfang des 20. Jahrhunderts und auch während der Zeit des Faschismus eine von der gesprochenen Sprache (bewusst) weit entfernte Sprache, die sowohl Elemente aus einem literarisch-aulischen Register voller Stereotypen, Metaphern und Archaismen als auch eine starke verwaltungssprachliche Prägung aufwies (s. dazu die nachfolgenden Ausführungen im obigen Text). D’Achille/Proietti (2015, 191, 199‒200, 206‒207) erwähnen außerdem, dass öffentliche (Propaganda-)Schriften während des Faschismus/Nationalismus zum Ausdruck von Feierlichkeit, Emotionalität und Expressivität oft religiöse Rhetorik enthielten. Diese Texte hatten offensichtlich zusammen mit der als Schullektüre gelesenen Literatur des späten ‘800 einen großen Einfluss auf die Sprache von semicolti, hier v. a. auf Cecilia Rizzi Pizzinis und auch Emilio Fusaris Wortschatz.
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(CP 178) / un morbo (CP 189, Z: vc. dotta) / nel cuore della notte (CP 202) / ramentando […] i bei dì (EF 13, Z: lett.) / ove (EF 27, Z: lett.) / nel placido sonno (EF 38, Z: vc. dotta) / questa barbara gente e senza cuore idolatra d’un ignorante patriotismo (EF 47, idolatra: Z: vc. dotta) / quel lugubre pensiero (EF 83, lugubre: Z: vc. dotta) / sovente (EF 92, D: non com., Z: lett.) / abiamo preso comiserazione del povero vechio (GS 55, Z: vc. dotta) / si aveva principiato a fare i piani per andare in Egito […] ma anca questa spedizione per tante ragioni mi viene sbagliato (GS 57, principiare: Z: vc. dotta; spedizione: Z: vc. dotta)
Bei den meist aus der (Trivial-)Literatur übernommenen Clichés überwiegt jedoch jeweils der Aspekt der Imitation vor der eigenen Kreativität, wodurch eher eine banale als die ursprünglich vermutlich beabsichtigte expressiv-affektive Wirkung entsteht (vgl. dazu auch Kapitel 4.1.2.4.2). Ein weiteres Standardmodell stellt für viele semicolti die Verwaltungsspra170 che dar. Dies ist oft die einzige distanzprachliche Varietät, mit der sie aktiv und schriftlich in Kontakt kommen, da sie, ebenso wie jeder andere Bürger eines modernen Staates auch, nicht umhinkommen, mit Behörden zu kommunizieren. In den untersuchten Texten zeigt sich verwaltungssprachlicher (nicht immer nur rein lexikalischer) Einfluss z. B. bei il sotto; scritto (VR 1) / figlio; di fu; salvatore (VR 1, fu: Z: bur.) / domiciliato (VR 1, Z: deriv. da vc. dotta) / causa; delle,scipre (VR 162, ) 171 / per causa a difentere la padtria (VR 665) / misono; messo; arraporto; con il tenente; colenello; valentine (VR 172, komplexes Syntagma statt einfaches Verb; rapporto: Z: mil.) / alla; fatta, demese (VR 359, ‘fine del mese’) / inatesa,di concedo (VR 447, congedo: Z: mil.) / e ciodetto; caro;barone,io;o;costatato;che lei,mi vuole sitovare,per un lavoro; sicuro (VR 613, situare: Z: vc. dotta) / allo scopo di (VR 768) / una lettra […] la presento; al secretario (VR 859, presentare: Z: vc. dotta) / latto;non zi polefare […] latto; sidoveva chiudere (VR 896, atto: Z: vc. dotta dir.) / certe, democristiane; esponente (VR 1006, esponente: Z: raro, bur.) / il destino preseguiva appeggiorare (TB 12, perseguire: Z: vc. dotta) / di nome si chiamava (TB 31, komplexes Syntagma mit Pleonasmus) / La farina veniva adoperata per… (VZ 21, adoperare: D: ant.) / dimorante in Sacco (CP 129, dimorare: D: ant./lett.) / dopo tantte aspetative con mio
170 Vgl. zur Definition und den Merkmalen des italienischen linguaggio burocratico Dardano (1994, 365‒369), Raso (2005), D’Achille (22006, 215‒217), Trifone (2006b), Malagnini (2007, 234, 236‒238, 249‒250), Serianni (22007, 107‒139) und Fresu (2014, 217). Cortelazzo (1972, 43‒50), Rovere (1977, 69‒71), Berruto (1986, 172), D’Achille (1994, 73‒74), Raso (2005, 105‒106) und Trifone (2006b, 215) bestätigen, dass das italiano popolare durchaus standardsprachliche Elemente aufweist, die sich aus einer Mischung von Verwaltungssprache einerseits und der Sprache von «Unterhaltungsmedien» wie Theater (v. a. Melodrama), Kino, Radio, Fernsehen und Film andererseits zusammensetzen. 171 Im italiano regionale popolare Siziliens wird causa Tropea (1976, 15) zufolge häufig als eigenständige Präposition verwendet (z. B. in si è rovinato causa i compagni), was auf elliptischer Reduktion der komplexen, eher stilistisch gehobenen Präposition a/per causa di beruht, mit deren standardkonformer Reproduktion in allen ihren Bestandteilen auch Rabito Schwierigkeiten hat.
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sommo piacere riceveti una cartolina (CP 150) / una moltitudine di militari (CP 151, moltitudine: Z: vc. dotta) / non si trova più detti generi (CP 184, detto: Serianni 22007, 133: bur.) / cera qualche loccale che si poteva abbitare (CP 205, locale: Z: vc. dotta) / saprete conpatire se troverete […] qualche erori (GS Prefazio i, compatire: Z: vc. dotta) / costumava sempre (GS 3, costumare: D: ant.) / teneva in poseso (GS 32, komplexes Syntagma statt einfaches Verb) / questo uomo era molto amante al lavoro (GS 48, Nominal- statt Verbalsyntagma) / al motivo che (GS 48) / una botega di generi mangiativi (GS 63, mangiativo: D: lett., Z: †) / in queli anni non vi era poche comunicazioni (GS 76, comunicazione: Z: vc. dotta) / e stato investito da un groso travo di legno (GS 85, investito: Z: vc. dotta, ‘getroffen, gestoßen’)
Auch dieser Versuch, sich dem Standard anzunähern, gelingt, ebenso wie im Fall der Literatursprache, nur teilweise und kontrastiert mit den sonst in den Texten verwendeten Varietäten bzw. Registern. Gemeinsam ist den literaturund verwaltungssprachlichen Elementen darüber hinaus, dass sie meist als feste Formeln in die vorliegenden Autobiographien eingefügt werden. Dieselbe Formelhaftigkeit172 weisen die in den Texten vorkommenden Nominalisierungen, hier Verbindungen173 aus (bedeutungsentleertem) Verb (meist fare) und Substantiv, auf, z. B.: tutte, anno; fatto; domanta (VR 142) / o preso; una, ponezione (VR 172) / mistaie,facent o; molto sempatia (VR 307) / io; fecia,scielta (VR 359) / dare, confedenza a (VR 359) / faceva; picato (VR 403, ‘peccare’) / prentere coraggio (VR 736) / per fare ritorno in America (TB 108) / fanno assalto (EM 6) / far l’assalto (EM 16)
Der Ursprung des häufigen Auftretens solcher Konstruktionen im italiano popolare liegt höchstwahrscheinlich in der gewollten Nachahmung des für Verwaltungssprache typischen Nominalstils. Zudem haben die dazu verwendeten Verben aufgrund ihrer semantischen (passe-partout-)Eigenschaften eine hohe Frequenz (in gesprochener Nähe- bzw. Alltagssprache), was sie in solchen Verbindungen zu idealen Partnern macht.
172 Diese ist nach Cortelazzo (1972, 149‒155), D’Achille (1994, 75), Malagnini (2007, 217, 223) und Fresu (2014, 217) ein Charakteristikum des italiano popolare. Norrick (2000, 47‒57) zufolge spielen Formeln in mündlichen Erzählungen eine funktionale, strukturierende Rolle. 173 Manche davon sind im Standarditalienischen nicht möglich. – Vgl. zu den häufig in Texten des italiano popolare auftretenden Konstruktionen nach dem Muster «dare/fare + Substantiv» Berruto (1983b, 64‒65; 31997b, 66), Raso (2005, 111‒114) und Krefeld (2016, 268). Vgl. genauer zu passe-partout-Wörtern Kapitel 4.1.2.4.1.
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Neben der Reproduktion formelhafter Syntagmen versuchen sich die Autoren der betrachteten Autobiographien auch in der Übernahme einzelner Wörter von zum Teil hohem sprachlichen Niveau, die sie jedoch aus Unkenntnis oder zumindest mangelnder Vertrautheit falsch verwenden. Folgende Malapropismen174 finden sich in den Texten: dare […] compedenza (VR 262, competenza statt permesso) / cipiaceva la mia descusione,io; stava sempre;parlanto (VR 677, discussione statt discorso) / poco pane: solo la polenta era là bondanza dei poveri (CM 16, abbondanza statt ricchezza; evtl. auch statt: l’unica cosa che i poveri avevano in abbondanza era…) / essendo mia madre di età superata (TB 12, statt avanzata) / al mio cospetto (TB 13, ‘a mio avviso’) / prima che il treno fosse l’orario di partire (TB 30, orario statt ora) / lasciando i miei amorosi genitori, fratelli e figlio (TB 46, amorosi statt amati) / ho pagato tutti i debiti […] incominciavo a respirare un po’ mediocre. In quanto al rispetto e amore nella famiglia andava mediocre […] la seconda mogli vuol bene i figli (TB 59, mediocre statt meglio) / nella vista di me (TB 65, ‘a mio avviso’)
3.3.5 Zusammenfassung Bezüglich der Sprache der untersuchten Autobiographien lässt sich feststellen, dass diese, verglichen mit derjenigen prototypischer italienischer Schrifttexte, einige Besonderheiten aufweist, bei denen es sich um folgende (diasystematisch markierte) Abweichungen vom Standarditalienischen handelt: Im Bereich der (Ortho-)Graphie fällt auf, dass zwar die Paragraphierung in den meisten Texten dem Schriftstandard entspricht, aber die Interpunktion mit Ausnahme nur eines Textes überall mehr oder weniger durch Absenz, überflüssige Hinzufügungen und/oder unkonventionelle Vertauschungen von Interpunktionszeichen gekennzeichnet ist. Daneben fehlen häufig Wortakzente oder werden nicht der Norm entsprechend gesetzt; in sieben Texten werden Eigennamen oft klein, nach der Norm klein zu schreibende Wörter dagegen aber oft mit Majuskel begonnen; die Formen von avere werden meist ohne das etymologische Anlaut-h geschrieben und Buchstaben(gruppen) werden entgegen der Norm vertauscht, weggelassen oder hinzugefügt (bei Di- und Trigrammen, bei nicht dialektinduzierten Einfach- oder Doppelkonsonanten, aus Unkenntnis einzelner Wörter bzw. deren Schreibung oder aus Flüchtigkeit). Dies alles deutet auf eine geringe Kenntnis der orthographischen Regeln des Italienischen hin.
174 Ihr Vorkommen ist ebenfalls typisch für das italiano popolare (vgl. Cortelazzo 1972, 71‒76; Rovere 1977, 68‒69; Berruto 1983b, 64; 1986, 172; 31997b, 65‒66; Berretta 1988, 767; D’Achille 1994, 73; Malagnini 2007, 223; Fresu 2014, 215; Krefeld 2016, 268‒269).
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Diese orthographische Unsicherheit führt auch dazu, dass sich Einflüsse der dialektalen oder zumindest regionalen Aussprache der Autoren in der Graphie der Texte manifestieren. Bei den Sizilianern Rabito und Bordonaro zeigt sich dies durch die Vertauschung von betontem e und i sowie unbetontem e und i oder o und u. Alle Schreiber vertauschen in intervokalischer und bestimmter konsonantischer Umgebung die Konsonanten b und p, d und t, g/gh und c/ch, was, je nach Richtung der Vertauschung, auf eine dialektal bedingte Sonorisierung (in den norditalienischen Texten), Lenisierung (in den süditalienischen Texten), Desonorisierung (in den süditalienischen Texten) oder Hyperkorrektion (in allen Texten) hindeuten kann. Die doppelte Schreibung von normativ einfachen, intervokalischen Konsonanten ist in den süditalienischen Texten vermutlich auf das dialektale Phänomen der Geminierung, der umgekehrte Vorgang in den norditalienischen Texten eventuell auf das gegenläufige Phänomen der Degeminierung zurückzuführen. Auch die Graphie statt / bzw. statt hat vor allem in den norditalienischen Texten dialektale Ursachen. Was die Morphologie anbelangt, so stellt man bei einzelnen (Verb-)Formen Abweichungen vom Standarditalienischen fest. Im Bereich der Syntax fällt die häufige Verwendung von avere anstelle des normativ «richtigen» essere auf. Außerdem werden manche Präpositionen durch andere, nicht normgerechte, ersetzt oder sie fehlen ganz. In Sätzen, die eine Hypothese ausdrücken, finden sich zum Teil ganz andere Strukturen als im Standarditalienischen, wobei meist entweder Konjunktiv statt Konditional (in den süditalienischen Texten) oder Imperfekt statt Konditional und Konjunktiv (in allen Texten) verwendet wird. All diese Standardabweichungen können dialektale Gründe haben, aber auch lediglich durch die mangelnde Vertrautheit der Schreiber mit den morphosyntaktischen Regeln des Standarditalienischen ausgelöst sein. Das Lexikon der untersuchten Texte setzt sich zum einen aus diatopisch (Dialekt) oder diaphasisch-diastratisch (registro familiare/volgare) niedrig markiertem Wortschatz zusammen. Zum anderen finden sich in den Texten jedoch literarisch-poetische Elemente, bei denen es sich zwar meist um trivial(literarisch)e Clichés handelt, die aber immerhin auf eine gewisse Elaborationsabsicht hindeuten. Da sie einem höheren Sprachniveau angehören, stehen verwaltungssprachliche Wörter und Wendungen sowie Archaismen ebenfalls im Gegensatz zum teilweise sehr standardfernen Lexikon, den orthographischen Unsicherheiten und den morphosyntaktischen Normabweichungen der Texte. Gerade die Orientierung an Trivialliteratur und Verwaltungssprache als vermeintlich anzustrebenden distanzsprachlichen Registern zeigt, dass die Autoren keine klaren Vorstellungen bzw. kein ausreichendes Wissen darüber haben, welche Varietät des Italienischen sich als unmarkierte Schriftsprache eignet. Sie bemühen sich zwar um ein hohes Sprachniveau, scheitern aber aufgrund ihrer mangelnden
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Kenntnisse sowohl der Schriftkultur als auch des Standarditalienischen an der Umsetzung dieser Intention,175 wofür das Vorhandensein von Malapropismen ein deutlicher Beleg ist. Dies beweist jedoch gleichzeitig auch, dass die Autoren hier nicht spontan gesprochene Nähesprache produzieren, denn sonst würden solche (z. T. über-)distanzsprachlichen Elemente sicher fehlen. Die Spannung zwischen dem Bemühen um schriftsprachliches Standarditalienisch einerseits und seiner unzureichenden Kenntnis andererseits erklärt die heterogene Zusammensetzung der Sprache der Autobiographien, die in den Bereichen Graphie, Morphosyntax und Lexikon eine Mischung gegensätzlicher Phänomene aufweist: Orthographiefehlern und morphosyntaktischen Standardabweichungen stehen normativ richtig geschriebene und gebildete Wörter und Sätze gegenüber. Zudem handelt es sich dabei um ein Konglomerat diasystematisch unterschiedlich markierter Varietäten und Register, das z. B. Elemente aus dialetto locale, italiano regionale, registro familiare, registro volgare, italiano burocratico sowie italiano (quasi) letterario umfasst und maximal bis hin zu einem italiano tendenziale reicht,176 wobei der Einfluss der von den Schreibern in ihrem alltäglichen Sprachhandeln vermutlich nahezu ausschließlich verwendeten Dialekten in den Texten unterschiedlich stark ausgeprägt, jedoch überall beträchtlich ist, und, wie diese Analyse zeigt, alle Autoren eher geringe Kenntnisse der italienischen Norm haben, so dass zwar standarditalienische Elemente vorhanden, die Abweichungen jedoch meist dominant sind. Aufgrund dieser Ergebnisse der sprachlichen Analyse lassen sich die untersuchten Autobiographien eindeutig in den Bereich des Nonstandards einordnen. Ihre sprachliche Heterogenität, die sich durch die Orientierung an verschiedensten, miteinander in nicht vorhersagbarer Weise konkurrierenden Systemen erklärt, ist typisch für das italiano popolare.177
175 Dies entspricht dem Konzept der bemühten Schriftlichkeit nach Schlieben-Lange (1997, 52). Schwab (1981, 47‒49) spricht in diesem Zusammenhang von Sprachlosigkeit, die sich auf die Schwierigkeiten einfacher, im Rahmen der Bottroper Protokolle aufgenommener Autobiographen beziehen, syntaktisch, semantisch und situativ angemessenen Wortschatz zu verwenden bzw. ihre Botschaft mittels geeigneter Formulierungen überhaupt in Worte zu fassen. 176 Vgl. zu den verwendeten Bezeichnungen (und den damit jeweils verbundenen Konzepten) z. B. Pellegrini (in Cortelazzo 1972, 10‒11: dialetto locale), Mioni (1983, 504: it. aulico-letterario; 514: it. tendenziale), Sabatini (1985, v. a. 176 zum repertorio delle varietà linguistiche italiane), Cortelazzo (1988, 246: it. burocratico), Koch/Oesterreicher (1990, 13: it. familiare + letterario), Sgroi (1990, 373: u. a. dialetto locale), Berruto (31997a, v. a. 23 zum repertorio linguistico italoromanzo) und Serianni (22007, 123‒139: linguaggio burocratico). 177 Vgl. dazu generell Spitzer (1922), De Mauro (1970a), Cortelazzo (1972, 9‒11), Berruto (1983a, 86, 92‒93; 1983c, 487; 1986, 175‒176), Lepschy (1983, 272‒277), Berretta (1988, 766), Koch/Oesterreicher (1990, 175‒176) und D’Achille (1994, 45‒46) sowie die Kapitel 3.3.1 bis
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3 Textexterne und -interne Einordnung
Gerade die offensichtliche Inhomogenität, Instabilität und Variabilität des italiano popolare macht es zu einem interessanten Forschungsobjekt, zumal sich seine Zusammensetzung nicht nur von Autor zu Autor, sondern auch innerhalb des Textes eines Autors, ständig (idiosynkratisch) verändern kann, und sich deshalb nicht ohne Weiteres voraussagen lässt, ob es einheitlichen Regeln gehorcht,178 auch im Hinblick auf Kohärenz/Kohäsion bzw. Textualität. Damit beschäftigt sich das folgende Kapitel.
3.3.4, in denen sich Belege aus der Forschungsliteratur für die jeweils aufgeführten Phänomene des italiano popolare finden. 178 Diese Arbeit geht in Übereinstimmung mit Ernst (1981, 111‒112), Berruto (1983a, 93, 96‒98) und Mioni (1983, 514‒515) davon aus, dass es kein in ganz Italien einheitliches italiano popolare unitario (anders jedoch De Mauro 1970a, 48‒68 und Cortelazzo 1972, 13‒18: Letzterer räumt hier zumindest ein, dass das it. pop. trotz der je nach räumlicher Herkunft verschiedenen Oberfläche(nstruktur) überraschenderweise eine gemeinsame Basis aufweist, die der Autor auf die Faktoren Schule und cultura popolare zurückführt), sondern nur je nach Gebiet unterschiedliche italiani regionali popolari gibt, deren überregionale Gemeinsamkeiten nur darin bestehen, dass sie einerseits alle in irgendeiner Weise (z. B. auch in manchen universalen, v. a. morphosyntaktischen und textuellen Merkmalen gesprochener Sprache) vom Schriftstandard abweichen, andererseits aber auch einige standarditalienische Phänomene teilen. Dass die Grenzen zwischen it. popolare und it. regionale fließend sind, wird auch bei Leone (1982, 75) deutlich: «…se l’italiano popolare conduce al regionale, anche l’italiano regionale conduce al popolare. […] le due diverse configurazioni procedono da punti di vista diversi, potendo l’italiano vedersi ‹regionale› solo guardandolo in senso orizzontale (o delle aree), e vedersi ‹popolare› guardandolo invece in senso verticale (o dei livelli sociali); […] la lingua nazionale, pur essendo aperta alle influenze dialettali a qualsiasi livello d’istruzione dei parlanti […] è particolarmente ad esse esposta quanto più è basso il livello d’istruzione […] l’italiano regionale si manifesta principalmente a livello popolare». Bianconi (2013, 16) stellt am Beispiel des italiano popolare von Migranten aus der italienischsprachigen Schweiz fest: «l’italiano regionale doveva necessariamente essere la lingua parlata veicolare». Daraus resultiert seiner Meinung (2013, 17) nach folgende Mischung: «un’unica base ‹grammaticale› italiana con forti colorature fonetiche e lessicali regionali». Darüber hinaus findet Bianconi in seiner Untersuchung individuelle – sich aber innerhalb eines gewissen Kontinuums bewegende – Unterschiede, so dass er von einer «disomogeneità delle scritture popolari» (2013, 121) ausgeht. Er (2013, 16) weist außerdem darauf hin, dass auch bei der Analyse des italiano popolare die «specificità della comunicazione orale rispetto a quella scritta» zu beachten ist. In Übereinstimmung damit wird gesprochene Sprache hier ausdrücklich nur als einer von vielen Einflussfaktoren auf das italiano popolare betrachtet. Die in der Forschungsliteratur oft anzutreffende undifferenzierte Gleichsetzung des italiano popolare mit gesprochener Nähesprache und deren Konzeption wird in Kapitel 4.1 kritisch hinterfragt.
4 Textualität im italienischen Nonstandard Nachdem Text bzw. Textualität in Kapitel 2.1 nur kurz definiert wurden, sollen die beiden für diese Arbeit grundlegenden Begriffe hier zunächst etwas ausführlicher betractet werden: Gülich/Raibles (1977, 47) zwar schon etwas älterer, aber nach wie vor (zumindest in zentralen Teilen) noch aktueller Ansicht nach «…sollte bei der Definition von ‹Text› sowohl auf die textexternen als auch auf die textinternen Kriterien zurückgegriffen werden. […] Ein Text wäre demnach, textintern gesehen, ein komplexes sprachliches Zeichen, das nach den Regeln des Sprachsystems (Langue) gebildet ist. Textextern gesehen wäre ein Text dann gleichbedeutend mit ‘Kommunikationsakt’». Weiter geben die Autoren an: «Nach textinternen Kriterien definiert, würde die Einheit ‹Text› damit bei bestimmten Arten koordinierter Sätze beginnen. Nimmt man jedoch textexterne Kriterien hinzu (‹Text› ist die im Sprechakt geäußerte Mitteilung), so wird sofort ersichtlich, dass Texte in Sonderfällen auch aus einem einzigen Satz oder aus noch kleineren Einheiten bestehen können». (Gülich/Raible 1977, 51)
Geckeler/Dietrich (21997, 93) stellen Folgendes fest: «Ohne daß hier auf die zahlreichen Definitionsversuche zur Bestimmung des ‹Satzes› eingegangen werden kann, gehen wir davon aus, daß die menschliche Rede die Lexeme und Morpheme zu Äußerungen […] verbindet. Die Ausdrucksabsicht ist eine Mitteilung (im weitesten Sinne, der auch ein Gedicht als Selbstausdruck einschließt). Eine Mitteilung wird in der Linguistik Text genannt. Unterhalb des Textes ist der Satz […] die minimale Form der Äußerung…».
Diese Definitionsansätze stellen einen Text als kommunikative und vor allem transphrastische Ganzheit dar, da hier von «Einheiten jenseits der Grenze der ‹Phrase› /beyond the sentence/» (Heinemann/Viehweger 1991, 26) die Rede ist. Nach Scherner (in Vater 32001, 22) entspricht «die Vorstellung von ‹Text› als einem zusammenhängenden Verbund sprachlicher Elemente dem prototypischen semantischen Gehalt des Textbegriffs». Hier spielt die (Text-)Bedeutung eine Rolle, ebenso wie bei Palermos Definition (2013, 21‒22: «qualsiasi enunciato o insieme di enunciati – realizzato in forma orale, scritta o trasmessa – dotato di senso, che, collocato all’interno di opportune coordinate contestuali, realizza una funzione comunicativa»), bei Vater (32001, 37‒40, 52‒54), dem zufolge der Aufbau einer kognitiven Textwelt durch Sinnkontinuität erfolgt, wobei Sinn «die im Textzusammenhang aktualisierte Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks» (32001, 38) meint, oder bei Ferrari/Zampese (2000, 266‒267), die Text als eine mögliche Form der sprachlichen Äußerung definieren, die zwei Bedingungen erfüllt: «a. l’enunciato è costituito da almeno due unità linguistiche; b. queste unità linguistiche sono globalmente riconducibili ad un tema centrale ed intrathttps://doi.org/10.1515/9783110765830-004
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tengono tra di loro dei legami di significato». Neben dem entscheidenden Bedeutungs- bzw. Sinnzusammenhang spielt der Satz z. B. auch in Ferraris (in Kap. 2.2 bereits vorgestelltem) Konzept immer noch eine Rolle, und zwar als Schnittstelle zwischen Sprache und Text: «…l’elaborazione del discorso mette in opera due sistemi costruttivi: la costruzione strettamente grammaticale della frase e la costruzione del testo, cioè l’organizzazione delle frasi le une rispetto alle altre. […] il sistema costruttivo grammaticale e quello testuale naturalmente dialogano, influenzandosi a vicenda. […] la struttura linguistica della frase può porre restrizioni sui dispositivi linguistici che segnalano la coerenza del testo. […] i bisogni dell’organizzazione del testo impongono particolari scelte grammaticali». (Ferrari 2014a, 42‒44)
Dadurch, dass sie die hierarchische (Informations-)Organisation in den Vordergrund stellt, hat Ferraris Textauffassung, ebenso wie diejenige von de Beaugrande/Dressler (1981; 81996), zugleich eine kognitive Komponente. Die (kognitive) Organisationsstruktur steht zusammen mit dem Prozess der Textverarbeitung auch im Zentrum von E.J. Ernsts (2003, 70‒71) kurzer Synthese ihrer Textsicht: «In diesem Sinne kann Text also als eine Anleitung zur Nachbildung der kohärenten mentalen Repräsentation definiert werden». Sie folgt damit Maria-Elisabeth Conte, die Text bereits vorher (1988b, 80‒92) als «sequenza di istruzioni» beschrieb. Gansel/Jürgens (2002, 47) legen in ihrer Definition den Fokus ebenfalls auf die Struktur der Textorganisation: «Ein Text ist eine in sich kohärente Einheit der sprachlichen Kommunikation mit einer erkennbaren kommunikativen Funktion und einer in spezifischer Weise organisierten Struktur. Funktion und Struktur sind unseres Erachtens die für die linguistische Textanalyse entscheidenden Parameter. Unzweifelhaft ist der Satz die wichtigste Struktureinheit des Textes, wobei Struktur aufgefasst werden soll als ‹Gefüge von Relationen, die zwischen den Sätzen bzw. den Propositionen als den unmittelbaren Strukturelementen des Textes bestehen […]› (K. Brinker 31992: 21). Die Struktur eines Textes ist auf der grammatischen und auf der thematischen Ebene nachweisbar».
Somit sind die (satzübergreifende interne) Textstruktur bzw. die Transphrastik immer noch zentrale Bestandteile neuerer (meist integrativ angelegter) Textmodelle. Das trifft auch auf Telves Werk zu: Ihm zufolge bildet eine Serie von Sätzen, die einen komplexen Sinn ergeben, einen Text. Ein Text ist eine selbständige, in sich abgeschlossene Größe, die als Summe einzelner Teile bzw. Sätze entsteht, indem diese durch semantische und informationelle Hierarchien miteinander verbunden werden. Ein Text kann auch aus nur einem Wort (kleinste Informationseinheit) oder einem Satz bestehen, ist aber im Vergleich dazu jeweils die größere bzw. größte Informationseinheit (Telve 22013, 23‒24). Sätze werden durch ein Geflecht transphrastischer Beziehungen, das durch syntaktischsemantische Mechanismen geregelt und durch Inferenz des Lesers/Hörers er-
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gänzt wird, zu größeren Einheiten verbunden. Der explizite Prozess der grammatikalisch-syntaktischen Strukturierung und der implizite Vorgang der Inferenz greifen bei der Textverknüpfung ineinander (Telve 22013, 79‒87). Allerdings weisen die hier (jedoch nicht exhaustiv!) aufgeführten Textdefinitionen trotz aller Gemeinsamkeiten auch viele Unterschiede auf. Angesichts der zahlreich veröffentlichten Definitionsansätze stellen Brinker/Cölfen/Pappert (82014, 13; wie bereits Brinker 52001, 12‒20) fest: «In der Textlinguistik gibt es verschiedene Textdefinitionen; eine allgemein akzeptierte Definition liegt bisher nicht vor. […] Diese konkurrieren aber nicht in dem Sinne, dass sie sich gegenseitig widerlegen, sondern sie haben je nach Ausrichtung ihre Berechtigung und ihren Nutzen».
Sie (82014, 13‒23) unterscheiden zwei Hauptströmungen: die sprachsystematisch-strukturalistisch ausgerichtete Textlinguistik, die sich auf eine kohärente Satzfolge konzentriert, und die kommunikationsorientiert-pragmatische Textlinguistik, die die kommunikative Textfunktion in den Mittelpunkt stellt. Für die beiden Richtungen fordern sie (82014, 23) Integration: «Diese beiden Grundpositionen der Textlinguistik dürfen gemäß den Erfordernissen einer adäquaten linguistischen Textanalyse nicht als alternative (sich ausschließende), sondern müssen als komplementäre (sich ergänzende) Auffassungen angesehen werden und sind eng aufeinander zu beziehen. Ein ‹Text› ist demzufolge als eine sprachliche und zugleich kommunikative Einheit zu betrachten, d. h. als eine begrenzte, grammatisch und thematisch zusammenhängende (kohärente) Folge von (schrift-)sprachlichen Zeichen, die als solche eine erkennbare kommunikative Funktion (Textfunktion) realisiert. Wichtigste Struktureinheit des Textes ist der Satz. Gegenstand der linguistischen Textanalyse sind im Wesentlichen also monologische Texte, die sich schriftlich oder mündlich als kohärente Folge von Sätzen des Schreibers bzw. des Sprechers (des Emittenten) manifestieren».
Folgende Definition Bußmanns (42008, 719) fasst viele Textkriterien zusammen: «Als Grundbegriff der Textlinguistik bezeichnet T[ext] eine monologische, im prototypischen Fall schriftlich fixierte sprachliche Einheit, die insgesamt als sinnvolle kommunikative Handlung intendiert oder rezipiert wird. […] Demnach sind T[exte] bestimmt durch […] eine gegliederte, thematisch verknüpfte Menge von Propositionen bzw. Äußerungsbedeutungen, die insgesamt eine leitende ‹Textfrage› (Quaestio) beantworten und meist in einem dominanten Textthema zusammengefasst werden können, und […] eine satzübergreifende sprachliche Form, in der Handlungen und Inhalte ausgedrückt, sequenziert und aufeinander bezogen werden. Dabei entsteht ein kognitiv-kommunikativer Sinnzusammenhang, die Kohärenz des T[extes], die normalerweise in den formalen Mitteln der Kohäsion […] zum Ausdruck kommt und als konstitutive Eigenschaft von T[ext] zu gelten hat».
Kirsten Adamzik (2004, 31‒48) führt eine ganze Reihe von Textdefinitionen auf und bestätigt, dass bis jetzt keine davon als umfassend und allgemein gültig ak-
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zeptiert wurde, was ihrer Meinung nach darauf zurückzuführen ist, dass Text ein so vielschichtiges und komplexes Phänomen ist, dass Definitionen vielfach nur Teilaspekte davon aufgreifen. Angesichts der Komplexität des Textbegriffs schlägt sie vor, sich ihm mittels integrativ angelegter prototypentheoretischer Merkmalsgewichtung zu nähern (vgl. dazu jeweils auch Conte 1988a, 133; Gansel/Jürgens 2002, 31). Heinemann/Heinemann (2002, 95‒112) warnen davor, darauf zu verzichten, einen allgemein gültigen Textbegriff zu bestimmen oder eine Aufhebung bzw. Auflösung des Textbegriffs anzunehmen; stattdessen plädieren sie mit Bezug auf Sandig (2000) und unter Aufzählung vieler Textbeschreibungsansätze ebenfalls dafür, die Prototypentheorie auf (sprachliche) Texte anzuwenden, wobei sie als relevantestes Basismerkmal des Kernbereichs von Texten ihre Funktionalität sehen, der weitere (mehr oder weniger typische) Merkmale zugeordnet werden können. Ein Kennzeichen von Prototypizität ist ihrer Meinung nach gerade die nicht vorhandene Einheitlichkeit; daher sollte eine Zusammenfassung der bisher bekannten Textualitätsmerkmale erfolgen und «das Substantielle des Textbegriffs, die ‹cues› (Schlüsselmerkmale […])» (2002, 104) in Form einer approximativen Merkmalsdefinition herausgearbeitet werden. Trotz aller immer wieder einmal geäußerter Kritik an de Beaugrande/Dresslers Textverständnis und den von ihnen aufgestellten Textualitätskriterien (vgl. dazu z. B. Vater 21994, 64‒66; Fix/Poethe/Yos 2001, 16‒18; Adamzik 2004, 50‒53; Schubert 22012, 22‒23) betrachtet Adamzik (2004, 40) jedoch «die sieben von Beaugrande/Dressler formulierten Textualitätskriterien [als] den einflussreichsten Versuch einer Zusammenschau». Daher und aufgrund seiner klaren und nachvollziehbaren begrifflichen Differenzierungen bildet das Konzept von de Beaugrande/Dressler (1981; 81996) auch eine wichtige theoretische Grundlage für die hier angestrebte Analyse. Der Begriff Textualität wird von de Beaugrande/Dressler (1981, 3, Hervorhebungen im Original) wie folgt bestimmt: «Wir definieren einen TEXT als eine KOMMUNIKATIVE OKKURRENZ (engl. ʻoccurrenceʼ), die sieben Kriterien der TEXTUALITÄT erfüllt». Das Vorhandensein von Textualität unterscheidet Texte von Nicht-Texten (de Beaugrande/Dressler 1981, 3), ist also ausschlaggebend für das Text-Sein bzw. die Texthaftigkeit einer sprachlichen Äußerung (vgl. dazu auch Meyer-Hermann 2001, 1008‒1013), was de Beaugrande (1990, 11) folgendermaßen deutlich macht: «what makes a text a text is not its ‹grammaticality› but its textuality». Der Terminus wird auch von anderen Wissenschaftlern verwendet; so ist Textualität nach Conte (1988a, 133; 1988b, 79‒80) «die konstitutive quiddi-
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tas des Textes» und Vater (21994, 31) versteht unter Textualität «die Gesamtheit aller Eigenschaften, die einen Text zum Text machen, die ‹Textlichkeit›».179 Die hier angestrebte Untersuchung wird sich vor allem auf die beiden Kriterien Kohärenz und Kohäsion180 konzentrieren: Einerseits, da beide Kriterien im Gegensatz zu den anderen laut de Beaugrande/Dressler (1981, 8) «text-zentriert»181 und somit im Text nachweisbar sind, worauf die Analyse medial schriftlich vorliegender Autobiographien schon aus rein praktischen Gründen angewiesen ist; andererseits, da die Vernetzung einer Äußerung auf semantisch-logisch-informationeller und strukturell-grammatikalischer Ebene vor allen anderen Bedingungen grundlegend für das Zustandekommen eines Textes ist.182 Bei de Beaugrande/Dressler (1981, 3‒5; 81996, 3‒4)183 finden sich folgende Definitionen: Kohäsion: «COHESION […] concerns the ways in which the components of the SURFACE TEXT […] are mutually connected within a sequence. The surface components depend upon each other according to grammatical forms and conventions, such that cohesion rests upon GRAMMATICAL DEPENDENCIES. All of the functions which can be used to signal relations among surface ele-
179 Ähnlich auch bei Brinker (1996, 1515), Andorno (2003, 13‒16) und Stein (2003, 432). Halliday/Hasan (161999, 2, Hervorhebungen im Original) bezeichnen dieses Konzept als texture: «The concept of TEXTURE is entirely appropriate to express the property of ‹being a text›. A text has texture, and this is what distinguishes it from something that is not a text. […] The texture is provided by the cohesive RELATION that exists between [linguistic items]». 180 Für eine genauere Definition und Diskussion der beiden Termini vgl. Kapitel 4.2. 181 Adamzik (2004, 54‒55, 57‒58) sieht Kohärenz im Gegensatz zur Kohäsion nicht als textinternes, sondern als (eher) textexternes Kriterium, das maximal auf der Grenze zwischen der textinternen und der textexternen Dimension anzusiedeln ist und eher nur regulative Funktion im Textproduktions- und -rezeptionsprozess hat. Auch Schubert (22012, 22‒23) betrachtet Kohäsion als stärker textzentriertes Kriterium als die Kohärenz, da zu deren Herstellung eine größere Aktivität des Rezipienten nötig ist. Trotzdem sieht er (auf der von ihm geforderten Textualitätsskala) in der Kohärenz das zentralere bzw. unverzichtbarere Kriterium für Textualität. – Dass Kohärenz nicht in dem Maß textzentriert ist wie Kohäsion, da semantisch-logische Zusammenhänge nicht immer unmittelbar und sofort an der Textoberfläche zu finden sind, sondern oft erst erschlossen werden müssen, ist sicherlich richtig, doch hat sie (neben der Kohäsion) einen engeren Bezug zur Sprache eines Textes als die restlichen von de Beaugrande/ Dressler aufgestellten Kriterien, und ist damit jedenfalls textzentrierter als diese. 182 Vgl. dazu auch Vater (21994, 64‒66), Schubert (22012, 22‒23), Telve (22013, 23‒24) und Ferrari (2014a, 36‒38). Auch Serianni (22007, 27) bestätigt die Relevanz von Kohärenz und Kohäsion: «I linguisti distinguono sette requisiti che devono essere assolti perché si possa parlare di un testo. I due fondamentali sono la coesione e la coerenza». 183 Die deutsche Ausgabe von 1981 wird jeweils als Ersterscheinung bzw. bei deutschen Fachtermini angegeben, auf die englische Ausgabe von 1996 wird bei englischen Bezeichnungen verwiesen, und sie wird immer dann verwendet, wenn ihre größere Aktualität eine Rolle spielt. Diesen Kriterien folgt auch Telve (22013, 24‒26).
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ments are included under our notion of COHESION; our use of the term is extremely broad, including all means of signalling surface dependencies». Kohärenz: «COHERENCE […] concerns the ways in which the components of the TEXTUAL i. e. the configuration of CONCEPTS and RELATIONS which underlie the surface text, are mutually accessible and relevant. A CONCEPT is definable as a configuration of knowledge (cognitive content) which can be recovered or activated with more or less unity and consistency in the mind. RELATIONS are the LINKS between concepts which appear together in a textual world: each link would bear a designation of the concept it connects to. […] Sometimes, though not always, the relations are not made EXPLICIT in the text, that is, they are not ACTIVATED directly by expressions of the surface. […] A text does not make sense by itself but rather by the interaction of TEXT-PRESENTED KNOWLEDGE with people’s STORED KNOWLEDGE OF THE WORLD».
WORLD,
Die restlichen Kriterien, die de Beaugrande/Dressler (1981, 8) als «verwenderzentriert» bezeichnen, und die alle die Beziehung zwischen einem Text und seinen Produktionsumständen betreffen (Andorno 2003, 17), würden sich am vorhandenen Quellenmaterial teilweise nur schwer nachvollziehen lassen. Außerdem erscheinen sie generell weniger wichtig für die Textverknüpfung an sich, deren Analyse hier ja im Vordergrund stehen soll. Sie werden nur dann fallweise zur Untersuchung hinzugezogen, wenn Kohärenz und/oder Kohäsion allein nicht ausreichen, um den Textzusammenhang herzustellen bzw. zu erklären, da ein Text umso zusammenhängender und verständlicher ist, je mehr dieser Kriterien erfüllt sind. Die beiden verwenderzentrierten Kriterien Intentionalität und Akzeptabilität sind ohnehin Voraussetzung für jegliche Art der Kommunikation,184 unabhängig davon, ob dadurch wirklich ein prototypisch kohärenter und kohäsiver Text entsteht oder nicht, denn Kommunikation entsteht immer zwischen einem Sender, der etwas mitteilen, und einem Empfänger, der die Botschaft empfangen, d. h. verstehen möchte (Bühler 1934; Jakobson 1960). Außerdem sind Intentionalität und Akzeptabilität relative Größen, deren Außmaß von verschiedenen Textverwendern subjektiv unterschiedlich empfunden werden kann, und eignen sich somit nicht für eine objektive, faktenbasierte Analyse. Um angesichts von semi-
184 «INTENTIONALITY […] the text producer’s attitude that the set of occurrences should constitute a cohesive and coherent text instrumental in fulfilling the producer’s intentions, e.g. to distribute knowledge or to attain a goal specified in a plan […] ACCEPTABILITY […] the receiver’s attitude that the set of occurrences should constitute a cohesive and coherent text having some use or relevance for the receiver, e.g. to acquire knowledge or provide co-operation in a plan» (de Beaugrande/Dressler 81996, 7‒8, Hervorhebungen im Original). – Allerdings erfolgt Kommunikation laut Hartmann (1968) grundsätzlich nur in Texten.
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colti-Texten Akzeptabilität zu erreichen, werden höchstwahrscheinlich häufige und intensive Inferenzziehungen (de Beaugrande/Dressler 1981, 6, 8‒9, 101‒103) notwendig sein (vgl. zu all diesen Argumenten auch Vater 21994, 52‒54, 64 und Schubert 22012, 23). Bei fehlender Intertextualität185 ist die Bedeutung eines Textes vielleicht schwieriger zu verstehen, weil man so nicht auf (Vor-)Wissen aus anderen Texten und damit auch nicht auf seine kulturelle Verankerung bzw. die für ihn relevanten Diskurstraditionen zurückgreifen kann, jedoch werden auch völlig neue Erkenntnisse in Texten dargestellt und Diskurstraditionen sind wandelbar, können also immer neu durch neue «Ur»-Texte entstehen. Bezüglich der autobiographischen Diskurstradition spielt das Kriterium der Intertextualität natürlich schon eine gewisse Rolle für die hier geplante Untersuchung, denn das Wissen um die Zugehörigkeit der hier analysierten Privatschriften zur Textsorte der Autobiographie erleichtert deren Verständnis erheblich (vgl. dazu auch Kapitel 3.1.3). Was die Informativität186 betrifft, so müssen für das Zustandekommen eines Textes natürlich immer Zeichen oder Wörter aus den Kommunikationspartnern gleichermaßen bekannten Zeicheninventaren oder Sprachen verwendet werden (vgl. dazu auch Vater 21994, 64 und Schubert 22012, 23), was den Schreibern der autobiografie popolari aufgrund ihrer mangelnden standardsprachlichen (Orthographie-)Kenntnisse oft Schwierigkeiten bereitet. Als «Thematizität» liegt Informativität jedem Text in irgendeiner Weise zugrunde (vgl. dazu auch Vater 21994, 56‒57). Nach Telve (22013, 25) ist jeder Text das Resultat eines Gleichgewichts zwischen neuen und bereits bekannten Informationen: Sind viele neue Informationen enthalten, erhöht dies das Interesse des Empfängers sowie eventuell auch die Schwierigkeit des Rezeptionsprozesses; sind überwiegend bekannte Informationen enthalten, sinken sowohl das Interesse des Lesers/Hörers als auch der Anspruch an die erforderlichen Dekodierungsanstrengungen. Generell kann auch eine nicht-informative (z. B. bereits bekannte) Äußerung ein (kohärenter und kohäsiver) Text sein.
185 «…concerns the factors which make the utilization of one text dependent upon knowledge of one ore more previously encountered texts […] Intertextuality is […] responsible für the evolution of TEXT TYPES as classes of texts with typical patterns of characteristics» (de Beaugrande/ Dressler 81996, 10‒11, Hervorhebung im Original). Vgl. generell zur Intertextualität auch Palermo (2013, 55‒63), zur Relativität der Bedeutung von Intertextualität für die Textualität auch Adamzik (2004, 55) und Schubert (22012, 23). 186 «…concerns the extent to which the occurrences of the presented text are expected vs. unexpected or known vs. unknown/certain» (de Beaugrande/Dressler 81996, 8‒9).
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Gleiches gilt für einen nicht-situationsadäquatenText (vgl. dazu auch Vater, 1994, 64 und Schubert 22012, 23). Insofern, als die Situationalität die konkrete Kommunikationssituation betrifft,187 besteht ein gewisser Überschneidungsbereich zwischen den Textualitätsfaktoren nach de Beaugrande/Dressler (1981) und den Kommunikationsbedingungen (s. u.), die nach Koch/Oesterreicher (1990, 8‒10) das konzeptionelle Kontinuum zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit regeln. Falls sich herausstellen sollte, dass es sich bei den autobiografie popolari um Texte gesprochener Sprache handelt, wäre bei ihrer Analyse besonders zu bedenken, dass der sprachliche Kontext bei extremer kommunikativer Nähe zugunsten analoger Kontexte (wie dem situativen) zurücktritt (Koch/Oesterreicher 1990, 11). Bevor untersucht werden kann, welche Art der Konzeption den Texten zugrunde liegt, muss zunächst jedoch noch der Begriff der Konzeption geklärt und von dem der Textualität abgegrenzt werden. Der hier verwendete Konzeptionsbegriff leitet sich von Koch/Oesterreichers (1990, 5) Definition ab, nach der die «Konzeption (gesprochen/geschrieben) […] den sprachlichen Duktus von Äußerungen betrifft (z. B. syntaktische Planung, Textkohärenz, verwendete Varietäten, usw.)».188 Das Konzept basiert auf Sölls Forschung (1974), der auf der Ebene der «auf den unmittelbaren Sprech- oder Schreib2
187 «…concerns the factors wich make a text RELEVANT to a SITUATION of occurrence» (de Beaugrande/Dressler 81996, 9‒10, Hervorhebung im Original). Auch das Prinzip der Angemessenheit (das de Beaugrande/Dressler (1981, 13‒14) zusammen mit zwei weiteren regulativen Prinzipien ergänzend zu den sieben konstitutiven Textualitätskriterien annehmen) kann sich auf den Kontext und damit u. a. auf die situativen Bedingungen eines Textes beziehen. 188 Auch Mair (1981, 153) verwendet die Bezeichnung «conception» (in Abgrenzung zu «réalisation» und «structuration»). – An anderer Stelle spricht Koch bezüglich der Konzeption von «Kommunikationsmodus» (1985, 43) oder unterscheidet «‹oralità› e ‹scrittura›» hinsichtlich «il senso mediale» vs. «il senso concezionale, comunicativo» (2001, 18). Fiehler/Barden/Elstermann/Kraft (2004, 51‒52) kritisieren die Definition von Konzeption aus dem prototypisch-graduierenden Modell nach Koch/Oesterreicher als unklar und beschränken sich daher auf rein mediale Mündlichkeit. Weitere Kritik am Modell Koch/Oesterreichers üben Ágel/Hennig (2007), vor allem an Definition und nicht eindeutiger bzw. mehrfach möglicher Merkmalszuordnung der Versprachlichungsstrategien und Kommunikationsbedingungen. Sie stellen die Existenz bzw. Definition konzeptioneller Mündlichkeit aber nicht in Frage. Ebenso wie hier in dieser Arbeit wird bei ihnen dem (Realisierungs-)Medium eine höhere Relevanz als den anderen Parametern zugesprochen. Hunnius kritisiert am Konzeptionsbegriff Koch/Oesterreichers, dass dieser «die Rolle des Mediums in extremer Weise marginalisiert und die ans Medium gebundenen unterschiedliche[n] Kommunikationsbedingungen ausgeblendet werden» (2013, 7). Ihm (2013, 8‒9) zufolge habe Söll die Differenzierung von Konzeption und Medium nur zur Verdeutlichung und zur Darstellung von Sonderfällen vorgenommen; Koch/Oesterreicher hätten aus den Sonderfällen fälschlicherweise abgeleitet, dass das Medium keine Rolle spiele, wobei sie die Abhängigkeit der Konzeption vom primären Medium übersahen. Daher fehle ihrem Verständnis von Mündlichkeit der Authentizitätsbezug.
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akt bezogenen» (21980, 20) Konzeption langue bzw. code parlé/e und langue bzw. code écrit/e unterscheidet, und die beiden Codes einander (mit möglichen Überschneidungsstufen verschiedenen Grades) gegenüberstellt (21980, 19‒20, 42). Darauf aufbauend setzen Koch/Oesterreicher (1990, 6, 8‒12) ein Kontinuum zwischen den Polen konzeptionell gesprochener Nähesprache und konzeptionell geschriebener Distanzsprache an, denen sie unterschiedliche Kommunikationsbedingungen (Zahl der Rezipienten, Referenzbezug, physische Nähe der Kommunikationspartner; verschiedene Grade von Öffentlichkeit, Vertrautheit/Fremdheit der Partner, emotionale Beteiligung, Situations- und Handlungseinbindung, Kooperation, Dialogizität, Spontaneität und Themenfixierung) und Versprachlichungsstrategien (z. B. nichtsprachlicher oder sprachlicher Kontext, geringer bis hoher Planungsaufwand, Vorläufigkeit bis Endgültigkeit, Aggregation bis Integration) zuordnen.189
189 Zwischen konzeptioneller und diaphasischer Variation besteht insofern ein gewisser Überschneidungsbereich, als beide von bestimmten Kommunikationssituationen abhängig sind, wobei die (einzelsprachlich-kontingente) konzeptionelle Varietätendimension die diaphasische im Sinne der Varietätenkette mit einschließt, was auch für die diastratische und diatopische Variation gilt. Dabei ist jedoch immer zu beachten, dass die konzeptionelle Variation ihrerseits nach Koch/Oesterreicher (z. B. 1990, 13‒15) nicht diasystematisch markiert ist, sondern innerhalb einer Einzelsprache oder aber auch auf universal-essenzieller Ebene jeweils nur das Nähe-Distanz-Kontinuum betrifft. Maria Selig (2011) stimmt zwar der Tatsache zu, dass Diaphasie (die ihrer Meinung nach allerdings durch Coseriu kategorisch schlecht bestimmt ist, so dass sie eher einer Art Restkategorie nach Abzug diatopisch-diastratischer Merkmale entspricht) eine nur durch die historischen Umstände und daraus folgenden Konventionen einer Sprechergemeinschaft bestimmte Variation ist, während Nähe/Distanz zusätzlich zur historisch-kontingenten Ebene auch anthropologisch begründet ist, also universal-essenziellen Status hat. Jedoch laufen ihrer Meinung nach u. a. innerhalb des historisch-kontingenten Raumes bei der diaphasischen und der konzeptionellen Variation ähnliche Sprecherauswahl-Operationen ab, so dass man «die Grenzziehung zwischen konzeptioneller und diasystematischer Variation einebnen» (2011, 124) sollte. Daher fordert sie die Einbeziehung der Sprechererfahrung bei der Kategorisierung sowie die Aufnahme von Situationstypen und -domänen (worin verschiedene situative Kommunikationsbedingungen jeweils direkt mit den geeigneten einzelnen Versprachlichungsstrategien gekoppelt würden) in ein mehrdimensionales Modell, in dem das konzeptionelle Kontinuum auf diasystematischer Ebene eher als situatives Regulativum für Verwendungskontexte und die damit verbundenen diasystematischen Varietäten und Varianten funktionieren würde, betrachtet die Diskussion über Koch/Oesterreichers Kombinationsmodell, das ja Coserius Diasystem mit einschließt, aber als noch nicht abgeschlossen. Koch (1999; 2005; auch in Koch/Oesterreicher 2001, 604‒607) verteidigt (z. B. gegenüber Albrecht 1990, Kiesler 1995, Schreiber 1999 und Radtke 2001) die Annahme einer eigenen Dimension «gesprochen/geschrieben» bzw. «Nähe/Distanz» u. a. mit folgenden Argumenten v. a. gegen eine Vermischung mit diaphasischer Varietät: Gesprochene/geschriebene Sprache habe nicht nur einzelsprachliche, sondern auch universale Merkmale, sei also im Gegensatz zur einzelsprachlich-historisch bestimmten diasystematischen Variation auf universaler Ebene
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Ebenso wie Söll (21980, 17‒29) differenzieren Koch/Oesterreicher (1990, 5‒6, 10‒12) die sprachliche Konzeption (gesprochen/geschrieben) einer Äußerung vom Medium (phonisch/graphisch),190 in dem sie realisiert wird, wobei insofern Affinität zwischen diesen beiden Aspekten der Mündlichkeit bzw. Schriftlichkeit besteht,
anzusiedeln, und ihr somit übergeordnet. Daher könnten diaphasische (diastratische oder diatopische) Varietäten im Rahmen der Varietätenkette Merkmale aus der Dimension der gesprochenen/geschriebenen Sprache übernehmen. – Allerdings weisen diese Varietäten vermutlich auch weitere (also nicht unbedingt nur nähe- oder distanzsprachliche) universale Merkmale auf: Man könnte z. B. die Verwendung vulgären Wortschatzes (der natürlich in jeder Einzelsprache lexikalisch anders zusammengesetzt ist) als universales Merkmal eines diaphasischdiastratisch niedrigen Niveaus betrachten. – Zudem gebe es auch allein die Nähe oder Distanz abbildende Merkmale innerhalb der historischen Ebene der Diskurstradition. Daneben unterliege die Nähe-/Distanz-Dimension kommunikativ-funktionalen Bedingungen und folge damit nicht wie z. B. diaphasische Abstufung einer subjektiven, persönlichen Bewertung bzw. Einschätzung durch die Sprachbenutzer. – Doch beruht nicht auch die Wahl der geeigneten Konzeption für eine bestimmte Funktion/Kommunikationssituation auf einem gewissen wertenden Entscheidungsprozess des Sprechers/Schreibers? Diese Position vertritt ja auch Selig (2011) – Schließlich sei das Nähe-Distanz-Kontinuum im Gegensatz zur pluralen, d. h. mehrfach abstufbaren (z. B. vulgaire – populaire – familier – courant – cultivé) diaphasischen Variation nur dual (mehr oder weniger Nähe oder Distanz) angelegt. – Hier ließe sich einwenden, dass dies vielleicht nur eine Frage der (noch) fehlenden Bezeichnungen für Zwischenstadien (als Ansatz dazu könnte man Nencioni 1976 werten) im Nähe-Distanz-Kontinuum ist. – Allerdings schrieb Koch selbst noch 1985 über «die diaphasisch zu den informellen Registern tendierende lingua parlata» (1985, 48) und auch Coseriu (1981, 305), auf dessen Theorie der Diasystematik er sich beruft, ordnet die Unterscheidung «gesprochen/geschrieben» der diaphasischen Dimension zu. Das Problem, ob gesprochene/geschriebene Sprache eine eigenständige Dimension/Varietät darstellt (Schafroth 1993, 12 u. 31 z. B. bejaht dies, auch Schmidt-Riese 1997, 52‒53 widerspricht nicht; auf die Diskussion weist auch Pistolesi 2016, 443 hin), soll an dieser Stelle jedoch nicht weiter vertieft werden, da es für die hier bearbeitete Fragestellung irrelevant ist. Das Modell der gesprochenen Sprache von Koch/Oesterreicher wird hier v. a. wegen seines Bezugs auf die romanischen Sprachen bzw. auf gesprochenes Italienisch verwendet und dient als allgemeine Merkmalsreferenz für den Vergleich mit den Charakteristika der hier untersuchten, individuellen Korpustexte. Diese beinhalten (vermutlich, s. dazu Kapitel 4.1) ohnehin keine rein konzeptionell-gesprochene, sondern maximal diasystematisch markierte Nähesprache im weiteren Sinn (vgl. dazu z. B. Koch/Oesterreicher 1990, 142). 190 Eine solchermaßen nach Medium und Varietät differenzierte Betrachtung von Mündlichkeit und Schriftlichkeit erfolgte neben Söll auch bereits durch Behaghel (1899/1927), Martinet (1960), De Mauro (1970b), Peytard (1971) und Nencioni (1976); sie findet sich auch in der angloamerikanischen Sprachwissenschaft, z. B. bei Chafe (1982), unter den Bezeichnungen «‹spoken/written› (Medium) und ‹informal/formal› (Konzeption)» (Koch 1999, 141‒142). Schlieben-Lange (1992, v. a. 61; 1998, 265‒267) und Gauger (1998, 14) sehen eine über bloße Affinität hinausgehende wechselseitige Abhängigkeit zwischen Medium und Konzeption, wobei das Medium eine Vorrangstellung vor der Konzeption hat. Marcato (1985, 28‒29)
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als ein prototypischer Distanzdiskurs sowohl medial als auch konzeptionell schriftlich und ein prototypischer Nähediskurs sowohl medial als auch konzeptionell mündlich ist (vgl. zum Nähe-/Distanzmodell Koch 1985, 52; 1999, 141‒147 und Koch/Oesterreicher 1990; 2001; 22011). Vergleicht man Definition und Bedingungen der Konzeption nach Koch/Oesterreicher mit den Kriterien der Textualität nach de Beaugrande/Dressler, so ergeben sich, wie bereits erwähnt, einige Übereinstimmungen, z. B. werden in beiden Konzepten die Textkohärenz, die Kommunikationspartner und die Kommunikationssituation berücksichtigt. Man könnte Textualität (hier Kohärenz und Kohäsion) durchaus als einen Teilaspekt des weiter gefassten Konzeptionsbegriffs betrachten, denn die Konzeption schließt neben der textuellen Verknüpfung auch andere sprachliche Ebenen wie Morphosyntax und Lexikon sowie deren varietätenlinguistische Hintergründe ein. Allerdings betrachten Konzeption und Textualität sprachliche Äußerungen bzw. Texte unter verschiedenen Aspekten: Während Textualität (wie bereits erwähnt) die «konstitutive quidditas des Textes
betrachtet das Medium ebenfalls als den wichtigsten Faktor zur Bestimmung des italiano parlato. Hans-Bianchi (2005, 50‒57) bestätigt die enge Beziehung von Medium und Konzeption: Sie spricht von einer der Verbalisierung vorgelagerten «Kooperation», also einem Zusammenspiel von Medium und Kommunikationsbedingungen bei der Konzeptionsfindung. Allerdings weist sie darauf hin, dass bei unsicheren, ungeübten Schreibern der umgekehrte Fall eintreten kann, bei dem die (ihnen vertrautere mündliche) Konzeption Auswirkungen auf die im (schriftlichen) Medium realisierten Optionen haben kann, was ein interessanter Gedanke im Hinblick auf die hier angestrebte Analyse der Texte von semicolti ist. Koch stellte bereits 1985 fest: «…man greift zu kurz, wenn man die Eigenschaften des ungeplanten vs. geplanten Diskurses in erster Linie aus der Oralität vs. ‹Scripturalität›, also dem Medium, dem ‹Kanal› der Kommunikation, ableitet, was nach wie vor versucht wird» (1985, 52). Jedoch bestreiten Koch/Oesterreicher (1990, 6; 22011, 4) nicht, dass bei gesprochener Sprache (neben der Konzeption) das phonische Medium eine wichtige Rolle spielt. Zur Frage der Gewichtung von Medium und Konzeption äußert Koch (1999, 150‒151) allerdings, dass die «Affinitäten zwischen Medium und Konzeption historisch durchaus variabel sind». So kann, je nach Diskurstradition, das phonische Medium auch für Distanzkommunikation (z. B. in «oralen» Gesellschaften, beim Vortrag in der Antike und im Mittelalter) und das graphische Medium auch für Nähekommunikation (z. B. in E-Mails oder im Chat) verwendet werden. Letztlich sei die Wahl des Realisierungsmediums von konzeptionellen oder kulturgeschichtlichen Bedingungen abhängig (ähnlich Halliday 1992, 141‒181). Oesterreicher (1997, v. a. 197‒199) schließt sich dem an und fügt hinzu, dass der Prozess der Überführung eines z. B. ursprünglich phonisch realisierten Diskurses in das graphische Medium nicht nur eine Frage der medialen Transkodierung ist, sondern auch vom an das Medium gebundenen konzeptionellen Diskursprofil mit bestimmten Kommunikationsbedingungen und daraus resultierenden Versprachlichungsstrategien abhängig ist, so dass schriftliche Versionen gesprochener Sprache nicht automatisch als Nähesprache betrachtet werden können, was z. B. auch für schriftliche Nonstandardtexte (wie die hier untersuchten) gilt.
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selbst» (Conte 1988a, 133; 1988b, 79‒80) ist, d. h. auf das Zustandekommen oder Scheitern eines (prototypisch) verknüpften Text(geflecht)es abzielt, geht es der Konzeption um die Art der Textverknüpfung, also um die qualitas eines Textes. Die (hier ausgewählten) Textualitätskriterien Kohärenz und Kohäsion müssen also auf irgendeine Weise vorhanden sein, damit man von einem Text sprechen kann; die Konzeption eines Textes dagegen regelt (u. a.) nur die jeweilige Art und Ausprägung von Kohärenz und Kohäsion, so dass gesprochene Nähesprache einen anderen Kohärenz- (und natürlich auch Kohäsions-) Typ aufweist als geschriebene Distanzsprache.191 Insofern hat die Konzeption eines Textes Auswirkungen auf seine Textualität. Daher wird hier nun zunächst die konzeptionelle Beschaffenheit der italienischen Nonstandardautobiographen bestimmt (in Kapitel 4.1), um vor diesem Hintergrund dann ihre Textualität (Kohärenz und Kohäsion) zu untersuchen (in Kapitel 4.2) und anhand der dabei gewonnenen Ergebnisse eine Typologie überindividueller Charakteristika italienischer Nonstandardtexte erstellen zu können (in Kapitel 5).
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, welche Art der Konzeption den hier betrachteten italiano-popolare-Texten zugrunde liegt, wobei besonderes Augenmerk darauf gerichtet wird, ob die Schreiber fähig sind, einen dem distanzsprachlichen Prototyp entsprechenden Text zu produzieren. Die Konzeptionsbestimmung geschieht sowohl auf theoretisch-definitorischer Ebene als auch durch den praktisch-empirischen Vergleich der Sprachvarietät dieser Texte mit Kriterien konzeptionell gesprochener Sprache. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen zugleich eine Einschätzung der Fähigkeit der Autoren zur Orientierung an einer der Textsorte angemessenen Konzeption. Bei der Untersuchung der vorliegenden Nonstandardtexte wird von der oben bereits dargestellten, von Söll (1974) und Koch/Oesterreicher (1990) übereinstimmend vertretenen Position ausgegangen, nach der es Merkmale der Mündlichkeit gibt, die unabhängig vom Medium sind. Solche rein durch eine mündliche Konzeption bedingte Charakteristika müssten sich in den (medial ja graphischschriftlichen) Autobiographien finden, wenn deren Sprachvarietät, also das ita-
191 Vgl. dazu auch Koch/Oesterreicher (1990, 73).
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liano popolare, der gesprochenen Sprache zuzurechnen wäre.192 Da das Modell der gesprochenen Sprache nach Koch/Oesterreicher (1990) eine solch differenzierte Betrachtung ermöglicht, erfolgt die Konzeptionsanalyse der Nonstandardtexte weitgehend anhand der dort genannten Kriterien.
4.1.1 Die konzeptionelle Sonderstellung des italiano popolare im Spannungsfeld zwischen Nähe- und Distanzpol Als Ausgangspunkt für die praktische Textuntersuchung bietet sich zunächst ein Blick auf die in der Forschungsliteratur vertretenen Meinungen hinsichtlich des sprachlich-konzeptionellen Charakters des italiano popolare193 an: Laut De Mauro (1970a, 49‒53; vgl. dazu auch Fresu 2014, 198, 202‒203) war das Italienische noch lange Zeit nach der politischen Einheit Italiens im Jahr 1861 für weite Teile der Bevölkerung kaum zugänglich. Es blieb literarischen bzw. hohen Registern vorbehalten, während es für Alltagskommunikation nur schlecht geeignet war, weil es weder mit der nötigen Spontaneität verwendet werden konnte, noch ausreichende Expressivität vermittelte. Dafür stand vielen Menschen nur ihr Dialekt zur Verfügung, der gleichzeitig ihr einziges Kommunikationsinstrument war. Ein alltagssprachliches, spontan verwendbares und expressives Kommunikationsmittel auf der Basis eines überregional verständlichen Italienisch, das bisher fehlte, entstand erst durch das Aufeinandertreffen der grandi masse (De Mauro 1970a, 52) im Zuge von soziopolitischen Veränderungen (Industrialisierung, interne Migration, Emigration, Wehrdienst, Weltkriege usw.), wodurch diese Menschen gezwungen waren, ihre Dialekte abzulegen, um – mit den ihnen bekannten Elementen des Italienischen – miteinander kommunizieren zu können: «È da questi incontri che acquista consistenza l’italiano popolare unitario; e da questo nuovo uso dell’italiano […] anche la borghesia at-
192 Um Sprache als gesprochen klassifizieren zu können, muss ihre Konzeption natürlich nicht unbedingt am extremen Nähepol ausgerichtet sein, sondern kann sich innerhalb des NäheDistanz-Kontinuums auch weiter vom Nähepol entfernen, solange der Abstand zu ihm geringer ist als der zum Distanzpol. Bei Dürscheid (2002, 55‒56) findet sich ein Hinweis darauf, dass manche Texte sich nicht durchgängig als konzeptionell schriftlich oder konzeptionell mündlich einordnen lassen, sondern maximal einzelne Textabschnitte die eine oder andere Konzeption aufweisen, was auch für die hier angestrebte Untersuchung relevant erscheint. 193 Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich v. a. auf das (frühere) italiano popolare, das nach der Einheit Italiens bis ins 20. Jahrhundert hinein verwendet wurde. Das heutige italiano popolare hat sich demgegenüber zumindest in Teilen verändert, wenn es nicht schon als aus dem Repertoire der Italiener verschwunden betrachtet wird (vgl. dazu Anm. 207).
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tinge un mondo d’espressioni colorite, che sono per la prima volta popolari senza essere né dialettali né riboboli toscani» (De Mauro 1970a, 60). De Mauro zufolge gibt die dadurch stark zunehmende Verbreitung des italiano popolare also einen entscheidenden Anstoß zur Entstehung eines überregional gesprochenen Alltagsitalienisch. Er (1970a, 74) ist sogar der Meinung, dass das italiano popolare die spontan gedachte oder gesprochene Sprache eines Menschen abbildet, wenn man sich nur die (lediglich in schriftlichen Texten auftretenden) Orthographiefehler wegdenkt.194 Auch für Cortelazzo (1972, 9) ist «l’oralità» ein typisches Element des italiano popolare. Dem schließen sich Radtke (1981, 147, 149, 153‒155), Oesterreicher (1994, 158‒160, 171‒173, 178), Biondi (2010, 144, 148), Ruffino (2012, 78) und Fresu (2014, 195, 198‒199) an. Ebenso zählt Ernst (1981, 111) zu den Charakteristika des italiano popolare unter anderem «Erscheinungen, die allgemein konstitutiv für gesprochene Sprache und dieser nahestehende Textsorten sind». Dies hat laut Mioni (1983, 513) folgende Ursachen: «i proletari [sono] costretti a usare, per un mancato controllo dello standard, anche per il registro formale, delle strutture che per i borghesi sarebbero informali-colloquiali; analogamente si trovano a trasferire allo scritto delle caratteristiche proprie dell’orale». Berruto (1983a, 92) zufolge gilt ohne Zweifel «che una certa parte dei tratti dell’italiano popolare si debbono considerare tratti tipici del parlato», was er auch an anderer Stelle (Berruto 1985, 140) wiederholt. Seine Position präzisiert er in einem Artikel (Berruto 1983c, 487)195 wie folgt: «alcuni dei tratti che sembrano caratterizzarlo […] si ritrovano con una certa frequenza nel parlato non sorvegliato anche di parlanti colti e di buona estrazione sociale». Auch die Textualität des italiano popolare führt er auf diejenige gesprochener Sprache zurück: «l’organizzazione testuale peculiare dell’italiano popolare scritto, che non è di per sè sconnessa, ma che sembra tale anche e soprattutto per l’effetto dovuto al trovare una testualità tipica del parlato laddove ci aspetteremmo una testualità tipica dello scritto» (Berruto 1986, 176; ähnlich in Berruto 31997b, 58‒59). Neumann (1983, 151) stimmt mit Berruto darin überein, dass sich viele Abweichungen des italiano popolare von der Norm des Standarditalienischen als typisch für gesprochene Sprache erweisen, weshalb «man das italiano popolare […] primär der gesprochenen Sprache zuordnet». Diese Position präzisiert sie
194 Dieser Annahme widerspricht Mioni (1983, 511‒512) jedoch hinsichtlich der Textualität des italiano popolare, die man seiner Meinung nach nicht einfach durch geringfügige Korrekturen in den Griff bekommt. 195 Nahezu identisch auch in Berruto (1983b, 67 – vgl. jedoch die Einschränkungen in Berruto 1983a, 90 und 1986, 175‒176).
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an späterer Stelle ihres Artikels (1983, 159) noch einmal: «Die mangelnde Schreibkompetenz wird zwangsläufig durch die Sprechkompetenz ergänzt und aufgefüllt. Somit erklären sich die sonst schwer zu deutenden Überschneidungen von Elementen des italiano popolare mit Elementen der gesprochenen Sprache. […] Letztlich ist auch dies der Grund, weshalb man das italiano popolare eher der gesprochenen Sprache zuordnet». D’Achille bringt das italiano popolare in seinen Ausführungen ebenfalls immer wieder mit dem Bereich der Mündlichkeit in Verbindung, indem er von «vicinanza alla sfera dell’oralità» (1994, 46), «questi testi molto vicini alle forme della comunicazione parlata» (1994, 55), «analogie con il parlato» (1994, 56) oder «dimensione parlata dell’italiano popolare» (1994, 65) spricht, und dafür plädiert «che molti fenomeni comuni ai testi in italiano popolare si legano a meccanismi generali della lingua parlata» (1994, 48), was sich seiner (mit Berrutos identischer) Meinung nach folgendermaßen in der Textualität des italiano popolare zeigt: «la lingua dei semicolti rivela la testualità propria del parlato, molto meno coerente e coesa rispetto a quella dello scritto» (1994, 74). Auch Berretta teilt diese Ansicht: «l’italiano popolare è una varietà soprattutto parlata» (1988, 766) – «della testualità occorre dire che è fondamentalmente quella del parlato» (1988, 767). Im Rahmen ihrer Abhandlung über gesprochene Sprache führen Koch/Oesterreicher das italiano popolare schließlich als «italienische Nähesprache im weiteren Sinn» (1990, 187; s. auch 173, 175‒176) auf, wodurch sie es als konzeptionell gesprochene, einzelsprachliche Varietät mit diastratischer Markierung einstufen. Dies knüpft an Kochs bereits 1985 geäußerte Einschätzung an, nach der «das italiano popolare […] in phonischer und graphischer Realisierung im wesentlichen der lingua parlata zugehört» (1985, 47). Jedoch klingen in vielen Beschreibungen des italiano popolare Zweifel an der (völligen) Richtigkeit seiner Klassifizierung als konzeptionell mündliche Sprachvarietät an oder es werden zumindest (wie in fast allen obigen Forschungsmeinungen) relativierende Einschränkungen genannt – vor allem, dass zwar viele, aber eben nicht alle seiner Merkmale der gesprochenen Sprache zuzurechnen sind. Ein typisches Beispiel für die Schwierigkeiten, sich einer Definition des italiano popolare (bzw. des italiano dei semicolti) zu nähern, findet sich bei D’Achille (1994, 41):196
196 In neueren Werken ordnet D’Achille das italiano popolare zunächst noch eher in Richtung Nähesprache ein: «vari tratti considerati propri dell’italiano popolare sono in realtà diffusi (se pure con frequenze ben diverse) anche nel parlato colloquiale di altre fasce sociali» (22006, 200), schränkt dann jedoch ein: «Accanto alla fenomenologia del parlato più trascurato, la lin-
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«Esiste infatti la categoria particolare dei cosiddetti ‹semicolti›, i quali, pur essendo alfabetizzati, non hanno acquisito una piena competenza della scrittura e pertanto rimangono sempre legati alla sfera dell’oralità: la loro lingua, anche quando si fissa sulla carta, resta «tendenzialmente indipendente rispetto alla dicotomia ‹scritto/parlato›, perché presenta annullati o quanto meno ridotti gli effetti della variabile ‹diamesica›. Le scritture dei semicolti, infatti, condividono certamente con la lingua scritta il mezzo usato, che consente al messaggio di superare la distanza spaziale o gli assicura la durata nel tempo […] e con la lingua parlata altri elementi non meno caratterizzanti: l’empatia del soggetto, la scarsa sorvegliatezza, il legame diretto con la situazione, il ‹privilegio quasi assoluto per la funzione referenziale› del messaggio. Quando si parla di italiano dei semicolti si fa sempre, almeno implicitamente, riferimento a una particolare modalità scritta, o comunque a una categoria di parlanti dotati di una pur limitata abilità scrittoria».
Dabei stellt er fest, dass die Schreiber des italiano popolare aus einem von Mündlichkeit geprägten Milieu stammen, so dass sie aufgrund ihrer geringen Schreibfähigkeiten im schriftlichen Medium zusätzlich zu den dafür typischen Elementen auch solche der gesprochenen Sprache mit einbringen, was darauf hindeutet, dass den Texten von semicolti eher eine Art Mischkonzeption als diejenige einer rein gesprochenen Sprache zugrunde liegt. Zugleich betrachtet er das italiano popolare als weitgehend unabhängig von Einflüssen des Kanals bzw. Mediums, was jedoch ebenfalls noch nicht zwingend auf eine schriftlich realisierte, konzeptionell aber rein mündliche Sprachvarietät schließen lässt. Letztlich sicher scheint D’Achille nur, dass es sich um eine medial graphische Varietät von Schreibern mit begrenzten Schrift(sprach)kenntnissen handelt, womit er die Texte von semicolti eher in den Bereich bemühter Schriftlichkeit (als in den spontaner Mündlichkeit) einordnet.197 Ähnlich relativieren Koch/Oesterreicher (1990, 175‒176, Hervorhebung im
gua dei semicolti presenta anche particolarità spiegabili con riferimento ai modelli di lingua scritta conosciuti e sentiti come particolarmente prestigiosi» (22006, 223). An anderer Stelle äußert er (2011, 724) zur Diskussion um den diamesischen Status des italiano popolare «da un lato la contiguità tra l’italiano popolare e l’italiano parlato […] nelle sue manifestazioni più colloquiali e trascurate; dall’altro il rapporto con lo standard». Ähnlich sieht Testa (2008, 2414‒2415) zwar einen engen Bezug der scritture dei semicolti zur gesprochenen Nähesprache, warnt jedoch auch davor, all diese Schriften unkritisch als Beleg für (frühere Stadien) gesprochener Sprache einzustufen: «È quindi mossa imprudente ascrivere in maniera indiscriminata ai documenti semicolti un valore probatorio nella ricostruzione del parlato» (ibidem, 2416). Auch Fresu beschreibt das italiano popolare trotz der «massiccia presenza della componente orale» (2016a, 329) als «varietà prevalentemente scritta, documentata, soprattutto per il passato, in specifiche tipologie testuali di tipo pratico e/o privato […] spesso riconducibili alle cosiddette ‹forme primarie della scrittura› (come lettere, diari, autobiografie)» (2016a, 328; vgl. dazu auch Fresu 2014, 202‒203). 197 D’Achilles (1994, 43) Meinung nach beinhalten die Texte von (früheren) semicolti jedenfalls keine spontan produzierte gesprochene Sprache: «Il foglio di carta bianco, capace di angosciare lo stesso Mallarmé, non può non mettere in imbarazzo colui che deve o vuole scrivere
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Original) ihre Position: «das italiano popolare. Seine Sprecher bewegen sich überwiegend im Bereich kommunikativer Nähe (und können im graphischen Medium kommunikative Distanz nur unvollkommen erreichen)». Tanzmeister (2005, 336‒337) stellt anhand italienischer Migrantenbriefe aus Argentinien fest: «Das Zusammenwirken von verschiedenen sprachlichen Varietäten in der schriftsprachlichen Produktion der Migrantenbriefe macht – dank ihres hybriden Charakters, an der Grenze zwischen Oralität und Schrift, […] den linguistischen Reiz dieser Briefe aus».
Auch Testa (2014, 20) bezeichnet das «italiano dei semicolti» als «una realizzazione linguistica intermedia che […] mette in contatto […] i due mondi dell’oralità e della scrittura». Was die Problematik der Klassifizierung des (früheren) italiano popolare innerhalb des italienischen Diasystems betrifft, so sind sich die verschiedenen Forschungsmeinungen ohnehin nur darin (relativ) einig, dass es als eine diastratische Varietät des Italienischen zu sehen ist, die von Angehörigen sozial niedrigerer Schichten verwendet wird, und die meist auch regionale198 Elemente des jeweiligen Herkunftsgebiets des Sprechers/Schreibers aufweist. Eine (gleichzeitige) Einstufung des italiano popolare als diaphasische Varietät des Italienischen bzw. als situationsgebundenes Sprachregister wird vielfach abgelehnt, auch wenn es, oberflächlich betrachtet, einige Merkmale mit diaphasisch niedrigen, spontanen und wenig kontrollierten Registern gebildeter, sozial gut gestellter Menschen gemeinsam zu haben scheint, denn semicolti haben zumeist keine bzw. nur eingeschränkte Auswahlmöglichkeiten zwischen (italienischen)
qualcosa senza avere dimestichezza con la penna, e che quindi non può far altro che scrivere in presa diretta il proprio discorso mentale che è anzitutto – per mancanza di altri modelli – un discorso orale». Der hier angedeuteten Möglichkeit der spontanen und änderungslosen Überführung gesprochener Sprache in das schriftliche Medium widerspricht Bruni (1994, XXIV) entschieden: «non si dà scrittura senza una consapevolezza (almeno latente e confusa) di procedimenti da sovrapporre all’oralità». Auch Salvatore (2015, 236) attestiert semicolti unter Bezug auf Sornicola (1984, 345) ein Bewusstsein um den von spontanem Sprechen völlig verschiedenen Stellenwert eines geschriebenen Textes. Dies bestätigen häufig metasprachliche Kommentare in den Texten von semicolti, die darauf hinweisen, dass diese sich ihres mangelnden Schreibvermögens nicht nur bewusst sind, sondern auch über den Schreibvorgang nachgedacht und nicht einfach «drauflosgeschrieben» haben (D’Achille 1994, 43‒44). Bei Testa (2008, 2416) findet sich dazu folgendes Zitat Trifones: «il grande prestigio della scrittura, che impone sempre, anche ai livelli più umili, uno specifico impegno di elaborazione e un certo grado di formalità». Auch Blasco Ferrer (1990, 235) sieht in der im Vergleich zur Schriftnorm geringeren Elaboration (und nicht ihrer vermeintlichen Nähe zur gesprochenen Sprache!) ein wichtiges Kriterium für Substandardvarietäten wie das italiano popolare. 198 So auch D’Achille (22006, 220; 2011, 724). Dieser Zusammenhang entspricht der Varietätenkette nach Koch/Oesterreicher (1990, 14).
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Sprachregistern199 und außerhalb ihrer Gruppe wird das italiano popolare kaum verwendet (Rovere 1977, 53‒54; Berruto 1983a, 90‒92, 100; 1983c, 486‒488; 1986, 172‒173, 176, 178; 2011, 1552; Lepschy 1983, 275‒276; Neumann 1983, 153‒154; Sabatini 1985, 176‒177; Berretta 1988, 768; D’Achille 1994, 48‒49). Berruto macht dies besonders deutlich: «l’italiano popolare è una varietà sociale di lingua, e non va accomunato […] a varietà legate al contesto situazionale, o più precisamente a un ‹registro›» (1983a, 90) – «L’italiano popolare non è l’italiano colloquiale» (1983a, 92; dies bestätigt ausführlich Alfonzetti 2002, 14‒19). Die Ursache sowohl für die Verwendung durch ganz bestimmte Bevölkerungsschichten als auch zumindest teilweise für die in vielerlei Hinsicht vom Standarditalienischen abweichende Beschaffenheit des (früheren) italiano popolare (wie u. a. auch aus Kapitel 3.3 dieser Arbeit ersichtlich), liegt vor allem im zu kurzen und/oder wenig effektiven Schulbesuch und der daraus resultierenden, für semicolti typischen, mangelnden schriftsprachlichen Kenntnis und Kompetenz (Rovere 1977, 53; Berruto 1983c, 486; 1986, 176, 178; Neumann 1983, 156‒159; D’Achille 1994, 43, 78‒79; 22006, 220). Obwohl das italiano popolare unbestritten durch eine Reihe von sprachlichen Merkmalen bestimmt ist, ist deren Status häufig (noch) unklar: Manche scheinen ausschließlich im italiano popolare aufzutreten und es damit von anderen Varietäten abzugrenzen, einige kommen jedoch auch in anderen Varietäten vor, so dass zu klären ist, ob ihre (im italiano popolare eventuell höhere) Frequenz ausschlaggebend und vor allem ausreichend für eine Klassifizierung des italiano popolare als eigenständige, aber heterogen aus diatopisch, diastratisch und diaphasisch markierten Elementen zusammengesetzte Varietät ist (Lepschy 1983, 277‒280; Berruto 1986, 173‒175; D’Achille 1994, 65‒66; Alfonzetti 2002, 14‒21).200 Wie man sieht, handelt es sich beim italiano popolare um einen «vielschillernden Begriff» (Holtus 1983, 166), dessen Abgrenzung viele Probleme aufwirft, und dessen Definition bis jetzt noch nicht abgeschlossen ist.201
199 Man könnte das italiano popolare höchstens als «registro del repertorio» (Berruto 1986, 173; D’Achille 1994, 49) bezeichnen. 200 D’Achille (2011, 724) differenziert (hinsichtlich Überschneidungen mit gesprochener Sprache und Standarditalienisch): «Per alcuni fenomeni, come la frase relativa […], italiano popolare, italiano parlato e italiano standard si dispongono lungo un continuum […] e in vari altri casi (per es., le cosiddette ridondanze pronominali e soprattutto gli anacoluti […]), solo l’aspetto quantitativo consente di caratterizzare, rispetto al parlato informale dei colti, l’italiano popolare (scritto o parlato che sia), che però presenta anche, dal punto di vista qualitativo, alcuni tratti esclusivi». 201 Vgl. dazu auch Berruto (1983b, 38‒39: «l’italiano popolare è lungi dal corrispondere a un concetto chiaro e distinto, e i pareri sulla sua natura sono lungi dall’essere concordi […] In
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In der heterogenen Merkmalsmischung des italiano popolare hat wohl auch die meistgeführte Diskussion um seine diamesisch-konzeptionelle202 Position und damit um seine Zugehörigkeit zum (einzelsprachlich) gesprochenen oder geschriebenen Italienisch bzw. zu (übereinzelsprachlich) gesprochener oder geschriebener Sprache im Allgemeinen ihren Ursprung. Um Aufschluss über die dem italiano popolare zugrundeliegende Konzeption zu gewinnen, gilt es, sich vor allem folgende Aspekte, die es von gesprochener Sprache unterscheiden, (z. T. noch einmal) zu vergegenwärtigen und genauer zu betrachten: Obwohl dem italiano popolare vielfach Kennzeichen gesprochener Sprache zugeschrieben werden, handelt es sich dabei, wie D’Achille richtig bemerkt, jedoch wohl nur um oberflächliche Analogien: «Le analogie riscontrate tra certi fenomeni dello scritto dei semicolti e l’italiano parlato colloquiale hanno portato in alcuni studi a una sovrapposizione tra l’italiano popolare e il registro non sorvegliato, informale, della lingua italiana. È però opportuno tener distinto il piano diamesico (e/o diafasico) da quello diastratico». (D’Achille 1994, 49)
Auch Bianconis Titel L’italiano lingua popolare. La comunicazione scritta e parlata dei «senza lettere» weist, wie darin (2013, 13, 16) dann genauer ausgeführt wird, darauf hin, dass auch bei der Analyse des italiano popolare die voneinander abweichenden spezifischen Eigenschaften mündlicher und schriftlicher Kommunikation zu beachten sind, da sowohl gesprochenes als auch geschriebenes Italienisch Einfluss auf die Sprache unterer Bevölkerungsschichten haben. Bianconi (2013, 126‒127) spricht sogar von einem Kontinuum des italiano popolare zwischen bzw. innerhalb der Register popolare parlato und popolare scritto. Dabei gilt auch zu bedenken, dass semicolti das italiano popolare gewissermaßen als ein (notgedrungen) allumfassendes Sprachinstrument zur Kommunikation in italienischer Sprache verwende(te)n, da sie im Zuge ihrer rudimentären Schulbildung meist gar keine Gelegenheit hatten, zwischen gesprochenem und
particolare, manca una precisa caratterizzazione linguistica dell’italiano popolare») oder D’Achille (1994, 46: «Le definizioni, i punti di vista, i giudizi sull’italiano popolare sono stati finora talmente diversi […] si tratta di un concetto che ha posto problemi interpretativi di non facile soluzione, soprattutto per ciò che concerne i rapporti con […] l’italiano parlato»). Eine Zusammenstellung verschiedener Definitionsansätze findet sich bei Blasco Ferrer (1990, 214‒215). 202 Diese doppelte Charakterisierung wird hier verwendet, um noch einmal deutlich zu machen, dass viele Autoren gesprochene Sprache im diamesischen, d. h. rein auf den mündlichen Kanal bezogenen Sinn verstehen (vgl. dazu Anm. 10). In dieser Untersuchung wird sie aber als konzeptionell bedingte Erscheinung betrachtet, die im Sinne der von Koch/Oesterreicher (1990, 15) beschriebenen Nähesprache universal-essenziellen oder einzelsprachlich-kontingenten, diasystematisch aber immer unmarkierten Status hat.
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geschriebenem Italienisch unterscheiden zu lernen und es aufgrund ihrer begrenzten Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen (sowohl diaphasischen als auch konzeptionellen) Varietäten des Italienischen oft die einzige Italienischvarietät darstellt(e), die sie beherrsch(t)en. Sie ist – bzw. war zumindest früher – ihr vestito della festa, d. h. sie verwende(te)n sie als varietà alta in formellen Situationen (Rovere 1977, 54; Mioni 1983, 513; Berruto 1986, 173, 178; D’Achille 1994, 41, 49; 22006, 220). Dagegen können gebildetere Sprecher/Schreiber unter vielen möglichen Italienischvarietäten wählen. Eine davon ist das von ihnen spontan und alltäglich als informelle varietà media-bassa verwendete italiano parlato (colloquiale) (Mioni 1983, 513; Berruto 1986, 173, 175‒176; 62001, 156; Berretta 1988, 764, 770‒771; Sobrero 1988, 741‒742). Eine Überschneidung bzw. (Teil-)Identität dieser beiden Italienischvarietäten ist also schon allein in formaler Hinsicht ausgeschlossen, da sie durch unvereinbare diastratische und diaphasische Parameter bestimmt sind: Sie werden von jeweils völlig unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen und zu völlig unterschiedlichen Zwecken bzw. Anlässen eingesetzt – zumindest bis zu der Zeit, als die hier untersuchten Texte entstanden sind.203 Abgesehen davon scheint jedoch vor allem die Tatsache ausschlaggebend, dass sich das italiano popolare mit dem italiano parlato zwar in manchen Merkmalen überschneiden kann, gebildete Italiener jedoch eine ganz andere gesprochene Sprache produzieren als semicolti. Während das italiano parlato (und auch das italiano parlato colloquiale) gebildeter Sprecher diasystematisch nahezu unmarkiert ist, ist das italiano popolare (v. a. diastratisch) stark markiert. Darüber hinaus gibt es Merkmale, die offensichtlich nicht einfach zwischen gebildeteren und ungebildeteren Italienischsprechern (oder -schreibern) austauschbar sind: Vielmehr variiert ihre Okkurrenz und Frequenz je nach Bildungsniveau und Schichtzugehörigkeit.204 Manche Phänomene treten sogar entweder nur in der Gruppe der gut gebildeten oder aber nur in der Gruppe der weniger gut gebilde-
203 Die beiden Varietäten differieren also nicht nur durch die Zugehörigkeit zu verschiedenen diastratischen Ebenen. Vielmehr muss man darin jeweils noch eine weitere diaphasische sowie konzeptionelle Variation ansetzen, um alle relevanten Unterschiede beschreiben zu können, weshalb die bereits erwähnte Bezeichnung registro del repertorio zutreffend erscheint. 204 Koch (1985, 63) ist zwar der Meinung, dass die «Affinität des italiano popolare zur lingua parlata» darin bestehe, dass sich «alle […] universal sprechsprachlichen Tendenzen […] genau im italiano popolare wieder [finden]» (was – im nachfolgenden Kapitel – noch zu klären sein wird), räumt jedoch ein, dass «der Bestand an einheitlichen popolare-Merkmalen, die in sprechsprachlicher Hinsicht kontingent sind […], aber davon zu unterscheiden [ist]». («kontingente» Merkmale sind in der Terminologie des Autors solche, die sich nicht, wie «essentielle», «aus der […] universalen Tendenz gesprochener Sprache zum ungeplanten Diskurs ergeben»; Koch 1985, 53).
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ten Sprecher/Schreiber auf; ein gleichzeitiges Vorkommen in beiden Gruppen ist in ihrem Fall gänzlich ausgeschlossen (Berruto 1983a, 90‒91; 1986, 174‒176; Lepschy 1983, 272‒273, 277). Daher kann man das (frühere) italiano popolare höchstens als eine diastratisch markierte Varietät mit gewissen – jedoch nicht (unbedingt bzw. allein) konstitutiven – Charakteristika gesprochener (Nähe-)Sprache betrachten, die jedoch durch andere – konstitutive – Merkmale klar von (diasystematisch unmarkierter) gesprochener Sprache abgegrenzt ist, sich also nicht ausschließlich über konzeptionell gesprochene Merkmale definieren lässt, sondern gegenüber der gesprochenen Sprache auch einige Unterschiede aufweist (Ernst 1981, 111‒112; Berruto 1983c, 486‒487; 1986, 173‒176; Holtus 1983, 168; Lepschy 1983, 277‒280; Blasco Ferrer 1990, 215, 231‒235; D’Achille 1994, 48‒49; Testa 2014, 19‒25, 104‒111). Dieser Ansicht ist auch Berretta (1988, 771): «italiano parlato colloquiale e italiano popolare non sono una medesima varietà […]: si può parlare solo di alcuni tratti condivisi, peraltro con restrizioni di occorrenza diverse». Festzuhalten bleibt außerdem, dass das italiano parlato (colloquiale) offensichtlich mehr standarditalienische Merkmale aufweist, als das italiano popolare: «esist[e] un livello linguistico etichettabile come ‹italiano popolare›, definibile come un grado di approssimazione allo standard inferiore a quello dell’italiano colloquiale borghese» (Mioni 1983, 514). Das, was die Differenzierung der beiden Varietäten so problematisch und zugleich spannend macht, ist jedoch gerade die Tatsache, dass sie oberflächlich bzw. in manchen Merkmalen sehr ähnlich scheinen, obwohl sie nicht nur von diastratisch verschiedenen (und untereinander nicht austauschbaren) Sprecher-/ Schreibergruppen mit unterschiedlicher Italienischkompetenz,205 sondern innerhalb dieser Gruppen jeweils auch in verschiedenen Kommunikationssituationen verwendet werden bzw. wurden: Zwar kann man das italiano parlato gebildeterer Sprecher/Schreiber als (diasystematisch unmarkierte, konzeptionell mündliche) Nähesprache betrachten, da es für sie eine varietà italiana media-bassa darstellt, doch beim (früheren) italiano popolare handelt es sich um die varietà italiana alta ungebildeterer Sprecher/Schreiber; als solche ist es eher als (diastratisch
205 Wichtiger noch als diese ist die unzureichende Diskurs- bzw. Textkompetenz von semicolti, auf die Bruni (1978, 195‒196) hinweist: «caratteristiche culturali e modalità espressive di testi di origine semicolta […] molto inferiori cioè alle capacità di discorso comunemente espresse da autori e gruppi intellettuali». Montanile (2002, 24‒25) zitiert Brunis zutreffende Definition von semicolti folgendermaßen: «quei gruppi sociali sottratti all’area dell’analfabetismo ma privi di una piena competenza nella scrittura».
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markierte bzw. gescheiterte, aber konzeptionell schriftliche) Distanzsprache einzustufen.206 Dies geht bereits aus Manlio Cortelazzos (1972, 11) Definition des italiano popolare als «il tipo di italiano imperfettamente acquisito da chi ha per madrelingua il dialetto»207 hervor. Daraus lässt sich unschwer ableiten, dass ein semi-
206 Würde man das (frühere) italiano popolare trotz der bisher gewonnenen, theoretischen Erkenntnisse als konzeptionell gesprochene Nähevarietät klassifizieren, so widerspräche dies den offensichtlich auf Distanzsprache hindeutenden Kommunikationsbedingungen nach Koch/Oesterreicher (1990, 8‒12). 207 Diese scheint – zumindest D’Achilles (22006, 220) Meinung nach – noch immer gültig zu sein bzw. auch auf die heutige Sprachsituation zuzutreffen, denn Muttersprache der heutigen semicolti ist ihm zufolge immer noch ihr Dialekt, nicht das italiano popolare. Dabei gilt jedoch zu bedenken, dass die Distanz zwischen Dialekt und (Standard-)Italienisch aufgrund der Zugehörigkeit beider Varietäten zum italienischen Diasystem geringer ist, d. h. (Standard-)Italienisch nicht in dem Maße als Fremdsprache empfunden wird wie z. B. das Deutsche von einem italienischen Gastarbeiter in Deutschland oder der Schweiz. Dies und die funktionale Abgrenzung des italiano popolare als mündliche, informelle low variety gegenüber der schrifttraditionellen, formellen high variety Standarditalienisch entspricht eher einer Diglossie- bzw. (da das Italienische inzwischen auch in informellen Situationen gesprochen werden kann) einer Dilaliesituation (vgl. Ferguson 1959; Schlieben-Lange 21978, 36, 76‒77; Berruto 31997a, 4‒6; Hans-Bianchi 2005, 48‒49; Malagnini 2007, 260‒261; Michele Cortelazzo 2012, 3). Ähnlich wie Manlio Cortelazzo bringen viele Forscher das italiano popolare aufgrund seiner Heterogenität, seiner Abweichungen vom Standarditalienischen und seiner Abhängigkeit von mangelnder Schulbildung bzw. unzureichendem Italienischunterricht als italiano tendenziale häufig mit Lernersprachen, Übergangsvarietäten bzw. interlingue und Pidginisierungsbzw. Kreolisierungsprozessen in Verbindung (vgl. Berruto 1983a, 88‒89; 1983b, 41‒43, 65‒66, 71‒72; 1986, 177‒178; 2012, 30‒32; Berretta 1988, 772; D’Achille 1994, 48, 54, 78; 2011, 724; vgl. dazu auch Rovere 1977, 56; Radtke 1981, 150‒151; Mioni 1983, 495, 514‒515; D’Achille 2 2006, 190‒191, 200; Fresu 2014, 197). So ließen sich viele Normübertretungen erklären, die man nicht (allein) als Phänomene spontaner, gesprochener Sprache deuten kann. Vielfach scheinen dies typische Lernerfehler zu sein, die durch Aufmerksamkeitsüberforderung und fehlende oder erst schwach entwickelte sprachliche Kontroll- und Korrekturmechanismen entstehen. Jedoch lassen sich im italiano popolare zwar eventuell Prozesse erkennen, die typisch für pidgins sind, doch unterscheidet es sich von letzteren sowohl in den Strukturen, die durch diese Prozesse entstehen, als auch in Art und Ausmaß des Ablaufs dieser Prozesse (Berruto 1983b, 65). Das italiano popolare nimmt innerhalb solcher Annäherungsvarietäten vor allem deshalb eine Sonderstellung ein, weil seine Sprecher/Schreiber das approximative Sprachniveau meist nicht überschreiten (Berruto 1983a, 88‒89; 1986, 177). Auch Michele Cortelazzo (2012, 8) betrachtet das italiano popolare als statisch bzw. als eine nicht weiter führende «Sackgasse» auf dem Weg zum Erwerb des Italienischen, die auch für die «Massen» niemals Modellcharakter hatte, und heute kaum mehr von Bedeutung ist. Übereinstimmend mit ihm halten viele Forscher das italiano popolare heute für nicht mehr existent (vgl. zu Befürwortern und Gegnern dieser These z. B. Cerruti 2013, 97‒98 und Fresu
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2016a, 339). Laut Krefeld (2016, 267‒269; ähnlich D’Achille 2011, 724‒725) hat sich die linguistische Situation in Italien inzwischen dahingehend verändert, dass das italiano popolare als diastratische Varietät zwar der Geschichte angehöre, viele seiner Merkmale jedoch eine diasystematische Aufwertung hin zu einer bloßen Markierung als gesprochen erfahren hätten.) (vgl. zum allmählichen Verschwinden diastratischer zugunsten der Zunahme diaphasischer Varietäten auch Berruto 2012, 29‒30, 43; Cerruti 2013, 97‒98 und D’Achille 2016, 170‒171). Trotz der diastratisch-diaphasischen Aufwertung (zumindest einzelner Merkmale) durch die Verwendung auch durch gebildete Sprecher sogar in formellen Situationen (Alfonzetti 2002, 24‒28; ähnlich Malagnini 2007, 208, 263) kann man das italiano popolare im Gegensatz zum français populaire aber nicht als rein diaphasische (Nähe-)Varietät einstufen (Koch/Oesterreicher 1990, 140, 147, 187). Auch Blasco Ferrers (1990, 237) Prophezeiung («come alternativa all’italiano standard, l’italiano popolare è destinato a diventare l’italiano del 2000») und ähnliche Prognosen (z. B. von Radtke 1981, 150, 156 oder Berretta 1988, 768) haben sich nicht bewahrheitet. Vielmehr gibt es in der italienischen Bevölkerung nach relativ aktuellen Daten von 2001 und 2006 (nach De Mauro 2012, 24‒25) immer noch 5% Analphabeten, und ca. ein Drittel der Italiener hat Schwierigkeiten, einen längeren, komplexeren Text zu schreiben. Dies ist heute laut De Mauro (2012, 24) die Folge einer in Italien sehr weit verbreiteten «dealfabetizzazione postscolastica». So gäbe es zwar einerseits immer mehr Menschen, die das Standarditalienische sicher beherrschen, andererseits sei aber gleichzeitig ein Großteil der Bevölkerung immer noch unsicher im Sprachgebrauch außerhalb ihres Dialekts oder der mündlichen Alltagskommunikation (vgl. dazu auch Michele Cortelazzo 2012, 3‒7, 15‒16, 19‒20). Berruto jedenfalls (2014, 277‒285) ist der Meinung, dass das italiano popolare auch heute noch existiert, und zwar einerseits schriftlich (z. B. als Übergangsvarietät von Schulkindern im Schreiblernprozess), andererseits mündlich, wobei es auch von jüngeren (gebildeten) Menschen gesprochen wird, v. a. wenn sie sich mit älteren semicolti unterhalten. Fresu (2014, 217‒222; 2016a, 340‒343; 2016b, 95‒99, 103‒118, v. a. 114; ähnlich bereits Malagnini 2007, 203‒205, 208‒210, 231‒233, 258, 260‒261) geht sogar so weit, zu sagen, dass die heutigen, eher jüngeren semicolti die Muttersprache Italienisch hätten, alphabetisiert und im Besitz mittlerer bis höherer Bildungsabschlüsse seien, sich aber der trotzdem vorhandenen eigenen SprachDefizite nicht bewusst seien. Diese resultierten u. a. aus der v. a. durch das Fernsehen und elektronische Medien (sie zitiert Stefinlongos «analfabetismo telematico») transportierten und begünstigten Annäherung von gesprochener und geschriebener Sprache, der zunehmenden Akzeptanz früher nicht tolerierter informeller bzw. Substandard-Phänomene, sowie der «desacralizzazione […] della scrittura» mit gleichzeitiger Abnahme des Literaturvorbilds und -verständnisses, was zu einer zunehmenden Vermischung bzw. Abgrenzungs-Grauzone im diaphasischen Bereich führe (vgl. zu den heute zunehmenden Schwierigkeiten bzw. Unsicherheiten vieler italienischer Sprachbenutzer bei Wahrnehmung und Abgrenzung von NormVerstößen auch Serianni 2014). Auch produzierten die heutigen semicolti andere (von ihnen oftmals oft trotz fehlender Übung als einzige schriftlich realisierte) Textarten wie E-Mails, SMS und sogar (halb-)öffentliche bzw. professionelle (Verwaltungs-)Texte (z. B. Berichte, Referate, Qualifikationsschriften, Rundschreiben). Nach Fresu (2014, 222‒223; 2016a, 342) beherrschen die neuen semicolti jedoch nach wie vor die diaphasische Dimension nicht bzw. sind nicht in der Lage,
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colto, der in einer Nähesituation spontan kommunizieren wollte, dies sicherlich in der ihm vertrauten Muttersprache, also seinem Dialekt getan hätte.208 Zum Italienischen als Kommunikationsmittel griff ein solcher Mensch doch wohl nur, wenn es aufgrund besonderer (Distanz-)Umstände unbedingt erforderlich war,209 da er eine Varietät, die er als Fremdsprache (noch dazu unvollkommen bzw. eher passiv als aktiv) gelernt hatte, doch sicher nie spontan in der Alltags-
sich dem Anlass angemessen auszudrücken; auch hätten die heutigen semicolti v. a. immer noch Schwierigkeiten mit der Konstruktion eines kohäsiven und informationshierarchisch kohärenten Textes durch geeignete formale und semantische Verfahren, wobei aber gerade logisch-argumentative Unstimmigkeiten heute aufgrund des unter jungen Menschen weitverbreiteten «analfabetismo funzionale», d. h. der Unfähigkeit, einen Text richtig zu verstehen, weniger wahrgenommen bzw. eher toleriert würden. Das Ziel neuerer Forschung muss laut Fresu (2016a, 340‒343) sein, die charakteristischen Merkmale dieser «varietà neostandard» herauszuarbeiten. Schuld an der unter den modernen semicolti immer noch andauernden mangelnden Texterstellungskompetenz ist laut Malagnini (2007, 208‒210, 232, 234, 253, 260‒263) die schlechte schulische Ausbildung im Schreiben von Texten, wo sie dringenden Handlungsbedarf sieht. Da wenig geübte Schreiber also auch heute noch Probleme damit haben, eine logischargumentative Texthierarchie durch geeignete formale und semantische Mittel kohäsiv und kohärent aufzubauen, stellt die hier geplante Untersuchung von Kohärenz und Kohäsion ein aktuelles Forschungsanliegen dar, auch wenn sie auf älteren Texten des italiano popolare basiert. 208 Wie Kapitel 3.3 gezeigt hat, enthalten die untersuchten Nonstandardtexte jedoch keinen (reinen) Dialekt, sondern maximal dialektale Elemente, die im italiano popolare der Schreiber häufig dort auftreten, wo diese sich bezüglich der jeweiligen (schrift-)standarditalienischen Entsprechungen unsicher sind oder sie nicht kennen. 209 Rovere (1977, 54) schreibt über semicolti: «Questi parlanti […] quando sono costretti a sostituire la varietà regionale (o le varietà regionali) con un codice sovraregionale, oppongono al dialetto usato in ambiti informali (famiglia, amici) l’italiano popolare usato in contesti formali e/o sovraregionali». Ebenso klassifziert D’Achille (22006, 220) das «‹italiano popolare› (De Mauro, Cortelazzo)» bzw. das «‹italiano dei semicolti› (Bruni 1984)» als «una varietà di italiano utilizzata sia nel parlato sia anche nello scritto […] in situazioni comunicative particolari: per parlare con persone che non condividono lo stesso dialetto; per scrivere alla famiglia da cui sono lontani; per rivolgersi, sempre per iscritto, all’autorità pubblica; per tenere diari o memorie autobiografiche». Ganz allgemein stellt Berruto (1986, 172) fest: «Grosso modo, si è tutti d’accordo sul fatto che per italiano popolare vada intesa quella varietà di italiano assai deviante dalla norma standard impiegata da parlanti incolti o semincolti (‹quando si trovano a dover usare l’italiano› […])». Vgl. zum erzwungenen Charakter des italiano popolare auch Berruto (1983b, 67) und Berretta (1988, 766). Dies gilt ebenfalls für die künstlich (in Interviews) erzeugten Korpora (medial) gesprochener italiano-popolare-Texte, die vielfach für Untersuchungen des italiano popolare herangezogen werden, und bei denen es sich ganz sicher nicht um Nähe-, sondern um Distanzkommunikation handelt, auch wenn man davon ausgehen kann, dass die Informanten nach einer Weile unbefangener bzw. zumindest weniger gehemmt gesprochen haben.
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kommunikation verwendet hätte, wenn es sich vermeiden ließ.210 Zudem sind sich (zumindest die früheren) semicolti, wie aus vielen metasprachlichen Äußerungen hervorgeht, ihrer sprachlichen Unzulänglichkeiten generell sehr bewusst und betrachten darüber hinaus den ihnen unvertrauten Schreibvorgang mit Ehrfurcht, so dass es relativ unwahrscheinlich ist, dass sie ohne nachzudenken Italienisch sprachen geschweige denn schrieben.211 Es mag sein, dass
210 Auch das von De Mauro (1970a, 52) beschriebene Zusammentreffen der grandi masse, das zum sprunghaften Anstieg der Verbreitung und Verwendung des italiano popolare führte, spielte sich sicher in einer Distanzsituation ab, da die davon betroffenen semicolti bzw. Dialektsprecher zwar mündlich miteinander kommunizierten, sich aber ja (zunächst, z. B. als Soldaten im Krieg) nicht kannten und ihnen, wenn sie aus unterschiedlichen Regionen stammten, auch kein anderes, überregional verständliches und zugleich vertrautes Kommunikationsmittel zur Verfügung stand. 211 Dies gilt ebenso für französische Nonstandardtexte: «Die Texte zeigen vielmehr auf jeder Seite, daß die Verfasser sich der besonderen Situation des Schreibens bewußt sind» (Ernst 1995, 49). Auch Sonia Branca-Rosoff und Natalie Schneider (1994, 22‒29) warnen aufgrund der komplexen Schreibumstände davor, die von ihnen analysierte écriture des peu-lettrés pendant la période révolutionnaire vorschnell als spontan gesprochene Nähesprache einzuordnen: «Ces relations complexes interdisent en tous cas d’identifier sommairement toutes les formes ‹fautives› à de l’oral et obligent au contraire à situer ces pratiques de langage dans une dialectique complexe entre oral et écrit» (ibidem, 25) bzw. «Les écarts ne peuvent être analysés comme notation d’oral familier» (ibidem, 27) und «Ni ‹expressifs›, ni ‹naturels›, ni ‹spontanés›, les textes ne témoignent pas de l’oral. Ils représentent une forme spécifique à la fois fautive et surveillée» (ibidem, 29). Somit überwiegt sicher auch im Fall der hier untersuchten Nonstandardautobiographien der Faktor des aus Unsicherheit resultierenden Respekts vor dem Schreiben die Privatheit des Vorgangs, zumal man auch bei privaten Autobiographien nicht automatisch davon ausgehen kann, dass die Autoren sie wirklich nur für sich selbst schreiben und nicht zumindest mit einer gewissen (eingeschränkt öffentlichen) Leserschaft rechnen (vgl. dazu auch D’Achille 1994, 43‒45, 55‒56): Clelia Marchi spricht ihre Leser z. B. immer wieder an: «Care Persone Fatene Tesoro Di Questo Lenzuolo Chè C’è Un Pò della Vita Mia» (CM 13), «care persone mi dovete scqusare» (CM 67), «non offendeteVi; che sono andata à scquola, solo in 2a elementare […] Se volete spiegazioni diverse: Venitemi à trovare» (CM 68), «chi avrà l’occasione di leggere i miei libri» (CM 69), ebenso Vincenzo Rabito: «quinte;vedete;ch[e] vita,barbara,che questo;rabito; vincezo;a passato» (VR 737), Tommaso Bordonaro: «Non vi nascondo che…» (TB 65, 134), «come vi ho spiegato» (TB 120), Cecilia Rizzi Pizzini: «Pensi chi legge inche stato danimo ci siamo trovati» (CP 180), «voglio dir questo acio chi legge» (CP 181), Gregorio Scaia: «un saluto et un auguro a voi tuti letori e letrice» (GS Prefazio i) und Valeria Furletti Zanolli: «Tanti saluti à tutti chi lege questo diario.) Squsate gli erori; Ai 14 anni là squolla èra finita e gli ultimi anni anche poco tempo di studiare» (VZ 106). Hinzu kommt, dass die semicolti sich beim Schreiben sicherlich am ihnen (mehr oder weniger) bekannten Texttyp der Autobiographie berühmter Menschen orientieren, wobei es sich um eine literarische Textsorte und somit distanzsprachliche Diskursform handelt. Eine distanzsprachliche «consapevolezza della permanenza nel tempo» attestiert ihnen auch Fresu (2016a, 337) im Hinblick auf die «memorialistica popolare […] semiprivata». Rovere (1992, 109) bestätigt diese
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sie Elemente gesprochener Sprache in das italiano popolare einbrachten, da sie aus ihrem alltäglichen Sprachhandeln nichts anderes kannten, jedoch läuft der Sprech- oder Schreibvorgang in ihrem Fall eindeutig in einer Distanzsituation ab, so dass man das von ihnen produzierte italiano popolare als eine (phonisch oder graphisch realisierte)212 Distanzvarietät einstufen muss (die Merkmale konzeptioneller Mündlichkeit aufweisen kann).213 Auch Hans-Bianchi (2005,
Sichtweise unter Bezugnahme auf empirische Untersuchungen: «Una consapevolezza della diversità sul piano dell’organizzazione testuale fra produzioni orali e scritte pare esistere anche a livelli bassi di competenza della scrittura […] come risulta anche dal confronto fra produzioni scritte e orali della stessa persona». Laut Fresu (2016a, 337‒338; vgl. dazu auch Anm. 74) weisen Texte wie die von Vincenzo Rabito oder Tommaso Bordonaro sehr wohl eine gewisse, den Schriften von semicolti oft aberkannte Literarizität und damit Distanzsprachlichkeit auf. So kommt zur Verzweiflung und Scham über ihre eigene (Schrift-)Unkenntnis und ihre Orthographiefehler auch der Stolz auf die Aneignung einer immerhin ganz beträchtlichen Schreibkompetenz hinzu. 212 Die Tatsache, dass die hier betrachteten autobiografie popolari zu den ohnehin hauptsächlich (bis auf Tonbandaufnahmen zu Forschungszwecken) medial schriftlich vorliegenden Quellen des italiano popolare zählen, verringert zusätzlich die Wahrscheinlichkeit, darin eine prototypisch nähesprachliche Varietät zu finden, da diese ja vor allem im mündlichen Medium ablaufen würde. – Auch D’Achille sieht ein Überwiegen des schriftlichen italiano popolare: «Questa varietà non è però esclusivamente parlata e anzi è stata studiata prevalentemente su testi scritti» (22006, 200) bzw. «L’italiano dei semicolti è dunque spesso scritto e ancor più lo è stato in passato» (22006, 220). Er verneint dadurch (ebenso 2011, 724) jedoch nicht, dass das italiano popolare in Distanzsituationen auch gesprochen wird. Alfonzetti zufolge (2002, 16‒19, nach Berruto 1987, 111; ähnlich auch Hans-Bianchi 2005, 93) handelt es sich beim italiano popolare dagegen um eine in erster Linie gesprochene und nur an zweiter Stelle geschriebene Varietät; der Eindruck der Schriftlichkeit des italiano popolare komme nur daher, dass die Quellen (aufgrund des Fehlens mündlicher Aufzeichnungen) schriftlich seien und bei deren Analyse vor allem auf Abweichungen vom Schriftstandard geachtet werde. Sie wirft der heutigen Forschung eine statische und anachronistische Sichtweise auf das italiano popolare vor, da dieses im Jahr 2000 sicher anders gesprochen werde als von einem semianalfabeta im Ersten Weltkrieg. – Dies stimmt sicherlich, betrifft jedoch nicht die hier untersuchten Texte, die in graphischer Form vorliegen und deren Verfasser um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert geboren wurden. 213 Dabei kann es sich nur um unabsichtlich bzw. unbewusst eingeflossene Elemente handeln, da der Sprecher/Schreiber ja ein distanzsprachliches Niveau anstrebt: Er «bemüht sich um Standarditalienisch, bleibt aber auf halbem Weg stecken, da ihm sein Dialekt in die Quere kommt» (Ernst 1981, 105). Zu französischen Nonstandardtexten äußert Gerhard Ernst (1995, 49; ähnlich auch in Ernst 2002, 1‒3 und Ernst 2003, 83‒85, 95‒97): «Die Existenz eines schriftsprachlichen Standards ist ihnen [den Schreibern] bewußt, sie verfehlen diesen aber in vielfältiger Weise, wobei gesprochene Sprache zwar ein wichtiger Faktor ist, aber eben doch nur einer unter mehreren». Über italienische semicolti schreibt D’Achille (22006, 220) «la loro produzione è certamente legata alla sfera dell’oralità», attestiert ihnen aber (ibidem) gleichzeitig «la ricerca di un registro ‹alto›». Testa spricht von einem «italiano intenzionale più che tendenziale» (2014, 41) bzw. «l’aspirazione all’uso della lingua scritta […] viva e sentita».
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93) schließt sich (unter Berufung auf Blanche Benveniste) dieser Meinung an: «il parlato popolare non si trova tale quale nello scritto dei semicolti, il quale non si configura soltanto in termini di difetto rispetto alla norma scritta ma anche in termini di una «ambizione» di adeguarsi a tale norma alta». Dies bestätigt die Richtigkeit der einleitend in Kapitel 1 formulierten Ausgangshypothese dieser Arbeit, nach der die untersuchten Nonstandardtexte vermutlich keine (rein) konzeptionell gesprochene (Nähe-)Sprache beinhalten. Im Hinblick auf die Textualität von Nonstandardtexten erlaubt diese Erkenntnis den Anschluss weiterer Überlegungen: Wenn das italiano popolare, die Varietät, in der semicolti kommunizier(t)en, tatsächlich dem Bereich konzeptionell gesprochener Nähesprache zuzuordnen wäre (vgl. dazu v. a. Koch/ Oesterreicher 1990, 173, 175‒176, 187), müsste man annehmen, dass sich die oberflächlich wahrnehmbaren Textualitätsdefizite der hier betrachteten autobiografie popolari durch die für gesprochene Sprache typische (geringe) Kohärenz bzw. Kohäsion erklären würden.214 Dass eine mündliche Konzeption meist einen niedrigen Textualitätsgrad zur Folge hat,215 ist ein erwartbares Ergebnis, das eine weitere Untersuchung der Textualität der Nonstandardtexte überflüssig machen würde. Da das italiano popolare jedoch offensichtlich nicht (allein) der gesprochenen Sprache zuzurechnen ist, lohnt sich eine genauere Analyse dieser Varietät. Wenn man italiano-popolare-Texte dem Bereich der (zumindest angestrebten) Distanzsprache zuordnet, ist ihre wenig kohärente und kohäsive Textualität besonders erklärungsbedürftig, denn im Gegensatz zu nähesprachlichen (medial und konzeptionell prototypischerweise gesprochenen) Texten sind distanzsprachliche (medial und konzeptionell prototypischerweise geschriebene) Texte normalerweise (sehr) kohärent und kohäsiv, was jedoch nicht für das
Zu hispanoamerikanischen semicultos äußert Schmidt-Riese (1997, 51): «Der Begriff semicultos verweist auf den mittleren Bereich eines angenommenen Bildungsspektrums, konstatiert dabei aber in der Tat Defizienzen im Hinblick auf eine intendierte formale Leistung. Er bezieht sich so gesehen […] auf einen Widerspruch zwischen intendierter Textsorte und Schreibkompetenz» und weiter: «Schließlich resultieren bestimmte Versprachlichungen der ungeübten Schreiber auch nicht aus der Übertragung gesprochensprachlicher Muster, sondern aus problematischer Anwendung distanzsprachlicher Muster, die unvollkommen beherrscht oder in ihrer stilistischen Indikationsfunktion falsch eingeschätzt werden» (1997, 54). – Vgl. zur bemühten Schriftlichkeit wenig geübter Schreiber auch Ernst (2020, 30‒31) sowie noch einmal Kapitel 3.3.5 und Anm. 175. 214 Diesen nur auf den ersten Blick logisch erscheinenden Schluss ziehen z. B. Berruto (1986, 176), Berretta (1988, 767) und D’Achille (1994, 176). 215 Vgl. dazu z. B. Koch/Oesterreicher (1990, 73‒76), Halliday/Hasan (161999, 25‒26) und Tophinke (2001, 1039).
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
(frühere und heutige!) italiano popolare gilt. Diese Tatsache kann man auch nicht (allein) auf das Vorhandensein (konzeptionell) mündlicher Elemente darin zurückführen, denn auch dadurch lässt sich noch nicht erklären, weshalb (medial) mündliche Texte des italiano popolare paradoxerweise kohärenter sind als (medial) schriftliche (Berretta 1988, 767; D’Achille 1994, 74).216 Die Ursachen dafür sind sicherlich in der der Textualität des italiano popolare zugrundeliegenden Konzeption zu suchen, die sich jedoch erst anhand von Textbelegen endgültig bestimmen lässt. Um den Grad der Abweichung der untersuchten italiano-popolare-Texte von einer mündlichen Konzeption festzustellen, werden sie im anschließenden Kapitel auf Elemente gesprochener Sprache hin untersucht, wozu ihre Merkmale mit den Charakteristika einer mündlichen Konzeption verglichen werden, so dass man erkennen kann, ob es sich bei den Überschneidungen mit gesprochener Sprache wirklich nur um oberflächliche Analogien handelt und ob das
216 Dies hängt wohl auch damit zusammen, dass den Sprechern das mündliche Medium im Gegensatz zum schriftlichen vertraut ist, und dass sie aufgrund dieser Vertrautheit mit dem Medium und seiner größeren Affinität zu ihrer alltäglichen, mündlichen Kommunikation (früher in ihrem jeweiligen Dialekt, heute auch in einem italiano regionale popolare) weniger gehemmt sind, so dass es ihnen hier aufgrund ihrer Routine in diesem Bereich gelingt, sich auch im weitgehend unvertrauten und/oder schlecht beherrschten Italienisch sprachlich angemessener zu bewegen als im zusätzlich fremden schriftlichen Bereich, dessen Textualitätsregeln sie nicht kennen (Berretta 1988, 767; D’Achille 1994, 74). In diesem Zusammenhang ist auch relevant, dass diasystematisch markierte Merkmale je nach Konzeption unterschiedlich bewertet werden, so dass sie im nähesprachlichen Bereich einem höheren Register zugeordnet werden können als im distanzsprachlichen Bereich (vgl. Söll 31985, 190‒196; Koch 1999, 157‒158; 2005, 51‒52; Koch/Oesterreicher 2001, 605; Hans-Bianchi 2005, 55‒56); dies ist sicherlich mit ein Grund dafür, warum das italiano popolare bzw. seine Merkmale in Distanzsituationen deutlich anders bzw. unpassender wahrgenommen werden als in Nähesituationen. Eventuell könnte dies aber auch daran liegen, dass das italiano popolare andere Merkmale bzw. eine andere Form hat, je nachdem, ob es gesprochen oder geschrieben wird, da sich die Verwender in einer (v. a. schriftlichen) Distanzsituation bemühen, die spontan gesprochene Variante durch eine eher an einem (Pseudo-)Schriftstandard orientierte, jedoch unvollkommene und damit künstliche und unnatürliche Variante zu ersetzen. Jedoch handelt es sich bei diesem Phänomen – gerade was Kohärenz und Kohäsion betrifft – sicher nicht nur um einen oberflächlichen Eindruck, der, wie D’Achille (1994, 74) meint, lediglich dadurch zustande kommt, dass (orthographische) Unregelmäßigkeiten im schriftlichen Medium mehr auffallen. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Beobachtung Chiocchettis (2015, 56, 62, 73, 75), dass ein ladinischer semicolto an den Stellen, an denen er in seinen Briefen seine (ladinische) Muttersprache verwendet, einen wesentlich flüssigeren und kohärenteren Text produziert, als in italienischen Textabschnitten, die die typischen Merkmale des italiano popolare aufweisen. Die größere Sprachkompetenz im Ladinischen scheint dabei die (zusätzlich) durch das distanzsprachliche schriftliche Medium entstehenden Unsicherheiten abzufedern.
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
141
italiano popolare als Distanzdiskurs von semicolti tatsächlich nicht auf einer nähesprachlichen Konzeption basiert.217
4.1.2 Vergleich von Merkmalen der Korpustexte mit Charakteristika konzeptionell gesprochener Nähesprache Das italiano popolare ist, wie die obigen Ausführungen gezeigt haben, in einzelsprachlicher Hinsicht nicht mit dem italiano parlato identisch, sondern weist ihm gegenüber etliche Unterschiede auf. Auch Koch/Oesterreicher (1990, 178, 187‒198) nehmen eine Trennung italienischer Nähesprache in einen engeren und einen weiteren Bereich vor, wobei das (diasystematisch nicht bzw. kaum markierte) italiano parlato zur Nähesprache im engeren Sinn und das (diastratisch markierte) italiano popolare zur Nähesprache im weiteren Sinn gezählt wird. Die Tatsache, dass beide Varietäten gleichermaßen als nähesprachlich bzw. gesprochen klassifiziert werden, obwohl zwischen ihnen (auf einzelsprachlicher, diasystematischer Ebene) Differenzen bestehen, ist somit (nur) auf beiden gemeinsame übereinzelsprachliche bzw. universale Merkmale der Mündlichkeit zurückzuführen.218 Folglich muss man das italiano popolare mit universalen Kriterien gesprochener Sprache vergleichen, um nähere Kenntnis über seine Konzeption zu erlangen und diese eventuell von derjenigen gesprochener Nähesprache abgrenzen zu können. Durch den empirischen Vergleich mit konzeptionell gesprochener Sprache lässt sich gleichzeitig ermitteln, inwiefern die Schreiber der hier untersuchten Nonstandardtexte generell über eine angemessene distanzsprachliche Kompetenz verfügen.
217 Die hier verfolgte Vorgehensweise stimmt z. B. mit der Forderung Berrettas (1988, 768) überein: «solo dati oggettivi sulle occorrenze dei tratti, assieme a ulteriori raccolte di materiali, permetterebbero di caratterizzare l’italiano popolare nei confronti di altre varietà di lingua, primo fra tutti il parlato colloquiale […] che con esso ha almeno alcuni tratti in comune». 218 Vgl. dazu auch Koch/Oesterreicher (1990, 14‒15, 127, 172‒176). Der Bereich der italienischen Nähesprache bzw. des italiano parlato kann sich insofern mit dem italiano dell’uso medio (nach Sabatini 1985) decken, als beide Varietäten als diasystematisch unmarkierte gesprochene Sprache verwendet werden können. Im Gegensatz zum italiano parlato kann das italiano dell’uso medio jedoch auch als (geschriebene) Distanzsprache zum Einsatz kommen. Generell bezieht sich italiano dell’uso medio mehr auf die Entstehung einer neuen panitalienischen Standardvarietät (italiano neo-standard), die auch konzeptionell gesprochene Merkmale beinhaltet, ohne deshalb jedoch ausschließlich (wie das italiano parlato) als Nähesprache zu fungieren (vgl. dazu Sabatini 1985; Berretta 1988, 764‒766; Koch/Oesterreicher 1990, 176, 190‒198).
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
Der Vergleich erfolgt, wie bereits angekündigt, anhand der von Koch/Oesterreicher (1990, 50‒126 bzw. 22011, 41‒134 und ggf. auch anderen Forschern) zusammengestellten (universalen) Merkmale konzeptioneller Mündlichkeit. Daraus werden – auch aus Platzgründen nur – einige aussagekräftige Beispiele219 ausgewählt, deren Diskussion ein fundiertes Urteil über die zu ermittelnde Konzeption der Nonstandardautobiographien erlaubt. Da manche der von Koch/Oesterreicher (1990) genannten Merkmale sowohl unter dem (alleinigen) Aspekt der Konzeption als auch unter dem (zusätzlichen) Aspekt der Textualität (Kohärenz/Kohäsion) betrachtet werden können, ist es möglich, dass sie in dieser Untersuchung – aus unterschiedlichen Perspektiven – teilweise zweimal (in Kapitel 4.1 und 4.2) erscheinen. Es wird jedoch weitgehend versucht, dies zu vermeiden. Nachfolgend werden daher (bis auf wenige Ausnahmen) vor allem diejenigen Charakteristika gesprochener Sprache diskutiert, die keinen (unmittelbaren) Einfluss auf die Kohärenz oder Kohäsion der analysierten Texte haben, denn hier soll die Frage nach der Zugehörigkeit der autobiografie popolari zum Bereich der Mündlichkeit oder Schriftlichkeit zunächst ohne Berücksichtigung ihrer Kohärenz bzw. Kohäsion geklärt werden, womit sich dann Kapitel 4.2 gesondert befasst. 4.1.2.1 Gesprächswörter und -verfahren Aus pragmatischer Sicht nennen Koch/Oesterreicher als universale Merkmale konzeptionell gesprochener Sprache Gesprächswörter und -verfahren, die sie (1990, 51, Hervorhebung im Original) wie folgt definieren: «Derartige ‹Wörter›, die direkt auf Instanzen und Faktoren der Kommunikation verweisen, nennen wir Gesprächswörter».220 4.1.2.1.1 Textgliederung Gesprochene Sprache wird laut Koch/Oesterreicher (1990, 51‒52) aufgrund der unter Nähebedingungen herrschenden Spontaneität, Vertrautheit der Kommunikationspartner und Dialogizität entsprechend ihres eher linearen und aggregativen Charakters durch andere, inhaltlich ungenauere Gliederungssignale (z. B. it. e, allora, poi) strukturiert als geschriebene Sprache, so dass in gespro-
219 Da die autobiografie popolari in schriftlicher Form vorliegen, sind dies vor allem Merkmale, die vom Medium (weitgehend) unabhängig sind bzw. auch im schriftlich-graphischen Kanal vorkommen können. 220 Als Beispiele für solche «Instanzen und Faktoren» nennen Koch/Oesterreicher (1990, 51) «Kontakt zwischen Produzent und Rezipient, ihre Gesprächsrollen, Diskurs/Text, ‹Formulierung›, deiktische Konstellationen, Kontexte und Emotionen».
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
143
chener Sprache häufig «nur markiert wird, daß ein Diskursabschnitt anfängt oder aufhört, nicht aber immer eindeutig präzisiert wird, welcher».221 Viele dieser Signale können in gesprochener Sprache somit eine andere Bedeutung bzw. Funktion haben als in geschriebener Sprache, nämlich nur eine allgemeine Gliederungsfunktion (Berruto 1985, 135; Berretta 1994, 248‒249). Eine solche Art der Gliederung, bei der auch die inhaltlichen Beziehungen zwischen den Textabschnitten relativ offen bleiben (s. dazu ausführlicher Kapitel 4.2.1.2; weitere Beispiele finden sich auch in Kapitel 4.1.2.3.1), erfolgt in den untersuchten Korpustexten z. B. durch: e (oft zur Hinzufügung von Subthemen zu einem Hyperthema): cera; quella mia sorella; poveretta; con 2. figlie; maretata, con quellumpriacone;di connitaro; che manciaveno; tutte con mia madre; e tutte;li solde; ciledava io; la casa; ladoveva pagare,io […] li solde mieie; sili manciavino;loro?e mia madre;aveva ra gione,sempre; quanto;diceva,questa, figlia, ene rovenata (VR 294) / mi sono trovato; alla beveratura de cimitero;e prese,lo zapune,e vado alla madonna delle crazie;e per strada bestimiava e diceva… (VR 450) / anche le ciabatte sapevamo fare […] tutto si è imparato à risparmiare… [Absatz] e ogni riga è una storia: Quando una volta si era verso Pasqua si facevano le pulizzie (CM 60) / mi feci un po coraggio, e che mi adoloreva più era il pensiero dei miei cari lontani e che forse dovrà pasar settimane, mesi, et anni senza poter vederli, e meno ricer sua corispondenza, e forsi lori pure fra i straggi della querra (EF 94) / In due sono andati a prenderlo e se l’hanno portato via. E noi due abbiamo aspettato un poco… (EM 9) (e) poi/più: dogni; vacone; cimetevino; 40. di;noi; metre; che;quanto;queste;vacune; portavino; mole;o;cavalle; o;asene; cinemetevino; 8? […] poi, nocerino;neanche; sedile […] fuommo;ancora;piu,strette;messe;della;chiesa […] il nostro conforto;era;la bestemia;poi,per tutte; levacone cerano; 2? soldate: anziane; che cidecevino; nonfate, bordello (VR 18) / partiemmo;per; chiaramonte; miamadre era sempre; immienzo; alle impruglie; vito;maretato; ciovanne maretato; […] poi,cera; quella mia sorella; poveretta; con 2. figlie; maretata, con quellumpriacone;di connitaro; che manciaveno; tutte con mia madre […] li solde mieie; sili manciavino;loro? […] maio; senza, solde; non ciarrevava;maie;poi, a chiaramonte; abiammo;fatto; la;socita; delle recite; venute; dellafrica (VR 294) / …chi parlava di nozze allora…. [Absatz] Poi dove sono andata erano più poveri di mé (CM 20) / le camere erano piccole, basse e le finestre che sembravano quelle del pollaio: poi essendo così fitti vennero le pulci […] poi c’erano i pidocchi (CM 57) / Questo per il manciare. [Absatz] Andiamo poi per lo stare su l’aqua (TB 47) / …ho dovuto rimanere in casa e in leto per alquanti giorni senza potere
221 Vgl. dazu auch Gülich (1970), Söll (21980, 162‒179), Radtke (1983, 178‒183), Berruto (1985, 134‒137), Koch (1985, 54‒55), Sabatini (1985, 165‒166), Koch/Oesterreicher (1990, 51‒54; 1994, 590; 2001, 593; 22011, 42‒47), Berretta (1994, 245‒249), Roth-Johnson (1997, 84‒89, 94‒95), Cresti (2000, 137‒139), Bazzanella (22001, 145‒163), Andorno (2003, 176‒186), Stein (2003, 351‒379), Ferrari (2005b, 39), D’Achille (22006, 185‒188), Schwitalla (32006, 84‒92), Amenta/ Paesano (2009, v. a. 893‒903), Rouayrenc (2010b, 92‒96, 146‒154), Bustos Gisbert (2013, 121‒124) und Fresu (2014, 216).
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mangiare piu cigliege per parechi giorni, [Absatz] Piu un altra volta… (GS 7) / Questo Beltramo […] mori nel suo paese natio at una vechiaia al di piu di 90 e pasa anni [Absatz] Piu il Domenico Lazeri di Creto, era anca un altro nostro viandante… (GS 31) (e) così: tutte li; 20 anni di;cause,che avevino;auto;con quella nobile mia famiglia;li;doveva pagare;io;perche il provebio;antico;dive,che la;corda;rupparuppa; la;deve sogliere chie; che non cicorppa;cosi la casa;la;portai,a un buono;punto (VR 763) / …liti in famiglia per non spendere soldi; e così à .18. anni mi è nato un altro bambino (CM 25) / c’erano i pidocchi […] cosi cerano i pidocchi (CM 57) / Nei paesetti tutte le famiglie àvevano delle mucche!! In estate, chi su una, montagna chi sull’altra le mandavano là àl pascolo, e cèra del personale che le teneva in qustodia per 3 mesi destàtte. [Absatz] Cosi mio padre e mio fratello […] si erano messi pronti per […] andare sulla montagna (VZ 15) / il povero capitano si vedeva sopra le spalle la responsabilita dela nave carica di parechi centinaia di persone, [Absatz] Cosi dopo tuto siamo arivati a superare tuti questi ostacoli (GS 21) (e) quindi: alla sera;partiemmo; della chiaesa:cianno; portato;alla;stanzione; con il zaino; affaldellato;ma;io; il mio;zaino;non ciaveva niente […] ciomesso;umpocco; di paglia; nello; zaino;per fallo;deventare,compio;mi;non cera tanto; di bisogno; perche la partenza,era; di notte;e, nesuno;delle cradovate,s inentrisava,e quinte revammo; alla stantione (VR 32) / una matina; 5. tente; vicino; ai cabinette; che uno;di;q[u]este, tente, cidormeva,io; abiammo; cascate; malate; di una; brutta; malatia; che, li medece, la chiamavino; il parratito […] e questa;malatia; magare, era,infetiva;cosi subito; subito; cianno;mantato;allo spedale: e la paglia;e tute; li;zaine;che erono; di noi,che avemmo; questa malatia; tutto; comene; antiammo; noi; forene; tutte, bruciate; e […] il mio;coccreto; che io; laveva;debitato; fuabruciato; quinte; li medice; cianno; de chiarato; una malatia;infette, e tenevino; paura, che avessero; cascate, malate;tutto;il campo (VR 39) (e) allora: trovo;propia,a chicercabe,e allora parlanto; con questo… (VR 448) / Rappresenti una formica nel mondo: è all’ora cosa sei adesso! Ò diventata? Una ragnatela appesa à un filo! (CM 45) dunque: ci toccava portare compreso l’arma il mio pesava 32kg ce ne èrano pochi sotto i 30kg e diversi ce ne èrano sopra i 40kg! Questi di quelli che avevavano ricevuto di recenti pacchi da casa. Dunque porta anche 10–12 ore certi giorni su per i monti (EM 4) / Noi semo andati su verso la Sugna e èra ripido il 70%. Dunque èra il 21–5 e ancora quel giorno cominciano a decimarci. (EM 12)
Die hier aufgeführten Gliederungssignale (e, quindi, poi, più, così, allora, dunque und mögliche Kombinationen daraus) sind als nähesprachlich einzustufen, da sie in den Belegen nur eine sehr allgemeine und/oder nicht ihre typische gliedernde Funktion erfüllen. Es gilt jedoch immer zu bedenken, dass semicolti gesprochen-sprachliche Elemente oft nur aus Unkenntnis der entsprechenden distanzsprachlichen Pendants und nicht aufgrund bewusster, freier Auswahl verwenden, was ihre Okkurrenz weitgehend unabhängig von den kommunikativen Bedingungen macht. Auch bei den hier untersuchten Texten kann aus diesem Grund nicht sicher ausgeschlossen werden, dass die Autoren manche
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
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dieser nähesprachlichen Signale einsetzten, obwohl sie die Kommunikationssituation als distanzsprachlich empfanden. Allerdings erscheinen in den Texten ohnehin nur wenige nähesprachliche types (v. a. e poi und e così) mit höheren Frequenzen. Bemerkenswert ist vor allem, dass das von Koch/Oesterreicher (1990, 52) als typisch für nähesprachliche Diskurse aufgeführte allora (sowie auch dunque) in seiner Funktion als reines Gliederungssignal in den Korpustexten nur selten vorkommt. Vielleicht ist den Schreibern seine hohe Frequenz in gesprochener Sprache zu bewusst, als dass sie es in ihren Autobiographien verwenden, oder aber sein Auftreten ist stärker an das mündliche Medium gebunden als Koch/Oesterreicher annehmen. In diesem Fall dient es wohl weniger als Kriterium der Abgrenzung konzeptionell gesprochener Sprache generell, sondern eher nur der des Prototyps sowohl konzeptionell als auch medial gesprochener Sprache (vgl. dazu am Beispiel des Französischen auch Roth-Johnson 1997, 84‒89 vs. 94‒95).222 Die Texte (bis auf diejenigen Sigheles und Michs) enthalten jedoch auch eindeutig distanzsprachliche(re) Gliederungselemente, die syntagmatisch relativ komplex und damit inhaltlich präzise bzw. explizit versprachlicht werden, sowie metatextuelle bzw. -narrative Funktion haben (vgl. dazu auch Sornicola 1982, 80; Koch/Oesterreicher 1990, 51; 1994, 590; 2001, 593; Berretta 1994, 249‒251; Bustos Gisbert 2013, 121‒123); oft handelt es sich dabei zwar um Wiederholungen stereotyper Formeln, die aber je nach Autor variieren können.
222 Koch/Oesterreicher (1990, 6, Hervorhebung im Original) machen einleitend deutlich: «…stehen für uns in den folgenden Kapiteln die konzeptionellen Aspekte von Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Vordergrund. An bestimmten Punkten der Darstellung werden jedoch auch Probleme des Mediums wichtig». Daher ist davon auszugehen, dass sich die Ausführungen auf die Konzeption beziehen, solange nichts Gegenteiliges angegeben wird, was weder auf die Gliederungssignale noch auf die bei Koch/Oesterreicher (1990, 55‒60) ebenfalls als typisch nähesprachlich aufgeführten Turn-taking- und Kontaktsignale zutrifft. Auch für sie gilt, neben einer dialogischen face-to-face-Kommunikationssituation, eine starke Abhängigkeit vom mündlichen Medium. In den untersuchten Texten findet man solche, eher medial mündlich in einer face-toface-Situation verwendete Signale (wie z. B. senti, guarda, sai, no, vero, eh, beh, vabbe’, okey, ma(h) nach Berruto 1985, 134‒135; Koch/Oesterreicher 1990, 54 und Berretta 1994, 245‒249) daher nur selten, meist in der Wiedergabe mündlicher Gespräche (mindestens zweier Kommunikationspartner) oder von gedanklichen Selbstgesprächen (vgl. dazu auch Kapitel 4.1.2.1.3). Da die von Koch/Oesterreicher (1990) ausgewählten Beispiele für Merkmale des gesprochenen Französisch, Italienisch und Spanisch generell aus (transkribierten) Korpora ursprünglich medial mündlich realisierter Texte stammen, ist ihre Einstufung als kennzeichnend für mündliche Konzeption (unabhängig vom Medium ihrer Realisierung) ohnehin etwas problematisch, da durch diese Vorgehensweise der Einfluss des mündlichen Mediums nie völlig ausgeschlossen werden kann.
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
Thematische Wiederaufnahme bzw. Anknüpfung an bereits Erwähntes wird z. B. ausgedrückt durch: aveva fatto;uno bello;affare […] aveva quadagnato;lire; I00 mila inni una notata […] come, o detto prima aveva fatto;un bel nicozio (VR 751‒761) / erano ….. stati i più bei giorni della nostra vita ma contenti ma non ci si stà nessuno […] ci sembrava di essere più ricchi del mondo, ma come ò detto che contenti non ci stà nessuno! (CM 41) / Avevo tanti capelli fini e lunghi gli giravo intorno alla tèsta che veniva quasi tutta coperta dalle trecce. […] Ritornando sull’argomento dei mièi capelli e drecce, lunghe […] ò preso là dicisione di tagliarli. (VZ 23‒26) / Mi dimenticava di dire che il giorno 29 marzo è arivato un telegrama di Gobbi Angelo (CP 147) / Come dissi sopra… (CP 178, 203)
Das Ende eines Erzählabschnitts wird z. B. auf folgende Weise angezeigt: à mè, mi anno ucciso mio marito […] Meglio non pensare che ti possa mancare in casa la persona più importante della mia vita, il quale mio marito […] Chissà cosa si prova per il suo famigliare: non nè parliamone più> (CM 51) / …ha cominciato affare il Collegio Militare […] Lasciamo lui nel servizio militare e passiamo alla mia vita. (TB 63, mit Überleitung zu neuem Thema) / in Luio siamo andati 15 giorni in Bondone, a sofrire anche un poco. [Absatz] Lascio di Bondone (EF 19) / E cosi per dar fine a questa storia… (GS 93)
Der Beginn eines neuen Erzählabschnitts wird z. B. angekündigt durch: questo era tempo di guerra per il pane; …. Poi ne rimane sempre da dire: che à tempo di guerra che venivano gli aeroplani, correvo in un fosso con .4. bambini (CM 31) / C’è sempre da tornare in dietro con la testa, che le tristezze non si scordano mai! pure tornando in dietro un passo: ò qualche decina di anni che pure non si può dimenticare: mi ricordo che un tempo abitavo in una casa vecchia (CM 51) / Pure c’e sempre da ritornare in dietro un passo; parlare di pantaloni con le pezze (CM 59) / io ho preso i reumatismi e sono stato circa un mese alletto senza potermi alzare. [Absatz] A questo punto bisogna andare indietro al mio arrivo in America. Essendo ospite in casa di mio cognato… (TB 53)
Scaias Autobiographie enthält Berichte über Personen, die er in seinem Leben getroffen hat. Diese werden jeweils z. B. durch folgende, gleichzeitig gliedernd wirkende Formeln eingeleitet: [Absatz] Uno che non potremo fare ameno di ricordare nela nostra storia il Ernesto Zulberti di Cimego […][Absatz] Fra dei quali che non voremo dimenticare il nostro paesano Capitano Luigi Bonata […][Absatz] Due di queli che non voglio dimenticare nela mia storia sarebe i miei due vechi amici e paesani,Achile Slavagni e Emanuele Scaia […][Absatz] Fra dei quali dei nostri paesani che merita di esere ricordati in questo mio libro il Batista Salvini […] [Absatz] Fra i quali non si puo dimenticare nela nostra storia il nostro indimenticabile Joe Lorenzi (GS 73‒75)
Die Frequenz solcher distanzsprachlich(er)er Elemente ist vor allem in den Texten von Marchi, Bordonaro, Furletti Zanolli, Scaia und Fusari sehr hoch. Dies zeigt die schrift- bzw. distanzsprachliche Orientierungsabsicht dieser Schreiber.
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
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Erwähnt werden muss auch, dass die Texte aufgrund ihres autobiographischen Charakters neben diskurszentrierten, textdeiktischen bzw. -referenziellen Signalen oft (v. a. bei TB, CP, GG, NS und EM, aber auch bei CM und EF; eher selten dagegen bei VR, VZ und GS) durch Temporaladverbien bzw. temporale Syntagmen gegliedert werden, die extratextuell bzw. außendeiktisch auf die jeweils (überwiegend linear) beschriebenen Lebensläufe verweisen (vgl. dazu auch Adam 1994, 145‒146 sowie die Kapitel 4.2.1.2.1 und 4.2.2.2.3). Da solche temporalen Ausdrücke meist den Anfang neuer Erzählabschnitte signalisieren, fallen sie häufig (bei TB, VZ, EF, NS, GS; bei EM nur die Jahresüberschriften) mit graphisch-optischen Gliederungsverfahren wie Absätzen, Seiten- oder Zeilenwechseln zusammen, wirken aber auch allein bzw. im fortlaufenden Text (bei VR, CM, CP und GG) strukurierend. Darunter sind: Formeln aus der Erzähltradition wie una volta, un giorno, una mattina mit unspezifischem temporalem Wert (bei VR, CM, VZ, NS, GS): poi;un ciorno;vado;nella mia mamma;e la trovaie,piancento […] infatte,un ciorno;venne uno:commerciante,di lintine (VR 641)223 / cosi,una matina […] parto; pee raqusa,e vato; a cercare,al presedente,del nastro;azzurro (VR 858) / Un giorno mio marito andò fuori un pò (CM 46) / Una volta avevamo bisogno dell Dottore (CM 56) / [Absatz] Mi aricordo una volta èro andàta in cita à fare delle spese. (VZ 22, + weitere narrative Formel) / una volta io e certo Gasperi giovanni un mio paesano noi trentini e fra noi anche alcuni regnicoli erimo 38 (NS 6) / [Absatz] In una stagione di questi anni un giorno era andato at aiutare una dona a pichiare le ciliegie […][Absatz] Piu un altra volta il tenpo dele castagne,che stava at aiutare mio nono… (GS 7)224 Jahres-, Datums- und/oder Altersangaben (in allen autobiografie popolari): poi, un ciorno; mirecorddo;che era il ciorno; I6 maggio;I969 […] cosi il treno;arriva a siraqusa, […] cosi; io misono; messo; dentra,auno vacone […] cosi,partiemmo; ealle ore 7 abbiammo passato; mesina […] cosi;alle ore II e 30 fuommo; a napole,e alle ore 4. di mattina passamo; diroma; e alle ore 7 del ciorno; I7 msggio; fuommo; nella bella cita,di ferenze […] cosi,alle ore 9. e menza fu,alla stanzione di bologna (VR 956, + narrative Formel) / il destino è stato troppo crudele con noi e all’ora che fare se non ….. [Absatz] il .12. marzo è stato il giorno più brutto della mia vita. il giorno in qui mi anno ucciso mio marito (CM 54) / Cosí il 10 marzo 1947 io tutta la mia famiglia lasciammo la bella Italia […] e parte la nave inviandosi verso la America. […][Absatz] Giorno 14, il mare si comincia a muovere. […][Absatz] Giorno 15, all’alba, alle ore 6 circa salendo sopra vedo che abiamo lasciato lo stretto di Gibilterra […]
223 Rabito kombiniert außendeiktische temporale Angaben häufig mit anderen, textintern verweisenden Junktoren/Gliederungssignalen. 224 Scaia strukturiert seinen Text überwiegend mit textdeiktischen temporalen Ausdrücken (vgl. dazu Kapitel 4.2.1.2.1); darüber hinaus wirken bei ihm, ebenso wie bei Mich, häufig lokale Bezeichnungen gliedernd, wenn wechselnde Aufenthaltsorte/Reiseziele oder Kriegsschauplätze bzw. Marschziele beschrieben werden, wie z. B. in: [Absatz] La nei dintorni di Colgardie e Kargolie […][Absatz] La in Kargolie […][Absatz] La in Perth […] [Absatz] Il porto di Fremantle […][Absatz] A bordo del Bastimento […][Absatz] La in Colonbo (GS 37‒39).
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[Absatz] Giorno 16, comincia il mal di mare per tutti. […][Absatz] Giorno 20, andiamo sempre al pegio. […][Absatz] Giorno 21, il mare è un poco piú calmo […][Absatz] Giorno 22, il mare un po’ sereno (TB 46‒48) / [Absatz] Cosí alle ore sette di mattino del 24 gennaio 1977 arrivai con il terzo viagio in Italia. […][Absatz] Cosí il primo giorno del nostro arrivo abiamo riposato (TB 112‒117) / [Absatz] Circa il 1938 i miei fratelli assieme à unnaltra famiglia anno preso un pezzo di pratto distante mezza arra dalla nostra casina (VZ 37) / [Absatz/Seitenwechsel] Oggi 8 Aprile arrivò quì una moltitudine di militari […] Oggi 9 arrivo la carta di richiamo à Pizzini Benedetto, oggi 12 partì per Bolzano […] Oggi 13 Aprile arrivò tre Gendarmi a condurre con sè Rizzi Antonio di 16 anni […] Oggi 15 Aprile parti Gobbi Giovanni e Rizzi Luvigi. Oggi 17 arrivo qui ancora molti militari […] Oggi 18 terza Domenica del mese a Mori vi fu la visita dai 36 ai 42 anni […] Oggi 20 arivo una cartolina a Beltrami Elisa dal suo sposo Vigilio […] [Absatz/Seitenwechsel] Oggi 23 verso le 6 pom […] vedo salire le scale un uomo (CP 151‒153) / Quella notte dei 2 Agosto non dormi in caserma [Absatz] Il giorno 7 andai dal mio Capitano per dimandarli di andar a casa a salutar i miei […] Ai 7 Agosto di sera voglio dire coll’ultimo treno dalle 12 montai a Trento e fino a Mori […] alle 2 di mattina mi trovavo a 20 passi da casa mia […] alle 8 parti nascosto assieme a mio padre […] Ai 9 Agosto ore 10 matina il treno ci aspetava alla grande stazione di Trento per condurci sul campo della sventura […] [Absatz] Arivati a vienna ai 12 di matina verso le 10 […] Ai 13 alle ore 1 dopo pranzo siamo a Buda Pest. […] [Absatz] Ai 15 Agosto ore 10 matina siamo in Samborg (EF 27‒29) / [Kapitelanfang] Il giorno 25 Novenbre in sul far del giorno molti nemici ci aferrò e ci fece suoi pregionieri […] il giorno 3 dicembe siamo arrivati in una cita che si Chiama Nuova Allesandria […] Il giorno 3 Gennajo […] siamo arrivati al posto destinato in Zibirie […] il di 18 Genajo cia messi in una grande caserma […] il giorno 15 Aprile ci mise in marcia […] il giorno 28 Maggio noi tutti Itatiani siamo stati chiamati in Cancelaria […] Il di 15 Agosto siammo stati consegnati ad un civile Russo […] il giorno 21 Settembre mie venuto a prendere una donna […] il di 25 Ottobre sono andato in canpagna assieme di mio conpagno Baldo (GG 123‒125) / [Absatz] Nel 1870 […][Absatz] Nel 1873 […] [Absatz] Nel 1874… (NS 2‒4) / [Absatz] Ala eta di 9 anni sono stato cresimato dal vescovo di Trento nela chiesa di Prezzo / [Absatz] Nel inverno del 1894–95 era stato il mio ultimo anno di scuola (GS 10) / Ai 28–6 arrivo a Calliano e la ci invagonano e su fino a Egna. […] Li 30 a Predazzo. li 5–7 si marcia fino alla alla torba Valonato, li 6–7 su appena sotto il Bragarol, li 8 si viene di ritorno a Predazzo. Li 12 a Pozza, li 22 a Moena, li 23 sul Cimon di Bocche. Li 12–8 alle tre di mattina si riceve il cambio si dorme a Pozza li 16 si arriva su alla prima ghiaccia della Marmolata, li 17 si marcia su per il ghiacciaio dentro in fondo; Li 18–11 ricevo 15 giorni di licenza vengo a Tesero; li 4–12 arrivo a Campitello, li 5 a Alba, li 6 arrivo su al principio della ghiaccia e resto la fino la mattina del 13–12. (EM 13) und sogar Überschriften (in den Originaltexten von EF und EM): In guerra 1914 (EF 27‒29) / Ai 24 Agosto (EF 36) / 25 Primi nascondili! (EF 37, mit Ellipse der Monatsbezeichnung; ebenso in EF 37 u. 39) / 26 Primo Reoplano! (EF 37) / 27 Primi colpi di canone! (EF 39) / 1916! (EF 97) / Un incontro! 1917 (EF 101) / 1915 (EM 4) / 1916 (EM 11) / 1917 (EM 14) / 1918 (EM 17)
Durch die Verwendung solcher (sowohl allgemeiner als auch spezifisch autobiographischer) narrativer, distanzsprachlicher Gliederungsverfahren gelingt es den Schreibern (zumindest teilweise), die Ungenauigkeiten zu kompensieren, die an anderen Stellen durch nähesprachliche Gliederungssignale entstanden sind.
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
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4.1.2.1.2 Enkodierungsprobleme Mit der größeren Spontaneität und Emotionalität sowie dem daraus resultierenden geringeren Planungsgrad gesprochener Nähesprache225 wird die Verwendung von Signalen notwendig, die Planänderungen entweder bereits von vorneherein durch Überbrückungs- und Unsicherheits- bzw. Ungenauigkeitssignale (z. B. Pausen, Wiederholungen, Elemente wie eh, allora, non so, diciamo, insomma, cosa) oder aber nachträglich durch Korrektursignale und Präzisierungseinleitungen (z. B. insomma, cioè, diciamo, eh, no) ermöglichen.226 Folgende Elemente finden sich in den untersuchten Texten: Wiederholungen (Korrekturen und Präzisierungen): antava atrova, atrovare, al marca tempo (VR 359) / cera uno;invalotu,di querra,che sichiamava antonio;scipecche;e questo;si capeva nel parlare,che era che sapeva sonare,chitarra e montolino (VR 472) / se parlavinp; se prlavino (VR 573‒574, gescheiterter Korrekturversuch) / cosi,tanto; doveva [zuerst: doueva, dann u mit v überschrieben]; doveva venire, a raqusa (VR 974)227 / Era giorno di venerdí del mese, l’ultimo venerdí del mese. (TB 97) / in guel mentre il Barbieri teneva un martelo in mano se non li fermo il bracio lo dava sula testa in guel in guel mentre e arivato anche luficiale (NS 8)
225 Allein aufgrund der Flüchtigkeit des mündlichen Mediums entsteht ein gewisser Zeitdruck bei der Enkodierung. Durch die nachfolgenden Verfahren werden daraus resultierende negative, d. h. kommunikationsstörende Auswirkungen abgeschwächt. Somit wird man solche Verfahren eher in sowohl medial als auch konzeptionell mündlichen Texten als in medial schriftlichen, konzeptionell aber mündlichen Texten finden, d. h. auch hier hat das Medium der Realisierung großen Einfluss auf Art und Frequenz der jeweils anzutreffenden konzeptionellen Merkmale. 226 Vgl. dazu Söll (21980, 177‒179), Sornicola (1981, 45‒49), Berruto (1985, 134‒135), Koch (1985, 53‒54), Koch/Oesterreicher (1990, 60‒64; 2001, 594; 1994, 590; 22011, 54‒59), Berretta (1994, 245‒249), Roth-Johnson (1997, 83‒84, 92‒94), Bazzanella (22001, 145‒163), D’Achille (22006, 185‒188), Schwitalla (32006, 119‒128, 155‒157) und Rouayrenc (2010b, 136‒144). – Einige der nachfolgenden Beispiele könnte man auch unter semantischem (vgl. zu Bedeutungskondensation und -expansion Kapitel 4.2.1.1.2) oder syntaktischem (vgl. zu Einschüben und Nachträgen Kapitel 4.2.2.3.2) Aspekt betrachten. 227 Ebenso wie diese dienen viele der in den Texten gefundenen Wiederholungen vermutlich weniger der Überbrückung im oben dargestellten Sinne Koch/Oesterreichers, sondern eher der nachträglichen Korrektur, die zwar kein Zögern ausdrückt, aber doch auf ein gewisses Stocken des Schreibprozesses aufgrund orthographischer Unsicherheit schließen lässt. Die Tatsache, dass Korrekturen ohne einleitendes Signal durch bloßen Abbruch und anschließenden Neuanfang stattfinden, ist typisch für gesprochene Sprache (Koch/Oesterreicher 1990, 62). Vor allem Rabito unterbricht häufig seine Äußerungen, um unmittelbar danach neu anzusetzen, indem er die jeweils korrigierte Version hinschreibt, wodurch sich solche Wiederholungen ergeben. Damit steht Fontanazza in dieser Hinsicht der gesprochenen Sprache näher als die anderen untersuchten Autobiographien.
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Pausen (durch … symbolisiert): come farò à dirlo in casa che aspetto un altro bambino che non erano d’accordo … Però non ò mai pensato di dovermene disfare (CM 24) / ma alla mia età, cosa mi aspetta … se non la morte?! (CM 55) / Incominciato bene ma … stanco ne ero (EF 25) / un giorno ricevetti lordine di alzarmi. godetti quell’istante ma non poi … [Absatz] I primi Dicembre vengo pasato sano per tornar sul fronte. (EF 51) explizite Korrektur-/Neustart- und Unsicherheits-/Ungenauigkeits-Signale (cioè, anzi, non so, diciamo, insomma): da untratto;abiammo; visto;scappare un trentina; di struzine; picole picoli; propia, apena, unscite, della;cozza,del suo; uovo; e anze, cenerino; che ancora, avevino; qualche,pezzo; di;cozza, sopra (VR 303) / io;ciaveva stato;tante volte, nelle imprese,e lo sapeva,che lapartato;se faceva; il ciusto […] non ciarrestava,niente,ma;in summa;una cosa che poteva camminare,quinte;se;cimento;sicimeteva,un sacco;meno;non era niente (VR 743) / adesso non sò come siamo, diciamo cosi… (CM 49) / ecco che ancora il giorno del I agosto cioe di sabato dopo pranzo verso le 3 una filla di ascini avviarsi verso Mori (CP 124) / io sono rimasto nella Kaserma, cioè alla prima Compagnia 3 Regimento cacciatori (EF 12) / Pensai un pò alla mia sorte! cioè, se dovessi un di tornar sul campo ora mi sarebbe ancor più dolore (EF 51) / senza dormire sia monturati di nuovo fazzenato Canistra nuova insoma tutto cio che ocorre al soldato in guerra (GG 118)
Unter den Korrektur- bzw. Präzisierungssignalen ist das ebenso gut in Distanzsprache mögliche cioè am frequentesten in den Texten vertreten. Explizite Ungenauigkeitssignale finden sich eher selten. Jedoch werden Korrekturen manchmal (v. a. bei Rabito) auch ohne zusätzliche Signalwörter an der Textoberfläche durch bloße Wiederholungen (z. T. mit verbesserter bzw. zumindest geänderter Orthographie) angezeigt. In den Texten von Clelia Marchi und Emilio Fusari werden Pausen häufig in Form von drei oder mehr Punkten symbolisiert, wobei es sich jedoch schon allein aufgrund des damit verbundenen graphischen Aufwandes vermutlich meist nicht um ein spontanes Zögern und Überbrücken, sondern um ein bewusst als optisches Rhetorikmittel eingesetztes Verfahren handelt. Im Vergleich zum jeweiligen Gesamtumfang der einzelnen Texte sind solche Verfahren konzeptioneller Mündlichkeit allerdings eher wenig frequent (bei Scaia und Mich nicht nachweisbar), und wenn sie vorkommen, so doch mehr in sprachlicher (lexikalischer) als in parasprachlicher (z. B. durch … angedeutete Pausen) Form. Dies ist sicherlich in nicht unerheblichem Maß auf das hier vorliegende graphische Medium zurückzuführen, das, wie bereits erwähnt, schon aufgrund seiner physischen Beschaffenheit das Auftreten bestimmter Merkmale der Mündlichkeit ausschließt; zu einer stärkeren Distanzaffinität trägt hier außerdem noch die Zugehörigkeit der Texte zur eher literarischen Textsorte Autobiographie bei. Generell wird durch die (sowohl medial als auch konzeptionell) ungewohnte Schreibsituation die für Nähesprache erforderliche Spontaneität sehr eingeschränkt.
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
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4.1.2.1.3 Nuancierung der Rede In nähesprachlicher Kommunikation errreicht man sowohl durch Interjektionen als auch durch Abtönungsphänomene eine gewisse Nuancierung der Äußerung,228 was jedoch auf jeweils unterschiedlicher, bei Interjektionen auf emotionaler, den Gesprächspartner oder -inhalt betreffender, bei der Abtönung auf illokutionärer, den Sprechakt betreffender Ebene geschieht.229 Interjektionen dienen bei starker Situationseinbindung, Vertrautheit der Kommunikationspartner und spontanen (dialogischen) face-to-face-Gesprächen in konzeptionell gesprochener Sprache «zum Ausdruck von Emotionen des Sprechers hinsichtlich seines Partners (Affektivität) oder hinsichtlich des Gesprächsgegenstandes (Expressivität)» (Koch/Oesterreicher 1990, 65) und zählen laut Koch/Oesterreicher (1990, 64) zu den hervorstechendsten Merkmalen der Nähesprache (vgl. dazu auch Sornicola 1982, 87; Koch/Oesterreicher 1994, 590; 2001, 594‒595; 22011, 60‒62; Cresti 2000, 138‒139; Bazzanella 22001, 145‒151; D’Achille 2 2006, 186‒187; Schwitalla 32006, 156‒157). In den Korpustexten treten sie auf: in Wiedergaben direkter (dialogischer oder innerer) Reden/Ausrufe: io;diceva, queste, che cazzo; comantino;sopra; di;me (VR 159) / e diceva, trame, pacienza (VR 224) / Bé, allora, se tu sei deciso la sposi (TB 18) / camin facendo osservo quà e là, Oime! sei tu (CP 149) / Ah! Cesira […] veglia sopra i tuoi cari (CP 189) / …ti devo abandonare. Cosi presto? Ai me! non posso crederlo […] Ah! destino crudele (EF 105) / Oh! povereti abandonati dai genitori fratelli sorelle amici […] Oh! miseri genitori non vi spezzano il cuore la partenza dei vostri fili? (EF 108‒109) / …il conpagno che mi agiutava a portare il ferito cascò e dice ai che sonferito (GG 122) im Erzählerbericht bzw. in nicht an einen unmittelbar vorhandenen Kommunikationspartner gerichteten Ausrufen: io;passo;con quella carriola; e, forse,che; il filo; siaspostato;di qualche, mellimitro; che,poi; magare,siera misso;aposto; con quello;spostamento; perche non era messo;come citocava diesere;messo; larota, aveva tocato;il filo; mamma? mia? che, diavolo; socesse (VR 338) / sua nobile,sorella […] non ciavoluta dare,00 200 lire per il soprabito; vercogna (VR 505) / menomale che cifu,quello; che lei; e sua madre;lo chiamavino;malacriato (VR 696)230 / mia moglie non viene creduta mai,perche una volta il padre erternno;vede al
228 Coseriu (1952) definiert Rede in Abgrenzung zur Norm und zum System als ein sprachliches Ereignis, zu dem «auch alle individuellen und einmaligen Merkmale […] gehören» (Koch/ Oesterreicher 1990, 16), was in etwa de Saussures Konzept (1916) der parole im Gegensatz zur langue sowie auch Chomskys Unterscheidung (1965) zwischen Performanz und Kompetenz entspricht. 229 Vgl. zur einer möglichen Funktionsüberlagerung von Interjektionen und Abtönungsverfahren Koch/Oesterreicher (1990, 69) sowie die hier im Anschluss aufgeführten Abtönungsbeispiele aus den untersuchten Texten. 230 Meno male wird im Zingarelli (121995) als locuzione interiettiva klassifiziert. Ebenso erfüllen pacienza, cazzo, mamma mia und vercogna bei Rabito eine interjektionsähnliche Funktion.
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pecoraio;ma pacienza;uno;e fatto;per fare bene e fa bene (VR 737) / La capa famiglia era tutto: (mà!! mà!!) (CM 16, † statt ) / guai se le donne dicevano qual cosa (CM 23) / …siamo circondati da lavoratori che fanno trincèé dalle montagne del Baldo a quella di Bordala. Ah!! Signore misericordia!!! (CP 136, Anrufungsformel) / Oh! che giorni tristi! si debbe passare; pensando ad un ogeto perduto e nel medesimo tempo pensando quanto mi era caro; mio Dio! Ridonatemi! Il mio caro sposo! Deh! Oh! Dio! (CP 145, Anrufungsformel) / entra nella mia mente questo pensiero […] In quest’istante dove sara egli?… Ah! Qualli mani sarà sogetto?… Forse crudelli!… hoime! Che duri pensieri!… […] hO! Sposo mio qual mano cia separati! (CP 177) / Oh! giorni felici che con tanta rappidita fuggi ah! voi non tornerete più (CP 178) / Oh! quanto li ricordo quei pignatoni di vino! (EF 50)
In den Autobiographien von Valeria Furletti Zanolli, Nane Sighele, Gregorio Scaia und Eugenio Mich treten überhaupt keine Interjektionen auf, in den restlichen Texten kommen sie bis auf drei Ausnahmen (VR, CP und EF) nur sehr selten zum Einsatz, und dann (abgesehen von VR und CM) meist in Wiedergaben direkter Reden (bzw. von Selbstgesprächen, fiktiven Dialogen oder Anrufungsformeln), während im restlichen narrativen Text vermutlich die zeitliche und damit auch emotionale Distanz zum Erzählgegenstand wenig Expressivität entstehen lässt. Neben der fehlenden face-to-face-Situation trägt sicherlich auch das schriftliche Medium dazu bei, dass die Textsorte der Autobiographie von den Autoren als nicht nähesprachlich genug eingestuft wird. Neben Vincenzo Rabito (mit diaphasisch-diastratisch niedrigeren, z. T. drastischen Beispielen) verwenden Cecilia Rizzi Pizzini und Emilio Fusari Interjektionen (v. a. diasystematisch neutrales ah und oh) relativ häufig als narratives Mittel zum Ausdruck von Expressivität in Ausrufen, was auch in den jeweils elaborierteren Text-Teilen des Diario (Überarbeitung der spontaneren Memoria von CP) bzw. des Canzoniere (von EF) der Fall ist. Somit handelt es sich dabei wohl weniger um die Äußerung spontaner Expressivität als eher um die (bewusste) Nachahmung literarischer Vorbilder (bei CP vermischt mit religiöser Rhetorik), darunter besonders des Melodramas, mit dem die beiden semicolti durch Kino-, Theater- bzw. Oper(ette)nbesuche oder durch die Lektüre von Groschen-Romanen in Kontakt gekommen sein dürften. Gerade in dieser absichtlichen Imitation von Literatursprache zeigt sich deutlich ein distanzsprachlicher Anspruch beim Aufschreiben ihrer Lebenserinnerungen.
Nach Koch/Oesterreicher (1990, 65‒66) kann man sie als sekundäre Interjektionen bezeichnen, wobei es sich um einzelsprachliche Lexeme handelt, die nicht mehr in ihrem (diachronisch gesehen) ursprünglichen Sinn, sondern konventionalisiert und synthetisiert verwendet werden. Auch hierbei orientiert sich der Text Rabitos stärker an der Nähesprache als die anderen untersuchten Nonstandardtexte.
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Die Nuancierung des Sprechakts erfolgt in gesprochener Nähesprache nicht sprachlich explizit wie in Distanzsprache, sondern unter den Kommunikationsbedingungen «starke Situations- und Handlungseinbindung», «Privatheit», «Vertrautheit der Kommunikationspartner», «Spontaneität» und «Dialogizität im weiteren Sinne/Partnerzuwendung» charakteristischerweise durch Abtönungsphänomene mit modalem Wert für die Illokution. «Abtönungspartikeln [bzw. Modalpartikeln] im strengen Sinne sind unflektierbare, syntaktisch in den Satz voll integrierte, in Initialstellung ausgeschlossene, nicht erfragbare Elemente, die bestimmte an illokutionäre Akte gebundene kontextuell-interaktionale Bedingungen und Erwartungen andeuten (ohne sie wirklich zu explizieren)» (Koch/Oesterreicher 1990, 68). Zu den wenigen italienischen Abtönungspartikeln zählen (in bestimmten Verwendungskontexten) z. B. pure, un po’ und proprio (Koch/Oesterreicher 1990, 68‒69). Der Bereich der Abtönungsverfahren wird dadurch erweitert, dass auch andere Gesprächswörter (z. B. Interjektionen wie eh und vai) oder die in den folgenden Beispielen oft zusätzlich zu ihrer Funktion als Anfangssignal verstärkend eingesetzte Konjunktion ma illokutionsnuancierende Funktion haben können.231 Nachstehende Abtönungselemente (darunter v. a. ma und die Abtönungspartikel pure und mai) finden sich in den untersuchten Texten: überwiegend in direkter Rede: tutte,ciquardammo;uno con laltro;e diciammo; ma;perche; cianno;messo; incalera (VR 17) / io;ciodetto;mache parente; ciaieto; che neanche;lovanno; dicento;che,siete,parente? (VR 994) / il ragazzo à detto con mé, aspetti che passo: lé ò detto passate pure (CM 19) / il padrone à detto ma come è che quella! dorme invece di mangiare (CM 21‒22) / Io le ho risposto: – È mai possibile? (TB 30) / mi veniva un gran pensare ancor più a mia familia e sostanze o poveri fili molie genitori cosa sara mai di voi. (GG 125) im Dialog mit einem fiktiven Gesprächspartner (dem Leser): ma che cosa volete che possa rampiccarsi un bambino di .4. anni??? (CM 28) / bastava un sorisso chè lavoravamo di più; ma guarda un p’o’ ò per ragioni di lavoratori ò per ragioni di padroni. Quanti morti che anno fatto specialmente nelle fabbriche (CM 50, + Kontaktsignal guarda) im fortlaufenden Erzählerbericht: …e questo;ene la fetto;di mamma;ma che moglie moglie! ma che suocira e suocira (VR 480) / Forse pochi crederanno ma pure era vero (CM 58) / …e quel altro e gia di piu di 20 anni che nesuni non sapiamo piu niente, chi sa mai anca questo dove sara andato a finire (GS 85)
Nähesprachlich abtönende Verfahren erscheinen in den Autobiographien somit eher selten (auch bei VR und CM, die hier die meisten Okkurrenzen aufweisen), 231 Vgl. Söll (21980, 179‒185), Radtke (1983, 183‒188), Berruto (1985, 135), Koch (1985, 55‒56), Koch/Oesterreicher (1990, 54, 67‒71; 1994, 590; 2001, 595; 22011, 63‒68), Berretta (1994, 247‒248), Zingarelli (121995), Bazzanella (22001, 161), D’Achille (22006, 188) und Schwitalla (32006, 153‒155).
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überwiegend gar nicht (bei VZ, EF, NS, EM). Dies mag zum einen daran liegen, dass die untersuchten privaten autobiografie popolari, wie bereits in Tabelle 1 in Kapitel 3.1.2 dargestellt, tatsächlich häufig einen eher wenig dialogischen Charakter aufweisen, da ihre Verfasser in erster Linie für sich selbst schreiben und dabei zunächst nicht an ein breites Leserpublikum denken bzw. ihnen der Rezeptionsvorgang durch mögliche Leser wohl zu weit entfernt erscheint, um daraus eine völlig dialogische Kommunikationssituation abzuleiten. Zum anderen wird die Autobiographie sicherlich zu sehr als Distanztextsorte empfunden, als dass ein so stark an eine face-to-face-Situation gebundenes Verfahren oft angewandt würde – außer als bewusst zur Verlebendigung (v. a. in direkter Rede) eingesetztes rhetorisches Mittel, was mit großer Wahrscheinlichkeit auch auf die obigen Beispiele zutrifft. 4.1.2.1.4 Zusammenfassung Viele der in den untersuchten Texten gefundenen Gesprächswörter gehören zum Bereich der (zumindest der äußeren Form nach) nähesprachlichen Gliederungssignale, die jedoch häufig eher aus (alltagssprachlicher) Gewohnheit und schlechter Kenntnis von (standard- bzw. distanzsprachlichen) Alternativen sowie unter Einsatz monoton wiederkehrender tokens relativ weniger types verwendet werden. Die Vermutung, dass man im Hinblick auf gliedernde Elemente trotz der vielen nähesprachlichen Belege bei den Texten nicht von völlig spontaner Nähesprache reden kann, wird durch die teilweise sogar sehr hohe Okkurrenz distanzsprachlicher metatextueller bzw. -narrativer sowie inhaltlich präziser außendeiktischer Gliederungssignale (manche Autoren fügen sogar Kapitelüberschriften ein) bestätigt, denn sie zeigt immerhin ein Bemühen vieler Schreiber um ein distanzsprachliches Niveau. Selten und mit wenigen types erscheinen in den Autobiographien für gesprochene Sprache typische Überbrückungs-, Unsicherheits-, Ungenauigkeitsund Korrektursignale sowie Präzisierungseinleitungen. Dies ist sicherlich vor allem auf das fehlende mündliche Medium zurückzuführen, dessen Schnelligkeit und Flüchtigkeit solche Erscheinungen überhaupt erst notwendig macht, um beim Sprechen genügend Zeit zur Enkodierung zu haben bzw. durch Zeitnot entstandene Fehler wieder auszubessern. Daher kommen auch nur sehr wenige der (v. a. orthographischen) Korrektur dienende Wiederholungen vor. Die ganz bewusst als Pausensignal eingesetzten Punkte (…) deuten in den gefundenen Belegen nicht auf Zögern, sondern auf eine gewisse rhetorische Elaboration und damit auf einen distanzsprachlichen Anspruch der Texte hin. Die teilweise geringe Zahl von Interjektionen in den analysierten Texten hängt vermutlich überwiegend damit zusammen, dass den schriftlichen Autobiographien
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das wichtige nähesprachliche Merkmal der unmittelbaren face-to-face-Interaktion fehlt. In den Fällen, in denen Interjektionen (in Ausrufen sowie in direkter bzw. innerer Rede) sehr frequent sind, handelt es sich, wie auch der pathetische Kontext zeigt, meist nicht um nähesprachlich-spontane Beispiele, sondern um den distanzsprachlich orientierten Versuch der Schreiber, Verlebendigungsstrategien expressiver (Trivial-)Literatur zu imitieren, zumal dabei oft der (fiktiv vorausgesetzte, zeitlich distante) Leser direkt angesprochen wird. Schließlich enthalten die Texte wenige Belege nähesprachlicher Abtönungsverfahren, wofür besonders die Tatsache verantwortlich ist, dass die Nähefaktoren «starke Situations- und Handlungseinbindung» sowie «Dialogizität im weiteren Sinne/Partnerzuwendung» nicht gegeben sind, da beim Schreiben nicht auf aktuelle Situationen bzw. Handlungen, sondern auf vergangene Ereignisse referiert wird, und kein unmittelbarer Kommunikationspartner anwesend ist. So erscheinen die vorhandenen Abtönungssignale ebenso wie die Interjektionen vor allem als rhetorische Mittel in den Dialogen der Personen der Erzählung, also auf textinterner, homo- oder auch autodiegetischer Ebene. Was die Gesprächswörter insgesamt anbelangt, so sind die autobiografie popolari hierbei nicht direkt am nähesprachlichen Pol einzuordnen, sondern stehen oft sogar der Distanzsprache näher: In ihnen werden nähesprachliche Signale – bis auf den Bereich der Gliederungssignale, wo aber auch distanzsprachliche Alternativen erscheinen – nur mit geringer Frequenz verwendet. Dies ist auch dadurch bedingt, dass die Texte einige Kommunikationsbedingungen der gesprochenen Sprache (nach Koch/Oesterreicher 1990) nicht erfüllen. 4.1.2.2 Narrative Makrostrukturen In alltäglicher Kommunikation wird häufig erzählt, was viele Zwecke sprachlicher Interaktion erfüllt: Unter anderem kommt Erzählen (vgl. dazu allgemein Kapitel 3.1.3) dem (spontanen, eventuell auch selbstdarstellerischen) Mitteilungsbedürfnis des Senders entgegen, der so (vergangene) Erlebnisse verarbeiten kann, es dient der Information der/s Empfänger(s) sowie der Vertiefung der gegenseitigen affektiven Beziehungen der Kommunikationspartner und hat daneben natürlich auch Unterhaltungswert. Mündliches Erzählen nimmt jedoch eine Sonderstellung innerhalb nähesprachlicher Kommunikation ein: «Mündliches Erzählen beinhaltet nun aber insofern ein ‹Paradox›, als das Erzählen prinzipiell wichtigen Definitionsstücken kommunikativer Nähe zu widersprechen scheint […]. Erzählen ist per definitionem eine Form der Kommunikation, die a) im Kern monologisch konstituiert ist und deshalb auch die Kooperationsmöglichkeiten der Zuhörer einschränkt; b) in ihrem temporalen und lokalen, teilweise auch personalen Referenzbezug von der
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Sprecher-origo entfernt und damit aus unmittelbaren Situations- und Handlungszusammenhängen entbunden ist; c) auf eine gewisse Themenfixierung nicht verzichten kann». (Koch/Oesterreicher 1990, 76)
Daher werden bei mündlichen Erzählungen besondere Strategien eingesetzt, die unter Umgehung dieser Distanzfaktoren Nähe schaffen (vgl. dazu auch Koch/ Oesterreicher 1990, 77). In den folgenden beiden Kapiteln werden zwei derartige Verfahren behandelt. 4.1.2.2.1 Vergangenheitsreferenz In erzählenden Nähediskursen wird typischerweise oft narratives bzw. historisches Präsens verwendet. Es referiert als Tempus zwar auf die Vergangenheit, dient jedoch gleichzeitig dazu, die Erzählung zu vergegenwärtigen und zu verlebendigen, und reduziert so die referenzielle Differenz zwischen erlebter Vergangenheit und davon erzählender Gegenwart.232 Hinsichtlich seines Illokutionspotenzials, das in der Aufmerksamkeitssteuerung des Empfängers liegt, der dadurch den Eindruck bekommt, das Erzählte selbst miterlebt zu haben, ist das narrative Präsens somit ein pragmatisches Verfahren zur Aktualisierung. Da es meist große Teile des Verlaufs einer Erzählung prägt, wird es hier als makrostrukturelles Textelement behandelt (vgl. zur kohäsiven Funktion der Tempusreferenz Kapitel 4.2.2.2.3). In den autobiografie popolari erscheint es z. B. an folgenden Stellen: …e,lasignora; sinanto;e io; fece, finta, di; dormire;ma; doppo; che; assareno; 2? ore; mialzo; piano; piano; e; escio, della;porta,che,cera; nella;stalla: dove nou; usciammo; con li;bestie: vedo;il tempo; che;era;troppo; bello; la;luna cera; […] prento;quella; sachina; cimetto; tutto; il manciare; che; niavemmo; aportare; per la ciornata; con il massaro; michele; metto; tutto; dentra; quella;sachina;mila,metto;al; tracollo; e escio;fuore;piano; piano; chido; la porta, piano;piano;e;parto (VR 8) / vinne,dame e midice… (VR 463) / un giorno vado a casa: sento il bambino che piange disperatamente: corsi à vedere era tutto sanguinato sua sorellina le aveva tirato via due unghie in una mano: lo fasiai; poi sono andata à lavorare (CM 28) / La terra era male di coltivare, io ero stanco di sentire tutti i giorni quel sarmone, avevo il dolore continuo al cuore, mi sono saliti i nervi al capo. Fermo di lavorare e con malgarbo rispondo a mio padre: – Padre, vi prego, per favore, non mi parlate piú di sposare (TB 17) / noi qua eravamo preparati per ricevere e ospitare i genitore e le due fratelle con le famiglie. Per il primo ci arriva un telegramma che giorno 28 marzo 1961 arrivava qua nei S. U. America lui e la famiglia […] Dopo si aspettava l’arrivo dei nostri genitore e mio fratello Francesco da l’Italia, mentre mi arriva un telegramma da l’Italia dei
232 Vgl. Mortara Garavelli (1979‒1980, 158‒159), Quasthoff (1980, 224‒245), Schwab (1981, 44‒45), Koch (1985, 61), Dardano/Trifone (31987, 242), Koch/Oesterreicher (1990, 76‒79; 1994, 590; 2001, 593; 22011, 74‒77), Sensini (1990, 242‒243), Renzi/Salvi (1995, 66‒69), D’Achille (22006, 180) und Schwitalla (32006, 137).
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genitore che già eravano pronte per partire e mio fratello Francesco non poteva partire (TB 77) / Anselmo dormiva nella quna e Severina a canto à me; io per lo spavento di primo non rispondo dipoi: sitorna a battere ancora più fortte, allor dimando chie? e mi fu risposto o un telegrama (CP 131) / Io appena fatta colazione mi sonno ritiratta nella mia stala, assieme ai miei bambini. Quando vienne mia sorella Palmira e prende il mio Anselmo; ed la mia Pierina la sento venire fretolosa giù per la scalla en tra e ancor su le solie del’uscio dicce, e arivato Giovanni, erra verso le 11 del mattino; allor io prendo le mie bambine e coro appena arrivata in cima alla scala lo vedo piangente, avendo in bracio il nostro Anselmo; allor en triamo in cucina, li preparo da ristorarsi. Poi si cambia i vestitti che subito sci fecero bolire… (CP 134) / andai indietro pasai dalla trincea del mio oficiale e venni da lui chiamato. Li anuncio tutta la storia esata come mi era tocato (EF 83) / Un uomo […] mi fisava da lungho […] In un momento lo vidi alzarsi e venirmi preso e mi parlò subito in Italiano […] Mi dimanda se sono ferito, si! dove, e quando, li dicevo solo si, e no, mi dimanda se voglio denaro (EF 100) / dimandai di mio cugnato e mi dice che erra rimasto in Dietro (GG 121) / Li 23 novembre 1914 fatto abile. li 15-I-15 mi consegno a Bressanone. Avrei da consegnarmi coi Peritner ma essendo stati distrutti in Galizia i primi mesi di guerra, mi hanno incorporato nel II reggimento Landesützen (alpini austriaci). Li ci invagonano alle tre di notte e si arriva alle sei mattina a Inichen (St Candido) […] Li 18 marzo, si marcia a St Candido, che i formava un battalion per il fronte. Io con 300 altri resto fuori e si arriva nella compagnia di riserva. Da li a una settimana dei 300 èravamo in 30 quei che èrano nel battaglion… (EM 1)
Dieses Mittel gesprochener Sprache wird in den untersuchten Texten unterschiedlich häufig (und meist im Wechsel mit Vergangenheitstempora) zur Verlebendigung der geschilderten vergangenen Ereignisse eingesetzt. Bei Marchi erscheint es nur einmal. Bei Furletti Zanolli, Sighele und Scaia findet es sich dagegen gar nicht.233 Dies alles spricht eher nicht für eine überwiegend nähesprachliche Orientierung der Texte. (Relativ) frequent ist das Verfahren nur bei Rabito, Rizzi Pizzini, Fusari und Mich, wovon letzterer es meist stereotyp bei Truppenbewegungen (etwa si marcia, si arriva) einsetzt, wo es aufgrund der monotonen Wiederholung nicht gerade anschaulich und lebendig wirkt. Giacomolli scheint das narrative Präsens gerne in Verbindung mit der inquit-Formel dice zu verwenden (vgl. dazu auch Koch/Oesterreicher 1990, 81), was auch bei Rabito und (zusätzlich mit domando, rispondo oder annuncio) bei Bordonaro, Rizzi Pizzini und Fusari der Fall ist. Generell lassen sich die Okkurrenzen des narrativen Präsens in den Texten auch als Resultat eines jeweils absichtlich gewählten literaturstilistischen Verfahrens szenischer Darstellung interpretieren, das neben expressiven, eventuell (die 1. Person Singular ist sehr frequent) selbstdarstellerischen Zwecken vor allem der Steigerung des Spannungs- und
233 Bei Valeria Furletti Zanolli mag dies auf den eher beschreibenden Charakter ihrer Autobiographie zurückzuführen sein, in der vorwiegend ein Eindruck früherer Lebensumstände und immer wiederkehrender Arbeits- und Tagesabläufe vermittelt wird, wobei einzelne Ereignisse nicht allzu oft hervorgehoben werden.
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Unterhaltungswerts dient (vgl. dazu auch Koch/Oesterreicher 1990, 79), und das auch häufig in (den semicolti sicherlich bekannter) (Trivial-)Literatur zum Einsatz kommt. 4.1.2.2.2 Redewiedergabe Die Wiedergabe eines Diskurses (des Erzählers oder anderer Personen als der des Erzählers) geschieht in narrativen Nähetexten in Form von direkter Rede, die mit eigenem (von der Erzähler-origo des aktuellen Diskurses differierendem) deiktischem Bezugssystem in den fortlaufenden Diskurs eingefügt wird, was dem hohen Spontaneitätsgrad bzw. niedrigem Planungsaufwand gesprochener Sprache entgegenkommt und erneut der Verlebendigung des Erzählten dient (vgl. Cresti 2000, 217‒220; Ferrari/Zampese 2000, 454‒461; im italiano dei semicolti: Koch 1985, 61‒62; Koch/Oesterreicher 1990, 76, 79‒81; 1994, 590; 22011, 78‒80; Simone 1996, 56; Fresu 2014, 216; 2016, 329). Die autobiografie popolari enthalten z. B. nachstehende Dialoge: in direkter Rede (mit inquit-Formel): venne; un capitato;a compiarece; per la prima volta; li;coglione: facendoce;capire;ragazze; non siete:piu, borche; ma siete; soldate (VR 17) / se losapeva;il bravo;patornise, avesse deto; magare, amme, vai rabito; falla,tu, questa,menza notata, di servizio (VR 117) / le ò detto se lo sa la mia famiglia; che voi siete vecchio: mi disse ma se ti piacio, parleremo di nascosto e quando avrai compiuto .16. anni si sposeremo (CM 18) / tutto ad un tratto si è sentito chiamare: am, am, mi date un grappolo di uva da mangiare […] è arrivato il padrone […] le à sgridato à mio marito: è vero che si dà via la sua di roba, non quella degli altri (CM 65‒66) / le ho imposto: – Non mettere il mio nome, voglio che le mettete il nome Antonino, cosí ho sempre presente il nome del mio figlio perduto a 21 anni di età –. (TB 80) / diceva quei figli no scrivono mai. (VZ 85) / dico al mio sposo, senti che chiaso che sara mai? (CP 123) / dimando chiè? e mi fu risposto viene Vigilio (CP 128) / la picina piangge chiama mamma (CP 193) / mi dice, io sono Uncherese! […] ella mi ride e dice unamica! viene a trovarmi (EF 103, Unterstreichung im Originaltext) / a mia madre la incoragiava li diceva dateci di mangiare apena sarò buono andero a guadagnare (NS 1) / come arisposto il colonelo un regimento contro tre il generale a risposto carica e facia silenzio (NS 5) / trovo un da Cavalese buttá a terra e mi dice buttate anche ti; Io le dico vado ancora un poco e poi mi butto e ti aspetto (EM 17) im discorso diretto libero (ohne inquit-Formel): mi ha detto: – Vi porto al dottore. – No, la mia malattia è quella che io devo uscire fuori –. (TB 54, nur in letzter Erwiderung) / si è sposata una mia nipote, mi diceva nonna non venire vestita di nero quando mi sposo! Nò mi vestirò di blù (CM 43, nur in letzter Erwiderung) / prendo la direzione di valdalorto ed’ecco appena fata la piccola discesa vedo anche qui non solo il lavoro in cima ma anche nel tereno tutto un foro. Ohime! sei tu caro valdalorto? Quanto eri delizioso e sicuro pel nostro caro bestiame più io non ti conosco, Ohime! piango sol al pensiero de bei giorni passati, sotto le ombre balsamiche dei
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tuoi abbetti, Oh!, giorni felici che con tantta rappidità fuggi, ah!, voi non tornerete più. (CP 150) / Partimo verso le sei del mattino senzza una metta, senzza destinazzione. Dove ci condurano? (CP 151) / una matina il capo uomini e venuto sul lavoro tutto furibondo italiani di gui italiani di li venite con me vi insegnero io (NS 7) in indirekter Rede (z. T. missglückt wegen Nichtbeachtung der Zeitenfolge und Modi; aber auch stilistisch elegant mit infiniten Verbformen): io; penzava;che;solde; non mine poteva mandare; nesuno (VR 33) / venne lordene,di lascialle stare (VR 54) / ci racontava che era discenteza di famiglia noblele;che aveva,il fratello;dominecano; che ciaveva recalato; un crocefesso; di oro […] poi, cge diceva che aveva,il fratello; incegniere […] poi cidiceva che aveva;una sorella acatania (VR 815) / lò dissi à mio marito che avevo bisogno di una ostetrica per una visita (CM 24) / Quando mio marito è andato annunciarlo in comune, le anno domandato se era sposato (CM 25) / un giorno la Madre dell’asilo mi disse di tenerla à casa (CM 42) / il sindaco di Alcara Li Fusi mi scriveva che il padre di mia moglie era vivente (TB 24) / mi ha domandato se io mi impressionasse allavorare nel cimitero. (TB 54) / i miei fratèlli mi anno detto che è dal buon tèmpo e capricio a pensare di tagliarmi i capelli, che dovevano mandarmi sulla alta montagna sul monte Misone à tagliare il fienno cosi non avrei avutto il capricio dà tagliarli. […] dicevano che sono statta matta à tagliarmi i capelli (VZ 26) / Un giorno le ò detto che fàcesse fàre il cammino, mi disse che veniva à spendere troppo denaro. (VZ 38) / le disse che tutti tutti possono presentare […] le dimandano se è vero che c’è le stampilie; le rispose di si (CP 127) / mi scrive Prassede dicendomi ai quatro cor scrive Gobbi Angelo dalla Russia dice daver veduto tuo marito e che sta bene più daverle datto il tuo indirizzo. Ai otto mi scrive mia cognata dicendomi che ha scrito suo cognato e daver veduto mio marito. Tutti dicono daverlo veduto (CP 193) / una mano ci [s]copre, col dirci di andar a ragiongier li altri. era un gendarme di campo […] Li dico che non potevo tenir colla compagnia […] Lui ci dice che non e per questo! ma per non prender parte al combatimento! […] lo preghiamo se ci lascia entrare […] Li dicemo di aver ordine dal comandante di compagnia da entrare (EF 68) / mi dimanda dove voglio andare (EF 91) / o chiesto al bilietario gentilmente se poso consegnarli guesta botilia (NS 2) / vi era due generali su dun albero sono venuti giu e li ordino al colonelo di dare alla carica (NS 5) / Questo Beltramo diceva tanto, che di quanto mondo che aveva girato, queste tere era le piu brute che aveva mai trovato, piu ancora diceva che le tere del West Australia, era posti spersi dal Diavolo (GS 31) / Non sapevamo cosa si ha da fare. (EM 9) / lui dice che ce ne sono 30–40 borghesi (EM 12) in (z. T. durch Perspektivenwechsel verursachten) Vermischungen direkter und indirekter Rede: mia moglie diceva che li solde che aveva mantato;il comanto;amme per contu tuo io telo messo;alla posta (VR 478) / paolo;micominciava acontare,che;inqueste,I5 ciornne che tu non ciastato;qui,e tutto;campiato (VR 494) / io ciodetto; il prezzo; e mia resposto; qunta mivole dare, lei, e io ciodetto; lire 30000 almese; e lei miadetto;poco sono; e io; cosi; ciodetto; che la casa cildespetammo;come fa sse nostra; e poi io ciodetto;che aveva il figlio;ingegniere; perora solde niavemmo poco; e quinte che vole fare; e cosi, sececome questo;era unsignore;miadetto;vabe (VR 917) / o deto al Barbieri che vada a vedere se la rotaia e buona la colpa non e nostra (NS 7) / Io le hò risposto che a me non hanno fatto nulla e col di più abbiamo ordine di andare al comando. (EM 6)
Wie man aus dieser Aufstellung erkennt, kommt in den autobiografie popolari nicht nur direkte, sondern auch indirekte Rede (vgl. dazu auch Palermo 2013,
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134‒142) vor, wobei beide Diskursformen (zumindest in der stichprobenartigen Auswahl) in etwa gleich frequent zu sein scheinen. In manchen Fällen lässt sich eine gewisse Regelhaftigkeit in der Verteilung der Redeformen erkennen: So gibt z. B. Rizzi Pizzini Gedanken im discorso diretto libero wieder, und bei Scaia findet sich nur indirekte Rede, was an seiner eher berichtenden bzw. beschreibenden Erzählweise liegt. Als einleitendes Verb für die direkte Rede erscheinen zwar häufig (jedoch nicht ausschließlich!) die von Koch/Oestereicher (1990, 81) als typisch für gesprochene Sprache erwähnten, stereotypisierten Formen von dire (dice, diceva, disse, usw.), was aber noch nicht bedeutet, dass es sich in diesen Fällen jedes Mal um spontan gesprochene Nähesprache handelt, denn das Verb dire wird wahrscheinlich nur deshalb so häufig verwendet, weil der Wortschatz der Autoren und damit die Synonymenauswahl eher begrenzt sind. Diese Zwangslage hat weder etwas mit der im mündlichen Medium herrschenden Enkodierungszeitnot noch mit einer für Nähesprache typischen spontanen, freien und vor allem bewussten Entscheidung zu tun, denn die semicolti verwenden die inquit-Formel dire vermutlich nur aus Mangel an Alternativen unter Distanzbedingungen. Manchmal vermischen die Autoren (meist Rabito), wohl sowohl aufgrund ungenügender Standard-Kenntnisse als auch aufgrund von Übersichtsverlust, direkte und indirekte Rede, v. a. hinsichtlich der Sprecherperspektive (vgl. dazu auch Kapitel 4.2.2.3.3). Gerade in diesen gescheiterten Konstruktionen zeigt sich jedoch ein gewisses Bemühen um Distanzsprache, denn spontan scheint das eher nicht zu geschehen, zumal im schriftlichen Medium genügend Enkodierungszeit zur Verfügung steht, um den Diskurs planen zu können. Dass das meist der Fall war, zeigen die häufigen Okkurrenzen der indirekten Rede: Dabei überwiegen in den autobiografie popolari die standardkonformen, oft stilistisch elegant mit infiniten Verbformen konstruierten Äußerungen die zum Teil an Nichtbeachtung der Zeitenfolge und Modi gescheiterten Versuche. Auch für das Auftreten der direkten Rede scheint hier weniger die den Schreibern nahezu allein als Kommunikationsmittel zur Verfügung stehende Nähesprache und der damit verbundene geringe Planungsgrad verantwortlich zu sein. Vielmehr ist wohl die Tatsache ausschlaggebend, dass es sich bei der Autobiographie um eine narrative Textsorte handelt, deren (literarische) Stilmittel hier nachgeahmt werden, indem direkte Rede (wie in anderen Erzählungen, Romanen usw. auch) besonders an spannenden Stellen (vgl. dazu die obigen Beispiele) eingesetzt wird.234
234 In einem Umkehrschluss ließe sich folgern, dass Redewiedergabe in der Form direkter Rede nicht nur kein Differenzierungsmerkmal von Nähesprache ist, sondern auch für die Son-
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4.1.2.2.3 Zusammenfassung Für den gesamten hier betrachteten Bereich der narrativen Makrostrukturen der untersuchten Texte lässt sich daher feststellen, dass sie weder hinsichtlich des historischen Präsens noch hinsichtlich der (direkten) Redewiedergabe völlig den von Koch/Oesterreicher für mündliches Erzählen (als Sonderfall konzeptionell gesprochener Sprache) erarbeiteten Kriterien entsprechen. Die Übereinstimmungen mit diesen Kriterien scheinen vor allem auf den narrativen Charakter der Textsorte Autobiographie zurückzuführen sein, wobei auch eine bewusst geplante Imitation der Spannungs- und Lebendigkeitserzeugung (trivial-)literarischer Vorbilder eine Rolle spielt. Das Auftreten auch anderer (referenziell eindeutiger) Vergangenheitsformen sowie syntaktisch integrierter indirekter Redeformen in den Autobiographien ist sicherlich teilweise auf das schriftliche Medium zurückzuführen. Zudem zeigt sich gerade in diesen – aufgrund des damit verbundenen höheren Planungsaufwands gewiss nicht spontan eingefügten – Distanzformen ein gewisses Streben nach distanzsprachlicher Ausrichtung der Texte. 4.1.2.3 Syntaktische Komplexität Jegliche Art der Kommunikation erfolgt anhand von Äußerungen, in denen sprachliche Zeichen zu einem sinnhaften Ganzen verknüpft werden. Eine Form der Äußerung, bei der Wörter meist linear angeordnet werden, ist der Satz, den Koch/Oesterreicher (1990, 82) nach Tesnière «als die umfassendste Sequenz, deren Elemente über Dependenz- und Valenzrelationen letztlich an ein zentrales Prädikat gebunden sind» definieren.235 Da nicht alle sprachlichen Äußerungen satzförmig sind, handelt es sich dabei um einen überwiegend auf schriftliche Distanztexte zutreffenden Sonderfall der Syntax. Gerade deshalb eignet sich die Betrachtung der Größe «Satz» jedoch für die hier verfolgten Zwecke, denn somit
derform der narrativen Nähediskurse nur insofern typisch ist, als es sich dabei um Erzählungen handelt (vgl. dazu Koch/Oesterreicher 1990, 76). Auch dabei spielt evtl. doch wieder das Medium eine größere Rolle als die Konzeption, denn in medial mündlichen Erzähltexten ist direkte Rede (so auch in den Beispieltexten in Koch/Oesterreicher 1990, 78 u. 80, wo sie allein vorkommt) offenbar weit häufiger als indirekte Rede. D’Achille (22006, 214) bestätigt, dass direkte Rede auch in literarischen Texten häufig zum Einsatz kommt; ihm zufolge verwischen in neueren erzählenden Texten ähnlich wie in den hier untersuchten autobiografie popolari die Grenzen zwischen direkter und indirekter Rede zugunsten von freieren Formen wie erlebter Rede bzw. discorso indiretto libero und discorso diretto libero. 235 Vgl. dazu auch Heringer (2011, 89‒90, 95‒97) und Kapitel 4.2.2.3. Bußmann (42008, 601‒602) beschreibt einen Satz allgemeiner als «nach sprachspezifischen Regeln aus kleineren Einheiten konstruierte Redeeinheit, die hinsichtlich Inhalt, gramm. Struktur und Intonation relativ vollständig und unabhängig ist».
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lässt der Grad der (planungsintensiven) Formulierung von Sätzen auf das Niveau der untersuchten (schriftlichen) Autobiographien zwischen Nähe und Distanz schließen (vgl. dazu auch Koch/Oesterreicher 1990, 82‒83). Die Diskussion konzentriert sich in den nachfolgenden Kapiteln auf den syntaktischen Komplexitätsgrad der autobiographischen Texte, wobei die Frequenz des Auftretens von Parataxen, Hypotaxen und syntaktischen Mischformen festgestellt werden soll. Andere syntaktische Phänomene wie Segmentierungen und Kongruenzschwächen werden in Kapitel 4.2 unter dem Aspekt der Textkohärenz und -kohäsion betrachtet. 4.1.2.3.1 Parataxe Parataxe, die in einer (asyndetischen oder koordinativen) Aneinanderreihung gleichrangiger Sätze (oder auch Syntagmen) besteht, kommt in gesprochener Sprache sehr häufig vor.236 Sie eignet sich als aggregatives syntaktisches Verfahren hervorragend für spontane, wenig geplante Nähesprache.237 In den untersuchten Texten zeigen z. B. die folgenden Belege (überwiegend) parataktische Syntax: …e diceva,perquesto; che; li piciotte; non civole[n]o;stare; perche,sifaceva; malavita; e questa, malavita; io;non la volle fare;p[i]u,e;alzaie; lincegno;e scapaie;cosi; erino; li; ore; II. II. e menza;e; cammi[n]o; in que;tempe; luce,eletrica; noncinera; il paese; era;tutto;al buio;solo;ce[r]a; qualche; lampione;a pitrolio;io; era;armato; di;coraggio;perche;listrate; l[e] sapeva; il manciare; laveva; dentra; quello; che faceva; di tasco; da pane;e; [c]amminava; per fortuna; quella; notte; che, neanche; quardie; municepale; cerin[o]; di dove passava io;cosi; senza; vedereme; nesuno;o traversato; il paese,o preso; la trazera; che antava; a craniere (VR 8) / pure io lavoravo come salariata con mio marito, sempre questo padrone, rimanevano a casa quei bambini così piccoli; uno aveva .4. mesi, e uno di .5. anni [Absatz] che me li guardava era una vecchia; e anche grazie che c’era qualcquno che li guardava; un giorno vado a casa: sento il bambino che piange disperatamente: corsi à vedere era tutto sanguinato sua sorellina le aveva tirato via due unghie in una mano: lo fasiai; poi sono andata à lavorare (CM 28) / Una volta nel ritorno ci siamo fermati in un paesetto, nel ristorante che vi èra un po’ di musica e ballo, lui mi disse prendiamo qualcòsa dà mangiare, io le dissi che non avevo fàmme. Così si à preso qualcosa dà mangiare per lui
236 Nach Fresu (2016a, 329) ist die in mündlicher Kommunikation häufige Parataxenakkumulation zugleich ein Kennzeichen des italiano dei semicolti. 237 Vgl. dazu Sornicola (1981, 250‒251; 1982, 79‒80), Berruto (1985, 136‒138), Koch (1985, 59‒60), Berretta (1988, 765; 1994, 251‒255), Koch/Oesterreicher (1990, 96‒100; 2001, 590; 2 2011, 99‒195), Halliday (1992, 154‒160), Simone (1996, 56‒57), Cresti (2000, 173‒174), Ferrari (2005b, 40‒41), D’Achille (22006, 184‒185), Schwitalla (32006, 100‒101, 131‒134, 143‒144), Malagnini (2007, 213‒214, 221, 223, 243, 246), Testa (2008, 2420), Jamrozik (2009, 798‒802), Rouayrenc (2010b, 92‒96) und Fresu (2014, 216).
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sollo. Anchio avevo famme, ma non avevo il coraggio di farle spendere il denaro mi aveva gia pagatto per il cinema (VZ 62) / Oggi 4 mori Bortolo Gelmi di qui, e suo figlio Lodovico con insistenza dovette andarsene questa mattina vi fu il funerale e non si sono capaci di trovar uomini suficenti per la sepoltura. Taliano boschi senza osservazione taliarono a Cire e Domenica scorsa alle 5 un ordine chi vuol andare a prenderssi legna. E non solo comunali anche di privati pochi giorni fa gli fu tagliato il bosco a Bordom a nostro Cugino Giuseppe Rizzi; s’accorsero, e si sovengono che ne hanno un muchio di taliata secha è che si ha da fare? aspetarono l’ora del desinare e sen’andarono col carreto in fretta e dovettero fare come a rubarla riesirono e questa la condussero a casa. (CP 160) / Viagiamo ancor subito verso il posto destinato pasiamo dalla Parochia, e poi un altro paese che sta su la cima della montagna e poi per valle e monti, finalmente che alle 5 di sera siamo stati a posto, tutto il giorno senza mangiare, e all’arivo una conserva in fretta, e poi al lavoro fino le 12 di notte (EF 21, z. T. elliptisch) / …e poi con ordine suo 10 giorni a letto e ogni ora giorno e notte un picolo saco di sabia riscaldata sula ferita e li altri 3 equalmente era un vero martirio, sempre febre, dormire mai ogni ora disturbati dai dolori mi augurai via la camba più volte. (EF 99, z. T. elliptisch) / Qua sia da lavorare giorno e notte la mattina bisogna levare alle ore 1. 2 ed anche 12 di notte e si mangia un pezzo di pane ed il te e poi si viaggia coi cavalli incampagna lontano fino 25 chilometri nei mesi di Novenbre dicenbre Gennajo e febraio molto freddo o terminato a menare a casa il frumento il di 13 Marzo (GG 126, z. T. elliptisch) / …arrivarono su nelle trincee 80 uomini con un capitano (cacciatori) fra i quali cèra Reso Valeverato e vedendo che gli altri erano massacrati si hanno dato prigionieri. Qui morti e feriti a miliaia. Il giorno dietro di nuovo grande battalia con ancora di piú uomini e hanno preso il Meletta e fatto una moltitudine prigionieri Il mio battalion andava avanti giu a valle e ha conquisto Scivi e Campanella Io èro sta tutta la notte a portar feriti non hó dovuto fare l’assalto, pure il mio battalion ha avuto dai 200 ai 250 fra morti e feriti. Li 6-12 assalto al Sommo e Sissimol conquistato e fatto migliaia di prigionieri. (EM 16‒17, z. T. elliptisch)
Die für Parataxe typische Abfolge kurzer, syntaktisch eigen- und vollständiger Sätze ohne subordinierende Konjunktionen lässt sich eher selten (z. B. bei CM 28, CP 160, GG 126 oder EM 16‒17) nachweisen. Zudem fällt es schwer, in den Textkorpora längere zusammenhängende, ausschließlich und durchgehend parataktisch konstruierte Abschnitte zu finden, da auch weitgehend parataktische Abschnitte (wie z. B. bei VR 8) hin und wieder durch subordinierende Konjunktionen (v. a. kausales perché und polyvalentes che, vgl. Kapitel 4.2.1.2) und davon abhängenden Nebensätzen oder auch durch Relativsätze unterbrochen werden, also keine extreme Parataxenakkumulation vorliegt, die Koch/Oesterreicher (1990, 96‒97) als Merkmal für Nähediskurse von Sprechern aus allen Bildungs- und Sozialschichten angeben – dies könnte man erneut auf den Einfluss des schriftlichen Mediums und der Textsorte zurückführen.238
238 Koch/Oesterreicher (1990, 98) räumen ein: «Es darf jedoch nicht der Eindruck entstehen, daß das Nähesprechen kaum Hypotaxe kennt. […] Selbst die stark parataktischen Passagen […] sind nicht frei von Hypotaxe».
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
Wirklich asyndetische Satzfolgen ohne jegliches Bindeelement sind ebenfalls selten: Sie erscheinen nur in den Autobiographien von Clelia Marchi, Cecilia Rizzi Pizzini239 und Giacinto Giacomolli häufiger, aber daneben treten auch dort (ebenso wie bei Vincenzo Rabito, Valeria Furletti Zanolli, Emilio Fusari und Eugenio Mich) die Konnektoren e, e poi oder e così auf. Bei Tommaso Bordonaro, Nane Sighele und Gregorio Scaia findet sich überhaupt keine reine Parataxe. Oft dienen die kurzen, parataktischen Sätze als über den bloßen Diskursaufbau hinausgehende narrative Mittel zur lebendigeren Darstellung spannender Ereignisse (z. B. bei VR 8 und CM 28). Um (bewusst gewählte) narrative Verfahren240 handelt es sich vielfach auch bei den in den parataktischen Konstruktionen häufig auftretenden Ellipsen des (konjugierten) Verbs, die oft zur aufzählenden Darstellung monoton immer wiederkehrender oder aber schnell aufeinanderfolgender Ereignisse verwendet werden (z. B. bei EF 21 und GG 126). Daneben weisen manche Belege (z. B. von EF, GG und EM) einen telegrammartigen Stil mit Ellipsen oder infiniten Verbformen auf, der sich wohl durch die Übernahme von (distanzsprachlichen) Elementen des militärischen Verwaltungsjargons oder von (z. T. bereits früher) eilig angefertigten schriftlichen (Tagebuch-)Notizen erklärt. Die hohe Frequenz eines (verwaltungssprachlich geprägten oder als narrative Technik eingesetzten, also nach distanzsprachlichen Mustern gebildeten) Telegrammstils mit Ellipse (vgl. dazu auch Kapitel 4.2.2.1.1) finiter (meist kopulativer) Verben belegen auch die folgenden Beispiele: Il giorno 13 mattino, [Ellipse] una bellissima giornata, mare [Ellipse] sereno, nessuna impressione appariva che si fosse sul mare: cosí [Ellipse] fino a sera (TB 47) / I paesi [Ellipse] fabricatti da centinaia di anni fa, le case [Ellipse] amuchiatte una adosso all’altra […] e qualche pezzo di strada [Ellipse] anche rapido […] Là campagna [Ellipse] un pò lontana si impiegava delle ore à condure le raco[l]te à càsa (VZ 55) / Quardo indietro verso la direzione ragiunta per espiare se venisse le cugine [] [Ellipse] tutto chiete: niente si avicina (EF 33) / Era vestito da donna, [Ellipse] mani grandi [Ellipse] ochi neri, [Ellipse] statura altissima, e [Ellipse] coperto la testa dun velo nero (EF 98) / dall’unedi al sabato mattina
239 Gegen eine nähesprachliche Orientierung der Parataxen aus Cecilia Rizzi Pizzinis Autobiographie sprechen allerdings die (nicht nur) darin enthaltenen lexikalischen Elemente aus gehobenen, z. T. sogar literarisch-poetischen Registern (vgl. dazu auch Kapitel 3.3.4). 240 Vgl. zur Okkurrenz des Nominalstils als narrative Technik in erzählender Literatur des ‘900 Dardano (1999, 216, 220‒221). – Berretta (1988, 767) erwähnt diese Art der Ellipse allerdings als Kennzeichen eines parlato trascurato bzw. des italiano popolare. Auch Ferrari (2010a, 15‒16) stellt den Nominalstil, bei dem das «centro sintattico-informativo» nicht durch eine konjugierte Verbform verkörpert wird, als eine für gesprochene Sprache typische Konstruktion dar, wozu sie sich auf Daten von Cresti (2005) beruft, der zufolge 40% der Äußerungen in gesprochener Sprache nominaler Art sind.
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
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[Ellipse] senza Darni niente da mangiare sabato [Ellipse] avuto un managgio e poi si andava avanti in Russia il gior[no] di domenica [Ellipse] ferni abiamo avuto da mangiare azazieta in quel giorno scrissi a casa due cartoline la notte [Ellipse] mars parait la mattina dei 23 Novembre [Ellipse] forra for bers stum avanti in sul far del giorno siamo arrivati per cosi dire al macello morti [Absatz] Cadeva per terra come laneve nellinverno feriti [Ellipse] una moltitudine (GG 122) / voglio scrivere poche memorie della mia vita […] [Ellipse] Nato a Miola Pinè [Ellipse] Filio di giovanni Sighele fù Bortolo e di Caterina Fonana fù Giovanni [Ellipse] Picoli picoli propietari […] [Ellipse] numerosa famiglia cingue frateli e cingue sorele vivi [Ellipse] ancora guatro frateli e una sorela il più vechio Borotolo [Ellipse] anni 86 io Giovanni [Ellipse] anni 80 Domenico [Ellipse] 77 Emiglio [Ellipse] 67 sorela ana [Ellipse] 72 (NS 1) / ai 28 la sera [Ellipse] invagonati e si ariva la mattina a St. Lorenzo di Pusteria. Qui si riceve caffè e rangio e dopo [Ellipse] subito ordine di andar a prender tutto quello che avevamo nei vagoni. [Ellipse] Russach in spalla e [Ellipse] su per quel bosco a destra della Badía fin sopra Longega […] li 29-10 si marcia a Crovara. [Ellipse] tre ore di riposo e poi [Ellipse] avanti fino alle falde del Montesief. (EM 7)
Das Vorkommen von Parataxen in den untersuchten Texten ist also kein sicherer Hinweis auf ihre Nähesprachlichkeit und vermutlich auch kein wirklich konstitutives Merkmal für konzeptionell gesprochene Nähesprache, sondern maximal für den Prototyp sowohl medial als auch konzeptionell gesprochener Sprache, wobei zu beachten ist, dass auch Distanzsprache sich zu gewissen Zwecken wie z. B. verwaltungssprachlicher Knappheit oder narrativer Spannungserzeugung der Parataxe bedient. 4.1.2.3.2 Hypotaxe Im Gegensatz zur Parataxe erfordert Hypotaxe durch die komplexere Integration von untergeordneten Satzstrukturen (Nebensätzen) in einen übergeordneten syntaktischen Rahmen (Hauptsatz) einen höheren Planungsaufwand. Aufgrund ihres integrativen Charakters, der eine differenzierte Versprachlichung vielschichtiger pragmatischer Informationen erlaubt, tragen hypotaktische Satzkonstruktionen zur Kompensation der beim Distanzsprechen vorherrschenden Situations- und Handlungsentbindung bei.241 In den autobiografie popolari erscheinen folgende Beispiele hypotaktischer Satzorganisation:
241 Vgl. dazu Berruto (1985, 136‒138), Koch (1985, 59‒60), Berretta (1988, 765), Koch/Oesterreicher (1990, 96‒100; 1994, 590‒591; 2001, 590; 22011, 99‒195), Halliday (1992, 154‒160), Simone (1996, 56‒57), Cresti (2000, 173‒174), Ferrari (2003, 227‒237; 2005b, 40‒41), D’Achille (22006, 184‒185, 209‒210), Schwitalla (32006, 100‒101, 131‒134), Testa (2008, 2420), Jamrozik (2009, 803‒805) und Rouayrenc (2010b, 74‒90).
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
la;lettra, diceva,che quanto; quareva;doveva;camminare;con listampelle;perche;forse; cidovevino;levare;una campa […] cosi,io;recevette,una;lettera, di;mia madre:che;ciovamme; sitrovava;malato; allospedale; di pistoia;con la febre; che; cilaveva fatto; scrire,io; propia; tanto;per comportare;ammia;madre, che io;ciaveva scritto;che;ciovanne;era stato; fortenato; che dere; la;malaria (VR 35) / masicome io era;pazzo;adiventato;per questa;nobile famiglia; perche,aveva;parlato;con lincegniere;con il santo; di padre,pietro;conquella,recuna di catania, e conle;letre,di quello;crante,scinziato;di;turiddo;che quanto; veneva;a chiaramonete;che nella sua vita ciaveva venuto; 2 o; 3 volte,meteva,a tutte,sulatente,con quella,divisa,di fascista, e questo;milo racontava sempre donna;anna;di,quanto;era,importante? (VR 413) / a chiaramonte,solde nonmine prestavino;perche aveva persso;lamicizia con tutte,perche;a spoareme,alla figlia di donna anna,per me fu un disonure;perche tutte,liamice miei;non lipottette;invitare;quanto;misonospsato;perche comincianto;di;un certo;lucio;decaro;se lavesse, invitato;non solo;che miavesse,portato;un bel recalo;ma a questo;punto;chme, mitrovo;oggie;che dovesse,fare,loperazione amia molie;certo;che lire I0000:milavesse prestato;perche era vidano;come michiama;lacanazza (VR 629) / quando penso tutto quello che c e adesso mi viene i brividi, à pensare che i miei bimbi non anno mai avuto un minimo di quanto c’è adesso (CM 52) / Fattomi un resoconto all’estante che dovevo fare il becchino a scavare fosse e seppellire morte, vedete acché posto sono arrivato in America mentre che in Italia non ero ricco ma con il mio lavoro non mi mancava nulla nella mia casa e quando passavo dal cimitero, non per paura, ma voltavo il capo dall’altra parte, mi faceva impressione dei miei defunti famigliari, mentre il mio primo lavoro in America ho dovuto fare il becchino per guadagnare un tozzo di pane (TB 54) / Quando sono venuti à sapere i miei famigliari, più erano i miei fratèlli mi anno detto che è dal buon tèmpo e capricio a pensare di tagliarmi i capelli, che dovevano mandarmi sulla alta montagna sul monte Misone à tagliare il fienno cosi non avrei avutto il capricio dà tagliarli (VZ 26) / Dopo avere bene osservato qui prendo la direzione di valdalorto ed’ecco appena fata la piccola discesa vedo anche qui non solo il lavoro in cima ma anche nel tereno tutto un foro. (CP 150) / Appena arivati ci prepariamo un po di cibbo che da tutti il giorno non si manggiava. (CP 183) / Incominciava a venir notte, quando ci fu dimandato, se qualcuno di noi volessimo andar, ancor subito innavanti, con lanciamine per oferder i ripari delle trincee russe, che quelli che può ritornare, ricevera la grande medalia d’argento. (EF 67) / Quel giorno mentre si pasava per il Canale,a sinistra del Bastimento nela tera Asiatica, vi era due poveri neri che caminavano di tuta corsa, a pigliare aranci e patate (GS 19)
Wie man erkennt, sind darunter manchmal (bei Rabito und Bordonaro) sogar recht lange, teilweise jedoch gescheiterte (z. B. bei VR 413 und TB 54) hypotaktische Satzgefüge.242 Die Okkurrenz von Hypotaxen ist allerdings auch in gesprochener Sprache nichts Ungewöhnliches und die hier gefundenen Belege folgen außer bei Temporal- und Kausalsätzen weitgehend dem nähesprachlich häufigen Linearisierungsschema BASIS – ENTWICKLUNG (– ENTWICKLUNG), bei dem (nach logischsemantischer Hierarchie) zuerst der Hauptsatz und danach die davon abhängigen
242 Vgl. dazu am Beispiel des italiano dei semicolti auch D’Achille (1994, 72) sowie Kapitel 4.2.2.3.3 dieser Arbeit.
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
167
Nebensätze geäußert werden. Kausal- und Temporalsätze bilden zusammen mit Subjekt- und Objektsätzen die häufigsten Subordinationsformen gesprochener Sprache; daher entsprechen viele der gefundenen Textbelege nähesprachlichen Mustern (z. B. VR 35, VR 629, CM 52, VZ 26, EF 67, GS 19), zumal manchmal auch polyvalentes che (z. B. bei VR 35, VZ 26, EF 67) auftritt. Hypotaktische Gefüge in gesprochener Sprache zeichnen sich jedoch überwiegend durch eine weniger komplexe Untergliederung (wie z. B. in den kürzeren Hypotaxen von CM 52, CP 183 und GS 19) aus (Sornicola 1981, 61‒74; Koch/Oesterreicher 1990, 98‒100; 22011, 99‒104; Berretta 1994, 251‒255; Cresti 2000, 173‒174; D’Achille 22006, 184‒185). Insofern könnte man in der Länge der Sätze bzw. Komplexität der Hierarchien einen Hinweis auf distanzsprachliche Orientierung sehen. Außerdem kommen in den Texten (z. B. bei TB 54, CP 150 und GS 19) infinite Verbformen vor. Sie ersetzen auf stilistisch elegante Weise explizite Nebensätze mit Konjunktion und konjugiertem Verb.243 4.1.2.3.3 Mischformen Typisch für die hier untersuchten autobiografie popolari ist vor allem eine Mischung aus sich (relativ schnell und gleichmäßig) abwechselnder Para- und Hypotaxe,244 wie die folgenden Beispiele zeigen: cosi;fenio;lanno; esiammo; arrevato a ciunno;con questa malavite,che avevafatto;e poiche; io sempre era senza solde,e sempre minantava afaremedare;la misata,de quello;mio: compare, che aveva la mia casa inafitto; perche miabisognavino; sempre li solde; perche cidoveva fare,magare;la scuola prevata,magare;a i miei;figlie;ma secome,quello;era, senza solde como;me,io;per poteracille,scipare,doveva fare tante,viaggie a chiaramonte e cosi; stafinento; questo;anno;di fare malavita;diantare evinire, dicomiso;chiaramonte e di chiaramonte,comiso;e tanta strada apiede che io avevafatto; etante volte;preganto a tuttte, per viagiare,senza solde,e tante prichiere;avevafatto;precanto;sempre;a i professore;per potere,passare;i miei figlie;e di nonperdere,lanno;e tante solde,spese;e allultimo;a tanuzzo;
243 Vgl. dazu generell z. B. Sensini (1990, 470‒471). Nach D’Achille (22006, 184, 209‒210; 215‒216) überwiegen in gesprochener Sprache explizite Nebensätze, während implizite Nebensätze (bis auf wenige Ausnahmen, die auch Berretta 1994, 252‒253 erwähnt) häufiger in geschriebener Sprache vorkommen. Implizite satzwertige Gerundkonstruktionen betrachtet Simone (1996, 57) sogar als auf die geschriebene Sprache beschränkt. 244 Diese meint in erster Linie nicht unbedingt das (z. B. von Sornicola 1981, 71 nach Sorrento 1929 und von Rovere 1992, 108; etwas anders bei Jamrozik 2009, 805‒808) als Parahypotaxe bezeichnete Phänomen der Junktion durch polyvalentes che, das als generischer Konnektor neben seiner logischen Funktion auch die Art der syntaktischen Satzverknüpfung offen lässt, und daher in einer Grauzone zwischen Parataxe und Hypotaxe anzusiedeln ist (vgl. dazu auch Koch/Oesterreicher 1990, 99; 22011, 103). Natürlich kommt che als polyvalente Konjunktion aber in den hier aufgelisteten Beispielen vor, da es ja sowohl parataktische als auch hypotaktische Funktion haben kann.
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
cianno;restato;4 materie (VR 767) / quando si andava à casa da scquola non si andava à giocare: si faceva le calze ò scapinelle per i miei frattelli; ò pizzo: la mia mamma mi dava un grosso gomitolo di canapa, e così si lavorava anche essendo molto piccola… (CM 14) / Ero impaziente a credere, mentre il dottore dell’ufficio mi ha assicurato di portarla a casa e stare in riposo. Cosí io, essendo sicuro, ho preso una carroza io e mia moglie e ci siamo inviati per la stazione ferroviaria, abiamo aspettato circa un’ora e mezo prima che il treno fosse l’orario di partire. Il capostazione, essendo una degna persona e vedendo mia moglie ammalata, ci ha aperto la sala di Ia classe e ci ha detto che mia moglie si sdraiasse su una poltrona per riposare (TB 30) / Mà anche mia nonna quando andava à prendere lacqua alla fontana passava dà mia casa e chiedeva à mia madre se à qualcosa dà mangiare, Le dava polenta è formaggio non cèra àltro èsèndo anche nelle orre fuori dai pasti, si sedeva sullà scalla dell’intratta della qucina si riposava un pò e mangiava quella polenta fredda non teneva tempo per riscaldarla. (VZ 86) / Un pensiero mi dice dandare laltro mi tratene non sapendo cosa risolvere in fine aspetai che venisce. Stando ad’oriliare ad’una finestra che guarda sulla piazza in direzione della strada dove ariva guardando traverso le fessure delle grilia, tremante un istante mi sembra un secollo. Ma eccolo finalmente mesto, mesto aconpagnato da tutti bambini padri cognate zii e zia. Lo vedo e mi si spezza il cuore vederlo cosi mesto avelito finalmente arriva incima alla scala! (CP 197) / Stavo per saltare un’fosso di aqua ma non mi fu esaudito, una balla mi colpisce nella schiena, e casco nel mezzo stramortito… Riaperto li ochi di li e pochi minuti, e respirato un pò meglio gradai a un picheto d’uomini che stava a pochi passi sbarando, che venisse qualcuno, at in fasciarmi la ferita, non veni ascoltato! Unito tutte le mie forze, gridai ancor una volta, un mio amico mi conobe subito, si alza in fretta, per venir at asistermi. (EF 43) / La mattina alle orre 3 dei 23 cia fatto fare omenghem e poi in cortile delle caserme fino le ore 6 partiti verso lastazione montati senza sapere dove si andava apasionato credendo di andare perla Gallizia invece sono venuto in Tirol nella valle di fieme a Predazzo dopo una marcia fatticosa con grande callore siamo arrivati in codesto paese abbiamo fatto 40 Chilometri io mi dolleva forte la mia ganba il Giorno dopo andai alla visita (GG 118‒119) / verso il 10 Luglio sono venuto a casa esendo che mio fratelo più vehio nel 1875 il consiglio di agricoltura di Trento lo avevano mandato sul Foralber sul confine della svizera a in parare il casaro in quel tenpo o cominciato io a fare il casaro esendo che mio fratelo Domenico a dovesto andare afare il militare o cominciato ai 8 Settenbre 1860 il mio lavoro era di diciaoto ore al giorno esendo che il caseificio dava il bene essere io guardava di fare tutto il posibile per aiutare (NS 9) / Mentre li altri due frateli piu vechi si trovavano da quasi 50 anni a Chislsom Minisota, a lavorare nele miniere dal fero, un giorno avene che il fratelo piu vechio di nome Pietro mentre tagliava l’erba davanti ala casa si e adormentato per senpre nele mani del signore, lasiando una buona soma di denari ai frateli e parenti che se ne ricorderano per tanti anni in avenire e rimanera nel cuore e nela mente di tanti suoi parenti, Fra dei quali voglio ricordare i due frateli Baldrachi del paese di Strada, questi due si trovava nei nostri dintorni (GS 84‒85) / La sera 29.-7 viene un della sanita e mi conduce dal capitano mi fa le carte per Brunico all’ospitale. Si arriva a Olang (Valdaora) e quando semo arrivati in stazione éra giusto parti il treno e non cenerano altri fin la mattina. La sanita mi lascia in sala daspetto e va a parlar col capostazione. Vien di ritorno e mi dice che ha detto al capo che son gravemente ammalato. Che mi butta la come moribondo che ferma un treno appositamente per me (un treno di munizioni) I vien e i me porta in treno che cerano due vetture personali quando il treno si mette in moto la sanita mi da un sigaro e mi dice fuma o canta adesso semo montati (EM 3)
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
169
Dabei wechselt sich meist ein relativ hoher Anteil monoton durch e, e poi, e così oder ma eingeleiteter Parataxen mit meist eher wenig komplexen und relativ kurzen, oft durch (z. T. polyvalentes) che, quando, mentre oder perché (aber z. B. bei VR 767 auch durch poiché und siccome)245 eingeleiteten hypotaktischen Einschüben ab, was man als nähesprachliches Kommunikationsmuster betrachten könnte, das die Schreiber aus ihrem alltäglichen Sprachhandeln mit einbringen, weil es ihnen vertraut ist.246 Allerdings weist die häufige Verwendung infiniter Verbformen wie Infinitive, Partizipien und Gerundien (z. B. bei VR 767, TB 30, VZ 86, CP 197, EF 43, GG 118‒119, NS 9, GS 84‒85, EM 3), die die umständliche und stilistisch ungewandte Formulierung von expliziten Nebensätzen umgeht, zusammen mit der Okkurrenz von (v. a. Wortschatz-)Elementen aus gehobeneren Registern (z. B. bei CP 197, GG 118‒119 und GS 84‒85) und dem korrekten Einsatz von Konjunktivformen (z. B. bei TB 30 und EF 43) erneut auf eine distanzsprachliche Orientierung der Korpora hin. 4.1.2.3.4 Zusammenfassung Somit zeigt sich, dass sich die autobiografie popolari auch hinsichtlich ihrer syntaktischen Komplexität nicht eindeutig dem nähesprachlichen Pol zuordnen lassen: Die soeben beschriebene, für die Texte typische, abwechselnde Verwendung von Para- und Hypotaxen folgt eher nähesprachlichen Schemata, wobei jedoch nicht auszuschließen ist, dass die Autoren damit absichtlich mündliche Erlebniserzählungen nachahmen, um ihre Autobiographien lebendig zu gestalten. Außerdem finden sich zwar Belege für überwiegend parataktische Abschnitte, jedoch meist nicht in extrem nähesprachlicher (und vermutlich stark vom mündlichen Medium abhängiger) Häufung. Einige (elliptische) Parataxen orientieren sich zudem in Herkunft und Verwendungszweck eher an den distanzsprachlichen Modellen der Verwaltungs- und der (narrativen) Literatursprache. Daneben erscheinen Hypotaxen nach nähesprachlich reihendem Linearisierungsmuster, aber ebenso lange, komplizierte Satzgefüge, die, auch wenn die Schreiber manchmal daran scheitern, doch zumindest ein Bemühen um Distanzsprachlichkeit erkennen lassen. Dies zeigt sich auch im Einsatz zahlreicher stilistisch eleganter impliziter Nebensätze mit infiniten Verbformen.
245 Vgl. zur abwechslungsreicheren Variation von Konjunktionen in geschriebener gegenüber gesprochener Sprache D’Achille (22006, 184‒185, 210‒211). 246 Vgl. dazu Koch/Oesterreicher (1990, 98‒100; 22011, 99‒104) sowie, am Beispiel des italiano dei semicolti, auch D’Achille (1994, 72, 77) und Fresu (2014, 216). Unter dem Aspekt der Kohärenz untersucht Kapitel 4.2.1.2 die Satzkonnexion.
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
4.1.2.4 Semantische Besonderheiten Die Semantik beschäftigt sich mit der Inhaltsseite, dem signifié sprachlicher Zeichen. Im Fall gesprochener Nähesprache ist besonders die Beziehung zwischen dem signifé eines Zeichens und dessen Referenten in der Wirklichkeit interessant, da diese unter Nähebedingungen nicht immer (ein-)eindeutig, d. h. für den Empfänger unabhängig vom Kontext sofort alternativenlos erkennbar, hergestellt wird: Gerade wegen der physischen (face-to-face-)Nähe der Kommunikationspartner erfolgt häufig eine sparsame Referenzialisierung mit wenig sprachlichem, semantisch unpräzisem bzw. sehr vieldeutigem bis weitgehend sinnentleertem Material, die nur geringen Formulierungsaufwand erfordert; bei starker emotionaler Beteiligung kann der Sender jedoch auch zu sehr aufwendigen Formulierungen greifen, um den Inhalt seiner Äußerung zu veranschaulichen und hervorzuheben, indem er referenziell verfremdende (wort- und satz-) semantische Verfahren verwendet, deren Effekt für den Empfänger neben der Anschaulichkeit auch auf dem von ihm zu leistenden Dekodierungsaufwand beruht (vgl. dazu auch Koch/Oesterreicher 1990, 102). Die semantische Untersuchung der autobiografie popolari konzentriert sich daher auf die Verwendung von passe-partout-Wörtern und der 3. Person Plural bei Verben als Beispiele nähesprachlicher Referenzialisierung (in Kapitel 4.1.2.4.1) sowie auf bildliche, affektiv bzw. expressiv motivierte Ausdrucksverfahren (in Kapitel 4.1.2.4.2). Diese Phänomene werden von Koch/Oesterreicher (1990, 102‒121, 124‒126; 22011, 105‒129, 133‒134) als universale Merkmale gesprochener Sprache eingestuft.247 4.1.2.4.1 Ungenaue Referenzialisierung Wie soeben kurz angesprochen, ist ein Merkmal gesprochener Nähesprache ihre «Tendenz […] zu sparsamer Versprachlichung» (Koch/Oesterreicher 1990, 102)248 bei der Referenzialisierung von Personen, Gegenständen und Sachverhalten.249 Der dadurch niedrig gehaltene Enkodierungsaufwand, der durch die physische Nähe, Vertrautheit und Kooperation der Kommunikationspartner, die Situations-
247 Der Bereich des Lexikons wird hier nicht betrachtet, da lexikalische Sprachmerkmale einzelsprachlich-kontingenter Natur sind (vgl. dazu Koch/Oesterreicher 1990, vi‒vii, 126‒132, 146, 149‒150, 164, 185‒187., 189‒190, 197‒198, 218‒219, 226‒231, 233 – besonders folgende Stelle auf Seite 126: «Insgesamt können wir also mit universal nähesprachlichen Merkmalen nur auf textuell-pragmatischer, syntaktischer, semantischer und lautlicher Ebene rechnen»). 248 Kritisch zu «sprachlicher Vereinfachung», auch als Kriterium für die Differenzierung von Varietäten, äußert sich Ernst (1983, 107‒116). 249 Vgl. zu Referenzbeziehungen und -typen z. B. Vater (21994, 109‒154) sowie Kapitel 4.2 dieser Arbeit.
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
171
und Handlungseinbindung sowie Sprecher-origo-nahe Referenzbezüge ermöglicht wird, kommt der Spontaneität und der knapp bemessenen Planungszeit des Nähesprechens sehr entgegen (vgl. dazu Koch/Oesterreicher 1990, 102; 22011, 105). Dies äußert sich beispielsweise auch in der geringen syntagmatischen Variation von Lexemen, die in gesprochener Sprache oft unverändert wiederholt werden, wenn immer wieder auf denselben Referenten verwiesen wird (vgl. dazu Sornicola 1981, 263‒264; Radtke 1983, 188‒190; Koch 1985, 62; Koch/Oesterreicher 1990, 102‒104; 22011, 106‒108; Ferrari 2010b). Dieses Thema wird in Kapitel 4.2.1.1.1 hinsichtlich seiner Bedeutung für die Kohärenz der Korpustexte genauer betrachtet. Auch die zur Gruppe der Demonstrativa gehörenden Deiktika (vgl. dazu Koch/ Oesterreicher 1990, 111‒114; 22011, 116‒120) werden nicht hier, sondern in Kapitel 4.2.2.1 unter dem Aspekt ihrer kohäsiven Wirkung untersucht. Generell befassen sich die nachstehenden Ausführungen nicht mit textinternen, koreferenziellen, ana- oder kataphorischen Verweisen, sondern konzentrieren sich auf außendeiktisch aus dem jeweiligen Text heraus in die reale Welt weisende Referenzbezüge. Die Besonderheit nähesprachlicher Referenzialisierung zeigt sich zum Beispiel am Einsatz von passe-partout-Wörtern in gesprochener Sprache: «Derartige Lexeme verbinden […] minimale Intension (geringe inhaltliche Bestimmtheit) mit maximaler Extension (große Klasse von Denotaten)» (Koch 1985, 62; Koch/Oesterreicher 1990, 104, Hervorhebungen im Original). Obwohl ihr signifié also nur ganz allgemeine semantische Merkmale (z. B. ‘menschlich’, ‘belebt’, ‘Tun/Handlung’) umfasst, ist es unter Nähebedingungen (medial bedingte hohe Enkodierungsgeschwindigkeit, Spontaneität, Vertrautheit der Kommunikationspartner, individueller Wissenskontext, starke Einbettung in den Situations- und Handlungskontext, origo-naher-Referenzbezug) möglich, durch sie auf ganz bestimmte Referenten Bezug zu nehmen.250
250 Vgl. Sornicola (1981, 149‒162), Radtke (1983, 189), Berruto (1985, 135‒136), Koch (1985, 62), Koch/Oesterreicher (1990, 104‒109; 1994, 591; 2001, 599; 22011, 108‒114), Halliday (1992, 120‒122), Berretta (1994, 248, 268), Ferrari (2005b, 17‒18), D’Achille (22006, 188‒189, 211) und Lala (2010, 67‒77). Vgl. zum häufigen Auftreten von parole generiche in Texten des italiano popolare Berruto (1983a, 91; 1983b, 64‒65) und D’Achille (1994, 73). Bezogen auf (medial) gesprochenes Italienisch stellt Strudsholm (2005, 31‒39) fest, dass das Medium der Realisierung qualitativen Einfluss auf den Planungsgrad einer Äußerung hat, da in mündlicher Sprache viel mehr Zeitdruck auf die Enkodierung herrsche, als dies bei schriftlichen Texten der Fall sei. Insbesondere hinsichtlich der Wahl von spezialisierterem vs. allgemeinerem Wortschatz enthielten mündliche Äußerungen viel mehr allgemeine Wörter (z. B. uomo, signore, persona, tipo, personaggio z. T. in Kombination mit Ungenauigkeits-/Unsicherheitssignalen wie una specie di, diciamo, mi sembra) als schriftliche Texte. Jedoch fänden
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
In den untersuchten Texten finden sich z. B. die nachstehenden Belege dafür, dass die Autoren zur Referenzialisierung (z. T. auch lexikalisierte) passepartout-Wörter einsetzen, wie sie sie sonst in ihrem alltäglichen, überwiegend nähesprachlich geprägten Sprachhandeln verwenden. Darunter sind oft «analytische», syntagmatische Verbindungen aus inhaltlich wenig bestimmtem Verb und semantisch gehaltvollem Substantiv, die (referenziell eindeutige, im System vorhandene) einfache Verben mit entsprechender Bedeutung ersetzen: abiammo;fatto; caltacirone: piazza;almerina (VR 12) / la robba (VR 68, 150, 203, 376, 456) / fare solde (VR 73) / dovettemo; fare, ancora,altre 4? ciorne; di poco; manciare,e senza; dormire (VR 187) / cipotiammo;fare; magare,il cinema […] cipuonno;fare magare; la casa:del fascio (VR 349) / cifaceva tutte cose buone (VR 567) / fare tanta pacienza (VR 625) / miaveva dato;il posto (VR 625) / io faceva tradime,cicorppa,quello;rofiano;di pipino;amato (VR 841) / come dobiamo fare con sua moglie (VR 841) / turiddo; che aveva fatto; scuola (VR 880) / quanta fatica che si faceva all’ora (CM 29) / fare un bichiere di bira (GS 62) / abiamo fato tre ore di fermata (GS 62) / aveva fato 3450 miglia senza nesuni truboli nel caro (GS 84)
Aufgrund der (abgesehen von VR) geringen Zahl gefundener Belege (v. a. zu fare und roba) kann man davon ausgehen, dass diese Art der nähesprachlichen Referenzialisierung in den Autobiographien nur selten vorkommt. Vielmehr erfolgt die Referenzialisierung dort also wohl hauptsächlich mithilfe semantisch gehaltvoller sowie referenziell eindeutiger Lexeme nach distanzsprachlichem Vorbild. Ein weiteres, sprachlich sparsames, semantisch bewusst ungenaues Referenzialisierungsverfahren gesprochener Sprache besteht in der außendeiktischen Verwendung der 3. Person Plural von Verben zur Markierung einer (unbestimmten) Personalreferenz. Der dadurch intendierte Referenzbezug erschließt sich dem Empfänger vor allem durch seine Vertrautheit mit dem Sender sowie ihnen gemeinsame und allgemeine Wissenskontexte (Berruto 1985, 135‒136; Koch/Oesterreicher 1990, 112‒113; 22011, 118‒119; Berretta 1994, 260‒261). Im Italienischen ist der unpersönliche Gebrauch von dicono che für ‘si dice che’ lexikalisiert (Koch/Oesterreicher 1990, 197; 22011, 221). Entsprechend verwendete Verbformen erscheinen im Korpus (außer bei CP) z. B. an diesen Stellen:
sich auch in schriftlichen Texten allgemeine Wörter, die dort ebenfalls oft wiederholt werden könnten, was aber häufig unter wechselnder attributiver Ergänzung geschähe, wie z. B. in un libro antico e quindi di pregio, un antico e prezioso libro, libro […] molto antico e di gran valore. – Zu ähnlichen Wiederholungen mündlicher Sprache, wie z. B. un comico inglese, un uomo molto comico, un buffo uomo, uno strano e simpatico personaggio (Beispiele aus Strudsholm 2005, 38‒39) besteht damit nicht mehr viel Unterschied. Durch das Verfahren der syntaktischen Ergänzung semantischer Details in Form von Attributen kann also auch ein an sich nur allgemeiner Wortschatz gesprochener Sprache wieder an Spezifität gewinnen.
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
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finarmente; opassato; la visita, e mianno; fatto;abile?e mianno;detto; di;tenereme,pronto […] come rivaiea raqusa; tutte, i partente; [per l’Africa] cianno; fatto;manciare; nella berico; della via;mariannina; coffa;e cianno;dato; ammanciare;come;liacente, buone;e per bene;poi,cianno;portato; nella;casa;del facio; cianno;fatto; tutte,li docomente,e cianno; messo; belle, ordenate; per:4 auso; soldate; ecianno;portato alla stazione (VR 296) / se andavo dove, non mi conoscevano non mi prendono (CM 17) / mi dicono che sono strana (CM 68) / Nel mio paese vi era solo una macchina e che la usavano pure per nolegio (TB 31) / In quel fratèmpo anno àperto le emigrazione per andare nel Belgio (VZ 64) / senpre avanti senza saper il momento che ci fermerano. (EF 68) / fra pochi giorni con codesta compagnia formarono il 2 Mar Ballion […] La mattina alle orre 3 dei 23 cia[nno] fatto fare omenghem [] (GG 118) / la nostra povera valata e stata adoperata per un campo di bataglia, dove hano distruto e bruciato tuti i nostri cari paeseli (GS 6, + Passiv) / sulla Pioverna alta […] siccome il coraggio non cèra i fa caffè, (senza pagnocca) cominciano a distribuirlo e non lo avevano distribuito mezzo che i fa allarmi (EM 4‒5)
Als Alternative dazu findet sich mindestens ebenso oft unpersönliches si bzw. si passivante in den untersuchten Texten.251 Dieses Verfahren wird zwar von einigen Autoren als nähesprachlicher eingestuft (vgl. dazu auch Lepschy/Lepschy 1986, 186‒188, 282‒290; Sensini 1990, 293; Berretta 1994, 260‒261; D’Achille 2 2006, 207), es weist jedoch mit dem Pronomen si immerhin einen expliziten (textinternen), wenn auch (außendeiktisch) unbestimmten, Referenten252 im Text auf, so auch in folgenden Beispielen: questa,signorona; si vedeva; che cia sapeva, tuto; sivedeva,che;era,una donno (VR 387) / come restaro vive non sisa (VR 924) / questo; stubito; matrimoni; sidoveva fare,a dicuino? (VR 1023) / quando si andava à casa da scquola non si andava à giocare: si faceva le calze (CM 14) / io continuavo stare poco bene: e poco dopo venne al mondo il primo figlio, ma si stava poco à letto, appena nato il bambino mi anno dato da bere un mezzo bicchiere di acqua […] Però si alzava dopo qualchè giorno e si incominciava à lavorare subito (CM 22, + 3. Pers. Pl.) / i padroni erano contenti di noi che ci siamo stati per ben tanti anni: si pensava sempre di fare il bene (CM 27) / aversi da sposare quando si è giovani lè cose sono sempre belle. quando si è giovani si vede solo rosa (CM 38) / Prima che io la chiedessi in sposa suo padre e i suoi fratelli parlavano che non si sapeva che cosa le dovevano donare. (TB 38) / non si vedeva piú niente (TB 112) / Al maiale si dava beveroni con la crusca e patatte […] si metteva una ò due (chiocce) all’anno per alevare i pulcini […] qunilli se ne poteva denere di più, à quelli si dava èrba […] si faceva un pò di oglio di oliva […] Pure le trippe del maiale si usava per fare la minestra […] Si portava tutto alla fontana per lavare (VZ 30) / si continuava achiacherare sottovoce fra uomini
251 Den Umgang damit beherrschen die Schreiber (bis auf kleine Kongruenzprobleme in GS 62 und EM 5) fehlerlos. 252 Im Übrigen erfolgt auch durch das distanzsprachliche Passiv, zumindest in der agenslosen Variante, kein Bezug auf einen bestimmten Referenten. Die Referenzialisierung ist in diesem Fall (gewollt!) ebenso ungenau wie durch die Verwendung der 3. Person Plural eines Verbs; insofern eignet sich das Kriterium der unscharfen Referenzialisierung in diesem Fall nicht gut zur Erklärung der unterschiedlichen Versprachlichung in Nähe- und Distanzsprache.
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e donne e si nominava la guerra, però non si crede, si dice ché eda lungo che sisente ma che non è vero (CP 123, Unterstreichung im Originaltext) / si combuta 7000 lavoratori non si bada chi è il proprietario si anienta campi si talia piante si travolge tutto sosopra senza permesso di nissuno (CP 145) / Alla domenica si va tutti alla chiesa dicono che non si e buoni di salutar. Il dopo pranzo invece si va nel cortile a inparar a salutar inmaginatevi che studio per mettere una mano sulla bereta e pure non si fa mai bene a sa [dial. asà ‘assai’] (EF 108, + 3. Pers. Pl.) / abbiamo dormito […] unpochi di giorni si faceva come si voleva ma poi sia destinati tutti alle proprie compagnie (GG 118) / noi siamo pregionieri Rus[si] […] Qua sia da lavorare giorno e notte la mattina bisogna levare alle ore 1. 2 ed anche 12 di notte e si mangia un pezzo di pane ed il te e poi si viaggia coi cavalli incanpagna (GG 126) / eravamo tuti ala stazione del New York Central di Syracuse aconpagnati da una grande fola di nostri paesani che non si aveva mai visto cosi tanti paesani in una volta, e ale tre di matina si era arivati in Bufalo […] il giorno dopo mentre si viagiava a traverso lo stato del Ohio e Indiana si vedeva bandiere che sventolava da per tuto, era il giorno del 12 otobre che si celebrava la festa di Cristoforo Colonbo dela scoperta dela America (GS 62) / Li 7-10 si arriva a Folgheria il giorno dopo sulla Pioverna alta, si arriva circa le tre dopo ½ giorno. Avevamo acquisto rangio a Galliano il giorno prima (EM 4)253 / non si poteva metter piede che non si trovasse bisogni o sangue o budelle (EM 5)
Daneben kommen (v. a. bei Rabito und Fusari) auch viele distanzsprachliche Passivkonstruktionen nach dem Modell «Form von essere (oder venire) + participio passato» vor (vgl. dazu auch Berretta 1994, 260‒261; Bazzanella 22001, 134‒143; D’Achille 22006, 207; Prandi 2006, 168; Schwitalla 32006, 140‒142), so z. B.: li barache dove noi domiammo;tutte fuoreno;bruciate (VR 486) / al duce […] che aveva stato; arrestato; e poi,aveva stato;librato (VR 608) / il fasisimo;era, conzederato;perduto (VR 608) / ciovanne […] scrisse; della francia; dovediceva,che:voleva essere:mantate; qualche cosa;di solde (VR 1022‒1023) / era,abandonata; di tutte (VR 1023) / Aveva lo zucchero, la diabete, e non poteva manciare qualsiasi manciare. Doveva essere equilibrato (TB 123) / Là biancheria veniva lasciata nella brenta fino là mattina del giorno dopo. (VZ 31) / Per un pò di
253 Statt auf ‘man’ bezieht sich si in diesen Textauszügen allerdings teilweise auf die (im Text manchmal auch explizit genannte) 1. Person Plural (‘wir’) (zweifellos in CM 27; GG 118, 126; GS 62 und EM 4; auch als ‘man’ interpretierbar in VR 1023, CM 14 und EF 108; evtl. meint si/‘wir’ hier auch ‘wir und alle anderen’ bzw. steht für einen allgemeingültigen Einzelfall, ebenso wie si/‘ich’ in CM 22). In all diesen Fällen wird si also eher nicht als unpersönlicher Pronominalpartikel, sondern mit konkretem Referenzbezug (auf die 1. Person Plural – oder Singular) verwendet; dabei erfolgt jedoch nie eine Aktantendopplung nach dem Schema noi si, das typisch für italienische Nähesprache bzw. das italiano popolare wäre (Cortelazzo 1972, 82‒86, 89‒92, 164; Sabatini 1985, 162; Lepschy/Lepschy 1986, 287‒288; Koch/Oesterreicher 1990, 183, 195‒196; D’Achille 1994, 70; vgl. zur regionalen Verbreitung von noi si v. a. in Teilen der Toskana z. B. Rohlfs 1966‒1969, § 460; Koch/Oesterreicher 1990, 183‒184; Ernst 2006; diesem Muster entsprechen schon eher Kombinationen wie tutti si: è tutti ansiosi si èrra per ballare, VZ 57; alla domenica si va tutti alla chiesa, EF 108). Die Verwendung von si in den obigen Beispielen weist jedoch Parallelen zum nähesprachlich markierten französischen Muster «on + 3. Person Singular» für ‘wir’ auf (Koch/Oesterreicher 1990, 161).
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tèmpo sono statta aiutatta dai famigliari di mio maritto (VZ 65) / dimando chie? e mi fu risposto o un telegrama (CP 131) / il babbo […] smari il porta monete […] e non fu più trovato (CP 204) / Invece fui io stato destinato coi pionieri cosi che invece della canistra mi e stato consegnato un picone (EF 20) / Venimo acolti gentilmente messi nelle belle stanze e tratati proprio bene (EF 46) / Al comandante li fu anunziato che non e posibile continuar il viagio in quella maniera (EF 84) / questo sacerdote […] e venuto rinpiazato da don Luigi Mogioli […] Il don Luigi Mogioli […] fu stato costreto a lasiare asieme tanti altri del paese (GS 6) / Poche setimane dopo viene chiamato ancora ala vista a Trento (GS 47)
Darunter befinden sich auch einige in gesprochener Sprache völlig unübliche Fälle mit Agensangabe (VR 1023, VZ 65, GS 6). Zudem zeigt die Tatsache, dass sich in den meisten Texten kaum (bei Valeria Furletti Zanolli, Emilio Fusari, Giacinto Giacomolli, Gregorio Scaia und Eugenio Mich) bzw. sogar überhaupt keine (bei Cecilia Rizzi Pizzini) nähesprachlich unbestimmte Referenzialisierungen durch unpersönlich verwendete Pluralformen der 3. Person finden, dass die Autobiographien auch hierbei eher am Distanzpol einzuordnen sind. 4.1.2.4.2 Verfahren zum Ausdruck von Affektivität und Expressivität Vertrautheit der Kommunikationspartner, Partnerzuwendung und Emotionalität vor allem in face-to-face-Situationen kann beim Nähesprechen, wie bereits erwähnt, auch zu einem erhöhten Formulierungsaufwand führen, der sich in auffälligen sprachlichen Verarbeitungsmustern niederschlägt, wodurch sich (auf den Kommunikationspartner gerichtete) Affektivität und (auf Gegenstände und Sachverhalte gerichtete) Expressivität vermitteln lassen. Zu diesen expressiv-affektiven Ausdrucksverfahren, die auf semantischen Kontiguitäts- und Similaritätsrelationen basieren, zählen Metonymien, Metaphern, Vergleiche, Ironie, Hyperbeln und modifizierte Wörter, die der Steigerung bzw. Verstärkung sowie der Drastik bzw. Anschaulichkeit dienen (vgl. Koch/Oesterreicher 1990, 102, 114‒120; 1994, 591; 2001, 599‒600; 22011, 120‒129; Halliday 1992, 168‒173; Berretta 1994, 267‒270; D’Achille 2 2006, 189; Schwitalla 32006, 149, 151, 162‒164; Rouayrenc 2010a, 300‒309).254 In den untersuchten Texten erscheinen folgende (z. T. bereits lexikalisierte) Beispiele solcher Verfahren: Metonymien:255 roma, che era, la capitale, delle,sciopere (VR 187) / o;quadagnato; lire, 350.che,miovestito; pagaie, a tutte sempre,lire, 300. misono;remasto;nelle, mieie;taschie.
254 Sie werden hier nicht unter dem Aspekt der Kohärenzstiftung durch assoziative SemRekurrenz betrachtet. Vgl. dazu Kapitel 4.2.1.1.2. 255 Vgl. (auch zur Definition) z. B. Koch/Oesterreicher (1990, 116), Ferrari/Zampese (2000, 385‒386), Blank (2001, 79‒86), Bußmann (42008, 436‒437) und Kern (2010, 1‒60, 105‒227, 237‒248).
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(VR 223) / li tedesche anno;li cogliona compie [], che con me noncivolevino parlare (VR 538) / prese,lalettra;e la vado;abucare;nella posta […] cosi;io;bocaie;la lettra (VR 614) / spenteva solde, a ochi chiuse (VR 925) / per manciare, sidoveva dare larmma aldiavolo (VR 972, ‘anima’) / Stai aspettando che si stacchi per andartene à l’altro mondo (CM 45, Euphemismus) / quando una mucca faceva la popò: andavamo dentro con i piedi per scaldarsi (CM 58) / Un qual cosa c’è che mi aiuta stare sul sentiero … che non c’è foglia, che si muova: se non c’è Iddio che non sapia (CM 68) / avevo il dolore continuo al cuore, mi sono saliti i nervi al capo. (TB 17) / chi lasciava le spose coi teneri bambini, nella speranza di ritornare presto vitoriosci in seno alle loro famiglie. (CP 125) / li abiamo alle calcagna (EF 38) / Salimo un cole, e ci trovamo proprio nelle braccia del nemico (EF 81) / credevo di dover fra breve viagiar dalaltra parta, ma non era quela la mia ora (EF 100, Euphemismus) / parole queste che spezzava il Cuore (GG 120) / I nostri paesani Trentini […] non voltavano mai le spale al pericolo (GS Prefazio i) / ricordo uno di Levico che bestemiava e io misono chiuse le orechie per non udirle (NS 3) Metaphern:256 non erimo;soldate; che ciavemmo;stato; ma,erimo; state,6000 diavole (VR 44) / io; aveva, una fame, di un lupo (VR 103) / come,sei; retornato; vivo a stato; uno; miracolo (VR 103) / dovemmo; trovare,il paradiso (VR 142) / quanto;parlava lui,parlava; il suo dio (VR 349) / quella ciornata,dentra;la mia casa cifu; linferno (VR 426) / dogni;volta che io;scenteva,per,antare fuore,della,casa,pare;che passava;di una trenceia,di querra,che vedeva,a questa,descraziata donna […] che tutte li volte,che mideceva parole (VR 632) / vineva qualla;palommella;di mia moglie,epiancevino; tutte2 (VR 673) / il delenquente;del mio capo cantonirere (VR 720) / la noce;qusto; a partatore lione [= Nachname] la;scacciavo; fracita;perche io;prima che sifeniero; li solde;la voro; non zinefecifare piu,a i miei, fratello (VR 720) / la signorina […] turiddo;siallevato;quella, brutta;zanzara; della testa (VR 943‒944) / la;considerono;serva come era prima dimaretarese […] cipare sempre; serba […] per i, mieie parente; aveva; voglia;di fare; la;schiava (VR 1024) / con un paio di zoccoli, e un palettò di due colori fatti in una sottana di mia mamma; e un paio di pantaloni vecchi del mio papà, sembrava l’arlecchino (CM 14) / siamo contenti che è normale come tutte le bambine del mondo il suo papà stava bene, andava à lavorare alla plastica: la sua mamma à lospedale: e così la ruota gira; in seguito si è sposata una mia nipote (CM 43) / Rappresenti una formica nel mondo: è all’ora cosa sei adesso! Ò diventata? Una ragnatela appesa à un filo! (CM 45) / adesso anno troppo tutto: e noi che poco c’era non eravamo bestie! (CM 50 / mio padre, sempre vicino a me, diceva: – Sai, se tu ti vorrai fare fidanzato c’è il signor Tizio, ci hanno una bella ragazza […] Il prossimo giorno, da capo con un’altra famiglia, un’altra volta con un’altra. Infine era un continuo salmone […] io ero stanco di sentire tutti i giorni quel sarmone (TB 17) / Quel pòcco che si aveva, padelle pignate paiolli erano di rame ò ferro […] La minestra che cèra in avanzo si doveva subito prenderla fuòri, èra veleno lasiarla in quei recipienti. (VZ 33) / Una volta per occasione ò dormito in quelle nezuolla, ma à dormitto pocco, mi sembrava di essere in una grattugia, che si adoperava à grattugiare il formaggio (VZ 74) / qùi riposano i fiori della mia gioventù (CP 149, 178) / Doloroso cifu il distaco ma bisogna lasciarsi le ferite già secatrizate si aprono nuovamente e fanno sofrire! (CP 174) / i giorni sembra secolli (CP 200) / nel cuore della notte (CP 202) / mi sembrava di essere un sacco di paglia (EF
256 Vgl. (auch zur Definition) z. B. Koch/Oesterreicher (1990, 117), Blank (2001, 74‒78), Bußmann (42008, 434‒435) und Kern (2010, 52‒57, 228‒250).
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12‒13) / in sul far del giorno siamo arrivati per cosi dire al macello morti (GG 122) / Siamo andati per il Paese cantando viva Litalia Vittorio e Garibaldi e senpre stati vincitori il giorno apreso un gendarme mi fece una predica (NS 10) / le tere del West Australia, era posti spersi dal Diavolo (GS 31) / un coragio di fero (GS 32) Vergleiche:257 70. chilomitre, di,strada,a piede, carrecate,come,li bestie (VR 70) / tutte, quelle; a trezze; belle, nuove,nuovi,e erino;lucite, come, il;colore; deloro (VR 221) / io era contente,come una pasqua (VR 459) / una vicina di casa,di mia madre,che aveva una figlia, che era brutta,quanto;la fame (VR 623) / io;minesono;antato;come quello;che va a roma e non vede al papa (VR 831) / nella vita […] e come una corda che à forza di tirare un brutto giorno si rompe (CM 37) / all’ora si era come le pecore: si stava nel recinto (CM 50) / mia moglie per arzarsi dalletto ha pianto come una bambina (TB 49) / lavorando come cavallo (TB 55) / si amavano come due anime ma un solo corpo (TB 85) / La strada èra come un fosso (VZ 54) / [i bacchi] Eranno nerri piccolisimi come una punta di àggo (VZ 99) / pensando specialmente a bei giorni trascorsi che come il lampo fuggi (CP 149) / il letto duro come un masicio pavimento (EF 12) / E ora morto, viene messo in un bucco deserto. lontano da tutti li ochi, come un leone rafredato in una selvagia boscalia. (EF 62) / Viene il tenente rabioso come una serpente (EF 108) / pigliati alla trappola come i toppi (EF 109) / come i ruanti [dial. ‘maiali’] siamo la (GG 124) / Venuto la primavera che mi sentva pieno di forsa come un Orso (GS 17) / mi trovai legato per un’altra stagione come cristoforo Colonbo quando era legato ai feri (GS 50) / sul banco vi era un muchio di oro pezi di venti marchi come un grande capelo (NS 4) / bisogna vedere li Italiani sono svelti come li uceli (NS 12) / ha cominciato a urlar come un toro (EM 11) / Nelle baracche […] éra sempre un fumo, a star la un mese si diventava come i mori dellAfrica. (EM 14) / Eravamo dentro affollati come le sardine in scattola (EM 16) Hyperbel258 und Ironie:259 aveva; 6? mese, che; avemmo;deventato;tutte, impotente, che non avemmo;auto; contatto; con donne (VR 70) / quella, santa;di donna;anna (VR 410) / queste; crante;e nobile fratello;lincegniere,di piazza;almerina;dicentome;megliaia;divolte… (VR 476) / poi;vuole,questa,crante,catolica, che io;dovesse;sputare,ai miei parente (VR 779) / dentra, quella casa maledetta,che ciavevino;sta,centenaia,di mihliaia;di fruste (VR 813) / la sua affetuosa famiglia,non nivolevino;sapere,di sorella (VR 829) / tano;che per lamore; diumposto; correva dalla matina alla sera; e poi;magare;sistava ammazanto; per un posto (VR 925) / la mia mamma moriva per il desiderio di vederme (TB 64) / là levatrice là sfasciatto [il bambino] poverino èra in un lago di (sangue) (VZ 66) / poi subito nel cortil a far movimenti da inbecili tanti ati che non fanno ne pur i matti […] Il dopo pranzo invece si va nel cortile a inparar a salutar inmaginatevi che studio per mettere una mano sulla bereta e pure non si fa mai bene a sa [dial. asà ‘assai’] (EF 108) / Oh! miseri genitori non vi spezzano il cuore la partenza dei
257 Vgl. (auch zur Definition) z. B. Koch/Oesterreicher (1990, 117‒118). 258 Vgl. (auch zur Definition) z. B. Koch/Oesterreicher (1990, 118), Ferrari/Zampese (2000, 386‒387) und Bußmann (42008, 270). 259 Sonderform der Hyperbel; vgl. (auch zur Definition) z. B. Ferrari/Zampese (2000, 387) und Bußmann (42008, 308‒309). Bei Rabito findet sich häufig ironischer Sprachgebrauch, wobei immer wieder auf grande und nobile zurückgegriffen wird, die im gegenteiligen Sinn ihrer eigentlichen Bedeutung verwendet werden.
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vostri fili? Non pensate alle grandi fatiche, le pasioni, dolori che avete versato per la loro salute e per le speranze? […] Coraggio o genitori disgraziati preparatevi soltanto 60 Corone al mese vedrete che i vostri figli crescerano in età e in pancia in sapienza e nel santo timore dei superiori. Vedrete che al loro ritorno avrete figli istruiti nell’ignoranza sani di perfetta marcia salute figli onesti puri casti come un giglio fangato. (EF 109) Modifizierte Wörter:260 avemmo;una canuzza: che, la ciamammo; cioiusa […] di;I8. solde; abiammo;comprato; questa,canuzza (VR 11) / erimo; biduzze (VR 11) / prima,cichiamavino; ipiciridde;ma stavimo; deventato; piciridde,strafotente (VR 19) / tutte,quelle;che; erino; i, quello;crante; cammarone; avemmo;ciurato; di nonparlare;e di non fare spia (VR 193) / comenciava, a quardare, quanche piciotedda, bellina; figlia, di,quelle, donacciie (VR 216) / io; barrache e,barrachette; in vitamia, niaveva fatto; tante […] io;ofatto; una; picola; barrachetta; di; 3? metre,quatrate […] nella barrachina […] quella, barrachetta (VR 300) / io; lo scopo; mio;era uno; solo; se,pidavino; umpostieddo; per,lavorare (VR 397) / quella, maronnuzza,della;figlia (VR 410) / questo suzzo;piretuozzo (VR 655)261 / io;aveva; aturiddo;e tanuzzo (VR 687) / li suoi;figlie erino;tutte,umriacune;e delinquente;e poi;il padre,era macare,delenquente;e impriacone (VR 716) / io ciaveva,messo; la sputazza, nel naso;a tutte (VR 1002) / giocavamo con dei sassolini, della terra, facevamo piattini, tavolini, palline ecc. ecc. (CM 14) / sorellina (CM 28, TB 85) / fratellino (TB 6, VZ 16) / quel dottorino che si trovava in paese (TB 30) / una femminuccia (TB 77) / queste due vecchietti (TB 77‒78) / capretti (VZ 41) / Ritornavo là serra a casa doppo aver messo là nonna à letto. Era inmobile poveretta faceva compasione. (VZ 85) / La zia poverina (VZ 93) / quel erbetta (CP 145) / nostro paesello (CP 147, GS 92) / Ah! che scorgo? dove sono? mi si presenta lo stradone. Dove sono? in cima al monticelo (CP 149) / questi ragazini (GS 20‒21) / questi poveracci (GS 40)
In den Texten werden expressiv-affektive Ausdrucksverfahren eingesetzt, jedoch in unterschiedlicher Verteilung und Frequenz: Während Metonymien, Metaphern und Vergleiche nahezu überall gleichermaßen häufig eingesetzt werden, finden sich modifizierte Wörter bei Rabito häufiger als in den anderen Texten (Bordonaro und Rizzi Pizzini), und zu ironischer Übertreibung neigt (fast) nur er. Von den übrigen Autobiographen hält besonders Mich sich bei der Verwendung semantischer Veranschaulichungs- und Steigerungsmittel sehr zurück. Viele der gefundenen bildhaften Ausdrücke sind als (z. T. euphemistische) Redensarten262 im allgemeinen Sprachgebrauch verbreitet, d. h. sehr kreativ sind die Autoren (bis auf den Vergleich come un leone rafredato, EF 62 oder die Metapher sei […] diventata? Una ragnatela appesa à un filo, CM 45) bei der Veranschaulichung und Verlebendigung des Dargestellten meist nicht, sondern sie überneh-
260 Vgl. (auch zur Definition) z. B. Koch/Oesterreicher (1990, 118‒119) und Bußmann (42008, 445‒446). 261 Vermutlich von siz. sozzu píditu (= it. sozzo peto) abgeleitet; etwa ‘dreckiger Furz’ bzw. ‘persona boriosa e presuntuosa’ (nach https://it.glosbe.com; Piccitto/Tropea/Trovato 1977‒2002). 262 Vgl. zu deren Auftreten im italiano popolare Cortelazzo (1972, 152‒155).
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
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men nur ihnen bekannte, vorgefertigte sprachliche Versatzstücke, die aber nicht alle aus dem mündlichen Bereich stammen. Zum Teil handelt es sich dabei (z. B. in CM 45, 68; TB 17; CP 125, 149, 174, 178, 202; EF 109; GG 120; GS Prefazio i, 50), auch bedingt durch den narrativen Charakter der Textsorte Autobiographie, eher um durch das Streben nach Distanzsprache begründete Imitationen literarischpoetischer (meist wohl melodramatischer) oder religiöser Rhetorik (vgl. dazu auch D’Achille 22006, 214). Dass die Texte gerade im semantisch-lexikalischen Bereich nicht (nur) gesprochene Sprache, sondern auch distanzsprachliche Elemente enthalten, zeigte sich ja bereits in Kapitel 3.3.4 darin, dass auch Wortschatz aus stilistisch gehobenen Registern wie Literatur- und Verwaltungssprache vorkommt. 4.1.2.4.3 Zusammenfassung Was die für Nähesprache typische ungenaue Referenzialisierung betrifft, so treten, abgesehen von Fontanazza, nur selten passe-partout-Wörter in den untersuchten Texten auf. Die nähesprachliche unbestimmte Personalreferenz durch die 3. Person Plural von Verben erscheint zwar in den meisten Texten, jedoch findet sich bei Cecilia Rizzi Pizzini kein einziger Beleg dafür. Zu diesem Zweck verwenden die meisten Schreiber häufig die etwas explizitere Struktur mit (unpersönlichem) si (passivante) und setzen auch relativ oft das distanzsprachliche Mittel der Passivkonstruktion ein. Daneben ist die Okkurrenz von teilweise zwar wenig eigen-kreativen, vor allem Metaphern, Metonymien und Vergleiche umfassenden, affektiv-expressiv motivierten semantischen Ausdrucksverfahren in den untersuchten Texten kein eindeutiger Grund für deren Klassifizierung als nähesprachlich: Zum einen ist die Frequenz bildhafter Ausdrücke nicht in allen Texten gleich hoch, zum anderen werden sie auch in sprachlich elaborierten, literarischen Texten zum Ausdruck von Affektivität und Expressivität genutzt. Die Nachahmung solch verwandter Distanz-Textsorten steht bei den hier vorliegenden autobiographischen Erzählungen sicherlich im Vordergrund. Die soeben betrachteten semantischen Besonderheiten der Autobiographien entsprechen somit überwiegend nicht (völlig) den Verfahrensweisen gesprochener Sprache.
4.1.3 (Zwischen-)Ergebnisse In Kapitel 3.3 wurde anhand sprachlicher Belege aus den Autobiographien festgestellt, dass es sich dabei diasystematisch gesehen um Texte des italiano popolare handelt. Die deduktive Analyse theoretischer Argumentations- und Definitionsan-
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
sätze kam in Kapitel 4.1.1 zu dem Schluss, dass das italiano popolare zwar (oberflächliche) Analogien zu gesprochener (Nähe-)Sprache aufweist, jedoch als Distanzdiskurs von semicolti generell vermutlich nicht auf einer nähesprachlichen Konzeption basiert. Anhand des empirischen Vergleichs von Merkmalen des in den vorliegenden Autobiographien verwendeten italiano popolare mit Charakteristika konzeptionell gesprochener Sprache (v. a. nach Koch/Oesterreicher 1990 bzw. 22011), der in Kapitel 4.1.2 durchgeführt wurde, ist es nun auch auf praktischer Ebene möglich, eine induktiv erarbeitete Aussage über die tatsächliche Konzeption der Sprache der autobiografie popolari zu treffen. Um einen besseren Überblick über die in Kapitel 4.1.2 gefundenen Ergebnisse zu bieten, fasst die nachstehende Tabelle 2 diese noch einmal kurz zusammen: Tabelle 2: Ergebnisse der empirischen Bestimmung der sprachlichen Konzeption der autobiografie popolari. sprachliche Kriterien
Konzeption der autobiografie popolari eher nähesprachlich
Gliederungssignale
X
Überbrückungs-, Unsicherheits-, Ungenauigkeits-, Korrektursignale Interjektionen
(wenige Belege vorhanden)
Abtönungsverfahren
(kaum Belege vorhanden)
eher distanzsprachlich X X
X
narratives Präsens
X
Redewiedergabe
X
X (distanzsprl. Interpretation der Belege ebenfalls möglich) X
syntaktische Komplexität
(nähesprl. Interpretation einiger Belege ebenfalls möglich)
X
passe-partout-Wörter
(kaum Belege vorhanden)
X
unbestimmte Personalreferenz durch Verbformen
(jedoch Belege vorhanden)
X
semantische Verfahren der Expressivität / Affektivität
(nähesprl. Interpretation der Belege ebenfalls möglich)
X
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
181
Wie man den X-Einträgen der Tabelle entnimmt, tendiert das italiano popolare aller Autobiographien in den meisten untersuchten konzeptionellen Merkmalen klar zur Distanzsprache, vor allem hinsichtlich nähesprachlicher Interjektionen, Abtönungsverfahren und passe-partout-Wörtern, deren Vorkommen in den Texten jeweils vernachlässigbar gering ist. Bei Überbrückungs-, Unsicherheits-, Ungenauigkeits- und Korrektursignalen erscheinen zwar nähesprachliche Beispiele, jedoch ist ihre Frequenz im Vergleich zur Länge des jeweiligen Textkorpus bzw. zur Zahl der entsprechenden bewusst als rhetorische Mittel eingesetzten distanzsprachlichen Belege eher niedrig. Auch Verbformen der 3. Person Plural zur unbestimmten Personalreferenzialisierung treten in vielen Texten kaum oder gar nicht auf, stattdessen aber Belege für distanzsprachliches Passiv. Im Fall der Redewiedergabe finden sich gleichermaßen Beispiele für nähesprachliche direkte Rede wie für distanzsprachliche indirekte Rede; die direkte Rede kann aber durchaus auch als distanzsprachliches Verfahren narrativer Literatur gewertet werden. Ähnliches gilt für narratives Präsens und bildliche expressiv-affektive Ausdrücke, die zwar Merkmale mündlichen Erzählens sind, jedoch nicht in allen Texten erscheinen, und als narrative Mittel ebenfalls in distanzsprachlicher Literatur Verwendung finden. Auch hinsichtlich der syntaktischen Komplexität erscheinen sowohl eher nähesprachliche parataktische als auch eher distanzsprachliche hypotaktische Sätze bzw. Satzgefüge, wozu aber noch konzeptionell nicht eindeutig klassifizierbare Mischformen kommen, und die nach Koch/Oesterreicher (1990, 97) typisch nähesprachliche extreme Parataxenhäufung fehlt. Zudem folgen viele der gefundenen Parataxen distanzsprachlichen Mustern bzw. dienen auch distanzsprachlich-literarischen Zwecken. Auf eine eher nähesprachliche Konzeption lassen lediglich die gefundenen (überwiegend immer wieder monoton als tokens gleichbleibender types wiederholten) Gliederungssignale schließen, jedoch relativiert sich dieser Eindruck durch die Okkurrenz alternativer distanzsprachlicher Gliederungsverfahren. Generell sind viele der Merkmale, die hier als distanzsprachlich eingeordnet wurden, natürlich auch als Ausdruck bzw. Resultat einer nähesprachlichen Konzeption interpretierbar, was in der obigen Tabelle bei narrativem Präsens, syntaktischer Komplexität und expressiv-affektiven Verfahren erkennbar ist, und was auch die Diskussion zahlreicher Einzelbeispiele in den Unterpunkten von Kapitel 4.1.2 gezeigt hat. Diese Zweideutigkeit bzw. Bi-Funktionalität der Merkmale spiegelt die bereits auf theoretischer Ebene gewonnene Erkenntnis über die Schwierigkeit der Zuordnung des italiano popolare zu einer bestimmten konzeptionellen Kategorie wider. Die Möglichkeit einer nähesprachlichen Interpretation einiger seiner Charakteristika ist sicherlich eine wichtige Ursache dafür, dass das italiano popolare vielfach (z. B. als italienische Nähesprache im
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
weiteren Sinne; nach Koch/Oesterreicher 1990, 175‒176, 187) mit gesprochener Sprache in Verbindung gebracht wird. Diese Schlussfolgerung trifft auf die hier vorliegenden Texte jedoch aus mehreren Gründen sicher nicht zu: Vielmehr ist die Ko-Okkurrenz von Merkmalen gesprochener Sprache und distanzsprachlicher Elemente ein Hinweis auf die unvollkommene bzw. instabile konzeptionelle Kompetenz der Autoren, die sich zwar um (eine der Diskursform Autobiographie angemessene) Distanzsprache bemühen, dieses Niveau jedoch aufgrund ihrer mangelnden Kenntnisse, dem daraus folgenden Plan- bzw. Übersichtsverlust und der Interferenz mit ihrem alltäglichem Sprachverhalten nicht immer (völlig) erreichen, so dass sie teilweise in ihnen vertraute nähesprachliche Muster zurückfallen.263 Jedoch zeigen die Ergebnisse auch, dass die Autoren trotz dieses Einflusses gesprochener Sprache (z. T. sogar überwiegend) distanzsprachliche Elemente verwenden, selbst wenn sie dies nicht immer konsequent durchhalten oder an der Umsetzung ihres rudimentären distanzsprachlichen Wissens scheitern. Gerade dieses sprachliche Performanzverhalten ist insofern von entscheidender Bedeutung für die konzeptionelle Klassifizierung der untersuchten Texte, als es deutlich die bisher nur theoretisch abgeleitete These einer eher distanz- als nähesprachlichen bzw. bemüht distanzsprachlichen Konzeption des (in den Texten enthaltenen) italiano popolare bestätigt. Nicht zuletzt hat die Analyse ergeben, dass viele Textstellen nur auf den ersten Blick Belege für Nähesprache zu sein scheinen; bei genauerer Betrachtung stellt sich dann oft heraus, dass sie ebensogut in Distanzsprache auftreten können, wenn auch aus anderen Motiven, was ihre Relevanz als Kriterien zur Differenzierung zwischen konzeptioneller Nähe- und Distanzsprache jedoch einschränkt, zumal dabei häufig eine starke Abhängigkeit vom Medium der sprachlichen Realisierung zu bestehen scheint. Letztlich schließt vor allem das Vorkommen von Distanzmerkmalen in den untersuchten Texten eine vorschnelle Beurteilung des darin vorliegenden italiano popolare als lediglich in einer kommunikativen Distanzsituation verwendete Nähevarietät aus, und beweist, dass es sich dabei tatsächlich um eine distanzsprachliche Varietät (mit aus Unkenntnis versehentlich bzw. aus Mangel an Alternativen notgedrungen eingefügten nähesprachlichen Anteilen) handelt. Die Unsicherheiten hinsichtlich der Positionierung des italiano popolare im Kontinuum zwischen Nähe- und Distanzpol haben teilweise auch Ursachen in
263 Oftmals steht Fontanazza von Vincenzo Rabito dichter am Nähepol als die anderen Korpustexte, doch manchmal wirkt dies nur so, da sich darin allein aufgrund des viel größeren Textumfangs schnell mehr Belege finden als in den anderen Texten.
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
183
der Beschreibung von Nähe- und Distanzsprache durch Koch/Oesterreicher (1990 bzw. 22011): Ihnen zufolge (1990, 8‒12) fördern ja (wie bereits erwähnt) folgende Bedingungen die Kommunikation in gesprochener Nähesprache: Privatheit, kleine Rezipientenzahl, Vertrautheit der Kommunikationspartner, relativ starke emotionale Beteiligung (Affektivität bzw. Expressivität), Situations- und Handlungseinbindung, Sprecher-origo-naher Referenzbezug, physische Nähe der Partner (face-toface-Kommunikation), Kooperation/Mitwirkungsmöglichkeit bei der Produktion, Dialogizität/Partnerzuwendung, hohe Spontaneität, keine Themenfixierung. Je mehr Bedingungen erfüllt sind und je größer ihr Ausprägungsgrad ist, desto näher befindet sich die davon betroffene Äußerung am sprachlichen Nähepol. Der Faktor des Realisierungsmediums wird im Modell Koch/Oesterreichers (1990, 5‒6, 12) in Form von Affinitäten zwischen phonischem Code und gesprochener Sprache/Konzeption sowie zwischen graphischem Code und geschriebener Sprache/Konzeption berücksichtigt, jedoch «stehen […] die konzeptionellen Aspekte von Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Vordergrund» (Koch/Oesterreicher 1990, 6) ihrer Analyse. Was die hier untersuchten, universalen Kriterien für Nähesprache betrifft, so sei zunächst einmal ein Blick auf die für sie geltenden Kommunikationsbedingungen geworfen: Die Okkurrenz von Gesprächswörtern ist (bis evtl. auf die der Gliederungssignale) vor allem von zwei Nähebedingungen (Dialogizität/Partnerzuwendung und face-to-face-Kommunikation in physischer Nähe) abhängig. Dialogizität ist im Prinzip Voraussetzung für jegliche Art von Kommunikation, die sich immer zwischen einem Sender und einem Empfänger abspielt, wird von Koch/Oesterreicher (1990, 9) jedoch eingeschränkt auf «die Möglichkeit und Häufigkeit einer spontanen Übernahme der Produzentenrolle […] der Dialogizität in einem weiteren Sinne können Phänomene wie ‹Partnerzuwendung› usw. subsumiert werden». Die face-to-face-Situation korreliert typischerweise mit dem phonischen Kanal, der darin also auch Einfluss hat. Diese Bedingungen treffen jedoch auf das (schriftliche!) Verfassen einer Autobiographie nur begrenzt zu: Es spielt sich nicht in einer dialogischen Kommunikationssituation ab, in der die Kommunikationspartner sich direkt (face-to-face) gegenüberstehen, so dass eine gewisse (zeitliche und räumliche) Distanz zum Leser besteht. Die Tatsache, dass die autobiografia popolare als Sondervariante der Autobiographie diese (und viele andere)264 Nähebe-
264 Die Diskursform der autobiografia popolare ist überwiegend durch folgende Kommunikationsbedingungen gekennzeichnet (nach Koch/Oesterreicher 1990, 8‒10): Privatheit (jedoch innerhalb einer normalerweise öffentlich-literarischen Diskurstradition), wenige (wenn überhaupt) Rezipienten (jedoch rechnen manche Autoren wohl insgeheim bzw. zumindest post-
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
dingungen nicht erfüllt, erklärt die meist niedrige Frequenz von Gesprächswörtern sowie ihren teilweisen Ersatz durch distanzsprachliche Alternativen in den untersuchten Texten. Die von Koch/Oesterreicher (1990, 76‒81) als typisch für narrative Nähediskurse eingestuften Phänomene des narrativen Präsens und der direkten Rede werden neben den nähesprachlichen Faktoren (relativer) Privatheit und Vertrautheit der Kommunikationspartner sowie Spontaneität in den hier untersuchten Texten vor allem durch distanzsprachliche Situations- und Handlungsentbindung, Sprecher-origo-fernen Referenzbezug, eine gewisse Themenfixierung (Lebensgeschichte des Erzählers) sowie überwiegende Monologizität und damit einhergehender eingeschränkter Kooperationsmöglichkeit des Kommunikationspartners beeinflusst. Zudem zeichnet sich Narrativik wohl immer durch das Streben nach Lebendigkeit und Anschaulichkeit aus, unabhängig davon, ob es sich um eine nähesprachliche oder eine distanzsprachlich-literarische Erzählung handelt. Dies alles erklärt, warum sich neben diesen (vermutlich auch nicht als ausschließlich nähesprachlich klassifizierbaren) Phänomenen in den obendrein schriftlichen Autobiographien auch distanzsprachliche Strategien zur Vergangenheits- und Redewiedergabe finden. Ähnliches gilt für semantische, expressiv-affektive Verfahren, die Emotionalität sowohl in Nähesprache als auch in literarischer Distanzsprache ausdrücken können. Unschärfen in der Referenzialisierung mögen in Nähesprache zur Verwendung unpersönlicher Verbformen der 3. Person Plural führen, doch hat distanzsprachliches (agensloses) Passiv einen ebenso ungenauen Referenzbezug; insofern trifft die Rückführung dieser Versprachlichungsstrategie auf nähesprachliche Be-
hum mit einer Veröffentlichung und somit einem breiteren Lesepublikum), Vertrautheit der Kommunikationspartner? (näherer Familienkreis bzw. möglicherweise auch unbekannte Rezipienten), mögliche emotionale Beteiligung (jedoch gedämpft allein durch die zeitliche Distanz zwischen erlebter und erzählter Welt), keine Situations- und Handlungseinbindung, Sprecher-origo-ferner Referenzbezug, physische Distanz der Kommunikationspartner, keine Kooperationsmöglichkeit des/der Rezipienten, Dialogizität nur im Sinn einer Partnerzuwendung bzw. -adressierung (jedoch ununterbrochener, monologischer Schreibvorgang; vgl. zum Erzählen als monologischer Kommunikationsform auch Fritz 1982, 269), Spontaneität? (s. dazu die Ausführungen im nachfolgenden Text), relative Themenfixierung (Darstellung von LebensEreignissen). Die Konstanz der Nähefaktoren ist dabei keinesfalls sicher, denn, wie die Alternativen in Klammern zeigen, können sich daraus unter entsprechenden Umständen jederzeit Distanzfaktoren entwickeln. Dieses Schwanken der Bedingungen zwischen Nähe und Distanz ist sicher mitverantwortlich für die widersprüchlichen, gleichzeitig auftretenden bzw. einander abwechselnden Okkurrenzen von Nähe- und Distanzmerkmalen in den untersuchten Texten. Insgesamt überwiegt jedoch eindeutig die Zahl der Distanzbedingungen, so dass die private autobiografia popolare von ihren Produzenten wohl eher als Distanzdiskursform empfunden wird.
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
185
dingungen hier nicht (allein) zu, sondern sie muss noch andere, vermutlich diskurstraditionell bedingte Gründe haben. Daher wurden sowohl die expressivaffektiven Verfahren als auch die (außendeiktisch) ungenauen Referenzialisierungen hier als distanzsprachlich eingestuft, zumal in den untersuchten Texten auch (von Koch/Oesterreicher als solche aufgeführte) distanzsprachliche Alternativen erscheinen. Passe-partout-Wörter verweisen ebenfalls auf einen unbestimmten Referenten, ihre Verwendung ist jedoch auch abhängig von der Kooperation des Kommunikationspartners bei der Dekodierung, eventuell von einem gemeinsamen Wissenskontext und eventuell von Situations- und Handlungseinbindung. Vor allem aber spielt dabei wohl mehr noch als der Faktor der Spontaneität der Enkodierungszeitdruck im mündlichen Medium eine Rolle, weshalb sie in den schriftlichen autobiografie popolari, in denen die Autoren Zeit hatten, semantisch präzisere Wörter zu wählen, kaum vorkommen. Die Bedeutung der geringeren syntaktischen Komplexität als Kriterium für gesprochene Sprache wird von Koch/Oesterreicher (1990, 96‒98), wie bereits in Kapitel 4.1.2.3.1 erwähnt, selbst relativiert. Zudem fördert neben Spontaneität sicher die Flüchtigkeit bzw. Schnelligkeit des mündlichen Mediums parataktische und damit leicht zu überblickende, lineare Satzmuster. So findet sich in den untersuchten Texten auch nicht die für (v. a. phonisch realisierte) Nähesprache typische extreme Parataxenakkumulation. Daneben können die vorhandenen Parataxen auch als distanzsprachlich-narrative Diskursstrategien gewertet werden, zumal auch klar distanzsprachliche Hypotaxengefüge in den Texten vorkommen. Somit bleibt festzuhalten, dass die von Koch/Oestereicher (1990 bzw. 22011) aufgeführten Kommunikationsbedingungen (und auch Versprachlichungsstrategien) für konzeptionelle Nähesprache zum einen untereinander unterschiedlich hohes Gewicht,265 d. h. mehr oder weniger Einfluss auf das Zustandekommen
265 Es wäre wünschenswert gewesen, wenn Koch/Oesterreicher in ihrer einleitenden Darstellung des Nähe-Distanz-Kontinuums (Koch/Oesterreicher 1990, 8‒12) zusätzlich zur bloßen Nennung der für nähesprachliche Kommunikation zutreffenden Bedingungen und daraus resultierenden Versprachlichungsstrategien auch eine gewisse Gewichtung der einzelnen Kommunikationsbedingungen hinsichtlich ihrer Bedeutung für das Auftreten bestimmter Versprachlichungsstrategien und dadurch jeweils bedingter Merkmale gesprochener Sprache vorgenommen hätten. – Wie man sieht, sind manchmal nur sehr wenige Kommunikationsbedingungen essenziell für die Realisierung eines bestimmtes Merkmals. – Für den Bereich der Versprachlichungsstrategien liegt eine solche Gewichtung vor, indem Koch (1985, 51) den Planungsgrad einer Äußerung als entscheidenden Differenzierungsfaktor für die Dichotomie «gesprochene vs. geschriebene Sprache» herausstellt. Dadurch, dass sie direkt mit dem Planungsgrad korreliert, scheint Spontaneität in vielen Fällen die wichtigste der von Koch/Oesterreicher angegebenen nähesprachlichen Kommunikationsbedingungen zu sein (vgl. dazu auch die nachfolgenden Ausführungen).
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
von Nähesprache, haben, was so weit gehen kann, dass ihre Gültigkeit als Differenzierungskriterien zwischen Nähe- und Distanzsprache fraglich ist.266 Zum anderen sind sie ihrerseits oft stark vom (mündlichen bzw. phonischen) Medium267 abhängig. Da die Eignung bzw. Relevanz vieler der hier diskutierten, von Koch/Oesterreicher (1990) zusammengestellten Merkmale als Kriterien für (universale) konzeptionell gesprochene Sprache teilweise unklar ist, erlauben diese oft keine (sichere) Aussage darüber, ob davon betroffene (so auch die hier untersuchten) Texte Nähesprache enthalten oder nicht. In vielen Fällen sind sie maximal als Indikatoren für prototypisch, d. h. konzeptionell und medial gesprochene Sprache geeignet. Jedoch bleibt, selbst wenn man die Kriterien auf diese Weise betrachtet, hinsichtlich der Konzeption der autobiografie popolari trotzdem die Tatsache bestehen, dass diese nicht derjenigen prototypischer Nähesprache entspricht, da den (medial schriftlichen) Autobiographien die dafür notwendigen,
266 Bei der Analyse fiel ja auf, dass viele Merkmale trotz ihrer größeren Affinität zur (medialen und konzeptionellen) Mündlichkeit auch in geschriebener (Distanz-)Sprache verwendet werden können, z. B. als literarische Stilmittel. Dies räumt Koch (1985, 64‒66) in gewisser Weise ein, indem er feststellt, dass die gesprochene Sprache aufgrund ihres Status als primäre Sprachform bzw. unmarkierte Norm alle möglichen Merkmale aufweist (darunter auch solche, die in geschriebener Sprache vorkommen), während geschriebene Sprache sich als sekundäre Sprachform bzw. markierte Norm nur auf einen stark begrenzten Teil dieser Merkmale beschränkt. 267 Koch/Oesterreicher erwähnen die Problematik der medialen Einflüsse auf Mündlichkeit zwar zu Beginn ihrer Ausführungen (1990, 6), kommen dann jedoch nicht mehr explizit darauf zurück, was gerade im Fall der Gesprächswörter angebracht wäre (vgl. dazu bereits Anm. 222). Abgesehen davon ist die Darstellungsweise konzeptionell gesprochener Nähesprache bei Koch/Oesterreicher (1990) generell problematisch, denn sämtliche Textbelege, die sie angeben, stammen aus transkribierten (medial) mündlichen Korpora, woraus man streng genommen keine Aussagen über medial schriftliche Nähesprache ableiten kann. Kochs (1985, 51‒52) Meinung, «daß die Unterscheidung gesprochene/geschriebene Sprache primär nichts mit den Medien der Realisierung, sondern nur mit der Konzeption einer Äußerung unter bestimmten kommunikativen Bedingungen zu tun hat» bzw. dass «man zu kurz greift, wenn man die Eigenschaften des ungeplanten vs. geplanten Diskurses in erster Linie aus der Oralität vs. ‹Skripturalität›, also dem Medium, dem ‹Kanal› der Kommunikation, ableitet» trifft, wie viele der hier aufgeführten Belege zeigen, also eher nicht zu. Christa Dürscheid (2002, 59‒60) übt ebenfalls Kritik daran: «Auch hier zeigt sich, dass die mediale Unterscheidung von geschriebener und gesprochener Sprache eine wichtigere Rolle spielt, als in dem Modell von Koch/Oesterreicher und in der darauf Bezug nehmenden Literatur gemeinhin angenommen». Weitere kritische Meinungen zum Modell von Koch/Oesterreicher wurden bereits ausführlich in den Anmerkungen 188‒190 diskutiert. So ist es theoretisch zwar möglich, eine vom Medium unabhängige Konzeption anzunehmen, diese kommt aber in der Realität kaum bzw. nur als Sonderfall mit beträchtlichen Merkmalseinschränkungen vor; der Prototyp der Nähesprache ist medial und konzeptionell mündlich.
4.1 Distanzsprachliche Kompetenz in Nonstandardtexten
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phonisch bedingten Merkmale fehlen, während die meist als Alternativen zu Näheelementen, vielfach aber auch exklusiv auftretenden Distanzmerkmale eher auf eine zumindest bemüht distanzsprachliche Konzeption hindeuten. Diese ist in den untersuchten Texten vermutlich außerdem darauf zurückzuführen, dass sie eine wichtige Kommunikationsbedingung für Nähesprache nicht erfüllen: Die Spontaneität der Schreiber ist aufgrund ihrer mangelnden Vertrautheit mit dem Verfassen schriftlicher Texte gering.268 Bei der fehlenden Spontaneität handelt es sich offenbar um die entscheidende überindividuelle (Distanz-)Bedingung der autobiografie popolari, denn sie trifft auf alle Autobiographien gleichermaßen zu: Alle semicolti müssen eine gewisse Hürde überwinden, um einen schriftlichen Text zu verfassen, was es ihnen nahezu unmöglich macht, einfach «drauflos» zu schreiben, ohne über Dinge wie Schriftstandardsprache, Orthographie, Formulierung oder Wortwahl nachzudenken. Somit sind die meisten Probleme, die den semicolti das Verfassen ihrer Autobiographien bereitet, letztlich auch wieder in erster Linie auf das (schriftliche) Medium zurückzuführen, das offenbar nicht nur durch seine bloße physische Beschaffenheit, sondern vor allem auch indirekt, als psychischer Unsicherheitsund Ehrfurchtsfaktor (semicolti kommen ja in ihrem Leben meist nur in ganz besonderen, respekteinflößenden bis feierlichen (Distanz-)Situationen, wie z. B. in der Schule oder bei Behörden, mit medialer Schriftsprache in Kontakt) eine erhebliche Rolle spielt: Es schränkt die Spontaneität der Schreiber sehr ein und zwingt sie dazu, ihre Planungsanstrengungen zu intensivieren, auch wenn die Verfolgung eines solchen (sicher anspruchsvollen bis übergroßen, jedenfalls die Fähigkeiten eines semicolto übersteigenden) Plans und dessen aufwendiger Umsetzung eventuell aufgrund von unzureichender Schriftstandardkenntnis und von Unsicherheit bzw. Nervosität angesichts des ungewohnten Schreibvorgangs scheitern kann. Deshalb scheint das Medium wohl immer als dominierender Hintergrundfaktor noch vor den jeweils bestehenden Kommunikationsbedingungen großen Einfluss auf die Wahl der sprachlichen Konzeption der autobiografie popolari gehabt zu haben, wenn es nicht sogar letzlich ausschlaggebend dafür ist, dass diese keine (reine) gesprochene Nähesprache enthalten, sondern eher eine distanzsprachliche Ausrichtung aufweisen. Da die in den Korpora verwendete Sprachvarietät, bei der es sich um eine Form des italiano popolare handelt, also eher nicht oder zumindest nicht völlig bzw. eindeutig dem Bereich gesprochener Näheprache zuzuordnen ist, darf man auch die Textualität (also Kohärenz und Kohäsion) der autobiografie po-
268 An dieser Stelle sei noch einmal auf die Kapitel 3.1.2 und 4.1.1 verwiesen, wo dies unter Bezug auf Sekundärliteraturbelege bereits ausführlich dargestellt wurde.
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polari nicht einfach automatisch mit derjenigen von gesprochener Sprache gleichsetzen. Trotzdem bleibt fraglich, ob und inwieweit sie folglich derjenigen distanzsprachlicher Texte entspricht. Dies erfordert eine eigene Untersuchung, mit der sich das nachfolgende Kapitel befassen wird.
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion Wie bereits zu Beginn von Abschnitt 4 angekündigt, untersucht dieses Kapitel den Grad der Text-Haftigkeit der autobiografie popolari anhand ihres jeweiligen textuellen Zusammenhalts, also ihrer Textualität, ausgehend von den beiden textinternen und damit zentralen Textualitätskriterien Kohärenz und Kohäsion. Dabei wird zwischen semantisch-kognitiven Kohärenzrelationen und grammatikalisch-strukturellen Kohäsionsbeziehungen unterschieden.269
269 Ebenso definieren z. B. Conte (1988a, 133), Bußmann (21990, 776, 389‒390; 42008, 343‒344), Vater (21994, 32‒49; 20013, 29‒42; 2005, 156‒161, 164‒168), de Beaugrande/Dressler (81996, 3‒7, 12‒13 Anmerkungen 2 u. 5, 42‒43, 48), Scherner (2000, 186‒187), Tisset (2000, 32), Meyer-Hermann (2001, 1010), Stark (2001, 634‒638, 648‒650), E.J. Ernst (2003, 45‒94), Prandi (2006, 171‒182, 199), Serianni (22007, 28‒42), Cuenca (2010, 11‒12, 89‒94), Ferrari (2011a und 2011b), Heringer (2011, 32), Palermo (2013, 25‒29, 75‒76) und Telve (22013, 88‒92) Kohäsion als die Gesamtheit der grammatischen bzw. formalen Abhängigkeiten, auf denen ein Text aufgebaut ist, und Kohärenz als die semantisch-kognitive Seite des Textzusammenhalts. Manche Forscher fassen unter dem Konzept der Kohärenz (z. B. Givón 1995, 59‒107; Lühr 62000, 281‒307) bzw. der Kohäsion/cohesion (Halliday/Hasan 161999, 4‒10, 27‒28, 299, 311‒312, 325‒326) kognitiv-informationelle, semantisch-lexikalische und grammatikalischsyntaktische Phänomene zusammen. In der hier angestellten Untersuchung werden Kohärenz und Kohäsion jedoch übereinstimmend mit de Beaugrande/Dressler (1981; 81996) begrifflich getrennt, auch wenn die Einteilung von Texterscheinungen in die beiden Bereiche nicht strikt der von de Beaugrande/Dressler und anderen Autoren vorgenommenen Differenzierung nach Sichtbarkeit an der Textoberfläche (Kohäsionsphänomene) und rein mental-kognitiver Sinnverknüpfung (Kohärenz) folgt, denn dies würde darauf hinauslaufen, alle Textphänomene als kohäsiv zu klassifizieren (vgl. dazu auch Meyer-Hermann 2001, 1011‒1012, der sich seinerseits u. a. auch auf Charolles bezieht, und Tophinke 2001, 1034‒1035). Hinsichtlich der Bedeutungsgewichtung von Kohärenz und Kohäsion (sowie anderer Textualitätskriterien) für das Zustandekommen von Textualität wird vielfach die Ansicht vertreten, dass Textualität allein durch die (semantisch-kognitive) Kohärenz eines Textes entstehen könne, also text-konstitutiv sei, während Kohäsion kein notwendiges bzw. ein der Kohärenz nachgeordnetes, also nur ein text-regulatives Textualitätskriterium sei (z. B. von Conte 1988a, 133; 1988b, 29‒30; Vater 1992, 65‒66; 32001, 28‒40, 42‒54, 127‒129; Mortara Garavelli 21996, 371‒372; Ferrari/Zampese 2000, 269; Scherner 2000, 187; Andorno 2003, 17‒20; Bußmann 4 2008, 343‒344; Ferrari 2011b, 222; Palermo 2013, 75‒76; zur Diskussion dieser Positionen vgl. auch Tophinke 2001, 1041). Allerdings muss die Eigenschaft der Text-Haftigkeit nicht un-
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Im Zusammenhang mit der Kohärenz eines Textes werden diejenigen textuellen Phänomene betrachtet, die entweder aufgrund ihres semantischen Eigenwertes oder aufgrund ihrer logisch-kognitiven Verweisfunktion zum Aufbau der Bedeutung von Textabschnitten oder des Gesamttextes und ihrer inhaltlichen Dekodifizierbarkeit beitragen. Auf lexikalisch-semantischer Ebene zählen dazu
bedingt immer von der Existenz oder der nachträglichen Herstellung eines erkennbaren inhaltlichen Sinns (also von Kohärenz) abhängen, wie sich z. B. bei Nonsens-Gedichten zeigt. In deren Fall spielen der Bezug zur Textsorte und die mit der Rezeptionssituation der Leser verbundenen Erwartungen (die Kriterien der Intertextualität und Situationalität nach de Beaugrande/Dressler 1981) eine Rolle (vgl. dazu auch Vater 32001, 27, 48‒52). Für Ferrari (2011a, 219‒220; 2011b, 222; 2014a, 115‒118) jedenfalls ist Kohärenz ebenso wie für Adamzik (2004, 50‒51) und für Schubert (22012, 22‒23, 66‒69) im Gegensatz zur typischen, aber nicht notwendigen Kohäsion eindeutig die entscheidende (semantische) Eigenschaft eines Textes; Kohärenz ist für Ferrari jedoch nicht absolut, sondern graduell (vgl. dazu auch Stark 2001, 634), kann mehrdeutig und vage sein, und ist abhängig von einem subjektiven Interpretationsprozess. Heinemann/Viehweger (1991, 126; ähnlich Conte 1988b, 79‒91; Stark 2001, 636‒637, 648‒650; Prandi 2006, 175‒178; Ferrari 2011a, 219; Schubert 22012, 65‒66; Palermo 2013, 26‒29) zufolge sind Texte «nicht per se kohärent», sondern Kohärenz wird in der kommunikativen Interaktion geschaffen, indem sie «vom Produzenten intendiert, vom Rezipienten […] erwartet und im Prozeß des Textverstehens Äußerungsfolgen zugeschrieben» wird. Serianni (22007, 36‒37) betrachtet Kohärenz ebenfalls als an eine die Reaktion des Empfängers bzw. an den Abruf von dessen (Welt-)Wissen gebundene Größe. Darüber hinaus nimmt er (22007, 39) eine Abstufung vor, nach der ein gesprochener Nähetext (testo parlato colloquiale) im Gegensatz zur prosa informativa, die alle Textualitätsmerkmale der Kohärenz und Kohäsion erfüllt, nur logische Kohärenz aufweisen muss, während semantische und stilistische Kohärenz (ebenso wie kohäsive Elemente und Konnektoren) fehlen können – dies ist evtl. aufschlussreich für die hier geplante Analyse der Textualität von Nonstandardtexten. Darin wird die Auffassung von Kohärenz als mental-kognitiv-semantischem Phänomen geteilt, das vom Sender intendiert, vom Rezipienten auf der Basis von textual cues und durch Integration von Weltwissen notfalls mit Präsuppositionen und Inferenzen (s. dazu Anm. 271) erschlossen werden muss, wobei sprachlich-lexikalische und semantische Strukturen, mentalkognitive Repräsentationen bzw. Propositionen, logische Zusammenhänge, (thematische) Informationshierarchien sowie pragmatische Zwecke von Äußerungen zusammenspielen (ähnlich bei diversen im Verlauf der Arbeit vorgestellten Ansätzen von Ferrari et al. sowie bei Givón 1995, Kotschi 1996 und Roulet/Fillietaz/Grobet 2001). Kohärenz wird in der vorliegenden Arbeit allerdings nicht (wie sonst vielfach üblich, s. oben) in einem weiteren Sinne als Oberbegriff für alle Arten textbildender Faktoren eingestuft. Vielmehr wird hier davon ausgegangen, dass Textualität durch Kohärenz und (diese unterstützende) Kohäsion entsteht (vgl. zur Interaktion zwischen Kohärenz und Kohäsion auch Palermo 2013, 31‒33). Um dies in übersichtlicher Weise darzustellen, werden textkonstitutive Phänomene hier (wie oben beschrieben, unabhängig von der unmittelbaren Wahrnehmbarkeit an der Textoberfläche) in semantischkognitive Kohärenz- und grammatikalisch-funktionale Kohäsionsbeziehungen unterteilt. Eine weitgehend ähnliche Differenzierung findet sich z. B. bei Kern (2010, 61‒65) und Prandi (2006).
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die identische Wiederholung von Wörtern und Ausdrücken, die leicht variierende Wiederholung in Form von Verbalparaphrasen oder Parallelismen sowie die Substitution durch Synonyme, Antonyme, Hyperonyme, Kohyponyme, Metaphern, bedeutungserweiternde oder -einschränkende Ausdrücke und durch Elemente aus dem jeweiligen Isotopiebereich. Die Verbindung des Textes zu einer logischen Informationseinheit wird anhand der Konnexion von Sätzen, der Abfolge von Thema und Rhema im Satz und der thematischen Progression im Text untersucht (vgl. dazu Halliday/Hasan 161999, 274‒292; Lühr 62000, 282‒299, 303‒305).270 Im Bereich der Kohäsion beschäftigt sich die Analyse mit Mitteln der Textverknüpfung, deren semantischer Wert gegenüber ihrer formal-strukturellen Verweisfunktion in den Hintergrund tritt, oder die lediglich synsemantischfunktionalen, aber keinen autosemantischen Wert besitzen, sondern durch ihre grammatische Form oder ihre syntaktische Anordnung funktionale Rollen und Beziehungen festlegen. Solche kohäsiven Elemente dienen hauptsächlich dazu, die wechselseitigen Abhängigkeiten und Verweisrichtungen im Text, die meist bereits allein aufgrund der durch die Mittel der Kohärenz hergestellten Semantik des Kontexts mitverstanden werden, zu verdeutlichen, und inhaltliche Missinterpretationen zu verhindern. Dies geschieht durch die Wahl des Artikels, die Substitution von Textelementen durch Ellipsen und Funktionswörter wie Pronomina, die als Proformen verwendet werden, durch Kongruenzbeziehungen zwischen dem Verb und seinen Aktanten oder verschiedenen Verben im Text, deren personale oder temporale Koreferenz durch grammatische Morpheme markiert wird, durch die Wortstellung in Sätzen und Syntagmen, die die syntaktische Funktion und die gegenseitige Aufeinanderbezogenheit der Konstituenten anzeigt, und schließlich durch die syntaktische und textelle Sättigung von Valenzen (de Beaugrande/Dressler 81996, 48‒54, 60‒71, 75‒76; Halliday/Hasan 16 1999, 31‒87, 186‒192). Sowohl für die Kohärenz als auch für die Kohäsion des Textes wird (Ko-)Referenz hier gleichzeitig als Voraussetzung sowie auch als Ziel der Textverknüpfung gesehen, da jeder Text (bzw. jede Äußerung) zunächst auf eine (wenn
270 Diese Klassifikation weicht insofern etwas von de Beaugrande/Dressler (81996, 52‒60, 70‒75) ab, da dort Rekurrenz, Parallelismus, Paraphrase, Synonymik und Junktion unter dem Stichwort grammatical dependency network im Kapitel zur Kohäsion aufgeführt werden. – In Starks kurzer Überblicksdarstellung von Kohärenz- und Kohäsionsmitteln in verschiedenen Forschungsansätzen (2001, 637) finden sich semantische und referenzielle Rekurrenzen sowie «konnektive» Relationen jedoch auch unter dem Stichwort Kohärenz, obwohl Rekurrenzen sonst zusammen mit Parallelismen, Paraphrasen, Proformen, Ellipsen, Tempus, Aspekt und Junktion eher der Kohäsion zugerechnet werden.
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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auch nur kognitiv-fiktionale bzw. konzeptuelle) Realität referiert, was nur dann gelingen kann, wenn einerseits die textexterne Referenz zur Wirklichkeit genau determiniert ist und andererseits die textinternen Bezüge geklärt sind, so dass deutlich wird, welche Textelemente auf denselben Referenten verweisen (also koreferent sind) und welche Abhängigkeiten bzw. Hierarchien zwischen Textelementen bestehen.271
271 Stark (2001, 638‒639, 642) zählt viele Fälle auf, bei denen (Ko-)Referenz den verschiedensten Textverknüpfungsrelationen zugrunde liegt. Referenz wird nach de Saussure (1916) meist als extratextueller Bezug auf die außersprachliche Wirklichkeit bzw. auf außersprachliche (evtl. auch fiktionale) Konzepte gesehen, so auch von Lundquist (1980, 28‒41), Conte (1988a, 133‒134), Bußmann (21990, 632‒633), Vater (1992, 109‒132; 32001, 87‒104; 2005, v. a. 11‒20, 153‒173), de Beaugrande/Dressler (81996, 82 Anm. 18, 107‒109, 111 Anm. 14 u. 19), von Stutterheim (1997, 69‒74), Halliday/Hasan (161999, 31‒37), Andorno (2003, 27‒69, v. a. 27‒28), E.J. Ernst (2003, 73‒74), Cuenca (2010, 37‒41), Adam (32011, 104‒106), Heringer (2011, 131‒133), Palermo (2013, 76‒80), Telve (22013, 92‒94) und Ferrari (2014a, 107‒108, 179‒213). Halliday/Hasan (161999, 33, 37) unterscheiden zwischen exophora (Referenz auf die außersprachliche Wirklichkeit unter Bezug auf die jeweilige Situation) und endophora (intratextuelle anaphorische oder kataphorische Bezüge), wovon nur endophoric reference von Bedeutung für die Textverknüpfung ist: «What characterizes this particular type of cohesion, that which we are calling REFERENCE, is the specific nature of the information that is signalled for retrieval. In the case of reference the information to be retrieved is the referential meaning, the identity of the particular thing or class of things that is being referred to; and the cohesion lies in the continuity of reference, whereby the same thing enters into the discourse a second time» (Halliday/Hasan 161999, 31, Hervorhebung im Original). Auch Vater (1992, 133) weist darauf hin, dass der Terminus Referenz sich gleichermaßen auf «Beziehungen zwischen sprachlichen Ausdrücken im Text und zwischen diesen Ausdrücken und ihren außersprachlichen Referenten» erstreckt, und Langer (1995, 89) zufolge hat Referenz mit der innertextlich-strukturellen und der externen ebenfalls zwei Verweisfunktionen. Die textinterne Verweisfunktion wird meist als Koreferenz (oder, z. B. nach Langer 1995, 94‒95, als Referenzidentität) bezeichnet, da der Bezug zweier oder mehrerer Textelemente aufeinander durch den Verweis aller dieser Elemente auf denselben textexternen Referenten zustande kommt (vgl. z. B. Bußmann 21990, 426; Vater 1992, 133‒138; 3 2001, 100; Brinker 52001, 27; Palermo 2013, 77). Andorno (2003, 27‒45) spricht dabei von referenti testuali. Ferrari (2014a, 107‒108) fügt hinzu, dass referenti testuali ein auf die Wirklichkeit bezogenes Konzept im Diskurs evozieren. Durch die Aktivierung (nach Chafe 1994) von Referenten in der memoria testuale bzw. durch Bezug auf einen Antezedenten im Text entsteht eine textreferenzielle Relation. Wenn nicht nur der textinterne, sondern auch der textexterne Bezugspartner eines Textelements bekannt ist, überschneiden sich Referenz und Exophora. So können Artikel, personale Proformen, Anreden (allocutivi), lokale und temporale Adverben bzw. Adverbialsyntagmata sowie (relative Nähe und Distanz ausdrückende) Demonstrativa zugleich (text-)referenzielle und (außen-)deiktische Funktion haben (vgl. Sobrero 21996, 411‒422). Hier wird jedoch nur ihre (text-)referenzielle Funktion betrachtet, weshalb zunächst immer Textreferenz gemeint ist, wenn von Referenz die Rede ist.
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Besonderes Augenmerk wird in diesem Kapitel darauf gerichtet, ob und inwiefern die untersuchten Texte einen eigenen Textualitätstyp aufweisen. Da die Konzeption der Texte Kapitel 4.1 zufolge nicht (vollständig) derjenigen (gesprochener) Nähesprache entspricht, werden hier vor allem Unterschiede zur Kohärenz und Kohäsion gesprochener Sprache herausgearbeitet, zur Abgrenzung der Textualität der autobiografie popolari aber auch Vergleiche mit geschriebe-
Was die Bedeutung von (Ko-)Referenz für den Textzusammenhalt anbelangt, so wird sie von de Beaugrande/Dressler (81996, 48‒83, v. a. 56) und Halliday/Hasan (161999, 31‒87, 308‒314) als eher grammatikalisch-kohäsives Phänomen betrachtet. Lühr dagegen (62000, 296‒303) spricht von Referenz sowohl im lexikalisch-semantischen als auch im grammatikalischen Bereich als Mittel der Textkohärenz (im überbegrifflichen Sinne). Vater (1992, 35, 42, 133‒154; 32001, 113‒115) stuft Referenz zunächst als reine Kohärenzbeziehung ein, relativiert diese Position jedoch folgendermaßen: «Referenz ist ein komplexes Phänomen. […] innerhalb der Linguistik […] sind sowohl semantische als auch pragmatische und syntaktische Aspekte zu studieren, wobei die semantischen und pragmatischen überwiegen und im Zusammenhang mit kognitiven Aspekten gesehen werden sollten» (Vater 1992, 154; 32001, 115). Er unterscheidet Ereignisreferenz (1992, 116‒121; 2005, 162), Situationsreferenz (2005, 75‒92), Zeitreferenz (1992, 121‒126; 2005, 131‒152, 162), Lokal-/Ortsreferenz (1992, 126‒129, 142; 2005, 113‒130, 162), Gegenstands-/Dingreferenz (1992, 129‒132; 2005, 93‒112, 162) und Temporalreferenz (1992, 138‒142; nur textintern!). Als Kompromiss zwischen den unterschiedlichen, z. T. widersprüchlichen Aussagen in der Forschungsliteratur wird im Folgenden (in Übereinstimmung mit Lühr 62000, 296‒303) die Auffassung vertreten, dass Referenzbezüge sowohl in Kohärenzbeziehungen als auch in Kohäsionszusammenhängen bestehen; zumindest wird aber angenommen, dass (Ko-)Referenz als semantisch-kognitive Verweisstruktur innerhalb eines Textes eher dem Bereich der Kohärenz zuzuordnen ist, da sie dazu beiträgt, den Sinnzusammenhang eines Textes herzustellen, jedoch oft nicht ohne kohäsive Mittel erreicht werden kann. Referenz, Kohärenz- und Kohäsionsbeziehungen bzw. zur Textverknüpfung notwendige Angaben, die in einem Text nicht explizit ausgedrückt sind, werden bei der Textrezeption durch sogenannte Inferenzen des Lesers bzw. Zuhörers ergänzt, wodurch Lückenhaftigkeit, Vagheiten und Mehrdeutigkeiten in Texten überbrückt werden. Darüber hinaus sind Inferenzen auch beim Verstehensprozess vollständig kohärenter Texte wirksam, indem zusätzlich zu den bereits vorhandenen noch weitere, aus dem Ko-Text (textinterner sprachlicher Kontext nach Catford 1965) oder dem Weltwissen des Empfängers erschließbare Zusammenhänge evoziert werden (vgl. Heinemann/Viehweger 1991, 73‒74; Vater 21994, 151‒154; 32001, 148‒153; de Beaugrande/Dressler 8 1996, 6, 8‒9, 101‒103; Stark 2001, 649; Tophinke 2001, 1041‒1042; Andorno 2003, 121‒138; E.J. Ernst 2003, 67‒69; Prandi 2006, 222‒224; Bußmann 42008, 289‒290; Palermo 2013, 39‒43). Der empfängerbezogenen Inferenz entspricht aus der Perspektive des Senders in etwa das Konzept der Präsupposition: damit ist jeglicher mit einer sprachlichen Äußerung (selbstverständlich) verbundener Inhalt gemeint, der zwar nicht durch die Äußerung selbst, aber durch die Art ihrer Produktion als vom Sender implizierte (Neben-)Information mittransportiert wird. Dabei spielt das (Welt-/Hintergrund-)Wissen, das Sender und Empfänger teilen, ebenfalls eine große Rolle (vgl. dazu z. B. Ferrari/Zampese 2000, 395‒397; Stark 2001, 646; Lombardi Vallauri 2002, 5‒43, 67‒71; Bußmann 42008, 545‒547; Heringer 2011, 188‒190; Palermo 2013, 39‒43; Ferrari 2014a, 63‒67, 246‒247).
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ner Distanzsprache, Lerner- bzw. Übergangssprache und Nonstandardvarietäten anderer Sprachen (v. a. Französisch) angestellt (vgl. dazu auch Anm. 207). Selbst wenn sich Parallelen zur gesprochenen Sprache ergeben sollten, so lässt sich jedoch vermuten, dass die (In-)Kohärenz (und -Kohäsion) der autobiografie popolari andere Gründe hat und einen anderen Grad erreicht als diejenige medial gesprochener Sprache, denn während die Kohärenz phonischer Äußerungen unter nähesprachlichen Kommunikationsbedingungen trotz sprachlich-digitaler Kohäsionsbrüche aus ergänzenden analogen (situativen, para- und nichtsprachlichen sowie Wissens-) Kontextarten hergestellt werden kann, fehlen diese in graphischen Texten bzw. sind zum Zeitpunkt der Rezeption nicht mehr (ohne Weiteres) nachvollziehbar (vgl. dazu Sornicola 1981, 241‒272; Fritz 1982; Koch/ Oesterreicher 1990, 73).272
4.2.1 Kohärenz: semantisch-kognitive Referenzbeziehungen Dieses Kapitel befasst sich, wie oben ausgeführt, mit Erscheinungen, die den Texten durch semantische Beziehungen zwischen den Bedeutungen von Autosemantika oder durch logisch-informationelle (und damit kognitiv begründete) Relationen innerhalb von Teiltextabschnitten inhaltlichen Zusammenhang verleihen. 4.2.1.1 Lexikalisch-semantische Rekurrenz und Substitution Wie bereits einleitend erwähnt, lässt sich Kohärenz zunächst durch Rekurrenz erreichen. Dies meint die identische oder leicht variierende Wiederholung von Textelementen. Die referenzidentische Wiederaufnahme von Textkonstituenten kann auch bei gleichzeitiger Substitution durch Elemente erfolgen, die durch inhaltliche Ähnlichkeit oder Kontiguität (innerhalb eines Isotopiebereichs) mit den Ausgangslexemen verbunden sind, wobei es sich bei den koreferenten Substituen-
272 Da dieses Kapitel dazu dient, eine (möglichst breit angelegte) Textualitätstypologie herauszuarbeiten, wofür vor allem wichtig ist, welche Kohärenz- und Kohäsionsmerkmale jeweils mit welcher Frequenz und Relevanz für den Textzusammenhalt auftreten, werden die einzelnen Phänomene in dieser Arbeit auf theoretischer Ebene nicht immer im Detail diskutiert; ggf. wird auf dazu jeweils vorhandene detaillierte Einzelstudien verwiesen. Für die Belegsammlung wurden auch in diesem Kapitel jeweils nur stichprobenartig Textbeispiele aus allen für die Untersuchung verwendeten Textkorpora entnommen, um so einen annähernden Eindruck über die Frequenzen einzelner Phänomene zu vermitteln; es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.
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ten hier immer um lexikalische Einheiten mit autosemantischem Gehalt handelt.273 Zwischen den im Folgenden aufgeführten Typen der Wiederaufnahme besteht also Referenz-, Sinn- und zum Teil auch Formidentität (vgl. Conte 1988a, 135). 4.2.1.1.1 Lexikalisch-strukturelle Identität: Rekurrenz Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Wortiteration, Wiederholung von Ausdrücken und Parallelismen. Wortiterationen274 und Wiederholungen von Syntagmen275 werden von allen Schreibern als kohärenzstiftende Mittel eingesetzt. Darunter sind unter anderem viele Häufungen von teilweise extrem oft wiederholtem Alltagswortschatz, was nicht verwundert, da die Schreiber ja hauptsächlich über Dinge aus ihrem ganz alltäglichen Leben und Umfeld berichten, die zentrale Bestandteile der Autobiographien sind, so dass sie zum Teil auch über lange Abschnitte hinweg wiederholt bzw. re-thematisiert werden. Für die Bezeichnung von Familienbeziehungen oder -ereignissen gibt es zudem keine oder kaum Alternativen, wie man z. B. in folgenden Wiederholungen sieht: vita (CM 13, 15, 23, 25, 35‒38 und passim) / famiglia (NS 1‒2) / padre (VR 1)276 / mio padre (TB 5‒7, 9‒11 und passim) / mia madre (VR 1‒4) / la mia mamma (CM 13‒16 und passim) / fratelle (VR 1, 448) / frattelli (CM 13‒15) / mia moglie (VR 448, 763, 766‒769 und passim) / dovetti partire […] Lasiando Molie Genitori e fili (GG 117) – partii di nuovo Lasiando Molie Genitori e fili (GG 119) / figlie (VR 767‒770 und passim) / la mia fidanzata (TB 17‒20) – al nostro fidanzamento (TB 17) / matrimonio (VR 449‒451, 475, 476, 487) / maretaremi (VR 450) – maretato (VR 450, 453, 460, 470, 478) / mi sposava – sposalizzio (VR 456) / sposar/si (CM 37‒38, 40) – sposati (CM 40‒41) / batezzammo (VR 475) – batizare (VR 476‒477) – batizato (VR 477)
273 Vgl. dazu allgemein Bußmann (21990, 640), Heinemann/Viehweger (1991, 35), Langer (1995, 87‒89), Brinker (1996, 1516‒1519; 2000, 165‒168; 52001, 21‒44), Linke/Nussbaumer (2000), Prandi (2006, 188‒190), Ferrari (2011b, 222‒225; 2014a, 121‒126) und Brinker/Cölfen/ Pappert (82014, 29‒43). 274 Hier werden direkte und partielle Rekurrenz (Wiederholung lexikalischer Elemente, die durch die Verfahren der Wortbildung formal verändert wurden, deren Bedeutung sich dadurch, wie z. B. beim bloßen Wechsel der Wortart, aber nicht ändert) zusammengefasst (vgl. dazu auch Langer 1995, 102‒103; de Beaugrande/Dressler 81996, 49; Tophinke 2001, 1034). 275 Vgl. zu Wiederholungen als Mittel der Textkohärenz Scholz-Lopianecki (1987, 74‒76), Vater (1992, 49, 147), Langer (1995, 104‒106), de Beaugrande/Dressler (81996, 49, 54‒57, 103‒104), Halliday/Hasan (161999, 13, 277‒282), Lühr (62000, 296‒297), Brinker (52001, 28‒32), Stark (2001, 641), Malagnini (2007, 213), Serianni (22007, 33‒34), Cuenca (2010, 47‒52), Ferrari (2010a, 13, 25‒26; 2013, 616; 2014a, 186‒187, 195‒199), Schubert (22012, 47‒48) und Bustos Gisbert (2013, 227‒234). 276 Die Angabe nur einer Seitenzahl bedeutet hier, dass sich das entsprechende Lexem dort mindestens zweimal findet.
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Wiederholt werden daneben auch allgemein-unspezifische Wörter aus dem Alltagswortschatz. Dabei handelt es sich oft um Bezeichnungen für Prototypen oder Hyperonyme, die aber meist mit spezifischem Referenzbezug verwendet werden, v. a. für im Leben bzw. in Lebensabschnitten der Schreiber häufig wiederkehrende, gewohnte und vertraute Dinge, Umgebungen, Umstände/Zustände und Tätigkeiten. Solche Wörter sind jedoch nur mit wenigen (z. T. sehr frequenten) types vertreten und im jeweiligen Kontext eindeutig bestimmt; neben größeren Einordnungsrahmen wie Zeit und Ort der Erzählung bzw. Episode geschieht dies oft durch attributive Ergänzungen oder durch Alternanz mit den entsprechenden (synonymen) Spezifika oder Hyponymen, wie z. B. in: casa (VR 761‒763, 767‒768, 770, 811, 907, 929, ‘Rabitos Wohnung/Haus’) – allato;della mia; casa (VR 761) – io miaveva comperato:la casa nuova (VR 761) – poi; mivento;la vechia (VR 761) – questa;casa,nuova (VR 762) / scuola (VR 767‒770, 811, 953, ‘Schulausbildung’) – la scuola prevata (VR 767) – il licevo chilassico (VR 768) – alla 2elimentare (VR 769‒770) / la/le squolla/e (VZ 71‒72) – i scollari (VZ 71‒72) – si arivava […] alla quinta classe (VZ 71) – continuavano li studi chi andava in cita alle squolle più alte (VZ 71) / Il nostro paese (VZ 29) – la fontana (VZ 29‒33, ‘der Dorfbrunnen’) / lo stradone (CP 150‒151, ‘die Straße durchs Dorf’) – la strada (CP 151) / vicine a Nomesino (CP 183) – in paese (CP 184, ‘Heimatdorf’) – nostro paesello (CP 184‒185) / querra (VR 481‒483, 485, 487 und passim; CM 30‒31, 33; ‘der 1. oder 2. Weltkrieg’) / soldate/-o (VR 17‒18, 20, 61, 95, 120, 193‒194; GG 117‒118) / siamo pregionieri Russi (GG 125) – pregionieri (GG 126‒129, ‘Kriegsgefangene’) / hanno […] fatti tutti prigionieri (EM 7) – prigioniero/i (EM 8, 17, ‘Kriegsgefangene’) / Ospitale alle Magistrali (EF 50) – ospitale (EF 50‒52) – Ospitale Rovereto (EF 52) – venni destinato alla cura in Arco […] sortivo dall’ospitale (EF 54) – Ospitale Val Mezeric (EF 92) – alospitale Pioneri Kaserme (EF 94) / lavorare (VR 479‒480, 482‒485 und passim; CM 17‒19 und passim; CP 145; ‘körperliche berufliche oder häusliche Tätigkeiten’) / lavori (CM 13, CP 145, 154) – lavorava (CM 13‒14, 17) – lavorato (CM 15) – lavoravamo (CM 50) – lavoratori (CM 50; CP 144‒145) / Clelia Marchi (72) anni hà scritto la storia […] tutta una storia; una avventura, nei sacrifici, nelle sofferenze di ogni giorno […] o raccontato (CM 13) – scritti (CM 46‒47, ‘autobiographisches Schreiben’) – ò scritto (CM 47, 69) – scrivere (CM 47, 49) – è scritto (CM 49) – scrivo (CM 57) – carta scritta (CM 58)
Allerdings erscheinen durchaus auch spezifische(re) Wörter und Wendungen in den autobiografie popolari, die deshalb so oft wiederholt werden, weil bei Fachwortschatz ohnehin keine bzw. kaum Synonymenauswahl besteht. Dies ist insbesondere in Bereichen wie Land- und Hauswirtschaft, Beruf, Politik, Militär, Reisen oder Länder/Sprachen der Fall, so z. B. bei: padrone/i (VR 3‒6; CM 26‒29, 39) / comuniste (VR 193‒194) / fasciste/-a (VR 193, 231‒232, 315, 375, 977‒979, 1007) / la cermania (VR 448, 450, 452, 454‒455, 458‒460 und passim) / qualifica (VR 449‒450, 457) / dammuso (VR 456‒457, 762, P: siz. ḍḍammusu ‘locale a pianterreno di una casa a più piani, talora adibito a bottega o a negozio’) / chitarra e mandoline (VR 469, 472‒474, 484, 490, 495, 499) / ampararese,tedesco (VR 473) – siamparava a parlare tedesco (VR 473) / molino (VR 509‒515, 517‒520) / ingegniere/
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incegniere (VR 887, 905, 911, 927‒928, 930) / scaldare – l’ò scaldino (CM 15) / scalda (letto) (VZ 22) – riscaldare il letto (VZ 22) / un alborto (TB 28) – albortire (TB 28) / America (TB 45‒47, 50, 53‒58) / la mia firma (TB 63) – firmata la domanda (TB 63) / aviazione (TB 68‒70) / aer[i]oplano (TB 76, 111‒112) – aeroporto (TB 77, 112) – aere/io (TB 77, 111‒112, 116) / le muc/che (VZ 25, 29, 38, 41, ‘Milchkühe’) / biancheria (VZ 30‒31) / elevatrice (VZ 66‒67) / Canada (VZ 89‒92, 105‒106) / bacchi [dà setta] (VZ 99, 101) / ordine (EF 33‒37, 78‒79) / officiale (EF 64) – uficiale/i (EF 65‒66) / comandante (EF 68‒69) / conpa[g]nia (GG 119‒121, 123) / austriachi (NS 4‒5) – austria (NS 6) / la Nazione (NS 9) – nazionale/i (NS 10, 12) / patriotiche (NS 10) – Patriotti (NS 10) / Australia (GS 34‒35, 37) / nostro battalion (EM 4‒5) / la trincea […] dalla trincea (EM 6) – in trincea (EM 8) / fanno assalto […] comincia altro assalto (EM 6) – l’assalto di nuovo (EM 8)
Dabei verzichten die Schreiber trotz ausreichender Enkodierungszeit auch ungewöhnlich oft auf den Einsatz anaphorischer Pronomina für bereits im Text eingeführte Referenten. Dies ist jedoch auch in (bestimmten) distanzsprachlichen Diskursformen üblich.277 Als bewusst eingesetzte distanzsprachliche narrative Stilmittel sind z. B. folgende Wiederholungen einzustufen, mit denen eine gewisse Salienz278 erreicht wird; sie haben gliedernde oder (überwiegend) expressive Funktion (z. B. Hervorhebung von wichtigen/spannenden Ereignissen/Zuständen/Orten oder monoton wiederholten Abläufen/Gewohnheiten): Prima di maretarime;io:era padrone,che comantava […] e aveva tante solde,e ora mi trovo; con questo;zapone;allapineta […] e io lavorava e faceva silenzio emuzicava ferro – tutte […] dicevino;che […] il piu,descraziato;dai;fratelle fu vincenzo;e io;che mozzicava ferro (VR 450) / per respetto del secritario;politeco;scaverio,nicastro […] alla matina che sisposo;fece,
277 Palermo (2016, 234) weist darauf hin, dass in Diskursformen mit besonders verbindlichem Charakter (wie z. B. wissenschaftlichen oder juristischen Schriften) die funktionale Notwendigkeit der Klarheit und damit Explizität oft dazu führt, dass überdeutliche Verweisketten mit Wiederholungen dem Verfahren lexikalischer Substitution vorgezogen werden. Identische Wiederholung ist in dieser Funktion daher auch typisch für Distanzsprache, speziell für diese Diskursformen. Generell als Instrument geschriebener Sprache führen auch Ferrari (2010b) und Palermo (2016, 234) Wiederholungen auf. Als Kohärenzmittel in Erzählungen finden sie bei Norrick (2000, 29, 35, 41‒42, 45, 47‒65) Erwähnung. Die Kohärenzfunktion mit zusätzlich rhythmisch-gliederndem oder spannungserzeugendem Effekt bestätigt Dardano (1999, 214‒216, 219, 222‒223, 226) für die narrativa italiana degli anni Novanta. Auch Sornicola (1988a, 151‒152) beschreibt Wiederholungen als mögliches stilistisches Mittel zur Verstärkung bzw. Intensivierung und zur (expressiven) Hervorhebung, aber auch zur (verlangsamenden) Steuerung des Erzähltempos. 278 Vgl. zu einer ähnlichen approche mémorielle durch référents saillants in Privattexten französischer peu-lettrés des 17. und 18. Jahrhunderts auch G. Ernst (2003, 95‒97 und 2020, 29‒30, jeweils nach Fournier 1998, 181). Korzen (2015, 141) definiert den aus der Psychologie übernommenen und in der Soziolinguistik häufig angewandten Begriff der Salienz folgendermaßen: «salienza o prominenza cognitiva dell’antecedente, cioè [il] grado della sua ‹presenza› nella rappresentazione mentale dei locutori al momento della sua ripresa (o ‹anaforizzazione›)».
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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un bellissimo;mazzo;di fiore […] io misono;presentato;con questo bello;mazzo;di fiore […] io fui il primo:a portarece; questo;bellissimo;mazzo;di fiore;ma poi;cenerinotante,rofiane,come, che ciportareno; tante mazzi di fiore;ma il mio;era piu,miglio;ditutte;per;loa presentato; atutte e diceva sempre,questo;mazetto ene,del citatino;vicienzo (VR 506) / quanta fatica che si faceva all’ora (CM 29) – e così i sacrifici e la fatica ci vorrebbe un lenzuolo …. largo, lungo come il mare: dire tutte le fatiche e i dispiaceri (CM 29) – si lavorava senza… pensare alla fatica (CM 37) – Dopo di una vita laboriosa, faticosa (CM 69) / quella tragedia di vita […] era un sacrificio continuo […] i sacrifici non sono mai mancati […] i sacrifici solo noi Lò sapevamo […] eravamo abituati à lavorare, e ai sacrifici (CM 40) – i figli sono sacrifici! (CM 48) – andava abbastanza male: e con un sacrificio […] cose vissute, passate con tanti sacrifici (CM 49) / Il corteo funebre è stato impressionante […] Il corteo è stato impressionante e memoriale di tante fiore e popolo (TB 70) / Io sono stato in tutta la mia vita sempre sfortunato […] Sono stato sfortunato […] in tutta la mia vita […] mai ho avuto fortuna. (TB 100‒101) / Alqu[n]e domeniche all’anno fàcevano delle feste dà ballo […] Io sono stàtta sempre pasionata per il ballo. […] Io èra anche di quelle che i genitori mi lasciavano andare alqune volte all’anno; Ma certe ragazze non le hanno mai lasciatte andare […] Pensavano che è una cosa di disonore il ballo in contato la gioventù in sieme. (VZ 57‒58) / Lo lasciai e tuttora mi sovengo. Eh! se mi sovengho! (CP 161) / Cosi passano […] mesi sempre sperando un presto ritorno al caro paesello – si ottiene […] permeso dandare nel nostro paesello – permeso di venire nel caro nostro paesello (CP 184‒185) / Presi un sangue freddo non oser vai più a pericoli […] non volevo far male sì a sangue freddo, a persone forse migliore… di cuore. (EF 70‒71) – presi ancor subito il mio sanque freddo (EF 73) – avevo sempre il mio sangue freddo e di niente temevo. (EF 82) / sotto le fucilate delle riserve russe […] le fucilate era meno […] un tuonar di fucilate […] mi fu parato due volte la baionetta di quel fucile […] Il mio fucile anche li stava apuntato (EF 72‒73) – qualche fucilata vicina […] ero riparato dalle fucilate […] dobiamo in mezzo a quelle fucilate, andar a spiar […] sotto le fucilate – fucilate, granate […] 400 croscachi a cavallo, armati di fucile […] li spaniamo il nostro fucile contro […] fra i urli e le fucilate […] fucilate che mi pasava pochi milimetri sopra […] solo qualche fucilata da lontano (EF 88‒89) / Neli anni 1936–39 aveva fato pure io e mia moglie due viagi in California […] in questi due viagi che fece in California […] nei miei due viagi che fece in California […] Nel mio secondo viagio che fece in California nel 1939 […] Nel mio primo viagio che fece in California […] Alungo il viagio a ritornare (GS 78‒83) / poi si marcia a […] li 12 si marcia per […] ai 16-11 si marcia per… (EM 15)
In diesen Belegen ist die Invarianz der Wortwahl angemessen, da es sich dort jeweils um ein absichtlich gewähltes stilistisches Verfahren handelt. Dass die Schreiber durchaus in der Lage sind, bewusst auf die Wortwahl zu achten, zeigt sich ja z. B. auch beim Einsatz von Synonymen oder Paraphrasen (s. Kapitel 4.2.1.1.2). Erling Strudsholm (2005, 23) beschäftigt sich in einer Untersuchung der variabilità lessicale genauer mit der weitverbreiteten Annahme, dass in (diamesisch bzw. medial) gesprochener Sprache (Dänisch und Italienisch) weniger lexikalische Abwechslung stattfände als in geschriebenen Texten. Durch eine quantitative, vergleichende Auswertung der italienischen Texte ergibt sich, dass zwar die type-token ratio (TTR) der schriftlichen Texte höher ist als dieje-
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nige der mündlichen Texte; dies resultiert jedoch daraus, dass die wenigeren types der (kürzeren) Schrifttexte seltener wiederholt werden als die vielen types, die in den (längeren) mündlichen Äußerungen jeweils auch viel häufiger vorkommen. Unabhängig davon weisen die mündlichen Texte jedoch viel mehr verschiedene types auf als die schriftlichen Texte, was der bisherigen These des wenig abwechslungsreichen Wortschatzes gesprochener Sprache widerspricht (Strudsholm 2005, 27‒28). Zudem haben in beiden diamesischen Varianten weitgehend semantisch leere Funktionswörter den höchsten Anteil an den token-Frequenzen, während semantisch gehaltvolle Wörter in beiden Fällen den etwa gleichen Anteil an den types (jeweils ca. 80%) und tokens (jeweils ca. 50%) haben (Strudsholm 2005, 28‒31). Dies zeigt, dass die lexikalische Variabilität gesprochener Sprache quantitativ betrachtet in etwa der von geschriebener Sprache entspricht, hier also gar kein so großer Unterschied zwischen den beiden Systemen besteht – auch Palermos (2016, 234; s. dazu Anm. 277) Ergebnisse bestätigen dies ja aus der Perspektive der Distanzsprache, in der (identische) Rekurrenz (entgegen der generellen Annahme) ebenso oft vorkommen kann wie in Nähesprache. Neben lexikalischen erscheinen auch strukturelle Rekurrenzen – manchmal mit leichten Variationen – in den untersuchten Texten.279 Die zum Teil sehr zahlreich verwendeten Parallelismen (vgl. Langer 1995, 89‒91; de Beaugrande/Dressler 81996, 49, 57‒58, 80; Adam 32011, 128‒130; Schubert 22012, 41‒42) wurden vermutlich in allen Fällen bewusst als narrative Mittel eingesetzt. Sie fördern die Kohärenz der Texte auf verschiedene Weise: Mit ihnen heben die Schreiber (auf expressiv-affektive Weise, oft mit fast poetischer Wirkung) als besonders wichtig empfundene Textinhalte hervor. Zwischen den parallelen Strukturen bestehen dabei exemplifizierende/präzisierende, steigernde/intensivierende oder kontrastive semantische Inhalts- bzw. Sinnrelationen, wobei von der Steigerung häufig zum Kontrast übergegangen wird. Emphatisch-steigernde und/oder kontrastive Funktionen erfüllen die Parallelismen in folgenden Beispielen: revammo;a siraqusa; che bello; carnevale;che bello;devertimento;che;abiammo;fatto; che, belle,conte;che io; miaveva trato […] che conte;sbagliate;che ofatto (VR 16) / dicevino :chiera questo;quello;che nello olive ciavevino;restato tantensoldeche era questo;quello;che aveva
279 Genau genommen müsste man die Wiederholung von gleichen syntaktischen Strukturen, die eventuell mit unterschiedlichen lexikalischen Elementen besetzt sein können, im Bereich der Kohäsion einordnen. Hier soll Parallelismus aber als ein Sonderfall variierender Rekurrenz behandelt werden, zumal nicht ganz ausgeschlossen ist, dass die wiederholte Struktur in Teilen oder auch ganz inhaltlich an den semantischen Gehalt der Ausgangskonstruktion anknüpft.
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venuto;di lafica [], che aveva tante,solde,chiera questo,quello; che aveva fatto;un ricco; mmatrimonio (VR 450) / liamericane;forsse che sapevino che la querra; lavevino;a vincere,e invece i tedesche sapivino;che la querra la vevino a vincere, loro (VR 487) / io;diceva perme, che lavoro;a cercato;e la voro;cercco; che viene e viene (VR 612) / ho scritto il tuo nome sulla neve il vento là cancellato. Ò scritto il tuo nome sul mio cuore e li si è fermato (CM 13) / ma la macchina non l’anno solo sfregiato, ma l’anno ammazzato (CM 41) / quanta miseria che c’era un tempo, poco di tutto: poco pane: poco da cambiarsi, si mangiava quasi sempre polenta, si lavava con la lesia fatta di cenere (CM 56) / chi ero, chi sono: ò cosa ò fatto nella vita (CM 57) / piú crescevamo, piú forte l’amore si attaccava […] Piú scrivevamo, piú l’amore si attaccava (TB 8‒9) / Tutto il resto non so nulla, se mio padre è vivo e dov’è non lo so, se mia mamma è ricca o povera, non so niente (TB 15) / Dove prima eravano giardini di arance e limone adesso vi erano cespugli ed imparte abandonate, dove eravano campagne crude e roze adesso vi erano casini, fabbricate con villini di fiore e pergole di uva (TB 104) / Quelli in alto metter[l]i in basso e quelli in basso metterli in alto (VZ 99) / Addio caro fae! Addio deliziosa selva! Addio piante (CP 151) / mai non vi fu un orrore simile nemen negli antichi tempi e ne mai ne succederà una simile stragge (CP 162) / Il passato mia delusa[.] Il presente mi tormenta[.] L’avenire mi spaventa! (CP 174) / Ma il tedesco visuto in quei Luoghi ove a tutti li sembrava di poter superarli ove tutto per lui era nulla, ove nemeno le grandi roce, lascia fugire una pietra dal bloco, per paura di venir scoperta! (EF 34) / tutto era qu[i]ete, tutto e bello (EF 46) / siamo pregionieri e pregionieri dobiamo stare (GG 126, Chiasmus) / io non mai pensato per me o senpre pensato per la famiglia (NS 1)
Zum anderen dienen die gefundenen Parallelismen vielfach auch (zusätzlich) der textstrukturierenden Gliederung, z. B. in Aufzählungen, Wiedergaben von monoton wiederholten Abläufen/Gewohnheiten oder (mit Datums- und Zeitangaben versehenen) Chronologien (vgl. dazu auch Kapitel 4.1.2.1.1), so z. B. in: avemmo; comperato;tante; a trezze; che: civolevino; per cominciare,il lavoro;abiammo; comperato; 200.sache,e I00. coffe per leprese;avemmo;comperato;I00;piatte;I00.cucioai e forchette;tante, pendole;avemmo; cmperato; tante; botiglione;e avemmo; comperato; macare, uno; mulo; e uno;carretto (VR 382) / Nel 1912 a magio 8 mi è nato un fratellino dove hanno posto il nome Ciro (TB 5) – Il 25 settembre 1915 mi è nato un altro fratellino il quale hanno messo il nome Salvatore (TB 6) – L’8 dicembre 1918 mi è nato un altro fratello il quale hanno messo il nome di Pietro Domenico (TB 6) – Il 9 giugno 1921 mi è nato un altro fratellino dove hanno messo il nome Antonino (TB 7) – Nel 7 marzo 1924 mi è nato un altro fratello il quale hanno messo il nome Francesco (TB 7) / Una volta ò due all’anno passavano qu[e]lli che pulivano i caminni chiamati (spazacamini) […] O’gni qual tratto passava quelli che agiustava gli utensili di rame chiamati (parolotti) […] Poi passava i (ombrelai) che agiustava le ombrelle (VZ 35) / Oggi I Febbraio parti anche mio cognato […] Oggi 11 viestata la viscita dei natti 1895 […] Oggi 17 Febbraio 1915 vi fu la viscita dei asini (CP 136‒137) – Oggi 11 Marzo […] è arivato una cartolina di mio qugino […] Oggi 15 marzo è partito Rizzi Clemente (CP 142‒143) – Oggi 21 marzo cioe di Domenica vi è stata la visita dei nati del 1896 (CP 145) – Oggi 8 Aprile arrivò quì una moltitudine di militari (CP 151) – Oggi 18 Maggio fu la visita a Mori (CP 163) / Ai 20-I mi mandano via dall’ospitale a Vigo, arrivo a Fontanac. Li 25-I a Campitello. Li 2-2 a Alba. Li 5-3 a Piantrevisan. Li 22-3 arrivo a M. […] ai 29 a S. […] Li 6-5 a Piantrevisan. Li 9-5 a Tesero […]. Li 6-6 a Piantrevisan. (EM 14)
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4.2.1.1.2 Semantische (Teil-)Identität, Kontiguität oder Similarität: partiell rekurrierende Substitution Hier geht es um Substitution durch Paraphrasierung, Synonyme/Antonyme/ Konverse, Hyperonyme/Kohyponyme sowie durch Bedeutungskondensation/ Bedeutungsexpansion. Dabei werden in Relation zu den jeweiligen Bezugspartnern (überwiegend) bestimmte Seme beibehalten, die die Kohärenz aufrechterhalten, und zugleich kommen (einige wenige) neue Bedeutungsnuancen hinzu.280 Paraphrasen281 verwenden die Schreiber einerseits zum Zweck der Vermeidung von monotoner lexikalischer Wiederholung, andererseits als expressives (oft metaphorisch-veranschaulichendes, vgl. dazu auch Kapitel 3.3.4 und 4.2.1.1.3) narratives Darstellungsmittel. Häufig wird bei den gefundenen Paraphrasierungen die Wortart (meist zwischen Substantiv und Adjektiv oder Substantiv und Verb) oder die Syntagmaebene (meist zwischen nominal und verbal) gewechselt, z. B.: inzelenzio […] senza dire, una parona (VR 68) / siacominciato; a;raggionare; di;matre monio […] magare; che;minavesse;sposato (VR 179) / paremmo;uscite; del manicomio […] erimo deventate,tutte, pazze (VR 121) / ciaveva passato;la:malatia […] aveva quarito (VR 761) / le condizioni migliorarono […] Si incominciava stare un p’ò meglio (CM 17) / mi anno messo quoca […] mettermi à fare da mangiare (CM 20‒21) / mi è venuta un’oscurità negli occhi […] non ho visto piú (TB 33) / l’imbarco […] siamo saliti sulla nave (TB 46) / una persona […] istruita […] frequentato le scuole (TB 67) / ho lasciato la Sicilia, il mio paese natale […] Quella spartenza (TB 108) / metevano anche dei panni in parte alla fontana per tenersi il posto […] cèra i panni in segnale chè èra oqupato (VZ 32) / i bei giorni passati […] Oh!, giorni felici che con tantta rappidità fuggi, ah! voi non tornerete più (CP 150) / ci mise in marcia […] cia menati… (GG 124) / darmi alla fuga […] scapare via (GS 2‒3)
Teilweise wird die Wortart (v. a. bei Substantiven bei gleichzeitiger Rekurrenz) aber auch beibehalten und der Substituent mit unterschiedlichen attributiven
280 Conte (1988a, 135) spricht bei Synonymie, Hyponymie und Metonymie/Teil-GanzesBeziehung von «semantischer Anapher». 281 Vgl. Vater (1992, 147), de Beaugrande/Dressler (19968, 49, 57‒58, 79‒80, 103, 158‒160, 178; hier allerdings als Kohäsionsmittel erwähnt), Ferrari/Zampese (2000, 386), Stark (2001, 643), Prandi (2006, 170), Serianni (22007, 31‒32), Ferrari et al. (2008, 75‒79), Schubert (22012, 51‒52) und Ferrari (2014a, 187‒188). D’Achille (22006, 211) erwähnt Paraphrasen als Kennzeichen der für geschriebene Sprache typischen variatio. Als Paraphrasen werden unter den hier gesammelten Belegen auch kontextuelle Verweisausdrücke wie Olaf Scholz … der Bundeskanzler (vgl. dazu v. a. Langer 1995, 111‒113) gewertet, wozu insbesondere die verschiedenen Ausdrücke zählen, mit denen Rabito auf seine Schwiegermutter, donna Anna, refereriert.
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Ergänzungen versehen, was häufig der expressiven (bis drastischen) Intensivierung dient, z. B. in diesem (gleichzeitig metaphorischen) Beispiel: donna anna (VR 449, 453‒454, 455‒460, Schwiegermutter Rabitos) – quella,cane,di mamma (VR 451) – quella ca ne (VR 451) – questa cane (VR 458) – quella,desonesta,donna (VR 451) – la descraziata;cana (VR 451) – quella:cana/e donna (VR 451‒452) – la […] socera (VR 451) – questa,cane donna (VR 452, 456) – questa,delenquente;donna (VR 452‒453) – la delenquente (VR 452) – questa,maledetta;donna (VR 452, 454, 458) – questa;brutta donna (VR 453) – questa desonesta (VR 454) – quello;pezzo;di butana (VR 456) – la canazza (VR 457) – questa, berbbe (VR 458, P: bberba ‘canaglia’ oder bbirba ‘burbera; collerica, irascibile’) – quella precolosa donna (VR 459)
Wie man in diesem Beispiel erkennt, hat Paraphrasierung nicht nur die Funktion einer rein lexikalischen, sondern auch diejenige einer semantischen, oft metaphorischen Veränderung. In den folgenden Reformulierungen spielen daneben u. a. verstärkende, euphemistisch-abschwächende, verdeutlichend-explizierende oder konkretisierend-kondensierende Bedeutungskonnotationen eine Rolle: queste, 2?zetellone […] un piacire; che,piaceva amme, non milofacevino […] erino; 2. sorelle, serie?non erino; ragazze, di; prima vuolo […] io cercava; di poterle;falle, mieie […] se mifacessere,contente […] io; cerc[av]a, sempre, di stuziacarle; per poterle;fare; buona carezza; per potere, vedere, se,poteva arrevare, al mio scapo; ma;erino;troppo oneste (VR 179) / come non muriemmo;fu unu miracolo […] tante amice nostre tante sinantarene allo spedale,e 5 sinantareno;al cimitero (VR 486, + Parallelismus) / mia zia […] la comandante […] La capa famiglia (CM 16) / stavo aspettando un altro […] bambino […] dovermene disfare […] uccidere (CM 24) / siamo rimasti al verde, che vuol dir essere senza soldi (CM 37) / è stata rapita […] erano passati undici anni dalla sua disgrazia (TB 37‒38) / lasciare la mia terra nativa […] distaccandomi […] emigrare (TB 46) / mio padre dietro la mamma mia […] queste due vecchietti […] i genitore (TB 78) / la mamma di mia mamma […] La nonna (VZ 85) / la nostra selva!… Oh!… quel caro luogo di giuochi e risa spensierate di tanta gioventù (CP 145) / Addio deliziosa selva! Addio piante […] addio in somma mio caro luogo di delizie (CP 151 + Parallelismus) / Iddio vole anche quest’anno viscitarci con un luto […] il ventisette di detto mese mori mio zio (CP 194) / muore […] ci lasciava (CP 205)
Vielfach sind in den autobiografie popolari auch Verbindungen mit allgemeinen bzw. bedeutungsentleerten Wörtern (vgl. dazu auch Kapitel 3.3.4) von Paraphrasierung betroffen, so z. B.: quadagnare […] faceva qualche soldo (VR 912) / non vi era altra via annascondermi […] non farme vedere (TB 14) / lavorare nel cimitero […] fare il becchino (TB 54) / fare il mangiare […] qucinavo (VZ 66) / A fatto […] squolla […] Studiava (VZ 95) / fare doni […] regalarle (CP 157) / venir at asistermi […] far simigli servizi (EF 43) / il nemico, ci bersaliava di fucilate […] Noi pure faciamo […] i nostri colpi […] vidi un’oficiale Austriaco […] far fuoco sui miseri (EF 70‒71)
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Diese nähesprachlicheren Ausdrücke werden dabei oft durch entsprechende (inhaltlich genauer bestimmte) distanzsprachlichere Wörter bzw. Wendungen ersetzt (aber auch die umgekehrte Richtung ist möglich). Die Alternanz von stilistisch niedrigeren und höheren (lexikalischen)282 Niveaus bei der Paraphrasierung lässt sich jedoch auch unabhängig von generischem vs. spezifischem Wortschatz feststellen, so z. B. in: la querra (VR 478) – intustrebelliche (VR 479) / i miei figli da qurare (CM 29) – avevano bisogno di me (CM 35) / quelli del comune […] lè autorità del paese (CM 34‒35) / l’ammistizio […] finita la guerra (TB 6) / si cominciava a mettersi in forza con la salute […] quasi guariti (TB 7) / venire fuori dell’aereo […] scendere (TB 78) / essa rifiutava […] non voleva (TB 86) / si aveva sue nuove […] arivo notizie di… (CP 135) / non parlavamo più […] senza proferir parola (EF 42) / essere da loro insultati […] se ne sente da bo e da vaccha [locuzione idiomatica che sta per ‘insulti’] (EF 107) / era bene visto di tutti […] i militari mi volevano bene (NS 2) / li uomini furono i primi che viene visitati, poi dopo le done che dovete presentarsi davanti ai dotori (GS 43) / una moltitudine – migliaia di – a mucchi (EM 17)
Darin und in der oben beschriebenen häufigen (bzw. oft mitbeteiligten) Substitution durch metaphorische Umschreibungen zu expressiv-affektiven Zwecken (vgl. dazu auch Kapitel 3.3.4, 4.1.2.4.2 und 4.2.1.1.3) zeigt sich auch hier eine gewisse Kreativität bzw. ein Streben nach stilistischer Variation, und damit (zumindest ansatzweise) eine Elaboration nach distanzsprachlich-literarischem Vorbild. Semantische Relationen werden in den Texten auch ausgedrückt durch Synonymie (totale oder partielle semantische Identität bzw. Similarität basierend auf der Zugehörigkeit zu verschiedenen diasystematischen Varietäten, unterschiedlichen Bedeutungsnuancen oder Selektionsbeschränkungen), Antonymie (hier wird eine inhaltliche Relation durch das Prinzip des Kontrasts hergestellt) und Konverse (hier besteht die Verbindung in einem spiegelbildlichen gegenseitigen Bezug zwischen zwei Textelementen, der aus wechselnden, kontigen Perspektiven betrachtbar ist).283 Nahezu totale Synonymie herrscht z. B. unter folgenden Beispielen: litope – queste; crosse,surcie (VR 62) / erino; 2. sorelle, serie […] erino;troppo oneste (VR 179) / queste; I6. lavoratore – li I6. operaie (VR 320) / sbentura – de scrazia (VR 453) / dogni sera –
282 Zu syntaktischen Niveauunterschieden bei der Paraphrasierung vgl. auch die bereits als Beispiele für den Wechsel der Wortart/Syntagmaebene angegebenen Nominalisierungen in VR 68, CM 17, CP 150 und GG 124. 283 Vgl. dazu Lundquist (1980, 42‒46), Langer (1995, 109‒110), de Beaugrande/Dressler (81996, 58‒59, 279‒282, 288), Geckeler/Dietrich (21997, 114‒115), Halliday/Hasan (161999, 282‒288), Lühr (62000, 297), Blank (2001, 29‒33), Brinker (52001, 43), Stark (2001, 642), Serianni (22007, 30‒31), Cuenca (2010, 54‒56) und Schubert (22012, 48‒50). – Die Verwendung von Synonymen ist laut D’Achille (22006, 211) ein typisches Kennzeichen der stilistischen variatio geschriebener Sprache.
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
203
tutte lesere (VR 472) / era mascolo – fu uomo (VR 478) / naziste – fasciste (VR 492) / ragazzina – bambina (CM 21) / vorrei che mi parlasse certe persone….. che mi dicessero… (CM 68) / non so nulla – non so niente (TB 15) / successo – accaduto – avvenuto (TB 33) / lavoro campagnolo – lavoro campestro (TB 54‒55) / lieto – gioia e allegria (TB 115) / ucidere – se lo amazzava (VZ 30) / il bucatto – la biancheria (VZ 31) / lampi – fulmini (VZ 53‒54, 77) / da mangiare – cibo (CP 205) / si deve pulirsi […] di nuovo a nettare (EF 36) / gioie – felicita (EF 47) / capire e conprendere le circostanze e condizioni (GS 92)
Die nachfolgenden Synonympaare stimmen jedoch jeweils nur in einer ihrer möglichen Bedeutungen bzw. in bestimmten (auch metaphorisch bedingten) Bedeutungsnuancen überein: mascanzone – lazzarone (VR 372) / medico (VR 485) – dottore (VR 486) / il lavoro – il mistiere (VR 572) / mi tradeva – mi improgliava (VR 707) / lincareco – il posto [di lavoro] (VR 720) / figli – bambini (CM 13‒14; ähnl. 31) / si sgridavano frà di l’oro […] lè discqusioni (CM 14‒15) / il nostro papà era contabile […] mio papà che era gastaldo del padrone (CM 17‒18) / faticosa – dura (CM 55) / rimedi – medicine (TB 32) / con fretta – di corsa (TB 32) / le manni venivano tanto aghiacciate […] Le mani venivano così fredde (VZ 30) / una filla di ascini avviarsi verso Mori […] una carovana di richiamati andarsene verso Manzano (CP 124) / sorveglia i la voratori […] andava ad oservare i lavoreri (CP 144) / bei giorni – giorni felici (CP 178) / i bambini – i miei piccoli (CP 178‒179) / ci riposamo – ci coricamo (EF 37) / devo abandonar – lascia la mia casa (EF 47, ähnl. 60‒61) / un’fosso di aqua – quella pozanchera d’aqua (EF 43) / lavorare la terra – arare la terra (GG 127‒128) / la moneta – il danaro (NS 5‒6) / essere indipendenti […] lautonomia (NS 11‒12) / andava ala pesca dele Balene […] andava ala cacia dele Balene (GS 64) / dire – racontare (GS 92)
Häufig stammen die in den Texten gefundenen Synonyme aus unterschiedlichen Varietäten bzw. Registern (alltagssprachlich/diasystematisch neutral/ nicht markiert vs. familiär-vulgär vs. literarisch-aulisch-bürokratisch/fachsprachlich), so z. B. in: femmene [Z: spreg.] – donne (VR 68) / caro; rabito;per causa;tua;mitrovo; impricione […] cimanterammo; derdtamente, incalera (VR 202) / se non mila pigliava io;non zilavesse, preso;nessuno (VR 451) / mamma – madre (VR 456, 843) / fatocrafiei – retiratto (VR 482‒483, 490) / cera tanto;bordello […] cera linferno (VR 734) / imptogliava [] – sfotere (VR 847) / camorria – casa;del sdiavolo (VR 927) / la salma – le ossa (CM 34) / i vecchi – gli anziani (CM 38‒39, ähnl. 54‒55) / lacrimare – piangere (CM 54‒55) / morire – creppare (CM 64) / metterò un po’ in ordine le cose […] mettesse le cose un po’ a posto (TB 32) / emigrare in America […] andare nei Stati Uniti di America (TB 46) / si usava – si adoperava (VZ 23, 41) / mio marito – tuo consorte (CP 167‒168) / li portarono […] mio zio e sorelle vene condote (CP 188) / arriva questo scrito […] mi giunse lo scrito (CP 194) / muore – defunta (CP 205) / venni racomandato coi pioneri in Monte Rover […] vengo menato a Levico […] venni di nuovo racomandato in Bondone (EF 24‒25) / sia destinati tutti alle proprie compagnie […] volleva mandarmi in Citta per mettermi nelle Fel compani (GG 118) / dato – consegnarli (NS 2) / vano pochi alla funzione […] la mesa (NS 11) / far legna – procurare tutta
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
la legna (GS 2) / come si stava – come se la pasava (GS 12) / un giorno di festa – il giorno dela celebrazione (GS 77) / parto pel fronte […] si arriva in linea sulle Tre cime cioè di fronte (EM 2)
In allen Texten bemühen sich die Autoren durch den Einsatz von kohärenzstiftenden Synonymen um abwechselnde Wortwahl. Wie schon bei den Paraphrasen sind darunter neben einigen zum Teil expressiv-affektiven familiären (nur bei Rabito auch vulgären) Substituierungen viele Varianten aus dem metaphorisch-narrativen oder literarisch-bürokratischen und damit distanzsprachlichen Bereich (v. a. bei Rabito, Marchi und Rizzi Pizzini). Daneben finden sich in den Texten auch relativ viele, allerdings oft eher banale und wenig kreative Beispiele für Antonymie,284 die sich auf folgende Subtypen verteilen: Konträre Antonyme: mia madre;pianceva,e donna anna redeva (VR 459) / prima,cera,facile […] maora ene molto;dificele (VR 474) / invece di la sciare,bene;la scio;tanto;male (VR 731, ähnl. 901) / triste – felice (CM 54‒55) / buio – chiaro (TB 14‒15) / ricca – povera (TB 15) / amava – odiava (TB 37) / aperta – chiusa (TB 37) / giovane – vecchie (TB 37) / freddo – caldo (VZ 77) / quatro stanze, due erra serate […] due era aperte (CP 150) / pesante – legere (CP 194) / silenzio – rumore (EF 46) / rota – buona […] cativo – buono (NS 8) / quando fava bel tempo […] quando era bruto tempo (GS 54) Komplementäre Antonyme: la querra – la pace (VR 621) / tiadetto;la verita,non tia detto;la misogna (VR 839) / sincerità – busia [] (CM 13) / vita – morte (CM 45) / maschio – femmina (TB 9) / Là mattina – là sera (VZ 41) / Le dònne – li uomini (VZ 69) / di giorno – di notte (CP 157) / Mi sembrava un sogno […] era realta (EF 47) / avenimenti passati – un’avenire (EF 47) / inverno – l’estate (GG 127) / nudi – vestiti (GS 43) / fare una finta guera […] abiamo fato una vera Bataglia (GS 54) / morti – vivi (EM 14) Direktionale Antonyme: la,dkscesa – lasalita (VR 121) / disotta – di sopra (VR 121) / ivece, diuscire fora,traseva dentra (VR 449) / arrestato – librato (VR 608) / antare e venire (VR 798) / giù – su (CM 18) / in fondo – in cima (VZ 41) / abbiamo dovuto scappare […] siamo rimasti (VZ 54) / Quelli in alto metter[l]i in basso e quelli in basso metterli in alto (VZ 99) / cerco – trovo (CP 202) / Si parte – si ritorna (CP 203) / poscia di certo tornare fra i miei che o dovuto abandonare (EF 16) / arrivati – partiti (GG 122, 128) / caricare – scaricarli (NS 7) / mi sono adormentato – mi sveglia (GS 12) / a destra – a sinistra (EM 13)
284 Man unterscheidet konträre Antonyme (gegensätzlich, Existenz vermittelnder Elemente, graduierbar), komplementäre Antonyme (nicht graduierbar, nach dem Prinzip des «tertium non datur» existiert keine vermittelnde Position, d. h. entweder der Inhalt des einen Partners oder der des anderen Partners kann eintreten bzw. wahr sein) und direktionale Antonyme (unterschiedliche Gerichtetheit) (vgl. Geckeler/Dietrich 21997, 114‒115; Blank 2001, 32). Vater (1992, 146‒147; 32001, 94‒104) spricht die Möglichkeit eines kontrastiven Wechsels als Variante referenzieller Fortführung in Texten an und Halliday/Hasan (161999, 284‒285) geben an, dass die semantischen Beziehungen zwischen Textelementen, die Voraussetzung für Kohärenz sind, auch in inhaltlichen Gegensätzen bestehen können.
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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Auch einige Konverse, die sich häufig auf familiäre Relationen beziehen, treten in den Texten auf: figlia – madre (VR 455) / marito;e moglie (VR 476, 536) / mio papà – la tua bambina (CM 19) / mamma – figli (CM 26) / una mia nipote – nonna (CM 43) / figli – genitori (TB 8) / vendere – comprare (TB 75) / marito – mogli (TB 126) / padri – figli (VZ 55) / i bambini – mamme (CP 178)
Andere semantische Relationen, die auf dem Prinzip der Similarität basieren, sind Hyperonymie (vertikale Similaritätsrelation der Sememe und logischtaxonomische Inklusionsbeziehung zwischen Hyperonym und Hyponym/en) und Kohyponymie (horizontale Similaritätsrelation der Sememe und Konzepte) (Lundquist 1980, 42‒46; Langer 1995, 110‒111; Halliday/Hasan 161999, 279‒288, 319‒320; Lühr 62000, 297; Blank 2001, 31; Brinker 52001, 43; Stark 2001, 642; Serianni 22007, 30‒31; Schubert 22012, 50‒51). Hyp(er)onymie285 lässt sich in allen Texten belegen. Hyperonyme werden oft (z. T. auch mit expressiv-steigernder Absicht) einleitend an den Beginn von Exemplifizierungen oder Aufzählungen durch die entsprechenden Hyponyme (oft Nahrungsmittel, Alltagsgegenstände und militärische Bezeichnungen) gesetzt, so z. B. in: avevino; scapato; tutte,lianimale, volante; voldire, li;colompe; e li;ocelle tutte (VR 62) / lialpe […] dissemo;tutte,adio,aseaco; a dio,valbella,a dio; monte, fiore […] quelle; perecolose; montagni (VR 68)286 / portava;tanto;manciare,a casa,farina;arancie;fave, lintice,e qualche,pizuddo di maiale salato […] etante,altre,cose;sempre dimanciare (VR 518) / mianno detto […] scrivesse, i paese,straniere; per dove; voleantare;il suo figlio. cosi; io;cio scritto;creccia;spagna incheliterra,e fracia;unaria; e cermania (VR 1005) / i mobili di all’ora erano della casa […] non avevamo niente nè tavola nè seddie nè soldi per comprarcele (CM 25‒26) / vorrei che mi parlasse certe persone….. che mi dicessero almeno ciao: qualunque persona siano; bambini, ragazzi, studdiati (CM 68) / Prima di lasciare Firenze, la città piú ricca di oro, argento e gioelli, abiamo fatta la nostra spesa d’oro per portare ai miei figli, nuore e nipotini in America. Tra anelle, collanine, orecchine, braccialetti e ciondoline per regale, tutte oro, io ho speso tutto il mio denare che avevo in Italia (TB 113‒114) / Cosi tutti i sabati si portava i recipienti alla fontana per lucidarli; secci
285 Die Wiederaufnahme zweier koordinierter Kohyponyme durch ein Hyperonym bezeichnet Langer (1995, 117) auch als Referenzvereinigung bzw. Referenzfusion. Durch Hyperonymie werden dem vorhandenen Text, anaphorisch betrachtet, keine neuen Informationen hinzugefügt, sondern nur bereits Erwähntes allgemeiner ausgedrückt. Das Hyperonym ist in den hier aufgeführten Textbelegen jeweils unterstrichen. 286 Ähnlich wie hier werden Hyperonyme z. B. auch in den Belegen VR 518, CP 178 und CP 199 (ein zweites Mal zusammenfassend; s. dazu den nachfolgenden Text, auch zur Bedeutungskondensation/-expansion) nach oder (erstmals) zwischen die Auflistung der Hyponyme eingefügt.
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
padelle paiòlli e cettera. (VZ 33) / delle frutta, uva ficchi pesche e cetterà. […] Lautuno si riempiva una stanza di frutta melle, pera, uva, noci, nociolle, castagne (VZ 39) / Bei giorni passati sotto le ombre balsamiche dei tuoi abbetti […] Addio caro Faee addio deliziosa selva. Addio piante coniffere (CP 178) / la malatia detta spagnola […] detto male […] la malatia […] la spagnola […] la pleurite (CP 199) / si aveva da mangiare Anche davanzo carne pane troppo (GG 121) / mi veniva un gran pensare ancor più a mia famiglia […] o poveri fili molie genitori cosa sara mai di voi (GG 125) / la mesa […] tu legerai la terza parte del rosario e le litanie (NS 11) / tanta fruta che viene da quel clima, Bananas, Pine Aple, Mango e cosi via (GS 40) / arma […] 6 lancia mine […] cannoni […] granate a mano (EM 12)
Manchmal ist die Nennung eines allgemeineren Überbegriffs vor seinen zugehörigen Hyponymen wohl auf Ausdrucksschwierigkeiten bzw. mangelnde Kenntnis von Fachbegriffen zurückzuführen und bildet zugleich den Planungsprozess ab, bei dem der Autor erst «Anlauf nimmt», bevor er das gesuchte Fachwort nennt, wie z. B. in questa;malatia sichiama malatia di pelle […] sichiama; lunsivita (VR 485). Hyperonyme finden sich daneben auch als eine Art Zusammenfassung oder Erklärung in ihren jeweiligen Hyponymen nachgeordneter, anaphorischer Position (wo sie v. a. über längere Entfernungen hinweg re-thematisierend wirken können): anno;trovato;tante;vico []; e magare,mandorle,e tante,altre,frutte (VR 42) / chitarra, e ummantolino […] queste,stromente (VR 340, 472‒473, 495) / mio figlio […] quella criatura (VR 478) / li carabiniere […] la pulizia (VR 572) / pascua […] festa (VR 621) / mia sorella,e i miei fratelle […] ei miei parente (VR 733) / a una ciulia […] quella mache[na] (VR 943) / la mia mamma […] i miei frattelli […] mio papà […] i miei zii […] essendo una famiglia numerosa (CM 14) / si è ammalato mio padre di enefrite, una malattia al fegato (TB 94) / La farina veniva adoperata per fare là pasta per tagliatelle, e (lasagne) cioè pasta asiuta. (VZ 21) / i bauli […] bagaglio (CP 202) / esendo Vienna, cioe la capitale di questo stato miserabile (EF 100) / due cameli […] questi due grosi animali (GS 28)
Kohyponymie kommt ebenfalls in allen untersuchten Texten relativ häufig (v. a. bei Rabito, Furletti Zanolli, Sighele und Mich) vor und betrifft meist die Wortfelder Krieg/Militär, Familie, Alltagsarbeiten und -gegenstände (darunter Kleidung und Möbel), Landschaftsbeschreibungen, Berufe, Ortsnamen sowie Nationalitätsbezeichnungen. Sie wird überwiegend genutzt, um (basierend auf horizontalen Similaritätsbeziehungen innerhalb eines abstrakten Wortfelds; Blank 2001, 31) detaillierte Beschreibungen bzw. Exemplifizierungen vorzunehmen, wie z. B. in: la dentra cenerino;rosse danese, orllantese,e polacche (VR 486) / socialista […] conziglere; nella dimocrazia; cristiana […] democristiano […] certe,democristiane […] partito;cuminista […] fascista […] democratico; vristiano […] socialiste; e comuniste (VR 1005‒1007) / recitare un Paternoster e una Avemaria (TB 95) / Chi aveva le piante un pò di castagne, noci, frutta,
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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qualche caro di legna quando andava bene una mucha vitello qua[l]che capretto ò capra (VZ 20) / Lè posatte èrano di fèrro, otone o aciaio […] padelle pignate paiolli erano di rame ò ferro (VZ 32) / mio marito assieme ad’altri scrive da Rovereto, alcuni da Riva da Ispruch, Bressanone (CP 166) / mi trovavo nelospital di campo […] li altri tutti col colera, e tifo (EF 90) / circa 200 e più quintali fra frumento e segala e biada (GG 127) / Laustria – Italia – Francia – Baviera (NS 2‒4) / pigliare aranci e patate (GS 19) / èro solo in tutto il palazzo austriaco, il resto tutto germanici. Èra odiato come trentino e come austriaco (EM 3)
Daneben finden sich Kohyponym-reiche Beschreibungen, in denen die Kohyponyme Teile eines (über die bloße gemeinsame Wortfeldzugehörigkeit hinausgehenden, in einer konkreten Situation so geschehenen bzw. real zusammengehörigen) Ganzen oder Prozesses sind; häufig besteht dabei auch (oft über die Similarität der Sememe und Konzepte hinaus) ein konzeptueller Kontiguitätszusammenhang (teilweise nach dem Prinzip der Meronymie nach Blank 2001, 33) zwischen Sachfeldbeziehungen, wie in folgenden Beispielen: arrevammo;alla prima linia austrieca […] liaustriece; con bompe;ammano;e, fuoco; di; mitraglia[t]rice […] liaustriece, di; veneva commito;a butare; bompe;e, magare, rozelavino; crosse;pietre […] poi; liaustriece; con li mitragliatri, piu, nopivino;fare niente;per che erimo; noi;disotta, e loro; di sopra; li bompe; forse; che lavevino;feni […] e rozzolavino;pietre; e finarmente […] abiammo; conquistato; la posezione (VR 121, während eines Gefechts eingesetzte Beschussmittel) / si apre,unaltro;cantiere,a chiaramonte […] tuute,i muratore, di chiaramonte,volevino;fare,i capi scuatre, ma;non poteva essere,che il capo scuatra laveva affare io;e cera tanta invidia,comme,che io che non era muratore,di mistiere,doveva fare il capo scuatra,e il moratore, doveva fare;il manovale (VR 573, Berufsgruppen und Ranghierarchien auf einer Baustelle in Chiaramonte) / quì in Canada […] mi piace tanto queste posizioni[.] Là in Italia sono statta abituata alla montagna, e quì ò trovatto molto somigliante; montagne, laghi, torenti, fiumi. In più il mare (VZ 105, Landschaft in Kanada) / Era i 4 Maggio verso le 6 matina […] Ricevemo un cafe, 3 porzioni di carne, e un mezo chilo di pane, e poi avanti (EF 78, Marschverpflegung) / vi era due generali […] li ordino al colonelo di dare alla carica […] come arisposto il colonelo un regimento contro tre il generale a risposto carica e facia silenzio […] il colonelo […] fu pasato subito generale (NS 5, an einem Angriff beteiligte Militärangehörige verschiedenen Ranges) / Io mi prendo lelmo l’arma e le giberne (EM 6, persönliche militärische Ausrüstung) / ginocchio – spalla – basso ventre – fianco – le tempia (EM 11, Körperteile eines Soldaten, auf die geschossen wird; Meronymie)
Dieser Detailreichtum wirkt häufig gleichzeitig auch expressiv, ohne dass dies unbedingt beabsichtigt ist. In manchen Fällen werden (übertrieben genaue) Aufzählungen bzw. Ausschmückungen jedoch auch gezielt als rhetorische, expressiv-dramatisierende Mittel zur Steigerung bzw. Übertreibung eingesetzt, so z. B. in: nel cammpo; li cabinette, erino;scperte;e;limosche; e li zerte; cidavino;alla notte,tante; muzecuna […] poi, cerino; tante; pulcie; tante; fumicole;zicche mische; pidocchie (VR 39) / tutte;erino; butane criate,lavanniere,mortedefame,e rofiane;e lattre (VR 663) / andavo […]
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à scquola […] con un paio di zoccoli, e un palettò di due colori fatti in una sottana di mia mamma; e un paio di pantaloni vecchi del mio papà, sembrava l’arlecchino (CM 14, + metaphorische Bedeutungskondensation, s. unten) / i Proffessori, Dottori, Infermieri, quanto fanno per farli guarire (CM 50) / io rimanevo là fino le undici à qucire e ricamare ò lavorare à ferri (VZ 38) / ecco il giorno temuto […] parte mio marito […] saluta babbo nonno zii zia cognata baci[a] i bambini (CP 198) / sempre lavorare nel cortile nella stanza, pulire monture canistra letto corridoi cessi magazini, scarpe dei vechi soldati (EF 13) / buche nella terra che stava dentro uomini donne bambini (EF 42) / partii di nuovo Lasiando Molie Genitori e fili (GG 119) / moltissimi pregionieri Italiani Trentini e Triestini (GG 128) / tuti questi poveri neri caminano piu nudi che vestiti, tuti senza capelo, senza scarpe (GS 43‒44)
Weitere Verfahren der semantischen Kohärenzbildung sind Bedeutungskondensation287 (Wiederaufnahme von Wörtern und Ausdrücken z. B. durch zusammenfassende Verbalabstrakta oder pronominale Proformen) und Bedeutungsexpansion288 (implizite, also ohne definitionseinleitende Formel gegebene Erklärung bzw. detailliertere Beschreibung eines Wortes mittels Wiederaufnahme meist durch eine Gruppe von Wörtern) (Lühr 62000, 297‒299). Bedeutungskondensation findet sich in allen Texten, am häufigsten bei Giacinto Giacomolli, Nane Sighele, Gregorio Scaia und Eugenio Mich. Zusammenfassend wirken darin z. B.: lexikalische Wörter/Ausdrücke: la paglia;e tutte; li;zaine; […] e mafare,li tele datente, foreno;bruciate,cosi, li mieie;robbe:tutte, nuove, anno;venuto;bruciate;e quinte; il mio; coccreto; [] fuabruciato (VR 39, + parola generica) / non cerino;uomine […] cerino; li sole;femmene che potevino; racoglire; questa, uva; ma; la;[febbre]spagnola: faceva, morire, alle donne; propia, quelle; che avevino; di; I8 a, 30.ANNE? […] manganza, di mano dopera (VR 104) / cera uno;che faceva il barbiere che si cgiamava pipino;arabito […] e poi,che cera uncerto;ravalle cioseppe […] e poi cera uncerto;pipino;bonencontro […] queste;amice miei (VR 453) / polenta è un mezzo ficco, era la cena quella (CM 15) / un pò di paglia e un vecchio tabaro quello era il letto (CM 27) / fuochi, fumo, chiasso! urli, tuoni, maledizioni, preghiere […] quel inferno spregato (EF 69, metaphorisch) / mi vidi davanti
287 Dies entspricht in der italianistischen Sprachwissenschaft weitgehend dem Konzept der incapsulatori anaforici (vgl. dazu z. B. Conte 1988a, 137; D’Addio Colosimo 1988; Simone 1990, 217‒218; Mortara Garavelli 21996, 377; Andorno 2003, 52‒53; Prandi 2006, 200, 224‒226; Lala 2010; Telve 22013, 94‒96; Palermo 2016, 229‒230). Auch durch Bedeutungskondensation erhält der vorhandene Text keine neuen Informationen, sondern bereits Erwähntes wird dadurch in anaphorischer Perspektive inhaltlich verdichtet bzw. auf den Punkt gebracht. Die hier aufgeführten kondensierenden Ausdrücke sind aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit jeweils unterstrichen. 288 In Langers (1995, 118) Terminologie ist dies gleichwertig mit Referenzauflösung, was die Auflösung einer Mengenangabe (meist im Plural, wie z. B. die Mädchen – Anna, Lisa…) durch die Aufzählung einzelner Teilelemente daraus meint. Daneben bestehen Parallelen zu Daneš’ Progression mit durchaufendem oder gespaltenem Thema (s. dazu Kapitel 4.2.1.3.3).
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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una persona inconosibile grande magra, colla barba […] conobbi mio fratello (EF 80) / questa estate era andato in montagna di cleveto a pasturare le vache […] il mio lavoro era di fare il quarto vacaro, deto maos, in questa estate aveva da fare senpre salti come li orsi, a parare e voltare le vache intorno la casina,per piu di dieci giorni era senpre in una corsa col mio bastone in mano a tenere le vache a marezo […] non aveva nemeno il tenpo di recarmi in casina a sedermi per mangiare, andava dentro di tuta corsa a prendere un toco di polenta, e poi col mio bastonacio era senpre in una corsa a bastonare e tenere le vache intorno la casina, questa era la vita del povero maos a quel tenpo nele nostre montagne (GS 9) / si aveva aquistato subito lavoro,,ma il lavoro si trovava 200 miglia distante al north del paese di Nome,, cosi il giorno dopo siamo mesi tuti in viagio circa 60 uomini di ogni nazionalita,col nostro saco a spale come tanti soldati,dove abiamo viagiato per oto giorni, e 12 ore al giorno atraverso fiumi coline e valate di ogni qualita, per arivare ala Baia di Kotsebu vicino al circolo Artico […] questa lunga traversata dela Seward Penisola (GS 70‒71) / li 16 si arriva su alla prima ghiaccia della Marmolata, li 17 si marcia su per il ghiacciaio dentro in fondo, Li 18–11 ricevo 15 giorni di licenza […] li 6 arrivo su al principio della ghiaccia e resto la fino la mattina del 13–12. La mattina alle sei, la valanga ci porta via la baracca […] Erano altre nove baracche portate via. In tutti èravamo sotto 365 uomini, e 272 sono restati la morti e solo 93 vegnudi fuori vivi […] continuava a nevicare […] quel’inverno lassu (EM 13‒14) parole generiche: mio fratello ci ha fatto girare tutte le chiese, basiliche e monumenti e tante cose piú importanti di Firenze [ab hier erneut Bedeutungsexpansion:] come il Ponte Vecchio e altre lavore e scultore fatte da Michelangelo Buonaparte e di Dante Lighiere. (TB 127‒128) / il letto e lenzuola non sa cosa sia (GG 127) / La famiglia di Fedel Valentino aveva un figlio Gendarme alla chiusa di Bresanone mi aveva dato due litri di acguavita di portarli subito dopo Bolzano o chiesto al bilietario gentilmente se posso consegnarli guesta botilia mi arisposto maledeto Italiano per tedesco, guesta per me estatto una ofesa più grande che poteva farmi maledire i miei genitori la lingua che parla la pasione che aveva a doverli abandonare e sesantatre anni di guesto fato non lo maidimenticato come fose ancora guel giorno (NS 2) / eravamo tuta la giornata in Washington […] dove quel giorno siamo saliti incima del George Washington Monumento […] quel giorno abiamo visitato da per tuto intorno i grandi fabricati dela Capitale, piu la casa del Presidente, il monumento di Lincon, il campo santo di Arlington […] piu ancora il grande Museo deli stati Uniti et altri posti piu inportanti (GS 93) (Indefinit-/Demonstrativ-)Pronomina (v. a. tutto, daneben auch questo und, mit Bezug auf eine ganze Äußerung, ciò): la paglia;e tutte; li;zaine;che erono; di noi,che avemmo; questa malatia, tutto; comene; antiammo; noi; forene; tutte, bruciate (VR 39) / Donne, uomini vecchi e giovani tutti àl lavoro (VZ 21) / hanno messo L’europa in fiame. Il canone tuona e il sangue scorre a torenti, milliaia di poveri giovani cadono vitime. E come tutto cio non bastase… (CP 179) / cera paludi canali di aqua, nebie, basse, urli d’infelici il tuono dei canoni, e il fragasso, delle mitragliatricci, tutto sembrava orore di morte (EF 43) / la ferovia era spezata, molte case ancor fumanti la stazione in fiame, eletrico in frastumi telefoni in pezzi, tutto era disastro (EF 78‒79) / assiene di mio Cugnato Michele Giuseppe Corto e Clemente e trovai Francesco da piazina tutti assieme abbiamo dormito in una picola logia apreso al cortile della grosse caserme (GG 117‒118) / il capitano cia fatto piangere tutti cia deto voi siete venuti ad ocupare il posto dei vostri compagni o frattelli che a sparso il
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sangue per la patria dunque anche voi guardate di battere con valore e fedelta perla nostra carra patria parole queste che spezzava il Cuore masia dovuto passare cio che a detto Il nostro Capitano (GG 120, + lexikalische Kondensation) / Al cuni lavoratori Francesi si sono mesi in fila per fare una di mostrazione ma non ano detto nemeno una parola, i miei conpagni non sapevano nula di guesto (NS 8‒9) / [17‒21: Reisebeschreibung] Cosi dopo tuto siamo arivati a superare tuti questi ostacoli di mare e di tera, e dar fine al nostro viagio di mare di 36 giorni, arivando nel porto di Fremantle West Australia (GS 21, + lexikalische Kondensation) / Il terzo [giorno] vado io èra quasi l’alba e vidi che ci sono diversi cadaveri dentro questo stagno, uno passava su il livello dellaqua colle gambe quella parte sopra il livello èra osso netto e quello che èra sotto con su la carne putrefatta èra un’annoche èrano la. Io vedendo ciò vengo di ritorno senza acqua (EM 15)
Die Bedeutungsexpansion, die neben der Fortführung des bestehenden SemMaterials mit einer stärkeren semantischen Erweiterung einhergeht, erscheint bei allen Schreibern (bis auf CP und EF) relativ häufig. Sie dient meist als narrative Technik der ausschmückenden oder veranschaulichenden Aufzählung (z. T. von Namen/Personen), wodurch oft gleichzeitig ein neues Thema oder ein neuer Erzählabschnitt eingeleitet wird. Sie erfolgt in den autobiografie popolari ausgehend von: lexikalischen Wörtern/Ausdrücken: cera, tanto;intrallazzo;e tanta camurra un paro;di scarppi;I3 milalire,unvestito;20 mila lire;che poteva robare robava li carabin ere,non comantavino; piu,e sparte,li tempolate,dovevino;tastare;se parlavinp; se prlavino (VR 573‒574, metaphorisch) / io aveva I3 feste;di pascua,che non faceva a chiaramonte […] queste, I3,pascuie liaveva passato; 5 a recalbuto;dal 30 al 35;una laveva pasato;a tobruche,nel I936; 37; 38. e 39.a lafrica oreintale,del I940 misono; sposato;e mianno; chiamato;per soldato;4I e 42:mi nesono;antato;incermania;allavorare;nel carbone,e la pascua del I943;miloffatto;a chiaramonte (VR 621) / non c’era neanche un gioccattolo: proprio nò! giocavamo con dei sassolini, della terra, facevamo piattini, tavolini, palline ecc. ecc….. (CM 14) / la miseria di una volta: quanta miseria che c’era un tempo, poco di tutto: poco pane: poco da cambiarsi, si mangiava quasi sempre polenta, si lavava con la lesia fatta di cenere: che è la legna bruciata […] eravamo tanto fitti, fitti che c’erano anche i pidocchi, avevamo per letto i materassi con dentro i cartocci che erano le foglie delle pannocchie di frumentone (CM 56) / La sua famiglia eravano: sposo, la mogli e due figli femmini, una a 14 anni di età, una bambina di due anni. (TB 8) / essa aveva tutte le grazie che io speravo: era bella, giudiziosa, seria e tanto educata (TB 77) / là madre dava un piccolo regaletto, un pezzo di tella per farsi un grembiule, ò un abbito. (VZ 49) / che fece impressione fu croce rossa cavalli e uomini colla loro divisa (CP 152) / adolorai non poco, piansi di rabia, Rimasi un pò di tempo a letto, ne provai più di quanto si puo descrivere, male, fame, Angoscie, Tristeze, avenimenti, momenti di colera (EF 101) / siamo arrivati al posto destinato In Zibirie fuori dalleuropa eravamo in Asia Citta Strentischi (GG 123‒124) / Nel 1888 ho conperato la Famiglia Reale con su Sia Maesta Re Umberto Regina Margherita e il Principe Vitorio. col Principe Amedeo e Principesa Letizia (NS 10) / i nostri paesi dela nostra vale era i paesi dai tre F,, Fame, Fumo, e Fredo (GS 34) / una conpagnia di sete conpagni, fra i quali vi era mio fratelo Giuseppe, Andrea Balduzzi Simone Scaia, Batista
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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Balduzzi, Sereno Armani di Agrone, e uno di Lardaro che tuti li chiamavano il Boch (GS 62) / [nach Angriff] troviamo un disastro di 15 tende non una èra in piedi e anche la baracca del battalion èra mezza disfatta. Èrano scoppiate diverse da 230 mm li attorno (EM 6‒7, metaphorisch) semantisch relativ allgemeinen/leeren Wörtern: io:una volta,offatto;unatto;di vero, signore,e di vero;calantuomino… [es folgt eine zweiseitige Beschreibung eines Ereignisses, bei dem Rabito einen alten Bekannten trotz jahrelangen Streits wegen Geldschulden, die dieser bei Rabito hatte, heimlich (d. h. ohne Abgaben an den Staat) Getreide in der Mühle mahlen lässt, in der er als staatlicher Aufseher arbeitet, da dessen Familie sonst nichts zu essen gehabt hätte] (VR 515‒517) / mia nonna aveva sempre qualcosà dà darmi nelle tasche di quella lunga, e larga veste noci nociolle castagne ò qualche mella, non cèra biscotti ò bombi, mai visti. (VZ 86) / Un’altra còsa che mi piace tanto: Qui non vi è subberbia) Qui tutti chì si conosce e anche altri ti salutano, sia impeghatti maestri dottori e qualunque impiego che anno. Io ò làvoratto per 13 anni all’ospitale à fàr pulizie, e ci sonno diversi dottori, quando ti passano davanti sempre saluttavano. non c’e nessuna diferenza dal alto e il basso sono tutti amichevoli (VZ 105) (Indefinit-/Demonstrativ-)Pronomina (v. a. tutto, aber auch niente, nulla, nessuno, quello): non avevamo niente [Absatz] avevamo solo: 25. lire e 25. chili di farina, 3 tovalie vecchie e un po di piatti vecchi […] non avevamo niente nè tavola nè seddie nè soldi per comprarcele (CM 25‒26) / Tutto il resto non so nulla, se mio padre è vivo e dov’è non lo so, se mia mamma è ricca o povera (TB 15) / nessuno le chiedeva piú di sposarsi né giovane né vedove né vecchie (TB 37) / Qui tutti chì si conosce e anche altri ti salutano, sia impeghatti maestri dottori e qualunque impiego che anno. (VZ 105) / Sognai di tutto, di asalti, di sangue di morti di pericoli, di fame, e d’ingiustizie dei miei cari e di quella donna che li pensavo sovente (EF 92) / In questi primi anni che mi trovava sula costa del pacifico aveva fato e provato un poco di tuto per fare la vita, aveva lavorato nele miniere dal carbone, nei Boschi, nele segherie dal legname, una stagione al Alaska, e sula ferovia (GS 89) / Quando fù giorno duealla volta andammo a prender quello che cèra ancora di buono. Io avevo la tenda con un pattulia da Pozza di Fassa. lui trovò la sua biancheria tutta in pezzi il ruchah [] Inservibile il mantello tutto brandelli (EM 7)
Auffällig ist, dass nach Abschluss einer bereits erfolgten Expansion oft (allerdings nur bei VR und TB) nochmals ein kondensierender Ausdruck (oder umgekehrt; vgl. dazu z. B. den Beleg TB 127‒128 im Abschnitt zur Bedeutungskondensation) eingefügt wird (vgl. zu ähnlichen Hyperonymie-Belegen Anm. 286). Dadurch werden Anfang und Ende eines Expansions-Abschnitts deutlich signalisiert. Oft wechseln Kondensation und Expansion einander (z. T. sogar mehrmals) ab. Dies alles zeigen z. B. die nachstehenden Beispiele: prima che,partissero;anno;scachiciato; tutto;nel paese; calline; coniglie; polle? qualcagnello; capre;pecore;vache; [ab hier erneut Bedeutungskondensation] sianno; carrecato;tutto (VR 128) / un sacco;dirobba […] tre camicie tre vestite, tre coperte e [ab hier erneut Bedeutungskondensation] tante altre cose (VR 460) / la nostra famiglia era grande ma bene attrezata: possedevamo circa 20 salme di terra tra affitto e terragi e qualche
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pezetto di proprietà, due muli buone per lavorare e il carro per trasportare la roba a Palermo, quattro vacche per il latte e fare anche uso allavorare la terra, circa 50 pecore e capre per formagio. [ab hier erneut Bedeutungskondensation] Eravamo arrivati alla posizione di passare burgisi, [ab hier erneut Bedeutungsexpansion] di frumento, ceriale, cacio: [ab hier erneut Bedeutungskondensation] insomma, eravamo da una buona posizione chiamate burgisi. (TB 8) / Mentre mia moglie la sua spesa l’ha fatta in ogetti diverse come coperte, centre di tavole, [ab hier erneut Bedeutungskondensation] insomma tutto materiale di robba. (TB 114)
4.2.1.1.3 Semantische Progression und konzeptuelle Assoziation: minimal rekurrierende Substitution Im Gegensatz zu den bisher behandelten semantischen Relationstypen steht bei den hier betrachteten bildhaften Ausdrücken sowie bei Frames (bzw. Isotopien) weniger die Rekurrenz von Semen als die Zunahme neuer Information im Vordergrund, deren semantischer Spielraum durch die jeweiligen textuellen Bezugspartner weniger festgelegt ist als bei Synonymie, Antonymie, Hyponymie oder Bedeutungsexpansion, so dass man hier von semantischer Progression sprechen könnte. Außerdem spielen dabei nicht nur lexikalischsemantische Relationen zwischen den jeweiligen Bezugspartnern, sondern vor allem kognitive Assoziationen zwischen den damit (im mentalen Lexikon) verbundenen Konzepten eine Rolle: Im Fall der Metapher werden zwei Konzeptbereiche (kreativ) durch (periphere, perzeptuelle, funktionelle oder (inter-)subjektive) Similarität verbunden; bei Metonymien besteht die Verbindung durch (sachliche, auf Wirklichkeitserfahrung bzw. Weltwissen basierende) Kontiguität innerhalb eines Konzeptbereichs, zwischen einem Frame und einem Teilaspekt davon oder zwischen kontigen Frames. Diese beruhen ihrerseits auf dem Prinzip der konzeptuellen Kontiguität, indem sie als globale, gestalthafte, kulturspezifische und vor allem prototypische Wissenskontexte Verbunde von Konzepten abbilden, die mental oft gemeinsam oder konsekutiv wahrgenommen, gespeichert und abgerufen werden, wobei aber Variationen durchaus möglich sind, denn sie dienen ja nur als kognitive Einordnungsinstanz.289
289 Vgl. dazu Koch/Oesterreicher (1990, 102, 114‒120; 1994, 591; 2001, 599‒600; 22011, 120‒129), Halliday (1992, 168‒173), Ferrari/Zampese (2000, 382, 385‒387), Lühr (62000, 297), Blank (2001, 34‒44, 54‒66, 74‒86), Brinker (52001, 36‒40), Schwitalla (32006, 149, 151, 162‒164), Bußmann (42008, 270, 308‒309, 434‒437, 445‒446), Kern (2010, 1‒60, 105‒227, 237‒250), Rouayrenc (2010a, 300‒309), Heringer (2011, 263‒268) und Ferrari (2014a, 243‒244).
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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Mit folgenden bildhaften Ausdrücken290 wird in den untersuchten Nonstandardtexten auf jeweils koreferente bzw. im Vor- oder Nachtext bereits genannte Elemente verwiesen: Vergleiche: tra:me diceva;ma,come;io;mitrovo; qui; che;mipare che mianno; fatto; uno; miraculo? […] edera,contente, come una pascua; come quanto;cera una festa;perche dpveva antare;a trovare,alla mia madre (VR 377) / i tedeschi […] tanti li anno fatto inginocchiare con le mani sul capo […] poi le anno datto tante botte come picchiare dei somari! (CM 32) / Cosí questa ragazza è rimasta in casa come mala sposata e nessuno le chiedeva piú di sposarsi, né giovane né vedove né vecchie: essa rimasta in casa dei genitori lavorando in casa come animale e trattata come asina. Essa soffriva, i fratelli e i genitori essendo tutti inalfabeti e nell’ignoranza la trattavano come una schiava (TB 37‒38) / la mia mogli […] ha nutrita e servita la sorellina piú piccola con tutti lo affetto […] tanto che piú la piccola cresceva piú si amavano. Tutti due sorelle […] si amavano come due anime ma un solo corpo (TB 85) / Le stanze dà letto èrano fredde […] èra come il ghiaccio (VZ 22) / I nostri bravi capi, Italiani, mandavano i suòi soldati sotto come le peccore, dà macèllo […] sono cose inumane mandare àl macello questa povera gioventù (VZ 51, + Metonymie) / Tutto il denaro che aveva risparmiato per farsi una posizione e sposarsi è andatto in fumo. La Germania e andata in falimento, e là moneta èra come carta di giornale (VZ 63, + Metapher) / quella persona sconosciuta […] mi vien vicino, e acende leletrico, lo conobi subito ch’era il magiore pero in quel momento mi sembrava calmo come una tartaruga (EF 69) / Si dormiva in qualche baraca allaperto come le bestie in sul fior dellistate […] e poi invagonati come i buoi (GG 123) / bisogna vedere li Italiani sono svelti come li uceli (NS 12) / il mare era placido e belo come fose tanto oglio (GS 20) / Mi danno un’arma ben austriaca ma baionetta non ne avevano per questa, me ne danno una di quelle del tempo di Napoleone lunga come una sciabola (EM 3) / quando siamo entrati io èro dei ultimi e mi toccò star proprio in fondo al giroscale e in piedi. Eravamo dentro affollati come le sardine in scattola (EM 16) Metonymien: avemmo; troppo;paura […] tutte;li ragazze;del 99? […] avemmo; il cuore, di, picole (VR 51‒52) / quante; morte,e ferite,che cerino […] fu la prima; battaglia,che io;ofatto; che;della;nostra,bricata, ancona nianno;ammazato;liaustriece,piu della mita […] con questa, carnifecina;che cia stato;deventammo;tutte, macellaie; di carne unamana (VR 51‒52) / [nachts im Krankenhaus] non sivedeva,unarmma viva,e neanche;sorelle cerino (VR 833) / io aspettavo un bambino che pure ero una bambina anch’io (CM 21) / la mia fidanzata […] a me non pareva l’ora di andare a vedere la mia bella (TB 10) / è morta […] ha spirato la sua anima (TB 33) / ricordo uno di Levico che bestemiava e io misono chiuse le orechie per non udirle (NS 3)
290 Auch wenn nachfolgend verschiedene Subtypen getrennt voneinander betrachtet werden, steht hier im Gegensatz zu Kapitel 4.1.2.4.2 die Frage im Vordergrund, ob in den Nonstandardtexten durch bildliche Verfahren (egal welcher Art) Kohärenz erzeugt wird. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf kognitiven Assoziationsrelationen; ob diese sich möglicherweise gleichzeitig als (Bedeutungs-)expandierende bzw. -kondensierende, synonymische oder paraphrastische Strukturen (zu Hinweisen darauf vgl. auch Kapitel 4.2.1.1.2) einstufen lassen, spielt hier keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle.
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Metaphern: una;vita; dacane […] questa, brutta, vita […] una vita, troppo; dura (VR 19‒20) / 20. ciorne; di;parariso; che bella; vita; ditrapone […] fenio; la, bella,vita; di trapone […] la vita,buona; fenie (VR 21) / quanto; veniva io;veneva la pace nella casa; perche sempre, portava;solde (VR 256, + Personifikation) / come, revareno;i miei,figlie parecavessero; arrevato;2 piciridde,rognose (VR 685) / questa;partte desonesta […] queste;porche riei (VR 758) / la parola di sua sorella per mia moglie; era; uno atto; fatto; del notaio; mentre la parola mia che erino; parole sante: che io laveva levato; della vicaria,non valeva niente (VR 919) / quando si è giovani lè cose sono sempre belle […] si vede solo rosa (CM 38) / Passi innoservata; Rappresenti una formica nel mondo (CM 45) / mio marito […] morì, pensate il mio stato d’animo, mi sembrava di essere appesa ad un filo… (CM 46) / La piú grande delle figlie femmine, quando aveva 15 anni si era innamorata di un giovinotto […] la signorina i genitori l’hanno fatta fidanzata con un altro giovane di posizione buona, ma in confronto al primo giovenotto questo era una sagoma, sia per belleze che per talento e per tutto il resto era un sempolo di uomo (TB 36‒37) / padelle pignate paiolli erano di rame ò ferro, La pignata che si usava per fare là minestra, se là faceva stagnare ma non durava à lungo; La minestra che cèra in avanzo si doveva subito prenderla fuòri, èra veleno lasiarla in quei recipienti. (VZ 33) / conobbi mio fratello tutto traformato dai grant strappazi pasati mi sembrava il martire della morte in persona (EF 80) / ci faceva la zupa di pese marcio Lera acqua salza (GG 124) / un grande vento caldo […] quel aria calda, che pareva fiame che sortiva fuori dal inferno (GS 41)
Unter den bildhaften Ausdrücken, mit denen in den Autobiographien (wie in anderen narrativen Texten auch) Kohärenz zum Ko-Text hergestellt wird, sind Metaphern und Vergleiche in allen Texten die frequentesten Mittel. Jedoch handelt es sich dabei, wie die obigen Belege zeigen, meist um gängige Stereotype und Redensarten. Auch bei der Verwendung besonders expressiver (d. h. drastischer bis übertrieben-ironischer) Metaphorik aus dem familiär-vulgären Bereich (z. T. auch Schimpfwörter; frequent nur bei Rabito und Fusari) sind die semicolti eher wenig erfinderisch und einige types werden zudem oft wiederholt: il padrone […] questa, crante; bestia […] questo; animale […] questa; bestia […] era; umpezzo; di;bestia (VR 6) / quello; mascazone; di;macherise […] questo; delenquente; e bastardo […] questo; figlio; crante, butana […] questo; desonesto (VR 190) / vanno; dicento;che sono signore […] mentre sono:diavole; questa maledetta, razza […] questa, razza:caina (VR 809) / alla prima volta che ciabiammo; visto; con queste ingegniere,uno; di queste mia detto; rabito; valda, che suo figlio; non ciavoluto;antare; a vatania,che sipoteva fare, umpezzo; crosso;con quella crossa, ditta,e non ciavoluto;antare […] e questo; cretino; ingegniere, miadetto; malei;non ave, quello;solo; figlio;cina;altre; 2;figlie; vede che razza; di cretine;che sono (VR 911) / fare sempre la volonta altrui, per i suoi caprici e siochi pensieri, e chi frustano sempre in quella mente zucona, e affezionati alla patria di cui non conosce altro che il suo onore e amore alla patria, Poveri ciechi, e schiavi della propria volontà non pensano ai sacrifizi non conosce le barbarita non sa distinguere le infamie che ci tocca subire sotto la sua antipatica pulitica e poi dicono; chi per la patria muoie a visito
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assai: Ignoranti, sciochi selvatici (EF 25‒26) / il deto padrino pareva di esere un bravo uomo a noi ragazi, ma per quanto pare deve esere stato un qualche spacone (GS 7)
Daneben übernehmen die Schreiber häufig Clichés aus Melodrama (z. B. TB 36, 64‒65, 92; CP 136‒137, 149, 198‒199) und Kirchensprache bzw. religiöser Metaphorik (z. B. TB 98‒99; CP 136‒137; EF 100; GS 20‒21), die jeweils einem höheren, distanzsprachlichen Register zuzuordnen sind und den betroffenen Text(stell)en zugleich eine gewisse Pathetik verleihen: La piú grande delle figlie femmine, quando aveva 15 anni si era innamorata di un giovinotto […] La ragazza lo amava pazza, altretanto lui. Venuti a conoscenza i genitori […] Le […] hanno spezato tutto l’amore: ecco che i genitori hanno tolto la felicità da due cuori che tanto si amavano. (TB 36) / nel febbraio del 1955 eravamo tre fratelli con le famiglie in America, ma i miei genitore piú sole rimanevano, ed io piú sentivo il bisogno di rivederle e comfortarli, specie io ch’ero il piú grande e la mia mamma moriva per il desiderio di vederme. […] Non vi nascondo che all’arrivo in Sicilia la mia visita è stata emozionante, ma nel mio ritorno la nuova spartenza è stata tanto dolorosa fino appianto rotto. La mamma mia fino a quando mi vedeva con la vista vedevo le lagrime che gli solcavano la faccia mentre io avevo il cuore che mi piangeva. (TB 64‒65) / mi dispiace tanto a dirte questo e me ne duole il cuore (TB 92) / i dottore che l’hanno osservato hanno detto che nulla potevano aiutarla. […] l’anima di mia mamma ha preso il suo vuolo per lo eterno Cielo (TB 98‒99) / La guerra è mondiale […] Attraversiamo un’ora mestissima […] L’europa in fiame, tuona minacc[i]oso il cannone; il Sangue scorre a torrenti nelle trinceè, miliaia di poveri giovani cadono vitime della guerra le più belle contrade sono convertitte in cimiteri. Quando la misura è al colmo trabboca, e i flagelli dell’ira di Dio si scatena sopra terra. (CP 136‒137) / camin facendo osservo quà e là, Oime! sei tu mio caro fae luogo mio delizio memore di tante mie dolcezze verginee?? sei tu? io non ti conosco!!. Ad un tratto mi fermo […] mi trovo nella più profonda mestizia, pensando specialmente a bei giorni trascorsi che come il lampo fuggi e non tornano più mormorando solo qùì riposano i fiori della mia gioventù (CP 149) / Mio marito sale in ferovia con li occhi pieni di pianto io rimango a guardare col cuore gonfio quasci da spezzarsi le lagrime a stento tratenute per non dare tropo dolore a mio marito volevo farmi vedere forte coraggiosa mentre in realta non lo erro. (CP 198‒199) / credevo di dover fra breve viagiar dalaltra parta, ma non era quela la mia ora (EF 100) / la il popolo sono quasi tuti neri, e la magior parte per vestiti portano solo quela fasia intorno come si vede il nostro signore in croce (GS 20‒21)
Allerdings wirken in den autobiografie popolari auch einige kreativere bzw. ungewöhnlichere Bilder kohärenzstiftend; gerade darin besteht eine Parallele zur Literatursprache: uno;dei;parente,della mia;ricca,e nobile famiglia;di mia moglie che questo;era,il crante; pezzo;crosso;cavaliere,cannata,primo;cancigliere,della corte dassise,di catania,che io; quanto; luovisto;e;luopraticato;quento;crante,personaggio, valeva,quanto;una ramazza, miletare,che non comantava maie (VR 653, + Ironie) / Pensare che la vita è solo un ombra che passa sulla terra, come ogni cosa al mondo, e va à finire dove c’è la foglia dall’oro perciò alla morte (CM 48) / eravamo tanto fitti: che in un piccolo letto: avevamo: 4.
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bambini: all’ora il Dottore à detto ma cosè questa: una melonaia: (CM 56‒57) / dovetti subire a quel potente veleno d’indormia, era oribile confrontarlo mi sembrava la morte volesse sciaciarmi. Mi svegliai dopo più ore e mi trovai in una altra camera di quelli operati. (EF 93, + Personifikation) / poi invagonati […] 40 Soldati per ogni vagoni abbiamo girato 30 giorni di treno pieni di pidochi come se fossimo stati in un formica[i]o. (GG 123) / sul banco vi era un muchio di oro pezi di venti marchi come un grande capelo (NS 4)
Zusammen mit den bildlichen Ausdrücken aus Kirchensprache und Melodrama sowie den oft ebenfalls literatursprachlich geprägten Stereotypen zeigt dies den Anspruch der Autoren, sich einem distanzsprachlichen Vorbild anzunähern. Frames (und Isotopien)291 eröffnen ein noch weiter reichendes semantischkognitives Assoziationsfeld für Kohärenzrelationen. In den untersuchten Tex-
291 Vgl. dazu Quasthoff (1980, 95‒96), Scholz-Lopianecki (1987, 79‒85), Heinemann/Viehweger (1991, 38‒40), Adam (1994, 194‒200; 32011, 115‒118), Langer (1995, 130‒133), Heinemann (2000a), Lühr (62000, 299), Norrick (2000, 43‒44), Tisset (2000, 34‒36), Stark (2001, 642‒643, 648), Bourada (2006), Cuenca (2010, 52‒56), Schubert (22012, 52‒57, 76‒79) und Palermo (2013, 29, 34‒39). Isotopie liegt (nach Greimas 1966, 69‒101) dann vor, wenn zwei oder mehr der betroffenen Inhaltswörter (aus demselben Bedeutungs- bzw. Erfahrungsbereich) in überschaubarer Kontextnähe innerhalb eines inhaltlich abgeschlossenen textuellen Zusammenhangs mindestens ein semantisches Merkmal gemeinsam haben. Durch Rekurrenz dieses Sems bilden sich Isotopienketten, die die Bedeutungserschließung des Textes ermöglichen (vgl. dazu auch Bußmann 2 1990, 357; Lühr 62000, 296; Tophinke 2001, 1035‒1036). Dem Isotopie-Begriff der Strukturellen Semantik entspricht in der Kognitiven Semantik in etwa das Konzept des Frames: «ein globaler, gestalthafter oder kulturspezifischer Wissenskontext, eine ‹coherent schematization […] of experience› [nach Fillmore], auf dessen Basis wir Alltagssituationen aller Art bewältigen» (Blank 2001, 54‒55), der auch von Heinemann/Viehweger (1991, 66‒72) und de Beaugrande/Dressler (81996, 90‒91, 122‒129, 158, 195‒199) als Faktor der Textproduktion und -verarbeitung erwähnt wird (vgl. zur Ähnlichkeit der Konzepte Blank 2001, 54‒57, v. a. 56). Heringer (2011, 24‒25) beschreibt eine Verschmelzung des kognitionswissenschaftlichen Konzepts von Frames, nach dem das «semantische Gedächtnis […] organisiert [ist] in Form von sog. Schemata, die statische Frames umfassen wie auch Skripts für erwartbare Handlungsabläufe» mit den linguistischen «Satzframes, die bestimmt sind durch die Valenz eines Verbs». Für ihn (2011, 24) sind Frames in unserem Wissen «als offene Muster mit Slots oder Leerstellen, die in der Kommunikation gefüllt werden […], inferenziell oder assoziativ hinterlegt» (vgl. dazu auch Heringer 2011, 108‒109, 145). Auch Metonymien können als konzeptionell-assoziative Kontiguitätsrelationen, die auf dem Figur-Grund-Effekt basieren, vor dem Hintergrund von Frames gesehen werden (vgl. Langer 1995, 114‒116; Blank 2001, 79). Zwar nicht auf der Ebene der parole, der die bisher genannten Phänomene zuzurechnen sind, aber auf der Ebene der langue spielen hier auch Mitglieder eines Wortfeldes (vgl. dazu Bußmann 21990, 854‒855; Geckeler/Kattenbusch 21992, 92‒93; Blank 2001, 15‒18) eine Rolle, zumal eines oder mehrere solcher Wortfeldelemente, die im Gegensatz zu Wörtern aus einem
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
217
ten spielen vor allem die Frames ‘Krieg’, ‘Familie/Liebe’, ‘(alltägliche) Arbeit/ Aufgaben’, ‘Leid’ und ‘Emigration’ eine wichtige Rolle für die Kohärenz. Allgemein(gültig)e Inhalte aus diesen Frames, die alle untersuchten Autobiographien auf jeweils ähnliche Weise global zu einem Ganzen verbinden (bzw. immer wieder re-thematisiert werden), da ihre Autoren ähnliche Erfahrungen gemacht haben bzw. ähnliches Weltwissen teilen, finden sich z. B. in folgenden Belegen: Krieg: la querra (VR 21, 27, 34, 68, 108, 133, 159, 306, 375, 377 und passim; CM 16, 30‒33; TB 6, 39) / soldato/e (VR 20‒21, 23, 48, 60, 94, 113, 160, 448, 451, 453, 457, 462 und passim; TB 6,8, 10) Familie(nmitglieder): famiglia (VR 1, 22, 25, 36, 102, 126, 448, 452, 454, 456 und passim; TB 5‒6, 8‒10, 38, 45, 79, 90‒91; VZ 61, 69, 86; GG 119; NS 1‒2) / dimando […] dei miei (EF 103) / i/li parente/-i (VR 477, 500, 510, 581, 685, 794, 889, 994, 1024; TB 6, 64‒65, 78‒79, 117, 134; VZ 53, 69, 90; CP 134) / i miei genitori (CM 17, 20, 33; TB 5, 10‒11, 45, 55, 64, 78‒79; EF 109; NS 2, 4, 56; GS 1) / mia madre (VR 1, 10, 28, 42, 102, 162, 448‒449, 452, 458‒459 und passim; VZ 16‒17, 33, 52, 61, 77) / la madre (NS 1‒2) / la mamma (VR 162, 398, 451, 455‒456, 458, 477) / la mia mamma (CM 13‒16, 22, 29, 31) / mia mamma (TB 5, 10‒11, 21, 30‒31, 55, 64‒65, 78) / padre (VR 1, 10, 377, 476‒477, 933, 994; CP 135, 163, 176, 202) / mio padre (TB 5‒7, 11, 65, 78; VZ 17; EF 85; GS 2‒3, 10) / il mio papà (CM 15‒19) / il babbo (CP 190‒191, 202‒203) / la mia zia (VR 10, 102, 457) / mia zia (VZ 77, 93) / (lo) zio (VR 10; VZ 61, 86‒87, 89, 92‒93; GS 2) / mio zio (TB 5‒8, 39; NS 2) / i miei zii (CM 14; EF 102) / Zia/zio/zii (CP 147, 176, 191, 202‒203) / la/mia moglie (VR 377, 398, 454‒457, 500, 559, 581, 630, 685, 933, 994, 1024 und passim; CM 23, 31; TB 30‒31, 38, 45, 55‒56, 64, 90‒91, 125) / il marito (CM 21‒25, 28, 30‒31, 37, 44‒47, 54‒56) / mio marito (VZ 61, 89, 92‒93, 105‒106; CP 123, 163, 176‒177, 191, 202‒203) / sposo (CP 123, 134‒135, 176‒177) / fratelle/-o (VR 362, 377, 398, 448, 452, 455‒458, 562, 581 und passim; VZ 52‒53, 61; CP 135, 163; NS 1, 9, 11; GS 2‒3) / fratell(in)o (TB 5‒8, 64‒65, 78, 102‒102, 116) / fratellino (VZ 16) / frattelli (CM 13‒14, 19; VZ 61; NS 1) / sorella (VR 377, 398, 450, 455‒456, 630, 685, 794; CM 17; GS 10‒11) / sorella/-e (CP 134‒135, 162, 190‒191, 202‒203; NS 1) / figlio (TB 39, 56, 79,
Isotopiebereich bzw. Frame immer alle derselben Wortart angehören, durch Nennung in einem Text ja automatisch in den Bereich der parole überwechseln. Die im Folgenden aufgezählten Textbelege entstammen jeweils bestimmten Isotopiebereichen (teilen also Seme miteinander), Frames (sind darüber hinaus also auch kognitiv miteinander verbunden), oder, noch allgemeiner gefasst, gemeinsamen Einordnungsinstanzen (= GEI, Terminus nach E. Lang), womit Heinemann/Viehweger (1991, 35) zufolge «die Einheitlichkeit des übergeordneten Gesichtspunktes, […] die Tatsache, daß formal nicht miteinander verbundene Sätze dennoch als zusammenhängende Texte verstanden werden können (Superthema)» gemeint ist. Diese Definition der GEI weist Berührungspunkte mit der thematischen Progression durch (von einem Hyperthema, vgl. dazu Kapitel 4.2.1.3.3) abgeleitete Themen auf, jedoch sind die einer GEI zugehörigen Textelemente nicht an eine logische Beziehung zwischen aufeinanderfolgenden Äußerungen gebunden, sondern können überall im Text erscheinen, da sie allein aufgrund ihres semantischen Gehalts kohärenzstiftend wirken.
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
90, 116, 124‒125; VZ 53, 61; CP 163; NS 1‒2) / figlie (VR 449, 455‒456, 458, 581, 685, 748, 794, 889, 1024 und passim) / figli (CM 14‒16, 23, 28‒29, 32‒33; CP 176; EF 109; NS 1‒2) Arbeit: il lavoro (VR 1, 6, 11, 14, 302, 360, 449, 474, 675, 763, 886, 928 und passim) / lavorare/lavorava (VR 6, 14, 214, 240, 302, 360, 413, 452, 455, 460, 474 und passim; CM 18‒19, 28, 31, 33, 37, 39) / il padrone (VR 6, 240, 527, 606) / paga/-re/-va (VR 6, 413, 675, 763, 859, 928) / quadagnare/-a/-va/-ino/-to/-se; il pane/solde/lire; 5. al ciorno (VR 14, 214, 240, 461, 474, 606, 675, 715, 996)
Darüber hinaus füllen die Autoren die oben genannten Frames mit individuellen Inhalten, wenn es um speziellere Subtypen bzw. um die Darstellung individueller Erlebnisse und Erfahrungen als relativ überschaubare Erzählepisoden über relativ kurze Textdistanzen hinweg geht: VR: Schlacht am Piave im 1. WK: li pallotele fischiavino (92) / pricioniere (94) / questa, bella, e crantiosa, battaglia (94) / sparare (94) / nel piave […] liaustriece, erino; morte;che;aveveno; perso; questa,vanetosa, per loro;battaglia? (94) / ferite;amirecane inchelise, francise, tedesche, austriece (94) / tutto;avevastato; destrutto (94) / Luftangriff im 2. WK: bombe (458, 463, 489) / abiammo;passato;il primo;spavento;che anno sonato;liallarme;e liamirecane,anno cominciato;a butare bumme (462) / butare bumme (463, 485) / li bommbe che anno cetato; liamiregane (479) / li bombardamente (471, 473, 487‒488, 490, 498) / la parecchie mireca sparavino (463) / tutte lialtiglierieie,che sparavino (488) / li cannone/a (463, 488) / sipoteva morire (464‒465, 473, 485) / m(u)orte (471, 484, 494) / muorte,e tante ferite (474) / una notte, ciastato;una incorsione aeria; e una bomba,fece cadere pezzo;di quella casa (470) / eroie,che avevino;morto;per la padtria (472) / sonavino;liallarmi (479) / liallarme (484‒485, 487‒488, 494, 496) / uno dovello;aerio;tra amirecane,e tedesche (486) / de strutte (488, 494, 497) / destrucere (489) / uno;crosso; proietolo (488) / il tiro (488) / fare; bersaglio (488) / atacco aerio (507) / Hochzeit: matremonio/matrimonio (398, 413, 449, 451, 477) / lafidanzata (398) / maretare(me/-se) (398) / fuommo;fidanzate (455) / miaveva sposato (450) / mi sposava (456) / maretato (455) / mi sono ammogliato (467) / aveva;fatto; parentera,con questa,razza;de scraziata,di segnore (451); Arbeit im Straßenbau (mehrere Episoden): cantiere (302) / il capo;cantiere (302, 474) / cantoniere (477, 715, 886, 1021) / li manovale (360) / devento;ptrsedente dellamministrazione;provinciale,e tido il posto;di cantoniere (456) / la qualifica,di piconiere (449‒450) / uno;zapune (449‒450) / zappare (449) / capo;manipolo;di tutte, lo;peraie,della provincia di raqusa (461) / caposcuat/dra (461, 464) / lamministrazione provinciale (675, 715, 803) / lalpaltatore (675) / incegniere (859, 886, 928, 1011) / ciomitra (928) / Arbeit im Kohlebergwerk: miniera/e (458, 460, 463, 474) / minatore (463) / scepanno;carbone (463) / le crante,industre,della cermania (463) / fabrichi (487) CM: Arbeit im Haushalt: filare (15) / lavare gli stracci (15) / scaldare il letto (15) / pulire i vetri (21) / fare da mangiare (21) / Arbeit in der Landwirtschaft: lavori agricoli (13) / andavo dietro alla macchina del frumento à lavorare: ò legare la paglia: ò bottole quando venivano fuori dalla pressa (17) / girare il grano (19) / fare le stroppe per legare lè viti (19) / io lavoravo come salariata con mio marito (28) / tutte le mattine dèstate andavo à prendere l’erba; alle .4. per le mucche (28); Liebe/Hochzeit: affetti (13) / non avevo mai pensato; che quel bel ragazzo che
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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avevo visto per la prima volta alla macchina; mi domandasse di fare la more (18) / se ti piacio, parleremo di nascosto e quando avrai compiuto .16. anni si sposeremo (18) / il nostro amore libero. erano .2. anni che si guardavamo, qualche parola, qualche sorriso (20) / siamo scappati […] Quale nozze, chi parlava di nozze allora…. (20) / vita matrimoniale (20) / il matrimonio non è come un paio di scarpe, che quanto non ti piace l’è puoi cambiare; ma la moglie deve durare tutta la vita! Perchè sposarsi è una cosa; ma dovere mantenere una famiglia è un altra (37‒38) / Ò […] tanto amato (69); Leid (Trauer über den Verlust des Ehemanns, Kummer/ Schmerz): dolore (34) / non sò come ò fatto: fare tutta quella vita !!! […] come ò fatto fare tutta quella tragedia di vita! (35‒36) / era un sacrificio continuo, mà! mà!! mà!!! (36) / i guai non mancavano mai (39) / non c’è altri dolori al mondo che à vedere il marito morire o il compagno della tua vita […] il dolore, ò dispiacere non te la tolie nessuno (44) / il destino è stato troppo crudele con noi; perchè soffrire così: che ò fatto? (45, 54) / piangere (45, 56) / una disgrazia (47) / le lacrime d’amore (49) / lacrimare (54) / hai sofferto, tribulato (54) / tristezze (56, 68‒69) / dispiaceri (56) / sono triste (68) / soffrire (69) TB: Arbeit in der Landwirtschaft: coltivando questa terra (7) / il lavoro alla campagna (7) / faceva di mestiere il pecoraio (7) / lavorare (8) / zappare fave (17); Liebe: io e la figlia da 14 anni siamo iniziato a fare l’amore: piú crescevamo, piú forte l’amore si attaccava (8) / ci siamo spiegate fidanzati ufficiali (9) / la mia fidanzata (9‒10, 17‒19) / ho preferito sempre piú all’amore proprio e al rispetto (9) / lettere e cartoline d’amore (9) / Mi si è spezato il cuore (10) / Il mio cuore ne ha amato solo uno cuore, non vuole amarni un altro (15) / l’amore (16); Emigration nach Amerika/USA: emigrare in America (45) / Iunarsteti America (45) / lasciare la mia terra nativa (46) / lasciando la cruda e misera terra siciliana per andare nei Stati Uniti di America (46) / l’imbarco (46) / la spartenza (46) / la nave inviandosi verso la America (47) / arrivati in America (56) VZ: Arbeit im Haushalt: si lavava i panni più sporchi e i panollini dei bambini e di noi donne (32) / Per lavare le stoviglie si adoperava acqua calda un straccio insaponato, e cènere (32) / tutti i sabati si portava i recipienti alla fontana per lucidarli; secci padelle paiòlli e cettera (33) / ò sempre aiutato mia madre at’agiustare le lenzuolla (33) / lo stirarre èra un lavoro redicolo […] Si stirava in premura perche cèra molti altri lavori da fare, Il ferro stavà caldo per un po’ pòi le bracce morivano e non si potteva andare avanti col lavoro. (47) / Pure à prepparare il caffe impiegava tanto tèmpo e làvoro. (47) / andavo à farre i letti e riordinare le stanze (77) / fare il bucatto (77) / Arbeit in der Landwirtschaft: lavorare tutto à bracio con la zappa e il badile (19) / chi lavorava qualche pezetto di terreno con laratro tirato dàl bue ò dal cavallo (19) / si doveva portare làqua a secchi (19) / si seminava (19) / falciare lerba (19) / fasciavano il fienno (19) / dar mangiare alle mucche, mungere e portare il latte al casificio […] Poi pulirle, metterle sotto del fogliame […] se le condu[ce]va alla fontana à berre […] pulire la stalla e portare via il lettame (29) / Le capre destatte […] tutti i giorni venivano condote tutte asieme, nel bosco à mangiare (41) / I capretti che si àlevava se le teneva à casa non erano cappace di seguire le capre nel bosco (41) / costudire le mucche (77) / à sempre lavorato forte in campagna (86); Emigration nach Canada: le emigrazioni per il Canada (89) / è partitto (89) / il viaggio (89, 91) / 2 bauli 2 valigge (89) […] bauli e valigge (90) / il controllo delle carte e pasaporto (90) / siamo arivati in Canada à Alifax (90) / Siamo sbarcatti (90) / Li emigranti (91)
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
CP: 1. WK (Einberufung, Schlacht und Gefangenschaft des Ehemanns): la più grande guerra che s’abbia vista sulla terra, guerra Europea (123) / carta di ricchiamo (123) / ferito (134, 146) / la sua compagnia (135) / chiasso e ribombo di botte (146) / paura (146) / guardie (146) / soldato/-i (146, 162, 191) / l’ordine (147) / trincèé (147) / la visita (162‒163) / un orrore (162) / una […] stragge (162) / fortezza (163) / la milizia (163) / la guerra (176, 191) / Qualle strazio qualle angoscia, quanto dolore! (177) / priggioniero (177, 203) / la croce rossa (177) / internati a Vienna (177); Bau von Verteidigungsanlagen am Monte Faé bei Nomesino: noi siamo circondati da lavoratori che fanno trincèé (136) / tutti l’uomini sotto 50 anni devono andare al lovoro pel governo […] anche mio padre (ma volontario). qui sul nostro faee. (136) / vedo un numero di uomini […] Non si potteva più passare dalla folla di forestieri […] sono 300 uomini […] Son tutto lavoratori della nostra selva; faee (140‒141) / il ribombo delle mine (141) / bisogna accettare ed allogiare i forestieri (142) / il Governo li mantienne hanno il lor managio come milittari (143) / un Zufier [] […] sorveglia i la voratori del nostro faée (144) / I lavori continuano energicamente dal ponte di Sacco in su fino al nostro faé […] si anienta campi si talia piante si travolge tutto sosopra (145) / festa sollene di Pasqua anche i lavoratori sulle trincèé le fu ordinato di sospendere (147) / scorgo un grande foro scavato nella rupe, a forza d’uomini e di pichi questo e il lavoro dove lavora pure mio padre Cesare. (149) EF: Wehrdienst: vita militare (11) / caserme/-a (11‒13, 56‒57) / compagnia/-e (12, 22, 57, 68) / un’oficiale (12‒13) / Regimento cacciatori (12) / caporale (12‒13) / Reclute (12) / soldato/-i (12‒13, 57) / montura (12) / comandante/-i (13, 42, 68‒69, 84) / disciplina (13) / larma (13) / il mio capitano (22, 43, 56) / uficiali (34) / servizio (34); Schlachten im 1. WK: lordine (34, 42, 68) / fuor avanti (34) / ci vien ordinato (35) / il fucile (35) / rivoltella (35) / due soldati russi (35) / preda (35) / sbarare (42) / artilerie (42) / colpi [di fucile] (42, 69) / avanzata (42) / fucilate (42‒43, 85) / fucile (42, 85) / morto/la morte (42‒43, 56, 84) / fuggire (42) / baionetta (42, 69) / fuoco/-chi (42‒43) / ferito/-i (43, 103) / trincee [russe/nemiche] (43, 69) / il tuono dei canoni, e il fragasso, delle mitragliatricci (43) / orore di morte (43) / una balla mi colpisce nella sciena (43) / granata/-e (43, 68) / campi ingrespati di sangue (56) / cassa di monizione (68) / il nemico (68‒69, 84) / spie (68) / cartuce (68, 84) / combatimento (68) / una guardia (68) / Lartilieria austriaca (69) / fuochi, fumo, chiasso! urli, tuoni, maledizioni, preghiere […] inferno (69) / un si tremendo pericolo (69) / ritirata (84) / sanquinati (85) GG: Schlacht im 1. WK: soldato in guerra (118) / Ribonbi di Canoni (119) / combatimenti (119) / all’armi (122) / le balle […] da canone (122) / cadavere/-i (122‒123) / morto/-i (122) / il/i nemico/-i (122) / macello (122) / ferito/-i (122) / una palla (123) / i Ronbi di canoni (123) / Gefangenschaft: Pregioniero in Russia Sibirie Asia (123) / si dormiva in qualche baraca allaperto (123) / Si pattiva un fredo tremendo la fame errà sempre commè (123) / invagonati (123) / stanchi dal lavoro del giorno si dormiva poche ore (126) / faceva molto fredo (126) / pregioniero/-i (122, 126‒127) / comando Ruso (126) / gambe gellate (127) NS: beruflicher Werdegang: sono partito per andare sui publici lavori (2) / rifare le forteze verso la Francia (4) / noi ne fa cevamo le cariole legere (6) / lavoravimo anche in cemento (6) / o cominciato io a fare il casaro (9) / il cascificio (9) / Nel 1900 o incominciato la vita politica (12) GS: Arbeit in der Landwirtschaft: tagliare il furmento (1) / far legna (2, 30) / il mio lavoro era senpre di andare a far pascolare la vaca e le capre (2) / batere il furmento (3) / lavorava a
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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coltivare verdura (4) / vendere verdura (4) / lavorava nele segherie dal legname (11) / si lavorava senpre in canpagna quando fava bel tempo (11) / lavorare e coltivare la canpagna (48) / tagliare il fieno (48) / lavorare nel bosco a tagliare piante (48); Arbeit im Kohlebergwerk: lavorare nele miniere (22) / fare il carbonaio (22, 27) / chi lavoravano nele mine dal oro, chi fava il carbonaio (30); Emigration: emigrazione (22, 42, 60) / non facevamo altro che dimandare conto dei nostri paesani e patrioti dela nuova colonia (22) / Il nostro canpo di Anaconda sia quelo di Wetesrburg dove si era il primo tenpo era considerato il piu forte grupo di paesani (30) / emigranti (42) / la mia partenza per l’America (50) / siamo inbarcati subito col Vapore Piladelpia dela conpagnia Americana […] e la matina dopo eravamo gia in viagio a dar principio atraverso l’Atlantico (59) / la matina del 21 febraio si cominciava a vedere i gratacieli del cita di New York,,, e ancora il medesimo giorno sono sbarcato […] et arivato nel paese di Solvay (60) EM: Schlacht im 1. WK: assalto (6, 8) / trincea/-e (6, 8) / l’ordine (6, 8, 15) / comando (6) / morto/-i (6, 12) / le spaccava la testa (6) / le scoppia una granata a mano sul ventre la lo ha fatto in tre pezzi (6) / un ginocchio forato da palla di fucile (6) / un Salisburghese di 20 anni, piangeva (6) / conquista (8) / prigioniero (8) / scapparono (8, 12) / magazzino (8) / cannonate (8, 12) / si riceveva il cambio (8) / granate a mano (12) / lancia mine (12) / cannoni (12) / sparavano (12) / ci hanno attacati (12) / ferito (12) / il nemico (15) / ritirata (15) / cadaveri (15)
4.2.1.1.4 Zusammenfassung Wie die oben aufgeführten Textbelege zeigen, erweisen sich die untersuchten Nonstandard-Autobiographien in den bisher betrachteten Verfahren der Textkohärenz als textuelle Einheiten. Durch die Wiederholung gleicher bzw. ähnlicher lexikalischer Elemente und semantischer Inhalte sowie durch die Substitution und Neu-Einführung von Lexemen durch Wörter und Ausdrücke, die mit jeweils koreferenten Elementen auf verschiedene Weise inhaltlich verbunden sind, schaffen alle Autoren Netze semantisch-kognitiver Relationen, die Sinnzusammenhang herstellen: Wörter und Äußerungen, die bestimmte Frames evozieren, verbinden die Texte bzw. Textabschnitte auf globaler, inhaltlich-thematischer Ebene. Dies gilt auch (meist eher für begrenztere Textbereiche) für Wiederholungen, bei denen es sich sowohl um Alltags- oder allgemeinen Wortschatz als auch um Spezialwortschatz handeln kann. Häufig haben Wiederholungen zudem narrative Funktion als Salienz- oder Gliederungsverfahren. Parallelismen werden ebenfalls gliedernd (in Aufzählungen oder Chronologien) eingesetzt; daneben dienen sie oft der steigernden oder kontrastiven Hervorhebung. Auch Paraphrasen werden häufig zu expressiven Zwecken (z. B. Intensivierung, Abschwächung, Veranschaulichung, Konkretisierung) verwendet; vielfach handelt es sich dabei um distanzsprachlichere Alternativen zu den damit umschriebenen Wörtern. Unterschiedlichen Registern bzw. Varietäten (familiär-vulgär vs. literarisch-aulisch-bürokratisch) gehören oft auch die gefundenen Synonympaare bzw. -reihen an. Gezielt als rhe-
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torische Mittel (der Exemplifizierung, Veranschaulichung, Ausschmückung) werden Kohyponyme, Bedeutungsexpansion und bildliche Ausdrücke eingesetzt. Neben der Tatsache, dass all diese lexikalisch-semantischen Verfahren (darunter auch Antonyme, Konverse und Hyperonyme) Kohärenz herstellen, ergab ihre Untersuchung daher das wichtige Ergebnis, dass dabei immer wieder (meist imitierte, aber auch eigenkreative) distanzsprachliche Muster und Strategien zum Einsatz kommen, die z. B. auch typisch für (pathetische) Kirchensprache und/ oder narrative (z. T. melodramatische) Literatur sind. 4.2.1.2 Logisch-semantische Text-Konnexion Während die Phänomene Rekurrenz und Substitution auf die lexikalischinhaltlich-kognitiven Beziehungen isolierter Textelemente untereinander beschränkt bleiben, dienen Konnektoren der Verknüpfung größerer textueller Einheiten zu Sätzen, Textabschnitten und schließlich zum Gesamttext. Zusätzlich zur bloßen Verbindung von Sätzen (bzw. den diesen zugrundeliegenden kognitiven Propositionen, die sich ihrerseits auf Ereignisse und Situationen beziehen) verdeutlichen sie die Art der logischen Beziehung zwischen Sätzen und Textabschnitten. Die verschiedenen semantischen Eigeninhalte, die Konnektoren haben, beeinflussen die Bedeutung des durch Junktion292 entstehenden Textes. Einige Autoren zählen nur die Koordination und den adverbialen Satzanschluss, bei denen Sätze jeweils als eigenständige Hauptsätze erhalten bleiben, zur Junktion, da so direkt ein Minimaltext gebildet wird. Hier wird jedoch auch die Subordination zum Bereich der Junktion gerechnet, da durch dieses Verfahren ebenfalls Sätze miteinander verbunden werden, auch wenn dadurch zunächst nur wieder neue (komplexe) Sätze und nicht unmittelbar ein Text entsteht (was im Übrigen auch bei der Koordination der Fall ist).293 Wichtig ist, dass adverbialer Satz-
292 Die Termini Konnexion und Junktion werden hier synonym für dieselbe satzverknüpfende Funktion verwendet, da sie in der Literatur abwechselnd für dasselbe Konzept angegeben werden (vgl. zu den verschiedenen Bezeichnungen v. a. Langer 1995, 135). Nach den Definitionen Bußmanns (21990, 363, 409‒410) wäre Konnexion («Verknüpfung von Propositionen oder Illokutionen durch kausale, temporale, disjunktive oder andere Beziehungen. Die Relation kann syntaktisch durch ein Konnektiv [«Zur Klasse der K. gehören u. a. Konjunktionen und Konjunktionaladverbien»] oder asyndetisch […] ausgedrückt werden» – vgl. dazu auch Ferrari et al. 2008, 119‒152) als Hyperonym zu Junktion («eine zweistellige syntaktische Beziehung der Nebenordnung […] Verbindung von Knoten gleicher syntaktischer Funktion mittels koordinierender Konjunktionen») einzustufen. 293 De Beaugrande/Dressler (1981, 51‒57), E.J. Ernst (2003, 79‒81, 89), Vater (2005, 156) und Riegel (2006) sehen satz-(und syntagma)interne Junktion ebenfalls als textualitätsbildend an. Ohnehin handelt es sich bei Sätzen nur um die oberflächenstrukturell geordnete Wiedergabe kognitiver Propositionen – deren Inhalt ändert sich nicht dadurch, dass er in einem Text
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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anschluss, Koordination und Subordination eine logisch-semantische Verbindung zwischen Textkonstituenten herstellen, egal, ob es sich dabei um Sätze bzw. satzinterne Relationen oder um Textabschnitte bzw. transphrastische Relationen handelt. Was die unterschiedlichen Funktionen der Konnektoren anbelangt, so unterscheidet man Konjunktion (eine additive Relation), Disjunktion (eine alternative Relation), Kontrajunktion (eine adversative = konzessive oder restriktive Relation), situative (temporale oder lokale), kausale, finale, konsekutive und konditionale Junktion.294 Die Diskussion der Konnexion erfolgt in den nächsten Kapiteln getrennt nach mono- und polyfunktionalen Junktoren, wobei monofunktionale Junktoren jeweils eine (der obigen Aufzählung sowie dem italienischen Distanzstandard entsprechende) Funktion haben (sollten), und polyfunktionale Junktoren mehr als eine (dem italienischen Distanzstandard nicht unbedingt entsprechende) Funktion haben (können).295
durch Haupt- und Nebensatz oder durch zwei Hauptsätze ausgedrückt wird. Da bei Junktoren die semantisch-logische Funktion im Vordergrund steht, ist ihre Verwendung nicht an so strikte und vorhersagbare grammatikalische Regeln gebunden wie die anderer syntaktischer Elemente, weshalb sie hier als Kohärenzfaktoren eingestuft werden. 294 Vgl. dazu Lundquist (1980, 47‒53), de Beaugrande/Dressler (1981, 76‒81; 81996, 71‒75), Berretta (1984), Scholz-Lopianecki (1987, 69‒70), Conte (1988a, 139), Vater (1992, 39‒40), Langer (1995, 135‒141), Halliday/Hasan (161999, 226‒274), Fabricius-Hansen (2000), Ferrari/Zampese (2000, 274‒325), Lühr (62000, 303‒305), Metzeltin (2001, 985‒992), Stark (2001, 643‒644), E.J. Ernst (2003, 141‒212, 276‒290), Ferrari (2004a, 14‒15, 33‒35; 2005b, 22‒23, 39; 2010a, 15; 2013, 616‒617; 2014a, 131‒160, 173‒176; 2015, 105), Prandi (2006, 209‒270), Serianni (22007, 35‒36), Ferrari et al. (2008, 148‒152, 252‒256, 362‒385), Amenta/Paesano (2009), Cuenca (2010, 62‒86), De Cesare (2010, 50‒51), Adam (32011, 140‒146, 148‒150), Heringer (2011, 32‒34), Schubert (22012, 43‒45), Bustos Gisbert (2013, 95‒135, 209‒218, 291‒294), Palermo (2013, 189‒217) und Telve (22013, 111‒112). Beispiele zur konditionalen Junktion finden sich in Kapitel 3.3.3 und werden hier nicht noch einmal aufgeführt. 295 Natürlich haben viele der italienischen Konjunktionen mehr als eine Bedeutung bzw. Funktion (vgl. dazu z. B. Lepschy/Lepschy 1986, 126). Hier geht es jedoch vielmehr um die Unterscheidung von (hier monofunktional genannten) Konnektoren, denen in einem bestimmten Sinn-Kontext typischerweise jeweils eine Funktion konstant zugeordnet werden kann, bei der auch der (mehr oder weniger große) semantische Eigengehalt des Konnektors eine Rolle spielt, gegenüber (hier polyfunktional genannten) Konnektoren, die je nach Kontext derartig viele Bedeutungen annehmen können, dass ihr eigentlicher bzw. kontextunabhängiger semantischer Wert nicht mehr festzustellen ist.
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4.2.1.2.1 Monofunktionale Junktion Zum Zweck der Konjunktion wird in den untersuchten Texten häufig e verwendet, so z. B. an folgenden Stellen: io; mialzato; senza;penzare, se;miammazavi[no]; se,nivedevino;alzare; eminesuno; scapato;e,mianno;sparato;tante;colpe, difucile [m]ianno;venuto;a presso; e nonanno; potuto; pigliare;e sono; qui,che;nonpossopiu;st[a]re,che staio;morento?e il bravo,capitano; miadetto;ora,tialze,e piano piano;tinevaie, nelle;intietro; vieie, che,li,cisono; li portaferite; e,tiporteranno;a:po[s]to (VR 91) / mi sono trovato; alla beveratura de cimitero;e prese,lo zapune,e vado alla madonna delle crazie;e per strada bestimiava e diceva… (VR 450) / non stavo bene, mi ero tanto indebolita e mi addormentavo da per tutto, e dire di andare dal dottore, dà poco in quella casa, era quasi un disonore per il marito (CM 21) / Chiamato il dottore per venire accasa mia, era un vero specialista e una brava e degna persona, era figlio di italiani e i suoi genitori venivano da Palermo e si chiamava dottore Catania. (TB 56) / Nel 1957 è morto mio suocero ed essa rimaneva con la mamma sofferente paralizzata, e i miei cognati maschi con la sua famiglia non volevano sentirne niente (TB 86) / io èro giovane e non volelevo fidanzarmi èro giovane e volevo star libera, dicevo mi […] farò il fidanzatto e mi sposero ma quando saro più vecchia (VZ 61) / Era una bèlla giornata di solle caldo e siamo andati àl mare […] Quel giorno lacqua era basa e sono stàtta sotto làcqua per (due) orre come una (ranna), alqune orre doppo che èra usitta dall’aqua, mi à cominciatto, forti dollori, al bracio e si è stincatto giù diritto […] e non pottevo più muoverlo oltre il malle come fòse statto paralizzatto. Non pottevo vestirmi, pettinarmi, e pocco dormire dal malle; Ò dovutto andare in Victoria all’ospitale e per un minutto àl giorno sotto, à una macchina […] per alqune volte […] Come mi dissero èra una ghiacciatura, al muscolo, e essere statta troppo ferma nell’acqua e non èro abituatta.!!! (VZ 105) / Per un minuto mi fermo e lo guardo, poi fecemi una comozione ed non potendo più resistere, mi rivolgo alla mia Cesira e le dico guardalo lo vedi? Ed’ella mi rispose di si ed io mi sono ritiratà come se quella vista fose un sogno; rimasi nascosta per 2 minuti e fra questo tempo in vocai Dio […] mi porto di nuovo al mio posto, e lo guardo fisso! fisso! ed egli facendo un gesto col capo si rettira poi un minuto lo vedo nuovamente allor io le fo segno di venire fuori, e lui si ritira e dove va? Nascosto a piangere alor io chiamo mio padre e le dico io ovisto Giovanni, a questo nome egli resto sorpreso e comincio a piangere (CP 132‒133)296 / Il giorno 15 Aprile 1915. ore 8 matina tuto era pronto per la partenza. […] E sapendo ove devo andare, mi dolorava assai e pensando di dover lasciar quei bei monti e la lungha, e destesa valle ove fui visuto, e il pensiero dei miei vechi lontani, e di quella donna che a mi pensava,
296 Statt e erscheinen (ebenso wie hier bereits poi und allora) v. a. im zweiten Teil von Pizzinis Text häufiger inhaltlich genauere Konnektoren (sowie stilistisch elegantere implizite Nebensätze, in denen Präpositionen deren Funktion übernehmen), z. B.: mentre ritornavamo pensai frame stesa di ricorre[re] a s: Antonio di Padova che mi aiuti a trovarlo. Miracolo appena giunta alla porta della caserma mentre mio padre parlava con la sentinella di guardia alla porta. Io stando a metta strada guardando se posso vederlo lo scorgo. Oh! gioia che come il dolore ci schiacia di colpo, cosi è suceso ame in quel’istante non ebbi forza suficiente per resistere acosi comovente sena, dopo daverlo fissato mi rivolgo a mia sorella le chiedo lo vedi? Si ella risponde ma io non posso più resistere mi ritiro da parte per dare sfogo alla gioia le lagrime in abbondanza scorono su la mia facia (CP 171‒173).
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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e un mare di pensieri mi si affaciava a quel oscuro avenire. (EF 60) / il letto e lenzuola non sa cosa sia e in questi paesi vi sono una specie di gente […] che ad un tenpo apartenevano alla Turchia e per questo si chiama tatari e questi tatari in tenpo di quaresima 8 settimane di giorno non mangia né beve niente solo che di notte e lavora lostesso (GG 127) / viera sopra al barile le Testa di Francesco Giusepe in peratore […] e io guando era di aprirlo prendeva il picone e dava sula testa guesto uno piangeva, e li altri ridevano (NS 6) / il giorno 11 otobre ale 11 di sera eravamo tuti ala stazione del New York Central […] e ale tre di matina si era arivati in Bufalo […] e la sera ale ore sei siamo arivati in Chicago […] et inprima dele sete si era gia in viagio col treno, dove siamo arivati in Sant Paul Minisota ale sete di matina, la abiamo fato tre ore di fermata, e andati subito in un restorante a fare una picola colazione,, in questo posto […] abiamo trovato i nostri due paesani […] che venivano dalo stato Ohio, et era in viagio per andare in Seattle (GS 62) / Io arrivo col III a Marsilli ai 24-6 e ai 26-6 a Valmorbia col I° arrivo la sera e subito di Ritorno a Rovereto Col I cèra Giovanni meneghin. Ai 28-6 arrivo a Calliano e la ci invagonano e su fino a Egna (EM 13)
Die Frequenz von e ist überall (relativ) hoch. Davon hebt sich Cecilia Rizzi Pizzinis Text etwas ab: Während e im ersten, spontanen (Memoria-)Teil sehr oft erscheint, treten im überarbeiteten zweiten (Diario-)Teil ihres Textes meist inhaltlich präzisere Konnektoren an seine Stelle, was ihr Bemühen um Distanzsprachlichkeit zeigt. Längere rein durch Konjunktion verbundene Abschnitte sind jedoch in den meisten Texten selten (vgl. dazu bereits Kapitel 4.1.2.3.1); sie werden immer wieder durch andere Junktoren unterbrochen. Abgesehen von seinem additiven Wert hat e wenig semantischen Eigeninhalt. Allerdings erfüllt es in den gefundenen Beispielen eher selten rein additive Funktion. Lediglich bei den Belegen TB 56, EF 60 und GG 127 handelt es sich überwiegend um bloße Aneinanderreihungen von Äußerungen. Gerade aufgrund seiner geringen Eigensemantik steht e in allen anderen oben aufgeführten Belegen oft an Stellen, an denen (nicht anderweitig explizierte) temporale, kausale oder konsekutive Zusammenhänge bestehen; da es in diesen Fällen je nach Kontext unterschiedliche Nuancen ausdrücken kann, tendiert seine Eigenbedeutung dort zu Null.297 Es zeigt meist lediglich an, dass eine Verbindung zwischen Textteilen hergestellt werden soll, lässt deren Art aber relativ offen,298 was 297 Allerdings ist die Zahl der Funktionen, die es annehmen kann, sowohl begrenzt als auch im Standard(italienischen) zulässig (vgl. dazu z. B. Sensini 1990, 359‒360), was es von polyvalenten Konnektoren (vgl. Kapitel 4.2.1.2.2) unterscheidet. 298 Da der Kontext in diesen Fällen aber jeweils eindeutig ist, bereitet dies keine Kohärenzund Verständnisprobleme. – Vgl. zu und, und da, und dann als typische Konnektoren (mündlicher) Erzählungen Quasthoff (1980, 213‒218); Schwab (1981, 45‒46) bezeichnet dies bei dokumentarischen Autobiographien von Nicht-Literaten als Ergebnis additiver Einschichtigkeit (vgl. dazu auch Anm. 84), d. h. «Unfähigkeit zur Staffelung ungleicher Perspektiven» bzw. «Unfähigkeit der Sprecher, untergeordnete Satzglieder […] in Relation zu den ihnen übergeordneten zu setzen».
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spontan gesprochener, wenig geplanter Sprache zwar entgegenkommt, aber hier wohl oft dem Zeitdruck geschuldet ist, unter dem die Ereignisse aufgezeichnet wurden (Indiz dafür ist der oft notizenhafte, telegrammartige Stil mit infiniten Verbformen und Verbellipsen, z. B. bei EF, GS und EM); meist dient additives e in den gesammelten Belegen der Aufzählung von aufeinanderfolgenden Ereignissen oder der Beschreibung von aufeinander bezogenen Bestandteilen eines Ablaufs oder Sachverhalts; manchmal beschleunigt der (dann wohl absichtlich als narrative Verfahrensweise gewählte) Einsatz der kurzen, relativ inhaltsleeren Junktion e auch das Erzähltempo zur Spannungserzeugung (z. B. bei den z. T. auch im nächsten Absatz aufgeführten Belegen CM 31; CP 132‒133; EF 98; GS 62; EM 13, 17). Die Eigenschaft der geringen Eigensemantik ermöglicht zugleich die Kombination von e mit anderen (semantisch gehaltvolleren) Junktoren (zur Konnektorenakkumulation s. weiter unten), aber auch mit weiteren additiven Konnektoren wie pure oder (ne)anche (z. B. bei VR 478, 485; CM 44‒45; CP 128; EF 98; NS 3), die beide auch allein stehen können. Häufig wird e verstärkt durch ecco (z. B. bei CP 132‒133, EF 35) oder findet sich in Verbindungen mit poi, das auch oft allein in der Bedeutung ‘außerdem’ konjunktive Funktion mit aufzählendem, teilweise auch textgliederndem Charakter hat (z. B. bei VR 478, CM 31),299 meist aber (auch in der Verbindung mit e) seine temporale Funktion behält (z. B. bei VR 339‒340; VZ 92; CP 128; GS 16; EM 13, 17). Dem oft temporalen Wert von e entsprechen außerdem Kollokationen mit ora, mentre, ancora, quando, più tardi (z. B. bei VR 339‒340, CM 44‒45, CP 128, GS 31‒32). Es erscheint jedoch auch zusammen mit konsekutiven oder kausalen Konnektoren wie così oder siccome (z. B. bei VR 339‒340, EM 10). Dies alles geschieht meist abwechselnd mit Einzel-Okkurrenzen, wie z. B. in den folgenden Belegen: intanto;era;notte, ecine dovemmo;antare […] e,quanto; cinesiemmo;antate; il;padrone; ciapregato; di, venirece, dognisera […] e poi, ciabiammo;detto; prima di partire; come, potessemo;fare; per; potere,comprare;una chitarra,e ummantolino;e, diche erino; queste, stromente, che avemmo; sonato; e ciadetto;che erino; di; 2? italiane;che;sono; di caserta;che, fra unmese,sene vanno;allitalia; e de sicuro; che sileventeno;e,mentre,che diciammo;questo; silivendono; anno;venuto;queste; 2. padrone;e cosi; sianno;messo;asunare;e io; eannacie; invecie,diantare?ciabiammo; fermato;ancora,per direce,a quelle, se siventevino; queste,
299 Aufgrund dieser einzigen, textdeiktischen Funktionserweiterung (vgl. dazu auch Kapitel 4.2.1.2.2) kann man jedoch bei poi nicht wirklich von Polyfunktionalität sprechen, zumal diese Zusatzfunktion semantisch sehr eng mit seiner Grundbedeutung verbunden ist; es findet lediglich eine perspektivische Verschiebung von Zeit zu Raum, also von temporaler zu lokaler Referenz statt.
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stromenta,e,abiammo;stato ancora, unaltre, 2?ore,che poi, sianno;fatto; li; I0. li; ore; II. di; sera,e ancora,cilate [], senza solde,abiammo;preso (VR 339‒340) / …e poi; la lettera diceva magare che […] e poi la lettera diceva pure che […] e poi magare mia moglie diceva che… (VR 478) / quello;che sifaceva e faceva,non lo sapeva ne ssuno;e neanche,ci importava anne suno (VR 485) / in casa c’era la…. la mia mamma: lei era paralizzata non camminava, e rimaneva in casa da sola: e mi diceva vai con i bambini in rifuggio io non ò paura: pensiamo come potevo stare: e difronte l’avrei presa in braccio!!! Ma ero soppra carica con .4. figli, poi chi ti aiuta portarla (CM 31) / questo è il nostro passato, da quando ero bambina à l’età di .6. anni: e adesso che sono molto anziana pure ne sono passate di cose: e ancora c’e ne dà scrivere (CM 44‒45) / Là vi èra mio maritto e il zio che aspettavano il nostro arivo: Avevano preparatto una stanza al otello per riposarsi un po’ pòi proseguitto, e fatto più di due ore sull’acqua su, una piccola nave e fatto là traversatta, e arivatti in Nanaimo sul’isola chiamata lisola di Vancouver. (VZ 92) / viene Vigilio […] e rimasto a casa per 15 giorni […] poi e rimasto un po di tempo a Trento ed’ora si trova in Rovereto. Nei primi di Ottore è pure arivato Beltrami Maurizio a Trento (CP 128) / strada facendo io sono ricorsa a S. Antonio di Padova, che facia grazia di trovarlo [Giovanni] ed’ècco che appena siamo giunti alla porta della caserma […] io stando in mezo allo stradone che guardava se poteva vederlo, ed ecolo, che lo scorgo! […] alor io chiamo mio padre e le dico io ovisto Giovanni, a questo nome egli resto sorpreso e comincio a piangere: passo 2 minuti ed’ecco a vicinarssi alla porta un soldato (CP 132‒133) / ci fa sentire un picolo rumore apuntiamo il fucile in quel luogho, et ecco alzarsi due soldati russi (EF 35) / mi a dato da sospetar male e lo vidi andar con la mano abasso e prendere un coltello, a baionetta e senza parlare melo mostra. lo quardai un pò e confuso, anch’io presi le mie ferle e rimasi fermo (EF 98) / i nostri sono ancora scapati anno preso ancora le sue valige esendo vote a potutto e non sono statti nemeno arestatti si solevo la popolazione e anche il militare conosiuto la ragione era a pena tre anni (NS 3) / era andato a conpagnare mio fratelo Giuseppe a Rovereto […] e la sera siamo arivati e fermati a cena e dormire in una stala a Tiarno da una famiglia di lontani parenti, e la matina a buon ora viagiavamo la vale di Ledro a piedi fino a Riva, e poi con quel picolo treno, et arivati a Rovereto inprima li note (GS 16) / il Lazeri si trovava in Francia ancora da giovane per guadagnarsi il pane, et e venuto grande in Francia […] e piu tardi si era recato neli stati Uniti […] e piu tardi […] fece altri viagi ali stati Uniti (GS 31‒32) / E proprio quella sera che volevamo disertar sono arrivati 15 zappatori a cominciar il tunel per far saltar il spizzo e siccome in principio la rocca èra guasta, hanno continiá a buttar giu sassi. (EM 10) / arriviamo sul far giorno si riceve caffè e poi si marcia verso Fiemme, alle Fontane fredde rangio e poi avanti a Cavalese (EM 13) / appena Passa Pergine trovo un da Cavalese buttá a terra e mi dice buttete anche ti; Io le dico vado ancora un poco e poi mi butto e ti aspetto, e l’ho fatto per disgrazia. (EM 17)
In allen Autobiographien finden sich nur äußerst wenige Fälle, in denen der Einsatz von e die Kohärenz etwas stört, da an diesen Stellen bloße Konjunktion im logischen Zusammenhang unpassend300 wirkt bzw. die Art der Text-Konnexion nicht ausreichend deutlich macht; das Verständnis ist dabei aber niemals ernsthaft gefährdet:
300 Sensini (1990, 359) bescheinigt e allerdings auch adversative Funktion; von diesem Standpunkt aus betrachtet ergäben die drei nachfolgenden Beispiele Sinn.
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e poi penzava;nella sua sporcca,coscienza;che miaveva detto;che io;aveva robato;e nonera vero;e i carabiniere,sempre,passavino;di quella via tommaso;chiavo… (VR 454) / io;voglio; dire,la vereta,che;la nostra; femmina di fiducia,della nostra casa,doveva essere la comisana, o pure,una dai miei parente,invece mia moglie;aveva piu,feducia a cina;landolina;che era stbita,e io;che cosa ci poteva fare a mia moglie;dato; che il cristo;la vevafatto;scare;malata, io;per volere,bene ai miei figlie;la la siavia;comantare;per requardo alla casa,e dispiacere, non cinevoleva dare,perche era la mamma dai miei figlie;diceva a cina;diavere,feducia;e cina,dovette,restare, e cina fu;la;piu;nemica di mia moglie (VR 830) / mio figlio più vecchio à tre figli, quella di milano di figlie ne à .3. quella di mirandola di figlie ne à 1 sola: quello che ò in casa ne ha una sola di figlie; e io sono come una vite senza l’albero [da der Ehemann der Autorin verstorben ist] (CM 43‒44)
Die alternative Funktion der Disjunktion wird in den autobiografie popolari durch die Junktoren o, oppure und altrimenti ausgedrückt; wie schon bei e festgestellt, verbinden die Junktoren auch hier oft infinite (z. T. substantivierte) Verbformen oder verbelliptische (Teil-)Sätze: o: cosi; io; sera;stato; tante, volte, a scentere;a quella stanzione; e pertere;apiede; opassanto; di li cordia; per antare,a chiaramonte; opure; prentere; per limoline; di vezzine (VR 24) / io; senza sapere,se ilmanciare, faceva bene; o faceva,male,o manciato;sempre;nascosto (VR 333) / io e mio marito portavamo à casa il fieno con un carretto e un mulo: ò io; ò lui sul carretto (CM 39) / non trovi nessuno che ti dirà: ai fatto bene à piangere: ò à non piangere, ò quanti dispiaceri à passato, ò tanto lavorato: Passi innoservata; Rappresenti una formica nel mondo: è all’ora cosa sei adesso! Ò diventata? (CM 45) / mio figlio […] le ha detto: – Zio caro, o vi calmate o ve ne andate subito di qua e lasciate mio padre in sua pace –. (TB 90) / non sò se è statto proprio quello ò nò (VZ 65) / A qual misere condizioni mi trovavo un di. Famato e senza un soldo, in tasca, senza nuove dei miei, o di quella donna anche da lungho. (EF 100) / io diceve fra me o morto o pregioniero invece abbiamo fatto pregioniero (GG 122) / la sanita mi da un sigaro e mi dice fuma o canta adesso semo montati [sul treno] (EM 3) oppure: cosi; io; sera;stato; tante, volte, a scentere;a quella stanzione; e pertere;apiede; opassanto;di li cordia; per antare,a chiaramonte; opure; prentere; per limoline; di vezzine (VR 24) / recorddo;che nelle inverno; quanto; volte mi faceva trovare,al ponte, della baruna,e lauto; busso;non veneva […] e tante volte non vineva, o chi sisfasciava o pure; portaretarddo;e io restava strada strada […] partiemmo; sempre con lo scpo;che passasse lauto;busso;o pure umpassagio;e non trovammo;ne, luno;ns, laltro (VR 765) / Questa èra la minestra che si fàcceva presapocco tutte le sere per cèna, ò pure qualche volta, minestra di riso, òrzo. (VZ 83‒84) altrimenti: di fronte a sua madre,doveva fare;la;muta,altremente,la prenteva abastonante (VR 459) / vediammo se ti posso;fare entrare;come quardia;monicepale,al tremente, tipossino;portare;al campo (VR 501) / tano […] menomale,che [non] fu femmina; al tremente,fosse,la donna anna precisa (VR 824) / sposo la donna che io amo, altrimenti non sposerò mai (TB 17) / Cosi là mattina si caricava la biancheria sulla (brentola) si doveva essere in due per aiutarsi à caricarla altrimenti èra più dificile (VZ 31‒32) / dopo il parto ò avutto una grande moralgia, fortunata che la elevatrice mi à messo là puntura, altrimenti me ne andavo. (VZ 65)
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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Es findet sich ein (einziges) Beispiel für die (eher nähesprachliche, laut Sensini 1990, 363 redundante bzw. nicht normkonforme) Kombination zweier Junktoren derselben bzw. ähnlicher Kategorie: ciovanni […] niadetto; o chemimantate; ammilano;oaltremente non studio;perniente; perche ammilano; io micercco; un lavoro; e studio;o che altremente; mi scrivo;aurbino;e mifaccio ciornalista (VR 929)
Diese wirkt jedoch, wie alle anderen gefundenen alternativen Junktoren auch, kohärent. Allerdings sind alternative Junktoren in den Texten meist nicht sehr frequent: Bei Cecilia Rizzi Pizzini, Nane Sighele und Gregorio Scaia finden sich – zumindest auf den stichprobenartig untersuchten Seiten – überhaupt keine Belege für Disjunktion. Eventuell trägt bei Tommaso Bordonaro, Giacinto Giacomolli und Eugenio Mich deren überwiegende Tatsachen-Berichterstattung zur niedrigen Frequenz dieser Art der Text-Konnexion bei. Auch sonst kommt Disjunktion eher selten vor, oft nur in direkter Rede (z. B. bei VR 501, 929; CM 45; TB 17, 90; GG 122; EM 3). Nur durch Vincenzo Rabito, Valeria Furletti Zanolli und Clelia Marchi (hier nur im eher im selbstreflektiv-weltphilosophischen Teil) werden häufiger alternative Junktoren verwendet. Kontrajunktion ist in allen Autobiographien bis auf Gregorio Scaias Text eine sehr häufig verwendete Konnexionsart (die teilweise auch hier in (verb-) elliptischen Sätzen vorkommt). Durch das sehr frequente ma werden neben einigen einschränkenden Relationen (z. B. in VR 470, CM 14, CP 137‒139) überwiegend adversative Gegensätzlichkeits-Beziehungen zwischen Äußerungen (kohärent) markiert, so z. B. in: nonantavino;verso; litalia;dove crara,la querra, ma antavino;verso;trento (VR 127) / per forza; mi voglio; mantare;acasa;ma io; non voglio rempatriare (VR 315) / io era maretato;ma malo;maretato (VR 470) / un pò insegnavo ai miei frattelli à fare il compito quelli più piccoli di mè; mà avevo poco dà insegnarci (CM 14) / Lui andava in giro ma io nò (CM 19) / sposarsi è una cosa; ma dovere mantenere una famiglia è un’altra (CM 37‒38) / la mia mamma le ha fatto un po’ di eletto di gallina, ma essa [mia moglie] non ha voluto mangiare (TB 30) / io ho deciso assoluto andare in America non per il mio avvenire […] ma per i figli (TB 45) / Il governo ci à datto di ritorno là muca e delle semenze da seminare ma là fame e continuata (VZ 17) / Era una elevatrice sbadatta e nervosa; non èra il suo lavoro. […] Anche sua mamma di questà èra elevatrice, mà èra molto brava e attiva. (VZ 66‒67) / Per noi ragazze èra venute in moda le veste un pò qurte, ma le anziane le portavano lunghe (VZ 80) / Anchio o i miei bambini tutti 3 amalati […] Anselmo anche questo ma non si aggravato, Severina erra sì amalata ma legermente si alzava dal poco al tanto (CP 137‒139) / Oh! bella primavera! … tu ritorni a noi soridente: ma la parte più bella della nostra popolazione mancano! […] Tu parli di pace e tranquillità, ma oime! quanto e mai lontana! (CP 155) / ecco che scorgiamo il grande Dante [Denkmal am Gleisrand] secondo padre della nostra nazione quale per lui avrei fatto sagrefici e anche la vita, ma non per questa gente che non ci riconosce come difensori ma come traditori… (EF 48) / mi sembrava un sogno ma era più che realtà (EF 63) / questa specie di
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
gente […] abita in picoli paesi in mezzo Alle selve campagna poca e niente solo lavoro di legna ma anchessi a molti Cavali come i Rusi perche fieno neà troppo anchessi (GG 127) / resto ferito a un bracio ma continuo a con batere tutto il giorno (NS 5) / Al cuni lavoratori Francesi si sono mesi in fila per fare una di mostrazione ma non ano detto nemeno una parola (NS 8) / migliaia di uomini stavano at aspetare che se avese cominciato questo lavoro […] ma questo colosale lavoro non viene fato per parechi anni dopo dela mia partenza (GS 37) / i due frateli sono morti ala vista di questo mondo,ma il suo nome e senpre vivo (GS 66) / Io continuo a marcar visita per cavarmela, ma non aquisto che qualche giorno di riposo. (EM 1) / Mi danno un’arma ben austriaca ma baionetta non ne avevano per questa (EM 3)
Daneben entsteht Kohärenz auch durch den Einsatz folgender adversativer Junktoren: però: questo;alla cente non cilodicevino; perche ciparevabrutto;poi, pero; cera io,che cideceva la vrteta (VR 647) / io nulla spero, però se vado allavorare alla giornata il guadagno è mio (TB 18) / circa il 1925 anno fàtto là strada nuova che passava dai nostri paesi però non proprio dal mio paesetto ma nel paese vicino (VZ 81) / Assieme faciamo un buon comploto, cioe di fugire verso i confini ci pareva però strano perche ambedue avevamo bisogno di cura con le ferite ancor aperte (EF 48) / incominciavo at alzarmi e andar qualche momento a spasso, però con due ferle [‘grucce’], e senza metere a terra il piede ferito (EF 95, einschränkende Funktion) / Figurarsi in questa picola valena, cèrano 12 mitragliatrici del mio battalion diverse dei Stantsützen [] e 8 dei ciclisti […] Però morti ne son restati pochi. (EM 5) invece (Adverb mit Kontrajunktionsfunktion in impliziten bzw. verbelliptischen Sätzen): ora; bestimiammo;invece, della;paura (VR 66) / mi anno dato da bere un mezzo bicchiere di acqua con dentro una braccia […] se la scaldavano invece di darmi dell’acqua così sporca (CM 22) / si vedeva una luce lontana che annoi sembrava la luce di terra, invece era un’altra nave all’acqua lontana. Noi siamo rimasti contenti che l’indomani dovevamo essere a Terra. Invece all’alba di giorno 26 ci siamo andati tutti all’aria e non si vede altro che acqua e cielo (TB 50) / Noi insistimo per proseguire il viaggio e arrivare al luogo sospirato ma non si puo […] i zii Rizzi in vece son riusciti a proseguire il viaggio. (CP 203) / Arivati verso sera in un grande paese di cui ancor tutti infangati fino alli ochi su en di un pò di paglia straiati per dormire, invece ordine del capitano, si deve pulirsi, tutto specialmente il fucile. (EF 36) / partiti […] credendo di andare perla Gallizia invece sono venuto in Tirol (GG 118) anzi und mentre: nonci corpava,e anzi,maveva defeso;tante volte (VR 476) / tu hai la mamma tua che ancora ti conforta […] nei tuoi dolori e sofferenze. […] Mentre non ho avuto la fortuna di conoscere la mia vera mamma (TB 62‒63) malgrado und pure: la folla di forestieri […] al suo arrivo […] noi tutti pauriti si chiudono le porte e si trema da capo a pié […] Malgrado la paura, passione l’angoscia dei nostri cari assenti è… in gran lontananza pure bisogna accettare ed allogiare i forestieri (CP 141‒142)
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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In wenigen Fällen (ausschließlich bei Rabito) wird Kontrajunktion auch durch (nähesprachlichere) Konnektorenakkumulationen (v. a. ma però)301 signalisiert, so z. B. in: cera, [un]a ragazza;che aveva fatto; tante chiachire, con il suo; fidanzato; che: la[v]eva, sedotto; e poi, nonsi la voleva sposare […] lui; era, in calera; propia per questo; motivo; che; [l]avevino; condanatto; 4? anne; ma, pero; se, sila sposava; il ciudece, lo u[sci]va della calera (VR 247) / ofatto; tante,sacrafizie; per venire;allafrica;per lavorare;e, doppo; 8. messe; per forza, mivolevino; fare;partire;per litalia; mentre,che; cinesono;uoperaie; che; anno;fatto; magare;2? anne; e ancora, lifanno;lsvorare (VR 314) / mio;fratello;paolo;laveva fatto;pure;la domanta;per la cermania;ma;pero;non ciavoluto;venire;alla peneta,perche; perche;quella malecomparssa,nonla vose;fare,di lavorare,di contadino;e siacontentato;di stare;a fare niente,per fina che veneva la chiamata (VR 450)
Im Bereich der Kontrajunktion stellt man jedoch (vor allem bei Rabito und Marchi) einige Auffälligkeiten fest. Dabei handelt es sich meist um Funktionserweiterungen von ma und però, bei denen jeweils ein argumentatives Zwischenglied in der logischen Kette fehlt (oft vergleichbar mit einem thematischem Sprung; vgl. zu Sprüngen und Unvollständigkeiten als typische Merkmale von Nähediskursen Koch/Oesterreicher 1990, 73). Manchmal werden auch scheinbare logische Inkohärenzen durch relativ große (evtl. mit Abweichungen vom jeweiligen Thema gefüllte) Distanz zum jeweiligen logischen Bezugspunkt oder durch Anschluss zweier aufeinanderfolgender Kontrajunktionen an denselben Referenten (= den der ersten Kontrajunktion) ausgelöst. Die Kohärenz wird dadurch jedoch nicht sonderlich beeinträchtigt, wie diese Beispiele zeigen: mario;era maretato;maera;bello; difaccia, e malsntrino; come, unrecotaro; di;catania;mario; era, uno; ampasciatore, di donne; e, sprottatore; di donne […] era, il padrone;delle, donne, belle; delle case, diapuntamento; di ferenze (VR 169, hier tragen die nachträglichen
301 Vgl. zur Akkumulation von Konnektiven im italiano popolare Berruto (1983b, 61), Mocciaro (1991, 57‒58) und Krefeld (2016, 268). Bei ma però handelt es sich nicht um eine ausschließlich idiolektale Schöpfung Rabitos, wie die Belege in Rovere (1977, 58) zeigen. Vielmehr hat die pleonastische Verwendung von ma hier verstärkende Funktion (Rovere 1977, 58; Sensini 1990, 361‒362). Dadurch wird die adversative Relation in doppelter, also überpräziser Weise ausgedrückt, was für die Kohärenz sogar förderlich ist. Mandelli (2009, 1055‒1057) betont, dass Konnektorenakkumulation (meist von Konjunktionen wie e, ma, o und pragmatischen Konnektoren wie quindi, insomma, infatti, v. a. oft mit temporalem und konsekutivem Wert) im Italienischen sowohl in mündlicher Kommunikation als auch in Schriftsprache vorkommt, wobei sich semantisch ähnliche Konnektoren gegenseitig verstärken. Sie (2009, 1057‒1067) stellt auch fest, dass (gerade semantisch gegensätzliche) akkumulierte Konnektoren (wie z. B. e tuttavia) in gesprochener und geschriebener Sprache unterschiedliche Funktionen haben können, auf die hier jedoch nicht näher eingegangen werden kann.
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
Ausführungen zur Schließung der logisch zu überbrückenden thematischen Lücke bei)302 / io ciodetto; signorina […] quanto;turiddo;viene;come sivedeno, se cene vavolenta didio;visposate, ma quella sine era a cortta,che ture;non lavoleva piu […] turiddo; ciadetto; non ciposso;fare, niente, non misento; di sposaremi con te, perche non mifai; sanquie; ma con la signorina;sianno;scampiato;parole diofese, e poi,non sianno;parlato; piu, ma quella, lo fidanzato; cia laveva di tanto;tempo solo;che laveva, la sciato (VR 943, zweites ma wirkt gleichzeitig verstärkend) / io à qurare i miei frattelli più piccoli di mè, però non c’era neanche un gioccattolo (CM 14) / la mia mamma era molto timida, ma di una belezza rara (CM 15) / io avevo (14) anni e lui (25) ma io non avevo mai pensato; che quel bel ragazzo […] mi domandasse di fare la more (CM 18) / io mi insegnava una signora […] quando erano le .11. portavo le braccie da quella signora nella sua stuffa: perchè se cerano tante braccie quando venivano à casa da campagna …… mi sgridavano: però le mie cognate; nessuno lì guardavano nella stuffa però non mi davano neanche una guida (CM 23‒24, erstes però nach logischer Lücke; zweites però schließt über Distanz hinweg an sgridavano an) / avevo un frattello di .25. anni à voluto andare in africa, à lavorare […] per andare ci voleva il certificato medico, ma il dottore non c’è la fatto perchè era stato ammalato di tifo …. Ma lui mio frattello è andato da un altro dottore (CM 33) / quando il padrone aveva da fare un lavoro per uno solo: mandava sempre mio marito: perchè era tanto bravo è preciso mandava sempre mio marito! ma tutti i giorni non sono uguali; gli imprevisti ci sono sempre; c’è sempre un perché mà andando à lavorare da solo, si era abituato che non si girava neanche in dietro (CM 65, zweites ma bezieht sich auf gli imprevisti ci sono sempre) / Appena fato giorno ecco la guardia comunale percorerre quasci ogni casa anche mio marito ebbe la sua [carta di richiamo] si deve presentarsi entro ventiquatro ore. La campagna coperta di frumento a terra oltre il fieno, ma [übersprungen wird etwa: non si potevano raccogliere perché] si deve condure anche gli animali (CP 165) / tutti i giorni si andava alla stazione difati un giorno abbiamo trovato zio Martino e sua famiglia cugina Prassede sua famiglia Narcisa e tutti quanti errano costi. Un altro giorno si trovo caglierote cugina Maria cugina Elisa angei e così via si salutano si piangono nel vedersi dopo oltre tre anni che sierano divisi. Pero sie inpazzienti sivuole ad’ogni costo arivare nel caro paesello e così io e i miei zii rizzi si partono da Trento (CP 203)
Daneben erfüllen adversative Konnektoren vielfach auch eine Gesprächswörtern ähnliche Funktion, die der Abtönung bzw. emphatischen Verstärkung (nicht unbedingt immer der Kontrajunktionsfunktion) und/oder der Gliederung (häufig zur Anzeige eines neuen Thema-/Episodenbeginns) dienen kann, so z. B. in: doppoche misono maretato;non zianno fatto;vedere;piu;ma;spero;a dio,che questo;male; che tutte;mianno;fatto lo; devino;pagare, tutte,queste;di craziate (VR 450) / lo;so che mivene;mamma;ma tutte sono mamme;ma questa ene il diavolo;delle mamme (VR 503) / poi erastata tanta signora,quella dicatania,che fece morire,a ancela;la sua zia;che era stata propia quella che,laveva levato;della miseria,e quanto;morio;questa,nemmeno;lo la,
302 Evtl. hat ma hier und in CM 15 auch modifizierend-präzisierenden Wert (vgl. dazu etwa Sensini 1990, 361).
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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volut o;sapere, vercagna,mapero;lo;pacheranno;le suoi,figlie;il male che fa la mamma (VR 647) / venne al mondo il primo figlio […] appena nato il bambino mi anno dato da bere un mezzo bicchiere di acqua con dentro una braccia […] ma se la scaldavano invece di darmi dell’acqua così sporca, era là levatrice che ti faceva bere quell’acqua così: chissà perchè [Absatz] Però si alzava dopo qualchè giorno e si incominciava à lavorare subito (CM 22, ma: verstärkend; Però gliedernd) / per ogni donna, [il lavoro] si incominciava al lunedì mattina, e fino domenica sera: e così era… [Absatz] però io mi insegnava una signora (CM 23) / Oh! bella primavera! … tu ritorni a noi soridente: ma la parte più bella della nostra popolazione mancano! non la trovi più! ma i nostri cari dove sono? possono essi goderti (CP 155) / poscio dire di eser venuto sempre pegio colla camba in questo tempo ebbe 2 volte la camba ingesata un mese per volta, e ancor più una operazione [Absatz] Pero voglio un pò descrivere (EF 100)
In logisch überhaupt nicht nachvollziehbarer Weise werden adversative Konnektoren nur sehr selten eingesetzt, so z. B. in: [Geschichte über die Ermordung eines Soldaten durch Vincenzo Rabito] ma;donna anna che a inteso;tutto;e acapito;che vincenzo;era cosi delenquente,si cgedeva [] che un ciornno;ellaltro; donna anna vine ammozata (VR 454) / La si andava a lavorare o 15 giorni 1 di ma si faceva pochissimo solo che il di 19 e 20 (GG 125)
Die überwiegende Zahl der Autoren verwendet Kontrajunktion daher in logisch sinnvoller und damit kohärenter Weise, wobei auch nähesprachliche Muster auftreten. Während die bisher betrachteten Konnektoren relativ inhaltsleer waren und lediglich einen additiven, alternativen oder adversativen Anschluss an den Ko-Text herstellten, haben die nun im Anschluss diskutierten (temporalen, lokalen, kausalen, finalen, konsekutiven) Junktionsarten zusätzlich auch adverbiale Funktion, d. h. sie sind semantisch gehaltvoller. Temporale Textverknüpfung303 kommt, allein schon aufgrund der überwiegend chronologisch angelegten Erzählstruktur, in allen untersuchten Autobiographien mit hoher Frequenz vor. Zur Junktion werden einerseits temporale Konjunktionen, vor allem quando, aber auch mentre, prima che und finché eingesetzt; come erscheint nur bei Rabito, wo sich auch ein Beispiel für die Akkumulation mentre che304 findet: io; mentre;che, camminava; penzava; che; a;2. chilomitre;dalla; tichiara; ciaveva; una; picola;campagna (VR 10) / 2? di queste, signorine;usciero; fuore,e, cianno;detto; maleducato; vatene, di,qua,e se come era, bestia, quanto; sila visto;vecino;cia dato; una
303 Vgl. dazu auch Kapitel 4.1.2.1.1. 304 Ein weiterer Beleg (VR 339‒340) steht im Abschnitt zur Konjunktion. – Come als temporale Konjunktion mit dem Wert ‘appena che, quando’ und mentre che werden von Rohlfs (1966‒1969, § 771) und Zingarelli (121995) nicht als diasystematisch markiert eingestuft.
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
manata, nel petto; credendose,di farece una carezza;cosi, questa; vedentese, tocare,il petto; ciammesso; a darece;tempolone;e fare, coce[],mentre,dentra? cera,il fratello; che, non sapeva; niente,ma,come sente, che,sua sorella e tutte,2? sorelle, avevino;dafare, con uno;soldato […] prente,unforcale,laltre,2? sorelle;si armarono; con il bastone; e lascopa,e; il suo padtre, prente,il fucile;e,quello; zamarro;di ture; dovettte scapare,e, tutte,7? ciantareno,apresso;che;lo volevino;ammazare,selo prentevino;mentre,stava venento;io (VR 73) / prima che,venessero; i suoi,parente; come, la biammo; fenito; di,schifiare;tutta; tutte, 3?labiammo;lasciato; sopra,il letto; tutta,scancarata,certo;che erimo;stato; 3? civene, e poi,ciabiammo; fatto; ciorare,che;che;dove dire,sempre; viva,litalia;e,come; labiammo; lasciata, noi, prima che, venissero; li,suoi, parente,questa,con li,lacrime,alle ochie;e tutta; scancaratta [an]to; a,recramare;al comanto; di,battaglio, per vedere,se;potesse,avere; raggione;e,perdenonziarece, a tutte? (VR 152) / io;stese; per fina; che [] sianno; fatto; li ore 5. (VR 220) / queste;amice miei;sisino,avvicenate […] dicentoci [a donna Anna] […] mentre unaltro che diceva […] mentre laltro;diceva […] mentre laltro;diceva… (VR 453‒454, verschiedene Personen erzählen Teile einer Geschichte) / si stava alla macchina fino à mezzo giorno, poi al mezzo giorno; quando à mezzo giorno la macchina si fermava […] si andava a lavare là dalla pozza […] quando si lavava io andavo sulla solia del pozzo à tirare l’acqua (CM 18) / Essa cuciva: quando ha alzato gli occhi, ha letto il mio scritto. (TB 19) / tornato del mio lavoro, arrivato accasa mi ero seduto apprendere un po’ di riposo finché fosse pronto il pranzo per manciare, mentre vedo venire questo mio cognato accasa mia. (TB 93) / Quando si seminava si dava un pò di acqua col daquaorto [dial. sguazaòrt ‘annaffiatoio’] quando le piantine erano grandine se ne misurava una tazina per pianta, quando pioveva frequènte si andava anche bène (VZ 19) / io stava pre parando le cose necesarie per il viaggio; quando sento pichiare al’uscio della mia stala (CP 132) / continuo il discorso, fino cheè venuto l’ora di andare a riposare (CP 132) / …arivare nel porto di Colonbo […] Mentre si stava nel porto vi era alquanti di questi poveracci che veniva a bordo dela nave a vendere tanta roba (GS 39‒40)
Neben Konjunktionen sind vor allem Satzanschlüsse durch temporale Adverbial- bzw. Präpositionalsyntagmen (z. B. poi, z. T. auch e poi, dopo, finalmente, per primo, allora, intanto, in seguito, subito, nel frattempo) vertreten: o traversato; il paese, o preso; la trazera; che antava; a craniere […] quella;strada;portava; a [un f]iume; chiamato;il; fiume; di;mezzarone […] passato; il fiume; civoleva; 3? cilomitre, di,strada; per antare,alladichiara […] finarmente; o passato;il fiume (VR 8) / io;deventai,la mico;di tutta, la;strada,e potevastare, cento;anni,poi, io;miassicuraie,di quello;che doveva fare,per requardoddo;alllavoro;poi,miofatto;amica,con una;camioniste,che facevini, intrallazzo;e comprava,campagni,campagni,e poi;liantava aventere,a catania (VR 619) / si facevano le pulizzie anche sotto la cappa del camino: quello che durante l’anno era difficile fare: all’ora si prendeva la catena del fuoco […] poi si legava con un filo di ferro poi si faceva tirare per i bambini per la strada che erano polverose: di tanto in tanto la bagnavano con l’acqua e diventava lucida come nuova: che pure per i bambini era un giocattolo, intanto le mamme facevano le pulizzie al rame […] si puliva così il rame: poi si asiugava è diventava più bello che nuovo (CM 60‒61) / si desiderava la vista della America […] finalmente abiamo visto i fari del porto e la chiaria della luce (TB 50) / mi hanno portato per il primo a siracusa a visitare la Madonnina delle lagrimi […] Dopo mi hanno portato ad Agrigento […] Dopo mi hanno portato a Monreale a visitare il santuario di
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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Santa Rosalia […] In seguito pure la cattetrale di Palermo (TB 105) / La mattina dovevo alzarmi presto per mungere le mucche dar mangiare alle galine e altri lavori, nel fratempo che le mie piccole sorelle dormivano (VZ 26) / Nel primo ospedaletto del campo che sono statti quratti, cèra di servizio il fratello piu giovane […] dà là le anno portatti nei ospitalli in cità, e in fine nelli ospitali à Roma (VZ 52) / ò soferto molto […] Poi sono guaritta e sono statta bènne tuttò lestatte. Pòi in novembre quando à cominciatto il freddo sono ritornati i soliti creppi. (ragadi). ò soferto ancora per un mese pòi non pottevo più resistere; mi sono decisa di darle la botiglia. (VZ 65) / prende un sacco […] sel lo mise su le spalle poi lo prende giù (CP 153‒154) / I giorni passano sperando ogni giorno di vedere una cartolina con la scrita di mio marito. Finalmente arriva questo scrito desiderato (CP 194) / Sono stato interogato un bel pezzo dal Capitano riquardo alla asistenza della mia famiglia. E in ultima mi dice che faccia fare una suplica per andar a casa in asistenza al lavoro. Subito scrissi […] Finalmente che il di 17 Novembre 1912 […] Il sargente mi invita in canceleria e mi dice la buona nuova che la suplica e venuta buona (EF 14‒15) / a ore 2/2 fu svegliato per alzalmi ancor subito asieme di altri 12 amici, per andar in campo crosso […] Viagiamo ancor subito verso il posto destinato pasiamo dalla Parochia, e poi un’altro paese che sta su la cima della montagna e poi per valle e monti, finalmente che alle 5 di sera siamo stati a posto (EF 21) / ti saro sempro fedele e graditota l’ora che devo lasciarti. Dio a voluto cosi e cosi devo fare. Allora ne siamo abbraciati e un contracambio di mille baci cosipiangendo ci abbiamo giurato la più sincera fedelta. (EF 106) / arrivai in un convento di capucini che erra spitale di Riserva steti la 3 giorni e poi di nuovo destinato alla compagnia […] E poi andato alle caserme in Bochnia stetti la fino li 15 Otobre e poi di nuovo partito verso il Regimento (GG 120) / Busolli Buono ed anche mi cugnato sono stato assieme due o 3 ore e dopo non lo vidi piu (GG 121) / sono pasato per la Baviera per andare sul Nintinberc poi a Strasburgo […] erimo una conpagnia di Trentini di 38..40.. poi e venuto un certo Salione Stefano di Pinerolo Piemonte (NS 4) / Li 4-12 cominciano alle 3 mattinagli austriaci a bombardar il Meletta con 360 cannoni di ogni calibro dai 7 cm ai 38 cm (il 38 èra Germanico) fin alle 7 e intanto andavano avanti diversi reggimenti a far l’assalto (NS 16) / il Davide si trovava a lavorare in Solvay per pochi anni, poi si era recato nel Colorado a lavorare nele miniere dal Oro, finalmente in pochi anni era giunto la costa del pacifico (GS 84) / si comincia a far la baracca per la cucina e poi il magazzino, dopo la nostra (EM 7) / Arrivo a Calceranica nissuno sapeva dove èrano inquartierati i pioneri e èra notte da due ore; Trovo finalmente uno che mi dice su per la valle sopra il paese te i troves. (EM 17)
Komplexere temporale (Präpositional- und Nominal-)Syntagmen wie a quell’ora, quel dì, quel giorno, in quell’istante, il giorno dopo, durante questo tempo mit textreferenzieller und damit konnektiver Funktion finden sich vor allem bei Fusari und Scaia: viagiamo con un povero caffè fino le 3 del dopo pranzo. A quellora mancanza di tutto, di mangiare e, d’aqua ricevemo lordine di mangiar una conserva (EF 34) / Arivato in Kaserma fui stato subito destinato, al lavoro […] fra breve, mi anunciai amalato mi veniva sangue da bocca, venni di nuovo destinato a una costatazione il sangue mi fu venuto, ma non creduto […] Non sapevo quel dì, ove svogare il pensiero (EF 58) / restai col sangue freddo vedendomi a si pochi centimetri il suo rivolver di cui stava una balla dentro per il mio viso Un movimento
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in quell’istante mi sarebe costato la vita (EF 83) / La mattina alle orre 3 dei 23 cia fatto omenghem [] e poi in cortile delle caserme fino le ore 6 […] io mi dolleva forte la mia ganba il Giorno dopo andai alla visita (GG 118‒119) / Arivata la primavera nei primi di marzo 1895 asieme mia sorela Barberina e Orsolina aconpagnati da mio padre siamo partiti ala volta di Saló […] dove sono rimasto a lavorare di Ortolano […] fino la ultima setimana del mese di otobre 1897, durante tuto questo tenpo che sono stato a Saló,lavorava a coltivare verdura […] Durante questo tenpo si lavorava senpre in canpagna (GS 10‒11) / Arivata la primavera del 1898 […] un bel sabato […] siamo arivati in Pinzolo val Rendena […] la matina dopo eravamo inpiedi a buon ora per andare ala santa messa come i bravi cristiani, poi siamo ripartiti ala volta di canpilio dove siamo arivati circa mezo giorno […][Absatz] Il giorno dopo abiamo aquistato subito lavoro […] e pochi giorni dopo si aveva fabricato una picola gabina […] a quel tempo avevamo in poseso un apetito,che si mangiava come tanti lupi (GS 13‒14) / Nel secondo giorno che si viagiava per il mar Rosso siamo pasati la linea del sole, quel giorno il tenpo era belo (GS 41)
Manchmal haben Junktoren in den autobiografie popolari zusätzlich zu ihrem temporalen Wert additive oder gliedernde (poi) bzw. adversative (mentre) Funktion, so z. B. in: la moglie cidavino;il sosidio; e aveva voglia di manciare,mentre io;poteva morire (VR 470) / io;aveva;tante;amice avittoria,e macare cerino;cantoniere,che poi cenera, uno;che erimo; come fratelle; e poi;io sapeva che cera uno apartatore,che midava lire;8000 per lacasa (VR 798) / ò sempre pensato che qualcuno mi domandase qual cosa del mio passato, del mio matrimonio, ma non mi è mai stato possibile, perche un tempo se vedevano una donna parlare con qualcuno aveva una critica che non finiva più; [Absatz] poi un tempo era il marito comandava lui, era il capo famiglia (CM 46) / C’e nè da dire di cose li scrivo man mano che mi vengono in mente […] tutto il resto lò leggerete sui ai miei libri; che ò: quindici chili di carta scritta! [Absatz] Poi vi diro un pezzettino della mia vita quando avevo .8. anni […] [Absatz] Poi i miei qugini:… (CM 57‒58) / io non mai pensato per me o senpre pensato per la famiglia […] poi o senpre pensato per la Patria Italia (NS 1) / Un inverno del 1889 […] [Absatz] Poi una estate piu o meno del medesimo anno… (GS 3)
In den (bisher aufgelisteten) Belegen wechseln die temporaldeiktischen Perspektiven des Verbs zwar hie und da (z. B. in VR 73, TB 93; oft mitbedingt durch narratives Präsens) zwischen realer bzw. erlebter Zeit (ausgehend von der Gegenwart) und erzählter Zeit (ausgehend von der Vergangenheit),305 die Kohärenz ist dabei aber aufgrund des temporalreferenziell eindeutigen Einsatzes der Junktoren immer gewährleistet. Statt temporalen Nebensätzen finden sich in einigen Fällen stilistisch elegantere, distanzsprachliche Partizipial-, Gerund-, Infinitiv- bzw. Nominalkonst-
305 Vgl. zum übergangslosen stilistisch-temporalen Perspektivenwechsel parallel zum raschen inhaltlichen Episodenwechsel in dokumentarischen Arbeiterautobiographien auch Schwab (1981, 46) sowie Kapitel 4.2.2.2.3.
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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ruktionen (mit und ohne Zusatz von temporalen Junktionselementen); bei Rizzi Pizzini erscheint sogar einmal literarisch-poetisches indi: mio marito dopo di avere .30. [anni] di salariato si è stancato (CM 27) / cosí abiamo passato l’inverno. Ritornata la primavera del 1919 mio padre, quasi guarito dalla malattia, si cominciava a mettersi in forza con la salute. Noi piccoli quasi pure guariti, venuta l’estate per quell’anno l’abiamo scampata del pericolo. Prima di finire l’estate mio padre si è comprato un asino (TB 7) / Finita là ceremonia in chiesa la usanza èra di fàre là colazione in càsa del maritto, con il compare, con i mièi genittori. (VZ 64) / Finita la S. Messa le fu impartita la Benedizione col S.S. Sacramento indi tornano alle loro case (CP 124) / Allor io dico al mio padre ed alla mia Sorella, andiamo a prendere qualche cosa perche era ormai le 11; siamo andatti e poi subito appena terminato il desinare torniamo alle caserme (CP 132) / Oggi 24 verso sera uscendo io dalla mia stalla con in mano una tazza di latte mentre stava per sallire il primo gradino delle mie scale veni fermata da mia; qugina […] ci lasciamo io arivata in cucina pensai per un momentino a questo discorso. E poi svagandomi nelle mie oqupazioni, penso a preparare la cena chè ormai notte. (CP 154) / una sera a bordo del Bastimento aveva fato una picola comedia […][Absatz] Ala fine dela comedia aveva fato parte anca io, piu altri tre conpagni […] a fare tre cantate […][Absatz] Subito dopo finito la comedia il Capitano Germanese ni aveva chiamati tuti quatro nela sua stanza (GS 41‒42) / nel estate del 1907 […] siamo sbarcati nel picolo porto di Nome Alaska […] il giorno dopo siamo mesi tuti in viagio […] per arivare ala Baia di Kotsebu vicino al circolo Artico,, [Absatz] durante questa lunga traversata dela Seward Penisola, non si aveva trovato e pasato che solo due picole abitazione (GS 70‒71) / gli altri quattro i l’avrebbe lascia la sotto le granate. Io vedendo ciò gli punto l’arma e dico andate su a prendere il vostro compagno se nò sparo. (EM 9)
Lokale Konnexion erscheint in vielen Texten seltener, darunter diejenigen von Tommaso Bordonaro, Valeria Furletti Zanolli, Cecilia Rizzi Pizzini, Emilio Fusari und Gregorio Scaia;306 die Routenbeschreibungen von Giacinto Giacomolli und Eugenio Mich dagegen bringen eine hohe Frequenz lokaler Konnektoren mit sich, aber auch Clelia Marchi verwendet sie relativ oft. Als lokale Konnektoren dienen die (deiktisch nicht immer passend zum KoText eingesetzten) Adverbi(al)en qui/qua, lì/là, dentro, su, wie z. B. in: cianno;portato; a tutte; dentra;auna chiesa […] nidecevino […] qui non siete; piu, a casa, vostra; che; cene, la mamma; che; vi;conforta; qui, siete; soldate (VR 16) / dentra;a quello; recopero […] erimo; assai […] la dentra cenerino… (VR 486) / minantava nella mia casa […] li;cera il caso;del diavolo (VR 511) / mi ero tanto indebolita e mi addormentavo da per tutto […] in quella casa […] un giorno mentre ero seduta à tavolo mi sono addormentata […] è venuto dentro il padrone (CM 21) / siamo partitti à piedi e andati in cità […] Là abbiamo preso la coriera (VZ 64) / Stavo per saltare un’fosso di aqua ma non mi fu esaudito, una balla mi colpisce nella sciena, e casco nel mezzo stramortito… […] Restai li circa 3 ore (EF
306 Extratextuelle Lokalreferenz kommt bei Scaia (und Mich) allerdings häufig vor; vgl. dazu Kapitel 4.1.2.1.1.
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
43) / arrivai in un convento di capucini che erra spitale di Riserva steti la 3 giorni […] E poi andato alle caserme in Bochnia stetti la fino li 15 Otobre (GG 120) / in Baviera […] Siamo arivati sul posto […] la nei dintorni guatro lavoratori […] erano in un osteria (NS 2‒3) / abiamo preso il treno et arivati in Fremantle porto di mare, qui siamo fermati ancora due giorni (GS 38) / siamo arivati in Sant Paul Minisota ale sete di matina, la abiamo fato tre ore di fermata (GS 62) / si torna a piedi a St Florian qui si continia a far marce. Una l’abbiamo fatta a Passavia città germanica la dove va l’Inno nel Danubio e un altro fiume che viene dalla Baviera, quì posizione romantica e bella (EM 2) / siamo arrivati in cima […] Semmo arrivati su e non si abbiamo annunzia da nissuno. (EM 9) / A i 28-6 arrivo a Galliano e la ci invagonano […] e poi avanti a Cavalese La arriviamo alle 8 da sera (EM 13)
Daneben werden das Pronominaladverb ci und relatives dove (vgl. dazu jeweils auch Kapitel 4.2.2.1.3) zur lokalen Junktion verwendet: arrevammo; a catania, e cinantiammo; a dormire;sempre,al solitoposto; nella picola penzione, di sancrustofolo […] io; ciovanni; e vito; ciavemmo;stato;magare,prima, della querra (VR 239) / Poi dove sono andata erano più poveri di mé […] la comandante era mia cognata più vecchia era stata la prima andare in quella casa (CM 20) / Abiamo trovato un albergo dove abiamo sostato per due giorni quasi. (TB 108) / dà una mia amica […] ci siamo rimasti per due giorni. (VZ 64)
Unter den lokalen Junktoren sind (bei Valeria Furletti Zanolli, Cecilia Rizzi Pizzini, Emilio Fusari und Giacinto Giacomolli) auch gehobenere Formen wie costì, (i)vi und ove: Arrivati a Palermo abiamo trovato il pegio: era il 10 giugno, festa che vi è per tutti i dottore e vanno tutti a Mondello, Montepellegrino e in tutti i posti divertevole e vi sono in servizio solo i dottore nei spedale. Abbiamo girato tutte le cliniche di Palermo, non vi erano che infermiere. (TB 31) / Il nostro paese come tutti gli altri è molto anticco circa del 1400, vi sono delle cifre e numeri scolpiti nelle pietre […] Vi sono delle muraglie e pareti. (VZ 29) / Cisiamo portatti alla porta della caserma, ma non si puo entrare ne uscire vi è Caserma arest [] (CP 132) / ci fecero andare quassi a Folaso[.] Ivi abbiamo pressa la direzione di Patone. (CP 183) / Ai nove maggio partii andai nelle barache Mitendorf Vienna atrovare mia cognata rimasi costi fino il sedici di detto mese (CP 195) / il babbo di mio marito molto malato i primi giorni che arrivo vole andare a Patone aveva lasciato costi due funi (CP 204) / andai alla galeria di S Rocco, ove siamo rimasti 72 ore (EF 27) / feci un segno cioè una croce su quella pianta ove lui stava nelle radici. […] Salimo verso le 7 una piccola colina, ove stava qualche misera casa (EF 62) / io eri in una strada bassa viera molti ufficiali (GG 122)
Bei Clelia Marchi findet sich die einzige hier zu verzeichnende geringfügige Kohärenzunschärfe. andai da quel dottore […] mi mandai à mirandola .2. volte alla settimana per fare lè scosse; pure ci sono andata sempre in bicicletta (CM 35, leicht ambiger Referenzbezug auf dottore oder mirandola, der jedoch keinen großen Bedeutungsunterschied verursacht)
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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Abgesehen davon trägt lokale Konnexion in allen autobiografie popolari positiv zur Textverknüpfung bei; manchmal stellt man sogar eine gewisse Tendenz zur Überpräzision fest, wenn lokale Konnektoren durch die Kombination mit weiteren lokalen Elementen verstärkt werden, so z. B. in: una matina abiamo preso il treno per arivare a Perth […] La in Perth si aveva conperato la ticheta del viagio (GS 38) / …arivare nel porto di Colonbo, [Absatz] La in Colonbo sono sortito (GS 39) / Nel 1886 ai 16 Agosto sagra del paese di Miola [Absatz] vi era gui in viligatura una famiglia di Riva (NS 10) / si continia a far marce. Una l’abbiamo fatta a Passavia città germanica la dove va l’Inno nel Danubio (EM 2)
Neben Ort und Zeit spielen kausale Relationen307 eine große Rolle bei der Textkonnexion. Besonders häufig und sogar in längeren, syntaktisch komplexen Strukturen verwendet Vincenzo Rabito kausale Junktion, doch auch in den anderen Texten handelt es sich dabei bis auf denjenigen Giacinto Giacomollis um ein gebräuchliches Verfahren. Folgende Konnektoren sind in allen Texten verbreitet: perché ist mit Abstand am frequentesten (bei Marchi und Furletti Zanolli sogar alleinige kausale Konjunktion): con quella, liberazione; di; 5000 pricioniere,ciastato;un crante, sach[e]ggio; e, nesuno; poteva direniente; perche; li;5000;mila pricioniere;avevino; [ra]ggiono; perche, inziemme, con i borchese, fimene, e uomine; lo;sapevino;loro; [q]uello;che aveno; soferto; unanno; perche aveno;stato; prese, nella retrata (VR 127) / io tremava, perche sapeva che cosa voldire,querra,perche sipoteva morire (VR 463) / Io quando ò compiuto quattordici anni, andavo […] à lavorare […] sempre intorno dove abitavo, perchè se andavo dove, non mi conosevano non mi prendono perchè ero troppo giovane (CM 17) / Quando mi sono fidanzato, non volevano dotarla di niente perché sposava un vedovo con due figli. Ma a me nulla interessava di ciò perché non avevo un bisogno di propietà (TB 38) / questi uceletti èrano piccolini, non potevo prenderne tanti perche èra sulla strada di pasaggio (VZ 27) / e ora d’andare pei poveri richiamati si vuol salutare non si può perche quando il dolore abbonda il labro e muto (CP 166) / dovetti aiutar pure anche loficiale perche lui ferito nello stomaco non poteva muoversi (EF 91) / per 8 settimane il medesimo pane ed Acqua e capuzzi gellati bisogna contentarsi alla melio perche siamo pregionieri e mangiare cuello che vie (GG 127) / tuto in un momento nel mio ciganone si era distacato il bloco di legno che stava infondo per contrapeso, e saltato per aria, et andato a cascare adoso di un vechio mezo pelato […] cosi il giorno dopo ci hano fato stare tuti al di fuori dela porta magiore [della chiesa], perche se si andava ancora al di dentro […] aveva paura che si avese da tormentare ancora qualche altra testa pelata (GS 3) / èrano completamente isolati, perché il telefono non resisteva alle valanghe (EM 15) siccome: questo; lazzarone; marche, non niaveva versato; per niente; perche, secome;erimo; di queste, paese,questo; lazzarone; sicredeva,che non lo capemmo (VR 249) / lavalice;
307 Vgl. zur funktionalen Unterscheidung insbesondere von perché auf Satz- und Textebene bzw. als Konnektor und als Operateur Ferrari (2004b).
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
siarrimpivo; che piu,non zipoteva,carrecare,di quanto;era pisante […] ma;secome era vicino; alla strada,e se come era vicino;alla strada,io;sempre;tutette licamie,che passavino;ci domantava;dove antavino (VR 585) / io, sicome stava per iniziare la processione di Sant’Antonio, giorno della sua festa, ho assistito alla processione. (TB 32) / siccome il cariaggio non cèra i fa caffè, (senza pagnocca) (EM 5) poiché (nur bei VR): ma gare; liofici[al]e,tenevino; paura, da noi;soldate;poi,che tutte, 40. erimo; forbe (VR 193) / o trovato;a uno; soldato […] e come niabiammo;visto; ciabiammo; baciato; poi,che aveva 4? anne;che non civediammo (VR 208) / se poteva dormire, fuore; perche freddo; neanche allanotte, nifaceva,poi,che, non piu;eva (VR 258) / io; ciaveva parlato; tante, volte; con questo; sudano; perche, parlava, umpoco;italiano;e lo conosveva, benissemo; e poieche era, patriottico; per davero (VR 325)
Zusätzlich zu diesen Konnektoren, die (Neben-)Sätze mit expliziten Verbformen einleiten, verwendet Rabito auch das Präpositionalsyntagma a causa di (bei ihm per causa a/di/da) einleitend für nebensatzäquivalente Nominalkonstruktionen wie z.B: io; micominciaie;asentireme,m[ale] percausa, alla stretta, amicizia,che aveva, io; con queste, putane (VR 217) / neanche,tutte,avevino;dormito;della cometiva,percausa,di queste maledette,allarme! (VR 532) / io […] ciaveva,2 figlie,e nonvoleva,che percausa,dai; crante, del li volte;dovevino;piancere,li figlie (VR 581) / questo; povero; fratello […] prima di; maretarese; sempre; ci cercava; ma come simaretavo; nonciacercato; piu, per, causa; alla figlia; di;questa, maledetta,donna;anna (VR 682)
Nicht nur bei ihm erscheinen auch Beispiele für den kausalen Anschluss mit perciò bzw. per questo, der sich auf einen ganzen Satz bezieht: cerino;tutte […] e perquesto;non sinevoleva antare (VR 458) / miadetto; questa sera e notte, e con il lume; non sipuo vedere, niente […] percio; miadetto; il bravo dottore; che; domane; alleore, 8. […] venco;sicuro (VR 220) / Sono rimasti liberi in casa mia altre quattro figli maschi, il piú grande dei quali si chiamava Pietro Rosolino, Pietro per nome di mio zio che non aveva figli, ha notrito me e mio fratello Ciro come figli suoi. Perciò le ho messo due nome, Rosolino per mio suocero (TB 74) / Da giorni eravamo in stato dasedio e percio ogni lume sospeso (CP 180) / Dio […] ci ama percio ci sostiene e ci aiuta (CP 194) / Il russach e l’arma mi èra restata a Lasa perciò mi hanno dato la,la dote da guerrier. (EM 3)
Daneben zeigt die (bei Sighele ausschließliche) Okkurrenz von impliziten kausalen Nebensätzen (mit Gerund oder per + Substantiv/Infinitiv) ein Bemühen der Autoren um elegantere, distanzsprachliche Konstruktionen, auch wenn diese (v. a. die Wendung essendo che) nicht immer ganz dem Standard entsprechend bzw. eher nach verwaltungssprachlichem Muster gebildet sind: Essendo mio padre soldato ogni tanto veniva in licenza, che io neanche avevo il tempo di conoscere bene mio padre, abitando sempre da mio zio (TB 6) / Il Sgn. Curato di Lenzima da istruzione d’Aritmetica alle ragazze per metterle poi in negozi per mancanza di agenti
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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suplirà le agentesse (CP 142) / riceveti 5 giorni di prigione cioe fino alla vigilia delle Feste per averli detto al caporale che non occore tanta superbia (EF 16) / i nostri sono ancora scapati anno preso ancora le sue valige esendo vote a potutto e non sono statti nemeno arestatti (NS 3) / verso il 10 Luglio sono venuto a casa esendo che mio fratelo più vechio nel 1875 […] lo avevano mandato sul Foralber sul confine della svizera a in parare il casaro in guel tenpo o cominciato io a fare il casaro esendo che mio fratelo Domenico a dovesto andare afare il militare […] esendo che il cascificio dava il bene essere io guardava di fare tutto il posibile per aiutare (NS 9) / Giacomo […] esendo che aveva fato tropo tanti viagi era venuto stanco (GS 49‒50)
Unter den insgesamt sehr zahlreichen Belegen für kausale Junktion sind nur drei, in denen der Einsatz kausaler Konnektoren logisch nicht stimmig erscheint und die Kohärenz daher jeweils etwas (jedoch nur geringfügig) beeinträchtigt: la stubita dimia moglie […] lavereta,nonla diceva maie,percge lei, diceva che cerino; parente,ma;loro;nonlo dicevino;maie;perche mirecordava sempre,che il ciorno 24,anno, cascatotutte;malate;perche sivercognavino;dilei (VR 820, mit thematischem Sprung) / si arriva ai 13 a Scärdin, qui siccome cèra scarsita di uomini i tol via la 4a compagnia del battalion (EM 2, Kontrajunktion wäre logischer) / i me dis che il mio battalion si è fermato a Calceranica vai un’ora di ritorno questo perchè èro affamato, la mattina haveva bevuto il caffè e poi niente. (EM 17, Kontrajunktion wäre logischer)
Auch finale Junktion findet in den untersuchten Texten statt – bei Tommaso Bordonaro, Valeria Furletti Zanolli, Cecilia Rizzi Pizzini, Emilio Fusari, Gregorio Scaia und Eugenio Mich allerdings eher selten. Auffällig hierbei ist, dass die Autoren zur finalen Konnexion überwiegend und nahezu ausschließlich die elegantere, distanzsprachlichere Variante des impliziten Nebensatzes mit einem von per abhängigen Infinitiv verwenden, so z. B. in: minesono;antato;al campo;alloggio;per antareme arreposare (VR 311) / partiemmo:per antare alla casetta (VR 635) / li donne;sono; fatte,da dio; propia per mettere casa del diavolo; e propia pareca avesse venuto;nella nostra casa,per metere, mettere: bordello (VR 805) / io per avere un pochino di burro tenevo il latte un giorno per l’altro (CM 30) / Mio marito andò fuori per andare un pò à spasso (CM 41) / lei, per aiutare mia mogli puliva e vestiva i miei due piccoli, faceva del tutto per aiutare la mia mogli. (TB 38) / si doveva andare pianno con atenzione per non cascare. (VZ 64) / Per metterli [i bachi da seta] alla quartà dormitta oquppavano 6 di questi tavoloni (VZ 100) / Il Sgn. Curato di Lenzima da istruzione d’Aritmetica alle ragazze per metterle poi in negozi (CP 142) / Più volte veni chiamato in sala di operazione, e io per non dover sempre dirli no! Scapavo subito dopo pranzo e venivo verso le 9. li lasciavo sempre la cena per non lasciarmi pigliar ancora. (EF 101) / al giorno 23 partiti verso Lastazione per invagonarmi perla Galizia (GG 119) / sono pasato per la Baviera per andare […] a Strasburgo per rifare le forteze verso la Francia (NS 4) / abiamo viagiato tuta la note […] per arivare in tenpo (GS 15) / siamo mesi subito al lavoro a scavare un grande canale per condure laqua 30 miglia lungo (GS 71) / Li 22-7 parto con 12 altri per far un corso di granatiere. (EM 2)
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Nur bei Vincenzo Rabito erscheinen explizite Finalsätze, die durch con/allo scopo che eingeleitet werden, z.B: presemo; 2; coperte, allo,scopo; che, sea vesse; venuto;unaltra,volta; tutte, diacrdio; cimetiemmo; queste, 2.coperte sopera;la testa (VR 193) / cerino;nel centro;del campo;2 crosse alte,torrette,fatte a posta alte,allo scopo;che quanto;chiavavino:la pello;con uno; crante,microfino;che perlava per cosi sentirllo tutte;quello che sidiceva (VR 460) / erino; amice tutte per uno;scopo;solo,per manciarese le solde,che io;aveva fatto (VR 462) / io; facio,il mio dovere,con il scopo che poteva adeventare capo;canto;niere (VR 744)
Zur (in fast allen Texten, bis auf diejenigen von Cecilia Rizzi Pizzini und Giacinto Ciacomolli) äußerst frequenten konsekutiv-konklusiven Konnexion werden vor allem die Junktoren (e) così und (e) quindi, aber auch (von Tommaso Bordonaro, Cecilia Rizzi Pizzini, Giacinto Giacomolli und Eugenio Mich) allora und dunque eingesetzt: (e) così: io;le solde liaveva fenito;tutte,e cera ditastare,macare la fame,e cercava di come poteva fare,permanciare,cosi tutte i ciorne,bestimiava,mia madre, quanto;mivedeva pianceva,cosi,minantai a raqusa,appiede,per antare a trovare,a donquito;vintura,, che questo;era impiagato;tempo di fascisimo;alloficio;di collegamento;dove facevi partere, operaie;per la cermania (VR 448) / io; ciodetto; ciovanni,vatene e dove uoi studiare studia e bastiche studie,e cosi,ciovanni;antavo;ammisina, per farese il trasperemento; per bologna; e cosi ciovanni studiava a bologna (VR 954) / veniva tutti i giorni in casa mia à lavorare con il mio papà […] e così era per sempre in casa mia; ma io non le parlavo: un giorno le dissi il mio papà andate in granaio à girare il frumento; e con mé à detto tu vai a scopare e così ubbidì […] si vedevamo tutti i giorni […] passarono i bei .2. anni. Erano arrivati i .16. anni e così abbiamo incominciato à farsi vedere (CM 19) / Il 13 dicembre 1926 mi è nato un altro fratello. È nato il giorno di Santa Lucia ed il settimo maschio, cosí l’hanno messo il nome Luciano Settimo. (TB 7) / Ritornando sull’argomento dei mièi capelli e drecce, lunghe […] dà solla facevo fatica à petinarmi, e non tenevo nemeno il tempo. Cosi ò preso là dicisione di tagliarli. (VZ 26) / ci viene inpartitto ordine di partire subito per subito. […] scopio un temporale così siamo rimasti finno a giorno. (CP 180) / non lasciai arivar il treno nella stazione perche temevo che mi venisse dimandato il permesso cosi gettato un salto e mela feci per le campagne (EF 27) / porto via la moneta buona cosi restava la moneta falsa (NS 5) / il mio fratelo piu vechio […] era partito per andare a Londra per guadagnarsi il pane, cosi io dopo d’alora hó dovuto asumere la responsabilita di andare a procurare tuta la legna (GS 2) / i primi di setenbre il lavoro si era finito, et il canale tuto scavato […] [Absatz] Cosi finito il canale finito il lavoro per tuti, et altri lavori nei dintorni non se ne trovava, cosi in questo modo eravamo costreti a fare il ritorno al Porto di Nome (GS 71) (e) quindi: questa;banta anno,robato;una notte anno;robato;inquesto;provessore e quinte; allamatina;il provessore;a fatto;dinunzia;alla casermma dai carabiniere; e quinte;nelle vecenanze della strada,cera la batudlia dei carabiniere (VR 451) / femmine,cinabiammo; quanto;nivoliemmo:perche di notte;sempre,verso;li;II li II e menza,sonavino; liallarme,e femmine e uommine scappammo per antare;alo reparo;e quinte,era tuuto;al buio;e quinte quello;che sifaceva e faceva,non lo sapeva ne ssuno (VR 485) / ammi moglie,li suoi;parente,
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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piu, non la tratavino;come una serba,li tempe avevino;campiato;quinte avevino; il pia cere, di chiamarlla parente (VR 828) / sono vere queste scritte che pure è già tanto che ò cominciato à scriverle dopo la morte di mio marito: che è morto nel .1972: quindi il mio dolore ò qui sù à questo mà!!! (CM 53) allora: se vado allavorare alla giornata il guadagno è mio. – Sí, va bene –. Allora interessava andare alla giornata perché il guadagno era mio. (TB 18) / Ritornato accasa la sera non ho trovato nessuno, tutti se ne eravano andati allo Stallone a cominciare la mietitura dove noi coltivavamo le nostre gabelle. Allora io, sicome stava per iniziare la processione di Sant’Antonio, giorno della sua festa, ho assistito alla processione. (TB 32) / si cerca si dimanda ma non ce caso di poterlo [Giovanni, il marito di Cecilia] trovare, un buon uficiale […] lo cerca nelle camere ma non lo trova. Allor io dico al mio padre ed alla mia Sorella, andiamo […] e poi […] torniamo alle caserme […] appena siamo giunti alla porta della caserma […] lo scorgo […] sento […] uno spirito forte dentro di me, alora mi porto di nuovo al mio posto, e lo guardo fisso! fisso! ed egli facendo un gesto col capo si rettira poi un minuto lo vedo nuovamente allor io le fo segno di venire fuori, e lui si ritira e dove va? Nascosto a piangere alor io chiamo mio padre e le dico io ovisto Giovanni (CP 132‒133) dunque: il capitano cia fatto piangere tutti cia deto voi siete venuti ad ocupare il posto dei vostri compagni o frattelli che a sparso il sangue per la patria dunque anche voi guardate di battere con valore e fedelta perla nostra carra patria (GG 120) / i fa caffè, (senza pagnocca) cominciano a distribuirlo e non lo avevano distribuito mezzo che i fa allarmi [Schlachtbeschreibung] Dunque mangiar quel giorno niente (EM 5) / i voleva farci fare assalto […] E dopo due tre ore […] hanno visto che è assurdo […] Dunque si vien di ritorno (EM 11)
In einigen Fällen überwiegt die (auch sonst oft zusätzlich vorhandene) gliedernde Funktion der jeweiligen Junktoren (v. a. zur Markierung von Themabeginn, -wechsel oder -wiederaufnahme)308 vor ihrem semantischen Inhalt: partiemmo; per radusa; io; ciovanni; e,compare, vannino; scifo; e; la;canuzza; niabiammo; portato; che; li nostre; fratelle; e; li;nostre;3.sorelline; pianto; nianno;fatto;tanto; perche non volevino;che noi; nila portammo;cosi; passammo; di cartaciro (VR 12) / minantava nei miei;fratelle,emidecevino;ora,etta,sanquie,che sei restato;senza;un soldo;che tutto;erito; preato […] cheavevito;tatto;un motrimonio;di segnore,cosi,cera il lavoro;alla madonna delle crazie (VR 449) / quanto;siammo;revte,a colonia;sono la larme […] ciforino;magare muortte,e quinte;io;e paolo;avemmo;raggione di avere paura,cosi dopo 20 minute;la larme; cisso (VR 479) / [Arbeitssuche auf australischen Minenfeldern] In questi giorni che si stava in questo canpo un giorno abiamo fato una mangiata di papagali […] a quel tenpo si aveva
308 In mündlicher Kommunikation tritt im Italienischen unter anderem bene così / eh così auf, und dient dort der Überbrückung einer Pause bis zum «Informationseinsatz» (Radtke 1983, 178‒180). Vgl. zur Funktion von così als Schluss- bzw. Anfangssignal Koch/Oesterreicher (1990, 54). Die gliedernde Funktion von così wird bei Rovere (1977, 60‒61) auch für Texte des italiano popolare erwähnt.
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
una dentatura di fero come un cavalo, [Absatz] Cosi il giorno 14 luglio […] si aveva trovato lavoro nela miniera di Wetesrburg (GS 23‒24) / Mentre si stava nel porto vi era alquanti di questi poveracci che veniva a bordo dela nave a vendere tanta roba […] la magior parte di questi neri per vestiti portano solo una fasia intorno come si vede il nostro signore in croce, [Absatz] Cosi dopo un giorno di fermata in Colonbo siamo mesi di nuovo in viagio (GS 40)
Nur sehr selten entsteht durch den Einsatz konsekutiver Junktoren eine unlogische, aber nicht wirklich kohärenzgefährdende Relation zum Kontext: non avere paura vicenzo;che ormaie,ledomante della cermania,sono;partite,e quinte,tu non raprisiente;colla qualifica di contatine ma co laqualifica;di piconiere (VR 449) / le angurie […] sono ammarcite in campagna, eravamo disperati […] C’era qualcosa di più importante di questo disasto: il figlio che doveva essere operato un rene: quindi il dispiacere di un figlio non c’è confronto! (CM 39)
Insgesamt betrachtet, sind von den monofunktionalen Junktionsarten in den untersuchten Texten vor allem Konjunktion, Kontrajunktion sowie Konnexion mit temporaler, kausaler oder konsekutiver Funktion häufig vertreten. Für eine bestimmte Funktion werden allerdings meist monoton die immer gleichen Konnektoren wiederholt; generell für ihre jeweilige Konnexionsfunktion am frequentesten sind e, (e) poi (additiv), o, oppure, altrimenti (alternativ), ma, invece, però (adversativ), (e) poi, dopo, finalmente, quando, mentre, come und Adverbial- bzw. Präpositionalsyntagmen (temporal), qui/qua, lì/là (lokal), perché, siccome, perciò (kausal), durch per eingeleitete implizite Nebensätze (final) sowie (e) così, (e) quindi und allora (konsekutiv). Überraschenderweise sind darunter neben einigen nähesprachlicheren Junktionsmustern (wie der Funktionserweiterung von ma, der seltenen Konnektorenakkumulation z. B. von ma però und o altrimenti oder der frequenteren allgemein-konnektiven bzw. gliedernden Funktion v. a. von e, poi, però, così) zum Teil auch distanzsprachlich einzuordnende Konnektoren wie ove, vi oder costì sowie komplexere Konjunktionen309 und vor allem im temporalen, kausalen und finalen Bereich auch (syntaktische) Konnexionsverfahren aus gehobeneren Registern wie Partizipial-, Gerund-, Infinitiv- oder Nominalkonstruktionen als implizite Nebensätze; daneben finden sich lange nicht so viele und auch nicht so gravierende Kohärenzstörungen wie es bei Nonstandardtexten zu erwarten wäre, sondern die Texte sind durch monofunktionale Konnexion überwiegend kohärent verbunden.
309 Vgl. zur verwaltungssprachlichen Präferenz von präpositionalen Wendungen anstelle von einfachen, gebräuchlicheren Konnektoren Trifone (2006b, 227‒228) und Serianni (22007, 113‒118, 129).
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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4.2.1.2.2 Polyfunktionale Junktion Anders als die meisten bisher betrachteten Konnektoren haben manche Konnektoren keinen (starken) semantischen Eigenwert. Dies gilt vor allem für die im heutigen Italienisch typischerweise in Texten von semicolti erscheinende polyvalente Konjunktion che, die lediglich anzeigt, dass eine semantischlogische Satzverbindung vorliegt, die aber je nach Kontext anders interpretiert werden muss; die Vielseitigkeit bzw. der geringe Eigenwert von polyvalentem che zeigt sich (in diesem Fall jedoch nur bei Rabito und Scaia) auch in dessen möglicher Akkumulation mit anderen Konnektoren.310 In den gefundenen Okkurrenzen hat che als Konjunktion oft überwiegend kausalen Wert,311 so z. B. in: non potemmo;masticare; e neanche;ignutire;che il collo;lavemmo; compio (VR 39) / abiammo;fatto; uno;buono;affare,che abiammo;comperato;piu, di; 50. bachette; di;trestelle; per ognuno (VR 305) / caro;ciovanni;puoi,stare,tranquillo;che io;il posto;tuo nonlo voglio (VR 613) / ne [del latte] mattevo un bicchiere nella pentola della minestra, che il condimento era sempre più poco […][il pane nero] si faceva proprio con la crusca; che c’era poca farina (CM 30) / Mio padre si ha comprato 20 pecore, le ha gregato a mio zio Pietro che quello faceva di mestiere il pecoraio (TB 7, evtl. auch relativ) / Anch’io ero soggetto al militare: la prima volta me la sono scampata che avevo quattro fratelli in guerra […] Mi hanno richiamato per andare pure io alla guerra, che avevano bisogno di uomini (TB 40) / io dovevo andare da mio fratello che dovevo assisterlo per l’ultima sua agonia. (TB 131, evtl. auch relativ) / Dinverno per starre un pò al caldo si stàva in qucina ò in magior parte nella stalla dove si teneva le mucche, che èra caldo. (VZ 34, evtl. auch relativ/lokal) / la figlia della mia parente […] mi à compagnata sulla montagna che essa èrra prattica della stradda (VZ 75) / i bambini mi secavano, andiamo mamma incontro al babbo io li facevo tacere col dirle e ancora presto ed’etroppo caldo andremo più tardo che io inmagginavo arivase in sulla sera verso le quatro ho le cinque. (CP 197) / riceveti 5 giorni di prigione […] per averli detto al caporale che non occore tanta superbia perche sono giovine soldato che un di in civile, siamo equali (EF 16) / andai alla conpagnia in Panevegio Montagne di fieme vecino alli Italia che La [] il nostro Capitano ciaveva destinato il posto di Guerra con l’Italia (GG 119, evtl. auch relativ/lokal) /
310 Vgl. zu che als allgemeinem Konnektor mit subordinierender bzw. parahypotaktischer Gliederungsfunktion, dessen Wert man als eventiv-explikativ-konsekutiv (und damit auch kausal) umschreiben kann Cortelazzo (1972, 93‒94, 96‒97), Sornicola (1981, 61‒74), Berruto (1983b, 53‒55, 62‒63), D’Achille (1990, 205‒206), Mocciaro (1991, 49‒51), Rovere (1992, 108), Malagnini (2007, 214), Ferrari (2010a, 13), Fresu (2012, 445‒448) und Krefeld (2016, 268). Vgl. zur Kombination mit anderen Konnektoren im italiano popolare Cortelazzo (1972, 97) und Rovere (1977, 87). Gerade darin, dass die Art der Verbindung zwischen Sätzen dabei zusätzlich durch andere Konnektoren ausgedrückt wird (Berruto 1983b, 54 bezeichnet dies als «formulazione analitica del significato»), zeigt sich, dass che als allgemeiner Konnektor nahezu keinen semantischen Eigengehalt besitzt. Es kann jedoch als Verstärker der jeweiligen Konjunktion gesehen werden, mit der es verbunden ist (Mocciaro 1991, 49, 52). 311 Vgl. zur diachronen Entwicklung von (kausalem) che z. B. Rohlfs (1966‒1969, §§ 773, 785).
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nei mesi del estate dal novenbre fino marzo era una cosa teribile che tante volte dopo mezo giorno si sentiva il vento caldo, che pareva fiame che sortiva fuori dal inferno (GS 29) / siamo saliti incima del George Washington Monumento 555 piedi alto a guardarsi intorno, che si vedeva benisimo la grande Capitale (GS 93, evtl. auch relativ/direktional) / si arriva in linea sulle Tre cime cioè di fronte. Quì si fa tende su un crep che a tegnir i bochi della tenda con sassi, che picchetti non servivano essendo non cèra terra. (EM 2)
Mitunter lässt sich dabei, wie manche der obigen Beispiele gezeigt haben, nicht klar zwischen kausaler und lokaler/relativer312 Funktion von che unterscheiden. Ebenso wenig eindeutig ist meist seine temporale Klassifizierung, die oft auch kausale oder relative/lokale Interpretationsalternativen zulässt. Insofern wirken die bei Rabito und Scaia gefundenen Akkumulationen mit semantisch gehaltvolleren Konnektoren desambiguierend.313 Vorwiegend temporal verbindet che z. B. folgende Äußerungen: io; mentre;che, camminava; penzava… (VR 10) / io;stese; per fina; che sianno;fatto; li ore 5. che veneva il dottore;cutello (VR 220) / mentre,che diciammo;questo […] anno;venuto; queste; 2. padrone (VR 340) / camminammo;che paolo; midiceva amme […] preferiscio; antare,a sonare (VR 382) / ora,etta,sanquie,che sei restato;senza;un soldo (VR 449, evtl. auch kausal) / avevo .8. anni che andavamo nel prato (CM 58) / Vi era stata l’invasione che gli americani e i linchese avevano invasa la Sicilia. (TB 40, evtl. auch relativ/lokal) / Prima che facessi giorno, alle sette di mattino oraio italiano, già appoggiavamo nell’aeroporto di Roma, che cominciava già il giorno chiaro. (TB 112, evtl. auch relativ/lokal) / nei lunghi giorni del estate quando che fava caldo, andava tanto giu nel lago a fare pratica et inparare a nuotare (GS 11) / siamo ripartiti ala volta di canpilio dove siamo arivati circa mezo giorno, che si trovava ancora la neve piu alta di un uomo (GS 14) / quando che lavorava al mulino dela farina hó avuto la ocazione di vederlo ancora (GS 73)
Daneben kann che, wie in folgenden Beispielen, auch (überwiegend) konsekutive Funktion erfüllen: neanche pane avevino;quanto cisiammo; isposarte; che il pane cilodovette,fare; mia madre;per manciare;altremente questo; stubito; matrimoni; sidoveva fare,a dicuino (VR 1023) / si andava scalzi; per risparmiare i zoccoli: con una rugiada fredda: che i piedi si gelavano (CM 58) / [i pantaloni] si rompevano nel sedere, che ci volevano le pezze (CM 59) / Essendo mio padre soldato ogni tanto veniva in licenza, che io neanche avevo il tempo di conoscere bene mio padre, abitando sempre da mio zio. (TB 6) / a quel tenpo avevamo in poseso un apetito, che si mangiava come tanti lupi, che tante volte se si avese badato ala fame e la volontá, avresimo mangiato anca la Pignata (GS 14) / esendo che aveva fato tropo tanti viagi era venuto stanco, che tuto in un momento mentre caricava un multaro há preso la volta e fato una grande rotolata in un canpo di patate (GS 50) / Quì il camminamento per andar in trincea èra stretto che si passava appena. (EM 8)
312 Vgl. zum Relativpronomen che Kapitel 4.2.2.1.3. 313 Vgl. zu mentre che Rohlfs (1966‒1969, § 771) sowie zur Einstufung von quando che als dialektal (und veraltet) Zingarelli (121995).
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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(Vorwiegend) finale Funktion hat che z. B. in diesen Belegen: minantai a raqusa,appiede,per antare a trovare,a donquito;vintura,, che questo;era impiagato […] alloficio;dicollegamento;dove facevi partere,operaie;per la cermania,che cosi,io per mezzo;diquesto;poteva partire (VR 448, evtl. auch kausal) / tutta questa robba lo dommariano; mila dato;amme;che io la metesse nella valice (VR 522) / à tempo di guerra che venivano gli aeroplani, correvo in un fosso con .4. bambini; mè li mettevo sotto il ventre che almeno si salvassero l’oro (CM 31) / bastava un sorisso chè lavoravamo di più (CM 50) / Contenta, mi ha detto: […] – Lo ha detto il dottore che posso andare a casa. Le ho detto: – Aspetta un po’ che vado io in ufficio a parlare con il dottore. (TB 30) / vieni che andiamo prendere la nostra cariola (NS 6) / da lì a un’ora ci chiamano che andassimo a vedere (EM 8)
Es finden sich auch ein paar Beispiele für (vorwiegend) adversative Bedeutung: ofatto; tante,sacrafizie; per venire;allafrica;per lavorare;e, doppo; o. messe; per forza, mivolevino; fare;partire;per litalia; mentre,che; cinesono;uoperaie; che;anno;fatto; magare;2? anne; e ancora, lifanno;lsvorare (VR 314, zugleich temporal) / lui; poteva: morire arrabiato; che io; chiave non; ci nedava (VR 757, evtl. auch kausal) / come farò à dirlo in casa che aspetto un altro bambino che non erano d’accordo… (CM 24, evtl. auch relativ/lokal oder kausal mit thematischem Sprung) / la pulizia militare sono saliti sui treni à prendere […] gli uomini non tanto vecchi, per meterli al servizio à portare là manuzione sulle montagne ai soldati in linia di fuocco, èrano al pericolo come i soldati in linia. […] Mio nonno […] si è nascosto sotto alla banchina […] le donne portavano le veste lunghe, e sedute una vicina all’altra lo tenevano nascosto così non lanno trovato e si è salvato che molti sono rimasti ucisi (VZ 16, evtl. auch kausal mit thematischem Sprung)
Während che als polyvalenter Konnektor (v. a. mit kausalem, temporalem, konsekutivem oder finalem Wert) in einigen Texten relativ häufig (VR, CM, TB, VZ, GG, GS, EM) vorkommt, erscheint es in anderen (CP, EF, NS) eher nur vereinzelt. Die letzteren Texte stehen in dieser Hinsicht dem distanzsprachlichen Standard näher als die ersteren, weisen deshalb aber anstelle von polyvalentem che, wie die im vorhergehenden Kapitel aufgeführten Belege zeigen, keine höheren Frequenzen spezifischer Konnektoren als die zuerst genannten Texte auf. Die Polyfunktionalität hat auf die Kohärenz keine nennenswert negativen Auswirkungen, abgesehen davon, dass nicht sicher ist, ob der Empfänger in den Fällen, in denen gleichzeitig mehrere Funktionen von che möglich sind, die Botschaft des Senders genau in dessen Sinne oder leicht abgeändert versteht. Totale Kohärenzbrüche ergeben sich dadurch niemals. Zudem finden sich hier ebenso wie im vorangegangenen Kapitel mit mentre che und quando che Beispiele für Konnektorenakkumulation, die (v. a. im Fall von quando che) zwar nicht unbedingt einem hohen stilistischen Niveau entsprechen, aber funktionale Eindeutigkeit gewährleisten. Wie bereits in Kapitel 4.1.2.3 festgestellt, ist auch asyndetische Satzkonnexion mittels «Nullkonnektor» (vgl. dazu auch Rohlfs 1966‒1969, § 797) eher un-
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
typisch für die untersuchten Nonstandardautobiographien (fast keine Belege bei VZ, EF, EM; gar kein Beleg bei TB, NS, GS); bei Clelia Marchi, Cecilia Rizzi Pizzini und Giacinto Giacomolli kommt dies zwar häufiger vor, aber niemals als ausschließliches Verfahren; wie in den anderen Texten auch mischen sich dort konnexionslose Satzfolgen mit durch polyvalentes che oder durch andere (inhaltlich ebenfalls wenig aussagekräftige) allgemeine Konnektoren (wie z. B. e) verbundenen Parataxen bzw. Parahypotaxen.314 Betrachtet man einige der im vorhergehenden Kapitel zunächst als sinngemäß falsch oder mehrdeutig eingestuften (eigentlich jeweils monofunktionalen, additiven, adversativen, temporalen oder konsekutiven) Konnektoren wie e, ma, (e) poi, (e) così unter allgemein gliederndem Aspekt (vgl. dazu auch Kapitel 4.1.2.1.1), erhalten diese einen Sinn, da ihr semantischer Konnexionswert in manchen Fällen gegenüber der pragmatischen Diskursorganisationsfunktion zurücktritt.315 Solche Elemente werden immer dann eingesetzt, wenn ein Satzende-ähnlicher Einschnitt bzw. ein Wechsel zu einem neuen Thema angezeigt werden soll, wodurch sie eher die Funktion von Gliederungssignalen übernehmen. Langer (1995, 151) zufolge besteht die Funktion von Konnektoren nicht nur in der Spezifizierung der Art der semantisch-logischen Relationen zwischen Sätzen, sondern auch allgemeiner in der Strukturierung von Texten als metatextuelle Gliederungssignale. Durch diese Funktion erleichtern allgemeine bzw. polyfunktionale Konnektoren die Rezeption und fördern damit auf ihre Weise die Kohärenz. 4.2.1.2.3 Zusammenfassung In den untersuchten Texten findet Konnexion teilweise durch polyvalentes che statt: Es wird allerdings nur von etwa zwei Dritteln der Autoren relativ häufig verwendet. Andere allgemeine bzw. polyfunktionale Konnektoren kommen ebenfalls in unterschiedlichen Anteilen vor: e dient neben der (inhaltlich ohnehin eher schwachen) koordinativen Funktion oft als allgemeines Bindeelement. Daneben haben vor allem e, (e) poi, (e) così, ma und però oft (zusätzlich) gliedernde
314 Gansel/Jürgens (2002, 207‒210) beobachten bei der heutigen mündlichen Satzverknüpfung (im Deutschen) eine zunehmende Asyndese sowie die Verbreitung von weil oder obwohl als Diskursmarker (mit Verbzweitstellung, d. h. Satzstellung wie im unabhängigen Hauptsatz), was sich syntaktisch beides auf einem Gebiet zwischen Para- und Hypotaxe abspielt. Insofern stehen die autobiografie popolari zumindest hinsichtlich der darin überwiegend seltenen Asyndese dem Schriftstandard näher; daneben weisen sie zwar ebenfalls polyfunktionale Gliederungssignale auf, doch finden sich andererseits auch distanzsprachliche Konnektoren. 315 Vgl. zur polyfunktionalen Konnexions- und Gliederungsfunktion von discourse markers bzw. pragmatic markers Stein (2003, 362).
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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Funktion. Weit häufiger erfüllen sie aber als Konnektoren eine bestimmte Funktion, ebenso wie die anderen meistverwendeten Junktoren o, oppure, altrimenti, invece, mentre, quando, come, finalmente, qui/qua, lì/là, perché, perciò, siccome, quindi oder allora. Insgesamt sind die untersuchten Texte neben polyfunktionaler Junktion vorwiegend durch Konjunktion, Kontrajunktion sowie temporale, kausale und konsekutive Junktion verbunden. Diese präzise, monofunktionale Art der Konnexion entspricht (zusammen mit den durchaus immer wieder verwendeten stilistisch gehobeneren Junktoren und Junktionsverfahren) eher distanzsprachlichen Ansprüchen. Auch finden sich (bis auf Kontrajunktion) meist nur wenige Fälle (bei alternativer, temporaler und finaler Junktion jeweils kein einziger Beleg), in denen die Kohärenz durch den unlogischen Einsatz von Konnektoren gestört wird, und wenn, dann meist nicht gravierend. Zudem tendieren im Bereich der Konnexion nur die Texte von Vincenzo Rabito und Clelia Marchi öfter zu Kohärenzschwächen, während diese bei allen anderen Schreibern selten sind und bei Valeria Furletti Zanolli überhaupt nicht vorkommen. 4.2.1.3 Informationelle Textverknüpfung: Thema-Rhema-Abfolge in Satz und Text Eine abstraktere Rolle für die Kohärenz als die soeben besprochenen Konnektoren, die einen semantischen Eigenwert haben, und auch tatsächlich als Textkonstituenten in Erscheinung treten, spielt die Informationsstruktur, also die Abfolge von Thema und Rhema im Satz bzw. Text. In unmarkierten Äußerungen steht das (Satz-)Thema (alles, was bekannt, Hintergrund, Topic, Ausgangspunkt bzw. Gegenstand der Aussage ist) vor dem Rhema (allem, was neu zum Thema gesagt wird, was Fokus, Comment bzw. Kern der Aussage ist).316
316 Vgl. zur Klassifizierung, Abfolge und Bedeutung für die Textkohärenz von Thema und Rhema bzw. Topic und Comment sowie Fokus (der sich inhaltlich z. T. mit ‘Rhema’ überschneidet, sich aber nicht unbedingt auf etwas Neues beziehen muss, also nicht immer ganz identisch mit ‘Rhema’ ist): Daneš (1974; 1978, 185‒192), Lundquist (1980, 54‒56), de Beaugrande/Dressler (1981, 81‒83: sie erwähnen im Kapitel zur Informativität (1981, 155) noch einmal die Funktionale Satzperspektive), Berruto (1985, 128‒130), Conte (1988a, 140‒141; 1988b, 49‒56), Sornicola (1988b, 176‒184), Koch/Oesterreicher (1990, 89‒96, 161‒164), Heinemann/ Viehweger (1991, 32, 35), Vater (1992, 93‒98; 32001, 76‒78), Adam (1994, 123‒125; 32011, 67‒80), Brinker (1996, 1519‒1521; 2000, 168‒171; 52001, 45‒64), Sobrero (21996, 422‒423), von Stutterheim (1997, 33‒40), Halliday/Hasan (161999, 325‒326), Eroms (2000), Ferrari/Zampese (2000, 335‒340, 369‒378), L. Hoffmann (2000b), Lühr (62000, 282‒294), Stark (2001, 641, 644‒645), Tophinke (2001, 1035), Gansel/Jürgens (2002, 201‒204), Lombardi Vallauri (2002, 73‒134), Andorno (2003, 69‒95), E.J. Ernst (2003, 119‒140), Ferrari (2003; 2004a, 15‒25; 2005b; 2012, 43‒44), Prandi (2006, 166‒167, 176‒180), Ferrari et al. (2008, 79‒87), Schubert (22012,
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
In markierten317 (syntaktisch aber mehr oder weniger integrierten; vgl. Koch/ Oesterreicher, 1990, 89‒96) Äußerungen ist die Thematisierung/Topikalisierung, 80, 82‒84), Palermo (2013, 143‒152, 168‒188), Telve (22013, 102‒105) und Brinker/Cölfen/Pappert (82014, 44‒59). Bereits Daneš (1976) erkannte, dass die Abfolge von Themen in Texten ähnlich wie in Sätzen nicht beliebig ist, da Informations- bzw. Themen-Fortschritt in Text(abschnitten) in der Regel von den jeweils vorausgehenden Thema-Rhema-Konfigurationen abhängig ist. Ferrari et al. (2008, 17) bestätigen, dass gerade auch die satzinterne Thema-Rhema-Abfolge bzw. die dortige Informationshierarchie entscheidenden Einfluss auf die Textualität hat: «la lingua codifica valori testuali la cui fissazione definitiva è mediata dall’articolazione informativa della frase, che funge così da interfaccia tra lingua e testo». Neben der funktionalen, eher auf den Satz und seine Teile bzw. die Beziehungen zwischen einzelnen Sätzen ausgerichteten Perspektive bietet sich gerade im Bezug auf die satzübergreifende, globale Informationsstruktur narrativer (auch autobiographischer) Texte die Unterscheidung zwischen background und foreground an: alle Sätze eines solchen Textes, die eine temporal aufeinanderfolgende oder kausal verbundene Ereigniskette bilden, stehen im foreground, da sie die Hauptstruktur des narrativen Textes darstellen. Diejenigen Sätze, die nur ergänzende Funktion haben und nicht der Strukturierung dienen oder im Fokus stehen, zählen zum background (Andorno 2003, 81‒103; Telve 22013, 101‒102). 317 Die Bezeichnung markiert bezieht sich hier auf die Tatsache, dass entweder von der im Italienischen üblichen Satzstellung Subjekt-Verb-Objekt im Aussagesatz, die (meist) der Abfolge «Thema-Rhema» entspricht, oder vom normalen Intonationsverlauf abgewichen wird, und der Satz durch Pausen und/oder Einschub von Elementen zwischen die Satzglieder segmentiert wird, um entweder das Thema oder das Rhema eines Satzes vor dem Informationshintergrund des Textabschnitts, in den dieser Satz eingebettet ist, ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken (vgl. dazu Salvi 1988, 127‒128; Sornicola 1988b, 176, 182‒183; Ferrari 2012, 17‒19, 40‒45; Palermo 2013, 156‒167). Wenn hier von Hervorhebung des Themas oder Rhemas eines Satzes bzw. von Topikalisierung/Thematisierung oder Fokussierung/Rhematisierung die Rede ist, bezieht sich dies immer auf syntaktische Strategien zur Lenkung der Aufmerksamkeit auf Thema oder Rhema eines Satzes bzw. auf einen Konstituenten in Thema- oder Rhema-Stellung. Hervorhebung meint hier also weder lediglich sehr auffällige, da hochgradig vom Standardschema abweichende syntaktische Strukturen, noch ausschließlich Emphase- bzw. Kontrastierungsstrategien (vgl. dazu Metzeltin 2001, 977: Der Autor unterscheidet hier zwischen Hervorhebung = Fokussierung = Rhematisierung und Thematisierung = Topikalisierung. Er gibt ferner an, dass die Topikalisierung sowohl der Thematisierung als auch der Hervorhebung dienen könne, im letzteren Falle dann aber durch prosodisch-intonatorische Betonung und nicht durch morphosyntaktische Linksversetzung des Themas realisiert werde, da sich durch die syntaktisch integrierte, also wenig auffällige Linksversetzung keine Emphase bzw. Kontrastierung erreichen ließe.). Im Gegensatz dazu wird Thematisierung/Topikalisierung in der hier durchgeführten Untersuchung immer als Hervorhebung (des Themas eines Satzes) klassifiziert, und nicht (wie vielfach üblich) nur als die bloße Stellung eines vom Subjekt verschiedenen Satzkonstituenten an den normalerweise vom Thema besetzten Satzanfang betrachtet (vgl. dazu auch Bußmann 21990, 796). Ebenso wenig meint Rhematisierung/Fokussierung hier nur die Verschiebung nicht-rhematischer Elemente in die (betonte und aufmerksamkeitszentrale) Position des Rhemas am Ende einer Äußerung, sondern die Hervorhebung des Rhemas, egal an welcher Stelle es sich befindet, d. h. in dieser Sichtweise steht weniger (wie in
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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die die Wiederaufnahme des Inhalts (= Rhemas) eines Satzes als Thema des unmittelbar darauffolgenden Satzes in den Vordergrund stellt, also das beiden Sätzen gemeinsame Inhaltselement hervorhebt, der Textkohärenz anaphorisch betrachtet dienlicher als die Rhematisierung/Fokussierung, bei der im Anschluss an das Rhema eines Satzes ohne eine inhaltsverknüpfende Struktur sofort das Rhema des Folgesatzes eingeführt wird. Die Rhematisierung hat so aber den Vorteil, dass das Ziel einer Aussage ohne Umschweife mitgeteilt bzw. transparent wird, auch wenn das den Textzusammenhang herstellende Ausgangsthema dieser Aussage erst im Anschluss daran nachgereicht wird. Durch diese kurze Unterbrechung der Sinnkontinuitätskette kann das Verständnis der anaphorischen Zusammenhänge zwischen der Äußerung und dem vorangehenden Text erschwert werden, so dass Leser oder Hörer eventuell etwas mehr Zeit benötigen, um die thematische Verbindung zu erfassen; in kataphorischer Perspektive stiftet die Rhematisierung allerdings insofern Kohärenz, als das betonte Rhema als Thema des anschließenden Satzes verwendet werden kann.318 Bei beiden Vorgängen handelt es sich um Segmentierungserscheinungen bzw. Hervorhebungsverfahren, wie sie für gesprochene Sprache und das italiano popolare charakteristisch sind, aber auch im italiano dell’uso medio bzw. neostandard vorkommen und in vielen Fällen im heutigen distanzsprachlichen Standard akzeptiert sind, wo sie zudem andere (pragmatische) Funktionen haben können als in gesprochener Sprache.319 Somit hat der Einsatz von Segmentierungen auch
anderen Beschreibungen, z. B. Andorno 2003, 88‒95) die Struktur, sondern vielmehr die Funktion im Vordergrund. Allerdings erfüllt die Hervorhebung des Themas mit der Verdeutlichung des thematischen Ausgangspunkts eines Satzes in Relation zum Ko-Text einen völlig anderen, anaphorisch kohärenzfördernden kommunikativen Zweck als die Hervorhebung des Rhemas, bei der die Betonung des Ziels einer Aussage dominant gegenüber der Beachtung anaphorisch kohärenzerzeugender Strukturen (nicht jedoch gegenüber eventuellen kataphorischen Referenzbezügen) ist. – Vgl. dazu auch die nachfolgenden Ausführungen im obigen Text sowie zu Topic/Thema und Fokus auch Ferrari (2010a, 20‒22) und generell zu markierten Syntaxstrukturen bzw. zur Satzsegmentierung De Cesare (2010, 36‒40), Ferrari (2012) sowie die von Ferrari (2013, 615; 2015, 103‒105) genannte Literatur. 318 Vgl. zur Thema-Rhema-Strukturierung als Mittel der Eingliederung einer Äußerung in den Ko-Text (unter Verdeutlichung der Informationsstruktur) auch Conte (1988a, 140‒141), De Cesare (2010, v. a. 33‒36) und Ferrari (2012, 82‒83, 89‒91). 319 Ganz allgemein gilt, dass in gesprochener Sprache dabei neben der im Vordergrund stehenden Transparenz der Informationsstruktur auch oft Kontrast ausgedrückt werden soll. Daneben kommt die ihr eigene, syntaktisch zergliederte, oft erst nachträglich integrierte Vorgehensweise der schrittweisen, für spontane Planungsänderungen offenen mündlichen Informationsentwicklung entgegen, die aufgrund der Flüchtigkeit des mündlichen Mediums auf eine stärkere Redundanz angewiesen ist, wobei die Vermittlung semantischer Inhalte wichtiger ist als die Einhaltung normativer, syntaktischer Regeln. Geschriebene Sprache bedient sich der Segmentierungen oft
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in gesprochener Sprache einen Zweck und ist trotz bzw. gerade wegen der Umstellung der natürlichen, linearen Satzgliedfolge (SVO) auch dort häufig sogar nützlich für die Kohärenz, zumal die damit einhergehende Hervorhebung bzw. Betonung von Teilen der Äußerung als Thema oder Rhema zusätzlich der Aufmerksamkeitslenkung und damit der kognitiven Informationssteuerung und -verarbeitung dient.320 4.2.1.3.1 Topikalisierung In den untersuchten Texten werden folgende Topikalisierungsstrategien321 verwendet, in denen das Thema hervorgehoben wird; die einzelnen Typen sind nach zunehmendem Grad syntaktischer Integration (von aggregativ bis integrativ) geordnet: Beim freien Thema (hanging topic / nominativus pendens)322 handelt es sich um die Voranstellung des Themas (dessen syntaktische Funktion nicht
dann, wenn sie sich besser als andere syntaktische Verfahren dazu eignen, die semantischinformatorische Struktur eines Textes deutlich zu machen. Daneben können dort das Bestreben nach Wiedergabe authentischer gesprochener Sprache oder die Absicht, besondere stilistische Effekte zu erzielen, zur Verwendung von Segmentierungen führen (Ferrari 2012, 81‒83, 89‒91; vgl. zu den unterschiedlichen Informationsstrukturen und -funktionen von gesprochener und geschriebener Sprache auch Sornicola 1984, v. a. 349). Die Abhängigkeit der Funktion(en) von Segmentierungen, insbesondere von Dislokationen, von Akzent und Pausenstruktur beschreibt Sornicola (1988a, 148‒150). Dardano (1999, 220‒221, 226) erwähnt Segmentierung als narrative Technik in der italienischen Erzählliteratur des ‘900. 320 Vgl. dazu Cortelazzo (1972, 134‒143), Söll (21980, 148‒159), Sornicola (1981, 127‒141; 1985, 11‒12), Berruto (1983a, 91; 1983b, 62; 1985, 129‒130; 1986, 172), Koch (1985, 57‒59), Sabatini (1985, 161‒163), Berretta (1988, 767, 771), Koch/Oesterreicher (1990, 89‒96, 195), D’Achille (1994, 70, 76), Fiehler/Barden/Elstermann/Kraft (2004, 168‒173, 299‒300), Testa (2008, 2418‒2419) und Ferrari (2012, 69‒97). Eine kurze Übersicht der Auswirkungen von Kombinationen im Standarditalienischen möglicher Satzgliedstellungen mit verschiedenen Intonations- und Akzentuierungsmustern auf die Thema-/Rhemaverteilung bzw. auf die Informationsvermittlung bieten Lepschy/Lepschy (1986, 197‒201). 321 Laut Krefeld (2016, 268‒269) sind topikalisierende Konstruktionen heute nicht mehr diastratisch markiert, sondern werden nur noch als typisch für gesprochene Sprache empfunden. Auch Fresu (2016a, 341) beschreibt Dislokationen als mittlerweile allgemein akzeptierte Verfahren. 322 Vgl. Koch/Oesterreicher (1990, 90‒91), Metzeltin (2001, 974‒976), Gansel/Jürgens (2002, 198‒201), Andorno (2003, 91), Stein (2003, 264‒272), Stromboli (2006, 83‒84), Bußmann (42008, 203), Ferrari (2010a, 15, 18; 2012, 21, 50‒52, 83‒86), Palermo (2013, 161‒162) und (Telve 22013, 103). Das freie Thema wird meist als nähesprachliches Phänomen beschrieben. Laut Ferrari (2010a, 13 und 2012, 89) werden Sätze mit hanging topic in geschriebener Sprache jedoch oft als besonders kreative, den literarischen stile brillante imitierende Schöpfungen betrachtet. Auch De Cesare (2010, 39) bestätigt die Verwendung des freien Themas in geschriebener (jour-
4.2 Textkonstituierende Verfahren: Kohärenz und Kohäsion
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festgelegt ist) mit koreferenter Wiederaufnahme durch ein Pronomen (das die syntaktische Funktion des Bezugswortes so anaphorisch präzisiert) oder ein anderes (evtl. auch nur lose assoziiertes) koreferentes Element. In den untersuchten Texten erscheinen überwiegend Beispiele für pronominale Wiederaufnahme: durch partitives ne (v. a. bei nicht zählbaren Substantiven, Kollektiva oder Abstrakta, aber auch bei unbestimmten Anteilen aus zählbaren Mengen/Gruppen): faceva; freddo; ma io;non lo;senteva […] freddo; non nisenteva (VR 4) / antiammo;nel nel medico:per potere campiare;il fiasco di vino;con il pane […] il medico; ciadetto […] pane non vine posso;dare (VR 485‒486) / mio portato;li sicarette ma manciare non mini o portato (VR 509) / il terreno;di cicimia sivente […] e questo; terreno; io, nivoleva lire 200000 mila (VR 784) / io; cio uno; figlio;ingegniere […] mia moglie […] midiceva che io;era razza; divedane […] e io; sempre al solito; ciaveva;detto; che se non tiavessete; sposato; amme […] figlie ingeniere non niavessito (VR 916‒917) / mia moglie […] erava giovanissima […] la sua mamma l’aveva abandonata […] cognate non ne avea perché io sorelle non ne avevo (TB 27) / Tutte le fàmiglie si portava quel po di latte a casificio […] Si faceva buro formaggio e ricòtta. […] il buro un pò se lo [statt ne] teneva il resto se lò vendeva (VZ 20) / si aveva una dozzina di galine ò pocche più […] Cunilli se ne pottèva tenere di più (VZ 20) / Quella sera rifleto fra me, che le aventure pasate in tempo di pace, sia stato solo uno scerzo!…! [Absatz] Coraggio pero ne avevo sempre (EF 36) / Cosi finito il canale finito il lavoro per tuti, et altri lavori nei dintorni non se ne trovava (GS 71) / Mi danno un’arma ben austriaca ma baionetta non ne avevano per questa (EM 3) durch (meist personale) Objektspronomina (v. a. 1. Pers. Sg. u. Pl., aber auch 3. Pers. Sg.): 323 avemmo; quella bruttissima malatia […] e noi;di malate; che erimo; ni pareva, un devertemento; quello;spedale (VR 40) / tutte, per avere la tessere, fascista, dovevino; pagare lire, I5? e, noi;per essere; uno;mutelato; e uno;decorato; cilanno; dato; franca; questa; tessere, fascista (VR 231) / cianno;detto; di,nonmanciare;ma,io; quella parola, di nonmanciare;nonmipareva,asatto (VR 327) / quello tedesco:nonera come il profes[sore] che cipiaceva, che noi;ciamparammo;il tedesco; questo;invece,non cipiaceva, che noi; mparasimo;il tedesco;e neanche lui;cipiaceva,che siamparasse;litaliano (VR 470) / io avevo .2. bambini da curare […] Un giorno il più piccolo le venne delle
nalistischer) Sprache gehobenen Stils, wo es «brillante» Effekte erzielen soll. Es ist insofern der Flüchtigkeit, Schnelligkeit und Spontaneität (medial) gesprochener Sprache angepasst, als zunächst ein Element (das für die Kohärenz sofort das Thema bzw. den Referenten hervorhebt, an den die dann folgenden Informationen anzuknüpfen sind) ohne syntaktische Planung angegeben werden kann, während die syntaktische Funktion später «nachgereicht» werden kann – die syntaktische Desintegration und Unübersichtlichkeit ist zugleich der Grund, weshalb geschriebene Sprache generell eher zu den syntaktisch integrierteren Segmentierungsformen tendiert (Ferrari 2012, 83‒86, 89‒90). Ebenso wie die syntaktisch integriertere Linksversetzung dient es der Topikalisierung (Ferrari 2012, 52). 323 Vgl. zu in den Belegen teilweise auftretenden dialektalen (sizilianischen, lombardischen und trentinischen) Formen Kapitel 4.2.2.1.3, insbesondere Anm. 369.
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4 Textualität im italienischen Nonstandard
convulsioni, ed ora che arrivò il Dottore era già morto: quella di mia cognata che la sua bambina li è venuto il morbillo, anche lei morì (CM 25) / quando i miei genitore hanno sentito la mia decisione è socesso la fine del mondo. […] La mia mamma dal pianto le lagrime le regavano le guance (TB 11) / Io per dimostrare la mia verità al popolo ignoto mi è venuta una idea: accostruire una bellissima capella nella mia proprietà (TB 73) / Per fare i vestiari più dificili veniva la sarta in càsa del resto se si arangiava sè stesse. I vestiti dà uomo, dove si comperava la stoffà, avevano anche là sartoria per fàrli (VZ 34) / Pòi ò cominciato à fare tante maglie per i fratelli e le soreline e anche con la lana di pecora che filavo io […] Una vicina di casa anzianna come mia nonna. Là sera si stava in sieme nella stalla àl caldo à fillare finno le undici e anche di più (VZ 74, si mit Referenz auf 1. Pers. Pl.) / I lavori continuano energicamente dal ponte di Sacco in sù fino al nostro faé si combuta 7000 lavoratori […] Oggi 4 Aprile festa sollene di Pasqua anche i lavoratori sulle trincèé le fu ordinato di sospendere (CP 145‒147) / voglio dir questo acio chi legge inpari a non scherzare con gli ordini del Governo. Un giovine di Manzano certo Rocco Bertolini, sia chefose ubriaco sia per bulata quando li ordino di partire presse il suo bue per le corna lo conduce nella piazza di Manzano dicendo, venite qua bulleti, venite qua popii [dial. ‘bambini’] che siete misuratevi conme. Ma fu subbito arrestato (CP 181) / sia destinati tutti alle proprie compagnie […] Io mi aveva meso nella Compagnia Ersas […] dopo una marcia fatticosa con grande callore siamo arrivati in codesto paese abbiamo fatto 40 Chilometri io mi dolleva forte la mia ganba (GG 118) durch den lokalen Pronominalartikel ci (der in den Belegen nicht immer erscheint): nella provincia di raqusa,nessuno;dei soldate,italiane,avevonpfatto;resestenza;e quinte; chiaramonte e raqusa,nonciasta querra (VR 545) / la casa,la doveva pagare,lo stesso […] e poi;la casa di chiaramonte;sicidoveva sposare,una nostra amica (VR 763) / Per lavare i vestiari, difuori dalla casetta avevo una buca come fontanella […] Quela piccola sorgente che cèra là vicino [hier fehlt anaphorisches ci] anno fatto delle bucche come fontana fermando lacqua, cosi le bestie, potevano berre (VZ 25‒27) / torniamo alla caverna. […] La nostra caverna, alor per noi due abastanza grande, si [hier fehlt anaphorisches ci] avria potuto restar comodi ma laqua ci tormentava. (EF 74)
Durch freies Thema wird unter den gefundenen Beispielen nur in einem Fall (verstärkt durch die fehlende Interpunktion) eine Referenzambiguität ausgelöst, die sich jedoch durch die Semantik des Kontexts klären lässt und sich daher nicht negativ auf die Kohärenz auswirkt: maledire i miei genitori […] di guesto fato non lo mai dimenticato come fose ancora guel giorno maledire madre e padre la madre che un filio li tocase gualche disgrazia di fare del male cerca tutte le atenuanti posibile (NS 3, li bezieht sich auf filio, nicht auf madre; vgl. zu